Anleihebedingungen: Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle [1 ed.] 9783161545078, 9783161545085, 3161545079

Anleihen nehmen in der Unternehmensfinanzierung kapitalmarktorientierter Gesellschaften eine zunehmend bedeutende Rolle

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Anleihebedingungen: Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle [1 ed.]
 9783161545078, 9783161545085, 3161545079

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
§ 1. Thematische Einführung
A. Inhalt von Anleihebedingungen
I. Beschreibung der Leistung
II. Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger
1. Rechte der Schuldner
2. Gläubigerschutz durch covenants
III. Sonstige Bestimmungen
IV. Finanzinnovationen
1. Abschaffung vormals bestehender Innovationshemmnisse
a) Restliberalisierung
b) Emissionsfreiheit für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen
2. Motive für produktorientierte Finanzinnovationen
a) Motive der Emittenten
aa) Rechtliche Rahmenbedingungen
bb) Marktbedingte Motive
b) Motive der emissionsbegleitenden Institute
c) Prognose
3. Fokus auf Zahlungsverpflichtungen
4. Strukturierte Wertpapiere und ihre Elemente
B. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen
I. Grundsatzentscheidung in der Rechtssache Klöckner & Co. KGaA
1. Stellungnahme des OLG Düsseldorf
2. Grundlegende Aussagen des BGH
II. Inhaltskontrolle nicht nur von Genussscheinbedingungen
C. Ungewissheit über Maßstäbe der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
D. Ökonomische Auswirkungen der Rechtsunsicherheit
I. Risiko der Unwirksamkeit
1. Höhere Zinsbelastungen
2. Unerwartete Verbindlichkeiten und Liquiditätsabflüsse
a) Rechtmäßigkeit der Praxis
b) Wirtschaftliches Risiko
II. Praktische Bedeutung der Anleihefinanzierung
1. Wachsender Umfang der Anleihefinanzierung
2. Publikumsfinanzierung auch mittelständischer Unternehmen
a) Gründe für die Dominanz der Bankkredite
aa) Geringer Kapitalbedarf
bb) Befürchtung eines illiquiden Sekundärmarktes
b) Kreditklemme
aa) Entfallen der Anstaltslast
bb) Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Eigenmittelausstattung
c) Neue Handelssegmente für mittelständische Unternehmen
aa) LSE und Euronext Paris als Vorreiter
bb) Entwicklung im Inland
cc) Regulierung von KMU-Wachstumsmärkten
E. Aufgabenstellung
I. Vorgehen de lege lata
II. Ausblick de lege ferenda
Kapitel 1: Inhaltskontrolle
§ 2. Anleihebedingungen als AGB
A. Anleihebedingungen als Vertragsbedingungen
I. Skriptur als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung
1. Widerspruch zum System des geltenden Vertragsrechts
2. Aussage des historischen Gesetzgebers
a) Wortlaut, Wille des historischen Gesetzgebers
b) Bewertung der Argumente
aa) Regelung eines Ausnahmefalls
bb) Notwendigkeit der Einbeziehung von Rechtsscheinaspekten
cc) Vereinbarkeit des § 794 Abs. 1 BGB mit der Vertragstheorie
(1) Von § 794 Abs. 1 BGB erfasste Konstellationen
(a) Bedeutung des § 794 Abs. 1 BGB unter Anwendung der Kreationstheorie
(b) Bedeutung des § 794 Abs. 1 BGB unter Anwendung der Vertragstheorie
(2) Bedeutung des § 794 Abs. 1 BGB für den gutgläubigen Erwerb
(a) Unterschriebene Urkunde als Rechtsscheinträger, Zurechnung
(b) Redlichkeit des Erwerbers
(c) Unerheblichkeit der Art und Weise des Inverkehrgelangens
3. Forderung gegen sich selbst
4. Ausstellung durch Vertreter ohne Vertretungsmacht
II. Begebungsvertrag als Entstehungsgrund der verbrieften Forderung
III. Verhältnis von Skriptur und Begebungsvertrag
1. Inhaltliche Abstraktheit des Begebungsvertrags
2. Zusammenwirken von Skriptur und Begebungsvertrag
a) Anleihebedingungen im Rahmen der Skriptur
b) Schuldrechtliches Element des Begebungsvertrags
aa) Auslegung des Begebungsvertrags unter Heranziehung der Skriptur
bb) Beschränkung der Skriptur im Lichte des § 796 BGB
IV. Zwischenergebnis
B. Eigenemission
C. Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung
I. Rechtliche Ausgestaltung des Übernahmevertrags
II. Geschäftsbesorgungs- und Garantiekonsortium
III. Begebungskonsortien
D. Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung
I. Ablauf der Festübernahme
II. Vielzahl von Verträgen
1. Absicht der Mehrfachverwendung
2. Emissionskonsortium als einziger Vertragspartner
a) Rechtliche Natur eines Emissionskonsortiums
aa) Gesellschaft bürgerlichen Rechts
bb) Abweichende Musterverträge der ISMA
b) Verschiedene Arten der Anleihebegebung
aa) Emissionen auf Grundlage eines Angebotsprogramms
bb) Stand-alone-Anleihen
3. Globalverbriefung
III. Emittent als Verwender der Anleihebedingungen
1. Begründung der ablehnenden Ansicht
a) Verhältnis zwischen Emittent und Emissionskonsortium
b) Verhältnis zwischen Konsorten und Anlegerpublikum
aa) Kein Stellen durch die Konsorten
bb) Keine Zurechnung an den Emittenten
2. Praktische Abläufe bei der Gestaltung von Anleihebedingungen
a) Emissionen im Rahmen von Angebotsprogrammen
b) Emissionen außerhalb von Angebotsprogrammen
aa) Rechte der Emittenten
bb) Rechte der Konsorten
3. Zurechnung der Anleihebedingungen an den Emittenten
a) Normative Grundlagen der ablehnenden Ansicht
b) Teleologisches Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Stellen“
c) Zurechnungskriterium in Mehr-Personen-Verhältnissen
aa) Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht
bb) Anwendung des Kriteriums durch die Rechtsprechung
cc) Anwendung auf die mittelbare Platzierung von Schuldverschreibungen
E. Ergebnisse
§ 3. Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen
A. Keine Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts
I. Restriktive Auslegung der Bereichsausnahme nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
1. Gründe für die Bereichsausnahme
2. Beschränkung auf materielle Satzungsbestandteile
II. Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern
1. Herkömmliche und aktienähnliche Schuldverschreibungen
2. Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen
a) Keine mitgliedschaftlichen Rechte vor Ausübung des Umtausch- bzw. Optionsrechts
b) Keine andere Beurteilung bei Anwartschaftsrechten
3. Genussrechte
a) Rechtsnatur obligationsähnlicher Genussrechte
b) Aktienähnliche Genussrechte
aa) Keine Qualifikation als stille Gesellschaften
(1) Gemeinsamer Zweck
(a) Abgrenzung vom partiarischen Darlehen
(b) Indizwirkung der Verlustbeteiligung und Unterscheidung im Aktien- und Ertragsteuerrecht
(2) Erwerbsvorgang
bb) Inhaltskontrolle auch bei Qualifikation als stille Gesellschaft
III. Rechtsbeziehung der Anleihegläubiger untereinander
1. Rechtslage kraft Gesetzes
2. Möglichkeit der privatautonomen Gesellschaftsgründung
a) Société des obligataires im französischen Recht
aa) Gesellschaftsvertrag
bb) Gemeinsamer Zweck
b) Möglichkeit vergleichbarer Gestaltungen im deutschen Recht
aa) Kerngehalt der gesellschaftsrechtlichen Regelungen
bb) Innengesellschaft der Treugeber einer Publikumsgesellschaft
cc) Rechtsbindungswille
dd) Ausschluss alternativer Gläubigerkoordinationen durch § 4 Satz 1 SchVG
(1) Regelungsgehalt des § 4 Satz 1 SchVG
(2) Gesellschaft zur Koordination der Gläubigerinteressen
ee) Keine Anwendung der Bereichsausnahme nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
B. Begründungsansätze für eine entsprechende Anwendung von § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
I. Voraussetzungen der Rechtsfortbildung
II. Keine ausreichende Vergleichbarkeit mit dem Aktienrecht
1. Vergleichbare Regelungsmethodik im Aktien- und Schuldverschreibungsrecht
2. Differenzierte Betrachtung
a) Organisationsrechtlicher Gehalt des SchVG
b) Rudimentäre Vorgabe für den Inhalt von Anleihebedingungen
III. Kapitalmarktrechtlicher Lösungsansatz
1. Spezialität der Aufklärungs-, Beratungs- und Prospektvorschriften
2. Bedürfnis für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle trotz bestehender Publizitätspflichten
a) Bewertung der Gesetzesmaterialien
b) Nur Schutz vor „unseriösen“ Emissionen
aa) Bonitätsprüfung der Emittenten im Genehmigungsverfahren
(1) Körperschaften des öffentlichen Rechts und Kreditinstitute
(2) Industrieunternehmen
bb) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen unter Geltung der präventiven Emissionsverbote
(1) Wille des Gesetzgebers
(2) Genehmigungspraxis
cc) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen im Prospektbilligungs- oder Börsenzulassungsverfahren
(1) Prüfungsumfang bei der Billigung des Wertpapierprospekts
(2) Prüfungsumfang bei der Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt
c) Funktionales Äquivalent zur Einbeziehungskontrolle
aa) Schutzzweck der Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB
bb) Funktionale Reduktion bei der Einbeziehung von Anleihebedingungen
(1) Individuelle Aushändigung der Anleihebedingungen
(2) Rechtsunsicherheit für Zweiterwerber
(3) Gefährdung der Fungibilität von Teilschuldverschreibungen derselben Emission
cc) Zielrichtung der Publizitätspflichten
IV. Gefährdung der Fungibilität der Wertpapiere
1. Beeinträchtigung der Fungibilität durch die Rechtskrafterstreckung
a) Keine materiell-rechtliche Wirkung der Rechtskraft
b) Auswirkung der Rechtskrafterstreckung
aa) Unwirksamkeit kraft Gesetzes bei objektiv richtigen Urteilen
bb) Objektiv unrichtige Urteile und Rechtskrafterstreckung
2. Delisting
a) Reguläres Delisting
b) Zwangsdelisting
aa) Ungewissheit über die objektive Unrichtigkeit der rechtskräftigen Feststellung
bb) Ermessensentscheidung
(1) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(2) Anonymität des modernen Effektengiroverkehrs
(a) Transaktionsablauf
(b) Grenzpreis
cc) Reaktionsmöglichkeit des Emittenten
(1) Tranche 1: Unwirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen
(2) Tranche 2: Wirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen
C. Keine teleologische Reduktion von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB trotz effektiven Klauselwettbewerbs
I. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle als Instrument zur Kompensation des Marktversagens
1. Partielles Marktversagen als Geltungsgrund der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
2. Behauptung einer effektiven Marktkontrolle in Bezug auf Anleihebedingungen
a) Kontrolltätigkeit institutioneller Investoren
b) Beschränkter Nutzen für Privatanleger
3. Modifikation des Preisarguments
a) Preisargument
aa) Zivilrechtliche Generalklauseln
bb) Sekundäres Unionsrecht und Entwurf des AGBG
cc) Rechtsprechung des BGH
dd) Grundsätzliche Einwände gegen das Preisargument
b) Modifikationen in Bezug auf Anleihebedingungen
c) Schwäche des Preisarguments
aa) Preisbestimmung mittels des Bookbuilding-Verfahrens
bb) Berücksichtigung einzelner Anleihebedingungen bei der Preisbestimmung
(1) Vorgehen bei der Bewertung von Anleihen
(2) Vertraglich fixierte Zinsen
(a) Empirische Untersuchungen
(b) Uneinigkeit über den Einfluss von Anleihebedingungen auf den Marktpreis
(3) Variable Zinsen
(4) Kausalität der unangemessenen Benachteiligung
II. Individualschutz als weiterer Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
1. Begründungsansätze für den Schutz der Vertragspartner der Verwender
a) Persönliche und situative Unterlegenheit
aa) Unterwerfungswille als terminologisches Relikt
bb) Abkehr von dem Terminus der Unterwerfung
b) Einseitiges Ausnutzen der Vertragsgestaltungsfreiheit
aa) Formulierung der ständigen Rechtsprechung und Präzisierung des Schutzzwecks
bb) Funktionale Legitimation des Schutzzwecks
cc) Unterschiede zu einseitigen Individualvereinbarungen
2. Verhältnis der Schutzzwecke zueinander
a) Ausweichmöglichkeiten und effektiver Klauselwettbewerb
b) Ökonomische Restriktionen bei der einseitigen Vertragsgestaltung
c) Zwischenergebnis
III. Teleologische Reduktion bei mehreren Schutzzwecken
D. Keine Bereichsausnahme im SchVG
I. Regelung im SchVÄndG-DiskE
1. Regelungsgehalt von § 795 Abs. 2 BGB-DiskE
2. Gründe für die gesetzgeberische Zurückhaltung
3. Vorgaben der Klausel-RL
a) Anwendungsbereich der Klausel-RL
aa) ErwGr 10 Klausel-RL
bb) Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts
(1) Anhang der Klausel-RL
(a) Einschränkung der anwendbaren Klauselverbote
(b) Umsetzung im deutschen Recht
(2) Änderungsantrag im Rahmen der Vorarbeiten für die Verbraucher-RL
b) Vermeintlicher Wettbewerbsnachteil des Finanzplatzes Deutschland
II. Keine Beschränkung auf die Transparenzkontrolle
E. Keine umfassende Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB
I. Fehlen rechtsnormativer Vorgaben
1. Unterscheidung zwischen Treu und Glauben und rechtsnormativen Vorgaben
2. Restriktive Auslegung von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB
a) Begriff der Rechtsvorschrift
b) Gebote von Treu und Glauben als Bestandteile des objektiven Rechts
II. Anleihebedingungen als Leistungsbeschreibungen
1. Vertragsbezogener Ansatz bei Rechtsprodukten
a) Versicherungsbedingungen
b) Bedingungen einer selbstständigen Herstellergarantie
c) Legitimation durch § 306 Abs. 2 BGB
d) Einzelne kontrollfreie Bestimmungen
2. Modifikation des Chance-Risiko-Profils
a) Wertungen des § 306 Abs. 2 BGB
b) Unbeachtlicher Irrtum
F. Ergebnisse
Kapitel 2: Leitbilder
§ 4. Verbriefung des Leistungsversprechens
A. Unterscheidung von Verbriefung und Leistungsversprechen
I. Zweck der Verbriefung
1. Gefahren für den Zessionar
a) Nichtberechtigter Zedent
b) Schuldnerschutz zulasten des Zessionars
2. Schutz des Zessionars durch Verbriefung
a) Monopolisierung und Liberation
b) Gutgläubiger Erwerb der verbrieften Forderung
aa) Übertragung des Wertpapiers
bb) Abtretung der verbrieften Forderung
II. Keine Funktionseinbuße durch das Giroeffektenwesen
1. Rationalisierung des Wertpapierwesens
a) Dauerglobalurkunde
b) Girosammelverwahrung
2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens
a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren
b) Beschränkung des Leistungsanspruchs im Erkenntnisverfahren
3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs im Effektengiroverkehr
a) Vollzug des Rechtserwerbs vom Berechtigten
aa) Besitzlage bei der Girosammelverwahrung
bb) Besitzumstellung und Publizität
cc) Mittelbarer Besitz des Erwerbers
dd) Besonderheit bei Dauerglobalurkunden
b) Erwerb des verbrieften Rechts vom Nichtberechtigten
aa) Miteigentum und Mitbesitz an beweglichen Sachen
bb) Miteigentum und Mitbesitz an Sammelurkunden
(1) Rechtsfortbildung
(a) Verordnungen über Reichsschuldbuchforderungen
(b) Keine Änderung durch das BSchuWG
(2) Besitzverschaffungsmacht
III. Einführung elektronischer Wertpapiere
1. Begebung von Schuldverschreibungen ohne Ausstellung einer Papierurkunde
a) Einführung einer besonderen Begebungsform
b) Kryptowertpapiere als Sonderform
2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens
a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren
b) Nachweis der Weisung zur Umtragung der Schuldverschreibung auf den Emittenten
3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs
a) Einzeleintragung
b) Sammeleintragung
B. Leistungsversprechen
I. Schuldverschreibungen als abstrakte Wertpapiere
1. Kausale Wertpapiere
2. Abstrakte Wertpapiere
a) Grundsatz der Abstraktion
b) Einrede der Bereicherung
c) Auswirkung dilatorischer Einreden aus dem Grundverhältnis
d) Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Zustandekommens des Grundverhältnisses
3. Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen
a) Schicksal der Charakteristika abstrakter Verbriefung bei Effekten
aa) Schicksal des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs
bb) Schicksal der Einrede der Bereicherung
cc) Schicksal dilatorischer Einreden
b) Erweiterung der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit
aa) Kein Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle bei abstrakter Verbriefung von Genussrechten
bb) Beispiele für Einschränkungen der Privatautonomie bei kausaler Verbriefung
(1) Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 BGB
(2) Informations- und Kontrollrechte bei aktienähnlichen Genussrechten
(a) Identität der Mitgesellschafter
(b) Allgemeines Informationsrecht entsprechend § 131 AktG
II. Typologische Farblosigkeit des Leistungsversprechens
1. Spezifisch wertpapierrechtlicher Einwendungsausschluss
2. Typusbestimmte und typuslose Wertpapiere kraft Gesetzes
3. Gestaltung bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen
III. Kondiktionsfestigkeit des Ersterwerbs
1. Rechtlicher Grund
2. Ersterwerb aufgrund eines Kaufvertrags
a) Darlehenstheorie
aa) Wertende Bedenken
bb) Konstruktive Bedenken
b) Zweckbestimmung vor dem Zustandekommen des Kaufvertrags
C. Ergebnisse
§ 5. Quelle der Leitbilder
A. Einzelne Leitbilder des SchVG
I. Gleichbehandlung der Anleihegläubiger
1. Änderung der Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung
2. Bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern
II. Kündigung der Schuldverschreibung
1. Kündigungsrecht einzelner Anleihegläubiger
a) Grundlage des Kündigungsrechts
aa) Keine Anwendung von § 490 Abs. 1 BGB
bb) Schuldversprechen als Dauerschuldverhältnis
b) Keine Vorgaben für die Ausgestaltung des Kündigungsrechts
aa) § 795 Satz 1 BGB-DiskE
bb) § 22 Abs. 1, 2 SchVG-RefE
2. Kollektivkündigung (§ 5 Abs. 5 SchVG)
a) Vorbehalt der einheitlichen Kündigung durch mehrere Anleihegläubiger
b) Rücknahme der Kollektivkündigung
III. Umschuldungsklauseln
1. Zulassung von Umschuldungsklauseln
a) Internationale Entwicklung
b) Reform des deutschen Schuldverschreibungsrechts
2. Vorgaben für die Ausgestaltung von Umschuldungsklauseln
a) Disenfranchisement clause
b) Verbindungsklauseln
aa) Rationale Apathie
bb) Gestaltungsvarianten
(1) Doppeltes Mehrheitserfordernis
(2) Einfaches Mehrheitserfordernis
cc) Reformüberlegungen
(1) Legislative Vorbilder
(a) Obstruktionsverbote im Insolvenz- und Restrukturierungsplanverfahren
(b) Vom Bund begebene Schuldverschreibungen
(2) Ergänzung des SchVG
B. Anwendung der besonderen Klauselverbote
I. Gespaltener Prüfungsmaßstab des AGB-Rechts
1. BGH NJW-RR 2009, 1641
a) Im Verkehr mit Verbrauchern
b) Im unternehmerischen Verkehr
c) Gespaltener Prüfungsmaßstab nach individueller Schutzbedürftigkeit
2. OLG Frankfurt WM 1993, 2089
3. Literatur
II. Regelung im SchVÄndG-DiskE
1. Regelungsgehalt des § 795 Abs. 2 BGB-DiskE
2. Ausschluss der besonderen Klauselverbote
3. Besondere Generalklausel für Anleihebedingungen
a) Begründung des SchVÄndG-DiskE
b) Vorteile einer besonderen Generalklausel
III. Notwendigkeit eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs
1. Fortfall der Fungibilität der Schuldverschreibung
a) Anforderungen an die Fungibilität von Schuldverschreibungen
b) Auswirkungen des gespaltenen Prüfungsmaßstabs auf den Inhalt der Anleihebedingungen
aa) Ergebnisrelevanz des gespaltenen Prüfungsmaßstabs
bb) Übertragung der Teilschuldverschreibungen
c) Fortfall der Fungibilität und deren Folgen
aa) Börsenhandel
(1) Regulierter Markt
(a) Zulassung zum Börsenhandel
(b) Aussetzung des Handels und Widerruf der Zulassung zum Handel
(2) Freiverkehr
bb) Restrukturierung nach dem SchVG
2. Konflikte durch den gespaltenen Prüfungsmaßstab
a) Keine Inhaltsänderung des Rechts durch derivativen Erwerb
b) Objektive und einheitliche Auslegung von Anleihebedingungen
IV. Verwirklichung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs
1. Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Klausel-RL
2. Umkehrschluss zu § 10 Abs. 5 Satz 1, 2 KWG und § 17 Abs. 5 Satz 1, 2 WpIG
3. AGB-rechtliche Schutzlücke
a) Finanzierungsleasing
aa) Entstehung der AGB-rechtlichen Schutzlücke
bb) Anhebung des individuellen Schutzniveaus
b) Vergleichbare Interessenlage bei Anleiheemissionen
c) Dominanz institutioneller Anleger am Sekundärmarkt
4. Unsicherheit der Zweiterwerber über den Rechtsinhalt und Ausschluss der Fungibilität
5. Funktionale Reduktion von § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB
C. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel
I. Abwägung der berechtigten Interessen
II. Legislative Konkretisierungen
1. Leitbildcharakter des deutschen Rechts
2. Zwingendes Recht
a) Verstoß gegen zwingendes Recht
b) Zulässige Abweichungen vom zwingenden Recht
3. Wesentliche Grundgedanken des dispositiven Rechts
a) Abweichung von einer gesetzlichen Regelung
b) Unvereinbarkeit mit einem wesentlichen Grundgedanken
c) Umkehr der Begründungs- bzw. Argumentationslast
d) Keine Rechtfertigung durch den Vertragsschluss begleitende Umstände
aa) Verbrauchervertrag
bb) Keine Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände
cc) Vereinbarkeit mit Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL
D. Ergebnisse
§ 6. Einzelne Bestimmungen
A. Änderungsvorbehalte
I. Cash settlement bei herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen
1. Ablauf des Aktienerwerbs bei Wandelschuldverschreibungen
2. Inhalt der Anleihebedingungen
a) Umtausch- oder Bezugsrecht
b) Zeichnungs- oder Kaufvertrag
3. Zumutbarkeit
a) Vermutung der Unzumutbarkeit und Anforderungen an deren Entkräftung
b) Interessen des Verwenders
aa) Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung
bb) Verwässerungsschutz
c) Höhe der Barzahlung
II. Umgekehrte Wandelanleihen
1. Einordnung des Umtauschrechts
2. Zumutbarkeit
a) Wirtschaftliche Nachteile der Anleihegläubiger
b) Sanierungsinstrument auf Vorrat
c) Auswirkung der Änderung des § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016
B. Ersetzung des Anleiheschuldners
I. Motive für die Schuldnerersetzung
1. Änderung steuerlicher Rahmenbedingungen
2. Veränderungen im Konzern des Emittenten
II. Gestaltungsvarianten
1. Schuldübernahme mit antizipierter Zustimmung?
2. Indirekte Rechtsübertragung
a) Rechtliche Nachteile und Hindernisse in der praktischen Umsetzung
aa) Erneute Bestellung akzessorischer Sicherheiten
bb) Verlust des Wertpapiercharakters
cc) Vertraglicher Einwendungsausschluss und erneute Verbriefung
b) Unvereinbarkeit mit dem Leitbild der Zustimmungsbefugnis
III. Normatives Leitbild de lege lata
1. Keine Exklusivität der Änderungsverfahren nach § 4 Satz 1 SchVG
a) Regelungslücke
b) Sinn und Zweck der kollektiven Bindung
2. Benachteiligung der Anleihegläubiger und Kompensation
a) Keine Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 10 BGB
b) Unvereinbarkeit mit dem wesentlichen Grundgedanken der §§ 414, 415 BGB
c) Kompensation der Leitbildabweichung
aa) Rechtsprechung des BGH zur Vertragsübernahme
bb) Bonität des neuen Schuldners
cc) Selbstständige Garantie der Konzernmutter
(1) Vergleich mit der Ausgabe der Schuldverschreibung durch die Konzernmutter
(2) Wertung des § 418 Abs. 1 Satz 1, 3 BGB
dd) Verschmelzung als Alternative zur Schuldnerersetzung
(1) Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung
(2) Gläubigerschutz durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung
d) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
aa) Vereinbarkeit mit Anhang Nr. 1 Buchst. p Klausel-RL
bb) Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben
(1) Beeinträchtigung der Privatautonomie und des Eigentums
(2) Kündigungsrecht als angemessener Ausgleich
3. Skripturrechtlicher Vollzug
a) Sammelverwahrte Globalurkunden und elektronische Schuldverschreibungen
b) Effektive Stücke
IV. Kodifikation der Schuldnerersetzung
1. SchVÄndG-DiskE
2. Erweiterte Regelung in § 23 SchVG-RefE
a) Regelungsgehalt
aa) Ergänzung der materiellen Voraussetzungen
bb) Wirksamwerden der Schuldnerersetzung
cc) Informationspflichten
b) Schwächen des § 23 SchVG-RefE
aa) Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen auch bei gleichwertigen Vermögen
bb) Prozessuale Schwierigkeiten
cc) Unzureichende Information der Gläubiger
3. Ausblick de lege ferenda
a) Kodifikation der lex lata
b) Veränderung des Leitbilds
c) Zusätzliche Vereinbarungen zugunsten der Gläubiger
C. Ergebnisse
Kapitel 3: Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente
§ 7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente
A. Obligations- und aktienähnliche Genussrechte
I. Obligationsähnliche Genussrechte
II. Aktienähnliche Genussrechte
B. Anforderungen an die aktienähnliche Ausgestaltung von Kapitalinstrumenten
I. Teilnahme am Gewinn und Abwicklungserlös der Gesellschaft
1. Rechtsstellung der Aktionäre
2. Ertragsteuerliche Anforderungen an Genussrechte mit Beteiligungscharakter
a) Einkommensteuerrecht
aa) Ausschüttungen auf Genussrechte
bb) Veräußerung von Genussrechten
b) Körperschaftsteuerrecht
c) Anforderungen an die Ausgestaltung
aa) Beteiligung am Gewinn
bb) Beteiligung am Abwicklungserlös
3. Verallgemeinerungsfähigkeit der auf Genussrechte beschränkten Anforderungen
II. Teilnahme am Verlust der Gesellschaft
1. Rechtsstellung der Aktionäre
2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente
a) Eingezahltes Kapital
aa) Institutsaufsichtsrecht
bb) Versicherungsaufsichtsrecht
cc) Inhaltliche Ausgestaltung
(1) Begriff des Verlusts
(2) Umfang der Verlustbeteiligung
(3) Art und Weise der Verlustbeteiligung
b) Ausfall von Ausschüttungen
aa) Institutsaufsichtsrecht
bb) Versicherungsaufsichtsrecht
3. Wirtschaftspolitisch motivierte Ausnahmen im Aufsichtsrecht
a) Institutsaufsichtsrecht
b) Kleine Versicherungsunternehmen
III. Nachrangigkeit
1. Rechtsstellung der Aktionäre
2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente
a) Institutsaufsichtsrecht
b) Versicherungsaufsichtsrecht
3. Notwendigkeit der Kumulation von Verlustteilnahme und Nachrangigkeit
IV. Langfristigkeit der Kapitalüberlassung
1. Rechtsstellung der Aktionäre
2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Dauer der Kapitalüberlassung
a) Ursprungslaufzeit
aa) Institutsaufsichtsrecht
bb) Versicherungsaufsichtsrecht
b) Ergänzende Bestimmungen
aa) Institutsaufsichtsrecht
bb) Versicherungsaufsichtsrecht
cc) Zivilrechtliche Wirksamkeit entsprechender Gestaltungen
3. Exklusion aufsichtsrechtlicher Besonderheiten
a) Ausschluss der Kündigungsrechte der Gläubiger
b) Behördliche Zustimmung
C. Zulässigkeit aktienähnlicher Kapitalinstrumente
I. Eigenkapital ohne Mitgliedschaft
1. Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen
2. Finanzplanvereinbarung
3. Finanzplanähnliche Vereinbarung in Anleihebedingungen
II. Kein numerus clausus der Eigenkapitalinstrumente durch die Kapital-RL
1. Keine umfassende Regelung der Eigenkapitalfinanzierung
2. Widerspruch zu der personellen Schutzrichtung der Kapital-RL
a) Schutz der Aktionäre
b) Schutz der Gläubiger der AG
D. Ergebnisse
§ 8. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente
A. Besondere Schutzbedürftigkeit der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente
I. Bedeutung der mitgliedschaftlichen Mitverwaltungsrechte
II. Keine Mitverwaltungsrechte der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente
1. Stimmrecht
a) Grundsatz der Verbandssouveränität
b) Abspaltungsverbot
2. Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der Hauptversammlung
a) Doppelte Funktion des Anfechtungsrechts
b) Keine Anfechtungsbefugnis der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente
aa) Ausdehnung auf sämtliche Eigenkapitalgeber
(1) Unterschiedliche Rechte der Eigenkapitalgeber
(2) Keine Schutzlosigkeit der schuldvertraglichen Eigenkapitalgeber
bb) Vergleich mit den Inhabern stimmrechtsloser Vorzugsaktien
c) Abspaltungsverbot
3. Auskunfts- und Informationsrechte
III. Kompensationsmechanismen
1. Schadensersatz bei Pflichtverletzungen
2. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle am Maßstab aktienrechtlicher Normen und Grundsätze
3. Ausübungskontrolle
B. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
I. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze bei der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen
1. Haftung der Mitglieder eines gewillkürten Aufsichtsorgans
2. Formbedürftigkeit von Gründervereinbarungen
3. Veräußerungsoptionen
II. Methodische Grundlage
III. Grenzen des erweiterten Prüfungsmaßstabs
1. Keine bloße Transparenzkontrolle
2. Beschränkung auf vermögensrechtliche Normen und Grundsätze
C. Beispiele für die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen
I. Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs
1. Modalitäten der Wiederauffüllung als actus contrarius zu der Verlustteilnahme
a) Teilnahme an laufenden Verlusten
b) Verlustteilnahme nur bei Kapitalherabsetzung
2. Keine Pflicht zur Wiederauffüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung
3. Kein Ausschluss der Wiederauffüllung in den Anleihebedingungen
a) Rückzahlungsanspruch als Kapitalkonto
aa) Ausschüttungsverbot
bb) Verwendungsgebot
b) Verminderter Rückzahlungsanspruch infolge Kapitalherabsetzung
aa) Ausschüttungsverbot
bb) Verwendungsgebot
II. Ausgleich bei Eintritt in einen Vertragskonzern
1. Keine Verletzung einer Nebenpflicht des Begebungsvertrags
2. Kein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Kapitalinstrumente
3. Störung der Geschäftsgrundlage
4. Ausgleich oder Abfindung entsprechend den §§ 304, 305 AktG
a) Anderer Vertragsteil als Schuldner der Ausgleichszahlung
b) Abfindung als Alternative
5. Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen
D. Ergebnisse
Kapitel 4: Auslandsemissionen und Rechtsvergleich
§ 9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen
A. Umgehung räumlich begrenzter Emissionsverbote
B. Keine Umgehung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
I. Grundsatz der Rechtswahlfreiheit
1. Bereichsausnahme der Rom I-VO für handelbare Wertpapiere
2. Rechtsfolgen der Bereichsausnahme
II. Grenzen der Rechtswahlfreiheit
1. Sonderanknüpfung in Art. 46b Abs. 1 EGBGB
2. Ordre public
C. Vermeidung gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnungen
I. Hinzurechnung bei inländischen Organgesellschaften
1. Entgelt für Schulden
2. Kein Bankenprivileg für Konzernfinanzierungsgesellschaften
II. Nutzung einer ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft
III. Überlegungen de lege ferenda
D. Ergebnisse
§ 10. England
A. Grundlagen des englischen Schuldverschreibungsrechts
I. Regelungen im CA 2006
II. Dominanz von Sammelurkunden
III. Verwahrung und Übertragung
1. Kette von Treuhandverhältnissen
2. Übertragung durch Novation
IV. Anleihebedingungen
1. Anleihetreuhänder (trustee) und trust deed
2. Common service provider und deed poll
3. Inhaltliche Gestaltungsfreiheit
B. Rechtliche Grundlage der Inhaltskontrolle
I. Common law und equity
II. Statutory law
1. Inhaltskontrolle durch die Gerichte
a) UCTA
b) UTCCR
aa) Inhaltskontrolle
bb) Erstreckung der Inhaltskontrolle auf Anleihebedingungen
2. Inhaltskontrolle durch den Financial Ombudsman Service
C. Entscheidungen englischer Gerichte
I. Collective action clauses
1. Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd
2. Problemstellung
3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division
II. Nachrangklauseln
1. Re Maxwell Commc’n Corp. Plc
2. Pari-passu-Prinzip und abweichende Vereinbarungen
3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division
III. No-action clauses
1. Wesentlicher Regelungsgehalt von no-action clauses
2. Re Colt Telecom Group Plc
a) Insolvenzantrag als remedy i. S. d. no-action clause?
b) Kein Verstoß gegen den ordre public im englischen Recht
D. Ergebnisse
§ 11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York
A. Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc
I. Sachverhalt
II. Aus den tragenden Gründen
III. Obiter dictum zur gerichtlichen Inhaltskontrolle
1. Unconscionability-Doktrin
2. Keine contracts of adhesion
a) Kritik aus der Literatur
b) Überwiegende Zustimmung in der Literatur
3. Erwartungen der Marktteilnehmer an die Rechtssicherheit
B. Trust Indenture Act
I. Anleihetreuhänder
1. Funktion der Anleihetreuhänder
2. Missachtung der Anlegerinteressen als Ursache für den Börsencrash
3. Normative Vorgaben für die Rechtsstellung der Anleihetreuhänder
II. Verwaltungskontrolle der Vorgaben des TIA durch die SEC
C. Kein praktisches Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle
I. Anleihebedingungen als Bestandteil des Treuhandvertrags
II. Kein Einfluss der Anleihetreuhänder auf die Anleihebedingungen
1. Plain vanilla bonds
2. Gründe für die Standardisierung der Anleihebedingungen
a) Exklusive Kostenlast und universeller Ertrag
b) Gefahr von Bewertungsungenauigkeiten
c) Vergleichbarkeit der Schuldverschreibungen
D. Ergebnisse
Kapitel 5: Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle
§ 12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren
A. Reformvorschlag
I. Ergänzungen der Prospekt-VO
1. Antrag der Emittenten, Anbieter oder Zulassungsantragsteller
a) Antragsrecht
b) Pflicht zur Übermittlung der Anleihebedingungen
2. Billigung und Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle durch die Gerichte
a) Prüfungsmaßstab
b) Safe harbour
c) Publizität
d) Vorteile
3. Verfahren bei Beanstandung einzelner Anleihebedingungen
II. Kein Widerspruch zu Vorgaben der Klausel-RL
III. Keine Wiedereinführung der Emissionsverbote (§§ 795, 808a BGB a. F.)
1. Unterschiede zu den §§ 795, 808a BGB a. F
a) Keine Beschränkung der Emissionsfreiheit
b) Faktische Divergenz des Prüfungsumfangs
2. Praktische Auswirkungen
a) Keine Verzögerung der Emissionen
b) Personelle Ausstattung der zuständigen Behörde
B. Vereinbarkeit mit den Justizgrundrechten der EU
I. Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren
II. Kein Rechtsschutz der Anleger gegen die behördliche Billigung des Prospekts
1. Keine Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis der Anleihegläubiger
2. Keine Einschränkung des Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht
C. Ergebnisse
Ergebnisübersicht
I. Grundlagen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen
1. Anleihebedingungen als AGB
2. Keine Bereichsausnahme
II. Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen
1. Wertpapierrechtliche Implikationen
2. Einzelne Leitbilder des SchVG
3. Anwendung der besonderen Klauselverbote
4. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel
5. Beispiel: Änderungsvorbehalte bei Wandelschuldverschreibungen
6. Beispiel: Ersetzung des Anleiheschuldners
III. Besonderheiten bei aktienähnlichen Kapitalinstrumenten
1. Aktienähnliche Kapitalinstrumente
2. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente
IV. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen bei Auslandsemissionen
V. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen im Ausland
1. Rechtslage in England
2. Rechtslage in den U.S.A., insbesondere im U.S.-Bundesstaat New York
VI. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz AGB-rechtlicher Inhaltskontrolle
Literaturverzeichnis
Register

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JUS PRIVAT UM Beiträge zum Privatrecht Band 205

Timo Fest

Anleihebedingungen Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

Mohr Siebeck

Timo Fest, geboren 1980; Studium der Rechtswissenschaften in Hannover und München; 2006 Promotion in München; 2010 LL.M. (Pennsylvania); 2015 Habilitation in München; seit 2018 Univ.-Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. orcid.org/0000-0001-6091-0629

ISBN 978-3-16-154507-8 / eISBN 978-3-16-154508-5 DOI 10.1628/978-3-16-154508-5 ISSN 0940-9610 / eISSN 2568-8472 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Stempel Garamond gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Dem Andenken meiner Mutter Gisela Fest

Vorwort Anleihen nehmen in der Unternehmensfinanzierung kapitalmarktorientierter Gesellschaften eine zunehmend bedeutende Rolle ein. Den Anleihebedingungen kommt dabei die Aufgabe zu, die versprochene Leistung sowie die Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger zu beschreiben. Abseits der aktienrechtlichen Satzungsstrenge genießen die Emittenten bei der Ausgestaltung der Anleihebedingungen weitgehende Gestaltungsfreiheit. Diese wird jedoch durch die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle (§§  307 ff. BGB) eingeschränkt, die bei einer aktienähnlichen Ausgestaltung der Schuldverschreibung auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist. Die Arbeit nimmt die mit dieser Inhaltskontrolle einhergehende Rechtsunsicherheit zum Anlass, bestehende Leitbilder herauszuarbeiten und einen Reformvorschlag zur Stärkung der Rechtssicherheit und des Kapitalmarktstandorts Deutschland zu unterbreiten. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2015 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Habilitationsschrift angenommen. Die seither zahlreichen Änderungen im deutschen und europäischen Recht (z. B. Aktienrechtsnovelle 2016, CRR II, eWpG, IFD, IFR, Prospekt-VO, StaRUG, VAG-Novelle 2016, WpIG) gaben Anlass, den Text umfassend zu aktualisieren. Die Arbeit befindet sich nunmehr auf dem Stand vom 31.7.2021. Vereinzelt konnten Rechtsprechung und Literatur darüber hinaus in den Fußnoten berücksichtigt werden. Mein Dank gilt zuvörderst meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Johannes Hager. Als Mitarbeiter an seinem Münchener Lehrstuhl durfte ich aufgrund des gewährten Freiraums für die eigene wissenschaftliche Tätigkeit fachliche und persönliche Erfahrungen gewinnen. Seine stete Bereitschaft zum inhaltlichen Diskurs war und ist Vorbild für mich. Gleichfalls danke ich Herrn Professor Dr. Mathias Habersack für die zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Schön für seine ergänzende Stellungnahme. Die rechtsvergleichenden Ausführungen sind zu einem wesentlichen Teil während meines Forschungsaufenthalts an der New York University School of Law im Herbst 2013 entstanden. Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Schön, der den Aufenthalt vermittelt hat, sowie Herrn Professor Marcel Kahan, dessen Gast ich sein durfte, sei hierfür auch an dieser Stelle herzlich gedankt.

VIII

Vorwort

Der Stiftung Kapitalmarktrecht für den Finanzstandort Deutschland, dem Finanzplatz Hamburg e. V. sowie der Johanna und Fritz Buch GedächtnisStiftung danke ich für die Gewährung jeweils sehr großzügiger Zuschüsse für den Druck der Arbeit. Nicht zuletzt gilt mein Dank meinen Eltern, Gisela und Romuald, sowie meiner Frau, Maria. Ohne sie wäre die Arbeit jedenfalls nicht in der vorliegenden Form entstanden. Kiel, im Oktober 2021

Timo Fest

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 §  1. Thematische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Kapitel 1: Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 §  2. Anleihebedingungen als AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 §  3. Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . 72

Kapitel 2: Leitbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 §  4. Verbriefung des Leistungsversprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 §  5. Quelle der Leitbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 §  6. Einzelne Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Kapitel 3: Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . 325 §  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 §  8. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . . . . . . 368

Kapitel 4: Auslandsemissionen und Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . 411 §  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 §  10. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 §  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York . . . . 454

X

Inhaltsübersicht

Kapitel 5: Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle 473 §  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

Ergebnisübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV

Einleitung

§  1. Thematische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 A. Inhalt von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 I. Beschreibung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 II. Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger . . 3 1. Rechte der Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2. Gläubigerschutz durch covenants . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Sonstige Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 IV. Finanzinnovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1. Abschaffung vormals bestehender Innovationshemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Restliberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 b) Emissionsfreiheit für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Motive für produktorientierte Finanzinnovationen . . . 7 a) Motive der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 aa) Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . 7 bb) Marktbedingte Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 b) Motive der emissionsbegleitenden Institute . . . . . . . . . 8 c) Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3. Fokus auf Zahlungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . 9 4. Strukturierte Wertpapiere und ihre Elemente . . . . . . 9

B. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . 10 I. Grundsatzentscheidung in der Rechtssache Klöckner & Co. KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1. Stellungnahme des OLG Düsseldorf . . . . . . . . . . . . 10 2. Grundlegende Aussagen des BGH . . . . . . . . . . . . . 11 II. Inhaltskontrolle nicht nur von Genussscheinbedingungen 11

XII

Inhaltsverzeichnis

C. Ungewissheit über Maßstäbe der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 D. Ökonomische Auswirkungen der Rechtsunsicherheit . . . . . . 12 I. Risiko der Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Höhere Zinsbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Unerwartete Verbindlichkeiten und Liquiditätsabflüsse 14 a) Rechtmäßigkeit der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Wirtschaftliches Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. Praktische Bedeutung der Anleihefinanzierung . . . . . . . 16 1. Wachsender Umfang der Anleihefinanzierung . . . . . . 16

2. Publikumsfinanzierung auch mittelständischer Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Gründe für die Dominanz der Bankkredite . . . . . . . . 17 aa) Geringer Kapitalbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 bb) Befürchtung eines illiquiden Sekundärmarktes . . . . 17 b) Kreditklemme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 aa) Entfallen der Anstaltslast . . . . . . . . . . . . . . . . 18 bb) Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Eigenmittelausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 c) Neue Handelssegmente für mittelständische Unternehmen 20 aa) LSE und Euronext Paris als Vorreiter . . . . . . . . . 20 bb) Entwicklung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 cc) Regulierung von KMU-Wachstumsmärkten . . . . . 22

E. Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Vorgehen de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Ausblick de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Kapitel 1 Inhaltskontrolle

§  2. Anleihebedingungen als AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Anleihebedingungen als Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . 30 I. Skriptur als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Widerspruch zum System des geltenden Vertragsrechts 31 2. Aussage des historischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . 32 a) Wortlaut, Wille des historischen Gesetzgebers . . . . . . . 32 b) Bewertung der Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 aa) Regelung eines Ausnahmefalls . . . . . . . . . . . . . 33 bb) Notwendigkeit der Einbeziehung von Rechtsscheinaspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Inhaltsverzeichnis

XIII

cc) Vereinbarkeit des §  794 Abs.  1 BGB mit der Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 (1) Von §  794 Abs.  1 BGB erfasste Konstellationen . . 35 (a) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB unter Anwendung der Kreationstheorie . . . . . . . 35 (b) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB unter Anwendung der Vertragstheorie . . . . . . . . 35 (2) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB für den gutgläubigen Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 (a) Unterschriebene Urkunde als Rechtsscheinträger, Zurechnung . . . . . . . . . . . . 36 (b) Redlichkeit des Erwerbers . . . . . . . . . . . 37 (c) Unerheblichkeit der Art und Weise des Inverkehrgelangens . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Forderung gegen sich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Ausstellung durch Vertreter ohne Vertretungsmacht . . 38

II. Begebungsvertrag als Entstehungsgrund der verbrieften Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. Verhältnis von Skriptur und Begebungsvertrag . . . . . . . 40 1. Inhaltliche Abstraktheit des Begebungsvertrags . . . . . 40 2. Zusammenwirken von Skriptur und Begebungsvertrag 40 a) Anleihebedingungen im Rahmen der Skriptur . . . . . . . 40 b) Schuldrechtliches Element des Begebungsvertrags . . . . . 41 aa) Auslegung des Begebungsvertrags unter Heranziehung der Skriptur . . . . . . . . . . . . . . . 41 bb) Beschränkung der Skriptur im Lichte des §  796 BGB 42 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

B. Eigenemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 C. Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung . . . . . 44 I. Rechtliche Ausgestaltung des Übernahmevertrags . . . . . 45 II. Geschäftsbesorgungs- und Garantiekonsortium . . . . . . 47 III. Begebungskonsortien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 D. Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung . . . . . . 49 I. Ablauf der Festübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II. Vielzahl von Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Absicht der Mehrfachverwendung . . . . . . . . . . . . . 51 2. Emissionskonsortium als einziger Vertragspartner . . . 52 a) Rechtliche Natur eines Emissionskonsortiums . . . . . . . 52 aa) Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . 52 bb) Abweichende Musterverträge der ISMA . . . . . . . . 53 b) Verschiedene Arten der Anleihebegebung . . . . . . . . . 54 aa) Emissionen auf Grundlage eines Angebotsprogramms 54 bb) Stand-alone-Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Globalverbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

XIV

Inhaltsverzeichnis

III. Emittent als Verwender der Anleihebedingungen . . . . . . 57 1. Begründung der ablehnenden Ansicht . . . . . . . . . . . 57 a) Verhältnis zwischen Emittent und Emissionskonsortium . 57 b) Verhältnis zwischen Konsorten und Anlegerpublikum . . 58 aa) Kein Stellen durch die Konsorten . . . . . . . . . . . . 59 bb) Keine Zurechnung an den Emittenten . . . . . . . . . 60

2. Praktische Abläufe bei der Gestaltung von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Emissionen im Rahmen von Angebotsprogrammen . . . . 61 b) Emissionen außerhalb von Angebotsprogrammen . . . . . 61 aa) Rechte der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) Rechte der Konsorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

3. Zurechnung der Anleihebedingungen an den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Normative Grundlagen der ablehnenden Ansicht . . . . . 64 b) Teleologisches Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Stellen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 c) Zurechnungskriterium in Mehr-Personen-Verhältnissen . 68 aa) Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht . . . 68 bb) Anwendung des Kriteriums durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Anwendung auf die mittelbare Platzierung von Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

E. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

§  3. Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen . . . . . . . 72 A. Keine Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts . . . . . 72 I. Restriktive Auslegung der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Gründe für die Bereichsausnahme . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Beschränkung auf materielle Satzungsbestandteile . . . 74 II. Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Herkömmliche und aktienähnliche Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen . . 76 a) Keine mitgliedschaftlichen Rechte vor Ausübung des Umtausch- bzw. Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Keine andere Beurteilung bei Anwartschaftsrechten . . . 77 3. Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Rechtsnatur obligationsähnlicher Genussrechte . . . . . . 78 b) Aktienähnliche Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Keine Qualifikation als stille Gesellschaften . . . . . 80 (1) Gemeinsamer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Inhaltsverzeichnis

XV

(a) Abgrenzung vom partiarischen Darlehen . . . 82 (b) Indizwirkung der Verlustbeteiligung und Unterscheidung im Aktien- und Ertragsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Erwerbsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Inhaltskontrolle auch bei Qualifikation als stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 III. Rechtsbeziehung der Anleihegläubiger untereinander . . . 85 1. Rechtslage kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

2. Möglichkeit der privatautonomen Gesellschaftsgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Société des obligataires im französischen Recht . . . . . . 86 aa) Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Gemeinsamer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Möglichkeit vergleichbarer Gestaltungen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Kerngehalt der gesellschaftsrechtlichen Regelungen . 88 bb) Innengesellschaft der Treugeber einer Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 cc) Rechtsbindungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 dd) Ausschluss alternativer Gläubigerkoordinationen durch §  4 Satz 1 SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (1) Regelungsgehalt des §  4 Satz 1 SchVG . . . . . . . 90 (2) Gesellschaft zur Koordination der Gläubigerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 ee) Keine Anwendung der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

B. Begründungsansätze für eine entsprechende Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Voraussetzungen der Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . 92 II. Keine ausreichende Vergleichbarkeit mit dem Aktienrecht 92 1. Vergleichbare Regelungsmethodik im Aktien- und Schuldverschreibungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Organisationsrechtlicher Gehalt des SchVG . . . . . . . . 93 b) Rudimentäre Vorgabe für den Inhalt von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Kapitalmarktrechtlicher Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . 95

1. Spezialität der Aufklärungs-, Beratungs- und Prospektvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Bedürfnis für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle trotz bestehender Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . 96 a) Bewertung der Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . 96 b) Nur Schutz vor „unseriösen“ Emissionen . . . . . . . . . . 97

XVI

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aa) Bonitätsprüfung der Emittenten im Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (1) Körperschaften des öffentlichen Rechts und Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (2) Industrieunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen unter Geltung der präventiven Emissionsverbote . . . . . . 99 (1) Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . 99 (2) Genehmigungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen im Prospektbilligungs- oder Börsenzulassungsverfahren 100 (1) Prüfungsumfang bei der Billigung des Wertpapierprospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (2) Prüfungsumfang bei der Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt . . . . . . . . 101 c) Funktionales Äquivalent zur Einbeziehungskontrolle . . . 102 aa) Schutzzweck der Einbeziehung nach §  305 Abs.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Funktionale Reduktion bei der Einbeziehung von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Individuelle Aushändigung der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Rechtsunsicherheit für Zweiterwerber . . . . . . . 104 (3) Gefährdung der Fungibilität von Teilschuldverschreibungen derselben Emission . . . . . . . . 105 cc) Zielrichtung der Publizitätspflichten . . . . . . . . . . 105 IV. Gefährdung der Fungibilität der Wertpapiere . . . . . . . . 106

1. Beeinträchtigung der Fungibilität durch die Rechtskrafterstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Keine materiell-rechtliche Wirkung der Rechtskraft . . . . 108 b) Auswirkung der Rechtskrafterstreckung . . . . . . . . . . 108 aa) Unwirksamkeit kraft Gesetzes bei objektiv richtigen Urteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Objektiv unrichtige Urteile und Rechtskrafterstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Reguläres Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Zwangsdelisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Ungewissheit über die objektive Unrichtigkeit der rechtskräftigen Feststellung . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (1) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . 112 (2) Anonymität des modernen Effektengiroverkehrs 112 (a) Transaktionsablauf . . . . . . . . . . . . . . . 112 (b) Grenzpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 cc) Reaktionsmöglichkeit des Emittenten . . . . . . . . . 115 (1) Tranche 1: Unwirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . 116

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XVII

(2) Tranche 2: Wirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

C. Keine teleologische Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB trotz effektiven Klauselwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle als Instrument zur Kompensation des Marktversagens . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Partielles Marktversagen als Geltungsgrund der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Behauptung einer effektiven Marktkontrolle in Bezug auf Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Kontrolltätigkeit institutioneller Investoren . . . . . . . . 122 b) Beschränkter Nutzen für Privatanleger . . . . . . . . . . . 123 3. Modifikation des Preisarguments . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Preisargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Zivilrechtliche Generalklauseln . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Sekundäres Unionsrecht und Entwurf des AGBG . . 125 cc) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . 125 dd) Grundsätzliche Einwände gegen das Preisargument . 126 b) Modifikationen in Bezug auf Anleihebedingungen . . . . 127 c) Schwäche des Preisarguments . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Preisbestimmung mittels des BookbuildingVerfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 bb) Berücksichtigung einzelner Anleihebedingungen bei der Preisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (1) Vorgehen bei der Bewertung von Anleihen . . . . 128 (2) Vertraglich fixierte Zinsen . . . . . . . . . . . . . 128 (a) Empirische Untersuchungen . . . . . . . . . . 129 (b) Uneinigkeit über den Einfluss von Anleihebedingungen auf den Marktpreis . . . . . . . 130 (3) Variable Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (4) Kausalität der unangemessenen Benachteiligung . 131

II. Individualschutz als weiterer Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Begründungsansätze für den Schutz der Vertragspartner der Verwender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Persönliche und situative Unterlegenheit . . . . . . . . . . 132 aa) Unterwerfungswille als terminologisches Relikt . . . 134 bb) Abkehr von dem Terminus der Unterwerfung . . . . 134 b) Einseitiges Ausnutzen der Vertragsgestaltungsfreiheit . . 136 aa) Formulierung der ständigen Rechtsprechung und Präzisierung des Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Funktionale Legitimation des Schutzzwecks . . . . . 137 cc) Unterschiede zu einseitigen Individualvereinbarungen 138 2. Verhältnis der Schutzzwecke zueinander . . . . . . . . . 139 a) Ausweichmöglichkeiten und effektiver Klauselwettbewerb 139

XVIII

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b) Ökonomische Restriktionen bei der einseitigen Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III. Teleologische Reduktion bei mehreren Schutzzwecken . . 142

D. Keine Bereichsausnahme im SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Regelung im SchVÄndG-DiskE . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Regelungsgehalt von §  795 Abs.  2 BGB-DiskE . . . . . . 143 2. Gründe für die gesetzgeberische Zurückhaltung . . . . 144 3. Vorgaben der Klausel-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Anwendungsbereich der Klausel-RL . . . . . . . . . . . . 146 aa) ErwGr 10 Klausel-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts . . . . 146 (1) Anhang der Klausel-RL . . . . . . . . . . . . . . . 146 (a) Einschränkung der anwendbaren Klauselverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (b) Umsetzung im deutschen Recht . . . . . . . . 147 (2) Änderungsantrag im Rahmen der Vorarbeiten für die Verbraucher-RL . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Vermeintlicher Wettbewerbsnachteil des Finanzplatzes Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Keine Beschränkung auf die Transparenzkontrolle . . . . . 149

E. Keine umfassende Kontrollfreiheit nach §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Fehlen rechtsnormativer Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Unterscheidung zwischen Treu und Glauben und rechtsnormativen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Restriktive Auslegung von §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB . . . 151 a) Begriff der Rechtsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Gebote von Treu und Glauben als Bestandteile des objektiven Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Anleihebedingungen als Leistungsbeschreibungen . . . . . 153 1. Vertragsbezogener Ansatz bei Rechtsprodukten . . . . . 154 a) Versicherungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Bedingungen einer selbstständigen Herstellergarantie . . . 156 c) Legitimation durch §  306 Abs.  2 BGB . . . . . . . . . . . . 156 d) Einzelne kontrollfreie Bestimmungen . . . . . . . . . . . . 158 2. Modifikation des Chance-Risiko-Profils . . . . . . . . . 160 a) Wertungen des §  306 Abs.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Unbeachtlicher Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

F. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

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XIX

Kapitel 2 Leitbilder

§  4. Verbriefung des Leistungsversprechens . . . . . . . . . . . . . . . 167 A. Unterscheidung von Verbriefung und Leistungsversprechen . 167 I. Zweck der Verbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Gefahren für den Zessionar . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Nichtberechtigter Zedent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Schuldnerschutz zulasten des Zessionars . . . . . . . . . . 169 2. Schutz des Zessionars durch Verbriefung . . . . . . . . . 169 a) Monopolisierung und Liberation . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Gutgläubiger Erwerb der verbrieften Forderung . . . . . . 171 aa) Übertragung des Wertpapiers . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Abtretung der verbrieften Forderung . . . . . . . . . 172 II. Keine Funktionseinbuße durch das Giroeffektenwesen . . 173 1. Rationalisierung des Wertpapierwesens . . . . . . . . . . 173 a) Dauerglobalurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Girosammelverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens . . . 175 a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren . 175 b) Beschränkung des Leistungsanspruchs im Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs im Effektengiroverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Vollzug des Rechtserwerbs vom Berechtigten . . . . . . . 178 aa) Besitzlage bei der Girosammelverwahrung . . . . . . 178 bb) Besitzumstellung und Publizität . . . . . . . . . . . . 179 cc) Mittelbarer Besitz des Erwerbers . . . . . . . . . . . . 180 dd) Besonderheit bei Dauerglobalurkunden . . . . . . . . 180 b) Erwerb des verbrieften Rechts vom Nichtberechtigten . . 181 aa) Miteigentum und Mitbesitz an beweglichen Sachen . 181 bb) Miteigentum und Mitbesitz an Sammelurkunden . . . 182 (1) Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (a) Verordnungen über Reichsschuldbuchforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (b) Keine Änderung durch das BSchuWG . . . . 184 (2) Besitzverschaffungsmacht . . . . . . . . . . . . . . 185 III. Einführung elektronischer Wertpapiere . . . . . . . . . . . . 185

1. Begebung von Schuldverschreibungen ohne Ausstellung einer Papierurkunde . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Einführung einer besonderen Begebungsform . . . . . . . 186 b) Kryptowertpapiere als Sonderform . . . . . . . . . . . . . 186 2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens . . . 187 a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren . 187

XX

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b) Nachweis der Weisung zur Umtragung der Schuldverschreibung auf den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . 188 3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs . . . . . . . . . . . 189 a) Einzeleintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Sammeleintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

B. Leistungsversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. Schuldverschreibungen als abstrakte Wertpapiere . . . . . . 192 1. Kausale Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Abstrakte Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Grundsatz der Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Einrede der Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Auswirkung dilatorischer Einreden aus dem Grundverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Zustandekommens des Grundverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen . . . . . . 197 a) Schicksal der Charakteristika abstrakter Verbriefung bei Effekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 aa) Schicksal des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Schicksal der Einrede der Bereicherung . . . . . . . . 199 cc) Schicksal dilatorischer Einreden . . . . . . . . . . . . 200 b) Erweiterung der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit . . . . . 200 aa) Kein Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle bei abstrakter Verbriefung von Genussrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 bb) Beispiele für Einschränkungen der Privatautonomie bei kausaler Verbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (1) Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach §  489 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (2) Informations- und Kontrollrechte bei aktienähnlichen Genussrechten . . . . . . . . . . . . . . 204 (a) Identität der Mitgesellschafter . . . . . . . . . 205 (b) Allgemeines Informationsrecht entsprechend §  131 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Typologische Farblosigkeit des Leistungsversprechens . . 207

1. Spezifisch wertpapierrechtlicher Einwendungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Typusbestimmte und typuslose Wertpapiere kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Gestaltung bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 III. Kondiktionsfestigkeit des Ersterwerbs . . . . . . . . . . . . . 209 1. Rechtlicher Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Ersterwerb aufgrund eines Kaufvertrags . . . . . . . . . 211

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a) Darlehenstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Wertende Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 bb) Konstruktive Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Zweckbestimmung vor dem Zustandekommen des Kaufvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

§  5. Quelle der Leitbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 A. Einzelne Leitbilder des SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Gleichbehandlung der Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . 216 1. Änderung der Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern . . 217 II. Kündigung der Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Kündigungsrecht einzelner Anleihegläubiger . . . . . . 218 a) Grundlage des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 219 aa) Keine Anwendung von §  490 Abs.  1 BGB . . . . . . . 219 bb) Schuldversprechen als Dauerschuldverhältnis . . . . . 219 b) Keine Vorgaben für die Ausgestaltung des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 aa) §  795 Satz 1 BGB-DiskE . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 bb) §  22 Abs.  1, 2 SchVG-RefE . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Kollektivkündigung (§  5 Abs.  5 SchVG) . . . . . . . . . . 223 a) Vorbehalt der einheitlichen Kündigung durch mehrere Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Rücknahme der Kollektivkündigung . . . . . . . . . . . . 224 III. Umschuldungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Zulassung von Umschuldungsklauseln . . . . . . . . . . . 226 a) Internationale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Reform des deutschen Schuldverschreibungsrechts . . . . 227

2. Vorgaben für die Ausgestaltung von Umschuldungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Disenfranchisement clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Verbindungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Rationale Apathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 bb) Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (1) Doppeltes Mehrheitserfordernis . . . . . . . . . . 231 (2) Einfaches Mehrheitserfordernis . . . . . . . . . . 232 cc) Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (1) Legislative Vorbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (a) Obstruktionsverbote im Insolvenz- und Restrukturierungsplanverfahren . . . . . . . 233 (b) Vom Bund begebene Schuldverschreibungen . 233 (2) Ergänzung des SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . 234

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B. Anwendung der besonderen Klauselverbote . . . . . . . . . . . . 235 I. Gespaltener Prüfungsmaßstab des AGB-Rechts . . . . . . . 235 1. BGH NJW-RR 2009, 1641 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Im Verkehr mit Verbrauchern . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Im unternehmerischen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . 237 c) Gespaltener Prüfungsmaßstab nach individueller Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2. OLG Frankfurt WM 1993, 2089 . . . . . . . . . . . . . . . 238 3. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 II. Regelung im SchVÄndG-DiskE . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Regelungsgehalt des §  795 Abs.  2 BGB-DiskE . . . . . . 240 2. Ausschluss der besonderen Klauselverbote . . . . . . . . 241 3. Besondere Generalklausel für Anleihebedingungen . . 241 a) Begründung des SchVÄndG-DiskE . . . . . . . . . . . . . 241 b) Vorteile einer besonderen Generalklausel . . . . . . . . . . 242 III. Notwendigkeit eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs . . . 243 1. Fortfall der Fungibilität der Schuldverschreibung . . . . 243 a) Anforderungen an die Fungibilität von Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 b) Auswirkungen des gespaltenen Prüfungsmaßstabs auf den Inhalt der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . 244 aa) Ergebnisrelevanz des gespaltenen Prüfungsmaßstabs 244 bb) Übertragung der Teilschuldverschreibungen . . . . . 246 c) Fortfall der Fungibilität und deren Folgen . . . . . . . . . 247 aa) Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (1) Regulierter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (a) Zulassung zum Börsenhandel . . . . . . . . . 247 (b) Aussetzung des Handels und Widerruf der Zulassung zum Handel . . . . . . . . . . . 248 (2) Freiverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 bb) Restrukturierung nach dem SchVG . . . . . . . . . . 249 2. Konflikte durch den gespaltenen Prüfungsmaßstab . . . 249 a) Keine Inhaltsänderung des Rechts durch derivativen Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 b) Objektive und einheitliche Auslegung von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 IV. Verwirklichung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs . . 252 1. Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Klausel-RL . . . . . 253

2. Umkehrschluss zu §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG und §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. AGB-rechtliche Schutzlücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Finanzierungsleasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Entstehung der AGB-rechtlichen Schutzlücke . . . . 256 bb) Anhebung des individuellen Schutzniveaus . . . . . . 257 b) Vergleichbare Interessenlage bei Anleiheemissionen . . . . 258 c) Dominanz institutioneller Anleger am Sekundärmarkt . . 259

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4. Unsicherheit der Zweiterwerber über den Rechtsinhalt und Ausschluss der Fungibilität . . . . . . . . . . . . . . . 259 5. Funktionale Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB . . 260 C. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel . . . . . . . . 262 I. Abwägung der berechtigten Interessen . . . . . . . . . . . . 262 II. Legislative Konkretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 1. Leitbildcharakter des deutschen Rechts . . . . . . . . . . 263 2. Zwingendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Verstoß gegen zwingendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . 265 b) Zulässige Abweichungen vom zwingenden Recht . . . . . 266 3. Wesentliche Grundgedanken des dispositiven Rechts . 266 a) Abweichung von einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . 266 b) Unvereinbarkeit mit einem wesentlichen Grundgedanken 267 c) Umkehr der Begründungs- bzw. Argumentationslast . . . 268 d) Keine Rechtfertigung durch den Vertragsschluss begleitende Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Verbrauchervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 bb) Keine Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 cc) Vereinbarkeit mit Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL . . . . . . 272

D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

§  6. Einzelne Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 A. Änderungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 I. Cash settlement bei herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Ablauf des Aktienerwerbs bei Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Inhalt der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Umtausch- oder Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Zeichnungs- oder Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 a) Vermutung der Unzumutbarkeit und Anforderungen an deren Entkräftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 b) Interessen des Verwenders . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 aa) Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 bb) Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 c) Höhe der Barzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Umgekehrte Wandelanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Einordnung des Umtauschrechts . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 a) Wirtschaftliche Nachteile der Anleihegläubiger . . . . . . 285

XXIV

Inhaltsverzeichnis

b) Sanierungsinstrument auf Vorrat . . . . . . . . . . . . . . . 286 c) Auswirkung der Änderung des §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 . . . . . . . . . . 287

B. Ersetzung des Anleiheschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Motive für die Schuldnerersetzung . . . . . . . . . . . . . . . 290 1. Änderung steuerlicher Rahmenbedingungen . . . . . . . 290 2. Veränderungen im Konzern des Emittenten . . . . . . . 291 II. Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Schuldübernahme mit antizipierter Zustimmung? . . . 292 2. Indirekte Rechtsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 a) Rechtliche Nachteile und Hindernisse in der praktischen Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 aa) Erneute Bestellung akzessorischer Sicherheiten . . . . 294 bb) Verlust des Wertpapiercharakters . . . . . . . . . . . . 295 cc) Vertraglicher Einwendungsausschluss und erneute Verbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 b) Unvereinbarkeit mit dem Leitbild der Zustimmungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 III. Normatives Leitbild de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

1. Keine Exklusivität der Änderungsverfahren nach §  4 Satz 1 SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Sinn und Zweck der kollektiven Bindung . . . . . . . . . . 299

2. Benachteiligung der Anleihegläubiger und Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Keine Unwirksamkeit nach §  309 Nr.  10 BGB . . . . . . . 300 b) Unvereinbarkeit mit dem wesentlichen Grundgedanken der §§  414, 415 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 c) Kompensation der Leitbildabweichung . . . . . . . . . . . 301 aa) Rechtsprechung des BGH zur Vertragsübernahme . . 302 bb) Bonität des neuen Schuldners . . . . . . . . . . . . . . 304 cc) Selbstständige Garantie der Konzernmutter . . . . . . 304 (1) Vergleich mit der Ausgabe der Schuldverschreibung durch die Konzernmutter . . . . . 304 (2) Wertung des §  418 Abs.  1 Satz 1, 3 BGB . . . . . . 305 dd) Verschmelzung als Alternative zur Schuldnerersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 (1) Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung . . . . 307 (2) Gläubigerschutz durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung . . . . . . . . . . . 309 d) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht . . . . . . . . . . . 311 aa) Vereinbarkeit mit Anhang Nr.  1 Buchst. p Klausel-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 bb) Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben . 312 (1) Beeinträchtigung der Privatautonomie und des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Inhaltsverzeichnis

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(2) Kündigungsrecht als angemessener Ausgleich . . 313

3. Skripturrechtlicher Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 a) Sammelverwahrte Globalurkunden und elektronische Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 b) Effektive Stücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 IV. Kodifikation der Schuldnerersetzung . . . . . . . . . . . . . 316 1. SchVÄndG-DiskE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Erweiterte Regelung in §  23 SchVG-RefE . . . . . . . . . 318 a) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 aa) Ergänzung der materiellen Voraussetzungen . . . . . 318 bb) Wirksamwerden der Schuldnerersetzung . . . . . . . 319 cc) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 b) Schwächen des §  23 SchVG-RefE . . . . . . . . . . . . . . . 319 aa) Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen auch bei gleichwertigen Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . 320 bb) Prozessuale Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 320 cc) Unzureichende Information der Gläubiger . . . . . . 321 3. Ausblick de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Kodifikation der lex lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 b) Veränderung des Leitbilds . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 c) Zusätzliche Vereinbarungen zugunsten der Gläubiger . . . 323

C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

Kapitel 3 Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 A. Obligations- und aktienähnliche Genussrechte . . . . . . . . . . 329 I. Obligationsähnliche Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . 330 II. Aktienähnliche Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 B. Anforderungen an die aktienähnliche Ausgestaltung von Kapitalinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 I. Teilnahme am Gewinn und Abwicklungserlös der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 1. Rechtsstellung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 2. Ertragsteuerliche Anforderungen an Genussrechte mit Beteiligungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 a) Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 aa) Ausschüttungen auf Genussrechte . . . . . . . . . . . 333 bb) Veräußerung von Genussrechten . . . . . . . . . . . . 333 b) Körperschaftsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 c) Anforderungen an die Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . 336

XXVI

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aa) Beteiligung am Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 bb) Beteiligung am Abwicklungserlös . . . . . . . . . . . 338

3. Verallgemeinerungsfähigkeit der auf Genussrechte beschränkten Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 338 II. Teilnahme am Verlust der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . 339 1. Rechtsstellung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . 340 a) Eingezahltes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 aa) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 bb) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 341 cc) Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (1) Begriff des Verlusts . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (2) Umfang der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . 342 (3) Art und Weise der Verlustbeteiligung . . . . . . . 342 b) Ausfall von Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 aa) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 bb) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 344

3. Wirtschaftspolitisch motivierte Ausnahmen im Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 a) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 b) Kleine Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . 346 III. Nachrangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 1. Rechtsstellung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . 347 a) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 b) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

3. Notwendigkeit der Kumulation von Verlustteilnahme und Nachrangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 IV. Langfristigkeit der Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . 350 1. Rechtsstellung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Dauer der Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 a) Ursprungslaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 aa) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 bb) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 351 b) Ergänzende Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 aa) Institutsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 bb) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 353 cc) Zivilrechtliche Wirksamkeit entsprechender Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 3. Exklusion aufsichtsrechtlicher Besonderheiten . . . . . . 356 a) Ausschluss der Kündigungsrechte der Gläubiger . . . . . . 356 b) Behördliche Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

Inhaltsverzeichnis

XXVII

C. Zulässigkeit aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . . . . . . . 357 I. Eigenkapital ohne Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 358 1. Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen . . . . . . . . . . . . 358 2. Finanzplanvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 3. Finanzplanähnliche Vereinbarung in Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 II. Kein numerus clausus der Eigenkapitalinstrumente durch die Kapital-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 1. Keine umfassende Regelung der Eigenkapitalfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 2. Widerspruch zu der personellen Schutzrichtung der Kapital-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 a) Schutz der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 b) Schutz der Gläubiger der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

§  8. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . 368 A. Besondere Schutzbedürftigkeit der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 I. Bedeutung der mitgliedschaftlichen Mitverwaltungsrechte 369 II. Keine Mitverwaltungsrechte der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 1. Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 a) Grundsatz der Verbandssouveränität . . . . . . . . . . . . 371 b) Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

2. Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 a) Doppelte Funktion des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . 372 b) Keine Anfechtungsbefugnis der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 aa) Ausdehnung auf sämtliche Eigenkapitalgeber . . . . . 373 (1) Unterschiedliche Rechte der Eigenkapitalgeber . 374 (2) Keine Schutzlosigkeit der schuldvertraglichen Eigenkapitalgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 bb) Vergleich mit den Inhabern stimmrechtsloser Vorzugsaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 c) Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 3. Auskunfts- und Informationsrechte . . . . . . . . . . . . 376 III. Kompensationsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 1. Schadensersatz bei Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . 379

2. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle am Maßstab aktienrechtlicher Normen und Grundsätze . . . . . . . . 381

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

3. Ausübungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 B. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 I. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze bei der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen . . 383 1. Haftung der Mitglieder eines gewillkürten Aufsichtsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 2. Formbedürftigkeit von Gründervereinbarungen . . . . 385 3. Veräußerungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 II. Methodische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 III. Grenzen des erweiterten Prüfungsmaßstabs . . . . . . . . . 388 1. Keine bloße Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . 388 2. Beschränkung auf vermögensrechtliche Normen und Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 C. Beispiele für die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen . . . 390 I. Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs . . . . . . . 391 1. Modalitäten der Wiederauffüllung als actus contrarius zu der Verlustteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 a) Teilnahme an laufenden Verlusten . . . . . . . . . . . . . . 392 b) Verlustteilnahme nur bei Kapitalherabsetzung . . . . . . . 393

2. Keine Pflicht zur Wiederauffüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . 393 3. Kein Ausschluss der Wiederauffüllung in den Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 a) Rückzahlungsanspruch als Kapitalkonto . . . . . . . . . . 395 aa) Ausschüttungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 bb) Verwendungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 b) Verminderter Rückzahlungsanspruch infolge Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 aa) Ausschüttungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 bb) Verwendungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 II. Ausgleich bei Eintritt in einen Vertragskonzern . . . . . . 400

1. Keine Verletzung einer Nebenpflicht des Begebungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 2. Kein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 3. Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . 405 4. Ausgleich oder Abfindung entsprechend den §§  304, 305 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 a) Anderer Vertragsteil als Schuldner der Ausgleichszahlung 407 b) Abfindung als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408

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XXIX

5. Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen . . . . . 409 D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Kapitel 4 Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

§  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen . . . . . . . . . . . . . 413 A. Umgehung räumlich begrenzter Emissionsverbote . . . . . . . 414 B. Keine Umgehung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . 415 I. Grundsatz der Rechtswahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . 416 1. Bereichsausnahme der Rom I-VO für handelbare Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 2. Rechtsfolgen der Bereichsausnahme . . . . . . . . . . . . 418 II. Grenzen der Rechtswahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 1. Sonderanknüpfung in Art.  46b Abs.  1 EGBGB . . . . . 419 2. Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 C. Vermeidung gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnungen . . . 420 I. Hinzurechnung bei inländischen Organgesellschaften . . 421 1. Entgelt für Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 2. Kein Bankenprivileg für Konzernfinanzierungsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 II. Nutzung einer ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 III. Überlegungen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

§  10. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 A. Grundlagen des englischen Schuldverschreibungsrechts . . . . 426 I. Regelungen im CA 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 II. Dominanz von Sammelurkunden . . . . . . . . . . . . . . . . 427 III. Verwahrung und Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 1. Kette von Treuhandverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . 429 2. Übertragung durch Novation . . . . . . . . . . . . . . . . 430 IV. Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 1. Anleihetreuhänder (trustee) und trust deed . . . . . . . . 431 2. Common service provider und deed poll . . . . . . . . . 432 3. Inhaltliche Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . 433

XXX

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B. Rechtliche Grundlage der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . 433 I. Common law und equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 II. Statutory law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 1. Inhaltskontrolle durch die Gerichte . . . . . . . . . . . . . 435 a) UCTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 b) UTCCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 aa) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 bb) Erstreckung der Inhaltskontrolle auf Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438

2. Inhaltskontrolle durch den Financial Ombudsman Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 C. Entscheidungen englischer Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 I. Collective action clauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 1. Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 2. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 II. Nachrangklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 1. Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. . . . . . . . . . . . . . . 445 2. Pari-passu-Prinzip und abweichende Vereinbarungen . 447 3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 III. No-action clauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 1. Wesentlicher Regelungsgehalt von no-action clauses . . 449 2. Re Colt Telecom Group Plc. . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 a) Insolvenzantrag als remedy i. S. d. no-action clause? . . . . 451 b) Kein Verstoß gegen den ordre public im englischen Recht 451

D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York 454 A. Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. . . . . . . . . . . . . . . 454 I. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 II. Aus den tragenden Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 III. Obiter dictum zur gerichtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . 457 1. Unconscionability-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 2. Keine contracts of adhesion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 a) Kritik aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 b) Überwiegende Zustimmung in der Literatur . . . . . . . . 461

3. Erwartungen der Marktteilnehmer an die Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462

Inhaltsverzeichnis

XXXI

B. Trust Indenture Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 I. Anleihetreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 1. Funktion der Anleihetreuhänder . . . . . . . . . . . . . . 463 2. Missachtung der Anlegerinteressen als Ursache für den Börsencrash . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 3. Normative Vorgaben für die Rechtsstellung der Anleihetreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 II. Verwaltungskontrolle der Vorgaben des TIA durch die SEC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 C. Kein praktisches Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle . . . . . . 468 I. Anleihebedingungen als Bestandteil des Treuhandvertrags 468 II. Kein Einfluss der Anleihetreuhänder auf die Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 1. Plain vanilla bonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 2. Gründe für die Standardisierung der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 a) Exklusive Kostenlast und universeller Ertrag . . . . . . . . 470 b) Gefahr von Bewertungsungenauigkeiten . . . . . . . . . . 471 c) Vergleichbarkeit der Schuldverschreibungen . . . . . . . . 471

D. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472

Kapitel 5 Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 A. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 I. Ergänzungen der Prospekt-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 1. Antrag der Emittenten, Anbieter oder Zulassungsantragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 a) Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 b) Pflicht zur Übermittlung der Anleihebedingungen . . . . 476

2. Billigung und Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle durch die Gerichte . . . . . . . . . . . . . 477 a) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 b) Safe harbour . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 c) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 d) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479

3. Verfahren bei Beanstandung einzelner Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

XXXII

Inhaltsverzeichnis

II. Kein Widerspruch zu Vorgaben der Klausel-RL . . . . . . 481 III. Keine Wiedereinführung der Emissionsverbote (§§  795, 808a BGB a. F.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 1. Unterschiede zu den §§  795, 808a BGB a. F. . . . . . . . . 483 a) Keine Beschränkung der Emissionsfreiheit . . . . . . . . . 483 b) Faktische Divergenz des Prüfungsumfangs . . . . . . . . . 484 2. Praktische Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 a) Keine Verzögerung der Emissionen . . . . . . . . . . . . . 485 b) Personelle Ausstattung der zuständigen Behörde . . . . . 485

B. Vereinbarkeit mit den Justizgrundrechten der EU . . . . . . . . 486 I. Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 II. Kein Rechtsschutz der Anleger gegen die behördliche Billigung des Prospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 1. Keine Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis der Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 2. Keine Einschränkung des Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

Ergebnisübersicht I. Grundlagen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 1. Anleihebedingungen als AGB . . . . . . . . . . . . . . . . 492 2. Keine Bereichsausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 II. Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 1. Wertpapierrechtliche Implikationen . . . . . . . . . . . . 494 2. Einzelne Leitbilder des SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . 495 3. Anwendung der besonderen Klauselverbote . . . . . . . 495 4. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel . . . 496 5. Beispiel: Änderungsvorbehalte bei Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 6. Beispiel: Ersetzung des Anleiheschuldners . . . . . . . . 496 III. Besonderheiten bei aktienähnlichen Kapitalinstrumenten 497 1. Aktienähnliche Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . 497 2. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente 499

Inhaltsverzeichnis

XXXIII

IV. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen bei Auslandsemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 V. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen im Ausland . . 500 1. Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 2. Rechtslage in den U.S.A., insbesondere im U.S.-Bundesstaat New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 VI. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz AGB-rechtlicher Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

Abkürzungsverzeichnis 2. FMFG

4. FMFG 5. ÄndVO

A. A.2d a. A. a. a. O. ABA ABl. EG Abs. AC AcP A.D.2d ADWO AEUV a. F. AG AGB AGB-CBF AGBG AK SchVR AktG AktG 1937

Aktienrechts-   novelle 2016 Ala. ALB All ER

Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) Fünfte Verordnung zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 25. Juni 2020 Atlantic Reporter Atlantic Reporter, Second Series andere Ansicht am angegebenen Ort American Bankers Association Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz/Absätze Appeal Cases (Law Reports) Archiv für die civilistische Praxis Appellate Divisions Reports, Second Series Allgemeine Deutsche Wechselordnung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingung(en) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG, Stand 1. Juni 2019 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) Arbeitskreis Reform des Schuldverschreibungsrechts Aktiengesetz Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. November 1937 in der ursprünglichen Fassung Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) Alabama Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung All England Law Reports

XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

Am. America(n) a. M. am Main Anh. Anhang Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung AöR Archiv des öffentlichen Rechts App. Div. Appellate Division ArbEG Gesetz über Arbeitnehmererfindungen Ariz. Arizona Ark. Arkansas ARSP Archiv für die Rechts- und Sozialphilosophie Art. Artikel Ass’n Association Assocs. Associates Aufl. Auflage AVB Allgemeine(n/r) Versicherungsbedingungen BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht BAGE Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts BAKred Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Balt. Baltimore Banken-RL Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute BB Der Betriebs-Berater BC Bankruptcy Code B.C.C. British Company Cases Bd. Band BeckOK Beck’scher Online Kommentar BeckRS Beck-Rechtsprechung Begr. Begründer(in/nen) Beschl. Beschluss BFH Bundesfinanzhof(s) BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFH/NV Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. I Bundesgesetzblatt, Teil I BGebG Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (Bundesgebührengesetz) BGH Bundesgerichtshof(s) BGHSt Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen BGHZ Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BilRuG Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Euro­ päi­schen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolisierten Abschluss und damit ver-

Abkürzungsverzeichnis

BKR BMF BMJ BMWi BörsG BörsG 1896 BörsZulV B.R. BR-Drucks. BRRD

BSchuWG BStBl. BT-Drucks. Buchst. Bus. Bus. Law. BV BVerfG BVerfGE BVerfGK bzw. ca. CA Cal. Cal.App.2d Cal.App.3d Cap. Mark. Law J. Cardozo L. Rev. CBF CCiv CCom CEO cert. CFB

XXXVII

bundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium(s) der Finanzen/Bundesminister der Finanzen Bundesminister(ium) der Justiz Bundesminsterium für Wirtschaft Börsengesetz Börsengesetz vom 22. Juni 1896 in der ursprünglichen Fassung Börsenzulassungs-Verordnung Bankruptcy Reporter Bundesratsdrucksache Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr.  1093/2010 und (EU) Nr.  648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates Gesetz zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes Bundessteuerblatt, Teil I, II und III Bundestagsdrucksache Buchstabe(n) Business The Business Lawyer besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid Bundesverfassungsgericht(s) Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Sammlung der Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise circa Companies Act 1948/1985/2006 California California Appellate Reports, Second Series California Appellate Reports, Third Series Capial Markets Law Journal Cardozo Law Review Clearstream Banking AG, Frankfurt a. M. Code Civil Code de Commerce Chief Executive Officer certiorari Corporate Finance Biz

XXXVIII CFL Ch. Ch. D. Chem. Chi.-Kent L. Rev. Cir. Civ. App. C.L.C. C.L.J. C.L.P. CMA Co. CoE Colo. Colum. Bus. L. Rev. Colum. L. Rev. Commc’n(s) Cornell L. Rev. Corp. Cos. Creighton L. Rev. CRR

CRR II

Ct. App. Ct. Err. & App. C.T.L.C. Curr. Leg. Probl. D. DAI DB DBA-NL

D.C.

Abkürzungsverzeichnis

Corporate Finance Law Chancery Court Chancery Division Chemical Chicago Kent Law Review Circuit Court of Civil Appeals Commercial Law Cases Cambridge Law Journal Current Legal Problems Competition and Markets Authority Company Council of Europe Colorado Columbia Business Law Review Columbia Law Review Communication(s) Cornell Law Review Corporation Companies Creighton Law Review Verordnung (EU) Nr.  575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr.  575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an die Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Meldeund Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr.  648/2012 Court of Appeal(s) (State) Court of Errors and Appeals Consumer and Trading Law Cases Current Legal Problems (Zeitschrift) District Court (federal) Deutsches Aktieninstitut Der Betrieb (Zeitschrift) Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 Washington, District of Columbia

Abkürzungsverzeichnis

Del. Del. Ch. Del. J. Corp. L. Del. Supr. DelVO DelVO Eigenmittel

XXXIX

Delaware Delaware Court of Chancery Delaware Journal of Corporate Law Supreme Court of Delaware Delegierte Verordnung Delegierte Verordnung (EU) Nr.   241/2014 der Kommission vom 7. Januar 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr.  575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute DelVO Prospekt Delegierte Verordnung (EU) 2019/980 der Kommission vom 14. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Aufmachung, des Inhalts, der Prüfung und der Billigung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Ver­ ordung (EG) Nr.  809/2004 der Kommission DelVO Solva II Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvanilität II) DepotG Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) DepotG 1937 Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4. Februar 1937 in der ursprünglichen Fassung ders. derselbe d. h. das heißt Die Bank Die Bank (Zeitschrift) dies. dieselbe(n) DiskE Diskussionsentwurf(s) Dist. Ct. App. District Court of Appeal(s) DJT Deutscher Juristentag DLK Der langfristige Kredit (Zeitschrift) DM Deutsche Mark DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift DR Deutsches Recht (Zeitschrift) Dritte KWG-Novelle Drittes Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen Dritte RL-LVers Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) Dritte RL-SVers Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung)

XL

Abkürzungsverzeichnis

sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/ EWG (Dritte Richtlinie Schadensversicherung) DRiZ Deutsche Richterzeitung DStJG Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e. V. DStR Deutsches Steuerrecht DStRE Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst DStZ Deutsche Steuer-Zeitung DStZ/A Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt DZWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht E Entwurf EA 2002 Enterprise Act 2002 ECB European Central Bank ECLI European Case Law Identifier E.D. Eastern District EFC Economic and Financial Committee EFG Entscheidungen der Finanzgerichte EG Europäische Gemeinschaft(en) EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Eigenmittel-RL Richtlinie des Rates vom 17. April 1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299/EWG) EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einf Einführung Einl Einleitung Elec. Electronic Emory Int’l L. R. Emory International Law Review EMRK Europäische Menschenrechtskonvention Eng’rs Engineers Erg.-Lfg. Ergänzungslieferung ERPL European Review of Private Law Erste RL-LVers Erste Richtlinie des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) (79/267/EWG) ErwGr Erwägungsgrund/Erwägungsgründe ESMA Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESM-Vertrag Vertrag zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus Esq. Esquire EU Europäische(n) Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuLF The European Legal Forum EUR Euro Eur. St. Aid L. Q. European State Aid Law Quarterly EUV Vertrag über die Europäische Union EU-VerschG EU-Verschmelzungsgesetz (Österreich) EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e. V. eingetragener Verein

Abkürzungsverzeichnis

EVÜ

XLI

Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht EWCA Civ Court of Appeal (Civil Division) EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWHC High Court of England and Wales EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht EWIV-VO Verordnung (EWG) Nr.  2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) eWpG Gesetz über elektronische Wertpapiere EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) EZB Europäische(n) Zentralbank F. Federal Reporter F.2d Federal Reporter, Second Series f./ff. folgende FB Finanz-Betrieb (Zeitschrift) FCA Financial Conduct Authority FG Finanzgericht FinDAG Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) FinDAGebV Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums der Finanzen zur Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgebührenverordnung) Fla. Florida FMS Finanzmarkstabilisierungsfonds Fn. Fußnote Fordham L. Rev. Fordham Law Review Foro it. Il Foro italiano (Zeitschrift) Fort. Fortführer(in) Found. Foundation FR Finanz-Rundschau Freiverkehr-AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand 9.12.2019) FS Festschrift FSA Financial Services Authority FSMA Financial Services and Market Act 2000 FSR Financial Stability Review F.Supp. Federal Supplement FWB Frankfurter Wertpapierbörse G-10 Group of Ten Ga. L. Rev. Georgia Law Review GBP Great Britain Pound Gen. General Georgetown J. Int. Law Georgetown Journal of International Law, vormals Law and Policy in International Business GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

XLII

Abkürzungsverzeichnis

GiustCiv Giustizia civile (Zeitschrift) GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau GRC Charta der Grundrechte der Europäischen Union Gruchot Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts (Zeitschrift) GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Harv. J. L. & Pub. Pol’y Harvard Journal of Law & Public Policy Harv. L. Rev. Harvard Law Review Hastings L. J. Hastings Law Journal HFA Hauptfachausschuss HFR Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung HGB Handelsgesetzbuch HGB 1897 Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 in der ursprünglichen Fassung Hrsg. Herausgeber(in/nen) Hs. Halbsatz IA 1986 Insolvency Act 1986 i. d. F. in der Fassung IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. IFD Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/ EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU IFLR International Financial Law Review IFR Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr.   1093/2010, (EU) Nr.   575/2013, (EU) Nr.  600/2014 und (EU) Nr.  806/2014 IHR Internationales Handelsrecht IILR Irish Insurance Law Review IJRL & P International Journal of Regulatory Law & Practice ILF Institute for Law and Finance, Goethe-Universität Frankfurt a. M. IMF International Monetary Fund Inc. Incorporation Ind. Indiana Ins. Insurance InsO Insolvenzordnung InsAnlG Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für institutionelle Anleger IntGesR Internationales Gesellschaftsrecht Int’l International IOSCO International Organization of Securities Commission IPMA International Primary Market Association IPR Internationales Privatrecht

Abkürzungsverzeichnis

XLIII

IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IR 1986 Insolvency Rules 1986 i. S. d. im Sinne des/der ISIN International Securities Identification Number(s) ISMA International Securities Market Association IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit IWF Internationaler Währungsfond J. Appl. Corp. Fin. Journal of Applied Corporate Finance JbFStR Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht JbJZivRWiss Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler J.B.L. Journal of Business Law JbÖG Jahrbuch Ökonomie und Gesellschaft J. Corp. L. The Journal of Corporation Law J. Econ. Theory Journal of Economic Theory J. Fin. The Journal of Finance J. Financ. Quant. Anal. The Journal of Financial and Quantitative Analysis J. Fin. Econ. Journal of Financial Economics J.I.B.L. Journal of International Banking Law J. L. & Com. Journal of Law and Commerce J. Legal Stud. The Journal of Legal Studies JPrIL Journal of Private International Law JR Juristische Rundschau J.R. Judicial Review JSCAA 1870 Joint Stock Companies Arrangement Act 1870 JStG 2009 Jahresteuergesetz 2009 Jura Juristische Ausbildung JuS Juristische Schulung JW Juristische Wochenschrift JZ Juristen-Zeitung Kap. Kapitel Kapital-RL Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten Kapital-RL a. F. Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikel 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWG)

XLIV

Abkürzungsverzeichnis

Kapitaladäquanz-RL Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau KG Kammergericht; Kommanditgesellschaft KKR Kohlberg Kravis Roberts & Co. Klausel-RL Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen KMU kleine und mittlere Unternehmen KO Konkursordnung KOM Dokument der Europäischen Kommission Koordinierungs-RL Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen KoR Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung KredReorgG Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten KStG Körperschaftsteuergesetz KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht KWG Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz) L. & T.R. Landlord and Tenant Reports Law Mag. & L. Rev. Law Magazine and Review: A Quarterly Review of Jurispru  Quart. J. Juris. dence LBO Leveraged buy-out Lfg. Lieferung LG Landgericht LLC Limited liability company LMK Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring L.Q.R. Law Quarterly Review L. Rev. Law Review Ls. Leitsatz LSE London Stock Exchange LT Law Times Reports Ltd. Private Limited Company LVers-RL Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen LZ Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Mach. Machine(ry) Maint. Maintenance MAR Verordnung (EU) Nr.  596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) Mass. Massachusetts MDR Monatsschrift für Deutsches Recht M.D. Middle District Metro. Metropolitan Mfg. Manufacturing

Abkürzungsverzeichnis

Mgmt. Mich. Mich. L. Rev. MiFID

XLV

Management Michigan Michigan Law Review Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente MiFID II Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente Mio. Million(en) MittRhNotK Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer M.L.R. The Modern Law Review MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Mot. Motive Mrd. Milliarde(n) m. w. N. mit weiteren Nachweisen Nat. National Nat’l National N.E. North Eastern Reporter N.E.2d North Eastern Reporter, Second Series N.H. New Hampshire N.J. New Jersey NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJWE-VHR NJW-Entscheidungsdienst Versicherungs- und Haftungsrecht NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht N.M. New Mexico N.M. L. Rev. New Mexico Law Review No. number; numéro; Nummer NVersZ Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht N.W. North Western Reporter NWB Neue Wirtschafts-Briefe Nw. U. L. Rev. Northwestern University Law Review N.Y. New York N.Y.2d New York Reports, Second Series N.Y.S.2d New York Supplement, Second Series NY UCC New York Uniform Commercial Code N.Y.U. L. Rev. New York University Law Review NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung öAktG Aktiengesetz (Österreich) ÖBA BankArchiv OFD Oberfinanzdirektion OFT Office of Fair Trading OGH Oberster Gerichtshof (Österreich) OGHZ Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Zivilsachen

XLVI Okla. öKSchG OLG OLGR OR Or. L. Rev. OVG Oxf. Rev. Econ. Pol. P. P.2d Pa. Plc. PrALR Prospekt-RL

Prospekt-VO

Prot. Publizitäts-RL

Q.B. Q. J. Econ. RabelsZ RdF RDi RdW RefE Reg. RegE Res. RFH RFHE RG RGBl. I RGZ RIW RL

Abkürzungsverzeichnis

Oklahoma Konsumentenschutzgesetz (Österreich) Oberlandesgericht OLG-Report Obligationenrecht (Schweiz) Oregon Law Review Oberverwaltungsgericht Oxford Review of Economic Policy Pacific Reporter Pacific Reporter, Second Series Pennsylvania Public Limited Company Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG Protokolle Erste Richtlinie des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikel 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten Queen’s Bench The Quarterly Journal of Economics Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Finanzinstrumente Recht Digital Recht der Wirtschaft Referentenentwurf(s) Regulation(s) Regierungsentwurf(s) Resource(s) Reichsfinanzhof(s) Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichs­ finanzhofs Reichsgericht Reichsgesetzblatt, Teil I Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie

Abkürzungsverzeichnis

RL-LVers

XLVII

Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen RMJ Reichsministerium der Justiz/Reichsjustizministerium Rn. Randnummer(n) RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift ROHGE Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts Rom I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) R.R. Railroad RStBl. Reichssteuerblatt Ry. Railway S&P Standard & Poor’s SA 1933 Securities Act 1933 S. A. Société Anonyme (Luxemburg) Sav. Savings SB Wp Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte, April 2019 SchuModG Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts SchVÄndG-DiskE Diskussionsentwurf Gesetz zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts, April 2003 SchVG 1899 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899 SchVG Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz) SchVG-RefE Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften vom 9. Mai 2008 SchVG-RefVorE Vorentwurf zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen, 2006 SchVR Schuldverschreibungsrecht(s) S.D.N.Y. U.S. District Court, Southern District of New York SE Societas Europaea Seattle U. L. Rev. Seattle University Law Review SEC Securities and Exchange Commission Sec. Section(s) ser. series Serv. Service SE-VO Verordnung (EG) Nr.  2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) SFA-Rules Rules of the Securities & Futures Authority So.2d Southern Reporter, Second Series sog. sogenannt(e) Solva II-RL Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)

XLVIII Sp. Sparkasse SpkG Bayern SRMR

Abkürzungsverzeichnis

Spalte(n) Die Sparkasse (Zeitschrift) Gesetz über die öffentlichen Sparkassen (Sparkassengesetz) Verordnung (EU) Nr.  806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr.  1093/2010 Stan. L. Rev. Stanford Law Review StaRUG Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) StBP Die steuerliche Betriebsprüfung StuW Steuer und Wirtschaft Sup. Jud. Ct. Supreme Judicial Court Super. Ct. Superior Court S.W.2d South Western Reporter, Second Series S.W. L. J. South Western Law Journal SZW/RSDA Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht/Revue suisse de droit des affaires et du marche financier Tax L. Rev. Tax Law Review TEFRA U.S. Tax Equity and Fiscal Responsibility Act 1982 Tex. Texas TIA Trust Indenture Act TranspR Transportrecht Tul. L. Rev. Tulane Law Review u. a. unter anderem UAbs. Unterabsatz/Unterabsätze Überbl Überblick Ubg. Die Unternehmensbesteuerung UCC Uniform Commercial Code U. Chi. L. Rev. The University of Chicago Law Review UCLA L. Rev. University of California Los Angeles Law Review UCTA Unfair Contract Terms Act 1977 UKlaG Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz) UMAG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts U. Pa. L. Rev. University of Pennsylvania Law Review U. Pitt. L. Rev. University of Pittsburgh Law Review Urt. Urteil U.S. United States/Supreme Court (federal) U.S.A. United States of America USD U.S. Dollar UTCCR Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1999

Abkürzungsverzeichnis

XLIX

u. U. unter Umständen v vor v. vom/versus VAG Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) VAG Novelle 2016 Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen vom 1. April 2015 Va. L. Rev. Virginia Law Review Va. Tax Rev. Virginia Tax Review Verbraucher-RL Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher Verschmelzungs-RL Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten VersR Versicherungsrecht VermVerkProspV Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte (Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung) VerwArch Verwaltungsarchiv Vill. Village VO Verordnung Vor Vorbemerkung(en) VuR Verbraucher und Recht VVG Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Wash. Washington Wash. U. L. Q. Washington University Law Quarterly wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter WG Wechselgesetz Wis. L. Rev. Wisconsin Law Review WiGBl. Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes WL Westlaw W.L.R. The Weekly Law Reports WM Wertpapier-Mitteilungen WPg Die Wirtschaftsprüfung WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz) WpIG Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (Wertpapierinstitutsgesetz) WpPG Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz) WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-AngebotsVO Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung

L

Abkürzungsverzeichnis

und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung) WStBG Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ und der Realwirtschaft durch den Fonds „Wirtschaftsstabilisierungsfonds – WSF“ (Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz) Yale L. J. The Yale Law Journal z. B. zum Beispiel ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zentralverwahrer-VO Verordnung (EU) Nr.  909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfgK Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das Gesamte Handelsrechts und Wirtschaftsrecht ZinsG 1867 Gesetz des Norddeutschen Bundes, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen vom 14. November 1867 ZInsO Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZVP Zeitschrift für Verbraucherpolitik Zweite Zahlungs- Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und   dienste-RL des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt zzgl. zuzüglich ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung Das zeitgleich mit dem BGB am 1.1.1900 in Kraft getretene1 SchVG 1899 wurde mit Wirkung vom 5.8.20092 durch das SchVG3 ersetzt. Im Zuge der Reform des Schuldverschreibungsrechts wurde der Begriff der Anleihebedingungen in §  2 Abs.  1 Satz 1 SchVG legaldefiniert. Danach sind Anleihebedingungen Bestimmungen zur Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger aus einer Anleihe. Wie sein Vorgänger regelt das SchVG allerdings nahezu ausschließlich ein Verfahren, das die Gläubiger berechtigt, die Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe durch Mehrheitsbeschlüsse zu ändern. Materiell-rechtliche Vorgaben über den zulässigen Inhalt der Anleihebedingungen enthält das SchVG – abgesehen von dem Gebot der Gleichbehandlung der Gläubiger (§  4 Satz 2 SchVG) – nicht. Sie ergeben sich allerdings daraus, dass die Anleihebedingungen einer Inhaltskontrolle nach den §§  307 ff. BGB unterliegen,4 die Bestimmungen die Gläubiger also nicht unangemessen benachteiligen dürfen. Um diese unbestimmte Gestaltungsgrenze zu präzisieren, sahen der SchVÄndG-DiskE und der SchVG-RefE vor, die Vorschriften über Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§§  793–808 BGB) um einzelne normative Leitbilder zu ergänzen, nämlich für die Schuld­ ner­ersetzung und die Kündigungsrechte der Gläubiger (§§  795a, 795d BGBDiskE bzw. §§  22, 23 SchVG-RefE). In den SchVG-RegE wurden diese Regelungen allerdings nicht übernommen. Die vorliegende Arbeit zielt darauf, die mit der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle einhergehende Rechtsunsicherheit zu verringern.

1 

Art.  26 Abs.  1 SchVG 1899. Art.  8 Satz 1 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung v. 31.7.2009 (BGBl. I 2512). 3  Art.   1 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung v. 31.7.2009 (BGBl. I 2512). 4  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1. 2 

§  1. Thematische Einführung Die Ausgabe von Anleihen ist ein wesentliches Element der Finanzierung großer und kapitalmarktorientierter Unternehmen. Übersteigt der Kapitalbedarf eines Unternehmens die Möglichkeiten eines einzelnen Kapitalgebers, bedarf es der Außenfinanzierung in Form der Marktfinanzierung.5 Hierbei hat das Unternehmen die Wahl zwischen der Eigenkapitalfinanzierung mittels der Ausgabe neuer Aktien einerseits und der Aufnahme von Fremd- und MezzanineKapi­tal mittels der Ausgabe einer oder mehrerer Anleihen andererseits.6 Während sowohl die Ausgabe neuer Aktien (§§  182–220 AktG) als auch die durch sie vermittelten Rechte und Pflichten im Aktienrecht ausführlich geregelt sind, kommt der Begriff der Anleihe in der Gesetzterminologie kaum vor. Eine seltene Ausnahme ist §  367 Abs.  1 Satz 3 HGB. Danach gelten die in Bezug auf Inhaberschuldverschreibungen erlassenen Bestimmungen über den gutgläubigen Erwerb auch für „an Order lautende Anleiheschuldverschreibungen“, sofern sie mit einem Blankoindossament versehen sind. Das in der Literatur vorherrschende Verständnis, Anleihen seien kapitalmarktfähige7 Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission,8 hat der Gesetzgeber in §  4 Satz 1 SchVG übernommen. Der Begriff der Anleihe wird dort als Synonym für die in §  1 Abs.  1 SchVG legaldefinierten Schuldverschreibungen verwendet9 und umfasst demnach inhaltsgleiche Teilschuldverschreibungen aus Gesamtemissionen.10

5 

Statt vieler Rudolph Unternehmensfinanzierung 1.1.4 = 6. Statt vieler Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker Unternehmensfinanzierung 13. 7  Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, D. II. 3. = 461; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  42. 8 Heymann/N. Horn HGB §   367 Rn.  3 ; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 5, 6. Unklar Assmann WM 2005, 1053; Masuch Anleihebedingungen 25; von Randow ZBB 1994, 23, 24, die das Erfordernis einer Gesamtemission zwar nicht nennen, aber wohl voraussetzen. 9  Dieses Verständnis lag auch §  1 Abs.  1 SchVG-RefE zugrunde, der Schuldverschreibungen als inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Anleihen definierte. Siehe dazu N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 17. 10  N. Horn BKR 2009, 446, 447; Schönhaar Gläubigerversammlung 26. 6 

§  1. Thematische Einführung

3

A. Inhalt von Anleihebedingungen Darüber, ob Teilschuldverschreibungen – wie von §  1 Abs.  1 SchVG vorausgesetzt – inhaltsgleich sind, entscheiden die Anleihebedingungen.11 Sie enthalten ausweislich des §  2 Abs.  1 Satz 1 SchVG eine Beschreibung der versprochenen Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger.

I. Beschreibung der Leistung Schuldverschreibungen sind Wertpapiere.12 Sie gewähren dem Berechtigten – auch im Fall einer aktienähnlichen Ausgestaltung – keine körperschaftlichen Mitverwaltungs- und Kontrollrechte,13 sondern verbriefen – regelmäßig auf den jeweiligen Inhaber – das Recht, eine oder mehrere Leistungen zu fordern. Bei Anleihen besteht das Leistungsversprechen regelmäßig aus zwei Elementen, nämlich dem Anspruch auf die Zahlung von Zinsen und dem Anspruch auf die Rückzahlung des Nennbetrags.14 Beide Elemente des Leistungsversprechens können aufschiebend oder auflösend bedingt,15 gewinnabhängig,16 von der Erbringung einer Gegenleistung oder der Höhe nach von der Entwicklung eines underlying abhängig sein.17 Zu der Beschreibung der jeweiligen Leistung gehören auch deren Fälligkeit18 sowie die Bestimmung der Nachrangigkeit der Gläubigeransprüche in der Abwicklung und Liquidation des Schuldners.19

II. Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger Neben dem Leistungsversprechen regeln die Anleihebedingungen auch sonstige Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger. Anhand der Wirkweise können im Wesentlichen zwei Gruppen von Bestimmungen unterschieden werden, nämlich zum einen Bestimmungen, die dem Schuldner bestimmte Rechte einräumen, und zum anderen gläubigerschützende covenants. 11  BT-Drucks. 16/12814, 16 zu §  1 SchVG-RegE; Hopt/Seibt/Artzinger-Bolten/Wöckener SchVG §  1 Rn.  19; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  1 Rn.  33; FK-SchVG/Hartwig-Jacob SchVG §  1 Rn.  114. 12 BuB/Bosch Rn.  10/154; BRHP/Gehrlein BGB §  793 Rn.  1; MüKoBGB/Habersack Vor §  793 Rn.  10; Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  7, 8; Jauernig/A. Stadler BGB §  793 Rn.  2 ; Soergel/Welter Vor BGB §  793 Rn.  6 ; Erman/R. Wilhelmi Vor BGB §  793 Rn.  2 ; ähnlich Masuch Anleihebedingungen 25: Anleihen seien Wertpapiere. 13  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. II. 14  von Randow ZBB 1994, 23, 24. 15  Ein Beispiel hierfür ist die Credit-Linked-Note. Siehe dazu A. Zahn/Lemke WM 2002, 1536, 1537. 16  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. I. 17 BuB/Bosch Rn.  10/154. 18  Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 6. 19  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. III.

4

Einleitung

1. Rechte der Schuldner In erster Linie enthalten die Anleihebedingungen Bestimmungen, in denen sich der Schuldner bestimmte Rechte vorbehält, deren Ausübung sich in der Regel zum Nachteil der Gläubiger auswirken würde. Hierzu gehören u. a. das Recht, den Inhalt der Anleihebedingungen in bestimmten Fällen (z. B. bei einem offensichtlichen Irrtum) einseitig anzupassen,20 sowie die Rechte, den Emittenten durch einen anderen Schuldner zu ersetzen 21 und die Anleihe durch die Ausgabe neuer Teilschuldverschreibungen, die mit den umlaufenden Teilschuldverschreibungen eine Serie bilden sollen, ohne die Zustimmung der Gläubiger aufzustocken. Weiterhin ist regelmäßiger Bestandteil der Anleihebedingungen das Recht, die Anleihe in bestimmten Fällen vorzeitig zu kündigen, sei es nach Ablauf einer vertraglich bestimmten Zeit, sei es aufgrund eines besonderen Ereignisses, z. B. einer Änderung der steuerlichen Rechtslage oder des Ratingergebnisses, eines Kontrollwechsels oder des Absinkens des im Umlauf befindlichen Nennbetrags unter eine bestimmte Summe infolge des Rückerwerbs eigener Teilschuldverschreibungen. Ferner enthalten die Anleihebedingungen in der Regel eine Bestimmung, die dem Schuldner die Bekanntmachung von Mitteilungen (z. B. einer Kündigungserklärung) gegenüber der Vielzahl der Gläubiger erleichtert, sowie eine Haftungsbeschränkung des Emittenten. 2. Gläubigerschutz durch covenants Als covenants werden vertragliche Bestimmungen in den Anleihebedingungen bezeichnet, die dem Schutz der Schuldverschreibungsinhaber vor Beeinträchtigungen der verbrieften Ansprüche dienen.22 Sie beinhalten Nebenpflichten 23 des Emittenten, bestimmte in den Anleihebedingungen näher umschriebene Handlungen bei der Unternehmensleitung vorzunehmen (positive covenants bzw. affirmative covenants 24) oder zu unterlassen (negative covenants 25). In 20 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 B. I. 1. Zu Einzelheiten der Schuldnerersetzung nachstehend Kap.  2 §  6 B. 22  Eidenmüller ZZP 121 (2008), 273, 277; Ferran, Company Law, 470; Gower/Davies, Company Law, Rn.   31-4; Hannen DB 2013, 1432; dies. DB 2012, 2233; Heitmann High-Yield-Anleihen 115; Hornuf/Reps/Schäferling ZBB 2013, 202; Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 568 (1995); Khakzad, Financial Covenants, 19 f.; Kusserow/Dittrich WM 2000, 745, 749; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.693; Servatius CFL 2013, 14; A. Wittig WM 1996, 1381. 23  Heitmann High-Yield-Anleihen 146  f.; Hinsch/Horn/Hinsch Konsortialkredite 87; Khakzad, Financial Covenants, 19; Kusserow/Dittrich WM 2000, 745, 752; Staub/Renner BankvertragsR IV Rn.  876; ähnlich (Nebenleistungspflichten) Kästle Covenants 73; Merkel Negativklausel 32; a. A. (Obliegenheiten) A. Wittig WM 1996, 1381, 1385. 24 Zu Einzelheiten Schlitt/Hekmat/Kasten AG 2011, 429, 430; Staub/Renner BankvertragsR IV Rn.  887 f.; Thießen ZBB 1996, 19, 20. 25  Zu Einzelheiten Staub/Renner BankvertragsR IV Rn.  889 ff. m. w. N. Besonders verbrei21 

§  1. Thematische Einführung

5

Betracht kommen z. B. strukturelle Maßnahmen (Umwandlungen, Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft 26), Transaktionen mit anderen Konzernunternehmen, Veräußerungsverbote hinsichtlich bestimmter Vermögenswerte (asset dilution) und Beschränkungen betreffend die Neuverschuldung sowie die Dividendenpolitik.27 Aufgrund ihrer Wirkung zugunsten der Gläubiger scheidet eine Unwirksamkeit der covenants in Anleihebedingungen nach den §§  307 ff. BGB aus. Sie bleiben im Rahmen dieser Arbeit daher weitgehend unberücksichtigt.

III. Sonstige Bestimmungen Der Regelungsgehalt der Anleihebedingungen erschöpft sich in der Regel nicht in der Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger. Darüber hinaus enthalten sie regelmäßig Bestimmungen, die das Vokabular der Anleihebedingungen definieren, das Gesamtvolumen der Anleihe auf rechtlich selbstständige Teilschuldverschreibungen aufteilen (sog. Stückelung) 28 sowie den Gerichtsstand und das anwendbare Recht festlegen.29 Nicht selten beinhalten die Anleihebedingungen auch Regelungen betreffend das Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Treuhändern, die etwa als Zahlstelle oder Inhaber eventuell bestellter Sicherheiten fungieren.30

IV. Finanzinnovationen Während einige Bestimmungen in den Anleihebedingungen weitgehend standardisiert sind, sind andere – insbesondere die Bestimmung der Leistung – das Mittel für die kontinuierliche Entwicklung von produktorientierten Finanzinnovationen.31

tet sind Negative-pledge-Klauseln, siehe N. Horn 9 Georgetown J. Int. Law 753, 764, 765 (1977). 26 Siehe Bungert/Wansleben ZIP 2013, 1841 ff. für sog. lock-up agreements. 27  Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 453. 28  Stucke DM-Auslandsanleihen 22; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 12. Die Nennwerte der Teilschuldverschreibungen lauten üblicherweise auf EUR 100, EUR 500, EUR 1.000, EUR 5.000 und EUR 10.000, siehe Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker Unternehmensfinanzierung 296. 29  Parche in Henssler/Kolbeck/Moritz/Rehm, Europäische Integration und globaler Wettbewerb, 351, 355; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 6. 30  Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365 mit Fn.  95; von Randow ZBB 1994, 23, 24 mit Fn.  2. 31  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1598 f.; N. Horn 9 Georgetown J. Int. Law 753, 763 f. mit Fn.  42 (1977).

6

Einleitung

1. Abschaffung vormals bestehender Innovationshemmnisse Voraussetzungen für die seit Anfang der 1990er Jahre rasant gestiegene Produktvielfalt 32 – inzwischen werden nahezu täglich neue Finanzprodukte entwickelt33 – waren die sog. Restliberalisierung und die Aufhebung der Genehmigungsvorbehalte für die Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen (§§  795, 808a BGB a. F.). a) Restliberalisierung Die Entwicklung innovativer Finanzmarktprodukte ist in Deutschland faktisch erst seit der Restliberalisierung möglich,34 die durch die „Erklärung der Deutschen Bundesbank zur Begebung von DM-Auslandsanleihen“ vom 12.5.1985, gültig ab dem 1.5.1986,35 eingeleitet wurde. Aufgrund einer früheren Erklärung der Deutschen Bundesbank war es deutschen Banken bis zum 30.4.1986 u. a. untersagt, an DM-Emissionen verschiedener – im internationalen Emissionsgeschäft bereits üblicher – Gestaltungen mitzuwirken, z. B. an Nullkuponanleihen (zerobonds), Anleihen mit einer variablen Verzinsung (floating rate notes) sowie an Schuldverschreibungen, die mit einem cross currency swap verbunden werden sollten.36 Die Erklärung der Bundesbank war zwar rechtlich nicht verbindlich, wurde aber im Sinne einer moral suasion von der Praxis durchweg beachtet.37 b) Emissionsfreiheit für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen Mit der Aufhebung der Genehmigungsvorbehalte für die Ausgabe von Inhaberund Orderschuldverschreibungen (§§  795, 808a BGB a. F.) wurde mit Wirkung vom 1.1.199138 ein weiteres Hemmnis für die Entwicklung innovativer Finanzprodukte beseitigt.39 Obwohl in dem behördlichen Genehmigungsverfahren in der Regel keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen stattfand,40 war es 32 

N. Horn WM 1999, 1. Funk RIW 1998, 138; N. Horn WM 1999, 1; V. Lang/Balzer FS Nobbe, 2009, 639, 679; Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859. 34  Möslein ZBB 2013, 1, 2; Christians/Röller Finanzierung-HdB 289, 292. 35  Die Erklärung wurde mit Wirkung ab dem 1.7.1989 geändert, siehe Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 1989, 16. 36  Büschgen, Internationales Finanzmanagement, 1986, 139 (nicht wiederholt in den Folgeauflagen); Hilke/Singer FS Jojima, 1990, 205; Niemann WM 1993, 777; Christians/Seipp Finanzierung-HdB 301, 305. 37  Hopt WM 1990, 1733, 1735; ders. FS Steindorff, 1990, 341, 345; Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168; Weber-Rey 1 IJRL & P 29, 30 (1992). 38  Art.  3 Satz 1 i. V. m. Art.  1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839). 39  Lehmann Finanzinstrumente 359. 40  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  5 §  12 A. III. 1. b). 33 

§  1. Thematische Einführung

7

nicht ohne restriktive Auswirkung auf die Ausgestaltung der Anleihebedingungen. Die erteilten Emissionsgenehmigungen enthielten nicht selten inhaltliche Vorgaben, die zu einer weitgehenden Konvergenz der Anleihebedingungen führten und daher faktisch einen Marktstandard prägten. Die Emittenten versprachen ganz überwiegend einen unveränderlich festgelegten Nominalzinssatz. Anpassungsmöglichkeiten für den Fall verschiedener credit events und Bezugnahmen auf underlyings waren seltene Ausnahmen. Vergleichbares galt für die Tilgungsverpflichtung. Sie war in der Regel ebenfalls unbedingt ausgestaltet, insbesondere von der Entwicklung externer Indizes unabhängig. Abweichungen von diesem Marktstandard in Gestalt von innovativen Produktgestaltungen waren selten. Grund hierfür war die Befürchtung, die zuständige Behörde könne ausnahmsweise eine inhaltliche Prüfung der Anleihebedingungen vornehmen, die das Genehmigungsverfahren verzögere und dazu führe, dass der Emittent eine besonders günstige, aber nur kurzfristig verfügbare Gelegenheit am Kapitalmarkt versäume. 2. Motive für produktorientierte Finanzinnovationen Die Initiative für die Entwicklung innovativer Finanzprodukte41 kann sowohl von den Emittenten als auch von den emissionsbegleitenden Instituten ausgehen. a) Motive der Emittenten Sofern die Emittenten die Entwicklung von Produktinnovationen anstoßen, können rechtliche und marktbedingte Motive unterschieden werden. aa) Rechtliche Rahmenbedingungen Die Motivation für die meisten produktorientierten Finanzinnovationen liegt im Steuerrecht und – in regulierten Industrien, insbesondere bei Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapierinstituten und Versicherungsunternehmen – im Aufsichtsrecht (z. B. Anforderungen an die Eigenmittelausstattung, Zins­ obergrenzen).42 Zu der Gruppe der rechtlichen Rahmenbedingungen gehören 41  Der Begriff der Finanzinnovation umfasst nicht nur produktorientierte Finanzinnovationen (z. B. asset backed securities, collateralized debt obligations), sondern sowohl den Akt der Entwicklung als auch der Vermarktung neuer Anlageobjekte, neuer Technologien, neuer Institutionen, neuer Märkte sowie neuer Vorgehens- und Geschäftsprozessmodelle, einschließlich der Anwendung bekannter Praktiken in neuen Marktumfeldern, siehe World Economic Forum, Rethinking Financial Innovation, 16; Christians/Seipp Finanzierung-HdB 301, 303. 42  Duffie/Rahi 65 J. Econ. Theory 1, 2, 8 (1995); Finnerty 4 J. Appl. Corp. Fin. 23, 24 (1992); Funk RIW 1998, 138, 140; Gergen/Schmitz 52 Tax L. Rev. 119 (1997); Knoll 52 Tax L. Rev. 199 (1997); Kolbrenner 15 Va. Tax Rev. 211, 214 (1995); Merton 4 J. Appl. Corp. Fin. 12,

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Einleitung

neben der objektiven Rechtsordnung z. B. auch die in Leitlinien niedergelegten Anforderungen der Ratingagenturen an das Eigenkapital der Emittenten.43 Diese sind für die Emittenten zwar rechtlich nicht verbindlich; es handelt sich um interne Leitlinien für das Ratingverfahren. Aufgrund ihrer Transparenz sind sie aber gleichwohl geeignet, die Emittenten zu der Entwicklung von Kapitalinstrumenten zu motivieren, welche die Ratingkriterien erfüllen. bb) Marktbedingte Motive Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Nachfrage der Anleger nach Finanzprodukten, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen, ein weiteres Motiv für die Entwicklung neuer Finanzprodukte. Insbesondere institutionelle Investoren sind kontinuierlich auf der Suche nach der bestmöglichen Anlage ihrer Vermögenswerte.44 Daher hat das Interesse der Anleger an festverzinslichen Standardprodukten seit der Liberalisierung des Kapitalmarktes Mitte der 1980er Jahre abgenommen.45 Die Befriedigung dieser Anlagebedürfnisse liegt naturgemäß auch im eigenen Interesse der Emittenten, die den Absatz der ausgegebenen Wertpapiere dadurch sicherzustellen versuchen, dass sie innovative Produkte entwickeln und anbieten, die der zuvor im Rahmen des market sounding ermittelten Nachfrage entsprechen.46 b) Motive der emissionsbegleitenden Institute Bei am Emissionsgeschäft beteiligten Kreditinstituten hat die Verringerung der Zinserträge aus dem (Standard-)Kreditgeschäft das Bestreben ausgelöst, neue Mandate für Anleiheemissionen zu gewinnen, um höhere Provisionen mit dem Emissionsgeschäft zu generieren. Um die grundsätzliche Konsortialtreue zu durchbrechen und neue Mandate zu gewinnen, gerieren die Emissionshäuser sich durch innovative Anleihegestaltungen als kreative Dienstleister,47 deren Produkte besser auf die individuellen Bedürfnisse der Emittenten abgestimmt seien als die Anleihen, die der Emittent bisher ausgegeben habe und welche konkurrierende Institute anbieten.48

16 (1992); M. Miller 21 J. Financ. Quant. Anal. 459, 460 (1986); Möslein ZBB 2013, 1, 9; Tufano in CHS, Handbook of the Economics of Finance, 307, 318; Schenk 50 Tax L. Rev. 487 (1995); Strnad 46 Stan. L. Rev. 569, 570 (1994). 43  Möslein ZBB 2013, 1, 10; Tufano in CHS, Handbook of the Economics of Finance, 307, 319. 44  Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1860. 45  Niemann WM 1993, 777, 780. 46  Duffie/Rahi 65 J. Econ. Theory 1, 2 (1995); Funk RIW 1998, 138, 139; Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1860. 47 Christians/Seipp Finanzierung-HdB 301, 303. 48  Duffie/Rahi 65 J. Econ. Theory 1, 2, 9 (1995); Niemann WM 1993, 777, 779.

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c) Prognose Finanzinnovationen sind keine vorübergehende Modeerscheinung. Die gegenteilige Prognose von Merton H. Miller, die Innovationskraft des U.S.-amerikanischen Kapitalmarktes, die in der Zeit von Mitte der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre historisch einzigartige Höhen erreicht habe, werde sich in Zukunft abschwächen,49 gilt inzwischen als widerlegt.50 Die anhaltende Entwicklung neuer Finanzprodukte wird in der Ökonomie zum einen mit der Unvollkommenheit der Finanzmärkte begründet. Diese werde durch produktorientierte Finanzinnovationen reduziert.51 Zum anderen seien Finanzinnovationen auf die Dynamik des Marktes zurückzuführen.52 Die Anlagebedürfnisse potentieller Investoren veränderten sich aufgrund externer Parameter – seien es ökonomische Bedürfnisse, seien es rechtliche Rahmenbedingungen – fortlaufend, weshalb es für einen erfolgreichen Absatz neuer Wertpapiere erforderlich sei, bei deren Gestaltung auf die Wünsche der Anleger einzugehen.53 3. Fokus auf Zahlungsverpflichtungen Gegenstand der produktorientierten Finanzinnovationen ist in erster Linie die Bestimmung der Leistung, d. h. die Gestaltung der Zahlungsverpflichtungen. Beispiele hierfür sind Anleihen ohne Zinskupon (zerobonds), variabel verzinste Anleihen (floating rate notes) sowie sog. Stufenzinsanleihen, bei denen der Emittent den Gläubigern einen jährlich ansteigenden Kupon verspricht.54 4. Strukturierte Wertpapiere und ihre Elemente Produktorientierte Finanzinnovationen entstehen durch die Kombination von zwei oder mehr Elementen.55 Die einzelnen Elemente entstammen den hergebrachten Kapitalinstrumenten. Sie werden im Zuge der Strukturierung in ihre Grundelemente zerlegt und – sofern sie nicht wie z. B. die von Anleihen abgetrennten Zinskupons separat verkehrsfähig sind und veräußert werden56 – neu 49  M. Miller 4 J. Appl. Corp. Fin. 4, 10 (1992); ders. 21 J. Financ. Quant. Anal. 459, 459 f., 471 (1986). 50  Knoll 87 Or. L. Rev. 93, 95 (2008); Merton 4 J. Appl. Corp. Fin. 12, 13 (1992); Möslein ZBB 2013, 1, 3; Tufano in CHS, Handbook of the Economics of Finance, 307, 309; ders. 7 J. Appl. Corp. Fin. 90 (1995). 51  Duffie/Rahi 65 J. Econ. Theory 1 (1995); Möslein ZBB 2013, 1, 7; Christians/Süchting Finanzierung-HdB 145, 155. 52  Möslein ZBB 2013, 1, 3. 53  Niemann WM 1993, 777, 781. 54 Christians/Süchting Finanzierung-HdB 145, 155; Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1862. 55  Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1861. 56  Niemann WM 1993, 777; Warren 107 Harv. L. Rev. 460 (1993).

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zusammengesetzt.57 Aufgrund der weitgehend zwingenden Ausgestaltung der Rechte und Pflichten, die eine Aktie vermittelt (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG), scheidet diese als Basis für produktorientierte Innovationen aus. Die Zusammensetzung erfolgt daher mit den Mitteln des Vertragsrechts im Rahmen eines Schuldversprechens,58 das in der Regel gemäß §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB in einer Schuldverschreibung auf den Inhaber verbrieft wird.59

B. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen Das Recht ist nicht nur Anlass für die Entwicklung produktorientierter Fi­ nanz­innovationen; es bestimmt auch die Grenzen möglicher Innovationen. Anleihebedingungen unterliegen einer Inhaltskontrolle nach den §§  307 ff. BGB. 60 Soweit die Schuldverschreibungen aktienähnlich ausgestaltet sind, hat diese Inhaltskontrolle sich auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen zu orientieren. 61

I. Grundsatzentscheidung in der Rechtssache Klöckner & Co. KGaA Grundlegend für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen ist bis heute die sog. Klöckner-Entscheidung62 des II. Zivilsenats des BGH vom 5.10.1992. 1. Stellungnahme des OLG Düsseldorf In dem Berufungsurteil sprach das OLG Düsseldorf sich in einem obiter dictum gegen die Anwendung des AGBG auf Genussscheinbedingungen aus. Es könne nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, einen Standard für Genussscheine zu entwickeln oder jedenfalls einen allgemeinen rechtlichen Rahmen abzustecken, innerhalb dessen die Rechte und Pflichten sich halten müssten. Die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Bedingungen von Genussscheinen korrespondierten in der Regel untereinander und stünden auch im Kontext mit der jeweiligen Marktlage (Zinsniveau, Einschätzung langfristiger Entwicklungen etc.). Die Rechtsprechung überfordere sich, wolle sie Standards für Genussscheinbedingungen aufstellen und im Nachhinein entscheiden, ob zu einem 57  S. Brandt BKR 2005, 328, 329; Lenenbach NZG 2001, 481, 483; Niemann WM 1993, 777, 778; Warren 107 Harv. L. Rev. 460 (1993); Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1860, 1861. 58  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  4 B. 59  Könige SchVG 1899 Einl 2; Möslein ZBB 2013, 1, 6. 60  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1. 61  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 B. 62  BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57.

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bestimmten Zeitpunkt ausgegebene Genussscheinbedingungen angemessen waren oder nicht, sowie in welcher Fassung sie angemessen gewesen wären.63 Trotz dieses Plädoyers ließ das OLG Düsseldorf die Anwendbarkeit des AGBG letztlich dahinstehen, da die verfahrensgegenständlichen Genussscheinbedingungen auch dann wirksam seien, wenn man zugunsten des Klägers die Anwendbarkeit des AGBG auf Genussscheinbedingungen unterstelle.64 2. Grundlegende Aussagen des BGH Die vom OLG Düsseldorf formulierten Bedenken gegen die Anwendung des AGBG hielten den BGH nicht von der Aussage ab, Genussscheinbedingungen seien AGB, die einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterlägen. Soweit die Genussrechte aktienähnlich ausgestaltet seien, unterlägen sie auch einer an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen ausgerichteten Inhaltskontrolle. 65

II. Inhaltskontrolle nicht nur von Genussscheinbedingungen Die Aussage der Klöckner-Entscheidung, Genussscheinbedingungen seien AGB, die einer Inhaltskontrolle unterlägen, 66 hat die Rechtsprechung in nachfolgenden Entscheidungen auf Anleihebedingungen anderer Finanzinstrumente ausgedehnt. Nachdem der 16. Zivilsenat des OLG Frankfurt die Frage der Anwendung des AGBG auf Anleihebedingungen einer Inhaberschuldverschreibung in einem Urteil, das keine drei Wochen nach der Klöckner-Entscheidung erlassen wurde, noch offengelassen hatte,67 urteilte der 23. Zivilsenat des OLG Frankfurt im Oktober 2004, dass die Anleihebedingungen einer Inhaberschuldverschreibung – konkret einer Aktienanleihe – AGB seien.68 Der XI. Zivilsenat des BGH hat nicht nur diese Rechtsauffassung bestätigt, 69 sondern sie in der jüngsten höchstrichterlichen Entscheidung dahingehend verallgemeinert, dass Anleihebedingungen „generell“70 AGB seien.

63 

OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1381. OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379. 65  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. 66  BGHZ 119, 305 (Ls. c) = NJW 1993, 57. 67  OLG Frankfurt WM 1993, 2089. 68  OLG Frankfurt WM 2005, 1080, 1082. 69  BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917. 70  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  20. 64 

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C. Ungewissheit über Maßstäbe der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Auch mehr als zwanzig Jahre nach der grundlegenden Klöckner-Entscheidung besteht noch erhebliche Rechtsunsicherheit über die Maßstäbe der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Aus dem breiten Spektrum möglicher Bestimmungen in den Anleihebedingungen betreffen die wenigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Urteile nur die Fiktion des Zugangs einer Kündigungserklärung des Emittenten71 sowie den Vorbehalt, offensichtliche Irrtümer in den Anleihebedingungen berichtigen zu dürfen.72 Für sämtliche anderen Bestimmungen, z. B. die Schuldnerersetzung 73 oder mögliche Einschränkungen des Kündigungsrechts der Gläubiger wie sie in den §§  795a, 795d Satz 2 BGBDiskE vorgesehen waren, fehlen bislang veröffentlichte Judikate. Aus der Sicht derjenigen, die Anleihebedingungen gestalten, besteht Ungewissheit über zwei Punkte, nämlich zum einen über die Wirksamkeit einzelner Bestimmungen und zum anderen – dies unterscheidet die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen von der Inhaltskontrolle anderer Vertragswerke – über das dispositive Recht, von dem die jeweilige Bestimmung abweicht bzw. die sie ergänzt, sowie deren wesentlichen Grundgedanken. Dies gilt auch und erst recht, wenn die Inhaltskontrolle aufgrund einer aktienähnlichen Ausgestaltung des Kapitalinstruments auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist.74

D. Ökonomische Auswirkungen der Rechtsunsicherheit Die geringe Anzahl obergerichtlicher und höchstrichterlicher Entscheidungen zu den Grenzen der Wirksamkeit von Anleihebedingungen führt – wie eben dargelegt – zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Die Ungewissheit betrifft nicht nur innovative Klauselgestaltungen, sondern auch marktübliche Bestimmungen. Ein Beispiel hierfür ist ein obiter dictum des OLG Frankfurt, wonach eine Bestimmung, die dem Emittenten das Recht gewährt, den Anleiheschuldner ohne Zustimmung der Anleihegläubiger zu ersetzen, von nicht näher genannten wesentlichen Grundgedanken des Vertragsrechts abweichen und nach §  307 Abs.  2 Nr.  1, Abs.  1 BGB unwirksam sein soll.75

71 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 B. I. 2. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 B. I. 1. 73  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  6 B. 74  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 B., C. 75  OLG Frankfurt AG 2012, 373 Rn.  31. Zu Einzelheiten der Schuldnerersetzung nach­ stehend Kap.  2 §  6 B. 72 

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I. Risiko der Unwirksamkeit Nach ständiger Rechtsprechung tragen die Emittenten als Verwender der Anleihebedingungen das Risiko, dass einzelne Bestimmungen nach der Ausgabe der Schuldverschreibungen in gerichtlichen Entscheidungen wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners als unwirksam beurteilt werden.76 Dies gilt auch dann, wenn die Bestimmungen über einen langen Zeitraum unbeanstandet geblieben sind; die Verwendung einer nach den §§  307 ff. BGB unwirksamen Bestimmung begründet auch dann kein schutzwürdiges Vertrauen, wenn ihre Unwirksamkeit erst später gerichtlich festgestellt wird.77 Aus der bestehenden Rechtsunsicherheit können für den Emittenten erhebliche finanzielle Nachteile resultieren. 1. Höhere Zinsbelastungen Die Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit von Anleihebedingungen führe – so die Behauptung insbesondere in der U.S.-amerikanischen Literatur – ebenso wie Ungewissheiten über ökonomische Rahmenbedingungen zu Risiko­ abschlägen bei der Bewertung von Schuldverschreibungen, die den Marktpreis verringern.78 Obgleich diese Folge primär den Sekundärmarkt betrifft, ist sie regelmäßig nicht ohne Relevanz für den vom Emittenten zu zahlenden Nominalzinssatz. Bei nahezu allen syndizierten Anleiheemissionen erfolgt die Bestimmung des Nominalzinssatzes auf Grundlage des sog. Bookbuilding-Verfahrens.79 Dabei beauftragt der Emittent einen bookrunner – dieser ist regelmäßig der lead manager des Emissionskonsortiums80 – damit zu ermitteln, mit welchem Aufschlag auf einen festgelegten Referenzzinssatz die Schuldverschreibung in dem beabsichtigten Volumen bei institutionellen Investoren – hierzu zählen insbesondere öffentliche Einrichtungen und private Institutionen, die mit Vorsorge- und Sparcharakter ausgestattetes Kapital zur kollektiven Anlage und Verwaltung annehmen und reinvestieren81 – platziert werden kön76  BGHZ 194, 208 Rn.  17 = NJW 2012, 3023 für Versicherungsbedingungen; BGHZ 132, 6, 12 = NJW 1996, 924 für eine Bürgschaft; BGHZ 106, 42, 52 = NJW 1989, 222 für ein Hypothekendarlehen; BGH NJW 2013, 3647 Rn.  63 für AGB in Gasversorgungsverträgen; BGH NJW 2008, 1438 Rn.  20 für einen Mietvertrag. 77  BGHZ 132, 6, 12 = NJW 1996, 924; BGHZ 106, 42, 52 = NJW 1989, 222; BGH NJW 1981, 1511, 1512. 78  Bratton 5 Cardozo L. Rev. 371, 375 (1984). 79 BuB/Bosch Rn.   10/86; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.87; abweichend Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/86: bei Anleiheemissionen selten. Alternative Verfahren sind das Auktionsverfahren und das sog. bilaterale pricing. Ersteres findet Anwendung bei der Emission von Staatsanleihen und Anleihen staatsnaher Unternehmen, letzteres im Rahmen von Privatplatzierungen, siehe KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.88. 80 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.87 mit Fn.  5. 81  R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 19.

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ne. In Ausführung des Auftrags fordern die bookrunner potentielle institutionelle Investoren auf zu erklären, zu welchen Konditionen sie bereit wären, Teilschuldverschreibungen zu erwerben, insbesondere welchen Nominalzinssatz sie fordern würden. Sofern die potentiellen Investoren den Inhalt der Anleihebedingungen berücksichtigen82 und die Wirksamkeit einer Bestimmung bezweifeln, erhöhen sie den geforderten Nominalzinssatz um einen nicht gesondert ausgewiesenen Risikozuschlag. Unter diesen Umständen begründet die Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit einzelner Anleihebedingungen finanzielle Mehraufwendungen des Emittenten. 2. Unerwartete Verbindlichkeiten und Liquiditätsabflüsse Sobald ein Gericht eine Bestimmung in den Anleihebedingungen als unwirksam beurteilt, drohen dem Emittenten – abhängig von dem Inhalt der Bestimmung – zusätzliche finanzielle Belastungen, z. B. im Fall der Unwirksamkeit der Verlustbeteiligung der Anleihegläubiger höhere Zins- und/oder Rückzahlungsverbindlichkeiten als zunächst angenommen. Die Auswirkungen wären insbesondere deshalb erheblich, weil die Emittenten für die Verbindlichkeiten, die sie im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen treffen, regelmäßig keine Rückstellungen bilden. a) Rechtmäßigkeit der Praxis Der Verzicht auf Rückstellungen ist regelmäßig nicht zu beanstanden. In der Handelsbilanz – Gleiches gilt aufgrund deren Maßgeblichkeit auch für die Steuerbilanz (§§  5 Abs.  1 Satz 1 EStG, 8 Abs.  1 Satz 1 KStG) 83 – sind Rückstellungen gemäß §  249 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1 HGB für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Ungewiss in diesem Sinne sind sowohl Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber noch ungewiss ist, als auch solche Verbindlichkeiten, deren künftiges Entstehen noch ungewiss ist, wobei die Ungewissheit der Höhe nach noch dazukommen kann.84 Von der zweiten Alternative umfasst sind auch solche Verbindlichkeiten, die von dem Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens abhängen. 85 Für diese sind Rückstellungen zu bilden, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstanden sind86 und ein sorgfältiger und 82 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1 §  3 C. I. 3. c) bb). dem Maßgeblichkeitsgrundsatz bei Rückstellungen siehe BFHE 172, 456, 460 = BStBl. II 1993, 891 = NJW 1994, 543; BFHE 157, 416, 420 = BStBl. II 1990, 550; BFHE 140, 30, 33 = BStBl. II 1984, 263; BFHE 133, 363, 365 = BStBl. II 1981, 669; FG Köln EFG 2006, 648, 649; Staub/Kleindiek HGB §  249 Rn.  20; BeBiKo/Schubert HGB §  249 Rn.  13. 84  BFHE 198, 420, 421 = BStBl. II 2003, 279; BFHE 196, 216, 217 = BStBl. II 2003, 121; BFHE 133, 363, 365 = BStBl. II 1981, 669; Brandis/Heuermann/Krumm EStG §  5 Rn.  791. 85  BFHE 193, 406, 414 = BStBl. II 2001, 349 für einen möglichen Rückforderungsanspruch im Fall des Erfolgs einer Anfechtungsklage. 86  BFHE 211, 475, 480 = BStBl. II 2006, 371; BFHE 198, 420, 422 = BStBl. II 2003, 279; 83 Zu

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gewissenhafter Kaufmann auf Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Umstände ernsthaft mit der zukünftigen Inanspruchnahme aus der Forderung rechnen muss.87 Bestreitet der Kaufmann – hier der Anleiheemittent – den Bestand einer Verbindlichkeit, hat er aufgrund der gebotenen Bewertungsvorsicht (§  252 Abs.  1 Nr.  4 HGB) und der Ungewissheit über den Ausgang eines Rechtsstreits gleichwohl eine Rückstellung zu bilden, sobald der Gläubiger seinen Anspruch klageweise geltend macht88 und solange der Anspruch nicht rechtskräftig abgewiesen worden ist.89 b) Wirtschaftliches Risiko Die Bilanzierung unter Verzicht auf Rückstellungen und eine darauf gründende Liquiditätsplanung bergen ein erhebliches, u. U. sogar existenzielles Risiko. Je nach Inhalt der unwirksamen Bestimmung in den Anleihebedingungen kann der Emittent Ansprüchen der Anleihegläubiger ausgesetzt sein, die er nicht, nicht in dieser Höhe oder nicht zu diesem Zeitpunkt vorausgesehen hat. Das Urteil, das die Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen ausspricht, wird zwar nur im Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem klagenden Anleihegläubiger rechtskräftig (§  325 Abs.  1 ZPO).90 Aufgrund der Tatsache, dass Teilschuldverschreibungen aus einer Gesamtemission fungible Wertpapiere mit denselben Anleihebedingungen sind, präjudiziert das Urteil faktisch aber auch die Rechtsverhältnisse des Emittenten zu den übrigen Anleihegläubigern. Die sofortige Fälligkeit der ihnen zustehenden Ansprüche – und nicht erst deren Durchsetzung – kann, wenn entsprechende Rückstellungen nicht existieren, u. U. eine finanzielle Krise des Emittenten oder gar dessen Insolvenz begründen. BFHE 193, 406, 414 = BStBl. II 2001, 349; FG Köln EFG 2006, 648, 649; Staub/Kleindiek HGB §  249 Rn.  29; Baumbach/Hopt/Merkt HGB §  249 Rn.  8 ; Gk-HGB/Reiß §  249 Rn.  12; Schmidt/Weber-Grellet EStG §  5 Rn.  376. 87  BFHE 211, 475, 480 = BStBl. II 2006, 371; BFHE 198, 420, 422 = BStBl. II 2003, 279; BFHE 196, 216, 217 = BStBl. II 2003, 121; BFHE 193, 406, 414 = BStBl. II 2001, 349; BFHE 192, 64, 67 f. = BStBl. II 2001, 536; BFHE 180, 258, 261 = BStBl. II 1996, 406; BFHE 172, 456, 458 = BStBl. II 1993, 891; BFHE 169, 423, 425 = BStBl. II 1993, 153; BFHE 157, 416, 421 = BStBl. II 1990, 550; BFHE 142, 226, 229 = BStBl. II 1985, 44; BFHE 140, 30, 33 = BStBl. II 1984, 263; BFHE 133, 363, 365 = BStBl. II 1981, 669; Jakob Einkommensteuer Rn.  738; Staub/ Kleindiek HGB §  249 Rn.  29, 31; Baumbach/Hopt/Merkt HGB §  249 Rn.  8; Schmidt/Weber-Grellet EStG §  5 Rn.  378; EBJS/Böcking/Gros HGB §  249 Rn.  27; Winnefeld Bilanz-HB Rn. D 892. 88  BFHE 197, 530, 532 = BStBl. II 2002, 688; BFHE 193, 406, 415 = BStBl. II 2001, 349; so wohl auch ADS Rechnungslegung HGB §  249 Rn.  72; einschränkend Brandis/Heuermann/ Krumm EStG §  5 Rn.  797: nur bei Erfolgsaussicht der Klage. 89  BFHE 185, 160, 162 = BStBl. II 1998, 375. 90  Zu Einzelheiten der Rechtskraftwirkung bei kapitalmarktfähigen Schuldverschreibungen nachstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1.

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Einleitung

II. Praktische Bedeutung der Anleihefinanzierung Trotz der Rechtsunsicherheit, die de lege lata mit der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen einhergeht, spielt die Ausgabe von Schuldverschreibungen eine große und in jüngerer Zeit sogar zunehmende Rolle in der Unternehmensfinanzierung.91 1. Wachsender Umfang der Anleihefinanzierung Im Jahr 1977, dem Jahr des Inkrafttretens des AGBG,92 betrug der Nominalwert der Schuldverschreibungen in den Depots der Kreditinstitute ca. 199 Mrd. DM.93 Der größte Anteil hiervon entfiel mit ca. 129 Mrd. DM auf sog. Bankobligationen.94 Insbesondere seit der Aufhebung der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. mit Wirkung vom 1.1.199195 ist die Bedeutung von Unter­ nehmensanleihen erheblich gestiegen.96 Seit dem Jahr 2006 beträgt allein die Summe der festverzinslichen, börsenzugelassenen Schuldverschreibungen von Emittenten mit Sitz in Deutschland kontinuierlich über drei Billionen Euro.97 Im Februar 2008 waren in Euro denominierte Schuldverschreibungen deutscher Emittenten mit einem Nominalwert von insgesamt EUR 2.786,4 Mrd. im Umlauf.98 Damit überstieg das Volumen des Anleihemarktes – selbst ohne Berücksichtigung der strukturierten und außerbörslich gehandelten Wertpapiere, deren Volumen inzwischen wohl deutlich größer ist99 – das Volumen des Aktienmarktes, das zum gleichen Zeitpunkt bei ca. EUR 163 Mrd. lag,100 um ein Vielfaches. 2. Publikumsfinanzierung auch mittelständischer Unternehmen Anders als bei Großunternehmen überwiegen bei mittelständischen Unternehmen – insbesondere solchen, die nicht in der Rechtsform der AG organisiert 91 

Kocher WM 2013, 1305; Meiisel/Bokeloh CFL 2010, 35. Siehe §  30 Satz 1 AGBG. 93  BMF, Bericht der Studienkommission „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“, 1979, 434 (Statistik der Deutschen Bundesbank über Wertpapierkundendepots). 94  BMF, Bericht der Studienkommission „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“, 1979, 434 (Statistik der Deutschen Bundesbank über Wertpapierkundendepots). 95  Art.  1 i. V. m. Art.  3 Satz 1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839). 96  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 10; Sester AcP 209 (2009), 628, 632; Westpfahl FS B. Kübler, 2015, 773. Diese Tendenz ist allerdings nicht auf Deutschland begrenzt, sondern international zu beobachten, siehe Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 448; Pagano/von Thadden 20 Oxf. Rev. Econ. Pol. 531, 533, 536 (2004). 97  Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juni 2014, Statistischer Teil, 52. 98  Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 356 mit Fn.  7. 99 Siehe Pohl WM 1995, 957 für derivative Produkte. 100 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  28. 92 

§  1. Thematische Einführung

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sind – im Bereich der externen Finanzierung seit mehreren Jahrzehnten langfristige Bankkredite.101 Trotz deren ungebrochener Dominanz gewinnt die Ausgabe von Schuldverschreibungen auch für mittelständische Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Ein Grund hierfür ist die Eröffnung besonderer Marktsegmente an mehreren deutschen Regionalbörsen seit Mai 2010. a) Gründe für die Dominanz der Bankkredite Bis Mai 2010 fand eine anleihebasierte Publikumsfinanzierung deutscher mittelständischer Unternehmen am organisierten Kapitalmarkt nicht statt. Ursächlich hierfür waren mehrere Umstände, die sich zum Teil gegenseitig bedingten. aa) Geringer Kapitalbedarf Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen war eine Hinwendung zum Kapitalmarkt nicht erforderlich. Insbesondere Sparkassen und Landesbanken vergaben vergleichsweise günstige Darlehen, so dass kein Anlass bestand, auf eine Publikumsfinanzierung zurückzugreifen.102 Dies galt nicht nur für die Emission von Anleihen, womit die Unternehmen Neuland betreten hätten, sondern auch für die kostenintensive Umwandlung des Rechtsträgers in eine AG verbunden mit einer Kapitalerhöhung oder der Veräußerung eigener Aktien. Die stete Verfügbarkeit von Mittelstandskrediten führte dazu, dass nur solche Unternehmen an den Kapitalmärkten Geld nachfragten, deren enormer Finanzbedarf nicht durch besicherte Bankdarlehen gedeckt werden konnte. bb) Befürchtung eines illiquiden Sekundärmarktes Anleihen wurden ausschließlich von umsatzstarke Aktiengesellschaften, deren Kursentwicklung die führenden Indizes maßgeblich beeinflussen (sog. Bluechip-Unter­nehmen), mit Volumen im dreistelligen Millionen Euro Bereich ausgegeben.103 Für Anleihen unterhalb dieser Schwelle existierte bis Mai 2010 in Deutschland kein funktionsfähiger Zugang zum organisierten Kapitalmarkt.104 Ursächlich hierfür war insbesondere die Befürchtung eines illiquiden Sekundärmarktes.105 Sie beruhte u. a. darauf, dass selbst die Bourse de Luxembourg, der führende europäische Marktplatz für die Erstzulassung von Unterneh101  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496. Abgeschwächt Büschgen, Internationales Finanzmanagement, 140: bedeutendes Finanzinstrument der Unternehmensfinanzierung. 102  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496. 103  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497; Schlitt/Kasten CFL 2011, 97. 104  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497. 105  Schlitt/Kasten CFL 2011, 97. In den U.S.A. wurden vergleichbare Zweifel an der Liquidität und Effektivität des Sekundärmarktes geäußert, siehe Coffee/Klein 58 U. Chi. L. Rev. 1207, 1217, 1218 (1991).

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mensanleihen neben der LSE,106 über keinen liquiden öffentlichen Sekundärmarkthandel verfügte.107 Die erforderlichen Maklerstrukturen fehlen bis heute.108 Es findet lediglich ein unkontrollierter Handel, d. h. ohne Einwilligung der Emittenten, dergestalt statt, dass andernorts vertretene Makler die an der Bourse de Luxembourg gelisteten Anleihen in den Freiverkehr anderer Börsen – in Deutschland überwiegend in Stuttgart oder Frankfurt109 – einbeziehen.110 Aufgrund der nur geringen Nachfrage der im Freiverkehr gehandelten Anleihen durch kleine und mittelgroße Vermögensverwalter sowie Privatanleger – sie tragen den Sekundärmarkthandel im Bereich der Aktien111 – waren die emissionsbegleitenden Institute und institutionellen Investoren zum Ersterwerb der Anleihen nicht bereit. b) Kreditklemme Seit dem Ende der 1990er Jahre nimmt das Interesse mittelständischer Unternehmen an der Publikumsfinanzierung erheblich zu. Maßgeblich hierfür ist eine Kreditklemme, zu der sowohl das Entfallen der Anstaltslast als auch die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute beigetragen haben. aa) Entfallen der Anstaltslast Mit der kreditwirtschaftlichen Versorgung des Mittelstands erfüllen die Sparkassen ihren öffentlichen Auftrag.112 Vor den mit der Darlehensausreichung einhergehenden Risiken waren sie im Wesentlichen durch die Anstaltslast geschützt. Danach war die jeweilige Gebietskörperschaft verpflichtet, die wirtschaftliche Basis der Sparkassen zu sichern, sie für die gesamte Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten und etwaige finanzielle Lücken – z. B. in Form einer Unterbilanz – durch Zuschüsse oder auf andere Weise zu schließen.113 Hiergegen reichte der Bankenverband der Europäischen Union im De106  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497; Casey/Lannoo, Europe’s Hidden Capital Markets, 33; Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 458. 107  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497/498. 108  Dementsprechend wird der Bourse de Luxembourg nur die Funktion als „Relaisstation, Depot- und Abrechnungsstelle“ zugeschrieben, siehe Portmann, Ansätze zu einem europäischen Kapitalmarkt, 47; Siebel, Internationale Anleihen, 133. 109  Blättchen/Mahn in Börsen-Zeitung Nr.  185 v. 25.9.2010, B4. 110  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497. 111  Blättchen/Nespethal CFB 2010, 496, 497. 112  Siehe z. B. Art.  2 Abs.  1 Satz 1 SpkG Bayern. 113  BGHZ 90, 161, 169 = NJW 1984, 1681; BT-Drucks. V/3500, 47 unter C.1.1.2.1; Fischer/ Klanten/von Alemann BankR Rn.  5.90; Ehlers DVBl. 1998, 497, 508; Fischer/Klanten/R. Fischer BankR Rn.  1.117; Gruson EuZW 1997, 357; Claussen/Kichhartz BankR/BörsenR §  1 Rn.  55; Möschel WM 2001, 1895; SBL/Rümker/Winterfeld BankR-HdB §   124 Rn.   29; H. Schneider/T. Busch EuZW 1995, 602, 603; Y. Simon Eur. St. Aid L. Q. 2007, 499, 500; Tho-

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zember 1999 eine Beihilfebeschwerde bei der Europäischen Kommission ein.114 Nachdem diese sich der Rechtsauffassung angeschlossen hatte, die Anstaltslast sei – ebenso wie die Gewährträgerhaftung – eine verbotene Beihilfe i. S. d. Art.  87, 88 EG (heute Art.  107, 108 AEUV),115 gelang es der Bundesrepublik Deutschland, eine Entscheidung des EuGH durch eine außergerichtliche Verständigung mit der Europäischen Kommission vom 17.7.2001116 und 27.3.2002 abzuwenden.117 Darin wurde u. a. vereinbart, dass die Anstaltslast – ebenso wie die Gewährträgerhaftung – nach dem Ende einer bis zum 18.7.2005 dauernden Übergangsfrist118 ersatzlos entfällt, die Sparkassen und Landesbanken also fortan im Fall ihrer Insolvenz den gleichen Regelungen unterliegen wie private Kreditinstitute.119 Umgesetzt wurde diese Vereinbarung durch eine Änderung der Sparkassengesetze mit Wirkung vom 19.7.2005.120 Auf den Wegfall der Anstaltslast haben die Sparkassen und Landesbanken nicht erst mit Ablauf der Übergangsfrist, sondern bereits seit der Bekanntgabe der außergerichtlichen Verständigung mit der Einschränkung ihrer Darlehensvergabe reagiert. bb) Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Eigenmittelausstattung Die mit dem Entfallen der Anstaltslast einhergehende und volkswirtschaftlich vielfach beklagte Kreditknappheit für mittelständische Unternehmen verde/Peres VerwArch 1998, 439, 449; dies. BB 1997, 1749, 1750; Weiß AöR 128 (2003), 91, 110; abweichend Koenig WM 1995, 821. Ähnlich Witte/Rafiqpoor WM 2003, 1885, 1886: Anstaltslast entspreche wirtschaftlich einer Ausfallbürgschaft, die das Insolvenzrisiko der öffentlichen Kreditinstitute ausschließe. 114  Füßer ZBB 2002, 300 mit Fn.  1. 115  Europäische Kommission, Non-paper on the treatment of Anstaltslast and Gewährträgerhaftung of public legal form credit institutions in view of the Art.  92(1) of the Treaty, 1995. Ebenso von Friesen EuZW 1999, 581, 584; Herdegen WM 1997, 1130, 1131; Koenig EuZW 1995, 595, 602; Weiß AöR 128 (2003), 91, 113; ähnlich Ehlers DVBl. 1998, 497, 508: Anstaltslast sei Beihilfe, die mit Gemeinschaftsrecht kollidieren kann; ablehnend (keine Beihilfe) Gruson EuZW 1997, 357; H. Schneider/T. Busch EuZW 1995, 602; Thode/Peres VerwArch 1998, 439, 462; dies. BB 1997, 1749, 1752. 116  Die Verständigung vom 17.7.2001 ist wörtlich abgedruckt bei Wiesel ZBB 2002, 288, 290 f. Hinsichtlich konkreter Umsetzungsmaßnahmen kam es am 28.2.2002 zu einer Verständigung zwischen Monti, dem damals für den Wettbewerb verantwortlichen Kommissar, einerseits, und Koch-Weser, dem damals zuständigen Staatssekretär im BMF, den Finanzministern der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und des Freistaats Bayern sowie Hoppenstedt, dem damaligen Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, andererseits, siehe Wiesel ZBB 2002, 288. Die Verständigung ist wörtlich abgedruckt bei Wiesel ZBB 2002, 288, 294 f. 117  Europäische Kommission, Schreiben v. 27.3.2002, Staatliche Beihilfe Nr. E 10/2000 – Deutschland. Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. 118  Gruson WM 2003, 321, 322. 119 Fischer/Klanten/von Alemann BankR Rn.  5.91; Berndt ZfgK 2002, 730; Füßer ZBB 2002, 300, 301; Möschel WM 2001, 1895, 1897; SBL/Rümker/Winterfeld BankR-HdB §  124 Rn.  31. 120 Fischer/Klanten/R. Fischer BankR Rn.  1.117.

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Einleitung

schärfte sich zum 1.1.2007121 mit der Änderung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute,122 denen private Kreditinstitute sowie Sparkassen und Landesbanken gleichermaßen unterliegen. Anlass für die Änderung des Aufsichtsrechts war die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Vorgaben der Banken-RL und der Kapitaladäquanz-RL vom 14.6.2006 in nationales Recht. c) Neue Handelssegmente für mittelständische Unternehmen Auf das zunehmende Interesse mittelständischer Unternehmen an der Publikumsfinanzierung reagierten Börsenträger im Aus- und Inland mit der Schaffung besonderer Handelssegmente, von denen viele nach anfänglichen Erfolgen aufgrund der Insolvenz zahlreicher Emittenten in Misskredit fielen. Dieser Entwicklung sollen die Vorgaben der MiFID II für KMU-Wachstumsmärkte entgegenwirken. aa) LSE und Euronext Paris als Vorreiter Als einer der ersten europäischen Standorte eröffnete die LSE im Jahr 1980 – neben dem offiziellen Markt, der damals als Full Market bezeichnet wurde – unter der Bezeichnung Unlisted Securities Market einen besonderen Markt für den Handel mit Aktien mittelständischer Unternehmen.123 Nachdem sich der Unlisted Securities Market in der ersten Dekade vielversprechend entwickelt hatte, verlor er in den 1990er Jahren zunehmend an Bedeutung.124 Noch vor dessen Schließung Ende des Jahres 1996125 eröffnete die LSE am 19.6.1995 den Alternative Investment Market. Dieses Marktsegment ist ebenfalls auf die Bedürfnisse junger Wachstumsunternehmen zugeschnitten, die nicht in der Lage sind, die hohen Zulassungsvoraussetzungen und Folgepflichten an dem Main Board der LSE zu erfüllen, oder die dadurch entstehenden Kosten scheuen.126 Im Unterschied zu dem Unlisted Securities Market können an dem Alternative Investment Market aber nicht nur Aktien, einschließlich Vorzugsaktien, son-

121  Siehe Art.  1, 11 Abs.  3 Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie v. 17.11.2006 (BGBl. I 2606). 122  Schneck Finanzierung 7.3.1 = 97. 123  Baums FS Mestmäcker, 1996, 815, 822; Giersch/H. Schmidt Beteiligungskapital 55; S. Rasch Die Bank 1994, 512. 124  Zu Einzelheiten der Entwicklung sowie der Gründe für den Niedergang des Unlisted Securities Market siehe Baums FS Mestmäcker, 1996, 815, 822 f.; S. Rasch Die Bank 1994, 512, 515 f. 125  Das 1987 eröffnete dritte Segment der LSE, der insbesondere für junge Unternehmen bestimmte Third Market, wurde bereits Ende 1990 wieder geschlossen. Siehe dazu Baums FS Mestmäcker, 1996, 815, 822; S. Rasch Die Bank 1994, 512. 126  Harrer/Müller WM 2006, 653, 659.

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dern auch Schuldverschreibungen gehandelt werden.127 Begünstigt durch steuerliche Vorteile für Privatanleger,128 namentlich das enterprise investment scheme (EIS), den venture capital trust (VCTs) sowie das inheritance tax relief,129 schrieb dieses Marktsegment bis zum Höhepunkt der Finanzkrise eine Erfolgsgeschichte. In dem Zeitraum von 1998 bis 2003 wuchs das Volumen der umlaufenden Anleihen von Unternehmen, die weder Kredit- noch Finanzdienstleistungsinstitute waren, um 95 Prozent.130 Bis zum Ende des Kalenderjahres 2009 wurden insgesamt 1.293 kleine und mittelständische Unternehmen zugelassen, die insgesamt ein Börsenkapital von über 56 Mrd. GBP akquirieren konnten.131 Ermutigt durch die Erfahrungen des Alternative In­vest­ment Market an der LSE hat die Euronext Paris S. A. am 17.5.2005 unter der Bezeichnung Alternext ein Marktsegment speziell für kleine und mittelständische Unternehmen eröffnet.132 bb) Entwicklung im Inland Den Vorbildern in London und Paris sind die deutschen Börsenträger gefolgt. Im Mai 2010 eröffnete die Baden-Württembergische Wertpapierbörse GmbH an der Börse Stuttgart unter der Bezeichnung „bondm“ ein besonderes Handelssegment im Freiverkehr für Anleihen mittelständischer Unternehmen. Wenig später folgten der „Mittelstandsmarkt“ der Börse Düsseldorf AG – dieser wurde im Jahr 2015 in „Primärmarkt“ umbenannt –, „m:access bonds“133 der Bayerischen Börse AG an der Börse München, der Entry Standard an der FWB134 sowie die „Mittelstandsbörse Deutschland“ der Börsen Hamburg und Hannover. Nachdem einige dieser Marktsegmente sich anfänglicher Beliebtheit erfreut hatten, brachen die Neuemissionen und der Handel mit mittelständischen Unternehmensanleihen aufgrund der Insolvenz vieler Emittenten und der damit einhergehenden Zahlungsausfälle ein. Waren im Frühjahr 2015 insgesamt 131 Anleihen im „Primärmarkt“ und 5.338 Anleihen an der „Mittelstandsbörse Deutschland“ gehandelt worden, verzeichneten die Segmente im Herbst 2020

127  Baums FS Mestmäcker, 1996, 815, 823. Das Regelwerk (LSE, AIM Rules for Companies, May 2014) enthält nur den allgemeinen Terminus „AIM securities“. 128  Baums FS Mestmäcker, 1996, 815, 827; Harrer/Müller WM 2006, 653, 662. 129  Zu Einzelheiten LSE, A guide to AIM UK tax benefits, 3 ff. 130  ECB, The Euro Bond Market Study, December 2004, 25. 131 Monatlich aktualisierte statistische Werte sind abrufbar unter: http://www.london stockexchange.com/companies-and-advisors/aim/aim/aim.htm. 132  Harrer/Müller WM 2006, 653. 133  Für einen Überblick über das Regelwerk des m:access siehe Müller-Michaels/Wecker FB 2005, 736, 742 f.; Schwichtenberg AG 2005, 911 ff.; Seibt/Wollenschläger AG 2009, 807, 808. 134 Der Entry Standard war anfangs auf den Handel mit Aktien beschränkt, siehe MüllerMichaels/Wecker FB 2005, 736, 741; Schlitt/S. Schäfer AG 2006, 147, 149.

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nur noch drei bzw. 52 Anleihen.135 Der Pionier, bondm, der in den ersten vier Jahren 31 Neu­emissionen verzeichnen konnte,136 wurde am 1.7.2020 mangels eines aktiven Handels eingestellt.137 cc) Regulierung von KMU-Wachstumsmärkten Auf das Interesse mittelständischer Unternehmen an der Publikumsfinanzierung haben nicht nur die Börsenträger, sondern auch die Gesetzgeber auf unterschiedlichen Ebenen reagiert. Gestützt auf die Erwägung, dass es erstrebenswert sei, den Zugang zu Kapital für KMU zu erleichtern,138 enthält Art.  33 der am 2.7.2014 in Kraft getretenen MiFID II Vorgaben für sog. KMU-Wachstumsmärkte. Diese sollen nicht nur zu der Entwicklung gemeinsamer unionsweiter Regulierungsstandards für solche Märkte beitragen, sondern auch und vor allem den Bekanntheitsgrad und das Ansehen solcher Marktsegmente erhöhen.139 Zu diesem Zweck wurde mit dem „KMU-Wachstumsmarkt“ eine geschützte Bezeichnung geschaffen, deren Verwendung die Betreiber eines multilateralen Handelssystems, die eine den in Art.  33 Abs.  3 und 4 MiFID II beschriebenen Anforderungen140 genügende Unterkategorie unterhalten, bei der zuständigen Behörde beantragen können (Art.  33 Abs.  1 MiFID II). Die Vorgaben des Art.  33 MiFID II hat der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung vom 3.1.2018 für Wertpapierdienstleister in §  76 WpHG und für Börsenträger in §  48a BörsG umgesetzt. Der einzige in Deutschland bisher eingerichtete KMU-Wachstusmarkt ist das Segment Scale im Freiverkehr der FWB,141 an dem elf Unternehmensanleihen gehandelt werden.142 Da der KMU-Wachstumsmarkt Euronext Growth Paris mit 30 Unternehmensanleihen eine vergleichbar geringe Nachfrage aufweist,143 überrascht es nicht, dass die Europäische Kommission in der am 24.9.2020 veröffentlichten Mitteilung „Eine Kapitalmarktunion für die Men135 Die Marktdaten für den „Primärmarkt“ der Börse Düsseldorf sind abrufbar unter http://www.primaermarkt.de/anleihen/unternehmensanleihen, die Daten der Börsen Hannover und Hamburg unter https://www.boersenag.de/Anleihen. 136  Habdank, Die desaströse Bilanz von BondM, FINANCE-Magazin v. 19.4.2018. 137 Auskunft der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse GmbH per E-Mail v. 23.10.2020. 138  Siehe ErwGr 132 Satz 1 MiFID II. 139  Siehe ErwGr 132 Satz 3 MiFID II. Kritisch zu der Effektivität der Maßnahmen Veil FS Baums, 2017, 1267 ff. 140  Zu Einzeiheiten siehe Kumpan, ECFR 2017, 336, 361 f. 141  Siehe das von der ESMA auf Grundlage von Art.  33 Abs.  6 Satz 2 MiFID II veröffentlichte Verzeichnis, abrufbar unter: https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRe gister?core=esma_registers_upreg. Zu dem Segment siehe M. Weitnauer GWR 2017, 235 ff. 142 Stand 29.10.2021. Die fortlaufend aktualisierte Statistik ist abrufbar unter: https:// www.deutsche-boerse-cash-market.com/dbcm-de/instrumente-statistiken/statistiken/un ternehmensanleihen. 143  Stand 29.10.2021. Die fortlaufend aktualisierte Product directory ist abrufbar unter: https://live.euronext.com/markets/paris/fixed-income/list.

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schen und Unternehmen – neuer Aktionsplan“ die Absicht bekundet hat, für KMU die Möglichkeiten verbessern zu wollen, Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten.144

E. Aufgabenstellung Die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung geht bislang – ohne nähere Begründung – davon aus, dass Genussschein- und Anleihebedingungen AGB i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB sind.145 Von Teilen der Literatur werden – mit unterschiedlichen Begründungen – sowohl die Eigenschaft als AGB146 als auch die Konsequenz, nämlich dass die Bestimmungen der Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§  307 ff. BGB unterliegen, abgelehnt.147 Motiviert sind diese Stellungnahmen wohl nicht nur durch die wirtschaftlichen Nach­ teile, welche die Rechtsunsicherheit für die Emittenten begründet,148 sondern auch dadurch, dass die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen in besonderem Maße einem Schutzzweck der §§   305  ff. BGB widerspricht, nämlich Rechtssicherheit zu schaffen.149 In Anbetracht der Tatsache, dass der BGH diese Stimmen zwar zur Kenntnis genommen,150 an seiner Rechtsprechung aber uneingeschränkt festgehalten hat, sind derzeit keine Anhaltspunkte für eine Kehrtwende der Rechtsprechung ersichtlich. Folglich besteht das wesentliche Ziel der Arbeit darin, die bei der Anwendung der §§  307 ff. BGB bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen oder zumindest zu verringern.

I. Vorgehen de lege lata Die Verringerung der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit von Anleihebedingungen setzt Gewissheit über den Prüfungsmaßstab der AGB-rechtlichen 144 Europäische Kommission, COM(2020) 590 final v. 24.9.2020, 6. Dazu J. Schmidt EuZW 2020, 828. 145  BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917; BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; BGH NJW-RR 2009, 1641, 1642; OLG München WM 2012, 603, 606; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 01589 unter II. der Gründe; OLG Frankfurt WM 2005, 1080, 1082; OLG Frankfurt WM 1993, 2089; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379. 146 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  3 Rn.  29; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  48; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §   7 Rn.   31; Kallrath Wertpapierbedingungen 59; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 400 f.; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 406. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1 §  2. 147  Assmann WM 2005, 1053 ff.; Baum FS Hopt, Bd.   II, 2010, 1595 ff.; LBS/Bliesener/ H. Schneider SchVG §  3 Rn.  39 ff.; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31; ders. ZHR 160 (1996), 59 ff.; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 400 f.; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 406; Sester AcP 209 (2009), 629, 639 ff. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1 §  3 B. und C. 148  Zu Einzelheiten vorstehend Einleitung D. I. 149  Zu diesem Schutzzweck der §§  305 ff. BGB siehe BAG NZA 2009, 370 Rn.  70. 150  BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917.

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Einleitung

Inhaltskontrolle (§§  307 ff. BGB) voraus, also die Aufdeckung und Entwicklung allgemeiner Rechtsgrundsätze. Hierfür erscheint es zweckmäßig, die Finanzprodukte, deren Komplexität im Zuge der Strukturierung stetig wächst,151 in ihre einzelnen rechtlichen „Bausteine“ zu zerlegen. Gegen dieses Vorgehen sowie die getrennte Bewertung der Einzelteile wird eingewandt, die wirtschaftliche Funktion, das Chance-Risiko-Profil des jeweiligen Finanzprodukts und damit die von dem Produkt für den Anleger ausgehenden Gefahren ließen sich nicht durch eine simple Addition der zusammengefügten Elemente erfassen. Das Produkt müsse vielmehr als Einheit begriffen und analysiert werden. Gefahren und Risiken der verschiedenen Teilstücke könnten sich sowohl gegenseitig minimieren als auch potenzieren.152 Dieser Einwand ist der Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von AGB entlehnt, wonach bei der Frage, ob eine Bestimmung die Anleger unangemessen benachteiligt, nicht nur der Inhalt der einzelnen Klausel, sondern der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen ist.153 Trotz dieser Gesamtwürdigung im Rahmen von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB besteht die Notwendigkeit, die zusammengesetzten Elemente in einem Zwischenschritt zu identifizieren. Diese ergibt sich nicht nur daraus, dass Gegenstand der AGBrecht­lichen Inhaltskontrolle nur die einzelne Bestimmung ist,154 sondern auch daraus, dass es sowohl bei der Anwendung des §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB als auch des §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB erforderlich ist, den Regelungsgehalt der jeweiligen Bestimmung sowie die Rechtsvorschrift zu identifizieren, von der die Bestimmung abweicht bzw. die sie ergänzt. Dieser Zwischenschritt weitet den Blickwinkel. Er ermöglicht es, die Ebene der Einzelfallbetrachtung, d. h. eines einzelnen innovativen Finanzprodukts, zu verlassen und stattdessen einzelne Elemente, die in unterschiedlichen Finanzprodukten anzutreffen sind, in den Fokus zu rücken. Dieses Vorgehen erlaubt es – wenngleich unter dem Vorbehalt besonderer Umstände in der Gesamtabwägung –, abstrakte Aussagen über das gesetzliche Leitbild für einzelne Bestimmungen in den Anleihebedingungen verschiedener Finanzprodukte zu treffen.

II. Ausblick de lege ferenda Die mit der Anwendung der §§  305 ff. BGB einhergehende Unsicherheit über die Wirksamkeit einzelner Anleihebedingungen ist nicht nur für die Emittenten nachteilig, sondern auch für den Finanzplatz Deutschland. Aufgrund des Wettbewerbs der Finanzmärkte und Rechtsordnungen werden international 151 

Heinsius ZBB 1994, 47, 56. Lenenbach NZG 2001, 481, 483; Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1861. 153  BGHZ 116, 1, 4 = NJW 1992, 179; BGHZ 106, 259, 263 = NJW 1989, 582; BGHZ 82, 238, 240 f. = NJW 1982, 644; BGH NJW 1993, 532; BGH NJW 1992, 180, 181; BGH NJW-RR 1990, 1141; BGH NJW-RR 1990, 1075; BGH NJW 1990, 761, 764; BGH NJW 1990, 761, 764. 154  Statt vieler Soergel/Fritzsche BGB §  307 Rn.  42. 152 

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agierende Emissionsberater ihre Kunden regelmäßig auf die mit der Anwendung deutschen Rechts einhergehende Ungewissheit hinweisen und ihnen vor diesem Hintergrund von der Emission von Schuldverschreibungen in Deutschland abraten.155 Um Klarheit für die Rechtsanwendung zu schaffen,156 die Emittenten zu der Wahl deutschen Rechts zu ermutigen und dadurch die Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland zu stärken,157 sah der SchVÄndG-DiskE in §  795 Abs.  2 Satz 3 BGB-DiskE vor, dass die §§  305–309 BGB auf Emissionsbedingungen keine Anwendung finden. Eine Steigerung der Rechtssicherheit wäre damit jedoch nicht verbunden gewesen.158 Aufgrund der Annahme, dass sich eine Inhaltskontrolle der Emissionsbedingungen wegen §  242 BGB nicht ausschließen lasse,159 enthielt §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE die inhaltlich mit §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB übereinstimmende Regelung, dass Bestimmungen in Emissionsbedingungen unwirksam sind, welche die Gläubiger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.160 Diese Re­ formansätze im Bereich der Inhaltskontrolle wurden zwar nicht in den SchVGRegE übernommen. Sie verdeutlichen aber die Gefahr, dass der Gesetzgeber wissenschaftliche Bemühungen und die im Zusammenhang mit den Anleihe­bedingungen stehenden Rechtsfragen – entsprechend den berühmten Worten von Kirchmanns161 – durch drei berichtigende Worte Makulatur werden lässt. Daher beschränkt die Arbeit sich nicht auf das geltende Recht. Vielmehr wird auch de lege ferenda hinterfraget, ob die Inhaltskontrolle durch die Gerichte ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Instrumentarium zum Schutz der Anleger ist. Sofern der Blick auf andere Rechtsordnungen ergibt, dass das deutsche Recht – wie behauptet wird – mit der Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen im internationalen Vergleich einen „Sonderweg“162 eingeschlagen hat, schließt sich die Frage an, welche Maßnahmen de lege ferenda ergriffen werden können, um die Rechtssicherheit zu erhöhen, ohne das gegenwärtig gewährleistete Schutzniveau zum Nachteil der Anleger zu verringern.

155 

Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 10. Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 157  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 9. 158 Ähnlich Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 24: „Es bleibt allerdings ein Unbehagen.“. 159  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 160  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 B. II. 1. 161  von Kirchmann Wertlosigkeit 23. 162 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31. 156 

Kapitel 1

Inhaltskontrolle Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte seien in ihrer Ausgestaltung und ihrem Zweck nach derart mannigfaltig und ihre Entwicklung sei noch so sehr im Fluss, dass eine ins Einzelne gehende Regelung auf diesem Gebiet nur hemmend wirken könne. Daher – so fuhr das RMJ in den erläuternden Bemerkungen zu dem Entwurf des AktG im Jahr 1931 fort – bleibe ihre Ausgestaltung zweckmäßig der Praxis überlassen.1 Diese inhaltliche Gestaltungsfreiheit – sie gilt nicht nur für die genannten Rechte,2 sondern auch für andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente3 – hat bis heute Bestand. Seit der Aufhebung der Genehmigungsvorbehalte (§§  795, 808a BGB a. F.) mit Wirkung vom 1.1.19914 ist – trotz anfänglicher Zurückhaltung – zu beobachten, dass die Anleihebedingungen zunehmend innovative Elemente aufweisen. Damit rückt die Frage nach den Grenzen der Gestaltungsfreiheit in den Vordergrund. Sie ist dahingehend zu beantworten, dass die Anleihebedingungen nicht nur den äußeren Grenzen der Privatautonomie (§§  134, 138 BGB),5 sondern auch einer Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§  307 ff. BGB unterliegen. Anleihebedingungen sind unabhängig von der Art der Emission und Platzierung der Wertpapiere AGB i. S. d. 1 Erläuternde Bemerkungen des RMJ zum AktG-E 1931, unter I. 5., abgedruckt bei W. Schubert/Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 929. 2  Für Genussrechte siehe BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; OLG München WM 2014, 1131, 1134; Claussen FS Werner, 1984, 81, 82; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 313; ERS/Gleske/Laudenklos Unternehmensfinanzierung Kap. D Rn.  57; Große DStR 2010, 1397; Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192; Hofert/Arends ZIP 2005, 1297, 1301; Holzheimer Die Bank 1982, 16, 19; Kalss FS Goette, 2011, 219, 220; Leuering/Zetzsche NJW 2009, 2856, 2857; Linscheidt DB 1992, 1852; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 287; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  20; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  2 Rn.  18; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 514; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 824; Bähr/Schwenzer VAG-HdB §  21 Rn.  139; Sester AcP 209 (2009), 628, 634 zu den §§  795a ff. BGB-DiskE; Sethe WM 2012, 577; ders. AG 1993, 351, 354; ders. AG 1993, 293, 296; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 2; M. Stadler NZI 2003, 579; Wassermann DLK 1988, 628, 639 („Genußscheine bewegen sich […] ‚im luftleeren Raum‘.“); Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1723; Ziebe DStR 1991, 1594; ders. BB 1988, 225, 226. 3  Sester ZBB 2006, 443, 449 für Hybrid-Anleihen. Unklar Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  39: Forderungsrecht des Anlegers werde bei Anleihen inhaltlich auch durch die §§  793 ff. BGB ausgestaltet. 4  Art.  1 i. V. m. Art.  3 Satz 1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839). 5  So aber ausdrücklich Assmann WM 2005, 1053, 1065; S. Brandt BKR 2005, 328, 329.

28

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

§  305 Abs.  1 Satz 1 BGB (nachfolgend §  2). Sie unterfallen auch dann, wenn sie aktienähnlich ausgestaltet sind,6 nicht der Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts. Die in der Literatur vertretenen Ansätze, eine ungeschriebene Bereichsausnahme im Wege der Rechtsfortbildung zu begründen – sei es mittels einer entsprechenden Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB, sei es im Wege einer teleologischen Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB –, überzeugen nicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vorgaben der Klausel-RL die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen gebieten und den deutschen Gesetzgeber derzeit daran hindern, eine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen einzuführen (nachfolgend §  3).

6 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3.

§  2. Anleihebedingungen als AGB Anleihebedingungen7 sind Vertragsbedingungen (nachfolgend A.) in der Gestalt von AGB.8 Sie erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Legal­ definition des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB sowohl bei Eigen- als auch bei Fremd­ emissionen (nachfolgend B., C.).9 Bei der marktüblichen Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung steht dem insbesondere nicht entgegen, dass 7 Sie werden alternativ als Allgemeine Emissionsbedingungen (so z. B. BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  20), Inhaberschuldverschreibungsbedingungen (so z. B. BGHZ 163, 311, 313 = NJW 2005, 2917) oder – abhängig von dem Recht, das sie inhaltlich ausgestalten – als Genussscheinbedingungen (so z. B. BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57) bezeichnet. Ein sachlicher Unterschied geht damit nicht einher. 8  BGHZ 218, 183 Rn.  28 = NJW 2018, 2193; BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917; BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; BGH WM 2020, 2073 Rn.  18; BGH NJW 2020, 986 Rn.  23; BGH NZG 2014, 661 Rn.  24; BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  20; OLG Bremen WM 2021, 1940, 1941; OLG Düsseldorf WM 2020, 2118, 2120; OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, 2492; OLG München WM 2016, 645, 646; OLG Frankfurt AG 2015, 87, 88; OLG München WM 2014, 1131, 1134; OLG Frankfurt WM 2012, 2277, 2280; OLG Frankfurt OLGR 2007, 537, 539; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  33; OLG Frankfurt WM 2005, 1080, 1082; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  9 ; Bergfort Die Bank 2006, 24, 25; BuB/Bosch Rn.  10/159; Fest WM 2019, 1093; Drygala WM 2011, 1637, 1640; Graf von Westphalen NJW 2006, 2228, 2229; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  119; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  3; Baumbach/Hopt/ Hopt (7) BankGesch Rn. Y/1; ders. FS W. Lorenz, 1991, 414, 426; ders. WM 1990, 1733, 1736; ders. FS Steindorff, 1990, 341, 355, 364; N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 363; ders. BKR 2009, 446, 452; ders. ZHR 173 (2009), 12, 35; Köndgen NJW 1996, 558, 563; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 35 mit Fn.  262; Lenenbach NZG 2001, 481, 482, 485; Lutter ZGR 1993, 291, 295; DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §  57 Rn.  41; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 682; Parche in Henssler/Kolbeck/Moritz/Rehm, Europäische Integration und globaler Wettbewerb, 351, 357; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  15; Podewils ZHR 174 (2010), 192, 197 f.; Reuter AG 1985, 104; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  30; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 2, 5; Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168, 169; Sethe WM 2012, 577, 579; Sester ZBB 2006, 443, 449; Stucke DM-Auslandsanleihen 257; Than FS Coing, Bd.  II, 1982, 521, 537 mit Fn.  36; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  70; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  25; Weber-Rey 1 IJRL & P 29, 32 (1992); Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  17; vorausgesetzt in BT-Drucks. 7/3919, 18 zu §  2 Abs.  1 AGBG-RegE unter Nr.  3. 9  Den Charakter als AGB sowohl bei Eigen- als auch bei Fremdemissionen verneinend Assmann WM 2005, 1053, 1067; Bialluch Anleiheschuldverhältnis 63 ff.; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.235; wohl auch Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31 („kaum begründbar“). Differenzierend Bungert DZWiR 1996, 185, 187, 191; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123, 1126; Joussen WM 1995, 1861, 1864; Kallrath Wertpapierbedingungen 43; Masuch Anleihebedingungen 58; Rid-Niebler Genußrechte 83; Rozijn ZBB 1998, 77, 92: Anleihebedingungen seien nur bei Eigen-, nicht aber bei Fremdemissionen AGB.

30

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

der Emittent nicht selbst mit den Anlegern kontrahiert, sondern letztere die Wertpapiere derivativ von den Mitgliedern des Emissionskonsortiums erwerben (nachfolgend D.).

A. Anleihebedingungen als Vertragsbedingungen Die Anleihebedingungen sind – sowohl bei Eigen- als auch bei Fremdemissionen10 – Bestandteil des wertpapierrechtlichen Begebungsvertrags11 und damit Vertragsbedingungen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB.12 Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Begebungsvertrag hinsichtlich des Inhalts des verbrieften Rechts abstrakt ist und insoweit auf die Skriptur Bezug nimmt.

I. Skriptur als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung Nach einer vereinzelt gebliebenen Gegenansicht sind Anleihebedingungen keine Vertragsbedingungen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB.13 Diese Annahme beruht auf der Rechtsauffassung, das in einer Schuldverschreibung auf den Inhaber verbriefte Recht entstehe nicht erst durch den Begebungsvertrag, sondern bereits zuvor durch die Skriptur, d. h. die Ausstellung der Urkunde (sog. Kreationstheorie).14 Bei letzterem handele es sich um eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung.15 Der regelmäßig nachfolgenden Begebung kom-

10  Zu den sich im Übrigen aus der Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdemission ergebenden Unterschieden für die rechtliche Beurteilung von Anleihebedingungen siehe nachfolgend Kap.  1 §  2 B., C., D. 11  Die Anleihebedingungen sind bei der Fremdemission kein Bestandteil des Übernahmevertrags zwischen dem Emittenten und dem Konsortium, siehe Assmann WM 2005, 1053, 1057; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  220. Sie liegen diesem allenfalls dergestalt zugrunde, dass das Konsortium sich verpflichtet, die Emission „auf der Grundlage der in der Anlage beigefügten Bedingungen“ durchzuführen. 12  AK SchVR ZIP 2014, 845, 851; Joussen WM 1995, 1861, 1863, 1864; Kallrath Wertpapierbedingungen 41. 13  von Randow ZBB 1994, 23, 26. 14  RGZ 131, 289, 294; Dernburg/Engelmann BR II/1 §  79 I = 203; Kuntze Inhaberpapiere §  67 = 286, §  82 = 353; E. Ulmer WertpapierR 38; zum Wechselrecht Einert Wechselrecht §  21 = 90. Offengelassen von RG JW 1913, 200, 201. 15  Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I = 28, §  3 I 1 b = 29; Kuntze Inhaberpapiere §  67 = 286; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 497; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 119; Richardi WertpapierR §  7 II 2 = 53; E. Ulmer FS L. Raiser, 1974, 225, 236; ders. WertpapierR 37; Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 b = 37. Früher sahen Vertreter der Kreationstheorie in dem Skripturakt einen rein faktischen Vorgang, siehe Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 a = 36. Die Ansicht wird heute nicht mehr vertreten.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

31

me keine Bedeutung für die Begründung des verbrieften Rechts zu.16 Sie diene ausschließlich der Übereignung der Wertpapierurkunde.17 1. Widerspruch zum System des geltenden Vertragsrechts Die Annahme, die verbriefte Forderung werde durch den Skripturakt und somit durch eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung begründet, widerspricht dem Grundsatz des geltenden Vertragsrechts,18 wonach zu der Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft grundsätzlich19 ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist, §  311 Abs.  1 BGB. Die bloße Ausstellung der Urkunde ist jedoch bei der gebotenen Auslegung (§§  133, 157 BGB) kein Rechtsgeschäft, sondern ein Vorbereitungsakt ohne Bindungswirkung.20 Gegenargumente, die darauf hinausliefen, im Wertpapierrecht eine Ausnahme von dem Vertragsgrundsatz zu erblicken und die Wertpapierurkun16  Diese Ansicht hat E. Ulmer in seinem Beitrag in der FS L. Raiser, 1974, 225, 236 dahingehend abgeschwächt, dass es sich bei dem Verpflichtungstatbestand um ein „mehrgliedriges Rechtsgeschäft“ handele. Dieses setze sich aus dem Skripturakt und dem Begebungsvertrag zusammen, wobei letzterer sowohl sachen- als auch schuldrechtliche Elemente enthalte. Kritisch Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 1 a = 29, die in den Ausführungen von E. Ulmer (a. a. O.) fast eine Selbstaufgabe der Kreationstheorie sehen. 17  von Randow ZBB 1994, 23, 25 f.; E. Ulmer FS L. Raiser, 1974, 225, 236; ders. WertpapierR 36 f., 116; Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 b = 37. An anderer Stelle präzisiert E. Ulmer (WertpapierR 41) seine Aussage dahingehend, Ausstellung und Begebung seien ein „mehrseitiges Rechtsgeschäft besonderer Prägung, das sich aus einem einseitigen, nicht empfangsbedürftigen Verpflichtungsakt und aus dem auf seiner Grundlage geschlossenen dinglichen Vertrag zusammensetzt“. Daher bezeichnet er (WertpapierR 38) die Begebung als eine „ergänzende Tatsache“ in Bezug auf die Entstehung der Forderung. Synonym gebraucht er die Formulierungen, die Begebung sei ein „weiteres Tatbestandsmerkmal“ (FS L. Raiser, 1974, 225, 236), eine „uneigentliche Bedingung“ (FS L. Raiser, 1974, 225, 236) bzw. eine „Rechtsbedingung“ (WertpapierR 39) oder die Entstehung der Forderung stehe unter dem „Vorbehalt“ (WertpapierR 47) der Begebung. Zustimmend U. Huber FS Flume, Bd.  II, 1978, 83, 99. Diese Ansicht lässt sich – wie E. Ulmer WertpapierR 39 selbst einräumt – nur durch das Bild aufrechterhalten, dass die Forderung zwischen der Begründung durch die Skriptur und der Begebung ruhe. Das Ruhen einer Forderung ist dem deutschen Recht allerdings fremd, siehe Larenz SchuldR BT I §  66 II = 499. 18  Canaris Vertrauenshaftung 234; ders. JuS 1971, 441, 442; Enneccerus/Lehmann SchuldR §  208 II = 843; BRHP/Gehrlein BGB §  311 Rn.  3 ; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 a = 31; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 24; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 500; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 119; Richardi WertpapierR §  7 III = 55. 19  Zu den – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen von diesem Grundsatz siehe statt vieler MüKoBGB/Emmerich §  311 Rn.  1, 21 m. w. N. 20  Canaris Vertrauenshaftung 234; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 1 b = 29, §  3 I 2 b = 32; Ehrenbergs-HdB/Jacobi §  29 = 283; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 498; E. Locher WertpapierR §  7 2 = 37; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 119; Richardi WertpapierR §  7 II 3 = 54; a. A. L. Raiser RabelsZ 1936, 1034, 1037 (Zeichnung sei weder echte Willenserklärung noch bloßer Realakt); E. Ulmer FS L. Raiser, 1974, 225, 234. Auf die fehlende Bindungswirkung der Skriptur hatte zuvor bereits Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 84 mit Fn.  39 hingewiesen.

32

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

de anders zu behandeln als z. B. ein schriftlich fixiertes Angebot für einen Kaufvertrag,21 überzeugen nicht. 2. Aussage des historischen Gesetzgebers Normativer Ansatzpunkt der Gegenansicht ist der Wortlaut des §  311 Abs.  1 BGB. Die Vorschrift enthält nicht nur den Vertragsgrundsatz, sondern lässt die Begründung von Schuldverhältnissen ausnahmsweise auch durch einseitige Rechtsgeschäfte zu, soweit das Gesetz dies vorsieht. Dafür, dass die Ausstellung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber eine solche Ausnahme von dem Vertragsgrundsatz darstellt, werden insbesondere der Wortlaut der §§   793 Abs.  1 Satz 1, 794 Abs.  1 BGB und der Wille des historischen Gesetzgebers angeführt.22 a) Wortlaut, Wille des historischen Gesetzgebers Nach dem Wortlaut des §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB („Hat jemand eine Urkunde ausgestellt“) wirke die Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber schuldbegründend.23 Dieses Verständnis liege auch §  794 Abs.  1 BGB zugrunde, wobei die Vorschrift ergänzend klarstelle, dass der Aussteller auch dann zu der versprochenen Leistung verpflichtet sei, wenn ihm die Urkunde gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt sei.24 Die genannten Konstellationen verdeutlichen nach Ansicht der Vertreter der Kreationstheorie, dass die Vorschriften für die Entstehung der Wertpapierforderung keinen Vertrag voraussetzen. Eine Bestätigung für ihr Normverständnis sehen sie in der Aussage des historischen Gesetzgebers, wonach die Vorschriften „auf der Annahme der verpflichtenden Kraft des von dem

21  Beispiel

30.

nach Canaris Vertrauenshaftung 234; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 1 b =

22  RGZ 131, 289, 294; E. Ulmer WertpapierR 34; siehe auch Larenz SchuldR BT I §  66 II = 498. Unter Geltung des gemeinen Rechts fand die Kreationstheorie eine vermeintliche Stütze in Art.  21 Abs.  4 ADWO. Die Regelung war nahezu wörtlich identisch mit den §§  997, 998 II 3 PrALR, denen – wie dem gesamten PrALR, siehe z. B. §  715 II 8 PrALR – die Vertrags­ theorie zugrunde lag, siehe Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 86, 98. Dementsprechend wurde überwiegend auch unter Geltung des Art.  21 ADWO die Vertragstheorie angewandt, siehe von Liebe ADWO 95 f. 23  Mot. II 695 = Mugdan II 388; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 119. 24  Diesen Grundsatz hat bereits Dernburg/Raape BR II/2 §  249 I = 305 auf die Kreationstheorie gestützt. Nach Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 106 – einem Vertreter der Vertragstheorie – ist dieser Rechtssatz zwar die „nothwendige und äußerste Konsequenz“ der Krea­ tionstheorie. Er könne aber auch auf andere Gründe als die Kreation gestützt werden, etwa ein wirkliches oder fingiertes Verschulden des Ausstellers, auf die bona fides des Rechtsverkehrs sowie eine stillschweigende Gefahr- oder Garantieübernahme des Ausstellers, siehe Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 107 m. w. N.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

33

Aussteller in der Urkunde niedergelegten und verbrieften einseitigen Versprechens“25 beruhen.26 b) Bewertung der Argumente Dieses Verständnis des §  794 Abs.  1 BGB ist nicht zwingend.27 Die Vorschrift kann bruchlos auch unter Geltung der Vertragstheorie angewandt werden, wenn diese – was allgemein für erforderlich erachtet wird – um Rechtsschein­ aspekte ergänzt wird.28 Hinzu kommt, dass die Aussage des historischen Gesetzgebers bei einer näheren Betrachtung der Entstehungsgeschichte erheblich an Gewicht verliert.29 aa) Regelung eines Ausnahmefalls Die von §  794 Abs.  1 BGB erfassten Sachverhalte, nämlich dass dem Austeller die unterschriebene Urkunde gestohlen worden oder verloren gegangen oder sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist, umschreiben nicht den Normalfall der Ausgabe einer Schuldverschreibung auf den Inhaber. Die Erkenntnis, dass die Vorschrift lediglich Ausnahmefälle zum Gegenstand hat, lässt zumindest daran zweifeln, ob das Bekenntnis des historischen Gesetzgebers zu der Kreationstheorie auch den normalen Ablauf der Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen betreffen sollte. Es erscheint nämlich durchaus vorstellbar, dass die Aussage in den Motiven sich mit Rücksicht auf den erforderlichen Verkehrsschutz auf die in §  794 Abs.  1 BGB genannten Ausnahmefälle beschränken soll.30 bb) Notwendigkeit der Einbeziehung von Rechtsscheinaspekten Die Gründe, welche die Kommissionsmitglieder für ihr Bekenntnis zu der Krea­tionstheorie angeführt haben, überzeugen nicht. Während der Vorarbeiten zum BGB wurde in Rechtsprechung31 und Literatur32 überwiegend die Ansicht 25 

Mot. II 695 = Mugdan II 388. dieser Aussage stimmt es überein, dass die Verfasser des zweiten Entwurfs zum BGB von der Selbstverständlichkeit ausgingen, dass Schuldverhältnisse – als Beispiel sind Inhaberschuldverschreibungen ausdrücklich genannt – auch durch einseitige Versprechen begründet werden können, siehe Mot. II 175 = Mugdan II 96; Prot. 902 = Mugdan II 613. 27  E. Locher WertpapierR §  7 2 = 37. 28  Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 a = 31. 29 MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  2 : dogmatische Entwicklung ist über die Vorstellung des historischen Gesetzgebers hinweggegangen. 30  Larenz SchuldR BT I §  66 II = 499; E. Locher WertpapierR §  18 4 = 87. 31  Jeweils zum Wechselrecht RGZ 5, 82, 83; RGZ 4, 255, 257; RGZ 2, 89, 90; RGZ 2, 5, 7; ROHGE 19, 31, 33. 32  Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 85, 111. E. Ulmer WertpapierR 33 behauptet – ohne Nennung von Primärquellen –, die Vertragstheorie sei „jahrhundertelang unbestritten“ gewesen. 26  Mit

34

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

vertreten, die wertpapiermäßig verbriefte Forderung entstehe nicht bereits durch den Skripturakt, sondern werde erst durch das Geben und Nehmen des Wechsels begründet, also einen Begebungsvertrag mit dem Ersterwerber. Ausschlaggebend dafür, dass die Kommissionsmitglieder der Kreationstheorie den Vorzug gegenüber der Vertragstheorie einräumten, war die Annahme, der Aussteller hafte unter Geltung der Vertragstheorie auch redlichen Inhabern gegenüber nicht, wenn die Schuldverschreibungsurkunde ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt sei.33 Dieser für ungebührlich empfundenen Beschränkung der Umlauffähigkeit von Inhaberschuldverschreibungen suchten die Kommissionsmitglieder durch Anwendung der Kreationstheorie – nach dieser ist es für die Entstehung der Wertpapierforderung gleichgültig, ob die Urkunde mit oder ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt – zu entgehen.34 Dadurch sollte erreicht werden, dass der gutgläubige Erwerber vor Einwendungen gegen die Gültigkeit des Leistungsversprechens geschützt ist.35 Die Prüfung, ob die Forderung wirksam begründet worden ist, sei dem Erwerber nicht zuzumuten; 36 der Aussteller habe die mit der Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen verbundenen Risiken und Nachteile zu tragen.37 Dabei wurde jedoch übersehen, dass auch die Kreationstheorie in den Fällen, in denen die in der Skriptur enthaltene Versprechens­ erklärung unwirksam oder nichtig ist, zu empfindlichen Einschränkungen der Verkehrsfähigkeit der Inhaberschuldverschreibungen führt.38 Daher besteht seit einer Entscheidung des RG aus dem Jahr 192539 Einigkeit darüber, dass sowohl die Vertrags- als auch die Kreationstheorie einer Ergänzung durch die sog. Rechtsscheintheorie bedürfen, um den vom Gesetzgeber intendierten Verkehrsschutz zu gewährleisten.40 cc) Vereinbarkeit des §  794 Abs.  1 BGB mit der Vertragstheorie Obgleich die gesetzgeberische Begründung zu §  794 Abs.  1 BGB ein eindeutiges Bekenntnis zu der Kreationstheorie enthält, kann die Vorschrift bruchlos auch 33 

E. Ulmer WertpapierR 34. II 697 = Mugdan II 389; dem folgend bei der Auslegung des §  794 Abs.  1 BGB Canaris Vertrauenshaftung 233; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 II 2 = 34; Richardi WertpapierR §  7 III = 56. 35  So auch BGH NJW 1973, 282, 283 zu einer Wechselverpflichtung. 36  Mot. II 697 = Mugdan II 389. 37  Prot. II 539. In diesem Sinne bereits zuvor ROHGE 17, 149, 154. 38  Canaris Vertrauenshaftung 233; Hueck/Canaris WertpapierR §   3 II = 33; Richardi WertpapierR §  7 III = 56. 39  RGZ 112, 202, 204 f. Bestätigt in RGZ 117, 69, 75; RG JW 1926, 1817. 40  Canaris JuS 1971, 441, 442; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 II 2 = 34; Richardi WertpapierR §  7 III = 56; Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 b = 37. Vom Boden der Kreationstheorie aus E. Ulmer WertpapierR 47. In der Literatur wurde die Notwendigkeit eines redlichen Zweiterwerbs bereits vor dem Inkrafttreten des BGB erkannt, siehe Goldschmidt ZHR 28 (1882), 63, 75. 34  Mot.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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unter Geltung einer um Rechtsscheinaspekte ergänzten Vertragstheorie angewandt werden.41 Lediglich die dogmatischen Ansatzpunkte variieren. Während die Vertreter der Kreationstheorie an dem Begriff des Ausstellers und damit an den Vorgang der Ausstellung ansetzen, beziehen die Vertreter der Vertrags­theo­ rie sich darauf, dass die Schuldverschreibungsurkunde in sämtlichen genannten Konstellationen ohne einen Begebungsvertrag in den Verkehr gelangt ist. (1) Von §  794 Abs.  1 BGB erfasste Konstellationen (a) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB unter Anwendung der Kreationstheorie Die Vorschrift des §  794 Abs.  1 BGB erfasst zunächst Fälle, in denen die in der Skriptur enthaltene Versprechenserklärung wirksam ist. In diesen Konstella­ tionen hat die Regelung unter Anwendung der Kreationstheorie lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie stellt klar, dass die Tatsache, dass die Urkunde ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt ist, der Durchsetzbarkeit der Forderung nicht entgegensteht. Darüber hinaus erfasst der Wortlaut von §  794 Abs.  1 BGB auch solche Fälle, in denen die Versprechenserklärung unwirksam oder nichtig ist.42 In diesen Konstellationen wirkt die Vorschrift konstitutiv. Durch den ihr zugrunde liegenden gutgläubigen Erwerb erlangt der redliche Inhaber eine Forderung, die nicht oder nicht wirksam begründet ­w urde. (b) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB unter Anwendung der Vertragstheorie Unter Anwendung einer um Rechtsscheinaspekte ergänzten Vertragstheorie verliert die Vorschrift des §  794 Abs.  1 BGB nicht an Bedeutung. Charakteristisch für sämtliche im Normtext genannten Konstellationen ist, dass der Aussteller keinen Begebungsvertrag geschlossen hat. Diesen Mangel bei der Entstehung des verbrieften Rechts kann der Aussteller gutgläubigen Erwerbern gemäß §  794 Abs.  1 BGB nicht entgegenhalten.43 Gleiches gilt a fortiori für die praktisch wohl bedeutsameren Fälle, in denen ein unwirksamer oder nichtiger Begebungsvertrag geschlossen wurde.44 41 

Enneccerus/Lehmann SchuldR §  208 II = 844. E. Ulmer WertpapierR 45. 43  Canaris Vertrauenshaftung 235 unter Betonung, dass es sich hierbei – insbesondere im Vergleich mit §  172 Abs.  1 BGB – um eine Besonderheit der wertpapierrechtlichen Rechtsscheinhaftung handelt. 44 Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  794 Rn.  2 ; Zöllner WertpapierR §  6 VI = 41; a. A. Soergel/Welter BGB §  794 Rn.  3. In ähnlicher Weise behandelt BGH NJW 1973, 282, 283 den gutgläubigen Erwerber eines nicht vollständig ausgefüllten Wechsels, der mangels eines wirksamen Begebungsvertrags nur scheinbar ein Wechselblankett i. S. d. Art.  10 WG darstellt, gleich dem Erwerber eines vollständig ausgefüllten Wechsels, dem der Begebungsvertrag fehlt. 42 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(2) Bedeutung des §  794 Abs.  1 BGB für den gutgläubigen Erwerb Für den gutgläubigen Erwerb nennt §  794 Abs.  1 BGB keine tatbestandlichen Voraussetzungen. Die Vorschrift setzt dessen Möglichkeit nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen voraus.45 Dies gilt nicht nur unter Anwendung der Kreationstheorie in den Fällen einer unwirksamen oder nichtigen Versprechens­ erklärung, sondern gleichfalls unter Anwendung der Vertragstheorie, sei es, weil kein Begebungsvertrag geschlossen wurde, sei es, weil ein geschlossener Begebungsvertrag unwirksam oder nichtig ist.46 In diesen Konstellationen kommt §  794 Abs.  1 BGB lediglich insoweit Bedeutung zu, als die Vorschrift allgemeine Rechtsscheingrundsätze in Ansehung des wertpapierrechtlichen Bedürfnisses erhöhter Umlauffähigkeit präzisiert und modifiziert. Dies gilt zum einen für die Zurechnung des Rechtsscheins, zum anderen für den Ausschluss der Einwendung, die Urkunde sei ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt. (a) Unterschriebene Urkunde als Rechtsscheinträger, Zurechnung Der für den gutgläubigen Erwerb erforderliche Rechtsscheinträger ist die von dem Aussteller unterschriebene Urkunde.47 Befindet sie sich in der Hand einer anderen Person als des Ausstellers, begründet sie für einen objektiven Betrachter u. a.48 den Rechtsschein, das verbriefte Recht sei entstanden.49 Diesen Rechts45  BGH NJW 1973, 282, 283; Jacobi, Wechsel- und ScheckR, 105 f. jeweils zum gutgläubigen Erwerb eines Wechsels. Zuvor noch offengelassen in BGH NJW 1969, 322, 323 (Scheck); BGH NJW 1957, 1837, 1838 (Wechsel). Diese Annahme liegt auch der nachfolgenden Entscheidung BGHZ 47, 95, 99 = NJW 1967, 1037 zu Art.  10 WG unausgesprochen zugrunde. Ähnlich Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 8 f.: §  794 Abs.  1 BGB diene dem Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs. 46  Der Einwand der Unwirksamkeit des Begebungsvertrags betrifft nicht die Gültigkeit der Ausstellung i. S. d. §  796 Fall 1 BGB, so aber MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  9 ; Erman/ R. Wilhelmi BGB §  796 Rn.  3. Der Begebungsvertrag ist kein Akt im Rahmen der Ausstellung der Urkunde, sondern ein davon zu unterscheidendes zusätzliches Erfordernis für die Entstehung des verbrieften Rechts. Die Unwirksamkeit des Begebungsvertrags ist daher ein Einwand i. S. d. §  796 Fall 3 BGB, den der Aussteller im Zuge eines gutgläubigen Erwerbs verliert, siehe Enneccerus/Lehmann SchuldR §  210 IV = 851, 852; BGB-RGRK/Steffen §  796 Rn.  6. 47  BGHZ 64, 11, 14 = NJW 1975, 1166 (Wechselurkunde); Canaris JuS 1971, 441, 442. Vom Standpunk der Vertrags- und Rechtsscheintheorie ausgehend hat die Ausstellung der Urkunde zwei Bedeutungen, nämlich zum einen die Vorbereitung der Begebung und zum anderen die Schaffung eines Rechtsscheinobjekts, siehe E. Ulmer WertpapierR 35. 48  Der Rechtsschein ist nicht auf den Bestand des Rechts beschränkt, sondern erstreckt sich auch darauf, dass das verbriefte Recht dem Inhaber der Urkunde zusteht und den aus der Urkunde ersichtlichen Inhalt hat, siehe Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 34. 49  BGH WM 1971, 744, 745 (Wechsel); Hueck/Canaris WertpapierR §  3 II 1 = 33; Ehrenbergs-HdB/Jacobi §  32 = 351; Enneccerus/Lehmann SchuldR §  208 II = 843; E. Locher WertpapierR §  8 3 = 40; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 120; E. Ulmer WertpapierR 42; ders. FS L. Raiser, 1974, 225, 234. Ähnlich Canaris JuS 1971, 441, 442: Rechtsschein baut auf dem Besitz der Wertpapierurkunde auf.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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schein muss der Aussteller gegen sich gelten lassen, wenn er ihn in zurechen­ barer Weise veranlasst hat.50 Insoweit stellt §  794 Abs.  1 BGB klar, dass die zurechenbare Begründung des Rechtsscheins bereits mit der Ausstellung der Urkunde und nicht erst – wie für andere Rechtsscheinhaftungen üblich – mit dem Inverkehrbringen erfolgt.51 Ausgeschlossen ist die Zurechnung nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn die Unterschrift nicht von dem Namensträger stammt, also gefälscht wurde, oder ihm nicht zugerechnet werden kann, sei es, weil er nicht oder nur beschränkt geschäftsfähig ist, sei es, weil jemand ohne Vertretungsmacht in seinem Namen handelt.52 (b) Redlichkeit des Erwerbers Der gutgläubige Erwerb der verbrieften Forderung ist gleichbedeutend damit, dem Aussteller den Einwand zu versagen, er habe die Urkunde zwar unterschrieben, aber nicht willentlich in den Verkehr gebracht.53 Der offene Wortlaut des §  794 Abs.  1 BGB, in dem der Inhaber keine Erwähnung findet, darf nicht zu der Annahme verleiten, der Aussteller verliere den Einwand gegenüber jedem Zweiterwerber,54 selbst gegenüber unredlichen.55 Vielmehr folgt aus der Formulierung „auch“, die eine sprachliche Verbindung zu §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB herstellt,56 dass der Aussteller den Einwand nur gegenüber denjenigen Zweiterwerbern nicht geltend machen kann, die zur Verfügung über die Urkunde berechtigt sind.57 Erforderlich ist also, dass der Inhaber das Eigentum an der Wertpapierurkunde – sei es nach den §§  929 ff. i. V. m. §§  932 ff., 935 Abs.  2 BGB, sei es nach Maßgabe der §§  366, 367 HGB58 – erworben hat.59 50 

Statt vieler Hueck/Canaris WertpapierR §  3 II 1 = 33. Canaris Vertrauenshaftung 235; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 II 3 b = 35; Richardi WertpapierR §  7 III = 57. Abweichend E. Ulmer WertpapierR 46: Rechtsschein werde nicht bereits durch die Ausstellung des Inhaberpapiers begründet, sondern erst dadurch, dass das Papier wider den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelange oder dem Papierinhaber trotz bestehender Einwendungen belassen werde. 52  Canaris Vertrauenshaftung 243 ff.; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 120. 53 Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  794 Rn.  3 ; Soergel/Welter BGB §  794 Rn.  2. 54  Der Ersterwerber kann die verbriefte Forderung nicht gutgläubig erwerben, siehe MüKoBGB/Habersack §  794 Rn.  2 ; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  794 Rn.  4. 55  So aber wohl Mot. II 697 = Mugdan II 389. 56  Nur in der Begründung abweichend Richardi WertpapierR §  7 III = 57: verdeckte Regelungslücke; Soergel/Welter BGB §  794 Rn.  2 : teleologische Reduktion des §  794 Abs.  1 BGB. 57 MüBGB/Habersack §  794 Rn.  4 ; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 501. 58  Zu Einzelheiten des Eigentumserwerbs im Effektengiroverkehr nachstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 2. b) bb) (2) (a). Das Eigentum an der Wertpapierurkunde kann zwar auch nach §  398 Satz 1 i. V. m. §  952 Abs.  2 und Abs.  1 Satz 1 BGB übergehen. Bei diesem Vorgehen ist ein redlicher Erwerb aber jenseits von §  405 BGB ausgeschlossen. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. b) bb). 59 PWW/Buck-Heeb BGB §  794 Rn.  1; BRHP/Gehrlein BGB §  794 Rn.  1; MüKoBGB/Habersack §  794 Rn.  4 ; E. Locher WertpapierR §  8 3 = 40; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  794 Rn.  3 ; Richardi WertpapierR §  7 III = 57; Erman/R. Wilhelmi BGB §  794 Rn.  1. 51 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(c) Unerheblichkeit der Art und Weise des Inverkehrgelangens Der gutgläubige Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache ist trotz der Redlichkeit des Erwerbers nach §  935 Abs.  1 Satz 1 BGB grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen ist. Aufgrund des Bedürfnisses erhöhter Umlauffähigkeit gilt dies jedoch nicht für den gutgläubigen Erwerb des Eigentums an Inhaberpapieren, §  935 Abs.  2 BGB. Diesen Gedanken führt §  794 Abs.  1 BGB – im Einklang mit Art.  16 Abs.  2 WG und Art.  21 ScheckG – in Bezug auf den gutgläubigen Erwerb der verbrieften Forderung konsequent fort. Danach ist der gutgläubige Erwerb der verbrieften Forderung auch dann möglich, wenn die Inhaberschuldverschreibung dem Aussteller gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. 3. Forderung gegen sich selbst Die Vertragstheorie hat nicht nur den Vorteil, dass sie mit dem Vertragsgrundsatz (§  311 Abs.  1 BGB) im Einklang steht. Sie vermeidet auch die Annahme, der Emittent begründe durch den Skripturakt – wenn auch nur vorübergehend bis zu der Übereignung des Wertpapiers an den Ersterwerber60 – eine Forderung „gegen sich selbst“. 61 Der Entstehung einer solchen Insichforderung ist der BGH – wenn auch in anderem Zusammenhang – wiederholt entgegengetreten. Voraussetzung für die rechtsgeschäftliche Entstehung eines Schuldverhältnisses sei das Vorhandensein mindestens eines Gläubigers und eines Schuldners. Niemand könne – auch nicht nur vorübergehend – sein eigener Schuldner sein. 62 4. Ausstellung durch Vertreter ohne Vertretungsmacht Ferner erweist sich die Kreationstheorie in den Konstellationen als nachteilig, in denen Inhaberschuldverschreibungen durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht begeben werden. 63 Während der unter Anwendung der Vertragstheorie maßgebliche Begebungsvertrag nur schwebend unwirksam und somit einer Genehmigung zugänglich ist (§  177 Abs.  1 BGB), wäre die Skriptur unter 60  Richardi WertpapierR §  7 III = 56 sieht einen „Begründungswiderspruch“ darin, dass die verbriefte Forderung zwar durch ein einseitiges Rechtsgeschäft entstehen soll, das Wertpapier aber durch Vertrag übertragen werden müsse. 61  So aber ausdrücklich von Randow ZBB 1994, 23, 25. Abweichend E. Ulmer WertpapierR 39, der eine Forderung des Ausstellers „gegen sich selbst“ ausdrücklich negiert und für diese Zeitspanne die Forderung als „ruhend“ ansieht. Erst mit der Begebung des Papiers soll die Forderung ihre „Wirksamkeit“ erlangen. 62  BGHZ 48, 214, 218 = NJW 1967, 2399; BGH NJW 1982, 2381, 2382. 63  Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 1 c = 30; Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 b bb = 37. Selbst E. Ulmer WertpapierR 49 sieht in dieser Konstellation einen erheblichen Nachteil der Kreationstheorie.

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Anwendung der Kreationstheorie aufgrund ihrer rechtlichen Natur als nicht empfangsbedürftige Willenserklärung ohne die Möglichkeit einer Genehmigung nichtig (§  180 Satz 1 BGB). 64

II. Begebungsvertrag als Entstehungsgrund der verbrieften Forderung Der in einer Schuldverschreibung auf den Inhaber verbriefte Anspruch entsteht nicht bereits mit der Skriptur. Dieser Akt bereitet die Begebung der Inhaberschuldverschreibung durch Ausstellung der Urkunde lediglich vor, enthält aber keine rechtsverbindlichen Erklärungen. 65 Begründet wird das verbriefte Leistungsversprechen – abgesehen von den Fällen des §  794 BGB – erst durch den Begebungsvertrag. 66 Dieser ist jedenfalls bei konstitutiven Wertpapieren – hierzu zählen u. a. Inhaberschuldverschreibungen67 – nicht nur Verfügungs-, sondern auch Verpflichtungsvertrag. 68 Während die Verfügung die Übereignung der Urkunde bewirkt, lässt die Verpflichtung die verbriefte Forderung entstehen. 69 64  Gleiches gilt, wenn Inhaberschuldverschreibungen von Minderjährigen begeben werden, §§  107, 108 Abs.  1 BGB bzw. §  111 Satz 1 BGB, siehe Richardi WertpapierR §  7 III = 56; Zöllner WertpapierR §  6 IV 2 b bb = 37. Diese Konstellationen sind in der Praxis aber weitestgehend bedeutungslos. 65  Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 b = 32; Zöllner WertpapierR §  6 V 4 = 40. 66  BGHZ 64, 11, 14 = NJW 1975, 1166; BGH NJW 1973, 282, 283; RGZ 134, 33, 35; RGZ 74, 351, 353; RG WarnRspr. 1918 (Ergänzungsband XI), Nr.  227 jeweils für Wechsel; ROHGE 17, 149, 153; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1599; PWW/Buck-Heeb BGB §  793 Rn.  15; BHC/Casper WertpapierR Rn.  28, 31; BRHP/Gehrlein BGB §  793 Rn.  7; Gierke SachenR §  108 III 1 = 108; Gursky WertpapierR 19; MüKoBGB/Habersack Vor §  793 Rn.  31; Heymann HandelsR §  11 II 4 c = 87; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 353; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 = 31; Ehrenbergs-HdB/Jacobi §  32 = 350; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 3 mit Fn.  2 ; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 499; Lehmann Finanzinstrumente 346; E. Locher WertpapierR §  7 2 = 38; Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  19; Masuch Anleihebedingungen 39; Meyer-Cording/Drygala WertpapierR A IX 3 = 30, E II = 100; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  6 4; Richardi WertpapierR §  7 III = 55; Palandt/ Sprau BGB §  793 Rn.  8; BGB-RGRK/Steffen §  793 Rn.  17; Staub/Stranz Einl WG Rn.  18; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 8; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  70a; Erman/R. Wilhelmi BGB §  793 Rn.  2 ; Zöllner WertpapierR §  6 V 4 = 39, §  27 I 2 a = 173. 67  Gursky WertpapierR 13; Masuch Anleihebedingungen 39; Meyer-Cording/Drygala WertpapierR A. IX. = 29; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  56, 57. 68 PWW/Buck-Heeb BGB §  793 Rn.  15; BRHP/Gehrlein BGB §  793 Rn.  7; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; Gursky WertpapierR 19; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 = 31; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 24; Larenz SchuldR BT I §  66 II = 500; Lehmann Finanzinstrumente 352; Masuch Anleihebedingungen 39; Meyer-Cording/Drygala WertpapierR A IX 3 = 30; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  6 4; Richardi WertpapierR §  7 III = 55; E. Ulmer FS L. Raiser, 1974, 225, 236 (unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht in WertpapierR 37); Erman/R. Wilhelmi BGB §  793 Rn.  2 ; Zöllner WertpapierR §  6 II 3 b = 35. 69  Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 365; PWW/Buck-Heeb BGB §  793 Rn.  15; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 2 = 31; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 24; Lenenbach NZG 2001, 481, 485; E. Locher WertpapierR §  18 6 = 89; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 119; Erman/R. Wilhelmi BGB §  793 Rn.  2.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

III. Verhältnis von Skriptur und Begebungsvertrag Einigkeit besteht darüber, dass die Anleihebedingungen den Inhalt des verbrieften Rechts festlegen, also das Leistungsversprechen, näher ausgestalten.70 Bezweifelt wird lediglich, dass die Anleihebedingungen Inhalt des Begebungsvertrags sind – allerdings zu unrecht. 1. Inhaltliche Abstraktheit des Begebungsvertrags Die Annahme, der Begebungsvertrag begründe das verbriefte Recht, sei – so ein Einwand in der Literatur 71 – nicht gleichbedeutend damit, dass die Anleihebedingungen Inhalt desselben, also Bestandteile des Begebungsvertrags, seien. Dessen Regelungsgehalt erschöpfe sich darin, dass dem Vertragspartner die in dem Papier eingeräumten Rechte zustehen sollen. Der Inhalt dieser Rechte ergebe sich nicht aus dem Begebungsvertrag, sondern aus der Skriptur. Die Anleihebedingungen – obgleich der Begebungsvertrag auf die Skriptur verweise – seien somit nicht Inhalt des Begebungsvertrags und folglich keine Vertragsbedingungen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB, sondern ausschließlich Inhalt der Skriptur. 2. Zusammenwirken von Skriptur und Begebungsvertrag Die Annahme, der Begebungsvertrag sei inhaltlich abstrakt, überzeugt nicht. Die Anleihebedingungen sind nicht nur Gegenstand der Skriptur, sondern auch wesentlicher Bestandteil des schuldrechtlichen Elements des Begebungsvertrags.72 a) Anleihebedingungen im Rahmen der Skriptur Nach §  796 Fall 2 BGB kann der Emittent den Inhabern der Teilschuldverschreibungen nur solche Einwendungen entgegensetzen, die sich aus der Urkunde ergeben. Diese Beschränkung der Einwendungen führt dazu, dass die Anleihebedingungen – jedenfalls soweit sie Einwendungen enthalten – bei der Skriptur in die Urkunde aufgenommen werden. Bei der Ausgabe von Einzelurkunden sind sie auf der Rückseite jeder Urkunde abgedruckt.73 Erfolgt die Ver70  Assmann WM 2005, 1053, 1058; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1122, 1123; Joussen WM 1995, 1861, 1864; Lenenbach NZG 2001, 481, 485; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.249. 71  Assmann WM 2005, 1053, 1057 f. 72  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1599; Joussen WM 1995, 1861, 1864; a. A. Assmann WM 2005, 1053, 1058. Abweichend A. Koch Banken 206 f.: Die Festlegung der Tilgung, der Verzinsung, des Übernahmekurses sowie der Sicherheiten erfolge in einem Darlehensvertag zwischen dem Emittenten und dem Emissionskonsortium. 73  Assmann WM 2005, 1053; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.234.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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briefung der Teilschuldverschreibungen hingegen – wie marktüblich74 – in einer dauerhaften Sammelurkunde, ist dem Erfordernis des §  796 Fall 2 BGB nicht nur genügt, wenn die Anleihebedingungen der Globalurkunde als Anhang beigefügt und mit dieser zentral verwahrt werden75 – in diesem Fall sind sie Bestandteil der Urkunde selbst76 –, sondern gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG auch dann, wenn die Sammelurkunde auf andernorts (z. B. bei dem Emittenten selbst) aufbewahrte Anleihebedingungen Bezug nimmt.77 b) Schuldrechtliches Element des Begebungsvertrags Rechtsverbindlich begründet wird das in der Urkunde beschriebene Leistungsversprechen durch den Begebungsvertrag.78 Dieser ist daher ein Rechte einräumender Vertrag.79 Nicht zu überzeugen vermag hingegen, dass für den Inhalt des verbrieften Rechts nicht (auch) der Inhalt des Begebungsvertrags, sondern ausschließlich die Skriptur entscheidend sein soll.80 Der Begebungsvertrag sei – so wird in der Literatur argumentiert – zwar ein verweisendes Rechtsgeschäft. Die Verweisung sei aber nicht im Sinne einer Abbreviatur zu verstehen. Der rechtsgeschäftlich erklärte Wille könne sich darauf beschränken, dass der Erwerber des Papiers die in dem Papier verbrieften Rechte erwerbe, deren Umfang die Skriptur selbst oder das Gesetz in Anknüpfung an die Skriptur festlege. 81 aa) Auslegung des Begebungsvertrags unter Heranziehung der Skriptur Die Skriptur ist lediglich ein Vorbereitungsakt ohne Bindungswirkung.82 Daher legt sie den Inhalt des verbrieften Rechts nicht rechtsverbindlich fest. Beschränkte der Begebungsvertrag sich darauf, ein Recht einzuräumen, ohne zugleich dessen Inhalt zu bestimmen, gäbe es in Bezug auf den Inhalt des begründeten Rechts keine rechtsverbindliche Erklärung. Vor diesem Hintergrund führt eine Auslegung des Begebungsvertrags dazu, dass der Rechtsbindungswille sich nicht auf die Begründung des Rechts beschränkt, sondern auch dessen Inhalt umfasst. 74  Statt

363.

vieler Assmann WM 2005, 1053, 1063; Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355,

75  So aber Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 358; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  2 Rn.  31 f.; wohl auch Begründung des SchVG-RefE, 24 zu §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG-RefE. 76 Hopt/Seibt/Artzinger-Bolten/Wöckener SchVG §  2 Rn.  33; Assmann WM 2005, 1053; Hopt FS Schwark, 2009, 441, 452; Reinhard/Schall/J. Simon SchVG §  2 Rn.  41; Than FS Heinsius, 1991, 809, 828. 77 Hopt/Seibt/Artzinger-Bolten/Wöckener SchVG §  2 Rn.  33 f.; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   2 Rn.   6; FK-SchVG/Hartwig-Jacob SchVG §   2 Rn.   67; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  10; Reinhard/Schall/J. Simon SchVG §  2 Rn.  40. 78  Siehe vorstehend Kap.  1 §  2 A. II. 79  Zöllner WertpapierR §  6 V 4 = 40. 80  So aber Assmann WM 2005, 1053, 1058; Zöllner WertpapierR §  6 V 4 = 39. 81  Assmann WM 2005, 1053, 1058; Zöllner WertpapierR §  6 V 4 = 39 f. 82  Hueck/Canaris WertpapierR §  3 I 1 b = 29 f.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Hierzu ist es lediglich nicht erforderlich, den Inhalt der Skriptur in dem Begebungsvertrag zu wiederholen. Ausreichend ist, dass der Inhalt des Rechts anhand der ausgestellten Urkunde ermittelt werden kann. Hierbei handelt es sich nicht um eine Besonderheit des Wertpapierrechts, sondern um die Anwendung allgemeiner Grundsätze über die inhaltliche Bestimmtheit schuldrechtlicher Verträge. Unter anderem für das Kaufrecht hat der BGH wiederholt entschieden, dass die inhaltliche Unbestimmtheit bezüglich des Kaufgegenstands zur Nichtigkeit der Vereinbarung führt. 83 Um diese Rechtsfolge abzuwenden, genüge es z. B. beim Verkauf von noch nicht vermessenen Grundstücksteilflächen, dass die verkaufte Teilfläche anhand der dem Vertrag beigefügten Skizze genau ermittelt werden könne.84 Eine solche dem Vertrag beigefügte Skizze enthält – wie die Skriptur – keine rechtsverbindliche Erklärung. Schließen die Parteien den Kaufvertrag unter Bezugnahme auf die Skizze, dient sie der Beschreibung des Kaufgegenstands. Ihr Inhalt ist somit bei der Bestimmung des Kaufgegenstands im Rahmen der Auslegung heranzuziehen. Gleiches gilt für den Begebungsvertrag, der unter Bezugnahme auf die ausgestellte Urkunde geschlossen wird. Durch die Einigung der Parteien wird das in der Urkunde beschriebene Leistungsversprechen zum Inhalt des Begebungsvertrags, ohne dass es einer ausdrücklichen Wiederholung des Forderungsinhalts bedarf. bb) Beschränkung der Skriptur im Lichte des §  796 BGB Maßgeblich für den Inhalt des Begebungsvertrags ist – wie bei jedem anderen Vertrag –, worauf die Parteien sich geeinigt haben. 85 Dies ermöglicht es ihnen auch, das Recht mit einem anderen als dem aus der Urkunde ersichtlichen Inhalt zu begründen. Das entstandene Recht ist daher – hierbei dürfte es sich allerdings um Ausnahmefälle handeln – nicht notwendig mit dem Inhalt der Skriptur identisch. Gegenteiliges ist §  796 Fall 2 BGB nicht zu entnehmen. Systematisch gesehen enthält die Vorschrift eine Abweichung von dem auch in §  404 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass der Schuldner dem Zessionar sämtliche Einwendungen entgegensetzen kann, die zur Zeit der Übertragung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Diesen Grundsatz schränkt §  796 Fall 2 BGB zur Steigerung der Verkehrsfähigkeit der Wertpapiere86 dahingehend ein, dass der Aussteller den Zweiterwerbern87 nur 83  BGHZ 150, 334, 337 f. = NJW 2002, 2247; BGH NJW-RR 2002, 415; BGH NJW-RR 1999, 1030. 84  BGH NJW-RR 1999, 1030. 85  Statt vieler BGHZ 150, 334, 338 = NJW 2002, 2247. 86 PWW/Buck-Heeb BGB §  796 Rn.  1; BRHP/Gehrlein BGB §  796 Rn.  1; MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  1; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  1; Palandt/Sprau BGB §  796 Rn.  1; BGB-RGRK/Steffen §  796 Rn.  1; Soergel/Welter BGB §  796 Rn.  1; ähnlich Jauernig/ A. Stadler BGB §  796 Rn.  1: im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Wertpapiere. 87 MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  1.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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solche Einwendungen entgegensetzen kann, die sich aus der Urkunde ergeben. Dem Ersterwerber kann der Aussteller hingegen sämtliche Einwendungen entgegensetzen, also auch solche, die aus der Urkunde nicht ersichtlich sind. 88 Dies setzt voraus, dass in dem Begebungsvertrag von der Skriptur abweichende Einwendungen vereinbart werden können. Folglich legt nicht die Skriptur, sondern der Begebungsvertrag fest, mit welchem Inhalt das verbriefte Recht entsteht. Der Urkundeninhalt ist lediglich im Rahmen der Auslegung des Begebungsvertrags relevant, wenn die Parteien den Inhalt des Rechts nicht näher bezeichnen. Weitaus größere Bedeutung entfaltet die Skriptur nur und erst im Verhältnis zu den Zweiterwerbern, nämlich als Grundlage des gutgläubigen Zweiterwerbs sowie zur Abwehr sämtlicher nicht aus der Urkunde ersichtlichen Einwendungen (§  796 Fall 2 BGB).

IV. Zwischenergebnis Der Begebungsvertrag begründet nicht nur die verbrieften Teilschuldverschreibungen, sondern legt auch deren Inhalt fest. Der Inhalt des Leistungsversprechens ist durch Auslegung (§§  133, 157 BGB) zu ermitteln. Dabei ist – wie auch bei anderen formbedürftigen Rechtsgeschäften89 – in erster Linie das in der Urkunde Niedergelegte maßgeblich.90 Wesentlicher Inhalt der Urkunde sind die Anleihebedingungen. Sie werden durch den Begebungsvertrag zum rechtsverbindlichen Inhalt des Leistungsversprechens. Folglich handelt es sich bei den Anleihebedingungen um Vertragsbedingungen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB.

B. Eigenemission Erfolgt die Ausgabe der Schuldverschreibung im Wege der Eigen- bzw. Selbst­ emission, besteht kein Zweifel daran, dass die Anleihebedingungen die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB erfüllen.91 Bei dieser Form der Wertpapieremission wendet der Emittent sich selbst an das 88 MüKoBGB/Habersack

§  796 Rn.  1. Statt vieler Palandt/Ellenberger BGB §  133 Rn.  19. 90  BGHZ 64, 11, 14 = NJW 1975, 1166; BGHZ 21, 155, 161 f. = NJW 1956, 1597 jeweils für Wechselverbindlichkeiten; RGZ 117, 379, 382 für Genussscheinurkunden. Ähnlich RGZ 112, 85, 86: Maßgeblich sei nicht der Parteiwille, sondern „wie ein außerhalb stehender Dritter die Urkunde verstehen müßte“. 91  OLG Stuttgart AG 2019, 51, 52; Eidenmüller Unternehmenssanierung 215; Joussen WM 1995, 1861, 1864; Lenenbach NZG 2001, 481, 485; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  54. Differenzierend BuB/Bosch Rn.  10/160, der lediglich in den Fällen, in denen ein Konsortialkredit, dessen Bedingungen für die Bedürfnisse einiger weniger institutioneller Anleger „maßgeschneidert“ wird, in die Form von Inhaberschuldverschreibungen gekleidet wird, einen Individualvertrag annimmt. 89 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

­ ublikum.92 Er schließt inhaltsgleiche Begebungsverträge mit jedem einzelnen P Anleger.93 Die Anleihebedingungen sind als wesentlicher Bestandteil der schuldrechtlichen Begebungsverträge Vertragsbedingungen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB.94 Sie sind von dem Emittenten für eine Vielzahl von (Begebungs-) Verträgen95 – jeder Teilschuldverschreibung aus einer Emission liegt ein eigener Begebungsvertrag zugrunde96 – vorformuliert und werden von ihm bei Abschluss derselben gegenüber jedem einzelnen Anleger gestellt.97 Dabei ist unerheblich, ob die Teilschuldverschreibungen in Einzelurkunden oder in einer Globalurkunde verbrieft werden.98

C. Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung Die praktische Bedeutung der Eigenemission beschränkt sich im Bereich der Anleiheemission heute auf Fälle, in denen der Emittent über eine eigene Absatz­ organisation verfügt, z. B. ein Kreditinstitut, das Wertpapiere ausgibt, oder der Kreis der potentiellen Anleger überschaubar ist.99 Im Regelfall erfolgt die Anleiheemission als Fremdemission unter Mitwirkung mehrerer Kredit- oder Wertpapierinstitute.100 Deren wesentliche Aufgabe besteht in der Platzierung 92 DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §   57 Rn.   6; Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 518; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  2 ; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 4 f.; Masuch Anleihebedingungen 36. 93  Masuch Anleihebedingungen 40, 41; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  70a. 94  Joussen WM 1995, 1861, 1864; Kallrath Wertpapierbedingungen 42; Masuch Anleihebedingungen 56; a. A. von Randow ZBB 1994, 23, 26 auf Grundlage der Theorie vom mehrgliedrigen Rechtsgeschäft. 95  Bungert DZWiR 1996, 185, 187; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; Kallrath Wertpapierbedingungen 57. So auch im Grundsatz Joussen WM 1995, 1861, 1864, der eine Ausnahme für die Fälle befürwortet, in denen der Emittent die Inhaberschuldverschreibungen lediglich einem Anleger (z. B. einem Großaktionär wie geschehen in dem Fall BGHZ 120, 141, 142 = NJW 1993, 400) zuwendet. 96  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1 §  2 D. II. 3. 97  Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; Joussen WM 1995, 1861, 1864; Kallrath Wertpapierbedingungen 58; Masuch Anleihebedingungen 56 f.; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. 98  Masuch Anleihebedingungen 57; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. Anders die Ausführungen bei Kallrath Wertpapierbedingungen 43. 99  Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/74; Bungert DZWiR 1996, 185, 186; Büschgen Börsen-Lexikon Stichwort „Eigenemission“; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  2 ; Ekkenga/ Maas Wertpapieremission Rn.  73; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; SBL/Grundmann ­BankRHdB §  112 Rn.  6 ; Joussen WM 1995, 1861, 1862; DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §  57 Rn.  6 ; Masuch Anleihebedingungen 36; von Randow ZBB 1994, 23, 25 mit Fn.  13; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 9. Ähnlich Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  196 für sog. Daueremittenten. Ein seltener Fall der Eigenemission lag der Entscheidung des OLG Frankfurt WM 2005, 1080, 1082 zugrunde. 100  Bungert DZWiR 1996, 185, 187; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  2 ; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  217; ders. ZHR 160 (1996) 59, 71; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  1, 6; Hopt Emissionen Rn.  23; Joussen WM

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der Anleihe, d. h. in der Distribution der Teilschuldverschreibungen an das Publikum.101 Erfolgt die Platzierung unmittelbar, d. h. ohne einen Zwischenerwerb der Emissionsbanken (nachfolgend I.), erfüllen die Anleihebedingungen unbestritten die tatbestandlichen Voraussetzungen des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB. Sowohl bei der Ausgestaltung des Übernahmevertrags als Geschäftsbesorgungs- oder Garantiekonsortium (nachfolgend II.) als auch bei dem Einsatz eines Begebungskonsortiums (nachfolgend III.) wird jedenfalls der schuldrechtliche Teil des Begebungsvertrags einschließlich der Anleihebedingungen mit einer Vielzahl von Anlegern geschlossen.

I. Rechtliche Ausgestaltung des Übernahmevertrags In welcher Weise die Konsorten an der Emission mitwirken, bestimmt der zwischen ihnen und dem Emittenten geschlossene102 Übernahmevertrag.103 Der Übernahmevertrag ist ein kaufähnlicher Vertrag mit geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen,104 insbesondere der Verpflichtung der Konsorten wäh1995, 1861, 1865; Lehmann Finanzinstrumente 347; Löffler Anleihen 75; Masuch Anleihebedingungen 34; von Randow ZBB 1994, 23, 25; a. A. Assmann WM 2005, 1053, 1055, 1056: Selbstemission als Regelfall. 101  Zum Begriff der Platzierung siehe du Buisson WM 2003, 1401, 1402. 102  Die Verpflichtung zu der Übernahme der Wertpapiere wird üblicherweise nur unter mehreren auflösenden Bedingungen (HMS/Diekmann Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  31.31) übernommen, nämlich der Einlieferung der Globalurkunde bei der CBF als Zen­ tralverwahrer, dem Abschluss des Zahlstellenvertrags, der Billigung des Wertpapierprospekts durch die zuständige Behörde, das Vorliegen einer legal opinion, die bestätigt, dass die Ansprüche aus den Teilschuldverschreibungen wirksam begründet und durchsetzbar sind, sowie eines comfort letter der Wirtschaftsprüfer der Emittenten, siehe N. Horn Anleihen 129; KMFS/R.  Müller BankR/KapMarktR Rn.   15.188, 15.191, 15.192; Schwintowski/Schantz BankR Kap.  23 Rn.  78. 103 Der Übernahmevertrag wird gelegentlich auch als Emissionsvertrag bezeichnet, so z. B. Assmann WM 2005, 1053, 1058. Von diesem ist die sog. Mandatsvereinbarung zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, durch den noch keine Übernahmeverpflichtung der Konsortialmitglieder begründet wird. Inhaltlich beschränkt die Mandatsvereinbarung sich im Wesentlichen darauf, die geplante Transaktion zu definieren, die von den Konsortialmitgliedern zu erbringenden Leistungen und die vom Emittenten zu zahlenden Gebühren festzulegen sowie die Vertraulichkeit der Informationen und die Exklusivität des Mandats zu versichern. Zu Einzelheiten KMFS/ R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.171 ff. 104  Einsele BankR/KapMarktR §   7 Rn.  22; Ekkenga/Maas Wertpapieremission Rn.  277, 298; Hopt Emissionen Rn.  38; DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §  57 Rn.  38; KMFS/ R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.111. Abweichend RGZ 104, 119, 120; RGZ 28, 29, 30; BuB/Bosch Rn.  10/68; Schönle BankR/BörsenR §  19 II 2 a = 271: Kaufvertrag. Offengelassen in RG JW 1927, 1375: Kauf oder kaufähnliches Geschäft. Die Annahme, der Vertrag sei lediglich dem Kauf ähnlich, beruht darauf, dass der erworbene Gegenstand anlässlich der Emis­ sion erst geschaffen werde, siehe BuB/Bosch Rn.  10/68. Abweichend Schwintowski/Schantz BankR Kap.  23 Rn.  61: Vertrag sui generis mit kauf-, darlehens- und geschäftsbesorgungsrechtlichen Elementen. A. A. in Bezug auf Festübernahmen Canaris BankvertragsR Rn.  2243; Herold Kreditgeschäft 202: Darlehen bzw. Kreditgewährung. Dagegen BuB/Bosch Rn.  10/69.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

rend und kurz nach der Platzierungsphase ggf. erforderliche Maßnahmen zur Kursstabilisierung durchzuführen.105 Die vertragstypische Hauptpflicht des Emittenten besteht darin, die Teilschuldverschreibungen – in der Regel in Form einer Globalurkunde – zu begeben106 und die vereinbarten Vergütungen107 – diese werden regelmäßig mit dem nach den §§  675 Abs.  1, 667 Alt.  2 BGB bzw. §  384 Abs.  2 Hs.  2 HGB herauszugebenden Emissionserlös saldiert108 – zu zahlen. Im Gegenzug verpflichtet das Konsortium sich,109 die Teilschuldverschreibungen entsprechend den auf die einzelnen Mitglieder entfallenden Übernahmequoten110 zu übernehmen und am Markt zu platzieren.111 Welche Mitwirkung das Konsortium bzw. die einzelnen Konsorten in diesem Zusammenhang schulden, wird im Vertrag näher ausgestaltet. Marktüblich ist die Unterscheidung zwischen Geschäftsbesorgungs- und Garantiekonsortien einerseits und Begebungskonsortien andererseits.

105  Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 462; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.197. Unter Zugrundelegung der üblichen Ausgestaltung des Emissionsvertrags ist der Konsortialführer im Außenverhältnis gegenüber dem Emittenten allein zu Maßnahmen der Kurspflege verpflichtet, siehe Bueren WM 2013, 585 f.; H. Fleischer ZIP 2003, 2045, 2046; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  106, 96; a. A. R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 82: Kursstabilisierung erfolge ohne vertragliche Verpflichtung aufgrund des Eigeninteresses des Konsortiums. 106 SBL/Grundmann BankR-HdB §   112 Rn.  76; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.176. 107 Die vereinbarte Vergütung besteht regelmäßig aus einer Übernahme- und Managementgebühr, die in der Regel zwischen 1,25 und 2,5 Prozent des Gesamtnennbetrags der Emission (total spread) beträgt, und einer Platzierungsprovision (commission), siehe BuB/ Bosch Rn.   10/221; Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 521; KMFS/R. Müller ­BankR/KapMarktR Rn.   15.178; Parche in Henssler/Kolbeck/Moritz/Rehm, Europäische Integration und globaler Wettbewerb, 351, 354. 108 BuB/Bosch Rn.  10/221; Canaris BankvertragsR Rn.  2 250; Delorme/Hoessrich Emissionsgeschäft 67; De Meo Bankenkonsortien Kap.  3 Rn.  90; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  76; Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 82 f.; N. Horn Anleihen 113; KMFS/ R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.178. 109  Zu der (Teil-)Rechtsfähigkeit eines Emissionskonsortiums nachstehend Kap.  1 §  2 D. II. 2. a). 110  Hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme und Platzierung der Wertpapiere sind die Konsorten Teilschuldner, siehe SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  130; Schanz Börseneinführung §  9 Rn.  30 mit Fn.  60. Ihre Verpflichtung wird im Vertragswerk üblicherweise mit den Worten “several and not joint” umschrieben, siehe KMFS/R. Müller BankR/Kap­ MarktR Rn.  15.177 mit Fn.  2. Die Größe der Quoten wird insbesondere anhand der Platzierungskraft der Konsorten festgelegt, siehe Schanz Börseneinführung §  9 Rn.  26. 111 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.177.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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II. Geschäftsbesorgungs- und Garantiekonsortium Die unmittelbare Platzierung kann im Wege eines sog. Geschäftsbesorgungsoder Garantiekonsortiums erfolgen.112 Bei diesen Gestaltungen des Emissionsvorgangs enthält der Übernahmevertrag jeweils eine bedingte Erwerbszusage der Konsorten.113 Sie verpflichten sich, die Wertpapiere zu erwerben, die innerhalb einer vertraglich bestimmten Frist am Markt nicht platziert werden konnten.114 Der Unterschied zwischen den Gestaltungen besteht darin, dass die Konsorten bei einem Garantiekonsortium keine Platzierungspflichten übernehmen.115 Während der vertraglich vereinbarten Platzierungsphase tritt also nur der Emittent selbst gegenüber potentiellen Anlegern auf und versucht, die Finanzinstrumente zu platzieren. Im Gegensatz dazu übernehmen bei einem Geschäftsbesorgungskonsortium die Konsorten die Platzierung am Markt. Sie agieren während der vereinbarten Platzierungsphase im Außenverhältnis als Stellvertreter des Emittenten, so dass die Begebungsverträge nach Maßgabe der §§  164 ff. BGB unmittelbar zwischen dem Emittenten und den Anlegern entstehen.116 Gemeinsam ist dem Geschäftsbesorgungs- und dem Garantiekonsortium, dass die Anleger die Inhaberpapiere unmittelbar von dem Emittenten erwerben. Ein Zwischen- bzw. Durchgangserwerb der Teilschuldverschreibungen durch das Konsortium oder einzelne Konsorten findet nicht statt.117 Der Emittent schließt bei dieser Gestaltung des Emissionsvorgangs also selbst oder unter Mitwirkung von Stellvertretern eine Vielzahl von Begebungsverträgen, deren wesentlicher Bestandteil die von ihm vorformulierten und bei Vertragsschluss gestellten Anleihebedingungen sind.

III. Begebungskonsortien Von Geschäftsbesorgungs- und Garantiekonsortien sind sog. Begebungskonsortien zu unterscheiden. Bei dieser Ausgestaltung des Emissionsvorgangs beschränkt die Leistung der Konsorten sich darauf, die Wertpapiere nach besten Kräften am Markt zu platzieren (best effort underwriting); eine Absatzgarantie 112  In der Praxis der in London syndizierten Emissionen ist die Absatzgarantie die typische Form des underwriting, siehe BuB/Bosch Rn.  10/81. 113 BuB/Bosch Rn.  10/81; Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/81; Masuch Anleihebedingungen 41. 114 ASM/Assmann WpHG §  2 Rn.  135, 136; BuB/Bosch Rn.  10/81; Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/81; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  218; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  123 f.; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 5; Masuch Anleihebedingungen 35. 115 BuB/Bosch Rn.  10/81; du Buisson WM 2003, 1401, 1403; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  124. 116  Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/72, 10/162 a. E. 117  N. Horn Anleihen 136; Masuch Anleihebedingungen 41.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

übernehmen sie nicht.118 Das – aufgrund verschärfter Marktbedingungen heute selten gewordene119 – Begebungskonsortium kommt in zwei Spielarten vor, nämlich als Vermittlungskonsortium oder in der Form einer Verkaufskommission.120 Das Vermittlungskonsortium, das heute kaum noch eine Rolle spielt,121 ist dem Garantiekonsortium ähnlich. Bei diesem treten die Konsorten gegenüber dem Publikum als Stellvertreter des Emittenten auf.122 Die Begebungsverträge kommen unmittelbar zwischen dem Emittenten und den Anlegern zustande (§  164 Abs.  1 Satz 1 BGB); ihr Ersterwerb der Wertpapiere vollzieht sich ohne Zwischenerwerb der Konsorten.123 Gebräuchlicher ist die Ausgestaltung des Begebungskonsortiums als Verkaufskommission nach den §§  383 ff. HGB.124 In diesen Fällen handeln die Konsorten zwar auf Rechnung des Emittenten, gegenüber den Anlegern aber im eigenen Namen.125 Dies hat zur Folge, dass die Konsorten aufgrund des Kommissionsvertrags im Verhältnis zum Publikum selbst zu der Begebung der Wertpapiere verpflichtet sind. Daher schließen sie das Ausführungsgeschäft – also den Begebungsvertrag – im eigenen Namen als

118 ASM/Assmann WpHG §  2 Rn.  134; Hopt Emissionen Rn.  24; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  123; Lehmann Finanzinstrumente 347; wohl auch Fuchs/Fuchs WpHG §  2 Rn.  102. Diese Tätigkeit erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Emissionsgeschäfts nach §  2 Abs.  3 Satz 1 Nr.  5 WpHG. Die hierfür erforderliche Übernahme von Finanzinstrumenten setzt voraus, dass sich das Konsortium bzw. die Konsorten in dem Übernahmevertrag verbindlich zu der Abnahme der Finanzinstrumente und der Zahlung des Entgelts verpflichten, de Buisson WM 2003, 1401, 1402; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  120; wohl auch F. A. Schäfer WM 2002, 361, 363. 119 HMS/Diekmann Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.   31.6; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; Hopt Emissionen Rn.  24; Masuch Anleihebedingungen 35. 120  Bei diesen Konstruktionen handelt es sich nicht um Emissionsgeschäfte i. S. d. §  1 Abs.  1 Satz 2 Nr.  10 KWG bzw. §  2 Abs.  2 Nr.  8 WpIG, sondern um Platzierungsgeschäfte i. S. d. §  1 Abs.  1a Satz 2 Nr.  1c KWG bzw. §  2 Abs.  2 Nr.  8 WpIG, siehe BFS/F. A. Schäfer KWG §  1 Rn.  115; a. A. (Finanzkommissionsgeschäfte i. S. d. §  1 Abs.  1 Satz 2 Nr.  4 KWG) Einsele ­BankR/KapMarktR §  7 Rn.  27; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  203; Schwen­ nicke/Auerbach/Schwennicke KWG §  1 Rn.  75; LNSSWW/Weber/Seifert KWG §  1 Rn.  41. 121  Hopt Emissionen Rn.  24 mit Fn.  43; a. A. BuB/Bosch Rn.  10/72: in der Praxis nicht selten. 122  Hopt Emissionen Rn.  24 mit Fn.  43; Masuch Anleihebedingungen 35, 41; ähnlich Büsch­ gen Börsen-Lexikon Stichwort „Begebungskonsortium“; Scholze Konsortialgeschäft I 290: Das Konsortium tritt als Vermittler oder Makler auf. Diese Gestaltung des Emissionsvorgangs ordnet Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123 als Eigenemission ein. 123  Masuch Anleihebedingungen 35. 124 Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 519; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  198; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  73; Hopt Emissionen Rn.  36; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 5. Nach BuB/Bosch Rn.  10/72 kann es sich – je nach vertraglicher Ausgestaltung – auch um eine Einkaufskommission im Interesse des Anlegers handeln. 125  Hopt Emissionen Rn.  42. Ein Handeln im eigenen Namen liegt auch dann vor, wenn der Konsorte „für Rechnung eines Konsortiums“ veräußert, siehe RGZ 56, 297, 300; MüKo­ HGB/Häuser §  383 Rn.  66; Staub/Koller HGB §  383 Rn.  15, 123.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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mittelbare Stellvertreter des Emittenten.126 Dies gilt jedenfalls127 für den schuldrechtlichen Teil des Begebungsvertrags,128 dessen wesentlicher Bestandteil die Anleihebedingungen sind.129

D. Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung Die von Teilen der Literatur vertretene Rechtsauffassung, Anleihebedingungen seien keine AGB, beschränkt sich auf – die in der Praxis marktüblichen130 – Fremdemissionen in Form der Festübernahme (firm commitment underwriting bzw. Übernahmekonsortium).131 Bei dieser verpflichten die Konsorten sich in dem Übernahmevertrag dazu, je einen Teil der Finanzinstrumente zu einem vorher festgelegten Preis in den eigenen Bestand zu übernehmen und anschließend auf eigene Rechnung und eigenes Risiko zu platzieren (nachfolgend I.).132 Mit dem Emissionskonsortium steht dem Emittent im ersten Absatzschritt zwar nur ein Vertragspartner gegenüber. Gleichwohl sind die Anleihebedingungen aufgrund der Stückelung der regelmäßig globalverbrieften Anleihe Gegenstand einer Vielzahl von Begebungsverträgen (nachfolgend II.). Verwender der Anleihebedingungen im Verhältnis zu den Anlegern ist der Emittent. Die Tatsache, dass zwischen ihnen kein rechtsgeschäftlicher Kontakt besteht, schließt das Ergebnis bei der gebotenen teleologischen Auslegung der Voraussetzung des „Stellens“ nicht aus (nachfolgend III.).

126 

Statt vieler MüKoHGB/Häuser §  383 Rn.  62. Erfüllung der Verbindlichkeit erfolgt entweder dadurch, dass die Konsorten das Eigentum an der Einzelurkunde bzw. den Miteigentumsanteil an der Sammelurkunde aufgrund einer Einwilligung des Emittenten (§  185 Abs.  1 BGB) im eigenen Namen übertragen (Masuch Anleihebedingungen 42) oder als Leistung durch Dritte gemäß §  267 Abs.  1 Satz 1 BGB, wobei die Konsorten als Stellvertreter des Emittenten auftreten. 128  Ekkenga ZHR 160 (1996) 59, 71; abweichend Masuch Anleihebedingungen 42, der davon ausgeht, die Konsorten handeln insoweit als Stellvertreter des Emittenten. 129  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 A. III. 130  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1600; Ekkenga ZHR 160 (1996) 59, 69; Grundmann FS Boujong, 1996, 159, 160; Hopt Emissionen Rn.  24; Joussen WM 1995, 1861, 1865; Masuch Anleihebedingungen 35; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.175; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 35 f.; ders. ZBB 1994, 23, 25; Reimnitz in Büschgen/Richolt Bankgeschäft-HdB 257; H. P. Westermann AG 1967, 285. Abweichend R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 9: Im kontinentaleuropäischen Bereich herrsche das gemischte Übernahme- und Begebungskonsortium vor, im angelsächsischen Bereich eine dreistufige, vertikale Struktur bestehend aus der Führungsgruppe, der Underwriting-Gruppe und der Verkaufsgruppe. 131 Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 519; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  123. 132 BT-Drucks. 13/7142, 101 zu §   2 WpHG-E; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  123; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 5; Schäfer/Hamann/F. A. Schäfer WpHG §  2 Rn.  73. 127  Die

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

I. Ablauf der Festübernahme Bei der Festübernahme erfolgt die Platzierung der Wertpapiere am Markt in zwei Absatzschritten.133 Zunächst übernehmen die Konsorten sämtliche Teilschuldverschreibungen der Anleihe auf Grundlage des Übernahmevertrags zu einem festen Preis.134 Der für die Entstehung der Wertpapiere erforderliche Begebungsvertrag – sowohl die darin enthaltene Verpflichtung als auch die Verfügung – kommt zwischen dem Emittenten und den Konsorten zustande.135 Unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen dem Emittenten und den Anlegern werden nicht begründet.136 Der zweite Absatzschritt besteht darin, dass die Konsorten137 die Wertpapiere – genauer das ihnen zugewiesene Kontingent (sog. Syndikatsquote) – im eigenen Namen138 und auf eigene Rechnung an die Anleger weiterveräußern.139 Hieran ist der Emittent nicht beteiligt, weder an dem Kauf140 noch an der dinglichen Rechtsübertragung.141 Das zuvor im Verhältnis zwischen ihm und den Konsorten begründete Recht geht ohne inhaltliche Änderung142 auf die Anleger als Zweiterwerber über,143 ohne dass es einer erneuten Einbeziehung der Anleihebedingungen bedarf.144 Mit anderen Wor133 

Joussen WM 1995, 1861, 1865. Assmann WM 2005, 1053, 1055; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  29; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  197; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1123 f.; Lehmann Finanzinstrumente 347. 135  Masuch Anleihebedingungen 42. 136  Assmann WM 2005, 1053, 1056; Hopt Emissionen Rn.  41. 137 Abweichend Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124, der davon ausgeht, dass zunächst das Konsortium oder die Konsortialführerin die Wertpapiere erwerbe und diese anschließend den Konsorten entsprechend der Syndikatsquote übertrage. 138  Damit die Konsorten bei der Eigentumsübertragung als Berechtigte agieren können, haben sie nach dem Konsortialvertrag Anspruch auf das Alleineigentum an den ihnen nach der Syndikatsquote zustehenden Wertpapieren, siehe BuB/Bosch Rn.  10/51. 139  Baum FS Hopt, Bd.   II, 2010, 1595, 1600; Bosch/Groß Emissionsgeschäft Rn.  10/77; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  197, 213; Baumbach/Hopt/Hopt (7) BankGesch Rn. Y/1; ders. Emissionen Rn.  42; Löffler Anleihen 75; Masuch Anleihebedingungen 35; Reimnitz in Büschgen/Richolt Bankgeschäft-HdB 257; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 653. 140  N. Horn Anleihen 139; DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §   57 Rn.   40; von Randow ZBB 1994, 23, 25. Die Anleihebedingungen sind nicht Inhalt des Kaufvertrags, sondern Bestandteil des übertragenen Rechts, siehe von Randow ZBB 1994, 23, 25. 141  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1600; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 69; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; Stucke DM-Auslandsanleihen 259. 142  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1606; BuB/Bosch Rn.  10/166; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  114; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 658, 662. 143  Baum FS Hopt, Bd.   II, 2010, 1595, 1600; Eidenmüller Unternehmenssanierung 216; Hopt Emissionen Rn.  41; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 39; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 658. 144  OLG Frankfurt WM 1993, 2089; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1606; BuB/Bosch Rn.  10/166; Dietlein/Rebmann/Dietlein AGBG §   2 Rn.   12; MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  45; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 366; Joussen WM 1995, 1861, 1863; E. Koch/Stübing AGBG §  2 Rn.  43; Masuch Anleihebedingungen 157; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  6 4; Stucke DM-Auslandsanleihen 259; UBH/P. Ulmer/Habersack §  305 Rn.  114; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 134 

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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ten: Die Anleihebedingungen entstammen der Forderungsbegründung und Verbriefung im Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Konsorten.145

II. Vielzahl von Verträgen Der Annahme, die Anleihebedingungen seien Gegenstand einer Vielzahl von (Begebungs-)Verträgen, steht weder entgegen, dass den Emittenten mit dem Konsortium nur ein einzelner Vertragspartner gegenüber steht (nachfolgend 2.), noch, dass in der Praxis üblicherweise eine Globalverbriefung erfolgt (nachfolgend 3.). 1. Absicht der Mehrfachverwendung Der Ansicht, Anleihebedingungen seien AGB, ist in der Literatur wiederholt entgegnet worden, dass der Emittent nur einen Begebungsvertrag und nicht – wie von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB vorausgesetzt – eine Vielzahl von Verträgen schließe.146 Die Formulierung ist zumindest ungenau. Die Vorschrift des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB verlangt nicht, dass tatsächlich eine Vielzahl von Verträgen unter Verwendung der vorformulierten Vertragsbedingungen geschlossen wird. Maßgeblich ist der mit der Vorformulierung verfolgte Zweck, also die Absicht des Verwenders zu einer Mehrfachverwendung.147 Liegt diese vor, sind die Vertragsbedingungen bereits im ersten Verwendungsfall AGB.148 Ob der Verwender im Zeitpunkt des Vertragsschlusses149 eine derartige Mehrfachverwendungsabsicht hatte, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen.150 Dabei behilft die Rechtsprechung sich u. a. mit der Beweiserleichterung, dass diese Absicht bei tatsächlich vielfacher Verwendung vermutet wird.151 1998, 651, 653; besonders bildlich Than FS Heinsius, 1991, 809, 831: Anleihebedingungen gehen „huckepack“ mit. 145  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 37. 146  Statt vieler Joussen WM 1995, 1861, 1865. 147  BGH NJW 2004, 1454; BGH NJW 2002, 138, 139; BGH NJW-RR 2002, 13, 14; BGH NJW 2000, 2988, 2989; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1147; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  18; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  25; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  5 ; Bork BGB AT Rn.  1753; Kötz VertragsR Rn.  247; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  23. 148 MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  18; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  5. 149  BGH NJW-RR 2002, 13, 14; BGH NJW 2000, 2988, 2989; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  18. 150  BGH NJW 1997, 135. 151 BGH NJW 1997, 135; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1147; dem folgend BRHP/ J. Becker BGB §  305 Rn.  24; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  24. Eine weitere Beweiserleichterung besteht darin, dass Klauseln, die sowohl ihrem Inhalt als auch ihrer Gestaltung nach formelhaft erscheinen, den Anschein der Mehrfachverwendungsabsicht erzeugen, siehe BGHZ 157, 102, 106 = NJW 2004, 502; BGH NJW-RR 2004, 814, 815; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  18; nur terminologisch abweichend PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  15 („Beweis des ersten Anscheins“); Graf von Westphalen NJW 2004, 1993; ders. BB 1976, 1288,

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

2. Emissionskonsortium als einziger Vertragspartner Gegen die Annahme, der Emittent schließe bei der Fremdemission einer Anleihe in Form der mittelbaren Platzierung eine Vielzahl von Verträgen, wird eingewandt, dass dem Emittenten mit dem Emissionskonsortium lediglich ein Vertragspartner gegenüberstehe.152 Dies ist im Tatsächlichen zwar zutreffend. Für die Einordnung der Anleihebedingungen als AGB ist die Singularität des Vertragspartners aber unschädlich. Die Vorschrift des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB erfordert nicht die wiederholte Verwendung gegenüber verschiedenen Vertragspartnern. Ausreichend ist ebenfalls, dass eine mehrfache Verwendung gegenüber einem Vertragspartner beabsichtigt ist.153 a) Rechtliche Natur eines Emissionskonsortiums Insbesondere bei der marktüblichen Festübernahme einer Anleihe wirken in der Regel mehrere Kredit- oder Wertpapierinstitute als Emissionskonsortium zusammen,154 um das Platzierungs- und Preisrisiko in Anbetracht des hohen Kapitaleinsatzes auf mehrere Schultern zu verteilen.155 Dieses Vorgehen hat bei Verwendung der internationalen Musterverträge allerdings nicht zur Folge, dass dem Emittent nur ein Vertragspartner gegenübersteht. aa) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die Konsorten verfolgen den gemeinsamen Zweck, die Wertpapiere – hier sämtliche Teilschuldverschreibungen einer Anleihe – zu übernehmen und am Markt 1289 („Indizien“); H. Roth BB 1992, Beilage 4, 14; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 131 („Vermutung“). Nach Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 I 1 = 187 ist bereits die Vorformulierung ein Indiz für die Mehrfachverwendungsabsicht. 152  Assmann WM 2005, 1053, 1063; Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 214 f.; Joussen WM 1995, 1861, 1865; Lehmann Finanzinstrumente 355; Masuch Anleihebedingungen 125. Ähnlich Kallrath Wertpapierbedingungen 56 f.: In diesen Fällen sei die Vertragsfreiheit der Vertragspartner nicht auf die Abschlussfreiheit beschränkt, so dass keine Störung der Vertragsparität vorliege. Daher seien die Voraussetzungen des §  1 Abs.  1 AGBG (heute §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB) – vorbehaltlich einer teleologischen Auslegung – zu verneinen. 153  BAG NZA 2006, 746 Rn.  20; BGH NJW 2004, 1454, 1455; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  18; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  9 ; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 7; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  23. Abweichend Masuch Anleihebedingungen 124 f.: teleologische Reduktion. 154  Die Fälle, in denen der Emittent nur ein Kredit- oder Wertpapierinstitut mandatiert, beschränken sich auf Emissionen mit einem geringen Volumen. Maßgeblich für die Einschaltung eines Konsortiums und die Anzahl der Mitglieder sind neben dem Emissionsvolumen auch die Volatilität des Marktes und das daraus resultierende Kursrisiko sowie die angestrebte Streubreite der Wertpapiere, siehe Schanz Börseneinführung §  9 Rn.  24. 155 BuB/Bosch Rn.  10/27; Ekkenga/Maas Wertpapieremission Rn.   75; Baumbach/Hopt/ Hopt (7) BankGesch Rn. Y/2; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 5; Masuch Anleihebedingungen 42.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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zu platzieren.156 Miteinander verbunden sind sie durch einen sog. Konsortialvertrag,157 der neben dem Innenverhältnis auch Einzelheiten der von jedem Konsorten zu erbringenden Leistungen regelt.158 Da das Konsortium als solches – aufgrund entsprechender Vereinbarungen in den Konsortialverträgen in der Regel vertreten von der Konsortialführerin (lead manager) 159 – zumindest bei dem Abschluss des Übernahmevertrags werbend tätig ist, wird ganz überwiegend angenommen, es handele sich um eine (teil-)rechtsfähige160 (Gelegenheits-)Gesellschaft161 bürgerlichen Rechts.162 bb) Abweichende Musterverträge der ISMA Die vorherrschende Ansicht, die Konsorten bilden eine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, lässt unberücksichtigt, dass seit dem Jahr 1990 im Bereich internationaler Anleiheemissionen Musterverträge (standard form agreements among members) der IPMA, einer in London ansässigen Vereinigung international führender Investmentbanken – die im Juli 2005 in die ISMA umgewandelt wurde –, verwendet werden, die ausdrücklich vorsehen, dass die Konsorten keine Gesellschaft bilden wollen und folglich auch nicht bilden.163 Dies hat zur 156  De Meo Bankenkonsortien Kap.  2 Rn.  23; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  5 ; SBL/ Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  89; Schanz Börseneinführung §  9 Rn.  29; MüKoBGB/ C. Schäfer Vor §  705 Rn.  55. 157  Statt vieler BuB/Bosch Rn.  10/29. 158 Zu verschiedenen Konsortialkonstruktionen siehe Einsele BankR/KapMarktR §   7 Rn.  10; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.114 ff. 159  Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  6 ; BSL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  100 f.; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.218; Schanz Börseneinführung §  9 Rn.  30. So z. B. geschehen in dem BGHZ 118, 83, 85 = NJW 1992, 2222 zugrunde liegenden Sachverhalt. 160  Zur (Teil-)Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts siehe statt vieler BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056; Palandt/Sprau BGB §  705 Rn.  24. 161  Die Annahme einer Gelegenheitsgesellschaft schließt die Eigenschaft als Handelsgesellschaft aus, siehe De Meo Bankenkonsortien Kap.  2 Rn.  3, 52 ff.; Schönle BankR/BörsenR §  19 II 4 b = 279; Timm/Schöne ZGR 1994, 113, 118; zweifelnd Assmann ZHR 152 (1988), 371, 375 mit Fn.  14. Dauerkonsortien, die auch als Syndikate bezeichnet werden (Rohr Emissionsrecht 151), sind im Emissionsgeschäft selten, siehe BuB/Bosch Rn.  10/39. Sie agieren ebenfalls nicht als Personenhandelsgesellschaften, sondern bilden für jede Emission eine separate Gelegenheitsgesellschaft, siehe Rohr Emissionsrecht 151 f. 162  BGHZ 118, 83, 99 = NJW 1992, 2222; RGZ 67, 394, 395; RGZ 56, 206, 207; Assmann WM 2005, 1053, 1063; ders. ZHR 152 (1988), 371, 374; Bungert DZWiR 1996, 185, 187; Canaris BankvertragsR Rn.  2248; De Meo Bankenkonsortien Kap.  2 Rn.  63; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  5 ; Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  6 Rn.  199, 206; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  88; ders. FS Boujong, 1996, 159, 161; Hopt Emissionen Rn.  49; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 49; Joussen WM 1995, 1861, 1865; Schwark/Zimmer/Kumpan WpHG §  2 Rn.  123; DKB/Martens/Spiegelberg BankR-HdB §  57 Rn.  29; Masuch Anleihebedingungen 43; MüKoBGB/C. Schäfer Vor §  705 Rn.  52; Scholze Konsortialgeschäft I 6; Schönle BankR/BörsenR §  19 II 4 b = 279; Palandt/Sprau BGB §  705 Rn.  4 4; Timm/Schöne ZGR 1994, 113, 118; H. P. Westermann AG 1967, 285. Abweichend KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.217: kein gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis. 163 BuB/Bosch Rn.  10/32, 10/36.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Folge, dass dem Emittenten nicht ein (teil-)rechtsfähiges Konsortium gegenübersteht, sondern die einzelnen Konsorten. Dementsprechend werde nicht ein Übernahmevertrag, sondern „eine Mehrheit paralleler Kaufverpflichtungen“164 mit Nebenabreden geschlossen. Dementsprechend liegt die von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB vorausgesetzte Vielzahl von Verträgen ohne Weiteres vor. b) Verschiedene Arten der Anleihebegebung Hält man gleichwohl an der rechtlichen Einordnung des Emissionskonsortiums als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts fest, lässt dies die erforderliche Vielzahl von Verträgen weder bei Emissionen auf Grundlage eines Angebotsprogramms noch bei sog. Stand-alone-Anleihen entfallen. aa) Emissionen auf Grundlage eines Angebotsprogramms Die Emission von Schuldverschreibungen erfolgt insbesondere bei Unternehmen, die größere Summen am Kapitalmarkt nachfragen, in der Regel im Rahmen sog. Angebotsprogramme (dept issuance programs). Grundlage jedes Angebotsprogramms ist ein Rahmenvertrag (debt agreement) zwischen dem Emittenten und den Konsorten,165 wonach der Emittent innerhalb der vertraglich bestimmten Frist berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, mit Hilfe der Konsorten eine unbestimmte Anzahl von Nichtdividendenwerten zu den in dem Rahmenvertrag niedergelegten Konditionen auszugeben. Vor diesem Hintergrund indiziert die Tatsache, dass die marktüblichen Rahmenverträge u. a. einen – in der Regel von dem Emittenten vorgelegten – Entwurf der Anleihebedingungen beinhalten,166 die Absicht der Emittenten, diese Bestimmungen nicht nur einmalig, sondern für eine Vielzahl gleichartiger Emissionen und damit für eine Vielzahl von (Begebungs-)Verträgen zu verwenden. bb) Stand-alone-Anleihen Unternehmen, die selten am Kapitalmarkt tätig sind, erstellen keine Angebotsprogramme. Sie emittieren sog. Stand-alone-Anleihen.167 Für derartige Emis­ sionen werden die Anleihebedingungen in der Regel – auch wenn es üblich ist, eine Standarddokumentation (boilerplate) heranzuziehen168 – individuell ge164 BuB/Bosch

Rn.  10/33 f. Achleitner, HdB Investment Banking, 517; BuB/Bosch Rn.  10/91, 10/224; HMS/Kaulamo Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  16.19. 166 BuB/Bosch Rn.  10/226; Masuch Anleihebedingungen 124. Die endgültigen Anleihe­ bedingungen sind der Globalurkunde in der Regel gesondert beigefügt, siehe Than FS Schi­ mansky, 1999, 821, 833. 167 HMS/Kaulamo Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  16.22. 168 Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.  52.2; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  254 für Wandel- und Optionsanleihen. 165 

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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staltet.169 Hierauf gründet der Einwand, die Anleihebedingungen seien nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Zutreffend wäre dieser Einwand nur, wenn der Emission einer Stand-alone-Anleihe nur ein Begebungsvertrag zugrunde läge. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bereits im Zeitpunkt der Emission besteht die Anleihe aufgrund der Stückelung aus einer Vielzahl einzelner Teilschuldverschreibungen.170 Da jedes dieser Rechtsverhältnisse nach dem Willen des Emittenten und der Konsorten ohne inhaltliche Änderung übertragbar sein soll,171 muss jede Teilschuldverschreibung durch einen gesonderten Begebungsvertrag begründet werden.172 Folglich sind die Anleihebedingungen auch bei einer sog. Stand-alone-Anleihe für eine Vielzahl von (Begebungs-)Verträgen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB vorformuliert. 3. Globalverbriefung In der Praxis erfolgt die Verbriefung von Anleihen nahezu ausnahmslos in einer einzigen Sammelurkunde i. S. d. §  9a Abs.  1 Satz 1 DepotG,173 wobei der Ausdruck von Einzelurkunden sowie deren Auslieferung in den Anleihebedingungen ausgeschlossen werden.174 Aufgrund der Singularität der Urkunde wird argumentiert, dass im Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Konsortium175 nur ein Begebungsvertrag geschlossen werde, es mithin an einer Vielzahl von Verträgen fehle.176 Erst auf der zweiten Absatzstufe würde eine Vielzahl von (Kauf-)Verträgen geschlossen. Diese seien allerdings nur auf den Zweiterwerb und damit auf die inhaltlich unveränderte Übertragung eines bestehenden

169 

N. Horn Anleihen 530; Masuch Anleihebedingungen 124. verkennt Joussen WM 1995, 1861, 1865. Nicht erst der für die Zukunft geplante Weiterverkauf der Wertpapiere führt dazu, dass die Anleihebedingungen „zumindest mittelbar“ für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Da die Übertragung der Teilschuldverschreibungen ohne inhaltliche Änderung erfolgt, setzt sie vielmehr voraus, dass bereits im Zuge der Emission einzelne Rechtsverhältnisse begründet werden. 171  Der gebräuchliche Lehrsatz „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier.“ entstammt dem gemeinen Recht, siehe Enneccerus/Lehmann SchuldR §  207 III = 841; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 4 mit Fn.  11. Er findet sich z. B. wörtlich bei Gierke SachenR §  108 V = 116. Kritisch Zöllner WertpapierR §  2 II 1 b = 10; ders. FS L. Raiser, 1974, 249, 272 ff. 172  Masuch Anleihebedingungen 124. Sofern man mit Wolf (FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 660) davon ausgeht, dass in einem Begebungsvertrag eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen „gebündelt“ ist, genügt auch dies für eine Vielzahl von Verträgen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB. 173  Statt vieler Assmann WM 2005, 1053, 1063; siehe auch Than FS Heinsius, 1991, 809, 831 zu §  9 AGBG. 174  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 10; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 17. 175  Zu der (Teil-)Rechtsfähigkeit eines Emissionskonsortiums vorstehend Kap.  1 §  2 D. II. 2. a). 176  Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  42. 170  Dies

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Rechts gerichtet, nicht aber auf die Begründung der verbrieften Rechte unter Einbeziehung der Anleihebedingungen.177 Der Einwand verkennt das Wesen der Globalurkunde. Nach der Legaldefinition in §  9a Abs.  1 Satz 1 DepotG ist die Sammelurkunde ein Wertpapier, das mehrere Rechte verbrieft, die jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren ein und derselben Art verbrieft sein können. Die in der Sammelurkunde zusammengefassten Rechte verlieren also ihre rechtliche Selbstständigkeit durch die Globalverbriefung nicht; 178 sie werden lediglich in einer einheitlichen Urkunde zusammengefasst,179 die jedes einzelne Recht verkörpert.180 Diese Gestaltung war früher aus der Sammelurkunde ersichtlich, da sie nicht über eine Gesamtsumme von Stück- oder Nominalbeträgen, sondern über eine bestimmte Anzahl von Einzelurkunden ausgestellt wurde, die unter Angabe der Stückenummern181 in der Urkunde aufgeführt waren.182 Für das Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und dem Konsortium bedeutet dies, dass der Emittent zwar die Lieferung nur einer Sammelurkunde schuldet.183 Bereits dieser Vorgang lässt aber nach dem Willen der Vertragsparteien nicht nur ein Recht, sondern eine Vielzahl von Teilschuldverschreibungen entstehen. Andernfalls wäre es nicht möglich, die Teilschuldverschreibungen gemäß den §§   9a Abs.   2, 6 Abs.   1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 ff. BGB184 ohne Rechtsänderung auf die ­ Zweit­erwerber zu übertragen. Daher muss jede Teilschuldverschreibung unabhängig davon, ob eine Einzelurkunde ausgestellt wird oder sämtliche Teilschuldverschreibungen einer Anleihe in einer Sammelurkunde zusammengefasst werden, durch einen gesonderten Begebungsvertrag begründet werden.

177 

Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70. Körner Entstückung 17; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  4; Schwintowski/ Schleicher BankR Kap.  17 Rn.  43. 179  Heinsius/Horn/Than DepotG §   9a Rn.   13; SBL/Klanten BankR-HdB §   72 Rn.   55; BuB/Kreße Rn.  8.195; Peters JuS 1976, 424, 427; Philipp WM 1965, 214 f. Um die einzelnen Rechte kenntlich zu machen, müssen auf der Sammelurkunde die Nennbeträge oder die Stückzahl der in der Urkunde zusammengefassten Einzelrechte angegeben werden, siehe BTDrucks. 6/2231, 3 f. zu Art.  1; Delorme Wertpapiersammelbanken 46. 180  Scholtz Verwahrung 36. 181  Siehe Nr. A. II. 1.1. Gemeinsame Grundsätze der deutschen Wertpapierbörsen für den Druck von Wertpapieren v. 17.4.2000. 182  Delorme Wertpapiersammelbanken 46, 49; Körner Entstückung 17; Peters JuS 1976, 424, 427. 183 SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  76. Die Vorschrift des §  9a DepotG enthält keine Aussage darüber, ob der Emittent zur Ausgabe von Einzelurkunden verpflichtet oder berechtigt ist, eine Dauerglobalurkunde auszustellen. Dies ist regelmäßig Gegenstand der Rahmenverträge zwischen dem Emittenten und dem Emissionskonsortium. Enthalten diese keine Regelung darüber, wird nicht angezweifelt, dass der Emittent berechtigt ist, eine Dauerglobalurkunde zu liefern, siehe Than FS Schimansky, 1999, 821, 829. 184  Zu Einzelheiten der Rechtsübertragung im Effektengiroverkehr nachstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 2. b) bb) (2) (a). 178 

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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Folglich steht auch die Globalverbriefung der Annahme einer Vielzahl von (Begebungs-)Verträgen nicht entgegen.185

III. Emittent als Verwender der Anleihebedingungen Bei einer Eigenemission der Anleihe sowie bei einer Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung werden die Begebungsverträge unmittelbar mit den einzelnen Anlegern geschlossen. Daher besteht in diesen Fällen kein Zweifel daran, dass der Emittent die Anleihebedingungen stellt und als deren Verwender anzusehen ist.186 Die für die Kapitalmarktfähigkeit der Teilschuldverschreibungen erforderliche Fungibilität schließt es aus, unterschiedliche Anleihebedingungen auszuhandeln.187 Lediglich für den praktischen Regelfall, nämlich die Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung, verneint ein Teil der Literatur die Verwendereigenschaft des Emittenten.188 1. Begründung der ablehnenden Ansicht Als Verwender sei grundsätzlich nur derjenige anzusehen, der Partei des unter Einbeziehung der AGB geschlossenen oder zu schließenden Vertrags sei oder werden soll.189 Ausgehend von diesem Grundsatz beruht die Ablehnung der Verwendereigenschaft des Emittenten maßgeblich auf einer getrennten Betrachtung der Absatzschritte. a) Verhältnis zwischen Emittent und Emissionskonsortium Die erste Absatzstufe besteht in dem Abschluss des Begebungsvertrags zwischen dem Emittenten und dem Konsortium. Auf dieser Ebene würden die Anleihe­bedingungen nicht von den Emittenten gestellt, sondern von den Konsorten konzipiert oder zwischen dem Emittenten und dem Konsortial­ führer (lead manager) 190 i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 3 BGB im Einzelnen ausgehan185 

Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. vieler Rozijn ZBB 1998, 77, 92. Abweichend nur von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 40. 187  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1605; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 72. Abweichend von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 36: Auch in den Fällen der Eigenemission sei die „Verhandlung“ der Anleihebedingungen mit den Anlegern problematisch. 188  Kallrath Wertpapierbedingungen 59. 189  BGHZ 112, 204, 215 f. = NJW 1991, 36; Soergel/Fritzsche BGB §  305 Rn.  2 2; Palandt/ Grüneberg BGB §  305 Rn.  12; Kallrath Wertpapierbedingungen 59; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  26. 190  Zu diesem Zeitpunkt ist das Konsortium in der Regel noch nicht existent; es liegen nur Absichtserklärungen der späteren Konsorten vor. Das Konsortium entsteht erst nach der Festlegung der Anleihebedingungen oder sogar erst nach dem Abschluss des sog. Bookbuilding-Verfahrens zur Bestimmung des Emissionspreises, siehe Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  15; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  71 mit Fn.  2. 186  Statt

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

delt,191 ohne dass letzterer dabei die Interessen der späteren Anleger wahrnähme.192 Die Konsorten würden nicht als potentielle Käufer der Anleihen und Gläubiger der verbrieften Ansprüche tätig, sondern – jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung – als Vermittler.193 b) Verhältnis zwischen Konsorten und Anlegerpublikum An der zweiten Absatzstufe, der Veräußerung der Teilschuldverschreibungen durch die Konsorten im eigenen Namen an die Anleger, sei der Emittent nicht beteiligt.194 In Betracht komme ein Stellen durch den Emittenten daher nur, wenn die Konsorten die Anleihebedingungen gegenüber den Anlegern stellten und ihr Verhalten dem Emittenten zugerechnet werden könnte.195 Beide Vo­ raussetzungen seien zu verneinen.196 191  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1600, 1611; Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Eidenmüller Unternehmenssanierung 215; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  41; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  71; Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 43; dies. 10 Emory Int’l L. R. 195, 213 (1996); N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 37; ders. Anleihen 530; Joussen WM 1995, 1861, 1866; Kallrath Wertpapierbedingungen 58; Leber Obligationäre 45; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.179; P. Opitz IFLR 1993, 21, 22; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 31; ders. ZBB 1997, 111; ders. ZIP 1994, 28; ders. ZBB 1994, 23, 24; Rozijn ZBB 1998, 77, 92; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 20. Ähnlich von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 37; ders. ZBB 1994, 23, 26, der jedenfalls eine unmittelbare Anwendung der §§  305 ff. BGB ablehnt. Zu demselben Ergebnis gelangt Assmann WM 2005, 1053, 1057, 1063 aufgrund der Annahme, bei den Anleihebedingungen handele es sich um Individualabreden i. S. d. §  305b BGB. Differenzierend Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365, der zwar davon ausgeht, dass nur einzelne Klauseln individualvertraglich vereinbart sind, dies aber dem Charakter der übrigen Anleihebedingungen als AGB nicht entgegenstehe. Im Tatsächlichen abweichend Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 519, der nur von einer Beratung des Emittenten durch den oder die Konsortialführer bei der Gestaltung der Anleihebedingungen ausgeht. 192  Bungert DZWiR 1996, 185, 188, 189; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1125; von Randow ZBB 1994, 23, 29; Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  17; ähnlich Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  41, 50: Konsortialführer agieren zumindest wirtschaftlich als Vermittler und nicht als Gläubiger, weshalb sie keine Kontrollfunktion ausüben; abgeschwächt (Berücksichtigung auch der Anlegerinteressen) Kallrath Wertpapierbedingungen 65; Joussen WM 1995, 1861, 1868; zweifelnd Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 43; a. A. von Baum, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, 132; R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 91, 92; Siebel WM 1994, 1781, 1782. Ihre Loyalität gilt insbesondere dem Emittenten, der ihnen den Auftrag erteilt hat, BuB/Bosch Rn.  10/162; Kallrath Wertpapierbedingungen 59, 61. 193  Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  41, 50. In diesem Sinne auch BGHZ 118, 83, 96, 97 = NJW 1992, 2222 für eine Bezugsrechtsemission (§  186 Abs.  5 AktG) unter Einschaltung eines Emissionskonsortiums. 194  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. I. 195 Eine Zurechnung aufgrund wirtschaftlicher oder rechtlicher Interessenerwägungen lehnt Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1125 ab. 196  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1605; Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Eidenmüller Unternehmenssanierung 217; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70 f.; Wilhelm KapGesR Rn.  732 mit Fn.  1139.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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aa) Kein Stellen durch die Konsorten Die Anleihebedingungen würden nicht von den Konsorten gegenüber den Anlegern gestellt.197 Stellen könne Vertragsbedingungen nur, wer Partei des jeweiligen Vertrags sei.198 Zwischen den Anlegern bzw. den für sie handelnden In­ stituten sowie den Konsorten bestünden nur Kaufverträge199 über die Teilschuldverschreibungen. Die Anleihebedingungen seien allerdings – dem ist zuzustimmen – nicht Inhalt dieser Kaufverträge, sondern ausschließlich Bestandteil des verkauften Rechts, also ein unselbstständiger Teil des Kaufgegenstands.200 Insbesondere die qualitative Leistungspflicht des Verkäufers (§§  433 Abs.  1 Satz 2, 434 Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  453 Abs.  1 BGB) wird nicht durch den geschriebenen Inhalt der Anleihebedingungen ausgeformt. Bei börsennotierten Schuldverschreibungen wird der Kaufvertrag zwischen den Marktteilnehmern – diese führen die ihnen erteilten Aufträge regelmäßig201 in Form von Kommissionsgeschäften (§§  383 ff. HGB) aus,202 d. h. sie schließen den Kaufvertrag gemäß Nr.  1.2 Satz 1 SB Wp – regelmäßig von einem Handelsmakler vermittelt – im eigenen Namen 203 für Rechnung des Kunden. Nach dem Abschluss des Geschäfts erhalten die Kaufvertragsparteien eine elektronische Bestätigung (z. B. §  2 Abs.  3 der Bedingungen für Geschäfte an der FWB). Bei dieser handelt es sich um eine Schlussnote i. S. d. §  94 Abs.  1 HGB, die – nehmen die Parteien sie 197  Eidenmüller Unternehmenssanierung 216; Lenenbach NZG 2001, 481, 485; von Randow ZBB 1994, 23, 25; Stucke DM-Auslandsanleihen 259. 198  Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70; Heinrichs NJW 1977, 1505, 1507; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 8; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. 199 Bei Wertpapierurkunden geht die überwiegende Ansicht trotz der Zurückdrängung der Verkörperung im Effektengiroverkehr von Rechts- und Sachkaufverträgen aus, siehe Palandt/Weidenkaff BGB §  453 Rn.  1, 10; a. A. (nur Rechtskaufvertrag) Grunewald KaufR §  4 Rn.  6 ; N. Horn Anleihen 139; von Randow ZBB 1994, 23, 25. Da die Sacheigenschaft für elektronische Wertpapieren nur fingiert wird (§  2 Abs.  3 eWpG) sind sie Gegenstand von Rechtskaufverträgen. 200  Lenenbach KapMarktR Rn.  2.167; P. Opitz IFLR 1993, 21, 22; von Randow ZBB 1994, 23, 25, 30; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. 201  Alternativ möglich sind Festpreisgeschäfte, Nr.  1.1 SB Wp. Ein solches liegt allerdings nur bei der Vereinbarung eines bestimmten Preises vor, siehe BGH WM 2012, 1520 Rn.  21; BGH NJW-RR 2002, 1344, 1345; OLG Frankfurt WM 2009, 1032, 1033; MüKoHGB/Häuser §  383 Rn.  54. Die Möglichkeit einer Kommission mit Selbsteintrittsrecht (§§  400 ff. HGB), die unter Geltung von Nr.  29 AGB-Banken i. d. F. von 1986 noch der Regelfall war, wurde im Zuge der Einführung der SB Wp im Jahr 1995 abgeschafft. 202  BGH NJW-RR 2002, 1344, 1345; RGZ 114, 9, 10, 11; EBJS/Füller HGB §  383 Rn.  4 ; MüKoHGB/Häuser §  383 Rn.  54; KMFS/Oulds BankR/KapMarktR Rn.  10.80; F. A. Schäfer WM 2012, 197, 199; Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  47. 203  Das Handeln im eigenen Namen – alternativ möglich wäre eine offene Stellvertretung – dient der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte, die voraussetzt, dass die Marktteilnehmer leistungsfähig und in der Abwicklung zuverlässig sind, siehe Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  53. Ein Handeln im eigenen Namen liegt auch dann vor, wenn dem Vertragspartner bekannt ist, dass der andere Teil das Geschäft in Ausführung einer Kommission, also für fremde Rechnung, abschließt, siehe MüKoHGB/Häuser §  383 Rn.  62.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

vorbehaltlos an – nach dem Handelsbrauch die Zustimmung zu der Verbindlichkeit des Abschlusses mit dem in der Schlussnote ausgewiesenen Inhalt bedeutet.204 Hinsichtlich der verkauften Wertpapiere weisen die elektronischen Bestätigungen nur die Stückzahl sowie die ISIN aus. Letztere bezeichnet das verkaufte Wertpapier nur der Gattung nach. Der weitere Inhalt der Leistungspflicht, nämlich die geschuldete Soll-Beschaffenheit des verbrieften Rechts, ist im Wege der Auslegung (§§  133, 157 BGB) zu ermitteln. Hierbei sind neben den Schlussnoten auch die Bestimmungen der jeweiligen Börse zu berücksichtigen.205 Diese sehen – wie z. B. §  20 Satz 1 der Bedingungen für Geschäfte an der FWB – vor, dass Wertpapiere mit den Rechten und Pflichten zu liefern sind, die bei Geschäftsabschluss bestehen. Diese Bestimmung übernehmen die Kaufvertragsparteien stillschweigend in den Kaufvertrag, weshalb der Verkäufer das Wertpapier nicht mit dem in den Anleihebedingungen umschriebenen, sondern mit dem – im Fall der Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen divergierenden – objektiv bestehenden Inhalt zu leisten hat.206 bb) Keine Zurechnung an den Emittenten Die Zurechnung eines Verhaltens Dritter – hier der Konsorten – zulasten des Emittenten setze voraus, dass der Vertrag, dessen Bestimmungen am Maßstab der §§  307 ff. BGB kontrolliert werden sollen, zwischen dem Verwender, dem das Stellen durch einen Dritten zugerechnet werden soll, und einer anderen Partei geschlossen werde. Die Anleihebedingungen seien aber nur Bestandteil des Begebungsvertrags, der – im Fall einer Fremdemission in Form einer mittelbaren Platzierung – zwischen dem Emittenten und dem Konsortium ohne Beteiligung der Anleger geschlossen werde.207 Dies habe zur Folge, dass die Anleihe204  BGH WM 1983, 684; BGH NJW 1955, 1916, 1917; RGZ 123, 97, 99; RGZ 105, 205, 206; OLG Hamburg BB 1955, 847; MüKoHGB/Ströbl §  94 Rn.  12; Oetker/Kotzian-Marggraf HGB §  94 Rn.  4 ; RGvWH/Röhricht/Mock HGB §  94 Rn.  2 ; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  94 Rn.  2. 205  BGH NJW 2011, 2643 Rn.  15 (eBay); BGHZ 149, 129, 135 = NJW 2002, 363 (eBay). 206  Eine Schadensersatzpflicht des Verkäufers kommt daher überhaupt nur in Betracht, wenn das verkaufte Recht – konkret das anhand der ISIN der Gattung nach bezeichnete Wertpapier – nicht besteht, siehe Palandt/Weidenkaff BGB §  453 Rn.  21. In diesen Konstellationen wird es dem Verkäufer – gleichgültig, ob die fehlende Verität einen Rechtsmangel begründet (so Jauernig/C. Berger BGB §  453 Rn.  4 ; Heerstraßen/Reinhard BB 2002, 1429, 1430; Schellhammer MDR 2002, 485, 488) oder nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zu behandeln ist (so Staudinger/Beckmann, 2014, BGB §  453 Rn.  7; Erman/Grunewald BGB §  453 Rn.  7; Eidenmüller NJW 2002, 1625, 1626; BRHP/Faust BGB §  453 Rn.  12, 16; Thiessen Unternehmenskauf 221; Palandt/Weidenkaff BGB §  453 Rn.  19) – allerdings regelmäßig gelingen, sich gemäß §  311 Abs.  2 Satz 2 BGB zu entlasten. Grund hierfür ist die von dem Emittenten oder den Konsorten in Auftrag gegebene legal opinion, die bestätigt, dass die verbrieften Rechte und die Wertpapiere wirksam begründet sind, siehe N. Horn Anleihen 129; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.188, 15.191, 15.192; Schwintowski/Schantz BankR Kap.  23 Rn.  78. 207  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 657. Unklar Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 71.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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bedingungen im Verhältnis zwischen den Emittenten und den Anlegern nicht den Tatbestand des §  305 Abs.  1 Abs.  1 BGB erfüllten, also keine AGB seien.208 2. Praktische Abläufe bei der Gestaltung von Anleihebedingungen Der Einwand, die Anleihebedingungen würden von den Konsorten ausgearbeitet und gestellt oder zwischen den Emittenten und den Konsorten ausgehandelt 209 bzw. gründlich diskutiert,210 gibt die gegenwärtig211 vorherrschende Emissionspraxis nur unzureichend wieder.212 a) Emissionen im Rahmen von Angebotsprogrammen Die große Mehrheit der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen sind von Unternehmen, die regelmäßig am Kapitalmarkt agieren, im Rahmen von Angebotsprogrammen ausgegeben worden. Bei den Verhandlungen über den Inhalt der zugrundeliegenden Rahmenverträge mit den Konsortialführern verfügen die Emittenten regelmäßig über eine dominante Stellung, die es ihnen ermöglicht, einen von ihnen vorformulierten Entwurf der Anleihebedingungen vorzulegen und durchzusetzen.213 Mit anderen Worten: Sie stellen die Anleihebedingungen gegenüber den Konsorten. b) Emissionen außerhalb von Angebotsprogrammen Unternehmen, die den Kapitalmarkt erstmalig oder nur selten in Anspruch nehmen, lassen regelmäßig die kapitalmarkterfahrenen Konsorten einen Ent208 

von Randow ZBB 1994, 23, 26. Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1600, 1611; Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Eidenmüller Unternehmenssanierung 215; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  41; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  71; Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 43; dies. 10 Emory Int’l L. R. 195, 213 (1996); N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 37; Joussen WM 1995, 1861, 1866; Kallrath Wertpapierbedingungen 58; Leber Obligationäre 45; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.179; P. Opitz IFLR 1993, 21, 22; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 31; ders. ZBB 1997, 111; ders. ZIP 1994, 28; ders. ZBB 1994, 23, 24; Rozijn ZBB 1998, 77, 92; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 20. 210  So BuB/Bosch Rn.  10/161; Bungert DZWiR 1996, 185, 187; Kallrath Wertpapierbedingungen 39; P. Opitz IFLR 1993, 21, 22; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 38; ders. ZBB 1994, 23, 24, 26; Siebel WM 1994, 1781, 1782; Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 11. 211  Nach BuB/Bosch Rn.  10/161 traf dieser Einwand auf Grundlage der Emissionspraxis in den 1970er und frühen 1980er Jahren noch zu. Spätestens seit Mitte der 1980er Jahre hätten die Verhältnisse sich jedoch erheblich geändert. 212 BuB/Bosch Rn.  10/164. 213 BuB/Bosch Rn.  10/161; Masuch Anleihebedingungen 127; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  71. Gleiches gilt nach Siebel, Internationale Anleihen, 614 für öffentlich-rechtliche Emittenten, z. B. die KfW. 209 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

wurf für die Anleihebedingungen ausarbeiten.214 Die Vorformulierung der Anleihebedingungen durch die Konsorten führt aber nicht notwendig dazu, sie als deren Verwender im Verhältnis zu den Anlegern anzusehen.215 Das Stellen und damit die Eigenschaft als Verwender setzen nicht voraus, dass der Emittent die Vertragsbedingungen selbst entworfen hat.216 Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Vertragsbedingungen vor Vertragsschluss fertig formuliert vorliegen, um in künftige Verträge einbezogen werden zu können.217 Dabei ist gleichgültig, wer die Vertragsbedingungen entworfen hat und ob eine Standarddokumentation (boilerplate) zugrunde gelegt wurde. aa) Rechte der Emittenten Auf der Grundlage des von den Konsorten vorgelegten Entwurfs werden die Bestimmungen in den Anleihebedingungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anlegern prägen sollen, nicht ausgehandelt.218 Das Aushandeln i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 3 BGB bildet nicht den Gegenbegriff zum Stellen i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB.219 Es setzt mehr als ein bloßes Verhandeln voraus.220 Erforderlich ist, dass der Verwender den in seinen Vertragsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Dispositi214  Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365. Abweichend BuB/ Bosch Rn.  10/161; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 38; ders. ZBB 1994, 23, 24, die davon ausgehen, dass die Anleihebedingungen in diesen Konstellationen im Einzelnen ausgehandelt werden. 215  So aber Assmann WM 2005, 1053, 1062; Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1124; Masuch Anleihebedingungen 125: Verwender sei nicht der Emittent, sondern das Emissionskonsortium. 216  BGHZ 126, 326, 332 = NJW 1994, 2825; BGHZ 118, 229, 239 = NJW 1992, 2160; BGH NJW 2002, 138, 139; Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 I 1 = 187; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  26; Kramer ZHR 146 (1982), 105, 112; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 6, 7; P. Ulmer DNotZ 1981, 84, 87. 217 MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  13; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  4 ; Bork BGB AT Rn.  1753; Staudinger/Mäsch, 2019, BGB §  305 Rn.  25. 218  In diese Richtung deutet auch die Aussage von BuB/Bosch Rn.  10/163, dass das Verhandeln der Anleihebedingungen mit einer Emissionsbank juristisch nicht notwendig ein Aushandeln i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 3 BGB ist. Er geht (a. a. O. Rn.  10/164) davon aus, dass die These, die Anleihebedingungen würden ausgehandelt, durch die sog. Klöckner-Entscheidung des BGH (BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57) „wohl gegenstandslos geworden“ ist. 219  So aber Schippel/Brambring DNotZ 1977, 131, 141. 220  BAGE 124, 59 Rn.  19 = NZA 2008, 219; BGHZ 143, 103, 111 = NJW 2000, 1110; BGH NJW 2014, 1725 Rn.  27; BGH NJW 2005, 2543, 2544; BGH NJW 1992, 1107; BGH NJW 1991, 1678, 1679; BGH NJW-RR 1987, 144, 145; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  35; Graf von Westphalen in Graf von Westphalen/Thüsing VertragsR Teil „Vertragsrecht“ Nr.  17 Rn.  1; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  20; Joussen WM 1995, 1861, 1864; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 10; Jauernig/A. Stadler BGB §  305 Rn.  9. Für den Bereich des unternehmerischen Verkehrs will ein Teil der Literatur entgegen dem BGH (BeckRS 2018, 14431 Rn.  20; ZIP 2017, 1654 Rn.  24) geringere Anforderungen stellen, siehe Kötz VertragsR Rn.  249; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  13; ders. NJW 2010, 465, 467 f.; ders. ZIP 2006, 2149, 2152; Miethaner NJW 2010, 3121, 3127; Reich ZVP 1978, 236, 244. Abweichend Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 133:

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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on stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt.221 Danach ist ein Aushandeln nur denkbar, wenn und soweit die Vertragsparteien gegenteilige Interessen verfolgen. Im Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Konsorten besteht kein solcher Interessengegensatz, sondern ein weitgehender Interessengleichlauf.222 Dieser resultiert daraus, dass die Konsorten die Teilschuldverschreibungen in der Regel nicht auf Dauer selbst halten wollen,223 sondern von Anfang an die Absicht haben, diese schnellstmöglich gewinnbringend am Markt zu platzieren.224 Folglich wirken sie bei der Gestaltung der Anleihebedingungen mit dem Emittenten auf das gemeinsame Ziel hin, ein Anlageprodukt zu erschaffen, von dem sie erwarten, es werde auf eine möglichst breite Nachfrage am Kapitalmarkt treffen. Die Anleihebedingungen sind somit auf die übereinstimmenden Interessen abgestimmt, also gemeinsam entworfen und nicht ausgehandelt.225 bb) Rechte der Konsorten Neben den Bestimmungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anlegern prägen, enthalten die entworfenen Anleihebedingungen regelmäßig einige Klauseln, in denen die Konsorten sich z. B. in ihrer Funktion als Zahlstelle oder Treuhänder von Sicherheiten bestimmte Rechte gegenüber den

Ein inhaltliches Aushandeln liege bereits vor, wenn der Kunde vor Vertragsschluss von dem Inhalt der AGB Kenntnis genommen hat. 221  BAGE 124, 59 Rn.  19 = NZA 2008, 219; BGHZ 150, 299, 302 f. = NJW 2002, 2388; BGHZ 143, 103, 111 f. = NJW 2000, 1110; BGHZ 104, 232, 236 = NJW 1988, 2465; BGH ZIP 2016, 474 Rn.  25; BGH NJW 2014, 1725 Rn.  27; BGH NJW 2005, 2543, 2544; BGH NJW 1998, 3488, 3489; BGH WM 1995, 1455, 1456; BGH NJW 1992, 2759, 2760; BGH NJW 1992, 1107 f.; BGH NJW 1991, 1678, 1679; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  35; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  35; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  11; ders. ZIP 2006, 2149; Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 I 1 = 187; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  20; Heinrichs NJW 1977, 1505, 1508; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  12; W. Jaeger NJW 1979, 1569, 1573; S. Meyer WM 2014, 980, 981; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  38; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  305 Rn.  18; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 10; E. Schmidt JuS 1987, 929, 932; Jauernig/ A. Stadler BGB §  305 Rn.  9 ; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  47. Kritisch zu dem Merkmal der Dispositionsbereitschaft des Verwenders Jansen ZEuP 2010, 69, 93 f.; Miethaner NJW 2010, 3121, 3126 f.; ders. AGB-Kontrolle 156 ff., 211 ff.; aus beweisrechtlicher Sicht K. Frey ZIP 1993, 572, 577. 222  Lenenbach NZG 2001, 481, 486; a. A. von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 38 f.; ders. ZBB 1994, 23, 24, der davon ausgeht, dass die Anleihebedingungen im Einzelnen ausgehandelt werden und mit dem Emittenten und den Emissionsbanken „Parteien gleichgewichtiger Verhandlungsmacht“ aufeinandertreffen. 223  In der Praxis kommt es gleichwohl vor, dass die Konsorten Teile der Emission, sei es auf Dauer, sei es nur vorübergehend aus marktstrategischen Gründen, in ihrem Portfolie behalten, siehe Bungert DZWiR 1996, 185, 189; Siebel WM 1994, 1781, 1782. 224  Herold Kreditgeschäft 202. 225  Masuch Anleihebedingungen 126.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Anlegern ausbedingen.226 Bestehen die Konsorten – was dem Regelfall entsprechen dürfte – auf die Verwendung dieser Klauseln, sind sie im Verhältnis zu dem Emittenten deren Verwender.227 Werden diese Bestimmungen ausnahmsweise ernsthaft zur Disposition gestellt, sind sie – nicht aber die Anleihebedingungen im Übrigen 228 – ausgehandelt und unterliegen in dem Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Konsorten gemäß §   305 Abs.   1 Satz 3 BGB keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. 3. Zurechnung der Anleihebedingungen an den Emittenten Von der ersten Absatzstufe, also dem Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Konsortium bzw. den einzelnen Konsorten, ist das Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Anlegern zu unterscheiden. In diesem Verhältnis sind die Anleihebedingungen dem Emittenten und den Konsorten zuzurechnen, ohne dass es eines Rückgriffs auf das Umgehungsverbot (§  306a BGB) bedarf.229 Dem steht bei der gebotenen teleologischen Betrachtung230 nicht entgegen, dass die Anleihebedingungen auf der ersten Absatzstufe von den Konsorten gestellt oder von dem Emittenten mit diesen ausgehandelt wurden.231 a) Normative Grundlagen der ablehnenden Ansicht Die Gegenansicht beruht auf der getrennten Betrachtung der Absatzstufen bei mittelbaren Platzierungen.232 Sie findet eine – von den Vertretern dieser Ansicht unausgesprochen – vermeintliche Stütze in dem Wortlaut des §  305 Abs.  1 Satz 1 226  Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365 mit Fn.  95; Masuch Anleihebedingungen 127; von Randow ZBB 23, 24 mit Fn.  2. 227  Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365 mit Fn.  95; Masuch Anleihebedingungen 127. 228  Zu dem beschränkten Umfang des Aushandelns siehe Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 365. Bei der Bestimmung des Verwenders bzw. des Stellens ist auf die konkrete Bestimmung, nicht auf das Vertragswerk in seiner Gesamtheit abzustellen, siehe O. Meyer ZHR 174 (2010), 108, 139. 229  BGHZ 112, 204, 217 = NJW 1991, 36; OLG Frankfurt WM 1993, 2089; Assmann WM 2005, 1053, 1064; von Baum, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, 132; Bungert DZWiR 1996, 185, 189, 190; Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  3 Rn.  37 ff.; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  49; Joussen WM 1995, 1861, 1867; Lehmann Finanzinstrumente 355; a. A. Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1125; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  58; siehe auch Eidenmüller Unternehmenssanierung 217; Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 232; Lenenbach KapMarktR Rn.  2.171; ders. NZG 2001, 481, 486; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 660; differenzierend von Randow ZBB 1994, 23, 28; ders. ZIP 1994, 28 jeweils zu §  7 AGBG; offengelassen von HMS/Kaulamo Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  16.108. 230  Einer Fiktion, mittels deren die Zweiterwerber den Ersterwerbern gleichgestellt werden, bedarf es nicht, um die Eigenschaft der Anleihebedingungen als AGB zu begründen, so aber Stucke DM-Auslandsanleihen 261. 231  Im Ergebnis ebenso OLG München WM 2014, 1131, 1134; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  11 a. E. 232  Angedeutet bei von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 37.

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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BGB, wonach vorformulierte Vertragsbedingungen nur dann AGB sind, wenn sie von dem Verwender „bei Abschluss des Vertrags“ gestellt werden. Aufgrund der zitierten Formulierung genüge es – so die Vertreter dieser Ansicht – nicht, dass infolge des Zweiterwerbs ein Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anlegern bestehe; erforderlich sei eine Vertragsschlusssituation, in welcher der Emittent die Anleihebedingungen einseitig in den Vertrag einführe. Hieran fehle es bei mittelbaren Platzierungen, da die Anleger an dem Begebungsvertrag nicht beteiligt seien, sondern die Wertpapiere im Wege des Zweiterwerbs von den im eigenen Namen handelnden Konsorten erwerben.233 Zur Bestätigung für dieses Ergebnis verweisen die Vertreter der Gegenansicht darauf, dass die Klausel-RL in den Fällen der Fremdemission nicht anwendbar sei.234 Diese setze einen von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher abgeschlossenen Vertrag voraus, woran es aufgrund des gestuften Absatzvorgangs fehle.235 Bei der Fremdemission kontrahiere der Emittent nur mit dem Konsortium bzw. den einzelnen Konsorten, nicht aber mit den Anlegern. Es handele sich somit um ein Geschäft unter Kaufleuten, dass vom personellen Anwendungsbereich der Klausel-RL nicht erfasst sei.236 Die Annahme, dass sich der Anwendungsbereich der Klausel-RL auf solche Konstellationen beschränke, in denen der Gewerbetreibende einen Vertrag mit einem Verbraucher abschließe, legen einige Formulierungen in den Erwägungsgründen und den Artikeln der Klausel-RL nahe. Nach ErwGr 4 Klausel-RL müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass „die mit den Verbrauchern abgeschlosse5 nen Verträge keine mißbräuchlichen Klauseln enthalten.“237 Gemäß Art.   Satz 1 Klausel-RL müssen die dem Verbraucher „unterbreiteten“ Klauseln klar und verständlich abgefasst sein. Unterbreitet werden Klauseln nur bei Vertragsschluss.238 Des Weiteren fordert Art.  6 Abs.  1 Hs.  1 Klausel-RL die Mitgliedstaaten auf, die Unverbindlichkeit missbräuchlicher Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher „geschlossen hat“, vorzusehen. Zwingend sind diese auf den Wortlaut gestützten Argumente jedoch nicht. Der Vertragsschluss zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Verbraucher ist im Massenverkehr zwar die typische, nicht aber die einzige Konstellation, in wel233  Wirtschaftlich erfüllen die emissionsbegleitenden Institute die Funktion eines Fi­nanz­ intermediärs, d. h. eines Dienstleisters, nicht die des ersten Gläubigers, siehe BuB/Bosch Rn.  10/162. Ähnlich BuB/Bosch Rn.  10/27: Emissionskonsortien erwerben Wertpapiere mit dem „Ziel der umgehenden Weiterveräußerung“. 234  Bungert DZWiR 1996, 185, 190. 235 So von Randow ZBB 1994, 23, 27 mit Fn.  32; wohl auch Eidenmüller Unternehmenssanierung 217 mit Fn.  208. Ähnlich Kallrath Wertpapierbedingungen 66, der zugleich betont, dass der deutsche Gesetzgeber an der Erstreckung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf den unternehmerischen Verkehr nicht gehindert sei. 236  von Randow ZBB 1994, 23, 27 mit Fn.  28. 237  Auf diese Formulierung stützt sich von Randow ZBB 1994, 23, 27 mit Fn.  32. 238  Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1126; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 31.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

cher der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln geschützt werden soll. Ausweislich ErwGr 5 Klausel-RL besteht das Ziel der Klausel-RL darin, Verbraucher vor einem Machtmissbrauch durch Gewerbetreibende, insbesondere vor dem Inhalt einseitig festgelegter Standardverträge und vor dem missbräuchlichen Ausschluss ihrer Rechte in solchen Verträgen zu schützen. Dieser Schutzzweck kommt in Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL darin zum Ausdruck, dass von der Missbräuchlichkeitskontrolle – dem Instrumentarium zum Schutz der Verbraucher – nur solche Klauseln ausgenommen sind, die im Einzelnen ausgehandelt wurden. Den Begriff des Aushandelns definiert Art.  3 Abs.  2 UAbs.  1 Klausel-RL negativ in der Weise, dass Klauseln nicht im Einzelnen ausgehandelt sind, wenn sie im Voraus abgefasst wurden und der Verbraucher deshalb keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Aus welchen Gründen der Verbraucher keinen Einfluss auf den Klauselinhalt nehmen konnte, ist nach dem Wortlaut unerheblich. Diese offene Formulierung beruht darauf, dass es für die Schutzbedürftigkeit der Verbraucher ohne Bedeutung ist, ob sie den Vertrag mit dem Gewerbetreibenden selbst schließen und dabei keinen Einfluss auf den Vertragsinhalt nehmen können oder an dem Vertragsabschluss nicht beteiligt sind, aber nachträglich in die Stellung des Vertragspartners einrücken und somit gleichwohl an missbräuchliche Klauseln gebunden sind.239 Die teleologische Erwägung, dass die Verbraucher auch in der letztgenannten Konstellation vor missbräuchlichen Klauseln geschützt werden sollen, findet eine Stütze in dem weit gefassten Wortlaut des Art.  1 Abs.  1 Klausel-RL. Danach genügt es, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern enthalten sind. Erforderlich, aber auch ausreichend ist daher, dass ein Rechtsverhältnis zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Verbraucher besteht. Unerheblich ist hingegen, ob der Verbraucher den Vertrag selbst geschlossen hat – dies ist bei den für die Klausel-RL typischen Absatzgeschäften der Regelfall – oder erst nachträglich aufgrund einer (Sonder-)Rechtsnachfolge in das Rechtsverhältnis eingetreten ist.240 Bestätigung findet diese weite Auslegung des Anwendungsbereichs in ErwGr 10 Satz 2 Klausel-RL, wonach die Klausel-RL ohne Einschränkung auf einen bestimmten Ablauf des Vertragsschlusses „für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten“ soll. Die von den Vertretern der Gegenansicht aus dem Wortlaut des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB abgeleitete Fokus­sierung auf die jeweilige Vertragsschlusssituation ist in der Klausel-RL nicht angelegt. Ihr ist das im Wortlaut des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommende Erfordernis, dass die Vertragsbedingungen bei Abschluss des Vertrags von dem Verwender gestellt werden müssen, unbekannt.241 Ausreichend ist, dass zwischen dem Gewerbetrei239 

In diese Richtung Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 656. Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 656. 241  BGHZ 130, 50, 58 = NJW 1995, 2034; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  20. 240 

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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benden und dem Verbraucher ein Rechtsverhältnis besteht, wobei gleichgültig ist, ob der Verbraucher den Vertrag selbst abgeschlossen hat oder nachträglich in die Stellung des Vertragspartners eingerückt ist. Entscheidend ist somit allein, dass die Klauseln bei Vertragsschluss nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden. b) Teleologisches Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Stellen“ Im deutschen Recht sind AGB nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB insoweit unwirksam, als sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Der Benachteiligung des Vertragspartners entspricht eine spiegelbildliche Bevorzugung des Verwenders.242 Die Unausgewogenheit der Vertragsbestimmung findet ihre Ursache darin, dass der Verwender die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrags einseitig bestimmt.243 Dieses einseitige Ausnutzen der Gestaltungsfreiheit ist das wesentliche Charakteristikum von AGB244 und zugleich innerer Grund und Anlass für deren Inhaltskontrolle.245 Gelingt es einer Vertragspartei, vorformulierte Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss zu stellen, d. h. der anderen Vertragspartei einseitig aufzuerlegen,246 liegt hierin ein in der Regel zutreffendes Indiz für die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht.247 Hieraus folgert der Gesetzgeber in §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB, dass diejenige Vertragspartei als Verwen-

242 MüKoBGB/Basedow

§  305 Rn.  25. 183, 220 Rn.  13 = NJW 2010, 1277; BGHZ 126, 327, 332 = NJW 1994, 2825 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG. Abweichend von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 55 (Schutz der Kunden vor der Ausbeutung ihrer Unkenntnis); Köndgen NJW 1989, 943, 947 (Marktversagen bedingt durch Informationsdefizite der Verbraucher). 244  BT-Drucks. 7/3919, 16 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG-RegE unter Nr.  1. 245  BGHZ 184, 259 Rn.  12 = NJW 2010, 1131; BT-Drucks. 7/3919, 15 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG-RegE unter Nr.  1; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  1; Reich ZVP 1978, 236, 241; ablehnend Kramer ZHR 146 (1982), 105, 115. 246  BT-Drucks. 7/3919, 15 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG-RegE; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  21; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  25; Freiherr von Falkenhausen BB 1977, 1124, 1126; Heinrichs NJW 1977, 1505, 1507; Kötz VertragsR Rn.  248; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 8; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 131, 141; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  26. Ähnlich Pawlowski BB 1978, 161: derjenige, der Bedingungen stelle, lasse dem anderen weniger Freiheit als derjenige, der dem anderen Bedingungen nur anbiete; P. Ulmer DNotZ 1981, 84, 85: „einseitige(s) Verlangen nach Einbeziehung“. Dagegen Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 131: Stellen sei kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, sondern sorge lediglich dafür, dass die Vorformulierung für den Vertragspartner erkennbar werde. Abweichend W. Jaeger NJW 1979, 1569, 1572: Für das Stellen genüge es, dass eine Partei Vertragsbedingungen in die konkreten Vertragsverhandlungen mit dem Ziel eingeführt habe, dass sie Vertragsinhalt werden. 247  BGHZ 183, 220 Rn.  13 = NJW 2010, 1277; WLP/Pfeiffer Einl Rn.  20. Ablehnend Kramer ZHR 146 (1982), 105, 115, der jeglichen Zusammenhang zwischen dem Kriterium des „Stellens“ und der Funktion des AGBG verneint und daher de lege ferenda dessen Abschaffung fordert. 243  BGHZ

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

der der AGB anzusehen ist, die diese der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt.248 c) Zurechnungskriterium in Mehr-Personen-Verhältnissen aa) Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht Im personellen Anwendungsbereich der Klausel-RL, d. h. einem Rechtsverhältnis zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher, hat – unabhängig von dem formalen Kriterium des „Stellens“ – eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auch solcher Verträge zu erfolgen, in denen der Verbraucher an dem Vertragsabschluss nicht beteiligt war, aber nachträglich in die Stellung des Vertragspartners eingerückt und somit gleichwohl an die vorformulierten Vertragsbestimmungen gebunden ist.249 Die Inhaltskontrolle ist allerdings auf solche Klauseln beschränkt, die dem Verwender zuzurechnen sind.250 In Mehr-Personen-Verhältnissen wie bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung versagt das formale Kriterium des „Stellens“ als Grundlage der Zurechnung. Die Emittenten, die in den Anleihebedingungen bevorzugt werden, stellen diese nicht gegenüber den Anlegern; letztere erwerben die bereits bestehenden Rechte ohne inhaltliche Änderung und ohne Beteiligung des Emittenten von den im eigenen Namen handelnden Konsorten.251 Daher ist es erforderlich, für die Rechtfertigung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf den hinter dem formalen Kriterium des „Stellens“ liegenden Grundgedanken zurückzugreifen. Die so verstandene Zurechnung ist ein normativ wertender Akt,252 über welche die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht entscheidet.253

248 

BGHZ 126, 327, 332 = NJW 1994, 2825 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. III. 3. a). 250  BGHZ 126, 327, 332 = NJW 1994, 2825 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG; BGH NJW 1985, 2477; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  20; Soergel/Fritzsche BGB §  305 Rn.  23; Masuch Anleihebedingungen 126; weitergehend PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  7: Einer Zurechnung bedürfe es nur bei „Drittbedingungen“, nicht hingegen bei Bedingungen, die von einer Person gestellt werden, die „im Lager einer der Parteien steht“. A. A. Garrn NJW 1980, 2782, 2783: Inhaltskontrolle auch ohne Zurechenbarkeit. 251  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. I. 252 MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  28. In diesem Sinn auch BGHZ 126, 326, 332 = NJW 1994, 2825, wonach der Schutzzweck des AGBG maßgeblich für die Zurechnung sein soll. 253  BGHZ 183, 220 Rn.  13, 14 = NJW 2010, 1277; BGHZ 126, 326, 332 = NJW 1994, 2825; ähnlich BGHZ 130, 50, 57 = NJW 1995, 2034; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  10, 26; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  12; ablehnend Grunsky BB 1971, 1113, 1116. Ähnlich K. Frey ZIP 1993, 572, 577 mit dem Vorschlag, §  1 Abs.  1 AGBG wie folgt umzuformulieren: „Dieses Gesetz gilt nur zu Lasten einer Vertragspartei, die demjenigen, der die Klausel formuliert hat, näher steht als die andere Vertragspartei.“. 249 

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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bb) Anwendung des Kriteriums durch die Rechtsprechung In Anwendung dieses Kriteriums hat der BGH einen Haftungsausschluss, den der beklagte Mittelverwendungskontrolleur mit der Fondsgesellschaft in dem Mittelverwendungskontrollvertrag – dieser war als echter Vertrag zugunsten der Anleger ausgestaltet worden – individualvertraglich vereinbart hatte, dem Mittelverwendungskontrolleur zugerechnet und im Verhältnis zu den Anlegern gemäß §  309 Nr.  7 Buchst. b BGB für unwirksam erachtet.254 Entscheidendes Kriterium dafür, den Haftungsausschluss als AGB und den Mittelverwendungskontrolleur im Verhältnis zu den Anlegern – auch ohne rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen ihnen – als Verwender anzusehen, war die einseitige Inanspruchnahme der Gestaltungsmacht durch den beklagten Wirtschaftsprüfer und die Fondsgesellschaft.255 Der Mittelverwendungskontrollvertrag sei ein integraler Bestandteil des Gesamtkonzepts der Anlage, der nach dem übereinstimmenden Willen der Fondsgesellschaft und des Wirtschaftsprüfers von vornherein gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Anlegern Verwendung finden sollte.256 Aus Sicht der Anleger war der Inhalt des Mittelverwendungskontrollvertrags vorgegeben. Eine Bereitschaft des beklagten Wirtschaftsprüfers oder der Fondsgesellschaft, über den Inhalt des Mittelverwendungskon­ trollvertrags zu verhandeln, sei nicht gegeben gewesen. Die Anleger seien daher in zumindest gleicher Weise den vorformulierten Bedingungen ausgeliefert gewesen wie bei einem unmittelbaren Vertragsschluss mit dem beklagten Wirtschaftsprüfer. Sie hatten nur die Wahl, den Beitrittsvertrag abzuschließen und den damit vermittelten Schutz durch die Mittelverwendungskontrolle zu den vorformulierten Bedingungen in Anspruch zu nehmen oder auf beides zu verzichten.257 cc) Anwendung auf die mittelbare Platzierung von Schuldverschreibungen Bei der Fremdemission einer Anleihe in Form der mittelbaren Platzierung schließen der Emittent und die Konsorten keinen echten Vertrag zugunsten der Anleger.258 Gleichwohl liegen die Dinge ähnlich.259 Die Emittenten und das Konsortium bzw. die Konsorten nehmen die inhaltliche Gestaltungsmacht ein254 

BGHZ 183, 220 Rn.  16 = NJW 2010, 1277. BGHZ 183, 220 Rn.  14 a. E. = NJW 2010, 1277; zustimmend MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  38. 256  BGHZ 183, 220 Rn.  14 = NJW 2010, 1277. 257  BGHZ 183, 220 Rn.  14 = NJW 2010, 1277. 258  Canaris BankvertragsR Rn.   2267. Die Frage, ob die Vereinbarungen zwischen dem Emittenten und den emissionsbegleitenden Instituten Schutzwirkungen zugunsten der einzelnen Anleger entfalten, wird – soweit ersichtlich – einhellig verneint, siehe BGHZ 216, 37 Rn.  45 = NJW 2017, 3777; OLG Frankfurt AG 2015, 674, 677; Einsele WuB 2015, 435, 438; Habersack ZIP 2014, 1149, 1151; Hopt Emissionen Rn.  45 ff. 259  Im Ergebnis ebenso Kühn Barabfindungsklauseln 250 ff., 256. 255 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

seitig für sich in Anspruch.260 Die von ihnen gemeinsam gestalteten Anleihebedingungen sind ungeachtet der zwei Absatzschritte von vornherein zur Verwendung gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Anlegern bestimmt. Die Anleger erwerben die Teilschuldverschreibungen von den Konsorten, ohne dass letztere oder der Emittent bereit wären, deren Inhalt im Einzelnen – ggf. unter Aufgabe der Fungibilität – auszuhandeln; auf den Inhalt der Anleihebedingungen können sie keinen Einfluss nehmen.261 Die Anleger haben nur die Wahl, die bereits existenten Teilschuldverschreibungen mit den vorformulierten Anleihebedingungen zu erwerben oder von der Anlage abzusehen.262

E. Ergebnisse 1. Anleihebedingungen sind AGB i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB. Dies gilt nicht nur, wenn die Anleihe im Wege der Eigenemission begeben wird, sondern auch in den Fällen der Fremdemission, gleichgültig, ob die Platzierung unmittelbar oder mittelbar erfolgt. 2. Die Anleihebedingungen sind nicht nur Gegenstand der Skriptur, sondern auch wesentlicher Bestandteil des Begebungsvertrags. Die Skriptur bereitet die Begebung der Wertpapiere auf den Inhaber nur vor, enthält aber keine rechtsverbindlichen Erklärungen. Erst durch den Begebungsvertrag werden die verbrieften Teilschuldverschreibungen begründet und inhaltlich ausgestaltet. 3. Obgleich den Emittenten bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung mit dem Konsortium nur ein Vertragspartner gegenübersteht, sind die Anleihebedingungen für eine Vielzahl einzelner Begebungsverträge vorformuliert. Die Anleihe besteht aufgrund der Stückelung aus einer Vielzahl einzelner Teilschuldverschreibungen. Da jedes dieser Rechtsverhältnisse nach dem Willen des Emittenten und des Konsortiums ohne inhaltliche Änderung übertragbar sein soll, muss jede Teilschuldverschreibung durch einen gesonderten Begebungsvertrag begründet werden. Dies gilt auch dann, wenn über sämtliche Teilschuldverschreibungen einer Anleihe eine dauerhafte Sammelurkunde ausgestellt wird. 4. Bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung sind die Anleihebedingungen dem Emittenten als Verwender zuzurechnen. Der Umstand, 260 

Ähnlich UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  73. München AG 2014, 164, 166; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1601; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  50; Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 43; von Randow ZBB 1994, 23, 29. So auch Kallrath Wertpapierbedingungen 60, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des §  1 Abs.  1 AGBG (heute §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB) bei Fremdemissionen für nicht erfüllt hält, eine entsprechende Anwendung der §§  9 ff. AGBG (heute §§  307 ff. BGB) zwar erwägt, letztlich aber ablehnt. 262 Ähnlich Lenenbach NZG 2001, 481, 486: Die Anleihebedingungen werden den Anlegern „aufgezwungen“. 261  OLG

§  2 . Anleihebedingungen als AGB

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dass die Anleger an dem Abschluss des Begebungsvertrags nicht beteiligt sind, steht dem nicht entgegen. Bei der gebotenen teleologischen Auslegung wird die Eigenschaft als Verwender von AGB in Mehr-Personen-Verhältnissen dadurch begründet, dass der Emittent die inhaltliche Gestaltungsmacht einseitig in Anspruch nimmt.

§  3. Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen Als AGB unterliegen Anleihebedingungen de lege lata263 der Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§  307 ff. BGB.264 Dieser sind sie insbesondere nicht durch §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB entzogen.265 Das verbriefte Leistungsversprechen ist auch dann, wenn es aktienähnlich ausgestaltet ist, 266 kein Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (nachfolgend A.). Obgleich die Aufzählung der Bereichsausnahmen in §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB nicht abschließender Natur ist, vermögen weder der sog. kapitalmarktrechtliche Ansatz noch das sog. Preis­ argument eine ungeschriebene Bereichsausnahme zu rechtfertigen (nachfolgend B., C.). In dem Gesetzgebungsverfahren zum Erlass des SchVG wurde die Einführung einer besonderen Bereichsausnahme diskutiert, letztlich aber verworfen. Ihr stehen gegenwärtig die Vorgaben der Klausel-RL entgegen (nachfolgend D.). Sie gebieten eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen, der durch §   307 Abs.   3 Satz 1 BGB nur einzelne Bestimmungen entzogen sind (nachfolgend E.).

A. Keine Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts Einer Anwendung der §§  305–309 BGB auf Anleihebedingungen steht die re­ striktiv auszulegende (nachfolgend I.) Bereichsausnahme für Verträge auf dem 263  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 67 plädiert de lege ferenda für die Schaffung einer Bereichsausnahme. 264  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; OLG Frankfurt WM 1993, 2089; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379; Claussen AG 1991, 441, 443; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  120; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 361; Knops BB 2008, 2535, 2536; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 35; Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 653, 655; ders. NJW 1984, 1849, 1853; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  141; Sethe AG 1993, 293, 297; Silberberger Partizipationsschein 98. 265 Einzig Keller BKR 2005, 326, 327 deutet die Entscheidung BGHZ 163, 311 = NJW 2005, 2917 dahingehend, der BGH habe die Inhalts- und Transparenzkontrolle aufgegeben und nehme nur noch eine „technische Prüfung“ vor, ob die Anleihebedingungen mit den Erfordernissen der Verkehrsfähigkeit des Wertpapiers im Einklang stehen. Dieses Verständnis widerspricht der nachfolgenden Entscheidung BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  23, in welcher der BGH – auch unter Hinweis auf frühere Entscheidungen – betont hat, dass Anleihebedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen. 266 Zu den Anforderungen an die Aktienähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente nachstehend Kap.  3 §  7 B.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Gebiet des Gesellschaftsrechts (§  310 Abs.  4 Satz 1 BGB) nicht entgegen.267 Weder sind die Inhaber der Teilschuldverschreibungen Mitglieder der emittierenden Gesellschaft (nachfolgend II.) noch sind sie miteinander gesellschaftsrechtlich verbunden (nachfolgend III.).

I. Restriktive Auslegung der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts sind die Gründungsverträge und Satzungen der Personen- und Kapitalgesellschaften.268 Bei ihnen besteht aus mehreren Gründen kein Bedürfnis für die Anwendung der §§  305–309 BGB. 1. Gründe für die Bereichsausnahme Personalistisch geprägte Gesellschaften, insbesondere typische Personengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sind auf den dauerhaften Zusammenschluss der Gründer gerichtet. Dementsprechend ist der Inhalt des Gesellschaftsvertrags auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Gesellschafter zugeschnitten und daher – unbeschadet der nicht seltenen Verwendung von Vertragsmustern – gewöhnlich das Ergebnis ausgewogener Verhandlungen zwischen den Beteiligten.269 Anders liegt es bei der AG,270 der klassischen Rechtsform kapitalmarktorientierter Publikumsgesellschaften. Bei dieser finden neue Aktionäre mit der Satzung eine von den Gründern aufgestellte und bei der Gesellschaftsgründung niedergelegte Vertragsordnung vor, 271 die 267  BGH NJW 2020, 986 Rn.  23; OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München WM 2014, 1131, 1134; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  124; BRHP/J. Becker BGB §  310 Rn.  32; Palandt/Grüneberg BGB §  310 Rn.  49; Kühn Barabfindungsklauseln 259; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 229, 234; Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  153; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  30; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  56; MAH AktR/ Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  93; WLP/H. Schmidt BGB §  310 Abs.  4 Rn.  16; Sethe WM 2012, 577, 578; ders. AG 1993, 351, 368; Jauernig/A. Stadler BGB §  310 Rn.  11; UBH/P. Ulmer/ C. Schäfer BGB §  310 Rn.  122. Im Grundsatz ebenso Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  141, der lediglich für Genussrechte, die aufgrund der Festsetzung in der Satzung an Gesellschafter einer GmbH gewährt werden, anders entscheiden will. Offengelassen für Genussrechte mit Verlustteilnahme MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  255. 268  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 181; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 3; UBH/P. Ulmer/ C. Schäfer BGB §  310 Rn.  121; ähnlich Schippel/Brambring DNotZ 1977, 131, 151. 269  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 179 f.; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  119. Diese Begründung der Bereichsausnahme übersieht Bieder ZHR 174 (2010), 705, 715, der die Bereichsausnahme für Gesellschaftsverträge in Bezug auf GmbH- und Personengesellschaftsverträge teleologisch reduzieren will, da in diesen Bereichen keine vergleichbaren zwingenden Vorschriften existieren. 270  Vergleichbares gilt für Genossenschaften aufgrund von §  18 Satz 2 GenG. 271 UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  119.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

aufgrund des wechselnden Aktionärsbestands weder auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Gründer noch der gegenwärtigen Aktionäre abgestimmt ist. Gleichwohl fehlt es an einem Bedürfnis für die Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB, da die gesetzlichen Bestimmungen des AktG weitgehend zwingender Natur sind (§  23 Abs.  5 AktG) und eine unangemessene Benachteiligung hinzutretender Aktionäre verhindern.272 2. Beschränkung auf materielle Satzungsbestandteile Die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts erstreckt sich nicht auf sämtliche vertraglichen Bestimmungen, die formal in dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung enthalten sind, sondern umfasst nur diejenigen, die das Mitgliedschaftsrecht selbst unmittelbar regeln.273 Der Grund für die restriktive Auslegung liegt zum einen darin, dass der Anwendungsbereich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht von einem rein formalen Kriterium, nämlich der Aufnahme in die Vertrags- bzw. Satzungsurkunde, abhängig sein darf.274 Zum anderen wird eine teleologische Auslegung in Anlehnung an die Reichweite des §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG vorgenommen. Danach besteht nur insoweit kein Bedürfnis für die Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB, soweit Gefahren für die Kapitalanleger aufgrund der zwingenden Natur des Aktienrechts ausgeschlossen sind. Zwingender Natur sind trotz des uneingeschränkten Wortlauts des §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG nicht sämtliche Vorschriften des AktG, sondern nur die sog. materiellen Satzungsbestandteile.275 Hierzu zählen nur die Bestimmungen, welche die Gesellschaft und ihre Beziehungen zu den Gründern und den Aktionären betreffen, also solche, welche die Organisation der Gesellschaft und ihr Verhältnis auch zu künftigen Mitgliedern regeln.276 Davon zu unterscheiden sind bloß formelle Satzungsbestandteile, d. h. Regelungen, die lediglich in die Satzungsurkunde aufgenommen werden, aber nicht zu den Bestimmungen gehören, welche die Grundlage der Gesellschaft und ihre Beziehung zu den Gründern und Aktionären betreffen.277 Sie enthalten nur schuldrechtliche Abreden 278 und unter272 UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  119; kritisch Grunewald FS Semler, 1993, 175, 180. 273  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 183; Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §   310 Rn.  154; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  122. 274  Bieder ZHR 174 (2010), 705, 720; Grunewald FS Semler, 1993, 175, 183; Staudinger/ Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  155. 275  Statt vieler MüKoAktG/Pentz §  23 Rn.  158. 276  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 183; Hüffer/Koch AktG §  23 Rn.  3 ; Spindler/Stilz/ Limmer AktG §  23 Rn.  4 ; MüKoAktG/Pentz §  23 Rn.  40; GroßkommAktG/Röhricht/Schall §  23 Rn.  20; S/L/Seibt AktG §  23 Rn.  5 ; Grigoleit/Vedder AktG §  23 Rn.  4. 277  Statt vieler K. Schmidt GesR §  5 I 1 d = 78. 278 GroßkommAktG/Röhricht/Schall §  23 Rn.  28; S/L/Seibt AktG §  23 Rn.  6 .

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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liegen nicht den Einschränkungen des §  23 Abs.  5 AktG.279 Für die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB folgt daraus, dass nur diejenigen Bestimmungen 280 in Gesellschaftsverträgen von der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB ausgenommen sind, die das Mitgliedschaftsrecht selbst unmittelbar regeln.281

II. Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern Bei der gebotenen restriktiven Auslegung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB unterfallen weder herkömmliche noch aktienähnliche Schuldverschreibungen noch die in §  221 AktG genannten Kapitalinstrumente der Bereichsausnahme für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts.282 1. Herkömmliche und aktienähnliche Schuldverschreibungen Die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer AG – die überwiegende Rechtsform der Emittenten von Schuldverschreibungen – kann nur durch die Gewährung von Aktien eingeräumt werden.283 Weder die Begebungsverträge284 noch die in den Teilschuldverschreibungen verbrieften Leistungsversprechen gewähren gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte an der emittierenden Gesellschaft. Letztere sind bloße Gläubigerrechte, die sich in bestimmten geldwerten Ansprüchen gegen den Emittenten erschöpfen. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die Schuldverschreibungen in den Anleihebedingungen aktienähnlich ausgestaltet sind, da die den Anleihegläubigern eingeräumten Ansprüche lediglich schuldrechtliche Nachbildungen mitgliedschaftlicher Rechte sind.285 279 MüKoAktG/Pentz

§  23 Rn.  150; Grigoleit/Vedder AktG §  23 Rn.  7. Bieder ZHR 174 (2010), 705, 723 lehnt jede Form der Differenzierung zwischen kontrollfreien und kontrollfähigen Vertragsbestimmungen in Verträgen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ab. In Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB müssten solche Verträge insgesamt kontrollfrei sein. 281  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 183 f. zu §  23 AGBG; a. A. Bieder ZHR 174 (2010), 705, 721. 282  OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München AG 2014, 164, 166; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1122; WLP/H. Schmidt BGB §  310 Abs.  4 Rn.  16; siehe auch Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 318; Hammen BB 1990, 1917, 1918; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; Joussen WM 1995, 1861, 1862; Lenenbach NZG 2001, 481, 485 mit Fn.  4 4; Masuch Anleihebedingungen 59; Rozijn ZBB 1998, 77, 91 jeweils zu §  23 Abs.  1 AGBG. 283  BGHZ 120, 141, 146 f. = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; Bürger Genußrechte 25; Göhrum Genußrechte 38; ähnlich T. Ernst Genußschein 104: Beteiligung am Grundkapital. 284  Assmann WM 2005, 1053, 1057. 285  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. und §  8 A. II. 280 Einzig

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

2. Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen a) Keine mitgliedschaftlichen Rechte vor Ausübung des Umtauschbzw. Optionsrechts Die Anleihebedingungen von Wandelschuldverschreibungen (convertible bonds) und Optionsanleihen (bonds with warrants) sind mit denen herkömmlicher Schuldverschreibungen insoweit inhaltsgleich, als sie den Gläubigern einen Anspruch auf eine bestimmte, in der Regel fest verzinsliche Geldsumme einräumen.286 Der Unterschied erschöpft sich darin, dass Wandelschuldverschreibungen den Gläubigern oder – seit dem Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 am 31.12.2015287 – der Gesellschaft (sog. umgekehrte Wandelschuldverschreibungen, reverse convertible bonds) oder sowohl den Gläubigern als auch der Gesellschaft 288 zusätzlich ein Umtauschrecht auf Aktien des Emittenten gewähren (§  221 Abs.  1 Satz 1 Fall 1 AktG). Hierbei handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa).289 Sie gewährt dem Berechtigten die Gestaltungsbefugnis, 290 den Inhalt des Schuldverhältnisses durch eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem anderen Teil mit Wirkung ex nunc dahingehend zu ändern, dass der Emittent zu dem Abschluss eines Barzeichnungsvertrags verpflichtet ist.291 Bei Optionsanleihen wird den Gläubigern oder – seit dem Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 – der Gesellschaft (sog. umgekehrte Optionsanleihe) oder sowohl den Gläubigern als auch der Gesellschaft292 das Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt.293 Solange der Berechtigte von seinem Umtausch- oder Bezugsrecht keinen Gebrauch macht, ha286 

Statt vieler MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  16; MüKoAktG/ders. §  221 Rn.  24. Siehe Art.  1 Nr.  24 i. V. m. Art.  10 Abs.  2 Aktienrechtsnovelle 2016. 288 BT-Drucks. 18/4349, 27 zu §   192 AktG-RegE; BR-Drucks. 22/12, 28; BT-Drucks. 17/8989, 18 jeweils zu §  192 Abs.  2 AktG-E; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  132; Seibert/ Böttcher ZIP 2012, 12, 15. 289  OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330; Casper Optionsvertrag 327; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  73, 137; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  274; ders. ZHR 180 (2016), 152, 170; Friel Wandelanleihen 123; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  226; Habersack FS Nobbe, 2009, 539, 548; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §   221 Rn.   10; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  207; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  4 ; GHEK/Karollus AktG §  221 Rn.  20, 146; Klahold Aktienoptionen 98; Meiisel/Bokeloh CFL 2010, 35; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  30; F. Meyer BB 1955, 549; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  5 ; Rozijn ZBB 1998, 77, 79; Rusch Wandelschuldverschreibung 44 f, 67; Schumann Optionsanleihen 31; Seibt CFL 2010, 165, 167; Wehrhahn Finanzierungsinstrumente 114. Abweichend RFHE 25, 264, 267 (das Recht aus den Schuldverschreibungen erschöpfe sich in dem Anspruch auf Lieferung junger Aktien); H. Rasch Wandelschuldverschreibungen 17: Wahlschuld mit Wahlrecht des Gläubigers; abweichend Funk RIW 1998, 138: Tausch. 290  Holzheimer WM 1986, 1169; F. Meyer BB 1955, 549. 291 KK-AktG/Florstedt §   221 Rn.  274; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  27, 227; S/L/ Merkt AktG §  221 Rn.  30; a. A. (Wirkung ex tunc) Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 515. 292 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  206. 293  Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  6 ; ähnlich Funk RIW 1998, 138; S/L/Merkt AktG §  2 21 287 

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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ben die Anleihegläubiger – abgesehen von dem Umtausch- oder Bezugsrecht – lediglich eine Gläubigerposition inne.294 Sie verfügen noch nicht über Mitgliedschaftsrechte.295 Die mitgliedschaftsrechtliche Beteiligung tritt erst dann an die Stelle oder neben das Gläubigerrecht, wenn und sobald die Aktien infolge der Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts übertragen werden.296 b) Keine andere Beurteilung bei Anwartschaftsrechten Die Tatsache, dass den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen bereits ab dem Erwerb des jeweiligen Kapitalinstruments auf Grundlage des Umtausch- bzw. Optionsrechts ein Anwartschaftsrecht auf die Mitgliedschaft zustehen soll, 297 vermag eine entsprechende Anwendung des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB nicht zu begründen.298 Der Begriff des Anwartschaftsrechts ist kein normativer, sondern ein deskriptiver Begriff.299 Er beschreibt einen mehraktigen Erwerbsvorgang, von dem bereits so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsstellung des Gläubigers gesprochen werden kann, die der Schuldner nicht mehr einseitig zu zerstören vermag.300 Diese Annäherung an das jeweilige Vollrecht – hier die Mitgliedschaft – rechtfertigt es zwar, den Berechtigten nicht nur als Gläubiger eines schuldrechtlichen Rn.  36: Optionsvertrag sei eine rein schuldrechtliche Abrede; abweichend Martens AG 1992, 209, 212: Optionsrecht als mitgliedschaftsähnliche Rechtsposition. 294  BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; KMFS/U. Brandt BankR/KapMarktR Rn.  15.617; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  68; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  273; Frantzen Genußscheine 30; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 87; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  27; MüKoBGB/ders. §  793 Rn.  17; A. Hueck DB 1963, 1347; Hueck/Canaris WertpapierR §  2 II 3 = 21; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  5 ; Masuch Anleihebedingungen 59; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  7; Windbichler GesR §  32 Rn.  14, 16. 295  Bungert DZWiR 1996, 185, 186; Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.  68; KK-AktG/ Florstedt §  221 Rn.  273; MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  15; MüKoAktG/ders. §  221 Rn.  27; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 47; A. Hueck DB 1963, 1347; Meiisel/Bokeloh CFL 2010, 35; F. Meyer BB 1955, 549; GroßkommAktG/Mülbert §  118 Rn.  22; HMS/Schlitt Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  11.4, 11.15. 296  F. Meyer BB 1955, 549; entsprechend für Optionsrechte Mankowski AG 1998, 11, 18; Christians/Röller Finanzierung-HdB 289, 299. Ungenau Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  51: fristgerechte Ausübung. Unzutreffend Martens AG 1992, 209, 212: Die Entstehung der Mitgliedschaft sei nur noch von dem Formalakt der Ausübung des Umtauschbzw. Optionsrechts abhängig. 297  Holzheimer WM 1986, 1169; Knobbe-Keuk ZGR 1987, 312, 313; wohl nur terminologisch abweichend K. Koch/H. A. Vogel BB 1986, Beilage Nr.  10, 4 („Anwartschaft auf eine Gesellschafterstellung“); H. Meilicke BB 1963, 500, 501 („aufschiebend bedingte Aktionäre“). 298  Joussen WM 1995, 1861, 1863 tendiert zu einer Anwendung der Bereichsausnahme des §  23 Abs.  1 AGBG (heute §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB). 299 Staudinger/Bork, 2020, Vor BGB §§  158 ff. Rn.  57. 300  BGHZ 83, 395, 399 = NJW 1982, 1639; BGHZ 49, 197, 201 = NJW 1968, 493; BGHZ 45, 186, 188 f. = NJW 1966, 1019; BGHZ 37, 319, 321 = NJW 1962, 1910; BGHZ 27, 360, 368 = NJW 1958, 1286; BGH NJW 1955, 544; Staudinger/Bork, 2020, Vor BGB §§  158 ff. Rn.  53; Medicus/Petersen BürgerlR Rn.  456.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Anspruchs bzw. Inhaber eines Gestaltungsrechts, sondern auch als Inhaber einer besonderen Rechtsposition anzusehen.301 Diese als Anwartschaftsrecht bezeichnete Rechtsposition ist aber grundsätzlich von dem Vollrecht zu unterscheiden.302 Ob und in welchem Umfang die für das Vollrecht geltenden Regelungen entsprechende Anwendung auf das Anwartschaftsrecht finden, ist für jede Vorschrift gesondert nach ihrem Sinn und Zweck zu entscheiden.303 Im Bereich des Aktienrechts beruht die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auf der grundsätzlich zwingenden Natur der Vorschriften des AktG, §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG.304 Abweichende Vereinbarungen sind nichtig,305 ohne dass es einer Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§  307 ff. BGB bedarf, um eine unangemessene Benachteiligung hinzutretender Aktionäre zu verhindern.306 Dies gilt allerdings nur für materielle Satzungsbestandteile, d. h. solche Bestimmungen, die das Mitgliedschaftsrecht unmittelbar regeln.307 Anleihebedingungen enthalten auch dann, wenn dem Inhaber ein Umtausch- bzw. Optionsrecht eingeräumt ist, keine materiellen Satzungsbestimmungen. Ihre inhaltliche Ausgestaltung ist nicht durch §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG eingeschränkt, eine entsprechende Anwendung der Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB somit nicht gerechtfertigt. 3. Genussrechte a) Rechtsnatur obligationsähnlicher Genussrechte Im Unterschied zu Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, die in §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG eine Legaldefinition erfahren haben, wird der Inhalt von Genussrechten in §  221 Abs.  3 AktG nicht umschrieben. Es handelt sich um ein durch den Rechtsverkehr entwickeltes Finanzierungsinstrument,308 dessen Definition der Gesetzgeber ausdrücklich Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen hat.309 Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass sog. obligations­ ähnliche Genussrechte Dauerschuldverhältnisse,310 mithin schuldrechtlicher 301 Staudinger/Bork,

2020, Vor BGB §§  158 ff. Rn.  56. 2020, Vor BGB §§  158 ff. Rn.  56. 303 Staudinger/Bork, 2020, Vor BGB §§  158 ff. Rn.  56, 57. 304  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 2. 305 GHEK/Eckardt AktG §   23 Rn.  121; Hüffer/Koch AktG §  23 Rn.  43; Spindler/Stilz/ Limmer AktG §  23 Rn.  31; MüKoAktG/Pentz §  23 Rn.  170; GroßkommAktG/Röhricht/ Schall §  23 Rn.  260; a. A. (bei Eintragung der Gesellschaft nur Anfechtbarkeit nach §  241 Nr.  3 AktG) KK-AktG/A. Arnold §  23 Rn.  154; MüKoAktG/C. Schäfer §  241 Rn.  52; Werner AG 1968, 181, 182. 306  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 1. 307  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 2. 308  FG Köln DStRE 2005, 886, 889; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  135. 309  BT-Drucks. 10/2079, 8. 310  OLG München AG 2014, 164, 166; Angerer DStR 1994, 41; Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  360; Ekkenga/Fischer, Hdb AG-Finanzierung, Kap.  11 Rn.  29; Marsch-Barner/Schäfer/ 302 Staudinger/Bork,

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Natur sind.311 Die Rechtsposition des Gläubigers erschöpft sich in einem bloßen geldwerten Anspruch.312 Mitgliedschaftsrechte gewährt das Genussrecht nicht.313 Bereits hierdurch unterscheidet es sich von Aktien sämtlicher GattunGroß Börsennotierte AG-HdB Rn.  51.74; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  87; GHEK/Karollus AktG §  221 AktG Rn.  277; Prölss/Dreher/Lipowsky VAG §  214 Rn.  25; Lutter ZGR 1993, 291, 300; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  94; a. A. Bialluch Anleiheschuldverhältnis 76 ff. Der gebräuchliche Zusatz „eigener Art“ (BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGHZ 119, 305, 330 = NJW 1993, 57; BGH WM 2016, 1533 Rn.  11; OLG Bremen WM 2021, 1940, 1942; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  513; Hofert/Arends ZIP 2005, 1297, 1301; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  27; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1724) ist ohne Erkenntnisgewinn. 311  BGHZ 119, 305, 310 = NJW 1993, 57; BGH AG 1959, 138, 139; BFHE 267, 1 Rn.  36 = DStR 2020, 1307; BFHE 221, 25, 33 = BStBl. II 2008, 852; BFHE 210, 272, 275 = BStBl. II 2005, 861; RGZ 115, 227, 230; RGZ 83, 295, 298; OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, 2492; Bungert DZWiR 1996, 185; Bürger Genußrechte 31; Claussen FS Werner, 1984, 81; Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung 17; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 313; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  359; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  513; Frantzen Genußscheine 23; Friedlaender DStZ/A 1966, 242; Soergel/Fritzsche BGB §  310 Rn.  60; Gehling WM 1992, 1093, 1094; Grieger WM 1958, 914, 915; Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.  51.74; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  6 4; Henke WM 1985, 41, 44; Herlinghaus Forderungsverzichte 95; Henssler/Strohn/Hermanns AktG §  221 Rn.  8 ; Hirte ZIP 1988, 477; Klemperer Genußscheine 85; Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beilage 4, 1, 2; Luttermann Genußrechte 96 f.; ERS/Mentz Unternehmensfinanzierung Kap. F Rn.  42; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 234; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 276; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  30; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1942; K. Schmidt GesR §  18 II 2 d = 521; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Schön JZ 1993, 925, 926; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24; Sethe WM 2012, 577, 578; ders. AG 1993, 351, 352; A. Schroe­ter Sparkasse 1985, 49, 51; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 2; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  135; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 513; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  94; Thünnesen in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußrechte, 9; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  17; Ziebe BB 1988, 225, 226; ders. BB 1984, 2210, 2211. 312  BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; BGH WM 1959, 434, 436; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  124; Bungert DZWiR 1996, 185; von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; Emde BB 1988, 1214; ders. Genußschein 8; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  360; Fest WM 2019, 1093, 1094; MüKoAktG/ Habersack §  221 Rn.  86; Hammen BB 1990, 1917, 1918; Lutter ZGR 1993, 291, 305; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  50; Rid-Niebler Genußrechte 11; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  30; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1942; WLP/H. Schmidt BGB §  310 Abs.  4 Rn.  15; Schön JZ 1993, 925, 927; Sethe AG 1993, 293, 297; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  122. In der früheren Literatur wurde das Genussrecht zum Teil als Beteiligung in Form einer eigenen Kategorie angesehen, siehe Hachenburg LZ 1917, 776, 781 („ein Bruder der Aktien“). Weitgehend offengelassen bei T. Ernst Genußschein 92; ders. AG 1967, 75, 78. 313  BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; BFHE 267, 1 Rn.  36 = DStR 2020, 1307; BFHE 221, 25, 33 = BStBl. II 2008, 852; OLG Düsseldorf WM 2020, 2118, 2120; OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, 2492; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379; Bungert DZWiR 1996, 185, 186; Christians/ W. Busch Finanzierung-HdB 499, 510; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  359; Fest WM 2019, 1093, 1094; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  514; Göhrum Genußrechte 38; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  44; Hellwig Verlustausgleich 53; Henssler/Strohn/Hermanns AktG §  221 Rn.  8 ; Hirte ZIP 1988, 477; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; Lutter ZGR

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

gen, die jeweils eine Vielzahl mitgliedschaftlicher Verwaltungs- und Vermögensrechte vermitteln,314 und unterfällt somit nicht der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB.315 b) Aktienähnliche Genussrechte Aktienähnliche Genussrechte weisen mit der Verlustbeteiligung ein Merkmal auf,316 das auch typischen stillen Gesellschaften eigen ist. Dies führt aber nicht dazu, sie als stille Beteiligungen zu qualifizieren. Im Gegenteil: Sie gewähren keine mitgliedschaftlichen Rechte, sondern erschöpfen sich ebenso wie obligationsähnliche Genussrechte in einem Dauerschuldverhältnis. aa) Keine Qualifikation als stille Gesellschaften Nach der in der Literatur vertretenen Gegenansicht handelt es sich bei aktien­ ähnlichen Genussrechten um typische stille Beteiligungen i. S. d. §§   230 ff. HGB.317 Letztere gewährten den stillen Gesellschaftern vor Auflösung des Ge1993, 291, 294; GroßkommAktG/Mülbert §  118 Rn.  22; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 276; K. Schmidt GesR §  18 II 2 d = 521; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 513; MHdB AG/ Scholz §  64 Rn.  71; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  135; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24; Thünnesen in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußrechte, 9; Ziebe BB 1984, 2210, 2211. Anders nur Teile der älteren Literatur auf Grundlage der Prämisse, Genussrechte mit Gewinnbeteiligung seien stille Gesellschaften, so L. Becker Genussscheine 46; Klemperer Genußscheine 85 f. 314  Statt vieler MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  86; ders. ZHR 155 (1991), 378, 384; ders. Mitgliedschaft 99, 101. 315  BGHZ 218, 183 Rn.   28 = NJW 2018, 2193; OLG Düsseldorf WM 2020, 2118, 2120; OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München AG 2015, 576; OLG München AG 2014, 164, 166; OLG München AG 2012, 339, 341; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  124; BRHP/ J. Becker BGB §  310 Rn.  32; Casper ZIP 2015, 201, 208; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 318; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  394; Fest WM 2019, 1093, 1094; Ekkenga/Fischer, Hdb AG-Finanzierung, Kap.  11 Rn.  144; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  221; Soergel/Fritzsche BGB §  310 Rn.  60; Gottschalk ZIP 2006, 1121 (1122); Palandt/Grüneberg BGB §  310 Rn.  49; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  4 4; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  331, 399; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  35; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  82; Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  153; WLP/H. Schmidt BGB §  310 BGB Abs.  4 BGB Rn.  16; Sethe WM 2012, 577, 578; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  96; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  122; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  25; HMS/Wöckener/Becker Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  13.5; siehe auch BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379; Frantzen Genußscheine 30; Hammen BB 1990, 1917, 1918; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; Joussen WM 1995, 1861, 1862; GHEK/Karollus AktG §  221 Rn.  358; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 234; Rid-Niebler Genußrechte 83; Sethe AG 1993, 351, 368 jeweils zu §  23 Abs.  1 AGBG; einschränkend Scholz/Seibt ­GmbHG §  14 Rn.  141, der für Genussrechte, die aufgrund einer Festsetzung in dem Gesellschaftsvertrag an Gesellschafter einer GmbH gewährt werden, anders entscheiden will. A. A. U. Becker NZG 2012, 1089, 1091; Kallrath Wertpapierbedingungen 36; Siebel WM 1994, 1781. 316  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. II. 317 MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  89; ders. ZHR 155 (1991), 378, 394; Kratzsch BB 2005, 2603, 2610; H. Meilicke BB 1989, 465, 466; ders. BB 1987, 1609, 1611. Dagegen BGHZ

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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sellschaftsverhältnisses keine Vermögensansprüche, sondern Mitgliedschaftsrechte.318 Die unterschiedlichen Ansichten über die Rechtsnatur aktienähnlicher Genussrechte sind für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle insoweit von Bedeutung, als die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auch die stille Gesellschaft umfasst.319 Ausnahmsweise komme zwar eine teleologische Reduktion der Bereichsausnahme in Betracht, wenn die Struktur der Gesellschaft schuldrechtlichen Charakters sei.320 Dies scheide aber aus, wenn der stille Gesellschafter an dem Verlust der Gesellschaft beteiligt sei, seine Leistung also nicht wie Fremdkapital, sondern wie eine Einlage behandelt werde.321 Für ak­ tienähnliche Genussrechte ist eine Verlustbeteiligung charakteristisch,322 so dass die Genussrechtsbedingungen konsequenterweise ebenfalls der Bereichs­ ausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB unterfallen müssten.323 Die Ansicht, die Inhaber aktienähnlicher Genussrechte seien typische stille Gesellschafter, überzeugt aus mehreren Gründen nicht. (1) Gemeinsamer Zweck Die stille Gesellschaft i. S. d. §§  230 ff. HGB ist eine Innengesellschaft i. S. d. §  705 BGB.324 Sie setzt voraus, dass die an ihr Beteiligten – hier die Inhaber der aktienähnlichen Genussrechte und der Inhaber des Handelsgewerbes – einen gemeinsamen Zweck verfolgen und diesen in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge leisten.

156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; Frantzen Genußscheine 18; Göhrum Genußrechte 46; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 277; Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 653; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  135. Unklar Lorch Genußschein 91 ff. („mitgliedschaftsähnlich“). Differenzierend Schön ZGR 1993, 210, 235, der nur bei einzelnen Kapitalgebern trotz der Bezeichnung als Genussrecht die §§  230 ff. HGB anwenden will und das Verhältnis von Genussrecht und stiller Gesellschaft als sich „einander überschneidende Kreise“ bezeichnet. 318  Statt vieler BGHZ 51, 350, 353 = NJW 1969, 1211; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  230 Rn.  21. 319  BGHZ 127, 176, 186 = NJW 1995, 192; BGH NJW 2001, 1270, 1271; BGH NJW-RR 1992, 379; OLG Köln DB 1983, 104, 105; LG Koblenz ZIP 1982, 165, 166; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  120; Soergel/Fritzsche BGB §  310 Rn.  59; Blaurock/Kauffeld Stille Gesellschaft-HdB Rn.  18.44; a. A. AG Düsseldorf NZG 2011, 229, 230; Bieder ZHR 174 (2010), 705, 726; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  128 f.; kritisch H. Schmidt ZHR 159 (1995), 734, 744 für vom gesetzlichen Leitbild abweichende Gestaltungen. Differenzierend zwischen der typischen und atypischen stillen Gesellschaft MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  122–124; differenzierend nach der Art der Regelung Grunewald FS Semler, 1993, 175, 187. Offengelassen von Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  153. 320  BGHZ 127, 176, 183 f. = NJW 1995, 192. 321  BGHZ 127, 176, 184 = NJW 1995, 192. 322  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. II. 323 So Kallrath Wertpapierbedingungen 36; Siebel WM 1994, 1781. 324  Statt vieler Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  230 Rn.  2 m. w. N.; a. A. Hoeniger ZHR 84 (1921), 459, 464: stille Gesellschaft und Innengesellschaft seien verschiedene Begriffe.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Hierdurch – so der BGH – unterscheide sich das Genussrecht von der stillen Gesellschaft.325 (a) Abgrenzung vom partiarischen Darlehen Das Kriterium eines gemeinsamen Zwecks wird zur Abgrenzung der stillen Gesellschaft von einem partiarischen Darlehen bemüht.326 Ein gemeinsamer Zweck und damit eine stille Gesellschaft sollen vorliegen, wenn nach dem Willen der Parteien die Gewinnerwirtschaftung durch den Träger des Unternehmens Hauptpflicht in Form der Beitragsleistung ist und nicht bloß Nebenpflicht oder Geschäftsgrundlage für die Gewinnerwartung des Geldgebers.327 Bei der Abgrenzung seien neben dem Vertragszweck und dem Vertragsinhalt auch die wirtschaftlichen Ziele der Beteiligten umfassend zu würdigen.328 Die gebotene Gesamtabwägung führt dazu, dass die Abgrenzung nicht nur „überaus schwierig“329, sondern auch „von Fall zu Fall überaus unklar“330 ist.331 Die hieraus für den Einzelfall resultierende Rechtsunsicherheit ist in Anbetracht divergierender Rechtsfolgen unglücklich, da das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks darüber entschiede, ob – im Fall eines partiarischen Darlehens – die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zu erfolgen hat oder – im Fall einer stillen Gesellschaft – durch die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB versperrt ist.332 (b) Indizwirkung der Verlustbeteiligung und Unterscheidung im Aktien- und Ertragsteuerrecht Die Schwierigkeit der Abgrenzung hat dazu geführt, dass die Rechtsprechung Umstände benannt hat, die im Rahmen der Gesamtabwägung regelmäßig für eine gemeinsame Zweckverfolgung der Beteiligten sprechen. Ist der Geldgeber, wie es dem gesetzlichen Bild der stillen Gesellschaft entspricht, nicht nur an dem Gewinn, sondern auch an dem Verlust des Handelsgewerbes beteiligt 325  BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGH WM 1959, 434, 436. Zustimmend MHdB GesR II/Keul §  73 Rn.  15; Sethe AG 1993, 293, 297; Oetker/Wedemann HGB §  230 Rn.  39. 326  Statt vieler BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  230 Rn.  4 m. w. N. Kritisch K. Schmidt GesR §  62 II 1 c bb = 1843: benennt nur dogmatischen Sitz des Problems, liefert aber kein klares Kriterium für die Abgrenzung. Abweichend Grunewald GesR §  4 Rn.  2 : Abgrenzung danach, ob der gesellschaftsrechtliche Normbestand die Parteivereinbarungen sinnvoll ergänzt. Eine Unterscheidung allgemein ablehnend Schön ZGR 1993, 210, 241. 327 MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  58. 328  Statt vieler BGH BB 1967, 349; BGH WM 1957, 1335, 1336; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  230 Rn.  4. 329 MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  58. 330 MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  58. 331  BGH BB 1967, 349 („Grenzen vielfach fließend“); BGH WM 1957, 1335, 1336 („Übergänge zwischen diesen beiden Arten von Rechtsverhältnissen fließend“). 332 MüKoHGB/K. Schmidt §   230 Rn.  124, der deshalb eine AGB-rechtliche Inhaltskon­ trolle auch für typische stille Gesellschaftsverträge befürwortet.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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(§  231 Abs.  2 HGB), liege hierin ein wesentliches Indiz für eine stille Gesellschaft.333 Die Tatsache, dass eine Verlustbeteiligung, wie sie für die typische stille Gesellschaften nach §  231 Abs.  2 Hs.  1 HGB charakteristisch ist, auch bei aktienähnlichen Genussrechten vereinbart werden kann,334 zwingt nicht dazu, aktienähnliche Genussrechte als stille Beteiligungen zu qualifizieren. Gegenteiliges, nämlich die Rechte voneinander zu unterscheiden, gebieten nicht nur aktienrechtliche, sondern auch ertragsteuerrechtliche Vorschriften. Im Aktienrecht ist die Abgrenzung insoweit von Bedeutung, als stille Beteiligungen – im Gegensatz zu Genussrechten gleich welcher Ausgestaltung – in der Regel Teilgewinnabführungsverträge i. S. d. §  292 Abs.  1 Nr.  2 AktG sind,335 die gemäß §  293 Abs.  1 Satz 1 AktG nur mit Zustimmung der Hauptversammlung und Eintragung in das Handelsregister (§  294 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 AktG) wirksam werden. Der für die Gewährung von Genussrechten erforderliche Beschluss der Hauptversammlung – sei es in sinngemäßer Anwendung von §  221 Abs.  1 AktG (§  221 Abs.  3 AktG), sei es in entsprechender Anwendung von §  221 Abs.  2 Satz 1 AktG336 – ist weder eintragungsbedürftig noch eintragungsfähig337 und betrifft nur das Innenverhältnis der Gesellschaft, ist also keine Voraussetzung für die Begründung der Genussrechte.338 Außerdem haben die Aktionäre nur ein Bezugsrecht auf Genussrechte (§  221 Abs.  4 Satz 1 AktG), nicht aber auf stille Beteiligungen.339 Im Ertragsteuerrecht sind ausschließlich Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Gesellschaft verbunden ist, Aktien weitgehend gleichgestellt. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass die Ausschüttungen auf solche Genussrechte das Einkommen der Gesellschaft nicht mindern (§  8 Abs.  3 Satz 2 KStG), sondern besonders deutlich z. B. auch darin, dass typische stille Gesellschaften nicht zu den Beteiligungen i. S. d. §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG zählen, die Genussrechten und damit Anteilen an Kapitalgesellschaften ähnlich sind.340 333 BGH WM 1957, 1335, 1336; Gk-HGB/Fahse/Gesmann-Nuissl §   230 Rn.   70; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  89; Staub/Harbarth HGB §  230 Rn.  28; MHdB GesR II/Keul §  73 Rn.  14; RGvWH/Mock HGB §  230 Rn.  15; K. Schmidt GesR §  62 II 1 c bb = 1843. Abweichend MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  38: Bei vereinbarter Verlustteilnahme handele es sich zwingend um eine Gesellschaft. 334  Zu Einzelheiten nachfolgend Kap.  3 §  7 B. II. 335 Statt vieler BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; Hüffer/Koch AktG §   292 Rn.  15 m. w. N. Nach ganz überwiegender Ansicht ist die Eingehung einer stillen Gesellschaft regelmäßig kein Geschäft des laufenden Geschäftsverkehrs i. S. d. §  292 Abs.  2 Fall 2 AktG, siehe OLG Stuttgart AG 2005, 171, 172; Hüffer/Koch AktG §  292 Rn.  28 m. w. N.; a. A. Eyber Genußrecht 23 ff. Eine gesetzlich geregelte Ausnahme enthält §  10 Abs.  1 Satz 1 WStBG für stille Beteiligungen des FMS. 336  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  36 m. w. N. 337  Statt vieler MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  146 m. w. N. 338  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  52 m. w. N. 339  Statt vieler BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  382. 340  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. I. 2.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(2) Erwerbsvorgang Gegen die Behandlung aktienähnlicher Genussrechte als typische stille Beteiligungen wird ferner eingewandt, dass der stille Gesellschafter seine Beteiligung nach dem gesetzlichen Regelfall durch Vereinbarung mit dem Inhaber des Handelsgewerbes und nicht als fertiges Produkt an einem organisierten Markt erwerbe.341 Diese Beschreibung des tatsächlichen Erwerbsvorgangs vereinfacht erheblich. Sie ignoriert, dass Genussrechte – unabhängig von ihrer inhaltlichen Ausgestaltung – weder in sog. Genussscheinen verbrieft noch an einem organisierten Markt gehandelt werden müssen. Die Gesellschaft kann von der Verbriefung der Genussrechte absehen,342 sie als nicht handelbare Namenspapiere verbriefen 343 oder sich für eine Verbriefung als Inhaberpapier entscheiden, ohne eine Zulassung derselben am organisierten Markt zu beantragen. bb) Inhaltskontrolle auch bei Qualifikation als stille Gesellschaft Selbst nach der Gegenansicht, die aktienähnliche Genussrechte als stille Beteiligungen qualifiziert, wäre eine Inhaltskontrolle der Genussrechtsbedingungen nicht ausgeschlossen. Vertragsbedingungen, die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformuliert werden, fallen zwar unter die Bereichsausnahme des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB.344 Dies hindert den BGH aber nicht daran, sie wie AGB objektiv auszulegen und einer Inhaltskontrolle – lediglich gestützt auf §  242 BGB – zu unterziehen.345 Zur Begründung der Inhaltskontrolle aktienähnlicher Genussrechte bedarf es dieses „Umwegs“, der für Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften anerkannt ist,346 nicht. Nach der gebotenen teleologischen Auslegung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB umfasst die Bereichsausnahme für Gesellschaftsverträge nur solche Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen, die das Mitgliedschaftsrecht unmittelbar regeln.347 Die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer AG kann nur durch die Gewährung von Aktien eingeräumt werden.348 Ak­tien­ 341 

Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 653. AktG §  221 Rn.  771; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  75; MüKoAktG/ Habersack §  221 Rn.  204; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  28; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  72. 343 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  7 72; Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  28; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 278; Ziebe BB 1984, 2210, 2211. 344  A. A. Weinmann/Rübartsch WM 2021, 1928, 1934. 345  BGH NJW 2001, 1270, 1271. 346  BGH NJW 2001, 1270, 1271; BGHZ 104, 50, 53 = NJW 1988, 1903; BGHZ 102, 172, 177 = NJW 1988, 969; BGHZ 84, 11, 13 = NJW 1982, 2303; BGHZ 64, 238, 241 = NJW 1975, 1318; Palandt/Grüneberg BGB §  310 Rn.  49; Graf von Westphalen DB 1983, 2745; MHdB GesR II/Jaletzke §  65 Rn.  8 ff.; U. Schneider ZGR 1978, 1, 6 ff.; Walchshöfer in Heinrichs/ Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 155, 170; H. P. Westermann FS Stimpel, 1985, 69, 74 ff.; kritisch MüKoHGB/Grunewald §  161 Rn.  130 f. 347  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 2. 348  BGHZ 120, 141, 146 f. = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; Bürger 342 Hopt/Seibt/Fest

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ähnliche Genussrechte gewähren diese Stellung nicht, und zwar auch dann nicht, wenn sie – entgegen der hier vertretenen Ansicht – als stille Beteiligungen angesehen werden. Die durch eine stille Beteiligung gewährte Mitgliedschaft beschränkt sich auf die stille Gesellschaft; eine mitgliedschaftliche Beteiligung an dem Rechtsträger des Handelsgewerbes begründet sie nicht. Insoweit erschöpfen sich aktienähnliche Genussrechte in vermögensrechtlichen Ansprüchen, die denen entsprechen, die den Aktionären nach dem AktG zustehen.349 Mitgliedschaftliche Verwaltungs- und Kontrollrechte können den Genussrechtsgläubigern nicht eingeräumt werden.350

III. Rechtsbeziehung der Anleihegläubiger untereinander Die Gläubiger einer nach deutschem Recht begebenen Anleihe sind auch unter Geltung des SchVG – im Unterschied zu der Rechtslage in Frankreich – nicht kraft Gesetzes gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden (nachfolgend 1.). Eine privatautonom gegründete „Gläubigergesellschaft“ hätte – ihre Wirksamkeit unterstellt – jedenfalls nicht zur Folge, dass die Anleihebedingungen der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB unterfielen (nachfolgend 2.). 1. Rechtslage kraft Gesetzes Bei Anleihen, die in Frankreich von einer Gesellschaft mit Sitz in Frankreich ausgegeben werden (Art. L. 228-90 CCom), bilden die Inhaber der obligations – als solche werden handelbare Wertpapiere aus derselben Emission bezeichnet, die den Inhabern im Verhältnis ihres Nennwerts die gleichen Rechte einräumen (Art. L. 228-38 CCom) – gemäß Art. L. 228-46 Abs.  1 CCom kraft Gesetzes eine masse des obligataires. Bei dieser handelt es sich um eine rechtsfähige, gesellschaftsähnliche Verbindung.351 Dem deutschen Recht ist eine vergleichbare, d. h. unabhängig vom Willen der Inhaber entstehende, gesellschaftsrechtliche Verbindung auch unter Geltung des SchVG fremd. Das SchVG enthält zwar ähnlich den Art. L. 228-46 bis L. 228-90 CCom Regelungen über die Einberufung, Durchführung und Beschlussfassung der Gläubigerversammlung (assemblée générale des obligataires) 352 und sorgt damit – wie zuvor das SchVG 1899 – für eine Mindestorganisation der Anleihegläubiger untereinander. Die hiermit einhergehenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Gläubigern 353 sind aber Genußrechte 25; Göhrum Genußrechte 38; ähnlich T. Ernst Genußschein 104: Beteiligung am Grundkapital. 349  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 A. II., B. 350  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. II. 351  Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 240, 251. 352  Zu Einzelheiten Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 251 ff. 353  Hopt WM 1990, 1733 zum SchVG 1899.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

– im Unterschied zum CCom – weder gesellschaftsrechtlicher Natur noch einer Gesellschaft ähnlich.354 Aufgrund der inhaltsgleichen Forderungsrechte bilden sie lediglich eine bloße Interessengemeinschaft. 2. Möglichkeit der privatautonomen Gesellschaftsgründung Mit dem Ziel, ihre Interessen im Hinblick auf eine Änderung der Anleihebedingungen zu koordinieren, können die Anleihegläubiger im Anwendungsbereich des SchVG – unabhängig davon, ob die Anleihebedingungen ein Opt-In i. S. d. §  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG vorsehen – privatautonom keine gesellschaftsrechtliche oder gesellschaftsähnliche Verbindungen miteinander begründen.355 Entsprechende Vereinbarungen wären mit §  4 Satz 1 SchVG unvereinbar. a) Société des obligataires im französischen Recht In Frankreich war es vor der Einführung der masse des obligataires durch den Erlass des décret-loi unifiant le droit en matière de chèques et relatif aux cartes de paiement vom 30.10.1935 üblich, dass die Gläubiger derselben Anleihe sich in einer association oder société vertraglich zusammenschlossen.356 Das praktische Bedürfnis für eine solche société des obligataires hat sich mit der Einführung der masse des obligataires verringert. Soweit die Anleihegläubiger nach den Art. L. 228-46 bis L. 228-90 CCom kraft Gesetzes gesellschaftsrechtlich verbunden sind, besteht für den Emittenten kein Anlass mehr, die Gründung einer privatautonomen Vereinigung zu initiieren. Ein Bedürfnis für die Gründung einer société des obligataires sehen die Emittenten daher nur noch in Konstellationen, in denen aufgrund des räumlich beschränkten Anwendungsbereichs (Art. L. 228-90 CCom) keine masse des obligataires kraft Gesetzes entsteht.357 Dies sind insbesondere die Fälle, in denen französische Gesellschaften sich ausländischer Tochtergesellschaften bedienen, um Anleihen innerhalb Frankreichs zu emittieren. Aufgrund der Tatsache, dass der räumliche Anwendungsbereich der masse des obligataires in Ansehung der praktischen Schwierigkeiten bei Auslandsemissionen bewusst auf Inlandsanleihen französischer Emittenten beschränkt wurde, finden die Art. L. 228-46 bis L. 228-89 CCom auf solche An354  Bialluch Anleiheschuldverhältnis 111 f.; Grünewald Mehrheitsherrschaft 221 f.; Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  153; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 34; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  4 Rn.  6 ; a. A. Liebenow Anleiheorganisationsrecht 267 ff.; Schön JZ 1993, 925, 929: Innengesellschaft. Unklar Kersten, Hypothekarische Sicherung, 86 („zu einer Rechtsgemeinschaft verbunden“) zum SchVG 1899. 355 Abweichend Ebeling Beteiligungsfinanzierung 337; Sethe AG 1993, 351, 355 jeweils unter Geltung des SchVG 1899. 356  N. Horn Anleihen 423; Hureau in Vuillermet, Droit des société commerciales, 270. 357  N. Horn Anleihen 424 zur Rechtslage unter Geltung der Art.  293–339 Loi No.  66-537 sur les sociétés commerciales.

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leihen weder direkte noch entsprechende Anwendung.358 Stattdessen erfolgt die Koordination der Anleihegläubiger mit Hilfe einer privatautonom gegründeten société des obligataires. Diese ist eine société civile nach den Vorschriften des CCiv und als solche eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.359 aa) Gesellschaftsvertrag Wie jede société civile setzt auch die Errichtung einer société des obligataires den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraus.360 Dieser wird von dem Emittenten vor der Emission der Anleihe entworfen, in einer notariellen Urkunde fixiert und den potentiellen Gläubigern in der Regel durch den Abdruck in dem Prospekt bekanntgegeben.361 Hinsichtlich der Errichtung bestimmt der vorformulierte Gesellschaftsvertrag, dass die société des obligataires mit der Emission der Anleihe ins Leben tritt und die Gläubiger ihr mit dem Ersterwerb der Teilschuldverschreibung beitreten (contrat d’ adhésion).362 Die Anonymität unter den Gläubigern steht dem Vertragsschluss nicht entgegen. bb) Gemeinsamer Zweck Wie in Deutschland setzt auch die Gründung einer société civile in Frankreich nach Art.  1832 Abs.  1 CCiv die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks voraus. Hierfür genügt es, die Koordination der Gläubigerinteressen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern und dadurch eine einheitliche und gemeinsame Ausübung der Gläubigerrechte sicherzustellen.363 Im Innenverhältnis wird dieses Ziel dadurch umgesetzt, dass die Anleihegläubiger sich in dem Gesellschaftsvertrag u. a. a priori den Beschlüssen der Gläubigerversammlung unterwerfen.364 Zur Umsetzung der gefassten Beschlüsse wird die rechtsfähige société civile in den Anleihebedingungen ermächtigt, im Außenverhältnis gegenüber dem Emittenten als gemeinsamer Vertreter (représentant) sämtlicher Anleihegläubiger aufzutreten.365 Inhaber der Rechte bleiben die Gläubiger.366 Sie können über ihre 358 

Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 241. N. Horn Anleihen 427. Zur Rechtspersönlichkeit der société civile siehe Chatard/ Trinks in Fleischer Personengesellschaften §  4 Rn.  9 ff. 360  Für die société civile ergibt sich dies aus Art.  1832 Abs.  1 CCiv. 361  N. Horn Anleihen 424. 362  N. Horn Anleihen 424, 429; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 241. 363  N. Horn Anleihen 425; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 240. Ebenso für vergleichbare Gestaltungen unter deutschem Recht N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 48, 49. 364  N. Horn Anleihen 424. 365  N. Horn Anleihen 425, 428. Trotz der Stellung als gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger handelt die société civile im Außenverhältnis gegenüber dem Emittenten im eigenen Namen. Gleichwohl besteht kein Zweifel daran, dass die von ihr abgegebenen Willenserklärungen für und gegen sämtliche Anleihegläubiger wirken sollen. Begründet wird dies damit, dass die Anleihegläubiger auf den Einwand fehlender Offenkundigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen oder stillschweigend verzichtet haben, siehe N. Horn Anleihen 428 f. 366  N. Horn Anleihen 428. 359 

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obligation uneingeschränkt verfügen und sind berechtigt, die regelmäßigen Zins- und Tilgungszahlungen in Empfang zu nehmen.367 b) Möglichkeit vergleichbarer Gestaltungen im deutschen Recht In dem Anwendungsbereich des SchVG steht vergleichbaren Gestaltungen §  4 Satz 1 SchVG entgegen.368 Darüber hinaus hätte der Abschluss eines Ge­ sellschaftsvertrags unter den Anleihegläubigern – dessen Wirksamkeit unterstellt – nicht zur Folge, dass die Anleihebedingungen nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen wären. aa) Kerngehalt der gesellschaftsrechtlichen Regelungen Eine dem französischen Recht vergleichbare Gestaltung würde im deutschen Recht mindestens folgende Regelungen voraussetzen: Mit dem Erwerb der Teilschuldverschreibungen müssten alle Anleihegläubiger – aufgrund einer entsprechenden Bestimmung in den Anleihebedingungen oder konkludent – der Begründung gesellschaftsrechtlicher Verbindungen zu den übrigen Gläubigern zustimmen. Zugleich müssten sie einen Stellvertreter benennen und ihn bevollmächtigen, im Namen jedes einzelnen Anleihegläubigers gegenüber dem Emittenten zu handeln. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung hätten die Anleihegläubiger durch Mehrheitsbeschluss darüber zu entscheiden, ob eine Änderung der Anleihebedingungen erfolgen soll. Die Umsetzung dieses Beschlusses müsste dergestalt erfolgen, dass der Stellvertreter gleichlautende Verträge im Namen sämtlicher Anleihegläubiger mit dem Emittenten schließt. Erst dadurch würde erreicht, dass eine Änderung der Anleihebedingungen auch gegenüber denjenigen Anleihegläubigern einträte, die der Änderung nicht zustimmen oder an der Beschlussfassung nicht teilnehmen. bb) Innengesellschaft der Treugeber einer Publikumsgesellschaft Die Annahme, die Inhaber der Schuldverschreibungen könnten eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, legt insbesondere die Rechtsprechung des BGH zum Recht der Treugeber einer Publikumsgesellschaft nahe, Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen.369 Das Auskunftsrecht der Treugeber, die sich in dem konkreten Fall lediglich mittelbar über eine Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt hatten, folge aus §  716 Abs.  1 BGB sowie aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem.370 Zu der Annahme einer Anleger­ 367 

N. Horn Anleihen 425. A. A. N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 48 f. 369  BGH NJW 2011, 921 ff. 370  BGH NJW 2011, 921 Rn.  11. 368 

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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innengesellschaft gelangte der II. Zivilsenat mit folgender Begründung: Die Treugeber verfolgten einen gemeinsamen Zweck. Dieser bestehe in der Wahrnehmung der der Anlegerversammlung im Treuhand- und Verwaltungsvertrag eingeräumten Rechte, die über die Rechte des einzelnen Anlegers unmittelbar gegenüber der Treuhänderin hinausgingen und sich von den Rechten der Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft unterscheiden.371 Zur Verwirklichung dieses Zwecks hätten die Anleger Beitragspflichten übernommen. Hierfür genüge die sich aus dem Halten der Beteiligung ergebende allgemeine Verpflichtung, den gemeinsamen Zweck zu fördern.372 Darüber hinausgehende besondere Förder- oder Verwaltungspflichten seien für die Errichtung einer Anlegerinnengesellschaft nicht erforderlich. Ihre rechtliche Grundlage finde die Beitragspflicht in dem Gesellschaftsvertrag. Dieser sei mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung stillschweigend zustande gekommen. Ein Bewusstsein der Anleger, durch die Abgabe der Beitrittserklärung auch einer Innengesellschaft der Treugeber beizutreten, sei nicht erforderlich.373 cc) Rechtsbindungswille Die Ausführungen des BGH zu der Innengesellschaft der Treugeber einer Publikumsgesellschaft dürfen weder ohne Weiteres verallgemeinert noch auf das Verhältnis der Anleihegläubiger übertragen werden. Ursächlich hierfür ist, dass die nur mittelbar über einen Treuhandkommanditisten an einer Publikums-KG beteiligten Anleger grundsätzlich nicht gesellschaftsvertraglich miteinander verbunden sind.374 Daher betont der II. Zivilsenat zu Recht, dass eine Innengesellschaft nur ausnahmsweise angenommen werden kann, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung im Innenverhältnis besteht.375 In dem vom BGH entschiedenen Fall enthielt der Treuhandvertrag aber in §  2 die ausdrückliche Bestimmung, dass durch den Vertrag nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen der Treuhänderin und dem Treugeber, sondern auch das Rechtsverhältnis „zwischen den Treugebern untereinander“ geregelt werden sollte.376 Auf diese Besonderheit 377 stützte der Senat die Annahme, dass die Wirkung des Treuhand­ vertrags sich nicht in der Regelung des Treueverhältnisses zwischen dem jeweiligen Anleger und der Treuhandkommanditistin erschöpfe, sondern auch ver371 

BGH NJW 2011, 921 Rn.  13. NJW 2011, 921 Rn.  15; MüKoBGB/C. Schäfer §  706 Rn.  17; K. Schmidt GesR §  59 II 4 = 1736. Kritisch Priester ZIP 2011, 697, 700: „unglücklich“. 373  BGH NJW 2011, 921 Rn.  15. 374  Altmeppen NZG 2010, 1321, 1326. 375  BGH NJW 2011, 921 Rn.  11. Im Ergebnis ebenso MüKoHGB/K. Schmidt Vor §  230 Rn.  79 („planmäßig organisierte Verbindung“); zustimmend Priester ZIP 2011, 697, 700. 376  BGH NJW 2011, 921. 377  Auch das OLG München ZIP 2011, 1204, 1205 weist darauf hin, dass diese Gestaltung eine Besonderheit des Einzelfalls sei. 372  BGH

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tragliche Beziehungen der Anleger untereinander begründe.378 Anleihebedingungen enthalten – soweit ersichtlich 379 – keine vergleichbare Bestimmung. Zwar kann eine Innengesellschaft grundsätzlich auch stillschweigend eingegangen werden.380 Diese Art des Vertragsschlusses begegnet aber bei dem (Zweit-) Erwerb von Teilschuldverschreibungen jedenfalls dann erheblichen Zweifeln, wenn die Anleihebedingungen – wie inzwischen üblich 381 – die Anwendung der §§  5 –22 SchVG vorsehen. In diesen Fällen besteht zwischen den Anleihegläubigern bereits eine gesetzliche Regelung zur Koordination ihrer Interessen im Hinblick auf eine mögliche Änderung der Anleihebedingungen. Da sie mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags keinen darüberhinausgehenden Zweck verfolgen, liegt es nahe, den erforderlichen Rechtsbindungswillen zu verneinen.382 dd) Ausschluss alternativer Gläubigerkoordinationen durch §  4 Satz 1 SchVG Enthalten die Anleihebedingungen kein Opt-In nach §  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG, wäre eine Vereinbarung zwischen den Anleihegläubigern über die Errichtung einer Innengesellschaft – gleichgültig, ob sie ausdrücklich in den Anleihebedingungen vorgesehen ist oder stillschweigend getroffen wird – mit §  4 Satz 1 SchVG unvereinbar und nach §  134 BGB nichtig. (1) Regelungsgehalt des §  4 Satz 1 SchVG Nach §  4 Satz 1 SchVG können die Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe durch Rechtsgeschäft nur durch gleichlautenden Vertrag mit sämtlichen Gläubigern oder nach Maßgabe der §§  5 –22 SchVG geändert werden. Die zweite Alternative, die in §  4 Satz 1 SchVG als sog. kollektive Bindung legaldefiniert wird, steht dem Emittenten – im Unterschied zu dem SchVG 1899, das in seinem sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich ex lege galt – ausweislich §  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG nur offen, wenn die Anleihebedingungen die Anwendung der §§  5 –22 SchVG ausdrücklich vorsehen.383 Die Vorschrift des §  4

378 

BGH NJW 2011, 921 Rn.  13. Eine entsprechende Bestimmung in den Anleihebedingungen wäre wohl überraschend i. S. d. §  305c Abs.  1 BGB. 380  Statt vieler K. Schmidt GesR §  59 I 2 a = 1728; siehe auch Priester ZIP 2011, 697, 700 für die Treugeberinnengesellschaft. 381  Kusserow WM 2013, 1581, 1583. 382 Im Ergebnis auch Grünewald Mehrheitsherrschaft 221 f.; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 372; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  4 Rn.  6. 383 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   5 Rn.   8; Cagalj Restrukturierung 135; FKSchVG/Friedl/Schmidtbleicher §   5 Rn.   9; Veranneman/Oulds SchVG §   4 Rn.   1; Schlitt/ S. Schäfer AG 2009, 477, 486; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  4 ; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  13. 379 

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Satz 1 SchVG ist zwingend,384 d. h. die Aufzählung der Abänderungsmöglichkeiten ist abschließend. Sie kann weder von den Emittenten noch von den Anleihegläubigern im Wege privatautonomer Gestaltung um weitere Systeme zur Koordination der Gläubiger ergänzt werden. (2) Gesellschaft zur Koordination der Gläubigerinteressen Die „Gläubigergesellschaft“ führe bei entsprechender Ausgestaltung385 dazu, dass der Emittent mit einem Stellvertreter aller Anleiheschuldner gleichlautende Verträge zur Abänderung der Anleihebedingungen schließt. Die Wirkung der Änderungsverträge für und gegen alle Anleihegläubiger legt es nahe, diese Gestaltung als Unterfall von §  4 Satz 1 Alt.  1 SchVG anzusehen. Dem widerspricht allerdings die dahinterstehende Intention, nämlich sämtliche Anleihegläubiger – insbesondere auch diejenigen, die eine Änderung ablehnen oder an der Beschlussfassung nicht teilnehmen – der mehrheitlich gewollten Änderung der Anleihebedingungen zu unterwerfen. Mit anderen Worten: Die gesellschaftsrechtliche Verbindung der Anleihegläubiger ist ein alternatives System der kollektiven Bindung aller Anleihegläubiger. Eine solche kollektive Bindung sieht das SchVG nur unter Einhaltung der organisationsrechtlichen Vorgaben der §§  5 –22 SchVG vor. Aufgrund der halbzwingenden Natur dieser Vorschriften sind alternative Gestaltungen – hierzu zählen auch gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen zwischen den Anleihegläubigern – mit §  4 Satz 1 SchVG unvereinbar und in Verbindung mit §  134 BGB nichtig. ee) Keine Anwendung der Bereichsausnahme nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB Eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Anleihegläubigern hätte – ihre Wirksamkeit unterstellt – nicht zur Folge, dass die Anleihebedingungen nach §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB entzogen wären.386 Die Bereichsausnahme erstreckt sich nur auf diejenigen Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen, die das Mitgliedschaftsrecht selbst unmittelbar regeln,387 umfasst aber nicht solche Regelungen, die im Außenverhältnis der Gläubiger zu dem Emittenten auf die Änderung der verbrieften Forderungen gerichtet sind.

384  N. Horn BKR 2009, 446, 448; Veranneman/Oulds SchVG §  4 Rn.  1; Preuße/Röh/Dörf­ ler SchVG §  4 Rn.  8. 385  Siehe vorstehend Kap.  1 §  3 A. III. 2. b) aa). 386  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 35. 387  Siehe vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 2.

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B. Begründungsansätze für eine entsprechende Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB Die Aufzählung der Bereichsausnahmen in §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB ist nicht abschließend, sondern Erweiterungen in den engen Grenzen der Rechtsfortbildung grundsätzlich zugänglich (nachfolgend I.). Für Anleihebedingungen ist eine solche ungeschriebene Ausnahme von der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB allerdings nicht begründet.388 Weder sind sie mit den materiellen Bestandteilen der Satzung einer AG vergleichbar (nachfolgend II.) noch lassen die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften das Bedürfnis für die AGBrecht­liche Inhaltskontrolle entfallen (nachfolgend III.). Außerdem erfordert die Erhaltung der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen keine entsprechende Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auf Anleihebedingungen (nachfolgend IV.).

I. Voraussetzungen der Rechtsfortbildung Die Aufzählung der in §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB genannten Bereichs- und Einzel­ ausnahmen ist trotz ihres Ausnahmecharakters nicht abschließender Natur, sondern lässt weitere Ausnahmen für andere Rechtsgebiete und Vertragstypen zu.389 Dieses Normverständnis findet eine Stütze in ErwGr 10 Klausel-RL, wo die Aufzählung mit der Formulierung „insbesondere“ eingeleitet ist. Voraussetzung für eine ungeschriebene Bereichsausnahme in entsprechender Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB ist allerdings, dass auf den jeweiligen Vertragstypus – hier Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen – die gleichen Gesichtspunkte zutreffen, die Anlass für eine normierte Bereichs- oder Einzelausnahme gegeben haben.390

II. Keine ausreichende Vergleichbarkeit mit dem Aktienrecht Entgegen einer vereinzelt gebliebenen Ansicht in der Literatur391 kann die entsprechende Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auf Anleihebedingungen nicht mit der Nähe des Schuldverschreibungsrechts zum Gesellschaftsrecht, insbesondere zum Aktienrecht, begründet werden. 388  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; Assmann WM 2005, 1053, 1057; Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 210 (Wandel- und Optionsanleihen); Kallrath Wertpapierbedingungen 26 (Wandel- und Optionsanleihen sowie Genussscheine); Kühn Barabfindungsklauseln 260; Masuch Anleihebedingungen 58. 389  BGHZ 163, 311, 315 = NJW 2005, 2917; Masuch Anleihebedingungen 59; Sester AcP 209 (2009) 628, 638 f. 390  Masuch Anleihebedingungen 59; Sester AcP 209 (2009) 628, 639. 391 DAI, Stellungnahme zum BSchuWG-RegE – Hier: Änderung des SchVG vom 16.5.2012, 3; Sester AcP 209 (2009) 628, 639.

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1. Vergleichbare Regelungsmethodik im Aktien- und Schuldverschreibungsrecht Das Schuldverschreibungsrecht und das Aktienrecht beruhten auf derselben Regelungsmethodik. Ähnlich dem Aktienrecht, das die Rechte und Pflichten der Aktionäre untereinander sowie gegenüber der Gesellschaft und deren Leitungsorganen ganz überwiegend in zwingenden Vorschriften (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG) festlegt, enthalte das SchVG zwingende Vorschriften, die darauf gerichtet seien, die Willensbildung einer Vielzahl anonymer Gläubiger zu koordinieren.392 Angesichts dieser Vergleichbarkeit sei es geboten, Anleihebedingungen wie Satzungen von Aktiengesellschaften – genauer deren materielle Bestandteile – zu behandeln und in entsprechender Anwendung von §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entziehen.393 2. Differenzierte Betrachtung Mit §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG enthält das Schuldverschreibungsrecht zwar eine auf den ersten Blick mit §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG vergleichbare Regelung. Deren Anwendungsbereich beschränkt sich aber auf die organisationsrechtlichen Bestimmungen der §§  5–21 SchVG. Hinsichtlich des Inhalts der Anleihebedingungen enthält das SchVG nur rudimentäre Vorgaben, die das Bedürfnis nach einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB nicht entfallen lassen. a) Organisationsrechtlicher Gehalt des SchVG Gemäß §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG kann in den Anleihebedingungen von dem Regelungsgehalt der §§  5 –21 SchVG zulasten der Gläubiger nur abgewichen werden, soweit dies im SchVG ausdrücklich vorgesehen ist. Diese Regelung unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG. Zum einen gelangt das halbzwingende Recht der §§  5 –21 SchVG gemäß §  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG nur zur Anwendung, wenn die Anleihebedingungen dies ausdrücklich vorsehen.394 Die Vorschriften enthalten daher nur ein optionales Organisationsrecht.395 Alternativ können die Emittenten bei der Gestaltung der Anleihebedingungen von einer Gläubigerorganisation absehen (sog. Nulloption) oder – mit Ausnahme von Mehrheitsbeschlüssen 396 – ein abweichendes Konzept 392 

Sester AcP 209 (2009) 628, 639. Sester AcP 209 (2009) 628, 641. 394 Im Unterschied dazu sah der SchVG-RefE das Organisationsrecht als zwingendes Recht vor, §§  1, 20 SchVG-RefE. N. Horn BKR 2009, 446, 449 vermutet, dass der Gesetzgeber vor allem deshalb auf ein optionales Organisationsrecht umschwenkte, um den Emittenten strukturierter Anleihen abweichende Gestaltungen zu ermöglichen, insbesondere die sog. Nulloption. 395  N. Horn BKR 2009, 446, 449. 396  Dazu vorstehend Kap.  1 §  3 A. III. 2. b) dd). 393 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(z. B. die Bestellung eines Treuhänders) bestimmen.397 Zum anderen ist der halbzwingende Charakter der §§  5 –21 SchVG auf die Regelungen betreffend die Gläubigerorganisation beschränkt. Die Vorschriften enthalten – wie zuvor das SchVG 1899 – ausschließlich verfahrensrechtliche Bestimmungen für die Entscheidung der Anleihegläubiger über die Änderung der Anleihebedingungen.398 Sie sorgen für eine Mindestorganisation der Anleihegläubiger untereinander und für eine gemeinsame Interessenvertretung durch den Gläubigervertreter nach außen.399 Im Mittelpunkt der organisationsrechtlichen Vorschriften steht die Gläubigerversammlung. Die Bestimmungen über deren Einberufung und Durchführung sowie die Anfechtung und Vollziehung gefasster Beschlüsse sind im Wesentlichen dem Recht der Hauptversammlung einer AG nachgebildet.400 b) Rudimentäre Vorgabe für den Inhalt von Anleihebedingungen Der zwingende Charakter aktienrechtlicher Bestimmungen ist nicht auf die Vorschriften über die Hauptversammlung einschließlich des Vollzugs und der Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse beschränkt. Vielmehr sind sämtliche materiellen Satzungsbestandteile, von denen Abweichungen nicht ausdrücklich zugelassen sind, nicht dispositiv.401 Dazu zählen neben dem Organisationsrecht auch alle Bestimmungen, die das Verhältnis der Gesellschaft zu zukünftigen Mitgliedern regeln.402 Insbesondere die Möglichkeit, neue Aktiengattungen zu erschaffen, unterliegt den Grenzen des §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG.403 Im Unterschied dazu enthält das SchVG außerhalb des Organisationsrechts nur wenige zwingende Regelungen, nämlich die Modifikation des Skripturprinzips in §  2 SchVG und das besondere Transparenzgebot in §  3 SchVG.404 Diese betreffen allerdings nur formelle Umstände, nicht aber den Inhalt der Anleihebedingungen. Hinsichtlich des materiellen Gehalts der Gläubigerrechte, z. B. zu Zahlungsmodalitäten und Kündigungsrechten, enthält das SchVG weder zwingende Vorgaben noch dispositives Recht. Die insoweit noch im SchVÄndG-DiskE enthaltene Regelung über die Grenzen für die Einschränkung der Kündigungs397 

N. Horn BKR 2009, 446, 449.

398 FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher

§  5 Rn.  1; Veranneman/Veranneman Einf Rn.  18; Preuße/H.-G. Vogel Vor SchVG §  5 Rn.  1. 399  Hopt FS Schwark, 2009, 441; siehe auch ders. FS Steindorff, 1990, 340 zum SchVG 1899. 400  BR-Drucks. 180/09, 19; Veranneman/Veranneman Einf Rn.  21; Preuße/H.-G. Vogel Vor SchVG §  5 Rn.  1; abweichend Sester AcP 209 (2009), 628, 639, der das gesamte Aktienrecht als Referenzmodell bezeichnet. 401  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 2. 402  Grunewald FS Semler, 1993, 175, 183; Hüffer/Koch AktG §  23 Rn.  3 ; Spindler/Stilz/ Limmer AktG §  23 Rn.  4 ; MüKoAktG/Pentz §  23 Rn.  40; GroßkommAktG/Röhricht/Schall §  23 Rn.  20; S/L/Seibt AktG §  23 Rn.  5 ; Grigoleit/Vedder AktG §  23 Rn.  4. 403  Statt vieler MüKoAktG/Heider §  11 Rn.  35. 404  N. Horn BKR 2009, 446, 448.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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rechte einzelner Gläubiger (§  795d BGB-DiskE) wurde in die Gesetzesfassung nicht übernommen. Lediglich für den Fall, dass die Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung nach Maßgabe der §§  5 –21 SchVG geändert werden, ist die Willensfreiheit der Anleihegläubiger – aus Gründen des Minderheitenschutzes sowie zur Erhaltung der Fungibilität der Wertpapiere405 – durch das zwingende Gebot der Gleichbehandlung der Gläubiger (§  5 Abs.  2 Satz 2 SchVG406) und das zwingende Verbot, eine Leistungspflicht der Gläubiger zu begründen (§  5 Abs.  1 Satz 3 SchVG407), beschränkt. Diese nur für eine kollek­ tive Änderung der Anleihebedingungen geltenden Einschränkungen lassen das Bedürfnis nach einer Anwendung der §§  305–309 BGB nicht entfallen.

III. Kapitalmarktrechtlicher Lösungsansatz Unter dem Schlagwort kapitalmarktrechtlicher Lösungsansatz408 befürwortet ein Teil der Literatur für Anleihebedingungen eine ungeschriebene Bereichs­ ausnahme von der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB (nachfolgend 1.). Dies vermag in Anbetracht der Schutzzwecke der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht zu überzeugen (nachfolgend 2.). 1. Spezialität der Aufklärungs-, Beratungs- und Prospektvorschriften Der sog. kapitalmarktrechtliche Lösungsansatz besteht darin, dass die Anleihebedingungen auch dann, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der Anleger begründen, wirksam sein sollen. Den in dieser Weise benachteiligten Anlegern soll – als Ausgleich dafür, dass sie die Anwendung unangemessen benachteiligender Klauseln dulden müssen – gegen den Emittenten lediglich ein Schadensersatzanspruch zustehen.409 Hinzu kommen Bereicherungs- und Ersatzansprüche gegen die an dem Erwerb ggf. beteiligten Finanzintermediäre, sofern diese ihre Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt haben.410 Zur Begründung verweisen die Vertreter dieser Ansicht überwiegend darauf, dass die im Bank- und Kapitalmarktrecht bestehenden Aufklärungs-, Beratungsund Prospektvorschriften die für die Emission und den Erwerb von Schuldverschreibungen primär einschlägigen Rechtsmaterien und daher gegenüber dem allgemeinen Verbraucherschutzrecht spezieller seien.411 Diese Spezialität der 405 

N. Horn BKR 2009, 446, 448. Zuvor bereits in §  12 SchVG 1899. 407  Zuvor bereits in §  1 Abs.  3 SchVG 1899. 408  Terminologie nach Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1608. 409  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1608. De lege ferenda ähnlich Leber Obligationäre 88: Schutz der Anleger soll ausschließlich über umfangreihe Informationen sichergestellt werden. 410  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1613. 411  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1612; siehe auch Sester AcP 209 (2009), 628, 643: 406 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

vorgenannten Vorschriften wird zum einen daraus abgeleitet, dass der Reformgesetzgeber die Aufhebung der §§  795, 808a BGB a. F. – ohne die AGB-recht­ liche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen zu erwähnen – u. a. damit begründet hat, dass die im Bank-, Börsen- und Bilanzrecht bestehenden Aufklärungs- und Transparenzvorschriften die Anleger effektiver als bisher schützten.412 Zum anderen wird behauptet, dass die Publizitäts- und Prospektvorschriften das Informationsgefälle zwischen den Anbietern von Finanzinstrumenten und den Anlegern beseitigen oder zumindest derart verringern, dass kein Bedürfnis für eine kumulative Anwendung der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB bestehe.413 2. Bedürfnis für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle trotz bestehender Publizitätspflichten Die für den kapitalmarktrechtlichen Lösungsansatz vorgebrachten Argumente vermögen eine ungeschriebene Bereichsausnahme nicht zu begründen.414 Die im Bank- und Kapitalmarktrecht bestehenden Publizitätspflichten lassen das Bedürfnis nach der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB nicht entfallen, insbesondere erfüllen sie deren Schutzzwecke nicht. a) Bewertung der Gesetzesmaterialien Die Aufhebung der §§  795, 808a BGB a. F. begründeten die Verfasser des RegE damit, dass die Aufklärungs- und Transparenzvorschriften im Bank-, Börsenund Bilanzrecht zum Schutz der Anleger besser geeignet seien als das bisherige Der Verbraucher-RL-E finde nur subsidiär Anwendung auf Verbraucherverträge im Finanz­ sektor. Ähnlich Assmann WM 2005, 1053, 1066; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127: Die In­ haltskontrolle der Anleihebedingungen sei aufgrund kapitalmarktrechtlicher Vorschriften überflüssig; diese gewährleisteten einen hinreichenden Anlegerschutz. In diese Richtung tendierend Lehmann Finanzinstrumente 358: Anlegerschutz mit aufsichts- und haftungsrechtlichen Mitteln, Inhaltskontrolle nur auf Grundlage von §  242 BGB. Im Ergebnis ebenso Sester ZBB 2006, 443, 449: Der probate Regulierungsansatz sei nicht die Inhaltskontrolle, sondern die Kontrolle der Produkttransparanz via Kapitalmarktrecht. Ähnlich der AK SchVR ZIP 2014, 845, 852, der den erforderlichen Anlegerschutz durch die bilanz- und kapitalmarktrechtlichen Transparenz- und Publizitätsvorschriften als gewährleistet ansieht, daneben aber de lege ferenda eine modifizierte Inhaltskontrolle unter Ausschluss der §§  305–310 BGB zulassen will. 412  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 4. 413  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1613; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 44; Spindler AG 1998, 53, 71. Bergfort Die Bank 2006, 24, 26 stützt das Argument zusätzlich auf die im Bank- und Kapitalmarktrecht begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten. Die aus einer Verletzung dieser Pflichten resultierenden Ersatzansprüche richteten sich nicht gegen den Emittenten, sondern gegen die eingesetzten Finanzintermediäre. 414  Kühn Barabfindungsklauseln 260 ff. Im Ergebnis ebenso Sethe WM 2012, 577, 579: Zwischen dem Verbraucherschutz und dem Anlegerschutz bestehe kein verdrängendes Spe­ zia­litätsverhältnis.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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behördliche Genehmigungsverfahren.415 Eine Abkehr von der Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen am Maßstab der §§  307 ff. BGB ist dieser Aussage – entgegen den Vertretern des sog. kapitalmarktrechtlichen Lösungsansatzes – jedoch nicht zu entnehmen. Zum einen lässt die Entwurfsbegründung die AGBrecht­liche Inhaltskontrolle – sie war bereits damals unter Geltung des AGBG vorzunehmen – unerwähnt. Zum anderen hätte es aus Gründen der Rechtssicherheit nahe gelegen, eine solch gravierende Änderung – wäre sie beabsichtigt gewesen – nicht nur in der Regierungsbegründung anzudeuten, sondern – wie im SchVÄndG-DiskE geschehen416 – in den Gesetzestext aufzunehmen. Dass dies unterblieb, lässt darauf schließen, dass eine solche Änderung nicht beabsichtigt war. b) Nur Schutz vor „unseriösen“ Emissionen Nach der Einschätzung des Reformgesetzgebers waren die Aufklärungs- und Transparenzvorschriften lediglich besser geeignet, die Anleger „vor unseriösen Emissionen“417 zu schützen als das bisherige Genehmigungsverfahren. Als Alternative zu den präventiven Emissionsverboten mit Genehmigungsvorbehalt (§§  795, 808a BGB a. F.) sollen sie die Anleger nicht umfassend, sondern nur – wenngleich besser – vor den Gefahren schützen, die zuvor durch das Genehmigungsverfahren abgewehrt werden sollten. aa) Bonitätsprüfung der Emittenten im Genehmigungsverfahren Das primäre Ziel der Genehmigungsvorbehalte bestand in der Gewährleistung der „Verkehrssicherheit auf dem Kapitalmarkt“418 . In der Regierungsbegründung wird dieser Zweck zwar nicht präzisiert. Die Materialien enthalten aber eine klarstellende Bezugnahme auf die Motive zum BGB, wonach der damals in §  701 BGB-E verortete Genehmigungsvorbehalt dem „Schutz des Publikums gegen Ausbeutung durch schwindelhafte Unternehmungen“419 dienen sollte. Dies lässt erkennen, dass die „Verkehrssicherheit auf dem Kapitalmarkt“420 nicht um ihrer selbst willen, sondern im Interesse der Anleger gewährleistet werden sollte.421 Kernstück des Genehmigungsverfahrens war demnach eine Bonitätsprüfung der Antragsteller. Konkret wurde prognostiziert, ob der Emittent im Zeitpunkt der Fälligkeit seiner Verpflichtungen finanziell in der Lage sein werde, die Zahlungsansprüche zu erfüllen. Hierbei wurden die An415 

BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 4. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  1 §  3 D. I. 1. 417  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 4. 418  BT-Drucks. 2/272, 4 zu Art.  1. 419  Mot. II 718 zu §  701 BGB-E. 420  BT-Drucks. 2/272, 4 zu Art.  1. 421  Schwark Anlegerschutz 244. 416 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

tragsteller klassifiziert und anschließend unterschiedlich intensiven Prüfungsverfahren unterworfen.422 (1) Körperschaften des öffentlichen Rechts und Kreditinstitute Die weit überwiegende Anzahl der Anträge auf Erteilung von Emissionsgenehmigungen wurde von Personen gestellt, die den Kapitalmarkt regelmäßig in Anspruch nahmen (sog. Daueremittenten).423 Zu dieser Gruppe gehörten insbesondere inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts, inländische Sparkassen und andere inländische Kreditinstitute. Die von ihnen beantragten Emissionsgenehmigungen wurden routinemäßig erteilt.424 Ursächlich hierfür war, dass die Bonität der öffentlich-rechtlichen Körperschaften aufgrund der damals noch bestehenden Anstaltslast425 nicht bezweifelt wurde. Die Gleichbehandlung inländischer Kreditinstitute beruhte darauf, dass sie seit dem Inkrafttreten des KWG mit Wirkung vom 1.1.1962 dessen besonderen Eigenkapitalbestimmungen sowie der kontinuierlichen Aufsicht unterlagen.426 Danach hatte das BAKred – ein Vorgänger der BaFin – auf Grundlage von §  46 Abs.  1 Satz 1 KWG a. F. nicht nur in den in §  35 Abs.  2 Nr.  4 Hs.  2 KWG a. F. genannten Konstellationen, nämlich bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Eigenkapitals oder von jeweils mehr als zehn Prozent des Eigenkapitals in mindestens drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren, sondern bereits dann einstweilige Maßnahmen zum Schutz der Gläubiger zu treffen, wenn die liquiden Mittel nicht ausreichten, um die fälligen oder alsbald fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.427 Solange die Aufsichtsbehörde nicht tätig wurde, sah auch das für die Erteilung der Emissionsgenehmigung zuständige Bundesministerium keinen Anlass, an der Bonität des antragstellenden Kreditinstituts zu zweifeln, weshalb es eine eigene Bonitätsprüfung unterließ.428

422  Die Klassifizierung implizierte nicht, dass andere Antragsteller per se eine schlechtere Bonität als die sog. Daueremittenten aufwiesen, von Rosen ZfgK 1975, 180; a. A. Kundiß ZfgK 1988, 1023, 1024: Die Segmentierung in Schuldner „erster und zweiter Güte“ sei durch nichts zu rechtfertigen. Die Durchführung einer Bonitätsprüfung im Genehmigungsverfahren verneinen Ebenroth/Daum WM 1992, Sonderbeilage Nr.  5, 4. Zu den aus der Klassifizierung resultierenden Verfahrensunterschieden siehe H. Schubert Staatseinfluss 282. 423  H. W. Schmidt ZfgK 1988, 782, 784. 424  Elle Industrieobligationen 48; H. W. Schmidt ZfgK 1988, 782, 784. 425  Zu der Aufgabe der Anstaltslast vorstehend Einleitung §  1 D. II. 2. b) aa). 426  von Rosen ZfgK 1975, 180; a. A. Kundiß ZfgK 1988, 1023, 1024, nach dessen Auffassung die Klassifizierung durch nichts zu rechtfertigen sei. 427  Bähre/Schneider KWG §  46 Anm.  2. 428 Aufgrund der Bonitätsprüfung im Rahmen der Bankenaufsicht wurde in dem nach 1972 federführenden BMF bereits in den Jahren 1983/1984 die Möglichkeit erörtert, die Genehmigungsvorbehalte zumindest für Bankschuldverschreibungen ersatzlos zu streichen, siehe H. W. Schmidt ZfgK 1988, 782, 784. Eine entsprechende Gesetzgebungsinitiative unterblieb jedoch.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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(2) Industrieunternehmen Die zweite – allerdings deutlich kleinere – Gruppe bildeten Industrieunternehmen,429 die keiner dem KWG vergleichbaren kontinuierlichen Aufsicht unterliegen. Für sie galt der Verwaltungsgrundsatz, dass die beantragte Emissionsgenehmigung grundsätzlich zu erteilen war, wenn der Antragsteller nachweisen konnte, dass er über ein Eigenkapital von mindestens acht Millionen DM verfügte und die Gesamtheit der von ihm (bereits) ausgegebenen festverzinslichen Wertpapiere den Betrag von 150 Prozent der haftenden Eigenmittel nicht überstieg.430 bb) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen unter Geltung der präventiven Emissionsverbote Eine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen fand in dem behördlichen Genehmigungsverfahren nicht statt. (1) Wille des Gesetzgebers Die Verfasser des BGB hatten sich von dem präventiven Emissionsverbot für Inhaberschuldverschreibungen (§  795 BGB a. F.) die Möglichkeit versprochen, in dem Genehmigungsverfahren auf die inhaltliche Gestaltung der Anleihebedingungen einwirken zu können.431 Die zuständige Behörde sollte, wenn die Anleihebedingungen eine als unangemessen empfundene Benachteiligung der Anleger enthielten und der Antragsteller zu einer inhaltlichen Änderung nicht bereit war, die Ablehnung des Antrags androhen oder den Antrag sogar ablehnen. Von diesem Regelungszweck hat der Reformgesetzgeber sich in der Neufassung des §  795 BGB a. F.432 und der Erstreckung des Emissionsverbots auf Orderschuldverschreibungen (§  808a BGB a. F.) 433 im Jahr 1954 nicht distanziert. Ursächlich hierfür war wohl auch, dass die Entwicklung der Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen damals noch in den Kinderschuhen steckte. Erst in einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 1956 be-

429 Die Emissionsvolumina der Industrieunternehmen sind im Vergleich zu denen der Kreditinstitute zu vernachlässigen. Im Jahr 1988 gaben die Industrieunternehmen Schuldverschreibungen mit einem Gesamtvolumen von 2,4 Mrd. DM aus, während die Kreditinstitute solche Papiere im Nominalwert von 719,9 Mrd. DM am inländischen Rentenmarkt emittierten. Statistische Daten nach BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 5. 430  Herbst/Lang Sparkassenobligationen 33; von Rosen ZfgK 1975, 180. 431  Mot. II 719 zu §  701 BGB-E. 432  Siehe §  1 Gesetz über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen v. 26.6.1954 (BGBl. I 147). 433  Siehe §  2 Gesetz über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen v. 26.6.1954 (BGBl. I 147).

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

kannte der BGH sich zu einer offenen Inhaltskontrolle auch außerhalb von Monopolen und monopolähnlichen Stellungen.434 (2) Genehmigungspraxis In der Genehmigungspraxis spielte die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen – entgegen dem Willen des Gesetzgebers – keine Rolle. Ursächlich hierfür war, dass in dem bei der Aufhebung der §§  795, 808a BGB a. F. zuständigen BMF nur zwei Beamte des gehobenen Dienstes mit der Bearbeitung der Emissionsanträge befasst waren.435 Diese unzureichende personelle Ausstattung wirkte sich auf den Inhalt der Emissionsgenehmigungen aus. Insbesondere bei den sog. Daueremittenten ging die Verwaltung dazu über, die Emissionsgenehmigungen in Form von Dauerverwaltungsakten zu erteilen. Diese waren – abweichend von der Vorstellung des historischen Gesetzgebers – nicht auf eine konkrete einzelne Schuldverschreibung bezogen, sondern erlaubten den Antragstellern in der Regel für die Dauer eines Jahres eine unbestimmte Anzahl einzelner Emissionsvorgänge.436 Eine Folge dieses Genehmigungsinhalts war, dass die Anleihebedingungen der einzelnen Schuldverschreibungen weder von den Antragstellern in dem Genehmigungsverfahren vorgelegt noch von dem BMF auf ihre inhaltliche Angemessenheit geprüft wurden. cc) Keine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen im Prospektbilligungsoder Börsenzulassungsverfahren Die Bonitätsprüfung der Emittenten in den Genehmigungsverfahren und die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen durch die Gerichte dienten der Abwehr unterschiedlicher Gefahren. Erstere war darauf gerichtet, die Anleger vor einem Zahlungsausfall der Emittenten, letztere sie vor einer unangemessen benachteiligenden Gestaltung der Anleihebedingungen zu schützen. Als funktionales Äquivalent zu dem Genehmigungsverfahren gewährleisten die Aufklärungs- und Transparenzvorschriften gleichfalls nur Schutz vor vorhersehbaren Zahlungsausfällen der Emittenten. Den Schutz der Anleger vor einer unangemessenen Gestaltung der Anleihebedingungen gewährleistet ausschließlich die den Gerichten überantwortete AGB-rechtliche Inhaltskontrolle. Weder im prospektrechtlichen Billigungsverfahren noch bei

434  BGHZ 22, 90, 97 ff. = NJW 1957, 17; a. A. noch RGZ 115, 218, 220; RGZ 113, 427, 430; RGZ 106, 386, 387; RGZ 103, 82, 83; RGZ 99, 107, 109; RGZ 62, 264, 266. Zu der Entwicklung der Inhaltskontrolle siehe WLP/Pfeiffer Einl Rn.  6 ; UBH/P. Ulmer/Habersack Einl Rn.  11; ausführlich Hellwege AGB 287 ff. 435  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 6. 436  H.-G. Vogel Anleihegläubiger 289. Eine Verlängerung der Genehmigung war möglich, a. a. O.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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der Börsenzulassung findet eine inhaltliche Überprüfung der Anleihebedingungen statt.437 (1) Prüfungsumfang bei der Billigung des Wertpapierprospekts Als Wertpapiere i. S. v. Art.  2 Buchst. a Prospekt-VO i. V. m. Art.  44 Abs.  1 Nr.  44 Buchst. b MiFID II dürfen Schuldverschreibungen gemäß Art.  3 Abs.  1 bzw. Abs.  3 Prospekt-VO – vorbehaltlich einer Ausnahme nach Art.  1 Abs.  4 oder 5 Prospekt-VO oder §  3 WpPG – erst nach der Veröffentlichung eines gemäß Art.  20 Abs.  1 Prospekt-VO gebilligten Prospekts öffentlich angeboten oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden. Die der Billigung vorausgehende Prüfung durch die zuständige Behörde ist jedoch gemäß Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO auf die Standards bezüglich Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz des Prospektentwurfs beschränkt. Eine Prüfung, ob die Anleihebedingungen mit dem materiellen Recht, insbesondere den §§  307 ff. BGB vereinbar sind, findet nicht statt. (2) Prüfungsumfang bei der Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt Sollen Wertpapiere am regulierten Markt einer Börse gehandelt werden, bedarf es grundsätzlich438 deren Zulassung. Unter Geltung des §  36 Abs.  3 Buchst. c bzw. Nr.  3 BörsG a. F. hatte die Zulassungsstelle (§  36 Abs.  1 BörsG a. F.) die Pflicht, solche Emissionen nicht zuzulassen, durch die erhebliche allgemeine Interessen geschädigt werden oder die offenbar zu einer Übervorteilung des Publikums führen. Dieser Aufgabe entnahm die überwiegende Ansicht eine materielle Prüfungspflicht der Zulassungsstelle.439 Diese umfasste insbesondere anlegerschützende Vorschriften,440 einschließlich der Vereinbarkeit der Anleihebedingungen mit dem AGBG.441 Mit Wirkung vom 1.11.2007 wurde die Zulassungsentscheidung der Geschäftsführung der jeweiligen Börse übertragen, §  32 Abs.  1 BörsG a. F. Bereits zuvor, nämlich durch das 4. FMFG, war die Systematik der Versagungsgründe mit Wirkung vom 1.7.2002442 geändert worden. Seither nennt das BörsG selbst keine Umstände mehr, bei deren Vorliegen die 437 

von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 47 mit Fn.  55. Ausnahmsweise kommt eine Einbeziehung nach §  33 BörsG in Betracht. 439  Bürger Genußrechte 271; Thielemann Genußrecht 205; Vollmer ZGR 1983, 445, 457; Ziebe BB 1984, 2210, 2213. 440  van Look in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 36, 47; Vollmer ZGR 1983, 445, 457 f. für anlegerschützende Vorschriften des Aktienrechts in Bezug auf aktienähnliche Genussrechte. 441  Bürger Genußrechte 271; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 67; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 229 unter Hinweis auf §  36 Abs.  3 Buchst. c BörsG a. F.; wohl a. A. Thielemann Genußrecht 205. Ähnlich Kallrath Wertpapierbedingungen 78: Den Zulassungsstellen der Börsen obliege es, den ausreichenden Schutz der Rechte der Anleger in den Bedingungen der Wertpapiere sicherzustellen. 442  Art.  23 Satz 1 4. FMFG. 438 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Zulassung zu verweigern ist. Vielmehr enthält es in §  34 Nr.  1 BörsG (früher §  32 Abs.  1 Nr.  1 BörsG a. F.) die Ermächtigung zu dem Erlass einer Verordnung, welche die Voraussetzungen der Zulassung regeln soll. Nach §  4 Börs­ ZulV, der u. a. die Vorgaben des Art.  53 Koordinierungs-RL in das nationale Recht umsetzen soll,443 hat die Börsengeschäftsführung vor dem Ausspruch der Zulassung zu prüfen, ob die Wertpapiere in Übereinstimmung mit dem für den Emittenten geltenden Recht ausgegeben werden und den für das Wertpapier geltenden Vorschriften entsprechen. Aufgrund der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen, denen die Wertpapiere unterliegen, besteht Einigkeit darüber, dass nur die wertpapierrechtlichen Vorschriften zu prüfen sind, nämlich ob die Wertpapiere rechtswirksam ausgegeben und begeben wurden.444 Eine darüber hinausgehende Prüfung, ob die Anleihebedingungen, die den Inhalt des in dem Wertpapier verbrieften Leistungsversprechens festlegen, mit dem geltenden Recht vereinbar sind, findet nicht statt. c) Funktionales Äquivalent zur Einbeziehungskontrolle Die kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten sind nicht ohne Auswirkung auf die Anwendung der §§  305 ff. BGB. Sie modifizieren allerdings lediglich die besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen. Das Bedürfnis nach der Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen am Maßstab der §§  307 ff. BGB lassen sie hingegen nicht entfallen. aa) Schutzzweck der Einbeziehung nach §  305 Abs.  2 BGB Damit AGB Vertragsbestandteil werden, muss der Verwender der anderen Vertragspartei u. a. nach §  305 Abs.  2 Nr.  2 BGB die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise nicht nur von ihrer Existenz, sondern auch von ihrem Inhalt445 Kenntnis zu nehmen. Hierdurch soll erreicht werden, dass der Verwender seine AGB gegenüber der anderen Vertragspartei offenlegt.446 Er hat grundsätzlich dafür zu sorgen, dass die AGB für die andere Vertragspartei sowohl bei Vertragsschluss als auch danach verfügbar sind.447

443 Schwark/Zimmer/Heidelbach

BörsZulV §  4 Rn.  1. BörsZulV §  4 Rn.  1; ders. KapMarktR BörsZulV §§  1–12 Rn.  8 ; Schwark/ Zimmer/Heidelbach BörsZulV §  4 Rn.  1; Heidel/Schlee BörsZulV §  4 Rn.  1. 445 BGHZ 109, 192, 196 = NJW 1990, 715 zu der VOB/B; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  72; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  54; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  31; WLP/ Pfeiffer BGB §  305 Rn.  84; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  145. 446  BGHZ 163, 311, 318 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG. 447 WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  85; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  148. 444 EBJS/Groß

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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bb) Funktionale Reduktion bei der Einbeziehung von Anleihebedingungen Bei der Einbeziehung von Anleihebedingungen in den Begebungsvertrag ist der Wortlaut von §  305 Abs.  2 Nr.  2 BGB funktional zu reduzieren.448 (1) Individuelle Aushändigung der Anleihebedingungen Im modernen Effektenverkehr erfolgt die Verbriefung von Schuldverschreibungen nahezu ausnahmslos in einer Sammelurkunde unter Ausschluss des Anspruchs auf Ausstellung von Einzelurkunden.449 Die Anleihebedingungen werden in der Regel nicht auf deren Rückseite oder die Vorderseite des Mantels gedruckt, sondern der Sammelurkunde als Anlage beigefügt.450 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Anleihebedingungen regelmäßig mehrere DINA4-Seiten füllen, der Mantel aber nach den Gemeinsamen Grundsätzen der deutschen Wertpapierbörsen für den Druck von Wertpapieren grundsätzlich nur aus einer DIN-A4-Seite bestehen darf (Nr. A. I. 3.), dessen Rückseite nicht bedruckt werden soll (Nr. A. I. 2. Satz 3). Drucktechnisch ließe die Schrift sich zwar derart verkleinern, dass die Anleihebedingungen auf der Vorderseite des Mantels Platz fänden. Dies hätte aber regelmäßig zur Folge, dass die Anleihebedingungen – jedenfalls unter Anwendung von §  305 Abs.  2 Nr.  2 BGB – kein Vertragsbestandteil würden, da sie wegen der Art oder der Größe des Schriftbildes nur mit Mühe zu entziffern wären.451 Um sicherzustellen, dass die in den Anleihebedingungen enthaltenen Einwendungen sich i. S. d. §  796 Fall 2 BGB „aus der Urkunde“ ergeben, werden sie mit einem Stapler mit der Sammelurkunde verbunden und/oder in einer Plastikhülle verschweißt452 und zusammen 448  BGHZ 163, 311, 315 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; OLG München WM 2014, 1131, 1132; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  17; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1126; Graf von Westphalen NJW 2006, 2228, 2229; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 367; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.239; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  59; Sethe WM 2012, 577, 579; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  114; ähnlich (teleologische Reduktion) Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  26; Kühn Barabfindungsklauseln 271; Grunewald/Schlitt/Lockemann KapMarktR §  5 VI 1 a = 106; Masuch Anleihebedingungen 73; im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt AG 2015, 87, 88; Fillmann BB 2005, 1875; ebenfalls zu diesem Ergebnis tendierend Joussen WM 1995, 186, 1867; a. A. BuB/Bosch Rn.  10/166; Dietlein/ Rebmann/Dietlein AGBG §  2 Rn.  12; Eidenmüller Unternehmenssanierung 225; Joussen WM 1995, 1861, 1864; von Randow ZBB 1994, 23, 30; Than FS Heinsius, 1991, 809, 831. Offengelassen von OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, 2492. 449  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. II. 3. 450  Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 7. 451  BGH NJW-RR 1986, 1311; BGH NJW 1983, 2772, 2773 für Konnossementbedingungen. Für AGB siehe BT-Drs. 7/3919, 18 zu §  2 Abs.  1 AGBG-RegE; BRHP/J. Becker BGB §  305 Rn.  46; Dietlein/Rebmann/Dietlein AGBG §  2 Rn.  5 ; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  37; Staudinger/Mäsch, 2019, BGB §  305 Rn.  154; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  88; Jauernig/A. Stadler BGB §  305 Rn.  14; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  150; großzügiger OLG Saarbrücken NJW-RR 2009, 989: Auch Zeilenhöhe von einem Millimeter kann genügen. Für Anleihebedingungen offengelassen von Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 13. 452  Than in Baums/Cahn, Reform SchVR, 3, 14.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

mit der Sammelurkunde zentral verwahrt.453 Diese Form der Verbriefung und Verwahrung hat zur Folge, dass die Emittenten die Anforderungen des §  305 Abs.  2 Nr.  2 BGB nicht durch die Übergabe von Einzelurkunden, auf denen die Anleihebedingungen grundsätzlich454 aufgedruckt sind (§  2 Abs.  1 Satz 1 SchVG), erfüllen können.455 Sie müssten die Anleihebedingungen den Ersterwerbern daher auf andere Weise zur Verfügung stellen, z. B. durch die individuelle Aushändigung oder Übersendung eines Abdrucks.456 (2) Rechtsunsicherheit für Zweiterwerber Das Festhalten an der Einbeziehungsvoraussetzung des §  305 Abs.  2 Nr.  2 BGB begründe erhebliche Rechtsunsicherheit für die Zweiterwerber. Sie könnten nicht erkennen, ob die Einbeziehungsvoraussetzungen gegenüber den Ersterwerbern gewahrt und die Anleihebedingungen Vertragsbestandteil geworden sind.457 Die daraus resultierende Ungewissheit über den Inhalt des erworbenen Rechts verstärke sich dadurch, dass die Einbeziehungsvoraussetzungen je nach Art der Emission divergieren und die Zweiterwerber in der Regel nicht erkennen können, auf welche Weise die Schuldverschreibung ausgegeben wurde.458 Die strengen Anforderungen des §  305 Abs.  2 BGB gelten nur gegenüber Verbrauchern (§  310 Abs.  1 Satz 1 BGB), wären also nur in den seltenen Fällen von Eigenemissionen und Fremdemissionen in Form der unmittelbaren Platzierung anwendbar. Im unternehmerischen Verkehr, d. h. bei der in der Praxis üblichen Fremdemission in Form einer mittelbaren Platzierung, genüge hingegen eine konkludente Einbeziehungsvereinbarung.459

453 Begründung des SchVG-RefE, 24 zu §   2 Abs.  1 Satz 2 SchVG-RefE; Assmann WM 2005, 1053; Hopt FS Schwark, 2009, 441, 452; Than FS Heinsius, 1991, 809, 828, 830. 454  Auf diese Verbriefungs- und Verwahrungspraxis hat der Gesetzgeber mit einer Lockerung des Skripturprinzips in §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG reagiert. Es genügt die Bezugnahme auf außerhalb der Urkunde niedergelegte Anleihebedingungen, insbesondere die Verweisung auf einen bereits veröffentlichten Wertpapierprospekt. 455 BGHZ 163, 311, 315  f. = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  119. Nach Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 652 soll es genügen, dass die Ersterwerber die Anleihebedingungen bei der Bank, welche die Wertpapierurkunde verwahrt, einsehen können. 456 BGHZ 163, 311, 316 = NJW 2005, 2917; Eidenmüller Unternehmenssanierung 225; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 367 jeweils zu §  2 Abs.  1 AGBG. 457  BGHZ 163, 311, 316 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; Masuch Anleihebedingungen 66. 458  BGHZ 163, 311, 316 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; von Randow in Baums/ Cahn, Reform SchVR, 25, 46 unter ausdrücklicher Aufgabe von ZBB 1994, 23, 27 ff. 459  BGH NJW 1985, 1838, 1839; BGH NJW 1978, 2243; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  124; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  170.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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(3) Gefährdung der Fungibilität von Teilschuldverschreibungen derselben Emission Die Anwendung unterschiedlicher Einbeziehungsvoraussetzungen begründe nicht nur erhebliche Rechtsunsicherheit für die Zweiterwerber, sondern widerspräche auch dem Bedürfnis des Kapitalmarktes nach der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen.460 Nur fungible Wertpapiere können sammelverwahrt461 und auf den Kapitalmärkten gehandelt werden.462 Fungibel und somit handelbar sind nur vertretbare Wertpapiere,463 d. h. solche, die sich nicht von anderen Wertpapieren derselben Art unterscheiden.464 Hierzu müssen sie insbesondere dieselben Rechte und Pflichten wie andere Wertpapiere derselben Emission verkörpern.465 Dies ist nur gegeben, wenn die Anleihebedingungen Gegenstand jeder einzelnen Teilschuldverschreibung sind. Würden sie bei einzelnen Teilschuldverschreibungen nicht Vertragsbestandteil – gleichgültig, ob sie nicht ausgehändigt werden oder ihre Einbeziehung aus anderen Gründen fehlschlägt –, entfiele die Handelbarkeit der Wertpapiere am Kapitalmarkt. cc) Zielrichtung der Publizitätspflichten Die bei einer wörtlichen Anwendung von §  305 Abs.  2 BGB in den seltenen Fällen einer Eigen- oder Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung drohenden Gefahren, nämlich die Rechtsunsicherheit der Zweiterwerber über die Einbeziehung der Anleihebedingungen sowie der Verlust der Fungibilität der Schuldverschreibung, vermeidet der BGH zu Recht durch eine funktionale Reduktion der Vorschrift dahingehend, dass eine konkludente Einbeziehungsvereinbarung zwischen dem Emittenten und den Ersterwerbern genügt.466 Zulässig ist diese Rechtsfortbildung nur, weil der Schutzzweck von §  305 Abs.  2 460  BGHZ 163, 311, 317 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; Bungert DZWiR 1996, 185, 193; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 64. 461  Heinsius/Horn/Than DepotG §  5 Rn.  27; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  74; Scherer/Rögner DepotG §  5 Rn.  2 ; ähnlich G. Opitz DepotG §  5 Rn.  3 : vertretbare Sachen. 462 BT-Drucks. 15/4999, 28 zu §   2 WpPG-E; BuB/Bosch Rn.  10/4; KMFS/U. Brandt ­BankR/KapMarktR Rn.   15.28; Schwark/Zimmer/Preuße WpPG §  2 Rn.  5 ; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 64; JVRZ/Ritz/Zeising WpPG §  2 Rn.  34. Daher wird der Begriff Fungibilität auch als Synonym für Umlauffähigkeit, freie Übertragbarkeit und Handelbarkeit verwendet, siehe JVRZ/Ritz/Zeising WpPG §  2 Rn.  35 463 BuB/Bosch Rn.  10/4; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  73; Seitz AG 2005, 678, 680. 464  N. Horn BKR 2009, 446, 448; JVRZ/Ritz/Zeising WpPG §  2 Rn.  35. 465 KMFS/U. Brandt BankR/KapMarktR Rn.  15.28; Claussen ZHR 153 (1989), 216, 230; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  46; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  74; Preuße/Preuße SchVG §  1 Rn.  5, 7; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 64; JVRZ/Ritz/ Zeising WpPG §  2 Rn.  35. 466  BGHZ 163, 311, 315, 318 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG. Zustimmend Fillmann BB 2005, 1875. Unklar SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  119, der wohl davon ausgeht, dass die Einbeziehungskontrolle „verklausuliert“ durch die Transparenzkontrolle nach §  3 SchVG ersetzt wurde.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Nr.  2 BGB, nämlich die Offenbarung der Anleihebedingungen gegenüber den Anlegern, durch die kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten verwirklicht wird.467 Sie sollen gleichfalls sicherstellen, dass die Anleger vor der Zeichnung der Kapitalanlage die Möglichkeit haben, sich über die Anleihebedingungen und andere wertbildende Faktoren (Art.  6 Abs.  1 Prospekt-VO) der in Aussicht genommenen Kapitalanlage zu informieren.468 Eine Richtigkeitsgewähr des Inhalts, dass die Anleihebedingungen keine unangemessene Benachteiligung der Anleger enthalten, begründen die Publizitätspflichten469 hingegen nicht.470 Die durch sie bewirkte Transparenz verwirklicht somit lediglich den Schutzzweck der Einbeziehungskontrolle; 471 vor einer einseitigen Inanspruchnahme der Gestaltungsmacht durch die Emittenten und die Konsorten schützt sie die Anleger nicht.472

IV. Gefährdung der Fungibilität der Wertpapiere Vereinzelt geblieben ist die Ansicht, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen im Rahmen von Individualklagen gefährde die für die Handelbarkeit notwendige Fungibilität der Teilschuldverschreibungen. Erachteten Gerichte einzelne Regelungen für unwirksam, hätte dies grundsätzlich keine Kassation des Finanztitels insgesamt, sondern aufgrund von §  306 Abs.  2 BGB eine auf den Regelungsbereich der Bestimmung begrenzte rechtliche Neudefinition des Leistungsversprechens zur Folge. Diese inhaltliche Änderung sei bei Individualklagen auf die verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschrei467  BGHZ 163, 311, 318 = NJW 2005, 2917 zu §  2 Abs.  1 AGBG; Assmann WM 2005, 1053, 1062, 1066; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 35; Masuch Anleihebedingungen 74; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 45; für Genussscheinbedingungen auch Sethe WM 2012, 577, 579. Ähnlich Fillmann BB 2005, 1875; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.239; jeweils unter Hinweis darauf, dass die Publizitätspflichten die Transparenz gewährleisten. Einschränkend Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 652, nach dessen Ansicht der Hinweis auf den Emissionsprospekt nicht für die Einbeziehung der Anleihebedingungen genügt. Erforderlich sei zusätzlich, dass die Ersterwerber die Anleihebedingungen bei der Bank, welche die Wertpapierurkunde verwahrt, einsehen können. 468  Fillmann BB 2005, 1875; Langenbucher AktKapMarktR §  14 Rn.  1. 469  Der ergänzende Hinweis von Keller BKR 2005, 326, 327, die Anleger seien zusätzlich durch die Beratungs- und Aufklärungspflichten der Hausbank geschützt, trifft nur in den Konstellationen zu, in denen die Anleger einen Beratungsvertrag abschließen. Bei sog. Execution-only-Geschäften kommt kein Beratungsvertrag zustande mit der Folge, dass weder Beratungs- noch Aufklärungspflichten der Banken und Anlageberater bestehen. 470 Zu dem Prüfungsumfang im prospektrechtlichen Billigungsverfahren vorstehend Kap.  1 §  3 B. III. 2. b). 471  Assmann WM 2005, 1053, 1066. 472  A. A. Assmann WM 2005, 1053, 1062: Die Kontrolle der Kapitalanlageprodukte sei aufgrund der bestehenden Informations- und Verhaltenspflichten dem Kapitalmarkt überantwortet. Dagegen Rehbinder AGB 42 f. Ebenfalls abweichend Eidenmüller Unternehmenssanierung 222, der allerdings von einem anderen Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ausgeht. Zu dem Zweck der Inhaltskontrolle nachstehend Kap.  1 §  3 C. II.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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bungen beschränkt; die §§  305 ff. BGB verfügten nicht über verfahrensrechtliche Mittel, das in dem Individualprozess erstrittene Ergebnis auf alle umlaufenden Stücke der Anleihe zu erstrecken.473 Dies habe zur Folge, dass der Inhalt der verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen sich fortan von anderen Stücken derselben Gesamtemission unterscheide. Insbesondere sei nicht ausgeschlossen, dass Gerichte die gleiche Klausel einer anderen Teilschuldverschreibung derselben Gesamtemission in einem anderen Verfahren für wirksam erachten. Daher seien die Individualklagen der Anleger geeignet, die ursprüngliche Einheitlichkeit der Gesamtemission aufzubrechen und die Fungibilität der Papiere aufzuheben.474 Der hierauf gründenden Folgerung, jedenfalls im Rahmen von Individualklagen habe die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen zu unterbleiben,475 ist zu widersprechen.476 Die Fungibilität der Schuldverschreibung wird überhaupt nur in dem Ausnahmefall beeinträchtigt, dass die Feststellung, eine Bestimmung in den Anleihebedingungen sei unwirksam, in Rechtskraft erwächst und – was wohl nur theoretisch möglich ist – feststeht, dass dieser Ausspruch objektiv unrichtig ist (nachfolgend 1.). Einem in dieser Konstellation drohenden Zwangsdelisting kann der Emittent dadurch entgegenwirken, dass er die Gesamtemission in zwei Tranchen aufteilt. Auf diese Weise können sämtliche nicht verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen weiterhin im regulierten Markt an einer Börse gehandelt werden (nachfolgend 2.). 1. Beeinträchtigung der Fungibilität durch die Rechtskrafterstreckung Gerichtliche Entscheidungen, welche die Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen aussprechen, haben keine rechtsgestaltende Wirkung.477 Sie ändern den Inhalt der verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen auch dann nicht, wenn die Feststellung der Unwirksamkeit in Rechtskraft erwächst. Gleichwohl kann es aufgrund der Rechtskrafterstreckung (§  325 Abs.  1 ZPO) dazu kommen, dass die verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen sich dauerhaft von den übrigen Teilschuldverschreibungen aus derselben Gesamtemission unterscheiden.

473 Claussen/Ekkenga

BankR/BörsenR §  7 Rn.  220; ders. ZHR 160 (1996), 59, 68. Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 68; zustimmend Bungert DZWiR 1996, 185, 188; Eidenmüller Unternehmenssanierung 222. 475 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  2 20. 476  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  29 (Fungibilität sei durch die Unwirksamkeit einer Anleihebedingung „nicht berührt“); Kühn Barabfindungsklauseln 263 f. 477  Kalss Anlegerinteressen 131. 474 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

a) Keine materiell-rechtliche Wirkung der Rechtskraft Die Frage, ob einzelne Bestimmungen in Anleihebedingungen unwirksam sind, hatten deutsche Gerichte bislang ausschließlich im Rahmen von Individualklagen zu entscheiden.478 Mit der Begründung, eine Klausel in den Anleihe­ bedingungen sei unwirksam, begehrten die klagenden Schuldverschreibungs­ inhaber regelmäßig die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags.479 In diesen Konstellationen ist die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der jeweiligen Anleihebedingung ein vorgreifliches Rechtsverhältnis, das an der materiellen Rechtskraft – gleichgültig, ob die Klage Erfolg hat oder abgewiesen wird – grundsätzlich nicht teilnimmt.480 Gegenteiliges gilt nur ausnahmsweise, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der maßgeblichen Bestimmung in den Anleihebedingungen Gegenstand einer Feststellungs- oder Zwischenfeststellungsklage ist.481 In diesen Fällen erwächst die gerichtliche Feststellung, die Bestimmung in den Anleihebedingungen sei unwirksam, zwar ausnahmsweise in Rechtskraft. Damit geht aber keine Veränderung des mate­ riellen Rechts einher (sog. prozessuale Rechtskrafttheorie).482 Das Urteil wirkt ausschließlich prozessrechtlich, in dem es die Gerichte im Umfang der Rechtskraft an den Ausspruch des Urteils bindet483 und an jeder neuen Verhandlung, Beweiserhebung und Entscheidung hindert (sog. Ne-bis-in-idem-Lehre).484 b) Auswirkung der Rechtskrafterstreckung Obwohl die rechtskräftige Feststellung, dass eine Bestimmung in den Anleihebedingungen unwirksam ist, keine materiell-rechtliche Wirkung hat, ist sie ge478  Anleihebedingungen von Kapitalmarkttiteln waren, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand eines Verfahrens nach §  1 UKlaG. In diesen Verfahren wäre die BaFin weder antragsberechtigt noch anzuhören, §  8 Abs.  2 UKlaG. 479  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  18 (Vorbehalt der Änderung des Bezugsverhältnisses, Unwirksamkeit nach §  308 Nr.  4 BGB); BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 (Herabsetzung der Ausschüttung aus Genussscheinen, keine Unwirksamkeit nach §  9 AGBG). In der Berufungsinstanz OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1376 wurden überwiegend Feststellungsanträge behandelt. 480  BGHZ 131, 82, 86 = NJW 1996, 57; BGH NJW-RR 2008, 1397 Rn.  19; BGH NJW 2003, 3058, 3059; OLG Zweibrücken NJW-RR 2008, 405; KG NJW 2006, 1677, 1678; MüKo­ ZPO/Gottwald ZPO §  322 Rn.  93; Hager KTS 1993, 39, 40; Musielak/Voit/Musielak ZPO §  322 Rn.  17. 481  Feststellungsfähig sind nicht nur Rechtsverhältnisse, sondern auch einzelne Beziehungen von Rechtsverhältnissen, z. B. die Wirksamkeit einer Klausel in AGB, siehe BGH NJW 2010, 2793 Rn.  19; BAG NZA 1994, 35, 36; Musielak/Voit/Foerste ZPO §  256 Rn.  2. 482 MüKoZPO/Gottwald ZPO §  322 Rn.  9 ; BLHAG/Gehle Vor ZPO §  322 Rn.  7 f.; Musielak/Voit/Musielak ZPO §  322 Rn.  4 ; Zöller/Vollkommer Vor ZPO §  322 Rn.  17. Anders die sog. materiellen Rechtskrafttheorien, dagegen MüKoZPO/Gottwald ZPO §  322 Rn.  7 ff.; ausführlich Gaul FS Flume, Bd.  I, 1978, 443, 520. 483  Statt vieler BAGE 47, 307, 311 = NJW 1985, 3094; BLHAG/Gehle Vor ZPO §  322 Rn.  7. 484  Statt vieler MüKoZPO/Gottwald ZPO §  322 Rn.  9.

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eignet, auf Dauer einen Unterschied zwischen den verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen und den übrigen Teilschuldverschreibungen aus der­selben Gesamtemission zu begründen. Dies gilt allerdings nur in der Ausnahmekonstellation, dass aufgrund besonderer Umstände die objektive Unrichtigkeit der Entscheidung feststeht. aa) Unwirksamkeit kraft Gesetzes bei objektiv richtigen Urteilen Entspricht die Entscheidung, dass eine Bestimmung in den Anleihebedingungen unwirksam ist, der objektiven Rechtslage, ist die Bestimmung kraft Gesetzes unwirksam (§§  307 Abs.  1 Satz 1, 308, 309 BGB) und unabhängig von der gerichtlichen Feststellung kein Vertragsbestandteil.485 Diese ipso iure eintretende Unwirksamkeit ist materiell-rechtlich nicht auf die Anleihebedingungen der verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen begrenzt; sie erfasst zumindest486 alle Teilschuldverschreibungen aus derselben Gesamtemission, weshalb die Fungibilität der Schuldverschreibung durch das Urteil nicht beeinträchtigt ist. bb) Objektiv unrichtige Urteile und Rechtskrafterstreckung Ist die rechtskräftige Feststellung objektiv unrichtig, erlangen der Rechtsinhaber und seiner Rechtsnachfolger (§  325 Abs.  1 ZPO) 487 mit dem Eintritt der Rechtskraft den Vorteil, dass später entscheidende Gerichte an das Präjudiz ge-

485  Wohl nur missverständlich P. Ulmer JZ 2001, 491, 496: Besonderheit des AGB-Rechts sei die Ausübung richterlicher Gestaltungsmacht in Bezug auf den zulässigen Inhalt vorformulierter Verträge. 486  Ob die Unwirksamkeit über die Emission hinaus auch gleichlautende Anleihebedingungen anderer Schuldverschreibungen erfasst, ist insbesondere dann, wenn sich die Unwirksamkeit aus einer unangemessenen Benachteiligung (§  307 Abs.  1 Satz 1 BGB) ergibt, eine Frage des Einzelfalls. 487  Der gutgläubige Erwerb nach §  325 Abs.  2 ZPO kann die Rechtsnachfolger nur vor einer Rechtskrafterstreckung gegen sie bewahren, aber nicht dazu führen, dass sie einer Entscheidung verlustig gehen, die ihre Rechtsvorgänger begünstigt, siehe Stein/Jonas/Althammer ZPO §  325 Rn.  34; MüKoZPO/Gottwald ZPO §  325 Rn.  105; Musielak/Voit/Musielak ZPO §  325 Rn.  26. Anderes gilt für Urteile, welche die Wirksamkeit einzelner Bestimmungen in den Anleihebedingungen rechtskräftig feststellen. Sie wirken aufgrund der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach §  325 Abs.  2 ZPO i. V. m. §  932 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB in der Regel nur gegen die an dem Prozess beteiligten Teilschuldverschreibungsinhaber, nicht aber gegen deren Rechtsnachfolger. Die Vorschrift des §  935 Abs.  2 BGB steht einem gutgläubigen Erwerb von Inhaberpapieren nicht entgegen. Sie ermöglicht lediglich den gutgläubigen Erwerb auch abhanden gekommener Inhaberpapiere (Zöllner WertpapierR §  27 I 5 = 175) und senkt die Anforderungen an den guten Glauben, siehe KMFS/U. Brandt BankR/KapMarktR Rn.  15.49; MüKoBGB/Oechsler §  932 Rn.  64. Mit abweichender Begründung Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 262: §  935 Abs.  1 BGB stehe einem gutgläubigen Erwerb von Inhaber­ papieren nicht entgegen, da bei unkörperlichen Rechten ein Abhandenkommen nicht denkbar sei. Dagegen Pfeiffer/Scherer Handelsgeschäfte-HdB §  15 Rn.  36.

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bunden sind,488 also die Bestimmung in den Anleihebedingungen ebenfalls als unwirksam ansehen müssen. Diese Bindungswirkung besteht nur in den Grenzen der subjektiven Rechtskraft. Die gerichtliche Feststellung wirkt daher nicht zugunsten der Inhaber anderer Teilschuldverschreibungen aus derselben Gesamtemission.489 Klagen sie gegen den Emittenten im Wege einer Leistungsoder Feststellungsklage, sind die Gerichte nicht gehindert, inhaltlich abweichend zu entscheiden, also die Bestimmung in den Anleihebedingungen objektiv richtig als wirksam anzusehen.490 Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft führen somit – objektiv – dazu, dass die verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen sich dauerhaft von den übrigen Teilschuldverschreibungen der­selben Gesamtemission unterscheiden. Als Beispiel mag eine Bestimmung zur Beteiligung der Anleihegläuibiger an den Verlusten des Unternehmens dienen, die den Emittenten berechtigt, die periodischen Ausschüttungen während der Laufzeit der Schuldverschreibung unter bestimmten Voraussetzungen herabzusetzen. Hat ein Gericht objektiv unrichtig, aber rechtskräftig festgestellt, dass die Bestimmung unwirksam ist, müssen der Inhaber der verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen und seine Rechtsnachfolger – im Gegensatz zu den Inhabern der übrigen Teilschuldverschreibungen – nicht mehr mit einer Herabsetzung zukünftiger Ausschüttungen rechnen. Dieser Unterschied lässt die Fungibilität sämtlicher Teilschuldverschreibungen, die zu derselben mit einer ISIN gekennzeichneten Gesamtemission gehören, entfallen. 2. Delisting Die Fungibilität ist eine dem Begriff des Wertpapiers i. S. d. §  32 Abs.  3 BörsG immanente Voraussetzung für den Handel der Schuldverschreibung im regulierten Markt an einer Börse.491 Ihren Fortfall aufgrund der rechtskräftigen, aber objektiv unrichtigen Feststellung werden in der Regel weder der Emittent 488 

Statt vieler Zöller/Vollkommer Vor ZPO §  322 Rn.  22. Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1608 weißt zu Recht darauf hin, dass das SchVG dieses Problem nicht beseitigt hat. 490  Die Wahrscheinlichkeit inhaltlich abweichender Gerichtsentscheidungen über unterschiedliche Teilschuldverschreibungen derselben Gesamtemission schränken die Emittenten durch die Aufnahme von Gerichtsstandsvereinbarungen in die Anleihebedingungen ein. Zwar sind diese nur gegenüber Kaufleuten (z. B. institutionellen Investoren) wirksam (§  38 Abs.  1 ZPO). Da private Anleger aufgrund der drohenden Kosten, die nicht selten den Wert übertreffen, der sich im Fall ihres Obsiegens für sie aus der gerichtlichen Rechtsverfolgung ergibt, von der Klageerhebung absehen (von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 52), gewährleisten die Klauseln gleichwohl ein hohes Maß an Rechtssicherheit. 491 KMFS/U. Brandt BankR/KapMarktR Rn.  15.28; EBJS/Groß BörsG §  32 Rn.  15; ders. KapMarktR BörsG §  32 Rn.  12; Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  32 Rn.  27. Werden Wertpapiere derselben Emission in einzelne Tranchen oder Serien aufgeteilen, erfordert deren Sammelverwahrfähigkeit die Aufteilung in mehrere Sammelbestände, die jeweils eine eigene ISIN erhalten, siehe BuB/Decker Rn.  8 /332. 489 

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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noch die Geschäftsführung der Börse, an der die Schuldverschreibung gehandelt wird, zum Anlass für ein reguläres Delisting bzw. Zwangsdelisting nehmen. Sollte ausnahmsweise ein Zwangsdelisting erfolgen, liegt es in den Händen des Emittenten, die Handelbarkeit der Schuldverschreibung zu erhalten. a) Reguläres Delisting Das sog. reguläre Delisting setzt gemäß §  39 Abs.  2 Satz 1 BörsG einen Antrag des Emittenten voraus. An dessen Stellung ist der Emittent grundsätzlich gehindert, wenn die Anleihebedingungen die Börsenzulassung der Schuldverschreibung, aber keinen Rückzug von der Börse vorsehen.492 Über eine solche Bestimmung in den Anleihebedingungen darf der Emittent sich – vorbehaltlich einer Änderung derselben durch Mehrheitsbeschluss (§§  4 Abs.  1 Alt.  2, 5 ff. SchVG) – nur hinwegsetzen, wenn sämtliche Inhaber der Teilschuldverschreibungen sich mit dem Widerruf der Zulassung einverstanden erklären,493 was aufgrund der Streuung der Wertpapiere ausgeschlossen erscheint. b) Zwangsdelisting Der Fortfall der Fungibilität der Schuldverschreibung berechtigt die Geschäftsführung der betreffenden Börse nach §  39 Abs.  1 BörsG i. V. m. §  49 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 VwVfG ohne Mitwirkung des Emittenten dazu, die Zulassung der Schuldverschreibung zum Handel im regulierten Markt zu widerrufen.494 Hierzu wird es jedoch regelmäßig nicht kommen. aa) Ungewissheit über die objektive Unrichtigkeit der rechtskräftigen Feststellung Voraussetzung für den Widerruf ist, dass die Geschäftsführung der Börse Kenntnis von nachträglich eingetretenen Tatsachen erlangt, die sie berechtigten, den Verwaltungsakt – hier die Zulassung der Schuldverschreibung zum Handel im regulierten Markt – nicht zu erlassen. Hierfür genügt alleine die Kenntnis von der rechtskräftigen Entscheidung, dass eine Bestimmung in den Anleihebedingungen unwirksam ist, nicht. Wäre die Entscheidung nämlich objektiv richtig, wäre die Bestimmung in sämtlichen Teilschuldverschreibungen derselben Tranche unwirksam; 495 die Teilschuldverschreibungen wären also weiterhin inhaltsgleich und fungibel. Erforderlich ist daher zusätzlich die Erkenntnis, dass die Entscheidung objektiv unrichtig ist. Von der Unrichtigkeit der gericht492 HMS/Habersack

Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  40.43. Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  40.43. 494 Schäfer/Hamann/Gebhardt BörsG §   38 Rn.  36; EBJS/Groß BörsG §  39 Rn.  7; ders. KapMarktR BörsG §  39 Rn.  7; Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  39 Rn.  5. 495  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1. b) aa). 493 HMS/Habersack

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

lichen Feststellung wird die Geschäftsführung der Böse allenfalls überzeugt sein, wenn ein anderes – nicht notwendig höherinstanzliches – Gericht rechtskräftig festgestellt hat, dass die Bestimmung in den Anleihebedingungen wirksam ist. bb) Ermessensentscheidung In dem seltenen Fall, dass zwei rechtskräftige, sich inhaltlich widersprechende Entscheidungen vorliegen, von denen nur eine objektiv richtig sein kann, hat die Geschäftsführung der Börse gemäß §  39 Abs.  1 BörsG nach pflichtgemäßem Ermessen über den Widerruf der Börsenzulassung zu entscheiden. (1) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bei der Ermessensausübung nach §  39 Abs.  1 BörsG hat die Geschäftsführung die hinter der Zulassung der Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt stehenden Schutzgüter, nämlich den ordnungsgemäßen Börsenhandel und den Schutz des Publikums, gegen das Interesse des Emittenten an der Erhaltung der Zulassung abzuwägen.496 Das Zwangsdelisting hätte zur Folge, dass die betroffenen Teilschuldverschreibungen nicht mehr im regulierten Markt an der Börse gehandelt werden können. In Anbetracht des damit erfahrungsgemäß einhergehenden Kursverfalls der Wertpapiere ist das Zwangsdelisting nur in besonders schwerwiegenden Fällen verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei.497 (2) Anonymität des modernen Effektengiroverkehrs Die Fungibilität der Teilschuldverschreibungen aus einer Gesamtemission ist eine wesentliche Voraussetzung für die Feststellung eines einheitlichen Börsenpreises (§  24 Abs.  1 Satz 1 BörsG). Daher kann ihr Fortfall grundsätzlich ein Zwangsdelisting rechtfertigen. Dies gilt aufgrund der Anonymität des modernen Effektengiroverkehrs allerdings nicht, wenn der Fortfall der Fungibilität darauf beruht, dass sich inhaltlich widersprechende rechtskräftige Entscheidungen über die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen vorliegen. (a) Transaktionsablauf Die Anleger können nicht unmittelbar am Markt agieren.498 Kontoinhaber bei der CBF, der einzigen Wertpapiersammelbank im Inland,499 können nur Kre496 Schwark/Zimmer/Heidelbach

BörsG §  39 Rn.  8. BörsG §  39 Rn.  8. 498 KMFS/Oulds BankR/KapMarktR Rn.  10.79. 499  Statt vieler Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  21. 497 Schwark/Zimmer/Heidelbach

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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dit- und Finanzdienstleistungsinstitute sein.500 Daher erteilen die Anleger lediglich Kauf- und Verkaufsaufträge an Kreditinstitute, die diese als Marktteilnehmer regelmäßig in Form von Kommissionsgeschäften (§§  383 ff. HGB) ausführen.501 In Ausführung der Verkaufskommission schließt das beauftragte Kreditinstitut gemäß Nr.  1.2 Satz 1 SB Wp für Rechnung des Kunden im eigenen Namen mit einem anderen Marktteilnehmer502 einen Kaufvertrag.503 Die Rechtsübertragung erfolgt – bei der im modernen Effektenverkehr üblichen Globalverbriefung und zentralen Verwahrung der Sammelurkunde – nach überwiegender Ansicht gemäß den §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB504 durch eine sog. Besitzumstellung.505 Hierbei ermächtigt der Veräußerer seine als Verkaufskommissionär agierende Depotbank gemäß §  185 Abs.  1 BGB, im eigenen Namen über die Wertpapiere zu verfügen.506 Damit nicht nur der Miteigentumsanteil an der Wertpapierurkunde, sondern auch das verbriefte Recht auf den Erwerber übergeht, muss die Einigung nach 500 

Siehe Nr.  1 Abs.  1 AGB-CBF. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. III. 1. b) aa). 502  Alternativ kann der Kaufvertrag mit einer Zentralen Gegenpartei geschlossen werden. Diese wird unmittelbar Vertragspartei sowohl des Verkäufers als auch des Käufers. Sie steht damit – bildlich gesprochen – „zwischen“ den Parteien, fungiert als Verrechnungsstelle der Marktteilnehmer und erleichtert die technische Abwicklung des Vertrags, siehe Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  51. 503  Canaris BankvertragsR Rn.   2245; De Meo Bankenkonsortien Kap.   4 Rn.   6; SBL/ Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  127; Hopt Emissionen Rn.  42; KMFS/R. Müller BankR/ KapMarktR Rn.  15.126; von Randow ZBB 1994, 23, 25. 504 KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.   18.104; Baur/Stürner SachenR §   53 Rn.   38; Böttcher DepotG §  6 Rn.  1; Brink Effektengiroverkehr 93; BuB/Decker Rn.  8 /336; Einsele Wertpapierrecht 40; M. Huber ZIP 2021, 1573, 1577; BuB/Kreße Rn.  8/235; EBJS/Scherer DepotG §  6 Rn.  7; MüKoBGB/K. Schmidt §  1008 Rn.  31; Schwintowski/Schleicher BankR Kap.  17 Rn.  36; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky DepotG §  6 Rn.  2 ; kritisch Micheler WertpapierR 171–181. Abweichend LG München I WM 1951, 296, 297; LG Kiel WM 1951, 248; C. Becker Effektengiroverkehr 62; Hager WM 1980, 666, 671; KK-AktG/Lutter/Drygala Anh. §  68 Rn.  24, 27; Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 265: jeweils für eine Übertragung nach §  931 BGB; ähnlich Dechamps Wertrechte 111; Modlich DB 2002, 671, 675, die eine Übertragung nach §  929 Satz 1 i. V. m. §  931 BGB alternativ zu einer Besitzumstellung und dem Erwerb nach §  929 Satz 1 BGB für möglich erachten. Differenzierend Schönle BankR/BörsenR §  21 II 3 a, b = 299, 300: Beim Platzgiroverkehr erfolge die Übertragung nach den §§  929 Satz 1, 930 BGB, beim Ferngiroverkehr hingegen nach den §§  929 Satz 1, 931 BGB. Gegen diese Differenzierung Delorme Die Bank 1979, 446, 449; N. Horn WM 2002, Sonderbeilage Nr.  2, 9. De lege ferenda für die Anwendung der §§  398 ff. BGB H. P. Westermann RabelsZ 49 (1985), 214, 217. 505  In der Literatur wird der Vorgang zu Unrecht als Geheißerwerb bezeichnet, so z. B. KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.  18.106; Geier RdF 2020, 258, 259; M. Huber ZIP 2021, 1573, 1577; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  102; Kleiner/Mayer EuZW 2020, 1059, 1062; Lehmann BKR 2020, 431, 433; Mittwoch WM 2021, 375, 380; Schwintowski/Schleicher ­BankR Kap.  17 Rn.  36. Zutreffend dagegen Modlich DB 2002, 671, 675. 506  Büchner Effektengiroverkehr 111; Canaris HandelsR §  30 Rn.  70; ders. BankvertragsR Rn.  2017; ders. in 100 Jahre KO, 73, 103; Delorme Die Bank 1979, 446, 449; MüKoHGB/ Häuser §  383 Rn.  62, 87; Heinsius/Horn/Than DepotG §  6 Rn.  84; Ingelmann WM 1997, 745, 748; Koller DB 1972, 1857, 1858; Pfeiffer/Scherer Handelsgeschäfte-HdB §  15 Rn.  34; Schönle BankR/BörsenR §  21 II 3 a = 299. 501 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

§  929 Satz 1 BGB sich sowohl auf den Eigentumsübergang an der Urkunde als auch auf das verbriefte Recht beziehen.507 Aufseiten des Erwerbers handelt ein Kreditinstitut als Einkaufskommissionär.508 Als solches ist es nach §  384 Abs.  2 Hs.  2 HGB verpflichtet, die erlangten Wertpapiere an den Kommittenten herauszugeben. Für die Rechtsübertragung des Einkaufskommissionärs an den Kommittenten existiert mit §  24 Abs.  2 Satz 1 DepotG zwar eine besondere Vorschrift. Deren praktische Bedeutung ist – im Verhältnis zu der Übertragung nach Maßgabe der §§  929 ff. BGB – aber gering.509 Bedeutung erlangt sie nur in den Fällen, in denen der Kommittent nicht bereits vor der Eintragung des Übertragungsvermerks in das Verwahrungsbuch Eigentum auf eine andere Weise erlangt hat.510 Aufgrund der Bestrebung der Einkaufskommissionäre, ihren Kommittenten möglichst schnell das Eigentum zu verschaffen,511 und der Tatsache, dass es den Veräußerern gleichgültig ist, ob sie das Wertpapier an den Marktteilnehmer oder dessen Kunden übertragen, erfolgt der Eigentumsübergang grundsätzlich ohne Durchgangserwerb des Einkaufskommissionärs.512 Letzterer handelt als Stellvertreter für seinen Kommittenten (§§  929 Satz 1, 164 Abs.  1 Satz 1 BGB), wobei die grundsätzlich erforderliche Offenkundigkeit nach Maßgabe der Lehre vom Geschäft für den, den es angeht, ausnahmsweise entbehrlich ist.513 507 Statt vieler Ehrenbergs-HdB/Jacobi §   32 = 348. Zu Einzelheiten der Einigung siehe BuB/Decker Rn.  8 /338 f.; Kümpel WM 1976, 942, 953. 508  Für die hier interessierende Frage ist es unerheblich, ob die Depotbank selbst das Ausführungsgeschäft vornimmt oder – wie gemäß Nr.  1.2 Satz 1 SB Wp zulässig – ihrerseits einen Zwischenkommissionär damit beauftragt. Zu Einzelheiten Canaris BankvertragsR Rn.  2018, 2019 m. w. N. 509  Statt vieler BuB/Decker Rn.  8 /345; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  40; nur terminologisch abweichend Heinsius/Horn/Than DepotG §  24 Rn.  35: „subsidiär“. A. A. Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 263: „in der Praxis gänzlich vorherrschende Form des Eigentumsübergangs“; wohl auch H. P. Westermann RabelsZ 49 (1985), 214, 231. 510 BuB/Decker Rn.  8 /345; Delorme Die Bank 1979, 446, 449; N. Horn FS Hadding, 2004, 893, 897; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  39, 40; Kümpel WM 1976, 942, 953; Reuschle RabelsZ 68 (2004), 687, 720; Schefold IPRax 2000, 468, 475; EBJS/Scherer DepotG §  24 Rn.  6 ; Schindelwick WM 1960, Sonderbeilage Nr.  10, 9; auch angedeutet bei Pfeiffer/Scherer Handelsgeschäfte-HdB §  15 Rn.  32. A. A. Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 267: die §§  929 ff. BGB seien im Normalfall durch §  24 Abs.  2 DepotG „ausgeschaltet“. 511  Heinsius/Horn/Than DepotG §  24 Rn.  35. 512  Einsele BankR/KapMarktR §  9 Rn.  23; DKB/Geier BankR-HdB §  73 Rn.  140; Haubold RIW 2005, 656, 657; Heinsius/Horn/Than DepotG §  6 Rn.  84, §  24 Rn.  36; N. Horn WM 2002, Sonderbeilage Nr.  2, 11; Ingelmann WM 1997, 745, 748; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  102; Kümpel WM 1976, 942, 953; G. Opitz ZfgK 1951, 564, 566; Schindelwick WM 1960, Sonderbeilage Nr.  10, 10; KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.  18.118, 18.119; Wolter Effektenkommission 202; ablehnend Canaris HandelsR §  30 Rn.  68; a. A. KG WM 1953, 388, 389 unter Bezugnahme auf das Selbsteintrittsrecht des (Einkaufs-)Kommissionärs; ebenfalls abweichend Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 263: §  24 Abs.  2 DepotG als „in der Praxis gänzlich vorherrschende Form des Eigentumsübergangs“. 513 BuB/Decker Rn.  8 /345; Delorme Die Bank 1979, 446, 449; Heinsius/Horn/Than DepotG §  6 Rn.  84, §  24 Rn.  36; N. Horn WM 2002, Sonderbeilage Nr.  2, 11; SBL/Klanten

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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(b) Grenzpreis Aufgrund des beschriebenen Transaktionsablaufs erlangen die Erwerber keine Kenntnis von der Identität ihrer Rechtsvorgänger. Zum einen sind die übertragenen Wertpapiere bzw. Miteigentumsanteile nicht durch Nummern individualisiert.514 Zum anderen beschränkt die Rechenschaftspflicht des Einkaufskommissionärs (§  384 Abs.  2 Hs.  2 HGB) sich auf die Benennung des Vertragspartners.515 Handelt aufseiten des Veräußerers aber ebenfalls ein Kommissionär im eigenen Namen – wie im modernen Effektengiroverkehr üblich –, bleibt dem Erwerber die Identität des Veräußerers ebenso verborgen wie die der weiteren Rechtsvorgänger. Die Erwerber sind daher nicht in der Lage, in einem späteren Gerichtsverfahren substantiiert darzulegen, dass sie aus der Gesamtemission die Teilschuldverschreibung erworben haben, für die zugunsten eines Rechtsvorgängers die Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen rechtskräftig festgestellt wurde. Kann der Erwerber die eventuell zwar objektiv bestehende, ihm aber unbekannte Rechtskrafterstreckung zu seinen Gunsten nicht für sich nutzen, wird er nicht bereit sein, für die Teilschuldverschreibung einen höheren Preis als den Börsenpreis zu zahlen. Die Feststellung eines einheitlichen Börsenpreises für sämtliche Teilschuldverschreibungen aus der Gesamtemission ist also trotz der rechtskräftigen Entscheidung nicht unangemessen. Folglich entspricht es pflichtgemäßem Ermessen, von dem Widerruf der Zulassung der Schuldverschreibung zum Handel im regulierten Markt an der Börse abzusehen. cc) Reaktionsmöglichkeit des Emittenten Die Geschäftsführung einer Börse, die aufgrund des Fortfalls der Fungibilität einer Schuldverschreibung deren Zwangsdelisting erwägt, hat den Emittenten hierzu anzuhören (§  28 Abs.  1 VwVfG). Dieser Verfahrensschritt eröffnet die Möglichkeit, dem – rechtswidrigen – Widerruf zuvorzukommen, nämlich durch die Aufteilung der Gesamtemission in zwei Tranchen, die jeweils eine eigene ISIN516 erhalten und weiterhin an der Börse gehandelt werden können. ­ ankR-HdB §  72 Rn.  102; EBJS/Scherer DepotG §  24 Rn.  6 ; Pfeiffer/ders. HandelsgeschäfteB HdB §  15 Rn.  31; ablehnend Canaris HandelsR §  30 Rn.  69. 514  Heinsius/Horn/Than DepotG §  6 Rn.  83. Abweichend Koller DB 1972, 1905 mit Fn.  70: Wertpapiere könnten de lege ferenda nummernmäßig individualisiert werden. De lege lata können Stückenummern in der Sammelurkunde zwar angegeben werden, siehe Nr. A. II. 1.1. Gemeinsame Grundsätze der deutschen Wertpapierbörsen für den Druck von Wertpapieren v. 17.4.2000. Erforderlich ist dies allerdings nur, wenn über die Einzelrechte Urkunden ausgestellt werden, siehe Assmann WM 2005, 1053, 1056 mit Fn.  27. Wird der Anspruch auf die Ausgabe von Einzelurkunden – wie im Regelfall – ausgeschlossen (§  9a Abs.  3 Satz 2 DepotG), ist die Angabe von Stückenummern weder erforderlich noch üblich. 515 MüKoHGB/Häuser §  384 Rn.  6 4. 516 BuB/Decker Rn.  8 /332.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(1) Tranche 1: Unwirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen Die erste Tranche bilden die Teilschuldverschreibungen aus der ursprünglichen Gesamtemission, hinsichtlich derer die Unwirksamkeit der Bestimmungen in den Anleihebedingungen rechtskräftig festgestellt ist. Überschreitet die Summe der Nennbeträge dieser Teilschuldverschreibungen den Mindestbetrag nach §  2 Abs.  2 BörsZulV nicht und kann die Geschäftsführung der jeweiligen Börse nicht davon überzeugt werden, dass ein ausreichender Markt sich bilden werde (§  2 Abs.  4 BörsZulV), kann diese Tranche zwar nicht zum Handel im regulierten Markt an einer Börse zugelassen werden. Die Schuldverschreibung kann aber – nach Maßgabe der jeweiligen Geschäftsbedingungen (§  48 Abs.  1 Satz 3 BörsG) – in den Freiverkehr einbezogen werden. Dieses sog. Downlisting ist – im Unterschied zu einem vollständigen Delisting – nicht notwendig mit einer Beeinträchtigung des Verkehrswertes verbunden.517 (2) Tranche 2: Wirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen Die zweite Tranche umfasst die übrigen Teilschuldverschreibungen, d. h. die, hinsichtlich derer der Emittent – sei es aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung, sei es aufgrund eigener Rechtsauffassung – von der Wirksamkeit der Bestimmung in den Anleihebedingungen ausgeht. Diese zahlenmäßig weitaus größere Tranche erfüllt regelmäßig ebenso wie zuvor die ungeteilte Gesamt­ emission sämtliche Voraussetzungen für die Zulassung der Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt an einer Börse (§  32 Abs.  3 BörsG); ihre Wertpapiere können daher weiterhin in dem Börsensegment gehandelt werden.

C. Keine teleologische Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB trotz effektiven Klauselwettbewerbs Der dritte Ansatz, Anleihebedingungen im Wege der Rechtsfortbildung von der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB auszunehmen, besteht in einer teleologischen Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB. Ziel der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle sei es, ein partielles Marktversagen auszugleichen (nachfolgend I.). Im Bereich der Anleihebedingungen existiere jedoch ein funktionierender Klauselwettbewerb, so dass die Inhaltskontrolle nicht gerechtfertigt sei.518 Dem ist zu widersprechen. Zum einen begegnet die Behauptung eines funktionierenden Klauselwettbewerbs tatsächlichen Bedenken. Zum anderen erschöpft der Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle sich nicht darin, ein 517  BGH NJW 2014, 146 Rn.  15; Heldt/Royé AG 2012, 660, 667 f.; Kocher/Widder NJW 2014, 127, 128; Paschos/Klaaßen AG 2014, 33, 35; Thomale ZGR 2013, 686, 709. 518  Eidenmüller Unternehmenssanierung 223; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 67.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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partielles Marktversagen zu kompensieren. Aufgrund des Umstandes, dass die Verwender von AGB die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig für sich in Anspruch nehmen und die Vertragsbedingungen einseitig zu ihren Gunsten gestalten, dient sie ferner dem Individualschutz der Vertragspartner vor unangemessen benachteiligenden Bestimmungen (nachfolgend II.). Diese Funktion der Inhaltskontrolle steht einer teleologischen Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB in Bezug auf Anleihebedingungen entgegen, und zwar unabhängig davon, ob ein funktionierender Klauselwettbewerb stattfindet (nachfolgend III.).

I. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle als Instrument zur Kompensation des Marktversagens Die für eine teleologische Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB angeführte Argumentation beruht wesentlich auf dem Verständnis, ausschließlicher Geltungsgrund der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle sei die Kompensation einer nicht existenten oder ineffektiven Marktkontrolle (nachfolgend 1.).519 Soweit hingegen eine effektive Marktkontrolle stattfinde, sei die Inhaltskontrolle nicht erforderlich520 und habe daher aufgrund einer teleologischen Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB zu unterbleiben. Ob Anleihebedingungen – wie in der Literatur behauptet wird – einer effektiven Marktkontrolle durch institutionelle Investoren unterliegen, erscheint zumindest zweifelhaft (nachfolgend 2.). Jedenfalls vermag die hierfür entscheidende Annahme, an sich unangemessene Benachteiligungen der Gläubiger würden durch höhere Zinsen ausgeglichen, selbst wenn sie zuträfe, weder die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen auszuschließen noch die Anleihebedingungen insgesamt der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entziehen (nachfolgend 3.). 1. Partielles Marktversagen als Geltungsgrund der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Sind Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt, üben deutsche Gerichte weitgehende Zurückhaltung gegenüber einer Inhaltskontrolle.521 Grund hierfür ist die Annahme, von der auch die Verfasser des BGB sich leiten ließen,522 dass 519  Drexl Selbstbestimmung 329, 332; Eidenmüller Unternehmenssanierung 218; Jansen ZEuP 2010, 69, 72; Köndgen NJW 1989, 943, 946; Stoffels AGBR Rn.  86; Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 71, 89; abweichend von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 55: Schutz der Kunden vor der Ausbeutung ihrer Unkenntnis von dem Wirkzusammenhang zwischen AGB und dem Verhalten der Verwender. Diesen Normzweck ausdrücklich ablehnend Leuschner AcP 207 (2007), 491, 502. 520  Eidenmüller Unternehmenssanierung 222. 521  Statt vieler Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 = 183. 522  BT-Drucks. 7/3919, 9 f. unter A. 2. An diesem Verständnis der Privatautonomie hielten die Verfasser des AGBG noch fest, siehe BT-Drucks. 7/3919, 9 unter A. 1.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

die beiderseitige Ausübung der Vertragsfreiheit, d. h. die privatautonome Entscheidung zweier in etwa gleich starker Parteien523 über den Abschluss des Vertrags (Abschlussfreiheit) und dessen Inhalt (Gestaltungsfreiheit),524 grundsätzlich geeignet sei, die materielle Vertragsgerechtigkeit zu garantieren.525 Bei der Einbeziehung von AGB träfen die Kunden trotz des formal erforderlichen Einverständnisses (§  305 Abs.  2 BGB) 526 keine privatautonome Entscheidung. Sie nähmen die AGB in der Regel nicht nur widerspruchslos hin,527 sondern vor Vertragsschluss typischerweise auch nicht zur Kenntnis. Dieses Verhalten und daraus resultierende Informationsdefizite über Inhalte und Rechtsfolgen der AGB beruhten nicht auf mangelnder Sorgfalt,528 sondern seien ökonomisch rational begründbar.529 Der erforderliche Aufwand, um den Inhalt der AGB zu 523  Das Gleichgewicht der Parteien betonen Nicklisch BB 1974, 941, 942; E. Schmidt JuS 1987, 929, 930; Wichtermann JbJZRWiss 1995, 215, 230. 524  Zu Einzelheiten statt vieler Kötz VertragsR Rn.  2 2; ders. JuS 2003, 209. 525 MüKoBGB/Basedow Vor §  305 Rn.  4 ; Fastrich Inhaltskontrolle 79; K. Frey ZIP 1993, 572, 573; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.   21; Nicklisch BB 1974, 941, 942; E. Schmidt JuS 1987, 929, 930; Lieb AcP 178 (1978), 196, 206; Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 211; G. Roth ÖZW 1977, 33, 35; Schmidt-Rimpler AcP 147 (1941), 130, 147, 149 ff.; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; ders. NJW 1971, 1010; Zöllner AcP 196 (1996), 1, 24 f. Differenzierend Canaris, iustitia distributiva, 48 f.; ders. FS Lerche, 1993, 873, 883, der nicht bezweifelt, dass das Aushandeln ein elementares Gerechtigkeitskriterium darstellt, aber den Umkehrschluss ablehnt, dass ein Fehlen des Aushandelns eine Verletzung der materiellen Vertragsfreiheit und damit der Vertragsgerechtigkeit indiziere. Ausdrücklich klargestellt in Canaris AcP 200 (2000), 273, 285 mit Fn.  29. 526  Das Einverständnis bezieht sich auf die Geltung der AGB als solche, nicht auf deren Inhalt; es ist also gerade keine inhaltliche Billigung, siehe Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 II 1 = 192; E. Schmidt JuS 1987, 929, 932; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; ders. NJW 1971, 1010. Dementsprechend hindert die Tatsache, dass die Kunden den Inhalt der AGB nicht zur Kenntnis nehmen, die Einbeziehung nicht, siehe BGHZ 1, 83, 86 = NJW 1951, 402; KG MDR 1950, 286, 288; Biedenkopf FS Böhm, 1965, 113, 123; Lindacher JZ 1981, 131, 132. Abweichend Reich NJW 1978, 513, 517, der ein (wirksames) Einverständnis nur annimmt, wenn „der Verwender [Anm.: zuvor] ein Mindestmaß an Aufklärung über den Inhalt der AGB“ erfüllt hat. 527 MüKoBGB/Basedow Vor §  305 Rn.  4 ; Gottschalk AcP 206 (2006), 555, 560; Kötz JuS 2003, 209, 210; Lindacher JZ 1981, 131; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  43. Die widerspruchslose Hinnahme hat zur Folge, dass die Vermutung der materiellen Ausgewogenheit privatautonom ausgehandelter Verträge für AGB keine Berechtigung hat, siehe von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  21; Limbach JuS 1985, 10, 11; Präve Versicherungsbedingungen Rn.  333. 528  Mit divergierenden Begründungen Canaris AcP 200 (2000), 273, 323; Fastrich Inhaltskontrolle 85; Lindacher BB 1972, 296, 297; G. Roth ÖZW 1977, 33, 37; a. A. Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; ders. NJW 1971, 1010. 529  Bunte FS Schimansky, 1999, 19, 25; Eidenmüller JZ 2005, 216, 222; Eisenberg 47 Stan. L. Rev. 211, 243 (1995); Fastrich Inhaltskontrolle 84; Habersack Vertragsfreiheit 106; Jansen ZEuP 2010, 69, 93; Kallrath Wertpapierbedingungen 54; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 788; Lieb AcP 178 (1978), 196, 202; Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 211 f.; Miethaner AGB-Kontrolle 63; Rösler RabelsZ 73 (2009), 889, 900; G. Roth ÖZW 1977, 33, 36. Abweichend (Alternativlosigkeit) Canaris AcP 200 (2000), 273, 321; Drexl Selbstbestimmung 339; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; (Bequemlichkeit) Rösler Konsumentenvertragsrecht 28; (Gleichgültigkeit) Nicklisch BB 1974, 941, 944; L. Raiser AGBR 284; Zöllner

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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verstehen, sei beträchtlich. Dies gelte nicht nur für den Leseaufwand, sondern erst recht für die Erschließung des Inhalts.530 Hierfür verlangt die Rechtsprechung von den Kunden nämlich nicht nur die Berücksichtigung der systematischen Stellung der einzelnen Bestimmungen,531 sondern auch die Würdigung ihres jeweiligen Sinn und Zwecks.532 Zwar könnten die Kunden ihre Informationsdefizite trotz individuell beschränkter Kapazitäten zur Informationsaufnahme und -verarbeitung (bounded rationality) 533 durch die Inanspruchnahme externer Hilfe beheben und die genannten Anforderungen erfüllen. Hierzu müssten sie sich – ggf. unter Mithilfe eines Rechtsanwalts – über die Vertragsbedingungen verschiedener Anbieter informieren (screening) oder die als unangemessen empfundenen Klauseln im Einzelnen mit dem Verwender aushandeln.534 Von diesem Aufwand sähen sie in Anbetracht unverhältnismäßig hoher Transaktionskosten aber regelmäßig ab.535 Der mit der Informationsbeschaffung verbundene Aufwand – erforderlich wäre nicht nur die Lektüre der VertragsbeAcP 176 (1976), 221, 244 mit Fn.  59; (Informationsdefizit) MüKoBGB/Basedow Vor §  305 Rn.  6 ; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1602; Nicklisch BB 1974, 941, 944. 530  Adams BB 1989, 781, 783; ders. in Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, 655, 662; Drexl Selbstbestimmung 331; Eisenberg 47 Stan. L. Rev. 211, 241 (1995). 531  Zu der Bedeutung der Systematik im Rahmen der Auslegung von AGB siehe BGHZ 67, 359, 366 = NJW 1977, 379; BGH NJW 1985, 320, 324; BGH NJW 1979, 2148, 2149. Kritisch Koller FS Steindorff, 1990, 667, 669. 532  Zu der Berücksichtigung von Sinn und Zweck bei der Auslegung von AGB siehe BGHZ 79, 76, 88 = NJW 1981, 870; BGHZ 70, 158, 162 = NW 1978, 589; BGHZ 66, 132, 136 = NJW 1976, 1206; BGH NJW 1968, 885. Kritisch Koller FS Steindorff, 1990, 667, 669. 533  Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 212; G. Roth ÖZW 1977, 33, 36; von Wagenheim/Rückebeil in Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 480, 487. Als einen von mehreren Gründen dafür, warum Verbraucher nicht alle ihnen ggf. zur Verfügung stehenden Informationen über AGB nutzen, nennt Rösler (Konsumentenvertragsrecht 28) die begrenzte Verarbeitungskapazität. Dazu allgemein Eidenmüller JZ 2005, 216, 218 m. w. N. 534  Leuschner AcP 207 (2007), 491, 496. Die Möglichkeit des Aushandelns wird bezweifelt von Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1225 (1983); Slawson 84 Harv. L. Rev. 529, 530 (1971). 535  Adams BB 1989, 781, 784; ders. in Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, 655, 663; MüKoBGB/Basedow Vor §  305 Rn.  7; Canaris AcP 200 (2000), 273, 323; Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309, 313; K. Frey ZIP 1993, 572, 576; Jansen ZEuP 2010, 69, 84; Koller FS Steindorff, 1990, 667, 669 f.; Köndgen NJW 1989, 943, 947; Kötz VertragsR Rn.  244, 245; ders. JuS 2003, 209, 211, 212; ders. 50. DJT, Bd.  I, A 31; Leuschner AcP 207 (2007), 491, 496; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 783; Lindacher JZ 1981, 131, 132; WLP/ Lindacher/Hau BGB §  305c Rn.  1; Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1226 (1983); G. Roth ÖZW 1977, 33, 36; H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 296; ders./Ott ÖkonomAnalyse ZivilR 16.7.1 = 619; Stoffels AGBR Rn.  86; Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 70; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  3 ; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  43; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 434 (2005). Nur für Verbraucherverträge Rösler Konsumentenvertragsrecht 28. Ähnlich Kallrath Wertpapierbedingungen 54: Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen führe dazu, dass die Vertragspartner der Verwender vor Vertragsschluss auf eine „genaue Kontrolle de(s) Inhalt(s) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (…) verzichten“. Kritisch Hellwege AGB 559 ff. Prohibitive Wirkung zeigen Transaktionskosten nicht nur im Bereich der AGB. Sie können die Vertragsparteien auch davon abhalten, individualisierte Vertragsbedingungen auszuarbeiten, siehe Eger JbÖG 11 (1995), 45, 61.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

stimmungen, sondern auch das Verständnis der Rechtsfolgen 536 – erreiche den Nutzen des daraus resultierenden Erkenntnisgewinns nicht.537 Dem Informationsdefizit aufseiten der Kunden steht die Bereitschaft der Verwender gegenüber, erheblichen Aufwand in eine für sie günstige Gestaltung der AGB zu investieren.538 Die daraus folgende systembedingte Informationsasymmetrie539 über den Inhalt der AGB zwischen den Verwendern und ihren Vertragspartnern lässt eine kundenfreundliche Ausgestaltung der AGB regelmäßig nicht erwarten. Mit der Verwendung kundenfreundlicher AGB – sie werden häufig als „bessere“ AGB bezeichnet – übernähmen die Anbieter Risiken, die höhere Grenzkosten verursachen und in Form erhöhter Preise an die Kunden weitergereicht werden.540 Umgekehrt bewirkten „schlechtere“, d. h. kundenfeindliche, AGB, dass mehr Risiken auf die Kunden abgewälzt werden. Die damit einhergehende Verringerung der Grenzkosten erlaube es den Anbietern, ihr Produkt am Markt zu günstigeren Konditionen anzubieten als Konkurrenten, deren Klauselwerke die Interessen der Kunden angemessen berücksichtigen.541 Der Umstand, dass ökonomisch rational agierende Kunden von der Einholung von Informationen über den Inhalt und die Rechtsfolgen der AGB ebenso absehen wie von einem Vergleich mit den Vertragsbedingungen anderer Anbieter, sondern die AGB ohne nähere Kenntnis des Inhalts derselben widerspruchslos hinnehmen und ihre Entscheidung zum Vertragsschluss nahezu ausschließlich auf der Grundlage eines Preisvergleichs treffen, habe zur Folge, dass weder für die Kunden günstigere Vertragsbedingungen mit einem höheren Preis honoriert würden542 noch unangemessen benachteiligende Klauseln der Reputation des 536 

Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 70. Vor §  305 Rn.  6 f.; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1602; Drexl Selbstbestimmung 331; Eidenmüller Unternehmenssanierung 218 f.; Gottschalk AcP 206 (2006), 555, 560; ders. ZIP 2006, 1121, 1127; WLP/Lindacher/Hau BGB §  305c Rn.  1; Rösler Konsumentenvertragsrecht 28; Stoffels AGBR Rn.  86; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 52; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  43. Ähnlich G. Roth ÖZW 1977, 33, 36, nach dessen Ansicht ein Vergleich der Alternativangebote „keinen Nutzen“ verspricht. Ähnlich Muel­ler 78 Yale L. J. 576, 580 (1969). 538  Eisenberg 47 Stan. L. Rev. 211, 243 (1995); von Wagenheim/Rückebeil in Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 480, 488. 539  Eger JbÖG 11 (1995), 45, 78; von Wagenheim/Rückebeil in Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 480, 487. Kritisch Bunte FS Schi­ mansky, 1999, 19, 25, der die Existenz einer Informationsasymmetrie nicht bezweifelt, in dieser aber keine ausreichende Rechtfertigung für die Inhaltskontrolle und die Unwirksamkeit von AGB sieht. Abweichend Drexl Selbstbestimmung 334, der zwar eine Informationsasymmetrie bejaht, die Ursache hierfür aber in dem Stellen sieht. 540  Eger JbÖG 11 (1995), 45, 78. 541  Fastrich Inhaltskontrolle 86; Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 70. 542  Eidenmüller Unternehmenssanierung 219. Ähnlich Posner, Economic Analysis, §  4.9 = 145; ders. in Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 184, 206. Ob Anleger die Qualität der Anleihebedingungen selbst oder mit Hilfe von Informationsintermediären einschätzen können und diese ggf. Einfluss auf ihre Kaufentscheidung hat, lässt von Randow ZBB 1994, 23, 29 offen. 537 MüKoBGB/Basedow

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Verwenders schadeten.543 Dieses partielle Marktversagen 544 sowie der Konkurrenzdruck zwischen den Anbietern545 verleite die Verwender dazu, vorausgesehene Konfliktsituationen einseitig zu ihren Gunsten zu regeln.546 Die Folge sei ein Wettbewerb um die Klauselgestaltung, welche die Kunden weitestgehend benachteiligt (sog. race to the bottom).547 Aufgrund dieses Versagens der selbstregulierenden Kräfte des Marktes548 – d. h. der Markt sei nicht in der Lage, das rechtspolitisch erwünschte Verhalten, nämlich die Verwendung angemessener Vertragsbedingungen, zu bewirken 549 – bestehe die Notwendigkeit einer Inhaltskontrolle der AGB durch die Gerichte. 2. Behauptung einer effektiven Marktkontrolle in Bezug auf Anleihebedingungen In Bezug auf Anleihebedingungen wird behauptet, dass während der Laufzeit der Schuldverschreibung eine fortgesetzte Qualitätskontrolle jedenfalls durch

543  Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 784; H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 303; ähnlich Rösler Konsumentenvertragsrecht 30, der eine die Reputation steigernde „Qualitätsprämie“ verneint. Die Frage, ob Reputations- und Geschäftsverluste aufgrund einer für die Gläubiger nachteiligen Gestaltung der Anleihebedingungen drohen, lässt von Randow ZBB 1994, 23, 29 offen; bejahend hingegen Leber Obligationäre 83. Zu der Relevanz der Reputation des underwriters für die Bewertung der Kapitalmarktverbindlichkeiten siehe Beatty/Ritter 15 J. Fin. Econ. 213, 227 (1986); Carter/Manaster 45 J. Fin. 1045, 1062 (1990). 544  Gottschalk AcP 206 (2006), 555, 560; ders. ZIP 2006, 1121, 1127; Grunsky BB 1971, 1113, 1117; Jansen ZEuP 2010, 69, 72; Kötz VertragsR Rn.  245; Leuschner AcP 207 (2007), 491, 503; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 54; Rösler RabelsZ 73 (2009), 889, 899; G. Roth ÖZW 1977, 33, 35; siehe auch Eidenmüller Unternehmenssanierung 219. 545  Eger JbÖG 11 (1995), 45, 79. 546  Eisenberg 47 Stan. L. Rev. 211, 244 (1995); Helm FS Schnorr von Carolsfeld, 1973, 125, 130; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 778; Lindacher JZ 1981, 131, 132; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 52; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 432 (2005). Im Ergebnis ebenso Rösler Konsumentenvertragsrecht 30: Die Verbraucher könnten die Qualität der Vertragsbedingungen nicht einschätzen, so dass für die Verwender kein Anreiz bestehe, die Qualität zu erhalten oder zu verbessern. Ähnlich Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 65: Nicht die Vorformulierung, sondern der gestörte Wettbewerb führe im Bereich der AGB zum Versagen des Vertragsmodells. 547  Adams BB 1989, 781, 784; ders. in Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, 655, 664; Fastrich Inhaltskontrolle 86; Kallrath Wertpapierbedingungen 55; Leyens/ H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 784; Rösler Konsumentenvertragsrecht 33; H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 299; ders./Ott ÖkonomAnalyse ZivilR 16.7.1 = 619 f.; Slawson 84 Harv. L. Rev. 529, 531 (1971); Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 71. 548  Die Überzeugung, dass der Wettbewerb alleine nicht geeignet ist, die inhaltliche Angemessenheit von AGB zu gewährleisten, liegt den §§  307 ff. BGB zugrunde und wird heute – soweit ersichtlich – nicht mehr bestritten, siehe Bunte FS Schimansky, 1999, 19, 27; Fastrich Inhaltskontrolle 79; Koller FS Steindorff, 1990, 667, 674; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 434 (2005). Abweichend noch Grunsky BB 1972, 189. 549  Eger JbÖG 11 (1995), 45, 79; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 777; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 434 (2005).

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

die institutionellen Marktteilnehmer erfolge.550 Unangemessene Benachteiligungen in den Anleihebedingungen würden daher über den Zinsmechanismus, d. h. höhere Zinszahlungspflichten ausgeglichen,551 so dass mangels eines partiellen Marktversagens die Anwendung der §§  305 ff. BGB nicht gerechtfertigt sei.552 a) Kontrolltätigkeit institutioneller Investoren Gewährleistet werde die effektive Marktkontrolle durch institutionelle Investoren. Zum einen verfügten sie über ein großes Erfahrungswissen im Umgang mit Anleihebedingungen. Zum anderen entstünden ihnen aufgrund der Vielzahl der in ihrem Depot befindlichen Wertpapiere keine prohibitiv wirkenden Transaktionskosten. Schließlich sei ihr Nutzen aus einem Vergleich der unterschiedlichen Anleihebedingungen wesentlich größer als der eines gewöhnlichen Verbrauchsgüterkäufers,553 so dass sie grundsätzlich bereit seien, die Anleihebedingungen eingehend zu prüfen und mit anderen Anlageprodukten zu vergleichen.554 Gegenteiliges gelte für Privatanleger. Sie träfen ihre Anlageentscheidung in der Regel ausschließlich auf der Grundlage von Basisinformationen, nämlich der Verzinsung, des Rückzahlungszeitpunkts und der Bonität des Emittenten.555 Inhalt und Rechtsfolgen der Anleihebedingungen nähmen sie nicht zur Kenntnis. Daran ändere auch die Verfügbarkeit von Ratings nichts, da deren Bewertung der Anlageprodukte im Wesentlichen auf Grundlage derselben Basisinformation erfolge. Der Inhalt der Anleihebedingungen werde in dem Ratingverfahren nicht oder nur unwesentlich berücksichtigt.556 Dieses aufseiten der Privatanleger bestehende Informationsdefizit begründe kein mit dem gewöhnlichen Verbrauchsgüterkauf vergleichbares partielles Marktversagen. Ursächlich hierfür sei, dass Anleihen ganz überwiegend nicht von Privatanlegern, sondern von Investment- und Fondsgesellschaften sowie Kreditinstituten erworben und gehalten würden.557 Ihre Kontrolltätigkeit und der dadurch 550  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1603; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127. Ähnlich zu der Rechtslage in den U.S.A. Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 122 mit Fn.  286: Die Anwesenheit institutioneller Investoren übe Druck auf die Ersteller von Anleihebedingungen aus, diese im Interesse sämtlicher Anleger zu optimieren. 551  Eidenmüller Unternehmenssanierung 222, 235, 257. 552  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1603; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 67. Dagegen Drygala WM 2011, 1637, 1640 augfrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise von 2008. Allgemeiner fordert H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 306 f., 309, in sämtlichen Fällen von einer Inhaltskontrolle der AGB abzusehen, in denen keine Informationsasymmetrie bestehe, nämlich bei „Transaktionsvolumen von mehreren Millionen Euro“. 553  Eidenmüller Unternehmenssanierung 220. 554  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 56. 555  Eidenmüller Unternehmenssanierung 219; Kallrath Wertpapierbedingungen 65. 556  Eidenmüller Unternehmenssanierung 220. 557  FSA, Trading Transparency in the UK Secondary Bond Markets, July 2006, Rn.  2.2;

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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hervorgerufene Wettbewerb unter den Emittenten komme auch den Privatanlegern zugute,558 da die Teilschuldverschreibungen unterschiedslos sowohl institutionellen Investoren als auch Privatanlegern angeboten würden. b) Beschränkter Nutzen für Privatanleger Die empirisch bislang nicht nachgewiesene Behauptung, die von institutionellen Investoren ausgeübte Kontrolltätigkeit wirke sich auch zugunsten der Privatanleger aus, trifft in ihrer Allgemeinheit nicht zu. Sie bedarf zumindest einer erheblichen Einschränkung. Privatanleger profitieren nur von der Kontrolltätigkeit institutioneller Investoren – deren Anzahl jedenfalls in den U.S.A. im Vergleich zum Aktienmarkt deutlich geringer ist559 –, wenn sie an demselben Markt agieren, also die Möglichkeit haben, dieselben Anleihen zu erwerben. Diese Voraussetzung erfüllen allerdings nicht alle fungiblen Schuldverschreibungen. Werden Schuldtitel im Rahmen von Privatplatzierungen an ein von dem Emittenten ausgewähltes Publikum ausgegeben, sind Privatanleger hiervon in der Regel ausgeschlossen. Gleiches gilt bei der Emission solcher Anlageprodukte, für die kein Sekundärmarkt existiert.560 Diese Platzierungen eröffnen informierten Investoren – wenngleich in volumenmäßig begrenztem Umfang – die Möglichkeit, ihre Investitionen anteilig auf andere Marktsegmente zu verlagern. Je mehr sie sich von dem allgemeinen Markt zurückziehen, desto stärker schwindet ihr Interesse an einer detaillierten Kontrolle der auch von Privatanlegern gehaltenen Wertpapiere. Der Umstand, dass Emittenten und Großanleger jederzeit auf andere Marktsegmente ausweichen können, verdeutlicht, dass die durch institutionelle Investoren ausgeübte Kontrolle – sofern sie existiert – jedenfalls nicht auf Dauer Bestand haben muss. Die Antwort auf die Frage, ob Anleihebedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, darf aber nicht von solchen Marktgegebenheiten abhängen, welche die Emittenten maßgeblich beeinflussen können, sondern muss unabhängig davon beantwortet werden. Mit anderen Worten: Ein partielles Marktversagen rechtfertigt es nicht, von der Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen abzusehen.561

IOSCO, Transparency of Corporate Bond Markets, May 2004, 4 unter B. 2; Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 448; Eidenmüller Unternehmenssanierung 220; Roe 97 Yale L. J. 232, 259 (1987). Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass die Marktbeteiligung privater Investoren unterschätzt wird, siehe IOSCO, Transparency of Corporate Bond Markets, May 2004, 4; Ferran, Corporate Finance Law, 532. 558  Eidenmüller Unternehmenssanierung 220 f.; Pfenninger Anleihebedingungen 39, 47; Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 12. Dagegen von Randow ZBB 1997, 111, 112. 559  Coffee/Klein 58 U. Chi. L. Rev. 1207, 1219 (1991). 560  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 56. 561  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 63.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

3. Modifikation des Preisarguments Die Aussage, an sich unangemessene Benachteiligungen der Gläubiger in den Anleihebedingungen würden über den Zinsmechanismus ausgeglichen, offenbart die sachliche Verwandtschaft des Ansatzes mit dem sog. Preisargument. Der Umstand, dass es in Bezug auf Anleihebedingungen in modifizierter Form vorgetragen wird, ändert nichts daran, dass es überwiegend zu Recht abgelehnt wird. a) Preisargument Vertragsgestaltungen, durch die der Verwender eigene Interessen über Gebühr gegenüber den Interessen des anderen Vertragsteils zur Geltung bringt, sind nicht per se unwirksam. Erforderlich ist gemäß §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht nur eine mit der Privilegierung des Verwenders spiegelbildlich einhergehende Benachteiligung der anderen Vertragspartei, sondern auch deren Unangemessenheit. Hiervon ist nur auszugehen, wenn die Benachteiligung weder durch berechtigte Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist noch durch die Gewährung gleichwertiger Vorteile ausgeglichen wird.562 Unter dem Schlagwort des Preisarguments wird die Frage erörtert, ob eine an sich unangemessene Benachteiligung in AGB dadurch kompensiert und somit legalisiert werden kann, dass die jeweilige Bestimmung ein niedrigeres Entgelt ermöglicht.563 In der Literatur wird sie unterschiedlich beantwortet, vom BGH aber zu Recht verneint. aa) Zivilrechtliche Generalklauseln Einigkeit besteht darüber, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein nicht die Nichtigkeit eines Vertrags begründet.564 Derartige Störungen des Äquivalenzverhältnisses erfüllen nur unter zusätzlichen Voraussetzungen565 den Tatbestand des Wuchers (§  138 Abs.  2 BGB) oder 562  BGHZ 143, 103, 113 = NJW 2000, 1110; BGHZ 141, 137, 147 = NJW 1999, 2279; BGHZ 120, 108, 118 = NJW 1993, 326; BGHZ 90, 280, 284 = NJW 1984, 1531; BGH NJW-RR 2004, 1498; BGH NJW 1997, 3022, 3023; BGH NJW 1987, 2431; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  102; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  12; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  158. 563  Das aus dem U.S.-amerikanischen Recht bekannte Modell choice of rates („Gedanke des doppelten Tarifs“, L. Raiser AGBR 311), d. h. die Kunden können wählen, ob sie die Risiken selbst übernehmen und dafür einen Preisnachlass erhalten oder der Unternehmer die Risiken übernehmen soll und sie dafür einen höheren Preis zu bezahlen haben (G. Raiser Formularbedingungen 50 f., 152; Schmidt-Salzer NJW 1969, 289, 290), hat sich im deutschen Rechtskreis – trotz einiger Befürworter (Dietlein NJW 1974, 969, 973; Hildebrandt AcP 143 [1937], 326, 347; L. Raiser VersR 1967, Beiheft „Karlsruher Forum 1965“, 9) – nicht durchgesetzt. Die rechtliche Zulässigkeit bezweifelt Weber DB 1971, 177, 181. 564 Statt vieler BGHZ 80, 153, 156 = NJW 1981, 1206; Palandt/Ellenberger BGB §   138 Rn.  34. 565  Zu Einzelheiten statt vieler Palandt/Ellenberger BGB §  138 Rn.  34 ff., 65 ff. m. w. N.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts i. S. d. §  138 Abs.  1 BGB. Ist eine wucherische Preisgestaltung in diesen Konstellationen unabdingbare Voraussetzung für die Nichtigkeit des Vertrags, legt dies den Schluss nahe, dass Preisnachlässe umgekehrt geeignet seien, erhebliche Benachteiligungen zu kompensieren.566 bb) Sekundäres Unionsrecht und Entwurf des AGBG Für AGB findet das Preisargument eine Stütze im ErwGr 19 Klausel-RL. Danach soll bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln u. a. das Preis-Leistungs-Verhältnis berücksichtigt werden können. Gestützt hierauf geht die ausländische Literatur überwiegend davon aus, dass eine an sich unangemessene Benachteiligung der Verbraucher durch eine besonders günstige Preisgestaltung ausgeglichen werden könne.567 Diese Vorstellung äußerten auch die Verfasser des Entwurfs des AGBG. Bei der Beurteilung der Angemessenheit einzelner Klauseln sei die Berücksichtigung der Höhe des Entgelts nicht schlechthin ausgeschlossen. Der Klauselverwender könne sich unter besonderen, von ihm darzulegenden Umständen – die in der Regierungsbegründung nicht näher umschrieben wurden – darauf berufen, eine den anderen Vertrags­ teil benachteiligende Klausel werde durch einen besonders niedrigen Preis ausgeglichen.568 cc) Rechtsprechung des BGH Der BGH lehnt eine Rechtfertigung unbilliger Klauseln in AGB durch Preisnachlässe – mit Ausnahme von Haftungsfreizeichnungsklauseln auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung569 – in ständiger Rechtsprechung mit im Wesentlichen gleichlautenden Formulierungen ab.570 Die Verwender müssten ihr 566  Bejaht von RGZ 81, 316, 320 zu §  138 Abs.  1 BGB; RGZ 20, 115, 117 zu einem Haftungsausschluss in Verfrachtungsbedingungen; allgemein von Brunn NJW 1951, 103. 567  Lener Foro it. 1996 V 145, 153; Pardolesi Foro it. 1994 V 137, 149; S. Smith, Law of Contract, 327; Terré/Simler/Lequette/Chénedé, Droit civil, Rn.  4 46. 568  BT-Drucks. 7/3919, 23 zu §  7 Abs.  1 AGBG-RegE. Mit dieser Ansicht sympathisierte bereits L. Raiser AGBR 310: Ökonomische Betrachtungsweise sei ein Faktor bei der Beurteilung der Angemessenheit der Risikoverteilung. 569  BGHZ 138, 118, 132 = NJW 1998, 1640; BGHZ 71, 226, 228 = NJW 1978, 1430; BGH NJW 1959, 1423, 1424; BGH NJW 1959, 38, 39. 570  BGHZ 138, 118, 132 = NJW 1998, 1640; BGHZ 120, 216, 226 = NJW 1993, 2442; BGHZ 77, 126, 131 = NJW 1980, 1953; BGHZ 33, 216, 219 = NJW 1961, 212; BGHZ 22, 90, 98 = NJW 1957, 17; BGH NJW-RR 2008, 818 Rn.  28. Dem folgend OLG Rostock ZUM 2012, 706, 710; OLG Hamburg VersR 1965, 955, 956 f. Zustimmend Graf von Westphalen NJW 2008, 2234, 2237; R. Fischer BB 1957, 481, 485; Hildebrandt AcP 143 (1937), 326, 347; Pflug, Kontrakt und Status, 92; L. Raiser AGBR 289; Schmidt-Salzer NJW 1969, 289, 291; Weber DB 1971, 177, 180; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 654. Nur im Grundsatz zustimmend Dietlein/Rebmann/Dietlein AGBG §  9 Rn.  12 („nur in sehr engen Grenzen zugelassen“); Fastrich Inhaltskontrolle 303 („in der Regel“); MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  46 („besondere Umstände hinzutreten“).

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Entgelt nach solchen Vertragsbedingungen kalkulieren, die mit den Geboten von Treu und Glauben im Einklang stünden.571 dd) Grundsätzliche Einwände gegen das Preisargument Die apodiktisch formulierte Ablehnung des Preisarguments durch den BGH steht in engem Zusammenhang mit §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB. Der Vortrag, die umstrittene Klausel ermögliche ein niedrigeres Entgelt, so dass den Kunden gewichtigere Nachteile zuzumuten seien, setzt seinerseits voraus, dass ohne diese Klausel ein höherer bzw. „gerechter“ Preis vereinbart worden wäre. Die Ermittlung dieses Vergleichsmaßstabs ist – unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein „gerechter“ Preis existiert572 – nicht Aufgabe des Richters,573 sondern den Marktmechanismen überlassen.574 Diese Aufteilung ist in §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB angelegt, wonach die Richter die privatautonom festgelegte Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung nicht überprüfen, also weder Preisermittlungen noch Preisvergleiche anstellen sollen.575 Wäre es möglich, den Vergleichsmaßstab zu ermitteln, bedürfte es ferner des Nachweises, dass gerade die betreffende Klauselgestaltung ursächlich für den Preisnachlass ist. Ein solcher Kausalzusammenhang konnte jedoch aufgrund der zahlreichen Einflüsse auf die Preisgestaltung bislang nicht nachgewiesen werden.576 Hinzu kommt, dass die Ablehnung des Preisarguments aus der Sicht derer, die den Geltungsgrund der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle in einem partiellen Marktversagen sehen,577 im Einklang mit dem Normzweck steht. Wären Preisnachlässe geeignet, an sich unangemessene Benachteiligungen zu kompensieren und zu rechtfertigen, mildere dies das race to the bottom nicht ab, sondern verschärfe es sogar.578 Die Verwender erhielten einen zusätzlichen Anreiz, weitere Benachteiligungen in ihre AGB aufzunehmen.

571  BGHZ 33, 216, 219 = NJW 1961, 212; BGHZ 22, 90, 98 = NJW 1957, 17; Dietlein NJW 1974, 969, 973. 572 Zutreffend Jansen ZEuP 2010, 69, 87: „(O)b die konkreten Parteien sich auf ein kundenfreundlicheres Klauselwerk zu einem höheren Preis geeinigt hätten, muss stets spekulativ bleiben.“. 573 Dietlein/Rebmann/Dietlein AGBG §  9 Rn.  12; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  46. 574 Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  131. 575  Pflug, Kontrakt und Status, 92. 576  Behrens, Ökonomische Grundlagen, 171  f.; Kallrath Wertpapierbedingungen 91 f.; Kliege Freizeichnungsklausel 67. Ähnlich Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  18: angemessener Preis wäre nicht feststellbar. 577  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 C. I. 1. 578  K. Frey ZIP 1993, 572, 574; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 772, 789. Ähnlich Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  132: Zulassung des Preisarguments löse einen „Konditionenwettbewerb nach unten“ aus. Zweifelnd Kliege Freizeichnungsklausel 62 ff.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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b) Modifikationen in Bezug auf Anleihebedingungen In Bezug auf Anleihebedingungen wird das Preisargument in modifizierter Form vorgetragen. Zum einen soll die an sich unangemessene Benachteiligung der Anleger nicht durch einen Nachlass gegenüber dem „gerechten Preis“579, sondern durch einen vergleichsweise höheren Nominalzinssatz ausgeglichen werden. Zum anderen – wesentlich bedeutender – erfolgt eine Verschärfung der Rechtsfolge dahingehend, dass der höhere Nominalzinssatz die mit der Klausel einhergehenden Nachteile nicht erst im Rahmen der ausgeübten Inhaltskon­ trolle rechtfertigen, sondern die Anleihebedingungen umfassend – über das methodische Vehikel einer teleologischen Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB580 – der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entziehen soll. c) Schwäche des Preisarguments Diese Modifikationen ändern nichts daran, dass auch diese Spielart des Preisarguments aufgrund der darin enthaltenen petitio principii abzulehnen ist.581 Die Behauptung, eine die Gläubiger an sich unangemessen benachteiligende Anleihebedingung wirke sich zu ihren Gunsten zinserhöhend aus, setzt – unausgesprochen – voraus, dass bei einer für die Gläubiger günstigeren Gestaltung der Anleihebedingungen ein geringerer Nominalzinssatz vereinbart worden wäre. Dies ist jedoch keinesfalls gewiss,582 wie ein Blick auf das Verfahren zur Bestimmung des Nominalzinssatzes offenbart. aa) Preisbestimmung mittels des Bookbuilding-Verfahrens Die Bestimmung des Nominalzinssatzes erfolgt bei nahezu allen syndizierten Anleiheemissionen auf Grundlage des sog. Bookbuilding-Verfahrens.583 Dabei beauftragt der Emittent eine Gruppe von Instituten (bookrunner) – regelmäßig den lead manager des Emissionskonsortiums584 – zu ermitteln, mit welchem Aufschlag auf einen festgelegten Referenzzinssatz die Schuldverschreibung in dem beabsichtigten Volumen bei Investoren platziert werden könne. In Ausführung des Auftrags fordern die bookrunner potentielle Investoren auf – hierbei handelt es sich um eine invitatio ad offerendum585 –, Angebote abzugeben, auf 579 MüKoBGB/Wurmnest

§  307 Rn.  46. Eidenmüller Unternehmenssanierung 223 zu §  1 Abs.  1 Satz 1 AGBG. 581  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 51; ähnlich MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  46. 582 Abweichend Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 II 3 c = 196; S. Smith, Law of Contract, 319 f., die behaupten, dass jede Vertrags- und AGB-Klausel in die Berechnung des Preises einfließe. 583 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.87; BuB/Bosch Rn.   10/86. 584 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.87 mit Fn.  5. 585 BuB/Groß Rn.  10/266; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.87. 580 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

deren Grundlage sowohl der Ausgabepreis als auch der Nominalzinssatz festgelegt werden.586 bb) Berücksichtigung einzelner Anleihebedingungen bei der Preisbestimmung Ob der Inhalt der Anleihebedingungen das Angebot der Investoren im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens überhaupt beeinflusst,587 erscheint auf Grundlage der geläufigen Bewertungsmodelle für Anleihen588 zweifelhaft. (1) Vorgehen bei der Bewertung von Anleihen Ausgangspunkt der Bewertung einer Anleihe ist regelmäßig der Kapitalmarktzins der jeweiligen Währung zum Emissionszeitpunkt.589 Dieser wird anschließend an die konkreten Gegebenheiten angepasst. Maßgeblich hierbei ist in erster Linie das Risiko bzw. die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls.590 Zur Bestimmung desselben wird eine Prognose unter Berücksichtigung zahlreicher Faktoren angestellt, insbesondere der Ausgabemodalitäten von Wertpapieren vergleichbarer Risikoklassen,591 der Kapitalausstattung, des Cashflows sowie der Liquidität des Emittenten, der bestellten Sicherheiten – in der Regel eine selbstständige Garantie der Konzernobergesellschaft592 – und allgemeiner Marktgegebenheiten.593 (2) Vertraglich fixierte Zinsen Sind sowohl der Zeitpunkt der Rückzahlung als auch der Nominalzinssatz für die gesamte Laufzeit der Anleihe unabänderlich vertraglich festgelegt, enthalten die Anleihebedingungen – mit Ausnahme der Rechtswahlklauseln – in der Regel nur Nebenbestimmungen. Die Frage, ob diese Bestimmungen einzeln geld-

586 

Wood, International Loans, Rn.  10-026. Zu den Faktoren, die den Preis der Anleihen am Sekundärmarkt beeinflussen können, siehe Kocher WM 2013, 1305, 1306 ff.; Schanz BKR 2011, 410, 411. 588  Zu Einzelheiten Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, Kap.  3 = 45 ff. 589  R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 98. 590  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  105 = [2002] EWHC 2815; Fons 42 J. Fin. 81, 84 (1987); Jackson/Kronman 88 Yale L. J. 1143, 1149 (1979); Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 577 f. (1995). 591  R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 98. 592  Zu der Bedeutung der Garantie bei der Schuldnerersetzung nachstehend Kap.  2 §  6 B. III. 2. c) cc). 593  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 592 (1995); Tirole, Corporate Finance, 82, 83. Nach Reimnitz in Büschgen/Richolt Bankgeschäft-HdB 261 erfolgt das pricing im Anleiheemissionsgeschäft unter Bezugnahme auf eine – eigene oder fremde – Referenzanleihe. Der auf diesem Weg ermittelte Referenzwert muss je nach Maßgabe des spezifischen Ratings, des Kreditstandings des Emittenten und dessen Bekanntheitsgrad adjustiert werden. Die Anleihebedingungen spielen auch bei dieser Methode des pricing keine Rolle. 587 

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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mäßig bewertet werden, wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur überwiegend verneint.594 (a) Empirische Untersuchungen Die wenigen empirischen Studien über die Zinsauswirkung von Anleihebedingungen kommen überwiegend zu dem Ergebnis, dass die jeweils untersuchten Bestimmungen sich auf die Höhe des Nominalzinssatzes auswirken. Gegenstand der ältesten Studie war die Auswirkung einer call option, d. h. des vertraglichen Rechts des Emittenten, die Schuldverschreibungen während der Laufzeit zu einem vorab vereinbarten Preis zurückzukaufen.595 Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass der Nominalzinssatz von Schuldverschreibungen, die eine call option enthielten, um vier Prozent geringer war als der Nominalzinssatz vergleichbarer Schuldverschreibungen ohne eine call option.596 Neuere Studien haben das grundsätzliche Ergebnis in Bezug auf andere Bestimmungen in den Anleihebedingungen bestätigt. Für Nachrangklauseln besicherter Anleihen wurde nachgewiesen, dass der Nominalzinssatz dieser Anleihen – abhängig von dem Wirtschaftszweig, in dem der Emittent tätig war – im Durchschnitt zwischen 0,033 und 0,2156 Prozent geringer war als derjenige vergleichbarer unbesicherter Schuldverschreibungen ohne Nachrangklausel.597 Ferner wurde die Zinsauswirkung von Bestimmungen untersucht, die den Inhabern das Recht einräumen, ihre Schuldverschreibungen zum Nominalbetrag an den Emittenten zu veräußern, wenn und sobald eine wesentliche Veränderung in der Kapitalstruktur des Unternehmens eintritt und eine Ratingagentur der Schuldverschreibung das investment grade aberkennt.598 Die Studie ergab, dass der Nominalzinssatz der Schuldverschreibungen, die eine solche Bestimmung enthielten, um 0,24 Prozent geringer war als derjenige vergleichbarer Schuldverschreibungen ohne eine entsprechende Bestimmung in den Anleihebedingungen.599 594  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 654 ohne die Beschränkung auf Anleihen mit vertraglich fixierten Zinssätzen. Für Umschuldungsklauseln siehe E. B. Koch 35 Georgetown J. Int. Law 665, 667 (2004); offengelassen von Dixon/Wall FSR 2000, 142, 146. Ähnlich Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 71, 79: Die essentialia des Vertrags seien nach §  8 AGBG (heute §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB) von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Eine Bewertung der sonstigen Vertragskonditionen sei den Kunden nicht möglich. Unklar R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 98. Abweichend in dem Sinne, dass jede Bedingung für die Risikobewertung und den Zins von Bedeutung sei, Barkey 20 Creighton L. Rev. 47, 53 (1986); Hofmann/ Keller ZHR 175 (2011), 684, 690; Megginson, Corporate Finance, 407. Nach Choi/Gulati/ Posner 6 Cap. Mark. Law J. 163, 167, 186 (2011) sind jedenfalls Rechtswahlbestimmungen in Staatsanleihen geeignet, den Zins zu beeinflussen. 595  Pye 22 J. Fin. 623 (1967). 596  Pye 22 J. Fin. 623, 632 (1967). 597  Roberts/Viscione 39 J. Fin. 1597, 1599 mit Table I (1984). 598  Crabbe 46 J. Fin. 689, 697 (1991). 599  Crabbe 46 J. Fin. 689, 701 (1991).

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

(b) Uneinigkeit über den Einfluss von Anleihebedingungen auf den Marktpreis Trotz der empirischen Befunde besteht weder in der rechtswissenschaftlichen600 noch in der wirtschaftswissenschaftlichen601 Literatur Einigkeit darüber, ob und wie Bestimmungen in den Anleihebedingungen die Marktpreisbildung bzw. die Höhe des Nominalzinssatzes beeinflussen. Die nicht auszuräumenden Zweifel beruhen zum einen darauf, dass den Anleihebedingungen im Verhältnis zu den ökonomischen Rahmenbedingungen allenfalls geringes Gewicht zukäme und daher nicht auszuschließen sei, dass die unterschiedlichen Anleihebedingungen nicht ursächlich für die Bewertungsdifferenzen seien. 602 Zum anderen existieren Stellungnahmen, wie die eines Mitarbeiters von Merrill Lynch, welche die internen Abläufe zur Vorbereitung einer Erwerbsentscheidung dahingehend beschreiben, dass die institutionellen Investoren weder die Anleihebedingungen noch den Prospekt zur Kenntnis nähmen. 603 Die Festlegung des Nominalzinssatzes erfolge ausschließlich auf Grundlage des Ratings des Emittenten und des Wertpapiers. 604 Für den Primärmarkt erscheint diese Annahme aufgrund einer Besonderheit des Bookbuilding-Verfahrens zwingend. Die an potentielle Investoren übermittelte invitatio ad offerendum enthält in der Regel nur Angaben zu dem Zeitplan und dem Volumen der Emission, dem vorläufigen Ausgabepreis der Teilschuldverschreibungen, dem vorläufigen Zinsversprechen, der Endfälligkeit, der Amortisation, den ggf. bestellten Sicherheiten, den Kündigungsrechten der Inhaber und des Emittenten sowie zu den Gebühren, 600 Bejahend Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127. Ablehnend Sethe WM 2012, 577, 579; offengelassen von Coffee/Klein 58 U. Chi. L. Rev. 1207, 1252 (1991); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 40. 601  Roberts/Viscione 39 J. Fin. 1597, 1602 (1984) gelangen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass jedenfalls die Vereinbarung der Nachrangigkeit und die Besicherung nicht vernünftig eingepreist werden. Die Studie von Dyl/Joehnk 34 J. Fin. 887, 892 f. (1979) kommt zu dem Ergebnis, dass die Existenz eines sinking fund in einigen Fällen zinsmindernd wirken kann. Als sinking fund bonds bezeichnen die Autoren solche Anleihen, bei denen der Emittent einen Fonds einrichtet, der den Anlegern für den Fall einer Rückzahlung vor dem Einritt der Fälligkeit Zahlungen in Höhe von 75 bis 100 Prozent des ursprünglich investierten Nennbetrags garantiert, siehe Dyl/Joehnk 34 J. Fin. 887, 892 f. (1979). 602 Siehe Brudney 105 Harv. L. Rev. 1821, 1850 f. (1992) zu covenants. 603  Winkler/Smith Wall Street Journal v. 30.6.1988, 61 Sp.  3. Die Aussage eines Mitarbeiters von Merrill Lynch ist in dem Artikel “Junk Bond Holders Form Rights Group” wörtlich wiedergegeben: “The fact is investors don’t read contracts. They never have and they probably never will. (…) Even professional people don’t read prospectuses.” Zweifelnd an der Berücksichtigung einzelner Anleihebedingungen bei der Bewertung von Schuldverschreibungen Gelpern/Gulati 84 Wash. U. L. Q. 1627, 1711 (2007); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 13, 41 f. Dem widerspricht die Aussage von Coffee/Klein 58 U. Chi. L. Rev. 1207, 1216 (1991), wonach das sog. stripping von covenants, d. h. die vertragliche Möglichkeit, den Inhalt der Anleihebedingungen durch einen Beschluss der Mehrheit des Nennbetrags der Gläubiger mit Wirkung für und gegen alle Gläubiger zu ändern, die Attraktivität der Schuldverschreibungen verringere. 604 Christians/Süchting Finanzierung-HdB 145, 154.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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die an die Konsorten zu zahlen sind.605 Die einzelnen Bestimmungen der Anleihebedingungen werden den potentiellen Investoren nicht mitgeteilt. Erfolgt die Preisbildung auf Grundlage ihrer Angebote, die sie ohne Kenntnis der einzelnen Anleihebedingungen abgegeben haben, können die Anleihebedingungen jedenfalls im Bookbuilding-Verfahren keinen Einfluss auf die Preisbildung haben. (3) Variable Zinsen Enthalten die Anleihebedingungen eine Bestimmung, wonach der Emittent berechtigt ist, die Zinszahlungen dauerhaft oder nur vorübergehend herabzusetzen und/oder die Fälligkeit der Rückzahlung hinauszuschieben,606 schwinden die Zweifel an dem Einfluss der Anleihebedingungen auf den Nominalzinssatz. Da die Ausübung dieser Rechte den Cashflow an die Gläubiger verändert, liegt es nahe, dass die Möglichkeit, die Zahlungen zu verringern und oder hinauszuzögern, bereits ex ante Auswirkungen auf den Preis der Anleihe zeitigt. 607 (4) Kausalität der unangemessenen Benachteiligung Die Annahme, einzelne Bestimmungen in den Anleihebedingungen seien bei Zinszahlungen, die der Emittent herabsetzen oder hinausschieben darf, geeignet, den angebotenen Preis für die Anleihe zu beeinflussen, ist – auch bei unterstellter Richtigkeit – nicht gleichbedeutend mit der Anerkennung des modifizierten Preisarguments. Dessen Kernaussage, an sich unangemessene Benachteiligungen der Anleihegläubiger würden durch einen höheren Nominalzinssatz ausgeglichen, setzt vielmehr den zusätzlichen Nachweis voraus, dass die in einzelnen Vertragsbedingungen enthaltene unangemessene Benachteiligung der Gläubiger für die Erhöhung des Nominalzinssatzes zumindest mitursächlich ist. Es genügt nicht, dass die Anleihebedingungen als solche die Zinshöhe beeinflussen. Erforderlich ist, dass gerade die unangemessene Benachteiligung – also die rechtliche Bewertung der Bestimmung – kausal für den höheren Zinssatz ist. Dies wäre nur anzunehmen, wenn der tatsächliche Nominalzinssatz bei Verwendung unangemessen benachteiligender Anleihebedingungen den hypothetischen Nominalzinssatz übersteigt, den der Emittent bei noch gerechtfertigten Anleihebedingungen versprochen hätte. Eine solche Divergenz entstünde bei Anwendung des Bookbuilding-Verfahrens nur, wenn die potentiellen Investoren bei der Erstellung ihres Angebots die Wirksamkeit der Anleihebedingungen überprüften und die für möglich erachtete Unwirksamkeit einzelner Anleihebedingungen preiserhöhend bei der Erstellung ihres Angebots berück605 

Graaf, Euromarket Finance, 56 f. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2. b). 607  Tirole, Corporate Finance, 84. 606 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

sichtigten. Die gegenwärtige Emissionspraxis legt die gegenteilige Annahme nahe. Die marktüblichen Bewertungsmodelle für Anleihen enthalten keinen Faktor für das Risiko, dass einzelne Anleihebedingungen unwirksam sein könnten. Die Rechenmodelle prognostizieren die Cashflows vielmehr auf Grundlage der Erfüllung der vertraglichen Bedingungen, unterstellen also ungeprüft deren Wirksamkeit. Dies spricht dafür, dass mangels eines Vergütungsanreizes auch im Bereich der Anleihebedingungen kein qualitätssichernder Klauselwettbewerb stattfindet, der eine teleologische Reduktion des §   305 Abs.  1 Satz 1 BGB rechtfertigen könnte. 608

II. Individualschutz als weiterer Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob die Selbstregulierungskräfte des Marktes im Bereich der Anleihebedingungen versagen, liegen die methodischen Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht vor. Der Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle erschöpft sich nicht darin, ein partielles Marktversagen zu kompensieren und die Gefahr eines Wettbewerbs um die für die Kunden nachteiligsten Vertragsgestaltungen zu verhindern. Sie dient vielmehr auch dem Individualschutz der Vertragspartner des Verwenders. 609 1. Begründungsansätze für den Schutz der Vertragspartner der Verwender Der Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, die Vertragspartner des Verwenders vor Vertragsbedingungen zu schützen, die sie unangemessen benachteiligen, kann – entgegen der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht mit ihrer persönlichen oder situativen Unterlegenheit begründet werden, sondern nur mit dem für AGB charakteristischen Verhalten der Verwender, nämlich dem einseitigen Ausnutzen der Vertragsgestaltungsfreiheit. a) Persönliche und situative Unterlegenheit In der Literatur wird der Individualschutz nicht selten mit einem „Machtgefälle“610 begründet. 611 Die Kunden seien – bei der gebotenen typisierenden Be608 Ähnlich Kliege Freizeichnungsklausel 67, nach dessen Untersuchung sich ein Kausalzusammenhang zwischen (Haftungs-)Freizeichnungsklauseln und Preissenkungen nicht nachweisen lässt. 609  Canaris AcP 200 (2000), 273, 324; Kühn Barabfindungsklauseln 265 f. 610  Z. B. Grunewald FS Semler, 1993, 179, 190; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.   17. Wohl nur terminologisch abweichend Behrens, Ökonomische Grundlagen, 170 („Markt­macht“); Lindacher BB 1972, 296, 297 („Marktmacht“). 611  Reich ZVP 1978, 236, 239; Kallrath Wertpapierbedingungen 57; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 434 (2005). Ähnlich Biedenkopf FS Böhm, 1965, 113, 122 (Machtstel-

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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trachtung612 – persönlich oder situativ unterlegen. 613 Als Oberbegriff vereint die persönliche Unterlegenheit sämtliche Formen wirtschaftlicher614, sozialer615 , informationeller616 oder intellektueller617 Unterlegenheit. Die situative Unterlegenheit der Kunden folge daraus, dass sie regelmäßig keine Zeit hätten, die AGB ausführlich zu studieren, während der Verwender sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und entsprechend professionell ausgestaltet habe. 618 In Bereichen, in denen vereinheitlichte Geschäftsbedingungen bestimmter Verbände (z. B. die AGB-Banken und AGB-Sparkassen) existierten, käme hinzu, dass die Kunden keine zumutbaren Ausweichmöglichkeiten hätten. 619 lung); Heinrichs NJW 1977, 1505; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130 (Bekämpfung wirtschaftlicher Machtverhältnisse). Dagegen Adams BB 1989, 781, 783; ders. in Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, 655, 661; H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 280, 308. 612  Einigkeit besteht darüber, dass die Gerichte die Inhaltskontrolle von AGB nicht durch die Feststellung eines „Machtgefälles“ zwischen den Parteien im Einzelfall legitimieren müssen, siehe Bunte FS Schimansky, 1999, 19, 25, 26 f.; Fastrich Inhaltskontrolle 82; Helm FS Schnorr von Carolsfeld, 1973, 125, 143; Köhler BGB AT §  16 Rn.  2. 613  Mit in der Sache unbedeutenden terminologischen Abweichungen BT-Drucks. 7/3919, 9; Bieder ZHR 174 (2010), 705, 721; Palandt/Ellenberger Einf v BGB §  145 Rn.  13; Freiherr von Falkenhausen BB 1977, 1124, 1125; Kallrath Wertpapierbedingungen 51; Köhler BGB AT §  16 Rn.  1; S. Meyer WM 2014, 980; Neuner BGB AT §  47 Rn.  4; Nicklisch BB 1974, 941; R. Zimmermann 58 Curr. Leg. Probl. 415, 417 (2005); nur in Bezug auf Verbraucher K. P. Berger ZIP 2006, 2149, 2151; Rösler Konsumentenvertragsrecht 27. 614  Biedenkopf FS Böhm, 1965, 113, 122; Esser/Schmidt SchuldR AT I§  11 I 2 = 189; R. Fischer DRiZ 1974, 209, 212; Freiherr von Falkenhausen BB 1977, 1124, 1125, 1127; Köhler BGB AT §  16 Rn.  1; Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 212; ders. BB 1972, 296, 299; Nicklisch BB 1974, 941, 944; Reich ZVP 1978, 236, 237; G. Roth ÖZW 1977, 33; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; ders. NJW 1971, 1010. Ähnlich Hildebrandt AcP 143 (1937), 326, 345 („Mißbrauch wirtschaftlicher Übermacht“) zu §  138 Abs.  1 BGB. Abweichend L. Raiser JZ 1958, 1, 7, der eine wirtschaftliche Unterlegenheit zwar nicht verneint, aber die Überforderung der Verantwortungsfähigkeit der Kunden als dominantes Motiv für die Inhaltskontrolle ansieht. 615  R. Fischer DRiZ 1974, 209, 212; Nicklisch BB 1974, 941, 944; ähnlich BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990 („wirtschaftliches und intellektuelles Übergewicht“). In diese Richtung tendiert auch Damm JZ 1978, 173, 178. 616  EuGH ECLI:EU:C:2000:346 Rn.  25 – Océano Grupo Editorial und Salvat Editores; Gottschalk AcP 206 (2006), 555, 560; ders. ZIP 2006, 1121, 1127; Leber Obligationäre 87. Dagegen H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 306. 617  BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990; Bunte FS Schimansky, 1999, 19, 26, 30; DaunerLieb Verbraucherschutz 72; Köhler BGB AT §  16 Rn.  1; Kötz 50. DJT, Bd.  I, A 31; Lindacher BB 1972, 296, 297, 298; Meyerson 24 Ga. L. Rev. 583, 594 (1990); Nicklisch BB 1974, 941, 944; G. Roth ÖZW 1977, 33; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 130; ders. NJW 1971, 1010; Wolf Entscheidungsfreiheit 18; ebenso Heid DB 1985, Beilage Nr.  4, 5 zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle von Personengesellschaftsverträgen; ähnlich Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 212: „Gefühl der intellektuellen Unterlegenheit“. Kritisch zu dem Begriff „intellektuelle Imparität“ Hönn Vertragsparität 98. 618  Nur terminologisch abweichend Pflug, Kontrakt und Status, 5: „motivational“ unterlegen. 619  Kallrath Wertpapierbedingungen 54; Neuner BGB AT §   47 Rn.  4. Allgemeiner Bork BGB AT Rn.  1744: Monopolstellungen und andere Marktverengungen.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

aa) Unterwerfungswille als terminologisches Relikt Die an eine Unterlegenheit der Kunden anknüpfenden Formulierungen sind terminologische Relikte aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des AGBG. Zwar war bereits damals anerkannt, dass AGB im Verhältnis zwischen dem Verwender und dessen Vertragspartner aufgrund eines Vertragsschlusses nach den allgemeinen Vorschriften gelten. 620 Die Begrifflichkeiten wichen aber erheblich von §  305 Abs.  2 Satz 1 BGB bzw. §  2 Abs.  1 AGBG ab. Anstelle des bloßen Einverständnisses prüften das RG und ihm folgend zunächst auch der BGH, ob der Kunde sich den AGB als einer fertig bereitliegenden Rechts- bzw. Vertragsordnung unterworfen habe.621 Im Anschluss daran wurden die Vertragspartner der Verwender als die sich „Unterwerfenden“622 bezeichnet. In der Literatur wurde diese Terminologie bereitwillig rezipiert. 623 So trat z. B. die „Unterwerfungsvereinbarung“624 an die Stelle der Einigung. 625 bb) Abkehr von dem Terminus der Unterwerfung Der BGH hat sich von dieser Terminologie in einer Entscheidung vom 28.2.1973 und damit noch vor dem Inkrafttreten des AGBG ausdrücklich distanziert. AGB seien keine private Rechtsordnung, der der Kunde sich „unterworfen“ habe. 626 Auch in der Literatur wird der auf einer Unterordnung der Kunden basierende Begründungsansatz in jüngerer Zeit – zu Recht – zunehmend abgelehnt. Der Terminus „Unterwerfung“ gebe nur den soziologischen Befund wieder, dass potentielle Vertragspartner des Verwenders häufig nur die Wahl hätten, den Vertrag unter Hinnahme der AGB zu schließen oder auf den Abschluss des Vertrags zu verzichten. Rechtlich sei der Begriff allerdings unzutreffend. Eine Unterwerfung setze voraus, dass die Vertragsparteien sich bereits bestehenden 620  Ballerstedt JZ 1956, 267, 269; Bork BGB AT Rn.  1759; WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  104; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  122, 161. Ebenso BGH WM 1982, 444, 445 jeweils zu §  2 Abs.  1 AGBG. Ähnlich Hellwege AGB 472: Einbeziehungsabrede als einzige Einbeziehungsvoraussetzung. 621  BGHZ 33, 216, 219 = NJW 1961, 212; BGHZ 12, 136, 142; BGHZ 9, 1, 3 = NJW 1953, 541; BGHZ 3, 200, 203 = NJW 1951, 957; BGHZ 1, 83, 86 = NJW 1951, 402; BGH NJW 1971, 2126, 2127; OGHZ 2, 298, 299 = NJW 1949, 905; RGZ 171, 43, 48; RG DR 1941, 1210, 1212. Ähnlich BGHZ 3, 200, 203 = NJW 1951, 957, mit dem Unterschied, die Allgemeinen Lagerbedingungen stellten eine „allgemeine normative Rechtsordnung“ dar. 622  BGHZ 33, 216 = NJW 1961, 212. 623  Gleichwohl bestand Uneinigkeit über die dogmatische Einordnung der Unterwerfung, siehe Staudinger/Weber, 11.  Aufl. 1967, Einl Vor BGB §  241 Rn. N 237 ff. 624  Helm FS Schnorr von Carolsfeld, 1973, 125, 140; ähnlich Eilles ZZP 62 (1941), 1, 4 („Unterwerfung“); Naendrup Teilnichtigkeit 69 („Unterwerfungsgeschäft“). 625  Ballerstedt JZ 1956, 267, 269 mit der Begründung, die „Unterwerfung“ sei nichts anderes als die ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung, dass die AGB Inhalt des Vertrags werden sollen. Ablehnend hingegen Enneccerus/Nipperdey BGB AT II §  163 VI 2 = 1008; Krause BB 1952, 996. 626  BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Regelungen unterordnen. Dies erfolge z. B. bei dem Erwerb einer Aktie einer bestehenden AG hinsichtlich der Satzung. Im Unterschied dazu ziele das Einverständnis mit der Geltung gestellter AGB darauf, diese Bestimmungen erst zum Inhalt eines Individualvertrags zu erheben.627 Sofern der Terminus „Unterwerfung“ als Oberbegriff verschiedene Formen persönlicher oder situativer Unterlegenheit kennzeichnen soll, komme hinzu, dass diese zwar ohne Zweifel geeignet sein können, die Selbstbestimmung und die privatautonome Entscheidung einzuschränken. 628 Es handele sich aber nicht um ein Spezifikum bei der Verwendung von AGB, 629 sondern um – tatbestandlich äußerst unscharfe – Kategorien möglicher Beeinträchtigungen der materiellen Vertragsfreiheit, die in Einzelfällen gleichfalls für Individualvereinbarungen Geltung beanspruchen. 630 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die persönliche oder situative Unterlegenheit des Vertragspartners des Verwenders zur Begründung verschiedener Besonderheiten der AGB-rechtliche Inhaltskontrolle ungeeignet ist. Zum einen vermag sie nicht zu erklären, warum die Inhaltskontrolle gemäß §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB auf Neben- und Zusatzbedingungen beschränkt ist und sich insbesondere nicht auf das aus Sicht der unterlegenen Kunden besonders bedeutsame Preis-Leistungs-Verhältnis erstreckt. 631 Eine auf Neben- und Zusatzbestimmungen beschränkte Inhaltskontrolle wäre nicht geeignet, ein ausreichendes Gegengewicht zu der überlegenen Marktmacht der Verwender aufzubauen. 632 Zum anderen können auch wirtschaftlich oder sonst unterlegene Vertragspartner Verwender von AGB sein. 633 Die auf eine persönliche oder situative Unterlegenheit des Vertragspartners des Verwenders gestützte Legitimation der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle vermag in diesen Konstellationen nicht zu begründen, warum ausschließlich der überlegene Vertragspartner vor einer unangemessenen Benachteiligung geschützt wird, während der unterlegene Verwender sich nicht auf die Unwirksamkeit einer Klausel berufen kann. 634

627 

Enneccerus/Nipperdey BGB AT II §  163 VI 2 = 1008 f. Nach allgemeiner Ansicht ist eine überlegene Marktmacht der Verwender alleine nicht geeignet, um die materielle Vertragsfreiheit hinreichend einzuschränken (W. Flume BGB AT II §  1, 7 = 10) und die Inhaltskontrolle zu rechtfertigen, siehe Fastrich Inhaltskontrolle 82; Kötz JuS 2003, 209, 210; H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 280. 629  Leuschner AcP 207 (2007), 491, 495. 630  Lieb AcP 178 (1978), 196, 221. 631  Leuschner AcP 207 (2007), 491, 495. 632  Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 786. 633  BGHZ 184, 259 Rn.  12 = NJW 2010, 1131; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  10; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  17. 634  Zu der Einseitigkeit der Inhaltskontrolle siehe BGHZ 101, 307, 319 = NJW 1987, 2818; BGHZ 99, 160, 161 = NJW 1987, 837; BGH NJW 1991, 353, 354; BT-Drucks. 7/5422, 6 zu §  9 AGBG-E; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  17; Präve Versicherungsbedingungen Rn.  334. 628 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

b) Einseitiges Ausnutzen der Vertragsgestaltungsfreiheit Der individualschützende Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle resultiert aus dem für AGB charakteristischen Verhalten der Verwender, nämlich dem einseitigen Ausnutzen der Vertragsgestaltungsfreiheit. aa) Formulierung der ständigen Rechtsprechung und Präzisierung des Schutzzwecks Durch das Stellen vorformulierter Vertragsbedingungen nähmen die Verwender die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig in Anspruch.635 Dies zu verhindern, sei – so die ganz überwiegende Ansicht – Schutzzweck der §§  305 ff. BGB. 636 Diese im Wesentlichen wortgleich wiederholte Aussage ist zumindest missverständlich. Zum einen setzen AGB tatbestandlich voraus, dass der Verwender die Gestaltungsfreiheit – die Abschlussfreiheit bleibt zumindest formal unberührt – einseitig in Anspruch nimmt, indem er die vorformulierten Vertrags­ bedingungen stellt. Zum anderen kann die Inhaltskontrolle, die erst nach dem Vertragsschluss stattfinden kann, dieses Verhalten per se nicht verhindern. Dementsprechend ist der Schutzzweck zu präzisieren: Bei bereits geschlossenen Verträgen wird der intendierte Individulschutz der Vertragspartner des Verwenders dadurch sichergestellt, dass Vertragsbestimmungen, die sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, unwirksam sind. Darüber hinaus verspricht die ex post erfolgende Inhaltskontrolle – wie es das Wort „verhindern“ andeutet – gewisse Vorwirkungen auf die Formulierung von AGB. 637 Müssen diejenigen, die vorformulierte Vertragsbedingungen stel635  Statt vieler BGHZ 184, 259 Rn.  18 = NJW 2010, 1131. Ähnlich Pfeiffer ZEuP 2008, 679, 702: Die Inhaltskontrolle sei aufgrund einer Störung der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit geboten, die insbesondere aus der Vorformulierung der AGB resultiere. 636  BGHZ 153, 93, 99 = NJW 2003, 888; BGHZ 126, 326, 332 = NJW 1994, 2825; BGHZ 64, 238, 241 = NJW 1975, 1318; BGH NJW 2004, 1454, 1455; BGH NJW-RR 1997, 1000; BGH BeckRS 1996, 01727; BGH NJWE-VHR 1996, 25, 26; BGH NJW 1996, 1676, 1677; BGH NJW 1976, 2345, 2346. Im Ergebnis zustimmend Bork BGB AT Rn.  1747, 1754; Bunte FS Schimansky, 1999, 19, 30; Dietlein/Rebmann/Dietlein Einl Rn.  25; Fastrich Inhaltskontrolle 90; K. Frey ZIP 1993, 572, 573; UBH/Fuchs Vor BGB §  307 Rn.  26; Habersack Vertragsfreiheit 106, 109; Heinrichs NJW 1977, 1505; E. Koch/Stübing AGBG Einl Rn.  49; Larenz SchuldR AT §  6 I = 78; Leuschner AcP 207 (2007), 491, 505; Poelzig WM 2014, 917, 923; von Randow ZBB 1994, 23, 28; H. Roth BB 1992, Beilage 4, 2; P. Ulmer DNotZ 1981, 84, 87; Wackerbarth AcP 200 (2000), 45, 63; von Wagenheim/Rückebeil in Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 480, 483; Wiedemann FS Kummer, 1980, 175, 181. Ähnlich Roussos JZ 1988, 997, 1000: einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit als „Auf­greifkriterium“ für die Inhaltskontrolle. In diese Richtung tendiert auch W. Flume BGB AT II §  37, 1 = 671. Einschränkend K. Frey ZIP 1993, 572, 573 f.: Die einseitige Ausgestaltung sei zwar eine „notwendige Voraussetzung für die Inhaltskontrolle“, erforderlich sei aber zusätzlich, dass die Vertragspartner mit vertretbarem Aufwand nicht beurteilen können, ob sie ein Angebot annehmen oder ablehnen sollen. Ablehnend Lieb AcP 178 (1978), 196, 201. 637  G. Roth ÖZW 1977, 33, 37.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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len, stets damit rechnen, dass sie einseitig begünstigende Bestimmungen unwirksam sind und insoweit das aus ihrer Sicht unerwünschte dispositive Recht zur Anwendung gelangt (§  306 Abs.  2 BGB), lässt dies erwarten, dass sie bereits bei der Gestaltung der AGB versuchen, den Interessen der zukünftigen Vertragspartner angemessen Rechnung zu tragen. 638 bb) Funktionale Legitimation des Schutzzwecks Von dem Ziel der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, gegenwärtige und künftige Vertragspartner des Verwenders von AGB nicht nur vor gesetzes- und sittenwidrigen Bestandteilen des Rechtsgeschäfts, sondern auch vor Bestimmungen zu schützen, die sie unterhalb dieser Grenze unangemessen benachteiligen, ist der Grund hierfür zu unterscheiden. Diesen offenbart ein durch §  306 Abs.  2 BGB nahe gelegter Vergleich zwischen AGB und dem dispositiven Gesetzesrecht. Beide haben bei einer funktional ökonomischen Betrachtung eine Entlastungsfunktion. Müssten die Parteien sämtliche Zusatz- und Nebenbedingungen bei jedem Vertragsschluss individuell aushandeln, stünde der damit verbundene Aufwand regelmäßig außer Verhältnis zu dem Nutzen der detaillierten Regelungswerke bei der Vertragsdurchführung. 639 Diese Transaktionskosten können die Parteien dadurch senken, dass sie sich wahlweise auf das dispositive Recht verlassen oder AGB verwenden. Hieraus folgt, dass AGB als Alternative zum dispositiven Gesetzesrecht fungieren und zu einer Rechtsanwendung ähnlich der bei Gesetzen führen sollen. 640 Sie unterscheiden sich von dem dispositiven Gesetzesrecht aber dadurch, dass sie nicht von einer neutralen Institution stammen, sondern von einer Vertragspartei gestellt werden. Die Verwender sind – anders als der Gesetzgeber – regelmäßig nicht um einen angemessenen Interessenausgleich bemüht, sondern neigen dazu, den Inhalt der AGB zu ihren Gunsten auszugestalten. 641 Dieser Unterschied ist Anlass für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle. 642 Sie soll gewährleisten, dass die Vertragspartner der Ver-

638  EuGH ECLI:EU:C:2000:346 Rn.  28 – Océano Grupo Editorial und Salvat Editores zu Art.  7 Klausel-RL; BGHZ 101, 271, 274 = NJW 1987, 2867 zu den §§  13 ff. AGBG; BT-Drucks. 7/3919, 14 unter A. 7. b); Bork BGB AT Rn.  1746; Fastrich Inhaltskontrolle 80. 639  Leuschner AcP 207 (2007), 491, 503. 640  BGHZ 41, 151, 154 = NJW 1964, 1123. Zu dieser Funktion des dispositiven Rechts siehe auch Eger JbÖG 11 (1995), 45, 59 f.; Adams BB 1989, 781; ders. in Neumann, Ansprüche, Eigentums- und Verfügungsrechte, 655, 656. Abweichend Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 I 1 = 186: Das dispositive Recht sei keine Reserve-, sondern eine Rahmenordnung. 641  BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990: „Mißbrauch der Vertragsfreiheit“. Diese Grundannahme lag auch der Regierungsbegründung des AGBG zugrunde, siehe BT-Drucks. 7/3919, 9 unter A. 1. Sie ist – ökonomisch rationales Handeln der Verwender unterstellt – aber keinesfalls zwingend. 642  Deutlich in diese Richtung BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

wender sich ebenso bedenkenlos auf AGB einlassen können wie auf die Geltung dispositiven Gesetzesrechts. 643 cc) Unterschiede zu einseitigen Individualvereinbarungen Während die §§  134, 138 BGB für Rechtsgeschäfte jeder Art gelten,644 ist die Inhaltskontrolle nach den §§  307 ff. BGB auf AGB beschränkt. Hierauf gründet die Forderung, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle durch Umstände begründet sein muss, die nur AGB, nicht aber Individualvereinbarungen anhaften. Dies treffe auf die einseitige Inanspruchnahme der Gestaltungsfreiheit nicht zu. Sie sei keine Besonderheit bei der Verwendung von AGB, sondern liege auch der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre zugrunde, da derjenige, der ein Angebot abgebe, sämtliche Vertragsbestimmungen inhaltlich so konkret formulieren müsse, dass ein einfaches „Ja“ als Annahme genüge. 645 Dieser Einwand überzeugt nicht. Ihm liegt ein zu enges Verständnis von AGB und damit des Anwendungsbereichs der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zugrunde. Auch dann, wenn AGB nach §  305 Abs.  2 BGB in einen Vertrag einbezogen werden, vollzieht der Vertragsschluss sich im Übrigen nach den allgemeinen Vorschriften (§§  145 ff. BGB). 646 Verwendet der Unternehmer bei dem Vertragsschluss mit Verbrauchern vorformulierte Vertragsbedingungen, handelt es sich gemäß §  310 Abs.  3 Nr.  2 BGB auch dann um AGB, die grundsätzlich der Inhaltskon­ trolle unterliegen, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt waren und der Verbraucher auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Die Grenze zu einer Individualvereinbarung, die lediglich den äußeren Grenzen der Privatautonomie (§§  134, 138, 242 BGB), nicht aber den §§  307 ff. BGB unterliegt, ist gemäß §  305 Abs.  1 Satz 3 BGB erst dann überschritten, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt werden.647 Dies setzt mehr als ein bloßes Verhandeln voraus. 648 Handeln die Vertragsparteien die Vertragsbedingungen im Einzelnen aus, ist die materielle Vertragsfreiheit – jedenfalls nach dem theoretischen Modell – auf prozedurale Weise gewährleistet. Dementsprechend ist zwar nicht die Vorformulierung als solche, wohl aber der Umstand, dass die Vertragspartner der Verwender auf den Inhalt der vorformulierten Vertragsbedingungen keinen Einfluss nehmen können, ein Charakteristikum von AGB, das diese von Individualvereinbarungen 643 

Leuschner AcP 207 (2007), 491, 504. Statt vieler Palandt/Ellenberger BGB §  134 Rn.  12, BGB §  138 Rn.  11. 645  Fastrich Inhaltskontrolle 80; Lieb AcP 178 (1978), 196, 202. 646  Statt vieler BGHZ 117, 190, 194 = NJW 1992, 1232; BGH NJW 2014, 1296 Rn.  17; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  49. A. A. nur Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 I 1 = 186. 647  Lediglich terminologisch abweichend Bork BGB AT Rn.  1751: Die §§  305c Abs.  2 , 306, 307 ff. BGB gelten nicht nur für AGB in Verbraucherverträgen, sondern auch für vorformulierte Individualverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. 648  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. III. 2. b) aa). 644 

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unterscheidet und somit geeignet ist, die Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB zu rechtfertigen. 2. Verhältnis der Schutzzwecke zueinander Die Vorschriften der §§  307 ff. BGB enthalten zwingendes Recht. 649 Sie schränken die Vertragsgestaltungsfreiheit des Verwenders von AGB ein. 650 Gerechtfertigt ist die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle durch eine Beeinträchtigung der materiellen Vertragsfreiheit. 651 Nach einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht soll der Umstand, dass der Verwender von AGB die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig zu seinen Gunsten ausnutzen kann, keine ausreichende Beeinträchtigung der materiellen Vertragsfreiheit begründen, die geeignet wäre, die AGBrecht­liche Inhaltskontrolle zu legitimieren.652 Erforderlich sei zusätzlich das Fehlen eines effizienten Klauselwettbewerbs; erst ihr Zusammenspiel begründe eine ausreichende Beeinträchtigung der materiellen Vertragsfreiheit. 653 Danach müsste – methodisch legitimiert durch eine teleologische Reduktion – die AGBrecht­liche Inhaltskontrolle in den Konstellationen unterbleiben, in denen der Verwender zwar die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig in Anspruch nimmt, aber ein funktionierender Klauselwettbewerb existiert. Dem ist zu widersprechen. a) Ausweichmöglichkeiten und effektiver Klauselwettbewerb Die Ansicht, dass die einseitige Inanspruchnahme der Gestaltungsfreiheit allein die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nicht zu rechtfertigen vermag, wird in erster Linie damit begründet, dass die Kunden den vorformulierten Vertragsbedingungen nicht hilflos ausgeliefert seien. Die Vertragsfreiheit bestehe nicht nur aus der Gestaltungsfreiheit, sondern auch aus der Abschlussfreiheit und der damit bei einer Mehrheit von Antragenden einhergehenden Freiheit in der Wahl des Vertragspartners. 654 Mit dem Stellen der AGB nehme der Verwender nur die Gestaltungsfreiheit einseitig in Anspruch. Die Abschlussfreiheit bleibe hingegen unberührt. 655 Die Kunden hätten – zumindest formal – die Möglichkeit, 649 

von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  11. Statt vieler von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  17. 651  Statt vieler Lieb AcP 178 (1978), 196, 206, 210 f. 652  Bebchuk/Posner 104 Mich. L. Rev. 827 (2006). 653  Canaris AcP 200 (2000), 273, 323, 324; Dylla-Krebs Inhaltskontrolle 157 f.; Fastrich Inhaltskontrolle 81; Röckrath ARSP 83 (1997), 506, 541 mit Fn.  131. 654  Fehl, Systematik AGBR, 79; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  18. 655 BGH NJW 1976, 2345, 2346; Dietlein/Rebmann/Dietlein Einl 25; Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 = 183; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  18; Präve Versicherungsbedingungen Rn.  333; G. Roth ÖZW 1977, 33. Ähnlich Posner in Assmann/Kirchner/ Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts, 184, 206, 207 mit der Einschränkung, dass der Kunde bei Monopolen keine vernünftige Handlungsalternative habe. 650 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

von dem avisierten Vertragsschluss Abstand zu nehmen656 und sich nach dem Angebot eines Konkurrenten mit anderen Vertragsbedingungen umzusehen. 657 Die Reduktion der Vertragsfreiheit auf die Abschlussfreiheit658 allein rechtfertige die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nicht. Erforderlich sei eine zusätzliche Beeinträchtigung der Abschlussfreiheit, die den Kunden die realistische Handlungsalternative nehme. Diese resultiere im Bereich der AGB – auch außerhalb solcher Bereiche, in denen sämtliche Anbieter standardisierte Bestimmungen verwenden (z. B. die AGB-Banken) – daraus, dass kein funktionierender Klauselwettbewerb existiere, die Kunden also unabhängig von dem Anbieter weitgehend einheitlichen Vertragsbestimmungen ausgesetzt seien. Die These, erst der fehlende Klauselwettbewerb begründe eine Beeinträchtigung der materiellen Vertragsfreiheit, impliziert den Umkehrschluss, dass ein funktionierender Klauselwettbewerb den Kunden realistische Ausweichmöglichkeiten eröffne. Mit anderen Worten: Ein funktionierender Klauselwettbewerb veranlasse die Kunden bei nachteiligen Vertragsbedingungen von dem avisierten Vertragsschluss abzusehen und ggf. das Angebot eines Konkurrenten anzunehmen. Dies setzt nicht nur voraus, dass die Kunden die AGB vor Vertragsschluss zur Kenntnis nehmen, sondern auch, dass diese hinreichender Anlass dafür sind, von dem Vertragsschluss unter Hinnahme der Vertragsbedingungen abzusehen. Beides entspricht nicht dem typischen Kundenverhalten. Die in AGB ganz überwiegend enthaltenen Neben- und Zusatzbestimmungen erlangen erst und überhaupt nur in dem Fall Bedeutung, dass eine Leistungs­ störung eintritt, z. B. ein Sachmangel sich zeigt.659 Bei Vertragsschluss antizipieren die Kunden nicht, dass die Klauseln für sie relevant werden, 660 und verzichten bereits aus diesem Grund regelmäßig auf die Lektüre der AGB. Hinzu kommt, dass der Aufwand, der ihnen durch die Lektüre und den Vergleich des Inhalts und der Rechtsfolgen selbst einfachster AGB mit den Vertragsbedingungen konkurrierender Anbieter entstünde, nicht zuletzt deshalb außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Nutzen steht, weil die AGB u. U. überhaupt nicht relevant werden. 661 Daher verhalten diejenigen Kunden sich ökonomisch rational, welche die AGB bei Vertragsschluss vernachlässigen und ihr Hauptaugenmerk auf das Preis-Leistungs-Verhältnis richten. 662 Die Beschränkung auf einen Preisvergleich hätte bei einem funktionierenden Klauselwettbewerb und 656 

Beschränkt auf diese Verhaltensmöglichkeit Nicklisch BB 1974, 941, 942. Bork BGB AT Rn.  1744; Canaris AcP 200 (2000), 273, 323; Fastrich Inhaltskontrolle 85; ähnlich von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  18. 658  BGH NJW 1976, 2345, 2346; K. Frey ZIP 1993, 572, 573; Heinrichs NJW 1977, 1505; Lindacher BB 1972, 296, 297; siehe auch BT-Drucks. 7/3919, 22 zu §  7 AGBG-RegE. 659  Lindacher FS Richterakademie, 1983, 209, 212. 660  Canaris AcP 200 (2000), 273, 324; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  19; Koller FS Steindorff, 1990, 667, 670; Rösler Konsumentenvertragsrecht 33. 661  Statt vieler von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  19. 662  Canaris AcP 200 (2000), 273, 323 f.; Drexl Selbstbestimmung 340; Fastrich Inhaltskon657 

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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entsprechenden Vergütungsanreizen für die Verwender solcher Klauseln, die für die Kunden relativ günstig sind, paradoxerweise zur Folge, dass die Kunden den Vertragsschluss mit dem Anbieter anstrebten, der die für sie nachteiligsten AGB verwendet. b) Ökonomische Restriktionen bei der einseitigen Vertragsgestaltung Ein weiteres Argument, warum erst das Hinzutreten eines fehlenden Klauselwettbewerbs die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle rechtfertige, gründet darauf, dass die einseitige Inanspruchnahme der Gestaltungsmacht den Verwendern lediglich die Möglichkeit eröffne, den Inhalt der Vertragsbedingungen einseitig nach ihren Interessen zu gestalten. 663 Ob und in welchem Umfang sie diese Gestaltungsmacht tatsächlich ausschöpfen, um einseitig ihre Interessen durchzusetzen, ist ihnen überlassen. In Anwendung der unter dem Schlagwort cheapest cost avoider bekannt gewordenen Grundsätze belasteten ökonomisch rational handelnde Verwender selbst im Rahmen bestehender Monopole, in denen sie keine Konkurrenz und keine Abwanderung ihrer Kunden befürchten müssen, ihre Vertragspartner nur mit solchen Risiken, die diese zu niedrigeren Kosten als sie selbst tragen könnten. 664 Zu einer weitergehenden Überwälzung von Risiken neigten die Verwender nur bei Fehlen eines effizienten Klauselwettbewerbs und des dadurch veranlassten race to the bottom. Erst dieses rechtfertige die Inhaltskontrolle von AGB. Wäre die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle tatsächlich nur in solchen Konstellationen legitimiert, in denen kein effektiver Klauselwettbewerb stattfindet, geböte dies im Umkehrschluss, von der Inhaltskontrolle immer dann abzusehen, wenn ein effektiver Klauselwettbewerb existiert. Die für diese Fälle befürwortete teleologische Reduktion von §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB hätte zur Folge, dass der Gesetzgeber „blind“ darauf vertraute, dass sämtliche Verwender ökonomisch rational handeln. Eine Garantie hierfür gibt es nicht. Insbesondere zeigt die Tatsache, dass die Marktteilnehmer, die aus einem funktionierenden Klauselwettbewerb aussteigen, indem sie Neben- und Zusatzbestimmungen verwenden, die ihre Kunden unangemessen benachteiligen, ihre Leistungen zu niedrigeren Preisen anbieten können, so dass für Einzelne auch bei einem grundsätzlich funktionierenden Klauselwettbewerb ein erheblicher Anreiz besteht, aus der Phalanx ökonomisch rational handelnder Anbieter auszubrechen. In diesen Konstellationen gleichwohl eine teleologische Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB zu befürworten, hieße, den Vertragspartnern dieser Verwentrolle 86; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  19; Kallrath Wertpapierbedingungen 55; Rösler Konsumentenvertragsrecht 33. 663  In diese Richtung Bork BGB AT Rn.  1744: Die einseitige Gestaltungsmöglichkeit berge „Gefahren“ und lasse einseitige Gestaltungen „befürchten“. 664  Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 782. Mit mathematischer Herleitung H.-B. Schäfer FS Ott, 2002, 279, 293 f.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

der den Individualschutz der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu verweigern. Dies wollte der Gesetzgeber nicht in Kauf nehmen. Er hat daher – unabhängig von der Frage, ob ein effizienter Klauselwettbewerb existiert – bereits die abstrakte Möglichkeit, dass die Verwender ihre Gestaltungsmacht einseitig zu ihren Gunsten ausnutzen können, zum Anlass für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle genommen. 665 c) Zwischenergebnis Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle dient zwei Schutzzwecken. Zum einen soll sie ein partielles Marktversagen kompensieren; insoweit dient sie der Herstellung und Wahrung der Funktionsfähigkeit des Marktes. Zum anderen soll sie die Vertragspartner der Verwender davor schützen, dass letztere die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit zu unangemessenen Klauselgestaltungen ausnutzen; 666 insoweit dient sie dem Individualschutz der Vertragspartner der Verwender. 667 Jeder dieser Normzwecke und nicht erst deren Zusammenspiel legitimiert die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle. 668

III. Teleologische Reduktion bei mehreren Schutzzwecken In Anbetracht der Tatsache, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zwei gleichwertigen Zwecken dient, nämlich zum einen der Kompensation eines partiellen Marktversagens, zum anderen dem Individualschutz der Vertragspartner des Verwenders vor einer unangemessenen Benachteiligung, ist eine teleologische Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB – wie sie in der Literatur für Anleihebedingungen befürwortet wird669 – nicht bereits dann zulässig, wenn insoweit ein effektiver Klauselwettbewerb nachgewiesen wird. Das gegenteilige Vorgehen eröffnete einzelnen Verwendern, die an dem Wettbewerb nicht teilnehmen, die Möglichkeit, ihre Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen, ohne dass sie die Unwirksam665 Ähnlich Lieb AcP 178 (1978), 196, 201: Gesetzgeber habe den typischen Fall der Verwendung von AGB erfassen und umschreiben wollen. 666 Ähnlich Präve Versicherungsbedingungen Rn.  333: Inhaltskontrolle kompensiert die fehlende Möglichkeit der inhaltlichen Einflussnahme. 667 UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  326; Leyens/H.-B. Schäfer AcP 210 (2010), 771, 788 mit Fn.  102; Präve Versicherungsbedingungen Rn.  334. Fastrich Inhaltskontrolle 91, 93 sieht als weitere Schutzgüter die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs und die Integrität der Privatautonomie gegenüber evidenten Missbräuchen. Kallrath Wertpapierbedingungen 55 fasst diese Normzwecke zu einem Grund für die Inhaltskontrolle zusammen und sieht einen weiteren in dem für Verwender und Vertragspartner unterschiedlichen Aufwand für die Erstellung bzw. die Kontrolle der AGB. 668  Fehl, Systematik AGBR, 80; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  2 2. 669  Eidenmüller Unternehmenssanierung 223; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 67.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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keit der Bestimmungen fürchten müssten. Um eine solche Aufgabe des Individualschutzes zu vermeiden, ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nur in Konstellationen zulässig, in denen sie zugleich ungeeignet ist, den Individualschutz der Vertragspartner der Verwender zu gewährleisten oder zu verbessern. Dies ist in Bezug auf Anleihebedingungen nicht der Fall. Eine teleologische Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB ist daher insoweit ausgeschlossen.

D. Keine Bereichsausnahme im SchVG Das SchVG nimmt Anleihebedingungen nicht von der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB aus. 670 Die in dem SchVÄndG-DiskE enthaltene Modifikation der Inhaltskontrolle wurde noch vor der Einleitung des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen (nachfolgend I.). Die Gesetz gewordene Fassung enthält mit §  3 SchVG lediglich ein besonderes Transparenzgebot (nachfolgend II.).

I. Regelung im SchVÄndG-DiskE 1. Regelungsgehalt von §  795 Abs.  2 BGB-DiskE Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen durch deutsche Gerichte wird rechtspolitisch kritisiert. Deutschland habe im internationalen Vergleich einen „Sonderweg“671 eingeschlagen, der aufgrund der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil des deutschen Rechts im internationalen Anleihegeschäft und zu einer regulierungsbedingten Abwanderung insbesondere nach Großbritannien geführt habe. 672 Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass der SchVÄndG-DiskE zur Verwirklichung des zentralen Ziels, die Attraktivität des auf Schuld­ verschreibungen anwendbaren deutschen Rechts zu steigern, 673 in §  795 Abs.  2 Satz 3 BGB-DiskE eine Bereichsausnahme vorsah. 674 Danach sollten die §§  305–309 BGB auf Anleihebedingungen keine Anwendung mehr finden. Be670 Statt vieler LBS/Groß 40. Kap. Rn.   60; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  55. 671 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31. 672  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1596; Siebel WM 1994, 1781 f.; ähnlich Bergfort Die Bank 2006, 24, 25 („juristischen Standortnachteil“); Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 364. 673  BT-Drucks. 16/12814, 1 unter A. 674 Der AK SchVR ZIP 2014, 845, 846 plädiert de lege ferenda für einen gesetzlichen Ausschluss der §§  305–310 BGB und deren Ersetzung durch eine Inhaltskontrolle nach §  3 Satz 2 SchVG-AK-E, die „dem Sinn und Zweck der Bestimmungen Geltung […] verschaffen und […] insbesondere die in den Anleihebedingungen vorgesehene Verteilung der Risiken zwischen Schuldner und Gläubiger wahren“ (AK SchVR ZIP 2014, 845, 847) muss.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

gründet wurde dieser Änderungsvorschlag damit, die Klauselverbote des AGB-Rechts seien im Wesentlichen auf Warenlieferungs- und Dienst­leistungs­ ver­träge zugeschnitten und könnten daher auf Anleihebedingungen allenfalls modifiziert angewandt werden.675 Die Gesetzesänderung hätte aber – obgleich Stellungnahmen in der Literatur häufig den gegenteiligen Anschein erwecken676 – nicht zur Folge gehabt, dass Anleihebedingungen fortan jeglicher Inhaltskontrolle entzogen gewesen wären. Nach §   795 Abs.  2 Satz 1 BGBDiskE sollten nämlich Anleihebedingungen, welche die Gläubiger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, weiterhin unwirksam sein. 677 Die Unwirksamkeit einzelner Anleihebedingungen sollte gemäß §  795 Abs.  2 Satz 2 BGB-DiskE die Wirksamkeit der Anleihebedingungen im Übrigen unberührt lassen. Diese inhaltlich mit den §§  306 Abs.  1, 307 Abs.  1 Satz 1 BGB übereinstimmenden Regelungen hätten in der Zusammenschau mit §  795 Abs.  2 Satz 3 BGB-DiskE lediglich einen Ausschluss der besonderen Klauselverbote der §§  308, 309 BGB bewirkt.678 Nicht beseitigt hätten sie allerdings die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen als solche sowie die aus dem unbestimmten Rechtsbegriff einer unangemessenen Benachteiligung resultierende Rechtsunsicherheit. 2. Gründe für die gesetzgeberische Zurückhaltung Der Regelungsgehalt des §  795 Abs.  2 BGB-DiskE wurde zwar noch in den nicht veröffentlichten Vorentwurf aus dem Jahr 2006 für den SchVG-RefE übernommen,679 anschließend aber fallen gelassen. Die Begründung des SchVG-RegE erläutert diese Abkehr von der Bereichsausnahme mit der Un­ gewissheit über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Es sei – aus der Sicht des deutschen Gesetzgebers – noch nicht abschließend geklärt, ob eine AGBrechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen durch die derzeit geltende Klausel-RL geboten sei. 680 Diese Ungewissheit über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben wurde durch den am 8.10.2008 veröffentlichten Verbraucher675 

Begründung des SchVÄndG-DiskE, 10 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. Z. B. Cranshaw BKR 2008, 504, 505; LBS/Groß 40. Kap. Rn.  60. Auf die Inhaltskon­ trolle nach §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE weisen z. B. Assmann WM 2005, 1053, 1062; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127 ausdrücklich hin. 677 Obgleich §   795 Abs.  2 Satz 2 BGB-DiskE nicht in die beschlossene Gesetzesfassung übernommen wurde, befürwortet Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  50 de lege lata eine Inhaltskontrolle ausschließlich am Maßstab des §  242 BGB. Bereits vor dem SchVÄndG-DiskE wurde insbesondere in Fälle der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung eine Inhaltskontrolle auf Grundlage von §  242 BGB vertreten, siehe z. B. Joussen WM 1995, 1861, 1869; Kallrath Wertpapierbedingungen 63; ablehnend Assmann WM 2005, 1053, 1065 f. 678  Zu der Anwendbarkeit der §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB nachstehend Kap.  2 §  5 B. 679  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1597 mit Fn.  7; Sester AcP 209 (2009), 628, 634. 680  BT-Drucks. 16/12814, 13 unter A. Zu Einzelheiten sogleich Kap.  1 §  3 D. I. 3. 676 

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RL-E681 verstärkt. In dieser sollte die Klausel-RL mit anderen verbraucherschützenden Vorschriften zusammengefasst und fortentwickelt werden. Zu diesem Zweck sah der Entwurf in den Art.  30–39 Verbraucher-RL-E Regelungen über missbräuchliche Vertragsklauseln vor. Während Art.  3 Nr.  2 Verbraucher-RL-E den Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich auf Verträge über Finanzdienstleistungen682 erstreckte, enthielt ErwGr 11 Verbraucher-RL-E eine empfindliche Einschränkung. Vor dem Hintergrund, dass das für Finanzdienstleistungen geltende Gemeinschaftsrecht zahlreiche Verbraucherschutzbestimmungen enthielt, sollte die Verbraucher-RL-E auf Verträge über Finanzdienstleistungen nur insoweit Anwendung finden, als dies zur Beseitigung von Regelungslücken notwendig sei. Diese nur subsidiäre Anwendung der Art.  30–39 Verbraucher-RL-E auf Verträge über Finanzdienstleistungen begründete erhebliche Rechtsunsicherheit darüber, ob und in welchem Umfang die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen geboten war. Da es den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aufgrund des vollharmonisierenden Charakters der Richtlinie (Art.  4 Verbraucher-RL-E) verboten sein sollte, strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes zu erlassen, kündigte die Bundesregierung in der Begründung des SchVG an, den Versuch zu unternehmen, auf eine genauere Bestimmung des Anwendungsbereichs der Richtlinie hinzuwirken, insbesondere im Hinblick auf Anleihebedingungen. 683 Bis dahin werde von einer Neuregelung im nationalen Recht abgesehen. 3. Vorgaben der Klausel-RL Abweichend von dem Verbraucher-RL-E enthält die am 23.6.2011 vom Europä­ ischen Parlament beschlossene und am 25.10.2011 vom Ministerrat verabschiedete Verbraucher-RL keine umfassende Neuregelung des Rechts über missbräuchliche Vertragsklauseln, sondern lediglich eine punktuelle Ergänzung der Klausel-RL durch die Einführung von Art.  8a Klausel-RL in Art.  32 Verbraucher-RL. Die im Übrigen unverändert fortbestehenden Vorgaben gelten auch

681  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher, KOM(2008) 614 endgültig. 682  Der Begriff der Finanzdienstleistung sollte nach Art.  2 Abs.  13 Verbraucher-RL-E jede Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Geldanlage umfassen, also auch die Emission und den Erwerb von Anleihen, siehe Sester AcP 209 (2009), 628, 644. 683  BT-Drucks. 16/12814, 13 unter A.

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für verbriefte Leistungsversprechen684 und hindern den deutschen Gesetzgeber daran, Anleihebedingungen dem AGB-Recht zu entziehen. 685 a) Anwendungsbereich der Klausel-RL Der sachliche Anwendungsbereich der Klausel-RL ist nicht auf Verträge über den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen beschränkt, sondern umfasst auch Verträge, durch die Wertpapiere geschaffen werden. 686 aa) ErwGr 10 Klausel-RL Die in der Literatur vertretene Gegenansicht687 gründet darauf, dass die ErwGr 2, 5, 6, 7 und 9 der Klausel-RL nicht derart offen formuliert sind, dass sie alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern erfassen, sondern nur den Verkauf bzw. Kauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. Eine Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs auf Kauf- und Dienstleistungsverträge folgt hieraus aber nicht. Zum einen umschreibt ErwGr 10 Satz 2 Klausel-RL den sachlichen Anwendungsbereich derselben – im Einklang mit Art.  1 Abs.  1 Klausel-RL – dahingehend, dass die Vorschriften für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten sollen. Ausdrücklich ausgenommen sind nach ErwGr 10 Satz 3 Klausel-RL lediglich Arbeitsverträge sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts. Zum anderen sprechen die ErwGr 3 und 21 Klausel-RL allgemein und ohne eine Beschränkung auf Kauf- und Dienstverträge von missbräuchlichen Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Dies legt es nahe, dass die ausdrückliche Nennung der Kauf- und Dienstverträge in den ErwGr 2, 5, 6, 7 und 9 der Klausel-RL lediglich beispielhaft aufgrund deren herausragenden praktischen Bedeutung erfolgte. bb) Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts Für Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts sieht die Klausel-RL keine Bereichsausnahme vor. (1) Anhang der Klausel-RL Aus einem Umkehrschluss zu Anhang Nr.  2 Buchst. c Klausel-RL ergibt sich lediglich eine Einschränkung der auf solche Verträge anwendbaren Klauselver684  Kalss Anlegerinteressen 95; a. A. Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  48, deren Hinweis auf Art.  2 Nr.  3 Verbraucher-RL insofern verfehlt ist, als die dortige Begriffsbestimmung für Waren nur für die Verbraucher-RL gilt, nicht aber für die Klausel-RL. 685  A. A. Leber Obligationäre 89. 686  N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 360; Kallrath Wertpapierbedingungen 66. 687  Siebel WM 1994, 1781, 1782; UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  4.

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bote, die ihrerseits die grundsätzliche Anwendung der Klausel-RL auf Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts voraussetzt. (a) Einschränkung der anwendbaren Klauselverbote Der Anhang der Klausel-RL enthält gestützt auf Art.  3 Abs.  3 Klausel-RL eine nicht abschließende Liste mit Klauseln, die den Mitgliedstaaten als Hinweis dient, welche Klauseln im Zuge der Umsetzung der Richtlinie in mitgliedstaatliches Recht für missbräuchlich erklärt werden können. Den Anwendungsbereich der in Anhang Nr.  1 Buchst. g, j und l Klausel-RL genannten Klauselverbote präzisiert Anhang Nr.  2 Buchst. c Klausel-RL dahingehend, dass diese keine Anwendung finden auf Geschäfte mit Wertpapieren, Finanzpapieren und anderen Erzeugnissen und Dienstleistungen, bei denen der Preis von der Veränderung einer Notierung oder eines Börsenindex oder von Kursschwankungen auf dem Kapitalmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat. Hieraus folgt, dass die Klausel-RL im Übrigen, einschließlich der anderen Klauselverbote, auch auf Geschäfte mit kapitalmarktfähigen Wert- und Finanzpapieren Anwendung findet. 688 Der Begriff des Geschäfts mit Wert- und Finanzpapieren ist dabei weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die Kauf- und Tauschverträge am Sekundärmarkt,689 sondern auch die Begründungsgeschäfte, mit denen der Inhalt der Rechte aus den Papieren festgelegt wird. 690 Dies ergibt sich daraus, dass die in Anhang Nr.  2 Buchst. g und j Klausel-RL genannten Bereichsausnahmen Klauselverbote betreffen, die auf Dauerschuldverhältnisse zugeschnitten sind. 691 (b) Umsetzung im deutschen Recht Dementsprechend hat auch der deutsche Gesetzgeber weder bei der Umsetzung der Vorgaben der Klausel-RL in das AGBG noch bei dessen Implementierung in das BGB die Absicht verfolgt, eine Bereichsausnahme für Wert- und Finanzpapiere zu schaffen. Das Interesse der Emittenten an einer vereinfachten Geschäftsabwicklung gegenüber dem anonymen Anlegerpublikum hat ihn – im Einklang mit den Vorgaben der Klausel-RL – lediglich zu der Aussage bewogen, dass die Wertpapierbedingungen den Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen dem jeweiligen Inhaber eines Papiers und dem Aussteller bestimmen,

688 WLP/Pfeiffer RL Anh. Rn.  202 f.; von Randow ZBB 1994, 23, 27 mit Fn.  32; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 656. 689  So aber Assmann WM 2005, 1053, 1058; Bungert DZWiR 1996, 185, 190; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1126; Keller BKR 2005, 326, 327 f. 690  So im Ergebnis für Eigenemissionen Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168, 172. 691  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 656.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

ohne dass die Einbeziehungsvoraussetzungen des §  2 AGBG (heute §  305 Abs.  2 BGB) erfüllt sein müssten. 692 (2) Änderungsantrag im Rahmen der Vorarbeiten für die Verbraucher-RL Späte Bestätigung findet die Rechtsauffassung des deutschen Gesetzgebers in einem Antrag des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments (Juri) im Februar 2011 zu einer Änderung des Anwendungsbereichs der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle im Rahmen der Vorarbeiten für die Verbraucher-RL. Diese sollte nicht mehr nur die alten aus der Klausel-RL bekannten Ausnahmetatbestände enthalten, sondern um eine Ausnahme für Verträge auf dem Gebiet des Wertpapierrechts – in der englischen Fassung „bond terms“693 – ergänzt werden. 694 Der Änderungsantrag fand jedoch keine Mehrheit. 695 b) Vermeintlicher Wettbewerbsnachteil des Finanzplatzes Deutschland Die Tatsache, dass die Vorgaben der Klausel-RL auch für Anleihebedingungen gelten, lässt erkennen, dass deren Inhaltskontrolle kein „Sonderweg“696 ist, sondern in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU zu erfolgen hat. 697 Daher beruhen eventuelle698 Wettbewerbsnachteile Deutschlands nicht auf einer besonderen Gestaltung des deutschen Rechts, sondern auf einem Umsetzungsdefizit in anderen Mitgliedstaaten. Überdies sprechen gewichtige rechtspolitische Gründe für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen, die insbesondere im Lichte der Erfahrungen aus der Staatsschuldenkrise wieder stärker in das Bewusstsein gerückt sind. Jeder Anbieter von Finanzmarktiteln ist auf 692  BT-Drucks. 7/3919, 18 zu §  2 Abs.  1 AGBG-RegE unter Nr.  3. Zu Einzelheiten der Einbeziehung vorstehend Kap.  1 §  3 B. III. 2. c). 693  Opinion of the Committee on Legal Affairs (24.1.2001) for the Committee on the Internal Market and Consumer Protection on the proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on consumer rights (COM(2008)0614 – C6-0349/2008 – 2008/0196(COD)), Amendment 37, Recital 45a (new). 694  Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vom 22.2.2011 über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher (KOM(2008)0614 – C7-0349/2008 – 2008/0196(COD)), 31, Änderungsantrag 37, Erwägung 45a. 695  Siehe DAI, Stellungnahme zum BSchuWG-RegE – Hier: Änderung des SchVG vom 16.5.2012, 3. 696 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31. 697  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 655. Sofern diesem Verständnis des sachlichen Anwendungsbereichs der Klausel-RL entgegnet wird, dass sie in Großbritannien dahingehend umgesetzt worden sei, dass sie auf bond terms keine Anwendung finde (Hopt FS Schwark, 2009, 441, 445; zustimmend Sester AcP 209 (2009), 628, 643), ist dem zu entgegnen, dass weder die Umsetzungspraxis einzelner Mitgliedstaaten noch das Nichteinschreiten der Euro­ päischen Kommission die Auslegung der Klausel-RL präjudiziert. Aus dem bloßen Sein folgt nichts für das Sollen. 698  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 655 sieht die Wettbewerbsnachteile in der EU als beseitigt an.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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die Nachfrage des Kapitalmarktes angewiesen. Voraussetzung hierfür ist das Vertrauen der Anleger. Dieses bezieht sich bei strukturierten Finanzprodukten – im Unterschied z. B. zu Aktien – nicht nur auf die Bonität der Emittenten, sondern auch auf die Seriosität der angebotenen Produkte. Könnten die Anbieter bei der Strukturierung ihrer Produkte aufgrund einer Bereichsausnahme für Anleihebedingungen risikolos Bestimmungen verwenden, welche die Anleger in Konfliktfällen unangemessen benachteiligen, wäre dieses Vorgehen geeignet, Marktteilnehmer von dem zukünftigen Erwerb solcher Finanz­titel abzuhalten. Daher begründet die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen im internationalen und interkontinentalen Wettbewerb der Finanzplätze nicht notwendig einen Wettbewerbsnachteil. Sie eröffnet auch die Chance, das Vertrauen der Anleger in strukturierte Anlageprodukte zurückzugewinnen und dadurch Finanzplätze innerhalb der EU, insbesondere im Vergleich mit Großbritannien und den U.S.A., zu stärken. 699

II. Keine Beschränkung auf die Transparenzkontrolle Mit §  3 SchVG hat der Reformgesetzgeber ein besonderes Transparenzgebot für Anleihebedingungen eingeführt. Danach muss die vom Schuldner versprochene Leistung durch einen Anleger, der hinsichtlich der jeweiligen Art der Schuldverschreibung sachkundig ist, ermittelt werden können. Aus der Existenz dieser Sonderregelung der Transparenzkontrolle kann insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Reformgesetzgeber bewusst von der Kodifizierung des §  795 Abs.  2 BGB-DiskE Abstand genommen hat,700 nicht gefolgert werden, der Reformgesetzgeber habe die Anleihebedingungen – ohne dies ausdrücklich zu regeln – der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle umfassend entziehen wollen.701 Die Transparenzkontrolle war und ist nur ein eigenständiger Teilbereich der Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen; sie lässt die auf Grundlage der §§  307 ff. BGB vorzunehmende Angemessenheitskontrolle unberührt.702

E. Keine umfassende Kontrollfreiheit nach §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB Die Regelung in §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB schließt eine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der 699 Ähnlich Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 655, nach dessen Ansicht die Inhaltskontrolle der Förderung eines breit angelegten Kapitalmarktes dient. 700  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 D. I. 2. 701 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.   15.242; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 400. 702 Hopt/Seibt/Artzinger-Bolten/Wöckener SchVG §  3 Rn.  29; Kühn Barabfindungsklauseln 240.

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

§§  308 und 309 BGB jedenfalls nicht umfassend aus. Weder fehlt es an Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung der Anleihebedingungen (nachfolgend I.) noch handelt es sich bei sämtlichen Bestimmungen um kontrollfreie Leistungsbzw. Produktbeschreibungen (nachfolgend II.).

I. Fehlen rechtsnormativer Vorgaben Weder das SchVG noch die §§  793 ff. BGB703 enthalten positive gesetzliche Vorgaben über die inhaltliche Ausgestaltung des verbrieften Leistungsversprechens. Diese Tatsache steht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen allerdings nicht entgegen.704 Gegenteiliges, nämlich die Kontrollfreiheit sämtlicher Bestimmungen in Anleihebedingungen aus §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB herzuleiten, überzeugt nicht. 1. Unterscheidung zwischen Treu und Glauben und rechtsnormativen Vorgaben Nach §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB unterliegen nur solche Bestimmungen in AGB einer Inhaltskontrolle am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierdurch soll die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auf solche Regelungsbereiche beschränkt sein, in denen die Rechtsordnung bereits eine normative Interessenabwägung vorgenommen und durch eine Rechtsvorschrift zum Ausdruck gebracht habe. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs sei mithin allein die Existenz „rechtsnormativer Vorgaben“705. Neben den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften könnten zwar auch ungeschriebene Rechtsgrundsätze solche Vorgaben enthalten, dies aber nur, wenn sie im objektiven Recht tatsächlich bereits vorhanden seien.706 Müsse der Richter hingegen auf die Maßstäbe von Treu und Glauben zurückgreifen, um die in den AGB geregelte Angelegenheit zu entscheiden, enthalte das objektive Recht noch keine rechtsnormative Vorgabe. Vielmehr sei es die Aufgabe des Richters, diese erst für die Zukunft zu entwickeln. Solange dieser Vorgang noch nicht abgeschlossen sei, bestehe ein kon­ trollfreier Bereich, der von den Vertragsparteien privatautonom ausgefüllt werden könne,707 ohne dass die Unwirksamkeit der Bestimmungen nach §§  307 703  Zu der typologischen Farblosigkeit des Leistungsversprechens nachstehend Kap.  2 §  4 B. II. 704  So im Ergebnis aber Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604; Assmann WM 2005, 1053, 1066; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 73; dagegen von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 49 f., da stets die Möglichkeit des Rückgriffs auf §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB verbleibe. 705  Joost ZIP 1996, 1685, 1690 zu §  8 AGBG. 706  Joost ZIP 1996, 1685, 1691 zu §  8 AGBG. 707  Joost ZIP 1996, 1685, 1690 zu §  8 AGBG.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Abs.  1 Satz 1, 308 oder 309 BGB drohe. Mit dieser Ansicht wird in Bezug auf Anleihebedingungen sympathisiert.708 Grund hierfür ist, dass weder die §§  793 ff. BGB noch das SchVG positive gesetzliche Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung des verbrieften Leistungsversprechens enthalten. Insbesondere der in dem SchVÄndG-DiskE enthaltene Vorschlag, die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über Schuldverschreibungen auf den Inhaber durch die Einführung zusätzlicher Vorschriften (§§  795 ff. BGB-DiskE) um ein gesetzliches Leitbild für Anleihebedingungen zu ergänzen,709 wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht weiterverfolgt. Somit fehle es für den Inhalt des Leistungsversprechens weiterhin an rechtsnormativen Vorgaben, weshalb eine Inhaltskontrolle sämtlicher Bestimmungen in Anleihebedingungen am Maßstab von §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie den §§  308, 309 BGB ausscheide. 2. Restriktive Auslegung von §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB Die auf die Unterscheidung zwischen rechtsnormativen Vorgaben einerseits sowie Treu und Glauben andererseits gründende extensive Auslegung des §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB vermag nicht nur in Bezug auf Schuldverschreibungen, sondern allgemein nicht zu überzeugen. Insbesondere eine Differenzierung innerhalb der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze danach, ob diese bereits von einem Gericht ausgesprochen oder allgemein anerkannt710 sind, ist mit §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unvereinbar. a) Begriff der Rechtsvorschrift Der Begriff der Rechtsvorschrift i. S. d. §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB ist nicht auf Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn beschränkt.711 Ausweislich §   307 Abs.  2 Nr.  2 BGB soll die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle die Vertragspartner der Verwender nicht nur davor schützen, dass in AGB zu Ihren Lasten in unzumutbarer Weise von wesentlichen Grundgedanken einer besonderen gesetzlichen Regelung abgewichen wird, sondern auch davor, dass die im Gesetz nicht ausbuchstabierten Rechte, die sie nach der Natur des Vertrags erwarten dürfen, unangemessen verkürzt werden.712 Bedeutung erlangt dieser Maßstab insbe708 

Rozijn ZBB 1998, 77, 93. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 A. II. 1. b) aa) und §  6 B. IV. 1. 710  Die Formulierung, dass zu den Rechtsvorschriften i. S. d. §  8 AGBG (heute §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB) auch „allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze“ gehören, findet sich u. a. in BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383; BGHZ 93, 358, 363 = NJW 1985, 3013; BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182. Der Bergriff wird in der Entscheidung BGHZ 121, 13, 18 = NJW 1993, 721 dahingehend klargestellt, dass er „alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze“ umfasst. 711  BGHZ 121, 13, 18 = NJW 1993, 721; BGHZ 93, 358, 362 = NJW 1985, 3013; BAG NJW 2010, 2455 Rn.  41; BAG NJW 2007, 536 Rn.  18; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  51; a. A. nur Schaefer VersR 1978, 4, 7. 712  BGHZ 100, 157, 174 = NJW 1987, 1931; BGHZ 93, 358, 363 = NJW 1985, 3013. Abwei709 

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sondere bei nicht besonders geregelten Vertragstypen.713 Eine Beschränkung des Begriffs der Rechtsvorschriften i. S. d. §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB auf Gesetzesvorschriften hätte zur Folge, dass §  307 Abs.  2 Nr.  2 BGB seines wesentlichen Anwendungsbereichs entkleidet wäre.714 Ein solcher Widerspruch zwischen §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB und §  307 Abs.  2 Nr.  2 BGB wird dadurch vermieden, dass der Begriff der Rechtsvorschriften neben Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn auch allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze umfasst, einschließlich aller ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, der Regeln des Richterrechts sowie der im Wege ergänzender Auslegung und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten.715 b) Gebote von Treu und Glauben als Bestandteile des objektiven Rechts Zu den Rechtsvorschriften i. S. d. §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB gehören ungeschriebene Rechtsgrundsätze nicht erst dann, sobald sie von einem Gericht – insoweit lässt die Gegenansicht ungeklärt, von welcher Instanz die Entscheidung stammen muss und ob es einer ständigen Rechtsprechung bedarf – ausgesprochen werden. Sie sind, jedenfalls soweit sie aus objektiven Wertmaßstäben und Wertungen abgeleitet werden können,716 ipso iure Bestandteile des objektiven Rechts. Dies gilt auch für die Gebote von Treu und Glauben. Zwar trifft der Befund zu, dass die Gerichte unter Berufung auf §  242 BGB Rechtsfortbildung auch in Form der Neuschöpfung von Rechten und Pflichten betreiben.717 Dies ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgeber die Gebote von Treu und Glauben in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB ohne die Einschränkung, die ungeschriebenen Rechtsgrundsätze müssten bereits zuvor von einem Gericht ausgesprochen oder allgemein anerkannt worden sein, zum zentralen Beurteilungsmaßstab für eine unangemessene Benachteiligung erklärt hat. Zudem verbietet die Rechtsfolge chend hiervon sieht Schaefer VersR 1978, 4, 7 einen untrennbaren Zusammenhang nur zwischen §  8 AGBG und §  9 Abs.  2 Nr.  1 AGBG. 713  Brandner FS Hauß, 1978, 1, 8; Martin VersR 1984, 1107, 1109. 714  BGHZ 93, 358, 362 f. = NJW 1985, 3013; Dylla-Krebs Inhaltskontrolle 126; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  282; ähnlich Frantzen Genußscheine 32. Konzeptionell abweichend Stoffels AGBR Rn.  434. 715  BGHZ 137, 27, 29 f. = NJW 1998, 383; BGHZ 121, 13, 18 = NJW 1993, 721; BAG NJW 2010, 2455 Rn.  41; BAG NJW 2007, 536 Rn.  18; BAG NZA 2006, 324 Rn.  4 4; Brandner FS Hauß, 1978, 1, 8; Dylla-Krebs Inhaltskontrolle 126; Soergel/Fritzsche BGB §  307 Rn.  16; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  26; Graf von Westphalen/Thüsing in Graf von Westphalen/Thüsing VertragsR Leistungsbestimmungen Rn.  2 ; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  51; Kallrath Wertpapierbedingungen 84; Niebling WM 1992, 845, 846; BRHP/H. Schmidt BGB §  307 Rn.  74; Stoffels AGBR Rn.  434; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  294; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  282; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  7; wohl ähnlich Niebling BB 1984, 1713, 1716: hinreichend konkretisierter Vergleichsmaßstab im materiellen Recht. Kritisch zum Richterrecht Niebling Inhaltskontrolle 70. 716  Mit dieser Einschränkung WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  282. 717  Statt vieler MüKoBGB/Schubert §  242 Rn.  2.

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des §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB, wonach Bestimmungen in AGB, die den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, ipso iure unwirksam sind,718 das Ergebnis, dass der Vertragspartner, der als erster den Rechtsweg gegen eine solche Klausel beschreitet, eine derartige Benachteiligung mangels einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle erdulden müsste, während dieselbe Klausel, die definitionsgemäß für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt ist, gegenüber anderen Vertragspartnern in nachfolgenden Gerichtsverfahren unwirksam sein soll.

II. Anleihebedingungen als Leistungsbeschreibungen Ein nicht auf Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn beschränktes Verständnis des Begriffs der Rechtsvorschriften i. S. d. §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB719 reduziert den kontrollfreien Bereich und weitet spiegelbildlich den Anwendungsbereich des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB aus.720 Von dieser Inhaltskontrolle ausgenommen sind – neben Preisvereinbarungen für die Hauptleistung 721 und deklaratorischen Klauseln722 – die Leistungsbeschreibungen.723 Die in der Literatur vertretene Ansicht, sämtliche724 oder nahezu alle725 Bestimmungen in Anleihebedingungen seien kontrollfreie Leistungsbeschreibungen, beruht darauf, dass die Teilschuldverschreibungen einer Anleihe Rechtsprodukte sind, die ausweislich der Formulierung des §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB, wonach der Inhaber berechtigt ist, die Leistung „nach Maßgabe des Versprechens“ zu verlangen, durch die Anleihebedingungen erschaffen werden.726 In diesem Punkt unterscheiden sich Anleihebedingungen von AGB im Warenverkehr. Letztere sind als Nebenbestimmungen nur Gegenstand des Kaufvertrags, nicht aber die Kaufsache selbst, erstere hingegen sowohl notwendiger 718 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1. b) aa). Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. I. 2. a). 720  G. Roth ÖZW 1977, 33, 37 zu §  8 AGBG. Abweichend Koller FS Steindorff, 1990, 667, 677, der anstelle einer restriktiven Anwendung des §  8 AGBG (heute §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB) eine Lösung über die §§  2 Abs.  1, 3 AGBG (heute §§  305 Abs.  2, 305c Abs.  1 BGB) bevorzugt. 721  Statt vieler BGHZ 161, 189, 191 = NJW 2005, 1275; Palandt/Grüneberg BGB §   307 Rn.  46. 722  Statt vieler BGHZ 147, 354, 358 = NJW 2001, 2014; BGHZ 91, 55, 57 = NJW 1984, 2161; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  50. 723  Statt vieler BGHZ 152, 233, 238 = NJW 2003, 2014; Palandt/Grüneberg BGB §   307 Rn.  4 4; a. A. Billing Inhaltskontrolle 167, der eine Inhaltskontrolle im Hinblick auf die Vertragszweckgefährdung (§  307 Abs.  2 Nr.  2 BGB) für möglich hält. 724  Ekkenga Anlegerschutz 51; ders. ZHR 160 (1996), 59, 72. 725  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604; ähnlich Assmann WM 2005, 1053, 1059: sämtliche Anleihebedingungen, die „der Ausformulierung des verbrieften Versprechens des Emittenten dienen“; S. Brandt BKR 2005, 328, 329 f. Dagegen Eidenmüller Unternehmenssanierung 227: „in dieser Generalität […] sicherlich nicht haltbar“. 726  Assmann WM 2005, 1053, 1059, 1066; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604. 719 

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Bestandteil des Leistungsversprechens727 als auch – verkürzt gesprochen – das platzierte Objekt selbst.728 Aus dieser in der Natur von Teilschuldverschreibungen als Rechtsprodukten angelegten Besonderheit folge, dass Anleihebedingungen vollumfänglich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen seien, die – ihre Durchführung unterstellt – auf die Setzung „finanzwirtschaftlicher Produktsicherheitsstandards“729 hinausliefe.730 Dies überzeugt nicht. Mit Versicherungen und selbstständigen Herstellergarantien existieren vergleichbare Rechts­ produkte, deren Bedingungen nicht sämtlich kontrollfreie Leistungsbeschreibungen und als solche der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen sind (nachfolgend 1.). Gründe, Anleihebedingungen grundlegend anders zu behandeln, sind nicht ersichtlich (nachfolgend 2.). 1. Vertragsbezogener Ansatz bei Rechtsprodukten Die Aussage, die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB führe finanzwirtschaftliche Produktsicherheitsstandards ein,731 beruht auf dem – hier abgelehnten – Verständnis der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle als In­strument zur Kompensation eines Marktversagens732 und ist Ausdruck des Versuchs, dieses auch für die Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs fruchtbar zu machen. Danach sollen alle Regelungsgegenstände, die durch den Markt bestimmt werden, der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen sein und ausschließlich der Kontrolle durch den Wettbewerb unterliegen.733 Kontrollfrei seien daher sämtliche charakteristischen Merkmale der Leistungspflichten, welche die Identität des Rechtsprodukts als Gegenstand des Wettbewerbs konstituierten. Hierzu zählten nicht nur die essentialia negotii, sondern alle Regelungen, die nach den Gegebenheiten des betroffenen Marktes typischerweise erhebliche Bedeutung für die Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Produkten hätten.734 Um zu bestimmen, welche Vertragsbestimmungen außer den essentialia negotii dem Wettbewerb unterliegen, müssten die Gerichte nicht nur die divergierenden tatsächlichen Wettbewerbsbedingungen der unterschiedlichen Branchen,

727 

Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604. Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  48; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 71 f.; von Randow ZBB 1994, 23, 26. Dagegen Bungert DZWiR 1996, 185, 192. 729  Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 73. 730  Assmann WM 2005, 1053, 1059; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1605; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 72, 73. Dagegen von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 49. 731  Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 73. 732  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 C. I. 733  Canaris NJW 1987, 609, 613; Dylla-Krebs Inhaltskontrolle 154  ff.; Stoffels AGBR Rn.  4 49. Ähnlich Köndgen NJW 1989, 943, 948 für Preis- und Preisnebenabreden. 734 UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  53. 728 

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sondern auch die Besonderheiten des jeweiligen Produkts berücksichtigen.735 Die hiernach gebotene Einzelfallbetrachtung begründete nicht nur erhebliche Rechtsunsicherheit, sondern stellte die Gerichte auch vor wohl unüberbrück­ bare praktische Schwierigkeiten. Daher verfolgt die Rechtsprechung zu Recht auch bei Rechtsprodukten wie Versicherungen und selbstständigen Herstellergarantien einen sog. vertragsbezogenen Ansatz. a) Versicherungsbedingungen Bei der Gestaltung von AVB genießt der Versicherer einen weiten Spielraum, der lediglich durch wenige zwingende und halbzwingende Bestimmungen des Versicherungsvertragsrechts (z. B. die §§  18, 32, 42 VVG) eingeschränkt ist.736 Kontrollfrei bleiben nach ständiger Rechtsprechung nur bloße Leistungsbeschreibungen, die den unmittelbaren Gegenstand der geschuldeten Leistung festlegen, aber die für die Leistung geltenden gesetzlichen Vorschriften unberührt lassen.737 Hingegen werden Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich kontrolliert.738 Der Inhaltskontrolle am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB entzogen ist damit nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.739

735 UBH/Fuchs

BGB §  307 Rn.  46. Statt vieler UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  55. 737  BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 142, 103, 109 = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 137, 174, 175 = NJW 1998, 1069; BGHZ 128, 54, 59 = NJW 1995, 589; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGH NJW-RR 2008, 189 Rn.  13; BGH NJW 2001, 1934, 1935; BGH NJW-RR 2001, 1242, 1243; BGH NJW 1999, 3411, 3412; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; OLG Karlsruhe VersR 2011, 869, 871; OLG Köln NJW-RR 2002, 598; OLG München NVersZ 2000, 372, 373. 738  BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 142, 103, 109 = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 137, 174, 175 = NJW 1998, 1069; BGHZ 128, 54, 59 = NJW 1995, 589; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGH NJW-RR 2008, 189 Rn.  13; BGH NJW 2001, 1934, 1935; BGH NJW-RR 2001, 1242, 1243; BGH NJW 1999, 3411, 3412; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; OLG Karlsruhe VersR 2011, 869, 871; OLG Köln NJW-RR 2002, 598; OLG München NVersZ 2000, 372, 373. Kritisch Niebling BB 1984, 1713, 1716 mit der Begründung, die §§  9 ff. AGBG (heute §§  307 ff. BGB) seien nur auf Nebenleistungen zugeschnitten. 739  BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 142, 103, 109 f. = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 128, 54, 59 = NJW 1995, 589; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGH NJW-RR 2008, 189 Rn.  13; BGH NJW 2001, 1934, 1935; BGH NJW-RR 2001, 1242, 1243; BGH NJW 1999, 3411, 3412 f.; BGH NJW-RR 1996, 594; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; OLG Karlsruhe VersR 2011, 869, 871; OLG Köln NJW-RR 2002, 598; OLG München NVersZ 2000, 372, 373. Zustimmend UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  56. 736 

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b) Bedingungen einer selbstständigen Herstellergarantie Die im Bereich der Versicherungsbedingungen etablierte Unterscheidung zwischen kontrollfreien bloßen Leistungsbeschreibungen einerseits und zu kontrollierenden einschränkenden, verändernden, ausgestaltenden oder modifi­ zierenden Bestimmungen andererseits hat die Rechtsprechung auf die Bedingungen einer selbstständigen Herstellergarantie übertragen. Mit der in einer Garantiekarte enthaltenen Garantiezusage des Herstellers wird zwischen diesem und dem Kunden ein selbstständiges Vertragsverhältnis dadurch begründet, dass der Verkäufer – regelmäßig als Bote des Herstellers handelnd – die Garantiekarte dem Kunden übergibt und dieser das darin liegende Angebot unter Verzicht auf den Zugang (§  151 Satz 1 Alt.  2 BGB) stillschweigend annimmt.740 Bei der Ausgestaltung des Inhalts und der Reichweite des selbstständigen Garantieversprechens sind die Hersteller zwar grundsätzlich frei.741 Dies führe – so der BGH – aber nicht dazu, dass sämtliche Garantiebedingungen der Inhaltskontrolle am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB entzogen seien.742 Der kontrollfreie Bereich umfasse nicht sämtliche Abreden über den Gegenstand der Hauptleistung, sondern nur die vertragliche Festlegung des unmittelbaren Leistungsgegenstands.743 Davon zu unterscheiden seien solche Regelungen, welche die Leistungspflicht des Verwenders dergestalt einschränken, dass der Hersteller unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen habe.744 c) Legitimation durch §  306 Abs.  2 BGB Die im Einzelfall insbesondere bei Rechtsprodukten schwierige Unterscheidung zwischen kontrollfreien Leistungsbeschreibungen einerseits und zu kontrollierenden einschränkenden, verändernden, ausgestaltenden oder modifizierenden Bestimmungen andererseits findet ihre sachliche Legitimation in §  306 Abs.  2 BGB. Der Rechtsfolgenanordnung, dass der Inhalt des im Übrigen wirksamen Vertrags sich im Fall der Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, liegt die Annahme zugrunde, dass in den Bereichen, die der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, gesetzliche Regelungen existieren, die an die Stelle der unwirksamen Bestimmungen treten können. Fehlt eine dispositive gesetzliche Bestimmung, sieht der BGH sich an der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht gehindert, wenn und 740  BGHZ 104, 82, 85 = NJW 1988, 1726; BGHZ 78, 369, 372 f. = NJW 1981, 275; BGH NJW 1981, 2248, 2249. 741  BGHZ 104, 82, 86 = NJW 1988, 1726; BGHZ 78, 369, 373 = NJW 1981, 275. 742  BGHZ 104, 82, 89 = NJW 1988, 1726. 743  BGHZ 104, 82, 90 = NJW 1988, 1726; BGH NJW-RR 1991, 1013, 1014. 744  BGH NJW-RR 1991, 1013, 1014.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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soweit die durch die Unwirksamkeit entstehende Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden kann.745 Hinsichtlich der unmittelbaren Leistungsbeschreibung fehlen ganz überwiegend gesetzliche Regelungen, die im Fall einer Unwirksamkeit der Bestimmung in AGB gemäß §  306 Abs.  2 BGB an deren Stelle treten können; 746 auch eine ergänzende Vertragsauslegung ist nicht möglich. Das Gesetz überlässt die vertragliche Beschreibung der Hauptleistungspflichten somit grundsätzlich den Vertragsparteien.747 Dementsprechend sind die Bestimmungen in AGB, die das Ob, die Art und den Umfang der Hauptleistungspflicht unmittelbar festlegen,748 ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksames Leistungsversprechen nicht mehr angenommen werden kann,749 kontrollfrei.750 Anderes gilt für die davon zu unterscheidenden 745  BGHZ 120, 108, 122 = NJW 1993, 326; BGHZ 103, 228, 234 = NJW 1988, 1590; BGHZ 96, 18, 26 = NJW 1986, 1610; BGHZ 92, 363, 370 = NJW 1985, 480; BGHZ 90, 69, 75 = NJW 1984, 1177; BGHZ 88, 78, 85 = NJW 1983, 2632; BGH NJW 1992, 1164, 1165; BGH NJW 1990, 115, 116. 746  BGHZ 146, 331, 338 = NJW 2001, 2399; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGH NJW-RR 2005, 1479; BGH NJW-RR 1993, 375, 376. 747  BGHZ 124, 254, 256 = NJW 1994, 318; BGHZ 114, 330, 333 = NJW 1991, 1953; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGHZ 104, 82, 90 = NJW 1988, 1726; BGHZ 93, 358, 360 = NJW 1985, 3013; BGH NJW-RR 1993, 375, 376. 748  BGHZ 152, 233, 238 = NJW 2003, 2014; BGHZ 148, 74, 78 = NJW 2001, 2635; BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 146, 331, 338 = NJW 2001, 2399; BGHZ 142, 103, 108 = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 137, 174, 175 = NJW 1998, 1069; BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 124, 254, 256 = NJW 1994, 318; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGHZ 116, 117, 119 = NJW 1992, 688; BGHZ 114, 330, 333 = NJW 1991, 1953; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGHZ 104, 82, 90 = NJW 1988, 1726; BGHZ 100, 157, 173 = NJW 1987, 1931; BGH NJW 2010, 1958 Rn.  20; BGH NJW-RR 2005, 1479; BGH NJW-RR 2005, 642; BGH NJW 2001, 1132, 1133; BGH NJW 2000, 3348; BGH NJW 1999, 864; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; Assmann WM 2005, 1053, 1058; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  35; Frantzen Genußscheine 32; Soergel/Fritzsche BGB §  307 Rn.  19; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  37; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  4 4; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 370; Kallrath Wertpapierbedingungen 69; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  292; BRHP/H. Schmidt BGB §  307 Rn.  80; Sethe AG 1993, 351, 369; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  13; ähnlich Dylla-Krebs Inhaltskontrolle 187 f. Nur terminologisch abweichend Brandner FS Hauß, 1978, 1, 7, der zwischen der kontrollfreien zentralen Leistungsbestimmung und kontrollfähigen sekundären leistungsbestimmenden Klauseln unterscheidet. 749  BGHZ 148, 74, 78 = NJW 2001, 2635; BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 142, 103, 108 = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGHZ 100, 157, 174 = NJW 1987, 1931; BGH NJW 2010, 1958 Rn.  20; BGH NJW-RR 2008, 189 Rn.  13; BGH NJW 2001, 1132, 1133; BGH NJW-RR 1996, 594; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; Assmann WM 2005, 1053, 1059; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1605; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  35; Dreher VersR 1995, 245, 249; Fastrich Inhaltskontrolle 256; Frantzen Genußscheine 32 f.; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  40; Kieninger VersR 1998, 1071, 1072; Stoffels AGBR Rn.  439; abweichend Schünemann VersR 2000, 144, 147: Inhaltskontrolle von Risikobeschreibungen auch in deren Kernbereichen; kritisch F. Reinhard VersR 1996, 497, 499. 750  BGHZ 223, 1 Rn.  19 = NJW 2019, 2997; BGHZ 124, 254, 256 = NJW 1994, 318; BGH

158

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

Bestimmungen über Modalitäten der Leistungserbringung, die das Leistungsversprechen einschränken, verändern oder ausgestalten.751 Sie haben zwar mittelbar Auswirkung auf die Leistung und das Entgelt.752 An ihre Stelle können aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositive Regelungen treten. Sie unterliegen daher der Inhaltskontrolle auch am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB.753 d) Einzelne kontrollfreie Bestimmungen In Anwendung der vorstehenden Grundsätze sind nur wenige Bestimmungen in Anleihebedingungen der Inhaltskontrolle am Maßstab des §   307 Abs.   1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB entzogen. Dies gilt insbesondere für die sog. Stückelung als Festlegung des Nennbetrags der einzelnen Teilschuldverschreibungen, die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kapitals,754 den Rang des Rückzahlungsanspruchs755 sowie die Zinszahlung, und zwar sowohl die Art der Verzinsung (feste, variable Verzinsung, Ausgabedisagio, Rückzahlungsagio oder sog. Null-Kupon) als auch die Höhe des Zinssatzes.756 Wird anstelle einer Zinszahlungspflicht eine Gewinn- und Verlustbeteiligung vereinbart, unterliegt auch diese Bestimmung keiner Angemessenheitskontrolle.757 NJW 1993, 1128, 1129; H. P. Westermann in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 135, 152. 751  BGHZ 223, 1 Rn.  19 = NJW 2019, 2997; BGHZ 152, 233, 238 = NJW 2003, 2014; BGHZ 148, 74, 78 = NJW 2001, 2635; BGHZ 147, 354, 360 = NJW 2001, 2014; BGHZ 146, 331, 338 = NJW 2001, 2399; BGHZ 142, 103, 108 = NJW 1999, 3558; BGHZ 141, 137, 141 = NJW 1999, 2279; BGHZ 137, 174, 175 = NJW 1998, 1069; BGHZ 127, 35, 41 = NJW 1994, 2693; BGHZ 124, 254, 256 = NJW 1994, 318; BGHZ 123, 83, 84 = NJW 1993, 2369; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGHZ 100, 157, 173 = NJW 1987, 1931; BGHZ 93, 358, 361 = NJW 1985, 3013; BGHZ 91, 316, 318 = NJW 1984, 2160; BGH NJW 2010, 1958 Rn.  20; BGH NJW-RR 2008, 189 Rn.  13; BGH NJW-RR 2005, 1479; BGH NJW 2001, 1132, 1133; BGH NJW-RR 1993, 1049, 1050; BGH NJW 1984, 171, 172; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  35; UBH/ Fuchs BGB §  307 Rn.  58; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  4 4; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 370; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  299. Ähnlich BGH NJW 2000, 3348: „Preisnebenabreden, die mittelbare Auswirkung auf Preis und Leistung haben“. 752  BGHZ 146, 311, 338 = NJW 2001, 2399; BGHZ 137, 27, 29 = NJW 1998, 383; BGHZ 116, 117, 119 = NJW 1992, 688; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGHZ 93, 358, 361 = NJW 1985, 3013; BGH NJW-RR 2005, 1479; BGH NJW-RR 2005, 642; BGH NJW 2000, 651. 753  BGHZ 124, 254, 256 = NJW 1994, 318; BGHZ 116, 117, 119 = NJW 1992, 688; BGHZ 114, 330, 333 = NJW 1991, 1953; BGHZ 106, 42, 46 = NJW 1989, 222; BGHZ 93, 358, 361 = NJW 1985, 3013; Brandner FS Hauß, 1978, 1, 10; Frantzen Genußscheine 32. 754 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  75. 755  OLG Düsseldorf ZIP 2018, 2491, 2493. 756 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  75; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  6 4; Marsch-Barner/ Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.  52.8; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  4 4; Hammen BB 1990, 1917, 1918; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  96; Sethe WM 2012, 577, 583; ders. AG 1993, 351, 368; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 654. Siehe auch Rozijn ZBB 1998, 77, 93 für die Höhe der Verzinsung. 757  BGHZ 119, 305, 314 f. = NJW 1993, 57; BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; OLG Frankfurt

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Dies gilt nicht nur für die Gewinn- und Verlustbeteiligung als solche, sondern auch für die vertragliche Festlegung des Gewinn- und Verlustbegriffs.758 Die Emittenten können frei entscheiden, ob sie die Gläubiger am Bilanzgewinn/-verlust oder am Jahresüberschuss/-fehlbetrag beteiligen oder diese durch das Bilanzrecht definierten Begriffe substituieren oder modifizieren wollen.759 Im Gegensatz zu diesen Bestandteilen, welche die Gewinn- und Verlustbeteiligung unmittelbar ausgestalten, unterliegt die derzeit nur in wenigen Anleihebedingungen enthaltene Regelung betreffend die Art und Weise der Verlustbeteiligung nicht nur der Transparenz-, sondern auch der Angemessenheitskontrolle.760 Gleiches gilt für alle weiteren Regelungen, die das Leistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren. Sie sind kontrollfähige Leistungsnebenabreden.761 Dies gilt nicht nur für die Bestimmung der Laufzeit, d. h. die Regelung des Zeitpunkts der Rückzahlung,762 sowie den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts,763 sondern insbesondere auch für sog. Zinsanpassungsklauseln764 und die Ersetzungsbefugnis des Emittenten, den Zins- und/oder Rückzahlungsanspruch anstatt mit einer Geldleistung durch die Ausgabe neuer Aktien erfüllen zu dürfen.765 Die Unterscheidung NZG 2016, 1027 Rn.  47; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  426; Fest WM 2019, 1093, 1094; Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.   52.8; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  105, 107, 259; Hammen BB 1990, 1917, 1918; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 689; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  96; Schön JZ 1993, 925, 927; Scholz/Seibt GmbHG §  14 Rn.  141; Sethe WM 2012, 577, 583, 584; wohl nur terminologisch abweichend Thielemann Genußrecht 189; kritisch Frantzen Genußscheine 32. 758  BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; OLG Frankfurt NZG 2016, 1027 Rn.  47; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  429; Fest WM 2019, 1093, 1094; a. A. Casper ZIP 2015, 201, 208; Kinzl/ Schmidberger WM 2016, 2160, 2162; wohl auch Sethe WM 2012, 577, 583. 759  BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; OLG Frankfurt NZG 2016, 1027 Rn.  47; Fest WM 2019, 1093, 1094; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  4 4; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  35a; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 689 f. 760  BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; OLG Frankfurt NZG 2016, 1027 Rn.  47; OLG Frankfurt AG 2012, 596, 597; Fest WM 2019, 1093, 1094; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 689; Mülbert/ Sajnovits WM 2017, 1725, 1734; Sethe WM 2012, 577, 583; a. A. U. Becker NZG 2016, 1021, 1024; wohl auch Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  4 4. 761 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  79, 216; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  96; Sethe WM 2012, 577, 583; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 655; a. A. M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 401: sämtliche Modalitäten des Rückzahlungs- und Verzinsungsanspruchs seien nicht kontrollfähig. Frantzen Genußscheine 32 lehnt verallgemeinernde Aussagen über den Umfang des kontrollfreien Bereichs ab. 762 Für Rückzahlungsklauseln Parche in Henssler/Kolbeck/Moritz/Rehm, Europäische Integration und globaler Wettbewerb, 351, 357; für die Dauerhaftigkeit ewiger Anleihen Thomas ZHR 171 (2007), 684, 697; a. A. UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  6 4; Marsch-Barner/Schäfer/ Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.  52.8; GHEK/Karollus AktG §  221 Rn.  365; Müller-Eising/Bode BKR 2006, 480, 482; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 654. Offengelassen von Rozijn ZBB 1998, 77, 93. 763 A.  A. Müller-Eising/Bode BKR 2006, 480482 für ewige Anleihen; Schlitt/Brandi/ Schröder/Gremmel/Ernst CFL 2011, 105, 107 für Hybridanleihen. 764  Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 370. 765 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  75.

160

Kapitel 1. Inhaltskontrolle

setzt sich bei Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen im Zusammenhang mit dem Umtausch- oder Bezugsrecht fort. Entzogen sind der Angemessenheitskontrolle z. B. die Entscheidungen über die Verbriefung des Bezugsrechts als sog. Optionsschein und dessen Abtrennbarkeit von der Teilschuldverschreibung sowie Bestimmungen, die das Umtausch- oder Bezugsrecht unmittelbar ausgestalten, indem sie die Frist oder – bei bedingten Wandelschuldverschreibungen (soft mandatory convertible bonds) – die Auslöseereignisse (trigger events),766 das Umtausch- oder Bezugsverhältnis, die Gattung der zu erwerbenden Aktien, den Umtausch- oder Optionspreis sowie etwaige Zuzahlungen im Rahmen des Aktienerwerbs festlegen.767 Der Angemessenheitskontrolle unterliegen hingegen insbesondere Änderungsvorbehalte zugunsten des Emittenten, sei es zur Anpassung des Bezugsrechtsverhältnisses,768 sei es zur Abänderung des Zeichnungsvertrags dahingehend, dass die Gläubiger anstelle der (Bezugs-)Aktien die Zahlung eines Geldbetrags verlangen können (cash settlement bzw. cash payment in lieu of delivery of shares).769 Gleiches gilt für Bestimmungen, welche die Verpflichtung des Einlageschuldners zur Leistung einer Bareinlage ergänzen bzw. modifizieren, z. B. die Einlageschuld als Wahlschuld (§§  262 ff. BGB) ausgestalten, bei der der Wahlberechtigte – sei es der Gläubiger, sei es die Gesellschaft – zwischen der Geldleistung und der Übertragung der Teilschuldverschreibung als Einlageleistung entscheiden kann, die Geldleistungspflicht durch die Inzahlunggabe der Teilschuldverschreibungen ersetzen sowie die Geldleistungspflicht mit dem – infolge einer Kündigung der Schuldverschreibung fällig werdenden – Rückzahlungsanspruch verrechnen.770 2. Modifikation des Chance-Risiko-Profils Die Anleihebedingungen sind das „Herzstück“771 einer Anleihe. Indem sie das Leistungsversprechen der Teilschuldverschreibungen unmittelbar ausgestalten, prägen sie in ihrer Gesamtheit das Chance-Risiko-Profil der Anleihe772 und verleihen ihr dadurch ihren spezifischen Charakter.773 Diese Tatsache rechtfertigt es – entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht – nicht, sämtliche Bestimmungen in Anleihebedingungen – im Gegensatz zu Versicherungsbe766 

Zu einzelnen Gestaltungsvarianten siehe Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  185 ff. AktG §  221 Rn.  76, 139, 210, 215; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  65; enger GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  132; Rozijn ZBB 1998, 77, 93: nur Umtauschverhältnis. 768 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  216. 769 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  79. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 A. I. 770 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  215. 771  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1599. 772  Assmann WM 2005, 1053, 1059; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604. 773  Assmann WM 2005, 1053, 1068; S. Brandt BKR 2005, 328, 329 f. 767 Hopt/Seibt/Fest

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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dingungen und den Bedingungen selbstständiger Herstellergarantien774 – nach §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie der §§  308, 309 BGB zu entziehen.775 Der in der Literatur vertretenen Gegenansicht liegt die Annahme zugrunde, die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen (§  306 Abs.  1 BGB) führe zu einer nachträglichen Umverteilung der von dem Emittenten gewollten und in dem Produkt angelegten Chancen und Risiken.776 Diese Aussage impliziert bei wörtlichem Verständnis, die Gerichte würden gestalterisch tätig. Dies ist insofern unzutreffend, als die Unwirksamkeit ipso iure eintritt.777 Wie bei anderen zwingenden Vorschriften ist der bloße Verstoß gegen die Klauselverbote der §§  307 ff. BGB ausreichend, um die Rechtsfolge zu begründen. Sie tritt unabhängig davon ein, ob die Klausel jemals Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist. Der richterliche Ausspruch, eine Bestimmung in den Anleihebedingungen sei unwirksam, bewirkt daher keine Änderung der objektiven Rechtslage, sondern führt den Parteien lediglich eine kraft Gesetzes bereits bestehende Unwirksamkeit vor Augen. Mit dieser Erkenntnis verändert sich das Argument dahingehend, dass der Emittent durch die Inhaltskontrolle in einem gerichtlichen Verfahren lediglich Kenntnis von der Unwirksamkeit erlangt und sich nunmehr darüber bewusst wird, dass er jedenfalls gegenüber der anderen Prozesspartei778 an eine Teilschuldverschreibung vertraglich gebunden ist, deren Inhalt er bei Vertragsschluss nicht gewollt hat.779 Der Irrtum des Verwenders über das auf den Vertrag anwendbare Recht ist für die Rechtsfolge des §  306 Abs.  2 BGB charakteristisch. Er berechtigt ihn weder zu einer Anfechtung des Vertrags noch vermag er eine Ausnahme von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu rechtfertigen. a) Wertungen des §  306 Abs.  2 BGB Soweit Bestimmungen in AGB unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des im Übrigen wirksamen (§  306 Abs.  1 BGB) Vertrags gemäß §  306 Abs.  2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Die Tatsache, dass der Verwender gerade nicht wollte, dass die nunmehr geltenden Regelungen des dispositiven Rechts zur Anwendung gelangen, ist dieser Rechtsfolge immanent und daher per se kein Grund gegen die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen oder anderer AGB. Gleiches gilt für die Veränderung des Chance-Risiko-Pro­ fils zulasten des Emittenten. Im Vergleich mit dem dispositiven Recht enthalten 774 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. a) und b). BGB §  307 Rn.  296. 776  Assmann WM 2005, 1053, 1059, 1062; Grunewald/Schlitt/Lockemann KapMarktR §  5 VI 1 a = 105. 777  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1. b) aa). 778  Zu der Rechtskrafterstreckung vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1. 779 Ähnlich Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1605; S. Brandt BKR 2005, 328, 330. 775 WLP/Pfeiffer

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

AGB Benachteiligungen der Vertragspartner und spiegelbildliche Begünstigungen der Verwender. Sind die Bestimmungen unwirksam, verliert der Verwender seine – nur in seiner Vorstellung existente – im Vergleich zum dispositiven Recht günstigere Rechtsposition. Damit stellt sich nachträglich heraus, dass er den Preis auf Grundlage der – unzutreffenden – Annahme berechnet hat, die AGB seien wirksam, d. h. Kosten, die das dispositive Recht dem Verwender zuweist, seien auf den Vertragspartner abgewälzt worden. Diese zusätzlichen Kosten treffen den Verwender nun unerwartet.780 Dieses aus der Unwirksamkeit einer Bestimmung in AGB resultierende wirtschaftliche Risiko ist der Inhaltskontrolle immanent und durch §  306 Abs.  2 BGB dem Verwender zugewiesen. Es begründet somit kein Argument dafür, von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen abzusehen. b) Unbeachtlicher Irrtum Der Umstand, dass der Verwender im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen durch §  306 Abs.  1, 2 BGB an ein Leistungsversprechen vertraglich gebunden ist, das er bei Vertragsschluss so nicht gewollt hat, berechtigt ihn nicht zu einer Irrtumsanfechtung. Unerheblich ist insoweit, ob es sich nach der für Rechtsfolgenirrtümer gebräuchlichen Abgrenzung 781 um einen Inhalts-782 oder einen Motivirrtum783 handelt. Das Anfechtungsrecht wird jedenfalls durch die Wertungen des AGB-Rechts dahingehend überlagert, dass die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit – insbesondere die Abweichung von §  139 BGB hinsichtlich der Wirksamkeit der übrigen Vertragsbestandteile784 – sich ausschließlich aus §  306 BGB ergeben.785

F. Ergebnisse 1. Anleihebedingungen unterliegen auch nach dem Inkrafttreten des SchVG einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB. Insbesondere sind die durch sie ausgestalteten Leistungsversprechen keine Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts i. S. d. §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB. Die Bereichsausnahme umfasst nur materielle Satzungsbestandteile, d. h. solche Vereinbarungen eines 780 Wohl nur begrifflich abweichend Esser/Schmidt SchuldR AT I §   11 II 3 c = 196; E. Schmidt JuS 1987, 929, 933: Eingriff in die Preiskalkulation. A. A. Sebba, Autonome Vertragsbedingungen, 18 f.: Erhöhung des Preises durch Gestaltungsurteil. 781  Siehe dazu statt vieler Neuner BGB AT §  41 Rn.  89. 782  So wohl S. Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 270 f., der auf Grundlage einer normativen Wertung die Kausalität des Irrtums verneint. 783 So L. Raiser AGBR 325. 784  Loewenheim AcP 180 (1980), 433, 456 ff. 785  H. Locher BB 1981, 818, 820; Loewenheim AcP 180 (1980), 433, 448; Medicus/Petersen BGB AT Rn.  420; siehe auch Staudinger/Singer, 2017, BGB §  119 Rn.  30 für die gescheiterte Einbeziehung.

§  3 . Keine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen

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Gesellschaftsvertrags oder einer Satzung, die das Mitgliedschaftsrecht selbst unmittelbar regeln. Solche Regelungen sind weder Gegenstand der Begebungsverträge noch der einzelnen Teilschuldverschreibungen. Diese begründen bzw. beinhalten bloße Gläubigerrechte, gewähren den Inhabern aber keine Mitgliedschaftsrechte in der emittierenden Gesellschaft. 2. Eine entsprechende Anwendung des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auf Anleihebedingungen kann nicht durch einen Vergleich mit dem Aktienrecht gerecht­ fertigt werden. Bei Aktien fehlt das Bedürfnis für eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der materiellen Satzungsbestandteile aufgrund der weitgehend zwingenden Vorschriften des AktG. Mit §   5 Abs.   1 Satz 2 SchVG enthält das Schuldverschreibungsrecht zwar eine §   23 Abs.   5 AktG vergleichbare Vorschrift. Diese bezieht sich aber nur auf die §§  5 –21 SchVG. Da diese Vorschriften lediglich organisationsrechtliche Bestimmungen für die Änderung der Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung enthalten, schränken sie die weitgehende Freiheit der Emittenten bei der inhaltlichen Gestaltung der Anleihebedingungen nicht ein. 3. Der sog. kapitalmarktrechtliche Lösungsansatz vermag keine Bereichsausnahme zu begründen. Die im Bilanz-, Bank- und Börsenrecht begründeten Publizitäts- und Transparenzpflichten sind weder leges speciales gegenüber den §§  305 ff. BGB noch lassen sie das Bedürfnis nach der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen entfallen. Sie dienen lediglich der Information der Anleger über die Bonität des Emittenten. Zu dem AGB-Recht besteht eine Wechselwirkung lediglich insoweit, als die Publizitäts- und Transparenzpflichten eine funktionale Reduktion der Einbeziehungskontrolle (§  305 Abs.  2 BGB) erlauben. Das Bedürfnis nach einer Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen gemäß den §§  307 ff. BGB bleibt davon unberührt. 4. Eine ungeschriebene Bereichsausnahme von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ist auch zur Erhaltung der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen nicht erforderlich. Anleihebedingungen, deren Regelungsgehalt mit den §§  307 ff. BGB unvereinbar ist, sind kraft Gesetzes unwirksam. Die entsprechende gerichtliche Feststellung im Rahmen einer Individualklage hat daher keine rechtsgestaltende Wirkung, sondern nur deklaratorische Bedeutung. Zu einem Fortfall der Fungibilität kommt es nur ausnahmsweise, wenn der Ausspruch Gegenstand einer (Zwischen-)Feststellungsklage ist und seine objektive Unrichtigkeit aufgrund besonderer Umstände feststeht. Das in dieser Konstellation drohende Zwangsdelisting kann der Emittent durch die Aufteilung der Gesamtemission in zwei Tranchen vermeiden. 5. Die Behauptung, in Bezug auf Anleihebedingungen existiere ein effektiver Klauselwettbewerb, vermag eine teleologische Reduktion von §   305 Abs.   1 Satz 1 BGB, wodurch Anleihebedingungen dem AGB-Recht umfassend entzogen wären, auch dann nicht zu rechtfertigen, wenn sie zuträfe. Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle soll nicht nur ein partielles Marktversagen kompensieren,

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Kapitel 1. Inhaltskontrolle

sondern auch den Individualschutz der Vertragspartner der Verwender gewährleisten. Der Umstand, dass für einzelne Anbieter ein erheblicher ökonomischer Anreiz besteht, aus einem grundsätzlich funktionierenden Klauselwettbewerb auszubrechen, gebietet es, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihe­ bedingungen zur Verwirklichung des Individualschutzes unabhängig von dem Marktumfeld vorzunehmen. 6. Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen ist kein deutscher Sonderweg. Sie ist durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Klausel-RL in allen Mitgliedstaaten der EU geboten. Der sachliche Anwendungsbereich der Klausel-RL ist nicht auf Verträge über den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen beschränkt, sondern umfasst auch Verträge, durch die Wertpapiere und die darin verbrieften Forderungen geschaffen und inhaltlich ausgestaltet werden. Aus diesem Grund ist der deutsche Gesetzgeber gehindert, eine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen einzuführen. 7. Durch §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB sind nur wenige Bestimmungen in Anleihebedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen. Zwar sind die Anleihebedingungen das „Herzstück“ der Anleihe, die das Leistungsversprechen wesentlich prägen. Kontrollfreie Leistungsbeschreibungen sind sie aber nur insoweit, als sie den unmittelbaren Gegenstand des Leistungsversprechens festlegen, ohne den mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Andere Bestimmungen, die das Leistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, unterliegen hingegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Kapitel 2

Leitbilder Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts enthalten verschiedene Gesetze Vorschriften über Schuldverschreibungen. In den §§  36–47 BörsG 1896 war die Zulassung von Schuldverschreibungen zum Börsenhandel sowie die Haftung der Emittenten geregelt. Das HGB 1897 erschwerte durch §  367 Abs.  1, 2 HGB 1897 – dessen materieller Gehalt bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben ist – den gutgläubigen Erwerb von Inhaberpapieren. Das SchVG 18991 beschränkte sich darauf, Regelungen über die Organisation einer Gläubigerversammlung zur Wahrung der gemeinsamen Rechte der Gläubiger von Schuldverschreibungen zu schaffen.2 Gemeinsam war den genannten Bestimmungen, dass sie keine Regelungen über die inhaltliche Ausgestaltung von Schuldverschreibungen enthielten. Ursächlich für die gesetzgeberische Zurückhaltung in diesem Bereich war wohl das zeitgleich mit dem HGB 1897 und dem SchVG 1899 am 1.1.1900 in Kraft getretene Erfordernis einer staatlichen Genehmigung für die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen (§  795 BGB a. F.) und die Erwartung, die Genehmigungsbehörde werde zum Schutz des Publikums Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Anleihebedingungen nehmen.3 Diese Möglichkeit ist mit der Aufhebung des im Jahr 1954 auf Orderschuldverschreibungen (§  808a BGB a. F.) erweiterten4 Emissionsverbots mit Wirkung vom 1.1.19915 entfallen. Seither wird der Schutz des Publikums nicht nur durch die Transparenz- und Publizitätsvorschriften im Bilanz- und Börsenrecht sowie die bankrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten, sondern auch durch die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen am Maßstab der §§  307 ff. BGB sichergestellt. Bei der Anwendung dieser Vorschriften wird beklagt, dass ein gesetzliches Leitbild für die inhaltliche Ausgestaltung der Anleihebedingungen fehle, an dem sich sowohl die Emittenten als auch die Gerichte orientieren 1 Die zuvor bestehenden landesrechtlichen Vorschriften (zu Einzelheiten Merzbacher SchVG 1899 XI; H.-G. Vogel ZBB 1996, 321, 324) verloren mit dem Inkrafttreten des SchVG 1899 mit Wirkung vom 1.1.1900 ihre Geltung, siehe Merzbacher SchVG 1899 XV. 2  Merzbacher SchVG 1899 IX. 3  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  5 §  12 A. III. 1. b). 4  Siehe §  2 Gesetz über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen v. 26.6.1954 (BGBl. I 147). 5  Art.  1 i. V. m. Art.  3 Satz 1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839).

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Kapitel 2. Leitbilder

könnten. 6 Der daraus resultierenden Rechtsunsicherheit, die der Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland schade,7 wollte der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Schuldverschreibungsrechts entgegenwirken. Zu diesem Zweck sah der SchVÄndG-DiskE u. a. vor, mit den §§  795a, 795d BGB-DiskE einen auf Anleihebedingungen zugeschnittenen und praxistauglichen Prüfungsmaßstab für die Schuldnerersetzung und das Kündigungsrecht der Gläubiger einzuführen. 8 Die Vorschriften wurden jedoch nicht in den beschlossenen Gesetzestext übernommen. Die somit fortbestehende Rechtsunsicherheit beruht wesentlich darauf, dass weder die §§  793 ff. BGB noch die §§  488 ff. BGB ein gesetzliches Leitbild für den Inhalt der Anleihebedingungen enthalten. Ursächlich hierfür ist die typologische Farblosigkeit des Leistungsversprechens infolge der Verbriefung eines Schuldversprechens i. S. d. §  780 BGB als abstraktes Wertpapier (nachfolgend §  4). Obwohl der Gesetzgeber bei der Reform des Schuldverschreibungsrechts – entgegen dem ursprünglichen Regelungsplan – von der Kodifikation eines besonderen Vertragsrechts für Anleihen abgesehen hat, existieren de lege lata Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen. Diese finden sich ganz überwiegend in gesetzlichen Bestimmungen außerhalb des SchVG, deren Wertungen die bei Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB vorzunehmende Abwägung der berechtigten Interessen konturieren, sowie in den besonderen Klauselverboten (§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB, nachfolgend §  5). Unter Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs sind z. B. Bestimmungen in den Anleihebedingungen herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen, die den Emittenten trotz der Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts durch die Anleihegläubiger berechtigen, anstelle von Aktien eine Barzahlung zu leisten (cash settlement), unwirksam, während Ersetzungsklauseln, welche die Emittenten berechtigen, die Person des Anleiheschuldners ohne gesonderte Zustimmung der Gläubiger auszuwechseln, trotz der Abweichung von den §§  414, 415 BGB wirksam sind (nachfolgend §  6).

6 

Sester AcP 209 (2009), 628, 640. So z. B. Weber-Rey IJRL & P 1 (1992), 29, 33. 8  Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 A. II. 1. b) aa) und §  6 B. IV. 1. 7 

§  4. Verbriefung des Leistungsversprechens Die als Anleihen begebenen Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen sind entweder Inhaberpapiere i. S. d. §§  793 ff. BGB oder – seit der Aufhebung von §  795 BGB a. F. mit Wirkung vom 1.1.19919 weitaus seltener – an Order ausgestellte kaufmännische Verpflichtungsscheine i. S. v. §   363 Abs.   1 Satz 2 HGB (sog. Orderschuldverschreibungen). Von den Wertpapieren als solchen ist die in ihnen verbriefte Forderung zu unterscheiden, die in Anlehnung an §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB als Leistungsversprechen bezeichnet wird. Den Inhalt des Leistungsversprechens einschließlich der Nebenbedingungen kann der Emittent in den Anleihebedingungen ausgestalten. Die Verbriefung des Leistungsversprechens in der Wertpapierurkunde bewirkt lediglich die Verkörperung der Forderung. Hierdurch schafft der Aussteller die Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb der verbrieften Forderung (nachfolgend A.), der seinerseits unverzichtbare Voraussetzung für den Börsenhandel der Wertpapiere ist.10 Auf den Inhalt des Leistungsversprechens wirkt die in der Praxis übliche abstrakte Verbriefung sich zwar nicht unmittelbar aus. Sie eröffnet den Emittenten aber die Möglichkeit, ein typologisch farbloses Leistungsversprechen zu erschaffen, dessen Inhalt und Nebenbestimmungen sie unabhängig von den zwingenden und dispositiven Regelungen des Grundverhältnisses ausgestalten können (nachfolgend B.).

A. Unterscheidung von Verbriefung und Leistungsversprechen Im Unterschied zu den Regelungen anderer einzelner Schuldverhältnisse im BGB enthalten die Vorschriften über Schuldverschreibungen auf den Inhaber (§§  793 ff. BGB) kein dispositives Leitbild für die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsversprechens.11 Sie sind wertpapierrechtlicher Natur und regeln – 9  Art.  1 i. V. m. Art.  3 Satz 1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839). 10  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 5; ders. WM 1980, 422, 437. 11  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1599; Kühn Barabfindungsklauseln 277; Rozijn ZBB 1998, 77, 94; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 398; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 406; a. A. Sethe WM 2012, 577, 584; Than FS Heinsius, 1991, 809, 829. Unklar OLG München WM 2012, 1535; MüKoBGB/K. P. Berger §  489 Rn.  4 ; von Heymann BB 1987, 415, 421: für Schuldverschreibungen auf den Inhaber gelten alleine die §§  793 ff. BGB.

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Kapitel 2. Leitbilder

wenngleich unvollständig12 – nur zwei Fragenkreise, nämlich zum einen die Entstehung des verbrieften Rechts,13 also die Verwandlung des Papiermaterials in ein umlauffähiges Wertpapier,14 und zum anderen die Auswirkungen der Verbriefung auf die Rechtsstellung des Gläubigers,15 insbesondere den Schutz der Zweiterwerber vor möglichen Einwendungen, die aus dem Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Ersterwerber herrühren (nachfolgend I.). Dieser Regelungsgehalt besteht mit geringen Modifikationen sowohl im modernen Giroeffektenverkehr (nachfolgend II.) als auch bei der Begebung von elektronischen Wertpapieren fort (nachfolgend III.).

I. Zweck der Verbriefung Bei der Abtretung besteht aus der Sicht des Zessionars Ungewissheit sowohl über den Bestand der Forderung als auch über deren Inhalt. Die gesetzgeberische Grundsatzentscheidung, bei dem Zweiterwerb primär nicht die Interessen des Zessionars, sondern die des Schuldners zu schützen, begründet für potentielle Zessionare erhebliche wirtschaftliche Risiken, die geeignet sind, die Bereitschaft, unverbriefte Forderungen zu erwerben, zu verringern (nachfolgend 1.). Durch die Verbriefung wird diese Bereitschaft erhöht. Ursächlich hierfür ist insbesondere, dass verbriefte Forderungen nach Maßgabe der §§  932 ff. BGB gutgläubig erworben werden können (nachfolgend 2.). 1. Gefahren für den Zessionar Das Abtretungsrecht sieht einen Schutz des Zessionars auch bei dessen Redlichkeit grundsätzlich nicht vor. a) Nichtberechtigter Zedent Gemäß §  404 BGB kann der Schuldner dem Zessionar alle Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den Zedenten begründet waren. Hierzu gehört nicht nur die fehlende Verität der Forderung im Zeitpunkt der Abtretung – gleichgültig, ob die Forderung nicht zur Entstehung gelangt oder zwischenzeitlich erloschen ist –, sondern z. B. auch die Ver12 FK-SchVG/Friedl Einl Rn.  15; BRHP/Gehrlein BGB §  793 Rn.  6 ; Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  20; Jauernig/A. Stadler BGB §  793 Rn.  4 ; BGB-RGRK/ Steffen Vor §  793 Rn.  15; Erman/R. Wilhelmi Vor BGB §  793 Rn.  1. 13  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 35 f. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 A. 14  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 36. 15  Ähnlich MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  1 (Nachweis der Gläubigerstellung). Unzutreffend Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  20; Palandt/Sprau Einf v BGB §  793 Rn.  6 ; BGB-RGRK/Steffen Vor §  793 Rn.  15: Die §§  793 ff. BGB regeln die Verbindlichkeit des Ausstellers gegenüber dem Inhaber.

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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einbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten, wodurch die Abtretung der Forderung ausgeschlossen wird (§  399 Alt.  2 BGB). Einen gutgläubigen Forderungserwerb kennt das Abtretungsrecht – mit Ausnahme der §§  405, 2366 BGB – nicht. Daher muss der Zessionar sich Einwendungen nach §  404 BGB auch dann entgegensetzen lassen, wenn er zur Zeit der Abtretung in gutem Glauben war. Ihm stehen allenfalls Sekundärrechte aus dem zugrunde liegenden Kausalverhältnis zu.16 b) Schuldnerschutz zulasten des Zessionars An der Abtretung wirkt der Schuldner nicht mit. Seine hieraus resultierende Unkenntnis vom Forderungsübergang begründet für ihn insbesondere die Gefahr mehrfacher Inanspruchnahme, nämlich durch einen vermeintlichen und den tatsächlichen Gläubiger. Hiervor wird der redliche Schuldner durch §  407 Abs.  1 BGB geschützt. Danach muss der Zessionar eine Leistung, die der redliche Schuldner nach der Abtretung an den Zedenten bewirkt, gegen sich gelten lassen. Der Zessionar ist darauf beschränkt, von dem Zedenten gemäß §  816 Abs.  2 BGB die Herausgabe des Geleisteten zu verlangen.17 Hierbei trägt er nicht nur das Insolvenzrisiko des Zedenten, sondern regelmäßig auch dessen Entreicherungsrisiko (§  818 Abs.  3 BGB). Diese Rechtsfolgen verlagern die auf der Unkenntnis über den erfolgten Rechtsübergang beruhenden Nachteile wirtschaftlich von dem redlichen Schuldner auf den Zessionar. 2. Schutz des Zessionars durch Verbriefung Die gesetzgeberische Entscheidung, im Abtretungsrecht primär den Schuldner zu schützen, beruht auf der Annahme, dass der Schuldner und der Gläubiger bei der Begründung der Forderung davon ausgehen, diese werde nicht oder nur selten abgetreten.18 Bei Forderungen hingegen, die zum Umlauf bestimmt sind, also Gegenstand zahlreicher Übertragungen sein sollen, hat die Anwendung der §§  404 ff. BGB zur Folge, dass der Zweiterwerber sich nicht nur die im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem ursprünglichen Gläubiger begründeten Einwendungen entgegenhalten lassen muss, sondern alle Einwendungen, die im Verhältnis zu sämtlichen Rechtsvorgängern begründet worden sind. Je 16  Die sog. Veritätshaftung erfolgt nicht nach Maßgabe der §§  435, 437, 453 Abs.  1 BGB (so aber Jauernig/C. Berger BGB §  453 Rn.  4 ; Heerstraßen/Reinhard BB 2002, 1429, 1430; Schellhammer MDR 2002, 485, 488), sondern nach dem Allgemeinen Leistungsstörungsrecht, insbesondere nach §  311a Abs.  2 BGB, siehe Staudinger/Beckmann, 2014, BGB §  453 Rn.  7; Erman/Grunewald BGB §  453 Rn.  7; Eidenmüller NJW 2002, 1625, 1626; BRHP/Faust BGB §  453 Rn.  12, 16; Thiessen Unternehmenskauf 221; Palandt/Weidenkaff BGB §  453 Rn.  19, 20a; MüKoBGB/H. P. Westermann §  453 Rn.  10. 17  Zu den Ausgleichsansprüchen des Zessionars siehe BGH NJW-RR 2003, 1490, 1491; Staudinger/Busche, 2017, BGB §  407 Rn.  41 ff.; MüKoBGB/G. Roth/Kieninger §  407 Rn.  13. 18  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 22 f.

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Kapitel 2. Leitbilder

häufiger die Forderung abgetreten wird, desto ungewisser wird ihre Durchsetzbarkeit.19 Diese Rechtsfolge ist geeignet, die Bereitschaft des Publikums zum Erwerb einer Forderung zu verringern. Dieser Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit können der Schuldner und der Gläubiger durch die Verbriefung der Forderung entgegenwirken. Sie räumt dem Verkehrsschutz den Vorrang ein, ohne die Rechtsstellung des Schuldners unangemessen zu verschlechtern. a) Monopolisierung und Liberation Bei der Verbriefung wird eine Urkunde über die Forderung ausgestellt. Diese dient nicht nur zu Beweiszwecken; andernfalls handelte es sich um eine bloße Beweisurkunde und nicht um ein Wertpapier. Sie „verkörpert“ vielmehr die Forderung dergestalt, dass der Aussteller nach §  797 Satz 1 BGB nur gegen Aushändigung der Urkunde zu der versprochenen Leistung verpflichtet ist. Das Recht des Schuldners auf Herausgabe des Wertpapiers ist kein materiell-rechtlicher Gegenanspruch, 20 der ein Zurückbehaltungsrecht nach §  273 Abs.  1 BGB begründet,21 sondern eine in der Rechtsnatur des Wertpapiers als Präsentationsund Einlösepapier angelegte und gesetzlich nicht näher geregelte besondere Vollstreckungsvoraussetzung des Inhalts, dass die Zwangsvollstreckung – abweichend von einer Zug-um-Zug-Verurteilung im vollstreckungsrechtlichen Sinn (§§  756, 765 ZPO) – nur beginnen darf, wenn der Gläubiger dem Vollstreckungsorgan die Schuldverschreibung vorlegt.22 Leistet der Schuldner freiwillig ohne sich die Urkunde aushändigen zu lassen, handelt er auf eigenes Risiko mit der Folge, dass er den bei unverbrieften Forderungen durch §  407 BGB bewirkten Schuldnerschutz auch dann einbüßt, wenn ihm im Zeitpunkt der Leistung unbekannt ist, dass derjenige, der die Leistung fordert, nicht der tatsächliche Gläubiger ist.23 Der hierin begründete Anreiz, nur gegen Aushändigung der Urkunde zu leisten, wird durch die sog. Liberationswirkung des §  793 Abs.  1 Satz 2 BGB dahingehend verstärkt, dass der Schuldner von seiner Verbindlichkeit auch dann befreit wird, wenn der Urkundeninhaber nicht der tatsächliche Gläubiger der verbrieften Forderung oder nicht zur Verfügung über die Urkunde berechtigt ist, es sei denn, dass der Schuldner die Nichtberechtigung des In19 

Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  8. BGHZ 177, 178 Rn.  12 = NJW 2008, 3144; BGH NZG 2013, 903 Rn.  10; OLG Frankfurt AG 2015, 87, 91; OLG Frankfurt OLGZ 1981, 261, 263 f.; Stein/Jonas/Münzberg ZPO §  726 Rn.  18; Palandt/Sprau BGB §  797 Rn.  1. 21  A. A. PWW/Buck-Heeb BGB §  797 Rn.  1; BRHP/Gehrlein BGB §  797 Rn.  1; MüKo­ BGB/Habersack §  797 Rn.  2 ; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  797 Rn.  3. Ähnlich OLG Frankfurt AG 2015, 87, 91; BGB-RGRK/Steffen §  797 Rn.  4 : Zug um Zug ohne Angabe der §§  273, 274 BGB. 22  BGHZ 177, 178 Rn.  12 = NJW 2008, 3144; BGH NZG 2016, 588 Rn.  10; BGH NZG 2013, 903 Rn.  10; MüKoZPO/Heßler ZPO §  756 Rn.  9; Stein/Jonas/Münzberg ZPO §  726 Rn.  18. 23  Hueck/Canaris WertpapierR §  1 II 2 b bb = 10; Zöllner WertpapierR §  3 IV 2 = 20. 20 

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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habers kannte, infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte oder die Leistung sonst gegen Treu und Glauben bewirkt hat.24 Auf diese Weise gewährleistet das Wertpapierrecht dem Schuldner einen den §§  410 Abs.  1 Satz 1, 409 Abs.  1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 BGB vergleichbaren Schutz. b) Gutgläubiger Erwerb der verbrieften Forderung Neben der Monopolisierung der Rechtsdurchsetzung und der wertpapierrechtlichen Liberationswirkung bewirkt die Verbriefung eine wesentliche Ausnahme von dem Grundsatz des §  404 BGB, indem sie bei Inhaber- und blankoindossierten Orderschuldverschreibungen den gutgläubigen Erwerb der verbrieften Forderung ermöglicht. Die Urkunde ist eine bewegliche Sache und als solche Gegenstand des Sachenrechts. Das Eigentum an der Urkunde ist allerdings wirtschaftlich wertlos, wenn der Eigentümer nicht zugleich Inhaber der verbrieften Forderung ist. Umgekehrt ist dem tatsächlichen Gläubiger die Durchsetzung des Leistungsversprechens zumindest erschwert, wenn er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt und die Vermutung des §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB widerlegt ist. Daher ist es offensichtlich zweckmäßig, dass das Eigentum an der Urkunde und die Berechtigung, über die verbriefte Forderung zu verfügen, derselben Person zusteht.25 Dieser Gleichlauf ist aufgrund der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nur bei der Übertragung des Wertpapiers gewährleistet, nicht aber bei der Abtretung der verbrieften Forderung. aa) Übertragung des Wertpapiers Die mit der Verbriefung einer Forderung einhergehende „Versachlichung“26 hat zur Folge, dass mit der Übereignung der Wertpapierurkunde nach den §§  929 ff. BGB – sei es eine Schuldverschreibung auf den Inhaber, sei es eine blankoindossierte Orderschuldverschreibung27 – auch das Leistungsversprechen auf den 24  Mit diesen Einschränkungen BGH NJW-RR 2010, 904 Rn.  17; BGH NJW-RR 2009, 1327 Rn.  14; BGH NJW 2000, 2103, 2105; BGH NJW-RR 1999, 898, 899; RGZ 89, 401, 403; RG JW 1915, 242; OLG Köln VersR 1990, 1338, 1339; OLG Karlsruhe VersR 1956, 217; LG Hamburg WM 1987, 9; LG München I WM 1985, 599 f.; Canaris BankvertragsR Rn.  1185; BRHP/Gehrlein BGB §   808 Rn.   3; MüKoBGB/Habersack §  808 Rn.  28; Hueck/Canaris WertpapierR §  24 III 3 = 210; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  12 mit Fn.  8 ; Palandt/Sprau BGB §  808 Rn.  4 ; BGB-RGRK/Steffen §  808 Rn.  42; Soergel/Welter BGB §  808 Rn.  29 unter Bezugnahme auf Nr.  4 SB-Sparverkehr; ders. WM 1987, 1117, 1123; Erman/ R. Wilhelmi BGB §  808 Rn.  6. Offengelassen für grob fahrlässige Unkenntnis in BGHZ 28, 368, 371 = NJW 1959, 622. 25  Statt vieler Hueck/Canaris WertpapierR §  1 I 4 a = 2. 26  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.   1, 6; Müller-Christimann-Schnauder WertpapierR Rn.  9. 27 BHC/Casper WertpapierR Rn.   56; EBJS/Hakenberg HGB §  364 Rn.  2; MüKoHGB/ Langenbucher §  365 Rn.  11; Baumbach/Hopt/Leyens HGB §  364 Rn.  1; Oetker/Maultzsch HGB §  365 Rn.  6.

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Kapitel 2. Leitbilder

Erwerber übergeht, ohne dass es hierfür einer gesonderten Einigung hinsichtlich des Forderungsübergangs bedarf. Dies gilt nicht nur, wenn der Veräußerer Eigentümer der Wertpapierurkunde und Inhaber der Forderung ist, sondern nach Maßgabe der §§  932 ff. BGB auch dann, wenn er zur Verfügung über die Urkunde und die Forderung nicht berechtigt ist.28 Nach §  935 Abs.  2 Fall 2 BGB ist es bei Inhaberschuldverschreibungen 29 sogar unerheblich, ob die Urkunde dem Besitzer abhanden gekommen war.30 Gleiches gilt nach den §§  364 Abs.  1, 365 Abs.  1 HGB i. V. m. Art.  16 Abs.  2 WG für Orderschuldverschreibungen, die mangels Blankoindossaments nicht durch sog. Blankotradition, sondern durch Indossament übertragen werden. Durch den gutgläubigen Forderungserwerb verliert der Schuldner – abweichend von §  404 BGB – sämtliche Einwendungen, die ihm zur Zeit des Erwerbs gegen den bisherigen Gläubiger zustanden. Er kann dem neuen Gläubiger insbesondere nicht entgegensetzen, die verbriefte Forderung sei nicht entstanden oder vor dem redlichen Erwerb erloschen. bb) Abtretung der verbrieften Forderung Nach überwiegender Ansicht können die in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieften Forderungen – alternativ zu der Übertragung des Wertpapiers – abgetreten werden,31 es sei denn, dass die Abtretung nach §  399 Alt.  2 BGB ausgeschlossen und diese Vereinbarung aus der Urkunde ersichtlich (§  796 Fall 2 BGB, §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB) ist.32 Die Wirksamkeit der Abtre28  Kritisch zu der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 263 ff. 29  Auf Orderpapiere, auch blankoindossierte, findet §  935 Abs.  2 BGB keine Anwendung, siehe Jauernig/C. Berger BGB §  935 Rn.  12; ; Staudinger/Heinze, 2020, BGB §  935 Rn.  26; MüKoBGB/Oechsler §  935 Rn.  16. 30  Die praktische Bedeutung von §  935 Abs.  2 BGB ist gering. Sie beschränkt sich auf Fälle, in denen die Urkunde zunächst privat und erst anschließend von einer Bank verwahrt wird. Wird die Urkunde hingegen unmittelbar nach der Herstellung zum Zweck der Verwahrung einer Bank übergeben – dies traf auf 97 Prozent der im Jahr 1997 emittierten Dauerglobalurkunden zu (Blitz WM 1997, 2211) –, scheidet ein Abhandenkommen bereits tatsächlich aus, siehe Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 262. 31  BGH NZG 2013, 903 Rn.  17; BGH BeckRS 2010, 24142; BGH NZG 2009, 474 Rn.  15; BGH WM 1979, 892; Staub/Canaris HGB §  364 Rn.  18; BHC/Casper WertpapierR Rn.  34, 56; Habersack/Mayer WM 2000, 1678, 1682; EBJS/Hakenberg HGB §  364 Rn.  4; Hueck/ Canaris WertpapierR §  1 I 5 b = 7; KKRD/Koller HGB §§  363–365 Rn.  7; Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.   1, 5; MüKoHGB/Langenbucher §   364 Rn.   9; Baumbach/Hopt/Leyens HGB §  364 Rn.  2 ; Linardatos ZBB 2020, 329, 332; Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  7; Oetker/Maultzsch HGB §   364 Rn.   13; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  32; Nodoushani WM 2007, 289, 292; Palandt/Sprau BGB §   793 Rn.   9; RGvWH/Steimle/Dornieden HGB §  364 Rn.  6 ; Zöllner WertpapierR §  2 II 1 b = 10; ders. FS L. Raiser, 1974, 249, 285; a. A. Böttcher DepotG §  5 Rn.  5 ; Einsele WM 2001, 7, 11 f.; Jauernig/A. Stadler BGB §  793 Rn.  6; wohl auch Erbs/Kohlhaas/Wehowsky DepotG §  5 Rn.  5, DepotG §  6 Rn.  2. 32  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 24.

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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tung setzt weder die Übergabe der Wertpapierurkunde33 noch deren Übereignung voraus. Um zu verhindern, dass die verbriefte Forderung und das Eigentum an der Urkunde unterschiedlichen Personen zustehen, geht das Eigentum an der Urkunde in entsprechender Anwendung von §  952 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 Satz 1 BGB auf den Zessionar über.34 Hierdurch wird zwar erreicht, dass die verbriefte Forderung und das Eigentum an der Urkunde derselben Person zustehen. Ein gutgläubiger Erwerb der Forderung ist aber trotz der Verbriefung aufgrund der im Einzelfall gewählten Übertragungsform ausgeschlossen.

II. Keine Funktionseinbuße durch das Giroeffektenwesen Den Vorschriften über Inhaber- und Orderschuldverschreibungen (§§  793 ff. BGB, §§  363 ff. HGB) liegt – wie insbesondere das Erfordernis der Aushändigung in §  797 Satz 1 BGB und §  364 Abs.  3 HGB zeigt – unverändert die Vorstellung zugrunde, dass jede Wertpapierurkunde nur eine Forderung verkörpert. Bei Gesamtemissionen führte diese Form der Verbriefung dazu, dass über jede Teilschuldverschreibung eine Wertpapierurkunde auszustellen wäre. Die hieraus resultierende Flut an Einzelurkunden motivierte die Kreditinstitute zu einer Rationalisierung des Depotgeschäfts und des Effektenverkehrs.35 Im modernen Effektengiroverkehr ist die Verkörperung der Wertpapierurkunde wesentlich zurückgedrängt (nachfolgend 1.). Dieser Umstand entwertet jedoch weder den Schuldnerschutz (nachfolgend 2.) noch verliert die Verbriefung ihre wesentliche Funktion, die Ermöglichung des gutgläubigen Erwerbs auch der verbrieften Forderung (nachfolgend 3.). 1. Rationalisierung des Wertpapierwesens Die von den Kreditinstituten angestoßene Rationalisierung des Wertpapierwesens hat den Gesetzgeber zu mehreren Änderungen des DepotG veranlasst. Wesentlich für den modernen Effektengiroverkehr war die gesetzgeberische Legitimation der bereits zuvor verwendeten 36 Sammelurkunden in §  9a DepotG mit Wirkung vom 28.5.197237. 33 

BGH NZG 2013, 903 Rn.  17. BGH NZG 2013, 903 Rn.  21; BHC/Casper WertpapierR Rn.  34; Habersack/Mayer WM 2000, 1678, 1682; Linardatos ZBB 2020, 329, 332; Staudinger/Marburger, 2015, Vor BGB §§  793–808 Rn.  7, 20; Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 285. 35  Statt vieler BGHZ 161, 189, 193 = NJW 2005, 1275. 36  Die ersten sog. Globalurkunden wurden im Jahr 1938 von der Reichsschuldenverwaltung ausgegeben, siehe Fabricius AcP 162 (1963), 456, 481; Peters JuS 1976, 424, 427. Erstmals gesetzlich erwähnt wurden Sammelurkunden in den §§  9–12 Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens (Wertpapierbereinigungsgesetz) vom 19.8.1949 (WiGBl. 205). 37  Art.  1 i. V. m. Art.  4 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 24.5.1972 (BGBl. I 801). 34 

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a) Dauerglobalurkunde Inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission werden in der Regel nicht mehr als Einzelurkunden, sondern in einer Sammelurkunde ausgegeben.38 Die mit dieser Art der Verbriefung beabsichtigte Verringerung der Druckkosten und des benötigten Tresorraums39 wird regelmäßig40 in den Anleihebedingungen perpetuiert, nämlich durch den Ausschluss des Anspruchs der Gläubiger auf Ausgabe einzelner Wertpapierurkunden (§  9a Abs.  3 Satz 1 Hs.  1 i. V. m. §  7 Abs.  1 Hs.  1 DepotG),41 der die verwahrende Wertpapiersammelbank – in Deutschland ist dies einzig die CBF42 – nach §  9a Abs.  3 Satz 2 DepotG berechtigt, die Auslieferung von einzelnen Wertpapieren zu verweigern.43 Aufgrund dieser peremptorischen44 Einwendung sind die im Rahmen von Gesamtemissionen ausgestellten Sammelurkunden in der Regel sog. Dauerglobalurkunden.45

38  Gründe für die Erstellung mehrerer Sammelurkunden ergeben sich insbesondere aus dem U.S.-amerikanischen Steuerrecht, z. B. §  1.163–5(c)(2)(i)(D)(1) und (7) Internal Revenue Code i. d. F. des TEFRA. Danach dürfen die Emittenten die Zinszahlungen auf eine Schuldverschreibung steuerlich nur dann als Betriebsausgaben ansetzen, wenn der Emittent die Schuldverschreibung nicht während einer Verbotsphase von 40 Tagen an einen U.S.-Staatsangehörigen oder eine Person veräußert, die sich in den U.S.A. aufhält oder deren Sitz in den U.S.A. belegen ist. Um diese Rechtsfolge zu verhindern, reichen die Emittenten bei diesen sog. TEFRA D-Emissionen zwei interimistische sog. Bis-zu-Rahmenurkunden bei der CBF ein. Zu Einzelheiten CBF, TEFRA D: Funktionale Beschreibung für Kunden der Clear­ stream Banking Frankfurt, 2013, 2–8; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 Rn.  122. Trotz dieser Art der Verbriefung sind TEFRA D-Emis­sionen inhaltsgleich (Preuße/Preuße SchVG §  1 Rn.  11); außerdem sind sie Bestandteil einer Gesamtemission, siehe N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 44 f.; Veranneman/Oulds SchVG §  1 Rn.  32; Podewils DStR 2009, 1914, 1915. 39  Blitz WM 1997, 2211; Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  1; SBL/Klanten BankRHdB §  72 Rn.  57; Modlich DB 2002, 671, 673; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  1, 5; Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 253. 40  Im Jahr 1997 wurden 97 Prozent der Neuemissionen in Dauerglobalurkunden verbrieft, siehe Blitz WM 1997, 2211. 41  Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 363; Heinsius/Horn/Than DepotG §   9a Rn.  17; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  13. 42  Zulassung der BaFin v. 21.1.2020 auf Grundlage von §  1 Abs.  3 DepotG i. V. m. Art.  16 Abs.  1 Zentralverwahrer-VO. 43  Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  55; Hirte/Knof WM 2008, 7, 9; Peters JuS 1976, 424, 427. 44  Vor der Einführung des §  9a Abs.  3 Satz 2 DepotG war in der Literatur umstritten, ob der Auslieferungsanspruch des Hinterlegers gegen den Verwahrer nicht, nur für eine bestimmte Zeit oder auf Dauer ausgeschlossen werden kann. Siehe dazu Delorme Wertpapiersammelbanken 43 zu §  7 DepotG; Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  5; Philipp WM 1965, 214, 218; Scholtz Verwahrung 38–41. 45  Zu der Terminologie siehe statt vieler BGHZ 207, 23 Rn.  14 = NZG 2016, 187 m. w. N.

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b) Girosammelverwahrung Nach der ursprünglichen Fassung des §  9a Abs.  1 Satz 1 DepotG waren die Verwahrer nur ausnahmsweise befugt, die Sammelurkunden zur Verwahrung an eine Wertpapiersammelbank zu übergeben, wenn der Hinterleger der Sammel­ urkunde eine Ermächtigung unter Einhaltung der Formalien des §  5 Abs.  1 Satz 2, 3 DepotG 1937 erteilt hatte.46 Nachdem sich Mitte der 1970er Jahre bereits fast siebzig Prozent der Wertpapiere bei einer Wertpapiersammelbank in Verwahrung befanden47 und die Zahl der in Deutschland zentral verwahrten Urkunden sich im Jahr 1993 auf ca. 280 Mio. belief,48 drehte der Reformgesetzgeber des 2. FMFG mit der Neufassung des §  9a Abs.  1 Satz 1 DepotG49 mit Wirkung vom 1.8.199450 das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Sonderund der Sammelverwahrung um.51 Seither sind die Verwahrer grundsätzlich verpflichtet, Sammelurkunden einer Wertpapiersammelbank zu übergeben, es sei denn, der Hinterleger verlangt entsprechend §  2 Satz 1 DepotG deren gesonderte Aufbewahrung. 2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens Die Tatsache, dass bei Anleiheemissionen gegenwärtig nahezu ausschließlich Dauerglobalurkunden ausgestellt werden,52 schließt es regelmäßig aus, dass einzelne Gläubiger die Sammelurkunde oder einzelne Wertpapiere vorlegen. Dem damit einhergehenden Erfordernis, die in den §§  793 Abs.  1 Satz 1, 797 Satz 1 BGB und §  364 Abs.  3 HGB niedergelegten Prinzipien der klassischen Konzeption des Wertpapierrechts zu modifizieren, ist der Gesetzgeber jüngst im Zuge der Einführung von elektronischen Wertpapieren nachgekommen. a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren Bei umlaufenden Einzelurkunden wird demjenigen, der die Wertpapierurkunde vorlegen kann, der spätestens im Erkenntnisverfahren erforderliche Nachweis der Aktivlegitimation durch zwei gesetzliche Vermutungen erleichtert, nämlich durch die auf den unmittelbaren Besitz gründende Vermutung des Eigentums an der Urkunde nach §  1006 Abs.  1 Satz 1 BGB und die daran anschließende Vermutung der Berechtigung hinsichtlich der verbrieften Forderung nach §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB oder §  365 Abs.  1 HGB i. V. m. Art.  16 Abs.  1 Satz 1 WG. Die 46 

Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  22. Delorme Wertpapiersammelbanken 10; Heinsius/Horn/Than DepotG §  5 Rn.  14. 48  Blitz WM 1997, 2211. 49  Art.  7 Nr.  4 2. FMFG. 50  Art.  20 Satz 1 2. FMFG. 51  BT-Drucks. 12/6679, 87 zu Art.  7 Nr.  4. 52  Zuvor 1. a). 47 

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im Rahmen von Gesamtemissionen marktübliche Praxis, eine Dauerglobalurkunde auszustellen und diese einer Wertpapiersammelbank zur Verwahrung zu übergeben, schließt es zwar aus, dass die Gläubiger die Sammelurkunde oder einzelne Wertpapiere vorlegen. Dieser Umstand lässt aber nur die Grundlage für die gesetzlichen Vermutungen entfallen. Die versprochene Leistung kann auch ohne sie eingeklagt werden. Gegenteiliges ist §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht zu entnehmen; insbesondere der Umkehrschluss, dass nur der Inhaber der Urkunde die Leistung verlangen kann, verbietet sich aufgrund der Tatsache, dass die Vorschrift das Wort „nur“ nicht enthält. Daher ist es bei der Verbriefung der Forderung in einer Dauerglobalurkunde erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Gläubiger seine Aktivlegitimation ohne die gesetzlichen Vermutungen darlegt und im Streitfall beweist. Diesen Nachweis können die Gläuber seit dem 10.6.202153 durch eine von dem Verwahrer auszustellende Depotbescheinigung zur Rechtsausübung (§  9a Abs.  2 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 1 DepotG) erbringen. Diese Urkunde begründet nach §  9a Abs.  2 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 3 DepotG nämlich die unwiderlegbare Vermutung, dass derjenige, dem die Depotbescheinigung den hinterlegten Anteil am Sammelbestand zuweist, zum Zwecke der Beweisführung als sein Inhaber gilt. In der Praxis müssen die Gläubiger zur Einziehung der verbrieften Forderungen selten selbst tätig werden und ihre Aktivlegitimation nachweisen. Das Depotgeschäft verpflichtet die Wertpapiersammelbank nämlich nicht nur zu der Verwahrung der eingelieferten Dauerglobalurkunde, sondern auch zu deren Verwaltung.54 Hierzu gehört u. a. die Einziehung der verbrieften Zahlungsansprüche.55 Die Vorlage der Dauerglobalurkunde, die der Wertpapiersammelbank ohne Weiteres möglich wäre, ist hierbei unüblich,56 da der Emittent sich widersprüchlich verhielte, wenn er die Vorlage der Urkunde verlangt.57 Daher genügt in der Regel eine Abschrift der Eintragung im Verwahrungsbuch (§  14 Abs.  1 Satz 1 DepotG).58 53  Siehe Art.  4 i. V. m. Art.  12 Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I 1423). 54 SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  4, 166; Scherer/Scherer Vor DepotG §  1 Rn.  24. Die Verwaltung ist keine unselbstständige Nebenpflicht, sondern eine gleichwertige Hauptpflicht neben der Verwahrung, siehe Canaris BankvertragsR Rn.  2089; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  4, 166. Ob diese aus §  675 Abs.  1 i. V. m. §§  662 ff. BGB (so H. P. Westermann RabelsZ 49 [1985], 214, 232) oder aus §  675 Abs.  1 i. V. m. §§  611 ff. BGB folgt (so SBL/Klanten BankRHdB §  72 Rn.  166), kann dahinstehen, da die vertraglich begründeten Leistungspflichten über die gesetzlichen Pflichten hinausreichen und daher einen Rückgriff auf die gesetzlichen Pflichten überflüssig ist, siehe Canaris BankvertragsR Rn.  2182; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  167. 55 Siehe Nr. X Abs.   1 Satz 1 Spiegelstrich 2, XVIII Abs.  1 Satz 7 AGB-CBF; Einsele ­BankR/KapMarktR §  9 Rn.  40; Schönle BankR/BörsenR §  20 III 1 = 289; Schwintowski/ Schleicher BankR Kap.  17 Rn.  65, 66. 56 SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  72; Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 260. 57  BT-Drucks. 19/26925, 72 zu §  6 Abs.  2 DepotG-RegE. 58 SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  72.

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b) Beschränkung des Leistungsanspruchs im Erkenntnisverfahren Die den §  797 Satz 1 BGB und §  364 Abs.  2 HGB zu entnehmende besondere Vollstreckungsvoraussetzung, dass die Gläubiger neben dem Vollstreckungs­ titel auch die Schuldverschreibung oder – bei der Geltendmachung eines Zinsanspruchs – den Zinsschein vorlegen müssen,59 beruht auf der Vorstellung von Einzelurkunden in den Händen der Gläubiger. Unter der bei Gesamtemissionen marktüblichen Praxis, eine Sammelurkunde auszustellen und diese einer Wertpapiersammelbank zur Verwahrung zu übergeben, kann sie nur ausnahmsweise erfüllt werden, nämlich bei Sammelurkunden, die keine Dauerglobalurkunden sind, nach der Auslieferung von einzelnen Wertpapieren im Umfang des Miteigentumsanteils an der Sammelurkunde auf Grundlage des depotrechtlichen Hilfsanspuchs nach §  9a Abs.  3 Satz 1 Hs.  1 i. V. m. §  7 Abs.  1 Hs.  1 DepotG. Bei den marktüblichen Dauerglobalurkunden ist dieser Anspruch60 hingegen durch eine Bestimmung in den Anleihebedingungen ausgeschlossen (§  9a Abs.  3 Satz 2 DepotG). Der Ausweg ist seit dem 10.6.202161 in §  9a Abs.  2 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 4 DepotG niedergelegt. Danach ist der Leistungsanspruch des Gläubigers aus seinem Anteil an der Sammelurkunde von vornherein dahingehend beschränkt, dass er gegen die Leistung einen der Leistung entsprechenden Anteil an der Sammelurkunde auf den Aussteller überträgt. Die Vorschrift enthält keine auf das Vollstreckungsverfahren beschränkte Substitution der Urkundenvorlegung durch einen Nachweis der depotmäßigen Übertragung des Miteigentumsanteils an den Aussteller, sondern ist bereits im Erkenntnisverfahren umzusetzen, und zwar dahin, dass der Schuldner (nur) gegen Mitteilung der Zahlung an die Depotbank des Gläubigers zwecks Ausbuchung der Schuldverschreibung aus seinem Depot in Höhe der Zahlung zu verurteilen ist.62 Diese gesetzliche Beschränkung des Leistungsanspruchs gilt zur Vereinheitlichung der Tenorierung für alle Sammelurkunden, 63 weshalb die Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus Sammelurkunden, die keine Dauerglobalurkunden sind, in Zukunft ohne den depotrechtlichen Hilfsanspuch nach §  9a Abs.  3 Satz 1 Hs.  1 i. V. m. §  7 Abs.  1 Hs.  1 DepotG betreiben können.

59 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. a). Ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft und Auslieferung von Einzelurkunden besteht nach überwiegender Ansicht nicht, Einsele Wertpapierrecht 73 f.; Baumbach/Hopt/ Kumpan (13) DepotG §  6 Rn.  2 ; a. A. Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  56. 61  Siehe Art.  4 i. V. m. Art.  12 Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I 1423). 62  BT-Drucks. 19/26925, 72 zu §  6 Abs.  2 DepotG-RegE unter Hinweis auf BGH BeckRS 2009, 26905. 63  BT-Drucks. 19/26925, 72 zu §  6 Abs.  2 DepotG-RegE. 60 

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Kapitel 2. Leitbilder

3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs im Effektengiroverkehr Die Girosammelverwahrung hat es ermöglicht, die Effektenübertragung ähnlich dem bargeldlosen Zahlungsverkehr zu rationalisieren. Die wesentliche Funktion der Verbriefung, die Steigerung der Verkehrsfähigkeit der Forderung, wird hierdurch nicht beeinträchtigt. Weder der Umstand, dass die Übertragung der in ihnen verbrieften Rechte keine Bewegung der Urkunde voraussetzt, noch die Tatsache, dass die Veräußerer nur Miteigentümer und mittelbare Mitbesitzer der Sammelurkunde sind, lassen die Möglichkeit unberührt, nicht nur einen Miteigentumsanteil an der Wertpapierurkunde, sondern auch die verbriefte Forderung von einem Nichtberechtigten zu erwerben. a) Vollzug des Rechtserwerbs vom Berechtigten Die Übertragung eines Miteigentumsanteils an der Sammelurkunde erfolgt nach überwiegender Ansicht gemäß §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB im Wege der sog. Besitzumstellung. 64 Die Übergabe ist auch im Effektengiroverkehr nicht entbehrlich. 65 Sie erfordert lediglich keine körperliche Bewegung der Wertpapierurkunde. 66 Es genügt – sowohl bei der Sammelverwahrung einzelner Wertpapierurkunden als auch bei Dauerglobalurkunden – eine Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses,67 wodurch der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt. 68 aa) Besitzlage bei der Girosammelverwahrung Im Zuge der Anleiheemission ausgestellte Sammelurkunden werden bei einer Wertpapiersammelbank zur Girosammelverwahrung eingeliefert. Da Kontoin64 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 2. b) bb) (2) (a). Schmidt §  1008 Rn.  31; a. A. MüKoHGB/Einsele Q Rn.  110; dies. Wertpapierrecht 90 f.; wohl nur missverständlich Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 366. Ähnlich Fabricius AcP 162 (1963), 456, 482; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 34; MüKoBGB/ Oechsler §  932 Rn.  24: Umbuchung ersetze den nach den §§  929 ff. BGB erforderlichen Besitz bzw. trete an die Stelle der Übergabe. 66  BGHZ 207, 23 Rn.  16 = NZG 2016, 187; Hirte/Knof WM 2008, 7, 9; Scherer/Scherer/ Martin DepotG §  9a Rn.  24. 67 BGHZ 207, 23 Rn.   15, 16 = NZG 2016, 187; KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.  18.106; Böttcher DepotG §  6 Rn.  1; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  104; Modlich DB 2002, 671, 674; EBJS/Scherer DepotG §  6 Rn.  7; MüKoBGB/K. Schmidt §  747 Rn.  22; Erbs/ Kohlhaas/Wehowsky DepotG §  6 Rn.  2 ; Wilhelm SachenR Rn.  1010. KK-AktG/Lutter/Drygala Anh. §  68 Rn.  28 sehen in der Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses eine Eigentumsübertragung nach den §§  929 Satz 1, 931 BGB. 68  BGHZ 92, 280, 288 = NJW 1985, 376; BGH NJW 1999, 1393; BGH NJW 1971, 1608, 1609; BGH NJW 1959, 1536, 1539; RGZ 103, 151, 153; RG WarnRspr. 1926, Nr.  138 = 201; N. Horn FS Hadding, 2004, 893, 899; Baumbach/Hopt/Kumpan (13) DepotG §  5 Rn.  3; BGB-RGRK/Pikart §  931 Rn.  3 ; ders. WM 1975, 402, 404; Schefold IPRax 2000, 468, 475; siehe auch RG WarnRspr. 1922, Nr.  77 = 94 f. für einen Lagerschein. 65 MüKoBGB/K.

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haber bei der CBF nur juristische Personen – ganz überwiegend handelt sich um in- und ausländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- und sonstige Wertpapierdienstleistungsinstitute i. S. v. §  2 Abs.  10 WpHG69 – sein können,70 existiert in der Regel ein mehrstufiger mittelbarer Besitz (§  871 BGB). Als unmittelbare (Fremd-)Besitzerin der Wertpapierurkunden mittelt die CBF den Besitz zugunsten ihrer Kunden (mittelbare Fremdbesitzer der ersten Stufe), die ihrerseits als Depotbanken für ihre Kunden (mittelbare Eigenbesitzer der zweiten Stufe) besitzen.71 bb) Besitzumstellung und Publizität Die Besitzumstellung vollzieht sich dadurch, dass der Veräußerer seine Depotbank und diese die unmittelbar besitzende Wertpapiersammelbank nach den §§  665, 675 Abs.  1 BGB72 anweist, den Besitz an den Wertpapierurkunden fortan nicht mehr für sie, sondern für die Depotbank des Erwerbers zu mitteln.73 Zur Wahrung der erforderlichen Publizität wird die Besitzumstellung durch eine Änderung der Eintragung des Hinterlegers (sog. Umbuchung bzw. settlement) in dem Verwahrungsbuch (§  14 Abs.  1 Satz 1 DepotG) 74 bzw. durch eine Belastung des Depotkontos des Veräußerers und eine entsprechende Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers dokumentiert.75 Hierdurch gibt die Wertpapiersammelbank ihren Willen kund, die sammelverwahrten Wertpapiere fortan nicht mehr für den Veräußerer oder dessen depotführendes Kreditinstitut, sondern für den Erwerber oder dessen depotführendes Kreditinstitut zu verwahren.76

69 Schwintowski/Schleicher

BankR Kap.  17 Rn.  26. Siehe Nr. II Abs.  1 Satz 2 AGB-CBF. 71  BGHZ 207, 23 Rn.  15, 16 = NZG 2016, 187; Brink Effektengiroverkehr 52; N. Horn WM 2002, Sonderbeilage Nr.  2, 9; M. Huber ZIP 2021, 1573, 1577; SBL/Klanten BankR-HdB §  72 Rn.  101; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  22. 72  Büchner Effektengiroverkehr 111; Stuhlfauth WM 1994, 96, 102. 73  Siehe Nr.  11 Satz 1 SB Wp; Koller DB 1972, 1905, 1906; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  29. 74  Böttcher DepotG §  6 Rn.  1. Die Formulierung in BGHZ 161, 189, 191 = NJW 2005, 1275, wonach die Besitzverschaffung mittels Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft durch die Umbuchung der Depotgutschriften „ersetzt“ wird, ist wohl lediglich eine sprachliche Verkürzung. In diese Richtung auch KK-AktG/Lutter/Drygala Anh. §  68 Rn.  32: Anteile an Dauerglobalurkunden werden „faktisch durch Umbuchung übertragen“. 75  Siehe Nr. XXIII Abs.  1 Satz 1 AGB-CBF; KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.  18.107; Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 366; EBJS/Scherer DepotG §  6 Rn.  7; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  6 ; MüKoBGB/K. Schmidt §  1008 Rn.  31. 76  BGHZ 160, 121, 124 = NJW 2004, 3340; BGH NJW 1999, 1393; SBL/Klanten BankRHdB §  72 Rn.  104. 70 

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cc) Mittelbarer Besitz des Erwerbers Das für die Vollendung des Rechtsübergangs erforderliche Besitzmittlungsverhältnis im Verhältnis zu der Depotbank des Erwerbers begründet die CBF nach überwiegender Ansicht im Wege eines Insichgeschäfts, das ihr im Rahmen des Auftrags gestattet wurde.77 dd) Besonderheit bei Dauerglobalurkunden In der Literatur wird die Möglichkeit der Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Dauerglobalurkunde nach den §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB mit der Begründung verneint, die Kunden seien nicht als deren mittelbare Mitbesitzer anzusehen. Bei Dauerglobalurkunden ist der Anspruch auf Auslieferung einzelner Wertpapierurkunden gemäß §   9a Abs.  3 Satz 2 DepotG ausgeschlossen,78 weshalb es an dem für ein Besitzmittlungsverhältnis nach ganz überwiegender Ansicht erforderlichen79 Herausgabeanspruch fehle.80 Dieser Einwand beruht auf der Annahme, der Herausgabeanspruch müsse eine Sache – hier eine Wertpapierurkunde – zum Gegenstand haben. Dies lässt unberücksichtigt, dass die Vorschriften des Mobiliarsachenrechts der Rationalisierung des Effektenverkehrs zu globalverbrieften und sammelverwahrten Wertpapieren nicht Rechnung tragen. Geboten ist daher eine sinngemäße Anwendung des §  929 Satz 1 BGB. Hierzu hat der BGH entschieden, dass ein Vollstreckungstitel, der zur Übertragung bzw. Herausgabe globalverbriefter und sammelverwahrter Wertpapiere verurteilt, nicht ins Leere geht.81 Werden Einzelurkunden sammelverwahrt, ist die Vollstreckung nach §  883 Abs.  1 ZPO bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Wertpapierurkunden sich nicht im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners, sondern im Depot der Wertpapiersammelbank befinden. Um die Herausgabe bzw. Übergabe gleichwohl zu verwirklichen, sieht §  886 ZPO vor, den dem Vollstreckungsschuldner 77  Siehe Nr. XXIII Abs.  1 Satz 1 AGB-CBF; Koller DB 1972, 1905, 1907; Scherer/Scherer/ Martin DepotG §  9a Rn.  6 ; kritisch Koller DB 1972, 1857, 1859 vor dem Hintergrund des gutgläubigen Erwerbs nach §  366 HGB. 78  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 1. a). 79  Statt vieler BGHZ 10, 81, 87 = NJW 1953, 1506; MüKoBGB/F. L. Schäfer §  868 Rn.  15; a. A. Wieling AcP 184 (1984), 439, 450. 80  Einsele Wertpapierrecht 75; siehe auch Habersack/Mayer WM 2000, 1678, 1681 für globalverbriefte Aktien. Siehe auch Canaris BankvertragsR Rn.  2124 f., der den mittelbaren Mitbesitz des Veräußerers verneint, die Übereignung aber durch schlichte Einigung zulassen will. Die Ausführungen von Delorme Die Bank 1979, 446, 449 sind insoweit widersprüchlich, als er den für eine Übertragung des Miteigentumsanteils nach den §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, §  931 BGB erforderlichen Herausgabeanspruch verneint, den Veräußerer aber gleichwohl als mittelbaren Mitbesitzer ansieht, der seinen Miteigentumsanteil nach den §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB übertragen könne. 81  BGHZ 160, 121, 124 = NJW 2004, 3340.

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gegen die Wertpapiersammelbank zustehenden Herausgabeanspruch aus dem Depotvertrag – dieser tritt an die Stelle des Gewahrsams an den Einzelurkunden – zu pfänden und dem Vollstreckungsgläubiger zu überweisen. Seien die Wertpapiere nicht nur sammelverwahrt, sondern auch unter Ausschluss des Anspruchs auf Auslieferung einzelner Wertpapierurkunden globalverbrieft, sei – so der BGH – §  886 ZPO entsprechend anzuwenden.82 Danach trete an die Stelle der sammelverwahrten Einzelurkunden die buchmäßige Erfassung der Miteigentumsanteile. Diese repräsentiere die Einzelurkunden, deren Auslieferung bei der Dauerglobalverbriefung nach §  9a Abs.  3 Satz 2 DepotG ausgeschlossen ist.83 Folglich sei Gegenstand des Herausgabeanspruchs bei entsprechender Anwendung von §  886 ZPO nicht die sammelverwahrte Einzelurkunde, sondern die buchmäßige Erfassung der Miteigentumsanteile. Diese sei im Wege der Umbuchung an den Vollstreckungsgläubiger herauszugeben. 84 Genügt die Umbuchung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die §§  883 ff. ZPO der Rationalisierung des Effektenverkehrs nicht Rechnung tragen, 85 für die Übergabe im Rahmen der Herausgabevollstreckung, kann für die Übergabe i. S. d. §  929 Satz 1 BGB nichts anderes gelten.86 b) Erwerb des verbrieften Rechts vom Nichtberechtigten Der Umstand, dass der Veräußerer eines verbrieften Rechts bei der Girosammelverwahrung allenfalls mittelbarer Mitbesitzer der Sammelurkunde ist, steht dem Erwerb des verbrieften Rechts von einem Nichtberechtigten nicht entgegen. aa) Miteigentum und Mitbesitz an beweglichen Sachen In Bezug auf bewegliche Sachen wird die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Miteigentumsanteils an einer beweglichen Sache überwiegend verneint, 87

82 Anteile am Bruchteilseigentum sind andere Vermögensrechte i. S. d. §   857 ZPO (statt vieler BGH NJW 1993, 935, 937; MüKoZPO/Smid ZPO §  857 Rn.  15), weshalb eine entsprechende Anwendung von §  857 Abs.  1, 4 ZPO nahe gelegen hätte. Dieser hat der BGH – zu Recht – die entsprechende Anwendung von §  886 ZPO vorgezogen, da die §§  883 ff. ZPO für die Herausgabe die sachnäheren Regelungen seien, BGHZ 160, 121, 124 = NJW 2004, 3340; zustimmend Walker/Wrobel LMK 2004, 236 f.; kritisch MüKoHGB/Einsele Q Rn.  141. 83  BGHZ 160, 121, 125 = NJW 2004, 3340. 84  BGHZ 160, 121, 125 = NJW 2004, 3340. 85  BGHZ 160, 121, 125 = NJW 2004, 3340. 86  Siehe BGHZ 207, 23 Rn.  15 = NZG 2016, 187 zu §  1205 Abs.  2 BGB für die Verpfändung von dauerglobalverbrieften Inhaberaktien. 87  Prot. 3086 = Mugdan II 1210; Canaris BankvertragsR Rn.  2026; Koller in BMJ, Gutachten SchuldR II, 1427, 1504; ders. JZ 1972, 646, 649; Staudinger/Eickelberg, 2015, BGB §  747 Rn.  23; BGB-RGRK/Pikart §  1008 Rn.  35; MüKoBGB/K. Schmidt §  747 Rn.  20; Witt AcP 217 (2017), 107, 132 ff.; a. A. BRHP/Gehrlein BGB §  747 Rn.  4 ; Krauel Miteigentum 46 ff.

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es sei denn, der Veräußerer geriert sich als Alleineigentümer. 88 Grund hierfür ist, dass der veräußernde Miteigentümer regelmäßig keinen Allein-, sondern nur Mitbesitz hat und dieser keinen Rechtsschein hinsichtlich der Größe des Miteigentumsanteils des Veräußerers begründe. 89 Daher scheide der gutgläubige Erwerb eines Miteigentumsanteils aus, wenn der Veräußerer nur angeblicher Miteigentümer ist90 oder der Veräußerer, der tatsächlich Miteigentümer ist, einen größeren Anteil veräußert.91 Die Einschränkung, wonach der Erwerb von einem Nichtberechtigten ausnahmsweise möglich sein soll, wenn die übrigen Mitbesitzer der Verfügung zustimmen,92 überzeugt nicht. Ihre Aussagen begründen keinen ausreichenden Rechtsscheintatbestand.93 bb) Miteigentum und Mitbesitz an Sammelurkunden Im Effektengiroverkehr schließt der Umstand, dass der Veräußerer allenfalls mittelbarer Mitbesitzer der girosammelverwahrten Globalurkunde ist, den gutgläubigen Erwerb des verbrieften Rechts von einem Nichtberechtigten nicht aus.94 Dieses von der Rechtslage bei beweglichen Sachen abweichende Ergebnis entspricht allgemeiner Ansicht.95 Lediglich die Begründungen divergieren. (1) Rechtsfortbildung Die überwiegende Ansicht bemüht eine Rechtsfortbildung, da für den gut­ gläubigen Erwerb im Effektengiroverkehr ein unabwendbares Bedürfnis des 88 Soergel/Henssler BGB §   932 Rn.  9; Staudinger/Heinze, 2020, BGB §  932 Rn.  127; Palandt/Herrler BGB §  932 Rn.  1; Krauel Miteigentum 32 f.; BGB-RGRK/Pikart §  1008 Rn.  35; ders. WM 1975, 402, 404; von Seeler Miteigentum 41; Soergel/R. Stürner Vor BGB §  1008 Rn.  7; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, 55; Wieling SachenR §  10 III 5 = 125; ders. SachenRHdB I §  10 IV 5 = 393; Wilhelm SachenR Rn.  1005. 89 Soergel/Henssler BGB §  932 Rn.  10; Palandt/Herrler BGB §  932 Rn.  1; Koller JZ 1972, 646, 649; Kress, Besitz und Recht, 274; Staudinger/Eickelberg, 2015, BGB §  747 Rn.  23; MüKoBGB/K. Schmidt §  747 Rn.  20; Schulze-Osterloh, Gesamthänderische Bindung, 211; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, 56; Wieling SachenR-HdB I §  10 IV 5 = 393. 90  A. A. Hager Verkehrsschutz 322; MüKoBGB/Oechsler §  932 Rn.  2 2; Schulze-Osterloh, Gesamthänderische Bindung, 212. 91  Canaris BankvertragsR Rn.  2026; Soergel/Henssler BGB §  932 Rn.  10; Palandt/Herrler BGB §  932 Rn.  1; Kress, Besitz und Recht, 274; Schulze-Osterloh, Gesamthänderische Bindung, 212; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, 55 f.; Wieling SachenR-HdB I §  10 IV 5 = 393 f.; a. A. Krauel Miteigentum 48; Wilhelm SachenR Rn.  1005 f. 92  Koller JZ 1972, 646, 650; BGB-RGRK/Pikart §  1008 Rn.  35; ders. WM 1975, 402, 404; Wieling SachenR-HdB I §  10 IV 5 = 394. 93 MüKoBGB/Oechsler §  932 Rn.  2 2; Schulze-Osterloh, Gesamthänderische Bindung, 212; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, 56; Wilhelm SachenR Rn.  1007; im Ergebnis auch Palandt/Herrler BGB §  932 Rn.  1. 94 Unklar Brink Effektengiroverkehr 95: Mittelbarer Mitbesitz an einem Sammelbestand sei im Zusammenhang mit den §§  932 ff. BGB „funktionslos“. 95 BGB-RGRK/Pikart §  1008 Rn.  35, 56; MüKoBGB/K. Schmidt §  1008 Rn.  31; Wieling SachenR §  10 III 7 = 127.

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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Rechtsverkehrs bestehe.96 Die hierfür erforderliche Regelungslücke resultiere daraus, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des §  9a DepotG die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs vorausgesetzt und die entgegenstehenden Schwierigkeiten nicht erkannt habe.97 Sachlich gerechtfertigt sei die Anwendung der §§  932 ff. BGB bzw. des §  365 Abs.  1 HGB i. V. m. Art.  16 Abs.  2 WG durch einen Erst-Recht-Schluss zu der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs von Wertrechten. (a) Verordnungen über Reichsschuldbuchforderungen Durch die Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reichs im Bank- und Börsenverkehr vom 31.12.1940 98 und §  2 Zweite Verordnung über die Behandlung von Reichsanleihen im Bank- und Börsenverkehr vom 18.4.194299 seien die Reichsschuldbuchforderungen – so der BGH – durch eine gesetzliche Fiktion zu beweglichen Sachen geworden.100 Folglich habe der Inhaber einer Reichsschuldbuchforderung fiktives Miteigentum gehabt,101 das er durch Einigung und Übertragung des fiktiven Mitbesitzes entsprechend den §§  929 ff. BGB habe übertragen können.102 Sei der Veräußerer Nichtberechtigter, sei ein gutgläubiger Erwerb entsprechend den §§  932 ff. BGB möglich gewesen.103 Sei der gutgläubige Erwerb unkörperlicher Reichsschuldbuchforderungen somit möglich gewesen, müsse der gutgläubige Erwerb der in einer Sammel­ urkunde verbrieften Rechte erst recht möglich sein.104 Rechtsscheingrundlage

96  Canaris BankvertragsR Rn.  2026; Schlegelberger/Hefermehl Anh. HGB §  406 Rn.  327; Koller DB 1972, 1905 mit Fn.  73. Dem Plädoyer von Koller in BMJ, Gutachten SchuldR II, 1427, 1504 für eine Klarstellung de lege ferenda ist der Gesetzgeber bis heute nicht gefolgt. 97  Canaris BankvertragsR Rn.  2026. 98  RGBl. I 1941, 21. 99  RGBl. I 183. 100  BGHZ 5, 27, 31 = NJW 1952, 1012; zustimmend Koller DB 1972, 1905, 1906; G. Opitz DepotG §  42 Rn.  12 B. Nur in der Begründung abweichend Canaris BankvertragsR Rn.  2053: Die Verordnungen enthielten keine Fiktion, sondern lediglich die Anordnung, auf Reichsschuldbuchforderungen die Vorschriften über bewegliche Sachen entsprechend anzuwenden. 101  Heinsius/Horn/Than DepotG §  42 Rn.  31; Körner Entstückung 122. 102  Büchner Effektengiroverkehr 201; O. Ernst DR 1941, 298, 300; Heinsius/Horn/Than DepotG §  42 Rn.  32; Meder/Ernst Schuldbuchrecht 23; G. Opitz, Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, 455, 460 f.; Schultzenstein/Dieben Reichsanleiherecht 178; Wessely WM 1969, 1094, 1097; ähnlich Peters Effektensystem 117: Rechtsbesitz; dagegen Canaris BankvertragsR Rn.  2055. 103  Büchner Effektengiroverkehr 201; Canaris BankvertragsR Rn.  2055; O. Ernst DR 1941, 298, 300; Fabricius AcP 162 (1963), 456, 482; Heinsius/Horn/Than DepotG §  42 Rn.  32; Koller DB 1972, 1905, 1907; Meder/Ernst Schuldbuchrecht 23, 40; Schultzenstein/Dieben Reichsanleiherecht 178, 181; Wieling SachenR §  10 III 7 = 127; siehe auch G. Opitz, Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, 520 f. für die Sammelverwahrung. 104  Canaris BankvertragsR Rn.  2026.

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für diesen Erwerb sei die Buchung des Miteigentumsanteils durch die Wertpapiersammelbank.105 (b) Keine Änderung durch das BSchuWG Die Rechtsfortbildung, insbesondere deren sachliche Rechtfertigung durch den Vergleich mit Reichsschuldbuchforderungen, hat ihr Fundament nicht dadurch verloren, dass die zugrunde liegenden Verordnungen durch das ­BSchuWG abgelöst worden sind. Letztes sieht in §  8 Abs.  2 Satz 1 BSchuWG die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs zwar nur für Einzelschuldbuchforderungen i. S. d. §  7 Abs.  1 Satz 1 BSchuWG vor. Hieraus darf aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass ein gutgläubiger Erwerb von Sammelschuldbuchforde­ rungen – diese sind das Pendant zu der Sammelurkunde – ausgeschlossen sei. Ursächlich für die Beschränkung des öffentlichen Glaubens des Bundesschuldbuchs auf Einzelurkunden ist der Umstand, dass nur Verfügungen über Einzelschuldbuchforderungen zu ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner der Eintragung in das Bundesschuldbuch bedürfen. Im Unterschied dazu gelten Sammelschuldbuchforderungen gemäß §  6 Abs.  2 Satz 1, 2 BSchuWG als Wertpapiersammelbestände und die Gläubiger als Miteigentümer nach Bruchteilen. Die Übertragung der Miteigentumsbruchteile erfolgt daher außerhalb des Bundesschuldbuchs gemäß §  6 Abs.  2 Satz 6 BSchuWG in entsprechender Anwendung von §  6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB durch Einigung und Buchung des Rechtsübergangs bei der Wertpapiersammelbank.106 Ist der Veräußerer Nichtberechtigter, gewährleistet die Buchung des jeweiligen Miteigentumsanteils eine ausreichende Rechtsscheingrundlage für den gutgläubigen Erwerb in entsprechender Anwendung von §  6 Abs.  2 Satz 6 BSchuWG, §  6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 932 Abs.  1 Satz 1 BGB. Folglich ist auch der gutgläubige Erwerb der in einer Sammelurkunde verbrieften Rechte weiterhin erst recht möglich.107

105  Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 363 f.; Brink Effektengiroverkehr 102; Canaris BankvertragsR Rn.  2027; Fabricius AcP 162 (1963), 456, 482; Schlegelberger/Hefermehl Anh. HGB §  406 Rn.  327; Heinsius/Horn/Than DepotG §  6 Rn.  91; Koller DB 1972, 1905; ders. in BMJ, Gutachten SchuldR II, 1427, 1504; BGB-RGRK/Pikart §  1008 Rn.  35; Scherer/ Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  5 ; MüKoBGB/K. Schmidt §  747 Rn.  22; siehe auch G. Opitz, Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, 520 f. für die Sammelverwahrung; ähnlich Körner Entstückung 117: Besitz in Verbindung mit Lieferbarkeitsbescheinigung. 106  BT-Drucks. 14/7010, 16 zu §  8 Abs.  2 BWpVerwG-RegE; KMFS/Bauer BankR/KapMarktR Rn.  18.82; BuB/Kreße Rn.  8 /104; Hopt/Seibt/Lendermann BSchuWG §  6 Rn.  4 ; Lenenbach KapMarktR Rn.  2.51. 107 Hopt/Seibt/Lendermann BSchuWG §  6 Rn.  4.

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(2) Besitzverschaffungsmacht Die Gegenansicht sieht in der Buchung keine ausreichende Rechtsscheingrundlage. Ursächlich hierfür ist insbesondere, dass die Wertpapiersammelbank das Angebot nach den Grundsätzen des Handelns für den, den es angeht, annimmt,108 das Kreditinstitut des Erwerbers also weder an der Einigung mitwirkt noch vorher die Buchung einsieht.109 Gleichwohl bedürfe es weder einer Gesetzesänderung noch einer Rechtsfortbildung,110 um die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs im Effektengiroverkehr zu begründen. Erforderlich sei lediglich eine Besinnung darauf, dass Grundlage des gutgläubigen Erwerbs – wie auch bei beweglichen Sachen111 – nicht der Besitz,112 sondern die Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers sei. Bezogen auf den Effektengiroverkehr bedeute dies, dass Grundlage des gutgläubigen Erwerbs nicht das Vertrauen des Erwerbers auf den bisherigen mittelbaren Mitbesitz des Veräußerers sei, sondern dessen Fähigkeit, die Wertpapiersammelbank dazu zu veranlassen, den Erwerber als Inhaber des Wertpapiers und Gläubiger des verbrieften Rechts anzusehen.113

III. Einführung elektronischer Wertpapiere Das am 10.6.2021114 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren verzichtet auf eine umfassende Reform des Wertpapier- und Depotrechts. Es beschränkt sich darauf, den Emittenten durch eine behutsame Weiterentwicklung des geltenden Rechts, nämlich die Verknüpfung bewährter sachenrechtlicher Prinzipien mit einem elektronischen Wertpapierregister, die Begebung von Schuldverschreibungen ohne die Ausstellung einer Papierurkunde zu ermöglichen (nachfolgend 1.). Die Eigenschaft der Schuldverschreibungen als Präsentations- und Einlösepapier soll dabei ebenso erhalten werden (nachfolgend 2.) wie die für den Kapitalmarkt wesentliche Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs (nachfolgend 3.). 108 

Siehe vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 2. b) bb) (2) (a). Hager Verkehrsschutz 326. 110  Hager Verkehrsschutz 328. 111  Berg JuS 1970, 12, 13; Gursky in Westermann/Gursky/Eickmann SachenR §  45 Rn.  6 ; Staudinger/Heinze, 2020, Vor BGB §§  932–936 Rn.  13, 18; Soergel/Henssler BGB §  932 Rn.  2 ; BRHP/Kindl BGB §  932 Rn.  1; ders. Rechtsscheintatbestände 312, 339 f.; Martinek AcP 188 (1988), 573, 640, 647; Medicus Jura 2001, 294, 295; MüKo­BGB/Oechsler §  932 Rn.  6 ; von Olshausen JZ 1975, 29, 30 f.; Rebe AcP 173 (1973), 186, 194 f.; einschränkend Giehl AcP 161 (1962), 357, 378: Besitzverschaffungsmacht nicht in jedem Fall schutzwürdig. 112  So aber BGHZ 10, 81, 86 = NJW 1953, 1506; Baur/Stürner SachenR §  52 Rn.  3 ; Brink Effektengiroverkehr 102; PWW/Prütting BGB §  932 Rn.  1; Schulze-Osterloh, Gesamthänderische Bindung, 211; H. Westermann JuS 1963, 1, 3. 113  Hager Verkehrsschutz 327. 114 Siehe Art.   12 Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I 1423). 109 

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Kapitel 2. Leitbilder

1. Begebung von Schuldverschreibungen ohne Ausstellung einer Papierurkunde a) Einführung einer besonderen Begebungsform Seit dem 10.6.2021115 können Schuldverschreibungen auf den Inhaber nach den §§  1, 2 Abs.  1 Satz 1 eWpG auch als elektronische Wertpapiere begeben werden. Weder substituiert diese Regelung die herkömmliche Begebung mittels Papierurkunden noch erweitert sie den numerus clausus der Wertpapiere.116 Sie eröffnet den Emittenten – ausweislich des Wortlauts von §  2 Abs.  1 Satz 1 eWpG („auch“) – lediglich eine zusätzliche Option, nämlich Schuldverschreibungen auf den Inhaber gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 eWpG ohne die Ausstellung einer Papierurkunde durch die Eintragung eines elektronischen Wertpapiers in ein elektronisches Wertpapierregister (§  4 Abs.  1 eWpG) zu begeben.117 Diese besondere Begebungsform ist nicht auf Neuemissionen nach dem Inkrafttreten des eWpG beschränkt. Bei Inhaberschuldverschreibungen, die vor dem 10.6.2021 durch die Ausstellung einer Sammelurkunde oder durch mehrere in Sammelverwahrung befindliche Einzelurkunden ausgegeben wurden, erhalten die Emittenten nach §  6 Abs.  3 Satz 1 eWpG – vorbehaltlich einer Einwendung in den Anleihebedingungen (§  6 Abs.  3 Satz 1 Nr.  3 eWpG) – das Recht, die physischen Urkunden jederzeit und ohne Zustimmung der Gläubiger durch ein inhaltsgleiches elektronisches Wertpapier zu ersetzen. b) Kryptowertpapiere als Sonderform Die Begebung eines elektronischen Wertpapiers erfolgt gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 eWpG durch die konstitutive Eintragung desselben in ein elektronisches Wertpapierregister (§  4 Abs.  1 eWpG). Hierbei müssen die Emittenten – ohne Rücksicht auf den Inhalt des Leistungsversprechens – entscheiden, ob das elektronische Wertpapier in ein Kryptowertpapierregister (§§  4 Abs.  1 Nr.  2, 16 ff. eWpG) eingetragen wird und daher als Kryptowertpapier i. S. d. §  4 Abs.  3 eWpG oder als ein in das zentrale Register (§§  4 Abs.  1 Nr.  1, 12 ff. eWpG) eingetragenes Zentralregisterwertpapier i. S. d. §  4 Abs.  2 eWpG begeben wird. Die Eintragung ist – vorbehaltlich eines gesetzlich vorgesehenen Registerwechsels (§§  21 Abs.  2 Satz 2, 22 eWpG) – exklusiv dergestalt, dass ein Kryptowertpapier nicht zugleich ein Zentralregisterwertpapier sein kann.118

115  Siehe Art.  1 i. V. m. Art.  12 Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I 1423). 116  BT-Drucks. 19/26925, 39 zu §  2 eWpG-RegE. 117 BT-Drucks. 19/26925, 39 zu §   2 eWpG-RegE; siehe auch Döding/Wentz WM 2020, 2312, 2313; Lehmann BKR 2020, 431, 432; Linardatos ZBB 2020, 329, 331; Segna WM 2020, 2301, 2302; Sickinger/Thelen AG 2020, 862 Rn.  7 jeweils zu §  2 Abs.  1 Satz 1 eWpG-RefE. 118  BT-Drucks. 19/26925, 42 zu §  4 Abs.  3 eWpG-RegE.

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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2. Einziehung des verbrieften Leistungsversprechens Obwohl ein elektronisches Wertpapier als Sache i. S. d. §  90 BGB gilt (§  2 Abs.  3 eWpG) 119 und dieselben Rechtswirkungen wie ein Wertpapier entfaltet, das mittels Urkunde begeben worden ist (§  2 Abs.  2 eWpG), enthält das eWpG für die Einziehung der verbrieften Forderung keine Verweisung auf die §§  793 ff. BGB, sondern mit den §§  28, 29 eWpG eigenständige Sondervorschriften. Eine Abkehr von den klassischen Prinzipien des Wertpapierrechts, nämlich der Innehabung und der Vorlegung der Urkunde, geht damit jedoch nicht einher. Ihre Ausprägungen werden lediglich – soweit erforderlich – der besonderen Begebungsform angepasst. a) Nachweis der Aktivlegitimation im Erkenntnisverfahren Nach §  28 Abs.  1 Satz 1 eWpG kann der Inhaber einer als elektronisches Wertpapier begebenen Schuldverschreibung von dem Emittenten die in der Schuldverschreibung versprochene Leistung verlangen, es sei denn, dass er hierzu nicht berechtigt ist. Diese §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB entlehnte Regelung übernimmt für elektronische Wertpapiere das Konzept der formellen Legitimation durch das Innehaben des Wertpapiers. Da elektronische Wertpapiere die elek­ tronische Infrastruktur nicht verlassen sollen120 und §  2 Abs.  3 eWpG („gilt“) ihre Sacheigenschaft nur fingiert, kann die Legitimation – im Unterschied zu physischen Inhaberpapieren – nicht durch die Vorlage der Urkunde erfolgen.121 An ihre Stelle treten andere Dokumente, in erster Linie das elektronische Wertpapierregister. Inhaber eines elektronischen Wertpapiers ist nach §  3 Abs.  1 eWpG derjenige, der als solcher oder als Inhaber eines bestimmten Anteils an einer Gesamt­emission in einem elektronischen Wertpapierregister eingetragen ist (§§  13 Abs.  1 Nr.  6 , 17 Abs.  1 Nr.  6 eWpG).122 Dies ist bei der Einzeleintragung nach §  8 Abs.  1 Nr.  2 eWpG die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die durch die Zuordnung einer eindeutigen Kennung (§§  13 Abs.  2 Satz 2, 17 Abs.  2 Satz 2 eWpG) oder – bei Zentralregisterwertpapieren (§  4 Abs.  2 eWpG) – namentlich als Inhaber bezeichnet ist. Zu ihren Gunsten begründet §  27 eWpG die §  1006 Abs.  1, 2 BGB entlehnte123 Vermutung, dass sie für die Dauer ihrer Eintragung als Inhaber Eigentümer des Wertpapiers ist. Diese Vermutung entbindet den Inhaber allerdings nicht von 19 der Notwendigkeit, seine Inhaberschaft nachzuweisen.124 Daher sieht §   119 Kritisch

Lehmann BKR 2020, 431, 433 zu §  2 Abs.  3 eWpG-RefE. BT-Drucks. 19/26925, 68 zu §  29 Abs.  1 eWpG-RegE. 121  Preuße/Wöckener/Gillenkirch BKR 2020, 551, 554; Segna WM 2020, 2301, 2309 zu §  28 eWpG-RefE. 122  BT-Drucks. 19/26925, 41 zu §  3 Abs.  1 eWpG-RegE. 123  BT-Drucks. 19/26925, 67 zu §  27 eWpG-RegE. 124  Dieses Erfordernis übersehen Preuße/Wöckener/Gillenkirch BKR 2020, 551, 554, nach 120 

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Kapitel 2. Leitbilder

Abs.  1 eWpG vor, dass der Inhaber eines Kryptowertpapiers (§  4 Abs.  3 eWpG) von der registerführenden Stelle (§§  4 Abs.  10, 16 Abs.  2 Satz 1 eWpG) einen Registerauszug in Textform (§  126b BGB) verlangen kann. Für die Inhaber von Zen­tralregisterwertpapieren fehlt eine vergleichbare Regelung. Sie haben nach §  10 Abs.  1 eWpG lediglich das Recht, Einsicht in das Register zu nehmen, ohne dass damit ein Anspruch auf die Erstellung von Auszügen oder Nachweisen verbunden ist.125 Um diese Regelungslücke zu schließen, erscheint eine entsprechende Anwendung von §  19 Abs.  1 eWpG geboten. Im Unterschied zu der Einzeleintragung kann bei dem gesetzlichen Regelfall der Sammeleintragung als Inhaber nach §  8 Abs.  1 Nr.  1 eWpG nur eine Wertpapiersammelbank (§  4 Abs.  5 eWpG) oder ein Verwahrer (§  4 Abs.  6 eWpG) eingetragen werden. Sie halten die als Wertpapiersammelbestand geltende Sammeleintragung elektronischer Wertpapiere (§  9 Abs.  1 Satz 1 eWpG) nicht für sich selbst, sondern verwalten diese nach §  9 Abs.  2 Satz 1 eWpG treuhänderisch für die Berechtigten, ohne selbst Berechtigte zu sein. Diese Regelung ist offensichtlich dadurch motiviert, den Wertpapiersammelbanken und Verwahrern die Einziehung der treuhänderisch verwalteten Forderungen zu ermöglichen126 und den Emittenten die Sicherheit zu geben, dass sie durch die Leistung an den Inhaber befreit werden (§  28 Abs.  1 Satz 2 eWpG).127 Um zu verhindern, dass die Berechtigten durch das systematische Auseinanderfallen von Inhaberschaft und Berechtigung benachteiligt werden, hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem eWpG128 ein weiteres Legitimationsdokument eingeführt, nämlich die Depotbescheinigung zur Rechtsausübung (§  9b Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 1 DepotG).129 Wem sie einen Anteil an einem Sammelbestand zuweist, der gilt aufgrund der unwiderlegbaren Vermutung des §  9b Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 3 DepotG zum Zweck der Beweisführung als sein Inhaber. b) Nachweis der Weisung zur Umtragung der Schuldverschreibung auf den Emittenten Der Emittent einer elektronisch begebenen Schuldverschreibung ist nach §  29 Abs.  1 eWpG zur Leistung aus der Schuldverschreibung nur verpflichtet, wenn der Inhaber gegenüber der registerführenden Stelle (§  4 Abs.  10 eWpG) eine Weisung zur Umtragung auf den Emittenten bei Zahlungsnachweis erteilt. Diederen Ansicht die Vorlegung einer physischen Urkunde durch die Einsicht in das Register ersetzt wird. 125  BT-Drucks. 19/26925, 51 zu §  10 Abs.  1 eWpG-RegE. 126  Zu der Pflicht zur Einziehung der verbrieften Forderungen im Rahmen der Verwaltung siehe vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 2. a). 127  Dies übersieht Dubovitskaya ZIP 2020, 2551, 2556 f. 128 Siehe Art.   4 Nr.   2, 4 Gesetz zur Einführung von elektronsichen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I 1423). 129  Döding/Wentz WM 2020, 2312, 2318; Dubovitskaya ZIP 2020, 2551, 2557; Kleiner/ Mayer EuZW 2020, 1059, 1064; Segna WM 2020, 2301, 2310 jeweils zu §  28 eWpG-RefE.

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se sowohl bei der Einzeleintragung als auch bei der Sammeleintragung elektronischer Wertpapiere geltende Regelung gewährt dem Emittenten weder einen materiell-rechtlichen (Gegen-)Anspruch noch ein Zurückbehaltungsrecht nach §  273 Abs.  1 BGB,130 sondern enthält eine gesetzlich nicht näher geregelte besondere Vollstreckungsvoraussetzung. Deren Inhalt unterscheidet sich aufgrund der Vorgabe, dass das elektronische Wertpapier die elektronische Infrastruktur nicht verlassen soll,131 von §  797 Satz 1 BGB insoweit, als der Gläubiger dem zuständigen Vollstreckungsorgan – neben dem Vollstreckungstitel – nicht die Urkunde vorlegen, sondern den Nachweis erbringen muss, er habe die registerführende Stelle unwiderruflich angewiesen, die Schuldverschreibung bei Zahlungsnachweis auf den Emittenten umzutragen (§  4 Abs.  8 eWpG).132 Bei der Sammeleintragung elektronischer Wertpapiere findet diese besondere Vollstreckungsvoraussetzung keine Anwendung, da §  9b Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  6 Abs.  2 Satz 4 DepotG den materiell-rechtlichen Leistungsanspruch des Berechtigten aus seinem Anteil an den elektronischen Wertpapieren in Sammeleintragung – ebenso wie bei Sammelurkunden133 – dahingehend beschränkt, dass er gegen die Leistung einen der Leistung entsprechenden Anteil an der Sammeleintragung auf den Emitteten überträgt. 3. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs Die Tatsache, dass elektronsiche Schuldverschreibungen ohne die Ausstellung einer Wertpapierurkunde begeben werden (§  2 Abs.  1 Satz 2 eWpG), schließt den gutgläubigen Erwerb sowohl des Wertpapiers als auch der verbrieften Forderung nicht aus. a) Einzeleintragung Die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines elektronischen Wertpapiers hat nur in §  26 Satz 1 eWpG eine Sonderregelung erfahren. Diese auf den Ausnahmefall der Einzeleintragung (§  8 Abs.  1 Nr.  2 eWpG) begrenzte Vorschrift ergänzt die allgemeinen Regelungen zur Übereignung nach den §§  24 Nr.  1, 25 eWpG. Danach wird das Eigentum an einem elektronischen Wertpapier grundsätzlich dadurch übertragen, dass der Berechtigte (§  3 Abs.  2 eWpG) die registerführende Stelle (§  4 Abs.  10 eWpG) anweist, das elektronische Wertpapier auf den Erwerber umzutragen, beide darüber einig sind, dass das Recht übergehen soll, und die Umtragung (§  4 Abs.  8 eWpG) auf den Erwerber erfolgt. Die Umtragung ist zwar konstitutiv (§  25 Abs.  1 Satz 2 eWpG), aber nicht geeignet, 130 

A. A. Döding/Wentz WM 2020, 2312, 2318 zu §  29 Abs.  1 eWpG-RefE. BT-Drucks. 19/26925, 68 zu §  29 Abs.  1 eWpG-RegE. 132  BT-Drucks. 19/26925, 68 zu §  29 Abs.  1 eWpG-RegE. 133  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 2. b). 131 

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Kapitel 2. Leitbilder

Mängel der Weisung oder der Einigung zu überwinden. Die daher bei der Veräußerung durch einen Nichtberechtigten drohende Rechtsfolge, dass der Buchberechtigte nicht der Eigentümer des elektronischen Wertpapiers ist, wird durch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs nach §  26 Satz 1 eWpG auf wenige Ausnahmefälle beschränkt. Mittel hierzu sind drei unwiderlegbare Vermutungen zugunsten desjenigen, der aufgrund eines Rechtsgeschäfts in ein elektronisches Wertpapierregister eingetreten wird, nämlich die Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhalts des elektronischen Wertpapierregisters sowie die Berechtigung des Inhabers (§§  3 Abs.  1, 13 Abs.  1 Nr.  6 , 17 Abs.  1 Nr.  6 eWpG).134 Ist keine dieser Vermutungen tatbestandlich ausgeschlossen, weil dem Erwerber im Zeitpunkt seiner Eintragung etwas anderes weder bekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, geht nicht nur das Eigentum an dem Wertpapier auf ihn über, sondern nach §  25 Abs.  2 eWpG auch das Recht aus dem Wertpapier. Diese sog. Transportfunktion soll – wie bei Wertpapierurkunden – nicht auf den Erwerb des Eigentums vom Berechtigten beschränkt sein.135 Der Wortlaut von §  25 Abs.  2 eWpG, der eine „Übereignung … nach Absatz 1“ voraussetzt, ist insoweit unglücklich. Erforderlich ist nämlich keine Übereignung durch den Berechtigten, sondern – wie bei §  932 Abs.  1 Satz 1 BGB – lediglich ein Veräußerungsvorgang nach §  25 Abs.  1 eWpG. b) Sammeleintragung Für elektronische Wertpapiere in Sammeleintragung (§  8 Abs.  1 Nr.  1 eWpG) enthält das eWpG keine §  26 Satz 1 eWpG vergleichbare Sonderregelung. Dieser Umstand impliziert keine Negation des gutgläubigen Erwerbs, sondern beruht auf dem Umstand, dass drei ineinandergreifende Fiktionen die (direkte) Anwendung der zu Inhaberurkunden etablierten Grundsätze ermöglichen.136 Erstens, elektronische Wertpapiere in Sammeleintragung gelten nach §  9 Abs.  1 Satz 1 eWpG als Wertpapiersammelbestand. Zweitens, der Sammelbestand gilt seinerseits gemäß §  2 Abs.  3 eWpG als Sache i. S. d. §  90 BGB. Drittens, die Berechtigten (§  3 Abs.  2 eWpG) gelten nach §  9 Abs.  1 Satz 2 und 3 eWpG als Miteigentümer nach Bruchteilen, wobei der jeweilige Anteil sich nach dem Nennbetrag der für den Berechtigten in Sammeleintragung genommenen Rechte bestimmt. Auf Grundlage dieser Fiktionen können die Miteigentumsanteile – wie

134 

Meier RDi 2021, 1 Rn.  33 zub §  26 eWpG-RegE. Ergebnis liegt auch BT-Drucks. 19/26925, 67 zu §  25 Abs.  2 eWpG-RegE zugrunde, wo es heißt, dass die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs ohne die Transportfunktion sinnlos wäre. 136  Preuße/Wöckener/Gillenkirch BKR 2020, 551, 554 zum eWpG-RefE. Entgegen Sickinger/Thelen AG 2020, 862 Rn.  10 ist diese Rechtsfolge §  12 Abs.  3 eWpG nicht zu entnehmen, da die Vorschrift nur den Ersterwerb durch Einbuchung regelt und keine Aussage für den Zweiterwerb beinhaltet, siehe BT-Drucks. 19/26925, 55 zu §  12 Abs.  3 eWpG-RegE. 135  Dieses

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bei der Girosammelverwahrung von Dauergloblaurkunden137 – durch sog. Besitzumstellung nach Maßgabe der §§  747 Satz 1, 929 Satz 1 BGB138 und, wenn der Anteil dem Veräußerer nicht gehört oder dieser zur Verfügung nicht befugt ist, §  932 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB oder §  366 Abs.  1 HGB übertragen werden.139 Mit dem Miteigentumsanteil erlangt der Erwerber aufgrund der für Inhaberschuldverschreibungen charakteristischen Transportfunktion, die durch §  2 Abs.  2 eWpG auf elektronische Wertpapiere erstreckt wird,140 auch die verbriefte Forderung in Höhe des von dem Verwahrer in dem Verwahrungsbuch (§  9b Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  14 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 DepotG) für den Miteigen­ tums­anteil vermerkten Nennbetrags.

B. Leistungsversprechen Von der Verbriefung und ihrem Zweck, die Verkehrsfähigkeit des Rechts zu steigern und den Börsenhandel der Wertpapiere zu ermöglichen, ist die verbriefte Forderung als solche zu unterscheiden. Sie wird bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber – Gleiches gilt für blankoindossierte Orderschuldverschreibungen – in Anlehnung an den Wortlaut des §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB als Leistungsversprechen bezeichnet. Die im Zuge einer Anleiheemission begebenen Teilschuldverschreibungen sind keine kausalen Wertpapiere, die ein Darlehensverhältnis oder ein anderes Grundverhältnis verbriefen,141 sondern abstrakte Wertpapiere. Das in ihnen verbriefte Leistungsversprechen besteht in einem selbstständigen Schuldversprechen i. S. d. §  780 BGB.142 Die hierdurch erreichte Lösung von dem Grundverhältnis gewährleistet den Emittenten die Freiheit, den Inhalt und die Nebenbedingungen des Leistungsversprechens unabhängig von den zwingenden und dispositiven Regelungen des Grundverhältnisses aus137 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 3. Wieneke/Kunz NZG 2021, 316, 318 zum eWpG-RegE. Siehe auch Döding/Wentz WM 2020, 2312, 2315; Kleiner/Mayer EuZW 2020, 1059, 1062; Lehmann BKR 2020, 431, 433, 434; Segna WM 2020, 2301, 2308; Sickinger/Thelen AG 2020, 862 Rn.  19 jeweils zum eWpG-RefE. 139  BT-Drucks. 19/26925, 50 zu §  9 Abs.  1 und 2 eWpG-RegE. 140  Döding/Wentz WM 2020, 2312, 2314 zu §  2 Abs.  2 eWpG-RefE. 141  So aber OLG Frankfurt AG 2015, 87, 89; von Baum, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, 135; Drygala WM 2011, 1637, 1644; Staudinger/Freitag, 2015, BGB §  488 Rn.  48; Grunewald/Schlitt/Schlitt KapMarktR §  1 III 2 = 10. Offengelassen von BGHZ 221, 100 Rn.  60 = NJW 2019, 1289. 142  BGHZ 210, 263 Rn.  31 = WM 2016, 1293; BGH NJW 2014, 3362 Rn.  32; Freisberg/ Koehler BKR 2019, 597, 599; MüKoBGB/Habersack §  780 Rn.  25, §  793 Rn.  40; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 353; Hueck/Canaris WertpapierR §  22 I 2 = 194; Kühn Barabfindungsklauseln 278; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 135; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  8 ; Reps Rechtswettbewerb 29; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 398; Wieneke/Schulze De la Cruz WM 2020, 1720, 1726; siehe auch S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  57 für Genussscheine; ähnlich HMS/Gleske Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  18.22 (Rechtsverhältnis eigener Art). 138 

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Kapitel 2. Leitbilder

zugestalten (nachfolgend I.). Das auf diese Weise kreierte Leistungsversprechen ist typuslos. Die Wertpapierurkunde enthält keine Bezugnahme auf das Grundverhältnis, die den Aussteller berechtigte, Einwendungen aus dem Grundverhältnis auch den Zweiterwerbern der Teilschuldverschreibungen entgegenzusetzen (nachfolgend II.). Die Ausgabe der Wertpapiere an das Emissionskonsortium erfolgt weder an Erfüllungs statt noch erfüllungshalber für Forderungen aus einem Darlehensverhältnis. Insbesondere ist die Übernahme der Wertpapiere keine Darlehensgewährung, sondern ein Kaufvertrag. Dieser bewirkt die Kondiktionsfestigkeit des Ersterwerbs (nachfolgend III.).

I. Schuldverschreibungen als abstrakte Wertpapiere Mit Blick auf das Grundverhältnis werden kausale und abstrakte Wertpapiere unterschieden (nachfolgend 1., 2.). Im Unterschied zu Wechseln und Schecks, die kraft Gesetzes abstrakte Wertpapiere sind (Art.  1 Nr.  2 WG, Art.  1 Nr.  2 ScheckG), enthalten weder die §§  793 ff. BGB noch die §§  363 ff. HGB eine vergleichbare Regelung über das Verhältnis der verbrieften Forderung zu dem Grundverhältnis. Daher können die Aussteller von Inhaber- und Order­ schuldverschreibungen – bei letzteren handelt es sich um an Order ausgestellte kaufmännische Verpflichtungsscheine i. S. v. §  363 Abs.  1 Satz 2 HGB – privatautonom über deren Ausgestaltung als kausale oder abstrakte Wertpapiere entscheiden.143 Im Rahmen von Anleiheemissionen werden sie als abstrakte Wertpapiere begeben (nachfolgend 3.). 1. Kausale Wertpapiere Kausale Wertpapiere sind solche, die das Grundverhältnis selbst verbriefen.144 Ein Beispiel hierfür ist die Aktie.145 Sie verbrieft die in der Regel bereits zuvor mit der Eintragung der AG oder der Kapitalerhöhung in das Handelsregister entstandene146 Mitgliedschaft in einer AG oder KGaA.147 Die Tatsache, dass der Anspruch auf die Verbriefung gemäß §  10 Abs.  5 AktG in der Satzung ausgeschlossen werden kann, zeigt, dass die Mitgliedschaft unabhängig von der Ver143  Für Schuldverschreibungen auf den Inhaber siehe MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  7; Hueck/Canaris WertpapierR §  24 I 3 = 208; Mülbert ZHR 179 (2015), 395, 399 ff.; Zöllner WertpapierR §  5 I 3 = 28; einschränkend (in der Regel abstraktes Wertpapier) Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117, 118. Für kaufmännische Verpflichtungsscheine siehe Staub/ Canaris HGB §  363 Rn.  15; MüKoHGB/Langenbucher §  363 Rn.  40; wohl a. A. EBJS/Hakenberg HGB §  363 Rn.  10: Sonderform des abstrakten Schuldversprechens. 144  Statt vieler Zöllner WertpapierR §  5 I 2 = 28. 145  Statt vieler MüKoBGB/Habersack §  793 Rn.  11 m. w. N. 146  Statt vieler GroßkommAktG/Mock §  10 Rn.  34 m. w. N. 147  Statt vieler Müller-Christmann/Schnauder JuS 1991, 117; MAH AktR/Sudmeyer §  10 Rn.  41.

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briefung besteht.148 Die Aktie schafft also kein zweites, von der Mitgliedschaft rechtlich zu unterscheidendes, abstraktes Rechtsverhältnis, sondern verbrieft die Mitgliedschaft selbst.149 Daraus folgt, dass das rechtliche Schicksal der Aktie als Wertpapier von dem Bestand der Mitgliedschaft abhängig ist.150 2. Abstrakte Wertpapiere Im Unterschied zu kausalen Wertpapieren verbriefen abstrakte Wertpapiere ein selbstständiges Schuldversprechen i. S. d. §  780 BGB.151 Dieses ist im Verhältnis zu dem Grundgeschäft abstrakt, d. h. in seiner Existenz von dessen Bestand unabhängig.152 Abstrakte Wertpapiere kraft Gesetzes sind der Wechsel und der Scheck.153 Gemäß Art.  1 Nr.  2 WG bzw. Art.  1 Nr.  2 ScheckG müssen der Wechsel bzw. der Scheck eine unbedingte Anweisung enthalten, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen. Sowohl die Wechsel- als auch die Scheckausstellung sind bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte.154 Jede Bezugnahme auf das Grundgeschäft, insbesondere die Verbindung der Zahlungsverpflichtung mit dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis durch eine Bedingung, ist unzulässig und führt zu der Ungültigkeit des Wechsels (Art.  2 Abs.  1 WG) bzw. des Schecks.155 Die klassischen abstrakten Wertpapiere, der Wechsel und der Scheck, werden in der Regel zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers aus dem jeweiligen Grundverhältnis hingegeben. Erfolgt die Hingabe nicht ausnahmsweise an Erfüllungs statt (§  364 Abs.  1 BGB),156 sondern entsprechend der Zweifelsregelung 148 

Statt vieler KK-AktG/Dauner-Lieb §  10 Rn.  2 ; Hüffer/Koch AktG §  10 Rn.  2. Hueck/Canaris WertpapierR §  2 VI = 26. 150  Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  5 4; Zöllner WertpapierR §  5 I 2 = 28. 151  Enneccerus/Lehmann SchuldR §  207 II 3 = 840; E. Locher WertpapierR §  5 1 = 32. 152  W. Flume BGB AT II §  12 II 4 a = 167; Hueck/Canaris WertpapierR §  2 VI 1 = 26 f.; Zöllner WertpapierR §  5 I 1 = 27; siehe zur Wechselforderung auch Bulla JuS 1983, 755, 756; BHC/Casper Einl WG Rn.  39; Hagemeister ZIP 1983, 1427. Abweichend U. Huber FS Flume, 1978, 83, 105: Abstraktheit ist lediglich „terminologische Konvention“. 153  RGZ 166, 306, 313; BHC/Casper Einl WG Rn.  10. 154  Hueck/Canaris WertpapierR §  6 IV 2 a = 61; Reinicke DB 1960, 344; Tiedtke ZIP 1986, 953. 155  Mit nur terminologischen Unterschieden OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 190, 191 („wirkungslos“); OLG Hamm WM 1992, 642, 645; KG WM 1956, 1439, 1441 („nichtig“); Bulla JuS 1983, 755, 756 („nichtig“); BuB/Burghardt Rn.  6/535b; BHC/Casper WG Art.  1 Rn.  8 , ScheckG Art.  1 Rn.  3, 12; Hueck/Canaris WertpapierR §  5 II 5 = 44 („Ungültigkeit“); Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  110; Reinicke DB 1960, 344; Zöllner WertpapierR §  5 I 3 = 28. 156  In dem der Entscheidung RGZ 124, 355, 365 zugrunde liegenden Sachverhalt wurde eine Schuldverschreibung an Erfüllungs statt angenommen. Canaris BankvertragsR Rn.  2243; Hueck/Canaris WertpapierR §  24 II 3 = 208 gehen bei Anleiheemissionen davon aus, dass die Teilschuldverschreibungen an Erfüllungs statt für eine Darlehensforderung des Konsortiums gegen den Emittenten ausgegeben werden. 149 

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des §  364 Abs.  2 BGB und dem praktischen Regelfall erfüllungshalber,157 versuchen regelmäßig die Gläubiger selbst, den in dem Wertpapier versprochenen Geldbetrag von dem Aussteller zu erlangen.158 Bedarf es zur Durchsetzung des Anspruchs eines gerichtlichen Verfahrens, profitieren die Inhaber von der Abs­ trakt­heit insbesondere in Form einer Umkehr der Beweislast. a) Grundsatz der Abstraktion Abstrakte Wertpapiere sind dadurch gekennzeichnet, dass mit der verbrieften Forderung ein zweites Rechtsverhältnis – ein selbstständiges Schuldversprechen i. S. d. §  780 BGB – neben das Grundverhältnis tritt, das in seiner Existenz von dem Bestand des Grundverhältnisses unabhängig ist.159 Diese Konstruktion hat zur Folge, dass der Aussteller dem Anspruch aus dem abstrakten Wertpapier grundsätzlich keine Einwendungen und Einreden entgegensetzen kann, die in dem Grundverhältnis begründet sind. Dieser Grundsatz erfährt Ausnahmen in Form der Einrede der Bereicherung (§  821 i. V. m. §§  812 Abs.  1 Satz 1, Satz 2 Alt.  1, 813 Abs.  1 Satz 1 BGB) sowie in Einzelfällen durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung bzw. eine der Zweckvereinbarung immanente Beschränkung der verbrieften Forderung. b) Einrede der Bereicherung Die Ausgestaltung als abstraktes Wertpapier bedingt die Rechtsfolge, dass nicht nur die Übertragung des Wertpapiers, sondern auch die Begründung des darin verbrieften abstrakten Schuldversprechens (§  780 BGB) eine Leistung i. S. d. Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung ist. Dies ergibt sich aus §  812 Abs.  2 BGB. Zwar nennt die Vorschrift – die nur deklaratorische Bedeutung hat160 – 157  BGH WM 1975, 1255, 1256; OLG Düsseldorf ZInsO 2002, 1139, 1140; BRHP/Dennhardt BGB §  364 Rn.  5 ; W. Flume BGB AT II §  12 II 4 a = 168; Palandt/Grüneberg BGB §  364 Rn.  5 ; Zöllner WertpapierR §  19 III = 124. Zum Wechsel siehe BGHZ 96, 182, 186 = NJW 1986, 424; BGH NJW-RR 2007, 1419 Rn.  25; BGH WM 1975, 1255, 1256; BHC/Casper Einl WG Rn.  41; EBJS/Hakenberg BankR II Rn.  9 ; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  123; Staudinger/Olzen, 2016, BGB §  364 Rn.  51; SBL/Peters BankR-HdB §  64 Rn.  32; PWW/Pfeiffer BGB §  364 Rn.  16; Jauernig/R. Stürner BGB §§  364, 365 Rn.  7. Zum Scheck siehe BGHZ 131, 66, 74 = NJW 1995, 3386; BGHZ 83, 96, 101 = NJW 1982, 1946; BGHZ 44, 178, 179 = NJW 1966, 46; BGH NJW 1996, 1961; BGH NJW 1991, 427, 429; BGH NJW 1986, 1174, 1175 f.; BGH WM 1984, 1466, 1467; Mues EWiR 2000, 1043, 1044; Staudinger/Olzen, 2016, BGB §  364 Rn.  58; PWW/Pfeiffer BGB §  364 Rn.  15; Zöllner ZHR 148 (1984), 313, 321. 158  Zöllner ZHR 148 (1984) 313, 327: Nichtweitergabe sei der „verkehrstypische Fall“. 159  Canaris JuS 1971, 441, 446; Hueck/Canaris WertpapierR §   2 VI 1 = 26 f.; Wieland Wechsel 21. 160  RGZ 108, 329, 332; Prot. 2973 = Mugdan II 1179; BGB-RGRK/Heimann-Trosien §  812 Rn.  101; Staudinger/S. Lorenz, 2007, BGB §  812 Rn.  9 ; Martinek in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 III 1 = 118; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding BGB §  812 Rn.  9 ; abweichend F. Kübler, Feststellung und Garantie, 210: §  812 Abs.  2 BGB sei gegenstandlos.

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nur das konstitutive161 und das negative Schuldanerkenntnis (§  397 Abs.  2 BGB). Auf abstrakte Schuldversprechen findet sie nach allgemeiner Ansicht aber entsprechende Anwendung.162 Wurde das abstrakte Schuldversprechen ohne rechtlichen Grund erlangt, ist der rechtliche Grund später weggefallen oder stand dem Anspruch aus dem Grundverhältnis eine peremptorische Einrede entgegen, kann der Aussteller nach §  812 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1, Satz 2 Alt.  1 BGB oder §  813 Abs.  1 Satz 1 BGB die Herausgabe seines Leistungsversprechens verlangen,163 also dessen Erlass.164 Darüber hinaus ist der Aussteller berechtigt, die Leistung zu verweigern. Ausdrücklich geregelt ist die Einrede der Bereicherung in §  821 BGB zwar nur für die Zeit nach dem Eintritt der Verjährung des Kondiktionsanspruchs (§§  195, 199 Abs.  1 bzw. §  199 Abs.  4 BGB). Einigkeit besteht aber darüber, dass der Aussteller bereits zuvor der Inanspruchnahme aus dem abstrakten Wertpapier eine Einrede entgegensetzen kann. Während der BGH hierfür eine ungeschriebene allgemeine Bereicherungseinrede bemüht,165 erscheint es mit der überwiegenden Ansicht in der Literatur vorzugswürdig, die Einrede auf den Grundsatz dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est zu stützen.166 c) Auswirkung dilatorischer Einreden aus dem Grundverhältnis Ist das Grundverhältnis wirksam, die sich daraus ergebenden Ansprüche aber lediglich vorübergehend nicht durchsetzbar, weil dilatorische Einreden oder Leistungsverweigerungsrechte bestehen, ist der Schuldner grundsätzlich nicht 161  Kausale bzw. deklaratorische Schuldanerkenntnis sind von §  812 Abs.  2 BGB nicht umfasst und unterliegen nicht der bereicherungsrechtlichen Rückforderung, siehe BGH NJW 2000, 2501, 2502; RG JW 1916, 960; OLG Köln WM 1978, 383, 385; OLG Königsberg HRR 1942, Nr.  571; Staudinger/S. Lorenz, 2007, BGB §  812 Rn.  11; PWW/Prütting BGB §  812 Rn.  52; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding BGB §  812 Rn.  9 ; Palandt/Sprau BGB §  812 Rn.  18; BGB-RGRK/Steffen §  781 Rn.  7; BRHP/Wendehorst BGB §  812 Rn.  4 4; a. A. Erman/BuckHeeb BGB §  812 Rn.  58; differenzierend MüKoBGB/Schwab §  812 Rn.  31. 162  BGH WM 1958, 620, 622; RG HRR 1929, Nr.  297; Staudinger/Hau, 2020, BGB §  780 Rn.  40; Larenz/Canaris SchuldR BT II/2 §  68 I 4 a = 155; Staudinger/S. Lorenz, 2007, BGB §  812 Rn.  20; Martinek in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 III 1 = 117; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding BGB §  812 Rn.  9 ; MüKoBGB/Schwab §  812 Rn.  27; BGBRGRK/Steffen §  780 Rn.  42. 163 RGZ 86, 301, 304; RGZ 61, 318, 321; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  77; Köhler WM 1977, 242, 245; siehe zur Wechselforderung auch BGHZ 57, 292, 300 = NJW 1972, 251; BHC/Casper Einl WG Rn.  39, Art.  17 Rn.  73; Hagemeister ZIP 1983, 1427, 1428; Hueck/Canaris WertpapierR §  17 I 1 a = 165; Reinicke DB 1970, 1368. 164  W. Flume BGB AT II §  12 II 4 a = 167; untechnisch RG HRR 1929, Nr.  297: „Wiederaufhebung des Schuldversprechens“. 165  BGH NJW 1995, 1484, 1485; BGH NJW 1991, 2140 f.; ebenso Bulla JuS 1983, 755, 756; ders. DB 1975, 191; Zöllner ZHR 148 (1984), 313, 314. 166 Staudinger/S. Lorenz, 2007, BGB §  821 Rn.  3 ; MüKoBGB/Schwab §  821 Rn.  3 ; BRHP/ Wendehorst BGB §  821 Rn.  3. Nach Wilhelm JZ 1995, 573, 574 setzt §  821 BGB die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung voraus, begründet sie also nicht.

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berechtigt, sein Leistungsversprechen zu kondizieren und die in dem abstrakten Wertpapier versprochene Leistung zu verweigern.167 Ihm steht mangels eines fälligen (Gegen-)Anspruchs aus demselben Rechtsverhältnis bzw. einem gegenseitigen Vertrag weder die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§  320 Abs.  1 Satz 1 BGB) noch ein Zurückbehaltungsrecht (§  273 Abs.  1 BGB) zu.168 Hieraus ergibt sich der Grundsatz, dass Einwendungen und Einreden aus dem Grundverhältnis einer abstrakt verbrieften Forderung nicht entgegengesetzt werden können, es sei denn, diese führen dazu, dass der Schuldner sein Leistungsversprechen kondizieren und daher die Einrede der Bereicherung erheben kann.169 Im Verhältnis zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses erfährt dieser Grundsatz eine Einschränkung, die praktisch zu einer Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses führt. Insbesondere die Rechtsprechung gestattet es dem Aussteller – wenngleich abhängig von den Umständen des Einzelfalls – der verbrieften Forderung auch dilatorische Einreden aus dem Grundverhältnis entgegenzusetzen. Hierfür werden zwei Begründungen gegeben, die in der Regel zu demselben Ergebnis führen. Zum einen sei es dem Gläubiger als unzulässige Rechtsausübung durch §  242 BGB untersagt, das abstrakte Leistungsversprechen geltend zu machen, obwohl dem Schuldner im Grundverhältnis eine dilatorische Einrede zustehe.170 Zum anderen sei die Zweckvereinbarung insbesondere dann, wenn das Wertpapier erfüllungshalber gegeben wurde, dahingehend auszulegen, dass der Gläubiger nicht mehr Rechte aus dem verbrieften abstrakten Schuldversprechen für sich in Anspruch nehmen dürfe, als ihm aus dem Grundverhältnis zustünden.171 167  ROHGE 2, 220, 228 zu §  271 V 5 PrALR; OLG Oldenburg NJW 1970, 667, 668; LG Siegen WM 1970, 1073, 1075; Bülow WG Art.  17 Rn.  61; BHC/Casper WG Art.  17 Rn.  74; Hagemeister ZIP 1983, 1427, 1428; Hueck/Canaris WertpapierR §  17 I 1 b = 166; Köhler WM 1977, 242, 245; Liesecke WM 1971, 294, 301; Reinicke DB 1970, 1368; Zöllner WertpapierR §  5 III 2 = 30; ders. ZHR 148 (1984), 313, 316, 325; a. A. Bulla JuS 1983, 755, 757; ders. NJW 1976, 1452; ders. DB 1975, 191, 192; F. Miller Wechsel 77 f.; Stötter NJW 1971, 359, 360; E. Ulmer WertpapierR 62 f., 183 f.; Wieland Wechsel 21. 168  Hueck/Canaris WertpapierR §  17 I 1 b = 166; Liesecke WM 1971, 294, 301; siehe auch F. Miller Wechsel 78 zu §  320 BGB. Abweichend Stötter NJW 1971, 359, 360, der für eine weite Auslegung des Begriffs desselben Rechtsverhältnisses in §  273 Abs.  1 BGB plädiert. 169  Canaris JZ 1986, 684. 170 Für Wechselforderungen siehe BGHZ 57, 292, 300 = NJW 1972, 251; zustimmend Canaris JZ 1986, 684; BHC/Casper WG Art.  17 Rn.  76; Hagemeister ZIP 1983, 1427, 1428; Hueck/Canaris WertpapierR §  17 I 1 b = 167; J. Lang Wechselrecht 118, 123; Tiedtke ZIP 1986, 953, 954; J. Wittig Verfügungsgeschäft 146 f.; Zöllner WertpapierR §  21 V 1 a = 136; ders. ZHR 148 (1984), 313, 326. Zuvor bereits Liesecke WM 1971, 294, 301; Michaelis WG Art.  82 Anm.  37; Reinicke DB 1970, 1368, 1369; E. Ulmer WertpapierR 183 f. Nur in der Begründung abweichend Bulla JuS 1983, 755, 757; ders. DB 1975, 191, 192 der einen Rückgriff auf §  242 BGB für entbehrlich erachtet. 171  BGHZ 85, 346, 348 = NJW 1983, 1059; BGH NJW 1986, 1872, 1873; BGH NJW 1976, 1451; BGH NJW 1976, 1451; zustimmend Bülow WG Art.  17 Rn.  72; Bundschuh WM 1983, 1178, 1185; BHC/Casper WG Art.  17 Rn.  78 zur Wechselforderung; W. Flume NJW 1986, 2482 f.; nur terminologisch abweichend U. Huber FS Flume, 1978, 83, 100: „Erfüllungsverein-

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d) Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Zustandekommens des Grundverhältnisses Die Berechtigung des Ausstellers, dem Ersterwerber über den Umweg des Verbots rechtsmissbräuchlichen Verhaltens oder die Auslegung der Zweckvereinbarung auch dilatorische Einreden aus dem Grundverhältnis entgegenzusetzen, reduziert die materiell-rechtlichen172 Wirkungen der Abstraktheit im Verhältnis zwischen den Parteien des Grundverhältnisses im Wesentlichen auf eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Zustandekommens des Grundverhältnisses.173 Rechtstechnisch ergibt dies sich aus der grundsätzlichen Beschränkung des Ausstellers auf die Einrede der Bereicherung174. Klagt der Wertpapierinhaber die versprochene Leistung aus dem Grundverhältnis ein, muss er die wirksame Entstehung desselben darlegen und im Streitfall beweisen. Dem Aussteller obliegt lediglich der Nachweis der Tatsachen, auf die er rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen gegen das Grundgeschäft stützt. Klagt der Inhaber hingegen aus dem verbrieften abstrakten Schuldversprechen, setzt die Schlüssigkeit seiner Klage keine Ausführungen zu der Entstehung des Grundverhältnisses voraus. Diese sind ausschließlich im Rahmen der Einrede der Bereicherung von Bedeutung und daher von dem beklagten Aussteller darzulegen und im Streitfall zu beweisen.175 3. Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen Im Rahmen von Gesamtemissionen werden Inhaberschuldverschreibungen und blankoindossierte Orderschuldverschreibungen als abstrakte Wertpapiere ausgegeben. Entscheidend für diese Ausgestaltung sind nicht die für das Rechtsverhältnis zwischen dem Aussteller und dem Ersterwerber betonten Wirkunbarung“. Zuvor bereits ebenso E. Ulmer FS L. Raiser, 1974, 225. A. A. mit unterschiedlichen Begründungen Bulla JuS 1983, 755, 756 (keine dahingehende Auslegung der Zweckbestimmung); Canaris JZ 1986, 684, 685; Hueck/Canaris WertpapierR §  17 I 1 b = 167 (Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses); Tiedtke ZIP 1986, 953, 954; J. Wittig Verfügungsgeschäft 170; Zöllner WertpapierR §  21 V 1 a = 136; ders. ZHR 148 (1984), 313, 330 (Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip). 172  Ein verfahrensrechtlicher Vorteil der Verbriefung besteht darin, dass der verbriefte Anspruch im Urkundenprozess (§§  592 ff. ZPO) geltend gemacht werden kann. 173  Bulla DB 1975, 191, 192; J. Lang Wechselrecht 121; Reinicke DB 1970, 1368, 1369; E. Ulmer WertpapierR 184; Zöllner WertpapierR §  5 II 3 = 29. 174  Hier und im Folgenden umfasst dieser Terminus sowohl die Einrede der Bereicherung i. S. d. §  821 BGB als auch solche Konstellationen, in denen die Einrede des Ausstellers auf dem Grundsatz dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est beruht. 175  BGH NJW-RR 1999, 573, 574; Bülow WG Art.  17 Rn.  62; BHC/Casper WG Art.  17 Rn.  73; W. Flume BGB AT II §  12 II 4 a = 168; Hagemeister ZIP 1983, 1427, 1428; Staudinger/S. Lorenz, 2007, BGB §  821 Rn.  9 ; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  84; MüKoBGB/Schwab §  821 Rn.  9 ; Stötter NJW 1971, 359, 360; Tiedtke ZIP 1986, 953, 954; E. Ulmer WertpapierR 184; Zöllner WertpapierR §  5 II 3 = 29.

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gen der Abstraktheit.176 Diese entfallen nämlich mit dem Zweiterwerb der Wertpapiere. Maßgebliches Motiv ist vielmehr die inhaltliche Lösung der verbrieften Forderung von dem Grundverhältnis. Letztes hat insbesondere zur Folge, dass die Emittenten den Inhalt und die Nebenbedingungen des Leistungsversprechens unabhängig von den zwingenden und dispositiven Regelungen des Grundverhältnisses ausgestalten können. a) Schicksal der Charakteristika abstrakter Verbriefung bei Effekten Während ein Wechsel und ein Scheck regelmäßig zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundverhältnis ausgestellt und hingegeben werden, ist Kapitalmarktpapieren (sog. Effekten) die Bestimmung eigen, Gegenstand gewerbsmäßiger Umsatzgeschäfte zu sein.177 Die Umkehr der Beweislast, die im Verhältnis zwischen den Parteien des Grundverhältnisses als Hauptwirkung der Abstraktheit hervorgehoben wird,178 büßt mit dem wirksamen Zweiterwerb ihre Bedeutung ein. Sofern also bei Anleiheemissionen überhaupt jemals Zweifel an dem Zustandekommen des Grundverhältnisses bestanden, ist deren rechtliche Bedeutung mit dem Zweiterwerb des Wertpapiers entfallen.179 Vergleichbares gilt für die übrigen Charakteristika der Abstraktheit. aa) Schicksal des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs Ist das Grundverhältnis unwirksam, später weggefallen oder steht dem sich daraus ergebenden Anspruch eine peremptorische Einrede entgegen, kann der Aussteller die Herausgabe seines abstrakten Schuldversprechens nach §  812 Abs.  1 Satz 1, Satz 2 Alt.  1 BGB oder §  813 Abs.  1 Satz 1 BGB nur von dem Ersterwerber verlangen. Infolge der Übertragung des Wertpapiers an einen Dritten ist der Ersterwerber zur Herausgabe des Leistungsversprechens außerstande. Der Aussteller ist darauf beschränkt, gemäß §  818 Abs.  2 BGB Wertersatz von dem Ersterwerber zu verlangen. Im Verhältnis zu dem Zweiterwerber kann der Aussteller weder die Herausgabe des selbstständigen Schuldversprechens verlangen noch ist er berechtigt, die Leistung zu verweigern. Eine Leistungskondiktion – gleichgültig, ob diese auf §  812 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1, Satz 2 Alt.  1 BGB oder §  813 Abs.  1 Satz 1 BGB gestützt wird – scheidet deshalb aus, weil zwischen dem Aussteller und dem Zweiterwerber keine Leistungsbeziehung besteht; eine Nichtleistungskondiktion (§  812 Abs.  1 Satz 1 Alt.  2 BGB) scheitert daran, dass der Zweiterwerber das Wertpapier aus dem Vermögen des 176 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 B. I. 2. BankR-HdB §  72 Rn.  51; Schönle BankR/BörsenR §  16 I 1 = 223. 178  Siehe vorstehend Kap.  2 §  4 B. I. 2. d). 179  In diese Richtung bereits E. Ulmer WertpapierR 184: Die Loslösung vom Grundverhältnis durch die Abstraktheit ist gegenüber dem Vertragspartner des Grundverhältnisses nur eine vorläufige; sie wird erst gegenüber dem Zweiterwerber eine endgültige. 177 SBL/Klanten

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Ersterwerbers und damit nicht auf Kosten des Ausstellers erlangt hat. Dies hat zur Folge, dass der Bereicherungsausgleich sich bei einem Mangel im Deckungsverhältnis – die Wirksamkeit der dinglichen Geschäfte vorausgesetzt – zwischen den an dem jeweiligen Kausalverhältnis Beteiligten vollzieht.180 bb) Schicksal der Einrede der Bereicherung Wird die verbriefte Forderung gemäß §  398 Satz 1 BGB abgetreten,181 kann der Schuldner dem Zessionar gemäß §  404 BGB grundsätzlich sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den Zedenten begründet waren. In diesem Sinn besteht auch die einmal begründete Einrede der Bereicherung gegenüber dem Zessionar fort.182 Diese Rechtsfolge des §  404 BGB wird bei Inhaber- und Orderschuldverschreibungen durch §  796 BGB und §  364 Abs.  2 HGB eingeschränkt.183 Danach kann der Aussteller den Zweiterwerbern nicht sämtliche im Zeitpunkt des Forderungsübergangs begründeten Einwendungen entgegensetzen, sondern nur solche, welche die Gültigkeit der Ausstellung des abstrakten Wertpapiers – bei Anwendung der Vertragstheorie die Gültigkeit des Begebungsvertrags184 – betreffen, sich aus der Urkunde ergeben oder ihm unmittelbar gegen den Zweiterwerber zustehen. Die aus der Unwirksamkeit des Grundverhältnisses zwischen dem Aussteller und dem Ersterwerber resultierende Einrede der Bereicherung ist keine urkundliche Einwendung. Diese kann der Aussteller den Zweiterwerbern – im Umkehrschluss zu §  796 BGB oder §  364 Abs.  2 HGB – grundsätzlich nicht entgegensetzen. Anderes gilt ausnahmsweise in entsprechender Anwendung von Art.  17 WG und Art.  22 ScheckG, wenn der Inhaber bei dem Zweiterwerb des Wertpapiers in Kenntnis der Einwendungen gegen den Rechtsvorgänger mindestens mit Eventualvorsatz zum Nachteil des Schuldners handelt.185 Gleiches gilt, wenn die abstrakt verbriefte Forderung nicht durch Abtretung, sondern im Wege der Übereignung des Wertpapiers nach den §§  929 ff. BGB übertragen wird. Maßgeblich hierfür ist, dass §  796 BGB und §  364 Abs.  2 HGB nicht auf den Fall der Abtretung der verbrieften Forderung beschränkt sind, sondern auch bei der Übereignung der Inhaberschuldverschreibung bzw. der Blankotra180 

Statt vieler Larenz/Canaris SchuldR BT II/2 §  70 I 1 = 200. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. b) bb). 182  RGZ 86, 301, 304; Soergel/Hadding BGB §  821 Rn.  3 ; Palandt/Sprau BGB §  821 Rn.  2 ; BRHP/Wendehorst BGB §  821 Rn.  5. 183 Soergel/Welter BGB §  796 Rn.  1. Siehe zu §  364 Abs.  2 HGB auch MüKoHGB/Langenbucher §  364 Rn.  21; Baumbach/Hopt/Leyens HGB §  364 Rn.  3 ; zu Art.  17 WG und Art.  22 ScheckG auch Zöllner ZHR 148 (1984), 313, 314. Allgemein Canaris JuS 1971, 441. 184  Statt vieler MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  9. 185 Staub/Canaris HGB §   364 Rn.  56; MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  14; Heymann/ N. Horn HGB §  364 Rn.  13, 20; MüKoHGB/Langenbucher §  364 Rn.  47; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  11; BGB-RGRK/Steffen §  796 Rn.  9 ; siehe auch RGZ 57, 62, 65 zum Konnossement. 181 

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dition der Orderschuldverschreibung Anwendung finden. Dies gilt auch dann, wenn der Zweiterwerber hinsichtlich des Nichtbestehens der Einwendungen nicht in gutem Glauben war. cc) Schicksal dilatorischer Einreden Mit der Übertragung des Wertpapiers verliert der Aussteller durch §  796 BGB oder §  364 Abs.  2 HGB nicht nur die Einrede der Bereicherung, sondern auch die Möglichkeit, im Grundverhältnis bestehende dilatorische Einreden dem verbrieften Anspruch entgegenzusetzen, sei es unter Berufung auf das Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, sei es über die Zweckvereinbarung. Diese Einwendungen betreffen weder die Ausstellung des abstrakten Wertpapiers (§  796 Fall 1 BGB, §  364 Abs.  2 Fall 1 HGB) noch ergeben sie sich aus der Urkunde (§  796 Fall 2 BGB, §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB) noch stehen sie dem Aussteller unmittelbar gegenüber den Zweiterwerbern zu (§  796 Fall 3 BGB, §  364 Abs.  2 Fall 3 HGB). Ihren Ursprung haben sie vielmehr in dem Grundverhältnis zwischen dem Aussteller und dem Ersterwerber, so dass der Aussteller sie dem Zweiterwerber nicht entgegenhalten kann. b) Erweiterung der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit Die Entscheidung der Emittenten für die abstrakte Verbriefung der Teilschuldverschreibungen aus einer Anleihe ist dadurch motiviert, dass nur die inhaltliche Lösung des Leistungsversprechens von dem Grundverhältnis ihnen die Freiheit gewährleistet, den Inhalt des Leistungsversprechens einschließlich der Nebenbedingungen unabhängig von den zwingenden und dispositiven Regelungen des Grundverhältnisses auszugestalten. aa) Kein Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle bei abstrakter Verbriefung von Genussrechten Ein Teil der Literatur qualifiziert aktienähnliche Genussrechte – entgegen der hier vertreten Ansicht186 – nicht als schuldrechtliche Ansprüche, sondern als stille Beteiligungen.187 Deren kausale Verbriefung – wie sie insbesondere durch Formulierungen wie die, dass Genussscheine Genussrechte verbrieften,188 impliziert wird – ist nicht geeignet, die Genussrechtsbedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entziehen. Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Pu186 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. II. 3. b) aa). §  221 Rn.  89; ders. ZHR 155 (1991), 378, 394; Kratzsch BB 2005, 2603, 2610; H. Meilicke BB 1989, 465; ders. BB 1987, 1609, 1611; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  52; Schön JZ 1993, 925, 930; ders. ZGR 1993, 210, 235; ähnlich Hanakam Genußrechte 129: analoge Anwendung der Grundsätze der stillen Gesellschaft. Allgemeiner Semler 55. DJT, Bd.  II, K 38, K 54: Genussrechte seien stillen Beteiligungen ähnlich. 188  Siehe z. B. MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  63. 187 MüKoAktG/Habersack

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blikumsgesellschaft unterfällt zwar der Bereichsausnahme des §   310 Abs.   4 189 Satz 1 BGB mit der Folge, dass die §§  305 ff. BGB keine Anwendung finden. An ihre Stelle träte aber eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe von §  242 BGB,190 welche die Gestaltungsfreiheit der Emittenten in vergleichbarer Weise einschränke. bb) Beispiele für Einschränkungen der Privatautonomie bei kausaler Verbriefung Kausale Wertpapiere verbriefen kein selbstständiges Schuldversprechen (§  780 BGB), sondern das Grundverhältnis selbst. Unter der Prämisse, dass das Grundverhältnis ein Darlehen oder – im Fall eines Genussrechts – eine typische stille Gesellschaft ist,191 hätte dies die unmittelbare Anwendung der §§  488–490 BGB – die Vorschriften über den Verbraucherdarlehensvertrag (§§  491 ff. BGB) wären nicht anwendbar, da allenfalls einzelne Darlehensgeber als Verbraucher auftreten – oder der §§  230–236 HGB zur Folge. Die damit einhergehenden Einschränkungen der privatautonomen Freiheit bei der Ausgestaltung der Anleihebedingungen entsprechen – wie die nachfolgenden Beispiele zeigen – nicht dem Willen der Emittenten. (1) Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach §  489 BGB Darlehensnehmer sind nach Maßgabe von §  489 Abs.  1 oder 2 BGB – je nach Ausgestaltung der Verzinsung – berechtigt, das Darlehen zu kündigen. Dieses Recht, das durch Vertrag weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann (§  489 Abs.  4 Satz 1 BGB), gilt nicht für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen.192 Grund hierfür ist nicht die von der überwiegenden Ansicht ange189  BGHZ 127, 176, 186 = NJW 1995, 192; BGH NJW 2001, 1270, 1271; BGH NJW-RR 1992, 379; OLG Köln DB 1983, 104, 105; LG Koblenz ZIP 1982, 165, 166; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  120; Soergel/Fritzsche BGB §  310 Rn.  59; Blaurock/Kauffeld Stille Gesellschaft-HdB Rn.  18.44; a. A. AG Düsseldorf NZG 2011, 229, 230; Bieder ZHR 174 (2010), 705, 726; UBH/P. Ulmer/C. Schäfer BGB §  310 Rn.  128 f.; kritisch H. Schmidt ZHR 159 (1995), 734, 744 für vom gesetzlichen Leitbild abweichende Gestaltungen. Differenzierend zwischen der typischen und atypischen stillen Gesellschaft MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  122–124; differenzierend nach der Art der Regelung Grunewald FS Semler, 1993, 175, 187. Offengelassen von Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  153. 190  BGHZ 104, 50, 53 = NJW 1988, 1903; BGHZ 64, 238, 241 = NJW 1975, 1318; BGH NJW 2010, 439 Rn.  10; BGH NJW 2001, 1270, 1271; BGH WM 1988, 23, 25; BGH WM 1983, 1407; Bost/Halfpap in Lüdicke/Arndt, Geschlossene Fonds, A. II. 1. c = 11; R. Fischer DRiZ 1974, 209, 213; ders. FS Barz, 1974, 33, 38 f.; Blaurock/Kauffeld Stille Gesellschaft-HdB Rn.  18.43; MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  125; Wiedemann FS H. Westermann, 1974, 585, 591. 191  Zuvor aa). 192 MüKoBGB/K. P. Berger §  489 Rn.  4 ; BuB/Früh/Müller-Arends Rn.  3/154a; EBJS/Menges BankR IV Rn.  137; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 338; Soergel/Seifert BGB §  489 Rn.  28; siehe auch BMJ, Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürger-

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führte systematische Stellung der Kündigungsregelung193 unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, sondern die abstrakte Verbriefung eines selbstständigen Schuldversprechens.194 Das Kündigungsrecht geht auf §  2 Abs.  1 ZinsG 1867 zurück. Systematisch war es das Gegengewicht zu der Aufhebung der bis dahin geltenden privat- und strafrechtlichen Bestimmungen über die Höhe der Zinsen (§  1 Abs.  2 ZinsG 1867) und der daraus resultierenden Möglichkeit, die Höhe der Zinsen fortan frei vereinbaren zu können (§  1 Abs.  1 ZinsG 1867).195 Auf Schuldverschreibungen auf den Inhaber fand das Kündigungsrecht gemäß §  2 Abs.  3 ZinsG 1867 keine Anwendung.196 Da die Verfasser des BGB keinen Grund sahen, das geltende Reichsrecht abzuändern,197 übernahmen sie das Kündigungsrecht aus §  2 Abs.  1 ZinsG 1867 in §  247 Abs.  1 Satz 1 BGB a. F. Dabei hielten sie an der Bereichsausnahme für Inhaberschuldverschreibungen – diese wurde mit Wirkung vom 1.4.1953198 auf Orderschuldverschreibungen ausgedehnt – fest, §  247 Abs.  2 Satz 1 BGB a. F.199 Die Verortung der Regelung im Allgemeinen Schuldrecht resultierte daraus, dass die Vorschrift – obgleich ihr Hauptanwendungsfall Darlehensverträge waren – sämtliche Kapitalschulden umfasste.200 Durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verlichen Gesetzbuchs (§§  247, 609a BGB), unter A. 3. und B. der Begründung, abgedruckt in WM 1985, 1488, 1490 bzw. 1491; Brandts Darlehenskündigung 16; Bühler/Köndgen/Schmidt ZBB 1990, 49, 55; Döll Die Bank 1987, 39, 45; Engau Sparkasse 1987, 18, 19; von Heymann BB 1987, 415, 421; von Rottenburg WM 1987, 1, 6 jeweils zu §  609a BGB; a. A. Hafke NWB 1986, 2913, 2915 zu §  609a BGB a. F. Die Frage, ob die Nichtanwendung von §  489 BGB auf Inhaberschuldverschreibungen einen Verstoß gegen Art.  3 Abs.  1 GG begründet, lässt Hey FS Canaris, Bd.  I, 2007, 443, 457 im Ergebnis offen. 193  OLG München WM 2012, 1535; BMJ, Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§  247, 609a BGB), unter B. der Begründung, abgedruckt in WM 1985, 1488, 1491; Brandts Darlehenskündigung 16; Hammen NJW 1987, 2856, 2857; Hey FS Canaris, Bd.  I, 2007, 443, 444; von Rottenburg WM 1987, 1, 6. Siehe zu §  490 BGB auch Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 136. Ähnlich MAH AktR/Schlösser/ Schüppen §  21 Rn.  9 0–92. 194 HMS/Kaulamo Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.   16.50; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 338; siehe auch Brandts Darlehenskündigung 16; Hopt/Mülbert WM 1990, Sonderbeilage Nr.  3, 5 jeweils zu §  609a BGB a. F. 195  BMJ, Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§  247, 609a BGB), unter A. 1. der Begründung, abgedruckt in WM 1985, 1488, 1489; Häuser/ Welter NJW 1987, 17. 196  Abweichend Endemann/Brunner §  199 III = 200. 197  Prot. 950 f. = Mugdan II 628. 198  Art.  2 Nr.  1 i. V. m. Art.  6 Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts v. 4.3.1953 (BGBl. I 33). 199 Auf Namensschuldverschreibungen fand §   247 Abs.  1 Satz 1 BGB hingegen Anwendung, siehe BGHZ 99, 44, 48 = NJW 1987, 835; OLG Frankfurt WM 1985, 1157, 1158; Engau Sparkasse 1987, 18, 19; Hammen NJW 1987, 2856; Hopt/Mülbert WM 1990, Sonderbeilage Nr.  3, 5; Praxl WM 1984, 117, 124. In der Urkunde wurde jedoch regelmäßig der Verzicht auf das Kündigungsrecht erklärt, siehe OLG Frankfurt WM 1985, 1157; Engau Sparkasse 1987, 18; Praxl WM 1984, 117, 123. 200 BGB-RGRK/Alff §  247 Rn.  3 ; Engau Sparkasse 1987, 18; Hopt/Mülbert WM 1990, Son-

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braucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.7.1986 wurde §  247 BGB a. F. mit Wirkung vom 1.1.1987 aufgehoben.201 Zugleich wurden – inhaltlich abweichende – Kündigungsrechte der Darlehensnehmer in §  609a BGB a. F. eingeführt 202 und im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung mit Wirkung vom 1.1.2002 in §  489 BGB übernommen.203 Aus dem Umstand, dass der Reformgesetzgeber das Kündigungsrecht im Allgemeinen Schuldrecht aufgehoben und im Darlehensrecht neu geregelt hat, folgert die ganz überwiegende Ansicht, dass der Anwendungsbereich des Kündigungsrechts auf Gelddarlehensverträge beschränkt sei, 204 also auf Inhaber-, Order- und Namensschuldverschreibungen keine Anwendung finde.205 Dabei wird die Möglichkeit einer kausalen Verbriefung übersehen. Verbrieften die Teilschuldverschreibungen aus einer Gesamtemission ein verzinsliches Darlehen,206 wäre u. a. das ordentliche Kündigungsrecht nach §  489 Abs.  1 oder 2 BGB – unabhängig von der Art der Verzinsung – unmittelbar anwendbar.207 Diese Gestaltung entspricht aber nicht dem Willen der Emittenten. Die Anwendung des Kündigungsrechts gewährte ihnen zwar eine Rückerwerbsoption hinsichtlich der von ihnen ausgegebenen Teilschuldverschreibungen, 208 verhinderte aber deren aktienähnliche Ausgederbeilage Nr.  3, 5; MüKoBGB/von Maydell, 2.  Aufl. 1985, §  247 Rn.  5 ; Soergel/Teichmann, 11.  Aufl. 1986, BGB §  247 Rn.  6. 201  Art.  5 Nr.  1, 14 Abs.  2 Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.7.1986 (BGBl. I 1169). Zu den gesetzgeberischen Motiven siehe BMJ, Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§  247, 609a BGB), unter A. 2. der Begründung, abgedruckt in WM 1985, 1488, 1489 f. 202  Art.  5 Nr.  2 Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.7.1986 (BGBl. I 1169). 203  Art.  1 Abs.  1 Nr.  31 i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Satz 3 Gesetz zur Modernisierung des Schuld­ rechts v. 26.11.2001 (BGBl. I 3138). 204 MüKoBGB/K. P. Berger §  489 Rn.  4 ; Döll Die Bank 1987, 39, 45; Engau Sparkasse 1987, 18, 19; von Heymann BB 1987, 415, 421; EBJS/Menges BankR IV Rn.  137; Staudinger/Mülbert, 2015, BGB §  489 Rn.  13; a. A. (Geld- und Sachdarlehen) SBL/Krepold BankR-HdB §  79 Rn.  17. 205 MüKoBGB/K. P. Berger §  489 Rn.  4 ; BuB/Früh/Müller-Arends Rn.  3/154a; EBJS/Menges BankR IV Rn.  137; F. A. Schäfer FS Kümpel, 2003, 453, 459; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 338; Soergel/Seifert BGB §  489 Rn.  28; siehe auch BMJ, Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§  247, 609a BGB), unter A. 3. und B. der Begründung, abgedruckt in WM 1985, 1488, 1490 bzw. 1491; Brandts Darlehenskündigung 16; Bühler/Köndgen/Schmidt ZBB 1990, 49, 55; Döll Die Bank 1987, 39, 45; Engau Sparkasse 1987, 18, 19; von Heymann BB 1987, 415, 421; von Rottenburg WM 1987, 1, 6 jeweils zu §  609a BGB; a. A. Hafke NWB 1986, 2913, 2915 zu §  609a BGB a. F. Die Frage, ob die Nichtanwendung von §  489 BGB auf Inhaberschuldverschreibungen einen Verstoß gegen Art.  3 Abs.  1 GG begründet, lässt Hey FS Canaris, Bd.  I, 2007, 443, 457 im Ergebnis offen. 206 So Lenenbach NZG 2001, 481, 482; ähnlich Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 695: partiarisches Darlehen als Grundverhältnis von Gewinnschuldverschreibungen. Dagegen Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  22, 45 mit Fn.  105. 207 Staudinger/Mülbert, 2015, BGB §  489 Rn.  15; siehe auch Brandts Darlehenskündigung 16 zu §  609a BGB a. F. 208  Wohlfahrth/Brause WM 1998, 1859, 1862.

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staltung. Letztere erfordert nach den aus Art.  63 Buchst. g CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr.  1 IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG, Art.  73 Abs.  1 Buchst.  c DelVO Solva II sowie §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3, Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 VAG abzuleitenden Vorgaben, dass das Kapital dem Emittenten für die Dauer von mindestens fünf Jahren zur Verfügung gestellt wird.209 Dem hierfür erforderlichen Ausschluss zumindest des ordentlichen Kündigungsrechts stand bei der kausalen Verbriefung eines Darlehens bis zum 31.12.2013 §  489 Abs.  4 Satz 1 BGB entgegen. Aus diesem Grund wählen die Emittenten seit jeher die abstrakte Verbriefung. Dieser privatautonomen Entscheidung stehen §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG nicht entgegen. Die Vorschriften bestimmen zwar, dass u. a. §  489 BGB nicht anzuwenden ist, wenn Zweck der Kapitalüberlassung die Überlassung von aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln (Art.  72 CRR) ist. Für abstrakt verbriefte Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission sind die Vorschriften aber bedeutungslos. Aufgrund der Abstraktheit findet §  489 BGB auf das selbstständige Schuldversprechen auch dann keine unmittelbare Anwendung, wenn das Grundverhältnis ein Darlehen ist.210 Gründe, welche die Wahl der abstrakten Verbriefung als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen und Anlass für eine entsprechende Anwendung des §  489 BGB seien könnten, sind nicht ersichtlich. (2) Informations- und Kontrollrechte bei aktienähnlichen Genussrechten Ein weiteres Beispiel dafür, dass die kausale Verbriefung aufgrund der damit einhergehenden Einschränkungen bei der Ausgestaltung der Nebenbedingungen in den Anleihebedingungen nicht dem Willen der Emittenten entspricht, sind die Informations- und Kontrollrechte bei aktienähnlichen Genussrechten, welche die Emittenten unter Zugrundelegung der Ansicht, es handele sich um stille Beteiligungen,211 im Fall der kausalen Verbriefung nicht ausschließen könnten.212 Aus diesem Grund entscheiden die Emittenten sich regelmäßig für die Verbriefung eines selbstständigen Schuldversprechens (§  780 BGB), das sowohl die Anwendung der §§  230 ff. HGB als auch sonstiger in der Mitgliedschaft begründeter Informations- und Kontrollrechte ausschließt.

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Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. IV. 2. auch BT-Drucks. 18/1305, 35 zu §  10 Abs.  5 KWG-RegE; Schwennicke/Auerbach/Auerbach KWG §  10 Rn.  91, die jeweils ohne die Art der Verbriefung zu erwähnen von einer nur klarstellenden Bedeutung der Vorschrift ausgehen; a. A. BFS/Konesny/Glaser KWG §  10 Rn.  40; Reischauer/Kleinhans/Mielk KWG §  10 Rn.  123. 211  Zuvor aa). 212  Habersack ZHR 155 (1991), 378, 395. 210  Wohl

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(a) Identität der Mitgesellschafter Im Gegensatz zu dem ordentlichen Informationsrecht des stillen Gesellschafters (§  233 Abs.  1 HGB), das auch bei einer stillen Publikumsgesellschaft ausgeschlossen werden kann,213 wäre der Anspruch der Anleger auf Auskunft über die Identität, d. h. die Namen und Anschriften, ihrer Mitgesellschafter,214 der Disposition des Emittenten entzogen. Dieser Auskunftsanspruch ist für jedes Vertragsverhältnis selbstverständlich 215 und ergibt sich bei Innengesellschaften 216 – hierzu gehört auch die stille Gesellschaft217 – aus §  716 Abs.  1 BGB218 sowie dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem.219 Er gehört auch bei Publikumsgesellschaften zu dem unverzichtbaren Kernbereich der Gesellschafterrechte, 220 die nur durch das Schikaneverbot 213  BayObLG NJW-RR 1989, 350; EBJS/Gehrlein HGB §  233 Rn.  1; RGvWH/Mock HGB §  233 Rn.  10; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  233 Rn.  11; MüKoHGB/K. Schmidt §  233 Rn.  26; differenzierend MHdB GesR II/Seffer/Erhardt §  81 Rn.  31 f.; a. A. Habersack ZHR 155 (1991) 378, 395 für Genussrechte. 214  BGH NJW 2011, 921 Rn.  20; BGH NJW 2010, 439 Rn.  7, 10; OLG München WM 2011, 1562, 1564; OLG München ZIP 2011, 1204, 1206; zustimmend Altmeppen ZIP 2011, 326; ders. NZG 2010, 1321, 1322; Armbrüster FS Kanzleiter, 2010, 31, 33; Priester ZIP 2011, 697, 701; Baumbach/Hopt/M. Roth Anh HGB §  177a Rn.  72; ablehnend Hoeren ZIP 2010, 2436, 2439 unter Hinweis auf §  4 Abs.  1 BDSG; Holler ZIP 2010, 2429, 2430: Anonymität der Kapitalanleger sei ein Wesensmerkmal der Publikumsgesellschaft; ähnlich Sester/Voigt NZG 2010, 375, 378: Anonymität sei ein Wesensmerkmal von Treuhandverträgen. 215  BGH NJW 2011, 921 Rn.  11; BGH NJW 2010, 439 Rn.  10; OLG München ZIP 2011, 1204, 1206; zustimmend Priester ZIP 2011, 697, 701; ablehnend Sester/Voigt NZG 2010, 375, 376: Dem deutschen Recht sei mit Ausnahme höchstpersönlicher Rechtsgeschäfte kein solcher Grundsatz zu entnehmen. 216  Sind die Anleger nicht direkt in einer Innengesellschaft miteinander verbunden, sondern lediglich mittelbar über einen Treuhandkommanditisten, besteht kein solcher Auskunftsanspruch, siehe OLG Hamburg NZG 2010, 1342, 1343. Die Treugeber können den Treuhandkommanditisten nach §  675 Abs.  1 i. V. m. §  665 BGB anweisen, ihre Anonymität zu wahren, siehe Altmeppen NZG 2010, 1321, 1327. 217  Statt vieler Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  230 Rn.  2. 218 BGH NJW 2010, 439 Rn.   8; OLG München WM 2011, 1562, 1564; AG Düsseldorf NZG 2011, 229, 230 jeweils unter ausschließlicher Nennung von §  716 Abs.  1 BGB. Kritisch zu der Heranziehung des §  716 Abs.  1 BGB Altmeppen ZIP 2011, 326; ders. NZG 2010, 1321, 1322; Priester ZIP 2011, 697, 700; Wertenbruch in Westermann/Wertbruch PersGes-HdB §  22 Rn.  442. Bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer KG kann der Auskunftsanspruch nicht auf §  716 Abs.  1 BGB i. V. m. §§  161 Abs.  2, 105 Abs.  3 HGB gestützt werden. Dem steht entgegen, dass für die Gesellschafter einer KG mit den §§  118, 126, 166 HGB speziellere Kontrollrechte existieren, siehe Altmeppen NZG 2010, 1321, 1324. 219  BGH NJW 2011, 921 Rn.  11; OLG München ZIP 2011, 1204, 1205, 1206. In einer früheren Entscheidung hat das OLG München BeckRS 2011, 06742 einen solchen Auskunftsanspruch nur im Rahmen von §  166 Abs.  3 HGB bei Angabe eines wichtigen Grundes anerkannt. Abweichend OLG München BeckRS 2010, 13298 unter II. der Gründe; LG Aachen NZG 2010, 1339 jeweils §  675 Abs.  1 i. V. m. §  666 BGB; ablehnend Altmeppen NZG 2010, 1321, 1323: Missachtung der Relativität der Schuldverhältnisse. Offengelassen von BGH NJW 2011, 921 Rn.  21. 220  BGH NJW 2011, 921 Rn.  20; BGH NJW 2010, 439 Rn.  10; BGH NJW 1995, 194, 195; OLG München ZIP 2011, 1204, 1206. Ablehnend Holler ZIP 2010, 2429, 2432 f.

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(§  226 BGB) und das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§  242 BGB) begrenzt sind. Unter Berufung darauf darf die Auskunft nur verweigert werden, wenn kein vernünftiges Interesse an der Erteilung der Auskunft besteht oder das Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem für die Erteilung erforderlichen Aufwand steht.221 Darüber hinausgehende Vereinbarungen, die das Auskunftsrecht ausschließen oder erschweren, halten der Inhaltskontrolle nach §  242 BGB222 nicht stand und sind unwirksam.223 (b) Allgemeines Informationsrecht entsprechend §  131 AktG Daneben stünde den Mitgliedern der Publikumsgesellschaft ein ungeschriebenes allgemeines Informationsrecht zu.224 Ausdrücklich geregelt ist dieses Informationsrecht nur in §  131 AktG für die Aktionäre als Mitglieder der klassischen Publikumsgesellschaft. Da die Rechtsstellung der Mitglieder jeder Publikumsgesellschaft – unabhängig von deren Rechtsform 225 – derjenigen der Aktionäre vergleichbar ist, 226 steht dieses Informationsrecht in entsprechender Anwendung von §  131 AktG sämtlichen Mitgliedern von Publikumsgesellschaften zu. Da das Informationsrecht in seinem originären Anwendungsbereich durch eine Bestimmung in der Satzung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden kann (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG), 227 geht die ganz überwiegende Ansicht davon aus, dass entsprechende Vereinbarungen 228 bei anderen Publikumsgesellschaften der Inhaltskontrolle nach §  242 BGB229 nicht standhalten.230 221  BGH NJW 2011, 921 Rn.  2 2; BGH NJW 1998, 2969; BGH WM 1984, 1164, 1165; OLG München ZIP 2011, 1204, 1208; siehe auch BGHZ 137, 162, 169 = NJW 1998, 3492 zu §  9 Abs.  1 ArbEG. 222  Zuvor aa). 223  BGH NJW 2010, 439 Rn.  11 f.; Wertenbruch in Westermann/Wertbruch PersGes-HdB §  22 Rn.  4 42. 224  Goerdeler FS Kellermann, 1991, 77, 89; Baumbach/Hopt/M. Roth Anh HGB §  177a Rn.  72; K. Schmidt GesR §  53 III 3 b = 1541. Ablehnend OLG Hamburg NZG 2010, 1342, 1343. 225  K. Schmidt GesR §  21 III 1 a = 625: Die rechtsformspezifischen Regelungen beruhten zu einem erheblichen Teil auf historischen Zufälligkeiten und müssten durch eine institutionelle Betrachtung abgebaut werden. 226  Holler ZIP 2010, 2429, 2433; Heymann/N. Horn HGB §  161 Rn.  26. 227  LG Heidelberg AG 1996, 523; GroßkommAktG/Decher §  131 Rn.  21; Hölters/Drinhausen AktG §  131 Rn.  45; Heidel/Heidel AktG §  131 AktG Rn.  4 ; Grigoleit/Herrler AktG §  131 Rn.  1; MHdB AG/Hoffmann-Becking §  38 Rn.  3 ; Hüffer/Koch AktG §  131 Rn.  3 ; KKAktG/Kersting §  131 Rn.  57; MüKoAktG/Kubis §  131 Rn.  183; K. Schmidt Informationsrechte 50; S/L/Spindler AktG §  131 Rn.  8. 228  Umstritten ist lediglich die Frage, ob das Informationsrecht dahingehend ausgestaltet werden kann, dass es nicht jeder einzelne Anleger, sondern nur ein gemeinsamer Vertreter der Anleger ausüben kann. Bejahend BGH NJW 1984, 2470, 2471; OLG Celle BB 1983, 1450, 1451; Baumbach/Hopt/M. Roth Anh HGB §  177a Rn.  72. Offengelassen von OLG München WM 2008, 2211, 2213. 229  Zuvor aa). 230  BGHZ 196, 131 Rn.  12 = NJW 2013, 2190; BGH ZIP 2013, 619 Rn.  25; BGH NJW 2010,

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II. Typologische Farblosigkeit des Leistungsversprechens Abstrakt verbriefte Schuldversprechen (§  780 BGB) sind sog. typuslose Wertpapiere, bei deren inhaltlicher Ausgestaltung durch die Anleihebedingungen den Emittenten ein weiter Gestaltungsspielraum offensteht. 1. Spezifisch wertpapierrechtlicher Einwendungsausschluss Die Unterscheidung zwischen typusbestimmten und typuslosen Wertpapieren ergibt sich aus dem spezifisch wertpapierrechtlichen Einwendungsausschluss. Dieser ist nicht einheitlich, sondern aufgrund der Tatsache, dass das BGB, das HGB, das WG und das ScheckG zeitlich versetzt erlassen wurden, 231 verstreut in §  796 BGB, §  364 Abs.  2 HGB sowie Art.  17 WG und Art.  22 ScheckG geregelt. Während Art.  17 WG und Art.  22 ScheckG von einem grundsätzlichen Ausschluss sämtlicher Einwendungen ausgehen und lediglich eine Ausnahme für den Fall vorsehen, dass der Inhaber bei dem Erwerb des Wertpapiers bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat, enthalten §  796 BGB und §  364 Abs.  2 HGB mit nur geringen Abweichungen im Wortlaut Einschränkungen des umgekehrten Grundsatzes, nämlich dass der Aussteller dem Zweiterwerber sämtliche Einwendungen entgegensetzen kann. Trotz der terminologischen und systematischen Unterschiede besteht Einigkeit darüber, dass der Einwendungsausschluss einheitlich auszulegen ist232 und der Aussteller den Zweiterwerbern in Anlehnung an den Wortlaut von §  796 BGB und §  364 Abs.  2 HGB grundsätzlich nur solche Einwendungen entgegensetzen kann, welche die Gültigkeit der Ausstellung des Wertpapiers betreffen, sich aus dem Inhalt der Wertpapierurkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen.233 2. Typusbestimmte und typuslose Wertpapiere kraft Gesetzes Typusbestimmt sind solche Wertpapiere, bei denen das Grundverhältnis sich aus dem Inhalt der Urkunde ergibt. Hierzu gehören insbesondere die in §  363 Abs.  2 HGB genannten Wertpapiere des Güterumlaufs, namentlich das Konnossement, der Ladeschein und der Lagerschein. Diesen ist gemeinsam, dass sie nur im Zusammenhang mit dem jeweiligen Grundverhältnis, nämlich einem 439 Rn.  10; ähnlich Holler ZIP 2010, 2429, 2433: Auskunftsanspruch nach §  166 HGB sei nach Inhalt und Umfang §  131 AktG angenähert. 231 MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  2 mit Fn.  2 ; Soergel/Welter BGB §  796 Rn.  2. 232  Einsele Wertpapierrecht 8; MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  2 f.; Soergel/Welter BGB §  796 Rn.  2 ; Zöllner WertpapierR §  27 I 4 = 174; siehe auch Canaris JuS 1971, 441, 448; Hueck/ Canaris WertpapierR §  24 III 2 = 210 für Umlaufpapiere. 233 Statt vieler MüKoBGB/Habersack §   796 Rn.   3; MüKoHGB/Langenbucher §  364 Rn.  23, 24.

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Seefracht-, Fracht- oder Lagervertrag, ausgestellt werden können. Dieser untrennbare Zusammenhang mit dem Grundverhältnis wirkt sich im Rahmen der wertpapierrechtlichen Einwendungslehre dahingehend aus, dass der Aussteller sowohl den Erst- als auch den Zweiterwerbern die sog. typusbedingten Einwendungen entgegensetzen kann. Als solche werden die Einwendungen aus dem Grundverhältnis bezeichnet, die sich in Anbetracht der Tatsache, dass den typusbestimmten Wertpapieren das zugrunde liegende Rechtsverhältnis unmittelbar anzusehen ist, i. S. v. §  364 Abs.  2 HGB aus dem Inhalt der Urkunde ergeben.234 Im Gegensatz dazu sind Wertpapiere typuslos, deren Leistungsversprechen sich in einem reinen Summenversprechen erschöpft.235 Weist die Wertpapierurkunde keinen Bezug zu einem bestimmten Vertragstypus auf, kann der Aussteller auch den Zweiterwerbern die sich aus dem (wirksamen) Grundverhältnis ergebenden Einwendungen nicht entgegensetzen. Derart typuslose Wertpapiere sind ausweislich Art.  1 Nr.  2 WG und Art.  1 Nr.  2 ScheckG der Wechsel und der Scheck.236 3. Gestaltung bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen sind grundsätzlich typuslose Wertpapiere.237 Bei Inhaberschuldverschreibungen und an Order ausgestellten kaufmännischen Verpflichtungsscheinen kann der Aussteller die Typusbestimmtheit der Wertpapiere ausnahmsweise dadurch herbeiführen, dass er das Grundverhältnis nicht nur erläuternd, sondern mit dem Willen, Einwendungen aus demselben auch der verbrieften Forderung entgegensetzen zu können, in den Wortlaut der Wertpapierurkunde aufnimmt.238 Ergibt die Auslegung, dass es sich bei der Bezugnahme nicht nur um einen erläuternden und daher rechtlich bedeutungslosen Zusatz handelt, sondern der Aussteller sich Einwendungen aus dem Grundverhältnis vorbehalten wollte,239 kann er gleichwohl nicht sämtliche sich allgemein und unmittelbar aus dem Grundverhältnis ergebenden 234 Staub/Canaris HGB §   364 Rn.   43; Schlegelberger/Hefermehl HGB §   364 Rn.   24; Hueck/Canaris WertpapierR §  22 II 1 b = 198; Heymann/N. Horn HGB §  364 Rn.  18; K. Schmidt HandelsR §  24 Rn.  13; E. Ulmer WertpapierR 64; RGvWH/Steinle/Dornieden HGB §  364 Rn.  11; J. Wittig Verpflichtungsgeschäft 65; Zöllner WertpapierR §  25 III = 152 und §  5 I 4 = 28 f. 235  Hueck/Canaris WertpapierR §  2 2 II 1 b = 198; Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  80; Prantl Abstraktheit 21; Richardi WertpapierR §  5 II = 42; J. Wittig Verpflichtungsgeschäft 65; nur terminologisch abweichend E. Ulmer WertpapierR 60: selbstständige Leistungsverpflichtung im Unterschied zur selbstständigen fracht- bzw. lagerrecht­lichen Verpflichtung. 236  Hueck/Canaris WertpapierR §  2 VI 1 = 27. 237  Bialluch Anleiheschuldverhältnis 82. 238  Mot. II 699 = Mugdan II 391; Staub/Canaris HGB §  364 Rn.  4 4; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 353; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  7. 239 Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  7.

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Einwendungen auch der verbrieften Forderung nach §  796 Fall 2 BGB oder §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB entgegensetzen. Vielmehr ist die von dem Aussteller privatautonom herbeigeführte Typusbestimmtheit auf zwei Arten von Einwendungen beschränkt, nämlich zum einen solche, die sich kraft Gesetzes aus dem Grundverhältnis ergeben, 240 und zum anderen solche, die auf einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Aussteller und dem Ersterwerber beruhen und mit denen der Zweiterwerber aufgrund der Üblichkeit einer solchen Vereinbarung rechnen musste.241 Eine solche atypische Gestaltung erfolgt bei den im Rahmen einer Anleiheemission ausgegebenen Inhaber- und Orderschuldverschreibungen nicht. Die Emittenten wollen das abstrakte Schuldversprechen (§  780 BGB) als reines Summenversprechen, das sie in den Anleihebedingungen auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ausgestalten können. Eventuelle Einwendungen aus dem Grundverhältnis sollen hierbei keine Berücksichtigung finden.

III. Kondiktionsfestigkeit des Ersterwerbs Der rechtliche Grund für den Ersterwerb der Teilschuldverschreibungen besteht in einem Kaufvertrag, und zwar auch dann, wenn die Wertpapiere im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung ausgegeben werden. Bei dieser marktüblichen Gestaltung des Emissionsvorgangs gewähren das Konsortium bzw. die Konsorten dem Emittenten mit der Übernahme der Wertpapiere kein Darlehen, so dass die Ausgabe der Wertpapiere weder an Erfüllungs statt noch erfüllungshalber für Forderungen aus einem Darlehensverhältnis erfolgt. 1. Rechtlicher Grund Über den rechtlichen Grund für die Hingabe des selbstständigen Schuldversprechens besteht Uneinigkeit. Während eine Ansicht auf die Wirksamkeit des Grundverhältnisses abstellt,242 sieht die wohl überwiegende Ansicht den 240 Palandt/Sprau BGB §  796 Rn.  3 ; Staudinger/Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  7; BGBRGRK/Steffen §  796 Rn.  5. 241 Staub/Canaris HGB §   364 Rn.  43; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 354 f.; Staudinger/ Marburger, 2015, BGB §  796 Rn.  7; siehe auch BGHZ 29, 120, 122 = NJW 1959, 720 für die Bezugnahme auf eine frachtvertragliche Schiedsgerichtsklausel in einem Konnossement. Offengelassen von Soergel/Welter BGB §  796 Rn.  7. 242  BGH WM 1982, 671, 672; BGH WM 1958, 620, 622; RG JW 1908, 31, 32; Bülow WG Art.  17 Rn.  60; W. Flume BGB AT II §  12 II 4 a = 168; Köhler WM 1977, 242, 245; MüKoBGB/ Schwab §  812 Rn.  417; Wieland Wechsel 130; siehe auch BGH NJW 2000, 2501, 2502 für ein abstraktes Schuldanerkenntnis; wohl auch BGH MDR 1953, 345; Grunewald BürgerlR §  29 Rn.  1 (Vertrag als Basis für die Vermögensverschiebung); ähnlich Welker Bereicherungsausgleich 54: mit rechtlichem Grund, wenn die Erfüllung des Anspruchs aus dem Kausalgeschäft eintritt.

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Rechtsgrund in der vertraglichen Zweckbestimmung.243 Die Zweckbestimmung stellt unter Wahrung der Abstraktion – ähnlich der Sicherungsabrede bei einer Sicherungsgrundschuld oder Sicherungsübereignung244 – einen rechtlichen Zusammenhang zwischen der verbrieften Forderung und dem Grundverhältnis her. Sie wird im Rahmen der sog. Begebungsabrede245 getroffen.246 Die Begebungsabrede ist von dem Begebungsvertrag, der die wertpapierrechtliche Verpflichtung begründet, zu unterscheiden. Sie enthält lediglich schuldrecht­ liche Abreden über eine zukünftig vorzunehmende Begebung, 247 z. B. die sog. Erfüllungsabrede, die bestimmt, zur Befriedigung welcher Forderung die verbriefte Verbindlichkeit übernommen wurde. Unter Zugrundelegung der Ansicht, die den rechtlichen Grund in der Zweckbestimmung sieht, erfolgt die Eingehung der wertpapierrechtlichen Verbindlichkeit nicht nur dann rechtsgrundlos, wenn die vertragliche Zweckbestimmung unwirksam ist, sondern auch dann, wenn der (wirksam) festgelegte Leistungszweck verfehlt wird, insbesondere weil das Grundverhältnis unwirksam ist,248 weshalb die Ansichten in der Regel zu den selben Ergebnissen gelangen.

243  von Caemmerer FS Rabel, Bd.  I , 1954, 333, 383; Canaris JuS 1971, 441, 446; Staudinger/ Hau, 2020, BGB §  780 Rn.  40; BGB-RGRK/Heimann-Trosien §  812 Rn.  74; Koppensteiner/ Kramer/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 II = 15; Larenz/Canaris SchuldR BT II/2 §  68 I 4 b = 155; Marburger JR 1972, 7, 8; Martinek in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 III 2 = 119 („Versprechensabrede“); Müller-Christmann/Schnauder WertpapierR Rn.  76; Reeb BereicherungsR 29; BGB-RGRK/Steffen §  780 Rn.  43; H. Weitnauer FS von Caemmerer, 1978, 255, 263; H. P. Westermann causa 201; Esser/Weyers SchuldR BT II §  48 I = 41; Zöllner WertpapierR §  5 III 3 = 31; ders. ZHR 148 (1984), 313, 318; siehe auch Zeiss AcP 164 (1964), 50, 76 für Schuldanerkenntnisse. Ähnlich Ehmann NJW 1969, 398, 400: Zweckvereinbarung und Zweckerreichung bildeten rechtlichen Grund. Dagegen Wilhelm Rechtsverletzung 104. Unklar BGHZ 177, 345 Rn.  21 = NJW 2008, 3208, 3209; BGH WM 2007, 1648 Rn.  26; BGH NJW 2007, 1813 Rn.  18; BGH NJW 2005, 1576, 1578 jeweils mit der Behauptung, abstrakte Schuldanerkenntnisse bzw. Schuldversprechen trügen als Personal­ sicherheiten ihren Rechtsgrund in sich. 244  Zöllner WertpapierR §  5 III 3 = 31. 245  Die Begebungsabrede wird auch als Zuordnungsabrede oder (Wechsel-)Begebungsvertrag bezeichnet, siehe Bundschuh WM 1983, 1178, 1185; BHC/Casper Einl WG Rn.  39. Während der bereicherungsrechtliche Leistungszweck grundsätzlich einseitig festgelegt wird (statt vieler Martinek in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 II 4 b = 110), verlangt insbesondere Zöllner (WertpapierR §  5 III 3 = 32; ders. ZHR 148 [1984], 313, 318) bei der Begebung von Wertpapieren einen Vertrag. 246 BHC/Casper Einl WG Rn.  39; Zöllner WertpapierR §  5 III 3 = 32. 247  Zöllner ZHR 148 (1984), 313, 320. 248  Martinek in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  4 II 4 b = 110; Reeb BereicherungsR 30; Zöllner WertpapierR §  5 III 3 = 32. Differenzierend Zöllner ZHR 148 (1984), 313, 322: Für die Begebung cum causa genüge grundsätzlich eine wirksame Leistungszweckbestimmung; nur bei sicherungshalber begebenen Wertpapieren bedürfe es einer Verbindlichkeit.

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2. Ersterwerb aufgrund eines Kaufvertrags Die im Zuge einer Anleiheemission verbrieften abstrakten Schuldversprechen (§  780 BGB) werden nicht an Erfüllungs statt (§  364 Abs.  1 BGB) für eine Darlehensrückforderung ausgegeben. Der gegenteiligen Ansicht 249 stehen sowohl konstruktive als auch wertende Bedenken entgegen. Die Schuldversprechen werden vielmehr aufgrund eines Kaufvertrags250 an den Ersterwerber veräußert.251 a) Darlehenstheorie Gegen die Annahme eines Kaufvertrags wird eingewandt, dass sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich nicht das Wertpapier, sondern die gegen den Aussteller gerichtete verbriefte Forderung im Vordergrund stehe. Der Verkauf einer solchen Forderung gegen sich selbst sei einigermaßen lebensfremd, wenn nicht sogar juristisch unmöglich. Stattdessen sei im Einklang mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzunehmen, dass das Konsortium dem Emittenten mit der festen Übernahme der Wertpapiere ein Darlehen gewähre.252 Die abstrakt verbriefte Forderung trete nicht neben den Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, sondern aufgrund der Annahme an Erfüllungs statt (§  364 Abs.  1 BGB) an dessen Stelle.253 Die Annahme eines Darlehens begegnet allerdings durchgreifenden Bedenken. aa) Wertende Bedenken Die Behauptung, die verbriefte Forderung stehe nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich im Vordergrund, erscheint aufgrund der Wirkungen und 249  Canaris BankvertragsR Rn.  2 243; BRHP/Dennhardt BGB §  364 Rn.  5 ; Hueck/Canaris WertpapierR §  24 II 3 = 208. Abweichend von Baum, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, 135: Darlehensschuld werde als kausales Wertpapier verbrieft. 250  Bei Wertpapierurkunden geht die überwiegende Ansicht trotz der Zurückdrängung der Verkörperung im Effektengiroverkehr von Rechts- und Sachkaufverträgen aus, siehe Palandt/Weidenkaff BGB §  453 Rn.  1, 10; a. A. (nur Rechtskaufvertrag) Grunewald KaufR §  4 Rn.  6 ; N. Horn Anleihen 139; von Randow ZBB 1994, 23, 25. Da die Sacheigenschaft für elektronische Wertpapiere nur fingiert wird (§  2 Abs.  3 eWpG) sind sie Gegenstand von Rechtskaufverträgen. 251  RG JW 1927, 1375; RGZ 104, 119, 120; RGZ 28, 29, 30 f.; BGB-RGRK/Ballhaus Vor §  607 Rn.  28; Engau Sparkasse 1987, 18, 19; Heinsheimer JW 1927, 1375; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 16; ders. Anleihen 139, 230; Düringer/Hachenburg/J. Lehmann HGB §  383 Rn.  33a; Schönle BankR/BörsenR §  19 II 2 a (1) = 271; siehe auch Wessely WM 1969, 1094, 1096 für Schuldbuchforderungen; ungenau Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  45 mit Fn.  105: aliud zu einem Darlehensvertrag. Für Eurobonds ebenso N. Horn 9 Georgetown J. Int. Law 753, 757 (1977); Wood, International Loans, Rn.  10-026. 252  von Baum, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, 135; Hammen NJW 1987, 2856, 2857 f.; Herold Kreditgeschäft 202; A. Koch Banken 206 f. 253  Canaris BankvertragsR Rn.  2 243; Hueck/Canaris WertpapierR §  24 I 3 = 208.

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der Funktion der Verbriefung zumindest zweifelhaft.254 Durch die Verbriefung wird die Forderung sachenrechtlichen Grundsätzen unterstellt.255 Der dadurch ermöglichte gutgläubige Erwerb der Forderung ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Sicherheit des Rechtsverkehrs und insbesondere für den Börsenhandel der betreffenden Wertpapiere.256 Die Alternative, die verbriefte For­ derung im Wege der Abtretung zu übertragen, 257 wird nur in seltenen Ausnahmefällen genutzt. Dies legt es nahe, dass rechtlich – abweichend von der wirtschaftlichen Bedeutung – nicht die Forderung, sondern das Wertpapier im Vordergrund steht. bb) Konstruktive Bedenken Die Antwort auf die Frage, ob die Forderung oder das Wertpapier im Vordergrund steht, beruht auf einer wertenden Betrachtung, die unterschiedlich ausfallen kann. Hiervon abgesehen hat die Darlehenstheorie noch einen konstruktiven Makel. Nimmt der Gläubiger das Wertpapier an Erfüllungs statt an, ist dieses ein Surrogat für die geschuldete Leistung. Die Voraussetzungen, unter denen ein Erfüllungssurrogat das Erlöschen des Schuldverhältnisses bewirkt, können naturgemäß nicht geringer sein als die Voraussetzungen der Erfüllung selbst. Daher muss die Forderung, zu deren Befriedigung der Schuldner leistet, zumindest erfüllbar sein. Für die Aufrechnung wird dies in §  387 BGB klargestellt. Der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta ist frühestens ab dessen Entstehung erfüllbar. Diese erfordert nicht nur das Zustandekommen eines wirksamen Darlehensvertrags, sondern auch die Auszahlung der Darlehensvaluta.258 Dementsprechend setzt die Darlehenstheorie voraus, dass der von dem Konsortium bzw. den Konsorten zu zahlende Geldbetrag einem Konto des Emittenten gutgeschrieben wird, bevor die Wertpapiere als Leistung an Erfüllungs statt übertragen werden. Die hierfür erforderliche Vereinbarung einer Vorleistungspflicht des Konsortiums bzw. der Konsorten ist ungewöhnlich. Marktüblich ist es vielmehr, die gegenseitigen Leistungen auf Grundlage eines escrow agreement unter Einschaltung eines Treuhänders Zug um Zug abzuwickeln. Bei diesem Ablauf des Emissionsvorgangs können die in den ausgegebenen Inhaber- und Orderschuldverschreibungen verbrieften abstrakten Schuldversprechen nicht an Erfüllungs statt (§  364 Abs.  1 BGB) für eine bestehende Verbindlichkeit hingegeben oder angenommen werden.

254 

Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249, 260 hält die Verkörperung für „belanglos“. Statt vieler Zöllner FS L. Raiser, 1974, 249 f. 256  Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 5; ders. WM 1980, 422, 437. 257  Zu dieser Möglichkeit vorstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. b) bb). 258  Statt vieler Palandt/Weidenkaff BGB §  488 Rn.  9. 255 

§  4 . Verbriefung des Leistungsversprechens

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b) Zweckbestimmung vor dem Zustandekommen des Kaufvertrags Die Ablehnung der Darlehenstheorie bedeutet jedoch nicht, dass die abstrakten Zahlungsversprechen (§  780 BGB) nach ihrer rechtsgeschäftlichen Begründung zunächst keinem Grundverhältnis zugeordnet sind. Das Grundverhältnis besteht lediglich nicht in einem Darlehensrückzahlunganspruch, sondern in einem Kaufvertrag. Bei der Emission einer Anleihe werden die abstrakten Schuldversprechen ausschließlich zu dem Zweck erschaffen, Gegenstand eines Kaufvertrags zwischen dem Emittenten und dem Ersterwerber bzw. den Erst­ erwerbern zu sein. Die Tatsache, dass dieser erst nach der Begründung der ab­ strakten Zahlungsversprechen und somit auch nach der Erklärung der Zweckbestimmung geschlossen wird, steht der Annahme nicht entgegen, die Zweckvereinbarung werde den Schuldversprechen bereits bei ihrer rechtsgeschäftlichen Begründung beigelegt. Mittels der Zweckvereinbarung können abstrakte Schuldversprechen nicht nur mit bereits bestehenden, sondern auch mit zukünftig erst noch zu begründenden Grundverhältnissen verbunden werden.259

C. Ergebnisse I. Unterscheidung von Verbriefung und Leistungsversprechen 1. Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen sind Wertpapiere. Sie verbriefen eine Forderung, die in Anlehnung an §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB als Leistungsversprechen bezeichnet wird. 2. Die Verbriefung bewirkt die Verkörperung der Forderung mit der Folge, dass nicht nur das Eigentum an der Urkunde, sondern auch die Forderung nach Maßgabe der §§  932 ff., 935 Abs.  2 BGB oder des §  365 Abs.  1 HGB i. V. m. Art.  16 Abs.  2 WG gutgläubig erworben werden kann. Dies gilt nicht nur, wenn über die Teilschuldverschreibungen entsprechend dem Leitbild der §§  793 ff. BGB Einzelurkunden ausgestellt sind, sondern auch im rationalisierten Effekten­giroverkehr sowie für elektronische Schuldverschreibungen nach dem eWpG.

II. Leistungsversprechen 1. Schuldverschreibungen auf den Inhaber sowie an Order lautende kaufmännische Verpflichtungsscheine können als kausale oder abstrakte Wertpapiere ausgestellt werden. Im Rahmen einer Gesamtemission werden sie als abstrakte Wertpapiere begeben. Sie verbriefen daher keinen Anspruch aus dem Grundverhältnis, sondern ein selbstständiges Schuldversprechen i. S. d. §  780 BGB. 259 

RGZ 166, 306, 313; BHC/Casper Einl WG Rn.  39 zur Wechselforderung.

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2. Die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsversprechens einschließlich der Nebenbedingungen erfolgt in den Anleihebedingungen. Über den Inhalt des Leistungsversprechens enthalten die §§  793 ff. BGB keine Aussage. Sie sind wertpapierrechtlicher Natur und regeln als solche nur die Entstehung des verbrieften Rechts sowie Einschränkungen hinsichtlich der Einwendungen, die der Schuldner den Zweiterwerbern entgegensetzen kann. 3. Charakteristisch für Anleihen ist die typologische Farblosigkeit des verbrieften Leistungsversprechens. Sie gewährleistet dem Emittenten die privatautonome Freiheit, den Inhalt der Anleihebedingungen einschließlich der Nebenbedingungen gestalten zu können, ohne dass die für das Grundverhältnis geltenden zwingenden und dispositiven Regelungen unmittelbar anwendbar wären.

§  5. Quelle der Leitbilder Die bei Anleiheemissionen marktübliche Verbriefung selbstständiger Schuldversprechen (§  780 BGB) 260 eröffnet den Emittenten weitgehende Freiheit bei der Ausgestaltung des Leistungsversprechens in den Anleihebedingungen. Diese ist nicht nur durch die allgemeinen Grenzen der Privatautonomie (§§  134, 138 BGB) beschränkt,261 sondern aufgrund der Tatsache, dass die Anleihebedingungen – unabhängig von dem Ablauf des Emissionsvorgangs – AGB i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB sind,262 auch und in erster Linie durch die Inhaltskon­ trolle nach den §§  307 ff. BGB. Der hiergegen gerichteten Kritik, dem deutschen Recht fehlten gesetzliche Regelungen zum Schutz der Anleihegläubiger, 263 ist nur insoweit zuzustimmen, als die §§  793 ff. BGB auch nach der Reform des Schuldverschreibungsrechts – entgegen dem SchVÄndG-DiskE (§§   795  ff. BGB-DiskE) 264 – kein Leitbild für die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsversprechens enthalten.265 Diese Tatsache hat allerdings – auch dann, wenn man eine Kodifikation eines Vertragsrechts für Anleihen aus Gründen der Rechtssicherheit de lege ferenda für erstrebenswert erachtet – nicht zur Folge, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle de lege lata in eine konturlose Billigkeitsrechtsprechung abgleitet. Leitbilder, die dies verhindern, ergeben sich aus anderen Vorschriften. An deren Spitze stehen die Regelungen des SchVG betreffend sog. Kollektivkündigungs- (§  5 Abs.  5 SchVG) und Umschuldungsklauseln (collective action clauses, nachfolgend A.). Neben diese Sondervorschriften treten die besonderen Klauselverbote der §§  308, 309 BGB, soweit deren Inhalt keinen 260 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 B. Anwendbarkeit von §  138 Abs.  1 BGB neben den §§  307 ff. BGB wird bejaht von UBH/Fuchs Vor BGB §  307 Rn.  60; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  24; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, BGB §  138 Rn.  39; BRHP/H. Schmidt BGB §  307 Rn.  12; Stoffels AGBR Rn.  384; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  34; einschränkend MüKoBGB/Wurmnest Vor §  307 Rn.  10: §  138 BGB sei anwendbar, wenn die Sittenwidrigkeit aus anderen als den in den §§  307 ff. BGB genannten Gründe folge. A. A. (Vorrang der §§  307 ff. BGB) PWW/Ahrens BGB §  138 Rn.  8 ; Palandt/Ellenberger BGB §  138 Rn.  16; Erman/A. Arnold BGB §  138 Rn.  8 ; so wohl auch Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073. 262  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2. 263  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1604; Sester AcP 209 (2009), 628, 647; siehe auch OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379 zu §  9 Abs.  2 Nr.  1 AGBG. 264  Zu der Regelungsabsicht des Reformgesetzgebers siehe Begründung des SchVÄndGDiskE, 12 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 265  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. 261  Die

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besonderen Vertragstypus voraussetzt (nachfolgend B.), und wesentliche Grund­gedanken des dispositiven Rechts (nachfolgend C.).

A. Einzelne Leitbilder des SchVG Das SchVG enthält keine abschließende Kodifikation des Vertragsrechts für Anleihen,266 sondern in erster Linie organisationsrechtliche Bestimmungen für Beschlüsse der Gläubiger zur Änderung der Anleihebedingungen (§§  5–21 SchVG).267 Das in der Begründung des SchVÄndG-DiskE formulierte Ziel, mit den §§  795a ff. BGB-DiskE ein auf Anleihebedingungen zugeschnittenes Leitbild zu schaffen, 268 hat der Gesetzgeber bereits vor Einleitung des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren sukzessive aufgegeben. Im Unterschied zu der besonderen Generalklausel (§  795 Abs.  2 BGB-DiskE), die bereits während der Vorarbeiten zum SchVG-RefE fallen gelassen wurde,269 sind die besonderen Vorgaben für die Schuldnerersetzung (§  795a BGB-DiskE) 270 und die Kündigung der Schuldverschreibung (§  795d BGB-DiskE) zwar noch mit Änderungen in die §§  22, 23 SchVG-RefE, aber nicht mehr in den SchVG-RegE übernommen worden. Gesetz geworden sind – neben dem besonderen Transparenzgebot (§  3 SchVG) – nur drei Regelungen, nämlich das Gleichbehandlungsgebot (§  4 Satz 1, 2 SchVG, nachfolgend I.) sowie Vorgaben für die Ausgestaltung sog. Kollektivkündigungs- (§  5 Abs.  5 SchVG, nachfolgend II.) und Umschuldungsklauseln (collective action clauses, nachfolgend III.).

I. Gleichbehandlung der Anleihegläubiger Das Gebot der Gleichbehandlung der Anleihegläubiger nach §  4 Satz 2 SchVG ist keine an die Emittenten adressierte Vorgabe für die anfängliche Ausgestaltung der Anleihebedingungen, sondern beschränkt sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift („insoweit“) auf die rechtsgeschäftliche Änderung von Bestimmungen in den Anleihebedingungen 271 während der Laufzeit der Anlei266 

N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 32. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. II. 2. a). 268  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE; Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127. 269  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 D. I. 270  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  6 B. IV. 1. 271  Auf den Rückerwerb von Teilschuldverschreibungen von einzelnen Anleihegläubigern (negotiated repurchase) ist §  4 Satz 2 SchVG mangels einer Änderung der Anleihebedingungen nicht anwendbar, Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  4 Rn.  52; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  4 Rn.  39. Insoweit gilt §  48 Abs.  1 Nr.  1 WpHG, dem aber genügt ist, wenn allen Gläubigern die gleichen Chancen eingeräumt werden, ASM/Mülbert WpHG §  48 Rn.  12; siehe zu §  30a Abs.  1 Nr.  1 WpHG a. F. auch KK-WpHG/Stoll WpHG §  30a Rn.  28; Fuchs/ M. Zimmermann WpHG §  30a Rn.  10. 267 

§  5. Quelle der Leitbilder

217

he.272 Ziel der Vorschrift ist es, die für die Anwendbarkeit des SchVG und die Fungibilität der Wertpapiere erforderliche Inhaltsgleichheit der Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission 273 zu erhalten.274 1. Änderung der Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung Für den praktischen Regelfall, dass die Gläubiger einer Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss zustimmen (§  4 Satz 1 Alt.  2 i. V. m. §§  5 –21 SchVG), ergänzt §  5 Abs.  2 Satz 2 SchVG das an den Schuldner adressierte Gleichbehandlungsgebot (§  4 Satz 2 SchVG) dahingehend, dass ein Mehrheitsbeschluss der Gläubiger, der nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht, grundsätzlich unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn der Beschluss nicht angefochten und formell ordnungsgemäß vollzogen wird.275 Nichtig sind danach insbesondere Mehrheitsbeschlüsse, die nur den Gläubigern, die für den Beschlussvorschlag gestimmt haben, bestimmte Vorteile gewähren sollen (z. B. die Möglichkeit vorzeitiger Zahlung des versprochenen Geldbetrags trotz einer für alle Gläubiger geltenden Laufzeitverlängerung).276 Zulässig sind derartige Beschlüsse nach §  5 Abs.  2 Satz 2 SchVG nur ausnahmsweise, wenn sämtliche benachteiligten Gläubiger ihrer Benachteiligung ausdrücklich zustimmen.277 Die mit dem Vollzug des Beschlusses eintretende Änderung der Anleihebedingungen (§  2 Abs.  1 Satz 3 i. V. m. §  21 SchVG) lässt zwar die Inhaltsgleichheit der Schuldverschreibungen aus der Gesamtemission und damit die Fungibilität der Wertpapiere entfallen.278 Die Fungibilität der umlaufenden Teilschuldverschreibungen kann der Emittent aber dadurch erhalten, dass er die Wertpapiere – soweit sie den gleichen Inhalt aufweisen – in zwei Serien zusammengefasst und die Vergabe neuer ISIN beantragt.279 2. Bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern Von der kollektiven Änderung der Anleihebedingungen aller Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission (§  4 Satz 1 SchVG) sind bilaterale Verträge 272 Reinhard/Schall/Schall/J.

Simon SchVG §  4 Rn.  47. unterschiedlichen Behandlung der Inhaber von Teilschuldverschreibungen aus verschiedenen Emissionen steht §  4 Satz 2 SchVG nicht entgegen, siehe FK-SchVG/Friedl/ Schmidtbleicher §  4 Rn.  61; N. Horn BKR 2009, 446, 448; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  4 Rn.  54. 274 Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  4 Rn.  47. 275  BGHZ 202, 7 Rn.  21 = NZG 2014, 1102; Reinhard/Schall/Birke SchVG §  5 Rn.  17 276  BGHZ 202, 7 Rn.  25 = NZG 2014, 1102. 277  Zu Einzelheiten der Zustimmung siehe LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  67– 69. 278 FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  31. 279 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  4 Rn.  27; FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  31; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  17. 273  Einer

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Kapitel 2. Leitbilder

zwischen dem Emittenten und einzelnen Gläubigern zu unterscheiden. Ihrem Abschluss steht das Gleichbehandlungsgebot nach §  4 Satz 2 SchVG nicht entgegen; die Regelung („insoweit“) gilt nur für Änderungen nach §  4 Satz 1 SchVG. Dem Wortlaut dieser Vorschrift („nur“) ist allerdings der Umkehrschluss zu entnehmen, dass bilaterale Vereinbarungen zwischen dem Emittenten und einzelnen Anleihegläubigern, die eine Änderung der Anleihebedingungen bewirken sollen, unzulässig und unwirksam sind.280 Obwohl das SchVG keine §  12 Abs.  1 Satz 3 SchVG 1899 vergleichbare Vorschrift enthält, wonach Abkommen des Schuldners mit einzelnen Gläubigern nichtig waren, wenn der jeweilige Gläubiger begünstigt werden sollte, reduziert die ganz überwiegende Ansicht §  4 Satz 1 SchVG – in Anbetracht von §  5 Abs.  2 Satz 2 SchVG überzeugend – dahingehend, dass bilaterale Änderungen der Anleihebedingungen zulässig sind, soweit sie den Vertragspartner des Schuldners benachteiligen.281 Im Unterschied zu derartigen Änderungen der Anleihebedingungen (z. B. die Verlängerung der Laufzeit der Schuldverschreibung), die infolge einer skripturrechtlichen Umsetzung eine urkundliche Einwendung i. S. v. §  796 Fall 2 BGB bzw. §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB begründen und dadurch die Inhaltsgleichheit der Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission entfallen lassen, sind bilaterale Vereinbarungen zur Begründung von unmittelbaren Einwendungen i. S. d. §  796 Fall 3 BGB bzw. §  364 Abs.  2 Fall 3 HGB (z. B. die Stundung der Hauptforderung ohne Laufzeitverlängerung) unzweifelhaft zulässig.282 Ihnen steht weder §  4 SchVG entgegen noch beeinträchtigen sie die Fungibilität der Wertpapiere.

II. Kündigung der Schuldverschreibung Das SchVG enthält kein umfassendes Leitbild für die Kündigung von Schuldverschreibungen (nachfolgend 1.), sondern nur Vorgaben für die Ausgestaltung der sog. Kollektivkündigung (nachfolgend 2.). 1. Kündigungsrecht einzelner Anleihegläubiger Das Recht der einzelnen Anleihegläubiger, die Schuldverschreibung zu kündigen, erfährt im SchVG keine eigenständige Regelung, sondern wird als bestehend vorausgesetzt. 280  BT-Drucks. 16/12814, 17 zu §  4 SchVG-RegE; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  4 Rn.  50. 281 FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  4 Rn.  9, 63 f.; Grell/Splittgerber/Schneider DB 2015, 111, 113; Veranneman/Oulds SchVG §  4 Rn.  46; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  4 Rn.  56; Schlitt/S. Schäfer AG 2009, 477, 481; a. A. Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  4 Rn.  47; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  4 Rn.  37. 282 Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §   4 Rn.   51; Hopt/Seibt/Thole SchVG §   4 Rn.  36.

§  5. Quelle der Leitbilder

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a) Grundlage des Kündigungsrechts Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist grundsätzlich 283 jeder Anleihegläubiger nach §  314 BGB berechtigt, die Schuldverschreibung ohne Mitwirkung anderer Gläubiger derselben Anleihe zu kündigen.284 Ein ordentliches Kündigungsrecht besteht bei den im Rahmen einer Gesamtemission verbrieften selbstständigen Schuldversprechen (§ 780 BGB) 285 nicht.286 aa) Keine Anwendung von §  490 Abs.  1 BGB Das außerordentliche Kündigungsrecht nach §  490 Abs.  1 BGB steht den Anleihegläubigern nicht zu.287 Soweit dieses Ergebnis historisch-systematisch damit begründet wird, dass die Vorschrift auf Inhaber- und Orderschuldverschreibungen nicht anwendbar sei, 288 überzeugt dies – wie zu §  489 Abs.  1 und 2 BGB ausgeführt 289 – aufgrund der Möglichkeit einer kausalen Verbriefung eines Darlehensverhältnisses nicht. Entscheidend ist, dass Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen bei der marktüblichen Ausgestaltung selbstständige Schuldversprechen (§  780 BGB) abstrakt verbriefen.290 bb) Schuldversprechen als Dauerschuldverhältnis Die Ansicht, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund bei der Verbriefung eines selbstständigen Schuldversprechens (§  780 BGB) ausgeschlossen sei, weil aufgrund der ausschließlichen Verpflichtung des Versprechenden kein Dauer283 

Zu der sog. Kollektivkündigung sogleich 2. Frankfurt AG 2015, 87, 88; LG Bonn BB 2014, 1073, 1075; LG Köln BB 2012, 1821, 1822; N. Horn BKR 2009, 446, 450; Ekkenga/Hartwig-Jacob, Hdb AG-Finanzierung, Kap.  12 Rn.  357; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  74; wohl auch Baums Kündigung 11 ff. Offengelassen von BGHZ 208, 171 Rn.  15 = NJW 2016, 1175; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 408. 285  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 B. II. 3. 286  Ob ein ordentliches Kündigungsrecht besteht, hängt von dem verbrieften Recht ab. So ist z. B. bei Genussrechten ein ordentliches Kündigungsrecht in entsprechender Anwendung der §§  624, 723 BGB anerkannt. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. IV. 2. b) cc). 287  BGHZ 210, 263 Rn.  30 = WM 2016, 1293; OLG Köln ZIP 2015, 1924, 1926; Reinhard/ Schall/Birke SchVG §  5 Rn.  66; G. Fischer WM 2018, 1529, 1531; Leber Obligationäre 280; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 136 ff.; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  74; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 407; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  99; a. A. Baums Kündigung 8 ff. Offengelassen von BGHZ 208, 171 Rn.  15 = NJW 2016, 1175; OLG Frankfurt AG 2015, 87, 89. 288  BGHZ 210, 263 Rn.  30 = WM 2016, 1293; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 408; Tautrims BB 2012, 1823. 289  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 B. I. 3. b) bb) (1). 290  OLG Köln ZIP 2015, 1924, 1926; G. Fischer WM 2018, 1529, 1531; MüKoBGB/Habersack §  780 Rn.  25; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 13; Seibt/Schwarz ZIP 2015, 401, 407; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  99. Nur im Ergebnis auch Baums Kündigung 9, der ein Darlehensverhältnis ablehnt, anstelle des selbstständigen Schuldversprechens aber auf den Begebungsvertrag abstellt. 284  OLG

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Kapitel 2. Leitbilder

schuldverhältnis vorliege,291 überzeugt nicht. Sie beruht auf einem zu engen Begriffsverständnis, nämlich der Beschränkung auf Verträge, die auf ein fortgesetztes Verhalten gerichtet sind und aus denen sich während der Vertragslaufzeit immer wieder neue Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben.292 Dieser Definition unterfallen zwar die gesetzlich gereglten Dauerschuldverhältnisse, namentlich Miete, Pacht, Leihe, Darlehen, Dienstverhältnis, Verwahrung und Gesellschaft. Der Anwendungsbereich des Kündigungsrechts ist damit aber nicht erschöpfend beschrieben. Das von der Rechtsprechung und Rechtslehre zu einem allgemein anerkannten Rechtsinstitut entwickelte Recht zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund hat der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsmodernierung mit Wirkung vom 1.1.2002293 ohne inhaltliche Änderung in §  314 BGB überführt.294 Dabei hat er in Kenntnis des Umstands, dass der Begriff des Dauerschuldverhältnisses zwar nicht eindeutig ist, durch die Rechtsprechung aber eine für die Verwendung hinreichende Strukturierung erfahren habe, 295 bewusst auf eine Legaldefinition verzichtet, um künftige Entwicklungen nicht zu verhindern.296 In Anbetracht dieser Entstehungsgeschichte umfasst der Begriff des Dauerschuldverhältnisses in §  314 Abs.  1 Satz 1 BGB jedenfalls sämtliche Schuldverhältnisse, in denen das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vor der Einführung von §  314 BGB höchstrichterlich anerkannt war. Hierzu zählen neben Verträgen, die beide Parteien zu Leistungen verpflichten, z. B. auch Bürgschaften auf unbestimmte Zeit297 sowie Unterwerfungserklärungen aus Wettbewerbsverhältnissen.298 Dieser Umstand dürfte dazu beigetragen haben, dass die Definiton des Dauerschuldverhältnisses, die Rechte und Pflichten beider Parteien als konstitutiv erachtet, vereinzelt geblieben ist. Die ganz überwiegende Kommentarliteratur299 sowie die Begründung des SchuModG-RegE300 verzichten auf das Erfordernis beiderseitiger Rechte und Pflichten und definieren das Dauerschuldverhältnis – mit unbedeutenden Abweichungen im Wortlaut – dahingehend, dass während der Laufzeit 291  Bialluch Anleiheschuldverhältnis 76  ff.; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   5 Rn.  108; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 135; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 336 ff. Reinhard/Schall/Birke SchVG §  5 Rn.  68 sieht in dem Schuldversprechen zwar ein Schuldverhältnis sui generis und kein Dauerschuldverhältnis, stützt das Kündigungsrecht aber auf §  242 BGB. 292  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 135. 293  Art.  1 Nr.  13 i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Satz 3 SchuModG. 294  BT-Drucks 14/6040, 177 zu §  314 BGB-RegE. 295  BT-Drucks 14/6040, 177 zu §  314 BGB-RegE. 296 Erman/Böttcher BGB §  314 Rn.  3a; MüKoBGB/Gaier §  314 Rn.  6 . 297  BGH NJW 1986, 2308, 2309; BGH NJW 1986, 252, 253; BGH NJW 1985, 3007, 3008; BGH WM 1959, 855, 856. 298  BGHZ 133, 316, 320 = NJW 1997, 1702. 299 Erman/Böttcher BGB §   314 Rn.  3a; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  2; Jauernig/ A. Stadler BGB §  314 Rn.  4, §  311 Rn.  14; BRHP/Sutschet BGB §  314 Rn.  27. 300  BT-Drucks 14/6040, 176 f. zu §  314 BGB-RegE.

§  5. Quelle der Leitbilder

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ständig neue Leistungs- und Schutzpflichten entstehen und dem Zeitelement eine wesentliche Bedeutung zukommt. Die Annahme, dass die Anleihegläubiger jedenfalls bei Vorliegen eines wichtigen Grundes – unabhängig von dem Inhalt der Anleihebedingungen – berechtigt sind, die Schuldverschreibung zu kündigen, liegt auch §  5 Abs.  3 Satz 1 Nr.  8 und Abs.  5 SchVG zugrunde. Zwar lässt der Wortlaut der Vorschrift auch die Auslegung zu, dass die Regelungen nur für in den Anleihebedingungen eingeräumte vertragliche Kündigungsrechte gelten. Dieses Verständnis wird aber durch die Begründungen zu den Entwürfen (§  795d Satz 1 BGB-DiskE, §  22 Abs.  1, 2 SchVG-RefE), die das Bestehen des gesetzlichen Kündigungsrechts aus wichtigem Grund voraussetzen,301 ausgeschlossen. b) Keine Vorgaben für die Ausgestaltung des Kündigungsrechts Das Recht der Anleihegläubiger, die Schuldverschreibung aus wichtigem Grund zu kündigen, ist nur im Kern ein zwingendes Recht.302 Für die im Übrigen mögliche Ausgestaltung des Kündigungsrechts enthält das SchVG weder (halb-) zwingende Regelungen noch ein dispositives Leitbild. Insbesondere hat weder der Regelungesgehalt von §  795d Satz 1 BGB-DiskE noch der von §  22 Abs.  1, 2 SchVG-RefE Eingang in das Gesetz gefunden. aa) §  795 Satz 1 BGB-DiskE Nach §  795d Satz 1 BGB-DiskE sollten die Anleihebedingungen ein Recht des einzelnen Gläubigers zur Kündigung der Schuldverschreibung aus wichtigem Grund im Falle der Nichtzahlung von Hauptleistung oder Zinsen innerhalb einer angemessenen Frist oder im Falle der Liquidation oder Insolvenz des Ausstellers nicht ausschließen können. Die Tatsache, dass die Vorschrift zwei wichtige Gründe umschreibt, lässt erkennen, dass ihre Bedeutung sich – entgegen einer Aussage in der Entwurfsbegründung303 – nicht in der Klarstellung erschöpft hätte, dass das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund im Kern zwingendes Recht ist. Konkret hätten zwei weitergehende Regelungswirkungen nahe gelegen. Erstens, die beschriebenen Ereignisse sollten als wichtige Gründe gesetzlich festgelegt werden mit der Folge, dass ihr Eintritt die Anleihegläubiger unabhängig von den Umständen des Einzelfalls zu der Kündigung der Schuldverschreibung berechtigt hätte. Zweitens, da die wichtigen Gründe nicht 301 Begründung des SchVÄndG-DiskE, 13 zu §   795d BGB-DiskE; Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  22 SchVG-RefE. 302  BGHZ 133, 316, 320 = NJW 1997, 1702; OLG Frankfurt AG 2015, 87, 88; LG Bonn BB 2014, 1073, 1075; Baums Kündigung 17; Erman/Böttcher BGB §  314 Rn.  3; Florstedt/von Randow ZBB 2014, 345, 348; MüKoBGB/Gaier §  314 Rn.  5 ; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  3 ; N. Horn BKR 2009, 446, 450; BRHP/S. Lorenz BGB §  314 Rn.  28; Soergel/Teichmann BGB §  314 Rn.  9 ; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  98. 303  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 13 zu §  795d BGB-DiskE.

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Kapitel 2. Leitbilder

mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet werden sollten, wäre die Aufzählung wohl nicht nur beispielhaft, sondern abschließend gewesen. Dies hätte den Umkehrschluss zugelassen, dass die Emittenten die vertragliche Risikoverteilung durch eine Bestimmung in den Anleihebedingungen dahingehend verändern können, dass andere Umstände (z. B. wesentliche gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen) keine wichtigen Gründe darstellen, welche die Anleihegläubiger zur Kündigung der Schuldverschreibung berechtigen. bb) §  22 Abs.  1, 2 SchVG-RefE Der Regelungsgehalt von §  22 Abs.  1 und 2 SchVG-RefE weicht im Grundsatz diametral von §  795d Satz 1 BGB-DiskE ab. Während §  795d Satz 1 BGBDiskE noch die Grundaussage inhärent war, dass die Anleihebedingungen das Recht der Gläubiger zur Kündigung der Schuldverschreibung aus wichtigem Grund nicht einschränken können, sollte §  22 Abs.  1 und 2 SchVG-RefE den Emittenten diese Möglichkeit aufgrund ihres Interesses an Rechtssicherheit und finanzieller Planungssicherheit eröffnen.304 Grundlage hierfür sollte §  22 Abs.  1 SchVG-RefE sein. Dessen Regelung, wonach die Anleihebedingungen das Kündigungsrecht der Gläubiger abschließend bestimmen können, sollte zum Ausdruck bringen, dass die Kündigung im Fall einer abschließenden vertraglichen Regelung nicht auf allgemeine Grundsätze gestützt werden kann, insbesondere nicht auf das in §  314 BGB geregelte Kündigungsrecht aus wichtigem Grund.305 Die abschließende Regelung sollte nach §  22 Abs.  2 SchVG-RefE auch die Möglichkeit umfassen, das Kündigungsrecht vollständig auszuschließen, allerdings nur unter drei abschließend aufgezählten Umständen, nämlich wenn die (Rest-)Laufzeit der Schuldverschreibung weniger als ein Jahr oder mehr als 75 Jahre beträgt oder wenn die Anleihebedingungen die nachrangige Befriedigung der Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners vorsehen.306 Für sämtliche anderen Konstellationen sollte §  22 Abs.  2 SchVGRefE der Umkehrschluss entnommen werden, dass die abschließende Regelung nicht in einem vollständigen Ausschluss des Kündigungsrechts der Anleihegläubiger bestehen dürfe.307 Der Regelungsgehalt von §  22 Abs.  1 und 2 SchVGRefG ist weder in den SchVG-RegE noch in den beschlossenen Gesetzestext übernommen worden. Eine Begründung hierfür ist – soweit ersichtlich – nicht dokumentiert, lässt sich jedoch erahnen. Die abschließende Regelung des Kündigungsrechts, die den Emittenten Rechtssicherheit geben sollte,308 hätte der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterlägen. Deren Maßstab, nämlich dass 304 

Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  22 SchVG-RefE. Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  22 SchVG-RefE. 306 Kritisch Cranshaw BKR 2008, 504, 508. 307  Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  2 2 SchVG-RefE. 308  Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  2 2 SchVG-RefE. 305 

§  5. Quelle der Leitbilder

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Bestimmungen, die dem Gläubiger solche Rechte entziehen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat, den Gläubiger unangemessen benachteiligen und nach §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  2 BGB unwirksam sind,309 hätte die Rechtssicherheit aufgrund des Verzichts auf eine Kodifikation des Vertragsrechts für Anleihen wohl nicht – wie von den Entwurfsverfassern erhofft 310 – gesteigert, sondern eher verringert. 2. Kollektivkündigung (§  5 Abs.  5 SchVG) Aufgrund der Erfahrung, dass die Kündigung der Schuldverschreibung durch einzelne Anleihegläubiger nicht selten die Aussicht auf eine erfolgreiche Re­ strukturierung der Anleihe beeinträchtigt,311 hat der Gesetzgeber in den Entwürfen zur Modernisierung des Schuldverschreibungsrechts nicht nur Einschränkungen des Kündigungsrechts bis hin zu einem teilweisen Ausschluss erwogen, sondern auch die Möglichkeit, die Ausübungsbefugnis des Einzelnen an die Mitwirkung einer qualifizierten Minderheit zu binden. Letztere ist als einzige Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit – mit nur geringen Abweichungen von den Entwürfen (§  795d Satz 2 BGB-DiskE, §  22 Abs.  3 SchVGRefE) – in §  5 Abs.  5 SchVG Gesetz geworden. a) Vorbehalt der einheitlichen Kündigung durch mehrere Anleihegläubiger Die Vorschrift des §  5 Abs.  5 SchVG enthält keine gesetzliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten der Anleihegläubiger. Sie eröffnet den Emittenten lediglich die Möglichkeit in den Anleihebedingungen zu bestimmen, dass die Kündigung von ausstehenden Schuldverschreibungen nur von mehreren Gläubigern und einheitlich erklärt werden kann. Eine solche sog. Kollektivkündigungsklausel312 schränkt nicht das Kündigungsrecht der einzelnen Gläubiger

309  BGH NJW 2012, 1431 Rn.  27; BGH NJW-RR 2010, 1497 Rn.  26; siehe zu §  9 Abs.  2 Nr.  2 AGBG auch BGHZ 103, 316, 324 = NJW 1988, 1785; BGHZ 89, 363, 367 = NJW 1984, 1350; BGH BB 1985, 884; BGH BB 1984, 1449, 1450. 310  Begründung des SchVG-RefE, 39 zu §  2 2 SchVG-RefE. 311  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 13 f. zu §  795d BGB-DiskE; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  42. 312  Die Arbeit übernimmt die Terminologie der Begründung des SchVG-RefE, 39 („Kollektivkündigung“). Der stattdessen in der Begründung zu §  5 Abs.  5 SchVG-RegE enthaltene Begriff der Gesamtkündigung ist zumindest unglücklich, weil die Kündigung auch dann, wenn sie von einer Mehrheit beschlossen wird, keine Gesamtwirkung hat (so aber LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  92 ff.), sondern nur die Teilschuldverschreibungen betrifft, deren Gläubiger gekündigt haben, siehe BT-Drucks. 16/12814, 19 zu §  5 Abs.  5 SchVG-RegE; Cranshaw BKR 2008, 504, 508; FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  100; Podewils DStR 2009, 1914, 1916; Schlitt/S. Schäfer AG 2009, 477, 486 f.; S. Simon CFL 2010, 159, 160; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  111; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  45; Preuße/ H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  57.

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Kapitel 2. Leitbilder

als solches ein, sondern nur dessen Erklärung,313 nämlich dahingehend, dass die Rechtsfolgen für die betroffenen (Teil-)Schuldverschreibungen erst eintreten, wenn eine vertraglich näher zu bestimmende Mindestzahl von Gläubigern die Kündigung erklärt hat. Die gesetzliche Eröffnung dieses Gestaltungsfreiraums impliziert, dass die Anleihegläubiger eine solche Einschränkung ihrer Kündigungsmöglichkeit aufgrund der Besonderheit einer Gesamtemissionen grundsätzlich hinnehmen müssen, sie dadurch also – in der Terminologie der AGBrecht­lichen Inhaltskontrolle – nicht unangemessen benachteiligt werden. Dies gilt im Unterschied zu §  795d Satz 2 BGB-DiskE auch dann, wenn die Anleihebedingungen kein anderes Kündigungsrecht als das aus wichtigem Grund vorsehen. Die Schwelle zu einer unangemessenen Benachteiligung legt §  5 Abs.  5 Satz 1 SchVG dahingehend fest, dass der für die Kündigung erforderliche Mindestanteil der ausstehenden Schuldverschreibungen nicht mehr als 25 Prozent betragen darf. Diese Vorgabe ist nach §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG (halb-)zwingendes Recht, so dass Kollektivkündigungsklauseln, die einen höheren Mindestanteil bestimmen, insgesamt nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam sind314 mit der Folge, dass jeder Gläubiger unabhängig von der Mitwirkung anderer zur Kündigung seiner (Teil-)Schuldverschreibungen aus wichgtigem Grund berechtigt ist. b) Rücknahme der Kollektivkündigung Ist eine Kollektivkündigung nach §  5 Abs.  5 Satz 1 SchVG wirksam erklärt worden, kann die Mehrheit der Anleihegläubiger den Abfluss von Liquidität verhindern und den Schuldner u. U. vor der Insolvenz bewahren,315 indem sie binnen drei Wochen nach §  5 Abs.  5 Satz 2 und 3 SchVG beschließt, dass die Wirkung der Kündigung entfällt. Diese sog. Rücknahme der Kollektivkündigung setzt – im Unterschied zu §  5 Abs.  5 Satz 1 SchVG – kein Opt-In in den Anleihebedingungen voraus.316 Sie ist (halb-)zwingendes Recht. Daher sind abweichende Bestimmungen in den Anleihebedingungen, die dieses Recht der Mehrheit ausschließen oder einschränken (z. B. durch die Bestimmung einer größeren Mehrheit317 oder die Zustimmung des Schuldners318), nach §  134 BGB 313  Baums Kündigung 4; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  100; wohl nur missverständlich Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  4 4. 314  Zu der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB bei Verstößen gegen zwingendes Recht nachstehend Kap.  2 §  5 C. II. 2. a). 315  Zu diesem Zweck siehe BGHZ 208, 171 Rn.  26 = NJW 2016, 1175. 316 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  91. 317 Veranneman/Veranneman SchVG §   5 Rn.   50; im Ergebnis auch LBS/Bliesener/ H. Schneider SchVG §  5 Rn.  91, die die Unwirksamkeit auf §  5 Abs.  4 Satz 3 SchVG stützen. 318  Das Erfordernis der Zustimmung des Schuldners kann insbesondere nicht §  4 Satz 1 SchVG entnommen werden, da die sog. Rücknahme der Kollektivkündigung ohne Änderung der Anleihebedingungen erfolgt, siehe BGHZ 208, 171 Rn.  26 = NJW 2016, 1175; a. A. Hopt/ Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  112.

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nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.319 Möglich erscheinen lediglich ergänzende Bestimmungen in den Anleihebedingungen zur näheren Regelung der Rechtsfolge, insbesondere der Leistungsverweigerung bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist. Das Bedürfnis für eine solche Regelung resultiert daraus, dass die Kollektivkündigung ausweislich des Wortlauts von §  5 Abs.  5 Satz 2 SchVG („Die Wirkung … entfällt“) bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist – vorbehaltlich einer längeren Kündigungsfrist – nicht schwebend unwirksam, sondern schwebend wirksam ist 320 und dem Schuldner nicht bereits kraft Gesetzes eine dilatorische Einwendung zusteht.321 Insbesondere die Einrede dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est scheidet aus, da die Rücknahme der Kollektivkündigung und damit der Rückforderungsanspruch des Schuldners bis zum Beschluss durch die Mehrheit ungewiss sind.322 Der Schuldner ist jedoch nicht gehindert, die sofortige Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs dadurch zu verhindern, dass er die Rechtsfolgen einer schwebend wirksamen Kollektivkündigung in den Anleihebedingungen um eine Leistungsfrist bis zum Ablauf der Schwebezeit ergänzt.323 Dieser Regelung steht §  308 Nr.  1 BGB – die Anwendbarkeit der Vorschrift unterstellt 324 – nicht entgegen. Zwar wird die Angemessenheit einer vorbehaltenen Leistungsfrist wesentlich durch den für die Erfüllung erforderlichen Zeitaufwand bestimmt.325 Für den Sonderfall der vorzeitigen Zahlung der geschuldeten Leistung aufgrund der Kollektivkündigung einer Schuldverschreibung impliziert die in §  5 Abs.  5 Satz 2 SchVG verankerte Rücknahmefrist aber ein berechtigtes Interesse des Schuldners, die Leistung darüber hinaus bis zum Ablauf der Schwebezeit aufzuschieben. Dieses Interesse überwiegt das Leistungsinteresse der Gläubiger nicht nur, aber insbesondere dann, wenn die Anleihebedingungen außerdem die Bestellung angemessener Sicherheiten oder die Leistung an einen Treuhänder vorsehen.326

319  Zu der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB bei Verstößen gegen zwingendes Recht nachstehend Kap.  2 §  5 C. II. 2. a). 320 Reinhard/Schall/Birke SchVG §  5 Rn.  8 0; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  114. Dogmatisch abweichend Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  46: auflösende Rechtsbedingung. 321 Hopt/Seibt/Thole SchVG §   5 Rn.  115; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  46; a. A. Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  57; siehe auch BT-Drucks. 16/12814, 19 zu §  5 Abs.  5 SchVG-RegE. 322 Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  115. 323 Reinhard/Schall/Birke SchVG §  5 Rn.  8 0; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  46. 324  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  5 B. 325  BGHZ 170, 1 Rn.  24 = NJW 2007, 1198; WLP/Dammann §  308 Nr.  1 Rn.  38; Erman/ Roloff/Looschelders BGB §  308 Nr.  1 Rn.  8 ; UBH/H. Schmidt BGB §  308 Nr.  1 Rn.  22; MüKo­ BGB/Wurmnest §  308 Nr.  1 Rn.  19. 326  Zu dieser Gestaltung siehe LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  99; FK-SchVG/ Friedl/Schmidtbleicher SchVG §  5 Rn.  101; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  115.

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III. Umschuldungsklauseln Für Umschuldungsklauseln (collective action clauses) stellt das SchVG nicht nur deren Zulässigkeit klar (nachfolgend 1.), sondern enthält auch halbzwingende Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung. Danach sind z. B. disenfranchisement clauses und Verbindungsklauseln (aggregation clauses) de lege lata nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam (nachfolgend 2.). 1. Zulassung von Umschuldungsklauseln a) Internationale Entwicklung Unter dem Oberbegriff der Umschuldungsklauseln werden verschiedene organisationsrechtliche Bestimmungen 327 in Anleihebedingungen zusammengefasst, die es den Gläubigern ermöglichen sollen, einen Beitrag zu der Sanierung des finanziell angeschlagenen Emittenten zu leisten und zu diesem Zweck die Anleihebedingungen zu ändern.328 Die Entwicklung dieser vertraglichen Bestimmungen steht in engem Zusammenhang mit der Restrukturierung von Schuldverschreibungen von Schwellenländern.329 Geriet der emittierende Staat in eine Zahlungskrise, entstand das Bedürfnis, die Gläubiger an der Sanierung des Schuldners zu beteiligen und zu diesem Zweck die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Bei sog. Inlandsanleihen, die dem Recht des emittierenden Staats unterliegen, sind Umschuldungsklauseln selten,330 da Änderungen der Anleihebedingungen ohne Mitwirkung der Gläubiger durch ein nationales Gesetz – allerdings unter Inkaufnahme einer erheblich negativen Sig­nalwirkung – erfolgen können.331 Bei sog. Auslandsanleihen, die dem Recht eines Drittstaats unterstellt sind, bedurfte es eines anderen Mittels. Als solches enthielten die Anleihebedingungen der unter dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York 332 vor dem Jahr 2003333 ausgegebenen Staatsanleihen keine collective 327  Hierzu gehören neben den Einstimmigkeits- und Mehrheitsklauseln auch die sog. Repräsentativ- (siehe dazu Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 722 ff.; Veranneman/Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  38), Teilungs- (siehe dazu Baars/Böckel ZBB 2004, 445, 454 f.; Veranneman/ Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  39) und Verbindungsklauseln (dazu sogleich Kap.  2 §  5 A. III. 2. b). 328  Elderson/Perassi Euredia 2003, 239, 241; Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717 f.; Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 689; N. Horn BKR 2009, 446, 447. Für Staatsanleihen ebenso BT-Drucks. 16/12814, 14 unter A. 1.; Begründung des SchVG-RefE, 22 unter A. 1. 329 Veranneman/Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  25. 330  Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 693. Zu griechischen Staatsanleihen siehe Buchheit/Gulati, How to Restructure Greek Debt, 2; Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 694. 331  Choi/Gulati/Posner 6 Capital Markets Law Journal 163, 175 (2011); Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 705; Veranneman/Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  31. 332  Gray 35 Georgetown J. Int. Law 693, 695 (2004). 333 Siehe Gelpern/Gulati 84 Wash. U. L. Q. 1627, 1712 (2007); Gray 35 Georgetown J. Int. Law 693, 698 (2004); E. B. Koch 35 Georgetown J. Int. Law 665 f., 673 (2004).

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action clauses, sondern allenfalls eine unanimous action clauses, die – entsprechend ihrer Bezeichnung – für die Änderung der Anleihebedingungen einen einstimmigen Beschluss aller Anleihegläubiger voraussetzten.334 Um zu verhindern, dass einzelne kooperationsunwillige Gläubiger eine geordnete Restrukturierung blockieren,335 sind an ihre Stelle inzwischen international übliche Mehrheitsklauseln getreten.336 b) Reform des deutschen Schuldverschreibungsrechts Bereits unter Geltung des SchVG 1899 wurden Mehrheitsklauseln zur Änderung von Anleihebedingungen in Schuldverschreibungen nach deutschem Recht überwiegend als wirksam angesehen.337 Zweifel an dieser Beurteilung nährte insbesondere eine rechtsvergleichende Studie des IWF vom Juni 2002, die einzig für das deutsche Recht zu dem Ergebnis kam, die Wirksamkeit von collective action clauses sei zweifelhaft.338 Vor diesem Hintergrund bestand eines der wesentlichen Anliegen der Reform des Schuldverschreibungsrechts darin, die Wirksamkeit von Umschuldungsklauseln nach deutschem Recht klarzustellen.339 Vorbild hierfür war insbesondere das in dem sog. Quarles Report der G10-Staaten 340 für Staatsanleihen enthaltene Muster einer collective action clause nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York. Dieses sieht vor, dass die Gläubiger wesentliche Inhalte der Anleihebedingungen (re­serve matters), insbesondere die Zahlungsbedingungen, mit einer Mehrheit von drei Vierteln des ausstehenden Kapitals sowie die übrigen Bestimmungen der Anleihebedingungen (non-reserve matters) mit einer Mehrheit von zwei Dritteln des ausste-

334 

Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 720; Veranneman/Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  37. Zu dieser Motivation siehe Choi/Gulati/Posner 6 Capital Markets Law Journal 163, 170 (2011). 336  Für britische und japanische Staatsanleihen siehe E. B. Koch 35 Georgetown J. Int. Law 665, 676, 677 (2004); Veranneman/Oulds Vor SchVG §  5 Rn.  37. 337  Erklärung der Bundesregierung zur Zulässigkeit von Umschuldungsklauseln bei ausländischen Staatsanleihen, die deutschem Recht unterliegen, unter 6., veröffentlicht als Pressemitteilung des BMF vom 14.2.2000, abgedruckt in Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1999, 117; Dixon/Wall FSR 2000, 142, 145; Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 718 mit Fn.  7, 728; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 371; P. Opitz IFLR 1993, 21, 22; Than FS Coing, Bd.  II, 1982, 521, 535; einschränkend Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dezember 1999, 49: wohl wirksam, wenn die Umschuldungsklausel sich an die Regelungen des SchVG 1899 anlehnt; offengelassen von Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 45; Keller/Langner BKR 2003, 616, 619; H. Schneider in Baums/Cahn, Reform SchVR, 69, 85 ff. A. A. A. Zahn/Lemke BKR 2002, 527, 530. 338  IMF, The Design and Effectiveness of Collective Action Clauses, 2002, 7 f. unter Nr.  15. Offengelassen in G-10, Report of the G-10 Working Group on Contractual Clauses, 26.9.2002, 4 mit Fn.  3. 339  BT-Drucks. 16/12814, 1 unter B., 14 unter A. 1.; Begründung des SchVG-RefE, 22 unter A. 1. 340  G-10, Report of the G-10 Working Group on Contractual Clauses, 26.9.2002. 335 

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henden Kapitals ändern können.341 Diese Differenzierung hat der deutsche Gesetzgeber für Schuldverschreibungen privater Emittenten 342 in §  5 Abs.  4 SchVG übernommen. Danach können die Gläubiger Änderungen wesentlicher Inhalte der Anleihebedingungen, insbesondere die in §  5 Abs.  3 Satz 1 Nr.  1–9 SchVG genannten Maßnahmen, mit einer Mehrheit von drei Vierteln der teilnehmenden Stimmrechte (§  5 Abs.  4 Satz 2 SchVG), Änderungen der übrigen Bestimmungen mit einfacher Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte beschließen (§  5 Abs.  4 Satz 1 SchVG), es sei denn, dass die Anleihebe­ dingungen eine höhere Mehrheit bestimmen (§   5 Abs.   4 Satz 3 SchVG). Voraussetzung für einen solchen Zustimmungsbeschluss ist lediglich, dass die Schuldverschreibung dem Anwendungsbereich des SchVG unterfällt (§§  1, 24 SchVG) und, da die §§  5 –21 SchVG nicht ipso iure gelten, die Anleihebedingungen eine Opt-In-Bestimmung enthalten.343 Diese kann die Voraussetzungen sowie den Umfang der Änderungsbefugnis detailliert regeln oder sich in Anlehnung an den Wortlaut des §  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG darin erschöpfen, dass die Gläubiger derselben Anleihe jeder Änderung der Anleihebedingungen nach Maßgabe der §§  5 –21 SchVG durch Mehrheitsbeschluss zustimmen können.344 2. Vorgaben für die Ausgestaltung von Umschuldungsklauseln Für den Mehrheitsbeschluss, durch den die Gläubiger einer Änderung der Anleihebedingungen zustimmen (§§  4 Abs.  1 Alt.  2, 5 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1 SchVG), gelten zum Schutz der Minderheitsgläubiger die Vorschriften der §§   5–21 SchVG. Sie sind gemäß §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG halbzwingender Natur mit der Folge, dass Bestimmungen, die zulasten der Gläubiger von den §§  5 –21 SchVG abweichen, ohne dass das SchVG dies ausdrücklich zulässt, nach §  134 BGB

341 

G-10, Report of the G-10 Working Group on Contractual Clauses, 26.9.2002, 10, 11. vom Bund ausgegebenen Schuldverschreibungen unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des SchVG, siehe §  1 Abs.  2 SchVG. Für deren Umschuldung enthalten die §  4a4k BSchuWG detaillierte Regelungen. Nach dem Wortlaut des §  4a Satz 1 BSchuWG steht die Aufnahme einer Umschuldungsklausel im Ermessen des Bundes. Dieses Ermessen ist aber durch die Verpflichtung in Art.  12 Abs.  3 ESM-Vertrag auf Null reduziert, so dass seit dem 1.7.2013 – ursprünglich vorgesehen war der 1.1.2013 (siehe Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 690) – die Pflicht besteht, in die Anleihebedingungen neu ausgegebener Schuldverschreibungen mit einer ursprünglichen Laufzeit von über einem Jahr eine Umschuldungsklausel aufzunehmen. Siehe dazu LBS/Bliesener/H. Schneider Einl SchVG Rn.  35–38. 343 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   5 Rn.  8 ; FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  6 ; Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  3 ; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  13. 344 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  20, 21; FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  10, 17; N. Horn BKR 2009, 446, 449; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  15, 59. Zu der Möglichkeit, die Änderungsbefugnis auf bestimmte Situationen (z. B. eine Krise des Emittenten) zu beschränken, siehe Veranneman/Veranneman SchVG §  5 Rn.  6 ; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  18 f. 342 Die

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nichtig345 und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam sind.346 Dies gilt z. B. für eine disenfranchisement clause nach dem Muster der EZB für eine collective action clause sowie für sog. Verbindungsklauseln (aggregation clauses). a) Disenfranchisement clause Um zu verhindern, dass der Schuldner durch seinen Einfluss auf bestimmte Gläubiger das Ergebnis der Abstimmung beeinflusst,347 ruhen nach §  6 Abs.  1 Satz 2 SchVG die Stimmrechte, die auf die Anteile an den ausstehenden Schuldverschreibungen entfallen, die dem Schuldner oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen (§  271 Abs.  2 HGB) zustehen oder für seine Rechnung oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens gehalten werden. Umgehungsgeschäften beugt §  6 Abs.  1 Satz 3, 4 SchVG vor. Diese Regelungen stehen nicht zur Disposition der Emittenten; insbesondere können sie diese nicht durch eine disenfranchisement clause nach dem Muster der EZB für eine collective action clause substituieren. Nach der Musterklausel beruht der Ausschluss des Stimmrechts auf einer widerlegbaren Vermutung, nämlich dass ein Schuldner, der über die Möglichkeit verfügt, das Management des Inhabers einer Teilschuldverschreibung anzuweisen oder eine Mehrheit der Geschäftsführer zu wählen oder zu ernennen, Einfluss auf das Abstimmungsverhalten des Gläubigers ausübt.348 Gelingt es dem Schuldner, die Vermutung im Einzelfall zu widerlegen, können die mit ihm verbundenen Unternehmen die auf ihre Teilschuldverschreibungen entfallenden Stimmrechte ausüben. Eine Anleihebestimmung dieses Inhalts ist nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie benachteiligt die Minderheitsgläubiger insoweit unangemessen, als andere Formen möglicher Einflussnahme auf den formellen Rechtsinhaber, die bei Anwendung von §  6 Abs.  1 Satz 2–4 SchVG keine Ausnahme von dem Ruhen des Stimmrechts rechtfertigen, der Widerlegung der Vermutung und damit einer Ausübung des Stimmrechts nicht entgegenstehen. b) Verbindungsklauseln Verbindungsklauseln (aggregation clauses) sind nach derzeitiger Rechtslage gemäß §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG i. V. m. §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.349 De lege ferenda erscheint ihre Zulassung jedoch zur 345  Im Ergebnis auch FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  24; N. Horn BKR 2009, 446, 449; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  17 jeweils ohne Nennung von §  134 BGB. 346  Zu der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB bei Verstößen gegen zwingendes Recht nachstehend Kap.  2 §  5 C. II. 2. a). 347  Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 703. 348  Siehe EFC Sub-Committee on EU Sovereign Debt Markets, Common Terms of Reference, 17.2.2012, Ziff.  4.8 im Zusammenhang mit Ziff.  2.7(c)(ii). 349 Veranneman/Oulds Vor SchVG §   5 Rn.  41; Schanz CFL 2012, 26, 30; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  4 ; wohl auch Hopt FS Schwark, 2009, 441, 454 f.; N. Horn BKR 2009,

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Bekämpfung des sog. Hold-out-Problems sowie einer gerechteren Verteilung der Sanierungserlöse wünschenswert.350 aa) Rationale Apathie Verbindungsklauseln zielen darauf, die Anreize für einen hold-out zu reduzieren. Mit dem Begriff des hold-out wird ein rationales Handeln einzelner Anleger beschrieben, das nicht nur im Schuldverschreibungsrecht, sondern allgemein im Zusammenhang mit Sanierungsversuchen auftritt. Obwohl die Anleger das Ziel einer erfolgreichen Sanierung des Schuldners eint, sind selten alle freiwillig bereit, einen Beitrag hierfür zu leisten. Einzelne, die erwarten, die Sanierung werde auch ohne ihren Beitrag gelingen, versuchen regelmäßig, ihren Vorteil aus der Sanierung dadurch zu maximieren, dass sie ihre Mitwirkung, z. B. in Form eines anteiligen Forderungsverzichts, verweigern (sog. rationale Apathie) und später ihre Forderung in der ursprünglichen Höhe gegen den auf Kosten der übrigen Anleger sanierten Schuldner geltend machen.351 Innerhalb derselben Anleihe sind solche individuellen Vorteile aus Hold-out-Strategien dadurch ausgeschlossen, dass die mit der erforderlichen Mehrheit gefassten Beschlüsse gemäß §  5 Abs.  2 Satz 1 SchVG für alle Gläubiger – also auch die dissentierenden – verbindlich sind. Für Schuldverschreibungen mehrerer Gesamt­ emissionen desselben Emittenten fehlt eine vergleichbare Regelung.352 Daher droht bei einer getrennten Abstimmung über Sanierungsmaßnahmen (z. B. die Zustimmung zu einer Verringerung der Hauptforderung, §  5 Abs.  3 Satz 1 Nr.  3 SchVG) ein hold-out einzelner Gläubigergruppen.353 Erwarten sie nämlich, dass genügend andere Gläubigergruppen die Sanierung unterstützen und anteilig auf ihre Hauptforderungen verzichten, die Sanierung also auch ohne ihren Beitrag gelingen wird, ist es individuell vorteilhaft und damit ökonomisch rational, dem Antrag die erforderliche Mehrheit zu verweigern.354 Dieses „Potential für Trittbrettfahrer“355 sollen Verbindungsklauseln minimieren. Sie fassen Schuldverschreibungen mehrerer Gesamtemissionen für die Beschlussfassung zusammen und erklären die Beschlüsse, die mit der Mehrheit sämtlicher Stimmrechte

446, 448. Nur im Ergebnis gleich FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  13: Aggregationsklauseln seien „vor dem Hintergrund des §  3 (Anm.: SchVG) und der AGB-Kontrolle von Anleihebedingungen unmöglich.“ Eingeschränkt lediglich LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  51: „für den Regelfall“. 350  So auch AK SchVR ZIP 2014, 845, 846. 351  Gray 35 Georgetown J. Int. Law 693, 700 (2004); Preuße/H.-G. Vogel Vor SchVG §  5 Rn.  11; Winkeljohann/Wohlschlegel/Dorenkamp WPg 2005, 562, 564. 352 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  50; Podewils DStR 2009, 1914, 1915. 353  Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 711. 354 Preuße/H.-G. Vogel Vor SchVG §  5 Rn.  11. 355  Keller in Baums/Cahn, Reform SchVR, 157, 167.

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gefasst werden, für alle Gläubigergruppen verbindlich, auch für die, innerhalb derer die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde.356 bb) Gestaltungsvarianten (1) Doppeltes Mehrheitserfordernis Verbindungsklauseln können – dies ist insbesondere bei Staatsanleihen üblich 357 – das Erfordernis einer doppelten Mehrheit vorsehen. Hierdurch wird die Zustimmung unter eine zusätzliche Bedingung gestellt: Die zur Abstimmung gestellte Änderung der Anleihebedingungen bedarf nicht nur – abhängig von der jeweiligen Maßnahme – der einfachen oder qualifizierten Mehrheit der teilnehmenden Stimmrechte aus der jeweiligen Anleihe, sondern auch einer vertraglich festgelegten Mehrheit der teilnehmenden Stimmrechte aus allen einbezogenen Schuldverschreibungen.358 Sind beide Mehrheiten überschritten, erfolgt die Änderung der Anleihebedingungen sämtlicher in die Abstimmung einbezogener Schuldverschreibungen uno actu. Verbindungsklauseln dieses Inhalts weichen zulasten der Gläubiger von §  5 Abs.  4 Satz 1 oder 2 SchVG – abhängig von der Maßnahme – ab und sind daher nach §  134 BGB und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.359 Die in ihnen angelegte unangemessene Benachteiligung zeigt sich in Konstellationen, in denen die zur Abstimmung gestellte Änderung der Anleihebedingungen zwar die Mehrheit der teilnehmenden Stimmrechte der einzelnen Anleihe, nicht aber die Mehrheit der Summe der teilnehmenden Stimmrechte aus allen einbezogenen Schuldverschreibungen erreicht. Derartige Verbindungsklauseln sind nicht durch §  5 Abs.  4 Satz 3 SchVG zugelassen.360 Die Vorschrift erlaubt lediglich die Bestimmung einer höheren Mehrheit in Bezug auf eine Anleihe. Hiervon unterscheiden Verbindungsklauseln mit einem doppelten Mehrheitserfordernis sich insoweit, als die Änderung der Anleihebedingungen dieser Anleihe auch von dem Abstimmungsverhalten der Gläubiger anderer Schuldverschreibungen abhängig ist.

356 

Keller in Baums/Cahn, Reform SchVR, 157, 167. Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 723. 358  In Anlehnung an Hopt FS Schwark, 2009, 441, 454 f.; Keller in Baums/Cahn, Reform SchVR, 157, 170. Ein Vorbild für die Formulierung enthält z. B. Art.  1171 Abs.  1 OR. 359  Zu der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB bei Verstößen gegen zwingendes Recht nachstehend Kap.  2 §  5 C. II. 2. a). 360  A. A. wohl LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   5 Rn.  51 für eine Bestimmung, die eine aggregierte Mehrheit von mindestens 85 oder 90 Prozent der teilnehmenden Stimmrechte hinsichtlich aller von der Änderung betroffenen Anleihen sowie einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Stimmrechte jeder einzelnen von der Änderung betroffenen Anleihe voraussetzt. 357 

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Kapitel 2. Leitbilder

(2) Einfaches Mehrheitserfordernis Der Idealtypus einer Verbindungsklausel, der dem Hold-out-Problem am effektivsten entgegenwirkt,361 erfordert eine einfache Mehrheit dergestalt, dass die Änderung der Anleihebedingungen jeder in die Abstimmung einbezogenen Schuldverschreibung – abhängig von der Maßnahme – eine einfache oder qualifizierte Mehrheit (§  5 Abs.  4 Satz 1 oder 2 SchVG) der Summe der teilnehmenden Stimmrechte sämtlicher in die Abstimmung einbezogener Schuldverschreibungen voraussetzt.362 Wird die erforderliche Mehrheit erreicht, erfolgt eine für alle Gläubigergruppen verbindliche Änderung der Anleihebedingungen.363 Das SchVG sieht die kollektive Bindung nur innerhalb derselben Anleihe vor. Sowohl die Möglichkeit der Beschlussfassung (§  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG) als auch die Bindungswirkung der Mehrheitsbeschlüsse (§  5 Abs.  2 Satz 1 SchVG) sind auf dieselbe Anleihe begrenzt. Für die Gläubiger mehrerer Schuldverschreibungen desselben Emittenten sieht das SchVG keine gemeinsamen Befugnisse vor.364 Daher wären Verbindungsklauseln in den Anleihebedingungen gemäß §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG nur wirksam, wenn ausgeschlossen wäre, dass sie zulasten der Gläubiger wirken. Aufgrund einer Verbindungsklausel mit einfacher Mehrheitsschwelle wären die in der Abstimmung unterlegenen Gläubiger an den Mehrheitsbeschluss auch dann gebunden, wenn die Maßnahme innerhalb der jeweiligen Gruppe nicht die erforderliche Mehrheit erreicht hätte. Eine solche Regelung weicht zu ihren Lasten von §  5 Abs.  1 Satz 1, Abs.  4 Satz 1 oder 2 SchVG ab, der – abhängig von der jeweiligen Maßnahme – eine einfache oder eine qualifizierte Mehrheit der teilnehmenden Stimmrechte der Anteile aus derselben Schuldverschreibung erfordert. Sie wäre daher nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam. cc) Reformüberlegungen Aufgrund der Unzulässigkeit von Verbindungsklauseln de lege lata verweist die Begründung des SchVG-RegE die Emittenten für die Koordinierung ihrer Sanierungsmaßnahmen auf die – aus ihrer Sicht einzig geeignete – Möglichkeit, gemeinsame Vertreter zu bestellen, die sich auf ein einheitliches Vorgehen verständigen.365 Dieses Vorgehen verspricht allerdings keine vergleichbare Reduzierung des Hold-out-Problems. Die gemeinsamen Vertreter können zwar sowohl auf Grundlage einer inhaltlich entsprechenden Opt-In-Bestimmung (§  5 361  Keller in Baums/Cahn, Reform SchVR, 157, 167. Siehe auch IMF, The Restructuring of Sovereign Debt—Assessing the Benefits, Risks and Feasibility of Aggregating Claims, 3.9.2003, 21 am Beispiel der Staatsanleihen von Uruguay. 362  Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 711, 722. 363 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  48. 364  BT-Drucks. 16/12814, 18 zu §  5 SchVG-RegE. 365  BT-Drucks. 16/12814, 18 zu §  5 SchVG-RegE.

§  5. Quelle der Leitbilder

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Abs.  1 Satz 1 Alt.  2 SchVG) durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger als auch in den Anleihebedingungen (§  8 Abs.  1 Satz 1 SchVG) zur Änderung der Anleihebedingungen ermächtigt werden. Ihre abgeleitete Befugnis hat aber die Schwäche, dass die gemeinsamen Vertreter gemäß §  7 Abs.  2 Satz 2 ggf. i. V. m. §  8 Abs.  4 SchVG die Weisungen der Gläubigergruppe zu befolgen haben, die sie repräsentieren. Das Weisungsrecht ermöglicht einzelnen Gläubigergruppen weiterhin ein hold-out, obwohl sie sich – in der Summe sämtlicher Stimmrechte – in der Minderheit befinden. Daher empfiehlt sich de lege ferenda die Zulassung von Verbindungsklauseln. (1) Legislative Vorbilder Dem deutschen Recht ist die Verbindung mehrerer Gläubigergruppen zu einer einheitlichen Beschlussfassung bereits gegenwärtig nicht fremd. Vorbilder existieren im Insolvenz- und Restrukturierungsplanverfahren (§  245 Abs.  1 InsO, §  26 Abs.  1 StaRUG) sowie für vom Bund begebene Schuldverschreibungen (§§  4a Satz 2, 4b Abs.  3 Satz 3 BSchuWG). (a) Obstruktionsverbote im Insolvenz- und Restrukturierungsplanverfahren Die Annahme eines Insolvenzplans bedarf nach §  244 Abs.  1 InsO grundsätzlich in jeder Gruppe (§  222 InsO) der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger, wobei die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger betragen muss. Für die Annahme eines Restrukturierungsplans ist es nach §  25 Abs.  1 StaRUG grundsätzlich sogar erforderlich, dass in jeder Gruppe (§   9 StaRUG) auf die dem Plan zustimmenden Gruppenmitglieder mindestens drei Viertel der Stimm­rechte dieser Gruppe entfallen. Für den Fall, dass innerhalb der Gruppen die Mehrheit nicht erreicht wird, enthalten §  245 Abs.  1 InsO und §  26 Abs.  1 StaRUG Obstruktionsverbote. Danach gilt die Zustimmung der Gruppe – bei gleichzeitiger Erfüllung der Voraussetzungen des §  245 Abs.  1 Nr.  1, 2 InsO bzw. §  26 Abs.  1 Nr.  1, 2 StaRUG – als erteilt, wenn die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den nach §  244 Abs.  1 InsO bzw. §  25 Abs.  1 StaRUG erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat, §  245 Abs.  1 Nr.  3 InsO bzw. §  26 Abs.  1 Nr.  3 Hs.  1 StaRUG. (b) Vom Bund begebene Schuldverschreibungen Für die vom Bund ausgegebenen Schuldverschreibungen – sie unterliegen gemäß §  1 Abs.  2 Satz 1 SchVG nicht dem SchVG – sieht der am 19.9.2012 in Kraft getretene366 §  4a Satz 2 BSchuWG die Möglichkeit einer anleiheübergreifenden 366 Art.   1 Nr.  1 i. V. m. Art.  3 Gesetz zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes v. 13.9.2012 (BGBl. I 1914).

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Kapitel 2. Leitbilder

Änderung ausdrücklich vor.367 Die Gestaltung der hierfür erforderlichen Bestimmung in den Anleihebedingungen ist durch §  4b Abs.  3 Satz 3 BSchuWG dahingehend eingeschränkt, dass Beschlüsse, die eine der in §   4b Abs.   1 BSchuWG genannten Maßnahmen zum Gegenstand haben und anleiheübergreifend wirken sollen, einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent des bei der Beschlussfassung vertretenen Nennwerts der ausstehenden Schuldverschreibungen hinsichtlich aller von der Änderung betroffenen Anleihen sowie einer Mehrheit von mindestens 25 Prozent des bei der Beschlussfassung vertretenen Nennwerts der ausstehenden Schuldverschreibungen hinsichtlich jeder einzelnen von der Änderung betroffenen Anleihe bedürfen. (2) Ergänzung des SchVG Die Erweiterung des SchVG um die Möglichkeit einer anleiheübergreifenden Änderung der Anleihebedingungen würde nicht nur die gegenwärtig noch bestehenden Hold-out-Anreize erheblich reduzieren und somit Sanierungen erleichtern, sondern auch eine gerechtere Verteilung der Vorteile aus einer erfolgreichen Sanierung gewährleisten. Hierzu bedarf es – nach dem Vorbild der §§  4a Satz 2, 4b Abs.  3 Satz 3 BSchuWG – keiner umfassenden Regelung im SchVG. Ausreichend, aber auch erforderlich, ist aufgrund der Wirkung zulasten der Gläubiger (§  5 Abs.  1 Satz 1, 2, Abs.  4 Satz 1, 2 SchVG) die ausdrückliche Zulassung entsprechender Verbindungsklauseln in den Anleihebedingungen.368 Hierfür empfiehlt sich die Ergänzung des SchVG um §  5 Abs.  4a SchVG. Die Neuregelung könnte lauten: 369 „(4a) 1Die Anleihebedingungen können auch die Möglichkeit zur einheitlichen Beschlussfassung für Schuldverschreibungen mehrerer Anleihen desselben Schuldners vorsehen (anleiheübergreifende Änderung). 2Die Beschlüsse für eine anleiheübergreifende Änderung der Anleihebedingungen bedürfen einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Stimmrechte hinsichtlich aller von der Änderung betroffenen Anleihen sowie einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der teilnehmenden Stimmrechte hinsichtlich jeder einzelnen von der Änderung betroffenen Anleihe.“

Sollte der Reformgesetzgeber – abweichend von den §§  4a Satz 2, 4b Abs.  3 Satz 3 BSchuWG – bereit sein, Verbindungsklauseln auch mit einer einfachen Mehrheitsschwelle zuzulassen, empfiehlt sich folgende Regelung als §  5 Abs.  4a Satz 3 SchVG: 367  Gegen die Möglichkeit einer anleiheübergreifenden Änderung bestanden auch vor dem Inkrafttreten der §§  4a ff. BSchuWG mit Wirkung vom 19.9.2012 keine Bedenken, siehe Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 731. 368 Für Schuldverschreibungen, die im Rahmen eines Angebotsprogramms ausgegeben werden, genügt die Aufnahme der Verbindungsklausel in das master agreement (siehe Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 731 für Staatsanleihen), wenn hierauf in den Sammelurkunden der einzelnen Anleihen gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG Bezug genommen wird. 369  Einen nur geringfügig abweichenden Vorschlag unterbreitet der AK SchVG ZIP 2014, 845, 847 unter 5.

§  5. Quelle der Leitbilder

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„3Die Anleihebedingungen können auch vorsehen, dass die Beschlüsse für eine anleiheübergreifende Änderung der einfachen Mehrheit der teilnehmenden Stimmrechte hinsichtlich aller von der Änderung betroffenen Anleihen oder, wenn der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert werden soll, einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der teilnehmenden Stimmrechte hinsichtlich aller von der Änderung betroffenen Anleihen bedürfen.“

B. Anwendung der besonderen Klauselverbote Der Prüfungsmaßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontolle von Anleihebedingungen ist nicht auf die Generalklausel des §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB beschränkt, sondern umfasst auch die besonderen Klauselverbote der §§  308, 309 BGB, soweit diese keinen besonderen Vertragstypus voraussetzen. Dem steht §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht entgegen, dessen wörtliche Anwendung zu einem gespaltenen Prüfungsmaßstab dergestalt führte, dass die besonderen Klauselverbote nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB nur gegenüber Verbrauchern (§  13 BGB) anwendbar wäre (nachfolgend I.). Obwohl der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Schuldverschreibungsrechts von der Einführung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs abgesehen hat (nachfolgend II.), ist dieser bereits de lege lata zum Schutz des Sekundärmarktpublikums geboten (nachfolgend III.) und methodologisch durch eine funktionale Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB erreichbar (nachfolgend IV.).

I. Gespaltener Prüfungsmaßstab des AGB-Rechts Nach §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB finden §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB keine Anwendung auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Diese Regelung hat der BGH in einem Urteil vom 30.6.2009370 dahingehend ausgelegt, dass die Anwendung der besonderen Klauselverbote in Bezug auf Anleihebedingungen eines Optionsscheins von der Person des gegenwärtigen Inhabers abhängt (nachfolgend 1.). Die überwiegende Ansicht in der Literatur lehnt einen solchen gespaltenen Prüfungsmaßstab für am Kapitalmarkt ausgegebene Schuldverschreibungen im Anschluss an ein Urteil des OLG Frankfurt aus dem Jahr 1993 (nachfolgend 2.) ab und beschränkt die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auf die im unternehmerischen Verkehr geltenden Klauselverbote, nämlich §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB sowie §  308 Nr.  1a, 1b BGB (nachfolgend 3.).

370 

BGH NJW-RR 2009, 1641 ff.

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Kapitel 2. Leitbilder

1. BGH NJW-RR 2009, 1641 Gegenstand des Urteils vom 30.6.2009 war die Frage, ob eine Bestimmung in den Anleihebedingungen wirksam ist, in welcher der Emittent sich das Recht vorbehält, die Anleihebedingungen ohne die Zustimmung einzelner oder aller Gläubiger durch einen Nachtrag zum Verkaufsprospekt zu ändern, um einen offensichtlichen Irrtum zu berichtigen. Im Gegensatz zu dem OLG Frankfurt, das einen offensichtlichen Irrtum verneint hatte, also – wie zuvor auch das LG Frankfurt a. M.371 – von der Wirksamkeit des Änderungsrechts ausgegangen war,372 erachtete der BGH die Bestimmung jedenfalls für den Fall eines offensichtlichen Irrtums für unwirksam.373 a) Im Verkehr mit Verbrauchern Für den Verkehr mit Verbrauchern (§  13 BGB) stellte der BGH fest, dass eine Bestimmung, in welcher der Emittent sich das Recht vorbehält, offensichtliche Irrtümer in den Anleihebedingungen auch ohne die Zustimmung der Gläubiger durch einen Nachtrag zum Verkaufsprospekt zu ändern, gegen §  308 Nr.  4 BGB verstößt.374 Die Zumutbarkeit i. S. v. §  308 Nr.  4 BGB – dessen Anwendbarkeit der XI. Zivilsenat ohne Begründung voraussetzte – sei aufgrund einer Abwägung zwischen den Interessen des Emittenten an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des Vertragspartners an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung zu beurteilen.375 In Bezug auf offensichtliche Irrtümer überwiege das Interesse der Anleger an der Unveränderlichkeit der Modalitäten des Leistungsversprechens, konkret des Bezugsrechtsverhältnisses. Zum einen betreffe der Änderungsvorbehalt nicht nur Nebenpflichten oder einzelne Umstände der Leistungserbringung, sondern einschränkungslos den gesamten Inhalt und Umfang der Hauptleistungspflicht des Emittenten. Ein derart weitreichendes Änderungsrecht sei nicht gerechtfertigt, da der Emittent bei der gebotenen sorgfältigen Kontrolle der Anleihebedingungen offensichtliche Irrtümer bereits vor der Ausgabe der Optionsscheine habe erkennen und berichtigen können.376 Zum anderen weiche das Änderungsrecht von dem gesetzlichen Leitbild der Irrtumsanfechtung ab. Bei der Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums (§  119 Abs.  1 Alt.  1 BGB) entfalle die vertragliche Bindung für beide Par371  LG Frankfurt a. M., Urt. v. 19.6.2007 – 2/19 O 271/06 (nicht veröffentlicht), insoweit wiedergegeben in OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter A. der Gründe. 372  OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter B. II. 2. b) der Gründe. 373 BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.   25. Zustimmend WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  30; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  11. 374  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  23. Zustimmend Podewils ZHR 174 (2010), 192, 204. A. A. Eidenmüller Unternehmenssanierung 230, wenn die Änderung das Äquivalenzverhältnis nicht oder nur ganz unwesentlich stört. 375  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  24. 376  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  26.

§  5. Quelle der Leitbilder

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teien; der Anfechtungsgegner werde rückwirkend von seinen Leistungspflichten frei, könne bereits erbrachte Leistungen kondizieren und unter den Voraussetzungen des §   122 BGB Schadensersatz verlangen. Hiervon weiche das Änderungsrecht in den Anleihebedingungen insoweit ab, als die vertragliche Bindung der Anleger unberührt bleibe, sie also keinen Anspruch auf eine anteilige Erstattung des Kaufpreises oder Schadensersatz hätten, aber eine erheblich verminderte Leistung annehmen müssten.377 b) Im unternehmerischen Verkehr Im unternehmerischen Verkehr fände §  308 Nr.  4 BGB gemäß §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB zwar keine Anwendung. Die Unwirksamkeit des Änderungsrechts ergebe sich aber aus §  307 Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  310 Abs.  1 Satz 2 BGB. Vor dem Hintergrund, dass der kaufmännische Verkehr in besonderer Weise auf eine exakte Einhaltung der vereinbarten Leistung angewiesen sei,378 begründe das Änderungsrecht unzumutbare Auswirkungen – gemeint ist wohl Rechtsunsicherheit –, so dass von einer unangemessenen Benachteiligung der Anleger i. S. d. §  307 Abs.  1 BGB auszugehen sei.379 c) Gespaltener Prüfungsmaßstab nach individueller Schutzbedürftigkeit Die gesonderten Ausführungen zum unternehmerischen Verkehr legen die Annahme nahe, der BGH differenziere hinsichtlich der Anwendbarkeit der besonderen Klauselverbote aus §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB nach der individuellen Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Anlegers, also danach, ob er dem Begriff des Verbrauchers oder Unternehmers unterfalle.380 Bei näherer Betrachtung weist der Sachverhalt jedoch zwei Besonderheiten auf, die dafür sprechen, diese allgemein formulierte Aussage des BGH zum Prüfungsmaßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf seltene Konstellationen zu beschränken. Zum einen hatte die Beklagte, ein Kreditinstitut,381 die Schuldverschreibungen nicht – wie üblich – im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung, sondern im Wege der Eigenemission ohne Mitwirkung anderer Insti­ tute ausgegeben. Zum anderen hatten die Zedenten der verfahrensgegenständlichen Ansprüche – diese wurden nur zur gerichtlichen Geltendmachung abgetreten – die Schuldverschreibungen teils außerbörslich, teils über die Börse direkt von der Beklagten erworben.382 Sie waren also keine Zweit-, sondern 377 

BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  28. NJW-RR 2009, 1641 Rn.  29; ebenso Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  308 Nr.  4 Rn.  11. 379  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  29. 380  So wohl die Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 381  BGH NJW-RR 2009, 1641. 382  BGH NJW-RR 2009, 1641; OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter A. der Gründe. 378 BGH

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Kapitel 2. Leitbilder

Ersterwerber. Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten ergibt der gespaltene Prüfungsmaßstab sich unmittelbar aus der Anwendung des §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB. Der Emittent verwendete die Anleihebedingungen – in der Terminologie des §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB – „gegenüber“ den Zedenten; sie waren sowohl Erst­erwerber der verfahrensgegenständlichen Teilschuldverschreibungen als auch Partei des jeweiligen Begebungsvertrags. In dem praktischen Regelfall der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung sind die Anleger Zweiterwerber und als solche nicht Partei des Begebungsvertrags. Sie erwerben die im Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Konsortium bzw. den Konsorten begründeten Teilschuldverschreibungen einschließlich der Anleihebedingungen derivativ von dem Ersterwerber oder einem anderen Zweiterwerber. In diesen Konstellationen lautet die maßgebliche Frage, ob die unmittelbare Anwendung der besonderen Klauselverbote durch §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB bereits dann ausgeschlossen ist, wenn der Begebungsvertrag mit den Konsorten in ihrer Eigenschaft als Unternehmer geschlossen wird, oder es zusätzlich erforderlich ist, dass der jeweilige Inhaber Unternehmer ist. Mit anderen Worten: Werden die Anleihebedingungen auch dann i. S. d. §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB „gegenüber einem Unternehmer“ verwendet, wenn der Begebungsvertrag mit einem Unternehmer geschlossen wurde, der gegenwärtige Inhaber der Teilschuldverschreibung aber ein Verbraucher ist? Auf diese Frage gibt die Entscheidung des BGH jedenfalls keine eindeutige Antwort. Daher liegt es nahe, die Ausführungen des XI. Zivilsenats entsprechend einer allgemeinen Prämisse in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, möglichst wenig generalisierende Richtlinien aufzustellen,383 nicht zu verallgemeinern, sondern auf die besondere Fallgestaltung zu beschränken. 2. OLG Frankfurt WM 1993, 2089 Entschieden hat die Frage des AGB-rechtlichen Prüfungsmaßstabs bei einer Fremdemission von Schuldverschreibungen in Form einer mittelbaren Platzierung – soweit ersichtlich – bislang nur das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 21.10.1993.384 Nach den Feststellungen des Gerichts waren die Anleihebedingungen von dem Emittenten und den Konsorten, also unter Kaufleuten, vereinbart worden; 385 im Anschluss daran hatte das Bankenkonsortium die Anleihe übernommen.386 Hieraus folgerte der 16. Zivilsenat, dass die besonderen Klauselverbote – konkret §  10 Nr.  6 AGBG a. F. (jetzt §  308 Nr.  6 BGB) – gemäß §  24 Satz 1 Nr.  1 AGBG a. F. (jetzt §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB) auch dann keine Anwendung finden können, wenn der klagende Anleger Verbraucher sei. Sie kämen 383 Siehe

R. Fischer FS Barz, 1974, 33, 38. OLG Frankfurt WM 1993, 2089. 385  OLG Frankfurt WM 1993, 2089. 386  OLG Frankfurt WM 1993, 2089 (Ls. 2). 384 

§  5. Quelle der Leitbilder

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auch nicht über das Umgehungsverbot des §  7 AGBG a. F. (jetzt §  306a BGB) zur Anwendung, da die Übernahme der Teilschuldverschreibungen durch die Konsorten gängiger Praxis entspreche und daher keine Umgehung sei.387 Diese Rechtsprechung hätte in sämtlichen Fällen der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung keinen gespaltenen, sondern einen einheitlichen Prüfungsmaßstab des Inhalts zur Folge, dass die besonderen Klauselverbote nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB auch gegenüber Teilschuldverschreibungsgläubigern mit Verbrauchereigenschaft nicht anzuwenden wären. Ihr Schutz wäre auf die im unternehmerischen Verkehr anwendbaren Klauselverbote beschränkt, nämlich §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB und §  308 Nr.  1a, 1b BGB. 3. Literatur Das Ergebnis des OLG Frankfurt388 wird von gewichtigen Stimmen in der Literatur geteilt.389 Lediglich vereinzelt wird dagegen eingewandt, dass die Nichtanwendung der für den Verkehr mit Verbrauchern konzipierten besonderen Klauselverbote (§§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB) auf die Anleihebedingungen sämtlicher Schuldverschreibungen, die im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung begeben werden, deshalb nicht sachgerecht sei, weil die Zielgruppe derartiger Schuldverschreibungen bei einer kleinen Stückelung vor allem private Anleger seien.390 Vielmehr sollten §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB trotz des Ersterwerbs durch die Konsorten nur dann keine Anwendung finden, wenn auch der gegenwärtige Inhaber der Teilschuldverschreibung diese als Unternehmer erworben hat. Habe der Zweiterwerber hingegen als Verbraucher gehandelt, sollen die besonderen Klauselverbote trotz des Ersterwerbs durch die als Unternehmer agierenden Konsorten anzuwenden sein.391 Dieser gespaltene, d. h. von der Person des Inhabers abhängige, Prüfungsmaßstab und die hiermit einhergehende Ungleichbehandlung von Unternehmern und Verbrauchern – nämlich dass einzelne Bestimmungen, die gegenüber Verbrauchern nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB oder §  309 BGB unwirksam seien, gegenüber Unternehmern wirksam seien können 392 – seien in §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB angelegt 387 

OLG Frankfurt WM 1993, 2089. OLG Frankfurt WM 1993, 2089. 389  Assmann WM 2005, 1053, 1063; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 66; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; Than FS Coing, Bd.  II, 1982, 521, 537 mit Fn.  36. Im Ergebnis offengelassen von Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 371. 390  von Randow ZIP 1994, 28 f. 391  Kalss FS Goette, 2011, 219 f.; dies. Anlegerinteressen 114, 128, 133 f. zum öKSchG. So auch OGH ÖBA 2010, 762, 763 unter 7.2 der Gründe; OGH wbl 2006, 278, 279; OGH RdW 2003, 328. 392 PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  30; Casper/Möllers WM 2015, 1689, 1693; EBJS/Fest HGB §  346 Rn.  49; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  8 , 39; V. Lang/Schulz WM 2015, 2173, 2174; Masuch Anleihebedingungen 99; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 663. 388 

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Kapitel 2. Leitbilder

und daher hinzunehmen.393 Überwiegend wird jedoch aufgrund einer teleologischen Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB ein einheitlicher Prüfungsmaßstab befürwortet, wenn die Anleihebedingungen einheitlich sowohl gegenüber Unternehmern als auch Verbrauchern verwendet werden. Entgegen der Ansicht des OLG Frankfurt394 umfasse dieser trotz des Ersterwerbs der Teilschuld­ verschreibungen durch die Konsorten auch die im Verkehr mit Verbrauchern geltenden besonderen Klauselverbote, wenn die Teilschuldverschreibung von einem Unternehmer gehalten werde.395

II. Regelung im SchVÄndG-DiskE Die Verfasser des SchVÄndG-DiskE haben die Gefahr eines gespaltenen Prüfungsmaßstabs erkannt. Die Neuregelung des §  795 Abs.  2 BGB-DiskE, die diese unterbinden sollte, wurde jedoch nicht umgesetzt. Sie fand bereits in dem SchVG-RefE keine Erwähnung mehr. 1. Regelungsgehalt des §  795 Abs.  2 BGB-DiskE Nach §  795 Abs.  2 Satz 3 BGB-DiskE sollten die §§  305–309 BGB auf Anleihebedingungen – der SchVÄndG-DiskE bezeichnet diese ohne inhaltlichen Unterschied durchweg als Emissionsbedingungen – keine Anwendung finden. Dieser Ausschluss der §§  307–309 BGB hätte aber – obgleich einige Stellungnahmen in der Literatur den gegenteiligen Anschein erwecken 396 – nicht zur Folge gehabt, dass Anleihebedingungen fortan keiner Inhaltskontrolle unterlegen hätten. An der Einführung einer solchen Bereichsausnahme – die wohl erwogen wurde – sahen die Verfasser des SchVÄndG-DiskE sich bereits durch §  242 BGB gehindert.397 Gleichwohl begnügten sie sich nicht mit der Klarstellung, dass eine Inhaltskontrolle am Maßstab des §  242 BGB stattfinde. Vielmehr nahmen sie mit §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE eine Generalklausel in den SchVÄndG-DiskE auf, wonach Bestimmungen in Anleihebedingungen unwirksam sein sollten, welche die Gläubiger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Unwirksamkeit einzelner Bestim-

393 

von Randow ZIP 1994, 28; ders. ZBB 1994, 23, 29 mit Fn.  51. Zuvor I. 2. 395 UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  3 ; siehe zu §  24 Satz 1 AGBG auch Masuch Anleihebedingungen 101. Im Ergebnis ebenso SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  120; Hopt WM 1990, 1733, 1737; Parche in Henssler/Kolbeck/Moritz/Rehm, Europä­ ische Integration und globaler Wettbewerb, 351, 357 zu §  10 Nr.  4 AGBG; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  85; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 663. 396  Z. B. Gottschalk ZIP 2006, 1121, 1127; ähnlich N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 360 zu §  2 Abs.  3 Satz 4 SchVG-RefVorE. 397  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 394 

§  5. Quelle der Leitbilder

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mungen sollte gemäß §  795 Abs.  2 Satz 2 BGB-DiskE die Wirksamkeit der Anleihebedingungen im Übrigen unberührt lassen. 2. Ausschluss der besonderen Klauselverbote Von der Möglichkeit, die §§  305–309 BGB nicht insgesamt, sondern nur die AGB-rechtliche Generalklausel (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB) durch §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE zu substituieren und flankierend die Anwendung der besonderen Klauselverbote (z. B. §  308 Nr.  4 BGB) zuzulassen, sahen die Verfasser des SchVÄndG-DiskE bewusst ab. Zum einen gingen sie – wie sie zur Begründung von §  795 Abs.  2 Satz 3 BGB-DiskE ausführten – davon aus, dass die besonderen Klauselverbote allenfalls modifiziert auf Anleihebedingungen passten.398 Zum anderen befürchteten sie, dass eine – wenngleich modifizierte – Bezugnahme zu einem gespaltenen Prüfungsmaßstab führe, je nachdem, ob ein Verbraucher oder Unternehmer von der Bestimmung betroffen sei. Diese Differenzierung erschien den Verfassern des SchVÄndG-DiskE – angesichts der Übertragbarkeit der Wertpapiere – für Anleihebedingungen unangemessen.399 3. Besondere Generalklausel für Anleihebedingungen Den Ausschluss der besonderen Klauselverbote hätten die Verfasser des SchVÄndG-DiskE alternativ durch eine dahingehende Änderung des §  310 Abs.  1 BGB erreichen können, dass die §§  308, 309 BGB auf Anleihebedingungen auch dann keine Anwendung finden, wenn Verbraucher von ihnen betroffen sind. Diese Regelung hätte – wäre sie anstelle einer Neufassung des §  795 Abs.  2 Satz 1, 3 BGB-DiskE realisiert worden – zur Folge gehabt, dass Grundlage der Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen weiterhin §  307 Abs.  1 und 2 BGB gewesen wäre. Dass die Verfasser des SchVÄndG-DiskE sich dafür entschieden, mit §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE eine neue Generalklausel zu schaffen, wirft insbesondere in Ansehung der Tatsache, dass §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE in Anlehnung an §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB formuliert wurde,400 die Frage auf, welche Unterschiede zu der alternativ möglichen Änderung des §  310 Abs.   1 BGB bestehen und welche Vorteile der Regelungsvorschlag des SchVÄndG-DiskE bot. a) Begründung des SchVÄndG-DiskE Im SchVÄndG-DiskE wird die Neuregelung des §  795 Abs.  2 Satz 1 BGBDiskE damit begründet, sie solle das Instrumentarium der Inhaltskontrolle 398 

Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 400  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 399 

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Kapitel 2. Leitbilder

präzisieren und den Kontrollmaßstab konkretisieren.401 Diese Wirkungen kann keine Generalklausel entfalten, auch nicht die vorliegende. Sie legt – wie §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB402 – den Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle lediglich allgemein fest, nämlich in Form der unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Die Aufgabe, diese unbestimmten Rechtsbegriffe im Einzelfall unter Berücksichtigung der allgemeinen Wertungsvorgaben des Gesetzes403 zu konkretisieren, ist den Rechtsanwendern vorbehalten.404 b) Vorteile einer besonderen Generalklausel Die Erkenntnis, dass §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE ungeeignet ist, den Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen zu konkretisieren, lenkt den Blick auf andere in der Begründung des SchVÄndG-DiskE nicht genannte Vorteile der Generalklausel. Erstens, im Anschluss an §  795 BGB-DiskE sollten insbesondere mit den §§  795a, 795d BGB-DiskE gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die als Leitbilder bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unangemessenen Benachteiligung der Gläubiger dienen sollten.405 Bereits dies legt es nahe, die Rechtsgrundlage für die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen systematisch in die Nähe der gesetzlichen Leitbilder zu rücken. Zweitens, die Inhaltskontrolle nach §  795 Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE hätte keine AGB, sondern Emissionsbedingungen vorausgesetzt. Die abweichende Formulierung wäre insoweit bedeutsam gewesen, als dadurch die in der Literatur umstrittene Frage, ob Anleihebedingungen bei der marktüblichen Fremdemission einer Schuldverschreibung in Form der mittelbaren Platzierung AGB i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB sind,406 bedeutungslos geworden wäre. Drittens, die besondere Generalklausel hätte die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen von der Inhaltskontrolle anderer vorformulierter Vertragsbedingungen auf Grundlage der §§  242, 307 Abs.  1 Satz 1 BGB systematisch entkoppelt. Hieraus wäre der gesetzgeberische Wille ableitbar gewesen, dass die Rechtsanwender bei ihrer Aufgabe, den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung der Anleihegläubiger zu konkretisieren, sich nicht von den für andere Vertragsarten entwickelten Grundsätzen leiten lassen sollen. 401 

Begründung des SchVÄndG-DiskE, 11 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. BGB §  307 Rn.  37; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  1; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  3 ; ähnlich Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  1: legt den grundlegenden Wertmaßstab fest. 403  Siehe Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  12; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  78; BRHP/ H. Schmidt BGB §  307 Rn.  30; Stoffels AGBR Rn.  461 jeweils zu §  307 BGB. 404  Zu §  307 BGB siehe UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  4 ; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  9 ; MüKoBGB/Wurmnest Vor §  307 Rn.  2 ; besonders prägnant Nassall WM 1994, 1645, 1647 zu §  9 AGBG: „Ermächtigungsgrundlage“ für die außergesetzliche Neubildung von Rechtssätzen“. 405  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795 Abs.  2 BGB-DiskE. 406  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. 402 Soergel/Fritzsche

§  5. Quelle der Leitbilder

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Sie hätten – bildlich gesprochen – ein unbeschriebenes Blatt in der Hand gehabt, das es neu zu beschreiben gegolten hätte.

III. Notwendigkeit eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs Bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen ließe die Anwendung des nach §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB gespaltenen Prüfungsmaßstabs407 im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen regelmäßig die Fungibilität der Wertpapiere entfallen (nachfolgend 1.).408 Deren Erhaltung, die im Zusammenhang mit der Auslegung von Anleihebedingungen als erstrebenswert allgemein anerkannt ist, sowie der Grundsatz, dass derivativen Erwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können, gebieten die Anwendung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs (nachfolgend 2.).409 1. Fortfall der Fungibilität der Schuldverschreibung Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen sind nur solange fungibel, wie ihnen inhaltsgleiche Anleihebedingungen zugrunde liegen. Werden diese am Sekundärmarkt gehandelt, kann die Anwendung des gespaltenen Prüfungsmaßstabs410 im Rahmen der Angemessenheitskontrolle den Inhalt der Anleihebedingungen einzelner Teilschuldverschreibungen verändern und die Fungibilität mit empfindlichen Nachteilen sowohl für den Emittenten als auch für die Anleger entfallen lassen. a) Anforderungen an die Fungibilität von Schuldverschreibungen Die Fungibilität von Wertpapieren wird im deutschen Recht nicht definiert. Gleichwohl besteht Einigkeit darüber, dass sie gegeben ist, wenn die Wertpapiere untereinander austauschbar sind.411 Demnach sind Schuldverschreibun407 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. I. Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1601. Wohl nur terminologisch abgeschwächt Masuch Anleihebedingungen 99: Beeinträchtigung der Fungibilität. In diese Richtung deutet auch die Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12: Die §§  308, 309 BGB seien aufgrund des gespaltenen Prüfungsmaßstabs für Emissionsbedingungen nicht geeignet. 409  Einen einheitlichen Prüfungsmaßstab befürworten ebenfalls Drygala WM 2011, 1637, 1641; Masuch Anleihebedingungen 101. Ähnlich Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  49 f., die hieraus die Konsequenz zieht, dass die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen nicht auf Grundlage der §§  307 ff. BGB, sondern nach §  242 BGB vorzunehmen sei. So wohl auch BuB/ Bosch Rn.  10/159; Keller BKR 2005, 326, 327. 410  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. I. 411 OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter B. II. 2. b) der Gründe; LBS/Bliesener/ H. Schneider SchVG §  1 Rn.  12; BuB/Bosch Rn.  10/4; KMFS/U. Brandt BankR/KapMarktR Rn.  15.28; Fuchs/Fuchs WpHG §  2 Rn.  15, 17; Groß KapMarktR BörsG §  32 Rn.  12; Schwark/ Zimmer/Heidelbach BörsG §  32 Rn.  28; Lenenbach KapMarktR Rn.  3.186; Preuße/Preuße 408 

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Kapitel 2. Leitbilder

gen aus Gesamtemissionen fungibel, wenn sie – in der Terminologie des §  1 Abs.  1 SchVG – inhaltsgleich sind.412 Dies ist bei Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission zwar regelmäßig, aber nicht notwendig der Fall.413 Inhaltliche Abweichungen, welche die Fungibilität entfallen lassen, können insbesondere bei einer sog. Aufstockung der Anleihe eintreten, da die Anleihebedingungen der nachträglich zur Erhöhung des Emissionsvolumens ausgegebenen Schuldverschreibungen regelmäßig einen anderen Zeitpunkt des Verzinsungsbeginns festlegen als die bereits zuvor umlaufenden Schuldverschreibungen.414 Daher sind Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen nur insoweit fungibel, als ihnen einheitliche Anleihebedingungen zugrunde liegen, die gleiche Rechte für alle Teilschuldverschreibungen vorsehen.415 Hierfür genügt es nicht, dass sämtliche Schuldverschreibungen aus der Gesamtemission, befänden sie sich in den Händen eines Inhabers, diesem die gleichen Rechte gegenüber dem Emittenten gewähren. Notwendig ist vielmehr, dass die Teilschuldverschreibungen übertragen werden können, ohne dass hiermit eine Änderung ihres Inhalts verbunden ist, sie also jedem Marktteilnehmer unabhängig von persönlichen Merkmalen – z. B. der Eigenschaft als Verbraucher, Unternehmer oder Kaufmann – die gleichen Rechte gegen den Emittenten gewähren. b) Auswirkungen des gespaltenen Prüfungsmaßstabs auf den Inhalt der Anleihebedingungen aa) Ergebnisrelevanz des gespaltenen Prüfungsmaßstabs Die Anwendung des nach §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB gespaltenen Prüfungsmaß­ stabs im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen kann dazu führen, dass Bestimmungen, die im Verkehr mit Verbrauchern gegen ein besonderes Klauselverbot nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB oder §  309 BGB verstoßen, im unternehmerischen Verkehr noch angemessen und wirksam wären.416 Ursächlich hierfür ist, dass §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB die unmittelbare Anwendung von §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB ausschließt.417 Hieraus darf SchVG §  1 Rn.  5 ; Scherer/Scherer/Martin DepotG §  9a Rn.  3. Ähnlich BGB-RGRK/Steffen §  808a Rn.  3 : „inhaltlich im wesentlichen gleichartige Orderschuldverschreibungen“. 412 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   1 Rn.   12; Cagalj Restrukturierung 75; FKSchVG/Hartwig-Jacob §  1 Rn.  114; Podewils ZHR 174 (2010), 192, 195. 413  Unzutreffend BT-Drucks. 16/12814, 16 zu §  1 SchVG-RegE. 414  Cagalj Restrukturierung 75; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 SchVG Rn.  115; N. Horn ZHR 17 (2009), 12, 44 f.; Veranneman/Oulds SchVG §  1 Rn.  31; Preuße/Preuße SchVG §  1 Rn.  8. 415  BT-Drucks. 16/12814, 16 zu §  1 SchVG-RegE; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  1 Rn.  12; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 SchVG Rn.  114, 125; Veranneman/Oulds SchVG §  1 Rn.  30; Preuße/Preuße SchVG §  1 Rn.  7. 416  Statt vieler PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  30; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  8 , 39; Masuch Anleihebedingungen 99; Wolf FS Zöllner, Bd.  I, 1998, 651, 663. 417 BRHP/J. Becker BGB §  310 Rn.  2 ; WLP/Pfeiffer BGB §  310 Abs.  1 Rn.  21.

§  5. Quelle der Leitbilder

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aber nicht der ohnehin fernliegende Umkehrschluss gezogen werden, dass die im Verkehr mit Verbrauchern aufgrund des Verstoßes gegen ein besonderes Klauselverbot unwirksamen Bestimmungen im unternehmerischen Verkehr stets wirksam wären.418 Vielmehr stellt §  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  1 BGB klar, dass die Bestimmungen sowohl einer Transparenzkontrolle nach §  307 Abs.  1 Satz 2 BGB – bei Anleihebedingungen wird diese Vorschrift im sachlichen Anwendungsbereich des SchVG419 nach ganz überwiegender Ansicht von §  3 SchVG als lex specialis verdrängt420 – als auch einer Angemessenheitskontrolle nach §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB unterliegen.421 Bei letzterer kommt den besonderen Klauselverboten grundsätzlich422 eine Indizwirkung des Inhalts zu, dass ihre Nichtbeachtung im unternehmerischen Verkehr in der Regel die Unwirksamkeit der Bestimmung begründet.423 Zu divergierenden Ergebnissen im Verkehr mit Verbrauchern und im unternehmerischen Verkehr führt der gespaltene Prüfungsmaßstab nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn die Indizwirkung dadurch widerlegt wird, dass besondere Bedürfnisse und Interessen des Wirtschaftsverkehrs unter besonderer Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) die Wirksamkeit der Bestimmung rechtfertigen.424 418 MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  11; WLP/Pfeiffer BGB §  310 Abs.  1 Rn.  21; Staudinger/ Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  27. 419 Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  3 Rn.  24; N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 362. Ohne Normnennung und daher unklar BGH NZG 2014, 661 Rn.  27. 420  AK SchVR ZIP 2014, 845, 851; Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1609 f.; Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  3 Rn.  23; Einsele BankR/KapMarktR §  7 Rn.  50; LBS/Groß 40. Kap. Rn.  60; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  3 Rn.  5, 16, 17; N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 362; ders. BKR 2009, 446, 453; Kühn Barabfindungsklauseln 241; Leber Obligationäre 93; Lenenbach KapMarktR Rn.  2.87; Leuering/Zetzsche NJW 2009, 2856, 2857; Maerker/ Ashrafnia BB 2014, 2210, 2212; Veranneman/Oulds SchVG §  3 Rn.  20; Otto WM 2010, 2013, 2015; Podewils DStR 2009, 1914, 1916; Reinhard/Schall/Schall/J. Simon SchVG §  3 Rn.  60; U. Schroeter ZGR 2015, 769, 793 f. Wohl weitergehend Schlitt/S. Schäfer AG 2009, 477, 485 f.: Einschränkung der Inhaltskontrolle. A. A. (§  3 SchVG ist nicht abschließend) N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 39; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.242. 421 MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  11; BRHP/J. Becker BGB §  310 Rn.  2 ; Stoffels AGBR Rn.  192; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  77. 422  Für einzelne Klauselverbote lehnt die Rechtsprechung die Indizwirkung ab, z. B. BGH NJW 2003, 886, 887; BGH NJW-RR 1997, 942 jeweils zu §  11 Nr.  12 Buchst. a AGBG (jetzt §  309 Nr.  9 Buchst. a BGB); zuvor offengelassen von BGH NJW 1985, 2693, 2695. 423  BGHZ 174, 1 Rn.  12 = NJW 2007, 3774; BGHZ 103, 316, 328 = NJW 1988, 1785; BGHZ 90, 273, 278 = NJW 1984, 1750; BGH DB 1986, 1063, 1064; OLG Köln NJW-RR 1988, 373, 375; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  30; Masuch Anleihebedingungen 98 f.; MüKoBGB/ Wurmnest §  307 Rn.  79. Offengelassen von BRHP/J. Becker BGB §  310 Rn.  2 („Geschmacksfrage“). Von Teilen der Literatur wird die Indizwirkung – gelegentlich auch bezeichnet als Vermutung der Unwirksamkeit – abgelehnt, siehe Alisch JZ 1982, 706, 709; K. P. Berger ZIP 2006, 2149, 2150; Helm BB 1977, 1109; Hensen NJW 1987, 1986, 1987; Lutz AGB-Kontrolle 32; WLP/Pfeiffer BGB §  310 Abs.  1 Rn.  22; Rabe NJW 1987, 1978, 1982. 424  Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1608; Casper/Möllers WM 2015, 1689, 1693; Eidenmüller Unternehmenssanierung 225; EBJS/Fest HGB §  346 Rn.  49; V. Lang/Schulz WM 2015,

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Kapitel 2. Leitbilder

bb) Übertragung der Teilschuldverschreibungen Die Übertragung einzelner Teilschuldverschreibungen aus einer Gesamtemission, die bei der Begründung des Leistungsversprechens inhaltsgleich und daher fungibel waren,425 kann bei konsequenter Anwendung des gespaltenen Prüfungsmaßstabs, wie er in der Literatur vertreten wird,426 Änderungen des Inhalts der Anleihebedingungen zur Folge haben.427 In dem praktischen Regelfall der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung kann eine Änderung der Anleihebedingungen aufgrund des gespaltenen Prüfungsmaßstabs bereits durch den ersten Zweiterwerb der Wertpapiere eintreten, wenn der Anleger als Verbraucher (§  13 BGB) agiert. Im Verhältnis zu dem Emissionskonsortium, das bei dem Abschluss des Begebungsvertrags als Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB) handelt, wäre z. B. eine in den Anleihebedingungen enthaltene Einwendung, die durch besondere Bedürfnisse und Interessen des Wirtschaftsverkehrs gerechtfertigt wäre (§  310 Abs.  1 Satz 2 BGB), auch dann wirksam, wenn die­ selbe Bestimmung im Verkehr mit Verbrauchern aufgrund eines Verstoßes gegen ein besonderes Klauselverbot (§§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB) unwirksam wäre. Der Zweiterwerb der Teilschuldverschreibung am Sekundärmarkt durch einen Verbraucher – sei es im Wege der Abtretung der verbrieften Forderung,428 sei es im Wege der Übereignung des Miteigentumsanteils an der Sammelurkunde oder an dem elektronischen Wertpapier –, hätte bei konsequenter Anwendung des gespaltenen Prüfungsmaßstabs zur Folge, dass die Bestimmung in den Anleihebedingungen nunmehr aufgrund des Verstoßes gegen ein besonderes Klauselverbot unwirksam wäre.429 Umgekehrt verhielte es sich, wenn ein Anleger, der die Teilschuldverschreibung als Verbraucher (§  13 BGB) erworben hat, diese an einen Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB) weiterveräußert. Enthielten die Anleihebedingungen eine Bestimmung, die aufgrund eines Verstoßes gegen ein besonderes Klauselverbot nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB oder §  309 BGB im Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Verbraucher kraft Gesetzes430 unwirksam und daher nicht Vertragsinhalt wäre, müsste diese Bestimmung, wenn sie durch besondere Bedürfnisse und Interessen des Wirtschaftsverkehrs gerechtfertigt wäre (§  310 Abs.  1 Satz 2 BGB), infolge der Übertragung der Teilschuldverschreibung an einen Unternehmer wieder „aufleben“. 2173, 2174; Leber Obligationäre 51; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  79. Abweichend Stucke DM-Auslandsanleihen 262: Die Frage, ob die §§  10, 11 AGBG (jetzt §§  308, 309 BGB) bei Fremdemissionen in Form der mittelbaren Platzierung anwendbar seien, habe keine entscheidende Bedeutung. 425  Zuvor a). 426  von Randow ZIP 1994, 28; ders. ZBB 1994, 23, 29 mit Fn.  51. 427  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 663. 428  Zu dieser Möglichkeit vorstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. b) bb). 429  So aber im Ergebnis Joussen WM 1995, 1861, 1863, 1866. 430  Zu der kraft Gesetzes eintretenden Unwirksamkeit vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 1. b) aa).

§  5. Quelle der Leitbilder

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c) Fortfall der Fungibilität und deren Folgen Sind einzelne Bestimmungen in Anleihebedingungen nur im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam, entfällt die Fungibilität der Schuldverschreibungen aus der Gesamtemission. Hiermit sind empfindliche Nachteile sowohl für den Emittenten als auch für die Anleger verbunden,431 nämlich der Verlust der Börsenhandelsfähigkeit der Wertpapiere und der Möglichkeit der Restrukturierung der Anleihe im Wege der kollektiven Bindung. aa) Börsenhandel Die Fungibilität ist eine von mehreren Voraussetzungen für die Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel im regulierten Markt. Entfällt sie, droht dem Emittenten und den Inhabern die Aussetzung des Börsenhandels und der Widerruf der Börsenzulassung. Vergleichbares gilt, wenn die Wertpapiere in den Freiverkehr einbezogen werden sollen oder bereits einbezogen sind. (1) Regulierter Markt (a) Zulassung zum Börsenhandel Schuldverschreibungen auf den Inhaber sowie an Order ausgestellte Verpflichtungsscheine i. S. v. §  363 Abs.  1 Satz 2 HGB sind Wertpapiere.432 Um im regulierten Markt an einer Börse gehandelt werden zu können, bedürfen sie gemäß §  32 Abs.  1 BörsG der Zulassung durch die Geschäftsführung der Börse.433 Voraussetzung für die Zulassung ist u. a., dass die Wertpapiere den Anforderungen des Art.  35 VO (EU) Nr.  1287/2006 sowie den Bestimmungen der BörsZulV entsprechen, §  32 Abs.  3 Nr.  1 BörsG. Hierfür müssen die Wertpapiere nach §  5 Abs.  1 BörsZulV frei handelbar sein. Dies ist gemäß Art.  35 Abs.  1 VO (EU) Nr.  1287/2006 – insoweit ergänzen die Bestimmungen sich434 – jedenfalls gegeben, wenn die Wertpapiere zwischen den Parteien eines Geschäfts gehandelt und anschließend übertragen werden können und alle Wertpapiere innerhalb der gleichen Kategorie wie das besagte Wertpapier fungibel sind. Das Erfordernis der Fungibilität resultiert daraus, dass für die Wertpapiere ein einheitlicher Börsenpreis ermittelt wird. Hiermit ist ein unterschiedlicher Inhalt der Wertpa-

431 Weitergehend Assmann WM 2005, 1053, 1062: Verlust der Fungibilität hätte zur Folge, dass die Wertpapiermärkte „auf eine vorindustrielle Stufe zurückfallen“. 432  Statt vieler Baumbach/Hopt/Leyens HGB §  363 Rn.  1; Palandt/Sprau Einf v BGB §  793 Rn.  1. 433 EBJS/Groß BörsG §  32 Rn.  15; ders. KapMarktR BörsG §  32 Rn.  12; Schwark/Zimmer/ Heidelbach BörsG §  32 Rn.  25; Baumbach/Hopt/Kumpan (14) BörsG §  32 Rn.  2 ; siehe auch Schäfer/Hamann/Hamann BörsG §  36 Rn.  5. 434 Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  32 Rn.  45.

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Kapitel 2. Leitbilder

piere unvereinbar.435 Daher hat die Börsengeschäftsführung die Zulassung einer Schuldverschreibung zum Handel im regulierten Markt auf Grundlage von §  32 Abs.  3 Nr.  1 BörsG u. a. dann abzulehnen, wenn die Wertpapiere nicht fungibel sind, also nicht sämtliche Teilschuldverschreibungen aus der Gesamtemission – gemeint sind solche, die dieselbe ISIN aufweisen436 – inhaltsgleich sind. (b) Aussetzung des Handels und Widerruf der Zulassung zum Handel Die Zulassung der Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt begründet ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis zwischen der Börse und dem Emittenten.437 Grundlage desselben ist die Möglichkeit eines ordnungsgemäßen Börsenhandels der Wertpapiere. Dieser setzt – wie in §  24 Abs.  2 Satz 1 BörsG hervorgehoben wird – insbesondere eine geordnete, ausgeglichene Preisbildung unter Ausschluss verzerrender Sonderfaktoren voraus.438 Dies wäre nicht mehr gewährleistet, wenn Wertpapiere, für die ein einheitlicher Börsenpreis ermittelt wird, nicht mehr den gleichen Inhalt hätten. Sind die inhaltlichen Unterschiede nicht nur vorübergehender Natur, sondern dauerhaft, ist die Geschäftsführung der jeweiligen Börse berechtigt, den Handel der Wertpapiere auf Grundlage von §  25 Abs.  1 Satz 1 Nr.  2 BörsG einzustellen und ihre Zulassung – vorbehaltlich einer Aufteilung der Gesamtemission durch den Emittenten439 – nach §  39 Abs.  1 Alt.  1 BörsG i. V. m. §  49 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 VwVfG zu widerrufen. Die Entscheidungen über die Einstellung des Handels und den Widerruf der Zulassung stehen im Ermessen der Geschäftsführung.440 Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung441 wird zwar auch zu berücksichtigen sein, dass die Inhaber die Möglichkeit verlieren, die Wertpapiere jederzeit an einem liquiden Markt zu veräußern und dadurch deren Wert zu realisieren.442 Bei dem Wegfall einer derart grundlegenden Handelsvoraussetzung wie der Fungibilität der Wertpapiere wird aber regelmäßig das Interesse an einem ordnungsgemäßen Börsenhandel 435  Wolf FS Zöllner, Bd.  I , 1998, 651, 663. Siehe auch N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 17 f.: „Gleichartigkeit“ als Voraussetzung der Handelbarkeit. 436  OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter B. II. 2. b) der Gründe; Schwark/Zimmer/ Heidelbach BörsG §  32 Rn.  46. 437 EBJS/Groß BörsG §   19 Rn.  5; ders. KapMarktR BörsG §  32 Rn.  4a; ders. ZHR 165 (2001), 141, 146 f.; Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  39 Rn.  4 ; Langenbucher AktKapMarktR §  13 Rn.  45; Lenenbach KapMarktR Rn.  3.177. 438 Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §   25 Rn.   11; Jaskulla WM 2002, 1093, 1095; Baumbach/Hopt/Kumpan (14) BörsG §  24 Rn.  11. 439  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. IV. 2. b) cc). 440 EBJS/Groß BörsG §  25 Rn.  7; ders. KapMarktR BörsG §  25 Rn.  7; Schäfer/Hamann/ Hamann BörsG §  43 Rn.  22; Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  39 Rn.  8; Baumbach/ Hopt/Kumpan (14) BörsG §  25 Rn.  2 ; Schwark/Zimmer/Kumpan BörsG §  25 Rn.  5. 441 EBJS/Groß BörsG §  39 Rn.  31; ders. KapMarktR BörsG §  39 Rn.  27; Schwark/Zimmer/ Heidelbach BörsG §  39 Rn.  8. 442  BGHZ 153, 47, 54 = NJW 2003, 1032; Streit ZIP 2003, 392. Ähnlich Bürgers NJW 2003, 1642, 1644: Verlust der Möglichkeit an einem staatlich geregelten Handel teilzunehmen.

§  5. Quelle der Leitbilder

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und dem Schutz der Anleger gegenüber dem Interesse der Inhaber und des Emittenten an der Fortsetzung des Handels und dem Erhalt der Zulassung überwiegen.443 (2) Freiverkehr Im Freiverkehr hat der Fortfall der Fungibilität einer Schuldverschreibung die gleichen Rechtsfolgen wie im regulierten Markt. Der Freiverkehr ist ein privatrechtliches Marktsegment.444 Die Voraussetzung für die Einbeziehung der Wertpapiere ergeben sich daher nicht aus dem BörsG, sondern aus den AGB der jeweiligen Börse für den Freiverkehr. Sie setzen u. a. die freie Handelbarkeit der Wertpapiere voraus.445 Daher hat die Geschäftsführung446 der jeweiligen Börse bei dem Fortfall der Fungibilität die Einbeziehung der Schuldverschreibung abzulehnen oder – wenn die Wertpapiere bereits in den Freiverkehr einbezogen sind – die Einbeziehung fristlos zu kündigen, da der ordnungsgemäße Handel nicht mehr gewährleistet ist.447 bb) Restrukturierung nach dem SchVG Die Möglichkeit, eine Schuldverschreibung im Wege der kollektiven Bindung auf Grundlage der §§  5 ff. SchVG zu restrukturieren, d. h. die Anleihebedingungen durch einen Mehrheitsbeschluss der Gläubiger zu ändern, besteht nur in dem Anwendungsbereich des SchVG. Dieser umfasst nach §  1 Abs.  1 SchVG nur inhaltsgleiche, d. h. fungible, Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen. Daher versperrt der Verlust der Fungibilität diesen Weg der Restrukturierung auch dann, wenn die Anleihebedingungen eine Opt-In-Bestimmung (§  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG) enthalten. 2. Konflikte durch den gespaltenen Prüfungsmaßstab Die Anwendung des nach §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB gespaltenen Prüfungsmaß­ stabs – konkret das Ergebnis, dass der Inhalt der Anleihebedingungen von dem gegenwärtigen Inhaber der Teilschuldverschreibung abhängen und sich mit der 443 EBJS/Groß

BörsG §  25 Rn.  8 ; ders. KapMarktR BörsG §  25 Rn.  8. Klöhn NZG 2012, 1041, 1042; Baumbach/Hopt/Kumpan (14) BörsG §  48 Rn.  2 ; Lenenbach KapMarktR Rn.  3.177, 3.208; Schwark/Zimmer/Schwark BörsG §  48 Rn.  8 ; Schwichtenberg AG 2005, 911; siehe zu §  78 BörsG a. F. auch F. A. Schäfer/Ledermann BörsG §  78 Rn.  1; Schwark NJW 1987, 2041, 2046; abweichend EBJS/Groß BörsG §  48 Rn.  5 f.; ders. Kap­MarktR BörsG §  48 Rn.  2 f.: sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich. 445  Siehe z. B. §  7 Spiegelstrich 4 Freiverkehr-AGB. 446  Die Geschäftsführung der jeweiligen Börse ist nicht nur für die Entscheidung über die Einbeziehung der Wertpapiere zuständig (Schwark/Zimmer/Schwark BörsG §  48 Rn.  13), sondern auch für den actus contrarius, namentlich die Kündigung der Einbeziehung. 447  Siehe z. B. §  14 Abs.  2 Freiverkehr-AGB. 444 

250

Kapitel 2. Leitbilder

Weiterveräußerung des Wertpapiers ändern kann448 – widerspricht sowohl dem Grundsatz, dass derivativen Erwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können als auch der objektiven und einheitlichen Auslegung von Anleihebedingungen. a) Keine Inhaltsänderung des Rechts durch derivativen Erwerb Der Grundsatz, dass Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können,449 besagt, dass eine Forderung im Wege der Sonderrechtsnachfolge ohne inhaltliche Veränderung auf den neuen Gläubiger übergeht, insbesondere die dem Schuldner gegen die Forderung zustehenden Einwendungen erhalten bleiben.450 Für den seltenen Fall, dass das in der Teilschuldverschreibung verbriefte Leistungsversprechen abgetreten wird, folgt dieser Grundsatz aus §  404 BGB.451 Er wird im Fall der Verbriefung der Rechte durch §  796 Fall 2 BGB, §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB oder §  28 Abs.  2 Nr.  1 eWpG lediglich dahingehend eingeschränkt, dass die Einwendung sich aus der Urkunde bzw. aus der Eintragung ergeben muss; dies trifft auf die in den Anleihebedingungen vorbehaltenen Einwendungen zu. Für den praktischen Regelfall, die Übertragung des Mit­eigentumsanteils an der Sammelurkunde nach den §§  9a Abs.  2, 6 Abs.  1 DepotG i. V. m. §§  747 Satz 1, 929 ff. BGB, gilt nichts anderes. Die urkundlichen Einwendungen gelten absolut, d. h. der Aussteller kann sie auch einem redlichen Inhaber entgegensetzen.452 Der Grundsatz, dass Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können, erfährt durch §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB keine Einschränkung. Die vereinzelt gebliebene Gegenansicht geht zu Unrecht davon aus, Anleihebedingungen würden auch dann verwendet, wenn der Emittent sich gegenüber dem jeweiligen Inhaber der Teilschuldverschreibung auf urkundliche Einwendungen beruft.453 Damit wird der Begriff des Verwendens in §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB überdehnt. Er bezieht sich nur auf den Vorgang, der die Eigenschaft einer Vertragspartei als Verwender i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB begründet, ist also auf das Stellen der Anleihebedingungen bei dem Abschluss des Begebungsvertrags beschränkt.

448 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. I. 163, 311, 317 = NJW 2005, 2917; OLG Frankfurt WM 1993, 2089; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 366; BT-Drucks. 7/3919, 18 zu §  2 Abs.  1 AGBG-RegE. Ähnlich RGZ 170, 285, 290: Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst hat. 450  Mot. II 128 f. = Mugdan II 70. 451  BGHZ 32, 35, 42 = NJW 1960, 864; RGZ 170, 285, 290; Mot. II 128 f. = Mugdan II 70; MüKoBGB/G. Roth/Kieninger §  404 Rn.  1; BGB-RGRK/Weber §  404 Rn.  1. 452  Statt vieler MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  7. 453  von Randow ZIP 1994, 28; ders. ZBB 1994, 23, 29 mit Fn.  51. 449 BGHZ

§  5. Quelle der Leitbilder

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b) Objektive und einheitliche Auslegung von Anleihebedingungen Die Auslegung von Anleihebedingungen nach Maßgabe der §§  133, 157 BGB454 hat von dem Wortlaut auszugehen, welcher der Wertpapierurkunde selbst, einem in Bezug genommenen Schriftstück oder – bei elektronischen Wertpapieren – dem jeweiligen Register (§  13 Abs.  1 Nr.  1, §  17 Abs.  1 Nr.  1 eWpG) zu entnehmen ist.455 Darüber hinaus ist die allgemeine Verkehrsauffassung zu berücksichtigen, wie sie sich in den Anschauungen der maßgeblichen Wirtschaftskreise, nämlich der Börse und der Banken, niederschlägt.456 Daher können und müssen zur Auslegung der Anleihebedingungen ggf. auch außerhalb der Urkunde bzw. des Registers liegende Umstände – insbesondere Erklärungen der emittierenden Gesellschaft, z. B. über den Anlass für die Ausgabe der Schuldverschreibung457 – herangezogen werden.458 Zur Erhaltung der Fungibilität der Schuldverschreibung besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die Auslegung der Anleihebedingungen für alle Stücke aus der jeweiligen Gesamtemission einheitlich erfolgen muss.459 Dies erfordert eine Auslegung nach objektiven Kriterien bei der die Umstände des Einzelfalls460 ebenso unberücksichtigt bleiben müssen wie Besonderheiten in der Person des jeweiligen Inhabers.461 Daher dürfen außerhalb der Urkunde bzw. des Registers liegende Umstände nur insoweit berücksichtigt werden, als sie jedem Inhaber bekannt sind oder erkennbar sein können.462 Erfordert die Wahrung der Fungibilität eine einheitliche Auslegung der Anleihebedingungen sämtlicher Teilschuldverschreibungen einer Gesamtemission, gebietet sie erst recht die Anwendung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs im Rahmen der Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen nach den §§  307 ff. BGB.463 454  BGHZ 28, 259, 263 = NJW 1959, 31; RG WarnRspr 1935 Nr.  1; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 355, 369. 455  BGHZ 28, 259, 263 = NJW 1959, 31; RGZ 117, 379, 382; Kühn Barabfindungsklauseln 271. 456  BGHZ 28, 259, 264 = NJW 1959, 31. 457  BGHZ 28, 259, 264 = NJW 1959, 31. 458  BGHZ 28, 259, 263 f. = NJW 1959, 31; BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  21; Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 358; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 683 (Prospektinhalt). 459  BGHZ 163, 311, 317 = NJW 2005, 2917; BGHZ 28, 259, 265 = NJW 1959, 31; BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  21; OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München WM 2014, 1131, 1132; UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  2; ders. AG 2009, 801, 805; Kühn Barabfindungsklauseln 271; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 683; von Randow ZBB 1997, 111, 114; Sethe WM 2012, 577, 580; Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  19; zum schweizerischen Recht siehe auch Daeniker Anlegerschutz 71; Pfenninger Anleihebedingungen 147. 460  RGZ 117, 379, 382. 461  BGHZ 163, 311, 317 = NJW 2005, 2917; BGHZ 28, 259, 264 f. = NJW 1959, 31; BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  21; OLG Düssledorf WM 2020, 2118, 2120; OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter B. II. 2. b) der Gründe; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.240; zustimmend Bungert DZWiR 1995, 185, 193; N. Horn BKR 2009, 446, 448. 462  OLG Frankfurt BeckRS 2009, 21154 unter B. II. 2. b) der Gründe. 463 UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  3.

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Kapitel 2. Leitbilder

IV. Verwirklichung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabs An die Erkenntnis, dass ein einheitlicher Prüfungsmaßstab für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen notwendig ist, schließt die Frage an, ob dieser sich an dem Schutzniveau im unternehmerischen Verkehr (§§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2, 308 Nr.  1a, 1b, 310 Abs.  1 Satz 1, 2 BGB) oder an demjenigen im Verkehr mit Verbrauchern (§§  307–309 BGB) orientiert. In dem praktischen Regelfall, dass die Schuldverschreibung im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung begeben wird,464 handeln die Konsorten bei dem Ersterwerb der Teilschuldverschreibungen als Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB). Hieraus wird in der Literatur unter Hinweis auf §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB und den Grundsatz, dass den Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können,465 gefolgert, der Prüfungsmaßstab sei auch gegenüber Zweiterwerbern, die als Verbraucher (§  13 BGB) agieren, auf die Anwendung der Generalklausel (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB) unter angemessener Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) beschränkt.466 Dies vermag – ohne dass es hierfür eines Rückgriffs auf §  306a BGB bedarf467 – nicht zu überzeugen. Die Einschränkung des Prüfungsmaßstabs wäre zwar mit den Vorgaben der Klausel-RL vereinbar (nachfolgend 1.). Sie stünde aber im Widerspruch zu §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG (nachfolgend 2.) und der Behandlung der sog. AGB-rechtlichen Schutzlücke beim Finanzierungsleasing (nachfolgend 3.). Zudem wäre sie geeignet, bei den Zweiterwerbern erhebliche Rechtsunsicherheit über ihre Rechte zu begründen. Diese Folgen sind im Wege einer funktionalen Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB zu vermeiden (nachfolgend 4.). Danach orientiert sich der einheitliche Prüfungsmaßstab ohne Rücksicht auf den jeweiligen Inhaber der Teilschuldverschreibungen an dem AGB-rechtlichen Schutzniveau im Verkehr mit Verbrauchern. Daher sind die besonderen Klauselverbote (§§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB) – soweit sie thematisch überhaupt einschlägig sind – auch gegenüber Anlegern anzuwenden, die diese als Unternehmer erworben haben.468 464 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. III. 2. a). 466  So wohl Reuter NJW 1984, 1849, 1853 für Genussscheine; Silberberger Partizipationsschein 97 f. für Partizipationsscheine, die als Prüfungsmaßstab jeweils nur §  9 AGBG (jetzt §  307 Abs.  1, 2 BGB) nennen. 467  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. III. 3. 468  Die Anwendung der §§  308, 309 BGB bejahend SBL/Grundmann BankR-HdB §  112 Rn.  120; UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  3 ; Hopt FS Schwark, 2009, 441, 445; ders. FS Steindorff, 1990, 341, 371; Masuch Anleihebedingungen 101; siehe auch Kalss FS Goette, 2011, 219, 220 für die Rechtslage in Österreich. Einschränkend Drygala WM 2011, 1637, 1641: nur wenn die Emission sich ihrem Vertriebsweg und ihrer Stückelung nach auch an Privatanleger richtet. 465 

§  5. Quelle der Leitbilder

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1. Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Klausel-RL Die Beschränkung des Prüfungsmaßstabs der AGB-rechtlichen Inhaltskon­ trolle auf §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB und §  308 Nr.  1a, 1b BGB wäre mit den Vorgaben der Klausel-RL vereinbar. Die besonderen Klauselverbote der §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB sind nicht gemeinschaftsrechtlich469 fundiert. Zwar enthält der Anhang der Klausel-RL eine Liste einzelner Bestimmungen, die zum Teil zufällig470 den Klauseln entsprechen, die im Verkehr mit Verbrauchern nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB unwirksam sind. Der Anhang begründet aber – abweichend von dem noch im Entwurfsstadium insbesondere von dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vorgeschlagenen471 Konzept einer „schwarzen Verbots­liste“472 – kein gemeinschaftsrechtliches Gebot des Inhalts, dass die in der Liste genannten Klauseln stets missbräuchlich sind.473 Die Liste dient den Mitgliedstaaten gemäß Art.  3 Abs.  3 Klausel-RL nur als Hinweis darauf, welche Klauseln sie bei der Umsetzung der Klausel-RL für missbräuchlich erklären können.474 Aufgrund des Hinweis- und Beispielcharakters475 sind die in der Liste aufgeführten Bestimmungen nicht zwangsläufig als missbräuchlich anzusehen; 476 umgekehrt sind die Mitgliedstaaten 469  Die EU ist mit Wirkung vom 1.12.2009 an die Stelle der EG getreten und deren Rechtsnachfolgerin (Art.  1 Abs.  3 Satz 3 EUV). Aus Gründen des intertemporalen Rechts werden im Zusammenhang mit Rechtsakten, die vor dem 1.12.2009 in Kraft getreten sind (z. B. KlauselRL), weiterhin die Begriffe Gemeinschaftsrecht bzw. gemeinschaftsrechtlich verwendet. 470  Pfeiffer EuZW 2002, 467. 471 Siehe Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen v. 24.4.1991, ABl. EG Nr. C 159 v. 17.6.1991, 34. 472  Damm JZ 1994, 161, 175; WLP/Pfeiffer RL Art.  3 Rn.  76; Reich VerbraucherschutzR 264. Mit anderer Terminologie Eckert WM 1993, 1070, 1076: „bindende Liste mißbräuchlicher Klauseln“. 473  Franzen Privatrechtsangleichung 563; WLP/Pfeiffer RL Art.   3 Rn.   76; UBH/ H. Schmidt BGB §  308 Nr.  1 Rn.  5; P. Ulmer EuZW 1993, 337, 345. Ähnlich Grundmann NJW 2000, 14, 20 („unverbindliche[r] Anhang“); Klauer 8 ERPL 187, 191 (2000) (“non binding character”). Abweichend Heinrichs FS Reich, 1997, 527, 535: Eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. §  9 Abs.  1 AGBG (jetzt §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB) sei bei allen im Anhang der Klausel-RL aufgelisteten Bestimmungen „nicht zweifelhaft“. 474 Abweichend Klauer Europäisierung 138: Vermutung der Missbräuchlichkeit. 475  Mit nur terminologischen Unterschieden EuGH ECLI:EU:C:2009, 350 Rn.  38 – Pannon GSM; EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.  20 – Freiburger Kommunalbauten; EuGH ECLI:EU:C:2002:281 Rn.  22 – Kommission/Schweden; Eckert WM 1993, 1070, 1076; Heinrichs NJW 1996, 2190, 2197; Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562, 564; Kiendl JbJZivRWiss 1995, 195, 201; dies., Unfaire Klauseln, 53; Klauer Europäisierung 137; Reich ZEuP 1994, 381, 391; Remien ZEuP 1994, 34, 60; H. Roth JZ 1999, 529, 535; UBH/H. Schmidt BGB §  308 Nr.  1 Rn.  5 ; Tonner JZ 1996, 533, 539; P. Ulmer EuZW 1993, 337, 345; wohl ähnlich Joerges 3 ERPL 175, 176 (1995) (“‘indicative’ function”); Micklitz/Reich EuZW 2013, 457, 459 („indikative Liste“). 476 EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.   20 – Freiburger Kommunalbauten; EuGH ECLI: EU:C:2002:281 Rn.  20 – Kommission/Schweden; zustimmend Pfeiffer EuZW 2002, 467. Abweichend Kapnopoulou, Missbräuchliche Klauseln, 140 (Indiz); Klauer 8 ERPL 187, 191

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Kapitel 2. Leitbilder

nicht daran gehindert, in der Liste nicht genannte Klauseln im nationalen Recht ausdrücklich für missbräuchlich zu erklären.477 Daher hat der EuGH zu Recht entschieden, dass die im Anhang der Klausel-RL genannten Klauseln nicht Bestandteil der nationalen Bestimmungen sein müssen, mit denen die Mitgliedstaaten die Vorgaben der Klausel-RL umsetzen.478 Verbindlich in das nationale Recht umzusetzen sei nur die Generalklausel479 des Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL. Da diese in Anlehnung an §  9 Abs.  1 AGBG formuliert wurde,480 genüge die ausschließliche Anwendung von §  307 Abs.  1 BGB auch im Verkehr mit Verbrauchern den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. 2. Umkehrschluss zu §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG und §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG Nach §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG findet §  309 Nr.  3 BGB keine Anwendung auf Schuldtitel, die Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute zum Zweck der Überlassung von Eigenmitteln i. S. v. Art.  72 CRR ausgeben oder die eine berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit i. S. v. Art.  12 Abs.  16 Satz 1 SRMR darstellen. Dieser Ausschluss von §  309 Nr.  3 BGB lässt unterschiedliche Folgerungen in Bezug auf den Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen zu. Vor dem Hintergrund, dass §  309 Nr.  3 BGB im unternehmerischen Verkehr ein Indiz für eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders begründet,481 können §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG als Ergänzungen zu §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB verstanden werden. Damit ginge folgende Differenzierung einher: Soweit die unmittelbare Anwendung von §  309 Nr.  3 BGB nicht bereits durch §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist – dies trifft nur auf den seltenen Ausnahmefall der Eigenemission der Schuldverschreibung auch an Verbraucher zu –, ergibt der Ausschluss sich aus §  10 Abs.  5 Satz 1 oder 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG oder aus §  17 Abs.  5 Satz 1 oder 2 WpIG. In den übrigen Fällen, in denen die unmittelbare Anwendung des §  309 Nr.  3 BGB bereits durch (2000) (Umkehr der Argumentationslast); WLP/Pfeiffer RL Art.  3 Rn.  78 (Indiz); ders. EuZW 2002, 467 (Indiz); UBH/H. Schmidt BGB §  308 Nr.  1 Rn.  5 (Indiz). 477 EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.   20 – Freiburger Kommunalbauten; EuGH ECLI: EU:C:2002:281 Rn.  20 – Kommission/Schweden; Eckert WM 1993, 1070, 1076; Hommelhoff/ Wiedenmann ZIP 1993, 562, 564; Weatherill 3 ERPL 307, 316 (1995). 478  EuGH ECLI:EU:C:2002:281 Rn.  21 – Kommission/Schweden; zuvor bereits Franzen Privatrechtsangleichung 559; Heinrichs FS Reich, 1997, 527, 533; Remien ZEuP 1994, 34, 60; P. Ulmer EuZW 1993, 337, 345. 479 WLP/Pfeiffer RL Art.  3 Rn.  1. 480  Di Marzio GiustCiv 1996, 513, 522; WLP/Pfeiffer RL Art.  3 Rn.  6 4. 481  BGHZ 92, 312, 316 = NJW 1985, 319; BGHZ 91, 375, 384 = NJW 1984, 2404; BGH NJW 2007, 3421 Rn.  20; BGH NJW-RR 1986, 1110, 1111; BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  3 Rn.  16; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  3 Rn.  14; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  3 Rn.  10.

§  5. Quelle der Leitbilder

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§  310 Abs.  1 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist, negiert §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG oder §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG lediglich die Indizwirkung des §  309 Nr.  3 BGB für eine unangemessene Benachteiligung der Anleger. Obwohl diese Auslegung möglich erscheint, liegt es näher, in §  10 Abs.  5 Satz 1, 2 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie in §  17 Abs.  5 Satz 1, 2 WpIG Indizien dafür zu sehen, dass der Gesetzgeber von der Anwendung der besonderen Klauselverbote ausgeht, und den Vorschriften den Umkehrschluss zu entnehmen, dass die übrigen besonderen Klauselverbote (§§  308, 309 Nr.  1, 2, 4–15 BGB) im Rahmen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen anzuwenden sind, und zwar auch dann, wenn die Schuldverschreibung im Wege der Fremd­ emission in Form der mittelbaren Platzierung ausgegeben wird. 3. AGB-rechtliche Schutzlücke Die Konstellation, in der AGB Bestandteil eines Vertrags werden, den der Verwender mit einem Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB) schließt, die Bestimmungen sich aber nicht zu dessen Nachteil, sondern zulasten eines nicht an dem Vertrag beteiligten Verbrauchers (§  13 BGB) auswirken können, ist beim Finanzierungsleasing unter dem Schlagwort der sog. AGB-rechtlichen Schutzlücke bekannt. Diese wird nach nahezu einhelliger Ansicht dadurch geschlossen, dass die besonderen Klauselverbote zum Schutz der Leasingnehmer mit Verbrau­ cher­eigenschaft auf Modifikationen der kaufrechtlichen Mängelrechte in AGB angewandt werden. Im Fall der Fremdemission einer Schuldverschreibung in Form der mittelbaren Platzierung kann für die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen nichts anderes gelten. a) Finanzierungsleasing Beim Finanzierungsleasing resultiert die AGB-rechtliche Schutzlücke aus der hierfür typischen Abtretungskonstruktion. Die konsequente Anwendung von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Grundsatz, dass den Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können,482 hätte zur Folge, dass auch Leasingnehmer mit Verbrauchereigenschaft Modifikationen der kaufrechtlichen Mängelrechte ausgesetzt wären, die zwar im unternehmerischen Verkehr, nicht aber im Verkehr mit Verbrauchern wirksam wären.

482 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. III. 2. a).

256

Kapitel 2. Leitbilder

aa) Entstehung der AGB-rechtlichen Schutzlücke Bei der für das Finanzierungsleasing typischen Abtretungskonstruktion483 schließt der Leasinggeber in den AGB des Leasingvertrags die mietrechtlichen Mängelrechte des Leasingnehmers aus. Die formularmäßige Freizeichnung begründet lediglich dann keine unangemessene Benachteiligung des Leasingnehmers i. S. d. §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  2 BGB – gleichgültig, ob dieser den Vertrag als Unternehmer (§   14 Abs.   1 BGB) oder Verbraucher (§   13 BGB) schließt –, wenn der Leasinggeber ihm zugleich seine kaufrechtlichen Mängelrechte gegen den Lieferanten der Leasingsache endgültig, vorbehaltlos und unbedingt abtritt.484 In diesem Fall ist der Leasingnehmer auf die Geltendmachung der abgetretenen kaufrechtlichen Mängelrechte, wie sie in der Person des Leasinggebers entstanden sind, beschränkt. Die Tatsache, dass der Leasinggeber die Leasingsache als Unternehmer erwirbt, führt dazu, dass weder §  476 Abs.  1 BGB noch die besonderen Klauselverbote aus §  308 Nr.  1, 2–8 BGB und §  309 BGB unmittelbare Anwendung auf die AGB des Lieferanten finden. Enthalten diese Modifikationen485 der kaufrechtlichen Mängelrechte, müssen diese grundsätzlich lediglich der Generalklausel des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB unter angemessener Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) sowie §  308 Nr.  1a, 1b BGB standhalten.486 Daher wird z. B. die nicht selten487 in den Klauselwerken enthaltene Beschränkung des Nacherfüllungsanspruchs auf die Variante der Nachbesserung (§  439 Abs.  1 Alt.  1 BGB) überwiegend als wirksam angese-

483 

Ein Formulierungsbeispiel ist abgedruckt bei WLP/Stoffels Klausel (L) Rn.  112. Statt vieler BGH NJW 2006, 1066, 1067 f. Rn.  17; BGH NJW-RR 2003, 51, 52; MüKo­ BGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  39, 110; SBL/Martinek/Omlor BankR-HdB §  101 Rn.  63; Staudinger/Stoffels, 2018, Leasing Rn.  219; Palandt/Weidenkaff Einf v BGB §  535 Rn.  56. 485  Bei einem umfassenden Ausschluss der kaufrechtlichen Mängelrechte liefe die Abtretung ins Leere. In diesem Fall wäre der in den AGB des Leasingvertrags enthaltene Ausschluss der mietrechtlichen Mängelrechte gegenüber einem Leasingnehmer mit Verbrauchereigenschaft nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam; ihm stünden gemäß §  306 Abs.  2 BGB die mietrechtlichen Mängelrechte gegen den Leasinggeber zu, siehe BGH NJW 2006, 1066 Rn.  17; BGH NJW 1987, 1072, 1073; UBH/H. Schmidt (30) Leasingverträge Rn.  7; Palandt/ Weidenkaff Einf v BGB §  535 Rn.  56; Soergel/Wertenbruch BGB §  475 Rn.  129. Eine Umgehung des Verbrauchsgüterkaufs i. S. d. §  476 Abs.  1 Satz 2 BGB liegt hierin nicht, BRHP/Faust BGB §  476 Rn.  12; Erman/Grunewald BGB §  476 Rn.  9 ; MüKoBGB/S. Lorenz §  476 Rn.  38; siehe zu §  475 Abs.  1 Satz 2 BGB a. F. auch BGH NJW 2006, 1066 Rn.  12; S. Lorenz NJW 2007, 1, 7; DKB/Mankowski/Knöfel BankR-HdB §  23 Rn.  80; Moseschus EWiR 2006, 299, 300; Oxe Leasingnehmer 102; Soergel/Wertenbruch BGB §  475 Rn.  130; kritisch Staudinger/ Beckmann, 2014, Vor BGB §  433 Rn.  154; Stoffels LMK 2006, 170499; a. A. Höpfner ZBB 2006, 200, 203. 486  Brandner/P. Ulmer BB 1991, 701, 703; MüKoBGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  78. 487  Stoffels LMK 2006, 170499. 484 

§  5. Quelle der Leitbilder

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hen.488 Dieser auf die Bedürfnisse des unternehmerischen Verkehrs abgestimmte Prüfungsmaßstab bliebe bei der Abtretung der Mängelrechte gemäß §  404 BGB erhalten. Der Lieferant könnte die in seinen AGB enthaltenen Modifika­ tionen der kaufrechtlichen Mängelrechte dem Leasingnehmer auch dann entgegensetzen, wenn diese bei einem Verkauf der Leasingsache an den Leasingnehmer – sei es nach §  476 Abs.  1 BGB, sei es wegen der unmittelbaren Anwendung der besonderen Klauselverbote nach §  308 Nr.  1, 2–8 BGB oder §  309 BGB – unwirksam wären. Der Leasingnehmer stünde also – nicht nur in Ansehung von §  476 Abs.  1 Satz 1 BGB, sondern auch AGB-rechtlich – schlechter, als bei einem fremdfinanzierten Kauf der Leasingsache. Hätte er mit dem Lieferanten selbst einen Kaufvertrag geschlossen, fänden die §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB auf die in den AGB enthaltenen Modifikationen dispositiver Käuferrechte, insbesondere den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz (§  476 Abs.  3 BGB), unmittelbar Anwendung. bb) Anhebung des individuellen Schutzniveaus Typisch für das Finanzierungsleasing ist, dass der spätere Leasingnehmer die Leasingsache bei dem Lieferanten auswählt.489 Anstelle diese selbst zu kaufen, schaltet der Leasingnehmer den Leasinggeber ein. Dieser erwirbt die vom Leasingnehmer ausgewählte Sache bei dem Lieferanten zu Konditionen, die der Leasingnehmer zumindest vorverhandelt hat; 490 erst anschließend wird der Leasingvertrag geschlossen.491 Ein eigenes Interesse an der Leasingsache hat der Leasinggeber nicht. Er finanziert lediglich den Anschaffungswunsch des Leasingnehmers.492 Dieser für das Finanzierungsleasing typische Beschaffungsvor488  A. Arnold in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 589, 605; Engel HdB Kfz-Leasing §  6 Rn.  12; Habersack BB 2003, Beilage 6, 2, 6; ders., Bankrechtstag 2002, 3, 46; MüKoBGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  75, 111; Löbbe BB 2003, Beilage 6, 7, 10; DKB/Mankowski/Knöfel BankR-HdB §  23 Rn.  96; Reiner/Kaune WM 2002, 2314, 2320 f.; Schmalenbach/Sester WM 2002, 2184, 2190; WLP/Stoffels Klausel (L) Rn.  119; Staudinger/ders., 2018, Leasing Rn.  221, 225; H. Zahn DB 2002, 985, 989; a. A. Reinking ZGS 2002, 229, 232 f.; Graf von Westphalen ZGS 2007, 219; ders. ZIP 2006, 1653, 1657; ders. ZIP 2001, 2258, 2259; abweichend SBL/Martinek/Omlor BankR-HdB §  101 Rn.  65b; Omlor ZGS 2008, 220, 225; Graf von Westphalen ZIP 2006, 1653, 1655: unwirksam nach §  307 Abs.  2 Nr.  2 BGB unter Berücksichtigung der Wertentscheidung der §§  474 ff. BGB. Mit dieser Ansicht sympathisierend Staudinger/Beckmann, 2014, Vor BGB §  433 Rn.  155; offengelassen von Oberfeuchtner Finanzierungsleasing 179. 489  BGHZ 94, 180, 190 = NJW 1985, 1547; BGHZ 81, 298, 303 = NJW 1982, 105. 490  Canaris AcP 190 (1990), 410, 415; Hager AcP 190 (1990), 324, 342; E.-G. Koch Finanzierungs-Leasing 69 f.; Lieb WM 1992, Sonderbeilage Nr.  6 , 1, 8; Papapostolou Risikoverteilung 11. 491  Brunotte DRiZ 1990, 396, 397; Lieb WM 1992, Sonderbeilage Nr.  6 , 1, 7; BRHP/Zehelein BGB §  535 Rn.  68. 492  W. Flume DB 1972, 53, 55; MüKoBGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  33; Lieb DB 1988, 2495, 2498; ders. DB 1988, 946, 947; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd.  I, §  4 IV 3 = 72; Papapostolou Risikoverteilung 11; BRHP/Zehelein BGB §  535 Rn.  68.

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Kapitel 2. Leitbilder

gang hat zur Folge, dass der Leasingnehmer – auch in seiner Eigenschaft als Verbraucher (§  13 BGB) – dem Lieferanten bekannt ist.493 Aus diesem Grund besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Modifikationen der kaufrechtlichen Mängelrechte in AGB – entgegen §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB – nicht nur an der Generalklausel des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB, sondern auch an den besonderen Klauselverboten – insbesondere §  309 Nr.  8 Buchst. b BGB – zu messen sind, wenn der Leasingnehmer Verbraucher ist.494 Konstruktiv wird dieses Ergebnis damit begründet, die §§  308, 309 BGB zählten zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der Abtretungskonstruktion des Finanzierungsleasings in §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB.495 b) Vergleichbare Interessenlage bei Anleiheemissionen Gründe, bei der Fremdemission einer Schuldverschreibung in Form der mittelbaren Platzierung anders als bei der AGB-rechtlichen Schutzlücke beim Finanzierungsleasing zu entscheiden, d. h. den Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle auch gegenüber den Zweiterwerbern, welche die Teilschuldverschreibungen als Verbraucher (§  13 BGB) erworben haben, auf die Generalklausel zu beschränken (§§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2, 310 Abs.  1 Satz 1, 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Sollen die Teilschuldverschreibungen im regulierten Markt oder im Freiverkehr an einer Börse gehandelt werden, wissen die Emittenten vergleichbar dem Lieferanten einer Leasingsache, dass die Anleihebedingungen sich zulasten von Verbrauchern auswirken können. Ursächlich hierfür ist, dass sie bei der Ausgabe von Inhaber- und blankoindossierten Orderschuldverschreibungen – anderes gilt bei Namenspapieren – weder verhindern wollen noch können, dass die Wertpapiere auf dem Sekundärmarkt auch von Verbrauchern erworben werden.496 In Betracht kämen zwei Gestaltungen: Die Möglichkeit, das verbriefte Leistungsversprechen durch Abtretung zu übertragen,497 können die Emittenten – vorbehaltlich §  354a Abs.  1 Satz 1 HGB – durch ein Abtretungsverbot (§  399 Alt.  2 BGB) in den Anleihebedingungen ausschließen. Einem vergleich493 MüKoBGB/J.

Koch Finanzierungsleasing Rn.  78. Canaris BankvertragsR Rn.  1766; Hager AcP 190 (1990), 324, 345; MüKoBGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  78; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd.  I, §  7 II 5 = 165; SBL/ Martinek/Omlor BankR-HdB §  101 Rn.  80; UBH/H. Schmidt (30) Leasingverträge Rn.  7; Staudinger/Stoffels, 2018, Leasing Rn.  225; ders. LMK 2006, 170499; siehe auch Papapostolou Risikoverteilung 83 zu §  11 Nr.  10 AGBG (jetzt §  309 Nr.  8 Buchst. b BGB). Im Ergebnis ebenso Stagl ZIP 2009, 846, 852, nach dessen Ansicht der Leasingnehmer gegenüber dem Lieferanten nicht nur abgetretene, sondern eigene Mängelrechte geltend machen kann. 495 MüKoBGB/J. Koch Finanzierungsleasing Rn.  78. Abweichend Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte, 289: trilaterales Synallagma. 496 Allgemeiner Bredow/H.-G. Vogel ZBB 2009, 153, 155; Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  3 Rn.  15; Veranneman/Oulds SchVG §  3 Rn.  15; Sester AcP 209 (2009), 628, 652; Wanderwitz in BT-PlProt 16/231, 26225, 26226 (A): Emittent kann nicht kontrollieren, wer die Teilschuldverschreibungen am Sekundärmarkt erwirbt. 497  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. I. 2. b) bb). 494 

§  5. Quelle der Leitbilder

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bar dinglich wirkenden Ausschluss der marktüblichen Übertragung des Leistungsversprechens durch Übereignung des Miteigentumsanteils an der Sammel­ urkunde oder dem elektronischen Wertpapier steht §  137 Satz 1 BGB entgegen. Möglich ist lediglich ein schuldrechtliches Verfügungsverbot, das den Rechtsübergang zwar nicht verhindert, aber die Grundlage für eine Schadensersatzpflicht (§  280 Abs.  1 BGB) des Veräußerers gegenüber dem Emittenten legt.498 Jede dieser Vereinbarungen schließt die Fungibilität der Wertpapiere499 und damit die Möglichkeit aus, die Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt an einer Börse zuzulassen. Letzteres setzt nach §  32 Abs.  3 Nr.  1 BörsG i. V. m. Art.  35 Abs.  1 VO (EU) Nr.  1287/2006 und §  5 Abs.  1 BörsZulV nämlich die freie Handelbarkeit der Wertpapiere voraus. Da dies – abgesehen von der hier nicht einschlägigen Ausnahme des Art.  35 Abs.  2 VO (EU) Nr.  1287/2006 – erfordert, dass weder schuldrechtliche Veräußerungsverbote noch dingliche Verfügungsbeschränkungen bestehen,500 sehen die Emittenten von Schuldverschreibungen, die am Kapitalmarkt platziert werden sollen, von der Aufnahme derartiger Bestimmungen in die Anleihebedingungen ab. c) Dominanz institutioneller Anleger am Sekundärmarkt In Fällen der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung wird die Nichtanwendung der besonderen Klauselverbote im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen damit zu rechtfertigen versucht, dass der Sekundärmarkt für Schuldverschreibungen von institutionellen Investoren dominiert werde.501 Dies vermag in Anbetracht der Tatsache, dass Teilschuldverschreibungen in großem Umfang auch an private Anleger veräußert werden, die als Verbraucher agieren,502 sowie des Umstands, dass die Emittenten den Kreis der Zweiterwerber weder beschränken können noch wollen,503 nicht zu überzeugen. 4. Unsicherheit der Zweiterwerber über den Rechtsinhalt und Ausschluss der Fungibilität Erfolgt die Ausgabe einer Schuldverschreibung im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung, handeln die Konsorten beim Ersterwerb 498 

Kümpel WM 1981, Sonderbeilage Nr.  1, 31. Abgeschwächt Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  3 Rn.  15: wohl Unmöglichkeit des Börsenhandels der Schuldverschreibung. 500 Schwark/Zimmer/Heidelbach BörsG §  32 Rn.  46; a. A. (nur gesetzliche Beschränkungen schließen die freie Handelbarkeit aus) Schäfer/Gebhardt BörsZulV §  5 Rn.  2 ; EBJS/Groß BörsZulV §  5 Rn.  1; ders. KapMarktR BörsZulV §§  1–12 Rn.  9. 501  Eidenmüller Unternehmenssanierung 220 unter Hinweis auf Roe 97 Yale L. J. 232, 259 (1987). 502  N. Horn FS Graf von Westphalen, 2010, 353, 360. 503  Zuvor b). 499 

260

Kapitel 2. Leitbilder

sämtlicher Teilschuldverschreibungen als Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB). Die Anwendung des §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Grundsatz, dass den Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können,504 hätte zur Folge, dass die Anleihebedingungen sämtlicher Teilschuldverschreibungen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ausschließlich am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) unterlägen. Anderes gilt, wenn der Emittent (z. B. ein Finanzdienstleistungsinstitut) die Schuldverschreibung im Wege der Eigenemission ausgibt. Bei dieser Emissionsform führt die Anwendung von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB zu einem gespaltenen Prüfungsmaßstab, wenn unter den Ersterwerbern sowohl Unternehmer (§  14 Abs.  1 BGB) als auch Verbraucher (§  13 BGB) sind. Während die besonderen Klauselverbote auf die Anleihebedingungen der Teilschuldverschreibungen, die von Verbrauchern erworben werden, unmittelbar anzuwenden wären, unterlägen die Anleihebedingungen der Teilschuldverschreibungen, die von Unternehmern erworben werden, einer auf §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) begrenzten Inhaltskontrolle. Mögliche Folge des gespaltenen Prüfungsmaß­ stabs wäre, dass die Teilschuldverschreibungen aus derselben Gesamtemission ihren Inhabern unterschiedliche Rechte vermitteln. Der inhaltliche Unterschied bestünde nicht nur in der Hand der Ersterwerber, sondern wäre durch den Grundsatz, dass den Zweiterwerbern nicht mehr oder andere Rechte als ihren Rechtsvorgängern zustehen können, auch gegenüber deren Rechtsnachfolgern perpetuiert.505 Während der damit einhergehende Ausschluss der Fungibilität auf die vergleichsweise seltenen Fälle der Eigenemission beschränkt wäre, bestünde die Rechtsunsicherheit der Zweiterwerber über den Inhalt der erworbenen Rechte in Anbetracht der Tatsache, dass sie weder die Emissionsform506 noch – aufgrund der Anonymität des stückelosen Effektenverkehrs – den Ersterwerber ihrer Teilschuldverschreibungen erkennen können,507 bei sämtlichen Schuldverschreibungen, also auch bei denen, die im Wege der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung ausgegeben werden. 5. Funktionale Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB Die Ungewissheit der Zweiterwerber über den Inhalt der erworbenen Rechte hat den BGH zu Recht508 dazu veranlasst, den Wortlaut des §  305 Abs.  2 BGB in 504 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. III. 2. a). Baum FS Hopt, Bd.  II, 2010, 1595, 1608 f. 506  BGHZ 163, 311, 316 = NJW 2005, 2917. 507  Zu der Anonymität der Ersterwerber Masuch Anleihebedingungen 99. 508  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. III. 2. c) bb). 505 

§  5. Quelle der Leitbilder

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Bezug auf Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen funktional zu reduzieren.509 Die Zweiterwerber könnten bei Anwendung von §  305 Abs.  2 BGB nicht sicher erkennen, ob die Anleihebedingungen wirksam Vertragsbestandteil geworden seien.510 Die sich bereits hieraus ergebende Rechtsunsicherheit über die Konditionen der Teilschuldverschreibungen werde dadurch verstärkt, dass es unterschiedliche Emissionsformen mit unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen gebe – bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung sei §  305 Abs.  2 BGB durch §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB ausgeschlossen – und für die Zweiterwerber nicht erkennbar sei, in welcher Form ihre Teilschuldverschreibung emittiert worden sei.511 Zur Vermeidung der Rechtsunsicherheit unterliege der Wortlaut des §  305 Abs.  2 BGB mit Rücksicht auf den Willen des Gesetzgebers, den Rechtsverkehr durch die besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen nicht unnötig zu behindern und Teilschuldverschreibungen als fungible Wertpapiere auszugestalten (§§  793 Abs.  1 Satz 1, 796 BGB), einer funk­ tionalen Reduktion.512 Vergleichbares gilt für §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB.513 Die Anwendung der Vorschrift im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen führte nicht nur dazu, dass die Anleger aufgrund ihrer Unkenntnis von der Emissionsform über den Inhalt ihrer Teilschuldverschreibungen im Unklaren blieben, sondern auch – in den Fällen der Eigenemission sowie der Fremdemission in Form der unmittelbaren Platzierung514 – die Fungibilität der Schuldverschreibung verhindern. Um dies zu vermeiden, ist der Wortlaut des §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB in Bezug auf Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen, die am Kapitalmarkt gehandelt werden, dahingehend funktional zu reduzieren, dass Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle die §§  307 ff. BGB einschließlich der besonderen Klauselverbote sind, und zwar unabhängig von der Gestaltung des Emissionsvorgangs.

509  BGHZ 163, 311, 315 = NJW 2005, 2917. Das Ergebnis entspricht inzwischen nahezu allgemeine Ansicht, siehe OLG München AG 2014, 164; Assmann WM 2005 1053, 1060 ff.; MüKoBGB/Basedow §  305 Rn.  53; PWW/K. P. Berger BGB §  305 Rn.  17; BRHP/Gehrlein BGB §  793 Rn.  8 ; Graf von Westphalen NJW 2006, 2228, 2229; Palandt/Grüneberg BGB §  305 Rn.  26; Habersack AG 2009, 801, 805; Staudinger/Mäsch, 2019, BGB §  305 Rn.  106; UBH/P. Ulmer/Habersack BGB §  305 Rn.  114a; Wieneke/Schulze De la Cruz WM 2020, 1720, 1727; Bunte/Zahrte/Zahrte SB Wp Rn.  18; a. A. WLP/Pfeiffer BGB §  305 Rn.  6 4. 510  BGHZ 163, 311, 315 = NJW 2005, 2917. 511  BGHZ 163, 311, 316 = NJW 2005, 2917. 512  BGHZ 163, 311, 315 = NJW 2005, 2917. 513 Ähnlich (teleologische Reduktion) UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  3 ; siehe auch Masuch Anleihebedingungen 101 zu §  24 Satz 1 AGBG. 514  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 C.

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Kapitel 2. Leitbilder

C. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel Enthalten die besonderen Klauselverbote in den §§  308, 309 BGB kein Leitbild für eine Bestimmung in den Anleihebedingungen – sei es, dass kein thematisch einschlägiges Klauselverbot existiert, sei es, dass der Anwendungsbereich des thematisch einschlägigen Klauselverbots auf bestimmte Vertragstypen begrenzt ist (z. B. §  309 Nr.  10 BGB) 515 –, hat die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle am Maßstab von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB zu erfolgen. Eine Abwägung der berechtigten Interessen (nachfolgend I.), der die Gefahr einer konturenlosen Billigkeitsrechtsprechung inhärent ist, wird nur selten erforderlich sein. Ursächlich hierfür sind legislative Konkretisierungen (nachfolgend II.).

I. Abwägung der berechtigten Interessen Nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Anleihebedingungen unwirksam, wenn sie die Anleihegläubiger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ob eine Bestimmung die Anleihegläubiger in diesem Sinn unangemessen benachteiligt, ist grundsätzlich mittels einer Gesamtwürdigung von Leistungen, Rechten und Pflichten sowie einer umfassenden Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten zu entscheiden.516 Erforderlich ist eine Benachteiligung, die die Schwelle zur Unangemessenheit überschreitet.517 Eine solche ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchsetzen will, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.518 Die in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB genannten Gebote von Treu und Glauben sind ausschließlich hierbei als wertendes Element zu berücksichtigen.519 Eine eigenständige Voraussetzung dergestalt, dass Bestimmungen in AGB nur unwirksam 515 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  6 B. III. 2. a). 116, 267 Rn.  41 = NZA 2006, 423; BAGE 110, 8, 22 = NZA 2004, 727; BGHZ 153, 344, 350 = NJW 2003, 1447; BGHZ 153, 148, 153 f. = NJW 2003, 1313; BGHZ 120, 108, 118 = NJW 1993, 326; BGHZ 101, 357, 366 = NJW 1988, 55; BGHZ 100, 157, 165 = NJW 1987, 1931; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  9. 517  Hellner FS Steindorff, 1990, 573, 579. 518  BGHZ 147, 279, 282 = NJW 2001, 2331; BGHZ 143, 103, 113 = NJW 2000, 1110; BGHZ 141, 137, 147 = NJW 1999, 2279; BGHZ 120, 108, 118 = NJW 1993, 326; BGHZ 90, 280, 284 = NJW 1984, 1531; BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182; BGHZ 74, 383, 390 = NJW 1979, 1886; BGH NJW 2003, 886, 887; BGH WM 1997, 1994, 1995; BGH NJW 1993, 1133, 1134; BGH NJW 1985, 2328; BGH WM 1985, 542, 543. Ähnlich Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1081: „triftige, klar überwiegende Argumente für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung“ (Anm.: Hervorhebung im Original). 519 Erman/Roloff/Looschelders BGB §  307 Rn.  9 ; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  97; ähnlich Stoffels AGBR Rn.  468: „Bewertungseinheit“. Zu §  9 Abs.  1 Satz 1 AGBG siehe auch von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  139. Wohl ebenso Brandner in Schulze, Auslegung europäischen Privatrechts und angeglichenen Rechts, 131, 135. 516  BAGE

§  5. Quelle der Leitbilder

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sind, wenn zu der unangemessenen Benachteiligung ein Verstoß gegen die Gebote von Treu und Glauben hinzutritt, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen.520

II. Legislative Konkretisierungen Soweit das durch die Anleihebedingungen ausgestaltete Leistungsversprechen einschließlich der Nebenbestimmungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unterliegt,521 hat die Abwägung, ob eine Bestimmung in Anleihebedingungen die Anleihegläubiger i. S. v. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt, von den Wertentscheidung des deutschen Rechts auszugehen (nachfolgend 1.). Diese sind nicht nur zwingenden und halbzwingenden Vorschriften inhärent (nachfolgend 2.), sondern auch den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts (nachfolgend 3.). 1. Leitbildcharakter des deutschen Rechts Die Klausel-RL enthält keinen eigenständigen, gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten vorrangigen Maßstab für die Beurteilung der Unangemessenheit oder – in der Terminologie der Klausel-RL – der Missbräuchlichkeit einzelner Bestimmungen. Gegenteiliges ist dem Anhang der Klausel-RL nicht zu entnehmen. Die Liste enthält keine von den Mitgliedstaaten umzusetzende Vorgabe des Inhalts, dass die umschriebenen Bestimmungen missbräuchlich und gegenüber Verbrauchern unverbindlich sein müssen. Sie dient den Mitgliedstaaten gemäß Art.  3 Abs.  3 Klausel-RL lediglich als Hinweis, welche Bestimmungen sie im Zuge der Umsetzung für missbräuchlich erklären können.522 Verbindlich für die Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts sind nur die in Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL abstrakt umschriebenen Kriterien, die einer Bestimmung in AGB ihren missbräuchlichen Charakter verleihen,523 nämlich die Gebote von Treu und Glauben sowie das erhebliche und ungerechtfertigte Missverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der Vertragspartner. Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts einschließlich der unbestimmten Rechtsbegriffe ist gemäß 520 Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  97. Zu §  9 Abs.  1 AGBG siehe auch Esser/ Schmidt SchuldR AT I §  11 III 1 = 198; SCG/Graba AGBG §  9 Rn.  15; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 138. Ähnlich Köndgen NJW 1989, 943, 949: Treuwidrigkeit liefere weder einen sachhaltigen noch subsumtionsfähigen Überprüfungsmaßstab. 521  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. und nachstehend Kap.  4 §  9 B. 522  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. IV. 1. 523 EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.   19 – Freiburger Kommunalbauten; EuGH ECLI: EU:C:2002:281 Rn.  17 – Kommission/Schweden. Die Vorgaben des Art.  3 Klausel-RL sind in §  307 BGB ausreichend umgesetzt, siehe EuGH ECLI:EU:C:2013:180 Rn.  36 – RWE; siehe zu §  9 AGBG auch K. Frey ZIP 1993, 572, 575; Heinrichs NJW 1996, 2190, 2196; Remien ZEuP 1994, 34, 57; P. Ulmer EuZW 1993, 337, 345.

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Kapitel 2. Leitbilder

Art.  267 Abs.  1 Buchst. b AEUV zwar grundsätzlich524 dem EuGH vorbehalten. Das bedeutet aber nicht, dass der EuGH letztverbindlich über die Missbräuchlichkeit einzelner Vertragsklauseln entscheidet. Er beschränkt sich vielmehr zu Recht darauf, die den Begriff der Missbräuchlichkeit prägenden allgemeinen Kriterien auszulegen 525 und zu überprüfen, ob die Organe, denen der jeweilige Mitgliedstaat die Inhaltskontrolle anvertraut hat, bei ihrer Prüfung die zutreffenden Kriterien angewandt haben.526 Grund für die Zurückhaltung des EuGH ist der Umstand, dass bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit nach Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL u. a. alle den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. Zu diesen gehören auch und insbesondere die Rechtsfolgen, welche die jeweilige Bestimmung im Rahmen des auf den Vertrag anwendbaren Rechts auslösen kann.527 Aus der hierdurch implizierten Prüfung des mitgliedstaatlichen Rechts folgt, dass Maßstab für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer konkreten Bestimmung das Recht ist, dem der Vertrag – bei Schuldverschreibungen das verbriefte Leistungsversprechen – unterliegt.528 Dieses Ergebnis widerspricht zwar der Idealvorstellung der Rechtsharmonisierung529 insofern, als im Einzelfall die Möglichkeit besteht, dass inhaltsgleiche Bestimmungen nur in einigen Mitgliedstaaten missbräuchlich sind.530 Für Anleihebedingungen erscheint es gegenwärtig aber alternativlos, da weder das Gemeinschafts- noch das Unionsrecht für die in Schuldverschreibungen verbrieften Leistungsversprechen – anderes gilt z. B. für den Zahlungsverkehr

524  Die Vorlagepflicht der letztinstanzlichen Gerichte (Art.  267 Abs.  3 AEUV) entfällt nur, wenn die zur Entscheidung stehende abstrakte Frage betreffend das Gemeinschafts- oder Unionsrecht vom EuGH bereits entschieden ist oder die richtige Anwendung des Gemeinschafts- oder Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage für den betreffenden Streitfall kein Raum bleibt, siehe EuGH ECLI:EU:C:1982:335 Rn.  21 – C.I.L.F.I.T./Ministero della Sanità; BGHZ 110, 47, 68 f. = NJW 1990, 982; Basedow FS Brandner, 1996, 651, 663; Nassall JZ 1995, 689, 690. 525 EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.   22 – Freiburger Kommunalbauten; Borges NJW 2001, 2061, 2062. Ähnlich Grundmann NJW 2000, 14, 20: die Begriffe der Missbräuchlichkeit und der Unangemessenheit seien europäische. 526  EuGH ECLI:EU:C:2012:242 Rn.  2 2 – Invitel; EuGH ECLI:EU:C:2010:659 Rn.  4 4 – VB Pénzügyi Lízing; Nassall JZ 1995, 689, 690; W.-H. Roth FS Drobnig, 1998, 135, 142 f. 527  EuGH ECLI:EU:C:2004:209 Rn.  21 – Freiburger Kommunalbauten. 528  Borges NJW 2001, 2061, 2062; ders. Inhaltskontrolle 80; Franzen Privatrechtsangleichung 557; Heinrichs NJW 1996, 2190, 2196; Jansen ZEuP 2010, 69, 75 f.; Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793, 796; Pfeiffer EuZW 2013, 241, 242. Abweichend Klauer Europäisierung 131 f.: keine Übernahme der Prüfungsmaßstäbe des nationalen Rechts, sondern europarechtlich, autonom auszulegender Prüfungsmaßstab. So wohl auch Müller-Graff in Müller-Graff, Gemeinsames Privatrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 9, 64: EuGH könne bei §  9 AGBG zum obersten europäischen Zivilgericht werden. 529  Collins 3 ERPL 353, 364 (1995). 530  Röthel ZEuP 2005, 418, 425; angedeutet von Tonner JZ 1996, 533, 539.

§  5. Quelle der Leitbilder

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aufgrund der Zweiten Zahlungsdienste-RL531 – einen über Treu und Glauben hinausgehenden Maßstab für die Inhaltskontrolle enthält.532 2. Zwingendes Recht a) Verstoß gegen zwingendes Recht AGB, die zum Nachteil des Kunden gegen zwingendes oder halbzwingendes Recht verstoßen, sind nicht nur nach §  134 BGB nichtig, sondern – weil der Verstoß eine unangemessene Benachteiligung des Kunden indiziert – auch nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.533 Dieser inzwischen in ständiger Rechtsprechung wiederholte Rechtssatz entspringt zwar der Auslegung von §   1 UKlaG,534 nämlich dem Ziel, dem auf die §§  307–309 BGB begrenzten Unterlassungs- und Widerrufsanspruch auch Bestimmungen zu unterstellen, die wegen eines Verstoßes gegen zwingendes Recht nichtig sind, ist aber nicht auf dieses besondere Verfahren begrenzt. Er ist allgemein durch einen Erst-RechtSchluss zu §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB legitimiert, nämlich dass eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB sich nicht nur aus der Unvereinbarkeit der Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken einer dispositiven Rechtsvorschrift,535 sondern auch und erst recht aus dem Verstoß gegen zwingendes Recht ergeben kann. Für Anleihebedingungen enthält das SchVG einzelne zwingende Vorschriften.536 Diese konkretisieren den Prüfungsmaßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle dahingehend, dass Bestimmungen, die zulasten der Gläubiger von den §§  5 –21 SchVG abweichen, ohne dass dies im SchVG ausdrücklich vorgesehen ist, die Gläubiger unangemessen benachteiligen und daher nicht nur nach §  134 BGB nichtig, sondern auch nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam sind.

531  Der Rückgriff auf vorhandene Richtlinien, übereinstimmende Wertungen der nationalen Vertragsrechte und im Wege der Rechtsvergleichung zu ermittelnde Grundregeln des europäischen Vertragsrechts wird befürwortet von Klauer 8 ERPL 187, 193 (2000); Leible RIW 2001, 422, 426; Nassall JZ 1995, 689, 692; Remien RabelsZ 66 (2002), 503, 525; ders. ZEuP 1994, 34, 59. 532  So allgemein Borges NJW 2001, 2061, 2062; Heinrichs NJW 1996, 2190, 2196; Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793, 804; H. Roth JZ 1999, 529, 535. 533  BGHZ 206, 305 Rn.  43 = NJW 2015, 3025; BGHZ 200, 362 Rn.  20 = NJW 2014, 2269; BGHZ 199, 281 Rn.  10 = NJW 2014, 922; BGH NJW 2015, 1440 Rn.  17; siehe zu §  9 Abs.  1 AGBG auch BGHZ 152, 121, 133 = NJW 2003, 290; BGHZ 108, 1, 5 = NJW 1989, 2247; BGH NJW 1995, 1552, 1554. 534  BGHZ 199, 281 Rn.  10 = NJW 2014, 922; BGH GRUR 2005, 62, 64; siehe zu §  13 Abs.  1 AGBG auch BGHZ 152, 121, 133 = NJW 2003, 290; BGHZ 118, 194, 198 = NJW 1992, 1759; BGHZ 108, 1, 5 = NJW 1989, 2247; BGH NJW 1989, 1673, 1674; BGH NJW 1983, 1320, 1322. 535  Dazu sogleich 3. 536  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 A. II., III.

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Kapitel 2. Leitbilder

b) Zulässige Abweichungen vom zwingenden Recht Bestimmungen in Anleihebedingungen, die zulasten der Gläubiger von den §§  5 –21 SchVG in einer Weise abweichen, die das SchVG ausdrücklich vorsieht, sind nicht nach §  134 BGB nichtig. Sie unterliegen jedoch der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB. Bei der gebotenen Interessenabwägung indiziert die Tatsache, dass das SchVG die Abweichung ausdrücklich vorsieht, regelmäßig das Ergebnis, dass der Nachteil sich noch im Rahmen des Angemessenen bewegt und daher von den Anleihegläubigern hinzunehmen ist. Dies gilt z. B. für eine Bestimmung, welche die Haftung des gemeinsamen Vertreters für einfache Fahrlässigkeit unter Beachtung der Grenzen des §  8 Abs.  3 SchVG betragsmäßig beschränkt.537 Diese Abweichung von §  7 Abs.  3 Satz 1 Hs.  1 SchVG, wonach der gemeinsame Vertreter grundsätzlich ohne betragsmäßige Begrenzung haftet, stellt keine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger i. S. d. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB dar. Sie verkürzt den Schutz der berechtigten Interessen der Anleihegläubiger nicht unangemessen. Weitergehende Beschränkungen der Haftung bis hin zu einem Ausschluss – mit Ausnahme der Haftung für Vorsatz (§  276 Abs.  3 BGB) – können nur die Anleihegläubiger durch Beschluss nach §  7 Abs.  3 Satz 2 SchVG begründen, nicht aber der Emittent in den Anleihebedingungen.538 Der unterschiedliche Umfang der Regelungskompetenz zeigt, dass der Gesetzgeber die Haftungsbeschränkung im Umfang des §  8 Abs.  3 SchVG als Grenze desjenigen erachtet, was angemessen und von den Gläubigern hinzunehmen ist. 3. Wesentliche Grundgedanken des dispositiven Rechts Eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger i. S. v. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB kann sich nicht nur aus einem Verstoß gegen zwingende Vorschriften ergeben,539 sondern gemäß §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB auch daraus, dass die Bestimmung in den Anleihebedingungen mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist. a) Abweichung von einer gesetzlichen Regelung Die vereinzelt gebliebene Ansicht, dass mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen über den Inhalt von Anleihebedingungen ein Verstoß gegen §  307 537  Jeder weitergehende Ausschluss der Haftung – sei es betragsmäßig, sei es hinsichtlich des Grades des Vertretenmüssens – ist nach §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG unwirksam, siehe LBS/ Bliesener/H. Schneider SchVG §  8 Rn.  19; Preuße/Nesselrodt SchVG §  8 Rn.  27, 29; Veranneman/Veranneman SchVG §§  7, 8 Rn.  71. De lege ferenda gegen eine solche Beschränkung in den Anleihebedingungen Schmolke ZBB 2009, 8, 18. 538 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  8 Rn.  19; Preuße/Nesselrodt SchVG §  8 Rn.  29, 34; Veranneman/Veranneman SchVG §§  7, 8 Rn.  71; FK-SchVG/Wöckener §  8 Rn.  17. 539  Siehe zuvor 2. a).

§  5. Quelle der Leitbilder

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Abs.  2 Nr.  1 BGB per se ausscheide,540 ist Ausdruck eines überzogenen Rechtspositivismus.541 Weder §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB542 noch §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB setzen geschriebenes Recht voraus.543 Daher umfasst der Begriff der gesetzlichen Regelung – neben den ausformulierten Gesetzesbestimmungen – sämtliche dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze,544 d. h. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts sowie die einer ergänzenden Auslegung nach den §§  157, 242 BGB und der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten.545 b) Unvereinbarkeit mit einem wesentlichen Grundgedanken Die Zweifelsregelung des §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB wird nicht bereits dadurch ausgelöst, dass die Bestimmung in den Anleihebedingungen von einer dispositiven Rechtsvorschrift abweicht; die bloße Abweichung genügt nämlich nur für die Eröffnung der Angemessenheitskontrolle nach §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB.546 Erforderlich ist nach dem eindeutigen Wortlaut vielmehr, dass die Bestimmung mit einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies setzt zum einen voraus, dass die dispositive Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt.547 Zum anderen ist die Unvereinbarkeit ein maius zu der bloßen Abweichung548 und als solche erst dann anzunehmen, wenn die jeweilige Bestimmung dem wesentlichen Ziel der einschlägigen gesetzlichen Regelung widerspricht, also im Gegensatz zu deren

540 

OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379 zu §  9 Abs.  2 Nr.  1 AGBG. Hirte ZIP 1991, 1461, 1464. 542  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. I. 2. a). 543  Statt vieler MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  7 m. w. N. 544  BGHZ 121, 13, 18 = NJW 1993, 721; BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182. 545  BAGE 122, 182 Rn.  16 = NZA 2007, 853; BGHZ 121, 13, 18 = NJW 1993, 721; BGHZ 100, 157, 163 = NJW 1987, 1931; BGH NJW 1998, 1640, 1642; BGH NJW 1983, 1671, 1672; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  20; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  211; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  29; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  108; E. Schmidt JuS 1987, 929, 933; Staudinger/Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  234; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  70. 546  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. 547  BGHZ 217, 1 Rn.   22 = NJW 2017, 3707; BGHZ 212, 363 Rn.  33 = NJW 2017, 1461; BGHZ 201, 168 Rn.  67 = NJW 2014, 2420; BGH NJW-RR 2019, 755 Rn.  15; Palandt/Grüneberg BGB §  307 BGB Rn.  30; siehe zu §  9 Abs.  2 Nr.  1 AGBG auch BGHZ 115, 38, 42 = NJW 1991, 2414; BGHZ 114, 238, 240 = NJW 1991, 1886; BGH NJW-RR 1996, 1009; BGH NJW 1992, 1761. Ebenso zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des AGBG BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182 m. w. N. 548 Ähnlich Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1077: Abweichung und Unvereinbarkeit dürften nicht gleichgesetzt werden. 541 

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Kapitel 2. Leitbilder

Wertung steht.549 Hingegen liegt eine mit den wesentlichen Grundgedanken noch vereinbare Abweichung vom dispositiven Recht vor, wenn die Bestimmung lediglich auf einem anderen Weg zu demselben Ziel gelangt.550 c) Umkehr der Begründungs- bzw. Argumentationslast Die Vorschrift des §  307 Abs.  2 BGB enthält keine definitive Rechtsfolge des Inhalts, dass Bestimmungen in Anleihebedingungen, die mit einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind, unwirksam sind. Sie ergänzt lediglich §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB dahingehend, dass die für eine Unwirksamkeit der Bestimmung erforderliche unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist. Hierbei handelt es sich – entgegen der geläufigen Bezeichnungen als widerlegbare Vermutung551 der unangemessenen Benachteiligung oder als Indiz552 dafür – nicht um eine Regelung der Darlegungs- und Beweislast,553 sondern um eine Umkehr der Begründungs- bzw. Argumentationslast.554 Bei der nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorzunehmenden Gesamtabwägung obliegt die Begründungs- bzw. Argumentationslast grundsätzlich der Partei, für welche die Unwirksamkeit der Bestimmung sich günstig auswirken würde. Sie muss triftige Gründe für eine unangemessene Benachteiligung anführen.555 Ist die Bestimmung mit wesent­ lichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren, haben die Gerichte die Unwirksamkeit der Bestimmung 549  BGHZ 81, 229, 238 = NJW 1981, 2351; Th. Becker Auslegung 130; Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1077 f. 550  Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1078. 551  BGHZ 153, 148, 155 = NJW 2003, 1313; BGHZ 114, 9, 14 = NJW 1991, 1677; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  19; Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 III 1 = 198; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  3 ; ähnlich Stoffels AGBR Rn.  518: bei der nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB erforderlichen Abwägung läge das Gewicht auf der Waagschale des Rechts, das für die Unvereinbarkeit streite; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rn.  267: keine umfassende Interessenabwägung nach §  9 Abs.  1 AGBG (jetzt §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB); wohl nur terminologisch abweichend Th. Becker Auslegung 195; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  28; BRHP/H. Schmidt BGB §  307 Rn.  52: Regelbeispiele. 552  BGHZ 90, 280, 284 = NJW 1984, 1531; BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182; BGHZ 82, 238, 240 f. = NJW 1982, 644; BGH WM 2005, 274, 276; BGH NJW 1993, 1133, 1134; BGH NJW 1985, 2328; E. Schmidt FS Keller, 1989, 661, 671. 553 So aber BGH GRUR 2005, 62, 69; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 138; wohl auch UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  195 („gewisse Verlagerung der Darlegungslast“); dagegen Esser/ Schmidt SchuldR AT I §  11 III 1 = 198; MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  65. 554  Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1081 (Hauptbedeutung des §  307 Abs.  2 BGB); Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  28; Krebs AcP 195 (1995), 171, 181; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  100; ähnlich UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  3, 193 („Regelbeispiele“). Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast geht damit nur insoweit einher, als die tatsächlichen Umstände, auf denen die Argumente beruhen, die gegen die Unwirksamkeit angeführt werden, zwischen den Prozessparteien streitig sind, siehe Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1080; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  100. 555  Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1079.

§  5. Quelle der Leitbilder

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nicht erst dann auszusprechen, wenn die gegen die Wirksamkeit der Bestimmung sprechenden Argumente überwiegen, sondern gemäß §  307 Abs.  2 BGB auch bei Zweifeln, d. h. einem argumentativen Patt.556 Daher obliegt die Begründungs- bzw. Argumentationslast dem Verwender, also dem Emittenten. Er muss die Bestimmung argumentativ rechtfertigen,557 indem er höherrangige, in der Natur des konkreten Schuldverhältnisses liegende Interessen benennt oder rechtliche Vorteile der Anleihegläubiger aufzeigt, welche die benachteiligende Abweichung kompensieren.558 d) Keine Rechtfertigung durch den Vertragsschluss begleitende Umstände Die Tatsache, dass der Anleihegläubiger bei dem Erwerb der Teilschuldverschreibung ordnungsgemäß informiert, aufgeklärt und beraten worden oder in besonderem Maße geschäftserfahren ist, vermag weder die Zweifel an der Wirksamkeit einer Bestimmung auszuräumen, die mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar ist, noch das zuzumutende Maß der Benachteiligung zu verschieben.559 Zwar bestimmt §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB, dass bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach §  307 Abs.  1 und 2 BGB560 auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören – in Anlehnung an ErwGr 16 Klausel-RL – insbesondere persönliche Eigenschaften des Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, sowie Besonderheiten der Vertragsabschlusssituation, wie z. B. die Belehrung über den Vertragsinhalt.561 Bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen kapitalmarktfähiger Wertpapiere findet §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB jedoch keine Anwendung; die Vorschrift ist zur Wahrung der Fungibilität der Schuldverschreibungen funk­tional zu reduzieren.

556 

Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1078; Esser/Schmidt SchuldR AT I §  11 III 1 = 199. Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1079; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  103. Der Sache nach auch MüKoBGB/Wurmnest §  307 Rn.  65 mit der – allerdings unzutreffenden – Formulierung „Umkehrung der Darlegungslast“. 558  Mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung BGHZ 119, 152, 169 = NJW 1992, 3158; BGHZ 115, 38, 43 f. = NJW 1991, 2414; BGHZ 114, 238, 242 f. = NJW 1991, 1886; BGHZ 110, 88, 93 = NJW 1990, 2065; BGHZ 63, 238, 239 = NJW 1975, 165; BGHZ 54, 106, 109 f. = NJW 1970, 1596; BGHZ 41, 151, 154 = NJW 1964, 1123; BGH NJW-RR 2003, 834, 836; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 138. 559  Gegen die Berücksichtigung konkret-individueller Umstände im Rahmen der AGBrecht­lichen Inhaltskontrolle Jansen ZEuP 2010, 69, 104. 560  Nach Palandt/Grüneberg BGB §  310 Rn.  20 sollen die den Vertragsschluss begleitenden Umstände – über den Wortlaut des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB hinaus – auch bei der Anwendung des §  308 BGB, nicht aber des §  309 BGB, zu berücksichtigen sein. 561  BAGE 115, 372 Rn.  46 = NZA 2006, 324; BAG NJW 2011, 408 Rn.  28; UBH/Fuchs BGB §   307 Rn.   407, 408; Erman/Roloff/Looschelders BGB §   310 Rn.   25; Stoffels AGBR Rn.  478; ausführlich Caspers Vertragsschluss 96–117. 557 

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Kapitel 2. Leitbilder

aa) Verbrauchervertrag Der unmittelbare Anwendungsbereich des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB ist nach dem Einleitungssatz auf Verbraucherverträge, d. h. Verträge zwischen einem Verbraucher (§  13 BGB) und einem Unternehmer (§  14 BGB), beschränkt. Der zur Begründung des verbrieften Rechts erforderliche Begebungsvertrag ist nur dann ein solcher Verbrauchervertrag, wenn die Schuldverschreibung im Wege der Eigenemission begeben wird und der Ersterwerber als Verbraucher agiert.562 In den Fällen der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung ist an dem Begebungsvertrag kein Verbraucher beteiligt.563 Dies steht der Anwendung der §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB auf Anleihebedingungen kapitalmarktfähiger Wertpapiere auch dann nicht entgegen, wenn der Inhaber der Teilschuldverschreibung diese als Unternehmer erworben hat; §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB ist insoweit funktional zu reduzieren.564 Die Anwendung des für Verbraucherverträge typischen Prüfungsmaßstabs legt es nahe, zumindest den Rechtsgedanken des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB anzuwenden. bb) Keine Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände Die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände ergänzte den abstrakt-generellen Maßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle565 um konkret-individuelle Umstände. Erforderlich wäre ein zweistufiges566 Vorgehen bei der Anwendung des §  307 Abs.  1 und 2 BGB. Zunächst wäre unter Anwendung des abstrakt-generellen Maßstabs zu prüfen, ob die Bestimmung ihrem Inhalt nach und unter Berücksichtigung des übrigen Vertragsinhalts eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders begründet. Anschließend wäre zu fragen, ob konkret-individuelle Umstände im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss vorliegen, die eine Abweichung von dem abstrakt-generell begründeten Ergebnis rechtfertigen. In der Literatur ist um562 UBH/Habersack

(62) Wertpapierbedingungen Rn.  4. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. I. 564  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. IV. 5. 565  Lediglich mit geringfügigen Abweichungen im Wortlaut BAGE 122, 182 Rn.  19 = NZA 2007, 853; BAGE 116, 267 Rn.  41 = NZA 2006, 423; BAGE 110, 8, 22 = NZA 2004, 727; BGHZ 153, 148, 154 = NJW 2003, 1313; BGHZ 132, 383, 388 f. = NJW 1996, 2155; BGHZ 123, 83, 90 = NJW 1993, 2369; BGHZ 110, 241, 244 = NJW 1990, 1601; BGHZ 101, 253, 264 = NJW 1987, 2575; BGHZ 98, 303, 308 = NJW 1987, 487; BGH NJW 2002, 1713, 1715; BGH NJW 2001, 3406, 3407; BGH NJW 2000, 2106, 2107; BGH NJW 1997, 3022, 3024; BGH WM 1996, 902, 905; BGH NJW 1986, 2102, 2103; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  9 ; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  110; Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  8; Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562, 568; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  307 Rn.  5 ; Stoffels AGBR Rn.  473; Staudinger/ Wendland, 2019, BGB §  307 Rn.  109. 566  Caspers Vertragsschluss 152; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  402; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  24; Stoffels AGBR Rn.  479–481. Nur geringfügig abweichend Michalski DB 1999, 677; WLP/Pfeiffer BGB §  310 Abs.  3 Rn.  37: Prüfung in drei Stufen, nämlich Inhaltskontrolle, Umstandskontrolle und Gesamtabwägung. 563 

§  5. Quelle der Leitbilder

271

stritten, ob konkret-individuelle Umstände nur zugunsten oder auch zulasten der Vertragspartner des Verwenders Berücksichtigung finden können. Anders gewendet: Ermöglicht §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB nur, dass eine Bestimmung, die unter ausschließlicher Anwendung des abstrakt-generellen Maßstabs noch angemessen ist, die Verbraucher aufgrund konkret-individueller Umstände unangemessen benachteiligt, oder erlaubt die Vorschrift es auch, dass die Verbraucher aufgrund konkret-individueller Umstände auch Bestimmungen zu dulden haben, die sie unter ausschließlicher Anwendung des abstrakt-generellen Maßstabs unangemessen benachteiligen? Während die offenen Formulierungen des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB und des Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL die Berücksichtigung sowohl zugunsten als auch zulasten der Verbraucher zulassen,567 legt der verbraucherschützende Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle und der Klausel-RL eine einschränkende Auslegung der Vorschrift im ersten Sinne nahe.568 Die Frage bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Unabhängig von ihrer Auswirkung zugunsten oder zulasten der Anleger widerspricht die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände der Fungibilität der Schuldverschreibung.569 Mit der für die Fungibilität erforderlichen Inhaltsgleichheit sämtlicher Teilschuldverschreibungen derselben Anleihe570 ist es unvereinbar, einzelne Bestimmungen der für sämtliche Teilschuldverschreibungen geltenden Anleihebedingungen nur gegenüber einigen Inhabern aufgrund der Berücksichtigung konkret-individueller Umstände – sei es der Nichterfüllung von Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten, sei es der Geschäftsunerfahrenheit – ex lege als unwirksam zu erachten, während sie anderen Gläubigern derselben Anleihe gegenüber wirksam sind. Die Erhaltung der Fungibilität erfordert einen gegenüber sämtlichen Anlegern einheitlichen, ausschließlich abstrakt-generellen Prüfungsmaßstab. Daher ist der Wortlaut des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB funktional dahingehend zu reduzieren, dass die Vorschrift im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen kapitalmarktfähiger Wertpapiere keine Anwendung findet.

567  OLG Jena NJOZ 2015, 205, 207; MüKoBGB/Basedow §  310 Rn.  114; PWW/K. P. Berger BGB §  310 Rn.  12; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  410; Palandt/Grüneberg BGB §  310 Rn.  21; WLP/Pfeiffer BGB §  310 Abs.  3 Rn.  35, RL Art.  4 Rn.  20; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  310 Rn.  25; siehe zu §  24a Nr.  3 AGBG auch OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 780, 781; LG Bonn NJW-RR 1999, 1361, 1363; Brandner MDR 1997, 312, 314; Bunte DB 1996, 1389, 1390; Heinrichs NJW 1996, 2190, 2194; ders. NJW 1993, 1817, 1820; P. Ulmer, Karlsruher Forum 1997, 9, 31. 568 BRHP/J. Becker BGB §  310 Rn.  21; Michalski DB 1999, 677, 679; Staudinger/Piekenbrock, 2019, BGB §  310 Rn.  140; Staudinger RIW 1999, 915, 921; ähnlich Caspers Vertragsschluss 158. 569 UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  4. 570  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. III. 1. a).

272

Kapitel 2. Leitbilder

cc) Vereinbarkeit mit Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL Der funktionalen Reduktion des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB steht Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL nicht entgegen. Zwar umfasst die Klausel-RL auch wertpapierrechtliche Begebungsverträge, so dass auch Anleihebedingungen der Missbräuchlichkeitskontrolle unterliegen.571 Die durch Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL grundsätzlich vorgegebene Berücksichtigung aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände konfligiert aber mit der Fungibilität der Schuldverschreibung. Die Erhaltung letzterer ist notwendiger Bestandteil der ebenfalls unionsrechtlich geschützten Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.572 Der Konflikt zwischen dem Verbraucher- und Anlegerschutz einerseits und dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes andererseits ist auf der Ebene des Unionsrechts – wie im deutschen Recht – dahingehend aufzulösen, dass der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insoweit der Vorrang gebührt, als die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände im Rahmen der Missbräuchlichkeitskontrolle von Anleihebedingungen zu unterbleiben hat.573 Dieses Ergebnis erfordert keine teleologische Reduktion von Art.  4 Abs.  1 Klausel-RL; vielmehr bietet dessen Wortlaut einen Anhaltspunkt für den Vorrang der Fungibilität. Die Vorschrift gebietet nämlich nicht nur die Berücksichtigung aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände, sondern auch der Art der Güter, die Gegenstand des Vertrags sind. Unter dieser Formulierung kann bei kapitalmarktfähigen Wertpapieren die Fungibilität berücksichtigt werden, welche die den Vertragsschluss im Einzelfall begleitenden Umstände verdrängt.

D. Ergebnisse I. Einzelne Leitbilder des SchVG 1. Obwohl der Gesetzgeber bei der Reform des Schuldverschreibungsrechts von der Kodifikation eines besonderen Vertragsrechts für Anleihen abgesehen hat, existieren de lege lata Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen. 2. Das SchVG enthält (halb-)zwingende Vorgaben für die Ausgestaltung sog. Kollektivkündigungs- und Umschuldungsklauseln (collective action clauses), wonach z. B. disenfranchisement clauses und Verbindungsklauseln (aggrega­tion clauses) de lege lata nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam sind. 571 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 D. I. 3. a). Buck-Heeb KapMarktR Rn.  7–11; S. Heinze EurKapMarktR 8; Veil/Veil EurKap­ MarktR §  2 Rn.  3. 573 UBH/Habersack (62) Wertpapierbedingungen Rn.  4. 572 

§  5. Quelle der Leitbilder

273

II. Anwendung der besonderen Klauselverbote 1. Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen erschöpft sich – unabhängig von der Person des gegenwärtigen Gläubigers und des Erst­ erwerbers des Wertpapiers – nicht in der Anwendung der Generalklausel (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB) unter angemessener Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) sowie des §  308 Nr.  1a, 1b BGB. 2. Die besonderen Klauselverbote der §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB gelten aufgrund einer funktionalen Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB zur Vermeidung eines gespaltenen Prüfungsmaßstabs auch gegenüber Anlegern, welche die Teilschuldverschreibungen als Unternehmer i. S. v. §  14 Abs.  1 BGB erworben haben.

III. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel 1. Die bei der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorzunehmende Abwägung der berechtigten Interessen wird bei der Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen weitgehend durch legislative Wertungen konturiert. Hierbei handelt es sich – neben den (halb-)zwingenden Vorgaben des SchVG – insbesondere um die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen die Bestimmungen abweichen. 2. Konkret-individuelle Umstände im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss (z. B. die Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten) sind bei der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Begebungsvertrag ein Verbrauchervertrag ist. Die gegenteilige Vorschrift des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB ist bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen zur Erhaltung der Fungibilität der Wertpapiere dahingehend zu reduzieren, dass die (Un-)An­ gemessenheit einer Benachteiligung der Gläubiger ausschließlich abstraktgenerell zu beurteilen ist.

§  6. Einzelne Bestimmungen Aufgrund der Innovationskraft der Marktteilnehmer erscheint es unmöglich, für sämtliche Bestimmungen in Anleihebedingungen das Leitbild zu identifizieren und – soweit es auf ungeschriebenen allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen beruht – ausdrücklich zu formulieren. Daher beschränkt die vorliegende Arbeit sich auf wenige, für die Praxis besonders bedeutsame Beispiele, nämlich Änderungsvorbehalte bei Wandelschuldverschreibungen (nachfolgend A.) und die Ersetzung des Anleiheschuldners ohne Zustimmung der Gläubiger (substitution, nachfolgend B.).

A. Änderungsvorbehalte Die Entscheidung des BGH vom 30.6.2009, wonach eine Bestimmung nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam ist, die den Emittenten eines Optionsscheins berechtigt, die Emissionsbedingungen zur Berichtigung eines offensichtlichen Irrtums ohne die Zustimmung der Gläubiger zu ändern,574 hat die Marktpraxis dahingehend verändert, dass die Emittenten bei Neuemissionen von Optionsscheinen und Anleihen auf derartige Berichtigungsvorbehalte – auch als verdeckte Änderungsvorbehalte bezeichnet – ganz überwiegend verzichten. Im Gegensatz dazu sind bei herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen und isolierten Optionsrechten („offene“) Änderungsvorbehalte, die den Emittenten bei dem Eintritt vertraglich festgelegter Umstände berechtigen, seine Pflicht zur Lieferung von Aktien ohne die Zustimmung einzelner oder aller Gläubiger durch eine Barzahlung zu ersetzen, unverändert marktüblich. Während dieses cash settlement gegenwärtig nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam ist (nachfolgend I.), ist die entsprechende Gestaltung in umgekehrten Wandelanleihen durch die Aktienrechtsnovelle 2016 legalisiert worden (nachfolgend II.).

I. Cash settlement bei herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen Bestimmungen in den Anleihebedingungen herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen – Gleiches gilt für die Emissionsbedingungen von isolierten Op574 

BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  23. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B I. 1.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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tionsrechten –, die den Emittenten trotz der Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts durch die Gläubiger berechtigen, anstelle von Aktien eine Barzahlung zu leisten (cash settlement oder cash payment in lieu of delivery of shares), sind de lege lata nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam.575 1. Ablauf des Aktienerwerbs bei Wandelschuldverschreibungen Von herkömmlichen Schuldverschreibungen unterscheiden Wandelschuldverschreibungen sich ausweislich §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG dadurch, dass die An­ leihebedingungen den Gläubigern oder – seit dem Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 am 31.12.2015576 – der Gesellschaft ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien einräumen. Es handelt sich also um zusammengesetzte Finanzinstrumente (compound financial instruments) aus zwei Elementen, nämlich einer Schuldverschreibung, die in der Regel Zahlungsansprüche verbrieft, und einem Aktienerwerbsrecht in Gestalt eines Umtausch- oder Bezugsrechts.577 Die Ausübung des jeweiligen Aktienerwerbsrechts hat nicht zur Folge, dass die Gläubiger unmittelbar mit dem Wirksamwerden der Umtauschoder Bezugserklärung zu Aktionären der Gesellschaft werden.578 Ihre Erklärung ist in der Regel579 – unabhängig davon, ob die Aktienerwerbsrechte durch eine bedingte Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital abgesichert sind – lediglich eine Zeichnungserklärung (§  198 Abs.  2 Satz 1 ggf. i. V. m. §  192 Abs.  5 AktG bzw. §§  133, 157 BGB) oder, wenn das Umtausch- oder Bezugsrecht durch eigene Aktien abgesichert ist, ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags,580 zu dessen Annahme der Emittent aufgrund der Anleihebedingungen verpflichtet ist.581 Zu Aktionären werden die Gläubiger erst, sobald der Emittent die ihm aus dem Zeichnungs- oder Kaufvertrag obliegende Verpflichtung erfüllt, indem er den Gläubigern Aktien in dem vertraglich festgelegten Umfang gewährt.

575 Offengelassen von GroßkommAktG/Hirte §   221 Rn.  132 auf Grundlage von §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB. 576  Art.  1 Nr.  24 i. V. m. Art.  10 Abs.  2 Aktienrechtsnovelle 2016. 577  Statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  23. 578  Statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  84, 220; Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  5. 579  Anderes gilt nur ausnahmsweise, wenn das Bezugsrecht in einem Gestaltungsrecht besteht, so dass die Gläubiger mit ihrer empfangsbedürftigen Willenserklärung ohne Mitwirkung des anderen Vertragsteils den in den Anleihebedingungen vorgeformten Zeichnungsoder Kaufvertrag – je nach Absicherung des Bezugsrechts – herbeiführen können, Hopt/ Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  207. 580 Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.   117; MüKoAktG/Habersack §   221 Rn.   223, 225; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  209; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  31. Widerspüchlich Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  10, 92. 581 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  84.

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Kapitel 2. Leitbilder

2. Inhalt der Anleihebedingungen In den Anleihebedingungen von Wandelschuldverschreibungen gestalten die Emittenten nicht nur die Rechte und Pflichten des Anleiheschuldners und der Gläubiger aus den Teilschuldverschreibungen näher aus, sondern auch das Umtausch- oder Bezugsrecht sowie – mittelbar – den infolge der Ausübung des Aktienerwerbsrechts entstehenden Zeichnungs- oder Kaufvertrag.582 a) Umtausch- oder Bezugsrecht Weder das Umtauschrecht in Gestalt einer sog. facultas alternativa583 noch das durch einen Optionsvertrag begründete Bezugsrecht584 sind gesetzlich näher geregelt. Daher enthalten die Anleihebedingungen zahlreiche Bestimmungen, die das Umtausch- oder Bezugsrecht unmittelbar ausgestalten und als solche im Umkehrschluss zu §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskon­ trolle entzogen sind.585 Hierzu gehören die Umtausch- oder Optionsfrist, das Umtausch- oder Bezugsverhältnis und die Gattung der zu erwerbenden Aktien, außerdem bei Optionsanleihen die Ausgestaltung des Bezugsrechts als Gestaltungsrecht oder Vorvertrag, die Berechtigung, die Art der Verbriefung sowie die Abtrennbarkeit des Bezugsrechts von der Schuldverschreibung.586 b) Zeichnungs- oder Kaufvertrag Neben der Ausgestaltung des Umtausch- oder Bezugsrechts enthalten die Anleihebedingungen von Wandelschuldverschreibungen auch Bestimmungen für den Inhalt des Zeichnungs- oder Kaufvertrags. Dies gilt nicht nur in dem Ausnahmefall, dass die Gläubiger mit ihrer Umtauch- oder Bezugserklärung einen in den Anleihebedingungen vorgeformten Zeichnungs- oder Kaufvertrag (sog. Festofferte) annehmen,587 sondern auch in dem Regelfall, dass die Umtauschoder Bezugserklärung den Antrag darstellt, zu dessen Annahme der Emittent 582 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  74, 209; Hüffer/Koch AktG §  2 21 Rn.  4 ; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  23. 583  OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330; Florstedt ZHR 180 (2016), 152, 170; MüKoAktG/ Habersack §  221 AktG Rn.  226; ders. FS Nobbe, 2009, 539, 548; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  10; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  207; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  4 ; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  30; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  5 ; Rozijn ZBB 1998, 77, 79; Rusch Wandelschuldverschreibung 44, 67; Seibt CFL 2010, 165, 167; Wehrhahn Finanzierungsinstrumente 114. Wohl nur terminologisch abweichend Schanz CFL 2012, 26: einseitiges Gestaltungsrecht. Abweichend Bader AG 2014, 472: Anleihe mit Kaufoption. 584 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  207. 585  Zu Einzelheiten von §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. d). 586 Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.  76, 210; UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  65; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  23; enger GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  132; Rozijn ZBB 1998, 77, 93: nur Umtauschverhältnis. 587  Zu dieser Ausgestaltung des Bezugsrechts siehe Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  207;

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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aufgrund der Anleihebedingungen verpflichtet ist. Da die Gläubiger bei dieser Gestaltung den Abschluss eines Zeichnungs- oder Kaufvertrags nur mit dem in den Anleihebedingungen festgelegten Inhalt verlangen können, ist bei verständiger Auslegung (§§  133, 157 BGB) davon auszugehen, dass die Parteien den Inhalt der Anleihebedingungen in ihre vertragskonstituierenden Willenserklärungen aufnehmen. Soweit diese Bestimmungen den Inhalt der Hauptpflichten des Zeichnungs- oder Kaufvertrags unmittelbar festlegen, sind sie im Umkehrschluss zu §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen.588 Dies gilt insbesondere für den Umtausch- oder Optionspreis einschließlich etwaiger Zuzahlungen im Rahmen des Aktienerwerbs589 und – wenn die Umtausch- oder Bezugsrechte durch neue Aktien abgesichert sind – die in entsprechender Anwendung von §  185 Abs.  1 Satz 3 Nr.  2, 3, 4 AktG erforder­ lichen Mindestangaben, ohne welche die Umtausch- oder Bezugserklärung in entsprechender Anwendung von §  185 Abs.  2 AktG nichtig ist.590 Sowohl der Zeichnungs- als auch der Kaufvertrag sind auf die Einräumung der Mitgliedschaft gerichtet, indem sie den Emittenten verpflichten, dem Zeichner bzw. Käufer neue bzw. eigene Aktien der Gesellschaft in dem vertraglich festgelegten Umfang zu verschaffen.591 Bei einem cash settlement in den Anleihebedingungen steht diese Verpflichtung unter dem Vorbehalt, dass der Emittent die versprochene Leistung bei dem Eintritt eines vertraglich festgelegten Ereignisses einseitig ändern und anstelle der Aktien eine Barzahlung leisten darf.592 Derartige Änderungsvorbehalte gestalten die Leistungspflicht des Emittenten nicht unmittelbar aus, sondern schränken den Anspruch der Zeichner bzw. Käufer auf die Gewährung von Aktien ein mit der Folge, dass sie nicht nur der Transparenzkontrolle, sondern auch der AGB-rechtlichen Angemessenheitskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB unterliegen.593

Martens AG 1989, 69, 73; ders. FS Stimpel, 1985, 621, 623 f.; Wehrhahn Finanzierungsinstrumente 119. 588  Zu Einzelheiten von §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. d). 589 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  76, UBH/Fuchs BGB §  307 Rn.  65; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  23; wohl a. A. GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  132; Rozijn ZBB 1998, 77, 93: nur Umtauschverhältnis. 590  Zu der entsprechenden Anwendung von §  185 AktG auf Vorverträge siehe statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  209; Hüffer/Koch AktG §  185 Rn.  31; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse §   185 Rn.   53 jeweils m. w. N.; kritisch Spindler/Stilz/Servatius AktG §   185 Rn.  53. 591  Statt vieler MüKoAktG/Schürnbrand/Verse §  185 Rn.  46 m. w. N. für den Zeichnungsvertrag. 592  Einzelheiten möglicher Ausgestaltungen sind bei Kühn Barabfindungsklauseln 65 ff.; Mülbert FS Marsch-Barner, 2018, 359 ff. dokumentiert. 593 Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.  79; Kühn Barabfindungsklauseln 276; Mülbert FS Marsch-Barner, 2018, 359, 363. Zu der Kontrollfähigkeit von Änderungsvorbehalten siehe BAGE 135, 163 Rn.  17 = NZA 2011, 634; BAG NZA 2009, 428 Rn.  23.

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Kapitel 2. Leitbilder

3. Zumutbarkeit Der Vorbehalt des cash settlement ist für die Gläubiger herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen nicht zumutbar und daher nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam.594 Weder sind die Interessen der Verwender an der Bestimmung von solchem Gewicht, dass sie dem Interesse der Gläubiger an dem Erwerb der Aktien zumindest gleichwertig sind, noch ist die Barzahlung ein Substitut, das eine Benachteiligung der Gläubiger ausschließt. a) Vermutung der Unzumutbarkeit und Anforderungen an deren Entkräftung Die Zumutbarkeit von Änderungsvorbehalten ist auf Grundlage einer Abwägung zwischen den Interessen des Verwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung zu beurteilen.595 Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass Änderungsvorbehalte dem das Vertragsrecht beherrschenden Rechtsgrundsatz der Bindung beider Vertragspartner an die von ihnen getroffene Vereinbarung (pacta sunt servanda) widersprechen, weshalb §  308 Nr.  4 BGB mit der negativen Formulierung („wenn nicht“) die Vermutung begründet, dass Änderungsvorbehalte – hier das cash settlement – unzumutbar und unwirksam sind.596 Es ist daher Sache des Verwenders, diese Vermutung durch die Darlegung und ggf. den Nachweis der Voraussetzungen der Zumutbarkeit für den anderen Vertragsteil zu entkräften.597 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das cash settlement sich nicht nur auf Umstände der Leistungserbringung oder Nebenpflichten bezieht, sondern den Inhalt der Hauptleistungspflicht betrifft und daher besonders nachteilig für die Anleihegläubiger ist.598 Folglich muss der Verwender darlegen und im Streitfall nachweisen, dass seine Interessen an der Möglichkeit des cash settelment bei einer für Wandelschuldverschreibungen typischen Betrachtungsweise599 von solchem Gewicht sind, dass sie bei der gebo594  Im Ergebnis auch Mülbert FS Marsch-Barner, 2018, 359, 369 für freie Barersetzungsklauseln. Differenzierend Kühn Barabfindungsklauseln 284 ff. Offengelassen von Groß­ komm­A ktG/Hirte §  221 Rn.  132 auf Grundlage von §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB. 595  BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  24; BGH NJW 2005, 3567, 3569; WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  22; Mülbert FS Marsch-Barner, 2018, 359, 364; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  308 Rn.  33; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8. 596  BGHZ 158, 149, 154 = NJW 2004, 1588; BGH NJW 2008, 360 Rn.  21; MüKoBGB/ Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  14. Im Ergebnis auch WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  49; Palandt/Grüneberg BGB §  308 Rn.  25; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  308 Rn.  31. 597  BGHZ 158, 149, 154 = NJW 2004, 1588; BGH NJW 2008, 360 Rn.  21; Palandt/Grüneberg BGB §  308 Rn.  25; UBH/H. Schmidt BGB §  308 Nr.  1 Rn.  9; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  14; siehe auch BT-Drucks. 7/3919, 49 zu §  8 Nr.  3a AGBG-E. 598  Zu dieser Gewichtung von Inhaltsänderungen BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  24; BGH NJW 2008, 360 Rn.  21; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  308 Rn.  33; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8. 599  BGHZ 158, 149, 154 = NJW 2004, 1588; BGH NJW 2018, 1534 Rn.  21; BGH NJW

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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tenen Abwägung die Interessen der Anleihegläubiger an dem Erwerb der Aktien überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind. 600 Diesen Anforderungen genügt das cash settlement bei herkömmlichen Wandelschuldverschreibungen nicht. b) Interessen des Verwenders Die Interessen des Verwenders an dem cash settlement sind bei näherer Betrachtung nicht schutzwürdig. Entscheidend hierfür ist das in der Abwägung zu berücksichtigende Prinzip der Erforderlichkeit, wonach einseitige Änderungsvorbehalte nur zumutbar sind, wenn sie aufgrund unsicherer Entwicklungen notwendig sind. 601 aa) Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung Sind die Umtausch- oder Bezugsrechte durch neue Aktien abgesichert, wird das cash settlement insbesondere für Fälle vereinbart, in denen der Beschluss der Hauptversammlung über die Erhöhung des Grundkapitals (§§  182 Abs.  1 Satz 1, 192 Abs.  1 AktG) oder die Ermächtigung hierzu (§  202 Abs.  2 Satz 1 AktG) angegriffen wird. 602 In diesen Konstellationen ist das berechtigte Interesse der Emittenten an der Möglichkeit eines cash settlement mit der Einführung des Freigabeverfahrens (§  246a AktG) mit Wirkung vom 1.11.2005603 entfallen. Bei der Anhängigkeit einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage, die nicht nach gesichertem rechtlichen Erkenntnisstand unzulässig oder unschlüssig war oder deren Erfolgsaussichten aufgrund einer Beweiserhebung nicht zuverlässig beurteilt werden konnten, 604 mussten die Emittenten bis zum 31.10.2005 fürchten, das Registergericht werde das Verfahren in der Handelsregistersache in entsprechender Anwendung von §  148 Abs.  1 ZPO (heute §  21 Abs.  1 Satz 1 FamFG) bis zu der rechtskräftigen Entscheidung über die Klage aussetzen mit der Folge, dass die intendierte Absicherung der Umtausch- oder Bezugsrechte zumindest vorübergehend nicht bestand. Diese sog. faktische Registersperre können die Emittenten seit dem 1.11.2005 mithilfe des Freigabeverfahrens durchbrechen, 2014, 1168 Rn.  39; WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  24; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  308 Rn.  33; UBH/H. Schmidt BGB §  308 Nr.  4 Rn.  9 ; Stoffels AGBR Rn.  797; MüKo­ BGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8 ; a. A. OLG Köln NJW 1985, 501 zu §  10 Nr.  4 AGBG. 600  BGHZ 158, 149, 154 = NJW 2004, 1588; BGH NJW 2008, 360 Rn.  21; BGH NJW 2005, 3567, 3569; Erman/Roloff BGB §  308 Rn.  33; a. A. (Überwiegen notwendig) MüKoBGB/ Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8. 601 WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  24; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8 ; siehe auch BAG NZA-RR 2010, 457 Rn.  28 für ein Widerrufsrecht. 602 HMS/Schlitt Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.   11.60 für den Regelfall einer bedingten Kapitalerhöhung. 603  Art.  1 Nr.  23 i. V. m. Art.  3 Hs.  2 UMAG. 604  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  243 Rn.  53 m. w. N.

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da das Registergericht das Verfahren aufgrund der Bindung an den Freigabebeschluss (§  246a Abs.  3 Satz 5 Hs.  1 AktG) nicht länger aussetzen darf, sondern den Beschluss trotz fortbestehender Anhängigkeit der Klage eintragen muss.605 Gab das Registergericht dem Eintragungsantrag trotz anhängiger Klage ausnahmsweise statt, war der Aktienerwerb bis zu der Einführung des Freigabeverfahrens mit der Ungewissheit belastet, dass der Beschluss der Hauptversammlung bei einem späteren Erfolg der Klage ex tunc nichtig war mit der Folge, dass alle Zeichnungen unwirksam waren und die ausgegebenen neuen Aktien keine Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft verbrieften.606 Diese Gefahr entfällt bei einem erfolgreichen Antrag nach §  246a Abs.  1 Satz 1 AktG dadurch, dass der Freigabebeschluss die Eintragung mit Bestandskraft für und gegen jedermann versieht (§  246a Abs.  3 Satz 5 Hs.  2 AktG), so dass die ausgegebenen neuen Aktien auch dann Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschaft begründen, wenn die Klage sich nachträglich als begründet erweist. bb) Verwässerungsschutz Die Anleihebedingungen herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen sehen die Möglichkeit eines cash settlement regelmäßig nicht nur für Konstellationen vor, in denen der Beschluss der Hauptversammlung über die Erhöhung des Grundkapitals (§§  182 Abs.  1 Satz 1, 192 Abs.  1 AktG) oder die Ermächtigung hierzu (§  202 Abs.  2 Satz 1 AktG) gerichtlich angegriffen wird, sondern auch im Zusammenhang mit Verwässerungsschutzbestimmungen (anti-dilution protection clauses), und zwar insbesondere dann, wenn die Aktienerwerbsrechte durch genehmigtes Kapital oder eigene Aktien abgesichert sind. Anlass hierfür ist die Tatsache, dass der vereinfachte Ausschluss des Bezugs- oder Andienungsrechts nach §  186 Abs.  3 Satz 4 i. V. m. §  203 Abs.  1 Satz 1 oder §  71 Abs.  1 Nr.  8 Satz 5 Hs.  2 AktG umfangmäßig auf Maßnahmen begrenzt ist, die zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen. Von dem hiermit einhergehenden Risiko, bei dem Eintritt eines Umstands, der aufgrund des vertraglichen Verwässerungsschutzes zu einer Anpassung des Umtausch- oder Bezugsverhältnisses führt (z. B. eine anderweitige Kapitalerhöhung während der Laufzeit der Wandelschuldverschreibung), mehr Aktien gewähren zu müssen, als bezugsrechtsfrei zur Verfügung stehen, sollen die Emittenten sich durch eine Barzahlung (cash settlement) befreien können. 607 Dieses Risiko begründet jedoch 605 

Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  246a Rn.  11. 139, 225, 231 = NJW 1998, 3345. Die überwiegende Ansicht in der Literatur (sog. Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt) schränkt die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Anfechtungsklage durch Anwendung der Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft dahingehend ein, dass die Nichtigkeit nur ex nunc eintritt und die Zeichner Aktionäre mit allen Rechten und Pflichten werden, statt vieler Hüffer/Koch AktG §  185 Rn.  27; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse §  189 Rn.  20 ff. jeweils m. w. N. 607 HMS/Schlitt Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  11.60, 11.67a. 606  BGHZ

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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kein schutzwürdiges Interesse der Emittenten an der Möglichkeit des cash settle­ment, da sie auf andere Weise vorbeugen können. Zum einen können sie den vertraglichen608 Verwässerungsschutz609 auf die Zahl der ihnen bezugsrechtsfrei zur Verfügung stehenden Aktien begrenzen. 610 Zum anderen können sie selbst über die Anzahl der Aktienerwerbsrechte und deren Absicherung entscheiden. Dabei steht Gesellschaften in der Rechtsfom der AG oder deutschen SE grundsätzlich die Möglichkeit offen, dem beschriebenen Risiko dadurch vorzubeugen, dass sie sämtliche Umtausch- oder Bezugsrechte – unter Einplanung eines Risikopuffers – nach §  192 Abs.  2 Nr.  1 AktG durch neue Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung absichern, der ein Bezugsrecht der Aktionäre fremd ist. 611 Dieses Vorgehen schließt es zwar nicht aus, dass für die Bedienung der Aktienerwerbsrechte bei dem Eintritt unvorhergesehener Umstände mehr Aktien benötigt werden, als aufgrund der bedingten Kapitalerhöhung (§  192 Abs.  3 Satz 1 AktG) zur Verfügung stehen. In diesen Ausnahmefällen können die Emittenten aber auf andere Absicherungen zurückgreifen, ohne dabei auf die Möglichkeit eines vereinfachten Ausschlusses des Bezugs- oder Andienungsrechts beschränkt zu sein. Denn die Tatsache, dass die Aktionäre ein Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen haben (§  221 Abs.  4 Satz 1 AktG), wird es regelmäßig erlauben, das Bezugs- oder Andienungsrecht auf die neuen bzw. eigenen Aktien nach §  186 Abs.  3 Satz 1 i. V. m. §  203 Abs.  1 Satz 1 oder §  71 Abs.  1 Nr.  8 Satz 5 Hs.  2 AktG vollständig auszuschließen.612 c) Höhe der Barzahlung Allein die Tatsache, dass die Höhe der Barzahlung in der Regel durch den aktuellen Aktienkurs oder einen gewichteten Durchschnittskurs bestimmt wird, 613 genügt für die Zumutbarkeit des cash settlement nicht. Diese Bemessungs608 Obwohl die überwiegende Ansicht einen gesetzlichen Verwässerungsschutz inzwischen nicht nur für Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln, sondern für sämtliche Varianten der Kapitalerhöhung bejaht (Casper Optionsvertrag 350 ff.; Marsch-Barner/Schäfer/ Groß Börsennotierte AG-HdB §  52 Rn.  18; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  290; Hölters/ Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  71 ff.; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  181; Kallrath Wertpapierbedingungen 164 ff.; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  57 ff.; a. A. A. Hueck DB 1963, 1347; Schumann Optionsanleihen 177 f.), dürfte die vertragliche Ausgestaltung erforderlich sein, um die Wandelschuldverschreibung überhaupt erfolgreich platzieren zu können (MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  293). 609  Zu der möglichen Ausgestaltung des vertraglichen Verwässerungsschutzes im Einzelnen siehe MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  293 ff. m. w. N. 610 HMS/Schlitt Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  11.67a. 611  Statt aller Hüffer/Koch AktG §  186 Rn.  3. 612 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  105; GroßkommAktG/Hirte §  2 21 Rn.  167; ders. Bezugsrechtsausschluß 59 f.; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  76; siehe zu §  71 Abs.  1 Satz 5 Hs.  2 AktG a. F. auch F. A. Schäfer in Lutter/Hirte, Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland und Europa, 62, 71. 613  Schanz BKR 2011, 410, 415.

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grundlage stellt bereits nicht sicher, dass die Gläubiger in sämtlichen Fallkon­ stellationen einen nach kapitalmarktrechtlichen Grundsätzen (§  31 Abs.  1 Satz 2 WpÜG, §  5 Abs.  1 WpÜG-AngebotsVO, §  39 Abs.  3 Satz 2 BörsG) angemessenen Ausgleich erhalten. Hierfür müsste die Bestimmung in den Anleihebedingungen mindestens einen alternativen Mechanismus für die Bestimmung der Höhe der Barzahlung vorsehen, wenn der Emittent während des Referenzzeitraums gegen die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Insiderinformationen (Art.  17 MAR) oder das Verbot der Marktmanipulation (Art.  15 MAR) verstoßen hat oder der Börsenkurs aus anderen Gründen nicht repräsentativ ist (§  5 Abs.  4 WpÜG-AngebotsVO). Fehlen diese Ausnahmeregelungen, ist die Bestimmung auch dann unzumutbar, wenn der Börsenkurs im Einzelfall repräsentativ ist. Aufgrund der für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle maßgeblichen typischen Betrachtungsweise setzt die Zumutbarkeit nach §  308 Nr.  4 BGB nämlich eine Fassung voraus, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen kann.614 Daher vermag die bloße Ergänzung alternativer Berechnungsmethoden die Zumutbarkeit nicht zu begründen. Zum einen lässt die Barzahlung – auch eine der Höhe nach angemessene – unberücksichtigt, dass die Anleihegläubiger oder Bezugsrechtsinhaber ein besonderes strategisches Interesse an der Aktie und – wenn die Umtausch- oder Bezugsrechte durch Stamm­aktien abgesichert sind – an den Stimmrechten haben können. Dies gilt insbesondere, wenn sie mit den neuen Aktien unter Einsatz nach überwiegender Ansicht nicht meldepflichtiger615 Wandelschuldverschreibungen eine wesentliche Beteiligung aufbauen wollen. Zum anderen versetzt eine im Einzelfall angemessene Barzahlung die Gläubiger häufig nicht in die Lage, die durch die Barzahlung substituierte Anzahl von Aktien der Gesellschaft ohne den Einsatz zusätzlicher eigener Mittel am Sekundärmarkt zu erwerben. Dies gilt in Anbetracht der Tatsache, dass die Berechtigten das Umtausch- oder Bezugsrecht nur ausüben, wenn der aktuelle Börsenkurs den Umtausch- oder Bezugspreis übersteigt,616 insbesondere dann, wenn die Höhe der Barzahlung durch den gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs bestimmt wird. Aber auch dann, wenn der repräsentative aktuelle Börsenkurs die Höhe der Barzahlung bestimmt, werden die Gläubiger regelmäßig zusätzlich eigene Mittel aufwenden müssen, da die vermehrte Nachfrage am Sekundärmarkt geeignet ist, den Börsenpreis der Aktien steigen zu lassen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Emittent die benötigten Aktien – jedenfalls nach einem entsprechenden Beschluss der Hauptver614 

BGH NJW 2005, 3567, 3569; WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  24. Indicative List of Financial Instruments 2015/1598, Nr.  3 (a); BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, I.2.8.1.2; MüKoAktG/Bayer WpHG §  38 Rn.  5 ; Spindler/Stilz/ Petersen WpHG §§  33–47 Rn.  71; Emmerich/Habersack/Schürnbrand/Habersack WpHG §  38 Rn.  6 ; S/L/Veil WpHG §  38 Rn.  19; siehe zu §  25 Abs.  1 Satz 1 WpHG a. F. auch Hutter/ Kaulamo NJW 2007, 471, 475; Schlitt/S. Schäfer AG 2007, 227, 233 f.; Seibt CFL 2010, 502, 504; Fuchs/M. Zimmermann WpHG §  25 Rn.  8 ; a. A. ASM/U. Schneider WpHG §  38 Rn.  31 f. 616  Bader AG 2014, 472, 473. 615  ESMA,

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sammlung (§  71 Abs.  1 Nr.  8 AktG) – selbst am Sekundärmarkt erwerben könnte, offenbart diese Auswirkung auf den Börsenpreis ein wesentliches Motiv für das cash settlement, nämlich das mit der Beschaffung der Aktien einhergehende Risiko eines wirtschaftlichen Mehraufwands auf die Anleger abzuwälzen. Die hiermit einhergehende Änderung des Äquivalanzverhältnisses des Zeichnungsbzw. Kaufvertrags indiziert die Unzumutbarkeit des Änderungsvorbehalts. 617

II. Umgekehrte Wandelanleihen Die bis zu dem Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 am 31.12.2015 geltende Fassung von §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG umfasste unter dem Begriff der Wandelschuldverschreibungen nur Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wurde. Gleichwohl waren sog. umgekehrte Wandelanleihen (reverese convertible bonds), bei denen das Umtauschrecht nach den Anleihebedingungen der Gesellschaft zusteht, dem Markt nicht unbekannt.618 In Anbetracht der Tatsache, dass deren Ausgabe nach allgemeiner Ansicht in entsprechender Anwendung von §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung erfolgen durfte,619 konzentrierte der rechtswissenschaftliche Diskurs sich auf die Frage, ob die Verschaffungspflichten durch eine bedingte Kapitalerhöhung (§  192 Abs.  2 Nr.  1 AktG a. F.) abgesichert werden konnten.620 Dabei wurde die AGB-rechtliche Zulässigkeit des Umtauschrechts – sofern sie überhaupt thematisiert wurde – zu Unrecht vorausgesetzt. 621 1. Einordnung des Umtauschrechts Obgleich das in den Anleihebedingungen vorbehaltene Umtauschrecht des Anleiheschuldners gelegentlich – wenig glücklich – auch als Tilgungswahlrecht bezeichnet wird, 622 gestaltet es das Leistungsversprechen nicht zu einer Wahlschuld i. S. d. §§  262 ff. BGB des Inhalts aus,623 dass mehrere Leistungen – nämlich die Zahlung von Zinsen sowie eines bestimmten oder bestimmbaren Geld617  Zu der Indizwirkung siehe BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn.  24; WLP/Dammann BGB §  308 Nr.  4 Rn.  24; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  308 Nr.  4 Rn.  7; Palandt/Grüneberg BGB §  308 Rn.  25; MüKoBGB/Wurmnest §  308 Nr.  4 Rn.  8. 618  Statt vieler MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  52; GroßkommAktG/Hirte §  2 21 Rn.  9 0 m. w. N. 619  Statt vieler MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  52b m. w. N. 620  Verneinend z. B. GroßkommAktG/Frey §  192 Rn.  83 m. w. N. auch zur Gegenansicht. 621  Die Behauptung, dass die Zulässigkeit umgekehrter Wandelanleihen „allgemein anerkannt“ sei (so BT-Drucks. 17/8989, 17 zu §  192 AktG-E), wurde in späteren Materialien (BRDrucks. 22/15, 27; BT-Drucks. 18/4349, 27) nicht wiederholt. 622  Z. B. MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  259. 623 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  137.

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betrags einerseits und das Angebot zum Abschluss eines Zeichnungs- oder Kaufvertrags über Aktien der Gesellschaft andererseits – alternativ geschuldet sind. Die vereinzelt gebliebene Gegenansicht,624 die sich dazu bekennt, die Bestimmung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab des §  308 Nr.  4 BGB entziehen zu wollen,625 entspricht in Ansehung der Rechtsfolge, dass vor der Ausübung des Umtauschrechts erbrachte Zinszahlungen rückwirkend (§  263 Abs.  2 BGB) rechtsgrundlos würden und zu erstatten wären (§  812 Abs.  1 Satz 2 Alt.  1 BGB), nicht dem Parteiwillen. Das Umtauschrecht der Gesellschaft ist vielmehr eine vertragliche Ersetzungsbefugnis,626 die den Anleiheschuldner berechtigt, das in der Schuldverschreibung verbriefte Leistungsversprechen, einen bestimmten oder bestimmbaren Geldbetrag zu zahlen, inhaltlich dahingehend zu ändern, dass die Gläubiger anstelle der Geldzahlung (nur) das Angebot zum Abschluss eines Zeichnungsvertrags oder, wenn die infolge des Umtauschs entstehenden Verschaffungspflichten nicht durch neue Aktien, sondern durch eigene Aktien bedient werden sollen, eines Kaufvertrags verlangen können. 627 Diese rechtliche Einordnung des Umtauschrechts ist von wesent­licher Bedeutung für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Bestimmung. Die Tatsache, dass das Leistungsversprechen sich mangels einer Wahlschuld in dem Anspruch der Gläubiger auf Zahlung eines bestimmten oder bestimmbaren Geldbetrags erschöpft, hat nämlich zur Folge, dass die Ersetzungsbefugnis das originäre Leistungsversprechen nicht unmittelbar ausgestaltet, sondern – wie es §  308 Nr.  4 BGB für Änderungsvorbehalte jeder Art impliziert – unter Abweichung von dem Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda einschränkt und daher als kon­ trollfähige Nebenbestimmung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB unterliegt.628

624 

H. Rasch Wandelschuldverschreibungen 17; Rümker FS Beusch, 1993, 739, 741 f. Rümker FS Beusch, 1993, 739, 741 f. 626 BT-Drucks. 18/4349, 29; BR-Drucks. 22/15, 29; BT-Drucks. 17/8989, 19 jeweils zu §  194 Abs.  1 Satz 2 AktG-E; Drygala WM 2011, 1637, 1638; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  137; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  52c; ders. FS Nobbe, 2009, 539, 551; Großkomm­ AktG/Hirte §  221 AktG Rn.  210. 627  Einen Anspruch gegen die Gläubiger auf Abschluss eines Zeichnungs- oder Kaufvertrags kann die Gesellschaft durch die Ausübung des Umtauschrechts nicht erlangen (a. A. Gleske/Ströbele CFL 2012, 49, 54), da die Ersetzungsbefugnis nur den Inhalt der Leistungspflicht ändern, nicht aber zu einem Rollentausch dergestalt führen kann, dass der bisherige Schuldner (hier die Gesellschaft) zum Gläubiger wird, siehe statt vieler MüKoBGB/Krüger §  262 BGB Rn.  8. 628  Drygala WM 2011, 1637, 1640; Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.  75, 138; a. A. KKAktG/Florstedt §  221 Rn.  112; ders. ZHR 180 (2016), 152, 188 f.; Marsch-Barner/Schäfer/ Groß Börsennotierte AG-HdB Rn.  52.8; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  52c. 625 

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2. Zumutbarkeit Unter Geltung der Rechtslage vor der Aktienrechtsnovelle 2016 waren Bestimmungen in den Anleihebedingungen, die dem Anleiheschuldner ein Umtausch­ recht einräumen, nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam. 629 Weder das marktübliche Versprechen des Anleiheschuldners, bei der Ausübung des Umtauschrechts eine Zuzahlung zu leisten (cash top up), noch die mit der Vereinbarung verbundene Aussicht auf die Erleichterung einer künftigen Sanierung schließt bei der gebotenen Abwägung das Überwiegen der Interessen der Anleihegläubiger an der Zahlung des versprochenen Geldbetrags aus. Erst die am 31.12.2015 in Kraft getretene Änderung von §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG630 hat das normative Leitbild dahingehend verändert, dass derartige Bestimmungen als wirksam anzusehen sind. a) Wirtschaftliche Nachteile der Anleihegläubiger Die Ersetzungsbefugnis des Anleiheschuldners widerspricht nicht nur dem das Vertragsrecht beherrschenden Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda, sondern ist für die Anleihegläubiger regelmäßig auch wirtschaftlich nachteilig. Während bei herkömmlichen Wandelanleihen die Gesellschaften das Risiko tragen, dass der Aktienkurs bzw. -wert innerhalb der Umtauschfrist unterhalb des Umtauschpreises verharrt, die Gläubiger ihr Umtauschrecht nicht ausüben und der versprochene Geldbetrag ausgezahlt werden muss, wälzen die Emittenten das Risiko einer ungünstigen Kurs- bzw. Wertentwicklung bei umgekehrten Wandelanleihen auf die Gläubiger ab.631 Materialisiert dieses Risiko sich, üben ökonomisch rational agierende Anleiheschuldner ihr Umtauschrecht aus mit der Folge, dass die Anleihegläubiger durch die Abwicklung der Zeichnungs- oder Kaufverträge weniger Aktien erhalten, als sie nach der Auszahlung der versprochenen Geldleistung am Sekundärmarkt erwerben könnten. Diese Benachteiligung gleichen die meisten Anleihebedingungen dadurch aus, dass der Anleiheschuldner neben der Andienung der Zeichnungs- oder Kaufverträge eine Zuzahlung in Höhe des Differenzbetrags zwischen dem Wert der Wandelanleihen und dem Börsenpreis bzw. dem Wert der Aktien im Zeitpunkt des Umtauschs (cash top up) zu leisten hat. 632 Dieses Versprechen gilt jedoch regelmäßig nicht, wenn der Umtausch nach dem Eintritt der Insolvenzreife des Anleiheschuldners zur Verringerung der Verbindlichkeiten erfolgt. In diesen Fällen erhalten die Anleihegläubiger anstelle des schuldvertraglichen Zahlungsanspruchs, der 629 

Zu der Anwendbarkeit der besonderen Klauselverbote vorstehend Kap.  2 §  5 B. Art.  1 Nr.  24 i. V. m. Art.  10 Abs.  2 Aktienrechtsnovelle 2016. 631  Drygala WM 2011, 1637; Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  133. 632 GroßkommAktG/Hirte §   221 AktG Rn.  90; Rümker FS Beusch, 1993, 739; HMS/ Schlitt Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  11.64 mit Fn.  159; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  150 mit Fn.  463. 630 

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Kapitel 2. Leitbilder

mit der zu erwartenden Insolvenzquote zu bewerten ist, nur eine mitgliedschaftliche Beteiligung, deren Wert sich regelmäßig mangels eines Überschusses (§  199 Satz 1, 2 InsO) bis zum Gelingen der Sanierung in einem Hoffnungswert erschöpft. 633 b) Sanierungsinstrument auf Vorrat Der Versuch zu begründen, dass das Umtauschrecht der Gesellschaft den Anleihegläubigern zumutbar ist, muss betonen, dass umgekehrte Wandelanleihen in besonderem Maße dazu geeignet und regelmäßig auch dazu bestimmt sind, eine während der Laufzeit der Anleihe möglicherweise erforderlich werdende Sanierung des Anleiheschuldners zu erleichtern. Diese Funktion als Sanierungsinstrument „auf Vorrat“634 beruht nicht allein auf der Rechtsfolge, dass die Anleiheschuldner sich durch den Umtausch von den in der Schuldverschreibung verbrieften Zahlungsverbindlichkeiten befreien635 und das Grundkapital erhöhen können, sondern auch darauf, dass umgekehrte Wandelanleihen jederzeit und damit auch außerhalb einer konkreten Krisensituation mit langen Laufzeiten ausgegeben werden können. Ein weiterer bedeutender Vorteil umgekehrter Wandelanleihen besteht darin, dass der Umtausch – auch nach dem Eintritt der Insolvenzreife636 – einseitig durch die Ausübung der Ersetzungsbefugnis und daher auch gegen den aktuellen Willen der Anleihegläubiger erfolgen kann. Im Gegensatz dazu setzt ein Debt-to-equity-Swap sowohl im Insolvenzplanverfahren (§§  225a Abs.  2 Satz 2, 230 Abs.  2 InsO) als auch in anderen Sanierungsverfahren – sei es in dem bis zum 28.12.2020 statthaften Reorganisationsverfahren (§  9 Abs.  1 Satz 2 KredReorgG a. F.), sei es in dem am 1.1.2021 in Kraft getretenen Restrukturierungsplanverfahren (§§  7 Abs.  4 Satz 2, 15 Abs.  2 StaRUG) – die Zustimmung eines jeden betroffenen Gläubigers voraus. Dieses Zustimmungserfordernis beruht auf einem allgemeinen Rechtsgedanken, nämlich dem aus der Natur von Gesellschaften als privatautonome Zusammenschlüsse – zum Teil sogar aus der negativen Vereinigungsfreiheit (Art.  9 Abs.  1 GG) 637 – abgeleiteten Rechtsgrundsatz, dass kein Gläubiger gegen seinen Wil-

633 

Drygala WM 2011, 1637, 1639; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  135. Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  5b; Seibert/Böttcher ZIP 2012, 12, 16; siehe zu §  192 AktG-E auch BT-Drucks. 18/4349, 27; BR-Drucks. 22/15, 27; BT-Drucks. 17/8989, 17. 635  Die wirksame Umtauscherklärung begründet nach überwiegender Ansicht eine Einwendung i. S. v. §  796 Fall 3 BGB gegen die in der Schuldverschreibung verbrieften Zahlungsansprüche, siehe Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  83; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  394; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  228; a. A. (Erlöschen der Forderungen) Hölters/Haberstock/ Greitemann AktG §  221 Rn.  93; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  220; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  31; Rozijn ZBB 1998, 77, 79; Schanz CFL 2012, 26. 636  Dazu sogleich c). 637  Eidenmüller/Engert ZIP 2009, 541, 547; HambKomm/Thies InsO §  2 25a Rn.  35. 634 

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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len in eine Gesellschafterposition gedrängt werden darf. 638 Diesem ist die gesetzgeberische Wertentscheidung immanent, dass das Interesse der Gläubiger, nicht ohne oder gegen ihren Willen Gesellschafter zu werden, schwerer wiegt als das Interesse an einer Erleichterung der Sanierung des Schuldners. Die konsequente Fortschreibung dieses Abwägungsergebnisses hat zur Folge, dass das Interesse der Emittenten an der privatautonomen Schaffung eines effektiveren Sanierungsinstruments zur Rechtfertigung des vorbehaltenen Umtauschrechts nicht genügt. Anderes ist §  5 Abs.  3 Nr.  5 SchVG nicht zu entnehmen. Insbesondere enthält die Vorschrift für Schuldverschreibungen im Anwendungsbereich des SchVG keine Abkehr von dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass die Gläubiger nicht gegen ihren Willen in eine Gesellschafterposition gedrängt werden dürfen. Im Gegenteil, sie hält nach ihrem eindeutigen Wortlaut („zustimmen“) an dem Erfordernis der Zustimmung sämtlicher betroffenen Gläubiger fest. Lediglich die Einholung dieser Zustimmung wird dahingehend erleichtert, dass die individuelle Zustimmung – vorausgesetzt die Anleihebedingungen enthalten ein entsprechendes Opt-In (§  5 Abs.  1 Satz 1 SchVG) – durch einen Mehrheitsbeschluss639 ersetzt werden kann,640 der gemäß §  5 Abs.  2 Satz 1 SchVG für alle Gläubiger, auch die dissentierenden, verbindlich ist. c) Auswirkung der Änderung des §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 Im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 wurde §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG mit Wirkung vom 31.12.2015641 dahingehend erweitert, dass dem Begriff der Wandelschuldverschreibungen auch Schuldverschreibungen unterfallen, bei denen nur oder – entgegen dem Wortlaut („oder“) – auch642 der Gesellschaft ein Um638 BT-Drucks. 19/24181, 117 zu §   9 Abs.  4 StaRUG-RegE; BT-Drucks. 17/5712, 31 zu §  225a Abs.  2 Satz 2 InsO-RegE; BT-Drucks. 12/2443, 203 zu §  274 InsO-RegE. 639  Nach überwiegender Ansicht treten im Insolvenzverfahren nach §  87 InsO und §  19 Abs.  1 Satz 1 SchVG die für die Gruppe der Schuldverschreibungsgläubiger geltenden Mehrheitserfordernisse (§  244 Abs.  1 InsO) an die Stelle der qualifizierten Mehrheit nach §  5 Abs.  4 Satz 2, 3 SchVG, MüKoInsO/Eidenmüller InsO §  222 Rn.  163; Leuering NZI 2009, 638, 640; Preuße/Scherber SchVG §  19 Rn.  10; KPB/Spahlinger InsO §  225a Rn.  32; a. A. Ampferl FS B. Kübler, 2015, 11, 17; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  19 Rn.  43; Hopt/Seibt/Knapp SchVG §  19 Rn.  50; wohl auch Westphal FS B. Kübler, 2015, 773, 777. 640  BT-Drucks. 17/5712, 31 zu §  2 25a Abs.  2 Satz 2 InsO-RegE; MüKoInsO/Eidenmüller InsO §  225a Rn.  34; HK-InsO/Haas §  225a Rn.  25; Uhlenbruck/Hirte InsO §  225a Rn.  28; FK-InsO/Jaffé §  225a Rn.  10; Hopt/Seibt/Knapp SchVG §  19 Rn.  50; RSZ/Rattunde InsO §  225a Rn.  11; KPB/Spahlinger InsO §  225a Rn.  32; K. Schmidt/Spliedt InsO §  225a Rn.  28; HambKomm/Thies InsO §  225a Rn.  35; zweifelnd Thole ZIP 2014, 2365, 2368; a. A. Frind ZInsO 2011, 656, 657; Reinhard/Schall/Hoffmann SchVG §  19 Rn.  75–79; Schmidtbleicher Anleihegläubigermehrheit 203 f. mit verfassungsrechtlichen Bedenken. 641  Art.  1 Nr.  24 i. V. m. Art.  10 Abs.  2 Aktienrechtsnovelle 2016. 642 Hopt/Seibt/Fest AktG §   221 Rn.  132; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  23a; siehe zu §  192 AktG-E auch BT-Drucks. 18/4349, 27; BR-Drucks. 22/15, 28; BT-Drucks. 17/8989, 18; zu §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG-RegE Seibert/Böttcher ZIP 2012, 12, 15.

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Kapitel 2. Leitbilder

tauschrecht eingeräumt wird. Die Neuregelung überführt die allgemeine Ansicht, dass der Vorstand umgekehrte Wandelanleihen nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgeben darf,643 in das Gesetz. Obwohl diese Regelung in erster Linie das Innenverhältnis der Gesellschaft – konkret die Kompetenzen des Vorstands und der Hauptversammlung – betrifft, lässt die Tatsache, dass §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG keine besonderen Voraussetzungen für die Vereinbarung eines Umtauschrechts der Gesellschaft enthält,644 erkennen, dass die Vorschrift von der grundsätzlichen Wirksamkeit derartiger Bestimmungen ausgeht. Einen Widerspruch zu den §§  225a Abs.  2 Satz 2, 230 Abs.  2 InsO sah der Reformgesetzgeber darin nicht. Die hierfür gegebene Begründung, die Anwendungsbereiche der Vorschriften überschnitten sich in der Regel zeitlich nicht, beruht auf der Rechtsauffassung, dass die Umtauschrechte mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §  104 InsO entfallen und nur noch ein Barausgleich stattfindet. 645 Dies ist jedenfalls seit der Neufassung von §  104 Abs.   1–3 InsO mit Wirkung vom 29.12.2016 646 unzutreffend, da die Umtauschrechte nicht zu den Geschäften über Finanzleistungen i. S. d. §  104 Abs.  1 Satz 2 InsO zählen, wie die Einschränkung des Begriffs in §  104 Abs.  1 Satz 3 Nr.  2 InsO erkennen lässt, 647 und die Schuldverschreibungen keine gegenseitigen Verträge – einen solchen setzt §  104 InsO aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit §  103 InsO aber voraus648 –, sondern abstrakte Schuldversprechen (§  780 BGB) verbriefen. 649 In Anbetracht der Tatsache, dass derartige (Fehl-)Vorstellungen der Entwurfsverfasser, die sich in dem Gesetzestext selbst nicht niedergeschlagen haben, keine bindende Richtschnur für die Auslegung des Gesetzes sind, 650 impliziert die Änderung des §  221 Abs.  1 Satz 1 AktG, dass 643 

Statt vieler MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  52b m. w. N. BT-Drucks. 18/4349, 27 zu §  192 AktG-E. 645  BT-Drucks. 18/4349, 27 f. zu §  192 AktG-RegE. 646  Art.  2 Nr.  1 i. V. m. Art.  5 Abs.  1 Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und zur Änderung des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung v. 22.12.2016 (BGBl. I 3147). 647 FK-InsO/Bornemann InsO §   104 Rn.   71; MüKoInsO/Fried InsO §   104 Rn.   129; Uhlenbruck/Knof InsO §  104 Rn.  56. 648  Statt vieler K. Schmidt/Ringstmeier InsO §  104 Rn.  7. 649  BGHZ 210, 263 Rn.  31 = NZI 2016, 709; BGH NJW 2014, 3362 Rn.  32; MüKoBGB/ Habersack §  780 Rn.  25, §  793 Rn.  40; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 353; Hueck/Canaris WertpapierR §  22 I 2 = 194; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 135; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  8 ; Reps Rechtswettbewerb 29; M. Schmidt/Schrader BKR 2009, 397, 398; Wieneke/Schulze De la Cruz WM 2020, 1720, 1726; siehe auch S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  57 für Genussscheine; a. A. Staudinger/Freitag, 2015, BGB §  488 Rn.  48. Nach ganz überwiegender Ansicht sind auch die Zeichnungsverträge keine gegenseitigen Verträge, sondern unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, siehe RGZ 118, 269, 274; Hüffer/ Koch AktG §  185 Rn.  4 ; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse §  185 Rn.  4 4 m. w. N.; a. A. Schleyer AG 1957, 145; unklar ROHGE 25, 292, 293. 650  Statt vieler BVerfGE 54, 277, 298 f. = NJW 1981, 39; Larenz/Canaris Methodenlehre 150. 644 

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der Gesetzgeber das Interesse der Gesellschaft an einer Erleichterung der Sanierung dahingehend reevaluiert hat, dass es bei einer typisierenden Abwägung das Interesse der Anleihegläubiger an dem Erhalt der versprochenen Geldleistung überwiegt. Dieses Abwägungsergebnis ist im Sinne der Einheit der Rechtsordnung bei der Anwendung von §  308 Nr.  4 BGB dahingehend zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung eines Umtauschrechts der Gesellschaft für die Anleihegläubiger grundsätzlich, d. h. vorbehaltlich einer besonderen Ausgestaltung im Einzelfall, zumutbar und daher wirksam ist.651

B. Ersetzung des Anleiheschuldners Seit dem Inkrafttreten des SchVG am 5.8.2009652 können die Anleihebedingungen vorsehen, dass die Gläubiger einer vom Emittenten angetragenen Schuldner­ ersetzung mit qualifizierter Mehrheit zustimmen können (§  5 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 Satz 1 Nr.  9, Abs.  4 Satz 2 SchVG). In Anbetracht der Tatsache, dass mit der Durchführung einer Gläubigerversammlung erhebliche Kosten für den Schuldner einhergehen (§  9 Abs.  4 SchVG) und die Erreichung der erforderlichen Mehrheit ungewiss oder gar unwahrscheinlich ist, verzichten nicht wenige Emittenten auf diese Möglichkeit und nehmen stattdessen eine Bestimmung in die Anleihebedingungen auf, die sie ohne Einschränkung auf bestimmte Ereignisse (nachfolgend I.) jederzeit berechtigt, ohne Zustimmung der Anleihegläubiger eine andere Gesellschaft als neuen Anleiheschuldner für alle sich aus oder im Zusammenhang mit den Schuldverschreibungen ergebenden Verpflichtungen mit schuldbefreiender Wirkung für den Emittenten an ihre Stelle zu setzen (substitution, nachfolgend II.). Die Wirksamkeit solcher marktüblichen653 Ersetzungsklauseln wird in jüngerer Zeit insbesondere durch ein obiter dictum des OLG Frankfurt654 in Frage gestellt. Die Zweifel sind insofern begründet, als die Bestimmung mit dem Leitbild des §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht zu vereinbaren ist. Die insbesondere bei Auslandsemissionen bislang übliche Garantie der deutschen Konzernmutter vermag alleine die Benachteiligung der Gläubiger – wie das OLG Frankfurt655 im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat – nicht ausreichend abzumildern. Nach den §  309 Nr.  10 Buchst. b BGB sowie den §§  22, 122j UmwG zugrunde liegenden Wertungen bedarf es de lege lata vielmehr eines außerordentlichen Kündigungsrechts, um die Leitbildabweichung 651 Hopt/Seibt/Fest

AktG §  221 Rn.  138. Art.  1 i. V. m. Art.  8 Satz 1 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung v. 31.7.2009 (BGBl. I 2512). 653  Masuch Anleihebedingungen 214. 654  OLG Frankfurt BB 2012, 1305 ff. 655  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308. 652 

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zu rechtfertigen (nachfolgend III.). Sollte der Gesetzgeber einen neuen Anlauf für die Kodifikation eines Leitbilds der Schuldnerersetzung wagen, wäre zu bedenken, dass die in §  795a BGB-DiskE ausschließlich vorgesehene Möglichkeit der Schuldübernahme durch eine Tochtergesellschaft des Emittenten nicht sämtlichen Konstellationen gerecht werden kann, in denen ein berechtigtes Interesse an der Schuldnerersetzung besteht (nachfolgend IV.).

I. Motive für die Schuldnerersetzung Ersetzungsklauseln sind insbesondere bei Schuldverschreibungen üblich, die von einer im Ausland ansässigen Konzernfinanzierungsgesellschaft ausgegeben werden. 656 Diese sollen der im Inland ansässigen Muttergesellschaft Flexibilität bei der Reorganisation des Konzerns dadurch gewährleisten, 657 dass die Verpflichtungen aus oder im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung ohne Zustimmung der Gläubiger auf eine andere Tochtergesellschaft übertragen werden können. Die Motive für eine solche Schuldnerersetzung können unterschiedlichen Ursprungs sein. 1. Änderung steuerlicher Rahmenbedingungen Das wohl häufigste Motiv für die Aufnahme einer Ersetzungsklausel in die Anleihebedingungen ist die Befürchtung, der Sitzstaat der emittierenden Tochtergesellschaft könnte eine Quellensteuer für die Kapitalerträge der Gläubiger einführen. 658 In diesem Fall führten die ebenfalls regelmäßig in den Anleihebedingungen enthaltenen sog. Tax-gross-up-Klauseln zu einer finanziellen Mehrbelastung des Emittenten. Ähnliches gilt für unternehmenssteuerliche Mehrbelastungen der Tochtergesellschaft im nationalen Steuerrecht des Sitzstaats, z. B. eine Erhöhung des maßgeblichen Steuersatzes. 659 Aufgrund der verringerten Liquidität der Gesellschaften kann es im Interesse sowohl des Emittenten als auch der Anleihegläubiger sein, den geänderten Rahmenbedingungen zu „entfliehen“. Mittel hierfür ist – alternativ zu einer identitätswahrenden Sitz-

656 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  29; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  3 Rn.  97; N. Horn WM 1984, 713, 721; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.270; Preuße/ H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  42. 657 KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.270. 658 FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §   5 Rn.  73; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  3 Rn.  97; ders. Vertragsbeziehungen 657; Herfs/Scholz in Hopt VertrFormB, II. Teil, E. 6.2 Wandel­ anleihebedingungen Anm.  33; Hopt WM 1990, 1733, 1735; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 53; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 145; Masuch Anleihebedingungen 216; KMFS/R. Müller BankR/KapMarktR Rn.  15.270; Veranneman/Oulds SchVG §   2 Rn.   5; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  42; Wood, International Loans, Rn.  12-071, 12-079. 659  Hopt WM 1990, 1733, 1735.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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verlegung der emittierenden Tochtergesellschaft in einen anderen Staat660 – die Ersetzung des Anleiheschuldners durch eine andere, in einem anderen Staat ansässige Tochtergesellschaft auf Grundlage einer Ersetzungsklausel in den Anleihebedingungen. 661 2. Veränderungen im Konzern des Emittenten Um den im Ausland ansässigen Konzernfinanzierungsgesellschaften die Platzierung von Schuldverschreibungen zu ermöglichen, übernehmen die Muttergesellschaften – vor dem Hintergrund, dass der Emissionserlös regelmäßig mittels eines cash pool sämtlichen Konzernunternehmen zur Verfügung stehen soll – in den Anleihebedingungen die Garantie, den Inhabern der Teilschuldverschreibungen bis zum Ende der vertraglichen Laufzeit der Schuldverschreibung für sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen einzustehen. Diese Garantie bleibt unberührt, wenn ein Dritter die emittierende Gesellschaft erwirbt und diese als Tochtergesellschaft im eigenen Konzern fortführt. 662 Die ehemalige Muttergesellschaft hat aber ihre zumindest faktisch beherrschende Stellung und die damit einhergehende Einflussmöglichkeit auf den Emittenten verloren. Um diese wiederherzustellen, muss der Anleiheschuldner durch eine andere Tochtergesellschaft der ehemaligen Konzernmutter ersetzt werden. 663 Nicht nur das Ausscheiden der Konzernfinanzierungsgesellschaft aus dem bisherigen Konzern, sondern auch Veränderungen innerhalb des fortbestehenden Konzerns können das Bedürfnis für eine Schuldnerersatzung begründen. 664 Dies ist z. B. der Fall, wenn der Garant dergestalt gespalten wird, 665 dass er seine Stellung als herrschendes Unternehmen und die damit einhergehende Einflussmöglichkeit an den übernehmenden oder neuen Rechtsträger verliert, 666 oder der Konzernfinanzierungsgesellschaft im Zuge der Abspaltung oder Ausgliederung Verbindlichkeiten aus der Garantie übertragen werden. 667 Während in ersteren Konstel660 

Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 147. Hopt WM 1990, 1733, 1735. 662 Siehe Herfs/Scholz in Hopt VertrFormB, II. Teil, E. 6.2 Wandelanleihebedingungen Anm.  33 für die strukturelle Reorganisation des Konzerns. 663 FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  3 Rn.  97; ders. Vertragsbeziehungen 657; Podewils ZHR 174 (2010), 192, 203; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  42. 664 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  29. 665  Die Spaltung der emittierenden Tochtergesellschaft bewirkt keinen Schuldnerwechsel, siehe Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  43 mit Fn.  73. Es besteht auch kein Bedürfnis für eine Schuldnerersetzung, da die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger nach §  133 Abs.  1 Satz 1 UmwG als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers haften, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind. Darüber hinaus können die Gläubiger unter den Voraussetzungen des §  22 i. V. m. §§  125 Satz 1, 133 Abs.  1 Satz 2 Hs.  1 UmwG die Leistung einer Sicherheit verlangen. 666  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 146. 667 FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  3 Rn.  97; Podewils ZHR 174 (2010), 192, 203; Preuße/ H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  42. 661 

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lationen der Anleiheschuldner ohne Nachhaftung durch eine Tochtergesellschaft des übertragenden Rechtsträgers ersetzt werden soll, soll in letzteren die Personenverschiedenheit von Emittent und Garant wiederhergestellt werden.

II. Gestaltungsvarianten Unter Geltung der marktüblichen Ersetzungsklauseln erfolgt die Schuldnerersetzung durch eine Vereinbarung zwischen dem bisherigen Anleiheschuldner und dem Übernehmer. Die Bestimmung in den Anleihebedingungen enthält keine antizipierte Zustimmung der Gläubiger (nachfolgend 1.), sondern weicht von dem dispositiven Recht (§  415 Abs.  1 Satz 1 BGB) insoweit ab, als die Genehmigung der Anleihegläubiger entbehrlich ist. 668 Die vor dem Inkrafttreten des SchVG erwogene Alternative der sog. indirekten Rechtsübertragung ist nicht nur mit erheblichen Hindernissen in der praktischen Umsetzung verbunden, sondern beinhaltet auch eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger (nachfolgend 2.). 1. Schuldübernahme mit antizipierter Zustimmung? Eine Schuldübernahme kann grundsätzlich durch Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer (§   414 BGB), durch Vertrag zwischen altem und neuem Schuldner (§  415 BGB) oder eine Kombination beider Wege erfolgen.669 Aufgrund der Vielzahl anonymer Gläubiger erscheint bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen ausschließlich eine Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB realisierbar. 670 Der hierfür nach dem Wortlaut erforderlichen Genehmigung i. S. d. §  184 Abs.  1 BGB steht nach allgemeiner Ansicht die Einwilligung i. S. d. §  183 Satz 1 BGB gleich.671 Dies legt es zwar nahe, in die Anleihebedingungen eine formularmäßige672 Bestimmung aufzunehmen, mit der die 668  Masuch Anleihebedingungen 215. Siehe z. B. auch Herfs/Scholz in Hopt VertrFormB, II. Teil, E. 6.2 §  15 Abs.  1 des Musters für Wandelanleihebedingungen. 669  BGHZ 31, 321, 329 = NJW 1960, 621; BGH NJW-RR 1996, 193, 194; RG JW 1904, 550, 551; Enneccerus/Lehmann SchuldR §  84 III 3 = 336; Soergel/Schreiber BGB §§  414, 415 Rn.  1; BGB-RGRK/Weber §  414 Rn.  7. 670  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 153; Masuch Anleihebedingungen 215; Siebel, Internationale Anleihen, 638. Zum schweizerischen Recht ebenso Zobl SZW/ RSDA 1990, 129, 134. 671  BGH NJW-RR 2019, 977 Rn.  26 f.; BGH NJW 1998, 1645; BGH NJW-RR 1996, 193, 194; RGZ 60, 415, 416; RG JW 1906, 303; OLG Hamm NJW-RR 2010, 1580, 1581; Palandt/ Grüneberg BGB §  415 Rn.  3 ; MüKoBGB/Heinemeyer §  415 Rn.  9 ; Maurer Schuldübernahme 248; PWW/H.-F. Müller BGB §  415 Rn.  9 ; Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  415 Rn.  94; BRHP/ Rohe BGB §  414 Rn.  8; Soergel/Schreiber Vor BGB §  414 Rn.  8; Jauernig/R. Stürner BGB §§  414, 415 Rn.  6. 672  Abweichend nur Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  135: formularmäßige Genehmigung sei unwirksam.

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Gläubiger ihre Zustimmung zu einer Schuldübernahme antizipiert erklären.673 Diese Erklärung würde aber nur von den Ersterwerbern bei der Eingehung des Begebungsvertrags abgegeben. Die Zweiterwerber wären an diese Zustimmung nicht gebunden,674 da sie im Zuge der Sonderrechtsnachfolge wirkungslos wird. 675 Die Zustimmung ist nämlich eine Verfügung über die Forderung,676 zu deren Vornahme nur derjenige berechtigt ist, dessen Recht tatsächlich betroffen ist. 677 Bei einer Schuldübernahme zeigt die Betroffenheit sich erst im Zeitpunkt des Schuldübergangs. Daher genügt die Berechtigung im Zeitpunkt der Einwilligung alleine nicht; 678 sie muss vielmehr im Zeitpunkt der Sonderrechtsnachfolge fortbestehen. 679 Die Zustimmung eines früheren Gläubigers, der im Zeitpunkt der Schuldübernahme nicht mehr Inhaber der Forderung ist, ist daher ohne rechtliche Wirkung. 680 2. Indirekte Rechtsübertragung Eine befreiende Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB lässt die Passivlegitimation des bisherigen Schuldners entfallen. Diese Einwendung kann der Anleiheschuldner den Gläubigern gemäß §  796 Fall 2 BGB oder §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB aber nur entgegensetzen, wenn und sobald sie sich – ggf. unter Inanspruchnahme der skripturrechtlichen Erleichterungen der §§  2, 21 SchVG – aus der Urkunde ergibt. 681 Der zur Änderung der Wertpapierurkunde erforderliche Aufwand hielt sich bereits vor dem Inkrafttreten des SchVG in Grenzen, wenn die Anleihe – wie üblich – in einer Dauerglobalurkunde verbrieft war. Praktisch ausgeschlossen erschien die skripturrechtliche Umsetzung allerdings 673 Hopt/Seibt/Oulds Rn.  3.107; Wieneke/Schulze De la Cruz WM 2020, 1720, 1726. Von der formularmäßigen Einwilligung ist der formularmäßige Wechsel des Vertragspartners (§  309 Nr.  10 BGB) zu unterscheiden. Zu letzterem siehe nachstehend Kap.  2 §  6 B. III. 2. 674  Offengelassen von Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 153 mit Fn.  27. 675  OLG Celle RNotZ 2005, 542, 543; OLG Düsseldorf MittRhNotK 1996, 276, 277; Staudinger/Klumpp, 2019, BGB §  183 Rn.  33; Erman/Maier-Reimer/Finkenauer BGB §  183 Rn.  2. Im Ergebnis abweichend Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  43. 676  Dörner Relativität 184; Palandt/Grüneberg BGB §  415 Rn.  1; MüKoBGB/Heinemeyer Vor §  414 Rn.  4 ; Larenz SchuldR AT §  35 I a = 603; Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  415 Rn.  7; BRHP/Rohe BGB §  414 Rn.  3 ; Soergel/Schreiber Vor BGB §  414 Rn.  2, §§  414, 415 Rn.  1; BGBRGRK/Weber Vor §  414 Rn.  6 , 8. 677  BGHZ 107, 340, 342 = NJW 1989, 2049; Medicus/Petersen BGB AT Rn.  1022; Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  415 Rn.  66. 678  So aber Pfister JZ 1969, 623, 627. Für die Genehmigung ähnlich Finkenauer AcP 203 (2003), 282, 309; BGB-RGRK/Steffen §  184 Rn.  6 : Genehmigungsbefugnis im Zeitpunkt der Vornahme des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts (hier der Schuldübernahme) genügt. 679 Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  415 Rn.  66. 680 Erman/Maier-Reimer/Finkenauer BGB §   183 Rn.   2; Medicus/Petersen BGB AT Rn.  1022; Thiele Zustimmung 302. 681  Zu Einzelheiten des skripturrechtlichen Vollzugs nachstehend Kap.  2 §  6 B. III. 3.

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Kapitel 2. Leitbilder

bei Anleihen, die in effektiven Stücken verbrieft waren. Die in diesen Fällen grundsätzlich bestehende Notwendigkeit, jede einzelne Wertpapierurkunde zu ändern, war Anlass dafür, die Schuldumschaffung indirekt vorzunehmen. Im Zentrum dieser Gestaltung steht ein echter Vertrag zugunsten Dritter zwischen dem neuen und dem bisherigen Anleiheschuldner, 682 nämlich das Versprechen, dass die Gläubiger sämtliche Leistungen, wie sie in den Anleihebedingungen beschrieben sind, von dem neuen Anleiheschuldner fordern können. 683 Um die Entstehung einer gesamtschuldnerischen Haftung zu vermeiden, bestimmen die Anleihebedingungen gesondert, 684 dass die Leistungsversprechen des bisherigen Anleiheschuldners mit dem Abschluss des Vertrags zugunsten Dritter erlöschen, sei es durch eine auflösende Bedingung der verbrieften Schuldverhältnisse (§  158 Abs.  2 BGB), sei es durch einen aufschiebend bedingten Erlass (§§  397 Abs.  1, 158 Abs.  1 BGB). a) Rechtliche Nachteile und Hindernisse in der praktischen Umsetzung Im Vergleich zu der Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB weist die – grundsätzlich mögliche685 – indirekte Rechtsübertragung mittels eines Vertrags zugunsten Dritter drei empfindliche Nachteile auf, die durch ergänzende Bestimmungen in den Anleihebedingungen nur zum Teil gemildert werden können. aa) Erneute Bestellung akzessorischer Sicherheiten Bei der Schuldübernahme tritt der Übernehmer unter Wahrung der Identität der Forderung im Übrigen686 an die Stelle des bisherigen Schuldners. Mit der Schuldübernahme erlöschen gemäß §  418 Abs.  1 Satz 1 BGB grundsätzlich die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Die dieser Rege682  Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 361 mit Fn.  84. Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155 bezeichnet diesen Vorgang als „Novation in der Person des neuen Schuldners“. Hierbei handelt es sich jedenfalls nicht um eine Novation im herkömmlichen Sinn, bei der die Aufhebung des bestehenden Schuldverhältnisses mit der Begründung eines neuen – in Form eines abstrakten Schuldversprechens i. S. d. §  780 BGB – dergestalt verbunden ist, dass das neue an die Stelle des alten tritt (siehe statt vieler RGZ 134, 153, 155; Staudinger/Olzen, 2016, Einl BGB §§  362 ff. Rn.  35). Die vorliegende Konstruktion unterscheidet sich hiervon dadurch, dass zwischen dem Versprechenden und den Gläubigern zuvor kein Schuldverhältnis bestand. 683  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155. 684  Die marktübliche Bestimmung, dass der Anleiheschuldner zu einer Schuldnerersetzung berechtigt ist, genügt hierfür nicht, wohl a. A. Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155. Die Annahme eines Erlassvertrags als Ergebnis der Auslegung erfordert eine eindeutige bzw. unzweifelhafte Erklärung, statt vieler BGH VersR 2011, 140 Rn.  36; Palandt/ Grüneberg BGB §  397 Rn.  8 jeweils m. w. N. 685  Dörner Relativität 182. 686  Statt vieler BGHZ 129, 371, 375 = NJW 1995, 2290; BGHZ 58, 251, 254 = NJW 1972, 939; MüKoBGB/Heinemeyer Vor §  414 Rn.  2 ; Palandt/Grüneberg Überbl v BGB §  414 Rn.  1.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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lung zugrunde liegende Erwägung, dass sich mit dem Wechsel des Schuldners die Gewähr verändert, die dessen Person dafür bietet, dass es nicht zu einer Inanspruchnahme des Sicherungsgebers oder des Pfandes kommt,687 ist nicht auf die genannten akzessorischen Sicherungsrechte beschränkt, sondern gilt ebenso für andere durch Rechtsgeschäft begründete Sicherheiten688 (z. B. Sicherungsabtretung, Sicherungseigentum) mit der Folge, dass §  418 Abs.  1 Satz 1 BGB insoweit entsprechende Anwendung findet.689 Willigt der Sicherungsgeber jedoch in die Schuldübernahme ein, bestehen die Sicherheiten nach §  418 Abs.  1 Satz 3 BGB ausnahmsweise fort. Die von den Muttergesellschaften im Rahmen von Anleiheemissionen regelmäßig ausgesprochenen Garantien enthalten zwar solche Erklärungen. 690 Diese sind bei der indirekten Rechtsübertragung aber wertlos, da die Sicherungsrechte mangels einer Schuldübernahme nicht nach §  418 Abs.  1 Satz 1 BGB, sondern aufgrund des Eintritts der Bedingung – gleichgültig, ob es sich um eine aufschiebende oder eine auflösende handelt – mit den verbrieften Leistungsversprechen erlöschen.691 Daher müssten die Sicherheiten – unter Mitwirkung des Sicherheitentreuhänders – für die neu begründeten Forderungen (§  328 Abs.  1 BGB) neu bestellt werden,692 wobei den Gläubigern bei Pfandrechten und Grundpfandrechten aufgrund des Prioritätsprinzips ggf. ein Rangverlust drohte. bb) Verlust des Wertpapiercharakters Mit dem Bedingungseintritt würden die Teilschuldverschreibungen ihrer Forderungen entkleidet; hierdurch verlören sie ihren Charakter als Wertpapiere. Gleichwohl wären sie und die über die Berechtigung an einem Bruchteil der Sammelurkunde ausgestellten Depotbescheinigungen nicht bedeutungslos. Sie dienten den Gläubigern dazu, sich als ehemalige Gläubiger des Versprechens­ empfängers und damit als Forderungsinhaber gegenüber dem Versprechenden zu legitimieren. 693

687 

BGH WM 1992, 1312, 1315; BGH WM 1966, 577, 579; BGB-RGRK/Weber §  418 Rn.  1. BGH WM 1992, 1312, 1315; Palandt/Grüneberg BGB §  418 Rn.  1. 689  Statt vieler MüKoBGB/Heinemeyer §  418 Rn.  2 m. w. N. 690  So wohl Herfs/Scholz in Hopt VertrFormB, II. Teil, E. 6.2 Wandelanleihebedingungen Anm.  33. 691  Nichtakzessorische Sicherungsrechte erlöschen nach überwiegender Ansicht nicht ex lege, sondern sind nach Maßgabe der Sicherungsabrede dem Sicherungsgeber zurückzugewähren, Boeck LZ 1922, 241, 243; BRHP/Rohe BGB §  418 Rn.  5. Offengelassen von BGHZ 115, 241, 246 = NJW 1992, 110. 692  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155. 693  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155. 688 

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Kapitel 2. Leitbilder

cc) Vertraglicher Einwendungsausschluss und erneute Verbriefung Dem neuen Anleiheschuldner stehen gegenüber den Gläubigern nicht nur die urkundlichen Einwendungen aus den Anleihebedingungen, sondern nach §  334 BGB grundsätzlich auch die Einwendungen aus dem Vertrag mit dem bisherigen Anleiheschuldner zu. Letztere kann er nach §  404 BGB auch dem Zessionar entgegensetzen, wenn die neuen – noch unverbrieften – Ansprüche abgetreten werden. Zwar sind sowohl §  334 BGB694 als auch §  404 BGB695 dispositiv, so dass es theoretisch möglich erscheint, einen dem Wertpapierrecht ähnlichen Einwendungsausschluss vertraglich zu begründen.696 Während die vertragliche Abrede zur Modifikation von §  334 BGB im Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger ohne Mitwirkung der Dritten geschlossen werden kann,697 bedarf es bei §  404 BGB eines Vertrags mit jedem Zedenten oder Zessionar. 698 Deren Zustandekommen erscheint aufgrund der Vielzahl anonymer Gläubiger praktisch ausgeschlossen. Vergleichbares gilt für die Alternative, die neuen Ansprüche gegen den Versprechenden in einer Inhaber- oder Orderschuldverschreibung zu verbriefen, um die unmittelbare Geltung von §  796 BGB, §  28 Abs.  2 eWpG oder §  364 Abs.  2 HGB zu begründen. Die Verbriefung ist kein einseitiger Akt, sondern bedarf eines Begebungsvertrags, 699 wofür ebenfalls die – unrealistische – Mitwirkung sämtlicher Gläubiger erforderlich ist. b) Unvereinbarkeit mit dem Leitbild der Zustimmungsbefugnis Die indirekte Rechtsübertragung ist nicht nur mit erheblichen Hindernissen in der praktischen Umsetzung verbunden, sondern auch eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger i. S. v. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB. Grundlage hierfür ist die Tatsache, dass die für eine Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB erforderliche Zustimmung nur von der Person erklärt werden kann, die im Wirkzeitpunkt Gläubiger der Forderung ist, nicht jedoch für diese bindend von einem Sonderrechtsvorgänger.700 Diese personelle Beschränkung der Zustimmungsbefugnis beruht darauf, dass durch die Ersetzung des Schuldners 694  BGHZ 127, 378, 385 = NJW 1995, 392; BGHZ 93, 271, 275 f. = NJW 1985, 1457; MüKo­ BGB/Gottwald §  334 Rn.  2; Palandt/Grüneberg BGB §  334 Rn.  2; BRHP/Janoschek BGB §  334 Rn.  4 ; PWW/M. Stürner BGB §  334 Rn.  2. 695  BGH BB 1956, 830; RGZ 71, 30, 32; RG JW 1938, 1247 Nr.  13; Staudinger/Busche, 2017, BGB §  404 Rn.  35; Palandt/Grüneberg BGB §  404 Rn.  7; PWW/H.-F. Müller BGB §  404 Rn.  7; BRHP/Rohe BGB §  404 Rn.  15. 696  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 155. 697 MüKoBGB/Gottwald §  334 Rn.  2. 698 Staudinger/Busche, 2017, BGB §   404 Rn.  35; Palandt/Grüneberg BGB §  404 Rn.  7; BRHP/Rohe BGB §  404 Rn.  15. 699  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 A. II. 700  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. II. 1.

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die Werthaltigkeit der Forderung beeinträchtigt werden kann und soll dem unmittelbar Betroffenen daher die Möglichkeit einräumen, die Zuverlässigkeit und die Solvenz des neuen Schuldners zu prüfen und erst danach über die Erklärung der Zustimmung zu entscheiden. Mit diesem Leitbild der Zustimmung ist die indirekte Rechtsübertragung nicht zu vereinbaren. Die Bedingungskonstruktion widerspricht dem Gerechtigkeitsgedanken, nur der Forderungsinhaber selbst kann über die Schuldnerersetzung entscheiden. Bei ihr erklärte nur der Ersterwerber – im Regelfall der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung ein mit dem Emittenten kooperierendes Institut – sein Einverständnis mit einer zukünftigen und zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch unkonkreten Schuldumschaffung. Der Zweiterwerber wäre im Unterschied zu einer antizipierten Zustimmung, die mit der Sonderrechtsnachfolge gegenstandslos wird,701 an das Einverständnis des Ersterwerbers mit der auflösenden Bedingung oder dem aufschiebend bedingten Erlass gebunden. Mit anderen Worten: Die Konstruktion ermöglichte es, dass jemand das Einverständnis erklärt, der im Zeitpunkt des Bedingungseintritts nicht mehr Forderungsinhaber ist, also Nichtberechtigter, während die Zustimmung desjenigen, der zu diesem Zeitpunkt Forderungsinhaber und damit schutzbedürftig ist, nicht erforderlich wäre. Diese Konstruktion ist mit dem Gerechtigkeitsgedanken, der in der Zustimmungsbefugnis Ausdruck findet, nicht zu vereinbaren mit der Folge, dass die auflösende Bedingung des verbrieften Leistungsversprechens bzw. der aufschiebend bedingte Erlass nach §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  1 BGB unwirksam ist.

III. Normatives Leitbild de lege lata Die marktüblichen Ersetzungsklauseln sind weder nach §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG i. V. m. §  134 BGB nichtig noch nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.702 Zum einen ist der Wortlaut von §  4 Satz 1 SchVG („nur“) teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er Ersetzungsklauseln nicht entgegensteht, welche die Inhaltsgleichheit und Fungibilität der Teilschuldverschreibungen unberührt lassen (nachfolgend 1.). Zum anderen begründet die Abweichung von dem Zustimmungserfordernis des §   415 Abs.   1 Satz 1 BGB keine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger, wenn ihnen für den Fall der Schuldübernahme das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Teilschuldverschreibungen eingeräumt wird (nachfolgend 2.).

701 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. II. 1. Im Ergebnis auch LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  30; Leber Obligationäre 274. Vor dem Inkrafttreren des SchVG bereits Hopt WM 1990, 1733, 1735 mit Fn.  28. Kritisch Hopt/Seibt/Thole SchVG §  5 Rn.  84 hinsichtlich der Transparenz von Ersetzungsklauseln, in denen die Voraussetzungen nicht näher umschrieben sind. 702 

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Kapitel 2. Leitbilder

1. Keine Exklusivität der Änderungsverfahren nach §  4 Satz 1 SchVG Nach §  4 Satz 1 SchVG können Bestimmungen in den Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe nur durch gleichlautenden Vertrag mit sämtlichen Gläubigern oder mit Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Gläubiger nach Maßgabe der §§  5 –21 SchVG geändert werden. Das wörtliche Verständnis dieser Vorschrift („nur“) impliziert eine Ausschließlichkeit dieser Änderungsverfahren mit der Folge, dass eine Änderung der Anleihebedingungen auf Grundlage einer Bestimmung in den Anleihebedingungen ohne die Zustimmung der Gläubiger ausgeschlossen wäre. Dieses Verständnis ist allerdings weder vom Reformgesetzgeber beabsichtigt noch durch den Sinn und Zweck der kollektiven Bindung geboten, weshalb die Vorschrift teleologisch dahingehend zu reduzieren ist, dass sie Ersetzungsklauseln nicht entgegensteht, welche die Inhaltsgleichheit und Fungibilität der Teilschuldverschreibungen unberührt lassen. a) Regelungslücke Sowohl der SchVÄndG-DiskE als auch der SchVG-RefE enthielten neben der Möglichkeit, den Inhalt der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger zu ändern (§§  795b, 795c BGB-DiskE, §§  4 ff. SchVG-RefE), eine Vorschrift, die es dem Aussteller bzw. Schuldner ohne Zustimmung der Gläubiger erlauben sollte, eine andere Person als neuen Schuldner einzusetzen (§  795a BGB-DiskE, §  23 SchVG-RefE).703 Diese Bestimmungen sollten nicht nur ein besonderes, von §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB abweichendes Leitbild einführen, sondern – ausweislich der Begründung des SchVÄndG-DiskE – auch klarstellen, dass inhaltlich entsprechende Ersetzungsklauseln auch dann zulässig sind, wenn die Anleihebedingungen der Gläubigerversammlung nicht die Kompetenz einräumen, über die Schuldnerersetzung zu beschließen.704 In den SchVG-RegE sind diese Entwürfe – wohl aufgrund von Uneinigkeit über die Grenzen der Zulässigkeit dieser Art der Schuldnerersetzung – ebenso wenig aufgenommen worden wie die Klarstellung, dass die marktüblichen Ersetzungsklauseln weiterhin zulässig sind. Hieraus den Umkehrschluss abzuleiten, der Gesetzgeber habe den Regelungsgehalt des §  795a BGB-DiskE und des §  23 SchVG-RefE bewusst nicht in das SchVG übernommen, weil er diese Art der Schulnerersetzung verbieten wollte, findet in der Entstehungsgeschichte keine Stütze. Der Gesetzgeber hat es lediglich unterlassen, ein neues Leitbild einzuführen und damit die grundsätzliche Zulässigkeit von Ersetzungsklauseln klarzustellen. Gegenteiliges, nämlich ein gesondertes Verbot dieser Bestimmungen außerhalb des AGB-Rechts, ist auch der Begründung zu §  4 Satz 1 SchVG nicht 703 

704 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  2 §  6 B. IV. 1. und 2. Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795a BGB-DiskE.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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zu entnehmen. Diese erschöpft sich in Erläuterungen zu dem Sinn und Zweck sowie den Rechtsfolgen der kollektiven Bindung.705 Anhaltspunkte dafür, dass Ersetzungsklauseln fortan unzulässig sein sollten, gibt es nicht. Daher liegt es nahe, dass der Reformgesetzgeber nicht erkannt hat, dass der Wortlaut des §  4 Satz 1 SchVG („nur“) diesen Bestimmungen entgegensteht.706 b) Sinn und Zweck der kollektiven Bindung Der Sinn und Zweck von §  4 Satz 1 SchVG steht Bestimmungen in Anleihebedingungen, die eine Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger vorsehen, nicht entgegen. Die im Wortlaut der Vorschrift („nur“) angelegte Exklusivität der Verfahren zur Änderung der Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe soll die Inhaltsgleichheit der Teilschuldverschreibungen und damit die Fungibilität707 der Wertpapiere sicherstellen.708 Eine Bestimmung, welche die Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger zulässt, beeinträchtigt die Verwirklichung dieses Zwecks bereits dann nicht, wenn eine nur partielle Schuldnerersetzung ausgeschlossen ist. Hierfür ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Schuldnerersetzung nur für alle Teilschuldverschreibungen derselben Anleihe erfolgen kann und die mit ihr einhergehende Änderung der Anleihebedingungen einheitlich skripturrechtlich vollzogen werden muss.709 Ob die Gläubiger einer solchen Schuldnerersetzung mit einem für alle Gläubiger verbindlichen Mehrheitsbeschluss (§  5 Abs.  2 Satz 1 SchVG) zustimmen oder ihre Zustimmung auf Grundlage einer Bestimmung in den Anleihebedingungen entbehrlich ist, ist für den Fortbestand der Inhaltsgleichheit und der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen unerheblich. 2. Benachteiligung der Anleihegläubiger und Kompensation Die Ersetzungsklauseln weichen – worauf das OLG Frankfurt710 in einem obiter dictum zu Recht hingewiesen hat – von einem wesentlichen Grundgedanken des Vertragsrechts ab, nämlich dem Zustimmungserfordernis nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB. Die hierin liegende Benachteiligung müssen die Gläubiger zwar nicht bereits deshalb hinnehmen, weil die Bestimmung weithin üblich ist711 705 

BT-Drucks. 16/12814, 17 zu §  4 SchVG-RegE. Im Ergebnis ebenso Podewils ZHR 174 (2010), 192, 197. 707  Zu den Voraussetzungen der Fungibilität vorstehend Kap.  1 §  3 B. III. 2. c) bb) (3). 708  BT-Drucks. 16/12814, 17 zu §  4 SchVG-RegE; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  4 Rn.  2 ; Freudenberger SchVG 23; Podewils DStR 2009, 1914, 1915; Reinhard/Schall/Schall/ J. Simon SchVG §  4 Rn.  47; Hopt/Seibt/Thole SchVG §  4 Rn.  33, 34. 709  Zu Einzelheiten sogleich 3. 710  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308. 711  Die Üblichkeit einer Bestimmung vermag ihre Angemessenheit nicht zu begründen, siehe BGHZ 114, 9, 15 = NJW 1991, 1677; BGHZ 106, 259, 267 = NJW 1989, 582; BGHZ 100, 157, 172 = NJW 1987, 1931; BGHZ 91, 316, 319 = NJW 1984, 2160; BGH WM 1984, 1224, 1226; 706 

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Kapitel 2. Leitbilder

oder – wie es bei Auslandsemissionen der Regel entspricht – die Konzernmutter eine Garantie für sämtliche Verpflichtungen der Konzernfinanzierungsgesellschaft aus und im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt. Zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung i. S. d. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB genügt es in Anbetracht von §  309 Nr.  10 Buchst. b BGB sowie den §§  22, 122j UmwG aber, den Gläubigern das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Teilschuldverschreibungen einzuräumen. a) Keine Unwirksamkeit nach §  309 Nr.  10 BGB Die Ersetzungsklauseln sind nicht nach §  309 Nr.  10 BGB unwirksam. Zwar gilt das im Wortlaut auf Vertragsübernahmen beschränkte Klauselverbot712 nach überwiegender Ansicht für Schuldübernahmen nach den §§  414, 415 BGB entsprechend,713 aber nur, wenn Grundlage der übernommenen Schuld ein Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkvertrag ist. Die überwiegende Ansicht erweitert den Anwendungsbereich von §  309 Nr.  10 BGB zwar im Wege der Analogie um Arbeits-714 und Geschäftsbesorgungsverträge715 sowie Finanzierungsleasingverträge, bei denen die kaufrechtliche Komponente überwiegt.716 Auf die in kapitalmarktfähigen Schuldverschreibungen verbrieften abstrakten Schuldversprechen717 findet die Vorschrift aber weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.718

BGH WM 1973, 611, 612; PWW/K. P. Berger BGB §  307 Rn.  7; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  103. 712  Statt vieler Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10. 713 BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  6 ; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  88; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  12; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  12; Palandt/Grüneberg BGB §  309 Rn.  98; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  6; MüKo­BGB/Heinemeyer §  415 Rn.  9 ; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  14; Erman/Roloff/ Looschelders BGB §  309 Rn.  135; Stoffels AGBR Rn.  745; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  6. 714 Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §   309 Nr.  10 Rn.  9; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  50; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  5; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  5. 715  OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1397 zu §  11 Nr.  13 AGBG; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  87; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  134; a. A. MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  5. 716 BRHP/J. Becker BGB §   309 Nr.  10 Rn.  3 f.; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  9 ; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10; a. A. PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  87; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  5 ; Stoffels AGBR Rn.  743. 717  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 B. I. 718  Masuch Anleihebedingungen 217.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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b) Unvereinbarkeit mit dem wesentlichen Grundgedanken der §§  414, 415 BGB Der sachlich begrenzte Anwendungsbereich von §  309 Nr.  10 BGB schließt eine Unwirksamkeit der Ersetzungsklausel nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB nicht aus.719 Sie liegt deshalb nahe, weil eine von der Zustimmung des Gläubigers unabhängige Schuldübernahme dem geltenden Recht fremd ist.720 Möglich ist die rechtsgeschäftliche Schuldübernahme nach den §§  414, 415 Abs.  1 Satz 1 BGB nur mit Zustimmung des Gläubigers. Dieses Zustimmungserfordernis beruht darauf, dass durch die Ersetzung der Person des Schuldners die Interessen der Gläubiger erheblich beeinträchtigt werden können,721 und soll es den Gläubigern ermöglichen, sich über die Zuverlässigkeit und Solvenz des Übernehmers zu vergewissern. Es ist somit keine bloße Zweckmäßigkeitserwägung, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots,722 die zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zählt.723 Hiermit ist die marktübliche Ersetzungsklausel, die eine Schuldnerersetzung ohne die Zustimmung der Anleihegläubiger vorsieht, nicht zu vereinbaren.724 c) Kompensation der Leitbildabweichung Die Unvereinbarkeit der Ersetzungsklausel mit dem gesetzlichen Leitbild des §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB begründet nicht stets, sondern gemäß §  307 Abs.  2 Nr.  1 BGB nur im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger. Daher tritt die Unwirksamkeit nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB ausnahmsweise nicht ein, wenn die mit der Leitbildabweichung einhergehende Benachteiligung der Gläubiger durch höherrangige Interessen, die in der Natur des konkreten Schuldverhältnisses liegen, sachlich gerechtfertigt ist oder durch die Gewährung anderer rechtlicher Vorteile ausgeglichen725 und der gesetzliche 719  Stoffels AGBR Rn.  750. Für die Vertragsübernahme siehe auch BGH NJW 2010, 3708 Rn.  23; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  42; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  14; Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  414 Rn.  120, BGB §  415 Rn.  75. 720  Mot. II 143 = Mugdan II 79. Siehe auch BGH NJW 2010, 3708 Rn.  24 für die Vertragsübernahme. 721  Mot. II 143 = Mugdan II 79. 722  Zu dieser Unterscheidung siehe BGHZ 115, 38, 42 = NJW 1991, 2414; BGHZ 114, 238, 240 = NJW 1991, 1886; BGHZ 89, 206, 211 = NJW 1984, 1182; BGHZ 63, 238, 239 = NJW 1975, 165; BGHZ 54, 106, 109 f. = NJW 1970, 1596; BGHZ 41, 151, 154 = NJW 1964, 1123. 723 Ähnlich Gruson/Harrer ZBB 1996, 37, 45, die in dem unter Geltung des SchVG 1899 erforderlichen einstimmigen Einverständnis einen wesentlichen Grundgedanken des deutschen Rechts sehen. 724  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 153; Masuch Anleihebedingungen 218. 725  Mit geringfügigen Abweichungen in der Formulierung BGHZ 119, 152, 169 = NJW 1992, 3158; BGHZ 115, 38, 43 f. = NJW 1991, 2414; BGHZ 114, 238, 242 f. = NJW 1991, 1886; BGHZ 110, 88, 93 = NJW 1990, 2065; BGHZ 63, 238, 239 = NJW 1975, 165; BGHZ 54, 106, 109 f. = NJW 1970, 1596; BGHZ 41, 151, 154 = NJW 1964, 1123; BGH NJW-RR 2003, 834, 836; Schmidt-Salzer NJW 1977, 129, 138.

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Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt wird.726 In Anwendung dieses Maßstabs sind Ersetzungsklauseln unabhängig von der Bonität des neuen Anleiheschuldners nur wirksam, wenn sie den Gläubigern das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Teilschuldverschreibungen einräumen. Das markt­ übliche Vorgehen, dass die Konzernmutter eine Garantie für sämtliche Verpflichtungen der Konzernfinanzierungsgesellschaft aus und im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt, genügt nicht. aa) Rechtsprechung des BGH zur Vertragsübernahme Für die Vertragsübernahme hat der BGH aufseiten der Klauselverwender ein der gewerblichen Tätigkeit entstammendes grundsätzliches Interesse daran anerkannt, einen wirtschaftlich für sinnvoll erachteten Wechsel in der Person des Schuldners zu erleichtern.727 Das diesem gegenüberstehende Interesse der Vertragspartner, sich über die Zuverlässigkeit und Solvenz des Übernehmers zu vergewissern,728 sei umso gewichtiger, je stärker das Vertragsverhältnis von einem besonderen Interesse an der Person eines bestimmten Schuldners geprägt sei.729 Daher sei eine formularmäßige Vertragsübernahmeklausel jedenfalls dann zu beanstanden – also nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam –, wenn dem Vertragspartner des Verwenders nach der Art des geschlossenen Vertrags die Person seines Vertragspartners typischerweise nicht gleichgültig sein kann, er vielmehr daran interessiert sein muss, sich über Zuverlässigkeit und Solvenz des Dritten Gewissheit zu verschaffen.730 Ein solcher personaler Einschlag des Vertragsverhältnisses könne sich im Einzelfall insbesondere aus der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Schuldners oder aus Besonderheiten der Vertragsgestaltung ergeben. Ersteres sei auf natürliche Personen und Personengesellschaften mit persönlich kontaktierbaren Gesellschaftern als Ansprechpartnern beschränkt, Letzteres erfordere regelmäßig die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens.731 Fehlt ein solcher personaler Einschlag – wie z. B. bei einem Gewerberaummietverhältnis732 –, ist in die nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB erforderliche Abwägung aufseiten der Vertragspartner des Verwenders nur das all­ gemeine Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Verbindlichkeit einzustellen. Dieses ist – von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen 726  BGHZ 141, 108, 114 = NJW 1999, 2180; BGHZ 60, 243, 245 = NJW 1973, 990; BGH NJW 2013, 1431 Rn.  26. Ähnlich Canaris FS P. Ulmer, 2003, 1073, 1081: „triftige, klar überwiegende Argumente gegen deren Vorliegen“ (Anm.: eine unangemessene Benachteiligung). 727  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  25. 728  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  26. 729  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  26. 730  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  2 2; BGH NJW 1985, 53, 54; siehe auch BGH WM 1980, 1120, 1121 zu §  11 Nr.  13 Buchst. a AGBG. 731  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  26. 732  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  27. Gegenteilig hat der BGH wiederholt für Automatenaufstellverträge entschieden, siehe BGH NJW-RR 1990, 1076, 1078; BGH NJW 1985, 53.

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– nicht an einen bestimmten Vertragspartner geknüpft733 mit der Folge, dass das Interesse des Verwenders an der Erleichterung einer wirtschaftlich für sinnvoll erachteten Vertragsübernahme überwiegt und die formularmäßige Klausel daher keine unangemessene Benachteiligung darstellt.734 Die Gleichbehandlung von Vertrags- und Schuldübernahme im Rahmen von §  309 Nr.  10 BGB735 legt es nahe, die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH zur Vertragsübernahme auf Fälle der Schuldübernahme zu übertragen. In Bezug auf Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen hätte dies zur Folge, dass die marktüblichen Ersetzungsklauseln in Anleihebedingungen, die den Emittenten ohne die Zustimmung der Gläubiger berechtigten, an die Stelle des bisherigen Anleiheschuldners eine andere Gesellschaft zu setzen, wirksam wären. Sie benachteiligten die Gläubiger nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Grund hierfür wäre, dass Inhaberschuldverschreibungen aus einer Gesamtemission nicht durch personenbezogene Merkmale geprägt sind. Zwar wird ihr Marktwert maßgeblich durch die Bonität des Schuldners bestimmt.736 Das damit verbundene Interesse der Anleger an der Person des Schuldners geht aber nicht über eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung hi­ naus. Insbesondere ist das durch die Teilschuldverschreibungen vermittelte Rechtsverhältnis kein solches, das durch die beteiligten Personen geprägt wird, da der Anleiheschuldner regelmäßig eine nur am Kapitalmarkt agierende Konzernfinanzierungsgesellschaft ist und die Anleger die umlaufenden Teilschuldverschreibungen als fertige (Rechts-)Produkte an einem anonymen Sekundärmarkt erworben haben. Zweifel an der Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze resultieren daraus, dass der BGH seine Aussagen zu der Vertragsübernahmeklausel auf den unternehmerischen Verkehr beschränkt hat.737 Im Unterschied dazu orientiert die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen sich an dem für Verbraucher geltenden Prüfungsmaßstab.738 Dieser Unterschied legt es nahe, dass weitere Umstände hinzutreten müssen, um die mit den marktüblichen Ersetzungsklauseln einhergehende Benachteiligung der Anleihegläubiger zu rechtfertigen.

733 

BGH NJW 2010, 3708 Rn.  28. BGH NJW 2010, 3708 Rn.  23. 735 BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  6 ; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  88; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  12; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  12; Palandt/Grüneberg BGB §  309 Rn.  98; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  6 ; MüKoBGB/Heinemeyer §  415 Rn.  9; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  14; Erman/Roloff/ Looschelders BGB §  309 Rn.  135; Stoffels AGBR Rn.  745; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  6. 736  Zu Einzelheiten der Bewertung vorstehend Kap.  1 §  3 C. I. 2. a). 737  BGH NJW 2010, 3708 Rn.  28. 738  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. IV. 734 

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bb) Bonität des neuen Schuldners In der Literatur wird die Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger vereinzelt für zumutbar und damit für gerechtfertigt erachtet, wenn die Bonität des neuen Schuldners im Einzelfall nicht schlechter ist als die des bisherigen Schuldners.739 Diese Ansicht widerspricht dem abstrakt-generellen Maßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.740 Dieser erfordert eine Fassung der Bestimmung, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Schuldnerersetzungen dienen kann. Andernfalls ist die Bestimmung auch dann unwirksam, wenn die Schuldnerersetzung die Gläubiger im Einzelfall nicht benachteiligt. cc) Selbstständige Garantie der Konzernmutter Ein Umstand, der regelmäßig zur Rechtfertigung der Benachteiligung der Gläubiger angeführt wird, ist die – insbesondere bei Auslandsemissionen typische741 – Besicherung der verbrieften Zahlungsansprüche durch eine selbstständige Garantie der Konzernmutter des Anleiheschuldners.742 Dem ist mit dem OLG Frankfurt743 zu widersprechen. (1) Vergleich mit der Ausgabe der Schuldverschreibung durch die Konzernmutter Die Ansicht, die selbstständige Garantie der Konzernmutter sei geeignet, eine in den Anleihebedingungen enthaltene Ersetzungsklausel zu rechtfertigen, bemüht zur Begründung den Vergleich, die Konzernmutter selbst hätte die Schuldverschreibungen ohne Sicherheit ausgegeben. Solange die Konzernmutter zahlungsfähig sei, mache es für die Anleihegläubiger bei der Insolvenz der Finanzierungsgesellschaft keinen Unterschied, ob die Schuldverschreibung von der Finanzierungsgesellschaft oder der Konzernmutter selbst begeben worden sei.744 Sie hätten jeweils einen vollwertigen Zahlungsanspruch gegen die Konzernmutter. Sei hingegen die Konzernmutter insolvent, stünden die Anleihegläubiger sogar besser, wenn Anleiheschuldner eine Finanzierungsgesellschaft sei. Ihnen stünden nämlich nicht nur die nunmehr wirtschaftlich wertlosen Garantieansprüche gegen die Insolvenzmasse der Konzernmutter, sondern auch die verbrieften Zahlungsansprüche gegen die Finanzierungsgesellschaft zu. Letzte verfüge zwar über keine oder nur unzureichende liquide Mittel, da sie 739 FK-SchVG/Hartwig-Jacob

§  3 Rn.  104. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 C. II. 3. d) bb). 741 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  5 Rn.  29; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 148. 742 Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  5. Ebenso zum schweizerischen Recht Zobl SZW/ RSDA 1990, 129, 135. 743  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308. 744  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 148. 740 

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den Erlös aus der Anleiheemission den übrigen Konzernunternehmen im Rahmen eines cash pooling als Darlehen zur Verfügung gestellt habe.745 Ihr Vermögen umfasse aber den Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta (§  488 Abs.  1 Satz 2 BGB). Dieser richte sich zwar gegen die insolvente Konzernmutter, führe aber im Ergebnis dazu, dass die Anleihegläubiger mit einer doppelten Quote bedient würden, nämlich zum einen aufgrund ihres Garantieanspruchs und zum anderen als Gläubiger der Finanzierungsgesellschaft.746 Der Begründung ist insofern zuzustimmen, als ihr die unausgesprochene Annahme zugrunde liegt, der Marktwert der Teilschuldverschreibungen sei aufgrund der konzernrechtlichen Einbindung der Finanzierungsgesellschaft und der Teilnahme am cash pooling wesentlich durch die Bonität der Konzernmutter bestimmt. Die daraus abgeleitete Fokussierung auf die Solvenz der Konzernmutter beschränkt die Aussagekraft des Vergleichs auf den Sonderfall, dass die Konzernmutter und bisherige Garantin die Verbindlichkeiten übernimmt. In diesen Fällen haftet den Anleihegläubigern nur das Vermögen der Konzernmutter; sie stehen daher nicht schlechter, als wenn die Konzernmutter die Schuldverschreibungen selbst ohne Sicherheit ausgegeben hätte. In dem praktischen Regelfall, dass an die Stelle der Finanzierungsgesellschaft eine andere Tochtergesellschaft desselben Konzerns treten soll, z. B. um die im Inland drohende gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Schuldentgelte zu vermeiden,747 liegen die Dinge anders. Den Anleihegläubigern haften weiterhin zwei Vermögensmassen, nämlich das Vermögen der übernehmenden Tochtergesellschaft und das Vermögen der Konzernmutter. Die Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen der übernehmenden Tochtergesellschaft ist nicht notwendig wirtschaftlich wertlos. Zwar sind Finanzierungsgesellschaften personell, sachlich und finanziell regelmäßig nur minimal ausgestattet, weshalb ihre Bonität am Kapitalmarkt erst durch die Garantie der Konzernmutter oder einer Schwestergesellschaft hergestellt wird.748 Nehmen sie aber an dem konzernweiten cash pooling teil, steht ihnen zumindest ein werthaltiger Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zu. (2) Wertung des §  418 Abs.  1 Satz 1, 3 BGB Nach Ansicht des OLG Frankfurt wird die den Ersetzungsklauseln immanente Benachteiligung der Anleihegläubiger durch den Fortbestand der Garantie der Konzernmutter nicht ausreichend abgemildert, um eine Unwirksamkeit der Bestimmung nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB zu verhindern.749 Dem ist in Ansehung 745 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  4 §  9 C. I. 2. Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 148. 747  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  4 §  9 C. 748  N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 50. 749  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308. 746 

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von §  418 Abs.  1 Satz 1, 3 BGB zuzustimmen. Nach §  418 Abs.  1 Satz 1 BGB erlöschen infolge einer befreienden Schuldübernahme grundsätzlich die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Die Vorschrift dient dem Schutz der Sicherungsgeber.750 Für ihre Entscheidung, eine Sicherheit zu gewähren, ist die Bonität des Schuldners regelmäßig von wesentlicher Bedeutung.751 Da mit einem Wechsel des Schuldners in der Regel die Gewähr verändert wird, die dessen Person dafür bietet, dass es nicht zu einer Inanspruchnahme der Sicherheit bzw. des Sicherungsgebers kommt,752 sollen die Sicherheiten bei einer Schuldübernahme nur mit der Einwilligung des Sicherungsgebers fortbestehen.753 Dieser Normzweck rechtfertigt die entsprechende Anwendung der Vorschrift auf andere durch Rechtsgeschäft begründete Sicherheiten,754 u. a. die selbstständigen Garantien der Konzernmütter.755 Die Tatsache, dass die Konzernmütter in den Anleihebedingungen in den Fortbestand der Garantien einwilligen,756 so dass diese nach §  418 Abs.  1 Satz 3 BGB über die Schuldübernahme hinaus fortbestehen, lässt das Erfordernis der Zustimmung der Gläubiger (§  415 Abs.  1 Satz 1 BGB) nicht entfallen. Insbesondere vermag die Einwilligung der Konzernmutter die Zustimmung der Gläubiger nicht zu ersetzen,757 da sie Nichtberechtigte in Bezug auf die verbrieften Leistungsversprechen ist. Dementsprechend liegt §  418 Abs.  1 Satz 3 BGB die Wertentscheidung zugrunde, dass der Fortbestand der Sicherheiten – unabhängig von deren Werthaltigkeit im Einzelfall – nicht geeignet ist, die der Ersetzungsklausel immanente Benachteiligung der Gläubiger, nämlich die Entbehrlichkeit ihrer Zustimmung für die Schuldnerersetzung, zu kompensieren. dd) Verschmelzung als Alternative zur Schuldnerersetzung Aus der Sicht der Konzernmutter, die regelmäßig Alleingesellschafterin der Konzernfinanzierungsgesellschaft ist, liegt eine Alternative zu der Schuldner­ ersetzung darin, die Finanzierungsgesellschaft758 auf eine andere bestehende 750  Statt vieler MüKoBGB/Heinemeyer §   418 Rn.  1; Staudinger/Rieble, 2017, BGB §  418 Rn.  1. 751  Larenz SchuldR AT §  35 I c = 609; Soergel/Schreiber BGB §  418 Rn.  1. 752  BGH WM 1992, 1312, 1315; BGH WM 1966, 577, 579; BGB-RGRK/Weber §  418 Rn.  1. 753  BGH WM 1992, 1312, 1315; BGH WM 1966, 577, 579; Larenz SchuldR AT §  35 I c = 609; BGB-RGRK/Weber §  418 Rn.  1. 754  BGH WM 1992, 1312, 1315; Palandt/Grüneberg BGB §  418 Rn.  1. 755  Maurer Schuldübernahme 289. 756  So wohl Herfs/Scholz in Hopt VertrFormB, II. Teil, E. 6.2 Wandelanleihebedingungen Anm.  33. 757  BGHZ 115, 241, 246 = NJW 1992, 110. 758  Finanzierungsgesellschaften sind regelmäßig in den Niederlanden ansässige Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer BV. Die Verschmelzung niederländischer und anderer ausländischer Gesellschaften unterliegt nicht dem deutschen UmwG. Kollisionsrechtlich ist die Verschmelzung ein originär gesellschaftsrechtlicher Vorgang, der dem Personalstatut unterfällt, siehe Beitzke FS Hallstein, 1966, 14, 20; Ebenroth/Wilken ZVglRWiss 90 (1991), 235,

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oder neu gegründete Tochtergesellschaft zu verschmelzen. Dieser Vorgang kann für die Gläubiger mit vergleichbaren Nachteilen verbunden sein wie eine Schuldübernahme. Mit der Eintragung der Verschmelzung geht das Vermögen der Finanzierungsgesellschaft einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über (§  20 Abs.  1 Nr.  1 UmwG) und die Konzernfinanzierungsgesellschaft erlischt (§  20 Abs.  1 Nr.  2 Satz 1 UmwG). Die hiermit einhergehende Gesamtrechtsnachfolge bewirkt, dass die Ansprüche der Gläubiger sich ausschließlich gegen den neuen Rechtsträger richten,759 den sie nicht ausgewählt haben und dessen Vermögen u. U. aufgrund sonstiger Verbindlichkeiten geringer und weniger vor einem Zugriff der Gesellschafter geschützt ist als das des übertragenden Rechtsträgers.760 Gleichwohl haben die Gläubiger keinen Einfluss auf die Verschmelzung.761 Der Grund hierfür liegt darin, dass die umwandlungsrechtlichen Vorschriften für notwendig und nützlich erachtete Unternehmensumstrukturierungen ermöglichen bzw. erleichtern sollen. Um das zu erreichen, müssen die Interessen Dritter stärker als bei einer Sonderrechtsnachfolge zurücktreten.762 Dies äußert sich insbesondere darin, dass die Gläubigerzustimmung, die zu den wesentlichen Grundgedanken der Sonderrechtsnachfolge in die Position des Schuldners zählt, bei der Verschmelzung entbehrlich ist, weil die §§  414, 415 BGB weder direkt noch entsprechend anwendbar sind.763 Der Schutz der Gläubiger wird auf andere Weise sichergestellt, nämlich durch einen Anspruch auf Sicherheitsleistung sowie das Recht, ihre Rechtsverhältnisse außerordentlich zu kündigen. (1) Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung Der Schutz der Anleihegläubiger wird – außerhalb der lediglich auf Wandelund Gewinnschuldverschreibungen sowie Genussrechte, nicht aber auf sonstige Schuldverschreibungen anwendbaren §§  23, 122a Abs.  2 UmwG764 – in erster Linie durch §  22 UmwG und – bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen – 252; Staudinger/Großfeld, 1998, IntGesR Rn.  683; Kalss ZGR 2009, 74, 117; Kieninger EWS 2006, 49, 50; MüKoBGB/Kindler IntGesR Rn.  808; Koppensteiner, Internationale Unternehmen, 104; Lennerz Verschmelzung 133 f. Im Fall einer niederländischen Tochtergesellschaft hätte dies grundsätzlich die Anwendung des niederländischen Sachrechts zur Folge. Die maßgeblichen Wertungen zur Konkretisierung des §  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  1 BGB kann aber nur das deutsche Recht – konkret die §§  22, 122j UmwG – enthalten. 759  Statt vieler Kallmeyer/Marsch-Barner/Oppenhoff UmwG §  2 2 Rn.  1. 760 KK-UmwG/S. Simon UmwG §  2 2 Rn.  1. 761  BGHZ 150, 365, 369 f. = NJW 2002, 2168; Kalss ZGR 2009, 74, 84; Schröer DB 1999, 317; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  67 Rn.  75; Schmitt/Hörtnagl/Winter UmwG §  22 Rn.  1. 762  OLG Dresden BKR 2008, 377, 378. 763  BAGE 126, 120 Rn.  19 = NZA 2009, 790; BAGE 114, 1, 9 = NJW 2005, 3371; OLG Dresden BKR 2008, 377, 378; MüKoBGB/Heinemeyer Vor §  414 Rn.  27; K. Müller BB 2000, 365; Schmitt/Hörtnagl/Winter UmwG §  20 Rn.  37. 764 Kallmeyer/Marsch-Barner/Oppenhoff UmwG §  23 Rn.  3.

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durch §  122j UmwG sichergestellt.765 Insbesondere §  309 Nr.  10 BGB findet auf Verschmelzungen keine Anwendung.766 Nach §  122j Abs.  1 Satz 1 UmwG ist den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft Sicherheit zu leisten,767 soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. Ein vergleichbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung steht den Gläubigern bei Inlandsverschmelzungen gemäß §  22 Abs.  1 Satz 1 UmwG erst nach der Eintragung der Verschmelzung zu.768 Gemeinsam ist den Vorschriften, dass der Anspruch auf die Sicherheitsleistung nicht bedingungslos, sondern nach §  22 Abs.  1 Satz 2 und §  122j Abs.  1 Satz 2 UmwG nur besteht, wenn die Gläubiger glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderungen konkret769 gefährdet ist. Hierfür muss die Gefährdung der Erfüllung sich durch die Verschmelzung bzw. deren grenzüberschreitenden Charakter erhöht haben.770 Dafür ist es nicht ausreichend, dass der übernehmende Rechtsträger eine ausländische Gesellschaft ist,771 nominell ein geringeres Grund- bzw. Stammkapital als der übertragende Rechtsträger aufweist772 oder über einen geringeren rechtlichen Kapitalschutz verfügt.773 Hierbei handelt es sich grundsätzlich um bloß abstrakte Gefährdun765  Ähnliches gilt in Österreich, siehe §  2 26 Abs.  1, 2 öAktG und §  13 Abs.  1 EU-VerschG. Grund für die vergleichbare Regelung ist Art.  13 Verschmelzungs-RL, wonach die Mitgliedstaaten ein angemessenes Schutzsystem für die Interessen der Gläubiger vorsehen müssen, mindestens einen Anspruch auf angemessene Garantien. 766 PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  88; BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  7. 767 Kritisch Kalss ZGR 2009, 74, 78, da die Sicherheitsleistung nur denjenigen Gläubigern nützt, die sie in Anspruch nehmen können, während die Erfüllung der Ansprüche anderer Gläubiger durch das für die Sicherheitsleistung benötigte Vermögen zusätzlich gefährdet wird. 768 HK-UmwG/R. A. Becker/Uxa §   122j Rn.   8; Kallmeyer/Marsch-Barner/Oppenhoff UmwG §   23 Rn.   1; Kallmeyer/Marsch-Barner/Wilk UmwG §   122j Rn.   1; Neye/Timm ­GmbHR 2007, 561, 564; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803; Henssler/Strohn/Polley UmwG §  122j Rn.  1; SSL/Seulen UmwG §  22 Rn.  12; KK-UmwG/S. Simon/Rubner UmwG §  122j Rn.  1, 6 f. 769  Statt vieler BGHZ 150, 365, 370 = NJW 2002, 2168; Lutter/Bayer UmwG §  122j Rn.  14; Lutter/Grunewald UmwG §  22 Rn.  12; Habersack/Wicke/Klett UmwG §  122j Rn.  14; Habersack/Wicke/Rieder UmwG §  22 Rn.  26; KK-UmwG/S. Simon UmwG §  22 Rn.  25, 28. Offengelassen von BGH DB 1996, 930, 931. 770 Henssler/Strohn/C. Müller UmwG §   22 Rn.  10; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 806; Habersack/Wicke/Rieder UmwG §  22 Rn.  29; SSL/Seulen UmwG §  22 Rn.  34; KKUmwG/S. Simon UmwG §  22 Rn.  32; Schmitt/Hörtnagl/Winter UmwG §  22 Rn.  13. 771 Lutter/Bayer UmwG §   122j Rn.  14; SSL/Drinhausen UmwG §  122j Rn.  9; Schmitt/ Hörtnagl/Hörtnagl UmwG §  122j Rn.  8 ; Habersack/Wicke/Klett UmwG §  122j Rn.  14; Kallmeyer/Marsch-Barner/Wilk UmwG §  122j Rn.  7; Neye/Timm GmbHR 2007, 561, 564; dies. DB 2006, 488, 492; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 809 f.; Henssler/Strohn/Polley UmwG §  122j Rn.  8. 772 Lutter/Grunewald UmwG §  2 2 Rn.  12; S. Simon Der Konzern 2004, 191, 195. 773 SSL/Drinhausen UmwG §   122j Rn.   9; Schmitt/Hörtnagl/Hörtnagl UmwG §   122j Rn.  8 ; Habersack/Wicke/Klett UmwG §   122j Rn.   14; Kallmeyer/Marsch-Barner/Wilk UmwG §  122j Rn.  7; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 809; Henssler/Strohn/Polley UmwG §  122j Rn.  8 ; KK-UmwG/S. Simon UmwG §  22 Rn.  25; a. A. Oechsler NZG 2006, 161, 166; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  67 Rn.  78; zurückhaltender Lutter/Bayer UmwG §  122j Rn.  14:

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gen,774 die erst dann hinreichend konkret werden, sobald die Minderung des Schutzniveaus ausgenutzt wird.775 Im Übrigen liegt eine konkrete Erfüllungsgefährdung vor, wenn der übernehmende Rechtsträger am Markt einen Kredit mit entsprechender Laufzeit nicht mehr ohne Sicherheiten erhielte,776 z. B. weil die Eigenkapitalquote oder Liquiditätslage sich infolge der Verschmelzung (z. B. aufgrund eines leveraged buy out) wesentlich verschlechtert hat,777 begründete Zweifel an der Liquidität der Gesellschaft bestehen,778 die Gesellschaft eine Unterbilanz aufweist779 oder über ein unangemessen niedriges Nennkapital verfügt.780 (2) Gläubigerschutz durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung Der Gläubigerschutz bei Verschmelzungen erschöpft sich nicht in dem Anspruch auf Sicherheitsleistung (§§  22, 122j UmwG). Wird dieser trotz eines berechtigten Verlangens nicht erfüllt, sind die Gläubiger – sei es aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, sei es nach §  314 BGB – berechtigt, ihre Rechtsverhältnisse außerordentlich zu kündigen.781 Dieses Kündigungsrecht lässt eine gemeinsame Wertung mit der Sonderrechtsnachfolge erkennen. Wird die Gläubigerzustimmung zu einer Vertrags- oder Schuldübernahme in AGB abbedungen, mildert die Gewährung eines vertraglichen Kündigungsrechts die hierin liegende Benachteiligung der Gläubiger ausweislich §  309 Nr.  10 Buchst. b BGB derart ab, dass keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. §  307 Abs.  1 BGB vorliegt. Den Interessen der Gläubiger wird also sowohl bei der Gesamt- als auch bei der Sonderrechtsnachfolge ausreichend Rechnung getragen, wenn ihnen das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Rechtsverhältnisse eingeräumt wird. Hieraus ergibt sich für die Sonderrechtsnachfolge, dass die nach nur in Extremfällen. Abweichend KK-UmwG/S. Simon UmwG §  22 Rn.  26: Indiz für konkrete Erfüllungsgefährdung. 774 Schmitt/Hörtnagl/Hörtnagl UmwG §   122j Rn.   8; Henssler/Strohn/Polley UmwG §  122j Rn.  8. 775  Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 132; SSL/Seulen UmwG §   22 Rn.  25. 776  LG Köln Der Konzern 2004, 806, 807; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 137; SSL/Seulen UmwG §  22 Rn.  32; KK-UmwG/S. Simon UmwG §  22 Rn.  28. 777 Kallmeyer/Marsch-Barner/Oppenhoff UmwG §   22 Rn.  7; Petersen Gläubigerschutz 238; SSL/Seulen UmwG §  22 Rn.  21; Schmitt/Hörtnagl/Winter UmwG §  22 Rn.  13; siehe auch Priester NJW 1983, 1459, 1464 zu §  347 AktG a. F. 778 Kallmeyer/Marsch-Barner/Wilk UmwG §   122j Rn.  7; Passarge/Stark GmbHR 2007, 803, 810. 779 Lutter/Grunewald UmwG §  2 2 Rn.  12; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  67 Rn.  7 7. 780 Schmitt/Hörtnagl/Hörtnagl UmwG §   122j Rn.   8; Henssler/Strohn/Polley UmwG §  122j Rn.  8. 781  BGHZ 150, 365, 372 = NJW 2002, 2168; J. Flume Vermögenstransfer 176 f.; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 137 f.; HK-UmwG/Maulbetsch §  22 Rn.  34; SSL/ Seulen UmwG §  22 Rn.  55.

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Kapitel 2. Leitbilder

§   415 Abs.   1 Satz 1 BGB grundsätzlich erforderliche Gläubigerzustimmung durch das Kündigungsrecht substituiert werden kann. Dies gilt nicht nur für die im Wortlaut des §  309 Nr.  10 BGB genannten Dauerschuldverhältnisse des Darlehens- und Dienstvertrags. Die §  309 Nr.  10 BGB zugrunde liegende gesetzgeberische Wertentscheidung ist jedenfalls für Dauerschuldverhältnisse von allgemeiner Natur – dies zeigt sich bereits in der entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf Arbeits-782 und Geschäftsbesorgungsverträge783 – und gilt daher gleichfalls für die in Schuldverschreibungen verbrieften Leistungsversprechen.784 Die für das Umwandlungsrecht charakteristische Wertentscheidung, dass die Gläubiger bei einer Umwandlung weitergehende Beeinträchtigungen ihrer Interessen hinnehmen müssen als bei einer Sonderrechtsnachfolge,785 zeigt sich erst bei der näheren Ausgestaltung des Kündigungsrechts. Bei Umwandlungen besteht das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Rechtsverhältnisse nur subsidiär, d. h. erst wenn der Anspruch auf die Sicherheitsleistung nicht erfüllt wird. Im Unterschied dazu erfordert §  309 Nr.  10 Buchst. b BGB bei der Sonderrechtsnachfolge ein vertragliches Kündigungsrecht, dessen Entstehung weder an eine Frist786 noch an das Vorliegen eines wichtigen Grunds787 gebunden ist. Auch dessen Ausübung darf weder erschwert noch mit Nachteilen verbunden werden.788

782 Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §   309 Nr.  10 Rn.  9; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  50; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  5; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  5. 783  OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1397 zu §  11 Nr.  13 AGBG; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  87; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  134; a. A. MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  5. 784  Zu deren Natur als Dauerschuldverhältnisse siehe N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 50; siehe auch LG Köln ZIP 1994, 1520 für Pfandbriefe. A. A. Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 135: Einseitige Verpflichtungen wie das verbriefte Leistungsversprechen seien keine Dauerschuldverhältnisse. 785  OLG Dresden BKR 2008, 377, 378. 786 BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  89; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  15; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  34; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  24; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  8 ; siehe auch LG Köln NJW-RR 1987, 885, 886 zu §  11 Nr.  13 AGBG. Wohl nach der Länge der Frist differenzierend Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  136: eine „zu knappe Frist“ sei unwirksam. 787  BGH NJW 1985, 53, 54; BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  10; PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  89; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  136; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  8. 788 PWW/K. P. Berger BGB §  309 Rn.  89; Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §  309 Nr.  10 Rn.  15; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  34; Palandt/Grüneberg BGB §  309 Rn.  99; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  11; Soergel/Knops BGB §  309 Nr.  10 Rn.  24; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  136; Stoffels AGBR Rn.  748.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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d) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht Die Auslegung des §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB, wonach eine Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger diese nicht unangemessen benachteiligt, wenn den Gläubigern für den Fall der Sonderrechtsnachfolge das Recht zur außerordentlichen Kündigung eingeräumt wird, ist sowohl mit den Vorgaben der Klausel-RL als auch mit den deutschen Grundrechten vereinbar. aa) Vereinbarkeit mit Anhang Nr.  1 Buchst. p Klausel-RL Nach Anhang Nr.  1 Buchst. p Klausel-RL können die Mitgliedstaaten Bestimmungen, welche die Möglichkeit vorsehen, dass der Vertrag ohne Zustimmung des Verbrauchers von dem Gewerbetreibenden abgetreten wird, für missbräuchlich erklären, wenn dies möglicherweise eine Verringerung der Sicherheiten für den Verbraucher bewirkt. Der Begriff der Abtretung ist nicht i. S. d. §  398 Satz 1 BGB, sondern autonom gemeinschaftsrechtlich dahingehend auszulegen, dass er sämtliche Formen der Sonderrechtsnachfolge aufseiten des Gewerbetreibenden umfasst.789 Die Tatsache, dass Anhang Nr.  1 Buchst. p Klausel-RL keine §  309 Nr.  10 Buchst. a, b BGB vergleichbaren Ausnahmen enthält, erfordert keine richtlinienkonforme Auslegung des deutschen Rechts dergestalt, dem außerordentlichen Kündigungsrecht der Gläubiger die kompensatorische Wirkung für den Ausschluss des Zustimmungserfordernisses zu versagen.790 Zum einen sind die in dem Anhang der Klausel-RL aufgeführten Bestimmungen nicht zwangsläufig als missbräuchlich anzusehen. Der Anhang hat gemäß Art.  3 Abs.  3 Klausel-RL nur Hinweis- und Beispielcharakter; verbindlich für die Ausgestaltung des nationalen Rechts sind nur die Vorgaben der Generalklausel des Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL.791 Zum anderen ist das deutsche Recht verbraucherfreundlicher.792 Während die Gläubiger bei ausschließlicher Anwendung von Anhang Nr.  1 Buchst. p Klausel-RL die Schuldnerersetzung hinnehmen müssten, wenn der neue Vertragspartner nicht weniger finanziell und kommerziell leistungsfähig ist als der bisherige,793 verlangt das deutsche 789 UBH/Habersack BGB §   309 Nr.  10 Rn.  3; WLP/Pfeiffer RL Anh. Rn.  135; ähnlich R. Koch ZBB 2008, 232, 233 mit Fn.  12; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  2 : Vertragsübernahme. 790  So aber BRHP/J. Becker BGB §  309 Nr.  10 Rn.  12; WLP/Dammann BGB §  309 Nr.  10 Rn.  42 f.; Heinrichs FS Reich, 1997, 527, 551; Masuch Anleihebedingungen 219; WLP/Pfeiffer RL Anh. Rn.  139; Erman/Roloff/Looschelders BGB §  309 Rn.  139; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  4. 791  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 B. IV. 1. 792 Staudinger/Coester-Waltjen, 2019, BGB §   309 Nr.  10 Rn.  17; UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  4 ; Stoffels AGBR Rn.  750. 793 UBH/Habersack BGB §  309 Nr.  10 Rn.  3 ; Heinrichs FS Reich, 1997, 527, 551; R. Koch ZBB 2008, 232, 233; WLP/Pfeiffer RL Anh. Rn.  137; MüKoBGB/Wurmnest §  309 Nr.  10 Rn.  2.

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Kapitel 2. Leitbilder

Recht, dass ihnen auch in diesen Fällen ein voraussetzungsloses Recht zur außerordentlichen Kündigung zusteht. bb) Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (1) Beeinträchtigung der Privatautonomie und des Eigentums Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG gewährleistet Art.  2 Abs.  1 GG u. a. die Privatautonomie als Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben. Die eigenbestimmte Gestaltung der Rechtsverhältnisse, insbesondere die Auswahl des Vertragspartners, ist ein Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit.794 Ist der Emittent berechtigt, den Anleiheschuldner ohne die Zustimmung der Gläubiger zu ersetzen, haben diese keine Möglichkeit, selbst für den Schutz ihrer Rechte und Interessen zu sorgen.795 Daher ist die Auslegung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB, dass solche Ersetzungsklauseln keine unangemessene Benachteiligung darstellen, mit Art.  2 Abs.  1 GG nur vereinbar, wenn auf andere Weise für hinreichenden Schutz gesorgt ist.796 Die zum Ausgleich erforderlichen Schutzmechanismen sind auch daran auszurichten, dass die verbrieften Leistungsversprechen dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art.  14 Abs.  1 Satz 1 GG unterfallen.797 Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz umfasst im Bereich des Privatrechts alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf.798 Hierzu gehören nicht nur gegenüber jedermann wirkende Rechtspositionen, sondern auch schuldrechtliche Forderungen.799 Diese konkrete Rechtsposition wird den Gläubigern durch die Ersetzung des Anleiheschuldners nicht entzogen; sie sind weiterhin Inhaber der betroffenen Teilschuldverschreibungen. Daher ist die Schuldnerersetzung keine nur unter den Voraussetzungen des Art.  14 Abs.  3 GG zulässige Enteignung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums.

794 BVerfGE 114, 73, 89 = NJW 2005, 2376; BVerfGE 114, 1, 34 = NJW 2005, 2363; BVerfGE 112, 332, 348 = NJW 2005, 1561; BVerfGE 99, 341, 350 = NJW 1999, 1853; BVerfGE 72, 155, 170 = NJW 1986, 1859; BVerfGE 8, 274, 328 = NJW 1959, 475; BVerfGK 8, 126, 131 = VersR 2006, 961; BVerfGK 7, 283, 296 = NJW 2006, 1783; BVerfG NJW 2001, 141. 795  BVerfGE 114, 1, 34 = NJW 2005, 2363. 796  BVerfGE 114, 1, 34 = NJW 2005, 2363. 797  BVerfGE 114, 1, 37 = NJW 2005, 2363. 798  BVerfGE 112, 93, 107 = NJW 2005, 879; BVerfGE 101, 239, 258 = NJW 2000, 413; BVerfG NJW 2001, 2159. 799 BVerfGE 112, 93, 107 = NJW 2005, 879; BVerfGE 45, 142, 179 = NJW 1977, 2024; BVerfGE 42, 263, 293 = NJW 1976, 1783.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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(2) Kündigungsrecht als angemessener Ausgleich Die sich aus Art.  2 Abs.  1 GG und Art.  14 Abs.  1 GG ergebenden Schutzpflichten sind erfüllt, wenn den Anleihegläubigern das Recht zusteht, die Schuldverschreibung zu kündigen. Das Kündigungsrecht stellt – in Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BVerfG – eine grundsätzlich zumutbare Alternative zu der Zustimmung dar.800 Anders hat das BVerfG bislang nur für (Risiko-)Lebensversicherungen entschieden. Als Grund für deren Sonderbehandlung führt das BVerfG an, dass den Versicherten bei einer Kündigung des Vertrags typischerweise nur Ansprüche mit einem deutlich geringeren Vermögenswert als bei dem Fortbestand des Vertrags zustehen.801 Zum einen müssten die Versicherten, die infolge der Kündigung des bestehenden Vertrags eine neue (Risiko-)Lebensversicherung abschließen, aufgrund des zwischenzeitlich höheren Alters höhere Risikozuschläge zahlen. Zum anderen bemesse der auf die einzelnen Versicherten entfallende Überschussanteil sich u. a. nach der Dauer der Beitragszahlung; bei einer vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses sei er entsprechend geringer. Schließlich führe das versicherungsmathematische Verfahren der sog. Zillmerung dazu, dass in den ersten Jahren ein außerordentlich niedriger Rückkaufswert im Verhältnis zu den vergleichsweise hohen Prämienzahlungen bestehe.802 Anleihen weisen keine vergleichbaren Besonder­ heiten auf, die eine Ausnahme von dem Grundsatz erfordern, dass das Zu­ stimmungserfordernis durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung substituiert werden kann. Auf eine unmittelbar bevorstehende oder bereits erfolgte Schuldnerersetzung können die Gläubiger damit reagieren, dass sie ihre Teilschuldverschreibungen an einem liquiden Sekundärmarkt veräußern. Den Versicherungsnehmern steht bei einer Bestandsübertragung keine vergleichbare Möglichkeit offen. Sie können ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zwar veräußern und abtreten (§  13 Abs.  3 ALB); ein liquider Markt existiert hierfür aber nicht. Alternativ können die Anleihegläubiger ihre Teilschuldverschreibungen ohne Einhaltung einer Frist kündigen und die Rückzahlung des – wenn eine Teilnahme der Gläubiger am Verlust nicht bedungen ist803 – Nennbetrags verlangen. Im Vergleich dazu stehen den Versicherungsnehmern typischerweise nur Ansprüche mit deutlich geringerem Vermögenswert als bei dem Fortbestand des Vertrags zu.

800 

BVerfGE 114, 1, 36 = NJW 2005, 2363. BVerfGE 114, 1, 36 = NJW 2005, 2363. 802  BVerfGE 114, 1, 36 = NJW 2005, 2363. 803  Zu Einzelheiten der Verlustteilnahme nachstehend Kap.  3 §  7 B. II. 801 

314

Kapitel 2. Leitbilder

3. Skripturrechtlicher Vollzug Infolge einer wirksamen Schuldnerersetzung ist der bisherige Anleiheschuldner nicht mehr passivlegitimiert. Damit er diese Einwendung den Gläubigern nach §  796 Fall 2 BGB, §  28 Abs.  2 Nr.  1 eWpG oder §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB entgegensetzen kann, muss die Sonderrechtsnachfolge skriptur- oder registerrechtlich vollzogen werden. 804 Die hierfür erforderliche Änderung des Urkundenoder Registerinhalts kann nicht nach den §§  2 Abs.  1 Satz 3, 21 Abs.  1 Satz 2 und 3 SchVG oder nach §  2 Abs.  2 Satz 2 SchVG erfolgen, da die Vorschriften auf Änderungen der Anleihebedingungen nach den §§  5 ff. SchVG beschränkt sind. a) Sammelverwahrte Globalurkunden und elektronische Schuldverschreibungen In dem praktischen Regelfall, dass die Schuldverschreibungen in einer sammelverwahrten Globalurkunde verbrieft sind, können die Aussteller die Schuldner­ ersetzung nur durch die Ausfertigung und Einlieferung einer neuen Sammelurkunde skripturrechtlich vollziehen.805 Hierbei ist es gleichgültig, ob die neue Sammelurkunde selbst sämtliche Anleihebedingungen unter Berücksichtigung der Schuldnerersetzung enthält oder die ursprünglichen Anleihebedingungen wiederholt und lediglich ergänzend gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG auf ein weiteres Schriftstück Bezug nimmt, das die Schuldnerersetzung dokumentiert. Vergleichbares gilt für elektronische Schuldverschreibungen. Bei dieser Begebungsform kann die Schuldnerersetzung nur nach §  2 Abs.  2 Satz 1 SchVG durch die Einlieferung entsprechend geänderter Anleihebedingungen vollzogen werden. b) Effektive Stücke Sind die Teilschuldverschreibungen ausnahmsweise in effektiven Stücken verbrieft, muss zur Begründung einer urkundlichen Einwendung i. S. v. §  796 Fall 2 BGB oder §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB grundsätzlich jede einzelne Wertpapierurkunde aus der Gesamtemission eingezogen und geändert werden. 806 In Anbetracht der Vielzahl der Urkunden und der Anonymität der Inhaber erscheint

804 FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  74; Preuße/H.-G. Vogel SchVG §  5 Rn.  46. Verfehlt hingegen Masuch Anleihebedingungen 220: Sei die Schuldübernahme noch nicht auf der Wertpapierurkunde vermerkt, bestehe für die Anleihegläubiger Rechtsunsicherheit über die Person des Anleiheschuldners. 805 Veranneman/Hofmeister SchVG §  21 Rn.  5. 806 LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §   21 Rn.  16; Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  21 Rn.  6 ; FK-SchVG/Friedl §  21 Rn.  20; FK-SchVG/Friedl/Schmidtbleicher §  5 Rn.  74; Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 361 mit Fn.  84; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  16; Preuße/Röh/ Dörfler SchVG §  2 Rn.  39.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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dieses Unterfangen praktisch unmöglich. 807 Die in der Literatur vorgeschlagene Alternative, den Vollzug in den Anleihebedingungen dahingehend zu regeln,808 dass die Änderung derselben gegenüber sämtlichen Inhabern der einzelnen Wertpapierurkunden mit einer §  17 Abs.  1 Satz 1 SchVG entsprechenden Bekanntmachung wirksam wird, 809 wäre skripturrechtlich wirkungslos, da der Wechsel der Passivlegitimation sich nicht i. S. d. §  796 Fall 2 BGB oder §  364 Abs.  2 Fall 2 HGB aus der Urkunde ergäbe. Lediglich in seltenen Einzelfällen wird die Verlautbarung geeignet sein, die Einwendung einer unzulässigen Rechtsausübung zu begründen, nämlich wenn der Aussteller darlegt und im Streitfall beweist, dass der Gläubiger in Kenntnis des Wechsels der Passivlegitimation bewusst zum Nachteil des bisherigen Anleiheschuldner handelt. 810 Die weitere Alternative, die sammelverwahrten Einzelurkunden auf Grundlage von §  9a Abs.  1 Satz 2 Nr.  2 DepotG durch eine Sammelurkunde zu ersetzen, auf der die geänderten Anleihebedingungen abdruckt sind oder die gemäß §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG auf die außerhalb der Urkunde niedergelegten Änderungen Bezug nimmt, 811 kann im Einzelfall die Inhaltsgleichheit und damit die Fungibilität der Schuldverschreibung entfallen lassen. Ursächlich hierfür ist, dass das Ersetzungsrecht des Ausstellers nach §  9a Abs.  1 Satz 2 Nr.  2 DepotG auf die Einzelurkunden beschränkt ist, die von einer Wertpapiersammelbank sammelverwahrt werden.812 Nicht umfasst sind die Urkunden, die gesondert bei einer Depotbank (sog. Sonderverwahrung) oder von dem Inhaber selbst (sog. Eigenverwahrung) verwahrt werden.813 Skripturrechtlich geändert würde also nur der Inhalt der von einer Wertpapiersammelbank sammelverwahrten Teilschuldverschreibungen. Nur ihren Inhabern könnte der Emittent die Einwendung der fehlenden Passivlegitimation gemäß §  796 Fall 2 BGB oder §  364 Abs.  2 Fall 2 807  Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 362; LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  21 Rn.  16; Bredow/H.-G. Vogel ZBB 2009, 153, 156; Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  21 Rn.  6 ; Veranneman/Hofmeister SchVG §  21 Rn.  4 ; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  16; Veranneman/Tricot Anh. I Rn.  11; abgeschwächt FK-SchVG/Friedl §  21 Rn.  21: „nur schwerlich, wenn nicht gar unmöglich“; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  2 Rn.  39: praktische Umsetzung sei zweifelhaft. 808 Einer solchen Bestimmung steht §   5 Abs.  1 Satz 2 SchVG nicht entgegen (zweifelnd UBH/Habersack [62] Wertpapierbedingungen Rn.  6). Sie weicht insbesondere nicht von §  21 Abs.  1 SchVG ab, da diese Vorschrift nur die Änderung einer Sammelurkunde aufgrund eines Beschlusses der Gläubigerversammlung regelt. Für den skripturrechtlichen Vollzug einer Änderung der Anleihebedingungen in anderen Konstellationen – sei es, dass die Schuldverschreibung in Einzelurkunden verbrieft ist, sei es, dass die Änderung durch den Emittenten in Ausübung eines in den Anleihebedingungen vorbehaltenen Rechts ohne Zustimmung der Gläubiger erfolgt – enthält §  21 Abs.  1 SchVG keine Aussage. 809 Preuße/Dippel/Preuße SchVG §  21 Rn.  7. 810  Statt vieler MüKoBGB/Habersack §  796 Rn.  14 m. w. N. 811 Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  20 sieht dieses Vorgehen als den praktischen Regelfall an. 812  Heinsius/Horn/Than DepotG §  9a Rn.  36 813 FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  2 Rn.  79.

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Kapitel 2. Leitbilder

HGB entgegensetzen. Gegenüber den Inhabern der Urkunden, die sich in Sonder- oder Eigenverwahrung befinden, wäre er weiterhin passivlegitimiert. Um diese Rechtsfolge zu verhindern, muss der Emittent sicherstellen, dass sämtliche umlaufenden Einzelurkunden durch eine Sammelurkunde ersetzt werden. 814 Hierfür stehen ihm zwei Wege zur Auswahl: 815 Der Emittent kann – sofern die Anleihebedingungen eine derart umfassende Opt-In-Bestimmung enthalten – eine Abstimmung der Gläubiger über die Art der Verbriefung initiieren. Ihr Mehrheitsbeschluss muss nicht in den umlaufenden Einzelurkunden vollzogen werden; es genügt die Ausstellung einer neuen Sammelurkunde. 816 Alternativ – und aufgrund der mit der Beschlussfassung einhergehenden Ungewissheiten wohl vorzugswürdig – können die Emittenten sich in den Anleihebedingungen das Recht vorbehalten, die einzelnen Wertpapiere – unabhängig von der Art ihrer Verwahrung – zum Zweck der Änderung der Anleihebedingungen durch eine Sammelurkunde zu ersetzen.

IV. Kodifikation der Schuldnerersetzung Das obiter dictum des OLG Frankfurt, Ersetzungsklauseln seien mit wesentlichen Grundgedanken des Vertragsrechts nicht zu vereinbaren, 817 belegt, dass über die Wirksamkeit dieser marktüblichen Bestimmungen keine Einigkeit besteht. Diesen Zustand der Rechtsunsicherheit könnte der Gesetzgeber zum Anlass nehmen, ein Leitbild für die Schuldnerersetzung zu normieren. Der erste Versuch hierzu, §  795a BGB-DiskE (nachfolgend 1.) und §  23 SchVG-RefE (nachfolgend 2.), wurde noch im Entwurfsstadium aufgegeben. In Anbetracht der Tatsache, dass das Bedürfnis für eine Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger ein wesentlicher Faktor bei der Wahl der Rechtsordnung ist, der die Rechtsverhältnisse aus der Schuldverschreibung unterstellt werden, 818 liegt es nahe, die gesetzgeberische Zurückhaltung darauf zurückzuführen, dass zu dem damaligen Zeitpunkt – dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise – legislative Eingriffe, deren Auswirkungen auf den Finanzstandort Deutschland ungewiss waren, vermieden werden sollten. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Entwurf offenbart zwar wesentliche Schwächen (nachfolgend 3.), lässt aber einen zweiten Anlauf zur Kodifikation lohnenswert erscheinen. Hierbei hätte der Reformgesetzgeber die Wahl zwischen einer Ko814 FK-SchVG/Hartwig-Jacob

§  2 Rn.  79. Aufgrund der nachgenannten Möglichkeiten fehlt es für die entsprechende Anwendung von §  798 BGB (so der Vorschlag von Bliesener in Beiträge für Hopt, 2008, 355, 368 für den Fall einer Änderung der Anleihebedingungen im Einvernehmen mit sämtlichen Gläubigern) an der erforderlichen Regelungslücke. 816  So wohl auch FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  2 Rn.  79. 817  OLG Frankfurt BB 2012, 1305, 1308. 818  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  4 §  9 B. I. 815 

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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difikation des status quo und einer Änderung des Leitbilds, die Schuldnerersetzungen zukünftig erleichtert (nachfolgend 4.). 1. SchVÄndG-DiskE Nach §  795a BGB-DiskE sollten die Emittenten in den Anleihebedingungen bestimmen können, dass sie auf ihre Kosten ohne Zustimmung der Gläubiger berechtigt sind, eine andere Gesellschaft, deren Anteile sie direkt oder indirekt zu mehr als 90 Prozent halten, als Schuldner für alle Verbindlichkeiten aus der Schuldverschreibung einzusetzen, sofern der neue Schuldner alle Verpflichtungen aus oder im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt und der Emittent unbedingt und unwiderruflich die von dem neuen Schuldner zu übernehmenden Verpflichtungen garantiert. Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift erschließt sich aus den Befugnissen einer ggf. eingerichteten Gläubigerversammlung. Gemäß §  795b Abs.  1 BGB-DiskE sollten die Anleihebedingungen die Einrichtung einer Versammlung aller Gläubiger vorsehen können, die u. a. berechtigt sein sollte, über die Zulassung der Übernahme der Verpflichtungen aus der Schuldverschreibung durch einen anderen Schuldner zu beschließen (§  795b Abs.  2 Satz 2 Nr.  9 BGB-DiskE). Diese Befugnis sollte der Gläubigerversammlung nach §  795b Abs.  2 Satz 1 BGB-DiskE aber nur bei ausdrück­ licher Nennung dieser Kompetenz in den Anleihebedingungen zustehen. Eine solche Gestaltung der Anleihebedingungen hätte – ohne die Regelung des §  795a BGB-DiskE – nach Einschätzung der Entwurfsverfasser bei den Anlegern das Missverständnis begünstigt, dass Schuldnerersetzungen nur mit einer Zustimmung der Gläubigerversammlung, nicht aber ohne die Zustimmung der Gläubiger auf Grundlage einer Bestimmung in den Anleihebedingungen zulässig seien. Dem sollte §  795a BGB-DiskE entgegenwirken und klarstellen, dass die üblichen Ersetzungsklauseln auch dann zulässig sind, wenn die Anleihebedingungen keine ausdrückliche Ermächtigung der Gläubigerversammlung enthalten, über eine Schuldnerersetzung zu beschließen (§  795b Abs.  2 Satz 2 Nr.  9 BGB-DiskE).819 Die Kritik der Literatur an §  795a BGB-DiskE konzentrierte sich auf die situativ als zu eng empfundenen Vorgaben für die einseitige Schuldnerersetzung. Zwar treffe es zu, dass es Konstellationen gebe, in denen eine Tochtergesellschaft des Schuldners die Verpflichtungen aus und im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernehme und der bisherige Schuldner die Erfüllung der Verpflichtungen garantiere. Dies sei aber – wie zu Recht betont wurde – nur eines von vielen Szenarien, in denen aufseiten des Emittenten ein berechtigtes Interesse an einer Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger beste-

819 

Begründung des SchVÄndG-DiskE, 12 zu §  795a BGB-DiskE.

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Kapitel 2. Leitbilder

hen könne. 820 Ein Grund, die von §  795a BGB-DiskE nicht erfassten Konstellationen, insbesondere die Schuldübernahme durch eine Schwestergesellschaft der Konzernfinanzierungsgesellschaft, abweichend zu behandeln, d. h. die Schuldnerersetzung in diesen Fällen nur mit Zustimmung der Gläubiger zuzulassen (§  795b Abs.  2 Satz 2 Nr.  9 BGB-DiskE) und abweichende Bestimmungen in den Anleihebedingungen als unwirksam anzusehen, sei nicht ersichtlich. 821 2. Erweiterte Regelung in §  2 3 SchVG-RefE Der SchVG-RefE vom Mai 2008 enthielt eine wesentlich weiterentwickelte Regelung der Schuldnerersetzung in §  23 SchVG-RefE. Bei deren Abfassung wurde u. a. die Kritik an §  795a BGB-DiskE umgesetzt. Neuer Anleiheschuldner sollte jede Gesellschaft sein können, an welcher der bisherige Schuldner oder der Mitverpflichtete, bei mehreren Mitverpflichteten derjenige mit der höchsten Zusage, zu mindestens 90 Prozent beteiligt ist, sofern nicht der Mitverpflichtete selbst als neuer Schuldner eintritt (§  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  1 SchVGRefE). Des Weiteren wurden die materiellen Voraussetzungen ergänzt sowie eine Regelung über das Wirksamwerden der Schuldnerersetzung (§  23 Abs.  2 SchVG-RefE) und eine Berichtspflicht in den Entwurf aufgenommen (§  23 Abs.  3 SchVG-RefE). a) Regelungsgehalt aa) Ergänzung der materiellen Voraussetzungen Die Regelung des §  23 Abs.  1 Satz 1 SchVG-RefE sollte den Emittenten die Möglichkeit eröffnen, in den Anleihebedingungen zu bestimmen, dass der bisherige Schuldner ohne Zustimmung der Gläubiger auf seine Kosten berechtigt ist, eine andere Person als neuen Schuldner einzusetzen. 822 Das bereits in §  795a BGBDiskE enthaltene Erfordernis, dass der neue Schuldner alle Verpflichtungen aus und im Zusammenhang mit den Schuldverschreibungen übernimmt, findet sich unverändert auch in §  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  2 SchVG-RefE. Ergänzt wurde es um die Voraussetzung, dass der neue Schuldner auch rechtlich in der Lage sein muss, die Verpflichtungen zu erfüllen. Hierdurch sollte insbesondere in den Fällen, in denen der neue Schuldner seinen Sitz im Ausland hat,823 sichergestellt werden, dass den versprochenen Leistungen keine Hemmnisse, insbesondere aus dem Bereich der Kapitalverkehrsfreiheit, entgegenstehen, der neue Schuldner also berechtigt ist, die Zahlungen in der festgelegten Währung zu erbringen. An die Stelle der nach §  795a BGB-DiskE erforderlichen Garantie des Ausstel820 

Zu den Motiven für die Schuldnerersetzung vorstehend Kap.  2 §  6 B. I. Maier-Reimer in Baums/Cahn, Reform SchVR, 129, 146 f. 822  Begründung des SchVG-RefE, 40 zu §  23 SchVG-RefE. 823  Begründung des SchVG-RefE, 40 zu §  23 SchVG-RefE. 821 

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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lers sollten Anforderungen an die finanzielle Ausstattung des neuen Schuldners treten, nämlich dass das haftende Vermögen des bisherigen Schuldners auf den neuen Schuldner übergeht oder der neue Schuldner über gleichwertiges, den Gläubigern haftendes Vermögen verfügt (§  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  3 SchVG-RefE) und alle Sicherheiten trotz des Schuldnerwechsels gleichwertig erhalten bleiben (§  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  4 SchVG-RefE). bb) Wirksamwerden der Schuldnerersetzung Über den Zeitpunkt, zu dem die Schuldnerersetzung wirksam werden sollte, enthielt §  795a BGB-DiskE – im Unterschied zu den in der Praxis üblichen Bestimmungen – keine Aussage. Ungewiss war daher insbesondere, ob die Sonderrechtsnachfolge bereits mit der Schuldübernahme oder erst mit dem Ausspruch der Garantie eintreten sollte. Die mit dieser Regelungslücke einhergehende Unsicherheit sollte §  23 Abs.  2 Satz 1 SchVG-RefE dahingehend schließen, dass die einseitige Schuldnerersetzung nicht bereits mit der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen, sondern erst dann wirksam werden sollte, sobald sie von dem bisherigen Schuldner entsprechend §  16 SchVG-RefE bekannt gemacht worden ist. cc) Informationspflichten Eine weitere Schwachstelle des §  795a BGB-DiskE bestand darin, dass die Vorschrift keine Verpflichtung der Schuldner enthielt, die Gläubiger über die bevorstehende oder bereits vollzogene Schuldnerersetzung zu informieren. Dieser Unkenntnis der Gläubiger sollte §  23 Abs.  3 Satz 1 SchVG-RefE entgegenwirken. Danach sollte der bisherige Schuldner den Gläubigern in Textform über den Hergang des Schuldnerwechsels berichten und die Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen des §  23 Abs.  1 und 2 SchVG-RefE erfüllt sind. Den Bericht nebst etwaigen Anlagen sollte der bisherige Schuldner gemäß §  23 Abs.  3 Satz 2 SchVG-RefE für die Dauer von mindestens vier Wochen im Internet unter seiner Adresse für die Gläubiger zur Einsicht bereithalten. Die Erfüllung der Berichtspflicht sowie die Wahrheit und Vollständigkeit der Angaben sollten durch bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten (§   24 Abs.  3, 4 SchVG-RefE) sichergestellt werden. b) Schwächen des §  23 SchVG-RefE Obwohl die Regelung der Schuldnerersetzung in §  23 SchVG-RefE mehrere Schwächen des §  795a BGB-DiskE ausgemerzt hat, erscheint sie in drei Punkten verbesserungsfähig.

320

Kapitel 2. Leitbilder

aa) Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen auch bei gleichwertigen Vermögen Um auf die Zustimmung der Gläubiger zu der Schuldnerersetzung verzichten zu können, muss – so die Begründung des SchVG-RefE – eine Benachteiligung der Gläubiger durch die Schuldnerersetzung ausgeschlossen werden. 824 Dies sollte insbesondere dadurch sichergestellt werden, dass das haftende Vermögen des bisherigen Anleiheschuldners auf den neuen Schuldner übergeht oder der neue Schuldner über ein gleichwertiges, den Gläubigern haftendes Vermögen verfügt (§  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  3 SchVG-RefE) und alle Sicherheiten trotz des Schuldnerwechsels gleichwertig erhalten bleiben (§   23 Abs.   1 Satz 2 Nr.   4 SchVG-RefE). Der von §  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  3 Alt.  1 SchVG-RefE vorausgesetzte Vermögensübergang kann insbesondere im Wege der Verschmelzung herbeigeführt werden. Dass hierbei eine Beeinträchtigung der Erfüllungsaussichten nicht ausgeschlossen ist, zeigen §  22 Abs.  1 Satz 2 und §  122j Abs.  1 Satz 2 UmwG. bb) Prozessuale Schwierigkeiten Des Weiteren bergen die materiellen Voraussetzungen des §  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  3, 4 SchVG-RefE erhebliche prozessuale Unwägbarkeiten. Für den bisherigen Anleiheschuldner ergeben diese sich daraus, dass er die befreiende Schuldübernahme nach §  23 Abs.  1 Satz 2 Nr.  3 Alt.  2 und Nr.  4 SchVG-RefE nur einwenden kann, wenn er für den Zeitpunkt der Schuldnerersetzung darlegt und im Streitfall beweist, dass der neue Schuldner über gleichwertiges, den Gläubigern haftendes Vermögen verfügt und alle Sicherheiten gleichwertig erhalten geblieben sind. Diese Nachweislast kann aufgrund der Tatsache, dass die Vermögen des neuen und des bisherigen Schuldners einem ständigen Wandel unterworfenen sind, insbesondere bei Schuldverschreibungen mit einer langen Restlaufzeit zu einer probatio diabolica werden. Die Schwierigkeiten treffen aber nicht nur den bisherigen Schuldner, sondern auch die Gläubiger. Erwägen sie Jahre nach der Schuldnerersetzung Klage auf eine versprochene Leistung zu erheben, ist ihnen die Beantwortung der vorprozessualen Frage, welcher potentielle Schuldner passivlegitimiert ist, dadurch erschwert, dass der Bericht über die Umstände, aus denen sich nach der Ansicht des bisherigen Schuldners die Erfüllung der Voraussetzungen des §  23 Abs.  1 Satz 2, Abs.  2 SchVG-RefE ergibt (§  23 Abs.  3 Satz 1 SchVG-RefE), auch dann nur für vier Wochen zur Einsicht bereit zu halten ist, wenn die Laufzeit der Schuldverschreibung noch mehrere Jahre beträgt.

824 

Begründung des SchVG-RefE, 40 zu §  23 SchVG-RefE.

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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cc) Unzureichende Information der Gläubiger Nach §  23 Abs.  3 Satz 1 SchVG-RefE sollten die bisherigen Schuldner nur ex post über den Hergang eines bereits vollzogenen Schuldnerwechsels berichten müssen. Hierdurch würde den Gläubigern – vorbehaltlich einer wohl nur in Ausnahmefällen erforderlichen Ad-hoc-Mitteilung – die Möglichkeit genommen, auf die bevorstehende Schuldnerersetzung mit einer Veräußerung ihrer Teilschuldverschreibungen zu reagieren. Außerdem erscheint die Sanktionierung eines nicht, nicht richtigen oder nicht vollständigen Berichts mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 EUR im Verhältnis zu den Volumina einzelner Gesamtemissionen als gering. Beide Defizite können de lege ferenda durch eine Erweiterung der Prospektpflicht beseitigt werden. Der bisherige Schuldner und die Mitverpflichteten könnten als Gesamtschuldner verpflichtet werden, einen Nachtrag zu dem Wertpapierprospekt zu erstellen und bei der zuständigen Behörde einzureichen. Diese Verpflichtung ergibt sich nicht bereits aus Art.  23 Abs.  1 UAbs.  1 Prospekt-VO, wenn die Schuldnerersetzung – wie im Regelfall – erst nach dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots oder der Einführung oder Einbeziehung in den Handel wirksam wird. Durch eine entsprechende Erweiterung des Art.  23 Prospekt-VO würde nicht nur die Publizität der emittentenbezogenen Angaben – konkret die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste sowie die Zukunftsaussichten des neuen Schuldners – sichergestellt, sondern zugleich der bisherige Schuldner und die Mitverpflichteten der Prospekthaftung unterworfen. 3. Ausblick de lege ferenda Die Kritik an der Regelung des §  23 SchVG-RefE gebietet es entgegen Stimmen aus der Literatur nicht, jeden Schuldnerwechsel von der Zustimmung der Gläubiger – regelmäßig als Beschluss einer qualifizierten Mehrheit (§  5 Abs.  3 Satz 1 Nr.  9, Abs.  4 Satz 2 SchVG) – abhängig zu machen.825 Sollte der Gesetzgeber sich entschließen, die Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger zu normieren, hat er die Wahl zwischen der Kodifikation der lex lata und einer Veränderung des bestehenden Leitbilds. a) Kodifikation der lex lata Die Kodifikation der lex lata sollte – ähnlich §  795a BGB-DiskE826 – zunächst klarstellen, dass eine Bestimmung in Anleihebedingungen, die den Schuldner ohne die Zustimmung der Gläubiger zu einer Schuldnerersetzung berechtigt, neben §  5 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 Satz 1 Nr.  9 SchVG möglich ist. Im Anschluss 825  826 

So aber N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 54; ders. WM 1984, 713, 721. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. IV. 1.

322

Kapitel 2. Leitbilder

daran muss sie aufgrund der Abweichung von dem wesentlichen Grundgedanken des §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB827 die Voraussetzung enthalten, dass den Gläubigern das Recht eingeräumt wird, die Teilschuldverschreibungen außerordentlich zu kündigen.828 Eine solche gesetzliche Regelung könnte lauten: „1Die Anleihebedingungen können bestimmen, dass der bisherige Schuldner ohne Zustimmung der Gläubiger auf seine Kosten einen anderen als Schuldner einsetzt. 2Für diesen Fall muss mindestens gewährleistet sein, dass 1. der neue Schuldner alle Verpflichtungen aus oder im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt und 2.  den Gläubigern das Recht zusteht, die ausstehende Schuldverschreibung durch Erklärung gegenüber dem neuen Schuldner zu kündigen.“

b) Veränderung des Leitbilds Der Reformgesetzgeber muss sich nicht auf die Kodifikation des gegenwärtigen Rechtszustands beschränken. Alternativ kann er das Leitbild für einseitige Schuldnerersetzungen verändern. Hierfür bedarf es keiner Änderung der §§  309 Nr.  10 Buchst. b, 415 Abs.  1 Satz 1 BGB sowie der §§  22, 122j UmwG; es genügt eine besondere Regelung für Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen, wie sie mit §  795a BGB-DiskE – obgleich dessen Verfasser keine Änderung des Leitbilds beabsichtigten – und §  23 SchVG-RefE vorgesehen war.829 Eine solche im SchVG zu platzierende Regelung der Schuldnerersetzung könnte lauten: „(1) 1Die Anleihebedingungen können bestimmen, dass der bisherige Schuldner ohne Zustimmung der Gläubiger auf seine Kosten einen anderen als Schuldner einsetzt. 2Für diesen Fall muss mindestens gewährleistet sein, dass 1. der bisherige Schuldner oder ein Mitverpflichteter, bei mehreren Mitverpflichteten derjenige mit der höchsten Zusage, unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 90 Prozent am Grund- oder Stammkapital oder am Vermögen des neuen Schuldners beteiligt ist, sofern nicht der Mitverpflichtete selbst als neuer Schuldner eintritt, 2. der neue Schuldner alle Verpflichtungen aus und im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt und rechtlich in der Lage ist, diese zu erfüllen, und 3. alle Sicherheiten fortbestehen oder, wenn zum Zeitpunkt der Schuldübernahme keine Sicherheiten bestehen, der bisherige Schuldner die vom neuen Schuldner zu übernehmenden Verpflichtungen unbedingt und unwiderruflich830 garantiert. (2) 1Die Ersetzung des Schuldners nach Absatz 1 wird erst wirksam, sobald sie vom bisherigen Schuldner bekannt gemacht worden ist; §  17 gilt entsprechend. 2In der Bekanntmachung ist auch anzugeben, unter welcher Adresse der neue Schuldner Informationen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im Internet der Öffentlichkeit zugänglich machen wird. 827 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. III. 2. b). Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. III. 2. c) dd) (2). 829  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  6 B. IV. 1. und 2. 830  Die in den Anleihebedingungen enthaltenen Garantieversprechen sind bereits gegenwärtig stets unbedingt und unwiderruflich, N. Horn 9 Georgetown J. Int. Law 753, 764 (1977). 828 

§  6 . Einzelne Bestimmungen

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(3) 1Die Ersetzung des Schuldners nach Absatz 1 muss in einem Nachtrag zum Prospekt gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) 2017/1129 genannt werden. 2Der bisherige Schuldner und die Mitverpflichteten müssen den Nachtrag bei der zuständigen Behörde einreichen. 3Ferner hat der bisherige Schuldner die Gläubiger mindestens zwei Wochen vor dem Wirksamwerden der Ersetzung des Schuldners nach Absatz 2 über diesen Vorgang unter Angabe der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, der Finanzlage, der Gewinne und Verluste sowie der Zukunftsaussichten des neuen Schuldners zu unterrichten. 4Den Bericht hat er im Internet unter seiner Adresse oder, wenn eine solche nicht vorhanden ist, unter der in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite mindestens für die Dauer der Laufzeit der Schuldverschreibung für die Gläubiger zur Einsicht bereitzuhalten. 5Darauf ist in der Bekanntmachung nach Absatz 2 hinzuweisen.“

c) Zusätzliche Vereinbarungen zugunsten der Gläubiger Die Kodifikation des Leitbilds hinderte die Emittenten – wie auch §  23 Abs.  1 Satz 2 SchVG-RefE mit der Formulierung „mindestens“ klarstellen sollte – nicht daran, zusätzliche Regelungen zugunsten der Gläubiger in die Ersetzungsklausel aufzunehmen. Dies gilt z. B. für die Bestimmung, dass der bisherige Schuldner den Gläubigern verspricht, den neuen Schuldner von sämtlichen Steuern, Gebühren und Abgaben freizustellen, die diesem als Folge der Übernahme der Verpflichtung auferlegt werden.

C. Ergebnisse I. Änderungsvorbehalte bei Wandelschuldverschreibungen 1. Bestimmungen in den Anleihebedingungen herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen, die den Emittenten trotz der Ausübung des Umtauschoder Bezugsrechts durch die Anleihegläubiger berechtigen, anstelle von Aktien eine Barzahlung zu leisten (cash settlement), sind de lege lata nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam. 2. Für Bestimmungen in den Anleihebedingungen umgekehrter Wandelanleihen, die dem Anleiheschuldner ein Umtauschrecht einräumen, hat die Aktienrechtsnovelle 2016 das gesetzliche Leitbild dahingehend verändert, dass derartige Bestimmungen seit dem 31.12.2015 als wirksam anzusehen sind.

II. Ersetzung des Anleiheschuldners 1. Die Schuldnerersetzung, die in nahezu sämtlichen Anleihebedingungen vorgesehen ist, wird mittels einer befreienden Schuldübernahme vollzogen. Die alternative Konstruktion einer sog. indirekten Rechtsübertragung, nämlich die Kombination eines echten Vertrags zugunsten Dritter mit einer auflösenden Bedingung der Rechtsverhältnisse zwischen dem Schuldner und den Gläubi-

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Kapitel 2. Leitbilder

gern oder einem aufschiebend bedingten Erlass, bewirkt aufgrund der gezielten Umgehung der personell begrenzten Zustimmungsbefugnis eine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger und ist daher nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam. 2. Die für die befreiende Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB erforderliche Zustimmung der Gläubiger wird nicht von den Ersterwerbern formularmäßig im Rahmen des Begebungsvertrags erklärt. Sie würde im Zuge der Sonderrechtsnachfolge wirkungslos. 3. Ersetzungsklauseln, die den Emittenten ohne die Zustimmung der Gläubiger zu der Ersetzung des Anleiheschuldners berechtigen, sind mit dem wesentlichen Grundgedanken des §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB, dem Zustimmungserfordernis, nicht zu vereinbaren. Sie beinhalten de lege lata nur dann keine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  1 BGB), wenn ihnen für den Fall der Schuldübernahme das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Teilschuldverschreibungen eingeräumt wird. 4. Die Schuldnerersetzung erfordert – unabhängig von der Ausgestaltung der Anleihebedingungen – eine Änderung der Anleihebedingungen. Diese kann aufgrund einer teleologischen Reduktion von §  4 Satz 1 SchVG ohne Zustimmung sämtlicher Gläubiger erfolgen. Die Vorschrift des §  4 Satz 1 SchVG dient der Erhaltung der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen und steht daher Änderungen auf Grundlage entsprechender Vorbehalte in den Anleihebedingungen nicht entgegen, die gegenüber sämtlichen Gläubigern inhaltsgleich erfolgen. 5. Sollte der Gesetzgeber sich zu der Normierung eines Leitbilds für die Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger entschließen, hat er die Wahl zwischen der Kodifikation der lex lata und einer Änderung des Leitbilds. Bei letzterer Variante sollten – im Vergleich zu §  23 SchVG-RefE – die Informationspflichten ausgeweitet, die Prospektnachtragspflicht ergänzt und das Merkmal der Gleichwertigkeit sowohl bei den haftenden Vermögensmassen des bisherigen und des neuen Schuldners als auch bei den Sicherheiten fallengelassen werden.

Kapitel 3

Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente Der bis zum 31.12.1990 bestehende Genehmigungsvorbehalt für massenhafte Emissionen von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen (§§  795, 808a BGB a. F.) bewirkte eine inhaltliche Konvergenz der Anleihebedingungen.1 Seit der Abschaffung des Genehmigungsverfahrens mit Wirkung vom 1.1.1991 findet aufgrund der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit 2 zunehmend eine Diversifizierung der Anleihebedingungen statt 3 mit der Folge, dass die Anleger aus einer Vielzahl unterschiedlich gestalteter Anlagetitel wählen können. Eine beson­ dere Gruppe innovativer Produkte bilden sog. hybride bzw. mezzanine Kapi­ tal­instrumente. Das Adjektiv hybrid4 ist der Biologie, der Begriff mezzanine der Architektur entlehnt, wo er – in Anlehnung das italienische mezzanino – ein Zwischengeschoss zwischen zwei Vollgeschossen5 bezeichnet. Der hiermit zum Ausdruck gebrachte Mischcharakter der Kapitalinstrumente beruht darauf, dass es sich um schuldvertragliche, regelmäßig als Schuldverschreibungen auf den Inhaber verbriefte Kapitalinstrumente handelt, bei denen die Rechtsstellung der Gläubiger in den Anleihebedingungen derjenigen angenähert ist, die das AktG den Aktionären gewährt. Die Motive für den Einsatz solcher Kapitalinstrumente sind nahezu ebenso zahlreich wie die mit der Ausgestaltung des Leistungsversprechens durch die Anleihebedingungen verfolgten Ziele. Werden die Produkte von Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Wertpapierinstituten oder Versicherungsunternehmen ausgegeben, dienen sie regelmäßig dazu, die aufsichtsrechtlich erforderlichen Eigenmittel (Art.  25 ff. CRR, Art.  9, 11

1  Zu Einzelheiten vorstehend Einleitung §  1 A. IV. 1. b). Dieselben Auswirkungen hatte die bis zum 28.7.1994 durchgeführte systematische Vorabkontrolle der AVB, siehe MüKo­ VVG/Bruns Vor BGB §§  307–309 Rn.  3. 2 Statt vieler OLG München WM 2014, 1131, 1134; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  20. 3 Im Versicherungsaufsichtsrecht fand eine vergleichbare Entwicklung statt. Ihr Ausgangspunkt war die Aufhebung der behördlichen Vorabkontrolle aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben mit Wirkung vom 29.7.1994, siehe MüKoVVG/Bruns Vor BGB §§  307– 309 Rn.  4 ; Hohlfeld Deregulierung 27. Die hierdurch bedingte Steigerung der Produktvielfalt und die damit einhergehende Konkurrenz der Anbieter entsprach der gesetzgeberischen Intention, siehe ErwGr 19 Dritte RL-SVers; ErwGr 20 Dritte RL-LVers; BT-Drucks. 12/6959, 45 unter A. III. 2.; BR-Drucks. 23/94, 131. 4  Das Wort leitet sich von dem lateinischen Begriff hybridus/hibridus ab. 5  Nelles/Klusemann FB 2003, 1, 5.

326

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

IFR, §§  89 f., 214 VAG) zu erhalten oder zu stärken. 6 Seit dem Jahr 20057 werden aktienähnliche Kapitalinstrumente vermehrt auch von Unternehmen aus anderen Bereichen8 an internationalen Märkten ausgegeben.9 Diese Erweiterung des Emittentenkreises ist unmittelbar mit der Entwicklung anerkannter Richtlinien für die Bewertung der Produkte durch die Ratingagenturen verbunden.10 Deren Fehlen hielt potentielle Emittenten bis Mitte der 2000er Jahre von der massenhaften Emission aktienähnlicher Kapitalinstrumente ab.11 Erst nachdem im Februar 2005 die überarbeiteten Richtlinien für die Bewertung aktienähnlicher Produkte – deren ursprüngliche Fassung hatte das von Moody’s im Jahr 1996 gegründete New Instruments Committee im Jahr 1999 publiziert – veröffentlicht wurden,12 gaben die Emittenten ihre Zurückhaltung auf13 mit der Folge, dass das Emissionsvolumen an den europäischen Märkten im Jahr 2005 von EUR 80 Mio. sprunghaft auf EUR 7,61 Mrd. anstieg.14 Ursächlich für diese Entwicklung und die seither hohen Emissionsvolumina sind fünf den Emittenten günstige Auswirkungen. Erstens, die Ausgabe aktienähnlicher Produkte verbessert die Bestandsfestigkeit und Kreditfähigkeit der Gesellschaft15 und führt daher zu einer Aufwertung des Emittentenratings.16 Letzteres hat aufgrund der Tatsache, dass die Höhe der geschuldeten Zinsen – nicht nur des Instrumemts selbst, sondern auch anderer Kredite – nach den marktüblichen Vereinbarungen durch das Rating der Gesellschaft bestimmt wird, regelmäßig eine erhebliche Reduzierung der Kapitalkosten zur Folge. Zweitens, bei aktienähnlichen Produkten sind die Ausschüttungen – im Unter6  Häuselmann BB 2007, 931; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 286; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821. 7  Bereits im Jahr 2003 hatte die Linde AG eine aktienähnliche Anleihe emittiert; dieses Vorgehen blieb jedoch ein Einzelfall, siehe Rüßmann/Vögtle CFB 2010, 205. 8  Für eine nach Branchen sortierte Statistik der Emissionen in den Jahren 2003 bis 2009 siehe Rüßmann/Vögtle CFB 2010, 205, 207. 9  Andrews 25 IFLR 7 (2006); Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 451; Maiden 25 IFLR 68 (2006). 10  Maiden 25 IFLR 68 (2006); wohl vorausgesetzt von Sester ZBB 2006, 443, 444. 11  Maiden 25 IFLR 68 (2006). 12  Moody’s Investors Service, Refinements to Moody’s Tool Kit: Evolutionary not Revolutionary, February 2005. Im Mai 2006 zog S&P Financial Services nach und veröffentlichte seine Criteria: Equity Credit for Corporate Hybrid Securities, May 2006. Zu Einzelheiten Rüßmann/Vögtle CFB 2010, 205, 209 ff. 13  Andrews 25 IFLR 7 (2006); Maiden 25 IFLR 68 (2006); Rüßmann/Vögtle CFB 2010, 205. 14  Rüßmann/Vögtle CFB 2010, 205. 15  Baetge/Brüggemann DB 2005, 2145; Elser/Jetter FB 2005, 625; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  27; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821. Ähnlich Manz/Lammel GmbHR 2009, 1121: Stärkung der Eigenkapitalbasis. 16  Häuselmann BB 2007, 931; Vater FB 2006, 44, 49. Siehe für Genussrechte Claussen FS Werner, 1984, 81, 98; G. Emmerich/Neumann WPg 1994, 677; Knop in Küting/Weber Rechnungslegung-HdB HGB §  272 Rn.  150; HHR/Schallmoser KStG §  8 Rn.  59; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1; Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1177.

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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schied zu gewöhnlichen Schuldverschreibungen und Darlehen – durch die Anleihebedingungen Dividenden dergestalt angenähert, dass sie regelmäßig nur zu leisten sind, wenn die Gesellschaft einen Gewinn erwirtschaftet; 17 bei Verlusten entfallen sie ersatzlos.18 Daher sind aktienähnliche Kapitalinstrumente in besonderem Maße zur Sanierungsfinanzierung geeignet. Drittens, im Vergleich zu einer Kapitalerhöhung weisen aktienähnliche Kapitalinstrumente – für Wandelschuldverschreibungen gilt dies aufgrund des Umtausch- oder Bezugsrechts nur eingeschränkt – den Vorteil auf, dass sie ihren Inhabern keine Stimmrechte vermitteln.19 Daher droht – auch bei Untätigkeit der Aktionäre – keine Verwässerung der bestehenden Anteilsverhältnisse,20 weshalb die Emission aktienähnlicher Produkte auch und insbesondere für nicht börsennotierte Gesellschaften attraktiv ist.21 Viertens, ein weiterer Vorteil gegenüber der Ausgabe neuer Ak­tien besteht darin, dass das gegen die Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente einbezahlte Kapital trotz seiner Anrechnung auf die aufsichtsrechtlich erforderlichen Eigenmittel 22 oder seiner Anerkennung als Eigenkapital im R ­ atingverfahren bei entsprechender Ausgestaltung steuerrechtlich als Fremdkapital behandelt wird.23 Die Folge, dass die Ausschüttungen auf Ebene der Gesellschaft grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind,24 nutzen die Emittenten in der Regel dazu, die Attraktivität ihrer Kapitalinstrumente dadurch zu steigern, dass sie die Steuerersparnisse in Form erhöhter Ausschüttungen an die Inhaber weiterreichen.25 Fünftens, gegenüber der Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§  12 Abs.  1 Satz 2, 139 ff. AktG) weisen ak­tienähnliche Schuldverschreibungen den weiteren Vorteil auf, dass ihre Aus­gabe nicht auf die Hälfte des Grundkapitals beschränkt ist.26 Die weitgehende Freiheit der Emittenten bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Anleihebedingungen begründet das Bedürfnis nach Maßnahmen des Anle17 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. I.

18 Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 518; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 287;

Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1; M. Stadler NZI 2003, 579, 582. 19  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. II. 1. 20  Andrews 25 IFLR 7 (2006); Breuninger/Prinz DStR 2006, 1345, 1346; Brüggemann/ Lühn/Siegel KoR 2004, 340, 342 f.; G. Emmerich/Neumann WPg 1994, 677; Häuselmann BB 2007, 931; Hofert/Arends GmbHR 2005, 1381; Maiden 25 IFLR 68 (2006); Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 287; Sethe AG 1993, 293, 296; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1; Vater FB 2006, 44, 48; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  20; Ziebe DStR 1991, 1594, 1595. 21  Andrews 25 IFLR 7 (2006). 22  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2., III. 2, IV. 2. 23  Andrews 25 IFLR 7 (2006); Bock StuW 2010, 321, 322; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rn.  660; Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 4; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 19; Jänisch/Moran/Waibel DB 2002, 2451; F. A. Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 321; Sester ZBB 2006, 443, 448; Lademann/Wernicke/Staiger KStG §  8 Rn.  314; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1716. 24  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. I. 2. b). 25 Christians/W. Busch Finanzierung-HdB 499, 510. 26  Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 287; Sethe AG 1993, 293, 296.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

gerschutzes. Zu diesen zählt neben den im Bank-, Börsen- und Bilanzrecht bestehenden Aufklärungs- und Transparenzpflichten – deren Ausweitung führte der Reformgesetzgeber als einen von mehreren Gründen für die Aufhebung der Emissionsverbote (§§  795, 808a BGB a. F.) an 27 – auch die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen.28 Deren Prüfungsmaßstab hat der BGH in der sog. Klöckner-Entscheidung für Genussscheinbedingungen dahingehend präzisiert, dass sie einer auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen ausgerichteten Inhaltskontrolle unterliegen, soweit sie aktienähnlich ausgestaltet sind.29 Das überrascht. Das AktG erwähnt Genussrechte seit der Aufhebung von §  160 Abs.  1 Nr.  6 AktG mit Wirkung vom 23.7.201530 nur noch in §  221 Abs.  3, 4 AktG. Die Vorschrift regelt unter Verzicht auf eine Begriffsbestimmung lediglich, dass der Vorstand Genussrechte nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgeben darf und den Aktionären grundsätzlich ein Bezugsrecht zusteht. Auf ein Leitbild für die vertragliche Ausgestaltung der Genussrechte wurde – dies ist den Beratungen zum AktG-E 1930 und AktG-E 1931 zu entnehmen – bewusst verzichtet; die Ausgestaltung sollte einstweilen der Praxis überlassen bleiben.31 Im Folgenden soll daher geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen Genussrechte und andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente aktienähnlich sind (nachfolgend §  7) und warum die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen bei diesen Gestaltungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist (nachfolgend §  8).

27 

BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 4. dem Individualschutz der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle vorstehend Kap.  1 §  3

28  Zu

C. II. 29  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. Dem folgend OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München WM 2014, 1131, 1134. Zustimmend Heidel/M. Müller AktG §  221 Rn.  45. 30  Art.  4 Nr.  3 Buchst. a Doppelbuchst. cc i. V. m. Art.  9 Satz 1 BilRuG. 31 Erläuternde Bemerkungen des RMJ zum AktG-E 1931, unter I. 5., abgedruckt bei W. Schubert/Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 929

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente Genussrechte sind nach der Rechtsprechung des BGH aktienähnlich ausgestaltet, wenn sie vermögensrechtlich Rechte und Pflichten enthalten, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft von Aktien geknüpft sind.32 Die sich aufdrängende Frage, welche vermögensrechtliche Ausgestaltung für die Aktienähnlichkeit mindestens erforderlich ist, lässt der BGH unbeantwortet (nachfolgend A.). Anhaltspunkte enthalten in erster Linie Vorschriften des Ertragsteuerrechts sowie des Instituts- und Versicherungsaufsichtsrechts. Da die in ihnen genannten Voraussetzungen charakteristischen Eigenschaften von Aktien nachgebildet sind, ist der Begriff der Aktienähnlichkeit – im Unterschied zu der Obligationsähnlichkeit, die aufgrund der besonderen Rechtsnatur des Genussrechts auf selbiges beschränkt ist – auch für andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente als Genussrechte gebräuchlich. Es handelt sich um ein Sy­ nonym für hybride bzw. mezzanine Gestaltungen (nachfolgend B.). Die Freiheit, Genussrechte und andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente ak­tien­ ähnlich auszugestalten, wird durch die Privatautonomie gewährleistet. Der Möglichkeit, durch die Eingehung derartiger Verträge und die Ausgabe ent­ sprechender Wertpapiere sog. funktionelles Eigenkapital auch von Nichtge­ sellschaftern einzusammeln, stehen weder Normen und Wertungen des deutschen Gesellschaftsrechts noch die Vorgaben der Kapital-RL entgegen (nach­ folgend C.).

A. Obligations- und aktienähnliche Genussrechte Die Rechtsprechung differenziert zwischen obligationsähnlichen Genussrechten (nachfolgend I.) und solchen, die aktienähnlich ausgestaltet sind (nachfolgend II.).33 Bedeutsam ist diese Unterscheidung u. a. für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle, nämlich insoweit, als der Prüfungsmaßstab bei aktienähn­ lichen Ausgestaltungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist.34 32 

BGHZ 119, 305, 310 = NJW 1993, 57. BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 310, 311 = NJW 1993, 57; OLG Bremen AG 1992, 268, 269. 34  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. III. 2., B., C. 33 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

I. Obligationsähnliche Genussrechte Genussrechte sind keine gesellschaftsrechtlich geprägten Mitgliedschaftsrechte, sondern Dauerschuldverhältnisse.35 Die Rechtsposition der Gläubiger erschöpft sich in bestimmten geldwerten Ansprüchen,36 bei Genussrechten, die zum Zweck der Unternehmensfinanzierung gewährt werden (sog. Finanzierungsgenussrechte),37 regelmäßig in dem Anspruch auf Zahlung des versprochenen Kapitalbetrags (principal) und periodischen Zinsansprüchen. Von herkömmlichen Anleihen unterscheiden solche Finanzierungsgenussrechte sich – unabhängig von ihrer Verbriefung – lediglich dadurch, dass der Inhalt mindestens eines schuldrechtlichen Anspruchs in den Genussrechtsbedingungen einem 38 aktionärstypischen Vermögensrecht angenähert ist.39 Regelmäßig wird die bei herkömmlichen Schuldverschreibungen übliche Zinszahlungsverpflichtung, die unabhängig von dem Unternehmenserfolg entsteht und deren Höhe vertraglich festgelegt ist, durch eine erfolgsabhängige Verzinsung ersetzt.40 Bei dieser marktüblichen Gestaltung betont das Attribut „obligationsähnlich“41 lediglich, dass der Zinsanspruch – im Unterschied zu dem gewinnorientierten Zahlungsanspruch aktienähnlicher Genussrechte – kein (echtes) Recht auf Beteiligung an dem Gewinn der Gesellschaft, sondern demjenigen herkömmlicher Anleihen ähnlich ist.42

II. Aktienähnliche Genussrechte Den Gegenpol zu obligationsähnlichen Genussrechten bilden aktienähnlich ausgestaltete Genussrechte. Als solche bezeichnet der BGH Genussrechte, die 35 

BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. II. 3. Statt vieler BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  360; MüKoAktG/ Habersack §  221 Rn.  86; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  50. 37  Zu den Einsatzgebieten von Genussrechten siehe Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  330 ff.; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  554 ff.; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  75 ff. jeweils m. w. N. 38  Frantzen Genußscheine 4 f.; Gehling WM 1992, 1093, 1094; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  65; abweichend RG Gruchot 70, 276, 279; Brodmann JW 1932, 716, die eine Gewinnbeteiligung für unverzichtbar erachten. 39  T. Ernst AG 1967, 75, 77; Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung 17; Düringer/Hachenburg/Flechtheim HGB §  179 Anh. Rn.  6a; Gehling WM 1992, 1093, 1094; Grieger WM 1958, 914, 915; Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB §  51 Rn.  72; Haarmann JbFStR 1985/1986, 407, 410; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  2 ; Hammen DB 1988, 2549; Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  25; BSK/Kokemoor KWG §  10 Rn.  126; Luttermann Genußrechte 101; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  67; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  69; A. Schroeter Sparkasse 1985, 49, 51; BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  227; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  22; Sethe AG 1993, 293, 297; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 2; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1715. 40  Statt vieler KK-AktG/Florstedt §  2 21 Rn.  527. 41  BGHZ 119, 305, 310 = NJW 1993, 57; OLG Bremen AG 1992, 268, 269. 42  Statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  395. 36 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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vermögensrechtlich Rechte und Pflichten enthalten, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind.43 Der Gehalt dieser Begriffsbestimmung ist gering. Unzweifelhaft ist lediglich, dass die Verbindung mitgliedschaftlicher Mitverwaltungs- und Kontrollrechte mit dem Genussrecht – sofern überhaupt möglich44 – für eine aktienähnliche Ausgestaltung nicht erforderlich ist. Im Übrigen ist die Aussage im Wesentlichen zirkulär: Die Aktienähnlichkeit ist anzunehmen, wenn die Vermögensrechte der Genussrechtsinhaber denen der Aktionäre entsprechen, diesen also inhaltlich ähnlich sind.45 Die einzige Aussage, die der Definition entnommen werden kann, ergibt sich aus dem Begriff der Ähnlichkeit. Er impliziert, dass unter der Bezeichnung als aktienähnlich zahlreiche Gestaltungen zusammengefasst werden, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie sich von obligationsähnlichen Genussrechten dadurch unterscheiden, dass sie die – der Definition nicht zu entnehmenden – Mindestanforderungen für die Aktienähnlichkeit erfüllen.

B. Anforderungen an die aktienähnliche Ausgestaltung von Kapitalinstrumenten Die Antwort auf die Frage, ob Genussrechte oder andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente (z. B. stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen) aktienähnlich ausgestaltet sind, also ihren Inhabern vermögensrechtlich Rechte und Pflichten vermitteln, die denen der Aktionäre ähnlich sind, beruht auf einer Wertung. Diese hat der Gesetzgeber zwar nicht im Aktienrecht, wohl aber in anderen Vorschriften selbst vorgenommen, nämlich in den ertragsteuerrechtlichen Regelungen, die zwischen Genussrechten mit Obligationscharakter und solchen mit Beteiligungscharakter unterscheiden, sowie in den Bestimmungen über schuldvertragliche Eigenmittel im Instituts- und Versicherungsaufsichtsrecht. Der insbesondere gegenüber den aufsichtsrechtlichen Eigenmittelvorschriften geäußerte Vorbehalt, sie dienten ausschließlich Kapitaladäquanzmessungszwecken und der volumenmäßigen Begrenzung risikobehafteter Geschäfte, weshalb ein Rückgriff auf ihre Voraussetzungen in anderen Zusammenhängen (z. B. bei der bilanziellen Einordnung als Fremd- oder Eigenkapital) ausgeschlossen sei,46 überzeugt nicht. Zwar trifft es zu, dass der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschriften auf das jeweilige Rechtsgebiet begrenzt ist. 43 

BGHZ 119, 305, 310 = NJW 1993, 57. Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. II. 45 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  398. 46  IDW, HFA 1/1994 unter Abschnitt 2.1.1, abgedruckt in WPg 1994, 419, 420; ADS Rechnungslegung HGB §  266 Rn.  193; G. Emmerich/Neumann WPg 1994, 677, 680 f.; a. A. Hofert/ Arends ZIP 2005, 1297, 1301; Hofert/Möller GmbHR 2009, 527, 529; Knebel/T. Schmidt BB 2009, 430, 432; Manz/Lammel GmbHR 2009, 1121, 1122; H. Oelke/Wöhlert/Degen BB 2010, 299, 301 jeweils zu §  10 Abs.  5 KWG a. F. 44 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Dies schließt es aber nicht aus, dass die in den Tatbeständen zum Ausdruck kommenden Wertentscheidungen allgemeiner Natur sind. Hiervon zeugt nicht nur die gemeinsame Rechtsfolge der Vorschriften, nämlich dass schuldvertragliche Kapitalinstrumente Aktien in dem jeweiligen Regelungskontext gleichgestellt werden, sondern auch die Tatsache, dass die im Ertragsteuer- und Aufsichtsrecht normierten Voraussetzungen – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – vermögensrechtlich den Rechten und Pflichten angenähert sind, die das Aktienrecht an die Inhaberschaft der Aktie knüpft. Unter Berücksichtigung der dem Ertragsteuer- und Aufsichtsrecht immanenten Wertungen sind schuldvertragliche Kapitalinstrumente – nicht nur Genussrechte47 – unter vier Voraussetzungen aktienähnlich, nämlich wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Abwicklungserlös der Gesellschaft verbunden ist (nachfolgend I.), die Gläubiger am Verlust der Gesellschaft teilnehmen (nachfolgend II.), die Zahlungsansprüche in der Liquidation und der Insolvenz der Gesellschaft nachrangig sind (nachfolgend III.) und sichergestellt ist, dass das Kapital der Gesellschaft langfristig zur Verfügung steht (nachfolgend IV.).

I. Teilnahme am Gewinn und Abwicklungserlös der Gesellschaft Das Ertragsteuerrecht behandelt sog. Genussrechte mit Beteiligungscharakter in mehreren Vorschriften wie Aktien. Da diese Gleichbehandlung auf der Wertung beruht, dass derartige Genussrechte den Gläubigern eine den Aktionären wirtschaftlich vergleichbare Stellung vermitteln,48 können die Anforderungen an den Beteiligungscharakter – trotz des auf Genussrechte begrenzten Anwendungsbereichs der Vorschriften – dahingehend verallgemeinert werden, dass schuldvertragliche Kapitalinstrumente nur dann aktienähnlich sind, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist. 1. Rechtsstellung der Aktionäre Am Gewinn der Gesellschaft nehmen die Aktionäre in erster Linie durch ihren 58 Abs.   4 Satz 1 mitgliedschaftlichen49 Anspruch auf den Bilanzgewinn (§   AktG) teil. Während dieser bereits mit der Feststellung des Jahresabschlusses entsteht, der einen Bilanzgewinn ausweist, wird der Gewinnauszahlungsanspruch gegen die Gesellschaft erst begründet, wenn die Hauptversammlung beschließt, zumindest einen Teil des Gewinns in Geld an die Aktionäre auszu47 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. I 3. BFHE 213, 307, 313 = BStBl. II 2006, 746; BFHE 210, 272, 275 = BStBl. II 2005, 861 jeweils zu §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG. 49  Statt vieler BGHZ 23, 150, 154 = NJW 1957, 588; MüKoAktG/Bayer §  58 Rn.  98; KKAktG/Drygala §  58 Rn.  112. 48 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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schütten.50 Wird die Gesellschaft abgewickelt, steht den Aktionären ein mitgliedschaftliches Recht auf den Abwicklungsüberschuss (§  271 Abs.  1 AktG) – dieser besteht regelmäßig im Wesentlichen aus thesaurierten Gewinnen und stillen Reserven – zu, das sich mit dem Eintritt der gesetzlichen Verteilungs­ voraussetzungen zu einem auf Zahlung gerichteten Gläubigerrecht umwandelt.51 2. Ertragsteuerliche Anforderungen an Genussrechte mit Beteiligungscharakter Genussrechte können mangels einer mitgliedschaftlichen Beteiligung52 keine mitgliedschaftlichen Vermögensrechte am Gewinn und am Abwicklungsüberschuss gewähren. Werden diese Rechte jedoch schuldvertraglich nachgebildet, handelt es sich – in der Terminologie des Ertragsteuerrechts – um Genussrechte mit Beteiligungscharakter, die in den §§  17 Abs.  1 Satz 3, 20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 Satz 2 EStG sowie in §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG wie Aktien behandelt werden. a) Einkommensteuerrecht Im Einkommensteuerrecht sind Genussrechte mit Beteiligungscharakter Aktien sowohl hinsichtlich der auf sie entfallenden Ausschüttungen als auch hinsichtlich der Veräußerungsgewinne gleichgestellt. aa) Ausschüttungen auf Genussrechte Die Erträge aus Genussrechten mit Obligationscharakter sind Einkünfte aus Kapitalvermögen nach §  20 Abs.  1 Nr.  7 EStG.53 Ist mit den Genussrechten hingegen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der ausgebenden Kapital­ gesellschaft verbunden, werden die auf sie entfallenden Ausschüttungen jeder Art sowohl im nationalen (§§  20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 Satz 2 EStG) als auch im internationalen Einkommensteuerrecht (§  49 Abs.  1 Nr.  5 Buchst.  a EStG) wie Dividenden behandelt. bb) Veräußerung von Genussrechten Bei der Veräußerung von Genussrechten entscheidet die Differenzierung zwischen Genussrechten mit Obligationscharakter und solchen mit Beteiligungscharakter nicht nur darüber, ob der Veräußerungsgewinn eine Einnahme aus 50 Statt vieler BGHZ 124, 27, 31 = NJW 1994, 323; Hüffer/Koch AktG §   58 Rn.  26, 28 m. w. N. 51  Statt vieler KG AG 2009, 905, 906; MüKoAktG/J. Koch §  271 Rn.  3. 52  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. II. 3. a). 53  Statt vieler BFHE 267, 1 Rn.  37 = DStR 2020, 1307; Schmidt/Levedag EStG §  20 Rn.  32 jeweils m. w. N.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Kapitalvermögen nach §  20 Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 oder Nr.  7 EStG ist, sondern auch darüber, ob er den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§  17 Abs.  1 Satz 1 i. V. m. §  20 Abs.  8 Satz 1 EStG) zuzurechnen ist und der Gewerbesteuer (§§  2 Abs.  1 Satz 1, 7 Satz 1 GewStG) unterliegt, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent am Kapital der Gesellschaft beteiligt war. Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft – und damit zu den tatbestandsauslösenden Veräußerungsobjekten – zählt §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG neben Aktien u. a. auch Genussscheine. Im Unterschied zu §  20 Abs.  1 Nr.  1 EStG und §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG enthält der Wortlaut des §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG keine Beschränkung auf Genussscheine mit Beteiligungscharakter. Gleichwohl besteht Einigkeit darüber, dass §  17 Abs.  1 Satz 1, 3 EStG nur solche Genussscheine umfasst, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist.54 Diese restriktive Auslegung klingt bereits im Wortlaut des §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG an. Die Formulierung, dass zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft auch Anwartschaften auf „solche Beteiligungen“ gehören, lässt erkennen, dass der Gesetzgeber die Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. d. §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG auf Rechtsbeziehungen beschränken wollte, die eine Teilhabe an den stillen Reserven gewähren.55 Dementsprechend erfasst §  17 Abs.  1 Satz 1, 3 EStG nur solche Genussscheine, deren Gläubiger an der Substanz der Kapitalgesellschaft, insbesondere an dem Liquidationserlös, beteiligt sind.56 Außerdem findet die restriktive Auslegung eine Stütze in dem Zweck des §  17 Abs.  1 EStG. Der Gleichbehandlung von Aktien und Genussscheinen in §  17 Abs.  1, Satz 1, 3 EStG liegt die Annahme zugrunde, der Veräußerungserlös entspreche wirtschaftlich dem Wert zukünftiger Ausschüttungen. Grundlage dieser These ist die Möglichkeit der Hauptversammlung, anstelle der Ausschüttung von Dividenden (§   174 Abs.  2 Nr.  2 AktG) die Thesaurierung der Gewinne zu beschließen (§  174 Abs.  2 Nr.  3, 4 AktG). In diesem Fall könne der Anteilsinhaber seinen Anteil am Gewinn – einschließlich der stillen Reserven – mittels der Veräußerung seiner Aktien realisieren.57 Eine wirtschaftlich vergleichbare Funktion kommt dem Veräußerungserlös nur bei Genussscheinen zu, mit denen das Recht am laufenden Gewinn und Liquidationserlös der ausgebenden Gesellschaft verbunden ist.

54  BFHE 210, 272, 276 = BStBl. II 2005, 861; Brandis/Heuermann/Vogt EStG §  17 Rn.  250; Eilers/Roderburg GmbHR 2005, 1622, 1623 f.; HHR/Eilers/R. Schmidt EStG §  17 Rn.  146; BBP/Karrenbrock EStG §  17 Rn.  72; Schmidt/Weber-Grellet EStG §  17 Rn.  22; Wüllenkemper FR 1991, 473, 479. 55  BFHE 210, 272, 276 = BStBl. II 2005, 861. Allgemeiner Wiedemann FS Beusch, 1993, 893, 898: Eigenkapital setze Gewinnabhängigkeit der Vermögensausschüttung voraus. 56  BFHE 213, 307, 313 = BStBl. II 2006, 746. 57  BT-Drucks. 14/2683, 120; van Lishaut StuW 2000, 182, 192 f.; Schön StuW 2000, 151, 158; Schüppen/Sanna BB 2001, 2397; a. A. Pezzer StuW 2000, 144, 150.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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b) Körperschaftsteuerrecht Im Köperschaftsteuerrecht stellt §  8 Abs.  1 Satz 1, 2 Alt.  1 KStG klar, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht mindern dürfen. Gleiches gilt nach §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG für Auschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös verbunden ist.58 Während dieses Ergebnis für jede Art der Gewinnausschüttung als eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Einkommensverwendung selbstverständlich ist, ist das eingezahlte Genussrechtskapital – ausweislich der in der Handels- und Steuerbilanz des Schuldners grundsätzlich auszuweisenden Verbindlichkeit (§  266 Abs.  3 C. I. HGB, §  8 Abs.  1 Satz 1 KStG i. V. m. §  5 Abs.  1 Satz 1 EStG) – Fremdkapital59 mit der Folge, dass Zahlungen an die Gläubiger Betriebsausgaben (§  4 Abs.  4 EStG i. V. m. §  8 Abs.  1 Satz 1 KStG) sind, 60 die als solche den Bilanzgewinn mindern. Letzteres gilt – wie §  20 Abs.  1 Nr.  7 Satz 2 EStG für das Einkommensteuerrecht klarstellt – unabhängig von der Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen und somit auch für Genussrechte mit Beteiligungscharakter.61 Dem steht §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG nicht entgegen. 62 Insbesondere bewirkt die Vorschrift keine Umqualifikation der Genussrechtsverbindlichkeiten in Eigenkapital63 mit der Folge, dass die 58  Zu der kumulativen Erforderlichkeit der Voraussetzungen siehe BFHE 267, 1 Rn.  37 = DStR 2020, 1307; BFHE 173, 399, 401 = BStBl. II 1996, 77; Emde Genußschein 84; Feddersen/ Knauth Eigenkapitalbildung 35; Gosch/Gosch KStG §  8 Rn.  148; Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §   11 Rn.   26; MüKoAktG/Mihm §  221 Rn.  429; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 282; ders. Genußrechte 11; Brandis/Heuermann/ Rengers KStG §  8 Rn.  200; Erle/Sauter/Schulte KStG §  8 Rn.  316; Lademann/Wernicke/ Staiger KStG §  8 Rn.  310; HHR/K. Stein KStG §  8 Rn.  190; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1736, 1738; Zupancic Risikokapitalbeschaffung 189; a. A. Hirte ZIP 1988, 477, 478; Thiel StbJb 1963/64, 161, 179 zu §  7 Satz 2 KStG a. F. 59 KK-AktG/Florstedt §  2 21 Rn.  6 45; GroßkommAktG/Hirte §  2 21 Rn.  434; IDW, HFA 1/1994 unter Abschnitt 2.1.3, abgedruckt in WPg 1994, 419, 421; Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §  11 Rn.  20; MüKoAktG/Mihm §  221 Rn.  404; W. Müller FS Budde, 1995, 445, 454; BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  228. 60  Statt vieler BFHE 173, 399, 401 = BStBl. II 1996, 77; BFHE 149, 217, 221 = BStBl. II 1987, 643; Frotscher/Drüen/Frotscher KStG §  8 Rn.  393; IDW, HFA 1/1994 unter Abschnitt 2.2.1, abgedruckt in WPg 1994, 419, 422; Knobbe-Keuk §  16 IV 2 = 592; Brandis/Heuermann/Rengers KStG §  8 Rn.  200; BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  230; a. A. (Gewinnverwendung) Friedlaender DStZ/A 1966, 242, 244. Differenzierend Möschel ZHR 149 (1985), 206, 228: Aufwendungen auf Genusskapital seien nur dann Betriebsausgaben, wenn es eine bestimmte Laufzeit aufweise und an die Gläubiger zurückgezahlt werden müsse. 61 Verfehlt Hofert/Arends GmbHR 2005, 1381, 1384; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 822, die den Unterschied zwischen bilanzieller Gewinnermittlung und den außerbilanziellen Korrekturen bei der Einkommensermittlung verkennen. 62  A. A. (Gewinnverwendung) Kratzsch BB 2005, 2603; MüKoAktG/Mihm §  2 21 Rn.  429; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 826; M. Stadler NZI 2003, 579, 583. 63  So aber Breuninger/Ernst GmbHR 2012, 494, 497; Breuninger/Prinz DStR 2006, 1345, 1347; J. Frey/Mückl GmbHR 2010, 1193, 1199; Günkel JbFStR 2011/2012, 824, 827 f.; MüKo­ AktG/Mihm §  221 Rn.  426; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 3.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Ausschüttungen keine Betriebsausgaben sind.64 Ihr Regelungsgehalt erschöpft sich darin, dass Ausschüttungen auf Genussrechte mit Beteiligungscharakter das Einkommen der Kapitalgesellschaft ebenso wenig mindern wie Dividendenzahlungen. Die intendierte Ergebnisgleichheit verwirklicht §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG – wie bei verdeckten Gewinnausschüttungen65 – durch eine außerbilanzielle Korrektur, im Rahmen derer der Ausschüttungsbetrag, der das Betriebsvermögen zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres mindert, dem Unterschiedsbetrag i. S. d. §  4 Abs.  1 Satz 1 EStG i. V. m. §  8 Abs.  1 Satz 1 KStG außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen ist. 66 c) Anforderungen an die Ausgestaltung Bei der Ausgestaltung des für den Beteiligungscharakter notwendigen Rechts am Gewinn und Liquidationserlös genießen die Emittenten weitgehende Gestaltungsfreiheit. aa) Beteiligung am Gewinn Die Beteiligung am laufenden Gewinn i. S. d. §§  17 Abs.  1 Satz 3, 20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Nr.  1 EStG und des §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG setzt voraus, dass der Gewinn zwischen den Gesellschaftern und den Genussrechtsgläubigern aufgeteilt wird. 67 Hierfür ist eine erfolgsabhängige Vergütung erforderlich, aber auch ausreichend. 68 Die Erfolgsabhängigkeit kann durch das Versprechen der Höhe nach variabler Ausschüttungen begründet werden. Als Bezugsgrößen kommen der Jahresüberschuss in der Handels- oder Steuerbilanz (§  275 Abs.  2 Nr.  20, Abs.  3 Nr.  19 HGB, §  5 Abs.  1 Satz 1 EStG, §  8 Abs.  1 Satz 1 KStG), ein anderer aus dem Jahresabschluss ableitbarer Wert (z. B. die Umsatzerlöse, §  275 Abs.  2 Nr.  1, Abs.  3 Nr.  1 HGB) oder die Dividenden der Aktionäre in Betracht.69 Al64  BFHE 175, 347, 349 = BStBl. II 2002, 366. Missverständlich Großfeld/Luttermann BilR Rn.  818; Brandis/Heuermann/Rengers KStG §  8 Rn.  200. 65  Statt vieler HHR/Schallmoser KStG §  8 Rn.  204 m. w. N. 66  Statt vieler BFHE 197, 68, 74 = BStBl. II 2004, 171; BFHE 175, 347, 349 = BStBl. II 2002, 366; BFH/NV 1999, 1125, 1126 = NJW 1999, 3070; Frotscher/Drüen/Frotscher KStG Anh. §  8 Rn.  215a; DPM/Klingebiel KStG §  8 Abs.  3 Teil C Rn.  355; Wassermeyer FS Raupach, 2006, 565, 574; a. A. (Korrektur innerhalb der Bilanz) HHR/Schallmoser KStG §  8 Rn.  96. 67 Brandis/Heuermann/Rengers KStG §  8 Rn.  202. 68  BFH BeckRS 1983, 05186; RFH RStBl. 1932, 746, 747; Gosch/Gosch KStG §  8 Rn.  151; Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §  11 Rn.  27; DPM/ F. Lang KStG §  8 Abs.  3 Teil A Rn.  109; Erle/Sauter/Schulte KStG §  8 Rn.  320; Zupancic Risikokapitalbeschaffung 190. Wohl nur terminologisch abweichend Linscheidt DB 1992, 1852, 1853; HHR/K. Stein KStG §  8 Rn.  184: Teilnahme am wirtschaftlichen Erfolg. Enger lediglich BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  230, 228: Ausschüttung muss unter der Bedingung stehen, dass sie nur aus Bestandteilen des Eigenkapitals geleistet werden darf, die nicht besonders gegen Ausschüttungen geschützt sind. 69  Emde Genußschein 68; Frotscher/Drüen/Frotscher KStG §  8 Rn.  386; Göhrum Genußrechte 167; Gosch/Gosch KStG §  8 Rn.  151; Hanakam Genussrechte 101; Lüdicke/Sister-

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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ternativ zu gewinnorientierten Ausschüttungen können die Genussrechtsbedingungen eine feste Verzinsung vorsehen, deren Auszahlung aber z. B. dergestalt gewinnabhängig ist, dass sie nur geschuldet ist, wenn und soweit die Zahlung bei dem Emittenten nicht zu einem Bilanzverlust oder dessen Vertiefung führt.70 Eine vom Gewinn der Kapitalgesellschaft unabhängige Umsatzbeteiligung genügt hingegen nicht.71 Sehen die Genussrechtsbedingungen gewinnorientierte Ausschüttungen vor, steht das kumulative Versprechen einer vom Gewinn unabhängigen Mindestverzinsung des einbezahlten Genussrechtskapitals – dies ist keine Seltenheit72 – dem Beteiligungscharakter der Genussrechte nicht notwendig entgegen. Umstritten ist lediglich, ab welcher Höhe die Mindestverzinsung den Beteiligungscharakter ausschließt. Im Anschluss an eine Entscheidung des RFH73 bemüht eine Ansicht in der Literatur einen Binnenvergleich zwischen den festen und den variablen Vergütungsbestandteilen und verlangt für die Erhaltung des Beteiligungscharakters der Genussrechte, dass die erfolgsabhängige Vergütung bei einer wirtschaftlichen Betrachtung im Vordergrund steht.74 Eine andere Ansicht vergleicht die gewinnunabhängige Mindestverzinsung des Genussrechts mit Schuldtiteln, deren Anleihebedingungen ausschließlich eine feste Verzinsung vorsehen. Unter Anwendung dieses Maßstabs sei ein Beteiligungscharakter anzunehmen, wenn die Höhe der Mindestverzinsung geringer sei als der Nominalzins des gegen Ausgabe anderer Schuldtitel einbezahlten Kapitals.75 Die Rechtsprechung und die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur legen ihrer Entscheidung eine Prognose über zukünftige Dividenden zugrunde. Danach sei trotz der Mindestverzinsung eine erfolgsabhängige Vergütung anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt der Ausgabe der Genussrechte damit zu rechnen gewesen sei, dass aufgrund der Ertragskraft des Unternehmens üblicherweise ein Gewinn erwirtschaftet werde, so dass die Aktionäre in Zukunft mindestens gleich hohe Dividenden erhielten.76 mann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §  11 Rn.  27; Brandis/Heuermann/ Rengers KStG §  8 Rn.  202; Erle/Sauter/Schulte KStG §  8 Rn.  320; Lademann/Wernicke/ Staiger KStG §  8 Rn.  311. Wohl enger Knobbe-Keuk §  16 IV 1 = 591: Reingewinn der Handelsbilanz oder tatsächlich ausgeschüttete Dividenden. 70 MüKoAktG/Mihm §  2 21 Rn.  429. 71  Häuselmann BB 2007, 931, 934. 72  Große DStR 2010, 1397; Linscheidt DB 1992, 1852. 73  RFH RStBl. 1932, 746, 747. 74  Breuninger/Prinz DStR 2006, 1345, 1347; Gosch/Gosch KStG §  8 Rn.  151; Häuselmann BB 2007, 931, 934; DPM/F. Lang KStG §  8 Abs.  3 Teil A Rn.  109; Erle/Sauter/Schulte KStG §  8 Rn.  320; Wüllenkemper FR 1991, 473, 474. Ähnlich Linscheidt DB 1992, 1852, 1853: keinerlei ins Gewicht fallende fixe Ansprüche. 75 Frotscher/Drüen/Frotscher KStG §  8 Rn.  387; Kratzsch BB 2007, 1817, 1822 f.; ders. BB 2005, 2603, 2606; HHR/K. Stein KStG §  8 Rn.  187. 76  BFH HFR 1961, 13, 14 zu §  7 Satz 2 KStG; Emde Genußschein 75 f.; Knobbe-Keuk §  16 IV 1 = 591; Lademann/Wernicke/Staiger KStG §  8 Rn.  311. Ähnlich Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 5: Gewinnbeteiligung sei nur anzunehmen, wenn der feste Zins so niedrig ist, dass er unter dem liegt, was nach den Verhältnissen der Gesellschaft als Reingewinn erzielt wird.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

bb) Beteiligung am Abwicklungserlös Die für den Beteiligungscharakter von Genussrechten erforderliche Teilhabe am Liquidationserlös setzt voraus, dass die Genussrechtsinhaber im Liquidationsfall nicht zu dem Kreis der Gläubiger zählen, ihnen also kein Anspruch auf Rückzahlung des gegen Gewährung der Genussrechte eingezahlten Kapitals in Höhe des Nennbetrags zusteht.77 Erforderlich, aber auch ausreichend, hierfür ist, dass sie einen Anspruch auf einen Bruchteil des Abwicklungserlöses haben und auf diese Weise – zumindest theoretisch – an den stillen Reserven teilhaben.78 3. Verallgemeinerungsfähigkeit der auf Genussrechte beschränkten Anforderungen Die entsprechende Anwendung des §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG sowie der §§  17 Abs.  1 Satz 3, 20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 Satz 2 EStG auf andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente, mit denen ebenfalls das Recht am Gewinn und Liquidationserlös des Emittenten verbunden ist (z. B. stille Beteiligungen, partiarische Darlehen), wird – soweit überhaupt erörtert – ganz überwiegend verneint.79 Der Grundsatz, dass Leistungen auf schuldrechtliche Verpflichtungen den Gewinn mindern, werde durch §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG nicht schlechthin, sondern nur punktuell – nämlich für Genussrechte – aufgehoben. Aufgrund der Fortgeltung des Grundsatzes im Übrigen bestehe für partiarische Darlehen und stille Beteiligungen keine Regelungslücke, die eine entsprechende In der Entscheidung BFHE 210, 272, 276 = BStBl. II 2005, 761 hat der BFH die garantierte Verzinsung und die Gewinnbeteiligung gesondert genannt, ohne zu erörtern, ob und unter welchen Voraussetzungen die garantierte Verzinsung die erforderliche Beteiligung am Gewinn ausschließt. Hieraus darf nicht gefolgert werden, der BFH habe seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und vertrete nunmehr die Ansicht, dass eine garantierte Verzinsung gleich welcher Höhe, der Gewinnbeteiligung nicht entgegensteht. Im Gegenteil, die verfahrensgegenständlichen Genussrechte vermittelten ihren Inhabern bereits keine Beteiligung am Liquidationserlös, weshalb unter Anwendung von §  17 Abs.  1 Satz 3 EStG Ausführungen zu der Gewinnbeteiligung obsolet waren. 77  Häuselmann BB 2007, 931, 935; Sethe AG 1993, 293, 296. 78 BFHE 267, 1 Rn.   40 = DStR 2020, 1307; BFHE 210, 272, 276 = BStBl. II 2005, 761; Breuninger/Prinz DStR 2006, 1345, 1347; Emde Genußschein 81; Frotscher/Drüen/Frotscher KStG §  8 Rn.  388; Gosch/Gosch KStG §  8 Rn.  151; Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §  11 Rn.  28; Knobbe-Keuk §  16 IV 1 = 591; dies. BB 1987, 341; DPM/F. Lang KStG §   8 Abs.   3 Teil A Rn.   112; Brandis/Heuermann/Rengers KStG §   8 Rn.  203; HHR/K. Stein KStG §  8 Rn.  187; Erle/Sauter/Schulte KStG §  8 Rn.  321; Sester ZBB 2006, 443, 458; Lademann/Wernicke/Staiger KStG §  8 Rn.  312; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1737; enger Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 5: Beteiligung am Liquidationserlös sei zu bejahen, wenn die Genussscheine in demselben Umfang wie Aktien am Liquidationserlös teilnehmen; a. A. Linscheidt DB 1992, 1852, 1855; Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1179. 79  BFHE 173, 399, 401 = BStBl. II 1996, 77; Brokamp/Hölzer FR 2006, 272, 275; siehe auch Kratzsch BB 2005, 2603, 2604 (stille Gesellschaft).

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Anwendung von §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG erlaube.80 Diese Begründung lässt erkennen, dass die – verfassungsrechtlich zweifelhafte81 – Ungleichbehandlung von Genussrechten einerseits und sonstigen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten andereseits ausschließlich darauf beruht, dass der Gesetzgeber die Ausnahmevorschrift des §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG auf Genussrechte begrenzt hat. Der Beteiligungscharakter anderer schuldvertraglicher Kapitalinstrumente, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft verbunden ist, wird durch die auf das Steuerrecht begrenzte Rechtsfolge, dass die auf sie entfallenenden Ausschüttungen den Gewinn mindern, nicht in Frage gestellt. Sie vermitteln ihren Gläubigern – ebenso wie Genussrechte mit Beteiligungscharakter – eine den Aktionären vermögensmäßig vergleichbare Stellung.

II. Teilnahme am Verlust der Gesellschaft Zu den Eigenmitteln des Instituts- und Versicherungsaufsichtsrechts zählt neben dem Grundkapital (Art.  28 CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr.  i IFR, Art.  69 Buchst.  a Nr.  i DelVO Solva II, §  214 Abs.  1 Satz 1 Nr.  1 VAG) auch das gegen Gewährung schuldvertraglicher Kapitalin­strumente eingezahlte Kapital, allerdings nur, wenn die Gläubiger vergleichbar den Aktionären am Verlust der Gesellschaft teilnehmen, indem das eingezahlte Kapital herabgeschrieben wird und die Emittenten – sofern überhaupt eine Ausschüttungsverpflichtung besteht – berechtigt sind, die versprochenen Ausschüttungen ersatzlos ausfallen zu lassen. 1. Rechtsstellung der Aktionäre Die Aktionäre nehmen am Verlust der Gesellschaft in erster Linie durch den ersatzlosen Ausfall von Dividenden teil. Weist der festgestellte Jahresabschluss keinen Bilanzgewinn aus, kann aus dem mitgliedschaftlichen Recht auf Beteiligung am Gewinn (§  58 Abs.  4 Satz 1 AktG) kein Gläubigerrecht auf Dividenden entstehen.82 Zu dieser periodischen Verlustbeteiligung tritt hinzu, dass die Aktionäre bei der Auflösung der Gesellschaft – sei es durch Beschluss der Hauptversammlung (§  262 Abs.  1 Nr.  2 AktG), sei es durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§  262 Abs.  1 Nr.  3 AktG) – keinen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlage haben, sondern lediglich einen Zahlungs- bzw. Herausgabeanspruch auf den nach der Berichtigung der Verbindlichkeiten bzw. dem Vollzug der Schlussverteilung verbleibenden Überschuss (§   271 Abs.   1 AktG, §   199 Satz 2 InsO). Reicht dieser zur Erstattung der Einlage nicht aus – in der Insol80 

BFHE 173, 399, 401 f. = BStBl. II 1996, 77. Die Verfassungsmäßigkeit verneinend Anzinger RdF 2018, 64, 71. 82  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  58 Rn.  28 m. w. N. 81 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

venz wird regelmäßig kein Überschuss verbleiben83 –, haben die Aktionäre – wie §  271 Abs.  3 Satz 2 Hs.  1 AktG klarstellt – den Verlust im Verhältnis ihrer Anteile an dem Grundkapital zu tragen. 2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente Sollen schuldvertragliche Kapitalinstrumente den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln zugerechnet werden, müssen ihre Vertragsbedingungen den Gläubigern eine Rechtsstellung einräumen, die denen der Aktionäre vergleichbar ist. Hierfür ist es – vorbehaltlich wirtschaftspolitischer Ausnahmen84 – erforderlich, dass das gegen ihre Gewährung eingezahlte Kapital bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt und die Emittenten – sofern überhaupt eine Ausschüttungsverpflichtung besteht – berechtigt sind, die versprochenen Ausschüttungen bei einem Verlust ersatzlos ausfallen zu lassen. a) Eingezahltes Kapital aa) Institutsaufsichtsrecht Zu den Eigenmitteln der Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute sowie zu dem Anfangskapital der Kleinen und Mittleren Wertpapierinstitute zählen in erster Linie die Bestandteile des Kernkapitals (Art.  4 Abs.  1 Nr.  118, 25 ff. CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR). Die Zugehörigkeit eines Instruments zu dieser Kapitalkategorie erfordert u. a. eine gewisse Verlustabsorption des vollständig eingezahlten Kapitals (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. a, 52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG). Hierfür ist es bei Instrumenten des harten Kernkapitals nach Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. i CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG erforderlich, dass das eingezahlte Kapital, gemessen an allen von dem Institut begegebenen Kapitalinstrumenten, bei Auftreten von Verlusten deren ersten und proportional größten Anteil trägt, und jedes Instrument Verluste im gleichen Grad wie alle anderen Instrumente des harten Kernkapitals (z. B. Aktien) trägt. Im Unterschied dazu genügt es für die Zurechnung zum zusätzlichen Kernkapital, dass das eingezahlte Kapital (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) nach den für das Instrument geltenden Bestimmungen bei dem Eintritt eines Auslöseereignisses (Art.  54 Abs.  1 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) zumindest vorübergehend85 herabgeschrieben wird (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. n CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG). 83 

Statt vieler MüKoInsO/Kebekus/Schwarzer InsO §  199 Rn.  1. Dazu sogleich 3. 85  Zu der Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs nachstehend Kap.  3 §  8 C. I. 84 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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bb) Versicherungsaufsichtsrecht Bei Erst- und Rückversicherungsunternehmen zählen die gegen Gewährung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente eingezahlten Kapitalbestandteile nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. e Nr. i, Abs.  5 Buchst. a, b ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II – vorbehaltlich einzelfallbezogener Ausnahmen aufgrund einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§  91 Abs.  5 Satz 1 VAG) – nur dann zu den Basiseigenmitteln der Qualitätsklasse 1 oder 2, wenn die Vertragsbedingungen – vergleichbar den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals im Institutsaufsichtsrecht86 – vorsehen, dass der an die Gläubiger zu zahlende Betrag – sei es bei Fälligkeit nach dem Ende der Laufzeit, sei es im Falle eines Liquidationsverfahrens – sich bei einem Auslöseereignis (Art.  71 Abs.  8 DelVO Solva II) verringert. Für sog. kleine Versicherungsunternehmen gelten die in den §§  89 ff. VAG umgesetzten Vorgaben der Art.  87 ff. Solva II-RL gemäß Art.  4 Solva II-RL nicht. An ihre Stelle treten die nach §  213 i. V. m. §  217 Abs.  1 Nr.  1 VAG zu berechnenden Solvabilitäts- und Mindestkapitalanforderungen. Zu den hierfür erforderlichen Eigenmitteln zählt das Genussrechtskapital nach §  214 Abs.  1 Satz 1 Nr.  4, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 VAG nur, wenn die Genussrechtsbedingungen vorsehen, dass das Kapital bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt (sog. Genusspflicht87). cc) Inhaltliche Ausgestaltung Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Verlustteilnahme genießen die Institute und Versichungsunternehmen weitgehende Gestaltungsfreiheit. Dies gilt sowohl für die Definition des Verlustbegriffs als auch für die Art und Weise der Verlustbeteiligung, nicht aber für deren Umfang. (1) Begriff des Verlusts Der Begriff des Verlusts ist in den Aufsichtsrechtsordnungen nicht näher bestimmt. Zwar enthält Art.  5 Abs.  2 CRR für die Zwecke der Art.  107–311 CRR eine Definition, die aber ihrerseits den Begriff des Verlusts voraussetzt. Hieraus folgt, dass das Aufsichtsrecht den Parteien bei der näheren Ausgestaltung der Verlustteilnahme einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt.88 Sie können wahlweise den Jahresfehlbetrag (§§  266 Abs.  3 A. V., 275 Abs.  2 Nr.  20, Abs.  3 Nr.  19 HGB), den Bilanzverlust (§  268 Abs.  1 Satz 2 Hs.  1 HGB) 89 oder – nach 86 

Dazu zuvor aa). Zu der Begrifflichkeit siehe Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192. 88  Kokemoor/Theilig WM 2011, 337; Kokemoor WM 2009, 1637, 1640; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 690 jeweils zu §  10 Abs.  5 KWG a. F. 89 BFS/Boos KWG §  10 Rn.  115; Habersack AG 2009, 801, 802; Henke WM 1985, 41, 44; Kokemoor WM 2009, 1637, 1640; BSK/ders. KWG §  10 Rn.  198; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 681; Schick BB 1985, 2137, 2138. 87 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

überwiegender Ansicht90 – das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (§  275 Abs.  2 Nr.  14, Abs.  3 Nr.  13 HGB) als den maßgeblichen Verlust bestimmen.91 (2) Umfang der Verlustbeteiligung An dem nach den Vertrags- bzw. Genussrechtsbedingungen jeweils maßgeblichen Verlust muss das eingezahlte Kapital bis zur vollen Höhe teilnehmen. Diese nur für das Genussrechtskapital kleiner Versicherungsunternehmen in §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 VAG ausgeschriebene Voraussetzung gilt für das Kernkapital der Institute und die Basiseigenmittel sowie die ergänzenden Eigenmittel der Qualitätsklasse 2 der Erst- und Rückversicherungsunternehmen gleichermaßen, da weder die Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. i, 52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. n CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG noch Art.  71 Abs.  1 Buchst. e Nr. i, Abs.  5 Buchst. a, b ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II eine Einschränkung der Verlustbeteiligung zulassen. Mit dem Gebot der umfassenden Verlustteilnahme ist eine Differenzierung nach der Ursache für den Verlust unvereinbar. Die Zurechnung zu den Eigenmitteln scheidet daher insbesondere aus, wenn die Vertrags- bzw. Genussrechtsbedingungen vorsehen, dass die Gläubiger von Verlusten verschont werden, die auf einer Tätigkeit der Gesellschaft außerhalb ihres Unternehmensgegenstands beruhen, die schlechterdings kein seriöser Kaufmann durchführt.92 (3) Art und Weise der Verlustbeteiligung Für die umfassende Beteiligung der Gläubiger an den Verlusten ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Höhe des Rückzahlungsanspruchs nicht nur im Fall der Liquidation des Instituts oder Versicherungsunternehmens (Art.  71 Abs.  5 Buchst. a ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II),93 sondern – erkennbar an den Auslöseereignissen der Write-down-Mechanismen (Art.  54 Abs.  1 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, 90  Bähre/Schneider KWG §  10 Anm.  2 ; Habersack AG 2009, 801, 802; Hammen in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 69, 74; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 226 (ordentliches Betriebsergebnis); einschränkend Kokemoor/Theilig WM 2011, 337, 338; Kokemoor WM 2009, 1637, 1642: den Eigenmitteln nur zuzurechnen, wenn auch bei einem positiven Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eine Beteiligung am Jahresfehlbetrag oder Bilanzverlust möglich ist. Dagegen Habersack AG 2009, 801, 802. 91  Habersack AG 2009, 801, 802; F. A. Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 332; a. A. Kokemoor/ Theilig WM 2011, 337, 338: nur Jahresfehlbetrag oder Bilanzverlust; LNSSWW/Schaber CRR Art.  26–35 Rn.  59: nur Jahresfehlbetrag. 92  BGH NZG 2014, 661 Rn.  23; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 687 f.; wohl auch Sethe AG 1993, 351, 362; a. A. Habersack AG 2009, 801, 806 jeweils zu §  10 Abs.  5 KWG a. F. 93 Abweichend Wiedemann FS Beusch, 1993, 893, 897 f. zu §  10 KWG a. F.: Der Eigenkapitalcharakter werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass das eingezahlte Kapital im Fall der Liquidation oder Insolvenz unversehrt zurückzuzahlen ist.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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§  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG, Art.  71 Abs.  8 ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II) – auch bei Fälligkeit nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit (Art.  71 Abs.  5 Buchst. b ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II) von dem Unternehmensergebnis abhängig ist und der Rückzahlungsbetrag unter dem Nennbetrag des eingezahlten Kapitals liegen kann.94 Vor dem Hintergrund, dass diese Vorgabe zuerst im nationalen Bankaufsichtsrecht für die Eigenmittelzurechnung von Einlagen stiller Gesellschafter – konkret in §  10 Abs.  4 Satz 1 KWG i. d. F. der Dritten KWG-Novelle – statuiert wurde, liegt es nahe, dass eine Bestimmung in den Vertrags- bzw. Genussrechtsbedingungen, die dem Wortlaut des §  232 Abs.  2 Satz 1 HGB entlehnt ist, den aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügt.95 Eine proportionale Verminderung des Rückzahlungsanspruchs bei Kapitalherabsetzungen kann zwar kumulativ vereinbart werden,96 genügt den aufsichtsrechtlichen Anforderungen alleine aber nicht. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Instituts- und Versicherungsaufsichtsrecht besteht gegenwärtig darin, dass eine sog. Besserungsabrede, die den Schuldner verpflichtet, den durch Verluste verminderten Rückzahlungsbetrag durch Gewinne in späteren Wirtschaftsjahren wieder aufzufüllen,97 nur den Charakter des Instruments als zusätzliches Kernkapital eines Instituts ausschließt (Art.  21 Abs.  2 Satz 1 Buchst. c DelVO Eigenmittel),98 die Anrechenbarkeit des eingezahlten Kapitals auf die Eigenmittel eines Versicherungsunternehmens hingegen nicht berührt.99 b) Ausfall von Ausschüttungen Für die Zugehörigkeit von Kapitalbestandteilen zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln genügt es nicht, dass die eingezahlten Kapitalbestandteile am Verlust des Instituts oder Versicherungsunternehmens teilnehmen. Vielmehr muss das Recht des Schuldners hinzutreten, Ausschüttungen – verstanden als Oberbegriff für die Auszahlung von Dividenden und Zinsen (Art.  4 Abs.  1 Nr.  128 CRR) – im Fall eines Verlusts ersatzlos ausfallen zu lassen. Ohne eine solche Vereinbarung vermitteln schuldrechtliche Kapitalinstrumente den Gläubigern keine den Aktionären vergleichbare Rechtsposition.

94 Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann 95 

UnternehmensteuerR §  11 Rn.  18. Henke WM 1985, 41, 44 zu §  10 Abs.  5 Satz 1 Nr.  1 KWG i. d. F. der Dritten KWG-No-

velle. 96  Zu der Wirksamkeit derartiger Bestimmungen siehe nachstehend Kap.  3 §  8 C. I. 1. b). 97  Die Wirksamkeit sog. Besserungsabreden wird nicht angezweifelt, siehe Hammen in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 69, 76; Henke WM 1985, 41, 44; Schick BB 1985, 2137, 2138. 98 Reischauer/Kleinhans/Mielk CRR Art.  50–55 Rn.  38 f. 99 Prölss/Dreher/Lipowsky VAG §  214 Rn.  32.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

aa) Institutsaufsichtsrecht Zu dem harten Kernkapital der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie sämtlicher Wertpapierinstitute zählen nach Art.  28 Abs.  1 Buchst. h Nr. ii CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG nur Kapitalbestandteile, deren Ausschüttungen – ohne dass eine Ausschüttungspflicht besteht (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. h Nr. v CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) – nur aus ausschüttungsfähigen Posten i. S. d. Art.  4 Abs.  1 Nr.  128 CRR gezahlt werden dürfen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Ausschüttungen bei einem Verlust ersatzlos ausfallen müssen. Dem zusätzlichen Kernkapital dürfen die Institute zwar auch solche Kapital­ instrumente zurechnen, deren Bestimmungen eine Ausschüttungspflicht vorsehen. Diese muss in den Vertragsbedingungen aber dahingehend abgemildert sein, dass das Institut berechtigt ist, die Ausschüttungen jederzeit nach eigenem Ermessen für unbefristete Zeit und auf nicht kumulierter Basis ausfallen zu lassen (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. l Nr. iii CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG). Hierfür ist es nicht ausreichend, dass der Ausschüttungspflicht eine dilatorische Einrede entgegensteht; erforderlich ist vielmehr, dass die Ausschüttungspflicht erlischt. bb) Versicherungsaufsichtsrecht Im Versicherungsaufsichtsrecht zählen Bestandteile des Nachrangkapitals – vorbehaltlich einzelfallbezogener Ausnahmen aufgrund einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§  91 Abs.  5 Satz 1 VAG) – nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. n ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II nur dann zu den Basiseigenmitteln der Qualitätsklasse 1 oder 2, wenn die Vertragsbedingungen dem Versicherungsunternehmen volle Flexibilität bezüglich der Ausschüttung auf den Kapitalbestandteil gewähren. Dies setzt insbesondere voraus, dass das Versicherungsunternehmen jederzeit nach freiem Ermessen berechtigt ist, Ausschüttungen in Bezug auf den Eigenmittelbestandteil auf unbegrenzte Zeit und auf nicht kumulierter Basis zu annullieren (Art.  71 Abs.  4 Buchst. b ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II). Denselben Vorbehalt müssen die Vertragsbedingungen einer rechtsverbindlichen Eingehungsverpflichtung (Art.  74 Buchst. d DelVO Solva II) für die künftige Verbindlichkeit vorsehen, soll diese den ergänzenden Eigenmitteln der Qualitätsklasse 2 zugerechnet werden (Art.  75 DelVO Solva II). 3. Wirtschaftspolitisch motivierte Ausnahmen im Aufsichtsrecht Die im Versicherungsaufsichtsrecht ausbuchstabierten Voraussetzungen, unter denen schuldvertragliche Kapitalinstrumente ähnlich Aktien am Verlust der Gesellschaft teilnehmen, gelten nicht für sämtliche Eigenmittelbestandteile.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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Während das Institutsaufsichtsrecht eine Ausnahme für Instrumente des Ergänzungskapitals enthält, verzichtet das Versicherungsaufsichtsrecht insbesondere für das Nachrangkapital kleiner Versicherungsunternehmen auf die Verlustabsorptionsfähigkeit. Diesen Ausnahmen ist gemeinsam, dass sie wirtschaftspolitisch motiviert sind und daher die Voraussetzung der Verlustbeteiligung für die Aktienähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente nicht in Frage stellen. a) Institutsaufsichtsrecht Seit dem Inkrafttreten der CRR am 1.1.2014100 setzt die Zurechnung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente zu den Instrumenten des Ergänzungskapitals (Art.  62 UAbs.  1 Buchst. a, 63 CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) weder die Teilnahme des eingezahlten Kapitals am Verlust des Instituts noch eine Einschränkung der Ausschüttungspflicht voraus.101 Diese Instrumente vermitteln ihren Inhabern keine den Aktionären vermögensrechtlich vergleichbare Stellung.102 Dass die Institute das gegen ihre Eingehung eingezahlte Kapital gleichwohl ausnahmsweise den Eigenmitteln zurechnen dürfen, ist ausweislich der Entstehungsgeschichte wirtschaftspolitisch motiviert und keine systemische Entscheidung des europäischen Verordnungsgebers, welche die Verlustabsorptionsfähigkeit als Voraussetzung für die Ak­tien­ ähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente in Frage stellt. Vor dem Inkrafttreten der CRR durften die Mitgliedstaaten dem Ergänzungskapital103 sowohl unter Geltung von Art.  2 Abs.  1 UAbs.  1 Nr.  6 i. V. m. Art.  3 Abs.  2 UAbs.  1 Buchst. b, d Eigenmittel-RL als auch nach Art.  63 Abs.  2 UAbs.  1 Buchst. b, d Banken-RL nur Schuldtitel zurechnen, deren Vertragsbedingungen sicherstellten, dass die Schulden – gemeint waren die eingezahlten Kapitalbeträge – Verluste ausgleichen können, und die Institute berechtigten, Zinszahlungen aufzuschieben. Dem Verzicht auf diese Voraussetzungen in Art.  63 CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG liegt die Tatsache, dass der Bankensektor die Auswirkungen der Finanzkrise bei dem Erlass der CRR noch nicht überwunden hatte (ErwGr 79 Satz 2 CRR), und das Ziel zugrunde, den Instituten die Aufnahme zusätzlichen Ergänzungskapitals dadurch zu erleichtern, dass die Anleger keine Beteiligung am Verlust des Instituts fürchten müssen. Die in der ursprünglichen Befristung der Regelung bis zum Jahr 2019 (ErwGr 79 Satz 2 CRR) zum Ausdruck kommende Hoffnung auf Besserung hat sich bislang nicht erfüllt, weshalb die CRR II insoweit – trotz 100 

Art.  521 Abs.  2 CRR.

101 BFS/Konesny/Glaser

CRR Art.  63 Rn.  6. Zu der Rechtsstellung der Aktionäre zuvor 1. 103  Die Begrifflichkeit beruht auf ErwGr 8 Eigenmittel-RL, der innerhalb der Eigenmittel begrifflich die Basismittel und die „ergänzenden Eigenmittel“ unterscheidet. 102 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

zahlreicher Änderungen der Eigenmittelanforderungen im Übrigen – noch nicht zu dem Grundsatz zurückgekehrt ist, dass auch die Bestandteile des Ergänzungskapitals am Verlust des Instituts teilnehmen müssen. Daher erschöpft die Verlustbeteiligung der Gläubiger von Ergänzungskapitalinstrumenten sich gegenwärtig in dem erforderlichen Nachrang gegenüber Ansprüchen aus In­ stru­menten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten (Art.  2 Abs.  1 Nr.  71 BRRD).104 b) Kleine Versicherungsunternehmen Im Unterschied zum Institutsaufsichtsrecht, das bei sämtlichen Ergänzungskapitalinstrumenten auf jede Art der Verlustteilnahme verzichtet, enthält das Versicherungsaufsichtsrecht vom Vertragstypus abhängige Privilegien für kleine Versicherungsunternehmen (§  211 Abs.  1 VAG) sowie für Sterbe- und Pensionskassen (§§  219 Abs.  1, 234 Abs.  1 VAG). Bei Genussrechten ist es für die Zurechnung des Kapitals zu den Eigenmitteln nach §  214 Abs.  1 Satz 1 Nr.  4, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 VAG erforderlich, aber – neben der Verlustbeteiligung des eingezahlten Betrags – auch ausreichend, dass das Versicherungsunternehmen verpflichtet ist, die Zinszahlungen im Fall eines Verlusts aufzuschieben. Die Berechtigung oder gar Verpflichtung, die Zinszahlung ersatzlos ausfallen zu lassen, ist – im Unterschied zu den Basiseigenmitteln der Qualitätsklassen 1 und 2 der Erst- und Rückversicherungsunternehmen105 – nicht geboten.106 Diese oder andere Vereinbarungen zur Verlustabsorption sind bei nachrangigen Verbindlichkeiten nicht erforderlich, um das eingezahlte Kapital (sog. Nachrangkapital) den Eigenmitteln zurechnen zu dürfen.107 Diese Unstimmigkeit unter den Eigenmittelbestandteilen rührt daher, dass der deutsche Gesetzgeber die seit dem 1.1.1987108 geltende nationale Regelung zu Genussrechten trotz des Erfordernisses der Nachrangigkeit des Genussrechtskapitals (§  53c Abs.  3a Nr.  2 VAG a. F.) nicht mit der späteren Vorgabe für nachrangige Darlehen (Art.  18 Abs.  2 Nr.  1 Spiegelstrich 5 Erste RL-LVers i. d. F. des Art.  25 RL 92/96/EWG) in einer Regelung für Nachrangkapital jeder Art vereint, sondern einen eigenständigen Tatbestand für nachrangige Verbindlichkeiten geschaffen hat (§  53c Abs.  3b VAG a. F.). Die Tatsache, dass der Gesetzgeber diese ursprünglich für alle Versicherungsunternehmen geltenden Regelungen im Zuge der VAG-Novelle 2016 trotz der zwischenzeitlichen Aufhebung der Ersten RL-LVers mit Wirkung vom 18.12.2002109 für kleine Versicherungsunternehmen beibehalten hat, während die Eigenmittelanforderungen für Erst- und Rückversicherungsunterneh104 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. III. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2. b) bb). 106 Prölss/Dreher/Lipowsky VAG §  214 Rn.  30. 107 Prölss/Dreher/Lipowsky VAG §  214 Rn.  43. 108  Art.  4 i. V. m. Art.  1 Nr.  7 Buchst. b InsAnlG. 109  Art.  72 Abs.  1 i. V. m. Anh. V Teil A LVers-RL. 105 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

347

men verschärft wurden (§§  89 ff. VAG), offenbart das wirtschaftspolitische Regelungsziel, kleine Versicherungsunternehmen bei der Eigenmittelbeschaffung zu privilegieren.

III. Nachrangigkeit Die Aktienähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente setzt neben der Verlustabsorptionsfähigkeit des eingezahlten Kapitals110 die Vereinbarung voraus, dass die Kapitalbestandteile bei jeder Art der Abwicklung der Gesellschaft zumindest erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt werden. 1. Rechtsstellung der Aktionäre Die Aktionäre sind die residual claimants der Gesellschaft.111 Dies zeigt sich bei der Abwicklung der Gesellschaft darin, dass das Gläubigerrecht112 der Aktionäre auf Ausschüttung des Abwicklungsüberschusses nach §   271 Abs.   1 AktG erst mit dem Eintritt der gesetzlichen Verteilungsvoraussetzungen und damit nach der Berichtigung der Verbindlichkeiten entsteht, also im Verhältnis zu den Ansprüchen der Gesellschaftsgläubiger nachrangig ist. Vergleichbares gilt in der Insolvenz, da die Herausgabe des Überschusses an die Aktionäre gemäß §  199 Satz 1, 2 InsO erst nach dem Vollzug der Schlussverteilung erfolgen darf.113 2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an schuldvertragliche Kapitalinstrumente Sowohl im Instituts- als auch im Versicherungsaufsichtsrecht zählen schuldvertragliche Kapitalinstrumente ganz überwiegend nur dann zu den Eigenmittelbestandteilen, wenn die Verbindlichkeiten sowohl im Fall der Insolvenz als auch bei der Abwicklung des Instituts bzw. Versicherers mindestens gegenüber allen nicht nachrangigen Ansprüchen nachrangig sind. a) Institutsaufsichtsrecht Dem harten Kernkapital dürfen die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie sämtliche Wertpapierinstitute nach Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG nur Kapitalinstru110 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. Statt vieler Easterbrook/Fischel, Corporate Law, 79. 112  KG AG 2009, 905, 906; Hüffer FS Boujong, 1996, 277, 286; Hüffer/Koch AktG §  271 Rn.  2 ; MüKoAktG/J. Koch §  271 Rn.  3 ; Wiedemann GesR I §  7 III 3 = 391; KK-AktG/Winnen §  271 Rn.  5. 113  Statt vieler K. Schmidt/Jungmann InsO §  199 Rn.  5. 111 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

mente zurechnen, die bei Insolvenz oder Liquidation des Instituts nachrangig gegenüber allen anderen Ansprüchen sind. Dies gilt trotz der Voraussetzung, dass die Instrumente zeitlich unbefristet sein müssen (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. e CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG), nicht nur für eventuelle Ausschüttungen, sondern auch für die im Fall der Liquidation ausnahmsweise zulässige Rückzahlung des Kapitals (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. f Nr. i CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG). Im Unterschied dazu ist es für die Qualifikation eines Kapital­ instruments als Instrument des zusätzlichen Kernkapitals nach Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. d CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG ausreichend, dass das Instrument bei Insolvenz des Instituts – Gleiches gilt aufgrund eines Redaktionsversehens über den Wortlaut hinaus auch bei der Liquidation des Instituts114 – nachrangig gegenüber Instrumenten des Ergänzungskapitals ist. Für die Zuordnung zum Ergänzungskapital genügt es nach Art.  63 Buchst. d CRR i. d. F. des Art.  1 Nr.  27 Buchst. d CRR II ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG sogar, dass die An­sprüche auf den Kapitalbetrag der Instrumente nach den für sie geltenden Vertragsbestimmungen etwaigen Ansprüchen aus Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten i. S. d. Art.  2 Abs.  1 Nr.  71 BRRD – dies sind nahezu sämtliche nicht nachrangigen, bail-in-fähigen Verbindlichkeiten – gegenüber nachrangig sind. b) Versicherungsaufsichtsrecht Verbindlichkeiten i. S. v. Art.  69 Buchst. b und Art.  72 Buchst. b DelVO Solva II zählen nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. n ggf. i. V. m. Art.  73 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j DelVO Solva II – vorbehaltlich einzelfallbezogener Ausnahmen aufgrund einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§  91 Abs.  5 Satz 1 VAG) – nur dann zu den Basiseigenmitteln der Qualitätsklassen 1 und 2 der Erst- und Rückversicherungsunternehmen, wenn sie nachrangig sind. Hinsichtlich der Rangtiefe legt das Versicherungsaufsichtsrecht eine dem Institutsaufsichtsrecht vergleichbare Abstufung fest. Basiseigenmittel der Qualitätsklasse 1 müssen nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. a Nr. ii DelVO Solva II gegenüber dem eingezahlten Grundkapital und dem zugehörigen Emissionsagio gleich- oder vorrangig, jedoch gegenüber den Basiseigenmitteln der Qualitätsklassen 2 und 3, den Ansprüchen sämtlicher Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten sowie nicht nachrangigen Gläubigern nachrangig sein. Im Unterschied dazu genügt es nach Art.  73 Abs.  1 Buchst. a DelVO Solva II für die Zugehörigkeit zu der Qualitätsklasse 2, dass der Basismittelbestandteil gegenüber den Ansprüchen aller Versicherungsnehmer, Anspruchsberechtigten und nicht nachrangigen Gläubiger 114 BaFin/Deutsche Bundesbank, Ergebnisprotokoll 16. Sitzung des Fachgremiums Eigenmittel, unter II. A. 6.; Reischauer/Kleinhans/Mielk CRR Art.  50–55 Rn.  25.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

349

nachrangig ist. Bei kleinen Versicherungsunternehmen (§  211 Abs.  1 VAG) sowie Sterbe- und Pensionskassen (§§  219 Abs.  1, 234 Abs.  1 VAG) unterliegt die Zurechnung von Genussrechtskapital (§  214 Abs.  1 Satz 1 Nr.  4 VAG) zu den Eigenmitteln denselben Voraussetzungen wie die Zurechnung von Nachrangkapital (§  214 Abs.  1 Satz 1 Nr.  5 VAG).115 Erforderlich, aber auch ausreichend, ist nach §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  2 bzw. Abs.  3 Satz 1 Nr.  1 VAG die Vereinbarung in den Genuss- bzw. Vertragsbedingungen, dass das Kapital im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Liquidation des Versicherungsunternehmens erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird. 3. Notwendigkeit der Kumulation von Verlustteilnahme und Nachrangigkeit Für die Zurechnung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente zu den Eigenmittelbestandteilen genügt es nicht, dass die Vertragsbedingungen alternativ nur die Verlustteilnahme des eingezahlten Kapitals116 oder einen Rangrücktritt in der jeweiligen Rangtiefe vorsehen; 117 die Vereinbarungen sind vielmehr kumulativ erforderlich. Dies ergibt sich für das harte Kernkapital der Institute sowie die Eigenmittel kleiner Versicherungsunternehmen aus dem Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften – konkret dem Wort „ausnahmslos“ in dem einleitenden Satzteil von Art.  28 Abs.  1 Satz 1 UAbs.  1 CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr.  i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG sowie der Konjunktion „und“ in §  214 Abs.  2 Satz 1 bzw. Abs.  3 Satz 1 VAG –, für die in den Qualitätsklassen 1 und 2 eingestuften Basiseigenmittel der Erst- und Rückversicherungsunternehmen aus einem Umkehrschluss zu Art.  78 DelVO Solva II („nicht sämtliche“). Für die Aktienähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente kann nichts anderes gelten. Insbesondere genügt ein isolierter Rangrücktritt nicht. Die das Gegenteil implizierende Aussage, der Rangrücktritt bewirke zumindest wirtschaftlich eine Verlustteilnahme,118 trifft nur in Konstellationen zu, in denen die Gesellschaft abgewickelt wird und nicht genug Vermögen zur Befriedigung aller Verbindlichkeiten vorhanden ist. Besteht die Gesellschaft bei Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung hingegen fort, ist der Rangrücktritt für die Gläubiger auch dann nicht spürbar, wenn die Gesellschaft während der Dauer der Kapitalüberlassung ausschließlich Verlust erwirtschaftet hat. Daher vermitteln schuldvertragliche Kapitalinstrumente ohne die kumulative Vereinbarung, dass das eingezahlte Kapital in diesen Konstellationen am Verlust der Gesellschaft teilnimmt, den Gläubigern keine den Aktionären vergleichbare Rechtsposition. 115 Prölss/Dreher/Lipowsky

VAG §  214 Rn.  42. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 117  So aber Reischauer/Kleinhans/Mielk CRR Art.  25–35 Rn.  66. 118 MüKoAktG/Habersack §   221 Rn.  102; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  42; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  62. 116 

350

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Dem steht es nicht entgegen, dass §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG vor der Auflösung der Gesellschaft die Verteilung sämtlicher Vermögensbestandteile mit Ausnahme des Bilanzgewinns unter die Aktionäre verbietet. Aktienähnlich sind nämlich nicht nur schuldvertragliche Kapitalinstrumente, bei denen das Kapital – wie die Einlagen – zeitlich unbefristet überlassen wird, sondern auch solche, deren Ursprungslaufzeit begrenzt ist.119 Dieser Unterschied zu den Einlagen darf bei der Verlustteilnahme nicht übergangen werden. Ihm ist vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass ein während der Totalperiode der Kapitalüberlassung eingetretener Verlust den Rückzahlungsanspruch auch dann mindern muss, wenn die Gesellschaft darüber hinaus fortbesteht. Die gegen­ teilige Ansicht liefe darauf hinaus, die Verlustbeteiligung nur bei dem Eintritt einer (zusätzlichen) Bedingung eintreten zu lassen, nämlich der Liquidation der Gesellschaft während der zeitlich begrenzten Kapitalüberlassung.

IV. Langfristigkeit der Kapitalüberlassung Schuldvertragliche Kapitalinstrumente sind nur dann aktienähnlich, wenn durch die Vertragsbedingungen sichergestellt ist, dass das eingezahlte Kapital der Gesellschaft langfristig zur Verfügung steht. Hierfür ist es weder erforderlich noch allein ausreichend, dass das Instrument zeitlich unbefristet ist. Es genügt vielmehr, dass es eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren hat, die erste Kündigungsmöglichkeit der Gläubiger nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Emissionstag besteht und der Emittent sich verpflichtet, die verbrieften Instrumente während dieser Zeit nicht zurückzuerwerben. 1. Rechtsstellung der Aktionäre Für das Aktienrecht ist §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG der Grundsatz zu entnehmen, dass sämtliche Vermögensbestandteile, die nicht zum Bilanzgewinn zählen, nicht unter die Aktionäre verteilt werden dürfen.120 Die Tatsache, dass diese Kapitalbindung erst mit der Auflösung der Gesellschaft endet (§  57 Abs.  3 AktG), lässt – abgesehen von dem seltenen Ausnahmefall,121 dass die Gesellschaft nur auf bestimmte Zeit eingegangen wird (§  262 Abs.  1 Nr.  1 AktG) – erkennen, dass die Aktionäre ihre Einlagen der Gesellschaft zeitlich unbefristet zur Verfügung stellen, zumal ein Recht zur Kündigung der Gesellschaft ihnen weder kraft Gesetzes zusteht122 noch in der Satzung eingeräumt werden kann.123 119 

Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  7 B. IV. Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  57 Rn.  2. 121  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  262 Rn.  8 ; GroßkommAktG/K. Schmidt §  262 Rn.  16. 122  Statt vieler MüKoAktG/J. Koch §  262 Rn.  19. 123  Aufgrund der Satzungsstrenge (§  23 Abs.  5 AktG) dürfte dies wohl allgemeine Ansicht sein, MüKoAktG/J. Koch §  262 Rn.  19; KK-AktG/Winnen §  262 Rn.  121 jeweils m. w. N. 120 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

351

Gelockert wird die Kapitalbindung nur durch wenige eng begrenzte Ausnahmen, z. B. bei einer effektiven Kapitalherabsetzung (§§  222 Abs.  3, 225 Abs.  2 Satz 1 AktG), unter Geltung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§§  57 Abs.  1 Satz 3 Alt.  1, 291 Abs.  3 AktG) sowie bei einem ausnahmsweise zulässigen Erwerb eigener Aktien (§§  57 Abs.  1 Satz 2, 71 AktG). 2. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Dauer der Kapitalüberlassung Die Zuordnung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmittelbestandteilen setzt – neben der Verlustabsorptionsfähigkeit des Kapitals124 und der Nachrangigkeit der Verbindlichkeiten125 – voraus, dass das eingezahlte Kapital dem Institut oder dem Versicherungsunternehmen langfristig zur Verfügung steht. Hierfür ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Instrumente eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren haben und die Vertragsbestimmungen ergänzende Vereinbarungen enthalten, die eine vorzeitige Rückzahlung des Kapitals grundsätzlich ausschließen. a) Ursprungslaufzeit aa) Institutsaufsichtsrecht Zu den Instrumenten des harten sowie des zusätzlichen Kernkapitals zählen nach Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  e CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG sowie nach Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  g CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG nur zeitlich unbefristete Kapitalinstrumente. Im Unterschied dazu ist es für Ergänzungskapitalinstrumente nach Art.  63 Buchst. g CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Instrumente eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren haben. bb) Versicherungsaufsichtsrecht Im Versicherungsaufsichtsrecht zählen zu den Basiseigenmitteln der Qualitätsklasse 1 nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. f Nr. ii DelVO Solva II – vorbehaltlich einzelfallbezogener Ausnahmen aufgrund einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§  91 Abs.  5 Satz 1 VAG) – nur unbefristete Kapitalbestandteile. Im Unterschied dazu dürfen die Versicherungsunternehmen den Basiseigenmitteln der Qualitätsklasse 2 nach Art.  73 Abs.  1 Buchst. c DelVO Solva II auch solche Kapitalbestandteile zurechnen, die eine Ursprungslaufzeit von mindestens zehn Jahren haben. Für das Genussrechts- und Nachrangkapital kleiner Versicherungsunternehmen (§  211 Abs.  1 VAG) sowie Sterbe- und Pensionskassen 124 

125 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. III.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

(§§  219 Abs.  1, 234 Abs.  1 VAG) lockert §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 bzw. Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 VAG die Anforderungen – im Einklang mit dem Ergänzungskapital im Institutsaufsichtsrecht – dahingehend, dass eine Kapitalüberlassung von mindestens fünf Jahren ausreichend ist. b) Ergänzende Bestimmungen Um sicherzustellen, dass die eingezahlten Kapitalbestandteile dem Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut oder dem Versicherungsunternehmen für die – von der Kapitalkategorie abhängige – (Mindest-)Dauer zur Verfügung stehen, müssen die Vertragsbedingungen – neben der Ursprungslaufzeit der Kapitalüberlassung – ergänzende Vereinbarungen enthalten, die einen vorzeitigen Kapitalrückfluss auf wenige Ausnahmefälle beschränken. aa) Institutsaufsichtsrecht Die Vorgabe, dass Instrumente des harten Kernkapitals zeitlich unbefristet sein müssen (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. e CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG), ergänzt Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. f Nr. i CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG dahingehend, dass das eingezahlte Kapital (nur) bei der Liquidation des Instituts zurückgezahlt werden darf. Im Unterschied dazu können Bestandteile des zusätzlichen Kernkapitals oder des Ergänzungskapitals ausweislich Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. j CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG bzw. Art.  63 Buchst. k CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG auch im Fall der Insolvenz des Instituts zurückgezahlt werden. Im Übrigen ist eine Rückzahlung vor Ablauf der vertraglichen Laufzeit nur ausnahmsweise zulässig, nämlich entweder im Zusammenhang mit dem entgeltlichen Rückerwerb der Instrumente oder – ausgenommen die Instrumente des harten Kernkapitals – infolge einer Kündigung durch das Institut. Die nur bei Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. h CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) und des Ergänzungskapitals (Art.  63 Buchst. i CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) unschädlichen Kündigungsrechte126 müssen derart ausgestaltet sein, dass ausschließlich das Institut – die CRR bezeichnet dieses in Anlehnung an das Wertpapierrecht als Emittenten – zur Kündigung berechtigt ist. Bei Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Großen Wertpapierinstituten muss außerdem die Ausübung der Kündigungsrechte ebenso wie die Rückzahlung des Kapitals und der Rückerwerb der Instrumente sämtlicher Kapitalkategorien nach Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  f Nr.  ii, 52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  i oder Art.  63 Buchst.  j CRR unter dem Vorbehalt der vorherigen Erlaubnis stehen, 126 BFS/Konesny/Glaser

Art.  63 Rn.  3 ; LNSSWW/Schaber Art.  51–61 Rn.  20.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

353

welche die zuständige Behörde nach Art.  77 Abs.  1 Buchst.  a bzw. Buchst.  c CRR nur erteilen darf, wenn das Institut den Eigenmittelbestandteil mindestens gleichwertig ersetzt (Art.  78 Abs.  1 Buchst.  a CRR) oder einen angemessenen Kapitalpuffer nachweist (Art.  78 Abs.  1 Buchst.  b CRR). Bei Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals und des Ergänzungskapitals kommt einschränkend hinzu, dass der Zeitpunkt der Emission bei Kündigung, Rückzahlung oder Rückerwerb mindestens fünf Jahre zurückliegen muss (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  i bzw. Art.  63 Buchst.  j CRR), es sei denn, dass die zuständige Behörde aufgrund im Emissionszeitpunkt nicht vorhersehbarer Änderungen (z. B. der steuerlichen Behandlung, tax call) 127 eine Ausnahme nach Art.  78 Abs.  4 CRR zulässt. Für Kleine und Mittlere Wertpapierinstitute sieht §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG i. V. m. Art.  9 Abs.  3 Satz 2 IFR eine Erleichterung dahingehend vor, dass die Erlaubnis der Aufsichtsbehörde zur Verringerung der Eigenmittel als erteilt gilt, wenn das Institut den Eigenmittelbestandteil gleichwertig ersetzt (Art.  78 Abs.  1 Buchst.  a CRR) oder eine der in Art.  78 Abs.  4 CRR genannten Bedingungen erfüllt. bb) Versicherungsaufsichtsrecht Für Basiseigenmittel der Qualitätsklassen 1 und 2 bestimmen Art.  71 Abs.  1 Buchst. h und Art.  73 Abs.  1 Buchst. d DelVO Solva II übereinstimmend, dass die jeweiligen Eigenmittelbestandteile nur auf Initiative des Versicherungsoder Rückversicherungsunternehmens und nach vorheriger aufsichtlicher Genehmigung zurückgezahlt werden dürfen. Diese Vorgabe ist in Anbetracht der Tatsache, dass Basiseigenmittel der Qualitätsklasse 1 unbefristet (Art.  71 Abs.  1 Buchst. f Nr. ii DelVO Solva II) und Basiseigenmittel der Qualitätsklasse 2 unbefristet oder mit einer Ursprungslaufzeit von mindestens zehn Jahren überlassen werden müssen (Art.  73 Abs.  1 Buchst. d DelVO Solva II), dahingehend zu verstehen, dass Kündigungsrechte, die eine Rückzahlungspflicht auslösen, ausschließlich dem Erst- oder Rückversicherungsunternehmen zustehen dürfen. Um die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung sicherzustellen, muss das Kündigungsrecht nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. f Nr. ii Hs.  2 bzw. Art.  73 Abs.  1 Buchst. c Hs.  2 DelVO Solva II für Basiseigenmittel der Qualitätsklassen 1 und 2 gleichermaßen dahingehend eingeschränkt werden, dass die erste vertragliche Möglichkeit zur Kündigung frühestens nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Emissionstag besteht. Ein Unterschied existiert nur insoweit, als die aufsichtliche Genehmigung für die Rückzahlung von Basiseigenmitteln der Qualitätsklasse 1 nach Art.  71 Abs.  1 Buchst. g DelVO Solva II in dem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren nach dem Emissionsdatum nur unter der Voraussetzung erteilt werden darf, dass die Solvenzkapitalanforderungen zzgl. einer angemessenen 127 BFS/Konesny/Glaser Art.   52 Rn.   4, Art.   63 Rn.   4; LNSSWW/Schaber Art.  51–61 Rn.  22, Art.  62–71 Rn.  29.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Marge überschritten werden. Für das Genussrechts- und Nachrangkapital kleiner Versicherungsunternehmen (§  211 Abs.  1 VAG) sowie Sterbe- und Pensionskassen (§§  219 Abs.  1, 234 Abs.  1 VAG) gilt Ähnliches. Ihre Vertrags- bzw. Genussrechtsbedingungen müssen die Mindestdauer der Kapitalüberlassung von fünf Jahren nach §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 bzw. Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 VAG dahingehend absichern, dass die vorzeitige Rückzahlung – außer im Fall der Liquidation128 – nicht auf Verlangen des Gläubigers und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§  7 Nr.  1 VAG) erfolgen darf. Mit anderen Worten: Das Recht zur Kündigung darf – wie bei den Basiseigenmitteln der Qualitätsklassen 1 und 2 anderer Erst- und Rückversicherungsunternehmen – nur dem Versicherer zustehen.129 Die Rückzahlung des Kapitals im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Genussscheine oder verbriefter eigener sonstiger Nachrangverbindlichkeiten scheidet aufgrund des absoluten Erwerbsverbots in §  214 Abs.  2 Satz 4 bzw. Abs.  3 Satz 4 VAG aus. cc) Zivilrechtliche Wirksamkeit entsprechender Gestaltungen Die den aufsichtsrechtlichen Vorgaben – lediglich mit unbedeutenden Abweichungen im Wortlaut – gemeinsame Anforderung, dass die Gläubiger nicht berechtigt sein dürfen, die Rückzahlung des jeweiligen Kapitalbestandteils zu ini­ tiieren, verbietet es nicht nur, ihnen ein vertragliches Kündigungsrecht einzuräumen, sondern gebietet es auch, sämtliche ihnen kraft Gesetzes zustehenden Kündigungsrechte – sowohl das ordentliche als auch das außerordentliche Kündigungsrecht130 – auszuschließen (sog. Verbot der Gläubigerkündigung).131 Bei Genussrechten z. B. bestehen gegen den (formular-)vertraglichen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts entsprechend den §§  624, 723 BGB132 auch dann keine Bedenken, wenn der Ausschluss mehrere Jahre überdauert.133 Im Unterschied dazu ist der Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts 128  In Anbetracht des gesetzgeberischen Willens, den Regelungsgehalt des §  53c Abs.  3a Satz 1 Nr.  3 Hs.  1, Abs.  3b Satz 1 Nr.  2 Hs.  1 VAG a. F. in §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3, Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 VAG zu übernehmen (BT-Drucks. 18/2956, 277), erscheint die Formulierung „allenfalls“ in Bezug auf die Liquidation verfehlt. Dies legt es nahe, §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 Buchst.  a und Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 Buchst.  a VAG dahingehend auszulegen, dass die Kündigung durch den Versicherer – die Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorausgesetzt – außerhalb der Liquidation zulässig ist. In diesem Sinne wohl auch Prölss/Dreher/Lipowsky VAG §  214 Rn.  34. 129 Zu der Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen bei kleinen Versicherungsunternehmen sogleich cc). 130  BT-Drucks. 18/1305, 35 zu §  10 Abs.  5 KWG-RegE. 131 Reischauer/Kleinhans/Mielk CRR Art.  50–55 Rn.  30. 132  BGH NJW-RR 1993, 1460; BGH BeckRS 1987, 31069587 unter 1. der Gründe; BGH NJW 1972, 1128, 1129; OLG München NJW-RR 1996, 561, 562; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  13 jeweils für atypische Dauerschuldverhältnisse. 133  BGHZ 119, 305, 311 = NJW 1993, 57 (Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für 20 Jahre); RGZ 70, 52, 54 (dauerhafter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Genussscheininhaber).

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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aufgrund des zwingenden Kerngehalts des §  314 BGB in AGB grundsätzlich unwirksam.134 Daher bestimmen §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG für das Institutsaufsichtsrecht, dass die §§  313, 314, 723–725, 727, 728 BGB sowie die §§  132–135 HGB auf Verträge, deren Zweck die Überlassung von Eigenmitteln i. S. d. Art.  72 CRR ist, nicht anzuwenden sind.135 Das Versicherungsaufsichtsrecht enthält de lege lata keine vergleichbare Ausnahmeregelung. Hieraus darf jedoch nicht geschlossen werden, dass der formularmäßige Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts bei Kapitalinstrumenten, die Erst- oder Rückversicherungsunternehmen den Eigenmitteln zurechnen wollen, unzulässig ist. Die gegenteilige Annahme würde verkennen, dass die Regelungen der DelVO Solva II unmittelbar geltendes Recht sind (Art.  288 Abs.  2 AEUV). Diese Normqualität hat nicht nur zur Folge, dass die Mitgliedstaaten aus Gründen der Rechtsklarheit verpflichtet sind, Vorschriften ihres nationalen Rechts, die Ge- und Verboten europäischer Verordnungen entgegenstehen, zu ändern oder zu entfernen,136 sondern auch, dass die Verordnung diese Bestimmungen des nationalen Rechts aufgrund ihres Anwendungsvorrangs verdrängt.137 Dies gilt nicht nur bei einer direkten Kollision, wenn das Unionsrecht und das nationale Recht widersprechende Rechtsfolgen anordnen, sondern aufgrund des Effet-utile-Gedankens auch bei einer bloß indirekten Kollision,138 wenn das Unionsrecht ohne selbst vertragsrechtliche Regelung zu treffen eine Gestaltung als wirksam voraussetzt, die unter ausschließlicher Anwendung des nationalen Rechts unwirksam wäre. Den Eigenmittelanforderungen kleiner Versicherungsunternehmen liegt de lege lata keine unionsrechtliche Vorgabe zugrunde. Gleichwohl setzt auch §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 Buchst. a, Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 Buchst. a VAG dem Wortlaut nach den Ausschluss sämtlicher Kündigungsrechte der Gläubiger voraus.139 Da diese Gestaltung der Genussrechts- bzw. Vertragsbedingungen aufgrund des zwingenden Kerngehalts von §  314 BGB und der Tatsache, dass das Aufsichtsrecht keine unmittelbare Wirkung auf zivilrechtliche Vereinbarungen hat,140 gegenwärtig nicht möglich ist und Unmögliches nicht verlangt werden kann (impossibilium nulla est obligatio), ist §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 Buchst. a, Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 134  Statt vieler BGH NJW 2012, 1431 Rn.  27; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  3 ; a. A. Gernhuber Schuldverhältnis §  16 II 5 = 394: Ausschluss für beschränkte Zeit möglich. 135  Hellwig Verlustausgleich 487 f. 136 EuGH ECLI:EU:C:1986:381 Rn.   11, 13 – Kommission/Italien; EuGH ECLI:EU:C: 1979:243 Rn.  22 – Zollagenten. Diese Verpflichtung war dem deutschen Gesetzgeber bei der Neufassung des §  10 Abs.  5 KWG bekannt, siehe BT-Drucks. 18/1305, 29 unter A. II. 137  EuGH ECLI:EU:C:1978:217 Rn.  23/33 – Bussone/Italienisches Landwirtschaftsministerium; EuGH ECLI:EU:C:1971:122 Rn.   9 – Politi/Italien; GHN/Nettesheim AEUV Art.  288 Rn.  102; Callies/Ruffert/Ruffert AEUV Art.  1 Rn.  19 ff., AEUV Art.  288 Rn.  20. 138  Statt vieler Callies/Ruffert/Ruffert AEUV Art.  1 Rn.  2 2 m. w. N. 139  Zuvor bb). 140  BGH NZG 2014, 661 Rn.  36 zu §  10 Abs.  5 KWG a. F.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Buchst. a VAG dahingehend zu reduzieren, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für die Eigenmittelqualität von Genussrechten und sonstigen nachrangigen Verbindlichkeiten genügt. 3. Exklusion aufsichtsrechtlicher Besonderheiten Soweit die Vorschriften des Instituts- und Versicherungsaufsichtsrechts für die Zurechnung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente zu den Eigenmittelbestandteilen vertragliche Gestaltungen voraussetzen oder Vorbehalte formulieren, die nur innerhalb des jeweiligen Rechtsgebiets erfüllt werden können, zählen diese nicht zu den Anforderungen, die Kapitalinstrumente erfüllen müssen, um außerhalb des Aufsichtsrechts als aktienähnlich zu gelten. Dies gilt zum einen für den Ausschluss der Kündigungsrechte der Gläubiger, zum anderen für das Erfordernis der behördlichen Zustimmung zu der vorzeitigen Rückzahlung der Kapitalbestandteile. a) Ausschluss der Kündigungsrechte der Gläubiger Den Eigenmittelkategorien des Instituts- und Versicherungsaufsichtsrechts ist die Voraussetzung gemeinsam, dass den Gläubigern kein Kündigungsrecht zustehen darf, mittels dessen sie die vorzeitige Rückzahlung des Kapitals initiieren können. Der hiernach erforderliche Ausschluss sämtlicher kraft Gesetzes bestehenden Kündigungsrechte wird im Geltungsbereich des Institutsaufsichtsrechts durch §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG, für Erst- und Rückversicherungsunternehmen durch den Anwendungsvorrang der DelVO Solva II ermöglicht.141 Für andere Unternehmen fehlt eine §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG vergleichbare Vorschrift, die den Ausschluss sämtlicher Kündigungsrechte der Gläubiger in AGB legitimiert. Da gleichwohl nicht anzunehmen ist, dass die Möglichkeit der Kreation aktienähnlicher Kapitalinstrumente regulierten Unternehmen vorbehalten sein, sondern auch anderen Unternehmen offenstehen soll, muss es in Anbetracht der Tatsache, dass ein Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts in AGB unwirksam ist,142 für die Aktienähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente genügen, dass die erste Möglichkeit der Gläubiger zur ordentlichen Kündigung frühestens nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Emissionstag besteht.143

141 

Zuvor 2. b) cc). vieler BGH NJW 2012, 1431 Rn.  27; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  3 ; a. A. Gernhuber Schuldverhältnis §  16 II 5 = 394: Ausschluss für beschränkte Zeit möglich. 143 Ähnlich Hirte ZIP 1988, 477, 478: Aktienähnlich sei überlassenes Kapital nur, wenn die Kündigung „jedenfalls für einen längeren Zeitraum“ ausgeschlossen ist. 142  Statt

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

357

b) Behördliche Zustimmung Das für Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Große Wertpapierinstitute sowie Versicherungsunternehmen geltende Aufsichtsrecht belegt Handlungen, die zu einer Verringerung der Eigenmittel führen können – mit Ausnahme des Rück­ erwerbs eigener Genussscheine und verbriefter eigener nachrangiger Verbindlichkeiten durch kleine Versicherungsunternehmen (§  214 Abs.  2 Satz 4, Abs.  3 Satz 4 VAG) –, nicht mit einem absoluten Verbot, sondern unterstellt sie dem Vorbehalt der vorherigen Zustimmung der zuständigen Behörde. Dies gilt nicht nur für die Rückzahlung der Kapitalbestandteile (Art.   52 Abs.   1 UAbs.   1 Buchst.  i, 63 Buchst.  j, 77 Abs.  1 Buchst.  a, c CRR, Art.  71 Abs.  1 Buchst.  h, 73 Abs.  1 Buchst.  d DelVO Solva II, §  214 Abs.  2 Satz 1 Nr.  3 Buchst.  b, Abs.  3 Satz 1 Nr.  2 Buchst.  b VAG), sondern im Institutsaufsichtsrecht auch für die Ausübung des Kündigungsrechts (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  i, 63 Buchst.  j, 77 Abs.  1 Buchst.  c CRR) und den Rückerwerb der eigenen Kapitalinstrumente (Art.  28 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  f Nr.  ii, 52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  i, 63 Buchst.  j, 77 Abs.  1 Buchst.  a, c CRR). Die Tatsache, dass diese Vorbehalte naturgemäß auf den Kreis der beaufsichtigten Unternehmen begrenzt sind, darf nicht zu der Annahme verleiten, dass schuldvertragliche Kapitalinstrumente auch ohne jede Einschränkung der genannten Handlungen aktienähnlich sein können. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass der Erwerb eigener Aktien durch §  71 AktG – nicht nur durch die tatbestandlichen Ausnahmen von dem grundsätzlichen Erwerbsverbot in §  71 Abs.  1 Nr.  1–8 AktG, sondern auch durch die zusätzlichen Voraussetzungen des §  71 Abs.  2 Satz 2, 3 AktG – zugunsten der Kapitalerhaltung erheblich eingeschränkt ist, lässt erkennen, dass schuldvertragliche Kapitalin­ strumente nur dann aktienähnlich sein können, wenn die Vertragsbedingungen bestimmte Selbstbeschränkungen des Emittenten enthalten, welche die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung sicherstellen. Hierfür bedarf es – neben dem temporären Ausschluss des Kündigungsrechts144 – insbesondere der (Selbst-) Verpflichtung, die verbrieften Instrumente innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem Emissionstag nicht zurückzuerwerben.

C. Zulässigkeit aktienähnlicher Kapitalinstrumente Die Privatautonomie gewährleistet den Emittenten die Freiheit, schuldvertragliche Kapitalinstrumente aktienähnlich auszugestalten, indem sie den Gläubigern in den Vertragsbedingungen vermögensrechtlich Rechte und Pflichten einräumen, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind.145 Der Eingehung derartiger Verträge sowie der Aus144  145 

Zuvor a). Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

gabe entsprechender Wertpapiere stehen gesellschaftsrechtliche Normen und Wertungen nicht entgegen. Insbesondere kennt das deutsche Recht keine Begrenzung des Kreises der Eigenkapitalgeber auf Mitglieder der Gesellschaft (nachfolgend I.). Auch der Kapital-RL kann für die AG kein numerus clausus der Eigenkapitalinstrumente entnommen werden (nachfolgend II.).

I. Eigenkapital ohne Mitgliedschaft Eigenkapital kann nicht nur von Gesellschaftern, sondern auch von gesellschaftsfremden Dritten aufgebracht werden. Die gegenteilige Annahme verengte das Spektrum des Eigenkapitals auf das sog. rechtsformspezifische Eigenkapital, nämlich auf das mittels der Einlagen von den Gesellschaftern zu erbringende und in der Bilanz unter dem Eigenkapitalposten „Gezeichnetes Kapital“ (§  266 Abs.  3 A. I. HGB) auszuweisende Grund- oder Stammkapital (§  152 Abs.  1 Satz 1 AktG, §  42 Abs.  1 GmbHG). Unberücksichtigt bliebe das sog. funktionelle Eigenkapital. Hierbei handelt es sich gesellschafts- und insolvenzrechtlich um Haftungskapital, das sich von den Bestandteilen des rechtsformspezifischen Eigenkapitals dadurch wesentlich unterscheidet, dass es auf schuldvertraglicher Grundlage nicht notwendig von den Gesellschaftern, sondern in der Regel von Dritten, zur Verfügung gestellt wird.146 Die Zugehörigkeit von Kapitalbestandteilen zu dieser Kategorie des Eigenkapitals – dessen Bilanzierung unter Sonderposten im Rahmen des Eigenkapitals zu erfolgen hat147 – kann nicht nur durch gesellschaftsvertragliche Gestaltungen (nachfolgend 1.) und Finanzplanvereinbarungen (nachfolgend 2.), sondern auch durch Vereinbarungen in Anleihebedingungen begründet werden (nachfolgend 3.). 1. Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen Die von stillen Gesellschaftern geleisteten Einlagen sind für den Inhaber des Handelsgeschäfts grundsätzlich Fremdkapital.148 Gleiches gilt für die Rückzahlungsverpflichtungen aus Darlehensverträgen, und zwar auch dann, wenn es sich um Gesellschafterdarlehen handelt.149 Durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen können diese Kapitalbestandteile jedoch zu funktionellem Eigenkapital umqualifiziert werden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter oder Darlehensgeber zugleich Gesellschafter der Geschäftsherrin – in der Regel einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform der KG oder 146 Hopt/Seibt/Fest

AktG §  221 Rn.  337. Einzelheiten EBJS/Böcking/Gros/Hanke HGB §   266 Rn.   46; Baumbach/Hopt/ Merkt HGB §  266 Rn.  16; MüKoHGB/Reiner §  266 Rn.  98, 99; BeBiKo/Schubert/Waubke HGB §  266 Rn.  192 f. jeweils m. w. N. 148  Statt vieler MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  188 m. w. N. 149  Statt vieler MüKoHGB/Reiner §  266 Rn.  99 m. w. N. 147 Zu

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

359

GmbH & Co. KG – ist und seine Einlageverpflichtung nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung in der Eingehung der stillen Beteiligung oder des Darlehensvertrags besteht. In diesen Fällen wird seine Leistung nicht auf seine Pflichten – die Einlageverpflichtung als stiller Gesellschafter bzw. die Pflicht zur Gewährung des Darlehens einerseits und die Einlageverpflichtung als Kommanditist andererseits – aufgeteilt, sondern im Außenverhältnis einheitlich als Gewährung funktionellen Eigenkapitals bewertet (sog. gesplittete Kommanditeinlage).150 Ist der stille Gesellschafter nicht zugleich als Kommanditist an der Geschäftsherrin beteiligt, ist die von ihm geleistete Einlage gleichwohl funktionelles Eigenkapital, wenn er am Vermögen und Ertrag der Geschäftsherrin beteiligt ist und deren Geschicke mitbestimmen kann.151 Letzteres ist insbesondere anzunehmen, wenn der Gesellschaftsvertrag der Geschäftsherrin bestimmt, dass Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedürfen und er in der Gesellschafterversammlung der Geschäftsherrin stimmberechtigt152 ist.153 Gleiches dürfte für Darlehensgeber gelten. 2. Finanzplanvereinbarung Die Qualifikation der Einlage eines stillen Gesellschafters als funktionelles Eigenkapital kann nicht nur durch eine Bestimmung in dem Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung, sondern auch durch eine sog. Finanzplanvereinbarung erreicht werden.154 In der Praxis sind derartige Vereinbarungen in stillen Gesellschaftsverträgen selten anzutreffen. Weitaus häufiger sind sie im Zusammenhang mit Darlehensverträgen. Als sog. Finanzplandarlehen werden Kredite von Gesellschaftern bezeichnet, die planmäßig in die Finanzierung der Gesellschaft 150  Zu der Einlage stiller Gesellschafter siehe BGH NJW 1981, 2251, 2252; BGH NJW 1980, 1522, 1523; Staub/Harbarth HGB §  236 Rn.  42; Oetker/Oetker HGB §  161 Rn.  154; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  236 Rn.  3 ; MHdB GesR II/Seffer/Erhardt §  83 Rn.  4 4; Oetker/Wedemann HGB §  230 Rn.  91, §  236 Rn.  12; a. A. Henssler/Strohn/Servatius HGB Anh. Rn.  84; ders. Covenants 580–587. Zu der Gewährung des Darlehens siehe BGHZ 93, 159, 161 = NJW 1985, 1468; BGHZ 70, 61, 63 = NJW 1978, 376; BGH NJW 1982, 2253, 2254; Habersack ZHR 161 (1997), 457, 462; K. Schmidt ZIP 1999, 1241, 1243; a. A. Joost ZGR 1987, 370, 397; K. Schmidt FS Goerdeler, 1987, 487, 496; Schön ZGR 1990, 220, 241. 151  BGHZ 106, 7, 9 = NJW 1989, 982; BGH WM 2006, 691, 693; BGH NJW 1985, 1079 f.; Staub/Harbarth HGB §  236 Rn.  43; Koenigs, Stille Gesellschaft, 50 f.; Reusch BB 1989, 2358, 2361; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  236 Rn.  3 ; K. Schmidt FS Goerdeler, 1987, 487, 497; Schön ZGR 1990, 220, 229 f. 152  Zu der Möglichkeit der Beteiligung von Nicht-Gesellschaftern an der Willensbildung der Gesellschaft siehe W. Flume BGB AT I 1 §  14 VII = 235. 153  BGHZ 106, 7, 10 = NJW 1985, 1079; OLG Frankfurt GmbHR 1997, 892, 893. 154  Goette DStR 1999, 1201; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §   236 Rn.  3; MüKoHGB/ K. Schmidt §  230 Rn.  173. Unklar MHLS/Kirmse/Spönemann Syst. Darst. 3 Rn.  327: „nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt“.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

einbezogen sind,155 einlageähnlichen Charakter haben und auf die Finanzierung in Liquiditätsengpässen angelegt sind.156 Von Darlehen mit einer bloßen Nachrangvereinbarung unterscheiden sie sich u. a. durch ihre korporationsrechtliche Grundlage. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Finanzplanvereinbarung Bestandteil des Gesellschaftsvertrags oder Gegenstand eines Beschlusses der Gesellschafter sein muss; 157 es genügt auch eine satzungsbegleitende158 schuldrechtliche Nebenabrede der Gesellschafter.159 Maßgeblich für die Behandlung als funktionelles Eigenkapital ist somit – im Unterschied zu bereits gewährten eigenkapitalersetzenden Darlehen160 – nicht das objektive Recht, sondern der Wille der Gesellschafter,161 nämlich die Leistung bzw. das Leistungsversprechen wie eine Einlage bzw. eine Einlageverpflichtung zu behandeln.162 Ein wesentliches Indiz hierfür ist bei Darlehensverträgen163 der Ausschluss des dispositiven164 Kündigungsrechts des Darlehensgebers gemäß §  490 Abs.  1 BGB.165 Nach dieser Vorschrift können Darlehensgeber den Darlehens155 

BFHE 209, 353, 357 = BStBl. II 2005, 598. BGH DStR 2010, 2258 Rn.  28; Buschmann NZG 2009, 91; von Gerkan ZGR 1997, 173, 192 f.; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  185; Krolop ZIP 2007, 1738, 1740; Sieger/ Aleth GmbHR 2000, 462, 463; Steinbeck ZGR 2000, 503, 504. 157  Goette DStR 1999, 1201, 1202; H. Fleischer DStR 1999, 1774, 1775; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  187; ders. ZGR 2000, 384, 411; ders. ZHR 161 (1997), 457, 485 f.; K. Schmidt ZIP 1999, 1241, 1249; a. A. H. Fleischer Finanzplankredite 128–130: statutarische Verpflichtung nicht notwendig. Dem folgend von Gerkan ZGR 1997, 173, 194. 158  A. A. U. Brauer GmbHR 1999, 914, 915; Hommelhoff/Kleindiek FS 100 Jahre ­GmbHG, 1992, 421, 440: Gewährung causa societatis soll auch ohne ausdrückliche Verpflichtung genügen. 159 ERS/Aleth/Stelmaszczyk/Roderburg Unternehmensfinanzierung Kap. B Rn.   17; H. Fleischer DStR 1999, 1774, 1775; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  187; ders. ZGR 2000, 384, 386, 411; ders. ZHR 161 (1997), 457, 485 f.; Hirte KapGesR Rn.  5.109; Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek GmbHG Anh. §  6 4 Rn.  166; MüKoHGB/K. Schmidt §  236 Rn.  33; ders. ZIP 1999, 1241, 1249; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  39; Steinbeck ZGR 2000, 503, 512; Teller/Steffan Rangrücktrittsvereinbarungen Rn.  208. 160  Statt vieler Altmeppen FS Sigle, 2000, 211, 213: Finanzplandarlehen sind keine besondere Variante des Kapitalersatzrechts. 161  BGHZ 142, 116, 122 = NJW 1999, 2809; ERS/Aleth/Stelmaszczyk/Roderburg Unternehmensfinanzierung Kap. B Rn.  17; H. Fleischer DStR 1999, 1774, 1775; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  185; ders. ZIP 2007, 2145, 2152; ders. ZGR 2000, 384, 413; ders. ZHR 161 (1997), 457, 478; Hommelhoff/Kleindiek FS 100 Jahre GmbHG, 1992, 421, 439; Krolop ZIP 2007, 1738, 1740. 162  BGHZ 142, 116, 122 = NJW 1999, 2809 für Darlehen. 163  Bei einer stillen Gesellschaft wäre der Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts nach §  234 Abs.  1 Satz 2 HGB i. V. m. §  723 Abs.  3 BGB nichtig. 164 Statt vieler Palandt/Weidenkaff BGB §   490 Rn.  1. Differenzierend Langenbucher in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 569, 572; BRHP/Rohe BGB §  490 Rn.  2 : nur individualvertraglich, nicht aber in AGB. So im Grundsatz auch MüKo­ BGB/K. P. Berger §  490 Rn.  22, der aber davon ausgeht, dass der Ausschluss bei Mezzaninen-Finanzierungen wirksam ist. 165  BGHZ 142, 116, 122 f. = NJW 1999, 2809; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  186; ders. ZGR 2000, 384, 413; ders. ZHR 161 (1997), 457, 482; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse 156 

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

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vertrag grundsätzlich fristlos kündigen, wenn die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers sich nach Abschluss des Darlehensvertrags, aber noch vor der Auszahlung des vereinbarten Geldbetrags, derart verschlechtert haben oder zu verschlechtern drohen, dass die Rückzahlung des Darlehens gefährdet erscheint. Im Unterschied zu einer bloßen Nachrangvereinbarung166 schließt eine Finanzplanvereinbarung dieses Kündigungsrecht aus,167 so dass der Gesellschafter sein Darlehensversprechen auch bei einer zwischenzeitlich eingetretenen Unternehmenskrise und sogar in der Insolvenz168 zu erfüllen hat, soweit seine Leistung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (sog. Zuführungsgebot).169 Hat der stille Gesellschafter seine Einlage bereits erbracht bzw. der Darlehensgeber den vereinbarten Geldbetrag bereits zur Verfügung gestellt, besteht eine wesentliche Aussage der Finanzplanvereinbarung darin, dass das Kapital – vorbehaltlich der Aufhebung der Finanzplanvereinbarung – nur im Rahmen der Verteilung des Vermögens im Zuge der Abwicklung der Geschäftsherrin oder des Darlehensnehmers170 und erst nach der Befriedigung der übrigen Gläubiger zurückgefordert werden kann.171 Diese gewillkürte Nachrangigkeit aufgrund der Finanzplanvereinbarung ist – im Unterschied zu einer einfachen Nachrangvereinbarung – nicht auf das Insolvenzverfahren beschränkt (§  39 Abs.  2 InsO),172 sondern in der Regel dahingehend auszulegen, dass der Vor §  182 Rn.  39; Wiedemann FS Beusch, 1993, 893, 907. Zu weiteren Indizien siehe H. Fleischer DStR 1999, 1774, 1779; Grunewald FS Großfeld, 1999, 319, 323. 166  K. Schmidt ZIP 1999, 1241, 1247 zu §  610 BGB a. F. 167  BGHZ 142, 116, 122 = NJW 1999, 2809; BGHZ 104, 33, 41 = NJW 1988, 1841; BGHZ 93, 159, 161 = NJW 1985, 1468; BGH DStR 2010, 2258 Rn.  28; Buschmann NZG 2009, 91; Habersack ZGR 2000, 384, 387, 405; ders. ZHR 161 (1997), 457, 490. Abgeschwächt Krolop ZIP 2007, 1738, 1740: „häufig“. Einschränkend Altmeppen FS Sigle, 2000, 211, 216, 217 f.: Ausschluss der Kündigung nur für den Fall der Krise, nicht aber für den Fall der Insolvenz. Kritisch KK-AktG/Ekkenga Vor §  182 Rn.  26 („nie befriedigend erklärt“). 168  A. A. Altmeppen FS Sigle, 2000, 211, 217 f.: Darlehen soll nur der werbenden Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. 169  BGHZ 142, 116, 121 = NJW 1999, 2809 zu §  610 BGB a. F.; BGH NZG 2006, 543 Rn.  14; OLG Brandenburg GmbHR 2004, 1390, 1391 f.; ERS/Aleth/Stelmaszczyk/Roderburg Unternehmensfinanzierung Kap. B Rn.  17; Buschmann NZG 2009, 91; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  190; ders. ZGR 2000, 384, 418; Hommelhoff/Kleindiek FS 100 Jahre GmbHG, 1992, 421, 441; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek GmbHG Anh. §  64 Rn.  166; Michalski/de Vries NZG 1999, 181, 184; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  39; MHLS/Kirmse/Spönemann Syst. Darst. 3 Rn.  327; Steinbeck ZGR 2000, 503, 513; Teller/Steffan Rang­r ück­ trittsvereinbarungen Rn.  213. 170 Scholz/K. Schmidt/Scheller GmbHG §  72 Rn.  20. 171  OLG Hamm NJW-RR 1994, 672; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  236 Rn.  3 ; Schön ZGR 1990, 220, 228; wohl auch MHLS/Kirmse/Spönemann Syst. Darst. 3 Rn.  327: „Abzugsverbot“. Offengelassen von BGHZ 106, 7, 9 = NJW 1989, 982. 172  OLG Brandenburg GmbHR 2004, 1390, 1392; MüKoHGB/K. Schmidt Anh. §§  171, 172 Rn.  12. Unklar Nerlich/Römermann/Andres InsO §  39 Rn.  11. An der abweichenden Ansicht, in der Insolvenz sei nicht §  39 Abs.  2 InsO, sondern §  199 Satz 2 InsO anzuwenden (so noch Habersack ZGR 2000, 384, 417), hält HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  189 mit Fn.  733 seit dem MoMiG nicht mehr fest.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Rückforderungsanspruch auch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht durchsetzbar sein soll oder jedenfalls nur aus dem Bilanzgewinn bzw. aus ungebundenen Vermögensbestandteilen beglichen werden darf.173 3. Finanzplanähnliche Vereinbarung in Anleihebedingungen Finanzplanfinanzierungen können nach allgemeiner Ansicht nur von den Mitgliedern der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden.174 Die Zuordnung der Mittel zum funktionellen Eigenkapital beruht aber nicht auf einer gesetzlichen Anordnung, sondern auf dem Willen der Vertragsparteien.175 Daher können die hierfür wesentlichen Bestandteile, nämlich die Nachrangigkeit auch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie der Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts der noch offenen Finanzierungszusage, auch in die Vertragsbzw. Anleihebedingungen schuldvertraglicher Kapitalinstrumente aufgenommen werden, deren Zweck die Überlassung von Eigenkapital ist. Nachrangvereinbarungen sind – unabhängig davon, ob es sich hierbei um einen auflösend bedingten Erlassvertrag,176 einen verfügenden Schuldänderungsvertrag,177 eine Variante des pactum de non petendo178 oder eine bloße Vereinbarung über den Rang179 handelt – weder auf das Gesellschafterverhältnis noch auf bestimmte 173  Hommelhoff/Kleindiek FS 100 Jahre GmbHG, 1992, 421, 443; Michalski/de Vries NZG 1999, 181, 184; MüKoHGB/K. Schmidt Anh. §§  171, 172 Rn.  12, §  230 Rn.  172; ders. ZIP 1999, 1241, 1249; ders. FS Goerdeler, 1987, 487, 500. Nur in der Begründung abweichend Habersack ZGR 2000, 384, 404, 417, der die Begrenzung aus einer entsprechenden Anwendung von §  30 Abs.  2 Satz 1 GmbHG herleitet. 174  Habersack ZGR 2000, 384, 385; Steinbeck ZGR 2000, 503, 512. 175  BGHZ 142, 116, 122 = NJW 1999, 2809; ERS/Aleth/Stelmaszczyk/Roderburg Unternehmensfinanzierung Kap. B Rn.  17; H. Fleischer DStR 1999, 1774, 1775; HCL/Habersack GmbHG Anh. §  30 Rn.  185; ders. ZIP 2007, 2145, 2152; ders. ZGR 2000, 384, 413; ders. ZHR 161 (1997), 457, 478; Hommelhoff/Kleindiek FS 100 Jahre GmbHG, 1992, 421, 439; Krolop ZIP 2007, 1738, 1740. 176  Eppler DB 1991, 195; Haack KTS 1980, 309, 312; ders. Überschuldung 161; Janka/Löwenstein DB 1992, 1648, 1651; Letters JbFStR 1983/1984, 311, 335; Priester DB 1977, 2429, 2433 (aufgegeben in DB 1991, 1917, 1920); dagegen ADS Rechnungslegung HGB §  246 Rn.  133; Herlinghaus Forderungsverzichte 91 f.; Uhlenbruck/Hirte InsO §  39 Rn.  53; K. Schmidt ZIP 1999, 1241, 1246 f. 177  Altmeppen GmbHG §  42 Rn.  51; Habersack ZGR 2000, 384, 403; Herlinghaus Forderungsverzichte 92; Knobbe-Keuk StuW 1991, 306, 309; dies. ZIP 1983, 127, 129; Peters WM 1988, 685, 689; BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  232; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  37. 178  Fleck GmbHR 1989, 313, 316; ders. FS Döllerer, 1988, 109, 119; Groh BB 1993, 1882, 1883; Häuselmann BB 1993, 1552, 1553; MüKoHGB/K. Schmidt Anh. §§  171, 172 Rn.  12; ders. GmbHR 1999, 9, 13; Schildknecht DStR 2005, 181; kritisch Schulze-Osterloh WPg 1996, 97, 98; offengelassen von ADS Rechnungslegung HGB §  246 Rn.  133; ablehnend Habersack ZGR 2000, 384, 403: Rangrücktritt gehe über Leistungsverweigerungsrecht hinaus; Herlinghaus Forderungsverzichte 91. 179  Adolff FS Hellwig, 2010, 433, 442 f.; Jaeger/Henckel InsO §  39 Rn.  97.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

363

Arten von Forderungen beschränkt.180 Gegenteiliges kann insbesondere der allgemein formulierten Auslegungsregel des §  39 Abs.  2 InsO nicht entnommen werden. Der Gläubiger kann, muss aber nicht Gesellschafter des Schuldnerunternehmens sein.181 Der vertragliche Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts einer offenen Finanzierungszusage kann auch für Genussrechte – auch außerhalb des Anwendungsbereichs von §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG –, Gewinnschuldverschreibungen und sonstige Schuldversprechen (§  780 BGB) – unabhängig von deren Verbriefung – vereinbart werden. Zwar ist das auf diese Kapitalinstrumente anzuwendende außerordentliche Kündigungsrecht aus §  314 Abs.  1 BGB – im Gegensatz zu §  490 Abs.  1 BGB182 – im Kern zwingendes Recht.183 Dies schließt aber Bestimmungen nicht aus, die das Risiko einer Liquiditäts- und Unternehmenskrise begrenzt auf den Zeitraum zwischen dem Vertragsschluss und der Einzahlung des Kapitals dem Kapitalgeber vertraglich zuweisen mit der Folge, dass eine Kündigung des Kapitalgebers bei der Verwirklichung dieses Risikos ausscheidet.184

II. Kein numerus clausus der Eigenkapitalinstrumente durch die Kapital-RL Die Vorschriften der Kapital-RL enthalten keinen numerus clausus der Eigenkapitalinstrumente, der nationalem Recht entgegensteht, das es Aktiengesellschaften erlaubt, Genussrechte, Gewinnschuldverschreibungen und sonstige schuldvertragliche Kapitalinstrumente in den Vertrags- bzw. Anleihebedin180 

Habersack ZHR 161 (1997), 457, 461. Habersack ZGR 2000, 384, 386, 400. 182 Statt vieler Palandt/Weidenkaff BGB §   490 Rn.  1. Differenzierend Langenbucher in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 569, 572; BRHP/Rohe BGB §  490 Rn.  2 : nur individualvertraglich, nicht aber in AGB. So im Grundsatz auch MüKo­ BGB/K. P. Berger §  490 Rn.  22, der aber davon ausgeht, dass der Ausschluss bei Mezzaninen-Finanzierungen wirksam ist. 183  Statt vieler Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  3 m. w. N.; a. A. Gernhuber Schuldverhältnis §  16 II 5 = 394: Ausschluss für beschränkte Zeit möglich. 184  Zu der Möglichkeit einer vertraglichen Risikoverteilung und den Auswirkungen auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung siehe MüKoBGB/Gaier §  314 Rn.  5 ; Oetker Dauerschuldverhältnis 573 f.; wohl auch Sester ZBB 2006, 443, 451: „zulässige Konkretisierung“. Bei der stillen Gesellschaft stellen die nachhaltige Unrentabilität des Handelsgewerbes und die Einstellung des Geschäftsbetriebs zwar grundsätzlich wichtige Gründe dar, die den stillen Gesellschafter berechtigen, die stille Gesellschaft ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen, siehe statt vieler RG JW 1927, 1350, 1351; ROHGE 12, 98, 100 f.; OLG Dresden GRUR 1998, 69, 71; Staub/Harbarth HGB §  234 Rn.  32; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB §  234 Rn.  9 ; MüKoHGB/K. Schmidt §  234 Rn.  49. Einer vertraglichen Übernahme des Risikos durch stille Gesellschafter steht §  723 Abs.  3 BGB i. V. m. §  234 Abs.  1 Satz 2 HGB aber nicht entgegen, siehe Heymann/Wackerbarth HGB §   234 Rn.   9; offengelassen von OLG Brandenburg ­GmbHR 2004, 1390. 181 

364

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

gungen aktienähnlich auszugestalten, so dass sie dem funktionellen Eigenkapital zuzurechnen sind.185 Die in der Literatur vereinzelt gebliebene Gegenansicht beruft sich auf einen Umkehrschluss zu Art.  29 Kapital-RL. Die Vorschrift enthält für Aktiengesellschaften (Art.  1 Abs.  1 UAbs.  1 i. V. m. Anhang I KapitalRL) in erster Linie eine kompetenzrechtliche Vorgabe, nämlich dass Kapital­ erhöhungen – anderes gilt bei Existenz einer Ermächtigung nach Art.  29 Abs.  2 Kapital-RL – von der Hauptversammlung beschlossen werden müssen (Art.  29 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL). Der Begriff der Kapitalerhöhung ist in der KapitalRL zwar nicht definiert. Aus Art.  29 Abs.  3 Kapital-RL, der bei mehreren Gattungen von Aktien gesonderte Abstimmungen vorschreibt, und der Erweiterung des Anwendungsbereichs in Art.  29 Abs.  4 Kapital-RL um alle Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind, folgt aber, dass die Kapitalerhöhung i. S. d. Art.  29 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL nur die Ausgabe neuer Aktien meint.186 Dieser instrumentellen Begrenzung des Begriffs der Kapitalerhöhung entnimmt die Gegenansicht für Aktiengesellschaften187 im Umkehrschluss das Verbot, Eigenkapital mittels der Ausgabe anderer Wertpapiere aufzunehmen.188 Dies überzeugt nicht. 1. Keine umfassende Regelung der Eigenkapitalfinanzierung Der Umkehrschluss wäre nur legitim, wenn die Kapital-RL eine umfassende und abschließende Regelung der Eigenkapitalfinanzierung der AG – im Sinne eines numerus clausus – enthielte. Dies ist allerdings nicht der Fall. Ausweislich ErwGr 3 Kapital-RL soll die Kapital-RL nur ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit in Bezug auf die Aufrechterhaltung, die Erhöhung und die Herabsetzung des Kapitals der AG sicherstellen.189 Daher verwundert es nicht, dass die Kapital-RL in noch höherem Maße als die EWIV-VO und die SE-VO lückenhaft ist.190

185  Gehling WM 1992, 1093, 1099; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  127; GHEK/Karollus AktG §  221 Rn.  334. 186  Hirte ZIP 1991, 1461, 1462; ders. ZIP 1988, 477, 480 jeweils zu Art.  25 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL a. F. 187 Der Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente durch Gesellschaften anderer Rechtsformen stehe Art.  29 Kapital-RL nicht entgegen, siehe Hirte ZIP 1991, 1461, 1462 zu Art.  25 Kapital-RL a. F. 188  Hirte ZIP 1988, 477, 480 f. zu Art.  25 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL a. F. 189  Sethe AG 1993, 293, 301 zu dem inhaltsgleichen ErwGr 2 Kapital-RL a. F. 190  Gehling WM 1992, 1093, 1099 zu der Kapital-RL a. F.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

365

2. Widerspruch zu der personellen Schutzrichtung der Kapital-RL Die personelle Schutzrichtung der Kapital-RL spricht nicht für, sondern sogar gegen die Annahme, Art.  29 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL verwehre Aktiengesellschaften die Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente, die dem funktionellen Eigenkapital zuzurechnen seien. a) Schutz der Aktionäre Die Vorgaben der Kapital-RL dienen – ausweislich ErwGr 3 Kapital-RL – u. a. dem Schutz der Aktionäre. Mittel hierzu sind Mindestvorgaben über die Aufrechterhaltung, die Erhöhung und die Herabsetzung des Kapitals der AG. Entsprechend dem Schutzzweck betreffen die Vorgaben ausschließlich Aktien und Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit denen ein Bezugsrecht auf Aktien verbunden ist. Keine Regelung in der Kapital-RL haben z. B. Genussrechte erfahren, obwohl deren Gläubiger hinsichtlich der Gewinnverteilung in Konkurrenz zu den Aktionären treten. Dies legt es nahe, dass der Regelungsgehalt der Kapital-RL sich in (positiven) Vorgaben betreffend die gegenwärtigen und zukünftigen Aktionäre erschöpft. Über die Zulässigkeit der Ausgabe und die Ausgestaltungsmodalitäten anderer Kapitalinstrumente – gleichgültig, ob das gegen ihre Gewährung eingezahlte Kapital Fremdkapital darstellt oder dem funktionellen Eigenkapital zuzurechnen ist – enthält die Kapital-RL keine Angaben, weder Ge- noch Verbote.191 b) Schutz der Gläubiger der AG Ein Verbot der Ausgabe aktienähnlich ausgestalteter schuldvertraglicher Kapitalinstrumente widerspräche auch dem mit der Kapital-RL – ausweislich Erw­ Gr 3 Kapital-RL – bezweckten Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Zum einen stärkt die Ausgabe schuldvertraglicher Kapitalinstrumente, die aufgrund ihrer besonderen Ausgestaltung zum funktionellen Eigenkapital zählen, die Haftungsgrundlage der Gesellschaft und begünstigt damit die Gläubiger. Der mit der Kapital-RL allgemein bezweckte Gläubigerschutz wird also nicht gefährdet, sondern über die Mindestvorgaben der Kapital-RL hinaus erhöht. Zum anderen konfligiert die Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente nicht mit der Art und Weise des Gläubigerschutzes, den die Kapital-RL von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen einfordert. Da die Ausgabe neuer Aktien und anderer Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit denen ein Bezugsrecht auf Aktien verbunden ist, sich für die Gläubiger günstig auswirkt, kommt dem Gläubigerschutz bei diesen Maßnahmen nur eine untergeordnete Bedeutung zu.192 Er beschränkt sich darauf, dass 191 

192 

Sethe AG 1993, 293, 301 zu der Kapital-RL a. F. Lutter/Bayer/J. Schmidt EuropUR Rn.  19.172.

366

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

gemäß Art.  29 Abs.  1 Satz 2 Kapital-RL sowohl der nach Art.  29 Abs.  1 Satz 1 Kapital-RL erforderliche Beschluss als auch die Durchführung der Kapitalerhöhung gemäß Art.  3 Publizitäts-RL offenzulegen sind. Infolge der Eintragung der Kapitalerhöhung in das (Handels-)Register (Art.  3 Abs.  2 Publizitäts-RL) und der Bekanntmachung der Eintragung (Art.  3 Abs.  4 Publizitäts-RL) dürfen die Gesellschaftsgläubiger darauf vertrauen, dass Kapital in der verlautbarten Höhe aufgebracht worden ist oder noch aufgebracht wird. Dieses Vertrauen wird durch die zusätzliche Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente, die dem funktionellen Eigenkapital zuzurechnen sind, nicht enttäuscht. Da die Ausgabe derartiger Instrumente weder nach Art.  29 Abs.  1 Satz 2 Kapital-RL noch nach anderen Vorschriften offenzulegen ist,193 führt sie u. U. im Gegenteil sogar dazu, dass die vorhandene Haftungsgrundlage die auf die Registerpublizität gründenden Erwartungen der Gläubiger übertrifft.

D. Ergebnisse 1. Schuldvertragliche Kapitalinstrumente (z. B. Genussrechte, stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen) sind nur dann aktienähnlich, wenn sie den Inhabern vermögensrechtlich Rechte und Pflichten vermitteln, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind. 2. Das Aktienrecht regelt nur die Rechte und Pflichten, die mit der Inhaberschaft der Aktie verbunden sind. Zu der inhaltlichen Ausgestaltung von Genussrechten und anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten, insbesondere zu der Frage nach den Mindestanforderungen an die Aktienähnlichkeit, schweigt das Aktienrecht. 3. Den ertragsteuerrechtlichen Vorschriften, die zwischen Genussrechten mit Obligationscharakter und solchen mit Beteiligungscharakter unterscheiden (§§  17 Abs.  1 Satz 3, 20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1, 49 Abs.  1 Nr.  5 Buchst. a EStG, §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG), sowie den Bestimmungen über schuldvertragliche Eigenmittel im Instituts- und Versicherungsaufsichtsrecht (Art.  25 ff. CRR, Art.  9 Abs.  1 IFR ggf. i. V. m. §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG, Art.  69 ff. DelVO Solva II, §  214 VAG) ist über ihren originären Anwendungsbereich hinaus die Wertung zu entnehmen, dass schuldvertragliche Kapitalinstrumente jeder Art aktienähnlich sind, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Abwicklungserlös verbunden ist, das eingezahlte Kapital am Verlust der Gesellschaft teilnimmt, der Anspruch auf Rückzahlung des Kapitalbestandteils nachrangig ist und die Vertragsbestimmungen die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung sicherstellen. Im Einzelnen:

193 

A. A. Hirte ZIP 1991, 1461, 1462 zu der Kapital-RL a. F.

§  7. Aktienähnliche Kapitalinstrumente

367

a) Die Ausschüttungen, durch welche die Gläubiger am Gewinn der Gesellschaft teilnehmen, müssen entweder gewinnorientiert oder gewinnabhängig sein. Außerdem müssen die Vertragsbedingungen für den Fall der Auflösung der Gesellschaft vorsehen, dass die Gläubiger Anspruch auf einen Bruchteil des Liquidationserlöses haben. b) Das eingezahlte Kapital muss bis zur vollen Höhe am Verlust der Gesellschaft teilnehmen (sog. Verlustabsorptionsfähigkeit). Zu der hierfür erforderlichen Herabschreibung des Rückzahlungsanspruchs muss die Vereinbarung hinzutreten, dass der Emittent – sofern überhaupt eine Ausschüttungsverpflichtung besteht – berechtigt ist, die versprochenen Ausschüttungen ersatzlos ausfallen zu lassen. c) Zu der Teilnahme am Verlust der Gesellschaft muss die Vereinbarung hinzutreten, dass die eingezahlten Kapitalbestandteile bei jeder Art der Abwicklung der Gesellschaft erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt werden. d) Für die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Instrument eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren hat, die in den Vertragsbedingungen dadurch abgesichert wird, dass die erste Kündigungsmöglichkeit der Gläubiger nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Emissionstag besteht und der Emittent sich verpflichtet, die verbrieften Instrumente während dieser Zeit nicht zurückzuerwerben. 4. Die Freiheit, Genussrechte und andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente aktienähnlich auszugestalten, wird durch die Privatautonomie gewährleistet. Der Möglichkeit, durch die Eingehung derartiger Verträge und die Ausgabe entsprechender Wertpapiere sog. funktionelles Eigenkapital auch von Nichtgesellschaftern einzusammeln, stehen weder Normen und Wertungen des deutschen Gesellschaftsrechts noch die Vorgaben der Kapital-RL entgegen.

§  8. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente Mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte stehen den Inhabern aktienähnlich ausgestalteter Kapitalinstrumente weder kraft Gesetzes zu noch können sie ihnen in den Anleihebedingungen eingeräumt werden. Die Folge, dass die Gläubiger ihre vermögensrechtlichen Interessen, die denen der Aktionäre nicht unähnlich sind, nicht in demselben Maße schützen können wie Aktionäre, kompensiert der BGH194 insbesondere dadurch, dass die Anleihebedingungen auch einer an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen ausgerichteten Inhaltskontrolle unterliegen (nachfolgend A.). Diese Erweiterung des Prüfungsmaß­ stabs äußert sich darin, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB anhand aktienrechtlicher Normen und Grundsätze auszulegen ist, soweit die Rechtsstellung der Gläubiger im Einzelfall der der Aktionäre vergleichbar ist (nachfolgend B.). Bedeutung erlangt dieser Prüfungsmaßstab z. B. bei dem Ausschluss der Wiederauffüllung des verlustgeminderten Rückzahlungsanspruchs sowie bei der vertraglichen Regelung des Ausgleichs für die mittelbare Beeinträchtigung der gewinnabhängigen Gläubigerrechte durch den Eintritt des Schuldners in einen Vertragskonzern (nachfolgend C.).

A. Besondere Schutzbedürftigkeit der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente Der Prüfungsmaßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle aktienähnlicher Genussrechte beschränkt sich trotz des formal schuldrechtlichen Charakters der Kapitalinstrumente nicht auf Vorschriften des Schuldrechts, sondern umfasst nach der Rechtsprechung des BGH auch aktienrechtliche Normen und Grundsätze.195 Das Bedürfnis nach einer derart erweiterten Inhaltskontrolle ergibt sich daraus, dass die Rechtsstellung der Genussrechtsgläubiger vermö194  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 für aktienähnliche Genussscheine; dem folgend OLG München WM 2014, 1131, 1134; OLG München BeckRS 2012, 01443 unter 4.1.2. der Gründe. 195  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; dem folgend OLG München AG 2015, 795, 796; OLG München WM 2014, 1131, 1134.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

369

gensrechtlich der entspricht, welche die Inhaberschaft der Aktie vermittelt, ihnen mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte (nachfolgend I.) zum Schutz ihrer Vermögensinteressen jedoch weder kraft Gesetzes zustehen noch in den Genussrechtsbedingungen eingeräumt werden können (nachfolgend II.). Dieses Minus wird u. a. durch eine an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichtende Inhaltskontrolle kompensiert, und zwar nicht nur bei Genussrechten, sondern bei allen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten, die aktien­ ähnlich ausgestaltet sind (nachfolgend III.).

I. Bedeutung der mitgliedschaftlichen Mitverwaltungsrechte Aktionäre haben grundsätzlich keine persönliche Haftung zu fürchten.196 Den Gläubigern der Gesellschaft haftet gemäß §  1 Abs.  1 Satz 2 AktG grundsätzlich197 nur das Gesellschaftsvermögen (sog. Trennungsprinzip). Dieser für die AG und andere Kapitalgesellschaften typische Ausschluss der persönlichen Haftung führt dazu, dass das wirtschaftliche Risiko der Aktionäre sich grundsätzlich auf den Verlust ihrer Einlage beschränkt. Dieses Risiko wird nach dem Leitbild des AktG nicht nur durch den Anspruch auf den Bilanzgewinn nach §  58 Abs.  4 Satz 1 AktG (sog. Dividendenrecht) finanziell abgegolten,198 sondern auch durch Mitverwaltungsrechte abgemildert. Zwar sind die Aktionäre von der Geschäftsführung und deren Überwachung grundsätzlich ausgeschlossen (§§  76 Abs.  1, 77, 111 Abs.  1 AktG). Durch die Ausübung der ihnen zustehenden Mitwirkungs- und Kontrollrechte können sie aber – wenn auch nur in begrenztem Maße – zur Wahrung ihrer Beteiligungsinteressen – insbesondere ihrer Vermögensrechte – Einfluss nehmen und dadurch auf eine verantwortungsvolle Geschäftsleitung durch den Vorstand hinwirken.199 Sie haben u. a. die Möglichkeit, den Vorstandsmitgliedern durch Beschluss der Hauptversammlung das Vertrauen zu entziehen (§  84 Abs.  3 Satz 2 AktG), die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zu verweigern (§§  119 Abs.  1 Nr.  3, 120 Abs.  2 AktG), in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen (§  131 Abs.  1 AktG), die Bestellung eines Sonderprüfers zu erwirken (§  142 Abs.  1, 2 AktG), die Gesellschaft zu der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Mitglieder des Vorstands zu verpflichten (§  147 Abs.  1 Satz 1 AktG) oder diese Ansprüche selbst geltend zu machen (§  148 Abs.  1 AktG) und Beschlüsse der Hauptversammlung anzufechten (§§  243 ff. AktG). Auf diese Weise können die Aktionäre einer übermäßigen

196 

Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  1 Rn.  8. Zu den – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen siehe statt vieler Hüffer/Koch AktG §  1 Rn.  9, 15 ff. 198  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 1. 199  BGHZ 119, 305, 328 = NJW 1993, 57. 197 

370

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Beeiträchtigung ihrer vermögensrechtlichen Beteiligung (z. B. der Schmälerung des Dividendenanspruchs oder des Wertes der Einlage) entgegenwirken.200

II. Keine Mitverwaltungsrechte der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente Das gegen Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente eingezahlte Kapital nimmt – je nach Ausgestaltung der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen – ähnlich den Einlagen der Aktionäre am Verlust des Emittenten teil.201 Dieses Risiko wird finanziell – vergleichbar der Rechtsstellung der Aktionäre – mit der Aussicht auf eine Beteiligung am Gewinn des Emittenten vergütet.202 Im Gegensatz zu den Vermögensrechten und -pflichten der Aktionäre, die in den Vertragsbzw. Anleihebedingungen schuldrechtlich nachgebildet werden können, 203 sind die Mitverwaltungsrechte untrennbar mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der AG verbunden, die nur Aktien – nicht aber Genussrechten 204 und anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten – eigen ist.205 Dies hat zur Folge, dass das Stimmrecht (nachfolgend 1.), das Recht zur Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung (nachfolgend 2.) sowie die Auskunfts- und Informationsrechte (nachfolgend 3.) anderen Kapitalgebern weder kraft Gesetzes zustehen noch ihnen vertraglich eingeräumt werden können. 1. Stimmrecht Den Inhabern schuldvertraglicher Kapitalinstrumente steht das Stimmrecht auch dann nicht zu, wenn ihre Gläubigerrechte aktienähnlich ausgestaltet sind. Ursächlich hierfür sind der Grundsatz der Verbandssouveränität 206 sowie das sog. Abspaltungsverbot.

200 

BGHZ 119, 305, 328 = NJW 1993, 57. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 202  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 203  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. 204  BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57; RGZ 70, 52, 54; BT-Drucks. 10/2510, 5; Brokamp/Hölzer FR 2006, 272; Friedlaender DStZ/A 1966, 242, 244; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  86; GroßkommAktG/Hirte §  221 Rn.  331; ders. ZIP 1988, 477; Hofert/Arends GmbHR 2005, 1381, 1383; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  514; BeBiKo/Schubert HGB §  247 Rn.  227; Sethe AG 1993, 293, 297; Winnefeld Bilanz-HB Kap. D Rn.  1722. 205  BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987; BGHZ 119, 305 (Ls. a) = NJW 1993, 57. 206 KK-AktG/Florstedt §  2 21 Rn.  538. 201 

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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a) Grundsatz der Verbandssouveränität Das deutsche Gesellschaftsrecht erkennt nur solche Gesellschaften und Verbände an, die auf einer rechtsgeschäftlichen Grundlage errichtet werden.207 Damit geht die Grundsatzentscheidung einher, dass nur die Gesellschafter über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags und dessen Änderung entscheiden können.208 Dies gilt nicht nur für Personengesellschaften, sondern auch für körperschaftlich verfasste Verbände, wie z. B. die AG. Ausschließlich die Mitglieder entscheiden über den Inhalt der Satzung und deren Änderung (sog. Satzungsautonomie). Außenstehende, insbesondere Gläubiger, haben keinen Einfluss auf die Verfassung der Gesellschaft. Insbesondere steht ihnen kein Stimmrecht in der Hauptversammlung einer AG zu.209 b) Abspaltungsverbot Das Stimmrecht ist gemäß §  8 Abs.  5 AktG ein akzessorischer Bestandteil der Mitgliedschaft und als solcher mit dieser untrennbar verbunden. Im Gegensatz zu einem aus der Mitgliedschaft erwachsenen Anspruch (z. B. dem sog. Dividendenanspruch 210) kann es von der Mitgliedschaft nicht getrennt werden (sog. Abspaltungsverbot).211 Die Steuerung des Verbands durch Dritte – und nicht durch die Mitglieder selbst – widerspräche dem Grundsatz der Verbandssouveränität.212 Dieser begrenzt die Privatautonomie des Verbands dahingehend, dass er sich nicht der durch die Mitgliedschaftsrechte gewährleisteten Selbstbestimmung begeben kann.213 Folglich kann das Stimmrecht auch durch eine besondere vertragliche Ausgestaltung nicht mit Genussrechten oder anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten verbunden werden.214 207 

Statt vieler K. Schmidt GesR §  1 I 1 a = 3, §  5 I 3 b = 84; Wiedemann GesR I §  1 I 1 = 3. K. Schmidt GesR §  5 I 3 b = 84; Wiedemann FS Schilling, 1973, 105, 111 f. 209  Statt vieler BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BGH WM 1959, 434, 436; BFHE 221, 25, 33 = BStBl. II 2008, 852; BFHE 149, 217, 220 = BStBl. II 1987, 643; RGZ 70, 52, 54; Hirte KapGesR Rn.  5.10; GroßkommAktG/ders. §  221 Rn.  331; K. Schmidt GesR §  5 I 3 b = 84. 210  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 1. 211  BGHZ 43, 261, 267 = NJW 1965, 1378; BGHZ 20, 363, 364 = NJW 1956, 1198; BGHZ 3, 354, 357 = NJW 1952, 178; BGH NJW 1987, 780; BGH NJW 1970, 468; KK-AktG/Dauner-Lieb §  8 Rn.  45; MüKoAktG/Heider §  8 Rn.  89, §  12 Rn.  6 ; Hüffer/Koch AktG §  12 Rn.  3 ; Hölters/Solveen AktG §  12 Rn.  4 ; Spindler/Stilz/Vatter AktG §  12 Rn.  5 ; Grigoleit/Vedder AktG §  12 Rn.  2 ; S/L/Ziemons AktG §  12 Rn.  4, 6. 212  Statt vieler K. Schmidt GesR §  19 III 4 a = 561. 213  W. Flume BGB AT I 1 §  14 IV = 220; zustimmend K. Schmidt GesR §  19 III 4 a = 561; abgeschwächt für Stimmrechtsvereinbarungen Reuter ZGR 1978, 633, 635 ff. 214  BGHZ 119, 305, 316 = NJW 1993, 57; BGHZ 3, 354, 357 = NJW 1952, 178; RGZ 105, 236, 240; Baums FS Horn, 2006, 249, 264; Beuthien ZGR 1974, 26, 82 (keine Stimmrechtsabtretung); Bürger Genußrechte 55; von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; T. Ernst AG 1967, 75, 80; ders. Genußschein 180; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  462; Düringer/Hachenburg/Flechtheim HGB Anh. zu §  179 Anm.  6 ; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  538; Rowedder/Schmidt208 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

2. Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der Hauptversammlung Gleiches gilt im Ergebnis für das mit dem Stimmrecht eng verwandte Recht zur Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung. Es steht den Inhabern aktienähnlicher Genussrechte und sonstiger schuldvertraglicher Kapitalinstrumente weder kraft Gesetzes zu215 noch kann es ihnen in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen eingeräumt werden.216 a) Doppelte Funktion des Anfechtungsrechts Das Anfechtungsrecht unterscheidet sich von dem Stimmrecht insoweit, als es zwar in erster Linie, aber nicht ausschließlich den Aktionären zusteht. Es hat eine doppelte Funktion, die es rechtfertigt, das Anfechtungsrecht neben den Aktionären (§  245 Nr.  1–3 AktG) auch dem Vorstand (§  245 Nr.  4 AktG) sowie einzelnen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats (§  245 Nr.  5 AktG) zuzugestehen. Zum einen ist es ein Bestandteil der Mitgliedschaft. In dieser Funktion dient es dem individuellen Schutz der Rechte und Interessen des Ak-

Leit­hoff/Ganzer GmbHG §  47 Rn.  25; Grieger WM 1958, 914, 915; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  86, 119; ders. ZHR 155 (1991), 378, 384; Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192; Hirte ZIP 1988, 477, 482; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; Kallrath Wertpapierbedingungen 88; GHEK/ Karollus AktG §  221 Rn.  322; Linscheidt DB 1992, 1852; Lutter ZGR 1993, 291, 294 f.; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1942; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  70; K. Schmidt GesR §  19 III 4 a = 561; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Schwark FS Stimpel, 1985, 1087, 1107; Bähr/ Schwenzer VAG-HdB §  21 Rn.  140; Sethe AG 1993, 351, 355; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  88; ders. NZI 2003, 579, 586; Teichmann Gestaltungsfreiheit 225; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  22; Werner ZHR 149 (1985), 236, 240; H. P. Westermann Vertragsfreiheit 394; Wiedemann Mitgliedschaftsrechte 290; Würdinger AktR §  19 II 2 a = 86; a. A. Driver BB 2014, 195; Friedlaender DStZ/A 1966, 242; Holzheimer Die Bank 1982, 16, 19; wohl auch Hirte KapGesR Rn.  5.13 (vertragliche Einfluss- und Mitspracherechte). Offengelassen von Vollmer ZGR 1983, 445, 460. 215  Statt vieler BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987; BGHZ 120, 141, 147 = NJW 1993, 400; BFHE 221, 25, 33 = BStBl. II 2008, 852; BFHE 149, 217, 220 = BStBl. II 1987, 643; RGZ 70, 52, 54; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  463; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  119; Hirte KapGesR Rn.  5.10; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  35. 216  BGHZ 119, 305, 316 f. = NJW 1993, 57; Bürger Genußrechte 55; von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; T. Ernst AG 1967, 75, 80; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  463; KK-AktG/ Florstedt §  221 Rn.  538; Grieger WM 1958, 914, 915; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  119; ders. ZHR 155 (1991), 378, 384; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  21; Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192; Hirte ZIP 1988, 477, 482; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; Kallrath Wertpapierbedingungen 88; Linscheidt DB 1992, 1852; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  85; Rid-Niebler Genußrechte 57; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 519; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Bähr/Schwenzer VAG-HdB §   21 Rn.   140; Spindler/Stilz/Seiler AktG §   221 Rn.  24; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1942; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  70; Sethe AG 1993, 351, 355; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  88; Würdinger AktR §  19 II 2 a = 86; a. A. Herrmann Quasi-Eigenkapital 207; Schwark FS Stimpel, 1985, 1087, 1107. Offengelassen von Vollmer ZGR 1983, 445, 460.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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tionärs.217 Zum anderen ist die Anfechtungsklage ein objektives, d. h. von dem Nachweis der persönlichen Betroffenheit des Klägers unabhängiges, Instrument zur Kontrolle der Gesetzes- und Rechtmäßigkeit des Organhandelns.218 In der letztgenannten Funktion dient das Anfechtungsrecht nicht nur den Interessen einzelner Aktionäre, sondern auch den wohlverstandenen Gesamtbelangen der Gesellschaft.219 Diese zu wahren ist nicht nur Aufgabe der Aktio­ näre,220 sondern auch sämtlicher Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (§§  93 Abs.  1 Satz 1, 2, 116 Satz 1, 111 Abs.  3 Satz 1 AktG). Dies rechtfertigt es, das Anfechtungsrecht neben den Aktionären auch dem Vorstand sowie einzelnen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zuzugestehen. b) Keine Anfechtungsbefugnis der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente Die in der Literatur mit unterschiedlichen Begründungen vertretene Ansicht, das Anfechtungsrecht der Aktionäre (§  245 Nr.  1–3 AktG) stehe ex lege auch den Inhabern aktienähnlicher Genussrechte und anderer schuldvertraglicher Kapitalinstrumente zu, überzeugt nicht. aa) Ausdehnung auf sämtliche Eigenkapitalgeber Die im Schrifttum vereinzelt gebliebene Auffassung, die Gläubiger aktiengleicher Genussrechte seien aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Verband der Eigenkapitalgeber anfechtungsbefugt, 221 beruht auf der Prämisse, den Aktionären stünden sonstige Eigenkapitalgeber – also auch die Inhaber aktienähnlich ausgestalteter Schuldtitel – gleich. Hierbei handelt es sich in Ansehung des eindeutigen Wortlauts des §  245 Nr.  1–3 AktG („Aktionär“) methodisch um eine Rechtsfortbildung im Wege der Analogie, für die allerdings die erforderliche Gesetzeslücke222 fehlt.

217 GroßkommAktG/K.

Schmidt §  245 Rn.  10. BGHZ 119, 305, 316 = NJW 1993, 57; BGHZ 107, 296, 308 = NJW 1989, 2689; BGHZ 70, 117, 118 = NJW 1978, 540; BGHZ 43, 261, 265 f. = NJW 1965, 1378; BGH NZG 2005, 69; BGH WM 1964, 1188, 1191; OLG Stuttgart NZG 2004, 463, 464; OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 1619, 1620; OLG Düsseldorf BeckRS 2005, 3564 Rn.  35; Spindler/Stilz/Dörr AktG §  245 Rn.  7, 7a; Grigoleit/Ehmann AktG §  245 Rn.  2 ; Gehrlein BB 2004, 2585, 2589; GroßkommAktG/K. Schmidt §  245 Rn.  10. 219  BGHZ 119, 305, 316 = NJW 1993, 57. 220  Zu Vorbehalten gegen die Rolle der Aktionäre als Wahrer der Rechtsordnung siehe Mertens AG 1990, 49 ff. 221  Vollmer ZGR 1983, 445, 469; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 49. Siehe auch Lorch Genußschein 304 für den Fall des (teilweisen) Ausschlusses des Bezugsrechts der Genussscheininhaber. 222  Statt vieler Larenz/Canaris Methodenlehre 191. 218 

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

(1) Unterschiedliche Rechte der Eigenkapitalgeber Die grundlegende Annahme, den rechtsformspezifischen und den funktionellen Eigenkapitalgebern stünden dieselben Rechte zu, ist unzutreffend. Zahlreiche Rechte – nicht nur Vermögensrechte wie z. B. der Anspruch auf den Bilanzgewinn,223 sondern auch Mitverwaltungsrechte wie z. B. das Stimmrecht 224 – sind Ausfluss der Mitgliedschaft; sie stehen daher ausschließlich den Aktionären zu. Für das Anfechtungsrecht gilt Ähnliches. Es ist in erster Linie ein Mitgliedschaftsrecht, das nur durch die Aktie, nicht aber durch andere Eigenkapitalin­ strumente vermittelt wird. Die doppelte Funktion des Anfechtungsrechts rechtfertigt es, dieses auch dem Vorstand sowie den einzelnen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats in die Hände zu legen, die verpflichtet sind, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln (§§  93 Abs.  1 Satz 1, 2, 116 Satz 1, 111 Abs.  3 Satz 1 AktG). Den Inhabern schuldvertraglicher Kapitalinstrumente obliegen vergleichbare Pflichten auch dann nicht, wenn ihre Vermögensrechte aktienähnlich – oder sogar aktiengleich – ausgestaltet sind. Ihnen das Anfechtungsrecht zu gewähren, begründete daher – wie der BGH zu Recht ausgeführt hat – die Gefahr, dass die Anfechtungsklage nicht nur zur Wahrung berechtigter Belange und zur Kontrolle der gesellschaftsrechtlichen Organe genutzt, sondern in erhöhtem Maße funktionswidrig zu Eigeninteressen eingesetzt wird.225 (2) Keine Schutzlosigkeit der schuldvertraglichen Eigenkapitalgeber Die Negation der Anfechtungsbefugnis führt nicht dazu, dass die funktionellen Eigenkapitalgeber der AG schutzlos gegenüberstehen. Aufgrund der vertraglichen Verbindung obliegen der Gesellschaft nicht nur Leistungs-, sondern auch Schutzpflichten (§  241 Abs.  2 BGB). Werden diese verletzt, ist die Gesellschaft ihnen auf schuldrechtlicher Grundlage (§  280 Abs.  1 BGB) jedenfalls in den Fällen zum Schadensersatz verpflichtet, in denen sie absichtlich zum Nachteil der Genussrechtsinhaber handelt.226 Diese Rechtsfolge entspricht ihrer Stellung als Gläubiger und verhindert, dass sie Einfluss auf mitgliedschaftliche Angelegenheiten ausüben können. bb) Vergleich mit den Inhabern stimmrechtsloser Vorzugsaktien Die weiteren Begründungen für die Ansicht, die Inhaber aktienähnlich ausgestalteter schuldvertraglicher Kapitalinstrumente seien anfechtungsbefugt, gründen auf der Prämisse, die Ausgabe schuldvertraglicher Kapitalinstrumente 223 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 1. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 B. II. 1. 225 BGHZ 119, 305, 316 f. = NJW 1993, 57. Zustimmend MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  119. 226  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 A. III. 1. 224 

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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mit Eigenkapitalcharakter sei eine (unzulässige) Umgehung der §§  139 ff. AktG. Zum einen wird die Hypothese rechtmäßigen Alternativverhaltens bemüht. Hätte die Gesellschaft anstelle der (rechtswidrigen, aber wirksamen 227) schuldvertraglichen Kapitalinstrumente (rechtmäßig) Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ausgegeben, wären die Kapitalgeber nach §  140 Abs.  1 i. V. m. §  245 Nr.  1–3 AktG anfechtungsbefugt.228 Zum anderen wird die Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes befürwortet.229 Nach diesem im Verfahrensrecht eta­ blierten Prinzip steht dem Beschwerten gegen eine gerichtliche Entscheidung, die in unzutreffender Form ergangen ist, sowohl das Rechtsmittel zu, das gegen die Entscheidung in ihrer konkreten Form statthaft ist, als auch dasjenige, welches zulässig wäre, wenn die Entscheidung in der vorgeschriebenen Form ergangen wäre.230 Die Begründungen überzeugen nicht. Bereits die Prämisse, Aktiengesellschaften seien nicht befugt, schuldvertragliche, aber aktienähnlich ausgestaltete Kapitalinstrumente auszugeben, trifft nicht zu.231 Des Weiteren führte die konsequente Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes nicht dazu, dass die Rechte, die Aktionären aus Vorzugsaktien ohne Stimmrecht zustehen, an die Stelle der in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen vereinbarten Rechte träten. Vielmehr käme es zu einer Kumulation der Rechte, d. h. den Inhabern stünden sowohl die in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen vereinbarten Ansprüche als auch die Rechte zu, die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht gewähren. Dass diese Rechte allerdings weitgehend inkompatibel sind, zeigt sich bereits daran, dass die Inhaber schuldvertraglicher Kapitalinstrumente im Fall der Insolvenz der Gesellschaft aufgrund desselben Rechts nicht zugleich den Rang eines (nachrangigen) Gläubigers und eines Aktionärs innehaben können. Ein weiteres Beispiel ist §  140 Abs.  2 Satz 1 AktG. Danach lebt das grundsätzlich wirksam ausgeschlossene Stimmrecht vorübergehend auf, wenn der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt und der Rückstand im nächsten Jahr nicht neben dem vollen Vorzug dieses Jahres nachgezahlt wird. Diese zwingende Rechtsfolge (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG), nämlich die Gewährung des Stimmrechts, ist mit der Stellung eines Gläubigers unvereinbar.232 Die Inkompatibilität besteht nicht nur hinsichtlich der Rechte, son227  Hirte ZIP 1988, 477, 488, der für Genussrechte eine Nichtigkeit nach §  134 BGB ablehnt. Da ihre Ausgabe auf einem inhaltlich mangelhaften Beschluss der Hauptversammlung beruhe, werde die Anwendung der §§  134, 138 BGB durch das abgeschlossene und vorrangige System der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen (§§  241 ff. AktG) verdrängt. 228  Hirte ZIP 1988, 477, 489; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 49 jeweils für Genussrechte. Zu der Anfechtungsbefugnis der Aktionäre stimmrechtsloser Vorzugsaktien siehe statt vieler BGHZ 119, 305, 317 = NJW 1993, 57; Hüffer/Koch AktG §  140 Rn.  3, §  245 Rn.  5. 229  Hirte ZIP 1988, 477, 489 für Genussrechte. 230  Statt vieler BGHZ 98, 362, 364 f. = NJW 1987, 442; BGHZ 40, 265, 267 = NJW 1964, 660; MüKoZPO/Rimmelspacher Vor ZPO §  511 Rn.  95 m. w. N. 231  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 C. 232  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 1.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

dern auch hinsichtlich der Pflichten, die mit der Stellung als Aktionär verbunden sind.233 Ein Beispiel hierfür ist die mitgliedschaftsrechtliche Treuepflicht, 234 der stimmrechtslose Vorzugsaktionäre ebenso wie Stammaktionäre unterliegen,235 welche die Gläubiger der Gesellschaft aber nicht bindet.236 c) Abspaltungsverbot Die gesetzgeberische Entscheidung, das Anfechtungsrecht nicht nur den Ak­ tionären zuzugestehen (§  245 Nr.  1–33 AktG), sondern auch in die Hände des Vorstands sowie einzelner Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zu legen (§  245 Nr.  4, 5 AktG), ändert nichts daran, dass es der Gesellschaft zur Wahrung ihrer Verbandssouveränität verwehrt ist, das Anfechtungsrecht durch Rechtsgeschäft gesellschaftsfremden Dritten, insbesondere Gläubigern, einzuräumen.237 Während entsprechenden Vereinbarungen in der Satzung §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG entgegensteht, 238 ergibt die Unwirksamkeit derartiger Bestimmungen in Vertrags- und Anleihebedingungen sich daraus, dass die Gesellschaft aufgrund des Abspaltungsverbots nicht über die erforderliche privatautonome Gestaltungsmacht verfügt.239 3. Auskunfts- und Informationsrechte In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass Rechte, die den Aktionären in der Regel nur als Hilfsrechte zur Vorbereitung der sachgemäßen Ausübung der Mitverwaltungsrechte (insbesondere des Stimmrechts) dienen, vertraglich mit schuldrechtlichen Kapitalinstrumenten verbunden werden können. Dies gelte insbesondere für die Auskunfts- und Informationsrechte.240 Die hauptver233  Obgleich die Pflichten, die mit der Stellung als Aktionär verbunden sind, in §  140 Abs.  1 AktG nicht erwähnt sind, treffen sie die Aktionäre stimmrechtsloser Vorzugsaktien ebenso wie die Stammaktionäre, siehe statt vieler BGHZ 119, 305, 317 = NJW 1993, 57; Großkomm­ AktG/G. Bezzenberger/T. Bezzenberger §  140 Rn.  5 ; GHEK/Hefermehl AktG §  140 Rn.  2. 234  Siebel ZHR 161 (1997), 628, 653. 235  Zu der Untrennbarkeit von Treuepflicht und mitgliedschaftlicher Beteiligung in der AG siehe BGHZ 129, 136, 148 = NJW 1995, 1739; MüKoAktG/Götze Vor §  53a Rn.  26; KKAktG/Drygala §  53a Rn.  83; S/L/H. Fleischer AktG §  53a Rn.  51; GroßkommAktG/Henze/ Notz Anh. §  53a Rn.  25. 236  Statt vieler MüKoAktG/Götze Vor §  53a Rn.  36; GroßkommAktG/Henze/Notz Anh. §  53a Rn.  28; Hüffer/Koch AktG §  53a Rn.  18. 237  BGHZ 119, 305, 316 f. = NJW 1993, 57; BGHZ 3, 354, 357 = NJW 1952, 178; RGZ 105, 236, 239; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  538; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  119; Hüffer/ Koch AktG §  221 Rn.  26; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  88; K. Schmidt GesR §  19 III 4 a = 561; H. P. Westermann Vertragsfreiheit 394; Wiedemann Mitgliedschaftsrechte 283 ff.; a. A. Vollmer ZGR 1983, 445, 469. 238  MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71. 239  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 1. b). 240  Bürger Genußrechte 56; T. Ernst AG 1967, 75, 80; ders. Genußschein 181; Düringer/ Hachenburg/Flechtheim HGB Anh. §  179 Anm.  6; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  120;

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sammlungsgebundenen Auskunftsrechte (§§  131 Abs.  1 Satz 1, 293g Abs.  3, 319 Abs.  3 Satz 5, 326 AktG) stehen den Gläubigern aktienähnlich ausgestalteter Schuldtitel bereits deshalb nicht zu, weil das hierfür erforderliche Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung ihnen weder kraft Gesetzes zusteht 241 noch in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen eingeräumt werden kann.242 Das Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung ist ein originär mitgliedschaftliches Recht.243 Die Gläubiger der Gesellschaft sind zur Teilnahme grundsätzlich nicht berechtigt, und zwar auch dann nicht, wenn das von ihnen überlassene Kapital funktionell zu dem Grundstock der Haftungsmasse zählt. Ihre Teilnahme kann ausschließlich in der Satzung oder Geschäftsordnung aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung mit qualifizierter Kapitalmehrheit (§§  179 Abs.  2 Satz 1, 129 Abs.  1 Satz 1 AktG) zugelassen werden.244 Hieraus ergibt sich der Umkehrschluss, dass das Teilnahmerecht in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen schuldvertraglicher Kapitalinstrumente nicht begründet werden kann. Anderes gilt für die außerhalb der Hauptversammlung bestehenden Informationsrechte, z. B. das Recht auf Einsicht in den Jahresabschluss und den Lagebericht (§  175 Abs.  2 Satz 1 AktG), das Recht auf Zusendung einer Abschrift derselben (§  175 Abs.  2 Satz 2 AktG), das Recht auf Unterrichtung über die Einberufung der Hauptversammlung und deren Tagesordnung (§  125 Abs.  2 AktG) sowie das Recht auf schriftliche Mitteilung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§  125 Abs.  4 AktG). Sie können in den Vertrags- bzw. AnleihebedinHerrmann Quasi-Eigenkapital 206; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  84; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 276; Rid-Niebler Genußrechte 57; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  70; MHdB AG/Scholz §  64 Rn.  71; HK-AktG/ M. Stadler §  221 Rn.  91; a. A. von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 313; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  21; K. Schmidt GesR §  19 III 4 a = 561; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse Vor §  182 Rn.  35. Offengelassen von BGHZ 119, 305, 317 = NJW 1993, 57. 241  BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987; BGH WM 1959, 434, 436; ADS Rechnungslegung HGB §  266 Rn.  191; Brüggemann/Lühn/Siegel KoR 2004, 340, 343; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  120; Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1; Hirte KapGesR Rn.  5.10; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Sontheimer BB 1984, Beilage 19, 1, 2; Bähr/Schwenzer VAG-HdB §  21 Rn.  140; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24. 242  von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 313; Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  468; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  21; Bähr/Schwenzer VAG-HdB §  21 Rn.  140; a. A. Bürger Genußrechte 55; T. Ernst AG 1967, 75, 80; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  538; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  120; Hammen DB 1988, 2549; Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192, 194; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; Kratzsch BB 2007, 1817, 1818; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  86; Pougin FS Oppenhoff, 1985, 275, 276; Rid-Niebler Genußrechte 57; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; MAH AktR/ Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  70; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  71; Sethe AG 1993, 351, 355; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  91; Würdinger AktR §  19 II 2 a = 86. 243  Statt vieler GroßkommAktG/Mülbert §  118 Rn.  66 m. w. N. 244  Statt vieler GroßkommAktG/Mülbert §  118 Rn.  93, 96 m. w. N.; a. A. Schaaf ZIP 1999, 1339, 1340: keine Regelung der Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters in der Geschäftsordnung.

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gungen schuldrechtlich nachgebildet werden.245 Erforderlich ist dies aber nicht.246 Zwar ist in Anbetracht der Tatsache, dass der Inhalt des Jahresabschlusses und die von der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse das Ausschüttungsverhalten der Gesellschaft – je nach Ausgestaltung der Gewinnbeteiligung in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen 247 – sowohl dem Grunde nach als auch der Höhe nach beeinflussen können, ein berechtigtes Interesse der Kapitalgeber an diesen Informationen anzuerkennen. Dieses wird aber auf andere Weise befriedigt, nämlich in erster Linie durch die Verpflichtung kapitalmarktorientierter Kapitalgesellschaften, ihren Jahresabschluss, den Lagebericht, den Vorschlag für die Verwendung des Ergebnisses und den Beschluss über seine Verwendung unter Angabe des Jahresüberschusses oder Jahresfehlbetrags nach Maßgabe der §§  325 ff. HGB und der §§  114 ff. WpHG offenzulegen. Verletzt die Gesellschaft diese Pflicht, können die Gläubiger sich also nicht mittels des Bundesanzeigers oder des Unternehmensregisters unterrichten, 248 steht ihnen aufgrund der durch das schuldvertragliche Kapitalinstrument begründeten Sonderverbindung der sich aus §  242 BGB ergebende249 allgemeine Auskunftsanspruch zu.250 Daher besteht auch aus praktischen Gesichtspunkten keine Notwendigkeit, unter Durchbrechung des Abspaltungsverbots die Möglichkeit oder gar die Verpflichtung der Gesellschaft anzuerkennen, den Kapitalgebern in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen die originär den Aktionären zustehenden Informationsrechte einzuräumen. 245  Bürger Genußrechte 55 f.; KK-AktG/Florstedt §  2 21 Rn.  538; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  120; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  21; Hedrich/Stedler ZfgK 1987, 192, 194; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  26; Kratzsch BB 2007, 1817, 1818; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  86; Rid-Niebler Genußrechte 57; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  23; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  70; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  91; Würdinger AktR §  19 II 2 a = 86; a. A. Bähr/Schwenzer VAG-HdB §  21 Rn.  140. 246 Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  469; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  120; Hüffer/ Koch AktG §  221 Rn.  26; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  86. 247  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 2. c) aa). 248  Der allgemeine Auskunftsanspruch ist ausgeschlossen, soweit die Gläubiger sich aus zugänglichen Quellen – hierzu gehört auch der Bundesanzeiger – informieren können, siehe BGH LM §  242 (Be) Nr.  25; OLG Hamm NJW-RR 2001, 236, 237; Palandt/Grüneberg BGB §  260 Rn.  7; MüKoBGB/Krüger §  260 Rn.  18; BRHP/S. Lorenz BGB §  260 Rn.  15; Jauernig/ A. Stadler BGB §§  259–261 Rn.  3. 249  BGHZ 55, 201, 203 = NJW 1971, 656; BGHZ 10, 385, 387 = NJW 1954, 70; BGH NJW 1962, 731; RGZ 158, 377, 379; Palandt/Grüneberg BGB §  260 Rn.  4 ; MüKoBGB/Krüger §  260 Rn.  12. 250  Für Genussrechte siehe Emde Genußschein 191; Hopt/Seibt/Fest AktG §  2 21 Rn.  469; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  619; Frantzen Genußscheine 225 f.; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 519; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  24. Ohne Nennung einer Anspruchsgrundlage Claussen FS Werner, 1984, 81, 87; Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung 81. Differenzierend hinsichtlich der Anspruchsgrundlage Sethe AG 1993, 351, 356, 357: zum einen vertragliche Nebenpflicht aus dem Genussrechtsvertrag, zum anderen aus Treu und Glauben (§  242 BGB).

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III. Kompensationsmechanismen Die Tatsache, dass die dem Schutz der Vermögensinteressen dienenden Mitverwaltungsrechte nur den Aktionären, nicht aber den Inhabern aktienähnlicher Schuldtitel zustehen, obwohl ihre Vermögensrechte denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind, lässt erkennen, dass ihr Schutz im Vergleich zu der Rechtsstellung der rechtsformspezifischen Eigenkapitalgeber defizitär ist.251 Diese Bewertung beruht darauf, dass ak­tien­ ähnliche Kapitalinstrumente eine Aktien vermögensrechtlich vergleichbare Rechtsposition nur vermitteln, wenn die vertraglichen Vermögensrechte der Gläubiger nicht notwendig gleichartig, aber doch gleichwertig geschützt werden. Dieses Ziel verwirklichen de lege lata drei Rechte, nämlich ein Anspruch auf Schadensersatz bei Pflichtverletzungen (nachfolgend 1.), die auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichtende Inhaltskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen (nachfolgend 2.) und, soweit die Ausübung von Rechten im Ermessen des Emittenten steht, die Ausübungskontrolle (nachfolgend 3.). 1. Schadensersatz bei Pflichtverletzungen Verletzen Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§  93 Abs.  1 Satz 1 AktG), können die Aktionäre – einen Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit oder eine qualifizierte Minderheit vorausgesetzt – ihre Beteiligungs- und Vermögensinteressen dadurch schützen, dass sie die Gesellschaft zu der Geltendmachung der Ersatzansprüche (§  93 Abs.  2 Satz 1 AktG) verpflichten (§  147 Abs.  1 Satz 1 AktG) oder die Ansprüche ausnahmsweise selbst geltend machen (§  148 Abs.  1 AktG). Die Inhaber aktienähnlicher Schuldtitel können die der Gesellschaft zustehenden Ersatzansprüche nicht geltend machen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können, da sie aufgrund des Eigenkapitalcharakters ihrer Rechte materiell keine Gläubiger i. S. d. §  93 Abs.  5 Satz 1 AktG sind.252 Diese Versagung des Gläubigerrechts nach §  93 Abs.  5 Satz 1 AktG253 überzeugt nur in Anbetracht der Tatsache, dass den Inhabern aktienähnlicher Schuldtitel ein eigener Schadensersatzanspruch nach §  280 Abs.  1 BGB zusteht. Gesellschaften, die aktienähnliche Kapitalinstrumente gewähren, obliegt aufgrund der schuld251  BGHZ 119, 305, 329 = NJW 1993, 57 für aktienähnliche Genussrechte; a. A. Vollmer GmbHR 1984, 329, 332. 252  BGHZ 119, 305, 329 = NJW 1993, 57 für aktienähnliche Genussrechte. Zustimmend Sethe AG 1993, 351, 361. 253  Zu der Frage, ob es sich hierbei um eine gesetzliche Prozessstandschaft oder einen eigenen Anspruch der Gesellschaftsgläubiger handelt, siehe Hüffer/Koch AktG §  93 Rn.  80 f. m. w. N.

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rechtlichen Beziehung (z. B. des sog. Genussrechtsverhältnisses) die Pflicht, vertragswidrige Beeinträchtigungen des aktienähnlichen Kapitals zu unterlassen.254 Dies gilt nicht nur für Geschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstands, sondern für sämtliche Entscheidungen, die schlechthin nicht gerechtfertigt werden können und zu deren Durchführung ein verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann zu keiner Zeit bereit ist.255 Erleidet die Gesellschaft aus derartigen Geschäften 256 Verluste, an denen das gegen Gewährung der Instrumente eingezahlte Kapital nach Maßgabe der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen – sei es aufgrund der Teilnahme an dem Bilanzverlust oder Jahresfehlbetrag, sei es aufgrund einer proportionalen Verringerung des Rückzahlungsanspruchs infolge einer Kapitalherabsetzung – teilnimmt, ist sie den Inhabern der aktienähnlichen Kapitalinstrumente nach §  280 Abs.  1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.257 Der in einer Verringerung des Rückzahlungsanspruchs bestehende Schaden der Gläubiger 258 ist grundsätzlich 259 im Wege der Naturalrestitution (§  249 Abs.  1 BGB) durch die Wiederauf-

254  BGHZ 119, 305, 331 = NJW 1993, 57 für aktienähnliche Genussrechte. Ebenso OLG Bremen WM 2021, 1940, 1942 ohne Rücksicht auf die Ausgestaltung des Genussrechts. 255  BGHZ 119, 305, 331 = NJW 1993, 57; BGH NZG 2014, 661 Rn.  2 2; Habersack AG 2009, 801, 804; Lutter ZGR 1993, 291, 300; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  85; HMS/Wöckener/Becker Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  13.37; a. A. (Schadensersatzpflicht nur bei absichtlichen, treu- und sittenwidrigen Schädigungen) RGZ 105, 236, 241; Vollmer ZGR 1983, 445, 468; Wünsch FS Strasser, 1983, 871, 881; ähnlich restriktiv U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 518 (nur bei Verfälschungen der Berechnungsgrundlage, Grundlagenänderungen und Veränderungen des Gesellschaftszwecks); wohl nur geringfügig weitergehend KK-AktG/ Florstedt §  221 Rn.  138. Kritisch im Grundsätzlichen Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 697 ff. 256  Zu der Frage der Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs, wenn die eingetretenen Verluste nicht auf pflichtwidrigen Handlungen beruhen, siehe nachstehend Kap.  3 §  8 C. I. 257  BGHZ 119, 305, 331 = NJW 1993, 57; BGH NZG 2014, 661 Rn.  4 4; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  272 f.; ders. AG 2009, 801, 803; ders. ZHR 155 (1991), 378, 391 ff.; Hüffer/ Koch AktG §  221 Rn.  65a; van Look in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 35, 42; Luttermann DB 1993, 1809, 1812; Schön JZ 1993, 925, 927 f.; ähnlich Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 320 (Haftung für grob sorgfaltswidriges oder leichtsinniges Handeln); Hirte ZIP 1988, 477, 487 (positive Forderungsverletzung in sämtlichen Fällen des §  243 AktG); a. A. (entsprechende Anwendung der §§  76, 93 AktG) Lorch Genußschein 307. 258  BGH NZG 2014, 661 Rn.  4 4. 259  Die für die Zurechnung des Genussrechtskapitals zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln von Instituten erforderliche Bestimmung in den Genussrechtsbedingungen, dass das eingezahlte Kapital in voller Höhe am Verlust der Gesellschaft teilnimmt (zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2.), schließt nach überwiegender Ansicht die Schadensersatzpflicht nicht aus, siehe BGH NZG 2014, 661 Rn.  38; Dangelmayer, Schutz von Genussrechts­ inhabern, 172; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  272; ders. AG 2009, 801, 806; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  65b; F. A. Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 332 f.; Sethe WM 2012, 577, 584; a. A. OLG Köln NZG 2014, 227, 228 f.; U. Becker NZG 2014, 171, 173 f.; Bracht WM 2012, 585, 591; T. Busch AG 1993, 163, 167; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 696; wohl offengelassen von Kokemoor WM 2009, 1637, 1642.

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füllung des Rückzahlungsanspruchs auszugleichen.260 Kommt der Schuldner dieser Verpflichtung während der Laufzeit der Genussrechte nicht nach, wandelt der Anspruch sich gemäß §  251 Abs.  1 Alt.  1 BGB in einen Zahlungsanspruch um.261 Ein Ausschluss der Schadensersatzpflicht oder der ihr zugrunde liegenden (Schutz-)Pflicht in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen ist nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.262 2. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle am Maßstab aktienrechtlicher Normen und Grundsätze Die Vermögensrechte der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente können nicht nur durch unternehmerische Entscheidungen, sondern auch dadurch beeinträchtigt werden, dass die Gesellschaft sich in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen Rechte vorbehält, welche die Vermögensinteressen der Gläubiger benachteiligen. Vor vergleichbaren Gefährdungen ihrer Beteiligungsinteressen sind die Aktionäre durch den zwingenden Charakter der aktienrechtlichen Vorschriften (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG) und die Nichtigkeit abweichender statutarischer Regelungen geschützt. Um den Inhabern aktienähnlicher Kapital­ instrumente einen gleichwertigen Schutz zu garantieren, muss die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen auch aktienrechtliche Normen und Grundsätze berücksichtigen.263 Die ihnen immanenten Wertungen prägen den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung i. S. v. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB.264 3. Ausübungskontrolle Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen wird durch die Ausübungskontrolle ergänzt.265 Letztere beruht auf der Billigkeit als eine jedem Recht immanente Schranke.266 Während die Ausübungskontrolle im Gesellschaftsrecht – neben der Treuepflicht – von untergeordneter Bedeutung ist,267 sind die Gerichte bei schuldvertraglichen Kapitalinstrumen260  BGH NZG 2014, 661 Rn.  4 4; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  278; ders. AG 2009, 801, 804; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 696; Sethe AG 1993, 351, 362, 367. 261  BGH NZG 2014, 661 Rn.  4 4; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  278; ders. AG 2009, 801, 804; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 696. 262  Habersack AG 2009, 801, 806; Sethe AG 1993, 351, 362. 263  Im Ergebnis auch BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57; Reuter NJW 1984, 1849, 1853 (u. a. §§  254 Abs.  1, 256 Abs.  5 AktG); Rid-Niebler Genußrechte 119 (§§  139 ff. AktG). 264  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  3 §  8 B. II., III., C. 265 Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB §  52 Rn.  11; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  267; siehe auch Sethe AG 1993, 351, 358 für einen Änderungsvorbehalt in Genussrechtsbedingungen. 266  Statt vieler Jauernig/Mansel BGB §  242 Rn.  7. 267  Statt vieler MüKoGmbHG/Wicke §  3 Rn.  157 m. w. N.

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ten insbesondere in Fällen, in denen die (wirksamen) Vertrags- bzw. Anleihebedingungen dem Schuldner ein Ermessen einräumen (z. B. ein Leistungsbestimmungsrecht i. S. v. §  315 Abs.  1 BGB), dazu berufen, die Ermessensentscheidung auf ihre Billigkeit zu überprüfen und einer unbilligen Ermessens- bzw. Rechtsausübung die rechtliche Wirkung zu versagen. Diese Ausübungskontrolle unterscheidet sich von dem Schadensersatzanspruch nach §  280 Abs.  1 BGB268 dadurch, dass sie keine Pflichtverletzung voraussetzt; erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Ausübung eines in den Vertrags- bzw. Anleihebedingungen vorbehaltenen Rechts bei angemessener Berücksichtigung der Belange der Kapitalgeber unbillig erscheint. Die Unbilligkeit kann allerdings aus einer Pflichtverletzung resultieren. Da die Ausübungskontrolle in diesen Konstellationen den Eintritt eines kausalen Schadens verhindert, ist sie gegenüber dem Schadensersatzanspruch grundsätzlich vorrangig. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die maßgebliche Vertragsbestimmung die Ausübung des Rechts, das die Vermögensinteressen der Gläubiger beeinträchtigt, in das Ermessen der Gesellschaft stellt. Demnach ist für die Ausübungskontrolle z. B. kein Raum, wenn der Anspruch auf Rückzahlung des eingezahlten Kapitals sich im Fall einer Kapitalherabsetzung ipso iure verringert, also ohne dass der Gesellschaft ein Ermessen zustünde.269

B. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Das Gebot, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Genussrechtsbedingungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten, soweit sie aktienähnlich ausgestaltet sind,270 muss in Anbetracht der Tatsache, dass das deutsche Aktienrecht – abgesehen von dem Verwässerungsschutz nach §  216 Abs.  3 Satz 1 AktG bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln – keine Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung von Genussrechten enthält, 271 jedenfalls auf den ersten Blick überraschen. Erwähnt sind Genussrechte lediglich in §  221 Abs.  3, 4 Satz 1 AktG, wobei der Begriff des Genussrechts vorausgesetzt wird.272 Diese bis heute bestehende Lücke resultiert daraus, dass sowohl die Verfasser des AktG-E 1930 und des AktG-E 1931 als auch der Gesetzgeber des AktG 1937 bewusst von inhaltlichen Vorgaben absahen. Zur Begründung 268 

Zuvor 1. Zu dieser Klauselgestaltung siehe Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  436 ff. 270  Grundlegend BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. 271 Marsch-Barner/Schäfer/Groß Börsennotierte AG-HdB §  52 Rn.  1 f.; Kallrath Wertpapierbedingungen 81. 272  Friedlaender DStZ/A 1966, 242; ERS/Mentz Unternehmensfinanzierung Kap. F Rn.  42. 269 

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verwiesen sie in den jeweiligen Materialien darauf, dass die bekannten Gestaltungen dermaßen variierten und die Entwicklung noch derart im Fluss gewesen sei, dass man befürchtete, ins Einzelne gehende gesetzliche Regelungen könnten hemmend wirken.273 Vor diesem Hintergrund sind in der Literatur Stimmen laut geworden, welche die Erweiterung des Prüfungsmaßstabs der AGBrecht­lichen Inhaltskontrolle um aktienrechtliche Normen und Grundsätze ablehnen 274 und stattdessen dafür plädieren, den gebotenen Schutz der Gläubiger ausschließlich anhand schuldrechtlicher Wertungen zu entwickeln.275 Dies überzeugt nicht. Die gesetzgeberische Zurückhaltung schließt die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätze nicht aus. Das Ziel der Inhaltskontrolle, die Vermögensinteressen der Gläubiger – soweit ihre Genussrechte oder anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumente aktienähnlich ausgestaltet sind – in gleichem Maße zu schützen wie die der Aktionäre, erfordert nämlich keine Sonderregelungen über die Ausgestaltung von Genussrechten im AktG. Vielmehr ist es ausreichend, den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB – ähnlich der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen (nachfolgend I.) – anhand der Normen und Grundsätze aus­ zulegen, die hinsichtlich der vermögensrechtlichen Rechtsstellung der Aktio­ näre einen satzungsfesten Interessenausgleich enthalten (nachfolgend II.). Zulässig ist ­diese Erweiterungen des Prüfungsmaßstabs allerdings nur insoweit, als die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen sich nicht in einer bloßen Transparenzkontrolle erschöpft und die Rechtsstellung der Gläubiger im Einzelfall der der Aktionäre vergleichbar ist (nachfolgend III.).

I. Aktienrechtliche Normen und Grundsätze bei der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen Publikumsgesellschaften – regelmäßig organisiert in der Rechtsform der KG – sind von Anfang an darauf angelegt, eine unbestimmte Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Gesellschafter aufzunehmen.276 Der Charakter einer solchen von keinem besonderen persönlichen Vertrauensverhältnis geprägten Massengesellschaft rechtfertigt es, dass Publikumsgesellschaftsverträge – trotz der Be273  Erläuternde Bemerkungen zum AktG-E 1930, abgedruckt in: W. Schubert, Quellen zur Aktienrechtsreform der Weimarer Republik (1926–1931), Bd.  2, 966; Erläuternde Bemerkungen des Reichsministeriums zum Entwurf von 1931, abgedruckt in: W. Schubert/ Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 929. 274  Kallrath Wertpapierbedingungen 88 f.; Siebel WM 1994, 1781, 1783. 275  Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 318; Kallrath Wertpapierbedingungen 88 f. 276 Statt vieler BGHZ 69, 207, 220 = NJW 1977, 2311; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB Anh. §  177a Rn.  52 m. w. N.

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reichsausnahme in §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB277 – einer Inhaltskontrolle nach §  242 BGB unterliegen.278 Zu dem Prüfungsmaßstab derselben hat der BGH ausgeführt, dass „keine sklavische Übernahme der aktienrechtlichen Vorschriften“279 in Betracht kommt. Vielmehr sei aufgrund der Tatsache, dass als Publikumsgesellschaften überwiegend Personengesellschaften fungieren, im Einzelfall zu prüfen, ob der Übernahme dieser Regeln und Grundsätze die konkrete Ausgestaltung der zu beurteilenden Publikumsgesellschaft entgegensteht.280 Trotz dieses Vorbehalts hat die Rechtsprechung281 sich mit Zustimmung der Literatur282 wiederholt auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen orientiert, z. B. bei den Modalitäten der Haftung der Mitglieder eines gewillkürten Aufsichtsorgans (nachfolgend 1.), bei der Formbedürftigkeit von Gründervereinbarungen (nachfolgend 2.) sowie der Wirksamkeit von Veräußerungsoptionen (nachfolgend 3.). 1. Haftung der Mitglieder eines gewillkürten Aufsichtsorgans Verfügt die Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer KG über ein gewillkürtes Aufsichtsorgan, dem u. a. die Überwachung der Geschäftsführung anvertraut ist, besteht eine der AG ähnliche Interessenlage, die es – vorbehaltlich einer besonderen Ausgestaltung der zu beurteilenden Publikumsgesellschaft – gebietet, die Rechtsstellung der Organmitglieder zum Schutz der Kommanditisten, der Gesellschaft und der Gläubiger ähnlich den aktienrechtlichen Vorschriften über den Aufsichtsrat auszugestalten.283 Daher können die Mitglieder des Aufsichtsorgans sich bei der Überwachung der Geschäftsführung auch dann nicht auf die Haftungserleichterung nach §  708 BGB i. V. m. §§  161 Abs.  2, 105 Abs.  3 HGB berufen, wenn sie Kommanditisten der Publikumsgesellschaft sind.284 Ihnen obliegt in entsprechender Anwendung von §  93 Abs.  1 Satz 1 277 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 A. I. 104, 50, 53 = NJW 1988, 1903; BGHZ 64, 238, 241 = NJW 1975, 1318; BGH NJW 2010, 439 Rn.  10; BGH NJW 2001, 1270, 1271; BGH WM 1988, 23, 25; BGH WM 1983, 1407; Bost/Halfpap in Lüdicke/Arndt, Geschlossene Fonds, A. II. 1. c = 11; R. Fischer DRiZ 1974, 209, 213; ders. FS Barz, 1974, 33, 38 f.; Blaurock/Kauffeld Stille Gesellschaft-HdB Rn.  18.43; MüKoHGB/K. Schmidt §  230 Rn.  125; Wiedemann FS H. Westermann, 1974, 585, 591; a. A. (Anwendung der §§  305 ff. BGB) Weinmann/Rübartsch WM 2021, 1928, 1932. 279  BGHZ 69, 207, 220 = NJW 1977, 2311. 280  BGHZ 69, 207, 220 = NJW 1977, 2311. 281  BGHZ 87, 84, 87 = NJW 1983, 1675; BGHZ 84, 383, 386 = NJW 1982, 2500; BGHZ 64, 238, 244 = NJW 1975, 1318; BGH WM 1977, 1446, 1447. 282  Kellermann FS Stimpel, 1985, 295, 304 f.; Martens DB 1973, 413, 420; Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 653 f.; U. Schneider ZGR 1978, 1, 15; Wiedemann GesR I §  9 III 2 b = 504; ders. FS H. Westermann, 1974, 585, 591 f. 283  BGHZ 69, 207, 220 = NJW 1977, 2311. 284  BGHZ 87, 84, 87 = NJW 1983, 1675; BGHZ 75, 321, 327 = NJW 1980, 589; BGHZ 69, 207, 209 = NJW 1977, 2311; BGH WM 1977, 1446, 1447; zustimmend MüKoHGB/Grunewald §  161 Rn.  176; Oetker/Oetker HGB §  161 Rn.  60; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB Anh. §  177 278  BGHZ

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i. V. m. §  116 Satz 1 AktG vielmehr dieselbe Sorgfaltspflicht wie den Aufsichtsratsmitgliedern einer AG.285 Ist streitig, ob sie diese Sorgfalt angewandt haben, trifft sie in entsprechender Anwendung von §  93 Abs.  2 Satz 2 i. V. m. §  116 Satz 1 AktG die Beweislast.286 Abweichende Bestimmungen in dem Publikumsgesellschaftsvertrag sind – wie in der Satzung der AG (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG) – unwirksam. Die sich für die Inhaltskontrolle aufdrängende Frage, ob der Publikumsgesellschaftsvertrag von den im Wege der Analogie erstreckten Regelungen abweichen kann, hat der BGH anhand einer Bestimmung verneint, die für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Mitglieder des Aufsichtsorgans eine Verjährungsfrist von drei Monaten vorsah.287 Da für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder einer AG eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorgeschrieben ist (§  93 Abs.  6 Alt.  2 i. V. m. §  116 Satz 1 AktG), die in der Satzung nicht verkürzt werden kann (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG), 288 sei eine entsprechende Bestimmung in dem Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft nach §  242 BGB unwirksam.289 2. Formbedürftigkeit von Gründervereinbarungen Wer einer Publikumsgesellschaft, die über keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag verfügt, 290 als bloßer Kapitalgeber beitritt – sei es unmittelbar als Kommanditist, sei es mittelbar als Treugeber über einen Treuhandkommanditisten 291 –, ist mangels persönlicher oder sonstiger Beziehungen zu den Unternehmer-Gesellschaftern regelmäßig außerstande, Erkundigungen über Nebenabreden mit Sondervorteilen für die Gründer einzuholen. Um sicherzustellen, dass die Kapitalgeber die sog. Gründervereinbarungen bei ihrer Entscheidung über den Beitritt berücksichtigen können, hat der BGH in Anlehnung an §  26 Abs.  1 AktG292 – ohne diese Vorschrift jedoch in den Urteilsgründen zu nenRn.  75; Staub/C. Schäfer HGB §  109 Rn.  59; K. Schmidt GesR §  57 II 2 b = 1674; a. A. Heymann/Borges HGB §  161 Rn.  259. 285  BGHZ 87, 84, 87 = NJW 1983, 1675; BGHZ 69, 207, 213 = NJW 1977, 2311; BGH WM 1977, 1446, 1447; Kübler/Assmann GesR §  21 III 3 = 346; K. Schmidt GesR §  57 II 2 b = 1674; Henssler/Strohn/Servatius HGB Anh. Rn.  102; siehe auch BGHZ 75, 321, 327 = NJW 1980, 589 zu §  43 GmbHG. A. A. für gesellschaftsfremde Beiratsmitglieder Heymann/Borges HGB §  161 Rn.  260: §  276 Abs.  1 BGB. 286  BGHZ 69, 207, 213 = NJW 1977, 2311; BGH WM 1977, 1446, 1448. 287  BGHZ 64, 238, 240 = NJW 1975, 1318. 288  Statt vieler Hüffer/Koch AktG §  93 Rn.  88 m. w. N. 289  BGHZ 87, 84, 87 f. = NJW 1983, 1675; BGHZ 64, 238, 244 = NJW 1975, 1318; zustimmend Kübler/Assmann GesR §  21 III 3 = 346; K. Schmidt GesR §  57 II 2 b = 1674; kritisch zu der Begründung H. P. Westermann AcP 175 (1975), 375, 409; ablehnend Heymann/Borges HGB §  161 Rn.  258. 290 Zu der grundsätzlichen Formfreiheit von Personengesellschaftsverträgen siehe statt vieler Palandt/Sprau BGB §  705 Rn.  12. 291  BGH NJW 1978, 755 (Ls.). 292 Siehe MHdB GesR II/Horbach §   64 Rn.  2; ASB/K.-R. Wagner KapAnlR-HdB §  17

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nen – entschieden, dass Sondervorteile der Gründer sich aus Urkunden ergeben müssen.293 Daher sind Gründervereinbarungen nach §  242 BGB unwirksam, wenn sie nicht in den schriftlichen Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, es sei denn, dass sie sich aus einem ordnungsgemäß zustande gekommenen und protokollierten Gesellschafterbeschluss ergeben 294 oder – wenn die Anteile im Inland öffentlich angeboten werden – unter Angabe des Begünstigten in dem Prospekt angegeben sind (§  7 Abs.  1 Satz 1 Nr.  3 VermVerkProspV).295 3. Veräußerungsoptionen Verträge von Publikumsgesellschaften in der Rechtsform einer KG enthalten nicht selten Optionsklauseln, die dem Komplementär das Recht einräumen, Kommanditbeteiligungen selbst zu übernehmen oder Dritte zu benennen, welche die Beteiligungen erwerben können. Wird die Ausübung der sog. Veräußerungsoption in das freie Ermessen des Komplementärs gestellt, kann er die der Kommanditbeteiligung immanente Chance-Risiko-Verbindung – bestehend aus der Chance, das investierte Kapital zu vermehren, und dem Risiko, die Einlage zu verlieren – durch die Ausübung des Optionsrechts dergestalt zu seinen Gunsten auflösen, dass er die Chancen für sich oder einen von ihm benannten Dritten beansprucht, die Risiken aber bei dem Kommanditisten belässt. Da bei dieser Gestaltung nach der allgemeinen Lebenserfahrung damit zu rechnen ist, dass der Komplementär das Optionsrecht nur ausübt, wenn das Unternehmen sich als wirtschaftlich erfolgreich erweist und Erträge erwarten lässt, dass er jedoch von der Ausübung absieht, wenn das Unternehmen unrentabel arbeitet und auch in Zukunft mit Verlusten zu rechnen ist, dienen solche Optionsklauseln – selbst dann, wenn den Kommanditisten eine angemessene Abfindung zusteht 296 – einseitig den Belangen des Komplementärs und beeinträchtigen die Interessen der Kommanditisten derart unangemessen und unbillig, dass der BGH sie nach §  242 BGB als unwirksam erachtet.297 Dieses Ergebnis lässt sich zwanglos auch unter Rückgriff auf aktienrechtliche Normen und Wertungen begründen. Im Aktienrecht sind nämlich vergleichbare SatzungsbestimmunRn.  104: Rechtsfortbildung in Analogie zu §  26 AktG; Reuter AG 1979, 321; Wiedemann GesR I §  9 III 2 b = 504: Die Anlehnung an die §§  26 ff. AktG „liegt auf der Hand“. 293  BGH NJW 1978, 755; BGH WM 1976, 1446, 1447; dem folgend M. Heinze ZGR 1979, 106, 110 f.; Baumbach/Hopt/M. Roth HGB Anh. §  177a Rn.  67; Wiedemann GesR I §  9 III 2 a = 502. 294  BGH WM 1976, 1446, 1447; dem folgend Kübler/Assmann GesR §  21 III 2 d = 345; differenzierend Heymann/Borges HGB §  161 Rn.  413. 295  BGH NJW 1983, 1117, 1118; Henssler/Strohn/Servatius HGB Anh. Rn.  4. 296  BGHZ 104, 50, 58 f. = NJW 1988, 1903; BGHZ 84, 11, 15 = NJW 1982, 2303. Zustimmend MHdB GesR II/Jaletzke §  65 Rn.  13. 297  BGHZ 104, 50, 58 = NJW 1988, 1903; BGHZ 84, 11, 14 f. = NJW 1982, 2303; dem folgend ASB/K.-R. Wagner KapAnlR-HdB §  17 Rn.  127.

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gen 298 unter der Bezeichnung Auslosung bekannt. Die überwiegende Ansicht sieht in diesen Bestimmungen eine nach §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG unzulässige Abweichung von den §§  54, 55 AktG und erachtet sie – unabhängig von der Ausgestaltung der Satzungsregelung – für nichtig.299 Soweit eine Abweichung von den §§  54, 55 AktG verneint und die Wirksamkeit derartiger Satzungsbestimmungen bejaht wird, erfolgt dies nur unter bestimmten Voraussetzungen. Nach einer Ansicht soll §  237 AktG entsprechend anzuwenden sein,300 während die Gegenansicht einen Hauptversammlungsbeschluss verlangt und diesen der materiellen Beschlusskontrolle unterwerfen will.301 Eine Satzungsbestimmung, welche die Auslosung – entsprechend der dem BGH vorgelegten Optionsklausel eines Publikumsgesellschaftsvertrags – in das freie Ermessen des Vorstands stellt, ist im Aktienrecht nach allen Ansichten unzulässig.302

II. Methodische Grundlage Soweit Genussrechte oder andere schuldvertragliche Kapitalinstrumemte ak­ tienähnlich ausgestaltet werden, ist die Privatautonomie der Emittenten auch durch aktienrechtliche Normen und Grundsätze begrenzt. Diese finden allerdings keine entsprechende Anwendung als zwingendes Recht, sondern konturieren lediglich den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB. Dieses durch die Forumlierung in der Klöckner-Entscheidung, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist,303 nahe gelegte methodische Vorgehen steht nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung, dass die Mitglieder eines gewillkürten Aufsichtsorgans einer Publikumsgesellschaft in entsprechender Anwendung der §§  93, 116 AktG haften.304 Die vermeintlich naheliegende Folgerung, dass die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit ein Gesellschaftsverhältnis voraussetzt, weshalb die Rechtsfortbildung bei Genussrechten und anderen Kapitalinstrumenten, die keine Mitgliedschaft be298  Außerhalb der Satzung sind derartige Bestimmungen im Aktienrecht zulässig, siehe Hüffer/Koch AktG §  237 Rn.  2 ; Grigoleit/Rieder AktG §  237 Rn.  7. 299  RGZ 49, 77, 79; M. Becker ZGR 1986, 383, 412 mit Fn.  86; KK-AktG/Ekkenga/Schirrmacher §  237 Rn.  15; GHEK/Hefermehl AktG §  237 Rn.  5 ; Spindler/Stilz/Marsch-Barner/ Maul AktG §  237 Rn.  6 ; MüKoAktG/Oechsler §  237 Rn.  122; MHdB AG/Scholz §  63 Rn.  3 ; Würdinger AktR §  42 V = 206; a. A. RGZ 120, 177, 180 f. für die Sonderkonstellation, die Aktien dem Staat zu übertragen. 300  Grunewald Ausschluß 199; wohl auch Hüffer/Koch AktG §  237 Rn.  2. 301 GroßkommAktG/Sethe §  237 Rn.  26. 302  Die abweichende Ansicht von Baumbach/Hueck AktG 1968 Vor §  237 Rn.  6 , dass Auslosungsbestimmungen stets und ohne besondere tatbestandliche Einschränkung wirksam sind, wird heute – soweit ersichtlich – nicht mehr vertreten. 303  BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. 304  BGHZ 87, 84, 87 = NJW 1983, 1675; BGH NJW 1978, 425 jeweils für die §§  93, 116 AktG.

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gründen, sondern sich in einem schuldrechtlichen Gläubigerrecht erschöpfen,305 ausscheidet, überzeugt nicht. Die unterschiedlichen Charaktere der Rechtsverhältnisse stehen der Vergleichbarkeit nämlich nicht entgegen.306 Dies impliziert nicht nur die Tatsache, dass Genussrechte und anderer Schuldtitel in vermögensrechtlicher Hinsicht aktienähnlich ausgestaltet werden können,307 sondern auch die Rechtsprechung des BGH zu der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen nach §  242 BGB, welche die aktienrechtlichen Normen nicht entsprechend anwendet, sondern (nur) zur Auslegung von Treu und Glauben heranzieht.308 Dieser Umstand lenkt den Fokus auf die zweite Analogie­ voraussetzung, nämlich die Regelungslücke, und führt zu dem Ergebnis, dass eine solche im Bereich der Inhaltskontrolle – sei es von Publikumsgesellschaftsverträgen, sei es von Vertrags- bzw. Anleihebedingungen – aufgrund der Generalklauseln (§§  242, 307 Abs.  1 Satz 1 BGB) nicht existiert. Insoweit besteht lediglich das Bedürfnis, die der jeweiligen Generalklausel eigenen unbestimmten Rechtsbegriffe mittels der aktienrechtlichen Normen und Grundsätze zu konkretisieren, die der Gesetzgeber für eine ähnliche Konstellation, nämlich zum Schutz der Vermögensinteressen der Aktionäre, geschaffen hat.

III. Grenzen des erweiterten Prüfungsmaßstabs Das Gebot, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Genussrechts- und Anleihebedingungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten, soweit die Genussrechte oder anderen Schuldtitel aktienähnlich ausgestaltet sind,309 bewirkt keine umfassende Gleichstellung der Inhaber dieser Kapitalinstrumente mit den Aktionären.310 Möglich ist die Orientierung an aktienrechtlichen Normen und Wertungen nämlich nur, soweit die Inhaltskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen sich nicht in einer bloßen Transparenzkontrolle erschöpft (nachfolgend 1.) und die Rechtsstellung der Gläubiger unter Berücksichtigung der Ausgestaltung der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen im Einzelfall der der Aktionäre vergleichbar ist (nachfolgend 2.). 1. Keine bloße Transparenzkontrolle Für die Konturierung des Prüfungsmaßstabs der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Vertrags- bzw. Anleihebedingungen aktienähnlicher Kapitalinstru305 

Zu der Rechtsnatur von Genussrechten vorstehend Kap.  1 §  3 A. II. 3. A. A. Kallrath Wertpapierbedingungen 88 f. 307  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 C. 308  BGHZ 64, 238, 244 = NJW 1975, 1318 („… die Grenze in den auch hier angemessen erscheinenden Vorschriften des Aktienrechts … zu suchen“). 309  Grundlegend BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57. 310  BGHZ 69, 207, 220 = NJW 1977, 2311 („keine sklavische Übernahme der aktienrechtlichen Vorschriften“) zu Publikumsgesellschaftsverträgen. 306 

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mente eignen aktienrechtliche Normen und Grundsätze sich nur insoweit, als die Bestimmungen der sog. Angemessenheitskontrolle am Maßstab des §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unterliegen, die danach fragt, ob die Bestimmung einen (noch) angemessenen Interessenausgleich enthält oder den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Soweit die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle hingegen auf eine bloße Transparenzkontrolle beschränkt ist (§  307 Abs.  3 Satz 2, Abs.  1 Satz 2 BGB), verbleibt für ihre Berücksichtigung kein Raum. Bedeutsam ist diese Unterscheidung insbesondere für sog. Leistungsbeschreibungen, z. B. die für eine ak­tien­ ähnliche Ausgestaltung von Genussrechten und anderen Schuldtiteln erforderliche Beteiligung der Gläubiger am Gewinn der Gesellschaft.311 Das Recht der Aktionäre auf den Bilanzgewinn kann in der Satzung nach §  58 Abs.  4 Satz 1 AktG lediglich eingeschränkt oder ausgeschlossen, aber nicht ausgedehnt werden. In diesem Sinne ergänzt §  57 Abs.  2, 3 AktG, dass die Zusage einer kumulativen Verzinsung der Einlagen ebenso unzulässig ist wie die Verteilung nicht dem Bilanzgewinn zugehöriger Vermögensbestandteile unter die Aktionäre. Diese für das mitgliedschaftliche Recht zwingenden Vorgaben (§  23 Abs.  5 Satz 1 AktG) finden bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle des Gläubigerrechts auf Teilhabe am Gewinn deshalb keine Berücksichtigung, weil es sich um eine der Angemessenheitskontrolle durch §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB entzogene Leistungsbeschreibung handelt.312 Dementsprechend sind die Emittenten nicht daran gehindert, die Gewinnbeteiligung der Inhaber aktienähnlicher Kapi­tal­ instrumemnte abweichend von §  57 Abs.  2 und 3 AktG z. B. dahingehend auszugestalten, dass sie die Maßgeblichkeit des Bilanzgewinns durch eine Orientierung an dem Jahresüberschuss oder an den Dividenden ersetzen und die Gewinnbeteiligung um eine gewinnunabhängige Mindestverzinsung ergänzen. 2. Beschränkung auf vermögensrechtliche Normen und Grundsätze Für die Aktienähnlichkeit von Genussrechten und anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten ist es erforderlich, dass die Vertrags- bzw. Anleihebedingungen den Gläubigern vermögensrechtlich Rechte gewähren und Pflichten auferlegen, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind.313 Mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte stehen den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente weder kraft Gesetzes zu noch können sie ihnen vertraglich eingeräumt werden.314 Aufgrund der somit nur begrenzt bestehenden Ähnlichkeit der Rechtsstellungen kann die Angemessenheitskontrolle der Vertrags- bzw. Anleihebedingungen nur an solchen Normen 311 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. d). 313  BGHZ 119, 305, 310 = NJW 1993, 57. 314  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 312 

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und Grundätzen des Aktienrechts ausgerichtet werden, welche die Rechtsstellung der Aktionäre vermögensrechtlich prägen.315 Bedeutung hat diese Einschränkung z. B. bei der Ausgestaltung eines Informationsrechts der Gläubiger.316 Bei einem berechtigten Auskunftsbegehren eines Aktionärs darf der Vorstand die Auskunft nur aus den in §  131 Abs.  3 Satz 1 Nr.  1–6 AktG genannten Gründen verweigern. Eine statutarische Erweiterung des Katalogs der Verweigerungsgründe ist nach §  131 Abs.  3 Satz 2 i. V. m. §  23 Abs.  5 Satz 1 AktG nichtig. Im Unterschied dazu können die Vertrags- bzw. Anleihebedingungen ak­ tien­ähnlicher Kapitalinstrumente ein vertragliches Informationsrecht der Gläubiger weitergehend einschränken, z.  B. um ein §   275 Abs.   2 Satz 1 BGB entlehntes Verweigerungsrecht für den Fall, dass die Bereitstellung der begehrten Information einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.

C. Beispiele für die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen Die Aufgabe, diejenigen aktienrechtlichen Normen und Grundsätze zu identifizieren, an denen die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auszurichten ist, wird in Anbetracht der Vielgestaltigkeit aktienähnlicher Ausgestaltungen sowie der Innovationskraft der Anbieter stets unvollendet bleiben. Daher sollen im Folgenden exemplarisch zwei Fragen erörtert werden: Erstens, haben die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente einen Anspruch darauf, dass das von ihnen eingezahlte und durch die Verlustteilnahme verminderte Kapital wieder aufgefüllt wird und – vorausgesetzt ein solcher Anspruch besteht – kann dieser in den Anleihebedingungen ausgeschlossen oder modifiziert werden (nachfolgend I.)? Zweitens, steht den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente ein Ausgleichsanspruchs zu, wenn der Emittent vor dem Ende der Kapitalüberlassung einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als abhängiges Unternehmen schließt (nachfolgend II.)? Die Fragen im Zusammenhang mit sog. aktiengleichen 317 Kapitalinstrumenten, insbesondere die hierfür erforderlichen 315  Die abweichenden Stimmen in der Literatur (Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 655; Schwark FS Stimpel, 1985, 1087, 1107; Vollmer GmbHR 1984, 329, 333; ders. ZGR 1983, 445, 460; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 46) gehen davon aus, dass es möglich sei, den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente in den Anleihebedingungen Mitverwaltungsrechte einzuräumen. 316  Zu der Möglichkeit eines vertraglichen Informationsrechts vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 3. 317 Der Begriff der Aktiengleichheit ist missverständlich. Die mit Aktien verbundenen Mitverwaltungsrechte stehen den Inhabern schuldvertraglicher Kapitalinstrumente weder kraft Gesetzes zu noch können sie ihnen in den Anleihebedingungen eingeräumt werden (zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II.). Dementsprechend bezieht die Bezeichnung als aktiengleich sich auf solche schuldvertraglichen Kapitalinstrumente, die ihren Inhabern vermögensrechtlich Rechte gewähren und Pflichten auferlegen, die mit denen, die das Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie knüpft, vollumfänglich identisch sind. Siehe Sethe AG 1993, 293, 300.

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Mindestanforderungen 318 sowie eine mögliche Umgehung der Vorschriften über Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§  139 ff. AktG),319 werden aufgrund der Tatsache, dass derartige Gestaltungen in der Finanzierungspraxis keine Bedeutung erlangt haben,320 nicht behandelt.

I. Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs Die für eine aktienähnliche Ausgestaltung schuldvertraglicher Kapitalinstrumente erforderliche Bestimmung, dass das eingezahlte Kapital an den Verlusten des Emittenten teilnimmt,321 wird in der Regel322 von einer sog. Besserungsabrede flankiert, wonach das durch Verluste verringerte Kapital durch Gewinne wieder aufzufüllen ist (nachfolgend 1.). Schweigen die Anleihebedingungen ausnahmsweise zu der Wiederauffüllung, kann die Verpflichtung hierzu nicht der Bestimmung der Verlustteilnahme im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden (nachfolgend 2.). Sie ergibt sich vielmehr – abhängig von der Art und Weise der Verlustteilnahme – aus einer entsprechenden An318  Zu Einzelheiten der erforderlichen Ausgestaltung siehe BGHZ 119, 305, 311 = NJW 1993, 57; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  128; ders. ZHR 155 (1991), 378, 387; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  94; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 232; Reuter FS Stimpel, 1985, 645, 654 f.; ders. 55. DJT, Bd.  I, B 25 f.; ders. NJW 1984, 1849, 1851; Rid-Niebler Genußrechte 5; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1943; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  79; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  24; Vollmer GmbHR 1984, 329, 332. 319  Eine Umgehung bejahen MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  127; ders. ZHR 155 (1991), 378, 385 f.; Hirte ZIP 1988, 477, 482; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  94; Reuter 55. DJT, Bd.  I, B 25; ders. FS Stimpel, 1985, 645, 654; ders. AG 1985, 104, 105 f.; ders. NJW 1984, 1849, 1852; F. A. Schäfer WM 1991, 1941, 1943; MHdB AG/Scholz §  64 Rn.  79; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  9 0; Werner ZHR 149 (1985), 236, 239 f.; siehe auch Reuter FS R. Fischer, 1979, 605, 619 für Partizipationsscheine; in diese Richtung tendierend Wassermann DLK 1988, 628, 629. Eine Umgehung verneinen OLG Düsseldorf AG 1991, 438, 439; KK-AktG/Florstedt §  221 Rn.  542; Frantzen Genußscheine 194; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  43; Hammen DB 1988, 2549, 2553; Hellwig Verlustausgleich 80; Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  34; Kallrath Wertpapierbedingungen 22 f.; GHEK/Karollus AktG §  221 Rn.  333; Knauth DZWiR 1993, 97, 98; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  29 f.; Sethe AG 1993, 293, 304 ff.; Thielemann Genußrecht 99; Raiser/Veil/Veil KapGesR §  17 Rn.  24; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 45. Offengelassen von BGHZ 119, 305, 311 = NJW 1993, 57; OLG Bremen AG 1992, 268; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 822. 320  Feddersen/Knauth ZGR 1993, 312, 313 f.; Gehling WM 1992, 1093, 1098; MüKoAktG/ Habersack §  221 Rn.  128; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  43; Grigoleit/ Rieder/Holzmann AktG §  221 Rn.  28; MHdB AG/Scholz §  6 4 Rn.  79; Sethe AG 1993, 293, 300 f.; MAH AktR/Schlösser/Schüppen §  21 Rn.  81; zurückhaltender Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  29 („sehr selten“). 321  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 322  Bracht WM 2012, 585, 591; R. Fischer in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 83, 86; Habersack NZG 2014, 1041, 1042; ders. AG 2009, 801, 805; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  40; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  98a; zurückhaltender Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  35 („oftmals“). Eine wesentliche Ausnahme betrifft Instrumente, die dem zusätzlichen Kernkapital zugerechnet werden sollen, zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2. a) cc) (3).

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

wendung von §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG oder §  232 AktG. Eine Bestimmung in den Anleihebedingungen, welche diese Verpflichtung ausschließt, wäre aufgrund der Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an den aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam (nachfolgend 3.). 1. Modalitäten der Wiederauffüllung als actus contrarius zu der Verlustteilnahme Die marktüblichen Besserungsabreden erschöpfen sich in der Verpflichtung des Emittenten, das verlustgeminderte Kapital bei Gewinnen wieder aufzufüllen. Die von dem Emittenten im Zuge der Wiederauffüllung geschuldeten Handlungen werden in der Regel nicht näher festgelegt, sondern ergeben sich aus dem Zweck der Wiederauffüllung, die Verlustteilnahme zu egalisieren. Dieses Verständnis der Wiederauffüllung als funktioneller actus contrarius zu der Verlustteilnahme, hat zur Folge, dass die als Wiederauffüllung geschuldete Handlung sich danach bestimmt, auf welche Weise das eingezahlte Kapital nach den Anleihebedingungen am Verlust der Gesellschaft teilnimmt. a) Teilnahme an laufenden Verlusten Die Anleihebedingungen können – ohne unangemessene Benachteiligung der Gläubiger i. S. v. §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB323 – bestimmen, dass das gegen Ausgabe der Kapitalinstrumente eingezahlte Kapital an den laufenden Verlusten des Emittenten teilnimmt. Bei dieser Gestaltung wird das eingezahlte Kapital – wie bei einer Personengesellschaft – einem Kapitalkonto gutgeschrieben und um die während der Laufzeit eintretenden Verluste – maßgeblich ist je nach Festlegung in den Anleihebedingungen der Bilanzverlust (§  268 Abs.  1 Satz 2 Hs.  1 HGB), der Jahresfehlbetrag (§§  275 Abs.  2 Nr.  20, Abs.  3 Nr.  19, 266 Abs.  3 A. V. HGB) oder das negative Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (§  275 Abs.  2 Nr.  14, Abs.  3 Nr.  13 HGB) 324 – verringert.325 Die Wiederauffüllung erfolgt durch die Zuschreibung einbehaltener Gewinne bis zur Höhe des Nennbetrags oder, wenn Nenn- und Ausgabebetrag auseinanderfallen, bis zur Höhe des Ausgabebetrags.326 Dementsprechend errechnet die Höhe des Rückzahlungs-

323  Frantzen Genußscheine 123; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  103; Harrer/Janssen/ Halbig FB 2005, 1; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  40; Spindler/Stilz/Seiler AktG §  221 Rn.  35. 324  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2. a) cc) (1). 325  Frantzen Genußscheine 123; MüKoAktG/Habersack §  2 21 Rn.  103; ders. NZG 2014, 1041; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  40; Lüdicke/Sistermann/Johannemann/Häuselmann UnternehmensteuerR §  11 Rn.  18; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  67. 326  Frantzen Genußscheine 128.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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anspruchs sich aus dem Nenn- bzw. Ausgabebetrag verringert um die Verluste und vermehrt um die Zuschreibungen. b) Verlustteilnahme nur bei Kapitalherabsetzung Alternativ können die Anleihebedingungen z. B.327 bestimmen, dass der Rückzahlungsanspruch sich nicht aufgrund laufender Verluste, sondern nur bei einer Herabsetzung des Grundkapitals proportional in dem Verhältnis zu der Kapitalherabsetzung verringert.328 Diese Art der Verlustbeteiligung wird – soweit die Anleihebedingungen kein abweichendes Verfahren bestimmen – in entsprechender Anwendung von §  226 AktG ggf. i. V. m. §  229 Abs.  3 AktG dadurch umgesetzt, dass der Emittent die nach einer entsprechenden Aufforderung eingereichten Wertpapiere durch Umtausch, Abstempelung oder ein ähnliches Verfahren zusammenlegt und die nicht eingereichten Wertpapiere für kraftlos erklärt. Bei dieser Gestaltung der Verlustbeteiligung sehen die Anleihebedingungen regelmäßig eine Wiederauffüllung – entsprechend dem Gedanken des actus contrarius – nur für den Fall einer Kapitalerhöhung vor.329 Die Umsetzung erfolgt durch die Ausgabe neuer Wertpapiere mit einem proportionalen Agio an die bisherigen Inhaber der aktienähnlichen Kapitalinstrumente.330 2. Keine Pflicht zur Wiederauffüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung Enthalten die Anleihebedingungen keine Besserungsabrede, wird die Frage, ob die Emittenten gleichwohl zu einer Wiederauffüllung verpflichtet sind, überwiegend aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung der Anleihebedingungen bejaht. Die Begründung, die Wiederauffüllung sei notwendiger actus con­ trarius zu der Verlustbeteiligung, ohne deren Regelung die Anleihebedingungen lückenhaft seien,331 überzeugt nicht. Methodisch zulässig ist die ergänzende 327 

Zu weiteren Gestaltungsvarianten siehe Frantzen Genußscheine 122 ff. 119, 305, 315 = NJW 1993, 57; BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; BGH DStR 2007, 539, 540. Dem folgend Frantzen Genußscheine 124 f.; Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  41; Hammen in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis der Genußscheine, 69, 75; Hüffer/Koch AktG §  221 Rn.  35a; HK-AktG/M. Stadler §  221 Rn.  98a. Mit abweichender Begründung zustimmend MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  107; S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  69: Diese Art und Weise der Verlustbeteiligung sei der Angemessenheitskontrolle durch §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB entzogen. Zu der Frage, ob diese Gestaltung für die Aktien­ ähnlichkeit schuldvertraglicher Kapitalinstrumente genügt, siehe vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 2. a) cc) (3). 329  Eine solche Gestaltung hat der BGH in der Klöckner-Entscheidung (BGHZ 119, 305, 323 = NJW 1993, 57) nicht beanstandet. 330  BGHZ 119, 305, 323 = NJW 1993, 57. 331  Habersack NZG 2014, 1041, 1042; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 49; ähnlich S/L/Merkt AktG §  221 Rn.  72 („notwendige Korrelation zwischen Verlustteilnahme und Erfolgsbeteiligung“); Schön JZ 1993, 925, 933 („konsequentes Fortdenken dieses privatautonomen Regelungswerkes“); siehe auch Sethe AG 1993, 351, 367 für den Fall der Auflösung von Drohver328  BGHZ

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Vertragsauslegung nur, wenn der Vertrag – nicht nur Individualverträge, sondern auch AGB – lückenhaft ist,332 die Parteien das Rechtsverhältnis also abschließend regeln wollten, aber eine bestimmte vereinbarungsbedürftige Frage offengelassen haben.333 Dies ist in Bezug auf die Wiederauffüllung bereits deshalb zu verneinen, weil die Anleihebedingungen ohne eine Ergänzung dahingehend ausgelegt werden können, dass die Gläubiger nur in Form von Ausschüttungen am Gewinn partizipieren sollen. Die Gegenansicht beruht auf einem Vergleich mit der Rechtsstellung der Aktionäre. Ihre Beteiligung an dem Unternehmensrisiko wird durch den inneren Wert der Aktie abgebildet, der sich durch Verluste des Unternehmens verringert und durch Gewinne erhöht.334 Aus der Tatsache, dass die Inhaber aktienähnlich ausgestalteter Kapitalinstrumente in vergleichbarer Weise am Verlust und am Gewinn zu beteiligen sind,335 ist gefolgert worden, dass Verluste den inneren Wert des Rückzahlungsanspruchs mindern, Gewinne ihn wieder steigern müssen.336 Dies trifft bereits deshalb nicht zu, weil die Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs nicht die einzig mögliche Form der Gewinnbeteiligung ist. Richtiges Vergleichs­ objekt im Verhältnis zu dem inneren Wert der Aktie ist daher nicht der Rückzahlungsanspruch, sondern der innere Wert der aktienähnlich ausgestalteten Teilschuldverschreibung. Erwirtschaftet das zuvor von Verlusten geplagte Unternehmen einen Gewinn, können die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente hieran entweder durch eine Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs oder in Form von Ausschüttungen partizipieren. Den inneren Wert des Rückzahlungsanspruchs steigert nur die erste Form der Gewinnbeteiligung. Dies zeigt sich z. B. bei der anschließenden Übertragung der Teilschuldverschreibung. In den Genuss des erwöhnten inneren Wertes kommt der Erwerber nur bei der Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs; ein bereits ausgeschütteter Gewinn verbliebe hingegen bei dem Veräußerer. Im Unterscheid dazu wird der innere Wert von Aktien nicht nur durch thesaurierte Gewinne, sondern auch durch die Aussicht auf Dividenden gesteigert. Vergleichbares gilt nur für das aktienähnliche Wertpapier. Bei diesem ist der Wert des Rückzahlungsanspruchs nur einer von mehreren wertbildenden Faktoren; ein weiterer ist die Aussicht auf künftige Ausschüttungen. Dementsprechend kann auch die Entscheidung für die Ausschüttung des Gewinns ohne Wiederauffüllung des lustrückstellungen. Mit abweichender Begründung Frantzen Genußscheine 245: Treu- und Fürsorgepflicht des Emittenten. 332  BGHZ 92, 363, 369 f. = NJW 1985, 480, 481; MüKoBGB/Basedow §  305c Rn.  6 4; WLP/ Pfeiffer BGB §  307 Rn.  34. 333  BGHZ 40, 91, 103 = NJW 1963, 2071; Hager Auslegung 159; Larenz NJW 1963, 737, 738. 334  RGZ 77, 11, 13. 335  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I., II. 336 KK-AktG/Lutter, 2.  Aufl. 1995, §  2 21 Rn.  368 (in der 3.  Aufl. 2017 nicht wiederholt).

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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verlustgeminderten Rückzahlungsanspruchs den inneren Wert des aktienähnlichen Wertpapiers steigern. 3. Kein Ausschluss der Wiederauffüllung in den Anleihebedingungen Die Erkenntnis, dass die Wiederauffüllung des verlustgeminderten Rückzahlungsanspruchs nicht die einzige, sondern nur eine von mehreren möglichen Formen der Gewinnbeteiligung ist, leitet zu der Frage über, ob sie in den Anleihebedingungen ausgeschlossen werden kann. Die Beantwortung hat davon auszugehen, dass der Ausschluss der Wiederauffüllung nicht zu dem engen Kreis der Regelungen zählt, welche die Hauptleistungspflicht des Schuldners unmittelbar festlegen, sondern lediglich die Art und Weise der Gewinnbeteiligung näher ausgestaltet mit der Folge, dass die Bestimmung nicht nur der Transparenz-, sondern auch der Angemessenheitskontrolle unterliegt.337 Das bei ak­tien­ ähnlichen Kapitalinstrumenten damit einhergehende Gebot, den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten,338 führt zu dem Ergebnis, dass der vertragliche Ausschluss der Wiederauffüllung nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam ist.339 Entscheidend hierfür ist, dass §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG und §  232 AktG – abhängig von der Art und Weise der Verlustteilnahme – entsprechende Anwendung auf aktienähnliche Kapital­instrumente finden und dem Emittenten sowohl die Ausschüttung des Gewinns verbieten als auch die Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs gebieten. a) Rückzahlungsanspruch als Kapitalkonto Weisen die Kapitalkonten, denen das gegen Ausgabe der Kapitalinstrumente eingezahlte Kapital – wie bei einer Personengesellschaft – gutgeschrieben worden ist, aufgrund von Verlusten in den Vorjahren eine Unterdeckung auf, ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG nicht nur das Verbot, Gewinn an die Inhaber aktienähnliche Kapitalinstrumente auszuschütten, sondern auch das Gebot, den Gewinn zur Wiederauffüllung der Kapitalkonten und der Rückzahlungsansprüche zu verwenden. Da die AGB-recht­liche Inhaltskontrolle an diesen Wertungen auszurichten ist, sind Bestimmungen in den Anleihebedingungen, die eine andere Verwendung des 337  BGH NZG 2014, 661 Rn.  29; OLG Frankfurt NZG 2016, 1027 Rn.  47; OLG Frankfurt AG 2012, 596, 597; Fest WM 2019, 1093, 1094; Mülbert FS Hüffer, 2010, 679, 689; Mülbert/ Sajnovits WM 2017, 1725, 1734; Sethe WM 2012, 577, 583; a. A. U. Becker NZG 2016, 1021, 1024; wohl auch Hölters/Haberstock/Greitemann AktG §  221 Rn.  4 4. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. d). 338  Zu dieser Erweiterung des Prüfungsmaßstabs vorstehend Kap.  3 §  8 B. II. 339  A. A. BGH AG 2006, 937 Rn.  6 .

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

Gewinns vorsehen (z. B. dessen Ausschüttung), nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam. aa) Ausschüttungsverbot Vor Auflösung der AG darf unter den Aktionären nach §  57 Abs.  3 AktG nur der Bilanzgewinn verteilt werden. Sämtliche anderen Vermögensbestandteile unterliegen nach §  57 Abs.  1 Satz 1 AktG – vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen (z. B. §  57 Abs.  1 Satz 2–4 AktG) – einem Rückgewähr- bzw. Ausschüttungsverbot.340 Diese weitreichende Vermögensbindung hat bei einer aufgrund von Verlusten aus früheren Geschäftsjahren bestehenden Unterbilanz zur Folge, dass ein in dem abgelaufenen Geschäftsjahr erzielter Jahresüberschuss bei Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dazu verwendet werden muss, die Unterbilanz zu beheben. Mit anderen Worten: Solange die Unterbilanz besteht, ist der Ausweis eines Bilanzgewinns ausgeschlossen. Die Folge, dass der Jahresüberschuss einem Ausschüttungsverbot unterliegt, dient in erster Linie dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger.341 In ihrem Interesse soll eine bestimmte Vermögensmasse als Haftungsfonds erhalten werden.342 Zu diesem zählt nicht nur das rechtsformspezifische, sondern auch das funktionelle Eigenkapital. Das Ausschüttungsverbot des §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG wirkt daher nicht nur zulasten der rechtsformspezifischen Eigenkapitalgeber, namentlich der Aktionäre, sondern in entsprechender Anwendung auch zulasten der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente. Dies ist im Ergebnis für die Rückzahlung von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und Finanzplandarlehen allgemein anerkannt; 343 für andere Bestandteile des funktionellen Eigenkapitals muss Gleiches gelten. Bei der entsprechenden Anwendung von §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG auf aktienähnliche Kapitalinstrumente darf der Begriff der Unterbilanz nicht unbesehen übernommen werden. Er ist vielmehr entsprechend auf das Kapitalkonto anzuwenden, das über die Höhe des Rückzahlungsanspruchs entscheidet. Die Bücher der Gesellschaft weisen eine Unterbilanz aus, wenn das buchmäßig ausgewiesene Grundkapital größer als das sich aus dem Vergleich des Vermögens und der Schulden ergebende Nettovermögen ist.344 Wird das Nettovermögen proportional auf das buchmäßig ausgewiesene Grundkapital verteilt, 340  Statt vieler RGZ 149, 385, 400; RGZ 107, 161, 168; MüKoAktG/Bayer §  57 Rn.  8 ; GroßkommAktG/Henze §  57 Rn.  7; Hüffer/Koch AktG §  57 Rn.  2. 341  Statt vieler RGZ 107, 161, 168; RGZ 54, 128, 132; MüKoAktG/Bayer §  57 Rn.  1; S/L/ H. Fleischer AktG §  57 Rn.  3 ; ders. WM 2007, 909, 910; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG §  57 Rn.  2. 342  Statt vieler MüKoAktG/Bayer §  57 Rn.  1; Hüffer/Koch AktG §  57 Rn.  1; Wiedemann GesR I §  10 IV 1 = 557; abweichend KK-AktG/Drygala §  57 Rn.  10. 343  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 C. I. 2. 344  Statt vieler Winnefeld Bilanz-HB Kap. N Rn.  579.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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ergibt sich bei einer Unterbilanz, dass der innere Wert jeder Aktie unter ihrem Nennbetrag liegt. Das Ausschüttungsverbot des §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG kann also nicht nur in Anknüpfung an die Bilanz der Gesellschaft, sondern auch in Bezug auf die einzelne Aktie formuliert werden, nämlich dahingehend, dass eine Ausschüttung nicht erfolgen darf, solange der innere Wert der einzelnen Aktie geringer als ihr Nennbetrag ist. Dieser „Unterbilanz“ der einzelnen Aktie entspricht es, dass das gegen die Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente eingezahlte Kapital durch die Teilnahme an laufenden Verlusten vermindert ist. Daher verbietet §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG in entsprechender Anwendung Ausschüttungen an die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente, solange ihre Kapitalkonten – gemessen an dem Nennbetrag des eingezahlten Kapitals bzw. des Rückzahlungsanspruchs – eine Unterdeckung aufweisen. bb) Verwendungsgebot Das Verbot, die während der Unterdeckung der Kapitalkonten entstehenden Gewinne an die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente auszuschütten, geht Hand in Hand mit dem Gebot, die Gewinne nicht nur zum Ausgleich der Unterbilanz und damit zugunsten der Aktionäre, sondern auch zur Wiederauffüllung der Kapitalkonten der funktionellen Eigenkapitalgeber zu verwenden, da jede andere gesellschaftsinterne Verwendung der in den Anleihebedingungen versprochenen Gewinnbeteiligung der Inhaber aktienähnlicher Kapitalin­ strumente widerspräche und daher pflichtwidrig wäre. Dieses Wiederauffüllungsgebot besteht nicht nur, wenn die Gewinnbeteiligung sich nach dem Jahresüberschuss bemisst, sondern auch dann, wenn die Anleihebedingungen als Bezugsgröße den Bilanzgewinn nennen.345 Gleichwohl ist es nicht ohne Bedeutung, welchen Begriff die Anleihebedingungen als Gewinn festlegen. Unterschiede ergeben sich, wenn die Bücher der Gesellschaft eine Unterbilanz und die Kapitalkonten der funktionellen Eigenkapitalgeber eine Unterdeckung aufweisen. Sind die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente nach den Anleihebedingungen an dem Bilanzgewinn zu beteiligen, ist die Wiederauffüllung nachrangig gegenüber dem Ausgleich der Unterbilanz. Dies ergibt sich daraus, dass ein Bilanzgewinn, an dem die funktionellen Eigenkapitalgeber zu beteiligen sind, erst nach dem Ausgleich der Unterbilanz wieder entstehen kann. Haben die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente hingegen Anspruch auf Beteiligung am Jahresüberschuss, muss dieser anteilig sowohl zum Ausgleich der Unterbilanz als auch zur Wiederauffüllung der Kapitalkonten verwendet werden. Grund hierfür ist, dass die Aktionäre mit den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente um denselben Gewinn konkurrieren.346 Würde der Jahresüberschuss ausschließlich zur Beseitigung der Unterbilanz verwendet, 345 

346 

Zu den möglichen Bezugsgrößen vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 2. c) aa). Zu dieser Konkurrenz siehe statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  490 m. w. N.

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Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

privilegierte dies die Aktionäre systemwidrig im Verhältnis zu den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente. Die Anteile des Jahresüberschusses, die zur Behebung der Unterbilanz und zur Wiederauffüllung der Kapitalkonten zu verwenden sind, errechnen sich aus dem Verhältnis des gezeichneten Kapitals (§  266 Abs.  3 A. I. HGB, §  152 Abs.  1 Satz 1 AktG) zu dem Nennbetrag der aktienähnlichen Kapitalinstrumente. b) Verminderter Rückzahlungsanspruch infolge Kapitalherabsetzung Wird eine Unterbilanz im Wege der vereinfachten Kapitalherabsetzung (§  229 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1 AktG) beseitigt, entfällt zwar das Ausschüttungsverbot nach §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG.347 Die mit der Auflösung einer sog. Drohverlustrückstellung einhergehenden Einschränkungen in der Gewinnverwendung nach §  232 AktG gelten aber nicht nur zulasten der Aktionäre, sondern in entsprechender Anwendung auch zulasten der Inhaber aktienähnlicher Kapital­ instrumente. Eine auch an dieser Wertung ausgerichtete Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen ergibt, dass ein Ausschluss der Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente im Vergleich zu den Aktionären nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam ist. aa) Ausschüttungsverbot Drohen einer AG aus schwebenden Geschäften Verluste, hat sie nach §  249 Abs.  1 Alt.  2 HGB Rückstellungen zu bilden. Führen diese Drohverlustrückstellungen dazu, dass die Bilanz einen Verlust ausweist, kann die AG bereits vor dem Ende des Schwebezustands eine vereinfachte Kapitalherabsetzung (§  229 Abs.  1 Satz 1 Alt.  1 AktG) durchführen.348 Sehen die Anleihebedingungen vor, dass die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente nur im Fall einer Kapitalherabsetzung und proportinal zu deren Umfang am Verlust der Gesellschaft teilnehmen,349 verringert der Rückzahlungsanspruch sich mit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung (§  224 i. V. m. §  229 Abs.  3 AktG) in der Höhe entsprechend. Stellt sich am Ende des Schwebezustands heraus, dass Verluste in der antizipierten Höhe ausgeblieben sind, sind die Drohverlustrückstellungen (§  266 Abs.  3 B. 3. HGB) aufzulösen.350 Das Gebot des §  232 AktG, den Unter347  Zu dem Ausschüttungsverbot nach §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG vorstehend Kap.  3 §  8 C. I. 3. a) aa). 348  Statt vieler BGHZ 119, 305, 320 = NJW 1993, 57; OLG Schleswig NZG 2004, 281, 283; KK-AktG/Ekkenga/Schirrmacher §  229 Rn.  8 ; Hüffer/Koch AktG §  229 Rn.  8 ; MüKoAktG/ Oechsler §  229 Rn.  20. 349  Zu dieser Gestaltung der Verlustteilnahme vorstehend Kap.  3 §  8 C. I. 1. b). 350  Zu der Verpflichtung, Rückstellungen aufzulösen, sobald die Voraussetzungen für ihre Bildung entfallen, siehe statt vieler MüKoHGB/Ballwieser §  249 Rn.  85; Staub/Kleindiek HGB §  249 Rn.  17; BeBiKo/Schubert HGB §  249 Rn.  23.

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schiedsbetrag zwischen den Drohverlustrückstellungen und den tatsächlich eingetretenen Verlusten in die Kapitalrücklage (§  266 Abs.  3 A. II. HGB) einzustellen, impliziert, dass der bei diesem Vorgang entstehende Gewinn nicht ausgeschüttet werden darf.351 Dieses Ausschüttungsverbot dient – ebenso wie §  230 Satz 1 AktG – dem Interesse der Gesellschaftsgläubiger an der Erhaltung des haftenden Vermögens.352 Da der Haftungsfonds nicht nur das rechtsformspezifische, sondern auch das funktionelle Eigenkapital umfasst, wirkt das Ausschüttungsverbot des §  232 AktG nicht nur zulasten der Aktionäre, sondern – über den Wortlaut des §  230 Satz 1 AktG („Zahlungen an die Aktionäre“) hinaus – in entsprechender Anwendung auch zulasten der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente.353 bb) Verwendungsgebot Der mit der Umbuchung des Unterschiedsbetrags von der Drohverlustrückstellung (§  266 Abs.  3 B. 3. HGB) in die Kapitalrücklage (§  266 Abs.  3 A. II. HGB) entstehende Gewinn steigert den inneren Wert der Aktien unmittelbar, d. h. unabhängig davon, ob die auf diese Weise erhöhte Kapitalrücklage später für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet wird (§  207 Abs.  1 Alt.  1 AktG). Eine vergleichbare Wertsteigerung aktienähnlicher Kapitalin­ strumente wird grundsätzlich durch die Gewinnbeteiligung in Form von Ausschüttungen verwirklicht. Ist der Auflösung der Drohverlustrückstellung jedoch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung vorausgegangen, steht dieser Art der Gewinnbeteiligung ausnahmsweise entgegen, dass das Ausschüttungsverbot des §  232 AktG zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger zulasten der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente entsprechend anzuwenden ist.354 Der auf diese Weise verwirklichte Gläubigerschutz legitimiert jedoch keine Veränderung der vertraglich vereinbarten Gewinnverteilung im Verhältnis zwischen den Aktionären einerseits und den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente andererseits. Er kann lediglich die Art und Weise der Gewinnbeteiligung der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente modifizieren, nämlich dahingehend, dass ihnen anstelle der unzulässigen Ausschüttungen ein Anspruch auf Wiederauffüllung des durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung geminderten Rückzahlungsanspruchs zusteht. Der Wiederauffüllungsanspruch ergibt sich nicht bereits aus §  216 Abs.  3 Satz 1 AktG.355 Die Vorschrift 351 

Hüffer/Koch AktG §  232 Rn.  6 ; Lutter ZGR 1993, 291, 299. vieler BGHZ 119, 305, 322 = NJW 1993, 57; KK-AktG/Ekkenga/Schirrmacher §  232 Rn.  3 ; Hüffer/Koch AktG §  232 Rn.  1; MüKoAktG/Oechsler §  232 Rn.  1; Großkomm­ AktG/Sethe §  232 Rn.  3. 353  Im Ergebnis auch Sethe AG 1993, 351, 365 f. mittels einer an §  232 AktG orientierten ergänzenden Vertragsauslegung. 354  Zuvor aa). 355  A. A. Hirte ZIP 1991, 1461, 1466: Die §§  216 Abs.  3, 347a AktG a. F. (jetzt §  23 UmwG) 352  Statt

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schützt die Gläubiger gewinnabhängiger Rechte nur im Fall einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vor mittelbaren Beeinträchtigungen.356 Die den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente bei der Auflösung einer Drohverlustrückstellung nach einer vereinfachten Kapitalherabsetzung drohende Verwässerung ihrer Rechte resultierte jedoch nicht aus einer solchen Kapitalerhöhung, sondern unmittelbar aus der Umbuchung,357 nämlich daraus, dass das Ausschüttungsverbot des §  232 AktG zulasten der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente entsprechend angewandt, das Verwendungsgebot aber wörtlich vollzogen wird. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden und die vertraglich vereinbarte Gewinnverteilung im Verhältnis zwischen den Aktionären und den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente aufrechtzuerhalten, bedarf es der Kombination einer teleologischen Reduktion und einer entsprechenden Anwendung des Verwendungsgebots des §  232 AktG: Das Gebot, den Unterschiedsbetrag in die Kapitalrücklage einzustellen, ist im Wege der teleologischen Reduktion um den Betrag einzuschränken, der hypothetisch, d. h. ohne entsprechende Anwendung des Ausschüttungsverbots, an die Inhaber aktien­ ähnlicher Kapitalinstrumente ausgeschüttet würde. Diesen Betrag hat die AG in entsprechender Anwendung des Verwendungsgebots zur Wiederauffüllung der durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung geminderten Rückzahlungsansprüche zu verwenden.358

II. Ausgleich bei Eintritt in einen Vertragskonzern Grundlegende Strukturmaßnahmen des Schuldners sind geeignet, die in den Anleihebedingungen vereinbarte Gewinnbeteiligung der Inhaber aktienähnliseien Ausprägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes, denen der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass die Inhaber aktienähnlicher Genussscheine auch an jeder Form der Kapitalerhöhung zu beteiligen seien. Abweichende Vereinbarungen seien nach §  9 Abs.  1 AGBG (jetzt §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB) unwirksam, siehe Hirte ZIP 1991, 1461, 1467. 356  BGHZ 119, 305, 323 = NJW 1993, 57; OLG München WM 2014, 1131, 1136. 357  Verwendet die AG die auf diese Weise erhöhte Kapitalrücklage später für eine Kapital­ erhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§  207 Abs.  1 Alt.  1 AktG), liegt hierin eine von der Um­ buchung zu unterscheidende zweite Beeinträchtigung der gewinnabhängigen Ansprüche. Nur sie führt gemäß §  216 Abs.  3 Satz 1 AktG zu einer Anpassung der Leistungspflicht, es sei denn, dass die Anpassung in den Anleihebedingungen ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit, §  216 Abs.  3 Satz 1 AktG in den Anleihebedingungen auszuschließen, wird in der Literatur ganz überwiegend bejaht, siehe MüKoAktG/M. Arnold §  216 Rn.  43; Spindler/Stilz/Fock/ Wüsthoff AktG §  216 Rn.  21; Hüffer FS G. Bezzenberger, 2000, 191, 197; Koppensteiner ZHR 139 (1975), 191, 194 f.; Grigoleit/Rieder/Holzmann AktG §  216 Rn.  11; HK-AktG/M. Stadler §  216 Rn.  23; Hölters/Simons AktG §  216 Rn.  24; S/L/Veil AktG §  216 Rn.  13; Vollmer ZGR 1983, 445, 465; KK-AktG/Zetzsche §  216 Rn.  51; a. A. (nur individualvertraglich) Frantzen Genußrechte 257; Heidel/F. Wagner AktG §  216 Rn.  15. Wohl auch GroßkommAktG/Hirte §  216 Rn.  62: §  216 Abs.  3 AktG sei ggf. analog Maßstab der Inhaltskontrolle. 358  Ähnlich S/L/Merkt AktG §  2 21 Rn.  69: Anspruch der Genussrechtsinhaber auf Beteiligung an dem auf den Minderverlust zurückgehenden Buchgewinn.

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cher Kapitalinstrumente359 wesentlich zu beeinträchtigen. Gleichwohl müssen sie die Veränderungen hinnehmen; 360 ihnen stehen keine Rechte zu, die sie in die Lage versetzen, die avisierte Strukturmaßnahme zu verhindern (nachfolgend 1.).361 Den gebotenen Anlegerschutz hat der Gesetzgeber nur im Zusammenhang mit Umwandlungen geregelt, nämlich dergestalt, dass der übernehmende oder neue Rechtsträger den bisherigen Rechtsinhabern nach §  23 UmwG ggf. i. V. m. §§  36 Abs.  1, 125 Satz 1, 204 UmwG gleichwertige Rechte zu gewähren hat. Lediglich mittelbare Beeinträchtigungen der gewinnabhängigen Gläubigerrechte haben hingegen – mit Ausnahme von §  216 Abs.  3 Satz 1 AktG – keine gesetzliche Regelung erfahren. Dies gilt z. B. für den Eintritt des Schuldners in einen Vertragskonzern. Schließt er als abhängiges Unternehmen einen isolierten Gewinnabführungsvertrag kann seine Bilanz keinen Gewinn mehr ausweisen,362 da die Abführung des Gewinns als Aufwendung (§  277 Abs.  3 Satz 2 HGB) einen Jahresüberschuss (§  275 Abs.  2 Nr.  20, Abs.  3 Nr.  19 HGB) verhindert. Wird der Gewinnabführungsvertrag mit einem Beherrschungsvertrag verbunden, kommt hinzu, dass die Risikolage der Kapitalgeber sich verändert.363 Konnten die Anleger bis zu dem Abschluss des Behrrschungsvertrags darauf vertrauen, dass der Vorstand die Geschäfte in eigener Verantwortung orientiert am Unternehmenswohl leitet (§  76 Abs.  1 AktG), müssen sie unter Geltung des Beherrschungsvertrags hinnehmen, dass der Vorstand des herrschenden Unternehmens die Leitung des Schuldners übernehmen und im Rahmen dessen auch Weisungen erteilen kann, die für den Schuldner nachteilig sind (§  308 Abs.  1 Satz 2 AktG). In diesen Fällen besteht im Grundsatz Einigkeit darüber, dass den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente ein wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung zu gewähren ist.364 Zu der einzig umstrittenen Frage nach der Art und Weise der Kompensation hat der BGH mit Urteil vom 28.5.2013 entschieden, dass der Eintritt des Schuldners in den Vertragskonzern eine Störung der Geschäftsgrundlage darstelle, infolge derer die Rechte der Inhaber aktienähnlich ausgestalteter Genussrechte – vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung in den Genussscheinbedingungen – nach §  313 Abs.  1 BGB anzupassen seien.365 Diese Rechtsprechung überzeugt jedenfalls für ak­ tien­ ähnliche Kapitalinstrumente von Kredit-, Finanzdienstleistungs- und 359  Zu dem Erfordernis der Gewinnbeteiligung und möglichen Ausgestaltungen vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 360  BGHZ 28, 259, 277 = NJW 1959, 31. 361  Zu den Mitverwaltungsrechten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 362  BGHZ 197, 284 Rn.  2 2 = WM 2013, 1550 = NZG 2013, 987; GroßkommAktG/Henze §  58 Rn.  96; Verse/Wiersch NZG 2014, 5, 6. 363  BGHZ 197, 284 Rn.  23 = NZG 2013, 987. 364  Statt vieler Casper ZIP 2012, 497, 498; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG §  304 Rn.  13; MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  320; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 707. 365  BGHZ 197, 284 Rn.  25 = NZG 2013, 987. Im Ergebnis ebenso das Berufungsgericht OLG Frankfurt ZIP 2012, 524, 525 f. im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

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Wertpapierinstituten nicht, da §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG und §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG neben dem Recht zur außerordentlichen Kündigung (§  314 Abs.  1 Satz 1 BGB) auch den Anspruch auf Vertragsanpassung ausschließen (nachfolgend 2., 3.). Vorzugswürdig ist es, den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente denselben Ausgleich wie außenstehenden Aktionären zu gewähren, nämlich in entsprechender Anwendung der §§  304, 305 AktG die Wahl zwischen einem angemessenen Ausgleich und einer Abfindung (nachfolgend 4.). Bestimmungen in Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen, die hiervon zulasten der Gläubiger abweichen, sind aufgrund der Berücksichtigung der aktienrechtlichen Normen im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam (nachfolgend 5.). 1. Keine Verletzung einer Nebenpflicht des Begebungsvertrags Mit dem Eintritt in einen Vertragskonzern als abhängige Gesellschaft verletzt der Emittent keine Nebenpflicht aus dem Begebungsvertrag aktienähnlicher Kapitalinstrumente, so dass den Gläubigern kein Schadensersatzanspruch nach §  280 Abs.  1 BGB zusteht.366 Die gegenteilige Ansicht, der Begebungsvertrag verpflichte den Emittenten dazu, während der Laufzeit der Kapitalinstrumente keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als abhängiges Unternehmen abzuschließen, gewährte jedem Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente nicht nur einen Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens, sondern – unabhängig von seiner Investitionssumme – auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch.367 Dieses Vetorecht setzte jeden einzelnen Inhaber – obwohl ihnen keine Mitwirkungsrechte in der Hauptsammlung zustehen 368 – wider der aktienrechtlichen Kompetenzordnung über die qualifizierte Mehrheit der Hauptversammlung (§  293 Abs.  1 Satz 1, 2 AktG) . Außerdem widerspricht die Annahme einer Nebenpflichtverletzung mit der Folge eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs dem normierten Anlegerschutz bei Verschmelzungen. Aufgrund des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers (§  20 Abs.  1 Nr.  2 Satz 1 UmwG ggf. i. V. m. §  36 Abs.  1 Satz 1 UmwG) greift die Verschmelzung intensiver als der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags in die Gläubigerrechte ein. Erstere müssen die Inhaber aktienähnlicher 366  BGHZ 197, 284 Rn.  35 = NZG 2013, 987; Driver BB 2014, 195, 196; a. A. KK-AktG/ Koppensteiner §  304 Rn.  18; MüKoAktG/van Rossum §  304 Rn.  33; HK-AktG/Schenk §  304 Rn.  14; differenzierend S/L/Stephan AktG §  304 Rn.  68: Schadensersatzanspruch je nach Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen. 367 Zu der Möglichkeit eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs siehe statt vieler BRHP/S. Lorenz BGB §  280 Rn.  63. Differenzierend S/L/Stephan AktG §  304 Rn.  68, der die Verpflichtung, den Abschluss eines Unternehmensvertrags zu unterlassen, als ausgeschlossen, einen Schadensersatzanspruch – je nach Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen – aber als möglich erachtet. 368  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II.

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Kapitalinstrumente ohne Widerspruchsrecht hinnehmen. Sie stellt keine Pflichtverletzung des Begebungsvertrags dar, so dass ihnen kein vorbeugender Unterlassungsanspruch zusteht. Sie sind darauf beschränkt, von dem übernehmenden bzw. neuen Rechtsträger nach §  23 UmwG ggf. i. V. m. §  36 Abs.  1 UmwG gleichwertige Rechte einzufordern. Hieraus ergibt sich für den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags folgender ErstRecht-Schluss: Steht den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente bei der Entscheidung über die Verschmelzung kein Vetorecht zu, müssen sie den weniger intensiven Eingriff in ihre Rechte durch den Abschluss eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrags erst recht hinnehmen. Ihnen steht weder ein vorbeugender Unterlassungsanspruch noch ein Schadensersatzanspruch zu. 2. Kein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Kapitalinstrumente Der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch den Emittenten als abhängiges Unternehmen berechtigt die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente – wie der BGH369 im Ergebnis zu Recht entschieden hat – nicht, ihre Schuldverhältnisse außerordentlich und fristlos zu kündigen (§  314 Abs.  1 Satz 1 BGB) 370 sowie von dem anderen Vertragsteil eine Abfindung entsprechend §  305 AktG zu verlangen.371 In Anbetracht der Tatsache, dass der II. Zivilsenat die Genussscheinbedingungen nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage (§  313 Abs.  1 BGB) angepasst hat,372 wäre es konsequent gewesen, die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung unter Hinweis darauf zu verneinen, dass dieses Recht im Verhältnis zu einer möglichen Vertragsanpassung nur subsidiär besteht, also ausgeschlossen ist, wenn die Störung durch Anpassung des Vertrags an die veränderten Verhältnisse beseitigt werden kann und beiden Parteien die Fortsetzung des Vertrags zuzumuten ist.373 Die stattdessen gegebene Begründung, dass die Abfindung der außenstehenden Aktionäre nach §  305 AktG einen Ausgleich für den Verlust ihrer Mitverwaltungs369 

BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987. Frage nach dem Bestehen eines gesetzlichen Kündigungsrechts ist nur relevant, wenn die Genussschein- bzw. Anleihebedingungen kein vertragliches Kündigungsrecht (sog. Change-of-control-Klausel) für den Fall der Konzernierung enthalten. Siehe dazu Casper ZIP 2012, 497, 503. 371  Driver BB 2014, 195; a. A. Luttermann Genussrechte 538 f.; HK-AktG/Schenk §  304 Rn.  14; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 527; abweichend S/L/Stephan AktG §  304 Rn.  68, der ein außerordentliches Kündigungsrecht bejaht, die Anwendung von §  305 AktG hingegen verneint. 372  Dazu sogleich 3. 373 BT-Drucks. 14/6040, 177 zu §   314 BGB-E; Casper ZIP 2012, 497, 503; MüKoBGB/ Gaier §  314 Rn.  22; Palandt/Grüneberg BGB §  314 Rn.  9 ; von Haase NJW 2002, 2278, 2279; PWW/M. Stürner BGB §  314 Rn.  18; Soergel/Teichmann BGB §  314 Rn.  8; a. A. Erman/ L. Böttcher BGB §  314 Rn.  16; BRHP/S. Lorenz BGB §  314 Rn.  7; Jauernig/A. Stadler BGB §  314 Rn.  2 ; Verse/Wiersch NZG 2014, 5, 7. 370  Die

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rechte – gemeint sein dürfte der Verlust an effektiver Stimmrechtsmacht374 – in der abhängigen Gesellschaft darstelle, Genussscheine und andere aktienähnliche Kapitalinstrumente ihren Inhabern aber keine Mitverwaltungs-, sondern ausschließlich Vermögensrechte vermitteln,375 überzeugt nicht. Der Zweck der Abfindung besteht zwar auch in einem Ausgleich für den Verlust an effektiver Stimmrechtsmacht in der abhängigen Gesellschaft, erschöpft sich darin aber nicht.376 Die gegenteilige Annahme der überwiegenden Ansicht widerspricht der Tatsache, dass die Abfindung nach allgemeiner Ansicht auch den Inhabern stimmrechtsloser Vorzugsaktien (§  140 Abs.  1 AktG) anzubieten ist.377 Dies erhellt, dass die Abfindung nicht nur Ausgleich für die Beeinträchtigung der Mitverwaltungsrechte, sondern auch für sämtliche durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag legitimierten Eingriffe in die Vermögensrechte und -interessen der Aktionäre ist. Werden die aktienähnlichen Kapitalinstrumente – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall – von einem Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut zur Stärkung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittel i. S. d. Art.  72 CRR oder zur Aufbringung des Anfangskapitals i. S. v. §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIV i. V. m. Art.  9 IFR ausgegeben, scheidet das Recht der außerordentlichen Kündigung – unabhängig von der Subsidiarität im Verhältnis zu einer Vertragsanpassung – seit dem 19.7.2014 jedenfalls deshalb aus, weil §  314 BGB gemäß der an diesem Tag in Kraft getretenen Fassung von §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG oder nach §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG keine Anwendung findet. Der hierdurch gewährleisteten und für die Zurechnung zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln erforderlichen Langfristigkeit der Kapitalüberlassung378 widerspräche es, könnte der Emittent mit dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags einen Grund schaffen, der die Inhaber der Kapitalinstrumente zu der fristlosen Kündigung und ihn – für den Fall, dass die Kündigung erklärt wird – zu der vorzeitigen Rückzahlung des Kapitals berechtigt.

374 

So auch MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  320. BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. II. 376  So aber BGHZ 197, 284 Rn.  36 = NZG 2013, 987; BGHZ 138, 136, 139 = NJW 1998, 1866; S/L/Stephan AktG §  305 Rn.  6 ; kritisch Hüttemann FS Hoffmann-Becking, 2013, 603, 606. 377 Hölters/Deilmann AktG §   305 Rn.   10; GroßkommAktG/Hasselbach/Hirte §  305 Rn.  9, §  304 Rn.  25; Hüffer/Koch AktG §  305 Rn.  8 , AktG §  304 Rn.  2 ; KK-AktG/Koppensteiner §  305 Rn.  31, §  295 Rn.  40; Heidel/Meilicke/Kleinertz AktG §  305 Rn.  12; MüKoAktG/ van Rossum §  305 Rn.  24, §  304 Rn.  27 ff.; HK-AktG/Schenk §  305 Rn.  9, §  304 Rn.  14; S/L/ Stephan AktG §  305 Rn.  13. 378  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. IV. 2. 375 

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3. Störung der Geschäftsgrundlage Nach Ansicht des BGH ist die Konzernfreiheit des Emittenten Geschäftsgrundlage des Begebungsvertrags. Bei dem Erwerb der aktienähnlichen Genussscheine seien die Kapitalgeber davon ausgegangen, dass die Leitung des zu diesem Zeitpunkt konzernfreien Unternehmens sich auch in Zukunft an dessen Interessen orientieren werde. Sie hätten nicht damit gerechnet, dass die Gesellschaft im übergeordneten Interesse eines Konzerns oder seiner Spitze geführt werde und daher auch negative Weisungen gemäß §  308 Abs.  1 AktG hinnehmen müsse.379 Durch den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags werde diese Geschäftsgrundlage derart gestört, dass die Genussscheingläubiger gemäß §  313 Abs.  1 BGB einen Anspruch auf Anpassung der Genussscheinbedingungen hätten.380 Im Zuge der Anpassung trete an die Stelle der gewinn- und verlustabhängigen Rückzahlung und Ausschüttungen ein fester Ausgleich, der jedenfalls dann unter Heranziehung des Rechtsgedankens des §  304 Abs.  2 Satz 1 AktG zu bemessen sei, wenn bei Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags davon auszugehen gewesen sei, dass die abhängige Gesellschaft während der Laufzeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ohne den Vertrag genügend Gewinn ausgewiesen hätte, um die Ansprüche der Genussscheininhaber bedienen zu können.381 Dies überzeugt für aktienähnliche Genussrechte und andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente, die von einem Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut zu dem Zweck der Überlassung von Eigenmitteln i. S. d. Art.  72 CRR oder zu der Aufbringung des Anfangskapitals i. S. v. §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIV i. V. m. Art.  9 IFR ausgegeben werden, nicht. In diesen Fällen steht der Anpassung der Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage seit dem 19.7.2014 entgegen, dass §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG oder §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG die Anwendung von §  313 BGB ausschließen. Die in der Kommentarliteratur zu beobachtende Tendenz, §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG dahingehend einzuschränken, dass die Vorschrift nur den für die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung erforderlichen Ausschluss der ordentlichen und außerordentlichen Kündigungsrechte ermöglicht, das in §  313 Abs.  1 BGB normierte Recht auf Vertragsanpassung bei einer

379 

BGHZ 197, 284 Rn.  29 = NZG 2013, 987. auch KK-AktG/Koppensteiner §  304 Rn.  18; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, 64; MüKoAktG/van Rossum §  304 Rn.  33; U. Schneider FS Goerdeler, 1987, 511, 526; Verse/Wiersch NZG 2014, 5, 12. 381  BGHZ 197, 284 Rn.  37 = NZG 2013, 987. Ähnlich Dangelmayer, Schutz von Genussrechtsinhabern, 188: Die ergänzende Vertragsauslegung habe sich an dem Rechtsgedanken des §  304 AktG zu orientieren. Allgemein für eine Anpassung, deren Ergebnis sich an §  304 Abs.  2 Satz 1 AktG orientiert, Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, 66 ff. 380 So

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Störung der Geschäftsgrundlage aber unberührt lässt,382 überzeugt nicht. Diese Auslegung findet zwar eine Stütze darin, dass die Regierungsbegründung ausschließlich die Gläubigerkündigungsrechte erwähnt.383 Der Regelungszweck des §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG – Gleiches gilt für §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG – geht aber über die für die aufsichtsrechtliche Eigenmittelanrechnung erforderliche Langfristigkeit der Kapitalüberlassung hinaus. Er umfasst z. B. ausweislich des Ausschlusses von §  309 Nr.  3 BGB auch das Ziel, die effektive Kapitalaufbringung (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. a, 63 Abs.  1 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG) sicherzustellen. Diese Tatsache legt es nahe, §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG im Einklang mit dem Wortlaut dahingehend auszulegen, dass die nicht auf den ersten Absatz beschränkte Nennung von §  313 BGB sämtliche Rechte bei einer Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt, soweit sie der aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanrechnung entgegenstehen. Die Anpassung des Inhalts der Genussschein- bzw. Anleihebedingungen dahingehend, dass den Inhabern aktienähnlicher Instrumente unter Heranziehung des Regelungsinhalts des §  304 Abs.  2 Satz 1 AktG ein fester Ausgleich zusteht, hätte zur Folge, dass der Emittent das für die Anrechnung der Instrumente zum zusätzlichen Kernkapital erforderliche Recht verlöre, die Ausschüttungen auf die Instrumente jederzeit nach eigenem Ermessen für unbefristete Zeit und auf nicht kumulierter Basis ausfallen zu lassen (Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. l Nr. iii CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG). Erzielt die abhängige Gesellschaft nämlich geringere als die bei der Festlegung der Ausgleichszahlung prognostizierten Gewinne oder – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall 384 – sogar Verluste, kann sie unter Berufung auf dieselben weder die jährliche Zahlung der unter Anwendung des Rechtsgedankens des §  304 Abs.  2 Satz 1 AktG angepassten Ausschüttungen verweigern noch den Rückzahlungsanspruch anteilig kürzen. Aufgrund dieses Fortfalls der Verlustbeteiligung dürfte der Emittent das Instrument nicht länger dem zusätzlichen Kernkapital zurechnen (Art.  55 Buchst. a CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr. i IFR, §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG), weshalb §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG die Anwendung von §  313 BGB ausschließen. 4. Ausgleich oder Abfindung entsprechend den §§  304, 305 AktG In Anbetracht der Tatsache, dass die Inhaber aktienähnlicher Genussrechte oder anderer schuldvertraglicher Kapitalinstrumente mit den Aktionären um 382  In diesem Sinne Reischauer/Kleinhans/Mielk KWG §  10 Rn.  120; BFS/Konesny/Glaser KWG §  10 Rn.  40. 383  BT-Drucks. 18/1305, 35 zu §  10 Abs.  5 KWG-RegE. 384  BGHZ 197, 284 Rn.  8 = NZG 2013, 987.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

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denselben Gewinn konkurrieren,385 beeinträchtigt der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch den Emittenten als abhängiges Unternehmen die Vermögensinteressen der Aktionäre und der Gläubiger ak­ tien­ ähnlicher Kapitalinstrumente gleichermaßen. Daher ist es geboten, die Rechte zur Sicherung der außenstehenden Aktionäre – konkret den angemessenen Ausgleich nach §  304 AktG und die Abfindung nach §  305 AktG – auf die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente entsprechend anzuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Kapitalinstrumente von einem Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut ausgegeben wurden, da §  10 Abs.  5 Satz 1 KWG ggf. i. V. m. §  4 Satz 1 WpIG sowie §  17 Abs.  5 Satz 1 WpIG in diesen Konstellationen einer Anpassung der Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen nach §  313 Abs.  1 BGB entgegenstehen.386 a) Anderer Vertragsteil als Schuldner der Ausgleichszahlung Schließt der Emittent aktienähnlicher Kapitalinstrumente einen Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag als abhängiges Unternehmen, muss der andere Vertragsteil in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag – dieser ist insoweit ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§  328 Abs.  1 BGB) 387 – nicht nur den außenstehenden Aktionären, sondern – in entsprechender Anwendung von §  304 Abs.  1 Satz 1 AktG – auch den Inhabern umlaufender ak­tien­ähnlicher Kapitalinstrumente eine angemessene Ausgleichszahlung versprechen.388 Dieses Versprechen unterscheidet sich von der Anpassung der Genussschein- bzw. Anleihebedingungen im Verhältnis zwischen den Anlegern und der abhängigen Gesellschaft, deren Inhalt sich lediglich an dem Rechtsgedanken des §  304 Abs.  2 Satz 1 AktG orientiert, insoweit, als die Ausgleichspflicht nicht die abhängige Gesellschaft, sondern den anderen Vertragsteil trifft.389 Daher vermeidet die entsprechende Anwendung von §  304 AktG die mit der Vertragsanpassung einhergehenden Nachteile, nämlich den Fortfall der Verlustabsorptionsfähigkeit

385 

Zu dieser Konkurrenz siehe statt vieler Hopt/Seibt/Fest AktG §  221 Rn.  490 m. w. N. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 C. II. 3. 387  Statt vieler BGHZ 135, 374, 380 = NJW 1997, 2242; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG §  304 Rn.  23; Hüffer/Koch AktG §  304 Rn.  5 ; a. A. Praël Eingliederung 75 (mitgliedschaftlicher Anspruch); Weißhaupt Informationsmängel 116 (gesetzliches Kompensationsschuldverhältnis). Gänzlich abweichend (Vertrag zulasten Dritter) Luttermann NZG 2006, 816, 817; ders., EWiR 2004, 951, 952; ders., EWiR 2002, 647, 648; ders. JZ 1997, 1183, 1184; MüKoAktG/van Rossum §  304 Rn.  12. 388  Im Ergebnis auch Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 707: Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs von §  304 AktG auf die Inhaber von Genussrechten, unabhängig von deren Ausgestaltung. 389  Statt vieler OLG Frankfurt NZG 2010, 389, 390; OLG Düsseldorf AG 1992, 200, 201; OLG Düsseldorf AG 1990, 490; Hüffer/Koch AktG §  304 Rn.  4 ; S/L/Stephan AktG §  304 Rn.  26, 54; a. A. von Godin/Wilhelmi/S. Wilhelmi AktG §  304 Anm.  2. 386 

408

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

des Kapitals sowie der Anrechenbarkeit der Instrumente auf die aufsichtsrechtlichen Eigenmittel.390 b) Abfindung als Alternative Alternativ zu dem Ausgleich entsprechend §  304 AktG ist den Inhabern ak­tien­ ähnlicher Kapitalinstrumente in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine Abfindung entsprechend §  305 AktG anzubieten.391 Ein Grund, ihnen die den außenstehenden Aktionären eröffnete Wahl392 zwischen der angemessenen Ausgleichszahlung und der Abfindung zu verwehren, besteht nicht.393 Insbesondere erschöpft die Abfindung nach §  305 AktG sich nicht in einem Ausgleich dafür, dass die außenstehenden Aktionäre durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag an effektiver Stimmrechtsmacht einbüßen.394 Sie dient vielmehr auch der Kompensation vermögensrechtlicher Einbußen.395 Daher muss der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag außer der Verpflichtung zum Ausgleich in entsprechender Anwendung von §  305 Abs.  1 AktG auch die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, die umlaufenden aktienähnlichen Kapitalinstrumente auf Verlangen der Inhaber gegen eine angemessene Abfindung zu erwerben. Weder diese Verpflichtung noch deren Vollzug schließt – im Gegensatz zu der Vertragsanpassung396 – die Anrechenbarkeit der Instrumente zum zusätzlichen Kernkapital aus. Sowohl Art.  52 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst.  b Nr.  i CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr.  i IFR als auch Art.  77 Abs.  1 Buchst.  c CRR ggf. i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Nr.  i IFR sind in personeller Hinsicht auf den Rückkauf und Eigentumserwerb der Instrumente durch das Institut oder ein Tochterunternehmen beschränkt. Der Erwerb durch das Mutterunternehmen ist hingegen ohne vorherige Erlaubnis der zuständigen Behörde zulässig und ohne Auswirkung auf die Eigenmittelanrechenbarkeit. 390  Zu

II. 2.

dem Erfordernis der Verlustteilnahme im Aufsichtsrecht vorstehend Kap.  3 §  7 B.

391  A. A. Casper ZIP 2012, 497, 503. Differenzierend F. A. Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 334 f., der nur die Abfindung entsprechend §  305 Abs.  2 Nr.  3 AktG als vereinbar mit den Vorgaben des §  10 Abs.  4, 5 KWG i. d. F. bis zum 31.12.2013 ansah, nicht aber die nach §  305 Abs.  2 Nr.  1 AktG. 392  Zu dem Wahlrecht der Aktionäre siehe statt vieler Emmerich/Habersack/Emmerich AktG §  305 Rn.  5. 393  A. A. Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 708: entsprechende Anwendung von §  304 AktG, aber nicht von §  305 AktG. 394 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG §   305 Rn.   1; a.  A. MüKoAktG/Habersack §  221 Rn.  320; GroßkommAktG/Hasselbach/Hirte §  305 Rn.  2 ; Hüffer/Koch AktG §  305 Rn.  1; KK-AktG/Koppensteiner §  305 Rn.  5; Henssler/Strohn/Paschos AktG §  305 Rn.  2; MüKo­A ktG/van Rossum §  305 Rn.  7; HK-AktG/Schenk §  305 Rn.  1; S/L/Stephan AktG §  305 Rn.  6 ; Spindler/Stilz/Veil/Preisser AktG §  305 Rn.  1. Relativierend Casper ZIP 2012, 497, 503: Die Abfindung nach §  305 AktG kompensiere „vor allem“ den Verlust mitgliedschaftlicher Rechte. 395  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 C. II. 2. 396  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 C. II. 3.

§  8 . Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente

409

5. Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen Bestimmungen in Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen, die es dem Emittenten erlauben, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu schließen, in dem die Verpflichtung des anderen Vertragsteils, den Inhabern der aktienähnlichen Kapitalin­strumente einen angemessenen Ausgleich sowie eine Abfindung anzubieten,397 ausgeschlossen oder abweichend von den entsprechend anwendbaren §§  304, 305 AktG zulasten der Gläubiger geregelt wird (z. B. die Berechnung der Ausgleichszahlung auf Grundlage des Gewinns bzw. Verlusts des anderen Vertragsteils), legen den Gegenstand des Leistungsversprechens nicht unmittelbar fest. Es handelt sich vielmehr um Nebenabreden,398 die der Inhaltskontrolle nicht durch §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB entzogen sind.399 Den §§  304, 305 AktG liegt die gesetzgeberische Annahme zugrunde, dass sie einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse der Gesellschaft an dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags und den Vermögensinteressen der Aktionäre enthalten. Die Tatsache, dass die Vermögens­ interessen der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente in Ermangelung ihnen zustehender Mitverwaltungsrechte in noch höherem Maße schutzbedürftig sind als die der Aktionäre,400 gebietet es nicht nur, den den Aktionären zustehenden Ausgleich in entsprechender Anwendung der §§  304, 305 AktG auch den Inhabern aktienähnlicher Kapitalinstrumente zu gewähren, sondern auch, Bestimmungen in den Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen, die abweichende Vereinbarungen zulasten der Gläubiger in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zulassen sollen, unter Berücksichtigung der aktienrechtlichen Wertungen als unangemessene Benachteiligung der Gläubiger und damit nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB als unwirksam anzusehen.401

D. Ergebnisse 1. Die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente sind vermögensrechtlich ähnlichen Risiken wie Aktionäre ausgesetzt, ohne dass ihnen vergleichbare Mitverwaltungsrechte kraft Gesetzes zustehen oder in den Anleihebedingungen eingeräumt werden können. Dieses Minus wird nicht nur durch einen Schadensersatzanspruch im Fall der Verletzung einer Schutz- bzw. Rücksichtnahmepflicht aus dem Begebungsvertrag (§  280 Abs.  1 BGB) kompensiert, sondern 397 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 C. II. 4. Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 709. 399  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 E. II. 1. 400  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. 401 Ähnlich Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 709; Sethe AG 1993, 351, 367. Abweichend Casper ZIP 2012, 497, 503; Verse/Wiersch NZG 2014, 5, 11 f., die eine solche Vereinbarung in engen Grenzen – insbesondere §  309 Nr.  10 BGB – als wirksam erachten. 398 

410

Kapitel 3. Inhaltskontrolle aktienähnlicher Kapitalinstrumente

auch und in erster Linie dadurch, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist. 2. Das Gebot, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten, ist keine Sonderheit aktienähnlicher Kapitalinstrumente, sondern von der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen bekannt. Es äußert sich darin, den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB anhand der Normen und Grundsätze auszulegen, die hinsichtlich der vermögensrechtlichen Rechtsstellung der Aktionäre einen satzungsfesten Interessenausgleich enthalten, soweit die Rechtsstellung der Gläubiger im Einzelfall der der Aktionäre vergleichbar ist. 3. Die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen führt u. a. zu folgenden Ergebnissen: a) Der Emittent ist auch dann, wenn die Anleihebedingungen aktienähnlicher Kapitalinstrumente im Zusammenhang mit der Teilnahme am Verlust der Gesellschaft keine sog. Besserungsabrede enthalten, verpflichtet, den durch Verluste geminderten Rückzahlungsanspruch wieder aufzufüllen. Diese Pflicht ergibt sich nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung der Anleihebedingungen, sondern – abhängig von der Art und Weise der Verlustteilnahme – aus der entsprechenden Anwendung von §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG oder §  232 AktG mit der Folge, dass ein vertraglicher Ausschluss der Wiederauffüllung nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam ist. b) Schließt ein Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut nach der Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als abhängiges Unternehmen, ist die damit einhergehende Beeinträchtigung der Gläubigerrechte – entgegen der Rechtsprechung des BGH – nicht durch eine Anpassung der Anleihebedingungen nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage auszugleichen, sondern dadurch, dass die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente in entsprechender Anwendung der §§  304, 305 AktG die Wahl zwischen einem angemessenen Ausgleich und einer Abfindung haben. Bestimmungen in Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen, die abweichende Gestaltungen zulasten der Gläubiger in dem Beherrschung- und Gewinnabführungsvertrag zulassen sollen, sind aufgrund der Berücksichtigung der aktienrechtlichen Normen nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.

Kapitel 4

Auslandsemissionen und Rechtsvergleich Im internationalen Vergleich wird die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen als „Sonderweg“1 gegeißelt, der einen gewichtigen Nachteil für das deutsche Recht im Wettbewerb der Rechtsordnungen darstelle.2 Diesem können deutsche Gesellschaften in der Regel weder durch die Wahl ­einer ausländischen Rechtsordnung noch durch die Verlagerung ihrer Emissionstätigkeit auf im Ausland ansässige Konzernfinanzierungsgesellschaften entgehen (nachfolgend §  9). Zwar erscheint die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle tatsächlich geeignet, das deutsche Recht als Wahlrechtsordnung und den Emissionstandort Deutschland für ausländische Emittenten im Vergleich zu anderen, als liberaler geltenden Rechtsordnungen unattraktiv erscheinen zu lassen.3 Auf Grundlage absoluter Zahlen ist die Situation aber weniger dramatisch, als Stellungnahmen in der Literatur befürchten lassen. Neben dem englischen Recht sowie dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York zählt das deutsche Recht, das insbesondere von Emittenten aus Europa und Lateinamerika gewählt wird, zu den international führenden Rechtsordnungen für Anleiheemissionen.4 Zutreffend ist allerdings, dass ein erheblicher Abstand zu den ersten Plätzen besteht, nämlich dem englischen Recht, dem ca. die Hälfte aller Schuldverschreibungen unterstellt sind, und dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York,5 das überwiegend von asiatischen und lateinamerikanischen Emittenten gewählt wird und dessen weltweiter Anteil ca. 19 Prozent beträgt. 6 Zu der Attraktivität dieser Rechtsordnungen mag zwar ihr Ruf beitragen, dass die Gerichte bei der Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen Zurückhaltung üben.7 Eine genauere Betrachtung der an den führenden Kapitalmarktstandorten, London und New York,8 geltenden Rechtsordnungen zeigt aber, dass die Anlei1 Claussen/Ekkenga

BankR/BörsenR §  7 Rn.  31. Jüngst dazu Reps Rechtswettbewerb 129 ff. m. w. N. Dagegen Hopt WM 1990, 1733, 1737. 3  Statt vieler Hopt FS Steindorff, 1990, 341, 364. 4 LBS/Bliesener/H. Schneider Einl SchVG Rn.  18. 5  Die Dominanz des Rechts des U.S.-Bundesstaats New York – wenngleich ohne Angabe eines Prozentsatzes – betont der High Court of Justice Chancery Division in Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  48 = (2002) EWHC 2815. 6  Dixon/Wall FSR 2000, 142, 145; von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 26. 7  So z. B. Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 240 f. 8  Baum in Hopt/Rudolph/Baum Börsenreform 1288; Bronte, Japanese Finance, 169; Yamamoto in Takagi, Japanese Capital Markets, 215. 2 

412

Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

hebedingungen unterschiedlich ausgestalteten Inhaltskontrollen unterliegen. Während englische Gerichte wiederholt die Angemessenheit einzelner Bestimmungen in Anleihebedingungen überprüft haben (nachfolgend §  10), lehnen die Gerichte in den U.S.A. im Anschluss an eine Grundsatzentscheidung des S.D.N.Y. eine offene Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen ab. Stattdessen erfolgt eine Inhaltskontrolle im behördlichen Genehmigungsverfahren anhand der Mindestvorgaben des TIA (nachfolgend §  11).

§  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen Seit Mitte der 1960er Jahre9 entspricht es marktüblicher Praxis, dass jedenfalls deutsche Blue-chip-Unternehmen, Schuldverschreibungen nicht selbst begeben, sondern zu diesem Zweck im Ausland ansässige Tochtergesellschaften unterhalten.10 Diese geben unter Garantie der Muttergesellschaft Schuldverschreibungen aus und stellen den erzielten Emissionserlös im Wege des cash pooling den Konzernunternehmen zur Verfügung. Diese Emissionspraxis war bis Anfang der 1990er Jahre maßgeblich durch die Umgehung der räumlich auf das Inland begrenzten Emissionsverbote (§§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F.) motiviert11 (nachfolgend A.). Der Einsatz im Ausland domizilierender Konzernfinanzierungsgesellschaften führt aber auch dann, wenn die verbrieften Rechtsverhältnisse durch Rechtswahl einer ausländischen Rechtsordnung unterstellt werden, nicht notwendig dazu, dass die Anleihebedingungen der Inhaltskontrolle nach den §§  307 ff. BGB entzogen sind (nachfolgend B.). Ursächlich für die ungebrochene Tendenz, die Emissionstätigkeit auf ausländische Tochtergesellschaften zu verlagern, ist daher nicht die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen nach deutschem Recht, sondern die nur bei inländischen Konzernfinanzierungsgesellschaften vorzunehmende gewerbe-

9  Gruson/Harrer ZBB 1996, 37; H.-G. Vogel Anleihegläubiger 291; Wielens Auslandsanleihen 223; ähnlich Kundiß ZfgK 1988, 1023: „seit geraumer Zeit“. 10  Aufgrund der Vielzahl mittelständischer Gesellschaften, die Anleihen ausgeben, und an den regionalen Börsen entsprechende Marktsegmente vorfinden, erfolgen ca. 76 Prozent der Anleiheemissionen deutscher Unternehmen im Inland, siehe Eidenmüller/Engert/Hornuf, ECGI Finance Working Paper No.  292/2010, 20 Table 3. 11  Die Behauptung, dass die Umgehung auch darauf zurückzuführen sei, dass die Emittenten bei Inlandsemissionen eine dingliche Sicherheit stellen mussten, während solche im Ausland entbehrlich waren (so Stucke DM-Auslandsanleihen 9), ist unzutreffend. Zwar waren die auf Grundlage der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. erlassenen Emissionsgenehmigungen begünstigende Verwaltungsakte (Bettermann BB 1969, 699; MüKoBGB/Hüffer, 2.  Aufl. 1986, §  795 Rn.  12; Staudinger/Marburger, 12.  Aufl. 1986, BGB §  795 Rn.  9), die aufgrund des intendierten Schutzes der Anleger vor illiquiden Schuldnern mit der Auflage einer dinglichen Sicherung oder der Verpflichtung verbunden werden konnten, vorhandenen Grundbesitz nicht zu veräußern oder zu belasten (sog. Negativklausel), siehe Schlegelberger/ Hefermehl HGB §  363 Rn.  35; Ungnade Rentenmarkt 137. Von dieser Möglichkeit hat aber – soweit ersichtlich – weder der bis Ende des Jahres 1972 für das Genehmigungsverfahren zuständige BMWi (Ungnade Rentenmarkt 137 mit Fn.  14) noch der ab dem 1.1.1973 zuständige BMF Gebrauch gemacht.

414

Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

steuerrechtliche Hinzurechnung der an die Anleihegläubiger zu zahlenden Schuld­entgelte (nachfolgend C.).

A. Umgehung räumlich begrenzter Emissionsverbote Bis zum 31.12.1990 durften Inhaber- und Orderschuldverschreibungen, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wurde, nach den §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden, wenn sie Teile einer Gesamtemission waren.12 Diese Emissionsverbote mit Genehmigungsvorbehalt dienten nicht nur der Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf dem Kapitalmarkt, sondern auch dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.13 Unter Berufung auf den letztgenannten Normzweck setzte die Bundesregierung im Jahr 1954 auf Grundlage von §  795 BGB a. F. ein Kontingent zulässiger Emissionsgenehmigungen fest. Hierdurch sollte die Kapitalnachfrage am Rentenmarkt mengenmäßig beschränkt und dessen Funktionsfähigkeit in Notzeiten wiederhergestellt werden.14 Nachdem in den Jahren 1955, 1965 und 1969 sogar Emissionsverbote für inländische Schuldverschreibungen folgten,15 wuchs bei den Marktteilnehmern die Befürchtung, die Bundesregierung könne zukünftig vergleichbare Emissionsbeschränkungen erlassen. Der Gefahr, vorübergehend keine Gesamtemissionen durchführen zu können, konnten die Emittenten aufgrund der Tatsache, dass nach den §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. nur die Ausgabe im Inland ausgestellter Inhaber- und Orderschuldverschreibungen einer staatlichen Genehmigung bedurfte, durch die Verlagerung ihrer Emis­ sionstätigkeit auf im Ausland ansässige Tochtergesellschaften – in der Praxis dominiert der Einsatz einer in den Niederlanden domizilierenden BV16 – entge12  Obwohl der Wortlaut von §  795 BGB a. F. – im Unterschied zu §  8 08a Satz 1 BGB a. F. – keine Beschränkung des Genehmigungserfordernisses auf Gesamtemissionen enthielt, bestand Einigkeit darüber, dass nur solche Inhaberschuldverschreibungen, die im Rahmen einer Gesamtemission ausgegeben werden sollten, dem Genehmigungsvorbehalt unterlagen, siehe H.-G. Vogel Anleihegläubiger 288. 13  BT-Drucks. 2/272, 4 zu Art.  1. 14  Ungnade BB 1975, 300, 301. 15  H.-G. Vogel Anleihegläubiger 290. Zu Einzelheiten Schmitz-Morkramer DLK 1966, 53, 55; Ungnade BB 1975, 300, 301 mit Fn.  2. 16  Ammelung/Kuich IStR 2000, 641; Kocher WM 2013, 1305, 109; Schanz BKR 2011, 410, 413; Schlitt/S. Schäfer CFL 2010, 252, 254. Im Jahr 1989 waren in den Niederlanden 2.676 Gesellschaften in der Rechtsform der BV registriert, wovon 776 von einer ausländischen Obergesellschaft beherrscht wurden, siehe Slagter in Lutter, Konzernrecht im Ausland, 171, 173. Angaben dazu, wie viele dieser Gesellschaften ausschließlich zu Zwecken der Konzernfinanzierung gegründet worden waren, enthält die Statistik nicht. Im Jahr 2009 waren 98 Prozent der ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaften deutscher Konzernmütter in den Niederlanden, in Luxemburg, in Großbritannien oder in Irland ansässig, siehe Eidenmüller/Engert/Hornuf, ECGI Finance Working Paper No.  292/2010, 18.

§  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen

415

hen. Vor dem Hintergrund, dass die deutschen Emittenten die Genehmigungsvorbehalte aufgrund des administrativen Aufwands sowie der daraus resul­ tierenden Emissionsverzögerungen17 als „Belastung ersten Ranges“18 empfanden, verwundert es nicht, dass inländische Gesamtemissionen zahlenmäßig unbedeutend wurden.19 Ende des Jahres 1988 befanden sich genehmigungspflichtige Inhaberschuldverschreibungen deutscher Industrieunternehmen mit einem Gesamtvolumen von nur noch 2,4 Mrd. DM im Umlauf.20 Im Unterschied dazu betrug das Volumen der nicht von der Genehmigungspflicht umfassten DM-Auslandsanleihen 21 deutscher Industrieunternehmen insgesamt 178 Mrd. DM.22

B. Keine Umgehung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Die Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen enthalten nahezu ausnahmslos Rechtswahlklauseln.23 Werden die Rechtsverhältnisse aus den Teilschuldverschreibungen hierdurch einer ausländischen Rechtsordnung unterstellt, sind die Anleihebedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach deutschem Recht (§§  307 fff. BGB) gleichwohl nicht notwendig entzogen. Dies gilt auch dann, wenn die Schuldverschreibung von einer im Ausland ansässigen Konzernfinanzierungsgesellschaft ausgegeben wird. Zwar gewährleistet die Parteiautonomie den Emittenten handelbarer Wertpapiere grundsätzlich die Freiheit, das anzuwendende Recht zu wählen und dadurch auch zwingende Regelungen des deutschen Rechts zu umgehen (nachfolgend I.). Zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln ist diese Freiheit aber durch die Sonderanknüpfung in Art.  46b Abs.  1 EGBGB sowie den deutschen ordre public (Art.  6 EGBGB) erheblich eingeschränkt (nachfolgend II.). 17 

Statt vieler Kundiß ZfgK 1988, 1023; H.-G. Vogel ZBB 1996, 321, 334. H. W. Schmidt ZfgK 1988, 782, 784. 19  H.-G. Vogel Anleihegläubiger 288. 20  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 5. 21  Als DM-Auslandsanleihen werden Inhaberschuldverschreibungen bezeichnet, die im Ausland ausgegeben wurden, deren Zahlungsansprüche auf DM lauten, deren Rechtsverhältnisse – d. h. sowohl das Verhältnis zwischen dem Emittenten und den emissionsbegleitenden Instituten sowie das Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Gläubigern – deutschem Recht unterstellt sind und das Emissionskonsortium von einem Kreditinstitut mit deutscher Rechtspersönlichkeit und Sitz in Deutschland geführt wird, das auch zum Treuhänder für die Anleihegläubiger bestellt wird, siehe Gruson/Harrer ZBB 1996, 37 mit Fn.  2 ; Hopt WM 1990, 1733, 1734, 1735; H.-G. Vogel ZBB 1996, 321, 333. 22  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 5. 23 BuB/Bosch Rn.  10/157; Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.  6 .633, 6.639; Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 245; N. Horn ZHR 173 (2009), 12, 25; ders., 9 Georgetown J. Int. Law 753, 770 (1977). 18 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

I. Grundsatz der Rechtswahlfreiheit Das deutsche Internationale Privatrecht, insbesondere das EGBGB, enthält keine ausdrückliche Kollisionsvorschrift für Wertpapiere.24 Bei der Ermittlung, welches Recht auf Wertpapiere Anwendung findet, ist daher zwischen dem sog. Wertpapiersachstatut und dem sog. Wertpapierrechtsstatut zu unterscheiden.25 Das Wertpapiersachstatut entscheidet über das auf das Wertpapier als Sache – im Fall eines elektronischen Wertpapiers eine fingierte Sache (§  2 Abs.  3 eWpG) – anwendbare Recht. Nach dem in Art.  43 Abs.  1 EGBGB normierten Grundsatz lex cartae sitae erfolgen Verfügungen über das Wertpapier – vorbehaltlich der Sonderregelungen in §  17a DepotG und §  32 eWpG – nach dem Recht des Belegenheitsorts.26 Das Wertpapierrechtsstatut bestimmt – ohne Rücksicht auf den Belegenheitsort des Wertpapiers, die Art der Verbriefung und der Verwahrung – das Recht, dem die verbrieften Rechtsverhältnisse unterliegen.27 Sind die Rechtsverhältnisse – wie im Fall von Schuldverschreibungen – vertragliche Schuldverhältnisse, können die Parteien grundsätzlich das anzuwendende Recht wählen. Zwar finden die Art.  3 ff. Rom I-VO auf Verpflichtungen aus handelbaren Wertpapieren nach wohl überwiegender Ansicht keine Anwendung (nachfolgend 1.). Die freie Rechtswahl wird aber jedenfalls durch den Grundsatz der Parteiautonomie gewährleistet (nachfolgend 2.). 1. Bereichsausnahme der Rom I-VO für handelbare Wertpapiere Gemäß Art.  1 Abs.  2 Buchst. d Rom I-VO finden die Art.  3 ff. Rom I-VO keine Anwendung auf Verpflichtungen aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren, soweit die Verpflichtungen aus deren Handelbarkeit entstehen. Der verordnungsautonom 28 auszulegende Begriff des handelbaren Wertpapiers umfasst sämtliche Urkunden, bei denen die verbrieften 24 

Zu den gesetzgeberischen Motiven siehe BT-Drucks. 14/343, 14 f. BGHZ 108, 353, 356 = NJW 1990, 242; von Hoffmann/Thorn IPR §  12 Rn.  14; S. Lorenz NJW 1995, 176, 177; Staudinger/Magnus, 2016, Rom I-VO Anh. I Art.  1 Rn.  32; Staudinger/ Mansel, 2015, Anh. EGBGB Art.  43 Rn.  23; Schefold IPRax 2000, 468, 469; BRHP/Spickhoff EGBGB Art.  43 Rn.  11; Palandt/Thorn EGBGB Art.  43 Rn.  1; SBL/Welter BankR-HdB §  26 Rn.  172. 26  Statt vieler BGHZ 108, 353, 356 = NJW 1990, 242; BGH NJW 1994, 939, 940; Palandt/ Thorn EGBGB Art.  43 Rn.  1. 27  OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 1213, 1215; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 Rn.  78; von Hoffmann/Thorn IPR §  12 Rn.  14; S. Lorenz NJW 1995, 176, 177; Staudinger/Mansel, 2015, Anh. EGBGB Art.  43 Rn.  72; Reuschle RabelsZ 68 (2004), 687, 706; Schefold IPRax 2000, 468, 469; SBL/Welter BankR-HdB §  26 Rn.  173. 28  Garcimartín Alférez EuLF 2008, I-61, I-63 mit Fn.  16; Rauscher/von Hein Rom I-VO Art.  1 Rn.  32; Ferrari/Kieninger IntVertragsR Rom I-VO Art.  1 Rn.  15; Staudinger/Magnus, 2016, Rom I-VO Art.  1 Rn.  67; Mankowski IHR 2008, 133, 134; MüKoBGB/Martiny Rom IVO Art.  1 Rn.  59. 25 

§  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen

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Rechte durch die Übertragung der Urkunde transferiert werden.29 Hierzu zählen u. a. Teilschuldverschreibungen auf den Inhaber, die im Rahmen einer Gesamtemission von dem Emittenten ausgegebenen werden.30 Ausgenommen aus dem Anwendungsbereich der Rom I-VO sind durch Art.  1 Abs.  2 Buchst.  d Rom I-VO nicht sämtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit handelbaren Wertpapieren, sondern nur solche, die – sprachlich übereinstimmend mit Art.  1 Abs.  2 Buchst. c EVÜ und Art.  37 Satz 1 Nr.  1 EGBGB a. F. – aus der Handelbarkeit der Wertpapiere entstehen. Bei der Auslegung dieser Formulierung besteht Einigkeit lediglich darüber, dass Kaufverträge über solche Wertpapiere von der Bereichsausnahme nicht umfasst sind, also den Art.  3 ff. Rom IVO unterliegen.31 Umstritten ist hingegen, ob die Bereichsausnahme auf Verpflichtungen beschränkt ist, die sich aus der spezifischen wertpapierrechtlichen Funktion der Papiere ergeben, nämlich Forderungen, die aus dem Erwerb von einem Nichtberechtigten, der Rechtsscheinhaftung und dem besonderen Einwendungsausschluss herrühren,32 oder darüber hinaus auch die in dem Wertpapier verbrieften Ansprüche der Inhaber gegen den Emittenten umfasst.33 Zur Begründung bemühen die Vertreter beider Ansichten Art.  6 Abs.  4 Buchst.  d Rom I-VO. Die Vorschrift schließt für Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einem Finanzinstrument die Anwendung des Art.  6 Abs.  1, 2 Rom I-VO aus. Der Begriff des Finanzinstruments ist gemäß ErwGr 30 Rom I-VO im Einklang mit Art.  4 Abs.  1 Nr.  17 MiFID auszulegen.34 Er umfasst nach Anhang I Abschnitt C Nr.  1 MiFID35 übertragbare Wertpapiere, wozu u. a. Schuldverschreibungen auf den Inhaber und an Order fallen. Der Vorschrift des Art.  6 Abs.  4 Buchst. d Rom I-VO liegt die Erwägung zugrunde, dass die Teilschuldverschreibungen einer Anleihe bei ausschließlicher Anwendung der in Art.  6 Abs.  1 Rom I-VO statuierten Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers dem Verbraucherschutzrecht des Staats unterlägen, in dem der je29 Ferrari/Kieninger IntVertragsR Rom I-VO Art.  1 Rn.  15; MüKoBGB/Martiny Rom IVO Art.  1 Rn.  6 4. 30 FK-SchVG/Hartwig-Jacob §   1 Rn.  84; Rauscher/von Hein Rom I-VO Art.  1 Rn.  33; Staudinger/Magnus, 2016, Rom I-VO Art.  1 Rn.  68; Palandt/Thorn Rom I-VO Art.  1 Rn.  10. 31  Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR 6.637; Garcimartín Alférez JPrIL 5 (2009), 85, 90; ders. EuLF 2008, I-61, I-63 Rn.  16; Mankowski RIW 2009, 98, 116; Martiny in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.  1.97. Siehe auch BT-Drucks. 10/503, 43 zu Art.  1 Abs.  2 Buchst. 2 EVÜ. 32 Rauscher/von Hein Rom I-VO Art.  1 Rn.  33; MüKoBGB/Lehmann IntFinanzMarktR Rn.  523; Erman/M. Stürner Rom I-VO Art.  1 Rom I-VO Rn.  8 ; MüKoBGB/Martiny Rom IVO Art.  1 Rn.  61; Palandt/Thorn Rom I-VO Art.  1 Rn.  10. 33  Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.   6.635; Garcimartín Alférez EuLF 2008, I-61, I-63 Rn.  16; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 Rn.  86; Staudinger/Magnus, 2016, Rom I-VO Art.  1 Rn.  69. 34  Garcimartín Alférez JPrIL 5 (2009), 85, 90; Mankowski RIW 2009, 98, 102. 35  Nach Rauscher/Heiderhoff Rom I-VO Art.  6 Rn.  45 können zu der Konkretisierung des Begriffs des Wertpapiers die Aufzählungen in Anh. I Abschnitt A, B MiFID herangezogen werden.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

weilige Inhaber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die daraus resultierende Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen auf Teilschuldverschreibungen derselben Emission beseitigte zum einen deren Fungibilität. Zum anderen änderte sich mit einer grenzüberschreitenden Übertragung des Finanzinstruments das anwendbare Verbraucherschutzrecht und damit u. U. der Inhalt der Teilschuldverschreibung. Ausweislich ErwGr 28 Satz 1 Rom I-VO wollte der Verordnungsgeber diese Rechtsfolgen mit der Bereichsausnahme (Art.  1 Abs.  2 Buchst. d Rom I-VO) vermeiden.36 Hieraus ziehen die Vertreter der engen Auslegung von Art.  1 Abs.  2 Buchst. d Rom I-VO den Umkehrschluss, dass der Verordnungsgeber in Bezug auf die in einem Finanzinstrument verbrieften Rechte und Pflichten nur die Anwendung des Art.  6 Abs.  1, 2 Rom I-VO, nicht aber die übrigen Bestimmungen der Rom I-VO ausschließen wollte; andernfalls hätte es der speziellen Bereichsausnahme nicht bedurft.37 Die Vertreter der Gegenansicht messen der Vorschrift des Art.  6 Abs.  4 Buchst. d Rom I-VO lediglich deklaratorische Bedeutung bei, weshalb ein solcher Umkehrschluss sich verbiete.38 Die deklaratorische Bedeutung folge daraus, dass die Vorschrift auch Anteile an Anlagegesellschaften nennt, die – wie Teilschuldverschreibungen auf den Inhaber oder an Order – bereits durch Art.  1 Abs.  2 Buchst. f Rom I-VO allgemein von dem Anwendungsbereich der Rom I-VO ausgenommen sind.39 2. Rechtsfolgen der Bereichsausnahme Die Frage, ob die Bereichsausnahme des Art.  1 Abs.  2 Buchst. d Rom I-VO auch die in Inhaber- und Orderpapieren verbrieften Rechte und Pflichten umfasst, ist letztlich ohne Auswirkung auf das Ergebnis. Die Rechtsfolgenanordnung des Art.  1 Abs.  2 Buchst. d Rom I-VO beschränkt sich zwar auf die negative Aussage, dass die Art.  3 ff. Rom I-VO keine Anwendung finden.40 Dies schließt die Möglichkeit der Rechtswahl aber nicht aus. Da für die in Inhaber- und Orderpapieren verbrieften Verpflichtungen keine besonderen Kollisionsvorschriften existieren,41 auf die zurückgegriffen werden könnte, ist die bei Anwendung der Bereichsausnahme entstehende Lücke hinsichtlich der Rechtsfolgen unter Rückgriff auf die in der Rom I-VO zum Ausdruck kommenden allgemeinen

36 

Garcimartín Alférez JPrIL 5 (2009), 85, 90; Mankowski RIW 2009, 98, 102. von Hein in Beiträge für Hopt, 2008, 371, 380; Mankowski TranspR 2008, 417, 420. 38  Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.  6 .635. 39  Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.  6 .635. 40 MüKoBGB/Martiny Rom I-VO Art.  1 Rn.  63. 41  Martiny in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.   1.97. Das Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte an intermediär verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung vom 5.7.2006 ist bislang nur in Mauritius, der Schweiz und den U.S.A. in Kraft getreten, siehe Palandt/Thorn EGBGB Art.  43 Rn.  1. 37 So

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Rechtsgrundsätze zu schließen.42 Hierzu zählt nach allgemeiner Ansicht insbesondere der Grundsatz der Parteiautonomie.43

II. Grenzen der Rechtswahlfreiheit Die für die in den Schuldverschreibungen verbrieften Rechtsverhältnisse im Grundsatz bestehende Rechtswahlfreiheit – sei es in direkter Anwendung von Art.  3 Abs.  1 Satz 1 Rom I-VO, sei es aufgrund des allgemeinen Grundsatzes der Parteiautonomie44 – wird zum Schutz der Anleihegläubiger vor missbräuchlichen Klauseln durch die Sonderanknüpfung in Art.  46b Abs.  1 EGBGB sowie durch den deutschen ordre public (Art.  6 EGBGB) eingeschränkt. 1. Sonderanknüpfung in Art.  4 6b Abs.  1 EGBGB Nach Art.  6 Abs.  2 Klausel-RL müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Verbraucher den durch die Klausel-RL gewährten Schutz nicht verlieren, wenn das Recht eines Drittlandes, d. h. eines Staats, der weder Mitglied der EU noch Vertragsstaat des Abkommens über den EWR ist, als das auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wird und der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Mitgliedstaaten aufweist. Diese Vorgabe hat der deutsche Gesetzgeber in Art.  46b Abs.  1 EGBGB umgesetzt. Bestimmt der Emittent in den Anleihebedingungen, dass die verbrieften Rechtsverhältnisse z. B. dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York – Gleiches gilt seit dem Ende des Brexit-Übergangszeitraums am 31.12.202045 für das englische Recht – unterliegen, sind die §§  307 ff. BGB nach Art.  46b Abs.  1 EGBGB gleichwohl anzuwenden, wenn der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufweist. Dies ist nicht nur anzunehmen, wenn der Sitz des Emittenten in Deutschland belegen ist. Ausreichend soll es nach der Ansicht des OLG Frankfurt bereits sein, dass die Teilschuldverschreibungen auch im Inland gegenüber privaten Anlegern öffentlich angeboten werden.46 Gleiches muss gelten, wenn mindestens ein deutsches Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut an dem Emissionskonsortium 42  Magnus IPRax 2010, 27, 29; MüKoBGB/Martiny Rom I-VO Art.   1 Rn.  63; ders. in Reith­mann/Martiny IntVertragsR Rn.  1.97 43  Freitag in Reithmann/Martiny IntVertragsR Rn.   6.633, 6.639; Garcimartín Alférez JPrIL 5 (2009), 85, 89; FK-SchVG/Hartwig-Jacob §  1 Rn.  86; siehe auch P. Opitz IFLR 1993, 21, 23 zu §  10 Nr.  8 AGBG a. F. 44  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 B. I. 45  Art.  2 Buchst.  e i. V. m. Art.  126 Brexit-Abkommen. 46  OLG Frankfurt OLGR 2007, 537, 540; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  34; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590 jeweils zu §  12 Satz 2 AGBG a. F. Zustimmend Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 285 f.; Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168, 169 f. Kritisch Siebel WM 1994, 1781, 1782.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

beteiligt ist,47 für die verbrieften Ansprüche eine dingliche Sicherheit im Inland bestellt wird, die Anleihe zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen wird oder die deutsche Muttergesellschaft die Erfüllung der verbrieften Ansprüche garantiert.48 2. Ordre public Unterstellt der Emittent die verbrieften Rechtsverhältnisse durch Rechtswahl in den Anleihebedingungen dem Recht eines Mitgliedstaats der EU oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den EWR findet zwar Art.  46b Abs.  1 EGBGB keine Anwendung. Unter den Voraussetzungen des deutschen ordre public (Art.  6 EGBGB) kann aber gleichwohl eine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen am Maßstab der §§  307 ff. BGB vorzunehmen sein. In diesem Sinne hat das OLG Frankfurt vor dem Brexit für englischem Recht unterstellte Schuldverschreibungen entschieden, obwohl die verfahrensgegenständlichen Wertpapiere jedenfalls in Großbritannien nur an gewerbliche Investoren verkauft worden waren.49 Zur Begründung verwies das Gericht – zu Recht – darauf, dass weder der UCTA noch die UTCCR den Anleihegläubigern einen den §§  307 ff. BGB vergleichbaren Schutz gewähren.50

C. Vermeidung gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnungen Aufgrund der Tatsache, dass die Emissionspraxis die Genehmigungsvorbehalte der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. systematisch umging,51 hob der Gesetzgeber die Vorschriften mit der Intention, die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Attraktivität der Bundesrepublik Deutschland als internationalen Finanzplatz zu verbessern,52 mit Wirkung vom 1.1.199153 auf. Die erhoffte Rückverlagerung der Emissionstätigkeit ist bislang allerdings ausgeblieben.54 Ursächlich hierfür ist nicht die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen nach deutschem Recht – diese droht regelmäßig auch bei Auslands­ 47 

Offengelassen von Siebel WM 1994, 1781, 1782. Zu einem engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tendiert Hartwig-Jacob Vertragsbeziehungen 285; verneinend hingegen BuB/Bosch Rn.  10/165. 49  OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1589 Rn.  2 , 38; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  2 , 36; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590. 50  OLG Frankfurt OLGR 2007, 537, 540; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  35; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590. Zu Einzelheiten des englischen Rechts nachstehend Kap.  4 §  10 B. II. 1. a) und b). 51  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 A. 52  BT-Drucks. 11/5830, 1 unter A. 53  Art.  1 i. V. m. Art.  3 Satz 1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839). 54  AK SchVR ZIP 2014, 845; H.-G. Vogel ZBB 1996, 321, 334. 48 

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emissionen 55 –, sondern die nur bei inländischen Konzernfinanzierungsgesellschaften vorzunehmende gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der an die Anleihegläubiger zu zahlenden Schuldentgelte.

I. Hinzurechnung bei inländischen Organgesellschaften Soweit Konzernfinanzierungsgesellschaften im Inland betrieben werden, unterliegt ihr Gewerbeertrag (§  6 GewStG) nach §  2 Abs.  1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer. Bei dessen Ermittlung sind die an die Anleihegläubiger zu zahlenden Schuldentgelte als Betriebsausgaben nach §  7 Abs.  1 Satz 1 GewStG i. V. m. §  8 Abs.  1 Satz 1 KStG, §  4 Abs.  4 EStG – vorbehaltlich §  8 Abs.  3 Satz 2 KStG56 – gewinnmindernd zu berücksichtigen.57 Ein Viertel der Summe wird dem Gewinn aus dem Gewerbebetrieb nach §  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG jedoch wieder hinzugerechnet (nachfolgend 1.). Durch das sog. Bankenprivileg in §  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV wird die Hinzurechnung nur für Kreditinstitute, nicht aber für Konzernfinanzierungsgesellschaften abgemildert (nachfolgend 2.). 1. Entgelt für Schulden Nach §  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG58 ist der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb (§  7 GewStG) um ein Viertel der Summe aus den Entgelten für Schulden zu vermehren, soweit die Summe den Freibetrag in Höhe von EUR 200.000 übersteigt.59 Der Begriff „Entgelt für Schulden“ umfasst grundsätzlich sämtliche Gegenleistungen für die Nutzungsmöglichkeit von formellem Fremdkapital. 60 Ausgenommen sind lediglich die auf sog. durchlaufende Kredite entfallenden Entgel55 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 B. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. I. 2. b). 57  Bei Bestehen einer Organschaft ist die Zinsschranke (§  4h EStG, §  8a KStG) gemäß §  15 Satz 1 Nr.  3 Satz 1 KStG auf der Ebene der Organgesellschaften nicht anzuwenden. Sie wirkt sich nur auf der Ebene des Organträgers aus, dem die Zinsaufwendungen der Organgesellschaft zugerechnet werden, siehe Schuck/Faller DB 2010, 2186. 58  Entgegen vereinzelten Stimmen in der Literatur (Goebel/Jacobs IStR 2009, 87, 92; Kessler/Eicker/Schindler IStR 2004, 678, 680; W. Meilicke IStR 2006, 130) ist die Vorschrift nicht nur verfassungskonform (BVerfGE 26, 1 [Ls.] = NJW 1969, 1243; Bergemann/Wingler/Winter GewStG §  8 Rn.  112 f.), sondern auch mit dem Unionsrecht vereinbar, siehe EuGH ECLI: EU:C:2011:499 (Ls.) – Scheuten Solar Technology GmbH; Kempf/Straubinger IStR 2005, 773, 775. 59 Im Rahmen bestehender Organschaften wird der Freibetrag jeder Organgesellschaft gewährt, siehe Lenski/Steinberg/Köster GewStG §  8 Rn.  11. 60  BFHE 217, 103, 106 = BStBl. II 2007, 655; BFHE 202, 357, 359 = BStBl. II 2004, 192; BFHE 193, 141, 142 = BStBl. II 2001, 609; BFHE 188, 406, 407 = BStBl. II 1999, 473; BFHE 181, 86, 87 = BStBl. II 1997, 253; Frotscher KSt/GewSt Rn.  665, 666; Hey in Tipke/Lang SteuerR Rn.  12.43; Lenski/Steinberg/Köster GewStG §  8 Rn.  76; Bergemann/Wingler/Wingler/ Holst GewStG §  8 Rn.  86; 56 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

te. 61 Hierbei handelt es sich um kurzfristige Kapitalüberlassungen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr, 62 bei denen die Kreditmittel unmittelbar nach der Vereinnahmung planmäßig zu einem außerhalb des Betriebs des Kreditnehmers liegenden Zweck an einen Dritten weitergeleitet werden. 63 Dieser Drittbezug fehlt bei der marktüblichen Gestaltung der Emissionstätigkeit, nämlich der Weiterleitung des Emissionserlöses – sei es aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags i. S. d. §  291 Abs.  1 Satz 1 Alt.  2 AktG (§  14 Abs.  1 Satz 1 KStG), sei es in anderer Weise (§  17 Satz 1 KStG), z. B. aufgrund einer Cash-pooling-Vereinbarung – ausschließlich innerhalb des Organkreises,64 da die Konzernfinanzierungsgesellschaft nach §  2 Abs.  2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte der Muttergesellschaft gilt und mit dieser eine wirtschaftliche Einheit bildet. 65 Daher sind die an die Anleihegläubiger zu zahlenden Zinsen auch dann Entgelt für Schulden i. S. d. §  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG, wenn die Laufzeit der Schuldverschreibungen ein Jahr nicht überschreitet. 2. Kein Bankenprivileg für Konzernfinanzierungsgesellschaften Die Hinzurechnung der Schuldzinsen (§  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG) wird durch §  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV nur für Kreditinstitute i. S. d. §  1 Abs.  1 i. V. m. §  2 Abs.  1 KWG abgemildert. Konzernfinanzierungsgesellschaften,66 die aufgrund ihrer Teilnahme an dem konzerninternen cash pool gewerbsmäßig das Kreditgeschäft i. S. d. §  1 Abs.  1 Satz 2 Nr.  2 KWG betreiben,67 erfüllen zwar den 61  Franke/Gageur BB 2005, 1704, 1706; Hey in Tipke/Lang SteuerR Rn.  12.43; S. Neumann Ubg. 2008, 585, 589; Ritzer DStR 2008, 1613, 1615; Bergemann/Wingler/Wingler GewStG §  8 Rn.  32; siehe auch BFHE 180, 160, 163 = BStBl. II 1996, 328; BFHE 166, 297, 301 = BStBl. II 1992, 257; Neuhäuser BB 1975, Beilage Nr.  11, 4 zu §  8 Nr.  1 GewStDV a. F.; a. A. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach §  8 Nr.  1 GewStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 1912, BStBl. I 630) v. 2.7.2012, BStBl. I 654 Rn.  11; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungs­ fragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach §  8 Nr.  1 GewStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 1912, BStBl. I 630) v. 4.7.2008, BStBl. I 730 Rn.  11; kritisch Köster DStZ 2008, 703, 706. 62  Statt vieler Knobbe-Keuk §  21 II 3 a = 737. 63  BFHE 180, 160, 163 f. = BStBl. II 1996, 328; BFHE 166, 297, 301 = BStBl. II 1992, 257. 64  BFHE 180, 160, 163 f. = BStBl. II 1996, 328. 65  BFHE 76, 513, 514 = BStBl. III 1963, 188. 66  Über die Eigenschaft eines Gewerbebetriebs als Kreditinstitut i. S. v. §  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV ist auch im Rahmen bestehender Organschaften aufgrund der rechtlichen Selbstständigkeit der Organmitglieder (statt vieler BFHE 194, 217, 219 = BStBl. II 2001, 114; Brandis/Heuermann/Drüen GewStG §  2 GewStG Rn.  131; Knobbe-Keuk §  20 III = 709) für jedes Organmitglied gesondert zu entscheiden, siehe statt vieler BFHE 93, 289 (Ls.) = BStBl. II 1968, 807. 67  Nach ganz überwiegender Ansicht begründet das cash pooling Darlehensbeziehungen, siehe statt vieler BGHSt 49, 147, 160 = NJW 2004, 2248; MüKoAktG/Altmeppen §  311 Rn.  228; ERS/Larisch Unternehmensfinanzierung Rn. C 555; a. A. C. Schäfer BB 2006, Spezial 7, 5 f.;

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Tatbestand des §  1 Abs.  1 Satz 1 KWG. Sie gelten nach §  2 Abs.  1 Nr.  7 KWG aber nicht als Kreditinstitute mit der Folge, dass sie aus dem personellen Anwendungsbereich des sog. Bankenprivilegs ausscheiden. 68 Derart eindeutig ist die Rechtslage erst seit der Änderung des §  19 Abs.  1 Satz 1 GewStDV durch die 5. ÄndVO mit Wirkung vom 30.6.2020.69 Da frühere Fassungen der Vorschrift70 ausschließlich §  1 KWG bzw. §  1 Abs.  1 KWG – nicht aber Art.  2 Abs.  1 KWG – erwähnten, war in der Literatur seit Anfang der 1990er Jahre umstritten, ob die Fiktion des §  2 Abs.  1 Nr.  7 KWG auch im Rahmen von §  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV a. F. zu berücksichtigen ist.71 Die Befürchtung, die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung könnten Konzernfinanzierungsgesellschaften das Bankenprivileg verwehren, hat zahlreiche große Unternehmensgruppen dazu veranlasst, ihre Konzernfinanzierungsgesellschaften im Ausland anzusiedeln.72 Dieses Motiv hat der BFH durch ein über den Einzelfall hinaus anwendbares73 Urteil vom 6.12.2016 nur kurzfristig beseitigt, da der Gesetzgeber die höchstrichterliche Entscheidung, dass auch Konzernfinanzierungsgesellschaften das sog. Bankenprivileg erfüllen können,74 durch eine Änderung des §  19 Abs.  1 Satz 1 GewStG mit Wirkung vom 30.6.2020 dahingehend revidiert hat, dass Konzernfinanzierungsgesellschaften ab dem Erhebungszeitraum 202175 aus dem Anwendungsbereich des Bankenprivilegs ausgeschlossen sind.

II. Nutzung einer ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung (§  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG) der an die Anleihegläubiger zu zahlenden Schuldzinsen vermeiden deutsche Konzerne ganz überwiegend durch die Ansiedlung ihrer Konzernfinanzierungsgesellschaften im Ausland.76 Weithin üblich ist der Errichtung einer in den Niederlanden domizilierenden BV und die Ausgabe der Schuldverschreibungen durch eine am Sitz der Konzernfinanzierungsgesellschaft befindliche Betriebsders. GmbHR 2005, 133, 135 (unregelmäßige Verwahrung); Hommelhoff WM 1984, 1105, 1106 (Realvertrag eigener Art). 68 Brandis/Heuermann/Hofmeister GewStG §  8 Rn.  93. 69  Art.  3 Nr.  1 i. V. m. Art.  11 Abs.  1 5. ÄndVO. 70 Zum einen §   19 GewStDV i. d. F. des Art.  4 Nr.  1 des Steuerreformgesetzes 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I 1093), zum anderen §  19 GewStDV i. d. F. des Art.  5 Nr.  2 JStG 2009. 71 Verneinend Schmid/Stoll BB 2005, 582, 584; bejahend Pyszka/M. Brauer DB 2002, 2456, 2457; in diese Richtung tendierend auch BFH/NV 2003, 653, 654 (obiter dictum). 72  Pyszka/M. Brauer DB 2002, 2456, 2457 mit Fn.  10. 73  OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation Gewerbesteuer Nr.  1/2018 v. 21.2.2018, abgedruckt in DB 2018, 675. 74 BFHE 256, 199 Rn.   20 f. = BStBl. II 2019, 173; ablehnend Glanegger/Güroff/Güroff GewStG §  8 Nr.  1 Buchst. a Rn.  52a. 75  Siehe §  36 GewStDV i. d. F. Art.  3 Nr.  3 5. ÄndVO. 76  AK SchVR ZIP 2014, 845; Pyszka/M. Brauer DB 2002, 2456, 2457 mit Fn.  10; H.-G. Vogel ZBB 1996, 321, 334.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

stätte i. S. d. §  12 Satz 1 AO.77 Diese Gestaltung der Emissionstätigkeit hat aufgrund der räumlichen Begrenzung des Steuergegenstands (§  2 Abs.  1 Satz 1 GewStG) zur Folge, dass der Gewerbeertrag dieser Betriebsstätte der Konzernfinanzierungsgesellschaft der deutschen Gewerbesteuer nicht unterliegt, eine anteilige Hinzurechnung der an die Anleihegläubiger zu zahlenden Schuldentgelte nach §  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG mithin a priori ausgeschlossen ist. Die der Konzernfinanzierungsgesellschaft im Rahmen des cash pool zufließenden Schuldentgelte sind daher nur nach Maßgabe des niederländischen Unternehmenssteuerrechts steuerbar, dem eine Gewerbesteuer fremd ist.78

III. Überlegungen de lege ferenda Eines der gesetzgeberischen Ziele bei der Reform des Schuldverschreibungsrechts bestand darin, den Finanzplatz Deutschland im Wettbewerb mit anderen Finanzmärkten zu stärken.79 Für dessen Verwirklichung genügt die Flexibilisierung des Restrukturierungsverfahrens alleine nicht. Kumulativ erforderlich ist der Abbau der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldentgelten nach §  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG, die de lege lata nur die Gewerbesteuerschuld im Inland ansässiger Konzernfinanzierungsgesellschaften wesentlich erhöht. Das hierin begründete Motiv, Konzernfinanzierungsgesellschaften im Ausland anzusiedeln, entfiele bei einer Ausweitung des §  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV auf Konzernfinanzierungsgesellschaften i.  S.  d. §   2 Abs.   1 Nr.   7 KWG.80 Eine solche Neufassung des Bankenprivilegs erscheint jedenfalls in naher Zukunft unwahrscheinlich, da der Gesetzgeber auf das Urteil des BFH81 mit einer Änderung des §  19 Abs.  1 Satz 1 GewStDV82 dahingehend reagiert hat, 77  Befindet die Geschäftsleitung (§§  10, 12 Satz 2 Nr.  1 AO) der in den Niederlanden ansässigen BV sich zur Begründung einer steuerlichen Organschaft nach deutschem Recht (§§  14 Abs.  1 Satz 1, 17 Satz 1 KStG, 2 Abs.  2 Satz 2 GewStG) im Inland, ist die Gesellschaft zwar nach §  1 Abs.  1 Satz 1 KStG unbeschränkt körpersteuerpflichtig (statt vieler BFHE 180, 146, 149 = BStBl. II 1996, 312; Brandis/Heuermann/Rengers KStG §  1 Rn.  146). Werden die Schuldverschreibungen aber nicht im Inland, sondern z. B. von einer am Sitz der BV in den Niederlanden belegenen Zweigniederlassung (§  12 Satz 2 Nr.  2 AO) ausgegeben, ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland durch Art.  7 Abs.  1, 2 DBA-NL i. V. m. §  2 Abs.  1 AO – abweichend von §  1 Abs.  2 KStG – auf die Einkünfte beschränkt, die im Inland an dem Ort der Leitung i. S. d. Art.  5 Abs.  1, 2 Buchst. a DBA-NL erzielt werden. 78  Dorenkamp DStJG 2009, 301, 335; S. Wagner StBP 1988, 55. Angedeutet auch bei Stucke DM-Auslandsanleihen 9 mit Fn.  2. 79  Begründung des SchVÄndG-DiskE, 9. Dies gilt nicht nur für die Reform des Schuldverschreibungsrechts, sondern für den Bereich des Kapitalmarktrechts allgemein, siehe z. B. BTDrucks. 14/8017, 1 unter A.; BT-Drucks. 11/5830, 1 unter A.; BR-Drucks. 609/03, 1 unter A. 80  Für eine Ausweitung des Bankenprivilegs de lege ferenda auf Konzernfinanzierungsgesellschaften Köster DStZ 2008, 703, 706. 81  BFHE 256, 199 Rn.  20 f. = BStBl. II 2019, 173. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 C. I. 2. 82  Art.  3 Nr.  1 i. V. m. Art.  11 Abs.  1 5. ÄndVO.

§  9. Inhaltskontrolle bei Auslandsemissionen

425

dass Konzernfinanzierungsgesellschaften ab dem Erhebungszeitraum 202183 aus dem Anwendungsbereich des Bankenprivilegs ausgeschlossen sind.

D. Ergebnisse 1. Unterstellt der Emittent die Rechtsverhältnisse aus der Anleihe einer ausländischen Rechtsordnung, können die Anleihebedingungen dennoch der AGB-recht­lichen Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB unterliegen. a) Wählt der Emittent das Recht eines Staats, der weder Mitglied der EU noch Vertragsstaat des Abkommens über den EWR ist (z. B. das Recht des U.S.-Bundesstaats New York), sind die §§  307 ff. BGB jedenfalls dann gleichwohl anzuwenden, wenn einzelne Teilschuldverschreibungen der Anleihe auch im Inland gegenüber privaten Anlegern öffentlich angeboten oder zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen werden. b) Unterliegen die verbrieften Rechtsverhältnisse dem Recht eines Mitgliedstaats der EU oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den EWR, ist trotz wirksamer Rechtswahl die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach deutschem Recht vorzunehmen, wenn die ausländische Rechtsordnung keinen den §§  307 ff. BGB vergleichbaren Schutz der Anleihegläubiger vor missbräuchlichen Klauseln gewährt. 2. Die weithin übliche Verlagerung der Emissionstätigkeit auf Konzernfinanzierungsgesellschaften mit Sitz und Betriebsstätte im Ausland ist seit der Aufhebung der §§  795, 808a BGB a. F. mit Wirkung vom 1.1.1991 regelmäßig dadurch motiviert, die nur bei inländischen Betriebsstätten vorzunehmende gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der an die Anleihegläubiger gezahlten Schuldentgelte (§  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG) zu vermeiden. 3. Die durch die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung verringerte Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland kann de lege ferenda durch eine Ausdehnung des sog. Bankenprivilegs (§  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV) auf Konzernfinanzierungsgesellschaften gesteigert werden.

83 

Siehe §  36 GewStDV i. d. F. Art.  3 Nr.  3 5. ÄndVO.

§  10. England Die grundsätzliche Freiheit deutscher Emittenten, die Rechtsverhältnisse aus Schuldverschreibungen durch Rechtswahl dem englischen Recht zu unterstellen, ist seit dem Ende des Brexit-Übergangszeitraums am 31.12.2020 84 durch die Sonderanknüpfung des Art.   46b Abs.   1 EGBGB dahingehend eingeschränkt, dass die §§  307 ff. BGB gleichwohl anzuwenden sind, wenn der Vertrag z. B. aufgrund des öffentlichen Angebots der Wertpapiere auch gegenüber privaten Anlegern im Inland einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufweist.85 Aber auch dann, wenn ein solcher Zusammenhang fehlt, dürfte auf Grundlage des deutschen ordre public (Art.  6 EGBG) eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen vorzunehmen sein, da das englische Recht – wie das OLG Frankfurt vor dem Brexit wiederholt entschieden hat – den Anleihegläubigern keinen den §§  307 ff. BGB vergleichbaren Schutz gewährt.86 Dieser rechtsvergleichende Befund dürfte im Wesentlichen darauf beruhen, dass dem geschriebenen englischen Recht Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung von Schuldverschreibungen fremd sind (nachfolgend A.). Die damit einhergehende Gestaltungsfreiheit wird dadurch gestärkt, dass die im common law bestehende Vertragsfreiheit (freedom of contract) die Gerichte verpflichtet, sich einer Inhaltskontrolle weitgehend zu enthalten (nachfolgend B.). Gleichwohl existieren Entscheidungen, in denen englische Gerichte eine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen vorgenommen haben (nachfolgend C.).

A. Grundlagen des englischen Schuldverschreibungsrechts Der CA 2006 enthält einen eigenen Abschnitt (Sec. 738–754 CA 2006) über Schuldverschreibungen (nachfolgend I.). Die Bestimmungen sind allerdings überwiegend administrativer Natur und enthalten weder Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse (nachfolgend IV.) noch für die 84 

Art.  2 Buchst. e i. V. m. Art.  126 Brexit-Abkommen. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 B. II. 1. 86  OLG Frankfurt OLGR 2007, 537, 540; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  35; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590. 85 

§  10. England

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Verbriefung der Schuldverschreibungen (nachfolgend II.), die Verwahrung der Wertpapiere sowie deren Übertragung (nachfolgend III.).

I. Regelungen im CA 2006 An der Spitze des neunzehnten Abschnitts des CA 2006 steht eine wenig aussagekräftige Definition des Begriffs der Schuldverschreibung (debenture). Er umfasst gemäß Sec. 738 CA 2006 sowohl unkörperliche Wertrechte als auch Anleihen und andere Wertpapiere der Gesellschaft, unabhängig davon, ob für sie eine Sicherheit aus dem Gesellschaftsvermögen bestellt ist. Die einzig gehaltvolle Aussage der Begriffsbestimmung liegt darin, dass die Schuldverschreibungen nicht besichert werden müssen. 87 Die nachstehenden Vorschriften erschöpfen sich im Wesentlichen in Regelungen über die – nur bei Inhaberpapieren nicht erforderliche88 – Registrierung der Schuldverschreibungen beim Handelsregister (registrar of companies, Sec. 741 CA 2006), ein ggf. von der Gesellschaft freiwillig89 geführtes Register der Anleihegläubiger (Sec. 743–748 CA 2006) sowie die Haftung des Anleihetreuhänders (Sec. 750, 751 CA 2006).90 Obgleich die Ausgabe neuer Schuldverschreibungen – insbesondere Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen – die Interessen der Gesellschafter erheblich beeinträchtigen kann, sehen die Sec. 738–754 CA 2006 im Unterschied zum deutschen Recht (§  221 Abs.  1, 5 AktG) weder ein Bezugsrecht noch die Beteiligung der Gesellschafter an der Entscheidung über die Emission einer neuen Schuldverschreibung vor.91 Gleiches gilt – vorbehaltlich abweichender Regelungen in dem trust deed92 – auch für die Gläubiger bereits umlaufender Anleihen.93

II. Dominanz von Sammelurkunden Ähnlich der Rechtspraxis in Deutschland werden die nach englischem Recht begebenen Schuldverschreibungen nicht mehr in einzelnen Inhaberurkunden (definite bearer debentures) verbrieft, die als negotiable instruments durch Übergabe (delivery) übertragen werden können.94 An ihre Stelle sind aus Kos87  Frisby in Morse, Company Law, 496; Gower/Davies, Company Law, Rn.   31-5. Die „Blutleere“ der Definition hat wohl mit dazu beigetragen, dass anstelle des altertümlich wirkenden Oberbegriffs debenture in der Praxis die Begriffe bond, note und commercial paper gebräuchlich sind, siehe Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-5. 88  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-21. 89  Frisby in Morse, Company Law, 502; Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-21. 90  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-5, 31-21. 91  Frisby in Morse, Company Law, 497. 92  Zu dem Inhalt des trust deed nachstehend Kap.  4 §  10 A. IV. 1. 93  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-18. 94  Bamford, International Financial Law, Rn.  6 .78, 6.98; Frisby in Morse, Company Law, 503; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 379; TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels-

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

tengründen ganz überwiegend95 dauerhafte96 Sammelurkunden (global bearer 97 debenture) getreten,98 die den gesamten Anleihebetrag repräsentieren.99 Im Unterschied zum deutschen Recht eröffnet das englische Recht den Emittenten die Möglichkeit, die Schuldverschreibung als Wertrecht (registered debenture) zu begründen.100 Dieses ist – im Unterschied zu dem elektronischen Wertpapier nach deutschem Recht101 – kein Wertpapier (negotiable instrument),102 sondern ein unkörperlicher Gegenstand in Form einer legal chose in action.103 Diese Form erhöht insbesondere die Attraktivität der Schuldverschreibung für U.S.-amerikanische Investoren. Ursächlich hierfür ist TEFRA, der u. a. der Umgehung des U.S.-amerikanischen Steuerrechts durch anonyme Inhaberpapiere entgegenwirken soll. Zu diesem Zweck werden die Emittenten und deren Zahlstellen (paying agents) mit steuerlichen Nachteilen – nämlich einer Quellensteuer104 und einem Abzugsverbot für Zinszahlungen – belastet, wenn über die Schuldverschreibung ein Inhaberpapier – sei es eine Sammelurkunde, seien es einzelne Wertpapierurkunden – ausgestellt ist und dessen Inhaber dem U.S.ameri­kanischen Steuerrecht unterliegt.105 Um diese Nachteile für U.S.-amerikanische Investoren zu vermeiden, muss die Schuldverschreibung nicht als unkörperliches Wertrecht (registered debenture) begeben werden. Es genügt, dass die Anleihebedingungen den Gläubigern das Recht einräumen, ihre Inhaberpapiere in ein Wertrecht umzutauschen.106 Unter Ausnutzung dieser Möglichkeit werden Schuldverschreibungen unter englischem Recht ganz überwiegend als Sammelurkunden (global bearer debentures) und nicht als unkörperliche Wertrechte begeben.107 und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  188; Wood, International Loans, Rn.  11-005, 11-012, 12006. 95  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 228; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 376, 384; Wood, International Loans, Rn.  10-002, 11-004. 96  Wood, International Loans, Rn.  11-006. 97 Die global note wird regelmäßig als Inhaberpapier ausgestellt, siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 385. 98  Bamford, International Financial Law, Rn.  6 .79; Gower/Davies, Company Law, Rn.  3114; Hudson, Law of Finance, Rn.  35-03 f. 99  Wood, International Loans, Rn.  11-007, 11-017. 100  Ferran, Corporate Finance Law, 524; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 385. 101  Zu Einzelhieten vorstehend Kap.  2 §  4 A. III. 1. 102  Frisby in Morse, Company Law, 501; Wood, International Loans, Rn.  11-006. 103  Frisby in Morse, Company Law, 501; TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  189. 104  Endres RIW 1983, 700; ders. RIW 1983, 191, 196; Witthuhn/Andersen StuW 1983, 161 ff. 105  Ferran, Corporate Finance Law, 524 mit Fn.  92; Wood, International Loans, Rn.  11-008. 106  Wood, International Loans, Rn.  11-008. 107  Ferran, Corporate Finance Law, 524; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 457; Wood, International Loans, Rn.  10-002, 11-004, 11-018. Abweichend TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  189: viel häufiger seien registered bonds.

§  10. England

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III. Verwahrung und Übertragung Die Sammelurkunden werden regelmäßig direkt einem Internationalen Zen­ tralverwahrer – der Euroclear Bank in Brüssel, der Clearstream Banking in Lu­ xemburg oder der SIX SIS in Zürich – in seiner Funktion als common safekeeper übergeben.108 Mit der Einlieferung der Urkunde erwirbt er das Eigentum an dem Wertpapier109 und wird zum Anleihegläubiger.110 Wirtschaftlich besitzt der Zentralverwahrer die Sammelurkunde aber nicht für sich selbst. Er hält sie als Treuhänder für seine Kunden, die ein Konto bei ihm unterhalten und ein Recht an der Schuldverschreibung erworben haben.111 Die Kontoinhaber – nahezu ausschließlich große Banken – sind regelmäßig Unter-Treuhänder für ihre Kunden,112 die, sofern sie nicht selbst die Rechte an der Schuldverschreibung erworben haben, wiederum als Treuhänder zugunsten der Berechtigten agieren.113 1. Kette von Treuhandverhältnissen Die Kette von Treuhandverhältnissen114 erinnert an den mehrstufigen mittelbaren Besitz bei der Sammelverwahrung von Sammelurkunden nach deutschem Recht.115 Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass nach englischem Recht beim derivativen Erwerb kein Miteigentumsanteil an der Sammel­ urkunde übertragen wird. Gegenstand der Übertragung ist nur der Anteil des Veräußerers an dem zu seinen Gunsten treuhänderisch verwalteten Recht.116 Dieser Unterschied zum deutschen Recht beruht auf zwei Gründen. Zum einen ist die global bearer note – im Unterschied zu der Sammelurkunde nach §  9a Abs.  1 Satz 1 DepotG – kein negotiable instrument; sie ist zum Verbleib bei dem Zentralverwahrer bestimmt und soll nicht durch Übergabe (delivery) übertragen werden.117 Zum anderen begründet die global bearer note selbst keine un108  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 385; Hudson, Law of Finance, Rn.  35-09. Unter Anwendung der classic global note structure wurde die Sammelurkunde einem Verwahrer (depository) – in der Regel einer Bank – übergeben, der diese regelmäßig als Treuhänder für Euroclear, Clearstream oder SIX SIS verwaltete, siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 386; Wood, International Loans, Rn.  10-033, 11-007, 11-017, 16-060. 109  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 387. 110  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 228 f. 111  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 232. 112  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 385. 113  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 385. Siehe auch Wood, International Loans, Rn.  11-017 für die classic global note structure. 114  Wood, International Loans, Rn.  11-017. 115  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 3. a) aa). 116  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 457. 117  Statt vieler Bamford, International Financial Law, Rn.  6 .80 ff., 6.108; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 386.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

mittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Emittenten und den Anlegern.118 Der mehrstufige mittelbare Besitz nach deutschem Recht führt dazu, dass die Anleger nicht nur mittelbare Besitzer und Eigentümer ihres Anteils an der Sammelurkunde, sondern auch Gläubiger des Emittenten sind. Sie können die verbrieften Ansprüche ohne Mitwirkung der Zwischenverwahrer unmittelbar gegen den Emittenten einklagen. Im Gegensatz dazu steht den Anlegern nach englischem Recht – obgleich sie regelmäßig als debenture holder bezeichnet werden – kein Recht an der global bearer note zu. Sie sind weder mittelbare Besitzer noch Eigentümer eines Bruchteils der Urkunde noch unmittelbare Gläubiger des Emittenten.119 Ihre Rechtsposition beschränkt sich – abgesehen von dem trust deed bzw. deed poll120 – auf die mit der Treuhand verbundenen Ansprüche gegen ihren Treuhänder; mit dem Emittenten und den Treuhändern höherer Stufen stehen sie hingegen in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung.121 2. Übertragung durch Novation Die Übertragung der treuhänderisch verwalteten Anteile erfolgt ohne körperliche Bewegung der global bearer note durch Umbuchungen auf den Konten der Anleger sowie der beteiligten Treuhänder.122 Der Anteil wird auf dem Konto des Veräußerers aus- und auf dem Konto des Erwerbers eingebucht. Sind der Veräußerer und der Erwerber Kunden unterschiedlicher Treuhänder, müssen nicht nur die Konten ihrer Treuhänder, sondern auch die Konten der übergeordneten Treuhänder geändert werden.123 Rechtlich werden die Umbuchungen – im Unterschied zum deutschen Recht, unter dessen Geltung sie in der Regel lediglich die Publizität des geänderten Besitzmittlungswillens herstellen124 – als Novation angesehen.125 Die hierfür erforderliche Zustimmung des Schuldners – dies ist nur der unmittelbare Treuhänder126 – wird konkludent mit der Aus-

118  Anderes gilt nur, wenn der Emittent auf die Bestellung eines Treuhänders verzichtet, an seiner Stelle lediglich einen fiscal agent mit der Abwicklung der Zahlungen beauftragt und über die debenture einzelne Inhaberpapiere (definite bearer bonds) ausgestellt sind, siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 390. 119  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 229; Gower/Davies, Company Law, Rn.  3114; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 376. 120  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  4 §  10 A. IV 1. und 2. 121  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 387. 122  Benjamin, Interests in Securities, Rn.  3.31; Wood, International Loans, Rn.  10-002, 11018. 123  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 458. 124  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 3. a) bb). 125  Benjamin, Interests in Securities, Rn.   3.27; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 458. 126  Zuvor 1.

§  10. England

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führung der Kontobuchungen erteilt. Eine Zustimmung des Emittenten ist nicht erforderlich.127

IV. Anleihebedingungen Im Gegensatz zu Aktien (shares) gewähren Schuldverschreibungen (debentures) ihren Inhabern auch nach englischem Recht keine mitgliedschaftliche Beteiligung an der emittierenden Gesellschaft, sondern nur vertragliche Ansprüche gegen dieselbe.128 Kernelement der Schuldverschreibungen ist das Versprechen des Emittenten, dem Inhaber (debenture holder) einen bestimmten Geldbetrag zzgl. Zinsen zu zahlen.129 Bei einzelnen Inhaberpapieren (definite bearer debentures) ist das Leistungsversprechen auf der Vorderseite der Urkunde, die detaillierte Beschreibung der Leistungen sowie der Rechte und Pflichten des Emittenten und des Inhabers auf der Urkundenrückseite abgedruckt.130 Bei den marktüblichen Sammelurkunden (global bearer notes) verzichten die Emittenten auf diese Gestaltung. Stattdessen werden die umfangreichen Anleihebedingungen außerhalb der Urkunde in einem deed poll (nachfolgend 2.) oder – sofern ein Anleihetreuhänder bestellt wird131 – in einem trust deed niedergelegt (nachfolgend 1.). 1. Anleihetreuhänder (trustee) und trust deed Für die nach englischem Recht unter Geltung des FSMA begebenen Schuldverschreibungen ist es üblich, dass der Emittent einen Anleihetreuhänder (trustee) bestellt.132 Mit diesem schließt er – ohne Beteiligung der Anleger133 – einen als trust deed bezeichneten Vertrag,134 dessen Wirksamkeit – abweichend von einem Grundsatz des englischen Vertragsrechts – keine Gegenleistung (consi­ deration) voraussetzt.135 Die Vereinbarung beinhaltet nicht nur Rechte und Pflichten des Treuhänders gegenüber dem Emittenten (z. B. den Umfang der

127 

Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 458. Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-6. 129 TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  186. 130  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 228; Wood, International Loans, Rn.  12002, 12-003. 131  Unter Geltung der Regelungen der LSE über die Admission of Securities to Listing (sog. Yellow Book), musste ein Anleihetreuhänder (trustee) bestellt werden. Zu Einzelheiten Hudson, Law of Finance, Rn.  35-22. 132  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 230; Frisby in Morse, Company Law, 497; Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-16; Wood, International Loans, Rn.  16-009; differenzierend nach der Stückelung der Anleihe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 379. 133  Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 396. 134 TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  186. 135  Statt vieler Bamford, International Financial Law, Rn.  6 .109. 128 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

Überwachung des finanziellen Status136 sowie die Treuhändervergütung),137 sondern regelt auch die Rechtsbeziehung zwischen dem Emittenten und den Anlegern.138 Auf diese Regelungen wird in den Sammelurkunden (global bearer notes) Bezug genommen, um den Anleihebedingungen im Verhältnis zu den Anlegern Geltung zu verschaffen (incorporation by reference).139 2. Common service provider und deed poll Verzichtet der Emittent ausnahmsweise auf die Bestellung eines Anleihetreuhänders140 – das englische Recht enthält im Gegensatz zu dem U.S.-amerikanischen TIA141 keine Pflicht zu der Bestellung eines Anleihetreuhänders (bond trustee) 142 –, werden die Rechte der Anleger in einem deed poll, einer einseitigen Erklärung des Emittenten,143 festgelegt. Im Übrigen sind die Unterschiede technischer Natur. Die tatsächliche Abwicklung der Zahlungen erfolgt regelmäßig144 durch einen common service provider – diese Funktion übernimmt regelmäßig der Zentralverwahrer145 –, der den erhaltenen Gesamtbetrag an die Treuhänder mit der Maßgabe weiterleitet, diesen den Konten der Anleger gutzuschreiben.146 Das im Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Zentralverwahrer zugrunde liegende service agreement wird von dem Zentralverwahrer gestellt und beinhaltet daher – im Unterschied zu dem trust deed – keine Regelung der Rechte der Anleger gegenüber dem Emittenten. Diese werden in dem deed poll, auf den in der Sammelurkunde (global bearer note) Bezug genommen wird, begründet und ausgestaltet.147 Kern desselben ist ein klagbares Leistungsversprechen, das der Emittent nicht gegenüber seinem Vertragspartner, dem common service provider, sondern gegenüber demjenigen abgibt, der sich zu dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs als Inhaber eines 136  Die Verpflichtung, die finanzielle Lage des Emittenten zu überwachen, wird in dem trust deed regelmäßig eingeschränkt, siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 397. 137  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-16. 138  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 232; TIRVZ/Ringe/Otte, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, V. Kap. Rn.  186 f. 139  Wood, International Loans, Rn.  12-003. 140  Zu den Vor- und Nachteilen der Treuhand im Zusammenhang mit debentures siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 380 ff.; Wood, International Loans, Rn.  16-002 ff. 141  Zu Einzelheiten nachstehend Kap.  4 §  11 B. I. 142  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 230; Ferran, Corporate Finance Law, 518; Wood, International Loans, Rn.  16-006. 143  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-16. 144  Alternativ kann die Abwicklung der Zahlungen über einen von dem Emittenten ausgewählten paying agent bzw. fiscal agent erfolgen, siehe Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 231. 145  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 229. 146  Wood, International Loans, Rn.  12-064. 147  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 229.

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treuhänderisch verwalteten Anteils an der Schuldverschreibung legitimieren kann.148 3. Inhaltliche Gestaltungsfreiheit Für die inhaltliche Ausgestaltung der Gläubigerrechte in dem trust deed bzw. dem deed poll enthalten die Sec. 738–754 CA 2006 keine Vorgaben. Insbesondere existiert kein numerus clausus bestimmter Arten von Schuldverschreibungen, so dass der Emittent und – im Fall eines trust deed – der Anleihetreuhänder den Inhalt unter Ausnutzung der ihnen zustehenden Vertragsfreiheit (freedom of contract) vereinbaren können.149 Die damit einhergehende Gestaltungsfreiheit reicht deutlich weiter als nach deutschem Recht. Sie umfasst nicht nur die Variation der Laufzeit und der Zahlungsmodalitäten150 sowie das Recht auf Auszahlung eines Anteils von dem Unternehmensgewinn, sondern auch – insoweit geht sie über das deutsche Recht hinaus – die Einräumung von typischen Mitgliedschaftsrechten, wie z. B. die Rechte auf Anwesenheit und Teilnahme an der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung, sowie das Recht auf Mitwirkung an der Bestellung der Vorstandsmitglieder.151

B. Rechtliche Grundlage der Inhaltskontrolle Die Tatsache, dass die meisten Schuldverschreibungen, die an europäischen Kapitalmärkten gehandelt werden, englischem Recht unterstellt sind,152 wird regelmäßig damit begründet, dass das englische Recht – konkret die Vertragsfreiheit (freedom of contract) – einen weiten inhaltlichen Gestaltungsspielraum gewähre, ohne dass die Emittenten eine dem deutschen Recht vergleichbare offene Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen fürchten müssten.153 Die Aussage trifft zwar auf das common law zu (nachfolgend I.), wird aber im Bereich des statutory law, insbesondere durch die UTCCR und die Befugnisse des Financial Ombudsman Service (Sec. 225–234 FSMA), eingeschränkt (nachfolgend II.).

148  Moody v. Condor Insurance Ltd. (2006) 1 WLR 1847, 1853 Rn.  16; Burn in Baums/ Cahn, Reform SchVR, 219, 229; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 379; Wood, International Loans, Rn.  16-035. 149  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 223; Gower/Davies, Company Law, Rn.  3136. 150  Für Beispiele siehe Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-36. 151  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-6. 152  Dixon/Wall FSR 2000, 142, 145. 153  Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

I. Common law und equity Das englische Verständnis von Vertragsfreiheit (freedom of contract) umfasst nicht nur die Vertragsabschlussfreiheit und die inhaltliche Gestaltungsfreiheit, sondern auch die grundsätzliche Freiheit von einer gerichtlichen Inhaltskon­ trolle in Bezug auf den Vertragsinhalt.154 Die Aufgabe der Gerichte erschöpft sich darin, den Vertrag mit dem von den Parteien vereinbarten Inhalt durchzusetzen.155 Dies gilt nicht nur für individuell ausgehandelte, sondern grundsätzlich auch für von einer Vertragspartei vorformulierte Vertragsbedingungen. Letzte erfahren im common law nur in Bezug auf die Einbeziehung,156 insbesondere ungewöhnlicher und überraschender Bestimmungen,157 und die Auslegung158 eine besondere Behandlung.159 Ein Recht, sich von einem unbilligen (unfair) Vertrag zu lösen, gewährt das common law den Vertragsparteien grundsätzlich nicht. Anderes gilt nur, wenn der Vertrag das Ergebnis eines fehlerhaften Vertragsschlusses ist,160 nämlich in den Fällen einer arglistigen Täuschung (misrepresentation),161 einer widerrechtlichen Drohung (duress) 162 und eines Irrtums (mistake).163 Weitere Ausnahmen von der grundsätzlichen Bindung auch an inhaltlich nachteilige Verträge hat die Rechtsprechung nur in Einzelfällen unter Hinweis auf Prinzipien des equity zugelassen.164 In der Entscheidung 154  Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 263; H. Beale/Whittaker Contracts I Rn.  15-001. 155  Pao On v. Lau Yiu Long (1980) AC 614, 634; Lloyd’s Bank Ltd. v Bundy (1975) Q.B. 326, 336; Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 263; Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168 f.; S. Smith, Law of Contract, 297. 156  Thornton v. Shoe Lane Parking Ltd. (1971) 2 Q.B. 163, 166 f.; Baier Verbraucherverträge 127. 157  O’Brien v. MGN Ltd. (2002) C.L.C. 33, 38 Rn.  19 f.; Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. (1989) 1 Q.B. 433; Thornton v. Shoe Lane Parking Ltd. (1971) 2 Q.B. 163, 172; J. Spurling Ltd. v. Bradshaw (1956) 1 W.L.R. 461, 466; Baier Verbraucherverträge 127 f.; Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 264; Reynolds in CoE, Standard Terms in Contracts, 17, 26, 27. 158  Statt vieler White v. John Warwick & Co. Ld. (1953) 1 W.L.R. 1285, 1295; Rutter v. Palmer (1922) 2 K.B. 87, 92; Baier Verbraucherverträge 127. 159  Reynolds in CoE, Standard Terms in Contracts, 17, 20. 160  S. Smith, Law of Contract, 296; TIRVZ/Vogenauer, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, III. Kap. Rn.  133. 161  Zu Einzelheiten H. Beale/H. Beale Contracts I Rn.  6 -001 ff.; CFF/Furmston, Law of Contract, 338 ff.; Koffman/Macdonald, Law of Contract, Rn.  13.1 ff.; S. Smith, Law of Con­ tract, 254 ff. 162  Zu Einzelheiten H. Beale/H. Beale Contracts I Rn.  7-003 ff.; CFF/Furmston, Law of Contract, 389 ff.; Koffman/Macdonald, Law of Contract, Rn.  14.2 ff.; S. Smith, Law of Con­ tract, 267 ff. 163 TIRVZ/Vogenauer, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, III. Kap. Rn.  133. Zu Einzelheiten H. Beale/H. Beale Contracts I Rn.  5 -001 ff.; CFF/Furmston, Law of Con­tract, 292 ff.; Koffman/Macdonald, Law of Contract, Rn.  12.1 ff. 164  Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmes Ltd. (1989) 1 Q.B. 433, 439; Nat’l Westminster Bank Plc. v. Morgan (1985) AC 686, 694; Dean 56 M.L.R. 581, 585 (1993).

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Lloyd’s Bank Ltd. v. Bundy hat Lord Denning die unter Berufung auf equity entschiedenen Einzelfälle in die Fallgruppen des Güternotstands (duress of goods), der sittenwidrigen Übervorteilung (unconscionability) 165 und der ungebührlichen Einflussnahme (undue influence166 und undue pressure) eingeteilt.167 Ferner schlug er im Rahmen eines obiter dictum vor, die Fallgruppen zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts zusammenzuführen, dass eine Vertragspartei, deren Verhandlungsmacht aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse, ihrer Unwissenheit oder Unerfahrenheit oder einer Drucksituation schwerwiegend beeinträchtigt sei, berechtigt sein soll, sich von dem Vertrag zu lösen, wenn sie diesen ohne Rechtsrat geschlossen habe, dessen Inhalt erheblich unfair sei oder der Vertrag eine in grobem Maße unangemessene Gegenleistung vorsehe.168 Diesen Vorschlag zur Rechtsfortbildung wies der Privy Council aufgrund der befürchteten Rechtsunsicherheit zurück.169 Das House of Lords schloss sich dieser Argumentation an und betonte, dass die Einführung einer solchen Einschränkung der Vertragsfreiheit dem Gesetzgeber vorbehalten sei.170

II. Statutory law Einschränkungen der Vertragsfreiheit (freedom of contract) beinhalten insbesondere der UCTA, die UTCCR sowie der FSMA. Während die Vorschriften der erstgenannten Rechtsakte die Gerichte zu einer offenen Inhaltskontrolle berechtigen (nachfolgend 1.), wird diese im Rahmen des FSMA von einer Behörde vollzogen, nämlich durch den Financial Ombudsman Service (nachfolgend 2.). 1. Inhaltskontrolle durch die Gerichte Die englischen Gerichte haben u. a. auf Grundlage der Bestimmungen des UCTA und der UTCCR eine offene Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen vorzunehmen.

165  Interfoto Picture Library v. Stiletto Visual Productions Ltd. (1988) 1 All ER 348, 353; Lloyd’s Bank Ltd. v. Bundy (1975) Q.B. 326, 337. 166  Nat’l Westminster Bank Plc. v. Morgan (1985) AC 686, 707; Bank of Montreal v. Stuart (1911) AC 120, 137; grundlegend Allcard v. Skinner (1887) 36 Ch. D. 145, 183. Siehe auch TIRVZ/Vogenauer, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, III. Kap. Rn.  133. 167  Lloyd’s Bank Ltd. v. Bundy (1975) Q.B. 326, 337 f. 168  Lloyd’s Bank Ltd. v. Bundy (1975) Q.B. 326, 339. Siehe dazu von Hippel RabelsZ 41 (1977), 237, 275. 169  Pao On v Lau Yiu Long (1980) AC 614, 634. 170  Nat’l Westminster Bank Plc. v. Morgan (1985) AC 686, 708.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

a) UCTA Der am 1.2.1978 in Kraft getretenen171 UCTA, der heute neben den UTCCR anzuwenden ist,172 sieht für Verträge und einseitige Erklärungen (notices i. S. v. Sec. 14 UCTA),173 die nach dem 31.1.1978 geschlossen bzw. abgegeben wurden,174 eine offene Inhaltskontrolle durch die Gerichte vor.175 Ausgenommen von dem Anwendungsbereich des UCTA und den darin niedergelegten besonderen Klauselverboten176 – eine Generalklausel enthält der UCTA im Unterschied zu den UTCCR nicht177 – sind nach Sec. 1(2) UCTA i. V. m. Schedule 1 No.  1(e) allerdings Verträge zu der Begründung oder Übertragung von Wertpapieren. Somit schränken die Klauselverbote des UCTA den Spielraum der Emittenten bei der Ausgestaltung der Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen nicht ein.178 b) UTCCR Die am 1.10.1999 in Kraft getretenen179 UTCCR – sie enthalten eine nahezu180 wörtliche Umsetzung der Vorgaben der Klausel-RL181 – berechtigen die Gerichte zu einer offenen Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen. Im Gegensatz zu der überwiegenden Ansicht in der Litertaur vertrat das OFT – dessen Aufgaben mit Wirkung vom 1.4.2014 auf andere Behörden übergegangen sind, nämlich die CMA und die FCA – die Rechtsauffassung, dass auch Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen dieser Inhaltskontrolle unterliegen.

171 

Sec. 31(1) UCTA. Alpa FS Reich, 1997, 555, 560; Baier Verbraucherverträge 132 f.; Beatson ZEuP 1998, 957, 960; Koffman/Macdonald, Law of Contract, Rn.  11.3; S. Smith, Law of Contract, 317; TIRVZ/Vogenauer, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, III. Kap. Rn.  147; Weatherill VuR 1995, 393, 397; Willet 2 ERPL 223 (1997). 173  Ein Beispiel hierfür sind z. B. die an Baustellen angebrachten Tafeln mit Warnhinweisen (“Betreten auf eigene Gefahr”), siehe S. Smith, Law of Contracts, 314. 174  Sec. 31(2) UCTA. Siehe auch Triebel RIW 1978, 353 mit Fn.  2. 175  Triebel RIW 1978, 353, 354; Weick ZHR 145 (1981), 68. 176  Z. B. für Änderungsvorbehalte in Sec. 3(2)(b) UCTA. 177  Graf von Bernstorff, Beschränkung vertraglicher Haftung, 65. 178  OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1589 Rn.  38; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  35; Bergfort Die Bank 2006, 24, 26; Lütkenhaus, UCTA und AGBG, 36; von Randow ZBB 1994, 23, 24; Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168, 169; Wood, International Loans, Rn.  12-004. 179  Statutory Instrument 1999 Nr.  2083. 180  Alpa FS Reich, 1997, 555, 563. 181  Attew 58 M.L.R. 696 f. mit Fn.  7 (1995); Beatson ZEuP 1998, 957, 962; Bright/Bright L.Q.R. 1995, 655; Hartley 55 C.L.J. 265, 284 (1996); Ponick Klausel-RL 120, 140; von Wagenheim/Rückebeil in Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 480, 484; Willet 2 ERPL 223, 229 (1997). 172 

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aa) Inhaltskontrolle Gemäß Reg. 8(1) UTCCR sind nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen, die unfair i. S. v. Reg. 5(1) UTCCR sind, gegenüber Verbrauchern nicht verbindlich, also ipso iure unwirksam.182 Im unternehmerischen Verkehr finden die UTCCR keine Anwendung; sie enthalten keine §  310 Abs.  1 BGB vergleichbare Regelung. Im Verkehr mit Verbrauchern ist eine nicht im Einzelfall ausgehandelte Klausel gemäß Reg. 5(1) UTCCR unfair, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses183 gegen Treu und Glauben (good faith) verstößt und den Verbraucher durch eine einseitige Verteilung der Rechte und Pflichten zugunsten des Verwenders benachteiligt. Die erste Voraussetzung, nämlich die einseitige Verteilung der Rechte und Pflichten zulasten des Verbrauchers, wird – trotz des gemeinschaftsrechtlichen Ursprungs der Regelung – im Lichte des englischen common law ausgelegt. Dieses beruht im Bereich des Vertragsrechts auf dem Grundsatz, dass die vertraglichen Leistungen zumindest subjektiv184 äquivalent sind.185 Ausgehend von dieser Prämisse wird gefragt, ob die in Frage stehende Klausel die für Verträge dieser Art typische Verteilung der Rechte und Pflichten – von deren fairness ausgegangen wird – wesentlich zugunsten des Verwenders verschiebt. Dieser Effekt kann entweder durch erhebliche Mehrbelastungen des Verbrauchers oder dadurch erreicht werden, dass der Verwender sich übermäßige Vorteile vorbehält.186 Da die jeweiligen Vor- und Nachteile durch andere Vertragsbestimmungen kompensiert oder intensiviert werden können, ist die Klausel nicht isoliert, sondern – wie auch im deutschen Recht187 – im Zusammenhang mit den übrigen vertraglichen Regelungen zu würdigen.188 Im Unterschied zu der überwiegenden Ansicht zu §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB189 182  FSA v. Asset LI Inc., 2014 WL 1219490 Rn.  96 = (2014) EWCA Civ 435; OFT v. Abbey National Plc. (2010) 1 AC 696, 763; Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2002) 1 AC 481, 499 Rn.  34; Baier Verbraucherverträge 149; CFF/Furmston, Law of Contract, 257; H. Beale/Whittaker Contracts I Rn.  15-077, 15-080; einschränkend S. Smith C.L.P. 5, 11 (1994) (“Unfair terms are of course invalid, although a consumer can choose to uphold them if he or she wishes.”). Wohl nur unglücklich formuliert S. Smith, Law of Con­ tract, 317 (“The Regulations give courts the power to nullify certain allegedly unfair terms in consumer sales contracts.”). 183  OFT v. Abbey National Plc. (2010) 1 AC 696, 736 Rn.  106; Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2002) 1 AC 481, 492 Rn.  13. 184  Eine objektive Äquivalenz ist nicht erforderlich, siehe S. Smith, Law of Contract, 302. 185  Rogers v. Parish (Scarborough) Ltd. (1987) 1 Q.B. 933, 944; S. Smith, Law of Contract, 321. 186  Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2002) 1 AC 481, 494 Rn.  17. 187  Zu dem Kompensations- und Summierungseffekt siehe statt vieler Palandt/Grüneberg BGB §  307 Rn.  13, 14 m. w. N. 188  OFT v. Foxtons Ltd. (2009) C.T.L.C. 188, 216 Rn.   90; Peabody Trust Governors v. ­Reeve (2009) L. & T. R. 6, 94, 103 Rn.  45; S. Smith, Law of Contract, 322; H. Beale/Whittaker Contracts I Rn.  15-081, 15-086. 189  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  2 §  5 C. I.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

wird der Nennung von Treu und Glauben (good faith) im Wortlaut von Reg. 5(1) UTCCR eine zweite, kumulativ zu erfüllende Voraussetzung entnommen.190 Diese bezieht sich nicht auf den Vertragsinhalt,191 sondern erfordert die Einhaltung ordentlicher und gewissenhafter Geschäftspraktiken192 im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss,193 konkret des fair dealing und des open deal­ing.194 Open dealing erfordert eine transparente Gestaltung der Klausel, insbesondere eine eindeutige und verständliche Formulierung sowie die Hervorhebung der für den Vertragspartner nachteiligen Auswirkungen.195 Fair dealing verbietet es dem Verwender, absichtlich oder unbewusst die Bedürfnisse des Verbrauchers, dessen geschäftliche Unerfahrenheit, seine unterlegene Verhandlungsposition oder einen anderen der in Schedule 2 genannten Umstände zu seinem Vorteil auszunutzen.196 bb) Erstreckung der Inhaltskontrolle auf Anleihebedingungen Der Inhaltskontrolle nach Reg. 8(1) UTCCR unterliegen grundsätzlich alle197 Bestimmungen in Verbraucherverträgen,198 die nicht im Einzelfall ausgehandelt wurden. Hiervon ausgenommen sind Verträge auf den Gebieten des Arbeits-, Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts199 sowie nach Reg. 6(2) UTCCR die Bestimmungen in anderen Verträgen, welche die Hauptleistungspflichten und das Preis-Leistungs-Verhältnis festlegen. Zu der Frage, ob auch Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen der Inhaltskontrolle nach Reg. 8(1) UTCCR unterliegen, existiert – soweit ersichtlich – bislang keine Entscheidung englischer Gerichte. Auch das im Rahmen des ordre public (Art.  6 EGBGB) mit 190  S. Smith, Law of Contract, 321. Abweichend Macdonald J.B.L. 441, 457 (1994) (“[T]he reference to ‘good faith’ […] seems to be confining an initial test of ‘significant imbalance’ and thus of less scope than a test of ‘good faith’ might otherwise imply.”). Widersprüchlich S. Smith, C.L.P. 5, 8 (1994) (“[T]he wording of Article 3(1) suggests that its meaning is irrelevant in any event.”) und 9 (“[T]he reference to, for example, ‘bargaining positions’ and the circumstances ‘attending the conclusion of the contract’, make it clear that good faith/unfairness includes a notion of procedural fairness in addition to the notion of substantive fairness described in Article 3(1).”). 191  S. Smith, Law of Contract, 322; wohl auch MacNeil 40 J.R. 147, 151 (1995). 192  Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2001) 1 AC 481, 494 Rn.  17. 193 Ähnlich H. Beale in Beatson/Friedman, Good Faith, 245; H. Beale/Whittaker Con­ tracts I Rn.  15-076. 194  Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2001) 1 AC 481, 494 Rn.  17, 499 Rn.  36. 195  Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2001) 1 AC 481, 494 Rn.  17. 196  Director General of Fair Trading v. First National Bank Plc. (2001) 1 AC 481, 494 Rn.  17. 197  Beatson ZEuP 1998, 957; Alpa FS Reich, 1997, 555, 561. 198 TIRVZ/Vogenauer, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, III. Kap. Rn.  137. 199  Willet 2 ERPL 223, 229 (1997).

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der Frage befasste OLG Frankfurt konnte sich mit der Feststellung begnügen, dass derzeit unklar sei, ob auch Verträge über die Schaffung und Ausgabe von Wertpapieren den UTCCR unterlägen.200 In der Literatur wird die Anwendung der UTCCR auf Anleihebedingungen überwiegend verneint.201 Grund hierfür dürfte die – unausgesprochene – Annahme sein, die Bestimmungen des trust deed würden zwischen dem Emittenten und dem Anleihetreuhänder ausgehandelt.202 Auf einen deed poll trifft dies naturgemäß nicht zu. Dementsprechend hat das OFT, das bis zu seiner Auflösung mit Wirkung zum 31.3.2014 berechtigt war, durch den Director General of Fair Trading eine abstrakte Angemessenheitskontrolle zu initiieren, in einer nicht veröffentlichten Stellungnahme im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben der Klausel-RL in das nationale Recht die dogmatisch konsequente – und nach hier vertretener Ansicht einzig gemeinschaftsrechtskonforme203 – Rechtsauffassung geäußert, dass auch Anleihebedingungen von Unternehmensschuldverschreibungen der Inhaltskontrolle nach den Bestimmungen der UTCCR unterliegen, 204 ohne dabei zwischen einem deed poll und einem trust deed zu differenzieren. 2. Inhaltskontrolle durch den Financial Ombudsman Service Neben den Gerichten ist auch der Financial Ombudsman Service – eine von verschiedenen Wirtschaftsverbänden finanzierte205 Regierungsbehörde nach skandinavischem Vorbild 206 – auf Grundlage der Sec. 225 ff. FSMA berechtigt, die vertraglichen Bestimmungen von financial products einer Angemessenheitskontrolle zu unterziehen. Die Aufgabe des Financial Ombudsman Service besteht nach Sec. 225(1) FSMA darin, Beschwerden von Verbrauchern und kleinen Unternehmen im Zusammenhang mit financial products – hierzu gehören z. B. Grundpfandrechte, Darlehen, Versicherungsprodukte und Kreditkarten – nachzugehen. Die Bearbeitung der eingehenden Beschwerden wird nach Sec. 228(3) FSMA grundsätzlich durch einen Schlichterspruch (written report) abgeschlossen, der an den Beschwerdeführer (complainant) und den Betroffenen (respondent) zu übermitteln ist. Der Inhalt des Schlichterspruchs bestimmt 200  OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1590; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1589 Rn.  38; OLG Frankfurt BeckRS 2007, 1587 Rn.  35. 201  Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 223 f.; Hopt FS Schwark, 2009, 441, 445; Schlitt/S. Schäfer AG 2009, 477, 485; Simmonds J.I.B.L. 1999, 81, 90. Offengelassen von Scherer/Morgan J.I.B.L. 1995, 168, 172. 202  Gower/Davies, Company Law, Rn.  31-2. 203  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 D. I. 3. 204  von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 31 mit Fn.  16 unter Hinweis auf einen Brief von Ray Wolley, Esq., Head of „Unfair Terms in Consumer Contracts“-Unit, Office of Fair Trading, London, v. 18.2.1999. 205  Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 626. 206  Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 623 f.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

sich gemäß Sec. 228(2) FSMA danach, was im Einzelfall billig und gerecht (fair and equitable) ist. Werden in einer Beschwerde – was selten der Fall ist – die Einseitigkeit oder Unbilligkeit von Vertragsbedingungen gerügt, orientiert die Entscheidung sich eng an den Grundsätzen des UCTA und der UTCCR.207 Gelangt der Financial Ombudsman Service zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen unfair sind, ist er zwar berechtigt, die vertraglichen Bestimmungen für unwirksam zu erklären.208 Soweit ersichtlich existiert aber noch kein Schlichterspruch dieses Inhalts.

C. Entscheidungen englischer Gerichte Die in der deutschen Literatur wiederholt geäußerte Behauptung, das englische Recht kenne keine Angemessenheitskontrolle der Anleihebedingungen, 209 trifft weder auf das statutory law 210 noch auf das case law zu. Denn obgleich die englischen Gerichte211 grundsätzlich große Zurückhaltung bei der Angemessenheitskontrolle von Vertragsbedingungen üben,212 existieren mehrere Entscheidungen, welche die Wirksamkeit einzelner Anleihebedingungen – z. B. von collective action clauses (nachfolgend I.), von Nachrangklauseln (nachfolgend II.) und von no-action clauses (nachfolgend III.) – thematisieren. Auffällig ist jedoch, dass sämtliche Entscheidungen die streitgegenständlichen Bestimmungen im Ergebnis als wirksam erachten.

I. Collective action clauses Collective action clauses waren im englischen Rechtskreis bereits Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitet.213 In der grundlegenden Entscheidung Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. bejahte der High Court of Justice Chancery Division deren Wirksamkeit mit der Begründung, dass sie mit der Bekämpfung der Hold-out-Strategien einem legitimen Ziel im Interesse sämtlicher Anleihegläubiger dienten.214 207  S. Smith, Law of Contract, 250, 330 f. Zu Einzelheiten des UCTA und der UTCCR vorstehend Kap.  4 §  10 B. II. 1. 208  S. Smith, Law of Contract, 330. 209  Leber Obligationäre 89; Schlitt/S. Schäfer AG 2009, 477, 485. 210  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  10 B. II. 211  Die Inhaltskontrolle der bond terms wird z. T. auch in der englischen Literatur vorausgesetzt, siehe z. B. Wood, International Loans, Rn.  12-004. 212  Weick ZHR 145 (1981), 68. 213  British America Nickel Corp., Ltd v. M. J. O’Brien, Ltd. (1927) AC 369, 371. 214  Im Ergebnis ebenso Walker v. Elmore’s German & Austro-Hungarian Metal Co. Ltd. (1902) LT 767, 768, 769, wo der Court of Appeal die Wirksamkeit der collective action ­clause voraussetzte. In der Literatur wird ebenfalls – wenngleich mit unterschiedlichen Begründun-

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1. Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. Im Jahr 1881 gab die Gesellschaft The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. 600 Teilschuldverschreibungen im Gesamtnennwert von GBP 60.000 und einer jährlichen Verzinsung von sechs Prozent aus.215 Das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und den Anleihegläubigern wurde in einem auf den 22.12.1881 datierten trust deed zwischen den Treuhändern und der Gesellschaft geregelt.216 Wenige Zeit später stellte sich heraus, dass die Einnahmen der Gesellschaft und deren Vermögen nicht ausreichten, um die Zinsen vereinbarungsgemäß zahlen zu können.217 Aufgrund der finanziellen Krise vereinbarten die Gesellschaft und die Treuhänder am 16.6.1884 eine Änderung des trust deed dahingehend, dass die Gesellschaft berechtigt sei, die als Sicherheit für die Ansprüche aus den Teilschuldverschreibungen dienenden Grundstücke mit einer rentcharge – ein Recht an einem Grundstück, das dem Inhaber gegen den Grundstückseigentümer das Recht auf periodische Geldzahlungen aus den Erträgen des Grundstücks gewährt 218 – zu belasten. Für die sich aus der rentcharge ergebenden Verbindlichkeiten wurde vereinbart, dass der jährlich zu zahlende Betrag GBP 720 nicht übersteigen sollte und die Ansprüche der Inhaber im Fall der Insolvenz Vorrang gegenüber den Anleihegläubigern genießen sollten.219 Da der trust deed eine Änderung seiner Bedingungen nur mit Zustimmung der Gläubiger vorsah,220 wurde die Änderungsvereinbarung vom 16.6.1884 dahingehend aufschiebend bedingt, dass sie erst mit der Zustimmung der Gläubigerversammlung wirksam werden sollte. Die am 17.7.1884 abgehaltene Gläubigerversammlung stimmte der Vereinbarung einstimmig zu und ermächtigte die Gesellschaft und den Anleihetreuhänder, die Bestimmungen des trust deed entsprechend zu ändern. Im Oktober 1884 begründete die Gesellschaft eine inhaltlich entsprechende rentcharge an den in Kanada gelegenen Grundstücken. Wenig später wurden die Ansprüche aus der rentcharge verbrieft und als Wertpapier ausgegeben. Nachdem die finanziellen Mittel aus deren Emission aufgebraucht waren und die finanzielle Lage insgesamt sich nicht gebessert hatte, beschloss die The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. am 27.3.1886 ihre freiwillige Auflösung und ernannte einen gen – von der Wirksamkeit von collective action clauses ausgegangen, siehe Burn in Baums/ Cahn, Reform SchVR, 219, 238; Veranneman/Tricot Anh. I Rn.  12. 215  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 348. 216  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 348. 217  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 348. 218  Curti, Englands Privat- und Handelsrecht, Bd.  I , 118. 219  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 348. 220  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

Insolvenzverwalter (liquidator).221 Dieser wurde in einer gerichtlichen Verfügung vom 17.4.1886 ermächtigt, ein scheme of arrangement aufzustellen und dieses in getrennten Versammlungen den Anleihegläubigern und den aus der rentcharge Berechtigten zur Abstimmung zu stellen.222 Das scheme of arrangement sah – neben verschiedenen Kapitalmaßnahmen – vor, dass die Ansprüche aus der rentcharge in der Insolvenz Vorrang vor den Ansprüchen der Anleihegläubiger genießen.223 Die Versammlung der Anleihegläubiger nahm das scheme of arrangement am 5.5.1886 in Anwesenheit von GBP 50.700 des Gesamtnennbetrags mit einer deutlichen Mehrheit von GBP 48.200 des Gesamtnennbetrags an.224 In dem Verfahren auf Erteilung der gerichtlichen Genehmigung für das scheme of arrangement 225 wandte ein in der Abstimmung unterlegener Anleihegläubiger ein, dass die Änderung des trust deed unwirksam und folglich die Emission der verbrieften Anspüche aus der rentcharge nicht von dem trust deed in seiner ursprünglichen Fassung legitimiert sei.226 2. Problemstellung Obwohl die Klage formal auf die Unterlassung der gerichtlichen Genehmigung des scheme of arrangement gerichtet war, stand – vermittelt über das Abstimmungsverfahren – die Frage im Vordergrund, ob der unter Anwendung der in der ursprünglichen Fassung des trust deed enthaltenen collective action clause beschlossene Vorrang der Ansprüche aus der rentcharge gegenüber den Ansprüchen der Anleihegläubiger wirksam war. Das scheme of arrangement – ein arrangement i. S. d. Sec. 895 ff. CA 2006 – ist eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft auf der einen Seite und den Gesellschaftern und/oder den Gläubigern auf der anderen Seite,227 in der einzelne Maßnahmen mit dem Ziel der Sanierung, Umwandlung oder Abwicklung der Gesellschaft festgelegt werden, 228 z. B. die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, die Nachrangigkeit bestimmter besicherter oder unbesicherter Verbindlichkeiten sowie die Erhöhung

221 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

222 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

223 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

224 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

225 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

226 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

227 

Eidenmüller/Frobenius WM 2011, 1210, 1211. Statt vieler Gower/Davies, Company Law, Rn.  29-2.

348. 348. 350. 349.

350. 349.

228 

§  10. England

443

oder Herabsetzung des Grundkapitals.229 Zu seiner Wirksamkeit bedarf das scheme of arrangement nicht nur der Zustimmung der Gläubiger mit einer qualifizierten Mehrheit von mindestens drei Vierteln des Nennbetrags, sondern gemäß Sec. 899(1) CA 2006 auch der gerichtlichen Genehmigung. Erst durch diese wird es nach Sec. 899(3)(a) CA 2006 gegenüber sämtlichen Gläubigern – auch den dissentierenden Gläubigern 230 – verbindlich. Diese gerichtliche Genehmigung des scheme of arrangement versuchte der Kläger mit der Begründung zu verhindern, dass die Vereinbarung einen nicht bestehenden Vorrang der Anspüche aus der rentcharge gegenüber den Ansprüchen aus den Teilschuldverschreibungen perpetuiere und die Anleihegläubiger dadurch unangemessen benachteilige.231 Die Frage nach der Rangfolge der Ansprüche war für die gerichtliche Genehmigung des scheme of arrangement insoweit von Bedeutung, als bei einer Verteilung pari passu eine gemeinsame Abstimmung der Gläubiger hätte erfolgen müssen. Die getrennte Abstimmung wäre also ein Verfahrensfehler gewesen, aufgrund dessen das Gericht dem scheme of arrangement die Genehmigung hätte verweigern müssen.232 Grundlage des streitigen Vorrangs der Ansprüche aus der rentcharge waren die am 17.7.1884 geänderten Bestimmungen des trust deed. Eine solche nachträgliche Änderung des trust deed bedarf nach englischem Recht grundsätzlich 233 der Zustimmung aller Gläubiger.234 Da der Änderung vom 17.7.1884 nur die Mehrheit der Anleihegläubiger zugestimmt hatte, war zu entscheiden, ob die in der ursprünglichen Fassung des trust deed enthaltene collective action clause wirksam war, die für eine Änderung der Bestimmungen des trust deed anstelle der Einstimmigkeit eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger ausreichen ließ.235

229  Bormann NZI 2011, 892, 895; Eidenmüller/Frobenius WM 2011, 1210, 1211; Lüke/ Scherz ZIP 2012, 1101; Paulus ZIP 2011, 1077, 1078; Thole ZGR 2013, 109, 112. 230  Re Waste recycling Group Plc. (2004) B.C.C. 328, 332; Re Equitable Life Assurance Society (No.  2) (2002) B.C.C. 319, 348 Rn.  86; Bork Sanierungsrecht Rn.  17.64; ders. IILR 2012, 477, 485; Gower/Davies, Company Law, Rn.  29-9; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 746; Lüke/Scherz ZIP 2012, 1101, 1102. 231  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351. 232  Zu dem Umfang der gerichtlichen Prüfung des Verfahrens siehe Re National Bank Ltd. (1966) 1 W.L.R. 819, 829; Re Dorman Long & Co., Ltd. (1934) Ch. 635, 655; Gower/Davies, Company Law, Rn.  29-9; Lindon, Companies Acts, 409. 233  Anderes gilt für offensichtliche Unrichtigkeiten und andere geringfügige Änderungen des trust deed. Zu deren Vornahme kann der Treuhänder in dem trust deed ohne gesonderte Zustimmung der Anleihegläubiger ermächtigt werden, siehe Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 396 f. 234  Wood, International Loans, Rn.  10-021. 235  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division Der High Court of Justice Chancery Division bejahte die Wirksamkeit der collective action clause und folglich auch die Rechtmäßigkeit der Emission der die Ansprüche aus der rentcharge verbriefenden Wertpapiere sowie deren Vorrang gegenüber den Anleihegläubigern. Zur Begründung verwies Justice Chitty auf die ohne eine solche Bestimmung bestehenden praktischen Schwierigkeiten bei der Sanierung finanziell notleidender Gesellschaften, insbesondere die Holdout-Stra­tegie einzelner Anleihegläubiger.236 Um diese zu verringern und dadurch die Sanierung in der Krise befindlicher Gesellschaften zu erleichtern, habe der Gesetzgeber den JSCAA 1870 erlassen.237 Dieser berechtige die Gerichte, eine Vereinbarung, der eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger zugestimmt hatte, zu bestätigen und dadurch für alle Gläubiger – auch die dissentierenden – verbindlich werden zu lassen. Der Anwendungsbereich des JSCAA 1870 sei allerdings auf Fälle der Liquidation der Gesellschaft beschränkt.238 Im Unterschied dazu habe The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. nach der Änderung des trust deed fortgeführt werden sollen. Deshalb hätten die Bestimmungen des JSCAA 1870 zwar keine ausdrückliche Legitima­ tion der collective action clause in dem ursprünglichen trust deed der The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. enthalten. Diese sei aber durch den dem JSCAA 1870 zugrunde liegenden Gedanken sachlich gerechtfertigt.239 Die Mehrheitsentscheidung sowie deren bindende Wirkung auch für die in der Abstimmung unterlegene Minderheit verhindere in effektiver Weise, dass einzelne Anleihegläubiger an einer Maßnahme, die sämtlichen Anleihegläubigern zugutekomme, nur aufgrund der Aussicht auf individuelle Sondervorteile nicht mitwirken. Von der abstrakten Frage nach der Wirksamkeit von collective action clauses ist die Folgefrage zu unterscheiden, ob die im Einzelfall mit der erforderlichen Mehrheit beschlossene Maßnahme wirksam ist. Dies setzt neben der Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens – abgeleitet aus der sachlichen Rechtfertigung der collective action clause – voraus, dass die Maßnahme allen Gläubigern zugutekommt.240 Dies bejahte Justice Chitty für die Änderung des trust 236  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351. Zu Einzelheiten der Hold-out-Strategie vorstehend Kap.  2 §  5 A. III. 2. b). 237  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351. 238  Anonymous 30 Law Mag. & L. Rev. Quart. J. Juris. (3d ser.) 96, 108; Buckley, Law and Practice under the Companies Acts 1862 to 1880, 515. 239  Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351. 240  British America Nickel Corp., Ltd. v. M. J. O’Brien, Ltd. (1927) AC 369, 371; Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347, 351. Siehe auch Lindon, Companies Acts, 409 zu Sec. 206(2) CA 1948.

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deed vom 17.7.1884 und die Ausgabe der Wertpapiere,241 weshalb er das scheme of arrangement schließlich genehmigte.242

II. Nachrangklauseln Die Wirksamkeit von Nachrangklauseln (subordination clauses), wie sie insbesondere in aktienähnlichen Schuldverschreibungen verwendet werden, 243 war in der englischen Literatur bis Mitte der 1990er Jahre umstritten.244 In dem grundlegenden Verfahren Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. entschied der High Court of Justice Chancery Division die Frage dahingehend, dass Nachrangklauseln in den Anleihebedingungen nach englischem Recht 245 wirksam sind.246 1. Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. Als die Maxwell Finance Jersey Ltd., die im Jahr 1989 eine Wandelschuldverschreibung ausgegeben hatte, im Jahr 1991 insolvent wurde,247 verlangte die Swiss Bank Corp. als Vertreter sämtlicher Gläubiger248 von der Maxwell Commc’n Corp. Plc., der Muttergesellschaft der Emittentin, aufgrund eines in den Anleihebedingungen enthaltenen Garantieversprechens die Auszahlung der Garantiesumme.249 Allerdings war auch die Maxwell Commc’n Corp. Plc. hoffnungslos überschuldet, 250 weshalb für sie in England mehrere Fremdver241 

351.

242 

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347,

Re The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd. (1886) 55 LT 347. vieler Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 452. Zu Einzelheiten des deutschen Rechts vorstehend Kap.  3 §  7 B. III. 2. 244  Die Wirksamkeit verneinend Carreras Rothmans Ltd. v. Freeman Matthews Treasure Ltd. (1985) Ch. 207, 226; bejahend hingegen Wood, Subordinated Debt, Rn.  3.1. In der Literatur wurde die Rechtsunsicherheit kritisiert, siehe Johnston J.B.L. 225, 226 (1991); Nolan J.B.L. 485, 501 (1995). 245  In den U.S.A. sind Nachrangklauseln (subordination clauses) gemäß Sec. 510(a) BC wirksam. Die Vorschrift kodifiziert die zuvor ganz überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung, siehe In re Associated Gas & Electric Co., 53 F.Supp.  107, 113 (S.D.N.Y. 1943); St. Louis Union Trust Co. v. Champion Shoe Mach. Co., 109 F.2d 313, 316 (8th Cir. 1940); In re Aktiebolaget Kreuger & Toll, 96 F.2d 768, 769, 770 (2d Cir. 1938); Bird & Sons Sales Corp. v. Tobin, 78 F.2d 371, 372, 373 (8th Cir. 1935). Siehe auch Calligar 70 Yale L. J. 376, 383 (1961), nach dessen Ansicht Nachrangklauseln bereits vor dem Inkrafttreten von Sec. 510(a) BC unzweifelhaft wirksam waren. 246  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1403. Zustimmend Re Bluebrook Ltd. (2010) B.C.C. 209, 214; Bridge in Burrows, English Private Law, Rn.  19-128; Ferran/Ho, Corporate Finance Law, 452 f.; Goode, Corporate Insolvency Law, Rn.  8-08; Nolan J.B.L. 485, 492 (1995). 247  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402. 248  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1405. 249  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1405. 250  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1405. 243  Statt

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

walter (administrators) bestellt 251 und in den U.S.A. eine Restrukturierung nach Chapter 11 BC beantragt worden war.252 Um das vorhandene Gesellschaftsvermögen unter den englischen und den U.S.-amerikanischen Gläubigern gerecht zu verteilen, hatten die Fremdverwalter und der in den U.S.A. bestellte Insolvenzprüfer (examiner) sich darauf geeinigt, sämtlichen Gläubigern der Maxwell Commc’n Corp. Plc. einen einheitlichen Restrukturierungsplan – in England als scheme of arrangement nach Sec. 425 CA 1985, in den U.S.A. als plan of reorganisation – vorzulegen.253 Dieser sah als ersten Schritt – wie zwingend vorgeschrieben – die Befriedigung der gesicherten und übrigen vorrangigen Gläubiger vor. Anschließend sollten im zweiten Schritt die noch vorhandenen Vermögenswerte unabhängig von ihrem Belegenheitsort zusammengefasst und unter sämtlichen ungesicherten Gläubigern pari passu verteilt werden.254 Eine Beteiligung der Anleihegläubiger an der Verteilung des Gesellschaftsvermögens war nicht vorgesehen. Dieser Gestaltung des scheme of arrangement widersprach die Swiss Bank Corp. als Vertreterin der Anleihegläubiger. Zur Rechtfertigung der Nichtberücksichtigung der Anleihegläubiger verwiesen die Fremdverwalter darauf, dass an einem scheme of arrangement nach englischem Recht nur die Gläubiger teilnehmen, in deren Rechte tatsächlich eingegriffen wird.255 Nicht zu beteiligen sind daher die Gläubiger, die bei einer Liquidation leer ausgingen; sie kann die Sanierung auf Grundlage des scheme of arrangement nicht benachteiligen.256 Die Anleihegläubiger gehörten aufgrund der Nachrangklausel in den Anleihebedingungen zu der Gruppe der letztgenannten Gläubiger, da bei der Liquidation der Maxwell Commc’n Corp. Plc. nach der Befriedigung der gesicherten und der vorrangigen sowie der übrigen ungesicherten Gläubiger kein Restvermögen verbleibe.257 Die Swiss Bank Corp. vertrat hingegen im Anschluss an eine Stellungnahme des Review Committee on 251  Die Fremdverwaltung (administration) ist von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu unterscheiden. Sie setzte nach Sec. 9(1)(a) IA 1986 voraus, dass die Gesellschaft noch nicht zahlungsunfähig war, aber wahrscheinlich zahlungsunfähig wird. Um Letztes zu verhindern, wurde die Gesellschaft vorübergehend einer Fremdverwaltung unterstellt. Die Aufgabe der Fremdverwalter bestand darin, den Gläubigern Vorschläge für die Sanierung zu unterbreiten. Die Sanierungsbemühungen wurden dadurch erleichtert, dass während der Fremdverwaltung nach Sec. 10(1) und Sec. 11(3) IA 1986 nahezu sämtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft gestundet und Klageverfahren ausgesetzt waren, siehe Re Atlantic Computer Systems Plc. (1992) Ch. 505, 528; Finch, Corporate Insolvency Law, 365; Owen in Lightman/Moss, The Law of Administrators and Receivers of Companies, Rn.  5 -001. 252  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1405. 253  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1406. 254  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1406. 255  Bork Sanierungsrecht Rn.  9.17; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 732. 256  Re Bluebrook Ltd. (2010) B.C.C. 209, 210; Re British & Commonwealth Holdings Plc. (No.  3) (1992) 1 W.L.R. 672, 682; Re Tea Corp., Ltd. (1904) 1 Ch. 12, 23; S. Beale, Insolvency and Restructuring Manual, 7.3.2.3 = 181; Bork Sanierungsrecht Rn.  9.17. 257  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1404.

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Insolvency Law and Practice258 die Rechtsansicht, dass die Nachrangklausel nach englischem Recht unwirksam sei. Daher beantragten die Fremdverwalter der Maxwell Commc’n Corp. Plc. die gerichtliche Feststellung, dass die Abstimmung über das scheme of arrangement ohne die Anleihegläubiger durchgeführt werden dürfe.259 2. Pari-passu-Prinzip und abweichende Vereinbarungen Die entscheidungserheblichen Zweifel an der Wirksamkeit der in den Anleihebedingungen vereinbarten Nachrangigkeit der Garantieforderung beruhten insbesondere auf dem insolvenzrechtlichen Pari-passu-Prinzip.260 Dieses besagte, dass sämtliche Verbindlichkeiten – mit Ausnahme der vorrangig zu befriedigenden Verbindlichkeiten (preferential debts) – denselben Rang haben, so dass das Gesellschaftsvermögen, wenn es nicht zur vollständigen Befriedigung sämtlicher Ansprüche ausreicht, entsprechend dem Verhältnis der Ansprüche zueinander anteilig unter den Gläubigern zu verteilen ist (Rule 4.181 IR 1986). Eine hiervon abweichende Vereinbarung, die einzelne Gläubiger von der Verteilung pari passu ausnimmt und den Insolvenzschuldner verpflichtet, sie vorrangig zu befriedigen, ohne dass ihre Ansprüche zu dem eng begrenzten Kreis der preferential debts zählen, ist nach der grundlegenden Entscheidung des House of Lords in der Rechtssache British Eagle Int‘l Air Lines Ltd. v. Com­pagnie Nationale Air France unwirksam.261 Da Nachrangklauseln sich von sog. Vorrangvereinbarungen insoweit unterscheiden, als die Vertragspartner im Vergleich zu den übrigen ungesicherten Gläubigern nicht bevorzugt, sondern in der Weise benachteiligt werden, dass ihre Ansprüche nur dann zu bedienen sind, wenn nach der Verteilung der Insolvenzmasse pari passu noch Vermögen vorhanden ist,262 musste der High Court of Justice Chancery Division entscheiden, ob das Pari-passu-Prinzip zwingendes Recht darstellt 263 oder abweichende Nachrangklauseln zulässig sind.

258 Report of Review Committee, Insolvency Law and Practice, 1982, Rn.   1448 f. Siehe auch Ferran, Company Law, 551 zu Sec. 107 IA 1986. 259  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1404. 260  Ferran, Company Law, 550. 261  British Eagle Int’l Air Lines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France (1975) 1 W.L.R. 758, 780. Zustimmend Ferran, Company Law, 550; Nolan J.B.L. 485, 492 (1995). 262  Re MyTravel Group Plc., 2004 WL 3520104 Rn.  5 = (2004) EWCA Civ 1734; Ferran, Company Law, 549, 550; Goode, Corporate Insolvency Law, Rn.  8-08; Gough, Company Charges, 1025 f.; Johnston J.B.L. 225, 231 (1991); Nolan J.B.L. 485 (1995). 263  Carrera Rothmans Ltd. v. Freemans Mathews Teasure Ltd. (1985) Ch. 207, 226; Report of Review Committee, Insolvency Law and Practice, 1982, Rn.  1448 f.; Goode, Legal Problems of Credit and Security, Rn.  5 -59; Gough, Company Charges, 1026, 1027; Wood, Sub­ ordinated Debt, Rn.  3.1. Siehe auch Ferran, Company Law, 551 zu Sec. 107 IA 1986.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

3. Begründung des High Court of Justice Chancery Division Der High Court of Justice Chancery Division erachtete die Nachrangklausel – ohne den dispositiven Charkter des Pari-passu-Prinzips ausdrücklich klarzustellen – als wirksam. Zur Begrüdnung verwies Justice Vinelott in erster Linie auf bilanzrechtliche Vorschriften (Rule 3-60 bis 3-63 SFA-Rules), in denen der Gesetzgeber die Wirksamkeit von Nachrangklauseln voraussetzt.264 Des Weiteren argumentierte er mit einem – zweifelhaften – Erst-Recht-Schluss aus der Möglichkeit, dass die ungesicherten Gläubiger durch bloße Untätigkeit auf die Teilnahme an der Pari-passu-Verteilung der Insolvenzmasse verzichten können. Grundlage der Ausführung ist der Umstand, dass die ungesicherten Gläubiger nach Rule 4.181 IR 1986 nicht ipso iure, sondern nur dann an der Pari-passu-Verteilung des vorhandenen Vermögens teilnehmen, wenn sie ihre Ansprüche rechtzeitig glaubhaft machen.265 Das Anmeldungserfordernis beinhalte für jeden ungesicherten Gläubiger die Möglichkeit, nach dem Eintritt der Insolvenz auf die Teilnahme an der Pari-passu-Verteilung dadurch faktisch zu verzichten, dass er seinen Anspruch nicht glaubhaft macht.266 Haben die Gläubiger die Möglichkeit, auf die ihnen zustehende Beteiligung an der Insolvenzmasse durch bloße Untätigkeit umfassend zu verzichten, müsse es erst recht möglich sein, dass sie sich – wenngleich durch Rechtsgeschäft – mit einer nachrangigen Befriedigung einverstanden erklären.267 Sei somit die Möglichkeit einer Nach­ rang­abrede nach dem Eintritt der Insolvenz anzuerkennen, sei kein Grund ersichtlich, der die Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Insolvenz an einer solchen Vereinbarung hindere.268

III. No-action clauses Entschieden hat der High Court of Justice Chancery Division ferner über die Wirksamkeit von no-action clauses. Obwohl das trust indenture in dem grundlegenden Verfahren Re Colt Telecom Group Plc. dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York unterstellt und der Prüfungsmaßstab dadurch auf einen offenkundigen Public-policy-Verstoß beschränkt war, wird der Entscheidung bis heute die Aussage entnommen, dass no-action clauses unter englischem Recht wirksam sind.269

264 

546.

265 

Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1416; Ferran, Company Law,

McKendrick, Commercial Law, 913. Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1411. 267  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1411 f. 268  Re Maxwell Commc’n Corp. Plc. (1993) 1 W.L.R. 1402, 1412. 269  Siehe z. B. Wood, International Loans, Rn.  16-026. 266 

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1. Wesentlicher Regelungsgehalt von no-action clauses Bedeutung erlangen no-action clauses insbesondere bei einem Zahlungsausfall des Emittenten. Bestellt der Emittent für die Schuldverschreibung einen Anleihetreuhänder (trustee), räumt der Treuhandvertrag (trust deed) nicht nur dem Treuhänder als Vertragspartner, sondern auch den Anlegern einen Anspruch auf die versprochenen Zahlungen ein; 270 insoweit gleicht der trust deed einem Vertrag zugunsten Dritter nach deutschem Recht. Solange der Emittent seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt, die geschuldeten Zahlungen also rechtzeitig unter Mitwirkung des common service provider und der nachrangigen Treuhänder bei den Anlegern gutgeschrieben werden, erlischt nicht nur deren Forderungsrecht, sondern auch das des Anleihetreuhänders. Sobald jedoch Zahlungsverzögerungen eintreten, können grundsätzlich sowohl der Anleihetreuhänder als auch sämtliche Anleger ihre Ansprüche gegen den Emittenten geltend machen. Um zu verhindern, dass der Emittent zahlreichen gleichartigen Klagen ausgesetzt ist, die nach Meinung einer qualifizierten Mehrheit der Anleger aussichts- oder sinnlos erscheinen, 271 sieht die no-action clause einen grundsätzlichen Ausschluss des individuellen Klagerechts der Anleger vor.272 Die damit einhergehende Zentralisation des Klagerechts bei dem Anleihetreuhänder dient nicht nur dem Schutz des Emittenten und dessen Vermögen vor erheblichen Rechtsverteidigungskosten,273 sondern mittelbar auch dem Interesse sämtlicher Anleger an dem Fortbestand der Solvenz ihres Schuldners.274

270  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.   4 §  10 A. IV. 1. Sind über die Schuldverschreibung einzelne Inhaberpapierurkunden (definite bearer debentures) ausgestellt, ergibt der Zahlungs­ anspruch der Anleger sich aus den einzelnen Urkunden, so dass der trust deed nur den Zahlungsanspruch des Anleihetreuhänders begründet. Im Übrigen besteht kein Unterschied zu der Ausstellung einer Sammelurkunde (global bearer note), siehe Wood, International Loans, Rn.  16-013. 271  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  49 = (2002) EWHC 2815; Feldbaum v. McCrory Corp., 8 Del. J. Corp. L. 630, 642 (Del. Ch. 1992); Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 402. Siehe auch U.S. Bank Nat. Ass’n v. U.S. Timberlands Klamath Falls, LLC, 864 A.2d 930, 941 (Del. Ch. 2004) zum Recht des U.S.-Bundesstaats New York. 272  Elektrim SA v. Vivendi Holdings 1 Corp. (2008) 2 C.L.C. 564, 586 f. Rn.  91; Elliott Int’l LP v. Law Debenture Trs. Ltd., 2006 WL 3610032 Rn.  4 4 = (2006) EWHC 3063; Gullifer/ Payne, Corporate Finance Law, 402. 273  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  51, 52 = (2002) EWHC 2815; Feldbaum v. McCrory Corp., 8 Del. J. Corp. L. 630, 643 mit Fn.  11 (Del. Ch. 1992); Wood, International Loans, Rn.  16-025. 274  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  49, 51 = (2002) EWHC 2815; Feldbaum v. McCrory Corp., 8 Del. J. Corp. L. 630, 641, 642 (Del. Ch. 1992); Elektrim SA v. Vivendi Holdings 1 Corp. (2008) 2 C.L.C. 564, 567 Rn.  4, 588 Rn.  101. Siehe auch Re Dura Auto. Sys. Inc., 379 B.R. 257, 263 (S.D.N.Y. 2007); U.S. Bank Nat. Ass’n v. U.S. Timberlands Klamath Falls, LLC, 864 A.2d 930, 941 (Del. Ch. 2004) zum Recht des U.S.-Bundesstaats New York.

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

2. Re Colt Telecom Group Plc. Gegenstand des Gerichtsverfahrens Re Colt Telecom Group Plc. war kein Zahlungsanspruch, sondern der von Highberry Ltd. und Highberry LLC gemeinsam gestellte Antrag, über das Vermögen der Colt Telecom Plc. nach Sec. 8(1) und Sec. 123(1), (2) IA 1986 das Insolvenzverfahren zu eröffnen.275 Ihre Antragsberechtigung stützten Highberry Ltd. und Highberry LLC auf ihre Eigenschaft als Gläubiger von Colt Telecom Plc., da sie zu verschiedenen Zeitpunkten am Sekundärmarkt Teilschuldverschreibungen (notes) der Colt Telecom Plc. erworben hatten.276 Für den Erfolg des Antrags war es von entscheidender Bedeutung, ob die nach Sec. 9(1) IA 1986277 grundsätzlich bestehende Antragsberechtigung durch die in dem trust indenture enthaltene no-action clause ausgeschlossen war. Diese enthielt für den Regelfall einen dem Wortlaut nach – die Formulierung lautete „any remedy“ – umfassenden Ausschluss des individuellen Antragsrechts der Anleger für Rechtsbehelfe im Zusammenhang mit den Teilschuldverschreibungen. Klage- und antragsbefugt war grundsätzlich nur der Treuhänder. Das individuelle Klage- und Antragsrecht sollte nur ausnahmsweise bestehen, wenn und sobald Anleger, deren Anteil an den umlaufenden Teilschuldverschreibungen in der Summe mindestens 25 Prozent beträgt, den Treuhänder auffordern, Klage zu erheben oder einen Antrag zu stellen, und der Treuhänder dieser Aufforderung innerhalb von 60 Tagen nach deren Zugang nicht nachkommt.278 Da Highberry Ltd. und Highberry LLC zu dem Zeitpunkt der Antragstellung insgesamt nur sieben Prozent des Wertes der umlaufenden Teilschuldverschreibungen hielten und ihr Antrag von den übrigen Anleihegläubigern nicht unterstützt wurde, 279 hätte ihr Antrag nur Erfolg gehabt, wenn der Begriff remedy dahingehend auszulegen gewesen wäre, dass er den Insolvenzantrag nicht umfasst, oder die no-action clause unwirksam gewesen wäre.

275 

Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  5, 13 = (2002) EWHC 2815. Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  15 = (2002) EWHC 2815. 277  Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom 15.9.2003 aufgehoben, siehe Sec. 248(1), 279 EA 2002. 278  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  28 = (2002) EWHC 2815. Derartige Klauseln sind weithin üblich, siehe z. B. Elektrim SA v. Vivendi Holdings 1 Corp. (2008) 2 C.L.C. 564, 588 Rn.  1; Elliott Int’l LP v. Law Debenture Trs. Ltd., 2006 WL 3610032 Rn.  4 4 = (2006) EWHC 3063; McMahan & Co. v. Wherehouse Entm’t Inc., 859 F.Supp.  743, 747 (S.D.N.Y. 1994). Eine wohl nur im Wortlaut abweichende no-action clause ist z. B. wiedergegeben in Azevedo v. IMCOPA, 2012 WL 1933371 Rn.  34 = (2012) EWHC 1849. 279  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  16 = (2002) EWHC 2815. 276 

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a) Insolvenzantrag als remedy i. S. d. no-action clause? Die Tatsache, dass das trust indenture einschließlich der no-action clause dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York unterstellt war, 280 hinderte den High Court of Justice Chancery Division daran, die den Umfang der no-action ­clause bestimmende Formulierung „any remedy“281 selbst auszulegen. Maßgeblich sei vielmehr, wie die Gerichte des U.S.-Bundesstaats New York die Klausel auslegten. Da zu dem damaligen Zeitpunkt kein einschlägiges Präjudiz existierte, ging Justice Jacob – im Einklang mit einer späteren Entscheidung des S.D.N.Y.282 – davon aus, dass die New Yorker Gerichte die no-action clause weit auslegen und auch den gesetzlich geregelten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als von der Bestimmung umfasst ansehen würden.283 b) Kein Verstoß gegen den ordre public im englischen Recht Nach Ansicht der Kläger, die eine auch das Insolvenzantragsrecht umfassende no-action clause nach englischem Recht als unwirksam erachteten, wäre dem unter Anwendung des Rechts des U.S.-Bundesstaats New York gefundenen Auslegungsergebnis unter Hinweis auf den ordre public die Anerkennung zu verweigern gewesen.284 Zum einen sei der Emittent eine Plc., für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber das Privatvermögen der Gesellschafter hafte. Der Preis dieser Haftungsbeschränkung bestehe darin, dass jeder Gläubiger im Fall der Insolvenz der Gesellschaft berechtigt sei, die Bestellung eines Insolvenzverwalters oder die Abwicklung der Gesellschaft zu beantragen. Dieses Antragsrecht jedes Gläubigers sei die notwendige Kehrseite zu der Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen und könne daher nicht durch eine Vereinbarung in dem trust indenture ausgeschlossen werden. Zum anderen gefährde der grundsätzliche Ausschluss der individuellen Antragsberechtigung der Anleihegläubiger andere Gläubiger, die keiner vergleichbaren Beschränkung unterlägen, also antragsberechtigt seien. Für sie bestehe die Gefahr, dem Emittenten in Unkenntnis der Insolvenz weiteren Kredit zu gewähren und dadurch unwissentlich ihre Erfüllungsaussichten zu verschlechtern.285 Um sie vor dieser Gefahr zu schützen, dürfe der Ausschluss des Antragsrechts durch die no-action clause unter englischem Recht nicht anerkannt werden. Ohne auf die Argumente der Antragsteller im Detail einzugehen, gelangte der High Court of Justice Chancery Division zu 280 

Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  29 = (2002) EWHC 2815. Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  17 = (2002) EWHC 2815. 282  Re Dura Auto. Sys. Inc., 379 B.R. 257, 263 (S.D.N.Y. 2007). Zuvor bereits U.S. Bank Nat. Ass’n v. U.S. Timberlands Klamath Falls, LLC, 864 A.2d 930, 940, 941 (Del. Ch. 2004) zum Recht des U.S.-Bundesstaats New York. 283  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  61 = (2002) EWHC 2815. 284  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  62 = (2002) EWHC 2815. 285  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  62 = (2002) EWHC 2815. 281 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

dem gegenteiligen Ergebnis. Dabei ließ Justice Jacob dahinstehen, ob die Bestimmung unter Anwendung des englischen Sachrechts wirksam sei. Möglich war dies wegen des Grundsatzes des englischen Internationalen Privatrechts, dass von dem unter Anwendung des ausländischen Rechts gefundenen Ergebnis unter Berufung auf den ordre public des englischen Internationalen Privatrechts nur abgewichen werden dürfe, wenn dieses offenkundig mit der public policy nach Maßgabe des englischen Rechts nicht zu vereinbaren sei.286 Einen derart offensichtlichen Verstoß verneinte Justice Jacob287 mit der Begründung, die gegenteilige Ansicht hätte zur Folge, dass englische Unternehmen nur aufgrund ihres Heimatrechts daran gehindert wären, ihren Anleihen dieselben Bestimmungen zugrunde zu legen wie ihre U.S.-amerikanischen und europäischen Konkurrenten, obwohl die Anleihen unterschiedslos dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York unterstünden. Ein Grund, der diesen Unterschied und die damit einhergehende Benachteiligung englischer Emittenten rechtfertigen könne, sei nicht ersichtlich.288

D. Ergebnisse 1. Für die unter englischem Recht begebenen Schuldverschreibungen bestellt der Emittent regelmäßig einen Anleihetreuhänder (trustee). Mit diesem schließt er – ohne Beteiligung der Anleger – einen als trust deed bezeichneten Vertrag. Dieser beinhaltet nicht nur die Rechte und Pflichten des Treuhänders gegenüber dem Emittenten, sondern auch die Anleihebedingungen. 2. Die durch die Vertragsfreiheit (freedom of contract) gewährleistete Gestaltungsfreiheit in Bezug auf den Inhalt der Anleihebedingungen umfasst nicht nur Variationen des Leistungsversprechens, der Laufzeit, der Zahlungsmodalitäten und anderer Nebenbestimmungen, sondern auch – insoweit geht sie über das deutsche Recht hinaus – die Einräumung von typischen Mitgliedschaftsrechten, wie z. B. die Rechte auf Anwesenheit und Teilnahme an der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung, sowie das Recht auf Mitwirkung an der Bestellung der Vorstandsmitglieder. 3. Die Freiheit der inhaltlichen Ausgestaltung der Anleihebedingungen ist durch die Sec. 738–754 CA 2006 nicht begrenzt. Die Vorschriften enthalten insbesondere keinen numerus clausus bestimmter Arten von Schuldverschreibungen, sondern erschöpfen sich im Wesentlichen in administrativen Regelungen. 286  Statt vieler Loucks v. Standard Oil Co. of New York, 120 N.E. 198, 202 (1918); Dicey/ Morris/Collins, Conflict of Laws II, Rn.  32-182. 287  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  75 f. = (2002) EWHC 2815. 288  Re Colt Telecom Group Plc., 2002 WL 31676427 Rn.  62 = (2002) EWHC 2815.

§  10. England

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4. Die UTCCR setzen die Vorgaben der Klausel-RL in englisches Recht um. Die Frage, ob sie eine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen vorsehen, wird in der Literatur überwiegend verneint, von dem OFT, das berechtigt ist, durch den Director General of Fair Trading eine abstrakte Angemessenheitskontrolle zu initiieren, hingegen bejaht. Eine Stellungnahme der englischen Gerichte liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor. 5. Die Behauptung, das englische Recht kenne keine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen, ist unzutreffend. Englische Gerichte haben z. B. collec­ tive action clauses, Nachrangklauseln (subordination clauses) und no-action clauses einer Angemessenheitskontrolle unterzogen, jedoch ausnahmslos mit dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Bestimmung wirksam ist.

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York Die in Kapitel 2 abgelehnte Ansicht, von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen sei bereits de lege lata abzusehen – sei es aufgrund einer entsprechenden Anwendung des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB, sei es aufgrund einer teleologischen Reduktion des §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB289 –, kann zwar für sich in Anspruch nehmen, dass der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. eine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen (bond terms) abgelehnt hat (nachfolgend A.). Hieraus darf aber nicht gefolgert werden, dass eine Inhaltskontrolle sich auch unter Anwendung des deutschen Rechts verbiete.290 Einem solchen Ergebnistransfer stehen nicht nur allgemein die Eigenständigkeit der Rechtsordnungen, sondern auch erhebliche rechtliche und tatsächliche Unterschiede bei der Anleihefinanzierung entgegen. Zum einen existiert mit dem TIA in den U.S.A. ein Gesetzeswerk, das die Achtung der Anlegerinteressen sicherstellt (nachfolgend B.). Zum anderen besteht bei den an den U.S.-amerikanischen Märkten gehandelten Schuldverschreibungen kein Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen, da diese keine Bestimmungen enthalten, welche die Gläubiger wesentlich benachteiligen (nachfolgend C.).

A. Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. Die Frage, ob Anleihebedingungen einer Inhaltskontrolle durch die Gerichte unterliegen, hat – soweit ersichtlich – bislang nur der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc.291 behandelt und – in einem obiter dictum – im Ergebnis verneint.

I. Sachverhalt Die Kläger waren zwei große U.S.-amerikanische Versicherungsgesellschaften, namentlich die Metropolitan Life Ins. Co. (im Folgenden MetLife) und die Jef289 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 B. und C. So aber wohl von Randow in Baums/Cahn, Reform SchVR, 25, 55 mit Fn.  80a. 291  716 F.Supp.  1504 (S.D.N.Y. 1989). 290 

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York

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ferson-Pilot Life Ins. Co. (im Folgenden Jefferson-Pilot). Sie hatten in der Zeit von Juli 1975 bis Juli 1988 Teilschuldverschreibungen aus mehreren Emissionen von RJR Nabisco oder einer der Rechtsvorgänger erworben.292 Die Beklagte, RJR Nabisco, war eine stock corporation nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats Delaware, die als Holdinggesellschaft Anteile an zahlreichen Unternehmen hielt, die einige weltbekannte Produktlinien herstellten.293 Im Oktober 1988 unterbreitete der CEO von RJR Nabisco den Aktionären der Gesellschaft das Angebot, ihre Anteile im Zuge eines LBO zu kaufen. Nachdem das Angebot öffentlich geworden war, kam es zu einem Bieterwettstreit, an dem sich u. a. die Investmentgesellschaft KKR beteiligte. Im Dezember 1988 gründete RJR Nabisco – entsprechend dem in den U.S.A. üblichen Prozedere – ein special committee, das die Angebote bewertete und schließlich empfahl, das Angebot von KKR anzunehmen. Die mit der Abwicklung des Unternehmenskaufs einhergehende Neuverschuldung des Emittenten erhöhte das Risiko eines Zahlungsausfalls zulasten der Anleihegläubiger wesentlich und hatte zur Folge, dass das Rating der verfahrensgegenständlichen Schuldverschreibungen 294 sich unmittelbar nach der Bekanntgabe des LBO sowohl bei S&P als auch bei Moody’s erheblich verschlechterte.295 Die Abwertung verursachte vom einen auf den anderen Handelstag einen Wertverlust der Schuldverschreibungen um ca. eine Mrd. USD296 und damit einhergehend einen Schaden der Kläger in Höhe mehreren Mio. USD,297 dessen Ersatz sie in dem Verfahren begehrten.298

II. Aus den tragenden Gründen Nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York – diesem waren die Schuldverschreibungen durch eine Bestimmung in den Anleihebedingungen (bond 292 

Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1508 (S.D.N.Y. 1989). Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1509 (S.D.N.Y. 1989). 294  Der S.D.N.Y. verwendet die Begriffe bonds, debentures und notes synonym, siehe Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1509 mit Fn.  9 (S.D.N.Y. 1989). Dies bedarf der Hervorhebung, da die Begriffe grundsätzlich verschiedene Arten von Schuldverschreibungen beschreiben. Als bonds werden grundsätzlich nur solche Schuldverschreibungen bezeichnet, die durch eine Realsicherheit – in der Regel ein Grundpfandrecht – gesichert sind und deren Laufzeit mindestens fünf Jahre beträgt. Die unbesicherten Schuldverschreibungen mit vergleichbaren Laufzeiten werden als debentures bezeichnet. Der Begriff notes ist sowohl für besicherte als auch für unbesicherte Schuldverschreibungen geläufig. Sie unterscheiden sich von bonds und debentures dadurch, dass ihre Laufzeit fünf Jahre nicht übersteigt, siehe statt vieler McDermott, Corporate Finance, 3 f., 4, 5. 295  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1506 mit Fn.  4 (S.D.N.Y. 1989). 296  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 566 (1995); Kahan/Klausner 40 UCLA L. Rev. 931, 932 (1993). 297  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1509 (S.D.N.Y. 1989). 298  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504 (S.D.N.Y. 1989). 293 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

terms) unterstellt299 – war somit die Frage zu entscheiden, ob die Beklagte durch die Aufnahme neuer Verbindlichkeiten im Zuge des LBO durch KKR eine vertragliche Pflicht verletzt hat. Dies verneinte der S.D.N.Y. Die Anleihebedingungen der verfahrensgegenständlichen Schuldverschreibungen enthielten kein geschriebenes Verbot der Neuverschuldung des Emittenten, weder allgemein noch speziell für den Fall eines LBO. Ein ungeschriebenes Verbot dieses Inhalts lehnte das Gericht unter allen Gesichtspunkten ab. Insbesondere der Argumentation der Kläger, eine allgemeine Treuepflicht, wie sie für das Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären anerkannt sei, bestehe auch im Verhältnis des Schuldners zu den Anleihegläubigern,300 folgte der S.D.N.Y. unter Hinweis auf die Ausführungen des Delaware Supreme Court in der Entscheidung Simons v. Cogan nicht.301 Eine Schuldverschreibung sei ein schuldrechtlicher Vertrag, der keine mitgliedschaftliche Stellung in der Gesellschaft gewähre.302 Eine Treuepflicht, wie die Kläger sie geltend machten, sei aber auf mitgliedschaftliche Beteiligungen beschränkt.303 Dem Verhältnis der Kläger zu dem Emittenten seien zwar wie jedem anderen Vertrag, der dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York unterliege, die Gebote von Treu und Glauben immanent.304 Deren Bedeutung sei aber darauf begrenzt, Rechte, die einer Vertragspartei in den geschriebenen Vertragsbestimmungen eingeräumt seien, zu sichern oder zu stärken.305 Neue, dem Inhalt des Vertrags widersprechende Rechte könnten sie nicht begründen.306 Die Rechte der klagenden Gläubiger der Teilschuldverschreibungen 299 

Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1509 (S.D.N.Y. 1989). In der Literatur wird eine Treuepflicht zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern – wenn auch mit unterschiedlichem Inhalt – bejaht, siehe Barkey 20 Creighton L. Rev. 47, 68 f. (1986); McDaniel 13 J. Corp. L. 205, 307, 312 (1988); ders. 41 Bus. Law. 413, 450 (1986); Mitchell 65 N.Y.U. L. Rev. 1165, 1222 (1990); nur für Wandelschuldverschreibungen Bratton 1984 Wis. L. Rev. 667, 735; ablehnend hingegen Brudney 105 Harv. L. Rev. 1821, 1839 (1992); Hurst/McGuinness 10 J. L. & Com. 187, 200 (1991); Kanda 21. J. Legal Stud. 431, 432 (1992); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 8, 54. Vermittelnd Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 617 (1995): nur bei vertraglicher Vereinbarung. 301  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1524 (S.D.N.Y. 1989). 302  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1524 (S.D.N.Y. 1989); Simons v. Cogan, 549 A.2d 300, 303 (Del. 1988). 303  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1524 (S.D.N.Y. 1989); siehe auch Briggs v. Spaulding, 141 U.S.  132, 147 (1891); Simons v. Cogan, 549 A.2d 300, 303 (Del. 1988); a. A. Barkey 20 Creighton L. Rev. 47, 68 f. (1986). 304  Geren v. Quantum Chem. Corp., 832 F.Supp.  728, 733 (S.D.N.Y. 1993); Pittsburgh Terminal Corp. v. Balt. and Ohio R.R. Co., 680 F.2d 933, 941 (3rd Cir. 1982); Van Gemert v. Boeing Co., 553 F.2d 812, 815 (2d Cir. 1977); Coffee/Klein 58 U. Chi. L. Rev. 1207, 1258 (1991); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 123. 305  Sabetay v. Sterling Drug, Inc., 506 N.E.2d 919, 922 (N.Y. Ct. App.  1987); Greenwich Village Assocs. v. Salle, 110 A.D.2d 111, 115 (N.Y. App. Div. 1985); Collard v. Inc. Vill. of Flower Hill, 427 N.Y.S.2d 301, 302 (N.Y. App. Div. 1980); Van Gemert v. Boeing Co., 553 F.2d 812, 815 (2d Cir. 1977); Grad v. Roberts, 14 N.Y.2d 70, 75 (N.Y. Ct. App.  1964); Patterson v. Meyerhofer, 204 N.Y. 96, 100 (Ct. App.  1912). 306  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1517, 1519 (S.D.N.Y. 1989). 300 

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erschöpften sich in den Zinszahlungen und der Rückzahlung des Nennbetrags.307 Die damit korrespondierenden Pflichten hatte die Beklagte – was unstreitig war – nicht verletzt; sämtliche Zahlungen waren bei Fälligkeit erfolgt.308 Eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Schuldners, sämtliche Handlungen zu unterlassen, die geeignet seien, das Risiko eines Zahlungsausfalls zu erhöhen, begründeten die Gebote von Treu und Glauben nicht.309 Auch der Rechtsauffassung der Kläger, das investment grade der Schuldverschreibungen sei eine wesentliche Grundlage des Vertrags gewesen, welche die Beklagte durch den LBO zerstört habe, folgte der S.D.N.Y. nicht. Es bestünden bereits keine Anzeichen dafür, dass ein Verbot, im Zuge eines LBO neue Schulden aufzunehmen und dadurch den Fortbestand des investment grade zu gefährden, Grundlage der Anleihebedingungen sei.310 Des Weiteren sei die Störung der Vertragsgrundlage – deren Existenz unterstellt – nicht so erheblich, dass sie einen Anspruch der Kläger begründen könne. Eine lediglich negative Entwicklung des Marktwerts der Teilschuldverschreibungen genüge nicht; sie hätten vollständig wertlos werden müssen.311 Schließlich sei diese Störung der – unterstellten – Vertragsgrundlage für die Kläger vorhersehbar gewesen. Da die Anleihebedingungen die Möglichkeit einer Unternehmensverschmelzung vorsahen, hätten die Kläger mit einem LBO einschließlich einer erheblichen Neuverschuldung des Emittenten rechnen müssen.312

III. Obiter dictum zur gerichtlichen Inhaltskontrolle Die gerichtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen (bond terms) verneinte der S.D.N.Y. lediglich in einem obiter dictum. Zwar ermöglicht das Recht des U.S.-Bundesstaats New York mit der Unconscionability-Doktrin eine den §§  307 ff. BGB durchaus ähnliche Billigkeitskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen (nachfolgend 1.). Deren Anwendung lehnte der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. aber aus zwei Gründen ab. Zum einen seien der Treuhandvertrag (trust indenture) und die darin enthaltenen Anleihebedingungen keine sog. contracts of adhesion, bei denen verstärkt Anlass zu einer Inhaltskontrolle bestehe (nachfolgend 2.), zum anderen erwarSo auch Gardner & Florence Call Cowles Found. v. Empire Inc., 589 F.Supp.  669, 673 (S.D.N.Y. 1984); Broad v. Rockwell Int’l Corp., 642 F.2d 929, 957 (5th Cir. 1981). 307  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1518 (S.D.N.Y. 1989). Siehe auch Beaumont v. Faubus, 394 S.W.2d 478, 482 (Ark. 1965). 308  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1518 f. (S.D.N.Y. 1989). 309  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1519 (S.D.N.Y. 1989). 310  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1523 (S.D.N.Y. 1989). 311  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1523 (S.D.N.Y. 1989); U.S. v. Gen. Douglas MacArthur Senior Vill., Inc., 508 F.2d 377, 381 (2d Cir. 1974). 312  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1523 (S.D.N.Y. 1989); VJK Productions v. Friedman/Meyer Productions, 565 F.Supp.  916, 921 (S.D.N.Y. 1983).

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

teten die Marktteilnehmer den Vollzug der Anleihebedingungen wie sie geschrieben stehen (nachfolgend 3.). 1. Unconscionability-Doktrin Im common law werden auch einseitig benachteiligende Vertragsinhalte grundsätzlich 313 als wirksam erachtet.314 Ursächlich hierfür ist ein von der Privatautonomie nach deutschem Recht abweichendes Verständnis von freedom of con­ tract sowie die Betonung der Eigenverantwortlichkeit des Annehmenden. Die Vertragsfreiheit nach deutschem Recht gewährleistet sowohl dem Anbietenden als auch dem Annehmenden die Abschluss- und die Gestaltungsfreiheit.315 Wird letztere einseitig von dem Anbietenden in Anspruch genommen, werden die vorformulierten Vertragsbedingungen also von ihm gestellt, rechtfertigt dies nach Ansicht des deutschen Gesetzgebers die Inhaltskontrolle der Vertragsbedingungen nach Maßgabe der §§  307 ff. BGB.316 Im Gegensatz dazu umfasst freedom of contract nach U.S.-amerikanischem Verständnis aufseiten des Annehmenden nur die Abschlussfreiheit, nicht aber die inhaltliche Gestaltungsfreiheit.317 Er habe nur die Wahl, die Offerte mit dem angebotenen Inhalt anzunehmen oder von dem Vertragsschluss abzusehen. Wird das Angebot angenommen, steht der insbesondere bei Massengeschäften erhobene Einwand, der Annehmende habe den Inhalt der vorformulierten Vertragsbedingungen vor Vertragsschluss nicht zur Kenntnis genommen und daher insoweit nicht zugestimmt, der Geltung auch einseitig benachteiligender Vertragsbedingungen grundsätzlich 318 nicht entgegen.319 Die Annehmenden treffe nämlich

313  Eine seltene Ausnahme bildet die Entscheidung Morehead v. People of State of N.Y., 298 U.S.  587, 627 (1936). 314  Murray Contracts §  96 A = 547; Llewellyn 52 Harv. L. Rev. 700, 702 (1939). 315  Statt vieler Staudinger/Olzen, 2019, Einl SchuldR Rn.  52. 316  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 C. II. 1. b). 317  Statt vieler Spanogle 117 U. Pa. L. Rev. 931, 935 (1969). 318  Ausnahmen sind z. B. Vertragsbedingungen, über deren Inhalt der Steller die andere Vertragspartei getäuscht hat, siehe Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1185 (1983). 319  Upton v. Tribilcock, 91. U.S.  45, 50 (1875); Allied Van Lines, Inc. v. Bratton, 351 So.2d 344, 348 (Fla. 1977); Nat’l Bank of Washington v. Equity Investors, 506 P.2d 20, 36 (Wash. 1973); Rosner v. Zurich Ins. Co., 177 A.2d 30, 32 (Pa. Super. Ct. 1962); Dobler v. Story, 268 F.2d 274, 277 (9th Cir. 1959); Cohen v. Santoianni, 112 N.E.2d 267, 271 (Mass. Sup. Jud. Ct. 1953); Rossi v. Douglas, 100 A.2d 3, 7 (Mass. Ct. App.  1953); G. L. Webster Co. v. Trinidad Bean & Elevator Co., 92 F.2d 177, 179 (4th Cir. 1937); Morstad v. Atchison, T. & S. F. Ry. Co., 170 P. 886, 889 (N.M. 1918); Hoshaw v. Cosgriff, 247 F. 22, 26 (8th Cir. 1917); McNinch v. Northwest Thresher Co., 100 P. 524, 526 (Okla. 1909); Mower Harwood Creamery & Dairy Supply Co. v. Hill, 113 N.W. 466, 467 (Iowa 1907); Fivey v. Pa. R. Co., 52 A. 472, 473 (N.J. Ct. Err. & App.  1902); Rogers v. Place, 29 Ind. 577, 580 (Ind. 1868). Kritisch Patterson 33 Harv. L. Rev. 198, 222 (1919); G. Raiser Formularbedingungen 10; Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1180 (1983); Wright 26 Colum. L. Rev. 917, 930 f. (1926).

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grundsätzlich 320 die Obliegenheit, die Vertragsbedingungen vor dem Vertragsschluss zu lesen,321 weshalb die Anbietenden sich darauf verlassen dürfen, dass sich in der Annahme der anderen Vertragspartei deren inhaltliche Zustimmung manifestiere.322 Eingeschränkt werden diese Grundsätze des common law lediglich durch die dem equity entlehnte Unconscionability-Doktrin, die im Recht des U.S.-Bundesstaats New York nach dem Vorbild des UCC in §  2–302 NY UCC niedergelegt ist. Danach hat das Gericht den Vollzug des Vertrags oder einer einzelnen Vertragsbestimmung zur Erreichung eines billigen Ergebnisses abzulehnen, wenn der Vertrag oder die einzelne Bestimmung unconscionable ist. Obwohl der Anwendungsbereich dieser Befugnis zu einer Billigkeitskontrolle von Vertragsbedingungen auf die in Art.  2 NY UCC geregelten Warenverkäufe begrenzt ist, sehen die Gerichte sich nicht daran gehindert, den Rechtsgedanken der Unconscionability-Doktrin auch bei anderen Vertragstypen (z. B. Finanzierungsverträgen) 323 heranzuziehen.324 Als unconscionable erachtet die Rechtsprechung Verträge oder einzelne Bestimmungen darin, wenn sie eine Vertragspartei unangemessen bevorzugen und der anderen Vertragspartei keine ernsthafte Alternative zu der Annahme der Vertragsofferte mit diesem Inhalt verbleibt.325 In Betracht kommt dies insbesondere bei contracts of adhe­sion.326 Obwohl mit diesem dem Französischen (contract d’adhésion) entlehnten 327 Begriff Verträge bezeichnet werden, die von einer Vertragspartei vorformuliert sind und hinsichtlich derer der anderen Vertragspartei aufgrund einer unterlegenen Verhandlungsposition nur die Wahl verbleibt, diese unver320  Zu den – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen siehe Calamari 43 Fordham L. Rev. 341, 342 ff. (1974). 321  Calamari 43 Fordham L. Rev. 341 (1974); Murray 67 Cornell L. Rev. 735, 739 f. (1982); Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1187 (1983). 322  Fivey v. Pa. R. Co., 52 A. 472, 473 (N.J. Ct. Err. & App.  1902); Lenhoff 36 Tul. L. Rev. 481, 483 (1962); Rakoff 96 Harv. L. Rev. 1173, 1187 (1983); Spanogle 117 U. Pa. L. Rev. 931, 933 (1969); Warkentine 31 Seattle U. L. Rev. 469, 479 (2008). 323  In re Elkins-Dell Mfg. Co., 253 F.Supp.  864, 873 f. (E.D. Pa. 1966). 324  Res. Mgmt. Co. v. Weston Ranch & Livestock Co. Inc., 706 P.2d 1028, 1041 f. (Utah 1985); Zapatha v. Dairy Mart, 408 N.E.2d 1370, 1375 (Mass. Sup. Jud. Ct. 1980); Weaver v. Am. Oil Co., 276 N.E.2d 144, 148 (Ind. 1971); zustimmend Farnsworth Contracts §  4.27 = 298; Reimann, Einführung in das US-amerikanische Recht, §  14, 2 = 46; Spanogle 117 U. Pa. L. Rev. 931 (1969). 325  Sitogum Holdings, Inc. v. Ropes, 800 A.2d 915, 921 (N.J. Super. Ct. Ch. 2002); Gillman v. Chase Manhattan Bank, 534 N.E.2d 824, 828 (N.Y. Ct. App.  1988); Municipality of Anchorage v. Locker, 723 P.2d 1261, 1265 f. (Alaska 1986); Mullan v. Quickie Aircraft Corp., 797 F.2d 845, 850 (10th Cir. 1986); Davis v. M.L.G. Corp., 712 P.2d 985, 991 (Colo. 1986); Snyder v. Rogers, 499 A.2d 1369, 1371 (Pa. Super. Ct. 1985); A & M Produce Co. v. FMC Corp., 135 Cal. App.3d 473, 486 (Ct. App.  1982); Zapatha v. Dairy Mart, Inc., 408 N.E.2d 1370, 1377 mit Fn.  13 (Mass. Sup. Jud. Ct. 1980); Matter of State of N.Y. v. Avco Fin. Serv. of N. Y., Inc., 50 N.Y.2d 383, 389 (Ct. App.  1980); Williams v. Walker-Thomas Furniture Co., 350 F.2d 445, 449 (D.C. Cir. 1965). 326  Am. Home Improvement v. MacIver, 201 A.2d 886, 888 (N.H. 1964). 327  A. W. Meyer 50 Va. L. Rev. 1178, 1179 (1964).

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ändert anzunehmen oder von dem Vertragsschluss abzusehen,328 besteht in Anbetracht der Tatsache, dass diese Art des Vertragsschlusses (procedural un­ con­scionability) nicht notwendig zu einem unangemessenen Vertragsinhalt führt,329 Einigkeit, dass contracts of adhesion nicht per se unconscionable sind.330 Hinzutreten muss eine substantive unconscionability dergestalt,331 dass der Vertragsinhalt den Steller unangemessen bevorteilt 332 und spiegelbildlich die andere Vertragspartei unangemessen benachteiligt.333 2. Keine contracts of adhesion Die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Anleihebedingungen (bond terms) auf eine eventuelle unconscionability hat der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. in einem obiter dictum verneint. Seine Rechtsauffassung begründete das Gericht in erster Linie damit, Anleihebedingungen seien nicht Gegenstand eines contract of adhesion.334 Die grundsätzliche Kontrollbedürftigkeit derartiger Vereinbarungen beruhe auf dem augenfälligen Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht der Vertragspartner. Auf Anleihebedingungen treffe dies aber nicht zu.335 Zwar räumte der 328  Meyers v. Guarantee Sav. & Loan Ass’n, 79 Cal.App.3d 307, 311 mit Fn.   1 (Ct. App.  1978); Steven v. Fidelity & Casualty Co. of N.Y., 377 P.2d 284, 297 (Cal. 1962); Neal v. State Farm Ins. Cos., 188 Cal.App.2d 690, 694 (Dist. Ct. App.  1961); Lenhoff 36 Tul. L. Rev. 481 f. (1962). 329  Spanogle 117 U. Pa. L. Rev. 931, 944 (1969). 330  Commc’ns Maint., Inc. v. Motorola, Inc., 761 F.2 1202, 1210 (7th Cir. 1985); Bishop v. Washington, 480 A.2d 1088, 1094 (Pa. Super. Ct. 1984); Ellinghaus 78 Yale L. J. 757, 767 (1969); Farnsworth Contracts §  4.27 = 302. 331  Maxwell v. Fidelity Financial Services, Inc., 907 P.2d 51, 58 (Ariz. 1995); Gillman v. Chase Manhattan Bank, 534 N.E.2d 824, 828 (N.Y. Ct. App.  1988); Garrett v. Janiewski, 480 So.2d 1324, 1326 (Fla. Dist. Ct. App.  1985); Wade v. Austin, 524 S.W.2d 79, 86 (Tex. Civ. App.  1975); Braucher 31 U. Pitt. L. Rev. 337, 341 (1970); Ellinghaus 78 Yale L. J. 757, 766 (1969); Murray Contracts §  96 B 1 b = 557; Prince 46 Hastings L. J. 459, 471 f. (1995); Spanogle 117 U. Pa. L. Rev. 931, 932, 968 (1969). 332  Goodwin v. Ford Motor Credit Co., 970 F.Supp.  1007, 1013 (M.D. Ala. 1997); Advertiser Co. v. Elec. Eng’rs, Inc., 527 So.2d 1317, 1320 (Ala. Civ. App.  1988); Garrett v. Janiewski, 480 So.2d 1324, 1326 (Fla. Dist. Ct. App.  1985); Murray Contracts §  96 B 1 b = 556; Swanson 31 N.M. L. Rev. 359, 366 (2001). 333  Maxwell v. Fidelity Fin. Servs., Inc., 907 P.2d 51, 58 (Ariz. 1995); Res. Mgmt. Co. v. Weston Ranch & Livestock Co. Inc., 706 P.2d 1028, 1041 f. (Utah 1985); Berkins Bar V Ranch v. Huth, 664 P.2d 455, 462 (Utah 1983); Johnson v. Mobil Oil Corp., 415 F.Supp.  264, 268 (E.D. Mich. 1976); Mallor 40 S.W. L. J. 1065, 1072 (1986); Phillips 62 Chi.-Kent L. Rev. 199, 216 (1985); Prince 46 Hastings L. J. 459, 473 (1995). 334  A. A. Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 122 mit Fn.  286. Abweichend Riger 16 J. Corp. L. 211, 228, 229 (1991), der in den Anleihebedingungen (bond terms) zwar einen contract of adhesion sieht, eine Inhaltskontrolle durch die Gerichte aber nicht in Erwägung zieht. 335  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1521 (S.D.N.Y. 1989). Siehe auch Van Gemert v. Boeing Co., 520 F. 2d. 1373, 1380 (2d Cir. 1975), cert. denied 423 U.S.  947 (1975).

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S.D.N.Y. ein, dass der Zweiterwerb der Teilschuldverschreibungen sich am Markt zu einem Zeitpunkt vollziehe, zu dem die Anleihebedingungen bereits festgelegt worden seien, die Zeiterwerber diese also nicht selbst mit dem Emittenten aushandeln können. Sie würden aber gewöhnlich zwischen dem Emittenten und dem Konsortialführer ausgehandelt. Letzterer sei darauf bedacht, die Schuldverschreibungen am Markt zu platzieren, weshalb er bei der Erstellung der Anleihebedingungen darauf achtete, dass auch die Interessen der zukünftigen Anleger ausreichend berücksichtigt werden.336 a) Kritik aus der Literatur Soweit in der Literatur Kritik an dem obiter dictum geübt wird, konzentriert diese sich auf die Rolle der Konsortialführer. Die Anleihebedingungen (bond terms) würden von den Emittenten unter Mitwirkung der Konsortialführer entworfen,337 seien aber nicht das Ergebnis von Verhandlungen, in denen die Beteiligten gegensätzliche Interessen verträten.338 Die Konsortialführer würden von den Emittenten ausgewählt und von diesen für ihre Dienstleistung bezahlt.339 Daher nähmen sie bei der Erstellung der Anleihebedingungen nicht die Interessen der zukünftigen Anleihegläubiger wahr. Stattdessen seien sie, motiviert dadurch, ihre Geschäftsbeziehungen zu den Emittenten zu erhalten oder ggf. auszubauen,340 grundsätzlich bereit, den von den Emittenten vorgeschlagenen Anleihebedingungen ohne Berücksichtigung der Anlegerinteressen zuzustimmen.341 Begrenzt sei ihre Zustimmungsbereitschaft lediglich durch die Befürchtung, das Produkt nicht am Markt platzieren zu können.342 b) Überwiegende Zustimmung in der Literatur Die überwiegende Ansicht in der Literatur stimmt der Entscheidung – jedenfalls im Ergebnis – zu. Geteilt wird insbesondere die Annahme des S.D.N.Y., die Konsortialführer nähmen bei der Erstellung der Anleihebedingungen (bond terms) die Interessen der zukünftigen Anleihegläubiger wahr. Grund hierfür sei neben dem sie treffenden Platzierungsrisiko auch und in erster Linie ihre Sorge 336  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1509 (S.D.N.Y. 1989); siehe auch Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 22 f. für öffentlich angebotene Schuldverschreibungen. 337  Broad v. Rockwell Int’l Corp., 642 F.2d 929, 962 (5th Cir. 1981); Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 590 f. (1995); Riger 16 J. Corp. L. 211, 215, 216 (1991). 338  Riger 16 J. Corp. L. 211, 219 (1991). 339  Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 23. 340  Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 24. 341  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 591 (1994); Mitchell 65 N.Y.U. L. Rev. 1165, 1183 (1990); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 24. 342  Riger 16 J. Corp. L. 211, 216 (1991); Robertson 11 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 461, 481 (1988); ähnlich R. Lang, Internationales Emissionsgeschäft, 92 für das internationale Emissionsgeschäft.

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um die eigene Reputation.343 Nicht nur ein möglicher Zahlungsausfall des Emittenten, sondern auch für die Anleger besonders nachteilige Bestimmungen in den Anleihebedingungen seien geeignet, der Reputation des Konsortialführers zu schaden.344 Die von der Gegenansicht geäußerten Einwände, nämlich die Vergütung der Konsorten durch die Emittenten und das Interesse an der Ausweitung der Geschäftsbeziehungen zu den Emittenten, träten hinter das Interesse an der Erhaltung der Reputation zurück. Dies erkläre sich daraus, dass die Emittenten die Konsortialführer auf Grundlage ihrer Fähigkeit auswählten, die Schuldverschreibungen am Markt zu platzieren. Werde die Reputation der Konsortialführer gemindert, verlören sie ihre Attraktivität als Dienstleister für die Emittenten auch dann, wenn sie bereit sein sollten, der Aufnahme nachteiliger Bestimmungen für die Anleger in die Anleihebedingungen zuzustimmen.345 Außerdem bedürften die Gläubiger – gleichgültig, ob es sich um Privatanleger oder institutionelle Investoren handele – im Gegensatz zu den Käufern von Konsumgütern – dem klassischen Feld der contracts of adhesion – nicht des Schutzes einer gerichtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen. Im Unterschied zu letzteren hätten sie nämlich die Möglichkeit, sich selbst dadurch zu schützen, dass sie ihr Investmentportfolio diversifizierten und ihren Anteil an den Schuldverschreibungen eines Emittenten verringerten, sobald dieser sich ihren Interessen zuwider verhalte.346 3. Erwartungen der Marktteilnehmer an die Rechtssicherheit Als zweites Argument gegen eine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen (bond terms) führt der S.D.N.Y. die Erwartung der Markteilnehmer an, die Gerichte ließen die geschriebenen Bestimmungen unangetastet. Sie verwehre es den Gerichten aus Gründen der Rechtssicherheit ungeschriebene covenants zu ergänzen 347 sowie die geschriebenen Anleihebedingungen einer Inhaltskontrolle zu unterziehen und, für den Fall der unconscionability derselben, deren Unwirksamkeit auszusprechen.348

B. Trust Indenture Act Die Aussage des S.D.N.Y., dass Anleihebedingungen (bond terms) nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York keiner gerichtlichen Billigkeitskontrol343 

Riger 16 J. Corp. L. 211, 216 (1991). Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 591 (1994); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 23. 345  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 591 f. (1994); dagegen von Randow ZBB 1997, 111, 112. 346  Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 122 mit Fn.  286. 347  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 A. II. 348  Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F.Supp.  1504, 1520 (S.D.N.Y. 1989). 344 

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le unterliegen, kann nicht unbesehen auf das deutsche Recht übertragen werden. Zum einen bestehen erhebliche Zweifel daran, ob die Konsortialführer bei der Erstellung der Anleihebedingungen die Interessen der zukünftigen Gläubiger vertreten.349 Zum anderen weicht das U.S.-amerikanische Recht mit dem TIA erheblich von der Rechtslage in Deutschland ab. Die Regelungen des TIA sollen den gebotenen Schutz der Anlegerinteressen sicherstellen. Zu diesem Zweck sind die Emittenten verpflichtet, einen Anleihetreuhänder (bond trustee) zu bestellen und dessen Rechte in dem Treuhandvertrag (trust indenture) entsprechend den Vorgaben des TIA auszugestalten (nachfolgend I.). Die Einhaltung der Vorgaben des TIA wird von der SEC vor der Ausgabe der Schuldverschreibung überprüft (nachfolgend II.).

I. Anleihetreuhänder Der am 4.2.1940 in Kraft getretene TIA ist eine gesetzgeberische Reaktion auf den Crash an der New Yorker Börse im Jahr 1929. Um das für einen funktionierenden Kapitalmarkt erforderliche Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen und zukünftig zu erhalten, wurde insbesondere die Rechtsstellung der Anleihetreuhänder (bond trustees) wesentlich reformiert. 1. Funktion der Anleihetreuhänder Die Bestellung von Anleihetreuhändern (bond trustees) war in den U.S.A. bereits lange vor dem Inkrafttreten des TIA weit verbreitet. Grund hierfür war die zu Beginn des 19. Jahrhunderts übliche Besicherung von Schuldverschreibungen durch Grundpfandrechte (mortgages). Die Bestellung letzterer setzte u. a. die Eintragung der Belastung in ein öffentliches Register unter namentlicher Nennung der Gläubiger (mortgagees) voraus. Bei einer Anleihe, deren Teilschuldverschreibungen von einer Vielzahl unterschiedlicher Personen gehalten werden, wäre es daher grundsätzlich erforderlich gewesen, sämtliche Anleihegläubiger eintragen zu lassen. Dieses Vorgehen hätte die impraktikable Folge gehabt, dass die Registereintragung bei jeder Übertragung einer Teilschuldverschreibung hätte geändert werden müssen. Da eine abstrakte Eintragung zugunsten der jeweiligen Anleihegläubiger aus formellen Gründen unzulässig war, bestellten die Emittenten einen Anleihetreuhänder, der die Sicherheiten zugunsten der Anleger halten und verwalten sollte. Ihn ließen sie als einzigen Berechtigten der Grundpfandrechte in das Register eintragen.350

349 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 D. III., insbesondere 1. a). Siebel, Internationale Anleihen, 544; R. Smith/Case/Morison 35 Bus. Law. 161, 163 (1980). 350 

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Seit den 1920er Jahren hat die Zahl der grundpfandrechtlich besicherten Schuldverschreibungen in den U.S.A. kontinuierlich abgenommen. Der überwiegende Anteil der gegenwärtig umlaufenden Schuldverschreibungen ist unbesichert. Durch diesen Wandel ist zwar der ursprüngliche Grund für die Bestellung von Anleihetreuhändern (bond trustees) entfallen. An ihrer Bestellung wurde aber aus anderen Gründen festgehalten.351 Zum einen fungieren sie bis heute als Zahlstelle und vereinfachen den Transfer der geschuldeten Leistungen an die Anleihegläubiger. Zum anderen sollen sie im Fall des Zahlungsausfalls einen Wettlauf der Gläubiger verhindern. Dies wurde – und wird noch heute – dadurch sichergestellt, dass ausschließlich die Anleihetreuhänder die Gläubiger in gerichtlichen Verfahren gegen den Emittenten vertreten dürfen und sie exklusiv mit der Aufgabe betraut sind, den mit der Verwertung der Sicherheiten erzielten Erlös unter den Gläubigern zu verteilen.352 2. Missachtung der Anlegerinteressen als Ursache für den Börsencrash Bei der Suche nach den Gründen für den Crash an der New Yorker Börse im Jahr 1929 fiel der Blick u. a. auf die Anleihetreuhänder (bond trustees). Gestützt auf die Tatsache, dass sie von den Emittenten ausgewählt und vergütet worden waren, wurde den Anleihetreuhändern vorgeworfen, sie hätten als fremdbestimmte Werkzeuge der Emittenten agiert und die Interessen der Gläubiger, deren Schuldner im Zuge des Börsencrashs im Jahr 1929 in die Insolvenz gefallen oder zwangsverwaltet worden waren, nicht ausreichend geschützt.353 Verstärkt wurde dieser Eindruck dadurch, dass die damals üblichen Treuhandvereinbarungen (trust indentures) keine Bestimmung enthielten, welche die Anleihetreuhänder verpflichtete, bei einer erkannten Gefährdung der Ansprüche der Schuldverschreibungsinhaber eigeninitiativ zu deren Schutz tätig zu werden. Vielmehr wurde aus dem Umstand, dass das Risiko eines Zahlungsausfalls wirtschaftlich allein die Gläubiger traf, gefolgert, dass die Anleihetreuhänder nur tätig werden sollten, wenn sie von den Gläubigern hierzu unter Freistellung eventueller wirtschaftlicher Nachteile ermächtigt worden waren.354 Eine grundlegende Untersuchung durch die SEC deckte ferner auf, dass der Inhalt der Treuhandvereinbarungen von den Emittenten und den Anleihetreuhändern – in 351 Eine vertragliche Bestimmung, wonach grundsätzlich nur der Anleihetreuhänder, nicht aber jeder einzelne Inhaber einer Schuldverschreibung berechtigt ist, zur Wahrung seiner Rechte gegen den Emittenten zu klagen, wird in Sec. 302(a)(1) TIA damit gerechtfertigt, dass die mit individuellen Klagen verbundenen Kosten unverhältnismäßig hoch wären. Diese Begründung übernimmt Fieland v. Chase Manhattan Mortgage and Reality Trust, 67 A.D.2d 888, 413 N.Y.S.2d 707 f. (1979), ohne allerdings Sec. 302(a)(1) TIA zu erwähnen. Zu der Wirksamkeit vergleichbarer no-action clauses im englischen Recht vorstehend Kap.  4 §  10 C. III. 352  R. Smith/Case/Morison 35 Bus. Law. 161, 163 f. (1979). 353  McDermott, Corporate Finance, 243. 354  Siehe die Bestandsaufnahme in §  302(a)(2) TIA.

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größerem Umfang als vorher bekannt – ohne Rücksichtnahme auf die Interessen der Gläubiger festgelegt wurde.355 Die Missachtung der Anlegerinteressen äußerte sich u. a. darin, dass die Emittenten in einigen Fällen keinen Anleihetreuhänder bestellten, der die Rechte der Anleger hätte wahrnehmen können, die Anleihetreuhänder in den Vereinbarungen nicht mit den erforderlichen Rechten ausgestattet wurden, um die Interessen der Anleger schützen und deren Ansprüche durchsetzen zu können, den Anleihetreuhändern keine von den Emittenten unabhängige Stellung eingeräumt wurde, den Emittenten keine Verpflichtung oblag, die Anleihetreuhänder in ausreichendem Maße über ihre gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse und die damit einhergehende Wahrscheinlichkeit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen zu unterrichten,356 sowie darin, dass die Treuhandverträge Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Anleihetreuhänder ausschlossen.357 3. Normative Vorgaben für die Rechtsstellung der Anleihetreuhänder Um die von der SEC festgestellten Missstände zu beseitigen und einem erneuten Börsencrash vorzubeugen (§  302[b] TIA), sind die Emittenten seit dem Inkrafttreten des TIA – im Unterschied zu Emissionen nach deutschem 358 und britischem Recht 359 – verpflichtet,360 für jede Schuldverschreibung einen Anleihetreuhänder (bond trustees) zu bestellen, dessen Aufgabe darin besteht, die angemessene Berücksichtigung der Gläubigerinteressen während der gesamten 355  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 293 (3d Cir. 1980); Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 205 (D. Pa. 1979) unter Hinweis auf SEC, Report on the Study and Investigation of the Work, Activities, Personnel and Functions of Protective and Reorganization Committees, Part VI: Trustees Under Indentures, June 18, 1936, 9, 69; siehe auch McDermott, Corporate Finance, 243, 244 f. 356  Diese Missstände sind in §  302(a) TIA und SEC, Report on the Study and Investigation of the Work, Activities, Personnel and Functions of Protective and Reorganization Committees, Part VI: Trustees Under Indentures, June 18, 1936, 4 festgehalten. 357  Hazen, Securities Regulation VI, §  19.1 = 468 f. 358  Dem deutschen Recht ist die Einsetzung eines Treuhänders nicht fremd. Sie erfolgt allerdings selten, in der Regel nur bei besicherten Schuldverschreibungen, siehe Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 724; ders. Vertragsbeziehungen 583; Siebel, Internationale Anleihen, 516 f. Die Funktion der Treuhänder beschränkt sich in diesen Konstellationen regelmäßig auf die Verwaltung und Verwertung der Sicherheiten, siehe Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 725; ders. Vertragsbeziehungen 606; N. Horn, Internationale Anleihen, 419. 359  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  10 A. IV. 2. 360  Bei Staatsanleihen, die nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York begeben werden, wird der bond trustee regelmäßig durch einen fiscal agent ersetzt, siehe Hartwig-Jacob FS Horn, 2006, 717, 723; ders. Vertragsbeziehungen 583. Der zentrale Unterschied besteht darin, wessen Interessen zu wahren sind. Während der bond trustee die Interessen der Anleihegläubiger gegenüber dem Schuldner vertritt, handelt der fiscal agent als Zahlstelle im Interesse des Schuldners gegenüber den Anleihegläubigern, siehe statt vieler Burn in Baums/Cahn, Reform SchVR, 219, 231; Gullifer/Payne, Corporate Finance Law, 390; Hofmann/Keller ZHR 175 (2011), 684, 707, 708; Hudson, Law of Finance, Rn.  35-23; Veranneman/Tricot Anh. I Rn.  30.

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Laufzeit der Schuldverschreibung sicherzustellen.361 Zu diesem Zweck enthalten die §§  310–318 TIA an die Anleihetreuhänder adressierte Verhaltensregelungen.362 Deren Einhaltung wird jedoch nicht im Rahmen einer kontinuierlichen Beaufsichtigung überwacht. Der konzeptionelle Ansatz des TIA besteht stattdessen darin, die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des Inhalts des Treuhandvertrags (trust indenture) dahingehend einzuschränken, dass die Emittenten und die Anleihetreuhänder den Gehalt der §§  310–318 TIA in den Treuhandvertrag übernehmen müssen.363 Hierdurch werden die Verhaltenspflichten zu Bestandteilen der Anleihebedingungen (bond terms) und wirken auch zugunsten der zukünftigen Gläubiger.364 Die Regelungen in den §§  310–318 TIA werden im Anschluss an die Entscheidung Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co. in drei Gruppen unterteilt,365 wobei nur die letzte Gruppe zwingende Vorgaben zum Schutz der Anleihegläubiger enthält. Die erste Gruppe bilden Regelungen, welche die geschriebenen Bestimmungen des Treuhandvertrags (trust indenture) ergänzen. Hierzu gehört z. B. §  315(a)(1) TIA, der – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in dem Treuhandvertrag – bestimmt, dass die Ersatzansprüche der Anleger gegen den Anleihetreuhänder (bond trustee) aufgrund von Sorgfaltspflichtverletzungen ausgeschlossen sind.366 In der zweiten Gruppe sind solche Bestimmungen zusammengefasst, die bestimmte Vereinbarungen in dem Treuhandvertrag ausdrücklich erlauben. Ein Beispiel hierfür ist §  315(a)(1) TIA, der es den Emittenten und Anleihetreuhändern erlaubt, in dem Treuhandvertrag solche Pflichten zu benennen, für deren Verletzung der Anleihetreuhänder gegenüber den Anlegern ausnahmsweise haften soll.367 Die dritte Gruppe bilden Vorschriften, die den Emittenten und den Anleihetreuhänder verpflichten, bestimmte Regelungen in den Treuhandvertrag aufzunehmen. Eine solche Bestimmung enthält z. B. §  311(a) TIA. Danach muss der Treuhandvertrag den Anleihetreuhänder verpflichten, gesonderte Konten für die Anleihegläubiger einzurichten und nä361  SEC, Report on the Study and Investigation of the Work, Activities, Personnel and Functions of Protective and Reorganization Committees, Part VI: Trustees Under Inden­ tures, June 18, 1936, 112. 362  Hazen, Securities Regulation VI, §  19.1 = 469, §  19.2 = 470, §  19.5 = 478 f. 363  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 292, 293 (3d Cir. 1980); Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 205 (D. Pa. 1979); SEC, Report on the Study and Investigation of the Work, Activities, Personnel and Functions of Protective and Reorganization Committees, Part VI: Trustees Under Indentures, June 18, 1936, 6; M. Becker in Hopt/Rudolph/Baum Börsenreform 801; Bratton 1984 Wis. L. Rev. 667, 724; McDermott, Corporate Finance, 245; Robertson 11 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 461, 475, 481 (1988); Rodgers 20 Bus. Law. 551, 555 (1965). 364  Hazen, Securities Regulation VI, §  19.1 = 467. 365  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 293 (3d Cir. 1980); Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 206 (D. Pa. 1979); McDermott, Corporate Finance, 245. 366  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 206 (D. Pa. 1979). 367  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 206 (D. Pa. 1979).

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York

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her bestimmte Einzahlungen darauf vorzunehmen, sobald er selbst zum Gläubiger des Emittenten wird und der Emittent seine Zahlungsverpflichtungen aus den Schuldverschreibungen nicht mehr erfüllt.368

II. Verwaltungskontrolle der Vorgaben des TIA durch die SEC Schuldverschreibungen sind securities i. S. d. Legaldefinition in Sec. 2(a)(1) SA 1933. Als solche müssen die Emittenten sie grundsätzlich bei der SEC registrieren. Grund hierfür ist Sec. 5(a) SA 1933, wonach Verkäufe von Schuldverschreibungen grundsätzlich 369 rechtswidrig sind, solange die beantragte Registrierung keine Wirksamkeit erlangt hat.370 Unterliegen die Schuldverschreibungen auch dem TIA, ergänzen dessen Vorschriften das Registrierungsverfahren.371 Sie verpflichten die SEC im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens – neben den Bestimmungen des SA 1933 – zu prüfen, ob ein Treuhandvertrag (trust indenture) existiert, die zum Anleihetreuhänder (bond trustee) bestellte Person geeignet ist und die Bestimmungen des Treuhandvertrags mit den inhaltlichen Vorgaben der §§  310–318 TIA vereinbar sind.372 Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Registrierung gemäß §  309(a)(1) TIA mit der Zulassung der Schuld­ verschreibungen unter dem SA 1933 wirksam 373 und das Verkaufsverbot nach Sec. 5(a) SA 1933 entfällt.374 In den Konstellationen der Sec. 3, 4 SA 1933 bedarf es ausnahmsweise keiner Registrierung der Schuldverschreibungen nach dem SA 1933.375 Da die inhaltlichen Vorgaben der §§  310–318 TIA – vorbehaltlich der in §  304 TIA geregelten Ausnahmen 376 – jedoch für alle Schuldverschreibungen gelten, die öffentlich angeboten werden sollen,377 muss der Emittent nach Maßgabe von §  306 TIA gleichwohl bei der SEC die Zulassung der Schuldverschreibung zum Handel beantragen. Veräußert werden dürfen die Teilschuldver368 

Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 206 (D. Pa. 1979). Unter den Voraussetzungen von Sec. 5(b) SA 1933 sind öffentliche Angebote zum Verkauf von Teilschuldverschreibungen ausnahmsweise bereits während der sog. waiting peroid zulässig, d. h. ab dem Eingang der Registrierungsunterlagen bei der SEC bis zum Wirksamwerden der Registrierung. 370  Statt vieler M. Becker in Hopt/Rudolph/Baum Börsenreform 777. 371  M. Becker in Hopt/Rudolph/Baum Börsenreform 801. 372  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 293 (3d Cir. 1980); Robertson 11 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 461, 474 f. (1988). 373  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 293 (3d Cir. 1980); McDermott, Corporate Finance, 244. 374  Hazen, Securities Regulation VI, §  19.3 = 474. 375  Zu Einzelheiten M. Becker in Hopt/Rudolph/Baum Börsenreform 780 ff. 376  Die wichtigste Ausnahme betrifft Schuldverschreibungen, die im Rahmen einer Gesamtemission ausgegeben werden und deren Volumen den Betrag von zehn Mio. USD nicht übersteigt, siehe §  304(a)(9) TIA und Rule 4a-3 General Rules and Regulations of the Securities and Exchange Commission under the Trust Indenture Act of 1939. 377  Statt vieler Bratton 1984 Wis. L. Rev. 667, 724; Hazen, Securities Regulation VI, §  19.2 = 470; Robertson 11 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 461, 474 (1988). 369 

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

schreibungen nach §  309(a)(2) TIA erst, sobald die SEC den Antrag nach Prüfung der gemäß §  307 TIA einzureichenden Unterlagen – der Prüfungsumfang entspricht in Bezug auf den TIA dem bei der Registrierung der Schuldverschreibung unter dem SA 1933 – angenommen hat.378

C. Kein praktisches Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle Die für die Emission von Schuldverschreibungen unter Geltung des TIA er­ forderlichen Treuhandverträge (trust indentures) enthalten nicht nur Pflichten der Anleihetreuhänder (bond trustees) zum Schutz der Anleihegläubiger, sondern auch die Anleihebedingungen (bond terms), die das Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern näher ausgestalten (nachfolgend I.). An der Ausgestaltung der Treuhandverträge und der Anleihebedingungen wirken die Anleihetreuhänder nicht mit. Deren Inhalte werden von den Emittenten und den Konsortialführern vorformuliert und den Anleihetreuhändern unabänderlich unterbreitet. In Anbetracht der gesetzlichen Aufgabe der Anleihetreuhänder, die Interessen der Anleihegläubiger wahrzunehmen, verwundert es auf den ersten Blick, dass der Gesetzgeber in dem TIA keine Mitwirkung der Anleihetreuhänder bei der Erstellung der Anleihebedingungen vorgesehen hat. Eine nähere Betrachtung zeigt, dass eine derartige Ausweitung des Anlegerschutzes aus ökonomischen Gründen nicht für geboten erachtet wird (nachfolgend II.).

I. Anleihebedingungen als Bestandteil des Treuhandvertrags Bei Anleiheemissionen nach dem Recht des U.S.-Bundesstaats New York sind die Anleihebedingungen (bond terms) auf den Schuldverschreibungsurkunden (bond certificates) 379 nur teilweise abgedruckt. Die Wiedergabe beschränkt sich regelmäßig auf die Modalitäten der Zinszahlungen sowie des Anspruchs auf Rückzahlung des Nennbetrags.380 Die übrigen Anleihebedingungen, insbesondere eventuelle covenants, ergeben sich aus den Treuhandverträgen (trust indentures). Die Geltung der in den Treuhandverträgen enthaltenen Anleihebedingungen im Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern wird damit begründet, dass die Treuhandverträge – ähnlich einem Vertrag zu-

378  Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 623 F.2d 290, 293 mit Fn.  3 (3d Cir. 1980); Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co., 473 F.Supp.  201, 205 (D. Pa. 1979). 379  Aus steuerlichen Gründen handelt es sich in der Regel um Namenspapiere (registered bonds), siehe statt vieler HMS/Kaulamo Unternehmensfinanzierung-HdB Rn.  16.19. 380  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 568 (1995).

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York

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gunsten Dritter nach deutschem Recht – auch für und gegen die Anleihegläubiger als Dritte wirken.381

II. Kein Einfluss der Anleihetreuhänder auf die Anleihebedingungen An der Ausgestaltung der Treuhandverträge (trust indentures) und der darin enthaltenen Anleihebedingungen (bond terms) wirken weder die zukünftigen Anleihetreuhänder (bond trustees) 382 noch die zukünftigen Anleihegläubiger mit.383 Deren Inhalte werden von den Emittenten und den Konsortialführern erstellt, die sich jeder inhaltlichen Einmischung widersetzen.384 Hierbei finden die Interessen der zukünftigen Anleihegläubiger nur insoweit Berücksichtigung, als sie die Konsortialführer an der Platzierung der Wertpapiere zweifeln lassen.385 Dieser Befund wirft die Frage auf, warum der TIA, der die Anleihetreuhänder mit der Aufgabe betraut, die Wahrung der Anlegerinteressen sicherzustellen, ihnen keine Mitwirkungsbefugnisse bei der Erstellung der Anleihebedingungen einräumt. Dieser nur vermeintliche Widerspruch entfällt mit der Erkenntnis, dass die für den U.S.-amerikanischen Markt typischen Schuld­ verschreibungen nahezu ausschließlich plain vanilla bonds sind, die keine die Anleger benachteiligenden Bestimmungen enthalten (nachfolgend 1.). Abweichungen von dieser Praxis sind aufgrund wirtschaftlicher Vorteile, die mit der Standardisierung der Anleihebedingungen einhergehen, nicht zu erwarten (nachfolgend 2.). 1. Plain vanilla bonds Die Anleihebedingungen (bond terms) der an den U.S.-amerikanischen Märkten gehandelten Schuldverschreibungen bestehen – mit Ausnahme eventuell enthaltener covenants386 – ausschließlich oder ganz überwiegend aus Standardbestimmungen.387 Ihr Regelungsgehalt erschöpft sich – abgesehen von der 381  Broad v. Rockwell Int’l Corp., 642 F.2d 929, 941 (5th Cir. 1981); SEC, Report on the Study and Investigation of the Work, Activities, Personnel and Functions of Protective and Reorganization Committees, Part VI: Trustees Under Indentures, June 18, 1936, 5; Riger 16 J. Corp. L. 211, 218 (1991). 382  Robertson 11 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 461, 474 (1988); abweichend Barkey 20 Creighton L. Rev. 47, 52 (1986): Verhandlung zwischen Emittent und Anleihetreuhänder (bond trustee). 383  Bratton 5 Cardozo L. Rev. 371, 376 (1984). 384  Riger 16 J. Corp. L. 211, 218 (1991) unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Stellungnahme des ABA Corporate Trust Activities Committee vom 23.12.1976 in dem es wörtlich heißen soll: “Any trustee which endeavors to enter into negotiations regarding the ‘deal’ portions of an indenture will be told in no uncertain terms by the obligor and their underwriters that its comments in those areas are not welcome.” (Riger a. a. O. mit Fn.  35). 385  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 A. III. 2. 386  Rodgers 20 Bus. Law. 551, 560 (1965). 387  Broad v. Rockwell Int’l Corp., 642 F.2d 929, 962 (5th Cir. 1981); Bratton 5 Cardozo

470

Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

marktüblichen Rechtswahlklausel und der Nachrangvereinbarung (subordination clause) – in dem Versprechen von Zinszahlungen und der Erstattung des Nennbetrags am Ende der Laufzeit. Selbst die in Deutschland für hybride Finanzinstrumente typischen Gestaltungen, z. B. der Vorbehalt des Emittenten, die Anleihegläubiger mittels einer Verringerung der Zinszahlungen an einem negativen Unternehmensergebnis zu beteiligen,388 sind dem U.S.-amerikanischen Markt fremd.389 Daher enthalten die Anleihebedingungen der in den U.S.A. ausgegebenen Schuldverschreibungen regelmäßig keine für die Anleger nachteiligen Bestimmungen, so dass auch von dem Standpunkt des deutschen Rechts ausgehend, kein Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle besteht. 2. Gründe für die Standardisierung der Anleihebedingungen Für den hohen Grad der Standardisierung der Anleihebedingungen (bond terms) werden drei Gründe angeführt, die innovative Klauselgestaltungen – gleichgültig welchen Inhalts – nicht erwarten lassen. a) Exklusive Kostenlast und universeller Ertrag Die Entwicklung von dem Marktstandard abweichender Anleihebedingungen (bond terms) wäre für den jeweiligen Emittenten mit erheblichen Mehraufwendungen verbunden. Im Rahmen finanzieller, strategischer und steuerlicher Beratungen wäre zunächst zu ermitteln, in welchen Bereichen überhaupt ein Innovationsbedarf besteht. Wird ein solcher festgestellt, müssten für die Formulierung der neuen Bestimmung Rechtsanwälte hinzugezogen werden. Schließlich bedürfte es noch der Mitwirkung mehrerer Investmentbanken, um das Markt­ umfeld für die atypischen Anleihebedingungen zu testen und sie gegenüber potentiellen Investoren zu vermarkten.390 Zu diesen Aufwendungen für die Erstellung und Vermarktung einer neuen Bestimmung kämen Mehraufwendungen bei laufenden Beratungsleistungen hinzu, die daraus resultieren, dass die Buchhalter, Rechtsanwälte und Steuerberater mit der neuen Klausel nicht vertraut sind.391 Die hierfür erforderlichen Beträge erhöhten die Kapitalkosten des Emittenten,392 ohne dass dem Mehraufwand ein Mehrwert gegenüberstehe. Die L. Rev. 371, 375 (1984); Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 718 (1997); Tauke 1989 Colum. Bus. L. Rev. 1, 12; einschränkend Rodgers 20 Bus. Law. 551, 556 (1965): Nur covenants würden verhandelt, im Übrigen seien die Anleihebedingungen (bond terms) Standardbedingungen. 388  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  7 B. II. 389  Diesen Hinweis und viele weitere Informationen verdanke ich Marcel Kahan, dessen Gast ich im Oktober/November 2013 an der New York University, School of Law, sein durfte. 390  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 598 f. (1995). 391  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 723 (1997); Rodgers 20 Bus. Law. 551, 556 (1965). 392  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 723 f. (1997).

§  11. U.S.A., insbesondere das Recht des Bundesstaats New York

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inhaltliche Innovation verschaffe dem Emittenten grundsätzlich keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen kapitalnachfragenden Unternehmen. Im Unterschied zu technischen Innovationen seien neue Anleihebedingungen kein geschütztes geistiges Eigentum, sondern über den veröffentlichten Pro­spekt für jedermann einsehbar. Dementsprechend könnten die innovativen Bestimmungen – im Fall ihrer Vorteilhaftigkeit – alsbald von anderen Emittenten übernommen werden, ohne dass diesen ein vergleichbarer Aufwand für die Entwicklung der Bedingungen entstünde.393 Daher seien vom Marktstandard abweichende Gestaltungen nur ausnahmsweise attraktiv, nämlich wenn sie derart auf Besonderheiten des Unternehmens des Emittenten abgestimmt sind, dass sie von anderen Unternehmen nicht verwendet werden können, oder die Reputation des Emittenten oder des Konsortialführers fördern.394 b) Gefahr von Bewertungsungenauigkeiten Bei der Verwendung innovativer Anleihebedingungen (bond terms) bestehe die Gefahr, dass der Emittent aufgrund von Bewertungsungenauigkeiten zu hohe Zinsen zahlen müsse. Soweit marktbekannte und standardisierte Anleihebedingungen verwendet werden, seien deren Inhalte395 und Auswirkungen auf den Preis der Schuldverschreibungen, d. h. die Höhe des Nominalzinssatzes, sowohl aufgrund eigener Erfahrungen als auch aufgrund von Netzwerkeffekten396 bekannt. Der Einsatz neuer Bestimmungen berge insbesondere aufgrund ungeklärter Auslegungsfragen 397 die Gefahr von Bewertungsungenauigkeiten und Risikoaufschlägen, welche die Emittenten ggf. mit überhöhten Zinsen bezahlen müssten. Diese potentiellen Mehraufwendungen vermeiden die Emittenten auf Anraten der Konsortialführer398 nahezu ausnahmslos durch die Verwendung von Standardbedingungen.399 c) Vergleichbarkeit der Schuldverschreibungen Schließlich leiste der hohe Grad an Standardisierung im Bereich der Anleihe­ bedingungen einen wesentlichen Beitrag für einen effizienten Schuldver­ schreibungsmarkt. Er ermögliche es den Erwerbsinteressenten, den RatingAgen­turen sowie den übrigen Marktteilnehmern, die Schuldverschreibungen unterschiedlicher Emittenten unter ausschließlicher Berücksichtigung der 393  Hilke/Singer FS Jojima, 1990, 205; Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 599 (1995); abweichend Rodgers 20 Bus. Law. 551, 556 (1965): erheblicher Anpassungsaufwand. 394  Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 599 (1995). 395  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 719 f. (1997). 396  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 726 (1997). 397  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 720 (1997). 398  Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 737 f. (1997). 399  Gilson/Kraakman 70 Va. L. Rev. 549, 615 f. (1984); Kahan 89 Nw. U. L. Rev. 565, 587 (1995); Kahan/Klausner 83 Va. L. Rev. 713, 722 (1997).

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Kapitel 4. Auslandsemissionen und Rechtsvergleich

wirtschaftlichen Parameter der Schuldner zu vergleichen.400 Der zusätzliche Aufwand, der mit der Analyse innovativer Klauselgestaltungen einhergehe, werde durch die Standardisierung der Anleihebedingungen vermieden.

D. Ergebnisse 1. Unter Geltung des Rechts des U.S.-Bundesstaats New York hat der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen (bond terms) in einem obiter dictum verneint. 2. Bei Schuldverschreibungen, die an den U.S.-amerikanischen Märkten gehandelt werden, wird der Gläubigerschutz in erster Linie durch den TIA sichergestellt. Danach sind die Emittenten verpflichtet, einen Anleihetreuhänder (bond trustee) zu bestellen, dessen Aufgabe darin besteht, die angemessene Berücksichtigung der Gläubigerinteressen während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibung sicherzustellen. Um dies zu gewährleisten, enthält der TIA u. a. zwingende Vorgaben für die Ausgestaltung des Treuhandvertrags (trust indenture), deren Einhaltung die SEC vor der Ausgabe der Schuldverschreibung in einem behördlichen Verfahren überprüft. 3. Die Anleihebedingungen (bond terms) sind Bestandteil des Treuhandvertrags (trust indenture). Für deren Ausgestaltung enthält der TIA keine inhaltlichen Vorgaben. Sie werden von den Emittenten unter ausschließlicher Mitwirkung der Konsortialführer erstellt. Hierbei gehen der S.D.N.Y. und die überwiegende Ansicht in der U.S.-amerikanischen Literatur davon aus, dass die Konsortialführer aufgrund des auch sie treffenden Platzierungsrisikos bei der Erstellung der Anleihebedingungen darauf achten, dass die Interessen der Anleihegläubiger ausreichend berücksichtigt werden. 4. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Prämisse besteht bei den für den U.S.-amerikanischen Markt typischen Anleihebedingungen (bond terms) kein Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle. Die Anleihen sind nahezu ausschließlich plain vanilla bonds, die keine die Anleger benachteiligenden Bestimmungen enthalten. Abweichungen von dieser Praxis sind aufgrund wirtschaftlicher Vorteile, die mit der Standardisierung der Anleihebedingungen einhergehen, nicht zu erwarten.

400  Broad v. Rockwell Int’l Corp., 642 F.2d 929, 943 (5th Cir. 1981); Bratton 5 Cardozo L. Rev. 371, 375 (1984); ähnlich Christians/Süchting Finanzierung-HdB 145, 153: Standardisierung bei covenants steigere die Transparenz.

Kapitel 5

Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle Sämtliche Plädoyers gegen die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihe­ bedingungen von schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten – sei es de lege lata, sei es nur de lege ferenda – eint das Ziel, die gegenwärtige Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit der Bestimmungen zu beseitigen und dadurch die Attraktivität des deutschen Rechts am internationalen Anleihemarkt zu steigern. Die Erkenntnis, dass die Klausel-RL die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen gebietet,1 versperrt dem deutschen Gesetzgeber die Möglichkeit, diese umfassend auszuschließen. Bei der Suche nach Alternativen fällt der Blick auf die Rechtsordnungen an den weltweit führenden Finanz- und Kapitalmarktstandorten, London und New York.2 Er lässt erkennen, dass die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen – entgegen anderslautenden Behauptungen 3 – keinen „deutschen Sonderweg“4 darstellt. Im Gegenteil, auch die englischen Gerichte haben bereits mehrfach – wenngleich vor langer Zeit – über die Angemessenheit und Wirksamkeit einzelner Bestimmungen in Anleihebedingungen entschieden.5 Dem U.S.-amerikanischen Recht ist eine Inhaltskontrolle der bond terms durch die Gerichte zwar fremd. Dafür sieht aber der TIA vor, dass die SEC vor der Ausgabe der Schuldtitel prüft, ob der Inhalt der Anleihebedingungen mit den gesetzlichen Mindestvorgaben zum Schutz der Anleger­ interessen vereinbar ist. 6 Die Tatsache, dass das U.S.-amerikanische Recht trotz der behördlichen Kontrolle international den Ruf einer liberalen Rechtsordnung genießt, lässt Reformüberlegungen in diese Richtung lohnend erscheinen.

1 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  3 D. I. 3. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  10 und §  11. 3 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31. 4 Claussen/Ekkenga BankR/BörsenR §  7 Rn.  31 in Bezug auf die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle. 5  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  10 C. 6  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 B. II. 2 

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren In den U.S.A. dürfen Schuldverschreibungen unter Geltung des TIA erst öffentlich angeboten werden, sobald die SEC die Vereinbarkeit der Anleihebedingungen mit den Mindestanforderungen des TIA festgestellt hat.7 Die Tatsache, dass der TIA dem Schutz der Anleihegläubiger zu dienen bestimmt ist, legt es nahe, dass die ablehnende Haltung der U.S.-amerikanischen Gerichte gegenüber einer Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen8 auch auf die behördliche Genehmigung derselben zurückzuführen ist. Die darin zum Ausdruck kommende Aufgabenteilung zwischen der Exekutive und der Judikative steigert die Rechtssicherheit und sollte in das europäische Recht übernommen werden. Hierzu ist erforderlich, die nicht nur unter Geltung des deutschen Rechts, sondern aufgrund der Vorgaben der Klausel-RL in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU gebotene AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen auf Antrag des Emittenten, des Anbieters oder des Zulassungsantragstellers den Gerichten zu entziehen und in das Prospektbilligungsverfahren zu inte­grieren (nachfolgend A.). Die damit einhergehende Einschränkung des Rechtsschutzes der Anleger ist mit den Justizgrundrechten der EU vereinbar (nachfolgend B.).

A. Reformvorschlag Die mit der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen durch die Gerichte einhergehende Ungewissheit über die Wirksamkeit einzelner Bestimmungen kann de lege ferenda in Anlehnung an die Regelungen des TIA9 ohne Minderung des Anlegerschutzniveaus durch deren optionale Verlagerung in das Prospektbilligungsverfahren und damit auf einen Zeitpunkt vor Ausgabe der Schuldverschreibung beseitigt werden (nachfolgend I.). Diese Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens widerspricht weder den Vorgaben der Klausel-RL (nachfolgend II.) noch beschränkt sie – im Unterschied zu der Rechts­

7 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 B. II. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 A. III. 9  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  11 B. 8 

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 475

lage unter Geltung der §§  795, 808a BGB a. F. – die Emissionsfreiheit; sie eröffnet den Emittenten lediglich einen sicheren Hafen (nachfolgend III.).

I. Ergänzungen der Prospekt-VO Die Emittenten, Anbieter und Zulassungsantragsteller sollten bei der Emission von Schuldverschreibungen künftig beantragen können, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im Rahmen des Prospektbilligungsverfahrens und damit bereits vor dem öffentlichen Angebot der Teilschuldverschreibungen oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt erfolgt (nachfolgend 1.). Gelangt die zuständige Behörde bei ihrer Prüfung der Anleihebedingungen zu dem Ergebnis, dass diese keine missbräuchliche Bestimmung i. S. d. Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL enthalten, sollte die Billigung des Prospekts, einschließlich der Anleihebedingungen, zur Folge haben, dass eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist (nachfolgend 2.). 1. Antrag der Emittenten, Anbieter oder Zulassungsantragsteller a) Antragsrecht In dem Prospektbilligungsverfahren ist die zuständige Behörde de lege lata nach Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO darauf beschränkt zu prüfen, ob der Prospektentwurf die für die Billigung vorausgesetzten Standards bezüglich Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz erfüllt. Eine Erweiterung des Prüfungsumfangs dahingehend, dass die zuständige Behörde bei Schuldverschreibungen i. S. d. Art.  4 Abs.  1 Nr.  44 Buchst. b MiFID II auch die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen vorzunehmen hat, sollte von dem Reformgesetzgeber aufgrund der Tatsache, dass die Inhaltskontrolle – abhängig von der Komplexität der Anleihebedingungen – geeignet ist, das Prospektbilligungsverfahren mit einer Vielzahl schwieriger Rechtsfragen zu belasten, nicht angeordnet, sondern lediglich ermöglicht werden. Die Entscheidung, ob die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle bereits in dem Prospektbilligungsverfahren von der zuständigen Behörde durchgeführt wird oder den Gerichten nach der Ausgabe der Schuldverschreibung vorbehalten ist, sollte bei den Emittenten, Anbietern und Zulassungsantragstellern liegen. Das für die optionale Erweiterung des Prüfungsumfangs erforderliche Antragsrecht könnte in Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E eingeführt werden: „Artikel 20a Prüfung und Billigung der Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen (1) Ist das Wertpapier eine Schuldverschreibung im Sinne des Artikel 4 Absatz 1 Nummer 44 Buchstabe b der Richtlinie 2014/65/EU, prüft die zuständige Behörde auf Antrag

476

Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

des Emittenten, des Anbieters oder der die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragenden Person auch die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG.“

Die den Emittenten, Anbietern und Zulassungsantragstellern durch Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E eröffnete Möglichkeit, den Prüfungsumfang des Prospektbilligungsverfahrens bei Schuldverschreibungen um die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen zu erweitern, wäre nicht auf Konstellationen beschränkt, in denen nach Art.  3 Abs.  1 oder Abs.  3 Prospekt-VO die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts besteht. Sie bestünde nach Art.  4 Abs.  2 Hs.  2 Prospekt-VO auch dann, wenn das öffentliche Angebot der Schuldverschreibung oder die Zulassung derselben zum Handel an einem geregelten Markt gemäß Art.  1 Abs.  3 Prospekt-VO nicht in den Anwendungsbereich der Prospekt-VO fällt oder gemäß Art.  1 Abs.  4, 5 oder Art.  3 Abs.  2 Prospekt-VO von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts ausgenommen ist und der Emittent, der Anbieter oder der Zulassungsantragsteller nach Art.  4 Abs.  1 Pros­pekt-VO einen Prospekt auf freiwilliger Basis erstellt. b) Pflicht zur Übermittlung der Anleihebedingungen Die Anleihebedingungen zählen de lege lata nicht zu den Unterlagen, die der Emittent, der Anbieter oder der Zulassungsantragsteller bei Schuldverschreibungen mit dem Antrag auf Billigung des Prospekts bei der zuständigen Behörde einreichen muss. Ausreichend ist nach Art.  6 Abs.  1 UAbs.  1 Buchst. b Prospekt-VO i. V. m. Art.  15 DelVO Prospekt und Anhang 14 Punkt 4.7 bzw. nach Art.  14 Abs.  2 UAbs.  1 Buchst. b Prospekt-VO i. V. m. Art.  17 DelVO Prospekt und Anhang 16 Punkt 4.8 eine Beschreibung der mit den Wertpapieren verbundenen Rechte, einschließlich aller etwaigen Beschränkungen dieser Rechte. Die Tatsache, dass die Anleihebedingungen regelmäßig gleichwohl in den Prospekt aufgenommen werden, beruht darauf, dass die Emittenten bei der marktüblichen Verbriefung einer Schuldverschreibung in Form einer dauerhaften Sammelurkunde10 auf den Abdruck der Anleihebedingungen in derselben verzichten und stattdessen deren Inhalt nach §  2 Abs.  1 Satz 2 SchVG durch eine Bezugnahme auf die in dem Prospekt abgedruckten Bestimmungen in die Urkunde übernehmen (incorporation by reference).11 Da die gegenwärtige Praxis keine Gewähr für deren Fortbestand bietet, ist es erforderlich, für die Fälle, in denen der Emittent, der Anbieter oder der Zulassungsantragsteller die AGB-recht­ liche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen durch die für die Billigung des Prospekts zuständige Behörde beantragt, die Verpflichtung zu begründen, die 10 

Zu Einzelheiten der Verbriefung vorstehend Kap.  2 §  4 A. II. 1. a). Zu der rechtlichen Möglichkeit siehe LBS/Bliesener/H. Schneider SchVG §  2 Rn.  7; FKSchVG/Hartwig-Jacob §  2 Rn.  68; Veranneman/Oulds SchVG §  2 Rn.  9 ; Preuße/Röh/Dörfler SchVG §  2 Rn.  32. 11 

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 477

Anleihebedingungen im Rahmen der Wertpapierbeschreibung in dem Prospekt abzudrucken. Diese Regelung könnte in Art.  17a Satz 1 DelVO Pro­spekt-E verortet werden und lauten: „Artikel 17a Zusätzliche Angaben bei der Billigung der Anleihebedingungen von Schuldverschreibungen Beantragt der Emittenten, der Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person bei einer Schuldverschreibung im Sinne des Artikel 4 Absatz 1 Nummer 44 Buchstabe b der Richtlinie 2014/65/EU auch die Billigung der Anleihebedingungen, muss die Wertpapierbeschreibung neben den nach Artikel 15, 16 oder 17 erforderlichen Angaben auch die Anleihebedingungen enthalten.“

1

2. Billigung und Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle durch die Gerichte a) Prüfungsmaßstab Beantragt der Emittent, der Anbieter oder der Zulassungsantragsteller die Billigung des Prospekts, einschließlich der Anleihebedingungen (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E), hat die zuständige Behörde neben den Standards bezüglich der Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz des Prospektentwurfs (Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO) auch die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen zu prüfen, und zwar – ohne Veränderung des Prüfungsmaßstabs gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage – am Maßstab des nationalen Rechts, das der Mitgliedstaat, dem die Rechtsverhältnisse aus den Teilschuldverschreibungen unterstehen, zur Umsetzung der Vorgabe aus Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL erlassen hat. Unterliegen die Rechtsverhältnisse – sei es aufgrund einer Rechtswahl in den Anleihebedingungen, sei es kraft Gesetzes – deutschem Recht,12 ist die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach den §§  307 ff. BGB bei aktienähnlich ausgestalteten Schuldverschreibungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten.13 b) Safe harbour Gelangt die zuständige Behörde bei ihrer Prüfung der Anleihebedingungen zu dem Ergebnis, dass keine Bestimmung missbräuchlich ist, hat sie den Prospekt, einschließlich der Anleihebedingungen, zu billigen. Bei Anwendung des gegenwärtigen deutschen Rechts stünde diese Billigung einer erneuten AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen durch die Gerichte nicht entgegen,14 und zwar nicht nur in Verbandsklageverfahren, sondern auch in Indivi12 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  4 §  9 B. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 B. 14 UBH/Fuchs Vor BGB §   307 Rn.  96; Palandt/Grüneberg Überbl v BGB §  305 Rn.  19; 13 

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Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

dualprozessen.15 Daher ist es für die Erreichung von Rechtssicherheit über die Wirksamkeit der Anleihebedingungen erforderlich, den Gerichten eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit durch eine besondere gesetzliche Regelung zu untersagen. Erst dadurch eröffnet die optionale Verlagerung der AGBrecht­ lichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen in das Prospektbilligungsverfahren den Antragstellern einen safe harbour. Die hierfür erforderliche Regelung könnte in Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E eingefügt werden und lauten: „(2) Mit der Billigung der Anleihebedingungen durch die zuständige Behörde ist eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.“

Die Regelung des Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E hindert die Gerichte nicht daran, die Anleihebedingungen aufgrund eines Verstoßes gegen andere Vorschriften als die, welche der Umsetzung der Vorgabe aus Art.  3 Abs.  1 KlauselRL dienen, für unwirksam zu erklären oder dem Anleiheschuldner das Berufen auf die Rechtsfolge zu verwehren. Daher sind unter Geltung des deutschen Rechts zwar die Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle auf Grundlage der zivilrechtlichen Generalklauseln (§§  138 Abs.  1, 242 BGB) weiterhin möglich. Eine den §§  307 ff. BGB vergleichbare Rechtsunsicherheit geht damit aber nicht einher. Die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen in den Anleihebedingungen nach §  138 Abs.  1 BGB erscheint bereits deshalb ausgeschlossen, weil der erforderliche Sittenverstoß neben einer groben Interessenbeeinträchtigung von erheblicher Stärke16 auch eine subjektive Vorwerfbarkeit dergestalt voraussetzt, dass die gegen die guten Sitten verstoßende Gestaltung auf einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten beruht17 oder dieser zumindest die die Sittenwidrigkeit begründenden individuellen Umstände kannte oder infolge von grober Fahrlässigkeit nicht kannte.18 Die Ausübungskontrolle nach §  242 BGB19 setzt zwar kein vergleichbares subjektives Element voraus, ist aber als die allen RechWLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  70; Erman/Roloff/Looschelders Vor BGB §  307 Rn.  14; Stoffels AGBR Rn.  401; Staudinger/Wendland, 2019, Vor BGB §§  307–309 Rn.  13; MüKoBGB/Wurmnest Vor §  307 Rn.  18. Für Allgemeine Bausparbedingungen siehe BGHZ 187, 360 Rn.  17 = NJW 2011, 1801; BGH NJW 1992, 180, 181; BGH NJW 1991, 2559, 2560; OLG Karlsruhe NJW 1991, 362, 363; Fandrich in Graf von Westphalen/Thüsing VertragsR Bausparbedingungen (ABB) Rn.  3 ; für Allgemeine Beförderungsbedingungen siehe BGHZ 86, 284, 291 = NJW 1983, 1322; BGH NJW 2007, 997, 998; BGH NJW 2005, 1774; für AVB siehe BGHZ 83, 169, 172 = NJW 1982, 1391. 15 Statt vieler WLP/Pfeiffer BGB §   307 Rn.  70; Staudinger/Wendland, 2019, Vor BGB §§  307–309 Rn.  13. 16  BGHZ 147, 279, 287 = NJW 2001, 2331; BGHZ 136, 347, 355 = NJW 1997, 3372; BGH WM 1996, 902, 905; WLP/Pfeiffer BGB §  307 Rn.  18; Stoffels AGBR Rn.  384. 17  BGHZ 125, 218, 227 = NJW 1994, 1344; BGH WM 1996, 902, 905. 18  BGHZ 120, 272, 276 = NJW 1993, 322; BGHZ 20, 43, 52 = NJW 1956, 706; BGH WM 1996, 902, 905; PWW/Ahrens BGB §  138 Rn.  34; Jauernig/Mansel BGB §  138 Rn.  11. 19  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  3 §  8 A. III. 3.

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 479

ten immanente Inhaltsbegrenzung auf atypische Extremfälle begrenzt, in denen ein im Einzelfall untragbares, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbares Ergebnis nicht hingenommen werden kann.20 c) Publizität Um eine informierte Investitionsentscheidung treffen zu können, müssen die Anleger, die den Erwerb von Teilschuldverschreibungen erwägen, den Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren erkennen können. Hierfür genügt es nicht, dass diese Rechtsfolge sich aus Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO ergibt. Die den Ausschluss im Einzelfall begründende Tatsache, nämlich dass die zuständige Behörde den Prospekt, einschließlich der Anleihebedingungen, gebilligt hat, bliebe ihnen verborgen. Daher ist es angezeigt, klarstellende Hinweise in den Prospekt aufzunehmen, und zwar sowohl in die Wertpapierbeschreibung (Art.  6 Abs.  1 Buchst.  b Prospekt-VO) als auch in die Basisinformationen über die Wertpapiere in der Zusammenfassung (Art.  7 Abs.  4 Buchst.  c, Abs.  7 Buchst.  a Nr.  iii Prospekt-VO). Die entsprechende Vorgabe könnte in Art.  17a Satz 2 DelVO Prospekt-E eingefügt werden und lauten: „ 2Außerdem müssen die Wertpapierbeschreibung und die Zusammenfassung den Hinweis enthalten, dass die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG Gegenstand der Prüfung des Prospekts durch die zuständige Behörde war und eine erneute Überprüfung im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist.“

d) Vorteile Die de lege lata bestehende Möglichkeit, dass einzelne Bestimmungen in den Anleihebedingungen nach der Ausgabe der Schuldverschreibung in einer gerichtlichen Entscheidung wegen einer unangemessenen Benachteiligung der Anleihegläubiger als unwirksam beurteilt werden, belastet die Anleiheschuldner nicht nur mit Risikozuschlägen am Primärmarkt in Form von höheren Zinszahlungsverpflichtungen, 21 sondern auch mit der Gefahr, dass bei der Unwirksamkeit bestimmter Anleihebedingungen (z. B. der Stundung des Zahlungsanspruchs oder der Verlustbeteiligung der Anleihegläubiger) unerwartet Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bekannt werden und eine u. U. existenzbedrohende finanzielle Krise des Anleiheschuldners begründen können.22 Diese Nachteile entfielen bei einer Billigung der Anleihebedingungen in dem Prospektbilligungsverfahren aufgrund des damit verbundenen Ausschlusses ei20  Statt vieler BGHZ 68, 299, 304 = NJW 1977, 1234; BGH NJW-RR 2015, 457 Rn.  28; UBH/Fuchs Vor BGB §  307 Rn.  6 4 m. w. N. 21  Zu Einzelheiten vorstehend Einleitung §  1 D. I. 1. 22  Zu Einzelheiten vorstehend Einleitung §  1 D. I. 2.

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Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

ner erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit durch die Gerichte (Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E). Gleiches gilt für die nicht erstattungsfähigen Rechtsverteidigungskosten (z. B. Vergleichszahlungen) erheblichen Ausmaßes, die dem Anleiheschuldner entstehen, sobald ein Gericht die Wirksamkeit einer Bestimmung in den Anleihebedingungen – wenn auch nur in einem obiter dictum – anzweifelt und damit eine Welle außergerichtlicher Forderungsschreiben und Klagen auslöst. In Anbetracht dieser mit dem safe harbour (Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E) einhergehenden Vorteile erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass bei der Mehrzahl der prospektpflichtigen Schuldverschreibungen ein Antrag nach Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E gestellt würde. Bei Schuldverschreibungen, die keiner Prospektpflicht unterliegen – sei es, dass das öffentliche Angebot der Wertpapiere oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gemäß Art.  1 Abs.  3 Prospekt-VO nicht in den Anwendungsbereich der Prospekt-VO fällt, sei es, dass eine Ausnahme von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts nach Art.  1 Abs.  4, 5 oder Art.  3 Abs.  2 Pro­s­pekt-VO besteht –, ist die Aussicht auf den safe harbour – neben dem sog. Europäischen Pass (Art.  24 Abs.  1 Prospekt-VO) – ein zusätzlicher Anreiz, trotz erheblicher Aufwendung einen Prospekt auf freiwilliger Basis zu erstellen. 3. Verfahren bei Beanstandung einzelner Anleihebedingungen Für Konstellationen, in denen der Emittent, der Anbieter oder der Zulassungsantragsteller neben der Billigung des Prospekts auch die Billigung der Anleihebedingungen beantragt hat (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E) und die zuständige Behörde bei ihrer Prüfung feststellt, dass zwar der Prospektentwurf die für eine Billigung vorausgesetzten Standards bezüglich Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz erfüllt, aber mindestens eine Bestimmung in den Anleihebedingungen missbräuchlich ist, also gegen das im Einzelfall anwendbare zur Umsetzung von Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL erlassene nationale Recht verstößt, 23 sollte in Anlehnung an Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO vorgesehen werden, dass die zuständige Behörde den Antragsteller zeitnah über ihre Rechtsauffassung unterrichtet. Die hierfür erforderliche Regelung könnte in Art.  20a Abs.  3 Satz 1 Prospekt-VO-E niedergelegt werden und lauten: „(3) 1Stellt die zuständige Behörde fest, dass eine oder mehrere Bestimmungen in den Anleihebedingungen missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG sind, so a) unterrichtet sie den Emittenten, den Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person zeitnah darüber, spätestens innerhalb der in Artikel 20 Absatz 2 Unterabsatz 1 oder gegebenenfalls Artikel 20 Absatz 3 genannten Fristen, gerechnet aber der Vorlage des Prospektentwurfs, und b) gibt klar die Änderungen, die erforderlich sind, an.“ 23 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  5 §  12 A. I. 2. a).

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 481

Auf die Mitteilung nach Art.  20a Abs.  3 Satz 1 Prospekt-VO-E kann der Antragsteller mit einer Änderung der beanstandeten Bestimmungen reagieren und den geänderten Prospektentwurf (Art.  43 Abs.  1 DelVO Prospekt) zur Billigung einreichen. Wird dieser, einschließlich der Anleihebedingungen, gebilligt, ist eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren nach Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E ausgeschlossen. Alternativ kann der Antragsteller – sei es, dass er die Rechtsauffassung der zuständigen Behörde für unzutreffend erachtet, sei es, dass er eine Verzögerung der Emission vermeiden will – seinen Antrag nach Art.  20a Abs.  1 ProspektVO-E zurücknehmen, seinen Antrag auf Billigung des Prospekts im Übrigen aber aufrechterhalten. Die anschließende Billigung erlaubt es zwar, die Schuldverschreibung nach der Veröffentlichung des Prospekts öffentlich anzubieten oder zum Handel an einem geregelten Markt zuzulassen, der sich in der EU befindet oder dort betrieben wird, hindert die Gerichte aber nicht an der Prüfung, ob Bestimmungen in den Anleihebedingungen missbräuchlich sind. Für diese Konstellationen sollte in Anlehnung an Art.  20 Abs.  4 UAbs.  2 Prospekt-VO geregelt werden, dass die Prüfungsfrist des Art.  20 Abs.  2 UAbs.  1 Prospekt-VO erst mit der Einreichung des geänderten Prospektentwurfs bzw. der Rücknahme des Antrags auf Billigung der Anleihebedingungen beginnt. Die entsprechende Vorschrift könnte in Art.  20a Abs.  3 Satz 2 Prospekt-VO-E eingefügt werden und lauten: „ 2In diesen Fällen gilt die in Artikel 20 Absatz 2 Unterabsatz 1 festgelegte Frist erst ab dem Datum, zu dem der geänderte Prospektentwurf bei der zuständigen Behörde eingereicht oder der Antrag auf Billigung der Anleihebedingungen zurückgenommen wird.“

Wird der Antrag hingegen unverändert aufrechterhalten, sollte die zuständige Behörde in Anlehnung an Art.  20 Abs.  5 Prospekt-VO ermächtigt werden, das Prüfungsverfahren zu beenden und den Antragsteller ablehnend zu verbescheiden. Die Rechtsgrundlage hierfür könnte in Art.  20a Abs.  4 Prospekt-VO-E eingefügt werden und lauten: „(4) 1Ist der Emittent, der Anbieter oder die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragende Person nicht in der Lage oder nicht willens, die erforderlichen Änderungen in den Anleihebedingungen vorzunehmen, ist die zuständige Behörde berechtigt, die Billigung des Prospekts zu verweigern und den Überprüfungsprozess zu beenden. 2In diesem Fall teilt die zuständige Behörde dem Emittenten, dem Anbieter oder der die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragenden Person ihre Entscheidung und ihre Gründe für die Ablehnung mit.“

II. Kein Widerspruch zu Vorgaben der Klausel-RL Die optionale Verlagerung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen in das Prospektbilligungsverfahren und – im Fall der Billigung derselben – der Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit

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Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

im gerichtlichen Verfahren (Art.  20a Abs.  1, 2 Prospekt-VO-E) konfligieren nicht mit Art.  7 Abs.  1 Klausel-RL, weshalb es zur Wahrung der Einheit des europäischen Sekundärrechts keiner flankierenden Änderung der Klausel-RL bedarf. Die Vorgabe aus Art.  7 Abs.  1 Klausel-RL ergänzt das Gebot aus Art.  6 Abs.  1 Hs.  1 Klausel-RL, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sein müssen, dahingehend, dass den Verbrauchern „angemessene und wirksame Mittel“ zustehen müssen, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen. Zu dieser im Lichte von Art.  47 Abs.  1 GRC auszulegenden 24 Rechtsschutzvorgabe hat der EuGH zwar wiederholt entschieden, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten den Verbotsgehalt der Klausel-RL von Amts wegen zu berücksichtigen haben.25 Dies impliziert aber nicht, dass die Prüfung der Missbräuchlichkeit einzelner Vertragsklauseln ausschließlich Gerichten vorbehalten ist. Im Gegenteil, da das Verfahren gemeinschaftsrechtlich nicht harmonisiert ist, 26 kann die Prüfung im Einklang mit Art.  7 Abs.  1 Klausel-RL auch einer Behörde überantwortet werden.27 Zulässig sind nach Art.  8 Klausel-RL insbesondere präventive Verbots- oder Genehmigungsverfahren, da sie – im Vergleich zu der nachgelagerten gerichtlichen Überprüfung – ein höheres Schutzniveau für Verbraucher gewährleisten.28

III. Keine Wiedereinführung der Emissionsverbote (§§  795, 808a BGB a. F.) Die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens um die Überprüfung der Anleihebedingungen (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E) bedeutet keine Rückkehr zu den mit Wirkung vom 1.1.199129 aufgehobenen Emissionsverboten der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. Zum einen bestehen zwischen dem Genehmigungsverfahren nach Maßgabe der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. und den vorgeschlagenen Neuregelungen (Art.  20a Pro­spektVO-E, Art.  17a DelVO Prospekt-E) wesentliche Unterschiede (nachfolgend 1.). 24 EuGH ECLI:EU:C:2014:2099 Rn.   35 – Sánchez Morcillo und Abril García; WLP/ Pfeiffer RL Art.  7 Rn.  3. 25 EuGH ECLI:EU:C:2010:685 Rn.   41 f. – Pohotovost’; EuGH ECLI:EU:C:2006:675 Rn.  27 – Mostaza Claro; EuGH ECLI:EU:C:2002:705 Rn.   32  f. – Cofidis; EuGH ECLI:EU:C:2000:346 Rn.  26 ff. – Océano Grupo Editorial und Salvat Editores. 26  EuGH ECLI:EU:C:2020:431 Rn.  32 – Kancelaria Medius; EuGH ECLI:EU:C:2019:282 Rn.  47 – Aqua Med; EuGH ECLI:EU:C:2018:711 Rn.  57 – Profi Credit Polska; EuGH ECLI:EU:C:2018:367 Rn.  35 – Sziber; EuGH ECLI:EU:C:2016:252 Rn.  32 – Sales Sinués; EuGH ECLI:EU:C:2013:800 Rn.   30 – Asociación de Consumideros Independientes de Castilla y León. 27 WLP/Pfeiffer RL Art.  7 Rn.  14. 28 WLP/Pfeiffer RL Art.  7 Rn.  15, RL Art.  8 Rn.  10 29  Art.  3 Satz 1 i. V. m. Art.  1 Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen v. 17.12.1990 (BGBl. I 2839).

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 483

Zum anderen können die gegen die Emissionsverbote mit Genehmigungsvorbehalt erhobenen praktischen Einwände nicht auf die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens übertragen werden (nachfolgend 2.). 1. Unterschiede zu den §§  795, 808a BGB a. F. Von den §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. unterscheidet die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens nach Art.  20a Prospekt-VO-E sich nicht nur in der Rechtsfolge, nämlich dass kein Emissionsverbot mit Genehmigungsvorbehalt eingeführt wird, sondern auch darin, dass der Inhalt der Anleihebedingungen unter Geltung der bis zum 31.12.1990 bestehenden Rechtslage – jedenfalls faktisch – nicht Gegenstand der behördlichen Prüfung war. a) Keine Beschränkung der Emissionsfreiheit Unter Geltung der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. waren Schuldverschreibungen, die ohne die erforderliche staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangten nach §  795 Abs.  2 Hs.  1 ggf. i. V. m. §  808a Satz 3 BGB a. F. nichtig. Die Genehmigung hatte insofern privatrechtsgestaltende Wirkung,30 als sie das Emissionsverbot – und damit das gesetzliche Verbot – aufhob. Die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens um die Prüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen (Art.  20a Prospekt-VO-E) beschränkt die Emissionsfreiheit nicht. Auch dann, wenn die zuständige Behörde bei der Inhaltskontrolle zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Bestimmung missbräuchlich i. S. d. Klausel-RL ist, also gegen das im Einzelfall anwendbare, zur Umsetzung von Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL erlassene nationale Recht verstößt,31 kann der Emittent die Schuldverschreibung – nach einer Einschränkung des Prüfungsumfangs und der Billigung des Prospekts – in Verkehr bringen. Daher bietet die Inhaltskontrolle durch die zuständige Behörde lediglich die Aussicht auf einen safe harbour zum Schutz vor den Risiken, die de lege lata mit der AGB-recht­lichen Inhaltskontrolle durch die Gerichte nach der Ausgabe der Teilschuldverschreibungen einhergehen. Weder sind die Emittenten verpflichtet, die Prüfung der Anleihebedingungen in dem Prospektbilligungsverfahren zu beantragen, noch müssen sie, wenn sie einen Antrag nach Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E gestellt haben, ihre Anleihebedingungen entsprechend den ggf. geäußerten Beanstandungen der zuständigen Behörde umgestalten.32

30 Staudinger/Marburger,

12.  Aufl. 1986, BGB §  795 Rn.  9 ; Ungnade Rentenmarkt 136. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  5 §  12 A. I. 2. a). 32  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  5 §  12 A. I. 3. 31 

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b) Faktische Divergenz des Prüfungsumfangs Unter Geltung der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. war der Antrag auf Erteilung einer Emissionsgenehmigung abzulehnen, wenn der Erteilung derselben ein Versagungsgrund entgegenstand.33 Vor dem Hintergrund, dass bei der Einführung der Emissionsverbote zum 1.1.1900 bzw. zum 29.6.1954 ein System der Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen noch nicht ausgeprägt war, versprachen die Verfasser der Vorschriften sich von den Emissionsverboten u. a. die Möglichkeit, in den Genehmigungsverfahren auf die inhaltliche Gestaltung der Anleihebedingungen einwirken zu können.34 Die zuständige Behörde sollte, wenn die Anleihebedingungen eine als unangemessen empfundene Benachteiligung der Anleger enthielten und der Antragsteller zu einer inhaltlichen Änderung nicht bereit war, die Ablehnung des Antrags androhen oder den Antrag sogar final ablehnen. Der damit einhergehenden Verpflichtung, die An­ leihebedingungen auf mögliche unangemessene Benachteiligungen der Anleger zu überprüfen, kamen die zuständigen Behörden aber nicht nach. Ursächlich hierfür war – dies gilt insbesondere für die Zeit nach dem Inkrafttreten des AGBG – die unzureichende personelle Ausstattung der jeweils zuständigen Behörde. Im Zeitpunkt der Aufhebung des Genehmigungsverfahrens waren im BMF nur zwei Beamte des gehobenen Dienstes mit der Bearbeitung der Emissionsanträge befasst.35 Dieser Zustand hatte nicht zur Folge, dass die Mehrzahl der Anträge unbearbeitet blieb. Vielmehr änderte sich der Genehmigungsinhalt. Die den sog. Daueremittenten – hierzu gehörten Hypothekenbanken, Giro­ zentralen, öffentlich-rechtliche Grundkreditanstalten, inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts, inländische Sparkassen und andere inländische Kreditinstitute – erteilten Emissionsgenehmigungen waren nicht auf die Ausgabe einzelner Schuldverschreibungen bezogen. Sie wurden formularmäßig für die Dauer eines Jahres und eine unbestimmte Anzahl einzelner Emissionsvorgänge erteilt.36 Als Dauerverwaltungsakte enthielten sie nur allgemeine Vorgaben, insbesondere einen Nennbetrag, bis zu dem Anleihen in Verkehr gebracht werden durften, eine Spanne, innerhalb derer der Emittent den Nominalzins festlegen durfte,37 sowie eine allgemeine Bestimmung darüber, bis wann die Schuldverschreibungen zu tilgen seien. Diese Verwaltungspraxis hatte zur Folge, dass die Anleihebedingungen in dem Genehmigungsverfahren weder von den Antragstellern vorgelegt noch von dem BMF geprüft wurden.

33 

BVerfGE 49, 89, 145 = NJW 1979, 359; BVerfGE 8, 71, 76 = NJW 1958, 1388. Mot. II 719 zu §  701 BGB-E. 35  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 6. 36  H.-G. Vogel Anleihegläubiger 289. Eine Verlängerung der Genehmigung war möglich, siehe H.-G. Vogel a. a. O. 37  Üblich war z. B. die Formulierung „der Nominalzins darf innerhalb des Rahmens von 5 % bis 6 % liegen“. 34 

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 485

2. Praktische Auswirkungen Trotz der rechtlichen Unterschiede ist es in Kenntnis der Kritik an den §§  795, 808a BGB a. F. nicht unwahrscheinlich, dass der hier vorgeschlagenen optionalen Integration der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen in das Prospektbilligungsverfahren zwei tatsächliche Einwände entgegengesetzt werden, nämlich zum einen die Befürchtung, die Erweiterung des Prüfungsumfangs verlängere die Dauer des Prospektbilligungsverfahrens und den Emissionsvorgang, zum anderen die Behauptung, die zuständigen Behörden – in Deutschland die BaFin (§  17 i. V. m. §  2 Nr.  10 WpPG) – verfügen nicht über die personelle Ausstattung, die für die Prüfung der Anleihebedingungen erforderlich sei. Während der erste Einwand bereits aufgrund der bestehenden gesetzlichen Fristen unbegründet ist, kann dem zweiten – sofern überhaupt die zugrunde liegende, auf den status quo bezogene Annahme zutrifft – ohne finanzielle Mehraufwendungen der Boden entzogen werden. a) Keine Verzögerung der Emissionen Ein wesentlicher Nachteil der §§  795, 808a BGB a. F. bestand darin, dass das Genehmigungsverfahren zu Verzögerungen bei der Emission und somit dazu führen konnte, dass der Emittent eine besonders günstige Gelegenheit am Kapitalmarkt verpasste.38 Dieser Einwand stünde der hier vorgeschlagenen Integration der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren nicht entgegen. Gemäß Art.  20 Abs.  2 UAbs.  1 Prospekt-VO hätte die zuständige Behörde dem Emittenten, dem Anbieter oder dem Zulassungsantragsteller ihre Entscheidung hinsichtlich der Billigung des Prospekts grundsätzlich 39 innerhalb von zehn Arbeitstagen nach der Vorlage des Prospektentwurfs mitzuteilen. Da diese Frist auch dann einzuhalten wäre, wenn der Emittent, Anbieter oder Zulassungsantragsteller auch die Prüfung der Anleihebedingungen in dem Prospektbilligungsverfahren beantragt, ist es per se ausgeschlossen, dass die Erweiterung des Prüfungsumfangs die Emission verzögert. b) Personelle Ausstattung der zuständigen Behörde Die Verlagerung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen von den Gerichten auf das Prospektbilligungsverfahren bedingt es, die zuständige Behörde mit den hierfür erforderlichen personellen Ressourcen auszustatten. Die Erfahrungen aus der Zeit bis zum 31.12.1990 lehren, dass es hierfür mehr als die damals im BMF vorhandenen zwei Stellen des gehobenen Diens-

38 

Zu Einzelheiten vorstehend Einleitung §  1 A. IV. 1. b). Unter den Voraussetzungen des Art.  20 Abs.  3 UAbs.  1 Prospekt-VO verlängert die Frist sich ausnahmsweise auf zwanzig Arbeitstage. 39 

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Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

tes40 bedarf. Die hiermit einhergehenden personellen Mehraufwendungen können durch eine Gebühr auf die Antragsteller umgelegt werden. Hierzu wäre es in Deutschland erforderlich, aber auch ausreichend, das Gebührenverzeichnis unter Nr.  3 der Anlage zu §  2 Abs.  1 FinDAGebV zu ergänzen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Gebührensätze gemäß §  9 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGebG unter Berücksichtigung der mit der Billigung der Anleihebedingungen verbundenen (Mehr-)Aufwendungen für die zuständige Behörde und des wirtschaftlichen Nutzens für den Antragsteller (z. B. Zinsersparnisse41) zu bemessen sind, ist keine finanzielle Mehrbelastung des Staatshaushalts zu erwarten. Im Gegenteil, unter Berücksichtigung der Erfahrungen unter Geltung der §§  795, 808a BGB a. F. – damals standen den Aufwendungen für zwei Stellen des gehobenen Dienstes im BMF jährliche Einnahmen des Bundes durch die Verwaltungsgebühren in Höhe von ca. acht Mio. DM gegenüber42 – erscheint sogar ein erheblicher Überschuss wahrscheinlich.

B. Vereinbarkeit mit den Justizgrundrechten der EU Bei der Ausgestaltung des europäischen Sekundärrechts sind die Rechtssetzungsorgane der EU nach Art.  6 Abs.  1, 3 EUV ebenso an die Justizgrundrechte der EU (Art.  47 Abs.  1, 52 Abs.  3 Satz 1 GRC, Art.  6 Abs.  1 Satz 1 EMRK) gebunden wie die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Unionsrechts (Art.  51 Abs.  1 Satz 1 GRC). Diese gewährleisten in Zivilsachen nicht nur das Recht auf Zugang zu einem Gericht,43 sondern zur Verwirklichung eines effektiven Rechtsschutzes auch, dass das zuständige Gericht in vollem Umfang über den Streitfall und damit über alle erheblichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheiden kann.44 Diese Einzelausprägungen stehen weder dem Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren nach Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E (nachfolgend I.) noch der Tatsache entgegen, dass den Anlegern unter Geltung des deutschen Rechts kein Rechtsschutz gegen die Billigungsentscheidung der zuständigen Behörde zusteht (nachfolgend II.).

40 

BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 6. Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  5 §  12 A. I. 2. d). 42  BT-Drucks. 11/5830, 5 unter I. 6. 43  EGMR NJW 1999, 1173 Rn.  50 – Waite und Kennedy/Deutschland; GSH/Lemke GRC Art.  47 Rn.  12; MNR/Meyer-Ladewig/Harrendorf/König EMRK Art.  6 Rn.  34. 44 EGMR Urt. v. 13.2.2003 – 49636/99 Rn.   81 – Chevrol/Frankreich; EGMR BeckRS 2002, 164756 Rn.  70 – Veeber/Estland; EGMR Urt. v. 28.6.1990 – 11761/85 Rn.  69 f. – Obermeier/Österreich; NK-GR/Eser/Kubiciel Art.   47 Rn.   21; MNR/Meyer-Ladewig/Harrendorf/König EMRK Art.  6 Rn.  35. 41 

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 487

I. Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren Die Vorschrift des Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E, wonach den Gerichten nach der Billigung des Prospekts, einschließlich der Anleihebedingungen, eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen untersagt ist, steht nicht im Widerspruch zu dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes, dass das zuständige Gericht über alle erheblichen Rechtsfragen zu entscheiden hat. Die Regelung hindert die Gerichte nicht daran, bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus Schuldverschreibungen auch die Wirksamkeit der streit­ entscheidenden Anleihebedingungen zu prüfen. Untersagt ist ihnen einzig die erneute Überprüfung der Anleihebedingungen am Maßstab der Missbräuchlichkeit des Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL.45 Damit erschöpft die Regelungswirkung des Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E sich in einer Modifikation des Prüfungsmaßstabs, anhand dessen die Gerichte über die Wirksamkeit einzelner Anleihebedingungen zu entscheiden haben. Zu der Frage, unter welchen Umständen einzelne Vertragsbestimmungen unwirksam sind, enthalten die Justizgrundrechte keine Vorgaben. Sie gewährleisten nur die effektive Durchsetzung subjektiver Rechte, ohne jedoch selbst solche zu begründen.

II. Kein Rechtsschutz der Anleger gegen die behördliche Billigung des Prospekts Gegen die Billigung des Prospekts stünde den Anlegern nach deutschem Recht auch dann kein Rechtsschutz zu, wenn die BaFin infolge eines Antrags nach Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E – neben den Standards bezüglich der Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz des Prospektentwurfs (Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO) – auch die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen i. S. d. Klausel-RL prüft und objektiv unzutreffend verneint (nachfolgend 1.). Diese Ausgestaltung des deutschen Rechts schränkt das durch Art.  47 Abs.  1 GRC garantierte Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht ein (nachfolgend 2.). 1. Keine Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis der Anleihegläubiger Die Billigung des Prospekts durch die BaFin (§  17 i. V. m. §  2 Nr.  10 WpPG) ist ein Verwaltungsakt.46 Gegen diese Entscheidung stehen den Anleihegläubigern, die das Wertpapier auf Grundlage des gebilligten Prospekts erworben haben, auch unter Geltung von Art.  40 Abs.  1 Prospekt-VO keine Rechtsmittel zu. Die 45 

Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  5 §  12 A. I. 2. b). Groß KapMarktR Prospekt-VO Art.  20 Rn.  3 ; EBJS/ders. Prospekt-VO Art.  20 Rn.  3 ; siehe auch FK-WpPG/Berrar WpPG §  13 WpPG Rn.  8 , 63; ASK/von Kopp-Colomb WpPG §  13 Rn.  16 jeweils zu §  13 WpPG a. F. 46 

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Kapitel 5. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz Inhaltskontrolle

Vorschrift begründet – trotz des unpersönlich gefassten Wortlauts – keine unbedingte Rechtsmittelberechtigung sämtlicher auch nur mittelbar von der Billigung des Prospekts betroffenen Personen. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich sicherzustellen, dass die Antragsteller im Fall einer Beschwer – sei es bei der Verweigerung der Billigung des Prospekts, sei es bei der Untätigkeit der zuständigen Behörde (Art.  40 Abs.  2 Prospekt-VO) – Rechtsmittel einlegen können. Mit dieser Vorgabe ist es vereinbar, die Rechtsmittelbefugnis auf die nach §  42 Abs.  2 VwGO widerspruchs- bzw. klagebefugten Personen zu beschränken. Zu diesem Kreis zählen die Anleihegläubiger nach allgemeiner Ansicht nicht; sie sind weder widerspruchs- noch klagebefugt.47 Zum einen erschöpft die von §  35 Satz 1 VwVfG vorausgesetzte Regelungswirkung sich in der Aufhebung des Verbots der Prospektveröffentlichung (Art.  20 Abs.  1 Pro­spektVO),48 die als solche ausschließlich an den Emittenten, den Anbieter oder den Zulassungsantragsteller – abhängig davon, wer die Billigung des Prospekts im Einzelfall beantragt hat – adressiert ist.49 Zum anderen ist die Billigung nicht individualdrittschützend, da die BaFin bei der Billigung des Prospekts gemäß §  4 Abs.  4 FinDAG ausschließlich im öffentlichen Interesse handelt und nicht die Interessen der zukünftigen Anleihegläubiger wahrnimmt.50 Diese rechtliche Bewertung ändert sich unter Geltung von Art.  20a Prospekt-VO-E auch dann nicht, wenn die BaFin den Prospekt, einschließlich der Anleihebedingungen, billigt.51 Die optionale Erweiterung des Prüfungsumfangs hätte nämlich trotz der Rechtsfolge, dass eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen wäre (Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E), keine Auswirkung auf den Regelungsgehalt der Billi47  Groß KapMarktR Prospekt-VO Art.  20 Rn.  19; EBJS/ders. Prospekt-VO Art.  20 Rn.  19; siehe auch FK-WpPG/Berrar WpPG §  13 Rn.  67; ASK/von Kopp-Colomb WpPG §  13 Rn.  19; Heidel/Mayston WpPG §  13 Rn.  20; Holzborn/Preuße WpPG §  13 Rn.  33 jeweils unter Geltung von Art.  26 Prospekt-RL. 48 JVRZ/Ritz/Voß WpPG §  13 Rn.  18. Weitergehend Heidel/Mayston WpPG §  13 Rn.  15: Pflicht zur Prospektveröffentlichung. Dies ist insofern unzutreffend, als die Pflicht zur Veröffentlichung des Prospekts sich unabhängig von dem Willen der zuständigen Behörde aus Art.  21 Abs.  1 UAbs.  1 Prospekt-VO ergibt. 49 ASK/von Kopp-Colomb WpPG§   13 Rn.  19; siehe auch Heidel/Mayston WpPG §  13 Rn.  20 zu §  13 WpPG a. F. 50  Siehe FK-WpPG/Berrar WpPG §  13 Rn.  67; ASK/von Kopp-Colomb WpPG §  13 Rn.  19; Heidel/Maston WpPG §  13 Rn.  20 jeweils zu §  13 WpPG a. F.; BT-Drucks. 15/4999, 34 zu §  13 Abs.  1 WpPG-RegE. 51  Neben dem primären Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige Billigung des Prospekts sind auch Staatshaftungsansprüche der Anleihegläubiger gegen die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsträger der BaFin – diese bestimmen sich gemäß Art.  20 Abs.  9 UAbs.  1 Prospekt-VO ausschließlich nach dem nationalen Recht (hier §  839 Abs.  1 BGB und Art.  34 Satz 1 GG) – ausgeschlossen, da die BaFin bei der Billigung des Prospekts – unabhängig von dem Prüfungsumfang – nach §  4 Abs.  4 FinDAG ausschließlich im öffentlichen Interesse handelt, weshalb insoweit keine Amtspflichten gegenüber den künftigen Anleihegläubigern bestehen, so auch Groß KapMarktR Prospekt-VO Art.  20 Rn.  20; EBJS/ders. Prospekt-VO Art.  20 Rn.  20.

§  12. Optionale Integration der Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren 489

gung. Dieser erschöpfte sich unverändert darin, das in Art.  20 Abs.  1 Prospekt-VO enthaltene Verbot der Prospektveröffentlichung aufzuheben. Entscheidend hierfür ist die finale Formulierung des §  35 Satz 1 VwVfG („auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“). Sie lässt erkennen, dass der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts nur die Rechtsfolgen umfasst, die von der Behörde nach dem objektiven Sinngehalt der Entscheidung beabsichtigt sind.52 Dies trifft weder auf die Geltung der Anleihebedingungen noch auf den Ausschluss einer erneuten Überprüfung ihrer Missbräuchlichkeit im gerichtlichen Verfahren zu. Während die Anleihebedingungen privatrechtlich, nämlich durch das Einverständnis der Ersterwerber mit ihrer Geltung, und damit unabhängig von der Billigung des Prospekts Bestandteil des Begebungsvertrags werden,53 tritt der Ausschluss einer erneuten Überprüfung ihrer Missbräuchlichkeit im gerichtlichen Verfahren kraft Gesetzes und damit unabhängig vom Willen der BaFin ein. Die Billigung des Prospekts ist somit zwar u. U. kausal für die Rechtswirkungen, aber nicht – wie von §  35 Satz 1 VwVfG vorausgesetzt – final auf deren Herbeiführung gerichtet. Folglich können die Anleihegläubiger aus der Erweiterung des Prüfungsumfangs (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E) und dem mit der Billigung des Prospekts in diesen Fällen einhergehenden Ausschluss einer erneuten Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren (Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E) keine Widerspruchs- und Klagebefugnis herleiten. 2. Keine Einschränkung des Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht Die Tatsache, dass die Anleihegläubiger mangels Widerspruchs- und Klagebefugnis die Aufhebung einer rechtswidrigen Billigung des Prospekts nicht erreichen können, ist mit dem Recht auf Zugang zu einem Gericht vereinbar. Art.  47 Abs.  1 GRC garantiert keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltung, verlangt insbesondere keine Popularklage. Daher dürfen die Mitgliedstaaten die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen an bestimmte Voraussetzungen binden, bei deren Ausgestaltung durch das nationale Verfahrensrecht ihnen – außerhalb des Kernbereichs – ein weiter Spielraum zusteht.54 Dieser wird nach Art.  52 Abs.  1 Satz 2 GRC erst verlassen, wenn der Zugang zu Gericht in übermäßiger, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert wird.55 Das in §  42 Abs.  2 VwGO normierte Erfordernis einer Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis 52  OVG Hamburg NVwZ-RR 2005, 40 f.; VG Darmstadt NJW 2004, 1471, 1472; BeckOK VwVfG/von Alemann/Scheffczyk §   35 Rn.   222; Kopp/Ramsauer/Ramsauer VwVfG §   35 Rn.  89; Ehlers/Pünder/Ruffert §  21 Rn.  25; SBS/Stelkens VwVfG §  35 Rn.  147; Ziekow VwVfG §  35 Rn.  4 4. 53  Zu Einzelheiten vorstehend Kap.  1 §  2 A. 54  Jarass GRC Art.  47 Rn.  19. 55 EuGH ECLI:EU:C:2013:776 Rn.   69 – Manufactoring Support & Procurement Kala Naft; EuGH ECLI:EU:C:2013:518 Rn.  101 – Kadi II; EuGH ECLI:EU:C:2013:363 Rn.  51 –

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ist als solches nicht zu beanstanden.56 Gleiches gilt für Auslegung der Vorschrift in den Fällen des Drittrechtsschutzes, nämlich dass die der Verwaltungsentscheidung zugrunde liegenden Rechtssätze zumindest abstrakt zur Begründung von subjektiven Rechten der Widerspruchsführer bzw. Kläger geeignet sein müssen. Sie stehen im Einklang mit der Systementscheidung für den Individualrechtsschutz in Art.  47 Abs.  1 GRC, da jemand, der nicht widerspruchsbzw. klagebefugt ist, durch den angegriffenen Hoheitsakt – hier die Billigung des Prospekts, einschließlich der Anleihebedingungen – nicht in seiner subjektiven Rechtsstellung betroffen sein kann, zu deren Verteidigung ihm Zugang zu Gericht zu eröffnen wäre. Dies führt zu der Erkenntnis, dass der Ausschluss des Rechtsschutzes der Anleihegläubiger nicht auf einer unverhältnismäßigen Einschränkung des Rechtsschutzes, sondern auf der Ausgestaltung des materiellen Rechts beruht, nämlich der Tatsache, dass ihnen nach §  4 Abs.  4 FinDAG im Prospektbilligungsverfahren kein subjektives öffentliches Recht zusteht.

C. Ergebnisse 1. Die gegenwärtige Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit von Anleihebedingungen kann de lege ferenda durch einen Ausschluss der AGBrecht­lichen Inhaltskontrolle nach der Ausgabe der Schuldverschreibungen weitgehend beseitigt werden. Hierzu ist es bei unveränderter Fortgeltung der Klausel-RL ausreichend, den Emittenten, Anbietern und Zulassungsantragstellern durch eine Änderung der Prospekt-VO die Möglichkeit zu eröffnen, die Überprüfung der Anleihebedingungen in dem Prospektbilligungsverfahren zu beantragen (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E) und dadurch auf einen Zeitpunkt vor der Ausgabe der Schuldverschreibung zu verlagern. 2. Mit der optionalen Integration der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren geht keine Veränderung des Prüfungsmaß­ stabs einher. Die zuständige Behörde hat die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen am Maßstab des nationalen Rechts zu prüfen, das der Mitgliedstaat, dem die Rechtsverhältnisse aus den Teilschuldverschreibungen unterstehen, zur Umsetzung der Vorgabe aus Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL erlassen hat. 3. Gelangt die zuständige Behörde bei ihrer Prüfung der Anleihebedingungen zu dem Ergebnis, dass diese keine missbräuchliche Klausel i. S. d. KlauselRL enthalten, hat sie den Prospekt – vorausgesetzt dieser erfüllt die Standards bezüglich der Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz (Art.  20 Abs.  4 ZZ; EuGH ECLI:EU:C:2012:142 Rn.  49 – G; EuGH ECLI:EU:C:2011:745 Rn.  50 – Hypoteční banka; EuGH ECLI:EU:C:2009:219 Rn.  29 – Gambazzi; Jarass GRC Art.  47 Rn.  19. 56  Jarass GRC Art.  47 Rn.  35. Zu Art.  19 Abs.  4 Satz 1 GG ebenso BVerfG NVwZ 2009, 1426, 1427; BK-GG/Schenke Art.  19 Abs.  4 Rn.  338; Dreier/Schulze-Fielitz GG Art.  19 Abs.  4 Rn.  98.

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UAbs.  1 Prospekt-VO) –, einschließlich der Anleihebedingungen, zu billigen. Da die Gerichte grundsätzlich nicht gehindert sind, anders zu entscheiden und einzelne Bestimmungen als missbräuchlich und unverbindlich anzusehen, wird die erstrebte Steigerung der Rechtssicherheit dadurch erreicht, dass Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren ausschließt. Auf diese Sonderheit der Schuldverschreibung sind die Anleger in dem Prospekt hinzuweisen (Art.  17a Satz 2 DelVO Prospekt-E). 4. Der Ausschluss einer Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren nach Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E ist mit den Justizgrundrechten der EU (Art.  47 Abs.  1, 52 Abs.  3 Satz 1 GRC, Art.  6 Abs.  1 Satz 1 EMRK) vereinbar. Sie garantieren den Anleihegläubigern nicht, dass Gerichte am Maßstab der Klausel-RL über die Verbindlichkeit der Anleihebedingungen entscheiden. 5. Die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens um die Prüfung der Anleihebedingungen nach Art.  20a Prospekt-VO-E bedeutet keine Rückkehr zu den Emissionsverboten der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. Sie bewirkt – im Unterschied zu der Rechtslage vor dem 1.1.1991 – weder eine Beschränkung der Emissionsfreiheit noch lässt sie Verzögerungen der Emission befürchten.

Ergebnisübersicht I. Grundlagen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen 1. Anleihebedingungen als AGB a) Anleihebedingungen sind AGB i. S. d. §  305 Abs.  1 Satz 1 BGB. Dies gilt nicht nur, wenn die Anleihe im Wege der Eigenemission begeben wird, sondern auch in den Fällen der Fremdemission, gleichgültig, ob die Platzierung unmittelbar oder mittelbar erfolgt. b) Die Anleihebedingungen sind nicht nur Gegenstand der Skriptur, sondern auch wesentlicher Bestandteil des Begebungsvertrags. Die Skriptur bereitet die Begebung der Wertpapiere auf den Inhaber nur vor, enthält aber keine rechtsverbindlichen Erklärungen. Erst durch den Begebungsvertrag werden die verbrieften Teilschuldverschreibungen begründet und inhaltlich ausgestaltet. c) Obgleich den Emittenten bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung mit dem Konsortium nur ein Vertragspartner gegenübersteht, sind die Anleihebedingungen für eine Vielzahl einzelner Begebungsverträge vorformuliert. Die Anleihe besteht aufgrund der Stückelung aus einer Vielzahl einzelner Teilschuldverschreibungen. Da jedes dieser Rechtsverhältnisse nach dem Willen des Emittenten und des Konsortiums ohne inhaltliche Änderung übertragbar sein soll, muss jede Teilschuldverschreibung durch einen gesonderten Begebungsvertrag begründet werden. Dies gilt auch dann, wenn über sämtliche Teilschuldverschreibungen einer Anleihe eine dauerhafte Sammelurkunde ausgestellt wird. d) Bei der Fremdemission in Form der mittelbaren Platzierung sind die Anleihebedingungen dem Emittenten als Verwender zuzurechnen. Der Umstand, dass die Anleger an dem Abschluss des Begebungsvertrags nicht beteiligt sind, steht dem nicht entgegen. Bei der gebotenen teleologischen Auslegung wird die Eigenschaft als Verwender von AGB in Mehr-Personen-Verhältnissen dadurch begründet, dass der Emittent die inhaltliche Gestaltungsmacht einseitig in Anspruch nimmt.

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2. Keine Bereichsausnahme a) Als AGB unterliegen Anleihebedingungen der Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB. Insbesondere sind die durch sie ausgestalteten Leistungsversprechen keine Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts i. S. d. §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB. Die Bereichsausnahme umfasst nur materielle Satzungsbestandteile, d. h. solche Vereinbarungen eines Gesellschaftsvertrags oder einer Satzung, die das Mitgliedschaftsrecht selbst unmittelbar regeln. Solche Regelungen sind weder Gegenstand der Begebungsverträge noch der einzelnen Teilschuldverschreibungen. Diese begründen bzw. beinhalten bloße Gläubigerrechte, gewähren den Inhabern aber keine Mitgliedschaftsrechte in der emittierenden Gesellschaft. b) Eine entsprechende Anwendung des §  310 Abs.  4 Satz 1 BGB auf Anleihebedingungen kann nicht durch einen Vergleich mit dem Aktienrecht gerecht­ fertigt werden. Bei Aktien fehlt das Bedürfnis für eine AGB-rechtliche In­ haltskontrolle der materiellen Satzungsbestandteile aufgrund der weitgehend zwingenden Vorschriften des AktG. Mit §  5 Abs.  1 Satz 2 SchVG enthält das Schuldverschreibungsrecht zwar eine §   23 Abs.   5 AktG vergleichbare Vorschrift. Diese bezieht sich aber nur auf die §§  5 –21 SchVG. Da diese Vorschriften lediglich organisationsrechtliche Bestimmungen für die Änderung der Anleihebedingungen im Wege der kollektiven Bindung enthalten, schränken sie die weitgehende Freiheit der Emittenten bei der inhaltlichen Gestaltung der Anleihebedingungen nicht ein. c) Der sog. kapitalmarktrechtliche Lösungsansatz vermag keine Bereichsausnahme zu begründen. Die im Bilanz-, Bank- und Börsenrecht begründeten Publizitäts- und Transparenzpflichten sind weder leges speciales gegenüber den §§  305 ff. BGB noch lassen sie das Bedürfnis nach der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen entfallen. Sie dienen lediglich der Information der Anleger über die Bonität des Emittenten. Zu dem AGB-Recht besteht eine Wechselwirkung lediglich insoweit, als die Publizitäts- und Transparenzpflichten eine funktionale Reduktion der Einbeziehungskontrolle (§  305 Abs.  2 BGB) erlauben. Das Bedürfnis nach einer Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen gemäß den §§  307 ff. BGB bleibt davon unberührt. d) Eine ungeschriebene Bereichsausnahme von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ist auch zur Erhaltung der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen nicht erforderlich. Anleihebedingungen, deren Regelungsgehalt mit den §§  307 ff. BGB unvereinbar ist, sind kraft Gesetzes unwirksam. Die entsprechende gerichtliche Feststellung im Rahmen einer Individualklage hat daher keine rechtsgestaltende Wirkung, sondern nur deklaratorische Bedeutung. Zu einem Fortfall der Fungibilität kommt es nur ausnahmsweise, wenn der Ausspruch Gegenstand einer (Zwischen-)Feststellungsklage ist und seine objektive Unrichtigkeit aufgrund besonderer Umstände feststeht. Das in dieser Konstel-

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lation drohende Zwangsdelisting kann der Emittent durch die Aufteilung der Gesamtemission in zwei Tranchen vermeiden. e) Die Behauptung, in Bezug auf Anleihebedingungen existiere ein effektiver Klauselwettbewerb, vermag eine teleologische Reduktion von §   305 Abs.   1 Satz 1 BGB, wodurch Anleihebedingungen dem AGB-Recht umfassend entzogen wären, auch dann nicht zu rechtfertigen, wenn sie zuträfe. Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle soll nicht nur ein partielles Marktversagen kompensieren, sondern auch den Individualschutz der Vertragspartner der Verwender gewährleisten. Der Umstand, dass für einzelne Anbieter ein erheblicher ökonomischer Anreiz besteht, aus einem grundsätzlich funktionierenden Klauselwettbewerb auszubrechen, gebietet es, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen zur Verwirklichung des Individualschutzes unabhängig von dem Marktumfeld vorzunehmen. f) Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen ist kein deutscher Sonderweg. Sie ist durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Klausel-RL in allen Mitgliedstaaten der EU geboten. Der sachliche Anwendungsbereich der Klausel-RL ist nicht auf Verträge über den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen beschränkt, sondern umfasst auch Verträge, durch die Wertpapiere und die darin verbrieften Forderungen geschaffen und inhaltlich ausgestaltet werden. Aus diesem Grund ist der deutsche Gesetzgeber gehindert, eine Bereichsausnahme für Anleihebedingungen einzuführen. g) Durch §  307 Abs.  3 Satz 1 BGB sind nur wenige Bestimmungen in Anleihebedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen. Zwar sind die Anleihebedingungen das „Herzstück“ der Anleihe, die das Leistungsversprechen wesentlich prägen. Kontrollfreie Leistungsbeschreibungen sind sie aber nur insoweit, als sie den unmittelbaren Gegenstand des Leistungsversprechens festlegen, ohne den mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Andere Bestimmungen, die das Leistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, unterliegen hingegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

II. Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen 1. Wertpapierrechtliche Implikationen a) Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen sind Wertpapiere. Sie verbriefen eine Forderung, die in Anlehnung an §  793 Abs.  1 Satz 1 BGB als Leistungsversprechen bezeichnet wird. b) Die Verbriefung bewirkt die Verkörperung der Forderung mit der Folge, dass nicht nur das Eigentum an der Urkunde, sondern auch die Forderung nach Maßgabe der §§  932 ff., 935 Abs.  2 BGB oder des §  365 Abs.  1 HGB i. V. m. Art.  16

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Abs.  2 WG gutgläubig erworben werden kann. Dies gilt nicht nur, wenn über die Teilschuldverschreibungen entsprechend dem Leitbild der §§  793 ff. BGB Ein­ zel­urkunden ausgestellt sind, sondern auch im rationalisierten Effektengiroverkehr sowie für elektronische Schuldverschreibungen nach dem eWpG. c) Schuldverschreibungen auf den Inhaber sowie an Order lautende kaufmännische Verpflichtungsscheine können als kausale oder abstrakte Wertpapiere ausgestellt werden. Im Rahmen einer Gesamtemission werden sie als abstrakte Wertpapiere begeben. Sie verbriefen daher keinen Anspruch aus dem Grundverhältnis, sondern ein selbstständiges Schuldversprechen i. S. d. §  780 BGB. d) Die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsversprechens einschließlich der Nebenbedingungen erfolgt in den Anleihebedingungen. Über den Inhalt des Leistungsversprechens enthalten die §§  793 ff. BGB keine Aussage. Sie sind wertpapierrechtlicher Natur und regeln als solche nur die Entstehung des verbrieften Rechts sowie Einschränkungen hinsichtlich der Einwendungen, die der Schuldner den Zweiterwerbern entgegensetzen kann. e) Charakteristisch für Anleihen ist die typologische Farblosigkeit des verbrieften Leistungsversprechens. Sie gewährleistet dem Emittenten die privat­ autonome Freiheit, den Inhalt der Anleihebedingungen einschließlich der Nebenbedingungen gestalten zu können, ohne dass die für das Grundverhältnis geltenden zwingenden und dispositiven Regelungen unmittelbar anwendbar wären. 2. Einzelne Leitbilder des SchVG a) Obwohl der Gesetzgeber bei der Reform des Schuldverschreibungsrechts von der Kodifikation eines besonderen Vertragsrechts für Anleihen abgesehen hat, existieren de lege lata Leitbilder für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen. b) Das SchVG enthält (halb-)zwingende Vorgaben für die Ausgestaltung sog. Kollektivkündigungs- und Umschuldungsklauseln (collective action clauses), wonach z. B. disenfranchisement clauses und Verbindungsklauseln (aggregation clauses) de lege lata nach §  134 BGB nichtig und nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam sind. 3. Anwendung der besonderen Klauselverbote a) Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen erschöpft sich – unabhängig von der Person des gegenwärtigen Gläubigers und des Ersterwerbers des Wertpapiers – nicht in der Anwendung der Generalklausel (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 BGB) unter angemessener Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§  310 Abs.  1 Satz 2 Hs.  2 BGB) sowie des §  308 Nr.  1a, 1b BGB.

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b) Die besonderen Klauselverbote der §§  308 Nr.  1, 2–8, 309 BGB gelten aufgrund einer funktionalen Reduktion von §  310 Abs.  1 Satz 1 BGB zur Vermeidung eines gespaltenen Prüfungsmaßstabs auch gegenüber Anlegern, welche die Teilschuldverschreibungen als Unternehmer i. S. v. §  14 Abs.  1 BGB erworben haben. 4. Anwendung der AGB-rechtlichen Generalklausel a) Die bei der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorzunehmende Abwägung der berechtigten Interessen wird bei der Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen weitgehend durch legislative Wertungen konturiert. Hierbei handelt es sich – neben den (halb-)zwingenden Vorgaben des SchVG – insbesondere um die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen die Bestimmungen abweichen. b) Konkret-individuelle Umstände im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss (z. B. die Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten) sind bei der Anwendung von §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Begebungsvertrag ein Verbrauchervertrag ist. Die gegenteilige Vorschrift des §  310 Abs.  3 Nr.  3 BGB ist bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen zur Erhaltung der Fungibilität der Wertpapiere dahingehend zu reduzieren, dass die (Un-)Angemessenheit einer Benachteiligung der Gläubiger ausschließlich abstrakt-generell zu beurteilen ist. 5. Beispiel: Änderungsvorbehalte bei Wandelschuldverschreibungen a) Bestimmungen in den Anleihebedingungen herkömmlicher Wandelschuldverschreibungen, die den Emittenten trotz der Ausübung des Umtauschoder Bezugsrechts durch die Anleihegläubiger berechtigen, anstelle von Aktien eine Barzahlung zu leisten (cash settlement), sind de lege lata nach §  308 Nr.  4 BGB unwirksam. b) Für Bestimmungen in den Anleihebedingungen umgekehrter Wandelanleihen, die dem Anleiheschuldner ein Umtauschrecht einräumen, hat die Aktienrechtsnovelle 2016 das gesetzliche Leitbild dahingehend verändert, dass derartige Bestimmungen seit dem 31.12.2015 als wirksam anzusehen sind. 6. Beispiel: Ersetzung des Anleiheschuldners a) Die Schuldnerersetzung, die in nahezu sämtlichen Anleihebedingungen vorgesehen ist, wird mittels einer befreienden Schuldübernahme vollzogen. Die alternative Konstruktion einer sog. indirekten Rechtsübertragung, nämlich die Kombination eines echten Vertrags zugunsten Dritter mit einer auflösenden

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Bedingung der Rechtsverhältnisse zwischen dem Schuldner und den Gläubigern oder einem aufschiebend bedingten Erlass, bewirkt aufgrund der gezielten Umgehung der personell begrenzten Zustimmungsbefugnis eine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger und ist daher nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam. b) Die für die befreiende Schuldübernahme nach §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB erforderliche Zustimmung der Gläubiger wird nicht von den Ersterwerbern formularmäßig im Rahmen des Begebungsvertrags erklärt. Sie würde im Zuge der Sonderrechtsnachfolge wirkungslos. c) Ersetzungsklauseln, die den Emittenten ohne die Zustimmung der Gläubiger zu der Ersetzung des Anleiheschuldners berechtigen, sind mit dem wesentlichen Grundgedanken des §  415 Abs.  1 Satz 1 BGB, dem Zustimmungserfordernis, nicht zu vereinbaren. Sie beinhalten de lege lata nur dann keine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger (§  307 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Nr.  1 BGB), wenn ihnen für den Fall der Schuldübernahme das Recht zur außerordentlichen Kündigung der Teilschuldverschreibungen eingeräumt wird. d) Die Schuldnerersetzung erfordert – unabhängig von der Ausgestaltung der Anleihebedingungen – eine Änderung der Anleihebedingungen. Diese kann aufgrund einer teleologischen Reduktion von §  4 Satz 1 SchVG ohne Zustimmung sämtlicher Gläubiger erfolgen. Die Vorschrift des §  4 Satz 1 SchVG dient der Erhaltung der Fungibilität der Teilschuldverschreibungen und steht daher Änderungen auf Grundlage entsprechender Vorbehalte in den Anleihebedingungen nicht entgegen, die gegenüber sämtlichen Gläubigern inhaltsgleich erfolgen. e) Sollte der Gesetzgeber sich zu der Normierung eines Leitbilds für die Schuldnerersetzung ohne Zustimmung der Gläubiger entschließen, hat er die Wahl zwischen der Kodifikation der lex lata und einer Änderung des Leitbilds. Bei letzterer Variante sollten – im Vergleich zu §  23 SchVG-RefE – die Informationspflichten ausgeweitet, die Prospektnachtragspflicht ergänzt und das Merkmal der Gleichwertigkeit sowohl bei den haftenden Vermögensmassen des bisherigen und des neuen Schuldners als auch bei den Sicherheiten fallengelassen werden.

III. Besonderheiten bei aktienähnlichen Kapitalinstrumenten 1. Aktienähnliche Kapitalinstrumente a) Schuldvertragliche Kapitalinstrumente (z. B. Genussrechte, stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen) sind nur dann aktienähnlich, wenn sie den Inhabern vermögensrechtlich Rechte und Pflichten vermitteln, die denen entsprechen, die nach dem Gesetz an die Inhaberschaft der Aktie geknüpft sind.

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b) Das Aktienrecht regelt nur die Rechte und Pflichten, die mit der Inhaberschaft der Aktie verbunden sind. Zu der inhaltlichen Ausgestaltung von Genussrechten und anderen schuldvertraglichen Kapitalinstrumenten, insbesondere zu der Frage nach den Mindestanforderungen an die Aktienähnlichkeit, schweigt das Aktienrecht. c) Den ertragsteuerrechtlichen Vorschriften, die zwischen Genussrechten mit Obligationscharakter und solchen mit Beteiligungscharakter unterscheiden (§§  17 Abs.  1 Satz 3, 20 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Satz 1 Nr.  1, 49 Abs.  1 Nr.  5 Buchst. a EStG, §  8 Abs.  3 Satz 2 Alt.  2 KStG), sowie den Bestimmungen über schuldvertragliche Eigenmittel im Instituts- und Versicherungsaufsichtsrecht (Art.  25 ff. CRR, Art.  9 Abs.  1 IFR ggf. i. V. m. §  17 Abs.  2 Satz 2 WpIG, Art.  69 ff. DelVO Solva II, §  214 VAG) ist über ihren originären Anwendungsbereich hinaus die Wertung zu entnehmen, dass schuldvertragliche Kapitalinstrumente jeder Art aktienähnlich sind, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Abwicklungserlös verbunden ist, das eingezahlte Kapital am Verlust der Gesellschaft teilnimmt, der Anspruch auf Rückzahlung des Kapitalbestandteils nachrangig ist und die Vertragsbestimmungen die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung sicherstellen. Im Einzelnen: – Die Ausschüttungen, durch welche die Gläubiger am Gewinn der Gesellschaft teilnehmen, müssen entweder gewinnorientiert oder gewinnabhängig sein. Außerdem müssen die Vertragsbedingungen für den Fall der Auflösung der Gesellschaft vorsehen, dass die Gläubiger Anspruch auf einen Bruchteil des Liquidationserlöses haben. – Das eingezahlte Kapital muss bis zur vollen Höhe am Verlust der Gesellschaft teilnehmen (sog. Verlustabsorptionsfähigkeit). Zu der hierfür erforderlichen Herabschreibung des Rückzahlungsanspruchs muss die Vereinbarung hinzutreten, dass der Emittent – sofern überhaupt eine Ausschüttungsverpflichtung besteht – berechtigt ist, die versprochenen Ausschüttungen ersatzlos ausfallen zu lassen. – Zu der Teilnahme am Verlust der Gesellschaft muss die Vereinbarung hinzutreten, dass die eingezahlten Kapitalbestandteile bei jeder Art der Abwicklung der Gesellschaft erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt werden. – Für die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Instrument eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren hat, die in den Vertragsbedingungen dadurch abgesichert wird, dass die erste Kündigungsmöglichkeit der Gläubiger nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Emissionstag besteht und der Emittent sich verpflichtet, die verbrieften Instrumente während dieser Zeit nicht zurückzuerwerben. d) Die Freiheit, Genussrechte und andere schuldvertragliche Kapitalinstrumente aktienähnlich auszugestalten, wird durch die Privatautonomie gewährleistet. Der Möglichkeit, durch die Eingehung derartiger Verträge und die Aus-

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gabe entsprechender Wertpapiere sog. funktionelles Eigenkapital auch von Nichtgesellschaftern einzusammeln, stehen weder Normen und Wertungen des deutschen Gesellschaftsrechts noch die Vorgaben der Kapital-RL entgegen. 2. Schutz der Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente a) Die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente sind vermögensrechtlich ähnlichen Risiken wie Aktionäre ausgesetzt, ohne dass ihnen vergleichbare Mitverwaltungsrechte kraft Gesetzes zustehen oder in den Anleihebedingungen eingeräumt werden können. Dieses Minus wird nicht nur durch einen Schadens­ersatzanspruch im Fall der Verletzung einer Schutz- bzw. Rücksichtnahmepflicht aus dem Begebungsvertrag (§  280 Abs.  1 BGB) kompensiert, sondern auch und in erster Linie dadurch, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten ist. b) Das Gebot, die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auch an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen auszurichten, ist keine Sonderheit aktienähnlicher Kapitalinstrumente, sondern von der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen bekannt. Es äußert sich darin, den unbestimmten Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung in §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB anhand der Normen und Grundsätze auszulegen, die hinsichtlich der vermögensrechtlichen Rechtsstellung der Aktionäre einen satzungsfesten Interessenausgleich enthalten, soweit die Rechtsstellung der Gläubiger im Einzelfall der der Aktionäre vergleichbar ist. c) Die Ausrichtung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle an aktienrechtlichen Normen und Grundsätzen führt u. a. zu folgenden Ergebnissen: – Der Emittent ist auch dann, wenn die Anleihebedingungen aktienähnlicher Kapitalinstrumente im Zusammenhang mit der Teilnahme am Verlust der Gesellschaft keine sog. Besserungsabrede enthalten, verpflichtet, den durch Verluste geminderten Rückzahlungsanspruch wieder aufzufüllen. Diese Pflicht ergibt sich nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung der Anleihebedingungen, sondern – abhängig von der Art und Weise der Verlustteilnahme – aus der entsprechenden Anwendung von §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  3 AktG oder §  232 AktG mit der Folge, dass ein vertraglicher Ausschluss der Wiederauffüllung nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam ist. – Schließt ein Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut nach der Ausgabe aktienähnlicher Kapitalinstrumente einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als abhängiges Unternehmen, ist die damit einhergehende Beeinträchtigung der Gläubigerrechte – entgegen der Rechtsprechung des BGH – nicht durch eine Anpassung der Anleihebedingungen nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage auszugleichen, sondern dadurch, dass die Inhaber aktienähnlicher Kapitalinstrumente in entsprechender Anwendung

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der §§  304, 305 AktG die Wahl zwischen einem angemessenen Ausgleich und einer Abfindung haben. Bestimmungen in Genussrechts- bzw. Anleihebedingungen, die abweichende Gestaltungen zulasten der Gläubiger in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zulassen sollen, sind aufgrund der Berücksichtigung der aktienrechtlichen Normen nach §  307 Abs.  1 Satz 1 BGB unwirksam.

IV. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen bei Auslandsemissionen 1. Unterstellt der Emittent die Rechtsverhältnisse aus der Anleihe einer ausländischen Rechtsordnung, können die Anleihebedingungen dennoch der AGB-recht­lichen Inhaltskontrolle am Maßstab der §§  307 ff. BGB unterliegen. a) Wählt der Emittent das Recht eines Staats, der weder Mitglied der EU noch Vertragsstaat des Abkommens über den EWR ist (z. B. das Recht des U.S.Bundesstaats New York), sind die §§  307 ff. BGB jedenfalls dann gleichwohl anzuwenden, wenn einzelne Teilschuldverschreibungen der Anleihe auch im Inland gegenüber privaten Anlegern öffentlich angeboten oder zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen werden. b) Unterliegen die verbrieften Rechtsverhältnisse dem Recht eines Mitgliedstaats der EU oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den EWR, ist trotz wirksamer Rechtswahl die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach deutschem Recht vorzunehmen, wenn die ausländische Rechtsordnung keinen den §§  307 ff. BGB vergleichbaren Schutz der Anleihegläubiger vor missbräuchlichen Klauseln gewährt. 2. Die weithin übliche Verlagerung der Emissionstätigkeit auf Konzernfinanzierungsgesellschaften mit Sitz und Betriebsstätte im Ausland ist seit der Aufhebung der §§  795, 808a BGB a. F. mit Wirkung vom 1.1.1991 regelmäßig dadurch motiviert, die nur bei inländischen Betriebsstätten vorzunehmende gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der an die Anleihegläubiger gezahlten Schuldentgelte (§  8 Nr.  1 Buchst. a GewStG) zu vermeiden. 3. Die durch die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung verringerte Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland kann de lege ferenda durch eine Ausdehnung des sog. Bankenprivilegs (§  19 Abs.  1 Satz 1 Hs.  1 GewStDV) auf Konzernfinanzierungsgesellschaften gesteigert werden.

V. Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen im Ausland 1. Rechtslage in England a) Für die unter englischem Recht begebenen Schuldverschreibungen bestellt der Emittent regelmäßig einen Anleihetreuhänder (trustee). Mit diesem schließt

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er – ohne Beteiligung der Anleger – einen als trust deed bezeichneten Vertrag. Dieser beinhaltet nicht nur die Rechte und Pflichten des Treuhänders gegenüber dem Emittenten, sondern auch die Anleihebedingungen. b) Die durch die Vertragsfreiheit (freedom of contract) gewährleistete Gestaltungsfreiheit in Bezug auf den Inhalt der Anleihebedingungen umfasst nicht nur Variationen des Leistungsversprechens, der Laufzeit, der Zahlungsmodalitäten und anderer Nebenbestimmungen, sondern auch – insoweit geht sie über das deutsche Recht hinaus – die Einräumung von typischen Mitgliedschaftsrechten, wie z. B. die Rechte auf Anwesenheit und Teilnahme an der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung, sowie das Recht auf Mitwirkung an der Bestellung der Vorstandsmitglieder. c) Die Freiheit der inhaltlichen Ausgestaltung der Anleihebedingungen ist durch die Sec. 738–754 CA 2006 nicht begrenzt. Die Vorschriften enthalten insbesondere keinen numerus clausus bestimmter Arten von Schuldverschreibungen, sondern erschöpfen sich im Wesentlichen in administrativen Regelungen. d) Die UTCCR setzen die Vorgaben der Klausel-RL in englisches Recht um. Die Frage, ob sie eine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen vorsehen, wird in der Literatur überwiegend verneint, von dem OFT, das berechtigt ist, durch den Director General of Fair Trading eine abstrakte Angemessenheitskontrolle zu initiieren, hingegen bejaht. Eine Stellungnahme der englischen Gerichte liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor. e) Die Behauptung, das englische Recht kenne keine Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen, ist unzutreffend. Englische Gerichte haben z. B. collec­ tive action clauses, Nachrangklauseln (subordination clauses) und no-action clauses einer Angemessenheitskontrolle unterzogen, jedoch ausnahmslos mit dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Bestimmung wirksam ist. 2. Rechtslage in den U.S.A., insbesondere im U.S.-Bundesstaat New York a) Unter Geltung des Rechts des U.S.-Bundesstaats New York hat der S.D.N.Y. in der Entscheidung Metro. Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc. die Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen (bond terms) in einem obiter dictum verneint. b) Bei Schuldverschreibungen, die an den U.S.-amerikanischen Märkten gehandelt werden, wird der Gläubigerschutz in erster Linie durch den TIA sichergestellt. Danach sind die Emittenten verpflichtet, einen Anleihetreuhänder (bond trustee) zu bestellen, dessen Aufgabe darin besteht, die angemessene Berücksichtigung der Gläubigerinteressen während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibung sicherzustellen. Um dies zu gewährleisten, enthält der TIA u. a. zwingende Vorgaben für die Ausgestaltung des Treuhandvertrags

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(trust indenture), deren Einhaltung die SEC vor der Ausgabe der Schuldverschreibung in einem behördlichen Verfahren überprüft. c) Die Anleihebedingungen (bond terms) sind Bestandteil des Treuhand­ vertrags (trust indenture). Für deren Ausgestaltung enthält der TIA keine inhaltlichen Vorgaben. Sie werden von den Emittenten unter ausschließlicher Mitwirkung der Konsortialführer erstellt. Hierbei gehen der S.D.N.Y. und die überwiegende Ansicht in der U.S.-amerikanischen Literatur davon aus, dass die Konsortialführer aufgrund des auch sie treffenden Platzierungsrisikos bei der Erstellung der Anleihebedingungen darauf achten, dass die Interessen der Anleihegläubiger ausreichend berücksichtigt werden. d) Unabhängig von der Richtigkeit dieser Prämisse besteht bei den für den U.S.-amerikanischen Markt typischen Anleihebedingungen (bond terms) kein Bedürfnis für eine Inhaltskontrolle. Die Anleihen sind nahezu ausschließlich plain vanilla bonds, die keine die Anleger benachteiligenden Bestimmungen enthalten. Abweichungen von dieser Praxis sind aufgrund wirtschaftlicher Vorteile, die mit der Standardisierung der Anleihebedingungen einhergehen, nicht zu erwarten.

VI. Reformperspektive Rechtssicherheit trotz AGB-rechtlicher Inhaltskontrolle 1. Die gegenwärtige Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit von Anleihebedingungen kann de lege ferenda durch einen Ausschluss der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach der Ausgabe der Schuldverschreibungen weitgehend beseitigt werden. Hierzu ist es bei unveränderter Fortgeltung der Klausel-RL ausreichend, den Emittenten, Anbietern und Zulassungsantragstellern durch eine Änderung der Prospekt-VO die Möglichkeit zu eröffnen, die Überprüfung der Anleihebedingungen in dem Prospektbilligungsverfahren zu beantragen (Art.  20a Abs.  1 Prospekt-VO-E) und dadurch auf einen Zeitpunkt vor der Ausgabe der Schuldverschreibung zu verlagern. 2. Mit der optionalen Integration der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle in das Prospektbilligungsverfahren geht keine Veränderung des Prüfungsmaß­ stabs einher. Die zuständige Behörde hat die Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen am Maßstab des nationalen Rechts zu prüfen, das der Mitgliedstaat, dem die Rechtsverhältnisse aus den Teilschuldverschreibungen unterstehen, zur Umsetzung der Vorgabe aus Art.  3 Abs.  1 Klausel-RL erlassen hat. 3. Gelangt die zuständige Behörde bei ihrer Prüfung der Anleihebedingungen zu dem Ergebnis, dass diese keine missbräuchliche Klausel i. S. d. KlauselRL enthalten, hat sie den Prospekt – vorausgesetzt dieser erfüllt die Standards bezüglich der Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz (Art.  20 Abs.  4 UAbs.  1 Prospekt-VO) –, einschließlich der Anleihebedingungen, zu billigen. Da die Gerichte grundsätzlich nicht gehindert sind, anders zu entscheiden und

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einzelne Bestimmungen als missbräuchlich und unverbindlich anzusehen, wird die erstrebte Steigerung der Rechtssicherheit dadurch erreicht, dass Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E eine erneute Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren ausschließt. Auf diese Sonderheit der Schuldverschreibung sind die Anleger in dem Prospekt hinzuweisen (Art.  17a Satz 2 DelVO Prospekt-E). 4. Der Ausschluss einer Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anleihebedingungen im gerichtlichen Verfahren nach Art.  20a Abs.  2 Prospekt-VO-E ist mit den Justizgrundrechten der EU (Art.  47 Abs.  1, 52 Abs.  3 Satz 1 GRC, Art.  6 Abs.  1 Satz 1 EMRK) vereinbar. Sie garantieren den Anleihegläubigern nicht, dass Gerichte am Maßstab der Klausel-RL über die Verbindlichkeit der Anleihebedingungen entscheiden. 5. Die optionale Erweiterung des Prospektbilligungsverfahrens um die Prüfung der Anleihebedingungen nach Art.  20a Prospekt-VO-E bedeutet keine Rückkehr zu den Emissionsverboten der §§  795 Abs.  1 Satz 1, 808a Satz 1 BGB a. F. Sie bewirkt – im Unterschied zu der Rechtslage vor dem 1.1.1991 – weder eine Beschränkung der Emissionsfreiheit noch lässt sie Verzögerungen der Emission befürchten.

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Register Abfindung 406–408 Abspaltungsverbot  371, 376 Abwicklungsüberschuss 333–339 AGB 29–71 – Änderungsvorbehalt 274–289 – Bereichsausnahme 143–149 – Einbeziehung  102–106, 118–121, 261 – Leistungsbeschreibungen 153–162 – Preisargument 124–132 – Reputation des Verwenders  120 f. – Schutzlücke 255–261 – Stellen 58–70 – Transparenzkontrolle  245, 277, 388–390 – Verwendereigenschaft 57–70 Alternative Investment Market  20 f. Änderungsvorbehalt 274–289 Anfechtung 162 Angebotsprogramm  54, 61 Anleihe, siehe Schuldverschreibung Anleihetreuhänder – England  427, 430–433, 439, 449 – U.S.A.  463–467, 469–472 Anstaltslast  18 f. Anwartschaftsrecht  77 f. Aufstockung 244 Ausgleich 406–408 Auskunftsanspruch 378 Auslandsemissionen  414 f. Auslegung 251 Auslosung 387 Ausschüttungsverbot 396–399 Ausübungskontrolle – de lege ferenda  478 f. – de lege lata  381 f. bail-in 348 Bankdarlehen, siehe Darlehen Banken-RL  19 f., 345

Bankenprivileg 422–425 Bankobligationen 16 Barausgleich 288 Barzahlungsklausel, siehe cash settlement Begebungskonsortium 47–49 Begebungsvertrag  30, 39–43, 296, 402 f. Beherrschungsvertrag 401–409 Besitzumstellung  113, 178 f., 190 f. besloten vennootschap, siehe BV Besserungsabrede  343, 391 f. best effort underwriting  47 f. Betriebsausgaben  174, 327, 335 f., 421 Betriebsstättenfiktion 422 Bewertungsmodelle 128–131 Bezugsrecht 276 Bilanzgewinn  159, 332, 335, 369, 374, 389, 396 f. Bilanzverlust  341, 380, 392 Bindung, kollektive  90 f., 232 boilerplate  54, 62 bond – convertible bond, siehe Wandelschuldverschreibung – plain vanilla bond  469 f. – reverse convertible bond, siehe Wandelanleihe – soft mandatory convertible bond, siehe Wandelschuldverschreibung – zerobond  6, 9 bondm  21 f. Bookbuilding-Verfahren  13, 57, 127 f., 130 f. Börsenhandel – Aussetzung  248 f. – Widerruf der Börsenzulassung, siehe Delisting – Zulassung  247 f. – Zulassungsverfahren 100–102 Börsenpreis  112, 115, 247 f., 282 f., 285

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Register

bounded rationality  119 Bourse de Luxembourg  17 f. British Eagle Int’l Air Lines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France  447 BV  306, 414, 423 f. call option  129 cash pool  291, 305, 413, 422, 424 cash settlement  274–283 cash top up  285 Chance-Risiko-Profil  24, 160–162, 386 Change-of-control-Klausel 403 cheapest cost avoider  141 choice of rates  124 Cogan, siehe Simons v. Cogan collective action clause – Deutschland 226–235 – England 440–445 Colt Telecom Group Plc.  450–452 common safekeeper  429 Compagnie Nationale Air France, siehe British Eagle Int’l Air Lines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France convertible bond, siehe Wandelschuldverschreibung covenants  4 f., 130, 462, 468 f. cross currency swap 6 Darlehen  17–19, 191 f., 211–213 Darlehen – cash pool  305, 422 – Finanzplandarlehen  359–362, 396 – Gesellschafterdarlehen 396 – Kündigung  201–204, 219 – Nachrangdarlehen  331, 346 Darlehen, partiarisches  82, 338 Dauerglobalurkunde  56, 172, 174–178, 180 f., 293 Dauerschuldverhältnis – Genussrecht  78, 80, 330 – Schuldversprechen  219–221, 309 f. DBA-NL 424 debenture – definite bearer debenture  427, 431 – England 427 – global bearer debenture  428 – registered debenture  428 – U.S.A. 455

Debt-to-equity-Swap 286 deed poll  430–433, 439 Default-Risiko 128 Delisting  110–116, 248 f. Depotbescheinigung  176, 188, 295 disenfranchisement clause  229 Dividenden  327, 389, 394 – aktienähnliche Genussrechte  336 f. – Dividendenanspruch  370 f. – Dividendenpolitik 5 – Dividendenrecht 369 – Einkommensteuerrecht  333 f. – Körperschaftsteuerrecht 336 – Verlustbeteiligung  339, 343 Durchgangserwerb  47, 114 duress  434 f. Effektengiroverkehr – gutgläubiger Erwerb  178–185 – Kaufvertrag 211 – Kommission 115 – Transaktionsablauf 112–114 Eigenemission  43 f., 57, 104, 237, 254, 260 f., 270 Eigenkapital – Finanzplanvereinbarung 359–362 – Genussrechtsverbindlichkeiten  335 f. – gesplittete Kommanditeinlage  359 – numerus clausus  363–366 – Rating  8, 327 Eigenkapital, bilanzielles  331 Eigenkapital, funktionelles  329, 358–363 Eigenkapital, rechtsformspezifisches  358 Eigenmittel – Abwicklungserlös 332–339 – Basiseigenmittel  341 f., 344, 346, 348 f., 351, 353 f. – Eigenmittel-RL 345 – Ergänzungskapital  345 f., 348, 351–353 – Gewinnbeteiligung  332–339, 389, 394 f., 397, 399 – hartes Kernkapital  340, 344, 347, 349, 351 f. – Langfristigkeit 350–357 – Nachrangigkeit 347–350 – Verlustabsorption  340, 345 f. – Verlustteilnahme  339–347, 349 f.

Register

– zusätzliches Kernkapital  340 f., 343 f., 348, 351–353, 406, 408 Eigenmittel-RL 345 Eigenverwahrung  315 f. Einkommensteuer – Dividenden  333 f. – Genussrecht  333 f. Emissionskonsortium – Begebungskonsortium 47–49 – best effort underwriting  47 f. – Garantiekonsortium 47 – Geschäftsbesorgungskonsortium 47 – Konsortialtreue 8 – Konsortialvertrag 53 – lead manager  13, 53, 57, 127 – Übernahmekonsortium 49–51 – Verkaufskommission 48 – Vermittlungskonsortium 48 Emissionsverbot – Auslandsemissionen  414 f. – Deutschland  99, 165, 328, 482–486 England – Anleihetreuhänder  427, 430–433, 439, 449 – British Eagle Int’l Air Lines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France  447 – Colt Telecom Group Plc.  450–452 – deed poll  430–433, 439 – duress  434 f. – fair dealing  438 – Financial Ombusman Service  433, 435, 439 f. – freedom of contract  426, 433–435 – Gestaltungsfreiheit  433 f. – incorporation by reference  432 – IR 1986  447 f. – JSCAA 1870  444 – misrepresentation 434 – mistake 434 – open dealing  438 – ordre public  451 f. – Pari-passu-Prinzip 446–448 – Rechtsunsicherheit 435 – registrar of companies  427 – rentcharge 441–444 – Sammelurkunde 427–432 – scheme of arrangement  442 f., 445–447

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– The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd.  440–445 – trust deed  427, 430–433, 439, 441–444, 449 – UCTA  420, 435 f., 440 – unconscionability 435 – undue influence  435 – undue pressure  435 – UTCCR  420, 433, 435–440 – Wandelschuldverschreibung  427, 445 equity  434 f., 459 Erfüllungsabrede 210 Ergänzungskapital  345 f., 348, 351–353 Ersetzungsbefugnis  76, 159, 283 f., 285 f. Ersetzungsklausel 297–316 Erwerb, gutgläubiger  2, 38, 171–173, 212 – Abhandenkommen 172 – Besitzumstellung 179 – Effektengiroverkehr 178–185 – Einwendungen  34–36, 43 – elektronisches Wertpapier  189–191 – Miteigentum 181–185 – Orderpapiere 171–173 – Publizität 179 – Rechtskrafterstreckung 109 – Rechtsscheinträger  36 f. – Redlichkeit des Erwerbers  37 – Sammelurkunde 178–185 escrow agreement  212 Euronext Paris – Alternext 21 – Euronext Growth  22 Europäischer Pass  480 fair dealing  438 Financial Ombusman Service  433, 435, 439 f. Finanzierungsleasing  252, 255–258, 300 Finanzinnovation 5–10 Finanzplandarlehen  359–362, 396 FinDAG  488, 490 firm commitment underwriting, siehe Übernahmekonsortium First Pa. Banking & Trust Co., siehe Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co. floating rate notes  6, 9 Frankreich – Euronext Paris  21 f.

572

Register

– gemeinsamer Vertreter  87 – société des obligataires  86–88 freedom of contract – England  426, 433–435 – U.S.A. 458 Freigabeverfahren  279 f. Freiverkehr  18, 21 f., 116, 249, 258 Fremdemission – mittelbare Platzierung  49–70, 104, 209, 237–239, 242, 246, 252, 255, 258–261, 270, 297 – unmittelbare Platzierung  44–49, 104 f. Fungibilität  57, 70, 92, 95, 105–116, 217, 243–249, 251, 259–261, 269, 271 f., 297–299, 315, 418 Garantie – Herstellergarantie  156, 161 – Konzernmutter  128, 289, 291, 295, 300, 302, 304–306, 413, 420 – SchVÄndG-DiskE 317 – SchVG-RefE 318–321 Garantiekonsortium 47 Gebühr 486 Geheißerwerb 113 Generalklausel – Argumentationslast  268 f. – de lege ferenda  478 – Inhaltskontrolle 262–272 – Preisargument  124 f. – SchVÄndG-DiskE  144, 240–243 Genusspflicht 341 Genussrecht – Beteiligungscharakter 333–338 – Dauerschuldverhältnis  78, 80, 330 – Einkommensteuer  333 f. – Fremdkapital 335 – Geschäftsgrundlage  405 f. – Informationsrechte 204–206 – Kapital-RL 365 – Kontrollrechte 204–206 – Körperschaftsteuer  335 f. – Kündigung 219 – Mitverwaltungsrechte 370–378 – Schadensersatz 379–381 – Umwandlung 307–309 – Versicherungsaufsichtsrecht  341, 346, 349, 351, 354

– Vertragskonzern 400–409 Genussrecht, aktienähnliches  80–85, 330 f. Genussrecht, obligationsähnliches  78– 80, 330 Geschäftsbesorgungskonsortium 47 Geschäftsgrundlage  405 f. Gesellschaft, stille – Abgrenzungsfragen 80–85 – Aktienähnlichkeit  338 f. – Aufsichtsrecht 343 – Eigenkapital 358 – Finanzplanvereinbarung 359–362 – Inhaltskontrolle  84 f., 200 f. – Kündigung 363 – Verlustteilnahme  82 f. Gesellschafterdarlehen 396 Gestaltungsfreiheit  27, 118, 136, 139 – England  433 f. – Erweiterung durch abstrakte Verbriefung 200–206 – Gewinnbeteiligung 336–338 – U.S.A.  458, 466 – Verlustteilnahme 341–343 Gewährträgerhaftung 19 Gewerbesteuer 334 – Bankenprivileg  422 f., 424 f. – Betriebsausgaben 421 – Betriebsstättenfiktion 422 – Gewerbeertrag 421 – Hinzurechnung  305, 420–425 – Organschaft  422, 424 Gewinnabführungsvertrag 400–409, 422 Gewinnschuldverschreibung  27, 307, 363, 427 Girosammelverwahrung  175, 178 f. Gleichbehandlung der Anleihegläubiger  1, 95, 216–218 Globalurkunde, siehe Sammelurkunde Globalverbriefung  55–57, 103, 113, 174, 181, 476 Grenzkosten 120 Hauptversammlung – Beschlussanfechtung  279 f., 372–376 – Stimmrecht  282, 327, 370 f., 391 – Teilnahmerecht 377

Register

Hold-out-Problem  229–235, 440 In-Sich-Forderung 38 incorporation by reference – England 432 – SchVG  94, 104, 476 Informationsasymmetrie  96, 120 Informationsrechte  204–206, 376–378, 390 Inhaltskontrolle – kapitalmarktrechtlicher Lösungsansatz  95–106 – Klauselwettbewerb  116 f., 132, 139–142 – Leitbild  151, 165–324, 328 – Marktversagen  117–132, 142, 154 – Publikumsgesellschaft  73, 84, 383–388 – Publizitätspflichten  96–106, 479 – Rechtsunsicherheit  1, 23, 82, 145 – Verbriefung 160 – Verlustteilnahme  158 f. – Zinsanpassungsklausel 159 Insiderinformation 282 Insolvenzplanverfahren  233, 286 Internationales Privatrecht, siehe Kollisionsrecht investment grade  129, 457 IR 1986  447 f. ISMA 53 Jahresfehlbetrag  159, 341, 378, 380, 392 Jahresüberschuss  159, 336, 389, 396–398, 401 JSCAA 1870  444 Justizgrundrechte 486–490 Kapital-RL 363–366 – Genussrecht 365 – Kapitalerhöhung 364–366 – numerus clausus  363–366 Kapital, genehmigtes  275 Kapitalerhöhung  327, 393 – aus Gesellschaftsmitteln  382, 399 f. – Beschlussanfechtung  279 f. – genehmigtes Kapital  275 – Kapital-RL 364–366 Kapitalerhöhung, bedingte  275, 281, 283 Kapitalherabsetzung  343, 351, 380, 382, 393, 398–400

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Kernkapital, hartes  340, 344, 347, 349, 351 f. Kernkapital, zusätzliches  340 f., 343 f., 348, 351–353, 406, 408 Klausel-RL – Einbeziehung  65 f. – Missbräuchlichkeitskontrolle  263 f., 271 f., 477, 481–483, 487 – Preisargument 125 – Prüfungsmaßstab  253 f. – Rechtswahl 419 – Schuldnerersetzung 311 – UTCCR  436, 439 – Wertpapiere  145–149, 439 Klauselwettbewerb  116 f., 132, 139–142 Klöckner-Entscheidung  10 f., 328, 387, 393 KMU-Wachstumsmärkte  20, 22 Kollektivkündigung  215, 218, 223–225 Kollisionsrecht – ordre public  415, 426, 438 f., 451 f. – Parteiautonomie  415 f., 418 f. – Rechtswahlfreiheit 416 – Rom I-VO  416–419 – Sonderanknüpfung  415, 419 f., 426 – Verschmelzung 306 Kommanditeinlage, gesplittete  359 Konsortialtreue 8 Konsortialvertrag 53 Konsortium, siehe Emissionskonsortium Konzernfinanzierungsgesellschaft – Ausland  290, 413–415, 423 f. – Bankenprivileg  422 f. – Garantie  291, 300, 302 – Gewerbesteuer 421–425 – Schuldnerersetzung  291, 318 – Verschmelzung  306 f. Konzernierung, siehe Vertragskonzern Körperschaftsteuer – Dividenden 336 – Genussrecht  335 f. Kreationstheorie 30–39 Kreditgeschäft  8, 422 Kryptowertpapier 186–189 Kündigung – Anleihegläubiger 218–223 – Darlehensnehmer 201–204 – Eintritt in Vertragskonzern  403 f.

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– Finanzplanvereinbarung 360–363 – Genussrecht 219 – Inhaltskontrolle 159 – Kollektivkündigung  215 f., 218, 223–225 – Langfristigkeit der Kapitalüberlassung  350, 352–357 – Schuldnerersetzung  289, 297, 300, 302, 309–313 – Schuldverschreibung 218–223 – SchVÄndG-DiskE  94 f., 166, 216 – SchVG  94, 216 – stille Gesellschaft  363 Lagebericht  377 f. LBO  309, 455–457 legal opinion  45, 60 Leitbild, siehe Inhaltskontrolle leveraged buy out, siehe LBO LSE  18, 20 f., 431 – Alternative Investment Market  20 f. – Treuhänder 431 – Unlisted Securities Market  20 m:access bonds  21 Marktfinanzierung 2 Marktmanipulation 282 Marktversagen  117–132, 142, 154 Maxwell Commc’n Corp. Plc.  445–448 Meistbegünstigungsgrundsatz 375 Metro Life Inc. Co. v. RJR Nabisco  454– 462 MiFID II  22, 101, 475 misrepresentation 434 mistake 434 Mittelstand – Anleihefinanzierung 16–23 – Mittelstandsbörse Deutschland  21 – Mittelstandsmarkt 21 Mitverwaltungsrechte  368–378, 389, 404, 409 – Anfechtungsrecht 372–376 – Auskunftsrecht  206, 376–378 – Genussrecht 370–378 – Informationsrecht 376–378 – Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung 377 – Stimmrecht  282, 327, 370 f., 391

Nachrangdarlehen  331, 346 Nachrangklausel – Aufsichtsrecht 347–350 – England 445–448 – Finanzplanvereinbarung 359–363 – Rangtiefe  348 f. – Zinsauswirkung  129 f. Negative-pledge-Klausel 5 no-action clause – England 448–452 – U.S.A. 464 Novation  294, 430 f. Nulloption 93 numerus clausus  363–366 Obstruktionsverbot 233 open dealing  438 Opt-In-Bestimmung  86, 90, 224, 228, 232 f., 249, 287, 316 Optionsanleihe  76–78, 160, 276 Orderschuldverschreibung – abstrakte Verbriefung  192–206, 209, 212 – Einwendungen 296 – Emissionsverbot  6 f., 99 f., 165, 325, 414 f. – gutgläubiger Erwerb  171–173 – Kollisionsrecht 418 – Kündigung 218–223 – Leistungsversprechen 191 ordre public – Deutschland  415, 426, 438 f. – England  451 f. Organhaftung  384 f. Organschaft  422, 424 Pari-passu-Prinzip 446–448 Parteiautonomie  415 f., 418 f. Pensionskassen  346, 349, 351, 354 plain vanilla bond  469 f. Preis-Leistungs-Verhältnis  125, 135, 140, 438 Preisargument 124–132 Prospekt – Billigungsverfahren  100–102, 474–491 – Europäischer Pass  480 – Nachtragspflicht  236, 321, 323 – Prospekt-VO  101, 106, 321, 475–481

Register

– Prospektpflicht  321, 480 – Rechtsschutz 487–490 – Wertpapierbeschreibung  477, 479 – Zusammenfassung 479 Publikumsgesellschaft – Auskunft über Mitgesellschafter  205 f. – Eigenkapital  358 f. – Gründervereinbarung  385 f. – Informationsrecht 206 – Inhaltskontrolle  73, 84, 383–388 – Organhaftung  384 f. – Treugeberinnengesellschaft  88 f. – Veräußerungsoption  386 f. Publizitäts-RL 366 Publizitätspflichten  96–106, 479 Quellensteuer  290 f. race to the bottom  121, 126, 141 Rangrücktritt, siehe Nachrangklausel Rating  4, 8, 122, 129, 130, 326 f., 455, 471 Rationalisierung des Wertpapierwesens  173–175, 180 f. Rechtskauf 59 Rechtsscheintheorie  34, 36 Rechtsschutz  482, 486–490 Rechtsunsicherheit – England 435 – Inhalt der Schuldverschreibung  104, 252, 259 f., 261 – Inhaltskontrolle  1, 23, 82, 145 – ökonomische Auswirkungen  12–15 – Reformvorschlag 473–481 – Wettbewerbsnachteil  143, 166 Rechtsverteidigungskosten  449, 480 Rechtswahl 419 registrar of companies  427 rentcharge 441–444 Reserven, stille  333 f., 338 residual claimants  347 Restliberalisierung 6 Restrukturierungsplanverfahren 233, 286 reverse convertible bond, siehe Wandelanleihe Risikozuschlag  14, 313, 479 RJR Nabisco, siehe Metro Life Inc. Co. v. RJR Nabisco

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Rom I-VO  416–419 Rückerwerb eigener Instrumente  4, 203, 216, 352 f., 357, 408 Rückversicherungsunternehmen  341 f., 346, 348 f., 353–356 SA 1933  467 f. safe harbour  477–480, 483 Sammelurkunde – Aktivlegitimation 176 – Anleihebedingungen  41, 103 f., 476 – England 427–432 – Ersetzung durch elektronisches Wertpapier 186 – Ersetzung von Einzelurkunden  315 – gutgläubiger Erwerb  178–185 – Leistungsanspruch 177 – Rationalisierung des Wertpapier­ wesens  173 f. – Skriptur  41, 314–316 – Stückenummern 115 – Verbriefung  55 f. – Verwahrung  113, 175 Sammelverwahrung  105, 110, 175 – Besitzlage  178 f. – gutgläubiger Erwerb  178–185 – Skriptur 314–316 Sanierungsfinanzierung 327 Satzungsautonomie 371 scheme of arrangement  442 f., 445–447 Schuldnerersetzung – de lege ferenda 1, 216, 321–323 – Ersetzungsklausel 297–316 – indirekte Rechtsübertragung  293–297 – Informationspflichten  319, 321 – Klausel-RL 311 – Kündigung  289, 297, 300, 302, 309–313 – Motive 290–292 – Schuldübernahme  292 f. – SchVÄndG-DiskE  317 f. – SchVG  289, 298 f. – SchVG-RefE 318–321 – skripturrechtlicher Vollzug  314–316 – Verschmelzung 306–310 Schuldverschreibung – Dauerschuldverhältnis 219–221 – Gewinnschuldverschreibung  27, 307, 363, 427

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Register

– Kündigung 218–223 – Orderschuldverschreibung, siehe Orderschuldverschreibung – Wandelschuldverschreibung, siehe Wandelschuldverschreibung – Wertpapier 3 SchVÄndG-DiskE – Garantie 317 – Kündigung  94 f., 166, 216 – Schuldnerersetzung  317 f. – Generalklausel  144, 240–243 SchVG – incorporation by reference  94, 104, 476 – kollektive Bindung  90 f., 232 – Kollektivkündigung  215, 218, 223–225 – Kündigung  94, 216 – Opt-In-Bestimmung  86, 90, 224, 228, 232 f., 249, 287, 316 – Schuldnerersetzung  289, 298 f. – Skriptur  94, 104, 476 – Transparenzkontrolle  149, 245 SchVG-RefE – Garantie 318–321 – Schuldnerersetzung 318–321 screening 119 SEC  464 f., 467 f., 473 f. Securities Act 1933, siehe SA 1933 Simons v. Cogan  456 Sittenwidrigkeit  215, 478 Skriptur – Änderung der Anleihebedingungen  314–316 – Bedeutung 30–39 – Begebungsvertrag 40–43 – incorporation by reference  94, 104, 476 – Sammelurkunde  41, 314–316 – Schuldnerersetzung 314–316 – SchVG  94, 104, 476 société des obligataires  86–88 soft mandatory convertible bond, siehe Wandelschuldverschreibung Solva II-RL  341 Sonderanknüpfung  415, 419 f., 426 Sonderverwahrung 315 Staatshaftung 488 Stand-alone-Anleihe  54 f. Sterbekassen  346, 349, 351, 354

Steuerrecht – Bankenprivileg  422 f., 424 f. – Betriebsausgaben  174, 327, 335 f., 421 – Betriebsstättenfiktion 422 – DBA-NL 424 – Genussrecht 333–336 – Organschaft  422, 424 – Quellensteuer  290 f. – Tax-gross-up-Klausel 290 – Zinsschranke 421 – Zweigniederlassung 424 stripping 130 Stückelung  5, 49, 55, 158, 252 Stückenummern  56, 115 Stufenzinsanleihen 9 Syndikatsquote 50 Tax-gross-up-Klausel 290 TEFRA  174, 428 TEFRA D-Emission  174 The Dominion of Canada Freehold Estates and Timber Co. Ltd.  440–445 TIA  412, 454, 462–469, 473 f. Tilgungswahlrecht 283 Transaktionskosten  119, 122, 137 Transparenzkontrolle – AGB-Recht  245, 277, 388–390 – SchVG  149, 245 Trennungsprinzip 369 Treuepflicht  376, 381, 456 Treugeberinnengesellschaft  88 f. trust deed  427, 430–433, 439, 441–444, 449 Trust Indenture Act, siehe TIA U.S.A. – Anleihetreuhänder  463–467, 469–472 – freedom of contract  458 – Gestaltungsfreiheit  458, 466 – plain vanilla bond  469 f. – SA 1933  467 f. – SEC  464 f., 467 f., 473 f. – Simons v. Cogan  456 – TEFRA  174, 428 – TIA  412, 454, 462–469, 473 f. – unconscionability  457–460, 462 Übernahmekonsortium 49–51 UCTA  420, 435 f., 440

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Umbuchung – Bilanz  399 f. – Wertpapiere  178 f., 181, 430 Umtauschrecht  76 f., 160, 166, 275–289 Umwandlung  5, 17, 307, 310, 401, 442 unanimous action clause  227 unconscionability – England 435 – U.S.A.  457–460, 462 undue influence  435 undue pressure  435 Unfair Contract Terms Act 1977, siehe UCTA Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1999, siehe UTCCR Unlisted Securities Market  20 Unterbilanz  18, 309, 396–398 Urkundenprozess 197 UTCCR  420, 433, 435–440 Verbandsklage 477 Verbandssouveränität  370 f., 376 Verbriefung – Absehen von  84 – Abtretung  172 f. – Begebungsvertrag  30, 39–43, 296, 402 f. – Einzelurkunden  173 f. – Globalverbriefung  55–57, 103, 113, 174, 181, 476 – Inhaltskontrolle 160 – Leistungsversprechen 167–214 – Liberation  170 f. – Monopolisierung  170 f. – Schutz des Zessionars  169–173 – Urkundenprozess 197 – Zweck 168–173, 178, 191 Verbriefung, abstrakte  166, 192–206, 209, 212 Verbriefung, kausale  192 f., 219 Vereinigungsfreiheit  286 f. Veritätshaftung  60, 169 Verlust – Begriff  341 f. – Eigenkapital 98 – Fungibilität  105, 247, 249 – Prospekt  321, 323 – Schadensersatz 380

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– Stimmrechtsmacht 404 – Wertpapiercharakter 295 Verlustteilnahme – Aktienähnlichkeit von Kapitalinstrumenten  80 f., 327, 339–347, 370 – Art und Weise  342 f. – Aufsichtsrecht 340–347 – Besserungsabrede  343, 391 f. – Gestaltungsfreiheit 341–343 – Inhaltskontrolle  158 f. – Nachrangigkeit  349 f. – Steuerrecht  82 f. – stille Gesellschaft  82 f. – Umfang 342 – Wiederauffüllung des Rückzahlungsanspruchs  368, 390–400 Vermittlungskonsortium 48 Verschmelzung  306–309, 320, 402 f., 457 Versicherungsaufsichtsrecht – Genussrecht  341, 346, 349, 351, 354 – Solva II-RL  341 Versicherungsunternehmen – Pensionskassen  346, 349, 351, 354 – Rückversicherungsunternehmen  341 f., 346, 348 f., 353–356 – Sterbekassen  346, 349, 351, 354 Versicherungsunternehmen, kleine  341 f., 345–347, 349, 351, 354 f., 357 Vertragskonzern 400–409 – Abfindung 406–408 – Ausgleich 406–408 – Beherrschungsvertrag 401–409 – Genussrecht 400–409 – Geschäftsgrundlage der Kapitalinstrumente  405 f. – Gewinnabführungsvertrag 400–409, 422 – Kündigung der Kapitalinstrumente  403 f. – Schadensersatz  402 f. Vertreter, gemeinsamer – Deutschland  232 f., 266 – Frankreich 87 Verwahrung – Eigenverwahrung  315 f. – Girosammelverwahrung  175, 178 f. – Sammelurkunde  113, 175

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Register

– Sammelverwahrung  105, 110, 175, 178–185, 314–316 – Sonderverwahrung 315 Verwaltungsakt  100, 111, 413, 484, 487, 489 Verwässerung  280 f., 327, 382, 400 Vorrangvereinbarung 447 Vorzugsaktie, stimmrechtslose  20, 327, 374–376, 391, 404 Wahlschuld  76, 160, 283 f. Wandelanleihe, siehe Wandelschuldverschreibung Wandelanleihe, umgekehrte  76, 274, 283–289 Wandelschuldverschreibung – Aktienerwerb 275 – Änderungsvorbehalt 274–289 – Bezugsrecht 276 – cash settlement  274–283 – England  427, 445 – Umtauschrecht  76 f., 160, 166, 275–289 – Umwandlung 307 – Zeichnung  276 f. Wandelschuldverschreibung, bedingte  160 Wandelschuldverschreibung, herkömm­ liche  76–78, 160, 166, 327 Wertpapier – Begebungsabrede 210 – Begebungsvertrag  30, 39–43, 296, 402 f. – Beweislast 197 – Darlehenstheorie  211 f. – Dauerglobalurkunde  56, 172, 174–178, 180 f., 293 – dilatorische Einrede  195 f., 200 – Einrede der Bereicherung  194 f., 199 f. – Einwendungsausschluss 207 – Fungibilität  57, 70, 92, 95, 105–116, 217, 243–249, 251, 259–261, 269, 271 f., 297–299, 315, 418 – Girosammelverwahrung  175, 178 f. – inhaltliche Gestaltungsfreiheit  200– 206 – Klausel-RL  145–149, 439 – Kryptowertpapier 186–189

– Liberation  170 f. – Monopolisierung  170 f. – Rationalisierung des Wertpapier­ wesens  173–175, 180 f. – Schuldverschreibung 3 – Skriptur 30–39 – typologische Farblosigkeit  207–209 – Übertragung  171 f. – Umbuchung  178 f., 181, 430 – Zeichnung  76, 160, 276 f., 284, 288 – Zentralregisterwertpapier 186–189 Wertpapier, abstraktes  166, 193–197 Wertpapier, elektronisches  185–191 – Begebung 186 – gutgläubiger Erwerb  189–191 – Kryptowertpapiere 186 – Transportfunktion  190 f. Wertpapier, kausales  192 f. Wertpapier, strukturiertes  9 f. Wertpapier, typusbestimmtes  207 f. Wertpapier, typusloses  207 f. Wertpapierinstitut – Aufsichtsrecht  7, 254 f., 325 f., 340, 344, 347, 352 f., 357, 402, 404 f., 407 – Emissionskonsortium  52, 419 Wertpapierprospekt, siehe Prospekt Wertpapierregister  185, 187, 190 Wertpapiersammelbank  112, 174–185, 188, 315 Wettbewerb der Rechtsordnungen  24 f., 148 f., 411, 420, 424 Wiederauffüllung des Rückzahlungs­ anspruchs  368, 390–400 Zeffiro v. First Pa. Banking & Trust Co.  466 Zeichnung  76, 160, 276 f., 284, 288 Zentralregisterwertpapier 186–189 – Aktivlegitimation  187 f. – Depotbescheinigung 188 – Zwangsvollstreckung 189 zerobond  6, 9 Zinsanpassungsklausel 159 Zinsobergrenzen 7 Zinsschranke 421 Zweigniederlassung 424 Zwischenerwerb, siehe Durchgangs­ erwerb