Apk 11 und der Bar Kokhba-Aufstand: Eine zeitgeschichtliche Interpretation [Illustrated] 316152182X, 9783161521829

Thomas Witulski überprüft die These der Datierung der Abfassung der Johannesapokalypse in die Zeit zwischen 132 und 135

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Apk 11 und der Bar Kokhba-Aufstand: Eine zeitgeschichtliche Interpretation [Illustrated]
 316152182X, 9783161521829

Table of contents :
Cover
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
A. Apk 11,1f.3–13 – eine kritisch-konstruktive Übersicht über die Forschungssituation
I. Apk 11,1f.
1. Apk 11,1f. – ein Orakel aus der Zeit um 70 n.Chr.?
2. Der ναὸς τοῦ θεοῦ Apk 11,1b – ein irdisches oder ein himmlisches Heiligtum?
3. Apk 11,11f. – ein symbolisch zu interpretierender Text?
II. Apk 11,3–13
1. Alttestamentliche und frühjüdische Modelle für die Konzeption und die Darstellung von Apk 11,3ff.
2. Deutungen der beiden in Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen μάρτυρες
B. Aufbau und Methode der vorliegenden Studie
Kapitel 1: Die Analyse von Apk 11,1f.3–13
A. Die Analyse von Apk 11,1f.
I. Die argumentative Struktur der Darstellung Apk 11,1f.
II. Zentrale Begriffe und Inhalte
1. Der Zweck des dem Apokalyptiker aufgetragenen Messens
a) Apk 21,15–17(.18–21) als innerapokalyptischer Bezugstext
b) Apk 11,1f. auf dem Hintergrund des alttestamentlichen Bezugsmaterials
2. Fazit
III. Der ναὸς τοῦ θεοῦ, das θυσιαστήριον und die, die dort anbeten
IV. Ergebnisse
B. Die Analyse von Apk 11,3–13
I. Die argumentative Struktur der Perikope
1. Apk 11,3: Das Auftreten der beiden μάρτυρες
2. Apk 11,4: Die beiden μάρτυρες als zwei ἐλαῖαι und zwei λυχνίαι
3. Apk 11,5f: Die beiden μάρτυρες als Mose und Elia
4. Apk 11,7: Die beiden μάρτυρες und das θηρίον ἀναβαῖνον ἐκ τῆς ἀβύσσου
5. Apk 11,8–10: Das weitere Schicksal der beiden μάρτυρες
6. Apk 11,11–13: Die Aufweckung und Himmelfahrt der beiden μάρτυρες
7. Zusammenfassung
II. Die traditionsgeschichtliche Analyse der Perikope Apk 11,3–13
1. Eine (jüdische) Tradition als Grundlage für Apk 11,3–13 – ein Vergleich mit ApkEl 34,7,1–36,4 und Lactantius, div.inst. VII 17,1–3
a) Apk 11,3–13 und ApkEl 34,7,1–36,4
b) Apk 11,3–13 und Lactantius, div.inst. VII 17,1–3
c) Ergebnis und Konsequenzen für die Interpretation von Apk 11,3–13
2. Singuläre bzw. weitgehend singuläre Motive in Apk 11,3–13 und daraus folgende Konsequenzen für die Interpretation
a) Singuläre bzw. weitgehend singuläre Motive in Apk 11,3–13
b) Konsequenzen für die Interpretation
III. Die literarkritische Analyse von Apk 11,3–13
1. Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen
a) Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen zwischen Apk 11,3–13 und der übrigen Apk
b) Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen innerhalb der Perikope Apk 11,3–13
2. Erklärungsansätze
3. Ergebnis und Folgerungen
Kapitel 2: Die Datierung der neutestamentlichen Apk in die Zeit des Hadrianus
A. Die unterschiedlichen Datierungen der Apk
I. Die Datierung der Apk in das sog. Vierkaiserjahr 68/69 n.Chr.
II. Die Argumente zugunsten der Datierung der Abfassung der Apk in die Zeit des Domitianus
III. Spätere Datierungen
1. Die Datierung der Apk in die Zeit des Nerva bzw. des Traianus
2. Die Datierung der Apk in die Zeit des Hadrianus
B. Die Situation der Adressaten der Apk und die Intention ihres Verfassers
C. Die Einordnung der Situation der Adressaten der Apk und der Intention ihres Verfassers in die zeitgeschichtlichen Entwicklungen in der römischen Provinz Asia
D. Die zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 13; 2,12–17 als Bestätigung dieser Datierung
E. Vorläufige These zur zeitgeschichtlichen Interpretation von Apk 11,1f.3–13
Kapitel 3: Der Bar Kokhba-Aufstand
A. Die Datierung des Bar Kokhba-Aufstandes
B. Die Ursache(n) des Bar Kokhba-Aufstandes
I. Forschungsgeschichte und methodische Überlegungen
II. Mögliche Anlässe des Bar Kokhba-Aufstandes
1. Die (Neu-)Gründung Jerusalems als römische Kolonie Aelia Capitolina
2. Das Verbot der Beschneidung
3. Die (Neu-)Errichtung eines dritten jüdischen Tempels in Jerusalem
4. Zwischenfazit
5. Der Besuch des Kaisers Hadrianus in der Provinz Judaea auf dem Hintergrund jüdischen Denkens
a) Der Besuch des Kaisers Hadrianus in der Provinz Iudaea
b) Die propagandistische Verarbeitung des kaiserlichen Besuches
aa) Der Hadriansbogen in Tel Shalem
bb) Die Reiseerinnerungsmünzen
c) Die quasi-theologischen Implikationen des kaiserlichen Besuchs und dessen propagandistischer Verarbeitung auf dem Hintergrund jüdischen Denkens
d) Folgerungen
6. Ertrag
III. Mögliche Ursachen des Bar Kokhba-Aufstandes
1. Die wirtschaftliche Situation der Landbevölkerung
2. Die Judäer und ihre latente, nationalistisch motivierte Rebellion gegen Rom
3. Die religiöse Heterogenität innerhalb der Judenschaft Palästinas als Voraussetzung für eine jüdische Förderung prinzipaler Politik
IV. Zusammenfassung
C. Verlauf und Ausbreitung des Bar Kokhba-Aufstandes
Kapitel 4: Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,1f.3–14
A. Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,1f.
B. Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,3–13
C. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Quellen
1. Literarische Quellen
2. Papyri
3. Münzen
2. Hilfsmittel
3. Sekundärliteratur
Stellenregister
A. Altes Testament und Frühes Judentum
B. Neues Testament und Alte Kirche
Autorenregister

Citation preview

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament · 2. Reihe Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Friedrich Avemarie (Marburg) Markus Bockmuehl (Oxford) James A. Kelhoffer (Uppsala) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL)

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Thomas Witulski

Apk 11 und der Bar Kokhba-Aufstand Eine zeitgeschichtliche Interpretation

Mohr Siebeck

Thomas Witulski, geboren 1964; Studium der Ev. Theologie, Philosophie und Geschichtswissenschaft in Münster; 1998 Promotion zum Dr. theol.; 2005 Habilitation; 2012 Promotion zum Dr. phil. (Alte Geschichte); seit 2009 Vertretung der Lehrstuhls für Biblische Theologie und ihre Didaktik an der Universität Bielefeld.

e-ISBN 978-3-16-152290-1 ISBN 978-3-16-152182-9 ISSN 0340-9570 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2012 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. BwHebb ist eine Schrift von BibleWorks, LLC.

Für Birgit, Lukas und Sharon



Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um den Versuch, die in meiner Habilitationsschrift entwickelte Spätdatierung der neutestamentlichen Johannesoffenbarung in hadrianische Zeit anhand der Analyse und der zeitgeschichtlichen Einordnung eines dort noch nicht diskutierten Textabschnittes der Apk, der Perikope Apk 11,1f.3–13, weiter zu festigen. Dabei konnte ich sowohl auf Überlegungen und Ergebnisse meiner Habilitationsschrift als auch auf solche weiterer eigener Vorarbeiten zurückgreifen – ein Sachverhalt, der im Rahmen dieses auf Kontextualisierung angelegten Unternehmens durchaus geeignet sein mag, die innere Stimmigkeit des ihnen insgesamt zugrundeliegenden – neuen – Ansatzes der Interpretation der Johannesapokalypse zu untermauern. Neben dieser inhaltlichen verfolgt diese Arbeit zugleich aber auch noch eine gleichsam wissenschaftstheoretische Zielsetzung; sie soll – in aller Bescheidenheit – werben für einen weiteren und weitergehenden Ausbau des Dialogs zwischen der althistorischen und der neutestamentlichen Wissenschaft, der meiner Beobachtung nach in den letzten zwei Jahrzehnten insbesondere auch von neutestamentlicher Seite wieder intensiviert worden ist und von dem beide Disziplinen letzten Endes nur profitieren können. Die Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld hat diese Arbeit als Dissertation angenommen. Dafür sei ihr an dieser Stelle herzlich gedankt. Insbesondere gebührt der Dank den Kollegen Prof. Dr. Uwe Walter und Prof. Dr. Stephen Mitchell, die sich der Mühe der Gutachten unterzogen und zahlreiche wichtige Hinweise beigesteuert haben. Herrn Kollegen Walter sei insbesondere gedankt für das Interesse und die Unvoreingenommenheit, mit denen er – durchaus im Sinne des o. angesprochenen Dialogs zwischen Alter Geschichte und Neuem Testament – als profilierter Geschichtswissenschaftler den neutestamentlichen Texten sowohl als auch der neutestamentlichen Forschung insgesamt entgegengetreten ist. Zugleich weiteten mir insbesondere seine Anmerkungen zu meiner Arbeit den Blick dafür, wie viel es für einen am Neuen Testament Forschenden in der Alten Gesichte inhaltlich und methodisch zu lernen gibt und wie fruchtbar ein entsprechender Dialog zwischen beiden Fach- und Forschungsrichtungen sein kann. Wichtige Impulse für meine Arbeit verdanke ich auch den Mitgliedern der neutestamentlichen Forschungskolloquien an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Uni-

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versität Bielefeld, in denen ich immer wieder Teile meiner Arbeit zur Diskussion stellen durfte; pars pro toto seien hier die Kollegen Prof. Dr. D.-A. Koch, Prof. Dr. A. Lindemann und Prof. Dr. F. Siegert genannt. Weiter danke ich ausdrücklich Herrn Prof. Dr. Jörg Frey und dem Herausgeberkreis der Reihe WUNT II; sie haben in bemerkenswerter wissenschaftlicher Offenheit eine Arbeit, die im Blick auf die Exegese von Apk 11 jenseits des exegetisch Gewohnten nun völlig neue Wege geht, in die von ihnen zu verantwortende Reihe aufgenommen. Meinen Mitarbeiterinnen Frau Julia Geisweid, B.A., Frau Lisa Giesselmann, M.Ed., und Frau Jasmin Leopold, M.A., die die Register erstellt und die Mühe des Korrekturlesens auf sich genommen haben, danke ich an dieser Stelle herzlich für ihre geduldige und nie erlahmende Bereitschaft, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Verlags Mohr Siebeck, hier insbesondere Frau Mirjam Sigmund und Frau Nadine Schwemmreiter-Vetter, für die sehr angenehme und hilfreiche Zusammenarbeit. Am Ende dieses Vorwortes steht der Dank an meine Frau Birgit und meinen Kindern Lukas und Sharon, die, ohne daß dies in solch dürren Worten angemessen gewürdigt werden könnte, einen großen Anteil an der Entstehung dieses Buches haben. Nicht allein dadurch, daß sie Ihren Mann und Vater in der vergangenen Zeit oft entbehren mußten – das freilich auch –, sondern vielmehr dadurch, daß sie mit all dem, was sie sind und haben, mein Leben bereichern und mir jeden Tag neu die Kraft zu theologischer Arbeit schenken. Ihnen sei daher dieses Buch gewidmet.

Billerbeck, im August 2012

Thomas Witulski

Inhalt Vorwort ..........................................................................................................VII

Einleitung ....................................................................................................... 1 A. Apk 11,1f.3–13 – eine kritisch-konstruktive Übersicht über die Forschungssituation ....................................................................... 2 I. Apk 11,1f. ................................................................................................. 2 1. Apk 11,1f. – ein Orakel aus der Zeit um 70 n.Chr.? ........................... 2 2. Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} Apk 11,1b – ein irdisches oder ein himmlisches Heiligtum? .................................. 5 3. Apk 11,11f. – ein symbolisch zu interpretierender Text? ................... 6 II. Apk 11,3–13 ............................................................................................ 7 1. Alttestamentliche und frühjüdische Modelle für die Konzeption und die Darstellung von Apk 11,3ff. ........................ 7 2. Deutungen der beiden in Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ ............................................................... 9 B. Aufbau und Methode der vorliegenden Studie .......................................... 17

Kapitel 1: Die Analyse von Apk 11,1f.3–13 ...................................... 22 A. Die Analyse von Apk 11,1f. ...................................................................... 22 I. Die argumentative Struktur der Darstellung Apk 11,1f. ........................ 23 II. Zentrale Begriffe und Inhalte ................................................................ 28 1. Der Zweck des dem Apokalyptiker aufgetragenen Messens ............ 28 a) Apk 21,15–17(.18–21) als innerapokalyptischer Bezugstext....... 30 b) Apk 11,1f. auf dem Hintergrund des alttestamentlichen Bezugsmaterials ............................................. 32 2. Fazit ................................................................................................... 38 III. Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ}, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und die, die dort anbeten ...... 38 IV. Ergebnisse ............................................................................................ 44 B. Die Analyse von Apk 11,3–13 ................................................................... 44 I. Die argumentative Struktur der Perikope ............................................... 45

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Inhaltsverzeichnis

1. Apk 11,3: Das Auftreten der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ................................ 45 2. Apk 11,4: Die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als zwei IÎÄXÄÌ und zweiÎØÚÐÂÄÌ .............................................................................. 67 3. Apk 11,5f: Die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als Mose und Elia ........................ 78 4. Apk 11,7: Die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ und das ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐIÍ×^Õ5ÅàÖÖÒØ ............................................... 87 5. Apk 11,8–10: Das weitere Schicksal der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ............. 90 6. Apk 11,11–13: Die Aufweckung und Himmelfahrt der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ........................................................................ 97 7. Zusammenfassung ........................................................................... 101 II. Die traditionsgeschichtliche Analyse der Perikope Apk 11,3–13 ....... 101 1. Eine (jüdische) Tradition als Grundlage für Apk 11,3–13 – ein Vergleich mit ApkEl 34,7,1–36,4 und Lactantius, div.inst. VII 17,1–3 ...................................................... 101 a) Apk 11,3–13 und ApkEl 34,7,1–36,4......................................... 102 b) Apk 11,3–13 und Lactantius, div.inst. VII 17,1–3 ..................... 109 c) Ergebnis und Konsequenzen für die Interpretation von Apk 11,3–13 ....................................................................... 119 2. Singuläre bzw. weitgehend singuläre Motive in Apk 11,3–13 und daraus folgende Konsequenzen für die Interpretation ............. 119 a) Singuläre bzw. weitgehend singuläre Motive in Apk 11,3–13 .. 119 b) Konsequenzen für die Interpretation .......................................... 122 III. Die literarkritische Analyse von Apk 11,3–13 .................................. 125 1. Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen .................................... 130 a) Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen zwischen Apk 11,3–13 und der übrigen Apk ............................ 130 b) Sprachliche und inhaltliche Inkongruenzen innerhalb der Perikope Apk 11,3–13 ......................................................... 134 2. Erklärungsansätze ........................................................................... 135 3. Ergebnis und Folgerungen .............................................................. 141

Kapitel 2: Die Datierung der neutestamentlichen Apk in die Zeit des Hadrianus ....................................................................... 142 A. Die unterschiedlichen Datierungen der Apk............................................ 143 I. Die Datierung der Apk in das sog. Vierkaiserjahr 68/69 n.Chr. .......... 143 II. Die Argumente zugunsten der Datierung der Abfassung der Apk in die Zeit des Domitianus .................................................................. 146 III. Spätere Datierungen ........................................................................... 148 1. Die Datierung der Apk in die Zeit des Nerva bzw. des Traianus ... 148 2. Die Datierung der Apk in die Zeit des Hadrianus ........................... 156

Inhaltsverzeichnis

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B. Die Situation der Adressaten der Apk und die Intention ihres Verfassers .................................................................. 160 C. Die Einordnung der Situation der Adressaten der Apk und der Intention ihres Verfassers in die zeitgeschichtlichen Entwicklungen in der römischen Provinz Asia ................................................................. 168 D. Die zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 13; 2,12–17 als Bestätigung dieser Datierung ............................................................. 174 E. Vorläufige These zur zeitgeschichtlichen Interpretation von Apk 11,1f.3–13 ................................................................................. 176

Kapitel 3: Der Bar Kokhba-Aufstand ................................................. 178 A. Die Datierung des Bar Kokhba-Aufstandes ............................................ 178 B. Die Ursache(n) des Bar Kokhba-Aufstandes ........................................... 184 I. Forschungsgeschichte und methodische Überlegungen ....................... 184 II. Mögliche Anlässe des Bar Kokhba-Aufstandes .................................. 193 1. Die (Neu-)Gründung Jerusalems als römische Kolonie Aelia Capitolina ............................................................................. 193 2. Das Verbot der Beschneidung......................................................... 208 3. Die (Neu-)Errichtung eines dritten jüdischen Tempels in Jerusalem ........................................................................................ 219 4. Zwischenfazit .................................................................................. 228 5. Der Besuch des Kaisers Hadrianus in der Provinz Judaea auf dem Hintergrund jüdischen Denkens ....................................... 228 a) Der Besuch des Kaisers Hadrianus in der Provinz Iudaea......... 229 b) Die propagandistische Verarbeitung des kaiserlichen Besuches ................................................................ 230 aa) Der Hadriansbogen in Tel Shalem ....................................... 230 bb) Die Reiseerinnerungsmünzen .............................................. 233 c) Die quasi-theologischen Implikationen des kaiserlichen Besuchs und dessen propagandistischer Verarbeitung auf dem Hintergrund jüdischen Denkens ............ 248 d) Folgerungen ............................................................................... 258 6. Ertrag ............................................................................................... 258 III. Mögliche Ursachen des Bar Kokhba-Aufstandes .............................. 259 1. Die wirtschaftliche Situation der Landbevölkerung ....................... 259 2. Die Judäer und ihre latente, nationalistisch motivierte Rebellion gegen Rom ..................................................................... 268 3. Die religiöse Heterogenität innerhalb der Judenschaft Palästinas als Voraussetzung für eine jüdische Förderung prinzipaler Politik ........................................................................... 285

XII

Inhaltsverzeichnis

IV. Zusammenfassung ............................................................................. 295 C. Verlauf und Ausbreitung des Bar Kokhba-Aufstandes ........................... 296

Kapitel 4: Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,1f.3–14................................................................................. 305 A. Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,1f. .................................... 305 B. Zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,3–13................................. 307 C. Fazit ......................................................................................................... 309

Literaturverzeichnis ...................................................................................... 311 Stellenregister ............................................................................................... 339 Autorenregister ............................................................................................. 352

Einleitung In der vorliegenden Arbeit soll es darum gehen, die auf der Basis der durch die Analyse der Entwicklung der kultisch-religiösen Kaiserverehrung in der römischen Provinz Asia im Verein mit der Neuinterpretation zentraler Texte der Apk gewonnene neue Datierung des letzten Buches des neutestamentlichen Kanon in die Zeit zwischen 132 und 135 n.Chr.1 anhand der Darstellung von Apk 11,1f.3–132 zu erproben. Läßt sich der Text Apk 11,1f.3–13, der, wie U.B. Müller m.R. formuliert hat, „zu den dunkelsten Stücken der Apk“3 zu zählen ist, auf dem Hintergrund der Datierung der Abfassung der Apk in die Zeit des Kaisers Hadrianus womöglich auf neue und bis dato gänzlich unbekannte Weise erhellen? – Gelänge dies, wäre damit einerseits ein wichtiger Beitrag für die Auslegung und das Verständnis von Apk 11,1–13 geleistet, erführe andererseits die Datierung der Abfassung der Apk in hadrianische Zeit ihrerseits weitere Bestätigung. In der Einleitung ist zweierlei zu leisten: (a) Zunächst sind die in der Forschung zu Apk 11,1f.3–13 diskutierten Fragen und Probleme und die zu den einzelnen Frage- und Problemstellungen jeweils gegebenen Antworten einer kritisch-konstruktiven Sichtung zu unterziehen und, wenn möglich, für die noch zu leistende Auslegung des Textes fruchtbar zu machen. (b) Daran schließen sich Erwägungen über die in der vorliegenden Studie angewandte exegetische Methodik und deren hermeneutische Grundlagen sowie über deren Aufbau an, der schließlich in ein Konzept zu deren Gliederung ausmünden soll.

1

Vgl. hierzu u. 142ff. Die hier vorgenommene Textabgrenzung orientiert sich an dem weitgehend eindeutigen Stand der gegenwärtigen Forschung; vgl. hierzu nur P.B.-S. Min, Apocalisse, 9. 3 Apk, 205; ähnlich A. Feuillet, Essai, 183: „Le Chapitre xi de l’Apocalypse est un des passages les plus discutés de ce livre, célèbre entre tous par son obscurité“. 2

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Einleitung

A. Apk 11,1f.3–13 – eine kritisch-konstruktive Übersicht über die Forschungssituation I. Apk 11,1f.4 Im Blick auf die Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,1f. werden in der Forschung u.a. folgende Fragen diskutiert5: (a) Beruhen die Ausführungen in Apk 11,1f. „on an earlier prophetic oracle formulated before the destruction of the temple in A.D. 70, ... or was the brief narrative of the symbolic measuring of the temple formulated by the author [der Apokalypse] decades after the temple had been destroyed“6? (b) Handelt es sich bei dem hier genannten пÒÕ um ein irdisches oder um ein himmlisches Heiligtum7? (c) Ist die Darstellung in Apk 11,1f. symbolisch zu interpretieren oder aber auf konkrete irdisch-reale Verhältnisse zu beziehen8. Auffällig ist, daß in der gesamten Auslegungsgeschichte zu Apk 11,1f. noch niemals der Versuch unternommen worden ist, diese Verse im Rahmen des aktuellen und unmittelbaren zeitgeschichtlichen Kontextes der Apk zu interpretieren; wenn Apk 11,1f. zeitgeschichtlich interpretiert worden sind, dann auf dem Hintergrund der Endphase des ersten jüdischen Krieges und der Zeit unmittelbar vor der Zerstörung des Jerusalemer Tempels9. 1. Apk 11,1f. – ein Orakel aus der Zeit um 70 n.Chr.? Im Gefolge von J. Wellhausen nehmen auch in der Gegenwart zahlreiche Exegeten an, daß der Apokalyptiker in Apk 11,1f. ein aus der Endzeit des ersten jüdischen Krieges stammendes, ursprünglich von einem zelotischen Propheten verkündigtes Heilsorakel verarbeitet habe, mit dem jener in den letzten Kriegstagen und im Angesicht der unmittelbar bevorstehenden Eroberung Jerusalems durch die römischen Truppen unter den Juden Hoffnung auf eine letztendliche, auf die Heiligkeit des Tempels Gottes sich gründende Rettung wecken wollte10. Im Hintergrund dieser Annahme stehen etwa die Ausführungen des Josephus in bell. V 458f.; VI 122.285f., die einerseits das Auftreten solcher zelotischer Heilspropheten insbesondere in der letzten Kriegsphase, in der die Aussichtslosigkeit des jüdischen 4 Die Frage nach der inneren Einheit von Apk 11,1f. und Apk 11,3–13 wird, weil dort am richtigen und besseren Platz, erst im Rahmen der Exegese der beiden Texte diskutiert. 5 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 593ff. 6 D.E. Aune, Apk II, 593f. 7 Vgl. hierzu die Übersicht bei D.E. Aune, Apk II, 596f. 8 Vgl. hierzu die Darstellung bei D.E. Aune, Apk II, 597f. 9 Vgl. hierzu u. 2ff. 10 Vgl. hierzu etwa J. Wellhausen, Analyse, 15, der darauf hinweist, daß die Passage Apk 11,1f. keinerlei Merkmale einer christlichen bzw. auf Christus bezogenen Verkündigung aufweist; ähnlich neben anderen auch U.B. Müller, Apk, 206f.

Probleme der Forschung

3

Kampfes immer deutlicher wurde, andererseits aber auch die in dieser Phase immer noch nicht erloschene Hoffnung der Rettung zumindest des Tempels durch Gott, der darin wohnt, zu belegen scheinen. Im Rahmen seiner Übersicht führt D.E. Aune insgesamt sechs Beobachtungen an, die s.E. die von J. Wellhausen begründete These zu stützen vermögen: (a) Am Anfang des Textes fehle die übliche Visionseingangsformel 11. (b) Der Befehl zum Ausmessen des Tempels werde nicht explizit beschrieben12. (c) Über eine tatsächliche, dem Apokalyptiker sich bietende Gelegenheit, den Tempel auszumessen, verlaute an dieser Stelle nichts13. (d) Der Jerusalemer Tempel werde in der Apk nur hier in Apk 11,1f. erwähnt und scheine ansonsten „of little or no concern to the author“14 zu sein. (e) Wiewohl der Jerusalemer Tempel im Jahr 70 n.Chr. zerstört worden sei, werde in Apk 11,1f. außer dem Hinweis auf die Einnahme des äußeren Vorhofes und der Stadt Jerusalem durch die MËÐÊ nichts über dessen Zerstörung ausgeführt15. (f) Die Zusage, daß der innere Tempelbereich nicht in die Hände der MËÐÊ geraten solle, widerspreche einerseits der etwa Dan 8,11–14; 9,26f. geäußerten Erwartung, daß das Allerheiligste des Tempels zwar entweiht, aber nicht zerstört werden würde, andererseits der einigen in den synoptischen Evangelien überlieferten Worten Jesu inhärenten Tendenz der zukünftigen vollständigen Zerstörung des Jerusalemer Heiligtums 16.

Dieser von Wellhausen begründeten These zu Apk 11,1f. stehen allerdings durchaus erhebliche Bedenken entgegen: (a) Es ist keineswegs sicher, daß die Darstellung des Josephus in den o.cit. Passagen wie auch in seinem Werk insgesamt immer der historischen Wirklichkeit entspricht bzw. die historische Wirklichkeit immer korrekt wiedergibt. Aber selbst dann, wenn dies im Blick auf bell. V 458f.; VI 122.285f. zugestanden wird, lieferten diese Belegstellen dennoch keinen Beweis für die tatsächliche Existenz eines zelotischen Orakels, das in seiner Formulierung auch nur annähernd dem Apk 11,1f. Formulierten entspräche. Selbst die Passage bell. V 458f.17, die den Ausführungen Apk 11,1f. sachlich und inhaltlich durchaus 11 Vgl. hierzu Apk II, 594: „The abrupt introduction of the passage (the subject of the participle ÎÀÆÜÐ ... is unspecified; the usual visionary formulas such as ‚I saw‘ or ‚I heard‘ are absent“. 12 Vgl. hierzu Apk II, 594. 13 Vgl. hierzu Apk II, 594: „Nothing is said about when or how the visionary could have access to the temple to carry out the task of measuring“. 14 Apk II, 594. 15 Vgl. hierzu Apk II, 594. 16 Vgl. hierzu Apk II, 594. 17 (458) ÓÔvÕ×Ä}×ÄÄ~×vÐIÅÎÄÖÙÁÏÒËÐ5Óv×Ò}×ÈÂÚÒØÕ­ÄÂÖÄÔÄÍÄW×vÐÓÄ ×ÀÔÄ Ä~×Ò} ÍÄW ×Ò} ÏHÐ ËÄп×ÒØ ÍÄ×ÄÙÒÔÈXÐ IÅßÜÐ ¡Ô^ÖËÄÌ Æ3Ô Ä~×vÐ ÓÔv ÇÒØ ÎÈÂÄÕ ÍÄΊÕ IÔÆ¿ÖÈÖËÄÌ ÇH xÖÄ 9Ð ÇàÐÜÐ×ÄÌ ÍÄÍ3 +´ÜÏÄÂÒØÕ KÜÕ IÏÓÐÀÜÖÌ ÓÄ ×ÔÂÇÒÕÇHÒ~ÏÀÎÈÌÐ×^ÕŒÕÄ~×ßÕÙÊÖÌÐ5ÓÒÎÒØÏÀÐÊÕÍÄWÐÄÒ}5ÓÒÎÒÏÀÐÒØ5ÏÈÂÐÜ ×Òà×ÒØ ו Ëȕ ×vÐ ÍßÖÏÒÐ ÈVÐÄÌ (459) ÖÜÖËÁÖÈÖËÄ ÆÈ Ï]Ð ÍÄW ×Ò}×ÒÐ Óv ×Ò} ÍÄ×ÒÌÍÒ}Ð×ÈÕ yÐ ÍÄW Ä~×ÒW ÖàÏÏÄÚÒÐ MÚÒÐ×ÈÕ Ó4ÖÄÐ ÚÎÈØ¿ÖÈÌÐ 5ÓÈÌÎ]Ð Ö×È ÔÒ}ÖÄÐ MÔÆÜÐ ×v Æ3Ô ×ÀÎÒÕ ÈVÐÄÌ ×Ò} ËÈÒ} ×ÒÌÄ}×Ä ×ÄXÕ ÎÒÌÇÒÔÂÄÌÕ5ÐÄÏÂÖÆÒÐ×ÈÕ IÍÈÍÔ¿ÆÈÖÄÐ („Die Juden aber lästerten ihn daraufhin und seinen Vater von der Mauer aus und schrieen, sie verachteten den Tod, denn sie seien längst als Männer der Ehre ent-

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Einleitung

nahe kommt, stellt keine wirklich Parallele zu ihnen dar, da in ihr weder das Motiv des Messens begegnet noch Aussagen über die 5ØÎ] MÑÜËÈÐ noch Angaben über die Zerstörung Jerusalems durch die Völker bzw. die Heiden gemacht werden. Auch die Beschreibung des Wirkens eines falschen Propheten, der gegen Ende der Belagerung Jerusalems auftrat und dem Volk verkündete, Gott befehle, zum Tempel hinaufzusteigen und dort Zeichen der Rettung zu erwarten (bell. VI 285)18, bietet zwar Anklänge an die Darstellung Apk 11,1f., lässt sich aber auch nicht als Parallele zu ihr fassen, da in ihr ebenfalls sowohl das Motiv des Messens als aber auch Aussagen über die 5ØÎ] MÑÜËÈÐ bzw. Angaben über die Zerstörung Jerusalems fehlen. (b) Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus der Frage, wie denn ein christlicher Apokalyptiker ein originäres zelotisch-prophetisches Heilsorakel, das mit dem Untergang Jerusalems 70 n.Chr. doch ebenfalls untergegangen ist, in seine Hände bekommen haben sollte. Die Annahme, der Verfasser der Apk habe ursprünglich als jüdischer Apokalyptiker in Palästina bzw. in Jerusalem gewirkt und in dieser Funktion Kontakt zu zelotischen Kreisen gehabt, würde diese Frage zwar beantworten, zugleich aber auch neue Fragen aufwerfen. Zu fragen wäre dann nämlich etwa, warum der Verfasser der Apk als ein jüdischer Apokalyptiker sich dem Christentum überhaupt zugewandt, bzw., aus welchem Grund ein ursprünglich jüdischer, dann aber zum Christentum konvertierter Apokalyptiker ein erwiesenermaßen nicht eingetroffenes jüdisches Heilsorakel überhaupt tradiert und in seinem Werk verarbeitet hat. (c) Schließlich bleibt zu fragen, warum der Apokalyptiker denn seine eigene Person in dieses ursprünglich zelotische, von seiner Person doch völlig unabhängige Heilsorakel eingefügt habe, anstatt es in seinem originalen Wortlaut zu übernehmen19. schlossen, ihn der Knechtschaft vorzuziehen, den Römern aber wollten sie allen nur möglichen Schaden zufügen, solange sie noch Atem in ihrer Brust hätten. Die Vaterstadt kümmere sie nicht im geringsten, sie sei ja nach seinen eigenen Worten sowieso dem Untergang verfallen; und wenn auch dieser Tempel dem Untergang geweiht sei, so habe doch Gott noch einen besseren als diesen, nämlich die Welt. (459) Aber trotzdem werde auch der irdische Tempel von dem gerettet werden, der in ihm wohne. Und weil sie diesen zum Verbündeten hätten, könnten sie über alle Drohungen nur lachen, hinter denen ja doch die Tat zurückbleibe, denn die letzte Entscheidung stehe bei Gott. Solche Sätze stießen sie unter Beschimpfungen hervor“; Text und Übersetzung nach O. Michel/O. Bauernfeind, Josephus II,1, 180–183). 18 (285) ×Òà×ÒÌÕÄS×ÌÒÌÕ×^Õ5ÓÜÎÈÂÄÕÛÈËÇÒÓÔÒÙÁ×ÊÕ×ÌÕÍÄ×ÀÖ×ÊÍÄ×*IÍÈÂÐÊÐ ÍÊÔàÑÄÕ×]РÏÀÔÄÐ×ÒXÕIÓW×^ÕÓßÎÈÜÕ‹Õ¢ËÈvÕIÓW×vOÈÔvÐ5ÐÄÓ^ÖÄÌÍÈÎÈàÈÌ ÇÈÑÒÏÀÐÒØÕ ×3 ÖÊÏÈXÄ ×^Õ ÖÜ×ÈÔÂÄÕ („Schuld an ihrem Verderben war ein falscher Prophet, der an jenem Tag auftrat und dem Volk in der Stadt verkündete, Gott befehle, zu dem Heiligtum hinauszusteigen und die Zeichen der Rettung zu erwarten“; Text und Übersetzung nach O. Michel/O. Bauernfeind, Josephus II,2, 50f.). 19 Kritisch gegenüber der These von Wellhausen auch J. Weiß, Apk, 123: „Aber sofort erhebt sich der Einwand, daß doch die literarische Umgebung, in der dies Stück [d. h.

Probleme der Forschung

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Angesichts dieser Fragen, Bedenken und Schwierigkeiten scheint die Annahme, daß der Apokalyptiker hier in Apk 11,1f. unter Aufnahme von alttestamentlichem Überlieferungsgut eigenständig formuliert, die mit erheblich weniger Problemen behaftete Hypothese zu sein20. Erwägenswert für den weiteren Fortgang der Diskussion bleiben aber folgende Beobachtungen Wellhausens: (a) Spezifisch christliche Inhalte lassen sich in Apk 11,1f. nicht erkennen21, wenn man diese beiden Verse nicht metaphorisch auslegen möchte22. (b) Die inhaltliche und sachliche Nähe etwa von Josephus, bell. V 458f. zu Apk 11,1f. ist durchaus beachtenswert; immerhin wird dem Jerusalemer ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} in beiden Texten offensichtlich eine entscheidende Rolle und Funktion zugeschrieben. Es ist daher zumindest als durchaus denkbar anzunehmen, daß sowohl der Apokalyptiker in Apk 11,1f. als auch die Verteidiger Jerusalems nach bell. V 458f. ihre Stimme in möglicherweise unterschiedlichen, im Blick auf die innerhalb ihrer virulente Bedeutung des Jerusalemer Tempels aber durchaus vergleichbaren historischen Kontexten erhoben haben. 2. Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} Apk 11,1b – ein irdisches oder ein himmlisches Heiligtum? Ohne hier schon die Ergebnisse der Einzelexegese vorwegnehmen zu wollen23, scheinen gegen die Deutung des Apk 11,1b genannten ÐÄvÕ ×Ò} ËÈÒ} als himmlische Realität entscheidend die mit Apk 11,1 in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,2 zu sprechen. Dort führt er aus, daß der äußere Vorhof des Tempels, die 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ, den MËÐÊ übergeben worden ist, die auch die heilige Stadt Jerusalem 42 Monate lang zerstören bzw. entweihen werden24. Daß Apk 11,1f.] steht, wenig enthält, was für einen zelotischen Verfasser charakteristisch wäre. Die Schrift ... dürfte kaum im Kreise der im Tempel eingeschlossenen Zeloten entstanden sein, die auch wohl Nötigeres zu tun hatten, als derartige Apokalypsen zu verfassen“. 20 So m. R., aber auch zu pauschal H. Giesen, Apk, 243: „Die Übernahme eines nicht erfüllten zelotischen Prophetenspruchs so lange nach der Zerstörung Jerusalems durch den Seher ist jedoch völlig unwahrscheinlich“. Der in der Formulierung Giesens zum Ausdruck kommende temporale Begründungszusammenhang wurde in der obigen Diskussion bewusst nicht berücksichtigt, gewinnt aber unter der Voraussetzung, daß die Apk in hadrianischer Zeit verfasst worden ist (vgl. hierzu u. 176f.), umso mehr an Bedeutung. In diese Richtung auch J. Weiß, Apk, 129: „... so könnten auch seine [d. h. des Apokalyptikers] Erlebnisse im oder vor dem Tempel ... visionär oder fingiert sein. Nur das ist notwendig anzunehmen, daß er die Ereignisse in und um Jerusalem mit lebhaftestem Interesse verfolgt“. 21 Vgl. hierzu Analyse, 15: „Christlich ist an dem Stücke nichts“. 22 Zu dieser Auslegung vgl. etwa H. Giesen, Apk, 243. 23 Vgl. hierzu u. 22ff. 24 Vgl. hierzu ausführlich u. 22ff.

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die Ausführungen Apk 11,2 auf irdische Vorfindlichkeiten und Realitäten abheben, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden; dann aber müssen der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} und auch die übrigen in Apk 11,1b genannten Objekte des Ausmessens in gleicher Weise als irdische Wirklichkeiten begriffen werden25. Daher kann letztlich nicht verwundern, daß „most interpreters understand the primary reference in [Apk] vv 1–2 to be to the literal temple in Jerusalem“26. 3. Apk 11,1f. – ein symbolisch zu interpretierender Text? D.E. Aune stellt in seinem Kommentar vier unterschiedliche Ansätze zur allegorischen bzw. symbolischen Deutung der in Apk 11,1f. genannten Objekte vor, die es kritisch zu reflektieren gilt: (a) Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ}, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und die, die dort anbeten, repräsentierten die christliche Gemeinde in ihrer Gottesverehrung, die 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ und die ÓßÎÌÕ   6ÆÂÄ hingegen das Leben der Christen in ihren Bezügen zu ihrer Umwelt, hier insbesondere die Angriffe, denen sie ausgesetzt seien. In diesem Zusammenhang beziehe sich der Schutz, der durch die Handlung des Messens ausgedrückt werde, nicht auf die physische Unversehrtheit, sondern auf die geistliche Bewahrung der Christen. Diese Deutung basiere „on the frequent use of the temple as a symbol for the Church in early Christian literature“27. (b) Die zum Zwecke der Erhaltung und des Schutzes durchgeführte Messung des ÐÄvÕ ×Ò} ËÈÒ}, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und derjenigen, die dort anbeten, symbolisiere „the preservation of Christians, the true worshipers of God“28, während die Vernichtung der 5ØÎ] MÑÜËÈÐ und der ÓßÎÌÕ  6ÆÂÄ „the rejection and punishment of unbelieving Judaism“29 anzeige. (c) Tempel, Altar und die Anbetenden stellten den ‚heiligen Rest‘ Israels dar, äußerer Vorhof und Stadt hingegen das Volk Israel, das als Strafe für die Sünden der Juden in die Herrschaft der Heiden übergeben werde30. (d) Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ}, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und die, die dort anbeten, bezögen sich auf die zentralen Aspekte und wichtigen Elemente jüdischen Glaubens und jüdischer Frömmigkeit, die 5ØÎ] MÑÜËÈÐ und die ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ auf dasjenige, was innerhalb der jüdischen Tradition nur einen äußerlichen Charakter trage und vernachlässigbar sei31. Allein schon die Tatsache, daß sich in der Forschung mehrere unterschiedliche Ansätze der symbolischen bzw. 25

So m.R. H. Kraft, Apk, 152: „Es kann schon darum nicht der himmlische Tempel sein, weil ein Teil des Bezirks nicht vermessen, sondern den Heiden überlassen werden soll“. 26 D.E. Aune, Apk II, 596. 27 Apk II, 597 mit entsprechenden Belegen. 28 Apk II, 597. 29 Apk II, 597. 30 Apk II, 597f. 31 Apk II, 598.

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allegorischen Deutung der Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,1f. entwickelt haben, läßt die Fragwürdigkeit solcher Deutungsansätze im Rahmen der historisch-kritischen Betrachtung dieser Passage und auch der Apk insgesamt deutlich werden. Näheres muß hier aber die u. zu führende ausführliche Diskussion32 zeigen. II. Apk 11,3–13 Im Rahmen der exegetischen Forschung zu Apk 11,3–13 begegnet als letzten Endes entscheidende immer wieder die Frage nach der Identität der beiden in dieser Perikope auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ. Grundsätzlich lassen sich in diesem Zusammenhang zwei Diskussionsebenen voneinander unterscheiden33: (a) Auf einer ersten Ebene wird die Frage diskutiert, ob, und wenn ja, welche Figuren aus der eschatologischen Tradition des Alten Testaments bzw. des Judentums als Modelle für die Konzeption und die Darstellung von Apk 11,3ff. herangezogen worden sind34. (b) Daran anschließend und zugleich darüber hinausgehend geht es auf einer zweiten Ebene darum, wie die beiden Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ konkret zu deuten sind35. Im Folgenden soll die Diskussion, die auf den beiden Ebenen jeweils geführt wird, skizzenhaft aufgearbeitet werden. 1. Alttestamentliche und frühjüdische Modelle für die Konzeption und die Darstellung von Apk 11,3ff. In einer ersten Antwort auf die Frage nach den in Apk 11,3ff. möglicherweise als Modell verwendeten Gestalten aus der jüdisch-eschatologischen Tradition wird insbesondere auf die Schilderung ihrer Auferweckung und ihrer Himmelfahrt Apk 11,11ff. abgehoben; Elia und Henoch seien die einzigen, von denen überliefert sei, daß sie nicht gestorben, sondern zum Himmel aufgefahren seien und entweder einzeln oder gemeinsam am Ende der Zeit zurückkehren und ihre Mission vollenden würden36. Dieser Deu32

Vgl. hierzu u. 38ff. Vgl. zu dieser Systematisierung D.E. Aune, Apk II, 599. 34 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 599: „First, which traditional figures (particularly prophetic figures) of Jewish eschatology, if any, served as models for the two witnesses?“. 35 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 599: „The second level involves the question of whether (i) two historical figures figuratively embody characteristics of ancient prophetic figures ..., (ii) the two witnesses should be regarded as two ancient prophets returned to life, or (iii) the two witnesses are intended as symbols“. 36 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 599: „This view was based on the widespread belief that Enoch and Elijah were the only two human beings who had not died but had ascended to heaven and that one or the other (or both) would return at the end of the age to complete the mission interrupted by their removal from the world“; vgl. darüber hinaus 33

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tung entgegen weist P.B.-S. Min darauf hin, daß ihr trotz einer deutlichen Verankerung in der kirchlichen Tradition die exegetische Basis fehle, da insbesondere die Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,6b, hier konkret in 11,6b, auf die Gestalt des Mose und eben nicht auf diejenige des Henoch verweise37, während sich für eine Aufnahme von mit der Figur des Henoch verbundenem Traditionsmaterial im Text von Apk 11,3–13 hingegen keinerlei Anzeichen ausmachen ließen. Insbesondere der lateinische Exeget Victorinus von Pettau38 hat in seinem Kommentar zur Apk die These verfochten, daß die beiden endzeitlichen Propheten Elia und Jeremia als Modelle für die Konzeption und die Darstellung der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ in Apk 11,3ff. Pate standen, da „Jeremiah (like Elijah) had not died but had been translated“39. Wiederum mit Verweis auf Apk 11,5f. merkt P.B.-S. Min jedoch an, daß „i versetti 5s alludono chiaramente all’opera die Mosè ed Elia, mentre non si trova alcuna indicazione su Geremia in questa pericope. Perciò è molto difficile poter identificare i due testimoni con Elia e Geremia, come ha fatto Vittorino di Pettau“40. Die weitaus meisten Exegeten41 gehen davon aus, „that the author [der Apk] intended to use Moses and Elijah as prophetic models“42; zur Stützung dieser These wird immer wieder auf die Darstellung in Apk 11,5f. verwiesen, die an die mit diesen beiden Gestalten jeweils verbundene biblische Tradition anknüpfe43. Darüber hinaus zeige die in den synoptischen Evangelien überlieferte Verklärungsgeschichte, daß die Gestalten des Mose und des Elia in der urchristlichen Überlieferung recht früh als mitein-

die ausführliche Darstellung in Apk II, 599f. und die breite Diskussion dieser Tradition bei P.B.-S. Min, Apocalisse, 113ff. 37 Vgl. hierzu Apocalisse, 123: „Dunque l’identificazione di Enoch come uno dei due testimoni di Apoc. 11,3 dipende dalla tradizione ecclesiastica e non ha base esegetica. L’interpretatione die Apoc. 11,3 si resolve a favore die Mosè, perchè il versetto 6 allude chiaramenta all’opera che questi ha compiuto in Egitto“; vgl. hierzu auch die ausführliche exegetische Analyse von Apk 11,6 insgesamt u. 82ff. 38 Zu Victorinus von Pettau vgl. K.H. Schwarte, Art. Victorinus von Pettau, in: LACL, 627f.; Schwarte zufolge lebte Victorinus zwischen ca. 230 und 304 n.Chr. in Pannonien. 39 D.E. Aune, Apk II, 600; vgl. hierzu Apk II, 600f. und auch P.B.-S. Min, Apocalisse, 129ff. 40 Apocalisse, 130; vgl. hierzu auch die Auslegung von Apk 11,6 insgesamt u. 82ff. 41 So etwa auch D.E. Aune, Apk II, 603. 42 D.E. Aune, Apk II, 600. 43 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 600: „..., since consuming enemies with fire from heaven and shutting up the heavens to cause drought (Rev 11:5–6a) are punitive miracles associated with Elija in biblical tradition ... and turning water to blood and afflicting the earth with every sort of plague are associated with Moses and the Exodus tradition“; vgl. auch auch P.B.-S. Min, Apocalisse, 123ff.

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ander verbunden und gemeinsam auftretend gedacht worden sind44. P.B.-S. Min weist im Rahmen seiner Diskussion dieser Deutungshypothese allerdings darauf hin, daß Apk 11,6b zwar auf die Taten des Mose in Ägypten hinweise, daß aber die Darstellung in Apk 11,4 im Blick auf die Frage nach dem traditionsgeschichtlichen Modell für die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ auch in eine andere Richtung deuten könne45; daraus folgert er: „Dunque, l’identificazione[, hier also eine auf dem Weg der Traditionsgeschichte begründete Identifikation] dei due testimoni di Apoc. 11,3 con Elia e Mosè non sembra essere l’unica soluzione possibile nel contesto di Apoc. 11,1– 13“46. Über den Hinweis Mins hinaus ist auffällig, daß eine Himmelfahrt des Mose in der jüdischen und christlichen Überlieferung, wenn überhaupt, dann nur sehr selten bezeugt ist47. Aus alledem folgt: Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Apokalyptiker im Rahmen der Abfassung von Apk 11,3–13 alttestamentliches und sicherlich auch frühjüdisches und urchristliches Traditionsmaterial verwendet hat. Allerdings ging es ihm dabei augenscheinlich nur darum, mit der Aufnahme dieses Materials das darstellerische Profil der beiden in Apk 11,3ff. Ï¿Ô×ØÔÈÕ zu schärfen, nicht aber darum, jene auf traditionsgeschichtlichem Wege mit alttestamentlichen Gestalten zu identifizieren. 2. Deutungen der beiden in Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ Auf der Ebene der Frage der Deutung der beiden in Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ begegnen drei grundsätzliche Interpretationsrichtungen, (a) zunächst deren symbolische Deutung, die mit der kollektiven Deutung der Gestalten der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ einhergehen kann48. Hierbei werden die beiden Zeugen etwa als Repräsentan44 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 600: „An important connection between Moses and Elijah in Christian tradition lies in their joint appearance at the Transfiguration of Jesus“; ähnlich auch P.B.-S. Min, Apocalisse, 128. 45 Vgl. hierzu Apocalisse, 129: „L’identificazione dei due testimoni data proprio nel versetto procedente (v. 4), allude ai due sommi sacerdoti giudei: Giosuè figlio di Iozedek e Zorobabele, rappresentati dal potere religioso e civile“. 46 Apocalisse, 129. In diesem Sinne durchaus ähnlich D. Haugg, Zeugen, 130ff.; wie Min sieht auch Haugg in Apk 11,3ff. durchaus unterschiedliche jüdisch-eschatologische Traditionen verarbeitet: „Die Elias-Henoch-Tradition kann sich gar nicht, die EliasMoses-Tradition nur indirekt auf Apok 11,1–13 stützen. ... Die angegebenen Machtzeichen sind der Elias- und Mosegeschichte des AT entlehnt. Der Seher identifiziert jedoch keineswegs die beiden Zeugen mit Moses und Elias“ (133f.). Vgl. hierzu auch ausführlich u. 83. 47 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 600: „The evidence for a belief in the ascension of Moses occurs only occasinally“. 48 Vgl. hierzu nur die Übersicht bei D.E. Aune, Apk II, 602 und die noch detaillierteren Ausführungen bei P.B.-S. Min, Apocalisse, 141ff.

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ten des Alten und des Neuen Testaments, als Symbol für die Kirche in ihrem prophetischen Zeugnisauftrag, als Personifikationen des im Christentum bewahrten geistlichen Wertes der jüdischen Religion oder aber auch als Stellvertreter für „the OT prophetic message and the NT apostolic witness“49 interpretiert. P.B.-S. Min kommt am Ende seiner Durchsicht der einzelnen symbolischen Interpretationsansätze jedoch m.R. zu dem Schluß, daß der Versuch, die beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ als Symbolgestalten zu fassen, „è il più conveniente“50; die einzelnen Züge der Darstellung in dieser Perikope bewiesen unschwer, daß in Apk 11,3ff. „i due testimoni sono descritti molto concretamente come personalità individuali“51, womit aber natürlich keinesfalls insinuiert ist, daß die beiden Zeugen, sofern ihre Individualität gewahrt bleibt, nicht zugleich auch, dann aber über ihre Individualität hinausgehend, als Repräsentanten einer größeren Gruppe interpretiert werden können. Darüber hinaus lassen sich, wie schon die jeweils unterschiedlichen Ergebnisse der einzelnen symbolischen Deutungsversuche zeigen, keinerlei Textsignale erkennen, die den Erstrezipienten der Apk eine befriedigende und zumindest halbwegs eindeutige Interpretation der symbolisch zu deutenden Perikope ermöglichten52, ein Postulat, das auf dem Hintergrund der Annahme, daß der Apokalyptiker mit seiner Darstellung auch eine Darstellungsabsicht verfolgte, zwingend erforderlich ist. Mit der Beobachtung, daß es sich bei den in Apk 11,3ff. dargestellten eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ zumindest zunächst und in erster Linie um konkrete Einzelpersönlichkeiten handelt, verliert zugleich auch der Versuch, jene im Rahmen einer durchaus auch symbolisch zu nennenden Interpretation unter Absehung ihrer Individualität kollektiv als Chiffre für die in der Apk angeschriebenen sieben Gemeinden53 oder die Gesamtheit der christlichen Gemeinde zu interpretieren, deutlich an Plausibilität. Hinzu kommt, daß in Apk 1 und auch in Apk 2f. gerade die sieben Gemeinden einzeln benannt und angeschrieben worden sind; angesichts dessen läßt sich kaum erklären, warum der Apokalyptiker deren Identität dann hier in Apk 11,3ff. hinter derjenigen zweier eschatologischer Zeugen verbergen sollte. Die o. zitierte Einlassung von P.B.-S. Min hinsichtlich ihrer Individualität erscheint umso erstaunlicher, als er selbst im Blick auf die Identifikation der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ offensichtlich z.T. einen symbolischen, präziser einen überindividuellen Deutungsansatz vertritt, wobei er die primäre Individualität zumindest des zweiten Zeugen letzten Endes unberücksichtigt läßt; er nämlich identifiziert die beiden Zeugen mit dem 49

K. Strand, Witnesses, 134. Apocalisse, 152. 51 Apocalisse, 152. 52 Vgl. hierzu auch die exegetische Diskussion u. 67ff.78ff. 53 In diesem Sinne etwa U.B. Müller, Apk, 210; vgl. hierzu die ausführliche exegetische Diskussion u. 67ff. 50

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Geist Gottes und den etwa in Apk 19,10 und 22,9 erwähnten Propheten: „E quindi si può affermare che i due testimoni della pericope in esame sono lo Spirito, come base, ed i credenti, i quali, in quanto hanno la testimonianza di Gesù e lo Spirito della profezia, sono pari a Giovanni ed ai suoi fratelli, i profeti“54.

(b) Nächst der symbolischen Deutung der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ist deren Interpretation als (noch) unbekannte endzeitliche Propheten zu diskutieren. Ausgehend von der Tatsache, daß der Apokalyptiker in Apk 11,3ff. die Namen der beiden endzeitlichen Zeugen nicht preisgibt, lehnt etwa D. Haugg sämtliche Versuche ihrer konkreten Deutung ab und interpretiert diese Perikope konsequent endgeschichtlich55; die einzelnen Züge der Darstellung gäben „das Recht, in den zwei Zeugen zwei von Gott oder Christus vor dem Ende der Zeiten geschickte Einzelpersönlichkeiten zu sehen“56. Durchaus m.R. weist P.B.-S. Min, wiewohl er den eschatologischen, auf die Zukunft gerichteten Impetus dieser Interpretation für „molto discutibile“57 hält, demgegenüber darauf hin, daß diese endgeschichtliche und auf das Ende der Kirche bezogene Deutung dem aktuellen Charakter der Apk und ihrer Ausrichtung auf die gegenwärtige Situation des Apokalyptikers und seiner Rezipienten nicht gerecht werde58. (c) Schließlich finden sich im Blick auf die Deutung der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ in der Forschung durchaus zahlreiche Antworten, in denen der Versuch ihrer historischen, d.h. auf konkrete zeitgeschichtliche Personen bezogenen Deutung unternommen wird59. Im Rahmen der historischen Interpretation der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ sind folgende Hypothesen diskussions- und erwähnenswert60: (1) B.W. Bacon äußerte 1927 die Vermutung, daß es sich bei den beiden endzeitlichen Zeugen um Jakobus

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Apocalisse, 312. Vgl. hierzu Zeugen, 137: „Apok 11,1–13 läßt sich weder zeit- noch kirchengeschichtlich, sondern nur endgeschichtlich sinnvoll und befriedigend deuten“. 56 Zeugen, 113; ähnlich T. Zahn, Apk, 428, der von den beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ als den „zwei Zeugen Christi in der Endzeit“ spricht. 57 Apocalisse, 142. 58 Vgl. hierzu Apocalisse, 141f.: „Ma Th. Zahn, ed anche D. Haugg, identificando i due testimoni die Apoc. 11,3 con due personaggi escatologici, tolgono allo scritto il suo carattere die attualità. Non possiamo sostenere che l’autore dell’Apocalisse volesse, con la visione dei due Testimoni, infondere coraqggio, forza e consolazione alle generazioni future, mentre i cristiani del suo tempo vivevano tra dure lotte e persecuzioni“. 59 Vgl. zum Folgenden D.E. Aune, Apk II, 601ff. und P.B.-S. Min, Apocalisse, 133ff. 60 Nur in einer Fußnote sei darauf hingewiesen, daß D.E. Aune, Apk II, 601 mit Verweis auf H. Kraft, Apk, 156 die Identifikation der beiden eschatologischen Zeugen mit den urchristlichen Märtyrern Stephanus und Jakobus sowie dem Herrenbruder Jakobus zumindest für möglich hält. Einer solchen Identifikation widerrät jedoch der Sachverhalt, daß diese hier erwähnten urchristlichen Zeugen eben nicht durch das ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐ IÍ×^Õ5ÅàÖÖÒØ (Apk 11,7), also durch den römischen Staat oder aber einen seiner Repräsentanten zu Tode gekommen sind. 55

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und Johannes, die Söhne des Zebedäus, handelte61; dem vermag durchaus zu entsprechen, daß Mk 10,35ff. und Mt 20,20–28 ein Martyrium der beiden Zebedaiden noch vor 70 n.Chr. zu bezeugen scheinen62. Gegen die Identifikaion der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ mit den Zebedaiden dürfte aber die Tatsache sprechen, daß sowohl in Mk 10,35ff. als auch in Mt 20,20ff. der von jenen geäußerte Führungs- oder Herrschaftsanspruch von ihrer Umwelt negativ gouttiert und von Jesus rundheraus abgewiesen wird (Mk 10,41.42ff; Mt 20,24.25ff.). Diese Darstellung läßt nämlich darauf schließen, daß im Rahmen der Entwicklung des Urchristentums möglicherweise Platz greifende Versuche, den Söhnen des Zebedäus eine herausgehobene Position zuzugestehen, letzten Endes erfolglos geblieben sind63. Dann aber ergibt sich die Frage, warum ausgerechnet der Apokalyptiker in seinem Werk mit der Darstellung des Auftretens der Zebedaiden als der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ eine solche Tradition zu installieren suchen sollte. In neuerer Zeit versucht unternimmt M. Oberweis einen neuen Versuch, die von Bacon vorgelegte These zu begründen. Im Rahmen seiner Argumentation verweist er zunächst auf die augenscheinliche Verarbeitung der Ausführungen in Sach 4,2.11 sowohl in Apk 11,4 als auch in Mk 10,35–40 und in Mt 20,20–23; da in Mk 10 und Mt 20 von den Zebedaiden gesprochen werde, dränge sich der Gedanke auf, „daß auch in Offb 11 von Jakobus und Johannes die Rede ist“64; diese Annahme werde Oberweis zufolge insbesondere durch die Ausführungen in Lk 9,54 – hier werden die Söhne des Zebedäus mit dem Motiv des vom Himmel fallenden Feuers in Verbindung gebracht65 – und durch die Verklärungsgeschichte Mk 9,2–8 parr. – hier treten Mose und Elia gemeinsam und auch mit Jakobus und Johannes auf66 – bestätigt. Der These von Oberweis widerrät vor allem der von ihm selbst gegebene Hinweis auf das gemeinsame, „von Juden verusacht[e] oder vollstreckt[e]“67 Martyrium der Zebedaiden in Jerusalem; nach Apk 11,768 nämlich können kaum die Juden, sondern müssen vielmehr das imperium Romanum bzw. dessen führender Repräsentant als diejenigen angesehen werden, die der Apokalyptiker für den Tod der beiden Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ verantwortlich macht.

(2) 1950 unternahm J. Munck den nicht wenig beachteten Versuch, die beiden eschatologischen Zeugen als Chiffren für Petrus und Paulus, zwei der wichtigsten Figuren der frühen Christentumsgeschichte, zu fassen69; 61

Vgl. hierzu Elder John, 188f.; Bacon zur Seite tritt immerhin E. Hirsch, Studien, 142. H. Kraft, Apk, 156 erwägt diese Theorie als möglich. 62 Vgl. hierzu W. Heitmüller, Johannes-Tradition, 189f. 63 In diesem Sinne durchaus E. Lohmeyer, Mk, 222 mit Blick auf Mk 10,40: „Den Nachsatz [d.h. Mk 10,40b] hätte dann die Urgemeinde hinzugesetzt, wohl um den Anspruch der Zebedaiden gegenüber Worten wie Mt 16,18 zurückzuweisen“. 64 Martyrium, 79. 65 Vgl. Martyrium 83f. 66 Vgl. Martyrium, 85f. 67 Martyrium, 81; zum Gesamtzusammenhang vgl.u. 87ff. 68 Vgl. hierzu u. 87ff. 69 Vgl. Petrus und Paulus, 15f.; Munck folgten etwa M.-E. Boismard, L’apocalypse, 534.540 und S. Giet, L’apocalypse, 40 (vgl. hierzu P.B.-S. Min, Apocalisse, 136f.). In

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beide seien als Märtyrer verstanden und als Märtyrer zusammen gekreuzigt worden70. Der Deutung Muncks stehen jedoch wichtige Beobachtungen entgegen: (Ä) Der Apk 11,8 geschilderte Tod der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ in Jerusalem widerspricht der ur- und frühchristlichen Tradition, die die Kreuzigung des Petrus und des Paulus nach Rom, in die Hauptstadt des imperium Romanum, verlegt. Diesem Problem versucht J. Munck zu entgehen, indem er – letzten Endes wenig überzeugend – Apk 11,8c als eine spätere Interpolation begreifen will71. (Å) Eine etwaige Auferstehung und Himmelfahrt des Petrus und des Paulus sind in der ur- und frühchristlichen Überlieferung nicht belegt72. (Æ) Daß Paulus und Petrus, wie es Apk 11,3ff. suggeriert, zur gleichen Zeit auf- und in Erscheinung getreten sind und eine doch offensichtlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht nur gemeinsam als Zeugen gewirkt, sondern auch zusammengearbeitet haben, wird weder durch die Briefe des Paulus noch durch die Apostelgeschichte noch durch 1Clem 5,1–7, der entscheidenden urchristlichen Tradition zum Martyrium sowohl des Petrus als auch des Paulus, bestätigt. (3) 1976 wies K. Berger im Rahmen seiner Diskussion von Apk 11,3ff. auf den von Josephus, bell. IV 314–317 berichteten Tod der beiden Hohepriester Ananos und Jesus im Zuge der Eroberung Jerusalems im ersten jüdischen Krieg hin73. Nach Berger ist es „möglich, daß hinter der Ausgestaltung dieser Prophetie [in Apk 11,3ff.] eine Reminiszenz an den Tod“74 dieser beiden Figuren der Geschichte Israels steht. Bemerkenswert an diesem Vorschlag ist, daß damit – trotz der Einlassungen des Apokalyptikers in Apk 11,8c75 – doch zumindest die Möglichkeit eröffnet wird, hinter den beiden in Apk 11,3ff. dargestellten Ï¿Ô×ØÔÈÕ nicht unbedingt ausschließlich christliche, sondern durchaus auch jüdische Gestalten zu sehen. Insbesondere zwei Punkte lassen die Annahme Bergers jedoch unwahrscheinlich diesem Zusammenhang deutet Munck die Gestalt des Apk 11,7 begegnenden ËÊÔÂÒÐ 5ÐÄÅÄXÐÒÐ IÍ ×^Õ 5ÅàÖÖÒØ auf den römischen Kaiser Nero bzw. auf die Gestalt des Nero redivivus (Petrus und Paulus, 21; vgl. hierzu auch u. 76ff.). 70 Vgl. hierzu auch D.E. Aune, Apk II, 601. 71 Vgl. hierzu Petrus und Paulus, 33f.; vgl. zur exegetischen Diskussion dieser Frage u. 90ff. 72 Zu diesen beiden hier formulierten Kritikpunkten vgl. etwa D.E. Aune, Apk II, 601 mit Verweis auf D.W. o’Connor, Peter in Rome, 65–68 und bereits P. Benoit, Rez. Munck, 627: „Deux détails de ce texte sembleraint interdire de la rapporter à Pierre et Paul: 1) au v. 8 la ville de leur martyre doit être Jérusalem et non Rome, à cause de la précision: xÓÒØ ÍÄW ¢ ÍàÔÌÒÕ Ä~׊Ð IÖ×ÄØÔáËÊ; 2) la résurrection et l’ascension des deux Témoins (v. 10s) étonnent dans le cas de Pierre et Paul“. Der zweite Einwand greift natürlich nur dann, wenn der Text Apk 11,3–13 als literarkritsch einheitlich beurteilt wird; vgl. hierzu allerdings u. 125ff. Zu weiteren kritischen Anmerkungen gegen die Hypothese Muncks vgl. P.B.-S. Min, Apocalisse, 135f. 73 Vgl. hierzu Auferstehung, 27. 74 Auferstehung, 27. 75 Vgl. hierzu u. 90ff.

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Einleitung

erscheinen: (Ä) Nach bell. IV 314ff. werden die beiden Hohepriester nicht von den römischen Widersachern der Juden, sondern von idumäischen Kämpfern getötet76, ein Sachverhalt, der sich insbesondere mit den Aus76 (314) ²~Í HÍÒÔÀÖËÊÖÄÐ ÇH ×Òà×ÒÌÕ ÒO ËØÏÒW ׊Ð *¬ÇÒØÏÄÂÜÐ 5ÎÎ* HÓW ×]Ð ÓßÎÌÐ ×ÔÄÓßÏÈÐÒÌ Ó4ÖÄÐ ÏHÐ ÒPÍÂÄÐ ÇÌÁÓÄÉÒÐ MÍ×ÈÌÐÒÐ ÇH ×vÐ ÓÈÔÌ×ØÚßÐ×Ä (315) ÍÄW×vÏHÐ9ÎÎÒÓÎ^ËÒÕÄ~×ÒXÕHÇßÍÈÌÓÄÔÄпÎÜÏÄ×Ò|ÕÇH5ÔÚÌÈÔÈXÕ5ÐÈÉÁ×ÒØÐ ÍÄWÍÄ×*IÍÈÂÐÜÐgÐ×ÒXÕÓÎÈÂÖ×ÒÌÕ ÙÒÔ¿ (316) ×ÄÚÀÜÕÇ*6ÎßÐ×ÈÕÇÌÈÙËÈÂÔÒÐ×Ò ÍÄW ×ÒXÕ ÐÈÍÔÒXÕ Ä~׊Ð IÓÌÖ׿Ð×ÈÕ ×vÐ ÏHÐ .¤ÐÄÐÒÐ ×^Õ ÓÔvÕ ×vÐ Ç^ÏÒÐ È~ÐÒÂÄÕ ×vÐÇH*¬ÊÖÒ}Ð׊Ð5Óv×Ò}×ÈÂÚÒØÕÎßÆÜÐIÓÀÖÍÜÓ×ÒÐ (317) ÓÔÒ^ÎËÒÐÇHÈPÕ×Ò ÖÒ}×ÒÐ 5ÖÈÅÈÂÄÕ Ö×È ÍÄW 5׿ÙÒØÕ ŸXÛÄÌ ÍÄÂ×ÒÌ ×ÒÖÄà×ÊÐ *¬ÒØÇÄÂÜÐ ÓÈÔW ×3Õ ×ÄÙ3Õ ÓÔßÐÒÌÄÐ ÓÒÌÒØÏÀÐÜÐ Ö×È ÍÄW ×Ò|Õ IÍ ÍÄ×ÄÇÂÍÊÕ 5ÐÈÖ×ÄØÔÜÏÀÐÒØÕ ÓÔv ÇàÐ×ÒÕ  ÎÂÒØ ÍÄËÈÎÈXÐ ×È ÍÄW Ë¿Ó×ÈÌÐ (318) Ò~Í :Ð 6Ï¿Ô×ÒÌÏÌ Ç* ÈPӊÐ 6ÎáÖÈÜÕ 9ÔÑÄÌ×jÓßÎÈÌ×vÐ*¤Ð¿ÐÒØË¿ÐÄ×ÒÐÍÄW5Ó*IÍÈÂÐÊÕ×^Õ ÏÀÔÄÕ5ÐÄ×ÔÄÓ^ÐÄÌ×v ×ÈXÚÒÕ ÍÄW ÇÌÄÙËÄÔ^ÐÄÌ ×3 ÓÔ¿ÆÏÄ×Ä *¬ÒØÇÄÂÒÌÕ IÐ p ×vÐ 5ÔÚÌÈÔÀÄ ÍÄW  ÆÈÏßÐÄ ×^ÕPÇÂÄÕÖÜ×ÈÔÂÄÕÄ~׊ÐIÓWÏÀÖÊÕ×^ÕÓßÎÈÜÕÈVÇÒÐ5ÓÈÖÙÄÆÏÀÐÒÐ (319) gÐÆ3Ô Ç]׿9ÎÎÄÖÈÏÐvÕ5Ð]ÔÍÄWÇÌÍÄÌß×Ä×ÒÕÍÄWÓÄÔ3×vÐzÆÍÒÐ×^Õ×ÈÈ~ÆÈÐÈÂÄÕÍÄW ×^Õ 5ÑÂÄÕ ÍÄW fÕ ÈVÚÈ ×ÌÏ^Õ _ÆÄÓÊ͉Õ ×v PÖß×ÌÏÒÐ ÍÄW ÓÔvÕ ×Ò|Õ ×ÄÓÈÌÐÒ׿×ÒØÕ ÙÌÎÈÎÈàËÈÔßÕ ×È IÍ×ßÓÜÕ ÍÄW ÇÊÏÒÍÔÄ×ÂÄÕ IÔÄÖ×ÁÕ (320) ÓÔß ×È ׊Ð PÇÂÜÐ ÎØ ÖÌ×ÈΊÐ×vÍÒÌÐjÖØÏÙÀÔÒÐ5ÈW×ÌËÀÏÈÐÒÕÍÄWÓÈÔWÓÄÐ×vÕÓÒÌÒàÏÈÐÒÕ×]ÐÈPÔÁÐÊÐ 9ÏÄÚÄ Æ3Ô nÇÈÌ ×3 +´ÜÏÄÂÜÐ ÓÔÒÖÍÒÓÒàÏÈÐÒÕ Ç* Ó* 5пÆÍÊÕ ÍÄW ×3 ÍÄ×3 ×vÐ ÓßÎÈÏÒÐ xÓÜÕ ÈP Ï] ÇÌÄÎàÖÄÌÐ×Ò *¬ÒØÇÄXÒÌ ÇÈÑ̊Õ ÇÌÄÙÀÔÒÌÐ×Ò (321) ÍÄËßÎÒØ Ç*ÈPÓÈXÐɊÐ×ÒÕ*¤Ð¿ÐÒØÓ¿Ð×ÜÕ:ÐÇÌÈÎàËÊÖÄÐÇÈÌÐvÕÆ3ÔgÐÈPÓÈXÐ×ÈÍÄWÓÈXÖÄÌ ×vÐ Ç^ÏÒÐ bÇÊ ÇH IÚÈÌÔÒ}Ð×Ò ÍÄW ×Ò|Õ IÏÓÒÇÂÉÒÐ×ÄÕ c ÓÒÎÈÏÒ}Ð×ÈÕ ÓÎÈÂÖ×ÊÐ :Ð ×ÔÌÅ]Ð+´ÜÏÄÂÒÌÓÄÔÀÚÒÐÓv×ÒÌÒà×[Ö×ÔÄ×Êƕ (322) ÓÄÔÀÉÈËÍ×ÒÇ*Ä~וÍÄW¢ *¬ÊÖÒ}Õ Ä~×Ò}ÏHÐÎÈÌÓßÏÈÐÒÕ ÍÄ×3 ÖàÆÍÔÌÖÌÐ ÓÔÒàÚÜÐ ÇH ׊Ð 9ÎΊР(„(314) Damit war die Wut der Idumäer noch keineswegs gestillt; sie wandten sich vielmehr der Stadt zu, plünderten jedes Haus und töteten jeden, den sie trafen. (315) Sich mit dem gemeinen Volk abzugeben, erschien ihnen dabei als unnützer Kraftaufwand; sie suchten vielmehr nach den Oberpriestern, und gegen diese wandte sich das Ungestüm des größten Teils der Truppe. (316) So wurden sie bald gefangen und niedergemacht, ja man stellte sich auf deren Leichen und höhnte den Ananos wegen seiner väterlichen Güte gegenüber dem Volk, Jesus aber wegen seiner Rede, die er von der Mauer herunter gehalten hatte. (317) Sie trieben ihren Frevel damit auf die Spitze, daß sie die Leichen unbeerdigt hinauswarfen, obwohl doch die Juden für die Beerdigung der Toten so sehr besorgt sind, daß sie sogar die Leichen der zum Kreuzestod Verurteilten vor Sonnenuntergang herunternehmen und beerdigen. (318) Ich gehe wohl kaum fehl mit der Behauptung, die Eroberung der Stadt habe mit dem Tod des Ananos begonnen, und der Einsturz der Mauer, der Untergang des jüdischen Staates habe mit jenem Tage eingesetzt, an dem die Bürger Jerusalems den Hohenpriester und Führer, auf dem ihr eigenes Heil beruhte, mitten in der Stadt hingeschlachtet sahen. (319) Er war nämlich überhaupt ein ehrwürdiger und besonders rechtschaffener Mann; trotz der Würde seiner hohen Geburt, seines Ranges und der Ehre, die er erworben hatte, liebte er es, auch Menschen von ganz niederer Stellung wie seinesgleichen zu behandeln. Er besaß eine außerordentliche Liebe zur Freiheit und war ein Freund der Volksherrschaft, (320) der stets das Wohl des Staates vor den eigenen Nutzen stellte und die Erhaltung des Friedens als oberstes Ziel seiner Bemühungen ansah. Denn er wußte zwar, daß die Macht der römischen Waffen unwiderstehlich war; dennoch traf er notgedrungen Vorbereitungen für den Krieg, damit die Juden, wenn sie schon zu keiner Verständigung mit den Römern kämen, wenigstens ehrenvoll abschnitten. (321) Um es kurz zu sagen: wäre Ananos am Leben geblieben, so wäre sicherlich ein Vergleich zustande gekommen. Denn er war ein eindrucksvoller Redner und imstande, das Volk zu überzeugen; ja, er war schon auf dem besten Wege, auch mit seinen Wider-

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führungen des Apokalyptikers in Apk 11,777 nur schwerlich in Einklang bringen läßt. (Å) Im Unterschied zu Apk 11,11ff. berichtet Josephus weder von einer Auferstehung noch von einer Himmelfahrt des Ananos oder des Jesus. (4) 1977 versuchte A. Greve, die beiden in Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Zeugen auf den Apostel Jakobus, den Bruder des Johannes und Sohn des Zebedäus, und auf den Herrenbruder Jakobus zu beziehen78. Jakobus, der Sohn des Zebedäus, sei nach Apg 12,2 im Jahr 44 n.Chr. auf Betreiben des Antipas, des Tetrarchen von Galiläa und Peräa, hingerichtet worden; über den Herrenbruder Jakobus berichte Eusebius, hist.eccl. II 23,10–18, daß Pharisäer und Schriftgelehrte, wohl im Jahr 62 n.Chr., dessen Ermordung betrieben hätten79. Gegen die von Greve vorgelegte Deutung sprechen u.a.: (Ä) Jakobus, der Herrenbruder, und Jakobus, der Zebedaide, sind zu deutlich verschiedenen Zeitpunkten getötet worden; dies steht im Gegensatz zu der Darstellung Apk 11,7ff., die einen gemeinsamen Todeszeitpunkt der eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ suggeriert. (Å) Im Rahmen dieses Interpretationsansatzes läßt sich die Gestalt des Apk 11,7 auftretenden ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐIÍ×^Õ5ÅàÖÖÒØ kaum befriedigend deuten. (5) Erstmalig bezog 1978 O. Böcher die Gestalten der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ auf Jesus und Johannes den Täufer; im Blick auf die Gestalt des Täufers verweist er auf dessen Identifikation mit der Figur des Elia redivivus in Mt 11,1480, hinsichtlich der Person Jesu macht er geltend, daß zahlreiche der in Apk 11,3ff. begegnenden Motive, insbesondere die Anspielung auf die Figur des Mose redivivus Apk 11,6, sich zwanglos und besser als auf jeden anderen auf jenen beziehen ließen81. Der Argumentation und der daraus sich ergebenden These Böchers widerraten jedoch folgende Beobachtungen: (Ä) Böcher muß Apk 11,8c, die Anspielung auf die

sachern fertig zu werden. Falls ihm das nicht gelungen wäre, so hätten die Juden unter einem solchen Feldherrn den Sieg der Römer zum mindesten sehr stark verzögert. (322) Mit ihm war Jesus verbunden, der zwar an Ananos gemessen zurückstand, alle anderen jedoch überragte“; Text und Übersetzung nach O. Michel/O. Bauernfeind, Josephus II,1, 52f.). 77 Vgl. hierzu ausführlich u. 87ff. 78 Vgl. hierzu A. Greve, Mine to vidner, 138. 79 II 23,16: 5ÐÄÅ¿Ð×ÈÕ ҇Ð ÍÄ×ÀÅÄÎÒÐ ×vÐ ÇÂÍÄÌÒÐ ÍÄW MÎÈÆÒÐ 5ÎÎÁÎÒÌÕ ÎÌË¿ÖÜÏÈÐ *¬¿ÍÜÅÒÐ ×vÐ ÇÂÍÄÌÒÐ ÍÄW bÔÑÄÐ×Ò ÎÌË¿ÉÈÌÐ Ä~×ßÐ IÓÈW ÍÄ×ÄÅÎÊËÈWÕ Ò~Í 5ÓÀËÄÐÈÐ (Text nach E. Schwartz/T. Mommsen, Eusebius, Kirchengeschichte I, 170; „Sie stiegen nun hinauf und warfen den Gerechen [von der Zinne des Tempels] hinunter. Und sie [d.h. die Pharisäer und Schriftgelehrten] schrieen zueinander: ‚Lasset uns Jakobus, den Gerechten, steinigen!‘ Und sie begannen, ihn zu steinigen; denn obwohl er hinabgestürzt worden war, war er noch nicht tot“; Übersetzung nach H. Kraft, Eusebius, 144). 80 Vgl. hierzu O. Böcher, Johannes der Täufer, 82. 81 Vgl. zu diesem Teil der Argumentation O. Böcher, Johannes der Täufer, 82–85.

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Einleitung

Kreuzigung des Herrn in Jerusalem82, als sekundären Zusatz ansehen83 – eine Annahme, die, wiewohl von zahlreichen Exegeten immer wieder vertreten, sprachlich jedoch letzten Endes nicht zu rechtfertigen ist84. (Å) Im Rahmen seiner Konzeption vermag Böcher keine befriedigende Deutung der Gestalt des ËÊÔÂÒÐ 5ÐÄÅÄXÐÒÐ IÍ ×^Õ 5ÅàÖÖÒØ vorzulegen. Der synoptischen Überlieferung zufolge verdankt Johannes der Täufer seinen Tod dem Herodes Antipas; das imperium Romanum und dessen Repräsentanten spielten bei der Hinrichtung des Täufers keine Rolle. Da das ËÊÔÂÒÐ, wie Böcher selbst einräumt85, nach Apk 17,8f. aber eben das römische Reich bzw. seine Führer darstellt, ist er zu der Folgerung gezwungen, daß „der Apokalyptiker in Apk 11,7 [offenbar] nicht so sehr Herodes Antipas als vielmehr Rom selbst für die Ermordung des Täufers verantwortlich“86 machte – eine Interpretation, die weder an der Überlieferung der Synoptiker noch an der Darstellung des Josephus in ant. XVIII 116–119 irgendeinen Anhalt hat. (Æ) Weder die synoptische noch die johanneische Überlieferung beschreiben das Verhältnis Jesu zu Johannes dem Täufer als das zweier gleichberechtigter, neben- und miteinander wirkender Akteure87; hier liegt eine deutliche Differenz zur Darstellung des Apokalyptikers in Apk 11,3ff., die gerade ein solches gleichberechtigtes Neben- und Miteinander insinuiert. Die hier in Kürze diskutierten Versuche, die Gestalten der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ auf historische Persönlichkeiten des Judentums und der frühen Christenheit zu beziehen, lassen folgende Probleme erkennen: (a) Häufig werden das jeweils vorgelegte Interpretationskonzept der Perikope Apk 11,3ff. und der damit einhergehende Versuch der Identifikation der beiden Zeugen durch die Darstellung in Apk 11,7 und das dort geschilderte Auftreten des ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐIÍ×^Õ5ÅàÖÖÒØ in Frage gestellt. (b) Auf ein weiteres, auch in der obigen Diskussion sichtbar werdendes, augenscheinlich grundsätzliches Problem des historischen Deutungsansatzes verweist P.B.-S. Min; ihm zufolge ließen sich die Ausführungen Apk 11,11ff., d.h. die Schilderung der Auferstehung und der Himmelfahrt der beiden Zeugen, in keinen der hier diskutieren Deutungsversuche befriedi-

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Vgl. hierzu u. 90f. Vgl. hierzu O. Böcher, Johannes der Täufer, 83; durchaus ähnlich hier auch D.E. Aune, Apk II, 602. 84 Vgl. hierzu u. 91. 85 Vgl. Johannes der Täufer, 85, A. 102. 86 Johannes der Täufer, 85, A. 102. 87 Vgl. hierzu die Selbstaussagen des Täufers in Mk 1,7; Lk 3,16f.; Mt 3,11f. und Joh 1,29–31. Sie alle schließen ein Neben- und Miteinander von Johannes dem Täufer und Jesus aus; vgl. hierzu auch U. Schnelle, Theologie, 77f.; nach Schnelle sieht Jesus den Täufer „auf der Schwelle zum Reich Gottes“ (78). 83

Probleme der Forschung

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gend integrieren88, was damit zusammenhänge, daß die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ, wenn überhaupt, dann nicht in der Ur- oder Früh-, sondern in einer letzten Notzeit der Kirche89 zu suchen und somit zumindest nicht auf Personen bzw. Figuren der zwar noch kurzen, aber zur Zeit der Abfassung der Apk immerhin durchaus schon faßbaren kirchengeschichtlichen Vergangenheit zu beziehen seien90. Inwieweit dieses auf die Darstellung der Himmelfahrt der beiden Zeugen aufbauende Argument Mins trägt, wird im Rahmen der exegetischen Analyse der Perikope Apk 11,3–13 zu untersuchen sein. Ertrag: Die hier nur skizzenhaft durchgeführte Durchsicht der unterschiedlichen in der Forschung diskutierten Vorschläge zur Identifikation der beiden Apk 11,3ff. auftretenden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ hat zunächst gezeigt, daß die personale Deutung der beiden Zeugen auf zwei zur Zeit der Abfassung der Apk auftretende Persönlichkeiten angesichts der Ausgestaltung der Perikope durch den Apokalyptiker der den meisten Erfolg versprechende Ansatz zu sein scheint. Deren symbolische bzw. kollektive Interpretation genauso wie deren ausschließlich endgeschichtlichzukünftige Auslegung gehen am Text von Apk 11,3ff. und dessen individuellem Impetus letzten Endes vorbei und können allenfalls zweitbeste Lösungen darstellen. Darüber hinaus fällt auf, daß häufig91 Vorschläge zur Identifikation der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ gemacht werden, ohne zuvor die Perikope Apk 11,3ff. in ihrem Aufbau und ihrer Argumentationsstruktur analysiert zu haben.

B. Aufbau und Methode der vorliegenden Studie Für die vorliegende Studie ergibt sich aus dem o. Ausgeführten zunächst folgender Aufbau: Im Anschluß an die Einleitung ist eine gründlich Exegese von Apk 11,1f.3–13 zu leisten, in der die Argumentationsstruktur der beiden Texte herausgearbeitet und erste Pflöcke für deren zeitgeschichtli88 Vgl. hierzu Apocalisse, 139: „Ma coloro che perseguono l’identificazione dei due testimoni die Apoc. 11,3 con personaggi reali e concreti netestamentari, non ci danno una spiegazione comprensibile riguardo alle loro risurezione e ascensione“. 89 Somit hat der Apokalyptiker seine Gegenwart offensichtlich als letzte Phase der Geschichte, d.h. also als Endgeschichte definiert; vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 53: „Johannes schreibt Endgeschichte, wenn er als Offenbarung vermittelt, ‚was danach (bzw. in Kürze) geschehen muß‘“. 90 Vgl. hierzu Apocalisse, 139 mit Verweis auf J. Munck: „Essi [d.h. die Vertreter einer historischen Deutung], che pensano soprattutto alla durata dell’attivita dei due testimoni ..., uguale al tempo della persecuzione contro la Chiesa ..., come possono identificare i due testimoni con coloro che sono vissuti solo nell’era primitiva della Chiesa?“. 91 Eine der wenigen Ausnahmen stellt in dieser Hinsicht die Studie von P.B.-S. Min dar, die daher im Verlauf der vorliegenden Arbeit immer wieder zu Wort gekommen ist und auch zu Wort kommen wird.

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Einleitung

che Interpretation eingeschlagen werden. Im Anschluß daran sollen – in gebotener Kürze – die wesentlichen Begründungen für die anhand einer Analyse der Entwicklung der kultisch-religiösen Kaiserverehrung in der römischen Provinz Asia im Verein mit der Neuinterpretation zentraler Texte der Apk gewonnene neue Datierung des letzten Buches des neutestamentlichen Kanon in die Zeit zwischen 132 und 135 n.Chr. referiert werden; auf der Basis dessen und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Exegese läßt sich dann als These ein erster Anhaltspunkt für die zeitgeschichtliche Interpretation von Apk 11,1f.3–13 formulieren, die es daran anschließend in einem weiteren Arbeitsschritt zu bestätigen gilt: Nun sind die vermuteten zeitgeschichtlichen Hintergründe für die Ausführungen von Apk 11,1f.3–13 soweit möglich und nötig historisch möglichst präzise zu erfassen, um auf der Grundlage der hier gewonnenen Ergebnisse dann einzelne konkrete Bezüge zwischen Apk 11,1f.3–13 zu benennen und schlüssig entfalten zu können. Dies ermöglicht zugleich eine Verifikation oder aber auch eine Falsifikation des zuvor gewonnenen und als These formulierten ersten Anhaltspunktes für die zeitgeschichtliche Interpretation des hier zu analysierenden Textes aus Apk 11. Der vorliegenden Studie liegt, wie die o. dargelegten Einlassungen bereits deutlich werden ließen, die Methode der zeitgeschichtlichen Interpretation92 zugrunde, innerhalb der die Apk als eine zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem bestimmten Verfasser an einen bestimmten Adressatenkreis gerichtete Gelegenheitsschrift definiert wird; der Apokalyptiker als deren Verfasser wollte mit seinem Werk auf konkrete zeit- oder womöglich auch lokalgeschichtliche, d.h. den engeren Raum der römischen Provinz Asia betreffende Entwicklungen reagieren und diesen gegenüber aus der Perspektive seiner theologischen Position Stellung beziehen. Damit ist zugleich aber auch zugestanden, daß selbst das ‚dunkle Stück‘93 Apk 11,1–13 den Erstrezipienten der Apk etwas gesagt hat und für sie verständlich und verstehbar gewesen ist. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die in Apk 11,1f.3–13 verschlüsselt formulierten Darstellungsinhalte zu dekodieren und die Darstellungsabsicht, die der Apokalyptiker mit der Formulierung von Apk 11,1f.3–13 seinen Erstrezipienten gegenüber verfolgte, zu erhellen. Abschließend sei noch ein Wort im Hinblick auf die Frage nach der literarischen Integrität der Apk gesagt: Während im Rahmen des Unterfangens, die Entstehung der neutestamentlichen Apokalypse zu erklären und die zahllosen sprachlichen und sachlichen Auffälligkeiten im Textbefund als Resultat eines schlüssigen und in sich stimmigen Entwicklungsprozes92 Zu weiteren in der Geschichte der Auslegung der Apk virulenten Interpretationsansätzen vgl. nur O. Böcher, Apk, 1ff. 93 Vgl. hierzu o. 1.

Aufbau und Methode

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ses darzustellen, bis in die 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein immer wieder Quellen- und insbesondere auch Bearbeitungshypothesen vorgelegt worden sind, scheint seit etwa 1975 die Apokalypseforschung an diesem Punkt, von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, weitgehend zur Ruhe gekommen zu sein. Ausgehend von der von W. Bousset vorgelegten Fragmentenhypothese, die dem Apokalyptiker und seinem theologischen Darstellungsinteresse allerdings nur eine sehr geringe Rolle zuschreibt94, hat sich die gegenwärtige Forschung, hier möglicherweise mehr der Not der bis dato letzten Endes sämtlich unbefriedigenden und wenig tragfähigen Modelle gehorchend, in einem unausgesprochenen Consensus augenscheinlich auf ein Erklärungsmodell zur Entstehung der Apk verständigt, das die Einheitlichkeit des Gesamtwerkes betont und die diesem inhärenten sprachlichen und inhaltlichen Spannungen als das Resultat der Verknüpfung des vom Apokalyptiker verarbeiteten heterogenen Traditionsmaterials mit seinem eigenen theologischen Darstellungsinteresse erklärt. So formuliert beispielhaft etwa U. Schnelle unter Verweis auf J. Roloff: „Plausibler [als die von W. Bousset entwickelte Fragmentenhypothese] ist jedoch die Annahme, daß sich vermeintliche Spannungen aus dem heterogenen (und teilweise schriftlichen) Material und [!] den redaktionellen Tendenzen des Verfassers ergeben. ‚Die Offenbarung ist, was ihre Gesamtkomposition betrifft, als ein einheitliches, konsequent aufgebautes Werk zu beurteilen, das vom theologischen Willen seines Verfassers vom Anfang bis zum Ende geprägt ist‘“95. Dieser weitgehende Forschungsconsensus, der die Annahme, bei der neutestamentlichen Apk handele es sich 94 W. Bousset, Apk, 129; vgl. insgesamt Apk, 108ff. ; 234ff.; nach ausführlicher Diskussion mehrerer literarkritscher Entwürfe zur Apk (108–118) formuliert Bousset: „Der Apok.[alyptiker] letzter Hand, zugleich der Verfasser der Briefe, ist ihm [d.h. O. Pfleiderer] ein selbständiger Schriftsteller, der seinem Werke eine Reihe von Fragmenten einverleibt hat“ (116). Zu dem neuestens von J.-W. Taeger aufgeworfenen Spezialproblem der Verknüpfung des Incipit Apk 1,1–3 mit dem Rest der Apk vgl. ausführlich T. Witulski, Johannesoffenbarung, 339ff. 95 U. Schnelle, Einleitung, 559. Bei vorausgesetzter Annahme der Verarbeitung mündlich oder schriftlich vorliegender Quellen und Traditionen gehen von der literarischen Integrität der Apk u.a. aus: P. Prigent, Apk, 84–92; U.B. Müller, Apk, 38–40; U. Schnelle, Einleitung, 558f.; H. Giesen, Apk passim und G.K. Beale, Apk passim, die literarkritische Fragen offensichtlich erst gar nicht diskutieren. An dieser Stelle zu weit gehend P.B.-S. Min, Apocalisse, 56–76, der im Rahmen seiner Untersuchung der Frage, ob die Ausführungen in Apk 11,1f.3–13 womöglich auf eine dem Apokalyptiker vorliegende Quelle zurückgingen oder einen späteren Einschub darstellten, feststellt: „Dall’esame di Apoc. 11,1–13 circa i vocaboli, l’ordine della parole, il significato di qualche frase ed i tempi dei verbi, risulta con evidenza, dal punto di vista letterario, la tendenza di stile des nostro autore, nonostante che si presentino alcune particolarità riguardo al’uso delle parole“ (75), was ihn zu dem Ergebnis führt, daß Apk 11,1f.3–13 zur Gänze auf den Apokalyptiker zurückzuführen sind, eine These, die sich, wie u. (vgl. hierzu u. 125ff.) zu zeigen ist, in dieser Zuspitzung als letzten Endes nicht haltbar erweist.

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Einleitung

um das literarische Ergebnis einer Zusammenstellung bzw. einer Kompilation zweier oder mehrerer unabhängig voneinander existierender und zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Autoren verfaßten Apokalypsen, gänzlich unwahrscheinlich erscheinen läßt, wird insbesondere durch Untersuchungen hinsichtlich der in diesem Werk verwendeten Sprache und Ausdrucksformen untermauert, die jene als weitgehend homogen erweisen96. Dementsprechend nehmen die neueren Kommentatoren in ihren Arbeiten zu literarkritischen Fragen entweder erst überhaupt nicht Stellung – so etwa H. Giesen97 oder G.K. Beale98 –, oder aber sie vertreten im Blick auf die Frage der Entstehung der Apk ein entwicklungsgeschichtliches Modell, innerhalb dessen sie zwar durchaus unterschiedliche Stufen des Wachstums der Apk annehmen, diese unterschiedlichen Stufen aber letztlich alle auf denselben Autor, den Apokalyptiker nämlich, zurückführen – wie etwa D.E. Aune99 oder aber A. Satake100. Ein solchermaßen definiertes entwicklungsgeschichtliches Modell ist eben vor allem der Tatsache geschuldet, daß die offensichtliche sprachliche Homogenität der Apk andere Erklärungsmodelle wie etwa Kompilationstheorien oder aber auch Theorien, die von der signifikanten Überarbeitung einer bereits bestehenden Apokalypse durch einen oder mehrere Redaktoren ausgehen, wenn nicht unmöglich, so aber doch zumindest unwahrscheinlich erscheinen läßt 101.

Angesichts dessen scheint es prinzipiell geboten, mit der großen Mehrheit der Forschung von der grundsätzlichen literarischen Integrität der Apk auszugehen102, wiewohl damit aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann und soll, daß nicht doch auch spätere Hände in den Text der 96 Vgl. hierzu G. Mussies, Morphology, 351: „In conclusion we may say that we do not see any reason for questioning the unity of the Apc. on linguistic grounds“. Diese Feststellung wird positiv aufgenommen von D.E. Aune, Apk I, S. cix: „The linguistic homogeneity of Revelation, then, casts doubt on the validity of all compilation theories (hypotheses that Revelation is the product of the combination of two or more relatively extensive apocalypses written by different authors)“. 97 Vgl. hierzu nur Apk, 5 und das dort vorgelegte Inhaltsverzeichnis. Giesen legte seinen Kommentar in erster Auflage 1997 vor. 98 Vgl. hierzu Apk, vii–ix; Beale veröffentlichte seinen Kommentar erstmals 1999. 99 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk I, cxviii–cxxxiv; vgl. aber ausführlich die kritische Sichtung der Argumente Aunes bei P. Prigent, Apk, 84–92. Prigent als Vertreter der literarischen Integrität der Apk zieht folgendes Fazit: „For my part, I am fully conscious of my presuppositions. But, with full knowledge of the facts, I believe them to be more reasonable than the [von Aune vorgeschlagene] alternative“. 100 Vgl. hierzu A. Satake, Apk, 67ff. 101 In diesem Sinne etwa D.E. Aune, Apk I, cixf.: „The linguistic homogeneity of Revelation ... casts doubt on the validity of all compilation theories (hypotheses that Revelation is the product of the combination of two or more relatively extensive apocalypses written by different authors) [vgl. hierzu o. 18ff.], though it is less problematic for revision theories (a single extensive apocalyptic composition was subject to latter editorial expansion by a different hand ...)“. 102 Zur Einschätzung der Bedeutung der Literarkritik in der gegenwärtigen ApkForschung insgesamt vgl. neuestens J.-W. Taeger, Aufklärungsschrift, 2f.

Aufbau und Methode

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bereits vorliegenden Apk eingegriffen und diesen über- oder bearbeitet haben; sollten sich Textpassagen – und hierbei kann es sich im Blick auf das Gesamtwerk Apk angesichts der o. diskutierten Forschungsergebnisse nur um solche von insgesamt geringem Umfang handeln – als Einträge von einer späteren Hand verdächtig machen, muß ein solcher Verdacht jeweils mit inhaltlichen und insbesondere auch sprachlichen Beobachtungen plausiblisiert werden.

Kapitel 1

Die Analyse von Apk 11,1f.3–131 A. Die Analyse von Apk 11,1f. Vor dem Versuch, die Ausführungen in Apk 11,1f. auf bestimmte zeitgeschichtliche Ereignisse zu beziehen, ist zunächst eine gründliche Analyse ihrer sprachlich-argumentativen Struktur zu leisten; diese vermag dazu zu führen, bestimmte, bis dato in der exegetischen Forschung nachgerade einzementierte zeitgeschichtliche Bezüge von Apk11,1f. von vornherein auszuschließen. Nach U.B. Müller stellt der Abschnitt Apk 10,1–11,14 „ein Zwischenstück dar, das wie Kap. 7 den Ablauf der visionär geschauten Strafgerichte unterbricht“2, wobei Apk 10 als Einleitung zu Apk 11 begriffen werden müsse 3. Demgegenüber versteht P.B.-S. Min, anknüpfend an U. Vanni und dessen Thesen zur literarischen Stuktur der Apk, die Einlassungen in Apk 10,1–11,13 – eher unter inhaltlichen Gesichtspunkten – als ein „ampliamento, appartenente alle sezione precedente, nel senso di spiegazione e di un incoraggiamento al veggente e ai lettore“4, also als eine sich auf den vorangehenden Abschnitt beziehende Erklärung, die zugleich als Aufmunterung für den Apokalyptiker selbst und für seine Leser funktioniere. Schließlich weist R.H. Charles, insbesondere die zeitliche Koinzidenz beachtend5, auf den proleptischen und zugleich digressiven Charakter von Apk 11,1ff. hin, proleptisch deswegen, weil hier die Zeit der irdischen Wirksamkeit des aus dem Himmel vertriebenen ÖÄ×ÄÐ4Õ, die eigentlich mit den Apk 12f. beschriebenen Ereignissen erst einsetzt, bereits vorweggenommen werde6, digressiv deshalb, weil der Apokalyptiker hier von seinem Zentralthema abschweife und über das Auftreten des ËÊ ÔÂÒÐ 5ÐÄÅÄXÐÒÐ IÍ ×^Õ 5ÅàÖÖÒØ, des irdischen Handlangers des ÖÄ×ÄÐ4Õ7, in Jerusa-

1

Vgl. zu diesem Kapitel bereits T. Witulski, Offb 11,1f., 35ff. und ders., Struktur, 275ff. Apk, 199. 3 Vgl. Apk, 199; vgl. zur Forschungslage auch P.B.-S. Min, Apocalisse, 97 mit A. 2: „Anche gli altri commentatori pensao che i capitoli 10–11 siano un intermezzo tra la sesta e la settima tromba, nella parte delle sette trombe“. 4 Apocalisse, 98; als Parallelen verweist P.B.-S. Min auf Apk 7,1–17; 14,1–20; 17,1– 18,24; 21,9–22,5. 5 Vgl. hierzu u. 47. 6 Vgl. hierzu aber auch P.B.-S. Min, Apocalisse, 106: „E’ un ampliamento che dà si lettori la pazienza e la consolazione, dal momento che la bestia (11,7) apparirà come un grande ostacolo ai credenti nei capitoli seguenti (Cap. 12–13) [!]“. 7 Vgl. hierzu neuestens T. Witulski, Das ‚himmlische‘ und das ‚satanische‘ Quartett, 289ff. 2

Apk 11,1f.3–13

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lem berichte8. Diese drei sich keineswegs grundsätzlich ausschließenden Einschätzungen eint, daß sie die in Apk 11,1ff. geschilderten Ereignisse offensichtlich nicht in einem zeitlichen Nacheinander, sondern in einem zeitlichen Nebeneinander zu den zuvor bzw. daran anschließend dargestellten Geschehnissen sehen; allerdings kommt insbesondere dem von R.H. Charles m.R. betonten Faktum der zeitlichen Koinzidenz des in Apk 11,1ff. Beschriebenen zu den Ereignissen, die in Apk 12f. bzw. in Apk 13 dargestellt werden, im Rahmen der Interpretation von Apk 11,1ff. erhebliche Bedeutung zu9.

I. Die Argumentationsstruktur der Darstellung Apk 11,1f. Am Beginn von Apk 11,1 berichtet der Apokalyptiker, daß er einen einem Ÿ¿ÅÇÒÕ gleichenden Í¿ÎÄÏÒÕ und einen mit diesem Meßinstrument zusammenhängenden Auftrag erhält (11,1a)10. Die Identität dessen, der ihm den Í¿ÎÄÏÒÕ übergibt und den Auftrag erteilt, bleibt allerdings unklar11. Der Auftrag selbst umfaßt das „Ausmessen“ (ÏÀ×ÔÊÖÒÐ) des Tempels Gottes, des Altars12 und derer, die im Tempel bzw. vor dem Altar anbeten13 (11,1b). Den äußeren Vorhof des Tempels soll der Apokalyptiker allerdings nicht messen, weil dieser den MËÐÊ, also den Völkern bzw. den Hei-

8 Vgl. hierzu Apk I, 269: „This section is proleptic, because it really belongs to the third Voe or Trumpet, when Satan had already been cast down from heaven (xii) and the Kingdom of the Antichrist established (xiii). It is, therefore, contemporary in point of time with xii–xiii. It is a digression, because the author has turned aside for the moment from his main theme of the Antichrist as identified with Rome and its empire, in order to describe his appearance in Jerusalem“. 9 Vgl. hierzu u. 306f. 10 Zu der in Apk 11,1a vorliegenden Formulierung vgl. bereits treffend R.H. Charles, Apk I, 271: „The construction IÇßËÊÏÒÌÎÀÆÜÐ is very abnormal for MÇÜÍÀÐÏÒÌ ÎÀÆÜГ. 11 Die von einigen Abschreibern bereits geteilte Vermutung, daß es sich bei dem Auftraggeber um den Apk 10,1 genannten 9ÆÆÈÎÒÕPÖÚØÔßÕ handele, ist zwar denkbar (vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 205), m.E. aber wenig wahrscheinlich, da durchaus zu erwarten gewesen wäre, daß der Apokalyptiker diesen Engel in Apk 11,1 noch einmal explizit als Auftraggeber nennt, denn immerhin stellt Apk 11,1 gegenüber Apk 10 doch einen Neuansatz dar. Augenscheinlich kommt es dem Apokalyptiker hier nicht darauf an, Klarheit bezüglich der Identität dieses Auftraggebers herzustellen. 12 Bei diesem Altar handelt es sich entweder um den im Inneren des Tempels platzierten Räucher- oder aber um den vor dem Tempel aufgestellten Brandopferaltar (vgl. zu dieser Alternative etwa U.B. Müller, Apk, 206). Da aber in Apk 11,1 das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ von dem eigentlichen ÐÄßÕ offensichtlich unterschieden wird, legt sich die Annahme nahe, daß der Apokalyptiker hier auf den Brandopferaltar abheben wollte; vgl. hierzu etwa auch D.E. Aune, Apk II, 606. 13 Die Wendung IÐ Ä~ו kann entweder auf das unmittelbar zuvor genannte ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ oder aber auf den am Beginn von Apk 11,1b erwähnten ÐÄvÕ ×Ò} ËÈÒ} bezogen und demzufolge entweder im Sinne von „vor dem Altar“ oder aber im Sinne von „im Heiligtum“ interpretiert werden. Zur Diskussion der unterschiedlichen Belege vgl. D.E. Aune, Apk II, 606f.

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Apk 11,1f.

den gegeben14 sei (11,2a). Daran anschließend weist der unbekannte Auftraggeber noch darauf hin, daß eben diese Völker bzw. Heiden die ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ, also Jerusalem, 42 Monate lang15 zertreten werden (11,2b). Im Blick auf das Verhältnis des Kausalsatzes 11,2aÅ: x×Ì JÇßËÊ ×ÒXÕ MËÐÈÖÌÐ zu dem daran anschließenden, mit ÍÄ eingeleiteten Satz 11,2b: ÍÄW×]ÐÓßÎÌÐ×]Ð6ÆÂÄÐÍ×Î werden in der Forschung folgende Möglichkeiten erwogen16: (a) Apk 11,2b wird als indirektes Objekt zu dem als passivum divinum gedeuteten Prädikat IÇßËÊ aus Apk 11,2aÅ gefaßt und etwa im Sinne von „weil den Völkern bzw. den Heiden (von Gott) die Möglichkeit gegeben worden ist, die heilige Stadt 42 Monate lang zu zertreten“ interpretiert. (b) Apk 11,2b wird syntaktisch als „coordinate clause“17 zu Apk 11,2aÅ und sachlogisch als Subjekt des zuvor genannten Prädikats IÇßËÊ verstanden; der Apokalyptiker habe aussagen wollen, daß er den äußeren Vorhof nicht messen solle, weil den Völkern bzw. den Heiden das 42 Monate lang währende Zertreten der heiligen Stadt gegeben bzw. erlaubt worden sei18. Dieses Verständnis wird immer wieder mit dem Hinweis auf Apk 11,3ab begründet; dort liege eine parallele oder doch zumindest weitgehend vergleichbare syntaktischer Konstruktion vor19. (c) Apk 11,2aÅ und Apk 11,2b werden parataktisch aufgefaßt, wobei als Subjekt von Apk 11,2aÅ die Apk 11,2a angesprochene 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ fungiert: Der Apokalyptiker solle bei seinen Messungen den äußeren Vorhof des Tempels übergehen, weil dieser den Völkern bzw. den Heiden gegeben worden sei20. Der Gesamtzusammenhang von Apk 11,1f. läßt die beiden ersten Vorschläge zur Beschreibung des Verhältnisses des Kausalsatzes 11,2aÅ zu der darauf folgenden Aussage Apk 11,2b m.E. jedoch unwahrscheinlich erscheinen. Kaum denkbar scheint nämlich, daß der Apokalyptiker seine Beauftragung zum Ausmessen des Tempels, des Altars und derjenigen, die anbeten, unter Absehung des äußeren Vorhofes damit begründen wollte, daß es den Völkern bzw. den Heiden gewährt ist, die heilige Stadt zu zertreten. Eine solche Deutung implizierte eine Identifikation der 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ Apk 11,2aÅ mit der ÓßÎÌÕ   6ÆÂÄ Apk 11,2b, die aber durch den 14

Zum Verständnis des IÇßËÊ 11,2aÅ und zum Verhältnis des Kausalsatzes 11,2aÅ zu dem mit ÍÄ eingeleitenen Satz 11,2b vgl.u. 15 Nach G.K. Beale, Apk, 565 ist diese Zeitangabe „not literal but figurative for the eschatological period of tribulation repeatedly prophesied by Daniel (7:25; 9:27; 12:7; 11–12)“; vgl. zur Diskussion dieser Zeitangabe auch u. 47. 16 Zur Diskussion dieser Möglichkeiten vgl. etwa D.E. Aune, Apk II, 607f. 17 D.E. Aune, Apk II, 607. 18 In diesem Sinne etwa W. Bousset, Apk, 317. 19 So etwa D.E. Aune, Apk II, 607: „The construction in v 3 is similar, though not identical“. 20 In diesem Sinne neben vielen anderen etwa R.H. Charles, Apk I, 278.

Apk 11,1f.3–13

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Text Apk 11,2 weder indiziert noch gedeckt ist21. Wesentlich sinnvoller ist es hingegen, anzunehmen, der Apokalyptiker habe zum Ausdruck bringen wollen, daß er den äußeren Vorhof des Tempels nicht messen solle, eben weil dieser – offensichtlich im Gegensatz zum Inneren des Tempels und zum ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ – in die Verfügungsgewalt der Völker bzw. der Heiden übergeben worden ist. Auch der Hinweis auf Apk 11,3ab und eine dort vorliegende ähnliche syntaktische Konstruktion verfängt angesichts der Unterschiede zwischen beiden nicht: Während den Ausführungen Apk 11,3ab ein gemeinsamer Gedanke zugrundeliegt, geht es in Apk 11,2aÅ.b zunächst um den Verzicht auf das Ausmessen der 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ, dann aber um das Zertreten der ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ22; während in Apk 11,3ab die beiden verwendeten Verben im Futur stehen, hat der Apokalyptiker in Apk 11,2aÅ.b unterschiedliche Tempora verwendet23. Diese Differenzen lassen es nicht geraten erscheinen, im Rahmen der Diskussion der Frage des Verhältnisses von Apk 11,2aÅ zu Apk 11,2b auf Apk 11,3ab als syntaktische Parallele zu verweisen. Eine in der Forschung in dieser Komplexität m.W. bisher nur selten problematisierte Fragestellung ist diejenige nach dem logischen Zusammenhang zwischen Apk 11,1.2a, dem an den Apokalyptiker gerichteten Auftrag des Messens, und Apk 11,2b, dem Hinweis darauf, daß die Völker bzw. die Heiden die ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ 42 Monate lang zertreten werden. Konkret ist zu fragen, ob der Hinweis Apk 11,2b sachlogisch nur auf Apk 11,2aÅ und die dort notierte Begründung der zuvor formulierten Aufforderung, die 5ØÎ] MÑÜËÈÐ nicht zu messen, oder aber auf den gesamten in Apk 11,1.2a dargestellten Auftrag des Messens, dann in Sonderheit auf das Messen des Tempels, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und der Anbetenden zu beziehen ist. Im ersten Fall stellte Apk 11,2b ein sachliches Addendum zu Apk 11,2aÅ dar, die Apk 11,2b einleitende Konjunktion ÍÄ wäre kopulativ oder möglicherweise auch epexegetisch zu fassen. Im zweiten Fall wäre Apk 11,2b als – in der Zukunft sich vollziehende24 – sachliche Korrektur und Relativierung des in Apk 11,1.2a Ausgeführten zu verstehen und das Apk 11,2b einleitende ÍÄ müßte als ÍÄ adversativum gedeutet werden. Unter der Voraussetzung, daß sich die Ausführungen Apk 11,2b sachlogisch auf das Apk 11,1.2a Gesagte insgesamt beziehen, wären erstere nur dann nicht als Korrektur von von 21

In diesem Sinne aber etwa H. Giesen, Apk, 245: „Die Heiden werden die heilige Stadt, die ihrem Wesen nach mit dem äußeren Vorhof verbunden ist ..., 42 Monate lang zertreten“. Zur Kritik einer solchen Verzahnung bzw. Identifikation vgl.u. 26f. 22 Vgl. hierzu bereits o. 23 Vgl. hierzu m.R. R.H. Charles, Apk I, 278: „The latter [d.h. Apk 11,3,ab] forms one idea and the tenses are the same“. Auch D.E. Aune, Apk II, 607 räumt ein, daß die jeweiligen syntaktischen Konstruktionen von Apk 11,2aÅ.b und Apk 11,3ab „not identical“ sind. 24 Zu dieser Deutung des Futurums ÓÄ×ÁÖÒØÖÌÐ vgl. etwa W. Bousset, Apk, 317.

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Apk 11,1f.

Apk 11,1.2a zu interpretieren, wenn das Apk 11,1f. beschriebene Ausmessen als ein Messen zum Zweck der Zerstörung 25 zu verstehen wäre. Dieser Annahme aber widerrät schon die Beobachtung, daß in den entsprechenden alttestamentlichen Belegen, etwa Jes 34,11, Am 7,7–9 und 2Kön 21,1326, jeweils immer nur das Gemessene zerstört wird. Übertragen auf Apk 11,1f. würde dies heißen: Der Tempel, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und diejenigen, die anbeten, sollen der Zerstörung anheimfallen, die 5ØÎ]  MÑÜËÈÐ, die den Völkern bzw. den Heiden übergeben worden ist, dann allerdings nicht, da sie bei der Messung ausgelassen werden soll. Ein solcher Gedanke aber läßt sich weder im Gesamtzusammenhang der Apk insgesamt noch im Zusammenhang von Apk 11,1f. wahrscheinlich machen.

Eine Antwort auf diese Fragestellung ergibt sich aus der Beantwortung der mit dieser in Zusammenhang stehenden Frage, ob denn der auf die Stadt Jerusalem bezogene27 und diese Stadt zugleich charakterisierende Titel Óß ÎÌÕ   6ÆÂÄ Apk 11,2 den ÐÄvÕ ×Ò} ËÈÒ} Apk 11,1 ein- oder aber ausschließe. Bezeichnet – und dies gilt es zunächst ausschließlich auf der Ebene des Textes Apk 11,1f. zu klären – der Begriff die Stadt Jerusalem ohne den Tempel, kann sich der Hinweis Apk 11,2b sachlogisch nur auf Apk 11,2aÅ beziehen, bezeichnet er die Stadt Jerusalem unter Einschluß des Tempels, muß sich das Apk 11,2b Ausgesagte auf die Ausführungen Apk 11,1.2a insgesamt beziehen. Die an dieser Stelle sicherlich zu befragende alttestamentliche Überlieferung läßt kaum einen Zweifel daran, daß der Apokalyptiker den Terminus ÓßÎÌÕ   6ÆÂÄ auf die Stadt Jerusalem unter Einschluß des Tempels bezogen wissen wollte. So formuliert nämlich etwa der Prophet Joel in 4,17: ÍÄWIÓÌÆÐáÖÈÖËÈÇÌß×ÌIƉÍàÔÌÒÕ¢ËÈvÕϊÐ ¢ÍÄ×ÄÖÍÊЊÐIжÌÜÐIÐzÔÈÌ6ÆÂ[ÏÒØÍÄWMÖ×Ä̬ÈÔÒØÖÄÎÊÏÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ ÍÄW 5ÎÎÒÆÈÐÈXÕ Ò~ ÇÌÈÎÈàÖÒÐ×ÄÌ ÇÌ* Ä~×^Õ Ò~ÍÀ×Ì28. Dieser Aussage zufolge wird die Stadt Jerusalem zu einer heiligen Stadt erst durch die Anwesenheit Jahwes, der in seinem Tempel auf dem Berg Zion wohnt29. Wenn nun nach Apk 11,2b die Völker bzw. die Heiden die ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ, die heilige Stadt also, zertreten, kann dies kaum anders als dahingehend interpretiert werden, daß jene nach Auffassung des Apokalyptikers sowohl die Stadt als auch den Tempel zerstören bzw. entweihen werden30. Dem entspricht, daß in der LXX, in frühjüdischen Quellen und auch bei Jo25

Vgl. U.B. Müller, Apk, 206. Zu diesen Belegen vgl. etwa U.B. Müller, Apk, 206. Weitere Belege etwa bei D.E. Aune, Apk II, 604. 27 Zur Identifikation der ÓßÎÌÕ   6ÆÂÄ mit Jerusalem vgl. etwa D.E. Aune, Apk II, 608: „The phrase ‚holy city‘ is a clear reference to Jerusalem“. 28 Vgl. hierzu etwa auch Jes 27,13; 66,20 und Sir 36,12LXX. 29 So m.R. M. den Dulk, Measuring, 441: „What makes the ‚holy city‘ holy is precisely the presence of the temple. It is hard to see how this sentence could be otherwise construed than with the implication that the whole city, with as its central element the temple, will be trampled“. 30 Vgl. Hierzu M. den Dulk, Measuring, 441: „The text does not state that the rest of the city will be trampled, but simply that the city (without exception) will be trampled“. 26

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Apk 11,1f.3–13

sephus die Verben ÓÄ×ÈXÐ und ÍÄ×ÄÓÄ×ÈXÐ häufig dazu verwendet werden, um die Eroberung Jerusalems und die Profanisierung bzw. Entweihung des Tempels zu beschreiben31. Das aber heißt wiederum, daß der Apokalyptiker Apk 11,2b als Adversativum zu den Ausführungen Apk 1,1.2a insgesamt und nicht lediglich als Kopulativum zu Apk 11,2aÅ verstanden wissen wollte32. Diese Überlegung wird indirekt bestätigt durch einen Blick auf Lk 21,24. Dort läßt Lukas Jesus in auffälliger Parallelität zu Apk 11,2b formulieren: ÍÄW *¬ÈÔÒØÖÄÎ]Ï MÖ×ÄÌÓÄ ×ÒØÏÀÐÊÓvIËЊÐ; mit ihren Ausführungen knüpfen sowohl Lukas als auch der Apokalyptiker wohl an Sach 12,3LXX an33: ÍÄW MÖ×ÄÌ IÐ ×j  ÏÀÔZ IÍÈÂÐ\ ËÁÖÒÏÄÌ ×]Ð ¬ÈÔÒØÖÄÎÊÏ ÎÂËÒÐ ÍÄ×ÄÓÄ×ÈÒàÏÈÐÒÐ Ó4ÖÌÐ ×ÒXÕ MËÐÈÖÌÐ Ó4Õ ¢ ÍÄ×ÄÓÄ׊Ð Ä~×]Ð IÏÓÄÂÉÜÐIÏÓÄÂÑÈ×ÄÌÍÄWIÓÌÖØÐÄÚËÁÖÒÐ×ÄÌIÓ*Ä~×]ÐÓ¿Ð×Ä×3MËÐÊ×^ÕÆ^Õ. Daß nun der Apokalyptiker offensichtlich anders als Lukas den Sach 12,3LXX verwendeten Namen *¬ÈÔÒØÖÄÎÁÏ durch den Titel ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ ersetzt und somit seine eigenen Ausführungen bewußt religiös aufgeladen hat, läßt darauf schließen, daß es ihm in Apk 11,2b explizit darum ging, die Entheiligung Jerusalems, d.h. die Zerstörung auch des Tempels durch die Völker bzw. die Heiden zum Ausdruck zu bringen.

Fazit: Aus dem Gesagten ergibt sich im Blick auf die argumentative Struktur der Darstellung Apk 11,1f. folgendes Bild: Der Apokalyptiker erhält den Auftrag zum Ausmessen des Tempels, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und der Anbetenden, soll bei seinen Vermessungen die 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ aber übergehen, da diese den Völkern bzw. den Heiden übergeben worden ist. Diese Vermessung und der damit angedeutete Sachverhalt werden allerdings in der Zukunft relativiert bzw. überholt dadurch, daß eben die Völker bzw. die Heiden die heilige Stadt Jerusalem mitsamt dem Tempel zerstören und entweihen werden. Die argumentative Struktur von Apk 11,1f. läßt sich graphisch etwa folgendermaßen darstellen: Apk 11,1.2a:

Apk 11,2b: 31

Auftrag an den Apokalyptiker Apk 11,1a:

Übergabe der Instrumente zur Ausführung des Auftrags

Apk 11,1b.2a:

Formulierung des Auftrags Apk 11,1b: positiv Apk 11,2a:

negativ Apk 11,2aÄ:

Sachverhalt

Apk 11,2aÅ:

Begründung

Sachliche Korrektur und Relativierung des Auftrags insgesamt

Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 608: „The Greek verbs ÓÄ×ÈXÐ andÍÄ×ÄÓÄ×ÈXÐ are frequently used in Jewish sources for the conquest of Jerusalem and the profanation of the temple“. Aune verweist in diesem Zusammenhang auf u.a. Jes 63,18 und Dan 8,13. 32 Anders hier etwa U.B. Müller, Apk, 206: „..., weil es um den Gegensatz zwischen Vers 1 und 2 geht: Ein Teil soll ausgemessen werden, der andere Teil nicht, da er den Heiden überantwortet wird“. 33 So etwa D.E. Aune, Apk II, 608.

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Apk 11,1f.

Wenn die hier erarbeitete Darstellung der Argumentationsstruktur von Apk 11,1f. zutrifft, wird sämtlichen Versuchen der symbolischen bzw. allegorischen Deutung dieser beiden Verse34 der Boden entzogen. Der Apokalyptiker hätte in ihnen dann nämlich ausführen wollen, daß sowohl die christliche Gemeinde und ein etwaiger ‚heiliger Rest‘ der Juden als auch die Nichtchristen der Vernichtung durch die Völker bzw. die Heiden anheimfallen würden – eine Aussage, die im Rahmen der Apk insgesamt keinerlei Sinn machte. II. Zentrale Begriffe und Inhalte 1. Der Zweck des dem Apokalyptiker aufgetragenen Messens Nach U.B. Müller „kann Messen [auf dem Hintergrund der alttestamentlichen Überlieferung] eine dreifache Bedeutung haben: Messen zum Zwecke eines Neu- oder Umbaues ..., Messen zum Zweck der Zerstörung ..., Messen zum Zwecke der Erhaltung“35. Da die Zerstörung hier in Apk 11,1f. ausscheiden muß36, bleiben letzten Endes zwei denkbare Abzweckungen des dem Apokalyptiker aufgetragenen Messens übrig, diejenige der Erhaltung, die zahlreiche Exegeten für die wahrscheinlichste bzw. die einzig mögliche halten37, und diejenige eines Neu- oder Umbaues38. Neuerdings schlägt M. den Dulk39 im Blick auf die Deutung des Begriffs ÏÈ×ÔÀÜ vor, diesen juridisch, nämlich im Sinne eines Hinweises darauf, daß das Gemessene „belongs to God’s jurisdiction“, wohingegen dasjenige, das nicht gemessen ist, der Gerichtsbarkeit der Völker bzw. der Heiden unterliege, zu verstehen40. Belegt findet er dieses Verständ-

34

Vgl. hierzu o. 5f. Apk, 206. 36 Zur Beweisführung in diesem Punkt vgl. bereits o. 24ff. 37 Vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 206, der als letzten von drei möglichen Zwecken des Messens denjenigen der Erhaltung nennt und dann formuliert: „Nur ... [der] letzte kommt hier in Betracht, weil es um den Gegensatz zwischen Vers 1 und 2 geht: Ein Teil soll ausgemessen werden, der andere Teil nicht, da er den Heiden überantwortet wird. Jedenfalls haben Tempel und äußerer Vorhof ein entgegengesetztes Geschick“. Ähnlich auch D.E. Aune, Apk II, 604: „‚Measuring‘ can be a metaphor for destruction ...as well as for preservation ..., though the latter is obviously intended here“. 38 Im Zusammenhang eines Neu- oder Umbaues sind im Blick auf die Handlung des Ausmessens grundsätzlich zwei Bedeutungsebenen denkbar: (a) Das Messen der entsprechenden Objekte stellt eine prophetische Zeichenhandlung dar und symbolisiert ihren Neu- bzw. Umbau an sich. (b) Die neu zu errichtenden oder umzugestaltenden Objekte werden ausgemessen, um dem Hörer bzw. Leser eine Vorstellung von ihrem (neuen) Aussehen und insbesondere auch von ihrer Größe zu vermitteln. In diesem Falle ließe sich das Messen zumindest im engeren Sinne nicht mehr als prophetische Zeichenhandlung begreifen. 39 Vgl. Measuring, 438f. 40 Measuring, 439. 35

Apk 11,1f.3–13

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nis insbesondere in Mt 7,2, aber auch in der rabbinischen Literatur41. Dementsprechend deutet er den Begriff Ÿ¿ÅÇÒÕ Apk 11,1 nicht als ein Messinstrument, sondern als Instrument für „the exercise of authority and violence“42. Zur Begründung dieser Deutung verweist er auf die Verwendung dieses Terminus in Apk 2,27; 12,5 und 19,15; an diesen Stellen werde er als „an iron one, which is much like a weapon“43 beschrieben. Dem Deutungskonzept den Dulks stehen aber m. E. schwerwiegende Argumente entgegen: (a) Doch offensichtlich nicht umsonst ergänzt der Apokalyptiker in den von den Dulk angeführten Belegstellen 2,27; 12,5 und 19,15 das Substantiv Ÿ¿ÅÇÒÕ um das Adjektiv ÖÌÇÈÔÒ}Õ, mit dem viel eher als mit dem eher neutralen Substantiv Ÿ¿ÅÇÒÕ der Aspekt der „authority and violence“ expliziert wird. Daß dieses Adjektiv gerade in Apk 11,1 fehlt, spricht angesichts dessen viel eher dafür, daß dieser Aspekt hier eben nicht thematisiert werden soll. (b) Daß der Begriff des Messens grundsätzlich durchaus im Kontext der Rechtsprechung verwendet werden kann, ist sicherlich nicht zu bestreiten. Daß ihm aber gerade in Apk 11,1 diese justitielle Konnotation nicht inhärent ist, belegt seine in Apk 11,1f. vorliegende Verknüpfung mit dem Terminus Í¿ÎÄÏÒÕ, für den sich, wie die weiteren Belege für diesen Begriff in Apk 21,15f. zeigen, ein solcher justitieller Bedeutungsaspekt in der Apk nicht belegen läßt44. (c) Schließlich widerrät die Darstellung Apk 21,15–17 der von den Dulk vorgeschlagen Interpretation des ÏÈ×ÔÀÜ-Begriffs. Hier nämlich muß der über Apk 11,1f.; 21,15–17 hinaus in der Apk nicht belegte Begriff ÏÈ×ÔÀÜ, wiederum verknüpft mit dem Terminus Í¿ÎÄÏÒÕ, ganz eindeutig im Sinne des Ausmessens einer Stadt bzw. eines Gebäudes gedeutet werden45.

Hinweise auf den Zweck, den der Apokalyptiker mit dem in Apk 11,1f. dargestellten Messen verknüpft sehen möchte, ergeben sich einerseits aus der traditions- bzw. motivgeschichtlichen Analyse von Apk 11,1.2a auf dem Hintergrund des entsprechenden alttestamentlichen bzw. frühjüdischen Belegmaterials. Läßt sich nämlich klären, welche alttestamentlichfrühjüdischen Traditionen der Apokalyptiker bei der Formulierung von Apk 11,1.2a, hier insbesondere bei der Formulierung des Motivs des Messens, aufgenommen haben könnte bzw. aufgenommen hat, läßt sich damit zugleich auch eine begründete Vermutung hinsichtlich der Abzweckung dieses Messens gewinnen, da durchaus mit Grund davon auszugehen ist, daß er die in dem entsprechenden Traditionsmaterial sichtbar werdende Abzweckung auch seinen Ausführungen in Apk 11,1.2a zugrundegelegt hat bzw. auf das entsprechende Traditionsmaterial gerade deswegen zurückgegriffen hat, weil die in diesem zum Ausdruck kommende Abzwekkung des Messens mit seinen eigenen Vorstellungen weitgehend konform ging. Andererseits vermag ein Blick auf die Ausführungen des Apokalyp41

Measuring, 438f. Measuring, 441. 43 Measuring, 440. 44 Offensichtlich nicht von ungefähr findet der Begriff Í¿ÎÄÏÒÕ in den Dulks Interpretationsansatz keine Berücksichtigung. 45 Vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 358, der im Blick auf Apk 21,15–17 formuliert: „Das Messen durch den Offenbarungsengel hat die Funktion, die Maße der Stadt mitzuteilen“. 42

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Apk 11,1f.

tikers in Apk 21,15–17(.18–21), die durchaus enge Bezüge zu dem hier diskutierten Text aufweisen und in denen es ebenfalls um Vermessungen geht, einen Hinweis auf die Abzweckung des Messens in Apk 11,1.2a zu geben, denn die Annahme liegt nahe, daß der Apk 21,15–17(.18–21) vorliegende Zweck des Messens demjenigen in Apk 11,1.2a entspricht. a) Apk 21,15–17(.18–21) als innerapokalyptischer Bezugstext46 Die für die Darstellung Apk 11,1f. charakteristischen Begriffe Í¿ÎÄÏÒÕ und ÏÈ×ÔÀÜ werden in der Apk in Apk 21,15–17(.18–21), im Rahmen der Vision des neuen Jerusalem, erneut aufgenommen47. Hier mißt ein überirdisches Wesen, nämlich ein Engel48, die neue himmlische Stadt, ihre Tore und ihre Mauer aus: ÍÄW ¢ ÎÄΊÐ ÏÈ×* IÏÒ} ÈVÚÈÐ ÏÀ×ÔÒÐ Í¿ÎÄÏÒÐ ÚÔØÖÒ}Ð QÐÄ ÏÈ×ÔÁÖ\ ×]Ð ÓßÎÌÐ ÍÄW ×Ò|Õ ÓØΊÐÄÕ Ä~×^Õ ÍÄW ×v ×ÈXÚÒÕÄ~×^Õ (16) ÍÄW ÓßÎÌÕ×È×Ô¿ÆÜÐÒÕÍÈX×ÄÌÍÄW×vÏ^ÍÒÕÄ~×^Õ xÖÒÐ [ÍÄW] ×v Óο×ÒÕ ÍÄW IÏÀ×ÔÊÖÈÐ ×]Ð ÓßÎÌÐ ו ÍÄοÏ[ IÓW Ö×Ä ÇÂÜÐ ÇáÇÈÍÄ ÚÌÎÌ¿ÇÜÐ ×v Ï^ÍÒÕ ÍÄW ×v Óο×ÒÕ ÍÄW ×v €ÛÒÕ Ä~×^Õ SÖÄ IÖ×ÂÐ (17) ÍÄW IÏÀ×ÔÊÖÈÐ ×v ×ÈXÚÒÕ Ä~×^Õ JÍÄ×vÐ ×ÈÖÖÈÔ¿ÍÒÐ×Ä ×ÈÖÖ¿ÔÜÐ ÓÊڊÐ ÏÀ×ÔÒÐ 5ÐËÔáÓÒØ x IÖ×ÌÐ 5ÆÆÀÎÒØ49. Im Anschluß daran werden in Apk 21,18–21 ausführlich das Aussehen und die Ausstattung der Mauer und ihrer Tore beschrieben. Es kann kein Zweifel sein, daß der Zweck des hier in Apk 21,15–17(.18–21) beschriebenen Ausmessens darin besteht, die Hörer bzw. Leser über die Größenverhältnisse und auch – zumindest andeutungsweise – über die äußere Gestalt der erst in der Zukunft Realität werdenden himmlischen Stadt zu informieren. Das Messen des Engels steht in Apk 21,15–17(.18–21) also in Zusammenhang mit dem Um- bzw. präziser dem Neubau eines oder mehrerer Objekte, hier des himmlischen Jerusalem, seiner Mauer und seiner Tore. Dies macht im Blick auf die Ausführungen in Apk 11,1f. die Annahme wahrscheinlich, 46

Aus argumentationslogischen Erwägungen soll der innerapokalyptische Bezugstext Apk 21,15–17 vor dem entsprechenden alttestamentlichen Bezugsmaterial diskutiert werden. 47 Zur Wiederaufnahme des Motivs des Messens in Apk 21,15 vgl. B. Kowalski, Rezeption, 348 mit A. 145. Nach Kowalski ist „die Wiederholung oder Variation von Motiven und Ausdrücken ... typisch für die Apk und lässt sich durchgängig beobachten“. Noch deutlicher W. Hadorn, Apk, 210: „Die Idee der Messung der Stadt stammt ebenfalls aus Ez und hat ihre Parallele an [Apk] 11,1“. 48 Vgl. hierzu Apk 21,9. 49 „Und der mit mir redete, hatte einen Maßstab, ein goldenes Rohr, daß er die Stadt und ihre Tore und ihre Mauer messe. (16) Und die Stadt ist viereckig angelegt, und ihre Länge ist so groß wie auch die Breite. Und er vermaß die Stadt mit dem Rohr auf zwölftausend Stadien; ihr Länge und Breite und Höhe sind gleich. (17) Und er vermaß ihre Mauer zu einhundertvierundvierzig Ellen nach Menschenmaß, das (auch) ein Engel gebraucht“ (Übersetzung nach U.B. Müller, Apk, 354).

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daß der Apokalyptiker auch an dieser Stelle auf die Neuerrichtung der entsprechenden auszumessenden Objekte abheben will50. Nicht übersehen werden darf indes, daß sich die Darstellung Apk 11,1f. von derjenigen Apk 21,15–17(.18–21) in zumindest drei Punkten nicht unerheblich unterscheidet: (a) In Apk 11,1f. fehlen sämtliche die Ausführungen präzisierende und auch die Großartigkeit des neu zu Errichtenden unterstreichende Maß- und Detailangaben. (b) Während in Apk 21,15– 17(.18–21) ein Engel, also ein himmlisches Wesen, die Messungen durchführt51, ist es nach Apk 11,1 ein irdisches Wesen, nämlich der Apokalyptiker selbst. (c) Nach Apk 21,15 mißt der Engel das himmlische Jerusalem, seine Mauer und seine Tore mit einem ÏÀ×ÔÒÕ Í¿ÎÄÏÒÕ ÚÔØÖÒ}Õ, der Apokalyptiker den ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ}, dasËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und diejenigen, die anbeten, nach Apk 11,1 hingegen nur mit einem scheinbar einfachen Í¿ÎÄ ÏÒÕ xÏÒÌÒÕ Ÿ¿ÅÇ[. Diese sicherlich auch in dieser Deutlichkeit bewußt eingeführten Unterschiede lassen die Annahme wahrscheinlich erscheinen, daß der Apokalyptiker die Bedeutung des Apk 11,1f. geschilderten Messvorgangs herunterspielen und im Gegensatz dazu diejenige des Apk 21,15– 17(.18–21) dargestellten Messvorgangs herausheben wollte. Offensichtlich mißt der Apokalyptiker den nach Apk 11,1 zukünftig zu errichtenden und aufzubauenden Objekten im Vergleich zu den in Apk 21,15 genannten eine im Fortlauf der Geschichte wenn überhaupt, so nur inferiore und eher sekundäre Bedeutung zu. Dem entspricht, daß nach Apk 11,2b dieser neue, erst zukünftig zu errichtende ÐÄßÕ, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und die dort Anbetenden zumindest in seinen Augen keinerlei dauerhaften Bestand haben werden; letzten Endes nämlich werden die Völker bzw. die Heiden die heilige Stadt Jerusalem mitsamt den zuvor ausgemessenen Objekten entweihen und zerstören52. Eine weitere, vierte Differenz zwischen den Darstellungen Apk 11,1f. und Apk 21,15–17(.18–21) betrifft die Art und Weise der Schilderung des eigentlichen Messvorgangs. Während in Apk 21,15–17(.18–21) explizit davon gesprochen wird, daß der mit der Messung beauftragte Engel zumindest die Stadt und die Mauer ausmißt, wird in Apk 11,1f. dem Apokalyptiker lediglich der Auftrag zur Vermessung bzw. Nicht-Vermessung erteilt, ohne daß jedoch der Vollzug dieses Auftrags beschrieben wird. Gut denk50

Anders hier R.H. Charles, Apk II, 163: „The act of measuring here has none of the meanings given in the note on [Apk] xi. 1“. Eine Begründung bleibt Charles allerdings schuldig. Ebenfalls anders P. Prigent, Apk, 613, der im Blick auf Apk 21,15 formuliert: „In Rev 11:1f., in a similar scene, the measuring of a part of the temple by the seer signified its preservation. This is not at all the case here“. Warum aber in einer „similar scene“ der Kontext der in den beiden Szenen jeweils geschilderten Vermessung dann nicht auch gleich oder aber zumindest ähnlich sein soll, sagt Prigent nicht. 51 Vgl. hierzu o. 30f. 52 Zur Antithetik zwischen Apk 11,1.2a und 11,2b vgl.o. 27f.

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bar ist, daß der Apokalyptiker in Apk 11,1f. diesen deutlich unterschiedlichen Akzent einführte, um deutlich zu machen, daß die Neu- bzw. Wiedererrichtung des ÐÄßÕ, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und der dort Anbetenden ausbleiben und nicht Realität werden wird; vielmehr werden die in Apk 11,2b geschilderten Ereignisse, die Entweihung der ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ durch die Völker bzw. die Heiden, die Zukunft Jerusalems ausmachen und prägen. b) Apk 11,1f. auf dem Hintergrund des alttestamentlichen Bezugsmaterials Im AT ist das Messen zum Zweck der Erhaltung zweimal, nämlich in 2 Sam 8,2 und in Sach 2,5f. belegt53. In 2 Sam 8,2LXX wird berichtet, daß Israels König David gefangene Moabiter sich in Reihe auf den Boden legen ließ und diese Reihe dann mit einer Meßschnur abmaß; jeweils zwei Schnurlängen von Menschen tötete er, jeweils zwei ließ er am Leben: ÍÄW IÓ¿×ÄÑÈÐ §ÄØÌÇ ×]Ð ¯ÜÄÅ ÍÄW ÇÌÈÏÀ×ÔÊÖÈÐ Ä~×Ò|Õ IÐ ÖÚÒÌÐÂÒÌÕ ÍÒÌ ÏÂÖÄÕÄ~×Ò|ÕIÓW×]ÐÆ^ÐÍÄWIÆÀÐÈ×Ò×3ÇàÒÖÚÒÌÐÂÖÏÄ×Ä×Ò}ËÄÐÄ ׊ÖÄÌÍÄW×3ÇàÒÖÚÒÌÐÂÖÏÄ×ÄIÉáÆÔÊÖÈÐ54. Ein Vergleich dieser Ausführungen mit denen in Apk 11,1f. läßt die Annahme, der Apokalyptiker habe sich bei der Formulierung von Apk 11,1.2a auf die Darstellung in 2 Sam 8,2 bezogen, aus folgenden Gründen jedoch unwahrscheinlich erscheinen: (a) Zwischen Apk 11,1f. und 2 Sam 8,2 lassen sich nur in geringem Umfang begriffliche Übereinstimmungen aufweisen. Zwar wird hier wie dort der Meßvorgang mit dem Verbum ÏÈ×ÔÀÜ bzw. seinen Derivaten expliziert, aber schon das Meßinstrument wird jeweils anders bezeichnet. Spricht der Apokalyptiker in Apk 11,1 von einem Í¿ÎÄÏÒÕxÏÒÌÒÕŸ¿ÅÇ[, der ihm gereicht wird, verwendet David zur Vermessung der Moabiter ein ÖÚÒÌÐÂÒÐ bzw. ein ÖÚÒÂÐÌÖÏÄ. (b) Darüber hinaus bestehen zwischen den Ausführungen in 2 Sam 8,2 und denjenigen in Apk 11,1f. erhebliche inhaltliche Differenzen: Während in 2 Sam 8,2 nur Menschen bzw. Reihen von Menschen vermessen werden, geht es in Apk 11,1f. primär um das Gebäude des Jerusalemer Tempels, das mit dem ËØ ÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und denen, die dort anbeten, ausgemessen werden soll. Wenn sich der Apokalyptiker bei der Abfassung von Apk 11,1f. traditionsgeschichtlich aber nicht an 2 Sam 8,2 angelehnt hat, ist zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß er für seine Darstellung auch die dort sichtbar werdende Abzweckung des Messens nicht zugrundlegen wollte. Ein ähnliches Ergebnis zeitigt der Vergleich der Ausführungen Apk 11,1f. mit denjenigen in Sach 2,5f., dem zweiten Beleg für das Messen mit 53

Vgl. zu diesen Belegen etwa D. E. Aune, Apk II, 604. „Und David schlug die Moabiter, ließ sie sich auf den Boden legen und maß sie mit Meßschnüren ab; und er maß zwei Schnurlängen ab zum Tode und zwei zum Leben.“ 54

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erhalterischer Absicht im AT. Innerhalb eines Zyklus von 8 Visionen, den sog. Nachtgesichten, sieht Sacharja in seiner dritten Vision einen Mann mit einer Meßschnur, der den Auftrag hatte, die Stadt Jerusalem auszumessen (2,5f.): ÍÄWgÔÄ×Ò|ÕwÙËÄÎÏÒàÕÏÒØÍÄWÈVÇÒÐÍÄWPÇÒ|5Ð]ÔÍÄWIÐ×j ÚÈÌÔWÄ~×Ò}ÖÚÒÌÐÂÒÐÆÈÜÏÈ×ÔÌÍßÐ (6) ÍÄWÈVÓÄÓÔvÕÄ~×vÐÓÒ}Ö|ÓÒ ÔÈà\ ÍÄW ÈVÓÈÐ ÓÔßÕ ÏÈ ÇÌÄÏÈ×Ô^ÖÄÌ ×]Ð ¬ÈÔÒØÖÄÎÊÏ ×Ò} PÇÈXÐ ÓÊ ÎÂÍÒÐ×vÓο×ÒÕÄ~×^ÕIÖ×ÌÐÍÄWÓÊÎÂÍÒÐ×vÏ^ÍÒÕ55. Im Anschluß daran schildert der Prophet, daß ein zweiter Engel demjenigen Engel, der Sacharja durch die Visionen hindurch begleitet, den Auftrag gibt, ihm zu erklären, daß Jerusalem in Zukunft ohne Mauern bewohnt werden soll, daß aber Gott selbst eine feurige Mauer um die Stadt herum sein will (2,7–9): ÍÄWPÇÒ|¢9ÆÆÈÎÒÕ¢ÎÄΊÐIÐIÏÒWÈOÖ×ÁÍÈÌÍÄW9ÆÆÈÎÒÕK×ÈÔÒÕIÑÈ ÓÒÔÈàÈ×ÒÈPÕÖØпÐ×ÊÖÌÐÄ~ו (8) ÍÄWÈVÓÈÐÓÔvÕÄ~×vÐÎÀÆÜÐÇÔ¿ÏÈ ÍÄWοÎÊÖÒÐÓÔvÕ×vÐÐÈÄÐÂÄÐIÍÈXÐÒÐÎÀÆÜÐÍÄ×ÄÍ¿ÔÓÜÕÍÄ×ÒÌÍÊËÁ ÖÈ×Ä̬ÈÔÒØÖÄÎÊÏ5ÓvÓÎÁËÒØÕ5ÐËÔáÓÜÐÍÄWÍ×ÊЊÐIÐÏÀÖ[Ä~×^Õ (9) ÍÄW IƉ MÖÒÏÄÌ Ä~×j ÎÀÆÈÌ ÍàÔÌÒÕ ×ÈXÚÒÕ ÓØÔvÕ ÍØÍÎßËÈÐ ÍÄW ÈPÕ ÇßÑÄÐMÖÒÏÄÌIÐÏÀÖ[Ä~×^Õ56. Die Differenzen zwischen den Ausführungen in Sach 2,5f.7–9 und denen in Apk 11,1f. entsprechen durchaus denen zwischen der Darstellung 2Sam 8,2 und derjenigen Apk 11,1f.: (a) Über die Verwendung eines Derivats des Verbums ÏÈ×ÔÀÜ in Sach 2,6 bzw. des entsprechenden Simplex in Apk 11,1f. hinaus lassen sich keinerlei begriffliche Übereinstimmungen konstatieren; hierin 2Sam 8,2 vergleichbar wird das Meßgerät in Sach 2,5 als ÖÚÒÌÐÂÒÐ ÆÈÜÏÈ×ÔÌÍßÐ bezeichnet, der Apokalyptiker muß in Apk 11,1f. hingegen mit einem Í¿ÎÄÏÒÕxÏÒÌÒÕŸ¿ÅÇ[ messen. (b) Auch die inhaltlichen Unterschiede zwischen der Darstellung Sach 2,5f.7–9 und derjenigen Apk 11,1f. sind unübersehbar: Während nach Sach 2,6 die gesamte Stadt Jerusalem vermessen werden soll, wird der Apokalyptiker in Apk 11,1 mit der Vermessung lediglich des Tempels, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und derjenigen, die dort anbeten, beauftragt. (c) Darüber hinaus muß fraglich bleiben, ob dem in Sach 2,5f. beschriebenen Vermessen überhaupt die Abzweckung der Erhaltung der Stadt Jerusalem zugrundeliegt. Deren Erhaltung wird nämlich weder in Sach 2,5f. noch in Sach 2,7–9 explizit thematisiert; die historische Situation des Propheten Sacharja deutet vielmehr darauf hin, daß er in dieser Vision auf den Neu- bzw. Umbau Jerusalems und 55 „Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Mann hatte eine Meßschnur in der Hand. (6) Und ich sprach zu ihm: Wo gehst du hin? Und er sprach zu mir: Jerusalem abzumessen und zu sehen, wie lang und breit es werden soll.“ 56 „Und siehe, der Engel, der mit mir redete, stand da, und ein anderer Engel ging heraus zu ihm (8) und sprach zu ihm: Lauf hin und sage diesem jungen Mann: Jerusalem soll ohne Mauern bewohnt werden wegen der großen Menge der Menschen und des Viehs in ihrer Mitte. (9) Doch ich will, spricht der Herr, eine feurige Mauer rings um sie her sein und will mich in ihrer Mitte herrlich erweisen.“

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des Tempels nach der Rückkehr der Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft abhebt. Unabhängig von dieser letzten Erwägung bleibt als Fazit der Untersuchung des Beleges Sach 2,5f. aber festzuhalten: Die Darstellung Apk 11,1f. läßt sich nicht als traditionsgeschichtliche Wieder- bzw. Neuaufnahme von Sach 2,5f.7–9 interpretieren57. Daher legt sich auch im Blick auf die Frage nach dem Zweck des Messens Apk 11,1.2a die Annahme nahe, daß der Apokalyptiker seiner Darstellung die in Sach 2,5f.7–9 (möglicherweise) zugrundeliegende Abzweckung der Erhaltung nicht implantieren wollte. Somit folgt aus dem traditionsgeschichtlichen Blick auf 2Sam 8,2LXX; Sach 2,5f., die beiden alttestamentlichen Belege für das Messen zum Zwecke der Erhaltung des Gemessenen, insgesamt: Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, daß der Apokalyptiker sich in Apk 11,1f. nicht als jemand schildern wollte, der mit der Vermessung des Tempels, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und der dort Anbetenden beauftragt worden ist, um dadurch als durch eine prophetische Zeichenhandlung deren Erhaltung zu verkündigen. Im Blick auf die – nun in umgekehrter Richtung, nämlich von Apk 11,1f. ausgehend, gestellte – Frage nach dem tatsächlichen oder zumindest wahrscheinlichen alttestamentlichen Bezugstext dieser beiden Verse rükken die Passage Ez 40–46(–48) insgesamt bzw. die Texte Ez 40,3–42,20; 43,13–1758 in den Blickpunkt. Folgende Beobachtungen lassen den Schluß zu, daß der Apokalyptiker bei der Formulierung von Apk 11,1f. durchaus bewußt auf die entsprechende Ez-Überlieferung zurückgegriffen hat: (a) Der Begriff Í¿ÎÄÏÒÕ, den der Apokalyptiker in Apk 11,1 verwendet, um sein Meßinstrument zu bezeichnen, wird in der LXX nur in Ez 40,3.5 in ähnlichem bzw. gleichem Sinne verwendet; in Ez 40,3 ergänzt um die auf seine Funktion verweisende Apposition ÏÀ×ÔÒØ59. (b) Die Darstellung Apk 11,1f. und die in ihr beschriebenen Objekte des Messens bzw. des NichtMessens, der Tempel, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und diejenigen, die dort anbeten, einer- und die 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ andererseits, lassen sich durchaus als ein wenn auch außerordentlich verkürztes Summarium der Ausführungen Ez 40,3–42,20; 43,13–17 bzw. Ez 40–46(–48) insgesamt und der in ihnen ge57 Vgl. hierzu auch B. Kowalski, Rezeption, 353: „Sach 2,5–9 kann aufgrund anderer sprachlicher Ausdrucksmittel und seiner von Johannes verschiedenen inhaltlichen Akzente nicht als Bezugstext [zu Apk 11,1f.] in Frage kommen“. Anders, aber kaum nachvollziehbar, hier D.E. Aune, Apk II, 640: „This passage [d. h. Apk 11,1f.] ... alludes to Ezek 40:3–42:20 and Zech 2:1–5, though the latter passage is much closer to Rev 11:1“. 58 So die Textabgrenzung bei B. Kowalski, Rezeption, 345 u.ö. 59 Vgl. hierzu B. Kowalski, Rezeption, 353: „Das Vokabular, mit dem der Maßstab in der Apk beschrieben wird, ist an die Formulierung von Ez ... angelehnt“. W. Zimmerli, Ezechiel II, 998 merkt an, daß der Messstab gegenüber der zuvor erwähnten leinenen Schnur zur Vermessung kürzerer Maße verwendet wird.

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nannten gemessenen Objekte begreifen, wie das folgende Schaubild zu verdeutlichen vermag: Ez 40–46

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Ez 40,3f.: Einleitung Ez 40,5–45,24: Der Tempel, sein Personal, sein Bezirk Ez 40,5: Die Umfassungsmauer Ez 40,6–27: Der äußere Tempelvorhof Ez 40,28–47: Der innere Tempelvorhof Ez 40,48–42,14: Der Tempel und seine Nebengebäude Ez 42,15–20: Der Umfang des Tempelbezirks Ez 44,1–3: Das verschlossene äußere Tor im Osten Ez 44,4–19: Anweisungen für die Leviten60 Ez 44,20–31: Anweisungen für die Priester Ez 45,1–8: Die Landabgabe für den Tempelbezirk Ez 45,19–24: Die Opferküchen61 Ez 43,1–12: Der Einzug der Herrlichkeit des Herrn Ez 43,13–27: Der Altar (×vËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ)

Apk 11,1a: Einleitung Apk 11,1b: ÏÀ×ÔÊÖÒÐ×vÐÐÄvÐ ×Ò}ËÈÒ}

Apk 11,2a: ÍÄW×]ÐÄ~Î]Ð×]Ð MÑÜËÈÐ×Ò}ÐÄÒ}MÍÅÄÎÈMÑÜ ËÈÐÍÄWÏ]Ä~×]ÐÏÈ×ÔÁÖ\Õ 

(fehlt in Apk 11,1f.) Apk 11,1b: ÍÄW×vËØÖÌÄÖ×Á ÔÌÒÐ Ez 45,9–11: Mahnung an die 5ÙÊÆÒàÏÈÐÒÌ (fehlt in Apk 11,1f.) Ez 45,12–46,15: Die Aufgaben des 5ÙÊÆÒàÏÈÐÒÕ Apk 11,1b: ÍÄW×Ò}ÕÓÔÒÖÍØ im Opferdienst und die Anbetung des Volkes ÐÒ}Ð×ÄÕ62IÐÄ~ו 63 Ez 46,16–18: Bestimmungen über das Erbland des (fehlt in Apk 11,1f.) Fürsten (BZ9O)64 60 Nicht undenkbar ist, daß der Apokalyptiker sowohl die Leviten als auch die Priester mit unter den Begriff ÐÄßÕ subsumiert hat, da sie nach Ez 44,11.16 ihren jeweiligen Dienst „im Heiligtum“ leisten sollen (44,11 im Blick auf die Leviten etwa: ÍÄW MÖÒÐ×ÄÌ IÐ ×ÒXÕ 6ÆÂÒÌÕ ÏÒØ ÎÈÌ×ÒØÔÆÒ}Ð×ÈÕ Í×Î; 44,16 im Blick auf die zadokischen Priester u.a.: ҆×ÒÌ ÈPÖÈÎÈàÖÒÐ×ÄÌÈPÕ×37ÆÌ¿ ÏÒØÍ×Î). Vgl. hierzu auch W. Zimmerli, Ez II, 1170: „Zum Verständnis des Folgenden [d. h. Ez 46,1f.] ist es einmal wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß das Betreten des inneren Vorhofes nur den Priestern gestattet ist“. 61 Vgl. zu diesen Opferküchen W. Zimmerli, Ez II, 977. 62 Vgl. hierzu insbesondere Ez 46,2.3.9; innerhalb der Darstellung Ez 40–46 begegnet nur an diesen drei Belegstellen das Verbum ÓÔÒÖÍØÐÈXÐ. Das Verbum ÎÈÌ×ÒØÔÆÈXÐ, das einen priesterlichen adäquaten Dienst anzeigen würde, begegnet in Ez 45,12–46,15 jedoch gerade nicht. 63 Daß der Apokalyptiker in seiner sehr summarischen Aufnahme von Ez 40,3–42,20; 43,13–17 bzw. Ez 40–46 insgesamt zwischen dem 5ÙÊÆÒàÏÈÐÒÕ und dem Volk nicht mehr unterschieden hat, mag damit zusammenhängen, daß 5ÙÊÆÒàÏÈÐÒÕ und Volk bzw. übrige Gemeinde auch in der Darstellung Ezechiels letzten Endes als Einheit betrachtet werden. Vgl. im Blick auf das Verhältnis des Fürsten zum Volk W. Zimmerli, Ez II, 1173 zu Ez 46,10: „Auch hier geht es um die großen Festangelegenheiten, bei denen sich die Gemeinde als ganze versammelt. Der Fürst soll sich nicht von der Gemeinde lösen“.

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(c) Bereits R. Bauckham hat darauf hingewiesen, daß die Darstellung des Apokalyptikers in Apk 10f., sowohl was die dort geschilderten Ereignisse als auch ihre Reihenfolge betrifft, derjenigen von Ez 3f. entspricht65. Diese Beobachtung legt dann die [weitergehende] Annahme nahe, daß „die Struktur von Apk 10–11 ... durch Ez 3–4, der konkrete Inhalt der Tempelvermessung [, d. h. gerade also auch die Ausführungen Apk 11,1f.,] motivisch durch Ez 40–48 geprägt“66 ist. Da es nun aber in dem Textkomplex Ez 40–48 insgesamt um die prophetische Schau eines neuen und zukünftigen Tempels als „einer wunderhaft von Jahwe gewirkten neuen [eschatologischen] Realität“67 geht, der in allen seinen Teilen von einem 5ÐÁÔ ausgemessen wird, erscheint im Blick auf die Frage nach dem Zweck des Messens in Apk 11,1f. die Schlussfolgerung nicht unwahrscheinlich, daß auch der Apokalyptiker an dieser Stelle weder auf die Zerstörung noch die Erhaltung, sondern auf die neue, in der Zukunft sich realisierende Errichtung eines Heiligtums in Jerusalem anspielen wollte68. An dieser Stelle ist auf eine in der Forschungsgeschichte bislang weitgehend unkritisch akzeptierte interpretatorisches Verknüpfung hinzuweisen, die eine mögliche neue Sicht auf Apk 11,1f. zu verstellen vermag, nämlich auf den Zusammenhang zwischen den Inhalten der Darstellung Apk 11,1f. und der historischen Situation der Endphase des ersten jüdischen Krieges. Wenn man gewissermaßen von vornherein davon ausgeht, daß es sich bei Apk 11,1f. um einen Text aus eben dieser Endphase des ersten jüdischen Krieges handelt69, dann muß die Abzweckung der in ihm beschriebenen Vermessung in der Erhaltung des noch nicht zerstörten oder eroberten Rest-Jerusalems bestehen. Wird aber diese 64

Bemerkenswert – und für den weiteren Verlauf der Untersuchung nicht ohne Belang (vgl. hierzu u. 282) – ist der Sachverhalt, daß der „Fürst“ hier in Ez 40f. mit dem Titel BZ9O belegt wird. 65 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa Climax 267: „The pattern is again given by Ezekiel, whose prophetic commission (Ezek 3) was followed by the first of the symbolic actions in which he acted out his prophetic message (Ezek 4). By following this pattern, John indicates that in [Apk] 11:1–2 he begins to divulge the contents of the scroll as prophecy“. 66 B. Kowalski, Rezeption, 351. 67 W. Zimmerli, Ez II, 978; mit Blick auf Ez 37,26–28 formuliert Zimmerli dann weiter: „Dort hatte ... auch ausdrücklich die Errichtung des neuen, ewig bestehenden Heiligtums in der Mitte des Volkes durch Jahwe ausgesprochen“ werden sollen. 68 Gänzlich anders hier W. Bousset, Apk, 315: „Ausgeschlossen ist hier durch den Zusammenhang der Ez 40,1f.; Apk 21,15f. vorliegende Gedanke, daß ein zukünftiges Gebäude vorweg in allen seinen Teilen genau dem Seherauge dargestellt werden soll“. Zunächst ist bemerkenswert, daß Bousset immerhin konzediert, daß in der Darstellung Apk 21,15f. das Messen des neuen Jerusalem, der Mauer und des Tores im Zusammenhang mit deren Wieder- bzw. Neuerrichtung steht. Warum dies im Blick auf Apk 11,1f. nicht gelten soll, obwohl der Apokalyptiker doch ganz bewußt gleiche Begriffe und Motive verwendet, begründet Bousset allerdings nicht näher. Der Hinweis auf den Zusammenhang vermag zur Klärung nicht viel beizutragen. 69 Vgl. hierzu o. 2ff. und etwa U.B. Müller, Apk, 206.

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interpretatorische Verknüpfung aufgebrochen, lassen sich im Blick auf den Zweck der Apk 11,1f. angesprochenen Vermessung zwanglos auch andere Möglichkeiten denken.

Zwischen der Darstellung Ez 40–46(–48) auf der einen und derjenigen Apk 11,1f. auf der anderen Seite sind allerdings auch Differenzen nicht zu übersehen, die – und dies ist bemerkenswert – weitgehend den o. festgestellten70 Unterschieden zwischen den Ausführungen in Apk 11,1f. und denjenigen in Apk 21,15–17(.18–21) entsprechen: (a) Wie die Darstellung Apk 21,15–17(.18–21) ist auch die Darstellung Ez 40f. reich an präzisierenden und die Vorstellungskraft anregenden Details, Größen- und Maßangaben71, derjenigen Apk 11,1f. eignet ein außerordentlich summarischer und oberflächlicher Charakter. (b) Während nach Ez 40,3 – und ähnlich auch nach Apk 21,15 – ein 5Ð]Ô ÍÄW   xÔÄÖÌÕ Ä~×Ò} gÐ ŒÖÈW xÔÄÖÌÕ ÚÄÎÍÒ} Ö×ÂÎÅÒÐ×ÒÕ, also offensichtlich ein „überirdisches Wesen“72, die Messung vornimmt, misst nach Apk 11,1 ein Mensch, der Apokalyptiker nämlich, die hier genannten Objekte aus. (c) Schließlich wird wie in Apk 21,15–17(.18–21), so auch in Ez 40f. die konkrete Durchführung des Messens beschrieben73, in Apk 11,1f. bleibt es hingegen lediglich bei der Schilderung der Beauftragung des Apokalyptikers, ohne daß etwas über den tatsächlichen Vollzug der Messung ausgeführt wird. All dies legt die Annahme nahe, daß der Apokalyptiker sich bei der Gestaltung der Passage Apk 21,15–17(.18–21) offensichtlich bewußt weit näher an die Darstellung Ez 40f. angelehnt hat als bei der Formulierung von Apk 11,1f. Diese Beobachtung vermag, da sowohl in Ez 40f. als auch in Apk 21f. „eine. wunderhaft von Jahwe gewirkte. neue. Realität“74 als Ziel der Geschichte verheißen wird, die o. formulierte Annahme75, daß der Apokalyptiker die Wichtigkeit und die geschichtlich-historische Wirkmächtigkeit des Apk 11,1f. beschriebenen Ausmessens und der innerhalb dessen ausgemessenen Objekte offensichtlich als außerordentlich minimal bzw. als letztlich nicht existent angesehen hat, durchaus zu untermauern. 70

Vgl. hierzu o. 31f. Auch innerhalb der Vision Sach 2,5–7, in der das in ihr beschriebene Ausmessen – möglicherweise – auch mit dem Um- bzw. Neubau der Stadt Jerusalem und des Tempels in Zusammenhang steht (vgl. hierzu o. 32ff.), werden solche Maßangaben in Sach 2,6 zwar nicht explizit genannt, aber doch zumindest angedeutet. Nach Sach 2,6 soll ein 5ÐÁÔ die Stadt ausmessen, um ihre Länge und ihre Breite zu ermitteln. 72 W. Zimmerli, Ez II, 998 mit Verweis insbesondere auf Ez 1,7. 73 Vgl. hierzu und zu Ez 40f. insgesamt auch den in frühherodianische Zeit datierten Text 5Q15, hier insbesondere 5Q15 I 17 (Text bei J. Maier, Die Qumran-Essener II, 301f.). 74 W. Zimmerli, Ez II, 978. Im Blick auf Apk 21f. spricht D. E. Aune, Apk III, 1133 von einer „transformation of creation“, die notwendig sei, damit „the perfect life of the eternal kingdom will be set within a perfect environment“. 75 Vgl. hierzu o. 31f. 71

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Apk 11,1f.

2. Fazit Der Vergleich der Darstellung Apk 11,1f. mit dem innerapokalyptischen Bezugstext Apk 21,15–17(.18–21) und dem alttestamentlich-frühjüdischen Bezugsmaterial zeitigte folgende Ergebnisse: (a) In seinen Ausführungen in Apk 11,1f. greift der Apokalyptiker genauso wie in seiner Darstellung Apk 21,15–17(.18–21) die Vision des neuen Tempels und des neuen Landes aus Ez 40f. auf. Dies läßt darauf schließen, daß die in allen drei Texten angesprochene Vermessung im Horizont der in der Zukunft sich realisierenden Wieder- bzw. Neuerrichtung der auszumessenden Objekte durchgeführt werden soll. (b) Die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Ausführungen Apk 11,1f. einer- und den Darstellungen Apk 21,15–17(.18–21) und Ez 40f. andererseits lassen darauf schließen, daß der Apokalyptiker dem ihm zuteilgewordenen und auf die Neu- bzw. Wiedererrichtung des ÐÄßÕ, des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und der dort Anbetenden zielenden Meßauftrag keinerlei historische Relevanz und Realität zubilligt. Der Tempel, der Altar und diejenigen, die dort anbeten, werden eben nicht neu- bzw. wiedererrichtet; stattdessen werden die Völker bzw. die Heiden die heilige Stadt entheiligen und die ÓßÎÌÕ 6ÆÂÄ ihrer religiösen Identität, ihrer religiösen Traditionen und auch ihrer religiösen Bedeutung für das Judentum insgesamt berauben. III. Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ}, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und die, die dort anbeten Wie schon im Rahmen der Darstellung der Forschungslage angesprochen76, sind in Hinsicht auf die Interpretation dieser Phrase aus Apk 11,1b zwei Fragen von Bedeutung: (a) Handelt es sich bei den hier angesprochenen Objekten um irdische oder aber um himmlische Realitäten?, und: (b) Sind diese Termini im Wortsinn oder aber allegorisch bzw. symbolisch, d.h. hier konkret: auf die christliche Gemeinde und ihre geschichtliche Vorfindlichkeit zur Zeit der Abfassung der Apk, zu deuten? Zur Beantwortung dieser Fragen ist es notwendig, umfassend nach dem Bedeutungsgehalt der einzelnen in Apk 11,1b verwendeten Begriffe in der Apk zu fragen, um auf der Basis dieser Ergebnisse unter Einbeziehung des inhaltlichen Zusammenhangs der Perikope Apk 11,1f.3–1377 dann zu gesicherten Erkenntnissen hinsichtlich ihrer semantischen Implikationen im Kontext der gesamten Passage der Apk zu gelangen. Der Begriff ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) begegnet ausweislich der Konkordanz über Apk 11,1f. hinaus noch in Apk 3,12; 7,15; 11,19; 14,15.17; 15,5–8; 16,1.17 und 21,2278. Die

76

Vgl. hierzu o. 5ff. Zum inneren Zusammenhang dieser beiden Texte vgl.u. 44f. 78 Vgl. hierzu W.F. Moulton/A.S. Geden, Concordance, 661. 77

Apk 11,1f.3–13

39

folgende tabellarische Übersicht läßt den entsprechenden Kontext des jeweiligen Belegs erkennen: Beleg

Kontext

¢ÐÌ͊ÐÓÒÌÁÖÜÄ~×vÐÖ×}ÎÒÐIÐוÐĕ×Ò}ËÈÒ}ÏÒØÍÄWMÑÜÒ~Ï] IÑÀÎË\M×ÌÍÄWÆÔ¿ÛÜIÓ*Ä~×vÐ×vzÐÒÏÄ×Ò}ËÈÒ}ÏÒØÍÄW×vzÐÒ ÏÄ ×^Õ ÓßÎÈÜÕ ×Ò} ËÈÒ} ÏÒØ ×^Õ ÍÄÌÐ^Õ *¬ÈÔÒØÖÄÎ]Ï   ÍÄ×ÄÅÄ ÐÒØÖÄ IÍ×Ò}Ò~ÔÄÐÒ}5Óv×Ò}ËÈÒ}ÏÒØÍÄW×vzÐÒÏ¿ÏÒØ×vÍÄÌ ÐßÐ ÇÌ3 ×Ò}×ßÈPÖÌÐ IÐáÓÌÒÐ×Ò}ËÔßÐÒØ×Ò}ËÈÒ}ÍÄWÎÄ×ÔÈàÒØÖÌÐÄ~ו Apk 7,15  ÏÀÔÄÕÍÄWÐØÍ×vÕIÐוÐĕÄ~×Ò}ÍÄW¢ ÍÄËÁÏÈÐÒÕIÓW×Ò}ËÔß ÐÒØÖÍÊÐáÖÈÌIÓ*Ä~×ÒàÕ ÍÄW_ÐÒÂÆÊ¢ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} ¢IÐוÒ~ÔÄЕÍÄWÙËÊ ÍÌÅÜ×vÕ×^Õ Apk 11,19 ÇÌÄËÁÍÊÕÄ~×Ò}IÐוÐĕÄ~×Ò}ÍÄWIÆÀÐÒÐ×Ò5Ö×ÔÄÓÄWÍÄWÙÜÐÄW ÍÄWÅÔÒÐ×ÄWÍÄWÖÈÌÖÏvÕÍÄWÚ¿ÎÄÉÄÏÈÆ¿ÎÊ Apk 14,15–17 ÍÄW9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕIÑ^ÎËÈÐIÍ×Ò}ÐÄÒ}ÍÔ¿ÉÜÐIÐÙÜÐjÏÈÆ¿Î\ו ÍÄËÊÏÀÐ[ IÓW ×^Õ ÐÈÙÀÎÊÕ ÓÀÏÛÒÐ ×v ÇÔÀÓÄÐßÐ ÖÒØ ÍÄW ËÀÔÌÖÒÐ x×ÌgÎËÈРÔÄËÈÔÂÖÄÌx×ÌIÑÊÔ¿ÐËÊ¢ËÈÔÌÖÏvÕ×^ÕÆ^Õ ÍÄW MÅÄÎÈТÍÄËÁÏÈÐÒÕIÓW×^ÕÐÈÙÀÎÊÕ×vÇÔÀÓÄÐÒÐÄ~×Ò}IÓW×]ÐÆ^Ð ÍÄWIËÈÔÂÖËÊ Æ^ ÍÄW9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕIÑ^ÎËÈÐ IÍ×Ò}ÐÄÒ}×Ò} IÐוÒ~ÔÄЕMÚÜÐÍÄWÄ~×vÕÇÔÀÓÄÐÒÐwÑà ­ÄWÏÈ×3×Ä}×ÄÈVÇÒÐÍÄW_ÐÒÂÆÊ ¢ÐÄvÕ×^ÕÖÍÊÐ^Õ×Ò}ÏÄÔ×ØÔÂÒØ Apk 15,5–8 IÐוÒ~ÔÄЕ ÍÄWIÑ^ÎËÒÐÒOJÓ×39ÆÆÈÎÒÌ[ÒO]MÚÒÐ×ÈÕ×3ÕJÓ ×3ÓÎÊÆ3ÕHÍ×Ò}ÐÄÒ}IÐÇÈÇØÏÀÐÒÌÎÂÐÒÐÍÄËÄÔvÐÎÄÏÓÔvÐÍÄWÓÈ ÔÌÈÉÜÖÏÀÐÒÌÓÈÔW×3Ö×ÁËÊÉáÐÄÕÚÔØÖ4Õ ÍÄWLÐIÍ׊Ð×ÈÖÖ¿ ÔÜÐɓÜÐMÇÜÍÈÐ×ÒXÕJÓ×35ÆÆÀÎÒÌÕJÓ×3ÙÌ¿ÎÄÕÚÔØÖ4ÕÆÈÏÒàÖÄÕ ×Ò}ËØÏÒ}×Ò}ËÈÒ}×Ò}ɊÐ×ÒÕÈPÕ×Ò|ÕÄPŠÐÄÕ׊ÐÄPáÐÜÐ ÍÄW IÆÈÏÂÖËÊ¢ÐÄvÕÍÄÓÐÒ}IÍ×^ÕÇßÑÊÕ×Ò}ËÈÒ}ÍÄWIÍ×^ÕÇØпÏÈÜÕ Ä~×Ò} ÍÄW Ò~ÇÈWÕ IÇàÐÄ×Ò ÈPÖÈÎËÈXÐ ÈPÕ ×vÐ ÐÄvÐ 9ÚÔÌ ×ÈÎÈÖˊÖÌÐ ÄOJÓ×3ÓÎÊÆÄW׊ÐJÓ×35ÆÆÀÎÜÐ ÍÄW bÍÒØÖÄ ÏÈÆ¿ÎÊÕ ÙÜÐ^Õ IÍ ×Ò} ÐÄÒ} ÎÈÆÒàÖÊÕ ×ÒXÕ JÓ×3 5ÆÆÀ Apk 16,1 ÎÒÌÕÓ¿ÆÈ×ÈÍÄWIÍÚÀÈ×È×3ÕJÓ×3ÙÌ¿ÎÄÕ×Ò}ËØÏÒ}×Ò}ËÈÒ}ÈPÕ ×]ÐÆ^Ð ÍÄW¢KÅÇÒÏÒÕIÑÀÚÈÈÐ×]ÐÙÌ¿ÎÊÐÄ~×Ò}IÓW×vÐ5ÀÔÄÍÄWIÑ^ÎËÈÐ Apk 16,17 ÙÜÐ]ÏÈÆ¿ÎÊIÍ×Ò}ÐÄÒ}5Óv×Ò}ËÔßÐÒØÎÀÆÒØÖÄÆÀÆÒÐÈÐ ÍÄW ÐÄvÐ Ò~Í ÈVÇÒÐ IÐ Ä~×j ¢ Æ3Ô ÍàÔÌÒÕ ¢ ËÈvÕ ¢ ÓÄÐ×ÒÍÔ¿×ÜÔ Apk 21,22 ÐÄvÕÄ~×^ÕIÖ×ÌÐÍÄW×v5ÔÐÂÒÐ Apk 3,12

Die Belege Apk 11,19 [!]; 14,15–17 und 15,5–8 lassen schon durch die Hinzufügung des Präpositionalattributs IÐ ו Ò~ÔÄЕ klar erkennen, daß es sich bei dem hier angesprochenen ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) um ein im Himmel befindliches Heiligtum handelt; im Blick auf die Belege Apk 7,15; 16,1.17 erscheint eine solche Kennzeichnung nicht notwendig, da sich hier der Himmel als dessen Standort aus dem Kontext unmittelbar ableiten läßt. Hinter der Aussage Apk 3,12, der zufolge der ÐÌ͊Рzu einer Säule des Tempels Gottes gemacht werden wird, steht letzten Endes die „Vorstellung des [als Realität zu verstehenden] himmlischen Gottestempels, der von

40

Apk 11,1f.

Säulen gestützt wird“79; auch hier wird der ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) also als himmlische Realität gefaßt – eine Realität, die sich für die Rezipienten aus dem unmittelbaren Kontext dieses Verses ebenfalls zweifelsfrei und unmittelbar ergibt. In Apk 21,22 befände sich dieses Heiligtum, so es denn vorhanden wäre, im neuen Jerusalem, der Stadt, die nach Apk 21,2 aus dem Himmel auf die Erde herabkommen wird80 – ein Sachverhalt, der für die Rezipienten der Apk angesichts der mit Apk 21,1 beginnenden Ausführungen außer Zweifel stehen muß. Daraus folgt im einzelnen: (a) Wie Apk 21,22 zeigt, kann der Apokalyptiker mit dem Begriff ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) durchaus auch eine, wenn auch zukünftige und visionär geschaute, irdische Wirklichkeit bezeichnen. Dies zeigt, daß die etwa von D.E. Aune diskutierte These, daß in der Apk der Terminus ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) immer auf eine himmlische Realität abhebe81, zumindest in dieser Ausschließlichkeit in keinem Falle aufrecherhalten werden kann. In diesem Zusammenhang verliert auch der zur Begründung des ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) als einer himmlischen Wirklichkeit angeführte Hinweis auf die Aufnahme von Ez 40f. in Apk 11,1f. seine argumentative Valenz; da Apk 11,1f. Ez 40f. aufnehme 82 und da Ezechiel hier „a visionary temple that would eventually be rebuilt but that was not yet actually in existence“83 schaue, müsse, so die Argumentation derer, die sich für die Deutung des ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) Apk 11,1b als einer himmlischen Realität stark machten, eben auch jener als ein himmlisches Heiligtum angesehen werden. Wie die Analyse von Apk 21,22 nun aber zeigt, widerrät dem, daß sowohl im Rahmen der Interpretation von Ez 40f. als auch derjenigen von Apk 11,1f. grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen himmlischen und visionären, zukünftig sich verwirklichenden Realitäten. Visionäre Realitäten aber können durchaus zugleich auch irdische Realitäten sein bzw. werden.

(b) Der Apokalyptiker macht, wenn er zum Ausdruck bringen möchte, daß es sich bei dem von ihm jeweils angesprochenen ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) um eine himmlische Realität handelt, dies in der Regel immer ausreichend deutlich. Daß dies in Apk 11,1b nicht geschieht, indiziert, daß es hier nicht um eine himmlische, sondern um eine irdische Realität geht. (c) Da der Apokalyptiker in Apk 11,19, also unmittelbar im Anschluß an seine Darstellung in Apk 11,1f.3–13, den Terminus ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) mit der diesen ergänzenden Erklärung¢IÐוÒ~ÔÄЕ versieht, es in Apk 11,19 also offensichtlich für notwendig hält, das angesprochene Heiligtum explizit als ein 79

U.B. Müller, Apk, 132. Vgl. zum Gesamtzusammenhang neuestens ausführlich T. Witulski, Johannesoffenbarung, 299ff. 81 Vgl. hierzu Apk II, 597 mit den entsprechenden Belegen aus der Apk: „In Revelation, heavenly realities are normally designated by the term. ÐÄßÕ ...“. 82 Vgl. hierzu o. 34ff. 83 D. E. Aune, Apk II, 597; zu weiteren Argumenten, die für diese Deutung sprechen, vgl. Apk II, 596. 80

Apk 11,1f.3–13

41

himmlisches zu kennzeichnen, wird im Blick auf Apk 11,1f. wahrscheinlich, daß hier der irdische Tempel im irdischen Jerusalem gemeint sein muß, eine Annahme, die nicht zuletzt auch durch die Ausführungen in Apk 11,284 und auch in Apk 11,8–1085, die sich eindeutig auf die irdische Stadt Jerusalem beziehen, gestützt wird. Die weiteren in der Literatur diskutierten Argumente vermögen die These, der Begriff ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) beziehe sich auf eine himmlische Realität, genausowenig zu untermauern: (a) Apk 11,1f. könne sich nicht auf den irdischen Jerusalemer Tempel beziehen, da dieser zur Zeit der Abfassung der Apk bereits zerstört gewesen sei86. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß auch nach 70 n. Chr. die Hoffnung auf die reale Wieder- bzw. Neuerrichtung87 eines dritten Tempels in Jerusalem lebendig geblieben ist, die der Verfasser der Apk in Apk 11,1f. durchaus aufgenommen haben könnte 88. (b) Die Idee eines himmlischen Heiligtums sei in der Zeit des zweiten Tempels weit verbreitet gewesen89. Dieser Erkenntnis kommt aber im Blick auf die Interpretation von Apk 11,1f. keinerlei präjudizierende Bedeutung zu. (c) In Apk 11,1f. werden der ÐÄvÕ ×Ò} ËÈÒ} und das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ in einer Weise von der 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ unterschieden, die der etwa bei Josephus, ant. III 123.181 skizzierten Aufteilung der Stiftshütte und der den einzelnen Teilen dann jeweils zugebilligten kosmischen Bedeutung entspricht90. Inwieweit diese Beobachtung zutrifft, mag noch dahingestellt bleiben; für die Frage, ob in Apk 11,1f. himmlische oder irdische Realitäten beschrieben werden, trägt sie nichts aus.

Darüber hinaus scheint die Diskussion der Belege für den Begriff ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) ganz unzweifelhaft und unmittelbar deutlich zu machen, daß der Apokalyptiker diesen in der Regel nicht symbolisch bzw. allegorisch verstanden wissen will, sondern mit ihm eine konkrete räumliche Realität bezeichnet. Lediglich in Apk 3,12 läßt sich dessen metonymische Verwendung beobachten; hier hebt der Terminus ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) auf den (himmlischen) Heilsraum, in den der ÐÌ͊Рeingegliedert werden wird91, ab. An keiner der hier aufgewiesenen Belegstellen aus der Apk ist jedoch eine symbolische bzw. allegorische Bedeutung des Begriffs ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) im Sinne eines der o. skizzierten vier unterschiedlichen Interpretationsansätze92 indiziert, was bedeutet, daß dies auch im Blick auf Apk 11,1f. letz84

Vgl. hierzu o. 23ff. Der Hinweis von C.H. Giblin, Revelation 11:1–13, 438–440, der die 5ØÎ]   MÑÜËÈÐ Apk 11,2a als die im Gegensatz zur himmlischen Welt profanisierte Erde deuten möchte, kann angesichts fehlender Textsignale kaum überzeugen. 85 Vgl. hierzu u. 90ff. 86 Vgl. D. E. Aune, Apk II, 597. 87 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Abzweckung des Apk 11,1f. dargestellten Messens o. 28ff. 88 Vgl. zu diesem Gedanken u. 219ff. 89 Vgl. D. E. Aune, Apk II, 597. 90 Vgl. hierzu D. E. Aune, Apk II, 597. 91 Vgl. hierzu A. Satake, Apk, 184: „Damit ist die Eingliederung in das Gebäude, d.h. in den Bereich des Heils gemeint“. 92 Vgl. hierzu o. 6f.

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Apk 11,1f.

ten Endes kaum plausibilisiert werden kann, zumal – und dies gibt dann letztlich den Ausschlag – sich im Gesamtzusammenhang der Darstellung in Apk 11,1f.3–13 keine Textsignale zugunsten ihrer auffinden lassen93. Den Versuchen, Apk 11,1f. insgesamt symbolisch bzw. allegorisch zu interpretieren, stehen jenseits dessen folgende Überlegungen entgegen: (a) Dem Ansinnen, Apk 11,1f. auf die christliche Gemeinde und ihr Schicksal zu beziehen, widerrät das Fehlen von diesbezüglichen Textsignalen sowohl in diesen beiden Versen selbst als auch in deren Kontext. Zwar trifft es durchaus zu, daß der Begriff ÐÄßÕ in zahlreichen urchristlichen Texten als Metapher für die christliche Gemeinde oder die christliche Kirche Verwendung findet. Allerdings begegnet in diesen Zusammenhängen der Terminus ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ gerade nicht, was den Hinweis auf die urchristlich geläufige Leib-Tempel-Metaphorik, die in der Apk selbst auch nicht belegt ist, im Blick auf Apk 11,1f. entwertet. (b) Darüber hinaus ist zu fragen, warum der Apokalyptiker hier in Apk 11,1f. in dieser sehr metonymischen Weise von der Bewahrung der Christen oder auch der Juden94 sprechen sollte, während er diese Thematik in Apk 7,1–8.9–17 demgegenüber klar und offen anspricht95. Aus alledem folgt: Die Ausführungen in Apk 11,1b sind weder symbolisch noch allegorisch zu interpretieren, sondern als auf konkrete irdisch-reale Verhältnisse bezogen zu verstehen.

Der Terminus ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ wird in der Apk außer in Apk 11,1 noch in Apk 6,9; 8,3.5; 9,13; 14,18 und 16,7 verwendet, wobei, von dem fraglichen Beleg Apk 11,1 abgesehen, zugegebenermaßen immer auf eine himmlische Realität Bezug genommen wird96; in Apk 8,3.5 und 9,13 handelt es sich dabei um den Räucheraltar, das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ ÚÔØÖÒ}Ð97, in Apk 6,9; 16,798 und wohl auch in Apk 14,1899 um den Brandopferaltar. Wiewohl dieser Befund, für sich genommen, darauf hindeuten könnte, daß die Apk 11,1b beschriebenen Verhältnisse insgesamt auf eine himmlische Realität abzielen, legen doch sowohl die Interpretation des Terminus ÐÄvÕ (×Ò} ËÈÒ}) als – wiederum – die Ausführungen in Apk 11,2.8–10100 die Annah93

Vgl. hierzu auch u. 45ff. Immerhin ist durchaus nicht undenkbar, die in Apk 7,1–8 erwähnten 144.000 als Juden oder auch Judenchristen zu deuten; vgl. hierzu D. E. Aune, Apk II, 440f. 95 Anders hier etwa H. Giesen, Apk, 244, der beide Texte im Blick auf ihre Aussageabsicht parallelisiert, wobei er m. E. die Unterschiede zwischen beiden aber zu übereilt nivelliert. 96 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 405: „In the NT ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ refers to the heavenly altar only in Revelation (with the possible exception of Heb 13:10 ...)“; noch deutlicher Apk II, 597: „In Revelation, heavenly realities are normally designated by the term. ... ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒГ. 97 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 405, der hier vom „altar of incense“ spricht. 98 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 405, der diesen Belegen für den „altar of burn offerings“ auch noch Apk 11,1 zuordnen möchte. 99 Anders hier D.E. Aune, Apk II, 845, der diesen Begriff in Apk 14,18 als Synonym für ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) deuten möchte, ohne dies allerdings zu begründen; die Ausführungen in Apk 14,17, in denen der ÐÄvÕ(×Ò}ËÈÒ}) explizit erwähnt wird (vgl. hierzu auch o. 38ff.), lassen die These Aunes allerdings sehr unwahrscheinlich erscheinen. 100 Vgl. hierzu o. 41. 94

Apk 11,1f.3–13

43

me nahe, auch den Begriff ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ als auf eine irdische Wirklichkeit bezogen zu deuten. Gleiches gilt auch im Blick auf die Interpretation der Wendung ÒO ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÒÌ IÐ Ä~ו: D.E. Aune zufolge wird die Wendung ÒO ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÒÌ in der Apk ausschließlich entweder im Kontext der Darstellung der im Himmel vollzogenen Gottesverehrung oder aber im Rahmen der Beschreibung der dieser Gottesverehrung diametral entgegenstehenden irdischen Verehrung des ÇÔ¿ÍÜÐ und des (ersten) ËÊÔÂÒÐ verwendet101. Damit aber ist zugleich konzediert, daß, da die Wendung ÒO ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÒÌ durchaus auch in die irdische Realität reflektierenden Zusammenhängen begegnet, folglich keineswegs von vornherein davon ausgegangen werden kann, daß der Apokalyptiker in seinem Werk mit ihr nicht auch auf die irdische christliche oder auch jüdische Gottesverehrung abgehoben hat102. Wird nun der Gesamtkontext der Passage Apk 11,1f.3– 13 als Interpretationshintergrund berücksichtigt, ergibt sich die Deutung der Wendung ×vÐ ÐÄvÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×v ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ ÍÄW ×Ò|Õ ÓÔÒÖ ÍØÐÒ}Ð×ÄÕIÐÄ~ו Apk 11,1b auf irdische Vorfindlichkeiten; die unmittelbar anschließenden Ausführungen in Apk 11,2 und auch diejenigen in Apk 11,8–10103 vermögen eine solche Interpretation mehr als wahrscheinlich zu machen. Darüber hinaus ist hier darauf hinzuweisen, daß die Wendung ×Ò|Õ ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÄÕ IÐ Ä~ו eine symbolische oder allegorische Auslegung der gesamten Phrase ×vÐÐÄvÐ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×v ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ ÍÄW ×Ò|Õ ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÄÕ IÐ Ä~ו Apk 11,1b ausschließt; worauf die AppositionIÐÄ~ו auch immer zu beziehen sein mag104 – sie indiziert ganz unzweifelhaft eine räumlich-reale Dimension entweder des ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} oder aber des ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ, was die symbolische oder allegorische Deutung dieser Begriffe zumindest hier in Apk 11,1b verunmöglicht.

Ertrag: Bei dem hier in Apk 11,1b angesprochenen ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} handelt es eben nicht um eine himmlische, sondern um eine irdische Vorfindlichkeit, was dann zur Konsequenz hat, daß das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ und diejenigen, die dort anbeten, ebenfalls als irdische und reale Größen anzusehen sind. Darüber hinaus legte sich die Annahme nahe, daß die Ausführungen in Apk 11,1b weder symbolisch noch allegorisch zu interpretieren, sondern als auf konkrete reale Verhältnisse bezogen zu verstehen sind. Aus alledem folgt: Der ÐÄvÕ×Ò}ËÈÒ} und das ËØÖÌÄÖ×ÁÔÌÒÐ stellen für den Apokalyp101

Vgl. hierzu D. E. Aune, Apk II, 597 mit Verweis auf die entsprechenden Belege. Vgl. hierzu auch die Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 3,9; hier prophezeit der Apokalyptiker, „daß die Juden sich dereinst vor dem neuen Gottesvolk der christlichen Gemeinde zu Füßen werfen werden“ (U.B. Müller, Apk, 130). Damit wird zwar eine zukünftig eschatologische, in der Gegenwart visionär geschaute Wirklichkeit, aber eben keine himmlische Realität beschrieben. Vgl. zum alttestamentlichen Zusammenhang dieser Ausführungen A. Satake, Apk, 183. 103 Vgl. hierzu o. 41. 104 Vgl. hierzu o. 23 mit A. 13. 102

44

Apk 11,1f.

tiker an dieser Stelle irdische Realitäten dar und bezeichnen konkret den Jerusalemer Tempel und den dortigen Brandopferaltar. Mit der Wendung ×Ò|Õ ÓÔÒÖÍØÐÒ}Ð×ÄÕ IÐ Ä~ו rekurriert er auf diejenigen, die in und an diesen irdischen Realitäten ihre Gottesverehrung praktizieren bzw. praktizieren sollen105. IV. Ergebnisse Die Analyse von Apk 11,1f. hat im Wesentlichen zwei Ergebnisse zutage treten lassen: (a) Die in Apk 11,1f. besprochene Vermessung muss als Wieder- bzw. Neuerrichtung der auszumessenden Objekte interpretiert werden, wobei aber offensichtlich davon auszugehen ist, daß – zumindest in den Augen des Verfassers dieser Verse – die geschichtliche Entwicklung eben diese Wieder- oder Neuerrichtung bereits im Ansatz überholen und nachgerade ins Gegenteil verkehren wird. (b) Die in Apk 11,1f. angesprochenen Objekte beziehen sich auf irdische Realitäten, konkret den Jerusalemer Tempel, den dortigen Brandopferaltar und die an diesem Tempel Opfernden, die eben wieder bzw. neu zu installieren sind.

B. Die Analyse von Apk 11,3–13 Im Anschluß an die Analyse der Perikope Apk 11,1f. steht nun eine gründliche Analyse von Apk 11,3–13, der Darstellung des Auftretens zweier eschatologischer Ï¿Ô×ØÔÈÕ, an. Innerhalb dieser vermögen neue, in der exegetischen Diskussion bis dato noch nicht oder nur sehr vereinzelt gesehene zeitgeschichtliche Bezüge der Perikope sichtbar zu werden. In der exegetischen Forschung der Gegenwart geht schon aufgrund der Parallelität der Zeitangaben in Apk 11,1f.3106 eine deutliche Mehrheit davon aus, daß der Apokalyptiker einerseits die Darstellung in Apk 11,1f.3–13 zwar als inhaltlich zusammengehörig und beide Texte letzten Endes als eine sachliche Einheit verstanden wissen wollte 107, daß er andererseits aber in Apk 11,3 – zugegebenermaßen recht abrupt, möglicherweise, weil er

105

Vgl. hierzu durchaus m.R. U.B. Müller, Apk, 206: „Man hat nun erkannt, daß hier eine bestimmte historische Situation im Blick ist, in der eine besondere Schar von Gläubigen im inneren Vorhof versammelt ist. Deshalb sind nicht alle möglichen Juden gemeint, die irgend einmal beim Brandoperaltar anbeten“. 106 Vgl. hierzu u. 47; weitere Gründe für die Zusammengehörigkeit der beiden Texte diskutiert m.R. P.B.-S. Min, Apocalisse, 82ff. 107 Darüber hinaus kann m.E. nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, daß der Apokalyptiker den Textkomplex Apk 10f. insgesamt als inhaltliche und sachliche Einheit gesehen hat bzw. als eine solche darstellen wollte; vgl. hierzu U.B. Müller, Apk, 198, der Apk 10,1–11,14 als zusammenhängendes „Zwischenstück“ analysiert, ähnlich auch G.K. Beale, Apk, 570f.

Apk 11,1f.3–13

45

im Rahmen der Darstellung in Apk 11,3ff. anders als in Apk 11,1f.108 in erheblich größerem Maße auf traditionelles Material zurückgegriffen hat109 – erzählerisch neu einsetzt110. Allein schon die Parallelität der Zeitangaben verbietet es allerdings, die Darstellung in Apk 11,1f. als „un’introduzione e una descrizione della circostanza di Apoc. 11,3–13“111 zu sehen; die zeitliche Parallelität spricht vielmehr dafür, das in Apk 11,1f. Dargestellte als zeitgleich zu dem Apk 11,3ff. Ausgeführten sich ereignend zu denken112.

I. Die Argumentationsstruktur von Apk 11,3–13 1. Apk 11,3: Das Auftreten der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ Mit Apk 11,3 knüpft der Apokalyptiker unmittelbar an die zuvor dargestellte Vermessungsszene Apk 11,1f. an, um zugleich aber auch erzählerisch neu anzusetzen: Offensichtlich in dem gleichen Zeitraum, in dem die MËÐÊ die heilige Stadt Jerusalem erobern und den Tempel entweihen werden (Apk 11,2b)113, werden zwei114 in Säcke gekleidete Zeugen auftreten und eben 1260 Tage, also 42 Monate lang115, weissagen116. Auffällig ist 108

Vgl. hierzu o. 23ff., insbesondere 32ff. Vgl. hierzu u. 101ff. 110 Vgl. hierzu H. Giesen, Apk, 248: „Die Ankündigung der Beauftragung zweier Zeugen schließt sich eng an die vorausgehende Vermessungsszene an. Der Seher will offenkundig die ... Thematik fortführen. ... zugleich [ist in Apk 11,3] ein Neuansatz erkennbar“. U.B. Müller, Apk, 208 spricht in diesem Zusammenhang von einer „deutliche[n] Zäsur“. Anders hier D.E. Aune, Apk II, 610, der für eine deutlichere Trennung von Apk 11,3ff. von dem zuvor Ausgeführten votiert: „The abrupt way in which this text unit begins ... is an argument against considering 11:3–14 as a major text unit following 10:1–11:2 ... or 10:8–11:2“. Im Ansatz durchaus richtig, aber letzten Endes zu undifferenziert P.B.-S. Min, Apocalisse, 83f.: „Dunque l’unità della scena dei due brani [d.h. Apk 11,1f. und Apk 11,3–13], tenendo conto anche dell’unità del tempo, ci indica che Apoc. 11,1–2 e 11,3–13 sono uniti fin dall’origine“. 111 P.B.-S. Min, Apocalisse, 84. 112 Vgl. hierzu nur die Ausführungen von E.-B. Allo u. 47, A. 128. 113 Die beiden letzten Endes den gleichen Zeitraum bezeichnenden Zeitangaben in Apk 11,2b und 11,3b stellen ein verknüpfendes Element zwischen Apk 11,1f. und Apk 11,3ff. dar; vgl. hierzu U.B. Müller, Apk, 208. Auch D.E. Aune, Apk, 610 sieht in diesen Zeitangaben „one of the few formal links“ zwischen diesen beiden Perikopen. 114 Zur Erklärung der Zahl „zwei“ vgl. etwa H. Kraft, Apk, 156: „Daß es zwei sind ... kommt daher, daß es Zeugen sind; Zeugen müssen zumindest zwei sein“. Ähnlich auch H. Giesen, Apk, 249 mit Verweis auf weitere Literatur. 115 Diesen Zeitraum von 42 Monaten definiert D.E. Aune, Apk II, 611 im Anschluß an Dan 7,25; 12,7 als „the length of time of a period of eschatological distress“. 116 Wie die Ausführungen in Apk 11,10 belegen – hier ist von den zwei Ï¿Ô×ØÔÈÕ als von den zwei ÓÔÒÙ^×ÄÌ die Rede –, haben diese beiden Zeugen offensichtlich ein prophetisches Amt inne und werden in der Perikope Apk 11,3–13 als Propheten charakterisiert. Vgl. zu dieser Parallelität der Ausdrücke etwa D.E. Aune, Apk II, 610 und U.B. Müller, Apk 209, der ausführt: „Die beiden Figuren erscheinen als ‚Zeugen‘ des erhöhten Christus, deren Aufgabe im Weissagen als prophetischer Tätigkeit besteht. Der Verfasser gebraucht dabei ‚Zeuge‘ ... bzw. ‚Zeugnis‘ ... abwechselnd mit ‚Prophet‘ ..., ‚Prophetie, 109

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Apk 11,3–13

zunächst, daß diese beiden Zeugen in Apk 11,3 mit dem bestimmten Artikel ×ÒXÕ eingeführt werden, was darauf schließen läßt, daß sie als eschatologische Gestalten bzw. Chiffren sowohl dem Apokalyptiker als auch seinen Hörern bzw. Lesern bekannt gewesen sind117. Allerdings werden ihre Namen hier nicht genannt und ihre Identitäten somit also nicht festgelegt118. Es will den Anschein haben, als beabsichtige der Apokalyptiker damit, sich selbst und seinen Rezipienten einen Spielraum zu einer zumindest partiellen Neuinterpretation dieser beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ zu eröffnen119. Ungenannt bleibt auch der Ort des Auftretens dieser beiden Figuren. Allerdings lassen die Hinweise in Apk 11,1f.8120 die Annahme mehr als wahrscheinlich erscheinen, daß hier an Jerusalem bzw. an die unmittelbare Umgebung Jerusalems gedacht ist121, was dann wiederum die Annahme nahelegt, daß diese beiden Zeugen als vor den in Jerusalem und im Land Palästina Ansässigen, sicherlich den Juden, aber natürlich auch den dort lebenden Nichtjuden, auftretend zu denken sind122.

Weissagung‘ ... bzw. ‚prophezeien, weissagen‘ ..., um die Funktion der beiden Gestalten zu benennen“. Wie die gänzlich andere Überlieferung bei Lactantius, div.inst. VII 17,1 zu indizieren scheint, ging es bei der Weissagung der beiden Zeugen offensichtlich nicht darum, zu predigen und Menschen zur Umkehr zu bewegen: (1) Imminente iam temporum conclusione propheta magnus mittetur a Deo, qui convertat hominis ad Dei agnitionem (vgl. hierzu ausführlich u. 109ff.). 117 Vgl. hierzu D. Haugg, Zeugen, 13f. Ähnlich auch U.B. Müller, Apk, 208: „Die beiden Zeugen werden als feste Größe mit bestimmtem Artikel eingeführt“. 118 Treffend hier H. Kraft, Apk, 156: „Eine Identifikation der beiden Zeugen scheint unmöglich zu sein“; in gleicher Weise bereits A. Schlatter, Das Alte Testament, 82. 119 D.E. Aune, Apk II, 610 vermutet in diesem Zusammenhang, daß, da in frühjüdischen Parallelen zu Apk 11,3ff. in der Regel Henoch und Elia die Rolle der beiden eschatologischen Propheten zugewiesen werde, „the author has omitted their names intentionally, possibly because he regarded them as Christian prophets whose ministry takes place after that of Jesus, who is designated as ‚their Lord‘ in v 8“. 120 Zur Frage, ob es sich bei Apk 11,8c um eine nachträglich in den Endtext interpolierte Ergänzung handelt, vgl.u. 91. 121 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 588: „The geographical center of interest of Rev 11:1–13 is Palestine, as indicated by (1) the symbolic significance of the temple in Jerusalem (vv 1–2), (2) the mention of ‚the holy city‘ where the temple is located (v 2), (3) the identification of the city were the two witnesses were killed as the place where Jesus was crucified, i.e., Jerusalem (v 8), and (4) the threat of drought (v 6), a dominating concern in much of Palestine“. 122 Vgl. hierzu W. Bousset, Apk, 319, der die Hörerschaft der beiden Zeugen letzten Endes ohne Textbeleg nur auf die palästinische bzw. jerusalemische Judenschaft beschränkt sehen möchte: „Das Wahrscheinlichste ist es, an ein Auftreten der Zeugen in Jerusalem und an eine Bußpredigt unter den Juden zu denken“. In diesem Sinne auch I.T. Beckwith, Apk, 591; anders und mit Verweis auf Apk 11,10 treffender H. Giesen, Apk, 249f.: „Die Verkündigung der beiden Zeugen ist also keine innergemeindliche Angelegenheit“.

Apk 11,1f.3–13

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An dieser Stelle scheint es geraten, noch ein Wort über die in Apk 11,3 angegebene Dauer des Zeugnisses der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ zu verlieren; sie werden 1260 Tage, also 42 Monate weissagen. Diese Zeitangabe ist in der Apk insgesamt viermal belegt, in Apk 11,2.3, dann in Apk 12,6 als Zeitraum, in dem die Frau in der Wüste versteckt und ernährt wird, und in Apk 13,5 als Angabe der Zeit, in der das erste ËÊÔÂÒÐ gotteslästerlich reden darf. In Apk 12,14 begegnet darüber hinaus die Angabe ÍÄÌÔvÕÍÄWÍÄÌÔÒWÍÄW`ÏÌÖØÍÄÌÔÒ}, hier offensichtlich als Äquivalent zu bzw. als Wiederaufnahme von Apk 12,6123; hinzu kommt, daß nach Apk 11,9.11 zwischen dem Tod und der Auferweckung der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ dreieinhalb Tage liegen. In ihrer großen Mehrheit gehen die Exegeten davon aus, daß es sich bei dieser Zahl um eine „symbolic apocalyptic number for a divinely restricted period of time (often a limited period of eschatological tribulation)“124 handele, die der Apokalyptiker aus Dan 7,25; 12,7 übernommen habe125, um seinen Adressaten deutlich zu machen, daß die Zeit der (gegenwärtigen) eschatologischen Bedrängnis eine von Gott begrenzte sei126. Bemerkenswert ist nun, daß hier in Apk 11,3 die Wirksamkeit der beiden eschatologischen Ï¿Ô×ØÔÈÕ auf den gleichen Zeitraum begrenzt ist, der nach Apk 11,2 den Völkern bzw. den Heiden zur Verfügung gestellt ist, um die ÓßÎÌÕ6ÆÂÄ, also Jerusalem, zu entweihen127, eben auf diese Zeit von 42 Monaten bzw. 3½ Jahren; dies legt die Annahme nahe, daß zumindest für den Apokalyptiker die Entweihung Jerusalems und das Auftreten der beiden endzeitlichen Zeugen zeitlich zusammenfallen: „The period during which the nations will control Jerusalem is precisely the period when the two witnesses will exercise their ministry“128.

Unklar bleibt im vorliegenden Zusammenhang auch, wem diese beiden Zeugen ihre Beauftragung und ihre Zurüstung verdanken129; die große Mehrheit der Exegeten schließt aus dem die Wendung ×ÒXÕ ÇØÖWÐ Ï¿Ô ×ØÖÂÐ ergänzenden Personalpronomen ÏÒØ, daß hier an Gott bzw. an Christus zu denken sei130. Dieser Annahme widerraten allerdings gleich mehrere Beobachtungen: (a) Im vorangehenden unmittelbaren Kontext von Apk 10; 123

Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 706. D.E. Aune, Apk II, 609; in diesem Sinne etwa auch P. Prigent, Apk, 346. 125 Vgl. hierzu etwa auch G.K. Beale, Apk, 565 und P. Prigent, Apk, 345f. 126 Vgl. hierzu etwa I.T. Beckwith, Apk, 599, der diesen Zeitraum als „the conventional apocalyptic period of the domination of evil before the End“ bezeichnet. 127 Vgl. hierzu o. 26f. 128 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 610f.; in diesem Sinne auch U.B. Müller, Apk, 208: „..., der seine zwei Zeugen ... zur prophetischen Tätigkeit während der Zeit auffordert, in der ‚die heilige Stadt‘ ... von den Heiden bedrückt wird“, und E.-B. Allo, Apk, 161: „La comparaison de XI,3 avec XI,2 et XIII,5 montre que cette mesure s’applique à une seul et même époque, et non à deux époques contigués d’égale longeur“. 129 M.R. hier zunächst H. Giesen, Apk, 248: „Die Gestalt, die die Beauftragung ankündigt, wird nicht genannt“. 130 Vgl. hierzu neben vielen anderen nur H. Giesen, Apk, 248f. und U.B. Müller, Apk, 209, der die beiden Zeugen explizit als „‚Zeugen‘ des erhöhten Christus“ bezeichnet. So auch P. Prigent, Apk, 349. P.B.-S. Min, Apocalisse, 310 scheint den heiligen Geist bzw. den „Spirito de Cristo“ (311), diesen selbst wiederum als „testimonianza de Gesù“ (310), als Auftraggeber bzw. spiritus rector der beiden Zeugen anzunehmen: „Come è stato osservato, lo Spirito dell’Apocalisse è lo Spirito Santo che inspira i profeti“; ähnlich 309. 124

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Apk 11,3–13

11,1f.131 treten weder Gott noch Christus explizit als handelnde Figuren auf. Für den Hörer bzw. Leser von Apk 11,3 ergibt sich somit keineswegs zwangsläufig, daß Gott bzw. Christus die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ mit ihrem Zeugendienst beauftragt haben bzw. beauftragen werden. Eine Ausnahme könnte allenfalls in Apk 10,4.8 vorliegen; hier greift jeweils eine ÙÜÐ] IÍ ×Ò} Ò~ÔÄÐÒ} in das Geschehen ein und gibt dem Apokalyptiker bestimmte konkrete Anweisungen. Bei dieser Phrase könnte es sich um eine Chiffre für den Namen Gottes oder auch Christi handeln132, was bedeutete, daß an diesen beiden Stellen Gott oder Christus selbst aktiv wären und zum Apokalyptiker redeten. Daraus ließe sich möglicherweise folgern, daß einer der beiden dann auch als Handlungssubjekt von Apk 11,3 in Anschlag gebracht werden müßte. Diese Konstruktion wirft jedoch gleich mehrere exegetische Fragen und Probleme auf: (a) Zunächst ist in keinem Falle ausgemacht, daß der Apokalyptiker diese in Apk 10,4.8 in Erscheinung tretende ÙÜÐ]IÍ×Ò}Ò~ÔÄÐÒ} auch hier in Apk 11,3 als redendes oder handelndes Subjekt gesehen haben will. Nach deren letztmaligem Auftreten in Apk 10,8 betreten nämlich zunächst noch einmal der 9ÆÆÈÎÒÕ PÖÚØÔßÕ aus Apk 10,1 (Apk 10,9), dann offensichtlich eine Mehrzahl von nicht identifizierten sprechenden Figuren (Apk 10,11)133 und schließlich ein einzelner unbekannt bleibender Sprechender (Apk 11,1) die Bühne. Hätte der Apokalyptiker in Apk 11,3 nun wiederum die ÙÜÐ] IÍ ×Ò} Ò~ÔÄÐÒ} als Handlungssubjekt präsentieren wollen, hätte er sie hier noch einmal explizit einführen müssen und, wie deren nochmalige Einführung in Apk 10,8 belegt, wohl auch eingeführt. Dies läßt den Schluß zu, daß die ÙÜÐ] IÍ ×Ò} Ò~ÔÄÐÒ} also offensichtlich gerade nicht als logisches Subjekt von Apk 11,3 gedacht werden soll. (b) Es bleibt zu fragen, warum der Apokalyptiker, wenn er denn seinen Rezipienten in Apk 11,3ff. Gott bzw. Christus als den Auftraggeber der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ vor Augen führen wollte, hier nicht deutlicher und präziser formuliert hat. Daß er erheblich klarer und eindeutiger formulieren konnte und auch formuliert hat, belegt etwa der Bericht über seine eigene Berufung in Apk 1,9ff. Derjenige, der ihn beruft und ihm seine 5ÓÒÍ¿ÎØÛÌÕ vermittelt, wird in Apk 1,13 als xÏÒÌÒÕ ØOvÐ 5ÐËÔáÓÒØ identifiziert und in Apk 1,12–16 ausführlich 131

Zum Zusammenhang von Apk 10f. vgl. etwa U.B. Müller, Apk 198 (vgl. hierzu o.) und H. Giesen, Apk, 228. Giesen sieht in dem Textkomplex Apk 10,1–11,14 eine „Erweiterung der sechsten Posaunenvision“, begreift ihn also ebenfalls als eine zusammenhängende Einheit. 132 Vgl. hierzu D.E. Aune, Apk II, 561, der auf die frühjüdische Literatur verweist und feststellt: „In early Judaism the term ‚voice‘ is frequently used as a circumlocution for the name of God“. Anders hier R.H. Charles, Apk I, 262, der die Person Christi hinter dieser Stimme vermutet; ähnlich auch W. Bousset, Apk, 309. I.T. Beckwith, Apk, 581 hält hier sowohl einen Verweis auf Gott als auch einen auf Christus für möglich. Das alles ist aber insgesamt keineswegs gesichert und muß außerordentlich fragwürdig bleiben, wie ein Blick auf die übrigen Belege für eine nicht identifizierte ÙÜÐÁ in der Apk leicht zu zeigen vermag; vgl. etwa Apk 6,6f.; 9,13. 133 D.E. Aune, Apk II, 573 erwägt im Blick auf diese zumindest scheinbare Mehrzahl sprechender Figuren (ÎÀÆÒØÖÌÐ) folgende Identifikationsmöglichkeiten: (a) Hier in Apk 10,11 sprechen „the mighty angel (vv 1, 9) and the heavenly voice (vv 4, 8) in a tandem“. (b) Bei den Redenden handelt es sich um den 9ÆÆÈÎÒÕPÖÚØÔßÕ aus Apk 10,1 und einen fiktiven angelus interpres. (3) Der unbestimmte Plural ÎÀÆÒØÖÌÐ ersetzt eine Passivform, nach Aune „an idiom that occurs in Hebrew and Aramaic“.

Apk 11,1f.3–13

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beschrieben. Im Unterschied zu dieser Eindeutigkeit bleibt der Apokalyptiker in Apk 11,3ff. außerordentlich diffus; auch die Einfügung des Personalpronomens ÏÒØ in Apk 11,3 verändert diesen Sachverhalt nicht signifikant. Dies könnte immerhin bedeuten, daß er die beiden hier genannten Zeugen und deren Auftreten und Dienst im Vergleich zu seiner eigenen Tätigkeit als sekundär betrachtet. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß solche präzisierenden Begriffe und Wendungen wie etwa IÍ ×Ò} ÐÄÒ}5Óv×Ò}ËÔßÐÒØ o.ä.134, die die Stimme aus dem Himmel deutlich oder zumindest doch deutlicher als Stimme Gottes charakterisiert hätten, hier ebenfalls fehlen. Dies läßt sich schwerlich anders als mit der Annahme erklären, daß der Apokalyptiker hier die Identität dessen, der die beiden Zeugen beauftragt, bewußt verschleiern wollte.

(b) Darüber hinaus erfährt der Rezipient aus Apk 11,4, daß die beiden Zeugen als Ölbäume und Leuchter vor dem ‚Herrn der Erde‘ (ÍàÔÌÒÕ×^Õ Æ^Õ) stehen, und aus Apk 11,8, daß deren Leichname auf dem Marktplatz der großen Stadt liegen, in der auch der Herr gekreuzigt worden ist (¢Íà ÔÌÒÕIÖ×ÄØÔáËÊ)135, also offensichtlich Christus den Kreuzestod erlitt. An diesen beiden Stellen formuliert der Apokalyptiker in einer Weise, die eine Identität des ‚ich‘ als des Subjekts des Satzes Apk 11,3a, zugleich des Sprechenden innerhalb der Perikope Apk 11,3–10, und des Auftraggebers der beiden Zeugen sowohl mit dem Apk 11,4 genannten ‚Herrn der Erde‘ als auch mit dem Apk 11,8 angesprochenen Christus im Grunde ausgeschlossen erscheinen läßt. Aufgrund dessen und auch aufgrund des Textzusammenhanges von Apk 10f. scheinen daher am ehesten der Apk 10,9.10 letztmalig explizit sprechende und handelnde Engel oder aber die unbekannten Sprechenden aus Apk 10,11 bzw. 11,1 als diejenigen in Frage zu kommen136, in deren Auftrag die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ handeln werden137. Damit soll den Hörern bzw. Lesern der Apk – und diese Konsequenz legt sich nahe – offensichtlich wohl der Eindruck vermittelt werden, daß die beiden Zeugen weder von Gott noch von Christus zu ihrem Zeugendienst zugerüstet und mit diesem beauftragt wurden bzw. werden, sondern, im Gegensatz zum Apokalyptiker selbst, von weniger wichtigen und in der himmlischen Hierarchie nachgeordneten Figuren. Damit könnte der Apokalyptiker die Absicht verbunden haben, den Zeugendienst der beiden Ï¿Ô ×ØÔÈÕ zumindest implizit von seiner eigenen Tätigkeit abzusetzen und dieser gegenüber als von geringerem Gewicht zu klassifizieren. In der Forschung wird zugunsten der Annahme, daß in Apk 11,3 Gott oder auch Christus sprächen und die beiden Zeugen beauftragten, sehr häufig auf Apk 2,13 und Apk 17,6 134

Vgl. hierzu die Angaben bei D.E. Aune, Apk II, 561. Zu der dieser Wiedergabe von Apk 11,8c zugrundeliegenden textkritischen Entscheidung vgl.u. 91ff. 136 Vgl. hierzu o. 47ff. 137 Zumindest ähnlich hier D.E. Aune, Apk II, 610: „It is likely that the unidentified speaker [von Apk 11,1f.] is an angel who gives the author a measuring stick and orders him to measure parts of the temple. The speech probably continues ... through v 3“. 135

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Apk 11,3–13

verwiesen 138; in Apk 2,13 spricht der himmlische Christus von Antipas als ‚seinem‘ Zeugen (¢ ÏÄÔ×àÕ ÏÒØ), in Apk 17,6 ist explizit von den ‚Zeugen Jesu‘ (׊Ð ÏÄÔ×àÔÜÐ *¬ÊÖÒ}) die Rede. Bei näherem Hinsehen jedoch tragen diese Verweise nicht viel aus: (a) Anders als im Blick auf Apk 11,3 ergibt sich im Blick auf Apk 2,13 aus dem engeren Kontext, dem Sendschreiben an die Gemeinde zu Pergamon (Apk 2,12–17), daß hier das Possessivpronomen ÏÒØ auf niemand anderen als auf Christus bezogen werden kann. Damit ist aber noch keinesfalls belegt, daß dies in Apk 11,3 genauso sein muß. (b) In Apk 17,6 wird der Terminus ׊ÐÏÄÔ×àÔÜÐ – doch wohl offensichtlich bewußt – um die die Zugehörigkeit der Zeugen klärende Apposition *¬ÊÖÒ} ergänzt; daß eine solche klärende Apposition in Apk 11,3 aber fehlt, spricht zunächst dafür, daß der Apokalyptiker im Blick auf Apk 11,3 davon ausgeht, daß für seine Rezipienten aus dem Kontext heraus deutlich wird, in wessen Dienst die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ stehen und wessen Zeugen sie sind. Der Kontext von Apk 11,3 legt nun aber gerade nicht die Annahme nahe, diese beiden Zeugen als Zeugen Gottes oder Christi zu deuten139.

Im weiteren Verlauf von Apk 11,3 werden diese beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als solche beschrieben, die mit Säcken angekleidet sind. In der Forschung ist umstritten, wie dieser Hinweis zu verstehen ist; denkbar ist, daß mit ihm auf „die Standestracht der Propheten generell“140 abgehoben oder aber auf die Funktion der zwei Zeugen als Bußprediger angespielt werden soll141. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß im unmittelbaren Zusammenhang von Apk 11,3ff. insgesamt keinerlei nähere Angabe über den Inhalt der Verkündigung der Zeugen gemacht wird142; augenscheinlich scheint – wenn überhaupt – deren Kleidung „the only clue to the nature of their message“143 darzustellen, was in der Forschung zuweilen zu der Annahme führt, daß es dem Apokalyptiker nicht darum gegangen sei, die Rezipienten seines Werkes ausführlicher über die Botschaft der beiden Zeugen zu informieren, sondern lediglich deren Tun und Ergehen darzustellen144. 138

Vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 208 und H. Giesen, Apk, 249. P.B.-S. Min, Apocalisse, 310 verweist im Rahmen seiner These, daß der heilige Geist die beiden Zeugen beauftragte, auf Apk 19,10; dieser Verweis trägt allerdings nur dann, wenn zuvor angenommen wird, daß die beiden Zeugen als Zeugen Jesu bzw. Christi angesehen werden müssen. Darüber hinaus ist an dieser Stelle im Blick auf die Ausführungen Mins kritisch anzumerken, daß er sich zur Begründung seiner These immer auch auf das Johannesevangelium und die Johannesbriefe beruft (vgl. hierzu Apocalisse, 245ff.). Dies muß hermeneutisch als zumindest fragwürdig gelten. 139 Vgl. hierzu o. 47ff. 140 U.B. Müller, Apk, 209. 141 Vgl. hierzu H. Giesen, Apk, 249 mit Verweis auf eine Reihe anderer Exegeten. 142 So U.B. Müller, Apk, 209: „Allerdings sagt der Text nichts Genaueres über den Inhalt ihrer [d.h. der zwei Zeugen] Wortverkündigung aus“. Die Aussage von H. Giesen, Apk, 250: „Die Zeugen treten der gottfeindlichen Welt mit ihrer Straf- und Umkehrpredigt entgegen“, wird durch den Text Apk 11,3ff. nicht gedeckt. 143 D.E. Aune, Apk II, 611. 144 So etwa auch A. Satake, Apk, 265, der m.R. formuliert: „Die Darstellung ihrer [d.h. der beiden Zeugen] prophetischen Tätigkeit ist auf die formale Ebene beschränkt“.

Apk 11,1f.3–13

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Im Blick auf die Frage nach dem Inhalt der Verkündigung der beiden Zeugen vermag allerdings eine Beobachtung weiterzuhelfen, die sich aus dem Text von Apk 11,3ff. unmittelbar ergibt, nämlich die vom Apokalyptiker offensichtlich bewußt und mit voller Absicht vorgenommene Charakterisierung der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als ÓÔÒÙ^×ÄÌ (Apk 11,10); dieser augenscheinlichen Parallelisierung ihrer Amts- oder Tätigkeitsbezeichnungen entspricht zunächst die Verwendung des Verbums ÓÔÒÙÊ×ÈàÈÌÐ zur Bezeichnung der Tätigkeit der beiden Zeugen in Apk 11,3, dann aber auch die Parallelisierung der Objekte ihres Tuns durch die Begriffe ÏÄÔ×ØÔÂÄ und ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄ in Apk 11,6 und 11,7145. Sind nun – und dies legen die vom Apokalyptiker vorgenommenen Parallelisierungen nahe – diese beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als Propheten aufzufassen, so lassen sich die Einlassungen des Apokalyptikers in Apk 10,6f., in denen die Gruppe derÓÔÒÙ^×ÄÌ immerhin erstmalig in der Apk Erwähnung findet, durchaus als Hinweis auf den Inhalt des von diesen beiden Zeugen Bezeugten lesen; hier läßt jener den in Apk 10,1 auftretenden 9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕPÖÚØÔßÕ146 einen Eid schwören und sprechen: x×Ì ÚÔßÐÒÕ Ò~ÍÀ×Ì MÖ×ÄÌ  5ÎÎ* IÐ ×ÄXÕ  ÏÀÔÄÌÕ ×^ÕÙÜÐ^Õ×Ò}JÅÇßÏÒØ5ÆÆÀÎÒØx×ÄÐÏÀÎÎ\ÖÄÎÓÂÉÈÌÐÍÄWI×ÈÎÀÖËÊ ×v ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ŒÕ È~ÊÆÆÀÎÌÖÈÐ ×Ò|Õ JÄØ×Ò} ÇÒàÎÒØÕ ×Ò|Õ ÓÔÒÙÁ×ÄÕ [!]147. In der Sekundärliteratur findet sich der Versuch, von den Ausführungen in Apk 10,6f. ausgehend auf den Inhalt des von den beiden Apk 11,3ff. auftretenden Ï¿Ô×ØÔÈÕ/ ÓÔÒÙ^×ÄÌ zu schließen, m.W. bisher nicht. Der Begriff ÓÔÒÙÁ×ÊÕ begegnet, abgesehen von Apk 2,20, hier im Rahmen eines Hinweises auf die Selbstbezeichnung der thyateirischen Irrlehrerin Isebel als einer ‚Prophetin‘, erstmalig in Apk 10,7; hier werden die ÓÔÒÙ^×ÄÌ als Knechte Gottes und als Adressaten seiner Verkündigung charakterisiert, wobei zugleich Aussagen über den Inhalt dieser Verkündigung gemacht werden148. Nach Apk 11,10 gehören die beiden in Apk 11,3ff. auftretenden Ï¿Ô×ØÔÈÕ augenscheinlich auch zu den ÓÔÒÙ^×ÄÌ; da hier keinerlei Differenzierungen vorgenommen werden, wird die Annahme wahrscheinlich und auch berechtigt, daß auch diesen beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ die

145 Vgl. hierzu etwa P.B.-S. Min, Apocalisse, 312 und D.E. Aune, Apk II, 610, der m.R. feststellt: „The term ‚witness‘ in this context has the connotation ‚prophet‘“. Ob der daran anschließenden Annahme Aunes, „that the source reworked by our author read ÓÔÒÙ^×ÄÌ uniformly, a term that he supplemented with Ï¿Ô×ØÔÈÕ, a critical term within the theology of the book as a whole“ (610) allerdings aufrechtzuerhalten ist, bedarf näherer Untersuchung. 146 Vgl. zu dieser Figur T. Witulski, 9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕPÖÚØÔßÕ, 546ff. 147 Zu der hier vorliegenden Konstruktion des Verbums È~ÄÆÆÈÎÂÉÈÌÐ mit einem Akkusativ vgl. P. Prigent, Apk, 333. H. Kraft, Apk, 149 möchte diesen Akkusativ als „Akkusativ der Beziehung“ verstehen; demzufolge seien „die Propheten ... hier Inhalt der Verkündigung, nicht ihre Empfänger“; demgegenüber weist allerdings P. Prigent darauf hin, daß „we can in fact point out several instances in which the same verb (in the middle mode ...) is used in a construction with an accusative of object“ (333). 148 Vgl. hierzu u. 54ff.

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Apk 11,3–13

im unmittelbar vorausgehenden Kontext, in Apk 10,6f. nämlich, dargestellten Verkündigungsinhalte verkündigt worden sind.

Auf die Frage, wen oder welche Gruppe der Apokalyptiker denn nun im Blick hat, wenn er den Begriff ÓÔÒÙÁ×ÊÕ/ÓÔÒÙ^×ÄÌ verwendet, vermag ein Blick auf die übrigen Belege für diesen Terminus in der Apk hilfreich zu sein. Innerhalb der in Apk 11,18, wiederum eines Belegs im unmittelbaren Kontext von Apk 11,3–14, vorliegenden Aufzählung derjenigen, die von Gott selbst ihren Lohn empfangen werden, werden, wie auch in Apk 16,6; 18,20.24, dieÓÔÒÙ^×ÄÌ als eine von den 7ÆÌÒÌ, d.h. den Christen insgesamt149, augenscheinlich zu unterscheidende Gruppe genannt150, wobei in der exegetischen Forschung, bedingt durch die durchaus unklaren Formulierungen des Apokalyptikers, keine Einigkeit darüber besteht, ob (a) die hier genannten ÓÔÒÙ^×ÄÌ lediglich eine Teilmenge der 7ÆÌÒÌ bilden, also in jedem Falle als (früh-)christliche Propheten zu identifizieren sind151, ob (b) die Gruppen der ÓÔÒÙ^×ÄÌ und der7ÆÌÒÌ zwar einerseits eine gemeinsame Schnittmenge aufweisen, andererseits zu den ÓÔÒÙ^×ÄÌ aber auch solche zu rechnen sind, die nicht unter die 7ÆÌÒÌ zu subsumieren sind, der Terminus also sowohl christliche als auch alttestamentliche oder womöglich frühjüdische Propheten bezeichnen kann152, oder ob (c) die beiden Personengruppen keinerlei Schnittmenge aufweisen, es sich bei den ÓÔÒÙ^×ÄÌ also ausschließlich um alttestamentliche bzw. frühjüdische Propheten153 handelt154. Zugunsten der einzelnen unterschiedlichen Forschungspositionen finden sich in der Literatur jeweils folgende Argumente: (a) Im Bezug auf Apk 10,7c tritt etwa H. Giesen für eine ausschließlich christliche Interpretation des Terminus ÓÔÒÙ^×ÄÌ ein; s.E. nötige die Beobachtung, „daß in der Offb 149

Vgl. hierzu A. Satake, Gemeindeordnung, 26: „Der Name, mit dem die Apokalypse im allgemeinen die Gemeindeglieder bezeichnet, istÒO7ÆÌÒÌ“. 150 Die These, daß die Propheten in Apk 11,18 als besonders herausgehobene Gruppe erscheinen, wird in der exegetischen Literatur durchaus häufig vertreten; vgl. hierzu P. Prigent, Apk, 363: „Indeed, the majority of commentators consider that the list distinguishes different groups: in this way the saints would be the faithful, who are distinguished from those who exercise a ministry as prophets“; anders hier etwa A. Satake, Apk, 276, der unter dem Begriff ÓÔÒÙ^×ÄÌ in gleicher Weise wie unter dem Terminus 7ÆÌÒÌ die Gesamtheit der Christen subsumiert sieht. 151 In diesem Sinne etwa W. Bousset, Apk, 332: „..., als eine besondere Klasse der Gläubigen nur noch die Propheten genannt, unter denen man natürlich nicht die alttestamentlichen Propheten zu verstehen hat“. 152 Zu dieser Möglichkeit etwa W. Hadorn, Apk, 126: „..., die Propheten, in erster Linie die des neuen Bundes, aber sicher nicht nur sie“. 153 In diesem Sinne augenscheinlich etwa D.E. Aune, Apk II, 570. 154 Zu diesen drei in der Forschung bis dato erwogenen unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten des Begriffs ÓÔÒÙ^×ÄÌ in Apk 10,7c vgl. etwa H. Giesen, Apk, 236 und A. Satake, Apk, 256.

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der Plural Knechte ... sonst immer alle Christen“155 bezeichne, zu dieser Auslegung156. Dem widerrät allerdings, daß in Apk 15,3 Mose, eine Gestalt des Alten Testaments, explizit als ÇÒ}ÎÒÕ ×Ò} ËÈÒ} tituliert wird, was zeigt, daß der Begriff ÇÒ}ÎÒÕ in der Apk in keinem Falle als auf die Christen beschränkt gefaßt werden darf. Darüber hinaus belegen Apk 6,15; 13,16 und 19,18, daß auch der Plural ÇÒ}ÎÒÌ in der Apk durchaus andere Gruppen als die Christen bezeichnen kann. Schließlich macht E. Lohmeyer im Blick auf die Formulierung in Apk 10,7c darauf aufmerksam, daß auch das hier dem Terminus ÇÒàÎÒØÕ vorangestellte JÄØ×Ò} „nicht dazu [zwingt], nur an christliche Propheten zu denken“ 157. (b) A. Satake schließt aus der Verwendung des Aorist È~ÊÆÆÀÎÌÖÈÐ in Apk 10,7c, daß hier die Propheten des Alten Testaments „mindestens mitgemeint“158 seien, eine zwar durchaus denkbare, aber keinesfalls zwingende Möglichkeit der Interpretation. (c) Im Rahmen seiner Diskussion von Apk 10,7 vertritt D.E. Aune mit Verweis auf Apk 11,18 die These, daß die Wendung JÄØ×Ò} ÇÒàÎÒØÕ Apk 10,7c eine „designation for OT prophets“159 darstelle; zur Begründung seiner Ansicht verweist er auf zahlreiche alttestamentliche und frühjüdische Belege für diese Formel. Ob damit allerdings zugleich erwiesen ist, daß der Apokalyptiker diese Wendung ebenfalls in diesem von Aune skizzierten alttestamentlichen Sinne verwendet hat, muß fraglich bleiben160. Da nun einerseits der Apokalyptiker sich Apk 22,10 zufolge offensichtlich selbst in die Phalanx der ÓÔÒÙ^×ÄÌ einreihen kann, was der Annahme einer Einschränkung dieser Gruppe nur auf alttestamentliche oder frühjüdische Propheten widerspricht, da andererseits aber, wie bereits erwähnt161, in Apk 15,3 auch Mose, den Apk 10,7c erwähnten ÓÔÒÙ^×ÄÌ gleich, als ÇÒ}ÎÒÕ×Ò}ËÈÒ} bezeichnet werden kann162, wird die Annahme durchaus 155

Apk, 236, dort mit Hinweis auf A. Satake. Vgl. hierzu auch Apk, 266, hier im Blick auf Apk 11,18: „Die verschiedenen Bezeichnungen für die Beschenkten wollen keine Gruppen innerhalb der Gemeinde unterscheiden“. 157 Apk, 86. 158 Apk, 257; in diesem Sinne etwa auch G.K. Beale, Apk, 546. 159 Apk II, 570. 160 Vgl. hierzu etwa G.K. Beale, Apk, 546: „Even the phrase ‚your servants the prophets‘ in 11:18 can include both [, d.h. alt- und neutestamentliche bzw. jüdische und christlichen Propheten], expecially because it is another allusion to the OT formula in 10:7“. 161 Vgl. hierzu o. 162 Zur Tradition des Mose als eines Propheten vgl. etwa Dtn 18,15 und AssMos 11,16. Auch wenn der Apokalyptiker im Rahmen der Darstellung von Apk 15,3 auf Ausführungen in Ex 14,31; 15,1 zurückgegriffen hat (vgl. hierzu etwa R.H. Charles, Apk II, 34), so läßt sich dennoch nicht von der Hand weisen, daß der hier in Apk 15,3 begegnende, für Mose verwendete Titel ÇÒ}ÎÒÕ×Ò}ËÈÒ} in den alttestamentlichen Bezugstexten gerade nicht belegt ist. Angesichts dessen wird sehr wahrscheinlich, daß der Apokalypti156

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Apk 11,3–13

wahrscheinlich, daß der Apokalyptiker mit dem Terminus ÓÔÒÙ^×ÄÌ alle diejenigen alttestamentlichen, frühjüdischen und christlichen Propheten und Verkünder in den Blick nehmen wollte, denen Gott selbst die Apk 10,6f. dargestellten Verkündigungsinhalte verkündigt hat. Werden diese Erwägungen ergänzt durch die Beobachtung, daß der Apokalyptiker das zweite ËÊÔÂÒÐ, das als Propagandist für die kultisch-religiöse Verehrung des ersten ËÊÔÂÒÐ in Erscheinung tritt, in Apk 16,13; 19,20 und 20,10 als ÛÈØÇÒÓÔÒÙÁ×ÊÕ bezeichnen kann, so ergibt sich im Blick auf das in der Apk vorliegende Verständnis des ÓÔÒÙÁ×ÊÕ-Begriffs letzten Endes: Der Apokalyptiker versteht unter einem ÓÔÒÙÁ×ÊÕ – zunächst durchaus ganz formal – denjenigen, der eine Botschaft verkündet; stammt diese Botschaft von Gott, gilt der ÓÔÒÙÁ×ÊÕ als wahrer und rechter Prophet, geht sie auf den Gegenspieler Gottes zurück, handelt es sich bei diesem Propheten um einen ÛÈØÇÒÓÔÒÙÁ×ÊÕ. Im Rahmen des Versuchs, darüber Klarheit zu gewinnen, was denn den in Apk 10,7c genannten ÓÔÒÙ^×ÄÌ den Ausführungen des 9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕ PÖÚØÔßÕ zufolge – bereits in der Vergangenheit163 – verkündigt worden ist, fällt zunächst auf, daß der Apokalyptiker den Nebensatz Apk 10,7c nicht mit einem entsprechenden, unmittelbar auf den vorangehenden Begriff ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ zu beziehenden Relativpronomen, sondern mit der komparativen Konjunktion164 ŒÕ einleitet. Dies legt die Vermutung nahe, daß es sich bei dem den Propheten Verkündigten nicht um jenes ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ selbst gehandelt hat; hätte der Apokalyptiker solches zum Ausdruck bringen wollen, wäre anstelle der Konjunktion ŒÕ eher das Relativpronomen x zu erwarten165. Darüber hinaus läßt die innere Struktur der Ausführungen des 9ÎÎÒÕ 9ÆÆÈÎÒÕ PÖÚØÔßÕ in Apk 10,6c.7 die Annahme plausibel erscheinen, daß der Apokalyptiker mit Apk 10,7c nicht auf den im Gesamtaufbau von Apk 10,6c.7 doch recht weit entfernt stehenden Hinweis x×Ì ÚÔßÐÒÕ Ò~ÍÀ×Ì MÖ×ÄÌ Apk 10,6c166, sondern auf seine unmittelbar zuvor formulierten Ausker diese Titulatur in Apk 15,3 durchaus bewußt und insbesondere auch eingedenk der Tatsache verwendet haben wird, daß er bereits in Apk 10,7c die Propheten eben als ÇÒ}ÎÒÌ ×Ò}) ËÈÒ} bezeichnet hat; ihm lag daran, zu signalisieren, daß auch Mose in die Kategorie der Propheten einzureihen ist. 163 Vgl. hierzu den Aorist È~ÊÆÆÀÎÌÖÈÐ Apk 10,7c und A. Satake, Apk, 256. 164 Vgl. hierzu F. Blaß/A. Debrunner/F. Rehkopf, Grammatik, § 453, 383f. 165 Anders, aber m.E. kaum überzeugend, hier D.E. Aune, Apk II, 570: „Here God is the subject of the verb È~ÊÆÆÀÎÌÖÈÐ, and the object of the verb is ×vÏØÖ×ÁÔÌÒÐ, i.e. that which God communicated to the prophets which is now ‚fulfilled‘“; ähnlich auch W. Hadorn, Apk, 115. 166 Damit entfällt die Notwendigkeit, die Apk 10,7c erwähnten ÓÔÒÙ^×ÄÌ als Zeitgenossen des Apokalyptikers zu betrachten. In diesem Sinne allerdings insbesondere W. Bousset, Apk, 311, der von „christliche[n], mindestens zeitgenössische[n] Propheten und

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führungen in Apk 10,7a.b rekurrieren wollte; den Propheten als den Knechten Gottes wurde also verkündigt: IÐ×ÄXÕ ÏÀÔÄÌÕ×^ÕÙÜÐ^Õ×Ò} JÅÇßÏÒØ 5ÆÆÀÎÒØ x×ÄÐ ÏÀÎÎ\ ÖÄÎÓÂÉÈÌÐ ÍÄW167 I×ÈÎÀÖËÊ ×v ÏØÖ×Á ÔÌÒÐ×Ò}ËÈÒ}168 – in den Tagen der Stimme des siebten Engels werde mit dem Erschallen seiner Posaune die Vollendung des göttlichen ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ, d.h. des letztendlich in der sichtbaren Verwirklichung der Königsherrschaft Gottes sich realisierenden169 göttlichen Heilsplan in seiner Gesamtheit170 vollzogen sein171, eine Ankündigung, die der Apokalyptiker dann in Apk 11,15 wieder aufnimmt172. Prophetinnen“ spricht; ähnlich auch R.H. Charles, Apk I, 266, der die Propheten in Apk 10,7c als „contemporaries of the Seer“ charakterisiert, sowie I.T. Beckwith, Apk, 583: „The prophets meant may be those of the O.T. ..., or the Christian prophets .... The latter are meant by the word in most places in our book, and the Apocalyptist is likely to have had in mind the prevalent Christian expectation of the parousia as near“, und W. Hadorn, Apk, 115f. 167 Zu der Möglichkeit, dieses ÍÄ adverbial zu fassen vgl. W. Bauer/B. Aland, Wörterbuch, s.v. ÍÄÂ, 798. 168 Vgl. hierzu H. Giesen, Apk, 236, der zu Apk 10,7 feststellt: „Die ... Propheten sind demnach ermächtigt, die Zeichen der Zeit zu deuten“. 169 Vgl. hierzu U.B. Müller, Apk, 202. 170 Vgl. zu diesem Begriff ausführlich etwa P. Prigent, Apk, 333: „In the book of Revelation it is the same meaning that is implied in the 3 other uses of the word [d.h. ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ] ...: it signals the hidden meaning of a vision. Here the mystery of God therefore designates the whole of God’s plan as it unfolds in the history of mankind and of the world. One might discern in it nothing but the result of coincidence, of fatality or of any other cause, but this history is a mystery, it has meaning; God guides it, he has given it a beginning and is guiding it towards an end. Behind the vicissitudes and the events there is a plan, and it is God’s plan. That is to say that mankind is not left on its own and that, consequently, what men do is not indifferent, for this plan concerns them. This is the revelation that was made to the prophets of the past. And one can in fact describe the prophets of the old covenant (and the new) as men to whom God has shown that his plan concerns mankind, that he takes men aside in a very concrete fashion and establishes a dialogue in which their God addresses himself to them and waits in response for a commitment on their part. By means of the ministry of the prophets the promised salvation reveals itself to be offered as of now, and its present reality is turned towards the reality of the final blessing“; ähnlich hier A. Satake, Apk, 256. Anders hier W. Bousset, Apk, 311, der augenscheinlich darauf abhebt, daß die ÓÔÒÙ^×ÄÌ Gottes über den Apk 12 geschilderten Sturz des Drachens aus dem Himmel in Kenntnis gesetzt worden sind, und E. Lohmeyer, Apk, 86, demzufolge die Propheten „über das Reich des Antichrist oder das Auftreten des Drachen“ informiert worden zu sein scheinen. 171 Zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Deutung des Aorists I×ÈÎÀÖËÊ Apk 10,7b vgl. H. Giesen, Apk, 235f. 172 Vgl. hier instruktiv G.K. Beale, Apk, 544; Beale spricht davon, daß in Apk 10,6f. „the angel is beginning to explain to John the ‚when‘ and the ‚how‘“ der Realisierung des göttlichen ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ – das ‚how‘ wäre der vorliegenden Deutung zufolge den ÓÔÒÙ^×ÄÌ als den Knechten Gottes in der womöglich bis in die Gegenwart des Apokalyptikers hineinreichenden Vergangenheit (vgl. hierzu o. 53f.) bereits mitgeteilt worden.

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Apk 11,3–13

In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung nicht ohne Belang, daß die die Beschreibung der Endereignisse in Apk 10,7a.b prägenden Motive, das Erscheinen eines Engels, der seine Stimme erhebt und eine Posaune ertönen läßt, und die mit diesen (Begleit-)Erscheinungen einhergehende eschatologische Vollendung des göttlichen Heilsplanes, wenn auch in jeweils unterschiedlicher Akzentuierung, so aber doch in ähnlicher Weise im Alten und auch im Neuen Testament sowie auch in der frühjüdischen Literatur mehrfach belegt sind. Folgende Übersicht mag dies verdeutlichen: Perikope

Beleg

theologischer Kontext

Ps 46LXX

5ÐÀÅÊ¢ËÈvÕIÐ5ÎÄÎÆϕÍàÔÌÒÕ IÐÙÜÐjÖ¿ÎÓÌÆÆÒÕ

Aufrichtung der Herrschaft Gottes über alle Völker

Zeph 1,14–18

 ÏÀÔÄÖ¿ÎÓÌÆÆÒÕÍÄWÍÔÄØÆ^ÕIÓW Tag des Herrn als Tag des ×3ÕÓßÎÈÌÕ×3ÕwÚØÔ3ÕÍÄWIÓW×3ÕÆÜ Zornes Gottes ÐÂÄÕ×3ÕÛÊοÕ

Sach 9,9–17

ÍÄWÍàÔÌÒÕMÖ×ÄÌIÓ*Ä~×Ò|ÕÍÄW Verheißung der Errichtung IÑÈÎÈàÖÈ×ÄÌŒÕ5Ö×ÔÄÓ]ÅÒÎÂÕÍÄWÍà des messianischen FrieÔÌÒÕÓÄÐ×ÒÍÔ¿×ÜÔIÐÖ¿ÎÓÌÆÆÌÖÄÎÓÌÈX densreiches ÍÄWÓÒÔÈàÖÈ×ÄÌIÐÖ¿Î[5ÓÈÌÎ^ÕÄ~×Ò}

4Esr 6,11–28

(23) Die Posaune wird mit Schall ertönen; Errichtung einer neuen ...(25) Aber jeder, der übrig gelassen wird Welt und Zerstörung des von all dem, was ich dir vorhergesagt ha- Bösen be, wird gerettet werden und mein Heil und das Ende meiner Welt sehen173.

1Thess 4,13–18 x×Ì174Ä~×vÕ¢ÍàÔÌÒÕIÐÍÈÎÈàÖ ÏÄ×ÌIÐÙÜÐj5ÔÚÄÆÆÀÎÒØÍÄWIÐÖ¿Î ÓÌÆÆÌËÈÒ}ÍÄ×ÄÅÁÖÈ×ÄÌ5Ó*Ò~ÔÄÐÒ}

Auferstehung der Toten und Aufrichtung des eschatologischen Reiches des ÍàÔÌÒÕ

1Kor 15,50–58

IÐ5×ßÏ[IПÌÓjwÙËÄÎÏÒ} IÐ×j Auferstehung und VerIÖÚ¿×\Ö¿ÎÓÌÆÆÌÖÄÎÓÂÖÈÌÆ3ÔÍÄWÒO wandlung der Gläubigen ÐÈÍÔÒWIÆÈÔËÁÖÒÐ×ÄÌ9ÙËÄÔ×ÒÌÍÄW und endgültiger Sieg über  ÏÈXÕ5ÎÎÄÆÊÖßÏÈËÄ175 den Tod

Mt 24,29–31

ÍÄW5ÓÒÖ×ÈÎÈX×Ò|Õ5ÆÆÀÎÒØÕÄ~

×Ò}ÏÈ×3Ö¿ÎÓÌÆÆÒÕÏÈÆ¿ÎÊÕÍÄWIÓÌ ÖØпÑÒØÖÌÐ×Ò|ÕIÍÎÈÍ×Ò|ÕÄ~×Ò}IÍ

(Wieder-)Kommen des ØOvÕ×Ò}5ÐËÔáÓÒØ

׊Ð×ÈÖÖ¿ÔÜÐ5ÐÀÏÜÐ5Ó*9ÍÔÜÐÒ~ ÔÄЊÐKÜÕ[׊Ð]9ÍÔÜÐÄ~׊Ð176 173

Text nach J. Schreiner, 4Esr, 336f. Vgl. hierzu m.R. T. Holtz, 1Thess, 198: „Mit explikativem x×Ì ... erklärt Paulus, wie das geschieht, indem er entscheidende Etappen der Parusie darstellt. Er bedient sich einer apokalyptischen Tradition, die wenigstens z.T. in ihrem festgelegten Wortlaut wiedergegeben wird. Das ist bei einem solchen Stück, das nicht eigenes Meinen, sondern überkommenes Wissen vermitteln will und das einen festliegenden Geschehensablauf gerafft darstellt, auch nur natürlich“. 175 D. Zeller, 1Kor, 520 spricht insbesondere auch im Blick auf das 1Kor 15,52 belegte Motiv der MÖÚÄ×ÄÖ¿ÎÓÌÆÑ von „eine[r] in Prophetenkreisen geprägte[n] Sprache“. 176 Vgl. zu Mt 24,31 U. Luz, Mt III, 435f. mit A. 177; dort auch weitere Belege. 174

Apk 11,1f.3–13

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Angesichts dieser Übersicht, die keineswegs Vollständigkeit beansprucht177, ist mit Händen zu greifen, daß es für den Apokalyptiker also durchaus einen guten Sinn machte, zu behaupten, daß den Propheten als den Knechten Gottes in der Vergangenheit178 verkündigt worden sei, daß in den Tagen der Stimme des siebten Engels mit dem Erschallen seiner Posaune die Vollendung des göttlichen ÏØÖ×ÁÔÌÒÐ Platz gegriffen haben werde.

Aus alledem ergibt sich insgesamt: Mit den Apk 10,7c, unmittelbar im Anschluß an das Erscheinen des 9ÎÎÒÕ9ÆÆÈÎÒÕPÖÚØÔßÕ (Apk 10,1ff.), eingeführten ÓÔÒÙ^×ÄÌ wollte der Apokalyptiker weder ausschließlich auf die Propheten des Alten Testaments oder ausschließlich auf die christlichen Propheten abheben; vielmehr hatte er hier – durchaus auch in formalem Sinne – sämtliche alttestamentlichen, frühjüdischen und christlichen Verkünder vor Augen, denen Gott das Ende der bestehenden politischen, gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse und die Errichtung seiner neuen göttlichen Königsherrschaft mit dem Erschallen einer (letzten) Posaune in Aussicht gestellt hat179 und die diese Verkündigung bezeugt haben180. Im Blick auf die Identifikation der beiden in Apk 11,3ff., wiederum unmittelbar im Anschluß an die Darstellung Apk 10,6f., auftretenden Ï¿Ô×ØÔÈÕ/ ÓÔÒÙ^×ÄÌ und auf die nähere Charakterisierung des Inhalts des von ihnen geweissagten Zeugnisses wird damit die Annahme wahrscheinlich, daß der Apokalyptiker auch diese beiden eben als Zeugen für die Apk 10,7a.b. skizzierte Verkündigung verstanden wissen wollte181, eine Annahme, die sowohl die im folgenden weiter ausgeführte nähere, ihre kämpferisch-kriegerischen Fähigkeiten betonende Charakterisierung der beiden Zeugen182 als aber auch die Darstellung des Kampfes des ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐIÍ×^Õ 5ÅàÖÖÒØ gegen jene183 durchaus zu stützen vermögen. 177 Weitere Belege, insbesondere auch aus der frühjüdischen Literatur, bei D. Zeller, 1Kor, 520. 178 Vgl. hierzu o. 53ff. 179 Vgl. hierzu H.B. Swete, Apk, 130: „That a final and joyous clearing up of the problems of life should find a place in the last days was the Gospel of the prophets both [!] Jewish and Christian“. Damit läuft der von R.H. Charles, Apk I, 266 formulierte Hinweis: „The O.T. prophets touched very slightly, and generally not at all, on the great problems with which the Seer deals“, ins Leere. 180 Vgl. hierzu m.R. U.B. Müller, Apk, 202, der den Verfasser der Apk „als Glied einer prophetischen Kette atl. und ntl. Propheten [interpretiert], wobei ihm als letztem hier offenbart wird, daß die Vollendung des Geheimnisses sich nicht verzögert“; die Verkündigung des Sehers unterscheidet sich von derjenigen seiner Vorläufer also weitestgehend ausschließlich im Blick auf den Zeitpunkt des Eintreffens der prophezeiten Ereignisse. 181 Anders hier H. Strathmann, Art. Ï¿Ô×ØÕÍ×Î, in: ThWNT IV, 500; Strathmann zufolge ist derjenige Zeuge, der „die Wahrheit des Evangeliums werbend bekundet“. Diese Aussage läßt sich insbesondere auf dem Hintergrund der Ausführungen in Apk 10,6f. kaum aufrechterhalten. 182 Vgl. hierzu etwa u. 78ff. 183 Vgl. hierzu u. 87ff.

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Apk 11,3–13

Im Zusammenhang der Darstellung der Argumentationsstruktur von Apk 11,3ff. wird es angesichts dieses Ergebnisses erforderlich, nach dem Bedeutungsgehalt des in Apk 11,7 begegnenden184 und auf den Inhalt der Botschaft der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ abhebenden Terminus ÏÄÔ×ØÔÂÄ eben in Apk 11,7 und in der Apk insgesamt zu fragen; die Ergebnisse dieser Untersuchung vermögen die hier aus der Analyse von Apk 10,6f. abgeleiteten Ergebnisse u.U. zu falsifizieren, zu bestätigen oder womöglich auch neu zu akzentuieren. Der Begriff ÏÄÔ×ØÔÂÄ begegnet in der Apk insgesamt neunmal, neben Apk 11,7 noch in Apk 1,2.9; 6,9; 12,11.17; 19,10 (zweimal) und 20,4, wobei er lediglich in Apk 11,7 in aktivischem, sonst aber immer in passivischem Sinne verwendet wird185. Die folgende Übersicht führt zunächst einmal die entsprechenden Belege im Zusammenhang der jeweiligen Formulierungen auf: Beleg

Wendung bzw. Formulierung

Apk 1,2

IÏÄÔ×àÔÊÖÈÐ ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} xÖÄÈVÇÈÐ

Apk 1,9

ÇÌ3×vÐÎßÆÒÐ×Ò}ËÈÒ}ÍÄW×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ}

Apk 6,9

׊Ð IÖÙÄÆÏÀÐÜÐ ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ aÐ ÈVÚÒÐ

Apk 11,7

ÍÄWx×ÄÐ×ÈÎÀÖÜÖÌÐ×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐÄ~׊Ð

Apk 12,11 ÍÄWÄ~×ÒWIÐÂÍÊÖÄÐÄ~×vÐÇÌ3×vÄUÏÄ×Ò}5ÔÐÂÒØÍÄWÇÌ3×vÐÎßÆÒÐ×^Õ ÏÄÔ×ØÔÂÄÕÄ~׊Ð Apk 12,17 ׋Ð ×ÊÔÒàÐ×ÜÐ ×3Õ IÐ×ÒÎ3Õ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW IÚßÐ×ÜÐ ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} Apk 19,10 ÖàÐÇÒØÎßÕÖÒàÈPÏÌ׊ÐIÚßÐ×ÜÐ×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ} Apk 19,10  Æ3ÔÏÄÔ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ}IÖ×ÌÐ×vÓÐÈ}ÏÄ×^ÕÓÔÒÙÊ×ÈÂÄÕ Apk 20,4

׊Ð ÓÈÓÈÎÈÍÌÖÏÀÐÜÐ ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ}

Der erste Beleg für den Terminus ÏÄÔ×ØÔÂÄ findet sich im Rahmen des Incipit Apk 1,1–3; hier berichtet der Seher, daß er das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu bezeugt (IÏÄÔ×àÔÊÖÈÐ [!]) hat, und zwar all das, was er gesehen hat, d.h. den Inhalt des nun folgenden Buches186. Aus der syntaktischen Parallelität der Wendungen ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} und ×]Ð ÏÄÔ×ØÔ ÄÐ*¬ÊÖÒ}ºÔÌÖ×Ò} ergibt sich zunächst, daß es sich bei dem entsprechenden Genitiv *¬ÊÖÒ}ºÔÌÖ×Ò} mit hoher Wahrscheinlichkeit und in gleicher 184

Vgl. hierzu u. 89f. Vgl. hierzu P.B.-S. Min, Apocalisse, 292: „Una sola volta (11,7) il termine ÏÄÔ×ØÔÂÄ viene usato in senso attivo, cioè come l’atto des deporre una testimonianza ..., negli altri casi il termine ha senso passivo, indica cioè la testimonianza resa“. 186 Vgl. hierzu R.H. Charles, Apk I, 7, der die letzten beiden Worte aus Apk 1,2 auf „the revelation made in this book“ bezieht. 185

Apk 11,1f.3–13

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Weise wie bei dem Genitiv×Ò}ËÈÒ} um einen genitivus subiectivus handelt; der Apokalyptiker hat also das von Jesus erhaltene und empfangene Zeugnis bezeugt bzw. weitergegeben, nicht eine ÏÄÔ×ØÔÂÄ, die etwa Jesus zum Inhalt gehabt hätte187. Darüber hinaus läßt diese syntaktische Parallelität darauf schließen, daß die Termini ÎßÆÒÕ und ÏÄÔ×ØÔÂÄ als komplementäre Begriffe in ähnlicher Weise auf ein Wortgeschehen abheben, daß es sich bei der ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} also um dem geschichtlichen Jesus zugeschriebene Worte und nicht etwa um das in dessen Handeln zum Ausdruck kommende Zeugnis handelt. Dieses Ergebnis legt zunächst die Annahme nahe, den in Apk 1,9; 12,11.17; 19,10 (zweimal) und 20,4, jeweils im Rahmen der Wendung ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}), belegten Genitiv *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) analog zu Apk 1,2 in ähnlicher Weise zu deuten; auch hier spräche der Seher demnach von einem bzw. dem von Jesus selbst verkündigten bzw. erhaltenen Zeugnis (gen.subi.), nicht von einem, das dessen Person oder deren womöglich soteriologische Bedeutung bezeugt hätte (gen.obi.)188. Während dies schon aus syntaktischen Gründen für Apk 1,9 und Apk 12,17 – an dieser Stelle begegnet die Formulierung ׊Ð×ÊÔÒàÐ×ÜÐ ×3ÕIÐ×ÒÎ3Õ×Ò}ËÈÒ}ÍÄWIÚßÐ×ÜÐ ×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ}189 – und auch für Apk 20,4 weitgehend akzeptiert scheint, vertritt 187

In diesem Sinne neben anderen etwa P.B.-S. Min, Apocalisse, 292f. mit Verweis auf M.C. Tenney, und R.H. Charles, Apk I, 7. 188 Vgl. hierzu etwa J. Beutler, Art. ÏÄÔ×ØÔÂÄ, in EWNT II, 966: „Entgegen älterer Autoren ... wird man hier nicht an ein Zeugnis über Jesus, sondern an ein solches Denken, das von Jesus herkommt, den Gen. also als Genitivus subiectivus, nicht obiectivus verstehen“, und P.B.-S. Min, Apocalisse, 296, der eine einheitliche Interpretation des Genitivs *¬ÊÖÒ}(ºÔÌÖ×Ò}) als Apposition zu ÏÄÔ×ØÔÂÄ vertritt, auch wenn diese Interpretation, wie u. zu zeigen sein wird (vgl. hierzu u. 61ff.), zu wenig ausdifferenziert ist: „Il termine ÏÄÔ×ØÔÂÄ nell’Apocalisse indica quindi la testimonianza offerta ‚da Gesù‘. Questa testimonianza di Gesù è strettamente connessa con ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} (1,2.9; 6,9; 20,4[)]; anche in 12,11 le due espressioni sono collegate tra loro: ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×^Õ ÏÄÔ×ØÔÂÄÕ Ä~׊Рoppure con IÐ×ÒÎÄ ×Ò} ËÈÒ} ..., e tanto connesse da constituire un’endiadi“. Gleiches gilt A.A. Trites, Concept, 157 zufolge auch für Apk 6,9; zu der hier vorliegenden Formulierung: ×3ÕÛØÚ3Õ׊ÐIÖÙÄÆÏÀÐÜÐÇÌ3×vÐÎßÆÒÐ×Ò}ËÈÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ aÐ ÈVÚÒÐ merkt er an: „In spite of the absence of the defining words at the end, the sense here must be the same as in the other passages; the ‚word‘ is the word given by God, the ‚testimony‘ is the testimony borne by Jesus. The objective genitive is impossible here, for the expression ‚which they hold‘ implies a testimony which has already been given to them by Christ and which they have faithfully maintained and preserved“; diese Position wird im Blick auf Apk 6,9 akzeptiert von P.B.-S. Min, Apocalisse, 293. 189 Vgl. zu Apk 1,9 und 12,17 etwa P.B.-S. Min, Apocalisse, 293: „Questo genitivo soggettivo si presenta più chiaramente nei versetti 1,9 e 12,17: ‚ÇÌ3×vÐÎßÆÒÐ×Ò}ËÈÒ} ÍÄW×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ} (1,9) e significherà ‚a cause della parola detta da Dio e della testimonianza resa da Gesù‘. Cosi anche in Apoc. 12,17: ‚×3ÕIÐ×ÒÎ3Õ×Ò}ËÈÒ}×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ}‘ si potrà comprendere come: ‚i comandamenti dati da Dio e la testi-

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etwa R.H. Charles im Blick auf die beiden Belege für die Wendung ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) in Apk 19,10 die Auffassung, daß der Genitiv *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) hier als genitivus obiectivus zu deuten sei, eine Annahme, die er mit dem Hinweis auf den explanatorischen Charakter von Apk 19,10c begründet: „But the words that follow,   Æ3Ô ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} Í×Î, require us to make them mean ‚the witness to Jesus‘. Hence it follows that the Æ¿Ô is here to be taken in an explanatory sense: ‚now the witness to Jesus is the spirit of prophecy‘“190. Der Auslegung von Charles widerrät allerdings die Beobachtung, daß in Apk 19,10b der Apokalyptiker eben nicht aufgefordert wird, Jesus anzubeten, was aber zu erwarten gewesen wäre, würde der Genitiv *¬ÊÖÒ} als genitivus obiectivus zu denken sein und das Zeugnis über Jesus und die soteriologische Bedeutung seiner Person den Geist, d.h. die Essenz der Weissagung darstellen sollen. Apk 19,10c in seinem erklärenden oder aber auch begründenden Verhältnis zu der Aufforderung ו ËȕÓÔÒÖÍàÐÊÖÒÐ in Apk 19,10b macht doch nur Sinn, wenn vorauszusetzen ist, daß in der eben Gott selbst betreffenden ÏÄÔ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ} die Essenz der ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄ zu suchen und zu finden ist191; damit aber läßt sich der Genitiv *¬ÊÖÒ} nicht anders als als genitivus subiectivus begreifen192. Angesichts der in Apk 19,10c vorliegenden Formulierung   Æ3Ô ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} IÖ×ÌÐ ×v ÓÐÈ}ÏÄ ×^Õ ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄÕ, insbesondere angesichts des Prädikats IÖ×ÌÐ, läßt sich der Terminus kaum in einem anderen Sinn als in dem hier skizzierten, d.h. als Bezeichnung der Essenz bzw. des Eigentlichen und des entscheidenden Inhalts der christlichen ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄ, deuten. Da der Begriff der ÏÄÔ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ} offensichtlich nur nichtpersonal gefaßt werden kann, nötigt eben die Verwendung des Verbums ÈPÏ dazu, die Wendung ×v ÓÐÈ}ÏÄ ×^Õ ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄÕ und damit natürlich auch das nomen regens ×v ÓÐÈ}ÏÄ ebenfalls nichtpersonal zu interpretieren. Aufgrund dessen scheint es auch nur wenig plausibel, den Gedanken der Figur eines personal gedachten Geistes, hier des Geistes Gottes, mit dieser Aussage in Verbindung zu bringen – eine Verknüpfung, die etwa H. Giesen an dieser Stelle herstellt, wenn er im Blick auf die Apk 19,10c benannte ÏÄÔ ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ} formuliert: „..., die sich der Inspiration des Geistes verdankt“193. Die Einlassungen des Apokalyptikers in Apk 19,10 insgesamt, die durchaus die Aussage rechtfertigen, daß jenem zufolge die Propheten das ÓÐÈ}ÏÄ ×^Õ ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄÕ ‚haben‘ (Apk 19,10b.c)194, werden überinterpretiert, wenn sie im Rahmen ihrer personalen Deutung als Beleg dafür angeführt werden, daß „la funzione dei profeti e quella dello Spirito si identi-

monianza resa da Gesù‘“. Im Blick auf Apk 12,17 anders D.E. Aune, Apk I, 81, der den Genitiv *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) an dieser Stelle als genitivus obiectivus verstehen möchte, ohne diese These jedoch des näheren zu begründen. 190 Apk II, 130. 191 Vgl. hierzu durchaus m.R. H. Giesen, Apk, 416: „Gemeint ist, daß das Zeugnis Jesu – nicht das Zeugnis über Jesus ... – Inhalt und Quelle der prophetischen Verkündigung ist“. 192 Vgl. hierzu bereits T. Zahn, Apk, 584: „Darnach kann unter   ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} nicht verstanden werden ein Zeugnis irgend eines nicht genannten Subjektes über die Person Jesu, sondern nur ein Zeugnis, dessen Subjekt Jesus ist“; ähnlich an dieser Stelle auch G.B. Caird, Apk, 237. 193 Apk, 416. 194 Vgl. hierzu P.B.-S. Min, Apocalisse, 311, der in diesem Zusammenhang durchaus zutreffend formuliert: „I profeti, par essere tali, devono rendere questa testimonianza, perchè hanno lo spirito della profezia che è uguala alla testimonianza die Gesù (Apoc. 19,10)“.

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ficano poichè e quest’ultimo che, come aveva promesso Gesù, gli rende testimonianza“195; in Apk 19,10b.c wird weder mitgeteilt, daß das ÓÐÈ}ÏÄ ×^Õ ÓÔÒÙÊ×ÈÂÄÕ das Zeugnis Jesu ‚hat‘, noch daß jenes selbst ‚Zeuge‘ Jesu ist.

Über diese Diskussion hinaus ist nun aber die Frage nach dem Inhalt der von Jesus selbst weitergegebenen ÏÄÔ×ØÔÂÄ von weit größerer Bedeutung. Im Blick auf Apk 1,2 ist, letzten Endes allerdings erst aufgrund des die Wendung ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} ergänzenden und näher bestimmenden Zusatzes xÖÄ ÈVÇÈÐ196, weitgehend unstrittig, daß sich der Terminus ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) als ein Element der Wendung ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} und somit in gleicher Weise wie auch der Begriff ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} auf die Apokalypse bzw. zumindest auf deren wesentliche Inhalte beziehend und als diese subsummierend aufgefaßt werden muß197. Die Tatsache aber, daß der Apokalyptiker sich, um an dieser Stelle inhaltliche Klarheit herzustellen, offensichtlich genötigt fühlte, die Formel ×vÐÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} eben um den interpretierenden Zusatz xÖÄÈVÇÈÐ zu erweitern, weist darauf hin, daß er selbst diese Formel weniger inhaltlich-konkret als vielmehr formal-allgemein und in einem umfassenderen Sinn verstanden hat. Die Dinge, die er konkret geschaut und in seiner Apokalypse niedergelegt hat, sind natürlich durchaus als ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} zu bezeichnen; umgekehrt aber läßt sich die Wendung ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} inhaltlich nicht auf die Apokalypse eingrenzen und beschränken, sondern umschreibt formal-allgemein die Gesamtheit der den Christen überlieferten und von diesen zu bewahrenden und in ihrem Dasein durchzuhaltenden Worte Gottes und Zeugnisse Jesu198. 195

P.B.-S. Min, Apocalisse, 310, der an dieser Stelle – kaum überraschend – einen anderen Text, nämlich auf Joh 15,26f. zur Stützung seiner Argumentation heranzieht. 196 Vgl. zur Funktion des Relativsatzes xÖÄÈVÇÈÐ m.R. W. Bousset, Apk, 192. 197 Vgl. hierzu deutlich P.B.-S. Min, Apocalisse, 296: „In Apoc. 1,2, l’espressione ¢ ÎßÆÒÕ×Ò}ËÈÒ}ÍÄW ÏÄÔ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ}ºÔÌÖ×Ò} si può comprendere come indicante il contenuto dell’Apocalisse, a causa non sole dell’aggiunta di xÖÄÈVÇÈÐ ma anche perchè ¢ÎßÆÒÕ×Ò}ËÈÒ} (cfr. 1,9) è ‚Rivelazione data da Dio‘“; in diesem Sinne auch B. Dehandschutter, Witness, 285. Ob allerdings der Nebensatz aÐ MÇÜÍÈÐ Ä~ו ¢ ËÈvÕ Apk 1,1 die These zu begründen vermag, daß sich der Begriff ¢ÎßÆÒÕ×Ò}ËÈÒ} in Apk 1,2 auf die Apokalypse beziehen muß, muß fraglich bleiben; schließlich eröffnet Gott Jesus Christus nach Apk 1,1 eine 5ÓÒÍ¿ÎØÛÌÕ und teilt ihm nicht lediglich ein Wort bzw. eine Botschaft mit. Eine Koinzidenz zwischen dem ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} aus Apk 1,2 und der 5ÓÒÍ¿ÎØÛÌÕ aus Apk 1,1 ergibt sich erst durch den ergänzenden und interpretierenden Relativsatz xÖÄÈVÇÈÐ am Ende von Apk 1,2. 198 In diesem Sinne durchaus W. Bousset, Apk, 193, der diese Wendung als einen „plerophorische.[n] Ausdruck für christliche Offenbarung überhaupt“ charakterisiert; ähnlich auch E.-B. Allo, Apk, 277, der mit dieser Formel „la révélation chrétienne commune“ bezeichnet sieht. Allerdings bleibt darauf zu achten, daß im Kontext dieser Inter-

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Diese Sicht der Dinge wird untermauert etwa durch die Einlassungen des Apokalyptikers in Apk 20,4; im Rahmen seiner Darstellung des tausendjährigen Reiches (Apk 20,1–6) führt er dort aus, daß er die Seelen derjenigen sah, die enthauptet worden warenÇÌ3×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ}ÍÄW ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ}, darüber hinaus solche199, die weder das Tier noch dessen Bild angebetet noch dessen Ú¿ÔÄÆÏÄ angenommen haben. Die Wendung ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ}, letzten Endes eine Variation der Apk 1,2 überlieferten Wendung ×vÐ Îß ÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò}, kann sich hier aber, anders als in Apk 1,2200, schon aus intern-logischen Gründen unmöglich auf das Buch der Apokalypse und dessen kompletten Inhalt beziehen, da die Enthaupteten die Apokalypse und die in ihr niedergelegten Visionen weder geschaut haben noch darüber informiert gewesen sein können. Die Verwendung der Formel ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò}ËÈÒ} bzw. ihres Äquivalents (ÇÌ3) ×vÐÎßÆÒÐ×Ò}ËÈÒ} ÍÄW ×]ÐÏÄÔ ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ºÔÌÖ×Ò} zur Bezeichnung unterschiedlicher Inhalte läßt sich, sollen keine literarkritischen Operationen vorgenommen werden, nur unter der Annahme erklären, daß der Apokalyptiker diese Formel sehr formal-allgemein verstanden hat und sie immer dann benutzt hat, wenn er in umfassendem Sinn die Gesamtheit des von Gott und von Jesus erhaltenen und zu bewahrenden Traditionsgutes bezeichnen wollte201; bei Bedarf hat er diese Formel dann durch interpretierende Zusätze konkretisiert. Von diesem Ergebnis aus fällt neues Licht auf die in der exegetischen Literatur im Blick auf das Verständis der Formel ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} in Apk 1,9 geführte Diskussion. Während einige Forscher diese Wendung in Apk 1,9 im Lichte von Apk 1,2 als auf die Apokalypse bezogen deuten wollen und in Apk 1,9 daher den Empfang der Apokalypse als den Zweck des Aufenthalts des Apokalyptikers auf der Insel Patmos expliziert finden202, geht etwa R.H. Charles davon aus, daß der Apokalyptiker nach Apk 1,9 nicht um des Empfangs der Offenbarung willen, sondern als Bestrapretation die Deutung des Genitivs *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) innerhalb der Wendung ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) als genitivus subiectivus nicht aus dem Blick gerät. 199 Zur Unterscheidung der Gruppe der Enthaupteten von denjenigen, die weder das Tier noch dessen Bild angebetet noch dessen Ú¿ÔÄÆÏÄ angenommen haben, vgl. etwa H. Giesen, Apk, 433: „Das Relativpronomen kai hoitines legt jedenfalls nahe, daß nun von einer zweiten Gruppe von Christen die Rede ist“, und P.B.-S. Min, Apocalisse, 301: „Si fa qui una distinzione tra ׊Ð ÓÈÓÈÎÈÍÈÌÖÏÀÐÜÐ ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} Í×Î e ÒQ×ÌÐÈÕÒ~ÓÔÒÖÈÍàÐÊÖÄÐÍ×Γ. 200 Vgl. hierzu o. 61. 201 In diesem Sinne, weil sehr formal und wenig konkret, treffend U.B. Müller, Apk, 338: „Erstere [d.h. die Enthaupteten] meinen Christen, die in der Vergangenheit bzw. Gegenwart des Verfassers ihre Treue zu Christus mit dem Tode bezahlt haben“. 202 Vgl. hierzu W. Bousset, Apk, 192: „Demgegenüber bleibt doch die Annahme möglich, daß der Ausdruck: ‚des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu wegen‘ hier ebenso zu deuten sei, wie 1,2“.

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fung203 für sein Christsein bzw. für seine Verkündigung204 nach Patmos verbracht worden ist205; dann aber könnten weder die Wendung ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} insgesamt noch der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} auf den Inhalt der Apokalypse bezogen, sondern müßten als formelhafte Zusammenfassung der Inhalte der Predigt des Apokalyptikers interpretiert werden206. Zugunsten seiner These führt R.H. Charles im wesentlichen vier Argumente an207: (a) Die Präposition ÇÌ¿ werde in der Apk immer nur zur Bezeichnung eines Grundes, niemals aber eines Zweckes verwendet208. (b) Seine Deutung von Apk 1,9 entspräche den Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 6,9 und 20,4; in diesen beiden Belegen habe der Seher nämlich – analog zu Apk 1,9 – die Wendung ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ}, wenn auch in abgewandelter Form, in Verbindung mit dem Gedanken des „death by persecution“209 verwendet, was dann bedeute, daß der Apokalyptiker mit dieser Wendung hier – dann ebenfalls analog zu Apk 1,9 – auf die Summe der auf die Erlösungsgestalt Jesus Christus zu beziehenden Überlieferung insgesamt rekurrieren wollte210. (c) Die Ausführungen in Apk 1,9a zeigten, daß der Apokalyptiker in besonderer Weise um seines Glaubens willen leide, eine Beobachtung, die seinen Aufenthalt auf Patmos als Bestrafung bzw. Verbannung wahrscheinlich mache 211. (d) Die frühchristliche Tradition belege die Verbannung des Verfassers der Apokalypse212.

203 Vgl. zu den unterschiedlichen Möglichkeiten eines Straf- bzw. Verbannungsaufenthaltes auf Patmos D.E. Aune, Apk I, 69f. 204 Kritisch an diesem Punkt immerhin W. Bousset, Apk, 191f.: „Die Stelle besagt dann, daß Johanes wegen der Verkündigung des Evangeliums nach Patmos verbannt sei. Aber es erhebt sich die Frage, warum der Apok., wenn er dies meinte, es nicht deutlicher zum Ausdruck brachte, warum er den davon nichts verratenden Ausdruck IÆÈÐßÏÊÐ braucht“. 205 Vgl. in diesem Sinne auch D.E. Aune, Apk I, 82: „The use of similar phrases in [Apk] 6:9; 20:4 in explicit connection with martyrdom suggests that John’s presence on Patmos was [zumindest im Bewußtsein des Apokalyptikers] the result of a capital penalty inflicted on him by Roman authorities“. 206 Vgl. hierzu R.H. Charles, Apk I, 21: „The phrase × ÎßÆÒÐ × ËÈÒ} ÍÄW × ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ here gives the contents of his [d.h. des Apokalyptikers] preaching, whereas in [Apk 1,]2 they describe the Apocalypse itself“; obwohl sich hier explizit auf R.H. Charles beziehend, doch mit einem deutlich anderen Akzent P. B.-S. Min, Apocalisse, 298: „L’espressione ‚  ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ}‘ in 1,9, quindi, non si può intendere con un senso specifico come in contenuto di questo libro; anzi, significa una rivelazione christiana in genere“. 207 Die in neuerer Zeit von P.B.-S. Min, Apocalisse, 297f. weitgehend akzeptiert werden. 208 Vgl. Apk I, 22; dieses Argument wird in neuerer Zeit insbesondere von A. Satake, Apk, 140 wieder aufgenommen. 209 Apk I, 22. 210 Vgl. hierzu Apk I, 22; zu dieser Analogie auch W. Hadorn, Apk, 33: „Die Stelle [d.h. Apk 1,9] ist nach [Apk] 6,9 und 20,4 zu erklären“. 211 Vgl. hierzu Apk I, 22. 212 Vgl. hierzu Apk I, 22: „An early tradition, in itself not uniform nor quite credible in its details, testifies to the banishment of John to Patmos“.

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So wenig tragfähig und belastbar die Argumentation von R.H. Charles an manchen Punkten auch sein mag 213, wird dennoch kaum bestreitbar sein, daß sich die entsprechende Wendung ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} in Apk 20,4 nicht, wie ihr Pendant in Apk 1,2, auf die Apokalypse selbst und auf deren Inhalte beziehen kann 214. Zwar nötigt diese Beobachtung nicht unmittelbar zu einer Interpretation der Formel ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} Apk 1,9 im Sinne ihres Äquivalents in Apk 20,4; wird aber darüber hinaus bedacht, daß der Apokalyptiker in Apk 1,9 seinen Aufenthalt auf der Insel Patmos nicht etwa mit dem wohl durchaus zu erwartenden Hinweis ÇÌ3 ×]Ð 5ÓÒÍ¿ÎØÛÌÐ215, sondern eben mit der Wendung ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} begründet, wird es wahrscheinlich, den Aufenthalt des Apokalyptikers auf Patmos entweder, hier R.H. Charles folgend, als Strafbzw. Verbannungs- oder aber auch als Missionsaufenthalt216 zu deuten. Damit legt sich aber auch für Apk 1,9 ein formal-allgemeines Verständnis der Formel ÇÌ3 ×vÐÎßÆÒÐ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]ÐÏÄÔ×ØÔÂÄÐ*¬ÊÖÒ} im Sinne der Summe der tradierten Gottes- und Jesusworte, „una rivelazione christiana in genere“217, nahe, wobei auch hier die Deutung des

213

Dies gilt etwa im Blick auf die von R.H. Charles im Blick auf die Verwendung der Präposition ÇÌ¿ in der Apk vorgenommene Differenzierung zwischen Zweck und Grund, die einen eher künstlichen Eindruck vermittelt. Schließlich stellte der Empfang der Apokalypse in gleicher Weise wie eine etwaige Bestrafung für seinen christlichen Glauben bzw. seine christliche Predigt einen Grund für die Verbringung oder den Aufenthalt des Apokalyptikers auf der Insel Patmos dar. Aufgrund dessen und auch aufgrund der Tatsache, daß die Präposition ÇÌ¿ c.acc. grammatikalisch grundsätzlich sowohl zur Benennung eines Grundes als auch zur Darstellung eines Zweckes verwendet werden kann (vgl. hierzu etwa D.E. Aune, Apk I, 82), zwingt die in Apk 1,9 vorliegende Verwendung der Präposition ÇÌ¿ keinesfalls zu der Annahme, daß die Wendung ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} hier im Unterschied zu Apk 1,2 etwas anderes als die vom Apokalyptiker womöglich auf Patmos empfangene und dann schriftlich niedergelegte Apokalypse beinhalte (vgl. hierzu m.R. D.E. Aune, Apk I, 82, der zuvor drei unterschiedliche Möglichkeiten zur Interpretation der Wendung ÇÌ3 ×vÐ ÎßÆÒÐ ×Ò} ËÈÒ} ÍÄW ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ *¬ÊÖÒ} vorstellt [vgl. 81], um dann auszuführen: „There is no grammatical basis for excluding any of the three explanations“). Kritisch zu einer Position, so wie sie etwa von R.H. Charles begründet und vertreten wird, bereits W. Bousset, Apk, 191f. 214 Vgl. hierzu o. 61. 215 W. Bousset, Apk, 192 erklärt die Abwesenheit des in Apk 1,2 überlieferten präzisierenden Relativsatzes xÖÄÈVÇÈÐ in Apk 1,9 mit dem Hinweis darauf, daß dieser „hier in der benachbarten Stelle fehlen“ konnte. Zu fragen ist dann aber doch, ob es für den Apokalyptiker im Rahmen seiner Begründung für seinen Aufenthalt auf Patmos in Apk 1,9 nicht näher gelegen hätte, wenn er denn hätte zum Ausdruck bringen wollen, daß er um des Empfangs der Apokalypse willen dort gewesen ist, dasjenige aus seinen Einlassungen in Apk 1,2 aufzugreifen, das eben diesen Offenbarungsempfang konkret beschreibt, also den Relativsatz xÖÄÈVÇÈÐ bzw., dann substantiviert formuliert, den Begriff 5ÓÒÍ¿ÎØÛÌÕ. 216 Zu dieser Möglichkeit vgl. D.E. Aune, Apk I, 81; damit wäre das von W. Bousset, Apk, 192 konstatierte Problem der unspezifischen Verwendung des Prädikats IÆÈÐßÏÊÐ gelöst (vgl. hierzu o. 62ff. mit A. 204). Zur Bevölkerung der Insel Patmos zur Zeit der Abfassung der Apk vgl. D.E. Aune, Apk I, 77; Aune stellt immerhin fest: „Patmos was certainly not a deserted island“. Anders in diesem Punkt H. Kraft, Apk, 41. 217 P.B.-S. Min, Apocalisse, 298.

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innerhalb der Wendung ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) vorliegenden Genitivs *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) als eines genitivus subiectivus nicht aus dem Blick geraten darf218.

Auf der Basis des hier Diskutierten gewinnen die Einlassungen des Apokalyptikers in Apk 6,9 eine große Bedeutung; dort führt er aus, daß er nach dem Aufbrechen des fünften Siegels unten am Altar die Seelen derjenigen zu Gesicht bekommt, die versiegelt worden sind ÇÌ3 ×vÐÎßÆÒÐ×Ò}ËÈÒ} ÍÄW ÇÌ3 ×]Ð ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ aÐ ÈVÚÒÐ – im Rahmen dieser Formulierung ist „‚das Zeugnis Jesu‘ durch ‚das Zeugnis, das sie hatten‘, ersetzt“219. Unabhängig von der genauen Interpretation des Relativsatzes aÐ ÈVÚÒÐ220 läßt sich angesichts der vorliegenden Formulierung und angesichts der Tatsache, daß der Apokalyptiker im weiteren Verlauf der Apk noch des öfteren explizit von der ÏÄÔ×ØÔÂÄ*¬ÊÖÒ}(ºÔÌÖ×Ò}) spricht (vgl. hier Apk 12,17; 20,4 u.ö.)221, die Folgerung nur sehr schwer von der Hand weisen, daß er hier eben nicht jenes, sondern ein anderes, zwar dem ÎßÆÒÕ ×Ò} ËÈÒ} durchaus korrespondierendes, aber offensichtlich nicht von Jesus, sondern offensichtlich von vor- bzw. außerchristlich-jüdischen und alttestamentlichen Zeugen mitgeteiltes Zeugnis im Blick hatte222, das die in diesem Vers angesprochenen Versiegelten gehabt bzw. bewahrt und durchgehalten haben223. Das aber heißt, daß der Apokalyptiker den Begriff ÏÄÔ×ØÔÂÄ nicht nur wesentlich in formal-allgemeinem Sinn verwendet hat, sondern diesen darüber hinaus auch über die Grenze des spezifisch Christlichen hinaus ausdehnen und auf die vorchristliche, nur vom Gott des Alten Testaments redende ÏÄÔ×ØÔÂÄ beziehen kann224.

218

Vgl. hierzu o. 61. A. Satake, Apk, 221; E. Lohmeyer, Apk, 63 erklärt diese Ersetzung mit rhythmischen Gründen. Anders hier A. Feuillet, Martyrs, 192, der eine inhaltliche Begründung favorisiert: „Il y a tout lieu de supposer que l’omission est intentionnelle“. 220 Zu den unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten des Relativsatzes aÐ ÈVÚÒÐ vgl. H. Giesen, Apk, 183. 221 Anders hier W. Bousset, Apk, 270, A. 2: „Auf das Fehlen des *¬ÊÖÒ} ist kein Gewicht zu legen“ 222 Vgl. hierzu bereits E. Vischer, Apk, 83: „Dass der Name Jesu gar nicht erwähnt wird, wäre, wenn wirklich von Christen die Rede wäre, höchst auffallend“. 223 Vgl. hierzu W. Hadorn, Apk, 85f., der zumindest in diese Richtung denkt: „Jedenfalls sind nicht bloß die christlichen Märtyrer gemeint, sondern auch die des alten Bundes, weshalb hier bezeichnenderweise eine nähere Bestimmung zu ÏÄÔ×ØÔÂÄÐ zB *¬ÊÖÒ} ... fehlt“. Noch weitergehender und m.E. treffend hier H. Kraft, Apk, 119, der die in Apk 6,9 genannten Zeugen als vorchristlich und alttestamentlich charakterisiert. Zu weitgehend hingegen A. Feuillet, Martyrs, 194, der die in Apk 6,9 genannten Zeugen auf „ceux qui ont donné leur sang pour la cause de la vérité morale et religieuse“ beziehen möchte, u.a. auch auf Sokrates (195). 224 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen zur Interpretation von Apk 11,18 o. 53. 219

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Angesichts all dessen ergibt sich im Blick auf die Frage nach dem Bedeutungsgehalt des Terminus ÏÄÔ×ØÔÂÄ in Apk 11,7 insbesondere angesichts der Tatsache, daß die beiden Apk 11,3ff. auftretenden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ihre Beauftragung nicht Gott oder Christus, sondern einem Engel oder einem unbekannten Sprechenden verdanken225, daß der Begriff hier aus sich selbst heraus inhaltlich kaum präzise bestimmt werden kann. Selbst dann, wenn das Zeugnis der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als ÏÄÔ×ØÔÂÄ *¬ÊÖÒ} (ºÔÌÖ×Ò}) zu charakterisieren wäre – wofür allerdings aus dem unmittelbaren Kontext heraus nichts spricht –, ist über diese Feststellung kaum hinauszukommen. Dies öffnet den Raum für zumindest drei unterschiedliche, sich aber nicht unbedingt ausschließende Interpretationsmöglichkeiten: (a) Bei seiner Beschreibung der prophetischen Tätigkeit der beiden Zeugen in Apk 11,3ff. beschränkte sich der Apokalyptiker – ganz bewußt – ausschließlich auf die Darstellung ihres Tuns und Ergehens226, oder: (b) Der Apokalyptiker meinte, davon ausgehen zu können, daß den Rezipienten seines Werkes unmittelbar klar und deutlich gewesen ist, worin die ÏÄÔ×ØÔÂÄ der beiden Zeugen bestand, oder: (c) Die ÏÄÔ×ØÔÂÄ der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ bestand weniger in der Verkündigung einer Botschaft als einem Sprachgeschehen als vielmehr in ihrem v.a. Apk 11,5f. beschriebenen Handeln, eine Annahme, die das auffällige und sonderbare Schweigen über den Inhalt der Botschaft der beiden Zeugen in Apk 11,3ff. zwanglos zu erklären vermag, die sich darüber hinaus mit dem o. skizzierten Verständnis227 des ÓÔÒÙÁ×ÊÕ-Begriffs des Apokalyptikers durchaus in Einklang bringen läßt, und zu deren Gunsten sich schließlich immerhin die Ausführungen von Apk 11,10b ins Feld führen ließen228. Werden diese drei einander eben nicht ausschließenden, sondern durchaus ergänzenden Aspekte zusammen gedacht und mit den Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 10,6f. verknüpft, so legt sich im Blick auf den Inhalt der ÏÄÔ×ØÔÂÄ der beiden Zeugen die Annahme nahe, daß jene mit ihrem Tun einen grundlegenden Wandel der bestehenden politischen, sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse herbeiführen wollten, eine Entwicklung, die das aus dem Abgrund aufsteigende Tier zu verhindern antrat229. Fazit: Obwohl der Apokalyptiker in Apk 11,3 sehr unklar und unpräzise formuliert und viele wünschenswerte Präzisierungen ungesagt läßt, scheint er seinen Rezipienten folgendes sagen zu wollen: Von einem Engel oder einer anderen in der himmlischen Hierarchie eher untergeordneten Figur beauftragt, sollen zwei mit Säcken gekleidete Zeugen in Jerusalem auftre225

Vgl. hierzu o. 47ff. Vgl. hierzu A. Satake, Apk, 265 und bereits o. 50. 227 Vgl. o. 52ff. 228 Vgl. hierzu u. 94f. 229 Vgl. hierzu u. 87ff. 226

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ten und den dort Wohnenden, doch wohl in erster Linie den Juden, das bevorstehende Ende der bestehenden politischen, sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse bzw. die unmittelbar bevorstehende Verwirklichung der Königsherrschaft Gottes verkündigen. 2. Apk 11,4: Die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ als zwei IÎÄXÄÌ und zweiÎØÚÐÂÄÌ In Apk 11,4230 charakterisiert der Apokalyptiker nun diese beiden mit Säcken gekleideten Ï¿Ô×ØÔÈÕ als die zwei IÎÄXÄÌ und die zweiÎØÚÐÂÄÌ, die vor dem ‚Herrn der Erde‘, also offensichtlich vor Gott231, stehen232, wobei die Termini IÎÄÂÄ und ÎØÚÐÂÄ wohl als Komplementärbegriffe zu fassen sind233. Umstritten ist in der Forschung zunächst, ob die beiden IÎÄXÄÌ bzw.ÎØÚÐÂÄÌ als individuelle Gestalten oder aber kollektiv, d.h. auf einen größeren Personenkreis bezogen zu deuten sind. Innerhalb einer Diskussion der kollektiven Deutungsansätze der Begriffe IÎÄXÄÌ und ÎØÚÐÂÄÌ sind hier exemplarisch die Ausführungen von U.B. Müller näher in den Blick zu nehmen, da die kritische Auseinandersetzung mit ihnen zugleich auch argumentativ-logische Probleme anderer, im Kern ähnlicher Ansätze aufzuweisen vermag. Müller deutet – nicht gänzlich ohne innere Spannung – unter Verweis auf Apk 1,20; 2,5 die beiden Leuchter und damit dann auch die beiden Ölbäume als „Sinnbild der christlichen [d.h. offensichtlich die sieben in der Apk angeschriebenen] Gemeinden [!]“234 und folgert daraus, „daß die zwei Zeugen wohl die christliche Gemeinde [!] symbolisieren und zwar im Blick auf ihre prophetischen Prediger“235. Gegen ein individuelles

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P.B.-S. Min, Apocalisse, 317 weist m.R. darauf hin, daß der Apokalyptiker mit Apk 11,4 den Fortgang der Erzählung unterbricht: „Il veggente, interrompendo il racconto appena iniziato, presenta al lettore i due testimoni, ma non ne fa il nome, anzi li designa come ‚i due olivi ed i due candelabri che stanno davanti al Signore della terra‘“. 231 Zur Bezeichnung Gottes als des ‚Herrn der Erde‘ vgl. neuestens A. Satake, Apk, 267; ähnlich auch H. Kraft, Apk, 157. J. Munck, Petrus, 21 erwägt die schon aufgrund von Apk 11,7 (vgl. hierzu u. 87ff.) wenig überzeugende Möglichkeit, die Wendung ÄO IÐáÓÌÒÐ×Ò}ÍØÔÂÒØ×^ÕÆ^ÕJÖ׊×ÈÕ auf den amtierenden römischen Kaiser zu deuten. 232 Auffällig ist, daß in Apk 11,4b ein im Femininum stehendes Subjekt, hier das Relativpronomen ÄO, auf ein im Maskulinum stehendes Prädikat, nämlich das Partizip JÖ׊×ÈÕ, bezogen ist. Dieser Solözismus, der von einigen Abschreibern korrigiert worden ist, mag seinen Grund darin haben, daß der Verfasser der Apk die Ölbäume und Leuchter als Chiffren für konkrete Personen begreift; vgl. hierzu G.K. Beale, Apk, 579. Zum Problem insgesamt vgl. F. Blaß/A. Debrunner/F. Rehkopf, Grammatik, § 136,3. 233 A. Satake, Apk, 266 deutet das die beiden Begriffe verknüpfende ÍÄ als ÍÄ epexegeticum. 234 Apk, 210. 235 Apk, 210. Weitere Belege für diese Deutung in der exegetischen Literatur bei H. Giesen, Apk, 250. Giesen selbst löst die Spannung innerhalb des Ansatzes von Müller auf, indem er die beiden Zeugen als Repräsentanten „alle[r] Christen, die zur propheti-

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Verständnis dieser beiden Gestalten sprächen die Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,5f.; dort werde „die Wunderkraft eines Elia und Mose“236 summarisch beiden gemeinsam und nicht ausdifferenziert nach den jeweiligen Personen zugesprochen, was bedeute, daß „der Text nicht auf eine Identifikation mit jeweils einem dieser Propheten“237 ziele. Kritisch gegenüber dieser kollektiven Deutung der Gestalten der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ ist folgendes anzumerken: (a) Die wenig ausdifferenzierte Zuschreibung der unterschiedlichen in Apk 11,5f. aufgezählten Wunderkräfte auf jeden einzelnen der beiden Zeugen238 widerrät zwar dem Unterfangen, die beiden Zeugen mit den Gestalten des Elia und des Mose zu identifizieren239, vermag eine individuelle Interpretation jener aber keinesfalls mit Notwendigkeit auszuschließen. (b) Die Ausführungen des Apokalyptikers in Apk 11,7ff., so etwa die deutlich auf eine numerische Beschränkung abhebende Wendung ÒOÇàÒÓÔÒÙ^×ÄÌ in Apk 11,10240 und dann vor allem die Beschreibung ihrer augenscheinlich leiblichen Auferstehung in Apk 11,11 und diejenige ihrer Himmelfahrt in Apk 11,12241, lassen weitaus eher auf eine individuelle als auf eine kollektive Deutung der beiden Prophetenfiguren schließen. Dies gilt insbesondere auch angesichts der Tatsache, daß sich eine kollektive Auferstehung der Toten der welt- bzw. heilsgeschichtlichen Systematik des Apokalyptikers entsprechend erst in einer von den in Apk 11 geschilderten Ereignissen aus betrachtet ferneren Zukunft, nämlich am Ende der Geschichte und nach dem Tod des Apk 11,7 auftretenden ËÊÔÂÒÐ5ÐÄÅÄXÐÒÐIÍ×^Õ5ÅàÖÖÒØ (Apk 19.20), ereignen wird. Der vor allem aus der Analyse der Verwendung des ÎØÚÐÂÄ-Begriffs in der Apk sich ergebenden und in der Forschung vielfach vertretenen Identifikation der beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ mit der Gesamtheit der in der Apk angeschriebenen christlichen Gemeinden242 widerraten folgende Argumente und Beobachtungen: (a) Diese Identifikation scheint durch den Text der Apk nicht gedeckt. Die sieben Gemeinden werden nach Apk 1,12f.20 und 2,1.5 durch sieben ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX repräsentiert, während hier in Apk 11,4 nur von ‚einfachen‘ ÎØÚÐÂÄÌ die Rede ist; hätte der Apokalyptiker, in Apk schen Verkündigung beauftragt sind“, interpretiert. Dem Apokalyptiker gehe es hier – nun selbst wiederum inkohärent – „um die Kirche in ihrer Zeugenrolle“. 236 Apk, 210. 237 Apk, 210, mit der Ergänzung: „Wenn sie angegriffen werden, verteidigen sie sich nur wie Elia und Mose“, nicht aber als Elia und Mose. 238 Vgl. hierzu u. 78ff. 239 Vgl. hierzu u. 83ff. 240 Vgl. hierzu o. 51. 241 Vgl. hierzu ausführlich u. 97ff. 242 Vgl. hierzu etwa U.B. Müller, Apk, 210; R. Bauckham, Climax, 273f. und A. Satake, Gemeindeordnung, 130; zu weiteren Vertretern dieser These vgl. H. Giesen, Apk, 250.

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11 mittlerweile im Fortgang der Entfaltung seiner Apokalypse doch recht weit von seinen Darlegungen in Apk 1f. entfernt, auf die durch Leuchter repräsentierten Gemeinden rekurrieren wollen, wäre der entsprechende, in Apk 1f. verwendete Begriff, d.h. ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX, zu erwarten gewesen243. Der Terminus ÎØÚÐÂÄ begegnet in der Apk außer in Apk 11,4 noch in Apk 1,12f.20 und 2,1.5; hierbei handelt es sich aber um sieben ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX, die im weiteren Verlauf als die Repräsentanten der in Apk 2f. angeschriebenen sieben Gemeinden in Erscheinung treten, was bedeutet, daß diese Belege, da die beiden Apk 11,4 begegnenden ÎØÚÐÂÄÌ eben nicht als ÚÔØÖÄX charakterisiert werden, im Blick auf die Frage nach dem semantischen Gehalt des Terminus in Apk 11,4 nicht als Interpretationshilfe herangezogen werden dürfen. Demgegenüber stellt G.K. Beale unter Verweis auf M. Kiddle fest: „As noted above, ‚lampstands‘ refer to the church, since that was the repeated meaning of ‚lampstands‘ in chs. 1–2. It would be ‚a defiance of common sense to use the same distinctive symbol for two different ideas, within the compass of one book‘“244; dabei berücksichtigt Beale allerdings zu wenig, daß die Apk 1f. erwähnten Leuchter eben als ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX und einerseits nicht lediglich als ÎØÚÐÂÄÌund andererseits nicht, wie in Apk 11,4, als IÎÄXÄÌ bezeichnet werden.

(b) Unter der Voraussetzung der Annahme, der Apokalyptiker spiele mit dem Begriff ÎØÚÐÂÄÌ auf die sieben in der Apk angeschriebenen christlichen Gemeinden an, ließe sich kaum zureichend erklären, warum er dann hier in Apk 11,3ff. offensichtlich eine Tradition aufgenommen hat245, in der gerade nicht die Sieben-, sondern die Zweizahl eine besondere Rolle spielt, bzw. warum er diese Tradition dann im Sinne seiner Konzeption nicht entsprechend bearbeitet hat. (c) An keiner Stelle seiner Apk bezeichnet der Seher die einzelnen christlichen Gemeinden im Zuge ihrer Charak-

243 Diese Differenz wird neben anderen etwa von P.B.-S. Min, Apocalisse, 328f. nicht wahrgenommen; er verknüpft das Motiv der beidenÎØÚÐÂÄÌ in Apk 11,4 unmittelbar mit dem Motiv der sieben die sieben Gemeinden repräsentierenden ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX, um dann mit Hilfe weiterer neutestamentlicher Belege, hier v.a. Mt 5,14f., die Verbreitung des Lichtes Gottes auf der Erde als die entscheidende Aufgabe der sieben Gemeinden zu definieren. Diese Feststellung verbindet er dann mit Ausführungen des Apokalyptikers, denen zufolge die sieben Leuchter oder Lampen zugleich die sieben Geister Gottes symbolisierten (vgl. etwa Apk 4,5), was dann bedeute, daß der Apokalyptiker die beiden Zeugen in Apk 11,4 eben deshalb alsÎØÚÐÂÄÌ charakterisiert habe, weil jene in gleicher Weise wie die sieben Gemeinden als in besonderer Weise mit dem Geist Gottes begabt zu verstehen seien. Kritisch gegenüber den Ausführungen von P.B.-S.Min ist an dieser Stelle insbesondere auf zwei Beobachtungen hinzuweisen: (a) Die sieben Gemeinden werden als ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX, nicht aber, wie in Apk 4,5, als ÎÄÏÓ¿ÇÈÕÓØÔßÕ bezeichnet. Diese begriffliche Differenzierung verbietet es, die sieben Gemeinden mit den sieben Lampen vor dem Thron Gottes zu identifizieren. (b) Inwieweit die sieben ÓÐÈàÏÄ×Ä ×Ò} ËÈÒ} aus Apk 4,5 so ganz unmittelbar als Geist Gottes gedeutet werden können, muß doch dahingestellt bleiben. 244 Apk, 577. 245 Vgl. hierzu u. 101ff.

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terisierung als ÎØÚÐÂÄÌÚÔØÖÄX zugleich auch als IÎÄXÄÌ246; warum sollte er diese Bezeichnung dann hier in Apk 11,4 aber einführen247? A. Satake interpretiert die beiden in Sach 4 eingeführten IÎÄXÄÌ auf der historischen Ebene als Serubbabel und Josua, die „Vertreter des Königtums und Priestertums“ des Volkes Israel248, und folgert aus dieser Deutung, daß die beiden in Apk 11,3ff. auftretenden Zeugen im Rahmen der Darstellung des Apokalyptikers die christliche Kirche repräsentieren, da nach Apk 1,6; 5,9f. und 20,6 die Christen als Könige und Priester charakterisiert würden249. Diese Argumentation läßt unerklärt, warum der Apokalyptiker, nachdem er lange zuvor bereits, nämlich in Apk 1,6; 5,9, die entsprechenden Charakterisierungen deutlich und klar vor Augen gestellt hat, hier in Apk 11,4 derart verschlüsselt und unklar formuliert.

Sind die beiden IÎÄXÄÌ und ÎØÚÐÂÄÌ daher nun deutlich als individuelle Figuren250 und eben nicht als Repräsentanten der in der Apk angeschriebenen christlichen Gemeinden zu fassen, so bleibt zu fragen, welche semantische Konnotation sie bzw. diese beiden Begriffe hier in Apk 11,4 transportieren. Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Blick auf deren motivgeschichtliche Wurzeln durchaus hilfreich. In der Forschung herrscht weitgehende Einigkeit darüber, daß der Apokalyptiker hier in Apk 11,4 auf die in Sach 4,2f.11–14 vorliegende Darstellung Bezug genommen hat251. In Sach 4,2f. sieht der Prophet Sacharja in einer fünften von insgesamt acht Visionen einen goldenen Leuchter mit einer Schale oben darauf, auf der sich wiederum sieben Lampen befinden, an denen jeweils sieben Gefäße zum 246 Vgl. zu dieser Diskussion, wenn auch mit anderem Akzent, H. Giesen, Apk, 250: „Wenig aufschlußreich ist der Hinweis auf die Leuchter, die nach [Apk] 1,20 und 2,5 Symbol für die christlichen Gemeinden sind ..., da es Johannes hier nicht um lokal begrenzte Institutionen geht, in denen die Funktion des prophetischen Zeugnisses ausgeübt wird, sondern um das weltweite prophetische Zeugnis“. 247 Die hier aufgewiesenen, gegen eine Identifikation der beiden Apk 11,3ff. auftretenden Zeugen mit den sieben in der Apk angeschriebenen Gemeinden sprechenden Argumente gelten in gleicher Weise im Blick auf die Versuche, die beiden Zeugen als Stellvertreter für die Kirche, also die Gesamtheit der christlichen Gemeinde, wahrscheinlich zu machen; vgl. hierzu etwa H. Giesen, Apk, 250, der mit Verweis auf R. Bauckham und J.P.M. Sweet die beiden Ï¿Ô×ØÔÈÕ mit der „Kirche in ihrer Zeugenrolle“ identifizieren möchte, und auch G.K. Beale, Apk, 577, der zwischen den sieben in der Apk angeschriebenen Gemeinden und der Kirche keinen Unterschied macht. 248 Vgl. hierzu u. 71f. 249 Vgl. hierzu Apk, 266; zu dieser Deutung auch J.M. Nützel, Schicksal, 67f. 250 Vgl. zumindest in diesem Punkt m.R. D. Haugg, Zeugen, 113: „Alle Momente, vorsichtig abgewogen, geben das Recht, in den zwei Zeugen zwei von Gott oder Christus vor dem Ende der Zeiten geschickte Einzelpersönlichkeiten zu sehen“, und 17: „Apok 11,4 ist eine Erklärung von 11,3. Den beiden Zeugen werden die Eigenschaften des Ölbaumes und des Leuchters beigelegt. Sie sind geistgesalbte Männer, ...“. 251 Vgl. hier neben anderen nur H. Kraft, Apk, 156f. und P.B.-S. Min, Apocalisse, 319ff.; vgl. hierzu auch deutlich R.H. Charles, Apk I, 283: „There is no reason to suppose that the writer of [Apk] xi. 4 drew on any tradition independent of Zech.“

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Einfüllen des Lampenöls252 befestigt sind. Dieser goldene Leuchter, Symbol des Jerusalemer Tempels253 als des Ortes der Offenbarung und der Präsenz Jahwes254, wird links und rechts von jeweils einem Ölbaum flankiert. Die Deutung dieser Vision, d.h. eigentlich nur die Deutung der beiden Ölbäume, wird dem Propheten dann in Sach 4,11–14, im Anschluß an zwei selbständige, offensichtlich später in den bestehenden Zusammenhang eingefügte Verheißungen an Serubbabel, den Anfänger und Vollender der Neuerrichtung des Jerusalemer Tempels (Sach 4,6–7.8–10aÄÅ)255, zuteil: Bei den beiden Ölbäumen handelt es sich um „das königliche und das priesterliche Amt des irdischen Israel“256, bei den beiden Zweigen der Ölbäume, die sich CI;I_IZM