Anwaltspflichten und Mediation: Zu der Haftung des Parteianwalts zwischen der Rechtsferne der Mediation und der Rechtsbindung des Rechtsanwalts – zugleich eine Darstellung aktueller Rechtsfragen der Mediation [1 ed.] 9783428545704, 9783428145706

Die Mediation ist in aller Munde: Gesetzgeber, Justiz, Rechtsanwälte und Mediatoren beschäftigen sich in vielfältiger Ar

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Anwaltspflichten und Mediation: Zu der Haftung des Parteianwalts zwischen der Rechtsferne der Mediation und der Rechtsbindung des Rechtsanwalts – zugleich eine Darstellung aktueller Rechtsfragen der Mediation [1 ed.]
 9783428545704, 9783428145706

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Schriften zum Prozessrecht Band 238

Anwaltspflichten und Mediation Zu der Haftung des Parteianwalts zwischen der Rechtsferne der Mediation und der Rechtsbindung des Rechtsanwalts – zugleich eine Darstellung aktueller Rechtsfragen der Mediation

Von Alexander Längsfeld

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER LÄNGSFELD

Anwaltspflichten und Mediation

Schriften zum Prozessrecht Band 238

Anwaltspflichten und Mediation Zu der Haftung des Parteianwalts zwischen der Rechtsferne der Mediation und der Rechtsbindung des Rechtsanwalts – zugleich eine Darstellung aktueller Rechtsfragen der Mediation

Von Alexander Längsfeld

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Buch Bücher de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-14570-6 (Print) ISBN 978-3-428-54570-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-84570-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Veronika

„Nach der geschichtlichen Entwicklung liegt das Schwergewicht der anwaltlichen Tätigkeit in der Wahrnehmung der Rechte Beteiligter vor den Gerichten. So befaßte sich die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (§ 26) lediglich mit den Funktionen des Rechtsanwalts in gerichtlichen Verfahren. Diese auf die Tätigkeit des ,Gerichtsanwalts‘ beschränkte Regelung ist jedoch zu eng geworden. Nicht nur bei Gerichten, sondern vor zahlreichen Behörden und Stellen, die keine Gerichte sind, finden Verfahren statt, in denen das Bedürfnis besteht, eine rechtskundige Person zur Wahrnehmung der Interessen Beteiligter zuzulassen. Ferner wird der Anwalt nicht nur vor den Gerichten oder Behörden tätig, sondern er erteilt auch auf allen Rechtsgebieten Rat, selbst wenn die einzelne Rechtssache nicht bei einer öffentlichen Stelle anhängig wird. Diese vorsorgende Rechtspflege, in der Streitigkeiten möglichst frühzeitig beigelegt und Prozesse vermieden werden, ist für die Allgemeinheit von unschätzbarem Wert.“ (Begründung des Regierungsentwurfs zur Bundesrechtsanwaltsordnung vom 8. Januar 1958, BT-Drs. 3/120, S. 4)

Vorwort Die Idee zu der Untersuchungsfrage der vorliegenden Arbeit ist während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht sowie Deutsches, Europäisches und Internationales Verfahrensrecht (Prof. Dr. Herbert Roth) der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg und zugleich als Rechtsreferendar in der Kanzlei Graml & Kollegen Rechtsanwälte, Regensburg, entstanden. Zu dieser Zeit – vor Erlass des jetzigen Mediationsgesetzes und der damit einhergehenden Änderungen in den Prozessordnungen – wurden unter anderem an dem Landgericht Regensburg und dem Verwaltungsgericht Regensburg Modellversuche durchgeführt, die der Einführung und Erprobung neuer Konfliktlösungsmethoden und damit auch der Mediation an den Gerichten dienen sollten. In der Praxis der Rechtsanwälte haben die damaligen Verfahren vor den Güterichtern die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit der Rechtsanwalt verpflichtet ist, dem Mandanten von dem Abschluss von – bei ausschließlich rechtlicher Betrachtung – suboptimalen Vergleichen abzuraten. Diese Frage stellte sich regelmäßig, da eine interessenbasierte Verhandlung häufig zu einem Ergebnis führt, das hinter den rechtlichen Maximalpositionen der jeweiligen Parteien zurückbleibt. Jedenfalls mit Erlass des Mediationsgesetzes erschien es nicht abwegig zu vermuten (und es wird teils vertreten), dass der gesetzgeberische Wille zur Förderung der Mediation mittelbar Auswirkungen auf die Pflichten des Rechtsanwalts, namentlich in Form einer Verkürzung dieser rechtsbezogenen Pflichten, haben könnte. Motiv für diese Annahme dürfte sein, dass ein Rechtsanwalt auf Basis der strengen und insbesondere rechtsbezogenen Pflichten ansonsten gehalten wäre, die Mediationsverhandlung ständig auf die Rechtsfragen zurückzubeziehen und damit im Ergebnis regelmäßig zu obstruieren. Um diese Frage rechtswissenschaftlich untersuchen zu können, mussten insbesondere die aktuellen Rechtsfragen der Mediation (§§ 9–12) dargestellt und den Pflichten des Rechtsanwalts (§§ 14–19) gegenübergestellt werden. Dabei ging es nicht darum, die Maßgaben des Bundesgerichtshofs zu den Pflichten des Rechtsanwalts grundsätzlich in Frage zu stellen, sondern diese Maßgaben im Ausgangspunkt unverändert auf Sachverhalte in der Mediation anzuwenden. Das Ergebnis ist eine differenzierte Betrachtung der einzelnen zeitlichen Abschnitte einer Mediation mit unterschiedlichen Pflichten des Rechtsanwalts (§§ 23–26). Dabei führt die grundsätzlich unveränderte Anwendung des allgemeinen Pflichtenkanons in der hier vertretenen Lesart zu – meines Erachtens – sinnvollen Ergebnissen, nach denen der Rechtsanwalt weder Verhinderer einvernehmlicher, auch

10

Vorwort

alternativer, Streitbeilegung noch Diener aktueller Mediationstendenzen ist. Die Rolle des Rechtsanwalts beschränkt sich vielmehr auf die Rolle des Rechtsberaters, die ihm unter anderem in den § 3 Abs. 1 BRAO und § 1 Abs. 3 BORA zugewiesen wird, und ist insoweit unbeschränkt. Mein herzlicher Dank für die stets kritische und zugleich fördernde Begleitung des Promotionsverfahrens und der Arbeit an dieser Untersuchung von der ersten Idee bis zu deren Abschluss gilt Herrn Prof. Dr. Herbert Roth als Betreuer und Erstgutachter. Herrn Prof. Dr. Martin Löhnig danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderen Dank schulde ich zudem Herrn Rechtsanwalt Wolfgang M. Nardi, Solicitor (England and Wales), ohne dessen wohlwollende Förderung die Arbeit an dieser Untersuchung wohl nicht abgeschlossen worden wäre. Die vorliegende Arbeit mit Stand vom März 2014 ist von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg als Dissertation angenommen worden. Der Tag der mündlichen Prüfung war der 30. Oktober 2014. Einzelne Literaturbeiträge, die bis Januar 2015 erschienen sind, konnten noch eingearbeitet werden. München, im Januar 2015

Alexander M. H. Längsfeld

Inhaltsübersicht Erster Abschnitt Einleitung

25

Grundlegung des Begriffs „Mediation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§ 2 Positive Formulierung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

§ 4 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

§1

Zweiter Abschnitt Überblick über die Mediation

52

§ 5 Geschichte der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

§ 6 Konflikttheoretische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

§7

Ineffizientes Konfliktverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

§ 8 Modell der Konfliktbehandlung: Harvard-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

§ 10 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 § 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 § 12 Ablauf der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 § 13 Zusammenfassung: Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Dritter Abschnitt Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

176

§ 14 Rechtsgrundlagen der zu untersuchenden Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 § 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 § 16 Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 § 17 Pflicht zur Rechtsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

12

Inhaltsübersicht

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 § 19 Insbesondere: Der Abschluss eines Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 § 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Vierter Abschnitt Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

228

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . 228 § 22 Gegenstand des Mandats zur Beratung in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 § 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 § 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 § 25 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 § 26 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 298 § 27 Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Fünfter Abschnitt Thesen

303

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt Einleitung

25

Grundlegung des Begriffs „Mediation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historie des Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Jüngere Rezeption des Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Legaldefinition in Art. 3 lit. a) MediationsRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genese und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Exklusivität der Legaldefinition des MediationsG . . . . . . . . . . V. Aussonderung nicht-konstitutiver Begriffsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unabhängigkeit und Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Definition der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Abgrenzung gegenüber anderen Verfahren der alternativen Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schiedsgutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ombudsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Early Neutral Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Med-Arb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Adjudikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Collaborative Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 25 26 27 28 28 29 31 31 32 33

§ 2 Positive Formulierung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsferne der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbindung des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kollision von Rechtsferne und Rechtsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Untersuchungsfrage: Haftungsrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . .

39 40 40 41 42

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Keine Positionierung zur Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Positionierung zur gerichtsinternen Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine Positionierung zur Haftung des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . .

43 44 44 47

§1

34 34 35 35 36 37 37 38 38

14

Inhaltsverzeichnis IV. V.

Sachliche Beschränkung: Allgemeines Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Persönliche Beschränkung: Parteianwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

§ 4 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Zweiter Abschnitt Überblick über die Mediation § 5 Geschichte der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Antike: Vermittlung durch Solon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittelalter: Ausgleich durch Wergeld und transactio . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Neuzeit: Mediator Alvise Contarini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Moderne: Austrägalverfahren nach der Deutschen Bundesakte . . . . . . . . V. Gütegedanke und Güteverfahren im deutschen Zivilprozessrecht . . . . . . 1. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das richterliche Güteverfahren der Civilprozeßordnung (1877) . . . . . 3. Entlastungsverordnung (1915) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „Emminger Novelle“ (1924) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nationalsozialistische Herrschaft und Zweiter Weltkrieg . . . . . . . . . . . 6. Vereinfachungsnovelle zur ZPO (1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung (2000) VI. Zeitgenössische Geschichte der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftliche Entwicklung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Harvard Negotiation Project . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 53 54 55 56 57 57 58 59 60 61 62 63 65 65 66

§ 6 Konflikttheoretische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 §7

Ineffizientes Konfliktverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kognitive Dissonanz und überoptimistische Einschätzung . . . . . . . . . . . . II. Attributionelle Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Reaktive Abwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Defizitäre Urteilsheuristik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gestörte Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Komplexitätszunahme und Über-Simplifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Soziale Komplexität und Personifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Pessimistische Antizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Insbesondere: Intuitives Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Phasenmodell der Eskalation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 70 70 71 71 72 73 74 74 75 77

§ 8 Modell der Konfliktbehandlung: Harvard-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzentration auf Interessen statt auf Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Trennung von Sach- und Beziehungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entwicklung von beiderseits vorteilhaften Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 81 83 84

Inhaltsverzeichnis IV. V.

15

Anwendung objektiver Beurteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen des Harvard-Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85 87

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlegung der Rechtsbeziehungen in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . II. Mediationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Vertragstyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mediationsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarung ad hoc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausschluss der Klagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Materiell-rechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verteilung der Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mediatorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Insbesondere: Vereinbarungen über die Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators . . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenstand der Vertraulichkeitsvereinbarung der Parteien . . . . . . . . . 3. Materiell-rechtliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfahrensrechtliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 89 89 90 92 95 96 97 98 98 101 102 103 104 106 106

§ 10 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 § 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsstellung des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzlicher Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beauftragter oder ersuchter Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetzesbindung und Dienstrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ablehnbarkeit und Ausschluss des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahren der Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahren vor dem Güterichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Öffentlichkeit der Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwaltszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschwiegenheit des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vertraulichkeit von Unterlagen über die Güteverhandlung . . . . . . . . . IV. Erfolgloser Abschluss der Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erfolgreicher Abschluss der Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozesshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entscheidungen des Güterichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 115 115 117 118 118 120 122 123 124 124 126 128 130 131 131 132 135

§ 12 Ablauf der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Vorbereitung der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

16

Inhaltsverzeichnis 1. Außergerichtlicher Mediator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Phase 1: Eröffnung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelgespräche, § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung Dritter, § 2 Abs. 4 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Offenbarungspflichten, § 3 MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kommunikationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Phase 2: Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eröffnungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunikative Techniken des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktives Zuhören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fragetechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung und Visualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Phase 3: Erforschen der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweck und Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Klärung der eigenen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Empathie für die Interessen der anderen Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorgehen des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Klärung der Sach- und Rechtslage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Phase 4: Erarbeitung und Bewertung von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erarbeitung von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung und Konsolidierung der Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Phase 5: Entwicklung und Umsetzung der Abschlussvereinbarung . . . . . 1. Entwurf der Abschlussvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informationspflichten des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kenntnis der Sachlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verständnis des Inhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinweis auf externe Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138 143 143 144 146 147 149 150 151 151 153 153 155 155 156 157 158 159 159 161 161 162 164 167 168 170 171 172 173

§ 13 Zusammenfassung: Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Dritter Abschnitt Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts § 14 Rechtsgrundlagen der zu untersuchenden Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berufsrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176 177 177 178 179

§ 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I. Vertragstyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Inhaltsverzeichnis II. III.

17

Hauptpflichten des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mandatsinhalt und -umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeschränktes Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränktes Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183 185 186 188

§ 16 Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informationspflicht des Mandanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pflicht des Rechtsanwalts zu ergänzenden Nachfragen . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertrauen auf Angaben des Mandanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ermittlungspflicht des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beweismittelbezogene Pflichten des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190 191 192 193 193 194

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kenntnis der maßgeblichen Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kenntnis der Rechtsprechung der Ober- und Instanzgerichte . . . . . . . . . . IV. Kenntnis der rechtswissenschaftlichen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsprüfung durch den Rechtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195 196 197 199 200 202

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweck und Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Belehrungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Art und Weise der Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Belehrung über außerrechtliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rat zum sichersten Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

202 204 205 207 207 209

§ 19 Insbesondere: Der Abschluss eines Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung zum Gebot des sichersten Weges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pflichten in Bezug auf die Verhandlungsführung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Belehrungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beratungspflicht für oder gegen den Vergleichsabschluss . . . . . . . . . . . . . V. Gestaltung des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 213 214 215 218 221

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Objektive Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftungsausfüllende Kausalität und Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 222 224 225

Vierter Abschnitt Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

228

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Die Rolle des Rechts in einem Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

18

Inhaltsverzeichnis II.

III.

Das Verhältnis der Mediation zum Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Recht der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rolle des Rechts in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Verlauf des Verfahrens der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei der verbindlichen Niederlegung der Abschlussvereinbarung . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschichtung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230 230 231 231 234 236 236

§ 22 Gegenstand des Mandats zur Beratung in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 § 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Pflichten zur Belehrung über die Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufklärung über Verfahren der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Risiken und Kosten der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verjährung und Ausschlussfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Außerrechtliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Deckung durch Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pflichten zur Empfehlung für oder gegen die Mediation . . . . . . . . . . . . . . 1. Bezugspunkt der Vor- oder Nachteilshaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht zum Abraten von einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzlich nicht mediationsgeeigneter Streit . . . . . . . . . . . . . . . b) Strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Parteien . . . . . . . . . . c) Gute prozessuale Erfolgsaussichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Missbrauch der Mediation durch die Gegenseite . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zum Zuraten zu einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtung zur Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauch der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflichten betreffend die vertraglichen Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . 1. Mediationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine gestalterische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten bei Verwendung einer Mediationsklausel . . . . . . . c) Besonderheiten bei Abschluss einer Mediationsvereinbarung ad hoc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mediatorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Pflicht zur Vorbereitung des Mandanten auf die Mediation . . . . . . . . . . . .

237 238 238 241 241 242 243 245 245 249 249 250 252 252 254 255 258 262 262 264 266 267 267 270 272 273 273 274

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Abgrenzung: Rolle des Rechtsanwalts in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . 276

Inhaltsverzeichnis II. III.

Abgrenzung: Idealverhalten und haftungsbewehrte Pflichten . . . . . . . . . Verlauf der Mediationssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigenverantwortlichkeit des Mandanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verpflichtung des Rechtsanwalts nur auf materielle Rechte . . . . . c) Folgerungen für die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Phasen 1–3: Von der Eröffnung bis zu der Erforschung der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Phase 4: Erarbeitung und Bewertung der Optionen . . . . . . . . . . . . . . . a) Erarbeitung der einzelnen Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung der einzelnen Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsolidierung der Optionen zu einer Gesamtlösung . . . . . . . . . . 4. Phase 5: Abschlussvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwurf der Abschlussvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung über den Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Belehrungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Art und Weise der Belehrung und Beratung . . . . . . . . . . . . . .

19 277 277 278 278 279 279 280 282 282 283 285 287 287 289 289 291 295

§ 25 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 § 26 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278 Abs. 5 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 298 § 27 Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Fünfter Abschnitt Thesen

303

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

Abkürzungsverzeichnis a. A. A.B.A. J. Abb. ABl. EU L Abs. abw. Acad. Manage. Exec. AcP ADR a. E. AEUV a. F. AKL Allg.M. Am. J. Sociol. Ann. Am. Acad. Polit. S.S. AnwBl. ArchBürgR Art./Artt. Aufl. BAnz BauR Begr. Bek. BGBl. BGHZ BORA

BR BRAK BRAK-Mitt. BR-Drs.

anderer Ansicht American Bar Association Journal Abbildung Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe L „Rechtsvorschriften“ Absatz abweichend Academy of Management Executive Archiv für die civilistische Praxis Alternative Dispute Resolution am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 09.05.2008, ABl. EU C 115, S. 47–199 alte Fassung Alternative Konfliktbeilegung Allgemeine Meinung American Journal of Sociology Annals of the American Academy of Political and Social Science Anwaltsblatt Archiv für bürgerliches Recht Artikel Auflage Bundesanzeiger Baurecht Begründer Bekanntmachung Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Berufsordnung für Rechtsanwälte, i. d. F. der Bekanntmachung vom 01.11.2001, zuletzt geändert durch Beschluss der 6. Sitzung der 5. Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer am 05.05.2014 mit Wirkung per 01.01.2015, BRAK-Mitt. 2014, S. 252 Bundesrat Bundesrechtsanwaltskammer K.d.ö.R. BRAK Mitteilungen Bundesrats-Drucksache

Abkürzungsverzeichnis BR-Plpr. BT BT-Drs. BT-Plpr. Bus. Law. BVerfGE CISG

C.M.L. Rev. CPO d. DB DIS DJZ DNotZ DÖV DStR ebd. EGMediationsG

EGV Environ. Values etc. EUCON EUV e. V. FamRZ FAZ FF Fla. St. U. L. Rev. Fn. FPR G gem. GI aktuell Gruchot

21

Plenarprotokoll des Bundesrates Bundestag Bundestags-Drucksache Plenarprotokoll des Bundestags The Business Lawyer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 11.04.1980, ratifiziert durch Gesetz v. 05.07.1989, BGBl. 1989 II S. 586 Common Market Law Review Civilprozeßordnung v. 30.01.1877, RGBl. S. 83 der Der Betrieb Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V., Köln Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Die öffentliche Verwaltung Deutsches Steuerrecht ebenda Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582 ([Änderungs-]Gesetz zur Einführung des MediationsG und weiterer Änderungen in den Prozessordnungen, Kostengesetzen etc.) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25.03.1957, EU-Dok.-Nr. 1 1957 E (außer Kraft seit 01.12.2009) Environmental Values et cetera Europäisches Institut für Conflict Management e. V., München Vertrag über die Europäische Union vom 07.02.1992, EU-Dok.Nr. 1 1992 M eingetragener Verein Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung Forum-Familienrecht Florida State University Law Review Fußnote Familie Partnerschaft Recht Gesetz gemäß Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts

22 GVBl. Harv. L. Rev. Harv. Negot. L. Rev. h. L. h. M. Hrsg. Hs. IBR i. d. F. i. E. i. Ü. i.V. m. JA J. Confl. Resol. jew. JR JURA JurBüro JuS Jus. Sys. J. JZ Kap. K.d.ö.R. KG KJ krit. KV-GKG Law & Soc’y Rev. liSp Manage Sci MDR MediationsG

MediationsRL

Med. Quart. Mod. L. Rev. m.w. N. n. F. NJW

Abkürzungsverzeichnis Gesetz- und Verordnungsblatt (des Freistaats Bayern) Harvard Law Review Harvard Negotiation Law Review herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Immobilien- und Baurecht in der Fassung im Ergebnis im Übrigen in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter The Journal of Conflict Resolution jeweils Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Das juristische Büro Juristische Schulung The Justice System Journal Juristenzeitung Kapitel Körperschaft des öffentlichen Rechts Kammergericht Kritische Justiz kritisch Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) Law & Society Review linke Spalte Management Science Monatsschrift für Deutsches Recht Mediationsgesetz, verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582 Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU L 136, S. 3–8 Mediation Quarterly The Modern Law Review mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift

Abkürzungsverzeichnis NJWE-VHR NVwZ NZA NZBau NZS OLG OLGR OLGZ PlPr. Prot RabelsZ RefE RegE reSp RGBl. RGZ RIW Rn. RNotZ Rspr. S. SchiedsVZ Stand. L. Rev. st.Rspr. teilw. t. v. A. u. a. UAbs. USt. v. v. Chr. VersR vgl. VO VuR VV-RVG WM Yale L.J. ZAP

23

NJW-Entscheidungsdienst Versicherungs- und Haftungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Oberlandesgericht OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Plenarprotokoll Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Referentenentwurf Regierungsentwurf rechte Spalte Reichs-Gesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Rheinische Notar-Zeitschrift Rechtsprechung Satz/Seite Zeitschrift für Schiedsverfahren Standford Law Review ständige Rechtsprechung teilweise teils vertretene Ansicht unter anderem Unterabsatz Umsatzsteuer vom/von vor Christus Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht vergleiche Verordnung Verbraucher und Recht Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) Wertpapiermitteilungen Yale Law Journal Zeitschrift für die Anwaltspraxis

24 z. B. ZErb ZEuP ZfRSoz ZIP ZKJ ZKM ZRP z. T. ZZP

Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel Zeitschrift für die Erb- und Steuerrechtspraxis Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtssoziologie Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe Zeitschrift für Konfliktmanagement Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift für Zivilprozess

Erster Abschnitt

Einleitung Die vorliegende Untersuchung betrachtet die Mediation im Hinblick auf bestimmte Pflichten und Pflichtverletzungen des auf Seiten einer Partei beteiligten Rechtsanwalts. Im Interesse der Klarheit werden dazu zunächst die nicht zweifelsfreien Konturen des Begriffs „Mediation“ herausgearbeitet (§ 1). Sodann wird die Untersuchungsfrage positiv formuliert (§ 2), um sie danach von selbst nicht untersuchungsgegenständlichen (Vor-)Fragen negativ abzugrenzen (§ 3). Danach wird ein kurzer Überblick über den Gang der Untersuchung gegeben (§ 4).

§ 1 Grundlegung des Begriffs „Mediation“ Der Begriff „Mediation“ wird im Allgemeinen und zum Teil auch im juristischen Sprachgebrauch uneinheitlich verwendet.1 Da es sich für hiesige Zwecke um einen zentralen Begriff handelt, erscheint eine klare Positionierung zum Verständnis der Mediation unabdingbar. Dazu werden im Folgenden der historische (I.) und der jüngere Sprachgebrauch (II.) außerhalb der Rechtswissenschaft sowie die europarechtliche (III.) und die bundesdeutsche Legaldefinition (IV.) dargestellt. Anschließend wird die Mediation für Zwecke der vorliegenden Untersuchung positiv definiert (VI.). Schließlich erfolgt eine Abgrenzung gegenüber anderen Methoden der alternativen Konfliktbeilegung (VII.).

I. Historie des Begriffs Das Wort Mediation leitet sich in etymologischer Hinsicht von dem griechischen mesos2 (in der Mitte) und dem lateinischen medius3 (in der Mitte) bzw. mediare4 (in der Mitte sein) ab.5 1 Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (15); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 5; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 30. 2 Vgl. Gemoll, Altgriechisches Wörterbuch, S. 496 „mesos“. 3 Vgl. Stowasser, Lateinisches Wörterbuch, S. 312 „medius“. 4 Vgl. Stowasser, Lateinisches Wörterbuch, S. 311 „medio“.

26

1. Abschn.: Einleitung

Der Begriff wurde im allgemeinen Sprachgebrauch lange Zeit ganz überwiegend in einem völkerrechtlichen Kontext verwendet.6 Dabei bezeichnete der Begriff in der Regel die versöhnende Vermittlung eines Staates in einem Streit zwischen zwei anderen Staaten.7 Auch in juristischer Hinsicht wird im Ausgangspunkt an diese überkommene Bedeutung des Begriffs angeknüpft. So skizziert zum Beispiel der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung,8 das in der vorliegenden Arbeit abgekürzt als EGMediationsG zitiert wird, die frühe Entwicklung der Mediation in Europa anhand von Beispielen aus dem Völkerrecht.9 Die Begründung des Gesetzentwurfs beruft sich dabei zum einen auf Solon, der in den Jahren 594–593 v. Chr. in Athen als Vermittler in einem Konflikt zwischen den Aristokraten und den übrigen Bürgern vermittelte.10 Zum anderen benennt sie Alvise Contarini, der die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden vom 24.10.1648 als „Mediator“ maßgeblich prägte und der in der Präambel des Friedensvertrags auch als „Mediator“ lobend erwähnt wird.11

II. Jüngere Rezeption des Begriffs Im Zuge von interdisziplinären wissenschaftlichen Untersuchungen12 und der zunehmenden praktischen Verbreitung der Mediation seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wird die Mediation jedoch nicht mehr in einem spezifisch völkerrechtlichen Sinne verstanden. Vielmehr definierte der allgemeine13

5 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 4; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (233). 6 Unten § 5 (S. 52 ff.). 7 Brockhaus, Real-Encyclopädie (5. Aufl. 1819), S. 259 f. „Mediateur“; Brockhaus, Enzyklopädie, „Mediation“ sub. 2.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, S. 1171 „Mediation“ sub. 1.; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (231). 8 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; es handelt sich dabei um das (Änderungs-)Gesetz, mit dem sowohl das MediationsG als auch die Folgeänderungen in den verschiedenen Prozessordnungen (z. B. §§ 41, 159, 253 Abs. 3, 278 Abs. 5, 278a ZPO) eingeführt wurden; eine einheitliche Abkürzung für dieses (Änderungs-)Gesetz existiert bislang nicht. 9 Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp. 10 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 25; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 2; unten § 5 I. (S. 53). 11 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 33 mit Fn. 44 m.w. N.; Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 3; vgl. dazu noch näher § 5 III. auf S. 55. 12 Zu den psychologischen Hintergründen der Mediation vgl. unten § 6 (S. 67 ff.). 13 Brockhaus, Enzyklopädie, „Mediation“ sub. 1.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, S. 1171 „Mediation“ sub. 2.

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wie auch der juristische14 Sprachgebrauch – bereits vor Erlass des EGMediationsG15 im Jahre 2012 – die Mediation als Vermittlung durch einen nicht entscheidungsbefugten Dritten, der die Konfliktparteien bei der eigenverantwortlichen Erarbeitung der Lösung ihres Konflikts unterstützt. Es handelt sich somit im Ausgangspunkt um einen Begriff, der juristisch nicht vorstrukturiert ist und keine konkreten Rechtsfolgen bezweckt.

III. Die Legaldefinition in Art. 3 lit. a) MediationsRL Im Jahre 2008 hat die Europäische Union die MediationsRL16 erlassen. Diese MediationsRL regelt nur einen verhältnismäßig geringen Bereich der Mediation in dem oben dargelegten Sinne. Denn entsprechend der primärrechtlichen Vorgaben der Artt. 67 Abs. 4, 69 AEUV17 erfasst die Richtlinie nur grenzüberschreitende Streitigkeiten, Art. 1 Abs. 2 S. 1 MediationsRL, so dass rein nationale Sachverhalte und damit insbesondere auch innerdeutsche Streitigkeiten hiervon nicht geregelt werden.18 Außerdem beschränkt sich die Richtlinie in der Sache ausdrücklich auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten und schließt im Gegenzug die Anwendung auf Streitigkeiten über das Steuer-, Verwaltungs-, Amtshaftungs-, Familien- und Arbeitsrecht aus, Art. 1 Abs. 2 S. 2 MediationsRL.19 Für diesen beschränkten Anwendungsbereich definiert die Richtlinie Mediation als ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen, Art. 3 lit. a) UAbs. 1 S. 1 MediationsRL. Dieser europarechtliche Begriff umfasst dabei sowohl die Mediation außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (außergerichtliche Mediation), die Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts außerhalb der Organisation eines Gerichts (gerichtsnahe Mediation) und die Mediation durch einen nicht zur Entscheidung befugten Richter (gerichtsinterne Mediation), Art. 3 lit. a) UAbs. 1 und 2 MediationsRL.

14 Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 798 „Mediation“; Köbler, Juristisches Wörterbuch, S. 275 „Mediation“; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 104 Rn. 30; vgl. auch Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp. 15 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 16 Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05. 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU L 136, S. 3–8. 17 Vormals Art. 61 lit. c), 67 Abs. 5 EGV. 18 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 116; Eidenmüller/Prause, NJW 2008, 2737 (2737). 19 Vgl. außerdem Erwägungsgrund 10 der MediationsRL.

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1. Abschn.: Einleitung

Anknüpfend an diesen offenen20 Mediationsbegriff sieht die Richtlinie die Notwendigkeit zu Regelungen der Mitgliedsstaaten betreffend die Vertraulichkeit der Mediation, die Vollstreckbarkeit einer Mediationsvereinbarung, die Auswirkung auf die Verjährung des streitgegenständlichen Anspruchs, die Sicherstellung der Qualität der Mediation und die Förderung der Mediation insgesamt vor, Artt. 4–8 MediationsRL.21

IV. Die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat die Mediation in § 1 MediationsG legaldefiniert.22 Wie im Folgenden aufgezeigt wird, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine umfassende, für die gesamte Rechtswissenschaft geltende Begriffsdefinition. 1. Genese und Systematik Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der MediationsRL, obwohl rechtlich zwingender Handlungsbedarf allenfalls in ganz geringem Umfang bestand,23 mit dem EGMediationsG24 vom 21.07.2012 umgesetzt. Ein wesentlicher Baustein der Umsetzung war dabei der Erlass des MediationsG25 durch Art. 1 EGMediationsG. Daneben treten Regelungen zu den Schnittstellen zur ZPO, Art. 2 EGMediationsG, sowie zu den meisten anderen Verfahrensordnungen, Artt. 3–8 EGMediationsG. Die Definition des § 1 Abs. 1 MediationsG, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens unverändert geblieben ist,26 lehnt sich im Ausgangspunkt an die 20

So Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (15). Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 reSp. 22 Vgl. Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 4. 23 Eidenmüller/Prause, NJW 2008, 2737 (2741); a. A. Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (254). 24 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 25 Gebräuchlich sind auch die Abkürzungen „MediatG“, vgl. Schönfelder, Deutsche Gesetze, Nr. 106, oder „MedG“, vgl. Ewig, ZKM 2012, 4, und Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463; vorliegend wird allein die nach Art. 1 EGMediationsG amtliche Abkürzung „MediationsG“ verwendet. 26 Der geltende § 1 Abs. 1 MediationsG fand sich in früheren Entwurfsstadien in dem insoweit identischen § 1 Abs. 1 S. 1 MediationsG, vgl. RegE EGMediationsG v. 04.02. 2011, BR-Drs. 60/11, S. 1; RegE EGMediationsG v. 01.04.2011, BT-Drs. 17/5335, S. 5; Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses v. 27.06.2012, BT-Drs. 17/10102, S. 2; teilw. abw. noch der RefE EGMediationsG v. 04.08.2010, abgedruckt in ZKM 2010, 157–159, der noch nicht das Erfordernis einer „Strukturierung“ des Verfahrens vorsah; zur genannten Änderung vom RefE zum RegE vgl. Kraft/Schwerdtfeger, ZKM 2011, 55 (55). 21

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Definition in Art. 3 lit. a) MediationsRL an.27 § 1 Abs. 1 MediationsG definiert die Mediation als ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Der Regierungsentwurf sah in § 1 Abs. 1 S. 2 MediationsG-RegE außerdem noch eine Aufzählung der möglichen Arten der Durchführung in Form von außergerichtlicher, gerichtsnaher und gerichtsinterner Mediation vor,28 die selbst aber nicht Bestandteil der Definition in § 1 Abs. 1 S. 1 MediationsG war und die zusammen mit den Regelungen über eine gerichtsinterne Mediation im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen wurde.29 2. Keine Exklusivität der Legaldefinition des MediationsG Anders als die offene Umschreibung30 der Mediation in Art. 3 lit. a) MediationsRL, fällt die deutsche Legaldefinition im Ergebnis deutlich enger aus.31 Denn Regelungsgegenstand des MediationsG ist nicht eine umfassende Kodifikation der Mediation. Davon hat der Gesetzgeber abgesehen, da sich das Verfahren der Mediation noch stark in der Entwicklung befindet.32 So bestimmt § 1 Abs. 1 MediationsG lediglich, welche Arten der Konfliktvermittlung in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.33 Weiter beschränkt sich das MediationsG dabei – neben der Implementierung von Schnittstellen in den einzelnen Verfahrensordnungen – im Wesentlichen auf Regelungen, welche den Mediator betreffen, zum Beispiel Hinweis- und Offenbarungspflichten, Tätigkeitsverbote und Verschwiegenheitspflichten.34 An den Begriff der Mediation selbst knüpft hingegen keine Rechtsfolge unmittelbar35 an. 27

Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 13 liSp. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 5; ablehnend zu diesem § 1 Abs. 1 S. 2 MediationsG hingegen Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 17. 29 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 17. 30 So Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (15). 31 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 6. 32 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 reSp. 33 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 1; diskutabel erscheint allerdings, ob die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG in § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG, der selbst keine Definition der Mediation enthält, hineinwirkt; prima facie erscheint diese Annahme naheliegend. 34 So versteht Prütting, AnwBl. 2012, 204 (205) das MediationsG (i. d. F. der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058) „im Kern“ als ein „Berufsgesetz für den Mediator“ (Hervorhebung auch dort); ebenso H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (109). 35 Jedoch ist die Legaldefinition des Mediators in § 1 Abs. 2 MediationsG mit derjenigen der Mediation in § 1 Abs. 1 MediationsG verschränkt, vgl. Greger, in: Greger/Un28

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1. Abschn.: Einleitung

Die Voranstellung der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG erklärt sich wohl vor allem aus der Genese des MediationsG. So sah der im Ergebnis nicht Gesetz gewordene § 796d ZPO-RegE noch eine Vollstreckbarerklärung für Mediationsvergleiche vor, so dass an das Vorliegen einer Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG ursprünglich konkrete Rechtsfolgen geknüpft waren.36 Ein weiteren gesetzesinternen Beleg für die Diskrepanz zwischen dem – auch juristischen – Verständnis einer Mediation und der engeren Legaldefinition der Mediation in § 1 Abs. 1 MediationsG liefert § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO. Danach darf der in § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO definierte Güterichter für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche unter anderem auch die Mediation einsetzen.37 Doch selbst wenn er dies tut und damit dem Wortlaut nach alle Kriterien einer Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG sowie eines Mediators nach § 1 Abs. 2 MediationsG erfüllt,38 handelt es sich dabei nicht um eine Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG und bei ihm nicht um einen Mediator im Sinne des § 1 Abs. 2 MediationsG.39 Wenn es also eine Mediation im Sinne des § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO gibt, die nach allseitigem Verständnis nicht von der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 MediationsG erfasst wird, handelt es sich bei der Legaldefinition eben nicht um eine exklusive Definition, die Geltung im gesamten deutschen Recht beansprucht. Vielmehr handelt es sich um eine Definition, deren Reich-

berath, MediationsG, § 1 Rn. 1; insoweit spricht Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245) von einem „völlig missglückt[en] . . . unüberbrückbaren Zirkelschluss“. 36 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 13 reSp; unklar Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 2, welcher die Möglichkeit der Einbeziehung Dritter gem. § 2 Abs. 4 MediationsG in die Mediation sowie die Möglichkeit der Mediation durch einen Güterichter i. S. d. § 278 Abs. 5 ZPO als Rechtsfolge der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 MediationsG versteht. 37 Vgl. zu den Rechtsgrundlagen der Mediation durch einen Güterichter i. S. d. § 278 Abs. 5 ZPO eingehend unten § 11 (S. 114 ff.). 38 So auch Busemann, ZKM 2012, 55 (56); Schmidbauer, ZKM 2012, 88 (91). 39 H.M.; H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (109); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 74 f.; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 27; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 43, 54, § 278a Rn. 6; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 14; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469 f.); Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a; Heilmann, Erklärung zu Protokoll der 898. BR-Sitzung am 29.06.2012, BR-PlPr. 898, Anlage 2, 316 (A); Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 17 [aber vor Änderung des Güterichterkonzepts im Vermittlungsausschuss]; teilw. a. A. Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (118) [in Bezug auf die Verschwiegenheitspflicht gem. § 4 MediationsG] mit dem gewichtigen Einwand, dass die MediationsRL ansonsten in einzelnen Beziehungen nicht hinreichend umgesetzt würde; anders auch die Begründung des RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 21 liSp [allerdings zu einer nicht Gesetz gewordenen Fassung, die eine umfassende Kodifikation der außergerichtlichen und gerichtlichen Mediation vorsah]; ebenfalls a. A. Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 17.

§ 1 Grundlegung des Begriffs „Mediation‘‘

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weite durch die Regelungsgegenstände und Rechtsfolgen des MediationsG beschränkt wird. Um diesen engeren Mediationsbegriff in § 1 Abs. 1 MediationsG zu bezeichnen, wird auch der Begriff „Mediation im engeren Sinne“ 40 oder „Mediation im Sinne des MediationsG“ 41 verwendet.

V. Aussonderung nicht-konstitutiver Begriffsmerkmale Schließlich enthält die Legaldefinition des § 1 Abs. 1 MediationsG nicht konstitutive Begriffsmerkmale, die der Klarheit halber auszusondern sind. 1. Vertraulichkeit So enthält der Tatbestand des § 1 Abs. 1 MediationsG an erster Stelle das Kriterium der Vertraulichkeit. Der Wortlaut scheint die Vertraulichkeit prima facie zu einem unabdingbaren Begriffsmerkmal der Mediation zu erheben. Insoweit ist die bundesdeutsche Legaldefinition wiederum enger gefasst, als die europarechtliche Definition in Art. 3 lit. a) MediationsRL, welche keine Vorgabe zur Vertraulichkeit der Mediation enthält.42 Die Vertraulichkeit wird in der MediationsRL lediglich mit einer Soll-Vorschrift in Art. 7 Abs. 1 MediationsRL angesprochen. Jedoch ist es den Mitgliedsstaaten ausdrücklich unbenommen, strengere Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit zu erlassen, Art. 7 Abs. 2 MediationsRL. Dass die Vertraulichkeit in § 1 Abs. 1 MediationsG dennoch keine konstitutive Voraussetzung der Mediation darstellt, ergibt sich bereits aus der inneren Systematik des MediationsG. Denn § 2 Abs. 4 MediationsG lässt die Einbeziehung anderer Personen als der Parteien und des Mediators bei Zustimmung aller Parteien zu. Es ist aber in keiner Weise angezeigt, dass eine solche Mediation unter Hinzuziehung Dritter keine Mediation im engeren Sinne darstellen sollte und vom Anwendungsbereich des MediationsG nicht umfasst sein soll.43 In die gleiche Richtung weisen die Motive, die ebenfalls von einer Dispositionsbefugnis der Parteien über die Vertraulichkeit innerhalb des Anwendungsbereichs des MediationsG ausgehen.44 40 So zum Beispiel Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 27; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 17. 41 So zum Beispiel Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 75; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 43; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 50 und 14. 42 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 45. 43 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 45; Ulrici, in: MünchKommZPO, Anhang § 278a Rn. 12; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245); wohl auch Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 17. 44 Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 13 reSp.

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1. Abschn.: Einleitung

2. Unabhängigkeit und Neutralität Die Definition der Mediation in § 1 Abs. 1 MediationsG setzt außerdem über die Verschränkung mit dem Begriff „Mediator“ in § 1 Abs. 2 MediationsG dessen Unabhängigkeit und Neutralität voraus. Die Unabhängigkeit ist dabei personenbezogen zu verstehen und bezieht sich also auf das persönliche Verhältnis des Mediators zu den Parteien.45 Die Neutralität im Gegenzug knüpft an das Verfahren selbst an und verpflichtet den Mediator zu einer unparteiischen Verhandlungsführung und zur Gleichbehandlung der Parteien.46 Auch diesbezüglich scheint § 1 MediationsG diese beiden Kriterien zu konstitutiven Merkmalen eines Mediators und damit der Mediation zu erheben. Im System des MediationsG werden die Unabhängigkeit und die Neutralität des Mediators durch die Offenbarungspflichten und Tätigkeitsbeschränkungen in § 3 MediationsG bewehrt.47 Bereits aufgrund dieser Tätigkeitsbeschränkungen könnte man die konstituierende Wirkung der Kriterien Unabhängigkeit und Vertraulichkeit verneinen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine entgegen § 3 Abs. 1 MediationsG zum Beispiel durch einen parteiischen Mediator durchgeführte Mediation nicht dem Anwendungsbereich des MediationsG unterfallen sollte. So wirkt sich die Verbotswirkung des § 3 Abs. 1 MediationsG bereits über § 134 BGB auf den Mediatorenvertrag und damit auf den Vergütungsanspruch des parteiischen Mediators aus.48 Warum aber bereits die Anwendbarkeit des MediationsG zu verneinen sein sollte und die Parteien zum Beispiel nicht durch die Verschwiegenheitspflicht des Mediators gemäß § 4 MediationsG geschützt werden sollten, erklärt sich nicht aus der Systematik des Gesetzes. Es liegt daher nahe, bereits aus dieser Erwägung heraus die Unabhängigkeit und Neutralität des Mediators als nicht-konstitutive Merkmale einer Mediation – auch einer solchen im engeren Sinne – zu verstehen. Jedenfalls können die Parteien aber nach einer Offenlegung von Beeinträchtigungen der Unabhängigkeit und Neutralität durch den Mediator der Tätigkeit des Mediators ausdrücklich zustimmen, § 3 Abs. 1 S. 2 MediationsG. Damit steht

45 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 liSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 48; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 9. 46 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 reSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 49; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 11; unklar hingegen Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 34–39, wonach die Unabhängigkeit ein personenbezogenes und ein sachbezogenes Element und die Neutralität sowohl auf das Verfahren als auch auf die Personen bezogen sein soll; zu der Frage, ob „Neutralität“ und die oft genannte „Allparteilichkeit“ synonym sind, vgl. bejahend Beckmann, ZKM 2013, 51 (53). 47 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 liSp. 48 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 30; Scharmer, in: Hartung, BORA, § 18 BORA Rn. 30.

§ 1 Grundlegung des Begriffs „Mediation‘‘

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den Parteien der Schutz vor den genannten Beeinträchtigungen zur Disposition.49 Aus der bereits unter a) dargelegten Logik können diese Kriterien daher nicht als konstitutive Merkmale, sondern lediglich als reguläre, aber dispositive Merkmale verstanden werden.

VI. Definition der Mediation Da der Anwendungsbereich des MediationsG sowie der Tatbestand der Definition in § 1 MediationsG diverse unter IV. dargestellte Verengungen enthalten, bedarf es vorliegend einer positiven Aussage zum Verständnis der Mediation für die hiesige Untersuchung. Diese ist insbesondere notwendig, um die Mediation zu einer schlichten Verhandlung oder zu einer bloßen Moderation abzugrenzen.50 In Anknüpfung an das Vorverständnis der Entwurfsverfasser51 des MediationsG und im Einklang mit dem Verständnis der Rechtspraxis52 und der Rechtswissenschaft53 ist die Mediation als Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben, zu definieren. Das Verständnis der Mediation als Verfahren, teilweise akzentuiert als „strukturiertes“ Verfahren,54 grenzt die Mediation von einer schlichten Verhandlung ab und impliziert, dass der Mediator im Wege eines planvollen, stufenweisen Vorgehens den Parteien bei der Erforschung ihrer Interessen und der Entwicklung neuer Lösungsoptionen hilft.55 Die Eigenverantwortlichkeit der Parteien für die 49 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 liSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 47; a. A. Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 24. 50 Zur Abgrenzung der Mediation gegenüber anderen Formen der alternativen Konfliktbeilegung unten § 1 VII. (S. 34 ff.). 51 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp; vgl. auch Begründung RegE RDG, BT-Drs. 16/3655, S. 50 zu § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG. 52 OLG Rostock, OLGR 2007, 336 (337); OLG Rostock, OLGR 2007, 159 (160); im Hinblick auf den internationalen Wirtschaftsverkehr auch Vorpeil, RIW 2014, 37. 53 So jeweils vor Erlass des EGMediationsG: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 104 Rn. 30; Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 2 Rn. 1; L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 1 Rn. 1; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (16); Prütting, ZZP 124 (2011), 163 (164); Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51 (69); G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 66; Bülow, in: Walz, Außergerichtliche Streitbeilegung, § 6 Rn. 1; Risse, Wirtschaftsmediation, § 1 Rn. 9; Breidenbach, Mediation für Juristen, S. 1 (1); Breidenbach, Mediation, S. 4; rechtsvergleichend auch Hopt/Steffek, Mediation, S. 3 (11). 54 So nunmehr auch § 1 Abs. 1 MediationsG; vgl. dazu RegE EGMediationsG, BTDrs. 17/5335, S. 13 reSp; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (16 mit Fn. 43). 55 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 21 f.; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 12 f.; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und

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1. Abschn.: Einleitung

Konfliktlösung bedingt, dass der Mediator keine Entscheidungsbefugnis über den Konflikt erhält und in der Regel56 auch keine Regelungsempfehlungen abgibt.57 Soweit in der vorliegenden Untersuchung der Begriff „Mediation“ verwendet wird, soll damit die soeben dargestellte, auch interdisziplinär verwendete Bedeutung bezeichnet werden. Insoweit ist auch der Begriff der „Mediation im materiellen Sinne“ geprägt worden.58 In Abgrenzung zur „Mediation im engeren Sinne“ 59 ließe sich auch von der „Mediation im weiteren Sinne“ sprechen.

VII. Abgrenzung gegenüber anderen Verfahren der alternativen Konfliktlösung Zuletzt ist die oben definierte Mediation von anderen Verfahren der alternativen Konfliktlösung60 abzugrenzen, die selbst nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind. Dabei handelt es sich lediglich um eine unvollständige61 Aufzählung derjenigen Verfahren, die im rechtswissenschaftlichen Schrifttum häufig in Zusammenhang mit der Mediation genannt werden. 1. Schiedsverfahren Das in dem 10. Buch der ZPO in Teilen näher geregelte Schiedsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass die Parteien einen privaten Dritten oder ein Gremium dazu ermächtigen, anstelle der staatlichen Gerichte durch einen bindenden Schiedsspruch über den Konflikt zu entscheiden, vgl. § 1055 ZPO.62 Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 2; vgl. näher zu dem sog. „Phasenmodell“ unten § 12 (S. 137 ff.). 56 Während endgültige Regelungsempfehlungen nach allseitigem Verständnis in einer Mediation nicht möglich sind, ist die Grenze zu den noch mediationsgemäßen Anregungen und Hinweisen zum Beispiel auf faktische und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (z. T. als „evaluative“ oder „aktive“ Mediation bezeichnet), unklar; vgl. dazu Unberath, ZKM 2011, 44 (47); Love, Fla. St. U. L. Rev. 24 (1997), 937 (938 ff.); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 36; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Teil II. Rn. 18 f.; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (17 f.); Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 102 ff.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 286. 57 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 5. 58 Busemann, Rede, BR-Plpr. 892, 58 (B). 59 Oben § 1 IV. 2. (S. 29). 60 Häufig auch im deutschsprachigen Schrifttum Alternative Dispute Resolution (ADR) genannt, vgl. Risse, Wirtschaftsmediation, § 1 Rn. 10; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 14; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 2. 61 Für einen weiteren Überblick vgl. G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 II.; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 1 ff. 62 So bei geringfügigen Unterschieden im Einzelnen Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vorbemerkung zu den §§ 1025 ff. Rn. 1; Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor

§ 1 Grundlegung des Begriffs „Mediation‘‘

35

Das unterscheidende Merkmal zur Mediation ist, dass der neutrale Dritte zu einer (End-)Entscheidung über den Konflikt befugt ist, während der Mediator keinerlei Entscheidungsbefugnis hat.63 2. Schiedsgutachten Ein Schiedsgutachten ist die Entscheidung eines privaten Dritten, der anders als ein Schiedsrichter nicht eine bindende (End-)Entscheidung über den Konflikt als solchen, sondern lediglich über ein einzelnes Element des Konflikts fällt.64 Auch das Schiedsgutachten unterscheidet sich dadurch von der Mediation, dass der Schiedsgutachter über zumindest eine Teil- oder Vorfrage des Konfliktes der Parteien endgültig entscheidungsbefugt ist.65 3. Schlichtung Die Schlichtung ist nicht eingehend oder abschließend gesetzlich geregelt. Jedoch wird sie verschiedentlich gesetzlich erwähnt. So sieht zum Beispiel § 15a EGZPO66 eine Öffnungsklausel für Landesgesetze vor, wonach diese die Zulässigkeit gewisser Klagen von dem Versuch einer einvernehmlichen Streitbeilegung abhängig machen können.67 Diese Landesgesetze68 beziehen sich dabei jeweils auf eine Schlichtung als Konfliktlösungsverfahren, ohne dieses aber näher zu definieren. Ferner existieren diverse weitere Bundesgesetze, die auf Schlichtungsverfahren Bezug nehmen, zum Beispiel die § 14 ParteiG, § 14 UKlaG, § 191f BRAO, § 47a TKG, § 31 PostG, § 17a WahrnG und jüngst die §§ 57 ff. LuftVG69. § 1025 Rn. 10, 14; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 1025 Rn. 5; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 6 f., 12; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 174 Rn. 1; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 77; Pörnbacher/Wortmann, ZKM 2012, 144 (144). 63 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 1025 Rn. 61, 65; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 15; Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1025 Rn. 14; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 77; Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vorbemerkung zu den §§ 1025 ff. Rn. 22 und 36. 64 Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vorbemerkung zu den §§ 1025 ff. Rn. 39; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 1025 Rn. 58; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 12; Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1025 Rn. 41; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 174 Rn. 18; Greger, ZKM 2013, 43 (44). 65 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 57; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 29. 66 Vgl. dazu Stöber, JA 2014, 607. 67 Näher zu § 15a EGZPO unten § 5 V. 7. (S. 63 f.). 68 Abgedruckt in Schönfelder, Deutsche Gesetze Ergänzungsband, Nr. 104 ff. 69 Geändert durch das Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr vom 11.06.2013, BGBl. I 2013, S. 1545, mit Wirkung zum 01.11.2013.

36

1. Abschn.: Einleitung

In Anknüpfung an die § 5 Abs. 2 S. 1 SchlichtVerfV70 und Art. 10 Abs. 1 S. 4 BaySchlG71 lässt sich als konstituierendes Merkmal einer Schlichtung festhalten, dass ein von den Parteien beauftragter neutraler Dritter die Konfliktlösung durch einen unverbindlichen Lösungsvorschlag unterstützen soll.72 Im Gegenteil dazu ist im Rahmen der Mediation in der Regel73 nicht vorgesehen, dass der Mediator Empfehlungen zum Konfliktgegenstand insgesamt oder auch nur zu Teilfragen abgibt. 4. Ombudsverfahren Bei dem Verfahren vor einem Ombudsmann74 handelt es sich um einen Spezialfall der Schlichtung. Dabei wird der Ombudsmann von einem öffentlichen Träger oder einem Wirtschaftsverband, vor allem im Bank-75 und Versicherungswesen76, beauftragt. Seine Anrufung durch den Verbraucher ist im Einzelfall in der Regel kostenlos. Die Entscheidung des Ombudsmannes ist – das unterscheidet dieses Verfahren im Ergebnis von der Schlichtung – einseitig bindend:77 So ist zum Beispiel der 70 Verordnung über die Schlichtungsstelle nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes und ihr Verfahren (Schlichtungsstellenverfahrensverordnung – SchlichtVerfV), i. d. F. d. Bek. vom 10.07.2003, BGBl. I S. 2577, zuletzt geändert durch Art. 4 G zur Umsetzung der VerbraucherkreditRL, des zivilrechtl. Teils der ZahlungsdiensteRL sowie zur NeuO der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.07. 2009, BGBl. I S. 2355. 71 Bayerisches Gesetz zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung in Zivilsachen und zur Änderung gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 25.04. 2000, GVBl. S. 268, zuletzt geändert durch § 1 ÄndG vom 20.12 2011, GVBl. 2011 S. 713. 72 Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 46; Münch, in: MünchKomm-ZPO, Vorbemerkungen zu den §§ 1025 ff. Rn. 20; Hirsch, ZKM 2013, 15 (16); Jaeger, AnwBl. 2013, 406 (406 f.); Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19 Rn. 14; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 56; Lembcke, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren IV. Rn. 1. 73 Zur Frage, ob und inwieweit ein Mediator solche Empfehlungen abgeben können soll („evaluative Mediation“) unten § 12 II. 3. (S. 147 f.) sowie Unberath, ZKM 2011, 44 (47); Love, Fla. St. U. L. Rev. 24 (1997), 937 (938 ff.); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 36; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Teil II. Rn. 18 f.; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (17 f.); Kracht, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 102 ff.; Unberath, ZKM 2011, 44; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 286. 74 Schwedisch für „Vermittler“, vgl. Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, Rn. 286. 75 Vgl. die Verfahrensordnung für die Schlichtung von Kundenbeschwerden im deutschen Bankgewerbe (Dezember 2012) des Bundesverbandes deutscher Banken e. V., online verfügbar unter www.bankenverband.de, zuletzt abgerufen am 27.03.2013. 76 Vgl. die Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns (VomVO) v. 18.11. 2010 des Versicherungsombudsmann e. V., online verfügbar unter www.versicherungsombudsmann.de, zuletzt abgerufen am 27.03.2013.

§ 1 Grundlegung des Begriffs „Mediation‘‘

37

Schlichtungsspruch eines Ombudsmann im Bankengewerbe nach Ziff. 4. (5) a) der Verfahrensordnung (vgl. Fn. 75) bis zu einem Wert des Beschwerdegegenstandes von A 5.000,– nur für die Bank bindend. Der Verbraucher ist nicht an den Schlichtungsspruch gebunden. Ist der Wert des Beschwerdegegenstandes hingegen höher, ist der Schlichtungsspruch für keine Seite bindend, Ziff. 4. (5) b) der Verfahrensordnung (vgl. Fn. 75). Auch insoweit unterscheidet sich die Mediation also durch gänzlich fehlende Entscheidungsbefugnis des Mediators sowie durch die Tatsache, dass er in aller Regel keine Empfehlungen ausspricht. 5. Early Neutral Evaluation Ebenfalls einen Sonderfall der Schlichtung stellt die aus vor allem im US-amerikanischen Rechtskreis verbreitete so genannte early neutral evaluation dar.78 Dabei wird ein neutraler Dritter, oft ein Jurist, eingeschaltet, um den Konflikt nach summarischem Vortrag beider Parteien, vor allem im Hinblick auf die Prozessaussichten, zu bewerten.79 Anders als in der Mediation gibt der neutrale Dritte also eine Bewertung ab. 6. Med-Arb Der Begriff Med-Arb setzt sich aus den Begriffen mediation und arbitration80 zusammen. Man versteht darunter eine Mediation, bei der die Parteien bereits vor deren Beginn für den Falle eines Scheiterns der Mediation die Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens vereinbaren.81 Im Ausgangspunkt handelt es sich also um eine gewöhnliche Mediation und im Falle von deren Erfolglosigkeit im Anschluss um ein gewöhnliches Schiedsverfahren. Der wesentliche Vorteil einer solchen Med-Arb gegenüber der klassischen Mediation ist, dass es nach womöglich monatelangen Verhandlungen nicht zu einem

77 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 68 f.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 5; Greger/ Stubbe, Schiedsgutachten, Rn. 286. 78 Vgl. Rosenberg/Folberg, Stand. L. Rev. 46 (1994), 1487 (1488 ff.); Levy, Jus. Sys. J. 26 (2005), 343 (346); Adler, Mod. L. Rev. 69 (2006), 958 (976 f.). 79 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 66; Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19 Rn. 40; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 68. 80 Schiedsverfahren, Schiedsgericht, vgl. Dietl/Lorenz, Wörterbuch, S. 41 „arbitration“. 81 G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 7; Lögering, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren VII. Rn. 57 ff.; Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, Rn. 346 f.

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1. Abschn.: Einleitung

gänzlichen Neustart vor dem Schiedsgericht kommt.82 Umstritten ist insoweit aber, ob es der Mediation förderlich ist, wenn die Parteien wissen, dass der neutrale Dritte später (eventuell) entscheidungsbefugt sein wird, und ob es dem Mediator später gestattet ist, in der gleichen Sache als Schiedsrichter zu fungieren.83 7. Adjudikation Die Adjudikation ist ein Instrument der einstweiligen Konfliktlösung.84 Sie zeichnet sich dadurch aus, dass ein neutraler Dritter kurzfristig (ad hoc) eine vorläufig bindende Entscheidung über den Konflikt trifft.85 Die Bindung an diese Entscheidung besteht grundsätzlich auch dann, wenn sie tatsächlich oder rechtlich grob fehlerhaft ist und wird erst durch die Entscheidung eines Schiedsgerichts oder eines staatlichen Gerichts durchbrochen oder gegebenenfalls bestätigt.86 Ein derartiges Verfahren zur Konfliktlösung ist insbesondere in solchen Bereichen sinnvoll, in denen ein Konflikt schnell erhebliche Schäden verursachen kann, zum Beispiel im Baubereich und beim Anlagenbau.87 Es unterscheidet sich von der Mediation durch die fehlende Befugnis des Mediators, bindende Entscheidungen auch nur vorläufiger Art zu treffen. 8. Collaborative Law Der Begriff Collaborative Law88 bezeichnet die Verhandlungen im Rahmen so genannter „Vierer-Gespräche“ 89, das heißt unter Beteiligung der beiden Streitpar82

Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 16. Vgl. dazu Pitkowitz/Richter, SchiedsVZ 2009, 225 (228 ff.); Horvath, SchiedsVZ 2005, 292 (299 f.); Trappe, SchiedsVZ 2012, 79 (82 ff.); Lögering, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren VII. Rn. 57 ff.; Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, Rn. 346 f. 84 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 72. 85 Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19 Rn. 34; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 72; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 25; Köntges/Mahnken, SchiedsVZ 2010, 310 (311 ff.); Lembcke, NJW 2013, 1704 (1705 ff.). 86 Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 27; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Kap. 2.19 Rn. 34; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 72; Lembcke, NJW 2013, 1704 (1706). 87 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 73; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 25 ff.; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Kap. 2.19 Rn. 35; Boldt, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, Kap. T. Rn. 89 ff.; Schulze-Hagen, BauR 2007, 1950 (1950 ff.); Aldinger/Mahnken, in: Roquette/Otto, Privates Baurecht, Kap. D. IV. Rn. 6; kritisch Behr, in: Althaus/Heindl, Handbuch VOB, Teil 8. Rn. 80. 88 Auch Collaborative Practice oder Cooperative Practice genannt. 89 Engel, Collaborative Law, S. 80 ff.; Engel, ZKM 2010, 112 (112); Fritz, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 12. 83

§ 2 Positive Formulierung der Untersuchungsfrage

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teien sowie ihrer Rechtsanwälte, jedoch ohne die Beteiligung eines neutralen Dritten. Seinen Ursprung hat das Collaborative Law im Jahre 1990 in den USA.90 Die englische Bezeichnung Collaborative Law wird dabei auch im deutschsprachigen Raum ganz überwiegend beibehalten, da das deutsche Pendant die negative Konnotation des konspirativen Zusammenwirkens trägt.91 Der wesentliche Unterschied zur schlichten außergerichtlichen Verhandlung unter Beteiligung von Rechtsanwälten liegt in der Mandatsvereinbarung der Rechtsanwälte mit ihrer Partei: Diese enthält regelmäßig eine so genannte „Disqualifikationsklausel“, nach der die Rechtsanwälte ihre Parteien in einem etwa nachfolgenden Gerichtsverfahren nicht vertreten dürfen.92 Aufgrund der im Falle eines Scheiterns der Verhandlung anfallenden Kostenlast haben die Streitparteien93 selbst einen Anreiz zum kooperativen Verhandeln. Zusätzlich stellt die Disqualifikationsklausel aber auch einen entsprechenden Anreiz für die Rechtsanwälte dar, da sie im Falle des Scheiterns keine weitere Vergütung im Zivilprozess mehr verdienen können.94 Von der Mediation unterscheidet sich das Vorgehen im Wege des Collaborative Law durch die fehlende Einschaltung eines neutralen Dritten.

§ 2 Positive Formulierung der Untersuchungsfrage Die vorliegend zu untersuchende Frage ergibt sich aus der Kollision von zwei, an dieser Stelle verkürzt und überspitzt wiedergebenden Prinzipien: Der Rechtsferne95 der Mediation (I.) und der strikten Rechtsbindung des Rechtsanwalts (II.). Bei der Durchführung einer Mediation unter Beteiligung von Rechtsanwälten auf Parteiseite treten diese Prinzipien zueinander in Widerspruch (III.). Die vorliegende Arbeit macht es sich zur Aufgabe, bestimmte Rechtsfragen dieser Kollision, namentlich im Bereich der Haftung des Rechtsanwalts, zu untersuchen (IV.).

90

H.-G. Mähler/G. Mähler, ZKM 2009, 70 (71); Engel, Collaborative Law, S. 69. H.-G. Mähler/G. Mähler, ZKM 2009, 70 (72) unter Verweis auf die Verwendung von „kollaborieren“ bzw. „Kollaborateur“ zur Zeit des zweiten Weltkriegs; Engel, ZKM 2010, 112 (115); vgl. auch Brockhaus, Enzyklopädie, „Kollaboration“. 92 Engel, Collaborative Law, S. 77 f.; Engel, ZKM 2010, 112 (113); Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 29; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Andere Verfahren I. Rn. 11. 93 Engel, Collaborative Law, S. 89; Engel, ZKM 2010, 112 (113). 94 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 29. 95 Zum Verhältnis von Mediation und Recht noch ausführlich unten § 21 II. (S. 230 ff.). 91

40

1. Abschn.: Einleitung

I. Rechtsferne der Mediation In der Mediation streben die Parteien freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts an, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG.96 Die Eigenverantwortlichkeit impliziert dabei unter anderem, dass die Parteien sich nicht an der Rechtslage orientieren müssen, sondern dass sie auch andere Aspekte berücksichtigen können.97 Man könnte daher – vereinfacht – von einer „Entrechtlichung“ oder „Gesetzesferne“ des Streits bzw. der Streitbeilegung reden.98 Gerade diese Entrechtlichung wird, unabhängig vom Erlass des EGMediationsG99, als Herzstück der Mediation gesehen.100 Auch im Gesetzgebungsverfahren zum EGMediationsG wurde die Gesetzesferne wiederholt erwähnt und teilweise als spezifischer Vorteil einer Mediation genannt.101

II. Rechtsbindung des Rechtsanwalts Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO, und der berufene unabhängige Berater und Vertreter seiner Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten, § 3 Abs. 1 BRAO. Als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten hat der Rechtsanwalt seine Mandanten vor

96

Eingehend unten §§ 5–13 (S. 52 ff.). Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 liSp; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 25; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 33, 37; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 22. 98 Vgl., bei Unterschieden im Einzelnen: Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 49; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 169; H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (110); H. Roth, JZ 2013, 637 (641); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 118; C. Wolf/Weber/Knauer, NJW 2003, 1488 (1489); Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (326). 99 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 100 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 6; Töben, RNotZ 2013, 321 (322); Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 7. 101 Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 f.; Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 60/11, Beschluss, Nr. 1.; Leutheusser-Schnarrenberger, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12053 (B); Steffen, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12054 (B); Silberhorn, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12059 (B); Voßhoff, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17840 (D); Hönlinger, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17843 (A); Sensburg, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17845 (A); Busemann, Rede, BR-Plpr. 892, 30 (B) spricht gar von einer „Weiterentwicklung unseres Rechtsstaates, des Prinzips der Rechtsstaatsgewährung“; Stadler, Rede, BRPlpr. 892, 32 (A); Schiedek, Erklärung zu Protokoll des BR, BR-Plpr. 892, Anlage 11, 58 (D); Heilmann, Erklärung zu Protokoll des BR, BR-Plpr. 898, Anlage 2, 315 (C). 97

§ 2 Positive Formulierung der Untersuchungsfrage

41

Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, § 1 Abs. 3 BORA. Im Einklang mit diesen gesetzlichen Vorgaben sowie dem satzungsmäßig verfassten Selbstverständnis des Berufstands der Rechtsanwälte sieht die ständige Rechtsprechung, die sich ohne wesentliche Brüche bis zu dem Reichsgericht zurückverfolgen lässt, den Rechtsanwalt verpflichtet, seinen Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen. Eine typische Umschreibung der Pflichten des Rechtsanwalts des Bundesgerichtshofs lautet wie folgt: „Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist.“ 102

Man kann daher – überzeichnet – formulieren, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, die Rechte seines Mandanten zu wahren, indem er dessen Ansprüche durchsetzt und unbegründete Forderungen gegen ihn abwehrt. Die Entscheidung, ein Recht nicht oder nicht vollumfänglich wahren zu wollen, kann der Rechtsanwalt hingegen nicht treffen. Dazu bedarf es vielmehr einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Mandanten, für die der Rechtsanwalt die entsprechenden Informationen und Risikoeinschätzungen, vor allem betreffend die Rechtslage, liefern muss. Verletzt der Rechtsanwalt eine dieser Pflichten, ist er seinem Mandanten bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvertrag zum Schadensersatz verpflichtet.103

III. Kollision von Rechtsferne und Rechtsbindung Berät ein Rechtsanwalt seinen Mandanten im Vorfeld einer Mediation oder begleitet er ihn während der Mediation, können die Rechtsferne der Mediation und die Rechtsbindung des Rechtsanwalts kollidieren. Denn während der Mandant in der Mediation sämtliche nicht-rechtlichen Aspekte berücksichtigen darf und nach dem Konzept der Mediation sogar soll, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, seinen 102 BGHZ 171, 261 (263 f.); st.Rspr., vgl. etwa (in zeitlicher Reihung): BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 2006, 923 (924); WM 2007, 419 (419); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361), NJW 2013, 2965 (2966). 103 Eingehend unten §§ 15–20 (S. 180 ff.).

42

1. Abschn.: Einleitung

Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen. Die Rolle des Rechtsanwalts passt somit prima facie nicht zu dem Verfahren und Konzept der Mediation.104 Denn falls und insoweit der Rechtsanwalt seine Aufgabe – die Rechtsberatung – ausübt, wird sein Rat den Mandanten in der Regel über das nach dem materiellen Recht zu erwartende Ergebnis des Konflikts (z. B. Zahlung von A 1.000,–) informiert und ein daran gemessen suboptimales Ergebnis der Mediation nicht akzeptieren wollen. Mit anderen Worten dürfte der Rat des Rechtsanwalts aufgrund des Unterschieds zwischen den von ihm zu prüfenden Aspekten und den in der Mediation zu erörternden Aspekten in vielen Fällen dahin gehen, den Abschluss der Mediationsvereinbarung abzulehnen.105 Es ist daher bereits verschiedentlich erörtert worden, wie der Rechtsanwalt aus Sicht der Mediation zweckmäßig in die Mediation integriert werden kann.106

IV. Untersuchungsfrage: Haftungsrechtliche Konsequenzen Die Rolle des Rechtsanwalts in der Mediation, also dessen zweckmäßige Einbindung, wäre für sich noch keine Rechtsfrage, sondern angesichts der Verfahrensautonomie der Parteien und des Mediators eine bloße Frage der Zweckmäßigkeit aus der Warte der Mediation bzw. des Mediators. Danach bedürfte diese Frage nicht notwendig einer rechtlichen Antwort. Die dahinter stehende Rechtsfrage offenbart sich aber, wenn der Mandant seinen Rechtsanwalt auf Schadensersatz verklagt, weil er durch die Mediation Rechtsnachteile erlitten habe. Solche Rechtsnachteile können zum Beispiel im Abschluss eines nachteiligen Vergleichs oder im Absehen vom Abschluss eines günstigen Vergleichs liegen. Durch die Brille des Rechts der Haftung des Rechtsanwalts stellt sich dann die vom Regressgericht zu prüfende Rechtsfrage: Welche Pflichten treffen einen Rechtsanwalt, der seinen Mandanten vor und während einer Mediation berät?

104

Vgl. Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (326). Vgl. Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (326) mit zwei Beispielen (Rechtsberatung durch Rechtsanwalt vor der Mediation und nach der Mediation aber vor Abschluss der Mediationsvereinbarung), anhand derer diese Problematik deutlich wird. 106 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, (323 f.); G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 81; H.-U. Neuenhahn/ S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1246 ff.); Ripke, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 7 Rn. 33 ff.; M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (323 ff.); Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (31 f.); Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (41); Ewig, ZKM 2012, 4 (5 ff.); May, NZBau 2014, 334 (338); Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (326); Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 371 f.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 90 ff.; Berning, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.18 Rn. 27 ff.; Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr 9. Rn. 1 ff. 105

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage

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Diese haftungsbewehrten Pflichten eines Rechtsanwalts in der Mediation sind bislang kaum untersucht worden. Soweit ersichtlich haben bislang einzig Offermann-Burckart107 sowie wenige Weitere108 die Frage aufgeworfen und erste Skizzen einer Antwort aufgezeigt. Die Notwendigkeit, diese Pflichten herauszuarbeiten, zeigt sich, wenn man die Extrempositionen möglicher Antworten beleuchtet: Setzt sich einerseits die Rechtsferne der Mediation überwiegend durch,109 würden die rechtsbezogenen Pflichten des Rechtsanwalts deutlich verkürzt. Damit würden die materiellen Rechtspositionen seines Mandanten entsprechend weniger geschützt und dies scheint aus Sicht des Rechts ein fragliches Ergebnis. Außerdem wäre eine „tiefgehende Unsicherheit“ 110 über die Gefahren der Mediation die Folge. Setzt sich andererseits die Rechtsbindung des Rechtsanwalts überwiegend durch,111 würde die Mediation ex post von dem Regressgericht in einer rechtliche Tiefe untersucht, mit der sie nicht ursprünglich angegangen worden ist. Dann könnte der Rechtsanwalt auch in Fällen der Vergleichsreue112 seines Mandanten – und damit noch strenger als im rechtsgebundenen Zivilprozess – haften.113 Die vorliegende Untersuchung macht es sich zur Aufgabe, einen Beitrag zur Klärung dieser Frage zu leisten.

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage Nachdem die Untersuchungsfrage in § 2 positiv formuliert wurde, ist sie noch negativ von selbst nicht untersuchungsgegenständlichen (Vor-)Fragen abzugrenzen. 107

Offermann-Burckart, FPR 2010, 431. Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190; Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 26; Therstappen, AnwBl. 2013, 288; Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9. Rn. 1 ff. 109 Tendenziell in diesem Sinne: Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 92, 107; M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (326); Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73); L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 11 Rn. 60 (aber anders in Rn. 11); Ditler/Engel, ZAP Fach 23, 957 (964). 110 So Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 41. 111 Tendenziell in diesem Sinne: Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (50 ff.); G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 81; Ripke, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 7 Rn. 34; Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (24 f., 28, 31); L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 11 Rn. 11 (aber anders in Rn. 56 f., 60); Prengel, Die Rolle des juristischen Beraters in der Mediation, S. 166; Risse, Wirtschaftsmediation, § 8 Rn. 62 mit Fn. 93; Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (126, 128 f.). 112 OLG Koblenz, OLGR 2008, 123 (124); Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (436). 113 Vgl. Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (436). 108

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1. Abschn.: Einleitung

I. Keine Positionierung zur Mediation Die vorliegende Untersuchung bezieht keine Position zu der Frage, ob die Mediation und insbesondere die ihr immanente Entrechtlichung von Konflikten aus einer rechtsdogmatischen oder rechtssoziologischen Perspektive wünschenswert oder aber abzulehnen ist. Teilweise wird die genannte Entwicklung der Entrechtlichung – ohne kategorische Ablehnung – kritisch betrachtet.114 Andererseits wurde die Mediation insbesondere im bundesdeutschen Gesetzgebungsverfahren auch gerade wegen der Verdrängung des Rechts als alleinigem Maßstab der Konfliktlösung gelobt.115 Für die vorliegenden Zwecke wird die Mediation ohne weitere Wertung als faktisches Ergebnis aus den Erkenntnissen der Konfliktforschung116 sowie als de lege lata anerkanntes Verfahren betrachtet.

II. Keine Positionierung zur gerichtsinternen Mediation Im Rahmen dieser Arbeit wird ferner nicht diskutiert, ob die Einführung einer gerichtsinternen Mediation oder die nunmehr Gesetz gewordene Lösung des sogenannten Güterichters im Sinne des § 287 Abs. 5 ZPO sinnvoll, notwendig, geboten oder aber der Mediation nicht förderlich und gegebenenfalls sogar systemwidrig ist. 114 Beispielhaft, bei vielen Unterschieden im Einzelnen: Streck, AnwBl. 2012, 388 (390); C. Wolf/Weber/Knauer, NJW 2003, 1488 (1491); Hirtz, NJW 2012, 1686 (1688); Ewer, AnwBl. 2012, 18 (19 f.); Hirtz, AnwBl. 2012, 21 (22); Katzenmeier, ZZP 115 (2002), 51 (91); Stöber, JA 2014, 607 (612); Grundlegung der Kritik bereits bei Fiss, Yale L.J. 93 (1984), 1073 (1089); Althammer, JZ 2006, 69 (75) kritisiert trotz des Titels „Mediation als prozessuale Last“ nicht grundsätzlich die Mediation, sondern will den Anreiz zur Mediation über Kostennachteile implementieren, vgl. insoweit auch Althammer, Zwischen Freiwilligkeit und Zwang, S. 9 (25 f.). 115 In zeitlicher Reihung: RegE EGMediationsG v. 04.02.2011, BR-Drs. 60/11, S. 12 und 14 [sowie unverändert im RegE vom 01.04.2011, BT-Drs. 17/5335, S. 10 f.]; Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 60/11, Beschluss, Nr. 1.; Leutheusser-Schnarrenberger, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12053 (B); Steffen, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12054 (B); Silberhorn, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12059 (B); Voßhoff, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17840 (D); Hönlinger, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17843 (A); Sensburg, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17845 (A); Busemann, Rede, BR-Plpr. 892, 30 (B) spricht gar von einer „Weiterentwicklung unseres Rechtsstaates, des Prinzips der Rechtsstaatsgewährung“; Stadler, Rede, BR-Plpr. 892, 32 (A); Schiedek, Erklärung zu Protokoll des BR, BR-Plpr. 892, Anlage 11, 58 (D); Heilmann, Erklärung zu Protokoll des BR, BR-Plpr. 898, Anlage 2, 315 (C); a. A. mit Plädoyer für lediglich eine Minimalumsetzung der MediationsRL hingegen Krämer, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 3: „Für den rein innerstaatlichen und deshalb durchweg kodifizierten Bereich in Deutschland sind die demokratisch zustande gekommenen Gesetze Richtschnur für Bürger und Justiz“. 116 Unten §§ 6–8 (S. 67 ff.); vgl. weiter Glasl, Konfliktmanagement, S. 313 ff.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 26 ff.; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang S. 573 ff.

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage

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Im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens des EGMediationsG117 gab es jedoch eine offen ausgetragene Kontroverse über das Für und Wider einer gerichtsinternen Mediation. Auf die verschiedenen Positionen im Rahmen der Genese ist hier im Überblick einzugehen, da die Auslegung des MediationsG sowie der anderen durch das EGMediationsG eingeführten Normen zum Teil ein Verständnis dieser Genese voraussetzt. Dabei legte die Bundesregierung zunächst einen Regierungsentwurf 118 vor, der in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–3 MediationsG-RegE die Normierung sowohl der außergerichtlichen, der gerichtsnahen als auch der gerichtsinternen Mediation vorsah. Die gerichtsinterne Mediation sollte dabei unter anderem durch entsprechende Schnittstellen in den Verfahrensordnungen, zum Beispiel § 278 Abs. 5 ZPORegE, implementiert werden.119 Der Bundesrat begrüßte den Regierungsentwurf und vertrat die Auffassung, dass die außergerichtliche Mediation zwar bevorzugt förderungswürdig sei, dass eine gesetzliche Regelung der gerichtsinternen Mediation dem aber nicht entgegenstehe, sondern gerade auch die außergerichtliche Mediation fördere.120 Er meldete vor diesem Hintergrund insoweit auch keinen Änderungsbedarf an. Doch bereits im Rahmen der ersten Lesung des EGMediationsG im Bundestag fielen die Stellungnahmen zur Frage, ob die vorgeschlagene gerichtsinterne Mediation umgesetzt werden solle, uneinheitlich aus.121 Auch die öffentliche Anhörung der Sachverständigen zum EGMediationsG vor dem Rechtsausschuss des Bundestages ergab ein uneinheitliches Stimmungsbild.122 Im Ergebnis folgte der Rechtsausschuss den kritischen Stimmen unter den Sachverständigen. Dies ist nicht ganz verwunderlich, da vier der fünf Berichterstatter sowie der Vorsitzende 117 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 118 RegE EGMediationsG v. 04.02.2011, BR-Drs. 60/11 und sowie unverändert RegE v. 01.04.2011, BT-Drs. 17/5335; im Übrigen insoweit wortgleich der RefE EGMediationsG v. 04.08.2010, abgedruckt in ZKM 2010, 157–159. 119 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 reSp. 120 Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drs. 60/11, Beschluss, Nr. 1, mit der Angabe, dass er diese Position mit dem Gesetzentwurf teile; eine dahingehende Aussage enthält aber jedenfalls die Begründung zum RegE EGMediationsG nicht. 121 Pro gerichtsinterne Mediation etwa Leutheusser-Schnarrenberger, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12053 (C); Silberhorn, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12059 (D); contra gerichtsinterne Mediation etwa Steffen, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12055 (A); Sensburg, Rede, BTPlpr. 17/105, 12056 (B); Hönlinger, Rede, BT-Plpr. 17/105, 12058 (C). 122 Pro gerichtsinterne Mediation Hausmanns, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, Art. 2 § 15 GVG; Sporrè, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 1; für eine Überführung der gerichtsinternen Mediation in das später Gesetz gewordene Güterichtermodell i. S. d. § 278 Abs. 5 ZPO Greger, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 4; Paul, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 2; Plassmann, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 15; contra gerichtsinterne Mediation Krämer, Stellungnahme vor dem BT-Rechtsausschuss, S. 4 ff.

46

1. Abschn.: Einleitung

des Rechtsausschusses aktive oder ehemalige Rechtsanwälte sind.123 Folglich sah die Beschlussempfehlung die gerichtsinterne Mediation nicht mehr vor.124 Als Grund führte der Rechtsausschuss vor allem den bürokratischen Aufwand bei der Gebührenerhebung für eine gerichtsinterne Mediation an.125 Stattdessen sah der § 278 Abs. 5 ZPO-E in der Form der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ein erweitertes Güterichtermodell vor, das der später Gesetz gewordenen Fassung des § 278 Abs. 5 ZPO n. F. bereits weitgehend ähnelte, allerdings weder im Wortlaut des Gesetzes noch in der Begründung die Zulässigkeit der Mediation durch einen Güterichter aussprach.126 In der nachfolgenden zweiten und dritten Lesung des EGMediationsG im Bundestag sprachen sich die Redner, allesamt Berichterstatter oder Mitglieder des Rechtsausschusses, für die Änderungen des Rechtsausschusses zugunsten des neuen Güterichtermodells aus.127 Uneinheitlich verhielten sich indes die Stellungnahmen zu der Frage, ob die gerichtsinterne Mediation durch die vorliegende Beschlussempfehlung somit abgeschafft128 oder lediglich unter anderem Namen weitergeführt129 werden sollte. Diese Unsicherheit, ob die gerichtsinterne Mediation weiterhin unter anderem Namen zulässig sein sollte oder aber abgeschafft würde, zog sich auch durch die nachfolgenden Beratungen im Bundesrat.130 In der Folge wurde in dieser Sache der Vermittlungsausschuss angerufen.131 Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss hatten im Wesentlichen zum Ergebnis, dass in § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO ein Güterichter definiert wurde, dem nach § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO ausdrücklich auch 123 124

Darauf weisen treffend Henssler/Deckenbrock, DB 2012, 159 (160) hin. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058,

S. 4. 125 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 17 liSp; vgl. näher Voßhoff, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17841 (C); Sensburg, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17845 (B). 126 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 9 und 21. 127 Vgl. sämtlich die Stellungnahmen von Ahrendt, Steffen, Voßhoff, Petermann, Hönlinger, Sensburg, Högl und Geis in BT-Plpr. 17/149, 17838 (A)–17848 (C); deutlich a. A. hingegen die Mitglieder des Rechtsausschusses Dyckmanns, van Essen sowie Kopp in ihrer schriftlichen Erklärung zu Protokoll, BT-Plpr. 17/149, Anlage 4, 17959. 128 So ausdrücklich Geis, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17848 (A); Steffen, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17840 (A). 129 So ausdrücklich Ahrendt, Rede, BT-Plpr. 17/149, 17838 (B); Voßhoff, Rede, BTPlpr. 17/149, 17841 (B). 130 Von einer Abschaffung gingen Kutschaty, Rede, BR-Plpr. 892, 30 (D) und Schiedek, Rede, BR-Plpr. 892, Anlage 11, 59 (A) aus; Zweifel über den Inhalt der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages bei Heilmann, Rede, BR-Plpr. 892, 31 (D); von einer Weiterführung gerichtlicher Mediation unter anderem Namen ging hingegen Busemann, Rede, BR-Plpr. 892, 58 (B) aus. 131 Beschluss des Bundesrates v. 10.02.0212, BR-Drs. 10/12.

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage

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der Einsatz aller Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation erlaubt ist.132 Dieser Kompromiss wurde sowohl vom Bundestag133 als auch vom Bundesrat134 akzeptiert. Diese Kontroverse zwischen und innerhalb der Gesetzgebungsorgane zur gerichtsinternen Mediation ist außerdem von einer Vielzahl von rechtswissenschaftlichen135 und rechtspolitischen136 Stellungnahmen zum Für und Wider der gerichtsinternen Mediation begleitet worden. Im Rahmen dieser Untersuchung werden die Pflichten des Rechtsanwalts in allen Verfahren der Mediation „im materiellen Sinne“ 137, also auch bei einer Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO, untersucht, ohne die Verfassungsmäßigkeit138, Notwendigkeit oder den Sinn dieser gesetzlichen Regelung in Frage zu stellen.

III. Keine Positionierung zur Haftung des Rechtsanwalts Keine Position bezieht die vorliegende Untersuchung ferner zu der Frage, ob die Auslegung der §§ 675, 611 BGB durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung im Hinblick auf den Rechtsanwaltsvertrag bzw. die Konkretisierung der vertraglichen Pflichten des Rechtsanwalts dogmatisch zwingend, vertretbar oder aber unzutreffend ist oder ob das Ergebnis einer solchen Auslegung rechtspolitisch wünschenswert ist. Maßstab für die Untersuchung der Pflichten des Rechtsanwalts als Parteianwalt im Rahmen einer Mediation ist vorliegend der Pflichtenkanon, den die 132

Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. 17/10102, S. 2. BT-Plpr. 17/187, 22359 (C). 134 Beschluss v. 29.06.2012, BR-Drs. 377/12. 135 Pro gerichtsinterne Mediation etwa Hess, ZZP 124 (2011), 137 (161 f.); Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (128); Wagner, RabelsZ 74 (2010), 794 (821); R. Wimmer/U. Wimmer, NJW 2007, 3243 (3247); Bamberger, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 42 Rn. 58; wohl auch Ahrens, NJW 2012, 2465 (2471); für das später Gesetz gewordene Modell des Güterichters i. S. d. § 278 Abs. 5 ZPO Greger, RabelsZ 74 (2010), 781 (791); contra gerichtsinterne Mediation Prütting, ZZP 124 (2011), 163 (163 ff.) [allerdings wenig ergebnisoffen unter dem Titel „Ein Plädoyer gegen Gerichtsmediation“]; Prütting, AnwBl. 2012, 204 (206); Engel/ Hornuf, ZZP 124 (2011), 505 (518); Henssler/Deckenbrock, DB 2012, 159 (161); Plassmann, BRAK-Mitt. 2012, 194 (195 ff.). 136 Pro gerichtsinterner Mediation etwa die Beschlüsse des 67. DJT (2008), Abteilung Mediation, Beschlüsse Nr. 21 ff.; DRB, Stellungnahme RegE EGMediationsG vor Ziff. 1; contra gerichtsinterne Mediation BRAK, Stellungnahme zum RefE EGMediationsG S. 5 ff.; BRAK, Presseerklärung Nr. 1 vom 14. Januar 2011 [zum RegE]; DAV, Stellungnahme RefE EGMediationsG S. 9. 137 Busemann, Rede, BR-Plpr. 892, 58 (B). 138 Dieser Einwand ist im Hinblick auf Art. 2 Nr. 5 EGMediationsG bislang, soweit ersichtlich, auch noch nicht geäußert worden. 133

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1. Abschn.: Einleitung

ständige Rechtsprechung im Rahmen von Regressprozessen gegen Rechtsanwälte als Maßstab verwendet.139 Dabei ist dieser Maßstab Gegenstand reger und teils heftiger Kritik.140 Tatsächlich erscheint die Ausformung der Pflichten nicht dogmatisch zwingend gewesen zu sein. Eine rechtspraktische Rolle dürften dabei zwei Aspekte gespielt haben: Zum einen ist ein Regress in Fällen von Fehlern sowohl des Gerichts als auch des Rechtsanwalts gegen das Bundesland oder die Bundesrepublik in der Regel aufgrund von § 839 Abs. 2 BGB, dem sogenannten Spruchrichterprivileg, ausgeschlossen. Es verbleibt in so einem Fall also nur der Rechtsanwalt als Regressschuldner.141 Zum anderen verfügen Rechtsanwälte über eine Haftpflichtversicherung für Fehler der Berufsausübung, so dass sie den Regressschaden in der Regel142 nicht selbst zahlen müssen.143 Für die Rechtspraxis ist der Pflichtenkanon der Rechtsprechung aber jedenfalls maßgebend. Vorliegend wird daher nur der bisherige Pflichtenkanon im Bereich der Mediation weitergedacht, aber nicht grundsätzlich neu entwickelt oder sonst in Frage gestellt.

IV. Sachliche Beschränkung: Allgemeines Zivilrecht Weiter kann die vorliegende Untersuchung nicht sämtliche denkbaren Fallgestaltungen in allen Rechtsgebieten abdecken. Denn die Mediation ist naturgemäß in jedem Konfliktfeld möglich und vom Gesetzgeber auch im Bereich der Gerichtsverfahren im FamFG, im ArbGG, im SGG, in der VwGO und in der FGO geregelt worden. Im Interesse einer klaren Fokussierung auf die Untersuchungsfrage wird vorliegend allein die Mediation über Streitigkeiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 13 Alt. 1 GVG im Hinblick auf die Pflichten des Parteianwalts untersucht. 139

Eingehend unten §§ 14–19 (S. 177 ff.). Vgl. u. a.: Medicus, AnwBl. 2004, 257 (261) spricht von einer „extrem strengen Haftung“; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 5 f.; Römermann, NJW 2009, 2924 (2925); Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (551); Jaeger, NJW 2004, 1 (5 f.); Chab, AnwBl. 2009, 379 (381); Slobodenjuk, NJW 2006, 113 (116 f.); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 67 f., 127; Henssler, JZ 1994, 178 (178). 141 BVerfG, NJW 2002, 2937 (2938); Medicus, AnwBl. 2004, 257 (261); Römermann, NJW 2009, 2924 (2925). 142 D.h. in den Grenzen der Versicherungssumme, vorbehaltlich einer Eigenbeteiligung und ohne Berücksichtigung etwaiger Prämienerhöhungen. 143 BVerfG, NJW 2002, 2937 (2938); Henssler, JZ 1994, 178 (188); Medicus, AnwBl. 2004, 257 (260) spricht insoweit von dem „deep pocket-Argument“; a. A. hingegen Ganter, AnwBl. 2007, 181 (186 mit Fn. 29) und Zugehör, NJW 2003, 3225 (3227), die in Abrede stellen, dass dieser Aspekt eine Auswirkung auf die Rspr. des BGH zur Anwaltshaftung habe. Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 661, vertritt hingegen die Ansicht, dass das BVerfG diese Ansicht in dem Beschluss NJW 2009, 2945 (2946) aufgegeben habe. 140

§ 3 Negative Abgrenzung der Untersuchungsfrage

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Somit werden für Zwecke der vorliegenden Untersuchung Streitigkeiten auf dem Gebiet des Familienrechts im Sinne der § 13 Alt. 2 GVG, §§ 1 Alt. 1, 111 FamFG und auf dem Gebiet des Arbeitsrechts im Sinne des § 2 ArbGG aus dem Untersuchungsgegenstand ausgeklammert. Auch spezifisch verbraucherschutzrechtliche Fragen werden vorliegend nicht erfasst.144 Denn während das BGB jedenfalls im Ausgangspunkt von einer Gleichordnung von geschäftlich urteilsfähigen Individuen ausgeht,145 beantworten die materiellen und prozessrechtlichen Vorgaben unter anderem des Familien-146, des Arbeitsrechts147 und der verbraucherschützenden Regeln148 – soweit überhaupt eine Dispositionsbefugnis der Parteien besteht – gerade ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Parteien, das einer gesonderten rechtlichen Behandlung bedarf. Eine solche grundsätzlich angelegte Ungleichheit bedürfte einer besonderen Berücksichtigung bei der Würdigung einer in der Mediation etwa ausverhandelten Abschlussvereinbarung. Außer Betracht bleiben ferner die öffentlich-rechtlichen Gebiete, die das Verhältnis des Bürgers zum Staat normieren. Denn auch wenn und soweit dort der Abschluss eines Vertrags bzw. Vergleichs zugelassen wird – zum Beispiel §§ 54, 55 VwVfG149, §§ 53, 54 Abs. 1 SGB X, anders hingegen § 85 S. 1 AO – geht die 144 Vgl. zur Mediation in Verbraucherschutzsachen die Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), ABl. EU L 165, S. 63 ff., sowie die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über OnlineStreitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), ABl. EU L 165, S. 1 ff.; vgl. dazu kritisch H. Roth, JZ 2013, 637 (642): „windschiefes Gebäude ohne tragfähige Statik“; Isermann/Berlin, VuR 2012, 47 (50 ff.); äußerst kritisch auch Eidenmüller/Engel, FAZ 2013, Nr. 159 vom 12.07.2013, S. 7, die von dem „trojanische[n] Pferd in de[m] Burgfrieden des Verbraucherschutzes“ und dem „Aufbau einer privaten Schattenjustiz“ sprechen; ebenso kritisch Eidenmüller/Engel, ZIP 2013, 1704 (1705 ff.); Wagner, C.M.L. Rev. 51 (2014), 165 (180 ff., 194); skeptisch gegenüber der praktischen Effektivität Rühl, RIW 2013, 737 (745); ebenfalls kritisch Hess, Europäische Perspektiven der Mediation in Zivilsachen, S. 25 (43); Meller-Hannich/Hörland/Krausbeck, ZEuP 2014, 8 (35); Stöber, JA 2014, 607 (612); eher positiv Hirsch, NJW 2013, 2088 (2093 f.); von einem „einfacheren Zugang zum Recht [für Verbraucher]“ spricht Engel, AnwBl. 2013, 478 (482). 145 M. Wolf/Neuner, BGB AT, § 10 Rn. 42. 146 Dethloff, Familienrecht, § 1 Rn. 13 f.; J. Koch, in: MünchKomm-BGB, Einleitung Familienrecht, Rn. 47 ff.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 1 Rn. 20; vgl. auch Löhnig, Grundfragen und Grenzen der Mediation, S. 65 (73 ff.). 147 Preis, in: ErfKomm-ArbR, § 611 BGB Rn. 45; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2011, § 611 Rn. 514. 148 Micklitz, in: MünchKomm-BGB, Vorbemerkungen §§ 13, 14 Rn. 68 ff.; Kannowski, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 13 Rn. 5 ff.; Hirsch, NJW 2013, 2088 (2088). 149 Bzw. entsprechend Art. 55 BayVwVfG, § 55 VwVfG NRW und die übrigen Landes-VwVfG.

50

1. Abschn.: Einleitung

Entscheidung auf Seiten der öffentlichen Hand nicht von dem Prinzip der Vertragsfreiheit, sondern vielmehr von dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus.150 Die Entscheidungsfreiheit einer Behörde, einen Vergleich abzuschließen, unterliegt daher besonderen rechtlichen Maßgaben151, die eine Berücksichtigung in der vorliegenden Arbeit ausschließen. Zuletzt wird auch der Täter-Opfer-Ausgleich gemäß § 46a StGB, der selbst keinen Anwendungsfall der Mediation sondern allenfalls ein ähnliches Verfahren darstellt,152 nicht behandelt werden.153

V. Persönliche Beschränkung: Parteianwalt Klarzustellen ist ferner, dass ausschließlich die Pflichten des Rechtsanwalts, der auf Seiten einer Partei in einem Zusammenhang mit einem Mediationsverfahren tätig wird, untersucht werden. Ausdrücklich nicht Gegenstand der nachfolgenden Erörterungen werden daher die Pflichten eines Rechtsanwalts, der als Mediator tätig wird,154 sein. Für den Rechtsanwalt, der in einer Mediation auf Seiten einer Partei tätig wird, sind verschiedene Begriffe geläufig. Der wohl gebräuchlichste Begriff, der auch hier im Folgenden verwendet werden wird, ist derjenige des „Parteianwalts“.155 Teilweise wird diese Bedeutung auch mit „Parteivertreter“ bezeichnet.156 Es

150 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 55 Rn. 3; Wehrhahn, in: KassKommSozR, § 54 SGB X Rn. 2. 151 Vgl. dazu Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (52 ff.). 152 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 29; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 5.16; Schroeder, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang V. Rn. 58 ff. 153 Kritisch zur Mediation im Strafrecht und auch zum Täter-Opfer-Ausgleich Rottleuthner, KJ 2012, 444 (456 ff.); vgl. insoweit auch Löhnig, Grundfragen und Grenzen der Mediation, S. 65 (66 ff.). 154 Auch „Anwaltsmediator“ genannt, vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 98; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1279; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (62). 155 So etwa Henssler, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 3 Rn. 58; Greger, ZKM 2011, 86 (88); Ewig, ZKM 2012, 4 (6); G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 81; Risse, NJW 2000, 1614 (1615 mit Fn. 24); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1370; Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 101a; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (60). 156 So etwa Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (433); L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 1 Rn. 32; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 104.

§ 4 Gang der Untersuchung

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scheint aber näher die Bezeichnung „Parteianwalt“ zu verwenden, da gerade in der Mediation selten eine Vertretung der Parteien vorkommen wird.157

§ 4 Gang der Untersuchung Die Untersuchung verläuft wie folgt: In dem folgenden zweiten Abschnitt wird zunächst ein Überblick über die Mediation gegeben. Dabei beschäftigen sich §§ 5–8 mit den Hintergründen, §§ 9–13 mit den Rechtsgrundlagen und dem Ablauf einer Mediation. Der dritte Abschnitt stellt in §§ 14–20 die Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts und damit vor allem den Inhalt der Pflichten aus dem Mandatsvertrag dar. In dem vierten Abschnitt (§§ 21–27) wird die Untersuchungsfrage weiter abgeschichtet und sodann die Maßgaben der Haftung des Rechtsanwalts auf die Mediation angewendet. Ein fünfter Abschnitt stellt die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung in Thesen zusammen.

157

Heussen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 17 Rn. 1.

Zweiter Abschnitt

Überblick über die Mediation Im vorliegenden zweiten Abschnitt wird ein kurzer Überblick über die Mediation als Gegenstand dieser Untersuchung gegeben. Nach einer gedrängten Darstellung der Geschichte (§ 5) und der konflikttheoretischen Hintergründe der Mediation (§ 6) werden die Ineffizienzen menschlichen Konfliktverhaltens (§ 7) sowie das Harvard-Konzept als Modell der Konfliktbehandlung (§ 8) vorgestellt. Anschließend werden die Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG (§ 9), der Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts gemäß § 278a ZPO (§ 10) sowie der Mediation durch einen Güterichter gemäß § 278 Abs. 5 ZPO (§ 11) erarbeitet. Schließlich wird der Ablauf einer typischen Mediation unter Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Konsequenzen des MediationsG geschildert (§ 12).

§ 5 Geschichte der Mediation Aufgrund des Bedeutungswandels des Begriffs „Mediation“ 158 gibt es nicht die Geschichte der Mediation.159 Jedoch lassen sich die Wurzeln von zwei wesentlichen Elementen der Mediation, zum einen der Vermittlung durch einen Dritten sowie zum anderen dem Ausgleich von Interessen, über ca. 2500 Jahre zurückverfolgen.160 Eine besonders starke Tradition der Vermittlung und eine bis heute starke Betonung des Konsenses lässt sich dabei insbesondere in den Kulturen Chinas, Japans, Afrikas sowie der arabischen Staaten, teils über sechs Jahrtausende zurück, nachweisen.161 Im Folgenden werden im Interesse einer gedrängten Darstellung jedoch lediglich einige herausragende historische Beispiele der Vermittlung und des Ausgleichsgedankens aus dem europäischen Raum (I.–IV.) sowie aus dem

158

Oben § 1 I. (S. 25 f.). Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 3 f.; Duss-von Werdt, homo mediator, S. 15; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 1 f.; a. A. wohl Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 1. 160 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 15. 161 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 19 f.; Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 7; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 1; Montada/Kals, Mediation, S. 23. 159

§ 5 Geschichte der Mediation

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deutschen Zivilprozessrecht (V.) vorgestellt. Schließlich werden die jüngsten Entwicklungen der Mediation kurz skizziert (VI.).

I. Antike: Vermittlung durch Solon Eines der prominentesten Beispiele für eine Vermittlung, auf das sich auch die Gesetzesbegründung zum EGMediationsG162 beruft,163 liefert der Athener Staatsmann Solon. Solon entstammte dem athenischen Adelsgeschlecht der Medontiden und lebte wohl von 640 v. Chr. bis (ca.) 561 v. Chr.164 In diese Zeit fielen große soziale Unruhen zwischen den verschiedenen Klassen Athens,165 die sich insbesondere aus der ungleichen Besitzverteilung zwischen den Bevölkerungsschichten ergaben.166 Dafür gab es zwei wesentliche Gründe, die im damaligen Recht angelegt waren. Zum einen sah das Erbrecht vor, dass Grundbesitz zwischen den Erben parzelliert werde, was somit zu einer kleinteiligen Zersplitterung der landwirtschaftlich genutzten Flächen führte. Daraus resultierte, dass deren Eigentümer sich nicht mehr ernähren konnten.167 Zum anderen musste ein Schuldner im Falle seiner Zahlungsunfähigkeit für den Gläubiger arbeiten oder konnte von diesem als Schuldsklave verkauft werden.168 Beide Ursachen zusammen führten dazu, dass viele ehemals freie Athener als Schuldsklaven lebten oder, um dem zu entgehen, flüchteten.169 In dieser Situation wählten die Athener Solon im Jahre 594 v. Chr. zum Vermittler und Archonten auf die Dauer von einem Jahr.170 Das Ergebnis seiner einjährigen Vermittlungsbemühungen zwischen den Bevölkerungsschichten war ein Kompromiss, der vor allem drei Änderungen einführte: Die verschuldeten Kleinbauern wurden von ihren Verbindlichkeiten befreit, die Schuldsklaven wurden mit dem Geld der Polis freigekauft und flüchtige Schuldner durften straffrei nach

162 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 163 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp. 164 Brockhaus, Enzyklopädie, „Solon“. 165 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 25. 166 Welwei, Griechische Polis, S. 143. 167 Welwei, Griechische Polis, S. 141. 168 Welwei, Griechische Polis, S. 141 mit Fn. 3 m.w. N.; Kuiper, Ancient Greece, S. 47; nach Aristoteles abweichender Rechtsauffassung war Grundbesitz nach damaligen Recht unveräußerlich und es konnte auch kein Grundpfandrecht daran bestellt werden, so dass der Schuldner und seine Familien persönlich als Kreditsicherheit (Pfand) fungierten. 169 Welwei, Griechische Polis, S. 142. 170 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 25.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Athen zurückkehren.171 Im Gegenzug kam es nicht zu einer Neuzuteilung des gesamten Grundbesitzes zu Lasten der Aristokraten. Aufgrund dieser erfolgreichen Vermittlungsbemühungen konnte Solon einen Bürgerkrieg in Athen abwenden. Dies gilt als erste dokumentierte Vermittlung der europäischen Geschichte.

II. Mittelalter: Ausgleich durch Wergeld und transactio Im Mittelalter verfolgten das Wergeld und transactio einen Ausgleich in Form einer Schadenswiedergutmachung oder Genugtuung des Opfers anstatt einer Strafe.172 So sahen die mittelalterlichen Stammesrechte des fünften bis neunten Jahrhunderts sowie auch spätere Kodifikationen das so genannte Wergeld173 als strafrechtliche Sanktion vor:174 Um eine Blutrache an dem Täter zu verhindern, konnte der Strafrichter danach, soweit es nicht zu einer Einigung zwischen dem Täter und dem Opfer bzw. dessen Hinterbliebenen kam, eine Ausgleichszahlung des Täters an das Opfer anordnen.175 Durch diese Regelungen sollten zugleich Sühneverhandlungen zwischen Täter und Opfer angeregt werden,176 so dass man hierin jedenfalls auch den oben angesprochenen Vermittlungsgedanken wiedererkennen kann.177 Um die Höhe des Wergeldes zu konkretisieren, sahen die jeweils maßgeblichen Regelwerke Kataloge mit Rechtsgutverletzungen und dem festzusetzenden Wergeld vor.178 Das Wergeld wurde dabei in Geldeswert festgesetzt, konnte aber auch in Sachleistungen erbracht werden. Dazu normierte zum Beispiel das fränkische Stammesrecht, die lex ribuaria (ca. 613–623 n.Chr.), dass ein Ochse dem Wert von zwei Schillingen, eine Kuh dem Wert von 12 Schillingen entspricht.179 Einen ähnlichen Ausgleichsgedanken findet man in der transactio, die auf das römische Recht zurückgeht und im germanischen Recht, wie auch im späteren italienischen Strafrecht, bis zum 16. Jahrhundert nachweisbar ist: Es handelt sich

171 Welwei, Griechische Polis, S. 143 f.; Duss-von Werdt, homo mediator, S. 25; teilw. a. A. Kuiper, Ancient Greece, S. 46 ff., nach der die Verbindlichkeiten nicht erlassen wurden. 172 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 23 f. 173 Vom lateinischen vir = Mann, vgl. Stowasser, Lateinisches Wörterbuch, S. 553 „vir“. 174 Brockhaus, Enzyklopädie, „Wergeld“. 175 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 24. 176 H.-J. Becker, NJW 1995, 2077 (2078 f.). 177 Montada/Kals, Mediation, S. 24. 178 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 24. 179 Brockhaus, Enzyklopädie, „Wergeld“.

§ 5 Geschichte der Mediation

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dabei um einen Vergleichs- oder Sühnevertrag zwischen dem Täter und dem Opfer über eine Schadenswiedergutmachung einerseits und das Absehen des Opfers von einer Anklage gegen den Täter andererseits.180 Auch das Institut der transactio rückt also die Einigung der Konfliktparteien in den Vordergrund und ist insofern mit dem Täter-Opfer-Ausgleich im geltenden § 46a StGB vergleichbar. Sowohl das Wergeld als auch die transactio verfolgten also eine Strategie der Deeskalation des Konflikts, da sie vor allem bezweckten, Fehden und Blutrache zu vermeiden und stattdessen Frieden herzustellen.181

III. Neuzeit: Mediator Alvise Contarini Das wohl herausragendste Beispiel einer Vermittlung durch einen nicht entscheidungsbefugten Dritten, auf das sich auch die Gesetzesbegründung zum EGMediationsG beruft,182 liefert Alvise Contarini183, der an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden beteiligt war. In den Jahren 1618–1648 fand in Europa der später so genannte Dreißigjährige Krieg statt. Es handelte sich dabei im Ausgangspunkt um einen konfessionellen Konflikt innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, in den später aber auch außereuropäische Mächte eingriffen, was zu einer Vielzahl von einzelnen Kriegen führte.184 Im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges bemühten sich circa ab dem Jahre 1630 verschiedene Personen um eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien.185 Eine besondere Rolle spielte dabei Venedig: Es war selbst nicht nennenswert in den Dreißigjährigen Krieg verwickelt, sah sich aber seinerseits einer Bedrohung durch die Türken ausgesetzt. Um Unterstützung gegen diese türkische Bedrohung zu erhalten, wollte Venedig durch die Vermittlungsbemühungen Vertrauen und Prestige bei den anderen Kriegsparteien gewinnen und außerdem durch die Befriedung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen ein gemeinsames europäisches Vorgehen initiieren.186 Um diesen Vermittlungsauftrag zu erfüllen, sandte Venedig in den Jahren 1643–1649 Alvise Contarini nach Münster.187

180

Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 23. Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 25. 182 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp. 183 Auch Aloysius Contareno, vgl. die Abbildung eines Stichs bei Hehn, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 13 Abb. 1. 184 Brockhaus, Enzyklopädie, „Dreißigjähriger Krieg“. 185 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 13. 186 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 33 f. 187 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 35. 181

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Von den Konfliktparteien wurde Alvise Contarini als neutraler Dritter wahrgenommen, der seine Rolle – jedenfalls ganz überwiegend – ohne den Anschein der Parteilichkeit ausfüllte.188 Dies war nicht selbstverständlich: So lehnte es zum Beispiel der von Papst Innozenz X. gesandte Vermittler Fabio Chigi, der später selbst Papst Alexander VII. wurde, aus theologischen Gründen ab, direkte Gespräche mit der protestantischen Seite zu führen.189 Die folgenden fünfjährigen190 Verhandlungen wurden auf vier verschiedenen Verhandlungskanälen, größtenteils im Wege von Einzelgesprächen mit den jeweiligen Parteien, geführt.191 Alvise Contarini wusste im Rahmen dieser Vermittlungsbemühungen stets seine Position als neutraler Dritter ohne Entscheidungsbefugnis zu wahren.192 Diese Vermittlungsbemühungen, die trotz des konfessionell und machtpolitisch extrem aufgeladenen Konflikts und der während der jahrelangen Verhandlungen andauernden kriegerischen Handlungen erfolgreich waren, gelten heute als eine der herausragendsten Vermittlungen der Neuzeit.193

IV. Moderne: Austrägalverfahren nach der Deutschen Bundesakte Ein Beispiel für den Vermittlungsgedanken in der Moderne ist das so genannte Austrägalverfahren, das für den Deutschen Bund durch Art. 11 Abs. 4 der Deutschen Bundesakte194 vom 08.06.1815 eingeführt wurde. Der Verabschiedung dieser Deutschen Bundesakte ging der so genannte „Wiener Kongress“ voraus. Dazu trafen sich nach dem Sturz Napoleons I. in der Zeit vom 18.09.1814 bis zum 09.06.1815 rund 200 Staaten, Herrschaften, Städte und Korporationen in Wien, um über die politische Neuordnung Europas zu verhandeln.195 Ein Novum der Verhandlungstechnik war dabei, dass die Verhandlungsgegenstände nicht im großen Plenum, sondern vielmehr in einem Komitee der vier Großmächte Österreich, Preußen, Großbritannien und Russland sowie in diversen (Fach-)Ausschüssen diskutiert wurden.196 188

Duss-von Werdt, homo mediator, S. 34. Duss-von Werdt, homo mediator, S. 34. 190 Genauer handelte es sich um zwölf Jahre, davon sieben für die Vorverhandlungen und fünf Jahre für die Hauptverhandlungen; nur bei den Letzteren nahm Contarini teil, vgl. Duss-von Werdt, homo mediator, S. 42. 191 Duss-von Werdt, homo mediator, S. 37 f. 192 Ponschab/Anselmann/Hahn, ZKM 2013, 144 (144 f.). 193 Vgl. nur Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 10 liSp. 194 Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 1818, Anhang, Nr. 23, S. 143–155; abgedruckt u. a. bei Botzenhart, Die Deutsche Verfassungsfrage 1812– 1815, S. 70 ff. 195 Brockhaus, Enzyklopädie, „Wiener Kongress“. 196 Brockhaus, Enzyklopädie, „Wiener Kongress“. 189

§ 5 Geschichte der Mediation

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Eines der Verhandlungsergebnisse des Wiener Kongresses war die Deutsche Bundesakte, welche die Verfassung des Deutschen Bundes, einem Staatenbund, darstellte. Diese Bundesakte enthielt in Art. 11 Abs. 4 folgende Regelungen: „Die Bundesglieder machen sich ebenfalls verbindlich, einander unter keinerlei Vorwand zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten mit Gewalt zu verfolgen, sondern sie bei der Bundesversammlung anzubringen. Dieser liegt alsdann ob, die Vermittlung durch einen Ausschuss zu versuchen; falls dieser Versuch fehlschlagen sollte, und demnach eine richterliche Entscheidung notwendig würde, solche durch eine wohlgeordnete Austrägal-Instanz zu bewirken, deren Ausspruch die streitenden Theile sich sofort zu unterwerfen haben.“

Die etymologische Herkunft des Begriffs „Austrägalverfahren“ bzw. „Austrägal-Instanz“ war dabei bereits damals nicht vollständig klar: Nach der überwiegenden Auffassung geht der Begriff auf das Wort „tragen“ zurück, das im Altdeutschen „verurtheilen“ hieß, sowie auf „Austrag“, was auch „Schiedsgericht“ bedeutete.197 In der Sache war aber vor der Streitentscheidung durch einen entscheidungsbefugten Dritten, der Austrägal-Instanz, jedenfalls der Versuch der Vermittlung durch einen neutralen Dritten, die Bundesversammlung, vorgesehen. Darin liegt ebenfalls eine prominente Fortentwicklung des Vermittlungsgedankens, die als historisches Vorbild der Mediation verstanden werden kann.198 Die Streitentscheidung durch einen Dritten auf staatsrechtlicher Ebene war außerdem Vorbild für die spätere Schaffung des Bundesverfassungsgerichts.199

V. Gütegedanke und Güteverfahren im deutschen Zivilprozessrecht Der oben angesprochene Vermittlungsgedanke lässt sich außerdem in der jüngeren Geschichte des deutschen Zivilprozesses seit dem 19. Jahrhundert mit wechselnden Vorzeichen ausführlich nachweisen. 1. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sahen diverse Zivilprozessordnungen in Kontinentaleuropa ein obligatorisches Güteverfahren vor. Dazu zählten – bei Unterschieden im Einzelnen – Preußen, Bayern, Frankreich und die Niederlande.200 Die Sinnhaftigkeit der Einführung eines solchen obligatorischen Güteverfahrens im Zivilprozessrecht war jedoch, wie auch diejenige des Vergleichs 197

Leonardi, Das Austrägalverfahren des Deutschen Bundes (1838), S. 13 f. m.w. N. Ronellenfitsch, DÖV 2010, 373 (377). 199 Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht, Rn. 1; Ronellenfitsch, DÖV 2010, 373 (377). 200 Jansen, ZKM 2003, 24 (24). 198

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

überhaupt, stark umstritten. Protagonisten dieser Auseinandersetzung in der Sache waren einerseits Mittermaier, der sich vehement gegen den Gütegedanken aussprach, und andererseits Puchta, der die Vorteile der Vermittlung und eines Vergleichs hervorhob.201 Mittermaier sah in einem obligatorischen Güteverfahren zunächst eine einfache Verzögerungsmöglichkeit für den Beklagten und hielt es außerdem nicht für sinnvoll, die Güteverhandlung vor der Beweisaufnahme und der Verhandlung darüber anzusetzen.202 Vor allem aber beruhten nach der Auffassung Mittermaiers alle Versuche des Gesetzgebers, den Gütegedanken im Zivilprozessrecht zu implementieren, „auf einer unrichtigen Vorstellung von dem Prozesse und von der Würde des Rechts, da man jeden Prozeß als ein Uebel betrachtet, das man verbannen müsse, und vergißt, daß da, wo ein feigherziges, schwaches, der Bequemlichkeit zutragendes Nachgeben nach dem gepriesenen Vergleichestiften an der Tagesordnung wäre, nur das größte Unrecht seinen Deckmantel fände, und mit dem verschwundenen Sinne für das Recht auch jede Kraft aus dem Volke gewichen wäre.“ 203

Obwohl auch Puchta nicht den unbedingten Vorrang eines Vergleichs gegenüber der Streitentscheidung durch Urteil propagierte,204 hielt er den Vergleich im Zivilprozess grundsätzlich für effizient und daher wünschenswert. Denn ihm schien es plausibel, „daß der Eine oder der Andere von streitenden Theilen nach entschiedener Sache, zumal wenn er alle Nachtheile des Prozesses: den gehabten Verdruß, den Verlußt an Zeit und Kosten, die oft auch nach erhaltenem Obsiege wenigstens nicht vollständig ersetzt werden, die Störung in seinem häuslichen und Gewerbsberuf etc. in Rechnung bringt, sich gestehen muß, er hätte besser gethan, wenn er von seinem bestrittenen Recht zu rechter Zeit durch Nachgiebigkeit einen Theil aufgeopfert hätte, statt den richterlichen Spruch abzuwarten. [. . .] Aber zu dieser Erkenntnis kommen die Betheiligten selten von sich selbst, noch seltener mit der Wirkung, daß sie sich aus eigener Bewegung einander näherten; [. . .].“ 205

2. Das richterliche Güteverfahren der Civilprozeßordnung (1877) Die Civilprozeßordnung206 aus dem Jahre 1877, die im ganzen Deutschen Reich am 01.10.1879 in Kraft trat, enthielt in mehrerlei Hinsicht Ausflüsse des Gütegedankens.207 201 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 62; Jansen, ZKM 2003, 24 (24). 202 Mittermaier, AcP 11 (1828), 144 (150 ff.). 203 Mittermaier, Der gemeine deutsche bürgerliche Prozeß (1822), S. 131. 204 Puchta, AcP 19 (1836), 214 (215). 205 Puchta, AcP 19 (1836), 214 (218 f.). 206 Civilprozeßordnung vom 30.01.1877, RGBl. S. 83. 207 Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 (189).

§ 5 Geschichte der Mediation

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Zunächst sah § 268 CPO vor, dass das Gericht „in jeder Lage des Rechtsstreits die gütliche Beilegung desselben oder einzelner Streitpunkte versuchen oder die Parteien zum Zwecke des Sühneversuchs vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen“ kann. Dadurch wurde zwar kein obligatorisches Güteverfahren implementiert, aber doch zumindest der Gütegedanke in der CPO verankert.208 Außerdem konnte ein Kläger den Beklagten durch das fakultative Schlichtungsverfahren gemäß § 471 CPO bereits vor Klageerhebung zum Zwecke eines Sühneversuchs an das Amtsgericht am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten laden lassen.209 Auch hierin lag kein obligatorisches Güteverfahren, da der Beklagte nicht verpflichtet war, zu erscheinen. Die Regelung des § 471 CPO hatte daher auch in der Praxis keinen Erfolg.210 Schließlich sahen die §§ 570 ff. CPO spezifisch für den Bereich der Ehesachen einen obligatorischen Sühneversuch vor. Dieser Sühneversuch war grundsätzlich in jedem Verfahren über eine Ehesache durchzuführen. Eine Ausnahme bestand allerdings, wenn die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs mit Bestimmtheit vorauszusehen war. Aufgrund häufiger Erfolglosigkeit im Allgemeinen ging die gerichtliche Praxis immer mehr dazu über, das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu verkehren und von der Durchführung des an sich obligatorischen Sühneversuchs abzusehen.211 3. Entlastungsverordnung (1915) In den Vorjahren des Ersten Weltkriegs brach eine Prozessflut über die deutschen Zivilgerichte herein.212 Hinzu trat, dass der Kriegsbeginn ab 1914 zu einem Personalmangel an den Gerichten führte.213 Angesichts dieser Herausforderungen für die Prozesspraxis gründete sich im Jahre 1915 eine „Vereinigung der Freunde des Güteverfahrens“, die sich überwiegend aus Praktikern aber auch einigen Parlamentariern zusammensetzte.214 Sie reichte beim Bundesrat eine Eingabe ein, die in Rechtstreitigkeiten vor den Amtsgerichten die Einführung eines obligatorischen Güteverfahrens vorsah. Der Bundesrat entsprach dieser Eingabe allerdings nur teilweise. Der Gesetzgeber 208 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 67 f.; Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 209 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 68 ff.; Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 210 Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 211 Bergerfurth, FamRZ 2001, 12 (12); Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 212 Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 213 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 84. 214 Rasch, DJZ 1915, 692; B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, (87).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

wollte in Zeiten des Krieges nicht durch tiefgreifende Änderungen in die allgemeine Ordnung der Rechtspflege eingreifen.215 Er führte daher mit § 18 der EntlastungsVO216 lediglich eine Soll-Vorschrift ein, die den Richter in Prozessen vor den Amtsgerichten zur Durchführung eines Sühneversuchs anhielt. Die Durchführung blieb aber fakultativ und hat sich in der Praxis kaum durchsetzen können.217 4. „Emminger Novelle“ (1924) Im Jahre 1923 wurde die Weimarer Republik von heftigen politischen und vor allem auch volkswirtschaftlichen Krisen geschüttelt. Zu diesen Krisen zählte zuvörderst die rasende Inflation. Die Inflation führte dazu, dass Zivilprozesse als Mittel der Durchsetzung von Zahlungsansprüchen nur noch in deutlich geminderten Umfang genutzt wurden, da die Prozessdauer durch die Inflation die Bürger doppelt belastete.218 Um diesen Problemen zu begegnen, erließ das Reichsjustizministerium 1924 die Verordnung über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten219. Die Verordnung wurde später nach dem damaligen Reichsjustizminister Emminger benannt und führte unter anderem in den §§ 495a, 499a–499g ZPO (1924) ein obligatorisches Güteverfahren vor den Amtsgerichten ein.220 Eine Ausnahme von dem Erfordernis eines Güteverfahrens für amtsgerichtliche Klagen war nach § 495a ZPO (1924) nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dieses Güteverfahren wurde durch die Erhebung einer Klage automatisch eingeleitet. Das Gericht konnte das persönliche Erscheinen der Parteien zur Güteverhandlung anordnen, § 499b ZPO (1924). Inwiefern die Gerichte diese Möglichkeit zur Ladung regelmäßig nutzten, ist nicht geklärt.221 Erschien eine der Parteien nicht

215

Levin, Gruchot 60 (1916), 1 (37); Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189

(190). 216 Verordnung zur Entlastung der Gerichte vom 09.09.1915, RGBl. S. 562; die Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung ergibt sich aus § 3 des Ermächtigungsgesetzes vom 04.08.1914, RGBl. S. 327, vgl. Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 11 mit Fn. 41. 217 Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 (190); Jansen, ZKM 2003, 24 (25). 218 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 99 und 101; Jansen, ZKM 2003, 24 (27). 219 Verordnung vom 13.02.1924, RGBl. I S. 135, 141 ff.; zur Ermächtigungsgrundlage sowie zum Verfahren des Verordnungserlasses vgl. B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 99 f. 220 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1 Rn. 161; Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 (190); Jansen, ZKM 2003, 24 (27). 221 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 104, spricht von einem „maßvolle[m] Gebrauch“ des § 499b ZPO (1924), während Jansen, ZKM 2003, 24 (28), ausführt, dass das Gericht das persönliche Erscheinen „regelmäßig anordnete“.

§ 5 Geschichte der Mediation

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zum Gütetermin, so wurde das Verfahren sofort als streitiges Verfahren fortgeführt und es bestand insbesondere die Möglichkeit zum Versäumnisurteil nach den allgemeinen Regeln, § 499f ZPO (1924). In der Sache konstituierten die Änderungen durch die Emminger Novelle also ein bloßes Anrecht des Gläubigers auf Vermittlung durch das Gericht, während Rechtsschutz in Form des Urteils erst nach Durchführung des Güteverfahrens gewährt wurde. Dem Schuldner oblag lediglich die prozessuale Last, zur Güteverhandlung zu erscheinen, um ein Versäumnisurteil abzuwenden.222 Das Güteverfahren nach der Emminger Novelle wurde teils heftig kritisiert. Der Gütegedanke selbst war dabei aber nicht der Anlass. Problematisch wurde vielmehr gesehen, dass das Güteverfahren sofort nahtlos in ein streitiges Versäumnisverfahren übergehen konnte und damit selbst bereits eine Kampfansage enthielt. Außerdem wurde die Gefahr gesehen, dass sich der Richter im Rahmen der Vermittlung im Güteverfahren mit der emotionalen Konfliktlage der Parteien befassen müsse und in der Folge gegebenenfalls für den nachfolgenden Prozess befangen sein könnte.223 Rechtstatsächlich ist die Einführung des Güteverfahrens als Erfolg zu bewerten.224 Zwar fehlen umfassende rechtstatsächliche Erhebungen für das gesamte Geltungsgebiet des deutschen Zivilprozessrechts. Allerdings gibt die Preußische Justizstatistik ein repräsentatives Bild der Zahlen für Preußen: Vor Einführung des Güteverfahrens im Jahre 1913 lag die Vergleichsquote in Preußen bei rund 7 %. Nach der Einführung stieg die Anzahl der Erledigungen im Güteverfahren auf ca. 18 % im Jahre 1925 und sogar auf 24 % im Jahre 1930.225 5. Nationalsozialistische Herrschaft und Zweiter Weltkrieg Das Verhältnis des Nationalsozialismus zum Gütedanken und -verfahren im deutschen Zivilprozessrecht war gespalten: Einerseits schien die Vermittlung widerstreitender Interessen dem im Nationalsozialismus verbreiteten Kampfgedanken zu widersprechen. Andererseits nutzten die Nationalsozialisten das Güteverfahren aber vor allem, um den Vorrang der Kollektivinteressen vor den Individualinteressen auch im Zivilprozessrecht zu

222

Jansen, ZKM 2003, 24 (28). Vgl. B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 109 ff. m.w. N. 224 Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 (192). 225 Vgl. B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 118 sowie Jansen, ZKM 2003, 24 (28 f.) jeweils unter Zusammenfassung der Ausgangszahlen in Reichsjustizministerium (Hrsg.), Entwurf einer Zivilprozeßordnung von 1931, Erläuterungen, S. 284 f. 223

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

propagieren: Die Durchsetzung eigener Rechte sollte danach hinter das Wohl des Volkes als Ganzem zurücktreten.226 Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurde angestrebt, alle verfügbaren Ressourcen aus der Rechtspflege abzuziehen und den Streitkräften zur Verfügung zu stellen.227 Dazu wurde durch § 5 der Zweiten KriegsmaßnahmenVO228 unter anderem das obligatorische Güteverfahren in § 495a ZPO (1924) abgeschafft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das obligatorische Güteverfahren in der britischen229 und der französischen230 Zone wiedereingeführt, während in der amerikanischen Zone keine solchen Regelungen getroffen wurden.231 Eine bundesweit einheitliche Rechtslage wurde erst mit dem Rechtseinheitsgesetz232 im Jahre 1950 wiederhergestellt, das in seinen Art. 2 Nr. 62 und 67 das obligatorische Güteverfahren in der ganzen Bundesrepublik abschaffte.233 6. Vereinfachungsnovelle zur ZPO (1977) Im Jahre 1976 wurde die sogenannte Vereinfachungsnovelle234 zur ZPO mit Wirkung zum 01.07.1977 erlassen. Das Regelungsanliegen der Novelle bestand im Wesentlichen darin, das zivilprozessuale Verfahren zu beschleunigen, indem die §§ 272–278 ZPO so modifiziert wurden, dass der Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung erledigt werden kann.235 In der Sache fügte die Vereinfachungsnovelle die bedeutsamsten Änderungen der ZPO in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein.236

226 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 127; H. Roth, Das Spannungsverhältnis im deutschen Zivilprozessrecht, S. 149 (159 f.). 227 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 128. 228 Verordnung über außerordentliche Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts aus Anlaß des totalen Krieges vom 27.09.1944, RGBl. I S. 229. 229 Art. 6 Nr. 2 lit. n) der Verordnung vom 27.01.1948, VOBlBrZ, S. 13. 230 § 34 Nr. 9 der LandesVO (Rechtsanordnung) über Gerichtsverfassung und Verfahren der französischen Zone. 231 Jansen, ZKM 2003, 24 (29); B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 130. 232 Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12.09.1950, BGBl. S. 455. 233 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1 Rn. 190; Schuster, Alternativen in der Ziviljustiz, S. 189 (193). 234 Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 03.12.1976, BGBl. I., S. 3281. 235 Grunsky, JZ 1977, 201 (201). 236 Rauscher, in: MünchKomm-ZPO, Einleitung ZPO, Rn. 80; Brehm, in: Stein/ Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1 Rn. 197.

§ 5 Geschichte der Mediation

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Im Hinblick auf das Güteverfahren führte die Vereinfachungsnovelle § 296 ZPO a. F. und § 495a Abs. 2 ZPO a. F. in den neuen § 279 ZPO (1977) zusammen, der im geltenden Recht im Wesentlichen unverändert in § 278 Abs. 1 ZPO fort gilt.237 Die abgelösten Normen hatten in § 495 Abs. 2 ZPO a. F. für das amtsgerichtliche Verfahren geregelt, dass der Versuch einer gütlichen Einigung der Parteien durchgeführt werden „sollte“, während der Güteversuch vor den Landgericht nach § 296 ZPO a. F. lediglich durchgeführt werden „konnte“. Die Novelle sollte mit der Neuregelung in § 297 ZPO (1977) dafür sorgen, dass die Gerichte in beiden Verfahren gleichermaßen zur gütlichen Einigung angehalten werden.238 In der Folge der Vereinfachungsnovelle wurden in der Rechtswissenschaft sowohl dem Vergleich als Möglichkeit der Streiterledigung wie auch den Alternativen zum gerichtlichem Verfahren mehr Aufmerksamkeit gewidmet. So wurde in diesen Jahren der Ausdruck „Schlichten statt Richten“ 239 als Thema der Rechtswissenschaft (wieder-)entdeckt.240 Dazu traten zwei Schlüsselveranstaltungen, welche die genannten Themen weiter in den Vordergrund rückten. Dies sind zum einen eine Tagung von Rechtssoziologen im Jahre 1977 zu dem Thema „Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht“ und eine Tagung des Bundesministeriums der Justiz im Jahre 1981 zu dem Thema „Alternativen in der Ziviljustiz“.241 7. Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung (2000) In der Folge der deutschen Wiedervereinigung bestand in den neuen Bundesländern ein sehr großer Personalbedarf in dem Bereich der Rechtspflege. Dazu kam ein seit dem Jahre 1992 stark ansteigender Geschäftsanfall bei der Ziviljustiz.242 Um die Ziviljustiz vor diesem Hintergrund zu entlasten, plante der Ge237 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 2; Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 279 Rn. 2. 238 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 2 mit Fn. 7; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 19. 239 So wohl als Erster im rechtswissenschaftlichen Schrifttum der Nachkriegszeit Stürner, JZ 1979, 133 (133); als Überschrift aufgegriffen von Prütting, JZ 1985, 261 (261). 240 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 22 f.; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Einleitung Rn. 19 f. 241 B. C. Peters, Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht, S. 24; vgl. dazu die Tagungsbände Blankenburg/Klausa/Rottleuthner (Hrsg.), Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht, 1980, und Blankenburg/Gottwald/Strempel (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz – Berichte, Analysen, Perspektiven, 1982. 242 Begründung des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 04.12.1996, BT-Drs. 13/6398, S. 12.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

setzgeber neben der Vereinfachung des Zivilprozessrechts auch eine Verlagerung der Konfliktregelung von den Gerichten auf alternative Streitschlichtungsstellen.243 Dazu beschloss der Bundesrat unter Federführung der Sächsischen Staatsregierung, einen Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei dem Bundestag einzubringen.244 Dieser Gesetzentwurf wurde dem Bundestag unter dem 04.12. 1996 zugeleitet und sah in Art. 2 bereits die Einführung des heute im Wesentlichen unverändert geltenden § 15a EGZPO vor.245 Damit sollte den Landesgesetzgebern die Möglichkeit eröffnet werden, die Zulässigkeit von Klagen vor den Amtsgerichten von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsversuchs abhängig zu machen. Im Ergebnis scheiterte dieser Gesetzentwurf jedoch aufgrund von Konfliktpunkten, die in keinem Zusammenhang zu § 15a EGPZO-E standen, da sich Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss nicht einigen konnten.246 Die Fraktion der CDU/CSU brachte daraufhin am 08.12.1998 den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit – bereinigt um die strittigen Punkte aber im Übrigen unverändert und damit mit Art. 2 § 15 EGPZO-E – erneut in den Bundestag ein.247 Nur wenig später, am 04.05.1999, brachten die Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen ihrerseits einen Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung in den Bundestag ein, der ausschließlich die Einführung des – inhaltlich ansonsten nicht veränderten – § 15a EGZPO-E sowie einiger weniger Folgeänderungen vorsah.248 Beide genannten Entwürfe begründeten ihre Änderungsvorschläge mit einer Entlastung der Justiz, der kostengünstigen Streiterledigung, der Beschleunigung des Verfahrens sowie der Aussicht auf dauerhaften Rechtsfrieden zwischen den Parteien.249

243 Begründung des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 04.12.1996, BT-Drs. 13/6398, S. 18. 244 Beschlussdrucksache vom 18.10.1996, BR-Drs. 605/96. 245 BT-Drs. 16/6398, S. 8. 246 Vgl. näher Beschlussdrucksacke des Bundesrates vom 19.06.1998, BR-Drs. 564/ 98. 247 Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Fraktion CDU/CSU vom 08.12. 1998, BT-Drs. 14/163, S. 6 und Begründung, ebd., S. 15 ff. 248 Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung der Fraktionen der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 04.05.1999, BT-Drs. 14/980, S. 3 und Begründung, ebd., S. 5 ff. 249 Begründung des Gesetzentwurf der Fraktion CDU/CSU (Fn. 247) vom 08.12. 1998, BT-Drs. 14/163, S. 15; Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 04.05.1999, BT-Drs. 14/980, S. 5.

§ 5 Geschichte der Mediation

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Der Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung der damaligen Regierungskoalition wurde letztendlich am 15.12.1999 beschlossen, so dass § 15a EGZPO in seiner heutigen Form am 01.01.2000 in Kraft trat. In der Folge haben elf Bundesländer von der Öffnungsklausel in § 15a Abs. 1 EGZPO Gebrauch gemacht.250 Rechtstatsächliche Erhebungen haben jedoch gezeigt, dass die Schlichtung nach § 15a Abs. 1 EGZPO in Verbindung mit den jeweiligen Landesgesetzen in der Praxis keine nennenswerten Erfolge in Bezug auf ihre Regelungsziele herbeiführen konnte.251 Als mögliche Gründe für diesen fehlenden Erfolg werden angeführt, dass es nach dem Recht einiger Länder keine Möglichkeit gibt, bei einer außergerichtlichen Streitschlichtungsstelle einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, dass viele Zweifelsfragen im Hinblick auf die Anerkennung der Gütestellen bestehen, und vor allem, dass keine inhaltliche Qualität des Schlichtungsversuchs sichergestellt sei.252

VI. Zeitgenössische Geschichte der Mediation Die heute maßgeblichen Grundstrukturen der Mediation wurden zusammen mit den meisten übrigen Methoden der alternativen Konfliktbeilegung seit ca. Mitte der 1960er Jahre in den Vereinigten Staaten entwickelt.253 1. Gesellschaftliche Entwicklung in den USA Dieser Entwicklung lag zunächst die Kritik am US-amerikanischen Prozessrecht, das regelmäßig zu einer erheblichen zeitlichen und kostenmäßigen Belastung für die Parteien führt, zu Grunde.254 Außerdem gab es auch im Bereich des Arbeits- und des Nachbarrechts erste Modelle für die Integration von Dritten zur Streitlösung.255 Dazu trat, gerade im Bereich des Umweltrechts, die häufige Forderung nach einer stärkeren Beteiligung der Bürger bei administrativen Entscheidungen über planerische Konfliktlagen.256 250 Vgl. den Abdruck der Landesgesetze in Schönfelder, Deutsche Gesetze, Ergänzungsband, Nr. 104 ff. 251 Lauer, NJW 2004, 1280 (1282); kritisch auch Greger, NJW 2011, 1478 (1482); Deckenbrock/Jordans, MDR 2006, 421 (423) [verhalten positiver aber Deckenbrock/ Jordans, MDR 2009, 1202 (1208)]. 252 Greger, NJW 2011, 1478 (1481). 253 Risse, Wirtschaftsmediation, § 1 Rn. 44; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 14; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 3; vgl. dazu Kerr, Am. J. Sociol. 60 (1954), 230; Cole, Ann. Am. Acad. Polit. S.S. 333 (1961), 42; Gould, A.B.A. J. 55 (1969), 835; Holtzmann, Bus. Law. 29 (1974), 1005; Danzig/Lowy, Law & Soc’y Rev. 9 (1975), 675. 254 Breidenbach, Mediation, S. 32; Risse, Wirtschaftsmediation, § 1 Rn. 44. 255 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 36. 256 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 35.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Dementsprechend förderte die Ford Foundation Modellprojekte zur alternativen Konfliktbeilegung.257 Eines dieser Modellprojekte war ein Vermittlungsverfahren um den Bau eines Staudamms am Snoqualmie River im US-Bundesstaat Washington in den Jahren 1973/1974. Dabei vermittelten die Mediatoren Gerald W. Cormick und Jane McCarthy über zehn Monate zwischen den einzelnen beteiligten Interessengruppen.258 Dem Verfahren nach handelte es sich dabei um eine Mediation, wobei der Fokus der Mediatoren viel stärker auf einer formalen Moderation lag, als es nach der inzwischen herrschenden Vorstellung der Mediation, die ja gerade auch eine inhaltliche Strukturierung durch den Mediator vorsieht, der Fall ist. Nichtsdestotrotz wird die Vermittlung in Sachen Snoqualmie River als erste Mediation nach neuerem Verständnis gesehen.259 Dieselben Mediatoren Cormick und McCarthy wurden in der Folge 1976 von dem Washington State Department of Transportation zu einer Mediation in einem Konflikt um den Ausbau des Highways Interstate 90, um den seit 10 Jahren gerungen wurde, gerufen. Dort konnten sie innerhalb von sieben Monaten die widersprechenden Interessen vereinen und ein Mediationsergebnis erreichen, das später auch baulich umgesetzt wurde.260 2. Harvard Negotiation Project Ebenfalls seit den 1970er Jahren forschten der Rechtsprofessor Roger Fisher und der Sozialanthropologe William Ury an der Harvard Law School an einem universell einsetzbaren Konzept, das eine sachliche Verhandlungsführung in Konfliktlagen ermöglichen sollte.261 Fisher war dabei zuvor unter anderem im Jahre 1947 in Paris, Frankreich, in die Verhandlungen um den sogenannten „Marshallplan“, der die milliardenschwere Wirtschaftshilfe der Vereinigten Staaten zu Gunsten der europäischen Staaten in die Wege leitete,262 involviert gewesen.263 Unter anderem auf Basis der Erkenntnisse von Fisher/Ury führte der damalige US-Präsident Jimmy Carter auf dem Landsitz der amerikanischen Präsidenten Camp David in den Jahren 1978/1979 eine Mediation zwischen dem ägyptischen Präsidenten as-Sadat und dem israelischen Ministerpräsidenten Begin vor allem in Bezug auf die Siedlungspolitik auf der Halbinsel Sinai durch.264 Der Media257

Shults, Alternative Dispute Resolution, S. 217 (218). Vgl. Cappelletti/Garth/Trocker, RabelsZ 46 (1982), 664 (700); Shults, Alternative Dispute Resolution, S. 217 (218); Susskind/Madigan, Jus. Sys. J. 9 (1984), 179 (183 mit Fn. 4); Kahn, Environ. Values 3 (1994), 211 (213). 259 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 44; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1. Rn. 5. 260 Shults, Alternative Dispute Resolution, S. 217 (218 f.). 261 Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 46. 262 Brockhaus, Enzyklopädie, „Marshallplan“. 263 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, Vorwort. 258

§ 6 Konflikttheoretische Hintergründe

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tionsstil Jimmy Carters zeichnete sich dabei durch eine höchstmögliche Vertraulichkeit der Verhandlungen sowie durch diverse vertrauensbildende Maßnahmen, wie zum Beispiel der Einbeziehung der Ehefrauen der Verhandelnden, aus.265 Diese Mediation endete erfolgreich mit einem Rahmenabkommen, dem sogenannten Abkommen von Camp David, und dem darauf aufbauenden Camp-David-Friedensvertrag.266 Die ersten publizierten Forschungsergebnisse legten Fisher/Ury im Jahre 1978 als Studie vor.267 Nur ein Jahr später gründeten Fisher/Ury das Institut Harvard Negotiation Project, das fortan unter ihrem Vorsitz Konflikte sowie Lösungsansätze dafür erforschte.268 Im Jahre 1981 veröffentlichten Fisher/Ury das später auf Deutsch so genannte „Harvard-Konzept“ 269, das wesentliche Elemente der sachlichen Strukturierung einer Verhandlung über widersprechenden Positionen herausarbeitet. Es gilt heute als die maßgebliche theoretische Fundierung der Mediation.270 Die wesentlichen Inhalte dieses Konzepts werden in § 8 dargestellt. In der Folge vermittelte Ury erfolgreich zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in Verhandlungen über die Minimierung des Risikos eines versehentlichen Nuklearkriegs, ähnlich der sogenannten „Kuba Krise“ im Jahre 1962. Das Ergebnis nach Jahren der Vermittlung im Jahre 1985 war die Einrichtung von Nuclear Risk Reduction Centers in Washington und Moskau, die mit Personal von beiden Seiten besetzt waren und die als Einleitung des Ende des sogenannten „Kalten Krieges“ gelten.271

§ 6 Konflikttheoretische Hintergründe Bei der Mediation handelt es sich um ein Verfahren der alternativen Konfliktbeilegung. Ein Konflikt setzt dabei nach der herrschenden Auffassung voraus, 264 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 261; Brockhaus, Enzyklopädie, „Camp David“; Saunders, Harv. L. Rev. 95 (1982), 1503 (1504); Wall/Lynn, J. Confl. Resol. 37 (1993), 160 (162); zu den genauen Problemen und Lösungen der Verhandlungssituation vgl. noch § 8 I. auf S. 81 f. 265 Ponschab/Anselmann/Hahn, ZKM 2013, 144 (145). 266 Abkommen von Camp David vom 17.09.1978 und Camp-David-Friedensvertrag vom 26.03.1979, vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, „Camp David“. 267 Vgl. Fisher/Ury, International Mediation. 268 Ury in dem Interview mit Spector, Acad. Manage. Exec. 18 (2004), 101 (101). 269 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, auf Deutsch 1984 erschienen als „Das Harvard-Konzept“, inzwischen 23. Aufl. 2009. 270 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 26; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 34; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (233 mit Fn. 7); Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7. Rn. 1; Haft, Verhandlung und Mediation, Vorwort S. XX; Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 46; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 4. 271 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, Vorwort.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

dass es zu einer Interaktion zwischen den Parteien gekommen ist und dass eine Partei aufgrund dieser Interaktion ihre Vorstellung für unvereinbar mit denen der anderen Partei hält.272 Konflikte sind Gegenstand der Forschung in verschiedenen Fachrichtungen, zu denen unter anderem die Philosophie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie sowie die Rechtswissenschaft zählen. Dementsprechend werden auch teilweise bereits Niccolo Machiavelli (1469–1527) und Thomas Hobbes (1588–1678) in der Renaissance sowie Charles Darwin (1809–1882) als Wegbereiter des konflikttheoretischen Denkens genannt.273 Eine einheitliche Konfliktforschung oder Konflikttheorie gibt es dabei jedoch nicht.274 Vielmehr haben sich die Sozialwissenschaften auf die sozialen Bedingungen, die interpersonalen Beziehungen sowie die Anreize konzentriert, welche objektive Anlässe für Konflikte begründen. Die Psychoanalyse sowie die analytische und die kognitive Psychologie betrachten demgegenüber das Innenleben des Menschen, also seine subjektive Wahrnehmung des Konflikts. Aus organisationspsychologischer Sicht schließlich wurde die Dynamik im Verlauf eines Konflikts untersucht.275 Die Grundlage der Arbeiten aller Fachrichtungen basiert jedoch auf den Erkenntnissen der Neurobiologie: Danach hat jede Wahrnehmung eines Menschen direkte neurobiologische Auswirkungen. Diese fallen besonders heftig aus, wenn die Wahrnehmung die Beziehung zu einem anderen Menschen betrifft, wozu auch die hier diskutierten Konflikte fallen.276 Das Ausmaß und der Inhalt dieser Reaktionen unterscheiden sich danach, ob es sich aus der Warte des Empfängers des Reizes um ein lösbares Problem handelt: Begegnet ein Mensch einem Konflikt, für den er nach seiner Erfahrung bereits prinzipiell geeignete Verhaltensmuster, zum Beispiel ein kompromissloses Beharren oder ein Überzeugen durch rhetorische Fähigkeiten, erlernt hat, ist die Stressreaktion des Gehirns verhalten.277 Das Gehirn nutzt eine solche wiederholt auf272 Glasl, Konfliktmanagement, S. 17 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 26; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 27; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik I Rn. 22; ähnlich Schwarz, Konfliktmanagement, S. 36; nach a. A. setzt der Begriff eines Konflikts lediglich voraus, dass sich zwei (oder mehr) Personen über Ideen, Ziele oder Interessen uneinig sind; dies hätte indes zur Folge, dass sich alle Menschen untereinander in einem Konflikt befänden, da wohl in keinem Verhältnis eine Deckungsgleichheit der Ideen etc. anzunehmen wäre, vgl. Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 1 m.w. N. 273 Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik I. Rn. 11. 274 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 14. 275 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 14 f. 276 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.2. Rn. 10. 277 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.2 Rn. 13 f. und 2.

§ 7 Ineffizientes Konfliktverhalten

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tretende Belastung zur sukzessiven Stabilisierung des neuronalen Netzwerks sowie zur Verbesserung seiner Effizienz.278 In der Folge kommt es zur Verfestigung der wiederholt abgerufenen Denkmuster und Verhaltensweisen.279 Begegnet ein Mensch, wie häufig, einem Konflikt, für den er noch keine standardisierten Lösungsmuster entwickelt hat, entstehen Angst und Stress. Dies bewirkt, dass die Suche nach neuen Verhaltensmodellen und Lösungsmöglichkeiten weniger bis gar nicht mehr funktioniert.280 Das Gehirn ist dann nur noch in der Lage, das Problem mit bereits bewährten Strategien anzugehen. Umso stärker der Stress wird, umso besser eingeübt und damit vernetzt muss ein Verhaltensmuster sein, damit es vom neuronalen Netzwerk noch abgerufen werden kann. Es kommt daher zu einem Rückfall in bereits bewährte Strategien. Im Extremfall bleiben dann nur noch die im Hirnstamm angelegten archaischen Notfallreaktionen Angriff und Verteidigung, panische Flucht und zuletzt ohnmächtige Erstarrung.281 Insgesamt werden also die abrufbaren handlungsleitenden Muster mit zunehmender Komplexität eines Konflikts und dem damit steigenden Stresspegel sowohl einfacher als auch eindeutiger.282

§ 7 Ineffizientes Konfliktverhalten Ist ein Konflikt entstanden, besteht an sich noch kein Problem: Denn dieser Konflikt kann durch die Konfliktbeteiligten selbst, gegebenenfalls unter Anleitung eines Dritten, beigelegt oder extern durch einen neutralen Dritten entschieden werden. Jedoch liegen dem Verhalten von Menschen oft Verhaltensmuster zu Grunde,283 die sowohl zu einer defizitären subjektiven Wahrnehmung des Konflikts und des Gegners (I.–IV.) als auch zu einer Tendenz zu einer aktiven Eskalation des Konflikts (V.–IX.) durch die Beteiligten führen. Die sich daraus ergebenden Stufen der Eskalation werden typischerweise in einem Phasenmodell nach Glasl dargestellt (X.).

278 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, 2.2 Rn. 15. 279 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, 2.2 Rn. 17. 280 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, 2.2. Rn. 18; Glasl, Konfliktmanagement, S. 281 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, 2.2. Rn. 19. 282 Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, 2.2. Rn. 20. 283 Oben § 6 (S. 67 ff.).

Mediation und Konfliktmanagement, Kap. Mediation und Konfliktmanagement, Kap. Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 215 f. Mediation und Konfliktmanagement, Kap. Mediation und Konfliktmanagement, Kap.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

I. Kognitive Dissonanz und überoptimistische Einschätzung Ein Mensch kann nicht alle Einflüsse aus seiner Umgebung positiv wahrnehmen. Um das Gehirn insoweit vor einer Reizüberflutung zu bewahren, werden nur ausgewählte Information wahrgenommen.284 Dies bewirkt unter anderem, dass die Komplexität eines Konflikts in der selektiven Wahrnehmung der Betroffenen sehr stark reduziert wird.285 Das kann so weit gehen, dass der Betroffene nur noch einen Tunnelblick für wenige Informationen hat.286 Nach dem Stand der Sozialpsychologie führt diese selektive Wahrnehmung aber auch zur Selektion in anderer Hinsicht. So kann ein Mensch im Normalfall zur Beantwortung einer Frage und damit auch eines Konfliktes grundsätzlich nur eine Auffassung vertreten.287 Nach der herrschenden Theorie der sogenannten „Kognitiven Dissonanz“ führt dies dazu, dass Menschen Informationen, die ihre Positionen in Frage stellen, verdrängen und stattdessen aktiv nach Informationen, die ihre Position stützen, suchen bzw. sie überproportional wahrnehmen.288 Dieser Effekt führt dazu, dass Menschen in Konflikten unter Vernachlässigung objektiver, externer Informationen ihre eigenen Argumente oder sogar ihre Erfolgsaussichten insgesamt überoptimistisch wahrnehmen und im Gegenzug die Berechtigung der Position ihres Gegenübers kaum nachvollziehen können.289 Die Selektion der Wahrnehmung von Informationen sowie deren einseitig überhöhte Bewertung sorgen in der Wahrnehmung des Betroffen zusätzlich dafür, dass seine Vorhersage zum Konflikt zutreffend ist. Seine Vorhersage hat sich auf diesem Wege selbst erfüllt (self-fulfilling prophecy).290

II. Attributionelle Verzerrungen Im Rahmen eines Konfliktes nehmen die Beteiligten ihren Kontrahenten zunehmend als persönliches Feindbild wahr. Die Effekte der kognitiven Dissonanz sorgen dafür, dass auch aktiv Anhaltspunkte für diese Position gesucht werden. Bei der Bewertung der Informationen tritt ein weiteres psychologisches Defizit hinzu: Die Streitenden nehmen nur noch die negativen Informationen über ihr 284 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 27; Etscheit, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik I. Rn. 57. 285 Glasl, Konfliktmanagement, S. 215 f. 286 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 10. 287 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 27. 288 Festinger, Cognitive Dissonance, S. 3; Brockhaus, Enzyklopädie, „Kognitive Dissonanz“. 289 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 28. 290 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 29; Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 30.

§ 7 Ineffizientes Konfliktverhalten

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Feindbild wahr, während eventuelle neutrale oder sogar positive Informationen entweder der Situation zugeschrieben oder aber als Trick der Gegenseite bewertet werden.291 Dieser Effekt geht sogar so weit, dass Fehler der eigenen Person auf den Gegner projiziert werden und dort das Feindbild untermauern.292

III. Reaktive Abwertung Die Effekte der kognitiven Dissonanztheorie führen zusammen mit den dargestellten attributionellen Verzerrungen zu einem weiteren Defekt: Macht der Kontrahent des Betroffenen ein aus objektiver Warte faires Angebot zur einvernehmlichen Beilegung des Konflikts, wird dies in aller Regel in Wert und Attraktivität wesentlich gemindert wahrgenommen werden. Denn allein die Tatsache, dass der Kontrahent, der vermeintlich nicht lösungsfähig oder -willig ist, den Einigungsvorschlag vorgebracht hat, rückt den Inhalt des Angebots für sein Gegenüber in ein schlechtes Licht. Diese Abwertung der Informationen oder der sonstigen Äußerungen des Kontrahenten wird als reaktive Abwertung bezeichnet.293

IV. Defizitäre Urteilsheuristik Schließlich bewerten die Konfliktbeteiligten auch intern ihre Lösungsoptionen für den Konflikt oft nicht mehr in Relation zu den Risiken. Sie neigen dazu, eher das Risiko eines zukünftigen größeren Verlustes einzugehen als einen kleineren Verlust sicher tragen zu müssen.294 Dies lässt sich an einem Beispiel veranschaulichen: Die Erfolgsaussichten einer Klage über A 1.000,– seien 50 %. Der Kläger gewinnt also mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 die gesamten A 1.000,–, wohingegen er mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 voll unterliegt. Der Erwartungswert der Klage liegt somit bei A 500,–. Ein Vergleichsangebot des Beklagten in Höhe von A 750,– würde also über diesem Erwartungswert liegen und wäre ein objektiv gutes Angebot. Die Verlustangst des Klägers, einen Verlust von – gemessen an seiner Maximalforderung – A 250,– sicher einzugehen ist jedoch so groß, dass das Angebot von A 750,– nicht objektiv sondern nur mit wesentlichen Abschlägen wahrgenommen wird. Diese defizitäre Urteilsheuristik hätte hier gegebenenfalls zur Folge, dass das Angebot nicht angenommen würde. 291 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 29; Glasl, Konfliktmanagement, S. 222; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 9; Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 46. 292 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 9; Glasl, Konfliktmanagement, S. 208 ff. 293 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 32; Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 48. 294 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 30.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Weiter sorgt sie im Ergebnis dafür, dass Einigungsvorschläge für Konflikte, die regelmäßig Kompromisse und damit auch Verluste bedeuten, nicht korrekt eingeordnet werden. Stattdessen manifestiert sich auf Seiten der Konfliktbeteiligten die Hoffnung, dass sie im weiteren Verlauf des Konflikts ein besseres Ergebnis verhandeln können oder dass eine eventuelle Streitentscheidung durch einen Dritten für sie günstiger ausfallen wird.

V. Gestörte Kommunikation Zunächst bringen die Eigenarten menschlicher Kommunikation diverse Defizite mit sich, die jeweils und zusammen konfliktbegründend oder -verschärfend wirken können. Unter Kommunikation in diesem Sinne ist dabei jeglicher Austausch von Informationen zu verstehen.295 Dieser Austausch wird allerdings nicht ausschließlich über Worte durchgeführt. Vielmehr transportieren gerade auch paralinguistische Merkmale (zum Beispiel Tonfall), Körperhaltung und Ausdrucksbewegungen (Körpersprache) und somit Verhalten jeder Art Informationen.296 Dies ist eine sehr wichtige Erkenntnis: Denn Verhalten kennt kein Gegenteil, man kann sich nicht nicht verhalten.297 Daraus folgt, dass man das Senden von Informationen und damit die Kommunikation an sein Gegenüber nicht einstellen kann. Dafür haben Watzlawik/Beavin/Jackson den Satz geprägt: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.298 Eine weitere psychologische Erkenntnis besagt, dass jede Kommunikation stets einen Inhaltsaspekt und zugleich einen Beziehungsaspekt transportiert.299 Der Inhaltsaspekt enthält dabei die eigentliche Sachinformation und wird in der Regel durch so genannte „digitale Modalitäten“ transportiert.300 Es handelt sich dabei um Informationen, die auf Neuronenebene verarbeitet werden und mit einem „Alles-oder-Nichts“-Charakter wahrgenommen werden. Dies sind vor allem Begriffe der verbalen Kommunikation, die beim Empfänger eine bestimmte Assoziation, zum Beispiel mit der Übermittlung des Begriffs „Haus“, hervorrufen. Diese digitale Kommunikation lässt verschiedene logische Operatoren wie vor allem die Verneinung sowie eine komplexe Syntax zu und kann daher komplexe Informationen übermitteln.301 Im Gegenzug fehlt der digitalen Kommunikation jedoch das Vokabular zur Übermittlung von beziehungsbezogenen Informatio295 296 297 298 299 300 301

Vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, „Kommunikation“. Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation,

S. 58. S. 58 f. S. 58 f., 84 ff. S. 61 ff., 92 ff. S. 70. S. 78.

§ 7 Ineffizientes Konfliktverhalten

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nen.302 So lässt sich zum Beispiel Zuneigung durch die Verwendung rein verbaler Kommunikation kaum glaubhaft an den Empfänger übermitteln. Der Beziehungsaspekt auf der anderen Seite informiert den Empfänger, wie der Sender zum Empfänger, zur Sachfrage oder zu anderen Punkten steht. Seine Übermittlung funktioniert vor allem über „analoge Modalitäten“. Dies sind Informationen, die innerhalb des Körpers durch die Ausschüttung von Hormonen übermittelt werden.303 Äußerlich wird diese analoge Kommunikation non-verbal transportiert. Da diese Art der Übermittlung bei weiten keine so komplexe Syntax wie die verbale Sprache und insbesondere keine Verneinung kennt, ist die analoge Kommunikation wesentlich weniger komplex und abstrakt.304 Für Konflikte bedeutet dies, dass ein Betroffener seine ablehnende Haltung gegenüber den sachlichen Positionen, den Äußerungen und sogar der Person des Kontrahenten ständig durch non-verbale Kommunikation übermittelt. Viele Details der Auffassung des Senders zu Beziehungsfragen werden dabei aufgrund der Begrenzung des Übermittlungsmediums nicht erfolgreich übertragen. Die ablehnende Haltung wird auf der anderen Seite bewusst oder unbewusst und vor allem vergröbert empfangen und führt damit zu einer weiteren Verhärtung oder Verschärfung des Konflikts.305

VI. Komplexitätszunahme und Über-Simplifizierung Wie oben dargestellt suchen Menschen im Konflikt stets nach weiteren Argumenten, die ihre Position stützen. Dazu tragen die Kontrahenten alle Anhaltspunkte zusammen, die in Ansehung des bisherigen Konfliktgegenstandes für ihre Sicht nützlich sein könnten. Darüber hinaus greifen Menschen aber auch häufig bewusst neue, zusätzliche Konfliktgegenstände, die ihrerseits Sachfragen oder Beziehungsfragen betreffen können, auf. Dies kann einerseits geschehen, um ihr ursprüngliches Anliegen weiter zu unterstreichen oder um auf andere Themen auszuweichen. Der neue Konfliktgegenstand kann aber auch als reine Verhandlungsmasse, die man nachher mühelos gegen Zugeständnisse in der eigentlichen Frage preisgeben kann, dienen.306 Außerdem führt die unzureichende Wahrnehmung des Konfliktgegenstandes307 zum Teil dazu, dass die Beteiligten sich nicht einmal über den Konfliktgegen302

Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, S. 77. Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, S. 70. 304 Watzlawik/Beavin/Jackson, Menschliche Kommunikation, S. 76. 305 Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik I. Rn. 53 ff. 306 Glasl, Konfliktmanagement, S. 213 f.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 10. 307 Oben § 7 I.–IV. (S. 70 ff.). 303

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

stand einig sind. Im Rahmen ihrer jeweiligen Kommunikation bringen sie damit notgedrungen neue Gegenstände in den Konflikt ein.308 Obwohl das Handeln der Beteiligten also in den meisten Fällen objektiv eine Komplexitätszunahme bewirkt, greifen auch hier die passiven Wahrnehmungsdefizite, so dass der Konflikt in der Wahrnehmung der Beteiligten in seiner Komplexität ständig reduziert wird. Die Beteiligten flüchten sich also in radikale Vereinfachung und werden daher „in ihren Denken starrer, in ihrem Auftreten radikaler und in ihren Forderungen extremer“.309

VII. Soziale Komplexität und Personifizierung Neben der Ausweitung der Konfliktgegenstände neigen die Konfliktbeteiligten außerdem dazu, weitere Personen in den Konflikt hineinzuziehen. Sie tun dies in der Regel um mehr Macht und Einfluss für den Konflikt zu gewinnen. Außerdem wollen sie ihrem Gegenüber zuvorkommen und Personen, die aus der gemeinsamen sozialen Sphäre der Konfliktbeteiligten stammen, für ihre jeweilige Seite des Konflikts gewinnen.310 Ergebnis dieser sozialen Ausweitung ist wiederrum eine zunehmende Komplexität. Denn die Mehrzahl der Aktoren im Konflikt vervielfacht die Wahrnehmungen, Einstellungen und Verhaltensweisen. Die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen und Fehlverhalten nimmt dadurch noch einmal zu.311 Zusätzlich verstärkt die Verärgerung des einen Konfliktbeteiligten über die Einbeziehung bislang nicht einbezogener Dritter die Verschiebung des Fokus von den Sachfragen hin zu Beziehungsfragen durch Personifizierung des Konflikts.312

VIII. Pessimistische Antizipation Die bisher dargestellten passiven und aktiven Handlungsmuster bewirken jeweils und umso mehr gemeinsam eine Eskalation des Konflikts. Dazu tritt noch ein Umstand, der sogar eine Beschleunigung der Eskalation zur Folge hat. Denn die Konfliktbeteiligten werden zunehmend von der Komplexität des Konflikts überwältigt und bekommen daher immer mehr das Gefühl der Ausweglosigkeit. Um dem zu entkommen stürzen sie sich nicht selten in eine „Flucht 308

Glasl, Konfliktmanagement, S. 215. Glasl, Konfliktmanagement, S. 216. 310 Glasl, Konfliktmanagement, S. 220; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 11. 311 Glasl, Konfliktmanagement, S. 221. 312 Glasl, Konfliktmanagement, S. 222; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 11. 309

§ 7 Ineffizientes Konfliktverhalten

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nach vorne“ 313, indem sie sich maximal für den Konflikt rüsten.314 Die Intention ist dabei in aller Regel lediglich die Wahrung eines Vorsprungs oder Sicherheitsabstands. Für den Kontrahenten bedeutet die Aufrüstung aber, soweit er davon Kenntnis erhält, einen Angriff. Darüber hinaus führen die diversen Wahrnehmungsdefizite zu Missverständnissen, so dass die Konfliktbeteiligten ihre Angriffsmittel bereits früher als geplant einsetzen. Dadurch führen die Parteien durch ihre Vorbereitung zur Abwehr bereits den Angriff selbst herbei. Dieser Effekt wird als pessimistische Antizipation bezeichnet.315

IX. Insbesondere: Intuitives Verhandeln Neben den unter I.–VIII. dargestellten allgemeinen Defiziten im Konfliktverhalten, gibt es auch spezifische Defizite im Bereich von intuitiv geführten Verhandlungen. Sie werden auch oder sogar vor allem bei scheinbar rationalen und unter ökonomischen Maximen geführten Verhandlungen, zum Beispiel im unternehmerischen Bereich, relevant. Diese Defizite können das Scheitern von Verhandlungen oder die Eskalation des Konflikts begünstigen.316 Ein wesentliches Charakteristikum intuitiven Verhandelns ist die Konzentration auf Positionen statt auf Interessen.317 Unter Positionen in diesem Sinne sind die Verhandlungsgegenstände zu verstehen. So wird zum Beispiel bei der Verhandlung über einen Kauf die Höhe des Kaufpreises, bei einer Verhandlung über Kooperationen die Dauer einer etwaigen exklusiven Bindung den Gegenstand der Verhandlung und damit die Positionen darstellen. Die Interessen der Parteien bezeichnen die hinter den Positionen stehenden, eigentlichen Beweggründe für die Geltendmachung der Position. In den obigen Beispielen wäre dies für den Kauf in der Regel der insgesamt möglichst günstige Erwerb des Kaufgegenstandes für weitere Zwecke, bei der Kooperationsvereinbarung könnte der Schutz betrieblichen Knowhows oder die Abschottung des Marktes gegenüber potentiellen Konkurrenten hinter der Exklusivität bzw. deren Dauer stehen.

313 Bereits in § 6 auf S. 67 wurde dargelegt, dass die (körperliche) Flucht als archaische Notfallreaktion im Hirnstamm angelegt ist; die hier besprochene (inhaltliche) Flucht stellt sich als Ausfluss desselben Mechanismus im Gehirn dar, vgl. Hüther, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.2 Rn. 19. 314 Glasl, Konfliktmanagement, S. 224 f.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 12. 315 Glasl, Konfliktmanagement, S. 224 f.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 12. 316 Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 4 Rn. 3 f. 317 Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 4 Rn. 8 f.; Duve/Eidenmüller/ Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 46; zur Lösung durch das so genannte „HarvardKonzept“ unten § 8 I. (S. 81 ff.).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Diese Konzentration auf Positionen führt für die Beteiligten zumeist zur Annahme der Verteilung als „Nullsummenspiel“ 318: Sie gehen davon aus, dass der Gewinn des einen Verhandlungspartners spiegelbildlich mit einem entsprechend großen Verlust des anderen Verhandlungspartners korreliert.319 Diese Annahme ist in Ansehung der konkreten Positionen, zum Beispiel Höhe des Kaufpreises, Dauer einer exklusiven Bindung, natürlich zutreffend. Für die dahinterstehenden Interessen existieren aber regelmäßig weitere Möglichkeiten zur Wertschöpfung. Bildlich gesprochen kann in Verhandlungen also nicht nur die Verteilung eines Kuchens zwischen den Kontrahenten erreicht werden, sondern gerade auch die Vergrößerung des Kuchens.320 Dies lässt sich an den obigen Beispielen darstellen: Sollte die Lieferung des Kaufgegenstandes im Wert von A 100 den Verkäufer aufgrund einer vorhandenen Infrastruktur A 5 kosten, während der Käufer diese erst noch für A 20 bei Dritten in Auftrag geben müsste, so ist der höhere Kaufpreis von A 110 (inkl. Lieferung durch den Verkäufer) für beide Seiten günstiger als ein niedrigerer Kaufpreis von A 100 (ohne Lieferung). Denn der Käufer hätte bei dem niedrigeren Preis A 20 für die Lieferung dazu zahlen müssen und der Verkäufer hätte nicht die weiteren A 5 (nach Abzug von A 5 Kosten der Lieferung) verdient.321 Ähnliche Beispiele lassen sich für die meisten Verhandlungssituationen finden. Weiter gehen die Verhandlungsführer im Hinblick auf ihre Position regelmäßig mit einer Maximalforderung in die Verhandlung, also zum Beispiel der Käufer mit einem äußerst niedrigen Kaufpreis. Dies beruht auf der Erfahrung, dass der Verhandelnde im weiteren Verlauf nicht mehr über seine eingangs gestellte Forderung hinausgehen kann. In psychologischer Hinsicht wird insoweit von einem „(Wahrnehmungs-)Anker“ gesprochen, der die Bandbreite der möglichen Einigung der Parteien markiert.322 Aufgrund der Verlustangst323 der Verhandelnden bewirken solche Anker allerdings, dass ein Abrücken von der Position je schwieriger ist, desto weiter die Positionen auseinanderliegen.324

318 Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 61; Duve/ Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 49. 319 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7. Rn. 15. 320 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 49. 321 Bei diesem Beispiel soll nicht verschwiegen werden, dass hier sämtliche Einigungen zwischen A 106 und A 119 eine Wertschöpfung darstellen, dass aber dieser geschöpfte Wert wiederum selbst Gegenstand eines Verteilungskonflikts zwischen den Parteien ist; vgl. Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 9 f., Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 55 und unten § 8 III. (S. 84 ff.). 322 Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 70; Duve/ Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 47 f. 323 Oben § 7 IV. (S. 71 f.). 324 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 48.

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Um eine Einigung zwischen den beiden Eingangspositionen der Parteien zu verhandeln, reduziert sich das inhaltliche Gespräch häufig auf das so genannte „Basar-Ritual“. Dabei achten die Verhandelnden darauf, jeweils ihre Positionen solange wie möglich zu halten und keinesfalls größere Zugeständnisse als die Gegenseite zu machen. Außerdem werden die Annäherungsschritte immer kleiner. Dieser Verhandlungsstil führt dazu, dass die Parteien sich entweder in der Mitte ihrer Positionen treffen oder aber dazu, dass die Einigung endgültig scheitert.325 Die nachteiligen Effekte der dargestellten Defizite intuitiven Verhandelns sind auch durch empirische Studien belegt worden: Danach realisieren weniger als 4 % der Menschen ein wertschöpfendes Verhandlungsergebnis, also eine winwin-Lösung, obwohl sie im konkreten Fall möglich gewesen wäre.326 In circa einem Fünftel der Fälle gelangen die Parteien außerdem zu einem beiderseits nachteiligen Ergebnis, einer lose-lose-Lösung.327

X. Phasenmodell der Eskalation Die oben beschrieben Ineffizienzen menschlichen Konfliktverhaltens sorgen dafür, dass sich die Konfliktbeteiligten im Hinblick auf die Eskalation ihres Konflikts „auf einem abschüssigen Gelände, das steiler wird und wenig Halt bietet“ 328, befinden. Diese bereits grundsätzlich im Konfliktverhalten angelegte Eskalation verläuft dabei nicht stufenlos. Empirische Studien zeigen vielmehr, dass Konflikte in aller Regel in Eskalationsstufen verlaufen. Innerhalb einer solchen Stufe erwarten und tolerieren die Konfliktbeteiligten bestimmte Verhaltensweisen ihres Kontrahenten.329 Es gibt also jeweils eine stillschweigende Übereinkunft über die Grenze noch zulässigen Konfliktverhaltens.330 Das Überschreiten dieser Grenze („Regressionsschwellen“) wird von den Konfliktbeteiligten als (gegebenenfalls weiterer) Wendepunkt im Verlauf des Konflikts erlebt und führt dazu, dass auf der nunmehr geltenden Stufe neue, drastischere Verhaltensweisen erlaubt sind.331 325

Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 47. Nadler/Thompson/van Boven, Manage Sci 49 (2003), 529 (535 f.) mit dem Hinweis, dass dieser Wert nach einer Schulung auf bis zu 37 % erhöht werden konnte. 327 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 43 m.w. N. 328 Glasl, Konfliktmanagement, S. 233. 329 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 18. 330 Schelling, J. Confl. Resol. 1 (1957), 19 (22) spricht von „Tacit Bargaining“ bzw. von „Tacit Co-ordination“. 331 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 18; Glasl, Konfliktmanagement, S. 234; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 33. 326

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Die Einteilung und Abgrenzung dieser Stufen ist im Einzelnen umstritten. Herrschend und für praktische Zwecke tauglich ist die Einteilung in neun Stufen nach Glasl: Stufen der Eskalation nach Glasl 332 1. Stufe: „Verhärtung“ 2. Stufe: „Debatte und Polemik“ 3. Stufe: „Taten statt Worte“ 4. Stufe: „Image und Koalition“ 5. Stufe: „Gesichtsangriff und Gesichtsverlust“ 6. Stufe: „Drohstrategien und Erpressung“ 7. Stufe: „Begrenzte Vernichtungsschläge“ 8. Stufe: „Zersplitterung und totale Vernichtung“ 9. Stufe: „Gemeinsam in den Abgrund“

Auf der Stufe 1 befinden sich die Parteien noch annähernd in einer alltäglichen Form des Umgangs miteinander. Obwohl sich ihre Positionen langsam verhärten, ist die Haltung zur Kooperation stärker als die Konkurrenz. Insofern eine Grenzübertretung unterläuft, wird in der Regel um Entschuldigung gebeten und dies vom Gegenüber verziehen.333 Ab der Stufe 2 bemühen sich die Parteien weniger um die Regeln der Fairness und um die Vermeidung von Polarisation. Vielmehr benutzen sie jetzt vor allem (schein-)logische Sachargumente, die scheinbar zwingend sind und das Gegenüber verunsichern sollen. Sie schwanken außerdem labil zwischen einer kooperativen und einer kompetitiven Haltung. Schließlich wird die Debatte auch weniger offen: Auf jedes Argument folgt nur noch das Gegenargument und darauf das Wider-Gegenargument.334 Mit der Stufe 3 beginnt die Konkurrenzhaltung zu überwiegen. Außerdem nimmt die Bedeutung der non-verbalen Kommunikation mit den oben dargestellten Defiziten stark zu. Dies äußert sich unter anderem darin, dass die Beteiligten sich gegenseitig vor vollendete Tatsachen stellen. Der Mechanismus der self-fulfilling prophecy be-

332 Glasl, Konfliktmanagement, S. 234 Fig. 10.1; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 20 Abb. 3. 333 Glasl, Konfliktmanagement, S. 234 ff.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 22; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 34. 334 Glasl, Konfliktmanagement, S. 239 ff., 247 f.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 23; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 34.

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ginnt einzusetzen. Der Weg zurück, die Deeskalation, ist mit dieser Stufe deutlich schwieriger geworden.335 Insgesamt sind die Stufen 1–3 von einer „win-win“-Einstellung der Parteien geprägt. Sie sind bislang noch der Auffassung, dass eine einvernehmliche Lösung des Konflikts für beide Seiten vorteilhaft ist.336 Auf Stufe 4 beginnen die Parteien, stereotype Ideal- und Feindbilder von sich selbst bzw. von ihrem Kontrahenten aufzubauen. Die Sachebene des Konflikts gerät immer weiter in den Hintergrund und zur Aufrüstung auf persönlicher Ebene werden Verbündete für den Konflikt gesucht. Die Schwelle zur nächsten Stufe („Gesichtsverlust“) ist den Parteien in diesem Stadium intuitiv sehr wohl bewusst. Denn ihnen ist klar, dass sie keinen bewussten Gesichtsverlust bei ihrem Kontrahenten verursachen dürfen.337 Mit der Stufe 5 überschreiten die Beteiligten diese Linie. Die Angriffe haben nun nicht mehr den Vorwurf der sachlichen Inkompetenz zum Gegenstand; vielmehr glauben die Beteiligten die moralische Verwerflichkeit des Gegenübers erkannt zu haben. Diese vermeintliche Enthüllung lässt den Kontrahenten in der Retrospektive als rational agierenden Verschwörer erscheinen, dessen Teufelsbild nun öffentlich gemacht wird. Kompromisse sind für die Beteiligten nicht mehr denkbar.338 Beginnend mit der Stufe 6 stellen die Beteiligten sich gegenseitig gewaltsame Sanktionen mit erheblichem Schadenspotential in Aussicht. Sie machen die Drohung außerdem öffentlich und binden sich damit selbst. Um ernst genommen zu werden, stellen sie Ultimaten oder führen ihre Drohung bereits teilweise aus.339 In den dargestellten Stufen 4–6 gingen die Parteien von einer „win-lose“-Situation aus, in der nur der eine auf Kosten des anderen gewinnen kann. Der Konflikt hat sich dabei aber so sehr radikalisiert, dass es auf den folgenden Stufen 7–9 für niemanden mehr etwas zu gewinnen gibt („lose-lose“). Es geht nur noch darum, den Schaden der Gegenseite zu maximieren.340 335 Glasl, Konfliktmanagement, S. 249 ff., 255; Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. diation in der Wirtschaft, S. 35. 336 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation Rn. 19. 337 Glasl, Konfliktmanagement, S. 256 ff., 264; Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. diation in der Wirtschaft, S. 35. 338 Glasl, Konfliktmanagement, S. 266 ff., 276; Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. diation in der Wirtschaft, S. 36. 339 Glasl, Konfliktmanagement, S. 277 ff., 291; Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. diation in der Wirtschaft, S. 37. 340 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation Rn. 29.

Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, 24; Duve/Eidenmüller/Hacke, Meund Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, 26; Duve/Eidenmüller/Hacke, MeGlasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, 27; Duve/Eidenmüller/Hacke, MeGlasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, 28; Duve/Eidenmüller/Hacke, Meund Konfliktmanagement, Kap. 2.1

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Auf Stufe 7 sind die Parteien unter anderem von einer Existenzangst, auch wenn sie gegebenenfalls „nur“ die wirtschaftliche Existenz betrifft, getrieben. Das führt dazu, dass die sachlichen Forderungen vollends in den Hintergrund treten und moralische Maßstäbe weitgehend verkehrt werden. Bereits das Erleiden eines relativ geringeren Schadens ist ein Gewinn. Die Drohungen werden in immer unbegrenzteren Maßen ausgeführt und der Schaden des Kontrahenten stellt einen Gewinn dar. Außerdem wird die etwaige Kommunikation des Gegenübers kaum noch wahrgenommen, so dass eine Deeskalation in immer weitere Ferne rückt.341 Die Stufen 8 und 9 bilden schließlich den Übergang vom hasserfüllten Kampf um die materielle, psychische oder physische Vernichtung des Feindes hin zum totalen Kollisionskurs, in dem alle Brücken abgerissen werden und alle Ressourcen zum Angriff eingesetzt werden. Die Beteiligten wissen nun, dass es kein Zurück mehr gibt und die einzige Genugtuung ist, dass der Kontrahent mituntergeht.342 Trotz der kriegerischen Diktion bei der Beschreibung des Eskalationsmodells nach Glasl handelt es sich dabei keineswegs um ein Modell nur für gewaltsame Auseinandersetzungen. Im Gegenteil, es liegt umfangreiches Fallmaterial unter anderem auch aus wirtschaftlichen Konflikten, wie zum Beispiel aus dem kollektiven Arbeitskampf oder Unternehmensübernahmen, vor.343

§ 8 Modell der Konfliktbehandlung: Harvard-Konzept Eines der grundlegenden theoretischen Konzepte zur Strukturierung von Verhandlungen, das maßgeblich auch die Entwicklung und Systematisierung der Mediation geprägt hat, ist das so genannte „Harvard-Konzept“ von Fisher/Ury.344 Gegenstand dieses Konzepts ist dabei die Frage, wie Verhandlungen effizient und zielgerichtet strukturiert werden können. Ob und auf welche Weise ein neutraler Dritter in diesen Prozess eingebunden werden kann, wurde von Fisher/Ury nicht untersucht. Insofern ist zwischen dem rein verhandlungsbezogenen „Harvard-Konzept“ und dem darauf aufbauenden Konzept der Mediation zu unter341 Glasl, Konfliktmanagement, S. 292 ff.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 30; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 37. 342 Glasl, Konfliktmanagement, S. 297 ff.; Glasl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.1 Rn. 31 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 37 f. 343 Vgl. insgesamt die Beispiele bei Glasl, Konfliktmanagement, S. 233 ff.; Duve/ Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 33 ff. 344 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 26; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 34; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (233 mit Fn. 7); Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7. Rn. 1; Haft, Verhandlung und Mediation, Vorwort S. XX; Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 46; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 4.

§ 8 Modell der Konfliktbehandlung: Harvard-Konzept

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scheiden.345 Inhaltlich lässt sich das „Harvard-Konzept“ auf vier Grundaussagen zuspitzen: Die Verhandlung soll sich auf Interessen, nicht auf Positionen konzentrieren (I.), sie soll Sachfragen und persönliche Fragen trennen (II.), sie soll Lösungen mit beiderseitigen Gewinnmöglichkeiten suchen (III.) und schließlich soll sie sich in Verteilungsfragen auf die Suche nach objektiven Kriterien für einen Verteilungsmechanismus konzentrieren (IV.). Natürlich stoßen aber auch diese Verhandlungsmaximen auf systembedingte Grenzen (V.).

I. Konzentration auf Interessen statt auf Positionen Die erste Grundaussage besagt, dass die Verhandlung sich nicht darauf beschränken soll, was die Beteiligten jeweils fordern (Positionen), sondern gerade auch erörtern, warum346 sie dies fordern (Interessen).347 Dies stellt den Kern348 des „Harvard-Konzepts“ dar und ist außerdem von überragender Bedeutung349 für die Mediation. Es ist bereits dargelegt worden, dass die widersprechenden Positionen der Konfliktbeteiligten oft logisch unvereinbar sind und der Konflikt daher scheinbar unlösbar ist.350 Die Herausarbeitung der hinter den Positionen liegenden Interessen kann in dieser Situation den Weg zu einer Lösung, welche die Befriedigung beider Interessen vereint, aufzeigen. Denn um einem Interesse zu entsprechen sind regelmäßig mehrere Wege und damit „Positionen“ möglich. Außerdem verbergen sich oft hinter einer Position nicht nur etwa konfligierende, sondern gerade auch übereinstimmende Interessen.351 Zu den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen, die oft auch die zugrundeliegenden Interessen in Verhandlungen bilden, gehören unter anderem Sicherheit, wirtschaftlicher Wohlstand, Freiheit, Anerkennung und Selbstbestimmung.352 Diese und die meisten anderen Interessen stoßen beim Verhandlungspartner in der Regel auf Verständnis und sind da345 Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 14; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 63; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 2; kritisch zur Rezeption des „Harvard-Konzepts“ jedoch Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 4 Rn. 11. 346 Bzw. „warum nicht“, Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 46. 347 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 42 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 35 ff.; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 5 ff.; vgl. Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 511 mit einem Beispielsfall dazu. 348 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 5; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 35. 349 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 7. 350 Oben § 7 IX. (S. 75). 351 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 44; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 509. 352 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 50.

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mit geeignet, eine grundsätzlich kooperative Haltung anzuregen; dies ist im Hinblick auf die Positionen oft anders.353 Überprüft man also die Vereinbarkeit der Interessen der Beteiligten, erscheinen oft neue Lösungsmöglichkeiten, die bei einer Konzentration auf die Positionen gar nicht in Betracht gekommen wären.354 Das Schulbeispiel355 zu diesem Punkt handelt von einer Orange: Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Jede von ihnen sagt „Ich möchte die Orange haben“. Diese Verhandlungspositionen sind scheinbar unvereinbar. Denn wenn die eine Schwester die Orange erhält, kann die andere sie nicht haben. Allenfalls könnte man die Orange noch in zwei Hälften teilen, aber auch dann erhält keine Schwester die gewünschte ganze Orange. Fragt man die beiden Schwestern nun warum sie die Orange gerne hätten, könnte sich herausstellen, dass die Eine die Orange für einen Saft auspressen möchte, während die Andere Abrieb von der Orangenschale zum Kuchenbacken benötigt. Diese Interessen sind vollends miteinander vereinbar. Damit stehen neue Optionen zur Lösung im Raum, zum Beispiel kann zunächst die Eine die Orange auspressen und der Anderen danach die Schale mit dem Abrieb überlassen. Für den Nutzen der Trennung von Positionen und Interessen lassen sich aber auch reale Beispiele aus dem Bereich der internationalen, politischen Verhandlungen zitieren: So verhandelten in den Jahren 1978/1979 auf dem Landsitz der amerikanischen Präsidenten Camp David der ägyptische Präsident as-Sadat und der israelische Ministerpräsident Begin unter der Leitung des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter unter anderem über die Siedlungspolitik auf der Halbinsel Sinai.356 Den Verhandlungen voraus gegangen war der so genannte „Sechs-TageKrieg“ im Jahre 1967, in dem Israel die ägyptische Halbinsel Sinai besetzt hatte. In den Verhandlungen in Camp David vertrat Israel die Position, keinesfalls die Besetzung des Sinai zu beenden. Ägypten hingegen meldete den unbedingten Souveränitätsanspruch über das vollständige Gebiet an. Verschiedentlich vorgeschlagene Grenzverläufe, die den Sinai zwischen Ägypten und Israel aufgeteilt hätten, fanden auf beiden Seiten kein Gehör.357 Aufgrund der Unvereinbarkeit dieser Positionen wurden im weiteren Verlauf der Gespräche die jeweiligen Interessen geklärt. Auf diesem Wege stellte sich heraus, dass Israel vor allem Sicher353 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 53; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 5. 354 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 42. 355 Wiedergegeben u. a. bei Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 39; Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 63; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 107. 356 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 261; Brockhaus, Enzyklopädie, „Camp David“; Saunders, Harv. L. Rev. 95 (1982), 1503 (1504); Wall/Lynn, J. Confl. Resol. 37 (1993), 160 (162). 357 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 43; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 40.

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heitsbedenken hatte, falls der Sinai wieder zu Ägypten gehören sollte, weil dann ägyptische Panzer direkt vor der eigenen Landesgrenze stehen würden und jederzeit nach Israel einfallen könnten. Ägypten auf der anderen Seite hatte den Sinai nach Jahrhunderten der Besatzung durch andere Mächte erst kurz zuvor zurück erhalten und wollte ihn unbedingt als offiziellen Teil seines Territoriums deklarieren.358 Auf der Basis dieser Interessen wurde dann die Lösung entwickelt, nach welcher der Sinai ägyptisches Staatsgebiet aber jedoch entmilitarisiert werden sollte, so dass sowohl dem Interesse Ägyptens als auch demjenigen Israels entsprochen werden konnte. Für diese Lösung wurde im Jahre 1978 as-Sadat und Begin gemeinsam der Friedensnobelpreis verliehen. Carter erhielt im Jahre 2002 den Friedensnobelpreis für, unter anderem, diese Vermittlungsleistung.

II. Trennung von Sach- und Beziehungsebene Ein weiterer grundlegender Aspekt ist die Trennung der Sach- und der Beziehungsebene des Konflikts.359 Es ist bereits dargestellt worden, dass in vielen Konflikten nicht nur die Sachebene, sondern zugleich auch die Beziehungsebene betroffen ist.360 Störungen auf der Beziehungsebene führen dabei zu einer besonders starken, negativen Beeinträchtigung des Konfliktverhaltens der Beteiligten, so dass Lösungen auf der Sachebene kaum mehr möglich sind.361 Dabei neigen Menschen in Verhandlungen dazu, die persönlichen Probleme mit ihrem Gegenüber und die Differenzen auf der Sachebene zu vermengen. Dies belastet die Sachebene mit Problemen, die dort nicht wirklich gelöst werden können. Die Verhandlungen drohen in solchen Situationen aus sachfremden Gründen zu scheitern. Alternativ versuchen die Verhandelnden häufig erfolglos, Probleme auf der persönlichen Ebene mit Forderungen oder Zugeständnissen auf der Sachebene zu kompensieren.362 Genauso ist es im Gegenzug denkbar, dass man sich im Interesse einer bislang guten Beziehung in der Auseinandersetzung nachgiebig zeigt und zu schnell in der Sache einlenkt, um die Beziehung nicht zu gefährden.363 Damit sachfremde, persönliche Differenzen weder zum Scheitern der Verhandlungen noch zu suboptimalen Ergebnissen führen, sollen die Verhandelnden die 358 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 43; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 40. 359 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 19 ff.: „Separate the People from the Problem“. 360 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 27; oben § 7 III. (S. 71). 361 Oben § 7 (S. 69 ff.). 362 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 23 f.; Schwartz, in: Trenczek/Berning/ Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 3. 363 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 48; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 3.

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Sachfragen ohne Berücksichtigung etwaiger persönlicher Differenzen behandeln.364 Um dazu in der Lage zu sein, müssen die persönlichen Differenzen jedoch zunächst offen angesprochen werden.365 So können sie gegebenenfalls geklärt, jedenfalls aber offengelegt und damit als Themen aus der Sachdiskussion ausgeschlossen werden. Besteht das persönliche Problem hingegen weiter in einem Maße, das eine sachliche Diskussion verhindert, ist es in der Regel ratsam, einen anderen Vertreter des Unternehmens oder einen externen Vertreter, zum Beispiel einen Rechtsanwalt, als Verhandler einzusetzen.366 Ist die Diskussion dann wieder auf die sachliche Ebene gelangt, kann das Sachproblem mit neuer Kraft angegangen werden. Dieser Grundsatz wird durch den Schlagsatz „Hart in der Sache, aber sanft zu den beteiligten Personen“ 367 zum Ausdruck gebracht.

III. Entwicklung von beiderseits vorteilhaften Optionen Die dritte Säule des „Harvard-Konzepts“ ist die Entwicklung von beiderseits vorteilhaften Optionen.368 Denn wie bereits dargestellt369 neigen Menschen insbesondere in Verteilungskonflikten aber auch in anderen Formen von Konflikten zu der Annahme, dass im Rahmen der Verhandlung vorhandene Werte lediglich zwischen den Parteien verteilt werden können, dass aber keine zusätzlichen Werte geschöpft werden („Nullsummenspiel“ 370). Um dem zu begegnen, soll eine Verhandlung nach dem „Harvard-Konzept“ gezielt Optionen, die für beide Seiten Wertschöpfungen bieten, suchen.371 Diese Optionsfindung soll durch verschiedene Elemente angeregt und unterstützt werden. Dabei ist die Suche nach Optionen von der Bewertung der einzelnen Optionen strikt zu trennen.372 Auf diese Weise wird vermieden, dass eventuell ungeeignete, aber für weitergehende Lösungsansätze fruchtbare Optionen vorschnell aus dem Suchprozess ausgeschieden werden. Die Suche

364 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 46; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 3. 365 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 24 ff. 366 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 3; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 49. 367 Fisher/Ury/Patton, Das Harvard-Konzept, S. 88; im Original „Be hard on the problem, soft on the people“, Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 55. 368 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 58 ff.: „Invent Options for Mutual Gain“. 369 Oben § 7 IX. (S. 75 f.). 370 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 61: „The assumption of a fixed pie“. 371 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 58; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 9. 372 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 62; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 10.

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nach den Optionen soll dabei durch diverse Kreativtechniken angeregt werden.373 Außerdem sollen ganz gezielt mehrere Optionen erarbeitet werden, auch wenn sie sich gegebenenfalls widersprechen sollten. Denn die Mehrheit an Lösungsansätzen generiert später einen Verhandlungsrahmen, der es erlaubt, einem eindimensionalen Schachern in Verteilungskonflikten zu begegnen.374 Die Wertschöpfung bei der Optionensuche kann außerdem dadurch unterstützt werden, dass zunächst Optionen, welche den gemeinsamen Interessen der Parteien entsprechen, gesucht werden.375 Im Anschluss an die Entwicklung der Optionen erfolgt deren Bewertung. Dabei wird ein etwa vorher geschöpfter Wert zwischen den Parteien verteilt. Im Ergebnis ist durch die Entwicklung von Optionen das Verhandeln über die Verteilung nicht vermieden worden. Die vorangegangene konstruktive Arbeit und die Untersuchung der gemeinsamen Interessen sind aber oft geeignet, die kooperative Haltung der Parteien für die Verteilungsverhandlungen zu begünstigen.376

IV. Anwendung objektiver Beurteilungskriterien Das „Harvard-Konzept“ gibt sich weder der Naivität hin, die Existenz von Verteilungskämpfen zu leugnen, noch basiert es auf dem Menschenbild von altruistischen Mitbürgern.377 Da eine Verhandlung insbesondere über die Verteilung insgesamt unumgänglich ist schlägt es daher vor, zunächst objektive378 Entscheidungskriterien zu entwickeln.379 Denn im Rahmen der Verhandlung anhand von Positionen entsteht bei den Konfliktbeteiligten häufig das Gefühl, dass die Position ihres Gegenübers, also zum Beispiel die Festlegung eines Kaufpreises in Höhe von A 1.000,–, willkürlich erfolgte und einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt.380 Eine Einigung wird 373 Vgl. Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 63 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 50; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 516. 374 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 67; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 9. 375 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 72 f. 376 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 10; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 55. 377 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 56; vgl. Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 82: „. . . you will almost always face the harsh reality of interests that conflict. No talk of ,win-win‘ strategies can conceal that fact“. 378 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 223, bezweifeln, dass es sich um objektive Kriterien handelt und schlagen daher den Begriff „normative Verteilungskriterien“ vor; von „neutralen Beurteilungskriterien“ spricht Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 11. 379 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 82 ff.: „Insist on Using Objective Criteria“. 380 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 11; Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 84.

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aufgrund dieser Wahrnehmungen der Konfliktbeteiligten erschwert. Eine zukunftsorientierte und nachhaltige Einigung ist jedoch viel eher möglich, wenn beiderseits akzeptierte Kriterien für die Entscheidung über strittige Punkte entwickelt und verwendet werden.381 Der erste Schritt im Rahmen der Verteilungsverhandlung ist danach die Entwicklung von objektiven Verteilungskriterien.382 Um objektiv in diesem Sinne zu sein, sollten die Kriterien unabhängig vom Willen der Beteiligten sein und beiden gegenüber die gleiche Geltung beanspruchen. Verhandeln die Parteien zum Beispiel über die Höhe des Kaufpreises für einen Gebrauchtwagen kann der Marktpreis ein solch objektives Kriterium darstellen. Um den Marktpreis seinerseits objektiv zu konkretisieren, kommen unter anderem die diversen Fahrzeugbewertungslisten in Betracht. Unabhängig von dem vorstehenden Beispiel können auch andere Kriterien wie zum Beispiel383 Präzedenzgeschäfte, sachverständige Auskünfte, Markstandards, Kosten, Gleichbehandlung oder – und dies ist im vorliegenden Zusammenhang besonders hervorzuheben – die voraussichtliche Entscheidung eines Gerichts über diese Frage als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden. Aus der Warte der Mediatorenpraxis wird dazu auch bemerkt, dass insbesondere die rechtlichen Kriterien den Orientierungsrahmen einer Einigung justieren.384 Jedoch ist diese hypothetische Entscheidung des Rechts nicht für jeden Verteilungskonflikt verfügbar. Zwar wird sich in aller Regel beantworten lassen, wie hoch der Schadensersatz im konkreten Fall ausfällt oder wie der Nachlass aufzuteilen ist. Für die Frage, was der angemessene Kaufpreis ist, bietet das Recht hingegen keine verlässliche Entscheidung. Zwar können über § 138 Abs. 2 BGB Fälle des Wuchers ausgeschieden werden. Auch finden sich in den § 315 ff. BGB Regelungen für den Fall, dass die Leistungsbestimmung durch eine der Parteien unbillig, § 315 Abs. 3 BGB, oder durch einen Dritten offenbar unbillig, § 319 Abs. 1 BGB, ist. In einem solchen Fall hat aber das Gericht lediglich selbst erneut eine Abwägung nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB vorzunehmen und dabei dem von der Vereinbarung der Parteien im Übrigen vorgegeben Rahmen zu folgen.385 Nach der Entwicklung der objektiven Verteilungskriterien erfolgt deren Anwendung auf den konkreten Fall.386 Dabei besteht zwar im Grunde ebenso viel Konfliktpotential wie bei der argumentativen Auseinandersetzung über Positio381 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 11; Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 84 f. 382 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 86; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 56. 383 Beispiele nach Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 86. 384 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 519. 385 Würdinger, in: MünchKomm-BGB, § 315 Rn. 51 f. i.V. m. § 319 Rn. 23. 386 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 88 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 56.

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nen, jedoch begünstigt die bisherige Kooperation der Beteiligten bei der Suche und Entwicklung der Kriterien aber in der Regel eine kooperative Einstellung auch in dieser Phase.387 Außerdem vermeidet die Orientierung an den objektiven Kriterien im Falle eines Nachgebens – gemessen an der ursprünglichen Position – das Gefühl eines Gesichtsverlusts oder der Verbitterung auf Seiten dieser Partei.388

V. Grenzen des Harvard-Konzepts Obwohl das „Harvard-Konzept“ als das grundlegende Konzept der Verhandlungstheorie gilt und sich auch in der Praxis bewährt, stößt das Modell auch auf system-immanente Grenzen:389 Zunächst ist die Annahme eines Nullsummenspiels bei der Verhandlung über die Verteilung von Ressourcen ein früh erlerntes und international verbreitetes Verhalten.390 Auch ist dieses kompetitive Verhandeln strukturell verhältnismäßig einfach, da der Verhandelnde jeweils nur seine eigene Position verteidigen und diejenige seines Gegenübers argumentativ bekämpfen muss.391 Demgegenüber sind die intellektuellen Anforderungen an die Verhandler im „Harvard-Konzept“ durchaus hoch, da die jeweiligen Phasen insgesamt komplex sind und einer strukturierten Verhandlungsführung sowie großer Verhandlungsdisziplin bedürfen.392 Des Weiteren sind viele Verhandler aber mit diesem Konzept nicht vertraut und wissen daher nicht mit ihm umzugehen. Daneben müssen die Verhandelnden auch über ein hohes Maß an Autonomie verfügen und in emotionaler Hinsicht selbstsicher sein.393 Da das „Harvard-Konzept“ zudem voraussetzt, dass beide – oder alle – Konfliktbeteiligten diese Methode benutzen,394 scheidet deren Anwendung in vielen Fällen von vorneherein aus. Schließlich erfordert das „Harvard-Konzept“ eine umfangreiche Offenlegung der jeweiligen Interessen. Eine solche Offenlegung lehnen die meisten Verhandler jedoch intuitiv ab.395 Dahinter steckt die – nicht grundlose – Befürchtung, dass die eigene Verhandlungsposition geschwächt wird, wenn das Gegenüber 387 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 11. 388 Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 85; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 56. 389 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 58. 390 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 15. 391 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 63. 392 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 63. 393 Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 15. 394 Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 60. 395 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 59; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 62.

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Kenntnis der eigenen Interessen erhält und diese dann gegebenenfalls zur kompetitiven Verhandlung einsetzt. Erläutert ein Schuldner zum Beispiel396 dass die bisherige Zahlung des Kaufpreises nicht wegen der angeblichen Mängel unterblieb, sondern weil ihm die Liquidität fehlt, wird er im Rahmen einer kompetitiven Verhandlung gerade keine Stundung des Kaufpreises erreichen, sondern dem Verkäufer beste Chancen für die dann wahrscheinlich eiligst erhobene Kaufpreisklage einräumen. Dieses Risiko der Preisgabe von sensiblen Informationen und/ oder Verhandlungspositionen „besteht und lässt sich nicht bagatellisieren“ 397. Eine Verhandlung nach dem „Harvard-Konzept“ ist daher trotz der überzeugenden Ansätze nicht stets, sondern nur nach einer vorläufigen Evaluation der Verhandlungssituation zu empfehlen.

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG Die Beteiligten eines Konflikts können auf unterschiedlichen Wegen in ein Mediationsverfahren gelangen. Diese bedingen auch verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen. In Frage kommen insoweit die Vereinbarung der Parteien, eine außergerichtliche Mediation durchzuführen, der Vorschlag des Prozessgerichts zur Durchführung einer außergerichtlichen Mediation, § 278a ZPO, oder die Verweisung des Rechtsstreits durch das Prozessgericht an einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO, der ebenfalls eine Mediation durchführen darf. Aufgrund der verschiedenen gesetzlichen und teils vertraglichen Rechtsgrundlagen ergeben sich je nach der Art des Zustandekommens der Mediation jeweils unterschiedliche Rechtsverhältnisse sowohl zwischen den Parteien als auch zwischen den Parteien und dem Mediator. Im Folgenden werden daher in diesem § 9 die rechtlichen Rahmenbedingungen der außergerichtlichen Mediation nach § 1 MediationsG dargestellt. Danach ist auf die Rechtsgrundlagen der Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts, § 278a ZPO, (§ 10) sowie in der Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO (§ 11) einzugehen. Die außergerichtliche Mediation steht in keinem notwendigen Zusammenhang zu einem Zivilprozess.398 Sie kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt von einer Partei vorgeschlagen bzw. von den Parteien angestrebt werden. Eine solche Initiative kann auf einer entsprechenden Einigung nach Entstehung des Konflikts (ad hoc Mediation) oder auf einer Mediationsklausel in, zum Beispiel, einem Kauf-, Miet- oder Gesellschaftsvertrag beruhen.399 396

Beispiel nach Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 62. Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 62. 398 Vgl. aber noch § 10 auf S. 110 zur außergerichtlichen Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts gemäß § 278a ZPO. 399 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 366. 397

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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Um die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien sowie zwischen den Parteien und dem Mediator herauszuarbeiten, werden zunächst die Grundzüge der Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten dargelegt (I.) Danach wird auf das Zustandekommen der Mediation aufgrund der Mediationsvereinbarung (II.) sowie auf Inhalt und Rechtsfolgen des Mediatorvertrags (III.) und der Verfahrensregeln (IV.) eingegangen. Besonderes Augenmerk verdienen schließlich Inhalt und Rechtsfolgen der Regelungen über die Vertraulichkeit der Mediation (V.).

I. Grundlegung der Rechtsbeziehungen in der Mediation Die materiellen Rechte und Pflichten der Parteien ergeben sich aus dem materiellen Gesetzes- oder Vertragsrecht und damit zuvörderst aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Die mediationsspezifischen Verfahrensrechte und -pflichten der Parteien sind hingegen nicht gesetzlich festgelegt. Anderes gilt – jedenfalls für diverse Einzelfragen – in Ansehung der Rechte und Pflichten des Mediators nach den §§ 2–4 MediationsG. Da es also an parteibezogenen Maßgaben für das Verfahren der Mediation fehlt, werden diese – konkludent oder ausdrücklich – vertraglich festgelegt. Dabei ist zwischen verschiedenen Regelungsebenen zu differenzieren. Zu diesen Regelungsebenen gehören die Mediationsvereinbarung (II.), der Mediatorvertrag (III.) und die Verfahrensregeln (IV.).400

II. Mediationsvereinbarung Unter einer Mediationsvereinbarung wird im Allgemeinen die vertragliche Einigung der Parteien, eine Mediation durchzuführen, verstanden.401 Die Benennung als „Mediationsvereinbarung“ folgt dabei dem Wortlaut des Gesetzes im Schiedsverfahrensrecht,402 wo § 1029 Abs. 1 ZPO die Schiedsvereinbarung als Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen, definiert. 400 Vgl. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Einleitung Rn. 43; Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (849); Töben, RNotZ 2013, 321 (323). 401 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 12; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 119; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 3; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 316; Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (849); Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 8; Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (464); Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 78; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 16; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 246. 402 Beckmann, DStR 2007, 583 (585).

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1. Inhalt und Vertragstyp Der notwendige Inhalt einer Mediationsvereinbarung beschränkt sich darauf, in Ansehung entweder eines bereits jetzt vorliegenden oder aber erst in Zukunft eventuell vorliegenden Konflikts eine Mediation einzuleiten und dort eine einvernehmliche Lösung für diesen zu suchen.403 Teilweise wird weiter formuliert, dass die Parteien der Mediationsvereinbarung sich zumindest über das Ob der Mediation, die zu beteiligenden Parteien und den Gegenstand der Mediation einig sein müssen, da es sich dabei um die essentialia negotii der Mediationsvereinbarung handele.404 Die Rechtsfolge einer solchen Vereinbarung besteht in der Pflicht der Parteien unter den in der Vereinbarung niedergelegten Voraussetzungen eine Mediation anzustreben, den Mediator zu beauftragen und an dem Versuch der Mediation mitzuwirken.405 Die Rechtsnatur einer solchen Abrede dürfte als nach § 311 Abs. 1 BGB ohne weiteres zulässiges „materiell-rechtliches Dauerschuldverhältnis sui generis mit auch prozessualen Wirkungen“ 406 zu qualifizieren sein. Lediglich vereinzelt wird vertreten, dass es sich dabei um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach den §§ 705 ff. BGB handelt.407 Umstritten ist insoweit, ob der Primäranspruch, also das Recht den Versuch einer Mediation zu verlangen, sinnvoll einklagbar ist.408 Praktisch wichtiger ist

403 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 133; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25; Töben, RNotZ 2013, 321 (323); unklare a. A. aber bei Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 19, die diverse Merkmale der Mediation nach den §§ 1–4 MediationsG zu zwingenden Vertragsinhalten des dort sog. „Mediationsvertrages“ erheben; diese – dort nicht näher begründete – Ansicht wirft aber die Frage auf, was die Rechtsfolge eines Verstoßes sein soll (kein Vertragsschluss mangels essentialia negotii?) und ist daher abzulehnen; so gehen denn auch Ditler/Engel, ZAP Fach 23, 957 (961) und Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 388, davon aus, dass durch das MediationsG der Umfang notwendiger vertraglicher Regelungen geschrumpft ist. 404 Hutner, SchiedsVZ 2003, 226 (228); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (468 mit Fn. 25); vgl. auch Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 10, der auch eine Einigung über den zumindest bestimmbaren Mediator fordert. 405 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 9; Prütting, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 46 Rn. 10; Tochtermann, ZKM 2008, 89 (90 f.); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (468); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 168; Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 23; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25. 406 Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (469). 407 Nicht überzeugend Hutner, SchiedsVZ 2003, 226 (229 ff.). 408 Für Klagbarkeit Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 23; Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (468); auch Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91), Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 168 [anders aber womöglich in Rn. 191] und Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25 [anders aber womöglich in Rn. 21] gehen technisch von Klagbarkeit aus, stellen aber jedenfalls in Abrede, dass diese Verpflichtung sinnvoll eingeklagt werden könnte, da der Beklagte die einge-

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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hingegen die Frage, ob die Verletzung dieser Primärpflicht im Ergebnis Sekundäransprüche – in Frage kommen insoweit insbesondere Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 Abs. 1 i.V. m. Abs. 3, 281 BGB, und der Ersatz vergeblicher Aufwendungen, § 284 BGB – begründet. Grundsätzlich sind Leistungspflichten nach § 241 Abs. 1 BGB und also auch die Pflichten aus einer Mediationsvereinbarung durch die §§ 280 ff. BGB bewehrt.409 Jedoch erfordert eine Klage auf Schadensersatz aus den §§ 280 ff., 249 ff. BGB im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität den Nachweis, dass die Pflichtverletzung zu einem Schaden geführt hat.410 Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass dem Gläubiger in einem Schadensersatzprozess der Beweis gelingt, dass eine Mediation zu einem bestimmten Ergebnis geführt hätte. Demnach bleibt die beweisbelastete Partei in der Regel zumindest für das Leistungsinteresse beweisfällig.411 Möglich erscheint aber ein Anspruch auf Ersatz der vergeblichen Aufwendungen gemäß § 284 BGB.412 Eine auf den notwendigen Inhalt beschränkte Mediationsvereinbarung entspricht keinem Vertragstypus des Bürgerlichen Gesetzbuchs.413 Da somit ein dispositives Gesetzesrecht zur Schließung von Lücken der Parteivereinbarung fehlt, ist es sinnvoll und üblich, über den oben beschriebenen notwendigen Inhalt hinaus weitere Regelungen zwischen den Parteien zu vereinbaren.414 Regelungsbedarf besteht dabei insbesondere bezüglich des Verfahrens der Mediation selbst, klagte Mediation anschließend ohne Sanktionen wieder verlassen könne; a. A. Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 240, der lediglich von einer (nicht einklagbaren) Obliegenheit zur Kooperation ausgeht. Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (854) plädiert de lege ferenda jedenfalls für den Ausschluss der Vollstreckbarkeit einer Mediationsabrede durch entsprechende Ergänzung des § 888 Abs. 3 ZPO. 409 Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852); Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 28; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 169; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25 f. 410 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 38 und Vorb v § 249 Rn. 128 m.w. N. 411 Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (468 mit Fn. 28); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 169; Prütting, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 46 Rn. 10. 412 Dabei kann sich der Schuldner nicht auf den Einwand, dass die Kosten auch dann entstanden wären, wenn die Mediation pflichtgemäß eingeleitet aber sodann – zulässigerweise – sogleich wieder beendet worden wäre, berufen, da der Zweck der Pflicht aus der Mediationsvereinbarung in der Anregung des Gesprächs zwischen den Parteien, nicht in dem Erfolg der Einigung liegt, vgl. Eidenmüller, Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation, S. 45 (63 mit Fn. 64); Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852 mit Fn. 63); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 192; a. A. Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25. 413 Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 20; insoweit unklar Behme/Probst, ZKM 2014, 8 (9), die betreffend Mediationsvereinbarung und etwa in Bezug genommene institutionelle Mediationsordnung von einem „Prozessvertrag“ sprechen. 414 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 14; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 133 und 145 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 20 ff.

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bezüglich des Verhältnisses zum Zivilprozess und bezüglich des streitigen Rechtsverhältnisses, also des Mediationsgegenstandes.415 Die einzelnen Verfahrensfragen der Mediation werden in der Praxis häufig erst später, wenn die Mediation unmittelbar bevorsteht, geregelt.416 Eine verfahrensbezogene Frage, die sinnvoll und regelmäßig schon vorher festgelegt wird, ist das Verfahren zur Auswahl eines Mediators für den Fall des späteren Konflikts.417 Denn es liegt aus praktischer Sicht nahe, dass die Parteien sich im Streit nicht auf einen Mediator werden einigen können, sondern dass ein unabhängiger Dritter einen Mediator bestellt. 2. Mediationsklausel Häufig finden Mediationen aufgrund einer Verwendung einer Mediationsklausel statt. Die Bezeichnung als „Mediationsklausel“ folgt der gesetzlichen Diktion zur Schiedsklausel in § 1029 Abs. 2 Alt. 2 ZPO.418 Dabei wird die Verwendung von Mediationsklauseln im Allgemeinen sowie in zahlreichen tendenziell mediationsgeeigneten Rechtsgebieten wie dem Miet-, Bau-419, Arbeits-420, Gesellschafts-421, Familien-422 und Erbrecht423 empfohlen. Der typische Inhalt einer einfachen Mediationsklausel lautet: „Für den Fall von Meinungsverschiedenheiten über Rechte oder Pflichten aus diesem Vertrag oder von Störungen bei seiner Durchführung vereinbaren die Vertragsschließenden, vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine einvernehmliche Lösung im Wege der Mediation zu suchen.“ 424

415 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 14; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 145 ff. 416 Zu den Verfahrensregeln unten § 9 IV. (S. 101). 417 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 15. 418 Beckmann, DStR 2007, 583 (585). 419 Wagner, in: Roquette/Otto, Privates Baurecht, Kap. D. V. Rn. 6. 420 Schiefer, in: Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, Rn. 2658. 421 Rombach, in: Beck’sches Formularbuch GmbH-Recht, Muster C. II. 4; Behme, DB 2014, 881 (885). 422 Winograd/Bernhardt, in: Beck’sches Formularbuch Familienrecht, Muster T. 20. 423 Risse, in: Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, § 68 Rn. 22; Damrau, ZErb 2014, 1. 424 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 134; in der Sache jeweils ebenso: Risse, in: Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, Muster XII. 9; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 403; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 2; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 199; EUCON, Mediationsklausel; DIS, DIS-Mediationsvereinbarung 10; ICC, Mediations-Regeln (2014), S. 90 ff.; vgl. ferner die in den Fn. 419–423 genannten Quellen.

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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Eine derartige Mediationsklausel bewegt sich auf der Regelungsebene der Mediationsvereinbarung, da sie selbst die Verpflichtung zur Mediation begründet, ohne aber das Verfahren selbst zu regeln. Denn sie wird ausschließlich im Verhältnis der etwaigen späteren Konfliktparteien abgeschlossen. Ihrem Regelungsgehalt nach begründet sie die Kooperationspflicht der Konfliktparteien, gerichtet auf die Durchführung der Mediation sowie – entweder ausdrücklich oder aber jedenfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung – einen dilatorischen Klageverzicht425. Der Regelungsgehalt der Mediationsklausel lässt sich aber auch wesentlich erweitern, indem die Klausel bereits auf eine Verfahrensordnung für die Mediation Bezug nimmt. Dazu genügt grundsätzlich der Zusatz, dass eine Mediation „gemäß der Mediationsordnung [. . .] durchgeführt werde“.426 Derartige Mediationsordnungen sehen häufig diverse Regelungen auf der Ebene der Mediationsvereinbarung (zum Beispiel Klageverzicht, Verjährungshemmung, Vertraulichkeit), des Mediatorvertrages (zum Beispiel Auswahl des Mediators, Vergütungstabelle) und teils auch der Verfahrensregeln (zum Beispiel Zulässigkeit von Einzelgesprächen) vor und werden von vielen Institutionen angeboten.427 Welche Anforderungen die Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen in den §§ 305 ff. BGB, insbesondere das Verbot überraschender Klauseln, § 305c BGB, und das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, an die Mediationsklausel stellen, ist noch nicht hinreichend geklärt, so dass hier zur Vorsicht bei der Gestaltung geraten wird.428 Umstritten ist außerdem, ob die Verwendung einer Mediationsklausel gegenüber einem Verbraucher analog § 1031 Abs. 5 ZPO einer besonderen Formpflicht unterliegt. Denn nach § 1031 Abs. 5 ZPO müssen Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer gesonderten Urkunde eigenhändig unterzeichnet werden. Dadurch soll der Verbraucher davor gewarnt werden, dass er „auf die Entscheidung eines evtl. Rechtsstreits durch die staatlichen Gerichte verzichtet“ 429. Nach einer Ansicht ist diese Maßgabe aufgrund der im Falle einer

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Näher unten § 9 II. 4. (S. 96). Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 144. 427 Vgl. zum Beispiel EUCON, Mediationsordnung; DIS, Mediationsordnung; ICC, Mediations-Regeln (2014). 428 Noch unten § 23 III. 1. b) (S. 270 ff.); vgl. Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (36); Tochtermann, ZKM 2008, 57 (58); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 16 ff.; weniger kritisch Unberath, NJW 2011, 1320 (1323); besondere Fragen werfen dabei die Verweise auf notwendig außerhalb der Klausel liegende Mediationsordnungen auf, insbesondere wenn es sich um einen dynamischen Verweis handelt, vgl. Bülow, in: Walz, Außergerichtliche Streitbeilegung, § 6 Rn. 29. 429 Begründung RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drs. 13/5274, S. 37 reSp; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1031 Rn. 7. 426

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Mediation drohenden430 Kostenlast analog auch auf Mediationsklauseln anzuwenden.431 Nach der überzeugenden Gegenauffassung fehlt es jedoch an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke: Denn im Falle der Mediation ist die Klagbarkeit vor den staatlichen Gerichten allenfalls zeitweise, für die Dauer eines erfolglosen Versuchs der Mediation, gehindert. Gerade der Ausschluss der Streitentscheidung durch die staatlichen Gerichte ist aber der wesentliche Hintergrund des § 1031 Abs. 5 ZPO.432 Bei Mediationsklauseln handelt es sich daher schon nicht um „Schiedsvereinbarungen“ im Sinne des § 1031 Abs. 5 ZPO.433 Die fehlende Erfassung (auch) der Mediationsklauseln in § 1031 Abs. 5 ZPO ist daher nicht planwidrig.434 Außerdem kann jedenfalls nach Erlass des EGMediationsG435 nicht mehr von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.436 Schließlich lässt sich erwägen, ob eine Mediationsklausel in einem formbedürftigen Vertrag, zum Beispiel einem Kaufvertrag über Grundbesitz gemäß § 311b Abs. 1 BGB, ihrerseits formbedürftig ist. Dafür spricht, dass Rechtsprechung und Lehre eine entsprechende Erstreckung der Formpflicht bei zusammengesetzten Verträgen annehmen.437 Diese Erstreckung ist jedoch nur dann anzunehmen, „wenn die Vertragsparteien den Willen haben, beide Verträge in der Weise miteinander zu verknüpfen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen“ 438. Eine solche Bedeutung wird der Mediationsklausel im Verhältnis zum Hauptvertrag regelmäßig nicht zukommen. Eine etwaige Formpflicht des Hauptvertrages erstreckt sich damit nicht auf die Mediationsklausel.439 Die Rechtsfolge der Mediationsklausel besteht in der Verpflichtung, einen Mediator zu beauftragen und an dem Versuch der Mediation mitzuwirken.440 Diese 430 Genau besehen „droht“ die Kostenlast nicht nur, sondern steht vielmehr fest, da die Kosten im Falle der Mediation in aller Regel erfolgsunabhängig hälftig geteilt werden, vgl. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 152. 431 So Risse, in: Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, Muster XII. 9. Anm. 1.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 14. 432 Vgl. Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), § 1031 Rn. 22. 433 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 1029 Rn. 11. 434 So Tochtermann, ZKM 2008, 57 (58); Unberath, NJW 2011, 1320 (1322); Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (31). 435 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 436 Töben, RNotZ 2013, 321 (324). 437 Vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 311b Rn. 32 m.w. N. 438 BGHZ 186, 345 (347); vgl. ferner BGH, NJW-RR 2009, 953 (954); NJW 2004, 3330 (3331). 439 Töben, RNotZ 2013, 321 (324); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 158; Unberath, NJW 2011, 1320 (1322); Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31. 440 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 168.

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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Pflicht lässt sich weiter in formelle und materielle Verhandlungspflichten aufgliedern. Die formellen Verhandlungspflichten umfassen dabei die äußerlichen Schritte und Maßnahmen, die nötig sind, um den versprochenen Erfolg, hier den Versuch der Mediation, zu unternehmen. Dazu zählen zuvörderst der Abschluss des Mediatorvertrages und die Entrichtung etwaiger Kostenvorschüsse.441 Außerdem wird man auch die Pflicht, an zumindest der ersten Mediationssitzung teilzunehmen und – zumindest im Rahmen vertraulicher Einzelgespräche – gegenüber dem Mediator Ausführungen zur Sache zu machen, annehmen können.442 Materielle Verhandlungspflichten, also Maßgaben, wie in der Sache zu verfahren bzw. zu verhandeln ist, lassen sich aber kaum abstrakt benennen. Derartige Festlegungen fallen umso schwerer, als die Mediation auf die Eigenverantwortlichkeit der Parteien setzt (vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG), so dass die Parteien keinem grundsätzlichen Einigungsdruck unterliegen. Verhandlungspflichten über die oben genannten formellen hinaus lassen sich daher nicht oder kaum bestimmen.443 3. Vereinbarung ad hoc Von einer Mediation ad hoc wird im Allgemeinen gesprochen, wenn der Schritt in die Mediation nicht aufgrund einer vor Entstehung des Konflikts vereinbarten Mediationsklausel, sondern aufgrund einer anlässlich eines bereits bestehenden Konflikts getroffenen (Mediations-)Vereinbarung zwischen den Parteien erfolgt.444 Das Gesetz kennt in § 1029 Abs. 2 Alt. 1 ZPO mit der Schiedsabrede, also einer Schiedsvereinbarung in Form einer selbständigen Vereinbarung, eine ähnliche Systematik im Schiedsrecht.445 In einem solchen Fall, in dem der Konflikt bereits offen zu Tage liegt, können die Parteien in aller Regel bereits genauere Regelungen treffen. So wird unter anderem entschieden werden können, ob und welche Dritte (Rechtsanwälte, Sachverständige etc.) bei der Mediationssitzung hinzuzuziehen sind oder welche berufliche Qualifikation der Mediator aufweisen soll. Dabei werden die Mediationsvereinbarung, der Mediatorvertrag und die Verfahrensregeln häufig in lediglich ein oder zwei Rechtsakten zusammengefasst werden.446 441 Tochtermann, ZKM 2008, 89 (90) unter Berufung auf BGH, NJW 1999, 647 (648) mit entsprechenden Ausführungen zum Inhalt der Verpflichtung im Falle einer Schlichtungsvereinbarung; zustimmend Unberath, NJW 2011, 1320 (1322). 442 Tochtermann, ZKM 2008, 89 (90); Unberath, NJW 2011, 1320 (1322). 443 Unberath, NJW 2011, 1320 (1322); etwas offener für materielle Verhandlungspflichten hingegen Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91). 444 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 12; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 105; Günther/Hilber, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 15 Rn. 59. 445 Beckmann, DStR 2007, 583 (585). 446 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 122.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

4. Ausschluss der Klagbarkeit Zudem besteht Regelungsbedarf im Verhältnis zum staatlichen447 Zivilprozess vor allem im Hinblick auf die Klagbarkeit des streitgegenständlichen Anspruchs für die Dauer der Mediation.448 Denn aus einer Mediationsabrede ergibt sich nicht zwingend ein dilatorischer Klageverzicht (pactum de non petendo)449 und ob ein solcher in der Regel im Wege der Auslegung anzunehmen ist, ist umstritten.450 Aus kautelarjuristischer Perspektive sollten etwaige Zweifel durch eine ausdrückliche Regelung dieser Frage ausgeräumt werden. Liegt eine dahingehende ausdrückliche oder konkludente Regelung vor, begründet sie ein Prozesshindernis, das als prozessuale Einrede nur nach Erhebung durch den Beklagten berücksichtigt wird.451 Eine voreilig erhobene Klage wäre daher als „derzeit unzulässig“ abzuweisen.452 Die Zulässigkeit von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach den §§ 916 ff. ZPO durch ein staatliches Gericht wird von einer Mediationsabrede hingegen nicht berührt. Dies folgt a maiore ad minus aus § 1033 ZPO, der Entsprechendes für Schiedsvereinbarungen regelt.453 Dasselbe gilt für das selbstständige Beweisverfahren nach den §§ 485 ff. ZPO.454 447 Der Regelungsbedarf kann auch im Verhältnis zur Schiedsgerichtsbarkeit bestehen, falls die Zuständigkeit dieser statt der staatlichen Gerichtsbarkeit vereinbart ist. 448 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 16; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 148; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22 f. 449 So Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (850); Loos/Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (305); Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (262); gegen die Verwendung des Begriffs pactum de non petendo bezüglich Mediationsvereinbarungen Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (473), da das Erstere ein rein materiell-rechtlicher Begriff ist; ähnlich Eidenmüller, Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation, S. 45 (70 mit Fn. 93). 450 Für die Annahme eines konkludenten Ausschlusses der Klagbarkeit: Töben, RNotZ 2013, 321 (330); Unberath, NJW 2011, 1320 (1322); Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (480 f.); Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 66; Prütting, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 46 Rn. 9; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 178; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 3; ähnlich BGH, NJW-RR 2009, 637 (638 f.) für eine Schlichtungsabrede; offener Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22 f.; a. A. OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2010, 788 (789): „bloße Förmelei“; LG Heilbronn, ZKM 2011, 29: bloßer „Appel an eine gütliche Einigung“; Loos/Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (307). 451 Unberath, NJW 2011, 1320 (1321 f.); Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91); Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852 f.); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (474); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22. 452 Unberath, NJW 2011, 1320 (1322); Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852); Eidenmüller, Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation, S. 45 (63); Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91); Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (470); Loos/ Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (305); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 44; hingegen scheint Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22, auch die Aussetzung des Verfahrens (analog § 251 ZPO?) zulassen zu wollen [vgl. dazu ablehnend HilbigLugani, ZZP 126 (2013), 463 (477 f.)].

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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5. Materiell-rechtliche Regelungen Außerdem sehen Mediationsvereinbarungen in vielen Fällen auch Regelungen zu den materiellen Rechtsbeziehungen der Parteien vor. Zuvörderst sind dabei Regelungen betreffend die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche denkbar.455 Solche Regelungen waren bis zu der Änderung des Verjährungsrechts der §§ 195 ff. BGB n. F. durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz456 jedenfalls in bestimmten Fällen erforderlich, um die Mediation nicht unter den Zeitdruck der Verjährung zu setzen. Mit der Erweiterung der Hemmungstatbestände der §§ 203, 204 BGB sowie der erweiterten Zulässigkeit von Parteivereinbarungen über die Verjährung wurde die Notwendigkeit von diesbezüglichen vertraglichen Regelungen in Mediationsvereinbarungen deutlich reduziert.457 Diese haben de lege lata oft nur deklaratorischen Charakter oder modifizieren die Regelungen der §§ 203, 204 BGB in Details. Besondere Fragen können sich außerdem in den Fällen, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist unterliegen, stellen. Neben den hier nicht zu untersuchenden, arbeitsrechtlichen §§ 4, 7 KSchG unterliegt zum Beispiel458 das der aktienrechtlichen Anfechtungsklage zugrunde liegende Gestaltungsrecht einer materiellen Ausschlussfrist nach § 246 Abs. 1 AktG.459 Vereinbarungen über gesetzliche Ausschlussfristen sind jedoch nicht bzw. nur in sehr eingeschränktem Umfang zulässig.460 In Betracht kommt insoweit aber zum Beispiel die Verpflichtung der Parteien nach Klageerhebung zur Fristwahrung beiderseits das Ruhen des Rechtsstreits bis zum Abschluss der Mediation zu beantragen.461

453 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 186; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 16; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22; Loos/Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (310); Töben, RNotZ 2013, 321 (332); im Ergebnis ebenso, jedoch wohl aufgrund einer entsprechenden Auslegung der Mediationsvereinbarung Hilbig-Lugani, ZZP 126 (2013), 463 (470). 454 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 186; Loos/Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (310); Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1033 Rn. 7; Töben, RNotZ 2013, 321 (332). 455 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 145; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 19; Töben, RNotZ 2013, 321 (331). 456 Gesetz vom 26.11.2001, BGBl. I, S. 3188, vgl. dazu die Überleitungsvorschrift Art. 229 § 6 EGBGB. 457 Eidenmüller, SchiedsVZ 2003, 163 (169 f.); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 28. 458 Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 31. 459 Allg. M., vgl. nur Koch, in: Hüffer, AktG, § 246 Rn. 21 m.w. N. 460 Vgl. BGHZ 31, 77 (83); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 146; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 30; Töben, RNotZ 2013, 321 (332). 461 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 146; Töben, RNotZ 2013, 321 (332); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 45, geht davon aus, dass eine Mediationsklausel im Falle von Ausschlussfristen in der Regel so auszulegen sein wird.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Des Weiteren wird häufig die Stundung der streitgegenständlichen Forderung vereinbart, um damit den Verzug gemäß § 286 BGB samt der daran anknüpfenden gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsfolgen auszuschließen.462 Eine solche Stundung wirkt sich außerdem über § 205 BGB verjährungshemmend aus.463 Zuletzt kommen auch Vereinbarungen über den Ausschluss der Aufrechenbarkeit der streitgegenständlichen Forderung gemäß § 387 BGB in Betracht.464 6. Verteilung der Kosten Schließlich ist es sinnvoll, wenn die Parteien die Verteilung der Kosten für die Durchführung der Mediation regeln. Dabei ist es üblich, dass die Vergütung des Mediators im Innenverhältnis465 der Parteien hälftig getragen wird und dass jede Partei ihre übrigen Aufwendungen ohne Ersatz selbst trägt.466

III. Mediatorvertrag Neben die Mediationsvereinbarung, die alleine zwischen den Parteien abgeschlossen wird, tritt später eine weitere Regelungsebene. Im Rahmen des Mediatorvertrags regeln die Parteien und der Mediator die jeweiligen Leistungs- und Nebenpflichten sowie den Vergütungsanspruch des Mediators.467 Der Mediatorvertrag wird zwischen (mindestens) drei Seiten, den beiden Parteien und dem Mediator, geschlossen.468 Dabei stehen die beiden Parteien dem Mediator als Gesamtgläubiger hinsichtlich ihrer Rechte, § 432 BGB, und als Gesamtschuldner, §§ 421, 427 BGB, hinsichtlich ihrer Pflichten gegenüber.469 Eine Pflicht im Verhältnis der beiden Parteien untereinander ergibt sich nicht aus dem Mediatorvertrag, sondern allein aus der Mediationsabrede.470

462 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 19; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 147. 463 Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 205 Rn. 2. 464 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 19; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 149. 465 Zur gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis vgl. sogleich III. 466 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 152; Töben, RNotZ 2013, 321 (332); unten § 23 I. 3. d) (S. 245 ff.) zu den entstehenden Kosten für Rechtsanwälte und Mediator. 467 Vgl. Heussen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 16 Rn. 63 ff. 468 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 26. 469 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 30; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 11; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 44; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 380. 470 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 26; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 15; anders, allerdings bezogen auf den gleichzeitigen Abschluss eines

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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Der Inhalt des Mediatorvertrags orientiert sich an den Leistungen, welche die Parteien von dem Mediator erwarten. Die Hauptleistung ist dabei die Durchführung eines Mediationsverfahrens de lege artis.471 Der Gegenstand, die etwaige Beteiligung Dritter (vgl. § 2 Abs. 4 MediationsG) sowie die nähere Konkretisierung des Verfahrens kann dabei ausdrücklich im Mediatorvertrag geregelt werden.472 Regelmäßig ist dem Abschluss des Mediatorvertrages jedoch bereits eine Mediationsabrede zwischen den Parteien vorausgegangen, die oft schon zu manchen oder allen regelungsbedürftigen Punkten Stellung bezieht. In diesem Falle rezipiert der Mediatorvertrag die Regelungen aus dem Innenverhältnis der Parteien.473 Haben die Parteien sich hingegen auf die Durchführung „einer Mediation“ 474 ohne deren nähere Bestimmung geeinigt, so sind die Pflichten des Mediators durch eine ergänzende Vertragsauslegung475 zu ermitteln. Diese ergänzende Auslegung wird in aller Regel dazu führen, dass der Mediator eine Mediation in Gemäßheit des § 1 MediationsG durchzuführen hat und dass er außerdem die Hinweis- und Vertraulichkeitspflichten sowie die Tätigkeitsbeschränkungen gemäß den §§ 2–4 MediationsG zu beachten hat.476 Welche einzelnen Handlungs- oder Hinweispflichten den Mediator im Verlauf der Mediation tref-

Mediations- und Mediatorenvertrages Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 380. 471 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 44; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 34 und 46 ff.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 423 und 435. 472 So etwa das Muster eines Mediations- und zugleich Mediatorvertrages bei Dendorfer/Ponschab, in: Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 82 Rn. 340 Anhang I. 473 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 34; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 35; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 122. 474 So zum Beispiel das Muster einer einfachen Mediationsklausel, d.h. ohne Bezugnahme auf die Verfahrensordnung einer Institution, bei Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 134. 475 Vgl. dazu H. Roth, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2010, § 157 Rn. 4; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 157 Rn. 2. 476 So bereits vor Erlass des MediationsG Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 34 und 46 unter Rekurs auf die allgemeinen Verfahrensgrundsätze der Mediation; wohl ebenfalls Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 33. Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 11 ging – vor Erlass des MediationsG – davon aus, dass ein gesetzliches Regelungsmodell für die Pflichten des Mediators fehle und daher vertraglich zu regeln sei. Auch insoweit (vgl. bereits Fn. 403 zur Mediationsabrede) vertritt die a. A. von Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 19, dass die §§ 1–4 MediationsG zwingende Vertragsinhalte für den Mediatorvertrag vorgeben, vgl. auch darauf basierend das Vertragsmuster von Berning, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 7.2. Dieser Ansicht ist auch in Bezug auf den Mediatorvertrag zu widersprechen, da das MediationsG nicht andere Formen der alternativen Konfliktlösung zu Gunsten der Mediation verbietet, sondern vielmehr die Mediation durch die Implementierung bestimmter Qualitätsanforderungen in den §§ 2–5 MediationsG fördern will (vgl. auch RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 liSp).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

fen können, wird im Rahmen der Darstellung des Ablaufs der Mediation erörtert.477 Wie der Mediator die Mediation im Einzelnen durchführen wird, das heißt wie er das Verfahren ausgestaltet, steht dabei – freilich nur soweit dies nicht vertraglich478 oder durch die Regelungen der §§ 1–4 MediationsG gesetzlich fixiert ist – in seinem Ermessen.479 Daher wird der Mediator zum Teil auch als „Herr des Mediationsverfahrens“ 480 bezeichnet. Einen Erfolg, insbesondere eine Einigung der Parteien, schuldet der Mediator hingegen nicht.481 Nach der überwiegenden Auffassung handelt es sich bei dem Mediatorvertrag daher um einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter nach den §§ 675 Abs. 1, 611 ff. BGB.482 Grundsätzlich versteht der Bundesgerichtshof unter einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung jedoch „eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art, für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst zu sorgen hatte, die ihm aber durch einen anderen (den Geschäftsführer) abgenommen wird. Dieser muß also bereits bestehende Obliegenheiten des Geschäftsherrn wahrzunehmen haben, wie zum Beispiel die Prozeßführung, die Vermögensverwaltung und Ähnliches. Dagegen fehlt es an dem Merkmal der Geschäftsbesorgung für einen anderen, wenn der Aufgabenkreis des Geschäftsherrn mit Hilfe des Vertragspartners überhaupt erst geschaffen werden soll.“ 483

Aufgrund dieser Definition nimmt eine vereinzelt vertretene Gegenauffassung an, dass es sich bei der Tätigkeit eines Mediators um einen freien Dienstvertrag nach den § 611 ff. BGB ohne Geschäftsbesorgungscharakter handelt:484 Denn die neutrale Vermittlung (vgl. § 2 Abs. 3 MediationsG) im Konflikt mit der Ge477 Unten § 12 (S. 137 ff.) sowie Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 95 ff. 478 Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 15 warnt vor einer zu detaillierten vertraglichen Regelung, um der Mediation bzw. dem Mediator nicht die erforderliche Flexibilität zu nehmen. 479 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 47; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 15; zu den Einschränkungen seines Ermessen durch die Verfahrensregeln noch unten § 9 IV. (S. 101 ff.). 480 So Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 35 unter Berufung auf Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 58, wo aber tatsächlich die Beteiligten als „Herren des Mediationsverfahrens“ bezeichnet werden; so spricht auch Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 54 von den Parteien als „Herren des Mediationsverfahrens“. 481 Allg. M.; AG Lübeck, NJW 2007, 3789 (3790); Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 30; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 30 f.; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 22. 482 AG Lübeck, NJW 2007, 3789 (3790); Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 30; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 11. 483 BGHZ 45, 223 (229); vgl. auch Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (BT), Rn. 883; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 3 f. 484 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 29 f.

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genseite stelle keine originäre Obliegenheit der jeweiligen Parteien dar. Auch die von der Mediation vorausgesetzte Eigenverantwortlichkeit der Parteien bei ihrer Konfliktbeilegung (vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG) schließt außerdem aus, dass der Mediator den Parteien eine Obliegenheit im Sinne der Rechtsprechung „abnehme“. Die Frage der Rechtsnatur des Mediatorvertrages kann für die vorliegende Untersuchung jedoch offen bleiben: Denn auch die etwaige zusätzliche Anwendung der §§ 663, 665–670, 672–674 BGB wird durch die vertragliche Vereinbarung der Parteien sowie durch etwa anwendbare Sondergesetze, wie hier das MediationsG, verdrängt, soweit diese im Einzelfall den Normen des Auftragsrechts widersprechen.485

IV. Verfahrensregeln Die dritte und letzte mediationsbezogene Regelungsebene betrifft die Verfahrensregeln486 der Mediation. Zu diesen können unter anderem die Zulässigkeit von Einzelgesprächen, die Einbeziehung Dritter in die Mediation, § 2 Abs. 4 MediationsG, oder die Zulässigkeit der Evaluation, das heißt der Bewertung von Sachfragen durch den Mediator, zählen.487 Eine Übereinkunft über die Verfahrensregeln ist dabei aus mehreren Gründen notwendig. Denn das MediationsG enthält bewusst488 und im Gleichlauf mit der MediationsRL489 keine Regelung des Ablaufs der Mediation.490 Auch kommt dem Mediator – anders als dem Schiedsrichter im schiedsgerichtlichen Verfahren nach § 1042 Abs. 4 ZPO491 – kein Ermessen zur Bestimmung der wesentlichen Strukturfragen der konkreten Mediation, zum Beispiel der Zulässigkeit von Einzelgesprächen, zu.492 Um die Rahmendaten des Verfahrens festzulegen, sollten sich die Parteien auf eine bestimmte Verfahrensweise einigen.493 Dies ist schließ-

485 Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 7 sub (1) und (2); Heermann, in: MünchKomm-BGB, § 675 Rn. 14; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 675 Rn. 9. 486 Auch als „Mediationsordnung“ (L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 11 Rn. 4) oder „Verhandlungsvertrag“ (Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 16; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 119 f.) bezeichnet. 487 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121. 488 Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 reSp. 489 Wagner, RabelsZ 74 (2010), 794 (797); Eidenmüller/Prause, NJW 2008, 2737 (2738). 490 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Einleitung Rn. 128; Horstmeier, JR 2012, 1 (6); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (247); Meyer/Schmitz-Vornmoor, DNotZ 2012, 895 (898). 491 Vgl. dazu BGH, NJW-RR 2007, 1466 (1467); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 179 Rn. 34; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 284. 492 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121. 493 Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 17.

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lich auch aus verhandlungstaktischen Gesichtspunkten sinnvoll, da die Parteien so auf kooperativem Wege die Parameter für ihre Lösung selbst erarbeiten.494 Gegenständlich sind den möglichen Inhalten einer Vereinbarung über die Verfahrensregeln kaum Grenzen gesetzt. Neben diversen Vereinbarungen oder Zustimmungen mit Rechtsqualität, zum Beispiel der Zulässigkeit der Einbeziehung Dritter gemäß § 2 Abs. 4 MediationsG, werden auch häufig Absprachen ohne Rechtsqualität in die Verfahrensregeln mitaufgenommen. So wird beispielsweise häufig die beiderseitige konstruktive und offene Mitarbeit bei der Mediation oder Gesprächsregeln betreffend einen sachlichen, respektvollen Umgangston und das gegenseitige Ausredenlassen als Grundregel der Mediation vereinbart.495 Die Parteien dieser Verfahrensregeln sind sowohl die beiden Parteien als auch der Mediator, so dass ein allseitiges Einverständnis über ihren Inhalt erforderlich ist.496 Ob die Verfahrensregeln vor der Mediationssitzung per Korrespondenz, zu Beginn der Mediationssitzung mündlich oder sogar durch Unterschrift einer entsprechenden Urkunde vereinbart werden sollen, wird unterschiedlich beurteilt.497

V. Insbesondere: Vereinbarungen über die Vertraulichkeit Die Mediation ist regelmäßig, wenn auch nicht notwendig,498 ein vertrauliches Verfahren, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG. Diese Vertraulichkeit wird primär dadurch hergestellt, dass die Mediation unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt wird und dass Dritte nur im allseitigen Einverständnis einbezogen werden, vgl. § 2 Abs. 4 MediationsG. Mindestens ebenso wichtig ist aber die Vertraulichkeit außerhalb und nach der Mediation. Denn falls diese nicht sichergestellt wird, besteht das Risiko, dass eine Partei für sie günstige Tatsachen oder Beweismittel, die ihr auf vertraulicher Basis im Rahmen der Mediation eröffnet wurden, in einem nachfolgenden Zivilprozess vorbringt. Da eine derartige Aussicht ihren Schatten bereits im Vorhinein auf die Mediation wirft,499 ist es notwendig, bereits vor oder zu Beginn der Mediation eine rechtliche Grundlage für die Vertraulichkeit zu schaffen.

494 Haft, Verhandlung und Mediation, S. 119 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 18; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 122. 495 Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 37 und 48 sowie insgesamt Rn. 34–61 mit Regelungsvorschlägen. 496 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121. 497 Für den förmlichen Abschluss zu Beginn der Sitzung Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 28; wohl auch Haft, Verhandlung und Mediation, S. 121; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 122 hält dies für „eher unüblich“. 498 Oben § 1 V. a) (S. 31). 499 Wagner, ZKM 2011, 164 (164).

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1. Gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators Das MediationsG enthält hinsichtlich der Verschwiegenheit nur eine punktuelle Regelung, lässt aber die meisten Fragen der Vertraulichkeit im Übrigen offen.500 So sieht § 4 S. 1 MediationsG vor, dass der Mediator und die in die Durchführung der Mediation eingebundenen Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat damit Art. 7 Abs. 1 MediationsRL, der seinerseits nur ein Zeugnisverweigerungsrecht fordert, weit überschießend umgesetzt und dem Mediator und den Hilfspersonen eine Zeugnisverweigerungspflicht auferlegt.501 § 4 S. 1 MediationsG beschränkt sich ferner auf eine Regelung der Vertraulichkeit im Verhältnis des Mediators zu mediationsexternen Personen (sogenannte externe Vertraulichkeit502).503 Die Vertraulichkeit des Inhalts von Einzelgesprächen gegenüber der anderen Mediationspartei (sogenannte interne Vertraulichkeit504) wird damit von § 4 S. 1 MediationsG nicht erfasst und muss daher vertraglich sichergestellt werden.505 Damit begründet § 4 S. 1 MediationsG zunächst die materiell-rechtliche Verpflichtung – auch unabhängig von einem etwaigen späteren Zivilprozess – Verschwiegenheit über alle dort bezeichneten Umstände zu wahren.506 Verletzt der Mediator oder eine der Hilfspersonen diese Verpflichtung – inner- oder außerhalb eines Zivilprozesses – begründet dies eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB und damit, unter weiteren Voraussetzungen, einen Schadensersatzanspruch.507 In verfahrensrechtlicher Hinsicht begründet § 4 S. 1 MediationsG eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 383 Abs. 1 Nr. 6 Alt. 2 ZPO, welche den Media500 Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 5; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 48; Wagner, ZKM 2011, 164 (165); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); a. A. ohne nähere Begründung Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 422. 501 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 5; Wagner, ZKM 2011, 164 (165). 502 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 50. 503 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 13. 504 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 51. 505 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 13; wohl auch Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 45 f.; wohl a. A. Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 98: Der Mediator dürfe die Informationen aus dem Einzelgespräch nicht ohne Zustimmung preisgeben. 506 Diskutiert wird insoweit noch, ob § 4 S. 1 MediationsG selbst die materiell-rechtliche Verpflichtung begründet oder ob diese sich erst in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB und dem Mediatorvertrag ergibt, vgl. Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149); F. Peters, JR 2009, 314 (316). 507 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 40; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 4 Rn. 44; vgl. auch Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 162, für eine vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarung mit dem Mediator.

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tor zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.508 Sollte eine der Parteien aber, was ohne abweichenden Prozessvertrag verfahrensrechtlich zulässig ist,509 den Mediator als Zeugen für Vorgänge oder Erklärungen in der Mediation benennen, soll der Richter zwar versuchen, es nicht zu einer pflichtwidrigen Aussage kommen zu lassen, § 383 Abs. 3 ZPO.510 Falls der Mediator aber unter Verstoß gegen § 4 S. 1 MediationsG entsprechende Angaben macht, unterliegen seine Angaben, wie auch sonst die pflichtwidrigen Aussagen in den Fällen der § 383 Abs. 1 Nr. 4–6 ZPO,511 keinem Beweisverwertungsverbot.512 Daneben kann die Verletzung der Vertraulichkeit unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 203 StGB strafbewehrt sein.513 2. Gegenstand der Vertraulichkeitsvereinbarung der Parteien Die vorgenannte Regelung des § 4 S. 1 MediationsG betrifft alleine den Mediator sowie seine Hilfspersonen, wobei dieser Begriff eng zu verstehen ist und nur etwa Bürokräfte und sonstige berufliche Gehilfen des Mediators umfasst.514 Sie ist außerdem beschränkt auf die Vertraulichkeit gegenüber mediationsexternen Personen. Um die Vertraulichkeit des Inhalts des Einzelgesprächs einer Partei mit dem Mediator sicherzustellen, bedarf es daher zunächst einer vertraglichen Regelung, welche die Vertraulichkeit des Mediators auch gegenüber der jeweils anderen Mediationspartei erstreckt.515 Auf die Parteien sowie etwa an der Mediation beteiligte Dritte, vgl. § 2 Abs. 4 MediationsG, findet § 4 S. 1 MediationsG hingegen keine Anwendung. Insoweit hat der Gesetzgeber die Parteien bewusst auf eine eigene Regelung im Wege der Parteivereinbarung verwiesen.516 Ohne eine entsprechende vertragliche Regelung

508 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 17 liSp; vgl. auch bereits vor Erlass des EGMediationsG Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 168 ff. 509 Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 9; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 26; Töben, RNotZ 2013, 321 (328). 510 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149); Greger, in: Zöller, ZPO, § 383 Rn. 22. 511 Vgl. BGHZ 110, 294 (296); BGH, NJW 1977, 1198 (1199) [unter Verweis auf BGHSt 9, 59 (61)]. 512 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 39; wohl a. A. Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 192 f. [vor Erlass des EGMediationsG]. 513 C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 45; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 45. 514 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 17 liSp. 515 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 13; Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 45 f.; Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191); a. A. ohne nähere Begründung Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 422. 516 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 17 liSp.

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im Verhältnis der Parteien zueinander besteht daher weder eine materiell-rechtliche, noch eine prozessrechtliche Verpflichtung oder sonstige rechtliche Handhabe zur Verhinderung der Verwertung von in der Mediation erlangten Informationen. Eine vertragliche Regelung diesbezüglich ist daher in jedem Falle dringend anzuraten.517 Es lässt sich zwar diskutieren, ob in der Mediationsvereinbarung zugleich in aller Regel konkludent die entsprechende Vertraulichkeitsabrede liegt.518 Aus kautelarjuristischer Hinsicht empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung aber jedenfalls. Die entsprechenden vertraglichen Regelungen519 sehen regelmäßig zunächst die Verpflichtung der Parteien zur Verschwiegenheit über die in der Abrede näher bezeichneten Umstände vor. Dabei ist bei der Definition des gegenständlichen Umfangs der Vertraulichkeit Vorsicht geboten. Teilweise wird insoweit eine generelle, unbeschränkte Vertraulichkeit des gesamten Inhalts der Mediationsverhandlung vorgeschlagen.520 Dies würde indes dazu führen, dass der gesamte der Mediation zugrunde liegende Lebenssachverhalt später der Jurisdiktion entzogen wäre.521 Dies hätte zur Folge, dass es sich bei der Mediation um ein „Tatsachengrab“ 522 handeln würde. Es bestünde somit ein Anreiz zur „Flucht in die Mediation“ 523, was durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung zu vermeiden ist. Als sachgerechte Leitlinie für die Definition der vertraulichen Informationen wird verbreitet angenommen, dass die Parteien nach einer erfolglosen Mediation genauso stehen sollen, wie sie ohne die Mediation stehen würden.524 Dazu sollen unter anderem alle Vorgänge der Mediationsverhandlung, wie zum Beispiel etwaige Vergleichsangebote, der Vertraulichkeit unterliegen. Wie weit 517 Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (152); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 48; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 4 Rn. 23; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 54; a. A. Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 422, die davon ausgehen, dass sich durch das MediationsG sämtliche vertraglichen Regelungsbedürfnisse erledigt haben. 518 So Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 21; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 58; C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 22. 519 Zu Mustern vgl. u. a. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 53 ff.; Wagner, ZKM 2011, 164 (167); Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 4 Rn. 51 f. 520 So Groth/Bubnoff, NJW 2001, 338 (340); Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (140). 521 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 49; Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Töben, RNotZ 2013, 321 (327 f.); C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 27. 522 Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (260); das räumt auch Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (140 mit Fn. 79) ein. 523 Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85). 524 Wagner, ZKM 2011, 164 (166): „Die Partei soll durch das gescheiterte Mediationsverfahren nichts an prozessualer ,Munition‘ hinzugewinnen, doch sie behält alle Pfeile in ihrem Köcher, die sie zuvor schon hatte“.

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der Umfang der Vertraulichkeit auch prozessual wirksam gezogen werden kann, ist dabei umstritten.525 Naheliegend ist außerdem die Vereinbarung, dass Informationen, welche der anderen Partei auch ohne die Mediation entweder bereits bekannt waren oder aber später bekannt geworden wären, von der Vertraulichkeit auszunehmen sind. Insofern können die Parteien die Beweislast für die hypothetische Kenntnis vertraglich vereinbaren.526 3. Materiell-rechtliche Rechtsfolgen Die Vereinbarung der Vertraulichkeit begründet zunächst die materiell-rechtliche Pflicht, sich entsprechend zu verhalten, § 241 Abs. 1 BGB. Verletzt eine Partei die Vertraulichkeitsvereinbarung, so kann dies bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB begründen.527 Problematisch kann insofern die Bestimmung eines Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB sein: Denn nach dem sogenannten „normativen Schadensbegriff “ soll ein Geschädigter „grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als dasjenige, was er nach der materiellen Rechtslage hätte verlangen können. Der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er keinen Anspruch hat, ist grundsätzlich kein erstattungsfähiger Nachteil.“ 528

Unterliegt also eine Partei im gerichtlichen Verfahren aufgrund des vertragswidrigen Vortrags, Beweisantrags oder -angebots der anderen Parteien objektiv zu Recht, steht ihr nach der herrschenden Auffassung kein Schadensersatzanspruch zu.529 Auch kann der Gegenstand der Verurteilung in einem auf §§ 280, 249 BGB gestützten Regressprozess aufgrund der entgegenstehenden materiellen Rechtskraft des Urteils des Erstprozesses nicht zurückgefordert werden.530 4. Verfahrensrechtliche Rechtsfolgen Aus prozessrechtlicher Perspektive wird die Zulässigkeit von Vereinbarungen über das prozessuale Verhalten einer Partei jedenfalls im Grundsatz nicht mehr

525

Vgl. noch näher bei den Fn. 536–537. Wagner, ZKM 2011, 164 (167); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150) nimmt dies sogar als regelmäßig konkludent vereinbart an. 527 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 200. 528 BGH, NJW 2008, 440 (442); st.Rspr., vgl. BGHZ 145, 256 (262); BGHZ 125, 27 (34). 529 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 43 und 59. 530 Wagner, Prozeßverträge, S. 261 f. 526

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in Frage gestellt.531 Zwar sind sogenannte „prozessuale Verfügungsverträge“, deren erstrebter prozessualer Erfolg unmittelbar eintritt, angesichts des öffentlichrechtlichen und damit zwingenden Charakters des Zivilprozessrechts nur dort gestattet, wo das Gesetz den Parteien diese Dispositionsbefugnis ausdrücklich oder dem Sinne nach einräumt; eine Vertragsfreiheit besteht insoweit nicht.532 Anderes gilt hingegen in Bezug auf die sogenannten „(prozessualen) Verpflichtungsverträge“: Aufgrund der der ZPO zugrunde liegenden Dispositionsmaxime sowie des Beibringungsgrundsatzes steht es den Parteien grundsätzlich frei Vereinbarungen, mit denen sie sich zur Vornahme oder Unterlassung von Prozesshandlungen verpflichten, abzuschließen.533 Insoweit ist lediglich die prozessuale oder materiell-rechtliche Rechtsnatur solcher Vereinbarungen umstritten.534 Die Vertraulichkeitsvereinbarung einer Mediationsabrede enthält in verfahrensrechtlicher Hinsicht regelmäßig zunächst ein Vortragsverbot, welches den Parteien den Vortrag der der Vertraulichkeit unterliegenden Umstände verbietet. Die Zulässigkeit eines solchen Vortragsverbots wird von der überwiegenden Auffassung bejaht.535 Umstritten ist dabei aber, welche Vorgänge dem Vortragsverbot unterfallen dürfen: Die wohl herrschende Meinung nimmt an, dass Vertraulichkeit sowohl über alle Vorgänge der Mediation selbst als auch über den der Mediation zugrunde liegenden Lebenssachverhalt – natürlich nur, soweit er allein in der Mediation bekannt geworden ist – vereinbart werden kann.536 Nach der Gegenauffassung kann die Vertraulichkeit allein betreffend die Vorgänge der Mediation vertraglich geregelt werden.537 Diese Gegenauffassung beruft sich dazu auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der das aus dem Rechts531 H.M.; vgl. BGH, NJW-RR 2006, 632 (634); BGHZ 109, 19 (28 f.); BGHZ 28, 45 (48 f.); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 66 Rn. 1 ff.; Wagner, Prozeßverträge, S. 51 f.; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, Einl III Rn. 6. 532 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 300 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 66 Rn. 5. 533 BGHZ 109, 19 (28); BGHZ 38, 254 (258); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 303; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 66 Rn. 5; Prütting, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 46 Rn. 12. 534 Vgl. m.w. N. Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 304 mit Fn. 186. 535 BGHZ 38, 254 (258); Wagner, Prozeßverträge, S. 620 ff.; Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 305; C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 32; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 199, 213; im Grunde auch Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 61 ff. 536 Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 305; Wagner, Prozeßverträge, S. 620 ff.; C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 32. 537 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 62; Greger, in: Zöller, ZPO, § 138 Rn. 5; wohl auch Gerken, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 138 Rn. 17; wohl nicht aus rechtlichen, aber aus praktischen Gründen Töben, RNotZ 2013, 321 (328); dagegen Wagner, NJW 2001, 1398 (1399).

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staatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung die Nichtberücksichtigung von Sachvortrag oder Beweismitteln nur dann gestatten, wenn vorrangige Individualinteressen bestehen.538 Tatsächlich ist diese Rechtsprechung jedoch zu der Frage eines zivilprozessualen Beweisverwertungsverbots bezüglich eines unter Verstoß gegen Art. 10 GG erlangten Zeugnisses eines Telefonats ergangen. Allein die Tatsache, dass die Disposition der Parteien im Zivilprozessrecht – auch – einer verfassungsrechtlichen Grenze unterliegt, erklärt noch nicht die Unzulässigkeit des hier in Rede stehenden Vortragsverbots. Dieser Zusammenhang wird auch von Greger nicht weiter erhellt, weshalb seine diesbezügliche Ansicht auch zu Recht vereinzelt geblieben ist. Trägt eine Partei im Zivilprozess abredewidrig Tatsachen, die der Vertraulichkeitsvereinbarung unterliegen, vor, so sind diese keineswegs ipso iure unbeachtlich. Denn die Verletzung von Parteivereinbarungen über die Vornahme oder Unterlassung prozessualer Handlungen wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Es bedarf vielmehr der Erhebung einer Einrede durch die belastete Partei.539 Eine solche Wirkung der Parteivereinbarung ist auch in der ZPO angelegt: So wird zum Beispiel eine Klage zu den ordentlichen Gerichten, für die eigentlich die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart wurde, nur dann als unzulässig abgewiesen, wenn der Beklagte sich darauf beruft, § 1032 Abs. 1 ZPO.540 Nach Erhebung der Einrede darf das Gericht den abredewidrigen Vortrag in keiner Weise berücksichtigen, d.h. insbesondere nicht als nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden behandeln.541 Bestreiten darf die Partei den abredewidrigen Vortrag, soweit er inhaltlich der Wahrheit entspricht, hingegen nicht. Denn damit würde sie gegen ihre Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Erklärung gemäß den § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO verstoßen.542 Neben dem Vortragsverbot vereinbaren die Parteien außerdem regelmäßig ein Verbot der Produktion bestimmter Beweismittel. Zu den danach ausgeschlossenen Beweismitteln gehört in der Regel das Zeugnis des Mediators sowie der weiteren

538 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 62 unter Berufung auf BVerfG, NJW 2002, 3619 (3624). 539 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 31; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 66 Rn. 2; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 213; a. A. Wagner, Prozeßverträge, S. 238 ff., 254; unklar auch Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 4 Rn. 46, der darlegt, dass die Vertraulichkeitsverpflichtung auch isoliert im Wege der Leistungsklage eingeklagt werden könne. 540 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150). 541 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 62; Wagner, ZKM 2011, 164 (165). 542 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 62; Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150); F. Peters, JR 2009, 314 (317).

§ 9 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 1 MediationsG

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an der Mediation beteiligten Personen und die in der Mediation hergestellten Urkunden.543 Die Zulässigkeit eines solchen Beweismittelvertrages ist grundsätzlich ebenso wie bereits diejenige eines Vortragsverbots zu bejahen.544 Zwar ist es den Parteien nicht gestattet, Vereinbarungen über die richterliche Beweiswürdigung selbst zu treffen, jedoch sind die Beschränkungen sowie der Ausschluss bestimmter Beweismittel ohne weiteres möglich.545 Eine solche Beweismittelbeschränkung ist auch und gerade im Hinblick auf das Zeugnis des Mediators sinnvoll. Denn verfahrensrechtlich ist der Mediator zur Verschwiegenheit prozessual nur berechtigt, nicht aber verpflichtet, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.546 Insofern also der Mediator als Zeuge für eine streitige Tatsache benannt wird, ist das Gericht daher zur Beweiserhebung gehalten. Der einzige Weg, das Zeugnis des Mediators rechtlich wirksam abzubedingen, verläuft demnach über die jeweilige Verpflichtung der Parteien, den Mediator in einem etwaigen späteren Zivilprozess nicht als Zeugen zu benennen.547 Ein abredewidriger Beweisantrag gerichtet auf die Vernehmung des Mediators als Zeugen ist in der Folge – auch hier: nur auf Einrede – als unzulässig zurückzuweisen.548 Dasselbe gilt in Ansehung der weiteren grundsätzlich möglichen, aber als vertraulich vereinbarten Beweismittel. Inwieweit durch derartige Beweismittelbeschränkungen rechtlich sichergestellt ist, dass eine Beweiserhebung im Ergebnis nicht durchgeführt wird, wird kontrovers beurteilt:549 Denn das Zivilprozessrecht sieht verschiedentlich auch die Erhebung eines Beweises aufgrund einer Anordnung des Gerichts und damit unabhängig von einem Beweisantrag der Parteien vor, so unter anderem §§ 142, 143 ZPO für Urkunden, § 144 ZPO für Augenschein und Sachverständigenbeweis und § 448 ZPO für die Parteivernehmung. Soweit eine Beweiserhebung von Amts wegen zulässig ist, kann diese Kompetenz des Gerichts nicht durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden.550 Insoweit wird teils grundsätzlich bestritten, dass eine Parteivereinbarung keinerlei Wirkung gegenüber der Anordnungskompetenz des Gerichts gemäß den §§ 142–144, 448 ZPO habe.551 Jedenfalls wird aber die Vertraulichkeitsabrede der Parteien im Rahmen der Ausübung des Er543

Vgl. Fn. 519 m.w. N. der Muster. BGHZ 109, 19 (28 f.); BGHZ 38, 254 (258). 545 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 286 Rn. 211; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 286 Rn. 164. 546 Oben § 9 V. 1. (S. 103). 547 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 26; Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149). 548 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149). 549 Zu den verbleibenden Risiken noch unten § 23 II. 2. d) (S. 258 ff.). 550 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 286 Rn. 211; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 286 Rn. 164; Töben, RNotZ 2013, 321 (329); a. A. Wagner, Prozeßverträge, S. 689 f.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 199, 219. 551 Allgemein Wagner, Prozeßverträge, S. 689 f.; spezifisch zur Vertraulichkeitsabrede bzgl. der Mediation Wagner, NJW 2001, 1398 (1400). 544

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

messens des Gerichts berücksichtigt werden müssen.552 Denn das Prozessgericht wird in der Regel den möglichen Erkenntniswert und die Verhältnismäßigkeit einer Anordnung sowie berechtigte Belange des Geheimnis- und Persönlichkeitsschutzes berücksichtigen müssen.553 Ob das gar zu einer Reduktion des Ermessens „auf null“ führt, so dass das Gericht in der Regel keine Beweiserhebung von Amts wegen anordnen darf,554 kann hier offen bleiben. Denn bei Vereinbarung eines Vortragsverbots wird es regelmäßig bereits an einer streitigen, erheblichen Tatsache und damit an der Beweisbedürftigkeit fehlen.555 Jedenfalls wird das Gericht im Rahmen seiner Ermessensausübung davon auszugehen haben, dass es im Zivilprozess grundsätzlich den Parteien obliegt, Beweisanträge zu stellen, und dies daher den Parteien überlassen.556 Ein auch durch die Vertraulichkeitsabrede nicht praktisch handhabbares Risiko stellt jedoch der sogenannte „Spurenansatz“ dar. Denn eine Partei kann die in der Mediation erhaltenen Informationen nutzen, um selbst weitere Tatsachen oder Beweismittel zu finden. Werden solche Tatsachen oder Beweismittel aufgefunden und später in den Prozess eingebracht, dürfte es sich – je nach Wortlaut und Auslegung der Vertraulichkeitsabrede – nicht um Informationen aus der Mediation handeln.557 Obwohl eine anderslautende vertragliche Regelung technisch möglich wäre, würde sie unmittelbar die Gefahr der „Flucht in die Mediation“ eröffnen.558 Das vertragliche Verwertungsverbot für Informationen aus der Mediation erstreckt sich im Übrigen auch nicht auf die aus ihnen entwickelten, weiteren Tatsachen oder Beweismittel. Denn eine Fernwirkung, wie sie im US-amerikanischen Strafprozessrecht zu finden ist („fruit of the poisonous tree doctrine“ 559), ist dem deutschen Zivilprozessrecht fremd.560

§ 10 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278a ZPO Neben der rein außergerichtlichen Mediation, die in § 9 erörtert wurde, können die Parteien auch aus einem rechtshängigen Zivilprozess in eine außerge552 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150); Friedrich, MDR 2004, 481 (485); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 76. 553 BGHZ 173, 23 (31 f.) [zu § 142 ZPO]; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 142 Rn. 3; Wagner, JZ 2007, 706 (715 ff.); M. Becker, MDR 2008, 1309 (1311, 1313 ff.). 554 So C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 34. 555 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 112 Rn. 2. 556 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 144 Rn. 7 sowie ähnlich § 142 Rn. 6 f. 557 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 558 Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (261); Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 559 Vgl. dazu Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, § 24 Rn. 59 f. 560 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 33.

§ 10 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278a ZPO

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richtliche Mediation übergehen. Kennzeichnend ist insoweit, dass die Mediation während eines Gerichtsverfahrens, aber organisatorisch außerhalb des Gerichts stattfindet.561 Es liegt daher nahe, diesen Weg in die Mediation entsprechend dem – nicht Gesetz gewordenen – Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EGMediationsGRegE 562 als „gerichtsnahe Mediation“ zu bezeichnen.563 Die verfahrensrechtliche Implementierung dieser außergerichtlichen Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts wurde mit dem EGMediationsG564 in § 287a Abs. 1 ZPO festgeschrieben. Nach § 278a Abs. 1 ZPO kann das Gericht den Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorschlagen. Eine vergleichbare Regelung enthielt bereits § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F.565, nach dem das Gericht den Parteien eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschlagen konnte.566 Der Begriff der „außergerichtlichen Streitschlichtung“ der ZPO a. F. war dabei nicht eng und allein auf den Begriff der Schlichtung bezogen, zu verstehen, sondern umfasste gerade auch die Mediation.567 Die Neufassung in § 278a Abs. 1 ZPO sollte insoweit in der Sache keine Änderungen bringen, sondern lediglich die – nicht Gesetz gewordenen – Regelungen zur gerichtsinternen Mediation integrieren.568 Die Rechtsfolge des § 278a Abs. 1 ZPO räumt dem Gericht ein Vorschlagsrecht bezüglich der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung ein. Technisch wäre eine dahingehende Regelung nicht notwendig gewesen, da der Richter auch ohne eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage 561

Ähnlich Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278a Rn. 3. RegE vom 01.04.2011, BT-Drs. 17/5335. 563 So P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 4; wohl auch Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 45; dafür spricht, dass die Streichung des Begriffs „gerichtsnahe Mediation“ allein mit der Streichung der Regelungen über die gerichtsinterne Mediation einherging, aber keine Änderung in der Sache bezweckte, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp zu § 278a ZPO; anders sprechen auch im Falle des § 278a ZPO von „außergerichtlicher“ Mediation Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 4; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278a Rn. 3 f. 564 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 565 ZPO in der bis zum 25.07.2012, d.h. bis zum Inkrafttreten des EGMediationsG, geltenden Fassung. 566 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278a Rn. 1. 567 Vgl. Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 278 Rn. 71. 568 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335 S. 20 reSp; vgl. außerdem Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp zu den lediglich redaktionellen Folgeänderungen des § 278a ZPO-RegE aufgrund der Streichung der Regelungen über die gerichtsinterne Mediation; Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 2; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278a Rn. 2; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278a Rn. 1; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 1. 562

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Anregungen zur außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen geben könnte und das Ruhen ohnehin nach § 251 S. 1 ZPO anzuordnen wäre, jedoch stellt sie einen Appell des Gesetzgebers an das Gericht dar.569 Adressat der Regelung ist „das Gericht“ und damit das Kollegium, nicht der Vorsitzende.570 Dieses kann das Vorschlagsrecht zu jedem Zeitpunkt im Prozess wahrnehmen, ist also insbesondere nicht an die Güteverhandlung gebunden, sondern kann den Vorschlag bereits nach Eingang der Schriftsätze oder auch erst nach der Beweisaufnahme machen.571 Es ist auch denkbar, dass das Gericht einen entsprechenden Vorschlag zu verschiedenen Zeiten mehrfach unterbreitet.572 Ob und welchen Vorschlag das Gericht den Parteien insoweit macht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.573 Dieses Ermessen kann sich dabei zu einer Vorschlagspflicht verdichten, wenn die ermessensleitenden Gesichtspunkte (siehe sogleich) in diese Richtung weisen.574 Diese Pflicht wird aber kaum je einer näheren Kontrolle unterzogen werden, da weder gegen den ermessensfehlerhaft unterbreiteten Vorschlag noch gegen den ermessensfehlerhaft unterbliebenen Vorschlag Rechtsmittel gegeben sind.575 Hingegen kann das Gericht die Parteien nicht zu der Durchführung einer außergerichtlichen Mediation verpflichten,576 obwohl Art. 5 Abs. 2 MediationsRL eine solche nationale Regelung zugelassen hätte. Im Rahmen seiner Ermessensausübung hat das Gericht die Vor- und Nachteile der streitigen Verhandlung im Rahmen des Zivilprozesses, der Verweisung an einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO, einem eigenen Vergleichsvorschlag gemäß § 278 Abs. 6 ZPO und dem Vorschlag der Mediation oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 278a ZPO im konkreten Fall abzuwägen.577 In diese Abwägung sind dabei unter anderem 569 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278a Rn. 1; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 46; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 25. 570 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 12 „Vorsitzender“; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (943); wohl auch Greger, in: Zöller, ZPO, § 278a Rn. 4; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 50; a. A. Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 25. 571 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278a Rn. 5; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 48; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278a Rn. 2; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 21. 572 Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 24. 573 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 8; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 5. 574 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 4. 575 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 23 f. 576 H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (110); Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 5; Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 18. 577 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278a Rn. 11 ff.; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942 f.).

§ 10 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278a ZPO

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die objektive Eignung des Konflikts, sowie die subjektive Eignung der Parteien zur eigenverantwortlichen Konfliktbeilegung einzustellen.578 Findet ein Vorschlag des Gerichts gemäß § 278a ZPO in der Güteverhandlung oder der mündlichen Verhandlung bei den Parteien kein Gehör, so ist die Tatsache des Vorschlags sowie seiner Ablehnung im Protokoll zu vermerken, § 160 Abs. 3 Nr. 10 ZPO, und im Prozess wie gewohnt fortzufahren.579 Entscheiden sich die Parteien aufgrund eines Vorschlags des Gerichts oder580 auch einer Partei, eines Prozessbevollmächtigten oder eines Dritten zur Durchführung einer außergerichtlichen Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, ordnet das Gericht das Ruhen des Verfahrens an, § 278a Abs. 2 ZPO. Dabei setzt § 278a Abs. 2 ZPO voraus, dass die weiteren Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Ruhens nach § 251 ZPO zu bestimmen sind.581 Der nach § 251 S. 1 Alt. 1 ZPO notwendige Antrag für das Ruhen liegt konkludent in der erklärten Entscheidung der Parteien, ein außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren zu versuchen.582 Die Zweckmäßigkeit der Anordnung des Ruhens, § 251 S. 1 Alt. 2 ZPO, wird aufgrund § 278a Abs. 2 ZPO unwiderleglich vermutet.583 Liegen diese Voraussetzungen vor, steht dem Gericht kein Ermessens bezüglich der Ruhensanordnung zu, sondern es hat diese Rechtsfolge von Amts wegen herbeizuführen.584 In der Folge endet entsprechend § 249 ZPO der Lauf der prozessualen Fristen – ausgenommen Not-, Rechtsmittelbegründungs- und Wiedereinsetzungsfristen gemäß § 233 ZPO – und beginnt nach dem Ende des Ruhens von neuem.585 In materiell-rechtlicher Hinsicht bewirkt das Ruhen, dass die aufgrund der Erhebung der Klage gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eingetretene Hemmung der Ver578 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 6; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278a Rn. 10; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 19. 579 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 11; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 31. 580 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 13; Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 12; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 62. 581 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 21 liSp; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 18; Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 12; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278a Rn. 5; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 50. 582 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 15; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 64. 583 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 12. 584 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 18; Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 16. 585 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278a Rn. 20 i.V. m. § 251 Rn. 9; Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 17; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 58.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

jährung sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung im Prozess endet, § 204 Abs. 2 S. 2 BGB. Jedoch wird aufgrund der Mediation regelmäßig der weitere Hemmungstatbestand des § 203 BGB erfüllt sein, so dass die Hemmung der Verjährung auch über die Sechs-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB hinaus wirkt.586 Die Rechtsbeziehungen zwischen dem außergerichtlichen Mediator und den Parteien werden weder von § 278a ZPO noch durch eine Entscheidung des Gerichts geregelt. Insoweit kommt es – wie bei der rein außergerichtlichen Mediation – zum Abschluss einer Mediationsabrede zwischen den Parteien, zum Abschluss eines Mediatorenvertrages der Parteien mit dem Mediator und zur allseitigen Absprache der Verfahrensregeln.587 Zweifel an der Praxistauglichkeit des Verfahrens nach § 278a ZPO werden jedoch im Hinblick auf die Kosten angemerkt: Denn die in § 11 zu behandelnde Mediation durch einen Güterichter löst keine zusätzlichen Gerichts- oder Anwaltsgebühren aus.588 Insoweit eine Klage bereits erhoben wurde, besteht daher für die Parteien aus Kostengründen ein Anreiz, die Mediation nicht durch einen außergerichtlichen Mediator, sondern durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO durchführen zu lassen.589

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO Zuletzt kann eine Mediation auch während eines Gerichtsverfahrens durch einen vom Gericht bestimmten, nicht entscheidungsbefugten Richter gemäß § 278 Abs. 5 ZPO durchgeführt werden. Es handelt sich dabei um das so genannte „erheblich erweiterte Güterichtermodell“ 590. Dies stellt einen Kompromiss591 zwischen den Vorstellungen der Bundesregierung und des Bundesrates, die eine gerichtsinterne Mediation befürworteten, und dem Bundestag, der die Mediation lediglich außerhalb der Gerichtsbarkeiten implementieren wollte, dar.592 586 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 18; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278a Rn. 4 i.V. m. § 251 Rn. 1; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 60. 587 Oben § 9 I. (S. 89 ff.). 588 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 147, 149. 589 Buschmann, AnwBl. 2013, 508 (509). 590 Vgl. u. a. Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/ 8058, S. 17 liSp; Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (116); Busemann, ZKM 2012, 55 (55); Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 28; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 16; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1253. 591 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 35; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 73. 592 Oben § 3 II. (S. 44 ff.).

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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Die Schaffung des neuen Güterichters gemäß § 278 Abs. 5 ZPO wirft diverse Zweifelsfragen im Hinblick auf seine Rechtsstellung (I.), das Verfahren der Verweisung an ihn (II.) sowie das Verfahren der Güteverhandlung vor ihm (III.) auf. Schließlich ist zu erörtern, wie im Falle einer erfolglosen (IV.) oder erfolgreichen (V.) Güteverhandlung weiter zu verfahren ist. Das Eingehen auf diese Aspekte ist notwendig, um später beurteilen zu können, ob und gegebenenfalls inwieweit sich insoweit andere Pflichten des Rechtsanwalts als bei einer Mediation gemäß § 1 MediationsG ergeben können.

I. Rechtsstellung des Güterichters § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO definiert den Güterichter als einen für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche bestimmten aber nicht entscheidungsbefugten Richter. Die Einordnung des Güterichters im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO ist in vielerlei Hinsicht umstritten. 1. Gesetzlicher Richter In verfassungs- und gerichtsverfassungsrechtlicher Hinsicht ist zunächst umstritten, ob der Güterichter ein „gesetzlicher Richter“ im Sinne der Art. 101 Abs. 1 GG und § 16 S. 2 GVG ist. Von dieser Qualifikation hängt in der Folge die Frage ab, ob der im Falle einer Verweisung zuständige Güterichter zuvor durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmt sein muss, oder ob die Verweisung an einen beliebigen, sachlich geeigneten Güterichter erfolgen kann. Nach einer Ansicht handelt der Güterichter nicht in Ausübung einer Rechtsprechungstätigkeit, da ihm keinerlei Entscheidungskompetenz zukommt.593 Tatsächlich grenzt die herrschende Meinung auch den Anwendungsbereich des Rechts auf den gesetzlichen Richter grundsätzlich anhand von dessen Befugnis zur Streitentscheidung ab,594 so dass unter anderem die Entgegennahme und Beurkundung eines Prozessvergleichs nicht unter § 16 S. 2 GVG fällt.595 Es liegt daher nahe, für den nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO „nicht entscheidungsbefugten Richter“ die Eigenschaft als gesetzlicher Richter im Sinne des § 16 S. 2 GVG zu verneinen. Nach anderer Auffassung ist der Güterichter hingegen ein „gesetz593 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 113; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 7; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 14; Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (117); Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Dürschke, NZS 2013, 41 (46); Ortloff, NVwZ 2012, 1057 (1059); wohl auch Carl, ZKM 2012, 16 (19). 594 Kissel/Mayer, GVG, § 16 Rn. 27 f. 595 BGHZ 35, 309 (312) [Hervorhebung auch dort]; a. A. Jacobs, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 16 GVG Rn. 18; Zimmermann, in: MünchKomm-ZPO, § 16 GVG Rn. 14.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

licher Richter“ im Sinne des § 16 S. 2 GVG.596 Diese Auffassung dürfte indes zumindest auch auf einer entsprechende Aussage in den Gesetzesmaterialien 597 beruhen, die sich allerdings noch auf das später nicht Gesetz gewordene Konzept der gerichtsinternen Mediation bezieht. Nach dem Wortlaut des § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO muss der Güterichter aber dennoch „bestimmt“ sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, den bzw. die Güterichter an einem Gericht durch Geschäftsverteilungsplan gemäß § 21e Abs. 1 S. 1 GVG zu bestimmen.598 Denn aufgrund des Grundsatzes der Vollständigkeit des Geschäftsverteilungsplans, nach dem lückenlos alle richterlichen Aufgaben zuzuweisen sind,599 ist eine Bestimmung gemäß § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO zwingend in allen Geschäftsverteilungsplänen vorzunehmen.600 Ob ein Geschäftsverteilungsplan dabei auch Güterichter an einem anderen Gericht, gegebenenfalls sogar einem solchen einer anderen Gerichtsbarkeit, vorsehen darf, ist umstritten: Dafür spricht, dass entsprechende ausdrückliche Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren vorliegen.601 Nach der anderen Ansicht ist bei jedem Gericht mindestens ein Güterichter zu bestellen.602 Nachdem das andere Gericht, an dessen Güterichter verwiesen werden soll, nicht der Regelungshoheit der Geschäftsverteilungspläne des verweisenden Gerichts unterliegt, wäre dafür aber jedenfalls der

596 H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 70; Geisler, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 278 Rn. 7; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 39; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (941); Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Fritz, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 278 Rn. 59. 597 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 reSp: „Der Güterichter ist gesetzlicher Richter [i. S. d.] § 16 Satz 2 GVG . . .“. 598 Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp; H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113); P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 39; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 70; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278 Rn. 14a; Greger/ Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 84. 599 BVerwG, NJW 1991, 1370 (1370); Kissel/Mayer, GVG, § 21e Rn. 92; Zimmermann, in: MünchKomm-ZPO, § 21e GVG Rn. 21; Jacobs, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 21e GVG Rn. 6. 600 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26; außer Betracht bleibt dabei die Übergangszeit für die bei Inkrafttreten des EGMediationsG praktizierte gerichtsinterne Mediation gemäß § 9 MediationsG bis zum 01.08.2013, vgl. dazu Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 9 Rn. 8. 601 Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp; ebenso Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 84; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 6 f.; Francken, NZA 2012, 836 (838); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 70; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 46; wohl auch Prütting, AnwBl. 2012, 204 (207); Henssler/Deckenbrock, DB 2012, 159 (162). 602 P. Hartmann, MDR 2012, 941 (941); Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 19.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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Abschluss entsprechender Kooperationsvereinbarungen zwischen den Gerichten notwendig.603 2. Beauftragter oder ersuchter Richter Zu einiger Verwirrung haben auch die Begriffe des beauftragten oder ersuchten (Güte-)Richters geführt. Unter einem beauftragten Richter ist dabei ein Mitglied des Kollegiums, dem einzelne Amtshandlungen übertragen worden sind, zu verstehen,604 wogegen ein ersuchter Richter ein im Wege der Rechtshilfe betreffend einzelne, genau bestimmte Amtshandlungen angegangener Richter am Amtsgericht ist.605 Insoweit hatte § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO a. F.606 die Möglichkeit der Verweisung an einen beauftragten oder ersuchten Richter zur Güteverhandlung vorgesehen. Auch frühere Entwürfe des § 278 Abs. 5 ZPO-E griffen diese Regelung auf und sprachen von einem „Güterichter als beauftragten oder ersuchten Richter“.607 Dies hatte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens aber unter anderem zu Kontroversen geführt, ob ein Güterichter an einem Amtsgericht überhaupt bestellt werden könne, da dort ein beauftragter Richter mangels mehrgliedriger Spruchkörper nicht existiere.608 Außerdem wurde teils vertreten, dass die Verweisung auch an ein einzelnes Mitglied des Spruchkörpers erfolgen dürfe, da dies dem „beauftragten Richter“ entspreche und da das einzelne Mitglied auch nicht, jedenfalls nicht alleine, entscheidungsbefugt sei.609 Aufgrund der Streichung der Erwähnung des beauftragen oder ersuchten Richters in § 278 Abs. 5 ZPO n. F. sind die Zweifel der Anwendbarkeit an den Amtsgerichten indes ausgeräumt worden. Auch die Zulässigkeit einer Verweisung an ein einzelnes Mitglied des Spruchkörpers wird zu Recht abgelehnt.610 Der Güterichter ist daher weder beauftragter noch ersuchter Richter im Sinne der ZPO.611 Der Sache nach würde es sich aber 603

Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 84. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 20 Rn. 34. 605 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 80 Rn. 6; Kissel/Mayer, GVG, § 75 Rn. 14. 606 In der bis zum 25.07.2012 geltenden Fassung. 607 Vgl. § 278a ZPO-E i. d. F. der Beschlussempfehlung und des Berichts Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 9, Ziff. 5 reSp. 608 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 16 reSp. 609 So ausdrücklich Heilmann, Erklärung zu Protokoll der 898. BR-Sitzung am 29.06.2012, BR-PlPr. 898, Anlage 2, 315 (D). 610 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 70; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278 Rn. 14a; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 19; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942). 611 H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113); P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 40, § 361 Rn. 1, § 362 Rn. 1; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 97. 604

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um einen ersuchten Richter handeln: Denn das Prozessgericht überträgt ihm mit dem Versuch der gütlichen Einigung einen Ausschnitt seiner Rechtsprechungsaufgabe, während der Rechtsstreit nebst aller daraus resultierenden Aufgaben bei ihm, dem Prozessgericht, verbleibt.612 3. Gesetzesbindung und Dienstrecht Der Güterichter darf nach § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO alle Methoden zur Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Dabei sollten sich „,alle‘ Methoden streng rechtsstaatlich begrenzt verstehen“ 613. Dies bedeutet, dass auch der Güterichter der Gesetzesbindung gemäß Art. 97 Abs. 1 GG, § 25 DRiG unterliegt.614 Daraus folgt für die Anwendung von Methoden der Mediation, dass der Güterichter zwar grundsätzlich von den Entscheidungsmaßstäben und hypothetischen Ergebnissen der materiellen Rechtslage abweichen darf.615 Eine Grenze ist aber jedenfalls durch die Vorgaben des zwingenden Zivilrechts sowie des Strafrechts gezogen.616 In dienstrechtlicher Hinsicht handelt es sich bei den Aufgaben des Güterichters zwar nicht um einen Teil der rechtsprechenden Gewalt gemäß § 4 Abs. 1 DRiG, aber um eine „andere Aufgabe“ gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG, die den Gerichten aufgrund eines Gesetzes zugewiesen ist.617 Die Tätigkeit des Güterichters ist daher nicht eine mit dem Richteramt unvereinbare Tätigkeit,618 sondern Teil der Dienstpflicht des Richters.619 4. Ablehnbarkeit und Ausschluss des Güterichters Im Hinblick auf eine etwaige persönliche Inkompatibilität des Güterichters stellen sich die Fragen, ob eine Ablehnung des Güterichters nach den §§ 42 ff. ZPO möglich ist und ob seine spätere an der Mitwirkung bei der Streitentschei-

612 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 6; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 29. 613 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 42. 614 Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 74; in der Sache ebenso, aber unter Rekurs auf Art. 20 Abs. 3 GG: H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113). 615 Insoweit wohl a. A. H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113), wonach der Güterichter „normorientiert“ handelt. 616 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 28. 617 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26. 618 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 95. 619 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 44; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942).

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dung nach § 41 Nr. 8 ZPO ausgeschlossen ist, da daran gegebenenfalls Pflichten des Rechtsanwalts anknüpfen können. Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter von den Parteien abgelehnt werden, wenn in seiner Person ein Ausschlussgrund gemäß § 41 ZPO begründet ist oder wenn seine Befangenheit zu besorgen ist. Der Begriff des „Richters“ im Sinne des § 42 Abs. 1 ZPO justiert sich dabei nach den Art. 97 GG, §§ 1 ff. DRiG.620 Daher ist neben dem erkennenden Richter auch ein beauftragter oder ersuchter Richter nach § 42 Abs. 1 ZPO ablehnbar.621 Dementsprechend wird auch ganz verbreitet angenommen, dass der Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO ebenfalls entsprechend abgelehnt werden kann.622 Insoweit wird jedoch vertreten, dass das Verfahren der Ablehnung des Güterichters aufgrund der Besonderheiten der Güteverhandlung modifiziert anzuwenden ist: So bedarf das Ablehnungsgesuch nicht des Vortrags näherer Gründe, vielmehr ist dem Antrag ohne weitere Prüfung stattzugeben.623 Differenzierter wird hingegen beurteilt, ob ein Güterichter nach der Durchführung einer Güteverhandlung nach § 41 Nr. 8 ZPO von der Ausübung des Richteramtes als streitentscheidender Richter ausgeschlossen ist. Im Regelfall wird sich diese Frage nicht stellen, da der Güterichter von dem Prozessgericht personenverschieden624 und selbst nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO nicht entscheidungsbefugt ist. Jedoch kann sich aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung oder eines Vertretungsfalles die Zuständigkeit des früheren Güterichters als erkennendem Richter ergeben.625 Ob in diesem Fall der Tatbestand des Ausschlussgrundes des § 41 Nr. 8 ZPO erfüllt wäre, lässt sich bezweifeln. Denn § 41 Nr. 8 ZPO knüpft seinem Wortlaut nach allein an die Vorbefassung „an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung“ an. Die Norm wiederholt damit den Titel des EGMediationsG626 und scheint sich also auf die Vorbefassung im Wege einer Mediation im Sinne des MediationsG (vgl. § 1 MediationsG) zu beschränken.627 Die Mediation durch einen Güte-

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P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, Übers § 41 Rn. 5. Gehrlein, in: MünchKomm-ZPO, § 41 Rn. 8. 622 Allg. M.; vgl. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 48; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 104. 623 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 104; wohl auch Greger/ Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15. 624 Oben § 11 I. 2. (S. 117) mit Fn. 610. 625 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 104. 626 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 627 So im Ausgangspunkt auch P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 41 Rn. 16; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 41 ZPO Rn. 9. 621

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richter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO wird vom MediationsG hingegen nicht geregelt, so dass man die Vorbefassung des Güterichters als nicht tatbestandsmäßig unter dem § 41 Nr. 8 ZPO einordnen könnte.628 Ein Güterichter wäre dann nicht nach § 41 Nr. 8 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass die Formulierung des § 41 Nr. 8 ZPO nach den früheren Entwurfsfassungen der Bundesregierung ausdrücklich die außergerichtliche Mediation, die gerichtsnahe Mediation und die gerichtsinterne Mediation nach den § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 MediationsG-RegE erfassen sollte.629 Im Rahmen der Streichung der Regelungen über die gerichtsinterne Mediation durch den Rechtsausschuss des Bundestages wurde § 41 Nr. 7 ZPO-E630 hingegen nicht angepasst.631 Auch die weiteren Änderungen durch die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses reflektierten die notwendigen Folgeänderungen nicht.632 Dennoch ist nicht ersichtlich, dass die Änderungen betreffend die § 1 MediationsG und § 278 Abs. 5 ZPO dazu führen sollten, dass der Güterichter später in derselben Sache das Richteramt ausüben darf.633 Dies findet auch systematischen Halt in der Formulierung des § 41 Nr. 8 ZPO, der auf den Titel des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung Bezug nimmt. Von dieser Formulierung wird auch § 278 Abs. 5 ZPO und nicht alleine das MediationsG erfasst. Im Ergebnis ist § 41 Nr. 8 ZPO daher so auszulegen, dass auch eine Mediation durch den Güterichter in den Anwendungsbereich des § 278 Abs. 5 ZPO fällt.634

II. Verfahren der Verweisung Nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO „kann das Gericht“ die Parteien an den Güterichter verweisen. Mit der Verwendung des Begriffs „kann“ räumt § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO dem Gericht ein Ermessen ein.635 Ob man insoweit weiter zwischen einem „freien Er628

So Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 104. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp. 630 Der Entwurf eines § 41 Nr. 7 ZPO betreffend die Mediation findet sich jetzt in § 41 Nr. 8 ZPO, da das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011, BGBl. I S. 2302, das EGMediationsG überholte und eigens den nunmehr geltenden § 41 Nr. 7 ZPO einfügte. 631 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/ 8058, S. 9 Nr. 2. 632 Vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. 17/10102, S. 2. 633 Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (118). 634 H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (113); Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (118); P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 41 Rn. 16; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 41 ZPO Rn. 12. 635 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 123. 629

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messen“ 636 und einem „pflichtgemäß auszuübenden Ermessen“ 637 differenzieren muss, wird selten erheblich werden und kann daher offen bleiben. Die in die Abwägung einzustellenden Aspekte dürften dieselben wie bereits bei der Abwägung im Rahmen des § 278a Abs. 1 ZPO sein.638 Adressat der Einräumung des Ermessens ist „das Gericht“. Über die Verweisung entscheidet daher der Spruchkörper – also der Einzelrichter, die Kammer oder der Senat – nicht hingegen der Vorsitzende.639 Die Entscheidung über die Verweisung ist prozessleitender Natur, so dass an sich die Verfügung als Entscheidungsform nahe läge.640 Da aber das Kollegium über die Verweisung zu entscheiden hat, fällt es diese durch einen Beschluss,641 der keiner Begründung642 bedarf. Gemäß § 128 Abs. 4 ZPO kann dieser Beschluss außerhalb der mündlichen Verhandlung ergehen. Ein Antrag einer oder gar beider Parteien ist nicht erforderlich.643 Inwieweit zu einer Verweisung das Einverständnis der Parteien erforderlich ist, wird unterschiedlich beurteilt: Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Entscheidung des Prozessgerichts nicht an eine Zustimmung der Parteien gebunden. Daraus wird zum Teil abgeleitet, dass die Verweisung jedenfalls grundsätzlich auch dann erfolgen kann, wenn die Parteien dies nicht wünschen.644 Dahinter steht der Gedanke, dass so eine zunächst desinteressierte Partei vielleicht von der Teilnahme an der freiwilligen Mediation überzeugt werden kann.645 Insoweit könnte

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So Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 19. So P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 37. 638 Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 578; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 9; Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.5 Rn. 28; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 37. 639 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 38; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 121; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKommZPO, § 278 Rn. 71. 640 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 41; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 8. 641 Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278 Rn. 14a; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 121; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 9 f.; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 47. 642 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 10; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 41. 643 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 37. 644 H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (112); Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 9; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 123; Henssler/Deckenbrock, DB 2012, 159 (162); Duve, ZKM 2012, 108 (109); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 58. 645 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 9. 637

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

man durchaus von der Einführung einer „obligatorischen gerichtliche[n] Mediation“ sprechen.646 Nach anderer Ansicht kommt eine Verweisung nur mit Einverständnis der Parteien in Betracht, da es sich bei der Mediation gerade um ein freiwilliges Verfahren handelt.647 Das Ermessen des Prozessgerichts soll bei dem fehlenden Einverständnis auch nur einer Partei auf „null“ reduziert sein, so dass eine Verweisung nicht in Betracht käme.648 Eine Positionierung zu dieser Frage erscheint nicht notwendig zu sein. Da eine Beschwerde nicht statthaft ist, wird es kaum je zu einer rechtlichen Überprüfung des Verweisungsbeschlusses kommen. Eine isolierte Anfechtung im Wege der Beschwerde ist nicht positiv gesetzlich zugelassen, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, und auch eine Zurückweisung eines Verfahrensgesuchs nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wäre nicht gegeben. Denn ein das Verfahren betreffendes Gesuch liegt nach der überwiegenden Auffassung nur dann vor, wenn die ablehnende Entscheidung einen Antrag der Partei voraussetzt.649 Da der Verweisungsbeschluss nach § 278 Abs. 5 ZPO aber unabhängig von einem Antrag der Partei(en) ist,650 besteht keine Möglichkeit zur Beschwerde. Sollte das Prozessgericht also gegen den Willen der Parteien an einen Güterichter verweisen, können sie zwar nicht den Verweisungsbeschluss anfechten, aber folgenlos die Einlassung mit dem Güterichter verweigern. Die Verweisung bewirkt schließlich – wie es auch im Wortlaut des § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO eindeutig bezeichnet wird – nicht eine Verweisung des Rechtsstreits, sondern lediglich der Parteien.651 Der Rechtsstreit bleibt also bei dem Prozessgericht rechtshängig, welches somit verfahrensrechtlich Herr des Verfahrens bleibt.652

III. Verfahren vor dem Güterichter Der Güterichter ist bei der Durchführung der Güteverhandlung bzw. der weiteren Güteversuche in der Wahl seiner Methoden – im Rahmen seiner Gesetzesbin-

646 So Duve, ZKM 2012, 108 (109); ähnlich H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (112): „Das . . . Prinzip der Freiwilligkeit gilt hier nicht“. 647 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp; Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (117); Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 50; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 71. 648 Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (117). 649 BGH, NJW 2005, 143 (144); MDR 2010, 767 (768); Lipp, in: MünchKommZPO, § 567 Rn. 11 m.w. N. 650 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27. 651 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 97. 652 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 10; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 50.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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dung653 – frei. Ihm ist nach § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO insbesondere auch der Einsatz der Methoden der Mediation gestattet, ohne dass er darauf beschränkt wäre.654 Auf den Ablauf einer Mediation selbst wird unten noch im Detail eingegangen werden.655 Zweifel bestehen aber im Hinblick auf einige der sonstigen Rahmenbedingungen der Güteverhandlung. 1. Öffentlichkeit der Güteverhandlung Zunächst ist nicht klar, ob das Verfahren vor dem Güterichter öffentlich durchzuführen ist. Nach § 169 S. 1 GVG muss lediglich die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht öffentlich sein. Ein erkennendes Gericht ist jedoch nur ein solches, das zur Entscheidung des Streits befugt ist.656 Der beauftrage und der ersuchte Richter werden davon nicht erfasst.657 Dementsprechend wird die Tatbestandsmäßigkeit des § 169 S. 1 GVG auch in Ansehung des Güterichters im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO verneint.658 Nicht erörtert ist hingegen bislang, ob der grundsätzlich neben659 § 169 S. 1 GVG geltende Art. 6 Abs. 1 EMRK ebenfalls nicht einschlägig ist. Dieser erfordert, dass über Streitigkeiten in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche öffentlich verhandelt wird. Seinem Wortlaut nach enthält Art. 6 Abs. 1 EMRK keine Einschränkung auf das erkennende Gericht. Die ständige Rechtsprechung eröffnet den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK jedoch nur, wenn das Ergebnis des Verfahrens unmittelbar für das Recht entscheidend ist.660 Es liegt daher nahe im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 EMRK zu dem gleichen Ergebnis wie bei § 169 S. 1 GVG zu gelangen, so dass die Öffentlichkeit nicht zuzulassen ist.

653

Oben § 11 I. 3. (S. 118). Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 17 f.; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 98; P. Hartmann, in: Baumbach/ Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 45. 655 Unten § 12 (S. 137 ff.). 656 Kissel/Mayer, GVG, § 169 Rn. 10. 657 BVerwG, NVwZ-RR 1989, 167 (168); Kissel/Mayer, GVG, § 169 Rn. 11; Jacobs, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 169 GVG Rn. 11; Zimmermann, in: MünchKommZPO, § 169 GVG Rn. 19. 658 Allg. M.; Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/ 8058, S. 21 liSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 119; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46. 659 Darauf weist Jacobs, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 169 GVG Rn. 11 mit Fn. 37 hin; wohl zweifelnd Kissel/Mayer, GVG, § 169 Rn. 83. 660 EGMR, NJW 2001, 213; NJW 2001, 211; ebenso Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6 Rn. 10 und 14. 654

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

2. Rechtliches Gehör Kaum erörtert ist weiter, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG auch in der Güteverhandlung vor dem Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO gilt.661 Nach den wenigen dazu vorliegenden Stellungnahmen gilt der Anspruch auf rechtliches Gehör insoweit nur eingeschränkt, da der Güterichter – im Gegensatz662 zum Prozessgericht – zwar jedem Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen aber der jeweils anderen Seite davon keine Kenntnis geben muss.663 Insofern ist zu beachten, dass Art. 103 Abs. 1 GG die Gewährung rechtlichen Gehörs lediglich „vor Gericht“ verlangt. Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Art. 103 Abs. 1 GG wird dabei unterschieden, ob der Richter Funktionen der Rechtsprechung nach § 4 Abs. 1 DRiG erfüllt oder ob es sich lediglich um Tätigkeiten der Gerichtsverwaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 DRiG handelt.664 Danach wäre die Anwendung des Art. 103 Abs. 1 GG auf den Güterichter entsprechend seiner dienstrechtlichen Stellung zu verneinen. Jedoch ist der Güterichter auch unabhängig von Art. 103 Abs. 1 GG aufgrund des Rechtsstaatsprinzips zur Durchführung eines fairen Verfahrens verpflichtet,665 was am Ende zu keinen wesentlichen Unterschieden in den Ergebnissen führt.666 3. Anwaltszwang Schließlich wird unterschiedlich beurteilt, ob in der Güteverhandlung vor dem Güterichter Anwaltszwang667 besteht. Diese Frage stellt sich nur, falls der Prozess bereits an sich dem Anwaltszwang unterliegt, das heißt bei Klagen vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten, 661 Vgl. aber zur Geltung des Grundsatzes rechtlichen Gehörs vor dem Mediator, ohne Beschränkung auf richterliche Mediation: Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 53 ff.; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 98; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 136 f. 662 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 16; von keiner Geltung geht Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (80) aus. 663 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 112. 664 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, 27. EL, Art. 103 Rn. 59, allerdings ohne weitere Unterscheidung der „Gerichtsverwaltung“ nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG und den „anderen Aufgaben“ gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG. 665 So die Rechtsprechung des BVerfG zum Rechtspfleger, vgl. BVerfGE 101, 397 (404 f.) m.w. N.; zum Mediator Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 55. 666 So Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 128 Rn. 24 zu BVerfGE 101, 397 (404 f.); ähnlich Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 55. 667 Eine andere Frage ist freilich, ob und inwieweit es zweckmäßig ist, die Rechtsanwälte der Parteien in die Güteverhandlung miteinzubeziehen, vgl. dazu Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 126.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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§ 78 Abs. 1 S. 1 ZPO.668 Insoweit wird angenommen, dass der Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 auch in der Güteverhandlung vor dem Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO besteht.669 Nach der Gegenauffassung bedarf es zum Güteversuch vor dem Güterichter hingegen keines Rechtsanwalts.670 Dies wird zum einen damit begründet, dass vor dem Güterichter keine Prozesshandlungen vorgenommen werden. Zwar trifft dies für den Verlauf einer Mediation durch den Güterichter in der Regel zu. Differenziert zu beurteilen sind aber die verfahrensbeendenden Prozesshandlungen, wie zum Beispiel die Klagerücknahme, § 269 ZPO.671 Zum anderen soll insoweit § 78 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden sein, da der Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO jedenfalls für die Normzwecke des § 78 Abs. 3 ZPO dem beauftragten oder ersuchten Richter gleichstehe. Die letztgenannte Auffassung überzeugt: Denn die in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags vorgesehene Definition des Güterichters als „beauftragten oder ersuchten Richter[s]“ 672 hätte zur Anwendung des § 78 Abs. 3 ZPO geführt. Die Tatsache, dass die Bezugnahmen auf den ersuchten oder beauftragten Richter letztendlich gestrichen wurden, hatte gerichtsverfassungsrechtliche Zweifel – insbesondere die Zulässigkeit der Bestimmung von Güterichtern an Amtsgerichten – zum Hintergrund.673 Dass der Gesetzgeber mit dieser Streichung auch eine Änderung des fehlenden Anwaltszwangs für die Güteverhandlung bezweckte oder aber bewusst in Kauf nahm, ist nicht ersichtlich.674 Darüber hinaus konnte das Gericht bereits vor Erlass der EGMediationsG675 die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten Rich668 Sowie natürlich auch vor dem BGH unter den zusätzlichen Beschränkungen des § 78 Abs. 1 S. 2 ZPO. 669 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 51; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Carl, ZKM 2012, 16 (20); Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15; Ditler/Engel, ZAP Fach 23, 957 (963); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1259. 670 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 76; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 29; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 126; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 24; Fritz, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 278 Rn. 63; wohl auch Toussaint, in: MünchKomm-ZPO, § 78 Rn. 48; auch noch ausdrücklich Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/ 5335, S. 15 liSp zum früheren Konzept der gerichtsinternen Mediation. 671 Zu diesen Prozesshandlungen unten § 11 V. 2. (S. 132). 672 Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 9 reSp Ziff. 5. 673 Oben § 11 I. 2. (S. 117). 674 So auch Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 56 mit Fn. 152. 675 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

ter verweisen, § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO a. F. Auch insoweit entsprach es der herrschenden Ansicht, dass gemäß § 78 Abs. 3 ZPO676 kein Anwaltszwang für die Güteverhandlung vor einem beauftragten oder ersuchten Richter – sogar für den Fall des Abschlusses eines Prozessvergleichs – galt.677 Auch das indiziert, dass der Gesetzgeber durch die endgültige Fassung des § 278 Abs. 5 ZPO n. F. keinen Anwaltszwang für die Güteverhandlung vor dem Güterichter begründen wollte. 4. Verschwiegenheit des Güterichters Weder das MediationsG noch § 278 Abs. 5 ZPO regeln die Frage, inwieweit der Güterichter einer Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Diesbezüglich ist zunächst herauszustellen, dass die Güteverhandlung und weitere Güteversuche vor dem Güterichter – auch soweit Mediation eingesetzt wird – keine Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG, der Güterichter keinen Mediator im Sinne des § 1 Abs. 2 MediationsG darstellt.678 Daher findet § 4 MediationsG auf den Güterichter keine direkte Anwendung. Auch eine analoge Anwendung kommt im Ergebnis nicht in Betracht: Denn der Güterichter unterliegt bereits den Regeln des Richterdienstrechts, das in den § 46 DRiG in Verbindung mit § 67 Abs. 1 BBG (Bundesbeamte) bzw. § 37 Abs. 1 BeamtStG679 (Landesbeamte) eine Verschwiegenheitspflicht betreffend die dem Richter bei oder bei Gelegenheit seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten begründet, so dass keine Regelungslücke besteht.680 Dass es sich 676

In der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung: § 78 Abs. 5 ZPO. Zu § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO a. F.: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 104 Rn. 29; Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 278 Rn. 65; ebenso zu § 279 Abs. 1 S. 2 ZPO a. F. [in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung] Steiner, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, (3. Aufl. 1994), § 78 Rn. 42. 678 H.M.; H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (109); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 74 f.; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 278 Rn. 27; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 43, 54, § 278a Rn. 6; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 14; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469 f.); Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a; Heilmann, Erklärung zu Protokoll der 898. BR-Sitzung am 29.06.2012, BR-PlPr. 898, Anlage 2, 316 (A). 679 Soweit nicht durch Landesrecht verdrängt; zum Beispiel in Bayern nicht durch abweichendes Richterdienstrecht verdrängt, vgl. Art. 2 Abs. 1 Bayerisches Richtergesetz (BayRiG) v. 11.01.1977, zuletzt geändert durch G v. 20.12.2011, GVBl. S. 689. 680 So ausdrücklich Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 116; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 28; Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (82); Dürschke, NZS 2013, 41 (47); im Ergebnis auch P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 79; Francken, NZA 2012, 836 (840); Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1266; a. A. Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 58. 677

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bei den Aufgaben des Güterichters um richterliche Aufgaben nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG handelt, ist bereits dargetan worden.681 In der Folge ist der Güterichter nicht nur nach dem materiellen Dienstrecht zur Verschwiegenheit verpflichtet; ihm steht vielmehr auch im Zivilprozess ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu, von dem ihn nicht die Parteien sondern allein die oberste Dienstbehörde suspendieren kann, § 376 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 67 Abs. 3 BBG bzw. § 37 Abs. 3 BeamtStG.682 Diese dienstrechtliche Verschwiegenheitspflicht gilt auch gegenüber dem Prozessgericht.683 Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der Güterichter gerade nicht dem erkennenden Spruchkörper angehört. Zudem wird diesbezüglich der Normzweck des § 278 Abs. 5 ZPO angeführt, der in der Trennung des nicht entscheidungsbefugten Güterichters von dem Prozessgericht, besteht.684 Nach der Entwurfsbegründung sollte einer Partei ihre Erklärungen und ihr Verhalten in der Mediation durch den Güterichter in dem anschließenden weiteren Verfahren vor dem Prozessgericht nicht entgegengehalten werden können.685 Dennoch wird man davon ausgehen müssen, dass der Güterichter dem Prozessgericht zumindest diejenigen Angaben wird mitteilen müssen, die es für das weitere Verfahren zwingend benötigt.686 Wichtig ist, dass die hier dargestellten gesetzlichen Regelungen ausschließlich den Güterichter und damit nicht die Parteien betreffen. Damit ergibt sich auch hier das bereits oben zur außergerichtlichen Mediation gefundene Ergebnis,687 dass ohne eine vertragliche Regelung durch die (Prozess-)Parteien im Hinblick auf die Vertraulichkeit der Mediation lediglich eine punktuelle gesetzliche Regelung für den Beweis durch das Zeugnis des Güterichters besteht. Die Prozessparteien sind daher im gleichen Maße wie bei der außergerichtlichen Mediation gehalten, eine entsprechende, im Ergebnis auch gleich ausgestaltete Vertraulichkeitsvereinbarung abzuschließen, wenn sie die Vertraulichkeit rechtlich sicherstellen wollen.688

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Oben § 11 I. 3. (S. 118). Vgl. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/ 8058, S. 21 liSp sowie sämtlich die Nachweise in Fn. 680. 683 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 30; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 118; wohl auch P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46. 684 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 28. 685 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 liSp. 686 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46. 687 Oben § 9 V. (S. 102 ff.). 688 Eindringlich Ditler/Engel, ZAP Fach 23, 957 (961); ebenso Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 30; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 114; Greger/ Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 12; Lehmann, IBR 2010, 122. 682

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

5. Vertraulichkeit von Unterlagen über die Güteverhandlung Eine weitere mögliche Gefahr für die Vertraulichkeit droht von Seiten der Dokumente, die in die Mediation eingeführt oder die über sie angefertigt wurden. Relativ einfach ist die Rechtslage insoweit in Ansehung der privaten Unterlagen, die durch eine der Parteien in die Mediation eingeführt worden sind oder in der Mediation angefertigt wurden: Sie unterliegen grundsätzlich keiner Vertraulichkeitspflicht durch die Parteien. Eine solche kann – und sollte689 – aber jederzeit vertraglich vereinbart werden. Differenzierter sind die Gerichtsakten und die Unterlagen des Güterichters zu behandeln. Insoweit gibt es zunächst die regulären Prozessakten des Prozessgerichts, in die der Güterichter auch ohne das Einverständnis der Parteien Einsicht nehmen darf.690 Ob die Prozessakten dem Güterichter hingegen, wie im Falle einer Verweisung nach § 281 ZPO, zugeleitet werden, kann das Prozessgericht entscheiden.691 In der Praxis scheint es die Regel zu sein, lediglich eine „Mediationsakte“ 692, auch „Sonderheft“ 693 genannt, für den Güterichter anzulegen und ihm die Prozessakten nicht zuzuleiten. Die Mediationsakten sollen dabei von einer eigenen „Güterichter-Geschäftsstelle“ 694 verwaltet werden. In der Mediationsakte sollte der Güterichter formlos695 oder im Wege von Aktenvermerken696 die Essentialia, das heißt etwaige verfahrensleitende Verfügungen, gegebenenfalls das Verhandlungsprotokoll (vgl. § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Vertraulichkeitsabrede vermerken.697 Umstritten ist, ob die Parteien nach Beendigung der Güteverhandlung 689

Vgl. nur Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 30. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 17 reSp; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Francken, NZA 2012, 836 (839). 691 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 56; anders gehen P. Hartmann, MDR 2012, 941 (943) und Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 21, hingegen wohl davon aus, dass die Zuleitung der Prozessakten an den Güterichter in aller Regel erfolgen wird. 692 So OLG München, OLGR 2009, 521 (522); Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (77 ff.). 693 So Lehmann, IBR 2010, 122 zur Rechtslage a. F.; ebenso die Empfehlung von Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 120; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 12. 694 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 12; am Landgericht München I übernimmt zum Beispiel die Präsidialgeschäftsstelle diese Funktion, vgl. Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (77 mit Fn. 2). 695 So Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 127. 696 So P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 47, allerdings mit Zweifeln, ob darin eine Umgehung des § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO liegen könnte, die aber jedenfalls nach § 295 ZPO geheilt werden könnte. 697 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 120. 690

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vor dem Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO ein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 299 Abs. 1 ZPO haben. Dies wird teils bejaht, da die Vertraulichkeit der Mediation lediglich vor mediationsexternen Dritten geschützt sein soll und dies durch die Einsichtnahme einer Partei nicht tangiert werde.698 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch bleibt die Frage, ob auch zum Beispiel Aufzeichnungen des Güterichters über den Inhalt von Einzelgesprächen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG) der anderen Partei nach § 299 Abs. 1 ZPO zur Verfügung gestellt werden müssen.699 Zum Teil wird vertreten, dass § 299 ZPO als Ausprägung des in der Güteverhandlung nicht oder nur eingeschränkt geltenden Grundsatzes des rechtlichen Gehörs700 auf die Mediationsakte nicht anwendbar ist.701 Teilweise wird auch erwogen, ob der Inhalt der Mediationsakte entsprechend der Regelung über Gerichtsinterna in § 299 Abs. 4 ZPO von dem gegenständlichen Anwendungsbereich des Akteneinsichtsrechts auszunehmen ist.702 Angesichts dieser gegenwärtig offenen Frage wird zum Teil vorgeschlagen, überhaupt keine Mediationsakte zu führen.703 Dem Problem kann jedoch durch die Vertraulichkeitsvereinbarung der Parteien, die auch bei der Mediation durch einen Güterichter regelmäßig abgeschlossen wird,704 weitgehend abgeholfen werden: Denn auf diesem Wege unterliegen die Vorgänge der Mediation ohnehin einem Vortragsverbot sowie einem Beweisverbot.705 In dem weiteren Verlauf des Zivilprozesses können die Informationen aus der Akteneinsicht daher ohnehin nicht genutzt werden. Aber auch danach verbleibt das oben beschriebene Problem, dass Informationen aus den Unterlagen gegebenenfalls zur Ermittlung weiterer Informationen oder Beweismittel dienen können.706 Auf das Gerichtsprotokoll des Güterichters, das auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen wird, § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO, wird – da es in der Regel lediglich der Protokollierung eines Prozessvergleichs dient707 und nur diesen enthält – noch unten eingegangen.708

698 OLG München, OLGR 2009, 521 (522) zur Rechtslage a. F. aber bereits unter Berücksichtigung von Art. 7 Abs. 1 MediationsRL; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 299 Rn. 15; Lehmann, IBR 2010, 122. 699 Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (83). 700 Oben § 11 III. 2. (S. 124). 701 Kurzweil, ZZP 123 (2010), 77 (83 f.); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 299 Rn. 12. 702 Angedeutet bei P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46. 703 Huber, in: Musielak, ZPO, § 299 Rn. 3b. 704 Vgl. oben bei Fn. 688. 705 Darauf weist zutreffend Lehmann, IBR 2010, 122, hin. 706 Vgl. Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151). 707 Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 159 ZPO Rn. 11, vgl. ebd. Rn. 25 mit einem Muster. 708 Unten § 11 V. (S. 131).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Sonstige Unterlagen aus der Mediation, das heißt also zum Beispiel Urkunden der Parteien oder solche, die in der Mediation, gegebenenfalls gemeinsam, erstellt wurden, sollten zur Meidung von Risiken für die Vertraulichkeit zum Ende der Güteverhandlung an die Parteien zurückgegeben bzw. einvernehmlich vernichtet werden.709

IV. Erfolgloser Abschluss der Güteverhandlung Die Mediation ist – auch wenn sie durch den Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO durchgeführt wird – ein freiwilliges Verfahren, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG. Dies bedeutet, dass die Mediation bereits dann gescheitert ist, wenn auch nur eine der Parteien die weitere Fortführung der Mediation ablehnt. Dies kann jederzeit erklärt werden und bedarf keinerlei Begründung.710 Doch auch der Güterichter kann die Güteverhandlung beenden. Diese Ablehnung wird jedenfalls dann nahe liegen, wenn eine eigenverantwortliche Kommunikation der Parteien oder eine Einigung nicht mehr zu erwarten ist, vgl. § 2 Abs. 5 S. 2 MediationsG.711 Das gilt natürlich umso mehr, wenn die von den Parteien angestrebte Einigung strafrechtliche Tatbestände – hier kommen insbesondere Delikte zulasten Dritter wie Steuerstraf- oder Insolvenzstrafdelikte in Betracht – erfüllen könnte.712 In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist noch kaum erörtert, welche abschließenden Verfahrenshandlungen der Güterichter zu tätigen hat, um die Güteverhandlung zu beenden und die Parteien wieder an das Prozessgericht zu verweisen. Teils wird vertreten, dass es überhaupt keines förmlichen Aktes des Güterichters bedarf, sondern dass die Akten schlicht durch die Güterichter-Geschäftsstelle abgetragen und dem Prozessgericht zugeleitet werden.713 Nach anderer Ansicht wird ein Rückgabebeschluss verlangt.714 Da es sich um eine prozessleitende Anordnung handelt,715 liegt jedoch die Annahme des Erfordernisses einer Verfügung nahe. Da der Rechtsstreit der Parteien aber während der Güteverhandlung vor dem Güterichter bei dem Prozessgericht anhängig geblieben ist und dort auch weiter verhandelt wird, bedarf es – ungeachtet ihrer Zulässigkeit – keiner weiteren Entscheidung des Güterichters in der Sache, über Kosten oder Streitwert. 709 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 30; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 128; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 12 f.; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a. 710 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 20. 711 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 54. 712 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5, 20, 28. 713 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 21. 714 Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 77. 715 Vgl. dazu Musielak, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 21.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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V. Erfolgreicher Abschluss der Güteverhandlung Können sich die Parteien in der Güteverhandlung vor dem Güterichter ganz, teilweise oder sogar über den rechtshängigen Streitgegenstand hinaus auf eine Lösung ihres Konflikts einigen, kommen verschiedene materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte und verfahrensrechtliche Prozesshandlungen in Betracht. 1. Materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte Zunächst ist denkbar, dass die Parteien sich mit der Abschlussvereinbarung lediglich über einzelne Punkte einigen können, die später Inhalt eines künftigen Vertrages, in der Regel einem Vergleich, werden sollen. Eine solche Punktation ist, wie auch § 154 Abs. 1 S. 2 BGB klar stellt, selbst noch kein rechtlich bindender Vertrag.716 Diese kann auf Wunsch der Parteien auch Gegenstand des Protokolls über die Güteverhandlung gemäß § 159 Abs. 2 S. 2 BGB sein. Weitaus relevanter dürfte aber die rechtlich bindende Einigung der Parteien über Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens, mithin der Vergleich nach § 779 BGB, sein. Sein Abschluss unterliegt in materieller Hinsicht auch vor dem Güterichter keinen grundsätzlichen Besonderheiten. Insbesondere wird der Güterichter insoweit keine nennenswerte Überprüfung der inhaltlichen Angemessenheit des angestrebten Vergleichs vornehmen. Denn aufgrund des Dispositionsgrundsatzes und der Rechtsstaatlichkeit ist er zwar immerhin, aber auch nur, auf die Wahrung der Grenzen zwingenden Rechts in Form der §§ 134, 138 BGB verpflichtet.717 Dennoch kann der Abschluss eines Vergleichs vor dem Güterichter in materiell-rechtlicher Hinsicht einer Besonderheit unterliegen: Insofern der Vergleich in ein Protokoll des Güterichters nach § 159 Abs. 2 S. 2 BGB aufgenommen wird, handelt es sich um einen „gerichtlichen Vergleich“ im Sinne des § 127a BGB, der also eine etwa erforderliche notarielle Beurkundung ersetzt.718 Die Wirkung des § 127a BGB kann dabei aber nur insoweit eintreten, als der Vergleich die in dem Zivilprozess rechtshängigen Streitgegenstände abschließend re716 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 22; Bork, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2010, § 154 Rn. 11; Köhler, BGB AT, § 8 Rn. 40. 717 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 105, der allerdings annimmt dass die Grenze des § 138 BGB bereits überschritten sein kann, „wenn eine Seite ihre überlegene Verhandlungsstärke dazu ausnutzt, die Gegenseite zu einer nachteiligen Vereinbarung zu drängen“. Tatsächlich sind die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB deutlich höher zu formulieren, vgl. nur Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 7 f.; ähnlich auch Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 28: „In der Mediation treten Rechtsansprüche als Bewertungsmaßstab . . . in den Hintergrund“. 718 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 25; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 143; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 159 ZPO Rn. 21; vgl. auch Bericht und Beschlussempfehlung Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 17 reSp.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

gelt oder in einem engen inneren Zusammenhang dazu steht.719 Insoweit der Vergleich inhaltlich über den Streitgegenstand hinausgeht, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Einigung als gerichtlichen Vergleich im Sinne des § 127a BGB protokolliert.720 2. Prozesshandlungen Im Falle einer Güteverhandlung vor dem Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO ist naturgemäß ein Rechtsstreit zwischen den Parteien anhängig. Insofern sie sich in der Güteverhandlung ganz oder teilweise über streitgegenständliche Ansprüche in materieller Hinsicht vergleichen, liegt es nahe auch prozessual auf die Veränderung zu reagieren. Die zuvörderst in Betracht kommende Variante ist der Abschluss eines Prozessvergleichs vor dem Güterichter.721 Der Form nach kann dieser entweder durch die Protokollierung im Wege des § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO722 oder aber im Wege der schriftlichen Feststellung des gemeinsamen Vorschlags durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO geschehen.723 Dabei besteht kein Anwaltszwang für den Abschluss.724 Der Abschluss dieses Prozessvergleichs bewirkt, soweit der Vergleichsgegenstand reicht, ipso iure die Beendigung der Rechtshängigkeit vor dem Prozessgericht.725 Außerdem stellt er einen Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dar.726 Die Akten mit dem Protokoll werden dann an das Prozessgericht zurückgeleitet, das nur noch die vollständige Erledigung der Rechtshängigkeit prüft und die register- und kostenrechtliche Schlussbehandlung durchführt.727 In Betracht kommen außerdem die übrigen prozessbeendenden Erklärungen wie insbesondere Anerkenntnis (§ 307 ZPO), Verzicht (§ 306 ZPO), Klagerück719 Vgl. nur Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 127a Rn. 2 m.w. N.; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 25. 720 BGHZ 191, 1 (5 f.). 721 Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278 Rn. 14a. 722 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 54; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 133; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 24 f.; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a. 723 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 136; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 74 f. 724 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 137; wohl a. A. P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 51. 725 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 32; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 133; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 72; allgemein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 130 Rn. 24. 726 Vgl. sämtlich die Nachweise in den Fn. 722–723. 727 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 24.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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nahme (§ 269 ZPO) oder übereinstimmende Erledigungserklärung (vgl. § 91a ZPO). Ob die entsprechenden Prozesshandlungen der Parteien vor dem Güterichter vorgenommen werden können ist zweifelhaft.728 Tatsächlich können Prozesshandlungen in Form von Bewirkungshandlungen, die also innerhalb des Verfahrens unmittelbar bestimmte prozessuale Wirkungen begründen,729 zwar grundsätzlich wahlweise gegenüber dem Gericht oder auch dem Gegner vorgenommen werden.730 Danach wäre jeweils eine wirksame Erklärung in der Güteverhandlung zumindest gegenüber dem Gegner denkbar. Es wird jedoch zwischen den verschiedenen Prozesshandlungen zu unterscheiden sein: Die Erklärung der Klagerücknahme hat zwar nach dem Wortlaut des § 269 Abs. 2 S. 1 ZPO „dem Gericht gegenüber“ und damit dem Prozessgericht731 zu erfolgen. Nach verbreiteter Ansicht zur Rechtslage vor dem EGMediationsG732 war die Erklärung der Klagerücknahme in der Güteverhandlung jedoch auch vor dem beauftragten oder ersuchten Richter nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO a. F. möglich,733 da § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO auch die schriftsätzliche Klagerücknahme gestattet, deren Formerfordernis durch ein richterliches Protokoll ebenfalls gewahrt wird.734 Ob dies auf den Güterichter gemäß § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO n. F. zu übertragen ist, ist bislang nicht erörtert worden.735 Falls in der Güteverhandlung jedoch ein Protokoll nach § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO aufgenommen wird, ist kein Differenzierungsgrund zur Rechtslage in Bezug auf den beauftragten oder ersuchten Richter nach § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO ersichtlich: Denn in beiden Fällen existiert ein richterliches Protokoll, das sogar die Wirkungen des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat.736 Der Form des § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO dürfte damit auch bei der Klagerücknahme vor dem Güterichter genügt sein. Diese Erklärung dürfte auch in einem Anwaltsprozess, § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO, nicht dem Anwaltszwang unterlie728 So wohl Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 76; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 73; zweifelnd aber offen lassend Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a. 729 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 64 Rn. 15. 730 Rauscher, in: MünchKomm-ZPO, Einleitung Rn. 401. 731 P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 269 Rn. 27; teilw. a. A. H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 28, wonach die „mündliche Verhandlung“ i. S. d. § 269 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 ZPO nicht auf diejenige vor dem Prozessgericht beschränkt ist. 732 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 733 H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 28; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 269 Rn. 27. 734 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 278 Rn. 46; Assmann, in: Wieczorek/ Schütze, GroßKomm-ZPO, § 269 Rn. 53, § 278 Rn. 55. 735 Bejahend, jedoch ohne Erörterung, Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 32. 736 Zu § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO n. F. vgl. die Nachweise in den Fn. 722–723; zu § 278 Abs. 5 ZPO a. F. vgl. Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 278 Rn. 46.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

gen.737 Das dürfte sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 78 Abs. 3 ZPO ergeben.738 Anderes gilt aber für die Erklärung des Anerkenntnisses nach § 307 ZPO739 und des Verzichts nach § 306 ZPO740. Diese Erklärungen können nur dem Prozessgericht gegenüber erklärt werden. Die Erklärung gegenüber dem beauftragten oder ersuchten Richter ist nicht wirksam.741 Insoweit erscheint es nicht angezeigt, dem Güterichter eine Empfangszuständigkeit zuzuerkennen, die nicht einmal dem beauftragten oder ersuchten Richter, denen er ja systematisch nahe steht, zusteht. Doch auch falls man der hier vertretenen Auffassung folgt, dass die Erklärungen nicht dem Güterichter gegenüber abgegeben werden können, ließe sich noch erwägen, ob der Güterichter die Erklärungen der Parteien bei ordnungsgemäßer Protokollierung als Bote an das Prozessgericht überbringt.742 Dagegen ist die beiderseitige Erklärung der Erledigung der Hauptsache nach § 91a Abs. 1 S. 1 Alt. 3 ZPO auch zu Protokoll der Geschäftsstelle möglich. Eine Erklärung in der mündlichen Verhandlung oder auch nur unmittelbar dem Prozessgericht gegenüber ist damit nicht erforderlich. Die Erklärungen der beiden Parteien können daher wirksam auch vor dem Güterichter abgegeben werden.743 Jedoch erfordert dies die Aufnahme eines Protokolls gemäß § 159 Abs. 2 S. 2 ZPO. Anwaltszwang besteht für die Erklärungen gemäß § 78 Abs. 3 ZPO nicht.744 Soweit die Zulässigkeit der Vornahme einer Prozesshandlung vor dem Güterichter unklar oder nach allgemeiner Auffassung ausgeschlossen ist, können sich die Parteien zur Abgabe einer solchen Erklärung im Prozess bzw. gegenüber dem Prozessgericht verpflichten.745 So kann eine Partei im Rahmen der Güteverhandlung ein Klagerücknahmeversprechen abgeben, dessen grundsätzliche Gültigkeit heute außer Streit steht und das bei einer entgegen Treu und Glauben weiter betriebenen Klage zur Abweisung dieser als unzulässig führt.746

737 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 56; zur Rechtslage a. F.: H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 28; a. A. zur Rechtslage n. F. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 146 738 Oben § 11 III. 3. (S. 124). 739 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn. 49 und 49; Musielak, in: MünchKomm-ZPO, § 307 Rn. 1. 740 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn. 68 und 75; Rensen, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, (3. Aufl. 2007), vor §§ 306, 307 Rn. 17. 741 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Vor §§ 306, 307 Rn. 12; Rensen, in: Wieczorek/ Schütze, GroßKomm-ZPO, (3. Aufl. 2007), vor §§ 306, 307 Rn. 17. 742 So wohl Rensen, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, (3. Aufl. 2007), vor §§ 306, 307 Rn. 17 mit Fn. 27, allerdings unter missverständlichem Verweis auf Greger, in: Zöller, ZPO, vor §§ 306, 307 Rn. 12. 743 So im Ergebnis auch Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 32. 744 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 146. 745 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 23.

§ 11 Rechtsgrundlagen der Mediation nach § 278 Abs. 5 ZPO

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3. Entscheidungen des Güterichters Schließlich ist zu erörtern, ob und gegebenenfalls welche Entscheidungen der Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO im Falle der erfolgreichen Beendigung der Güteverhandlung fällen darf. Dazu ist zunächst auf den Umfang und Modus der Verfahrensbeendigung durch die verschiedenen Prozesshandlungen einzugehen: Schließen die Parteien einen Prozessvergleich ab, beendet dieser, soweit er gegenständlich reicht, unmittelbar den Rechtsstreit und damit die Rechtshängigkeit.747 Eine Entscheidung des Gerichts in der Sache ist daher nicht mehr erforderlich. Auch in Ansehung der Kosten enthält der protokollierte Vergleich entweder eine Parteivereinbarung, oder es gilt § 98 S. 1 ZPO für die Kosten. Da er zuletzt nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch einen Titel zur Zwangsvollstreckung darstellt, bedarf es auch keiner Nebenentscheidungen des Gerichts. Die Klagerücknahme führt nach § 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ZPO zur rückwirkenden Beendigung des Rechtsstreits.748 Eine Entscheidung des Gerichts ist daher weder in der Hauptsache noch in Bezug auf Nebenentscheidungen erforderlich oder auch nur möglich. Jedoch kann das Gericht auf Prozessantrag des Beklagten einen deklaratorischen Beschluss über diese Wirkung erlassen.749 Die beiderseitigen Erklärungen der Erledigung der Hauptsache nach § 91a ZPO führen nach entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ZPO ipso iure nur zur Beendigung der Rechtshängigkeit der Hauptsache.750 Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach Maßgabe des bisherigen Sachund Streitstandes bleibt hingegen noch rechtshängig.751 Insofern ist also noch eine Entscheidung des Prozessgerichts notwendig. Verzichts- und Anerkenntniserklärung nach den §§ 306, 307 ZPO bewirken schließlich nicht die Beendigung der Rechtshängigkeit, sondern stellen lediglich die Prozesshandlung dar, auf Grundlage welcher das Gericht dem Klage- bzw. Klageabweisungsantrag ohne Prüfung von Wahrheit, Schlüssigkeit oder Erheb-

746 Vgl. H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 9 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 129 Rn. 8. 747 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 130 Rn. 22; Wolfensteiner, in: MünchKomm-ZPO, § 794 Rn. 70; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 794 Rn. 13. 748 H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 41; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 129 Rn. 26. 749 H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 269 Rn. 45; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 129 Rn. 32. 750 BGHZ 106, 359 (366); Lindacher, in: MünchKomm-ZPO, § 269 Rn. 25 und 39; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 8. 751 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 8; Lindacher, in: MünchKomm-ZPO, § 269 Rn. 25 und 39.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

lichkeit des Parteivortrags und ohne materielle Rechtsanwendung durch Endurteil entsprechen muss.752 Im Falle von Verzicht oder Anerkenntnis ist daher ein Endurteil, das – innerhalb der Beschränkung der Prüfungspflicht753 aufgrund der §§ 306, 307 ZPO – über die Hauptsache sowie die Nebenfolgen entscheidet, erforderlich. In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Gerichts in der Sache (§§ 306, 307 ZPO) oder im Hinblick auf Nebenentscheidungen (§ 91a ZPO) erforderlich oder deklaratorisch möglich ist (§ 269 Abs. 4 ZPO), läge die endgültige Erledigung des Rechtsstreit durch den Güterichter aus prozessökonomischen Gründen nahe. Jedoch definiert § 278 Abs. 5 ZPO den Güterichter als „nicht entscheidungsbefugten“ Richter. Die herrschende Auffassung folgert daraus, dass der Güterichter keine Entscheidungen, d.h. auch keine Endurteile aufgrund begrenzter Prüfungspflicht (§§ 306, 307 ZPO), keine Entscheidung über die Kosten (§ 91a ZPO) und nicht einmal einen deklaratorischen Beschluss nach § 269 Abs. 4 ZPO erlassen darf.754 Auch die letzte verfahrensbezogene Entscheidung des Gerichts, die endgültige Festsetzung des Streitwerts der Klage gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ist ausschließlich Sache des Prozessgerichts. So ist für den Erlass des Beschlusses nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ausschließlich das Prozessgericht zuständig.755 Ob der Güterichter nach § 278 Abs. 5 ZPO bei einer Beendigung des Rechtstreits durch Vergleich den Streitwert selbst festsetzen kann wird unterschiedlich beurteilt: Eine verbreitete Auffassung bejaht eine sogenannte „Annexkompetenz“ 756, unter anderem auch weil erforderliche Informationen zur Bemessung eventuell nur dem Güterichter vorliegen.757 Nach anderer Auffassung bezog sich die Auffassung der Entwurfsverfasser, dass der Güterichter den Streitwert festsetzen könne,758 auf eine nicht Gesetz gewordene Fassung des § 278 Abs. 5 ZPO und

752 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn. 55 (§ 307 ZPO), § 132 Rn. 72 (§ 306 ZPO); Greger, in: Zöller, ZPO, Vor §§ 306, 307 Rn. 12. 753 Vgl. dazu Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 307 Rn. 47 ff. 754 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 145 f., Rn. 103; Greger/ Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 6; Assmann, in: Wieczorek/ Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 76; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a; a. A. (zu § 91a ZPO und § 269 ZPO) Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Fritz, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 73. 755 OLG Celle, NJW 2009, 1219; P. Hartmann, Kostengesetze, § 63 GKG Rn. 22; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, § 63 GKG Rn. 5. 756 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 76; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 33. 757 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 33; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 102; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 26 f., unter Berufung auf Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278 Rn. 14a. 758 So Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 reSp.

§ 12 Ablauf der Mediation

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hat im geltenden Recht keinen Niederschlag gefunden.759 Demnach soll es dem Prozessgericht insbesondere auch nicht möglich sein, den Güterichter im Vorhinein durch Beschluss zur Festsetzung des Streites zu ermächtigen.760

§ 12 Ablauf der Mediation Die Mediation stellt nach der Vorstellung des europäischen und des bundesdeutschen Gesetzgebers ein „strukturiertes“ Verfahren dar, Art. 3 lit. a) UAbs. 1 MediationsRL, § 1 Abs. 1 MediationsG761. Die Entwurfsverfasser gingen dabei davon aus, dass die Mediation „bestimmten Regeln“ folgt, die von den §§ 2–4 MediationsG lediglich punktuell durch gesetzliche Regelungen ergänzt werden.762 Diese „bestimmten“, außerrechtlichen Regeln der Mediation werden üblicherweise in der Phasenstruktur der Mediation gesehen. Die vorherrschende Auffassung trennt im Wesentlichen fünf verschiedene Phasen,763 wobei die Übergänge zwischen den Phasen fließend und die Einteilungen im Einzelnen unterschiedlich sind. Zum Teil werden aber auch Mediationsmodelle mit bis zu 21 verschiedenen Phasen vertreten.764 Der nachfolgend darzustellende Verlauf der einzelnen Phasen lässt sich im Wesentlichen so zusammenfassen:765 Unabhängig von den Phasen muss der Mediator zunächst den ersten Mediationstermin vorbereiten (I.). Im Mediationster759 Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 15a; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20. 760 Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20. 761 Der Referentenentwurf zum EGMediationsG vom 04.08.2010, abgedruckt in ZKM 2010, 157–159, sah das Erfordernis der „Strukturierung“ noch nicht vor; bereits ab dem Regierungsentwurf vom 04.02.2011, BR-Drs. 60/11, findet sich jedoch das Tatbestandsmerkmal der Strukturierung in § 1 Abs. 1 MediationsG; krit. zur Sinnhaftigkeit dieses Tatbestandsmerkmals als Teil der Definition der Mediation Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245 f.). 762 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 13 reSp; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 2; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 13 f. 763 So bei geringfügigen Unterschieden im Einzelnen: Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 50; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 77; Risse, Wirtschaftsmediation, § 5 Rn. 3 ff.; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 12; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 245 ff.; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 15; G. Mähler/H.-G. Mähler, Mediation für Juristen, S. 13 (27); Meyer/Schmitz-Vornmoor, DNotZ 2012, 895 (900 f.); Berning/Trenczek, in: Trenczek/ Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.1 Rn. 2; wohl auch Breidenbach, Mediation, S. 280; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 4 ff.; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 1; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 436 ff. 764 So Montada/Kals, Mediation, S. 248. 765 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 22; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 78 f.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

min selbst wird nach einer Verständigung über den Ablauf einer Mediation im Allgemeinen sowie über den Ablauf und die Ausgestaltung in concreto (II.) der bisherige Verlauf des Konflikts von den Parteien vorgetragen (III.). Danach versucht der Mediator, die hinter den Positionen der Parteien liegenden Interessen zu ergründen (IV.). Auf dieser Basis können mögliche Optionen, die den Interessen der Parteien entsprechen, zunächst ohne Bewertung erarbeitet und anschließend gemeinsam bewertet werden (VI.). Schließlich soll aus den erarbeiteten und bewerteten Optionen eine Abschlussvereinbarung zur Lösung des Konflikts insgesamt entwickelt werden (VII.).

I. Vorbereitung der Mediation Die Vorbereitung der Mediation erfolgt unterschiedlich, je nachdem, ob ein außergerichtlicher Mediator (1.) oder ein Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO (2.) tätig wird. 1. Außergerichtlicher Mediator Ein außergerichtlicher Mediator – auch derjenige auf Vorschlag des Prozessgerichts gemäß § 278a ZPO – wird typischerweise von einer Partei oder von beiden Parteien gemeinsam angesprochen. Diese können auf den Mediator entweder direkt oder aufgrund der – gegebenenfalls im Rahmen einer Mediationsklausel vereinbarten – Empfehlung einer Institution wie zum Beispiel der DIS zugegangen sein.766 Insoweit werden die Parteien dem Mediator zunächst erste Informationen über den Konflikt übermitteln.767 Denn der Mediator sollte zumindest auf Basis dieser überschlägigen, vorläufigen Informationen prüfen, ob er in Ansehung des konkreten Konflikts einem Tätigkeitsverbot aufgrund der § 3 Abs. 1–4 MediationsG unterliegt.768 Ist das nicht der Fall, kann sogleich der Mediatorvertrag zwischen den Parteien und dem Mediator abgeschlossen werden.769 Das erscheint aus Sicht des Mediators nicht nur wegen seines Anspruchs auf Vergütung, sondern vor allem auch aufgrund etwaiger Aufwendungen, zum Beispiel für die Buchung eines 766

Günther/Hilber, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 15 Rn. 71. Berning/Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 6. 768 Berning/Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 7; wohl auch Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 39. 769 Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 476; Kessen/ Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 5; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 3; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 50; Berning/Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 6; wohl auch Haft, Verhandlung und Mediation, S. 245; für größere Verfahren auch Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 14. 767

§ 12 Ablauf der Mediation

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Konferenzraums, deren Ersatz er regelmäßig aufgrund des Mediatorenvertrages verlangen kann, sinnvoll. Dennoch finden sich auch Stimmen, die vorschlagen, den Mediatorvertrag erst zu Beginn der eigentlichen Mediationssitzung abzuschließen, um die Parteien nicht mit einer Verrechtlichung, die sie mit der Mediation gerade meiden wollen, zu konfrontieren.770 Je nach der zu erwartenden Komplexität des Konflikts bzw. des Konfliktgegenstandes ist außerdem eine unterschiedliche intensive inhaltliche Vorbereitung angezeigt.771 So wird eine Familienmediation in der Regel vor allem auf die unterschiedliche subjektive Wahrnehmung der Beteiligten eingehen, während eine Wirtschaftsmediation komplexe Sachverhalte zum Gegenstand haben kann, die nicht effizient in einer Mediationssitzung geklärt werden können, wenn keine vorherige Einarbeitung stattgefunden hat.772 Bislang nicht untersucht aber dennoch erwägenswert ist, ob der Mediator aufgrund von § 2 Abs. 5 S. 2 MediationsG verpflichtet ist, den ihm angetragenen Konflikt auf die Mediationseignung sowohl der Parteien als auch des Konflikts zu überprüfen. Insofern begründet § 2 Abs. 5 S. 2 ZPO nämlich das Recht des Mediators, die Mediation in Ermangelung der Mediationseignung von Parteien oder Konflikt zu beenden. Dieses Recht verdichtet sich bei Vorliegen der Voraussetzungen, bei deren Beurteilung dem Mediator jedoch ein Beurteilungsspielraum zusteht,773 zu einer Pflicht.774 Es liegt daher nahe, ihm auch eine Pflicht zur Prüfung und Ablehnung der Mediation, soweit er dies aufgrund der vorläufigen Informationen erkennen kann, aufzuerlegen. Um die Mediation genauer vorzubereiten, wird der Mediator die Parteien danach in der Regel bitten, ihm den Sach- und Streitstand schriftlich darzulegen.775 Dabei sollte den Parteien eine strikte Vorgabe zur maximalen Länge des Schrei770 Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 16 f.; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 41; für einfachere Verfahren auch Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 14. 771 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 110; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 11; Montada/Kals, Mediation, S. 249; Gläßer/Kirchhoff, ZKM 2009, 186 (188); Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 36. 772 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 110; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 11. 773 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 259. 774 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 124; wohl auch Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248). 775 Für die vorliegend untersuchte Wirtschaftsmediation Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 112; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 24; Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (99), berichtet, dass diese Praxis vor allem im US-amerikanischen Raum verbreitet ist; wohl a. A. mit Blick auf u. a. Familien- oder Verbrauchermediation Berning/Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.1 Rn. 13; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 42; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 17.

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bens gemacht werden,776 die in den meisten Fällen bei 10–15 Seiten liegen kann.777 Ob man den Parteien außerdem gestattet, zusätzlich auch die wesentlichen Dokumente, wie zum Beispiel grundlegende Verträge oder Ausführungen zu den wesentlichen Rechtsfragen des Streits vorzulegen, wird unterschiedlich beurteilt.778 Eine weitere streitige Frage ist, ob die Stellungnahmen, die der Mediator von einer Partei erhält, der anderen Partei zuzuleiten sind. Dafür spricht, dass so der Anschein einer Gefährdung der Neutralität des Mediators vermieden werden kann, wenn alle Dokumente offen zirkuliert werden.779 Natürlich ist auch bei dieser Ausgestaltung denkbar, dass eine Partei dem Mediator als „vertraulich“ gekennzeichnete Unterlagen, die ausdrücklich nicht der anderen Partei weitergeleitet oder sonst bekannt gegeben werden sollen, übersendet. Nach Möglichkeit sollte der Mediator aber eher versuchen, solche Information während der Mediation im Wege von Einzelgesprächen, soweit diese nach § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG zugelassen sind, zu eruieren.780 Auf der Basis dieser Informationen kann der Mediator sodann außerdem beurteilen, welchem Typus der Konflikt der Parteien entspricht und auf welcher Eskalationsstufe781 er sich befindet.782 Dies gestattet ihm eine gezieltere Vorbereitung der Mediationssitzung. Schließlich obliegen auch dem Mediator Informationspflichten gegenüber den Parteien. Denn nach § 2 Abs. 2 MediationsG hat sich der Mediator zu vergewissern, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben und dass sie freiwillig an der Mediation teilnehmen. Die Entwurfsverfasser wollten damit sicherstellen, „dass die Parteien über die Sachlage und das Verfahren voll informiert sind und freiwillig an der Mediation teilnehmen“.783 Entsprechende Aufklärungspflichten wurden bereits vor Erlass des EGMediationsG784 angenommen.785 Diese „Grundsätze“ des Mediationsverfahrens gemäß § 2 Abs. 2 Hs. 1 Alt. 1 MediationsG umfassen dabei im Wesentlichen die 776

Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 24. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 112. 778 Dafür Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 112; dagegen Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 24. 779 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 112 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 24, schlägt zu diesem Zweck sogar die Einreichung der Schriftsätze in mehreren Abschriften vor, was freilich stark an die Maßgaben des § 133 Abs. 1 ZPO erinnert. 780 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 112 f. 781 Oben § 7 X. (S. 77 ff.). 782 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 110, 115. 783 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 15 f. 784 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 777

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Kriterien, anhand derer § 1 MediationsG „die Mediation“ und, damit verschränkt, „den Mediator“ beschreibt: Dies sind vor allem die Vertraulichkeit und die Freiwilligkeit der Mediation sowie die Eigenverantwortlichkeit der Parteien für das Ergebnis, § 1 Abs. 1 MediationsG, und die Neutralität und die fehlende Entscheidungsbefugnis des Mediator, § 1 Abs. 2 MediationsG.786 Die Aufklärung über den „Ablauf“ der Mediation nach § 2 Abs. 2 Hs. 1 Alt. 2 MediationsG setzt eine Erläuterung der – nachfolgend dargestellten – einzelnen Phasen der Mediation voraus, damit die Parteien wissen, ob, wie und zu welchem Zeitpunkt sie sich inhaltlich mit dem Konflikt auseinandersetzen.787 Zuletzt muss sich der Mediator nach § 2 Abs. 2 Hs. 2 MediationsG über die freiwillige Teilnahme der Parteien im konkreten Fall vergewissern788. Dabei werfen die rechtlichen Anforderungen an die Freiwilligkeit Fragen auf: So werden die Parteien in vielen Fällen aufgrund einer Mediationsklausel oder einer anderweitigen antizipierten Mediationsvereinbarung zur Durchführung einer Mediation vor Erhebung einer Klage verpflichtet sein. Ob es in einem solchen Fall bereits an der Freiwilligkeit mangeln sollte, bleibt nach dem Gesetzeswortlaut offen. Auch die Motive erhellen insoweit nicht. Es ist jedoch auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber der bisherigen Praxis der Mediationsklauseln die Grundlage entziehen wollte. Die Vergewisserung über die „Freiwilligkeit“ ist daher einschränkend auszulegen, so dass sie nicht bereits dann ausscheidet, wenn die Parteien aufgrund einer rechtlichen Pflicht in die Mediation eintreten.789 Doch auch im Übrigen trifft den Mediator keine Gewährleistung für die Freiwilligkeit der Teilnahme der Parteien.790 Denn für eine derartige Überprüfung fehlen ihm regelmäßig die Mittel, so dass man lediglich von einer Pflicht zur Ablehnung bzw. Beendigung der Mediation bei offensichtlichen Willensmängeln einer Partei sprechen kann.791 Zu welchem Zeitpunkt die Aufklärungs- und Prüfpflichten begründet werden, ist nicht hinreichend geklärt: Nach einer Auffassung begründet § 2 Abs. 2 Me785 Vgl. Haft, Verhandlung und Mediation, S. 246; Risse, Wirtschaftsmediation, § 4 Rn. 20 f.; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 3 f.; aus psychologischer Warte Montada/Kals, Mediation, S. 255. 786 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 22; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 9. 787 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 41 f.; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (247). 788 Weitergehend Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 72: „nicht nur zu vergewissern, . . . sondern zu gewährleisten“ [Hervorhebung auch dort], unter Verweis auf die Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp, die ebenfalls von „gewährleisten“ spricht. 789 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 13. 790 A. A. Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 72; unklar Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp. 791 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 160.

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diationsG ein vorvertragliches Schuldverhältnis im Sinne der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Danach wäre der Mediator auch und gerade vor Abschluss des Mediatorvertrages verpflichtet, die Partei bzw. die Parteien über die Grundsätze und den Ablauf der Mediation zu informieren.792 Nach anderen Stellungnahmen dürfte es genügen, dass die Aufklärung und Prüfung vor Beginn der Mediationssitzung, aber nach Abschluss des Mediatorvertrages durchgeführt wird.793 Tatsächlich finden sich für beide Auffassungen Hinweise: So spricht die Begründung der Entwurfsverfasser zwar diverse Beispiele für die Aufklärung „zu Beginn der Mediation“ an.794 Dabei bleibt aber offen, ob der Mediatorvertrag nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen oder erst noch abzuschließen sein soll. Auch die innere Systematik des § 2 MediationsG, der in seinem Absatz 1 die Auswahl des Mediators und in den Absätzen 3–6 einzelne Verfahrensfragen der Mediation regelt, liefert keine eindeutige Aussage. Aus Gründen der Vorsicht aus Warte des Mediators ist daher eine entspreche Aufklärung und Prüfung bereits vor Abschluss des Mediatorvertrages angezeigt. Seiner Aufklärungspflicht kann der Mediator jedenfalls verhältnismäßig einfach dadurch genügen, dass er den Parteien ein Informationsblatt über die Mediation aushändigt.795 Eine weitere Aufklärungspflicht ergibt sich außerdem aus § 3 Abs. 5 MediationsG. Danach ist der Mediator verpflichtet den Parteien, auf Anfrage auch nur einer Partei796 über seinen fachlichen Hintergrund, seine Ausbildung sowie über seine Erfahrung auf dem Gebiet der Mediation zu informieren. Diese Norm fand sich bereits im Regierungsentwurf, der zur Ausbildung der Mediatoren noch keine Anforderungen außer dem jetzt geltenden § 5 Abs. 1 S. 1 MediationsG enthielt.797 Die Aufklärungspflicht sollte daher das Fehlen einer gesetzlichen Mindestqualifikation kompensieren.798 Bei der späteren Einfügung der nunmehr geltenden §§ 5, 6 MediationsG wurde die Aufklärungspflicht allerdings nicht wieder gestrichen. Dieser Aufklärungspflicht kann der Mediator jedenfalls bereits dadurch genügen, dass er allgemeine Informationen über seinen fachlichen Hinter-

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So Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 8. So wohl Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (247); wohl auch Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 15. 794 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp. 795 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 11; Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 21; auch unabhängig von einem etwaigen rechtlichen Erfordernis befürwortend Montada/Kals, Mediation, S. 255. 796 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 58. 797 Vgl. RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 6 liSp. 798 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 f.; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 3 Rn. 89. 793

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grund, seine Ausbildung und seine Erfahrungen auf seiner Internetseite oder in Form eines Informationsblattes bereithält.799 2. Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO Die Vorbereitung einer Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO basiert auf den Prozessakten des Prozessgerichts. Denn diese darf der Güterichter auch unabhängig von einer vorherigen Zustimmung der Parteien einsehen.800 Gleichwohl wird der Güterichter den Prozessverlauf nicht minutiös nachvollziehen, sondern versuchen, anhand der Schriftsätze und Anlagen die Grundzüge des Konflikts der Parteien zu erkennen.801 Im Übrigen sollte der Güterichter die Parteien über die Grundzüge und den Verlauf einer Mediation in einer Weise informieren, die dem – für den Güterichter nicht geltenden – § 2 Abs. 2 MediationsG entspricht.802 Auch hierfür wird die Verwendung eines Merkblattes, das die Charakteristika der Mediation allgemein darstellt, nahe liegen.803 Im Ergebnis unterscheidet sich die Vorbereitung der Mediation durch einen Güterichter nicht wesentlich von derjenigen durch einen außergerichtlichen Mediator. Ein Unterschied besteht jedoch insoweit, als der Güterichter keinen Mediatorvertrag abschließt, da sich seine Rechtsstellung aus dem Zivilprozess-, Gerichtsverfassungs- und Richterdienstrecht ergibt.804 Auch im übrigen Verlauf der Mediation ergeben sich – bis zur Abschlussvereinbarung – keine wesentlichen Abweichungen zwischen dem Verfahren vor einem außergerichtlichen Mediator und einem Güterichter.

II. Phase 1: Eröffnung des Verfahrens Zu Beginn der Mediation einigen sich die Parteien zunächst auf die Verfahrensregeln805, soweit dies nicht bereits teilweise im Rahmen der Mediationsver799 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 17 liSp; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 58; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 3 Rn. 97. 800 Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 17 reSp; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2470); Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Francken, NZA 2012, 836 (839). 801 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 10; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 124. 802 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 11. 803 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 11; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 124. 804 Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 5, 13; vgl. bereits § 11 I. auf S. 115 ff. 805 Oben § 9 IV. (S. 101).

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einbarung – gegebenenfalls durch Bezugnahme auf eine institutionelle Verfahrensordnung – erfolgt ist.806 In Bezug auf die Verfahrensregeln gibt § 2 MediationsG in mehrerlei Hinsicht Anlass, zu Beginn der Mediation eine ausdrückliche Einigung der Parteien untereinander und mit dem Mediator über bestimmte Strukturfragen der Mediation herbeizuführen. 1. Einzelgespräche, § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG Dazu gehört zunächst die Frage, ob der Mediator Einzelgespräche mit den Parteien – teils auch mit dem englischen Begriff caucus bzw. caucusing807 bezeichnet – führen darf. § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG stellt zunächst die grundsätzliche Zulässigkeit von Einzelgesprächen klar808 und geht im Übrigen im Einklang mit der herrschenden Auffassung vor809 und außerhalb810 der Geltung des MediationsG davon aus, dass Einzelgespräche des Mediators mit den jeweiligen Parteien nur im allseitigen Einverständnis zugelassen sind. Das Einverständnis meint dabei eine vorherige Zustimmung,811 die also zweckmäßig im Rahmen der Eröffnung der Mediation einzuholen ist. Natürlich kann das Einverständnis aber zu jedem beliebigen Zeitpunkt, etwa antizipiert durch Verweis auf eine Verfahrensordnung oder ad hoc im Laufe einer Mediation, erklärt werden.812 Von wem die Zustimmung erklärt werden muss, stellt § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG nicht klar. Jedenfalls die Zustimmung der Parteien selbst wird sicherlich notwendig sein. Das gleiche dürfte für die Zustimmung des Mediators gelten.813 Auf das Einverständnis etwa beteiligter Dritter, vgl. § 2 806 Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 1 f., 17 ff.; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 38; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 8; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 240, 571; Montada/Kals, Mediation, S. 256 f.; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 18; vgl. auch Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp. 807 Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp; Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 73; Carl, in: Trenczek/ Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 26; Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 46; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 25 mit Fn. 44. 808 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (247); zweifelnd etwa noch Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 53 f., wegen möglicher, aber letztendlich verneinter Kollision mit dem Grundsatz rechtlichen Gehörs, Art. 103 GG, Art. 6 EMRK. 809 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 90; Greger/Münchhausen, Verhandlungsund Konfliktmanagement, Rn. 478. 810 Zum Güterichter Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 17. 811 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 146. 812 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 102. 813 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 101.

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Abs. 4 MediationsG, kommt es hingegen nicht an.814 Fraglich ist außerdem, ob eine Partei eine anfangs erteilte Zustimmung zur Durchführung von Einzelgesprächen später widerrufen kann. Eine solche Widerruflichkeit könnte man nach dem Rechtsgedanken des § 183 S. 1 Hs. 1 BGB, der Entsprechendes für die vorherige Zustimmung zu einem Hauptgeschäft anordnet,815 annehmen. Jedoch könnte sich aus der Einigung der Parteien über die Verfahrensregeln „ein anderes“ im Sinne des § 183 S. 1 Hs. 2 BGB ergeben. Dann wäre den Parteien ein Widerruf ihres Einverständnisses im Verlauf der Mediation nicht gestattet. Tatsächlich wird man hingegen aus dem Grundsatz der Freiwilligkeit der Mediation, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG, im Wege eines argumentum a fortiori die Widerruflichkeit des Einverständnisses zu Einzelgesprächen folgern müssen: Denn wenn eine Partei ohne sachliche Voraussetzungen und rechtliche Konsequenzen die Mediation beenden kann, muss ihr unter den gleichen Voraussetzungen auch der weniger einschneidende Eingriff in Form eines Widerrufs des Einverständnisses gemäß § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG möglich sein.816 Eine Folgefrage der Zulässigkeit und Durchführung von Einzelgesprächen betrifft die Vertraulichkeit des dort Besprochenen im Verhältnis zu der anderen Partei. Denn die oben dargestellten Vereinbarungen über die Vertraulichkeit817 haben oft lediglich den Schutz der mediationsinternen Information gegenüber mediationsexternen Personen, wie insbesondere einem etwaigen Prozessgericht, zum Gegenstand. Insoweit liegt es nahe, auch ausdrücklich den Mediator zur Vertraulichkeit über Informationen, die er in einem Einzelgespräch erlangt hat, gegenüber der anderen Partei zu verpflichten.818 Doch selbst wenn eine dahingehende ausdrückliche Regelung der Vertraulichkeit fehlt, wird die Vereinbarung der Zulässigkeit von Einzelgesprächen in aller Regel konkludent auch deren mediationsinterne Vertraulichkeit begründen.819 Verstößt ein Mediator gegen § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG indem er ohne das Einverständnis der Parteien Einzelgespräche mit der einen oder anderen Partei führt, so begründet dies eine Pflichtverletzung unter dem Mediatorvertrag, die bei Vorliegen des sogenannten „Auflösungsverschuldens“ gemäß §§ 628 Abs. 2,

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Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 101. Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, Einf v § 182 Rn. 3. 816 Im Ergebnis auch Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 102. 817 Oben § 9 V. (S. 102 ff.). 818 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 98; Eidenmüller, Vertragsund verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation, S. 45 (66); so auch die Vertragsmuster bei Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 406; Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 44. 819 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 148; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 99; wohl auch Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 26. 815

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249 ff. BGB zur Rückzahlung des Honorars im Wege des Schadensersatzes führen kann.820 2. Einbeziehung Dritter, § 2 Abs. 4 MediationsG Eine weitere wichtige Frage betrifft die Zulässigkeit der Einbeziehung Dritter in die Mediation gemäß § 2 Abs. 4 MediationsG. Eine Einbeziehung in diesem Sinne meint dabei die persönliche Anwesenheit des bzw. der Dritten.821 „Dritte“ sind alle außer den Parteien des Mediatorvertrags, das heißt den „Parteien“ und dem Mediator.822 Somit sind auch die Rechtsanwälte der Parteien grundsätzlich nicht befugt, in der Mediationssitzung anwesend zu sein.823 In der Sache hatte diese Regelung bereits während des Gesetzgebungsverfahrens heftige Kritik erfahren.824 Die Bundesregierung hatte daraufhin zwar angekündigt, den § 2 Abs. 4 MediationsG-RegE zu überdenken, gleichzeitig aber den hohen Wert der Privatautonomie für die Mediation betont.825 Eine Änderung des § 2 Abs. 4 MediationsG-RegE erfolgte im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aber nicht mehr. Eine Auslegung des § 2 Abs. 4 MediationsG derart, dass Rechtsanwälte der Parteien nicht erfasst werden, lässt sich auch nicht mit Verweis auf § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG rechtfertigen: Zwar geht das Gesetz dort davon aus, dass der Mediator nicht anwaltlich beratene Parteien vor Abschluss der Abschlussvereinbarung auf die Möglichkeit der Überprüfung durch externe Berater hinzuweisen hat. Das setzt jedoch nicht notwendig die Teilnahme der Rechtsanwälte in der Mediation voraus, sondern kann, wie das Gesetz auch formuliert, durch „externe“ Beratung erfolgen.826 Folglich sind auch Rechtsanwälte „Dritte“. Die Zustimmung gemäß § 2 Abs. 4 MediationsG kann, wie auch bereits das Einverständnis nach § 2 Abs. 3 S. 3 MediationsG, zu jedem Zeitpunkt 820 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 147, 93 f.; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 628 Rn. 6, 8. 821 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp. 822 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248); Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 133. 823 So ausdrücklich Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 liSp; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 27; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 134; Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 104. 824 Die Stellungnahme des Bundesrates zum RegE EGMediationsG, BR-Drs. 60/11, S. 3, bezeichnet die Regelung als „wirklichkeitsfremd“; der Kritik zustimmend Duve, ZKM 2012, 108 (109): „rechtsstaatlich inakzeptabler Eingriff in das Recht der Parteien auf anwaltlichen Beistand“; auch Willemsen, AnwBl. 2012, M 115, bezeichnet eine Mediation ohne anwaltliche Begleitung als „Blindflug“. 825 Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BTDrs. 17/5496, S. 1 liSp. 826 Wie hier Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 135; wohl a. A. aber im Ergebnis offen lassend Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248); wohl auch Duve, ZKM 2012, 108 (109).

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und damit auch nach Beginn der Mediation erteilt werden.827 Zur Widerruflichkeit der Zustimmung dürfte ebenfalls dasselbe gelten. 3. Evaluation Weiter sollte der Mediator mit den Parteien besprechen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er den Parteien Lösungsvorschläge für ihren Konflikt unterbreiten soll. Denn dem Mediator kommt grundsätzlich keine Entscheidungsbefugnis zu, vgl. § 1 Abs. 2 MediationsG. Unterschiedlich beurteilt wird jedoch, ob der Mediator unverbindliche Lösungsvorschläge zu Sach- oder Rechtsfragen insgesamt oder zu Teilaspekten, insgesamt zumeist als „Evaluation“ bezeichnet,828 abgeben darf und abgeben sollte. Die rechtliche Zulässigkeit von Lösungsvorschlägen von Seiten des Mediators unter dem Idealbild der Mediation gemäß § 1 MediationsG ist unklar. Die Entwurfsverfasser des EGMediationsG 829 gingen davon aus, dass die Eigenverantwortlichkeit der Parteien und damit korrespondierend die fehlende Entscheidungskompetenz zur Abgrenzung gegenüber, unter anderem, der Schlichtung dienen.830 Da die Schlichtung sich gerade durch einen unverbindlichen Lösungsvorschlag auszeichnet,831 lässt sich durchaus argumentieren, dass der Gesetzgeber Lösungsverschläge als nicht mediationsgemäß ansieht.832 Auch der Erwägungsgrund Nr. 11 MediationsRL spricht wohl eher gegen die Zulässigkeit von Lösungsvorschlägen durch den Mediator.833 Bei einer Evaluation würde sich aber die zusätzliche Frage ergeben, welche Rechtsfolgen sich aus einer solchen Vereinbarung der evaluativen Mediation ergeben sollten. Denn das MediationsG stellt kein Verbotsgesetz zu Lasten anderer Formen der außergerichtlichen Konfliktlösung dar. Dies wird auch, soweit ersichtlich, nicht vertreten. Dann wären die Mediationsvereinbarung, der Mediatorvertrag und die Vereinbarung über die Verfahrensregeln wirksam und würden das 827

Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 107. Vgl. etwa Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19 Rn. 42; Unberath, ZKM 2011, 44 (44); Love, Fla. St. U. L. Rev. 24 (1997), 937 (937); vereinzelt auch „aktive Mediation“, etwa Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 104; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 20. 829 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 830 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 liSp. 831 Oben § 1 VII. 3. (S. 35). 832 So bei Unterschieden im Einzelnen Unberath, ZKM 2011, 44 (46 f.); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 35; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 43; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 29. 833 Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (237). 828

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Verfahren rechtlich bindend ausgestalten. Es würde lediglich an einer Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG fehlen, so dass die weiteren Regelungen des MediationsG nicht anwendbar wären. Für die Parteien entstünde daraus aufgrund der ohnehin vertraglichen Ausgestaltung regelmäßig – wie auch bis zum Erlass des EGMediationsG834 – kein Problem. Allein der „Mediator“ könnte, wenn er die etwa nicht unter § 1 Abs. 1 MediationsG zu subsumierende „evaluative Mediation“ systematisch anbietet, eine irreführende Werbung betreiben und sich lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüchen nach den §§ 3, 5 UWG ausgesetzt sehen.835 Rechtlich unzulässig dürfte das Vorgehen im Verhältnis der Parteien und des Mediators untereinander aber nicht sein. Zuzugeben ist aber, dass die Vereinbarung einer Mediation ohne nähere Vereinbarung zur Evaluation regelmäßig keine Evaluation vorsehen wird.836 Neben der rechtlichen Zulässigkeit wird auch die Zweckmäßigkeit der Evaluation in der Mediation diskutiert. Insoweit wird berichtet, dass das kontinentaleuropäisches Verständnis der evaluativen Elementen eher ablehnend gegenübersteht, während die überwiegende Ansicht in den common law-Ländern dem aufgeschlossener gegenüber steht.837 Als Argumente gegen die Evaluation wird vor allem ins Feld geführt, dass bei so einem Verfahren gerade der Mehrwert der eigenverantwortlichen Entwicklung der Lösung durch die Parteien verloren geht,838 da dem Vorschlag des Mediators eine starke faktische Bindungswirkung zukomme.839 Außerdem fehle es regelmäßig an der Vereinbarung eines objektiven Bewertungsmaßstabes, anhand dessen der Mediator seine Empfehlung entwickeln solle.840 Doch auch nach dieser Ansicht, soll eine teilweise Bewertung von Sach- oder Rechtsfragen, die den Parteien lediglich ein objektives Bewertungskriterium liefert und sie so bei der Lösungssuche unterstützt, zulässig sein.841 Der Übergang ist damit fließend.842 Aus der Praxis wird hingegen berichtet, dass die Parteien oft an einen Punkt gelangen, an dem die Verhandlung 834 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 835 Dieses Verständnis deckt sich mit H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (109) und Prütting, AnwBl. 2012, 204 (205), die das MediationsG als ein „Berufsgesetz für den Mediator“ (Hervorhebung auch bei Prütting) verstehen. 836 Unberath, ZKM 2011, 44 (47). 837 Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19 Rn. 42. 838 Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 18; Love, Fla. St. U. L. Rev. 24 (1997), 937 (944 f.). 839 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 35; Love, Fla. St. U. L. Rev. 24 (1997), 937 (945 f.). 840 Unberath, ZKM 2011, 44 (47). 841 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 37; Unberath, ZKM 2011, 44 (46). 842 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 90.

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zu scheitern droht, so dass der Vorschlag von Optionen durch den Mediator der einzige Weg zur Verhinderung des Scheiterns der Mediation ist und auch oft von den Parteien gewünscht wird.843 Vor diesem Hintergrund wird auch zahlreich vertreten, dass eine Evaluation durch den Mediator bei entsprechender Vereinbarung zulässig sein kann, solange die tatsächliche Durchführung der Evaluation durch den Mediator in Form und Inhalt keine Zweifel an seiner Allparteilichkeit aufkommen lässt.844 In jedem Fall empfiehlt sich ein ausdrücklicher Hinweis auf den nicht-evaluativen Charakter der Mediation oder die ausdrückliche Vereinbarung von deren Zulässigkeit. 4. Offenbarungspflichten, § 3 MediationsG Weiter hat der Mediator nach § 3 Abs. 1 S. 1 MediationsG alle Umstände offenzulegen, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können. Denn solche Umstände begründen nach § 3 Abs. 1 S. 2 MediationsG grundsätzlich ein Tätigkeitsverbot, solange die Parteien nicht nach besonderer Offenbarung ihr Einverständnis in das Tätigwerden des Mediators erklären. Bei dieser Offenbarungspflicht handelt es sich zwar um eine während der gesamten Mediation andauernde Verpflichtung.845 Zweckmäßigerweise wird eine derartige Offenbarung aber bereits im Rahmen der Eröffnung der Mediation, nachdem der Mediator auch gegebenenfalls bereits Erkenntnisse über den Konflikt aufgrund der Vorbereitungen erhalten hat, erfolgen. Unterliegen Informationen, welche die Unabhängigkeit oder Neutralität beeinträchtigen können, ihrerseits einer Verschwiegenheitspflicht, zum Beispiel weil diese Informationen dem Mediator im Rahmen seiner Berufsausübung als Rechtsanwalt bekannt geworden sind, § 43a Abs. 2 BRAO, darf der Mediator sie nur bei Entbindung von der Schweigepflicht offenbaren. Kann oder will er diese Entbindung nicht einholen, muss er die Durchführung der Mediation ohne Angabe der konkreten Gründe ablehnen bzw. beenden.846 Eine weitere Informationspflicht kann sich aus § 3 Abs. 4 MediationsG ergeben. Diese Norm knüpft zunächst an die § 3 Abs. 2–3 MediationsG an: Danach 843 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 323; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 20. 844 So bei unterschieden im Einzelnen Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 90; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 57; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 323; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 252; Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 83; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 9; Kracht, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 104, 113; Montada/Kals, Mediation, S. 68 f. 845 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 3 Rn. 13; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 22. 846 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 25; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 3 Rn. 12.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

besteht bei einer Vorbefassung des Mediators in derselben Sache ein Tätigkeitsverbot (Abs. 2), das sich grundsätzlich auch auf die mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundenen anderen Personen erstreckt (Abs. 3). Der Gesetzgeber wollte damit der Sache nach das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen gemäß § 43a Abs. 4 BRAO auch auf die anderen Grundberufe, die gegebenenfalls Mediation erbringen, ausdehnen.847 Entsprechend der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der es eine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellt, wenn der Sozietätswechsel durch berufsrechtliche Maßgaben übermäßig erschwert wird,848 sollte § 3 Abs. 4 MediationsG verfassungsrechtlich notwendige Einschränkung der Erstreckung des Tätigkeitsverbots des § 3 Abs. 3 MediationsG implementieren.849 Die Parteien können sich daher im Einzelfall nach umfassender Information und wenn Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen, nach § 3 Abs. 4 MediationsG mit der Tätigkeit eines Sozius des vorbefassten Kollegen einverstanden erklären. Will ein Mediator unter diesen Voraussetzungen tätig werden, trifft ihn eine echte Informationspflicht.850 Da diese auch „im Einzelfall“ und also nicht generell zu erfolgen hat,851 wird sie vom Mediator in aller Regel erst nach der schriftlichen oder mündlichen Vorklärung des Konflikts erfüllt werden können. 5. Kommunikationsregeln Der Mediator fördert die Kommunikation der Parteien, § 2 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 MediationsG. Er trägt aufgrund dieser Regelung die Verantwortung für eine gelingende Kommunikation zwischen den Parteien.852 Nach der allgemeinen Ansicht obliegt es dem Mediator daher auch, zu Beginn der Mediation Gesprächsoder Kommunikationsregeln vorzuschlagen und mit den Parteien zu vereinbaren.853 Inhaltlich werden dabei oft Selbstverständlichkeiten, wie zum Beispiel das gegenseitige Ausredenlassen, das Unterlassen von Beleidigungen oder das

847

Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 reSp. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 reSp, unter Berufung auf BVerfGE 108, 150. 849 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 53. 850 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 3 Rn. 79. 851 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 53. 852 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 reSp; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 14; ähnlich Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 76. 853 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 150 f.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 8; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 40; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 16; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 12; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 4. 848

§ 12 Ablauf der Mediation

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Ernstnehmen der anderen Seite,854 gemeinsam erarbeitet.855 Derartige Absprachen sind zwar in aller Regel nicht rechtlich verbindlich.856 Sie erleichtern dem Mediator aber argumentativ eine etwa später erforderliche Intervention, da die Parteien die verletzten Kommunikationsregeln zuvor selbst anerkannt haben.857

III. Phase 2: Bestandsaufnahme Nachdem im Rahmen der Eröffnung der Mediation alle etwa noch offenen Verfahrensfragen eindeutig beantwortet wurden, beginnt die „eigentliche“ Mediation. Im Rahmen der sogenannten Bestandsaufnahme geht es hauptsächlich darum, die Gemengelage, die den Konflikt ausmacht, aus der Warte der jeweiligen Parteien zu umreißen.858 Dazu lässt der Mediator regelmäßig zunächst die Parteien nacheinander ihre jeweilige Version des Konflikts darstellen (1.). Danach versucht der Mediator den Konflikt durch diverse Kommunikationstechniken weiter zu erhellen (2.). Schließlich visualisieren der Mediator und die Parteien gemeinsam das Erarbeitete und fixieren es so für den weiteren Verlauf (3.). 1. Eröffnungserklärungen Zu Beginn der Mediation gewährt der Mediator den Parteien nacheinander das Wort und bittet sie, ihre Eröffnungserklärung abzugeben.859 Um sie mit dieser Bitte nicht zu überraschen und zu verschrecken und im Interesse einer erhöhten Effizienz wird der Mediator dieses Vorgehen den Parteien bereits vor der Mediationssitzung angekündigt haben.860 Abgeben sollte diese Eröffnungsklärung die betroffene Partei persönlich, nicht ihr Rechtsanwalt.861 854 Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 77; Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 251. 855 Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 62; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 254. 856 Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 49; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 246. 857 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 150; Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 49, 64 f.; Kracht, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 12 Rn. 76. 858 Haft, Verhandlung und Mediation, S. 246; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 4. 859 Haft, Verhandlung und Mediation, S. 246; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 20; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 125; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 6; Gläßer/Kirchhoff, ZKM 2009, 186 (189); Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 42; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 10; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 17. 860 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 8. 861 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 8; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 256 f.; offener Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 125 f.; eher a. A. Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (99).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Teilweise wird aber auch vorgesehen, dass der Rechtsanwalt im Anschluss an seine Partei aus seiner Perspektive wichtige Aspekte hinzufügen darf.862 Die Erklärung durch die Parteien ist für die emotionale Einstellung zu der Mediation sehr wichtig, weil sie in diesem Abschnitt in der Regel zum ersten Mal die Gelegenheit haben, ihre Version des Verlaufs des Konflikts zusammenhängend zu schildern.863 Dabei ist ihre Darstellung nicht auf einen Streitgegenstand im juristischen Sinne beschränkt, was gerade einen der Mehrwerte der Mediation darstellt.864 Dem Mediator kommt währenddessen hauptsächlich die Rolle des Zuhörers zu.865 Dabei sollte er, soweit möglich, nicht durch Zwischenfragen oder auf andere Weise in die Darstellung der Partei eingreifen, sondern dieser eine ununterbrochene Schilderung ermöglichen.866 Unterbrechungen durch die andere Partei sollte der Mediator durch einen Hinweis auf die gemeinsam vereinbarten Kommunikationsregeln unterbinden.867 Dieses Vorgehen dient mehrerlei Zwecken: Zunächst werden die einzelnen Gegenstände oder Themen des Konflikts auf diese Weise differenziert ausgebreitet. Das begegnet dem Mechanismus der Über-Simplifizierung868, der während des Konflikts gewirkt hat, und führt so zu einer realistischeren Betrachtung.869 Ferner übernimmt der Mediator in der Kommunikation die Rolle eines Mittelsmanns. Er bittet die Parteien, „ihm“ den Verlauf des Konflikts zu schildern; die zuhörende Partei ist also nicht Adressat der Eröffnungserklärung der anderen Partei.870 Dadurch hat die darstellende Partei das Gefühl, den Konflikt einem unbefangenen Dritten proaktiv erzählen zu können, statt nur auf Vorwürfe der anderen Partei zu reagieren. Daraus folgt, dass die Darstellung dann weniger aggressiv erfolgt. Im Gegenzug erlebt die zuhörende Partei die Darstellung nicht als Äußerung, die an sie selbst gerichtet wäre. Damit tritt der Effekt der reaktiven Abwertung871 in den Hintergrund.872 Der Mediator selbst kann währenddessen

862 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 15; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 258. 863 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 6. 864 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 260. 865 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 126; Etscheit, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 42. 866 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 126; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 13. 867 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 20 f. 868 Oben § 7 VI. (S. 73). 869 Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 5; Weiler/ Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 18; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 267. 870 Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 12; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 21. 871 Oben § 7 III. (S. 71).

§ 12 Ablauf der Mediation

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die non-verbale Kommunikation sowohl der darstellenden Partei, wie auch der zuhörenden Partei genau beobachten und so ein vertieftes Verständnis des Konflikts gewinnen.873 Im Anschluss an die Darstellung der ersten Partei sollte idealerweise sogleich die andere Partei ihre Sichtweise ohne eine Unterbrechung durch Rückfragen des Mediators darstellen dürfen.874 Insoweit ist es essentiell, dass die nachfolgende Partei nicht nur auf die Eröffnungserklärung der ersten Partei antwortet, sondern auf die Möglichkeit einer originär eigenen Darstellung hingewiesen wird.875 Denn nur so kann die maximale Aufdeckung aller relevanten Konfliktthemen angestrebt werden. 2. Kommunikative Techniken des Mediators Teilen die Parteien eines Konfliktes einem Dritten, insbesondere einem entscheidungsbefugten Dritten, Informationen über ihren Konflikt mit, neigen sie dazu, nur ihnen günstige Informationen zu eröffnen. Der Hintergrund ist insoweit, dass sie den Dritten für ihre Seite des Konflikts gewinnen wollen. Dieser Effekt tritt auch bei der Schilderung des Konflikts durch die Parteien zu Beginn der Mediation dem Mediator gegenüber ein.876 Um diesen Effekt zu kompensieren, stehen dem Mediator diverse Kommunikationstechniken zur Verfügung. Dazu zählen zuvörderst das sogenannte „Aktive Zuhören“ [a)] und verschiedene Fragetechniken [b)]. a) Aktives Zuhören Bei dem aktiven Zuhören handelt es sich um ein für Mediatoren äußerst wichtiges Element der Kommunikationstechnik.877 Der Einsatz des aktiven Zuhörens ist dabei zwar keineswegs auf die zweite Phase der Mediation beschränkt, wird aber hier zum ersten Mal eingesetzt.878 Der Sache nach geht es dabei hauptsächlich darum, der darstellenden Partei während ihres Vortrags das Gefühl zu geben,

872 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 6; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 10; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 267. 873 Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 43; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 6. 874 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 16. 875 Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.8 Rn. 19; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 20. 876 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 146. 877 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 30; Montada/ Kals, Mediation, S. 232; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II Rn. 62; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 599. 878 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 27.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

dass sie gehört und verstanden wird.879 Dazu tritt die Erlangung der Kontrolle über das Verfahren durch den Mediator sowie die Versachlichung des Austauschs der Parteien.880 Inhaltlich lässt sich das aktive Zuhören in drei Komponenten aufgliedern: Zunächst teilt der Mediator dem Sprechenden durch diverse aktive Signale mit, dass er ihm aufmerksam zuhört, paraphrasiert dann die sachliche Aussage, die er vernommen hat, und verbalisiert schließlich eine unterliegende emotionale Konnotation des Mitgeteilten.881 Das Signalisieren der ungeteilten Aufmerksamkeit lässt sich dabei mit einigen wenigen Gesten erreichen: So erreichen bereits eine aufmerksame Körperhaltung, gelegentliches Nicken oder Bitten um weitere Erläuterungen sowie das Anfertigen von Notizen eine entsprechende unausgesprochene Botschaft.882 Dazu tritt das sogenannte Paraphrasieren der Botschaft der darstellenden Partei. Darunter sind die regelmäßige Zusammenfassung der Äußerungen in den eigenen Worten des Mediators sowie die Rückversicherung bei der darstellenden Partei, sie richtig verstanden zu haben, zu verstehen.883 Indem der Mediator insoweit lediglich den Ausführungen der Partei folgt und keine weiterführenden Bemerkungen abgibt, strukturiert er den Verlauf der Darstellung nicht selbst, sondern folgt der von der Partei vorgegebenen Struktur.884 Hinter der Sachebene der Darstellung der Partei verbirgt sich aber in aller Regel zugleich eine Beziehungsebene.885 Soweit der Mediator daher aufgrund der Art und Weise der Darstellung der Partei Informationen über die Gefühle oder Motive der Partei entnehmen oder erahnen kann, wird er diese Emotionen daher verbalisieren und also ausdrücklich ansprechen.886 So kann eine verborgene aber etwa dennoch vom Gegner unbewusst wahrgenommene emotionale Botschaft als zutreffend oder nicht zutreffend herausgearbeitet werden.887

879 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 148; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 35; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 600. 880 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 37, 39 f. 881 Montada/Kals, Mediation, S. 232. 882 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 147 f.; Geier, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.7 Rn. 24. 883 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 29; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 148; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 30; Gläßer/Kirchhoff, ZKM 2009, 186 (189); Geier, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.7 Rn. 22. 884 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 148 f.; offener zu weiterführenden Bemerkungen hingegen Montada/Kals, Mediation, S. 233. 885 Vgl. zu Sach- und Beziehungsebene oben § 8 II. auf S. 83. 886 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 149; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 30; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 30. 887 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 30.

§ 12 Ablauf der Mediation

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b) Fragetechniken Da der Mediator die Darstellung der Parteien grundsätzlich nicht selbst strukturieren sondern der Struktur der Partei folgen sollte, sind die Elemente des aktiven Zuhörens die prinzipiell vorrangigen Kommunikationshilfestellungen. 888 Falls die Darstellung der Partei aber dennoch noch Aspekte vermissen lässt, bleibt auch dem Mediator lediglich die Möglichkeit, der Partei Fragen zu stellen. Diese Fragen können grundsätzlich in beliebiger Weise gestellt werden. Da aber die Art der Fragestellung einen ganz erheblichen Einfluss auf die psychologische Rezeption der Frage durch die Partei und die Entwicklung der Antwort darauf hat, existiert eine äußerst umfangreiche Praxisliteratur zu mediativen Fragetechniken.889 Als herausragendes Beispiel des Einflusses verschiedener Fragestellungen wird oft der Gegensatz zwischen sogenannten „offenen“ und „geschlossenen“ Fragestellungen zitiert.890 Unter einer offenen Fragestellung ist dabei eine Frage mit einem Fragewort, zum Beispiel Wie? Warum? usw., zu verstehen, während eine geschlossene Fragestellung in aller Regel eine Alternativfrage, die also nur mit Ja oder Nein beantwortet werden kann, zum Gegenstand hat.891 Offene Fragen geben dem Adressaten der Frage also lediglich grob den inhaltlichen Schwerpunkt seiner Ausführungen vor und sind daher für die Mediation, die ja auf die Eigenverantwortlichkeit der Parteien abstellt, besonders geeignet.892 Geschlossene Fragen eignen sich hingegen vor allem dann, wenn der Mediator die Verhandlungsführung an sich ziehen will oder wenn es tatsächlich lediglich um die Einholung einer konkreten Festlegung geht.893 3. Zusammenfassung und Visualisierung Schließlich fasst der Mediator die erarbeiteten Konfliktgegenstände oder Themengebiete zusammen und visualisiert diese mit der Hilfe eines Flip-Charts.894 888 Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.8 Rn. 5. 889 Vgl. Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.8; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 151 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 54 ff. 890 Etwa Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 40; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 606. 891 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 155; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 60, 63; Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.8 Rn. 8 f. 892 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 60. 893 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 155; Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.8 Rn. 7. 894 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 23; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 44; Weiler/Schlickum, Praxis-

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Für die Zusammenfassung der verschiedenen Themen durch den Mediator ist eine besondere sprachliche Sensibilität angezeigt: Einerseits sollte er die Themen möglichst begrifflich unverändert aufgreifen, damit die Parteien sich von dem Mediator korrekt verstanden fühlen.895 Andererseits obliegt ihm eine gewisse Formulierungshilfe in dem Sinne, dass er zum Beispiel direkte Schuldzuweisungen in neutrale Problembeschreibungen umformuliert, um die Verhandlungsatmosphäre nicht durch die schriftliche Fixierung von Schuldzuweisungen zu sehr zu belasten.896 Außerdem werden die erarbeiteten Themen auf einem Flip-Chart, mit Hilfe von Moderationskarten oder auf anderem Wege festgehalten. Dies geschieht, indem der Mediator vor und mit den Parteien eine Liste der für die weitere Mediation maßgeblichen Punkte erstellt.897 Dabei wird unterschiedlich beurteilt, ob eine gemeinsame Liste898 oder getrennte Listen für jede Partei899 erstellt werden sollten.900 In jedem Fall wird durch die Visualisierung sichergestellt, dass kein Aspekt im weiteren Verlauf der Mediation vergessen und die Bedeutung der einzelnen Punkte unterstrichen wird.901

IV. Phase 3: Erforschen der Interessen Die dritte Phase der Mediation, in der die Interessen der Parteien erforscht werden, ist die wichtigste und anspruchsvollste Phase der Mediation, auf die regelmäßig auch der größte Teil der Zeit verwandt wird.902

buch Mediation, S. 17; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 14; Trenczek, in: Trenczek/ Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 11; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 437; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 262. 895 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 144. 896 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 21; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 14; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 437; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 18. 897 Vgl. zu den verschiedenen Techniken des Visualisierens Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.13. 898 So Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 16. 899 So Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 17. 900 Vgl. die Vor- und Nachteile abwägend Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 8 ff.; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 23 mit Fn. 6; offen auch Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 264. 901 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 143; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 15. 902 Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 46; Duve/ Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 170; Kessen/Troja, in: Haft/Schlief-

§ 12 Ablauf der Mediation

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1. Zweck und Gegenstand Die innere Rechtfertigung der Erforschung der Interessen leitet sich direkt aus dem Harvard-Konzept ab.903 Denn dieses baut, unter anderem, gerade auf der Trennung von Positionen und Interessen auf.904 Danach geht es bei den sogenannten Positionen um den konkreten Inhalt der Forderung, also darum, was man will. Die Interessen hingegen fragen nach dem Warum dieser Forderung.905 Während in der zweiten Phase der Mediation die Konfliktthemen und Verhandlungspositionen der Parteien und damit deren Positionen, geklärt wurden, ist die Erforschung der den Positionen zugrunde liegenden Interessen der logisch nächste Schritt. Die Erforschung der Interessen ist dabei kein therapeutischer Selbstzweck. Der Zweck ergibt sich vielmehr aus der Tatsache, dass widersprechende Positionen unvereinbar sind und also nicht zugleich befriedigt werden können, während die Interessen der Parteien in der Regel jeweils auf verschiedenen Wegen befriedigt werden können. Erst auf Basis der Interessen lassen sich daher in der folgenden Phase der Mediation Lösungsoptionen entwickeln, welche die Interessen der Parteien befriedigen und dennoch miteinander vereinbaren können.906 Außerdem bestehen oft gemeinsame Interessen der Parteien, wie zum Beispiel die schnelle Beilegung des Konflikts, die Grundlage von beiderseits akzeptablen Optionen zur Lösung des Konflikts sein können.907 Die Interessen der Parteien zu eruieren, stößt dabei auf mehrere Probleme: Zunächst gibt es keine objektiven Interessen.908 Die Interessen sind vielmehr Gegenstand einer subjektiven Bewertung und Erkenntnis,909 die auch insoweit an den konflikttypischen Wahrnehmungsdefiziten, wie zum Beispiel Komplexitätsreduktion, kognitiver Dissonanz und Über-Simplifizierung, leidet.910 Außerdem fen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 20. 903 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 2 f.; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 46; teilw. a. A. sind Montada/Kals, Mediation, S. 265 f., nach denen statt den „Interessen“ die „Tiefenstruktur des Konflikts“ zu ergründen ist. Tatsächlich werden dort jedoch „Streitmotive“ als Aspekte der „Tiefenstruktur“ gesehen und somit im Ergebnis ebenfalls die Interessen berücksichtigt. 904 Oben § 8 I. (S. 81). 905 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 168; Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 42 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 2 Rn. 35 ff.; Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 5 ff. 906 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 169; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 2 ff. 907 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 141; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 19. 908 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 171. 909 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 170 mit Abb. 1. 910 Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 28; Montada/Kals, Mediation, S. 262; oben § 7 (S. 69 ff.).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

bestehen in vielen Fällen auf Seiten der Parteien Hemmungen, ihre Interessen dem Kontrahenten oder auch nur dem Mediator gegenüber offenzulegen, da sie entweder glauben, eine günstige Verhandlungsposition aufzugeben, oder ihre Interessen aus anderen Gründen911 nicht offenlegen möchten.912 Nicht in diese Phase gehört hingegen die Entwicklung von Optionen zur Lösung des Konflikts.913 Die Trennung der Ermittlung der Interessen von der Entwicklung der Lösungsoptionen dient vielmehr gerade dazu, eine vorschnelle Bewertung von Lösungen anhand nur der Positionen zu verhindern und so die verschiedenen Ineffizienzen menschlichen Konfliktverhaltes zu vermeiden.914 2. Klärung der eigenen Interessen Das Erforschen der Interessen soll daher zunächst der jeweiligen Partei helfen, ihre eigenen Interessen zu erkennen.915 Denn die erfolgreiche Erarbeitung der Lösungen in einer späteren Phase der Mediation setzt voraus, dass die Parteien sich Klarheit über den Inhalt ihrer Interessen als relevanten Bewertungsmaßstab schaffen und damit zu einer informierten Entscheidung über die Lösungsoptionen in der Lage sind.916 Aufgrund der diversen Wahrnehmungsdefizite in Konflikten, sind sich die Parteien oft nicht einmal über ihre eigenen Motive hinreichend klar.917 Auf einer solchen Basis ist die Suche nach befriedigenden Lösungsoptionen jedoch mindestens erschwert, wenn nicht sogar unmöglich. Da der Mediator die Partei jeweils bei der Erforschung ihrer Interessen unterstützt und ihr so zu Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein verhilft, wird insoweit auch häufig der Begriff des Empowerments der Partei durch den Mediator verwendet.918 911

Vgl. Montada/Kals, Mediation, S. 266 f. mit Beispielen. Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 4; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 513. 913 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 1; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 176. 914 Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 13 ff. 915 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 172; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 49; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 20. 916 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 171. 917 Montada/Kals, Mediation, S. 262. 918 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 27; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 49; Montada/Kals, Mediation, S. 115; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 34; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 36 mit Fn. 40 führt hingegen aus, dass dem Empowerment im Rahmen der Wirtschaftsmediation regelmäßig keine nennenswerte Bedeutung zukommt. 912

§ 12 Ablauf der Mediation

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3. Empathie für die Interessen der anderen Partei Neben der faktischen Erhellung der Interessen der jeweiligen Parteien sowie etwaiger gemeinsamer Interessen tritt ein weiterer, mindestens ebenso wichtiger Aspekt: Die Parteien sollen neben der Kenntnis auch Verständnis für die Interessen der anderen Partei entwickeln.919 Dabei geht es jedoch nicht, wie man meinen könnte, um die emotionale Einfühlung in die Interessen der anderen Partei, sondern allein um deren rationales Verstehen.920 Auf der Basis eines solchen Verständnisses sind die Parteien deutlich eher bereit, Lösungsoptionen, die ein Interesse der Gegenseite befriedigen, zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Häufig wird für diese Anerkennung der Interessen der Begriff Recognition benutzt.921 4. Vorgehen des Mediators Die Methodik der Mediation in der dritten Phase ist grundsätzlich mit dem Vorgehen in der zweiten Phase vergleichbar: Zur Erforschung der Interessen bittet der Mediator die Parteien zunächst um ihre eigene Darstellung. Dazu empfiehlt sich eine Gliederung nach den verschiedenen Konfliktthemen, die in der zweiten Phase erarbeitet und visualisiert wurden, da die komplexe Gemengelage verschiedener Interessen je Thema so angemessen reduziert werden kann.922 Dabei unterstützt der Mediator die Darstellung der Partei durch diverse Kommunikationstechniken:923 Der Mediator wird der Partei bei ihrer Darstellung „aktiv zuhören“ und außerdem versuchen den Erkenntnisprozess durch die verschiedenen Fragetechniken, insbesondere durch offene Fragen, zu vertiefen.924 Schließlich wird er die Ausführungen der Partei in regelmäßigen Abständen paraphrasieren, um sicherzustellen, dass er und die andere Partei die Interessen korrekt verstanden haben.925 Insgesamt sollte der Mediator in dieser Phase langsam und sorgfältig vorgehen, da essentielle Interessen von einer Partei oft aus strategischen Erwägungen nicht ohne weiteres preis919

Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 172; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 49; Montada/Kals, Mediation, S. 270; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 20. 920 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 172. 921 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 28; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 49. 922 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 176. 923 Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.3 Rn. 21; vgl. dazu bereits § 12 III. 2. und 3. auf den S. 153 ff. 924 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 178. 925 Vgl. Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 29 ff.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

gegeben werden.926 Hier kann die Besprechung mit der Partei in einem vertraulichen Einzelgespräch gegebenenfalls zur Öffnung einer zunächst verschlossenen Partei helfen. Dennoch sollten Einzelgespräche hier zurückhaltend eingesetzt werden, da es gerade auch um Verständnis für die Interessen der jeweils anderen Partei geht.927 Das Verständnis für die Interessen der anderen Partei zu erreichen, ist schwierig.928 Begünstigt wird die Entwicklung eines solchen Verständnisses sicher durch das Paraphrasieren, durch welches die Interessen mehrfach ausgesprochen werden.929 Ferner wird diskutiert, ob der Mediator die andere Partei gezielt mit Interessen konfrontieren und sie um ihren Kommentar dazu bitten sollte.930 Die höchsten Erfolgsaussichten sind insoweit in der Regel durch einen Perspektivenwechsel, zum Beispiel in Form einer Rollenwechselübung, bei welcher eine Partei sich gedanklich in die Rolle der anderen Partei versetzen soll, zu erreichen.931 Schließlich bietet es sich an, die gesammelten Interessen zu visualisieren und zu gewichten. Die Visualisierung kann, ebenso wie im Rahmen der Themensammlung in der zweiten Phase, auf einem Flip-Chart oder in jeder anderen Weise geschehen. Die Hauptfunktion ist insoweit die Reduktion der – ansonsten gedanklich zu handhabenden – Komplexität durch Fixierung für die weitere Mediation.932 Die Gewichtung der einzelnen Interessen ist hierbei sinnvoll, da auch auf diesem Wege zusätzliche Wertschöpfungspotentiale erkannt werden können:933 Streiten die Parteien zum Beispiel um eine Forderung, könnte sich so herausstellen, dass der Gläubiger aufgrund von Liquiditätsproblemen hauptsächlich an einer schnellen Zahlung in irgendeiner Höhe interessiert ist, während der Schuldner im Wesentlichen die Berechtigung der Forderung ihrem Umfange nach bestreitet. Eine Technik, um diese Priorisierung herauszuarbeiten, kann ein Punkteschema sein: Dabei erhält jede Partei eine fixe Anzahl von Punkten, zum Beispiel 100, die sie auf ihre Interessen verteilen muss, zum Beispiel 80 Punkte für „schnelle Abschlagszahlung“ und 20 Punkte für „Zahlung in voller Höhe“.934

926

Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 178. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 180. 928 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 135; Montada/Kals, Mediation, S. 269 f. 929 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 135. 930 Dafür Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 180; krit. zu den Erfolgsaussichten eines solchen Vorgehens Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 135. 931 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 180 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 135. 932 Risse, Wirtschaftsmediation, § 7 Rn. 143. 933 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 182 934 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 182, 183 f., die jedoch darauf hinweisen, dass eine Partei häufig nur im Rahmen eines vertraulichen Einzelgesprächs zu einer solchen Offenheit bereit sein wird. 927

§ 12 Ablauf der Mediation

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V. Klärung der Sach- und Rechtslage? Nach einer vereinzelt, namentlich von Risse, vertreten Ansicht soll nach den Phasen 1 und 2 die Sach- und Rechtslage des Konflikts umfassend geklärt bzw. jedenfalls diskutiert werden.935 Diese Struktur, mag sie auch sinnvoll oder – aus einer rechtsinternen Perspektive – gar geboten sein, entspricht allerdings nicht der Auffassung des Gesetzgebers des EGMediationsG936 oder der ganz herrschenden rechtswissenschaftlichen937 oder interdisziplinären938 Literatur zum Ablauf und Inhalt einer Mediation. In der vorliegenden Darstellung verbleibt es daher bei dem Hinweis auf eine abweichende Struktur nach Risse.

VI. Phase 4: Erarbeitung und Bewertung von Optionen Mit der dritten Phase haben die Parteien und der Mediator eine Mehr- oder Vielzahl an Interessen zu den einzelnen Konflikthemen herausgearbeitet. In der vierten Phase geht es sodann darum, Lösungen, die diese Interessen befriedigen, zu entwickeln. Dabei sollen natürlich Lösungen entwickelt werden, welche beiden Parteien den maximalen Gewinn versprechen. Der Gewinn der einen Partei kann zwar auch durch Verteilung zu Lasten der anderen Partei generiert werden. Einem solchen Lösungsvorschlag würde die benachteiligte Partei aber naheliegender Weise nicht zustimmen. Es ist daher sinnvoll, eine Lösung des Konflikts zu entwickeln, die einen Mehrwert gegenüber einer rein distributiven Lösung enthält. Dies entspricht auch den Interessen beider Parteien und kann daher ohne Widerstand in der Sache939 angestrebt werden. Erst wenn die Parteien alle Möglichkeiten zur gemeinsamen Realisierung von Mehrwerten ausgeschöpft haben, ist ein weiterer Gewinn nur noch durch Verteilung zu Lasten der anderen Partei möglich. Eine solche maximale Effizienz wird in Anknüpfung an den italienischen Ökonom Vilfredo Pareto als „Pareto-Effizienz“ bezeichnet.940

935

Risse, Wirtschaftsmediation, § 8 Rn. 11 ff., 54 ff. Vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp. 937 Vgl. Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (62); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 168, 187; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 3 Rn. 164; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 4. 938 Vgl. Montada/Kals, Mediation, S. 57; Glasl, Konfliktmanagement, S. 421 f.; jedoch unter optionaler Einführung des Rechts Schwarz, Konfliktmanagement, S. 331. 939 Ein Widerstand im Verfahren aufgrund des ineffizienten Konfliktverhaltens, wie u. a. der reaktiven Abwertung (oben § 7 III. [S. 71]), ist jedoch zu erwarten. 940 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 188 und S. 214 Abb. 1 mit Erläuterungen vor dem Hintergrund der Mediation und Verhandlung; H.-B. Schäfer/ C. Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 15 Abb. 2.1. 936

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Dieser ökonomische Ausgangspunkt wird oft auf die Formel reduziert, dass die Parteien „den Kuchen vergrößern (sollen), bevor sie ihn aufteilen“.941 Ohne Steuerung führt das ineffiziente Konfliktverhalten der Parteien jedoch in der Regel zu einem „intuitiven Verhandeln“ 942, im Rahmen dessen sie ausschließlich über die Verteilung offensichtlicher Werte streiten und nicht nach Gelegenheiten zur Wertschöpfung suchen. Um diese negativen Handlungsanreize zu kompensieren, sieht das Konzept der Mediation vor, dass die Parteien zunächst möglichst viele Optionen erarbeiten (1.), die sie jeweils erst im Anschluss bewerten (2.).943 Denn gerade die vorschnelle, ablehnende Bewertung einer bei genauerer Betrachtung realistischen Option hindert oft die Entwicklung tragfähiger Lösungen im Ganzen.944 1. Erarbeitung von Optionen Unter den Optionen, welche die Parteien zunächst entwickeln sollen, sind Lösungen für die einzelnen Probleme der Parteien zu verstehen. Es handelt sich dabei um Vorschläge, welche die andere Partei theoretisch mit „ja“ oder „nein“ annehmen bzw. ablehnen könnte.945 Dabei kommt es – zunächst – nicht darauf an, ob diese Optionen aus Sicht einer Partei jeweils eine gute oder schlechte Lösung darstellen.946 Ansatzpunkte für wertschöpfende Optionen können sich aus mehreren Aspekten ergeben. Dies sind zuvörderst die gemeinsamen Interessen der Parteien.947 Zwar verdrängen die Parteien diese gemeinsamen Interessen aufgrund ihrer passiven Wahrnehmungsdefizite, vor allem der kognitiven Dissonanz und der reaktiven Abwertung.948 Tatsächlich bestehen aber zumeist in mehrerlei Hinsicht gemeinsame Interessen. So werden die Parteien zum Beispiel einvernehmlich 941 Mit Unterschieden im Einzelnen Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 1; Duve/ Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 188; Montada/Kals, Mediation, S. 289; Breidenbach, Mediation, S. 71; Klinger/Bierbrauer, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 5 Rn. 61 ff.; Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 35; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 289 f.; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 20. 942 Oben § 7 IX. (S. 75). 943 Vgl. Haft, Verhandlung und Mediation, S. 247 f.; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 46, 66; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 1; Montada/Kals, Mediation, S. 299; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 197; oft werden diese beiden Unterpunkte auch – ohne Unterschiede in der Sache – als eigene Phasen IV. und V. deklariert, vgl. Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 52, 55. 944 Haft, Verhandlung und Mediation, S. 247; Montada/Kals, Mediation, S. 299. 945 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 207. 946 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 4. 947 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 189; Montada/Kals, Mediation, S. 299; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 15. 948 Oben § 7 I. und III. (S. 69 ff.).

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darauf Wert legen, den Konflikt möglichst zeitnah beizulegen und langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden, eine etwaige Einigung steuerlich zu optimieren oder die Insolvenz des Schuldners zu vermeiden.949 Im Hinblick auf diese Interessen können die Parteien mangels Widerstand in der Sache schnell zahlreiche Optionen entwickeln. Doch auch unterschiedliche – nicht gegenläufige – Interessen bergen Wertschöpfungspotentiale:950 Denn die Parteien können einzelne Aspekte des gleichen Themas unterschiedlich priorisieren. So kann es zum Beispiel einer Partei im Streit um eine Forderung zuvörderst um die absolute Höhe des zu zahlenden Betrages ankommen, während die andere Partei aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten vor allem am Zeitpunkt der Zahlung interessiert ist.951 In diesem Fall könnte eine teilweise Abschlagszahlung in einer unstrittigen Höhe für den Gläubiger eine große Wertschöpfung darstellen, vor allem wenn dadurch eine etwaige Insolvenz abgewendet werden kann. Dem Schuldner ist andererseits kein Wert verloren gegangen, wenn und soweit er von dem teilweisen Bestehen der Forderung ohnehin ausging. Diese Wertschöpfung durch „Tauschgeschäfte“ 952 beruht auf den unterschiedlichen Priorisierungen der verschiedenen Interessen und ist umso größer, je mehr Verhandlungsthemen und Interessen in den vorherigen Phasen aufgedeckt wurden.953 Schließlich können auch Skaleneffekte, das heißt günstigere Kostenverhältnisse durch die Vergrößerung des Transaktionsvolumens, eine Wertschöpfungsquelle für die Parteien darstellen.954 Umso mehr Wertschöpfung aus den verschiedenen Aspekten generiert werden kann, umso einfacher fällt die nachher unausweichlich ebenfalls zu beantwortende Frage der Verteilung zwischen den Parteien, also der distributiven Verhandlung, aus.955 Die wesentliche Schwierigkeit in dieser Phase besteht darin, die Parteien zu einer offenen Entwicklung von Optionen zu motivieren. Denn die Parteien nehmen regelmäßig nur noch die Verteilung zwischen ihnen wahr. Dieser Effekt wird außerdem noch verstärkt, wenn Juristen die Verhandlung führen oder begleiten, da diese im Rahmen des rechtlichen Anspruchsdenkens noch stärker auf die Begründung der eigenen Position bzw. auf die Negation der Position des Gegners fokussiert sind.956 Dem Mediator obliegt es daher in diesem Abschnitt zuvör949

Beispiele nach Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 189. Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 36. 951 Beispiel nach Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 3. 952 Auch „Logrolling“, „Tradeoffs“ oder schlicht „Kuhhandel“, vgl. Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 70 mit Fn. 58; Montada/Kals, Mediation, S. 297. 953 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 191, 193; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 74; Montada/Kals, Mediation, S. 297. 954 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 194. 955 Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 37. 956 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 195. 950

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

derst, die Parteien durch den Einsatz verschiedener Kreativitätstechniken bei der Entwicklung verschiedener Optionen zu unterstützen.957 Ohne dass es für die vorliegende Untersuchungsfrage im Detail auf die einzelnen Kreativitätstechniken ankäme, können als herausragende Beispiele das „Brainstorming“ und das „Mindmapping“ genannt werden. Bei dem Brainstorming handelt es sich um die klassische Kreativitätstechnik der Mediation.958 Sie versucht die vorschnelle Bewertung der Optionen dadurch zu vermeiden, dass die Parteien ganz gezielt zur Produktion einer Vielzahl von Optionen, egal wie ausgefallen oder gegebenenfalls sogar aussichtslos diese sein sollten, angehalten werden und dass Kritik an diesen Ideen untersagt ist.959 Zwar stellt sich auch bei der Anwendung dieses Verfahrens das Problem, dass die Parteien zunächst nicht besonders aufgeschlossen und kreativ an den Prozess herangehen werden. Doch kann der Mediator auch das kompensieren.960 Das Mindmapping hingegen stellt eine Verfahrensvariante dar, bei der die Parteien individuell für sich oder gemeinsam ein Hauptthema in die Mitte eines Blattes schreiben und davon ausgehend Neben- und Unterthemen in immer feineren Verästelungen skizzieren.961 Auf diese Weise lässt sich die eher assoziativ arbeitende rechte Gehirnhälfte in die im Übrigen rationale Verhandlung, die stärker durch die linke Gehirnhälfte gesteuert wird, integrieren.962 2. Bewertung und Konsolidierung der Optionen In einem zweiten, eigenständigen Abschnitt der vierten Phase geht es darum, die diversen im ersten Abschnitt erarbeiteten Optionen zu bewerten und zu einer Gesamtlösung zu vereinigen. Für die Bewertung müssen zunächst die Kriterien mit den Parteien herausgearbeitet werden:963 Dies sind Interessen, die ja gerade die individuellen Bedürfnisse der Parteien ausdrücken und daher Ausgangspunkt der Entwicklung der 957 Vgl. jeweils mit der Darstellung verschiedener Kreativitätstechniken Kessen/ Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 46 ff.; Montada/Kals, Mediation, S. 202 ff.; Novak, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.14; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 196 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 23 ff.; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 54. 958 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 23; Montada/Kals, Mediation, S. 204. 959 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 27, 30; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 61; Montada/Kals, Mediation, S. 204. 960 Vgl. im Einzelnen Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 37 ff. 961 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 201; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 62; Montada/Kals, Mediation, S. 207. 962 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 61. 963 Jeweils eine (erneute?) ausdrückliche Diskussion der Bewertungskriterien sehen vor: Montada/Kals, Mediation, S. 301 f.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 38; Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 39.

§ 12 Ablauf der Mediation

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Optionen waren.964 Im Rahmen dieser Bewertung werden einige Optionen als nicht interessengerecht gestrichen werden, während andere Optionen als isoliert denkbare Lösungswege identifiziert werden. Danach versuchen die Parteien unter Anleitung des Mediators, die verbliebenen Optionen zu einer Gesamtlösung zu vereinigen.965 Denn die bisher erarbeiteten Optionen beziehen sich jeweils nur auf ein Konfliktthema bzw. ein Interesse und stellen daher als solche noch nicht die angestrebte Gesamtlösung des Konflikts dar. Da die Parteien aber grundsätzlich nur die – aus ihrer subjektiven Sicht als solche bewertete – Angemessenheit eines vollständigen Einigungsentwurfs, der alle notwendigen Einigungselemente beinhaltet, beurteilen können und wollen,966 müssen die Optionen im Wege einer Verhandlung zu einem Einigungsentwurf konsolidiert werden. Der Übergang von dieser Konsolidierung der Optionen hin zur Entwicklung der Abschlussvereinbarung in Phase 5 ist dabei fließend.967 Der Mediator unterstützt die Parteien im Verlauf der Verhandlung wie schon im bisherigen Verlauf der Mediation.968 Das bedeutet, dass er unter Anwendung unter anderem der Erkenntnisse aus dem Harvard-Konzept969 die Verhandlung der Parteien leitet und strukturiert. Denn obwohl die Entwicklung der Optionen gerade auch Möglichkeiten der Wertschöpfung untersuchen und nutzen soll, dürften rein wertschöpfende Optionen selten sein. Stattdessen wird eine Option in der Regel neben der Wertschöpfung auch zugleich die Verteilung des geschöpften Wertes vorzeichnen. Die Parteien verhandeln daher in dem Abschnitt der Konsolidierung der Lösungsoptionen gerade auch um die Verteilung der geschöpften Werte zwischen ihnen.970 Um diese distributive Verhandlung möglichst konstruktiv zu gestalten, bietet sich insbesondere ein Rückgriff auf die Suche und Anwendung neutraler Beurteilungskriterien an.971 Im Rahmen dieses Verhandlungsabschnitts kann der Mediator natürlich auf alle Verfahrensgestaltungen, wie insbesondere auch auf Einzelgespräche, zurückgreifen. 964 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 5; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 36. 965 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 255 ff.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 32; Montada/Kals, Mediation, S. 303. 966 Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 20, 38. 967 Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (155). 968 Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 27. 969 Oben § 8 (S. 80 ff.). 970 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 71 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 108. 971 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 223 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 111 f.; Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 40; vgl. dazu Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, S. 82 ff. sowie oben § 8 IV. (S. 85).

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

Ob und inwieweit der Mediator in diesem Abschnitt jedoch von seiner Seite Einigungsvorschläge einbringen und damit die Ebene der ausschließlich verfahrensbezogenen Intervention verlassen darf, wird unterschiedlich beurteilt.972 Unbedenklich dürften vor diesem Hintergrund wohl noch „Denkanstöße“ sein, die keine Gesamtlösung des Konflikts vorschlagen, sondern lediglich offene Vorschläge für einzelne Aspekte liefern, da so insbesondere die reaktive Abwertung vermieden werden kann.973 Ob der Mediator aber auch weitergehend einen vollständigen Einigungsentwurf, der alle Verhandlungsthemen erschöpfend erledigt, aber nicht auch bereits einen vollständigen Vertragsentwurf, sondern eine rechtlich nicht verbindliche Punktation im Sinne des § 154 Abs. 1 S. 2 BGB974 darstellt, vorlegen darf,975 richtet sich zuvörderst nach dem Mediatorvertrag. Dieser wird in der Regel ausdrücklich oder konkludent unter anderem auf die Regelung des § 1 MediationsG verweisen, so dass der Mediator „nicht entscheidungsbefugt“ ist, § 1 Abs. 2 MediationsG. Ohne eine abweichende anfängliche Vereinbarung oder spätere allseitige Vertragsänderung wäre es daher eine Pflichtverletzung des Mediators, einen vollständigen Lösungsvorschlag zu unterbreiten. Falls die Parteien aber, wie häufig,976 den Mediator um die Abgabe einer entsprechenden Regelungsempfehlung bitten, mögen sie zwar vielleicht den Rahmen der Mediation im Sinne des § 1 MediationsG verlassen, ohne dass dies aber rechtlich verboten oder ihnen sonst nachteilig wäre.977 Dieses Vorgehen stellt nach Berichten aus der Praxis auch den Regelfall dar.978 Es steht angesichts der beschränkten Rechtsfolgen des Verlassens der Mediation im Sinne des § 1 MediationsG auch nicht zu erwarten, dass sich diese Praxis unter dem geltenden Recht grundlegend ändern wird. Falls der Mediator und die Parteien auf diesem Wege verfahren möchten, bietet sich insoweit das „Ein-Text-Verfahren“ an: Danach erstellt der Mediator einen gemeinsamen Arbeitstext, auf dessen Grundlage die weiteren Verhandlungen geführt werden sollen.979 Das hat den Vorteil, dass auf diesem Wege verhältnismäßig schnell ein arbeitsfähiger Entwurf einer Punktation vorliegt, auf dem die 972

Oben § 12 II. 3. (S. 147) zur Evaluation. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 258 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 127. 974 Oben § 11 V. 1. (S. 131). 975 So noch Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 260 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 131 zur Rechtslage a. F. 976 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 127; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 180. 977 Zu den beschränkten Rechtsfolgen einer etwa § 1 MediationsG widersprechenden Evaluation oben § 12 II. 3. (S. 147). 978 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 79; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 29, 31. 979 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 261 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 31. 973

§ 12 Ablauf der Mediation

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weitere Verhandlung dann effizient aufbauen kann.980 Ansonsten droht eine Konfrontation des Entwurfs der einen Partei mit dem Entwurf der anderen Partei. Sollten die Parteien im Rahmen dieses Abschnitts zu keiner Verständigung über den Inhalt auch nur einer Punktation kommen, ist die Mediation insoweit gescheitert. In Betracht kommen dann zumindest noch Vereinbarungen über den weiteren Verlauf der Konfliktlösung, wie zum Beispiel über den Eintritt in ein Schiedsverfahren. In dem häufigen Fall, dass die Parteien zumindest für Teile der Konfliktthemen den Rahmen einer Lösung erarbeiten konnten, ist in der Regel noch ein weiterer Schritt erforderlich. Denn der bislang erarbeitete Lösungsvorschlag ist eine vorläufige Verständigung, aber noch kein rechtlich bindender Vertrag.981 Eine solche faktische Übereinkunft kann, insbesondere in nicht justiziablen Bereichen wie zum Beispiel der innerbetrieblichen Organisation oder im Rahmen von persönlichen Beziehungen zweier Parteien, auch ohne rechtliche bindende Wirkung vereinbart werden.982 § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG spricht daher insoweit auch nur von einer „Einigung“. In den weitaus meisten Fällen, insbesondere im Bereich der hier zu untersuchenden Wirtschaftsmediation, wird es aber der Regel entsprechen, eine rechtliche bindende Vereinbarung zur Fixierung des Mediationsergebnisses in Form eines Vergleichs nach § 779 BGB zu schließen.983

VII. Phase 5: Entwicklung und Umsetzung der Abschlussvereinbarung Die letzte Phase der Mediation stellt die Entwicklung und Umsetzung der Abschlussvereinbarung dar. Dies war bereits vor und außerhalb der Geltung des MediationsG die allgemeine Ansicht.984 Auch nach der Konzeption des MediationsG beendet die Abschlussvereinbarung im Erfolgsfalle die Mediation. Dies zeigt sich unter anderem an der Regelung des § 2 Abs. 6 MediationsG, welche die verfahrensbezogenen Regelungen des § 2 MediationsG abschließt. In der Sache geht es in dieser Phase zum einen um den Entwurf einer Abschlussvereinbarung bzw. die Verhandlung darüber (1.). Außerdem erlegt das MediationsG dem Mediator in diesem Abschnitt noch diverse Hinweispflichten auf (2.). 980 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 261 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 29. 981 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 263. 982 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 188. 983 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 263. 984 Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 1; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 16; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 75.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

1. Entwurf der Abschlussvereinbarung Zunächst bedarf es eines Entwurfs der finalen, rechtlich bindenden Einigung der Parteien über die verschiedenen Konfliktthemen. Diesbezüglich verwendet das Gesetz in § 2 Abs. 6 MediationsG mit „Einigung“ (S. 1), „Vereinbarung“ (S. 2) und „Abschlussvereinbarung“ (S. 3) drei verschiedene Begriffe. Diese drei Begriffe erklären sich wie folgt: § 2 Abs. 6 S. 1 Hs. 1 MediationsG geht mit dem Begriff „Einigung“ von einer tatsächlichen, noch nicht rechtlich verbindlichen Übereinkunft der Parteien über die wesentlichen Verhandlungsgegenstände ihres Konflikts aus. Im Falle einer solchen Einigung können die Parteien nach § 2 Abs. 6 S. 1 Hs. 2 MediationsG eine rechtliche verbindliche „Vereinbarung“ treffen.985 Die Bezeichnung „Abschlussvereinbarung“ in § 2 Abs. 6 S. 3 MediationsG erklärt sich schließlich nur aus der Genese der Norm: So gingen die Entwurfsverfasser des Regierungsentwurfs davon aus, dass nur eine rechtliche bindende Vereinbarung, die „in der Mediation“ 986 geschlossen wird, eine Abschlussvereinbarung darstellt. Die Unterscheidung rechtfertigte sich daraus, dass der Regierungsentwurf in § 796d Abs. 1 S. 1 ZPO-RegE eine Vollstreckbarerklärung von „in einer Mediation geschlossene[n] Vereinbarung[en]“ vorsah.987 Da § 796d ZPO-RegE im Ergebnis aber nicht Gesetz wurde,988 bedürfte es einer weiteren Unterscheidung von „Vereinbarungen“ und „Abschlussvereinbarungen“ an sich nicht mehr.989 Dennoch wird die Verwendung des Begriffs „Abschlussvereinbarung“ in Abgrenzung zur jedenfalls außerhalb von § 2 Abs. 6 MediationsG nicht notwendig rechtlich bindenden „Vereinbarung“ vorgeschlagen.990 Das MediationsG lässt damit grundsätzlich offen, ob die rechtliche bindende Lösung des Konflikts innerhalb oder außerhalb der (gegebenenfalls letzten von mehreren) Mediationssitzung erfolgen soll. Die Mediationspraxis rät aber zu dem Abschluss der Vereinbarung in der Mediation selbst. Der Grund dafür ist, dass in der Regel die entscheidungs- und vertretungsbefugten Vertreter anwesend sind und dass die im Einigungsfalle grundsätzlich positive Grundstimmung den Abschluss begünstigt.991 Außerdem wird es teils als Ausfluss der Eigenverantwortlichkeit der Parteien in der Mediation angesehen, dass diese in die Vertragsgestaltung der Abschlussvereinbarung einbezogen werden.992

985 Wohl a. A. Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 150, der keinen Unterschied zwischen den Bedeutungen der Begriffe sieht. 986 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 16 liSp. 987 Vgl. RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, Art. 3 Nr. 7. 988 Vgl. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, Art. 3 Nr. 7. 989 So auch Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 152. 990 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 277. 991 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 264. 992 Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 1; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 80.

§ 12 Ablauf der Mediation

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Nach anderslautenden Stellungnahmen kann es hingegen auch Sinn machen, in der Mediation lediglich die unverbindliche Einigung anzufertigen und die verbindliche Einigung erst später, nach einer angemessenen Bedenkzeit, zu unterzeichnen.993 Weiter ist fraglich, wer den Entwurf der finalen Vereinbarung vorlegt. Wie schon bereits in Ansehung der rechtlich unverbindlichen Einigung zum „EinText-Verfahren“ wird auch zum Vertragsentwurf vertreten, dass ein konsolidierter Vorschlag von Seiten des Mediators grundsätzlich sinnvoll und effizient ist.994 Nach anderer Ansicht obliegt diese Aufgabe den in der Partei eigenverantwortlich handelnden Parteien.995 Insoweit ist jedoch fraglich, ob ein Mediator, der nicht selbst zugelassener Rechtsanwalt, ernannter Notar oder Güterichter ist, diese Dienstleistung überhaupt erbringen darf. Denn dabei könnte es sich um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG handeln, die dann gemäß § 3 RDG unter einem Erlaubnisvorbehalt stünde. Eine solche Erlaubnis ist im Allgemeinen, das heißt vorbehaltlich abweichender Gestattungen aufgrund der §§ 5 ff. RDG, lediglich den Rechtsanwälten, § 1 Abs. 2 RDG, § 3 BRAO, und den Notaren, § 1 Abs. 2 RDG, § 24 Abs. 1 S. 1 BNotO, gewährt.996 Für die Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO ergibt sich aufgrund des nach § 1 Abs. 1 S. 1 RDG auf außergerichtliche Rechtsdienstleistungen beschränkte RDG bereits kein entsprechendes Verbot. Ein derartiges Verbot mit Erlaubnisvorbehalt würde voraussetzen, dass es sich bei dem Entwurf der Abschlussvereinbarung für die Parteien um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG handelt, die nicht als Nebendienstleistung nach § 5 RDG zulässig ist. Für diese Einordnung ist § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG zu beachten, wonach Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift, keine Rechtsdienstleistung darstellt. Damit wollte der Gesetzgeber im Umkehrschluss unter anderem klarstellen, dass das Abfassen einer Abschlussvereinbarung auch bereits den Tatbestand der Rechtsdienstleistung erfüllen kann.997 Die Zulässigkeit von derartigen rechtlichen Gestaltungsvorschlägen könnte sich danach allenfalls aus der Rechtsdienstleistung als Nebenleistungen zulässt, ergeben, solange der rechtliche Regelungsvorschlag im Verhältnis zur Gesamtmediation nur einen Randbereich 993

Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (156). Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 265; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 79. 995 Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 2 f.; wohl auch Grobosch/Heymann, NJW 2012, 3626 (3626). 996 C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 1 RDG Rn. 22. 997 Begründung RegE Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655, S. 50 reSp; ebenso Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp; Deckenbrock/Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, § 2 Rn. 123. 994

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

betrifft.998 Im Ergebnis wird die vollumfängliche Erstellung der Abschlussvereinbarung daher nur bei der Mediation durch einen Rechtsanwalt, Notar oder Güterichter in Frage kommen.999 Eine Pflicht des Mediators, die Abschlussvereinbarung bzw. deren Entwurf zu gestalten, folgt daher vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung weder aus dem Mediatorvertrag, noch aus § 2 Abs. 6 MediationsG.1000 Ihrem Inhalt nach sollte die Abschlussvereinbarung den Konflikt der Parteien umfassend und eindeutig regeln. Insoweit werden die Anforderungen an den Inhalt und die Gestaltung der Abschlussvereinbarung in der Mediationsliteratur häufig mit dem Akronym „S.M.A.R.T.“ bezeichnet: Eine Abschlussvereinbarung soll danach specific, measurable, achievable, realistic und timed sein.1001 Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen, dass die Regelung klar und präzise sein soll, dass die Pflichten nicht unmöglich, sondern vielmehr realistisch sein sollen und dass die zeitlichen Maßgaben für die Erfüllung der Pflichten klar formuliert sein sollen.1002 Damit werden im Ergebnis aber lediglich die allgemeinen Anforderungen der Rechtsgeschäftslehre und des allgemeinen Schuldrechst wiederholt (vgl. zum Beispiel §§ 154, 155, 271, 275 BGB), die sich ohnehin auch als schuldrechtliche Pflicht des Rechtsanwalts aus dem Rechtsanwaltsvertrag ergeben.1003 Mediationsspezifische Anforderungen an den Inhalt oder die Gestaltung eines (Vergleichs-)Vertrages ergeben sich danach nicht. 2. Informationspflichten des Mediators Falls und sobald in einer Mediation ein unterschriftsreifer Entwurf einer Abschlussvereinbarung vorliegt, erlegt § 2 Abs. 6 MediationsG dem Mediator weitere Informationspflichten auf.

998 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp; Deckenbrock/ Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, § 5 Rn. 83; Carl, in: Trenczek/Berning/ Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 23; ähnlich bereits Begründung RegE Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655, S. 50 reSp. 999 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 192; Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 144; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 265; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 8; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (241). 1000 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 183, 191. 1001 So u. a. Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 83; Montada/Kals, Mediation, S. 306; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 46; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 266 Kasten 5. 1002 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 266 Kasten 5. 1003 Vgl. Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 819 ff., Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2074 ff., sowie unten § 19 V. (S. 221).

§ 12 Ablauf der Mediation

171

a) Kenntnis der Sachlage So hat der Mediator nach § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG im Falle einer Einigung zunächst darauf hinzuwirken, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Die Entwurfsverfasser wollten damit sicherstellen, dass der Mediator beim Abschluss der Abschlussvereinbarung für „Waffengleichheit“ zwischen den Parteien sorgt.1004 So hatte der Referentenentwurf zunächst auch noch vorgesehen, dass der Mediator sich über die Kenntnis der Sachlage und das Verständnis des Inhalts der Parteien sogar „vergewissern“ muss.1005 Aufgrund von Kritik1006 erhielt § 2 Abs. 6 MediationsG bereits mit dem Regierungsentwurf seine jetzige Formulierung, wonach der Mediator lediglich auf Kenntnis und Verständnis „hinwirken“ muss.1007 Doch auch nach dieser Korrektur wird die Vorschrift insoweit als „nebulös“ kritisiert.1008 In der Sache erstreckt sich die Kenntnis der Sachlage auf alle entscheidungserheblichen Tatsachen.1009 Probleme ergeben sich diesbezüglich in zweierlei Richtung: Zum einen fehlt in der ja nicht am materiellen Recht orientierten Mediation ein Entscheidungsmaßstab, anhand dessen die entscheidungserheblichen Tatsachen als solche zu identifizieren wären. Weiter hat der Mediator in aller Regel selbst keine Kenntnis vom Sachverhalt, soweit er nicht ohnehin in der Mediation besprochen worden ist und kann daher auch nicht erkennen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen den Parteien weiter bekannt sein sollten.1010 Der Mediator wird daher in aller Regel nur dann zu intervenieren haben, wenn die Parteien von einem offensichtlich lückenhaften Sachverhalt ausgehen.1011 Eine Besonderheit kann sich außerdem in Ansehung von Informationen, welche dem Mediator im Rahmen eines vertraulichen Einzelgesprächs mit einer Partei offenbart worden sind, ergeben: Ist die tatsächliche Entscheidungsgrundlage einer Partei ohne die vertrauliche Information in einem zentralen Aspekt offensichtlich lückenhaft, muss der Mediator die Mediation nach § 2 Abs. 5 S. 2 MediationsG abbrechen, da dann keine eigenverantwortliche Entscheidung der Parteien gewährleistet ist.1012 1004 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp unter Verweis auf Ministerkomitee des Europarats, Empfehlung Rec (2002)10 an die Mitgliedstaaten über die Mediation in Zivilsachen, Ziffer IV. 12. [online verfügbar unter http://www. egmr.org/minkom/ch/rec2002-10.pdf]. 1005 Vgl. § 2 Abs. 4 des Referentenentwurfs zum EGMediationsG vom 04.08.2010, abgedruckt in ZKM 2010, 157–159. 1006 BRAK, Stellungnahme zum RefE EGMediationsG, S. 8 f. 1007 Kraft/Schwerdtfeger, ZKM 2011, 55 (56). 1008 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248). 1009 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 128. 1010 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248). 1011 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 185.

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

b) Verständnis des Inhalts Weiter verpflichtet § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG den Mediator, darauf hinzuwirken, dass die Parteien den Inhalt der entworfenen Abschlussvereinbarung verstehen. Auch diese Alternative des Satz 1 sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass unklar bleibt, ob und inwieweit den Mediator hiernach eine proaktive Aufklärungspflicht trifft.1013 Insoweit ist zunächst zu erwägen, ob eine solche Aufklärungspflicht jedenfalls insoweit begrenzt sein müsste, als damit noch keine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG verbunden sein dürfte. Denn ansonsten wäre jede Mediation zugleich eine nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG verbotene Rechtsdienstleistung. Diesem Gedanken lässt sich indes entgegenhalten, dass Rechtsdienstleistungen nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG als Nebenleistung zulässig sein können, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Hauptleistung gehören. Ein solches Berufs- oder Tätigkeitsbild muss nicht notwendig gesetzlich geregelt sein;1014 eine hinreichende gesetzliche Regelung dürfte mit § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG aber jedenfalls vorliegen.1015 Da eine § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG entsprechende Aufklärung also mit jeder Mediation verbunden ist, dürfte diese Pflicht zum Berufsbild des Mediators zu zählen sein und damit eine zulässige Nebenleistung nach § 5 Abs. 1 S. 1 RDG darstellen. Dennoch ergibt sich die Frage, wie ein Mediator ohne juristische Ausbildung dieser Pflicht nachkommen soll. Denn auch scheinbar einfache Rechtsakte, wie zum Beispiel ein Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht können schwierige rechtliche Implikationen, zum Beispiel steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Art, mit sich bringen. Ob diese von nicht-juristischen Mediatoren zum einen richtig erkannt und zum anderen den Parteien richtig dargestellt werden, erscheint fraglich.1016 Dennoch wird teils angenommen, der Mediator müsse den Parteien „nicht nur eine vage, sondern eine deutliche und klare Vorstellung“ 1017 von den rechtlichen und finanziellen Konsequenzen der Abschlussvereinbarung vermitteln. Demgegenüber erscheint es überzeugender, dass eine Pflicht des Mediators insoweit nur besteht, wenn es sich um offensichtliche Defizite der Abschlussvereinbarung handelt oder wenn ihm Durchführungshindernisse im Hinblick auf die Erfüllung der Pflichten aus der Abschlussvereinbarung positiv bekannt sind.1018 In solchen Fällen muss der Mediator dann auf seine Bedenken hinweisen. 1012

Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 186. Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248). 1014 Begründung RegE Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655, S. 52 reSp. 1015 A. A. unter Rekurs auf das Berufsbild der jeweiligen Quell- oder Grundberufe Deckenbrock/Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, § 5 Rn. 80 f. 1016 Vgl. Deckenbrock/Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, § 2 Rn. 130. 1017 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 129. 1018 So wohl Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 185. 1013

§ 12 Ablauf der Mediation

173

c) Hinweis auf externe Beratung Eine weitere, für die vorliegende Untersuchungsfrage höchst interessante Hinweispflicht des Mediators ergibt sich aus § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG: Danach hat der Mediator die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen. Die Entwurfsverfasser gingen dabei davon aus, dass vor allem die rechtlichen Wirkungen des Abschlusses einer Vereinbarung einen entsprechenden Beratungsbedarf auslösen könnten.1019 Dementsprechend hatte der Gesetzgeber auch hauptsächlich Rechtsanwälte als „externe Berater“ im Sinne des § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG im Sinn.1020 Fraglich ist dabei zunächst, ob der Tatbestand nur voraussetzt, dass die Partei in der Mediationssitzung selbst nicht fachlich beraten ist,1021 oder ob die Rechtsfolge erst eintritt, wenn die Partei nicht einmal außerhalb der Mediationssitzung fachlich beraten ist.1022 Der Wortlaut, der mit der Rechtsfolge die Möglichkeit einer Überprüfung durch „externe Berater“ anspricht, scheint aber davon auszugehen, dass es allein auf eine Begleitung der Partei durch einen fachlichen Berater in der Mediationssitzung ankommt. Denn bei einer bereits bestehenden Beratung außerhalb der Mediation wäre der Hinweis auf die Möglichkeit externer Beratung sinnentleert. Es ist daher davon auszugehen, dass der Tatbestand des § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG insoweit bereits erfüllt ist, wenn die Partei in der konkreten Mediationssitzung nicht anwaltlich oder sonst fachlich beraten ist. Weiter setzt die Hinweispflicht voraus, dass ein „Bedarf“ für die externe fachliche Beratung besteht. Diesbezüglich wird teilweise angenommen, dass ein solcher Bedarf stets dann gegeben ist, wenn die Abschlussvereinbarung rechtlich relevante Regelungen enthält.1023 Zwar ist zutreffend, dass es auch Abschlussvereinbarungen ohne justiziable Regelungen geben kann. Es überzeugt aber nicht, einen Bedarf für fachliche Beratung bei jedweder rechtlichen Regelung anzunehmen. Insoweit ist eher einer anderen Auffassung zu folgen, nach der ein Bedarf erst bei signifikanten rechtlichen Verpflichtungen anzunehmen ist; dies soll noch nicht anzunehmen sein bei dem Teilerlass einer einzelnen Forderung, wohl aber bei einer kompletten Vermögensauseinandersetzung anlässlich einer Scheidung.1024 Erwägenswert erscheint schließlich, ob die Auslegung des Begriffs „Bedarf“ in § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG entsprechend 1019

Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 18 liSp. 1021 So wohl Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 189, 134. 1022 So wohl Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 137. 1023 Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 136; insoweit unklar Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058, S. 18 liSp. 1024 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 189. 1020

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2. Abschn.: Überblick über die Mediation

der Judikatur zum Erfordernis der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Parteiprozess nach § 121 Abs. 2 ZPO zu beurteilen ist. Insoweit nimmt eine verbreitete Auffassung an, dass ein Laie in der Regel einen Rechtsstreit nicht selbst führen kann, so dass eine weite Auslegung der Erforderlichkeit angezeigt ist.1025 Eine Anlehnung des Bedarfs nach § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG an die Erforderlichkeit in § 121 Abs. 2 ZPO erscheint aber nur eingeschränkt zulässig zu sein: Denn § 121 Abs. 2 ZPO behandelt die Frage, wann ein Rechtsanwalt zur Begleitung eines Verfahrens, in dem das Gericht eine Entscheidung fällt, notwendig ist, während § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG die Überprüfung des Ergebnisses selbst in Form der ausgehandelten Abschlussvereinbarung betrifft. Eine unbesehene Übertragung der Erkenntnisse zu § 121 Abs. 2 ZPO auf § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG dürfte daher ausscheiden. Jedoch erscheint der Schluss gerechtfertigt, dass Fälle, in denen das Gesetz sogar die Begleitung des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt für erforderlich hält, erst recht einen Bedarf für die Überprüfung des Ergebnisses begründen. Eine entsprechende Hinweispflicht des Mediators dürfte daher in allen Fällen, deren rechtliche Dimension über einfache Alltagsgeschäfte hinausgeht, anzunehmen sein. Im Ergebnis wird der Mediator also gut beraten sein, im Zweifel einen Hinweis auf die Möglichkeit externer Berater zu erteilen.1026 Insofern wird vertreten, dass dem Mediator bei der Feststellung eines Bedarfs im Sinne des § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG ein Beurteilungsspielraum zukommt.1027 Insgesamt bringt § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG zum Ausdruck, dass den Mediator keine Verantwortung für den Inhalt der Abschlussvereinbarung trifft.1028

§ 13 Zusammenfassung: Mediation Für die Mediation in ihrer heutigen Form liegen zahlreiche historische Beispiele vor. Auch die interdisziplinäre Konfliktforschung hat ein umfangreiches theoretisches Fundament für die Mediation gelegt. Besondere Erwähnung verdient insoweit das Harvard-Konzept. Ausgehend von diesen außerrechtlichen Prämissen haben der europäische und der bundesdeutsche Gesetzgeber ein Regelwerk, das manche der Rechtsfragen 1025 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 121 Rn. 4 f.; ähnlich auch F. O. Fischer, in: MünchKomm-ZPO, § 121 Rn. 11; einschränkend Bork, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 121 Rn. 11. 1026 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 189; Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 137. 1027 So Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 187; wohl ebenso in der Sache, allerdings unzutreffend von einem „Ermessen“ spricht Pielsticker, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 137; vgl. zur Unterscheidung von Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite und Ermessen auf der Rechtsfolgenseite Bork, in: Stein/ Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 121 Rn. 12 [zu § 121 Abs. 2 ZPO]. 1028 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 197.

§ 13 Zusammenfassung: Mediation

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der Mediation beantwortet, erlassen. Im Wesentlichen handelt es sich bei dem bundesdeutschen Mediationsgesetz um ein Berufsgesetz für den Mediator sowie um eine Regelung der Schnittstellen der Mediation zu den Prozessordnungen, zuvörderst der Zivilprozessordnung. Jedenfalls im Hinblick auf die Mediation durch einen Güterichter bestehen jedoch diverse offene Rechtsfragen, unter anderem im Bereich des Gerichtsverfassungs-, Richterdienst- und Zivilprozessrechts. Verfahrensregeln zum Ablauf der Mediation selbst finden sich im Mediationsgesetz nur in einzelnen Punkten. Das Gros der Regelungen des Verfahrens bedarf daher einer vertraglichen Regelung im Verhältnis der Parteien zueinander und, jedenfalls teilweise, im Verhältnis zum Mediator. Für diese vertraglichen Regelungen existiert, soweit ersichtlich, in weiten Teilen eine gängige Marktpraxis, die auch rechtswissenschaftlich bereits evaluiert wird. Der Ablauf Mediation selbst folgt in der Regel einem international und interdisziplinär anerkannten Phasenschema. Dabei stellt der Ablauf der Mediation lediglich eine äußere Struktur für die Verhandlung zwischen den Parteien dar, ohne dass der Mediator inhaltlich in die Lösung des Konfliktes involviert wäre. Kommen die Parteien im Rahmen der Mediation zu einer Einigung, schließen sie in der Regel zumindest einen materiell-rechtlichen Vergleich ab, der ihre Rechtsverhältnisse neu regelt. Auch in Ansehung dieses Vergleichsabschlusses ist der Mediator nicht inhaltlich involviert, sondern verweist die Parteien auf eine weitere Beratung durch externe Rechtsanwälte.

Dritter Abschnitt

Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts In diesem dritten Abschnitt werden die Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts dargestellt. Dabei wird die Darstellung auf die wesentlichen Aspekte beschränkt. Damit ist zum einen eine Fokussierung auf die Haftung des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten und nicht gegenüber Dritten verbunden. Zum anderen wird lediglich auf die Haftung für Pflichtverletzungen aus dem Anwaltsvertrag gemäß den §§ 675, 611, 280 Abs. 1, 249 ff. BGB eingegangen. Grundlage für diese Haftung aufgrund einer Pflichtverletzung sind die Pflichten des Rechtsanwalts aus dem Rechtsanwaltsvertrag. Der Inhalt dieser Pflichten ist dabei gesetzlich nicht bzw. nur punktuell geregelt. So enthalten insbesondere die § 675, §§ 662 ff., §§ 611 ff. BGB, §§ 43 ff. BRAO, §§ 2 ff., §§ 11 ff. BORA lediglich einzelne Regelungen, zum Beispiel zu der Vertretung widerstreitender Interessen, zur Verschwiegenheitspflicht oder zu der Führung von Handakten. Ausdrückliche gesetzliche Vorgaben, welche inhaltlichen Pflichten den Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung seines Mandats treffen und welche Belehrungs- und Beratungspflichten er gegenüber dem Mandanten hat, fehlen fast vollständig. Die Rechtsprechung hat diese Pflichten daher in einer Vielzahl von Regressprozessen gegen Rechtsanwälte detailliert konkretisiert. Dafür hat bereits das Reichsgericht den im Wesentlichen bis heute gültigen Kern der Pflichten des Rechtsanwalts formuliert. Dessen Maßgabe wurde, auch aufgrund der Konstanz im Fehlen der normativen Vorgaben, vom Bundesgerichtshof aufgegriffen und in zahlreichen Detailfragen weiterentwickelt. Die starke Prägung dieses Rechtsgebiets durch die Rechtsprechung dürfte schließlich auch durch die Tatsache begründet sein, dass in den Regressprozessen regelmäßig die Haftpflichtversicherungen der Rechtsanwälte verklagt werden, die oft geneigt sein können, zur Klärung einer Rechtsfrage den Instanzenzug auszuschöpfen. Die Zuständigkeit des für das Rechtsanwaltshaftungsrecht zuständigen Senats bei dem Bundesgerichtshof lag dabei gemäß der Geschäftsverteilung ursprünglich bei dem III. Zivilsenat, seit dem Jahr 1963 bei dem VI. Zivilsenat und liegt seit dem Jahr 1984 bei dem IX. Zivilsenat.1029 Substantielle Änderungen im Bereich der Rechtsprechung zu der Haftung des Rechtsanwalts waren mit diesen Zuständigkeitswechseln jedoch nicht verbunden. 1029 Vgl. Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 4 Fn. 6; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 4.

§ 14 Rechtsgrundlagen der zu untersuchenden Pflichten

177

Die Dominanz der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Deutungshoheit der Haftung des Rechtsanwalts zeigt sich auch in der rechtswissenschaftlichen und rechtspraktischen Literatur, die zu einem überwiegenden Teil von früheren Vorsitzenden1030 sowie gegenwärtigen stellvertretenden Vorsitzenden1031 und Mitgliedern1032 des zuständigen IX. Zivilsenats, geprägt wird. Die Stimmen der Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof1033 und der früheren und gegenwärtigen Justiziare der Haftpflichtversicherer1034 bilden hierzu oft das Gegenstück. Im Folgenden wird nach einer Klarstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§ 14) auf die allgemeinen Fragen des Rechtsanwaltsvertrages (§ 15), auf die diversen einzelnen Pflichten des Rechtsanwalts (§§ 16–18) unter besonderer Berücksichtigung der Pflichten in Zusammenhang mit einem Vergleichsabschluss (§ 19) sowie überblicksmäßig auf die weiteren Haftungsvoraussetzungen eingegangen (§ 20).

§ 14 Rechtsgrundlagen der zu untersuchenden Pflichten Von Interesse für die hiesige Fragestellung ist das Verhältnis des Rechtsanwalts zu den subjektiven Rechten seines Mandanten gegenüber der Gegenseite. Insoweit bedarf es einer Positionierung, aufgrund welcher Rechtsgrundlagen der Rechtsanwalt verpflichtet sein kann, die subjektiven Rechte seines Mandanten vor Beeinträchtigungen zu bewahren und gegebenenfalls sogar geltend zu machen oder in einem Verfahren durchzusetzen. Dazu ist zwischen gesetzlichen (I.), berufsrechtlichen (II.) und vertraglichen (III.) Pflichten zu unterscheiden, da sich bei Verletzung dieser Pflichten jeweils verschiedene Rechtsfolgen für den Rechtsanwalt ergeben.

I. Gesetzliche Pflichten Eine gesetzliche Pflicht könnte sich aus § 3 Abs. 1 BRAO ergeben. Danach ist der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Vertreter des Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten. Man könnte aus dieser Norm also eine (Handlungs-) Pflicht oder Obliegenheit des Rechtsanwalts zugunsten der subjektiven Rechte seines Mandanten bzw. deren verfahrensmäßiger Durchsetzung ableiten.1035 Tatsächlich handelt es sich bei § 3 Abs. 1 BRAO allerdings um einen nicht sub1030

Z. B. Horst Zugehör, Gero Fischer, Hans Gerhard Ganter. Z. B. Gerhard Vill. 1032 Z. B. Detlev Fischer. 1033 Z. B. Axel Rinkler, Siegfried Mennemeyer. 1034 Z. B. Brigitte Borgmann, Holger Grams, Bertin Chab, Antje Jungk. 1035 Von einer Obliegenheit in diesem Sinne scheint Vossebürger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, § 1 Rn. 5, auszugehen. 1031

178

3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

sumierbaren Programmsatz,1036 welcher der Rechtsanwaltschaft positiv die Aufgabe der rechtlichen Beratung und Vertretung zuweist1037 und damit zugleich in Zusammenschau mit dem RDG den überwiegenden Teil der anderen Quellberufe negativ von der Rechtsberatung ausschließt.1038 § 3 Abs. 1 BRAO enthält demnach keine Aussage, inwiefern der Rechtsanwalt auf die subjektiven Rechte seines Mandanten bzw. deren Durchsetzung verpflichtet ist. Eine gesetzliche Pflicht des Rechtsanwalts, die subjektiven Rechte seines Mandanten zu bewahren oder gar durchzusetzen, besteht daher nicht.

II. Berufsrechtliche Pflichten Ein weiterer Anknüpfungspunkt könnte § 1 Abs. 3 BORA sein, nach welchem der Rechtsanwalt seinen Mandanten unter anderem vor Rechtsverlusten zu schützen hat. Diese Formulierung hat die satzungsgebende Versammlung aus den sogenannten „Bastille-Entscheidungen“ 1039 des Bundesverfassungsgerichts, mit denen die bis dahin geltenden anwaltlichen Standesrichtlinien verworfen wurden, übernommen.1040 Das Bundesverfassungsgericht berief sich dabei seinerseits auf vorhergehende Stellungnahmen in der Literatur.1041 Nach § 1 Abs. 3 BORA scheint dem Rechtsanwalt somit die Rolle des Garanten der Rechtsordnung im Hinblick auf die subjektiven Rechte seiner Mandantschaft zuzukommen.1042 Somit könnte man in § 1 Abs. 3 BORA die Rechtsgrundlage für die vorliegend fragliche Verpflichtung des Rechtsanwalts zum Schutz der subjektiven Rechte seines Mandanten sehen. Zum Teil wird § 1 Abs. 3 BORA als Konkretisierung einer ohnehin aus § 242 BGB fließenden 1036 L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 3 Rn. 14; wohl ebenso Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 3 Rn. 15; C. Wolf, in: Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 3 BRAO Rn. 4. 1037 L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 3 Rn. 15; Vossebürger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, § 3 Rn. 1; C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 3 BRAO Rn. 1. 1038 C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 3 BRAO Rn. 1; Vossebürger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, § 3 Rn. 5; a. A. L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 3 Rn. 5; Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 3 Rn. 15. 1039 BVerfGE 76, 171 (191); zur Benennung „Bastille-Entscheidungen“ vgl. u. a. Singer, BRAK-Mitt. 2012, 145; C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 1 BRAO Rn. 98 f.; Filges, NJW 2010, 2619 (2619); Hartung, NJW 2003, 261 (261). 1040 Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 Rn. 70; C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 1 BORA Rn. 2 f.; Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 1 BORA Rn. 16. 1041 BVerfGE 76, 171 (191) unter Berufung auf Stürner, JZ 1986, 1089 (1090); Vollkommer, Die Stellung des Anwalts im Zivilprozess, S. 20 f. 1042 Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 Rn. 72; in diesem Sinne bereits zur früheren Rechtslage BGHZ 86, 160 (165).

§ 14 Rechtsgrundlagen der zu untersuchenden Pflichten

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Schutzpflicht verstanden.1043 Nach der überwiegenden Auffassung stellt § 1 Abs. 3 BORA jedoch lediglich einen „programmatischen Appell“ 1044 dar, da die Satzungsversammlung mit § 1 BORA bewusst keine sanktionsbewehrten Pflichten begründen wollte.1045 Die Auslegung des § 1 Abs. 3 BORA in einer Weise, die eine derartige Verpflichtung des Rechtsanwalts begründen würde, ist überdies aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht zulässig. Denn die Satzungskompetenz in § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO stellt keine Kompetenz zur Normierung grundsätzlicher anwaltlicher Rechte und Pflichten mit statusbildendem Charakter dar.1046 Eine weitere Unklarheit des § 1 Abs. 3 BORA ist der Gegensatz zwischen den Aufgaben des Rechtsanwalts, seinen Mandanten „vor Rechtsverlusten zu schützen“ aber auch „konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten“. Diese Antithese wird teils überaus kritisch rezipiert,1047 teils aber auch als die „ganze Ambivalenz anwaltlichen Tuns“ 1048 umschrieben. Jedenfalls hat § 1 Abs. 3 BORA keinen Einfluss auf den Inhalt der vertraglichen Pflichten1049 des Rechtsanwalts aus dem Rechtsanwaltsvertrag.1050 Eine berufsrechtliche Pflicht des Rechtsanwalts, die subjektiven Rechte seines Mandanten zu bewahren oder sogar durchzusetzen, besteht daher ebenfalls nicht.

III. Vertragliche Pflichten Schließlich könnten sich die entsprechenden Pflichten des Rechtsanwalts aus dem Rechtsanwaltsvertrag ergeben. Denn die vertraglichen Leistungs- und Schutzpflichten eines Rechtsanwalts gehen im Ausgangspunkt so weit, wie die Befugnis des Rechtsanwalts nach § 3 BRAO, Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten zu sein, reicht.1051 Tatsächlich stützen auch sowohl der 1043 OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 874 (875); Vossebürger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, § 1 BORA Rn. 7; insoweit unklar Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 19. 1044 Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 Rn. 57. 1045 Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 Rn. 57; Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 1 BORA Rn. 3. 1046 C. Wolf, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 1 BORA Rn. 4; Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 BORA Rn. 57; L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 1 BORA Rn. 8 unter Verweis auf die Rechtslage vor Erlass des § 59b BRAO in BVerfGE 76, 171; weniger deutlich Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 1 BORA Rn. 8. 1047 Dezidiert kritisch zur Konfliktvermeidung und Streitschlichtung durch Rechtsanwälte Streck, AnwBl. 2012, 388 (390). 1048 Offermann-Burckart, Resümee Plenardiskussion 2. Mediationskongress (Bielefeld 2012), S. 77 (78). 1049 Unten § 14 III. (S. 179). 1050 Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (128). 1051 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 1.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Bundesgerichtshof als auch, bei Unterschieden im Einzelnen, die Literatur die umfangreichen Pflichten des Rechtsanwalts seinem Mandanten gegenüber auf den Rechtsanwaltsvertrag.1052 Die nachfolgenden Ausführungen werden sich daher im Wesentlichen auf die vertraglichen Pflichten des Rechtsanwalts konzentrieren.

§ 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages Bevor die einzelnen so genannten Grundpflichten aus dem Rechtsanwaltsvertrag erörtert werden, bedarf es zunächst einer Darstellung der allgemeinen Fragen des Rechtsanwaltsvertrages. Dazu gehören zuvörderst die Frage nach dem Vertragstyp des Rechtsanwaltsvertrags (I.), eines kurzen Überblicks über die sich daraus ergebenden Hauptpflichten des Rechtsanwalts (II.) sowie einer Darstellung des Umfangs des Mandats im Einzelfall (III.).

I. Vertragstyp Wird ein Rechtsanwalt im Rahmen eines Mandats, also bei einer Beauftragung mit der Rechtsberatung, der Prozessführung oder der Besorgung einer bestimmten sonstigen Rechtsangelegenheit,1053 tätig, so handelt es sich bei dem zugrunde liegenden Vertrag im Regelfall um eine Geschäftsbesorgung mit dienstvertraglichen Charakter nach den §§ 675 Abs. 1, 663 ff.1054, 611 ff. BGB.1055 1052 St.Rspr., vgl. in zeitlicher Reihung BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 2006, 923 (924); BGHZ 171, 261 (263 f.); WM 2007, 419 (419); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361); vgl. noch unten § 15 II. bei Fn. 1074 (S. 183) mit ausführlichem Rspr.-Zitat; aus der Literatur ferner Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 429 f.; Vill, in: Zugehör/ Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 538 f.; Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 5; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2011, Vorbemerkungen zu §§ 611 ff. Rn. 169; Heermann, in: MünchKomm-BGB, § 675 Rn. 29. 1053 Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 7; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 4; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 23. 1054 Soweit in § 675 Abs. 1 BGB verwiesen. 1055 Allg. M.; BGH, NJW 2004, 2817 (2817); NJW 1978, 1807 (1808); NJW 1965, 106 (106); NJW 1964, 2402 (2403); RGZ 88, 223 (226); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 5; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/ Ring, BGB, § 675 Rn. 3; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 165; Prot II, S. 379; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 23; Heermann, in: MünchKomm-BGB, § 675 Rn. 26; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 4; Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 5; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 6; Hermanns, JURA 2014, 365 (367); vgl. Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 2, 24 (vgl. dort Fn. 80 m.w. N. zu früheren gegenteiligen Ansichten).

§ 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages

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Die Tätigkeit des Rechtsanwalts erfüllt die besonderen Kriterien der „Geschäftsbesorgung“ nach § 675 Abs. 1 BGB. Darunter ist jede entgeltliche selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremdnütziger Vermögensinteressen zu verstehen.1056 Die danach geforderte Selbstständigkeit des Geschäftsbesorgers ergibt sich beim Rechtsanwalt aus den §§ 1–3 BRAO, die den Rechtsanwalt als „unabhängiges Organ“ und seine Tätigkeit als „freien Beruf“ beschreiben.1057 Es ist im Zweifel auch anzunehmen, dass ein Mandant einen Rechtsanwalt in dieser selbstständigen Eigenschaft beauftragen will.1058 Die Rechtsfolge der § 675 Abs. 1 BGB hat einen partiellen Verweis auf die Regelung zum Auftragsrecht in den §§ 662 ff. BGB zum Gegenstand. Damit wird unter anderem eine Korrektur der Vermögenszuweisungen, die sich aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Geschäftsbesorgers ergeben, erreicht, vergleiche insbesondere die Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten aus den §§ 666, 667 BGB.1059 Ein Geschäftsbesorgung mit Dienstvertragscharakter nach den §§ 611 ff. BGB ergibt sich, da die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in der Regel nicht auf einen Erfolg im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB gerichtet ist, sondern die Erbringung von Diensten im Wege freier Berufsausübung,1060 das heißt also die Wahrung und Durchsetzung der Rechte und Interessen des Mandanten,1061 zum Gegenstand hat.1062 Dabei handelt es sich um „Dienste höherer Art“ im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.1063 Das – typisierte – persönliche Vertrauen in den Rechtsanwalt basiert auf der juristischen Ausbildung, Erfahrung und dem beruflichen und persönlichen

1056 St.Rspr.; BGH, NJW-RR 2004, 989 (989); NJW-RR 1993, 560 (560); BGHZ 45, 223 (228 f.); Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (BT), Rn. 883; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 2. 1057 Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 163; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 11; Müller, JR 1969, 161 (161). 1058 BGH, NJW 1980, 1855 (1856); BB 1976, 1342; JZ 1963, 97 (98). 1059 Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 13; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. A 25. 1060 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 24. 1061 Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 7. 1062 BGH, NJW 2004, 2817 (2817); NJW 1965, 106 (106); RGZ 88, 223 (226); Prot II, S. 379; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 24 (vgl. dort Fn. 80 m.w. N. zu früheren gegenteiligen Ansichten); M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 5; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 16. 1063 BGH, NJW 1985, 41 (42); Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 165; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 34; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 156; Berger, in: Erman, BGB, § 675 Rn. 55.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Ansehen des Rechtsanwalts.1064 Diese Qualifikation als „Dienste höherer Art“ hat nach § 627 Abs. 1 BGB insbesondere Folgen für die jederzeitige, fristlose Kündbarkeit des Rechtsanwaltsvertrages.1065 Daneben kann die Berücksichtigung dieses besonderen Vertrauens aber auch Konsequenzen bei der Beurteilung von etwaigen Pflichtverletzungen des Rechtsanwalts haben.1066 Ein Werkvertrag kann hingegen im Einzelfall vorliegen, wenn der Anwalt die Verpflichtung übernimmt, einen konkreten Erfolg herbeizuführen.1067 Das kann etwa gegeben sein, wenn der Rechtsanwalt ausschließlich mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens oder eines Vertragsentwurfs beauftragt wird.1068 Ob andererseits auch die Erteilung einer (mündlichen oder schriftlichen) Rechtsauskunft zu einer konkreten Rechtsfrage ein Werk im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB darstellen kann, wird unterschiedlich beurteilt.1069 Die Relevanz der Abgrenzung der Vertragsnatur des Rechtsanwaltsvertrags zwischen Dienst- und Werkvertrag hat aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts1070, das die Regelungen über Leistungsstörungen in den §§ 611 ff., 280 ff. BGB einerseits und den §§ 631, 633 ff., 280 ff. BGB andererseits angenähert hat, an Bedeutung verloren.1071 Insbesondere ist etwa nunmehr auch im Falle eines Werkmangels der Ersatz eines Mangelfolgeschadens möglich.1072 Die Abgrenzung hat aber in verschiedener Hinsicht, so zum Beispiel für den Beginn der Verjährung nach § 199 1064

Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts,

Rn. 16. 1065 Einschränkungen bestehen bei der Kündigung zur Unzeit durch den dienstverpflichteten Rechtsanwalt gem. § 627 Abs. 2, vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, § 627 Rn. 6 f. 1066 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 34. 1067 Vgl. bereits die Nachweise in den Fn. 1055 und 1062. 1068 BGH, NJW 1967, 719 (720); NJW 1965, 106 (106); OLG Düsseldorf, VersR 1993, 702 (703); OLG Köln, OLGZ 1980, 346 (347) [Steuerberater]; RGZ 162, 171 (173); RGZ 88, 223 (226 f.); Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 165; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 7; hingegen offen gelassen bei BGH, NJW 1996, 2929 (2930) [Vertragsentwurf]. 1069 Dafür BGH, NJW 1965, 106 (106); OLG Düsseldorf, VersR 1993, 702 (703); RGZ 162, 171 (173); Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 165; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 7; a. A. RGZ 88, 223 (227); Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 18; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 35 ff.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 5; unklar Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 7 f. 1070 Gesetz vom 26.11.2001, BGBl. I S. 3138. 1071 Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 8; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 20. 1072 Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (BT), Rn. 768; Mennemeyer, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 20.

§ 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages

183

BGB oder davon abweichend nach der werkvertraglichen Regelung in § 634a Abs. 2 BGB, weiterhin Bedeutung.1073

II. Hauptpflichten des Rechtsanwalts Die Rechtsprechung umschreibt die Pflichten des Rechtsanwalts in einer Vielzahl von Entscheidungen mit den folgenden Worten: „Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist.“ 1074

Auch in der Literatur werden diese Vorgaben der Rechtsprechung bei aller Kritik1075 als faktisch maßgebende Forderung anerkannt.1076 Die scheinbar uferlose Weite dieser Formulierung wird jedoch durch zwei wesentliche Aspekte in weiten Teilen korrigiert: Zunächst verstehen sowohl die Rechtsprechung als auch die ihr zustimmende Literatur die erwähnten allgemeinen Formulierungen der Pflichten des Rechtsanwalts nicht als ausnahmslose Minimalanforderungen an den Rechtsanwalt; es handelt sich vielmehr um abstrakte Programmsätze, die im Einzelfall unter Berücksichtigung des tatsächlich Erfüllbaren zu konkretisieren sind.1077 Ferner ist das im Einzelfall Erfüllbare nicht an1073

Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 6. BGHZ 171, 261 (263 f.); st.Rspr., vgl. in zeitlicher Reihung: BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJWRR 2006, 923 (924); WM 2007, 419 (419); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361), NJW 2013, 2965 (2966). 1075 Vgl. Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 5 f., die von einer „maßlosen Forderung der Revisionsrichter“ (so noch in der 4. Auflage, 2005, Kap. IV. Rn. 6, nunmehr abgeschwächt zu „maßlos aussehend“ in Reaktion auf die zwischenzeitliche erschienene Kommentierung von Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 666 ff.) sprechen, die „nicht in der Theorie und schon gar nicht in der Praxis“ erfüllt werden könne. 1076 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 429 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 538 f.; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 5; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2011, Vorbemerkungen zu §§ 611 ff. Rn. 169; Heermann, in: MünchKomm-BGB, § 675 Rn. 29; Pfeiffer, in: Soergel, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 194. 1077 BGHZ 171, 261 (264); BGH, NJW 2006, 3494 (3495); NJW-RR 2005, 494 (495); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 9 Rn. 8; Vill, in: Zuge1074

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

hand eines hypothetischen Idealanwalts sondern anhand eines gewissenhaften und erfahrenen Durchschnittsanwalts zu ermitteln.1078 Welche Pflichten ein Durchschnittsanwalt dabei in der konkreten Situation erwartungsgemäß hätte erfüllen können, wird dabei aus der ex-post-Perspektive ermittelt.1079 Die für den Rechtsanwalt günstigere ex-ante-Perspektive wird jedoch im Rahmen der Prüfung des Verschuldens zugrunde gelegt.1080 Durch die genannten Beschränkungen erfährt die weite Generalformel der Rechtsprechung die notwendige, sinnvolle aber auch hinreichende Beschränkung. Dennoch treffen die Maßgaben des Bundesgerichtshofs seit Jahrzehnten auf eine nicht nachlassende Kritik von Teilen der Literatur.1081 Nach Rinsches bewusst überspitzter Formulierung müsste der Rechtsanwalt danach ein „juristischer Supermann sein, der über ein computerhaftes Gedächtnis, ein hervorragendes Judiz sowie über höchste Intelligenz und Energie verfügt“.1082 Ähnlich griffige Bilder wurden auch andernorts verwendet.1083 Tatsächlich überzeugen die in der Literatur geäußerten Bedenken jedoch nicht, da sie sich im Wesentlichen auf den – tatsächlich weit formulierten – Obersatz der Rechtsprechung konzentrieren und die beiden genannten Einschränkungen bei der Anwendung, das heißt die Konkretisierung nach Maßgabe eines Durchschnittsanwalts, außer Acht lassen.

hör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 663; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 10; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 430; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 15. 1078 G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1054; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 16; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 664; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 426; Fahrendorf, NJW 2006, 1911 (1912); Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 29 f.; Jungk, AnwBl. 1996, 534 (536); vgl. auch BGH, NJW 2002, 1117 (1118). 1079 G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1055; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 664; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 678; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 20. 1080 Vgl. dazu noch § 20 II. auf S. 224. 1081 Vgl. in zeitlicher Reihung: Scheffler, NJW 1961, 577 (582); Ostler, NJW 1962, 896 (897); Ostler, NJW 1965, 1785; Ostler, NJW 1965, 2081; Prinz, VersR 1986, 317 (317 ff.); Henssler, JZ 1994, 178 (188); E. Schneider, NJW 2001, 3756 (3758); Medicus, AnwBl. 2004, 257 (261); Slobodenjuk, NJW 2006, 113 (116 f.); Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 81 f., Kap. IV. Rn. 5 f.; Chab, AnwBl. 2009, 379 (381); Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (555). 1082 Rinsche, 6. Aufl. 1998, Rn. I 72, zitiert nach Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 426 [8. Aufl.], in dem von Rinsche begründeten und von der 1.–6. Auflage bearbeiteten Handbuch. 1083 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 660 m.w. N.

§ 15 Allgemeine Fragen des Rechtsanwaltsvertrages

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Im Rahmen der Erfüllung der genannten Pflichten ist der Rechtsanwalt zur streng einseitigen Interessenwahrung verpflichtet. So hat der Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „den Kampf um das Recht zu führen“ und „die Interessen des Mandanten ohne Rücksicht auf die gegenläufigen Interessen der anderen Seite zu vertreten“.1084 Der Inhalt dieser Pflichten sowie ihre Stoßrichtung korrespondieren mit dem verbreiteten Bild „vom Rechtsanwalt als Ritter, der unerschrocken und mit heruntergelassenem Visier für seinen Mandanten in frontaler Konfrontation eine Lanze bricht und versucht, den Gegner geschickt aus dem Sattel zu heben“ 1085. Nach anderer Formulierung handelt es sich bei ihm um einen „Legionär im Dienste seines Kriegsherren“ 1086 oder um die „Waffe des Mandanten“ 1087.

III. Mandatsinhalt und -umfang Schwierig zu beurteilen ist häufig, worauf sich die Mandatierung des Rechtsanwalts in casu genau bezieht. Dabei handelt es sich um eine grundlegende Frage, da sich sämtliche Leistungspflichten, §§ 675 Abs. 1, 611, 241 Abs. 1 BGB, sowie Nebenpflichten, § 241 Abs. 2 BGB, danach justieren. Auch die Haftung des Rechtsanwalts gemäß den § 280 ff. BGB knüpft an solche Leistungsoder Rücksichtnahmepflichten an. Der genaue Inhalt des Mandats und damit die daraus resultierenden Pflichten ergeben sich zuvörderst aus der gegenseitig abgestimmten Willensrichtung des Mandanten,1088 etwaigen weiteren Weisungen sowie aus den Umständen der Mandatierung, §§ 133, 157, 242 BGB.1089 Lediglich innerhalb dieses Auftrags, das heißt bezogen auf dessen Gegenstand, treffen den Rechtsanwalt Leistungspflichten; jenseits des Gegenstands des Auftrags sind nur, aber immerhin, Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB denkbar.1090 1084 BGHZ 174, 186 (189 f.) [Hervorhebung nur hier]; zustimmend Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (51); Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (125). 1085 So Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (18) [Hervorhebung auch dort]; ähnlich Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (51), der vom „zum Kampf verpflichtete[m] Rechtsanwalt“ spricht. 1086 Ponschab/Schweizer, Kooperation, S. 1. 1087 Hammacher, SchiedsVZ 2008, 30 (30). 1088 BGH, NJOZ 2004, 3624 (3625); NJW 2004, 1043 (1045); NJW-RR 1995, 758 (761); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 79. 1089 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 79; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 402; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 560; Bernhard, JuS 2014, 205 (206). 1090 BGH, NJW 1993, 2405 (2405); D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 21 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 540, 550; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 83.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Insoweit sind im Einzelfall die unbeschränkte (1.) und die lediglich beschränkte Mandatierung (2.) zu differenzieren. 1. Unbeschränktes Mandat In den meisten Fällen wird ein Mandant den Rechtsanwalt wegen der außergerichtlichen oder gerichtlichen Durchsetzung oder Abwehr einer Forderung aufsuchen. Der Mandatsgegenstand ließe sich in diesen Fällen häufig entsprechend der Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO1091 zum Beispiel als „Vergütung aus Vertrag vom . . .“, „Schadensersatz aufgrund Unfalls vom . . .“ oder „Abwehr der Gewährleistungsansprüche aufgrund Vertrages vom . . .“ zusammenfassen. Dabei kennt der Mandant in aller Regel weder die rechtlichen Probleme, die sein Mandat mit sich bringt, noch die notwendigen oder sonst empfehlenswerten Lösungsmaßnahmen, weswegen er sich gerade in die Beratung durch einen Fachmann begibt.1092 Für diesen häufigen1093 Fall hat sich der Begriff des „unbeschränkten Mandats“ etabliert. Die ständige Rechtsprechung1094 und herrschende Ansicht in der Literatur1095 umschreiben den Gegenstand der Pflichten aus einem unbeschränkten Mandat wie folgt: „Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet.“ 1096

Gleichzeitig wird aber allseitig angenommen, dass auch unbeschränkte Mandate lediglich die Beratung innerhalb der konkreten Rechtsangelegenheit zum Gegenstand haben.1097 1091 Vgl. zu den Anforderungen an eine solche Identifizierung in Abgrenzung zur Schlüssigkeit H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 253 Rn. 52 f. 1092 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 416. 1093 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 549. 1094 Vgl. BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 2006, 923 (924); WM 2007, 419 (419); BGHZ 171, 261 (263 f.); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361). 1095 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 80; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 14; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 9 Rn. 5; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 172; Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1096 BGHZ 171, 261 (263 f.). 1097 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10, Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 550; G. Fischer, NJW 1999, 2993 (2993 f.); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille,

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Anhand welcher Maßgaben der Umfang des unbeschränkten Mandats danach zu beschreiben ist, wird jedoch, soweit ersichtlich, kaum erörtert. Ein Ansatz lautet, dass der Begriff der Rechtsangelegenheit in Anlehnung an § 3 Abs. 1 BRAO und § 1 Abs. 3 BORA zu bestimmen ist.1098 Tatsächlich befassen sich diese Normen aber nur mit dem Tätigkeitsbereich der Rechtsanwaltschaft insgesamt und knüpfen damit nur an rechtliche Angelegenheiten in einer Mehrzahl an, ohne aber die Abgrenzung der einzelnen Angelegenheit näher zu erhellen.1099 Über § 3 Abs. 1 BRAO und § 1 Abs. 3 BORA lässt sich daher der Umfang eines unbeschränkten Mandats nicht näher bestimmen.1100 Auch eine Konkretisierung des Umfang des Mandats anhand der Regelung zur gebührenrechtlichen Behandlung einer „Angelegenheit“ in § 15 Abs. 1 RVG ist im Ergebnis nicht möglich. Denn die gebührenrechtliche Angelegenheit der §§ 15 Abs. 1, 16–19 RVG ist nach der ganz herrschenden Auffassung nicht mit dem Gegenstand des Mandats im Sinne der §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB identisch.1101 Im Gegenteil können in einer Angelegenheit auch mehrere Gegenstände liegen oder umgekehrt mit in einem Gegenstand mehrere Angelegenheiten verbunden sein.1102 Eine teilweise Beschränkung der Prüf- und Hinweispflichten des Rechtsanwalts erkennen die Rechtsprechung1103 und Literatur1104 zwar insoweit an, als der Rechtsanwalt Umstände, die ihm lediglich bei Gelegenheit des erteilten Auftrags bekannt werden, aber in keinen unmittelbaren Bezug zu der übernommenen Aufgabe stehen, nicht rechtlich zu würdigen braucht. Auch dieser Ansatz begrenzt allerdings nur die rechtlich zu würdigenden Tatsachen nach Maßgabe des Auftrags, grenzt den Umfang des Auftrags selbst aber nicht näher ab.

Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 399; wohl auch BGH, NJW 1996, 2929 (2931); D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 21. 1098 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; wohl auch Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 168. 1099 Vgl. Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 3 Rn. 12 ff., § 1 BORA Rn. 14 ff. 1100 Vgl. auch Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 81 in Bezug auf § 3 Abs. 1 BRAO. 1101 BGH, NJW 2004, 1043 (1045); NJOZ 2004, 3624 (3625); NJW 1995, 1431; H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 15 Rn. 6; P. Hartmann, Kostengesetze, § 15 RVG Rn. 12. 1102 Vgl. H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 15 Rn. 6 mit Beispielen. 1103 BGH, NJW 2002, 1117 (1118); NJW 1998, 1486 (1487) [zum Steuerberater]; NJW 1996, 2929 (2932); BGHZ 128, 358 (361) [zum Steuerberater, allerdings auf den Rechtsanwalt übertragbar, vgl. G. Fischer, NJW 1999, 2993 (2993)]. 1104 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 551; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 85; Vollkommer/ Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 16.

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Eine allgemeine Formel zum Umfang eines unbeschränkten Mandats liegt daher noch nicht vor, sondern obliegt vielmehr der Würdigung im Einzelfall.1105 2. Beschränktes Mandat In vielen Fällen wird dem Rechtsanwalt lediglich ein beschränktes Mandat erteilt.1106 Ein beschränktes Mandat ist in der Rechtsprechung1107 und Literatur1108 anerkannt und liegt vor, wenn der Auftrag lediglich die Beratung bzw. Vertretung „in einer bestimmten Art, Richtung und Reichweite“ 1109 zum Gegenstand hat. Ob eine solche Beschränkung im Einzelfall vereinbart ist, ergibt sich aus der Vereinbarung der Parteien bzw. aus der Auslegung dieser Vereinbarung und der begleitenden Umstände.1110 Solche Beschränkungen sind vom Bundesgerichtshof zum Beispiel angenommen worden, wenn ein Rechtsanwalt eindeutig nur eine bereits zwischen Parteien verhandelte Einigung in Vertragsform dokumentieren sollte,1111 wenn ein Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Klage beauftragt wird und die Prüfung der Verjährung der Klageforderung ausdrücklich nicht erfolgen sollte,1112 oder wenn der Rechtsanwalt ausdrücklich nur zur Führung eines Prozesses mandatiert war.1113 Ist der Rechtsanwalt nur in beschränktem Umfang mandatiert worden, ist der Gegenstand seiner vertraglichen Leistungspflichten nach §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB naturgemäß wesentlich konkreter zu benennen, als im Falle des unbeschränkten Mandats. Neben diese Leistungspflichten treten aber zusätzlich die Rücksichtnahme- und Schutzpflichten aus dem Rechtsanwaltsver-

1105 BGH, NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 1990, 1241 (1242); NJW 1988, 1079 (1081); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 89. 1106 So Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 549; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (574). 1107 BGH, NJW-RR 2012, 305 (306); NJW-RR 2005, 1654 (1655) [zum Steuerberater]; NJW 2002, 1117 (1118); NJW 1997, 2168 (2169); NJW 1993, 2045 (2045). 1108 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 93; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 56; Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 400; M. Schwab, in: DaunerLieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 16; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 218. 1109 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 549. 1110 BGH, NJW 1997, 2168 (2169); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 402; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 222. 1111 BGH, NJW 1996, 2929 (2931). 1112 BGH, NJW 1997, 2168 (2169). 1113 BGH, NJW 1993, 2045 (2045).

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trag in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB bzw. – nach früherer Rechtslage1114 – mit § 242 BGB. Aus den Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB ergibt sich im Falle eines beschränkten Mandats, dass der Rechtsanwalt zur Warnung seines Auftraggebers vor Gefahren außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes verpflichtet ist, soweit dem Rechtsanwalt diese Gefahren bekannt sind oder sie sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn Grund zu Annahme besteht, dass diese Gefahren dem Auftraggeber nicht bewusst sind.1115 Die Beschränkung des Mandats führt also nicht dazu, dass den Rechtsanwalt keinerlei Pflichten außerhalb des Gegenstands des Auftrags mehr treffen. Jedoch treffen den Rechtsanwalt jenseits des Mandatsgegenstands nicht sämtliche Leistungspflichten in Form der verschiedenen Grundpflichten1116 sondern ausschließlich Warnpflichten. Außerdem sind die Warnpflichten im Wesentlichen auf – vereinfacht gesprochen – Evidenzfälle beschränkt.1117 Ein solch beschränktes Mandat ist außerdem zu einem unbeschränkten Mandat mit einer (Einzel-)Weisung gemäß §§ 675 Abs. 1, 665 BGB abzugrenzen. Denn die Mandatierung mit der Maßgabe, bestimmte tatsächliche oder rechtliche Aspekte nicht weiter zu prüfen, könnte sowohl ein unbeschränktes Mandat mit einer zulässigen und bindenden Weisung darstellen oder auch eine entsprechend beschränkte Mandatierung. Im Falle eines unbeschränkten Mandats mit Weisung wäre der Rechtsanwalt verpflichtet, zu prüfen, ob das Befolgen der Weisung Nachteile für den Mandanten bringt, und in diesem Falle eine entsprechende Warnung auszusprechen.1118 Die Prüfpflicht des Rechtsanwalts würde in diesem Falle also grundsätzlich nicht beschränkt. Das soeben dargestellte beschränkte Mandat 1114 § 241 BGB a. F. in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung enthielt nur den heutigen § 241 Abs. 1 BGB n. F., während der heutige § 241 Abs. 2 BGB n. F. mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I. S. 3188, angefügt wurde. Insofern stellte § 242 BGB a. F. seinerzeit den einzigen normativen Anknüpfungspunkt für nicht leistungsbezogene (Neben-)Pflichten dar. Unter dem geltenden Recht ist die praktische Bedeutung der Zuordnung bestimmter Nebenpflichten zu § 241 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder § 242 BGB zwar vorhanden, aber gering, vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 241 Rn. 8; G. Bachmann/G. H. Roth, in: MünchKomm-BGB, § 241 Rn. 53. Eine genaue Positionierung, wie die Warnpflichten bei beschränkten Mandaten normativ zu verorten sind, kann daher vorliegend unterbleiben. 1115 BGH, NJW-RR 2012, 305 (306); NJW 2002, 1117 (1118); NJW 1993, 2045 (2045); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 553; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 11; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (576 f.); Borgmann, NJW 2012, 3217 (3218); Jungk/ Chab/Grams, BRAK-Mitt. 2013, 163 (164 f.); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 630 f.; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 22; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 17. 1116 Unten §§ 16–19. 1117 Zugehör, FS Ganter, S. 573 (577); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 631. 1118 BGH, NJW 1997, 2168 (2169); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 560.

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hätte hingegen eine weitgehende Beschränkung der Prüfpflichten auf hier sogenannte Evidenzfälle zur Folge. Der Bundesgerichtshof grenzt diese beiden Formen daher danach ab, „ob der Rechtsanwalt von der Pflicht befreit sein sollte, den Mandanten auf erkennbare Risiken und Nachteile seiner Erklärung hinzuweisen“ 1119. Ob im Einzelfall ein unbeschränktes oder ein beschränktes Mandat vorliegt, ist eine Tatfrage, keine Rechtsfrage.1120 Dabei obliegt dem Mandanten die Darlegungs- und Beweislast für die Vereinbarung eines unbeschränkten Mandats.1121 Im Rahmen einer diesbezüglichen Beweiswürdigung existiert kein dahingehender Erfahrungssatz, dass der Auftraggeber ein unbeschränktes Mandat erteilt.1122 Die Aussage, dass „im Zweifel“ oder „im Regelfall“ ein unbeschränktes Mandat erteilt wird,1123 ist daher nicht zutreffend; ein solches Regel-Ausnahme-Verhältnis besteht de lege lata nicht.1124

§ 16 Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts Jede rechtliche Würdigung setzt einen Sachverhalt, also Tatsachen, voraus.1125 Da die Aufgabe des Rechtsanwalts in aller Regel in der rechtlichen Beratung oder Vertretung bestehen wird, haben die Rechtsprechung und Literatur verschiedene Pflichten herausgearbeitet, welche allesamt die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts betreffen. Insgesamt haben diese Pflichten dabei zum Gegen1119 BGH, NJW 1997, 2168 (2169); zustimmend Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 560, 845. 1120 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 555; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (574); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 405; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 222. 1121 BGH, NJW 2006, 3496 (3496); NJW 1997, 2168 (2169); NJW 1996, 2929 (2931); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 561; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (578); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 418 f.; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/ Ring, BGB, § 675 Rn. 20; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 222. 1122 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 561. 1123 So Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 416; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; wohl auch Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Borgmann, NJW 2010, 1924 (1925); Bernhard, JuS 2014, 205 (206). 1124 BGH, NJW 2006, 3496 (3496); Zugehör, FS Ganter, S. 573 (574); Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 54; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 222. 1125 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 669.

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stand, dass der Rechtsanwalt, soweit sein Auftrag im Einzelfall reicht,1126 den Sachverhalt zu Beginn des Mandats so weit und so präzise wie möglich in Erfahrung zu bringen hat.1127 Dazu obliegt es zunächst dem Mandanten, dem Rechtsanwalt den maßgeblichen Sachverhalt zu schildern (I.). Aufgrund seiner Erfahrung und Rechtskenntnisse hat der Rechtsanwalt aber sodann spezifische Nachfragen zu stellen (II.), auf deren zutreffende Beantwortung durch den Mandanten er grundsätzlich vertrauen darf (III.). Schließlich treffen den Rechtsanwalt in begrenztem Umfang eigene Ermittlungspflichten (IV.), die teilweise auch mögliche Beweismittel betreffen (V.).

I. Informationspflicht des Mandanten Die zeitlich und logisch erste Pflicht in diesem Zusammenhang trifft zunächst den Mandanten selbst: Dieser muss dem Rechtsanwalt alle tatsächlichen Umstände mitteilen, die nach Einschätzung des Mandanten für die Durchführung des Auftrags wesentlich sind.1128 Denn nur der Mandant kennt in aller Regel den maßgeblichen Sachverhalt und der Rechtsanwalt könnte ihn ohne Mitwirkung des Mandanten auch nicht ermitteln. Dabei handelt es sich um eine echte Vertragspflicht.1129 Sie besteht bereits zu Beginn des Mandats und erstreckt sich über dessen gesamte Laufzeit, so dass der Mandant dem Rechtsanwalt auch etwaige Änderungen oder Neuigkeiten mitteilen muss.1130 Diese Pflicht erfasst daher nicht nur die anfängliche Information des Rechtsanwalts, sondern auch die Kontrolle des dem Mandanten überlassenen Schriftverkehrs des Rechtsanwalts auf Falschangaben oder Missverständnisse.1131

1126 BGH, NJW 2002, 1413 (1413); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 467. 1127 BGH, NJW-RR 2006, 923 (925); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 460. 1128 BGH, NJW 2000, 730 (731); NJW 1997, 2168 (2170); NJW 1996, 2929 (2932); VersR 1983, 34; NJW 1982, 437 (437); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 2; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 568; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 9; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 16; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 458; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 169. 1129 BGH, NJW 1996, 2929 (2932); VersR 1983, 34; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 2; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 9; a. A. Lewinski, JuS 2004, 396 (397): Obliegenheit. 1130 BGH, NJW 1994, 2085 (2087); WM 1983, 614 (614); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 2; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 459. 1131 BGH, WM 1980, 308 (310); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 927 (929); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 2.

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II. Pflicht des Rechtsanwalts zu ergänzenden Nachfragen Die Informationspflicht des Mandanten beschränkt sich grundsätzlich auf Umstände, die ihm, dem Mandanten, als für sein Begehren erheblich erscheinen. Im Regelfall wird der Mandant jedoch selbst über keine juristische Vorbildung verfügen und kann daher nicht, jedenfalls nicht abschließend, beurteilen, welche Tatsachen zur Begründung oder Abwehr eines Anspruchs rechtlich erheblich sind.1132 Vor diesem Hintergrund trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, den von dem Mandanten geschilderten Sachverhalt durch entsprechende Nachfragen bei dem Mandanten zu ergänzen.1133 Denn nur auf diesem Wege ist sichergestellt, dass die notwendigen Informationen auch tatsächlich erhoben oder gegebenenfalls als unbekannt identifiziert werden. Diese Pflicht zu ergänzenden Nachfragen steht in einer Wechselbeziehung zu der Informationspflicht des Mandanten, da die Darlegung durch den Mandanten den Umfang der Nachfragen des Rechtsanwalts beeinflusst und umgekehrt.1134 Von dieser Maßgabe soll nach manchen Stellungnahmen ganz oder teilweise abzusehen sein, wenn der Bildungsstand des Mandanten, seine berufliche Stellung oder seine Erfahrung in Vorprozessen für ein Verständnis der rechtlich maßgeblichen Tatsachen spreche, da dann die Informationspflicht des Mandanten so ausgeprägt ist, dass bereits ein deutlicher Hinweis des Rechtsanwalts genügen kann.1135 Diese Stellungnahmen sind hingegen eher vereinzelt geblieben und widersprechen vor allem diversen späteren Stellungnahmen des Bundesgerichtshofs, nach denen sich selbst ein Mandant mit einschlägiger Vorbildung auf eine einwandfreie diesbezügliche Vertragserfüllung durch den Rechtsanwalt verlassen darf.1136 Aus 1132

BGH, NJW 1985, 1154 (1155); NJW 1982, 437 (437). Grundlegend BGH, NJW 1961, 601 (602); zuletzt BGH, NJW 2013, 2965, (2966); NJOZ 2010, 234 (234); NJW 2002, 1413 (1413); NJW 1998, 2048 (2049 f.); NJW 1997, 2168 (2169); NJW 1996, 2929 (2931 f.); NJW 1994, 1472 (1474); NJW 1982, 437 (437 f.); Borgmann, NJW 2010, 1924 (1926 f.); Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 459; Vill, in: Zugehör/Fischer/ Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 572; Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 16; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 29 f.; Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1134 BGH, NJW 1982, 437 (437); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 458; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 3. 1135 So BGH, NJW 1982, 437 (437); OLG München, NJW 1986, 726 (727); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 13; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 169. Das von Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 474 mit Fn. 173 insoweit herangezogene Urteil BGH, NJW 2006, 501 (502) betrifft hingegen eine Sonderkonstellation und zitiert BGH, NJW 1982, 437, konsequent auch nur mit „vgl.“; es dürfte nicht auf die hier in Frage stehende Aussage übertragbar sein. 1136 BGH, NJW 1998, 1486 (1488) [zum Steuerberater]; NJW 1992, 820 (820); NJW 1993, 2747 (2750). 1133

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Gründen der Vorsicht sollte der Rechtsanwalt daher auch bei Mandanten mit spezifischen Vorkenntnissen weitgehend den allgemeinen Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof auch jüngst bemerkt, dass es keinen allgemeinen Rechtssatz dahin gehend gebe, dass der Rechtsanwalt sich stets auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm zur Verfügung gestellten Informationen verlassen dürfe.1137

III. Vertrauen auf Angaben des Mandanten Der Rechtsanwalt darf grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben, welche ihm der Mandant direkt oder aufgrund von Nachfragen gemacht hat, vertrauen.1138 Dieses Vertrauen erstreckt sich allerdings lediglich auf tatsächliche Angaben. Rechtliche Aussagen werden hingegen – auch wenn es sich um sogenannte Rechtstatsachen also einfache Rechtsbegriffe, die jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig sind,1139 handelt – nicht umfasst.1140 Macht der Mandant derartige rechtliche Angaben, hat der Rechtsanwalt durch entsprechende Nachfragen die tatsächlichen Grundlagen durch Nachfragen aufzuklären und gegebenenfalls sogar entsprechende Unterlagen vom Mandanten zur Einsicht und Überprüfung anzufordern.1141

IV. Ermittlungspflicht des Rechtsanwalts Hat sich der Rechtsanwalt durch die Schilderung der tatsächlichen Vorgänge und Umstände durch den Mandanten sowie durch entsprechende Nachfragen ein genaueres Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt verschafft, kann es sich erge1137 BGH, Beschluss vom 30.06.2011, Az. IX ZR 139/10, Tz. 2 [n. v.]; Borgmann, NJW 2011, 3133 (3134). 1138 BGH, NJW 2000, 730 (731); NJW 1998, 2048 (2049 f.); NJW 1994, 2293 (2293); NJW 1961, 601 (602); RGZ 140, 392 (397); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 25; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 570; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 475; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 15; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 49 f.; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 169; Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1139 BGH, NJW 1998, 2058 (2060); NJW 1994, 2293 (2293). 1140 BGH, NJW 1994, 2293 (2293); NJW 1985, 1154 (1155); NJW 1983, 1665 (1666); NJW 1961, 601 (602); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 476; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 571; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 51; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 22. 1141 BGH, NJW 1996, 2929 (2931 f.).

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ben, dass wesentliche Umstände für die rechtliche Würdigung noch nicht bekannt oder sonst zweifelhaft sind. Insofern ließe sich nach dem bisher Gesagten annehmen, dass den Rechtsanwalt eine Pflicht zur aktiven Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts treffen könnte.1142 Tatsächlich geht die herrschende Meinung hingegen davon aus, dass der Rechtsanwalt im Ausgangspunkt nicht zu einer Sachverhaltsforschung jenseits der mündlichen oder schriftlichen Informationen durch den Mandanten verpflichtet ist.1143 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann sich jedoch ergeben, wenn eine weitere Klärung des Sachverhalts erforderlich ist und der Rechtsanwalt diese Ermittlung besser und leichter durchführen kann, als es sein Mandant könnte. Das wird häufig in Ansehung der Einsicht in Akten, Register, Urkunden und Unterlagen, wie zum Beispiel Grundbuch, Handelsregister, Gerichts- und Behördenakten sowie Vertragsunterlagen, der Fall sein.1144

V. Beweismittelbezogene Pflichten des Rechtsanwalts Schließlich ist der Rechtsanwalt auch verpflichtet, den Vortrag des Mandanten auf etwa noch vorhandene Beweismittel zu untersuchen und den Mandanten, falls sich Entsprechendes ergibt, auf diese Beweismittel hinzuweisen.1145 Obwohl insoweit teils von einer Beweissicherungspflicht des Rechtsanwalts gesprochen wird,1146 ist damit nicht gemeint, dass der Rechtsanwalt selbst die erforderlichen

1142 Insofern missverständlich Bernhard, JuS 2014, 205 (207); Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1143 BGH, NJW-RR 1986, 1348 (1349) [zum Steuerberater]; NJW 1981, 2741 (2743); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 29 ff.; Vollkommer/ Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 27; Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 468; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 38; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 23; wohl a. A. Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 169. 1144 BGH, NJW 2002, 1413 (1414) [verneinend]; NJW 1998, 2048 (2050); NJW 1994, 2293 (2294); NJW 1985, 1154 (1155); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 927 (928); AG Mühlheim, NJW-RR 2013, 1064 [zu Insolvenzbekanntmachungen]; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 28 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 575; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 469, 471; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3345). 1145 BGH, NJW 2013, 2965 (2966 f.);NJW 1995, 521 (522); NJW 1993, 2676 (2677); NJW 1988, 3013 (3016); VersR 1961, 467 (469); Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 481 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 578; Vollkommer/ Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 10. 1146 Vgl. die redaktionelle Überschrift zu BGH, NJW 1993, 2676; ähnlich Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 11 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 578; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 482.

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung

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Sicherungsmaßnahmen einzuleiten hat, sondern dass er seinem Mandanten die Erforderlichkeit von Beweisangeboten aufgrund des Beibringungsgrundsatzes sowie die mögliche Verfügbarkeit eines konkreten, in Zukunft eventuell erforderlichen Beweismittels darzulegen hat.1147 Das kann zum Beispiel die Ermittlung oder Befragung von Zeugen,1148 die Einholung von Privat- oder Gerichtsgutachten1149 oder die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nach den §§ 485 ff. ZPO betreffen.1150

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung Nachdem der Rechtsanwalt den Sachverhalt in den in § 16 dargestellten Grenzen aufgeklärt hat, hat er diesen daraufhin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen.1151 Denn die Pflicht zur „allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers“ 1152 setzt notwendig die Kenntnis der Rechtslage in casu voraus. Dabei handelt es sich um die „vornehmste und wichtigste Aufgabe“ 1153 des Rechtsanwalts, die sich aus seiner berufsspezifischen Rolle gemäß den §§ 1–3 BRAO ergibt.1154 Zur Erfüllung dieser Rechtsprüfungspflicht bedarf der Rechtsanwalt zunächst der hinreichenden Kenntnis der maßgeblichen Normen (I.), der höchstrichterlichen (II.) und der weiteren Rechtsprechung (III.) und gegebenenfalls rechtswissenschaftlicher Literatur (IV.).1155 Diese rechtlichen Vorgaben hat er in einem weiteren, eigenständigen Schritt1156 auf den Sachverhalt anzuwenden (V.), um die konkrete Rechtslage herauszuarbeiten.

1147 Vgl. Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 10 Rn. 10 mit Fn. 56 unter Bezugnahme auf BGH, VersR 1961, 467 (469); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 38. 1148 BGH, VersR 1961, 467 (469). 1149 BGH, NJW 2013, 2965 (2966); OLG München, NJW-RR 2013, 1106 (1107); Borgmann, NJW 2013, 3343 (3345). 1150 BGH, NJW 1993, 2676 (2677 f.). 1151 BGH, NJW 2006, 501 (502); NJW 1992, 1159 (1160); NJW 1997, 2168 (2169); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 492. 1152 BGHZ 171, 261 (263 f.); unten § 18 (S. 202 ff.). 1153 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 579. 1154 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 33; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 1. 1155 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 2. 1156 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 6.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

I. Kenntnis der maßgeblichen Rechtsnormen Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, alle für sein Mandat maßgeblichen Rechtsnormen zu kennen bzw. sich deren Kenntnis zu verschaffen.1157 Insofern könnte man zwischen den Anforderungen an ein „präsentes Wissen“ des Rechtsanwalts und einem solchen, das er erst anlässlich des Mandats erwerben muss, unterscheiden.1158 Auf diese Unterscheidung wird es in Ansehung der Haftung eines Rechtsanwalts aber wohl nie ankommen, da es im Ergebnis stets auf den für die Auftragserledigung erforderlichen Wissensstand ankommt.1159 Der Begriff der „Rechtsnormen“ umfasst dabei uneingeschränkt deutsche Rechtsnormen, wie zum Beispiel Grundgesetz, Bundes- und Landesgesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen,1160 aber auch private Rechtsnormen, wie zum Beispiel (Individual-)Verträge, allgemeine Geschäftsbedingungen oder Tarifverträge.1161 Dazu treten ferner das Recht der Europäischen Union, völkerrechtliche Übereinkommen mit unmittelbarer Wirkung in Deutschland (zum Beispiel CISG), Staatsverträge im Bereich des internationalen Privatrechts und internationalen Zivilverfahrensrechts sowie das allgemeine deutsche internationale Privatrecht.1162 Hat das Mandat – mangels einer entsprechenden Beschränkung1163 – außerdem auch die Beratung zu ausländischen Rechtsfragen zum Gegenstand, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, sich die für die Ausführung des ihm erteilten Auftrags erforderlichen Kenntnisse ausländischen Rechts zu verschaffen.1164 Die insoweit relevanten Rechtsnormen hat der Rechtsanwalt im Einzelfall lückenlos im Detail zu kennen.1165 Dies wird zwar teils als „irreal und – auch für 1157 BGH, NJW-RR 2007, 1556 (1557) [zum Steuerberater]; NJW 2006, 501 (502); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 585; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 7; Hermanns, JURA 2014, 365 (368); Bernhard, JuS 2014, 205 (207). 1158 So Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 2 f. 1159 Überzeugend Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 35. 1160 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 15. 1161 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 585. 1162 Lindner, AnwBl. 2003, 169 (169 f.); Raiser, NJW 1991, 2049 (2050 ff.); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 15; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 594 ff. 1163 Oben § 15 III. 2. (S. 188). 1164 BGH, NJW 1072, 1044 (1044); OLG Bamberg, MDR 1989, 542 (542 f.); Raiser, NJW 1991, 2049 (2052); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 45; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 595. 1165 Bei geringfügigen Unterschieden im Einzelnen BGH, NJW 2006, 501 (502); NJW 2004, 3487 (3487) [zum Steuerberater]; NJW 2002, 292 (293 f.); VersR 1959, 638

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung

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Richter – unerfüllbar“ kritisiert.1166 Überzeugend ist angesichts der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO, und als Berater in allen Rechtsangelegenheiten, § 3 Abs. 1 BRAO, jedenfalls auf Ebene der Pflichtverletzung,1167 aber vielmehr ein objektives Verständnis, das sich unter anderem aus den Maßgaben für Richter in den Artt. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG ergibt.1168 Schließlich liegt es nahe, den Umfang der Pflichten des Rechtsanwalts anhand des Willens der Vertragsparteien und damit nach dem Gegenstand und Umfang des Mandats zu umgrenzen, statt die inhaltliche Prüfdichte zu reduzieren.

II. Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung Die bloße Kenntnis der verschiedenen Normen, die den Mandatsgegenstand betreffen, würde den Rechtsanwalt noch nicht in die Lage versetzen, die Rechtslage mit einer für praktische Zwecke hinreichenden Gewissheit einzuschätzen. Dazu ist es erforderlich, auch die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung, welche für die Auslegung der jeweiligen Norm richtungsweisend ist,1169 zu kennen bzw. sich diese Kenntnis anzueignen.1170 Im Hinblick auf die Kenntnis länger- und mittelfristig zurückliegender Judikatur ergeben sich insoweit keine größeren Probleme. Eine solche ist regelmäßig in jüngeren gerichtlichen Entscheidungen sowie in der rechtswissenschaftlichen und rechtspraktischen Literatur nachgewiesen. Insoweit ist es dem Rechtsanwalt grundsätzlich selbst überlassen, ob er Recherchen nach einschlägiger Rechtsprechung zum Beispiel in Kommentaren zu den jeweiligen Gesetzen, Fachzeitschriften oder juristischen Datenbanken durchführt.1171 Insbesondere ist der Rechtsanwalt danach nicht verpflichtet, sich durch Recherchen in juristischen (Online-) (641): „Grundsätzlich hat der Anwalt vielmehr jeden Rechtsirrtum zu vertreten“; OLG Hamm, VersR 1981, 436 (436): „Gesetzeskenntnis, zumindest des BGB, bis ins Detail“; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 17; Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 36; Hübner, NJW 1989, 5 (7); Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 43a Rn. 241; a. A. Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 584; wohl auch Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 495. 1166 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 584. 1167 Zum Vertretenmüssen unten § 20 II. (S. 224). 1168 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 17. 1169 BGH, NJW 2001, 675 (678); NJW 1993, 3323 (3324); Vill, in: Zugehör/Fischer/ Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 604. 1170 BGH, NJW-RR 2003, 1212 (1213); BGHZ 145, 256 (263); NJW 1993, 2799 (2800) [zum Steuerberater]; NJW-RR 1992, 1110 (1112) [zum Steuerberater]; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 49; Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1171 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 19; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 606.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Datenbanken über neue Rechtsprechung zu informieren.1172 Jedoch ist er im Ergebnis durchaus verpflichtet, überhaupt eine Recherche zu bereits früher ergangener Rechtsprechung zu den maßgeblichen Normen bzw. Fragestellungen durchzuführen.1173 Fraglich ist hingegen, mit welchem zeitlichen Abstand ab Veröffentlichung der Rechtsanwalt jüngere Gerichtsentscheidungen, die etwa noch nicht in Kommentaren oder Zeitschriftenaufsätzen berücksichtigt sind, kennen muss und welches veröffentlichende Medium insoweit maßgeblich ist. Denn die Flut der alljährlich veröffentlichten Gerichtsentscheidungen ist ungefiltert kaum zu bewältigen. So wurden zum Beispiel alleine aus dem Jahre 2012 3.528 Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (davon ca. 2.400 Zivilrecht) veröffentlicht.1174 Alleine um diese Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen konsequent zu verfolgen, müsste ein Rechtsanwalt danach jeden Werktag ca. 10 Entscheidungen studieren. Einen solchen Aufwand fordert naheliegender Weise nicht einmal der Bundesgerichtshof selbst: Nach ihm ist der Rechtsanwalt verpflichtet, sich anhand nicht nur der amtlichen Sammlungen (zum Beispiel BGHZ), sondern auch der einschlägigen Fachzeitschriften zu unterrichten.1175 Man wird aus dieser Formulierung aber zugleich schließen müssen, dass das Studium der amtlichen Sammlungen sowie der allgemeinen juristischen Zeitungen (zum Beispiel NJW1176, NJWRR1177, MDR1178) grundsätzlich ausreichend ist.1179 Eine Pflicht zur steten Durchsicht der thematisch speziell ausgerichteten juristischen Zeitschriften (zum Beispiel WM oder ZIP zum Wirtschaftsrecht) kommt hingegen nur in Betracht, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt des Rechtsanwalts eindeutig auf diesem Gebiet liegt.1180

1172 Roßkothen, AnwBl. 2012, 503 (506); Schnabl, AnwBl. 2008, 866 (867); Schnabl, NJW 2007, 3025 (3030); Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1173 BGH, NJW 2009, 987 (988); Borgmann, NJW 2010, 1924 (1927). 1174 Ferner 5.728 Entscheidungen der Oberlandesgerichte (davon ca. 4.700 Zivilrecht) und 2.469 Entscheidungen der Landgerichte (davon ca. 1.200 Zivilrecht); Quelle: Eigene Recherche im Juristischen Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland, verfügbar unter www.juris.de. 1175 BGH, NJW 2009, 987 (987 f.); NJW 2001, 675 (678); BGHZ 85, 252 (261); NJW 1958, 825; OLG Zweibrücken, NJW 2005, 3358 (3358). 1176 OLG München, NJW-RR 1991, 803; OLG Düsseldorf, VersR 1980, 359 (360); Bernhard, JuS 2014, 205 (207). 1177 BGH, NJW 2009, 987 (987), wobei die in casu relevante Entscheidung des BGH neben der NJW-RR auch in der NZM abgedruckt und überdies bereits im Palandt nachgewiesen war. 1178 BGH, VersR 1979, 375 (376). 1179 BGH, WM 2010, 2050 (2053); NJW 1979, 877 [zur FamRZ]; Borgmann, NJW 2011, 3133 (3134); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 512; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 19, 21 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 606.

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung

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In zeitlicher Hinsicht ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die veröffentlichten Entscheidungen innerhalb einer angemessen Frist zur Kenntnis zu nehmen.1181 So hatte der Bundesgerichtshof im Jahre 1957 jedenfalls das Verschulden eines Rechtsanwalts verneint, der eine für ein Mandat relevante Entscheidung innerhalb eines Monats nicht zur Kenntnis genommen hatte.1182 In jüngeren Entscheidungen scheint sich aber eine deutlich restriktivere Handhabung abzuzeichnen: Danach hat der Rechtsanwalt von veröffentlichten Entscheidungen unverzüglich Kenntnis zu nehmen.1183 Im Ergebnis wird daher ein Toleranzrahmen von wenigen Wochen zugrunde zu legen sein.1184 Nicht ganz klar ist schließlich, in welchem Umfang der Rechtsanwalt die in den genannten Medien veröffentlichten Entscheidungen zur Kenntnis zu nehmen hat.1185 Insoweit wird angenommen, dass sich das Studium der Entscheidungen nicht auf die veröffentlichten Leitsätze beschränken darf, sondern dass auch die tragenden Gründe zur Kenntnis zu nehmen sind.1186 Teils wird auch darüber hinausgehend gefordert, dass auch obiter dicta vollständig zu erfassen sind, da sich nur so Tendenzen in der Rechtsprechung erkennen lassen.1187

III. Kenntnis der Rechtsprechung der Ober- und Instanzgerichte Die Rechtsprechung der Ober- und Instanzgerichte wird in noch weit größerer Zahl veröffentlicht, als es bereits in Ansehung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs der Fall ist.1188 Zugleich kommt diesen Entscheidungen aber nicht die überragende Bedeutung der höchstrichterlichen Entscheidungen zu.1189 Auch in 1180 BGH, NJW 1979, 877 [zur FamRZ]; ähnlich auch BGH, WM 2010, 2050 (2053); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 22; Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 54. 1181 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 28; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 514; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 607. 1182 BGH, NJW 1958, 825. 1183 BGH, NJW 1979, 877; in dieser Entscheidung verneinte der BGH im Ergebnis das Verschulden des Rechtsanwalts, weil zwischen der Veröffentlichung der maßgeblichen Entscheidung und der Prozesshandlung des Rechtsanwalts nur zwei Wochen lagen, in die außerdem das Pfingstwochenende fiel. 1184 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 28, und Viefhues, FPR 2013, 541 (542), gehen sogar von vier bis sechs Wochen aus. 1185 Offen gelassen von BGHZ 85, 252 (260 f.). 1186 OLG Düsseldorf, VersR 1980, 359, Leitsatz 2; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 53; a. A. Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 30. 1187 So Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 53; wohl auch BGH, NJW-RR 1993, 243 (245). 1188 Vgl. bereits die Zahlen in Fn. 1174. 1189 BGHZ 145, 256 (263).

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

normativer Hinsicht kommt allein den höchstrichterlichen Entscheidungen eine institutionalisierte Autorität, verankert in unter anderen den §§ 121 Abs. 2, 132 Abs. 4 GVG, §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG, § 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GBO, zu.1190 In der Konsequenz verlangt die herrschende Auffassung vom Rechtsanwalt auch in der Regel keine entsprechende, lückenlose Kenntnis neuer Entscheidungen der Ober- und Instanzgerichte.1191 Eine davon abweichende Pflicht zur laufenden Beobachtung der nicht-höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt jedoch dann in Betracht, wenn es zu einer Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.1192 Dasselbe gilt, wenn der Instanzenzug für bestimmte Rechtsbereiche nicht bis zu den Bundesgerichten führt.1193 Derartige Fälle liegen allerdings aufgrund der inzwischen bestehenden Möglichkeit der Revision gegen landgerichtliche Urteile, § 543 Abs. 1 ZPO, sowie der Einführung der Rechtsbeschwerde im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Familiensachen, § 70 FamFG, § 78 GBO, nur noch selten vor,1194 sind aber zum Beispiel im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes weiterhin denkbar, vgl. § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO.

IV. Kenntnis der rechtswissenschaftlichen Literatur Die Menge der rechtswissenschaftlichen Literatur ist in ihrer vollen Breite nahezu unübersehbar.1195 Dementsprechend nimmt die herrschende Meinung an, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet ist, neu erscheinende rechtswissenschaftliche Literatur zeitnah zu verfolgen und auszuwerten.1196 1190

Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 36. OLG München, NJW-RR 1991, 803; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 521; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 36. 1192 BGH, NJW-RR 1993, 243 (245); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 37; Bernhard, JuS 2014, 205 (207). 1193 OLG Zweibrücken, NJW 2005, 3358 (3358); OLG Frankfurt a. M., FamRZ 1991, 1047 (1048); KG, MDR 1993, 178 (179); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 610; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 523. 1194 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 610; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 523. 1195 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 49. 1196 Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3345); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 611; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 527; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 63; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 49; Hermanns, JURA 2014, 365 (368). 1191

§ 17 Pflicht zur Rechtsprüfung

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Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich jedoch in zweierlei Hinsicht. Zunächst ist der Rechtsanwalt verpflichtet, bei der Bearbeitung eines Mandats zumindest die gängigen Kommentare zu den für das Mandat maßgeblichen Normen aufzusuchen, um sich über mittel- und langfristig zurückliegende höchstrichterliche Rechtsprechung, die er gegebenenfalls nicht selbst im Rahmen der laufenden Beobachtung der Rechtsprechung mitverfolgt hat, zu informieren.1197 Als gängige Kommentare in diesem Sinne sind zum Beispiel zum BGB1198 der Palandt, der Münchener Kommentar zum BGB und der Staudinger, zur ZPO1199 der Wieczorek/Schütze, der Baumbach/Lauterbach und der Zöller angesehen worden. Dabei zielt das Studium der rechtswissenschaftlichen Literatur nach der Rechtsprechung lediglich darauf, dort Nachweise bereits vorliegender Rechtsprechung zu einer Rechtsfrage aufzufinden. Die Kenntnisnahme der rechtswissenschaftlichen Stellungnahme des jeweiligen Autors wird hingegen nicht gefordert.1200 Eine Pflicht des Rechtsanwalts, sich vertieft mit den in der rechtswissenschaftlichen Literatur vertretenen Auffassungen auseinander zu setzen, kann jedoch ausnahmsweise dann bestehen, „wenn ein Rechtsgebiet aufgrund eindeutiger Umstände in der Entwicklung begriffen und (neue) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist“ 1201. Der Umfang dieser Pflicht wird ganz wesentlich von der Frage bestimmt, wie evident das Bevorstehen einer Rechtsentwicklung im Einzelfall ist.1202 In diesen Fällen hat der Rechtsanwalt anhand der rechtswissenschaftlichen Literatur zu untersuchen, ob diese Rechtsentwicklung Tendenzen der höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung darstellt und gegebenenfalls Konsequenzen daraus ableitet.1203 Fehlen auch solche Tendenzen der

1197 BGHZ 85, 252 (260 f.); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 611; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 525 f.; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 63; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 47. 1198 BGH, NJW 2009, 987 (987); NJW 1993, 3323 (3325); OLG Hamm, NJW 1988, 2383 (2383). 1199 BGHZ 85, 252 (260 f.). 1200 Vgl. etwa BGH, NJW 1993, 3323 (3325) und BGHZ 85, 252 (260 f.), wo der Vorwurf der Pflichtverletzung des Rechtsanwalts jeweils damit begründet wird, dass der Rechtsanwalt in den gängigen Kommentaren Nachweise bestimmter Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gefunden hätte; wohl auch Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 49; äußerst krit. dazu Kohler, ArchBürgR 42 (1916), 113 (121) [dagegen Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 65]. 1201 BGHZ 178, 258 (262) [zum Steuerberater]; ferner BGH, NJW 2001, 675 (678); NJW-RR 1993, 243 (245); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 611; eher strenger Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 64. 1202 BGHZ 178, 258 (263) [zum Steuerberater]. 1203 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 49.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Rechtsprechung als Anknüpfungspunkte soll der Rechtsanwalt die herrschende Auffassung der Literatur ermitteln.1204

V. Rechtsprüfung durch den Rechtsanwalt Auf der Basis der maßgeblichen Normen sowie der dem Rechtsanwalt präsenten oder sonst in Erfahrung gebrachten Rechtsprechung und der rechtswissenschaftlichen Literatur hierzu hat dieser sich schließlich eine eigene Rechtsüberzeugung zu der Rechtslage in casu zu bilden.1205 Dabei darf er – natürlich – auch zu einer von einer etwaigen ständigen Rechtsprechung abweichenden Auffassung im Hinblick auf die Auslegung des Gesetzes kommen und er ist daher kein bloßes „Sprachrohr der Rechtsprechung“.1206 Dies ist Ausfluss der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege gemäß § 1 BRAO.1207 Da der Rechtsanwaltsvertrag aber kein juristischer Selbstzweck ist, sondern dem Mandanten zu dienen bestimmt ist, treffen den Rechtsanwalt in einem solchen Fall besondere Belehrungspflichten über seine Rechtsmeinung und eine etwaige Diskrepanz zu derjenigen der Rechtsprechung.1208

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung Nach der Klärung des Sachverhalts und dessen kritischer rechtlicher Würdigung anhand der maßgeblichen Normen und der einschlägigen Rechtsprechung sowie gegebenenfalls unter Einbeziehung der rechtswissenschaftlichen Literatur hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten über die Sach- und Rechtslage zu belehren und zu beraten, welches weitere Vorgehen danach angezeigt ist.1209 Die wohl überwiegende Terminologie, der auch vorliegend gefolgt wird, bezeichnet dabei mit der „Belehrung“ die Information des Mandanten über die Rechtslage, wäh1204 BGH, NJW 1974, 1865 (1866); BGHZ 145, 265 (277 f.) [zum Notar]; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 528; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 50; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 611. 1205 RGZ 87, 183 (187); BGH, NJW 1974, 1865 (1866); NJW 1967, 105 (107) [insoweit in BGHZ 46, 190–195 nicht abgedruckt]; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 65 ff.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 613; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 51. 1206 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 51; insofern missverständlich Hermanns, JURA 2014, 365 (368); Bernhard, JuS 2014, 205 (207). 1207 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 613; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 11 Rn. 51. 1208 Hermanns, JURA 2014, 365 (368); vgl. sogleich § 18 I. auf S. 204. 1209 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 616; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 538.

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung

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rend mit der „Beratung“ die konkrete Handlungsempfehlung des Rechtsanwalts, falls und soweit eine solche im Einzelfall angezeigt ist, gemeint ist.1210 Aus dem bereits oben1211 wiedergegebenen Pflichtenprogramm der höchstrichterlichen ist insoweit relevant, dass „der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet [ist]. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind [. . .].“ 1212

Diese auf die Belehrung und Beratung bezogene Vorgabe der Rechtsprechung wird in der Literatur teils wörtlich, teils sinngemäß aufgegriffen und als faktisch maßgebende Leitlinie anerkannt.1213 Dabei wird diese Vorgabe sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Literatur inzwischen eher als abstrakte Leitlinie verstanden, die im Einzelfall zu konkretisieren ist.1214 Nach einer Darstellung des Zwecks der Belehrungs- und Beratungspflichten (I.) wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen der Mandant belehrungsbedürftig ist (II.) sowie in welcher Art und Weise er zu belehren ist (III.). Schließlich wird auf die vorliegend wichtigen Fragen, ob und inwieweit der Rechtsanwalt bei seiner Belehrung auch auf außerrechtliche Umstände eingehen darf oder sogar muss (IV.) sowie auf das sogenannte Gebot des sichersten Weges eingegangen (V.).

1210 Vgl. Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 16; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9 f., 12; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 624; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19, 19b; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 561 f. 1211 Oben § 15 II. (S. 183). 1212 BGHZ 171, 261 (263 f.) [Hervorhebungen nur hier]; st.Rspr., vgl. in zeitlicher Reihung: BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 2013, 2965 (2966); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 2006, 923 (924); WM 2007, 419 (419); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361). 1213 D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 72; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 2; Viefhues, FPR 2013, 541 (541); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/ Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 616; Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 538; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 172; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 31; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 66; Pfeiffer, in: Soergel, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 194; zur (allgemeinen) Kritik vgl. bereits die Nachweise oben § 15 II. (S. 183) bei Fn. 1081. 1214 In diesem Sinne BGH, NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 1990, 1241 (1242); NJW 1988, 1079 (1080 f.); BGHZ 89, 178 (181); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 4; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 73.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

I. Zweck und Gegenstand Der Zweck der Belehrungs- und Beratungspflichten eines Rechtsanwalts liegt darin, dem Mandanten eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Wahrung oder Geltendmachung seiner Rechte zu ermöglichen.1215 Insofern fällt auf, dass die Belehrungs- und Beratungspflichten des Rechtsanwalts – jedenfalls der Bezeichnung nach – das gleiche Ziel wie die Mediation verfolgen, nämlich die eigenverantwortliche Entscheidung durch den Mandanten selbst, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG. In der Sache orientiert sich der Umfang der Belehrungs- und Beratungspflichten zunächst am Umfang des – gegebenenfalls beschränkten – Mandats.1216 Innerhalb dieser Grenzen bestimmt sich der Pflichtenumfang anhand der Interessen des Mandanten.1217 Ausgehend von diesen hat der Rechtsanwalt dem Mandanten die notwendige Grundlage für die Entscheidung, ob er seine Rechte durchsetzen bzw. wahren will, durch eine entsprechende Belehrung zu vermitteln. Dazu muss der Rechtsanwalt dem Mandanten „eine annähernd zutreffende Vorstellung von den Handlungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteilen vermitteln“ 1218. Insoweit reicht es nicht aus, dem Mandanten lediglich das Ergebnis der rechtlichen Erwägungen mitzuteilen, sondern der Mandant muss gerade die einzelnen Aspekte selbst abwägen können.1219 Dazu gehört jedoch nicht eine „in jeder Hinsicht lückenlose Aufklärung über alle rechtlichen Zusammenhänge und Folgen“, da der Mandant mit einer solchen Informationsflut regelmäßig überfordert wäre und seine Entscheidungsfähigkeit damit nicht gefördert sondern im Gegenteil gehindert werden würde.1220 In der Sache hat der Bundesgerichtshof damit die stän-

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BGH, NJW-RR 2008, 1235 (1236); BGHZ 171, 261 (264); NJW-RR 2000, 791 (792); NJW 1995, 449 (450); NJW 1992, 1159 (1160); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), (10); Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 172; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 31; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 537; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 620; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 1; Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 80; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3345 f.); Edenfeld, MDR 2001, 972 (972); Gehrlein, DStR 2014, 226 (230) [zu Steuerberatern]; Bernhard, JuS 2014, 205 (207). 1216 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 5; Borgmann/ Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 74. 1217 BGHZ 171, 261 (264); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 616. 1218 BGHZ 171, 261 (264); in der Sache ebenso BGH, NJW 2008, 2041 (2041); NJW-RR 2003, 1064 (1066) [zum Steuerberater]; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 620. 1219 BGH, NJW-RR 2000, 791 (792) [zum Patentanwalt]; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 80. 1220 BGHZ 171, 261 (265).

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung

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dige Forderung einer „möglichst erschöpfenden Belehrung“ 1221 im Hinblick auf die rechtliche Analyse weitgehend zurückgenommen.1222 Besondere Bedeutung erlangt die Belehrungspflicht in dem häufigen1223 Fall, dass die Sach- und Rechtslage auch nach Aufklärung1224 und Prüfung durch den Rechtsanwalt unklar bleibt bzw. mit verbleibenden Zweifelsfragen behaftet ist. Der Rechtsanwalt hat den Mandanten dann auf die offenen Fragen hinzuweisen und die sich daraus im positiven oder negativen Falle ergebenden Konsequenzen darzulegen.1225 In einem solchen Fall ist insbesondere der pauschale Hinweis des Rechtsanwalts, dass das Ergebnis der Prüfung der Sach- und Rechtslage offen oder sonst schwierig zu beurteilen ist, nicht ausreichend. Der Rechtsanwalt ist vielmehr verpflichtet, die einzelnen Gesichtspunkte und Umstände, deren Beurteilung unklar ist, anzugeben und das Risiko nicht nur pauschal zu benennen, sondern gerade auch das abschätzbare Ausmaß dieses Risikos darzulegen, damit der Mandant selbst die sachgerechte Entscheidung treffen kann.1226 Damit ist andererseits auch ausgeschlossen, dass der Rechtsanwalt die erheblichen Anknüpfungsinformationen filtert und dem Mandanten lediglich ein, sei es auch vertretbares, Ergebnis mitteilt.1227

II. Belehrungsbedürftigkeit Der konkret erforderliche Umfang einer Belehrung des Mandanten hängt entscheidend von der Frage ab, ob und inwieweit der Mandant überhaupt belehrungsbedürftig ist.1228 Dabei ist grundsätzlich von der vollumfänglichen Belehrungsbedürftigkeit sogar gegenüber rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen Per1221

Vgl. oben das Zitat bei Fn. 1212; Hervorhebung nur hier. Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 539, 538; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 9. 1223 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 625; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 542 f. 1224 In den in § 16 dargestellten Grenzen. 1225 BGHZ 89, 178 (182 f.); vgl. auch BGHZ 171, 261 (264, 271 f.); BGH, NJW 1992, 1159 (1160); VersR 1982, 34 (34 f.); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 625; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 545. 1226 BGHZ 89, 178 (182); vgl. auch BGHZ 97, 372 (376 f.); BGH, NJW 1995, 449 (450); NJW 1994, 1211 (1212); NJW 1993, 1320 (1322); Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 545; Borgmann, FS Heussen, S. 83 (87). 1227 Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9 f.; BGH, NJW-RR 2000, 791 (792); NJW 1996, 2648 (2649); NJW 1995, 449 (450); NJW 1992, 1159 (1160). 1228 BGHZ 193, 297 (311); BGH, NJW 2006, 2635 (2636); NJW 2001, 517 (518); NJW 2000, 1263 (1265); NJW 1999, 2183 (2188); NJW 1990, 2128 (2129); Borgmann, NJW 2012, 3217 (3219); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. 1222

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sonen auszugehen.1229 Etwas anderes kann sich aufgrund der Kenntnisse des Mandanten im Einzelfall ergeben,1230 so zum Beispiel wenn der Mandant im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit der Gegenseite bereits eindeutig auf bestimmte Risiken hingewiesen worden ist und der beratende Rechtsanwalt zugegen war.1231 Der in Regressprozessen häufige1232 Einwand der fehlenden Belehrungsbedürftigkeit ist im Allgemeinen nicht bereits dann eröffnet, wenn der Mandant irgendeine Art von juristischer Vorbildung hat. Die Belehrungsbedürftigkeit ist im Ausgangspunkt vielmehr auch gegenüber juristisch vorgebildeten oder sonst geschäftserfahrenen Mandanten anzunehmen.1233 So hat der Bundesgerichtshof auch im Falle eines promovierten Juristen, der außerdem als Rechtsbeistand Mitglied einer Rechtsanwaltskammer war,1234 oder im Falle eines Bankvorstands, der zugleich Volljurist war,1235 die ungeminderte Belehrungsbedürftigkeit bejaht. Vor diesem Hintergrund müsste der Rechtsanwalt Anhaltspunkte für die etwa fehlende Belehrungsbedürftigkeit des Mandanten, für die er in einem Regressprozess darlegungs- und beweisbelastet ist,1236 erst selbst ermitteln oder sonst in Erfahrung bringen, was regelmäßig nur schwer oder aufwändig durchführbar ist.1237 Die Belehrungsbedürftigkeit des Mandanten ist jedoch regelmäßig dann nur stark eingeschränkt anzunehmen, wenn dieser bereits anderweitig juristisch beraten wird.1238 Denn jedenfalls insofern ein anderer Rechtsanwalt entweder zeitig Rn. 80 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 621. 1229 BGHZ 193, 297 (311); BGH, NJW 2001, 517 (518); NJW 1999, 2183 (2188); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 7; Borgmann, NJW 2012, 3217 (3219); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 81. 1230 BGH, Beschluss v. 17.04.2008, Az. IX ZR 76/05, Rn. 4 (n. v.); Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 81. 1231 BGH, AnwBl. 2008, 377 [in casu war der beratende Rechtsanwalt bei den Vertragsverhandlungen zugegen und hatte also Kenntnis von den Risikohinweisen, die sein Mandant erhalten hatte]; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 621. 1232 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 558. 1233 BGH, NJW 2001, 517 (518); NJW 1999, 2183 (2188); NJW 1992, 820 (820); vgl. auch BGH, NJW 1993, 2045 (2047); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 7; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 621. 1234 BGH, NJW 2000, 1263 (1265). 1235 BGH, NJW 1999, 2183 (2188). 1236 Vgl. bereits die Nachweise in Fn. 1233. 1237 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 8. 1238 BGH, NJW 1988, 2113 (2114); VersR 1977, 421 (422); vgl. auch BGH, AnwBl. 2008, 377; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 83; Vollkommer/ Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 10.

§ 18 Pflicht zur Belehrung und Beratung

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vorhergehend oder mit einem inhaltlich abgrenzbaren Teil, wie zum Beispiel der Berufungsinstanz, beauftragt war, darf der „Zweit“-Anwalt davon ausgehen, dass der andere Rechtsanwalt seinen Mandanten zutreffend über alle Risiken aufgeklärt hat.

III. Art und Weise der Belehrung Der Rechtsanwalt genügt seiner Belehrungs- und Beratungspflicht nicht, wenn er seinen Mandanten lediglich pauschal auf Risiken hinweist oder pauschal zu einer bestimmten Handlungsalternative rät,1239 da der Mandant dann nicht zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung in der Lage ist. Erforderlich sind darüber hinaus vielmehr eine konkrete Darstellung der einzelnen Optionen sowie deren jeweilige Vor- und Nachteile.1240 Teilweise ist in der Rechtsprechung außerdem eine „eindringliche Belehrung“ 1241 des Mandanten gefordert worden. Inzwischen ist aber sowohl in der Rechtsprechung1242 als auch in der Literatur1243 herausgearbeitet worden, dass eine besondere Eindringlichkeit der Belehrung nicht zu fordern ist, sondern dass stattdessen die Klarheit der Belehrung im Ergebnis maßgebend ist. Der Grund dafür ist, dass „sachgerechte Unterscheidungen für den Grad des Einwirkens auf den Mandanten, den erteilten Rat anzunehmen und ihm auch zu folgen, nicht möglich sind“ 1244.

IV. Belehrung über außerrechtliche Umstände Bislang wurde in diesem § 18 dargelegt, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten gerade über die Rechtslage und über die Rechtsfolgen der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten sowie deren Vor- und Nachteile unterrichten muss. Ob

1239 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 619. 1240 BGH, NJW 2008, 2041 (2042); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 619; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 556. 1241 BGHZ 97, 372 (376) [Hervorhebung nur hier]. 1242 Vor allem BGH, NJW 1987, 1322 (1323); im Anschluss BGHZ 126, 217 (220); zum Steuerberater auch BGH, NJW-RR 2006, 195 (196); NJW 1996, 2571 (2572); NJW 1995, 2842 (2843). 1243 Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 556 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 619; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 85; krit. hingegen Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 12 f., die dem nur mit Einschränkungen zustimmen. 1244 BGH, NJW 1987, 1322 (1323).

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und inwieweit der Rechtsanwalt jedoch auch zu einer Aufklärung über andere als rechtliche Umstände verpflichtet ist, wird hingegen uneinheitlich beantwortet. Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass der Rechtsanwalt durchaus mit der auch wirtschaftlichen Beratung beauftragt werden darf.1245 Fraglich ist allerdings, ob eine solche Beratung zu anderen als den rechtlichen Fragestellungen ohne Vereinbarung mitgeschuldet ist.1246 Insoweit hat der Bundesgerichtshof mehrfach ausgeführt, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seinen Mandanten auch auf die wirtschaftlichen Nachteile einer Handlungsoption hinzuweisen.1247 Diesen Stellungnahmen wird in der Literatur auch teilweise zugestimmt, da sich der Mandant primär wegen wirtschaftlicher Interessen an den Rechtsanwalt wende und diese eben nicht durch eine rein rechtliche Beratung befriedigt werden könne.1248 Tatsächlich dürften die vorstehend erwähnten Judikate des Bundesgerichtshofs allerdings sämtlich Ausnahmefälle, in denen den Rechtsanwalt jeweils eine Schadenverhütungspflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB in Ansehung absehbarer und vermeidbarer Schäden für den Mandanten getroffen hat, betreffen.1249 So hat die jüngere Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen auch jeweils eine entsprechende Pflicht zur auch wirtschaftlichen Beratung abgelehnt.1250 Dieser jüngeren Rechtsprechung dürfte zugrunde liegen, dass rein wirtschaftliche Risiken auch von einem juristischen Laien in der Regel ohne weiteres erkannt werden können,1251 so dass eine entsprechende Pflicht nur in den Grenzen des § 241 Abs. 2 BGB besteht und also keine rechtsanwaltsspezifische Pflicht darstellt.

1245 BGH, NJW 1994, 1405 (1406); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 76. 1246 Davon zu trennen ist die Frage, ob der Rechtsanwalt bei der Abwägung über seine Empfehlung an den Mandanten auch außerrechtliche Aspekte berücksichtigen muss oder darf; unten § 19 III. bei den Fn. 1294–1299. 1247 BGH, NJW 1998, 900 (901) [Hervorhebung auch dort]; ähnlich BGH, NJW 1996, 2648 (2650); NJW 1995, 449 (451 f.); NJW 1993, 2045 (2045). 1248 Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 6; Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 75. 1249 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 632; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 432 f. 1250 Vgl. BGH, Beschluss v. 19.06.2008, Az. IX ZR 18/07, Rn. 7 [insoweit nicht in BRAK-Mitt. 2008, 262 abgedruckt]; Beschluss v. 21.09.2006, Az. IX ZR 137/05, Rn. 4 (n. v.). 1251 So Jungk, BRAK-Mitt. 2008, 262; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 630.

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V. Rat zum sichersten Weg Regelmäßig wird sich an die Belehrung des Mandanten über die Rechtslage sowie die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile ein Rat des Rechtsanwalts im Sinne einer Handlungsempfehlung anschließen.1252 Denn die Rechtsprechung fordert, dass der Rechtsanwalt seinem Mandanten nach der umfassenden Belehrung die zielführenden Schritte vorzuschlagen und ihm insoweit „den sichersten und gefahrlosesten1253 Weg“ zu empfehlen hat.1254 Diese Pflicht, dem Mandanten zu dem risikoärmsten Weg zur Erreichung seiner Ziele zu raten, wird üblicherweise als „Gebot des sichersten Weges“ bezeichnet.1255 Die Wortwahl der Rechtsprechung ist insoweit verschiedentlich kritisiert worden, da es einen maximal sicheren, mithin „sichersten“ Weg nicht geben kann.1256 Schließlich ist bei jedem geplanten Vorgehen immer noch ein zusätzlicher Schritt, welcher der Absicherung des Erfolges dienen soll, denkbar. So hatte auch das Reichsgericht ursprünglich lediglich den Komparativ verwendet und von dem „sichereren und gefahrlosere[n]“ Weg gesprochen.1257 Diese Wortwahl hatte der Bundesgerichtshof auch zunächst übernommen.1258 Schon bald wurden die Anforderungen an den Rechtsanwalt in der Rechtsprechung jedoch auf den jetzt geltenden Superlativ verschärft.1259 Erst in der jüngeren Zeit hat die Rechtsprechung die Vorschläge der Literatur statt dem „sichersten“ Weg lediglich den „sichereren“ 1260 oder „relativ sichersten“ 1261 Weg zu fordern, des Öfteren aufgegriffen.1262 1252 Vgl. Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 561 f.; G. Fischer, NJW 1999, 2993 (2994). 1253 Es ist bereits aus semantischer Sicht zweifelhaft, ob dem „gefahrlosesten“ Weg überhaupt eine sinnvolle Bedeutung zuzumessen ist; darauf kommt es im Ergebnis aber nicht an, da die Rechtsprechung hierin kein eigenständiges Prüfkriterium sieht. 1254 Vgl. das Zitat oben bei Fn. 1212. 1255 Vgl. nur BGH, NJW-RR 2008, 1235, (amtlicher) Leitsatz 1; NJW-RR 2007, 1556, (amtlicher) Leitsatz 1; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 69; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, Rn. B 173; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 31. 1256 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 131 f., 142; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 638; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 567. 1257 RGZ 149, 321 (325); vgl. auch RGZ 151, 259 (264): der „sichere und weniger gefährliche“ Weg. 1258 Vgl. etwa noch BGH, MDR 1961, 578 (579). 1259 Wohl zuerst in BGH, VersR 1960, 932 (933); im Anschluss NJW 1961, 601 (601); VersR 1963, 387 (388); NJW 1974, 1865 (1866); aus jüngerer Zeit BGHZ 193, 193 (200 f.); MDR 2012, 1116 (1117); NJW 2006, 3494 (3495). 1260 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 131 ff. 1261 Ganter, AnwBl. 2007, 181 (183); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 638; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 567; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 13 Rn. 2.

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In der Sache erlegt das Gebot des sichersten Weges dem Rechtsanwalt die Verpflichtung auf, dem Mandanten das Vorgehen, das seine Interessen mit dem geringsten Risiko erreicht bzw. zumindest anstrebt, ausdrücklich anzuraten. Welcher Rat des Rechtsanwalts danach angezeigt ist, lässt sich nicht abstrakt aus den Vorgaben der Rechtsprechung entwickeln, sondern bedarf der Konkretisierung anhand der materiell- oder verfahrensrechtlichen Besonderheiten im Einzelfall.1263 Die Maßgaben, anhand derer die Risiken der verschiedenen Vorgehensweisen zu bestimmen sind, lassen sich allerdings noch in mehreren Aspekten präzisieren. So müssen die Handlungsoptionen, die in den Vergleich einzustellen sind, jeweils für sich rechtlich zulässig sein.1264 Diese Maßgabe rechtfertigt sich – soweit es sich nicht ohnehin bereits um gegenüber jedermann geltende Verbote, wie zum Beispiel Straftatbestände, handelt – aus der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege gemäß §§ 1, 3 BRAO: Damit wäre es unvereinbar, wenn der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs zu einem Verstoß gegen zwingende Rechtsnormen raten würde.1265 Das hat zum Beispiel zur Folge, dass ein Rechtsanwalt im Prozess nicht unter Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO wesentlichen Tatsachenvortrag zurückhalten darf, um die Erreichung des Prozessziels seines Mandanten wahrscheinlicher zu machen.1266 Unklar bleibt danach aber, ob diese Ausführungen allein für gesetzeswidrige Maßnahmen oder auch für vertragswidrige Maßnahmen gelten. Denn die wenigen hierzu veröffentlichten Entscheidungen betreffen allein Verstöße die sich gegen gesetzliche Normen, zum Beispiel des Zivilprozessrechts, richten. Auf diese Frage nach vertragswidrigen Maßnahmen kommt es etwa in folgendem Beispielsfall an: Ein Verkäufer findet nach Abschluss des Kaufvertrages aber vor dessen Erfüllung einen Käufer, der bereit ist, einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Wenn der Verkäufer sich nun an einen Rechtsanwalt mit der Bitte um Beratung, ob und wie er den Kauf mit dem späteren Käufer durchführen kann, wendet, stellt sich die Frage: Darf oder gegebenenfalls sogar muss der Rechtsanwalt dem Verkäufer raten, unter Verstoß 1262 So BGH, NJW 2011, 2889 (2890); NJW 2010, 1360 (1361); NJW 2009, 2949 (2950); NJW-RR 2007, 1556 (1557); NJW 1999, 1391 (1391); NJW 1993, 2799 (2800); NJW-RR 1992, 1110 (1112); Borgmann, NJW 2010, 1924 (1927) weist darauf hin, dass der „sicherste“ Weg im Zusammenhang mit der Wahrung von Verjährung gebraucht wird, während der „relativ sicherste“ Weg im Zusammenhang mit rechtsgestaltenden Tätigkeiten verwendet wird. 1263 Vgl. Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 576 ff.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 640 ff.; oben § 15 II. (S. 183). 1264 BGH, ZIP 1983, 863 (864); vgl. auch BGH, NJW 1992, 1159 (1160); NJW 1988, 2880 (2881); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 13 Rn. 3; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 575; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 78; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 616. 1265 BGH, ZIP 1983, 863 (864). 1266 BGH, ZIP 1983, 863 (864).

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gegen dessen vertragliche Pflicht zur Übereignung der Kaufsache (vgl. § 433 Abs. 1 BGB), einen Kaufvertrag mit dem späteren Käufer abzuschließen und auch zu erfüllen?1267 Dagegen könnten manche Stimmen in der Literatur sprechen, nach denen der Rechtsanwalt nicht zu „unredlichen“ Maßnahmen raten darf.1268 Auch in der Rechtsprechung wurde vereinzelt ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt nicht einer eindeutig berechtigten Leistungsklage entgegen treten dürfe.1269 Jedoch dürfte diese Rechtsprechung im Ergebnis auf einem Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO und damit Gesetzesrecht beruhen und also für die vorliegende Frage keine erhebliche Aussage enthalten. Das materielle Zivilrecht knüpft an einen Vertragsbruch des Verkäufers jedoch – vorbehaltlich einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB – lediglich die Sanktion des Schadensersatzes gemäß den §§ 280, 283, 249 ff. BGB. Insbesondere führt der Verstoß gegen die vertragliche Pflicht aus dem früheren Kaufvertrag nicht zur Nichtigkeit des späteren Kaufvertrages gemäß § 134 BGB, da die vertragliche Pflicht keine Norm im Sinne der § 134 BGB, Art. 2 EGBGB darstellt.1270 Es spricht im Ergebnis daher viel dafür, den Rechtsanwalt im obigen Beispielsfall nicht nur zu erlauben, sondern ihm sogar die Pflicht aufzuerlegen, vertragswidriges Verhalten als Handlungsalternative zur Prüfung des sichersten Weges in Betracht zu ziehen. Insofern er diese Empfehlung aus moralischen Gründen nicht abgeben möchte, steht ihm – vorbehaltlich einer Kündigung zur Unzeit – die Niederlegung des Mandats offen. Weitere Zweifel ergeben sich in Ansehung der Frage, ob der Rechtsanwalt neben der rechtlichen Sicherheit auch Fragen der Zweckmäßigkeit des Vorgehens in die Abwägung zwischen den Handlungsalternativen aufzunehmen hat. Denn es kann Situationen geben, in denen der Rechtsanwalt aufgrund seiner (zutreffenden) Rechtsauffassung ein bestimmtes Vorgehen für angezeigt hält, dass aber Umstände, die nicht in der objektiven Rechtslage begründet sind, ein anderes Vorgehen angezeigt sein lassen können. Hier kommt es auf die Frage an, ob der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seinen Rat nicht nur an der objektiven Rechtslage auszurichten, sondern ob er darüber hinaus auch Zweckmäßigkeitserwägungen miteinfließen lassen muss. Ein Beispiel dafür lässt sich im Bereich der Schenkung finden:1271 Ein Rechtsanwalt wurde mit dem Entwurf eines privatschrift1267 Der ausdrückliche Hinweis des Rechtsanwalts an den Mandanten auf die Konsequenz in Form des Schadensersatzes nach den §§ 280 Abs. 1, 3, 283, 249 ff. BGB ist selbstverständlich erforderlich und wird hier nicht weiter problematisiert. 1268 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 616; ähnlich Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 140: „die Grenze des Unzumutbaren (Unehrlichkeit) oder Unredlichen (Irreführen, Austricksen)“. 1269 OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 09.01.1991, Az. 23 U 101/90 (n. v.), zitiert nach Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 78 Fn. 407. 1270 Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134 Rn. 2, Sprau, in: Palandt, BGB, Einl Rn. 19. 1271 Nach BGH, VersR 1975, 540.

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lichen Schenkungsvertrages beauftragt. Dem Rechtsanwalt war dabei völlig bewusst, dass das Schenkungsversprechen nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedurfte. Es bestand allerdings Anlass zu befürchten, dass der Schenkende bei einer „Warnung“ durch den Notartemin die Schenkung womöglich doch nicht mehr abschließen wollen würde. Der Abschluss der privatschriftlichen Schenkungsvereinbarung bot andererseits die Aussicht auf faktische Erfüllung, was nach § 518 Abs. 2 BGB zur Heilung des Formmangels geführt hätte. Vor diesem Hintergrund entschied sich der Rechtsanwalt, es mit einer privatschriftlichen Schenkungsvereinbarung zu versuchen. Letztendlich berief sich der Schenkende dann aber auf die Formunwirksamkeit und vollzog die Schenkung nicht. In der Haftungsklage gegen den Rechtsanwalt führte der Bundesgerichtshof aus: „Der ,sicherste‘ Weg ist nicht immer der juristisch völlig unangreifbare Weg. Es kann gelegentlich andere Wege geben, die, jedenfalls ex ante und darauf ist abzustellen betrachtet, wahrscheinlicher und damit auch ,sicherer‘ zu dem vom Mandanten erstrebten Ziel führen. Ein Anwalt darf sich in solchen Fällen Zweckmäßigkeitserwägungen nicht verschließen und kann oder muß sogar bisweilen Wege beschreiten, die rechtlich nicht abgesichert oder sogar nicht einmal haltbar sind [. . .].“ 1272

Die Literatur pflichtet diesen Ausführungen überwiegend bei.1273 Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass entsprechende Aussagen in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr zu finden sind.1274 Andererseits findet sich in der jüngeren Rechtsprechung die Aussage, dass der Rechtsanwalt den einfachsten, schnellsten und zunächst naheliegenden Weg zu empfehlen habe,1275 was ebenfalls auf eine Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit deuten würde. Ob und inwieweit die Zweckmäßigkeit danach noch ein eigenständiges Kriterium bei der Ermittlung des sichersten Weges ist, bleibt daher unklar.

§ 19 Insbesondere: Der Abschluss eines Vergleichs Ein besonderes Augenmerk verdienen auch die Maßgaben der Rechtsprechung und Literatur zu den einzelnen Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit dem Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs oder eines Prozessvergleichs. 1272 BGH, VersR 1975, 540 (541); vgl. auch BGH, NJW 1974, 1865 (1867); NJW 1988, 2880 (2881). 1273 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 568 f.; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 139; krit. hingegen Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 13 Rn. 7 f. 1274 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 570. 1275 BGH, Beschluss vom 04.07.2013, Az. IX ZR 8/11 [n. v.]; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3344).

§ 19 Insbesondere: Der Abschluss eines Vergleichs

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Zur Entwicklung der entsprechenden Pflichten stehen (auch) der Rechtsprechung zahlreiche Fälle zur Verfügung. So wurden zum Beispiel im Jahre 2012 im bundesweiten Durchschnitt ca. 15,3 %1276 der Zivilsachen vor den Amtsgerichten, 24,5 %1277 der Zivilsachen vor den Landgerichten in erster Instanz, 12,6 %1278 der Zivilsachen vor den Landgerichten als Berufungsinstanz und 17,8 %1279 der Berufungssachen vor den Oberlandesgerichten durch Vergleich erledigt. Angesichts dieser nennenswerten Anzahl von Vergleichen ist nicht verwunderlich, dass auch die Regressfälle gegen die beteiligten Rechtsanwälte nicht selten sind.1280 Nach Borgmann ist der Abschluss von (Prozess-)Vergleichen aufgrund der weitreichenden Pflichten des Rechtsanwalts sogar „immer eine halsbrecherische Angelegenheit, die ihm jahrelang dauernden Ärger verschaffen kann“ 1281. Für die Darstellung ist zunächst eine Abgrenzung zum Gebot des sichersten Weges vorzunehmen (I.). Danach ist auf die Frage einzugehen, ob Pflichten des Rechtsanwalts in Bezug auf die Vergleichsverhandlung bestehen (II.). Schließlich werden die Maßgaben der Rechtsprechung im Hinblick auf die Belehrungs- (III.) und Beratungspflichten bei Abschluss eines Vergleichs (IV.) sowie auf Pflichten bezüglich der Gestaltung des Vergleichs (V.) diskutiert.

I. Abgrenzung zum Gebot des sichersten Weges Nach teilweiser Ansicht handelt es sich bei den auf den Vergleichsabschluss bezogenen Pflichten des Rechtsanwalts um Ausprägungen des Gebots des sichersten Weges.1282 Die wohl überwiegende Auffassung entwickelt die vergleichsbezogenen Pflichten des Rechtsanwalts autonom von dem Gebot des sichersten Weges, da die Entscheidung zum Abschluss eines Vergleichs nicht einen von mehreren möglichen Wegen zur Erreichung des ursprünglichen Ziels, sondern schlicht ein neues, anderes Ziel darstellt.1283 Auch die Rechtsprechung erwähnt insoweit das Gebot des sichersten Weges nicht (mehr).1284 1276

Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 22, Ziff. 2.1.2, Lfd. Nr. 28. Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 46, Ziff. 5.1.2, Lfd. Nr. 40. 1278 Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 62, Ziff. 6.1.2, Lfd. Nr. 32. 1279 Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 84, Ziff. 8.1.2, Lfd. Nr. 29. 1280 Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 71. 1281 Borgmann, NJW 2014, 3412 (3415). 1282 So die insoweit vereinzelt gebliebene Entscheidung BGH, VersR 1961, 467 (470); ferner Edenfeld, MDR 2001, 972 (972); Schlee, AnwBl. 1993, 341 (341); insoweit unklar G. Fischer, NJW 1999, 2993 (2995). 1283 So ausdrücklich Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 588; in der Sache auch Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 39, § 13 Rn. 11; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 112; Schultz, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, Anhang 1277

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Den Inhalt der Pflichten umreißt der Bundesgerichtshof so: Der Rechtsanwalt muss, „wenn er zum Vergleich rät, abwägen, ob er den wohlverstandenen Interessen seines Mandanten genügt; er muss hierbei auf Bedenken oder auf die seinem Mandanten durch den vorgesehenen Vergleich entstehenden nachteiligen Folgen hinweisen; er darf jedenfalls dann nicht ohne weiteres einen Vergleich empfehlen, vorschlagen oder gar selbst unwiderruflich abschließen, wenn nach der Prozesslage begründete Aussicht besteht, dass im Falle der Entscheidung ein günstigeres Ergebnis zu erzielen ist; zumindest muss der Rechtsanwalt bei einer Beratung darauf hinweisen [. . .].“ 1285

II. Pflichten in Bezug auf die Verhandlungsführung? Es fällt auf, dass sich die Pflichten nach der obigen Formulierung der Rechtsprechung ausschließlich mit dem Zuraten zu dem Vergleichsabschluss bzw. dem Abraten von dem Vergleichsabschluss beschäftigen. Ob und inwiefern den Rechtsanwalt bereits auf dem Weg dorthin, das heißt im Verlauf der Vergleichsverhandlung, Pflichten treffen, ist in der Rechtsprechung hingegen, soweit ersichtlich, bislang nicht erörtert worden. Auch in der Literatur finden sich, ebenfalls soweit ersichtlich, kaum Ausführungen zu dieser Frage.1286 Einzig Vollkommer/Greger/Heinemann beziehen dazu Stellung und vertreten, dass der Rechtsanwalt im Verlauf der Verhandlungen über den Vergleich „engagiert für die Interessen seines Mandanten eintreten“ 1287 muss. Das weitest gehende Fehlen von Stellungnahmen in diese Richtung dürfte auf zwei Aspekten beruhen: Zunächst fehlen – anders als zum Beispiel im Zivilprozess die Verfahrensregeln der ZPO – anerkannte Regeln einer guten Verhandlungsführung, die den Maßstab für die Pflichten des Rechtsanwalts legitimieren und konkretisieren könnten. Zwar liegt eine Vielzahl von Arbeiten verschiedener Fachrichtungen vor, welche auch die psychologischen Rahmenbedingungen eines zielführenden Zivilrechtliche Anwaltshaftung, Rn. 230; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 19a; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 40; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 86 f. 1284 So Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 588 mit der Ausnahme BGH, VersR 1961, 467 (470). 1285 BGH VersR 1961, 276 (278); in der Sache ähnlich BGH, NJW 2010, 1357 (1357); NJW 2002, 292 (292); NJW 1993, 1325 (1326, 1328) [sowie zur gleichen Sache erneut BGH, NJW-RR 1996, 567 (567 f.)]; NJW-RR 2000, 791 (792) [zum Patentanwalt]. 1286 Insoweit unklar Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 88, die zwar zunächst an das „Aushandeln des Vergleichs“ aufgreift, dann aber nur noch an „die Vereinbarung“ anknüpft. 1287 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 41.

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Verhandlungsprozesses benennen.1288 Jedenfalls aus den bislang vorliegenden Arbeiten lässt sich aber keineswegs eine für jede Situation zielführende Verhandlungstaktik für den Rechtsanwalt ableiten. Für den Vorwurf der Pflichtverletzung des Rechtsanwalts durch eine suboptimale Verhandlungsführung bei der Verhandlung eines Vergleichs fehlt es daher an objektivierbaren Maßstäben. Ferner lautet der Vorwurf in den Regressprozessen, die sich auf den Abschluss von Vergleichen beziehen in aller Regel entweder, dass ein suboptimaler Vergleich abgeschlossen worden ist, obwohl ein Prozess für den Mandanten günstiger gewesen wäre, oder dass ein den Mandanten übervorteilendes Vergleichsangebot nicht angenommen wurde und dass daher im Folgeprozess weniger erreicht worden ist. In beiden Konstellationen bietet sich eine Prüfung (nur) des Vergleichs zwischen dem abgeschlossenen Vergleich und einem hypothetischen Prozess bzw. zwischen dem Vergleichsangebot und dem tatsächlich durchgeführten Prozess an. Denn das real erzielte Ergebnis und das hypothetische Ergebnis lassen sich verhältnismäßig einfach vergleichen: Schließlich liegt das hypothetische Ergebnis entweder bereits selbst vor, zum Beispiel als nicht angenommenes Vergleichsangebot in Höhe von A 10.000,– gegen Abgeltung aller Ansprüche, oder es lässt sich im Falle des hypothetischen Prozesses anhand der Maßgaben des materiellen Rechts ermitteln. Eine weitere Berücksichtigung des Verfahrens der Vergleichsverhandlung entfällt damit. Schließlich ergäbe sich insoweit auch das Problem, dass der Mandant für die Kausalität der Pflichtverletzung des Rechtsanwalts für das Vergleichsergebnis darlegungs- und beweisbelastet wäre, mithin also den hypothetischen Verhandlungsverlauf beweisen müsste – was regelmäßig kaum zu leisten sein dürfte. Danach kann vorliegend nicht von dem Bestehen von Pflichten in Bezug auf die Verhandlungsführung bei Vertrags- und Vergleichsverhandlungen ausgegangen werden.

III. Belehrungspflichten Der Rechtsanwalt soll seinen Mandanten im Allgemeinen durch eine zutreffende und vollständige Belehrung in die Lage versetzen, eigenverantwortlich über die Wahrung oder Durchsetzung seiner Rechte zu entscheiden.1289 Dies gilt auch und gerade bei der Belehrung im Vorfeld eines möglichen Vergleichsabschlusses: Hier regelt der Mandant seine Rechtsbeziehungen neu und muss daher durch die entsprechende Belehrung durch seinen Rechtsanwalt eine taugliche Beurteilungsgrundlage für die Entscheidung für oder gegen den Abschluss des Vergleichs haben. Daher treffen den Rechtsanwalt in dieser Situation besondere Belehrungspflichten in Bezug auf die Vor- und Nachteile des Vergleichsabschlusses 1288 1289

Oben § 8 (S. 80 ff.). Oben § 18 I. (S. 204).

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

im Verhältnis zu den Erfolgsaussichten einer prozessualen Durchsetzung bzw. Abwehr der Ansprüche.1290 Die Erfolgsaussichten einer prozessualen Durchsetzung oder Abwehr der Ansprüche des Mandanten bemisst sich zuvörderst nach der Sach- und Rechtslage einschließlich der Lage in Ansehung der Beweismittel.1291 Der Rechtsanwalt muss daher den Mandanten belehren, zu welchem Ergebnis eine rechtliche Würdigung des bislang feststehenden Sachverhalts gelangen würde, welche Implikationen andere tatsächliche Umstände darauf haben könnten und welche prozessualen Probleme im Rahmen der Durchsetzung oder Abwehr der Ansprüche gegebenenfalls auftauchen könnten. Dabei darf sich der Rechtsanwalt jedoch nicht darauf beschränken, pauschal vor Risiken zu warnen. Er muss dem Mandanten vielmehr auch das Ausmaß des Risikos, das heißt die Wahrscheinlichkeit des Prozessverlustes,1292 verdeutlichen, da der Mandant erst und nur auf dieser Grundlage seine Entscheidung sorgfältig abwägen kann.1293 Neben den rein rechtlichen Auskünften hat der Rechtsanwalt den Mandanten außerdem auch über nicht-rechtliche Umstände zu belehren: Dazu zählen vor allem die wirtschaftlichen Implikationen des Vergleichs.1294 Solche wirtschaft-

1290 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); NJW 2009, 1589 (1590); NJW 2002, 292 (292); NJW-RR 2000, 791 (792); NJW-RR 1996, 567 (567); NJW 1993, 1325 (1326); VersR 1961, 467 (468); OLG Karlsruhe, WM 2013, 1759 (1760); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Borgmann, NJW 2014, 3412 (3415); Borgmann, NJW 2013, 3343 (3346); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 73 f.; Edenfeld, MDR 2001, 972 (973); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 15 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 792; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 121; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 40; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2033. 1291 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); NJW 2009, 1589 (1590); OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 337 (337 f.); OLG Oldenburg, NJW-RR 1991, 1499 (1499); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2027; Edenfeld, MDR 2001, 972 (973); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 15 f. 1292 So ausdrücklich BGHZ 89, 178 (182) [Hervorhebung aber nur hier]. 1293 BGHZ 89, 178 (182); BGH, NJW-RR 2000, 791 (792) [zum Patentanwalt]; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2011, 2011, 1688 (1689); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 76 f.; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 15 f.; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2027; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 793. 1294 BGH, NJW 2009, 1589 (1591); NJW 1993, 1325 (1325); Beschluss vom 20.07.2006, IX ZR 102/04, Tz. 5 [n. v.]; OLG Dresden, OLGR 2003, 148 (149); OLG Düsseldorf, NJWE-VHR 1997, 12 (13 f.); OLG Köln, OLGR 1991, 4 (4 f.); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 795; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2028;

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lichen Konsequenzen betreffen unter anderem das prozessuale Kostenrisiko1295, die Zeit- und Ressourcenersparnis sowie die Meidung des Insolvenzrisikos der Gegenseite bei einer schnellen Streitbeilegung durch Vergleich,1296 sowie auch Erwägungen im Hinblick auf etwaige steuerrechtliche Konsequenzen1297 der angestrebten Vergleichslösung. Schließlich hat der Rechtsanwalt auch abzuwägen, welche persönlichen Effekte der Vergleichsschluss aus der Warte des Mandanten haben könnte.1298 Dazu zählen vor allem die psychische Belastung des Mandanten im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung sowie die Belastung der persönlichen Beziehung der Parteien zueinander.1299 Diese Belehrungspflichten haben einen nochmals gesteigerten Umfang, wenn der Abschluss des Vergleichs für den Mandanten von nicht unerheblicher Tragweite ist, wie es vor allem bei Abfindungsvergleichen der Fall sein kann.1300 Aufgrund der besonderen Prognoselast des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Belehrung über hypothetische Verläufe bemessen sich seine Belehrungspflichten nicht – wie in Ansehung der übrigen Hauptpflichten formuliert –1301 nach der ex-post-Perspektive. Maßgeblich ist vielmehr die Wahrnehmung der Edenfeld, MDR 2001, 972 (974); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 88; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 137. 1295 Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 151. 1296 BGH, NJW 1993, 1325 (1329); OLG Dresden, OLGR 2003, 148 (150); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 795. 1297 Edenfeld, MDR 2001, 972 (974); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 91; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2023; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 40; wohl auch BGH, NJW 2009, 1589 (1590). 1298 BGH, Beschluss v. 20.07.2006, Az. IX ZR 102/04, Rn. 5 (n. v.); OLG Dresden, OLGR 2003, 148 (151); OLG Düsseldorf, NJWE-VHR 1997, 12 (13 f.); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 795; Müller, JR 1969, 161 (166); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 137; Edenfeld, MDR 2001, 972 (973); Mennemeyer, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2028; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 40; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 118; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 76; Franzen, NJW 1984, 2263 (2263). 1299 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 795; Müller, JR 1969, 161 (166); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 137; Edenfeld, MDR 2001, 972 (973); Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2028. 1300 BGH, NJW 1984, 2085 (2086); OLG Karlsruhe, WM 2013, 1759 (1760); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 797; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2037; Edenfeld, MDR 2001, 972 (974). 1301 Oben § 15 II. (S. 183) bei Fn. 1079.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Lage zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses (bzw. Vergleichsangebots), also die ex-ante-Perspektive.1302

IV. Beratungspflicht für oder gegen den Vergleichsabschluss Der Rechtsanwalt kann jenseits der Belehrung über die oben genannten Umstände verpflichtet sein, dem Mandanten den Abschluss des Vergleichs positiv zu empfehlen oder negativ davon abzuraten, wenn der Vergleich sich als eindeutig günstiger oder eindeutig ungünstiger gegenüber einer prozessualen Durchsetzung der Rechte des Mandanten darstellt.1303 In dem häufigen Fall, dass keine entsprechende Vor- oder Nachteilhaftigkeit festzustellen ist, trifft den Rechtsanwalt hingegen keine Beratungspflicht; es verbleibt dann bei den Pflichten zur Belehrung des Mandanten, dem dann die Entscheidung aufgrund einer eigenen Abwägung obliegt.1304 Der Entscheidungsmaßstab des Rechtsanwalts für die Feststellung einer solchen eindeutigen Vorteilhaftigkeit oder Nachteilhaftigkeit eines Vergleichsangebots dürfte sich aus den oben genannten Kriterien, das heißt vor allem den prozessualen Erfolgsaussichten, aber auch den sonstigen Umständen wie Kostenrisiken, wirtschaftliche Vor- und Nachteilen oder persönliche Auswirkungen auf den Mandanten, ergeben.1305 Der Rechtsanwalt kann daher durchaus in „eine fast unlösbare Zwickmühle“ 1306 geraten, wenn sich die Rechtslage nicht sicher beurteilen lässt oder wenn wirtschaftliche oder persönliche Aspekte für einen Vergleichsschluss entgegen der materiellen Rechtslage sprechen. 1302 BGH, VersR 1968, 450 (452); OLG Düsseldorf, NJWE-VHR 1997, 12 (13); OLG Hamm, VersR 1992, 1404; OLG Frankfurt a. M., NJW 1988, 3269 (3270); OLG Hamburg, VersR 1980, 1073 (1074); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 798; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 117; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2046; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 18. 1303 BGH, NJW 2010, 1357 (1357 f.); NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (451); VersR 1961, 276 (278); OLG Hamm, FamRZ 1999, 1423 (1424); OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2007, Az. 12 U 147/06 [n. v.]; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3346); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 798; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 42; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2029 f.; Edenfeld, MDR 2001, 972 (972); Pfeiffer, in: Soergel, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 195. 1304 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 564 f. 1305 Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 136 f.; Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (551). 1306 Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 76.

§ 19 Insbesondere: Der Abschluss eines Vergleichs

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Befinden sich der Mandant und sein Gegner in einem Zivilprozess, ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass das Gericht entweder ausdrücklich oder durch mehr oder weniger eindeutige Hinweise einen Vorschlag für einen aus Sicht des Gerichts nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage angemessenen Vergleich macht. Insoweit ließe sich erwägen, ob das Vorliegen des gerichtlichen Vergleichsvorschlags den Rechtsanwalt von seiner Pflicht zur Beratung über die Vor- und Nachteile des Vergleichs entbindet oder ihn zumindest für Fälle einer unzutreffenden Beratung exkulpiert. Dies wird jedoch von der überwiegenden Auffassung verneint: Danach bleibt der Rechtsanwalt trotz des Vergleichsvorschlags des Gerichts verpflichtet, seinen Mandanten ordnungsgemäß zu beraten und der Umfang dieser Pflichten wird auch nicht gemindert.1307 Zwar finden sich in der Literatur1308 und vereinzelt auch in der Rechtsprechung1309 Stellungnahmen, welche den gerichtlichen Vergleichsvorschlag zumindest als zulässigen Aspekt im Rahmen der Abwägung des Rechtsanwalts über die Vor- und Nachteile des Vergleichs werten wollen. Der Bundesgerichtshof hat diesen Aspekt jedoch zumindest bislang nicht in seine Ausführungen übernommen, so dass nicht klar ist, ob und inwieweit er diesem zustimmen würde. Im Ergebnis erkennt aber auch die Rechtsprechung an, dass eindeutige Auskünfte im Hinblick auf die Rechtslage oft kaum möglich sind.1310 Auch die Berücksichtigung der weiteren, außerrechtlichen Aspekte führt häufig eher zu einem differenzierteren und im Ergebnis weniger eindeutigen Bild, als es bei einer rein rechtlichen Prüfung der Fall wäre. Daher kommt dem Rechtsanwalt nach der herrschenden Auffassung bei der Abwägung, ob er zum Vergleich oder dagegen rät, ein Ermessensspielraum zu.1311 Der Grund dafür liegt im Wesentlichen in der 1307 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); OLG Saarbrücken, OLGR 2001, 437 (440); OLG Frankfurt a. M., NJW 1988, 3269 (3270); FamRZ 1991, 1047 (1049); OLG Stuttgart, VersR 1984, 450 (451); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 796; Borgmann, NJW 2010, 1924 (1928); Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2031; Vollkommer/Greger/ Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 41; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 116. 1308 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 796; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 95; Edenfeld, MDR 2001, 972 (975); Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2031; nur vorsichtig in diese Richtung Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 116. 1309 So OLG Frankfurt a. M., FamRZ 1991, 1047 (1048); NJW 1988, 3269 (3270). 1310 OLG Frankfurt a. M., NJW 1988, 3269 (3270); vgl. auch BGH, NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (451). 1311 BGH, NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (452); OLG Dresden, OLGR 2003, 148 (149); OLG Hamburg, OLGR 1998, 366 (367); OLG Hamm, NJWE-VHR 1997, 205 (205); D. Fischer, Sonderbeilage Zivilrechtliche Haftung der Rechtsanwälte (WM 2014), S. 10; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 794; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 161 f. [vgl. auch S. 40 ff. und S. 60 ff. m.w. N. aus der Rspr. der

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

Tatsache, dass ein (zu) enges Pflichtkorsett des Rechtsanwalts bzw. eine (zu) hohe Kontrolldichte des Vergleichsschlusses durch die Rechtsprechung einen negativen Handlungsanreiz für die Rechtsanwälte bedeuten würde. So führte der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zum Ermessensspielraum des Rechtsanwalts aus: „Insbesondere belassen sie [die Sorgfaltspflichten; der Verf.] dem Anwalt den Spielraum, dessen er auch bei gewissenhafter Interessenabwägung bedarf, und setzen ihn nicht wegen jeder der Partei nachteiligen Regelung Schadenersatzansprüchen aus, was praktisch das Ende jeder außergerichtlichen Vergleichspraxis bedeuten würde.“ 1312

Nach einer neueren Rechtsprechung ist dieser Ermessensspielraum aber jedenfalls dann überschritten und nur ein Abraten von dem Abschluss des Vergleichs pflichtgemäß, wenn der Vergleich für den Mandanten eine unangemessene Benachteiligung darstellt und eine begründete Aussicht auf ein wesentlich günstigeres Ergebnis für den Fall einer streitigen Entscheidung zu erwarten ist.1313 Ob und inwieweit mit dieser neueren Rechtsprechung insgesamt eine Aufgabe oder zumindest Einschränkung des Ermessensspielraums des Rechtsanwalts bei der Abwägung eines Vergleichsangebots verbunden ist, ist bislang noch nicht untersucht worden.1314 Führt die Abwägung des Rechtsanwalts zu keinem eindeutigen Ergebnis, weil keine der Handlungsoptionen eindeutig mehr oder weniger geeignet ist, dem Willen des Mandanten zu entsprechen, darf sich der Rechtsanwalt auf die Belehrung über die verschiedenen Risiken beschränken und muss keine Empfehlung für oder gegen den Vergleichsschluss abgeben.1315 Obergerichte]; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 118; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 112 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 41; Edenfeld, MDR 2001, 972 (972). 1312 BGH, VersR 1968, 450 (451); dem folgend OLG Koblenz, OLGR 2008, 123 (123); KG, KG-Report 2005, 89 (90); OLG Saarbrücken, OLGR 2001, 437 (440); OLG Düsseldorf, NJWE-VHR 1997, 12 (13); OLG Oldenburg, NJW-RR 1991, 1499 (1499); vgl. auch OLG Köln, GI aktuell 2013, 89 (92) [zum Steuerberater]. 1313 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); ebenso, sogar im Leitsatz, BGH, Beschluss vom 26.01.2012, Az. IX ZR 222/09 [insoweit nicht in BRAK-Mitt 2012, 73, wiedergegeben]; ähnlich, jedoch unter Verzicht auf das zweite kumulativ erforderliche Kriterium der unangemessenen Benachteiligung BGH, NJW-RR 1995, 567 (568) [mit inhaltlich nicht zutreffendem redaktionellen Leitsatz in NJW-RR 1995, 567]; NJW 1993, 1325 (1328); Borgmann, NJW 2012, 3217 (3220); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 794; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 119; Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (551). 1314 Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 59 f., konstatiert zu BGH, NJW 1993, 1325, und NJW-RR 1996, 567, nur, dass der BGH erneut das Bestehen eines Ermessensspielraums bestätigt habe; Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (551) geht offenbar davon aus, dass die Grundsätze zum Ermessensspielraum im Übrigen fortgelten. 1315 BGH, NJW 1994, 2085 (2086 f.); NJW 2002, 292 (292 f.); Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2031.

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen

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Die Ausübung des Ermessens des Rechtsanwalts ist in einem Regressprozess, wie auch bereits die Aufklärungspflichten, nicht aus der ex-post-Perspektive sondern aus der damaligen Sichtweise, mithin der ex-ante-Perspektive, zu überprüfen.1316

V. Gestaltung des Vergleichs Schließlich treffen den Rechtsanwalt im Hinblick auf die inhaltlich-technische Gestaltung des Vergleichs diejenigen Pflichten, die ihn auch sonst im Rahmen einer rechtsgestaltenden Tätigkeit treffen.1317 Im Rahmen des Entwurfs des Vergleichstextes hat der Rechtsanwalt dafür Sorge zu tragen, dass der Wille seines Mandanten richtig und vollständig wiedergegeben wird und dass kein relevanter Gesichtspunkt ungeregelt bleibt. Außerdem muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass der Wille seines Mandanten so klar als möglich zum Ausdruck gebracht wird und Mehrdeutigkeiten in der Formulierung, die zu Auslegungszweifeln führen können, vermieden werden.1318 Diese Pflicht betrifft damit nur noch die kautelarjuristische Umsetzung des Verhandlungsergebnisses, auf das sich der Mandant nach der Belehrung und Beratung durch seinen Rechtsanwalt einlassen möchte.

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen Eine Haftung aus den §§ 675, 611, 280 Abs. 1, 249 ff. BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvertrag setzt neben einer Verletzung der in den §§ 15–19 dargestellten Pflichten noch weitere Kriterien voraus. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Voraussetzungen der objektiven Pflichtwidrigkeit (I.), des Verschuldens (II.) sowie über Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität und des Schadens gegeben (III.) 1316 BGH, VersR 1968, 450 (452); OLG Düsseldorf, NJWE-VHR 1997, 12 (13); OLG Hamm, VersR 1992, 1404; OLG Frankfurt a. M., NJW 1988, 3269 (3270); OLG Hamburg, VersR 1980, 1073 (1074); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 798; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 117; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2046; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 18. 1317 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45. 1318 BGH, NJW 2002, 1048 (1049); JR 1969, 17 (18); VersR 1960, 932 (933); VersR 1960, 546 (548); vgl. auch BGH, NJW 1996, 2648 (2650) [zur Abgabe einer Gestaltungserklärung für den Mandanten]; NJW 1996, 2929 (2932); Vill, in: Zugehör/Fischer/ Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Edenfeld, MDR 2001, 972 (976); Borgmann, FS Heussen, S. 83 (99); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 126; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 101 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1726 [auf S. 702 findet sich zwischen den Rn. 2023 und 2024 die Rn. 1726].

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

I. Objektive Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit In der rechtswissenschaftlichen Literatur zur Haftung des Rechtsanwalts wird diskutiert, ob eine Haftung aus den §§ 675, 611, 280, 249 ff. BGB neben einer Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und dem Vertretenmüssen gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 BGB noch zusätzlich eine objektive Pflichtwidrigkeit oder Rechtswidrigkeit voraussetzt und welchen Inhalt dieses Kriterium gegebenenfalls hat.1319 Der Hintergrund dieser Diskussion ist der Folgende: Der Vorwurf schuldhaften Verhaltens gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 BGB – sei es in Form des Vorsatzes, sei es in Form der Fahrlässigkeit – setzt einen Widerspruch zu den Vorgaben der Rechtsordnung und damit eine Rechtswidrigkeit voraus.1320 Für den Maßstab der Rechtswidrigkeit sowie ihrer Bezugspunkte ist zu unterscheiden: Im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse wie insbesondere dem Recht der unerlaubten Handlungen gemäß den §§ 823 ff. BGB geht die herrschende Auffassung davon aus, dass ein tatbestandsmäßiger Erfolg wie zum Beispiel eine Verletzung des Eigentums regelmäßig1321 indiziert, dass auch die zu diesem Erfolg führende Handlung im Widerspruch zur Rechtsordnung stand und mithin rechtswidrig war (sog. „Lehre vom Erfolgsunrecht“).1322 Im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse wird jedoch der Maßstab, anhand dessen der Vorwurf schuldhaften Verhaltens zu messen ist, konkretisiert und zugleich verschärft: Denn rechtswidrig im Vertragsverhältnis ist nicht nur, was den gegenüber jedermann geltenden Vorschriften widerspricht, sondern auch und gerade was im Widerspruch zu den sich aus dem Schuldverhältnis ergebenden Pflichten folgt. Diese objektive Pflichtwidrigkeit ersetzt damit für Pflichtverletzungen im Sinne des § 280 BGB die Rechtswidrigkeit als Voraussetzung für das Verschulden, so dass der äußere Tatbestand einer Pflichtverletzung grundsätzlich auch die objektive Pflichtwidrigkeit indiziert.1323 Ein solcher äußerer Tatbestand 1319 Vgl. G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1056 ff.; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 19 ff.; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 708 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 16 Rn. 2. 1320 Caspers, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 12; Unberath, in: Bamberger/Roth, BGB, § 276 Rn. 8; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 8. 1321 Ausnahmen gelten u. a. in Fällen von lediglich mittelbaren Verletzung, vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (BT), Rn. 1243; Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 26; Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 823 Rn. 7. 1322 Vgl. BGH, NJW 1996, 3205 (3207); Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (BT), Rn. 1241; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, § 823 Rn. 9; Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 24. 1323 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 8; Unberath, in: Bamberger/Roth, BGB, § 276 Rn. 8; Caspers, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 16; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1056;

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen

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einer Pflichtverletzung wäre etwa für den typischen Fall einer erfolgsbezogenen Leistungspflicht, wie etwa der Lieferung der Kaufsache, in dem endgültigen Ausbleiben des Erfolges zu sehen. Das Ausbleiben des Erfolges indiziert somit die objektive Pflichtwidrigkeit, was den Ergebnissen der oben genannten Lehre vom Erfolgsunrecht – dort freilich unter umgekehrten Vorzeichen – entspricht.1324 Nicht ganz geklärt und daher Gegenstand der Diskussion im Bereich der Haftung des Rechtsanwalts ist jedoch die Frage, wonach sich bei nicht-erfolgsbezogenen Pflichten, wie den Pflichten des Rechtsanwalts aus dem Rechtsanwaltsvertrag,1325 die Indikation der objektiven Pflichtwidrigkeit justieren soll. Denn nachdem kein Erfolg geschuldet ist, kann dessen Ausbleiben auch nicht die objektive Pflichtwidrigkeit indizieren. Grundmann führt als Beispiel für diese Konstellation einen Arbeitnehmer an, der wegen einer rechtlich gebotenen Unfallhilfe zu spät zur Arbeit erscheint.1326 Die mittlerweile ganz überwiegende Auffassung wendet in solchen Konstellationen im Allgemeinen die sogenannte „Lehre vom Verhaltensunrecht“ an, nach der hier die Nichterfüllung der Handlungspflicht trotz Gebotenheit der Handlung die objektive Pflichtwidrigkeit indiziert.1327 Die Gebotenheit der Handlung ist dabei qua Vertragspflicht anzunehmen, solange der Schuldner nicht außervertragliche Rechtfertigungsgründe wie zum Beispiel Notwehr, Notstand oder Selbsthilfe, §§ 227–229 BGB, dargelegt hat. Für den Rechtsanwalt bedeutet dies, dass zum Beispiel bereits das Unterlassen einer an sich notwendigen Belehrung, also die Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, die angesprochene Indizwirkung zeitigt.1328 Da Rechtfertigungsgründe wie etwa Notwehr, Notstand oder Selbsthilfe, §§ 227–229 BGB, in aller Regel ohnehin nicht in Betracht kommen,1329 wird das Kriterium der objekBorgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 21; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 708; Vollkommer/Greger/ Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 16 Rn. 1. 1324 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 8; Unberath, in: Bamberger/Roth, BGB, § 276 Rn. 8; Grundmann, in: MünchKomm-BGB, § 276 Rn. 16. 1325 Oben § 15 I. (S. 180). 1326 Grundmann, in: MünchKomm-BGB, § 276 Rn. 15. 1327 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 16 Rn. 1; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1056; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 21; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 708; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 8; Unberath, in: Bamberger/Roth, BGB, § 276 Rn. 8; Stadler, in: Jauernig, BGB, § 276 Rn. 13; Caspers, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 276 Rn. 12, 16 f.; Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 276 Rn. 36; ebenfalls bereits Löwisch, AcP 165 (1965), 421 (428); im Ergebnis wohl auch Grundmann, in: MünchKomm-BGB, § 276 Rn. 15 f. 1328 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 22. 1329 Ein denkbares Beispiel (nach Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 16 Rn. 2 mit Fn. 7) wäre allerdings der Bruch der Verschwiegenheitspflicht durch den Rechtsanwalt zur Abwendung eines Kapitalverbrechens.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

tiven Pflichtwidrigkeit daher auch in der Rechtsprechung nicht erörtert und in der Literatur als ein Problem „theoretischer Natur“ bezeichnet.1330

II. Verschulden Eine Haftung des Rechtsanwalts aus den §§ 675, 611, 280, 249 ff. BGB scheidet aus, falls der Rechtsanwalt die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Zu vertreten hat der Rechtsanwalt Vorsatz und Fahrlässigkeit, falls keine strengere Haftung vertraglich vereinbart wurde, § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. In der Praxis spielen weder die Vereinbarung1331 einer strengeren Haftung als Fahrlässigkeit noch die Vorsatzhaftung1332 eine Rolle. Daher kommt es im Regelfall auf die Fahrlässigkeit und damit nach § 276 Abs. 2 BGB auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt an. Dieser Sorgfaltsmaßstab bemisst sich nicht nach individuellen Maßstäben, wie zum Beispiel mangelnden Kenntnissen und fehlenden Erfahrungen, sondern nach dem Maß an Fähigkeiten, Umsicht und Sorgfalt, das von den Angehörigen der betreffenden Berufsgruppe bei der Erledigung des entsprechenden Geschäfts typischerweise verlangt werden kann.1333 Die nach § 276 Abs. 2 BGB erforderliche Sorgfalt entspricht daher derjenigen, die auch in den § 85 Abs. 2 ZPO und § 233 ZPO als Verschuldensmaßstab zugrunde gelegt werden.1334 Damit ergibt sich zugleich für die Haftung des Rechtsanwalts, dass auch bei der Prüfung des Verschuldens nicht auf einen Idealanwalt, sondern auf die Sorgfalt eines gewissenhaften Durchschnittsanwalts abgestellt wird.1335 Da bereits bei der Konkretisierung der Hauptpflichten des Rechtsanwalts im Einzelfall die objektiv gebotene Sorgfalt berücksichtigt wird,1336 und da der objektive Sorgfaltsmaßstab außerdem etwaige individuelle Defizite nicht berück1330 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 708 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 16 Rn. 2; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1056. 1331 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 713 mit Fn. 16. 1332 Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 17 Rn. 1. 1333 H.M.; vgl. BGH, NJW 2003, 2022 (2024); Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 15; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 714. 1334 H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 233 Rn. 25; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1078; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 85 Rn. 22; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 69 Rn. 7. 1335 BGH, NJW 2003, 2022 (2024); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1076; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 714; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 17 Rn. 5; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. V. Rn. 29. 1336 Oben § 15 II. (S. 183).

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen

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sichtigt, kommt es im Rahmen der Haftung des Rechtsanwalts selten auf die Frage des Verschuldens an. Es liegt vielmehr in aller Regel zugleich mit der Feststellung der Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB vor und wird daher auch in der Rechtsprechung in der Regel gar nicht erörtert.1337 Ein fehlendes Verschulden kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Rechtsanwalt die geschuldete Leistung aus persönlichen Hindernisgründen überhaupt nicht erbringt, zum Beispiel also eine Frist oder einen Termin versäumt, weil er unvorhersehbar krank wird.1338 Erbringt er seine Leistung hingegen nur nicht ordnungsgemäß, etwa indem er seinen Mandanten nicht in dem erforderlichen Maße belehrt oder eine unzutreffende Empfehlung abgibt, gibt es angesichts des objektiven Sorgfaltsmaßstabs auf der Ebene der Pflichtverletzung als auch der des Verschuldens kaum Konstellationen, in denen das Verschulden zu verneinen ist. Dies wird oft mit dem Schlagsatz ausgedrückt, dass der Rechtsanwalt jeden Rechtsirrtum zu vertreten habe.1339 Von diesem Grundsatz ist insbesondere auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn – wie es zugunsten von Amtsträgern im Rahmen des § 839 BGB judiziert wird –1340 ein Kollegialgericht zu demselben unzutreffenden Ergebnis kam wie der Rechtsanwalt.1341

III. Haftungsausfüllende Kausalität und Schaden Eine Haftung des Rechtsanwalts setzt schließlich auch voraus, dass dem Mandanten ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, § 249 Abs. 1 BGB. Insoweit stellen sich grundsätzlich die allgemeinen Fragen der Kausalität und des Schadens.1342 Danach setzt die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität voraus, dass die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden ist. Bezugspunkt des hypothetischen Verlaufs ohne Pflichtverlet1337 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 731; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1076; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 17; vgl. auch BGH, NJW 1994, 2232 (2233). 1338 Vgl. G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1079 ff. m.w. N.; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 721 ff. m.w. N. 1339 BGH, VersR 1959, 638 (641); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 17; Slobodenjuk, NJW 2006, 113 (114); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1087. 1340 Vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, § 839 Rn. 53 m.w. N. 1341 BGH, NJW 2003, 2022 (2024); NJW 2009, 987 (987 f.); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1087; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 17; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 715. 1342 Vgl. etwa Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (AT), §§ 53 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Vorb v § 249 Rn. 24 ff.

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3. Abschn.: Grundzüge der Haftung des Rechtsanwalts

zung ist insoweit grundsätzlich nicht, ob der Mandant entweder aufgrund des pflichtwidrigen Rats des Rechtsanwalts oder aber aus anderen Gründen so wie geschehen gehandelt hat. Es ist vielmehr anders herum zu fragen, wie der Mandant sich verhalten hätte, wenn er von dem Rechtsanwalt pflichtgemäß beraten worden wäre.1343 Auf der Basis dieses Bezugspunkts ist daher zunächst zu erwägen, ob die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts äquivalent kausal im Sinne der conditio sine qua non Formel geworden ist, also eine ursächliche Bedingung für den Schaden des Mandanten gesetzt hat, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele bzw., soweit es um ein Unterlassen geht, die nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.1344 Danach ist zuerst festzulegen, welches Verhalten des Rechtsanwalts pflichtgemäß gewesen wäre. Eine dahingehende Festlegung liegt nicht notwendig bereits mit der Feststellung der Pflichtverletzung vor: Gerade bei der Beratung im Hinblick auf einen Vergleichsabschluss kann zum Beispiel nach der Feststellung, dass der Rat zum Vergleich pflichtwidrig war, noch offen sein, ob und welche Belehrung oder Empfehlung grundsätzlich noch pflichtgemäß gewesen wäre.1345 Erst danach kann geprüft werden, wie sich der Mandant bei einer pflichtgemäßen Beratung verhalten hätte.1346 Für diese Voraussetzungen ist grundsätzlich der Schadensersatz begehrende Mandant, unter den Erleichterungen gemäß § 287 Abs. 1 ZPO, darlegungsund beweisbelastet.1347 Insoweit vermutet die Rechtsprechung jedoch zurückhaltend1348 zugunsten des Mandanten im Wege des Anscheinsbeweises, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn nach der Lebenserfahrung bei 1343 BGH, NJW 2002, 593 (594); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1098; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 17; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 19; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 755. 1344 BGH, NJW 1990, 2128 (2129); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1097; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 17; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 19; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 19 Rn. 7. 1345 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 751 ff.; wohl auch G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1098. 1346 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 755. 1347 BGHZ 123, 311 (313); NJW 2008, 2041 (2042); Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 747; G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1104; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 19; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 31a. 1348 BGH, NJW 2009, 1591 (1592); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1122; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 18.

§ 20 Weitere Haftungsvoraussetzungen

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vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hat.1349 Die Voraussetzungen dieser Vermutung liegen aber dann nicht vor, wenn der Rechtsanwalt dem Mandanten lediglich Informationen als Entscheidungsgrundlage zu vermitteln hatte und wenn auf Basis dieser Informationen aufgrund wirtschaftlicher Aspekte verschiedene Schritte in Betracht gekommen sind.1350 Aufgrund der grundsätzlich unbeschränkten Weite der Zurechnung im Wege der äquivalenten Kausalität ist die Zurechnung anschließend vor allem durch die Filter der Adäquanz sowie des Schutzzwecks der Norm zu beschränken.1351 Derartige Fragen stellen sich vor allem, wenn die dem Rechtsanwalt vorgeworfene Pflichtverletzung einen Erstprozess betrifft und (auch) dem Erstgericht in diesem Prozess Fehler unterlaufen sind.1352 Der Inhalt des Schadensersatzanspruchs ergibt sich nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich aus einem rechnerischen Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage des Mandanten mit der hypothetischen Vermögenslage ohne den Eintritt des schädigenden Ereignisses (Differenzhypothese).1353 Auch insoweit stellen sich im Bereich der Haftung des Rechtsanwalts grundsätzlich alle allgemeinen Fragen des Schadensersatzrechts.1354 1349 Grundlegend BGHZ 123, 311 (313); vgl. ferner BGH, NJW 2008, 2647 (2648); NJW 2008, 2041 (2042); NJW 2005, 3275 (3276); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/ Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1115; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 17; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 20; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 757; Vollkommer/Greger/ Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 25 Rn. 21; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/ Ring, BGB, § 675 Rn. 81; Hermanns, JURA 2014, 365 (371). 1350 BGH, NJW 2009, 1141 (1143); NJW 2009, 1591 (1592); NJW 2008, 2647 (2647); G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1115; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 17 f.; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 758; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 82. 1351 G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1129; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 18; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 19 Rn. 8. 1352 Vgl. Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 20 1353 Allg. M.; vgl. BGHZ 188, 78 (81 f.); BGHZ 99, 182 (196); BGHZ (GS) 98, 212 (217); Grüneberg, in: Palandt, BGB, Vorb v § 249 Rn. 10 m.w. N.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (AT), Rn. 636. 1354 Vgl. G. Fischer, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 1174 ff.; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 21 ff.; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 18 f.; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 25 ff.; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 867 ff.

Vierter Abschnitt

Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation In diesem vierten Abschnitt der Untersuchung werden die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation näher beleuchtet. Dazu wird die bereits zu Beginn der Ausführungen1355 aufgeworfene Untersuchungsfrage konkretisiert und abgeschichtet (§ 21). Nach einer Festlegung im Hinblick auf den Mandatsgegenstand bei einer Beratung in der Mediation (§ 22) werden die Pflichten in den zeitlich aufeinander folgenden Stadien vor (§ 23) und während der Mediation (§ 24) untersucht. Schließlich wird darauf eingegangen, ob und inwieweit sich Besonderheiten bei einer außergerichtlichen Mediation auf Vorschlag des Gerichts gemäß § 278a ZPO (§ 25) und bei einer Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO (§ 26) ergeben.

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage Um die Untersuchungsfrage und die zugrunde liegende Problematik zu konkretisieren, bedarf es einer Darstellung der Rolle des Rechts in einem Konflikt (I.) und des Verhältnisses der Mediation zum Recht (II.). Darauf aufbauend wird die Untersuchungsfrage weiter abgeschichtet (III.).

I. Die Rolle des Rechts in einem Konflikt Die Mediation setzt logisch und auch nach der hier verwendeten Definition einen Konflikt zwischen zwei oder mehr Parteien voraus. Dabei stellt nicht jeder Interessengegensatz bereits einen Konflikt dar. Dieser setzt nach allseitigem Verständnis vielmehr voraus, dass es zu einer Interaktion zwischen den Parteien gekommen ist und dass eine Partei aufgrund dieser Interaktion ihre Vorstellung für unvereinbar mit denen der anderen Partei hält.1356

1355

Oben § 2 (S. 39 ff.). Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 27; Glasl, Konfliktmanagement, S. 17 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 26; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik I Rn. 22; ähnlich Schwarz, Konfliktmanagement, S. 36; oben § 6 (S. 67 ff.). 1356

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage

229

Ein solcher Konflikt wird zwar nicht notwendig stets, aber doch in den weitaus meisten Fällen eine rechtliche Dimension aufweisen.1357 Denn eine der Hauptfunktionen des Rechts ist es, für Konflikte Streitentscheidungen zu bieten.1358 Um dieser Entscheidungsfunktion zu entsprechen, strukturiert das materielle Recht den Inhalt der Entscheidung über den Konflikt, während das Verfahrensrecht die Herbeiführung dieser Entscheidung beschreibt.1359 Aufgrund der Tatsache, dass die Beziehungen innerhalb unserer Gesellschaft in sehr weiten Teilen verrechtlicht1360 sind, ergibt sich für die weitaus meisten Konflikte eine1361 Entscheidung aus dem materiellen Recht. Um diese Entscheidung herbeizuführen und gegebenenfalls auch durchzusetzen, steht den Konfliktparteien das Verfahrensrecht zur Verfügung.1362 Es kann somit festgehalten werden, dass das materielle Recht für die Konflikte, die in einer Mediation gelöst werden sollen, in der Regel einen Entscheidungsmaßstab vorgibt. Korrespondierend zu dem Entscheidungsmaßstab des materiellen Rechts stellt das Verfahrensrecht auch einen Weg zu der Durchsetzung bereit.1363 1357 Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (58); Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 2; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 737; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (58); Gegenbeispiele jedoch bei Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 773 ff. 1358 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, § 3 Rn. 88. 1359 Es handelt sich für vorliegende Zwecke um eine extreme Vergröberung der an sich sehr vielschichtigen Diskussion; vgl. in Bezug auf das Privatrecht und damit das (materielle) Zivilrecht und das Zivilprozessrecht Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1 Rn. 33; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 21 f.; Säcker, in: MünchKomm-BGB, Einleitung Rn. 5 f.; Rauscher, in: MünchKomm-ZPO, Einleitung Rn. 25 f., jew. m.w. N. 1360 So u. a. Henssler, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 3 Rn. 3; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (58); Hehn, in: Haft/ Schlieffen, Handbuch Mediation, § 8 Rn. 31. 1361 Vorliegend wird nicht die rechtstheoretische Frage erörtert, ob das (materielle) Recht für jeden Rechtsfall genau eine richtige Entscheidung trifft, vgl. dazu aber zuletzt Herbst, JZ 2012, 891. 1362 Zum nicht ausschließlichen aber doch vorrangigen Zweck des Verfahrensrechts als Durchsetzung des materiellen Rechts für den Bereich des Privatrechts und damit des (materiellen) Zivilrechts und des Zivilprozessrechts vgl. Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), vor § 1 Rn. 9; Säcker, in: MünchKomm-BGB, Einleitung Rn. 7; Rauscher, in: MünchKomm-ZPO, Einleitung Rn. 25; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, Einl III Rn. 9. 1363 Ohne Berücksichtigung bleiben hier Einzelfälle, in denen ein materielles Recht (nur prozessual) unklagbar ist, so zum Beispiel für § 762 BGB Engel, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2008, § 762 Rn. 8; für § 656 BGB Reuter, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2010, § 656 Rn. 12; a. A. [bereits kein materiell-rechtlicher und insoweit „unvollständiger“ Anspruch und daher keine Klagbarkeit] H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 253 Rn. 130; H. Roth, in: MünchKomm-BGB, § 656 Rn. 1; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 762 Rn. 3; Flume, Allgemeiner Teil II, § 7 8. (= S. 95); Sprau, in:

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

II. Das Verhältnis der Mediation zum Recht Eine weitere notwendige Positionierung betrifft das schwierige1364 Verhältnis der Mediation zum Recht.1365 Dabei ist entsprechend dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 MediationsG zwischen dem Recht der Mediation (1.) und der Rolle des Rechts in der Mediation (2.) zu unterscheiden.1366 1. Recht der Mediation Unter dem Recht der Mediation werden im Allgemeinen die gesetzlichen und sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen der Mediation verstanden.1367 Darunter fallen unter anderem das Verfahrensrecht der Mediation, zum Beispiel die gesetzlichen Regelungen zum Verfahren (§ 2 MediationsG), zu Tätigkeitsbeschränkungen (§ 3 MediationsG) und zu Verschwiegenheitspflichten (§ 4 MediationsG), sowie das Berufsrecht der Mediatoren (§§ 5, 6 MediationsG, § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG).1368 Neben diese gesetzlichen Regelungen tritt die Mediationsvereinbarung der Parteien, mit welcher sich die Parteien auf die Durchführung einer Mediation einigen und in der Regel zugleich1369 die Verfahrensregeln festlegen.1370 Die zunehmende gesetzliche Regelungsdichte in Bezug auf die Mediation führt zu einer Verrechtlichung1371 der Mediation, genauer einer Verrechtlichung Palandt, BGB, § 762 Rn. 5; zu weiteren Fällen der Unklagbarkeit vgl. H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 253 Rn. 126 ff. 1364 Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 7. 1365 Oben § 2 (S. 39 ff.) zur Kollision von Rechtsferne der Mediation und Rechtsbindung des Rechtsanwalts. 1366 Ebenso zu dieser Unterscheidung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 18 liSp; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 96 f.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 16, 19; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 45 ff.; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (57 f.); Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 5 Rn. 29 f.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 732. 1367 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 97; Fritz, in: Fritz/ Pielsticker, MediationsG, § 5 Rn. 29; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 733; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 19. 1368 Zu den Rechtsgrundlagen dieses Verfahrensrechts ausführlich oben § 9 (S. 88 ff.) und § 12 (S. 137 ff.). 1369 Handelt es sich um eine antizipierte Mediationsvereinbarung, zum Beispiel eine Mediationsklausel in einem Gesellschaftsvertrag, enthält diese i. d. R. keine Verfahrensvereinbarungen, so dass Fragen des Verfahrens erst im Falle der Mediation vereinbart werden, Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 19 f.; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 78. 1370 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 119 und 122; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 316; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 12 ff.

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage

231

des Mediationsverfahrens. In der Folge bestehen zunehmend zwingende gesetzliche Pflichten und Obliegenheiten der Beteiligten, also der Parteien und des Mediators. Außerdem reichen die Rechtsfolgen des Rechts der Mediation teils über die Mediation selbst hinaus; dies ist zum Beispiel bei der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 4 MediationsG der Fall, die naturgemäß erst nach Abschluss einer, regelmäßig erfolglosen, Mediation relevant wird. 2. Rolle des Rechts in der Mediation Der Begriff der Rolle des Rechts in der Mediation beschreibt die Problematik, inwieweit Recht innerhalb einer Mediation bei der Entwicklung [a)] und der Sicherung und Umsetzung [b)] der Mediationsvereinbarung berücksichtigt wird.1372 a) Im Verlauf des Verfahrens der Mediation Unter der Rolle des Rechts im Verlauf des Verfahrens der Mediation wird vorliegend das Ausmaß der Einbeziehung der materiellen1373 Rechtslage zwischen den Konfliktparteien in die Mediationsverhandlung verstanden. Dabei handelt es sich um die Kernfrage im Verhältnis der Mediation zum Recht. Denn der Konflikt der Parteien und damit der Mediationsgegenstand1374 sind wie dargestellt1375 regelmäßig Gegenstand einer rechtlichen Bewertung. Für außergerichtliche Verhandlungen ist dabei bereits – unabhängig von der Mediation – der Begriff geprägt worden, dass es sich um Verhandlungen im „Schatten des Rechts“ 1376 handelt. Damit wird der Effekt bezeichnet, dass Konfliktparteien 1371 H. Roth, JZ 2013, 637 (644); Risse/Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (15); Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 1; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (14, 93): „Prozessualisierung“; Greger, ZRP 2010, 209 (209 ff.): „Reglementierung der Selbstregulierung“; Nierhauve, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation,§ 48 Rn. 1: „Formalisierung“; Ronellenfitsch, DÖV 2010, 373 (378): „Juridifizierung“; ebenso im internationalen Kontext Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 318. 1372 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 733; i. E. ähnlich Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 96; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 45; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 41 f. 1373 Die Verteilung der Beweislast gehört dabei zum materiellen Recht, vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1010; BGH, NJW-RR 1988, 831; im Einzelfall mögen aber auch verfahrensrechtliche Aspekte die Beurteilung der Rechtslage beeinflussen, zum Beispiel eine drohende oder bereits eingetretene Präklusion nach § 296 ZPO oder eine Beschränkung des Prüfungsumfangs nach § 529 Abs. 1 ZPO. 1374 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 8. 1375 Oben § 21 I. (S. 228). 1376 Im Original Mnookin/Kornhausert, Yale L.J. 88 (1979), 950 (968): „they bargain in the shadow of the law“; erste Rezeption im deutschsprachigen, rechtssoziologischen Schrifttum bei Spittler, ZfRSoz 1 (1980), 4: „Streitregelung im Schatten des Leviathan“;

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

auch in außergerichtlichen Verhandlungen die Chance der gerichtlichen Durchsetzbarkeit ihrer Position anhand der Rechtslage überprüfen und eine etwaige Einigung daran messen.1377 Plastisch hat dies der amerikanische Mediator Jack Himmelstein formuliert: „Das Recht ist ein Elefant. Sobald es den Raum betritt, droht es, die Mediation zu dominieren.“ 1378 Denn falls die Mediation zum Beispiel berücksichtigen oder zumindest diskutieren soll, dass der Anspruchsteller in einer günstigen Rechtsposition ist, das heißt eine materiell- und verfahrensrechtlichen entsprechend guten Aussicht auf Durchsetzbarkeit des Anspruchs hat, wird das inhaltliche Ergebnis der Verhandlung wahrscheinlich deutlich stärker zugunsten des Anspruchsstellers ausfallen, als wenn dieser Aspekt nicht berücksichtigt würde. Mit anderen Worten justiert der Umfang der Berücksichtigung des Rechts im Verlauf der Verhandlung zu einem wesentlichen Teil die kaufmännische Entscheidung, einen Vergleich in Höhe von zum Beispiel 20 %, 50 % oder 80 % der streitigen Forderung abzuschließen, während die technische Ausgestaltung des Vergleichs und seiner einzelnen Bedingungen eine davon zunächst unabhängige Frage ist.1379 Ein Herzstück1380 der Mediation ist jedoch die Überwindung der Konzentration des Konflikts auf (Rechts-)Positionen und stattdessen die Fokussierung auf die dahinter stehenden Interessen.1381 Eine Position in diesem Sinne ist die Forderung, die eine Konfliktpartei gegen die andere erhebt. Im rechtlichen Sinne handelt es sich bei einer Position in diesem Sinne um einen Anspruch.1382 Im um die negative Konnotation des Wortes „Schatten“ zu vermeiden, schlägt Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 14, sowie Trenczek, ZfRSoz 26 (2005), 227 (241), die Wendung „im Lichte des Rechts“ vor; zutreffend an der letztgenannten Erwägung ist, dass Mnookin/Kornhausert, Yale L.J. 88 (1979), 950, in ihrer Untersuchung nicht die außergerichtliche Verhandlung negativ bewerten, sondern allein den faktischen Einfluss des Rechts auf die Verhandlungsinhalte herausstellen wollten. 1377 Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (58). 1378 Zitiert nach Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 48; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (57). 1379 Unten § 21 II. 2. b) (S. 234). 1380 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 13 Rn. 26; Kessen, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 9 Rn. 6; Töben, RNotZ 2013, 321 (322); Schwartz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.7 Rn. 7. 1381 Grundlegend zu der Unterscheidung von Positionen und Interessen Fisher/Ury/ Patton, Getting to Yes, S. 42 ff.; oben § 7 IX. (S. 75 f.). 1382 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 168; von „Rechtsansprüchen“ sprechen Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (58); ungenauer von „Forderungen, Ansprüchen und Einwendungen“ spricht Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 31. Obwohl der Terminus „Anspruch“ hier nicht im juristisch-technischen Sinne verwendet wird, dürfte der prozessuale Anspruch i. S. d. ZPO, also der Streitgegenstand (vgl. dazu H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 253 Rn. 6 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 92 Rn. 1), gemeint sein; denn bei lebensnaher Betrachtung ist der Gegenstand von außerge-

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage

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Gegensatz dazu handelt es sich bei den Interessen um die Gründe oder Motive, auf denen die Position beruht.1383 Unklar bleibt dabei aber, welche Rolle dem Recht als Entscheidungsmaßstab in der Mediation verbleibt. Denn aufgrund der Verdrängung der rechtlichen Ebene bei der Bewertung des Konflikts könnte man von einer Entrechtlichung1384 des Mediationsgegenstandes sprechen.1385 Die Annahme einer solchen Entrechtlichung der Mediation wird auch durch § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG gestützt. Danach stellt die Durchführung einer Mediation keine Rechtsdienstleistung dar, solange nicht konkrete rechtliche Regelungsvorschläge durch den Mediator eingebracht werden.1386 Nach Auffassung der Entwurfsverfasser des RDG handelte es sich bei § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG lediglich um eine Klarstellung.1387 Eine Klarstellung kann hierin aber nur liegen, wenn die Tätigkeit eines Mediators bereits keine rechtliche Prüfung des Einzelfalls gemäß § 2 Abs. 1 RDG, also keine Prüfung der Rechtslage in Bezug auf den Mediationsgegenstand, zum Gegenstand hat. Davon unbenommen soll die allgemeine Darstellung rechtlicher und tatsächlicher Handlungsoptionen bleiben.1388 Eine solche allgemeine Darstellung kann aber naturgemäß keine konkrete rechtliche Prüfung zum Gegenstand haben. Der Mediation ist also immanent, dass die Rechtslage in der Mediation selbst nicht geprüft und auch nicht notwendig diskutiert wird.

richtlichen Verhandlungen ein konkretes Begehren aufgrund eines Sachverhalts (zum Beispiel Zahlung aus Vertrag vom . . ., Schadensersatz für Schlechtleistung unter dem Vertrag vom . . ., Herausgabe des Nachlassgegenstandes . . .), nicht hingegen ein einzelner materiell-rechtlicher Anspruch i. S. d. § 194 Abs. 1 BGB i.V. m. einer konkreten Anspruchsgrundlage, vgl. zu diesem Verständnis des materiell-rechtlichen Anspruchs BGHZ 178, 90 (98); Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (AT), Rn. 407; H. Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO (22. Aufl.), vor § 253 Rn. 9; F. Peters/F. Jacoby, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 195 Rn. 32 m.w. N. aus der Rspr.; a. A. M. Wolf/Neuner, BGB AT, § 21 Rn. 8. 1383 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 168; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.1 Rn. 31. 1384 Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 49; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 169; H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (110): „Gesetzesferne“; von einer Unabhängigkeit von den Vorgaben des objektiven Rechts spricht Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 118; Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (190): „im ,juristischen Off‘“; aus der gegenteiligen Warte aber ebenso im Ergebnis sprechen C. Wolf/Weber/ Knauer, NJW 2003, 1488 (1489) von einer „Medikalisierung rechtlicher Konflikte“; anders H. Roth, JZ 2013, 637 (641), der sich allerdings auf das Verhältnis der Mediation zur Zivilgerichtsbarkeit bezieht. 1385 Im Ergebnis ebenso H. Roth, JZ 2013, 637 (644); Wagner, RabelsZ 74 (2010), 794 (805); Horstmeier, JR 2012, 1 (3). 1386 Römermann/Praß, AnwBl. 2013, 499 (502). 1387 Präziser haben alle Ziffern des § 2 Abs. 3 RDG klarstellende Natur, vgl. Begründung RegE RDG, BT-Drs. 16/3655, S. 49 reSp. 1388 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/6634, S. 51; Deckenbrock/Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, § 2 Rn. 127.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Es kann somit festgehalten werden, dass nach der allseitigen Ansicht Mediation und Recht kein Gegensatz sind, so dass es also nicht zu einer vollständigen Verdrängung des Rechts kommt.1389 Doch selbst nach den Stellungnahmen in der Literatur, welche sich am stärksten für die Einbeziehung des Rechts aussprechen, ist lediglich die Einbeziehung „auch [der] rechtliche[n] Fragestellungen“ 1390 zu fordern. Im Übrigen wird die materielle Rechtslage lediglich als Orientierungsund Ordnungsrahmen verstanden, die einen konkretisierten Wertungsmaßstab für eine Fairnesskontrolle der Beziehungen zwischen den Parteien ermöglicht.1391 b) Bei der verbindlichen Niederlegung der Abschlussvereinbarung Die Rolle des Rechts bei der verbindlichen Niederlegung der Abschlussvereinbarung wird vorliegend zukunftsbezogen im Hinblick auf den Entwurf bzw. den Abschluss der Abschlussvereinbarung verstanden. Insoweit sind die rechtlichen Maßgaben wesentlich klarer zu bestimmen, als es soeben zur Einbeziehung im Rahmen der Verhandlung dargestellt wurde. Ausgehend vom Prinzip der Vertragsfreiheit, das von § 311 Abs. 1 BGB positiv-rechtlich ausgesprochen wird, steht es jedem Rechtsträger grundsätzlich frei, ob, mit wem, über welchen Gegenstand und mit welchem Inhalt er rechtliche Bindungen eingeht.1392 Speziell für die Aufhebung oder inhaltliche Änderung bereits bestehender Rechtsbeziehungen wird diese Vertragsfreiheit von den gesetzlichen Regelungen zum Verzicht, § 397 BGB, und zum Vergleich, § 779 BGB bestätigt. In formeller Hinsicht sind dabei etwaige gesetzliche Vorgaben, insbesondere zur Formpflicht, zum Beispiel in den § 311b Abs. 1, 1410, 2276 BGB, zu beachten.1393 1389 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 1; Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (326); Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 7 und 12; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 739; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 41. 1390 So Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 1 (Hervorhebung nur hier); weitergehend, allerdings nur beiläufig, Brinkamp/Spillner, AnwBl. 2007, 701: „Das Recht ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Mediation“; ebenso ein Informationsblatt der Berliner Justiz zur gerichtlichen Mediation (n. v.), zitiert nach Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (50). 1391 Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (58); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 96; Risse, Wirtschaftsmediation, § 8 Rn. 47; Spangenberg, ZKJ 2014, 324 (325 f.); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 748; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 12; zu drastisch aber Wacker, ZRP 2009, 239 (240): „Die Bedeutung des Rechts für die Mediation entspricht der Bedeutung des Rechts für den Kauf von Socken“. 1392 Feldmann/Löwisch, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2012, § 311 Rn. 1; M. Wolf/ Neuner, BGB AT, § 2 Rn. 14 und § 10 Rn. 33. 1393 Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (60).

§ 21 Konkretisierung und Abschichtung der Untersuchungsfrage

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In materieller Hinsicht setzt eine wirksame Vereinbarung zunächst die Dispositionsbefugnis der Parteien über das mediationsgegenständliche Rechtsverhältnis voraus.1394 Dabei ist aufgrund der Privatautonomie grundsätzlich von der Dispositionsbefugnis der Parteien über ihnen zustehende Rechte auszugehen. Unter anderem auf den Gebieten das Familien- und Erbrechts, des Gesellschaftsrechts, sowie des Arbeits- und Verbraucherschutzrechts – und damit auf den Gebieten, die verbreitet als besonders mediationsgeeignet angesehen werden –1395 bestehen jedoch zahlreiche Einschränkungen der Dispositionsbefugnis.1396 Zudem wird der mögliche Inhalt einer Abschlussvereinbarung durch die allgemeinen Grenzen des zwingenden Rechts in § 134 BGB in Verbindung mit den einzelnen Schutzgesetzen sowie durch § 138 BGB begrenzt.1397 Außerdem sind je nach Einzelfall besondere gesetzliche Verbote zu beachten. So wäre zum Beispiel1398 die Vereinbarung zweier Unternehmen, den Markt in bestimmter Weise zwischen sich aufzuteilen, oder Absprachen über die Preise kartellrechtswidrig und daher gemäß § 1 GWB unwirksam. Es zeigt sich somit, dass die Rolle des Rechts bei der Umsetzung der Mediationsvereinbarung die allgemeinen vertragsrechtlichen Fragen aufwirft. Jedoch werden in den als besonders mediationsgeeignet bezeichneten Konfliktlagen mit multipolaren Beziehungen (insb. Erb- und Gesellschaftsrecht) sowie im Regelungsbereich zumindest halbseitig zwingender Schutzvorschriften (insb. Familien-, Verbraucherschutz- und Arbeitsrecht) häufig Einschränkungen der Dispositionsbefugnis der Parteien zu berücksichtigen sein. Schließlich muss die Abschlussvereinbarung auch hinreichend bestimmt formuliert sein, um eine Klage auf Leistung aus der Vereinbarung sowie deren spätere Vollstreckung im Wege der Zwangsvollstreckung zu ermöglichen.

1394 BGHZ 14, 381 (387 f.); Marburger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2009, § 779 Rn. 5; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 779 Rn. 5; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 292; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 27 f. 1395 Vgl. nur die Vorstellung der Arbeitsgebiete der Mediation in Haft/Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, §§ 19–27; Henssler/Koch (Hrsg.), Mediation in der Anwaltspraxis, §§ 13–20; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 53 ff. 1396 Vgl. im Einzelnen die Beispiele bei Marburger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2009, § 779 Rn. 6 ff.; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 779 Rn. 6 ff.; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 294. 1397 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 96; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 293; Eidenmüller, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 2 Rn. 49; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 12; Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (60); Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 744. 1398 Beispiel nach Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 96.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

c) Zwischenergebnis Es lässt sich somit festhalten: Im Verlauf des Verfahrens der Mediation kommt dem Recht nur eine untergeordnete Rolle zu. Zwar wird aus der mediationsinternen Perspektive, soweit ersichtlich, nicht vertreten, dass das Recht völlig unberücksichtigt bleiben solle. Das Recht soll aber allenfalls einer von mehreren Aspekten sein, anhand derer die Parteien ihre Konfliktbeilegung voran treiben sollen. Ein anderes Ergebnis ergibt sich in Ansehung der verbindlichen Niederlegung der Abschlussvereinbarung: Dort wird auch aus der Warte der Mediation gefordert, dass alle rechtlichen Maßgaben für die Vereinbarung berücksichtigt werden und dass der Inhalt der Vereinbarung möglichst eindeutig gefasst wird.

III. Abschichtung der Fragestellung Die vorliegende Untersuchung wird die Untersuchungsfrage aufgrund der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte nicht erschöpfend beantworten können. Um die Grundzüge einer Antwort dennoch so weit als möglich zu konkretisieren, sind die einzelnen Aspekte der Fragestellung voneinander abzuschichten: Dazu gehört insbesondere zunächst eine Festlegung, was überhaupt Gegenstand des Mandatsverhältnisses, das die Beratung vor und während einer Mediation beinhaltet, ist (§ 22). Dann sind die Pflichten, die sich eventuell bereits im Vorfeld einer Mediation ergeben, zu diskutieren (§ 23). In der Folge werden die je nach Abschnitt der Mediation verschiedenen Rollen des Rechts vor allem bei der Untersuchung der Pflichten im Verlauf der Mediation (§ 24) zu einer differenzierten Betrachtung zwingen.

§ 22 Gegenstand des Mandats zur Beratung in der Mediation Zunächst ist zu erwägen, auf welchen Gegenstand sich das Mandat des Rechtsanwalts, der einen Mandanten vor und während der Mediation berät, bezieht und welche Pflichten sich also aus dem Mandat ergeben. Insofern ist bereits dargelegt worden, dass es sogenannte „unbeschränkte“ und „beschränkte“ Mandate gibt.1399 Ein unbeschränktes Mandat verpflichtet den Rechtsanwalt dabei grundsätzlich „zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers“ 1400 Die Pflichten aus einem beschränkten Mandat orientieren sich hingegen an dem Inhalt des Mandats bzw. an der konkreten Beschränkung. Ob im Einzelfall ein unbeschränktes oder ein be1399 1400

Oben § 15 III. (S. 185). BGHZ 171, 261 (263 f.); oben § 15 III. 1. (S. 186).

§ 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation

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schränktes Mandat erteilt wird, ist eine Tatfrage, keine Rechtsfrage, wobei dem Mandanten die Darlegungs- und Beweislast für das unbeschränkte Mandat obliegt.1401 Bei der Beweiswürdigung über diese Frage ist auch kein Erfahrungssatz, dass im Zweifel ein unbeschränktes Mandat erteilt worden ist, zugrunde zu legen.1402 Dennoch wird häufig ausgeführt, dass das unbeschränkte Mandat im Ergebnis die Regel ist.1403 Auf der Grundlage der herrschenden Auffassung zur Darlegungs- und Beweislast verbietet sich also die Annahme, dass das Mandat des Rechtsanwalts, der einen Mandanten in die Mediation begleitet, im Zweifel unbeschränkt oder beschränkt sei. Maßgeblich ist vielmehr auch insoweit die Vereinbarung der Parteien im Einzelfall. In der Mehrzahl der denkbaren Fälle wird der Auftrag des Rechtsanwalts jedoch auf, zum Beispiel, die Durchsetzung oder Abwehr der Ansprüche betreffend „Vergütung aus Vertrag vom . . .“ lauten. In einem solchen Fall liegen keine sachlichen oder verfahrensbezogenen Beschränkungen des Mandats vor. Eine beschränkte Mandatierung des Rechtsanwalts ist freilich zulässig und möglich. Jedoch dürfte eine solche Mandatierung eher den Ausnahmefall darstellen. In Betracht könnte eine solche beschränkte Mandatierung „nur für die Mediation“ etwa in sehr großen Wirtschaftsstreitigkeiten kommen, in denen verschiedene Rechtsanwaltskanzleien für verschiedene Sachbereiche, zum Beispiel Steuerrecht, Kartellrecht, Prozessführung etc., mandatiert werden. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich daher auf diejenigen Pflichten, die sich aus einem unbeschränkten Mandat des Rechtsanwalts in Ansehung der Mediation ergeben.

§ 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation Wird der Rechtsanwalt von einem Mandanten aufgesucht und mit der Durchsetzung oder Wahrung seiner Rechten beauftragt und steht die Durchführung einer Mediation im Raum, kommen zunächst Belehrungspflichten betreffend die Mediation (I.) sowie Pflichten zur Empfehlung für oder gegen die Mediation (II.) 1401 BGH, NJW 2006, 3496 (3496); NJW 1997, 2168 (2169); NJW 1996, 2929 (2931); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 561; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (578); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/ Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 418 f.; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/ Ring, BGB, § 675 Rn. 20. 1402 BGH, NJW 2006, 3496 (3496); Zugehör, FS Ganter, S. 573 (574); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 561; Rinkler, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 54. 1403 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 416; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 1 Rn. 10; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 8; Borgmann, NJW 2010, 1924 (1925); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 82.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

in Betracht. Dabei werden – im Einklang mit der insoweit üblichen Diktion –1404 unter Belehrungspflichten Pflichten zur Information des Mandanten, unter Beratungspflichten Pflichten zur Empfehlung eines konkreten Vorgehens verstanden. Sollte es schließlich zu der Durchführung einer Mediation kommen, lässt sich erwägen, welche Pflichten den Rechtsanwalt im Hinblick auf die vertragliche Strukturierung der Mediation treffen (III.). Schließlich ist zu untersuchen, ob und wie gegebenenfalls der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seinen Mandanten auf die Mediation im Hinblick auf den konkreten Fall vorzubereiten (IV.).

I. Pflichten zur Belehrung über die Mediation Insoweit kommt zunächst die Pflicht des Rechtsanwalts, den Mandanten über die Mediation als Mittel der Konfliktlösung zu informieren, in Betracht.1405 Hierfür sind verschiedene Bezugspunkte der Aufklärungspflicht zu unterscheiden: 1. Möglichkeit der Mediation Zunächst könnte eine Aufklärungspflicht bezüglich der grundsätzlichen Möglichkeit, den Konflikt des Mandanten durch eine Mediation zu lösen bzw. dies zu versuchen, bestehen.1406 Dies ist bereits vor Erlass des EGMediationsG1407 vertreten worden.1408 Zum Teil wird eine dahin gehende Verpflichtung auch bereits aus der berufsrechtlichen Regelung des § 1 Abs. 3 BORA, nach welcher der Rechtsanwalt auch konfliktvermeidend tätig sein soll, abgeleitet.1409 Insoweit ist 1404 Vgl. Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 16; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 9 f., 12; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 624; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19, 19b; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 561 f. 1405 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 83; Jost, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 7; wohl auch Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 33; in dem weiteren Sinne des Konfliktmanagements auch Wendenburg, ZKM 2013, 19 (20 f.); oben § 18 (S. 202 ff.) zur Struktur von Belehrungspflichten des Rechtsanwalts im Allgemeinen. 1406 Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9. Rn. 9; Jost, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 7; Althammer, Zwischen Freiwilligkeit und Zwang, S. 9 (15). 1407 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 1408 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (434); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 4; M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (323); Brinkamp/Spillner, BRAK-Mitt. 2007, 147 (148 f.); wohl auch H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1246). 1409 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 253 Rn. 139; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 17; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 253 ZPO Rn. 18; Ewig, ZKM 2012, 4 (5).

§ 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation

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aber unter anderem bereits aufgrund der begrenzten Satzungskompetenz grundsätzlich zu bezweifeln, ob § 1 Abs. 3 BORA auch eine haftungsbewehrte Pflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten begründen kann.1410 Nunmehr könnte mit der Einfügung des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein systematisches Argument für eine solche Pflicht vorliegen.1411 § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ordnet an, dass die Klageschrift eine Angabe zu der Frage, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen, enthalten soll. Ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung nach bezieht sich die Vorschrift freilich ausschließlich auf den, ohnehin lediglich fakultativen, Inhalt einer Klageschrift im Zivilprozess. Eine systematische Zusammenschau der Nr. 1 des § 253 Abs. 3 ZPO mit dessen Nr. 2 und Nr. 3 legt an sich auch nur nahe, dass der instruktionelle Inhalt1412 dem Gericht die Entscheidung, ob es eine außergerichtliche Mediation gemäß § 278a ZPO vorschlägt oder den Rechtsstreit an einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO verweist, ermöglichen soll.1413 § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO begründet daher selbst nicht unmittelbar eine Pflicht im Verhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten. Der Wille der Entwurfsverfasser des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ging jedoch über die rein verfahrensrechtliche Funktion der Norm hinaus. Sie verstanden vielmehr die Veranlassung für den Rechtsanwalt und die Parteien, sich mit dem „Ob“ einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung auseinanderzusetzen, als wesentlichen Regelungszweck des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.1414 Jedenfalls auf Basis dieses Regelungszwecks sprechen sehr gute Gründe dafür, eine Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts über die Möglichkeit der Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung anzunehmen.1415 Gegen die Validität dieser Argumentation aus § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO spricht auch nicht die Tatsache, dass hier nur die außergerichtliche Mediation diskutiert 1410 Oben § 14 II. (S. 178) sowie Hartung, in: Hartung, BORA, § 1 Rn. 57; L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 1 BORA Rn. 3. 1411 Vgl. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 28 Rn. 10a; Fritz/Schroeder, NJW 2014, 1910 (1912 f.). 1412 Vgl. H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 253 Rn. 56 zu § 253 ZPO Abs. 3 a. F. 1413 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 40; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 253 ZPO Rn. 11; wohl auch in diesem Sinne P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 253 Rn. 101. 1414 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp; vgl. auch Althammer, Zwischen Freiwilligkeit und Zwang, S. 9 (14). 1415 So auch Greger, in: Zöller, ZPO, § 253 Rn. 20a; Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Ewig, ZKM 2012, 4 (5); Jost, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 7 (7); Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 28 Rn. 10a; a. A. Therstappen, AnwBl. 2013, 288 (290).

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

wird, die ja grundsätzlich in keinem Zusammenhang mit der ZPO steht. Denn der erklärte Wille der Entwurfsverfasser geht sogar dahin, allgemein die Mediation stärker im Bewusstsein der Bevölkerung und in der Beratungspraxis der Rechtsanwaltschaft zu verankern.1416 Auf dieser Grundlage ist die ohnehin bloß mittelbare Wirkung des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auf die Pflichtenstruktur des Rechtsanwalts nicht auf Situationen, die in Gerichtsverfahren münden zu begrenzen, sondern auch und gerade auf a priori rein außergerichtliche Beratungen zu erstrecken. Es liegt außerdem nahe, dass die Aufklärung über die Mediation möglichst früh im Mandat zu erfolgen hat.1417 Eine weitere naheliegende, aber dennoch, soweit ersichtlich, noch nicht erörterte Frage in diesem Zusammenhang betrifft den persönlichen Anwendungsbereich dieser Aufklärungspflicht. Denn § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bezieht sich unmittelbar naturgemäß nur auf den Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten, der eine Klageschrift entwirft. Danach bleibt fraglich, ob der Rechtsanwalt auch dann zu einer entsprechenden Aufklärung verpflichtet ist, wenn er auf Seiten des Schuldners bzw. des Beklagten mandatiert ist. Ein normativer Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage könnte sich aus § 277 Abs. 1 S. 2 ZPO ergeben: Danach soll die Klageerwiderung eine Äußerung dazu enthalten, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. Diese Vorschrift korrespondierte offensichtlich mit dem § 253 Abs. 3 Hs. 2 ZPO a. F.1418, der Entsprechendes für die Klageschrift vorsah.1419 Anlässlich der Neufassung des § 253 Abs. 3 ZPO ist also zu fragen, ob der Gesetzgeber § 277 Abs. 1 S. 2 ZPO bewusst nicht angepasst hat oder ob insoweit ein Redaktionsversehen vorliegt. Die Motive verhalten sich hierzu nicht. Der oben dargestellte weite Normzweck lässt es aber angezeigt erscheinen, dass auch der Beklagte und sein Rechtsanwalt sich mit der Möglichkeit der Mediation auseinandersetzen müssen und dem Gericht die Bereitschaft oder die Hindernisgründe mitteilen sollen. Eine übermäßige Last ist für den Beklagten hiermit nicht verbunden. Auch die Sanktion einer Verletzung des so erweitert ausgelegten § 277 Abs. 1 S. 2 ZPO ist, da es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt, überschaubar. Es sprechen daher gute Gründe dafür, den § 277 Abs. 1 S. 2 ZPO bereits verfahrensrechtlich so auszulegen, dass der Beklagte sich in der Klageerwiderung ebenfalls zu den in § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bezeichneten Umständen äußern soll. In der Konsequenz ist, obwohl kein zwingender Zusammenhang zwischen § 277 Abs. 1 S. 2 ZPO und den Pflichten des Rechtsanwalts anzunehmen ist, auch der Rechtsanwalt, der auf Seiten des Schuldners bzw. Beklagten tätig wird, verpflichtet, eine entsprechende Aufklärung über die Möglichkeit der Mediation zu geben. 1416

Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 310. 1418 In der Fassung bis zum 25.07.2012. 1419 Vgl. Saenger, in: Saenger, ZPO, § 277 Rn. 7; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 277 Rn. 8. 1417

§ 23 Pflichten im Vorfeld einer Mediation

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2. Aufklärung über Verfahren der Mediation Ein bloßer Hinweis des Rechtsanwalts auf die grundsätzliche Möglichkeit der Mediation ist für sich noch nicht geeignet, dem Mandanten eine eigenverantwortliche Entscheidung über das Für und Wider einer Mediation zu ermöglichen. Denn insofern der Mandant die Mediation insgesamt nicht oder allenfalls dem Begriff nach kennt, bedarf er für die Entscheidung weiterer Informationen. Es ist daher zu erwägen, inwieweit dem Rechtsanwalt die Pflicht obliegt, dem Mandanten den Gegenstand und den Ablauf der Mediation zu erläutern.1420 Die Motive des § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO geben insoweit ausdrücklich an, dass Rechtsanwalt und Mandant erörtern sollen „ob und wie“ 1421 der Konflikt außergerichtlich beigelegt werden kann. Über welche Aspekte des „wie“ zu belehren ist, wird hingegen kaum erörtert. Die, soweit ersichtlich, einzige Stellungnahme zu dieser Frage gibt an, dass der Mandant über die Grundzüge der Mediation, das heißt die Prinzipien und den Ablauf des Verfahrens, die Rolle des Mediators und der Beteiligten sowie über die Kosten aufzuklären ist.1422 In der Tat liegt es nahe, sich an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren und den Inhalt der Aufklärungspflicht über das „wie“ einer Mediation anhand der §§ 1–4 MediationsG zu bemessen. Denn der Gesetzgeber ging bei der Einführung des MediationsG davon aus, lediglich – aber immerhin – die Grundfragen der Mediation geregelt zu haben.1423 Es erscheint daher plausibel die Aufklärung des Rechtsanwalts über das Verfahren auch an diesen Grundfragen zu messen, ohne dass es auf jedes in den §§ 1–4 MediationsG geregelte Detail ankäme.1424 Zu den Grundfragen der Mediation in diesem Sinne dürften auf jeden Fall die Freiwilligkeit der Mediation sowie die fehlende Entscheidungsbefugnis des Mediators zählen. Das dem Verlauf der Mediation regelmäßig zugrunde liegende Phasenmodell1425 dürfte andererseits nicht mehr dazu zählen. 3. Risiken und Kosten der Mediation Neben diesen gesetzlichen geregelten Grundfragen gibt es jedoch noch weitere Aspekte, welche der Mandant für die Entscheidung für oder gegen die Mediation 1420 Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9. Rn. 14 f.; Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (98); Jost, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 7 (7); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 9; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 322; Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (23); Beckmann, DStR 2007, 583 (585); ähnlich Ewig, ZKM 2012, 4 (6). 1421 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 20 liSp [Hervorhebung nur hier]. 1422 Ewig, ZKM 2012, 4 (5). 1423 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 reSp. 1424 So wohl auch Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9. Rn. 15. 1425 Oben § 12 (S. 137 ff.).

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

berücksichtigen sollte. Dazu zählen vor allem die mit der Mediation verbundenen Risiken sowie die Kosten, die sich aus der Durchführung der Mediation ergeben können. Derartige Risiken ergeben sich vor allem aus den Nachteilen, welche der materiellen Rechtsposition des Mandanten durch die Durchführung einer Mediation entstehen können. a) Verjährung und Ausschlussfristen In Frage kommen damit zuvörderst Rechtsverluste, welche durch den Zeitablauf während der Vorbereitung und Durchführung der Mediation eintreten.1426 Der typische Fall eines solchen Rechtsverlustes ist das Entstehen der Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB aufgrund des Eintritts der Verjährung der Forderung. Für diesen Fall hat das EGMediationsG1427 bewusst keine Regelung getroffen, da die Entwurfsverfasser der Ansicht waren, dass mit § 203 BGB bereits ein hinreichender Hemmungstatbestand, der auch die Mediation umfasst, besteht.1428 Das ist auch insoweit unproblematisch, als die Parteien sich auf eine Mediation einigen und diese anschließend durchführen. Es kann im Einzelfall jedoch durchaus fraglich sein, ob Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB schweben. Das betrifft vor allem den Fall, dass die Parteien sich durch eine Mediationsklausel1429 verpflichtet haben, vor Klageerhebung eine Mediation zu versuchen, und dass eine Partei sich weigert, sich an der Mediation zu beteiligen. Für diesen Fall wird verbreitet vertreten, dass bereits die Aufforderung zur Mediation durch die eine Partei ein Verhandeln im Sinne des § 203 BGB begründet, da die andere Partei vertraglich zur Verhandlung in Form der Mediation verpflichtet ist und aus ihrem Verstoß gegen die vertragliche Verhandlungspflicht keinen Vorteil erwerben darf.1430 Ob ein Prozessgericht, sollte diese Rechtsfrage erheblich sein, dieser Auffassung in der Literatur folgen würde, ist in Ermangelung jeglicher Rechtsprechung dazu nicht sicher. Aus der Sicht des Rechtsanwalts kann dieser Aspekt daher ein Risiko darstellen, über das der Mandant, so denn es in casu darauf ankommen könnte, aufzuklären ist. Ein ähnliches Risiko kann sich ergeben, wenn der Anspruch des Mandanten einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist unterliegt: Denn diese Ausschlussfris1426

Zu Vereinbarungen über die Verjährung oben § 9 II. 5. (S. 97 ff.). Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 1428 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 reSp. 1429 Oben § 9 II. 2. (S. 92). 1430 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 70; Eidenmüller, SchiedsVZ 2003, 163 (167); Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 203 Rn. 2; Grothe, in: MünchKomm-BGB, § 203 Rn. 5; Mansel/Budzikiewicz, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 203 Rn. 28; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 171; a. A. F. Peters/F. Jacoby, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 203 Rn. 9. 1427

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ten können in der Regel ausschließlich durch die Erhebung einer Klage gewahrt werden, so dass deren Lauf durch die Hemmungstatbestände der §§ 203 ff. BGB grundsätzlich nicht berührt wird.1431 Hier kann also ebenfalls das Risiko bestehen, dass während der Vorbereitung oder Durchführung der Mediation der materielle Anspruch erlischt. b) Vertraulichkeit Ein für den Mandanten wichtiger Aspekt kann auch die Vertraulichkeit der Mediation sein.1432 Insoweit kommen verschiedene Bezugspunkte für Belehrungspflichten in Betracht: Zunächst muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten darüber belehren, dass die Mediation kein vertrauliches Verfahren sein muss und insbesondere ohne eine vertragliche Regelung auch im Verhältnis der Parteien keine Vertraulichkeitspflichten bestehen.1433 Eine solche Aufklärungspflicht liegt nahe, da der Wortlaut des § 1 Abs. 1 MediationsG, gegebenenfalls in Zusammenschau mit § 4 S. 1 MediationsG, auf den ersten Blick die verbindliche Vertraulichkeit der Mediation sowie der dort besprochenen oder eröffneten Tatsachen nahe legt. Auch diverse Darstellungen der Mediation bzw. der Vertraulichkeit erwecken diesen Eindruck.1434 Dass die Vertraulichkeit jedoch kein notwendiges Merkmal der Mediation ist, ist bereits dargelegt worden.1435 Ferner begründet das gesetzliche Vertraulichkeitsregime in § 4 S. 1 MediationsG allein eine Verschwiegenheitspflicht des Mediators gegenüber mediationsexternen Personen. Verfahrensrechtlich folgt daraus allerdings keine Verschwiegenheitspflicht des Mediators und erst recht keine solche der Parteien im Verhältnis zueinander.1436 Schließlich sind auch die Inhalte der Einzelgespräche nicht per se vertraulich zu behandeln. Es besteht daher eindeutiger vertraglicher Regelungsbedarf, um die Vertraulichkeit der in der Mediation ausgetauschten Informationen weitgehend sicherzustellen.1437 1431 Vgl. F. Peters/F. Jacoby, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, Vorbemerkungen zu §§ 203–213 Rn. 9; Grothe, in: MünchKomm-BGB, § 203 Rn. 1; vgl. auch bereits § 9 II. auf S. 89. 1432 Zur gesetzlichen und vertraglichen Regelung der Vertraulichkeit des Mediators und der Parteien oben § 9 V. (S. 102 ff.) und § 11 III. 4.–5. (S. 126 ff.). 1433 So auch Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (192). 1434 Vgl. Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 565; jedenfalls unklar auch Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 8 f. 1435 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 45; Ulrici, in: MünchKommZPO, Anhang § 278a Rn. 12; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245); wohl auch Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 17; vgl. bereits § 1 V. a) auf S. 31. 1436 Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 5; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 48; Wagner, ZKM 2011, 164 (165); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); oben § 9 V. 1. (S. 103). 1437 Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (152); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 48; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 4 Rn. 23; oben § 9 V. 2. (S. 104 f.).

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Außerdem bestehen noch Zweifelsfragen bezüglich der Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts über offene Rechtsfragen der Vertraulichkeit der Mediation. Dies betrifft insbesondere die Frage, welchen rechtlichen Schutz die Vertraulichkeitsvereinbarung im Ergebnis tatsächlich vermittelt. Denn materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung scheiden aufgrund der Rechtsprechung zum sogenannten „normativen Schaden“, welche die materielle Rechtslage aufgrund der vertraulichen aber zutreffenden Tatsachen bei der Schadensberechnung berücksichtigt,1438 regelmäßig aus. Die verfahrensrechtlichen Rechtsfolgen der Vertraulichkeitsvereinbarung, die in der Regel in der Unzulässigkeit von bestimmtem Tatsachenvortrag und Beweisanträgen bestehen, sind außerdem insofern beschränkt, als sie jedenfalls grundsätzlich nicht die Befugnisse des Gerichts zur Beweiserhebung von Amts wegen in den §§ 142–144, 448 ZPO abbedingen können.1439 Schließlich besteht das vertraglich nicht handhabbare1440 Risiko, dass eine Partei aufgrund der vertraulichen Informationen aus der Mediation in zulässiger Weise verfahrensrechtlich verwertbare Folgeinformationen oder Beweismittel gewinnt.1441 Über diese offenen Zweifelsfragen der Rechtslage muss der Rechtsanwalt den Mandanten, wie auch im Allgemeinen,1442 informieren und ihm die möglichen Vor- oder Nachteile der unterschiedlichen Rechtsauffassungen darlegen. Für die Annahme einer Aufklärungspflicht im Verhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Mandanten über diese Umstände spricht auch § 4 S. 4 MediationsG. Danach hat der Mediator die Parteien über seine Verschwiegenheitspflicht zu informieren. Das Gesetz will damit erreichen, dass die Mediationsparteien über die Vertraulichkeit bzw. deren Grenze informiert sind.1443 Das Gesetz geht insoweit also von einer Belehrungsbedürftigkeit der Parteien aus. Es sind keine Gründe

1438 St.Rspr., vgl. BGHZ 145, 256 (262); BGHZ 125, 27 (34); BGH, NJW 2008, 440 (442); oben § 9 V. 3. (S. 106 ff.). 1439 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 286 Rn. 211; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 286 Rn. 164; Töben, RNotZ 2013, 321 (329); vgl. bereits § 9 V. 4. (S. 106). 1440 Würde man dies anders regeln, bestünde ein Anreiz zur „Flucht in die Mediation“ (Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85)), da es sich bei der Mediation dann um ein „Tatsachengrab“ (Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (260)) handeln würde; oben § 9 V. 4. (S. 106). 1441 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (260 f.); oben § 9 V. 2. (S. 104 f.). 1442 BGHZ 89, 178 (182 f.); vgl. auch BGHZ 171, 261 (264, 271 f.); BGH, NJW 1992, 1159 (1160); VersR 1982, 34 (34 f.); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 625; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 545. 1443 Unklar ist jedoch der Wille der Entwurfsverfasser, deren Begründung sich auf den Wortlaut des § 4 S. 4 MediationsG beschränkt, vgl. Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 17 reSp.

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ersichtlich, wieso man im Rahmen der Belehrungspflichten des Rechtsanwalts zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. c) Außerrechtliche Umstände Es ist bereits dargelegt worden, dass unklar ist, ob und inwieweit der Rechtsanwalt auch verpflichtet ist, außerrechtliche Umstände im Hinblick auf seine Belehrungs- und Beratungspflichten zu berücksichtigen.1444 Insoweit liegen zwar diverse Stellungnahmen der Rechtsprechung vor, die jeweils eine solche Pflicht des Rechtsanwalts angenommen haben.1445 In jüngerer Zeit wird jedoch vertreten, dass die Rechtsprechung diese Maßgabe nicht weiter aufrechterhält, da der Rechtsanwalt wirtschaftliche Fragen auch nicht besser überblicken könne als sein Mandant, so dass lediglich im Ausnahmefall eine Schutzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB zu einer Beratung über außerrechtliche Umstände verpflichtet.1446 Aussagen des Bundesgerichtshofs hierzu liegen aber nur in geringer Zahl, dafür aber aus jüngerer Zeit, vor.1447 Im Hinblick auf die Mediation ist nicht ersichtlich, dass sich besondere Aufklärungspflichten ergeben können. Zwar gibt es durchaus Aspekte, die für den Mandanten insoweit erheblich sein könnten. Dazu kann zum Beispiel die Gelegenheit zur schnellen Streitbeilegung zählen. Jedoch dürfte eine Belehrung des Mandanten über das Verfahren der Mediation diese Aspekte ohnehin beinhalten. Eine besondere Hinweispflicht dürfte sich daher allenfalls im Ausnahmefall ergeben. d) Kosten Der Rechtsanwalt muss den Mandanten außerdem belehren, welche Kosten für die Durchführung insgesamt anfallen und von wem diese Kosten zu tragen sind. Damit stellt sich zunächst die Frage, welche gesetzlichen Gebühren sich für den Rechtsanwalt, der eine Partei in der Mediation berät und begleitet, ergeben. § 34 RVG, der eine Sonderregelung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Mediator enthält, trifft für die hiesige Frage keine Aussage. Damit richtet sich die 1444

Oben § 18 IV. (S. 207). BGH, NJW 1998, 900 (901); NJW 1996, 2648 (2650); NJW 1995, 449 (451 f.); NJW 1993, 2045 (2045); zustimmend Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 6; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 75, 77. 1446 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 632; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 432 f. 1447 Vgl. BGH, Beschluss v. 19.06.2008, Az. IX ZR 18/07, Rn. 7 [insoweit nicht in BRAK-Mitt. 2008, 262 abgedruckt]; Beschluss v. 21.09.2006, Az. IX ZR 137/05, Rn. 4 (n. v.). 1445

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

gesetzliche Gebühr des Parteianwalts in der Mediation nach den allgemeinen Regeln.1448 Dies wird in aller Regel die sich aus § 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 VV-RVG1449 ergebende Geschäftsgebühr von 0,5–2,5 sein.1450 Weiter kann für die Teilnahme an der Mediationssitzung auch eine Terminsgebühr des Rechtsanwalts aus Nr. 3104 in Verbindung mit Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG in Betracht kommen.1451 Denn die Terminsgebühr nach Nr. 3103 setzt nicht voraus, dass eine Klage bereits rechtshängig ist. Sie kann vielmehr bereits vor Anhängigkeit einer Klage entstehen, wenn dem Rechtsanwalt des Anspruchsstellers intern bereits Klageauftrag erteilt worden ist und der Besprechungstermin zur Vermeidung der Klage durchgeführt wird.1452 Diese Voraussetzungen können im Einzelfall auch auf Mediationssitzungen zutreffen.1453 Ob der insoweit erforderliche vorherige „unbedingte Klageauftrag“ 1454 im Einzelfall vorliegt, dürfte jedoch durchaus fraglich sein.1455 Es ist danach nicht von einer dahingehenden Regel auszugehen, dass stets eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG entstehen wird. Hinzu tritt im Falle eines erfolgreichen Abschlusses der Mediation die 1,5-fache Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV-RVG.1456 Die Gebührenlast des eigenen Rechtsanwalts obliegt grundsätzlich jeder Partei selbst, soweit sich nicht aus dem Gesetz, gerichtlicher Entscheidung oder vertraglicher Vereinbarung etwas anderes ergibt. Eine gesetzliche Regelung besteht für diese Konstellation nicht. Auch die Mediationsabrede zwischen den Konfliktpar-

1448 P. Hartmann, Kostengesetze, § 34 RVG Rn. 26; H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 34 Rn. 37; Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, § 34 Rn. 9; Enders, JurBüro 2013, 169 (170); vgl. auch OLG Braunschweig, OLGR 2007, 162 (163) [zur gerichtsnahen Mediation]. 1449 Vergütungsverzeichnis, Anlage 1 zum RVG gemäß § 2 Ab. 2 S. 1 RVG. 1450 Bischof, FPR 2012, 258 (259); Unberath, in: Bamberger/Roth, BGB, § 2 Rn. 238; H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 34 Rn. 37; Enders, JurBüro 2013, 169 (171); Hammacher, SchiedsVZ 2008, 30 (33); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1373; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 37. 1451 Beckmann, DStR 2007, 583 (586); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 37. 1452 BGH, MDR 2010, 1219; NJW-RR 2007, 720; P. Hartmann, Kostengesetze, Nr. 3104 VV Rn. 11; H.-J. Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, Vorbemerkung 3 Rn. 54: wohl auch Müller-Raabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, Vorb. 3 VV Rn. 165. 1453 OLG Hamm, NJW 2006, 2499; P. Hartmann, Kostengesetze, Nr. 3104 VV Rn. 13; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 239; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1378; wohl auch Müller-Raabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, Vorb. 3 VV Rn. 182 f. 1454 BGH, MDR 2010, 1219; NJW-RR 2007, 720. 1455 Ebenfalls am regelmäßigen Vorliegen dieser Voraussetzung zweifelnd Enders, JurBüro 2013, 169 (171). 1456 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 238; Hammacher, SchiedsVZ 2008, 30 (33); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 1373; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 37.

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teien sieht in der Regel vor, dass die jeweils eigenen Auslagen nicht ersetzt werden.1457 Eine gerichtliche Entscheidung wird im Falle der erfolgreichen Mediation nicht getroffen. Bleibt die Mediation hingegen erfolglos und kommt es zu einer zivilprozessualen Klage, fällt das Gericht in der Regel mit dem Urteil eine Kostenentscheidung gemäß den §§ 91 ff. ZPO. Dabei zählen die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, so dass sie von der unterlegenen Partei zu tragen bzw. zu erstatten sind.1458 Die – auch – durch die zuvor durchgeführte Mediation entstandene Geschäftsgebühr fällt damit im Ergebnis der unterlegenen Partei zur Last. Damit bedeutet die Durchführung einer außergerichtlichen Mediation vor Klageerhebung nur dann ein zusätzliches Kostenrisiko, wenn die Mediation erfolgreich durchgeführt wird oder wenn sie aber erfolglos bleibt, aber dennoch im Anschluss keine Klage erhoben wird. Wird nach einer erfolglosen Mediation hingegen eine Klage erhoben, sind die Rechtsanwaltsgebühren durch die vorherige Mediation – ausgenommen eine etwaige Terminsgebühr für die außergerichtliche Mediation – nicht erhöht worden und fallen, wie auch sonst, der unterlegenen Partei zur Last.1459 Die Kosten des gegnerischen Rechtsanwalts muss der beratende Rechtsanwalt daher auch nicht weiter berücksichtigen: Diese werden bei einer erfolgreichen Mediation entweder bereits nicht ersetzt oder sie gehen in den Prozesskosten nach § 91 ZPO auf und obliegen dann, wie auch sonst, der unterlegenen Partei. Schließlich ist noch auf das Honorar sowie die ersatzfähigen Auslagen des Mediators einzugehen. Wie bereits dargestellt schließen in der Regel beide Parteien mit dem Mediator einen Mediatorvertrag, aus dem sie gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Vergütung und der vertragsgemäßen Auslagen, wie zum Beispiel der Miete für einen Konferenzraum etc., verpflichtet sind.1460 Der Mediator wird danach üblicherweise auf Stundenbasis vergütet, wobei die Höhe der Vergütung aktuell im unteren bis mittleren dreistelligen Euro-Bereich pro Stunde liegt.1461 Im Innenverhältnis verabreden sie im Rahmen der Mediationsabrede in aller Regel unabhängig vom Ausgang der Mediation die hälftige Kostentragung.1462 Angesichts dieser klaren und regelmäßig auch ausdrücklich getroffenen Regelung 1457

Vgl. bereits § 9 II. auf den S. 89 ff. bei Fn. 466. Allg. M., vgl. nur Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91 Rn. 19 ff. 1459 OLG Rostock, OLGR 2007, 336 (337 f.); OLG Braunschweig, OLGR 2007, 162 (163); P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 91 Rn. 124; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91 Rn. 52; wohl auch Schulz, in: MünchKomm-ZPO, § 91 Rn. 146; Enders, JurBüro 2013, 225 (226); Effer-Uhe, NJW 2013, 3333 (3333); Eckstein, JuS 2014, 698 (702); teilw. a. A. OLG Celle, NJW 2009, 1219 (1219 f.). 1460 Oben § 9 III. (S. 98). 1461 Vgl. Enders, JurBüro 2013, 169 (170) vgl. noch ausführlich die Angaben und Nachweise in Fn. 1509. 1462 Oben § 9 II. (S. 89 ff.). 1458

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dürfte insoweit keine Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts angezeigt sein. Eine Besonderheit ergibt sich jedoch, falls Umstände vorliegen, die eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Gegenseite vermuten lassen. Denn dann bestünde – ebenfalls unabhängig vom Ausgang der Mediation – jedenfalls die rechtliche Handhabe des Mediators, das gesamte Honorar von dem Mandanten einzufordern und diesen auf den Innenregress gegen die andere Partei zu verweisen. Mit diesem Regress würde der Mandant bei Zahlungsunfähigkeit aber ausfallen. Eine Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts über diese außerrechtliche Gefahr dürfte allerdings nur ganz ausnahmsweise anzunehmen sein. Denn die jüngere Rechtsprechung nimmt Aufklärungspflichten in Ansehung lediglich wirtschaftlicher Gefahren nur noch unter den Voraussetzungen der Schadensverhütungspflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, namentlich also wenn es um voraussehbare und vermeidbare Nachteile wesentlichen Ausmaßes geht.1463 Diese Voraussetzungen dürften bei Zweifel an der Solvenz des Regressschuldners für die Kosten des Mediators im Regelfall nicht erfüllt sein. Für den Fall einer erfolglosen Mediation und eines anschließenden Zivilprozesses findet schließlich auch kein Ersatz der Kosten des Mediators als „Prozesskosten“ statt. Denn die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichsversuchs gehören gerade nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn die Parteien dies besonders vereinbart hätten.1464 Das ist aber in aller Regel gerade nicht der Fall.1465 Insgesamt stellen sich die Kostenrisiken für den Mandanten danach so dar: Führt die Mediation zum Erfolg, ist der Mandant mit den Kosten seines eigenen Rechtsanwalts sowie mit den anteiligen Kosten des Mediators belastet. Scheitert die Mediation und die Parteien führen im Anschluss einen Zivilprozess, fallen die gesamten gesetzlichen Gebühren der beiden Rechtsanwälte und des Gerichts dem Unterliegenden zur Last. Die Höhe dieser Kosten wird durch die Durchführung der Mediation in der Regel nicht erhöht. Die Verteilung der Kosten gemäß § 91 ZPO ist das verfahrensrechtlich aus dem materiellen Recht folgende Ergebnis der gesetzlichen Regelung und daher als solches kein Risiko: Denn diese Kosten wären dem Unterlegenen auch ohne die vorherige Durchführung einer Mediation oblegen. Somit bleiben als effektive Kostenrisiken, über welche der Mandant zu belehren ist, nur die eigenen Rechtsanwaltskosten bei einer erfolgreichen Mediation sowie, in jedem Falle, die anteiligen Kosten des Mediators.

1463 Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 632; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; vgl. ferner bereits § 18 IV. auf S. 207 mit Fn. 1250 m.w. N. aus der Rechtsprechung. 1464 Vgl. BGH, NJW 2009, 519 (520); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91 Rn. 6. 1465 Vgl. bereits § 9 II. auf den S. 89 ff. bei Fn. 466.

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e) Deckung durch Rechtsschutzversicherung Neben der Frage, welche Kosten insgesamt anfallen und wer diese zunächst oder endgültig zu tragen hat, kann sich auch die Frage stellen, ob die Rechtsschutzversicherung des Mandanten diese Kosten insgesamt oder teilweise übernimmt.1466 Welche Kosten von dem Rechtsschutzversicherer getragen werden ergibt sich nach § 125 VVG aus der Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Dieser Vereinbarung liegen regelmäßig allgemeine Geschäftsbedingungen des jeweiligen Versicherers zugrunde, deren Vorlage in aller Regel das unverbindliche Muster „Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung“, aktuell mit Stand von Juni 2013 (ARB 2012)1467, des Branchenverbandes Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. ist.1468 Diese ARB 2012 sehen in ihrer Ziffer 2.3.1.1 vor, dass der Rechtsschutzversicherer den Anteil des Versicherten an den Kosten des Mediators bis zu einer bestimmten, betragsmäßig festgelegten Grenze trägt.1469 Zugleich wird auch die Vergütung des Rechtsanwalts, welcher den Versicherten in die Mediation begleitet, nach den allgemeinen Regeln von der Rechtsschutzversicherung gedeckt.1470 Bei dem Bestehen einer Rechtsschutzversicherung und einer grundsätzlichen Abdeckung des Streitgegenstandes durch dieselbe (vgl. die Ausnahmen in den Ziffern 2.2, 3. ARB 2012) sind somit sowohl die Rechtsanwaltskosten als auch, bis zu der konkret genannten Höhe, die Kosten des Mediators abgedeckt. Ein Kostenrisiko besteht unter diesen Voraussetzungen also nicht.

II. Pflichten zur Empfehlung für oder gegen die Mediation Neben Belehrungspflichten, welche dem Mandanten lediglich die Grundlage für eine eigenverantwortliche Entscheidung in Form von Informationen vermitteln sollen, können den Rechtsanwalt auch Beratungspflichten, aufgrund derer er dem Mandanten ein bestimmtes Vorgehen positiv empfehlen oder negativ davon 1466

Ewig, ZKM 2012, 4 (6). Online verfügbar unter http://www.gdv.de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/rechtsschutzversicherung/, zuletzt geprüft am 25.11. 2013. 1468 Vgl. Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 56; Trenczek/Berning/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 1.2 Rn. 27. 1469 Vgl. zu § 5a ARB 2010 [Vorgängerregelung der Ziffer 2.3.1.1 ARB 2012]: Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 3. Rn. 173; Obarowski, in: MünchKommVVG, Anhang § 125 VVG Rn. 99; Stahl, in: Habauer, ARB, § 5a Rn. 10; Münkel, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, § 5 ARB 2010 Rn. 12. 1470 Bauer, in: Habauer, ARB, § 5 Rn. 122, 125; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 3. Rn. 172. 1467

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abraten muss, treffen.1471 Dabei ist zunächst herauszustellen, dass entsprechende Beratungspflichten lediglich dann angenommen werden, wenn die eine Verhaltensalternative eindeutig günstiger oder ungünstiger gegenüber den anderen Verhaltensalternativen ist.1472 Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Rechtsanwalt nicht zu einer Empfehlung verpflichtet ist, wenn keine eindeutige Präferenz für eine der Alternativen besteht. In diesem häufigen Fall trifft den Rechtsanwalt somit keine Beratungspflicht, sondern dem Mandanten obliegt diese Entscheidung aufgrund einer eigenen Abwägung.1473 Untersucht wird daher an dieser Stelle nicht, ob ein etwa erteilter Rat des Rechtsanwalts zur oder gegen die Mediation pflichtwidrig war. Es geht vielmehr um die Frage, ob in bestimmten Konstellation ausschließlich ein Rat zur oder gegen die Mediation pflichtgemäß ist, so dass ein abweichender Rat oder auch dessen Unterlassen jeweils eine Pflichtverletzung darstellen würden. Es ist daher zu erwägen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsanwalt seinem Mandanten die Teilnahme an einer Mediation anraten oder im Gegenteil von einer solchen Teilnahme abraten muss.1474 Dafür ist zunächst der Bezugspunkt der Vor- oder Nachteilshaftigkeit herauszuarbeiten (1.). Sodann werden Fallgruppen, in denen nur ein Abraten (2.) oder Zuraten (3.) pflichtgemäß ist, dargestellt. 1. Bezugspunkt der Vor- oder Nachteilshaftigkeit Der Inhalt der Beratungspflichten des Rechtsanwalts justiert sich grundsätzlich nach dem Beratungsbegehren des Mandanten.1475 Die Frage, ob ein bestimmtes Vorgehen einen Vorteil gegenüber einem anderen Vorgehen verspricht, ist daher

1471

Oben § 18 V. (S. 209) [im Allgemeinen] und § 19 IV. (S. 218) [zum Vergleich]. Vgl. BGH, NJW 2010, 1357 (1357 f.); NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (451); VersR 1961, 276 (278); OLG Hamm, FamRZ 1999, 1423 (1424); OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2007, Az. 12 U 147/06 [n. v.]; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3346); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 798; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 42; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2029 f.; Edenfeld, MDR 2001, 972 (972). 1473 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 564 f.; vgl. auch BGHZ 171, 261 (264). 1474 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 83; Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (69); Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 16. 1475 BGHZ 171, 261 (264); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 620; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 5; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 74; bereits oben § 18 V. (S. 209 ff.). 1472

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anhand der Effizienz der Zielerreichung im Sinne des Mandats und damit des Mandanten zu bestimmen. Diese Feststellung erscheint banal. Sie dient jedoch – im Einklang mit der Beschränkung der vorliegenden Untersuchungsfrage1476 – der negativen Ausgrenzung von Kriterien, die allgemein, das heißt ohne Bezug zum konkreten Mandat, für oder gegen die Mediation sprechen. So wird zum Beispiel vertreten, dass der Zivilprozess als hypothetisches Alternativverhalten zur Durchführung einer Mediation oder anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung über wesentliche strukturelle Vorteile verfügt.1477 Als eines von vier Kriterien, die für den Zivilprozess sprechen, wird dort unter anderem die Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens genannt, die eine Grundvoraussetzung der Rechtsfortbildung darstelle.1478 Würde eine Vielzahl von Konflikten jedoch nicht mehr in öffentlichen Gerichtsverfahren, sondern in vertraulichen Mediationen (oder anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung) ausgetragen, soll dies den gesellschaftlichen Fortschritt hemmen.1479 Als aktuelles Beispiel dafür wird der Fall eines Kreditinstituts angeführt, das womöglich in Bezug auf den Vertrieb von Finanzprodukten systematisch Aufklärungspflichten verletzt hatte und sich daher eventuell in einer Vielzahl von Fällen schadensersatzpflichtig gemacht hatte. Das Kreditinstitut bot einer Vielzahl der Geschädigten jedoch eine teilweise Entschädigung an, wodurch es zu keinen Zivilprozessen und also nicht zu Präzedenzentscheidungen kam.1480 Ohne dass die Validität derartiger Überlegungen grundsätzlich in Frage gestellt würde, sind sie vorliegend nicht zu berücksichtigen. Denn der Rechtsanwalt, dessen Pflichten hier erhellt werden sollen, ist nicht im Dienste der Rechtspolitik, sondern im Dienste seines Mandanten tätig und hat dessen Ziele zu verfolgen. Analog der obigen Darstellung, dass er im Einzelfall verpflichtet sein kann, dem Mandanten zu einem Vertragsbruch zu raten,1481 hat er also – bei einer entsprechenden Indikation durch andere Kriterien – auch dann zu einer Mediation zu raten, wenn dadurch die Rechtsfortbildung jedenfalls in diesem Falle leidet.1482 1476

Oben § 3 I. (S. 44 ff.). Eingehend Risse, ZKM 2012, 75 (76 ff.). 1478 Risse, ZKM 2012, 75 (77). 1479 Bewusst einen Kontrapunkt zu den „Mediationstendenzen“ setzend Risse, ZKM 2012, 75 (78 f.), sowie Risse, Alternative Streitbeilegung, S. 133 (143); grundlegend Fiss, Yale L.J. 93 (1984), 1073 (1082 ff.); a. A. Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 50; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 461. 1480 Engel/Hornuf, SchiedsVZ 2012, 26 (27) zu Credit Suisse und den sogenannten „Lehmann“-Zertifikaten. 1481 Oben § 18 V. bei Fn. 1267. 1482 So auch Pörnbacher/Wortmann, ZKM 2012, 144 (148) für die Abwägung zwischen Zivilprozess und Schiedsgerichtsverfahren; im Ergebnis auch Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 461. 1477

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Im Gegenzug bedeutet die Fokussierung des Rechtsanwalts auf den Auftrag seines Mandanten, dass allgemeine rechtspolitische Tendenzen, die Mediation und andere Methoden der außergerichtlichen Konfliktbeilegung zu fördern,1483 ebenfalls keine zulässigen Kriterien im Rahmen der Abwägung darüber, ob dem Mandanten zur Mediation geraten oder davon abgeraten werden soll, sind. Denn auch insoweit gilt, dass es allein auf den Gegenstand des Mandats und damit den erkennbaren Willen des Mandanten ankommt, und dieser liegt regelmäßig nicht in der Förderung überindividueller Ziele. Da die Abwägung der einzustellenden Kriterien im Übrigen komplex ist,1484 kann die Darstellung von Kriterien, die im Einzelfall für oder wider die Mediation sprechen können, lediglich eindeutige, schwerwiegende Einzelaspekte herausgreifen, ohne dass das Ergebnis der Abwägung damit für jeden Fall vorgezeichnet wäre.1485 2. Pflicht zum Abraten von einer Mediation Ist die Mediation eindeutig weniger geeignet, das Begehren des Mandanten im Sinne des Mandats zu verfolgen, als andere Vorgehensweisen wie insbesondere der Zivilprozess es wären, besteht eine Pflicht des Rechtsanwalts, dem Mandanten von der Mediation abzuraten.1486 Insoweit kommt insbesondere in Betracht, dass die Mediation grundsätzlich nicht für den Fall geeignet ist [a)], dass zwischen den Parteien ein strukturelles Ungleichgewicht besteht [b)], dass sehr gute Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses für den Rechtsweg sprechen könnten [c)] oder dass ein Missbrauch der Mediation durch die Gegenseite zu befürchten ist [d)]. a) Grundsätzlich nicht mediationsgeeigneter Streit Eine Mediation scheidet grundsätzlich aus, wenn der Streit der Parteien aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht durch eine Mediation zu lösen ist.1487

1483 Vgl. nur den Titel des EGMediationsG: „Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ [Hervorhebung nur hier]. 1484 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 82. 1485 Vgl. auch Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 116 [zur Abwägung durch den Mediator], der eine Justiziabilität der Abwägung nur in eindeutigen Fällen annimmt. 1486 So wohl auch Brinkamp/Spillner, BRAK-Mitt. 2007, 147 (149 f.). 1487 Vgl. Ponschab/Schiele, Der Anwalt als Konfliktmanager, S. 193 (208 f.); Althammer, Zwischen Freiwilligkeit und Zwang, S. 9 (15).

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Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die dem Mandat zugrunde liegende materiell-rechtliche Problemlage nicht durch eine vertragliche Regelung der Parteien geregelt werden kann. Damit sind nicht Mediationen in nicht-justiziablen Bereichen gemeint. Denn nicht-justiziable Probleme können in aller Regel auch in nicht-justiziabler Weise gelöst werden. Es geht vielmehr um Bereiche des materiellen Rechts, in denen die Parteien nicht dispositionsbefugt sind.1488 Dann kann eine Mediation nicht sinnvoll durchgeführt werden.1489 Diese Aussage wird zwar teils mit der Einschränkung versehen, dass eine Mediationsfähigkeit auch in Fällen fehlender Mediationsbefugnis anzunehmen sein kann, weil auch dann jedenfalls eine faktische Übereinkunft über das weitere Vorgehen erzielt werden kann.1490 Ob das Unterlassen des Abratens von der Mediation in einem solchen Fall aber noch pflichtgemäß sein kann, dürfte zu bezweifeln sein. Denn alleine die Mediationsfähigkeit eines Konflikts besagt ja noch nicht, dass die Durchführung der Mediation auch konkret erfolgsversprechend ist. Eine weitere Fallgruppe, in welcher wohl nur das Abraten von einer Mediation pflichtgemäß ist, besteht in der Berührung von rechtlichen Interessen Dritter. So sind viele Konstellationen denkbar, in denen zwei Parteien ihren Konflikt nicht vollständig und endgültig durch einen Vertrag regeln können, falls Dritte nicht einbezogen werden. Dies können zum Beispiel Versicherungen in Schadensfällen oder Kreditinstitute im Rahmen von Restrukturierungen sein. Für derartige Fälle scheidet eine Mediation daher regelmäßig aus,1491 so dass der Rechtsanwalt zum ausdrücklichen Abraten verpflichtet ist. Schließlich ist die Mediation generell nicht geeignet, wenn der Mandant ein Ergebnis, das in sonstiger Weise über den Kreis der Parteien hinaus reicht, erreichen möchte. So könnte dem Mandanten gerade an einer Präzedenzentscheidung, zum Beispiel über die Auslegung der eigenen oder gegnerischen allgemeinen Geschäftsbedingungen, gelegen sein.1492 Dieses Ziel wäre aber mit der Mediation nicht zu erreichen und der Rechtsanwalt daher zum Abraten verpflichtet. Ähnlich und oft damit zusammenhängend kann der Wunsch des Mandanten nach Öffentlichkeit des Verfahrens bestehen, etwa um einen Druck auf die Gegenseite aufzubauen, der Vergleichsverhandlungen zu Gunsten des Mandanten beeinflussen 1488 Vgl. im Einzelnen die Beispiele bei Marburger, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2009, § 779 Rn. 6 ff.; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 779 Rn. 6 ff.; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 294. 1489 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 308; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 115. 1490 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 29. 1491 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 40; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 91; Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 41; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 458. 1492 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 39; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 48; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 309.

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soll.1493 Auch wenn dem Mandanten hieran gelegen ist, muss der Rechtsanwalt also von der Mediation abraten. Es soll hier aber nicht verschwiegen werden, dass auch zur Vorsicht bei der Annahme einer fehlenden Mediationseignung geraten wird, da die Mediation gerade in komplexen Situationen eine Lösung herbeizuführen geeignet ist.1494 b) Strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Parteien Eine schwierige Fallgruppe betrifft die sogenannte strukturelle Unterlegenheit einer Partei. Darunter wird die Situation verstanden, dass eine Partei aufgrund eines typischen Machtungleichgewichtes im Rahmen der Verhandlung in aller Regel ihre Position weitgehend oder vollumfänglich durchsetzen kann.1495 Eine solche strukturelle Unterlegenheit wird unter anderem im Verhältnis von Mieter zu Vermieter1496 oder in Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern1497 angenommen. In Fällen einer solchen strukturellen Unterlegenheit soll die Mediation als Konfliktlösungsverfahren von vorneherein ausscheiden.1498 Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, ob der Rechtsanwalt im Falle einer strukturellen Unterlegenheit grundsätzlich gehalten ist, von einer Mediation abzuraten. Dagegen spricht aber zunächst, dass die Feststellung der strukturellen, also abstrakt-generellen, Unterlegenheit vielfach keineswegs klar sein wird.1499 Vor allem aber sehen die Stellungnahmen zur fehlenden Mediationseignung aufgrund einer strukturellen Unterlegenheit fast ausschließlich vor, dass eine Mediation nur im äußersten Fall ausscheidet: Die Kompensation dieser Unterlegenheit soll vielmehr ganz vorrangig zum einen über den Mediator und zum anderen durch einen Parteianwalt, der die unterlegene Partei berät, verwirklicht wer1493 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 309; Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 40; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 56. 1494 Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (98). 1495 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 284 f.; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 203. 1496 Breidenbach, Mediation, S. 253; teilw. a. A. Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 41. 1497 Breidenbach, Mediation, S. 254; aus anderem Blickwinkel, aber in der Sache ebenso, H. Roth, JZ 2013, 637 (642); Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (F 93, F 120 f.). 1498 Breidenbach, Mediation, S. 252 ff.; Sander/Rozdeiczer, Harv. Negot. L. Rev. 11 (2006), 1 (29 f.); mit wesentlichen Einschränkungen auch Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 286; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 41; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 101, § 2 Rn. 115; Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (434); Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 26. 1499 Vgl. die differenzierte Stellungnahme von Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 41, für das Verhältnis Mieter-Vermieter.

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den.1500 Da in den hier zu untersuchenden Mediationsverfahren stets ein Rechtsanwalt als Parteianwalt eingebunden sein wird,1501 dürfte eine fehlende Mediationseignung aufgrund einer strukturellen Unterlegenheit voraussichtlich in kaum einer Konstellation anzunehmen sein. Es ist daher nicht ersichtlich, dass ein Rechtsanwalt im Einzelfall aufgrund einer derartigen Ungeeignetheit von der Mediation abraten müsste. c) Gute prozessuale Erfolgsaussichten Weiter ist fraglich, ob der Rechtsanwalt von einer Mediation abraten muss, wenn die Erfolgsaussichten eines prozessualen Vorgehens des Mandanten aufgrund der vorläufigen Prüfung des Rechtsanwalts als sehr gut einzuschätzen sind.1502 Denn wenn der Mandant seine Rechte voraussichtlich vollumfänglich durchsetzen bzw. die behaupteten Rechte der Gegenseite vollumfänglich abwehren kann, gibt es prima facie keinen Vorteil, der mit der Mediation erreicht werden könnte. Gleichzeitig böte die zivilprozessuale Durchsetzung den Vorteil, dass der erfolgreiche Kläger in den Genuss eines vollstreckbaren Titels, der erfolgreiche Beklagte in den Genuss der rechtskräftigen Abweisung des klägerischen Anspruchs kommt. Die Mediation wäre danach eindeutig nachteilhafter gegenüber dem Zivilprozess und der Rechtsanwalt zum Abraten verpflichtet. Eine solche Betrachtung lässt allerdings wesentliche Aspekte außer Betracht: Zunächst dürfte es nur wenige Fälle geben, in denen der Prozesssieg – vor allem unter Berücksichtigung der vermuteten tatsächlichen und rechtlichen Einwendungen der Gegenseite – derart eindeutig erscheint. Wichtiger ist jedoch, dass die Mediation keine endgültige Alternative zum Zivilprozess darstellt. Sie kann vielmehr entweder erfolgreich mit einer Abschlussvereinbarung enden. Dann werden die guten Prozessaussichten des Mandanten ihren Niederschlag im Verhandlungsergebnis finden.1503 Oder die Mediation bleibt erfolglos und hat Zeit und Geld gekostet, aber sonst keinen weiteren Nachteil verursacht. Dann steht der 1500 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 286 ff.; Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 349 ff.; Haft, Verhandlung und Mediation, S. 204 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 27; Friedrich, in: Trenczek/ Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 5.17 Rn. 8; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.1 Rn. 13; Engel/ Hornuf, SchiedsVZ 2012, 26 (32); Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 41; Brieske, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 12 Rn. 38; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 453; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 672 f. 1501 Oben § 3 V. (S. 50). 1502 Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (51); Schmidt/ Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 333; vgl. auch Offermann-Burckart, Resümee Plenardiskussion 2. Mediationskongress (Bielefeld 2012), S. 77 (79); Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 43 ff. 1503 Unten § 24 III. 4. b) (S. 289 ff.).

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Weg zum Prozessgericht nach wie vor mit unveränderten Erfolgsaussichten offen. Die eindeutige Nachteilhaftigkeit der Mediation könnte sich jedenfalls grundsätzlich – zu Ausnahmen aufgrund eines Missbrauchs der Mediation durch die Gegenseite sogleich – daher nur aus dem Zeit- oder Kostenfaktor ergeben.1504 In zeitlicher Hinsicht wird eine erfolglose Mediation in aller Regel im Verhältnis zum Zivilprozess nur zu unwesentlichen Verzögerungen führen. Denn die Mediation kann in der Regel innerhalb von wenigen Wochen vorbereitet und terminiert werden und dauert selbst meist nur einen bis mehrere zusammenhängende Verhandlungstage.1505 Ein staatlicher Zivilprozess vor deutschen Landgerichten als erster Instanz hat hingegen im Jahre 2012 durchschnittlich 13,6 Monate bis zum streitigen Urteil benötigt.1506 Hinzurechnen muss man ferner, dass jeder Partei grundsätzlich1507 die Berufung zum Oberlandesgericht offensteht und dass diese in zeitlicher Hinsicht im Jahre 2012 durchschnittlich mit weiteren 11,4 Monaten ab Eingang in der Berufungsinstanz zu veranschlagen war.1508 Angesichts dieser Zeiträume bis zu einem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil bzw. bis zur rechtskräftigen Entscheidung erscheint ein, am Ende womöglich erfolglos bleibendes, „Vor“-Verfahren in Form der Mediation keinesfalls als eindeutig nachteilig, besteht doch zugleich die Chance auf einen schnellen Abschluss durch eine erfolgreiche Mediation. In kostenmäßiger Hinsicht stellt sich das Verhältnis einer am Ende eventuell erfolglosen Mediation zu den Kosten eines dann nachfolgenden Zivilprozesses wie folgt dar: Der Mediator berechnet sein Honorar auf Stundenbasis. Die Höhe des Stundensatzes ist grundsätzlich frei vereinbar. Im Bereich der Wirtschaftsmediation ist gegenwärtig jedoch ein Stundensatz in der Größenordnung von A 300,– pro Stunde realistisch.1509 Die Anzahl der durch den Mediator abrechen1504 Vgl. auch Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 334. 1505 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 64, 87, 305; Günther/ Hilber, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 15 Rn. 81; Berning/ Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.1 Rn. 23 f. 1506 Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 50, Ziff. 5.2, Lfd. Nr. 9; die durchschnittliche Dauer insgesamt, d.h. unter Berücksichtigung auch anderer Formen der Beendigung als durch streitiges Urteil, betrug 8,3 Monate, vgl. Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 50, Ziff. 5.2, Lfd. Nr. 8. 1507 Unberücksichtigt bleiben hier Fälle, in denen der Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unter A 600,– liegt und das Landgericht die Berufung auch nicht gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 ZPO zulässt. 1508 Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 88, Ziff. 8.2, Lfd. Nr. 18. 1509 Vgl. DIS, Mediationsordnung, § 11 Abs. 5 mit Anlage Ziff. 2. (A 300/h); EUCON, Gebühren- und Honorarordnung, Anhang: Gebühren- und Honorartabelle (A 200– 300/h); Risse, Wirtschaftsmediation, § 13 Rn. 6 (A 200–450/h), § 3 Rn. 16 (A 300/h); Hagel, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.16 Rn. 11 (A 300/h); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts,

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baren Stunden variiert naturgemäß mit dem Einzelfall. Mit 40 abrechenbaren Arbeitsstunden inklusive der Vor- und Nachbereitung dürften hingegen auch umfangreiche Wirtschaftsmediationen in komplexeren Verfahren abgedeckt sein.1510 Damit würde das Honorar des Mediators insgesamt A 12.000,– betragen, von denen der Mandant regelmäßig erfolgsunabhängig die Hälfte in Höhe von A 6.000,– zu tragen hätte. Hinzu tritt die Vergütung des eigenen Rechtsanwalts, die jedoch bei Vergeblichkeit der Mediation im Regelfall in Höhe der gesetzlichen Vergütung gemäß dem RVG in den späteren Prozesskosten aufgeht.1511 Die gesetzlichen Gebühren eines Zivilprozesses ergeben sich aus dem Streitwert. Exemplarisch könnte für einen Vergleich der durchschnittliche Streitwert der im Jahre 2012 bundesweit vor den Oberlandesgerichten als Berufung erledigten Sachen mit einem Streitwert von je unter A 50.000,– in Höhe von A 16.339,–1512, also der Durchschnitt der „kleinen Streitwerte“, herangezogen werden. Aus diesem Streitwert errechnen sich für den unterliegenden Teil bis zum Berufungsurteil nach dem RVG und GKG zu tragende Prozesskosten in Höhe von A 11.669,69.1513 Diese Kosten berücksichtigen allerdings noch keinerlei Beweiserhebung, weder in Form der Beweisgebühr (Nr. 1010 VV-RVG) noch in Form der oft erheblichen Gutachterkosten. Außerdem berücksichtigt diese Angabe noch nicht die internen Kosten der Prozessparteien, die in der Regel einen nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand für die Organisation des Tatsachenvortrags und der Beweismittel sowie gegebenenfalls mit der Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen haben.1514 Diese indirekten Kosten sind zwar regelmäßig kaum konkret zu beziffern und als Kosten eigener Mühewaltung auch nicht als Schaden im Sinne des

Rn. 1356 (A 50–500/h, angemessen A 200/h); H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 34 Rn. 38 (A 200–450/h bei Wirtschaftsmediation); Henssler, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 3 Rn. 55 (A 150–350/h); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 298 mit Fn. 2 (A 350/h); Brieske, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 12 Rn. 95 (A 40–450/h); Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 58 (A 100–200/h bei Familienmediation, ansonsten höher); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 34 (A 200/h). 1510 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 298 mit Fn. 2 (21–30 Stunden); Hagel, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.16 Rn. 11 (20–40 Stunden); Risse, Wirtschaftsmediation, § 13 Rn. 21 (12– 60 Stunden); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 34 (8 Stunden, allerdings ohne Vor- und Nachbereitung). 1511 Oben § 23 I. 3. d) (S. 245). 1512 Destatis, Rechtspflege/Zivilgerichte 2012, S. 88, Ziff. 8.2, lfd. Nr. 36. 1513 Im Wesentlichen zusammengesetzt aus: 1. Instanz: 1,3 Geschäftsgebühren Nr. 2300 VV-RVG, 1,3 Verfahrensgebühren Nr. 3100 VV-RVG, 1,2 Terminsgebühren Nr. 3104 VV-RVG, 3,0 Gerichtsgebühren Nr. 1210 KV-GKG; Berufung: 1,6 Verfahrensgebühren Nr. 3200 VV-RVG, 1,2 Terminsgebühren Nr. 3202 VV-RVG, 4,0 Gerichtsgebühren Nr. 1212 KV-GKG. 1514 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 299; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 63; Hammacher, SchiedsVZ 2008, 30 (33).

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§ 249 Abs. 1 BGB ersatzfähig.1515 Sie fallen aber dennoch an und stellen einen wirtschaftlichen Aspekt dar, welchen der Rechtsanwalt jedenfalls berücksichtigen darf und wahrscheinlich sogar berücksichtigen muss1516. Die Kosten des Mediationsversuchs betragen damit bei diesem geringen Streitwert rund die Hälfte der Prozesskosten. Mit steigendem Streitwert nimmt die Bedeutung der Kosten der Mediation hingegen immer mehr ab.1517 Auf Basis dieser Zeit- und Kostenfaktoren hat der Rechtsanwalt einzuschätzen, ob der Versuch der Mediation bei guten Erfolgsaussichten für den Fall eines Prozesses eindeutig ungünstiger ist. Der zeitliche Faktor wird dabei voraussichtlich stets zu Gunsten der Mediation sprechen.1518 Ob man das Risiko zusätzlicher Kosten für die Aussicht auf Zeitersparnis in Kauf nimmt, ist im Einzelfall abzuwägen. Die Kosten der Mediation erscheinen jedenfalls bei nicht ganz geringen Streitwerten nicht prohibitiv hoch. Das Ergebnis einer Gesamtabwägung der guten Erfolgsaussichten für den Prozess sowie des Kosten- und Zeitfaktors dürften hingegen in aller Regel nicht dazu führen, dass allein das Abraten von der Mediation pflichtgemäß wäre.1519 Damit obliegt dem Mandanten in den meisten Fällen in eigener Verantwortung eine Kosten-/Nutzenabwägung,1520 die er im Zweifel anhand seiner eigenen Präferenzen auch präziser durchführen kann. Insgesamt lässt sich damit nicht feststellen, dass der Rechtsanwalt bei guten Erfolgsaussichten für seinen Mandanten generell von der Mediation abraten müsste. Denn die nachteilige Kostenlast kann durch einen zeitlichen Vorteil kompensiert werden und dürfte daher jedenfalls nicht generell das ausschlaggebende Kriterium sein. d) Missbrauch der Mediation durch die Gegenseite Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Gegenseite sich womöglich nur zum Schein auf die Mediation einlassen könnte. Denn sie kann den Teilnahmewillen vortäuschen und die Mediation dann aber im spätestmöglichen Zeitpunkt, das heißt regelmäßig unmittelbar vor Unterzeichnung einer bindenden Vereinbarung, grundlos abbrechen, ohne dass sich daraus negative Konsequenzen er1515 H.M.; vgl. BGHZ 111, 168 (177); BGHZ 76, 216 (218 f.); BGHZ 75, 230 (231 ff.); BGHZ 66, 112 (114 f.); Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 249 Rn. 67. 1516 Oben § 18 IV. (S. 207). 1517 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 298; Risse, Wirtschaftsmediation, § 13 Rn. 27; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 35 geht davon aus, dass die Mediation ab einem Streitwert von A 10.000,– in der Regel günstiger ist. 1518 Unter dem Schlagwort „time is money“ ebenso Beckmann, DStR 2007, 583 (584). 1519 Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 44. 1520 So auch Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 335.

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geben.1521 Dies könnte die andere Partei aus zwei Erwägungen heraus unternehmen: Zunächst ist denkbar, dass sie versucht, bis zur Klageerhebung oder bis zu einer gerichtlichen Entscheidung Zeit zu gewinnen, also mit Verschleppungsabsicht handelt. Andererseits könnte die andere Partei die Mediation nutzen, um vertrauliche Informationen in der Mediation zu erfahren und diese oder, je nach Regelungsgehalt der Vertraulichkeitsvereinbarung, daran anknüpfende Informationen oder Beweismittel in einem späteren Prozess zu verwenden und die Mediation so zur Ausforschung instrumentalisieren.1522 In Ansehung einer möglichen Verschleppungsabsicht ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Anspruchsgegner mit der Mediation regelmäßig nicht die Leistung selbst, die er offensichtlich nicht freiwillig erbringen möchte, sondern lediglich deren gerichtliche Geltendmachung verschleppt. Der Vergleichsmaßstab ist danach also nicht, ob der Gläubiger die Leistung sofort oder erst in, zum Beispiel, drei Monaten nach der Mediation erhält. Die Vortäuschung der Mediationsbereitschaft durch den Anspruchsgegner führt vielmehr nur dazu, dass der Gläubiger sein vorläufig vollstreckbares erstinstanzliches Urteil nicht in den durchschnittlichen zwölf Monaten,1523 sondern erst nach, zum Beispiel, 15 Monaten, erhält. Denn dem Gläubiger steht für den großen Teil der Ansprüche auf Zahlung kein einstweiliger Rechtsschutz, den er ohne die Täuschung früher einsetzen könnte, zur Verfügung. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit gemäß den §§ 916 ff. ZPO einen Arrest über das Vermögen des Schuldners zu beantragen. Die Voraussetzungen eines Arrestgrundes sind insoweit jedoch durchaus hoch und keineswegs in jedem Falle der Verweigerung der Leistung gegeben.1524 Auch im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 935 ZPO kann eine Leistung grundsätzlich nicht verlangt werden, da die einstweilige Verfügung lediglich der Sicherung eines nicht auf Geld gerichteten Anspruchs dient.1525 Die Leistungsverfügung, nach der in entsprechender Anwendung des § 940 ZPO ausnahmsweise auch eine Befriedigung wegen eines Geldanspruchs, eine Unterlassung oder die Vornahme einer Handlung verlangt werden kann, ist schließlich nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.1526 Jedenfalls bleibt aber das Recht je1521 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 29 ff.; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 454 ff. 1522 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 29 ff.; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 454 ff.; Behme/Probst, ZKM 2014, 8 (8 f.). 1523 Vgl. dazu bereits oben § 23 II. 2. c) bei Fn. 1506. 1524 Vgl. nur Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 917 Rn. 1 f.; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 35 Rn. 7 ff.; Huber, in: Musielak, ZPO, § 917 Rn. 3 f. 1525 Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 37 Rn. 1; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 935 Rn. 3. 1526 Vgl. Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 940 Rn. 6 ff.; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 37 Rn. 19 ff.; Huber, in: Musielak, ZPO, § 940 Rn. 14 ff.

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der Partei zur Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes von der Mediationsabrede und dem darin liegenden Klageverzicht entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 1033 ZPO unberührt, so dass Anträge nach den §§ 916 ff. ZPO auch während der Mediation zulässig gestellt werden können.1527 Aufgrund der verhältnismäßig kurzen Dauer der Mediation und den beschränkten Möglichkeiten, das Recht des Anspruchsstellers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchzusetzen oder zu sichern, ist das Risiko eines Missbrauchs der Mediation zur systematischen Verschleppung daher als nicht besonders groß einzuschätzen.1528 Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Rechtsanwalt bereits aufgrund der allgemeinen Gefahr, dass der Schuldner den Konflikt durch die Mediation verschleppen will, zu einem Abraten von der Mediation verpflichtet wäre. Etwas anderes würde sich insoweit ergeben, wenn konkrete Umstände bekannt sind, welche die Gefahr der Verschleppung nahelegen. Für die Anforderungen an die Konkretisierung dieser Umstände dürfte dabei von den Anforderungen an die Arrest- und Verfügungsgründe auszugehen sein, da nur unter diesen Voraussetzungen ein alternatives, sofort effektives Verhalten des Anspruchsstellers im Raum steht. Außerdem kann die Gegenseite planen, die Mediation zum Schein zu betreiben, um dort vertrauliche Informationen oder Hinweise auf weitere Informationen oder Beweismittel zu erhalten und diese in einem nachfolgenden Zivilprozess einzusetzen.1529 Diese Missbrauchsgefahr betrifft zwar nur die externe Vertraulichkeit1530 der Mediation, also den Schutz der in der Mediation zwischen allen Teilnehmern ausgetauschten Informationen gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere dem Prozessgericht. Denn die in einem Einzelgespräch gegenüber dem Mediator eröffneten Informationen erhält die potentiell missbräuchlich handelnde Gegenpartei nach Maßgabe der internen Vertraulichkeit1531 ohnehin nicht. Diese externe Vertraulichkeit erfährt aber durch die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators gemäß § 4 MediationsG sowie durch die üblichen

1527 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 186; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 16; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22; Loos/ Brewitz, SchiedsVZ 2012, 305 (310); Töben, RNotZ 2013, 321 (332); vgl. auch bereits § 9 II. auf S. 89. 1528 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 30; Greger/Münchhausen, Verhandlungsund Konfliktmanagement, Rn. 454; im Ergebnis wohl auch Hammacher, SchiedsVZ 2008, 30 (32 f.). 1529 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 31 f.; Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 28; C. Hartmann, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 44 Rn. 2, 6, 22; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 457; Duve, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 59; Günther/Hilber, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 15 Rn. 129; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 152. 1530 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 50. 1531 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 51.

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und notwendigen vertraglichen Regelungen der Vertraulichkeit einen unvollständigen Schutz.1532 Denn um zu vermeiden, dass die Mediation zu einem Tatsachengrab wird und damit einen Anreiz zur Flucht in die Mediation setzt, werden bereits nicht alle Informationen, die in der Mediation eröffnet werden, der Vertraulichkeit unterworfen.1533 Ferner stehen dem Prozessgericht im Zivilprozess gemäß den §§ 142–144, 448 ZPO diverse Kompetenzen zur Anordnung einer Beweiserhebung zu.1534 Auch steht den Parteien die Möglichkeit offen, auf Basis der erlangten vertraulichen Information nach weiteren Informationen oder Beweismitteln zu suchen, deren Einführung in den Prozess mangels einer sogenannten Fernwirkung der Vertraulichkeitsvereinbarung nicht untersagt ist.1535 Denn wenn man weiß, wonach zu suchen ist, wird man stets auf irgendeinem Wege fündig werden.1536 Und schließlich ist ein etwaiger Einzelrechtsnachfolger des Gläubigers, welcher den Anspruch zum Beispiel im Wege der Pfändung und Überweisung gemäß den §§ 829, 835 ZPO und damit isoliert von einer Vertraulichkeitsvereinbarung erworben hat, nicht an die Vertraulichkeitsvereinbarung gebunden und darf ihm etwa zur Verfügung stehende Informationen auch prozessual vortragen bzw. dazu Beweis antreten.1537 Aufgrund all dieser Aspekte besteht aus rechtlicher Warte kein lückenloser Schutz gegen eine Instrumentalisierung der Mediation zur Ausforschung.1538 Die Gefahr des Missbrauchs der Mediation im Wege der Ausforschung dürfte dennoch keinen eindeutigen Nachteil des Versuchs der Mediation, der eine Pflicht zum Abraten begründen würde, darstellen: Denn auch wenn § 1 Abs. 1 MediationsG die Mediation als vertrauliches Verfahren beschreibt1539, ist niemand verpflichtet, in der Mediation vertrauliche Informationen oder Beweismittel offen zu legen. Ebenso wie im Rahmen einer bilateralen Verhandlung, in welcher regelmäßig gar kein Vertraulichkeitsschutz besteht, ist die Entscheidung, welche Informationen gegebenenfalls offen gelegt werden, im Verlauf der Verhandlung mit Vorsicht und Fingerspitzengefühl zu treffen. Es liegt daher viel näher, den Rechtsanwalt nur für verpflichtet zu halten, über die Lücken des Ver1532

Ausführlich oben § 9 V. (S. 102 ff.). Vgl. Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (260); Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85); Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150). 1534 Oben § 9 V. 4. bei den Fn. 550–556. 1535 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 33. 1536 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 215 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 33. 1537 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 214; Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 35; Greger/Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 457. 1538 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 36; ähnlich auch Eckardt/Dendorfer, MDR 2001, 786 (792); vor einer Überschätzung dieser Gefahr warnen hingegen Greger/ Münchhausen, Verhandlungs- und Konfliktmanagement, Rn. 457. 1539 Es handelt sich bei der Vertraulichkeit nicht um ein konstitutives Merkmal, vgl. oben § 1 V. 1. (S. 31). 1533

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traulichkeitsschutzes zu belehren,1540 aber nicht darüber hinaus allein aufgrund dieser Gefahr von der Mediation abzuraten. Wie stets kann im Einzelfall etwas anderes gelten, wenn konkrete Hinweise für eine solche Absicht der Gegenseite vorliegen. 3. Pflicht zum Zuraten zu einer Mediation Für die Durchführung einer Mediation sprechen im Allgemeinen und oft auch im Einzelfall durchaus gute Gründe.1541 Sie ist aber andererseits kein „Allheilmittel“,1542 so dass sicher keine generelle Verpflichtung zur Empfehlung der Mediation besteht.1543 Eine solche Pflicht kann sich aber wiederum dann ergeben, wenn die Durchführung, genauer der Versuch, der Mediation eindeutig günstiger gegenüber den anderen Alternativen, die regelmäßig in der Klageerhebung oder dem Erdulden der Klage liegen, ist.1544 Diskutabel ist insoweit, ob eine entsprechende Pflicht aufgrund einer Verpflichtung des Mandanten zur Mediation [a)] oder aufgrund der Gelegenheit zum Missbrauch der Mediation zu Gunsten des eigenen Mandanten [b)] bestehen könnte. a) Verpflichtung zur Mediation Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Mediation im engeren Sinne, also einer solchem im Sinne des MediationsG und damit ohne Bezug zu § 278 Abs. 5 ZPO,1545 kann sich allein aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Vereinbaren die Parteien anlässlich eines konkreten Konflikts ad hoc den Versuch einer Mediation,1546 ist die Verpflichtung zur Mediation sowohl sachlich isoliert von anderen Vereinbarungen im Verhältnis der Parteien als auch zeitlich präsent, dass hier aufgrund der Evidenz keine besondere Beratungspflicht des Rechtsanwalts anzunehmen sein dürfte. Anders kann dies in Fällen einer Mediationsklausel sein: Haben die Parteien in einem anderweitigen Grundvertrag, gegebenenfalls bereits vor längerer Zeit, für den Fall von Streitigkeiten aus oder in Zusammenhang mit dem Vertrag verein1540

Oben § 23 I. 3. b) (S. 243). Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 1. Rn. 97; Duve, in: Henssler/ Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 5 Rn. 106; Brinkamp/Spillner, AnwBl. 2007, 701. 1542 Brieske, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 12 Rn. 13; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 114; Risse/Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (14 f.); Brinkamp/Spillner, BRAK-Mitt. 2007, 147 (147); Althammer, Zwischen Freiwilligkeit und Zwang, S. 9 (26). 1543 Weitergehend aber Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 16. 1544 Vgl. bereits die Nachweise in Fn. 1472. 1545 Oben § 1 IV. 2. bei Fn. 40–41. 1546 Oben § 9 II. 3. (S. 95). 1541

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bart, vor einer Klageerhebung eine Mediation zu versuchen,1547 besteht für jede der Parteien hierzu eine materiell-rechtliche Verpflichtung.1548 Die Verletzung dieser Pflicht begründet unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 280 ff. BGB Ansprüche auf Schadensersatz.1549 Auch wenn insoweit in vielen Fällen kein Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB entstehen dürfte,1550 kommt immer noch zumindest ein nachteiliger Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 284 BGB in Betracht.1551 Vor allem aber ist die Klagbarkeit der streitigen Ansprüche ausgeschlossen, solange die Mediation nicht versucht worden ist, so dass eine dennoch erhobene Klage auf Einrede des Beklagten als „derzeit unzulässig“ abzuweisen ist.1552 Verweigert der Beklagte die Einlassung auf die Mediation, handelt es sich um einen Verstoß gegen das auch im Zivilprozessrecht geltende1553 Gebot von Treu und Glauben in Form des Verbots widersprüchlichen Verhaltens.1554 Jeder Partei drohen somit, unabhängig von ihrer späteren Prozessrolle, materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche. Dazu tritt für den Anspruchssteller und etwaigen späteren Kläger die verfahrensrechtliche Gefahr, dass der Beklagte die Einrede der Mediationsabrede erhebt, so dass die Klage kostenpflichtig als unzulässig abgewiesen wird. Aus der Warte des Schuldners und etwaigen späteren Beklagten ergibt sich aus verfahrensrechtlicher Hinsicht hingegen kein Risiko: Verweigert er die Einlassung auf die Mediation, kann er nicht zu dieser gezwungen werden und sieht sich dann, wie auch nach einer erfolglosen Mediation, der Klage des Klägers ausgesetzt. 1547 Vgl. die Formulierungsvorschläge von Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 134; Risse, in: Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, Muster XII. 9; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 403; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 2; EUCON, Mediationsklausel; DIS, DIS-Mediationsvereinbarung 10. 1548 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 9; Tochtermann, ZKM 2008, 89 (90 f.); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 168; Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 22 f.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 25. 1549 Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 169. 1550 Oben § 9 II. 1. (S. 90). 1551 Vgl. Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852 mit Fn. 63); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 192. 1552 Unberath, NJW 2011, 1320 (1321 f.); Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (852 f.); Eidenmüller, Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation, S. 45 (63); Tochtermann, ZKM 2008, 89 (91); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22; Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 44. 1553 BGHZ 112, 345 (349); BGHZ 43, 289 (292); BGHZ 31, 77 (83 f.); Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 2 Rn. 18. 1554 Zur Mediation: Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 182; allgemein zu Treu und Glauben bzw. dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens im Prozessrecht: BGHZ 50, 191 (195); BGH, NJW 1997, 3377 (3379); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 65 Rn. 51.

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Die voreilige Erhebung einer Klage oder die Verweigerung der Einlassung zur Mediation ist damit jedenfalls materiell-rechtlich nachteilig und auf Seiten des Anspruchsstellers auch verfahrensrechtlich nachteilig. Es ist daher eindeutig günstiger, die Mediation zu versuchen und der Rechtsanwalt damit zu einer entsprechenden Empfehlung verpflichtet.1555 b) Missbrauch der Mediation Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob der Rechtsanwalt auch verpflichtet sein kann, seinem Mandanten die Mediation als Instrument zur Verschleppung oder zur Ausforschung zu empfehlen.1556 Dass dem Rechtsanwalt ein Rat zu einem Missbrauch der Mediation nicht bereits aufgrund seiner bloßen „Unredlichkeit“ untersagt ist, wurde in Bezug auf den Verstoß gegen vertragliche Pflichten bereits dargelegt.1557 Anlass zu einem solchen Vorgehen könnte etwa dann bestehen, wenn der Mandant seine Liquidität kurzfristig schonen möchte oder wenn er seine Position für einen späteren Rechtsstreit durch die Erlangung von Informationen oder Beweismitteln verbessern möchte. Soweit die Verschleppung betroffen ist, kommt ein solches Vorgehen nur auf Seiten des Klägers in Frage. Dagegen kommt die Instrumentalisierung der Mediation zur Ausforschung unabhängig von der Prozessrolle in Betracht. Insofern im Einzelfall die Not des Mandanten zum Zeitgewinn oder zum Erwerb weiterer Informationen entsprechend groß ist, kann die Aussicht auf diesen Vorteil die damit einhergehenden Kosten deutlich übersteigen. Der Versuch wäre dann eindeutig vorteilhaft gegenüber der unmittelbaren Klage bzw. dem Erdulden einer solchen. Eine solche eindeutige Vorteilhaftigkeit wäre aber jedenfalls dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Missbrauch der Mediation straf- oder zivilrechtliche Haftungsrisiken für den Mandanten zeitigen würde.1558 Strafrechtliche Risiken können sich im Einzelfall bei der Verschleppung zum Zwecke der Vermögensverschiebung ergeben, da dann eine Strafbarkeit gemäß § 283 StGB (Bankrott) oder § 288 StGB (Vereiteln der Zwangsvollstreckung) im Raum steht. In den meisten Fällen wird der Schuldner aber gar nicht mit diesem Ziel handeln, sondern allgemein versuchen, seine Liquidität zu schonen, um anderweitig eine Lösung zu finden.1559 Eine strafrechtliche Haftung ist daher in aller Regel nicht zu besorgen. 1555

In der Sache wohl auch Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (98). So wohl Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 16; Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (128, 132); vgl. zum Missbrauch der Mediation bereits § 23 II. 2. d) auf S. 258. 1557 Oben § 18 V. bei Fn. 1268. 1558 Das übersieht Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (128 f.). 1559 Risse, Wirtschaftsmediation, § 14 Rn. 29. 1556

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Aus zivilrechtlicher Warte kommt jedoch eine Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) und gegebenenfalls sogar aufgrund einer sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB in Betracht. Denn es wird vertreten, dass sich aus der Mediationsabrede, die ja beide Teile zur kooperativen Teilnahme an der Mediation verpflichtet, auch eine Aufklärungspflicht über Umstände, wegen derer eine Einigung sicher ausscheidet und die Mediation also sinnlos ist, ergibt.1560 Dafür spricht, dass die herrschende Meinung im Rahmen von Vertragsverhandlungen die Pflicht annimmt, keine falschen Vorstellungen über die eigene Abschlussbereitschaft zu erwecken oder aufrecht zu erhalten.1561 Diese Grundsätze sollen nach der, soweit ersichtlich, einzigen Stellungnahme auch auf den missbräuchlichen Eintritt in ein Mediationsverfahren anwendbar sein.1562 Danach wäre die missbräuchlich handelnde Partei im Wege des Schadensersatzes, der regelmäßig auf das negative Interesse gerichtet ist,1563 verpflichtet, die der anderen Partei zunächst obliegende Hälfte der Mediationskosten zu erstatten. Ob die missbräuchliche Instrumentalisierung der Mediation im Einzelfall die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB erfüllt, kann hier nicht abschließend beurteilt werden, sondern bedürfte einer eigenständigen Untersuchung. Es ist aber keinesfalls auszuschließen, dass eine Haftung des Mandanten auf das negative Interesse des anderen Teils ernsthaft in Betracht kommen kann. Bereits aufgrund dieses Haftungsrisikos scheint der Missbrauch der Mediation auch bei einem entsprechendem Anlass oder Beratungsbegehren des Mandanten nicht eindeutig vorteilhafter zu sein, so dass man eine dahin gehende Beratungspflicht des Rechtsanwalts im Allgemeinen nicht anzunehmen ist. Schließlich ist sogar eine Haftung aus § 826 BGB denkbar. Denn nach der herrschenden Auffassung kann ein so genanntes „sittenwidriges Prozessverhalten“ und damit eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB vorliegen, wenn ein Verfahren mit unlauteren Mitteln betrieben wird.1564 Dabei müssen zu der Kenntnis des Schädigers von der Rechtmäßigkeit der eigenen Position zwar noch besondere Umstände hinzutreten, welche die Einleitung oder die Art 1560

Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 244. Es handelt sich um die oft so genannte Fallgruppe „Abbruch von Vertragsverhandlungen“, vgl. BGHZ 76, 343 (349); BGHZ 71, 386 (395); BGH, NJW 2006, 1963 (1964); NJW 2004, 3779 (3781); OLG Stuttgart, OLGR 2007, 740 (742); OLG Koblenz, BB 1992, 2175 (2176); Emmerich, in: MünchKomm-BGB, § 311 Rn. 175; Feldmann/ Löwisch, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2012, § 311 Rn. 134 f.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 311 Rn. 30 f.; krit. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (AT), Rn. 106 f. 1562 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 244. 1563 Allg. M.; vgl. BGHZ 92, 164 (175 f.); BGH, NJW-RR 2001, 1524 (1524 f.); NJW-RR 1988, 288 (289); Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 311 Rn. 54 f., § 249 Rn. 60; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (AT), Rn. 106, 711. 1564 BGHZ 154, 269 (274 f.); BGHZ 95, 10 (19); BGHZ 36, 18 (21); BGH, NJW 2004, 446 (447); Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 190 ff.; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 826 Rn. 550; Sprau, in: Palandt, BGB, § 826 Rn. 50. 1561

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und Weise der Prozessführung als sittenwidrig erscheinen lassen.1565 Jedoch werden diese besonderen Umstände lediglich in Ansehung staatlicher, gesetzlich eingerichteter und geregelter Verfahren verlangt, da in solchen Verfahren der Schutz des anderen Teils grundsätzlich ebenfalls verfahrensintern ausgestaltet ist, so dass eine Partei die Berechtigung ihrer Rechtsposition nicht grundsätzlich vor Einleitung des Verfahrens zu überprüfen hat.1566 Der Einleitung oder Durchführung der privatautonom ausgestalteten Mediation dürfte hingegen keine derartige Legalitätsvermutung zukommen. Es erscheint daher durchaus denkbar, dass die missbräuchliche Ausnutzung der Mediation eine sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB begründet. Eine diesbezügliche Fallgruppenbildung bedürfte aber, wie bereits zur culpa in contrahendo bemerkt, einer eigenständigen Untersuchung. Jedenfalls scheitert eine Pflicht des Rechtsanwalts zu einem Rat zur missbräuchlichen Mediation auch an der möglichen Haftung aus § 826 BGB.

III. Pflichten betreffend die vertraglichen Rechtsgrundlagen Die rechtliche Regelung einer Mediation erfolgt, jedenfalls soweit die Parteien betroffen sind,1567 nahezu ausschließlich im Wege des Vertrags. Dazu gehören zuvörderst die Mediationsvereinbarung im Wege einer Mediationsklausel oder ad hoc, der Mediatorvertrag sowie die Vereinbarung der Verfahrensregeln.1568 Insoweit ist zu erwägen, ob sich besondere Pflichten des Rechtsanwalts im Hinblick auf die rechtliche Gestaltung dieser vertraglichen Rechtsgrundlagen heraus bilden lassen.1569 Dazu ist von den Grundzügen der herrschenden Auffassung auszugehen, nach denen der Rechtsanwalt dafür Sorge zu tragen hat, dass der Wille seines Mandanten richtig und vollständig wiedergegeben wird und dass kein relevanter Ge1565 BGHZ 154, 269 (274); BGH, NJW 2004, 446 (447); Oechsler, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 826 Rn. 550; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, § 826 Rn. 109; Sprau, in: Palandt, BGB, § 826 Rn. 50; wohl a. A. Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 193 bei Fn. 848. 1566 BGHZ 154, 269 (271 f.); BGHZ 95, 10 (19); BGHZ 36, 18 (21); Oechsler, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 826 Rn. 545, 550; Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 190. 1567 Den Mediator betreffen jedoch auch die quasi-berufsrechtlichen Regelungen der §§ 3–5 MediationsG; vgl. zur berufsrechtlichen Qualifikation der meisten Regelungen des MediationsG: Prütting, AnwBl. 2012, 204 (205); H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (109). 1568 Oben § 9 I. (S. 89 ff.). 1569 Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 23 ff.; Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193 f.) [im Hinblick auf die Vertraulichkeitsvereinbarung]; vgl. ebenfalls Ewig, ZKM 2012, 4 (6); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 7; Beckmann, DStR 2007, 583 (584); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 323; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 91.

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sichtspunkt ungeregelt bleibt.1570 Außerdem muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass der Wille seines Mandanten so klar wie möglich zum Ausdruck gebracht wird und Mehrdeutigkeiten in der Formulierung, die zu Auslegungszweifeln führen können, vermieden werden.1571 Diese Grundzüge sind im Folgenden auf die Mediationsvereinbarung (1.), den Mediatorvertrag (2.) und die Verfahrensregeln (3.) anzuwenden. 1. Mediationsvereinbarung Die Mediationsvereinbarung begründet für jede der Parteien die Verpflichtung, in Ansehung eines bestimmt oder bestimmbar bezeichneten Streits vor einer gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Klage eine Lösung im Wege der Mediation zu versuchen.1572 Auch bei dem Verhandeln bzw. dem Abschluss einer solchen Mediationsvereinbarung treffen den Rechtsanwalt die regulären auf die Rechtsgestaltung bezogenen Pflichten.1573 Im Folgenden ist daher zu erwägen, ob und welche Aspekte eine besondere Sorgfalt im Hinblick auf Vollständigkeit und Klarheit einer vertraglichen Regelung im Allgemeinen erfordern können [a)]. Danach ist zu erwägen, ob und welche Besonderheiten bei der Verwendung einer Mediationsklausel [b)] oder dem Abschluss einer Mediationsvereinbarung ad hoc [c)] bestehen können. a) Allgemeine gestalterische Anforderungen Grundsätzlich sollte eine vertragliche Einigung die Vereinbarung der Parteien richtig und vollständig wiedergegeben und darüber hinaus auch alle regelungsbedürftigen Punkte ansprechen und auflösen.1574 Diese kautelarjuristische Maßgabe stellt zugleich auch eine haftungsbewehrte Pflicht des Rechtsanwalts dar, wenn rechtsgestalterische Aufgaben Teil seines Mandats sind.1575 Im Folgenden ist da1570

Oben § 19 V. (S. 221 ff.). BGH, NJW 2002, 1048 (1049); JR 1969, 17 (18); VersR 1960, 932 (933); VersR 1960, 546 (548); vgl. auch BGH, NJW 1996, 2648 (2650) [zur Abgabe einer Gestaltungserklärung für den Mandanten]; NJW 1996, 2929 (2932); Vill, in: Zugehör/Fischer/ Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Edenfeld, MDR 2001, 972 (976); Borgmann, FS Heussen, S. 83 (99); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 126; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 101 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1726 [auf S. 702 findet sich zwischen den Rn. 2023 und 2024 die Rn. 1726]. 1572 Oben § 9 II. (S. 89 ff.); vgl. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil I. Rn. 43; Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (849); Töben, RNotZ 2013, 321 (323). 1573 Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1783. 1574 Vgl. Junker/Kamanabrou, Vertragsgestaltung, § 1 Rn. 31 ff. 1575 Vgl. bereits die Nachweise in Fn. 1571. 1571

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her auf die Punkte einer Mediationsvereinbarung, die typischerweise rechtliche Unklarheiten oder Auslegungszweifel enthalten können, einzugehen: Die Primärpflicht der Mediationsvereinbarung, das heißt die Verpflichtung der Parteien zur Durchführung einer Mediation unter den dort bestimmten Voraussetzungen, dürfte regelmäßig keinen besonderen Regelungsbedarf hervorrufen. Denn die insoweit bereits dargestellten Muster1576 stellen hinreichend klare Regelungen dar, die keine ersichtlichen Fragen offen lassen. Außerdem ist auch zu regeln, welche Sanktionen die Verletzung der Pflicht zur Durchführung der Mediation durch eine der Parteien haben soll. Denn es wurde bereits ausgeführt, dass eine Leistungsklage auf Erfüllung dieser Pflicht, obschon dogmatisch gangbar, kein praktikables Vorgehen darstellt und dass Schadensersatzansprüche gemäß den §§ 280 ff. BGB regelmäßig ausscheiden werden.1577 Vor diesem Hintergrund kommt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder eines pauschalierten Schadensersatzes in Betracht, um einen Anreiz zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht zu begründen.1578 Klarstellende Regelungen sind weiter jedenfalls in Bezug auf die Klagbarkeit des Anspruchs während der Mediation erforderlich. Denn wie oben dargestellt ist nicht ganz zweifelsfrei, ob eine auf den notwendigen Inhalt beschränkte Mediationsvereinbarung konkludent auch einen zeitweisen Klageverzicht enthält.1579 Da in der Vertragsgestaltung aber im Allgemeinen alle vermeidbaren Auslegungszweifel vermieden werden sollten,1580 sollte eine Mediationsabrede diese in der Regel gewünschte Rechtsfolge ausdrücklich anordnen.1581 Der Klarheit halber sollte daher ebenfalls ausdrücklich ausgeführt werden, dass Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sowie ein etwaiges selbstständiges Beweisverfahren von dem pactum de non petendo nicht berührt werden.1582 Betreffend die Verjährung der streitigen Ansprüche ist regelmäßig keine besondere Regelung erforderlich, da § 203 BGB bereits zu sachgerechten Lösungen führt.1583 Erwägenswert ist jedoch, ob die Parteien die Hemmungstatbe1576 Vgl. Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 134; Risse, in: Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, Muster XII. 9; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 403; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 2; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 199; EUCON, Mediationsklausel; DIS, DIS-Mediationsvereinbarung 10; vgl. ferner die in den Fn. 419–423 genannten Quellen. 1577 Oben § 9 II. 1. (S. 90). 1578 Töben, RNotZ 2013, 321 (331). 1579 Oben § 9 II. 4. (S. 96). 1580 Junker/Kamanabrou, Vertragsgestaltung, § 1 Rn. 32. 1581 Töben, RNotZ 2013, 321 (330); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 22. 1582 Töben, RNotZ 2013, 321 (332); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 148. 1583 Oben § 9 II. 5. (S. 97).

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stände abweichend ausgestalten wollen, indem sie zum Beispiel Beginn und Ende der Hemmung vertraglich konkretisieren.1584 Dabei liegt es auch nahe, die umstrittene Rechtsfrage1585, wie die Weigerung einer Partei zur Teilnahme an der Mediation unter dem § 203 BGB zu behandeln ist, einer ausdrücklichen Lösung zugeführt werden.1586 Stehen hingegen materiell-rechtliche Ausschlussfristen im Raum, finden die §§ 203 ff. BGB keine Anwendung,1587 so dass eine vertragliche Regelung geboten ist.1588 Diese kann zum Beispiel die Pflicht vorsehen, nach fristwahrender Klageerhebung einvernehmlich das Ruhen gemäß § 251 S. 1 ZPO zu beantragen. Ein weiterer zentraler Aspekt betrifft die Sicherstellung der Vertraulichkeit der Mediation durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung.1589 Um insoweit einen möglichst umfassenden Schutz zu etablieren, muss die Vertraulichkeitsvereinbarung mindestens auf folgende Regelungsgegenstände eingehen: Zunächst sind die Informationen, die der Vertraulichkeit unterliegen sollen, so präzise wie möglich zu definieren. Das heißt nicht notwendig, dass der Umfang eng zu fassen wäre. Falls der Umfang der vertraulichen Informationen aber gar nicht oder nicht hinreichend beschränkt würde, droht eine Vielzahl von Informationen, die in keinem notwendigen Zusammenhang mit der Mediation stehen müssen, der Vertraulichkeitsvereinbarung zu unterliegen. Die Mediation wäre dann ein Tatsachengrab, was einen Anreiz zur Flucht in die Mediation begründen würde.1590 Eine sachgerechte Umgrenzung der vertraulichen Informationen, die einen solchen Anreiz vermeidet, sollte von der Maßgabe ausgehen, dass die Parteien durch die Durchführung der Mediation zwar keine zusätzlichen, prozessual verwertbaren Informationen erhalten sollen, dass aber alle Informationen, die ihnen bereits vorher bekannt waren oder ohne Zusammenhang zur Mediation bekannt

1584 Eidenmüller, SchiedsVZ 2003, 163 (167); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 145. 1585 Vgl. Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 70; Eidenmüller, SchiedsVZ 2003, 163 (167); Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 203 Rn. 2; Grothe, in: MünchKomm-BGB, § 203 Rn. 5; Mansel/Budzikiewicz, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 203 Rn. 28; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 171; F. Peters/ F. Jacoby, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, § 203 Rn. 9. 1586 Eidenmüller, SchiedsVZ 2003, 163 (167); Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 29. 1587 F. Peters/F. Jacoby, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2014, Vorbemerkungen zu §§ 203–213 Rn. 9; Grothe, in: MünchKomm-BGB, § 203 Rn. 1 1588 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 146; Töben, RNotZ 2013, 321 (332). 1589 Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193 f.) [zur Pflicht des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Vertraulichkeitsvereinbarung]; Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 30 ff.; ausführlich zur Problematik der Vertraulichkeit oben § 9 V. (S. 102 ff.). 1590 Oben § 9 V. 2. (S. 104 ff.); vgl. Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85); Nelle/ Hacke, ZKM 2002, 257 (260).

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geworden sind, verwertbar bleiben.1591 Damit werden allerdings zumeist Informationen oder Beweismittel, die erst aufgrund der vertraulichen Informationen bekannt werden (sog. Spurenansatz), nicht von der Vertraulichkeitsvereinbarung erfasst. Dieses Risiko lässt sich jedoch vertraglich nicht sinnvoll handhaben.1592 In Ansehung der so bezeichneten vertraulichen Informationen ist außerdem ausdrücklich zu regeln, welche Handlungen diesbezüglich untersagt sein sollen. Insoweit wird es regelmäßig dem Parteiwillen entsprechen, neben der materiellrechtlichen Verpflichtung, diese Informationen Dritten nicht zu eröffnen, auch die Unzulässigkeit entsprechenden Sachvortrags sowie entsprechender Beweisantritte für Zivilprozesse zu vereinbaren. Die Erhebung eines Beweises aufgrund einer Anordnung des Gerichts gemäß den §§ 142–144, 448 ZPO kann hingegen nicht wirksam durch vertragliche Vereinbarung geregelt werden.1593 Jedoch wird das Gericht die Vertraulichkeitsvereinbarung der Parteien im Rahmen seines Ermessens über eine solche Anordnung berücksichtigen müssen.1594 b) Besonderheiten bei Verwendung einer Mediationsklausel Die Verwendung einer Mediationsklausel zeichnet sich durch eine besondere Situation aus, da im Zeitpunkt ihrer Verwendung, zum Beispiel durch Aufnahme in einen Unternehmenskaufvertrag, regelmäßig noch kein konkreter Streit in Aussicht steht.1595 Die Mediationsklausel ist dann insofern aus Sicht der Parteien eine bloße Nebenabrede, ähnlich einer Schiedsgerichtsklausel oder einer Gerichtsstandsvereinbarung. Die Frage, ob der Rechtsanwalt seinem Mandanten die Verwendung einer Mediationsklausel positiv empfehlen oder negativ davon abraten soll, dürfte dabei nicht eindeutig zu beantworten sein. Denn die Durchführung einer Mediation kann bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einerseits eine effiziente Streitbeilegung begünstigen.1596 Andererseits kann der Anreiz zur ordnungsgemäßen Erfüllung der vertraglichen Pflichten aus dem Grundvertrag geringer sein, wenn einen im Falle der Pflichtverletzung nicht unvermittelt die gesetzlichen Rechtsfolgen,

1591 Wagner, ZKM 2011, 164 (166); Töben, RNotZ 2013, 321 (327); Greger, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 22; Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (152). 1592 Graf-Schlicker, ZKM 2009, 83 (85); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Nelle/Hacke, ZKM 2002, 257 (261). 1593 Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO (22. Aufl.), § 286 Rn. 211; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 286 Rn. 164; Töben, RNotZ 2013, 321 (329); a. A. Wagner, Prozeßverträge, S. 689 f.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 199, 219. 1594 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150); Friedrich, MDR 2004, 481 (485); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 4 Rn. 76. 1595 Oben § 9 II. 2. (S. 92 ff.). 1596 L. Koch, in: Henssler/Koch, Mediation in der Anwaltspraxis, § 11 Rn. 14.

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sondern lediglich ein Mediationsverfahren, in dem man gegebenenfalls zu einer vermittelnden Einigung findet, trifft.1597 Wird eine Mediationsklausel verwendet, ist zunächst sicherzustellen, dass sie auch wirksam Vertragsbestandteil des Grundvertrages wird. Insofern werden in vielen Fällen die Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen in den §§ 305 ff. BGB zu beachten sein. Ist der Anwendungsbereich dieser Regelungen gemäß den §§ 305 Abs. 1, 310 BGB eröffnet, könnte die Einbeziehung einer Mediationsklausel zunächst an § 305c Abs. 1 BGB scheitern, falls diese Klausel überraschend im Sinne der Norm ist. Diese Frage wurde in der Literatur bereits mehrfach erörtert,1598 ohne dass dabei eine klare Abgrenzung, wann die Zulässigkeit jedenfalls anzunehmen wäre, herausgearbeitet worden ist. In der Konsequenz wird vertreten, dass ein ausdrücklicher Hinweis oder eine drucktechnische Hervorhebung der Mediationsklausel umso eher angezeigt sein kann, umso unüblicher die Mediationsklausel im konkreten Vertragskontext, insbesondere gegenüber Verbrauchern, ist.1599 Diese Erkenntnis setzt sich in der Pflicht des Rechtsanwalts, rechtliche Unsicherheiten über die wirksame Einbeziehung der Mediationsklausel durch eine entsprechende Gestaltung auszuschließen bzw. so weit als möglich zu minimieren, fort. Besondere Fragen können sich außerdem in Ansehung des in Mediationsklauseln regelmäßig enthaltenen Verweises auf eine institutionelle Mediationsordnung, zum Beispiel der DIS 1600, der ICC 1601 oder von EUCON 1602 ergeben:1603 Denn eine Klausel, welche die Durchführung einer Mediation „gemäß der Mediationsordnung . . .“ vorsieht, externalisiert wesentliche Regelungsgehalte, die je nach Mediationsordnung die Verjährung von Ansprüchen oder die Vertraulichkeit der Mediation betreffen können. Potentiell wesentliche Regelungsgehalte sind damit nicht mehr in der Klausel selbst enthalten. Es lässt sich daher bezweifeln, ob die in Bezug genommene Mediationsordnung damit überhaupt Vertragsbestand-

1597

Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 334. Töben, RNotZ 2013, 321 (340); Unberath, NJW 2011, 1320 (1323); Tochtermann, ZKM 2008, 57 (57 f.); Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (34); Böttcher/Laskawy, DB 2004, 1247 (1248); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 368 ff.; offen gelassen von Beckmann, DStR 2007, 583 (585). 1599 So jeweils, bei Unterschieden im Einzelnen: Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 26; Töben, RNotZ 2013, 321 (340); Tochtermann, ZKM 2008, 57 (57 f.); Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (34); Böttcher/Laskawy, DB 2004, 1247 (1248); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 46. 1600 Vgl. DIS, Mediationsordnung. 1601 Vgl. ICC, Mediations-Regeln (2014), S. 74 ff.; vgl. dazu Vorpeil, RIW 2014, 37, sowie Behme/Probst, ZKM 2014, 8. 1602 Vgl. EUCON, Mediationsordnung. 1603 Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 368; oben § 9 II. 2. bei Fn. 426. 1598

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teil gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB geworden ist.1604 Diese Frage stellt sich zwar nicht im Verhältnis zwischen Unternehmern, vgl. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB. Gegenüber Verbrauchern sind hier jedoch die besonderen Voraussetzungen der Einbeziehung zu beachten. Darüber hinaus ist, auch im Verkehr zwischen Unternehmern, zu erwägen, ob der Verweis auf die externe Mediationsordnung klar und verständlich im Sinne des Transparenzgebots gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Eine unangemessene Benachteiligung aufgrund eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot ist im Allgemeinen jedoch nicht bereits aufgrund eines Verweises auf externe Regelungswerke anzunehmen, da diese ja zugleich auch helfen, die allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar und überschaubar darzustellen.1605 Auch dem Transparenzgebot kann daher durch eine umsichtige Vertragsgestaltung genügt werden. Schließlich ist zu beachten, dass der Verweis auf die Mediationsordnung auch angeben sollte, ob ein statischer Verweis auf die im Moment des Vertragsschluss geltende Mediationsordnung oder aber eine dynamischer Verweis auf die jeweils geltende Mediationsordnung erfolgen soll.1606 Zwar kann auch ein dynamischer Verweis auf externe Regelwerke im Allgemeinen1607 und insbesondere auch im Hinblick auf Schiedsverfahrensordnungen1608 zulässig sein und dürfte im Zweifel gewollt sein. Es empfiehlt sich aber jedenfalls eine entsprechende Klarstellung in der Mediationsklausel. c) Besonderheiten bei Abschluss einer Mediationsvereinbarung ad hoc Einigen sich die Parteien nicht, wie mit der Mediationsklausel, vorsorglich auf eine Mediation, sondern vereinbaren sie diese anlässlich eines bereits bestehenden Konflikts, ergeben sich zunächst die bereits dargestellten allgemeinen Regelungsbedürfnisse.1609 Im Übrigen dürften die sich die Bedenken an der Wirksamkeit einer Mediationsklausel vor den §§ 305 ff. BGB bei einer Mediationsvereinbarung ad hoc im Wesentlichen nicht stellen. Denn jedenfalls die Verpflichtung zur Durchführung der Mediation stellt dann die Hauptpflicht der Mediationsvereinbarung dar, 1604 Mit unterschiedlichen Ergebnissen im Einzelnen: Töben, RNotZ 2013, 321 (340); Unberath, NJW 2011, 1320 (1323); Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (33); vgl. auch Basedow, in: MünchKomm-BGB, § 305 Rn. 73; Schlosser, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 305 Rn. 142. 1605 BGHZ 111, 388 (391 f.) [zu § 9 AGBG]; BGHZ 156, 220 (229); Coester, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 307 Rn. 200; im Ergebnis auch Wurmnest, in: MünchKomm-BGB, § 307 Rn. 59. 1606 Friedrich, SchiedsVZ 2007, 31 (32). 1607 Coester, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 307 Rn. 201; Wurmnest, in: MünchKomm-BGB, § 307 Rn. 59. 1608 BGH, NJW-RR 1986, 1059 (1060); Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1042 Rn. 90; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 1042 Rn. 25; Voit, in: Musielak, ZPO, § 1042 Rn. 33. 1609 Bereits oben § 9 II. 3. (S. 95 ff.) zur Mediationsvereinbarung ad hoc; oben § 23 III. 1. a) (S. 267 f.) zu den allgemeinen gestalterischen Anforderungen.

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die also gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB materiell kontrollfrei bleibt. Welche weiteren Regelungsgegenstände der Mediationsvereinbarung ad hoc (Klageverzicht, Verjährung etc.) jedoch noch zum kontrollfreien Bereich gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB zu zählen sind, ist entsprechend der unklaren Konturen von dessen Anwendungsbereich zweifelhaft.1610 Aber auch darüber hinaus dürfte sich insgesamt ein geringeres Kontrollniveau als in Ansehung der Mediationsklausel dargestellt, ergeben. Diese Unterscheidung ist normativ in § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu verorten. Nach der dortigen Regelung können auch Nicht-Kaufleute eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung treffen, wenn dies „nach dem Entstehen der Streitigkeit“ geschieht. Die herrschende Auffassung1611 geht dabei im Einklang mit den Entwurfsverfassern1612 davon aus, dass eine Vereinbarung über einen Streit nach dessen Entstehen ein wesentlich geringeres Risiko der Übervorteilung der schwächeren Partei in sich birgt. Diese Annahme überzeugt auch über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich in § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO hinaus: Denn da die Vereinbarung einer Mediation im Wege der Mediationsklausel a priori lediglich einen Nebenaspekt des jeweiligen Grundvertrages betrifft, kann zugunsten des Vertragspartners des Verwenders eine besondere Sensibilität im Rahmen der §§ 305 ff. BGB geboten sein. Bei der Vereinbarung einer Mediation ad hoc liegt die Streitigkeit hingegen bereits vor, so dass das weitere diesbezügliche Verfahren die volle Aufmerksamkeit der Parteien genießt. Ein besonderes Schutzbedürfnis dürfte daher insoweit nicht anzunehmen sein. 2. Mediatorvertrag Der Mediatorvertrag regelt im Wesentlichen die Hauptpflicht des Mediators, die in der Erbringung der Mediatorenleistung de lege artis besteht sowie die entsprechende Vergütungspflicht der Parteien.1613 Diesbezüglich sind mangels besonderer Regelungsgegenstände oder rechtlicher Unklarheiten keine besonderen Pflichten des Rechtsanwalts, die über die korrekte Niederlegung des Parteiwillens hinausgehen, ersichtlich. 3. Verfahrensregeln Auf der Ebene der Verfahrensregeln einigen sich die Parteien und der Mediator auf die nähere Ausgestaltung der Mediation, soweit sie nicht im verfahrens1610 Vgl. Coester, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2013, § 307 Rn. 310 ff.; Wurmnest, in: MünchKomm-BGB, § 307 Rn. 12. 1611 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO (23. Aufl.), § 38 Rn. 37; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 38 Rn. 32; Patzina, in: MünchKomm-ZPO, § 38 Rn. 35. 1612 Vgl. Bericht und Antrag des Rechtsausschusses v. 07.12.1973, BT-Drs. 7/1384, S. 4. 1613 Oben § 9 III. (S. 98).

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leitenden Ermessen des Mediators liegt.1614 Zu diesen Verfahrensfragen zählt zum Beispiel die Vereinbarung der Zulässigkeit von Einzelgesprächen gemäß § 2 Abs. 4 MediationsG oder die Zulässigkeit der Evaluation, das heißt der Bewertung von Sachfragen durch den Mediator.1615 Im Hinblick auf die Vereinbarung dieser Verfahrensregeln ist kein besonderes Risiko eines Nachteils oder die Chance eines Vorteils für eine der Parteien ersichtlich. Es gibt daher insoweit keinen Anhaltspunkt, eine mediationsspezifische Pflicht des Rechtsanwalts, jenseits dem üblichen Erfordernis klarer und eindeutiger Regeln, anzunehmen.

IV. Pflicht zur Vorbereitung des Mandanten auf die Mediation Hat der Rechtsanwalt die unter I.–III. dargestellten Pflichten erfüllt, ist der Mandant mit dem grundsätzlichen Konzept der Mediation sowie den im Allgemeinen bestehenden Risiken und Missbrauchspotentialen der Mediation vertraut. Den Risiken der Mediation wurde im Übrigen, soweit möglich, vertraglich vorgebeugt. Es schließt sich so dann noch die Frage an, ob den Rechtsanwalt besondere Belehrungs- oder Beratungspflichten im Hinblick auf das konkrete Mandat in der Mediation, also eine konkrete Vorbereitung der Mediation, treffen.1616 Denn allein aufgrund der allgemeinen Informationen über die Mediation und deren Risiken kann der Mandant keineswegs notwendig bereits ableiten, welche Folgerungen sich daraus für das konkrete Mandat ergeben. Für diese Betrachtung hat der Rechtsanwalt also zu erwägen, welche Risiken sich in casu im Verlauf der Mediation noch stellen können.1617 Dabei sind die Konstellationen, in denen der Rechtsanwalt ohnehin zum Abraten von der Mediation verpflichtet ist,1618 auszuscheiden. Denn diese Risiken sind dann bereits Gegenstand einer Diskussion zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten gewesen, so dass insoweit keine erneute Hinweispflicht anzunehmen ist. Keine spezifischen Vorbereitungen sind außerdem in Ansehung derjenigen Risiken anzunehmen, die bereits durch eine hinreichende vertragliche Regelung kompensiert werden. Das betrifft insbesondere die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche die in der Regel bereits aufgrund § 203 BGB oder jedenfalls auf1614

Oben § 9 IV. (S. 101). Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 121. 1616 So auch Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 35 ff.; Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (129 f.); Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (98 f.); wohl auch M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (325); Beckmann, DStR 2007, 583 (584); Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 19. 1617 So wohl auch Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 10. 1618 Oben § 23 II. 2. (S. 252). 1615

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grund einer spezielleren Vereinbarung gehemmt werden. Auch insoweit sind keine spezifischen Risikohinweise veranlasst. Das einzig nennenswerte Risiko, dass aus dem Verfahren der Mediation – im Gegensatz zu dem Abschluss eines Vergleichs am Ende der Mediation – droht und das sich auch nicht vertraglich rechtssicher handhaben lässt, ist dasjenige der vertraulichen Informationen. Bezüglich dieses Risikos ist denn auch tatsächlich eine weitere Belehrung und Beratung durch den Rechtsanwalt angezeigt und allein pflichtgemäß: Denn dem Rechtsanwalt dürfte aufgrund seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts1619 bekannt sein, welche erheblichen Tatsachen zwischen den Parteien außergerichtlich unstreitig oder streitig gewesen sind und welche sachverhalts- und beweismittelbezogenen Informationen ausschließlich seinem Mandanten vorliegen. Auf dieser Grundlage hat der Rechtsanwalt dem Mandanten darzulegen, welche streitigen Tatsachen in dem konkreten Fall rechtlich erheblich sind und ihn auf die Folgen einer Offenlegung diesbezüglicher vertraulicher Informationen hinzuweisen.1620 Denn nur nach einem solchen Hinweis kann der Mandant anschließend in der Mediation eigenverantwortlich entscheiden, ob er eine Information zu einer bislang streitigen, erheblichen Tatsache freiwillig preisgeben möchte. Dabei dürfte es sich auch fast ausnahmslos um dem Mandanten nachteilige Informationen handeln. Denn ihm günstige Tatsachen oder Beweismittel wird der Mandant der Gegenseite ohnehin bereits zur Verbesserung seiner Verhandlungsposition eröffnet haben. Es schließt sich darüber hinaus die Frage an, ob der Rechtsanwalt sogar verpflichtet ist, dem Mandanten von der Eröffnung solcher Informationen, die also streitige, erhebliche Sachfragen betreffen und bislang nur einseitig bekannt sind, negativ abzuraten.1621 Dafür spricht eindeutig, dass die Eröffnung derartiger Tatsachen ausschließlich geeignet ist, die Position des Mandanten in einem etwa nachfolgenden Zivilprozess zu schwächen – auch wenn die vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarung die unvermittelte Einführung in den Prozess in aller Regel verhindert. Ein Argument dagegen würde bestehen, wenn der Mandant durch ein solches Vorgehen einem Haftungsrisiko ausgesetzt sein könnte. Anders als in Ansehung des Rats zum Missbrauch der Mediation ausgeführt wurde,1622 ergibt sich aus dem Unterlassen der Eröffnung von bislang nur einseitig bekannten Tatsachen jedoch kein Haftungsrisiko. Denn es besteht weder aufgrund der Media1619

Oben § 16 (S. 190). So ebenfalls Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 11. 1621 So im Ergebnis Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (131); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 11, lässt diese Frage offen und geht davon aus, das bereits die Aufklärung zum taktischen Zurückhalten der Information führen wird, da niemand „so blauäugig [ist], Informationen zu offenbaren, die für ihn im Rahmen eines Folgerechtsstreits nachteilig sein können“; wohl ebenfalls offen gelassen von Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 36. 1622 Oben § 23 II. 3. b) (S. 264 ff.). 1620

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

tionsabrede noch aufgrund der Vertraulichkeitsvereinbarung eine positive Verpflichtung, bestimmte Informationen offenzulegen. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Verfahrensregeln und der Eröffnungserklärung der Parteien, in denen sie sich in der Regel eine konstruktive und offene Kooperation im Rahmen der Mediation zusichern. Denn diese Erklärungen werden ganz überwiegend erkennbar nicht mit Rechtsbindungswillen abgegeben.1623 Sonstige Gründe, die gegen eine Pflicht zum Abraten von der Offenlegung der Informationen sprechen, sind nicht ersichtlich. Es sprechen damit insgesamt gute Gründe dafür, den Rechtsanwalt für verpflichtet zu halten, den Mandanten nicht nur auf die in casu streitigen und erheblichen Tatsachen und die Folgen ihrer Offenlegung für einen Zivilprozess hinzuweisen, sondern sogar von einer Offenlegung der kritischen Fakten oder Beweismittel negativ abzuraten.

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation Nachdem der Rechtsanwalt seinen Mandanten durch Belehrung und Beratung auf die Mediation vorbereitet hat, wird er ihn in aller Regel auch persönlich in die Mediationssitzung begleiten.1624 Daher ist zu prüfen, welche Pflichten des Rechtsanwalts im Verlauf einer Mediation in Betracht kommen. Nach einer Abgrenzung zu verschiedenen Diskussionen in der Literatur (I.) und einem überobligatorischen Idealverhalten (II.) wird dazu näher auf den Verlauf einer Mediation eingegangen (III.).

I. Abgrenzung: Rolle des Rechtsanwalts in der Mediation Die nachfolgend zu untersuchenden Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation sind zunächst der Klarheit halber von einer thematisch naheliegenden, aber nicht deckungsgleichen Diskussion abzugrenzen. So wurde bereits vielfach diskutiert, welche Rolle der Rechtsanwalt als Parteianwalt in der Mediation hat.1625

1623 Risse, Wirtschaftsmediation, § 6 Rn. 49; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 246. 1624 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum RegE EGMediationsG, BR-Drs. 60/ 11, S. 3; G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 84 [anders aber in Rn. 83 für die Familienmediation]; Berning, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.18 Rn. 27; Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 15; Greger, AnwBl. 2013, 504 (506). 1625 Vgl. u. a. H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244; Ewig, ZKM 2012, 4; Meier, SchiedsVZ 2011, 97; M. Schäfer, ZErb 2011, 321; Beckmann, DStR 2007, 583; Brandt/Becker, FF 2006, 300; Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15; Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33; Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47; Neumann, Die Rolle des Par-

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Die dortigen Beiträge beschäftigen sich jedoch nahezu ausschließlich mit der Frage, wie der Rechtsanwalt aus der Sicht der Mediation und damit aus Sicht des Mediators sinnvoll in den Ablauf der Mediation integriert werden kann. Dabei wird – aus der Sicht von Mediatoren konsequent – in der Regel zugrunde gelegt, dass es wünschenswert ist, dass die Mediation erfolgreich durchgeführt wird und also mit einer Abschlussvereinbarung endet. Entsprechend der Beschränkung der vorliegenden Untersuchungsfrage1626 wird vorliegend jedoch nicht darauf eingegangen, ob die (weitere) Etablierung der Mediation im Allgemeinen oder die Durchführung einer Mediation im Einzelfall wünschenswert ist. Die Ergebnisse der erwähnten Diskussion können daher aufgrund ihrer abweichenden Prämissen nicht ohne weiteres auf die hiesige Untersuchungsfrage übertragen werden.

II. Abgrenzung: Idealverhalten und haftungsbewehrte Pflichten Die nachfolgend zu untersuchenden Pflichten sollen außerdem nicht das Idealverhalten eines Rechtsanwalts in der Mediation umschreiben. Denn dass ein Idealverhalten für den Verlauf von Verhandlungen kaum zu formulieren ist, wurde bereits dargelegt.1627 Es wird vielmehr untersucht, welches Verhalten von dem Rechtsanwalt mindestens zu fordern ist, weil jedenfalls bei dessen Unterlassen eine Pflichtverletzung anzunehmen wäre. Dass es gegebenenfalls sinnvoll und wünschenswert sein kann, dem Rechtsanwalt weitere Aufgaben zuzuweisen, wird damit nicht in Abrede gestellt; mit solchen Aufgaben korrespondieren aber keine hier untersuchungsgegenständlichen, haftungsbewehrten Pflichten.

III. Verlauf der Mediationssitzung Die Frage, inwieweit sich der Rechtsanwalt in dem Verlauf der Mediation zurückhalten oder aber intervenieren muss, ist als „außerordentlich schwer“ bezeichnet worden.1628

teianwalts in der Mediation, S. 63; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 322 ff.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 90 ff.; Berning, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.18 Rn. 27 ff.; Ripke, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 7 Rn. 33 ff.; Rutherford, Med. Quart. 16 (1986), 17 (35). 1626 Oben § 3 I. (S. 44). 1627 Oben § 19 II. (S. 214). 1628 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (435).

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Es wurde bereits dargelegt, wie die Mediationssitzung im Einzelnen verläuft:1629 Danach vereinbaren die Parteien bei der Eröffnung des Verfahrens, soweit noch nicht geschehen, die Verfahrens- und Kommunikationsregeln. Darauf folgt die Phase der Bestandsaufnahme, in der jede der Parteien die Gelegenheit zur ausführlichen Beschreibung des Konflikts aus ihrer Warte erhält. In der dritten Phase beginnt mit der Erforschung der Interessen die eigentliche, mediationstypische Konfliktbeilegung. Nachdem die Interessen herausgearbeitet sind, werden Optionen entwickelt, welche die Interessen jeweils isoliert betrachtet befriedigen können. Schließlich werden die Optionen bewertet und zu einer Gesamtlösung konsolidiert. Im Folgenden wird nach einer Positionierung zu allgemeinen Fragen (1.) im Einzelnen auf die Phasen der Bestandsaufnahme und Interessenklärung (2.), auf die Entwicklung von Lösungsoptionen (3.) sowie schließlich auf die Erstellung und den Abschluss des Vergleichs (4.) eingegangen. 1. Allgemeine Fragen Um die Pflichten des Rechtsanwalts in diesen Abschnitten zu bestimmen, dürften zwei – im Wesentlichen unproblematische – Prämissen als Ausgangspunkt dienen: Die Eigenverantwortlichkeit des Mandanten [a)] und die Verpflichtung des Rechtsanwalts nur auf die materiellen Rechte seines Mandanten [b)]. Auf dieser Basis wird eine allgemeine Formel zur Abgrenzung des Bestehens und des Umfangs von Pflichten des Rechtsanwalts im Verlauf der Mediation entwickelt [c)]. a) Eigenverantwortlichkeit des Mandanten Die Eigenverantwortlichkeit der Parteien in der Mediation, und damit auch diejenige des Mandanten des Rechtsanwalts, ist das kennzeichnende Merkmal der Mediation.1630 Die Parteien haben sich in Abgrenzung zum Zivilprozess, zum Schiedsverfahren1631, zum Schiedsgutachten1632 und zur Schlichtung1633 typischerweise gerade deswegen für die Mediation entschieden, weil sie den Streit weder durch einen Dritten entscheiden, noch sich auch nur einen Lösungsvorschlag unterbreiten lassen wollen.1634 1629

Oben § 12 (S. 137 ff.). Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 33; Kessen, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.18 Rn. 21; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 1 Rn. 15; vgl. auch Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 14 liSp; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (246). 1631 Oben § 1 VII. 1. (S. 34). 1632 Oben § 1 VII. 2. (S. 35). 1633 Oben § 1 VII. 3. (S. 35). 1634 Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 33. 1630

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation

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b) Verpflichtung des Rechtsanwalts nur auf materielle Rechte Die Pflichten, die sich für den Rechtsanwalt im Einzelfall aus dem Mandat ergeben, justieren sich nach dem Gegenstand des Mandats.1635 Was konkret Gegenstand des Mandats ist, muss zwar stets im Einzelfall ermittelt werden.1636 Faktisch wird sich der Gegenstand des Mandats in den weitaus meisten Fällen jedoch in Anlehnung an den Streitgegenstand als Rechtschutzbegehren aufgrund eines konkreten Sachverhalts, also zum Beispiel „Vergütung aus Vertrag vom . . .“, darstellen.1637 Damit ist der Rechtsanwalt in der Regel mit der Verfolgung des Rechtsschutzbegehrens des Mandanten beauftragt. Seine Pflichten bemessen sich daher grundsätzlich nur nach den Rechtspositionen seines Mandanten.1638 Ob der Mandant hingegen eine interessengerechte Beilegung seines Konflikts erreichen kann, verhält sich neutral zu den Pflichten des Rechtsanwalts. Es kommt nicht zu einer Veränderung der Pflichten im Sinne eines „veränderten Rollenverständnisses“.1639 Einen anderen Mandatsgegenstand, namentlich die bestmögliche Förderung und Begleitung der Mediation, könnte ein Rechtsanwalt zwar zulässig vereinbaren.1640 Dies dürfte indes kein typischer Mandatsgegenstand sein. c) Folgerungen für die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation Aus der überragenden Bedeutung der Eigenverantwortlichkeit des Mandanten in der Mediation einerseits und der quasi mono-thematischen Verpflichtung des Rechtsanwalts nach Maßgabe des Rechtsschutzbegehrens des Mandanten andererseits lässt sich daher ableiten: Nach dem Konzept der Mediation soll der Mandant selbst die notwendigen Erklärungen abgeben und die Verhandlungen führen. Dies tut der Mandant in 1635 Oben § 15 III. (S. 185 ff.); vgl. BGH, VersR 1968, 969; BGHZ 89, 178, (181 ff.); NJW 1993, 1779 (1780); NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 2006, 923 (924); WM 2007, 419 (419); BGHZ 171, 261 (263 f.); NJW-RR 2008, 1235 (1236); NJW 2009, 3025 (3026); NJW 2010, 1360 (1361); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 80; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 19; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 14; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 9 Rn. 5; Martinek, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2006, § 675 Rn. B 172. 1636 BGH, NJW 1996, 2648 (2649); NJW-RR 1990, 1241 (1242); NJW 1988, 1079 (1081); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. III. Rn. 89. 1637 Oben § 15 III. 1. (S. 186). 1638 So auch Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; wohl auch Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (130 f.). 1639 Wie hier Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (130 f.); a. A. H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1246); Therstappen, AnwBl. 2013, 288 (290); ähnlich Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 37. 1640 Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (133).

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Verfolgung einer interessenbasierten Lösung. Der Rechtsanwalt ist hingegen nicht verpflichtet, den Verlauf der Mediation im Sinne einer bestmöglichen Erörterung oder Umsetzung der Interessen zu beeinflussen.1641 Mithin besteht im Ausgangspunkt keine spezifische Hinweis- oder Beratungspflicht des Rechtsanwalts bei der Durchführung der Mediation durch die Parteien. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann sich hingegen dann ergeben, wenn der Verlauf der Mediation geeignet sein kann, die materielle Rechtsposition des Mandanten zu beeinträchtigen.1642 Der soeben dargestellte Grundsatz schließt andererseits nicht aus, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten bestmöglich unterstützen darf. Lediglich eine Pflicht hierzu ergibt sich mangels einer anderweitigen Vereinbarung nicht.1643 Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den Stellungnahmen aus Sicht der Mediation, welche dem Rechtsanwalt – mit Ausnahme der Phase der Gestaltung der Abschlussvereinbarung – eine deutlich zurückhaltende Rolle zuschreiben.1644 Wann und in welcher Form hinreichende Auswirkungen auf die materiellen Rechtspositionen zu befürchten sein können, wird im Folgenden erörtert. 2. Phasen 1–3: Von der Eröffnung bis zu der Erforschung der Interessen In den Phasen 1–3 legt jede Partei zunächst ihre Sicht des Konflikts dar, bevor die jeweiligen Interessen der Parteien mit dem Mediator herausgearbeitet werden. 1641 In der Tendenz a. A., aber jeweils ohne nähere Erörterung: Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (99 f.); Ewig, ZKM 2012, 4 (7); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 37; Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73). 1642 So im Ergebnis wohl auch, jedoch unter stärkerer Berücksichtigung der Interessen: Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782. 1643 Nun wohl a. A. Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 39, nachdem der Rechtsanwalt die Tätigkeit des Mediators und die Wahrung der Vorgaben der §§ 1–4 MediationsG und der Mediationsvereinbarung zu überwachen hat; obwohl dies zunächst einleuchtend klingt, stellt sich hierzu die Frage, ob eine solche Überwachungspflicht des Verfahrens (in Abgrenzung zu: den effektiven Auswirkungen auf materielle Rechtspositionen, d.h. das positive oder negative Ergebnis nach Abschluss der Mediation) nicht dem Konzept der Eigenverantwortlichkeit widerspricht. Jedenfalls dürfte in den fraglichen Konstellationen primär der Mediator haftbar sein, vgl. oben § 9 III. (S. 98 ff.) und Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 51 ff. (was die Haftung des Rechtsanwalts aber freilich nicht notwendig ausschließt). 1644 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 323; Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (29); H.-U. Neuenhahn/ S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1246); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 17; Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (100); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 90; wohl auch Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59); Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (41); M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (325).

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation

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In diesen Phasen kommt es somit lediglich zum Austausch von Erklärungen, die neben Informationen über Tatsachen oder Beweismittel auch Absichten oder Emotionen beschreiben können. Die Vornahme von Rechtsgeschäften in diesen Abschnitten ist hingegen, wenn auch nicht technisch ausgeschlossen, gänzlich unüblich. Die materiellen Rechtspositionen des Mandanten bleiben danach in den ersten drei Phasen der Mediation grundsätzlich unbeeinträchtigt. Der Rechtsanwalt ist daher in der Regel nicht verpflichtet, dem Mandanten bestimmte Hinweise oder Ratschläge zu erteilen.1645 Etwas anderes könnte sich dann ergeben, wenn der Verlauf der Verhandlungen geeignet ist, Nachteile für die Rechtspositionen des Mandanten zu begründen. Wie bereits dargelegt wurde, können sich materiell-rechtliche Nachteile durch die Mediation fast ausschließlich aufgrund des Zeitablaufs oder aufgrund der Eröffnung vertraulicher, nachteiliger Tatsachen ergeben. Die Problematik des Zeitablaufs wird dabei jedoch bereits vertraglich kompensiert und dürfte überdies kein Problem sein, dass sich erst aus dem Verlauf der Verhandlungen in der Mediation ergeben würde. Damit ist an sich nur die Gefahr denkbar, dass der Mandant nachteilige Informationen offen legt, welche die andere Partei – auf Umwegen – in einen nachfolgenden Zivilprozess einführen könnte. Auf diese Gefahr ist der Mandant nach dem hier erarbeiteten Konzept aber bereits im Allgemeinen1646 sowie unter konkreter Berücksichtigung der erheblichen, streitigen Tatsachen in casu1647 hingewiesen worden. Es ist daher zu fragen, ob der Rechtsanwalt verpflichtet sein kann, seinen Mandanten erneut auf die eventuell nachteiligen Konsequenzen der Offenlegung von bestimmten Informationen hinweisen und gegebenenfalls sogar davon abraten muss. Jedenfalls logistisch ließe sich ein Hinweis oder Rat stets einrichten, da die Mediation zu jedem Zeitpunkt unterbrochen werden kann und auf Wunsch einer Partei in aller Regel auch wird.1648 Gegen die Annahme einer erneuten Belehrungs- und Beratungspflicht spricht jedoch, dass die Partei auf dasselbe Risiko bereits ausdrücklich hingewiesen wurde. Ferner ist es für den Rechtsanwalt schwierig zu erkennen, ob sein Mandant sogleich, also in der wenn auch nahen Zukunft, eine vertrauliche Tatsache eröffnen wird. Bei einer vorsichtigen Betrachtung würde der Rechtsanwalt dann oft und frühzeitig intervenieren müssen. All diese Aspekte sprechen gegen eine erneute Hinweis- und Belehrungspflicht. Haben also zum Beispiel der Rechtsanwalt und der Mandant vor der Mediation eingehend erörtert, dass der streitige Zugang einer vorliegend relevanten Kündigung streitentscheidend sein würde und eröffnet der Mandant in der Mediation freiwillig den ihm nachteiligen Zu1645

So wohl auch May, NZBau 2014, 334 (338). Oben § 23 I. 3. b) (S. 243). 1647 Oben § 23 IV. (S. 274). 1648 Vgl. Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (23 f.); Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 19; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 122. 1646

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

gang bereits am 31. Dezember, ist der Rechtsanwalt nicht zum Einschreiten verpflichtet. Es handelt sich dann vielmehr um eine eigenverantwortliche Entscheidung des Mandanten. Ist die Sachlage hingegen komplexer oder ergeben sich in der Mediation neue Sachverhaltskomplexe, die nicht bereits Gegenstand der konkreten Vorbesprechung zwischen Rechtsanwalt und Mandant waren, dürfte der Rechtsanwalt verpflichtet sein, um eine Pause zu bitten und seinen Mandanten auf die Nachteile bei Eröffnung bestimmter Informationen hinzuweisen. Zugleich wird er dann wohl auch darauf hinweisen müssen, dass er aus rechtlicher Warte von der Offenlegung abrät. 3. Phase 4: Erarbeitung und Bewertung der Optionen In der der vierten Phase der Mediation sollen die Parteien mit Unterstützung durch den Mediator zunächst isolierte Optionen entwickeln, die ihre jeweiligen Interessen befriedigen, [a)] und diese Optionen in einem zweiten, eigenständigen Schritt bewerten [b)]. Schließlich sollen die gesammelten Optionen im Wege der Verhandlung zu einer Gesamtlösung des Konflikts konsolidiert werden [c)].1649 Diese zumindest gedanklich zu trennenden Schritte sind im Folgenden auf das Bestehen und den Umfang von Pflichten des parteibegleitenden Rechtsanwalts zu untersuchen. a) Erarbeitung der einzelnen Optionen Im Hinblick auf die Erarbeitung der isolierten Optionen wird überwiegend ausgeführt, dass auch rechtliche Regelungsmöglichkeiten Inspiration für solche Optionen ergeben können und dass daher die Rechtsanwälte gerade in dieser Phase Optionen beisteuern sollen.1650 Es wird teils sogar vertreten, dass der Rechtsanwalt auch positiv die Einbringung günstiger rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten schuldet.1651 Auch insoweit ist aber zu fragen, welche haftungsbewehrten Pflichten des Rechtsanwalts sich ergeben. Entsprechend dem oben dargestellten Ausgangspunkt für die Pflichten im Verlauf der Mediation1652 dürfte eine proaktive Förderung der Mediation durch den 1649

Oben § 12 VI. (S. 161 ff.). So entschieden: Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (42); Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59); M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (325); weniger eindeutig, aber in der Sache ebenso: Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782 a. E.; Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 339 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 323; Gläßer, Die Rolle(n) von Rechtsanwälten in der Mediation, S. 15 (25); Ewig, ZKM 2012, 4 (6); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 91; wohl auch Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73). 1651 So Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 337. 1652 Oben § 24 III. 1. c) (S. 279). 1650

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation

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Rechtsanwalt vorbehaltlich einer entsprechenden Vereinbarung nicht geschuldet sein. Das betrifft entgegen den gerade erwähnten Stellungnahmen auch die Phase der Entwicklung der einzelnen Optionen. Denn gerade an diesem Punkt dürfte sich die Eigenverantwortlichkeit der Parteien für die Elemente der angestrebten Lösung ihres Konfliktes am stärksten manifestieren. Es ist – entgegen zahlreicher Stellungnahmen aus der Mediationsliteratur –1653 auch nicht ohne weiteres ersichtlich, warum gerade Rechtsanwälte bzw. Juristen besonders kreative Lösungselemente entwickeln können sollten und daher zu einer entsprechenden Hilfe berufen wären. Denn die in der Mediation erwünschten Optionen sollten zum Beispiel bei einer Erbauseinandersetzung „Tausch Geschäftsanteil X gegen Grundbesitz Y“ lauten und eher nicht auf die dafür notwendigen einzelnen Rechtsgeschäfte.1654 Dass andersherum für (fast) jedes wirtschaftliche Ziel einer Option auch eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit besteht, wird natürlich nicht in Abrede gestellt, ist aber erst später ein Frage der Gestaltung der Abschlussvereinbarung und nicht bereits der Entwicklung der Optionen.1655 Schließlich ergibt sich aus der Entwicklung der einzelnen Optionen auch keine Gefahr für die materiellen Rechte des Mandanten. Denn die Abgabe rechtlich erheblicher Erklärungen kommt in diesem Abschnitt, wie auch bereits zu den Phasen 1–3 ausgeführt,1656 in aller Regel nicht in Betracht. Auch tatsächliche Erklärungen wären allenfalls dann bedenkenswert, wenn sie vertrauliche und dem Mandanten nachteilige Informationen enthalten, und insoweit ist der Mandant regelmäßig aufgrund der Vorbereitung auf die Mediation aufgeklärt.1657 Spezifische Pflichten des Rechtsanwalts ergeben sich daher auch nicht als Schutzpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB. Insgesamt ist der Rechtsanwalt damit im Rahmen der Entwicklung der Optionen grundsätzlich nicht verpflichtet, jedoch im Einverständnis mit seinem Mandant und dem Mediator berechtigt, sich aktiv an der Suche nach einzelnen Lösungsoptionen einzubringen. b) Bewertung der einzelnen Optionen Die in dem ersten Teil der vierten Phase entwickelten einzelnen Optionen sind in einem zweiten, eigenständigen Schritt jeweils zu bewerten.1658 Als Bewer1653 So z. B. Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (157): „Das Recht wird hier kreativ als Steinbruch zur Erweiterung der Lösungsoptionen genutzt“ [allerdings in Bezug auf die Phase 5]; ähnlich Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59); Gläßer, in: Trenczek/ Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 43. 1654 Oben § 12 VI. 1. (S. 162). 1655 Unten § 24 III. 4. a) (S. 287). 1656 Oben § 24 III. 2. (S. 280 ff.). 1657 Oben § 23 IV. (S. 274). 1658 Oben § 12 VI. 2. (S. 164).

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

tungsmaßstäbe fungieren insoweit die Interessen der Parteien, die in den vorherigen Phasen herausgearbeitet wurden.1659 Auch im Hinblick auf diesen Vorgang der Bewertung wird in der Mediationsliteratur verbreitet angenommen, dass die Rechtsanwälte sich aktiv an der Bewertung der Optionen beteiligen sollen.1660 Insoweit ist zunächst klarzustellen, auf Basis welcher Bewertungsmaßstäbe der Rechtsanwalt eine Option einzuschätzen hat. Nach einer Ansicht hat der Rechtsanwalt nach dem Konzept der Mediation die Optionen anhand der Interessen seiner Partei zu bewerten.1661 Nach anderer Auffassung hat der Rechtsanwalt die Optionen lediglich anhand rechtlicher Maßstäbe zu bewerten.1662 Entsprechend dem hier erarbeiteten Ausgangspunkt für die Pflichten des Rechtsanwalts, nach dem dieser grundsätzlich nur den materiellen Rechten des Mandanten, nicht aber der mediationsspezifischen Verwirklichung der Interessen verpflichtet ist,1663 dürfte allein der letztgenannten Ansicht zu folgen sein. Damit kommt dem Rechtsanwalt zwar immerhin, aber auch nur, die Pflicht zu, die einzelnen Optionen anhand rechtlicher Bewertungsmaßstäbe zu beurteilen. Seiner Beurteilung sind dabei jedoch konzeptionell bedingte Grenzen gesetzt: Denn die Beurteilung der bis zu diesem Verfahrensstand isolierten Optionen muss verhältnismäßig einfach ausfallen. So ist ein Verzicht oder eine Stundung bei einer isolierten Betrachtung für den Anspruchsteller stets nachteilig, für den in Anspruch Genommenen hingegen stets vorteilhaft. Die Beurteilung kann daher lediglich darauf gerichtet sein, ob sie überhaupt realisierbar ist. Daran kann es fehlen, wenn zwingendes Recht – wie zum Beispiel die Sittenwidrigkeit, § 138 Abs. 1 BGB oder der Verstoß gegen ein Schutzgesetz gemäß § 134 BGB – einer Umsetzung der jeweiligen Option entgegenstehen würde. Die rechtliche Evaluierung der einzelnen Option hat damit dem Grunde nach stattzufinden. Der inhaltliche Prüfungsumfang fällt jedoch äußerst beschränkt 1659 Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 5; Montada/Kals, Mediation, S. 300 f.; Trenczek, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.2 Rn. 36. 1660 Mit geringfügigen Unterschieden im Einzelnen: Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59); Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (100); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 339 f.; M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (325); Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (42 f.); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 323 f.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 91. 1661 In diesem Sinne wohl Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (42 f.); Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73 f.); M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (325); wohl auch Beckmann, DStR 2007, 583 (585). 1662 So Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 323 f.; H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1246); Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (100); wohl auch Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 91; Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (156). 1663 Oben § 24 III. 1. c) (S. 279).

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aus. Bestehen im Einzelfall derartige Bedenken, hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten darauf hinzuweisen und zu empfehlen, diese Option in ihrer angedachten Form nicht weiter zu verfolgen. c) Konsolidierung der Optionen zu einer Gesamtlösung Nach der Bewertung der einzelnen Optionen sind diese zu einer einheitlichen Gesamtlösung zu konsolidieren,1664 wobei der Übergang von der Phase 4 zu der Phase 5 fließend ist.1665 Es handelt sich bei diesem Abschnitt um die „eigentliche“ Verhandlung der Inhalte einer möglichen Abschlussvereinbarung, die also für das wirtschaftliche Ergebnis der Mediation für den Mandanten besonders wichtig ist.1666 Daher wird teilweise vertreten, dass der Rechtsanwalt sich in diesem Abschnitt aktiv in die Verhandlungen einbringen müsse.1667 Ausgangspunkt für die Frage nach derartigen Pflichten dürfte sein, dass den Rechtsanwalt – nach der hier vertretenen und wohl auch der deutlich überwiegenden Auffassung entsprechenden Lesart – im Rahmen von Vertrags- und Vergleichsverhandlungen keine auf die Verhandlungsführung bezogenen Pflichten treffen.1668 Es ist nicht ersichtlich, warum man für eine (Vertrags-)Verhandlung in einer Mediation zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. Denn die Mediation betont gerade die Eigenverantwortlichkeit der Parteien, vgl. § 1 Abs. 1 MediationsG. Auch § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG, nach dem der Mediator die Parteien auf die Möglichkeit externer (Rechts-)Beratung hinzuweisen hat, bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf die „Vereinbarung“ im Sinne der noch unverbindlichen Punktation,1669 nimmt hingegen auf das Verfahren der Verhandlung keinen Bezug. Auch die Begründung der Entwurfsverfasser erwähnt insoweit nur, dass „die Abschlussvereinbarung vor der endgültigen Unterzeichnung einer rechtlichen Kontrolle“ 1670 unterzogen werden soll, ohne verfahrensbezogene Elemente zu berücksichtigen. Dementsprechend wird in der Literatur auch, soweit ersichtlich, nicht vertreten, dass § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG eine Hinweis1664 Vgl. Gläßer, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 3.15 Rn. 32 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 58; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 338; Etscheit, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, Anhang Methodik II. Rn. 55 f.; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 21. 1665 Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (155). 1666 Vgl. Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 213 ff.; Risse, Wirtschaftsmediation, § 9 Rn. 108 ff.; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 338 ff. 1667 So Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 341; Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 375. 1668 Oben § 19 II. (S. 214). 1669 Oben § 12 VII. 2. c) (S. 173). 1670 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

pflicht auch bereits für den Verlauf der Verhandlung begründen würde.1671 Eine entsprechende Leistungspflicht des Rechtsanwalts im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB ist daher nicht ersichtlich. Auch eine Schutzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB würde voraussetzen, dass dem Rechtsanwalt derartige Gefahren bekannt sind oder dass solche sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und dass Grund zu der Annahme besteht, dass diese Gefahren dem Auftraggeber nicht bewusst sind.1672 Entsprechende Gefahren dürften sich aber aus dem Verlauf der Verhandlung kaum ergeben können. Denn außer der Eröffnung nachteiliger, der anderen Partei bislang nicht bekannter Informationen, die nach dem hiesigen Konzept bereits über eine vorherige Aufklärung kompensiert wird,1673 sind keine potentiellen Rechtsnachteile durch die Verhandlung ersichtlich. Es dürften daher kaum je entsprechende Gefahren, die noch dazu evident sein müssen, begründet sein. Eine Pflicht des parteibegleitenden Rechtsanwalts zu einer aktiven Führung oder Beeinflussung der Verhandlung über die Lösungsoptionen und mit Blick auf die Abschlussvereinbarung ist daher regelmäßig nicht geschuldet. Zwar steht es den Parteien frei, eine entsprechende Pflicht im Einzelfall zu vereinbaren;1674 sie ist nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht typischerweise geschuldet.1675 Eine mediationsspezifische Pflicht des Rechtsanwalts in dieser Phase kommt im Ergebnis aber noch in Betracht: Denn die Konsolidierung der Lösungsoptionen endet im Erfolgsfall mit der Fixierung von Eckpunkten, auf deren Basis später der Entwurf der Abschlussvereinbarung erstellt werden kann.1676 Es liegt nahe anzunehmen, dass der Rechtsanwalt insoweit verpflichtet ist zu prüfen, ob die Unverbindlichkeit der Punktation aus der Dokumentation auch hinreichend deutlich hervorgeht. Zwar ist eine Punktation, auch wenn sie in Textform oder 1671 Vgl. Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 197; Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 36 f.; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 132, 139; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (248). 1672 BGH, NJW-RR 2012, 305 (306); NJW 2002, 1117 (1118); NJW 1993, 2045 (2045); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 553; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 11; Zugehör, FS Ganter, S. 573 (576 f.); Borgmann, NJW 2012, 3217 (3218); Jungk/ Chab/Grams, BRAK-Mitt. 2013, 163 (164 f.); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 630 f.; D. Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 675 Rn. 22; M. Schwab, in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 675 Rn. 17. 1673 Oben § 23 IV. (S. 274). 1674 Vgl. BGH, NJW 1994, 1405 (1406); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 76. 1675 Tendenziell a. A. May, NZBau 2014, 334 (338) [ohne aber ausdrücklich eine Pflicht anzunehmen]. 1676 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 263; Schmidt/Lapp/ Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 352; vgl. bereits § 12 VI. 2. bei den Fn. 979 ff.

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anders aufgezeichnet worden ist, im Zweifel nicht verbindlich, § 154 Abs. 1 S. 2 BGB.1677 Der Rechtsanwalt hat zum Schutz der Rechtsposition seines Mandanten bei der Vertragsgestaltung jedoch, in den Grenzen des Möglichen, jeden Zweifel auszuschließen.1678 Dazu wird in der Regel ein klarstellender Satz in der Punktation erforderlich, aber auch hinreichend sein. 4. Phase 5: Abschlussvereinbarung In der letzten Phase der Mediation ist auf Basis der Punktation einer Gesamtlösung aus Phase 4 ein unterschriftsreifer Entwurf der Abschlussvereinbarung zu erstellen [a)]. Im Erfolgsfall wird die Mediation durch die verbindliche Einigung in Form der Abschlussvereinbarung beendet [b)]. Auch insoweit ist zu prüfen, welche Pflichten des parteibegleitenden Rechtsanwalts in Betracht kommen können. a) Entwurf der Abschlussvereinbarung Die Formulierung des Entwurfs der Abschlussvereinbarung ist Teil der Mediation und findet nach der überwiegenden Auffassung unter Beteiligung der Parteien noch in der Mediationssitzung statt.1679 Der Mediator selbst soll dabei nach der wohl überwiegenden Auffassung keinen Entwurf als Ausgangspunkt in die Mediation einbringen.1680 Das ergibt sich für Mediatoren, die über keine Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen gemäß den §§ 1–5 RDG verfügen, bereits aus § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG. Nach dieser Regelung ist zwar die Durchführung der Mediation selbst keine Rechts1677

Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 154 Rn. 1; Köhler, BGB AT, § 8 Rn. 40. Spezifisch zur Punktation in der Mediation Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (156); allgemein auch BGH, NJW 2002, 1048 (1049); JR 1969, 17 (18); VersR 1960, 932 (933); VersR 1960, 546 (548); vgl. auch BGH, NJW 1996, 2648 (2650); NJW 1996, 2929 (2932); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Edenfeld, MDR 2001, 972 (976); Borgmann, FS Heussen, S. 83 (99); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 126; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 101 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 590 f. 1679 Oben § 12 VII. 1. (S. 168 ff.); vgl. Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 1 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 263 f.; Berning/Trenczek/ Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 23; wohl a. A. Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 357; Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation, S. 22. 1680 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 188; Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (157); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 429; differenzierend nach dem Grundberuf des Mediators Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 15; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 265. 1678

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

dienstleistung; dies gilt jedoch nicht für rechtliche Regelungsvorschläge, welche den Beteiligten unterbreitet werden. Die Entwurfsverfasser waren insoweit der Ansicht, dass es sich dann nicht mehr um eine „reine“ Mediation handeln würde, so dass kein Anlass zur Freistellung einer solchen Tätigkeit von dem RDG bestand.1681 Aufgrund dieses normativ vorgegebenen Verständnisses wird verbreitet ohne Unterscheidung des Grundberufs des Mediators angenommen, dass er in der Regel – also vorbehaltlich einer in den Grenzen des RDG zulässigen, abweichenden Vereinbarung –1682 keine rechtlichen Regelungsvorschläge einbringen soll.1683 Die Aufgabe der rechtlichen Umsetzung der Punktation einer Gesamtlösung in eine unterschriftsreife Vereinbarung kommt daher den Parteien und, soweit die Parteien die rechtlichen Fragen – wie wohl meist – nicht vollständig überblicken, den parteibegleitenden Rechtsanwälten zu.1684 Bei dieser rechtsgestaltenden Aufgabe treffen den Rechtsanwalt die regulären, rechtgestaltungsbezogenen Pflichten.1685 Er hat daher dafür Sorge zu tragen, dass der Wille seines Mandanten richtig und vollständig wiedergegeben wird und dass kein relevanter Gesichtspunkt ungeregelt bleibt. Außerdem muss er sicherstellen, dass der Wille seines Mandanten so klar wie möglich zum Ausdruck gebracht wird und Mehrdeutigkeiten in der Formulierung, die zu Auslegungszweifeln führen können, vermieden werden.1686 Im Hinblick auf den Entwurf der Abschlussvereinbarung ergeben sich damit diverse Pflichten des Rechtsanwalts; es handelt sich aber nicht um besondere, 1681 Begründung RegE RDG, BT-Drs. 16/3655, S. 50 reSp; Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp; Weth, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 2 RDG Rn. 82 f. 1682 Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 265. 1683 Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 188; Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 429; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 23. 1684 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (435); Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (100); Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (59 f.); H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1247); Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; Beckmann, DStR 2007, 583 (585); M. Schäfer, ZErb 2011, 321 (326); Korte/ Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (43); Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73); G. Mähler/H.-G. Mähler, in: Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch, § 47 Rn. 81 f.; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 324; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 10, § 12 Rn. 18. 1685 So auch Hacke, in: Klowait/Gläßer, MediationsG, Teil 3, Nr. 9 Rn. 40. 1686 BGH, NJW 2002, 1048 (1049); JR 1969, 17 (18); VersR 1960, 932 (933); VersR 1960, 546 (548); vgl. auch BGH, NJW 1996, 2648 (2650) [zur Abgabe einer Gestaltungserklärung für den Mandanten]; NJW 1996, 2929 (2932); Vill, in: Zugehör/Fischer/ Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Edenfeld, MDR 2001, 972 (976); Borgmann, FS Heussen, S. 83 (99); Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 126; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 101 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1726 [auf S. 702 findet sich zwischen den Rn. 2023 und 2024 die Rn. 1726].

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mediationsspezifische Pflichten, sondern um diejenigen Anforderungen, die auch bei gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen gelten.1687 b) Entscheidung über den Abschluss Ist der Entwurf der Abschlussvereinbarung fertiggestellt, hat jede der Parteien zu erwägen, ob sie diese Vereinbarung rechtlich verbindlich abschließen möchte. Auch dieser letzte Schritt ist im Hinblick auf die Pflichten des Rechtsanwalts zu untersuchen. Da es sich bei der Abschlussvereinbarung in aller Regel materiell-rechtlich um einen Vergleich im Sinne des § 779 BGB handelt, der noch dazu die Mediation abschließt und somit im Ansatz einem Prozessvergleich ähnelt, liegt es nahe, von den Maßgaben der herrschenden Meinung zu den Pflichten des Rechtsanwalts bei Vergleichsabschlüssen auszugehen. Danach treffen den Rechtsanwalt besondere Belehrungspflichten in Bezug auf die Vor- und Nachteile des Vergleichsabschluss im Verhältnis zu den Erfolgsaussichten einer prozessualen Durchsetzung Ansprüche.1688 Darüber hinaus kann der Rechtsanwalt verpflichtet sein, dem Mandanten den Abschluss des Vergleichs positiv zu empfehlen oder negativ davon abzuraten, wenn der Vergleich sich als eindeutig günstiger oder eindeutig ungünstiger gegenüber einer prozessualen Durchsetzung der Rechte des Mandanten darstellt.1689 Diese Belehrungs- [aa)] und Beratungspflichten [bb)] sind im Folgenden nacheinander zu erörtern. Schließlich ist auch darauf einzugehen, in welcher Art und Weise der Rechtsanwalt seine Informationen beizusteuern verpflichtet ist [cc)]. aa) Belehrungspflichten Der Rechtsanwalt hat seinem Mandanten die Vor- und Nachteile der angestrebten vergleichsweisen Einigung darzulegen.1690

1687 Vgl. Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 799; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 45. 1688 Oben § 19 III. (S. 215). 1689 Oben § 19 IV. (S. 218). 1690 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); NJW 2009, 1589 (1590); NJW 2002, 292 (292); NJW-RR 2000, 791 (792); NJW-RR 1996, 567 (567); NJW 1993, 1325 (1326); VersR 1961, 467 (468); OLG Karlsruhe, WM 2013, 1759 (1760); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3346); Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 73 f.; Edenfeld, MDR 2001, 972 (973); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 15 f.; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 792; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 121; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 40; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2033.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Diese Vor- und Nachteile ergeben sich danach grundsätzlich aus einem Vergleich der materiellen Rechtslage einschließlich der prozessualen Erfolgsaussichten mit dem Vergleichsentwurf. Das folgt indiziell bereits aus der – lediglich programmatischen1691 – Aussage des § 3 Abs. 1 BRAO, nach welcher der Rechtsanwalt der Berater „in allen Rechtsangelegenheiten“ 1692 ist. Zwar wurde verschiedentlich auch angenommen, dass der Rechtsanwalt über die rechtlichen Aspekte hinaus auch auf wirtschaftliche Aspekte hinzuweisen verpflichtet ist.1693 In der jüngeren Rechtsprechung ist eine Pflicht zum Hinweis auf außerrechtliche Umstände jedoch stets abgelehnt worden.1694 Eine entsprechende Hinweispflicht auf außerrechtliche Umstände dürfte daher nur unter den Voraussetzungen einer Schutzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB in Betracht kommen und damit annähernd eine Evidenz der fraglichen Aspekte voraussetzen.1695 Es lässt sich außerdem erwägen, ob für die Annahme dieser Belehrungspflichten auch im Kontext der Mediation außerdem § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG, nach welchem der Mediator die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen, hinzuweisen hat, spricht. Insoweit legt die Begründung der Entwurfsverfasser nahe, dass § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG im Kontext des § 2 Abs. 6 S. 1 MediationsG zu lesen ist und lediglich das Verständnis des Regelungsgehalts der Abschlussvereinbarung sicherstellen soll,1696 aber keinen Bezug zu den prozessualen Erfolgsaussichten herstellen soll. Teilweise wird § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG aber auch dahin verstanden, dass der externe Berater, namentlich also der Rechtsanwalt, den Entwurf der Abschlussvereinbarung unter anderem auch auf eine etwaige Differenz zu den Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses zu prüfen hat.1697 Für die letztgenannte Ansicht spricht, dass ein Mediator ohne Verletzung der Neutralität durchaus allgemeine rechtliche Hinweise, 1691 Vgl. L. Koch, in: Henssler/Prütting, BRAO (3. Aufl. 2010), § 3 Rn. 14; weniger deutlich Busse, in: Henssler/Prütting, BRAO (4. Aufl. 2014), § 3 Rn. 15. 1692 Hervorhebung nur hier. 1693 BGH, NJW 1998, 900 (901) [Hervorhebung auch dort]; ähnlich BGH, NJW 1996, 2648 (2650); NJW 1995, 449 (451 f.); NJW 1993, 2045 (2045); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 10; Vollkommer/Greger/ Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 6; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 75. 1694 Vgl. BGH, Beschluss v. 19.06.2008, Az. IX ZR 18/07, Rn. 7 [insoweit nicht in BRAK-Mitt. 2008, 262 abgedruckt]; Beschluss v. 21.09.2006, Az. IX ZR 137/05, Rn. 4 (n. v.); Jungk, BRAK-Mitt. 2008, 262; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/ Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 630. 1695 Oben § 18 IV. (S. 207). 1696 So ist die Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp, wohl zu verstehen; wohl ebenso Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 189; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 136. 1697 Carl, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.6 Rn. 37; wohl auch Ewig, ZKM 2012, 4 (7).

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zum Beispiel auf den Inhalt und Regelungsgehalt der Abschlussvereinbarung, abgeben darf.1698 Die ratio legis des § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG dürfte daher zumindest auch dahin gehen, den Inhalt der Abschlussvereinbarung nicht nur zu erklären, sondern auch ins Verhältnis zu den prozessualen Erfolgsaussichten zu setzen. Dafür sprechen schließlich auch die weiteren Beispiele für externe Berater, die in der Begründung der Entwurfsverfasser aufgezählt werden und die unter anderem technische Sachverständige und Wirtschaftsprüfer umfassen.1699 Solche externen Berater könnten den Regelungsgehalt der Abschlussvereinbarung aber auch nicht erklären, sondern nur Umstände außerhalb der Abschlussvereinbarung prüfen. Diesen vergleichbar ist der Rechtsanwalt, der die Prozessaussichten prüfen soll. Die Belehrungspflichten des Rechtsanwalts lassen sich damit – auch und verstärkend – auf § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG stützen. Somit hat der Rechtsanwalt dem Mandanten in Ansehung einer Abschlussvereinbarung in der Mediation darzulegen, mit welchem Ergebnis ein Zivilprozess über die streitigen Ansprüche voraussichtlich ausgehen würde und mit welcher Wahrscheinlichkeit dieses Ergebnis zu erreichen wäre.1700 Diese Belehrungspflicht ist auch unabhängig davon, ob der Mediator selbst zur Rechtsdienstleistung befugt ist, da seine Neutralität gemäß § 1 Abs. 2 MediationsG ohnehin einer eingehenden rechtlichen Beratung der Parteien entgegensteht, so dass diese in keinem Fall überflüssig wäre.1701 bb) Beratungspflichten Ein Rechtsanwalt ist im Vorfeld des Abschlusses eines Vergleichs außerdem verpflichtet, den Abschluss des Vergleichs positiv zu empfehlen oder negativ davon abzuraten, wenn der Vergleich sich als eindeutig günstiger oder eindeutig

1698 Vgl. Begründung RegE Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BTDrs. 16/3655, S. 50 reSp; ebenso Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp. 1699 Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 15 reSp. 1700 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (435); Meier, SchiedsVZ 2011, 97 (100); Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (60 f.); Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (157); H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1247); Fahrendorf, in: Fahrendorf/ Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782; Offermann-Burckart, Resümee Plenardiskussion 2. Mediationskongress (Bielefeld 2012), S. 77 (78 f.); Korte/ Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (42 f.); Brandt/Becker, FF 2006, 300 (301); Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 324; Risse, Wirtschaftsmediation, § 10 Rn. 10, § 12 Rn. 18; Hess, Gutachten F „Mediation“ für den 67. DJT (2008), S. 9 (120); Wendenburg, Der Schutz der schwächeren Partei in der Mediation, S. 351 f.; wohl auch Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, S. 20. 1701 Vgl. Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 18; Unberath, in: Greger/Unberath, MediationsG, § 2 Rn. 188; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1782.

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

ungünstiger gegenüber einer prozessualen Durchsetzung der Rechte des Mandanten darstellt.1702 Diese allgemeine Maßgabe wirft auch bei der Anwendung auf die Mediation grundsätzlich keine besonderen Fragen auf, solange der Entwurf der Abschlussvereinbarung die prozessualen Chancen des Mandanten zutreffend abbildet oder diese sogar übertrifft. Denn bei einem „zutreffenden“ Vergleichsangebot ergibt sich kein eindeutiger Vor- oder Nachteil, so dass der Rechtsanwalt grundsätzlich nicht zu einer bestimmten Empfehlung verpflichtet ist. Ist das Vergleichsangebot sogar besser, als es den Erfolgsaussichten einer streitigen Durchsetzung der Ansprüche entsprechen würde, so wird der Rechtsanwalt in der Regel verpflichtet sein, die Annahme dieses eindeutig vorteilhaften Vergleichsangebots zu empfehlen. Es ist nicht ersichtlich, dass an diesen Ergebnissen im Kontext der Mediation zu zweifeln sein sollte. Anderes gilt hingegen, falls das Vergleichsangebot hinter dem Erwartungswert einer streitigen Durchsetzung der Ansprüche aufgrund der Beurteilung des Rechtsanwalts aus der ex ante Perspektive zurückbleibt. Dann stellt sich die Frage, ob der Rechtsanwalt – wie es die allgemeinen Maßgaben nahe zu legen scheinen – zu dem Abraten von der Abschlussvereinbarung verpflichtet ist, oder ob er – wie es in der Mediationsliteratur zahlreich nahegelegt wird – grundsätzlich das Ergebnis einer Mediation als interessengemäß hinzunehmen hat und lediglich im äußersten Fall von der Abschlussvereinbarung abraten muss. Es liegt nahe, dass sich diese Frage für parteibegleitende Rechtsanwälte in der Mediation häufig stellen kann. Denn der Mandant führt in der Mediation im Wesentlichen eine interessenbasierte Verhandlung, die jedenfalls nicht ausschließlich darauf gerichtet ist, die rechtlichen Maximalpositionen durchzusetzen, sondern gerade gezielt auch andere als rechtliche Aspekte berücksichtigt.1703 Es besteht daher grundsätzlich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Mandant sich mit einem – bei ausschließlich rechtlicher Betrachtung – suboptimalen Ergebnis abfindet, während dieser Nachteil aus der subjektiven Sicht des Mandanten durch außerrechtliche Umstände, wie zum Beispiel eine Entschuldigung der anderen Partei, die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder andere Kriterien kompensiert wird. Der Rechtsanwalt, der nach der hier vertretenen Lesart ausschließlich 1702 BGH, NJW 2010, 1357 (1357 f.); NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (451); VersR 1961, 276 (278); OLG Hamm, FamRZ 1999, 1423 (1424); OLG Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2007, Az. 12 U 147/06 [n. v.]; Zugehör, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Haftung der Rechtsanwälte (WM 2010), S. 12; Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Borgmann, NJW 2013, 3343 (3346); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 798; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 42; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 2029 f.; Edenfeld, MDR 2001, 972 (972). 1703 Oben § 21 II. (S. 230).

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zur Prüfung rechtlicher Fragen verpflichtet ist,1704 kann also grundsätzlich nur den rechtlichen Nachteil feststellen, nicht hingegen die Frage der hinreichenden Kompensation durch außerrechtliche Umstände prüfen.1705 Es ist daher zu erwägen, ob und wie der Rechtsanwalt die mögliche Kompensation rechtlicher Nachteile durch außerrechtliche Umstände in seine Abwägung des Vergleichsangebots einzustellen hat. Ein Ansatzpunkt könnte sein, dass der Rechtsanwalt die Kompensation rechtlicher Nachteile durch außerrechtliche Umstände schlicht nicht zu berücksichtigen hat.1706 Dann wäre der Rechtsanwalt wahrscheinlich in der Regel verpflichtet, von dem Abschluss der vorgeschlagenen Abschlussvereinbarung abzuraten, da er im Rahmen der Abwägung zu einem eindeutig nachteiligen Ergebnis kommen würde.1707 Das dürfte weder dem Willen des europäischen Regelungsgebers, noch dem Willen des bundesdeutschen Gesetzgebers, die ja jeweils die Mediation fördern wollten,1708 entsprechen. Für einen solchen Ansatz dürfte sich auch nicht § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG ins Feld führen lassen. Denn diese Norm soll nach der hier vertretenen Auffassung zwar eine Prüfung und damit Berücksichtigung der materiellen Rechtslage bzw. der Chancen einer prozessualen Durchsetzung garantieren. Dass der externe Berater im Sinne des § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG aber ausschließlich die seiner Profession obliegenden Fragen berücksichtigen dürfte und damit die subjektive Perspektive des Mandanten völlig außer Betracht zu lassen hätte, ist damit nicht notwendig verbunden. Dieser Ansatz lässt außerdem außer Betracht, dass nach der herrschenden Auffassung sogar im Hinblick auf Vergleichsabschlüsse außerhalb der Mediation ein Ermessensspielraum des Rechtsanwalts anerkannt ist, der die Berücksichtigung anderer als rechtlicher Umstände konzeptionell gestattet.1709 Im Ergebnis scheint dieser Ansatz, der eine Berücksichtigung der Interessen des Mandanten generaliter ausschließt, also nicht in das Gefüge des Mandatsvertrags zu passen.

1704

Oben § 24 III. 1. b) (S. 279). Vgl. zu dieser Frage (offen lassend) Beckmann, DStR 2007, 583 (585). 1706 So wohl Tietze, Der Rechtsanwalt in der Gerichtlichen Mediation, S. 123 (130 f.); Gronemeyer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 47 (51 f.). 1707 Auf das Problem weist auch Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (436) hin. 1708 Vgl. Erwägungsgrund (5) der MediationsRL sowie Begründung RegE EGMediationsG, BT-Drs. 17/5335, S. 11 liSp. 1709 Vgl. BGH, NJW 1993, 1325 (1328); VersR 1968, 450 (452); OLG Dresden, OLGR 2003, 148 (149); OLG Hamburg, OLGR 1998, 366 (367); OLG Hamm, NJWEVHR 1997, 205 (205); Ganter, Sonderbeilage Rechtsprechung zur Anwaltshaftung (WM 2001), S. 14; Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 794; Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 161 f. [vgl. auch S. 40 ff. und S. 60 ff. m.w. N. aus der Rspr. der Obergerichte]; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 118; Gebler, Die Aufklärungspflicht des Anwalts, S. 112 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 12 Rn. 41; Edenfeld, MDR 2001, 972 (972). 1705

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4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Ein weiterer Ansatz könnte sein, dass der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Abwägung auch die außerrechtliche Kompensation auf Seiten seines Mandanten zu berücksichtigen hat.1710 Es würde dann also zu einer zumindest teilweisen Modifikation der Pflichten aus dem Mandat kommen. Für einen solchen Ansatz spricht, dass damit das Ergebnis der Mediation unter Berücksichtigung aller wesentlichen Faktoren, die zu seiner Genese beigetragen haben, gewürdigt würde. Jedoch ergibt sich im Gegenzug ein neues Problem: Wenn man den Rechtsanwalt für verpflichtet hält, die Befriedigung der subjektiven Interessen seines Mandanten in der Abwägung zu gewichten, müsste es auch einen entsprechenden Bewertungsmaßstab geben. Welchen absoluten Betrag oder welchen Prozentsatz des geltend gemachten Anspruchs aber zum Beispiel eine Entschuldigung der anderen Partei für den Mandanten „wert“ sein könnte, entzieht sich jedem objektiven Bewertungsmaßstab. Es handelt sich vielmehr um die dem Mandanten obliegende Abwägung seiner ureigenen Interessen. Diese Interessen werden dem Rechtsanwalt auch, selbst wenn er die Mediation persönlich begleitet hat, aber allenfalls in Ansätzen bekannt sein, geschweige denn dass er diese dezidiert abwägen könnte. Außerdem würde es zu einer systematischen „Bevormundung“ 1711 des Mandanten führen, wenn der Rechtsanwalt die vom Mandanten ausgehandelte Einigung aufgrund anderer als rechtlicher Erwägungen in Frage stellt. Eine eigene Bewertung der außerrechtlichen Kompensation durch den Rechtsanwalt ist daher nicht angezeigt. Wenn der Rechtsanwalt nach dem hier vertretenen Ergebnis die außerrechtlichen Umstände aber weder vollständig außer Betracht lassen darf, noch sie eigenständig abzuwägen hat, müssen diese Umstände in typisierter Art und Weise berücksichtigt werden. Eine solche typisierte Betrachtung führt im Ergebnis zu der Zweifelsregel, dass Vergleiche, die im Rahmen einer Mediation verhandelt worden sind, regelmäßig einen angemessenen Interessenausgleich der Parteien darstellen und daher nicht eindeutig nachteilig sind.1712 Mit anderen Worten kommt dem Verfahren der Mediation eine Vermutung der Richtigkeitsgewähr in Ansehung des Interessenausgleichs zu. Dafür spricht, dass die Parteien das Verfahren und die Grundzüge der Abschlussvereinbarung eigenverantwortlich bestimmt haben. Außerdem obliegen dem Mediator diverse Pflichten, welche die Eigenverantwortlichkeit der Parteien im Verfahren sicherstellen sollen, vgl. § 2 Abs. 2, Abs. 5, Abs. 6 S. 1 MediationsG. Diese parteizentrierte Struktur der Mediation, die zumindest teilweise durch entsprechende Pflichten des Mediators bewehrt ist, dürfte tatsächlich die, soweit ersichtlich, höchste Richtigkeitsgewähr

1710 Wohl in diesem Sinne: Korte/Löer, Die anwaltliche Vertretung in der Mediation, S. 33 (42 f.); Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (73 f.). 1711 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (436). 1712 So Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 20 Rn. 47; wohl auch in diesem Sinne H.-U. Neuenhahn/S. Neuenhahn, NJW 2005, 1244 (1247).

§ 24 Pflichten im Verlauf einer Mediation

295

für die bestmögliche Umsetzung der Parteiinteressen in sich tragen. Eine solche Zweifelsregel lässt sich auch ohne Brüche in die Dogmatik der Pflichten des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss integrieren: Denn diese Dogmatik sieht ohnehin einen Ermessensspielraum des Rechtsanwalts vor,1713 der auch die Berücksichtigung von persönlichen Umständen zulässt.1714 Gleichzeitig ist dieser Ermessensspielraum ohnehin insoweit begrenzt, als der Vergleich für den Mandanten eine unangemessene Benachteiligung darstellt und eine begründete Aussicht auf ein wesentlich günstigeres Ergebnis für den Fall einer streitigen Entscheidung zu erwarten ist.1715 Diese Zweifelsregel, nach welcher die Abschlussvereinbarung der Mediation einen interessengerechten Ausgleich darstellt, greift also nicht ein, wenn der Rechtsanwalt im Einzelfall eine unangemessene Benachteiligung seiner Partei zu besorgen hätte. Es sprechen daher sehr gute Gründe dafür, eine solche Zweifelsregel anzunehmen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Rechtsanwalt bei Abschlussvereinbarungen aus Mediationen in der Regel nicht zu einer eindeutigen Nachteilhaftigkeit kommen wird und dann nicht von dem Abschluss abraten muss – jedoch durchaus abraten darf, wenn er dies für opportun hält. Unberührt von dieser Erörterung der Beratungspflichten bleiben hingegen die Belehrungspflichten, mit denen dem Mandanten die notwendige rechtliche Entscheidungsgrundlage vermittelt wird. cc) Art und Weise der Belehrung und Beratung Schließlich ist noch zu erwägen, in welcher Art und Weise der Rechtsanwalt seine Belehrung und Beratung in die Mediation einzubringen hat. Insoweit wird teils vertreten, dass die beteiligten Rechtsanwälte ihre Belehrungen und Empfehlungen in der Mediation unter Anwesenheit aller Beteiligten, das heißt insbesondere auch der anderen Partei, darlegen sollen.1716 Nach anderer Ansicht soll eine derartige Besprechung hingegen während einer Unterbrechung der Mediation in einem vertraulichen Gespräch zwischen Rechtsanwalt und Man-

1713

Vgl. die Nachweise in Fn. 1709. Vgl. BGH, NJW 1993, 1325 (1329); Schlimm, Der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts beim Vergleichsabschluss, S. 136 f., 154 ff. 1715 BGH, NJW 2010, 1357 (1357); ebenso, sogar im Leitsatz, BGH, Beschluss vom 26.01.2012, Az. IX ZR 222/09 [insoweit nicht in BRAK-Mitt 2012, 73, wiedergegeben]; ähnlich, jedoch unter Verzicht auf das zweite kumulativ erforderliche Kriterium der unangemessenen Benachteiligung BGH, NJW-RR 1995, 567 (568) [mit inhaltlich nicht zutreffendem redaktionellen Leitsatz in NJW-RR 1995, 567]; NJW 1993, 1325 (1328); Borgmann, NJW 2012, 3217 (3220); Vill, in: Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch Anwaltshaftung, Rn. 794; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, Kap. IV. Rn. 119; Offermann-Burckart, FPR 2012, 550 (551). 1716 Harms/Schmitz-Vornmoor, ZKM 2013, 154 (157 f.); Ripke, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 7 Rn. 26; wohl auch Ade/Gläßer, ZKM 2013, 57 (61). 1714

296

4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

dant geklärt werden.1717 Für die letztgenannte Ansicht und damit für eine Besprechung nahezu ausschließlich auf vertraulicher Basis in Unterbrechungen der Mediation spricht, dass der Rechtsanwalt gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch verpflichtet sein dürfte, seinem Mandanten nachteilige Informationen oder Rechtsausführungen nicht gegenüber der anderen Partei zu offenbaren. Das ergibt sich für vertrauliche Tatsachen bereits aus der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 43a Abs. 2 BRAO sowie aus den Straftatbeständen der Verletzung von Privatgeheimnissen durch einen Rechtsanwalt gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB und dem Parteiverrat gemäß § 356 StGB1718. Es ist auch zu befürchten, dass der Rechtsanwalt in einem solchen Kontext eher geneigt wäre, die Schwächen der eigenen Position lediglich untergeordnet darzustellen, weil sonst die Verhandlungsposition des Mandanten zu deutlich geschwächt würde. Eine offene Diskussion der Schwächen der Positionen des Mandanten in der Mediationssitzung unter Anwesenheit des Mediators und vor allem auch von der anderen Partei und dessen Rechtsanwalt dürfte daher in aller Regel ausscheiden.1719

§ 25 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278a ZPO § 278a ZPO appelliert an das Prozessgericht, den Parteien in geeigneten Fällen eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorzuschlagen.1720 Es ist zu erwägen, ob und gegebenenfalls inwieweit sich in diesem Kontext andere Pflichten des parteibegleitenden Rechtsanwalts ergeben können, als in den § 23 und § 24 dargestellt. Eine gerichtsnahe1721 Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts gemäß § 278a ZPO unterscheidet sich grundsätzlich nur durch das Verfahren vor Einleitung einer solchen Mediation und gegebenenfalls durch das Verfahren nach der Mediation von der rein außergerichtlichen Mediation. Denn die Mediation gemäß § 278a ZPO selbst stellt eine solche im Sinne des § 1 MediationsG dar und findet vollständig außergerichtlich statt.1722 Insofern dürften sich im Verlauf der Mediation gemäß § 278a ZPO lediglich die bereits diskutierten Fragen stellen, die

1717 Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193); Schmidt/Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 332; Risse, Wirtschaftsmediation, § 12 Rn. 19. 1718 Vgl. aber zum Entfallen des Tatbestandes des § 356 StGB bei einer Einwilligung der Parteien im Rahmen der Mediation: T. Fischer, StGB, § 356 Rn. 7; Dahs, in: MünchKomm-StGB, § 356 Rn. 60. 1719 So auch Bösch/Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191, 193). 1720 Oben § 10 (S. 110 ff.). 1721 Vgl. zu dieser Nomenklatur bereits § 10 bei Fn. 563. 1722 Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 278a Rn. 3; Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278a ZPO Rn. 35 f.

§ 25 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278a ZPO

297

hier ebenso zu beantworten sein werden. Die Betrachtung der Pflichten des Rechtsanwalts muss sich daher grundsätzlich vor allem auf die Frage erstrecken, welche Änderungen sich in dem Stadium vor Durchführung der Mediation gemäß § 278a ZPO ergeben. Die Einleitung des Zivilprozesses und dessen Verlauf bis zum Vorschlag der Mediation gemäß § 287a ZPO durch das Prozessgericht oder durch eine Partei folgt dabei den allgemeinen Regeln; mediationsspezifische Besonderheiten ergeben sich insoweit nicht. Schlagen das Gericht oder die andere Partei die Durchführung einer Mediation gemäß § 287a ZPO vor, treffen den Rechtsanwalt Belehrungspflichten betreffend die Information seines Mandanten über die Mediation. Denn nur auf einer informierten Grundlage kann der Mandant eigenverantwortlich über den Vorschlag der Mediation entscheiden. Inhaltlich dürften sich die Belehrungspflichten auf das Verfahren der Mediation sowie auf die möglichen Vor- und Nachteile des Versuchs der Mediation erstrecken.1723 Im Grundsatz dürften sich hier keine Besonderheiten ergeben. Eine Ausnahme gilt insoweit aber im Hinblick auf die Belehrung über die Kostenfolgen einer Mediation. Zwar gehört die Mediation gemäß § 278a ZPO in gebührenrechtlicher Hinsicht zu dem Rechtszug der Klage nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG, so dass grundsätzlich keine gesonderte Geschäfts- oder Verfahrensgebühr zugunsten der Rechtsanwälte entsteht.1724 Jedoch wird für die Mediation eine zusätzliche Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG anfallen.1725 Hinzu tritt außerdem die Vergütung des Mediators, die in dem Mediatorvertrag geregelt wird und regelmäßig von den beiden Parteien je zur Hälfte getragen wird, ohne dass es später zu einer Erstattung dieser Kosten käme.1726 Insgesamt steigt die Kostenlast damit über die regelmäßig ohnehin schon angefallen gesetzlichen Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren hinaus. Dies wäre nicht notwendig ein Anlass, um eine Pflicht zum Abraten von einer Mediation gemäß § 278a ZPO anzunehmen. Da allerdings bei der Mediation durch einen Güterichter keine zusätzlichen Gerichts- oder Rechtsanwaltsgebühren und auch keine vertragliche Vergütung für den Mediator anfallen, dürfte der Rechtsanwalt im Ergebnis bei einem Vorschlag des Gerichts gemäß § 278a ZPO verpflichtet sein, dem Mandanten von der außergerichtlichen Mediation ab- und zur Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO zuzuraten.1727

1723

Oben § 23 I. 2.–3. (S. 241 ff.). H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 34 Rn. 37; Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, § 34 Rn. 12. 1725 H.-J. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 34 Rn. 37; Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, § 34 Rn. 12. 1726 Oben § 9 III. (S. 98) sowie § 23 I. 3. d) (S. 245). 1727 Vgl. Buschmann, AnwBl. 2013, 508 (509); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 61 f. 1724

298

4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

Im Hinblick auf die Gefahr für die materiellen Rechte des Mandanten aufgrund eines Zeitablaufs während der Mediation gemäß § 278a ZPO werden sich eher weniger Fragen ergeben. Denn die Verjährung oder Ausschlussfrist wurde in der Regel bereits durch die Erhebung der Klage gehemmt bzw. gewahrt, so dass kein unmittelbarer Rechtsverlust zu besorgen ist. Die Hemmung aufgrund der Erhebung der Klage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB endet zwar sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung, § 204 Abs. 2 S. 2 BGB, wird aber in der Regel während der dann andauernden Mediation gemäß § 203 BGB gehemmt.1728 Im Hinblick auf die vertragliche Grundlegung und Ausgestaltung der Mediation gelten die oben erörterten Pflichten des Rechtsanwalts unverändert.1729 Denn insoweit ist kein Differenzierungskriterium ersichtlich, das Anlass zu einer anderen Bewertung geben könnte. Die Belehrungs- und gegebenenfalls auch Beratungspflichten, welche den Rechtsanwalt im Hinblick auf die Abschlussvereinbarung treffen, bestehen ebenfalls in unverändertem Umfang. Die Beurteilung dürfte dem Rechtsanwalt dabei jedoch voraussichtlich ein wenig einfacher fallen, da die Sach- und Rechtslage bereits durch Klageschrift und Klageerwiderung aufbereitet ist und diese eine geeignete Grundlage für die Rechtsprüfung durch den Rechtsanwalt darstellen können.1730

§ 26 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278 Abs. 5 ZPO Mit der Neufassung des § 278 Abs. 5 ZPO durch Art. 2 Nr. 5 EGMediationsG1731 hat der Gesetzgeber einen Kompromiss zwischen der Abschaffung der zuvor bereits in zahlreichen Pilotprojekten durchgeführten gerichtsinternen Mediation und der offiziellen Einführung derselben gewählt.1732 § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO räumt dabei dem Prozessgericht die Möglichkeit ein, die Parteien für eine Güteverhandlung und weitere Güteversuche an einen Güterichter zu verweisen. Dieser Güterichter darf alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen, § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO.1733

1728 Ulrici, in: MünchKomm-ZPO, § 278a Rn. 18; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278a Rn. 4 i.V. m. § 251 Rn. 1; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 60. 1729 Oben § 23 III. (S. 266 ff.). 1730 Vgl. Offermann-Burckart, Resümee Plenardiskussion 2. Mediationskongress (Bielefeld 2012), S. 77 (80). 1731 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktlösung vom 21.07.2012, BGBl. I, S. 1577–1582; vgl. bereits die Hinweise in Fn. 8. 1732 Oben § 3 II. (S. 44). 1733 Vgl. zu den Rechtsfragen des § 278 Abs. 5 ZPO eingehend oben § 11 (S. 114 ff.).

§ 26 Pflichten bei einer Mediation im Fall des § 278 Abs. 5 ZPO

299

Auch im Hinblick auf die Mediation durch einen Güterichter ist zu erwägen, ob sich im Hinblick auf die Pflichten des Rechtsanwalts abweichende Ergebnisse im Vergleich zu der Mediation gemäß § 1 MediationsG ergeben. Das außergerichtliche und zivilprozessuale Verfahren vor Verweisung der Parteien an den Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO zeichnet sich nicht durch Besonderheiten aus. Das bedeutet insbesondere, dass materiell-rechtliche Ausschlussfristen oder der Lauf der Verjährung in zeitlicher Hinsicht durch die Erhebung der Klage gewahrt bzw. gehemmt werden. Auch die Frage, ob die Parteien an einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO zu verweisen sind, wird keine Pflichten des Rechtsanwalts berühren. Denn die Parteien, und damit auch ihre Rechtsanwälte, haben insoweit kein Antragsrecht auf eine Verweisung an den Güterichter.1734 Im Gegenteil ist – zumindest technisch – nach der wohl überwiegenden Auffassung noch nicht einmal die Zustimmung der Parteien Voraussetzung der Verweisung.1735 Erlässt das Prozessgericht einen Verweisungsbeschluss gemäß § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO, obliegen dem Rechtsanwalt die bereits zu der Mediation gemäß § 1 MediationsG erarbeiteten Belehrungspflichten.1736 Denn es ist kein Grund ersichtlich, warum der Mandant nicht anhand der oben dargestellten Maßgaben über die Struktur und das das Vorgehen in einer Mediation aufgeklärt werden sollte. Zwar ergeben sich geringfügig andere Aspekte, wie zum Beispiel der fehlenden Notwendigkeit zum Hinweis auf die Gefahr des Ablaufs materieller Ausschlussfristen. Insgesamt ergibt sich aber kein wesentlich anderes Niveau der erforderlichen Aufklärung. Die vertraglichen Rechtsgrundlagen stellen sich im Falle einer Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO teilweise anders dar: So verbindet die Parteien und den mediierenden Güterichter kein Mediatorvertrag, der die Vergütung und weitere Fragen in diesem Verhältnis regelt.1737 Eine solche vertragliche Vereinbarung ist auch nicht notwendig, da der Güterichter aufgrund seiner Dienstpflicht als Richter tätig wird und auch aus diesem Rechtsver-

1734 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 37; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 278 Rn. 14. 1735 So H. Roth, Freiwilligkeit und Zwang in der Mediation, S. 109 (112); Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 27; Greger/Weber, Sonderheft Güterichterverfahren (MDR 2012), S. 9; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 123; Henssler/Deckenbrock, DB 2012, 159 (162); Duve, ZKM 2012, 108 (109); a. A. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 reSp; Röthemeyer, ZKM 2012, 116 (117); Fritz, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 278 ZPO Rn. 50; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 278 Rn. 20; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, GroßKomm-ZPO, § 278 Rn. 71. 1736 Oben § 23 I.–II. (S. 238 ff.). 1737 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26.

300

4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

hältnis vergütet wird.1738 Eine Mediationsvereinbarung zwischen den Parteien, also die vertragliche Einigung der Parteien, eine Mediation durchzuführen,1739 ist grundsätzlich nicht notwendig. Denn ihr Zweck liegt regelmäßig darin, die Klagbarkeit der streitigen Rechte einstweilen, das heißt bis zu Beendigung der Mediation, zu hindern.1740 Dieser Zweck ist jedoch im Falle des § 278 Abs. 5 ZPO obsolet. Vertragliche Regelungen zu der Vertraulichkeit sind hingegen durchaus erforderlich. Zwar ist der Güterichter bereits aufgrund gesetzlicher Vorschriften (§ 46 DRiG i.V. m. § 67 Abs. 1 BBG bzw. § 37 Abs. 1 BeamtStG) zur Verschwiegenheit – auch dem Prozessgericht gegenüber – verpflichtet und hat dementsprechend ein zivilprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.1741 Die Verpflichtung zu der Vertraulichkeit im Verhältnis der Parteien zueinander wird jedoch nicht gesetzlich geregelt. Insoweit ergeben sich daher ebenfalls die bereits oben1742 erörterten Pflichten des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Rechtsgestaltung, hier bezüglich der Vertraulichkeitsvereinbarung.1743 Außerdem dürfte der Rechtsanwalt wie bei der Mediation gemäß § 1 MediationsG zu einer konkreten Vorbereitung seines Mandanten auf die Mediation verpflichtet sein; dies betrifft vor allem die konkrete Aufklärung darüber, welche Tatsachen vorliegend streitig und erheblich sind und daher erst nach reiflicher Überlegung durch den Mandanten offen gelegt werden sollten.1744 Das Verfahren der Mediation durch den Güterichter selbst wirft grundsätzlich keine spezifischen Fragen, die nicht bereits zu der Mediation gemäß § 1 MediationsG erörtert worden wären.1745 Der Rechtsanwalt ist damit im Verlauf der Mediation grundsätzlich nicht zu einem Mitwirken oder Einschreiten verpflichtet. Jedoch muss er die Rechtsgestaltung der Abschlussvereinbarung aktiv begleiten und den Mandanten gesondert, in der Regel in einer Unterbrechung der Mediation, über das Verhandlungsergebnis und die Differenz zu den prozessualen Er1738 Vgl. P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 44; P. Hartmann, MDR 2012, 941 (942); Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 95. 1739 Hess, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 43 Rn. 12; Greger, in: Greger/ Unberath, MediationsG, § 1 Rn. 119; Risse, Wirtschaftsmediation, § 3 Rn. 3; Duve/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, S. 316; Steffek, RabelsZ 74 (2010), 841 (849); Eidenmüller, Vertrags- und Verfahrensrecht der Wirtschaftsmediation, S. 8; Pielsticker, in: Fritz/Pielsticker, MediationsG, § 2 Rn. 78; Berning/Trenczek/Lenz, in: Trenczek/Berning/Lenz, Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.4 Rn. 16; Schmidt/ Lapp/Monßen, Mediation in der Praxis des Rechtsanwalts, Rn. 246. 1740 Oben § 9 II. 4. (S. 96). 1741 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 30; Greger, in: Greger/Unberath, MediationsG, Teil 4. Rn. 118; vgl. auch Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschuss BT, BT-Drs. 17/8058, S. 21 liSp; P. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 278 Rn. 46. 1742 Oben § 23 III. (S. 266). 1743 Ebenfalls Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 28 Rn. 53b. 1744 Oben § 23 IV. (S. 274). 1745 Oben § 24 III. (S. 277 ff.).

§ 27 Zusammenfassende Würdigung

301

folgsaussichten belehren und gegebenenfalls auch zu dem Abschluss der Vereinbarung zuraten oder aber von dem Abschluss der Vereinbarung abraten.1746 Die Beurteilung der prozessualen Erfolgsaussichten dürfte dem Rechtsanwalt dabei auch hier einfacher fallen, als im Falle des § 1 MediationsG, da hier der Sachund Streitstand bereits durch Klageschrift und Klageerwiderung aufbereitet ist.1747

§ 27 Zusammenfassende Würdigung Die vorliegende Untersuchung hat ihren Ausgangspunkt an der Frage genommen, welche Pflichten den Rechtsanwalt, der seinen Mandanten vor und während der Mediation berät, treffen.1748 Dort wurde skizziert, dass die Extrempunkte der denkbaren Antworten an ihrem einen Ende zu einer rechtlich nicht gewünschten Verkürzung des Schutzes der materiellen Rechte, an ihrem anderen Ende zu einer im Ergebnis übertriebenen Haftung des Rechtsanwalts für die Vergleichsreue seines Mandanten nach einer Mediation führen würden. Nach dem hier gefundenen Ergebnis ist weder eine Gefahr für die materiellen Rechte der Parteien, noch die Gefahr einer übertriebenen Haftung der Rechtsanwälte zu besorgen. Eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Typen von Pflichten sowie der einzelnen Abschnitte vor und während einer Mediation führen zu überzeugenden Ergebnissen. Danach ist der Rechtsanwalt nur, aber immerhin, dem Schutz der materiellen Rechte seines Mandanten verpflichtet. Eine Pflicht zur Förderung der Mediation besteht zwar grundsätzlich nicht. Sie kann im Einzelfall aber doch entstehen, wenn hinter den Mediationserwägungen materielle Rechte stehen; das ist zum Beispiel bei einer Verpflichtung zur Mediation aufgrund einer Mediationsklausel der Fall. Das Fehlen einer Pflicht des Rechtsanwalts zur Förderung der Mediation bedeutet andererseits nicht, dass der Rechtsanwalt sich nicht in den Dienst der Mediation stellen dürfte und diese nicht auch empfehlen oder sonst nach Kräften fördern dürfte. In Verfolgung des Schutzes der materiellen Rechte hat der Rechtsanwalt diejenigen vertraglichen Vereinbarungen, die eine Gefährdung der materiellen Rechte durch das Verfahren der Mediation – namentlich Zeitablauf und Vertraulichkeit – darstellen, auf ihre Eignung zu diesem Zweck zu untersuchen. Er hat seinen Mandanten außerdem in diverser Hinsicht über die in dieser Richtung bestehenden Gefahren aufzuklären und auch konkret auf die Mediation vorzubereiten. 1746 Wohl auch Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, § 28 Rn. 75, tendenziell anders aber in Rn. 53c („geringeres Haftungsrisiko“ bei Vergleichsschluss im Verfahren nach § 278 Abs. 5 ZPO). 1747 Vgl. Offermann-Burckart, Resümee Plenardiskussion 2. Mediationskongress (Bielefeld 2012), S. 77 (80). 1748 Oben § 2 IV. (S. 42).

302

4. Abschn.: Die Pflichten des Rechtsanwalts in der Mediation

In dem Verlauf der Mediation selbst ist der Rechtsanwalt in aller Regel nicht zum aktiven Tätigwerden oder Einschreiten verpflichtet. Erst gegen Ende der Mediation, wenn die Verhandlung und der Abschluss einer materiell-rechtlichen Vereinbarung im Raum stehen, aktualisieren sich seine Belehrungs- und Beratungspflichten. Dabei obliegt ihm die Prüfung und Belehrung in rechtlicher Hinsicht in ungemindertem Maße. Jedoch werden in aller Regel auch außerrechtliche Interessen zu berücksichtigen sein, für deren Beurteilung der Rechtsanwalt weder notwendig fachlich geeignet sein muss, noch typischerweise mandatiert sein wird. Dies wirkt sich so aus, dass der Rechtsanwalt dem Mandanten das Ergebnis seiner rechtlichen Prüfung der prozessualen Chancen bei einer streitigen Auseinandersetzung darlegen muss, aber nicht notwendig zu einem Abraten von dem Vergleich verpflichtet ist. Ein solches Verständnis der Pflichten des Rechtsanwalts scheint sowohl die vom Gesetzgeber angestrebte Förderung der Mediation, als auch den – unter anderem in § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG normativ verankerten – Schutz der materiellen Rechte der Parteien einer Mediation sinnvoll zu vereinen. Stimmen aus Warte der Mediatoren, wonach der Rechtsanwalt „sich der Verständnislösung innerhalb der Mediation unterordnen“ 1749 soll, entsprechen daher nicht dem rechtlichen Gefüge des Rechtsanwaltsvertrages. Es ist vielmehr mit Neumann zu formulieren, dass der Rechtsanwalt „nicht dem Mediationsverfahren und nicht dem Mediator, sondern ausschließlich den Interessen seines Mandanten“ 1750 dient. Dass diese „Interessen“ aus der Warte des Rechtsanwalts sich im Wesentlichen auf Rechtspositionen beschränken, ist Ausfluss der Rolle des Rechtsanwalts als Rechtsberater gemäß den § 3 Abs. 1 BRAO, § 1 Abs. 3 BORA und dem Rechtsanwaltsvertrag.

1749 So Ripke, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 7 Rn. 33 [Hervorhebung nur hier]. 1750 Neumann, Die Rolle des Parteianwalts in der Mediation, S. 63 (74).

Fünfter Abschnitt

Thesen 1.

Der Inhalt der Pflichten des Rechtsanwalts justiert sich ganz vorrangig nach dem Rechtsschutzbegehren, das dem Anliegen des Mandanten zugrunde liegt, und damit nach den materiellen Rechten seines Mandanten. Eine davon abweichende Vereinbarung, aufgrund welcher der Rechtsanwalt seinen Mandanten vor allem bei der Verfolgung von außerrechtlichen Zielen, namentlich der Befriedigung von Interessen, zu beraten und zu begleiten hat, kann zwar zulässig vereinbart werden. Dies dürfte tatsächlich aber nur selten der Fall sein.1751

2.

Der Rechtsanwalt ist im Allgemeinen verpflichtet, seinen Mandanten vor einer streitigen Geltendmachung seiner Rechte über die grundsätzliche Möglichkeit der Mediation zu belehren.1752 Damit der Mandant eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Mediation fällen kann, muss der Rechtsanwalt den Mandanten außerdem zumindest in den Grundzügen über die Mediation aufklären und insbesondere deren Risiken aufzeigen.1753

3.

Der Rechtsanwalt kann außerdem verpflichtet sein, dem Mandanten die Mediation ausdrücklich anzuraten oder ausdrücklich von ihr abzuraten. Eine Verpflichtung zum Zuraten zu einer Mediation kann insbesondere dann bestehen, wenn der Mandant, zum Beispiel aufgrund einer Mediationsklausel, zu der Durchführung einer Mediation verpflichtet ist.1754 Eine Verpflichtung zum Abraten von einer Mediation kann sich insbesondere dann ergeben, wenn zu besorgen ist, dass die Gegenseite die Mediation zu der Ausforschung von Informationen oder zu der Verschleppung des Verfahrens missbrauchen will.1755

4.

Ferner ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen, namentlich die Mediationsvereinbarung, den Mediatorvertrag und die Verfahrensregeln, auf die korrekte Abbildung des Willens seines Mandanten sowie auf die erforderliche Klarheit hin zu untersuchen. Eine besondere Berücksichtigung gilt dabei den vertraglichen Vereinbarungen, welche die materiellen Rechte des Mandanten für den Fall eines nachfolgenden 1751 1752 1753 1754 1755

Oben § Oben § Oben § Oben § Oben §

24 III. 1. b) (S. 279 ff.). 23 I. 1. (S. 238 ff.). 23 I. 2.–3. (S. 241 ff.). 23 II. 3. (S. 262 ff.). 23 II. 2. (S. 252 ff.).

304

5. Abschn.: Thesen

Zivilprozesses schützen; dies betrifft insbesondere Vereinbarungen zu der Vertraulichkeit sowie gegebenenfalls zu der Verjährung oder zu Ausschlussfristen.1756 5.

Schließlich hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten vor der Durchführung der Mediation konkret auf diese vorzubereiten. Dazu zählt, neben der näheren Erläuterung des weiteren Verfahrens in der Mediation, vor allem die Darlegung, welche streitigen Tatsachen rechtlich erheblich sind und welche Risiken mit einer Offenlegung verbunden sein können. Es sprechen sogar gute Gründe dafür, insoweit nicht nur eine Belehrungspflicht des Rechtsanwalts, sondern sogar eine Pflicht zum ausdrücklichen Abraten von der Offenlegung solcher Tatsachen anzunehmen.1757

6.

Im Verlauf einer Mediation ist zwischen den verschiedenen Phasen zu unterscheiden: In den Phasen 1–3, das heißt von der Eröffnung bis zu der Erforschung der Interessen, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich nicht zu einer aktiven Förderung der Mediation verpflichtet, aber nach Absprache mit dem Mandanten berechtigt. Das folgt aus der Eigenverantwortlichkeit der Parteien in der Mediation und aus der – zumindest grundsätzlichen – Beschränkung der Pflichten des Rechtsanwalts auf den Schutz von materiellen Rechten seines Mandanten, die in den Phasen 1–3 regelmäßig nicht berührt werden.1758

7.

In der vierten Phase, in welcher isolierte Lösungsoptionen erarbeitet, bewertet und letztendlich zu einer Gesamtlösung konsolidiert werden, ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt, sich aktiv an der Erarbeitung von Optionen zu beteiligen. Jedoch ist er verpflichtet im Rahmen der Bewertung der Optionen, rechtlich untaugliche Optionen als solche zu benennen. Die Verhandlung der Gesamtlösung schließlich aktiviert keine besonderen Pflichten des Rechtsanwalts, insbesondere deswegen weil es keinen objektivierbaren Maßstab einer guten Verhandlungsführung gibt.1759

8.

In der fünften Phase der Mediation ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Entwurf der Abschlussvereinbarung zu erstellen oder, falls dieser Entwurf von dem Mediator oder der Gegenseite erstellt wird, auf die rechtliche Wirksamkeit, Vollständigkeit und Klarheit der dortigen Regelungen zu überprüfen. Insoweit ergeben sich keine mediationsspezifischen, sondern die allgemeinen rechtsgestaltungsbezogenen Pflichten.1760

9.

Eine herausragende Position nimmt der Rechtsanwalt bei der Unterstützung der Entscheidung seines Mandanten über den rechtlich verbindlichen Ab1756 1757 1758 1759 1760

Oben § Oben § Oben § Oben § Oben §

23 III. (S. 266 ff.). 23 IV. (S. 274 ff.). 24 III. 2. (S. 280 f.). 24 III. 3. (S. 282 ff.). 24 III. 4. a) (S. 287 ff.).

5. Abschn.: Thesen

305

schluss der Abschlussvereinbarung ein: Insoweit treffen den Rechtsanwalt umfassende Belehrungspflichten über die Chancen einer streitigen Geltendmachung der Rechte des Mandanten und eine etwaige Differenz zu den Rechten nach Maßgabe der entworfenen Abschlussvereinbarung. Diese Belehrungspflichten entsprechen im Wesentlichen denjenigen Belehrungspflichten, welche den Rechtsanwalt auch bei dem Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs oder eines Prozessvergleichs treffen würden.1761 10. Unbeschadet der Belehrungspflichten lässt sich fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Rechtsanwalt verpflichtet ist, von dem Abschluss der entworfenen Abschlussvereinbarung abzuraten. Nach der hier entwickelten Lösung ist der Rechtsanwalt regelmäßig nicht verpflichtet von der Abschlussvereinbarung abzuraten, bloß weil diese – wie wohl häufig – rechtlich nachteilig ist. Denn die bis dahin erfolgreiche Durchführung der Mediation begründet eine tatsächliche Vermutung, dass der rechtliche Nachteil der Abschlussvereinbarung durch einen außerrechtlichen Vorteil des Mandanten kompensiert wird. Diese Regel gilt jedoch nicht, falls im Einzelfall eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten zu besorgen ist. Wann eine derartige Unangemessenheit vorliegt, bedürfte einer weitergehenden Untersuchung. Jedoch steht es dem Rechtsanwalt frei, eine entsprechende negative Empfehlung zu erteilen, wenn er dies für opportun hält.1762 11. Schließlich dürfte der Rechtsanwalt verpflichtet sein, seinen Mandanten ausschließlich in Unterbrechungen bzw. Pausen der Mediation zu belehren und zu beraten, um keine Schwächen der Sach- oder Rechtslage der anderen Partei gegenüber zu eröffnen.1763 12. Im Hinblick auf eine außergerichtliche Mediation auf Vorschlag des Prozessgerichts gemäß § 278a ZPO ergeben sich keine nennenswert abweichenden Pflichten.1764 13. Eine Mediation durch einen Güterichter im Sinne des § 278 Abs. 5 ZPO muss in wesentlichen Teilen nicht durch vertragliche Vereinbarungen der Parteien geregelt werden, so dass die Pflichten des Rechtsanwalts insoweit entfallen. Im Übrigen und damit insbesondere im Hinblick auf die vertragliche Sicherstellung der Vertraulichkeit, den Verlauf der Mediation sowie der Abschlussvereinbarung ergeben sich aber grundsätzlich dieselben Pflichten, wie zu der außergerichtlichen Mediation gemäß § 1 MediationsG ausgeführt.1765

1761 1762 1763 1764 1765

Oben § Oben § Oben § Oben § Oben §

24 III. 4. b) (1) (S. 289 ff.). 24 III. 4. b) (2) (S. 291 ff.). 24 III. 4. b) (3) (S. 295 f.). 25 (S. 296 f.). 26 (S. 298 ff.).

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Sachverzeichnis Abschlussvereinbarung 167 – Entwurf 168 – Hinweis auf externe Beratung 173 – Informationspflichten 170 – Kenntnis der Sachlage 171 – Verständnis des Inhalts 172 Adjudikation 38 Aktives Zuhören 153 Alternative Dispute Resolution 34 Alternative Konfliktlösung 34 Alvise Contarini 55 Anker 76 Anwaltsmediator 50 Attributionelle Verzerrungen 70 Ausschlussfristen 242 Austrägalverfahren 56 Basar-Ritual 77 Bastille-Entscheidungen 178 Beschränktes Mandat 188 – Beweislast 190 – Darlegungslast 190 – Schutzpflichten 188 Camp David 66 Collaborative Law 38 Collaborative Practices siehe Collaborative Law Cooperative Practices siehe Collaborative Law Culpa in contrahendo durch Missbrauch der Mediation 265 Dauer, Vergleich Mediation / Prozess 256 Defizitäre Urteilsheuristik 71

Early Neutral Evaluation 37 Ein-Text-Verfahren 166 Entrechtlichung durch Mediation 233 Eskalationsstufen 78 Evaluation 147, 166 Fragetechniken 155 Gebot des sichersten Weges 209 Gerichtsinterne Mediation – Gesetzgebungsverfahren 45 – Kontroverse 44 Güterichter – Ablehnbarkeit 118 – Ausschluss 118 – Beauftragter Richter 117 – Dienstrecht 118 – Entscheidungen 135 – Ersuchter Richter 117 – Geschäftsverteilungsplan 116 – Gesetzesbindung 118 – Gesetzlicher Richter 115 – Informationspflichten 143 – Prozessakten 143 – Rechtliches Gehör 124 – Rechtsprechung, G. als Teil der 115 – Rechtsstellung 115 – Verfahren vor dem 122 – Verschwiegenheit 126 – Verweisung, Verfahren der 120 – Vorbereitung Mediation 143 – Zustimmung der Parteien 121 Güteverfahren – 2. KriegsmaßnahmenVO (1944) 62 – CPO (1877) 58 – Emminger Novelle (1924) 60

Sachverzeichnis – EntlastungsVO (1915) 59 – Vereinfachungsnovelle (1976) 62 Haftung des Rechtsanwalts 176 – Zuständiger Zivilsenat 176 Harvard-Konzept 80 – Grenzen 87 – Interessen 81 – Neutrale Verteilungskriterien 85 – Sach- und Beziehungsebene 83 – Wertschöpfung 84 Harvard Negotiation Project 66 Herr des Verfahrens – Mediator als 100 – Parteien als 100 Honorar des Mediators 256 Kausalität, haftungsausfüllende 225 Klagbarkeit, Ausschluss der 96 Klageerwiderung, Angaben in der 240 Klageschrift, Angaben in der 239 Klageverzicht, dilatorischer 96 Kognitive Dissonanz 70 Kommunikation, gestörte 72 Kommunikationsregeln 150 Komplexität, soziale 74 Komplexitätszunahme 73 Konflikt – Begriff 228 – Rolle des Rechts 228 – Theorie 68 Konfliktverhalten, ineffizientes 69 Kosten der Mediation 245 – Rechtsschutzversicherung 249 Kosten, Vergleich Mediation / Prozess 256 Kuchen, Vergrößerung des 162 Legaldefinition Mediation – Neutralität 32 – Unabhängigkeit 32 – Vertraulichkeit 31

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Med-Arb 37 Mediation – Ablauf 137 – Abschlussvereinbarung 167 – Ausforschung 260 – Begriffsgeschichte 25 – Bestandsaufnahme 151 – Definition 33 – Dritte, Teilnahme von 146 – Eignung des Konflikts für M. 252 – Einzelgespräche 144 – Einzelgespräche, Vertraulichkeit der 145 – Eröffnungserklärungen 151 – Evaluation, Zulässigkeit der 147, 166 – Freiwilligkeit 141 – Gegenstand des Mandats 236 – Geschichte 52 – im engeren Sinne 31 – im materiellen Sinne 34 – im weiteren Sinne 34 – Interessen, Erforschen der 156 – Kommunikationsregeln 150 – Kommunikative Techniken 153 – Legaldefinition MediationsG 28 – Legaldefinition MediationsRL 27 – Mandat 236 – Mandat, unbeschränktes 237 – Missbrauch 258 – Missbrauch durch Mandanten 264 – Optionen 161 – Optionen, Bewertung der 164 – Optionen, Erarbeitung der 162 – Phasen 143 – Recht der M. 230 – Recht in der M. 231 – Rechtsbeziehungen 89 – Rechtsferne 40 – Rechtsgrundlagen 88 – Rechtsschutzversicherung 249 – Vereinbarung ad hoc 95 – Verhältnis zum Recht 230

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Sachverzeichnis

– Verpflichtung zur M. 262 – Verschleppungsabsicht 259 – Vorbereitung 138 Mediation gem. § 278 Abs. 5 ZPO – Abschluss, erfolglos 130 – Abschluss, erfolgreich 131 – Anerkenntnis 134 – Anwaltszwang 124 – Entscheidungen des Güterichters 135 – Erledigung der Hauptsache 134 – Klagerücknahme 133 – Materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte 131 – Öffentlichkeit 123 – Prozesshandlungen 132 – Prozessvergleich 132 – Rechtsgrundlagen 114 – Verschwiegenheit des Güterichters 126 – Vertraulichkeit von Unterlagen 128 – Verzicht 134 – Vorbereitung 143 Mediation gem. § 278a ZPO – Ermessen des Gerichts 112 – Fristen, M. und 113 – Kosten 114 – Rechtsgrundlagen 110 – Verjährung, M. und 113 – Vorschlag, Protokollierung des 113 – Vorschlagsrecht des Gerichts 111 Mediationsabrede siehe Mediationsvereinbarung Mediationsakte des Güterichters 128 Mediationseignung des Konflikts 252 MediationsG, Kontroverse Gerichtsinterne M. 44 Mediationsklausel 92, 270 – AGB 93 – AGB, M. und 271 – Formpflicht 93 – Rechtsfolge 94 – Regelungsgehalt 93 – Verhandlungspflichten 95 – Verweis auf Verfahrensordnung 93

Mediationsvereinbarung 89 – ad hoc 95 – Aufrechnung 98 – Ausschlussfrist 97 – Inhalt 90 – Klagbarkeit 90 – Kosten, Verteilung der 98 – Materiell-rechtliche Regelungen 97 – Rechtsnatur 90 – Schadensersatz 90 – Stundung 98 – Verjährung 97 – Vertragstyp 91 Mediationsvereinbarung ad hoc 272 Mediator – Informationspflichten 140, 170 – Kommunikative Techniken 153 – Offenbarungspflichten 149 – Tätigkeitsverbot 138 Mediatorvertrag 98, 273 – Inhalt 99 – Rechtsnatur 100 – Vertragstyp 100 Missbrauch der Mediation 258 – Strafrechtliche Risiken 264 – Zivilrechtliche Risiken 265 Nullsummenspiel, Verhandlung als 76 Ombudsmanns siehe Ombudsverfahren Ombudsverfahren 36 Pactum de non petendo 96 Parteianwalt 50 Personifizierung 74 Pessimistische Antizipation 74 Pflichten des Rechtsanwalts – Abraten von Abschlussvereinbarung 291 – Abraten von der Mediation 249, 252 – Abraten von Offenlegung 275 – Außerrechtliche Umstände 207

Sachverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Aufklärung Sachverhalt 190 Aufklärung über Mediation 241 Belehrung 202 Belehrung, Art und Weise 207 Belehrung bei Vergleich 215 Belehrung, Eindringlichkeit 207 Belehrung über Abschlussvereinbarung 289 Belehrung über außerrechtliche Umstände 207 Belehrung über die Mediation 238 Belehrung über wirtschaftliche Umstände 207 Belehrungsbedürftigkeit 205 Beratung 202 Beratung, ungesetzliche 210 Beratung, unlautere 210 Beratung, zweckmäßige 211 Beweismittel 194 Einseitigkeit, strenge 185 Empfehlung der Mediation 249 Entwurf Abschlussvereinbarung 287 Erarbeitung der Optionen 282 Ermittlungspflicht 193 Gebot des sichersten Weges 209 Hinweis auf Mediation 239 Informationen des Mandanten 191 Klageschrift, Angaben in der 239 Literatur, rechtswissenschaftliche 200 Mediation gem. § 278 Abs. 5 ZPO 298 Mediation gem. § 278a ZPO 296 Mediationsklausel 270 Mediatorvertrag 273 Missbrauch der Mediation 264 Nachfragen bei Mandanten 192 Phasen 1–3 280 Phase 4 282 Phase 5 287 Rechtsgrundlagen 177 Rechtsgrundlagen, berufsrechtliche 178 Rechtsgrundlagen, gesetzliche 177

– – – –

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Rechtsgrundlagen, vertragliche 179 Rechtsnormen 196 Rechtsprechung der Untergerichte 199 Rechtsprechung, höchstrichterliche 197 – Rechtsprüfung 195, 202 – Verfahrensregeln 273 – Vergleich, Belehrung über 215 – Vergleich, Gestaltung des 221 – Vergleich, Rat zu oder gegen 218 – Vergleiche 212 – Verhandlungsführung, P. zur 214 – Verlauf, im V. der Mediation 277 – Verpflichtung zur Mediation 262 – Vertragliche Gestaltung der Mediation 266 – Vertrauen auf Angaben des Mandanten 193 – Vorbereitung des Mandanten 274 – Vorfeld, im V. der Mediation 237 – Zuraten zu Abschlussvereinbarung 291 – Zuraten zu der Mediation 249 – Zuraten zur Mediation 262 Pflichtwidrigkeit, objektive 222 Phasenmodell der Eskalation 77 Prozessverträge – Verfügungsverträge 107 – Verpflichtungsverträge 107 Reaktive Abwertung 71 Recht der Mediation 230 Recht in der Mediation 231 Rechtsanwalt – Berufsrecht 178 – Rechtsbindung 40 Rechtsanwaltsvertrag 180 – Beschränktes Mandat 188 – Dienstvertrag 181 – Geschäftsbesorgung 181 – Mandatsinhalt 185 – Mandatsumfang 185 – Unbeschränktes Mandat 186

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Sachverzeichnis

– Vertragstyp 180 – Werkvertrag 182 Rechtsschutzversicherung 249 Risiken der Mediation 241 – Ausforschung 260 – Ausschlussfristen 242 – Kosten 245 – Missbrauch 258 – Verjährung 242 – Verschleppungsabsicht 259 – Vertraulichkeit 243 Schaden 225 Schatten des Rechts 231 Schiedsgutachten 35 Schiedsverfahren 34 Schlichten statt Richten 63 Schlichtung 35 Self-fulfilling prophecy 70 Sicherster Weg 209 Sittenwidrige Schädigung durch Missbrauch der Mediation 265 Solon 53 Stufen der Eskalation 78 Täter-Opfer-Ausgleich 50 Transactio 54 Über-Simplifizierung 73 Überoptimismus 70 Unbeschränktes Mandat 186 – (Einzel-)Weisung 189 Ungleichheit, strukturelle 254 Unterlegenheit, strukturelle 254 Untersuchungsfrage 42 – Negative Abgrenzung 43 Verbraucherschutz und Mediation 49 Verfahrensregeln 101 – Abschluss 102

– Gegenstand 101, 102 – Notwendigkeit 101 – Vertragsparteien 102 Verfahrensregeln der Mediation 273 Vergleiche, Rechtstatsachen zu V. 213 Verhandeln, intuitives 75 Verjährung 242 Verlustangst 71 Verschulden 224 Verschwiegenheitspflicht 103 – § 4 MediationsG 103 – Art. 7 MediationsRL 103 – Beweisverwertungsverbot 104 – Materiell-rechtliche V. 103 – Zeugnisverweigerungsrecht 103 Vertraulichkeit – externe 103 – interne 103 – Vereinbarungen über 102 Vertraulichkeitsvereinbarung 104 – Beweiserhebung von Amts wegen 109 – Beweismittel, Beschränkung der 108 – Fruit of the poisenous tree 110 – Konkludente V. 105 – Notwendigkeit 104 – Rechtsfolgen 106 – Schadensersatz 106 – Spurenansatz 110 – Umfang der Vertraulichkeit 105 – Verfahrensrechtliche Rechtsfolgen 106 – Verletzung im Prozess 108 – Vortragsverbot 107 Vertretenmüssen 224 Visualisierung 155 Wergeld 54 Zivilrechtliche Streitigkeiten 48