Anatomie und Physiologie für Dummies [4 ed.] 3527718060, 9783527718061

Der menschliche Körper ist ein komplexes System, in dem viele unterschiedliche Strukturen zusammenwirken. Dieser farbig

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Anatomie und Physiologie für Dummies [4 ed.]
 3527718060, 9783527718061

Table of contents :
Titelblatt
Impressum
Über die Autoren
Einführung
Über dieses Buch
Konventionen in diesem Buch
Was Sie nicht lesen müssen
Törichte Annahmen über den Leser
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Wie Sie dieses Buch lesen sollten
Teil I: In Startposition, um Anatomie zu lernen
Kapitel 1: Vom Kleinen zum Großen
Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie
Körperaufbau: vom Atom bis zum Organ
Vokabeln, Vokabeln … Klare Worte sind angesagt!
Stellen Sie sich in Grundposition!
Wenn Dinge aus dem Ruder laufen
Wissen, was gut für Sie ist
Kapitel 2: Wie Ihr Körper das Leben meistert
Damit Ihr Körper schön auf Trab bleibt: Metabolismus
Den Körper in Balance halten: die Homöostase
Bewegung: Sie sind kein Baum
Der Erhalt der Spezies: Reproduktion
Wachstum: Zellersatz und Entwicklung während des Lebens
Übungsaufgaben zu Kapitel 2
Kapitel 3: Der Aufbau Ihres Körpers
Ab in die Zelle!
Die Zellorganisation in Geweben
Übungsaufgaben zu Kapitel 3
Teil II: Von Kopf bis Fuß auf Anatomie eingestellt
Kapitel 4: Knochige Einblicke ins Skelettsystem
Kapitel 5: Die Muskeln spielen lassen
Muskeln und ihre Eigenschaften
Erwartet Sie mit Spannung: die Skelettmuskelkontraktion
Muskelgruppen kennenlernen
Welcher Skelettmuskel wo zu finden ist
Pathophysiologie des Muskelsystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 7
Kapitel 6: Ihr größtes Organ: die Haut
Dreifach hält besser: die Schichten der Haut
Allerhand Hautzubehör
Taskforce Hautschutz
Störungen und Krankheiten der Haut
Übungsaufgaben zu Kapitel 6
Teil III: Physiologie im Fokus
Kapitel 7: Eigensinnig: das Nervensystem
Ein gut verknüpftes Netz spinnen
Reizweiterleitung
Gedanken über Ihr Gehirn
Der Sinn Ihrer Sinne
Pathophysiologie des Nervensystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 7
Kapitel 8: Hormone: Das endokrine System
Hormone
Einteilung der Drüsen des endokrinen Systems
Pathophysiologie des endokrinen Systems
Übungsaufgaben zu Kapitel 8
Kapitel 9: Lässt Ihr Herz höherschlagen: das Kreislaufsystem
Ein fleißiger Transporter: Was in Ihrem Blut steckt
Tiefe Einblicke: Anatomie des Herzens
Folgen Sie Ihrem Herzen: Herzphysiologie
Ein Blick auf die Venen
Pathophysiologie des Kreislaufsystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 9
Kapitel 10: Holen Sie tief Luft: der Atmungsapparat
Die Anatomie des Atmungsapparates
Tief einatmen, bitte!
Wanderung durch das respiratorische Epithel
Gasaustausch zwischen Blut und Zellen
Entdecken, was schiefgehen kann
Übungsaufgaben zu Kapitel 10
Kapitel 11: Meister des Abbaus: der Verdauungsapparat
Dem Weg der Nahrung folgen
Chemischer Abbau
Erkrankungen und Störungen des Verdauungssystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 11
Kapitel 12: Erledigt den Aufwasch: der Harnapparat
Die Putzkolonne Ihres Körpers
Die Homöostase erhalten
Pathophysiologie: Krankheiten und Störungen der Harnwege
Übungsaufgaben zu Kapitel 12
Kapitel 13: Ein fairer Kämpfer: Das Immunsystem
Lieben Sie Ihr Lymphsystem
Spione und Angreifer: Immunzellen
Entzündung bedeutet Schwellung
Verteidigung Ihrer Gesundheit gegen Invasoren
Immunität hat ihren Preis
Fehlfunktionen des Immunsystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 13
Teil IV: Körper-Kreationen
Kapitel 14: Säen und Wachsen – alles über die Fortpflanzung
Von Gonaden und Genitalien
Nach den Damen: Das männliche Reproduktionssystem
Schwanger werden ist nicht schwer …
Schwangerschaftsverhütung
Pathophysiologie des Reproduktionssystems
Übungsaufgaben zu Kapitel 14
Kapitel 15: Neues Leben entsteht: Geburt und Entwicklung
Die Trimester in Angriff nehmen
Komplikationen
Die Frucht der Liebe
Das »Leben danach«
Teil V: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 16: Zehn Wege, Ihren Körper gesund zu erhalten
Trinken Sie Wasser!
Iss dein Obst (und Gemüse), Schatz!
Treiben Sie regelmäßig Sport (nicht nur sporadisch)!
Vergessen Sie nicht Ihre Sonnencreme!
Nehmen Sie nicht nur »eine Mütze voll« Schlaf!
Entspannen Sie sich doch mal!
Greifen Sie ins volle Korn!
Händewaschen nicht vergessen!
Tasten Sie sich ab!
Lassen Sie sich regelmäßig durchchecken!
Kapitel 17: Zehn nützliche Internetadressen zur Anatomie und Physiologie
Medizinische Fakultät Bern
Interaktive 3D-Darstellung des menschlichen Körpers
Groscurth-Anatomie
Tutorial Anatomie vom Team des New Media Centers der Universität Basel
Lernplattform Thieme via medici
Anatomie-Arbeitsblätter
Humanembryologie
Das Roche Lexikon Medizin
Medi Design: Anatomie
Innerbody – Human Anatomy Online
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement

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Anatomie und Physiologie für Dummies

Schummelseite ANATOMISCHE POSITION Aufrecht stehend, Augen geradeaus gerichtet, obere Extremitäten hängen seitlich vom Körper herab, Handflächen sind nach vorne gerichtet.

ANATOMISCHE BEGRIFFE Anterior oder ventral: zur Vorderseite des Körpers hin Posterior oder dorsal: zur Rückseite des Körpers hin Cranial: Kopfende des Körpers Caudal: Schwanzende des Körpers Superior: über einem Teil gelegen Inferior: unter einem Teil gelegen Medial: zur Mittellinie des Körpers (Medianebene) hin Lateral: von der Mittellinie des Körpers weg, zu den Seiten hin Proximal: zur Körperansatzstelle hin Distal: entfernt von der Körperansatzstelle Intern: zur Körperinnenseite hin Extern: zur Körperaußenseite hin Parietal: eine Membran, die eine innere Körperwand bekleidet Viszeral: eine Membran, die ein Organ umhüllt

KÖRPEREBENEN Sagittal: Ebene, die den Körper in eine rechte und linke Hälfte teilt Mediosagittal: verläuft durch die Medianebene und teilt den Körper entlang der Symmetrieachse Parasagittal: liegt parallel zur Medianebene und teilt den Körper in gleich große rechte und linke Anteile Frontal: Ebene, die den Körper in Vorder- und Hinterseite teilt (anterior und posterior) Transversal: Horizontalebene, die den Körper in einen oberen und unteren Abschnitt teilt

ORGANSYSTEME DES KÖRPERS Skelettsystem: Knochen und Knorpel Muskelsystem: quergestreifte Muskulatur, glatte Muskulatur sowie Herzmuskulatur Integument: Haut, Nägel, Haare, Hautdrüsen, Nervenendungen und Rezeptoren der Haut Nervensystem: Gehirn, Rückenmark, Ganglien, Nerven, Sinnesorgane Kreislaufsystem: Herz, Blutgefäße, Blut Lymphsystem: Mandeln, Milz, Thymus, Lymphknoten, Lymphgefäße und Lymphe Verdauungsapparat: Mund, Speiseröhre, Magen, Dünndarm, Dickdarm (alle zusammengefasst im Gastrointestinaltrakt); akzessorische Organe umfassen Speicheldrüsen, Pankreas, Leber und Gallenblase Atmungsapparat: Nase, Pharynx, Larynx, Trachea, Bronchien und Lungen Exkretionssystem: Nieren, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre Endokrines System: Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüsen, Nebennieren, endokriner Anteil des Pankreas, Ovarien (Eierstöcke), Testes (Hoden). Allen gemein ist die Hormonabgabe in die Blutbahn. Reproduktionssystem: Eierstöcke, Eileiter, Uterus, Vagina und Vulva bei Frauen; Hoden, Nebenhoden, Hodenbläschen, Penis, Harnleiter, Prostata und Bulbourethraldrüse bei Männern

KÖRPERHÖHLEN Dorsale Körperhöhle: von den Knochen des Schädels und der Wirbelsäule gebildet, zur Rückseite des Körpers gerichtet (posterior) Craniale Höhle: beherbergt das Gehirn Rückenmarkshöhle: beinhaltet das Rückenmark, das die Verlängerung des Gehirns darstellt Ventrale Körperhöhle: vordere (anteriore) Oberfläche des Torso; durch das Diaphragma (Zwerchfell) in obere und untere abdominopelvine Höhle unterteilt Thorakalhöhle: die Brust; beinhaltet Trachea, Bronchien, Lungen, Speiseröhre, Herz und große Blutgefäße, Thymus, Lymphknoten und Nerven. Besteht aus zwei kleineren Höhlen: Pleurahöhle: umgibt die Lunge Perikardhöhle: beherbergt das Herz. Die Pleurahöhle umgibt gleichzeitig die Perikardhöhle. Abdominopelvine Höhle: eine imaginäre waagerechte Linie durch die Hüftknochen trennt die Unterleibs- (abdominale) von der (pelvinen) Beckenhöhle. Abdominale Höhle (Bauchhöhle): beinhaltet Magen, Leber, Gallenblase, Pankreas, Milz, Nieren, Dünn- und Dickdarm, Ovarien (bei Frauen); das Peritoneum (Bauchfell) umhüllt die Unterleibsorgane Pelvine Höhle (Beckenhöhle): beinhaltet Mastdarm, Rektum, Harnblase, Uterus (bei Frauen)

Anatomie und Physiologie für Dummies Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 4. Auflage 2021

© 2021 Wiley-VCH GmbH, Weinheim Original English language edition Anatomy and Physiology for Dummies © 2002 by Wiley Publishing, Inc. and Workbook Anatomy and Physilogy or Dummies © 2007 by Wiley Publishing Inc. All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc. Copyright der englischsprachigen Originalausgabe Anatomy and Physiology for Dummies © 2002 by Wiley Publishing, Inc. und Workbook Anatomy and Physilogy or Dummies © 2007 by Wiley Publishing Inc. Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Diese Übersetzung wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert. Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission. Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern. Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Coverfoto: © matis75/stock.adobe.com

Korrektur: Isolde Kommer Print ISBN: 978-3-527-71806-1

ePub ISBN: 978-3-527-82951-4

Über die Autoren Donna Rae Siegfried unterrichtet Anatomie und Physiologie am Pennsylvania College of Technology und ist Kolumnistin der Zeitschrift »Men´s Health«. Janet Rae-Dupree ist freie Wissenschaftsautorin, Pat Dupree arbeitet seit über 25 Jahren als Dozent an verschiedenen Colleges und Universitäten.

Inhaltsverzeichnis Cover Titelblatt Impressum Über die Autoren Einführung Über dieses Buch Konventionen in diesem Buch Was Sie nicht lesen müssen Törichte Annahmen über den Leser Wie dieses Buch aufgebaut ist Wie Sie dieses Buch lesen sollten

Teil I: In Startposition, um Anatomie zu lernen Kapitel 1: Vom Kleinen zum Großen Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie Körperaufbau: vom Atom bis zum Organ Vokabeln, Vokabeln … Klare Worte sind angesagt! Stellen Sie sich in Grundposition! Wenn Dinge aus dem Ruder laufen Wissen, was gut für Sie ist

Kapitel 2: Wie Ihr Körper das Leben meistert Damit Ihr Körper schön auf Trab bleibt: Metabolismus Den Körper in Balance halten: die Homöostase Bewegung: Sie sind kein Baum Der Erhalt der Spezies: Reproduktion Wachstum: Zellersatz und Entwicklung während des Lebens Übungsaufgaben zu Kapitel 2

Kapitel 3: Der Aufbau Ihres Körpers

Ab in die Zelle! Die Zellorganisation in Geweben Übungsaufgaben zu Kapitel 3

Teil II: Von Kopf bis Fuß auf Anatomie eingestellt Kapitel 4: Knochige Einblicke ins Skelettsystem Kapitel 5: Die Muskeln spielen lassen Muskeln und ihre Eigenschaften Erwartet Sie mit Spannung: die Skelettmuskelkontraktion Muskelgruppen kennenlernen Welcher Skelettmuskel wo zu finden ist Pathophysiologie des Muskelsystems Übungsaufgaben zu Kapitel 7

Kapitel 6: Ihr größtes Organ: die Haut Dreifach hält besser: die Schichten der Haut Allerhand Hautzubehör Taskforce Hautschutz Störungen und Krankheiten der Haut Übungsaufgaben zu Kapitel 6

Teil III: Physiologie im Fokus Kapitel 7: Eigensinnig: das Nervensystem Ein gut verknüpftes Netz spinnen Reizweiterleitung Gedanken über Ihr Gehirn Der Sinn Ihrer Sinne Pathophysiologie des Nervensystems Übungsaufgaben zu Kapitel 7

Kapitel 8: Hormone: Das endokrine System Hormone Einteilung der Drüsen des endokrinen Systems Pathophysiologie des endokrinen Systems Übungsaufgaben zu Kapitel 8

Kapitel 9: Lässt Ihr Herz höherschlagen: das Kreislaufsystem Ein fleißiger Transporter: Was in Ihrem Blut steckt Tiefe Einblicke: Anatomie des Herzens Folgen Sie Ihrem Herzen: Herzphysiologie Ein Blick auf die Venen Pathophysiologie des Kreislaufsystems Übungsaufgaben zu Kapitel 9

Kapitel 10: Holen Sie tief Luft: der Atmungsapparat Die Anatomie des Atmungsapparates Tief einatmen, bitte! Wanderung durch das respiratorische Epithel Gasaustausch zwischen Blut und Zellen Entdecken, was schiefgehen kann Übungsaufgaben zu Kapitel 10

Kapitel 11: Meister des Abbaus: der Verdauungsapparat Dem Weg der Nahrung folgen Chemischer Abbau Erkrankungen und Störungen des Verdauungssystems Übungsaufgaben zu Kapitel 11

Kapitel 12: Erledigt den Aufwasch: der Harnapparat Die Putzkolonne Ihres Körpers Die Homöostase erhalten Pathophysiologie: Krankheiten und Störungen der Harnwege Übungsaufgaben zu Kapitel 12

Kapitel 13: Ein fairer Kämpfer: Das Immunsystem Lieben Sie Ihr Lymphsystem Spione und Angreifer: Immunzellen Entzündung bedeutet Schwellung Verteidigung Ihrer Gesundheit gegen Invasoren Immunität hat ihren Preis

Fehlfunktionen des Immunsystems Übungsaufgaben zu Kapitel 13

Teil IV: Körper-Kreationen Kapitel 14: Säen und Wachsen – alles über die Fortpflanzung Von Gonaden und Genitalien Nach den Damen: Das männliche Reproduktionssystem Schwanger werden ist nicht schwer … Schwangerschaftsverhütung Pathophysiologie des Reproduktionssystems Übungsaufgaben zu Kapitel 14

Kapitel 15: Neues Leben entsteht: Geburt und Entwicklung Die Trimester in Angriff nehmen Komplikationen Die Frucht der Liebe Das »Leben danach«

Teil V: Der Top-Ten-Teil Kapitel 16: Zehn Wege, Ihren Körper gesund zu erhalten Trinken Sie Wasser! Iss dein Obst (und Gemüse), Schatz! Treiben Sie regelmäßig Sport (nicht nur sporadisch)! Vergessen Sie nicht Ihre Sonnencreme! Nehmen Sie nicht nur »eine Mütze voll« Schlaf! Entspannen Sie sich doch mal! Greifen Sie ins volle Korn! Händewaschen nicht vergessen! Tasten Sie sich ab! Lassen Sie sich regelmäßig durchchecken!

Kapitel 17: Zehn nützliche Internetadressen zur Anatomie und Physiologie

Medizinische Fakultät Bern Interaktive 3D-Darstellung des menschlichen Körpers Groscurth-Anatomie Tutorial Anatomie vom Team des New Media Centers der Universität Basel Lernplattform Thieme via medici Anatomie-Arbeitsblätter Humanembryologie Das Roche Lexikon Medizin Medi Design: Anatomie Innerbody – Human Anatomy Online

Stichwortverzeichnis End User License Agreement

Tabellenverzeichnis Kapitel 1 Tabelle 1.1: Die Aufgaben des Blutes Tabelle 1.2: Lateinische Wortstämme für gebräuchliche anatomische Begriffe Tabelle 1.3: Regionen des Körpers

Kapitel 3 Tabelle 3.1: Organellen tierischer Zellen Tabelle 3.2: Epitheliale Zelltypen

Kapitel 4 Tabelle 4.1: Merkmale unterschiedlicher Knochentypen Tabelle 4.2: Die fünf Wirbelsäulenabschnitte Tabelle 4.3: Typen von Diarthrosen (synoviale Gelenke)

Kapitel 5 Tabelle 5.1: Benennung von Muskeln

Kapitel 6 Tabelle 6.1: Nagelprobleme als Zeichen möglicher Erkrankungen

Kapitel 7 Tabelle 7.1: Funktion der Lobi innerhalb der Cerebralhemisphäre Tabelle 7.2: Rezeptoren der Sinnesorgane

Kapitel 8 Tabelle 8.1: Wichtige Hormone: Ursprung und Funktionen Tabelle 8.2: Symptome des Hypothyreoidismus, bezogen auf den Ablauf der Erkrankun...

Kapitel 9 Tabelle 9.1: Funktionen der Leukozyten

Kapitel 11 Tabelle 11.1: Aufgaben der Pankreasenzyme

Kapitel 12 Tabelle 12.1: Stickstoffverbindungen im Urin und deren Quellen

Kapitel 13 Tabelle 13.1: Zellen des Immunsystems

Kapitel 15 Tabelle 15.1: Körperliche Veränderungen im Alter und damit verbundene Gesundheits...

Illustrationsverzeichnis Kapitel 1 Abbildung 1.1: Ein Wassermolekül Abbildung 1.2: Das Bakterium Escherichia coli Abbildung 1.3: Organsysteme wie das Verdauungssystem bestehen aus vielen Organen Abbildung 1.4: Die anatomische Grundposition Abbildung 1.5: Die Ebenen des Körpers: frontal, transversal und sagittal Abbildung 1.6: Die Körperhöhlen

Kapitel 2 Abbildung 2.1: Zellatmung: Glykolyse, aerobe Atmung (Citratzyklus) und oxidative ...

Abbildung 2.2: Die Reaktionen des Citratzyklus Abbildung 2.3: Hypothalamus und Hypophyse im Gehirn Abbildung 2.4: Spermien schwimmen zur Eizelle. Abbildung 2.5: Einfache Zellteilung oder Mitose Abbildung 2.6: Die DNA-Doppelhelix Abbildung 2.7: Die DNA-Replikation Abbildung 2.8: Die Phasen der Mitose: Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase Abbildung 2.9: Der Ablauf der Proteinsynthese: Transkription im Kern, Translation...

Kapitel 3 Abbildung 3.1: Schnittansicht einer tierischen Zelle und ihrer Organellen Abbildung 3.2: Die Phospholipid-Doppelschicht der Zellmembran mit Proteinen Abbildung 3.3: Osmose – Wasser kann durch eine semipermeable Membran wandern, um ... Abbildung 3.4: Verschiedene Epithelien Abbildung 3.5: Weißes Fettgewebe mit gut gefüllten Fettzellen Abbildung 3.6: Verschiedene Arten von Muskelgewebe Abbildung 3.7: Aufbau eines Neurons

Kapitel 4 Abbildung 4.1: Der Aufbau eines Röhrenknochens Abbildung 4.2: Spongiosa (Schwammknochen) Abbildung 4.3: Havers-System (Osteon) Abbildung 4.4: Der menschliche Schädel: Cranium und Gesichtsknochen Abbildung 4.5: Das Zungenbein Abbildung 4.6: Die Wirbelsäule in der Seitenansicht Abbildung 4.7: Das menschliche Skelettsystem Abbildung 4.8: Die beiden Schlüsselbeine Abbildung 4.9: Die Skoliose im Röntgenbild Abbildung 4.10: Im Vergleich - gesunder Knochen (links) und Knochen mit Osteoporo...

Kapitel 5 Abbildung 5.1: Skelettmuskel unter dem Mikroskop (400-fach vergrößert)

Abbildung 5.2: Anatomie des Skelettmuskels. Verbindung des Muskels mit dem Rücken... Abbildung 5.3: Der Skelettmuskel Abbildung 5.4: Die Muskeln des Kopfes und des Halses Abbildung 5.5: Die Gesichtsmuskeln Abbildung 5.6: Das Muskelsystem des Menschen Abbildung 5.7: Die Muskeln des Armes: anterior (A) und posterior (B) Abbildung 5.8: Die Muskeln der unteren Extremität Abbildung 5.9: Posterioransicht der Muskeln der unteren Extremität Abbildung 5.10: Anterioransicht der Muskeln der unteren Extremität

Kapitel 6 Abbildung 6.1: Querschnitt durch die Haut, der die Schichten und einige spezialis... Abbildung 6.2: Ein unwillkommener Gast - die Bettwanze (Cimex lectularius) Abbildung 6.3: Sinneszellen der Haut Abbildung 6.4: Das Haar im Detail Abbildung 6.5: Hautkrebs (Malignes Melanom) Abbildung 6.6: Die Neunerregel zur Ermittlung des Prozentanteils an der von der V...

Kapitel 7 Abbildung 7.1: Das Nervensystem Abbildung 7.2: Das sympathische Nervensystem Abbildung 7.3: Aufbau eines typischen Neurons Abbildung 7.4: Motorisches (A) und sensorisches Neuron (B) und Wege... Abbildung 7.5: Verschiedene Arten von Gliazellen (Neuroglia) Abbildung 7.6: Weiterleitung eines Nervenimpulses: Ruhe- und Aktionspotenzial Abbildung 7.7: Struktur einer typischen chemischen Synapse Abbildung 7.8: Sagittalschnitt des Gehirns Abbildung 7.9: Ein Reflexbogen Abbildung 7.10: Anatomie des Ohres Abbildung 7.11: Innerer Aufbau des Auges Abbildung 7.12: Aufbau der Retina mit Stäbchen und Zapfen

Abbildung 7.13: Das olfaktorische System Abbildung 7.14: Zunge, Papille und Geschmacksknospe

Kapitel 8 Abbildung 8.1: Das endokrine System im Überblick Abbildung 8.2: Die Wirkung von Insulin auf die Zelle Abbildung 8.3: Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Hypothalamus und Hypophys... Abbildung 8.4: Ultraschallscan der menschlichen Schilddrüse Abbildung 8.5: Die Thymusdrüse Abbildung 8.6: Insulin und Glucagon regulieren den Blutzuckerspiegel Abbildung 8.7: Niere und Nebenniere

Kapitel 9 Abbildung 9.1: A: Rote Blutzellen, weiße Blutzellen und die kleinen... Abbildung 9.2: Blutplasma und feste Blutbestandteile im Hämatokritr... Abbildung 9.3: Oxyhämoglobin, der Sauerstofftransporter im Blut Abbildung 9.4: Die verschiedenen Arten von weißen Blutzellen (Leuko... Abbildung 9.5: Anatomie des menschlichen Herzens Abbildung 9.6: Die Herzklappen Abbildung 9.7: Arterielle Komponenten des Kreislaufsystems Abbildung 9.8: Zusammenarbeit von Lungen- und Körperkreislauf im arteriellen und ... Abbildung 9.9: Der Gasaustausch im Gewebe Abbildung 9.10: So entsteht Arteriosklerose Abbildung 9.11: Sichelzellenanämie Abbildung 9.12: Die Herzklappen

Kapitel 10 Abbildung 10.1: Anatomischer Aufbau des Respirationstraktes Abbildung 10.2: Die feinen Verzweigungen der Bronchien Abbildung 10.3: Gasaustausch in den Alveolen. Blau: sauerstoffreic... Abbildung 10.4: Funktion des Zwerchfells bei Inspiration (Einatmen) und Exspirati... Abbildung 10.5: Oxygenierung des Blutes am respiratorischen Epithel Abbildung 10.6: Mit Tuberkulose infizierte Lunge. (A) Illustration...

Abbildung 10.7: Gesunde Alveolen und Lungenemphysem

Kapitel 11 Abbildung 11.1: Die Organe des Verdauungsapparates Abbildung 11.2: Magen mit Pankreas und Gallenblase Abbildung 11.3: Mikrovilli im Dünndarm Abbildung 11.4: Der Dickdarm Abbildung 11.5: Lage der akzessorischen Verdauungsorgane Abbildung 11.6: Gallensteine

Kapitel 12 Abbildung 12.1: Das Exkretionssystem Abbildung 12.2: Die Nieren Abbildung 12.3: Die Feinstruktur der Niere Abbildung 12.4: Aufbau eines Nephrons Abbildung 12.5: Aufbau einer Bowman-Kapsel

Kapitel 13 Abbildung 13.1: Das Lymphsystem Abbildung 13.2: Der Aufbau eines Lymphknotens im Querschnitt Abbildung 13.3: Blick auf die entzündeten Tonsillen Abbildung 13.4: Phagozytose: Leukozyten fressen Bakterien Abbildung 13.5: Die Immunglobulin-Klassen Abbildung 13.6: B-Lymphozyten produzieren Antikörper Abbildung 13.7: Histamin löst allergische Reaktionen aus

Kapitel 14 Abbildung 14.1: Das weibliche Reproduktionssystem Abbildung 14.2: Seitenansicht des weiblichen Reproduktionssystems Abbildung 14.3: Der Menstruationszyklus Abbildung 14.4: Das männliche Reproduktionssystem Abbildung 14.5: Spermiumzelle Abbildung 14.6: Befruchtung Abbildung 14.7: Die befruchtete Eizelle wandert in den Uterus

Kapitel 15 Abbildung 15.1: Der wachsende Embryo im Uterus

Abbildung 15.2: Die Entwicklung in neun Monaten Schwangerschaft Abbildung 15.3: Der Fötus im dritten Trimester Abbildung 15.4: Die frühe Phase der Geburt: Der Fötus drückt gegen... Abbildung 15.5: Ein Baby wird geboren.

Kapitel 16 Abbildung 16.1: Für Ihre Gesundheit – die Ernährungspyramide

Einführung Willkommen zu Anatomie und Physiologie für Dummies, Ihrem persönlichen Benutzerleitfaden zu, nun ja, Ihrem Körper! Jeder sollte so ein Handbuch besitzen, denn für Ihr Smartphone oder das Auto holen Sie die Bedienungsanleitung bestimmt auch ab und an aus dem Schrank, wenn Sie sich informieren wollen. Schließlich ist Ihr Körper auch eine Art »Gerät«, das Sie während Ihres ganzen Lebens benutzen. Daher sollten Sie verstehen, wo die verschiedenen Körperteile liegen, was sie tun und wie die einzelnen Körpersysteme zusammenarbeiten. Je öfter Sie über Anatomie und Physiologie lesen, desto mehr werden Sie verstehen und desto eher werden Sie einen Sinn hinter dem Grau der Theorie von Strukturen, Prozessen und biochemischen Reaktionen erkennen. Der menschliche Körper ist ein faszinierendes Kunstwerk. Tauchen Sie also für eine Weile in Ihren Körper ein und erforschen Sie, wie Sie funktionieren. Ich hoffe, der Inhalt dieses Buches macht Ihnen bewusst, wie einzigartig Sie sind und warum (und wie) Sie auf Ihren Körper achten sollten.

Über dieses Buch In diesem Buch sehen wir uns nacheinander System für System und Körperteil für Körperteil an. So kompliziert der menschliche Körper auf den ersten Blick auch erscheint, Sie werden erkennen, dass all das, was Ihr Körper täglich macht, etwa atmen, essen, ausscheiden, Blut durch die Adern pumpen oder Wunden heilen, gar nicht so geheimnisvoll ist. Jedes Körpersystem hat einen bestimmten Zweck, und viele Systeme arbeiten zusammen, um Sie als Ganzes am Leben zu erhalten. Die meisten Kapitel dieses Buches konzentrieren sich auf ein einzelnes Körpersystem. Sie werden aber auch Kapitel finden, in denen zehn Tipps zur Erhaltung Ihres Körpers angegeben sind, sowie die zehn besten Internetadressen zur weiterführenden Informationsrecherche.

Konventionen in diesem Buch Das Format der meisten Anatomiebücher ist fast immer gleich: Die einzelnen Kapitel konzentrieren sich auf ein Körpersystem und erklären, wo die wichtigen Strukturen liegen und wie sie funktionieren. Anatomiebücher sind nun einmal so aufgebaut, wie der menschliche Körper organisiert ist, und das ist ja auch sinnvoll. Nun gut, mit ein paar Traditionen werde ich in diesem Buch doch brechen. Ich werde nicht so viele anatomische Fachausdrücke der medizinisch-wissenschaftlichen Fachsprache verwenden, wie es in älteren Werken der Fall ist. Die Klassiker der Anatomie mögen mehr Erkenntnisse enthalten, als Sie eigentlich wissen wollten, aber dafür müssen Sie sich in diesem Buch nicht mit Sätzen herumquälen wie »… ist am posterioren Teil des Humerus lokalisiert«, »… entspringt an der dorsalen Fläche des Cartilago cricoidea«, »… wird durch zahlreiche Foramina perforiert« oder »… führt eine Vene zum lateralen Sinus und eine kleine Arterie aus der Occipitalregion zur Versorgung der Dura mater«. Ich bevorzuge die einfachere Ausdrucksweise, wann immer es geht, denn in vielen Einführungskursen der Anatomie und Physiologie für Studenten habe ich bemerkt, dass die Fachsprache nicht sehr hilfreich ist, um den Studenten beizubringen, wo bestimmte Strukturen im Körper lokalisiert sind. Es war so, als ob man versuchte, ihnen mit einer alten Karte in der Hand beizubringen, einen vergrabenen Schatz zu finden. Die Studenten schalteten ab, bevor die Wegbeschreibung zu Ende war! Stattdessen verwendete ich später normale Begriffe wie vor, unterhalb, auf der rechten Seite und so weiter. Durch diese Art Sprache können Sie leichter nachvollziehen, wo Organe und Strukturen im Körper zu finden sind. Sie müssen mir allerdings versprechen, dass Sie zwei Dinge tun werden. Um mit der vereinfachten Sprache zurechtzukommen, müssen Sie (1) in Begriffen der anatomischen Lage denken (siehe Kapitel 1) und sich (2) die Abbildungen ansehen. Wenn Sie diese beiden einfachen Punkte berücksichtigen, werden Sie dieses Buch umso mehr genießen können.

Außerdem habe ich die Texte nicht allzu sehr mit lateinischen Fachausdrücken überladen. Aber ganz ohne geht es auch nicht – die Anatomie und Physiologie verwendet nun einmal Ausdrücke, die aus dem Lateinischen oder Griechischen abgeleitet wurden. Wo es mir notwendig scheint, erkläre ich daher die Bedeutung oder den Wortstamm. Auf diese Weise können Sie solche Begriffe besser verstehen. Und am Ende der meisten Kapitel finden Sie einige Übungsaufgaben, mit denen Sie Ihr Wissen überprüfen können.

Was Sie nicht lesen müssen Fühlen Sie sich nun aber nicht dazu verleitet, jedes einzelne Wort zu lesen, das ich geschrieben habe (es sei denn, Sie sind meine Mutter). Kästen sind zum Beispiel dazu gedacht, die Textinformation zu strukturieren. Sie sind jedoch nicht notwendig für das Verständnis des Kapitels – Sie müssen sie also nicht unbedingt lesen.

Törichte Annahmen über den Leser Ich nehme an, Sie gehören zu einer der folgenden Personengruppen: ein Student, der Ordnung in die Massen an Informationen bringen will, die er während eines Kurses in Anatomie und Physiologie erhalten hat, oder bestimmte Inhalte wiederholen will ein Schüler, der sich auf das Abitur vorbereitet ein Erwachsener, der sich im Beruf mit Anatomie und Physiologie auseinandersetzen muss Aber vielleicht sind Sie auch einfach nur der stolze Besitzer eines menschlichen Körpers und möchten wissen, wie diese fantastische »Maschine Mensch« funktioniert. Oder vielleicht fragen Sie sich, wie das Essen, das Sie zu sich nehmen, die Trinkmenge und die sportliche Betätigung wirklich Ihre Gesundheit beeinflussen?

Was auch immer Ihr Anliegen war, als Sie dieses Buch in die Hand nahmen, ich habe mein Bestes getan, die Themen der Anatomie und Physiologie einfach zu erklären und auf den Punkt zu bringen. Ich hoffe, es hilft Ihnen weiter!

Wie dieses Buch aufgebaut ist Das gelb-schwarze Buch, das Sie nun vor sich haben, hat einen einfachen Aufbau. Bevor Sie ins »Fleisch« der anatomischen Strukturen eintauchen, geleitet Sie der erste Teil des Buches durch die Grundlagen der Anatomie und Physiologie: die anatomische Lage, die vergrößernden Ansichten des Körpers, was der Körper für sein Überleben tun muss und die strukturelle Einteilung des Körpers. Der anatomische Teil ist wie der menschliche Körper gegliedert. Von innen nach außen werden ich Ihnen Knochen, Muskeln und die sie bedeckende Haut vorstellen. Im Physiologieteil erfahren Sie mehr über die einzelnen Organsysteme und ihre einzelnen Komponenten. Im Anatomie- und auch im Physiologieteil können Sie herausfinden, wie die einzelnen Strukturen funktionieren und in welcher Beziehung sie zu anderen Teilen des Körpers stehen. Um den Kreis des Lebens zu schließen, enthält das Buch Kapitel zu Fortpflanzung, Geburt und Entwicklung. Der Schlussteil wartet mit hilfreichen Informationen auf, die das »Erlebnis Körper« noch interessanter machen und dazu anregen sollen, mehr über den menschlichen Körper zu lernen.

Teil I: In Startposition, um Anatomie zu lernen Bevor ich damit beginne, auf die verschiedenen Strukturen und ihre Lage im Körper einzugehen, brauchen Sie einen Bezugspunkt. Sie müssen sich vorstellen, dass Sie den menschlichen Körper wie in einem Spiegel betrachten, wenn Sie selbst davor stehen und dabei die Handflächen nach vorne zeigen lassen. Andernfalls würde man links und rechts leicht verwechseln. Und ich möchte vermeiden, dass Sie sich vorstellen müssten, Ihr Herz wäre auf der rechten Seite! In diesem Teil des Buches werfen Sie auch einen Blick auf den Körper als gesamten menschlichen Organismus. Kapitel 1 wird Ihnen

verdeutlichen, dass der Mensch ebenso wie ein Wurm einen Organismus darstellt. Organismen werden von Organsystemen gebildet, die aus Organen bestehen, die sich wiederum aus Geweben zusammensetzen, die aus Zellen bestehen, die aus Molekülen aufgebaut sind, die aus Atomen zusammengesetzt sind. Alle Organismen sind auf diese Weise aufgebaut. Ich werde Sie durch den Körper führen, um zu zeigen, wie sich Organismen »differenzieren«, also wie sie sich voneinander unterscheiden können. Kapitel 2 gibt einen Überblick für die physiologischen Kapitel, die Sie weiter hinten im Buch finden. Hier beschreibe ich die grundlegenden zellulären Prozesse, die in jedem Organismus, also auch dem menschlichen, ablaufen. Diese Prozesse umfassen Stoffwechsel, Homöostase (Wahrung des Gleichgewichtes), Wachstum, Energieübertragung, Bewegung und Vermehrung. In diesem Kapitel finden Sie auch grundlegende Informationen über die Genetik, zum Beispiel wie Chromosomen genetisches Material während der Zellteilung übertragen. In Kapitel 3 entwickeln Sie schließlich Ihren anatomischen Standpunkt. Sie erforschen die Grundlagen der Körperebenen, -höhlen, -regionen und -membranen, um für die Teile II und III gerüstet zu sein, die sich mit den spezifischen Strukturen und Funktionen befassen.

Teil II: Von Kopf bis Fuß auf Anatomie eingestellt Die Kapitel in Teil II bieten Ihnen Informationen über das Körperskelett, die haltgebenden Muskeln, die es zudem bewegen, sowie die Haut, die Skelett, Muskeln und Organe schützend umgibt. Außerdem finden Sie hierin erstmals einen Pathologieabschnitt für jedes Kapitel. Pathophysiologie ist ein Zweig der Physiologie, der sich mit der Krankheitsentwicklung durch Untersuchung von Funktionsveränderungen in den Körperteilen und -systemen beschäftigt. Ich werde dazu in jedem Kapitel viele verbreitete Krankheiten und Gebrechen des menschlichen Körpers erläutern. Die Physiologie erklärt, wie die einzelnen Körperfunktionen ablaufen und wie die verschiedenen

Strukturen des Körpers zusammenarbeiten, während die Pathophysiologie untersucht, was im Krankheitsfall schiefläuft.

Teil III: Physiologie im Fokus Dieser Teil des Buches beschäftigt sich näher mit den Körpersystemen und ist somit die physiologische Seite unseres Kurses der Anatomie und Physiologie. Anatomie- und Physiologie-Kurse werden meist so gestaltet, dass die Studenten zuerst mit Knochen und Muskeln vertraut gemacht werden, während der größere Kursabschnitt jedoch vermitteln soll, wie die Körpersysteme zusammenarbeiten. Dieser Abschnitt ist lang, aber lediglich aus dem Grund, weil der Körper aus sehr vielen Systemen besteht. Ein Hauptanliegen dieses Buches ist der Demonstration gewidmet, wie die Körpersysteme permanent zusammenwirken. Daher ist es sinnvoll, die Physiologie in einem Abschnitt zu halten und alle zuvor beschriebenen Körpersysteme in diesem Teil zu vereinen. Eine Ausnahme stellt das Reproduktionssystem dar, das in einem eigenen Kapitel in Teil IV behandelt wird.

Teil IV: Körper-Kreationen Während Ihnen Teile II und III die lebensnotwendigen Strukturen und Funktionen des Körpers näher bringen, ist Teil IV dem Wunder gewidmet, wie ein neuer Organismus (ein Baby) entsteht. Die Abläufe von Reproduktion, Geburt und Entwicklung werden näher beleuchtet. Die Entwicklung umfasst alle Veränderungen, denen ein Organismus von der Zeugung bis zum Tod unterworfen ist (Kapitel 15). Die menschlichen Entwicklungsstadien beinhalten Zygote, Embryo, Fötus, Säugling, Kleinkind, Teenager und Erwachsener. Sie erfahren mehr über die körperlichen Veränderungen im Alter und im Tod. Sie mögen glauben, dass das alles sehr morbide klingt, dabei ist es nur natürlich. Meine ehrliche Hoffnung liegt darin, dass Sie sich selbst als Teil der Natur begreifen lernen, wenn Sie dieses Buch lesen, und dass Sie Ihren Körper mehr schätzen und die Zeit genießen, die er Ihnen auf dem Weg durch den Kreis des Lebens zuteilwerden lässt.

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Dieser Spaßteil beinhaltet zwei hilfreiche Kapitel. Das eine zeigt Ihnen zehn großartige Wege, Ihren Körper gesund zu erhalten. Ich hoffe, Sie wollen nach dem Genuss dieser Lektüre mehr für die Gesundheit Ihres Körpers tun. Das zweite Kapitel versorgt Sie mit zehn Internetadressen, unter denen Sie weiterführende Informationen zur Anatomie und Physiologie finden können. Viel Freude beim Lesen!

Symbole in diesem Buch Die kleinen runden Bildchen, die Sie an den Seitenrändern dieses Buches finden, sind Hinweiszeichen, die auf interessante Textinhalte hindeuten, an die Sie sich auch später noch erinnern können sollten. Dieses Symbol lässt Sie wissen, was Sie tun können, um eine anatomische Struktur besser zu verstehen oder um Ihre Gesundheit in diesem Körperbereich zu verbessern. Dieses Symbol zeigt Ihnen an, wo ich wissenschaftliche oder technische Fachbegriffe in allgemeinen Worten erkläre. Das Symbol begleitet auch Extra-Informationen, die Ihr Wissen über Anatomie und Physiologie zusätzlich erhöhen, aber Sie brauchen sie nicht, um die Aussagen des Kapitels zu verstehen. Die Information neben diesem Zeichen versorgt Sie mit interessantem Wissen über den Körper. Dieses Zeichen stellt Ihnen viele spannende und erstaunliche Fakten vor, mit denen Sie auf der nächsten Party sicher punkten können.

Dieses kleine Zeichen dient dem Training Ihres Gedächtnisses. Manchmal beleuchtet die Information nur Punkte, die Sie meiner Meinung nach permanent in Ihrer Datei über Anatomie und Physiologie speichern sollten. Andere Male bildet die Information eine Verbindung zwischen dem, was Sie gerade lesen, und ähnlichen Informationen an anderen Stellen im Buch. Wenn Sie einen schnellen Überblick über Anatomie und Physiologie wollen, überfliegen Sie die Seiten und halten Sie nach diesen Symbolen Ausschau.

Wie Sie dieses Buch lesen sollten In den meisten Für-Dummies-Büchern können Sie mit einem beliebigen Teil beginnen und hier und da ein paar Passagen lesen, wenn Sie wollen. Sie können auch mit diesem Buch so umgehen, wenn Sie wünschen. Ich empfehle jedoch, die Kapitel der Reihe nach durchzugehen. Der Körper ist nach einem bestimmten Schema aufgebaut, das von einfach zu kompliziert führt: Einzelne Zellen formen Gewebe, die sich zu Organen, dann Organsystemen und ganzen Organismen verbinden. Auch das Wissen über die Anatomie und Physiologie baut auf vorangegangenen Informationen auf. Es ist schwer zu verstehen, wie das Immunsystem funktioniert, wenn Sie sich nicht zuvor mit dem Kreislaufsystem vertraut gemacht haben. Zu begreifen, wie Ihr Körper Nährstoffe aus der Nahrung in Abfallstoffe und Sauerstoff in Kohlenstoffdioxid umwandelt, ist ebenso nicht leicht, wenn Sie nicht wissen, warum der Körper dies überhaupt tun muss. Natürlich können Sie aber den Lernprozess handhaben, wie Sie wollen, wenn Sie bereits Vorkenntnisse in Anatomie und Physiologie besitzen. Ein anderer Vorschlag ist, das Buch mehr als nur einmal zu lesen; eventuell lesen Sie es beim ersten Mal von vorne bis hinten durch und blättern dann von Zeit zu Zeit zurück, um gewisse Inhalte nach dem Zufallsverfahren zu wiederholen. Je öfter Sie über Anatomie lesen, desto leichter verständlich wird Ihnen die Physiologie erscheinen. Nach einer Weile wird Ihnen dann der ganze Körper immer weniger kompliziert erscheinen. Stattdessen wird er sich

Ihnen als kunstvolle, elegant organisierte Gruppierung von Organsystemen präsentieren.

Teil I

In Startposition, um Anatomie zu lernen



IN DIESEM TEIL … sehen wir uns einige der grundlegenden Prozesse genauer an: Wie wird aus einer Zelle ein ganzes Organsystem? Welche biochemischen Prozesse laufen ab, wenn unser Organismus eine Portion Pommes frites mit Salat in die Bausteine und Energie umwandelt, die er für seinen Erhalt braucht? erklären wir kurz die Grundlagen der Zellvermehrung und Reproduktion. lernen Sie auch ein paar Anatomievokabeln, die Sie einfach kennen müssen, wenn Sie die Lage einer Struktur im Körper korrekt beschreiben oder sich mit einem Anatomen unterhalten wollen.

Kapitel 1

Vom Kleinen zum Großen IN DIESEM KAPITEL Untrennbar: Anatomie und Physiologie Was Ihr Körper tun muss, um zu überleben Vokabeln: Abschnitte und Höhlen des Körpers

Der griechische Philosoph Aristoteles fasste um 350 v. Chr. sehr treffend in einem Satz zusammen, worum es hier geht: »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile«. Denn das gilt auch für die Anatomie. Wenn Sie einen Körper in alle Einzelteile zerlegen und diese untersuchen, erfahren Sie trotzdem nichts über deren kompliziertes Zusammenspiel in einem lebenden, atmenden Organismus. Trotzdem hilft es nichts, liebe an der Anatomie interessierte Leser – wir müssen klein anfangen und uns die Einzelteile ansehen, bevor wir das große Ganze verstehen können. Die Anatomie beschäftigt sich mit der Form und Lokalisation der Körperteile. Sie gibt keine Antworten, was Leben eigentlich ist, wie es bewahrt wird oder wie es entsteht. Anatomie betrachtet und beschreibt alle Körperteile, während in der Physiologie die Funktion dieser Teile hinterfragt wird. Wenn Sie beispielsweise die Anatomie des Herzens studieren, sehen Sie sich die Klappen, Kammern und Blutgefäße ganz genau an. Wenn Sie die Herzstruktur kennen, können Sie auch die Physiologie des Herzens besser begreifen, also wie das Herz Blut durch seine Klappen, Kammern und Adern pumpt. Dieses Kapitel gibt Ihnen einen Überblick über die Wissenschaften der Anatomie und Physiologie und erklärt, warum beide so oft zusammengefasst werden. Außerdem finden Sie hier eine kurze Anleitung zur Navigation durch den Körper

und erfahren, wie der Körper Zelle für Zelle und Schicht für Schicht aufgebaut ist.

Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie Kurz gesagt und stark vereinfacht ist die Anatomie das Studium der Körperteile. Natürlich klingt das ein bisschen so, als würde man behaupten, Kunst sei einfach nur Malen mit Farben oder Autofahren bestünde lediglich darin, einen Wagen zu starten. Physiologie geht Hand in Hand mit der Anatomie. Haben Sie je den Ausspruch »Die Funktion bedingt die Form« gehört? Beides kann oft nur gemeinsam betrachtet werden. Die Physiologie konzentriert sich auf die Funktion der Körperteile, vom großen Organ bis hin zur mikroskopisch kleinen Struktur. Die Anatomie hingegen beschränkt sich auf die Form des Organismus, also auf alle Teile, von denen er gebildet wird. Ein Körperteil sieht so und nicht anders aus, weil er eine bestimmte Funktion erfüllen muss. Natürlich ist da noch Raum nach oben in der Evolution des Menschen; unsere Knochen und Gelenke sind leider nicht dafür ausgelegt, dass wir heute durchschnittlich 79 Jahre alt werden – aber das ist ein ganz anderes Thema. Dieser Abschnitt gibt Ihnen einen kurzen Abriss über die Grundlagen der Anatomie und Physiologie, um zu zeigen, wie diese beiden Wissenschaften Ihnen helfen, den menschlichen Körper zu verstehen. Untrennbar ist mit der Physiologie auch die Pathophysiologie verbunden, die sich mit der Kette von Ereignissen befasst, die als Folge einer Krankheit auftreten. Mithilfe der Pathophysiologie werden Wege aufgezeigt, die möglicherweise helfen können, Ihre Gesundheit zu verbessern.

An(n)a Tomie und ihre Verwandtschaft Wenn Ihnen klar ist, dass die Hand mit dem Armknochen verbunden ist, der Armknochen mit dem Schulterblatt ein Gelenk bildet, das Schulterblatt mit dem Schlüsselbein in Verbindung steht und das

Schlüsselbein wiederum mit den Rippenknochen verwachsen ist, dann kennen Sie sich anatomisch aus, stimmt's? Nun ja – bis zu einem gewissen Grad. Manche Menschen studieren diese Disziplin ihr ganzes Leben lang und haben am Ende doch nur ein oder zwei winzige Teile davon wirklich verstanden. Die Anatomie ist ein weites Feld aus verschiedenen Unterdisziplinen – die Verwandten von »Anna Tomie« sozusagen: Die Entwicklungsanatomie betrachtet, wie sich ein Individuum von einem befruchteten Ei bis hin zum Erwachsenen formt. Entwicklungsanatomen wollen wissen, wie sich bestimmte Körperteile oder Körpersysteme aus zusammenarbeitenden Körperteilen im Laufe des Lebens verändern (siehe Kapitel 15). Die makroskopische Anatomie deckt das Studium der großen Körperteile ab, die mit bloßem Auge erkannt werden können. Der Begriff »makroskopisch« kommt aus dem Griechischen, »makro« bedeutet »groß«, und »scope« bedeutet »sehen«. Wissenschaftler, die sich mit makroskopischer Anatomie befassen, sind aber nicht oberflächlich, denn sie studieren geduldig jedes noch so kleine Detail der Organe, Muskeln, Knochen, Nerven und Blutgefäße. Die histologische Anatomie studiert die verschiedenen Gewebetypen sowie die Zellen, aus denen sie bestehen (mehr über Histologie finden Sie in Kapitel 3).

Der Wortstamm »histo-« bedeutet Gewebe, und daher rührt auch der Name des Wissenschaftszweiges, der sich dem Studium von Zellen widmet – die Histologie. Er leitet sich vom griechischen Wort »histos« ab, was so viel bedeutet wie »Netz« oder »Stoff«. Wann immer Sie also an Ihre Gewebe denken, stellen Sie sich einfach ineinander verwobene Zellschichten vor – damit sind Sie auf dem richtigen Weg. Anatomen konzentrieren sich bei Weitem nicht allein auf den Menschen, denn manche Vorgänge im menschlichen Körper lassen sich an anderen

(schneller wachsenden!) Säugetieren viel unkomplizierter untersuchen. Wozu das gut sein soll? Nun, die Arbeit der Anatomen trägt unter anderem zum medizinischen Fortschritt bei, so etwa der Entwicklung verbesserter Operationstechniken oder der Entwicklung biotechnischer Prothesen.

Vom Nutzen biotechnischer Ersatzteile Sollten Sie oder jemand, den Sie kennen, eine Arm- oder Beinprothese tragen, dann können Sie einem Anatomen dafür danken, dass er die Bewegung in dieser erkrankten oder zerstörten Gliedmaße ermöglicht hat. Ohne die Arbeit von Anatomen würde das Feld der Biotechnologie nicht existieren, die Prinzipien der Ingenieurswissenschaften mit medizinischen oder biologischen Fragestellungen verbindet. Die Wissenschaftler müssen zuerst jede Struktur des menschlichen Körpers komplett verstehen, bevor sie sich daran machen konnten, dieses Wissen für die Herstellung künstlicher Ersatzteile einzusetzen. Heute gibt es neben Armen und Beinen noch viele weitere biotechnische Prothesen. Hüften, Kniegelenke, Herzklappen und immer kleinere Teile können inzwischen ersetzt werden. Selbst Brillengläser und Kontaktlinsen hätten nicht ohne die Vorarbeit jener Anatomen erfunden werden können, die sich mit dem Aufbau des Auges beschäftigten. Dank der modernen Entwicklungen können heute bereits viele Prothesen individuell gefertigt werden – Ohrmuscheln für Hörgeräte etwa oder auch Prothesen, die passgenau die fehlenden Gliedmaßen ersetzen. Je mehr Körperstrukturen die Anatomen erforschen und ihre Erkenntnisse mit Bioingenieuren teilen, desto mehr Wege werden sich öffnen, um die Lebensqualität kranker Menschen zu verbessern.

Die Aufgaben der Physiologie Obwohl es scheint, als ob sich jeder Körperteil autonom bewegen würde, ist in Wirklichkeit doch jeder Teil von anderen Teilen abhängig – das ist Physiologie. Ziehen Sie zum Beispiel Ihre Hand von einer heißen Herdplatte zurück, ist neben der reinen Muskelbewegung des Zurückziehens die Funktion des Gehirns und der Nerven für ein gelungenes Manöver ebenso entscheidend. Und Laufen erfordert nicht allein die Kontraktionsfähigkeit der Muskeln in Ihren Beinen, sondern auch die Blasebalgbewegung der Lungen, um zu atmen, und Ihr Gleichgewichtsorgan im Ohr, damit Sie immer schön aufrecht bleiben. Wenn Sie Ihren Körper nicht nur mit bloßem Auge untersuchen, sondern auch mit dem Mikroskop – von Organen zu Geweben und Zellen bis hin

zu Molekülen, werden Sie immer besser verstehen, wie die Teile des Körpers zusammenwirken. So wie verschiedene Körperteile und Körpersysteme zusammenarbeiten, um eine bestimmte Funktion zu erfüllen (zum Beispiel Bewegung, Verdauung oder Fortpflanzung), können einzelne Strukturen des Körpers auch mehrere Aufgaben gleichzeitig haben. Ihre Blutgefäße zum Beispiel dienen als Netzwerk in Form straßenähnlicher Fahrspuren dem Transport der Blutzellen, die Teil des Atmungs-, Verdauungs- und Immunsystems sind. Die spezifischen Funktionen der Blutzellen sind in Tabelle 1.1 beschrieben. Prozess

Was das Blut leistet

Atmung

Transport von Sauerstoff von den Lungen zu den Zellen des Körpers

Verdauung

Transport von Nährstoffen aus der aufgenommenen Nahrung zu allen Körperzellen

Ausscheidung Transport von Abfallstoffen zu Lungen, Leber und Nieren Abwehr

Transport der Zellen, die den Körper gegen eindringende Krankheitserreger verteidigen

Signaltransport Transport von Botenstoffen wie den Hormonen zu entfernten Organen, die für die Feinabstimmung vieler Prozesse sorgen Tabelle 1.1: Die Aufgaben des Blutes

Das Blut und die Blutzellen arbeiten mit verschiedenen Organsystemen zusammen, um das fehlerfreie Funktionieren Ihres Körpers zu ermöglichen. Sie mögen Blut zunächst als eine einheitliche Flüssigkeit betrachten, aber es ist tatsächlich ein Gewebe aus vielen unterschiedlichen Zelltypen, die ebenso unterschiedliche physiologische Aufgaben erfüllen. Sehen wir uns also zunächst den Grundaufbau des Körpers genauer an, bevor wir uns in Teil II dieses Buches mit den anatomischen Strukturen im Detail beschäftigen.

Körperaufbau: vom Atom bis zum Organ Ihr Körper als Ganzes stellt einen Organismus dar, und der besteht aus zahllosen Einzelteilen. Je mehr Sie ins Detail gehen, desto mehr Einzelheiten können Sie erkennen. Unser Körper entpuppt sich beim näheren Hinschauen als Sammelsurium verschiedener Organe, die wiederum aus mehreren Gewebetypen zusammengesetzt sind. Und wenn Sie eines dieser Gewebe unter dem Mikroskop betrachten, werden Sie Millionen von Zellen entdecken. Wenn Sie dann eine noch höhere Vergrößerung wählen, sehen Sie, dass jede Zelle aus Molekülen besteht, die wiederum aus noch kleineren Komponenten aufgebaut sind, den Atomen. Atome, Moleküle, Zellen, Gewebe, Organe und Organsysteme sind die Bausteine des Organismus. So ist es nur konsequent, dass wir diesem Aufbau auch hier folgen!

Was wäre die Anatomie ohne ein wenig Chemie? Ich wette, Sie haben nicht unbedingt damit gerechnet, etwas über Chemie in einem Anatomiebuch zu lesen, aber die Chemie ist ein zentrales Thema für die meisten naturwissenschaftlichen Disziplinen. Wie mein Chemie-Professor immer zu sagen pflegte: »Chemie ist die vermittelnde Wissenschaft. Daher befinden sich Chemielabore im zweiten Geschoss, stets zwischen den Etagen der Physik und der Biologie.« Um einige chemische Grundkenntnisse werden Sie also auch in diesem Buch leider nicht herumkommen. Mal ganz nüchtern betrachtet sind lebende Zellen nichts anderes als wundervolle Container für Millionen von Molekülen, die Millionen von chemischen Reaktionen ausführen. Sie denken beim Ausdruck »chemischer Stoff« vermutlich zuerst (und durchaus nicht falsch) an die lange Liste von Elementen, die im Periodensystem der Elemente zu finden sind. Im Periodensystem sind alle Stoffe beschrieben, die jemals auf unserem Planeten entdeckt wurde. Ich weiß, es hört sich so an, als würde ich einen kleinen Monolog über Geologie führen, aber glauben Sie mir, das alles hat immer noch mit Anatomie zu tun. Vor Milliarden von Jahren war unser Planet Erde von zahlreichen Vulkanen bedeckt, deren Aktivität über die Abkühlung von Lava zur Formung der Landmassen führte. Die

Gase, die zusammen mit der Lava bei den vulkanischen Eruptionen ausströmten, wurden zu anorganischen Bestandteilen des Festlands. In dieser Zeit bildete sich auch Wasser, als sich der Wasserstoff, der bei den Vulkanausbrüchen freigesetzt wurde, mit atmosphärischem Sauerstoff verband. Es wird angenommen, dass sich die ersten Zellen aus Wasser, Erde und Energie formten. Diese chemische Evolution, wie sie auch genannt wird, ging der biologischen Evolution der einzelnen Lebewesen voran. Über Milliarden von Jahren entwickelten sich aus den ersten Einzellern mehrzellige Organismen bis hin zum Menschen. Aus diesen Ausgangsstoffen, den chemischen Elementen, aus denen einst das »Urleben« entstand, sind alle Lebewesen der Erde aufgebaut.

Von Atomen zu Molekülen Ein Atom ist die kleinstmögliche Einheit eines chemischen Elements, das mit all jenen Eigenschaften ausgestattet ist, die das Element auszeichnen. Das bedeutet, dass beispielsweise ein einzelnes Wasserstoffatom genauso mit anderen Elementen reagiert wie eine Kette aus Wasserstoffatomen. Jedes Atom stellt also einen Baustein dar. Wenn Sie zwei Wasserstoffatome (H) zusammenbringen, erhalten Sie ein Molekül (H2). Bringen Sie nun dieses Wasserstoffmolekül mit einem Sauerstoffatom (O) in Kontakt, so erhalten Sie ein Wassermolekül (H2O). Ein Molekül ist eine Verbindung aus einzelnen Atomen (Abbildung 1.1).

Abbildung 1.1: Ein Wassermolekül

Ihr Körper enthält viele verschiedene Arten von Molekülen, die sowohl die funktionellen Teile wie beispielsweise die Zellen als auch die von ihnen produzierten Substanzen wie zum Beispiel die Hormone (siehe Kapitel 8) bilden. Das sollte zum Thema Chemie an dieser Stelle erst einmal genügen, weitere Informationen zur Chemie des Körpers finden Sie im Buch »Biochemie für Dummies«. Hier wollen wir Ihnen vor allem die Form und Funktion Ihrer Körperteile näher bringen.

Zellen – von Individualisten und Spezialisten Ihre Zellen nehmen viele wichtige Aufgaben wahr, ohne die Sie nicht in der Lage wären, Ihrer momentanen Beschäftigung nachzugehen (lesen nämlich). Während Sie atmen, tauschen Ihre Zellen Kohlenstoffdioxid gegen Sauerstoff aus. Während Sie essen, produzieren weitere Zellen Enzyme (Eiweiße oder Proteine, die eine chemische Reaktion

beschleunigen), die Nahrung verdauen und die so gewonnenen Nährstoffe in eine verwertbare Energieform umwandeln. Kurz gesagt, Ihre Zellen sind wie winzige Motoren, die Sie am Laufen halten. Jedes einzellige Lebewesen ist in der Lage, die Funktionen zu erfüllen, die auch Ihr gesamter Körper ausführt: Energie- und Stoffumwandlung Verdauung von Nahrung Ausscheidung von Abfallstoffen Reproduktion Atmung Sinneswahrnehmung Das bedeutet, dass jede noch so winzige Zelle uneingeschränkt lebensund vermehrungsfähig ist – ein typisches Beispiel ist das Bakterium Escherichia coli (abgekürzt mit E. coli), das auch Sie in großen Mengen im Darm beherbergen (siehe Abbildung 1.2). Ihr Körper besteht zwar auch aus einzelnen Zellen, jedoch haben diese Zellen die Fähigkeit verloren, noch alle diese wichtigen Funktionen ausführen zu können. Stattdessen haben sie sich spezialisiert. So gibt es zum Beispiel besondere Zellen für die Fortpflanzung (Eizellen und Spermien) oder Zellen, die einzig der Lichtwahrnehmung dienen. Die grundlegenden Fähigkeiten der Atmung sowie der Energie- und Stoffumwandlung sind zwar allen Zellen erhalten geblieben, dennoch sind sie alle von ihren spezialisierten Verwandten abhängig, die aufgenommene Nahrung an einem zentralen Ort, dem Darm, in verwertbare Bausteine und Energie zerlegen und ihnen diese wie auch den Sauerstoff aus den Lungen über das Blut liefern. Diese Spezialisierung war der »Preis«, den die Einzeller zahlten, als sie begannen, ihre Individualität zugunsten eines Zellverbandes aufzugeben und sich schließlich zu einem Organismus entwickelten, sei es nun dem eines Menschen, einer Qualle oder eines Maiglöckchens.

Abbildung 1.2: Das Bakterium Escherichia coli

Gewebe – Gemeinschaft macht stark Der Körper enthält viele verschiedene Zelltypen. Wenn mehrere Zellen derselben Art »zusammen rumhängen«, um miteinander zu kommunizieren und die gleiche Funktion auszuführen, ist ein Gewebe entstanden. Ihr Körper besteht insgesamt aus vier Klassen von Geweben:

Bindegewebe: Das finden Sie zum Beispiel in Knochen, also in solchen Strukturen, die Körperteile stützen oder sie miteinander verbinden. Es schützt unter anderem vor Verletzungen und dient als Wasserspeicher. Deckgewebe (Epithel): Eine Gewebeform, die die gesamte Körperoberfläche bedeckt; dazu zählen auch eingestülpte, also im Körper liegende Oberflächen wie die der Verdauungsorgane, die auch in Kontakt mit der Außenwelt stehen.

Muskelgewebe: Überraschung! – bildet die Muskulatur, die Ihre Körperteile durch Kontraktion und Relaxation (An- und Entspannung) bewegt. Nervengewebe: Es bildet die Nerven und überträgt elektrische Impulse. Weitere Informationen über die einzelnen Gewebetypen und ihre Aufgaben finden Sie in Kapitel 3.

Organe – ein Zusammenschluss von Geweben Atome bilden Moleküle, Moleküle bilden Zellen, Zellen bilden Gewebe und zwei oder noch mehr zusammenarbeitende Gewebe bilden ein Organ. Ein Organ ist ein Teil des Körpers, der eine spezielle physiologische Funktion übernimmt. Zum Beispiel besteht der Magen aus Epithel-, Muskel-, Nerven- und Bindegewebe und hat die Funktion, Nahrungspartikel zu zerkleinern. (Wie der Magen als Teil des Verdauungssystems funktioniert, erfahren Sie in Kapitel 11; andere Organe werden in Teil II und III des Buches behandelt.).

Organsysteme – Teamwork ist alles Ein Organsystem wird von einer Gruppe spezialisierter Organe gebildet. Die Arbeit jedes dieser Organe spielt eine wichtige Rolle in der Ausübung der übergeordneten Funktion des gesamten Organsystems. Denken Sie nur an das Verdauungssystem mit den Organen Mund, Speiseröhre, Magen, Dünn- und Dickdarm (Abbildung 1.3)! Die allgemeine Funktion dieses Organsystems besteht im Aufschluss aufgenommener Nahrungsbrocken zu immer kleineren Partikeln und schließlich zu Molekülen, die klein genug sind, um mit dem Blutstrom transportiert zu werden. Jedes Organ trägt seinen Teil zu diesem Ziel bei. (Sehen Sie in Kapitel 11 nach, wenn Sie mehr über das Verdauungssystem erfahren möchten, und die Kapitel in Teil III beschäftigen sich mit den wichtigsten Organsystemen des Körpers.)

Abbildung 1.3: Organsysteme wie das Verdauungssystem bestehen aus vielen Organen

Vokabeln, Vokabeln … Klare Worte sind angesagt! Jede Wissenschaft ist durchzogen von lateinischen Begriffen, und da macht auch die Anatomie keine Ausnahme. Jeder Körperteil besitzt seinen eigenen lateinischen Namen. Wir brauchen kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir uns bei den alten Römern bedienen, denn die alten Römer bedienten sich für ihren Teil bei den noch älteren Griechen. So sind einige Ausdrücke, denen hier ein lateinischer Stamm unterstellt wird, ursprünglich griechisch. Um es Ihnen etwas leichter zu machen, gibt Ihnen Tabelle 1.2 eine handliche Liste einiger der gebräuchlichsten lateinischen Wortstämme an die Hand, die in der Anatomie verwendet werden. Wenn Sie diese wenigen Begriffe irgendwo als Teil eines längeren Wortes wiederfinden, werden Sie es leichter haben, herauszufinden, was das ganze Wort bedeutet. Lateinischer Bedeutung Beispiel Wortstamm Aden-

Drüse

Adenopathie (Drüsenkrankheit)

Angi-

Gefäß

Angiogenese (Gefäßbildung)

Arthr-

Gelenk

Arthritis (Gelenkentzündung)

Bronch-

Lungenast

Bronchitis (Entzündung der oberen Lungenäste)

Chol-

Galle

Cholesterol (in der Galle produzierte Substanz)

Derm-

Haut

Dermatitis (Hautentzündung)

Erythro-

rot

Erythrozyt (rotes Blutkörperchen)

Gastr-

Magen

Gastritis (Magenschleimhautentzündung)

Hämat-

Blut

Hämoglobin (Blutfarbstoff)

Histo-

Gewebe

Histamin (Gewebshormon)

Karzin-

Krebs

karzinogen (krebsverursachend)

Lateinischer Bedeutung Beispiel Wortstamm Kard-

Herz

Kardiologe (auf Herzkrankheiten spezialisierter Mediziner)

Karp-

Handwurzel Karpaltunnel-Syndrom (schmerzhafter Zustand, bei dem Nerven zwischen den Handwurzelknochen eingeklemmt werden)

Path-

Krankheit

Pathogen (Krankheitserreger)

Sep-

Vergiftung

Septischer Schock (Blutdruckabfall bei einer Blutvergiftung)

Tabelle 1.2: Lateinische Wortstämme für gebräuchliche anatomische Begriffe

Stellen Sie sich in Grundposition! Mal angenommen, Sie bekommen einen Befundbericht für Ihren operierenden Arzt mit dem Inhalt »entfernen Sie irgendetwas rechts von der Wirbelsäule«, nur werden Sie bei der Operation leider auf den Bauch gelegt. Was ist nun rechts, und was ist links? Keine gute Idee … Hat der zuvor behandelnde Arzt den Patienten nun von vorn oder von hinten untersucht? Die Beachtung der korrekten anatomischen Position hätte beiden das Durcheinander erspart (und Ihnen schlimmstenfalls die Operation auf der falschen Seite). Daher müssen Anatomen eine einheitliche Sprache haben, worum es genau geht. Dieser Abschnitt zeigt Ihnen die anatomischen Positionen, Ebenen, Regionen und Körperhöhlen sowie die Häute, die den Körper begrenzen und in Abschnitte einteilen. Legen Sie das Buch für eine Minute beiseite. Stellen Sie sich aufrecht hin. Schauen Sie geradeaus. Lassen Sie Ihre Arme an beiden Seiten herabhängen und drehen Sie die Handflächen nach vorne. Jetzt befinden Sie sich in der anatomischen Grundposition (siehe Abbildung 1.4). Wann immer Sie eine anatomische Zeichnung sehen, werden Sie den abgebildeten Körper in dieser Position finden, um jede überflüssige Verwirrung zu vermeiden.

Abbildung 1.4: Die anatomische Grundposition

Die folgende Liste enthält gebräuchliche anatomische Begriffe der Lagebeziehungen, die Ihnen in der Anatomie oft begegnen werden: anterior: vorn oder zur Vorderseite des Körpers gerichtet

posterior: hinten oder zur Rückseite des Körpers gerichtet dorsal: zum Rücken des Körpers gerichtet ventral: zur Bauchseite des Körpers gerichtet caudal: in Richtung des Schwanzes (Steiß beim Menschen) cranial: in Richtung des Schädels lateral: seitlich oder zu einer Seite des Körpers gerichtet medial oder median: in der Mitte oder zur Mitte des Körpers gerichtet proximal: dem Ursprungspunkt einer Struktur näher distal: weiter entfernt vom Ursprungspunkt einer Struktur (wie in »Distanz«) superfiziell: oberflächlich profund: weiter von der Körperoberfläche entfernt, tief liegend superior: über oder höher als eine andere Struktur liegend inferior: unter oder niedriger als eine andere Struktur liegend zentral: nahe des Zentrums (Median, Mitte) einer Struktur peripher: entfernt vom Zentrum einer Struktur

Anatomische Schnitte Im Geometrieunterricht in der Schule haben Sie gelernt, dass Ebenen flache Oberflächen sind und dass wir eine Gerade als Verbindung zweier Punkte auf einer solchen Fläche zeichnen können. Geometrische Ebenen können in jedem beliebigen Winkel positioniert sein. In der Anatomie werden gewöhnlich nur drei davon genutzt, die den Körper in verschiedene Abschnitte einteilen. Abbildung 1.5. zeigt Ihnen, wie diese Ebenen aussehen. Man teilt den Körper in Abschnitte ein (die auch anatomische Schnitte genannt werden), damit klar ist, von welcher Seite des Körpers jeweils die Rede ist. Die anatomischen Ebenen oder Schnitte werden wie folgt genannt:

Frontalschnitt: Diese senkrechte Ebene unterteilt den Körper in vorn (anterior) und hinten (posterior). Sagittalschnitt: Diese senkrechte Ebene teilt den Körper in linke und rechte Seite. Wenn die Sagittalebene exakt durch die Mitte des Körpers verläuft, nennt man sie auch Mittsagittalebene. Transversalschnitt: Unterteilt den Körper waagerecht in einen oberen (superioren) und unteren (inferioren) Abschnitt. Die waagerechte Ebene, die genau durch die Körpermitte (etwa auf Höhe des Nabels) verläuft, nennt man Äquatorialebene (so wie der Äquator unserer Erde).

Die drei genannten anatomischen Ebenen können Sie an jeder beliebigen Stelle durch den Körper führen (also nicht nur exakt durch die Mitte), denn schließlich können Sie kaum erwarten, alle Organe und Strukturen des Körpers entlang dieser Mittelachsen zu finden.

Die Kartierung Ihres Körpers Drei Ebenen unterteilen Ihren Körper, aber daneben wird er noch von weiteren Abschnitten oder Regionen untergliedert. So wie auf einer Landkarte beschreibt eine Region ein bestimmtes Gebiet. Ihr Körper ist in zwei Hauptregionen unterteilt: die axiale und die appendikuläre Region. Das Axialskelett besteht aus Kopf, Hals, Thorax (Brust und Rücken) und Abdomen (Unterleib), während der appendikuläre Teil (das Extremitätenskelett) die Gliedmaßen umfasst. In Tabelle 1.3 finden Sie Begriffe, die bestimmten axialen oder appendikulären Strukturen zugeordnet sind.

Abbildung 1.5: Die Ebenen des Körpers: frontal, transversal und sagittal

Axial

Appendikulär

Kopf und Hals

Arme

cephal (Kopf)

brachial (Oberarm)

cervical (Nacken)

cubital (Ellbogen)

cranial (Schädel)

antebrachial (Unterarm)

frontal (Stirn)

karpal (Handwurzel)

occipital (Hinterkopf)

radial (Speiche)

ophthalmisch (Augen)

ulnar (Elle)

oral (Mund) nasal (Nase) Thorax

Beine

axillar (Achsel)

femoral (Oberschenkel)

costal (Rippe)

antefemoral (Unterschenkel)

mammal (weibliche Brust)

pedal (Fuß)

pectoral (Brustkorb)

popliteal (Kniekehle)

vertebral (Rückenwirbel) Abdomen abdominal (Unterleib) gluteal (Gesäß) inguinal (Leiste) lumbar (unterer Rücken) pelvin (Becken) perianal (Gebiet zwischen After und Genitalien) sakral (Ende der Wirbelsäule) Tabelle 1.3: Regionen des Körpers

Höhlenforschung

Würden Sie sich alle inneren Organe einmal wegdenken, wäre Ihr Körper vollkommen hohl bis auf die Knochen und Gewebe, die den Raum formen, in dem die Organe einst lagen. So wie ein Loch in einem Zahn eine Art Höhle ist, so sind auch die Körperhöhlen »Löcher«, in denen die Organe liegen (siehe Abbildung 1.6). Die zwei großen Körperhöhlen sind die dorsale Körperhöhle und die ventrale Körperhöhle. Die dorsale Körperhöhle besteht aus zwei kleineren Höhlen, die zusammen das zentrale Nervensystem beherbergen. Die eine ist die craniale Höhle oder Schädelhöhle – der Raum innerhalb des Schädels, der das Gehirn beherbergt. Die andere Höhle wird spinale Höhle oder Rückenmarkshöhle genannt – der von Rückenwirbeln umschlossene Raum, in dem die Nervenfasern des Rückenmarks verlaufen.

Abbildung 1.6: Die Körperhöhlen

Die ventrale Körperhöhle ist bedeutend größer und beinhaltet alle anderen Organe Ihres Körpers. Diese Höhle wird vom Zwerchfell in zwei kleinere Bereiche untergliedert: die Thorakalhöhle oder Brusthöhle (enthält Herz und Lungen) und die Bauch- und Beckenhöhle (enthält alle Verdauungs- und Sexualorgane). Des Weiteren kann das Abdomen noch in Quadranten unterteilt werden, wenn Sie sich mit der Mittsagittalebene und der Äquatorialebene ein imaginäres, dreidimensionales Kreuz vorstellen, das durch den Körper und den Bauchnabel hindurch verläuft. Die so entstehenden vier Blöcke Ihres Unterleibs (rechts oben, links oben, links unten und rechts unten) nutzen Mediziner, wenn sie die Symptome eines Patienten notieren, der seine Unterleibsschmerzen beschreibt. In Bauch- und Beckenhöhle werden folgende Bereiche unterschieden: epigastrische Region: oberhalb des Magens und im mittleren Teil des Abdomens oberhalb des Nabels hypochondrische Region: Nicht was Sie denken! »Hypo-« bedeutet »unter« und »chondral« bedeutet »Knorpel«. Gemeint sind daher die Regionen links und rechts des epigastrischen Gebietes, die bis unter die knorpeligen Rippenteile des Brustkorbes reichen. hypogastrische Region: unterhalb des Magens und im mittleren Teil des Abdomens unterhalb des Nabels Ileusregion: zur Rechten und Linken der hypogastrischen Region, nahe der Hüftknochen Umbilikalregion: um den Nabel (Umbilicus) herum Lumbarregion: bildet den unteren Rücken, links und rechts der umbilikalen Region

Wenn Dinge aus dem Ruder laufen

Sie wissen jetzt, dass die Physiologie das Studium der Funktionen und Prozesse Ihres Körpers ist, aber im Leben ist natürlich nichts perfekt und unfehlbar. Während ein Körper altert, verlieren viele Lebensprozesse an Effektivität, und Krankheiten können sich einstellen. Die Gesundheit wird beeinträchtigt, wenn die Arbeit der Organe »ins Stottern« gerät. Im Griechischen bedeutet das Wort »pathos« so viel wie »Leiden«. In Wissenschaft und Medizin wird der Wortstamm patho- in vielen Begriffen gebraucht: Die Pathologie ist die Lehre struktureller Veränderungen, die durch Krankheiten hervorgerufen werden (zum Beispiel wie Tumore bei Krebs entstehen und andere Organe beeinflussen), ein Pathogen ist ein Krankheitserreger (zum Beispiel ein Virus oder Bakterium), und in diesem Abschnitt wollen wir einen Blick auf die Pathophysiologie werfen, die Lehre der funktionellen Abnormitäten, die sich bei einer Krankheit entwickeln. Nehmen wir zum Beispiel einen Patienten mit Lungenkrebs. Ein Pathologe schaut sich bestimmte Testresultate an, um Lokalisation und Größe des Tumors zu bestimmen. Er kann auch erkennen, ob der Tumor benign (gutartig) oder malign (bösartig) ist und wie weit der Krebs im Ganzen bereits fortgeschritten ist. Der Pathologe untersucht dazu die strukturellen Veränderungen des Lungengewebes. Ein Pathophysiologe dagegen konzentriert sich auf eventuelle Veränderungen der Lungenfunktion, die im Verlauf der Erkrankung eingetreten sind. Solche Veränderungen können unter anderem die Dehnungsfähigkeit der Lungenflügel betreffen, sodass die kranke Person weniger Sauerstoff aufnehmen kann als normal und durch Sauerstoffunterversorgung auch andere physiologische Körperfunktionen mitbetroffen sein können. Im Verlauf dieses Buches werde ich, wann immer möglich, zur Komplettierung der Physiologie einen Abschnitt über die Pathophysiologie einfügen, sodass Sie auch verstehen, was bei einer Krankheit im Körper vor sich geht.

Wissen, was gut für Sie ist Wenn Sie verstehen, wie Ihr Körper arbeitet, sind Sie besser auf eventuelle Krankheiten vorbereitet und wissen auch, wie Sie Ihre Gesundheit erhalten können. Sie sehen plötzlich klarer, warum gewisse Regeln für den Lebensstil sinnvoll sind. Und ebenfalls nicht ganz unwichtig: Bei Ihrem nächsten Arztbesuch können Sie sich mehr auf die Frage »Warum sagt mein Arzt das?« konzentrieren, anstatt lange zu knobeln, was bestimmte Worte eigentlich bedeuten. Wenn Sie nun Ihre Reise durch den menschlichen Körper und durch dieses Buch weiter fortsetzen, behalten Sie bitte im Gedächtnis, dass alle Systeme Ihres Körpers untereinander kommunizieren. Was Sie Ihrem Körper also einmal antun oder zumuten, birgt stets das Risiko, dass nicht nur ein Teil, sondern Ihr gesamter Körper davon betroffen sein wird. Ich hoffe, dass dieses Buch zum besseren Verständnis des menschlichen Körpers beiträgt und Ihnen hilft, ein gesundes Bewusstsein für Ihren eigenen Körper zu entwickeln.

Kapitel 2

Wie Ihr Körper das Leben meistert IN DIESEM KAPITEL Biochemie des Stoffwechsels Wozu Homöostase gut ist Was Ihre Zellen so treiben Vom Gen zum Protein

Sie kennen ganz sicher auch dieses Gefühl, schwer beschäftigt zu sein. Hobbys und Aktivitäten füllen unsere Wochenkalender fast bis in die Nächte, der Haushalt schreit geradezu nach Aufmerksamkeit, der Einkauf muss erledigt werden, Bürokram, Freunde und Familienangehörige fordern ihren Tribut, und, oh ja, die tägliche Berufstätigkeit darf natürlich auch nicht vergessen werden. Die Liste ist endlos. Seien Sie also dankbar, dass Sie dieser Liste nicht noch Dinge hinzufügen müssen wie »nicht vergessen zu atmen« oder »darauf achten, dass das Herz schlägt«. Ihr Körper übernimmt selbstständig die Ausführung und Überwachung dieser grundlegenden Prozesse, die in den kontinuierlichen, zellulären Stoffwechselvorgängen ihren Anfang nehmen. Dieses Kapitel erklärt, wie und warum dies funktioniert.

Damit Ihr Körper schön auf Trab bleibt: Metabolismus Der Begriff »Metabolismus« oder »Stoffwechsel« beschreibt alle chemischen Reaktionen, die im Körper ablaufen. Einige dieser

Reaktionen bauen bestimmte Substanzen auf, es sind »anabole Reaktionen«. Andere Reaktionen bauen bestimmte Substanzen ab und werden »katabole Reaktionen« genannt. Merkhilfe? Verbinden Sie das Wort »katabol« einfach mit »Katastrophe«, da wird ja auch etwas zerstört oder abgebaut. Anabol? Da fallen mir spontan »Anabolika« als Merkhilfe ein, mit denen Sie Muskelmasse aufbauen können. Ihr Körper führt permanent anabole und katabole Reaktionen aus, um Sie am Leben zu erhalten, auch im Schlaf. Er ist also ziemlich aktiv unterwegs, und das rund um die Uhr!

Warum Ihre Zellen Stoffwechsel betreiben Der menschliche Körper funktioniert nicht so viel anders als Ihr Auto – der Scheibenwischer braucht Wasser, der Motor braucht Strom oder Benzin und Öl zum Laufen. Und viel Technik ist erforderlich, damit alles rund läuft. Unser Tank ist das Verdauungssystem, das »Treibstoff« in Form von Nährstoffen für alle Zellen verfügbar macht; unser »Auspuff« ist das Exkretionssystem, das Abfallstoffe aus dem Körper leitet. Und ohne Wasser läuft schon einmal gar nichts! Wenn Sie eine Mahlzeit zu sich nehmen, spaltet Ihr Verdauungssystem die Nahrung in immer kleinere Bestandteile auf, also verwertbare Vitamine, Mineralien, Zucker, Fettsäuren und Aminosäuren ebenso wie Abfallprodukte, die beim Nährstoffabbau als nutzloser Müll übrig bleiben und über das Exkretionssystem entsorgt werden. Die Nährstoffe werden durch das Verdauungssystem in den Blutstrom aufgenommen und vom Blut zu allen Körperzellen transportiert. Die einzelnen Zellen nutzen dann die Nährstoffe für ihre Stoffwechselreaktionen und den Aufbau körpereigener Strukturen. Nährstoffe werden also katabolisiert (abgebaut), und daraus werden dann eigene Moleküle aufgebaut (anabolisiert). Zum Anabolismus zählen im weiteren Sinne auch Reaktionen, bei denen die in den Nährstoffen enthaltene Energie in den universellen Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt wird. Ihre Körperzellen können nicht direkt »Pizzamoleküle« verwerten,

um daraus beispielsweise Muskelmasse oder Körperwärme zu erzeugen, sondern nutzen für diesen Zweck die Grundbausteine der Nahrung und die ATP-Moleküle, die Ihre Zellen aus der Energie der verspeisten Pizza produziert haben.

Zellmetabolismus kurz und knapp Kapitel 11 zeigt, wie Ihr Verdauungssystem Nahrung aufschließt und in den Blutstrom überführt. Kapitel 9 erklärt, wie das Blut Nährstoffe zu den Zellen und Abfallstoffe zum Exkretionssystem transportiert. Kapitel 12 erläutert, wie die Niere als Teil des Exkretionssystems das Blut filtert und Abfallstoffe aus dem Körper entfernt. Dieses Kapitel liefert dagegen detaillierte Einblicke in die Reaktionen, mit deren Hilfe Ihre Zellen »Treibstoff« in Energie umwandeln. Nun wird es also ernst … ab in die Biochemie! Die Reaktionen, die Nährstoffe in verwertbare Energie umwandeln, umfassen die Glykolyse, den Citratzyklus sowie die oxidative Phosphorylierung. Zusammen werden diese drei Reaktionen als »(Zell-)Atmung« (Respiration) bezeichnet (siehe Abbildung 2.1). Nehmen Sie sich ausreichend Zeit zum Studieren dieser Reaktionswege – man kann diese Wege auswendig lernen, aber im Idealfall erkennen Sie das Prinzip hinter diesen Reaktionen.

Abbildung 2.1: Zellatmung: Glykolyse, aerobe Atmung (Citratzyklus) und oxidative Phosphorylierung sowie anaerobe Reaktionswege (Gärungen) überführen Energie aus Nährstoffen in ATP (G3P = Glycerinaldehyd-3-phosphat).

Die Glykolyse Das ist der wohl wichtigste Stoffwechselweg zur Energiegewinnung! Die Glykolyse findet im Zytoplasma der Zelle statt und benötigt keinen Sauerstoff – es ist ein anaerober Prozess, der bei Bakterien, Pflanzen und Tieren gleich abläuft. Wenn Sie oben bei Abbildung 2.1 beginnen, können Sie sehen, dass die Glykolyse immer mit Glucose (dem kleinste Baustein eines Kohlenhydrats oder Zuckers) beginnt. Damit ein Molekül Glucose überhaupt reagieren kann, ist erst einmal etwas »Aktivierungsenergie« in Form von zwei Molekülen ATP notwendig. Die Glucose wird dabei in Fructose-1,6-bisphosphat umgewandelt. Obwohl während der zehn Teilschritte der Glykolyse vier ATP-Moleküle gebildet werden (ich erspare Ihnen hier nähere Details), bleiben netto nur zwei Moleküle übrig, da zu Beginn der Glykolyse zwei Moleküle ATP für die Aktivierung »ausgegeben« werden müssen. Am Ende entstehen neben den beiden ATP-Molekülen zwei Moleküle Pyruvat aus einem Molekül Glucose. Pyruvat (Benztraubensäure) ist ein zentrales Stoffwechselprodukt, das im aeroben Reaktionsweg des Citratzyklus viel mehr ATP liefert als die Glykolyse. ATP ist quasi die Energiewährung der Zelle. Benötigt eine Zelle Energie, um beispielsweise Substanzen im aktiven Transport durch die Zellmembran zu befördern (siehe Kapitel 3), »bezahlt« sie für diesen Transport mit ATP-Molekülen. Das ist wie im richtigen Leben – Sie können kein Geld ausgeben, wenn Ihre Taschen leer sind, und entsprechend kann Ihr Körper keine Energie verbrauchen, wenn ATP fehlt. In einem wichtigen Punkt hinkt der Vergleich allerdings ziemlich. Ohne Geld sind Sie zwar bankrott und könnten zur Not noch Freunde oder Ihren Nachbarn anpumpen, aber ohne ATP sterben Sie ganz fix. Schauen Sie noch einmal auf Abbildung 2.1 und prägen Sie sich die einzelnen Abläufe und Zyklen möglichst genau ein. Diese Reaktionen werden Ihnen immer wieder begegnen.

Der Citratzyklus Zwei Pyruvatmoleküle werden im Citratzyklus verbraucht, der als »aerober Reaktionsweg« bezeichnet wird, weil die Anwesenheit von Sauerstoff oder einem anderen terminalen Akzeptor für die Elektronen (bei Bakterien kann das unter anderem auch Nitrat sein) zwingend erforderlich ist. Dieser Zyklus ist einer der großen biologischen Reaktionswege, der nicht nur im menschlichen Organismus, sondern auch in dem aller Tiere und Pflanzen abläuft und der dem oxidativen Endabbau von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten zu CO2 und H2O dient. Das Produkt der Glykolyse, das Pyruvat, gelangt bei der aeroben Atmung vom Zytoplasma in das Mitochondrium (mehr dazu in Kapitel 3). Diese Organelle ist das »Kraftwerk« der Zelle, da hier die Energieumwandlung stattfindet. Der Citratzyklus (auch als Krebs-, Zitronensäurezyklus oder Tricarbonsäurezyklus bezeichnet) wird in Gang gesetzt, sobald ein Pyruvatmolekül den Weg ins Mitochondrium gefunden hat. Pyruvat verbindet sich im Mitochondrium zunächst mit einem anderen Molekül, dem Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD+). NAD+ ist ein Molekül, das Hydridionen überträgt. Wenn NAD mit Pyruvat reagiert, entsteht NADH, ein Molekül Kohlenstoffdioxid (das dann freigesetzt wird) und Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA oder »aktivierte Essigsäure«). Acetyl-CoA ist das Kohlenhydratmolekül, das in den Citratzyklus eingeht und energiereiche Moleküle liefert – genauer gesagt liefert es GTP, NADH und FADH2. Zyklen sind Kreisläufe. Die Produkte einer Reaktion sind nötig, um den nächsten Schritt auszuführen. Ein sehr anschauliches Beispiel ist Oxalacetat. In Gegenwart von Wasser bindet Oxalacetat (mit vier C-Atomen) als Akzeptor ein Acetyl-CoA-Molekül (mit zwei C-Atomen) aus der Glykolyse; daraus entsteht Citrat (mit sechs C-Atomen). Dann folgen einige weitere Schritte im Zyklus,

an deren Ende wiederum Oxalacetat als Akzeptor entsteht. Die beiden überzähligen C-Atome werden als CO2 freigesetzt.

Abbildung 2.2: Die Reaktionen des Citratzyklus

Was passiert genau im Citratzyklus, und warum ist dieser Zyklus so wichtig für alle atmenden Organismen? Ein C4-Molekül (Oxalacetat) und ein C2-Molekül (Acteyl-CoA) werden zu einem C6-Molekül (Citrat) fusioniert, dann werden sukzessive zwei CO2Moleküle abgespalten, damit der Akzeptor Oxalactetat am Ende des Zyklus wiederhergestellt ist (siehe Abbildung 2.2). Die Elektronen, die bei diesen Reaktionen frei werden, werden auf NAD beziehungsweise FAD übertragen. Am Ende entstehen folgende energiereiche Produkte: drei Moleküle NADH (reduziertes NAD) ein Molekül FADH2 (reduziertes Flavin-Adenin-Dinucleotid) ein Molekül GTP, also ein energiereiches Molekül wie ATP So weit, so gut, könnten Sie nun denken: Wir haben immerhin bislang ein Molekül GTP erzeugt. Aber wenn GTP beziehungsweise ATP die einzigen Energiemoleküle sind, die der Körper nutzen kann, wie viele ATPs kann man dann eigentlich noch mit den energiereichen Molekülen NADH und FADH2 erzeugen? Auch NADH und FADH2 werden während der oxidativen Phosphorylierung zur ATP-Produktion verwendet. Diese im Citratzyklus entstandenen energiereichen Moleküle wandern zur inneren Membran des Mitochondriums. Dort geben sie ihre Protonen an eine Elektronentransportkette ab und stehen damit für eine neue Transportrunde zur Verfügung. Die Energie der Protonen wird dann sukzessive zur Bildung von ATP genutzt.

Oxidative Phosphorylierung (Atmungs- oder Elektronentransportkette) Im Citratzyklus werden die Elektronenträger NADH und FADH2 gebildet, wenn Elektronen auf ihre oxidierten Pendants (NAD+ und

FAD) übertragen werden (es ist also eine Reduktion!). Wird eine Substanz reduziert, nimmt sie Elektronen auf. Wird eine Substanz oxidiert, verliert sie Elektronen. So sind NADH und FADH2 Substanzen, die Elektronen und somit Energie aufgenommen haben. In der Atmungskette gehen Oxidation und Reduktion Hand in Hand, um Energie von einem Molekül auf das andere zu transportieren – daher wird die Atmungskette auch »Elektronentransportkette« genannt. Diese Energie wird zur Synthese von ATP aus ADP genutzt. Am Ende der Reaktionskette verbinden sich die Protonen mit Sauerstoff, und Wasser entsteht. Zellen produzieren während des gesamten Stoffwechsels immer wieder Wasser. Etwas Wasser verbleibt für die Temperaturregulierung und einige andere Funktionen im Körper. Etwas mehr Wasser geht beim Ausatmen und Schwitzen verloren, aber noch mehr Wasser wird über das Exkretionssystem (Nieren, Darm) ausgeschieden. Da der Körper insgesamt mehr Wasser verbraucht, als er bilden kann, müssen Sie in moderat temperierten Breitengraden etwa zwei Liter Flüssigkeit täglich zu sich nehmen. Wenn die Elektronen aus NADH und FADH2 die Elektronentransportkette entlangwandern, verlieren sie Energie und nehmen diese wieder auf, während sie oxidiert und reduziert werden, oxidiert und reduziert, oxidiert und … Klingt ermüdend, oder? Aber alles geschieht für einen guten Zweck. Die Energie, die diese Elektronenträger abgeben, wird genutzt, um am Ende Phosphat mit Adenosindiphosphat (ADP) zu unserem wohlbekannten molekularen Energiebündel Adenosintriphosphat ATP zu vereinen. Aus jedem NADH-Molekül, das im Citratzyklus entsteht, können drei Moleküle ATP gewonnen werden. Aus jedem Molekül FADH2, das aus dem Citratzyklus hervorgeht, entstehen zwei Moleküle ATP. Im Laufe des gesamten Prozesses der aeroben Zellatmung (also Glykolyse, Citratzyklus und oxidative Phosphorylierung) werden etwa 36 Moleküle ATP aus jener Energie geschaffen, die in einem einzigen Molekül Glucose enthalten ist.

Milchsäuregärung (Lactatgärung) Manchmal steht kein Sauerstoff zur Verfügung, doch Ihr Körper benötigt trotzdem dringend Energie – zum Beispiel Ihr Muskel, der gerade im Fitnessstudio schwer bewegt wird. Irgendwann ist alles verfügbare NAD zu NADH reduziert worden und die Glykolyse kommt zum Erliegen. Für diese Notfälle existiert eine Art Rettungssystem, der anaerobe Reaktionsweg (»anaerob« bedeutet »ohne Sauerstoff«). Durch die Milchsäure- oder Lactatgärung wird der Elektronenakzeptor NAD+ wieder hergestellt, sodass die Glykolyse, die ja immerhin zwei Moleküle ATP herstellt, weiterlaufen kann. Der Haken bei der Sache ist neben der geringen ATP-Ausbeute, dass die dabei entstehende Milchsäure (Lactat) später wieder aerob, also mit Sauerstoff wieder abgebaut werden muss, da sie für den Muskel eigentlich wertlos ist. Außerdem ist die Bereitstellung von NAD+ durch die Milchsäuregärung nicht von Dauer, sodass schon nach relativ kurzer Zeit die Glykolyse trotzdem zum Stillstand kommt. Bakterien und Hefen können noch viele andere Formen von Gärungen (hier sei nur an die überaus geschätzte alkoholische Gärung erinnert, bei der nicht Milchsäure, sondern Ethanol für Wein oder Bier entsteht) und auch verschiedene Formen der anaeroben Atmung – in der Hinsicht sind Prokaryoten definitiv vielseitiger als der Mensch. Verschiedene Formen der anaeroben Atmung sind bei bestimmten Bakterien im Darm oder bei Bodenbakterien verbreitet, die in einer sauerstofffreien Umgebung leben. Bei der anaeroben Atmung gibt es auch eine Elektronentransportkette, aber am Ende werden die Elektronen nicht auf Sauerstoff, sondern zum Beispiel auf Nitrat (Nitratatmung) oder Nitrit übertragen (Nitritatmung). Achtung! – Mitunter werden Sie in der Literatur den Begriff »anaerobe Atmung« auch im Kontext mit Gärungen finden, aber das ist nicht korrekt. Gärungen im engeren Sinne laufen ohne Beteiligung einer Atmungskette ab.

Den Körper in Balance halten: die Homöostase Der Begriff »Homöostase« beschreibt alle Feinabstimmungen, die Ihr Körper ununterbrochen selbstständig vornehmen muss, um die Balance zwischen seinen Systemen aufrechtzuerhalten. Jeder Stressfaktor, der auf den Körper einwirkt, wie beispielsweise Schmerz, Hitze oder Kälte, Infektionen, Wasser- oder Sauerstoffmangel, verursacht Störungen im Körpergleichgewicht. Wenn die Körpersysteme »aus dem Takt« geraten, arbeiten die Körperzellen nicht mehr optimal. Sie versuchen jedoch, den Normalzustand so schnell wie möglich wieder zu erreichen. Ein Körper kann sich also wirklich heilen. Die vielen Kontrollvorgänge, die Ihr Körper dazu ununterbrochen ausführt, sichern den Erhalt des empfindlichen inneren Gleichgewichts. Ist die Temperatur zu hoch, schwitzt der Körper; steigt der Glucosespiegel des Blutes an, setzt er Insulin frei. Das innere Milieu des Körpers bleibt immer relativ konstant (in einem gewissen Normbereich), selbst wenn sich die Umwelt drastisch verändert. Normalwerte für wichtige Eigenschaften des Blutes sind: Der Glucosespiegel des Blutes sollte etwa 0,1 Prozent betragen. (In Kapitel 8 finden Sie eingehendere Informationen zur Funktion des Hormons Insulin, das den Glucosespiegel des Blutes im Normalbereich hält.) Der Blutdruck liegt normalerweise bei 120/80 Millimeter Quecksilbersäule (mm Hg; in Kapitel 9 können Sie mehr über Blutdruck erfahren, und in Kapitel 12 lesen Sie über den Zusammenhang von Blutdruck und Nierentätigkeit.) Die Körpertemperatur liegt gewöhnlich bei etwa 37 °C. Der pH-Wert des Blutes muss bei 7,4 etwa liegen. (In Kapitel 9 erfahren Sie mehr zu den Problemen im Rahmen von extremen pHWert-Schwankungen – Alkalose und Acidose.)

Und da kommt nun Ihr Gehirn mit ins Spiel. Im Gehirn liegt direkt über der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) eine Drüse, die als Hypothalamus bezeichnet wird und für etliche wichtige Funktionen verantwortlich ist (Abbildung 2.3). Eine der wichtigsten Aufgaben des Hypothalamus besteht in der Aufrechterhaltung der Homöostase. Überall im Organismus befinden sich Rezeptoren in den Arterien und Venen, die über Druck, Temperatur, pH-Wert und Glucosespiegel des Blutes wachen. Wenn Blut durch die Blutgefäße an den Rezeptoren vorbeifließt, senden diese Signale über das Nervensystem zum Hypothalamus. Um Korrekturen der erhaltenen Parameter durchzuführen, leitet der Hypothalamus nun die Sekretion von Hormonen ins Blut ein oder schickt ein Signal zurück über das Nervensystem und verursacht an einer anderen Stelle des Körpers eine physiologische Reaktion (zum Beispiel dass Sie zittern, wenn Sie frieren). Je mehr Blut durch die Gefäße fließt, desto mehr Signale senden die Rezeptoren zum Hypothalamus, die es der Drüse ermöglichen, bestimmte Blutwerte ständig zu kontrollieren. Sobald Blutdruck, pHWert, Temperatur oder Glucosekonzentration im Blut ein normales Maß erreichen, stellt der Hypothalamus die Signale ein, die eine Ausschüttung von Hormonen anregen. Dieser Prozess wird negative Feedback-Hemmung genannt, da das Fehlen eines Signals die Reaktion beendet. (Wäre dagegen ein Signal nötig, um eine Reaktion zu stoppen, würde man von positiver Feedback-Hemmung sprechen.)

Die Homöostase ist ein extrem wichtiges Konzept in der Physiologie. Ohne Homöostase könnte Ihr Körper unmöglich sein Gleichgewicht halten, das es ihm ermöglicht, normal zu funktionieren. Extreme Schwankungen der Temperatur, etwa wenn Sie an einem Wintertag aus Ihrer warmen Wohnung in die klirrende Kälte hinausgehen, würden sich katastrophal auf Ihren Organismus auswirken, wenn er nicht in der Lage wäre, sich darauf einzustellen. Wenn Sie einen fiebrigen Infekt bekommen, könnte Ihr Körper schlicht überhitzen und sterben, wenn er keine Regulationsmechanismen wie das Schwitzen besäße. Wenn Ihre Temperatur unter 37 °C fällt, fangen Sie an zu zittern, um Ihre Körpertemperatur wieder zu erhöhen, bis der Sollwert erreicht ist.

Abbildung 2.3: Hypothalamus und Hypophyse im Gehirn

Bewegung: Sie sind kein Baum Eine der amüsantesten Erinnerungen, die ich von meinen Kindern habe, dreht sich um die »Pflanzung« meines vierjährigen Sohnes am Strand von Amelia Island in Florida. Wir gruben ein Loch, er steckte seine Füße hinein, ich füllte es mit Sand auf und gab etwas Wasser hinzu. Da stand er nun, unbeweglich, und versuchte, den Himmel zu erreichen, fest davon überzeugt, er würde wie ein Baum in die Höhe wachsen. Das fand

er für eine Weile sehr attraktiv, aber nur bis zu dem Moment, in dem sich seine kleine Schwester plötzlich für seine gerade gesammelten Muscheln interessierte und ihm klar wurde, dass er seine Schätze so jedenfalls nicht beschützen konnte. Pflanzen sind relativ unbewegliche Lebewesen; sie verteidigen sich eher physikalisch (Stacheln und Dornen!) oder chemisch (Giftstoffe!) gegen ihre Fressfeinde. Vielleicht ist es eine kluge Sache, dass Pflanzen nicht fliehen können – es macht unsere Ernährung definitiv einfacher. Menschen und Tiere dagegen können vor einem Feind fliehen oder aktiv auf Nahrungssuche zu gehen, denn wir saugen nun einmal Nährstoffe und Wasser nicht einfach aus dem Erdboden, wie die Pflanzen es tun. Zugegeben, ich kenne auch die Versuchung, faul auf der Couch zu liegen und mich mit dem Essen eines Lieferdienstes vollzustopfen. Trotzdem müssen Sie zwischendurch mal aufstehen, um die Tür zu öffnen und dem Boten ein Trinkgeld zu geben. Die Fähigkeit der Bewegung ist für uns eine absolute Notwendigkeit. Das Bewegungssystem mit seinen Knochen, Muskeln und Gelenken erlaubt die willkürliche, freie Bewegung Ihrer Gliedmaßen, Ihres Kopfes und Rumpfes. Gleichzeitig ermöglicht es auch unwillkürliche Bewegungen innerhalb Ihres Körpers – den Herzschlag, die Bewegung von Zwerchfell und Brustkorb während der Atmung oder die Peristaltik des Darmes und so weiter (siehe Teil III für weitere Beispiele für unwillkürliche, also nicht vom Willen kontrollierte Bewegung, die Ihr Körper ohne Unterlass ausführt). Die Knochen, Muskeln und großen Organe Ihres Körpers sind jedoch nicht die einzigen Teile, die sich bewegen. Bewegung findet bereits auf zellulärer Ebene statt. Der Körper besteht zu über 60 Prozent aus Wasser (im Alter sinkt der Wert auf 45 Prozent), daher leben Zellen in einer meist flüssigen Umgebung, die eine Bewegung erleichtert. Einige Zellen können sich auch aus eigener Kraft bewegen oder sie besitzen gewisse Strukturen, die eine gewisse Bewegung ermöglichen – Zilien oder Geißeln. Zilien sind zahlreiche kleine, röhrenförmige Ausstülpungen der Zellmembran, die durch die Mikrotubuli im Inneren bewegt werden

können. Ihre Aufgaben bestehen darin, Substanzen über die Zelloberfläche zu bewegen; entsprechend finden Sie Zellen mit Zilien auch auf den Epithelzellen im Eileiter zum Transport einer Eizelle oder im oberen Atemtrakt. Die Zellen in Nase, Nebenhöhlen und Luftröhre sondern Schleim ab, um Schmutzpartikel einzufangen; die Zilien agieren dabei als Besen und »fegen« die Teilchen in Richtung des Mundes, sodass die Lungen sauber bleiben. Geißeln sind bei Eukaryoten ähnlich aufgebaut wie die Zilien, aber sehr viel länger und weniger zahlreich. Sie bewegen sich auch anders: Eine Geißel dreht sich propellerartig und schiebt die Zelle dabei vorwärts durch ein flüssiges Medium. Die Geißel machen es den Spermien möglich, aktiv durch die flüssigen Sekrete des weiblichen Fortpflanzungstraktes bis zur (unbeweglichen) Eizelle zu schwimmen (siehe Abbildung 2.4).

Abbildung 2.4: Spermien schwimmen zur Eizelle.

In der Literatur werden die Begriffe Geißel (der Eukaryoten) und Flagelle (der Prokaryoten wie den Bakterien) oft synonym verwendet. Das ist aber nicht korrekt, da diese unterschiedlich aufgebaut sind, obwohl sie die gleiche Art der Bewegung vermitteln. Geißeln sind von der Zellmembran umhüllt, die Flagellen der Bakterien und anderer Prokaryoten aber nicht.

Der Erhalt der Spezies: Reproduktion Die Notwendigkeit der Fortpflanzung (Reproduktion) sollte ziemlich offensichtlich sein, denn wenn Lebewesen aufhören würden, sich zu vermehren, gäbe es bald keine mehr. Reproduktion ist essenziell im Kreis des Lebens. Viele Einzeller vermehren sich durch asexuelle Reproduktion, die im Grunde der Zellteilung entspricht (siehe nächster Abschnitt). Dabei teilt sich die Zelle in zwei Tochterzellen. Die meisten höheren Lebewesen (der Mensch eingeschlossen) besitzen jedoch die Fähigkeit, sich auf sexuellem Wege fortzupflanzen. Geschlechtliche Reproduktion erfordert zwei Partner einer Spezies und sorgt für mehr genetische Variation, weil das Erbgut beider Eltern neu verteilt wird. Sie könnten nun denken, dass sexuelle Reproduktion beim Menschen beginnt, wenn sich Mann und Frau paaren. Der Sexualakt beinhaltet natürlich die Übertragung genetischen Materials, aber der eigentliche Beginn des Reproduktionsprozesses erfolgt schon viel früher auf zellulärer Ebene. Bei einer Frau beginnt er, noch bevor sie geboren wird, mit der Anlage der Eizellen. Bei Männern geschieht er mit der Spermienproduktion kontinuierlich aufs Neue. Mit »dem Reproduktionsprozess« ist also die Produktion von Gameten, also Eizellen und Spermien, gemeint. (Einzelheiten dazu finden Sie in Kapitel 14.)

Wachstum: Zellersatz und Entwicklung während des Lebens Das Wachstum lässt sich zwar sehr vereinfacht als »Größerwerden« beschreiben, aber haben Sie je darüber nachgedacht, wie Sie eigentlich wachsen? Während Ihrer Kindheit wurden Ihre Knochen immer länger, Ihre Muskeln nahmen kontinuierlich an Länge und Umfang zu, und auch Ihre Organe vergrößerten sich mit der Zeit. Und da alle Organe, Knochen und Muskeln aus Geweben bestehen, die wiederum aus Zellen zusammengesetzt sind, mussten immer mehr Zellen produziert werden, um Ihr Wachstum zu ermöglichen. Zellen entstehen durch Teilung, wobei man zwei Arten der Zellteilung voneinander unterscheidet: Meiose findet in den Hoden und Ovarien statt, wenn es gilt, Spermien und Eizellen zu produzieren (siehe Kapitel 14 für ausführlichere Informationen zur Reproduktion). Mitose (die normale Zellteilung) wird dagegen ständig in jeder Zelle des Körpers durchgeführt, wenn der Organismus beispielsweise wächst, alte Zellen ersetzt oder wenn Reparaturen erforderlich sind (Abbildung 2.5).

Abbildung 2.5: Einfache Zellteilung oder Mitose

Während der Mitose teilt sich eine Zelle in zwei Zellen. Die sich teilende Zelle ist die Mutterzelle, die beiden entstehenden Zellen heißen Tochterzellen. Für jede Teilung muss das genetische Material (und noch ein paar andere wichtige Strukturen) der Mutterzelle verdoppelt werden, damit jede Tochterzelle einen identischen Satz genetischer Information während der Mitose erhält.

Genetisches Material: DNA, Chromosomen und Gene Die gesamte Information für unseren Organismus ist in den 46 Chromosomen des Menschen gespeichert. Chromosomen bestehen aus Chromatin, das wiederum aus Proteinen und Desoxyribonucleotidsträngen aufgebaut ist. Desoxyribonucleinsäure, abgekürzt mit DNS oder DNA (für das englische »deoxyribonucleic acid«) ist das genetische Material in Form einer in sich gedrehten Leiter, der DNA-Doppelhelix«. In der Mitte wird die Doppelhelix durch

Wasserstoffbrückenbindungen (H-Brücken) zusammengehalten, die sich jeweils zwischen A und T (zwei H-Brücken, in Abbildung 2.6 durch die Striche zwischen den Basen angezeigt) und zwischen C und G (drei HBrücken) bilden. Zwischen den beiden »Holmen« der Leiter, die aus Zucker und Phosphat bestehen, liegen die vier Basen als »Sprossen«. Ein Nukleotid besteht aus einem Zucker mit fünf Kohlenstoffatomen; in der DNA ist das eine Desoxyribose, in der meist einzelsträngigen RNA ist es eine Ribose, einem Phosphatrest, einer Stickstoffbase, und zwar Adenin (A) Cytosin (C) Guanin (G) Thymin (T) in der DNA bzw. Uracil (U) in der RNA.

Abbildung 2.6: Die DNA-Doppelhelix

Die Nukleotide reihen sich aneinander und formen lange DNA-Stränge. Ein Gen umfasst ein bestimmtes Stück DNA mit einigen wenigen bis hin zu Tausenden dieser Nukleotide. Die Variationsbreite ist enorm und spiegelt die Vielfalt der Erscheinungsformen bei lebenden Organismen wider.

Gene sind die Baupläne für Ihren Körper; sie bestimmen, wie Sie aussehen, wie schnell Sie altern, für welche Krankheiten Sie empfänglich sind und welche Stärken und Schwächen Sie haben. Kurz: Ihre Gene sind alles, was Sie ausmacht. Gene legen die Aminosäuresequenz Ihrer Proteine fest und damit auch, welche Haarfarbe Sie haben oder ob Sie Milch vertragen können. Proteine sind Bestandteil von einfach allem, zum Beispiel von Zellmembranen, Haut, Knochen, Muskeln, Organen, Hormonen oder Enzymen. Proteine bestimmen Wachstum und Entwicklung sowie viele alltägliche Funktionen (wie beispielsweise die Homöostase). Und die Gene auf der DNA fungieren als Architekten der aus Aminosäuren zusammengesetzten Proteine. Sie bestimmen, wann welche Proteine an welchem Ort gebildet werden. Sie können ein Gen für, nun, sagen wir, dunkelbraune Hautfarbe besitzen, doch dieses Gen ist für die Ausprägung der Hautfarbe nicht allein verantwortlich. Es beinhaltet lediglich Anweisungen für die Melanozyten (Hautzellen, die Pigmente herstellen), nach welchen Aminosäuren die Regale im Körper-Supermarkt durchsucht und wie diese Aminosäuren aneinandergereiht werden sollen. Die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmt die Art des gebildeten Proteins. Und dieses Gen bestimmt auch die Menge des durch die Melanozyten hergestellten Farbstoffes. Gene sind verantwortlich für Ihre Eigenschaften, also die Verwirklichung Ihres genetischen Aufbaus. Wenn Ihre Gene die Information beinhalten, dass Sie 1,80 m groß werden sollen, wird das Wachstum von Knochen und Geweben durch Ihre Gene so lange in Gang gehalten, bis die geplante Endgröße erreicht ist. Wenn Ihre Gene sagen, dass Sie braune Augen haben sollen, wird die Iris (der farbige Teil des Auges) Proteine herstellen, die eine Braunfärbung bewirken. Und wenn Sie ein Gen für lockiges Haar besitzen, produzieren Ihre Haarfollikel Haarproteine in wellenförmiger Anordnung. Der Mensch besitzt etwa 25.500 Gene, die in doppelter Ausführung (mütterlich und väterlich) auf insgesamt 46 Chromosomen in jeder »normalen« Zelle Ihres Körpers verteilt sind. Von diesen 46

Chromosomen stammen 23 von Ihrem Vater und 23 von Ihrer Mutter. Geschlechtszellen (Gamet), also Spermium oder Eizelle, besitzt nur 23 Chromosomen. Bei der Verschmelzung von Eizelle und Spermium entsteht so wieder eine Zelle mit 46 Chromosomen. Normalerweise liegen die Chromosomen in einer sich nicht teilenden Zelle als einzelner, doppelsträngiger DNA-Strang vor. Im Zuge der Zellteilung muss sich die DNA der Zelle jedoch replizieren (kopieren), damit auch jede der Tochterzellen am Ende einen ganzen, doppelten Chromosomensatz bekommt.

DNA vermehren: die Replikation Wenn aus einer Zelle zwei Zellen werden, müssen auch die Chromosomen verdoppelt werden. Die DNA-Replikation (siehe Abbildung 2.7) ist der Vorgang, bei dem identische Kopien beider DNAStränge der Chromosomen hergestellt werden, damit beide Tochterzellen das komplette genetische Material der Mutterzelle bekommen. Dazu wird der DNA-Doppelstrang zunächst getrennt und der Einzelstrang wieder zum Doppelstrang ergänzt. Das bedeutet konkret, dass während der DNA-Replikation die gewundene Doppelhelix ähnlich wie bei einem Reißverschluss geöffnet werden muss, sodass die »Leitersprossen« in der Mitte regelrecht auseinanderbrechen. Diese Teilung wird von einem Enzym namens Helicase initiiert; das Ergebnis ist ein Y-förmiges DNA-Molekül mit einem Nukleotid auf dem rechten Strang des Y und einem Nukleotid auf seinem linken Strang (siehe dazu auch Abbildung 2.7). Eine der beiden Seiten des Original-DNA-Strangs wird zu einem Vorlagen- oder Template-Strang. Ein Template ist eine Matrize oder ein Muster, nach dem etwas Neues aufgebaut wird. Der Template-Strang dient also als Vorlage für den neuen, komplementären Strang.

Abbildung 2.7: Die DNA-Replikation

Komplementärstränge bilden sich an jedem Template-Strang, wenn das Enzym DNA-Polymerase Nukleotide aneinanderreiht, die zum

jeweiligen Gegenstück auf dem Template passen. Dabei bilden die vier stickstoffhaltigen Basen Paare über H-Brücken aus: A–T und C–G. Das bedeutet, wo immer die Polymerase ein »A-Nukleotid« auf dem Template-Strang erkennt, fügt sie ein »T-Nukleotid« an der entsprechenden Stelle im Komplementärstrang ein und so weiter. Dies geschieht immer nur entlang eines kurzen Teilstücks der DNA, denn das gesamte Molekül kann sich nicht auf einmal entwirren und auftrennen. Der Bereich der Helix, der während des Kopiervorgangs Y-förmig geöffnet ist, wird als Replikationsgabel bezeichnet. Hier findet die Replikation durch die Polymerase statt. Die Reihenfolge der Basen ist wichtig, da sie die Gene festlegen, und die Gene geben wiederum vor, welche Aminosäuren eingebaut werden. Die Aminosäuren bestimmen, welches Protein aus ihnen gebildet wird, und Proteine sind, wie Sie inzwischen wissen, essenzielle Bestandteile aller Zellen. Proteine bilden sowohl Zellstrukturen als auch Enzyme, die für lebensnotwendige Vorgänge verantwortlich sind. Wenn Sie einen Blick auf Abbildung 2.7 werfen, können Sie die Zahlen »3’« und »5’« (Lies: »3-Strich« bzw. »5-Strich«) erkennen. Diese Zahlen markieren die Ausrichtung des jeweiligen DNAStranges und somit die Richtung der DNA-Replikation: Der Template-Strang wird von 3’ zu 5’ gelesen, während der Komplementärstrang in Richtung 5’ nach 3’ wächst. Fehler können sich einschleichen, wenn die DNA-Polymerase den Template-Strang abliest und nicht die korrekte Base ans Ende des komplementären Stranges heftet. Wenn die Polymerase zwar ein »A« erkennt, aber trotzdem ein »C« anstatt ein »T« einbaut, wird die genetische Information verändert. Glücklicherweise hat Mutter Natur an alles gedacht. Ein Fehler wird meist beim »Korrekturlesen« von der Polymerase selbst erkannt und eliminiert. Die falschen Basen werden ausgeschnitten, und die Polymerase fügt den richtigen Baustein ein. Auch andere DNA-Reparaturenzyme sorgen dafür, dass im Zellkern die

alte Ordnung wieder hergestellt wird, wenn sich Fehler eingeschlichen haben sollten.

Wie hältst du's mit der Mutation? Manchmal werden jedoch nicht alle Fehler ausgemerzt, und das ergibt dann Mutationen. In bestimmtem Maße tragen Mutationen zur Entwicklung und Evolution einer Spezies bei, da sie Veränderungen bewirken. Mutationen entstehen häufig durch Strahlung wie UV-Licht oder Röntgenstrahlen sowie durch Chemikalien. Drei Mutationstypen beeinflussen die Reihenfolge der Nukleotide auf einem DNA-Strang und somit die Basen, die ein Gen bilden. Insertionen treten auf, wenn ein zusätzliches Nukleotid dem Komplementärstrang angeheftet wird. Dies verändert das Leseergebnis des genetischen Codes über eine bis Hunderte von Basenpaaren hinweg. Wenn ein Gen dadurch nicht mehr richtig gelesen werden kann, entstehen falsche Aminosäuren, die die Funktion des fertigen Proteins beeinträchtigen können, und das kann verheerende Folgen haben. Dieser Mutationstyp ist die Ursache für Krankheiten wie zum Beispiel die Huntington-Krankheit, die zu Degenerationen des Nervensystems führt. Deletionen entstehen, wenn zwar ein Nukleotid auf dem Template-Strang erkannt, aber das Pendant dazu nicht in den Komplementärstrang eingebaut wird (es wird also eine Base übersprungen). Dieser Mutationstyp führt zu einer Leserasterverschiebung, weil ab dieser Stelle komplett andere Aminosäuren eingebaut werden. Beispiel sind die zystische Fibrose oder die DuchenneMuskeldystrophie – zwei schwerwiegende Erkrankungen. Substitutionen stellen die letzte Gruppe der möglichen Mutationen dar. Dabei wird eine Base ausgetauscht. Da nur jeweils eine Base betroffen ist, wird sie auch als Punktmutation bezeichnet. Eine solche Veränderung des genetischen Codes wirkt sich oft nicht sichtbar auf die Gesundheit des Körpers aus. Wenn trotzdem später die richtige Aminosäure in das Protein eingebaut wird, ist es eine stille Mutation ohne Auswirkungen. Auf einer (nicht stillen!) Punktmutation beruht zum Beispiel die Sichelzellenkrankheit.

Die DNA-Replikation findet immer vor Beginn der Mitose während der Interphase statt. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um eine intermediäre, also Zwischenphase, in der eine Tochterzelle so lange verbleibt und wächst, bis sie bereit ist, sich selbst als Mutterzelle zu teilen (siehe Abbildung 2.8).

Abbildung 2.8: Die Phasen der Mitose: Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase

Die einzelnen Schritte der Mitose sehen wie folgt aus (Hinweis: Stellen Sie sich Zellen als kleine Kugeln vor): 1. Prophase: In diesem ersten Stadium der Mitose verdicken sich die einzelnen Chromatiden (DNA-Einzelstränge) und finden sich paarweise zu Chromosomen zusammen (die Berührungsstelle heißt »Centromer«). Chromosomen können sich selbst nicht bewegen. Sie bekommen dazu Hilfe von bestimmten zellulären Strukturen, den Spindelapparaten, die sich zeitgleich an den Polen der Zelle bilden. Die beiden Spindelapparate (Centriolen) bilden lange Spindelfasern,

während die Hülle des Kerns, in der die Chromatiden konzentriert waren, allmählich während des Übergangs von Pro- zur Metaphase (Prometaphase) zerfällt. 2. Metaphase: In der Metaphase ist der Zellkern komplett verschwunden. Dadurch liegen die Chromosomen nun frei in der Zelle – sie sind genau im Äquator der Zelle (zentral) aufgereiht. Zu diesem Zeitpunkt sind noch alle 46 Chromosomen vollständig vorhanden. 3. Anaphase: Während der Anaphase trennen sich die beiden Chromatiden eines Chromosoms voneinander. Je eines von ihnen wird von den Spindelfasern zu je einem Zellpol gezogen – 46 Schwesterchromatiden wandern zum »Nordpol«, die 46 anderen Chromatiden zum »Südpol«. Nachdem sie dort angekommen sind, heißen sie »Tochterchromosomen«, doch die Zelle ist noch nicht wirklich zur Teilung bereit. 4. Telophase: Jetzt sind die Tochterchromosomen bereit, Teil ihrer eigenen Zelle zu werden. Während der Telophase sind die Chromosomensätze an beiden Zellpolen identisch. Eine neue Kernhülle wird um jeden Satz herum gebildet, und die Spindeln lösen sich auf. An diesem Punkt ist die Mitose technisch gesehen beendet, und die frühe Interphase beginnt (rufen Sie sich ins Bewusstsein, dass es sich hier wieder um einen Zyklus handelt, bei dem die Interphase gleichzeitig den Anfang und das Ende darstellt). Die Zelle hat sich bisher immer noch nicht geteilt – das ist ein Vorgang, der als Zytokinese bezeichnet wird. Er läuft ab, wenn sich der Äquator der Zelle einschnürt – es entsteht eine Furche (so wie die Linie zwischen Ihren Augenbrauen, die auftaucht, wenn Sie sehr konzentriert oder verärgert sind). Die Furche drückt die Zellmembran immer mehr ins Zytoplasma, bis sich zwei getrennte Zellen gebildet haben. Der Moment der Separation wird »Zellteilung« genannt. In der Interphase können die beiden Tochterzellen die Chromosomen wieder zum Doppelstrang ergänzen und wachsen, bis es an der Zeit ist, sich wieder zu teilen.

Die Zellteilung setzt ein, wenn zum Beispiel neues Gewebe zur Wundheilung oder zur Regeneration benötigt wird (ja, Sie können einige Teile Ihres Körpers regenerieren, so zum Beispiel Lebergewebe). Gleichzeitig findet Zellteilung aber auch jeden Tag statt, denn tagtäglich ersetzt Ihr Körper Zellen, die unbrauchbar geworden sind. So hat beispielsweise eine rote Blutzelle (Erythrozyt) eine Lebensdauer von 120 Tagen, doch das bedeutet nicht, dass Sie alle 120 Tage einen kompletten Satz neuer roter Blutzellen bekommen. Stattdessen ersetzt Ihr Körper täglich ein paar Erythrozyten. Ebenso wachsen Ihre Haare und Nägel ständig nach. Alle Zellen führen Stoffwechsel durch, um Sie mit dem lebensnotwendigen ATP zu versorgen. Daher ist der Zellersatz genauso wichtig wie die Erschaffung neuen Lebens. Für einige Organismen wie beispielsweise Bakterien ist die reine Zellteilung ihre einzige Strategie der Vermehrung. Sie können sich demnach glücklich schätzen, als Mensch das Licht der Welt erblickt zu haben und sich auf andere Art fortpflanzen zu können!

Vom Gen zum Protein Zuvor haben wir erklärt, wie DNA repliziert wird. Nun geht es weiter – jetzt muss Proteinsynthese stattfinden, und die beginnt mit der Transkription, die nach dem gleichen Prinzip wie die DNA-Replikation abläuft. Anhand der Vorlage (DNA) wird eine Kopie erstellt, nur dass es hier keine DNA-Kopie, sondern eine RNA ist, die den Zellkern verlassen kann und im Zytoplasma in eine Aminosäurekette umgeschrieben wird. Die RNA, quasi der »Cousin« der DNA, ist eine Ribonukleinsäure. RNA und ähnelt der DNA bis auf drei Ausnahmen: Sie ist einzelsträngig, ihr Zuckerbestandteil ist Ribose (nicht Desoxyribose), und anstelle der Base Thymin (T) verwendet sie die Base Uracil (U). Das heißt, in der RNA paart sich Adenin mit Uracil (A-U). Die RNA transportiert die genetische Information aus dem Zellkern und ist die Vorlage für die Proteinsynthese. Es gibt drei Arten von RNA, die an der Proteinsynthese beteiligt sind:

1. Messenger-RNA (mRNA) trägt die genetische Information aus dem Zellkern zu den Ribosomen, den Orten der Proteinsynthese. Ihren Namen verdankt die Messenger-RNA dem englischen Begriff »message«, der übersetzt »Botschaft« bedeutet. 2. Ribosomale RNA (rRNA) bildet mit bestimmten Proteinen große »Übersetzungsapparate«, die DNA-Informationen, die auf der mRNA in Form von Dreiernukleotiden (Tripletts) gespeichert sind, in die Aminosäure-Sprache übersetzen (translatieren). 3. Transfer-RNA (tRNA) transportiert eine Aminosäure zum Ort der Proteinsynthese. Während der Transkription dient die DNA-Vorlage als Template (siehe Abbildung 2.9) für die Synthese eines mRNA-Stranges. Der DNAStrang besteht (wie jede DNA) aus A–T- und G–C-Basenpaarungen. Er wird nun von der RNA-Polymerase »abgelesen« und in einen mRNAStrang »umgeschrieben« (transkribiert). Wenn also auf der OriginalDNA die Basenabfolge T–C–C–A–T–G abgelesen wird, hat die mRNA die komplementäre Basenfolge U–C–C–A–U–G. Zur Erinnerung: RNA-Moleküle nutzen Uracil (U) anstelle der Base Thymin (T). Uracil paart ebenfalls mit Adenin (A). Dies mag Ihnen wie ein überflüssiger Schritt erscheinen: Warum wird jetzt ein komplementärer RNA-Strang gebildet? Nun, die Original-DNA muss zum einen mehrfach abgeschrieben werden, damit mehrere mRNA-Kopien für die Proteinsynthese gleichzeitig zur Verfügung stehen. Und die DNA kann den Zellkern nicht verlassen, sie ist auch viel zu kostbar für die Zelle. Daher gibt es »Arbeitskopien« in Form der mRNA, die ins Zytoplasma gelangen können. Bestimmte Nukleotidsequenzen auf der DNA markieren den Ort, an dem die Transkription beginnen oder stoppen soll. Innerhalb des abgelesenen DNA-Stranges gibt es weitere Sequenzen, die zwar noch in eine mRNA übersetzt, aber später nicht am Ribosom translatiert werden. Diese Sequenzen (Introns) werden ähnlich wie überflüssige Filmszenen auf

einem Videoband aus der mRNA herausgeschnitten – die mRNA wird also noch prozessiert, bevor es weitergeht. Die Abschnitte, die am Ende übrig bleiben – Exons genannt –, bilden den fertigen mRNA-Strang, der schließlich in ein Protein übersetzt (translatiert) wird.

Abbildung 2.9: Der Ablauf der Proteinsynthese: Transkription im Kern, Translation an den Ribosomen

Wenn das mRNA-Molekül aus dem Kern ins Zytoplasma gelangt, befördert es seine genetische Information zu einem Ribosom (einer Zellorganelle aus Proteinen und rRNAs); hier findet die Translation statt. Das Ribosom übersetzt immer drei Nukleotide (ein Basentriplett oder Codon) der mRNA in eine Aminosäure. Der genetische Code, der erstaunlicherweise bei alle Lebewesen mit wenigen Ausnahmen gleich lautet, ist eine Sprache, die eine Brücke zwischen Genen und Aminosäuren schlägt. Das Codon »UCG« codiert beispielsweise für die Aminosäure Tryptophan. (Es gibt insgesamt zwanzig Aminosäuren, und der genetische Code enthält 64 verschiedene Codons; manche Aminosäuren werden also durch mehr als nur ein Codon codiert.) Wenn ein Codon abgelesen wird, erscheint ein Molekül tRNA, das die passende Aminosäure zum Codon trägt. Sie können sich eine Aminosäure als Baustein vorstellen und die tRNA als Lagerarbeiter, der den Baustein »huckepack« heranträgt. Das Codon beinhaltet die geschriebene Anweisung, welchen Baustein der Lagerarbeiter aus den Regalen des »Körper-Supermarkts« nehmen soll. Während ein Lagerarbeiter einen Baustein bringt, erhält ein anderer Arbeiter Instruktionen, einen weiteren Stein zu holen. Baustein für Baustein, Aminosäure für Aminosäure wird so ein Protein zusammengesetzt. Das Protein braucht zuletzt noch etwas »Faltarbeit«, um für seine Funktion in Form zu kommen, doch das ist schnell erledigt. Nachdem die genetische Information gelesen ist und die Aminosäuren an den richtigen Plätzen sind, kann der Organismus schon bald das neue Protein nutzen, um das reibungslose Funktionieren Ihrer Körpersysteme zu garantieren.

Übungsaufgaben zu Kapitel 2 Frage 1: Welche der folgenden Aussagen über die DNA ist nicht richtig? a. Die DNA befindet sich im Zellkern. b. Die DNA kann sich selbst replizieren. c. Die DNA enthält die Stickstoffbasen Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin und Uracil. d. Die DNA bildet eine Doppelhelix. Frage 2: Polysaccharide … a. können zu Fettsäuren abgebaut werden. b. enthalten Stickstoff und Phosphor. c. sind komplexe Kohlenhydrate. d. enthalten Adenin und Uracil. Frage 3: Aminosäuren sind die Bausteine der a. Kohlenhydrate b. Proteine c. Lipide d. Nukleinsäuren Frage 4: Ein Molekül Glucose wird zu Pyruvat in welchem Stoffwechselweg abgebaut? a. Glykolyse

b. Citratzyklus c. Atmungskette d. Oxidative Phosphorylierung Frage 5: Pyruvat wird in die Mitochondrien transportiert und abgebaut zu: a. Glucose b. Acetyl-CoA c. Wasser d. Protein Frage 6: Eine Stoffwechselreaktion, bei der körpereigene Substanzen gebildet werden, bezeichnet man als … a. eine katabole Reaktion b. Zellatmung c. eine anabole Reaktion d. Oxidation Frage 7: Welche beiden metabolischen Reaktionen der Zellatmung finden in den Mitochondrien statt? a. Glykolyse und Citratzyklus b. Glykolyse und Atmungskette c. Citratzyklus und Atmungskette d. Citratzyklus und Gärungen

Antworten zu den Übungsaufgaben aus Kapitel 2

Frage 1 Welche der folgenden Aussagen über die DNA ist falsch? c. DNA enthält die Stickstoffbasen Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin und Uracil. Das stimmt nicht, da Uracil nur in der RNA enthalten ist.

Frage 2 Polysaccharide sind c. komplexe Kohlenhydrate. Die Vorsilbe »poly» bedeutet »viele«, das ist hier gleichbedeutend mit »komplex«. Die Vorsilbe »mono« bedeutet in diesem Zusammenhang »einfach«, wie zum Beispiel im Wort »Einfachzucker«.

Frage 3 Aminosäuren sind die Bausteine der b. Proteine. So große Moleküle wie die Proteine werden aus Bausteinen aufgebaut, die selbst bereits Moleküle sind.

Frage 4 Glucose wird in der a. Glykolyse zu Pyruvat abgebaut. Denken Sie daran, dass Glucose zu Pyruvat abgebaut sein muss, um in den Citratzyklus eingeschleust zu werden.

Frage 5 Pyruvat gelangt in die Mitochondrien und wird dort zu b. Acetyl-CoA. Vergessen Sie nicht, dass der Citratzyklus in den Mitochondrien stattfindet.

Frage 6 Stoffwechselreaktionen, bei denen körpereigene Substanz aufgebaut wird, bezeichnet man als a. anabole Reaktionen. Der Abbau körpereigener Substanzen wird als katabole Reaktion bezeichnet.

Frage 7 Welche beiden metabolischen Reaktionen der Zellatmung finden in den Mitochondrien statt? c. der Citratzyklus und die Atmungskette. Die anderen Antworten sind falsch: Die Glykolyse findet im Zellplasma statt und die Gärungen sind nicht Teil der Zellatmung.

Kapitel 3

Der Aufbau Ihres Körpers IN DIESEM KAPITEL Einblicke in das Innere einer Zelle Osmose, Diffusion und aktiver Transport Die Gewebstypen Ihres Körpers

In diesem Kapitel sollen Sie Ihr Wissen über die grundlegenden, im Organismus ablaufenden Prozesse fest einzementieren, aber wenn Sie lieber gleich mehr über die großen Körpersysteme erfahren wollen, blättern Sie gern weiter zu Teil II. Hier werden wir uns zunächst den Miniatur-Organismus »Zelle« ansehen und uns dann voranarbeiten zu den Geweben, die beispielsweise Knochen, Muskeln, Blutgefäße, Nerven und Organe bilden.

Ab in die Zelle! Das Wort »Zelle« hat ja im Deutschen mehrere Bedeutungen; es kann eine Gefangenenunterkunft, eine Batterie oder auch die einzelnen Teile einer Tabelle in einem textverarbeitenden Programm beschreiben. In der Anatomie und Physiologie ist eine Zelle die mikroskopisch kleine, membranumschlossene Grundeinheit eines Lebewesens. Sehen wir uns diese Zellen, ihre Bestandteile und ihre Aufgaben nun näher an, bevor wir uns an die größeren, aus Zellen aufgebauten Zellverbände wie die Gewebe wagen. Zellen mögen winzig sein, doch sie sind essenziell für das Leben.

Sie Tier, Sie!

Alle Lebewesen sind aus Zellen aufgebaut (Viren sind übrigens keine Lebewesen und bestehen auch nicht aus Zellen). Pflanzen, Tiere und Pilze stellen die drei Hauptgruppen der Lebewesen mit einem echten Zellkern dar – die Eukaryoten, im Gegensatz zu den Prokaryoten wie Bakterien und Blaualgen, die keinen echten Zellkern haben und sehr viel einfacher strukturiert sind. Einige Eukaryoten wie Hefen und viele Algen sind Einzeller, während andere wie Mammutbäume oder Menschen aus Milliarden von Zellen aufgebaut sind. Pflanzen haben zusätzlich zur Zellmembran noch feste, faserhaltige Zellwände und besitzen Chlorophyll, das Pigment, das Blätter grün färbt und Pflanzen die Energiegewinnung über die Photosynthese ermöglicht. Tierische Zellen haben keine Zellwand und produzieren auch kein Chlorophyll. Ihre Zellen sind nur von der Zellmembran umschlossen.

Ins Innere einer Zelle schauen Eigentlich ist eine Zelle nichts anderes als eine Art Sack (der Zell- oder Zytoplasmamembran), der eine gelartige Masse (das (Zyto-)Plasma umschließt. Die gelartige Konsistenz des Zytoplasmas ermöglicht Flüssigkeitsbewegungen und baut einen gewissen (formgebenden) Druck gegen die Membran auf, so ähnlich wie ein mit Wasser gefüllter Luftballon durch den Druck des Wassers in seinem Inneren in Form gehalten wird. Die Zellmembran bewahrt die Zelle vor dem »Auslaufen« und entscheidet zudem, welche Stoffe in die Zelle hinein und wieder hinaus gelangen dürfen – und spätestens jetzt hinkt der Vergleich mit dem Luftballon wirklich.

Zellstruktur Im Zytoplasma einer Zelle liegen zahlreiche kleine Mini-Organe, die Organellen. Diese arbeiten ein bisschen wie kleine Fabriken: Jedes Organell ist für die Herstellung eines oder mehrerer bestimmter Produkte verantwortlich, die irgendwo in der Zelle oder im Körper benötigt werden. Die wichtigsten Organellen tierischer (und menschlicher) Zellen sind in Tabelle 3.1 aufgelistet und in Abbildung 3.1. gezeigt. Organelle

Funktion

Organelle

Funktion

Zellkern

Kontrolliert alle Vorgänge in der Zelle, beherbergt das genetische Material.

Mitochondrium

»Kraftwerk« der Zelle; wandelt Nährstoffe wie Glucose in Energie (ATP) um.

Ribosom

Struktur aus RNA und Proteinen; der Ort, an dem fast alle Proteine synthetisiert werden.

Endoplasmatisches Spielt eine wichtige Rolle bei der Proteinmarkierung und dem Retikulum (ER) Transport zelleigener Produkte; ist auch in die Fettverbrennung involviert. Das raue endoplasmatische Retikulum (RER) ist mit Ribosomen besetzt, im Gegensatz zum glatten endoplasmatischen Retikulum ohne Ribosomen. Golgi-Apparat

Verpackt zelleigene Produkte in kleine Säckchen (»Vesikel«), die die Zellmembran durchqueren und auch die Zelle verlassen können.

Vakuolen

Kleine Bläschen im Zytoplasma, die manchmal dazu dienen, Stoffe zur Zellmembran und anschließend aus der Zelle hinaus zu befördern, oder die auch Reservestoffe speichern können.

Lysosomen

Kleine Bläschen mit Verdauungsenzymen, die schädliche Abfallstoffe zerlegen und anschließend aus der Zelle hinausschleusen.

Tabelle 3.1: Organellen tierischer Zellen

Abbildung 3.1: Schnittansicht einer tierischen Zelle und ihrer Organellen

Zellaktivität Wenn Sie sich Tabelle 3.1 ansehen, werden Sie anhand der vielen Funktionen der Organellen feststellen, dass eine Zelle eigentlich ständig »im Dienst« ist. Und wenn ich Ihnen erzähle, dass Ihr Körper aus Milliarden Zellen besteht, ist es durchaus sinnvoll, ab und zu die Dinge etwas langsamer anzugehen und eine Pause einzulegen. Hier ist noch einmal – zur Entspannung – ein kurzer Überblick der wichtigsten Funktionen, Strukturen, Aktivitäten und Begriffe zum Thema Zelle: Respiration: Der Prozess, bei dem die Energie in der Nahrung (in Kalorien gemessen) zu Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt wird. ATP ist der Brennstoff, der von jeder

Körperzelle für anabole (aufbauende) und katabole (abbauende) Reaktionen genutzt wird; die Summe all dieser Reaktionen heißt »Metabolismus« (Stoffwechsel). Wenn ATP in Gegenwart von Sauerstoff (der bei der Einatmung aufgenommen wird) gebildet wird, bezeichnet man diesen Prozess als »aerobe Respiration«. Wenn kein Sauerstoff benötigt wird, ist der Prozess anaerob und (zumindest beim Menschen) eine Gärung. Für Einzelheiten zur Respiration blättern Sie zu Kapitel 2. Autodigestion: Alte, funktionsuntüchtige Zellbestandteile müssen entfernt werden, sonst droht der Zelle eine mögliche Belastung mit Giftstoffen oder großer Energieverlust. Lysosomen sind Zellorganellen, die die dreckige Arbeit der »Haussäuberung« übernehmen. Wenn beispielsweise Mitochondrien ihre energiegenerierende Funktion nicht mehr erfüllen können, entlassen die Lysosomen gewisse Enzyme, die diese altersschwachen Mitochondrien endgültig zerstören. Da die lysosomalen Enzyme andere Substanzen wie zum Beispiel alte Mitochondrien mittels eines Verdauungsprozesses vernichten, wird diese Reaktion auch Autodigestion oder Selbstverdauung genannt. Moleküle des Mitochondriums werden auf diesem Wege verarbeitet, sodass sie später an irgendeinem anderen Ort in einer Zelle wiederverwendet werden können. (Mutter Natur hasst jede Form von Verschwendung.) Danach werden alle übrigen, nicht verwertbaren Abfallstoffe aus der Zelle hinausgeschleust. Diese »Müllabfuhr«, die Abfälle nicht nur aus einer Zelle, sondern auch aus dem ganzen Körper entfernt, bezeichnet man als »Exkretion«. Selektive Permeabilität: Die Zellmembran (auch Plasmamembran genannt, siehe Abbildung 3.2) ist wählerisch, was die Stoffe betrifft, die durch sie in die Zelle hinein- oder hinausgelangen dürfen. Die Zelle ist keine vollkommen abgeschlossene Welt; wenn dies so wäre, könnten Nährstoffe und Sauerstoff nicht aufgenommen werden. Dennoch ist die

Zellmembran auch nicht wahllos für alle möglichen Stoffe durchlässig, denn andernfalls könnten Gift- und Abfallstoffe ungehindert in die Zelle eindringen und sie schädigen. Diese Fähigkeit, nur bestimmte Moleküle passieren zu lassen, wird als selektive Permeabilität bezeichnet. Zellen sind also wie kleine, exklusive Clubs. Moleküle, die hinein wollen, sind besser passend gekleidet, wenn sie nicht draußen bleiben wollen. Das Flüssig-Mosaik-Modell erklärt, wie der Transport von Molekülen durch die Zellmembran funktioniert. In diesem Modell beschreibt das Wort »flüssig« die Flexibilität der Membran, während »Mosaik« darauf hinweist, dass die Membran von vielen großen Proteinen und anderen Stoffen durchsetzt ist. Die beiden Schichten einer Zellmembran bestehen aus Lipiden (Fetten), daher wird sie auch als Phospholipid-Doppelschicht bezeichnet (siehe Abbildung 3.2). Die Außenseiten beider Einzelschichten bestehen aus wasserliebenden (hydrophilen) Molekülköpfchen; zwischen den beiden Schichten liegen Wasser abstoßende (hydrophobe) Molekülschwänze. Das Zytoplasma ist, wie auch die Umgebung der Zelle, wässrig. Aus diesem Grund ordnen sich die Moleküle der Membran so an, dass die hydrophilen Anteile in Kontakt mit dem wässrigen Zytoplasma und der umgebenden Matrix stehen und die hydrophoben Schwänze in der Mitte der Doppelmembran bleiben. Der Zellzyklus: Eine Zelle durchläuft Stadien des Wachstums und der Ruhe, den sogenannten »Zellzyklus«. Könnten sich Zellen nicht reproduzieren, würde der Organismus, den sie bilden, in kurzer Zeit sterben (siehe Kapitel 2 für mehr Details zum Zellzyklus).

Abbildung 3.2: Die Phospholipid-Doppelschicht der Zellmembran mit Proteinen

Gene und Proteine: Der Kern jeder Zelle beinhaltet einen kompletten Satz Ihrer Gene, die entlang der DNA-Stränge Ihrer Chromosomen angeordnet sind. Sobald eine Zelle ein Produkt für einen der vielen Körperprozesse herstellen muss, wird ein Teil des genetischen Materials abgelesen, in eine mRNA kopiert und übersetzt. Bei dieser speziellen Art der »Übersetzung« werden (basierend auf der RNA-Vorlage) Aminosäuren zu einem Protein zusammengefügt. Ihre Zellen bilden ständig verschiedene Proteine für die unterschiedlichsten Zwecke. Proteine müssen aber nicht nur gebildet, sondern auch aus der Zelle hinaus befördert werden. Die Prozesse, die an der DNA-Verdoppelung und Proteinsynthese beteiligt sind, finden Sie in Kapitel 2 näher beschrieben. Zellmembrantransport: Substanzen wie Hormone (Kapitel 8) werden zwar in einer Zelle produziert, führen ihre eigentliche Funktion jedoch in einer ganz anderen Zelle aus. Hormone reisen mit dem Blut, um ihre Zielzellen zu erreichen. Dort angekommen, müssen sie entweder an die Zelle andocken oder

in die Zelle eindringen, um ihren Job zu erledigen. Nährstoffe oder Sauerstoffmoleküle müssen auch die Zellmembran passieren können; manchmal werden diese Substanzen transportiert, manchmal wandern sie ganz auf sich allein gestellt durch die Membran. Viele Substanzen können die Zellmembran durch Kanäle passieren. Besondere Proteine formen Poren in der Membran. Wenn eine Substanz versucht, ins Zellinnere zu gelangen, und zu einem bestimmten Protein (genannt Rezeptormolekül) passt, wird ihr der Eintritt gewährt. Das ist ein Schlüssel-SchlossPrinzip: Wenn das Muster des Schlüssels dem Schloss entspricht, lässt sich die Tür öffnen; falls nicht, muss man draußen bleiben und so lange suchen, bis man das richtige Schloss zum Schlüssel gefunden hat. Das Rezeptormolekül bewirkt, dass nur die richtige, »autorisierte« Substanz Zugang zur Zelle erhält. Die Bewegung durch eine Zelle kann aktiv erfolgen, also Energie erfordern, oder passiv sein, wobei die Bedingungen inner- und außerhalb der Zelle entscheidend sind. Die Unterschiede zwischen diesen Membrantransportarten kann man in Analogie zu einer Tür stellen, die entweder von einem Wächter kontrolliert wird (aktiver Transport) oder automatisch aufschwingt, sobald jemand erscheint (passiver Transport), sodass man selbstständig und ohne Hilfe hindurchgehen kann. Einige Stoffe brauchen den aktiven Transport mit Unterstützung sogenannter Carrier-Proteine – Moleküle, die eingebettet in die Zellmembran als Pforten dienen. Der zu transportierende Stoff muss Energie abgeben, um sich an die Carrier-Proteine koppeln zu können. Im Anschluss lotsen die Carrier die Substanz dann in die Zelle hinein beziehungsweise hinaus. Einige Substanzen sind klein genug, dass sie ohne Hilfe die Zellmembran passieren können und somit auch keine Energie investieren müssen. Die Zelle bemerkt dies kaum – so ähnlich wie bei Ihrer Katze, die durch eine kleine Klappe in der

Hintertür das Haus verlässt oder betritt, wann immer ihr danach ist. Passiver Transport kann auf drei Arten geschehen: Diffusion: Stoffe bewegen sich immer vom Ort der höheren zum Ort der niedrigeren Konzentration. Die Moleküle passieren dabei auch die Zellmembran, wenn diese zwei Orte mit unterschiedlicher Stoffkonzentration voneinander trennt. Osmose: Dieser Begriff wird gebraucht, wenn man über Wassermoleküle spricht, die durch eine selektiv permeable Membran diffundieren (siehe Abbildung 3.3). Die Membran ist nur für Wasser durchlässig und hält die Substanzen zurück, die im Wasser gelöst sind. Genau wie bei der Diffusion erfolgt bei der Osmose die Molekülbewegung in Richtung niedrigerer Konzentration. Den Unterschied zwischen gewöhnlicher Diffusion und Osmose macht der Stoff aus, der sich bewegt: Bei der Osmose sind es Wassermoleküle, bei der Diffusion sind es die im Wasser gelösten Teilchen, die wandern. Eine isotonische Lösung besteht zu gleichen Anteilen aus Wasser und gelösten Stoffen. Eine hypotonische Lösung besteht aus weniger gelösten Stoffen (und mehr Wasser) als eine isotonische Lösung. Eine hypertonische Lösung besitzt einen höheren Anteil an gelösten Stoffen im Verhältnis zum Wasser. Je höher die Konzentration eines Stoffes, desto niedriger ist der Wasseranteil, der dadurch den osmotischen Druck steigert – der Druck, bei dem die Bewegung von Wassermolekülen durch die Membran zum Stillstand kommt. Die Wasserbalance inner- und außerhalb einer Zelle muss stabil sein, um die normale Zellfunktion zu gewährleisten. Homöostase (siehe Kapitel 8) bewirkt die Stabilisierung der Wasserbalance.

Filtration: Dieser passive Transport erfolgt beim kapillären Stoffaustausch. (Kapillaren sind die kleinsten Blutgefäße – sie verbinden Arteriolen mit Venolen; siehe Kapitel 9.) Die Kapillarwände sind nur gerade so dick, dass die Stoffe in Blut (wie Glucose oder Sauerstoff) sowie die Zellflüssigkeit (wie Kohlenstoffdioxid und Wasser) sie leicht passieren können. Die Bewegung geschieht aber nicht einfach so. Die Differenz zwischen osmotischem Druck und Blutdruck bestimmt, in welcher Richtung sich die Substanzen bewegen, während die Kapillarwand als Filter dient. Der Blutdruck in den Kapillaren ist am arteriellen Ende am höchsten und am venösen Ende am niedrigsten. Der osmotische Druck – der Druck, der Wasserbewegung durch eine Membran stoppt – bleibt an beiden Enden derselbe. Das heißt, dass der Blutdruck am arteriellen Ende höher ist als der osmotische Druck, sodass kleine Stoffe (wie Wasser, Glucose und Sauerstoff) durch die Kapillarwand in die Gewebeflüssigkeit gepresst werden. Am venösen Ende einer Kapillare ist der Blutdruck dagegen niedriger als der osmotische Druck. Dadurch kehrt sich die Stoffbewegung um: Abfallstoffe, Kohlenstoffdioxid und Wasser werden aus der Gewebeflüssigkeit zurück in den Blutstrom gedrängt.

Abbildung 3.3: Osmose – Wasser kann durch eine semipermeable Membran wandern, um ein Konzentrationsgefälle auszugleichen

Die Zellorganisation in Geweben Gewebe sind Zelle für Zelle und Schicht für Schicht aufgebaut (das ist ähnlich wie das Bauen mit Legosteinen …). Gewebe bilden sich aus Zellen, die die gleiche Funktion ausüben. Ein Organ entsteht, wenn sich mehrere Gewebe zusammenfinden und gemeinsam eine spezifische Funktion erfüllen. Hierzu ein Beispiel: Zellen, die Stoffe wie Verdauungssäfte sekretieren, finden sich zusammen, um ein Gewebe zu bilden. Andere Zellen und Gewebe vereinen sich, sodass daraus schließlich ein Organ wie beispielsweise der Magen entsteht. Ein Organ ist Teil eines übergeordneten Organsystems (in diesem Fall des Verdauungstraktes), das die Funktion jeder Magenzelle kontrolliert und bestimmt, wann wie viel Verdauungssaft produziert werden soll. All diese Ebenen des Körpers arbeiten zusammen. Dieser Abschnitt verdeutlicht Ihnen, wie sich Gewebe aus Zellen bilden und welche unterschiedlichen Gewebetypen es gibt: Deck-, Binde-, Muskel- und Nervengewebe.

Die Haut – das Epithelgewebe Das Interessante an der Haut (Epithel) ist, dass sie eine nahtlose Fläche bildet, die die gesamte Körperoberfläche überzieht und die Körperhöhlen begrenzt (siehe Kapitel 6). Epithelien schützen Sie in vielerlei Hinsicht: Sie bewahren den Körper vor Flüssigkeitsverlust und Austrocknung. Sie schützen vor einer Verletzung innerer Strukturen. Sie verteidigen Sie gegen Eindringlinge wie Bakterien, Pilze oder Viren. Das Epithel schützt auch den Magen vor seinen eigenen aggressiven Enzymen und Säuren, indem es einen Schleim absondernden Mantel bildet, der das Innere des Magens auskleidet (und falls das mal nicht klappt, bekommen Sie ein Magengeschwür …). Das Epithel der Nase wiederum trägt haarähnliche Fortsätze, die Zilien, die Schmutz, Staub und andere Partikel einfangen, bevor sie den Weg hinunter in die empfindlichen Lungen finden. Die drei Arten epithelialer Zellen sind in Tabelle 3.2 aufgeführt. Typ

Beschreibung

Lokalisation im Körper

Zylinderepithel Säulen- oder zylinderförmig; der Zellkern befindet sich immer am Grund der Zelle.

Im Verdauungstrakt

Kubisches Epithel

In den Nieren

Zellen sind würfelförmig.

Plattenepithel Zellen sind flach.

In Lungen und Blutgefäßen

Tabelle 3.2: Epitheliale Zelltypen

Der Spaß hört mit diesen drei Zelltypen aber noch lange nicht auf. Verbinden Sie diese mit einigen Adjektiven, entstehen zur großen Begeisterung der meisten Anatomiestudenten noch ganz andere

Varianten, die mitunter nur sehr schwer zu unterscheiden sind. Epitheliale Gewebe können noch wie folgt beschrieben werden: Einschichtige Gewebe bestehen nur aus einer einzigen Zellschicht. Mehrschichtige Gewebe setzen sich aus mehreren Zellschichten zusammen, die aufeinandergestapelt sind. Mehrreihige Gewebe erscheinen zwar gestreift, sind aber nicht aus echten Schichten aufgebaut. Zusammengesetzt ergeben sich dann Begriffe wie »einschichtiges Plattenepithel«, »mehrschichtiges kubisches Epithel« oder »mehrreihiges Zylinderepithel«. Einschichtiges Plattenepithel bildet die Auskleidung vieler Hohlorgane wie der Alveolen in den Lungen (Abbildung 3.4). Das eher seltene mehrschichtige kubische Epithel findet sich an einigen Drüsenausführgängen. Das mehrreihige Zylinderepithel bedeckt die oberen Abschnitte der Lungen. Addieren wir nun noch das Wörtchen »ziliar«, was so viel bedeutet wie »Zilien besitzend«, bekommen wir den Ausdruck »mehrreihiges ziliares Zylinderepithel«. Dieser letzte Gewebetyp bildet die Nasen- und Luftröhrenauskleidung und stellt Schleimstoffe her. Es gibt noch viele weitere Kombinationen, aber das reicht schon aus, um Ihnen eine Vorstellung der verwirrenden Vielfalt zu vermitteln.

Abbildung 3.4: Verschiedene Epithelien

Sehr verbindlich: das Bindegewebe Bindegewebe ist schwierig zu definieren, da es so viele verschiedene Funktionen besitzt und dadurch so unterschiedlich beschaffen sein kann. In einigen Körperteilen wie den Knochen erfüllt es stützende und schützende Aufgaben. An anderen Orten füllt Bindegewebe Räume aus

und speichert Fett, um den Körper an diesen Stellen stoßdämpfend auszupolstern. Generell besteht Bindegewebe aus einem weitmaschigen Zellnetz, dessen Zwischenräume von einer flüssigen bis gelartigen Matrix (einer Art Grundsubstanz) ausgefüllt werden. Zudem enthalten auch zahlreiche Bindegewebe Blutzellen, die aus dem Knochenmark stammen. Die Bindegewebsmatrix kann drei Faserarten enthalten: Weiße Fasern enthalten das feste und dehnfähige Protein Kollagen. Gelbe Fasern bestehen aus dem noch elastischeren, dafür aber weniger festen Protein Elastin. Retikuläre (Netz-) Fasern sind sehr dünne, stark verzweigte Fäden, die stützend wirken. Die beiden Hauptarten des Bindegewebes sind lockeres und fibröses (faseriges) Bindegewebe.

Lockeres Bindegewebe Ganz im Gegensatz zu dem Eindruck, den der Name vermittelt, ist lockeres Bindegewebe durchaus in der Lage, Strukturen zusammenzuhalten. In den meisten Fällen ist lockeres Gewebe dazu da, Epithel am Körper zu fixieren. So verbindet lockeres Bindegewebe die äußeren Hautschichten mit der darunter liegenden Muskulatur. Wenn Sie die Haut von einer Hühnchenbrust abziehen, reißen Sie gleichzeitig das lockere Bindegewebe mit ab, das die Haut an der Brustmuskulatur befestigt. Außerdem ist diese Art des Bindegewebes Teil der inneren Hautschichten, welche die Organe in Ihrem Unterleib umhüllen. Lockeres Bindegewebe besteht aus Zellen, die Fibroblasten genannt werden und aussehen wie große, lang gestreckte Sterne. Die Fibroblasten liegen relativ weit auseinander, und die Matrix dazwischen enthält Kollagen- und Elastinfasern. Es gibt zwei Hauptarten: Fettgewebe besteht aus Fibroblasten-ähnlichen Fettzellen, die umso mehr wachsen, je mehr Lipide (Fette) sie einlagern (Abbildung 3.5).

Die Fähigkeit zur Fettspeicherung bietet viele Vorteile, denn Fett isoliert den Körper, schützt die inneren Organe und stellt eine Energiequelle für Notzeiten dar. Wenn sich Fettzellen jedoch extrem ausdehnen (ich denke, Sie verstehen, was ich meine), bekommen Sie möglicherweise gesundheitliche Probleme. Fettgewebe zwischen der Haut und den Organen des Unterleibs bildet unbeliebte Röllchen an den Hüften (Winterspeck! – oder, 2020/21 hochaktuell, »Covid-19Lockdown-Polster«).

Abbildung 3.5: Weißes Fettgewebe mit gut gefüllten Fettzellen

Lymphatisches Gewebe findet sich in Lymphknoten, Milz, Thymusdrüse und rotem Knochenmark – allesamt Orte, die an den Immunfunktionen beteiligt sind (siehe Kapitel 13). Lymphoides Gewebe besitzt auch Zellen, die wie Fibroblasten aussehen, nur werden sie hier als retikuläre Zellen bezeichnet. Die Matrix des lymphoiden Gewebes ist mit retikulären Fasern anstatt mit Kollagen und Elastin ausgefüllt. Retikuläre Fasern sind so dünn und verzweigt, dass sie filigrane Netzwerke bilden, die an feine Spitze erinnern.

Faseriges Bindegewebe Faseriges Bindegewebe hält auch Körperstrukturen zusammen, es ist jedoch etwas fester als loses Bindegewebe. Die Fibroblasten dieses Gewebetyps sind dichter gepackt, und die Matrix enthält parallel zueinander liegende Kollagenfasern. Faseriges Bindegewebe findet man in Ligamenten (Bändern), die zwei Knochen zu einem Gelenk verbinden, und in Sehnen, die Muskeln an den Knochen befestigen. Knorpel ist auch aus faserigem Bindegewebe aufgebaut, er ist jedoch noch stärker als Ligamente und Sehnen, da seine Matrix noch mehr festigende Fasern enthält. Knorpel ist jedoch nicht so fest wie Knochengewebe, da die Matrix sich leichter verformen lässt. Der Nachteil von Knorpelgewebe ist seine geringe Durchblutung: Bricht es trotz seiner relativ hohen Flexibilität doch einmal, verläuft die sich anschließende Heilung nur sehr langsam. Es gibt drei Arten Knorpelgewebe, je nach Fasertyp der Matrix: Elastischer Knorpel besitzt viele Kollagen- und Elastinfasern. Er ist sehr biegsam und findet sich zum Beispiel in der Ohrmuschel. Fibröser Knorpel enthält hauptsächlich Kollagenfasern. Er ist stark, reduziert die Reibung in den Gelenken und absorbiert Stöße, sodass er (sehr sinnvoll!) zwischen den Wirbeln des Rückgrats und im Kniegelenk zu finden ist. Hyaliner Knorpel besteht ausschließlich aus Kollagenfasern. Er ist fest und der häufigste Knorpeltyp im Körper. Hyaliner Knorpel sieht glatt, weiß und durchscheinend aus (denken Sie an die Verbindung zwischen einer Hühnerbrust und dem Rippenfleisch). Beim Menschen findet man hyalinen Knorpel in der Nase, in den Ringen, die die Luftröhre (Trachea) umspannen und stützen, sowie an den Enden der langen Knochen (an Armen und Beinen) und der Rippen. Das Skelett eines Fötus besteht nur aus hyalinem Knorpel, der im Laufe der Entwicklung immer mehr durch Knochengewebe ersetzt wird.

Ich bin mir sicher, dass Ihnen aus eigener Erfahrung bestens bekannt ist, dass Knochen sehr stabil sind – doch wissen Sie auch, warum? Knochen bestehen aus dem stärksten fibrösen Bindegewebe des Körpers. Die Knochenmatrix ist extrem hart, da sie Mineralsalze und Proteinfasern enthält. Kalzium ist das wichtigste Mineral, daher müssen Sie täglich für eine ausreichende Kalziumaufnahme sorgen, um Ihre Knochen gesund und stark zu erhalten. Wenn Sie wissen möchten, was bei einer mangelnden Kalziumversorgung mit Ihren Knochen geschieht, blättern Sie gern weiter zu Kapitel 4.

Massig Infos über Muskelmasse Sie haben drei Arten von Muskelgewebe im Körper: Herz-, glatte und quergestreifte Muskulatur (Abbildung 3.6), die alle aus Muskelfasern bestehen. Eine Muskelfaser setzt sich aus vielen Myofibrillen zusammen. Die perfekte Ausrichtung der Myofibrillen in der Muskelfaser lässt den Muskel gestreift erscheinen. Die hellen und dunklen Abschnitte dieser Streifung wiederholen sich entlang der ganzen Faser und bilden erkennbare Einheiten, die Sarkomere. Sehen wir uns das nun etwas genauer an. Herzmuskelgewebe finden Sie – unschwer zu erraten – im Herzen. Die Muskelfasern des Herzens besitzen nur einen Zellkern; daher werden sie auch als »mononukleär« bezeichnet. Herzmuskelfasern sind gestreift, zylindrisch und verzweigt wie ein Baum in kleine und immer kleiner werdende Fasern. Eine Kontraktion (Zusammenziehung) muss das gesamte Herz rasch erfassen, daher sind die Herzfasern miteinander eng verbunden. Zwischen den einzelnen Kontraktionen entspannen sich die Fasern vollständig, sodass es zu keiner Ermüdung des Herzmuskels kommt. Schließlich muss Ihr Herz ständig schlagen, auch wenn Sie selbst müde sind. Die Kontraktion des Herzmuskels läuft unwillkürlich ab und unterliegt nicht Ihrer bewussten Kontrolle. (Eine Sache weniger, auf die sich Ihr Gehirn konzentrieren muss.) Glattes Muskelgewebe ist Bestandteil der Wände innerer Hohlorgane wie beispielsweise des Magens, der Blase, der Därme

und der Lungen. Die Fasern dieses Muskelgewebes sind einkernig und spindelförmig. Sie sind in parallelen Reihen angeordnet und bilden streifenlose Muskelblätter. Die Kontraktion der glatten Muskulatur erfolgt wie beim Herzmuskel unbewusst, sie verläuft langsam und bleibt länger erhalten als bei der quergestreiften (Skelett-) Muskulatur. Glatte Muskulatur ermüdet nur selten. Quergestreifte (Skelett-) Muskulatur ist die Muskulatur, die Ihre Arme, Beine und den Torso bewegt. Diese Muskelfasern sind mehrkernig (polynukleär), gestreift und zylindrisch. Die quergestreiften Muskelfasern verlaufen entlang des gesamten Muskels, daher können sie sehr lang sein – etwa so lang wie Muskeln auf der Rückseite Ihrer Oberschenkel. Anders als bei Herzoder glatter Muskulatur kontrolliert jedoch das Gehirn die Kontraktion der quergestreiften Skelettmuskeln, die damit Ihrem Willen unterworfen sind (daher heißt es auch willkürliche Muskulatur). Obwohl einige Bewegungen sehr schnell und scheinbar unbewusst ausgeführt werden können wie das Zurückziehen der Hand von einer heißen Flamme oder die Abwehrbewegung, die Sie ausführen, wenn Ihnen jemand unerwartet etwas zuwirft, ist immer das Nervensystem für die Bewegung dieser Muskeln verantwortlich (siehe Kapitel 5 für nähere Details).

Abbildung 3.6: Verschiedene Arten von Muskelgewebe

Macht Sie Nervengewebe nervös? Das muss nicht sein. Schauen Sie nur einmal auf Abbildung 3.7 oder auch auf die Abbildungen in Kapitel 7 (tut mir leid, dass ich Sie quer durch das Buch scheuchen muss), und Sie werden den Impuls verspüren, mehr darüber lernen zu wollen. Das Nervensystem ist aus Nervengewebe aufgebaut, das mithilfe eines großen Nervennetzwerkes für die Koordination Ihrer Körperbewegungen und -aktivitäten verantwortlich ist. Das Nervensystem unterteilt sich in Gehirn, Rückenmark und die Nerven, die sich ausgehend von diesen beiden Hauptteilen verzweigen. Nervengewebe und Nerven setzen sich aus Nervenzellen zusammen, die Neurone.

Abbildung 3.7: Aufbau eines Neurons

Neurone sind ein besonderer Zelltyp und führen etliche einzigartige Funktionen aus. Neurone empfangen und versenden elektrische Signale (Impulse), sie reagieren auf Stimuli wie Hitze, Kälte, Schmerz oder Berührung und kontrollieren zudem viele Aktivitäten des Körpers wie beispielsweise die Hormonsekretion. Selbst die Anweisungen für unwillkürliche Muskelbewegungen (also die Kontraktion von glatter oder Herzmuskulatur) werden von Neuronen bestimmt, obwohl keine Nervenimpulse aus dem Gehirn nötig sind, um sie auszuführen. Neuronen werden von bestimmten Zellen (Gliazellen) ernährt und gestützt. Das Neuron selbst besteht aus einem Zellkörper mit Zellkern und Organellen. Von einem Ende dieses Zellkörpers ausgehende Verzweigungen werden Dendriten genannt, die ähnlich wie kleine Antennen funktionieren und Signale anderer Neurone empfangen. Das Axon ist eine lange, dünne Faser und liegt am anderen Ende des Zellkörpers. Das Axon trägt ebenfalls kleine Verzweigungen an seinem freien Ende (Axonterminale oder Endknöpfchen), die der Weiterleitung von Nervenimpulsen an andere Zellen dienen. Wie Nerven genau funktionieren, wird in Kapitel 7 erläutert. Welches Neuronende tut was? Das Axon leitete Reize weiter, die Dendriten empfangen Signale.

Übungsaufgaben zu Kapitel 3 Frage 1: Die Bewegung von Wassermolekülen durch eine semipermeable Membran wird bezeichnet als a. Diffusion b. Filtration c. Osmose d. aktiver Transport Frage 2: Die kondensierte Form der DNA heißt

a. Chromatin b. Chromosom c. Ribosom d. Gen Frage 3: Diese Zellorganellen produzieren Energie durch Zellatmung: a. Golgi-Apparat b. Mitochondrien c. Lysosomen d. endoplasmatisches Retikulum Frage 4: Welches Zellorganell transportiert Abfälle aus der Zelle? a. Golgi-Apparat b. Ribosomen c. Vakuole d. endoplasmatisches Retikulum Frage 5: Diese sehr kleinen Zellorganellen sind für die Proteinsynthese zuständig: a. Ribosomen b. Lysosomen c. Zentriolen d. Vesikel

Frage 6: Welches Zellorganell kann Ribosomen an seiner Oberfläche tragen? a. glattes endoplasmatisches Retikulum b. Golgi-Apparat c. raues endoplasmatisches Retikulum d. Zellkern Frage 7: Epitheliales Gewebe wird definiert durch a. die Anzahl der Schichten b. die Zusammensetzung der Matrix, die die Zelle umgibt c. die Zellform d. sowohl die Anzahl der Schichten als auch durch die Zellform Frage 8: Das Gewebe, das Glanzstreifen zeigt, ist die a. Herzmuskulatur b. Skelettmuskulatur c. glatte Muskulatur d. quergestreifte Muskulatur Frage 9: Glatte Muskulatur findet man a. im Herzen b. in der Harnblase c. im Bizeps d. in der Rückenmuskulatur

Frage 10: Zellen, die elektrische Impulse generieren und weiterleiten können, sind a. Schwann-Zellen b. Neuronen c. Chondrozyten d. Thrombozyten Frage 11: Der Zellausläufer des Neurons, der Impulse vom Zellkörper wegtransportiert, wird bezeichnet als a. Myofibrille b. Dendrit c. Axon d. Querstreifung Frage 12: Zellausläufer, die Reize von Sinnesrezeptoren aufnehmen, heißen a. Dendriten b. Kollagenfasern c. Axone d. Schwannsche Ausläufer

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Die Bewegung von Wassermolekülen durch eine semipermeable Membran wird als c. Osmose bezeichnet. Warum nicht Diffusion? Diffusion ist der passive Transport anderer Substanzen, nicht der Wassermoleküle.

Frage 2 Die kondensierte Form der DNA heißt b. Chromosom. Keine der übrigen Antwortmöglichkeiten bezeichnet dicht gepackte DNA.

Frage 3 Diese Zellorganellen produzieren Energie durch Zellatmung. b. Mitochondrien. Die anderen genannten Zellorganellen haben keine Funktion in der Energiegewinnung der Zelle.

Frage 4 Welches Zellorganell transportiert Abfälle aus der Zelle? c. Vakuole.

Frage 5 Diese sehr kleinen Zellorganellen sind für die Proteinsynthese zuständig. a. Ribosomen.

Frage 6 Welches Zellorganell kann Ribosomen an seiner Oberfläche tragen? c. raues endoplasmatisches Retikulum (RER). Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Sie bereits gestellte Fragen als kleine Hilfe benutzen können.

Frage 7 Epitheliales Gewebe wird definiert durch d. sowohl die Anzahl der Schichten als auch durch die Zellform. Damit Sie das Gewebe korrekt einordnen können, müssen Sie beide Kriterien beachten.

Frage 8 Das Gewebe, das Glanzstreifen zeigt, ist a. die Herzmuskulatur. Die Glanzstreifen, die Sie bei der Beschäftigung mit dem kardiovaskulären System noch näher kennenlernen werden, spielen eine Rolle bei der Reizweiterleitung des Herzens.

Frage 9 Glatte Muskulatur findet man b. in der Harnblase. Die anderen Möglichkeiten gehören zur quergestreiften Muskulatur.

Frage 10

Zellen, die elektrische Impulse generieren und weiterleiten können, sind b. Neuronen. Sie bilden das Nervengewebe.

Frage 11 Der Zellausläufer des Neurons, der Impulse vom Zellkörper wegtransportiert, ist c. Axon. Jede Nervenzelle hat nur ein Axon, das sich aber auch verzweigen kann.

Frage 12 Zellausläufer, die Reize von Sinnesrezeptoren aufnehmen, heißen a. Dendriten. Normalerweise hat eine Nervenzelle mehrere Dendriten.

Teil II

Von Kopf bis Fuß auf Anatomie eingestellt



IN DIESEM TEIL … behandeln wir die Bestandteile Ihres Körpers, die das Grundgerüst für Ihre »große Maschine« bilden: die Knochen, die Muskeln und die Haut. entdecken Sie, wie alte Gewebe ersetzt und beschädigte Zellen repariert werden können. geht es auch um die Pathophysiologie verschiedener Körperteile, also um das, was hier schieflaufen kann – etwa durch Krankheiten oder genetische Defekte.

Kapitel 4

Knochige Einblicke ins Skelettsystem IN DIESEM KAPITEL Was Ihre Innereien zusammenhält Welcher Knochen wo sitzt und was tut Pathophysiologie: Lordose, Kyphose und Skoliose

Falls Sie noch ein paar Gerippe auf dem Dachboden versteckt halten, ist es nun an der Zeit, sie hervorzuholen. Und ich rede hier nicht von Ihren dunklen Geheimnissen … sich das Modell eines Skeletts anzusehen, ist tatsächlich die beste Art, um herauszufinden, welche Teile wie zusammenhängen und was genau wo und wie vor sich geht. Der Körper eines Erwachsenen besteht – je nach Zählart – aus 206 bis 212 Knochen, doch das Skelettsystem setzt sich nicht nur aus Knochen zusammen. Es besteht aus Knochen und Gelenken sowie Knorpeln und Bändern, deren Aufgabe es ist, die Knochen mit den Gelenken zu verbinden. Das Skelett wird in zwei Hauptteile unterteilt: den axialen und den appendikulären Teil. Das Achsenskelett (Skeleton axiale) besteht aus den Knochen, die entlang der Zentralachse des Körpers liegen: dem Schädel, der Wirbelsäule und dem Brustkorb. Diese Knochen bilden den Rumpf. Das Extremitätenskelett (Skeleton appendiculare) setzt sich aus den Anhängen zusammen, die am Achsenskelett befestigt sind: dem Schultergürtelgürtel, dem Beckengürtel und den Gliedmaßen.

Knochige Hintergründe

Ihr Skelettsystem hält Sie aufrecht, und längst nicht nur das! Wenn Ihre Einzelteile nicht miteinander verknüpft wären, würden Sie wie ein Haufen aus Knochen und Organen umherrollen – und das ist weder besonders attraktiv, noch irgendwie praktisch. Ihr Skelett dient den folgenden Zwecken: Das Skelett schützt Ihre inneren Organe und Weichteile wie beispielsweise Ihr Gehirn, das Herz und die Lungen. Es unterstützt Ihren Körper und Ihre Organe dabei, der Erdanziehungskraft zu widerstehen. Es bildet Blutzellen, die wichtig für den Sauerstofftransport, die Abwehr von Krankheitserregern sowie den Transport von Nährstoffen und Abfallstoffen durch den Körper sind. Das Skelett dient als Speicher für Mineralstoffe wie beispielsweise Kalzium. Viele Ihrer Muskeln sind am Skelett fixiert, sodass Sie die Knochen bewegen können. Knochen gibt es in vielen Größen und Formen. Praktischerweise entsprechen viele Namen von Knochentypen auch deren Aussehen; so gibt es beispielsweise platte Knochen, lange Knochen (Röhrenknochen), kurze und unregelmäßig geformte Knochen. In Tabelle 4.1 können Sie nachsehen, was die unterschiedlichen Knochentypen voneinander unterscheidet. Knochentyp

Beispiel im Körper

Eigenschaften

Platt

Schädel, Schulterblätter, Rippen, Brustbein, Hüftknochen

Wie Marmorplatten schützen platte Knochen das weiche Gewebe des Gehirns und der Organe im Brustkorb.

Lang

Arme und Beine

Wie Stahlträger gewähren diese starken Knochen der Muskulatur Halt.

Knochentyp Kurz

Beispiel im Körper Handgelenke (Karpalknochen) und Fußknöchel (Tarsalknochen)

Unregelmäßig Wirbelsäule, Kniescheiben

Eigenschaften Kurze Knochen sehen aus wie Bauklötze und gestatten mehr Bewegungsmöglichkeit als größere Knochen. Unregelmäßig geformte Knochen können die unterschiedlichsten Formen aufweisen und besitzen meist Erhabenheiten, an denen Muskeln, Sehnen oder Bänder ansetzen können.

Tabelle 4.1: Merkmale unterschiedlicher Knochentypen

Aufbau und Struktur eines Knochens Üblicherweise werden lange Röhrenknochen wie der Femur Ihres Oberschenkels als Beispiel verwendet, um den allgemeinen Aufbau der Knochen zu erklären. So halten wir es auch hier, bevor wir uns einzelne Knochenarten genauer ansehen. Ein Röhrenknochen hat einen langen Mittelteil (Diaphyse), der an den Enden von der proximalen und der distalen Epiphyse begrenzt wird (Abbildung 4.1). Zwischen Diaphyse und Epiphysen liegen die beiden Metaphysen als unklar abgegrenzter Bereich. Alle Knochen sind von einer dünnen Gewebsschicht überzogen, dem Periost. Das Endost, eine dünne Bindegewebsschicht, kleidet als innere Knochenhaut das Knocheninnere aus. Diaphyse: Dieser Mittelteil oder auch als Knochenschaft bezeichnete Knochenabschnitt enthält einen hohlen Anteil, die Markhöhle (Cavitas medullaris), in der das Knochenmark (die Medulla ossium) liegt. Bei Kindern sind die meisten Hohlräume der langen Knochen noch mit rotem Knochenmark gefüllt. Rotes Knochenmark ist für die Produktion von roten Blutkörperchen bei Erwachsenen und Kindern verantwortlich; Bei Erwachsenen ist das rote Knochenmark allerdings auf die aufgelockerte Struktur in den Knochenenden (Spongiosa), in den Schädelknochen, Rippen, Wirbeln und dem Brustbein (Sternum) beschränkt. In den Knochen von Erwachsenen befindet sich gelbes Knochenmark (Fettmark), das hauptsächlich aus Fett besteht.

Abbildung 4.1: Der Aufbau eines Röhrenknochens

Der größte Teil der Blutbildung (Hämatopoese) findet im Knochenmark statt.

Epiphyse: An beiden Enden des Knochens befindet sich diese Zone, die beim Knochenwachstum eine Rolle spielt (siehe nächster Abschnitt). Die Epiphyse besteht aus der Spongiosa, die von einer Schicht kompakter Knochenmasse (dichtem, hartem Knochengewebe), die an der Stelle, an der ein anderer Knochen ansetzt, um ein Gelenk zu bilden, vom Gelenkknorpel bedeckt wird. Metaphyse: Die Metaphyse ist der Bereich, der zu beiden Seiten des Knochenschafts an die Epiphyse angrenzt. In der Wachstumsphase liegt hier die Epiphysenfuge, bei Erwachsenen besteht die Metaphase hauptsächlich aus Spongiosa. Periost: Dieses zähe, faserige Bindegewebe umgibt die Knochen und zieht über sie hinweg direkt zu den Sehnen und Bändern, die an die jeweiligen Knochen ansetzen. Da das Periost ohne klare Abgrenzung in Sehnen und Bänder übergeht, wird sein Verlauf als kontinuierlich bezeichnet. Das Periost versorgt Ihre Knochen mit Blut. Blutgefäße ziehen vom Periost in die Knochen und versorgen diese mit Nährstoffen und Sauerstoff, beseitigen Abfälle und transportieren neu gebildete Blutzellen (siehe Kapitel 9 für genauere Informationen zum Kreislaufsystem). Spongiosa: Rote Blutzellen werden in der Spongiosa gebildet (Abbildung 4.2). Diese ist stark, aber leicht, um das Gesamtgewicht des Knochens zu verringern. Die Spongiosa (auch Bälkchen- oder Schwammknochen genannt) besteht aus Osteozyten und Knochenbälkchen (Trabekel). Die Trabekel sind scheibenartige Strukturen, die den Belastungslinien des Knochens folgen und so ähnlich wie Spangen wirken, die den Knochen in seiner Stabilität unterstützen.

Abbildung 4.2: Spongiosa (Schwammknochen)

Der Blick ins Detail: die Knochenstruktur Sehen wir uns nun den Feinaufbau ein wenig genauer an. Die dichte, harte Knochenschicht besteht aus Knochenzellen (Osteozyten), die in kleinen Kammern sitzen, den Laukunen oder Lacunae (Einzahl: Lacuna). Die Lakunen enthalten Proteinfasern und gespeicherte Mineralstoffe wie Kalzium und sind in Gruppen konzentrischer Kreise angeordnet, die in ihrer Gesamtheit als Havers-System oder Osteon bezeichnet werden (Abbildung 4.3).

Abbildung 4.3: Havers-System (Osteon)

Die konzentrisch angelegten Lacunae stehen miteinander über kleine Kanäle in Verbindung, die Canaliculi (Einzahl: Canaliculus) genannt werden. Die Canaliculi verknüpfen einerseits die Lacunae miteinander und verbinden sie andererseits mit dem Havers-Kanal, der in der Mitte jedes Havers-Systems liegt und als Leitungsrohr für die Blutgefäße dient, die – vom Periost kommend – durch das Knochengewebe hindurch verlaufen. (Denken Sie an elektrische Leitungen, die von einem schützenden Metallrohr umgeben sind. Das Metallrohr entspricht dem Leitungsrohr.) Volkmann-Kanäle verbinden die Havers-Systeme untereinander. Die Volkmann-Kanäle verlaufen fast senkrecht zu den Havers-Kanälen, da sie auch als breite Leitungen dienen, durch die Blutgefäße verlaufen können. Das Havers-System gewährleistet, dass selbst die dichte, harte Knochenmasse Zugang zu den Blutgefäßen und dem Kreislaufsystem hat und entsprechend ernährt werden kann. Sie haben nun einen Blick auf die Bestandteile eines Knochens geworfen – also sehen wir uns jetzt an, welche Teile eines Knochens daran beteiligt sind, dass Menschen wachsen.

Mensch, bist du groß geworden! Die Ossifikation

Als Sie noch ein kleiner Fötus waren, eingekuschelt in die mütterliche Gebärmutter, haben Sie aus heutiger Sicht ziemlich ungemütliche Verrenkungen gemacht. Der Platz war dort so knapp, dass Sie sich, einmal abgesehen von gelegentlichen Tritten in die Blase Ihrer Mutter, kaum bewegen konnten, und ganze neun Monate auf engstem Raum zusammengerollt verbracht haben (es sei denn, Sie haben sich dazu entschieden, schon vorher auf die Welt zu kommen). Können Sie sich vorstellen, wie schwer es für einen Fötus wäre, diese Position einzunehmen, wenn seine Knochen fest wären? Aber glücklicherweise waren Ihre Knochen als Fötus noch weich und überaus biegbar. Wenn sich die Knochen in einem Fötus entwickeln, bilden sie sich zunächst aus Knorpel. Der weichere Knorpel erlaubt es dem Fötus, sich so zu verrenken, dass jeder Yogameister bei dem Anblick vor Neid erblassen würde. Der fetale Knorpel nimmt die Form des späteren Knochens an; er fungiert also als eine Art Matrize. Mineralsalze wie beispielsweise das Kalzium werden in die Matrize eingelagert, und der Knorpel verknöchert im Rahmen der enchondralen Ossifikation (bedeutet »Verknöcherung«). Die Ossifikation beginnt in der Markhöhle des Knochens, der Cavitas medullaris (medulla ist lateinisch für »innerst« oder »mittig«; siehe dazu auch Abbildung 4.1). Die Zellen, aus denen der Knochen gebildet wird (Osteoblasten), lassen die Knorpelzellen kontinuierlich verkalken. Während ein Kind wächst, ersetzen die Osteozyten (Knochenzellen) die Osteoblasten, die den Knorpel in Knochen umwandeln. Genau gesagt findet Knochenwachstum nur in den Epiphysen bestimmter Knochen statt. Für die Ossifikation wird das Peptidhormon Calcitonin benötigt, das in der Schilddrüse produziert wird. Calcitonin reguliert den Metabolismus von Kalzium, einem Mineral, das für die Ossifikation unverzichtbar ist. Die Epiphysenfuge besteht aus hyalinem Knorpelgewebe und bildet die Wachstumszone der Knochen. Wenn sich die Knorpelzellen in der Epiphyse teilen, dann wächst der Knochen in

die Länge. Hören die Knorpelzellen auf, sich zu teilen, so endet auch das Längenwachstum des Knochens, und die endgültige Körpergröße ist erreicht.

Ein Blick auf die Heilung von Frakturen Frakturen sind Knochenbrüche. Der Körper repariert Knochenbrüche in vier Stufen. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die unterschiedlichen Frakturarten: Splitterfraktur: Der Knochen ist in mehrere Teile zerbrochen. Komplette Fraktur: Der Knochen ist in zwei Teile zerbrochen. Komplizierter Bruch (offener Bruch): Der gebrochene Knochen ragt durch die Haut, die er zerschneidet, nach außen. Grünholzfraktur: Der Bruch ist unvollständig. Stellen Sie sich vor, einen Zweig zerbrechen zu wollen, der noch frisch und grün ist. Er wird nicht glatt in zwei Teile brechen, sondern splittern – so sieht auch der Knochen aus. Kompressionsfraktur: Wenn ein Knochen bricht, werden die beiden Bruchenden gegeneinander gepresst. Stauchungsfraktur: Der Knochen ist infolge einer Stauchung (Kompression des Knochens in Längsrichtung) der Länge nach gespalten. Einfache Fraktur: Der gebrochene Knochen durchbricht die Haut nicht. Wenn Sie das Pech haben, sich wie meine sechs Jahre alte Nichte, die in der Schule vom Klettergerüst gefallen ist, einen Knochen zu brechen, dann werden Sie einige Phasen der Heilung durchlaufen. Ihr Körper unternimmt all die notwendigen Reparaturen alleine; eine Schiene, Schrauben oder Drähte halten Ihren Knochen ruhig, damit Ihr Körper ihn problemlos heilen kann. Die folgende Liste gibt Ihnen einen Überblick darüber, wie die Heilung vor sich geht:

1. Ein Hämatom (Blutgerinnsel) bildet sich im Spalt, der durch den Knochenbruch entsteht. Blut sickert aus den verletzten Blutgefäßen; durch die Gerinnung wird verhindert, dass noch mehr Blut aus den verletzten Gefäßen dringt. Das Gebiet um den Bruch und das Hämatom herum schwillt an und entzündet sich, da Zellen des Immunsystems in das Gebiet einwandern, um eine Infektion zu vermeiden. (In Kapitel 13 finden Sie mehr Informationen über das Immunsystem.) 2. Die Reparatur des Gewebes beginnt, indem faserreiches Knorpelgewebe den Raum der Bruchstelle einnimmt. Fasern des Proteins Kollagen verknüpfen die Knochenstücke miteinander. 3. Ein knöcherner Kallus bildet sich, um die zerbrochenen Teile miteinander zu verbinden. Dies geschieht, indem die knochenbildenden Zellen, die Osteoblasten, Spongiosa mit Trabekeln bilden (das Grundgerüst). 4. Wiederaufbau findet statt. Die Osteoblasten, die neue Knochenzellen bilden, setzen ein Gerüst aus neuen, kompakten Knochenzellen an die Bruchenden. Während die neu gebildeten Zellen entstehen, absorbieren die zellzerstörenden Osteoklasten das lockere, spongiöse Knochengewebe und bilden so eine neue Cavitas medullaris.

Weil Ihr Körper fortwährend alte Knochenzellen durch neue ersetzt, benötigen Sie Kalzium nicht nur als Kind, sondern ein Leben lang. Erwachsene scheinen sogar mehr Kalzium zu brauchen als Kinder!

Ein ständiger Auf- und Abbau im Knochen Selbst wenn sich Ihre Knochen bester Gesundheit erfreuen, kann Ihr Körper die Dinge nicht einfach sich selbst überlassen. Veränderung findet in lebendigen Geweben kontinuierlich statt, und diese zappeligen Osteoblasten und Osteoklasten brauchen schließlich ein bisschen Beschäftigung. Wie in jedem anderen Gewebe Ihres Körpers auch werden alte, ausgediente Zellen ihres Dienstes enthoben und durch junge, frische Zellen ersetzt.

Die Osteoklasten absorbieren die müden Knochenzellen, und die Zelltrümmer werden über die Blutbahn wegtransportiert. Was nicht gebraucht wird, wird über das Exkretionssystem als Abfall ausgeschieden. Das Kalzium wird jedoch über den Blutstrom wiederverwertet und von den Osteoblasten zum Bau neuer Knochenzellen verwendet.

Konzentration auf Ihre Mitte: die Knochen des Achsenskelettes Das Achsenskelett besteht aus den Knochen, die entlang der Zentralachse des Körpers angeordnet sind wie beispielsweise die Wirbelsäule. Um sich leichter merken zu können, welche Knochen zum Achsenskelett gehören, müssen Sie nur an die Wirbelsäule denken, die in der Körpermitte nach unten verläuft – die Knochen, die direkt mit ihr verbunden sind, gehören zum Achsenskelett: der Brustkorb (Rippenbogen) und der Schädel. Das Zungenbein (lesen Sie mehr darüber im Kasten »Der schwebende Knochen«) befindet sich auf einer Linie mit dem Schädel und der Wirbelsäule und wird deshalb, obwohl er nicht an einem anderen Knochen befestigt ist, zum Achsenskelett gezählt.

Was für ein (Dick-)Schädel! Falls Sie der Meinung sind, dass Ihr Schädel ein großes Knochenstück ist, das sich einfach wie eine Mütze über Ihr Gehirn stülpt, liegen Sie leider falsch. Der menschliche Schädel (Abbildung 4.4) besteht aus dem Cranium und den Gesichtsknochen. Die Gesichtsknochen umgeben verschiedene Hohlräume, die als Sinus (Hohlraum, gewölbte Höhle) bezeichnet werden. Diese merken Sie ziemlich unangenehm, wenn Sie eine Erkrankung der oberen Atemwege haben, aber das ist natürlich nicht ihr eigentlicher Zweck.

Abbildung 4.4: Der menschliche Schädel: Cranium und Gesichtsknochen

Das Cranium Die acht Knochen des Craniums schützen Ihr Gehirn und sind durch feste, unbewegliche Gelenke miteinander verbunden, die Suturae heißen. Sutura bedeutet »Naht«, und genau so sehen die Suturae des Schädels auch aus: wie feine Nähte. Die folgende Liste zählt die Knochen des Craniums auf, die durch solche Nähte miteinander verbunden sind: Os ethmoidale: Setzt sich aus mehreren Anteilen, auch Platten genannt, zusammen, von denen die meisten die Nasenhöhle bilden. Eine dieser Platten, die Lamina cribriformis, besitzt kleine Löcher, durch die Nervi olfactorii (Riechnerven) hindurchziehen. Os frontale: verleiht der Stirn, den Augenhöhlen und Teilen der Nase ihre Form Os occipitale: formt den Hinterkopf und die Basis des Craniums. Durch das Foramen magnum, eine Öffnung im Os

occipitale, kann das Rückenmark durch den Schädel hindurch in das Gehirn ziehen. Os parietale: zwei Knochen, die das Dach und die Seiten des Craniums bilden. Os temporale (dexter et sinister): Diese zwei Knochen formen an den Schläfen die Seiten des Craniums. Jeder der zwei Knochen beinhaltet die folgenden Strukturen: Meatus accusticus externus: die Öffnung zum Ohrkanal Fossa mandibularis: setzt an die Mandibula (den Unterkiefer) an Processus mastoideus: bietet Platz für den Ansatz der Halsmuskulatur am Kopf Processus styloideus: dient als Ansatzpunkt für die Muskeln der Zunge und des Kehlkopfes (Larynx) Os sphenoidale: Er hat die Form eines Schmetterlings oder eines Sattels (je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet) und bildet den Boden des Craniums und die Seiten der Augenhöhlen (Orbitae). In einer zentral gelegenen Grube des Os sphenoidale, die als Sella turicica bezeichnet wird, liegt die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), die zahlreiche, sehr wichtige Körperfunktionen kontrolliert. (In Kapitel 8 finden Sie mehr Informationen über die Hypophyse.)

Schau mir in die Augenhöhlen, Kleines! Der Großteil Ihres Gesichtes besteht aus Muskeln, Fettgewebe, Bindegewebe, Knorpel und Haut. Neben den Knochen des Craniums, die Ihr Gesicht formen, gibt es aber auch noch mehrere Hohlräume (Cavitates) wie beispielsweise die Augenhöhlen (Orbitae) oder die Nasenhöhle (Cavitas nasi). Die weiteren, recht kleinen Gesichtsknochen sind:

Os lacrimalis (dexter et sinister): zwei winzige Knochen, die auf den Innenwänden der Augenhöhlen sitzen. Eine Furche im Os lacrimale in den Augenhöhlen sowie der Nasenhöhle bildet den Canalis nasolacrimalis (Tränennasenkanal). Tränen fließen durch das Auge und durch den Kanal bis in Ihre Nasenhöhle. Das erklärt, weshalb Ihre Nase »läuft«, wenn Sie weinen. Mandibula: der Unterkiefer. Er ist der einzige bewegliche Knochen in Ihrem Schädel. Maxilla: Zwei dieser Knochen bilden den Oberkiefer. Os nasale: besteht aus zwei rechtwinklig angeordneten Knochen, die die Nasenbrücke bilden. Der untere, bewegliche Teil besteht aus Knorpelgewebe. Os palatinum: bildet den harten Gaumen (das Dach der Mundhöhle). Die andere Seite des harten Gaumens ist gleichzeitig der Boden der Nasenhöhle. Vomer: bildet zusammen mit dem Os ethmoidale das Nasenseptum (Nasenscheidewand). Das ist der Teil Ihrer Nase, der durch einen kräftigen Faustschlag verformt werden kann – oder, wie in meinem Fall, durch einen wenig eleganten Supermannflug von der Couch, als ich drei Jahre alt war. Os zygomaticum: formt die Wangenknochen und die Seiten der Augenhöhlen.

Was ist eine Gaumenspalte? Der Gaumen ist das Dach Ihrer Mundhöhle. Der vordere Teil des Gaumens, der direkt hinter Ihren Frontzähnen liegt, ist hart; der hintere Teil ist weich. Das Os palatinum bildet den harten Gaumen. Eine Gaumenspalte, auch »Wolfsrachen« genannt, entsteht, wenn die beiden Anteile des Os palatinum während der fetalen Entwicklung nicht miteinander verschmelzen. Dadurch entsteht ein Loch zwischen den beiden Teilen des Os palatinum und somit auch eine Verbindung zwischen dem Dach der Mundhöhle und der Nasenhöhle.

Die Nebenhöhlen

Nebenhöhlen gewähren der Luft Zugang zum Schädel und sorgen dafür, dass dieser weniger wiegt und Sie Ihren Kopf leichter heben können. Die Luft in Ihren Nebenhöhlen verleiht auch Ihrer Stimme Resonanz. Wenn Sie erkältet sind und Ihre Nebenhöhlen verstopft sind, dann klingt Ihre Stimme doch dumpf, oder? Die Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) haben Verbindung mit Ihrer Nase (para bedeutet »nah«; nas- bedeutet »Nase«). Das haben Sie sicher schon gemerkt, wenn Sie sich einen Schnupfen eingefangen haben. Diese können Sie relativ einfach anhand ihrer Lage zuordnen: Sinus frontalis (Stirnhöhle) Sinus sphenoidalis (Keilbeinhöhle) Sinus ethmoidalis (Siebbeinzellen) Sinus maxillaris (Kieferhöhle)

Der schwebende Knochen Das Zungenbein (Os hydoideum; Abbildung 4.5) ist ein kleiner, U-förmiger Knochen, der direkt über Ihrem Kehlkopf (Larynx) liegt. Während des Sprechens verankert er die Zunge und die anderen Muskeln, die an ihm ansetzen. Trotzdem ist das Zungenbein selbst nicht an anderen Strukturen befestigt. Es ist der einzige Knochen, der nicht mit einem anderen Knochen verbunden ist. Das Zungenbein hängt an Bändern, die beiderseits am Processus styloideus (Griffelfortsatz) des Os temporale (Schläfenbein) befestigt sind.

Abbildung 4.5: Das Zungenbein

Die Wirbelsäule entlangkurven Die Wirbelsäule nimmt über die Hälfte Ihrer Körperlänge ein. Sie nimmt ihren Anfang im Schädel und reicht bis hinunter zum Becken. Die Wirbelsäule besteht, wie der Name schon sagt, aus Wirbeln, und jeder dieser Wirbel ist ein eigener Knochen. Insgesamt besteht die Wirbelsäule aus einer ganzen Menge Knochen – es sind 33, um genau zu sein). Eine wichtige Funktion der Wirbelsäule und all ihrer Knochen besteht darin, das Rückenmark zu schützen – das ist die Lebenslinie zwischen Ihrem Körper und Ihrem Gehirn. Nahezu alle Nerven sind – direkt oder indirekt über Verästelungen – mit dem Rückenmark verbunden, welches durch das Foramen magnum (die Öffnung in Ihrem Schädel) in Ihr Gehirn zieht. Wenn Sie einen Blick von der Seite auf die Wirbelsäule werfen, dann werden Sie feststellen, dass sie fünfmal gebogen ist: nach

außen, nach innen, nach außen, nach innen und wieder nach außen (Abbildung 4.6). Die Biegungen in der Wirbelsäule helfen ihr dabei, Erschütterungen zu absorbieren und äußerem Druck viel besser standzuhalten, als wenn sie gerade wäre. Eine gebogene Wirbelsäule ermöglicht zudem mehr Balance durch eine bessere Verteilung des Schädelgewichtes auf die Hüftknochen. Dies ist notwendig, um aufrecht gehen zu können. Eine gebogene Wirbelsäule sorgt zudem dafür, dass Ihr Schwerpunkt nicht so weit oben liegt, dass Sie vornüberkippen. Die Wirbelsäule wird entsprechend den fünf Biegungen in unterschiedliche Regionen unterteilt: die Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie das Kreuzbein und das Steißbein. Die Anzahl der Wirbel in jedem Wirbelsäulenabschnitt sowie weitere Merkmale finden Sie in Tabelle 4.2.

Abbildung 4.6: Die Wirbelsäule in der Seitenansicht

Abschnitt

Anzahl der Wirbel

Merkmale

Halswirbelsäule (Cervikalregion)

7

Der Schädel ist mit dem ersten Wirbel dieses Abschnittes, dem Atlas, verbunden.

Brustwirbel (Thorakalregion)

12

Die Rippen setzen an diesen Wirbelsäulenabschnitt an.

Lendenwirbelsäule 5 (Lumbalregion)

Diese Region ist der größten Belastung ausgesetzt.

Kreuzbein (Sakrum)

5 (zum Kreuzbein verschmolzen)

Das Kreuzbein bildet gemeinsam mit den Hüftknochen das Hüftgelenk.

Steißbein

4 bis 5 (zum Steißbein verschmolzen)

Das Steißbein ist das Überbleibsel des Schwanzes, der beim Menschen im Zuge der Evolution verloren ging.

Tabelle 4.2: Die fünf Wirbelsäulenabschnitte

Die Wirbelsäule bietet neben vielen anderen nützlichen Eigenschaften auch Anknüpfungspunkte für andere Knochen Ihres Skelettes. Der Schädel ist mit der Spitze der Wirbelsäule verbunden. Der erste

Halswirbel (Cervikalwirbel Nummer 1 oder kurz »C-1« genannt) ist der Atlas, der den Kopf stützt und ihm die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung (das Nicken) erlaubt. Der zweite Halswirbel (C-2), der Axis, gestattet dem Kopf die Seitwärtsbewegung (das Kopfschütteln). Sie können diese beiden Wirbel leicht auseinanderhalten, wenn Sie sich die griechische Sage von Atlas, der die Welt auf den Schultern trug, ins Gedächtnis rufen. Ihr Atlas trägt Ihren Kopf auf den Schultern.

Körbe sind manchmal gar nicht so übel Der Brustkorb (Thorax) besteht aus den Brustwirbeln, den Rippen und dem Sternum (Brustbein; siehe Abbildung 4.7). Der Brustkorb ist für den Schutz des Herzens und der Lunge unbedingt notwendig und bietet zudem Platz für den Ansatz der Schulterknochen. Sie haben zwölf Rippenpaare in Ihrem Brustkorb. Einige Ihrer Rippen sind echt, manche sind falsch und wieder andere sind frei. Alle Rippen sind mit den Knochen in Ihrem Rücken verbunden (den Brustwirbeln). Vorne setzen die echten Rippen direkt am Sternum an; falsche Rippen sind über Rippenknorpel (Cartilagines costales) mit dem Sternum verbunden. Die letzten zwei Rippenpaare werden als »frei« bezeichnet, da sie keinerlei Verbindung zum Brustbein haben. Diese freien Rippen schützen die Bauchorgane wie beispielsweise die Nieren, nehmen dem Darm aber seinen Platz im Bauchraum nicht weg. Das Sternum besteht aus drei Teilen: dem Manubrium, dem Körper und dem Processus xiphoideus. Die Verdickung, die Sie in der Mitte Ihrer Brust in Höhe der Schlüsselbeine fühlen können, ist die Spitze Ihres Manubriums. Der mittlere Teil des Brustbeins ist der Körper und der untere Teil der Processus xiphoideus. Der Processus xiphoideus ist ein Orientierungspunkt für die Herz-Lungen-Reanimation; wenn Sie drei Finger waagerecht über den Processus xiphoideus legen, ist dies der Punkt, an dem mit der Herz-Lungen-Reanimation begonnen werden sollte.

Abbildung 4.7: Das menschliche Skelettsystem

Das Extremitätenskelett Das Extremitätenskelett besteht aus den Anhängen, die am Achsenskelett befestigt sind und mit dessen Knochen eine Verbindung eingehen (siehe oben). Im Einzelnen sind dies der Schultergürtel, der Beckengürtel sowie die Knochen der Arme und Beine.

Gürtel tragen: Jeder Mensch hat zwei Sie sind im Besitz von zwei großen Gürteln: dem Schultergürtel und dem Beckengürtel. Diese Gürtel haben die Funktion, Körperteile zusammenzuhalten und sind damit gar nicht so viel anders als die Gürtel, die Röcke oder Hosen am Körper halten. Zusammen mit den Armen und Beinen, die mit den beiden Gürteln verbunden sind, bilden sie das Extremitätenskelett.

Die Schultern Dieser Teil Ihres Körpers umschließt den obersten Wirbelsäulenabschnitt und bietet Ansatzstellen für die oberen Extremitäten (also die Arme). Der Schultergürtel (Abbildung 4.7) besteht aus den beiden Schlüsselbeinen (Claviculae) und zwei dreieckigen, flachen Schulterblättern (Scapula), die den Arm- und Brustmuskeln eine breite Ansatzfläche bieten. Die Schlüsselbeine sind über jeweils drei Bänder mit den Schulterblättern verbunden. Die Schlüsselbeine (Abbildung 4.8) sind die einzigen Anteile des Schultergürtels, die mit dem Achsenskelett verbunden sind. Sie setzen am Manubrium am oberen Ende des Sternums an. Da der Schultergürtel nur wenig Verbindung mit dem Achsenskelett eingeht, haben die Strukturen des Schultergürtels wie beispielsweise die Schultern einen großen Bewegungsspielraum, neigen aber daher auch zu Dislokationen (Verrenkungen).

Abbildung 4.8: Die beiden Schlüsselbeine

Warum Sport gut für Ihre Knochen ist Sie wissen wahrscheinlich, dass Gymnastik und Gewichtheben gut für Ihr Herz und Ihre Muskeln sind, aber kennen Sie schon die positiven Auswirkungen dieser Übungen auf Ihre Knochen? Bewegung – besonders körperlich anstrengende Sportarten (wie solche, bei denen die Hüften und die Beine bewegt werden: Gehen, Laufen, Rad fahren, Gewichtheben) – steigert unabhängig von Ihrem Alter die Aktivität der Osteoblasten. Osteoblasten sind die knochenbildenden Zellen, die später zu Osteozyten heranreifen. Wenn Sie also mehr Knochenzellen bilden, werden Ihre Knochen kräftiger. Bewegung beugt zudem Osteoporose vor; das ist eine Erkrankung, bei der die von den Osteoklasten abgebauten Osteozyten nicht vollständig ersetzt werden und der Knochen infolgedessen brüchig wird. Muskeltraining bedeutet auch gleichermaßen Training für Ihre Knochen und Gelenke, da es Ihre Kraft und Beweglichkeit erhält. Und was ist wichtiger als ein stabiles Fundament?

Weshalb Frauen breitere Hüften haben als Männer

Das ist jetzt bestimmt keine schockierende Neuigkeit für Sie: Frauen sehen anders aus als Männer. Die meisten Männer sind eher gerade gebaut und haben nicht so viele Rundungen (außer vielleicht vorn am Bauch …). Bei Frauen dagegen scheinen die Hüften oft breiter zu sein als die der Männer, die Darmbeinknochen (Os ileum) stehen weiter auseinander, und auch das echte Becken der Frauen – der Ring, der von den Hüftknochen, dem Sitzbein (Os ischii), dem unteren Anteil des Sitzbeins (Os ileum) und dem Steißbein gebildet wird – ist breiter und runder. Das echte Becken eines Mannes ist eher trichterartig geformt. Diese Unterschiede im anatomischen Aufbau ist physiologisch sinnvoll: Wenn Frauen Babys gebären, müssen diese das Becken der Mutter irgendwie passieren können. Auch andere Unterschiede zwischen den Geschlechtern resultieren aus der Rollenverteilung bei der Reproduktion: Das Kreuzbein der Frau ist breiter und weiter nach hinten geneigt als beim Mann; das Steißbein der Frau ist beweglicher als das des Mannes. Diese Unterschiede erlauben es dem Becken, bei der Geburt eines Kindes leichter nachzugeben. In der Schwangerschaft wird zudem das Hormon Relaxin produziert, das die am Becken ansetzenden Bänder entspannt. So können sich die Knochen, die von diesen Bändern zusammengehalten werden, während der Geburt etwas weiten.

Welch ein Hüftschwung Elvis Presley (»Elvis the Pelvis«) setzte in dieser Hinsicht vor etwa 60 Jahren Maßstäbe – die Beweglichkeit seiner Hüfte war wirklich legendär. Das Becken (Pelvis, siehe Abbildung 4.7) besteht aus den Hüftknochen (Os coxae), dem Kreuzbein (Sakrum oder Os sacrum) und dem Steißbein (Os coccygis). Die Hüftknochen tragen das Körpergewicht und müssen deshalb sehr stark sein. Hüftknochen setzen sich aus dem Darmbein (Os ileum), dem Sitzbein (Os ischii) und dem Schambein (Os pubis) zusammen. Sie werden beim Wort »Hüfte« vermutlich zuerst an das Os ileum denken, also die großen, flachen Knochen auf beiden Seiten Ihrer Hüfte. Der Teil, den Sie da tatsächlich fühlen können, ist der Beckenkamm (Crista iliaca). Im unteren Teil Ihres Rückens verbindet sich das Os ileum mit der Wirbelsäule und dem Kreuzbein (Os sacrum); das Gelenk, das gebildet wird, heißt entsprechend Ileosakralgelenk (Articulatio sacroiliaca). Für Menschen mit Schmerzen im unteren Rückenbereich ist das übrigens ein ziemlich wunder Punkt, denn Arthritis, eine Fehlstellung von Knochen oder Probleme mit den Nerven können sich hier sehr unangenehm auswirken. Durch die Incisura ischiadica major verlaufen Blutgefäße

und der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus), der in das Bein hinunterzieht. Wird der Ischiasnerv gequetscht, kann das ziemlich schmerzhaft sein. Das Sitzbein formt den hinteren Teil Ihrer Hüfte. Sie besitzen zwei Sitzbeine; eines in jeder Gesäßhälfte. Wirklich sitzen tun Sie aber nicht auf dem ganzen Sitzbein, sondern auf dem Sitzbeinhöcker (Tuberositas ischii). Die Tuberositas ischii ist nach außen geneigt, und die Spina ischiadica – der Sitzbeindorn, der etwa dort sitzt, wo sich das Os ileum und das Os ischii treffen – führt direkt in das Becken hinein. Der Abstand zwischen den beiden Anteilen der Spina ischiadica einer Frau ist der Schlüssel dafür, dass ihre Kinder durch die Vagina hindurch geboren werden können (siehe Kapitel 14 und 15); die Öffnung zwischen der linken und der rechten Spina ischiadica muss groß genug sein, damit der Kopf des Kindes passieren kann.

Extremitäten: Arme und Beine Ihre Arme und Beine sind Extremitäten oder Appendizes. »Append« bedeutet, »etwas an einem größeren Körper befestigen«. Ein Beispiel dafür ist der Appendix – der Anhang, der am Ende eines Buches zu finden ist. Als Anhänge Ihres größeren Körpers stellen die Arme und Beine sowie die beiden Gürtel, die Ihre Gliedmaßen mit dem Achsenskelett verbinden, das Extremitätenskelett dar.

Reich mir die Hand (und den Arm dazu) Ihre oberen Extremitäten (oder auch Arme) sind mit Ihrem Schultergürtel verbunden (siehe Abbildung 4.7). Die Knochen, die das Grundgerüst Ihrer oberen Extremität bilden, sind der Humerus in Ihrem Oberarm, der Radius und die Ulna in Ihrem Unterarm sowie die Karpalknochen, Metakarpalknochen und Phalangen in Ihren Händen. Ihr Oberarmknochen (Humerus) schließt an das Schulterblatt (Scapula) an. Am Schulterblatt befindet sich eine Einkerbung, die Cavitas glenoidea genannt wird und in den Kopf des Humerus hinein passt. Die Muskeln, die für die Bewegung des Armes und der Schulter zuständig sind, setzen am großen und kleinen Knochenhöcker (Tuberculum majus

und Tuberculum minus) an, zwei Punkten in der Nähe des Humeruskopfes. Zwischen den beiden Tuberkeln befindet sich eine Rinne, der Sulcus intertubercularis, der die Ansatzstelle für die Bizepssehne ist. An einer Stelle des Humerus, die als Tuberositas deltoidea bezeichnet wird, setzt außerdem noch der Musculus deltoideus der Schulter an, der Ihnen das Heben und Senken Ihres Armes ermöglicht. Die Knochen des Unterarmes setzen an vier verschiedenen Punkten an dem Ende des Humerus an, an dem sich der Ellenbogen befindet: Capitulum humeri: Condylus (»Knauf«), der dem Radius des Unterarms eine Ansatzstelle am Humerus bietet. Trochlea: Condylus am Humerus, der neben dem Capitulum sitzt und eine Ansatzstelle für die Trochlea humeri der Ulna bietet. Fossa coronoidea: Vertiefung am Humerus, die einem Vorsprung der Ulna (dem Processus coronoideus) Platz bietet, wenn der Ellenbogen gebeugt ist. Fossa olecrani: Vertiefung am Humerus, die einem Vorsprung der Ulna (dem Processus olecrani) Platz bietet, wenn der Arm gestreckt ist. Das passt doch gut zusammen, nicht? Sowohl der Radius als auch die Ulna gehen Verbindungen mit den Knochen am Handgelenk ein. Das Handgelenk setzt sich aus acht kleinen, unregelmäßig geformten Knochen zusammen, die als Karpalknochen bezeichnet werden. Die Bänder, die die Karpalknochen miteinander verbinden, sind sehr straff, aber dadurch, dass Ihr Handgelenk aus so vielen Knochen besteht, lässt es sich mühelos in viele Richtungen bewegen. Die acht Karpalknochen Ihrer Hand heißen: Os pisiforme, Os triquetrum, Os lunatum, Os scaphoideum, Os trapezium, Os trapezoideum, Os capitatum sowie Os hamatum. In Ihrer Handfläche befinden sich fünf Knochen, die Metakarpalknochen genannt werden. Wenn Sie Ihre Hand zur Faust ballen, können Sie die Enden der Metakarpalknochen sehen – die Form Ihrer Handknöchel. Ihre Finger bestehen aus Knochen, die »Phalangen« heißen; in jedem Finger gibt es

drei Phalangen (Singular: Phalanx): den Phalanx proximalis, der am Knöchel ansetzt, den Phalanx medialis und den Phalanx distalis, dem Knochen in Ihrer Fingerspitze. Der Daumen besteht aus nur zwei Phalangen und wird deshalb nicht als echter Finger angesehen. Sie haben demnach acht Finger und zwei Daumen oder eben zehn Finger, je nachdem, wie Sie die Sache betrachten wollen.

Den Fuß auf Ihre unteren Extremitäten setzen Ihre unteren Gliedmaßen bestehen aus dem Oberschenkelknochen (Femur), Schienbein (Tibia) und Wadenbein (Fibula) sowie den Fußknochen: den Tarsalknochen, Metatarsalknochen und Phalangen (siehe Abbildung 4.7). Die Bezeichnung Phalangen bezieht sich sowohl auf die Fingerknochen als auch auf die Knochen der Zehen. Der Femur ist der stärkste und zugleich längste Knochen im Körper. Der Kopf des Femurs passt in die ausgehöhlte Region in den Hüftknochen, die Acetabulum genannt wird. Bei den Frauen sind die beiden Acetabula kleiner; sie stehen aber weiter auseinander als bei den Männern. Dieser anatomische Unterschied gestattet den Frauen eine größere Beweglichkeit der Oberschenkel als den Männern. Der Trochanter major und der Trochanter minor des Femurs sind Flächen, an denen die Muskeln der Beine und des Gesäßes ansetzen können. Das sind die größten Knochenvorsprünge zum Ansatz von Muskeln, die im Körper zu finden sind! Die Linea aspera ist eine Linie, die auf der Rückseite des Femurs verläuft und an der ebenfalls viele Muskeln ansetzen. Der Femur formt zusammen mit den Knochen des Unterschenkels das Knie. Die Patella (Kniescheibe«) ist mit der Unterseite des Femurs gelenkig verbunden. Der Femur besitzt zudem zwei Knäufe: den Condylus lateralis sowie den Condylus medialis, die an das obere Ende der Tibia ansetzen. Die Bänder der Patella sitzen an der Tuberositas tibiae an. Am unteren, inneren Ende der Tibia befindet sich eine Ausbuchtung namens Malleolus medialis, die einen Teil der Innenseite des Fußknöchels bildet.

Die Tibia, auch »Schienbein« genannt, ist viel dicker als die Fibula (Wadenbein) und liegt auf der Innenseite (medial) des Unterschenkels. Obwohl die Fibula dünner ist, ist sie genauso lang wie die Tibia. Am unteren, äußeren Ende der Fibula befindet sich der Malleolus lateralis, der den äußeren Teil Ihres Knöchels bildet. Ihr Fuß ist im Prinzip genauso aufgebaut wie Ihre Hand. Der Fußknöchel, der im Aufbau Ihrem Handgelenk gleicht, besteht aus sieben Tarsalknochen. Zusammen werden sie als Tarsus bezeichnet; doch nur einer der sieben Knochen ist Teil eines Gelenkes mit breitem Bewegungsspektrum: der Talus. Der Talus ist über ein Gelenk mit der Tibia und der Fibula verbunden und gestattet Ihrem Knöchel die Rotationsbewegung. Der größte Tarsalknochen ist der Calcaneus, der Ihre Ferse bildet. Der Talus und der Calcaneus helfen beim Tragen Ihres Körpergewichts mit. Ihre Fußsohle entspricht der Handfläche, und so, wie es in Ihrer Hand Karpal- und Metakarpalknochen gibt, gibt es in Ihrem Fuß Tarsal- und Metatarsalknochen. Die Enden der Metatarsalknochen bilden den Fußballen. Auch Ihre Metatarsalknochen tragen einen Teil des Körpergewichtes. Zusammen mit den Tarsalknochen, mit denen die Metatarsalknochen über Bänder und Sehnen verbunden sind, bilden sie das Gewölbe Ihrer Fußsohlen. Ihre Fußzehen werden, wie Ihre Finger ja auch, Phalangen genannt. Und so wie Ihr Daumen besteht der große Zeh ebenfalls nur aus zwei Phalangen. In Ihren übrigen Zehen befinden sich jedoch drei Knochen: der Phalanx proximalis, medialis und distalis.

Starke Füße, festes Fundament Die Bögen Ihrer Fußsohlen helfen dabei, den Druck, der durch den Aufprall Ihrer Füße beim Gehen oder Laufen entsteht, abzudämpfen. Sie helfen zudem, Ihr Körpergewicht gleichmäßig auf die Fußknochen zu verteilen, die die Hauptlast zu tragen haben: den Calcaneus (Ferse) und den Talus (Knöchel). Die Ferse, der Knöchel und die Metatarsalknochen tragen zusammen einen großen Teil Ihres Körpergewichtes. Wenn die Bänder und Sehnen erschlaffen, die zusammen mit den Tarsal- und Metatarsalknochen die Bögen der Füße bilden, dann bekommt man Plattfüße. Menschen mit Plattfüßen sind anfälliger für Schäden der Fußknochen, da auf diese Knochen vermehrt Druck ausgeübt wird. Als Beispiele für solche Schäden wären zu nennen: die Ballenzehe (eine schmerzhafte Fehlstellung des ersten

Metatarsalknochens des großen Zehs) sowie der Fersensporn, ein knochiger Überwuchs des Calcaneus, der beim Laufen Schmerzen verursacht. Plattfüße können außerdem Knieschmerzen, Hüftschmerzen oder Schmerzen im unteren Rückenbereich verursachen.

Vielsagende Gelenke Gelenke heißen auf Latein articulatio. »Articularis« bedeutet »gelenkig verbunden«. Es gibt viele verschiedene Arten von Gelenken; ihre Einteilung erfolgt meist aufgrund ihrer Bewegungsmöglichkeiten. Dieser Abschnitt macht Sie mit den verschiedenen Gelenkarten und ihrem Bewegungsspektrum vertraut.

Springende Gelenke Vielleicht denken Sie beim Wort »Gelenk« an das scharnierartige Gelenk in Ihrem Knie, aber ein Gelenk ist einfach nur die Verbindung zwischen zwei Knochen. So gibt es Gelenke, die frei beweglich sind, solche, die ein wenig beweglich sind, und Gelenke, die sich überhaupt nicht bewegen können.

Verbindungen unbeweglicher Knochen Synarthrosen nennt man Gelenke, die unbeweglich sind. Beispiele für starre Gelenke in Ihrem Körper sind die Synarthrosen, die Ihre Schädelknochen miteinander verbinden. Die Suturae zwischen den verschiedenen Knochen im Cranium sind nicht beweglich, nur eine dünne Bindegewebsschicht verbindet sie miteinander. In Ihrem Schädel gibt es folgenden Nähte: Sutura coronalis: schließt an die Ossa parietalia und das Os frontale an Sutura lambdoidea: hat Verbindung zu den Ossa parietalia und dem Os occipitale Sutura sagittalis: verbindet die beiden Ossa parietalia miteinander Sutura squamosa: zwischen den Ossa parietalia und dem Os temporale dexter et sinister

Verbindungen wenig beweglicher Knochen Gelenke, die geringe Bewegungen zulassen, werden Amphiarthrosen genannt. Sie bestehen entweder aus fibrösem Knorpel (Faserknorpel) oder hyalinem Knorpel (siehe Kapitel 3). Beispiele hierfür sind die Wirbel Ihrer Wirbelsäule. Die Bandscheiben liegen zwischen den einzelnen Wirbeln und gestatten der Wirbelsäule ein geringes Maß an Bewegung.

Verbindungen frei beweglicher Knochen Diarthrosen sind die Art von Gelenken, die Ihnen vielleicht zuerst in den Sinn kommen, wenn Sie an »frei bewegliche« Gelenke denken (Tabelle 4.3). Diarthrosen sind synoviale Gelenke, da der Gelenkspalt, der sich zwischen zwei miteinander verbundenen Knochen befindet, mit einer Synovialmembran ausgekleidet ist und Synovia enthält. Das ist eine Flüssigkeit, die Schmier- und Pufferfunktion für das Gelenk hat. Gelenktyp

Beschreibung

Bewegung

Beispiele

Kugelgelenk

Der kugelförmige Kopf des einen Knochens passt genau in die Vertiefung (Pfanne) des anderen Knochens.

Kreisende Schulter, Hüfte Bewegungen; die Gelenke können sich in allen Ebenen bewegen; Rotation ist möglich.

Kondylengelenk Der ovale Condylus des einen Knochen passt in die ovale Vertiefung des anderen Knochens.

Bewegung in zwei verschiedenen Ebenen möglich, jedoch keine Rotation.

Handknöchel (Gelenke zwischen Metakarpalknochen und Phalangen)

Flaches Gelenk Flache oder leicht gebogene Oberflächen sind gelenkig miteinander verbunden.

Gleitende und drehende Bewegungen in alle Richtungen möglich, jedoch nur eingeschränkt.

Gelenke zwischen den Karpalknochen (Handgelenk); Gelenke zwischen den Knochen den Tarsalknochen (Fußknöchel)

Scharniergelenk Eine konvexe Oberfläche nimmt Verbindung mit einer konkaven Oberfläche auf.

Auf- und Ellenbogen, Knie Abwärtsbewegung in nur einer Ebene.

Gelenktyp

Beschreibung

Bewegung

Zapfen- oder Radgelenk

Der zylinderförmige Rotation ist die Vorsprung eines einzig mögliche Gelenkes ist von einem Bewegung. Ring eines anderen Knochens (sowie von Bändern) umgeben.

Gelenk zwischen Radius und Ulna (Ellenbogengelenk); Gelenk zwischen Atlas und Axis am oberen Ende der Wirbelsäule (Kopfgelenk)

Sattelgelenk

Beide Knochen haben Sattelform und passen in die sattelförmige Oberfläche des jeweils anderen Knochens, mit dem sie artikulieren.

Gelenk zwischen dem Karpal- und dem Metakarpalknochen des Daumens

Bewegung um zwei Achsen ist möglich.

Beispiele

Tabelle 4.3: Typen von Diarthrosen (synoviale Gelenke)

Diarthrosen werden durch Ligamente (Bänder) zusammengehalten, die aus fibrösem Bindegewebe bestehen. Sehnen (»Sehne« heißt auf Latein tendo) bestehen ebenfalls aus fibrösem Bindegewebe und verbinden Muskeln mit Knochen. Sehnen helfen auch bei der Stabilisierung von Gelenken, doch sie sind nicht direkt an der Bildung von Gelenken beteiligt. Bursae (Singular Bursa) sind flüssigkeitsgefüllte Schleimbeutel, die Scherkräfte, die zwischen Bändern und Sehnen sowie zwischen Sehnen und Knochen auftreten, vermindern. Das Knie enthält 13 dieser Bursae; entzünden sich diese, ist das eine Bursitis. Auch der »Tennisarm« ist auf einen entzündeten Schleimbeutel zurückzuführen, und zwar auf eine Bursitis im Ellenbogengelenk.

Was Ihre Gelenke so alles können Gelenke können unterschiedliche Bewegungen ausführen, und natürlich gibt es für jede Bewegungsform eine klangvolle Bezeichnung, wie die folgende Liste zeigt. Die beiden Grundbewegungsarten sind die winkelförmige (anguläre) sowie die kreisförmige (zirkuläre) Bewegung. Winkelbewegungen bestimmen die Größe des Winkels, der von Knochen gebildet wird, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind. Beispiele hierfür sind:

Abduktion bewegt einen Körperteil zur Seite, weg von der Körpermitte. Wenn Sie einen Schnee-Engel machen wollen und Ihre Arme und Beine nach außen-oben bewegen, dann ist das Abduktion. Adduktion bewegt einen Körperteil von der Seite her in Richtung der Körpermitte. Wenn Sie sich gerade in der »Schnee-Engel«Position befinden und Ihre Arme und Beine zurück an den Körper ziehen, ist das Adduktion. Extension vergrößert den Winkel. Unter Hyperextension versteht man, wenn ein Körperteil über eine Gerade hinaus bewegt wird (180 Grad), also zum Beispiel die gestreckten Arme hinter den Rücken führen. Flexion verringert den Winkel, der zwischen zwei Knochen liegt. Wenn Sie Ihren Unterarm in Richtung Ihres Oberarmes bewegen, dann ist das eine Flexionsbewegung. Kreisförmige Bewegungen können nur von Kugelgelenken wie dem Schulter- oder Hüftgelenk ausgeführt werden. Beispiele hierfür sind: Zirkumduktion nennt man die kreisförmige Bewegung eines Körperteils. Depression ist die Abwärtsbewegung eines Körperteils. Elevation ist die Aufwärtsbewegung eines Körperteils wie zum Beispiel das Achselzucken. Eversion geschieht nur in den Füßen, wenn der Fuß so gedreht wird, dass die Sohle nach außen zeigt. Inversion geschieht ebenfalls nur in den Füßen, wenn der Fuß so gedreht wird, dass die Sohle nach innen zeigt. Rotation ist die Bewegung eines Körperteils um seine eigene Achse herum. Die »Nein-Bewegung« (Kopfschütteln) ist ein Beispiel hierfür. Supination und Pronation sind Begriffe, die die Bewegungen Ihrer Arme in Bezug auf Ihren Rumpf beschreiben. Bei der Supination bewegen Sie Ihren Unterarm so, dass Ihre Handfläche nach oben

oder vorne zeigt. Pronation nennt man die Bewegung, bei der Ihr Unterarm in eine Position gebracht wird, bei der die Handfläche nach unten oder hinten weist.

Pathophysiologie des Skelettsystems Obwohl Knochen unglaublich stark sind, sind sie doch genauso anfällig für Verletzungen, Alterserscheinungen und Krankheiten wie andere Körperteile. In diesem Abschnitt finden Sie Informationen zu den häufigsten Erkrankungen, die Knochen oder Gelenke betreffen können.

Sind Sie vielleicht verdreht? Abnorme Verkrümmungen der Wirbelsäule können zu Schmerzen und einer ganzen Reihe Problemen führen. Wenn die Biegung der Lendenwirbelsäule stärker ausgeprägt ist als unter normalen Umständen, so nennt man dies Lordose, gemeinhin bekannt unter dem Begriff »Hohlkreuz«. In der Schwangerschaft verstärkt sich die Krümmung der Lendenwirbelsäule natürlicherweise, da die Frau den sich vergrößernden Bauch auf ihrem Körpergerüst balancieren muss. Manchmal bleibt das Hohlkreuz aber auch nach der Schwangerschaft bestehen, wenn die geschwächten Bauchmuskeln die Lendenwirbelsäule nicht mehr dabei unterstützen können, ihre ursprüngliche Position einzunehmen. Wenn man es sich angewöhnt, die Bauchmuskeln straff zu halten (anstatt sie sozusagen einfach heraushängen zu lassen), dann stärkt man damit die Körpermitte und beugt einem Hohlkreuz vor. (Das Biertrinken aufzugeben, kann dazu übrigens auch ganz hilfreich sein.) Ältere Menschen entwickeln manchmal eine übermäßige Krümmung der Brustwirbelsäule – einen Zustand, den man als Kyphose bezeichnet und der früher einfach »Buckel« genannt wurde. Osteoporose oder auch die normale, altersbedingte Degeneration oder Kompression der Wirbel führt zur Streckung der Hals- und Lendenwirbelsäulenabschnitte und drückt gleichzeitig die Brustwirbel nach außen, was eine Kyphose verursacht. Aber ein krummer Rücken betrifft nicht nur ältere Menschen. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, als Kind auf Skoliose untersucht worden zu sein? Skoliose ist eine Verdrehung der Wirbelsäule, die zum ersten Mal

im späten Kindesalter beziehungsweise zu Beginn der Jugend auftritt – genau dann, wenn man Körperbewusstsein zu entwickeln beginnt (Abbildung 4.9). Wenn Sie die normale Wirbelsäule von hinten betrachten, sieht sie gerade aus – die physiologische Doppel-S-Form ist nur von der Seite erkennbar. Bei Menschen mit Skoliose können Sie jedoch auch von hinten eine S-förmige Verbiegung der Wirbelsäule sehen.

Abbildung 4.9: Die Skoliose im Röntgenbild

Was es mit der Gicht auf sich hat

Gicht ist eine Erkrankung des Stoffwechsels, doch sie beeinflusst auch die Gelenke, indem sie diese rot, entzündet und schmerzhaft werden lässt. Gicht entsteht, wenn Harnsäure (die normalerweise über den Urin ausgeschieden wird) in die Gelenke eingelagert wird. Den erhöhten Harnsäuregehalt des Blutes nennt man Hyperurikämie. Man weiß bislang nur, dass dieser Zustand am Krankheitsbild der Gicht beteiligt ist; die genauen Ursachen der Hyperurikämie sind jedoch noch unklar. Das Blut kann einen erhöhten Harnsäuregehalt aufweisen, weil die Zellen aufgrund eines genetischen Defektes vermehrt Harnsäure produzieren, oder die Nieren scheiden nicht so viel Harnsäure aus, wie sie sollten. Die in den Gelenken eingelagerte Harnsäure kristallisiert dort zunächst und verursacht anfänglich noch keine Symptome. Mit der Zeit füllt sich das Gelenk jedoch so sehr mit den Kristallen, dass es anschwillt und zu schmerzen beginnt. Nach dem ersten Schub der Erkrankung können Monate bis Jahre ins Land gehen, bevor ein weiterer Schub auftritt. Wenn die Gicht nicht behandelt wird, lagern sich immer mehr Kristalle in die Gelenke ein und können längerfristig Schäden am Knorpelgewebe, den Synovialmembranen, Sehnen, Muskeln und weichen Geweben verursachen, die in der Nähe der betroffenen Gelenke liegen. Mitunter bilden sich harte, gelbe Knötchen, die Tophi genannt werden. Die Tophi treten meist am großen Zeh oder am Ohr auf, aber auch an den Händen, Knien, Unterarmen oder den Achillessehnen auf der Rückseite Ihres Fußknöchels. Im Falle der schweren, chronischen Form können die Tophi zu Verformungen und eingeschränkter Bewegungsfähigkeit der betroffenen Gelenke führen. Als Komplikationen treten oft Nierensteine, Nervenschäden und Kreislaufbeschwerden auf.

Gicht ist mit Medikamenten wie Colchicinen, Kortikosteroiden und Allopurinol therapierbar. Den Lebensstil zu verändern, beispielsweise das Körpergewicht zu reduzieren, viel Wasser zu trinken und Alkohol zu vermeiden, kann ebenfalls sehr hilfreich sein.

Osteoporose Als ich noch an der Universität war, hatten wir eine große Familienzusammenkunft im Haus meiner Großtante. Meine Großtante war noch nie besonders groß gewesen, aber als ich sie an jenem Morgen sah, war ich sehr erschrocken, wie stark sie geschrumpft war! Vielleicht hatte auch sie Osteoporose. Osteoporose ist eine Erkrankung, die zu einem Ungleichgewicht im Knochenabbau (Resorption von Knochengewebe) und dem Knochenaufbau führt (Abbildung 4.10). Einige Ursachen dafür sind: Altern Alkoholismus Hormonstörungen schlechte Ernährung dauerhafte Einnahme von Steroiden rheumatoide Arthritis häufiges Sitzen mit wenig Bewegung (etwa ein Bürojob)

Abbildung 4.10: Im Vergleich - gesunder Knochen (links) und Knochen mit Osteoporose (rechts)

Osteoporose tritt gehäuft bei Frauen nach der Menopause auf. Nach der Menopause bildet der weibliche Körper weniger Östrogen, und mit dem Östrogen geht auch dessen Schutzfunktion für die Knochen verloren. Östrogen bewahrt die Knochen davor, Kalzium zu verlieren. Bei Menschen mit Osteoporose wird das Kalzium den Knochen entzogen, aber nicht wieder zum Aufbau von neuen Osteozyten recycelt. Da der Knochen schneller abgebaut wird, als neue Knochenzellen gebildet werden, werden die den Knochen stützenden Strukturen zunehmend spröde, was wiederum zu Frakturen (Knochenbrüchen) führt. Kleine Frakturen in den Wirbeln führen zur Stauchung (Kompression). Dadurch können sich die natürlichen Biegungen in der Wirbelsäule ändern, und der Mensch schrumpft. Nachdem sich die Biegungen der Wirbelsäule geändert haben, kann auch der Bauch beginnen, sich nach

vorne zu wölben, da der Körper versucht, sich dem veränderten Schwerpunkt anzupassen. Osteoporose ist nicht wirklich heilbar. Nachdem die Erkrankung diagnostiziert wurde, kann weiterer Knochenabbau verlangsamt und die Schmerzen können gemildert werden. Viel effektiver ist jedoch eine gute Vorsorge: Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitamin D, Kalzium und Proteinen ist, sowie regelmäßige sportliche Betätigung helfen dabei, Osteoporose vorzubeugen. Besonders durch anstrengende Sportarten sorgen Sie dafür, dass viele neue Knochenzellen nachgebildet werden (siehe hierzu auch den Abschnitt: »Warum Sport gut für Ihre Knochen ist« in diesem Kapitel). Mit der Vorsorge sollte im frühen Erwachsenenalter begonnen werden; dies gilt besonders für Frauen, in deren Familie Osteoporose vermehrt aufgetreten ist.

Übungsaufgaben zu Kapitel 4 Frage 1: Calcitonin wird produziert von der … a. Schilddrüse b. Hypophyse c. Nebennierenrinde d. Nebenschilddrüse Frage 2: Die Membran, die die Knochen umgibt, heißt a. gefäßführende Schicht b. Periost c. Endost d. Fontanelle

Frage 3: Volkmann-Kanäle a. werden nur in spongiösen Knochen gefunden. b. enthalten die Arterie, die direkt das Osteon versorgt. c. durchqueren die Epiphyse. d. versorgen den Knorpel mit Blut. Übung 4–13: Ordnen Sie die verschiedenen Arten der Gelenkbewegung den passenden Beschreibungen zu: 1. _____ Flexion 2. _____ Extension 3. _____ Abduktion 4. _____ Adduktion 5. _____ Rotation 6. _____ Pronation 7. _____ Supination 8. _____ Eversion 9. _____ Inversion 10. _____ Zirkumduktion a. aufwärts oder die Fläche aufwärts bewegen b. verkleinert den Winkel zwischen zwei Knochen c. die Fußsohle nach innen bewegen d. abwärts oder die Fläche abwärts bewegen e. vergrößert den Winkel zwischen zwei Knochen f. die Fußsohle nach außen bewegen g. Bewegung von der Mittellinie des Körpers nach außen h. mit dem Arm eine Kreisbewegung ausführen

i. Drehbewegung um die Achse j. Bewegung zur Mittellinie des Körpers nach innen

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Calcitonin wird produziert von der a. Schilddrüse (Thyreoidea). Die kleine Schilddrüse steuert den Stoffwechsel des Körpers.

Frage 2 Knochen werden von einer Membran umschlossen, die bezeichnet wird als b. Periost. Und schon wieder etwas Griechisch: peri heißt »rundherum« und osteon heißt »Knochen«, sodass Periost »um den Knochen« bedeutet.

Frage 3 Volkmann-Kanäle a. werden nur in spongiösen Knochen gefunden. Interessanterweise war der Anatom Alfred Wilhelm Volkmann eigentlich eher für seine Beobachtungen im Bereich der Physiologie des Nervensystems bekannt.

Übung 4–13 So sollten die Gelenkbewegungen zugeordnet werden: 4. Flexion: b. verkleinert den Winkel zwischen zwei Knochen. 5. Extension: e. vergrößert den Winkel zwischen zwei Knochen. 6. Abduktion: g. Bewegung von der Mittellinie des Körpers nach außen. 7. Adduktion: j. Bewegung zur Mittellinie des Körpers nach innen. 8. Rotation: i. Drehbewegung um die Achse. 9. Pronation: d. abwärts oder die Fläche abwärts bewegen. 10. Supination: a. aufwärts oder die Fläche aufwärts bewegen. 11. Eversion: f. die Fußsohle nach außen bewegen. 12. Inversion: c. die Fußsohle nach innen bewegen. 13. Zirkumduktion: h. mit dem Arm eine Kreisbewegung ausführen.

Kapitel 5

Die Muskeln spielen lassen IN DIESEM KAPITEL Verschiedene Arten von Muskelgewebe Beugen und strecken Die Muskeln im Überblick

Was wären wir ohne unsere Muskeln? Nichts! Hätten Sie keine Muskeln, so könnten sich Ihre Knochen nicht miteinander verbinden, Sie könnten sich nicht bewegen, und – Sie wären tot. Ihr Herz ist ebenfalls ein Muskel, und würde dieses Organ kein Blut mehr durch Ihren Körper pumpen, sähe es ziemlich schlecht für Sie aus. Muskeln spielen eine außerordentlich wichtige Rolle für Ihre Anatomie, und die Physiologie der Muskeln bestimmt die Physiologie Ihres gesamten Körpers. Muskeln ermöglichen es Ihnen, aufrecht zu stehen. Die Erdanziehung stellt eine starke Kraft dar. Würden sich Ihre Muskeln nicht kontrahieren, dann würde die Schwerkraft das sprichwörtliche Häufchen am Boden aus Ihnen machen. Muskelkontraktion setzt der Erdanziehungskraft eine zweite Kraft entgegen. Kraft ist eine Maßeinheit, die angibt, welcher Masse an Erdanziehungskraft oder Gewicht Ihre Muskeln standhalten können. Muskeln erlauben es Ihnen, sich zu bewegen. Die Tatsache, dass Muskeln es Ihnen möglich machen, zu gehen oder zu laufen, mag für Sie selbstverständlich erscheinen, aber durch Muskelkontraktion können Sie auch verschiedene Positionen einnehmen. Können Sie sich vorstellen, so steif und unbeweglich zu sein wie ein Zinnsoldat? Sie benötigen Muskeln selbst für die kleinsten Bewegungen, wie

zum Beispiel das Augenblinzeln, die Weitstellung der Pupille oder das Lächeln. Mithilfe von Muskeln können Sie Nahrung verdauen und die Ausscheidung von Abfallstoffen kontrollieren. Die Organe Ihres Verdauungstraktes sind von Muskeln umgeben, damit die Nahrung, die Sie zu sich nehmen, nach unten bewegt werden kann und Abfälle aus dem Körper hinausbefördert werden. Die Kontraktion dieser Muskeln erfolgt in peristaltischen Wellen; das bedeutet, dass die Nahrung, nachdem sie über den Mund durch den Ösophagus in den Magen gelangt ist, in rhythmischen Bewegungen durch die verschiedenen Darmabschnitte bis zum After geschoben wird. Kontrahierte Sphinktermuskulatur sorgt dafür, dass der Urin so lange in der Blase und der Stuhl so lange im Kolon (Enddarm) verbleibt, bis Sie so weit sind, ihn auszuscheiden. Erst, wenn Sie die Sphinktere erschlaffen lassen, können die Abfallprodukte ausgeschieden werden. Muskeln beeinflussen die Blutflussrate. Blutgefäße – sowohl Arterien als auch Venen – sind von Muskelgewebe umgeben, das es ihnen ermöglicht, sich zu kontrahieren. Muskelkontraktionen in Ihrem gesamten Körper sorgen dafür, dass das Blut über die Venen zurück in Ihr Herz transportiert wird und dort über die Arterien zurück in den Körper gepumpt werden kann. Muskeln halten die Knochen Ihres Skelettes zusammen. Bänder und Sehnen am Ende von Muskeln sind um Gelenke herum angeordnet und halten diese fest zusammen, was wiederum die Knochen miteinander verbindet. Muskeln helfen dabei, Ihre Körpertemperatur auf einem stabilen Niveau zu halten. Die Kontraktion von Muskeln stellt einen physiologischen Prozess dar; und wie andere physiologische Prozesse schließt auch der Vorgang der Muskelkontraktion einige chemische Prozesse mit ein. Bei den chemischen Reaktionen, die die Kontraktion in den Muskeln verursachen, wird Wärmeenergie frei, die zur Erhaltung Ihrer Körpertemperatur verwendet wird, da der Körper über die Haut fortlaufend Wärme verliert, die ersetzt werden

muss. Wenn Sie frieren, fängt Ihr Körper an zu zittern. Kontrahierende Muskeln verursachen das Zittern, um durch Bewegung Wärme zu produzieren. Denken Sie mal darüber nach. Wenn Sie im Winter bei Minusgraden spazieren gehen oder skifahren, ist Ihnen warm. Sitzen Sie jedoch zu Hause ruhig im Sessel, so beginnen Sie zu frieren. Wenn Ihnen kalt wird, dann müssen Sie sich einfach nur bewegen!

Muskeln und ihre Eigenschaften Es gibt drei Grundarten von Muskelgewebe, die Ihnen alle lebenswichtigen Bewegungen ermöglichen: die Herzmuskulatur, die glatte Muskulatur sowie die Skelettmuskulatur. Herzmuskelgewebe kommt im Herzen vor. Dieses Gewebe besteht wie die Skelettmuskulatur auch aus quergestreiften Muskelfasern, die jedoch nur einen Zellkern besitzen (sie sind sozusagen mononuklear – »mono« bedeutet »ein«, »Nukleus« bedeutet »Kern«). Die Zellen sind zylindrisch geformt und verzweigt. Herzmuskelfasern sind über Glanzstreifen miteinander verbunden, damit die Kontraktionen schnell weitergeleitet werden können. Zwischen den einzelnen Kontraktionen entspannen sich die Fasern vollständig, sodass keine Verschleißerscheinungen im Herzmuskel auftreten. Glücklicherweise kontrahiert der Herzmuskel völlig unwillkürlich ohne äußere Reizeinwirkung. Das bedeutet, dass dazu noch nicht einmal ein Nerv angeregt werden muss und die Kontraktionen auch dann stattfinden, wenn Sie nicht bewusst daran denken. Sie müssen nicht selbst dafür sorgen, dass Ihr Herz regelmäßig schlägt. Wie genau die Herzmuskelkontraktion abläuft, ist in Kapitel 9 beschrieben. Glattes Muskelgewebe ist in den Wänden vieler innerer Organe zu finden, die innen hohl sind, zum Beispiel dem Magen, der Blase, dem Darm und dem Uterus. Diese

Muskelfasern besitzen ebenfalls nur einen zentral gelegenen Zellkern, doch sie sind kleiner, spindelförmig und in einer netzartigen Struktur angeordnet. Ihre Form erlaubt es den Fasern, flache Muskelblätter zu bilden. Die Kontraktion erfolgt beim glatten Muskelgewebe ohne willkürliche Beeinflussung nur durch reflektorische Dehnungen, die über das vegetative (autonome) Nervensystem gesteuert werden (siehe hierzu auch Kapitel 7). Sie müssen nicht selbst dafür sorgen, dass Ihre Nahrung von Organ zu Organ weitertransportiert wird. Wenn sich das glatte Muskelgewebe kontrahiert, dann tut es das langsam, sodass es länger kontrahiert bleiben kann als das Skelettmuskelgewebe. Es ermüdet deshalb auch nicht so schnell. Mehr über die glatte Muskulatur als einen Teil des Verdauungssystems finden Sie in Kapitel 11. Skelettmuskelgewebe ist das Muskelgewebe, das die meisten Menschen mit dem Begriff »Muskel« verbinden. Skelettmuskelgewebe lässt Ihren Bizeps aufwölben, Ihren Waschbrettbauch gut aussehen und Ihre Stirn runzeln. Skelettmuskeln sind die Muskeln, die Ihr Skelett zusammenhalten und es bewegungsfähig machen. Die Zellen der Skelettmuskulatur haben mehrere Zellkerne (sie sind multinuklear), und das Gewebe weist eine Querstreifung auf (Abbildung 5.1). Ihre zylindrische Form erlaubt es ihnen, den Muskel der Länge nach zu durchziehen, deshalb sind manche Muskelfasern so lang. Sehen wir uns nun im Rest dieses Kapitels die Skelettmuskulatur genauer an.

Abbildung 5.1: Skelettmuskel unter dem Mikroskop (400-fach vergrößert)

Fleisch ist ein Beispiel für längs verlaufende Fasern, die den gesamten Muskel durchziehen. (Fleisch ist im Grunde genommen ja nichts anderes als Skelettmuskelgewebe.)

Erwartet Sie mit Spannung: die Skelettmuskelkontraktion Die Skelettmuskeln werden vom Nervensystem kontrolliert (siehe Kapitel 7 für eingehendere Informationen zum Nervensystem). Manche ihrer Reaktionen sind unwillkürlich; wenn Sie beispielsweise auf eine heiße Herdplatte fassen, dann sendet Ihr Nervensystem Signale an die Muskeln in Ihrem Arm, die Sie veranlassen, Ihren Arm reflektorisch zurückzuziehen. Andere Bewegungen Ihrer Skelettmuskeln steuern Sie dagegen willkürlich. Wenn Sie beispielsweise entscheiden müssen, ob Sie beim Tennis das Netz mit dem Ball streifen wollen, damit der Ball

im gewünschten Winkel aufkommt und Sie einen Punkt erzielen können, benötigen Sie die Hilfe Ihrer willkürlich beeinflussbaren Skelettmuskulatur. Des Weiteren brauchen Sie Ihre Muskeln auch, um in die Richtung laufen zu können, in die Sie gerne laufen möchten, um beispielsweise beim Fußball im richtigen Moment ein Tor schießen zu können. Abbildung 5.2 zeigt, auf welche Weise das Skelettmuskelsystem mit dem Nervensystem verbunden ist und wie die Muskelkontraktion vor sich geht. Erst die reibungslose Zusammenarbeit vieler verschiedener Komponenten ermöglicht Muskelkontraktionen. Glücklicherweise müssen Sie sich aber nicht selbst darum kümmern – Ihr Körper macht das schon ganz alleine! In den folgenden zwei Abschnitten geht es darum, welche Komponenten dies im Einzelnen sind, was sie tun und wie sie zusammenarbeiten, sodass Kontraktion stattfinden kann.

Abbildung 5.2: Anatomie des Skelettmuskels. Verbindung des Muskels mit dem Rückenmark (links) und Aufbau einer Muskelfaser (rechts)

Warum kontrahiert ein Muskel?

Hauptsächlich verantwortlich für die Muskelkontraktion sind zwei Komponenten: die Muskelfaser und das ATP (Adenosintriphosphat, siehe Kapitel 3), der chemische Stoff, der den Muskel mit der Energie versorgt, die er benötigt, um kontrahieren zu können. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf diese beiden Grundbausteine.

Muskelfeinbau: Von A-Bande bis Z-Scheibe Muskeln bestehen aus Fasern (siehe hierzu Abbildung 5.2 und 5.3). Zwischen den Faserbündeln befindet sich ein gitterartig angeordnetes Bindegewebe, durch das auch die Nerven und Blutgefäße ziehen, die den Muskel versorgen. Eine Muskelfaser ist ein langer, dünner Strang. Dieser Strang besteht aus ebenso langen, aber noch viel dünneren Myofibrillen. Die Myofibrillen sind streng parallel angeordnet. Jede Myofibrille ist wiederum aus noch kleineren Elementen aufgebaut, den Myofilamenten, welche sich ihrerseits aus den Aktinfilamenten und den Myosinfilamenten zusammensetzen.

Abbildung 5.3: Der Skelettmuskel

Aktinfilamente (dünne Filamente) enthalten zwei Stränge, die aus dem Protein Aktin bestehen und doppelhelixartig

miteinander verdrillt sind (ähnlich der DNA). Entlang des Aktinstranges befinden sich Bindungsstellen für die Moleküle Troponin und Tropomyosin. Myosinfilamente (dicke Filamente) bestehen aus einem Bündel von Myosinsträngen. Myosin ist, wie Aktin auch, ein Protein. Jeweils am Ende eines jeden Myosinstranges wölbt sich dieser beulenartig aus, um sogenannte Myosinköpfchen zu bilden. In dem Bündel verlaufen einige Myosinfilamente in eine Richtung und wieder einige in die entgegengesetzte Richtung. Die Zone, in der die Myosinfilamente mit den Aktinfilamenten überlappen, nennt man A-Bande. Eine Streifeneinheit wird Sarkomer genannt. Die Sarkomere liegen zwischen den hellen und den dunklen Banden. In den Myofibrillen liegen die Sarkomere dicht an dicht beieinander. Die Aktin- und die Myosinfilamente in einer Myofibrille stehen wie eine Armee kleiner Soldaten nebeneinander. Die Aktinfilamente sind jeweils mit dem äußeren Ende einer hellen Bande, den Z-Streifen, verbunden. Nach ihnen folgen die dunklen Banden, die nicht in Verbindung mit den Z-Streifen stehen. Danach kommt wieder ein Aktinfilament. Denken Sie an einen Weidezaun, bei dem zwischen jeweils zwei vertikalen Pfosten (Z-Streifen) horizontale Latten (Aktinfilamente) liegen, die mit den Pfosten verbunden sind. Aber um das Ganze etwas komplizierter zu gestalten, verlaufen die Aktinfilamente nicht einfach ununterbrochen von Z-Streifen zu Z-Streifen. In der Mitte jedes Sarkomers befindet sich eine Lücke, die H-Zone genannt wird. Die zwischen jedem Aktinfilament gelegenen Myosinfilamente scheinen gewissermaßen zu »schweben«, da sie nicht mit den ZStreifen verbunden sind. Dieses wechselnde Muster heller und dunkler Banden zieht sich durch die gesamte Länge der Myofibrille hindurch. Ein Sarkomer (eine Kontraktionseinheit) verläuft jeweils vom äußeren Ende einer

hellen Bande (Z-Streifen) bis zum äußeren Ende der nächsten hellen Bande (Z-Streifen), wo das nächste Sarkomer beginnt und sich von dort aus wieder bis zum äußeren Ende der nächsten hellen Bande (Z-Streifen) zieht. Die Vielfalt an Proteinen im Muskelgewebe lässt Fleisch zu einer wertvollen Eiweißquelle für eine ausgewogene Ernährung werden.

Das Futter für den Muskel: ATP Die Energie, die in der Nahrung steckt, die Sie aufnehmen, wird von Ihren Zellen in ATP umgewandelt. ATP wird benötigt, um die bei der Muskelkontraktion ablaufende chemische Reaktion in Gang zu bringen. Muskelfasern enthalten genügend ATP, um die Kontraktion für etwa eine Sekunde aufrechtzuerhalten. Um die Muskelkontraktionen am Laufen zu halten, sind Sie deshalb auf eine kontinuierliche ATP-Versorgung angewiesen. Ob Sie es merken oder nicht: Einige Ihrer Muskeln sind immer kontrahiert; vollständige Entspannung ist ein Mythos. Und vergessen Sie nicht, dass Ihr Herz ja auch ein Muskel ist, der ebenfalls auf ATP angewiesen ist. Wenn Ihre Sauerstoffvorräte verbraucht sind, kann Ihr Körper das benötigte ATP nicht mehr auf dem gewöhnlichen Weg der aeroben Zellatmung (siehe Kapitel 2) bilden. Stattdessen muss er zu Plan B greifen, um sein ATP mithilfe der Gärung herzustellen. Aus Glucose wird zunächst Pyruvat und etwas ATP, aus NAD+ wird NADH. Nun gibt es ein Problem: Irgendwann ist alles NAD+ in NADH umgewandelt, es gibt also keinen Protonenakzeptor mehr, und damit kommt auch die Glykolyse zum Erliegen. Die einzige Lösung ist, das Pyruvat in Milchsäure (Lactat) weiterzuverarbeiten, denn dabei wird NADH wieder zu NAD+. Im schwer arbeitenden Muskel wird also irgendwann Milchsäure im Zuge der anaerob ablaufenden Milchsäuregärung gebildet (siehe hierzu Kapitel 2).

Sobald wieder genügend Sauerstoff verfügbar ist, müssen die Protonen von Lactat wieder auf NAD+ übertragen werden und fließen dann ganz normal in die Atmungskette ein. Übrigens – das Gerücht hält sich ja hartnäckig – der Muskelkater hat nichts mit der Übersäuerung durch Lactat zu tun, sondern beruht auf kleinen Verletzungen der Muskelfasern durch eine ungewohnte hohe Belastung. Skelettmuskeln sind äußerst erfindungsreich, was ihre Energieversorgung betrifft! Ihr Körper tut alles, um sicherzustellen, dass immer genügend ATP in Ihren Zellen vorrätig ist. Eine weitere Möglichkeit der ATP-Synthese bei Sauerstoffarmut im Muskel ist das Phosphokreatin (auch Kreatinphosphat genannt). Phosphokreatin wird in der Leber, den Nieren und der Bauchspeicheldrüse aus ATP-Molekülen plus Kreatin gebildet und dient als eine Art »Energiespeicher« des Muskels. Geht der Sauerstoff aus, reicht der Phosphokreatinspeicher noch für etwa zehn Sekunden Muskelaktivität. Während kurzer Entspannungsphasen des Muskels wird der Speicher wieder aufgefüllt. Mit »Entspannungsphasen« meine ich die kurzen Zeiträume zwischen den Kontraktionen; der Muskel befindet sich hierbei nicht auf einer Karibikinsel, wo er sich cocktailschlürfend am Strand sonnt. Aber schweifen wir nicht ab mit netten Urlaubsideen und widmen wir uns wieder der Muskelphysiologie. Bei Bedarf zerfällt Phosphokreatin schnell, um mehr ATP freisetzen zu können. Der menschliche Körper ist aber kreativ und verwendet auch jeweils zwei Moleküle ADP (Adenosindiphosphat; »di« bedeutet »zwei« – zweimal zwei Phosphate machen zusammen vier), um neues ATP zu bilden. Das ATP gebraucht drei der vier Phosphatmoleküle, und aus dem verbleibenden Phosphat wird ein Molekül gebildet, das

nur ein Phosphat-Molekül enthält: AMP (Adenosinmonophosphat). Wenn der AMP-Gehalt in der Zelle steigt, wird die Glykolyse angeregt, um mehr ATP zu bilden. Kurz – Ihr Körper tut alles, um sicherzustellen, dass Sie nicht energielos werden.

Der Muskel in Aktion Die Filamentgleittheorie erklärt den Ablauf der Muskelkontraktion. Sehen wir uns nun genauer an, was damit gemeint ist. Im Verlauf einer Muskelkontraktion bindet ATP an eines der Myosinköpfchen, die sich am Ende der Myosinfilamente befinden. Während dieser Bindung wird das ATP in ein Molekül ADP und ein anorganisches Phosphat (Pi) gespalten, und diese Spaltung setzt letztendlich die Energie für die Bewegung frei. Das ADP und das Pi bleiben zunächst noch an das Myosinfilament gebunden. Nun kommen die beiden Moleküle Troponin und Tropomyosin ins Spiel. Durch Kalziumionen, die an Troponinmoleküle binden, bewegt sich das Tropomyosin beiseite, sodass die Bindungsstellen am Aktinfilament freigelegt werden. Nachdem die Bindungsstellen am Aktinfilament freigelegt sind, kann Myosin an das Aktin binden. Querverbindungen bilden sich, um die Verbindung zu stabilisieren. Aber das Myosin muss etwas aufgeben, um sich am Aktin »festhalten« zu können: Es setzt das ADP und das Pi frei, das es nach der ATP-Spaltung festgehalten hat. Nachdem Myosin das ADP und das Pi freigesetzt hat, ändert sich die Stellung des Myosinköpfchens – es knickt ab. Während dies geschieht, »gleitet« das Aktinfilament in Richtung der Mitte des Sarkomers und zieht die Z-Streifen, die sich am Ende der Sarkomere befinden, enger zueinander, wodurch wiederum die H-

Zone verschwindet. Durch diesen Vorgang verkürzen und kontrahieren sich die Muskelfasern. Wenn sich nun ein weiteres ATP-Molekül an das Myosinköpfchen setzt, »weicht« die Bindung zwischen dem Aktin- und dem Myosinfilament auf (dies nennt man auch die »Weichmacherfunktion« des ATP), und der Vorgang beginnt von Neuem. Faszinierenderweise werden Sie hundertmal mehr Zeit benötigen, um diese Seite zu lesen und erklärt zu bekommen, was bei einer Muskelkontraktion vor sich geht, als Ihre Muskelfasern tatsächlich brauchen, um eine Kontraktion auszuführen. Ein weiterer Grund, weshalb eine gute Versorgung mit Kalzium so wichtig ist: Muskeln können sich nicht kontrahieren, wenn ihnen keine Kalziumionen zur Verfügung stehen. Trinken Sie deshalb Ihre Milch, essen Sie Ihren Spinat und Ihren Joghurt, damit Sie gesund und bei Kräften bleiben!

Die letzte Kontraktion Irgendwann kommt der Punkt, an dem wir sterben; die Lungen füllen sich nicht mehr mit Sauerstoff, das Herz hört auf, Blut durch den Körper zu pumpen, und das Gehirn sendet keine Reize mehr aus. Die Zellen, die nun nicht mehr mit Sauerstoff, Nährstoffen und Nervenreizen versorgt werden, stellen all ihre metabolischen Prozesse ein; die ATP-Synthese kommt zum Erliegen. Dadurch kann die Aktin-MyosinVerbindung nicht gelöst werden, und die Muskeln bleiben angespannt. Der Rigor Mortis, wie die Totenstarre auf Latein genannt wird, betrifft sämtliche Muskeln des Körpers. Die Muskeln erschlaffen erst dann wieder, wenn die Aktin- und Myosinmoleküle zersetzt werden. Und wenn Sie sich daran erinnern, dass Muskelbewegungen Wärmeenergie bilden, dann verstehen Sie auch, weshalb der Körper kalt wird, wenn sich die Muskeln nicht mehr bewegen.

Bewegungslose Anspannungen Wenn Sie sich bewegen, kontrahieren Ihre Muskeln, indem sie sich verkürzen. Diese Art von Kontraktion, die mit einer Bewegung verbunden ist, wird isotonische Kontraktion genannt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Ihre Muskeln zwar kontrahieren, Sie aber keinen Teil Ihres Körpers bewegen. Halten Sie einmal mit ausgestreckten

Armen zwei Literflaschen Wasser für ein paar Minuten, dann werden Sie merken, dass auch das bloße Halten Ihren Bizeps ordentlich beansprucht. Diese Art von Kontraktion, bei der keine Bewegung stattfindet, nennt man isometrische Kontraktion. Wenn Sie den Musculus gluteus maximus in Ihrem Gesäß anspannen, während Sie dieses Buch lesen, führen Sie eine isometrische Kontraktion aus. Wenn Sie jedoch Ihren Arm bewegen, um eine Tasse Kaffee oder einen Stift hochzuheben, ist das eine isotonische Kontraktion.

Spannendes über die Muskelspannung Was immer Sie auch tun oder nicht tun, einige Ihrer Muskelfasern sind ständig kontrahiert. Diesen Dauerzustand der Kontraktion ist der Muskeltonus. Ohne Ihren Muskeltonus wären Sie ein schlaffer Haufen auf dem Boden. Im Ernst! Erst der Muskeltonus erlaubt es Ihnen, Haltung zu bewahren – das bedeutet, aufrecht mit zurückgezogenen Schultern, erhobenem Kopf und eingezogenem Bauch Ihre Körperposition zu halten. Um den Muskeltonus erhalten zu können, sind Ihre Muskeln auf die Muskelspindeln angewiesen; das sind die Fasern in Ihren Muskeln, die die Funktion von Sinnesrezeptoren einnehmen. Muskelspindeln sind spezialisierte Muskelfasern, die von Nervenfasern umhüllt sind. Das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) steht über Muskelspindeln mit den Muskeln in Kontakt. Die Muskelspindeln senden Informationen über Ihre Körperhaltung durch die Wirbelsäule ans Gehirn, welches dann die Feineinstellung vornimmt, indem es Signale zurück durch das Rückenmark bis in die Muskeln sendet, die dann den Muskeltonus beeinflussen.

Muskelgruppen kennenlernen Wären Innervierte, Synergisten oder Antagonisten nicht hervorragende Namen für Rockbands? Vielleicht, aber in der Anatomie sind dies Begriffe zur Beschreibung von Muskelgruppen. Alle Muskeln sind innerviert, was bedeutet, dass sie von Nerven durchzogen sind, die die

Muskelfasern dazu veranlassen, sich zu kontrahieren. Einige innervierte Muskeln kooperieren bei ihrem Job – sie werden dann als synergistisch arbeitende Muskelgruppen bezeichnet. In diesem Abschnitt erfahren Sie mehr über die Aufgaben und Fähigkeiten der Muskeln sowie die Beantwortung der Frage, weshalb es wichtig ist, Ihre Muskeln zu trainieren.

Hypertrophie ist manchmal besser als Atrophie Sie wissen, dass Muskeltraining Ihrer Gesundheit förderlich ist. Wenn die Muskeln vernachlässigt werden, dann bilden sie sich langsam zurück. Belasten Sie einige Muskeln gezielt, wie beispielsweise beim Gewichtheben, dann nehmen die Größe der Myofibrillen sowie der Metabolismus noch schneller zu. Wenn Sie mehrmals in der Woche, sei es auch nur für einige Minuten, über 75 Prozent Ihrer Muskelkontraktionskraft nutzen – das ist beispielsweise der Fall, wenn Sie so schwere Gewichte heben, dass Sie die letzten zwei, drei Wiederholungen der Übung schon etwas anstrengen –, werden Sie Hypertrophie beobachten können. Das bedeutet, dass die Muskeln in ihrem Umfang zugenommen haben, stärker werden und eine gesteigerte metabolische Kapazität aufweisen. (leider wachsen die Muskeln der Frauen hormonell bedingt nicht so stark wie die der Männer – siehe Kapitel 8 für mehr Informationen über Hormone.) Wenn Sie viel sitzen und Ihre Muskeln nur schwache Kontraktionen ausführen, atrophieren sie – das bedeutet, dass die Muskelfasern sich mit der Zeit verkürzen und somit die Muskeln schwächen. Wenn die Muskelfasern schrumpfen, reduziert sich auch die metabolische Kapazität und die Kraft des Muskels. Falls Sie sich einmal den Arm oder das Bein gebrochen haben und für einige Wochen eine Schiene tragen mussten, haben Sie vielleicht die Erfahrung gemacht, dass die Muskeln des ruhiggestellten Körperteils schnell kleiner werden. Glücklicherweise ist dieser Zustand reversibel; durch Muskeltraining können Sie den Metabolismus des Muskels wieder erhöhen und ihn stärken. Regelmäßiges Muskeltraining hat aber noch mehr Vorteile: vermindertes Herzinfarktrisiko verbesserte Cholesterinwerte weniger Müdigkeit und Depressionen weniger Schmerzen und Schwellungen in den Gelenken gleichbleibendes oder vermindertes Körpergewicht und ein dadurch ein geringeres Risiko, an Diabetes Typ II zu erkranken Osteoporose-Vorsorge

Bewegung kann Spaß machen. Wenn Sie nicht zu den Menschen gehören, die gern im Fitnessstudio trainieren, dann verbringen Sie Ihre Zeit einfach draußen. Gehen Sie spazieren, Rad fahren oder joggen. Spielen Sie Tennis oder Fußball, schwimmen oder rudern Sie oder fahren Sie Ski. Treten Sie einem Verein bei, in dem Sie zusammen mit Gleichgesinnten tanzen oder turnen. Dehnen Sie Ihre Muskeln und gebrauchen Sie Ihren Körper – dafür ist Yoga eine perfekte Sportart, die Sie auch zu Hause vor dem Fernseher praktizieren können und die obendrein sehr stressabbauend wirkt.

Arbeiten Sie synergistisch? Das Wort Synergie scheint in der letzten Zeit regelrecht zum Modewort zu avancieren. Bei Firmenzusammenschlüssen, Managerworkshops oder Teamsitzungen will man »gemeinsame Energien nutzen« oder diese »bündeln«. Doch was bedeutet »Synergie« eigentlich? Der Begriff hat griechischen Ursprung und bedeutet so viel wie »zusammenwirken« oder »zusammenarbeiten« (»syn« bedeutet »zusammen« und »ergo« bedeutet »Werk«). Und wie Sie wissen, arbeiten in Ihrem Körper sehr viele Teile zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Sie »am Laufen« zu halten. Im Muskelsystem arbeiten oft mehrere Muskeln in Gruppen zusammen, um einen Körperteil in Feinabstimmung zu bewegen. Muskeln, die auf solche Art zusammenarbeiten, werden als synergistisch bezeichnet. Der Muskel, der die Hauptarbeit übernimmt, hat die Antriebskraft; die anderen Muskeln, die dem Hauptmuskel bei der Ausführung einer bestimmten Körperbewegung helfen, sind die Synergisten.

Nicht ohne meinen Antagonisten! Antagonistische Muskeln arbeiten entgegengesetzt, doch während sie dies tun, erzielen auch sie einen gemeinsamen Effekt. Ein Beispiel dafür ist das Beugen Ihres Armes. Wenn Sie Ihren Unterarm in Richtung Schulter bewegen, kontrahiert Ihr Bizepsmuskel, doch der Trizepsmuskel auf der gegenüberliegenden Seite Ihres Armes entspannt sich. Die Bewegungen von Bizeps und Trizeps sind hier zwar entgegengesetzt, doch nur zusammen ermöglichen sie das kontrollierte Beugen Ihres Armes. Wenn Sie Ihren Arm wieder strecken, ist auch das

eine antagonistische Bewegung: Der Bizeps entspannt sich, während der Trizeps kontrahiert.

Welcher Skelettmuskel wo zu finden ist Die Muskeln, die Ihr Körper braucht, um sich bewegen zu können und nicht auseinanderzufallen, bilden die Hälfte Ihres Grundgerüstes, das sich aus Knochen und Muskeln zusammensetzt. Das Muskel-SkelettSystem bildet gewissermaßen das »Gehäuse« oder die »Schale« Ihres Körpers, die Ihre Organe, Nerven und Blutgefäße beherbergt. Dieser Abschnitt befasst sich mit der Skelettmuskulatur und beginnt damit, wie diese Muskeln benannt werden.

Muskel-Sinn machen Damit die Namensgebung von Muskeln nicht völlig willkürlich und chaotisch vor sich geht, mussten Anatomen einige Regeln aufstellen, nach denen die Muskeln sinnvoll benannt werden können. Sie entschieden sich also, sich auf bestimmte Merkmale zu konzentrieren, die der lateinischen oder griechischen Bezeichnung des Muskels entstammen. Sehen Sie sich hierzu, falls nötig, noch einmal den Abschnitt »Sich in Position begeben« in Kapitel 1 an. Beispiele für Merkmale von Muskelnamen finden Sie in Tabelle 5.1. Muskelnamen beginnen meistens mit »Musculus …«, abgekürzt werden diese mit »M.«. Sind mehrere Muskeln gemeint, lautet die Abkürzung »Mm.«. Merkmal

Beispiele

Muskelgröße

Der größte Muskel im Gesäß heißt Musculus glutaeus maximus (»maximus« bedeutet »der Größte« auf Latein); ein kleinerer Gesäßmuskel hört hingegen auf den Namen Musculus glutaeus minimus (»minimus« bedeutet auf Latein »der Kleinste«).

Merkmal

Beispiele

Lokalisation des Muskels

Der Musculus frontalis befindet sich vorne auf der Stirnseite des Schädels (»frons« bedeutet auf Latein so viel wie »Stirn« oder »Vorderseite«).

Muskelform

Der Musculus deltoideus ist dreieckig geformt. Die Bezeichnung ist vom griechischen Begriff »delta« abgeleitet – dem vierten Buchstaben des griechischen Alphabets, der ebenfalls dreieckig ist.

Aufgabe des Muskels

Der Musculus extensor digitorum ist ein Muskel, der die Finger streckt (»extensio« bedeutet »Streckung« auf Latein).

Anzahl der Der Musculus biceps brachii setzt an zwei Knochenpunkten an, Muskelansatzstellen dagegen besitzt der Musculus triceps brachii drei Knochenansatzpunkte. Verlaufsrichtung der Der Musculus rectus abdominis verläuft senkrecht den Bauch Muskelfasern entlang (»rectus« bedeutet »gerade« auf Latein), wohingegen die Fasern des Musculus transversus abdominis (»transversal« bedeutet »quer«) eine quere Verlaufsrichtung haben. Tabelle 5.1: Benennung von Muskeln

Viele der in der Anatomie oder Physiologie verwendeten Fachbegriffe (so wie auch die in anderen Wissenschaften gebräuchlichen Fachausdrücke) entstammen lateinischen oder griechischen Wörtern. Wenn Sie die Wörter auseinandernehmen, können Sie sich deren Bedeutung häufig selbst herleiten. Es ist wirklich nicht so schwer, wie Sie möglicherweise denken! Erinnern Sie sich daran, dass »bi« zwei bedeutet, »tri« drei, »max« groß und »brach« Arm? Am besten kann man sich diese Wortstämme merken, indem man viel darüber liest. Je mehr Sie sich mit dem Thema befassen, desto selbstverständlicher werden die Bezeichnungen für Sie. Und irgendwann gehen Ihnen auch Zungenbrecher wie Musculus flexor digitorum longus (ein langer Muskel im Bein und der Fußsohle, der den Zehen erlaubt, sich zu beugen) ganz leicht über die Lippen.

Muskeln von Kopf bis Fuß

Machen Sie sich bereit, denn nun werde ich Ihnen die Namen der Muskeln von Kopf bis Fuß benennen. Wortwörtlich. Ja, selbst Ihre Zehen besitzen Muskeln.

Bloß nicht den Kopf verlieren! Die Muskeln in Ihrem Kopf erfüllen hauptsächlich drei Funktionen: Kauen, Gesichtsmimik und Bewegung des Halses. Ich glaube, mit den Ohren zu wackeln, fällt auch unter diese Kategorie. Zum Kauen verwenden Sie – ja, ganz genau! – die Kaumuskeln. Der Musculus masseter, ein Muskel, der vom Arcus zygomaticus (Ihrem Wangenknochen) zur Mandibula (Ihrem Unterkiefer) verläuft, ist der Muskel, der die Hauptantriebskraft zum Kauen liefert. Deshalb ist auch sein Name danach benannt (auf Englisch bedeutet »mastication« ebenfalls »Kauvorgang«). Der fächerförmige Musculus temporalis ist ein Synergist des Musculus masseter. Der M. temporalis arbeitet mit dem M. masseter zusammen und erlaubt Ihnen, Ihren Mund zu öffnen und zu schließen. Der Musculus temporalis liegt auf dem Os temporale (einem Schädelknochen an Ihrer Schläfe) und ist deshalb nach dieser Lokalisation benannt. In Abbildung 5.4 sehen Sie die Muskeln des Kopfes und Halses. Um zu lächeln oder Grimassen zu schneiden, benötigen Sie mehrere Muskeln. Mithilfe des Musculus frontalis (siehe Abbildung 5.4) sowie eines winzigen Muskels mit dem Namen Musculus corrugator supercilii können Sie Ihre Augenbrauen nach oben ziehen oder sie zusammenziehen, sodass Sie aussehen, als ob Sie sich um etwas Sorgen machen oder wütend sind. (Denken Sie an das Aussehen von Wellpappe, und fühlen Sie dann die Haut zwischen Ihren Augenbrauen, während Sie die Augenbrauen zusammenziehen.) Der Musculus orbicularis oculi verläuft um das Auge herum (»orbit«, so wie in »orbicularis«, bedeutet »umkreisen«; das Wort »oculi« bezieht sich auf das Auge). Dieser Muskel gestattet es Ihnen, zu blinzeln und Ihre Augenlider zu schließen. Der Musculus orbicularis oris umgibt den Mund. (Der Wortstamm »or« bezieht sich auf den Mund, so wie beispielsweise in »oral«). Sie brauchen diesen Muskel, wenn Sie die Lippen spitzen, um jemanden zu küssen.

Abbildung 5.4: Die Muskeln des Kopfes und des Halses

Falls Sie eine Trompete oder ein anderes Blasinstrument spielen, dann haben Sie sicher eine gute Vorstellung davon, was der Musculus buccinator macht. Dieser Muskel bildet Ihre Wange (Der Wortstamm »bucc« bedeutet Wange, so wie das Wort »buccal«, welches sich auf die Wangengegend bezieht.) Dieser Muskel erlaubt Ihnen zu pfeifen und hilft dabei, die Nahrung während des Kauens immer wieder zwischen die Zähne zu schieben. Erinnern Sie sich daran, dass der Arcus zygomaticus Ihren Wangenknochen bildet? Nun, der Musculus zygomaticus ist ein verzweigter Muskel, der sich vom Wangenknochen bis zu den Mundwinkeln zieht. Dieser Muskel zieht Ihren Mund nach oben, wenn Sie die gute Laune packt und ein Lachen Ihr Gesicht erstrahlen lässt. Abbildung 5.5 zeigt die Gesichtsmuskeln. Vergessen Sie nicht, einen genaueren Blick auf den verzweigten Musculus zygomaticus zu werfen. Wenn Sie nicken, Ihren Kopf schütteln oder ihn zur Seite neigen wollen, kommen Ihre Halsmuskeln ins Spiel. Sie besitzen auf der linken und auf

der rechten Seite Ihres Halses jeweils einen Musculus sternocleidomastoideus. Ich weiß, der Name ist unglaublich lang, er beschreibt jedoch die Lage der Ansatzpunkte des Muskels sehr genau: das Sternum, das Schlüsselbein sowie den Processus mastoideus des Os temporale des Schädels. Wenn beide Musculi sternocleidomastoidei kontrahieren, können Sie Ihren Kopf bis auf die Brust hinab bewegen und Ihren Hals beugen. Wenn Sie Ihren Kopf zur Seite neigen, dann kontrahiert der eine M. sternocleidomastoideus (jeweils der Muskel auf der gegenüberliegenden Seite). Neigen Sie Ihren Kopf beispielsweise nach links, so spannt sich Ihr rechter M. sternocleidomastoideus an und umgekehrt. Möchten Sie Ihren Kopf nach hinten in den Nacken beugen, um den Himmel anzuschauen oder mit den Achseln zu zucken, dann können Sie dies mithilfe Ihres Musculus trapezius tun.

Abbildung 5.5: Die Gesichtsmuskeln

Der M. trapezius ist ein Antagonist des M. sternocleidomastoideus. Wenn Sie sich an den Geometrieunterricht in der Schule zurückerinnern, dann wissen Sie bestimmt, dass ein Trapez die Form eines Diamanten hat. Und genauso sieht auch der M. trapezius aus. Er entspringt an der Schädelbasis, verläuft von dort bis zu den Brustwirbeln und endet an den Schulterblättern. Der M. trapezius verbindet gemeinsam mit den beiden M. sternocleidomastoidei den Kopf mit dem Rumpf und verhilft mir damit zu einer perfekten Überleitung zum nächsten Abschnitt. Abbildung 5.6 zeigt unter anderem einen Blick auf die wichtigsten Muskeln des Rumpfes.

Abbildung 5.6: Das Muskelsystem des Menschen

Bewegung in Ihren Rumpf bringen Die Muskeln des Rumpfes übernehmen wichtige Funktionen. Sie verleihen Ihrem Körper nicht nur Stabilität, sondern verbinden auch Ihren Rumpf mit den Extremitäten. Sie erlauben es Ihnen, sich zu bewegen und ein- und auszuatmen, und bieten zudem Schutz für Ihre inneren Organe. In diesem Abschnitt stelle ich Ihnen die Muskeln der Vorderseite vor (also die der anterioren oder ventralen Seite) und gehe dann auf die Muskeln ein, die sich auf Ihrer Rückseite (der posterioren oder dorsalen Seite) befinden. In Ihrem Brustkorb (siehe Abbildung 5.6) verbindet der Musculus pectoralis major Ihren Rumpf mit dem Brustbein und die Schlüsselbeine mit Ihren oberen Extremitäten. Ihre Pectoralismuskeln dienen außerdem als Schutz für Ihre Rippen, Ihr Herz und Ihre Lunge. Sie können den M. pectoralis spüren, wenn Sie Ihren Arm nach innen an die Brust bewegen. Ebenfalls in Ihrem Brustkorb befinden sich die Muskeln, die zwischen den Rippen und um diese herum sitzen. Die Musculi intercostales interni helfen beim Heben und Senken des Brustkorbes während der Atmung. Die größten Muskeln des Rumpfes sind jedoch die Musculi abdominales, die Bauchmuskeln. Die Bauchmuskeln stabilisieren die Mitte Ihres Körpers. Wenn diese Muskeln schwach sind, dann ist auch Ihr Rücken schwach, weil die Bauchmuskulatur mithilft, die Wirbelsäule zu bewegen. Ist die Wirbelsäule nur wenig beweglich, dann verspannen sich die mit ihr verbundenen Muskeln und werden kraftlos. Und da die Bauchund Rückenmuskeln mit den oberen und unteren Extremitäten verbunden sind, können als Folge auch Probleme in den Armen und Beinen auftreten. Die Muskeln des Bauches sind zwar dünn, doch die Muskelfasern der Bauchmuskeln haben unterschiedliche Verlaufsrichtungen, was ihre Stärke erhöht. Durch den Webeffekt ist das Gewebe viel stärker, als es bei gleichem Faserverlauf wäre. Während ich dies hier schreibe, bittet mich meine Tochter gerade darum, ihr beim Bau eines Bauklotzturmes

zu helfen. Während ich ihr zeige, dass der Turm an Stabilität gewinnt, wenn sie die obere Bauklotzschicht quer auf die untere Schicht steckt, bemerke ich, dass hier eine gewisse Parallele zur Stabilität der Bauchmuskeln gezogen werden kann. Einfache Physik … Der »Waschbrett«-Muskel, der Musculus rectus abdominis, bildet die oberste Schicht der Bauchmuskulatur. Er zieht vom Schambein (Os pubis) bis hinauf zu den Rippen und zum Brustbein (Sternum). Die Aufgabe des M. rectus abdominis besteht darin, die Bauch- und Beckenorgane in der Bauch- und Beckenhöhle zu halten und die Wirbelsäule bei ihrer Bewegung zu unterstützen. Andere Bauchmuskelschichten sind ebenfalls an der Stabilisierung des Rumpfes und der Organe beteiligt. Der Musculus obliquus externus abdominis setzt an acht unteren Rippen an und verläuft nach unten in Richtung der Körpermitte (schräg zum Becken hin). Der Musculus obliquus internus abdominis hingegen befindet sich unter dem M. obliquus externus abdominis (das macht doch Sinn, nicht?) und verläuft im rechten Winkel (quer) zu diesem. Der M. obliquus internus abdominis zieht von der Crista iliaca der Hüfte bis hin zu den unteren Rippen. Zusammen formen der M. obliquus internus abdominis und der M. obliquus externus abdominis ein x, welches sich über das Abdomen spannt. Der tiefste Bauchmuskel, der Musculus transversus abdominis, verläuft senkrecht über das Abdomen hinweg; seine Aufgabe besteht darin, die Bauchwand zu straffen, das Zwerchfell nach oben zu drücken, die Atmung zu unterstützen und dem Körper dabei zu helfen, sich nach vorne zu beugen. Der M. transversus abdominis ist mit den unteren Rippen sowie den Lendenwirbeln verbunden und umhüllt den Schambeinkamm (Pecten ossis pubis) und die »weiße Linie« (Linea alba). Die Linea alba ist ein Bindegewebsstrang, der senkrecht auf der Mittellinie des Abdomens vom Processus xiphoideus am unteren Ende des Sternums bis hinunter zur Beckensymphyse (Symphysis ossis pubis) verläuft. Die Muskeln in Ihrem Rücken (siehe Abbildung 5.6) verleihen dem Rumpf Halt und Stärke, verbinden ihn mit den oberen und unteren

Gliedmaßen und bieten den Organen Schutz, die in der Nähe des Rückens liegen (wie beispielsweise den Nieren). Der Musculus deltoideus setzt an der Schulter und dem Schlüsselbein an und verläuft bis zum Humerus, dem Oberarmknochen. Seinen Namen verdankt der M. deltoideus seiner dreieckigen Form – er ist nach dem griechischen Buchstaben »delta« benannt, der so aussieht: Δ. Der M. deltoideus hilft Ihnen bei der seitlichen Aufwärtsbewegung Ihres Armes. Der Musculus latissimus dorsi ist ebenfalls dreieckig, doch er ist viel größer als der M. deltoideus. Er entspringt im unteren Abschnitt der Wirbelsäule (Brustund Lendenwirbel) und zieht schräg nach oben bis hin zum Humerus. Ihr M. latissimus dorsi erlaubt Ihnen, Ihre Arme von oben nach unten zu bewegen sowie Ihren Arm auszustrecken, wie beispielsweise beim Klettern oder Schwimmen.

Die Flügel ausbreiten Ihre oberen Extremitäten – das sind Ihre Arme – verfügen über eine große Bewegungsfreiheit. Sie sind, wie Sie wissen, mit Ihrem Rumpf verbunden. Einer der Muskeln, die für diese Verbindung verantwortlich sind, der Musculus serratus anterior, befindet sich unter Ihren Achseln (auf Latein bedeutet »Achsel« »axilla«) und den oberen Rippenpaaren. Sie brauchen diesen Muskel zum Beispiel dann, wenn Sie etwas schieben oder Ihren Arm über die Waagerechte hinaus nach oben bewegen. Kontrahiert der M. serratus anterior, so zieht er das Schulterblatt nach unten und nach vorne. Der Musculus biceps brachii sowie der Musculus triceps brachii sind zwar am oberen (»anterioren«, das bedeutet »vorderen«) Teil Ihres Oberarmes lokalisiert, doch ihre Aufgabe besteht darin, den Unterarm zu bewegen. Abbildung 5.7.A. zeigt die Anterioransicht Ihres Armes. Ihren M. biceps brachii können Sie fühlen, wenn Sie so tun, als ob Sie einen Türknauf bewegen würden und Ihren Unterarm dabei drehen. Benannt ist der M. biceps brachii nach seinen beiden Ursprüngen an der Scapula (dem Schulterblatt) – »bi« bedeutet auf Latein »zwei«. Von dort aus verläuft der Muskel bis zum Radius des Unterarmes, an dem er ansetzt.

Der M. triceps brachii ist der einzige Muskel, der auf der Rückseite (posterior) des Unterarms entlang läuft. Abbildung 5.7 B. zeigt die Posterioransicht des Armes. Der Name M. triceps brachii bezieht sich auf die drei Knochenansatzpunkte des Muskels: einen an der Scapula und zwei am Humerus. Von dort verläuft der Muskel bis zur Ulna des Unterarmes. Sie können den M. triceps brachii dann fühlen, wenn Sie etwas schieben oder schlagen. Zu den weiteren Muskeln Ihres Armes zählen der Musculus brachioradialis, der dabei hilft, den Arm am Ellenbogen zu beugen, sowie der Musculus supinator, der für die Rotation Ihres Armes zuständig ist (er dreht die Handflächen nach innen und nach außen). In der Hand befinden sich Muskeln, die das gesamte Handgelenk sowie die Hand bewegen, und solche, die die feinen Bewegungen der Finger ausführen. Wenn Sie mit dem Computer schreiben oder Klavier spielen, dann brauchen Sie Ihren Musculus extensor digitorum und den Musculus flexor digitorum, um Ihre Finger auf der Tastatur hoch und runter zu bewegen, um verschiedene Tasten drücken zu können. Beim Anheben der Hand kommen außerdem die Muskeln Ihres Handgelenks ins Spiel. Der Musculus flexor carpi radialis (mit dem Radius verbunden) und der M. flexor carpi ulnaris (setzt an der Ulna an) gestatten es Ihrem Handgelenk, sich nach oben zu beugen. Der Musculus flexor carpi radialis longus (der an den Karpalknochen entlang zieht), der Musculus extensor radialis brevis sowie der Musculus extensor carpi ulnaris erlauben es Ihrem Handgelenk, sich zu strecken, also sich nach vorne/unten zu bewegen.

Abbildung 5.7: Die Muskeln des Armes: anterior (A) und posterior (B)

Daumen hoch! Ein Hauptmerkmal aller Primaten ist der zum Greifen von Gegenständen geeignete Daumen. Viele Tiere besitzen Finger und Zehen, doch nur wenige können mit ihren Händen tatsächlich greifen wie die Primaten. Stellen Sie sich vor, Ihre Finger wären wie die eines Hundes oder einer Katze miteinander verbunden, und Sie könnten sie nicht spreizen; Sie wären dann nicht in der Lage, Dinge aufzuheben. Aus diesem Grund halten Tiere wie zum Beispiel Hunde, Elefanten oder Greifvögel Dinge mit ihrem Maul, ihrem Rüssel oder ihrem Schnabel fest. Primaten – also Menschenaffen und Menschen – können Gegenstände mit ihren Daumen und Fingern greifen. Menschen sind aber die einzigen Vertreter der Primaten, die mit der Spitze des Daumens die Spitzen der übrigen Finger berühren können. Aufgrund der Fähigkeit, den Daumen jedem Finger gegenüberstellen zu können, können Sie mit Ihren Fingern sehr feine Bewegungen ausführen. Wenn Sie mit Ihrem Daumen den kleinen Finger berühren, wölbt sich Ihre Handfläche nach innen. Dieses Phänomen tritt nur beim Menschen auf, da die Knochen im kleinen Finger sehr kurz sind und nur der Mensch über einen gegenüberstehenden Daumen verfügt.

Hacke, Spitze, hoch das Bein

Ihre unteren Gliedmaßen bestehen aus Ihren Beinen, die mit Ihrem Gesäß verbunden sind, welches wiederum mit Ihrer Hüfte in Verbindung steht. Abbildung 5.8 stellt Ihnen die zum Bein gehörigen Muskeln vor. Der Musculus iliopsoas verbindet Ihre unteren Extremitäten mit Ihrem Rumpf und setzt sich aus zwei kleineren Muskeln zusammen: dem Musculus psoas major, der den Oberschenkel mit der Wirbelsäule verknüpft, sowie dem Musculus iliacus, der das Os ilium der Hüfte mit dem Oberschenkelknochen (Femur) verbindet. An der Crista iliaca der Hüfte entspringt der Musculus sartorius, ein langer, dünner Muskel, der von der Hüfte bis zur Innenseite des Knies verläuft. Diese Muskeln verleihen den Beinen Kraft und Stabilität, unterstützen sie beim Tragen des Körpergewichtes und helfen ihnen, dem Druck der Erdanziehungskraft (Gravität) standzuhalten.

Abbildung 5.8: Die Muskeln der unteren Extremität

Manche Beinmuskeln gestatten dem Oberschenkel eine große Bewegungsfreiheit in viele Richtungen. Die Gesäßmuskeln erlauben Ihnen, Ihr Bein in der Hüfte zu beugen und Ihren Oberschenkel auszustrecken, wenn Sie laufen, klettern oder springen. Der Musculus glutaeus maximus – der größte Muskel Ihres Gesäßes – ist zudem der größte Muskel Ihres Körpers (siehe Abbildung 5.9). Der M. glutaeus maximus wirkt antagonistisch auf den stabilisierenden M. iliopsoas, der die Aufgabe besitzt, Ihren Oberschenkel zu beugen. Der Musculus

glutaeus medius, der hinter dem M. glutaeus maximus liegt, gestattet Ihnen, Ihr Bein so seitwärts zu bewegen, dass Sie mit beiden Beinen einen 90-Grad-Winkel bilden können (Abduktionsbewegung). Mehrere Muskeln dienen als Adduktoren, das bedeutet, dass sie den abduzierten Oberschenkel zurück nach unten führen. Zu diesen Muskeln gehören der Musculus pectineus sowie der Musculus adductor longus, welcher verletzt wird, wenn Sie sich einen Muskel in der Leiste zerren, sowie der Musculus adductor magnus und gracilis, die an der Innenseite des Oberschenkels entlang laufen.

Abbildung 5.9: Posterioransicht der Muskeln der unteren Extremität

Woher kommen diese Namen? Manche Muskelnamen haben eine recht spannende Geschichte zu erzählen. Der Musculus sartorius tritt beispielsweise dann in Aktion, wenn Sie Ihre Beine

übereinanderschlagen, wie Schneider es früher zu tun pflegten (oder es immer noch tun), wenn sie Manschetten oder Bündchen feststeckten. Und raten Sie mal, was »Schneider« auf Latein bedeutet? Bingo: »sartor«! Die lateinische Bezeichnung für das Wort Muskel, »musculus«, bedeutet auf Deutsch übrigens so viel wie »Mäuschen«. Wer wohl auf diesen netten Vergleich gekommen sein mag?

Die Aufgabe der Muskeln in Ihrem Oberschenkel besteht darin, Ihren Unterschenkel zu bewegen. Die Muskeln, die sich an der frontalen und der lateralen Seite des Oberschenkels entlang ziehen, sind der Musculus rectus femoris, der Musculus vastus lateralis, der Musculus vastus medialis sowie der Musculus vastus intermedius – oder besser bekannt als Musculus quadriceps femoris (M. quadriceps). »Quad« leitet sich vom lateinischen Begriff »quatuor« ab, was »vier« bedeutet (wie beispielsweise in »Quadrat«), und steht für die vier Anteile (»Bäuche«) des Muskels. In Abbildung 5.8 sehen Sie die laterale Seite der unteren Extremität; Abbildung 5.10 stellt Ihnen dagegen die Muskeln vor, welche sich auf der anterioren Seite des Unterschenkels befinden.

Abbildung 5.10: Anterioransicht der Muskeln der unteren Extremität

Die Muskeln Musculus biceps femoris, Musculus semimembranosus und Musculus semitendinosus haben eine gemeinsame Aufgabe – sie sind die Antagonisten des M. quadriceps femoris (siehe Abbildung 5.9). Sie verlaufen auf der Rückseite des Oberschenkels und gestatten Ihrem Unterschenkel die Beugebewegung sowie die Dehnung Ihrer Hüfte. Der Ursprung dieser drei Muskeln ist am Os ischii (dem Sitzbein) der Hüfte zu finden; ihr Ansatz befindet sich an der Tibia des Unterschenkels. Die Sehnen der drei Muskeln können Sie an der Rückseite Ihres Knies fühlen.

Die Muskeln des Schienbeins (Tibia) und des Wadenbeins (Fibula) bewegen das Sprunggelenk (Knöchel) und den Fuß. Der Musculus gastrocnemius (oder auch besser unter dem Namen »Wadenmuskel« bekannt) hat seinen Ursprung am Femur (Oberschenkelknochen) und endet in der Achillessehne, welche hinter Ihrer Ferse entlang verläuft. Sie können den M. gastrocnemius in Aktion fühlen, wenn Sie auf Ihren Zehen stehen. Der Antagonist des M. gastrocnemius ist der Musculus tibialis anterior, der an der Tibia beginnt, das Schienbein hinab zieht und schließlich an den Metatarsalknochen des Sprunggelenks ansetzt. Diesen Muskel können Sie fühlen, wenn Sie Ihre Zehen anheben, während Ihre Ferse auf dem Boden bleibt. Der Musculus peroneus longus und der Musculus peroneus brevis (»brevis« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »kurz«) ziehen an der Außenseite des Unterschenkels entlang und setzen dort an der Fibula sowie den Knochen des Sprunggelenks an. Die beiden Peroneus-Muskeln sind an der Bewegung Ihres Fußes beteiligt. Der Musculus extensor digitorum longus sowie der Musculus flexor digitorum longus haben ihren Ursprung an der Tibia und ziehen bis in die Fußspitzen, wo sie für die Bewegung der Zehen verantwortlich sind.

Pathophysiologie des Muskelsystems Jedes Körpersystem hat natürlich seine Schwachstellen. Das Muskelsystem stellt hier keine Ausnahme dar. Zu den Dingen, die schieflaufen können, gehören schmerzhafte Muskelkrämpfe, die Bewegungseinschränkungen zur Folge haben, sowie Zerrungen oder Risse der Sehnen und Bänder, welche lange Zeit für die Heilung beanspruchen. Außerdem kann das Muskelsystem von Krankheiten betroffen sein wie beispielsweise der Muskeldystrophie, der Fibromyalgie oder der Myasthenia Gravis.

Muskelkrämpfe Autsch. Ich bin nun wirklich kein hyperaktiver Mensch, doch gönne ich mir nur selten Phasen der Entspannung. Von Zeit zu Zeit muss ich dann den Preis dafür zahlen – der Muskel verkrampft und tut höllisch weh.

Einige Abschnitte weiter vorne habe ich Ihnen zwei Gesäßmuskeln, den Musculus glutaeus maximus und den Musculus glutaeus medius, vorgestellt. Nun, es gibt da noch den Musculus piriformis, einen strangartigen Muskel, der zu lästigen Schmerzen im Gesäß führen kann. Dieser kleine Muskel hat seinen Ursprung am Os ileum der Hüfte und des Kreuzbeines, zieht über den oberen Rand des Trochanter major und setzt an einem Punkt am oberen Ende des Femurs an. Wenn der M. piriformis normal arbeitet, ist er für die Rotation des Oberschenkels zur lateralen Seite (außen) zuständig. Tut er dies aber nicht und verkrampft stattdessen, so ist das sehr, sehr unangenehm. Unter einem Muskelkrampf (auch als »Muskelspasmus« bezeichnet) versteht man eine plötzliche, unwillkürliche Kontraktion. Das hat zur Folge, dass sich der Muskel heftig und ohne Vorwarnung verspannt und plötzlich auftretende Schmerzen verursacht. Wenn sich mein kleiner M. piriformis derart verkrampft, verursacht das unglaubliche Schmerzen. Da der M. piriformis mit dem Kreuzbein am Ende der Wirbelsäule verbunden ist, können durch den Muskelkrampf auch Schmerzen im unteren Rückenbereich auftreten. Das Gesäß und in einigen Fällen auch die Hüfte fühlen sich danach verletzt an. Der Schmerz und die Bewegungseinschränkung durch den Krampf sind deshalb so ausgeprägt, weil die Sakralnerven durch die starke Kontraktion des Muskels irritiert werden können. Die Krämpfe im M. piriformis sind meine persönlich unangenehmsten Krampferfahrungen. Natürlich kann aber jeder beliebige Muskel im Organismus von Krämpfen betroffen sein, und die Folgen sind davon abhängig, welche Nerven in der Nähe des krampfenden Muskels zu finden sind. Außerdem sind nicht alle Krämpfe schmerzhaft. Schluckauf beispielsweise ist die Folge eines Zwerchfellkrampfes und meist nicht mit Schmerzen verbunden – eben nur nervig. Der Musculus gastrocnemius (Zwillingswadenmuskel) ist ebenfalls ein beliebter Ort für plötzlich auftretende Krämpfe und Spasmen. Nervöse Zuckungen im Gesicht wie zum Beispiel das wiederholte Zucken des Augenlides sind auch Muskelkrämpfen zuzuschreiben und mindestens genauso lästig wie Schluckauf.

Muskeldystrophie Unter Muskeldystrophie versteht man eine genetisch bedingte, erbliche Erkrankung, die sich auf das Muskelsystem auswirkt. Die am häufigsten auftretende, erbliche Muskeldystrophie ist die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD), die oft von der Mutter auf den Sohn übertragen wird (X-chromosomal rezessiver Erbgang). Von der DMD sind daher meist Jungen betroffen, und die ersten Symptome der Krankheit machen sich bei ihnen schon vor dem dritten Lebensjahr bemerkbar. Die Muskeln dieser Kinder werden langsam immer schwächer, bis sie sich schließlich verkürzen und degenerieren. Im fortgeschrittenen Stadium verkümmern die Muskeln fast völlig und fesseln die betroffenen Patienten häufig im Alter von etwa zwölf Jahren an den Rollstuhl. Das Muskelgewebe wird von Fett- und Bindegewebe ersetzt, was Herz- und Lungenprobleme mit sich zieht. Meist sterben DMD-Patienten schon im Teenageralter. Die myotone Muskeldystropie (Curschmann-Steinert-Syndrom) kann sowohl männliche als auch weibliche Patienten unterschiedlichen Alters betreffen. Die Muskeln dieser Patienten werden zunehmend schwächer und steifer, was zu Problemen bei bestimmten Bewegungsabläufen führen kann. Beispielsweise treten Schluckbeschwerden auf, da die Muskeln sich nach der Anspannung nicht mehr entspannen. Die Muskeln des Gesichts und des Halses sind häufig die ersten von der Erkrankung betroffenen Muskeln; danach folgt die Muskulatur der Arme und Beine. Den Patienten fällt das Drehen des Kopfes oder das Heben von Gegenständen mit der Zeit schwerer. Der Zustand der Betroffenen verschlechtert sich zunehmend und fesselt sie irgendwann an den Rollstuhl oder das Bett.

Übungsaufgaben zu Kapitel 7 Frage 1: Welche der folgenden Aussagen ist falsch? a. Muskeln machen etwa 90 Prozent des Körpergewichts aus.

b. Das altgriechische Wort mys bedeutet »Maus«. c. Die Skelettmuskulatur bedeckt unsere Knochen und bildet so die Form unseres Körpers. d. Unsere aufrechte Körperhaltung setzt Muskelarbeit voraus. Frage 2: Zu den Funktionen der Muskulatur gehören a. Unterstützung der Knochen des Körpers b. Blutbildung c. Umwandlung chemischer Energie in mechanische Arbeit d. nur a und c Frage 3: Eine notwendige Eigenschaft des Muskels, um seine Aufgaben zu erfüllen, ist die a. Extensionsfähigkeit b. Kontraktilität c. Elastizität d. alle Genannten Frage 4: Die zelluläre Einheit im Muskelgewebe ist a. ein Filament b. eine Myofibrille c. eine Muskelfaser d. ein Fasciculus Frage 5: Den Zustand partieller Muskelkontraktion bezeichnet man als

a. Rigor b. Tonus c. Clavus d. Paralyse Frage 6: Es ist möglich, die Muskeln des Körpers völlig zu entspannen. a. richtig b. falsch Frage 7: Training fördert die Bildung neuer Muskelfasern. a. richtig b. falsch Frage 8: Dieser Muskeltyp zeigt keine Querstreifung. a. Herzmuskulatur b. glatte Muskulatur c. Skelettmuskulatur d. kontraktile Muskulatur Frage 9: Welcher Muskeltyp kommt nur in einem einzigen Organ vor? a. kontraktile Muskulatur b. glatte Muskulatur c. Herzmuskulatur d. Skelettmuskulatur

Frage 10: Welche Muskelfeinstruktur verändert sich nicht während der Kontraktion? a. H-Zone b. A-Bande c. I-Bande d. Z-Linie Frage 11: Ein schwacher Stimulus löst eine nur teilweise erfolgende Kontraktion aus. a. richtig b. falsch Frage 12: Muskeln, die vor einer überschießenden Kontraktion schützen oder einer Kontraktion entgegenwirken, heißen a. Antagonisten b. Haltemuskeln c. Agonisten d. Synergisten Frage 13: Bei den Muskeln M. latissimus dorsi, M. rectus abdominalis und M. serratus anterior basieren die Namen auf a. der Form b. der Anheftung c. einer figurativen Ähnlichkeit d. der Funktion

Frage 14: Beim Muskel M. sternocleidomastoideus basiert der Name auf a. der Funktion b. der Lokalisation c. der Anheftung d. einer figurativen Ähnlichkeit Übung 15–19: Ordnen Sie die Muskeln ihren Lokalisationen zu. 1. _____ M. latissimus dorsi 2. _____ M. obliquus abdominalis internus 3. _____ M. quadriceps 4. _____ M. masseter 5. _____ M. sternocleidomastoideus a. Kopf b. Abdomen c. Rücken d. Nacken e. Oberschenkel

Frage 20: Welcher Muskel trennt die Brusthöhle von der Bauchhöhle? a. Diaphragma b. M. obliquus abdominalis externus c. M. transversus abdominalis d. M. obliquus abdominalis internus

e. M. rectus abdominalis

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Welche der folgenden Aussagen ist nicht richtig? a. Muskeln machen etwa 90 Prozent des Körpergewichtes aus. Im Durchschnitt sind es weniger als die Hälfte, etwa 43 Prozent.

Frage 2 Zu den Funktionen der Muskulatur gehört c. Umwandlung chemischer Energie in mechanische Arbeit.

Frage 3 Eine notwendige Eigenschaft des Muskels, um seine Aufgaben zu erfüllen, ist die b. Kontraktilität. Was nicht kontrahiert, kann kein Muskel sein.

Frage 4 Die zelluläre Einheit im Muskelgewebe ist c. eine Muskelfaser. Wenn es um Muskeln geht, ist eine Zelle eine Faser.

Frage 5 Den Zustand partieller Muskelkontraktion bezeichnet man als b. Tonus.

Frage 6 Es ist möglich, die Muskeln des Körpers völlig zu entspannen. b. Falsch. Wenn jeder Muskel im Körper entspannen würde, würde das Herz aufhören zu schlagen.

Frage 7 Training fördert die Bildung neuer Muskelfasern. b. Falsch. Training führt nicht zur Bildung neuer Muskelfasern, aber zur Verdickung der vorhandenen.

Frage 8 Dieser Muskeltyp zeigt keine Querstreifung. b. Glatte Muskulatur. Ohne die Querstreifung können diese Muskeln langsam und anhaltend

kontrahieren.

Frage 9 Welcher Muskeltyp kommt nur in einem einzigen Organ vor? c. Herzmuskulatur.

Frage 10 Welche Muskelfeinstruktur verändert sich nicht während der Kontraktion? b. A-Bande. Alle übrigen Strukturen verändern ihre Größe während der Kontraktion.

Frage 11 Ein schwacher Stimulus löst eine nur teilweise erfolgende Kontraktion aus. b. Falsch. Muskelkontraktionen laufen nach dem Alles-oder-nichtsPrinzip ab. Eine teilweise Kontraktion gibt es nicht.

Frage 12 Muskeln, die vor einer überschießenden Kontraktion schützen oder einer Kontraktion entgegenwirken, heißen a. Antagonisten.

Frage 13 Bei den Muskeln M. latissimus dorsi, M. rectus abdominalis und M. serratus anterior basieren die Namen auf a. der Form. Latissimus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »weit«, rectus kommt vom lateinischen Wort für »gerade« und serratus von »gezähnt«.

Frage 14 Beim Muskel M. sternocleidomastoideus basiert der Name auf c. der Anheftung. Sie kommen darauf, wenn Sie wissen, dass cleido für das Schlüsselbein steht.

Übung 15–19 So sollte Ihre Zuordnung aussehen: 15. M. latissimus dorsi: c. Rücken 16. M. obliquus abdominalis internus: b. Abdomen 17. M. quadriceps: e. Oberschenkel

18. M. masseter: a. Kopf 19. M. sternocleidomastoideus: d. Nacken

Frage 20 Welcher Muskel trennt die Brusthöhle von der Bauchhöhle? a. Diaphragma. Ohne das Diaphragma könnten Sie nicht atmen.

Kapitel 6

Ihr größtes Organ: die Haut IN DIESEM KAPITEL Die Haut und ihre Aufgaben Expedition zu Nägeln, Haaren und Drüsen Was verursacht Hautschäden?

Haben Sie jemals Ihre Haut als ein Organ angesehen? Denn das ist sie tatsächlich. Wenn Sie weiterlesen, werden Sie vielleicht einen ganz neuen Blickwinkel auf diese riesige, dünne Hülle bekommen. Dieses Kapitel zeigt, welche Strukturen unter Ihrer Haut liegen und von welchen Krankheiten die Haut betroffen sein kann. Ohne Ihre Haut würden Sie vertrocknen, und Bakterien, Pilze oder Viren (Keime eben!) – würden Ihren Körper überschwemmen. Ohne Ihre Haut als Schutzhülle wären Sie nach einer warmen Sommernacht im Freien vermutlich von einer ziemlich ekeligen Schleimschicht bedeckt. Zollen Sie Ihrer Haut deshalb den verdienten Respekt. Und vergessen Sie nie die Sonnencreme, wenn Sie noch lange Freude an Ihrer Haut haben wollen …

Dreifach hält besser: die Schichten der Haut Sie sind in rund zwei Quadratmeter Haut, auch Integumentsystem, eingehüllt, und die kann drei bis zu zwanzig Kilogramm wiegen, je nach Fettanteil. Was so banal als Körperhülle daherkommt, zeigt sich bei näherer Untersuchung als ein extrem komplexes Organ (Abbildung 6.1) mit vielen Aufgaben. Obwohl sich die Haut eng anfühlt, ist sie eigentlich

nur locker mit den unter ihr liegenden Muskeln verbunden. Dort, wo es keine Muskeln gibt (wie beispielsweise an den Knöcheln), ist die Haut direkt am Knochen befestigt.

Abbildung 6.1: Querschnitt durch die Haut, der die Schichten und einige spezialisierte Strukturen zeigt

Die Haut besteht aus drei Hauptschichten: der Epidermis und der Dermis, die zusammen die Cutis bilden, sowie der Subcutis, die unter der Dermis als dritte wichtige Schicht liegt. Die Subcutis dient als Verbindungsstück zwischen den äußeren Hautschichten und den Muskeln und Organen unter der Haut.

Auf Tuchfühlung mit der Epidermis

Die Epidermis ist der äußerste Teil Ihres Körpers. Diese dünne Bedeckung setzt sich aus zwei Schichten zusammen: dem Stratum corneum sowie dem Stratum germinativum. Die gesamte Epidermis besteht aus mehrschichtig verhorntem Plattenepithel (siehe Kapitel 3), doch die beiden Epidermisanteile erfüllen unterschiedliche Funktionen.

Reden wir mal über Ihr Aussehen – das Stratum corneum Wenn Sie über Ihre Haut reden, meinen Sie bestimmt erst einmal die äußerste Schicht: das Stratum corneum. Das ist die 25 bis 30 Lagen dicke, harte äußere Schicht der Haut, die unser Aussehen doch erheblich mitgestaltet. Und diese äußere Schicht ist ziemlich robust, da die hier befindlichen Zellen durch Keratinisierung verhärtet sind – einem Prozess, bei dem die Zellen das Protein Keratin einlagern, das für Festigkeit sorgen. Das Keratin dient als physikalische Barriere zwischen der Umwelt und Ihren inneren Körperzellen. Es ist wasserabweisend und beschützt Sie davor, Wasser nach außen zu verlieren oder Wasser von außen nach innen einzulagern, sodass Sie (jedenfalls unter normalen Umständen) weder vertrocknen noch aufquellen. Die verhärteten Keratinzellen schützen Ihre inneren Zellen und Gewebe auch vor Bakterien, Pilzen oder Viren. Hautverletzungen (wie Schnitte oder Kratzer) müssen daher gut gesäubert werden, damit die Mikroorganismen keinen Zugang zum Innern Ihres Körpers finden.

Ständige Erneuerung: das Stratum germinativum Das Stratum germinativum (auch Stratum basale oder Basalzellschicht genannt) ist so etwas wie eine Zellfarm. In dieser unteren Region der Epidermis (siehe Abbildung 6.1) teilen sich die Zellen unaufhörlich und erzeugen so neue Zellen. Diese neuen Zellen wandern in 14 bis 30 Tagen zur Oberfläche (das Stratum corneum); doch während sie nach oben wandern, entfernen sie sich weiter und weiter von der Blutzufuhr und

sterben innerhalb kurzer Zeit ab. Die Zellen, die Sie der Welt zeigen, sind also tote Zellen. Und täglich lösen sich Unmengen dieser toten Zellen ab, die den braunen Rand in der Badewanne hinterlassen oder den größten Teils Ihres Haustaubs ausmachen (sagen jedenfalls die Wissenschaftler). Ein kleiner Exkurs in die hässlichen Alltagsdetails – geben Sie Bettwanzen keine Chance! Ihre Matratze ist voller toter Hautzellen, und diese toten Hautzellen finden Bettwanzen außerordentlich appetitlich. Bettwanzen sind kleine Milben, welche zwar die Zellen fressen und abbauen, jedoch ihre Exkremente im Bett hinterlassen. Einige Menschen reagieren stark allergisch auf diese kleinen Lästlinge (Abbildung 6.2).

Abbildung 6.2: Ein unwillkommener Gast - die Bettwanze (Cimex lectularius)

Das ist aber noch längst nicht alles, was das Stratum germinativum kann. Es enthält auch Immunzellen, die Langerhans-Zellen, die das Integumentsystem mit dem Immunsystem verbinden. Langerhans-Zellen entstehen zwar im roten Knochenmark, siedeln sich aber im Stratum germinativum an. Sie phagozytieren Eindringlinge wie Bakterien oder Viren und transportieren sie über den Blutstrom zum lymphatischen System (beispielsweise der Milz). Sobald phagozytierte Mikroorganismen in einem lymphatischen Organ auftauchen, wird das Immunsystem dazu angeregt, aktiv ähnliche Mikroben in Ihrem Körper zu verfolgen, um den Ausbruch einer größeren Infektion zu vermeiden. (Eingehendere Informationen zu Mikroorganismen, Immunität und dem Lymphsystem mit seinen Organen finden Sie in Kapitel 13.)

Eine weitere Funktion des Stratum germinativum besteht darin, Ihre Haut mit Hautpigmenten zu versorgen, die Sie vor der Sonne schützen. Das Pigment Melanin wird von Melanozyten im Stratum germinativum produziert und schützt vor den ultravioletten Strahlen der Sonne. Je mehr Melanin ein Mensch bildet, desto dunkler sieht seine Haut aus. Völker, die in der Nähe des Äquators – wo die Sonne am stärksten strahlt – leben, produzieren bereits evolutionsbedingt mehr Melanin, da sie einen stärkeren Schutz vor der Sonne benötigen. Eskimos hingegen produzieren nur wenig Melatonin, weil die UV-Belastung am Nordpol nur gering ist. Trotzdem reagiert der Körper im Rahmen seiner Möglichkeiten, wenn er der UV-Strahlung verstärkt ausgesetzt ist. Die Pigmentierung Ihrer Haut hilft dabei, Sie vor den schädlichen ultravioletten Sonnenstrahlen zu schützen. Alle Menschen besitzen zwar in etwa die gleiche Anzahl an Melanozyten, aber die Menge der Melaninproduktion, die zu Unterschieden in der Hautfarbe führt, ist individuell über die Genausstattung festgelegt. Neben Melanin enthält die Haut das gelbliche Pigment Carotin (das Sie von Karotten und Süßkartoffeln kennen). Carotin finden Sie im Stratum corneum, aber auch in der Fettschicht der Subcutis. Carotin bedingt den gelbbraunen Hautfarbton der Asiaten, tritt aber kurzzeitig auch dann auf, wenn Sie viele Karottenprodukte essen. Der rosa bis rote Farbton der hellen Haut der Mitteleuropäer beruht hingegen nicht auf einem Pigment in der Haut, sondern ist durch die Farbe des Hämoglobins in den roten Blutkörperchen bedingt. Da die helle Haut nur wenig Melanin enthält, schimmert die Farbe des Hämoglobins durch die Epidermis durch. Manchmal wird das Melanin der hellen Haut auch fleckenförmig in kleinen Bereichen sichtbar. Sie wissen bestimmt, von was die Rede ist? Genau, von den Sommersprossen. Menschen mit Albinismus haben kein Melanin in ihrer Haut, sehr helle Augen und Haare und sind daher besonders empfindlich gegenüber

ultravioletter Strahlung.

Mischt in der Mitte mit: die Dermis Wie eine Käsescheibe im Brötchen liegt die Dermis eingequetscht zwischen der Epidermis, die all die äußere Aufmerksamkeit in Form von Cremes oder ähnlichen Körperpflegeprodukten bekommt, und der Subcutis, deren Fettanteil Zielobjekt vieler Diätversuche ist. Aber auch die Dermis erfüllt eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben. Die Dermis, auch Lederhaut genannt, enthält kollagene sowie elastische Fasern. Kollagen ist ein riesiges Protein, und die Fasern, die aus ihm hergestellt werden, sind extrem dehnbar und beweglich, so wie es auch die elastischen Fasern sind. Letztere sorgen für die Elastizität, die Ihre Haut benötigt, um sich bei Bewegungen dehnen zu können. Kollagen bewahrt Ihre Haut vor Überdehnungen und Einrissen bei Bewegungen. Können Sie sich vorstellen, dass Ihre Haut wie eine Hose platzt, sobald Sie sich nach vorne beugen? In der Dermis verlaufen auch die Blutgefäße, die Hautzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Beim Sport oder wenn Sie sich ertappt fühlen, erweitern sich (dilatieren) die Blutgefäße und lassen mehr Blut durch die Haut fließen. Die erhöhte Anzahl roter Blutkörperchen in der Nähe der Körperoberfläche verursacht die intensive Farbe in Ihrem Gesicht, wenn Sie erröten. Während körperlicher Anstrengung sorgt die Dilatation der Blutgefäße dafür, dass die entstandene Bewegungshitze Ihren Körper verlassen kann, sodass die Körpertemperatur auf normalem Niveau gehalten werden kann. Frieren Sie dagegen, dann ziehen sich die Blutgefäße zusammen, um die Körperwärme zu bewahren. Lippen werden blau, wenn Sie frieren, das ist ganz normal. Aber eine Blaufärbung Ihrer Haut kann auch ein echtes Problem wie einen Sauerstoffmangel im Blut oder die Unterbrechung des Blutflusses anzeigen – eine Zyanose. (Nur so am Rande … die Farbe der blauen Kartusche in Ihrem Drucker heißt Cyan, und Zyankali ist zwar farblos, doch die Person, die es einnimmt, entwickelt vor dem Tod auch die typische Blaufärbung der Zyanose.)

Ihre Dermis stattet außerdem jeden Menschen mit ganz individuellen Finger- und Fußabdrücken aus. Die im oberen Bereich der Dermis gelegenen Ausbuchtungen, dermale Papillen genannt, ziehen die Epidermis sozusagen hinunter in Richtung der Dermis. Nein, der evolutionsbiologische Sinn besteht nicht darin, Sie mal als möglichen Täter per Fingerabdruck identifizieren zu können, sondern damit lassen sich auch sehr filigrane Gegenstände gut greifen, da die Reibung zwischen der Oberfläche des Gegenstandes und den Hautleisten erhöht ist. Jeder besitzt diese Hautleisten, doch die Lage der dermalen Papillen unter der Epidermis ist von Mensch zu Mensch verschieden. In der Dermis liegen zudem zahlreiche spezielle Hautrezeptoren, die Sinneseindrücke wie Druck, Erschütterungen oder Sonneneinstrahlung wahrnehmen (Abbildung 6.3). Die Krause-Körperchen sind Thermorezeptoren, die Merkel-Scheiben sind Mechanorezeptoren, und dazu kommen noch die Haarbalg-Rezeptoren, Vater-Pacini-Körperchen, Meissner-Körperchen und die Ruffini-Körperchen. All diese Rezeptoren liegen in der gesamten Dermis verteilt und sind mit den Nerven, welche durch die Dermis und die Subcutis verlaufen, verbunden. So kommt es, dass Sie möglicherweise an einer Stelle Ihrer Haut eine leichte Berührung wahrnehmen, während es Ihnen einige Zentimeter entfernt davon schon wie Druck vorkommt. Nicht jeder Zentimeter Ihrer Haut ist mit Rezeptoren für jede Art von Sinneseindrücken ausgestattet. In Kapitel 7 finden Sie Genaueres zu den Nerven, die Sinneseindrücke der Hautrezeptoren weiterleiten.

Abbildung 6.3: Sinneszellen der Haut

Geht unter die Haut: die Subcutis Die Subcutis wird auch als Hypodermis bezeichnet, da sie direkt unter der Dermis liegt (hypo bedeutet »unter, unterhalb von«). Die Dicke der Subcutis kann aber schon sehr unterschiedlich ausfallen, was daran liegt, dass hier die Fettzellen liegen, denn das Fettgewebe macht den Großteil der Subcutis aus. Sehr schlanke Menschen haben eher eine dünne, übergewichtige Menschen eine dickere Subcutis. Doch Fett ist nicht ja zwangsläufig schlecht, denn Fettgewebe isoliert den Körper und schützt die darunter liegenden inneren Organe bei Stürzen. Und es ist eben immer ein Energiespeicher für schlechte Zeiten, wenn Sie einmal richtig krank werden sollten.

Allerhand Hautzubehör Da habe ich vielleicht gerade falsche Assoziation bei Ihnen erzeugt, aber dieser Abschnitt hat nichts mit Piercings oder Tätowierungen zu tun. Hier dreht sich alles lediglich um die natürlichen Anhangsstrukturen der Haut: Haare, Nägel und Drüsen.

Ein haariger Exkurs Ihr Körper ist von mehreren Millionen Haarfollikeln besetzt – etwa so viele, wie unser nächster Verwandter, der Schimpanse, hat (wer die denn alle gezählt hat …?) Und Menschen haben, wie der Schimpanse, haarlose Handflächen, Fußsohlen, Lippen und Brustwarzen. Auch die Schleimhäute tragen nie Haare. Das Körperhaar ist fein und flaumig, das Haar auf Ihrem Kopf (Haupthaar) ist schwerer und hilft Ihrem Körper bei der Wärmespeicherung. Die Pubertät bringt eine Flut von Geschlechtshormonen mit sich, welche den Haarwuchs in der Achselregion und im Schambereich ankurbeln. Männer bekommen zusätzlich Gesichtsbehaarung, aber auch bei Frauen mit Hormonstörungen kann es zu Haarwuchs im Gesicht kommen (siehe Kapitel 8). Der Haarschaft liegt in einer röhrenförmigen Einstülpung der Oberhaut (siehe Abbildung 6.4), dem Haarfollikel, der aus Epithelzellen besteht, die bis in die Dermis reichen. Die Haarwurzel (Radix pili) am unteren Ende des Haarfollikels muss in der Dermis liegen, damit sie Anschluss an die Blutversorgung hat, um den benötigten Sauerstoff und die Nährstoffe zu bekommen. Im unteren Bereich ist die Haarwurzel verdickt (Haarzwiebel oder Bulbus pili) und endet in der gut durchbluteten Haarpapille. Die eigentliche Wachstumszone des Haares liegt an der Grenze zwischen Haarpapille und Haarzwiebel. In den Haarfollikel münden eine Talgdrüse und manchmal auch eine Duftdrüse. Der Haarfollikel ist von Nevenendigungen umgeben, die Tastfunktionen vermitteln.

Abbildung 6.4: Das Haar im Detail

Obwohl das Haar außerhalb der Haut tot ist, bildet der Haarfollikel neue Zellen, die das tote Haar weiter nach oben schieben – so wächst das Haar. Die Zellen am Grund des Haarfollikels teilen sich kontinuierlich, um neue Zellen herzustellen. Wenn dieses Haar jung und kurz genug ist, um in der Nähe der Blutgefäße in der Dermis zu liegen, dann ist es noch wohlgenährt und lebt. Doch das Haar steigt langsam an die Oberfläche wie andere Hautzellen auch, während es weiter wächst. Auf seinem Weg nach oben und draußen entfernen sich die Haarzellen immer weiter von der Blutversorgung, bis sie keratinisieren und schließlich sterben. Jedes Haar auf Ihrem Kopf lebt etwa drei bis vier Jahre, bevor es ausfällt und ersetzt wird; Wimpern leben nur etwa drei bis vier Monate. Menschen bekommen nicht über Nacht eine Glatze. Haarausfall (Alopezie) tritt ein, wenn ausgefallene Haare nicht mehr ersetzt werden.

Was Ihre Haare zu Berge stehen lässt Jeder Haarfollikel verfügt über einen kleinen Muskel, den Musculus arrector pili. Kontrahiert dieser glatte Muskel, so entsteht Gänsehaut. Wenn Sie frieren oder Angst haben, wird durch das plötzliche Zusammenziehen des Haarfollikels Luft zwischen der Haut und dem Haar eingeschlossen und lässt es »zu Berge stehen«. Bei Kälte dient diese gefangen gehaltene Luft der Wärmedämmung. Wenn Sie Angst haben, sträuben sich Ihre Haare, um Sie gefährlicher für denjenigen aussehen zu lassen, von dem Sie erschreckt wurden. Denken Sie daran, dass diese physiologische Reaktion ihren Ursprung vor Millionen von Jahren hatte, als Menschen sowohl Räuber als auch Beute waren. Heute bekommen Sie vielleicht eine Gänsehaut, wenn Sie sich einen Gruselfilm ansehen. Die Angst in Ihrem Gehirn ist altes Erbe, denn Ihr Körper weiß nicht, dass auf der Kinoleinwand kein echtes Raubtier ist.

Nägel wachsen lassen Ihre Finger- und Fußnägel liegen auf einem Nagelbett (nicht zu verwechseln mit einem Bett aus Nägeln). Am Ende des Nagelbettes liegt die Nagelmatrix oder -wurzel. Ebenso wie die Haut und das Haar beginnen auch die Nägel in der Nähe der Blutversorgung, welche unter dem Nagelbett liegt, zu wachsen. Während sie sich aus dem Nagelbett herausbewegen, keratinisieren sie. Keratinisierung kann Gewebe wie beispielsweise die Nägel hart werden lassen oder es wasserfest machen, wie es bei der Haut und den Haaren der Fall ist. Die Nägel, die Sie an Ihren Fingern und Zehen sehen, sind alte, keratinisierte Zellen, die den Nagelkörper formen. Das Ende Ihrer Nägel scheint zu wachsen, tut dies aber nicht wirklich; es wird bloß von den ständig nachwachsenden Zellen nach vorne geschoben. Ihr Nagel »wächst« etwa einen Millimeter in der Woche. Das weiße, halbmondförmige Areal Ihrer Nägel ist die Lunula (lun- ist der lateinische Wortstamm für Mond.) Sie ist heller gefärbt, weil in diesem Bereich die Zellen wachsen. Der Nagelkörper erscheint rosa, da sich Blutgefäße unter dem Nagelbett befinden, doch die Wachstumszone wird von viel mehr Zellen bevölkert, ist dicker und erscheint daher weiß anstelle von pink. Wird die Nagelhaut – das ist die Haut, welche den Nagel an der Basis der Lunula bedeckt – trocken und spröde, dann können Keime in das

Nagelbett gelangen und eine Infektion auslösen. Manchmal gelangen Pilze unter das Nagelbett und verursachen eine Nagelbettmykose. Durch das Kauen der Nagelhaut oder der Nägel können Bakterien, die aus dem Mund stammen, in das vaskularisierte (durchblutete) Gewebe entlang und unter die Nagelhaut gelangen. Nägel können Ärzten einiges über gesundheitliche Probleme verraten. Tabelle 6.1 zeigt Ihnen einige Nagelprobleme und die Erkrankungen oder Störungen, unter welcher die betroffene Person eventuell leidet. Nagelproblem Angezeigte Erkrankung oder Störung Brüchige, konkave (löffelförmige) Nägel mit Kanten

Eisenmangelanämie

Nägel, die sich Schilddrüsenfunktionsstörung, bei der zu viel Schilddrüsenhormon vom Nagelbett gebildet wird (wie bei Morbus Basedow-Graves) lösen Schwarze Stellen unter den Nägeln (sehen wie Splitter aus)

Erkrankungen des Atmungsapparates oder des Herzens

Harte, gebogene, gelbe Nägel

Bronchiektase (chronische Erweiterung der Bronchien, schlechter Atem, Krampfhusten) sowie Lymphödem (Flüssigkeitsstau in den Lymphdrüsen, was zur Schwellung der Hände und Füße führt). Rauchen in Kombination mit Nagellack kann die Nägel ebenfalls gelb einfärben.

Tabelle 6.1: Nagelprobleme als Zeichen möglicher Erkrankungen

Nicht ohne meine Drüsen Die Drüsen des Körpers produzieren Stoffe, die dann abgegeben werden. Drüsen in der Nähe der inneren Organe stellen Stoffe her, die ihre Wirkung an einer anderen Stelle des Körpers entfalten. Beispielsweise produziert die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) das Hormon Insulin in Abhängigkeit davon, wie viel Zucker Sie zu sich nehmen. Der Blutstrom nimmt das Insulin mit und hält Ihren Zuckerspiegel im Normbereich.

Die Drüsen der Haut dagegen geben die von ihnen gebildeten Substanzen nach außen ab.

Endokrine Drüsen geben ihr Sekret direkt in die Blutbahn ab. Exokrine Drüsen geben ihr Sekret über einen Ausführungsgang an eine innere oder äußere Körperfläche ab. Ekkrin sind exokrine Drüsen, die ihr Sekret abgeben, ohne dass dabei Material der Drüse abgesondert wird (zum Beispiel Teile der Zellmembran oder Zytoplasma). Apokrin sind exokrine Drüsen, die Teile des Cytoplasmas und der Zellmembran verlieren, wenn sie ihr Sekret absondern.

Ins Schwitzen kommen Ja, Schweißdrüsen stellen Schweiß her – eine wässrige Flüssigkeit, die dem Körper als Möglichkeit dient, überschüssiges Salz (Natriumchlorid) und Harnstoff (ein Abfallprodukt, das von den Nieren ausgeschieden wird) loszuwerden und die eine wichtige Rolle bei der Regulation der Körpertemperatur übernimmt. (Mehr über die Nieren erfahren Sie in Kapitel 12.) Die zwei vorwiegenden Typen an Hautdrüsen sind Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae) und die Talgdrüsen. Ekkrine Schweißdrüsen: Sie sind über den gesamten Körper verteilt und öffnen sich in Richtung der Hautoberfläche, um Wärme abzugeben und somit die Körpertemperatur zu reduzieren, wenn Ihnen heiß ist. Das Prinzip der Wärmeabgabe wird als Verdunstungskühlung beschrieben. Schweiß ist eine wässrige Substanz. Überschüssige Körperwärme wird vom Wasser, das im Schweiß enthalten ist, aufgenommen. Mit dem Verdunsten des Wassers wird die Wärme dem Körper entzogen und dieser gekühlt. Apokrine Schweißdrüsen: Diese Drüsen sind verantwortlich für den Körpergeruch und tief in den Haarfollikeln der Achseln und der Leistengegend gelegen. Sie entwickeln sich während der Pubertät.

Während der Schweiß, der von den ekkrinen Drüsen gebildet wird, farblos ist, enthält der Schweiß der apokrinen Drüsen eine milchigweiße Substanz, die von Bakterien auf der Haut verstoffwechselt wird. Dabei entstehen Nebenprodukte, die, nun ja, riechen. Oder stinken. Wie man's nimmt! Apokrine Drüsen treten in Aktion, wenn Sie Angst verspüren, gestresst sind oder sexuell stimuliert werden.

Sekretion gesunden Öls Talgdrüsen sezernieren (scheiden aus) eine ölige Substanz in die Haarfollikel, welche Sebum genannt wird. Neben der Verwüstung, die das Sebum in den Gesichtern pubertierender Jugendlicher anrichtet, hat es aber auch physiologische Funktionen. Das ölige Sebum hält das Haar geschmeidig, sodass es nicht reißt. Das Sebum bewahrt auch die Haut vor Wasserverlusten nach außen und verhindert andererseits, dass Wasser in sie eindringen kann. Des Weiteren bietet das Sebum eine unwirtliche Lebensgrundlage für Bakterien und schützt die Haut somit vor Infektionen.

Taskforce Hautschutz Genau wie Herz, Lunge und Gehirn muss Ihr Organ Haut ihren Job erfüllen, damit Sie gesund bleiben. Die Haut ist ständig ultravioletter Strahlung, Schmerz, Druck, Hitze, Kälte oder dem Angriff von Keimen ausgesetzt. Da sie für den Körper an vorderster Front kämpft, muss sich die Haut nach Verletzungen selbst heilen können, und das macht sie ein Leben lang.

Die Vitamin-D-Fabrik Obwohl UV-Strahlung Ihre Haut schädigt, brauchen Sie regelmäßig etwas Sonnenlicht, damit Ihre Knochen gesund bleiben. Ganz richtig, Ihre Knochen. Selbstverständlich sind Ihre Knochen nicht dazu in der Lage, Strahlen selbst aufzusaugen, da sie ja im Körperinneren liegen. Deshalb sind Knochen darauf angewiesen, dass die Haut den Prozess der Vitamin-D-Synthese veranlasst, damit die Bildung neuer Knochenzellen ungestört ablaufen kann.

In den Hautzellen gibt es ein Molekül, das sich in Vitamin D umwandelt, sobald ultraviolette Strahlung auf das Molekül trifft. Dann verlässt das Vitamin D die Haut und gelangt über den Blutstrom in die Leber und die Nieren, wo das Vitamin D in das Hormon Calcitriol umgewandelt wird. Von dort gelangt es wieder in den Blutstrom, mit dessen Hilfe das Calcitriol durch den gesamten Körper zirkuliert, wo es für die Regulation des Kalziumund Phosphorstoffwechsels zuständig ist (es sorgt dafür, dass diese wichtigen Mineralstoffe jederzeit in der vom Körper benötigten Menge verfügbar sind) – dies ist der Grund dafür, weshalb Vitamin D so wichtig ist. Kalzium und Phosphor übernehmen Schlüsselfunktionen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung gesunder Knochen. Ohne funktionierenden Kalzium- und Phosphorstoffwechsel können Kinder an Rachitis erkranken. Eine Rachitis führt zu weichen, gebogenen Knochen, die das Körpergewicht nicht mehr tragen können. Die Ursache? Ohne Vitamin D kann kein Calcitriol gebildet werden, ohne Calcitriol können Kalzium und Phosphor, die für die Bildung eines starken Knochengerüstes unabdingbar sind, nicht wirken. Rachitis betrifft meistens Kinder, die sich nicht gesund ernähren oder nicht draußen spielen. Glücklicherweise kann heutzutage mit Vitamin D angereicherte Milch helfen, die Erkrankung zu vermeiden. Bei Erwachsenen können Erkrankungen der Leber oder der Nieren, in denen der Vitamin-D-Umbau stattfindet, zu einem der Rachitis ähnlichen Krankheitsbild führen – der Osteomalazie oder Knochenerweichung. Weitere Ursachen für dauerhaften Vitamin-DMangel und Osteomalazie können die Einnahme von Phenytoin (ein Epilepsiemedikament), genetische Defekte sowie Erkrankungen innerer Organe, die eine Aufnahme von Vitamin D verhindern, sein.

Wie Wunden heilen

Nehmen wir einmal an, Sie schneiden sich in der Küche in den Finger. Mir ist das schon passiert, und es kann verflixt wehtun. Aber dieser Schmerz hält nicht lange an, besonders, wenn Sie direkt durch eine Nervenendigung schneiden! Wie auch immer, die Wunde in der Haut muss jedenfalls repariert werden, sonst können Bakterien in den Schnitt gelangen, eine Infektion herbeiführen und Ihre Gesundheit beeinträchtigen. Glücklicherweise verfügt Ihre Haut über gute Selbstheilungsfähigkeit. Menschen sind zwar nicht in der Lage, wie Seesterne oder manche Reptilien- und Amphibienarten Organe nachwachsen lassen, jedoch sind einige menschliche Organe imstande, neues Gewebe zu bilden. Die Leber und die Epidermis der Haut können dies. Wäre es nicht schön, wenn auch das Gehirn die Fähigkeit besäße, ein paar Zellen neu bilden zu können? Wenn Sie eine kleine, oberflächliche Wunde (einen kleinen Kratzer) haben, dann ersetzt die Epidermis schlichtweg einige geschädigte Zellen. In ein paar Tagen ist der Kratzer schon nicht mehr zu sehen. Wenn die Wunde jedoch so tief ist, dass Blutgefäße verletzt wurden, dann stellt sich die Heilung etwas komplizierter dar. Zuerst einmal bluten Sie. Das Blut spült Fremdkörper und Bakterien sofort aus der Wunde und füllt den Wundbereich rasch auf. Genauso schnell ziehen sich auch die Blutgefäße im Bereich der Wunde zusammen, um den Blutfluss zu verlangsamen, damit nicht allzu viel Blut aus den beschädigten Gefäßen sickert. Blutplättchen, die Thrombozyten, verkleben mit den kollagenen Fasern, welche die Gefäßwand bilden, und flicken so das Blutgefäß mit einem Thrombozytenpfropf. Sobald ein Thrombozytenpfropfes entstanden ist, findet eine Reihe an Ereignissen statt, um das Blut gerinnen zu lassen. Enzyme namens Gerinnungsfaktoren bringen diese Reaktionskaskade in Gang. Insgesamt gibt es zwölf dieser Gerinnungsfaktoren und der

gesamte ablaufende Prozess ist komplex. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Schritte: Prothrombin: Dieser Gerinnungsfaktor wird zu Thrombin umgewandelt. Für diese Reaktion wird Kalzium benötigt. Thrombin: Dieser Faktor wirkt wie ein Enzym und veranlasst das Plasmaprotein Fibrinogen dazu, lange Fäden namens Fibrin zu bilden. Fibrinfäden: Sie schlingen sich um den Thrombozytenpfropf und bilden so eine netzartige Grundlage für ein Blutgerinnsel. Blutgerinnsel: Das Fibrinnetz funktioniert als Falle für die roten Blutkörperchen. Die Blutkörperchen bleiben an der Außenseite des Netzes hängen und trocknen (oder die Luft oxidiert das in ihnen enthaltene Eisen wie Rost), wodurch sie eine rotbraune Farbe annehmen. Eine Narbe entsteht. Unter einer Narbe regenerieren und reparieren sich die Blutgefäße selbst, und in der Dermis treiben die Fibroblasten die Bildung neuer Zellen voran, um das Gewebe der beschädigten Hautschichten zu erneuern. Narbengewebe besteht aus vielen miteinander verflochtenen kollagenen Fasern, beinhaltet jedoch weder Haarfollikel noch Nägel oder Drüsen. An dieser Stelle ist meist auch die Fähigkeit verloren gegangen, Sinneseindrücke wahrzunehmen, da die Nerven beschädigt sind.

Der körpereigene Temperaturregler Ihre Haut spielt bei der Homöostase (siehe Kapitel 8) eine wichtige Rolle. Diese ist für die Anpassungsprozesse verantwortlich, die Ihr Körper unternimmt, um alles im Gleichgewicht zu halten. Ihr Körper verwandelt ununterbrochen Nahrung in Energie (die in Kalorien oder Joule gemessen wird) in Form von ATP. Doch nicht die gesamte Energie, die in der Nahrung steckt, wird zu ATP verarbeitet. An die 60 Prozent der Nahrungsenergie werden in Wärme umgewandelt. Die in jeder Zelle vorkommenden metabolischen Prozesse, die ATP produzieren, gehen

mit Wärmebildung einher. Diese Wärme hält Ihre Körpertemperatur im Normbereich, was einen Teil der Homöostase darstellt. Die normale Körpertemperatur schwankt zwischen 36,1 und 37,8 Grad Celsius. Wenn Ihre Haut kalt ist, geschehen zwei Dinge in den Schichten Ihrer Haut. Erstens sind die Schweißdrüsen inaktiv, was die Wärme am Verlassen Ihres Körpers hindert. Indem sie die Wärme im Körper hält, erhöht die Haut Ihre Körpertemperatur. Zweitens verengen sich die Blutgefäße, sodass Ihr Blut tief im Körper bei den lebenswichtigen Organen verbleibt. Wenn Sie beginnen, sehr stark zu frieren und Ihre Körpertemperatur unter 36,1 Grad Celsius fällt, bekommen Sie Gänsehaut und beginnen zu zittern (siehe hierzu den Abschnitt »Was Ihre Haare zu Berge stehen lässt« weiter vorne im Kapitel). Zittern, eine unwillkürliche Muskelkontraktion, hilft Ihnen dabei, den Körper zu erwärmen, weil Muskeln während der Kontraktion Wärme bilden. Ist Ihnen heiß, beginnen sich die in Ihrer Haut gelegenen Blutgefäße zu weiten, sodass überschüssige Wärme über den Blutstrom entkommen kann. Außerdem sind Ihre Schweißdrüsen aktiv. Das im Schweiß enthaltene Wasser nimmt Wärme aus dem Körperinneren auf, und die Wärme verlässt den Körper durch die Verdampfung des Schweißes.

Spüren, was vor sich geht Nun, woher weiß Ihr Körper eigentlich, ob ihm warm ist oder kalt? Und woher wissen Sie, ob Sie sich eine Schnittwunde oder einen Splitter zugezogen haben? Woher kennen Sie den Unterschied zwischen einer Berührung mit einer kitzelnden Feder und einem Schlag mit der Faust? Ganz einfach – Ihre Haut ist mit spezialisierten Sinnesrezeptoren für heiß, kalt, Berührung, Druck und Schmerz ausgestattet. In der Dermis der Haut liegen Nervenendigungen, die als Rezeptoren dienen (siehe Abbildung 6.3). Nicht jeder Zentimeter Haut ist mit allen Rezeptorentypen ausgestattet. Sie können also an einigen Stellen die Unterschiede bemerken, wenn Sie unterschiedliche Gegenstände berühren; Sie können den Unterschied zwischen einem leichten Druck und einem starken Schlag spüren; manche Stellen können Kälte wahrnehmen und andere Wärme. Alle Rezeptoren sind an einen Nerv

gekoppelt, der durch die Subcutis verläuft. Der Nerv gibt die Informationen an Ihr Gehirn weiter. Sie werden vielleicht aufschreien, wenn Sie sich verletzen, oder kichern, wenn Sie gekitzelt werden, weil Ihr Gehirn die erhaltenen Informationen »sinn-voll« verarbeitet.

Störungen und Krankheiten der Haut Hautprobleme haben viele Ursachen. Unsere Haut muss ständig den Angriffen potenziell gefährlicher Mikroorganismen standhalten, und zudem wird sie mit Sonnenstrahlen bombardiert, die bei manchen Menschen Hautkrebs auslösen können. Die Haut kann außerdem von genetisch bedingten Fehlfunktionen betroffen sein, von Chemikalien oder Feuer beschädigt werden. In diesem Abschnitt gebe ich Ihnen einige Informationen zu zwei der häufigsten, jedoch vermeidbaren Hautprobleme: Hautkrebs und Verbrennungen.

Hautkrebs Ich weiß, ich weiß. Vor ein paar Abschnitten habe ich gesagt, dass Sie Sonnenlicht brauchen, um gesund zu bleiben. Und nun erzähle ich Ihnen etwas über Hautkrebs. Sie werden fragen: »Was hat das mit mir zu tun?«. Klar, Sie brauchen das Sonnenlicht wirklich, um gesund zu bleiben, doch der Grat zwischen Gesundheit und Krankheit ist sehr schmal. Um ausreichende Mengen an Vitamin D synthetisieren und Ihre Knochen gesund erhalten zu können, benötigt Ihre Haut täglich nur ein paar Minuten Zeit an der Sonne. In der Hinsicht ist mehr definitiv nicht besser! In Bezug auf fast alles, was den Körper betrifft, lautet die Devise für eine gute Gesundheit: Maß halten. Und Sonnencreme ist auch keine schlechte Idee.

Setzen Sie sich jahrelang einem Übermaß an Sonne aus, so erhöht sich Ihr Risiko drastisch, an Hautkrebs zu erkranken. Der Hautkrebs wird in die Typen melanom (eine maligne oder streuende Form) sowie nicht melanom (auf ein Hautareal begrenzt) unterteilt. Basalzellkarzinom: (carcin- ist ein Wortstamm, der »Krebs« bedeutet; ein Carcinogen ist eine Substanz, die Krebs verursacht.) Diese Art von Hautkrebs tritt meist in der Basalzellschicht (Stratum basale) der Keimschicht (Stratum germinativum) auf, in der die neuen Hautzellen entstehen. Ultraviolette Strahlung – ganz gleich, ob sie von der Sonne oder aus dem Solarium kommt – kann zu DNASchäden führen, die von der Zelle nicht mehr repariert werden können und zur Tumorbildung führen. Basalzellkarzinome treten entsprechend vorwiegend an Körperstellen auf, die immer der Sonne ausgesetzt sind, also Stirn, Nase oder Ohren. Basalzellkarzinom zählen zum nichtmelanomen Hautkrebstyp und streuen praktisch nie. Sie sind relativ einfach operativ zu entfernen, tendieren aber dazu, wiederzukommen. Anzeichen eines Basalzellkarzinoms sind: blasse Stellen oder rötliche Flecken runde, glatte Gebilde mit erhabenem Saum glänzende Erhebungen nicht heilende Wunden Plattenepithelkarzinom: Die zweithäufigste Hautkrebsform ist vom melanomen Typ und findet ihren Ursprung in der Epidermis (in der sich Plattenepithelzellen befinden). Das Plattenepithelkarzinom birgt ein höheres Risiko als das Basalzellkarzinom, in benachbarte Organe zu streuen. Die Sterblichkeitsrate liegt beim Plattenepithelkarzinom bei einem Prozent. Die Symptome für das Plattenepithelkarzinom stimmen mit denen des Basalzellkarzinoms überein, zusätzlich kommen aber noch blutende Warzen hinzu, die eine schorfige Kruste bilden. Diese Art von Krebs kann wiederkehren, deshalb sind das Vermeiden von Sonnenlicht (um weiteren Schäden vorzubeugen) sowie regelmäßige Nachuntersuchungen (um frühe Veränderungen

zu erkennen) notwendige Vorsichtsmaßnahmen für Patienten, bei denen ein Plattenepithelkarzinom diagnostiziert wurde. Malignes Melanom: Diese gefährlichste Hautkrebsart beginnt in den Melanozyten (den Zellen, die das Melanin produzieren), folglich geht sie mit starker Pigmentierung einher (Abbildung 6.5). Ein überschießendes Wachstum von Melanozyten führt zur Bildung von normal großen, runden Leberflecken, welche sich nicht ausdehnen. Maligne Melanome hingegen sind so dunkel, dass sie fast schwarz erscheinen, und ihre Ränder sind nicht begrenzt wie die eines Leberfleckes. Diese kanzerösen Areale gleichen den Flecken, die entstehen, wenn Öl auf den Boden Ihrer Garage tropft. Normale Leberflecken jucken oder schmerzen nicht; Melanome hingegen tun dies häufig. Außerdem ist die Haut im näheren Umkreis des Melanoms häufig gerötet, weiß oder grau.

Abbildung 6.5: Hautkrebs (Malignes Melanom)

Mit der Beliebtheit des Sonnenbadens ist auch die Häufigkeit der Neuerkrankungen an Melanomen gestiegen. Meist tritt die Erkrankung bei hellhäutigen Menschen auf, deren Krankheitsgeschichte eine Reihe schwerer Sonnenbrände beinhaltet, welche besonders im Kindesalter vorkamen. Verglichen mit der einprozentigen Todeswahrscheinlichkeit beim Plattenepithelkarzinom sterben am malignen Melanom 20 Prozent der Patienten innerhalb von fünf Jahren. Denken Sie an folgende Dinge, um sich am möglichst gut vor den schädlichen Sonnenstrahlen zu schützen: Verwenden Sie Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor (LSF) von mindestens 15. Tragen Sie einen breitkrempigen Hut (sodass sowohl Ihre Ohren als auch Ihr Gesicht geschützt sind). Gehen Sie zur Mittagszeit nicht nach draußen (10 Uhr bis 15 Uhr), um der stärksten Konzentration an krebserzeugenden Strahlen aus dem Weg zu gehen. Tragen Sie eine Sonnenbrille, die Sie vor beiden Arten ultravioletter Strahlung schützt (UV-A und UV-B)! Ultraviolette Strahlen können nicht nur das Auge selbst beschädigen, indem sie beispielsweise grauen Star verursachen, sondern sie können auch verheerenden Schaden an der empfindlichen Haut um die Augen herum anrichten, wo sie Hyperpigmentation (dunkle Flecken) und Falten verursachen können.

Verbrennungen Hitze, Strahlung, Elektrizität oder Chemikalien können Verbrennungen verursachen. Falls Sie jemals einen Schock von einem Elektrogerät bekommen oder Ihr Badezimmer geschrubbt haben, bis die Haut Ihrer Handflächen sich wegen des Putzmittels rot färbte, dann haben Sie schon Ihre Erfahrungen mit Verbrennungen gemacht. Die meisten Menschen verbrennen sich, weil sie etwas Heißes wie etwa ein

Bügeleisen oder einen heißen Topf angefasst haben – oder beim Grillen mit Brandbeschleunigern unvorsichtig waren. Die Schwere einer Verbrennung wird an der Anzahl der Hautschichten gemessen, die vom Brand betroffen sind, und welche Fläche die Verbrennung einnimmt. Nachdem die Schwere bestimmt wurde, erfolgt die Einteilung in Verbrennungen ersten, zweiten, dritten und vierten Grades. Verbrennungen ersten Grades: Jeder kennt bestimmt den Sonnenbrand – falls Sie nicht persönlich davon betroffen waren, haben Sie Glück –, aber wussten Sie, dass der Sonnenbrand eine Verbrennung ersten Grades ist? Eine Verbrennung ersten Grades betrifft nur die Epidermis. Diese äußere Hautschicht verfärbt sich rot, und die Schmerzrezeptoren melden dem Gehirn den Schaden. Blasen und Schwellungen treten jedoch nicht auf. Diese Verbrennungen heilen ohne Narbenbildung. Verbrennungen zweiten Grades: Eine solche Verbrennung betrifft die Epidermis in ihrer ganzen Tiefe sowie den obersten Teil der Dermis. Diese Verbrennungen verursachen Schmerzen, Rötungen und Brandblasen. Je mehr Blasen auftreten, desto tiefer reicht die Verbrennung. Verbrennungen zweiten Grades heilen meist innerhalb von zehn bis 14 Tagen und hinterlassen minimale Narben, falls nur ein kleiner Teil der Dermis betroffen ist und keine Infektion erfolgt. Reicht die Verbrennung bis in tiefere Schichten der Dermis, dann kann die Heilung ein bis vier Monate in Anspruch nehmen, und Narbenbildung ist möglich. Verbrennungen dritten Grades: Eine Verbrennung dritten Grades reicht durch die gesamte Epidermis und Dermis und zerstört die Blutgefäße, Drüsen, Haarfollikel und Schmerzrezeptoren irreversibel, sodass an den betroffenen Stellen kein Schmerz mehr wahrgenommen werden kann. Die Wunde selbst sieht ledern aus und kann sich in der Farbe zwischen weiß, braun, schwarz oder purem Rot bewegen. Da keine Blutgefäße mehr vorhanden sind, schreitet die Heilung nur langsam voran. Infektionen bis hin zum septischen Schock treten häufig auf, da die Zellen des Immunsystems das infizierte Gewebe schlecht erreichen können, wenn die Blutgefäße,

die sie zum Transport benötigen, fehlen. Der Haut fehlt ohne die Talgdrüsen der Schutzfilm, weshalb Wasserverlust ein Problem darstellt. Außerdem hat der Körper Schwierigkeiten mit der Temperaturregulierung, da auch die Haarfollikel fehlen, die normalerweise auf Veränderungen der Körpertemperatur reagieren und bei der Isolierung des Körpers helfen. Verbrennungen vierten Grades: Bei diesen Verbrennungen gibt es nur Aussicht auf das Überleben des Patienten, sofern der beschädigte Bezirk klein ist. Verbrennungen vierten Grades sind irreversibel, sie reichen nicht nur durch alle Hautschichten, sondern betreffen zudem noch das unter der Haut befindliche Muskelgewebe bis hinunter zum Knochen. Um den Umfang des von der Verbrennung betroffenen Areals genau bestimmen zu können, gebrauchen Ärzte die »Neunerregel« (siehe Abbildung 6.6). Die gesamte Körperoberfläche außer dem Genitalbereich ist aufgeteilt, wird in Vielfachen der Zahl Neun gemessen und mit 99 Prozent gleichgesetzt. Die Genitalien machen dann das restliche Prozent aus. Der gesamte Kopf inklusive des Halses umfasst 9 Prozent (Vorderseite = 4,5 Prozent, Rückseite = 4,5 Prozent), die Vorderseite des Rumpfes 18 Prozent und die Rückseite weitere 18 Prozent. Die Vorderseite jedes Armes zählt 4,5 Prozent und die Rückseite macht weitere 4,5 Prozent aus, wobei der gesamte Arm samt Händen und Schultern – Vorderseite wie auch Rückseite – gezählt wird, was zusammen 18 Prozent ergibt. Die Vorderseiten der Beine und Füße machen 18 Prozent aus und die Rückseite der Beine weitere 18 Prozent. Wenn Ärzte also sagen, dass Ihre Verbrennungen 45 Prozent ausmachen, dann wissen Sie, wie Ihre Prognosen aussehen werden.

Abbildung 6.6: Die Neunerregel zur Ermittlung des Prozentanteils an der von der Verbrennung betroffenen Körperoberfläche. Die Abbildung zeigt die Gewichtung der einzelnen Körperteile: Vorderseite (A) und Rückseite (B).

Die Behandlung von Verbrennungen besteht primär darin, Komplikationen zu verhindern, während die Wunden des Patienten heilen. Die intravenöse Verabreichung von Flüssigkeit beugt dem Flüssigkeitsverlust vor. Obwohl dies sonderbar anmutet, werden Patienten mit Verbrennungen meist unter Wärmelampen gelegt, um sie warm zu halten. Um bakterielle Infektionen zu verhindern, werden die verbrannten Hautareale mit in antibakteriellen Medikamenten getränkten sterilen Auflagen bedeckt. Das beschädigte Gewebe muss vollständig vom Körper des Patienten abgelöst werden, bevor neues Gewebe auf die betroffenen

Stellen transplantiert werden kann. Es besteht einerseits die Möglichkeit, Hautstücke aus unbeschädigten Körperarealen des Patienten zu entnehmen (autograft). Alternativ kann auch ein Hautstück eines anderen Menschen (heterograft) als Transplantat verwendet werden, aber das birgt immer das Risiko der eventuellen Abstoßung der fremden Haut. Daher wird heute meistens körpereigenes Gewebe in einer Zellkultur vermehrt (Gewebekultivierung). Dem verbrannten Patienten werden einige epidermale Zellen entnommen, die im Labor zu feinen Hautgewebeblättern heranwachsen und dem Patienten schließlich transplantiert werden. Diese Methode bietet für Patienten, die unter sehr schweren Verbrennungen leiden, die Möglichkeit einer viel großflächigeren Transplantation als die Autograft-Methode. Aus einem nur drei Quadratzentimeter großen Hautstück eines Patienten lässt sich auf diese Art in weniger als einem Monat so viel Epidermis heranzüchten, dass man die gesamte Körperoberfläche damit bedecken könnte. Unglaubliche Technologien für ein unverzichtbares Organ!

Übungsaufgaben zu Kapitel 6 Frage 1: Die Schicht der Epidermis, in der Mitose stattfindet, heißt a. Stratum corneum b. Stratum lucidum c. Stratum granulosum d. Stratum papillare e. Stratum basale Frage 2: Die Farbe heller Haut ist zurückzuführen auf a. Carotin in der Dermis

b. den hohen Gehalt an Melanin in der Epidermis c. den geringen Gehalt an Melanin in der Epidermis, der das Hämoglobin durchschimmern lässt d. die Abwesenheit jeglichen Pigments e. Melanin und Carotin Frage 3: Die Subcutis wird auch bezeichnet als a. Epidermis b. Hypodermis c. Stratum papillare d. Stratum reticulare e. Dermis Frage 4: Folgende Funktion hat die Haut nicht: a. Wasserverlust mindern b. Körpertemperatur regulieren c. enthält sensorische Rezeptoren d. geringe Mengen an Stoffwechselprodukten ausscheiden e. Bewegung ermöglichen Frage 5: Der Muskel, der das Haar aufrichtet und Druck auf die sekretorischen Drüsen ausübt, heißt a. Musculus terminalis b. Musculus arrector pili c. Musculus obliquus internus

d. Musculus transversus externus e. Musculus rectus internus Frage 6: Talgdrüsen a. produzieren eine wässrige Lösung, die als Schweiß bezeichnet wird b. produzieren eine ölige Mischung aus Cholesterol, Fetten und anderen Substanzen c. beschleunigen den Alterungsprozess d. stehen mit endokrinen Drüsen im Zusammenhang Frage 7: Diese Drüse bildet echten Schweiß, Fettsäuren und Proteine und sorgt für einen unangenehmen Geruch, sobald Bakterien die organischen Moleküle, die sie ausscheidet, abbauen: a. apokrine Schweißdrüse b. Talgdrüse c. Glandulae ceruminosae d. ektokrine Schweißdrüse e. Brustdrüse Frage 8: Welche der folgenden Aussagen über Fingernägel stimmt? a. Sie entstehen aus der Subcutis. b. Sie enthalten Carotin. c. Sie wachsen langsamer als Fußnägel.

d. Sie wachsen etwa einen Millimeter pro Woche. e. Sie sind keine Hautanhangsorgane. Frage 9: Die Drüsen, die eine fetthaltige Mischung aus Cholesterol, Fetten und anderen Substanzen am Haarschaft sekretieren, heißen a. Schweißdrüsen b. Talgdrüsen c. Glandulae ceruminosae d. apokrine Drüsen e. ektokrine Drüsen

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Die Schicht der Epidermis, in der Mitose stattfindet, heißt e. Stratum basale. Diese Schicht wird auch als Stratum germinativum bezeichnet, aber eine einfachere Lernhilfe ist es, einfach an die »Basis« der Epidermis zu denken.

Frage 2 Die Farbe heller Haut ist zurückzuführen auf c. den geringen Gehalt an Melanin in der Epidermis, der das Hämoglobin durchschimmern lässt. Dazu ein lustiges Experiment: Schalten Sie das Licht aus, drücken Sie Ihre Finger zusammen und halten Sie eine Taschenlampe darunter. Sehen Sie das rote Glimmen? Das ist Hämoglobin.

Frage 3 Die Subcutis wird auch bezeichnet als b. Hypodermis. Die beiden Begriffe sind gleichbedeutend, hypo kommt aus dem Griechischen und bedeutet »unter«.

Frage 4

Folgende Funktion hat die Haut nicht: e. ermöglicht Bewegung. Das ist die Aufgabe der Muskeln.

Frage 5 Der Muskel, der das Haar aufrichtet und Druck auf die sekretorischen Drüsen ausübt, heißt b. Musculus arrector pili. Arrector bedeutet das gleiche wie erector (so wird der Muskel auch manchmal genannt), und bedeutet »aufrichten«, und »pili« ist das lateinische Wort für Haare.

Frage 6 Talgdrüsen b. produzieren eine ölige Mischung aus Cholesterol, Fetten und anderen Substanzen. Das Substrat wird als Sebum bezeichnet.

Frage 7 Diese Drüse bildet echten Schweiß, Fettsäuren und Proteine und sorgt für einen unangenehmen Geruch, sobald Bakterien die organischen Moleküle, die sie ausscheidet, abbauen. a. apokrine Schweißdrüse. Das sind die wirklich riechenden Schweißdrüsen. Eine kleine Gedächtnisstütze für den Unterschied zwischen apokrin und ektokrin: Das Sekret apokriner Schweißdrüsen riecht unter Umständen so penetrant, dass Sie Hilfe aus der Apotheke benötigen.

Frage 8 Welche der folgenden Aussagen über Fingernägel trifft zu? d. Sie wachsen etwa einen Millimeter pro Woche. Die anderen Antworten sind entweder schlicht falsch oder aber unsinnig.

Frage 9 Die Drüsen, die eine fetthaltige Mischung aus Cholesterol, Fetten und anderen Substanzen am Haarschaft sekretieren, um Haut und Haare weich, geschmeidig und wasserabweisend zu machen, heißen b. Talgdrüsen. Talgdrüsen, fetthaltiges Sekret, fettige Haare – eigentlich logisch.

Teil III

Physiologie im Fokus



IN DIESEM TEIL … erklären wir, welche äußere Sinnesreize das Nervensystem wie verarbeitet werden. geht es auch um interne Kommunikation: Wie arbeiten Nervensystem und endokrines System zusammen, um den Organismus optimal funktionieren zu lassen? nehmen wir die großen Kreisläufe im Körper genauer unter die Lupe: das Kreislaufsystem, den Atmungsapparat, den Verdauungstrakt, den Harnapparat und das Immunsystem.

Kapitel 7

Eigensinnig: das Nervensystem IN DIESEM KAPITEL Gehirn, Rückenmark und ZNS Reizweiterleitung durch Zelle und Synapsen Chaos im System: Degeneration und neurofibrilläres Wirrwarr

Ohne Ihr Nervensystem würden Sie nicht weit kommen; Sie könnten vor keinem Löwen davonrennen, Ihre Schuhe nicht binden oder den Kaffee genießen, mal ganz abgesehen davon, dass Sie dieses Buch ohne chemische Nachrichten von Ihrem Gehirn erst gar nicht lesen könnten. Ganz offensichtlich macht Ihr Nervensystem aber genau das, was es soll. Dieses Kapitel zeigt Ihnen, wie Ihr Nervennetzwerk Impulse in die verschiedenen Teile des Gehirns sendet, wie es einige wichtige Vorgänge steuert, und was geschieht, wenn Fehler im System auftreten.

Ein gut verknüpftes Netz spinnen Wann immer ich Abbildungen des Nervensystems sehe, muss ich unwillkürlich an ein Spinnennetz denken. Wenn Sie einen Blick auf Abbildung 7.1 werfen, dann werden Sie verstehen, was ich meine. Wie ein Spinnennetz stellt auch das Nervensystem eine gut organisierte Gruppe miteinander verbundener, feiner Stränge dar.

Kleines Einmaleins der lateinischen Namen: -us oder -i, -is oder -es? Für alle diejenigen, die mit Latein nicht oder nicht mehr vertraut sind (und das auf dürfte auf die meisten Menschen zutreffen), mag die Bezeichnung der Nerven an einigen

Stellen Verwirrung stiften. Dabei ist die Sache mit Singular oder Plural in vielen Fällen ganz einfach.

Abbildung 7.1: Das Nervensystem Aus dem einzelnen Nerven (»Nervus«) wird im Plural »Nervi«. Und der zweite Teil des lateinischen Namens, der oft auf –is endet (und damit grammatikalisch ein Genitiv ist), endet im Plural auf –es. Dazu zwei Beispiele: Aus »Nervus intercostalis« (der Interkostalnerv) wird »Nervi intercostales« (die Interkostalnerven), und aus »Nervus sacralis« (der Sakralnerv) wird »Nervi sacrales« (die Sakralnerven). Gewöhnungsbedürftig, ich weiß. Aber in der Anatomie leider auch unumgänglich.

Navigieren im Nervensystem

Das Nervensystem wird in zwei Teile untergliedert: das zentrale Nervensystem (ZNS) aus Gehirn und dem Rückenmark, und das periphere Nervensystem (PNS), das sich aus all den Nerven zusammensetzt, die aus dem Gehirn und dem Rückenmark entspringen. Ein Nerv ist ein Strang, der Nervenfasern enthält und diese mit dem Gehirn verbindet. Nerven sind wie Einbahnstraßen, die den Verkehr nur in einer Richtung durchlassen. Motorische Nerven senden die Impulse vom Gehirn weg, und sensorische Nerven schicken die Impulse zum Gehirn hin. Während das ZNS aus dem Gehirn und dem Rückenmark besteht, setzt sich das PNS aus folgenden Komponenten zusammen: Kranialnerven: Die zwölf Paare von Hirnnerven, die aus dem Gehirn entspringen Spinalnerven: (Meist) 31 Paare von Rückenmarksnerven, die vom Rückenmark abgehen sensorische Nerven, die über den gesamten Körper verteilt sind und über die Kranial- und Spinalnerven Impulse zum Gehirn senden motorische Nerven, die mit Muskeln und Drüsen verbunden sind und Impulse vom Gehirn über die Kranial- und Spinalnerven senden Das periphere Nervensystem (PNS) ist weiter in die folgenden Systeme unterteilt: Das somatische Nervensystem besteht aus den motorischen Fasern, die Impulse vom ZNS zu den willkürlichen Skelettmuskeln senden, sowie den sensorischen Fasern, die Nervenimpulse der Rezeptoren in der Haut annehmen und auf diese Reize wiederum mit eigenen Impulsen reagieren (eingehendere Informationen zu Rezeptoren und Effektoren finden Sie im nächsten Abschnitt). Das autonome Nervensystem besteht aus Motoneuronen, die Impulse vom ZNS zu den Drüsen, zum Herzen und zur unwillkürlichen glatten Muskulatur (um Hohlorgane und Blutgefäße herum zu finden) leiten. Das autonome System setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

dem sympathischen Nervensystem: Die Nerven entspringen in den Thorakal- und Lumbarregionen des Rückenmarks (siehe Abbildung 7.2). dem parasympathischen Nervensystem: Die Nerven entspringen aus dem Gehirn und der Sakralregion. Sowohl das sympathische als auch das parasympathische Nervensystem kontrollieren Funktionen innerer Organe, die unwillkürlich und somit willentlich nicht beeinflussbar geschehen, so wie die Atmung, der Herzschlag oder die Verdauung.

Vernetzung von Input und Output Bevor ich näher auf den strukturellen Aufbau der Nerven eingehe und erkläre, wie Nerven Impulse (chemische Botschaften) verschicken, möchte ich Ihnen die wichtigsten Funktionen des Nervensystems beschreiben. Das gesamte Nervensystem hat eigentlich nur drei Aufgaben zu erfüllen, die sich allerdings überschneiden.

Abbildung 7.2: Das sympathische Nervensystem

Sensorischer Input

Diese Funktion versorgt Ihr ZNS mit Informationen und hilft den Organen dabei, Abläufe, die im und um den Körper herum ablaufen, im Gleichgewicht zu halten. Wenn Sie etwas in Angst und Schrecken versetzt, dann veranlasst der sensorische Input die »Fight-or-flightReaktion« (Kampf-oder-Flucht-Reaktion). Sensorische Reize erlauben es den von den Rezeptoren im Körper (beispielsweise der Haut) eingehenden Informationen (siehe Kapitel 6), einen Nervenimpuls zu veranlassen, der so stark ist, dass er direkt durch das Rückenmark bis ins Gehirn hochschießt. Stellen Sie sich vor, Sie laufen spät in der Nacht durch eine dunkle Straße. (Ich weiß nicht, was Sie dort zu suchen haben, aber nehmen wir einfach mal an, Sie wären dort.) Plötzlich springt ein Mann hinter einem Müllcontainer hervor. Sie wittern sofort die Gefahr, weil Ihre Augen visuelle Informationen der äußeren Situation erhalten haben. Ihr Gehirn ist alarmiert und schickt über den sympathischen Teil des autonomen Bereiches des PNS Impulse zu Ihren Nebennieren, um unverzüglich Adrenalin (siehe Kapitel 8) freizusetzen. Das Adrenalin verändert einige Ihrer Körperfunktionen, indem es unter anderem das Herz schneller schlagen lässt, wodurch Ihr Blut schneller in Ihre Muskeln fließt, um Ihnen den Angriff oder die Flucht vor dem Verbrecher zu ermöglichen.

Vernetzung der Informationen Das ZNS gibt allen Informationen, die es vom Körper in Form von Impulsen erhält, einen Sinn. Interneurone (darunter versteht man Neuronen oder Nervenzellen, die zwischen einer sensorischen und einer motorischen Nervenfaser sitzen) geben die vom sensorischen Nervensystem hereinkommenden Reize an das ZNS weiter. Das ZNS schätzt die Situation dann ein und sendet, wiederum über Nervenfasern, Impulse in den Körper, damit dieser auf die aktuelle Situation reagieren kann.

Motorischer Output Das Nervensystem ist außerdem dafür verantwortlich, die Muskeln und Drüsen zu stimulieren, damit sie sich bewegen oder Sekrete ausschütten können. Diese handlungsveranlassenden Nerven – Nerven, die einen Effekt auslösen – werden Effektoren genannt. Motorische Fasern sind

Effektoren, da sie auf Informationen reagieren, die sie von den sensorischen Fasern bekommen haben.

Den Anfang macht die Nervenzelle Jeder Nerv beginnt mit einem Neuron; das ist eine Nervenzelle, die für die Weiterleitung der Nervenimpulse durch das Nervensystem zuständig ist (Abbildung 7.3). Weitere wichtige Zellen im Nervensystem sind die Neurogliazellen (auch Gliazelle oder Neuroglia genannt), die eine unterstützende Funktion für die Neuronen haben.

Abbildung 7.3: Aufbau eines typischen Neurons

Das Aussehen der Neuronen kann von Zelle zu Zelle unterschiedlich sein, je nachdem, welche Aufgabe das Neuron hat (motorische oder sensorische Funktion). Neuronen bestehen, wie in Abbildung 7.4 zu sehen, ganz allgemein aus drei Abschnitten:

Dem Zellkörper mit Nukleus und andere Zellorganellen, die die Zellfunktionen am Laufen halten (siehe Kapitel 3). Dendriten, die Informationen von anderen Neuronen erhalten und Impulse in Richtung des Zellkörpers weitersenden. Dem Axon, das am anderen Ende des Neurons (von den Dendriten aus gesehen) liegt und Impulse vom Zellkörper weg sendet.

Abbildung 7.4: Motorisches (A) und sensorisches Neuron (B) und Wege der Reizweiterleitung

(Neuro-)Gliazellen Die Gliazellen (Neuroglia) versorgen die Neurone mit Nährstoffen und helfen, die feinen Nervenästchen zu schützen. Es gibt verschiedene Arten von Zellen, die zur Unterstützung der Neuronen bereitstehen (Abbildung 7.5):

Astrozyten (auch Astroglia genannt) bilden Verknüpfungen zwischen Kapillaren und Neuronen, sodass die Neuronen mit Nährstoffen versorgt werden und anfallende Abfallstoffe entsorgen können. Mikrogliazellen überschwemmen verletztes Nervengewebe, um Mikroben und Abfälle abzutransportieren. Sie sind gewissermaßen die »Putzkolonne« Ihres Gehirnes. Schwann-Zellen ummanteln die Axone wie das Fladenbrot den Döner – sie wickeln sich im wahrsten Sinne des Wortes um die Axone herum. Schwann-Zellen bilden die Myelinscheide, die den Nerv schützt und isoliert sowie eine wichtige Rolle bei der Geschwindigkeit der Reizweiterleitung spielt. Oligodendrozyten sind baumartig verzweigt und kommen nur im ZNS vor. Sie bilden das Myelin, das die Neurone ähnlich wie die Schwann-Zellen umhüllt. Ependymzellen (das Ependym) kleiden die inneren Flüssigkeitsräume des Zentralnervensystems (Ventrikelsystem und den Zentralkanal) aus und trennen die Hirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) vom Hirnnervengewebe.

Abbildung 7.5: Verschiedene Arten von Gliazellen (Neuroglia)

Reizweiterleitung Die Weiterleitung der Nervenimpulse geschieht nach dem Dominoeffekt. Jedes Neuron empfängt einen Impuls, den es dann an das nächste Neuron weitergibt, um sicherzugehen, dass der Reiz korrekt weitergeleitet wird. Die Reise des Impulses durch die Neuronen dauert etwa sieben Millisekunden – das ist schneller als ein Blitzschlag! Hier sehen Sie in sechs einfachen Schritten, was im Einzelnen geschieht.

1.

Polarisierung der neuronalen Membran: Kalium (K+) ist in der Zelle, Natrium (Na+) befindet sich außen. Die Neuronen sind wie alle anderen Körperzellen auch von Zellmembranen umgeben. Wird ein Neuron nicht gereizt, befindet sich die Zelle im polarisierten Zustand. Das bedeutet, dass die elektrische Ladung auf der Außenseite der Membran positiv ist, während die Ladung auf der Innenseite der Membran (in der Zelle)

negativ ist. Außerhalb der Zelle befindet sich ein Überschuss an Natriumionen (Na+); im Inneren der Zelle überwiegen dagegen die Kaliumionen (K+). Ich weiß, was Sie jetzt denken: Wie kann die Ladung des Zellinneren negativ sein, wenn die Zelle doch positive Ionen enthält? Gute Frage. Die Antwort lautet, dass sich zusätzlich zu den K+-Ionen negativ geladene Proteine und Nukleinsäuremoleküle in der Zelle befinden. Aus diesem Grund ist das Innere der Zelle, verglichen mit dem Äußeren, negativ. Eine noch viel interessantere Frage, die Sie sich vermutlich beim Lesen dieses Abschnittes stellen, lautet: Wenn die Zellmembranen den Ionen erlauben, sie ungehindert zu passieren, wie bleibt dann das Na+ außen und das K+ innen? Falls Sie sich schon Gedanken darüber gemacht haben, verdienen Sie einen dicken Punkt für extra Aufmerksamkeit! Die Antwort lautet, dass das Na+ und das K+ sehr wohl durch die Membran hin- und her wandern können. Auf der Zellmembran befinden sich Na+/K+-Pumpen, die die Na+-Ionen immer wieder nach außen und die K+-Ionen immer wieder nach innen pumpen. Die Ladung eines Ions hemmt die Permeabilität (Durchlässigkeit) der Membran. Das erschwert anderen Stoffen die Passage durch die Membran. 2. Ruhepotenzial: Verschnaufpause für das Neuron Wenn das Neuron inaktiv und polarisiert ist, nennt man dies »Ruhepotenzial«. Die Zelle verbleibt in diesem Zustand, bis ein Reiz des Weges kommt. 3. Depolarisation und Aktionspotenzial: Natrium (Na+) strömt in die Zelle ein. Wenn ein Reiz ein ruhendes Neuron erreicht, öffnen sich die spannungsgesteuerten Ionenkanäle der neuronalen Membran plötzlich und erlauben es den Na+-Ionen, ungehindert in die Zelle einzuströmen. Wenn dies geschieht, geht das Neuron vom polarisierten in den depolarisierten Zustand über.

Erinnern Sie sich noch daran, dass im polarisierten Zustand das Innere der Zelle negativ geladen war und außerhalb der Zelle eine positive Ladung herrschte? Nach dem Öffnen der Kanäle sind jetzt so viele positiv geladene Ionen in die Zelle eingeströmt, sodass nun auch das Innere der Zelle positiv geladen und der Schwellenwert erreicht ist. Jedes Neuron hat einen Schwellenwert – einen Punkt, an dem es kein Zurückhalten mehr gibt. Nachdem der Reiz den Schwellenwert überschritten hat, öffnen sich noch mehr gesteuerte Ionenkanäle, sodass noch mehr Na+ in die Zelle einströmt. Dies hat die vollständige Depolarisation des Neurons und die Bildung eines Aktionspotenzials zur Folge. In diesem Zustand befindliche Zellen öffnen immer mehr Na+-Kanäle in ihrer Membran. Es ist eine Allesoder-nichts-Reaktion: Wenn ein Impuls den Schwellenwert nicht erreicht, weil nicht genügend Na+-Kanäle geöffnet sind, dann kommt kein Aktionspotenzial zustande. Sobald die Schwelle aber überschritten ist, gibt es kein Zurück: Die vollständige Depolarisation findet statt, und der Reiz wird weitergeleitet. Wenn sich ein Reiz ein Axon hinabbewegt, das von einer Myelinscheide umhüllt ist, muss der Reiz die unisolierten Lücken, die Ranvier-Schnürringe, zur Fortbewegung nutzen, die zwischen den um das Axon gewickelten Schwann-Zellen liegen. Der Reiz »hüpft« sozusagen von Schnürring zu Schnürring auf dem Axon entlang; es ist keine kontinuierliche, sondern eine sprunghafte (saltatorische) Erregungsleitung. 4. Repolarisation: Kaliumionen wandern aus der Zelle; Natriumionen bleiben drinnen. Nachdem das Innere der Zelle mit Na+ überflutet wird, werden die Ionenkanäle auf der Innenseite der Membran geöffnet, was den K+Ionen das Ausströmen aus der Zelle erlaubt. Durch den K+-Ausstrom repolarisiert die Membran – sie baut ein Ladungsgleichgewicht auf, das jedoch entgegengesetzt zu dem ursprünglichen polarisierten Gleichgewicht ist, bei dem Na+ außen und K+ innen zu finden war. Nachdem die K+-Kanäle sich öffnen, werden die Na+-Kanäle sofort

geschlossen; würde dies nicht geschehen, könnte die Membran nicht repolarisieren. 5. Hyperpolarisation: Außen sind mehr Kaliumionen als Natriumionen innen. Sind die K+-Kanäle endgültig geschlossen, dann befindet sich etwas mehr K+ außerhalb des Neurons, als Na+ innerhalb der Zelle zu finden ist. Die erhöhte K+-Durchlässigkeit der Membran sinkt nur langsam ab, weshalb das Membranpotenzial leicht unter das Ruhepotenzial fällt. Die Membran wird in diesem Zustand als »hyperpolarisiert« bezeichnet, da sie ein höheres Potenzial besitzt. (Weil das Potenzial der Membran niedriger ist, hat es mehr Platz, um zu »wachsen«.) Diese Phase dauert jedoch nicht lange (keine dieser Aktionen dauert wirklich lange!). Nachdem der Impuls durch das Neuron gewandert ist, ist das Aktionspotenzial zu Ende, und die Zellmembran kehrt zu ihrem Normalzustand zurück (dem Ruhepotenzial). 6. Refraktärperiode: zurück in den Normalzustand. Kalium wandert zurück nach innen, Natrium nach außen. Unter der Refraktärperiode versteht man die Zeit, in der Na+ und K+ auf ihre ursprünglichen Seiten zurückwandern: Na+ nach außen und K+ nach innen. Während das Neuron damit beschäftigt ist, wieder den Ruhezustand herzustellen, reagiert es auf keinerlei ankommende Reize. Sie können sich das so vorstellen, als wenn Sie Ihren Anrufbeantworter gerade zu dem Zeitpunkt einen Anruf entgegennehmen lassen, in dem Sie vollbepackt zur Tür hereinkommen. Nachdem die Na+/K+-Pumpe die Ionen wieder auf die richtigen Seiten transportiert hat, befindet sich das Neuron wieder im polarisierten Ausgangszustand, in dem es verbleibt, bis ein neuer Reiz ankommt. In Abbildung 7.6 ist die Weiterleitung eines Reizes dargestellt.

Abbildung 7.6: Weiterleitung eines Nervenimpulses: Ruhe- und Aktionspotenzial

Neurone berühren sich nicht: Ein Zwischenraum, der synaptischer Spalt, trennt das Axon eines Neurons und die Dendriten vom nächsten Neuron (siehe Abbildung 7.7). Das Signal muss die Synapse durchqueren, um seinen Weg zum Nervensystem fortzusetzen. Mittels elektrischer Ladung wird der Impuls über die Synapsen bis ins Gehirn weitergeleitet, doch in anderen Bereichen des Körpers werden Impulse auf chemischem Weg von Synapse zu Synapse weitergegeben:

1.

Öffnung der Kalziumkanäle Am Ende des Axons, von dem der Impuls kommt, depolarisiert die Membran. Ionenkanäle werden geöffnet und Kalziumionen (Ca2+) strömen ins Innere der Zelle.

2. Freisetzung des Neurotransmitters

Für die Öffnung der Ionenkanäle und um den Einstrom der Kalziumionen zu ermöglichen, werden chemische Neurotransmitter benötigt. Sie werden aus der Synapse in den synaptischen Spalt hinein freigesetzt. 3. Bindung des Neurotransmitters an Rezeptoren am Neuron Der Neurotransmitter (zum Beispiel Acetylcholin) strömt durch die Synapse und bindet an Proteine auf der Membran des Neurons, an welches der Impuls weitergeleitet werden soll. Die Proteine dienen als Rezeptoren, und verschiedene Proteine sind die Rezeptoren für verschiedene Neurotransmitter – das bedeutet, dass jeder Neurotransmitter seinen spezifischen Rezeptor besitzt. 4. Erregung oder Inhibition an der Membran Ob Exzitation (Erregung) oder Inhibition (Hemmung) geschieht, hängt davon ab, welcher chemische Stoff als Neurotransmitter ausgeschüttet wurde und zu welchem Ergebnis diese Ausschüttung geführt hat. Wenn der Neurotransmitter beispielsweise die Na+Kanäle öffnet, kommt es zur Depolarisation der neuronalen Membran, und der Impuls wird weiter durch das Neuron transportiert. Wenn der Transmitter jedoch die K+-Kanäle öffnet, dann hyperpolarisiert die neuronale Membran und Inhibition findet statt. Nachdem der Neurotransmitter seine Aktion, sei es nun Exzitation oder Inhibition, ausgeführt hat, lässt der Rezeptor den Neurotransmitter wieder frei, der dann zurück zur Synapse wandert. Die chemischen Stoffe werden über die Membran wieder zurück in die Zelle transportiert. In der Synapse wird der Neurotransmitter von der Zelle »recycelt«. Beim nächsten Impuls können die Neurotransmitter wieder freigesetzt werden, wenn die Vesikel (die Bläschen, in denen chemische Stoffe transportiert werden) an die Membran binden, mit dieser verschmelzen und ihren in den synaptischen Spalt Inhalt freisetzen (siehe Abbildung 7.7).

Abbildung 7.7: Struktur einer typischen chemischen Synapse

Gedanken über Ihr Gehirn Ich bin sicher, dass Sie ganz genau wissen, wo sich Ihr Gehirn befindet, aber wissen Sie auch, welcher Teil Ihres Gehirns für welche Aufgabe verantwortlich ist? Wenn Sie sich das Gehirn ansehen (siehe Abbildung 7.8), sieht es einfach nur einheitlich grau aus, aber unterschiedliche Hirnareale übernehmen unterschiedliche Funktionen. Das Gehirns ist in grob in die vier folgenden Hauptabschnitte unterteilt: das Cerebrum (Großhirn), das Cerebellum (Kleinhirn), den Hirnstamm (Truncus cerebri) und das Diencephalon (Zwischenhirn). Die vier miteinander verbundenen Hohlräume

nennt man Ventrikel. In diesem Abschnitt lernen Sie einige Details über die einzelnen Teile Ihres Gehirns und seine Ventrikel kennen.

Abbildung 7.8: Sagittalschnitt des Gehirns

Hüter des Bewusstseins: Ihr Cerebrum (Großhirn) Sind Sie bei Bewusstsein, dann gebrauchen Sie Ihr Cerebrum. Das Cerebrum stellt den größten Teil Ihres Gehirns dar, dessen Funktion die Kontrolle des Bewusstseins ist. Das Cerebrum wird in eine rechte und eine linke Gehirnhälfte (zerebrale Hemisphäre) unterteilt. Jede der Seiten hat wiederum

vier Lobi: den Lobus frontalis, parietalis, temporalis sowie occipitalis. Die Namen leiten sich von den Namen der Knochen ab, die dem jeweiligen Lobus aufliegen. Tabelle 7.1 zeigt Ihnen, welche Aufgaben die einzelnen Lobi erfüllen. In der Literatur werden oft noch zwei weitere Lappen unterschieden, der seitlich gelegene Insellappen (Lobus insularis) und der limbische Lappen (Lobus limbicus). Lobus temporalis

Lobus frontalis

Lobus parietalis

Sprache

Ort der generellen Sinngebung/ Informationsauswertung

Interpretation von Visuelles Erkennen Sinneseindrücken von Objekten

Konzentration

Sprachverständnis

Visuelle Erinnerung

Sehen

Problemlösung

Fähigkeit, Worte zu gebrauchen

Akustische Erinnerung

Visuell empfangene Informationen miteinander verknüpfen

Planen

Sinneseindrücke der Haut: Hören Hitze/Kälte, Druck, Berührung, Schmerz

Willkürliche Andere Sinneseindrücke Muskelbewegung

Lobus occipitalis

Lernen

Tabelle 7.1: Funktion der Lobi innerhalb der Cerebralhemisphäre

Der Cortex, die äußere Schicht des Gehirns (zu Deutsch: »Hirnrinde«), umgibt das Cerebrum. Er erscheint im Gegensatz zum inneren Teil des Cerebrums grau, da er aus Zellkörpern besteht. Die hügeligen Hirnwindungen werden als Gyri bezeichnet (Singular »gyrus«). Sie sind durch Sulci (Furchen, Singular Sulcus) voneinander getrennt. Sehr tiefe Furchen im Gehirn nennt man Fissuren. Betrachten Sie das Gehirn von oben, so wird Ihnen eine tiefe Spalte auffallen, die genau in der Mitte des Cerebrums verläuft, die Fissura longitudinalis. Sie teilt das Cerebrum in die rechte und die linke Hemisphäre. Der Balken (Corpus callosum an der Basis der Fissura

longitudinalis enthält myelinisierte Nervenfasern, welche die rechte mit der linken Großhirnhemisphäre verbinden. Bei einigen Epilepsiepatienten wird das Corpus callosum durchtrennt, damit die fehlerhaften elektrischen Signale, die einen epileptischen Anfall auslösen könnten, nur eine Gehirnhälfte betreffen und den Betroffenen eine halbwegs normale Funktion der anderen Gehirnhälfte ermöglichen.

Die kleinen grauen Zellen und ihre weißen Arme Die Peripherie des Gehirns erscheint grau, weil die Zellkörper in der Nähe der Gehirnoberfläche lokalisiert sind, damit sie nah an den Blutgefäßen liegen, über die sie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Dieses Gewebe ist sowohl im Gehirn als auch im Rückenmark zu finden und wird als graue Substanz (Substantia grisea) bezeichnet. Die weiße Substanz oder Substantia alba besteht dagegen aus markhaltigen Nervenfasern, den Axonen, die die Impulse senden. Dieses Gewebe erscheint heller als die zellkörperreiche graue Substanz und wird daher »weiß« genannt.

Ein Tänzchen gefällig? Ihr Cerebellum (Kleinhirn) macht's möglich Ihr Cerebellum liegt direkt unterhalb der Großhirnbasis. Es ist, wie das Cerebrum auch, in zwei Areale unterteilt: die graue und die weiße Substanz (siehe hierzu den Kasten: »Die kleinen grauen Zellen und ihre weißen Arme«). Das Cerebellum koordiniert Ihre Muskelbewegungen. Wenn Sie nicht tanzen können, ist hierfür Ihr Cerebellum verantwortlich. Das Cerebellum macht sich die vom Großhirn empfangenen Impulse zunutze und stimmt Ihre Muskelbewegungen fein ab. Ich behaupte nicht, dass Ihr Cerebellum Ihnen tänzerischen Höchstleistungen verleiht, aber es verhindert zumindest, dass Sie Ihre Beine wie ein Roboter bewegen. Außerdem hat das Cerebellum die Aufgabe, den natürlichen Muskeltonus zu erhalten. Würden sich alle Muskeln auf einmal entspannen, dann würden Sie auf dem Boden zusammenbrechen wie ein nasser Sandsack. Deshalb sind einige Muskeln immer – selbst wenn Sie

schlafen – kontrahiert, um den Muskeltonus und somit auch Ihre Haltung zu bewahren.

Der »Stiel der Rose«: Ihr Stammhirn Stellen Sie sich Ihr Gehirn als eine Rose vor – zugegeben, es ist eine ziemlich hügelige, schleimige, graue Rose – und schon wissen Sie, wo Ihr Stammhirn (Hirnstamm oder Truncus cerebri) zu finden ist. Der Hirnstamm setzt sich aus dem Mesencephalon (Mittelhirn), der Pons (Brücke) sowie der Medulla oblongata zusammen. Die Medulla oblongata geht, nachdem sie eine Öffnung an der Schädelbasis namens Foramen magnum (siehe Kapitel 4) passiert hat, nahtlos ins Rückenmark über. In Ihrem Gehirn, direkt vor Ihrem Cerebellum, liegen das Mesencephalon (Mittelhirn) und der Pons (Brücke). Das Mesencephalon dient gewissermaßen als »Durchgangsstation« für Informationen, die zwischen dem Rückenmark und dem Cerebrum oder dem Cerebrum und dem Cerebellum hin- und herfließen. Diese Reize passieren das Mesencephalon, welches Zentren für Reflexe beherbergt, die auf optischen (Sehen), akustischen (Hören) und taktilen (Fühlen) Reizen basieren. Wenn Sie etwas sehen, hören oder fühlen, das Ihnen Angst einjagt oder wehtut, Sie erschreckt oder alarmiert, wird diese Information an Ihr Mesencephalon geschickt. Das löst sofort eine Reaktion aus, indem es Impulse an die zuständigen Körperteile schickt, damit der angemessene Schrei, ein Sprung oder Sprint vorgenommen werden kann. Reflexbögen sorgen für sofortige, natürliche Reaktionen in bestimmten Situationen. Reflexbögen (siehe Abbildung 7.9) laufen immer automatisch ab, wenn Sie etwas sehr Heißes oder Scharfes berühren. Sensorische Neurone erkennen den Schmerz, die Temperatur, den Druck und ähnliche Empfindungen. Entdecken sensorische Neurone etwas, das Ihren Körper verletzen könnte (wie zum Beispiel etwas Heißes, das Sie verbrennen könnte, oder einen scharfen Gegenstand, der Ihnen eine Stichwunde zufügen könnte), dann wird ein Impuls vom Rezeptor in Ihrer Haut

durch ein sensorisches Neuron zum Rückenmark und dann zu Motoneuronen gesandt. Diese können dann einen Muskel dazu veranlassen, sich zu kontrahieren und den betroffenen Körperteil zurückzuziehen, um Verletzungen, die durch das Objekt verursacht werden könnten, zu verhindern.

Abbildung 7.9: Ein Reflexbogen

Reflexe werden so schnell ausgeführt, dass Sie keine Zeit haben, darüber nachzudenken, wie Sie reagieren sollen. Der zweite Grund dafür, warum Sie noch nicht einmal darüber nachdenken müssen, ist, dass es der Impuls nicht bis in Ihr Gehirn schafft, um dort eine Reaktion auszulösen. Bis er im Gehirn angelangt ist, hat sich Ihr Rückenmark schon längst des Problems angenommen! Normalerweise werden Impulse erst zum ZNS geschickt, wo sie ausgewertet werden und eine Reaktion als Antwort auf den Impuls veranlassen. Erfolgt die Antwort jedoch über das Rückenmark mittels Reflexbögen, wird wertvolle Zeit eingespart und dadurch möglichen Schäden vorgebeugt.

Wenn das Mesencephalon eine Durchgangsstation für Impulse ist, dann ist der Pons die Brücke, die das Cerebellum mit dem Cerebrum und die rechte mit der linken Hemisphäre verbindet. Der Pons (nein, nicht das Wörterbuch!) besteht aus Axonbündeln, die schnell auf von Augen und Ohren empfangene Informationen reagieren können. Die Medulla oblongata, die später ins Rückenmark übergeht, ist ebenfalls für einige essenzielle Körperfunktionen zuständig wie beispielsweise den Herzschlag, die Atmung und die Regulation des Blutdruckes. Des Weiteren beherbergt die Medulla oblongata die Axone, die vom Atmungsapparat oder Verdauungssystem erhaltene Reize auswerten und daraufhin Impulse in den Körper aussenden, die Husten, Erbrechen, Niesen oder Schlucken veranlassen. Und falls Sie mal wieder einen Schluckauf haben, dann können Sie die Schuld dafür gern der Medulla oblongata in die Schuhe schieben.

Tauchfahrt durch die Ventrikel Auf beiden Seiten des Gehirns befindet sich ein Seitenventrikel (Ventriculus lateralis). Die anderen beiden Ventrikel, die unpaar vorliegen, werden einfach mit Nummern versehen und als III. und IV. Ventrikel bezeichnet. Der III. Ventrikel befindet sich ungefähr in der Mitte Ihres Gehirnes, der IV. Ventrikel liegt über dem Stammhirn. Der Aquaeductus cerebri (was auf Latein so viel wie »Wasserleitung« bedeutet) verbindet den III. und IV. Ventrikel miteinander. Der Aquaeductus cerebri wird zum Zentralkanal (Canalis centralis) des Rückenmarks. Die Ventrikel und Aquädukte in Ihrem Gehirn erfüllen den selben Zweck wie die Aquädukte im alten Rom: Sie dienen als Leitungssystem für den Liquor cerebrospinalis, die GehirnRückenmarksflüssigkeit. Der Liquor cerebrospinalis ist eine klare Flüssigkeit, die im Gehirn gebildet wird. Sie fließt durch die vier Ventrikel, den Subarachnoidalraum sowie den Canalis centralis des Rückenmarks. Die

Aufgabe des Liquors besteht darin, die Abfallstoffe der Gehirnzellen einzusammeln und sie zu den Kapillaren zu befördern, über die sie dann in den Blutstrom gelangen und über die Exkretionsorgane ausgeschieden werden können. Eine weitere Funktion des Liquors ist die Stoßdämpfung Ihres Gehirnes. Zusammen mit den Schädelknochen und den Wirbeln umgibt er als schützende Schicht das Gehirn und das Rückenmark. Die vielleicht wichtigste Aufgabe des Liquor cerebrospinalis besteht jedoch darin, das Gleichgewicht zwischen den Ionen aufrechtzuerhalten und somit das Membranpotenzial zu stabilisieren. Der Liquor zirkuliert von den lateralen Ventrikeln des Gehirns in den III. Ventrikel, durch den Aquaeductus hindurch und von dort hinunter in den Canalis centralis des Rückenmarks. Vom IV. Ventrikel aus fließt der Liquor in den Subarachnoidalraum unter der Arachnoidea (der »Spinnengewebshaut«), die das Gehirn und das Rückenmark umgibt. Vom Subarachnoidalraum aus kann der Liquor durch winzige Öffnungen hindurch in den Blutstrom gelangen. Für Untersuchungen auf bestimmte Krankheiten benötigt man Liquorproben. Hierbei wird der Liquor mithilfe einer sterilen Nadel aus dem Subarachnoidalraum entnommen. Danach kann man die gewonnene Flüssigkeit auf Bakterien untersuchen, die Meningitis (Hirnhautentzündung) verursachen, oder nach Proteinen suchen, die ein Hinweis auf andere Erkrankungen wie beispielsweise Alzheimer sein können.

Reguliert Körpersysteme: das Diencephalon (Zwischenhirn) Geradewegs in der Mitte des Gehirns befinden sich der Hypothalamus sowie der Thalamus, die an den Wänden und den Böden des III. Ventrikels liegen. Der Hypothalamus reguliert den Schlaf, den Hunger, den Durst, die Körpertemperatur, den Blutdruck und den Flüssigkeitshaushalt. Des Weiteren hält er die Homöostase aufrecht, die für das Gleichgewicht zwischen den

Körpersystemen sorgt. Stellen Sie sich den Hypothalamus als Computersensor in Ihrem Auto vor, der die jeweiligen Warnlämpchen aufleuchten lässt, wenn das Kühlwasser, der Kraftstoff oder das Öl zur Neige gehen. Der Hypothalamus kontrolliert zudem die Hypophyse, die dem endokrinen System die Aufträge zur Hormonsekretion erteilt. Der Thalamus fungiert gewissermaßen als Tor zum Cerebrum. Wann immer ein Impuls von einem beliebigen Ort in Ihrem Körper ausgesandt wird (außer Ihrer Nase; Geruchsempfindungen werden direkt über den Nervus olfactorius an das Gehirn geleitet), passiert er den Thalamus. Der Thalamus gibt den Impuls dann an die jeweilige zuständige Region im Cortex cerebri (Großhirnrinde) weiter (siehe hierzu Tabelle 7.1), die die Botschaft schließlich auswertet. Stellen Sie sich den Thalamus als einen E-Mail-Server vor, der Ihre Nachricht über die richtigen Wege leitet, damit sie bei der angegebenen Adresse ankommt.

Das interessanteste System von allen Falls Sie sich jemals verliebt haben, netten Sex genossen oder wirklich wütend waren (das scheint fast der Ablauf einer typischen Beziehung zu sein, nicht?), war Ihr limbisches System am Steuer. Das limbische System bezeichnet keine anatomische Struktur, sondern ist vielmehr eine Ansammlung unterschiedlicher Hirnregionen – bestimmter Anteile des Cerebrums sowie des Diencephalons –, die in einige physiologische Prozesse involviert sind. Diese Regionen kontrollieren Ihr Interesse an Sex (Libido), das Gedächtnis, angenehme und schmerzhafte Erlebnisse und Gefühle wie beispielsweise Freude, Trauer, Angst oder Wut. Obwohl diese Reaktionen und Gefühle vielleicht nicht ausschlaggebend für Ihr Überleben sind, machen sie Ihr Leben doch erst wirklich interessant.

Der Sinn Ihrer Sinne Das Gehirn hat die Kontrolle über Ihre fünf Sinne – den Geruchssinn, den Gehörsinn, den Sehsinn, den Geschmackssinn sowie den Tastsinn. Die Haut, die eines Ihrer Sinnesorgane darstellt, enthält Rezeptoren, die wie Sensoren arbeiten, die Berührungen wahrnehmen und diese

Informationen über das Nervensystem in Ihr Gehirn senden, damit dieses eine Reaktion auf den Sinnesreiz veranlassen kann. Die anderen Sinnesorgane arbeiten nach dem gleichen Prinzip (siehe Tabelle 7.2). Kapitel 6 widmet sich ausschließlich der Haut, deshalb werde ich hier nicht weiter auf dieses Thema eingehen, sondern stelle Ihnen stattdessen die Funktionsweisen der verbleibenden vier Sinnesorgane vor. Sinnesorgan Funktion

Rezeptor

Ohren

Mechanorezeptoren

Feine Härchen (Zilien) im Ohr registrieren Bewegungen des Trommelfells und der Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel), die das Hören ermöglichen.

Augen

Photorezeptoren

Die Retina (Netzhaut) des Auges nimmt Licht wahr, damit Sie sehen können.

Zunge

Chemorezeptoren

Geschmacksknospen (Canaliculi gustatorii) erkennen chemische Moleküle, die sich in der Nahrung befinden.

Nase

Chemorezeptoren

Zilien auf der Riechschleimhaut der Nasenhöhle nehmen in der Atemluft befindliche chemische Moleküle wahr.

Haut (Berührung, Druck, Schmerz, Temperatur)

Mechanorezeptoren (Berührung und Druck), Thermorezeptoren (heiß und kalt), Nozizeptoren (Schmerz)

Spezialisierte Nervenendigungen erkennen unterschiedliche Sinnesempfindungen (mehr Informationen über die Haut finden Sie in Kapitel 6).

Tabelle 7.2: Rezeptoren der Sinnesorgane

Hören Dank der speziellen Architektur Ihrer Ohren (siehe Abbildung 7.10) können Sie Geräusche wahrnehmen. Ihr Außenohr funktioniert wie ein Trichter, der ankommende Schallwellen zum Trommelfell leitet. Wenn die Schallwellen das Trommelfell in Vibration versetzen, nehmen die Ossicula auditoria (Gehörknöchelchen) die Impulse auf und verstärken die Vibration, die sie dann zum Innenohr weiterleiten. Die Vibrationen verursachen winzige Wellen in der Flüssigkeit (Endolymphe), die sich im Innenohr befindet, und veranlassen die Krümmung der dort

aufsitzenden Zilien. Zilien sind winzige, feine Härchen, die sich auf der Oberfläche der Sinneszellen des Ohres befinden. Da die Sinneszellen Bewegungen registrieren, indem sich ihre Zilien verbiegen, nennt man sie Mechanorezeptoren. Indem sich die Haarzellen verbiegen, setzen sie eine dünne Membran in Bewegung, die Membrana tectoria. Die Bewegung der Membrana tectoria erzeugt Impulse, die von den Nervenfasern des Innenohres zum Nervus cochlearis (dem Hörnerv) und schließlich zum Nervus vestibulocochlearis (einem der cranialen Nerven) weitergeleitet wird, der direkt an das Stammhirn anschließt. Das Stammhirn übermittelt die akustischen Sinnesreize an eine Region des Cerebrums, die dann die Impulse in bestimmte Töne übersetzt. Dieser Vorgang geschieht nahezu augenblicklich; eine geringe Zeitverzögerung liegt zwischen der Bildung der Schallwelle und der Auswertung des Impulses in Ihrem Gehirn.

Abbildung 7.10: Anatomie des Ohres

Des Weiteren leiten Ihre Ohren auch Informationen an Ihr Gehirn weiter, die Ihre Körperlage im Raum betreffen, das heißt, ob Sie still stehen, liegen, sich bewegen, vorwärts oder rückwärts gehen oder sich drehen. Dies ist möglich, weil Ihre Ohren das Gleichgewichtsorgan beherbergen. Der Mechanismus der Übermittlung von Informationen über die Körperpositionen zum Gehirn entspricht größtenteils der Weiterleitung der akustischen Impulse. Bei jeder Bewegung, die Sie machen, bewegt

sich auch die Flüssigkeit in Ihrem Innenohr und verursacht das Abbiegen der Zilien. Hierdurch wird ein Impuls ausgelöst, der über die Nervenfasern des Innenohres in das Gehirn gelangt. Die Aufgabe Ihres Gehirns besteht nun darin, die Informationen auszuwerten und Bewegungen zu veranlassen, mit denen Sie Ihre Körperposition korrigieren können, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.

Sehen Der Sehsinn ist vielleicht der komplexeste aller Sinne. Ihre Pupille (siehe Abbildung 7.11), der schwarze Kreis in der Mitte Ihres Auges, kann sich aufweiten oder verengen, um genau die Menge an Licht ins Auge dringen zu lassen, die zum Sehen benötigt wird. Dies kann sie mithilfe der Iris (Regenbogenhaut), dem hübschen, bunten Ring, der um die Pupille herum gelegen ist und aus Muskeln zur Steuerung der Dilatation (Weitstellung) besteht. Um die Pupille bei geringem Lichteinfall weit zu stellen, damit Sie in einem dunklen Raum oder draußen bei Nacht noch genügend sehen können, muss sich die Iris zusammenziehen. Wiederum ein anderer Muskel der Iris übernimmt die Kontraktion (Engstellung) der Pupille, falls der Lichteinfall sehr stark ist, wie beispielsweise im Sommer, am Strand oder in einem stark beleuchteten Raum. Die Iris und die Pupille werden von einer schützenden Hornhautschicht, der Cornea, bedeckt. (Wenn Sie das Auge von der Seite betrachten, können Sie die Hornhaut als durchsichtige Region erkennen.) Die Augenlinse (Lens crystallina – die dunkle Region, die Sie sehen, wenn Sie jemandem tief ins Auge schauen – liegt hinter der Pupille. Der hinter der Augenlinse gelegene Glaskörper (Corpus vitreum) ist mit einer homogenen, gallertartigen, klaren Flüssigkeit gefüllt, die man Humor vitreus nennt. Der transparente Humor vitreus verleiht dem Augapfel seine rundliche Form und erlaubt dem einfallenden Licht, bis zum Augenhintergrund vorzudringen. Die Netzhaut oder Retina befindet sich ganz hinten im Auge zwischen dem Corpus vitreum sowie der Choroidea (Aderhaut) und enthält zwei Arten von Photorezeptoren (Lichtsinneszellen) – die Stäbchen und die Zapfen (Abbildung 7.12). Die Stäbchen haben sich auf das Erfassen von schwachem Licht spezialisiert

und reagieren empfindlich auf Bewegungen. Die Aufgabe der Zapfen ist es, Farben und genaue Details zu erkennen. Insgesamt gibt es drei Arten von Zapfen, die für das Farbsehen zuständig sind, jeweils eine Art für die Wahrnehmung der Farben Rot, Grün und Blau. Fehlt eine dieser Zapfenarten oder ist sie beschädigt, so führt dies zur Farbenblindheit.

Abbildung 7.11: Innerer Aufbau des Auges

Sobald Licht auf die Stäbchen und Zapfen fällt, werden Nervenimpulse gebildet, die an die Zellen des Nervus opticus (Sehnerv) weitergeleitet werden. Der Sehnerv bildet eine direkte Verbindung von den Augen zum Gehirn, in dessen Occipitallappen (am Hinterkopf) die eingehenden Informationen ausgewertet werden.

Abbildung 7.12: Aufbau der Retina mit Stäbchen und Zapfen

Riechen Die Nase weiß viel, doch die Riechzellen wissen es besser. Die Nase ist das für den Geruchssinn verantwortliche Sinnesorgan (fachsprachlich nennt man Gerüche »olfaktorische Wahrnehmungen«). Genau genommen sind es jedoch nur die Geruchszellen auf der Riechschleimhaut in Ihrer Nasenhöhle, die fremde Gerüche in Ihrer Atemluft aufspüren können – das Wahrnehmungsspektrum reicht von stinkenden Windeln über angenehm duftendes Parfüm bis hin zu Essen, das gerade auf dem Herd anbrennt, sowie jeglichen anderen Stoffen, die Gerüche verströmen. Nehmen Sie einen tiefen Atemzug, dann wehen die gasförmigen Geruchsstoffe durch Ihre Nasenlöcher direkt zu den Geruchssinneszellen der Riechschleimhaut, wo die chemischen Stoffe an die Zilien binden, die Ihre Nasenhöhle auskleiden. Dieser Vorgang löst die Bildung eines Nervenimpulses aus, der durch die Geruchssinneszellen zu den Nervi olfactorii (Geruchsnerven) gesandt wird. Von dort aus wird der Impuls dann zum Riechkolben (Bulbus olfactorius) und schließlich ins Gehirn weitergeleitet. Der Bulbus olfactorius ist eine verdickte Stelle am Ende des Riechapparates, an der die Nervenfasern in das Gehirn eintreten. Das Gehirn weiß, wo die chemischen Geruchsstoffe herkommen, sodass Sie erkennen, was Sie da riechen (Abbildung 7.13).

Abbildung 7.13: Das olfaktorische System

Schmecken Die Zunge ist das Sinnesorgan, das für das Schmecken zuständig ist; aber Geruch und Geschmack gehen für gewöhnlich Hand in Hand. Wenn Sie nichts riechen können (beispielsweise weil Sie erkältet sind) und nichts sehen, dann hat Ihr Gehirn kaum Informationen, die es verarbeiten kann. Der Geschmackssinn arbeitet ähnlich wie der Geruchssinn. In der Zunge befinden sich Geschmacksknospen, die auf den verschiedenen Geschmackspapillen (es gibt Pilz-, Wall-, Blätter- und Fadenpapillen) Ihrer Zunge liegen und Chemorezeptoren für die Wahrnehmung der fünf Qualitäten süß, sauer, bitter, salzig und »umami« (ein Geschmack, der durch die Aminosäure Glutaminsäure erzeugt wird) beherbergen. Die Chemorezeptoren erkennen die fünf Geschmacksrichtungen in jedem Nahrungsmittel oder Getränk, das Sie zu sich nehmen. Wenn die Elemente in der Nahrung an die Mikrovilli (kleine fingerförmige Fortsätze) binden, wird ein Nervenimpuls gebildet, der über

Nervenfasern, die am Ende der Mikrovilli sitzen, bis zu Ihrem Gehirn weitergeleitet wird (Abbildung 7.14). Das Gehirn wertet die erhaltenen Informationen aus und veranlasst die Ausschüttung von Verdauungsenzymen, die der Körper zur Aufspaltung der aufgenommenen Nahrung benötigt. Der Geschmackssinn ist sowohl an das endokrine System als auch an das Verdauungssystem gekoppelt und dient somit nicht nur dazu, Ihnen unvergessliche Geschmackserlebnisse zu bescheren, sondern besitzt auch übergeordnete Funktionen.

Abbildung 7.14: Zunge, Papille und Geschmacksknospe

Ich schwöre auf die Möhre – Mutter hatte doch recht Wenn die Stäbchen in der Retina Bewegung und Dämmerlicht wahrnehmen, ist hierfür das Sehpigment Rhodopsin verantwortlich, das aus einem Proteinanteil Opsin und dem kovalent gebundenen Farbstoff Retinal besteht. Wenn Rhodopsin mit Licht bestimmter

Wellenlänge bestrahlt wird, ändert das Retinal seine Konformation – es klappt quasi um, und das erzeugt einen Nervenimpuls, der zum Gehirn geschickt wird. Bei Nacht zu sehen, ist anfänglich nicht einfach, da die Augen sich den veränderten Helligkeitsbedingungen anpassen müssen. Folglich können Sie sich der Dunkelheit umso schneller anpassen, je mehr Rhodopsin Sie besitzen. Aber was hat das alles mit den Karotten zu tun? Nun, Retinal, einer der Bestandteile von Rhodopsin, der die Nervenimpulse auslöst, wird aus Vitamin A (auch bekannt unter dem Namen Retinol) gebildet. Und Karotten enthalten bekanntlich jede Menge Vitamin A.

Pathophysiologie des Nervensystems Auch in Ihrem Nervensystem kann viel schieflaufen. Gehirntumore oder Wirbelsäulenbrüche beispielsweise können schwere Probleme verursachen, doch selbst unscheinbare Erkrankungen und Störungen, die sich langsam und unmerklich entwickeln, verursachen Beschwerden in Teilen des Nervensystems. Der folgende Abschnitt soll Licht auf einige dieser Erkrankungen werfen.

Multiple Sklerose Multiple Sklerose (MS) zieht die Myelinscheiden in Mitleidenschaft, die die Axone der Nerven umgeben. Die Myelinscheide wird gereizt und bildet eine Verletzung, die sich entzündet. Nachdem die Verletzung geheilt ist, bleibt an ihrer Stelle Narbengewebe – Sklerose genannt – zurück. Befällt die Krankheit mehr und mehr Nerven, so führt dies zu einer wachsenden Anzahl beschädigter Axone. Das Narbengewebe stört die Fähigkeit der Nerven, Reize durch die Axone weiterzuleiten. Wenn Impulse nicht mehr weitergeleitet werden können, dann kann auch keine Bewegung oder Antwort auf den Reiz stattfinden. Im Laufe der Erkrankung fällt die Bewegung dem Patienten immer schwerer, bis sie ihm schließlich unmöglich wird. Die meisten MS-Patienten beobachten erste Anzeichen ihrer Erkrankung im jungen Erwachsenenalter bis ins mittlere Alter hinein. Bis das schwerste Stadium bei den Betroffenen erreicht ist, können Jahre bis Jahrzehnte ins Land gehen. Glücklicherweise gibt es mittlerweile jedoch

verschreibungspflichtige Medikamente, die zur Behandlung der Multiplen Sklerose eingesetzt werden können.

Makuladegeneration Die Makuladegeneration ist eine Funktionsstörung des Sehsinnes, die eine der Hauptursachen für die Erblindung besonders bei älteren Menschen darstellt. Der Anteil an älteren Menschen in der Gesellschaft nimmt stetig zu, und damit auch die Häufigkeit an Makuladegenerationen. Bei den Betroffenen wird die Macula lutea (der »gelbe Fleck«) – eine kleine Region der Retina (Netzhaut), die eine hohe Konzentration an Zapfen aufweist (Photorezeptoren, die Farben und feine Einzelheiten des Gesehenen erkennen können) – schwächer und degeneriert. Ein Anzeichen für die Makuladegeneration ist, dass gerade Objekte wie zum Beispiel Laternenmasten oder Bäume gewellt erscheinen. Dinge können außerdem kleiner oder größer erscheinen, als sie in der Realität sind, und Farben verblassen. Normalerweise gewährleistet die Macula lutea scharfes Sehen und Farbsehen, doch ältere Menschen mit Makuladegeneration können nur noch verschwommen sehen. Eine Ursache für Makuladegeneration ist das übermäßige Wachstum neuer Blutgefäße rund um die Macula lutea herum. Neues Wachstum hört sich gesund an, doch diese Blutgefäße sind nicht gesund. Sie sind leck, und je mehr Blut aus ihnen sickert, desto mehr wird die Macula lutea zerstört. Eine weitere Ursache für Makuladegeneration ist übermäßige Strahlenbelastung durch Sonnenlicht; primär sind davon Menschen mit weniger stark pigmentierten Augen (einer blauen oder grünen Iris) betroffen. Rauchen und Bluthochdruck können ebenfalls zu undichten Blutgefäßen führen. Mithilfe von Laserbehandlung lässt sich das übermäßige Wachstum der schadhaften Blutgefäße für einige Zeit kontrollieren, und die Einnahme von Zinktabletten soll die Verschlimmerung der Erkrankung nach der Diagnosestellung verhindern, doch eine dauerhafte Heilung ist trotzdem nicht möglich.

Morbus Alzheimer

Jeder vergisst mal den Namen eines ehemaligen Mitschülers, das Datum, die Uhrzeit einer Verabredung oder wo er die Schlüssel hingelegt hat. Aber können Sie sich vorstellen, wie es ist, wenn einem das Gedächtnis vollends entgleitet? So geht es den Menschen, die unter Alzheimer leiden. Es ist schwer zu verstehen, wie diese Menschen selbst ihre Kinder, ihre engsten Freunde oder Partner vergessen können, doch bei Alzheimer geschieht genau dies. Im fortgeschrittenen Stadium können die Betroffenen nicht mehr für sich selbst sorgen, da sie die einfachsten Handgriffe vergessen und die Kontrolle über ihre Handlungen verlieren. Bei Patienten, die unter Alzheimer leiden, sind häufig Bündel faserförmigen (fibrinösen) Proteins um den Nucleolus (Kern) ihrer neuronalen Zellen geschlungen. Man vermutet, dass diese Neurofibrillenbündel aus einem ganz bestimmten Eiweiß bestehen, die man als Tau-Protein (ein Mikrotubuli-assoziiertes Protein, kurz »MAP« genannt) bezeichnet. Dieses Eiweiß kann häufig in den Zellmembranen betroffener Patienten nachgewiesen werden. Amyloide Plaques – Klümpchen aus Proteinen, die die Äste der Axone umgeben – stellen ein weiteres Anzeichen für Morbus Alzheimer dar. Je mehr Neurofibrillenbündel und amyloide Plaques die Neurone des Gehirns befallen, desto schlimmer werden die Symptome der AlzheimerErkrankung. Die Fähigkeit, sich an Menschen, Orte, Ereignisse oder Gegenstände zu erinnern oder logisch zu denken, geht verloren. Die hierfür zuständigen Hirnregionen sind der Frontallappen sowie das limbische System – und genau in diesen Regionen des Gehirns findet man auch Veränderungen, wenn man eine Autopsie durchführt. Vorbeugende Maßnahmen oder Heilmittel gegen Morbus Alzheimer sind zurzeit noch nicht verfügbar. Wenn Sie mehr über diese tückische Krankheit und den Umgang mit ihr wissen wollen, dann wird Ihnen bestimmt »Alzheimer für Dummies«, das auch bei Wiley-VCH erschienen ist, weiterhelfen.

Übungsaufgaben zu Kapitel 7

Frage 1: Gehirn und Rückenmark bezeichnet man auch als a. zentrales Nervensystem b. viszerales afferentes System c. autonomes Nervensystem d. peripheres Nervensystem Frage 2: Die Funktionseinheit des Nervensystems nennt man a. Axon b. Nephron c. Dendron d. Neuron Frage 3: Was kann nicht am Ende eines Axons liegen? a. Ranvier-Schnürring b. Zielorgan c. Erfolgsorgan d. Endknöpfchen e. Rezeptor Frage 4: Die afferente Faser, die den Impuls zum Körper des Neurons bringt, wird wie genannt? a. Nissl-Scholle b. Neuron c. Dendrit d. Axon

e. Mitochondrium Frage 5: Die Membran, die das Axon umhüllt, heißt a. Sarkolemm b. Basallamina c. Perineurium d. Epineurium Übung 6–10: Ordnen Sie die Beschreibungen den Begriffen zu. 6. ____ Astrozyten 7. ____ Mikrogliazellen 8. ____ Oligodendrozyten 9. ____ Axone 10. ____ Dendriten a. Zytoplasma-Auswüchse, die die Impulse zum Zellkörper leiten b. Zellen, die Myelinscheiden formen und schützen c. Zytoplasma-Auswüchse, die die Impulse vom Zellkörper wegleiten d. Abwehrzellen, die zum Beispiel schädliches Material beseitigen e. stützende und reparierende Zellen im Nervengewebe

Frage 11: Neurogliazellen sind wichtig als a. sensibles Gewebe b. Stützgewebe

c. reizbares Gewebe d. leitfähiges Gewebe Frage 12: Axone bestehen aus a. einem einzelnen Nervenfortsatz b. vielen Synapsen c. vielen Nervenfortsätzen d. keines der Genannten e. Sowohl a. als auch c. Frage 13: Was in einer Synapse zwischen zwei Neuronen passiert, kann man am besten beschreiben als a. Übertragung eines kontinuierlichen Impulses b. Übertragung eines elektrischen Impulses c. Übertragung eines Impulses mittels chemischer oder physikalischer Veränderungen d. Übertragung eines Impulses mittels physikalischer Veränderungen e. Übertragung eines Impulses mittels chemischer Veränderungen Übung 14–18. Ordnen Sie die Beschreibungen den Begriffen zu: 14. ____ Endoneurium 15. ____ Basallamina 16. ____ Schwann-Zellen

17. ____ Ranvier-Schnürring 18. ____ Myelinscheide a. fetthaltige Substanz, die Axone umgibt b. äußere dünne Membran um ein Axon c. Zellen der Myelinscheide d. Einbuchtung in der Myelinscheide e. Bindegewebe, das einzelne Nervenfortsätze umgibt

Übung 19–23. Ordnen Sie die Beschreibungen den Begriffen zu. 19. ____ Alles-oder-nichts-Antwort 20. ____ Kation 21. ____ Anion 22. ____ Permeabilität 23. ____ Depolarisation a. Durchlässigkeit der Zellmembran b. negativ geladene Ionen auf der Innenseite der Zellmembran c. spezifische Erregungsschwelle, bei der eine Reaktion der Zelle erfolgt d. positiv geladene Ionen auf der Außenseite der Zellmembran e. Umstrukturierung der Anionen und Kationen

Frage 24. Das Großhirn wird wodurch in zwei Hälften geteilt? a. laterale Fissur b. transverse Fissur c. longitudinale Fissur d. Fissura sylvii

e. Sulcus centralis Übung 25–29. Ordnen Sie die Begriffe den Beschreibungen zu 25. ____ Pons 26. ____ Cerebellum 27. ____ Medulla oblongata 28. ____ Cerebrum 29. ____ Mesencephalon a. Brücke, die Medulla oblongata und Kleinhirn verbindet b. enthält die Zentren für die Kontrolle von Puls, Atmung und Gefäßtonus c. enthält die Vierhügelplatte und die Kerne der Augenmuskelnerven d. kontrolliert die motorische Koordination und die Feinabstimmung der Muskelbewegungen e. kontrolliert sensorische und motorische Aktivitäten des Körpers

Frage 30. Zum autonomen Nervensystem gehören a. sympathisches und peripheres Nervensystem b. somatisches und peripheres Nervensystem c. parasympathisches und peripheres Nervensystem d. sympathisches und parasympathisches Nervensystem Frage 31: Welcher Bereich des Augapfels hat lichtempfindliche Zellen? a. Cornea

b. Retina c. Sclera d. Linse e. Sehnerv Frage 32. Welche der folgenden Strukturen gehört nicht zum Augapfel? a. Sehnerv b. Iris c. Cornea d. Pupille e. Ziliarkörper Frage 33. Wo sitzen die Sinneszellen für das Gleichgewicht? a. Cochlea b. Utrikel und Saccula c. Trommelfell d. Corti-Organ e. Mittelohr

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Gehirn und Rückenmark bezeichnet man auch als a. Zentrales Nervensystem.

Frage 2 Die Funktionseinheit des Nervensystems nennt man d. Neuron.

Frage 3 Ein a. Ranvier-Schnürring ist eine Lücke in der Myelinscheide und kann deshalb nicht am Ende des Axons liegen.

Frage 4 Die afferente Faser, die den Impuls zum Körper des Neurons bringt, wird auch c. Dendrit genannt.

Frage 5 Die Membran, die das Axon umhüllt, heißt b. Basallamina.

Übung 6–10 So sollte Ihre Zuordnung aussehen: 6. Astrozyten sind e. stützende und reparierende Zellen im Nervengewebe 7. Mikrogliazellen sind d. Abwehrzellen, die zum Beispiel schädliches Material beseitigen. 8. Oligodendrozyten sind b. Zellen, die Myelinscheiden formen und schützen. 9. Axone sind c. Zytoplasma-Auswüchse, die die Impulse vom Zellkörper wegleiten. 10. Dendriten sind a. Zytoplasma-Auswüchse, die die Impulse zum Zellkörper leiten.

Frage 11 Neurogliazellen sind wichtig als b. Stützgewebe.

Frage 12 Axone bestehen aus a. einem einzelnen Nervenfortsatz.

Frage 13 Was in einer Synapse zwischen zwei Neuronen passiert, kann man am besten beschreiben als e. Übertragung eines Impulses mittels chemischer Veränderungen.

Übung 14–18

14. Das Endoneurium ist e. Bindegewebe, das einzelne Nervenfortsätze umgibt. 15. Die Basallamina ist b. eine äußere dünne Membran um ein Axon. 16. Eine Schwann-Zelle ist c. eine Zelle der Myelinscheide. 17. Ein Ranvier-Schnürring ist die Bezeichnung für d. eine Einbuchtung in der Myelinscheide. 18. Myelinscheide ist eine a. fetthaltige Substanz, die Axone umgibt.

Übung 19–23 So sollte Ihre Zuordnung aussehen: 19. Eine Alles-oder-nichts-Antwort ist eine c. spezifische Erregungsschwelle, bei der eine Reaktion der Zelle erfolgt. 20. Kationen sind d. positiv geladene Ionen auf der Außenseite der Zellmembran. 21. Anionen sind b. negativ geladene Ionen auf der Innenseite der Zellmembran. 22. Permeabilität ist die a. Durchlässigkeit der Zellmembran. 23. Depolarisation ist die e. Umstrukturierung der Anionen und Kationen.

Frage 24 Die c. longitudinale Fissur teilt das Großhirn in zwei Hälften.

Übung 25–29 25. Pons ist die a. Brücke, die Medulla oblongata und Kleinhirn verbindet. 26. Das Cerebellum d. kontrolliert die motorische Koordination und die Feinabstimmung der Muskelbewegungen. 27. Die Medulla oblongata b. enthält die Zentren für die Kontrolle von Puls, Atmung und Gefäßtonus.

28. Das Cerebrum e. kontrolliert sensorische und motorische Aktivitäten des Körpers. 29. Das Mesencephalon c. enthält die Vierhügelplatte und die Kerne der Augenmuskelnerven.

Frage 30 Zum autonomen Nervensystem gehören d. sympathisches und parasympathisches Nervensystem.

Frage 31 Die b. Retina hat die lichtempfindlichen Zellen.

Frage 32 Der a. Sehnerv gehört nicht zum Augapfel.

Frage 33 Die Sinneszellen für das Gleichgewicht sitzen in b. Utrikel und Saccula.

Kapitel 8

Hormone: Das endokrine System IN DIESEM KAPITEL Körperbalance durch Hormone halten Von der Verdauung bis hin zur Libido Diabetes und Schilddrüsenerkrankung

Nicht alle Hormone sind dazu da, Männern vorzeitigen Haarausfall und Frauen Gefühlsausbrüche zu bescheren – Hormone erfüllen zahlreiche überlebenswichtige Aufgaben im Körper. Dieses Kapitel erklärt Ihnen, was Hormone sind, woher sie kommen, wie sie an ihre jeweiligen Einsatzorte gelangen und was sie dort tun. Am Ende dieses Kapitels finden Sie dann wieder einen Abschnitt darüber, was passiert, wenn die Hormone aus der Reihe tanzen und ihren Job nicht machen. Alles klar? Ich werde den letzten Teil bestimmt nicht weglassen! Warum denken Sie immer, ich würde etwas vergessen? Pah, Sie müssen dieses Buch ja auch nicht lesen, stellen Sie's doch gleich wieder ins Regal! Oh, Verzeihung. Das sind wohl meine Hormone, die da gerade mit mir durchgehen.

Hormone Ein Hormon ist eine chemische Verbindung, die von einem Organ oder Gewebe des endokrinen Systems (für gewöhnlich einer endokrinen Drüse) gebildet wird. Nach der Synthese (Bildung) und Sekretion (Abgabe) gelangt das Hormon über die Blutbahn zu den

Zellen, an oder in denen es seine Funktion ausübt. Das endokrine System (siehe Abbildung 8.1) ist das Körpersystem, das aus Drüsen besteht und Hormone produziert. Beim Lesen dieses Kapitels werden Sie feststellen, dass das Nervensystem (siehe Kapitel 7) und das endokrine System eng zusammenarbeiten, um die verschiedenen Systeme Ihres Körpers zu regulieren. Das Nervensystem bestimmt, wann das endokrine System Hormone abgeben oder zurückhalten soll, und die Hormone kontrollieren ihrerseits die Stoffwechselaktivitäten des Körpers. Der folgende Abschnitt führt Sie durch den Dschungel der Hormone, stellt Ihnen ihre Aufgaben vor und erläutert die Rolle, die Hormone in der Erhaltung der Homöostase (Gleichgewicht der Körperfunktionen) spielen.

Abbildung 8.1: Das endokrine System im Überblick

Die Hormonarten kennenlernen Drüsen des endokrinen Systems bilden zwei Hauptklassen von Hormonen: Steroidhormone sind Lipide (Fette), die aus Cholesterol gebildet werden. Peptidhormone setzen sich aus Aminosäuren zusammen oder sind Derivate von Aminosäuren (siehe Kapitel 2 für

eingehendere Informationen zu Aminosäuren und Proteinen). Eine dritte Gruppe von Hormonen sind Derivate ungesättigter Fettsäuren (Eicosanoide). Dazu zählen zum Beispiel die Prostaglandine, Steroidhormone wie beispielsweise Östrogen, Progesteron, Testosteron, Aldosteron und Cortisol sind Hormone, von denen die meisten Menschen die Vorstellung haben, sie würden im Körpersystem »wüten« oder unangenehme Zustände wie zum Beispiel PMS (prämenstruelles Syndrom) verursachen. Peptidhormone können in die folgenden vier Unterklassen eingeteilt werden: Proteine: Insulin, Somatotropin (Wachstumshormon) und Prolactin Amine: Adrenalin und Noradrenalin Glycoproteine: follikelstimulierendes Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH) und Thyroidea-stimulierendes Hormon (TSH) Peptide: antidiuretisches Hormon (ADH) und Oxytocin Tabelle 8.1 beschreibt den Bildungsort und die Funktion der wichtigsten Steroid- und Peptidhormone. Hormon

Bildungsort

Adrenalin/Noradrenalin Nebennierenmark

Funktion(en) Stimuliert bei Stressreaktionen den Herzmuskel und die anderen Muskeln; erhöht den Blutzuckerspiegel, um Energie für eine mögliche Flucht oder einen Angriff bereitzustellen.

Hormon

Bildungsort

Funktion(en)

Adrenocorticotropes Hormon (ACTH)

Hypophysenvorderlappen Regt das Wachstum der Nebennierenrinde und die Sekretion von Corticosteroiden (»cortex« bedeutet »Rinde«) aus der Nebennierenrinde an; vermehrte Freisetzung bei Stress.

Antidiuretisches Hormon (ADH, auch »Vasopressin« genannt)

Hypophysenhinterlappen Lässt die Nieren Flüssigkeit aus den Harnkanälchen zurückresorbieren und verhindert so die Austrocknung des Organismus.

Calcitonin

Schilddrüse

Die Wirkung konzentriert sich auf die Knochen, die Nieren und den Darm, wo es den Kalziumhaushalt (Einlagerung in Knochen, Ausscheidung über Nieren) reguliert.

Glucagon

Pankreas (Bauchspeicheldrüse)

Bewirkt die Abgabe von Glucose (Zucker) aus der Leber, den Muskeln und dem Fettgewebe in den Blutstrom.

Glucocorticoide (Cortison, Cortisol)

Nebennierenrinde

Diese Steroidhormone (wie auch das Cortisol) üben ihre Wirkung auf alle Gewebe aus, wo sie die Abgabe von Glucose in die Blutbahn anregen und somit den Blutzuckerspiegel erhöhen, falls dies notwendig ist.

Insulin

Pankreas (Bauchspeicheldrüse)

Veranlasst die Leber, die Muskeln und das Fettgewebe dazu, Glucose zu speichern, um den Blutzuckerspiegel zu senken.

Melatonin

Epiphyse (Zirbeldrüse)

Seine Zielbereiche sind unterschiedliche Gewebe, die eine vermittelnde Rolle bei der Kontrolle von Biorhythmen (der täglichen Routine des Organismus) spielen.

Corticotropin (siehe oben unter ACTH)

Hormon

Bildungsort

Funktion(en)

Mineralocorticoide (beispielsweise Aldosteron)

Nebennierenrinde

Diese Steroidhormone wirken auf die Nierenzellen, die sie dazu anregen, Natrium zurückzuresorbieren und Kalium auszuscheiden, um den Elektrolythaushalt auf einem normalen Niveau zu halten.

Oxytocin

Hypophysenhinterlappen Wird nur kurz vor und nach der Geburt ausgeschüttet; stimuliert den Uterus dazu, sich zu kontrahieren, und die Mamma (Milchdrüse) dazu, Milch zu sekretieren.

Östrogen/Progesteron Ovarien (Eierstöcke)

Zusätzlich zu der stimulierenden Funktion, die sie auf die Bildung und Freisetzung reifer Eier aus den Ovarien ausüben, wirken diese Hormone auch auf Knochen, Muskeln und die Haut, wo sie für die Ausbildung sekundärer weiblicher Geschlechtsmerkmale sorgen.

Parathormon

Nebenschilddrüsen

Regelt zusammen mit Calcitonin den Kalziumhaushalt, indem es die Zellen in Knochen, Nieren und Darm dazu anregt, Kalzium freizusetzen, um den Kalziumspiegel im Blut zu erhöhen.

Prolactin

Hypophysenvorderlappen Zielorgane sind die Milchdrüsen; hier regt es die Bildung und Sekretion von Milch an.

Somatotropes Hormon (Wachstumshormon)

Testosteron

Regt die Knochen und Weichgewebe zur Zellteilung, Proteinsynthese (Eiweißbildung) und das Knochengewebe zum Wachstum an. Testes (Hoden)

Regt die Bildung von Spermien in den Hoden an; in der Haut, den Muskeln und den Knochen sorgt es für die Ausbildung sekundärer männlicher Geschlechtsmerkmale.

Hormon

Bildungsort

Funktion(en)

Thyreoideastimulierendes Hormon (TSH)

Hypophysenvorderlappen Regt die Schilddrüse zur Bildung und Freisetzung ihrer Hormone Calcitonin und Thyroxin an.

Thyroxin

Glandula thyreoidea (Schilddrüse)

Findet sich in allen Geweben wieder, wo es die Stoffwechselrate erhöht; zudem ist es an der Steuerung von Wachstum und Entwicklung beteiligt.

Tabelle 8.1: Wichtige Hormone: Ursprung und Funktionen

Die Wirkmechanismen der Hormone Wenn eine Drüse ein Hormon ausscheidet, wird dieses durch den Blutstrom bis zu seiner Zielzelle geschleust: dem Ort, an dem das Hormon seinen jeweiligen Effekt ausübt. Das Hormon kontrolliert die Aktivität der Zielzelle. Das können Sie sich so vorstellen wie besorgte Eltern (die Hormone!) bei der ersten Party ihres Teenagers. Wenn alles ruhig verläuft, lassen Sie die Bande in Ruhe, aber wenn sich ein Gast (die Zielzellen!) nicht an die Hausregeln hält, greifen sie dann doch mal ein. Das Hormon kommt regelmäßig bei der Zelle vorbei, um sie mit Informationen zu versorgen, doch wenn die Zelle zu viel oder zu wenig Aktivität zeigt, gibt das Hormon der Zelle andere Informationen, damit diese ihre Aktivität entweder steigert oder drosselt. Selbstverständlich stellt sich der Mechanismus einer gezielten Zellstimulation durch das Hormon in Wirklichkeit etwas komplizierter dar. Steroidhormone aktivieren ihre Zielzellen beispielsweise auf eine völlig andere Art als Peptidhormone: Steroidhormone sind lipophile Moleküle, sie können die Zellmembran passieren und binden im Zytoplasma an ihre Hormonrezeptoren. Die Rezeptoren wandern dann zusammen mit den an sie gebundenen Hormonen in den Nukleus der Zelle, wo sie bestimmte Gene aktivieren, die die Synthese der benötigten Proteine in Gang setzen. (In Kapitel 2 finden sie weitere Informationen zu Genen und der Proteinbiosynthese.)

Peptidhormone wirken etwas anders, denn diese Moleküle sind hydrophil und können nicht durch die lipophile Membran eindringen. Aminosäurederivate, Peptide oder Proteine sind der First messenger (der erste »Bote«) und binden an Rezeptoren, die sich auf der Zellmembran der Zielzelle befinden. Damit lösen sie eine Reaktionskaskade aus: Der Rezeptor auf der Zielzelle sendet ein Signal an die Membraninnenseite, an der nun das Enzym Adenylatcylase aus ATP zyklisches Adenosin-Monophosphat (cAMP) herstellt. Das cAMP ist ein Second messenger (»zweiter Bote«), der in der Zielzelle mit bestimmten Transkriptionsfaktoren interagiert, die dann die gewünschte Aktion ausführen. Wenn der gewünschte Effekt erreicht wurde, muss die endokrine Drüse dazu aufgefordert werden, die Hormonproduktion einzustellen; anderenfalls kann leicht ein gegenteiliger Effekt die Folge sein. Befindet sich beispielsweise Ihr Blutzuckerspiegel auf einem erhöhten Niveau, sezerniert das Pankreas (die Bauchspeicheldrüse) das Hormon Insulin, das einen Teil der Glucose aus dem Blutstrom entfernt (Abbildung 8.2). Nachdem sich der Blutzuckerspiegel auf diese Art wieder auf normalem Niveau eingependelt hat, muss das Pankreas die Insulin-Produktion jedoch einstellen, damit Ihre Glucosewerte nicht unter den Normalwert fallen. Zu viel von einem bestimmten Stoff zu haben, kann gefährlich sein, doch zu wenig davon kann ebenso große Probleme verursachen. Diese Regulation erfolgt über negative Feedback-Hemmung und sorgt dafür, dass die Drüsen mit der Hormonsekretion aufhören, nachdem sie ihre Arbeit getan haben. Der negative Feedback-Mechanismus arbeitet so ähnlich wie das Heizthermostat bei Ihnen zu Hause. Wenn Sie das Thermostat auf 26 °C einstellen, geht die Heizung an, sobald die Zimmertemperatur auf unter 26 °C absinkt. Die Heizung läuft dann so lange, bis der Sollwert von 26 ° C wieder erreicht ist. An diesem Punkt schaltet sich die Heizung wieder ab, bis die Zimmertemperatur wieder unter den Sollwert von 26 °C zu fallen beginnt. Der Hypothalamus in Ihrem Gehirn misst den Glucosespiegel in Ihrem Blut und schickt eine Rückmeldung (Feedback) an das Pankreas (siehe

hierzu den folgenden Abschnitt »Veränderungen erhalten das Gleichgewicht: Homöostase«). Wenn der Hypothalamus wahrnimmt, dass sich der Blutglucosespiegel auf normalem Niveau eingependelt hat, teilt er dem Pankreas mit, dass es die Insulinproduktion nun einzustellen hat.

Abbildung 8.2: Die Wirkung von Insulin auf die Zelle

Veränderungen erhalten das Gleichgewicht: Homöostase Homöostase (»homoeo« bedeutet »ähnlich« und »stasis« bedeutet »Stillstand«) bezeichnet das Bestreben des Körpers, das Gleichgewicht des Organismus über ständige Kontrollen und Korrekturen aufrechtzuerhalten, um gesund zu bleiben. Hormone spielen eine wichtige Rolle beim Erhalt der Homöostase. Mit dem Blutstrom gelangen die Hormone in alle Organe und Gewebe des Körpers. Wenn das Blut bestimmte Kontrollstellen des Nervensystems passiert (wie beispielsweise den Hypothalamus im

Gehirn), werden die Konzentrationen der Hormone im Blut gemessen. Das können Sie sich so vorstellen wie das Eintauchen eines Peilstabes in den Motor Ihres Autos, um den Ölstand abzulesen. Ist der Pegel eines bestimmten Hormons zu niedrig, so wird die für die Produktion des jeweiligen Hormons zuständige Drüse stimuliert, das Hormon zu produzieren und an das Blut abzugeben. Werden zu hohe Hormonwerte festgestellt, wird die Bildung des betroffenen Hormons gesenkt, indem die hierfür zuständige Drüse den Befehl erhält, die Produktion zu drosseln. Die Hormone selbst stammen aus dem endokrinen System, aber die Aufträge, die ihre Bildung und Ausschüttung koordinieren, kommen vom Nervensystem. Doch vergessen Sie nicht die wichtige Bedeutung des Kreislaufsystems! Ohne den Blutstrom als Transportmittel wäre weder die Erkennung von Störungen im Gleichgewicht noch deren Korrektur möglich. Ihr Körper beobachtet fortlaufend die Stoffwechselprozesse, die in ihm vorgehen. Bemerkt er Abweichungen von den Optimalwerten (beispielsweise der Körpertemperatur, des Glucosespiegels oder des pH-Wertes), arbeiten die HomöostaseKontrollstellen eng mit dem endokrinen System zusammen, damit das Gleichgewicht des Körpers umgehend wieder hergestellt werden kann.

Einteilung der Drüsen des endokrinen Systems Die Drüsen des Körpers werden in exokrine und endokrine Drüsen unterteilt: Exokrine Drüsen bilden Stoffe (aber keine Hormone), die an eine innere oder äußere Körperoberfläche abgegeben werden. Diese Drüsen geben ihr Sekret durch einen Ausführungsgang an eine freie

Oberfläche wie zum Beispiel die Haut ab. Talgdrüsen sind exokrine Drüsen; sie bilden und sekretieren Öle, die die Haut geschmeidig machen und sie nicht austrocknet. Die abgesonderten Öle reisen nicht durch den Körper, sondern kommen nur an dem Haarfollikel zum Einsatz, an dem sie gebildet werden. Die Öle können rasch hergestellt werden, doch ihre Wirkung hält nicht besonders lange an. Endokrine Drüsen geben ihre Produkte direkt ins Blut ab – und das trifft für alle Hormone zu, die über diesen Weg im Körper verbreitet werden. Alle Hormondrüsen sind endokrine Drüsen. Einige dieser endokrinen Drüsen sind Organe, doch es gibt noch mehr Drüsen, die Hormone bilden und absondern können. Die Hormonproduktion ist jedoch nicht die einzige Aufgabe der endokrinen Drüsen. Sie müssen zudem noch dafür sorgen, dass die Hormone im Körper verteilt werden. Und was reist ständig in Ihrem Körper umher? Richtig, Ihr Blut. Der Blutstrom ist mit einer Bimmelbahn vergleichbar, die ihre Kreise durch einen Freizeitpark oder Zoo dreht. Die Blutzellen sind wie die einzelnen Waggons der Bahn, die an einer Haltestelle Passagiere aufnehmen und sie an einer anderen Haltestelle wieder aussteigen lassen. Es nimmt vielleicht einige Zeit in Anspruch, bis das Hormon bei seiner Zielzelle angekommen ist, doch die Wirkung, die es erzielt, hält länger an als die der von der exokrinen Drüse sekretierten Substanzen. Der Körper besitzt mehrere exokrine Drüsen, und auf jede dieser Drüsen wird in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels kurz eingegangen. Die nachstehende Liste beschreibt die endokrinen Drüsen von Kopf bis zum Fuß. (Nun ja, genau genommen vom Kopf bis zum Becken – Ihre Füße besitzen nur Schweißdrüsen. Haben Sie's noch im Gedächtnis? Schweißdrüsen sind nämlich exokrin …!) Hypothalamus und Hypophyse Schilddrüse Thymus Pankreas Magen

Darm Nebennieren Ovarien und Testes

Die Oberaufseher: Hypothalamus und Hypophyse Der Hypothalamus wird auch als »Hauptdrüse« bezeichnet, da er die endgültige Kontrollstelle für die Aufrechterhaltung der Homöostase darstellt. Die von ihm gebildeten Hormone gelangen auch nicht auf direktem Wege in den Körper, um das Gleichgewicht herzustellen. Stattdessen misst der Hypothalamus die Konzentration der im Blut vorhandenen Hormone und gibt dann Hormone an die Hypophyse ab. Die Hypophyse setzt dann jene Hormone frei, die die Homöostase wieder herstellen. Abbildung 8.3 zeigt die Beziehung zwischen Hypothalamus und der Hypophyse auf.

Abbildung 8.3: Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Hypothalamus und Hypophyse

Der Hypothalamus und die Hypophyse grenzen an das mittlere Gehirnareal, das als dritter Ventrikel bezeichnet wird (siehe Kapitel 7). Die Hypophyse besteht aus einem Vorder- und einem Hinterlappen, die unterschiedliche Hormone sekretieren. Der Hypophysenvorderlappen wird manchmal auch als Adenohypophyse bezeichnet. Der Hypophysenhinterlappen ist der Teil der Hypophyse, der unmittelbar an den Hypothalamus anschließt (siehe hierzu Abbildung 8.3) und ist auch unter dem Namen Neurohypophyse bekannt. Der Hypothalamus steht sowohl mit dem Nervensystem als auch mit dem endokrinen System in Verbindung. Die Hormone, die der Hypophysenhinterlappen freisetzt, werden eigentlich in den Nervenzellkörpern des Hypothalamus hergestellt. Die Hormone

gelangen dann nach ihrer Bildung über neuronale Axone in den Hypophysenhinterlappen. Eines der im Hypothalamus gebildeten und von der Hypophyse freigesetzten Hormone ist das antidiuretische Hormon (ADH) oder Vasopressin. Die Homöostase versucht zu gewährleisten, dass das Blut exakt die richtige Menge an Wasser enthält, die es benötigt. Spezielle Zellen im Hypothalamus dienen als Messinstrumente für den Wassergehalt des Blutes. Wenn sie feststellen, dass zu wenig Wasser im Blut enthalten ist, setzt der Hypothalamus seine ADH-Produktion in Gang. Das ADH wandert dann über die Axone hinunter in den Hypophysenhinterlappen, der das Hormon an den Blutstrom abgibt. Über diesen gelangt das ADH schließlich an seinen Bestimmungsort – die Nierenzellen. Dort wird das ADH über aktiven Transport in die Zellen der Nierentubuli eingeschleust. Im Inneren dieser Zellen verändert das Hormon die Stoffwechselvorgänge so, dass mehr Wasser aus dem in den Nieren gebildeten Urin entfernt wird und das auf diese Art zurückgewonnene Wasser wieder in den Blutstrom eingeschleust werden kann. Der Entzug von Wasser aus dem Urin hat zur Folge, dass der Urin stärker konzentriert wird. Das kann zwar auch zu Problemen führen, doch die Probleme, die durch zu wenig Wasser in Ihrem Blut entstünden, wären wesentlich schwerwiegender. Wenn Sie zu wenig Wasser trinken, kann das allerdings zu chronischer Dehydrierung führen, was wiederum die Bildung eines chronisch zu hoch konzentrierten Urins zur Folge hat. Dieser kann eine Reihe von Problemen verursachen (wie beispielsweise Nierensteine – autsch!). Schonen Sie daher Ihren Hypothalamus und Ihre Hypophyse und stellen Sie sicher, dass Sie Ihrem Körper täglich die empfohlenen zwei Liter Wasser zuführen, damit Ihr Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht bleibt. Kleine Blutgefäße verbinden den Hypophysenvorderlappen mit dem Hypothalamus. Der Hypothalamus bildet zwei Hormonklassen: die Releasing-Hormone (setzen bestimmte Hormone frei) sowie die Release-Inhibiting-Hormone (hemmen die Freisetzung bestimmter Hormone). Wenn der Hypothalamus Releasing-Hormone in den

Hypophysenvorderlappen schickt, wird die Hypophyse zur Abgabe eines ihrer Hormone angeregt. Der Hypophysenvorderlappen sekretiert einige ziemlich wichtige Hormone wie beispielsweise das Wachstumshormon (Somatotropin), Prolactin und Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) (siehe Abbildung 8.1). Der Hypophysenvorderlappen gibt außerdem noch andere Hormone ab wie das Melanozyten-stimulierende Hormon (MSH), gonadotrope Hormone wie das follikelstimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH) sowie das adrenocorticotrope Hormon (ACTH). MSH beeinflusst die pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) der Haut und regt sie zur Bildung von Melanin, dem Hautfarbstoff, an. Die gonadotropen Hormone wirken auf die Gonaden (Geschlechtsorgane) und regen sie zur Produktion der weiblichen und männlichen Keimzellen (Gameten) an. ACTH wirkt auf die Nebennierenrinden und regt diese zur Bildung ihrer Hormone (beispielsweise Cortisol, Testosteron und Aldosteron) an. Der Hypophysenvorderlappen setzt die gonadotropen Hormone und das ACTH zwar frei, doch die Aufgabe dieser Hormone besteht darin, die Freisetzung weitere Hormone aus anderen Drüsen des Körpers zu aktivieren. Dieselbe Aufgabe kommt dem Wachstumshormon (Somatotropin) und dem TSH zu – sie sind ebenfalls nur Mittelsmänner für die Freigabe weiterer Hormone. Wenn die Hormone des Hypophysenvorderlappens die anderen Drüsen zur Ausübung ihrer Aufgaben angeregt haben, setzt der Hypothalamus Releasing-Inhibiting-Hormone in den Hypophysenvorderlappen frei. Diese Hormone veranlassen den Hypophysenvorderlappen dazu, die Hormonabgabe und somit die Anregung anderer Drüsen einzustellen.

Diabetes insipidus: Hat nichts zu tun mit zu viel Trinken Diabetes ist eine Störung des Körpers, der ein aus den Fugen geratener Blutzuckerspiegel zugrunde liegt. Die meisten Menschen sind mit dem Begriff Diabetes mellitus vertraut, einer Erkrankung, bei der die Betroffenen unter einem Mangel des Hormons Insulin leiden und dadurch einen zu hohen Glucosespiegel haben. Diabetes

insipidus hingegen verursacht zwar ein ähnliches Problem, hat jedoch eine andere Ursache: Der Hypothalamus bildet nicht genügend antidiuretisches Hormon (ADH), das die Nieren zur Rückgewinnung von Wasser aus dem Urin anregt. Normalerweise sorgt ADH dafür, dass Wasser aus dem Urin wieder zurück in den Blutstrom gelangt. Ohne ADH wird dagegen nur sehr wenig Wasser aus dem Urin entfernt und in den Blutstrom geschleust. Das hat zur Folge, dass das Blut zu wenig Wasser enthält und die in ihm gelösten Stoffe (wie zum Beispiel Glucose) in viel zu hohen Konzentrationen vorliegen. Im Urin befindet sich dagegen viel zu viel Wasser. Dies führt dazu, dass große Mengen wässrigen Urins mitsamt vielen Elektrolyten aus dem Körper geschwemmt werden. Aufgrund der riesigen Mengen Urin, die Menschen mit Diabetes insipidus ausscheiden, sind sie dehydriert (ausgetrocknet) und ständig durstig. Mit ADH-Gaben kann den betroffenen Patienten jedoch geholfen werden.

Ein Schild für Ihren Stoffwechsel: die Schilddrüse Obwohl die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) ihren Namen ihrer Schildform verdankt, ähnelt sie doch eher einem Schmetterling, der seine Flügel um die Trachea (Luftröhre) gelegt hat (siehe Abbildung 8.4). Jeder Lappen (Lobus) umfasst eine Seite der Trachea. Die beiden Teile sind über ein Gewebsstück namens Isthmus verbunden. Zylinderepithelzellen (hochprismatisches Epithel, siehe hierzu auch Kapitel 3) säumen den sekretierenden Teil der Lappen; diese Zellen geben eine gallertartige Substanz ab, die Thyreoglobulin genannt wird.

Abbildung 8.4: Ultraschallscan der menschlichen Schilddrüse

Thyreoglobulin ist ein Protein, das bei der Synthese der Schilddrüsenhormone behilflich ist. Durch die Schilddrüse fließt – und zwar mit einer Rate von vier bis fünf Litern pro Stunde! – Blut, das Jod transportiert. Das Thyreoglobulin »fängt« das Jod aus dem Blutstrom ab. Das gefangene Jod reagiert daraufhin mit der Aminosäure Tyrosin, um die Hormone Thyroxin und Trijodthyronin zu bilden, die von der Schilddrüse sekretiert werden. Thyroxin wird in einer geringen Konzentration abgegeben als Trijodthyronin, aber dafür hält seine Wirkung länger an als die des Trijodthyronins. Wenn das Thyroidea-stimulierende Hormon (TSH) die Schilddrüsenhormone zur Arbeit treibt, adsorbieren (nicht »absorbieren«: »adsorbieren« bedeutet »anlagern«) die Hormone an Proteinmoleküle im Blut und werden nur langsam freigegeben. Thyroxin hat viele wichtige Aufgaben zu erfüllen; einige davon sind in der unten stehenden Liste aufgeführt:

reguliert die Metabolismus- und Respirationsrate von Zellen (ihre Abgabe an Kohlenstoffdioxid und ihren Verbrauch an Sauerstoff) erhöht die Glucoseabbaurate von Zellen und fördert die Spaltung der Glucose-Speicherform Glykogen zurück in Glucose, um den Blutzuckerspiegel zu erhöhen hilft beim Erhalt der Körpertemperatur (je mehr Stoffwechselaktivität in Ihrem Körper stattfindet, desto höher steigt Ihre Körpertemperatur) spielt eine Rolle beim Wachstum und der Differenzierung von Geweben bei Kindern und Jugendlichen erhöht die Menge bestimmter Enzyme in Mitochondrien, die an oxidativen Prozessen beteiligt sind beeinflusst die Stoffwechselrate von Proteinen, Fetten, Kohlenhydraten, Vitaminen, Mineralstoffen und Wasser regt mentale Prozesse an (geistige Arbeit) Wie Sie der Liste entnehmen können, spielen die von der Schilddrüse gebildeten Hormone Thyroxin und Thyroidea-stimulierendes Hormon (TSH) eine wichtige Rolle für Ihr Allgemeinbefinden. Im Abschnitt »Pathophysiologie des endokrinen Systems« zeige ich Ihnen, was passieren kann, wenn Ihr Körper zu wenig oder zu viel Schilddrüsenhormone bildet.

Hüter Ihres Immunsystems: der Thymus Der Thymus ist eine gelappte Drüse, die in der Brusthöhle direkt unter Ihren Schlüsselbeinen und über Ihrem Herzen liegt. Die Hauptaufgabe der Thymusdrüse besteht darin, unreife T-Lymphozyten (Vorläuferzellen) aus dem Knochenmark in voll funktionsfähige (ausgereifte) T-Zellen zu verwandeln (siehe hierzu Kapitel 13). Der Thymus bildet eine Gruppe von Hormonen, die unter dem Begriff Thymushormone zusammengefasst werden und die an der Differenzierung und Aktivierung von Zellen des Immunsystems beteiligt sind. Vom Aufbau her ähnelt der Thymus anderen Organen im Körper

mit umgebender Kapsel, dem Cortex (der Rinde) und der Medulla (dem Mark; siehe Abbildung 8.5).

Abbildung 8.5: Die Thymusdrüse

Flach wie ein Pankreas Ihr Pankreas (Bauchspeicheldrüse) ist ein faserartiges, längliches Organ (so flach wie ein Pfannkuchen), das in Nachbarschaft zu den Nieren, dem Magen und dem Dünndarm in Ihrer Bauchhöhle liegt. Wenn Sie noch einmal auf Abbildung 8.1 blicken, sehen Sie, wo das Pankreas genau im Bauchraum lokalisiert ist. Es besteht aus zwei verschiedenen Gewebearten und übernimmt folgende Funktionen: Verdauungsfunktion: Bildung von Verdauungsenzymen, die in den Dünndarm sekretiert werden Endokrine Funktion: Bildung der Hormone Insulin und Glucagon, die es direkt an den Blutstrom abgibt

Insulin und Glucagon sind an der Regulation des Blutzuckerspiegels beteiligt. Insulin hilft, den Glucosespiegel im Blut zu senken. Die Aufgabe des Gegenspielers Glucagon besteht darin, den Glucosespiegel wieder anzuheben. Wenn Sie essen, beginnt Ihr Körper unverzüglich damit, die aufgenommene Nahrung in ihre Bestandteile zu zerlegen. Kohlenhydrate werden schnell in Glucose umgewandelt, eine einfache Energiequelle, auf die vor allem das Gehirn angewiesen ist (siehe Kapitel 11 für eingehendere Informationen über die Verdauung). Trotzdem darf die Konzentration an Glucose in Ihrem Blut einen gewissen Bereich nicht über- oder unterschreiten: Ist Ihr Blutzuckerspiegel zu niedrig oder zu hoch, beeinträchtigt dies Ihre Gesundheit. Um die großen Mengen an aufgenommener Glucose nach einer ausgiebigen Schokoladen- oder Kuchenmahlzeit verarbeiten zu können, beginnt Ihr Pankreas sofort mit der Sekretion von Insulin. Insulin arbeitet auf vier verschiedene Arten an dem Erhalt eines normalen Blutzuckerspiegels: Insulin regt Ihre Zellen dazu an, Glucose aufzunehmen und zu verstoffwechseln. So wird die Menge an Glucose im Blutstrom reduziert. Es regt die Leber- und Muskelzellen zur Speicherung von Glucose aus dem Blut in Form von Glykogen an. Es regt die Bildung von Proteinen und Fett an. Da hierfür ebenfalls Glucose benötigt wird, wird dem Blutstrom wieder Zucker entzogen. Insulin hemmt den Abbau von Fetten und Proteinen für die Energiegewinnung, sodass die Glucose in ihrer gespeicherten Form sicher außerhalb des Blutstromes verwahrt wird. Wenn allerdings ein Problem mit der Bildung oder Abgabe von Insulin auftritt, kann der Glucosespiegel im Blut auf ziemlich hohe Werte ansteigen. Dieser Zustand – eine Hyperglycämie oder Überzuckerung – zeigt an, dass eine Störung der Homöostase vorliegt, und führt dazu,

dass der Körper an Diabetes erkrankt. Auf diese Krankheit gehe ich noch genauer im Abschnitt »Pathophysiologie des endokrinen Systems« am Ende dieses Kapitels ein. Insulin sorgt nach jeder Mahlzeit dafür, dass ein Zuviel an Glucose aus dem Blut aufgenommen wird. Zwischen den Mahlzeiten kann es aber vorkommen, dass Ihr Blutzuckerspiegel unter Normalniveau absinkt. Die Symptome kennen Sie sicher auch: Ihr Magen beginnt zu knurren, Sie werden unaufmerksam, zittrig und bekommen eventuell Kopfschmerzen. Diesen Zustand der Hypoglycämie (Unterzuckerung) versucht Ihr Körper auszugleichen, indem das Pankreas Glucagon freisetzt (Abbildung 8.6). Glucagon ist der Gegenspieler des Insulins und veranlasst, dass Glucose zurück in den Blutstrom geschleust wird, damit der Blutzuckerspiegel ansteigt. Woher kommt plötzlich all die gespeicherte Glucose? Nun, durch den Einfluss des Insulins wurde Zucker in allen Zellen und Geweben gespeichert – in der Leber, den Muskelzellen und dem Fettgewebe, und das wird nun freigesetzt. Die Fähigkeit des Körpers, seine Stoffwechselvorgänge im Gleichgewicht zu halten, ist wirklich bewundernswert. Wenn Sie ihn bei seiner Arbeit unterstützen wollen, sollten Sie möglichst keine zu üppigen Mahlzeiten zu sich nehmen, um Ihre Bauchspeicheldrüse nicht zu sehr zu belasten, denn die kommt sonst mit der Insulinproduktion kaum hinterher. Außerdem sollten Sie zu viele kleine Zwischenmahlzeiten vermeiden. Geben Sie Ihrem Glucagon die Chance, seine Arbeit zu verrichten!

Abbildung 8.6: Insulin und Glucagon regulieren den Blutzuckerspiegel

Auch der Magen ist eine Drüse Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass auch Ihr Magen eine Drüse ist, die Hormone sekretiert? Tatsächlich gehört der Magen zu den Organen, die eine zweite Funktion als Drüse haben. Der Magen ist eines der Hauptorgane der Verdauung, doch während er die Nahrung verdaut, sondert er auch Hormone ab, was ihn zur Drüse werden lässt. Das

Hormon, das vom Magen gebildet wird, nennt man Gastrin. Es gibt viele verschiedene Arten von Gastrinmolekülen – kleine, mittelgroße und große. Gastrin regt die Sekretion von Magensäure an, das ist die Flüssigkeit, die sich während der Verdauung im Magen mit der Nahrung mischt (siehe hierzu Kapitel 11). Die zweite Aufgabe des Gastrins besteht darin, den Sphinkter – einen Muskel, der ringförmig um eine Öffnung herum verläuft – am unteren Ende des Ösophagus (der Speiseröhre) zu kontrahieren. Durch sein Zusammenziehen steuert der Sphinkter die Weitergabe der Nahrung von der Speiseröhre in den Magen. Zudem regt Gastrin das Wachstum der Mucosazellen an, die den Magen von innen auskleiden und die Magensäure herstellen.

Was Hormone mit dem Darm zu tun haben Ist der Darm nun eine Drüse oder ein Organ? Die Antwort auf diese kniffelige Frage lautet wieder einmal: Er ist beides. Der Darm ist sowohl ein Organ des Verdauungsapparates als auch ein Hormonproduzent. Der Dünndarm und der Hypothalamus sekretieren Cholecystokinin (CCK), das die Gallenblase dazu anregt, Galle an den Darm abzugeben. Galle ist eine grün-braune Flüssigkeit, die sich mit der schon teilverdauten Nahrung vermengt und deren Säuregrad absenkt. Da die Magensäure ätzend ist und die Darmwand angreifen würde, neutralisiert die Galle die Säure mithilfe der in ihr enthaltenen Bikarbonate. Galle zersetzt außerdem das in der Nahrung enthaltene Cholesterol und hilft dabei, dass Fette leichter absorbiert werden können. CCK regt zudem die Sekretion der Pankreashormone an. Ein weiteres vom Dünndarm sekretiertes Hormon ist das Sekretin. Sekretin hat eine ähnliche Aufgabe wie das Cholecystokinin. Es regt die Zellen des Pankreas dazu an, neutralisierende Substanzen freizusetzen. Der Darm bildet Enzyme, die in einem sauren Milieu nicht arbeiten können; deshalb stellen die Hormone CCK und Sekretin sicher, dass die Verdauung reibungslos fortgesetzt werden kann.

»Garnieren« die Nieren: Die Nebennieren Die Nebennieren oder Glandulae suprarenales (von lateinisch »Glandula« = »Drüse«, »supra« heißt »über«, und »ren« heißt »Niere«)

sitzen direkt den Nieren auf – so, wie ein Sahnehäubchen auf einer Eiskugel sitzt (siehe Abbildung 8.7). Und da Sie zwei Nieren besitzen – eine rechte und eine linke –, haben Sie demzufolge auch zwei Nebennieren: eine auf jeder Seite des Körpers.

Abbildung 8.7: Niere und Nebenniere

So wie eine Erdnuss oder eine Bohne von einer zarten Hülle umgeben ist, so bedeckt auch eine dünne Haut oder Kapsel die gesamte Nebenniere. Die in der Hülle befindliche Nebenniere teilt man in zwei Regionen auf: den Cortex (die Rinde) sowie die Medulla (das Mark), die beide verschiedene Aufgaben erfüllen. Die Funktionen der beiden Teile unterscheiden sich, da sie eine unterschiedliche Entwicklung durchgemacht haben. Als Sie ein winzig kleiner Embryo waren, entstand Ihre Nebennierenrinde aus demselben Gewebe wie Ihre Nieren und Ihr Binde- und Stützgewebe (Muskeln, Knochen, Knorpel und mehr). Das Nebennierenmark entwickelte sich dagegen aus dem gleichen Gewebe wie Ihr autonomes Nervensystem (siehe hierzu Kapitel 7).

Nebennierenrinde

Dieser Teil Ihrer Nebenniere sekretiert Corticosteroide, eine Gruppe von Hormonen, die Untergruppen der Mineralocorticoide und der Glucocorticoide umfasst. Eines der wichtigsten Mineralocorticoide ist das Aldosteron, das für die Regulierung der Elektrolytkonzentrationen wie beispielsweise der Kaliumionen (K+), der Natriumionen (Na+) oder der Chloridionen (Cl–) verantwortlich ist. Diese Regulierung sorgt dafür, dass die Salz- und Mineralienkonzentration des Blutes im Gleichgewicht bleibt – kurz: Sie unterstützt die Homöostase! Elektrolyte sind Substanzen, die sich in Ionen aufspalten, wenn sie in Lösung gehen. Unter einer »Lösung« versteht man auch die wässrige Flüssigkeit, die Ihre Zellen umgibt, sowie das Zytoplasma im Inneren Ihrer Zellen. Elektrolyte besitzen elektrische Leitfähigkeit; daher kommt auch ihr Name. Der Zielort des Aldosterons sind die Nierentubuli. Hier regt es die Na+Rückresorption an. Wenn Natriumionen zurück in den Blutstrom geschleust werden, folgen ihnen die Chloridionen rasch nach. (Na+ und Cl– bilden zusammen gerne NaCl, also das gute alte Kochsalz). Und wo Salz ist, da folgt Wasser automatisch brav hinterher, sodass der Flüssigkeitsgleichpegel des Blutes ansteigt. Diese Vorgänge kontrollieren den Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Letztlich nimmt das Flüssigkeits- und Elektrolytgleichgewicht Einfluss auf den Blutdruck. Cortisol, eines der wichtigsten Glucocorticoidhormone, ist für die Regulierung des Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels verantwortlich. Meist wird es freigesetzt, wenn Sie sich in einer emotionalen, körperlichen oder umweltbedingten Stresssituation befinden. Cortisol beeinflusst den Stoffwechsel auf folgende Art und Weise: Abbau von Proteinen, Abnahme der Proteinsynthese (siehe Kapitel 2) und Transport von Aminosäuren vom Gewebe in die Leberzellen Transport von Fett aus dem Fettgewebe in den Blutstrom oder erhöhte Einlagerung von Fett ins Fettgewebe

Verminderung der Geschwindigkeit, mit der die Zellen Glucose verbrauchen; dadurch speichert die Leber mehr Glucose als Glykogen. Cortisol (und auch andere Corticosteroide) beeinflussen das Immunsystem, indem sie die Anzahl der Immunzellen, die im Blut zirkulieren, herabsetzen und gleichzeitig eine Zunahme des lymphatischen Gewebes bewirken. Steht der Mensch unter starkem Stress, so zirkulieren große Mengen an Glucocorticoiden durch das Blut, und die lymphatischen Gewebe sind nicht dazu in der Lage, Antikörper zu bilden (siehe Kapitel 13). Vielleicht erklärt dies, weshalb Sie immer dann dazu neigen, eine Erkältung zu bekommen, wenn Sie unter Druck stehen?

Nebennierenmark Dieser Anteil der Nebenniere hat sich aus dem Gewebe entwickelt, das später zu einem Teil des sympathischen Nervensystems wurde. Es sollte Sie demnach nicht verwundern, dass das Nebennierenmark Aufgaben wie die Regulation von Strukturen, die solche Nervenfasern beinhalten, übernimmt. Das Nebennierenmark stellt eine Gruppe von Hormonen her, die man Katecholamine nennt. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind das Adrenalin und das Noradrenalin. Adrenalin ist allgemein als Initiator der »Fight-or-flightReaktion« (»Kampf-oder-Flucht-Reaktion«) bekannt. Ich bin mir sicher, dass auch Sie schon mal in der einen oder anderen Situation einen Adrenalinschub bekommen haben, meistens, wenn Sie vor etwas so richtig Angst hatten. Wenn Sie etwas aufspringen lässt oder Sie das Gefühl haben, dass sich eine Situation Ihrer Kontrolle entzieht, dann spüren Sie schon fast, wie das Adrenalin in Ihre Adern schießt. Adrenalin steigert Ihre Herz- und Atemfrequenz, ohne Glucose zu verbrauchen. Die Glucose ist nämlich ausschließlich dem Gehirn vorbehalten. Adrenalin regt die Abgabe von freien Fettsäuren aus dem Fettgewebe an. Ihre Muskeln nutzen die freien Fettsäuren zur

Energiegewinnung. Auch hier wird die Glucose für Ihr Gehirn reserviert. Immerhin müssen Sie noch denken können, wenn Sie sich in einer furchterregenden Situation befinden. Noradrenalin ist, wie das Adrenalin auch, ein Katecholamin, dessen Funktion eng mit der des Nervensystems verbunden ist. Noradrenalin bewirkt Vasokonstriktion, das bedeutet, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen. Verringert sich der Durchmesser der Blutgefäße, dann steigt automatisch der Blutdruck. Deshalb wird Noradrenalin ausgeschüttet, wenn Ihr Blutdruck zu niedrig ist (Hypotonie) oder wenn Sie unter Stress stehen.

Gonaden Ihre Gonaden – Ovarien, falls Sie eine Frau sind, beziehungsweise Testes, wenn Sie ein Mann sind – stellen die am weitesten unten gelegenen endokrinen Drüsen Ihres Körpers dar (siehe hierzu Abbildung 8.1. und Kapitel 14). Die Ovarien (Eierstöcke) bilden und sekretieren Östrogen und Progesteron; die Testes (Hoden) produzieren und sekretieren Testosteron. Zusammen sind Östrogen, Progesteron und Testosteron als die Geschlechtshormone bekannt. Testosteron wird außerdem als Androgen bezeichnet, da es die Ausbildung männlicher Geschlechtsorgane anregt. Der Begriff »andros« kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt »Mann«. Falls Sie bisher der Meinung waren, Östrogen wäre ein Hormon, das nur bei weiblichen Tieren vorkommt, dann kann ich Ihnen mitteilen, dass Sie damit falschliegen. Östrogen kann auch im Urin männlicher Tiere nachgewiesen werden, und, was Sie vermutlich noch mehr erstaunen wird, sogar in Pflanzen! Bei Frauen wird Östrogen ab dem Eintritt in die Pubertät vermehrt gebildet. Es ist für die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale verantwortlich – darunter versteht man Merkmale, die ein Mädchen zur Frau werden lassen. (Primäre Geschlechtsmerkmale sind Merkmale, die schon bei der Geburt vorhanden sind, wie beispielsweise die Vagina, der Uterus und die Ovarien.) Östrogen regt die Einlagerung von Fett in die

Brüste an, wodurch diese wachsen. Es ist weiterhin dabei behilflich, dass das Knochengewebe schneller wächst und damit auch die Körpergröße zunimmt. Östrogen sorgt dafür, dass Kalzium und Phosphat im Blutstrom zurückgehalten werden (damit sie für das Knochenwachstum verwendet werden können), und regt zudem die Aktivität der Osteoblasten an (neue Knochenzellen, siehe hierzu Kapitel 4). Außerdem sorgt Östrogen dafür, dass sich die Beckenknochen weiten. Ja, richtig, Ihr Becken wird breiter, aber dadurch wird auch der Austritt des Fetus bei der Geburt erleichtert. (Mehr darüber finden Sie im Kasten: »Weshalb Frauen breitere Hüften haben als Männer« in Kapitel 4.) Schließlich regt Östrogen noch die Einlagerung von Fett in die verschiedensten Körpergewebe an. Die Aufgabe von Progesteron besteht dagegen darin, die uterine Sekretion zu verändern und dafür zu sorgen, dass in der Auskleidung der Gebärmutter Nährstoffe eingelagert werden. Hiermit bereitet es den Uterus auf die Implantation (Einnistung) einer befruchteten Eizelle vor. Es lässt außerdem die in den Brüsten befindlichen Läppchen (pro Brust etwa 15 bis 20 Stück) wachsen, fördert das Zellwachstum und bereitet die Brustdrüsen darauf vor, Milch zu sekretieren. Progesteron spielt zudem eine Rolle bei der Entwicklung der Brüste in der Pubertät. Testosteron veranlasst die Entwicklung der sekundären männlichen Geschlechtsmerkmale; primäre Geschlechtsmerkmale beim Mann sind der Penis und die Hoden, die schon bei der Geburt vorhanden sind. In der Pubertät nimmt bei Jungen die Muskelmasse zu, seine Geschlechtsorgane vergrößern sich und die Behaarung im Gesicht und an den Extremitäten wird dunkler und dichter. Sowohl Männer als auch Frauen bilden Haare unter den Achseln und in der Schamregion aus. So wie im Körper des Mannes auch Östrogen gebildet wird, so stellt auch der weibliche Organismus Testosteron her. Zu näheren Informationen über die Entwicklung in der Pubertät blättern Sie bitte weiter zu Kapitel 15.

Pathophysiologie des endokrinen Systems Der Erhalt der Homöostase ist für Sie überlebenswichtig. Zusammen mit dem Nervensystem sorgt das endokrine System dafür, dass das Gleichgewicht im Körper erhalten bleibt. Manchmal bricht es dennoch zusammen. Eine Störung der Homöostase hat Krankheiten zur Folge. Einige der Krankheiten, die man als lokale Erkrankungen bezeichnet, betreffen nur bestimmte Teile des Körpers. Andere Störungen, die ein ganzes Organsystem oder sogar den gesamten Organismus betreffen, werden systemische Erkrankungen genannt. Tritt eine Erkrankung plötzlich auf und verschwindet ebenso schnell wieder, bezeichnet man sie als akute Erkrankung. Braucht sie lange Zeit, um sich zu entwickeln, und bleibt sie über einen langen Zeitraum hinweg bestehen, wird die Störung chronische Erkrankung genannt. Im folgenden Abschnitt mache ich Sie mit einigen Erkrankungen bekannt, die direkt das endokrine System betreffen oder die auf Fehlfunktionen des endokrinen Systems zurückzuführen sind.

Diabetes mellitus Das Wort Diabetes ist griechischen Ursprungs und bedeutet »Durchfluss« oder »Durchgang«. Der Begriff mellitus ist lateinisch und bedeutet »honigsüß«. Damit ist eigentlich schon erklärt, was das Hauptsymptom von Diabetes mellitus« ist: Die betroffenen Patienten scheiden große Mengen zuckerhaltigen Urins aus. Der Fachbegriff für übermäßigen Harnabgang lautet »Polyurie«; dieses Symptom tritt bei den zwei häufigsten Formen von Diabetes auf: dem Diabetes insipidus, der eine Störung des Pankreas zur Ursache hat (siehe hierzu den Kasten »Diabetes insipidus: hat nichts zu tun mit zu viel Trinken« in diesem Kapitel), sowie dem Diabetes mellitus. Die häufigste Form des Diabetes ist allerdings der Diabetes mellitus, die Erkrankung kommt sogar so häufig vor, dass man sofort an Diabetes mellitus (DM) denkt, wenn nur von »Diabetes« die Rede ist.

Diabetes mellitus kann in zwei Typen eingeteilt werden. Der Unterschied besteht darin, ob und weshalb Insulin zum Überleben des Patienten vonnöten ist. DM Typ I stellt die insulinabhängige Form dar; DM Typ II dagegen ist die insulinunabhängige Form. Begünstigende Faktoren für die Erkrankung sind genetische Veranlagung, schlechte Ernährung, Übergewicht, Störungen der Pankreasfunktion, Schwangerschaft, Hormonstörungen, einige Medikamente (wie beispielsweise Steroide oder orale Kontrazeptiva) und möglicherweise auch Infektionen. Insulin ist das Hormon, welches Glucose in alle Zellen des Körpers hinein transportiert, bei der Biosynthese der Proteine mitwirkt und die Einlagerung von freien Fettsäuren ins Fettgewebe anregt. Wenn das Pankreas nicht genügend Insulin produziert oder der Körper nicht angemessen auf sein eigenes Insulin reagiert, dann gerät der Stoffwechsel der Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße gehörig ins Wanken. Bei Patienten, die unter Diabetes mellitus Typ I (auch »juveniler Diabetes« genannt, da er meist schon im Jugendalter auftritt) leiden, stellt das Pankreas wenig oder gar kein Insulin her, und die Körpergewebe verhungern regelrecht. Eines der ersten Symptome von DM Typ I ist der unerklärliche Verlust an Muskelmasse. Die Symptome des Diabetes Typ II, der auch als »Altersdiabetes« bezeichnet wird, entwickeln sich dagegen langsamer. Bei Menschen, die unter Übergewicht leiden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an DM Typ II zu erkranken. Weitere begünstigende Faktoren sind Stress oder Traumata, virale Infektionen oder Schwangerschaft. Zudem sind Frauen, deren Kinder bei der Geburt über vier kg wiegen, ebenfalls häufiger von der Erkrankung betroffen als Frauen, deren Kinder mit geringerem Gewicht zur Welt kommen. Sowohl Patienten mit DM Typ I als auch solche mit DM Typ II haben großen Hunger und Durst, leiden unter Gewichtsverlust, Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen, juckender Haut und Hautinfektionen mit schlechter Heilungstendenz.

Ein weiteres Symptom beider Diabetestypen ist die Dehydratation (Austrocknung), die entsteht, weil durch den Insulinmangel die Konzentration an Glucose im Blut stark erhöht ist (Hyperosmolarität). Der Körper reagiert auf Hyperosmolarität, indem er, in der Hoffnung, die überschüssigen Substanzen loswerden zu können, dem Körper noch mehr Wasser entzieht. Leider führt der Wassermangel schließlich zur Dehydratation, und der Organismus hat nun mit einem zusammengesetzten Problem zu kämpfen. Doch wie kommt es zum vermehrten Harnabgang? Im Bestreben, mehr Glucose als Energiequelle zu aktivieren, baut der Körper immer mehr Proteine ab. (Wie Sie sich vielleicht erinnern, können die Zellen die Glucose ohne das Vorhandensein von Insulin nur sehr schlecht verwerten.) Bei ihrer Verstoffwechselung trennen sich die Proteine in ihre einzelnen Aminosäuren auf und werden in Glucose und Harnstoff umgebaut. Der Überschuss an Harnstoff führt dann letzten Endes zur vermehrten Harnproduktion der Diabetes-mellitus-Patienten. Die Behandlung des Diabetes besteht aus Insulingaben, der Einhaltung einer Diät und einem Trainingsplan für die Patienten, die unter DM Typ I leiden. Patienten mit DM Typ II beginnen ihre Therapie meist mit einem streng kontrollierten Diätplan und regelmäßiger Bewegung. Ein Diabetiker sollte zu festen Zeiten Mahlzeiten zu sich nehmen, deren Kohlenhydratgehalt immer gleichbleibend ist. Dies hilft dabei, den Blutzuckerspiegel einigermaßen zu stabilisieren. Die Verbrennung überschüssiger Glucose durch sportliche Betätigung (Übergewicht stellt nämlich einen begünstigenden Faktor für Diabetes dar) ist ebenfalls anzustreben. Durch Gewichtsverlust wird der Organismus zudem sensibler gegenüber dem vom Körper selbst hergestellten Insulin. Als Komplikationen, die in Verbindung mit Diabetes auftreten können, sind folgende Erkrankungen zu nennen: Retinopathie, die letztendlich zu Blindheit führen kann, Herzprobleme, Bluthochdruck und Schädigungen der Fußnerven. Da die Füße nach der Zerstörung der Nerven in diesem Bereich nicht mehr besonders schmerzempfindlich sind, laufen Diabetespatienten Gefahr, schwere Hautinfektionen zu bekommen, die

sich schließlich zu Gangränen (»diabetischer Fuß«) entwickeln können und im schlimmsten Fall zu einer Amputation führen.

Hypothyreoidismus kontra Morbus Basedow Hypothyreoidismus und Morbus Basedow sind zwei Krankheiten mit entgegengesetzten Problemen. Hypothyreoidismus ist eine Störung, der eine Schilddrüsenunterfunktion zugrunde liegt; Morbus Basedow hingegen resultiert aus einer Überfunktion der Schilddrüse (auch Hyperthyreoidismus genannt). Beim Morbus-Basedow-Patienten ist die Schilddrüse vergrößert (»Kropf« oder »Struma«), die Betroffenen leiden unter Herzrasen, und die Augenmuskulatur schwillt so stark an, dass die Augen aus ihren Höhlen hervortreten (Exophtalmus genannt). Die Therapie des Morbus Basedow besteht entweder in oraler Medikation mit Thyreostatika, der Behandlung mit radioaktivem Jod oder einer Operation, bei der ein Teil der Schilddrüse entfernt wird, um die Aktivität der Drüse zu verringern. Patienten mit Hypothyreoidismus (Schilddrüsenunterfunktion) sind reizbar, nervös und leiden unter Schlafstörungen. Sie haben entweder eine Störung in der Schilddrüse selbst (primärer Hypothyreoidismus), oder aber ihr Hypothalamus beziehungsweise ihre Hypophyse sendet nicht die richtigen Signale, um die Sekretion der Thyreoidhormone anzuregen (sekundärer Hypothyreoidismus). Menschen mit primärem Hypothyreoidismus können arthritisähnliche oder chronische Beschwerden bekommen, so wie dies bei der Hashimoto-Thyreoiditis der Fall ist (bei dieser Autoimmunerkrankung greift das körpereigene Immunsystem die Schilddrüsenzellen an). Jodmangel oder Medikamente, die die Schilddrüse negativ beeinflussen, können die Ursache für sekundären Hyperthyreoidismus sein. Die Symptome, die beim Hypothyreoidismus auftreten können, sind vielfältig, da die Thyreoidhormone einen sehr breiten Wirkungskreis haben. Das Hormon Thyroxin beeinflusst fast jede Körperzelle, da es unter anderem die Metabolismusrate der Zellen bestimmt (siehe Tabelle 8.2).

Anfangsstadium

Fortgeschrittenes Schwere Erkrankung Stadium

Müdigkeit

Verminderte Libido Psychische Probleme, Verhaltensänderungen

Kälteempfindlichkeit

Steife Gelenke

Karpaltunnelsyndrom

Gewichtszunahme ohne gesteigerte Nahrungsaufnahme oder weniger Bewegung

Muskelkrämpfe

Hoher Cholesterinspiegel, schlechter Kreislauf, Herzbeschwerden

Verstopfung

Gewichtsverlust

Trockene Haut und Haare, Haarausfall; brüchige Nägel mit Rillen

Gedächtnisschwierigkeiten

Taubheitsgefühl oder Prickeln

Fruchtbarkeitsstörungen Enddarmschwäche, Darmverstopfung, Anämie (Blutarmut)

Tabelle 8.2: Symptome des Hypothyreoidismus, bezogen auf den Ablauf der Erkrankung

Das Myxödem stellt die wohl schwerwiegendste Komplikation des Hypothyreoidismus dar. Die Betroffenen können sogar ins Koma fallen, wenn ihre Atem- und Herzfrequenz auf ein extrem niedriges Niveau absinkt. Weil diese Patienten nur sehr langsam Kohlenstoffdioxid gegen Sauerstoff austauschen, steigt die CO2-Konzentration im Blut an. Dieser Zustand bedarf sofortiger Notfallversorgung und endet oft tödlich. Die Therapie bei Hypothyreoidismus besteht aus einer lebenslangen Medikation mit synthetisch hergestellten Thyroidhormonen. Die Therapie muss jedoch langsam und schrittweise eingeleitet werden, damit das Herz nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wird.

Übungsaufgaben zu Kapitel 8 Fragen 1–5: Richtig oder falsch? a. ____ Das endokrine System hat Einfluss auf Stoffwechselvorgänge im Körper.

b. ____ Wie viel Hormon produziert wird, hängt davon ab, wie viel Hormon der Körper gerade braucht. c. ____ Die Hormondrüsen bestehen aus Knorpelgewebe. d. ____ Hormondrüsen sind nicht wichtig für die Fortpflanzung. e. ____ Manche Hormone werden aus Aminosäuren gebildet, andere aus Cholesterin. Frage 6: Drüsen, die ihr Sekret in den extrazellulären Raum abgeben, wo es in den Blutkreislauf gerät, nennt man a. exokrine Drüsen b. endokrine Drüsen c. heterokrine Drüsen d. perikrine Drüsen e. enterokrine Drüsen Frage 7: Welche Drüse reguliert am meisten und hat den größten Einfluss auf andere Drüsen? a. Zirbeldrüse b. Hypophyse c. Schilddrüse d. Thymus e. Nebenschilddrüse Frage 8: Welches der folgenden Hormone stammt nicht aus der Hypophyse?

a. Progesteron b. follikelstimulierendes Hormon (FSH) c. Wachstumshormon d. Prolaktin e. luteinisierendes Hormon (LH) Fragen 9–13: Richtig oder falsch? 9. ____ Der Hypothalamus kontrolliert die Reaktionen, um eine akute Stressreaktion auszugleichen. 10. ____ Die Bauchspeicheldrüse ist eine rein endokrine Drüse. 11. ____ Bei Stress produziert die Bauchspeicheldrüse Thyroxin. 12. ____ Alpha-Zellen des Pankreas sezernieren das Hormon Insulin. 13. ____ Veränderungen der Umgebung, die Stressoren genannt werden, führen zu Stress.

Frage 14: Wer oder was leitet eine Reaktion ein, wenn stressige Veränderungen in der Umgebung auftauchen? a. Neurohormone b. Glucocorticoide c. Hypothalamus d. Nebennierenrinde e. Hypophyse Frage 15: Stress führt zu einer Reihe von Veränderungen im Körper, die man gemeinsam bezeichnet als a. schnelle Überlebensantwort b. akute Stressreaktion

c. gezielte Reparatur d. geballte Widerstandsantwort e. chronischer Stressreflex Frage 16: Wie nennt man die erste körperliche Reaktion auf Stress? a. Kampf-oder-Flucht-Impuls b. Reparatur c. Wundheilung d. Stressreflex e. Stoffwechsel Frage 17: Welche der folgenden Reaktionen gehört zur Stressreaktion? a. Verminderung des Herzschlags b. vermehrte Urinausscheidung c. Umverteilung des Blutes aus den Skelettmuskeln in die inneren Organe d. schnellere Atmung e. Absenkung des Blutzuckerspiegels Frage 18: Was haben Bauchspeicheldrüse, Hoden und Eierstöcke gemein? a. Alle stehen unter dem Einfluss des Parathormons. b. Alle sind sowohl exokrin als auch endokrin. c. Keine wird aus embryonalem Gewebe geformt.

d. Alle haben Einfluss auf sekundäre Geschlechtsmerkmale. e. Alle kommen ohne spezielle Blutversorgung aus.

Antworten zu den Übungsaufgaben Fragen 1–5 a. Das endokrine System hat Einfluss auf Stoffwechselvorgänge im Körper. Richtig. Der Stoffwechsel gehört zu den Einflussgebieten des endokrinen Systems. b. Wie viel Hormon produziert wird, hängt davon ab, wie viel Hormon der Körper gerade braucht. Richtig. Es ist größtenteils ein selbstregulierendes System: Gerade so viel Hormon, wie der Körper braucht, produziert er auch. c. Die Hormondrüsen bestehen aus Knorpelgewebe. Falsch. Das macht gar keinen Sinn. d. Hormondrüsen sind nicht wichtig für die Fortpflanzung. Falsch. Hormone sind natürlich extrem wichtig bei der Fortpflanzung. e. Manche Hormone werden aus Aminosäuren gebildet, andere aus Cholesterin. Richtig. Im Prinzip werden Steroidhormone aus Cholesterin und Nicht-Steroidhormone aus Aminosäuren gebildet. Frage 6 Drüsen, die ihr Sekret in den extrazellulären Raum abgeben, wo es in den Blutkreislauf gerät, nennt man b. endokrine Drüsen.

Frage 7 Die b. Hypophyse reguliert am meisten und hat den größten Einfluss auf andere Drüsen.

Frage 8 Antwort a. Progesteron stammt nicht aus der Hypophyse, es wird vom Gelbkörper gebildet.

Fragen 9–13 Richtig oder falsch? 9. Der Hypothalamus kontrolliert die Reaktionen, um eine akute Stressreaktion auszugleichen. Richtig. 10. Die Bauchspeicheldrüse ist eine rein endokrine Drüse. Falsch. Sie hat auch einen exokrinen Anteil. 11. Bei Stress produziert die Bauchspeicheldrüse Thyroxin. Falsch. Thyroxin wird nur in der Schilddrüse produziert. 12. Alpha-Zellen im Pankreas sezernieren das Hormon Insulin. Falsch. Sie bilden Glucagon. 13. Veränderungen der Umgebung, die Stressoren genannt werden, führen zu Stress. Richtig.

Frage 14 Der c. Hypothalamus leitet eine Reaktion ein, wenn stressige Veränderungen in der Umgebung auftauchen.

Frage 15 Stress führt zu einer Reihe von Veränderungen im Körper, die man gemeinsam bezeichnet als: b. akute Stressreaktion.

Frage 16 Die erste körperliche Reaktion auf Stress ist der a. Kampf-oder-FluchtImpuls.

Frage 17 Die d. schnelle Atmung gehört zur Stressreaktion.

Frage 18 Bauchspeicheldrüse, Hoden und Eierstöcke b. sind alle sowohl exokrin als auch endokrin.

Kapitel 9

Lässt Ihr Herz höherschlagen: das Kreislaufsystem IN DIESEM KAPITEL Blut – Entstehung und Zusammensetzung Arterien, Venen und Kapillaren Krankheiten des Kreislaufsystems

Was haben die A 45, die Transamericana, die ICE-Trasse Hamburg – Berlin und Ihr Kreislaufsystem gemeinsam? Sie alle sind Leitungsbahnen. Die Transportmittel – Autos, Lkw, Züge und Blut – unterscheiden sich zwar offensichtlich voneinander, doch in allen Fällen legt etwas eine Strecke auf einer dafür vorgesehenen Spur zurück. Ob dies im Einzelnen Menschen in einem Bus, ein mit Gemüse beladener Sattelschlepper oder Sauerstoff transportierendes Blut sind, spielt hierbei keine Rolle – es sind immer Frachten, die von einem Ort zum anderen bewegt werden. In diesem Kapitel erzähle ich Ihnen nichts von Lastern und Autobahnen, doch Sie werden etwas darüber erfahren, woraus Ihr Blut besteht, welche Funktionen das Blut und Ihr Herz innehaben und wie Ihr Blut Stoffe aufnimmt, sie mitnimmt und an einer anderen Stelle Ihres Körpers wieder abgibt.

Ein fleißiger Transporter: Was in Ihrem Blut steckt Sie hören sicher häufig, dass Sie die Schauspielerei, die Musik, den Rhythmus, das Schreiben, den Tanz oder eine andere Leidenschaft »im

Blut« haben – aber wissen Sie, was wirklich in Ihrem Blut ist? Kleine Zellen, Nährstoffe, Elektrolyte, Proteine… und jede Menge Wasser. Wenn man ein Blutröhrchen zentrifugiert (mit so großer Geschwindigkeit dreht, dass sich die einzelnen Bestandteile voneinander trennen), befinden sich die festen Bestandteile am Boden des Röhrchens, und das Plasma schwimmt obenauf. In diesem Abschnitt lade ich Sie dazu ein, mit mir eine Reise durch diese Schichten zu unternehmen und herauszufinden, was alles in dieser kupferroten Flüssigkeit mit metallischem Geschmack steckt. Der Körper jedes Erwachsenen enthält etwa fünf bis sechs Liter (sieben bis acht Prozent der Körpermasse) dieses kostbaren Saftes. Blut ist aber auch ein Ausnahmephänomen. Es besteht aus vielen verschiedenen Zelltypen, die sich in einem Medium – beim Blut ist dies das Plasma – befinden. Technisch betrachtet ist es demnach eine Art von Gewebe (siehe Kapitel 3). Da das Blut jedoch flüssig ist, werden die meisten Menschen nicht an Blut als eine Form von Gewebe denken. Tatsächlich stellt das Plasma den einzigen flüssigen Bestandteil des Blutes dar; die unterschiedlichen Arten von Zellen – rote Blutzellen, weiße Blutzellen und Blutplättchen – werden als feste Blutbestandteile bezeichnet. Stellen Sie sich Ihr Plasma als einen Fluss vor, in dem die Blutkörperchen und Blutplättchen wie kleine Boote stromabwärts treiben (siehe Abbildung 9.1).

Abbildung 9.1: A: Rote Blutzellen, weiße Blutzellen und die kleinen Blutplättchen im Blutstrom (Illustration); B: Blutzellen unter dem Mikroskop

Der Hämatokrit Wenn Sie einen Bluttest machen lassen, ist der Hämatokrit (HCT) einer der Hauptparameter, die das Laborpersonal untersucht. Der Hämatokrit ist der Anteil des zentrifugierten Blutes, der die festen Bestandteile des Blutes enthält (siehe Abbildung 9.2). Normalerweise sollte Ihr HTC bei etwa 45 Prozent liegen. Wenn der HCT zu niedrig ist, befinden sich zu wenige feste Teilchen in Ihrem Blut.

Abbildung 9.2: Blutplasma und feste Blutbestandteile im Hämatokritröhrchen

Bewässert Ihr Blut: das Plasma

Über 92 Prozent Ihres Plasmas besteht aus Wasser. Die verbleibenden acht Prozent setzen sich aus Plasmaproteinen, Salzmolekülen, gasförmigem Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid, aus der Nahrung aufgenommenen Nährstoffen (Glucose, Fetten, Aminosäuren), Harnstoff (einem Abfallprodukt, das in großer Konzentration im Urin vorkommt; siehe hierzu Kapitel 12) sowie anderen Stoffen zusammen, die mit dem Blutstrom transportiert werden, wie beispielsweise Vitaminen oder Hormonen. Die drei Arten von Plasmaproteinen, die alle in der Leber gebildet werden, übernehmen wichtige Funktionen: Albumin: Das kleinste und gleichzeitig das in der größten Menge vorkommende Plasmaprotein ist für die Aufrechterhaltung des korrekten osmotischen Druckes im Blut verantwortlich. Der richtige osmotische Druck im Blut garantiert ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gelösten Stoffe sowie der Lösung (Flüssigkeit). Dies unterstützt die Konstanterhaltung des gewünschten pH-Wertes. (Der pH-Wert ist ein Maß für den Säuregrad oder die Basizität; siehe dazu auch Kapitel 12.) Auf die Osmose wird in Kapitel 3 näher eingegangen, hier deshalb nur eine kurze Erklärung: Osmose beschreibt das Phänomen, dass Wasser gelösten Stoffen folgt. Im Blut wirken das Albumin sowie bestimmte Stoffe (wie Natrium- oder Kaliumionen) als gelöste Substanzen, denen das Wasser aus dem Gewebe ins Blut nachfolgt. Fibrinogen: Während der Bildung eines Blutgerinnsels wird Fibrinogen in Fibrin umgewandelt. Die Fibrinfäden bilden eine netzartige Struktur, in der Blutzellen hängen bleiben und ein Gerinnsel bilden. Immunglobuline: Immunglobuline sind Antikörper (siehe hierzu Kapitel 13). Diese werden als Antwort auf Mikroorganismen (beispielsweise Viren oder Bakterien) gebildet, die in den Körper eindringen. Begegnet Ihr Körper einem Eindringling zum ersten Mal, dann bildet er im Rahmen der Abwehrreaktion des Immunsystems

gegen den Mikroorganismus Immunglobuline. Diese Immunglobuline zirkulieren auch noch lange nach der Bekämpfung der Bakterien oder Viren im Blut. Wenn der gleiche Krankheitserreger ein zweites Mal in den Körper eindringt, kann er rasch erkannt und von den Immunglobulinen beseitigt werden, bevor Sie erkranken.

Sauerstofftransporter: Erythrozyten (rote Blutzellen) Falls Sie rote Blutzellen schon einmal unter dem Mikroskop betrachtet haben, dann erinnern Sie sich vielleicht daran, dass sie wie kleine Fahrradschläuche aussehen – dieses Bild erleichtert Ihnen die Vorstellung davon, wie die Erythrozyten durch Ihre Blutgefäße schwimmen. Der englische Begriff für »rote Blutzelle« ist übrigens »red blood cell«, abgekürzt RBC. Den Erythrozyten fehlt ein wichtiger Bestandteil, den außer ihnen fast alle anderen Körperzellen aufweisen: der Zellkern (Nukleus). Erythrozyten enthalten Hämoglobin, mit dessen Hilfe sie Sauerstoff transportieren können. Hämoglobin ist ein Protein, das aus vier Molekülen Globin mit je einem Molekül Häm aufgebaut ist. In der Mitte des Häms sitzt jeweils ein Eisenatom. Das Eisen im Häm kann reversibel Sauerstoff binden, der dann vom Hämoglobin aus der Lunge über den Blutstrom durch den Körper transportiert wird. Die Verbindung von Hämoglobin und Sauerstoff wird als Oxyhämoglobin bezeichnet. Oxyhämoglobin ist leuchtend hellrot gefärbt und sorgt für die intensive Farbe des sauerstoffreichen arteriellen Blutes. Wenn das Oxyhämoglobin den Sauerstoff freigibt, bleibt Desoxyhämoglobin übrig. Dieses Molekül ist von tiefroter Farbe und verleiht Ihren Venen das dunkelblaue Aussehen. (Schauen Sie sich Ihre Venen am Handgelenk einmal genauer an.)

Erythrozyten werden im Knochenmark gebildet und leben nur etwa vier Monate lang. Am Ende seines Lebens wird der Erythrozyt von einem Phagozyten aufgenommen. Der Phagozyt bringt die toten Erythrozyten zur Leber oder zur Milz, wo sie abgebaut werden. Beim Abbau des Erythrozyten wird Hämoglobin frei, das in seine Bestandteile Globin und Häm zerfällt. Das Eisen wird aus dem Häm gelöst und zurück ins rote Knochenmark gebracht, wo es für die Neusynthese der Erythrozyten wiederverwendet wird.

Erhalten Ihre Gesundheit: die Leukozyten (weiße Blutzellen) Zwar wird Erythrozyten reichlich Aufmerksamkeit dafür geschenkt, dass sie den Sauerstoff durch den Körper transportieren und das Blut rot färben, doch die Leukozyten oder weißen Blutzellen (»white blood cells« oder WBC) sollten mindestens genauso viel Ansehen genießen: Sie sind ein wichtiger Teil Ihres Immunsystems. In Ihrem Körper gibt es mehr rote als weiße Blutkörperchen, doch die weißen sind meist größer als die roten, und das ist auch gut so. Weiße Blutkörperchen sagen den in den Körper eindringenden Mikroorganismen wie beispielsweise Bakterien oder Viren den Kampf an (siehe hierzu Kapitel 13). Es gibt mehrere Arten von Leukozyten (Abbildung 9.3). Bei den als Granulozyten bezeichneten Leukozyten befinden sich im Inneren kleine Proteinpartikel (Granula), die vorrangig um den Zellkern herum zu finden sind. Diese Proteinpartikel bestehen aus Enzymen oder anderen Substanzen, die als natürliche Antibiotika fungieren und bei der Vernichtung schädlicher Bakterien und Viren behilflich sind. Je nach Anfärbbarkeit werden die Granulozyten weiter unterteilt in »Eosinophile«, »Neutrophile« und »Basophile«. Lymphozyten und Monozyten sind hingegen Agranulozyten, da sie nur einen kleinen Anteil an Granula enthalten, der unter dem Mikroskop nicht sichtbar ist.

Abbildung 9.3: Oxyhämoglobin, der Sauerstofftransporter im Blut

Da Leukozyten einen Teil des Immunsystems darstellen (siehe Kapitel 13), sind sie nicht ausschließlich im Blut zu finden, sondern auch in der Gewebsflüssigkeit, die Zellen und Gewebe umspült. Die Gewebsflüssigkeit ist überschüssige Flüssigkeit aus dem Gewebe, die von den Lymphgefäßen aufgenommen wird (siehe auch Kapitel 13). Wenn Sie beispielsweise an einer Hautinfektion leiden, quetschen sich einige Leukozyten durch Ihre allerfeinsten Blutgefäße (Kapillaren) und wandern von dort aus direkt zum Infektionsherd. Abbildung 9.4 und Tabelle 9.1 machen Sie mit den spezifischen Funktionen der einzelnen Leukozytenarten bekannt.

Abbildung 9.4: Die verschiedenen Arten von weißen Blutzellen (Leukozyten) Leukozytenart Spezifische Funktion Granulozyten Eosinophile

Werden vermehrt bei allergischen Reaktionen oder parasitären Infektionen gebildet.

Basophile

Antworten als Erste auf Infektionen; sie phagozytieren (fressen und beseitigen) Bakterien und Zelldetritus (Zelltrümmer).

Neutrophile

Sickern aus Blutgefäßen in das geschädigte Gewebe; setzen Histamin frei, das die Blutgefäße in der Umgebung weitet (dadurch können mehr Nährstoffe, Immunzellen, und Sauerstoff in die verletzten Gewebe gelangen und die Reparatur beschleunigen).

Agranulozyten Lymphozyten B-Lymphozyten B-Lymphozyten bilden Antikörper, die zur Abwehr von Infektionen benötigt werden (siehe Kapitel 13). T-Lymphozyten T-Zellen zerstören Zellen, die fremdes Material enthalten oder auf der Oberfläche tragen (Antigene) (siehe Kapitel 13).

Leukozytenart Spezifische Funktion Monozyten

Die größten Vertreter unter den weißen Blutkörperchen (WBCs), sie reifen zu Makrophagen heran und gehören zu den Zellen des Immunsystems, die krankheitserregende Mikroorganismen umschließen und andere WBCs aktivieren.

Tabelle 9.1: Funktionen der Leukozyten

Achtung, Verstopfung ist angesagt! (Blutplättchen) Thrombozyten (Blutplättchen) bestehen aus winzigen Zellstücken. Große Zellen im roten Knochenmark, die Megakaryozyten, schnüren immer wieder kleine Thrombozyten in einem Prozess ab, der Thrombopoese genannt wird. Der Job der Thrombozyten ist es, die Blutgerinnung auszulösen und verletzte Blutgefäße zu verschließen. Ihre Lebenszeit ist allerdings mit etwa zehn Tagen sehr kurz.

Blut aus den Knochen quetschen Blutzellen werden im roten Knochenmark hergestellt. Den Vorgang der Blutbildung nennt man »Hämatopoese«. Er läuft sowohl im Knochenmark Ihrer Wirbel, Rippen und Ihres Schädels ab sowie in den Enden Ihrer langen Röhrenknochen (wie beispielsweise dem Femur). Im Knochenmark werden die Stammzellen (Vorläuferzellen) gebildet, die später durch Teilung und Differenzierung zu den spezialisierten Blutzellen werden. Erythrozyten entstehen auf folgende Art und Weise: 1. Eine Stammzelle (auch als pluripotent bezeichnet, da sie das Potenzial hat, zu vielen unterschiedlichen Zellen heranzureifen) teilt sich im roten Knochenmark in zwei myeloide Stammzellen.

2. Eine myeloide Stammzelle kann sich zu einem Erythroblasten, Megakaryoblasten oder Myeloblasten ausdifferenzieren. Ein Erythroblast wird zu einem Retikulozyten, der schließlich zum Erythrozyten heranreift. Ein Megakaryoblast reift zu einem Megakaryozyten heran, der viele Thrombozyten abschnüren kann (bis zu 8.000 im Laufe seines Lebens). Ein Myeloblast kann sich zu einem beliebigen weißen Blutkörperchen ausdifferenzieren: zu einem Basophilen, Eosinophilen, Neutrophilen oder Monozyten. 3. Nachdem die Zellen in den Knochen herangereift sind, gelangen sie in das Blutgefäßsystem, welches sie durch den gesamten Körper transportiert.

Tiefe Einblicke: Anatomie des Herzens Das Herz-Kreislauf-System – auch kardiovaskuläres System genannt – setzt sich aus dem Herz und den Blutgefäßen zusammen. Das Herz stellt in diesem System das größte Organ dar und sorgt für den Blutfluss. Der durch die Kontraktion des Herzmuskels erzeugte Druck pumpt das Blut durch die Arterien in den Körper. Das menschliche Herz ist in Wirklichkeit etwa faustgroß und sieht auch nicht wie ein Herz aus, sondern ist eher kegelförmig (Abbildung 9.5). Das Herz liegt direkt hinter dem Sternum (Brustbein) zwischen Ihren Lungen, und seine Spitze (Apex) des Kegels weist nach links. Tatsächlich ist das Herz etwas links der Brustmitte gelegen.

Abbildung 9.5: Anatomie des menschlichen Herzens

Das Herz ist von einer dicken Schicht Muskelgewebe sowie einer zweischichtigen Schutzhülle umgeben, die als »Pericard« oder »Pericardmembran« bezeichnet wird (»peri« bedeutet auf Latein »um etwas herum«, und »cor« bzw. »cardia« bedeutet »Herz«). Das Herz selbst ist ein wohlorganisiertes System mehrerer Hohlräume. Endocard: Diese tiefste Schicht des Herzens besteht aus endothelialem Gewebe, das den Innenraum des Herzens sowie auch all Ihre Blutgefäße vollständig auskleidet. Pericardhöhle: Nähert man sich dem Ausgang des Herzens, so trifft man auf den Raum, in dem sich die Koronargefäße befinden – das sind die Blutgefäße, die die Gewebe des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen.

Myocard: Die nächste Schicht nach außen hin bildet die hart arbeitende, sich immer und immer wieder kontrahierende Muskelschicht Ihres Herzens (der Begriff »myo« bezieht sich auf den Muskel). Epicard: Diese innerste Schicht des Pericards bedeckt das Myocard. Das Epicard sekretiert die Herzbeutelflüssigkeit, den Liquor pericardii. Dieser Gleitfilm schützt die Gewebe des Herzens davor, aneinander zu reiben. Pericard: Durchläuft man die Schichten des Herzens von innen nach außen, so stößt man direkt hinter dem Herzbeutel auf das Pericard, eine weiße Hülle aus faserigem Bindegewebe, die die äußerste Schicht des Herzens bildet. Dieses parietale Blatt des Herzbeutels schließt sich auch den großen Blutgefäßen (wie beispielsweise der Aorta), dem Sternum (Brustbein) sowie dem Diaphragma (Zwerchfell) an. Ihr Herz schwimmt nicht einfach frei in der Brusthöhle herum. Wie das Epicard gibt auch das Pericard Liquor pericardii ab, der die Gewebe des Herzens befeuchtet. Die Hohlräume des Herzens nennt man Herzkammern. Insgesamt gibt es vier Kammern – zwei auf jeder Seite. Diese sind mit Blut gefüllt, das sie regelmäßig in rhythmischen Abständen ausstoßen: linkes Atrium rechtes Atrium linker Ventrikel rechter Ventrikel Der Plural von Atrium (dem lateinischen Wort für Vorhof) lautet Atria. Eine Membran, das interatriale Septum, trennt die beiden Vorhöfe voneinander. Dementsprechend gibt es auch ein interventrikulares Septum, das zwischen den beiden Ventrikeln (zu Deutsch: Kammern) liegt. Jede Herzkammer spielt eine besondere Rolle dabei, wie das Blut durch das Herz gepumpt wird, und der anatomische Aufbau der einzelnen Kammern ist der jeweiligen Aufgabe der Kammer perfekt

angepasst. Im nächsten Abschnitt können Sie einen näheren Blick auf den Aufbau und die Funktion der Herzkammern werfen. Das Herz enthält mehrere Klappen, deren Namen Ihnen die Lokalisation oder andere Charakteristika (Abbildung 9.6) verraten. Beispielsweise befinden sich Ihre Atrioventrikularklappen (AV-Klappen) zwischen den Atria und den Ventrikeln; die Bicuspidalklappe besteht aus zwei Teilen, und die Tricuspidalklappe ist dreigelappt. Die auch als Semilunarklappen bezeichneten Aorten- und Pulmonalklappen sind nach ihrem halbmondförmigen Aussehen benannt. Die Klappen arbeiten alle wie Ventile in einer Röhre: Sie erlauben den Einstrom einer bestimmten Blutmenge in eine Herzkammer und verhindern, dass Blut zurückfließt. Die Klappen gewährleisten, dass das Blut in die richtige Richtung fließt, und tragen hiermit dazu bei, dass die korrekte Schlagfrequenz des Herzens eingehalten wird.

Abbildung 9.6: Die Herzklappen

Folgen Sie Ihrem Herzen: Herzphysiologie Im folgenden Abschnitt werfen Sie einen Blick auf die Aufgaben und die Funktionsweise des Herzens – seine Arbeit als Pumpe sowie seine Fähigkeit, sich über den selbst erzeugten Herzschlag am Laufen zu halten. Das Blut fließt auf festgelegten Wegen durch den Körper. Diese Wege sind im Abschnitt »Der Weg des Blutes durch Herz und Körper« beschrieben. Auf die Mechanismen der Erzeugung des Herzschlages und des Pulses wird in den Abschnitten »Erzeugung elektrischer Impulse: Der Herzzyklus« sowie »Den Finger auf den Puls legen« näher eingegangen.

Der Weg des Blutes durch Herz und Körper Das Herz ist eine Doppelpumpe oder ein Zweikreis-System, und dies hat zwei Gründe. Einerseits besitzt das Herz zwei Sorten von Hohlräumen, Atria und Ventrikel. Erst kontrahieren die Atria zur selben Zeit, und dann kontrahieren gleichzeitig beide Ventrikel. Zweitens pumpt das Herz Blut durch zwei Systeme – die arteriellen sowie die venösen Blutgefäße. Wenn Sie sich den Weg anschauen, den das Blut durch den Körper zurücklegt, verstehen Sie, weshalb das Herz als doppelte Pumpe bezeichnet wird. Abbildung 9.5 veranschaulicht sowohl die innere Anatomie des Herzens als auch den Weg des Blutes durch den Körper. Sehen Sie sich ruhig noch einmal Abbildung 9.5 genau an, während Sie dieses Kapitel lesen, und zeichnen Sie den Weg des Blutes mit einem roten und einem blauen Filzstift nach: rot für das sauerstoffreiche Blut (arterielles System) und blau für das sauerstoffarme Blut (venöses System). Ihr Kreislaufsystem setzt sich aus zwei Kreisläufen (Abbildung 9.6) zusammen. Im Körperkreislauf pumpt Ihr Herz sauerstoffangereichertes Blut (das rote Blut, das Oxyhämoglobin enthält) durch Ihre Arterien selbst bis in die weit entfernten Körperteile. Nachdem der Sauerstoff an

die Zellen und Gewebe abgegeben wurde, fließt das sauerstoffarme Blut (das dunkle Blut, das Desoxyhämoglobin enthält) über die Venen zurück ins Herz. Von hier aus gelangt das desoxygenierte Blut in den Lungenkreislauf. Das Herz pumpt das Blut in die Lungen, die es wieder mit Sauerstoff anreichern. Die folgenden Punkte beschreiben den Weg des Blutes durch das Herz in seinen Einzelheiten: 1. Mit Sauerstoff angereichertes Blut verlässt die Lungen und fließt über die Pulmonalvenen ins linke Atrium. 2. Das linke Atrium kontrahiert und presst das sauerstoffreiche Blut durch die Bicuspidalklappe (linke AV-Klappe) hinunter in den linken Ventrikel. 3. Die linke Kammer pumpt das sauerstoffreiche Blut durch die Aortenklappe in die Aorta (die Hauptschlagader). 4. Das sauerstoffreiche Blut wandert über die vielen Arterien, die sich aus der Aorta abzweigen, durch den gesamten Körper. 5. Ist das Blut in den Geweben angelangt, wird der Sauerstoff an diese abgegeben. Das im Zellstoffwechsel entstandene Kohlenstoffdioxid (siehe hierzu Kapitel 2) ist ein Abfallprodukt und wird von den winzigsten Blutgefäßen (Kapillaren) wieder aufgenommen. Das Blut ist nun desoxygeniert, da der Sauerstoff abgegeben wurde. 6. Sauerstoffarmes Blut wandert über die Venen zurück ins Herz. 7. Bevor das sauerstoffarme Blut ins Herz eintritt, fließt es durch die größten Venen des Körpers – die Vena cava superior (obere Hohlvene), sowie die Vena cava inferior (untere Hohlvene) – und erreicht schließlich das rechte Atrium. 8. Das rechte Atrium kontrahiert, und das sauerstoffarme Blut wird durch die Tricuspidalklappe (rechte AV-Klappe) in den rechten Ventrikel gepresst. 9. Nun kontrahiert der rechte Ventrikel und pumpt das sauerstoffarme Blut durch die Pulmonalklappe in die Pulmonalarterien. 10. Über die Pulmonalarterien fließt das sauerstoffarme Blut vom Herz in die Lunge. In der Lunge wird das Blut wieder oxygeniert (mit

Sauerstoff angereichert). 11. Der gesamte Prozess – der Weg des Blutes vom Herz in die Lungen, der Rückfluss des Blutes ins Herz, der Blutfluss vom Herz durch den Körper und von dort wieder zurück in das Herz – wiederholt sich in jeder Minute Ihres Lebens. Der Begriff »Lungenkreislauf« bezieht sich folglich auf den Weg, den das Blut vom Herz in die Lungen und von dort zurück ins Herz zurücklegt. Der Begriff »Körperkreislauf« beschreibt dagegen den Weg des Blutes vom Herz in den restlichen Körper und zurück ins Herz. Die beiden Systeme – oder Kreisläufe – laufen parallel ab, um den Sauerstoffgehalt des Blutes auf einem konstanten Niveau zu halten. Sowohl ein Mangel an Sauerstoff als auch ein Überschuss an Kohlenstoffdioxid würden Ihrem Körper schaden. Die Homöostase (siehe Kapitel 8) kann jedoch nur dann erhalten bleiben, wenn Lungenund Körperkreislauf eng zusammenarbeiten.

Erzeugung elektrischer Impulse: der Herzzyklus Ob Sie sich dessen bewusst sind oder nicht: Sie erzeugen Elektrizität. Ihr Gehirn bildet wie auch Ihr Herz elektrische Impulse. Im Arbeitsmuskelgewebe des Herzens befinden sich spezialisierte Fasern, die das Erregungsleitungssystem bilden, das für die Erzeugung des Herzschlages verantwortlich ist. Die größte Anzahl dieser Fasern findet man im Sinusknoten. Er wird auch als »primäres Reizbildungszentrum« bezeichnet, da er den Ausgangspunkt für den Herzschlag darstellt. Der Sinusknoten liegt an der Rückwand des rechten Atriums, in der Nähe der Eintrittsstelle der Vena cava superior. Wenn Ihr Sinusknoten zu arbeiten aufhört, dann benötigen Sie einen künstlichen Herzschrittmacher, der in Ihr Herz implantiert wird. Da der Sinusknoten die Erregungsweiterleitung auslöst, kontrolliert er den kompletten Herzzyklus. Nachdem der Sinusknoten einen Impuls gesendet hat, geschieht Folgendes: 1. Das rechte Atrium und das linke Atrium kontrahieren exakt zur gleichen Zeit und pressen damit das Blut in die zu diesem Zeitpunkt entspannten Ventrikel.

2. Nachdem der Sinusknoten das rechte und das linke Atrium zur Kontraktion angeregt hat, wird der elektrische Impuls zum Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) weitergeleitet. Der AV-Knoten befindet sich ebenfalls im rechten Atrium; er sitzt jedoch in der Nähe des Septums, das die beiden Atria von den beiden Ventrikeln abtrennt. 3. Der AV-Knoten leitet den Impuls zu Fasern weiter, die im Septum sitzen und His-Bündel genannt werden. Das His-Bündel verzweigt sich in zwei Äste: Einer der Äste verläuft nach rechts und der andere nach links. Am Ende dieser Äste befinden sich die Purkinje-Fasern. Das sind Fasern, die den Impuls an die Ventrikel weiterleiten, die sich daraufhin kontrahieren. 4. Das rechte Atrium und das linke Atrium entspannen sich. Beide Ventrikel kontrahieren gleichzeitig und pressen damit das Blut in die Aorta. Das Blut fließt durch den Körperkreislauf in die Pulmonalarterien, um nun den Lungenkreislauf zu durchlaufen. 5. Das rechte Atrium, das linke Atrium und die Ventrikel entspannen sich für weniger als eine halbe Sekunde. Der gesamte Herzzyklus dauert, bezogen auf eine durchschnittliche Herzfrequenz von 70 Schlägen pro Minute, etwa 0,85 Sekunden. Ist die Dauer des Herzzyklus verringert, dann schlägt Ihr Herz zu schnell (Tachykardie); ist die Zeit zwischen den einzelnen Herzzyklen zu lang, schlägt Ihr Herz zu langsam (Bradykardie).

Den Finger auf den Puls legen

Jeder Herzzyklus erzeugt einen Herzschlag, und den Rhythmus, in dem die Herzzyklen ablaufen, nennt man »Puls«. Normalerweise schlägt Ihr Herz etwa 70 Mal in der Minute; Ihr Ruhepuls beträgt also 70. An bestimmten Stellen des Körpers können Sie den Puls messen. Die einfachste Methode besteht darin, einen beliebigen Finger (außer den Daumen) auf die Innenseite Ihres Handgelenkes oder die Arteria carotis am Hals zu legen. Die Stelle, an der Sie den Puls am Arm fühlen können, liegt auf der Daumenseite des Handgelenkes, ungefähr 1,5 cm vom äußeren Rand des Unterarmes und etwa 2 cm vom Ende des Handgelenkes entfernt. Wenn Sie den Finger auf Pulsmessstellen legen, fühlen Sie die Arterie, die sich ausdehnt, wenn das Blut in regelmäßigen Zeitabständen durch sie hindurch fließt. Das Blut dehnt die Arterie für kurze Zeit aus; danach nimmt das Gefäß wieder seine ursprüngliche Größe an. Dabei fließt das Blut im selben Rhythmus durch die Arterien, in dem auch Ihr Herzzyklus abläuft – Sie können demnach direkt vom gemessenen Puls auf die Anzahl Ihrer Herzschläge schließen.

Abbildung 9.7: Arterielle Komponenten des Kreislaufsystems

Ein Blick auf die Venen Zu jeder Arterie gehört in der Regel eine Vene, die in etwa den gleichen Durchmesser hat und in der Nähe der Arterie verläuft. Arterien und Venen durchziehen alle Teile des Körpers, deshalb tragen sie auch häufig gleiche Namen. Eine schematische Darstellung der größten Blutgefäße des Körpers finden Sie in Abbildung 9.8. Aus der Zeichnung geht zudem hervor, auf welche Weise das arterielle und das venöse System ineinandergreifen. Stellen Sie sich Ihre Blutgefäße einfach als Ausläufer Ihres Herzens vor, die sich durch Ihren gesamten Körper winden, so wie auch die Nerven Fortsätze des Gehirns sind, die sich durch alle Körperteile ziehen. Dieser Vergleich ist tatsächlich nicht weit von der Wirklichkeit entfernt. Das Herz und die Blutgefäße sind durchgängig mit einer dünnen

Endothelschicht ausgekleidet. Das bedeutet, dass dasselbe Gewebe, das Ihr Herz auskleidet, sich auch in allen Blutgefäßen fortsetzt, die mit dem Herz verbunden sind, also die Aorta, die Vena cava, die Pulmonalarterien und -venen, und auch die aus ihnen hervorgehenden Abzweigungen auskleidet.

Abbildung 9.8: Zusammenarbeit von Lungen- und Körperkreislauf im arteriellen und venösen System

Die fünf verschiedenen Blutgefäßarten sind die Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen. Der Durchmesser der Gefäße im arteriellen System (Arterien und Arteriolen) nimmt, je mehr sich die Gefäße im Körper verzweigen, stetig ab. Arterien transportieren sauerstoffreiches Blut aus dem Herz in den Körper; Arteriolen sind die Aufzweigungen der Arterien. Durch sie gelangt das oxygenierte Blut in die Kapillaren. Das venöse System (Venen und Venolen) ist dem arteriellen System gegenübergestellt. Das desoxygenierte Blut gelangt über die Kapillaren zuerst in die feinen Venolen und von dort aus in immer größer werdende Venen bis zurück zu Herz und Lunge. Kapillaren sind die feinen Haargefäße, die eine Brücke bilden zwischen den Arteriolen, die das sauerstoffreiche Blut transportieren, und den Venolen, die sauerstoffarmes Blut führen. (Mehr darüber finden Sie im Abschnitt: »Tauschen Sauerstoff aus: Ihre Kapillaren« weiter hinten in diesem Kapitel.)

Arterien und Venen genauer betrachtet Wenn Sie sich den anatomischen Aufbau der Arterien näher anschauen, stellen Sie fest, dass diese dicke Wände besitzen. Die innerste Schicht einer Arterie – die Tunica interna (auch »Intima« genannt) – besteht aus Endothel, so wie auch die Auskleidung des Herzens. Das Endothel wird von einer Schicht aus elastischem Bindegewebe bedeckt, das der Arterie erlaubt, sich bei Bedarf zusammenzuziehen. Über dem elastischen Bindegewebe liegt eine dicke Schicht aus glattem Muskelgewebe, das die Arterie verengt, indem das Muskelgewebe kontrahiert. Das elastische Gewebe und die glatten Muskelschichten bilden den Mittelteil der Arterie – die Tunica media (kurz »Media« genannt). Die äußerste Schicht der Arterie, die Tunica externa (»Adventitia«), besteht aus einer dicken Bindegewebsschicht. Venen sind ähnlich aufgebaut, doch ihre Gefäßwände sind dünner als die der Arterien. Die Tunica interna einer Vene besteht ebenfalls aus Endothel, und die Tunica media ist auch hier aus einer Schicht elastischen Gewebes und einer glatten Muskelschicht aufgebaut. Die glatte Muskelschicht einer Vene ist jedoch wesentlich dünner als die einer Arterie. Der Grund hierfür ist, dass das Blut auf eine völlig andere

Art hindurchfließt als durch die Arterien. Die Arterien nehmen das sauerstoffreiche Blut auf, das aus dem Herz gepumpt wird, und die Arterien und Arteriolen müssen dem Druck des Blutes standhalten. Manchmal müssen sie den Blutdruck noch weiter erhöhen, indem sie kontrahieren. Hierfür benötigen die Arterien eine dicke Muskelschicht. In den Kapillaren, in denen ein niedriger Druck herrscht, geht das Blut in die Venen über. In den Venen gibt es schließlich so gut wie keinen Blutdruck mehr. Das Blut fließt durch die Venen, weil sich hier die Skelettmuskeln kontrahieren. Wenn Sie Ihre Arme, Beine und den Rumpf bewegen, »massieren« Sie das Blut gewissermaßen durch Ihre Venen. Die Kontraktion der Skelettmuskeln »knetet« die Venen und übt so Druck auf das Blut in ihrem Inneren aus. Auf diese Weise bewegt sich das Blut in den Venen langsam zum Herz hin. Die Venen sind zudem mit Venenklappen ausgestattet, die das Blut daran hindern, in die falsche Richtung zurückzufließen. Die Klappen öffnen sich in Fließrichtung des Blutes und schließen sich, sobald das Blut die Klappen passiert hat. So fließt das Blut langsam in Richtung des Herzens. Alle Venen münden am Ende in die Hauptvenen – die Vena cava superior und die Vena cava inferior. Die Vena cava inferior (der am tiefsten gelegene Zweig der Vena cava, der unten in das Herz einmündet) bildet sich aus den beiden miteinander verschmolzenen Venae iliaca communis. Die Venae iliaca communis gehen ihrerseits aus der Vena iliaca interna hervor, die das Blut aus den Beckenorganen zurückbringt. Gleichermaßen führen auch die Venae renales das Blut aus den Nieren zurück, und die Venae hepaticae transportieren das Blut aus der Leber durch die Vena cava inferior zurück ins Herz. Das sauerstoffarme Blut aus dem Kopf und den Armen trifft über die Vena jugularis wieder im Herz ein. Die Vena jugularis schließt sich der Vena cava superior (dem am höchsten gelegenen Zweig der Vena cava, der oben in das Herz einmündet) als Vena brachiocephalica an. Die Armvenen – die Vena ulnaris, die Vena radialis und die Vena subclavia – münden letztendlich alle in die Vena brachiocephalica.

Verlässt das sauerstoffreiche Blut das Herz über die Aorta, dann wandert es unverzüglich über die Arteria carotis hinauf in den Kopf und über die Aorta descendens hinab in den restlichen Körper, um die Bauchorgane und die Beine zu versorgen. Die Aorta descendens verzweigt sich in die Arteria mesenterica, die die Hauptarterie des Verdauungstraktes darstellt, die Arteriae renales, die die Nieren versorgen, sowie die Arteria iliaca communis, welche die Versorgung des Beckens und der Beine übernimmt.

Tauschen Sauerstoff aus: Ihre Kapillaren Der Begriff »Gasaustausch im Gewebe« (siehe Abbildung 9.9) wird gebraucht, um zu beschreiben, wie der Sauerstoff und die Nährstoffe aus dem Blutstrom in die Zellen gelangen, und wie das Kohlenstoffdioxid und die Abfallprodukte aus den Zellen in den Blutstrom wandern.

Abbildung 9.9: Der Gasaustausch im Gewebe

Sauerstoffreiches Blut fließt durch die Arterien und deren Verzweigungen, die Arteriolen. Nachdem das Blut die Arteriolen und die feineren Metarteriolen passiert hat, gelangt es in die winzigsten Verästelungen: die Kapillaren. Die Ansammlung vieler Kapillaren, die zwischen den letzten Arteriolen und den ersten Venolen liegt, nennt man »Kapillarbett«. Ein Kapillarbett verbindet das arterielle System mit dem venösen System; es bildet sozusagen eine Brücke zwischen Arteriolen und Venolen. Kapilläre Betten gibt es überall in Ihrem Körper. Sie sind der Grund dafür, dass Sie bluten, sobald Sie sich auch nur geringfügig

verletzen. Doch gerade ihre Allgegenwärtigkeit macht es den Kapillaren möglich, überlebenswichtige Stoffe an alle Zellen und Gewebe Ihres Körpers zu befördern. Präkapillare Sphinkter sind glatte Muskelzellen, die die Passage des Blutes regulieren. Die Zellwand einer Kapillare ist hauchdünn – sie besteht aus einer einzigen Zellschicht. Weil so viele Kapillaren über Ihren gesamten Körper verteilt sind, kommen sie mit allen Geweben in Kontakt. Wenn Blut durch eine Kapillare fließt, diffundiert der Sauerstoff, der sich im Blut einer nahe gelegenen Arteriole befindet, durch die dünne Wand der Kapillare direkt in die Gewebsflüssigkeit hinein. (In Kapitel 3 wird die Diffusion genauer beschrieben.) Alle Zellen sind von Gewebsflüssigkeit umgeben – deshalb sieht auch Ihre Haut feucht aus, wenn sie verletzt wird. Die Gewebsflüssigkeit fungiert als Medium, durch das Stoffe in die Zelle gelangen können. Sauerstoff ist natürlicherweise gasförmig, doch durch die ungezielte Bewegung, die gasförmige Stoffe auszeichnet, würde nur wenig Sauerstoff die Zellen erreichen. Deshalb wird die Bewegung der Sauerstoffmoleküle gesteuert. Hierzu werden die Sauerstoffmoleküle in einer wässrigen Lösung gelöst. Der flüssige Anteil des Blutes und die Gewebsflüssigkeit übernehmen hierbei den Part der wässrigen Lösung. Der gelöste Sauerstoff kann nun problemlos von den Kapillaren in die Gewebsflüssigkeit wandern und von dort aus in alle Körperzellen aufgenommen werden. Am Ende der Kapillare diffundiert der Sauerstoff (und Nährstoffe wie beispielsweise Wasser, Glucose und Aminosäuren) in der Nähe der Arteriole in die Gewebsflüssigkeit. Am anderen Ende der Kapillare, das in der Nähe der Venole liegt, diffundieren Kohlenstoffdioxid und andere Abfallprodukte aus dem Gewebe heraus in die Gewebsflüssigkeit und durch die Kapillarmembran hinein in den Blutstrom. Das Blut fließt dann weiter durch das venöse System, und die Abfallprodukte werden an den dafür vorgesehenen Orten abgegeben, damit sie aus dem Körper ausgeschieden werden können. Beispielsweise diffundiert das Kohlenstoffdioxid aus dem Blutstrom in die Lungen, wo es den Körper über die Ausatmung verlässt.

Das Blut muss also in die winzig kleinen Kapillaren gelangen, um seinen Zweck zu erfüllen. Nur hier kann es Sauerstoff und Nährstoffe gegen Kohlenstoffdioxid und Abfallprodukte austauschen. Kapillaren sind jedoch nicht nur für den Austausch guter und schlechter Stoffe zuständig, denn sie spielen auch eine wichtige Rolle für den Blutdruck. (Mehr darüber erfahren Sie im Kasten: »Sportliche Betätigung senkt den Blutdruck« weiter hinten in diesem Kapitel.)

Pathophysiologie des Kreislaufsystems Manchmal gibt es einen Punkt im Leben, ab dem nichts mehr so läuft, wie es laufen sollte. Solange alles glatt läuft, ist alles wunderbar, und man kann sich kaum vorstellen, dass es auch anders kommen kann. Wenn der Fluss des Lebens jedoch ins Stocken gerät, wird man krank. Die gilt auch für das Kreislaufsystem. Wenn es mit Höchstleistung arbeitet und Ihr Blut regelmäßig durch den Körper pumpt, ist alles im Lot. Wenn sich Probleme entwickeln, die die Blutzellen betreffen, oder der Blutfluss durch ein Hindernis eingeschränkt wird, dann leidet Ihre Gesundheit. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wodurch einige der HerzKreislauf-Erkrankungen ausgelöst werden. Von Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit, Myocarditis oder Herzinfarkt hat sicher jeder schon einmal gehört. Diese Erkrankungen sind in unserer westlichen Gesellschaft weit verbreitet und resultieren meist aus ungesunder Lebensführung (Ernährung, mangelnde Bewegung, Stress). Doch es gibt auch genetische Probleme, die das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen. Ein Beispiel hierfür ist die Sichelzellanämie, mit der ich Sie ebenfalls in diesem Kapitel bekannt machen werde.

Bluthochdruck Der Begriff »Blutdruck« beschreibt die Kraft, die das Blut besitzt, wenn es gegen die Wand einer Arterie drückt. Es gibt zwei Faktoren, die den Druck des Blutes beeinflussen: das Herzzeitvolumen (HZV) sowie der periphere Widerstand (der Gefäßwiderstand im großen Kreislauf). Unter

dem Begriff »Herzzeitvolumen« versteht man die Blutmenge, die das Herz in einer bestimmten Zeit ausstößt. Der periphere Widerstand beschreibt den Widerstand, der in den Blutgefäßen des Körperkreislaufs herrscht (oder auch nicht). Je höher das Herzzeitvolumen ist, desto höher ist die Herzfrequenz (desto mehr Blut muss durch das Herz gepumpt werden), und um mit dem erhöhten Blutvolumen fertig zu werden, erhöht sich auch der Blutdruck. Ebenso hat eine Erhöhung des Gefäßwiderstandes eine Steigerung des Blutdrucks zur Folge. Mehrere Faktoren sind an der Entstehung einer Blutdrucksteigerung beteiligt. Erstens schüttet der Körper im Rahmen einer Kampf-oderFlucht-Reaktion das Hormon Adrenalin aus, das die Herzfrequenz erhöht (siehe hierzu Kapitel 8). Andere emotionale Reize wie beispielsweise sexueller Kontakt oder Angst können dazu führen, dass die Nerven, die den Impuls für eine Herzfrequenzerhöhung geben, stimuliert werden. Eine Erhöhung der Herzfrequenz zieht eine Erhöhung des Herzzeitvolumens nach sich, wodurch wiederum der Blutdruck steigt. Ein Überschuss des Enzyms Renin (»ren« bedeutet »Niere«; meist liegt der Grund für diesen Überschuss in einer Nierenfehlfunktion) kann Unausgewogenheiten in einer Gruppe von Enzymen und Hormonen auslösen, die als Renin-Angiotensin-Aldosteron-System« (RAAS) für die Natriumrückresorption in der Niere verantwortlich ist. Zu viel Natrium führt zur Kontraktion der Arteriolen, wodurch der Blutdruck steigt. Das antidiuretische Hormon (ADH; siehe Kapitel 8 und 12) sorgt dafür, dass Wasser aus den Nieren in den Blutkreislauf zurück resorbiert wird. Der Anstieg im Blutvolumen erhöht den Blutdruck. Einige dieser Vorgänge sind normal und stellen gesunde Mechanismen des Selbstschutzes oder der Erhaltung der Homöostase dar. Wenn der Natriumüberschuss jedoch durch falsche Ernährung bedingt ist oder die hormonellen Störungen einen Mangel oder Überschuss an sekretierten Schlüsselhormonen zur Ursache haben, dann kann der Blutdruck so stark ansteigen, dass medikamentös eingegriffen werden muss, um ihn auf ein normales Niveau zurückzubringen. Dennoch ist der Körper bemüht, den Blutdruck selbst im physiologischen Rahmen zu halten und die Homöostase zu bewahren. In

den Arterien sitzen Rezeptoren, die Druck messen können. Die Reize, die von diesen Druckrezeptoren an die Medulla oblongata des Gehirns (siehe Kapitel 7) gesandt werden, informieren das Gehirn über die Höhe des gemessenen Blutdrucks. Ist dieser zu hoch, dann sendet das Gehirn Impulse aus, die die Herzfrequenz verringern und die Arteriolen weiten, damit der Blutdruck sinkt. Eine Hypertonie (hoher Blutdruck) liegt vor, wenn der systolische Druck den Wert von 140 mm Quecksilbersäule übersteigt (kurz: über 140 mm Hg liegt; »Hg« ist das Kürzel für das chemische Element Quecksilber), oder der diastolische Blutdruck über 90 mm Hg ist. Der Blutdruck, der in einer Arterie gemessen wird, sagt aus, wann sich der linke Ventrikel kontrahiert (Systole, hoher Wert) und wann er sich wieder entspannt (Diastole, niedriger Wert). Ein normaler Blutdruck liegt zwischen 120/80 mm Hg. Je höher der systolische und der diastolische Wert, desto höher ist der Druck, der auf die Arterienwände ausgeübt wird, und desto schwerer arbeitet Ihr Herz.

Sportliche Betätigung senkt den Blutdruck Sie können Ihren Blutdruck selbst beeinflussen, doch erfordert dies einige körperliche Anstrengung. Ob Sie es nun »Sport« oder »Arbeit« nennen (ich bevorzuge den Begriff »Spielzeit«) – Bewegung ist Ihrem Körper überaus zuträglich. Neben der Stärkung Ihrer Skelettmuskeln wirkt sich das Training positiv auf Ihren Herzmuskel und auf die Stärke Ihrer Knochen aus. Zudem kann sportliche Betätigung zur Senkung des Blutdruckes beitragen. Wie Sie wissen, haben Sie viele, viele Kapillarbetten in Ihrem Körper, die sich aber nicht alle gleichzeitig öffnen. Wie funktioniert das kapilläre System also? Nun, wenn Sie sich nicht bewegen, schließen sich Ihre Kapillarbetten. Sphinkteren im Inneren der Kapillaren verengen sich und hindern das Blut daran, in das Kapillarbett einzuströmen. Das Blut fließt dann direkt über eine Abkürzung, die als arteriovenöser Shunt bezeichnet wird, von der Arteriole in eine nahe gelegene Venole. Wenn sich kein Blut im Kapillarbett befindet, kann keine Diffusion von Sauerstoff oder Nährstoffen in das Gewebe stattfinden, und die Stoffwechselrate befindet sich auf einem niedrigen Niveau. Treiben Sie dagegen Sport oder bewegen Sie sich anderweitig, entspannen sich die Sphinkteren in den Kapillaren und öffnen die Kapillarbetten für das Blut und damit auch für den Stoffwechsel. Je mehr Kapillarbetten geöffnet sind, desto mehr Platz steht dem im Körper zirkulierenden Blut zur Verfügung. Mehr offene Blutgefäße bedeuten eine Senkung des peripheren Widerstandes und somit eine Senkung des Blutdrucks. Und nun viel Spaß beim Spielen!

Es gibt viele Faktoren, die erhöhten Blutdruck (Hypertension) verursachen können. Arterien sind mit Endothel ausgekleidet, und Gewebe kann sich mit der Zeit verändern. Manchmal können auch andere Erkrankungen (wie Diabetes, Nierenstörungen oder Schilddrüsenfunktionsstörungen) zu vaskulären Veränderungen führen, zum Beispiel in den Gefäßwänden. Eine ebenso große Rolle bei der Entstehung der Hypertension spielen bestimmte Faktoren in der Lebensführung – hierzu zählt zu viel Fett oder Natrium (in Form von Salz) in der Nahrung, mangelnde oder fehlende Bewegung, Übergewicht, Stress, Rauchen oder die Einnahme oraler Kontrazeptiva. Wenn Sie mehr über diese tückische Krankheit wissen wollen, dann sollten Sie »Bluthochdruck senken für Dummies« lesen, das auch bei Wiley-VCH erschienen ist. Ist der Blutdruck dauerhaft zu hoch, führt der chronisch erhöhte Druck mit der Zeit zu Schäden im Gefäßinneren. Wenn Gewebe so wie Blutgefäße geschädigt werden, wandern Thrombozyten an den Ort der Schädigung. Die Thrombozyten sowie die an der Blutgerinnung beteiligten Proteine (wie beispielsweise Fibrinogen) sammeln sich an den verletzten Stellen der Blutgefäße an. Wenn sich ein Gerinnsel (Thrombus) in einer Arterie bildet, kann es diese leicht verstopfen. Des Weiteren kann sich der Thrombus von der Gefäßwand ablösen und an einer anderen Stelle des Körpers zur Gefäßverstopfung führen (dies bezeichnet man als Embolie). Löst sich ein Gerinnsel beispielsweise von der Wand einer Arterie in Ihrem Bein, und wandert dann mit dem Blutstrom hoch zur Lunge, kann eine Lungenembolie entstehen, die tödliche Folgen haben kann. Selbst wenn sich keine Thromben bilden, können Ansammlungen von Thrombozyten und Fibrin zu Gefäßverstopfungen führen, die Schwellungen (Ödeme) um die verstopfte Arterie herum nach sich ziehen können. Die Schwellungen werden vom Plasma verursacht, das aus den verletzten Gefäßen sickert. Verengt sich das Lumen des Gefäßes, steigt der periphere Widerstand und somit auch der Blutdruck. Durch Änderungen in der Lebensführung (siehe hierzu den Kasten: »Sportliche

Betätigung senkt den Blutdruck« in diesem Kapitel) und der Einnahme von arterienweitenden Medikamenten wie beispielsweise Betablockern kann der erhöhte Blutdruck wieder gesenkt werden.

Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt Eine weitere, häufig vorkommende Erkrankung, die auf verengte Arterien zurückgeht, ist die Arteriosklerose, die fälschlicherweise umgangssprachlich auch »Arterienverkalkung« genannt wird (es lagert sich kein Kalk ab!). Mit dem Alter sind bei Arterien geringe Verengungen sowie ein leichter Rückgang der Elastizität normal. Tritt dieses Problem jedoch schon in jüngeren Jahren auf oder schreitet der Prozess zu schnell voran, dann steigt das Risiko, an koronarer Herzkrankheit (KHK) oder Myokardinfarkt (MI) zu erkranken. Bei Menschen, die unter Arteriosklerose leiden, lagert sich Fett in das Endothel der Blutgefäße ein (Abbildung 9.10). Auf den Fettablagerungen bilden sich fibröse Plaques. Als Nächstes mischen sich Kalziumablagerungen unter die fibrösen Plaques. Zu diesem Zeitpunkt ist das Lumen (das Innere) des Blutgefäßes schon recht stark verstopft, wodurch der Blutfluss in Gewebe und Organe herabgesetzt sein kann (Ischämie). Zudem können Schmerzen auftreten, die dadurch entstehen, dass die Blutzellen versuchen, sich an den verengten Stellen vorbeizuquetschen (Angina pectoris). Durch den verminderten Blutfluss entsteht Sauerstoff- und Nährstoffmangel, der letztendlich zu Stoffwechselstörungen und Symptomen wie Müdigkeit führen kann.

Abbildung 9.10: So entsteht Arteriosklerose

Wenn der Blutstrom in den Koronararterien (Herzkranzarterien) verringert ist, also den Arterien, die das Herz selbst mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen, dann kann es zu einem Myokardinfarkt (Herzinfarkt) kommen. Während eines Herzinfarktes stirbt durch den Sauerstoffmangel ein Teil des Herzgewebes ab. Im Falle eines schweren Infarkts kann ein so großer Prozentsatz des Gewebes absterben, dass der Betroffene daran stirbt. Ist der Blutstrom in jenen Arterien reduziert, die das Gehirn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen (den beiden Ästen der Arteria carotis interna und den Cerebralarterien), kommt es zum Apoplex – einer Erkrankung, die besser unter dem Namen »Schlaganfall« bekannt ist. Wenn die Sauerstoffversorgung des Gehirns während eines Schlaganfalls unterbunden ist, stirbt ein Teil des Gehirns ab. Die Symptome eines Schlaganfalls variieren abhängig davon, welches Gebiet des Gehirns betroffen ist. Stirbt das Sprachzentrum ab, nimmt die Sprache des Patienten Schaden. Ist das Sehzentrum vom Schlaganfall betroffen, erblindet der Betroffene möglicherweise. Neben verstopften Arterien können aber auch Aneurysmen Schlaganfälle verursachen. Der Begriff Aneurysma beschreibt eine Arterie, die an einem Punkt eine krankhafte Aussackung aufweist und an dieser Stelle reißt. So wie ein erhöhter Wasserdruck hinter einem Damm den Damm zum Brechen bringen kann, kann auch ein erhöhter Blutdruck hinter einem Hindernis in einer verstopften Arterie das Gefäß zum Platzen bringen. Obwohl man nicht alle Risiken für die koronare Herzerkrankung oder den Schlaganfall ausschließen kann – Alter, Geschlecht oder genetische Disposition lassen sich nur schwer beeinflussen –, kann man doch einiges zur Vorbeuge dieser Erkrankungen beitragen. Wenn Sie die folgenden Tipps beherzigen, haben Sie sehr gute Chancen, nicht als ein weiteres Schlaganfallopfer in den Statistiken aufzutauchen: Fangen Sie nicht mit dem Rauchen an (oder geben Sie das Rauchen auf). Reduzieren Sie die Menge an Fett und Natrium in Ihrer Nahrung, indem Sie Ihre Nahrung sorgfältig auswählen. Gesund ist der Verzehr von viel Obst und Gemüse, Vollkorngetreide,

Milchprodukten sowie mageren Proteinquellen wie Hühnchen, Fisch, Nüssen und Soja. Meiden Sie Fertigprodukte und stark veränderte Lebensmittel, die reich an Zucker und gesättigten Fettsäuren sind, jedoch einen geringen Nährwert aufweisen. Integrieren Sie regelmäßige Bewegung in Ihren täglichen Tagesablauf, damit Ihr Blut ordnungsgemäß durch Ihre Gefäße fließen kann. Das kann die Bildung von Plaques verhindern und den Blutdruck verringern, da dem Blut durch die Öffnung der Kapillarbetten mehr Platz zur Verfügung steht (mehr darüber finden Sie im Kasten »Sportliche Betätigung senkt den Blutdruck« in diesem Kapitel). Der Vorgang erinnert mich ein wenig an die Entfernung von Kohlenwasserstoffen aus dem Abgassystem eines Autos! Trinken Sie genügend Wasser, damit Ihr Körper gut hydriert bleibt – für einen erwachsenen Menschen werden 1,5 bis 2 Liter pro Tag empfohlen. Dehydratation kann zu erhöhtem Blutdruck, Verstopfung und vielen anderen unangenehmen Symptomen führen. Versuchen Sie, den Stress in Ihrem Leben zu reduzieren, damit Ihr Nervensystem Ihren Körper nicht ständig mit Hormonen überschüttet, die Ihre Herzfrequenz und Ihren Blutdruck erhöhen, ohne dass ein vernünftiger Grund dafür vorliegt. Mit anderen Worten: Regen Sie sich nicht über Kleinigkeiten auf, sondern sparen Sie sich Ihre Energie für Situationen auf, in denen Sie wirklich Angst bekommen oder bedroht werden.

Sichelzellkrankheit Die Sichelzellkrankheit (oder Sichelzell(en)anämie) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die dazu führt, dass normal geformte rote Blutkörperchen bei geringem Sauerstoffpartialdruck wie im Gewebe plötzlich merkwürdige Formen annehmen. Normalerweise sehen Erythrozyten aus wie fliegende Untertassen; bei dieser Erkrankung sind sie dagegen gekrümmt und ähneln einer Sichel. Ich bin ja eher der Meinung, dass sie wie Bumerangs aussehen, aber »Bumerangzellanämie« würde irgendwie doch komisch klingen.

Das Gen für diese Erkrankung veranlasst die Betroffenen dazu, veränderte Hämoglobinmoleküle zu bilden, die als Hämoglobin S bezeichnet werden. Bei Afrikanern und Menschen afrikanischer Abstammung kommt dieses Gen öfter vor als bei anderen Menschen. Das liegt daran, dass Hämoglobin S seinen Träger resistent gegen Malaria, eine von Mücken übertragene Erkrankung, macht, die in Afrika weit verbreitet ist. Von dieser Warte aus gesehen ist die Bildung des defekten Moleküls eine genetische Veränderung, die dem Schutz der Bevölkerung dient. Sichelförmige rote Blutkörperchen haben eine kürzere Lebensdauer als normale Erythrozyten und sind auch nicht in der Lage, so viel Sauerstoff durch den Blutstrom zu transportieren wie diese. Die Sichelzellen haben auch eine höhere Hämolyserate (Zerstörung von Erythrozyten) als normale rote Blutkörperchen. Durch ihre sonderbare Form bleiben sie leicht in engen Blutgefäßen wie beispielsweise Kapillaren hängen (Abbildung 9.11). Tritt dieser Fall ein, so führt die plötzliche Verstopfung zu Schwellungen und Schmerzen. Die angrenzenden Gewebe können durch den Mangel an Sauerstoff und die Ansammlung von Abfallprodukten, die nicht abtransportiert werden können, absterben. All diese Ereignisse werden unter dem Begriff Sichelzellkrise zusammengefasst. Faktoren wie kalte Temperaturen, Stress, Infektionen, Aufenthalt in Höhenlagen und niedriger Sauerstoffgehalt im Blut können eine Sichelzellkrise auslösen oder verschlimmern. Eine Sichelzellkrise hat zur Folge, dass Gewebe abstirbt und Organe wie beispielsweise die Nieren bleibende Schäden davontragen können. Patienten, die unter Sichelzellanämie leiden, haben eine verkürzte Lebenserwartung. Heute können die Betroffenen mithilfe von Bluttransfusionen und Medikamentengaben etwa 40 bis 50 Jahre mit der Erkrankung leben, während sie früher eine Lebenserwartung von nur knapp 30 Jahren hatten.

Abbildung 9.11: Sichelzellenanämie

Übungsaufgaben zu Kapitel 9 Übung 1–5: Sortieren Sie die Fachbegriffe den entsprechenden Beschreibungen zu. 1. ______ Das System, in dem der Gasaustausch in der Lunge stattfindet. 2. ______ Das System, das für ein gleichbleibendes Milieu aller Organe und Zellen im Körper sorgt. 3. ______ Der Sack, der das Herz umhüllt. 4. ______ Die Wand, die das Herz in zwei Hälften teilt. 5. ______ Die beiden oberen Hohlräume des Herzens. a. Perikard b. Lungenkreislauf

c. Körperkreislauf d. Atrium e. Septum

Frage 6: Die innere Schicht der Herzwand heißt a. Perikard b. Epikard c. Endokard d. Entothel Übung 7–10: Verwenden Sie die Begriffe unten, um Abbildung 9.13 zu beschriften. (Achtung: Bei einem schlagenden Herzen sind immer entweder die beiden oberen oder die beiden unteren Klappen geöffnet, während das jeweils andere Paar geschlossen ist. Aber in Abbildung 9.12 zeigen wir alle Klappen geschlossen, damit Sie es besser erkennen können.)

Abbildung 9.12: Die Herzklappen

a. Tricuspidalklappe b. Pulmonalklappe c. Aortenklappe d. Bicuspidalklappe

Antworten zu den Übungsaufgaben Übung 1–5 1. Das System, in dem der Gasaustausch in der Lunge stattfindet, ist b. der Lungenkreislauf. 2. Das System, das für ein gleichbleibendes Milieu aller Organe und Zellen im Körper sorgt, ist c. der Körperkreislauf. 3. Der Sack, der das Herz umhüllt, ist a. das Perikard. 4. Die Wand, die das Herz in zwei Hälften teilt, ist e. das Septum. 5. Die beiden oberen Hohlräume des Herzens heißen d. Atrium.

Übung 6 Die innere Schicht der Herzwand heißt c. Endokard. Endo- heißt immer »innen«, epi- bedeutet »außen« und peri- »drumherum«.

Übung 7–10 7. Pulmonalklappe 8. Aortenklappe 9. Tricuspidalklappe 10. Bicuspidalklappe

Kapitel 10

Holen Sie tief Luft: der Atmungsapparat IN DIESEM KAPITEL Die Atmungsorgane und der Atmungsapparat Den Unterschied zwischen Atmung und Respiration Warum Rauchen keine gute Idee ist

Da Sie gerade diese Seite hier lesen, gehe ich einmal davon aus, dass Sie ein lebendiger, atmender Mensch sind. Aber wissen Sie auch, wie die Atmung die Menschen am Leben erhält? Ohne einen funktionierenden Atmungsapparat wären Sie nicht imstande, tief Luft zu holen – Sie wären schlichtweg tot. In diesem Kapitel finden Sie heraus, wie diese aufgebaut sind, was genau in ihnen vorgeht und was Sie für die Gesunderhaltung Ihrer Atemorgane tun können. Ihr Atmungsapparat oder Respirationstrakt versorgt Sie mit Sauerstoff und überwacht eine Reihe lebenswichtiger Körperfunktionen: die Bewegung von Luft in Ihre Lungen hinein und aus ihnen heraus (Ventilation) den Austausch von O2 und CO2 zwischen der Luft in den Lungen und dem Blut den Austausch von O2 und CO2 zwischen dem Blut und allen Zellen Ihres Körpers den Sauerstoff-Stoffwechsel Ihrer Zellen, der mit der Bildung von CO2 als Abfallprodukt der Zellatmung einhergeht

Die Anatomie des Atmungsapparates Zieht man die außerordentliche Bedeutung des Respirationstraktes in Betracht, verwundert es vielleicht, dass er nur aus wenigen Organen mit einem recht einfachen Aufbau besteht. Zum Atmungsapparat gehören die Nase, der Rachen (Pharynx), der Kehlkopf (Larynx), die Luftröhre (Trachea), die Lungen und das Zwerchfell (Diaphragma). Ach ja, ein paar Anhangsorgane gibt es auch noch, die mit dem Atmungsapparat zusammenarbeiten, um bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Ein Beispiel hierfür sind Ihre Stimmbänder, die mit Ihrem Pharynx zusammenarbeiten und mithilfe der eingeatmeten Luft Ihre Stimme bilden. In Abbildung 10.1 sind die zum Atmungsapparat gehörenden Organe dargestellt.

Abbildung 10.1: Anatomischer Aufbau des Respirationstraktes

Das Innenleben von Nasen Ausnahmsweise ist es dieses eine Mal in Ordnung, wenn Sie hochnäsig auf Ihr Anatomiebuch herabblicken. Ja, wirklich! Schauen Sie in den Spiegel und heben Sie dabei Ihre Nase hoch. (Ja, Sie dürfen das Buch dazu weglegen.) Sie sehen sofort Ihre Nasenlöcher, die Eintrittspforten, durch die Luft in Ihren Respirationstrakt einströmen kann. Und sind Ihnen auch die winzigen Härchen aufgefallen, die in den Nasenlöchern sitzen? Diese kleinen Haare dienen nicht nur der Beschäftigung älterer Herrschaften, die sich gerne mit dem Trimmen dieser Härchen beschäftigen, sondern sind dazu da, Schmutz und Keime abzufangen, die sich in der Atemluft befinden. Jetzt können Sie Ihren Kopf wieder

herunternehmen. Die restlichen Organe, die zum Respirationstrakt gehören, liegen tief im Körper versteckt und können nicht im Badezimmerspiegel betrachtet werden. Direkt hinter Ihren Nasenlöchern sitzt die Nasenscheidewand (das Nasenseptum) die Ihre beiden Nasenhöhlen (Cavitates nasales) voneinander trennt. In den Nasenhöhlen befinden sich die Nasenmuscheln (Conchae nasales). Diese setzen sich aus drei schneckenartig aufgerollten Knöchelchen zusammen, die durch Ihren besonderen Bau dazu dienen, die Schleimhautoberfläche der Conchae nasales und der Nasenhöhlen zu vergrößern. Die Schleimhaut sekretiert Schleim, um die Einatemluft zu erwärmen und zu befeuchten (das ist sozusagen Ihr privater Innenraumbefeuchter). Auf der Oberfläche der Schleimhaut sitzen feine Zilien, die dabei helfen, die einströmende Luft zu filtern. Die in den Augenwinkeln sitzenden Tränendrüsen sondern über den durch die Nase führenden Tränennasenkanal (Ductus nasolacrimalis) Tränen ab. Das ist der Grund dafür, dass Ihre Nase läuft, wenn Sie weinen. Ihre Nasennebenhöhlen (Sinusoide, Singular Sinus) sind Hohlräume in Ihrem Schädel, die dazu dienen, das Gewicht Ihres Kopfes zu reduzieren. Die Sinusoide münden in die Nasenhöhlen, damit sie belüftet werden, wenn Sie einatmen. Diese sind wie die Nasenhöhlen von Schleimhaut bedeckt. Schleimhäute können natürlich mit Krankheitserregern infiziert werden und sich entzünden. Wenn dies geschieht, nennt man den Zustand Sinusitis (die Endung »-itis« weist übrigens immer auf eine Entzündung hin). Sinuskopfschmerzen treten auf, wenn der Durchgang zu einem Sinus von Schleim oder entzündetem Gewebe verstopft ist. Unangenehm!

Einige Fakten zum Schlucken

Diese Tatsache sollte nicht schwer zu schlucken sein: So wie die Nahrung auf ihrem Weg zum Magen Ihren Pharynx (Rachen) durchläuft, so passiert auch die Luft den Pharynx auf ihrem Weg in die Lunge. Unterwegs kommt sie an einigen anderen wichtigen Strukturen vorbei, wie beispielsweise Ihrem Larynx (Kehlkopf) oder Ihren Tonsillen (Rachenmandeln). Ihr Pharynx wird, darauf basierend, welche Strukturen in ihn münden, in drei Regionen eingeteilt: Nasopharynx: Der obere Teil Ihres Rachens, in den die Nasenhöhlen münden. Oropharynx: Der Mittelteil Ihres Rachens, in den sich Ihr Mund öffnet. Laryngopharynx: Der untere Teil Ihres Rachens, in dem sich Ihr Larynx (Kehlkopf, der Ort der Stimmbildung) befindet. Der Kehlkopf (Larynx) hat die Form einer Triangel. An der Spitze der Triangel sitzt der Schildknorpel oder Adamsapfel (Cartilago thyroidea). Würden Sie in Ihren Rachen schauen können, dann würden Sie direkt auf Ihre Glottis hinabblicken: die Öffnung, durch die Luft hindurchströmt. Wenn Sie schlucken, bedeckt der lappenförmige Kehldeckel (Epiglottis) Ihre Glottis und hindert die Nahrung daran, in Ihren Larynx zu rutschen. Wenn etwas sozusagen »in den falschen Hals gerät«, dann müssen Sie so lange husten, bis die verschluckte Nahrung über den Larynx wieder nach draußen gelangt. Im Inneren Ihrer Glottis befinden sich die Stimmbänder (Ligamenta vocalia). Wenn beim Ausatmen Luft durch die Stimmritze gepresst wird, beginnen die Stimmbänder zu vibrieren und erzeugen dabei Schallwellen: Ihre Stimme. Je stärker sie vibrieren, desto lauter klingt Ihre Stimme. Die Stimmbänder bestehen aus elastischen Bändern, die von Schleimhaut bedeckt sind (mehr über Bänder erfahren Sie in Kapitel 4). Wenn die Stimmbänder angespannt werden, ändert sich die Tonhöhe

Ihrer Stimme. Wenn Sie sie straffen, dann verengt sich Ihre Glottis, und Ihre Stimme hört sich höher an.

Weshalb Sie Essen und Getränke aus Ihrer Nase prusten können Haben Sie schon mal während des Essens oder Trinkens einen heftigen Lachanfall bekommen, wobei das, was sich gerade noch in Ihrem Mund befand, durch Ihre Nasenlöcher herausgeschossen kam? Falls Sie sich jemals darüber Gedanken gemacht haben, wie so etwas passieren kann, dann finden Sie die Antwort in diesem Kasten. Wenn Sie Ihre Zunge fest an das Dach Ihrer Mundhöhle pressen, dann ist das, was Sie fühlen, Ihr harter Gaumen (Palatum durum). Diese knöcherne Platte trennt Ihren Mund (Mundhöhle) von Ihrer Nase (Nasenhöhlen). Bewegen Sie nun Ihre Zunge am harten Gaumen entlang nach hinten, dann spüren Sie irgendwann eine weiche Stelle, an der der Gaumen nachgibt. Diese Stelle nennt man den weichen Gaumen (Palatum molle). Hinter dem weichen Gaumen befindet sich die Stelle, an der die Nasenhöhle in den Rachen übergeht; diese Region wird als Nasenrachenraum (Nasopharynx) bezeichnet. Ihr weicher Gaumen bewegt sich beim Schlucken nach hinten und verschließt dabei den Nasopharynx. Unter normalen Umständen hindert der den Nasopharynx verschließende weiche Gaumen die Nahrung daran, in Ihre Nase zu gelangen. Aber wenn Sie sehr stark lachen und gleichzeitig etwas essen oder trinken, dann kommt Ihr weicher Gaumen durcheinander. Wenn Sie schlucken, beginnt er, sich nach hinten zu bewegen; fangen Sie aber plötzlich an zu lachen, rutscht er nach vorne, und das, was sich gerade in Ihrem Mund befindet, kann ungehindert in Ihre Nasenhöhlen gelangen und mit Schwung durch Ihre Nasenöffnungen fliegen – zur Belustigung aller Umstehenden.

Der Trachea bis in die Lunge folgen Ihre Luftröhre (Trachea) ist das Rohr, das von Ihrem Larynx (Kehlkopf) bis oberhalb Ihrer Lunge verläuft. Hinter dem Sternum (siehe Kapitel 4) teilt sich die Trachea in zwei große Äste (siehe Abbildung 10.2), die Hauptbronchien genannt werden. Die beiden Hauptbronchien führen in die Lunge und verzweigen sich dort in kleinere Äste: erst in Lappenbronchien, dann in Segmentbronchien. Die Segmentbronchien verzweigen sich nun weiter, erst in die Bronchiolen, die sich dann wiederum in Bronchioli aufzweigen. Aufgrund der vielen Verästelungen erinnert das Bronchiensystem

an einen Baum und wird deshalb auch als »Bronchialbaum« bezeichnet. Ein richtiger Baum braucht aber nicht nur Zweige, sondern auch Blätter. Am Ende der kleinsten Bronchiolen sitzen traubenförmig angeordnete Alveolarsäckchen (Sacculi alveolares), die viele Lungenbläschen (Alveolen) enthalten. Jedes einzelne der etwa 300 Millionen Lungenbläschen in Ihrer Lunge ist von Kapillaren umgeben.

Abbildung 10.2: Die feinen Verzweigungen der Bronchien

Die Alveolen sind zwar die kleinsten Einheiten Ihres Atmungsapparates, dafür sind sie aber am zahlreichsten vertretenen und spielen eine entscheidende Rolle beim Gasaustausch. Der Sauerstoff, der sich in den Alveolen der Lunge befindet, wird in die umgebenden Kapillaren aufgenommen und kann nun mit dem Blutstrom durch den Körper transportiert werden (siehe Abbildung 10.3). CO2 wandert dagegen von den Kapillaren in die Alveolen, damit es ausgeatmet werden kann. Die Wand der Alveole bildet mit der angrenzenden Kapillare zusammen das respiratorische Epithel, an der der beschriebene Gasaustausch stattfindet. (Mehr dazu finden Sie im Abschnitt »Wanderung durch das respiratorische Epithel«.)

Abbildung 10.3: Gasaustausch in den Alveolen. Blau: sauerstoffreiches Blut; rot: sauerstoffarmes Blut

Die Auskleidung Ihrer Lungen Die feuchte Pleura »klebt« die Lunge an die Innenwand der Brusthöhle (siehe Kapitel 1). Das Lungenfell (inneres Blatt oder Pleura viszeralis) umschließt die Lungen fest und umgibt zudem den Mittelfellraum (Mediastinum, also den Raum, der die rechte und die linke Lunge voneinander trennt und das Herz, den Thymus und Teile des Ösophagus beherbergt. Das Brustfell (äußeres Blatt oder Pleura parietalis) kleidet die Brusthöhle aus. Zwischen der Pleura parietalis und der Pleura viszeralis befindet sich ein schmaler Interpleuralspalt (»interpleural« bedeutet so viel wie »zwischen der Pleura«). Er ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die der Befeuchtung der Pleura dient. Da diese Flüssigkeit einen niedrigeren Druck aufweist als die Atmosphäre (in Flüssigkeiten befindet sich nämlich wenig Luft), bleiben Ihre Lungen mit Luft gefüllt – sozusagen aufgeblasen. Gelangt Luft in den Interpleuralspalt, ändern sich die Druckverhältnisse, und Ihre Lunge kollabiert. Die respiratorischen Epithelien könnten Ihr Blut nicht mehr mit Sauerstoff versorgen. Würden beide Lungen auf einmal kollabieren, dann könnte dies sehr schnell zum Tod durch Ersticken führen.

Tief einatmen, bitte! Die Atmung ist für den reibungslosen Ablauf Ihrer Körperfunktionen sehr wichtig – sie gewährleistet die Versorgung all Ihrer Organe und Gewebe mit Sauerstoff, den Sie zum Überleben brauchen. Die Ventilation – so lautet der Fachbegriff für die Atmung – ist nicht gleichbedeutend mit der Respiration, dem Austausch von Gasen und Nährstoffen auf der zellulären Ebene. Sie müssen zwar keinen der beiden Vorgänge selbst steuern, doch die Ventilation beinhaltet die Bewegung Ihres Zwerchfells, Ihres Brustkorbes und Ihrer Lungen. Der Begriff »Respiration« beschreibt hauptsächlich eine Reihe von Stoffwechselreaktionen (mehr über die Zellatmung

finden Sie in Kapitel 2), die ablaufen, ohne dass Sie dabei Muskelbewegungen wahrnehmen können. Inspiration bezeichnet den Vorgang der Einatmung, wenn Sie Luft in Ihre Lungen aufnehmen (siehe Abbildung 10.4). In dem Augenblick, in dem Sie einatmen, sind all Ihre Luftwege – Bronchien, Bronchioli und Alveolen – geöffnet. (Diese Begriffe werden im Abschnitt »Der Trachea bis in die Lunge folgen« weiter vorne in diesem Kapitel genauer erklärt.) Stellen Sie sich die Luft, die Sie einatmen, als Nebel vor. Wenn Sie einatmen, füllt der Nebel Ihre Nasenhöhlen, Ihren Pharynx und alle weiteren Atemwege zur selben Zeit. Ihr Körper bildet sozusagen ein Vakuum, das Luft einsaugt. Das Prinzip entspricht dem eines ledernen Blasebalges. Wenn die ganze Luft aus ihm herausgepustet wurde, klebt das Leder aneinander. Zieht man die Griffe auseinander, so füllt sich der Blasebalg wieder mit Luft. Durch das Auseinanderbewegen der Griffe baut sich ein Vakuum in Innern des Blasebalgs auf, das die Luft in ihn hinein saugt. Ihre Lungen arbeiten auf ähnliche Art und Weise, und Ihr Gehirn überwacht den gesamten Prozess.

Abbildung 10.4: Funktion des Zwerchfells bei Inspiration (Einatmen) und Exspiration (Ausatmen)

Im verlängerten Rückenmark (Medulla oblongata; mehr zum Gehirn finden Sie in Kapitel 7), befinden sich Nervenzellen, die Impulse aussenden und Sie dazu anregen, zu inspirieren (einzuatmen). Diese speziellen Neuronen bilden Ihr Atemzentrum. Die folgende Liste beschreibt die einzelnen Schritte, die zwischen der Aussendung des Impulses und dem tatsächlichen Einatmen liegen: 1. Wenn spezialisierte Chemorezeptoren (siehe Kapitel 7) in Ihrer Arteria carotis und der Aorta einen höheren Gehalt an CO2 oder einen erhöhten pH-Wert messen, setzen sie umgehend das Atemzentrum im Gehirn über das Problem in Kenntnis. 2. Nachdem die Alarmmeldung bei den Zellen in Ihrem Atemzentrum eingegangen ist, senden sie einen Reiz an Ihr Zwerchfell und die Muskeln aus, die Ihren Brustkorb umgeben. Durch den Reiz kontrahieren sich die Muskeln und das Zwerchfell (Atemmuskulatur). Das Zwerchfell, das Ihren Brustkorb nach unten hin begrenzt, enthält Muskeln, durch deren Kontraktion die Luft aus der Lunge gepresst wird (siehe Abbildung 10.4). 3. Wenn sich die Muskeln, die Ihren Brustkorb umgeben (die Musculi intercostales externi) kontrahieren, dehnt sich Ihr Brustkorb aus und hebt sich an. 4. Parallel zum Anheben des Brustkorbes kontrahiert sich Ihr Zwerchfell (es bewegt sich nach unten) und vergrößert auf diese Weise die Brusthöhle – so wie der Blasebalg vergrößert wird, wenn man die Griffe voneinander wegbewegt. 5. Wenn sich Ihre Brusthöhle ausdehnt, sinkt der innere Druck. Das erzeugt ein Vakuum (Unterdruck), das Luft von außen durch Ihre Nasenöffnungen ansaugt (oder den Mund, falls dieser geöffnet ist). Durch den Einstrom der Luft dehnt sich die Lunge aus, und die Alveolen in der Lunge weiten sich. 6. Nachdem Luft eingeströmt ist, stellt das Atemzentrum die Aussendung des Reizes ein, der die Kontraktionen in Ihrem Zwerchfell und den Muskeln, die den Brustkorb umgeben, auslöst.

7. Wenn der Reiz gestoppt wird, entspannt sich das Zwerchfell und bewegt sich zurück nach oben (aufgrund der Bauchmuskelspannung), und ebenso entspannt sich Ihr Brustkorb, der sich nun wieder nach unten senkt und nach innen bewegt (hauptsächlich aufgrund der Erdanziehungskraft). Diese Vorgänge erhöhen den Luftdruck in Ihrer Lunge, wodurch die Luft aus den Lungen und durch die Nase oder den Mund gepresst wird – kurz: Sie atmen aus. Es ist genau wie beim Blasebalg. Wenn Sie die beiden Griffe aufeinander zu bewegen, üben Sie dadurch Druck aufs Innere des Blasebalges aus, wodurch die Luft aus dem Blasebalg gezwängt wird. Die Ausatmung funktioniert nach demselben Prinzip.

Messbare Atemzüge: Lungenfunktionstest Um festzustellen, ob Sie richtig atmen und Ihre Lungen optimal arbeiten, kann Ihr Arzt mit einem Lungenfunktionstest« die Menge an Luft messen, die Sie ein- und ausatmen. Zudem kann er feststellen, wie viel Luft nach dem Ausatmen in Ihrer Lunge verbleibt und wie viel Luft Sie maximal einatmen können. Normalerweise atmet ein Mensch mit jedem Atemzug etwa 500 Milliliter Luft ein und aus. Natürlich können Sie auch größere Mengen ein- und ausatmen, wenn Sie tiefer Luft holen. Diese zusätzliche Ein- und Ausatmungsluft wird als »Atemzugvolumen« (AV) bezeichnet. Die maximale Luftmenge, die Sie einzuatmen vermögen, wird »Vitalkapazität« (VK) genannt. Ein Mensch kann, wenn er sehr tief Luft holt, eine VK von 3100 ml einatmen – weit mehr, als das übliche Atemvolumen von 500 ml, das Sie ohne Anstrengung einatmen. Die VK minus das AK ergibt das Inspirationsreservevolumen (IRV). Dieser Wert sagt aus, wie viel Platz zusätzlich zum normalen Einatemvolumen in Ihrer Lunge übrig ist. Außerdem können Sie auch Ihre Ausatmung messen. Ihr Exspirationsreservevolumen (ERV) misst, wie viel Luft Sie über das normale Ausatemvolumen hinaus aus Ihrer Lunge hinaus pressen können (der Wert liegt somit über dem des normalen Atemzugvolumens). Das durchschnittliche ERV liegt bei etwa 1400 ml. Also ist VK = AV + IRV + ERV. Alles klar soweit? Selbst wenn Sie so tief ausatmen, wie Sie nur können, bleibt doch noch ein wenig Luft in Ihrer Lunge übrig – das Residualvolumen (RV), das im Durchschnitt etwa 1000 ml umfasst. Ein gewisser Anteil der Luft, die Sie einatmen, erreicht die Lungen nie. Dieses als Totraum bezeichnete Volumen ist der Teil der Luftsäule, die Ihren Pharynx, Ihre Trachea und Ihre Nasenhöhlen füllt – Orte, an denen kein Gasaustausch stattfindet.

Wanderung durch das respiratorische Epithel Ohne das respiratorische Epithel würde Ihnen Ihr Atmungssystem rein gar nichts nutzen. Was würde es für einen Sinn machen, ein- und auszuatmen, wenn Ihr Körper nichts mit den Gasen anfangen könnte, die Sie einatmen? Die Luft, die Sie einatmen, enthält hauptsächlich Sauerstoff, aber man findet auch andere Elemente wie Stickstoff, Wasserstoff oder Schwefel in der Luft. Das respiratorische Epithel ist kein echtes Epithel; der Begriff steht eigentlich für zwei Epithelien, an denen Gasaustausch stattfindet. (Im Abschnitt »Ihrer Trachea bis in die Lunge folgen« finden Sie eingehendere Informationen über das respiratorische Epithel.) Das bedeutet, dass die Zellwand einer Alveole und die Wand der sie berührenden Kapillare untereinander O2 (wenn das Blut oxygeniert wird) und CO2 austauschen (siehe Abbildung 10.5). Am respiratorischen Epithel werden Gase innerhalb von 1–2 Sekunden ausgetauscht. In dieser kurzen Zeit geschieht Folgendes: 1. CO2 und Wasser diffundieren durch die Wand der Kapillaren in die Alveolen der Lunge. (Mehr über Diffusion finden Sie in Kapitel 3.) 2. O2 diffundiert von den Alveolen der Lunge in die Kapillaren. Dort bindet das Eisen, das sich im Hämoglobin der roten Blutzellen befindet, sofort an O2. 3. In den roten Blutzellen bildet sich Oxyhämoglobin, das dem frisch oxygenierten Blut seine leuchtend hellrote Farbe verleiht. (Mehr Infos über Oxyhämoglobin finden Sie in Kapitel 9.) 4. Die Temperatur des Blutes in den Kapillaren sinkt leicht ab, nachdem sich das Oxyhämoglobin gebildet hat. Der Körper ergreift diese scheinbar belanglose Maßnahme, um die Körpertemperatur daran zu hindern, über das normale Maß zu steigen.

Sie trägt hiermit einen wichtigen Teil zur Erhaltung der Homöostase bei (siehe Kapitel 8).

Abbildung 10.5: Oxygenierung des Blutes am respiratorischen Epithel

Jetzt ist das Blut in der Kapillare oxygeniert (mit O2 angereichert). Um aber die Zellen versorgen zu können, muss der Sauerstoff erst von Ihrer Lunge ins Herz zurücktransportiert werden, damit er durch die Arterien in den Körperkreislauf gepumpt werden kann (siehe Kapitel 9).

Gasaustausch zwischen Blut und Zellen Nachdem das oxygenierte Blut durch die Arterien gepumpt wurde, wandert es abermals in Ihre Kapillaren. Doch diesmal befindet sich das Blut in einer Kapillare, die irgendwo in Ihrem Körper sitzt. Während das Blut durch Ihre Kapillaren fließt, diffundiert der in ihm enthaltene

Sauerstoff in die umgebende Gewebsflüssigkeit. Gleichzeitig diffundiert Kohlenstoffdioxid aus den Zellen und Geweben heraus in die umgebende Gewebsflüssigkeit. Von dort aus diffundiert das Kohlenstoffdioxid in die Kapillaren und gelangt mit dem Blut in die Lunge, wo es über die Ausatmung aus dem Körper entfernt wird. Der Durchfluss von Blut in den Kapillaren kann über kleine Muskeln reguliert werden, die präkapillären Sphinkter, die die Kapillaren auch vollständig schließen können. Ihre Zellen benötigen O2 für die aerobe Atmung (aerobe Respiration, siehe Kapitel 2). Sauerstoff und CO2 diffundieren von der Kapillare in die Zelle und von der Zelle in die Kapillare, weil O2 und CO2 bestimmte hohe oder niedrige Konzentrationen erreichen. Die Zelle verbraucht O2, und wenn dieser knapp wird, nimmt sie sich neuen Sauerstoff aus den roten Blutkörperchen, die sich in der nächsten Kapillare befinden und eine höhere Konzentration an O2 aufweisen. Ebenso funktioniert es umgekehrt: Wenn der Kohlenstoffdioxidgehalt in der Kapillare niedrig ist und die Zelle einen höheren Gehalt an CO2 aufweist (CO2 ist ein Abfallprodukt, das bei der aeroben Atmung Ihrer Zellen anfällt), diffundiert CO2 vom Ort der höheren Konzentration zum Ort der niedrigeren Konzentration – also von der Zelle in die Kapillare. Im Blut wird Kohlenstoffdioxid (CO2) auf verschiedene Arten transportiert: Etwa 23 Prozent des CO2 wird an Hämoglobinmoleküle gebunden. Dabei entsteht Carboxyhämoglobin, das wie das Oxyhämoglobin durch den Blutstrom transportiert wird. Hat das Blut die Alveolen erreicht, wird CO2 wieder freigesetzt. Ein kleiner Anteil des CO2 (etwa sieben Prozent) löst sich schlicht und einfach in Ihrem Blutplasma auf und wird so über den Blutstrom bis in die Alveolen transportiert.

Der Rest des CO2 – etwa 70 Prozent – bildet Bikarbonat (HCO3-) mit Wasser. Bikarbonat ist ein saures Salz, aber da es nicht so giftig für die Zellen ist wie das CO2, ist es sicherer für Ihr Blut, das CO2 in dieser Form zu transportieren. Wenn das Blut die Lungen erreicht, wird das Bikarbonat wieder in CO2 und Wasser umgewandelt. (Das ist auch der Grund dafür, dass Ihre Atemluft feucht ist.) Wenn eine Körperzelle nahezu all ihren Vorrat an Sauerstoff verbraucht und CO2 als Abfallprodukt gebildet hat, tritt das Blut durch die Kapillarwand hindurch, und Sauerstoff und CO2 werden rasch gegeneinander ausgetauscht. Das oxygenierte Blut wird desoxygeniert. Das nun sauerstoffarme Blut fließt von den Kapillaren weiter in das venöse System. Ist das desoxygenierte Blut wieder in Ihrem Herzen angelangt, wird es von dort in die Lunge gepumpt, bis es schließlich wieder in den Lungenkapillaren angelangt ist. An diesem Punkt beginnt der Kreislauf von Neuem. Sauerstoff wandert von den Alveolen in die Kapillaren, und CO2 diffundiert von den Kapillaren in die Alveolen. Das Blut ist nun wieder oxygeniert und wird zurück an das Herz gesandt, damit es von dort in den Körperkreislauf gepumpt werden kann. Das CO2 in den Alveolen wird bei der nächsten Ausatmung aus der Lunge hinaus in die Umgebungsluft befördert. Voilà!

Entdecken, was schiefgehen kann Sie atmen ein, Sie atmen aus. Es passiert ganz einfach, und scheint deshalb nicht schwer zu sein, stimmt's? Ihr Körper hat ein unglaubliches Gespür dafür, die in ihm ablaufenden Vorgänge zur richtigen Zeit im richtigen Rhythmus ablaufen zu lassen. Trotzdem kann es passieren, dass der Körper ein paar Takte überspringt oder komplett aus der Reihe tanzt. Auch Atemwegserkrankungen oder Funktionsstörungen der Atemwege können vielfältig sein und sind weit verbreitet. Im folgenden Abschnitt stelle ich Ihnen einige dieser Erkrankungen vor.

Asthma Asthma zählt zu den häufigsten chronischen Atemwegserkrankungen überhaupt. Bei immer mehr Menschen wird die Diagnose Asthma gestellt, und man vermutet, dass die Luftverschmutzung dabei eine Rolle spielt. Die meisten Asthma-Patienten sind Kinder. Bei Asthma verengen sich die Atemwege (Bronchien oder Bronchioli) zeitweise oder verschließen sich sogar, wenn sie bestimmten auslösenden Reizen ausgesetzt sind. Die Bronchien können verkrampfen (Bronchospasmus), es wird vermehrt Schleim gebildet oder die Schleimhaut, die die Bronchien auskleidet, schwillt an. Jede dieser Reaktionen kann zur Verengung oder zum Verschluss Ihrer Atemwege führen. Die Symptome für leichtes Asthma sind Husten, Kurzatmigkeit oder exspiratorische Stenoseatmung (stockendes, erschwertes Ausatmen) nach körperlicher Anstrengung, mitunter auch das ein- bis zweimalige Auftreten dieser Symptome in einer Woche ohne vorangegangene körperliche Anstrengung. Das mittelgradige Asthma ist gekennzeichnet durch Kurzatmigkeit, Atembeschwerden in der Ruhe und eine erhöhte Atemfrequenz (die betroffene Person strengt sich mehr an, Luft in die Lungen zu bekommen). Mittelschwere Asthmaanfälle können mehrere Tage lang anhalten. Schweres Asthma geht meist mit offensichtlicher expiratorischer Stenoseatmung und niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut einher (Hypoxämie). Sie können Medikamente einnehmen, um die Entzündung in Ihren Atemwegen zu mindern, und um allergische Reaktionen, die Schwellungen auslösen, zu vermeiden oder zu vermindern. Patienten, die unter schwerem Asthma leiden, benötigen manchmal Sauerstoff, um die Sauerstoffkonzentration im Blut zu erhöhen. Tritt eine Lungeninsuffizienz auf, so muss der Patient eventuell künstlich beatmet werden, bis er sich wieder von seinem Anfall erholt hat. Das Asthma bronchiale wird in zwei Kategorien unterteilt: Es kann entweder extrinsische (allergisches Asthma) oder intrinsische (nicht allergisches Asthma) Ursachen haben.

Extrinsisches Asthma Es wird durch Faktoren ausgelöst, die sich außerhalb Ihres Körpers befinden. Zu den Auslösern zählen: Haustiere Pollen Hausstaub, Milben oder Schimmelpilzsporen Arzneibestandteile aggressive Haushaltsreiniger (vor allem chlorhaltige) Verschmutzung der Außenluft (Smog) oder der Innenluft (rußende Kerzen, schlecht ziehender Kamin, Zigarettenrauch)

Intrinsisches Asthma Das intrinsische Asthma wird durch innere Faktoren ausgelöst – also nicht durch Allergene, sondern durch Zustände, die im Inneren Ihres Körpers existieren. Dieser Form des Asthmas geht meistens ein Atemwegsinfekt voran; sie kann jedoch auch durch hormonelle Veränderungen, Stress oder Erschöpfung bedingt sein.

Bronchitis Bronchitis ist eine Entzündung der Bronchien. Eine akute Bronchitis kann beispielsweise nach einer Atemwegserkrankung, nach Kontakt mit irritierenden Substanzen oder nach Kälteeinfluss entstehen. Wenn sich Viren oder Bakterien von Ihrer Nasenhöhle hinunter bis in die Bronchien ausgebreitet haben, bildet Ihr Körper Schleim, der einen anhaltenden Husten auslöst. Diese Form der Bronchitis heilt entweder von selbst ab oder wird durch Medikamentengabe (meist Antibiotika oder alternative Heilmittel) beseitigt. Dagegen geht der chronischen Bronchitis nicht zwangsläufig eine Infektion voraus. Langfristige Belastungen durch irritierende Substanzen (Chemikalien, Zigarettenrauch) können zur Schädigung der Bronchialschleimhaut führen. Die Schleimhaut enthält Zilien (feine Härchen), die Zelltrümmer aus Ihren Lungen heraus befördern. Sind die Zilien jedoch beschädigt, dann hat Ihr Körper Schwierigkeiten, sich

dieser Abfallstoffe zu entledigen. Um die Abfallstoffe abzufangen, sekretiert Ihr Körper immer mehr Schleim, woraus sich ein produktiver Husten ergibt, also ein Husten, bei dem so viel Schleim gebildet wird, dass er zusammen mit den Abfallstoffen ausgehustet werden muss. Chronische Bronchitis hat zur Folge, dass die kleinen Luftwege (Bronchiolen) die Luft nicht mehr so gut passieren lassen und ein Atemwegswiderstand entsteht. Dadurch, dass weniger Luft in die Alveolen transportiert wird, ist der Austausch von O2 und CO2 gestört. Menschen, die unter chronischer Bronchitis leiden, haben einen verminderten Sauerstoffgehalt im Blut und fühlen sich müde, abgeschlagen und wenig leistungsfähig. Aufgrund des Sauerstoffmangels können durch eine chronische Bronchitis auch weitere Körpersysteme geschädigt werden. Eine niedrige Sauerstoffkonzentration im Blut kann die Nieren dazu anregen, ein Hormon zu bilden, das den Körper zur Bildung weiterer Erythrozyten (roter Blutkörperchen) stimuliert. Weil die roten Blutkörperchen O2 mit ihrem Hämoglobin transportieren, versucht der Körper, die Sauerstoffkonzentration durch die Bildung zusätzlicher roter Blutzellen zu erhöhen. Sind zu viele rote Blutzellen im Blutstrom unterwegs, bezeichnet man diesen Zustand als Polyzythämie. In den roten Blutzellen befindet sich nicht genügend Hämoglobin, an das O2 binden kann. Bei den Betroffenen kann man dies an Körperstellen beobachten, an denen die Blutgefäße oberflächlich verlaufen, etwa an der Lippe oder den Fingernägeln. Erscheinen diese Stellen blau, weist dies auf einen zu niedrigen Sauerstoffgehalt im Blut hin. Bei Patienten mit chronischer Bronchitis kann es zudem zu Bluthochdruck und Herzbeschwerden kommen. Aufgrund des ständigen Bestrebens, den Sauerstoffgehalt des Blutes zu erhöhen, kann es zu Spasmen und somit Verengungen in den Lungenvenen kommen. Schließlich steigt der Druck im rechten Ventrikel (rechte Kammer) des Herzens, was zur Ausdehnung des Ventrikels und im schlimmsten Fall

zum Herzversagen führen kann. Diesen Zustand bezeichnet man als dilatierter rechter Ventrikel oder Cor pulmonale. Ein »Cor pulmonale« ist eine Ausweitung und Vergrößerung der rechten Herzkammer. Nach einem Rechtsherzversagen versucht der Körper zunächst, durch die Vergrößerung der rechten Kammer mehr Blut in die Lungen zu transportieren, damit es dort oxygeniert werden kann. Doch das Cor pulmonale, das mit Lungenproblemen einhergeht, die durch chronische Bronchitis oder andere chronisch obstruktive Lungenerkrankungen wie COPD ausgelöst wurden, ist schwer zu behandeln und hat meist eine schlechte Prognose.

Lungenentzündung (Pneumonie) Eine Pneumonie ist eine Entzündung der Lunge, die tödlich enden kann, weil sie den Austausch von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid zwischen den Alveolen und den Kapillaren einschränkt. Die durch Bakterien, Viren oder Pilze ausgelöste Infektion führt zu einer Ansammlung von Schleim und Eiter in den Alveolarsäckchen, und diese Blockade der Alveolarsäckchen erschwert den Austausch von O2 und CO2 erheblich. Wenn die Alveolen verstopft sind, kann O2 nicht aus den Alveolen in die Kapillaren diffundieren, und entsprechend kann CO2 nicht aus den Kapillaren in die Alveolen zu diffundieren. Deshalb haben betroffene Patienten einen niedrigen Blutsauerstoffgehalt. Die Bronchopneumonie ist eine Form der Pneumonie, bei der sowohl die tieferen Atemwege als auch die Alveolen betroffen sind. Bei der lobulären Pneumonie ist nur ein Teil eines Lobus (Lappen) der Lungen, bei der Lobärpneumonie hingegen der komplette Lungenlappen erkrankt. Bakterien, Viren oder Pilze können auf verschiedenen Wegen in Ihre Lunge gelangen. Sie können eingeatmet oder durch medizinische Geräte übertragen werden oder man kann eine Aspirationspneumonie bekommen, wenn man sich übergeben muss und Teile des Mageninhaltes in die Luftröhre gelangen. Die Magensäure kann die Schleimhäute der Trachea und der Bronchien zerstören, sodass diese anfälliger für Infektionen werden. Zusätzlich kann der feste Mageninhalt

Atemwege versperren und eine Infektion verursachen, die zur Pneumonie führt. Unabhängig vom Auslöser der Pneumonie sind die Symptome immer gleich. Häufig geht die Lungenentzündung mit Fieber, Schüttelfrost, Husten und rasselnden Lungengeräuschen einher. Bei einigen Patienten führt sie auch zu Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Schmerzen in der Brust, Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Zyanose (Blaufärbung der Lippen und der Fingernägel) sowie einer erhöhten Herzfrequenz. Menschen mit einem normal funktionierenden Immunsystem und einem gesunden Atmungsapparat können eine Pneumonie normalerweise überwinden und wieder vollständig genesen. Es gibt jedoch einige Risikogruppen, bei denen die Gefahr, an einer Lungenentzündung zu erkranken und einen schwereren Krankheitsverlauf zu durchleben, erhöht ist. Hierzu zählen beispielsweise Raucher und Alkoholkranke sowie Menschen, auf die folgende Faktoren zutreffen: Krebs bauch- oder brustchirurgischer Eingriff chronische Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma, cystische Fibrose oder Bronchitis Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken (wie Corticosteroide) Mangelernährung Sichelzellenkrankheit AIDS Die Therapie einer Pneumonie hängt von der Ursache der Entzündung ab. Nur bakterielle Infektionen können mit Antibiotika behandelt werden; bei einer viral induzierten Pneumonie können deshalb nur die Symptome des Patienten gemildert werden in der Hoffnung, dass das Immunsystem stark genug ist, um mit der Entzündung fertig zu werden.

Tuberkulose

Die Tuberkulose (TB) ist eine bakterielle Erkrankung der Lungen. Der Übeltäter ist hier ein Bakterium, das auf den klangvollen Namen Mycobacterium tuberculosis hört und extrem schwer aus dem Körper zu entfernen ist, da der Erreger in den Zellen lebt und vom Immunsystem kaum entdeckt werden kann. Trotzdem ist die Therapie meist erfolgreich, wenn die Erkrankung früh diagnostiziert wird und die Medikamente über einen ausreichenden Zeitraum hinweg eingenommen werden. Eine TB-Infektion läuft in den folgenden Schritten ab: Eine Person, die bereits mit TB infiziert ist, hustet oder niest. Wenn Sie die ausgehusteten oder ausgeniesten Tröpfchen einatmen, gelangt das Bakterium in Ihre Lunge. Ihr Immunsystem antwortet genau so auf die eingedrungenen Bakterien wie auf jede andere Infektion auch: Es schickt weiße Blutkörperchen und Makrophagen an den Infektionsort (siehe Kapitel 13). Die Makrophagen schließen die Bakterien ein und transportieren sie zu den Lymphknoten, so wie sie dies auch normalerweise tun würden. Trotzdem beginnen die Makrophagen, sich abnormal zu verhalten. Sie verklumpen und bilden Tuberkel. Überall dort, wo sich Tuberkel bilden, wird das umliegende Gewebe zerstört, und Narbengewebe schließt die Tuberkel ein. Wenn genügend von Narbengewebe umschlossene Tuberkel gebildet wurden, entzünden sich die Lymphknoten und können platzen. Dadurch kann sich die Infektion von den Lymphknoten auf das umliegende Gewebe ausbreiten. Da Lymphknoten überall in Ihrem Körper zu finden sind, kann die TB auch leicht andere Bereiche Ihres Körpers infizieren. Das Lungengewebe selbst kann sich ebenfalls entzünden und absterben, sodass ein Loch in einem Bronchus oder der Lunge entsteht (das Gewebe sieht zerfressen aus; siehe Abbildung 10.6), und dies kann zu

einem Zustand führen, der als Pneumothorax bezeichnet wird. Hierbei dringt Luft in den Pleuralspalt ein und die Lunge kollabiert.

Abbildung 10.6: Mit Tuberkulose infizierte Lunge. (A) Illustration (B): Tuberkulose im Röntgenbild rechts sichtbar

Eines der Hauptprobleme bei der Tuberkulose ist, dass die Symptome erst lange nach der eigentlichen Infektion mit dem Bakterium auftreten, sodass der Patient lange nichts von seiner Infektion bemerkt. Die betroffene Person kann den Erreger durch Husten und Niesen verbreiten, ohne zu wissen, dass sie andere Personen infiziert hat.

Lungenemphysem Das Lungenemphysem (siehe Abbildung 10.7) gehört zu den chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, kurz COPD genannt (COPD steht für das englische »chronic obstructive pulmonary disorder«). Typischerweise als Problem bei Rauchern bekannt, betrifft diese Erkrankung jedoch auch Menschen, die über einen längeren Zeitraum hinweg Chemikalien, Asbest oder Kohlenstaub ausgesetzt waren. Atmet man diese Giftstoffe lange ein, können diese Noxen die Bronchiolen schädigen. Die betroffenen Bronchiolen kollabieren und schließen dabei Luft ein. Die eingeschlossene Luft kann die winzigen Alveolen platzen lassen und zerstört damit einen Teil Gasaustauschfläche. Die Dehnbarkeit der Lunge ist herabgesetzt, und dem Patienten mit Lungenemphysem fällt die Atmung schwer. Menschen, die unter dieser Erkrankung leiden, zeigen eine Dyspnoe (Kurzatmigkeit). Im weiteren Verlauf der Erkrankung werden immer mehr Alveolen zerstört, sodass immer weniger Sauerstoff in den Blutstrom gelangt, und das bedeutet, dass auch immer weniger Sauerstoff das Gehirn erreicht. Als Folge des Sauerstoffmangels leiden die Betroffenen häufig an Müdigkeit, Reizbarkeit und Depressionen.

Abbildung 10.7: Gesunde Alveolen und Lungenemphysem

Lungenkrebs Das Lungenkarzinom (Lungenkrebs) ist gewissermaßen die Mutter aller Atemwegserkrankungen und bei Rauchern weit verbreitet. Die Zahlen der an Lungenkrebs erkrankten Patienten stehen in direkter Korrelation zu der Zahl der Raucher in der Bevölkerung. Lungenkrebs folgt einem ganz bestimmten Ablauf, so wie auch die chronische Bronchitis. 5. Die Zellen in Ihrem respiratorischen Epithel, das die Bronchien auskleidet, verdicken und verhärten sich. Dies geschieht als Antwort auf die dauerhafte Exposition mit einem reizenden Stoff wie eben Zigarettenrauch. 6. Die Zilien werden unbeweglich und sind nun nicht mehr in der Lage, Abfallstoffe aus der Lunge zu entfernen. Staub- und Rußpartikel verschmutzen Ihre Lunge. 7. Im respiratorischen Epithel bilden sich abnorme, krankhafte Zellen, die verklumpen und einen Tumor (eine Wucherung, die aus wachsenden abnormen Zellen besteht) bilden.

8. Einige der abnormen Zellen spalten sich ab und wandern an einen neuen Ort in der Lunge, an dem sie einen neuen Tumor bilden (Metastasenbildung). 9. Mit zunehmendem Tumorwachstum werden die Atemwege versperrt. Letztendlich führt dies zur Unterbindung der Sauerstoffzufuhr, und die Lunge kollabiert. 10. Durch den Kollaps Ihrer Lunge werden die Staub- und Rußpartikel, die sich in der Lunge befinden, eingeschlossen. Dies führt häufig zur Infektion wie zum Beispiel einer Pneumonie oder einem Abszess (einer abgekapselten Eiteransammlung). 11. An diesem Punkt muss ein Teil Ihrer Lunge oder die komplette Lunge entfernt werden. Die Therapie des Lungenkarzinoms richtet sich danach, wo und wie früh die abnormen Zellen entdeckt wurden. Wird der Krebs in einem frühen Stadium erkannt, können die Entzündungen mithilfe von Antibiotika behandelt werden, der krankheitsauslösende Faktor kann vermieden werden (man kann beispielsweise das Rauchen aufgeben), und die Zellen normalisieren sich eventuell wieder. Um die Tumorstreuung einzugrenzen, kann Chemotherapie angewendet werden. Wenn sich der Lungenkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium befindet, kann die chirurgische Entfernung eines Teils der Lunge notwendig werden.

Übungsaufgaben zu Kapitel 10 Frage 1: Welche der folgenden Gase sind ungelöst und werden im Blut gebunden transportiert? a. Stickstoff und CO2 b. Chlor und CO2 c. Sauerstoff und CO2 d. Stickstoff und O2

Frage 2: Ein besonders wichtiger Stoff für den Gastransport ist a. Acetylcholin b. Hämoglobin c. Adrenalin d. Antihistamin Übung 3–7: Ordnen Sie die folgenden Begriffe den Beschreibungen zu. 1. ______ Anoxie 2. ______ innere Atmung oder Zellatmung 3. ______ Asphyxie 4. ______ Hypoxie 5. ______ äußere oder Lungenatmung a. niedriger O2-Gehalt in der Einatmungsluft b. O2-Mangel und CO2-Überschuss c. Gasaustausch zwischen Kapillaren und Zellen d. Sauerstoffmangel auf der Zellebene e. Gasaustausch in der Lunge

Frage 8: Gasaustausch findet statt zwischen den Kapillaren und a. der Trachea b. den Alveolen c. den Primärbronchien d. den Terminalbronchien

e. den Sekundärbronchien

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Ungelöst und gebunden im Blut transportiert werden c. Sauerstoff und CO2.

Frage 2 Ein besonders wichtiger Stoff für den Gastransport ist b. Hämoglobin.

Übung 3–7 So sollten Sie die Begriffe zuordnen: 1. Anoxie: d. Sauerstoffmangel auf der Zellebene 2. Innere Atmung oder Zellatmung: c. Gasaustausch zwischen Kapillaren und Zellen 3. Asphyxie: b. O2-Mangel und CO2-Überschuss 4. Hypoxie: a. niedriger O2-Gehalt in der Einatmungsluft 5. Äußere oder Lungenatmung: e. Gasaustausch in der Lunge

Frage 8 Gasaustausch findet statt zwischen den Kapillaren und b. den Alveolen. Sie sind die kleinste Einheit der Lunge, daher ist es logisch, dass hier der molekulare Gasaustausch stattfindet.

Kapitel 11

Meister des Abbaus: der Verdauungsapparat IN DIESEM KAPITEL Wie Nährstoffe in den Blutstrom gelangen Die »Müllabfuhr« Ihres Körpers Gallenblase, Pankreas und Leber

Der Verdauungsapparat steht, wie das Atmungssystem auch, eng mit dem Blutstrom in Verbindung. Das muss auch so sein, denn jede Zelle Ihres Körpers benötigt eine konstante Nährstoffzufuhr für ihr Überleben. Die vom Verdauungssystem zerlegte Nahrung muss jedoch erst in den Blutstrom gelangen, bevor die Körperzellen versorgt werden können. Dieses Kapitel erklärt Ihnen nicht nur diesen Vorgang und den anatomischen Aufbau des Verdauungsapparates (siehe Abbildung 11.1), sondern auch, wie Ihr Körper die Abfallstoffe entsorgt. Am Ende dieses Kapitels finden Sie einige der Ursachen und Symptome ausgewählter Krankheiten des Verdauungssystems sowie mögliche Therapieansätze.

Abbildung 11.1: Die Organe des Verdauungsapparates

Dem Weg der Nahrung folgen Der Verdauungsapparat hat, wie der Name schon sagt, die Funktion, Nahrung zu verdauen (abzubauen). Aber das ist noch nicht alles – er muss auch die in Moleküle zerlegten Bestandteile des Verdauten in den Blutstrom transportieren und Nahrungspartikel entsorgen, die Ihr Körper nicht verwerten kann. Und genau das macht dieses Körpersystem so wichtig für Ihr Überleben! Alle Ihre Organe und Gewebe sind auf die

Versorgung durch den Verdauungsapparat angewiesen, der den »Treibstoff« für Ihren Überleben liefert.

Vorsicht, bissig! Und das alles beginnt mit der Mundhöhle (Cavitas oris), dem »Tor« zu den anderen Verdauungsorganen. Neben der Nahrungsaufnahme erfüllt Ihr Mund noch einige andere wichtige Aufgaben, die mit der Verdauung in Verbindung stehen.

Zeigt her eure Zähne! Ihre Zähne reißen und mahlen die Nahrung in Stücke, die irgendwann klein genug sind, dass sie verdaut werden können. Das menschliche Gebiss umfasst 32 Zähne, die in vier Gruppen eingeteilt werden: Canini (Singular: Caninus) sind die Eckzähne, die Nahrung (wie Fleisch) reißen können. Incisivi (Singular: Incisius) sind Schneidezähne, die zum Beißen dienen. Prämolare liegen vor den Molaren und sind etwas kleiner, haben aber eine ähnliche (Mahl-)Funktion. Molare sind flache Backenzähne, die zum Mahlen von Nahrung geeignet sind. Daher werden sie auch Mahlzähne genannt. Das Zahnfleisch hält die Zähne in Position, und die Wurzeln Ihrer Zähne sind mit einer Art Kittmasse, die Wurzelzement genannt wird, in den Kieferknochen (Mandibula) eingebettet. Blutgefäße, die den Unterkiefer durchziehen und bis in die Zahnpulpa reichen, versorgen den Zahn mit Blut. Die Pulpa ist von Dentin (Zahnbein) überzogen, einer knochenähnlichen Substanz, die wiederum von der extrem harten Schicht des Zahnschmelzes bedeckt ist.

Schmerz, lass nach Wenn Sie Ihre Zähne nicht regelmäßig putzen und die Zahnzwischenräume mit Zahnseide säubern, können Sie irgendwann Karies bekommen. Bakterien, die ständig in Ihrer Mundhöhle vorhanden sind, können die Essensreste nämlich auch gut gebrauchen und bilden

dann Säuren, die den Zahnschmelz angreifen und eine Höhle hinterlassen. Ist die Höhle tief genug, dann können Bakterien in die Pulpa eindringen, große Schmerzen verursachen und möglicherweise eine Infektion hervorrufen, die man »Abszess« nennt.

Was die Zunge hält Ihre Zunge besteht aus Muskelgewebe, das genauso aufgebaut ist wie das Muskelgewebe, das sich in Ihren Armen und Beinen befindet. Über diesen Muskeln befinden sich eine Schleimhautschicht mit Geschmackspapillen (Papillae gustatoriae), in denen sich die Geschmacksknospen (Caliculi gustatorii) befinden. Die Geschmacksknospen erkennen bestimmte chemische Stoffe in der Nahrung und senden diese Informationen über Nervenbahnen zum Gehirn (siehe Kapitel 7). Ein Apfel enthält zum Beispiel natürlichen Zucker (Fructose) und andere Kohlenhydrate (in Form von Stärke). Die Geschmacksknospen, die sich auf die Erkennung der Geschmacksrichtung »süß« spezialisiert haben, senden eine Nachricht an Ihr Gehirn, das dann herausfindet, was Sie gerade essen, und den Geschmack bildet. Roher Brokkoli enthält chemische Stoffe, die etwas bitter schmecken. Die Geschmacksknospen, die »bitter« wahrnehmen, senden ein Signal an Ihr Gehirn, das dann höchstwahrscheinlich entscheidet, dass Sie aber echt einen Dip dazu brauchen, um den bitteren Geschmack zu kaschieren. Muskeln verbinden Ihre Zunge mit Ihrem Schädelknochen, und die Schleimhaut auf der Zungenunterseite befestigt die Zunge mit dem Boden der Mundhöhle. Die Schleimhautfalte, die Sie zwischen der Unterseite der Zunge und dem Unterkiefer spüren können, heißt Zungenbändchen (Frenulum linguae).

Speichel spucken In der Mundhöhle befinden sich mehrere Speicheldrüsen (Glandulae salivales), deren Aufgabe darin besteht, zu Beginn des Verdauungsprozesses Substanzen zu sekretieren – oft schon, bevor Sie etwas zu sich nehmen. Allein der Geruch der Speisen oder der

Beschluss, bald etwas zu essen, können einem »das Wasser im Mund zusammenlaufen« lassen. Der Speichel ist jedoch nicht einheitlich zusammengesetzt, sondern wird von drei verschiedenen Drüsentypen gebildet: Unterzungenspeicheldrüsen (Glandulae sublinguales): Diese paarig angelegten Drüsen sitzen unter Ihrer Zunge. Unterkieferspeicheldrüsen (Glandulae submandibulares): Diese befinden sich unter dem Kieferknochen, aber innerhalb der Mundhöhle unter der Zunge. Ohrspeicheldrüsen (Glandulae parotes): Diese paarige Drüse sitzt jeweils rechts und links in Ihrer Wange, direkt unter Ihren Ohren. Diese Drüse schwillt während einer Mumpsinfektion so stark an, dass der Betroffene »Hamsterbacken« bekommt. Der Speichel besteht aus Schleim (Mucus), der die Nahrung befeuchtet und beim Hinunterschlucken hilft, sowie dem Enzym Amylase, das sofort nach der Aufnahme der Nahrung in den Mund damit beginnt, die in den Speisen enthaltenen Kohlenhydrate (Stärke) aufzuspalten. Enzyme sind Proteine, die im Körper ablaufende chemische Reaktionen beschleunigen. (Mehr über Enzyme erfahren Sie im Abschnitt »Gerührt und nicht geschüttelt – Einblicke in den Magen«.)

Vom Mund in den Magen durch Pharynx und Ösophagus Obwohl der Pharynx und der Ösophagus ihrem Klang nach ebenso gut ägyptische Sehenswürdigkeiten oder orientalische Flüsse sein könnten, sind sie Teil Ihres Verdauungsapparates. Der Rachen oder Pharynx befindet sich am Eingang der Speiseröhre (Ösophagus), durch die aufgenommene Nahrungsmittel und Getränke vom Mund in den Magen gelangen. Wenn Sie Ihr Essen kauen, werden die Stücke von der Zunge zusammen mit dem Speichel hin und her bewegt und zu einem Ball geformt, der als Bolus bezeichnet wird. Wenn Sie schlucken, prallt der Bolus über den knorpeligen Kehldeckel (Epiglottis) ab und fällt so vom Kehlkopf (Larynx) in den Ösophagus.

Es gibt einen Spruch, der Folgendes besagt: »Ex und hopp, rein in den Kopp, direkt in den Magen, der kann´s vertragen!« Dabei wurde der Ösophagus wohl einfach vergessen! Was mit der Nahrung zwischen dem Mund und dem Magen passiert, das erfahren Sie im folgenden Abschnitt. Der Ösophagus besitzt an seinem Eingang und Ausgang jeweils einen ringförmigen Schließmuskel oder Sphinkter, den der Bolus passieren muss. Der Sphinkter, der sich am Eingang befindet, wird als oberer Ösophagussphinkter bezeichnet. Muskelbewegungen (Peristaltik) befördern den Nahrungsbolus abwärts und durch den Ösophagus: Das Muskelgewebe in der Wand des Verdauungsapparates zieht sich zusammen und presst den Bolus durch die Speiseröhre. Stellen Sie sich einfach vor, wie Sie Zahnpasta aus einer Tube drücken. Ihre Hand, die auf die Tube drückt, funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Peristaltik; und die Zahnpasta, die vorne aus der Tubenöffnung gequetscht wird, ist mit der Bewegung des Bolus vergleichbar. Wenn der Bolus durch die Peristaltik an den Ausgang des Ösophagus geschoben wurde, öffnet sich der untere Ösophagussphinkter und erlaubt dem Bolus die Passage in den Magen.

Gerührt und nicht geschüttelt – Einblicke in den Magen Nach seiner Reise durch den Ösophagus fällt der Nahrungsbolus in Ihren Magen, doch Sie spüren nicht, wie er »hinunterplumpst«. Der Magen ist ein Hohlorgan, das aus vier verschiedenen Schichten aufgebaut ist: Serosa (Tunica serosa): bedeckt den Großteil des Magens Muskularis (Tunica muscularis): bildet den Hohlraum und vermischt die Nahrung Submukosa (Tunica submucosa): verbindet die Tunica muscularis mit der Tunica mucosa

Mukosa (Tunica mucosa): schützt die innerste Auskleidung des Magens (Schleimhaut) Die Muskelschicht besteht aus drei Schichten von Muskelfasern, die in unterschiedliche Richtungen verlaufen. Die drei Muskelfasertypen erlauben es dem Magen, sich bei Bedarf zu kontrahieren, um die Speisen, die Sie zu sich genommen haben, kräftig zu vermengen. Die Tunica mucosa des Magens (auch Magenmukosa oder Magenschleimhaut genannt) ist eine Schleimhaut, die den Magen auskleidet. In dieser Schicht befinden sich sogenannte Rugae (Schleimhautfalten), die zur Vergrößerung der Magenoberfläche dienen. Füllt sich der Magen mit Nahrung, dann glätten sich die Rugae (Singular »Ruga«) und gestatten dabei dem Magen, sich auszudehnen. Stellen Sie sich ein ungemachtes Bett vor, auf dem die Laken zusammengeballt in Falten herumliegen. Diese Falten entsprechen den Rugae. Wenn die Laken ein Knäuel bilden, bedecken sie nicht das gesamte Bett. Wenn Sie das Laken ausbreiten und glätten, vergrößert sich seine Oberfläche und deckt die Matratze vollständig ab. Wenn die im Magen befindlichen Dehnungsrezeptoren einen Punkt erreichen, an dem sie Nervenreize an das Gehirn senden, und Ihr Gehirn erkennt, dass Ihr Magen voll ist, dann tritt bei Ihnen die Sättigung ein. Die Dehnungsrezeptoren sitzen in der Wand des Magens. So wie der Ösophagus und der Mund (Sie können es an der Innenseite Ihrer Wange spüren) von Schleimhaut (Tunica mucosa) überzogen sind, so kleidet auch eine Schleimhaut das Innere Ihres Magens aus. Genau genommen zieht die Schleimhaut ohne Unterbrechung von Ihrem Mund durch den gesamten Verdauungsapparat hindurch. Eine ihrer Aufgaben besteht darin, Ihre Verdauungsorgane vor den aggressiven Säuren wie zum Beispiel der Salzsäure (Magensäure) zu schützen, die vom Verdauungssystem gebildet wird.

Millionen winziger Magendrüsen (Glandulae gastricae), die einen Teil der Schleimhaut des Verdauungstraktes darstellen, produzieren den Magensaft mit einem pH-Wert zwischen 1 und 1,5. Diese Flüssigkeit enthält Salzsäure (HCl) und Pepsinogen (die Vorstufe des Enzyms Pepsin), die mit dem Abbau der Proteine in die kleineren Peptide beginnen. HCl ist eine der sauersten Substanzen, die es gibt. Der Vorteil liegt darin, dass die Salzsäure in der Lage ist, mit der Nahrung aufgenommene Bakterien unschädlich machen und das Pepsinogen in Pepsin umwandeln zu können. Und sie besitzt die Fähigkeit, im Fleisch enthaltenes Bindegewebe abzubauen (falls Sie sich jemals Gedanken darüber gemacht haben, wie Ihr Körper es schafft, das Steak zu verdauen, das Sie gegessen haben). Und falls Sie sich fragen, wozu Ihr Magen eine Schleimhaut braucht … nun, Enzyme sind nicht wählerisch und können zwischen Steak und Magenwand nicht unterscheiden. Ohne Schleimhaut verdaut sich Ihr Magen selbst. Mehr zu diesem Thema finden Sie weiter unten unter der Überschrift »Unangenehme Ulcera«. Die Salzsäure im Magensaft regt zudem die Zellen der Magenwand dazu an, ein Hormon namens Gastrin (von »Gaster«, der Magen) abzugeben. Das Gastrin wird durch die Magenschleimhaut in die Kapillaren geschleust, um schließlich mit dem Blutstrom weiter transportiert zu werden. Es reguliert die Abgabe von HCl, von Schleim und Pepsinogen, den Komponenten, aus denen der Magensaft zusammengesetzt ist. Solange das Gastrin durch den Blutstrom schwimmt, sekretiert Ihr Magen Magensaft. Das bedeutet, dass Ihr Magen kontinuierlich Säuren abgibt, wenn Sie Speisen zu sich nehmen, damit die aufgenommene Nahrung abgebaut werden kann. Diese Ablaufkette gewährleistet, dass immer eine ausreichende Menge an Magensaft vorhanden ist, um die Nahrungsmenge zu verdauen, die Sie zu sich nehmen. (Genaueres über Gastrin, den Magensaft und den Magen erfahren Sie in Kapitel 8.) Die Kontraktionen Ihres Magens, mit deren Hilfe die Nahrung vermischt und »geknetet« wird, sind Teil Ihrer physiologischen Verdauung, so wie

der Vorgang des Kauens, des Schluckens oder der Peristaltik. Der Magen hilft mit seinen Kontraktionen der chemischen Verdauung, die den eigentlichen Nahrungsabbau betreibt. (Mehr darüber erfahren Sie im Abschnitt »Chemischer Abbau« weiter hinten in diesem Kapitel.)

Abbildung 11.2: Magen mit Pankreas und Gallenblase

Nachdem der Magen den Bolus durchgeknetet und die Magensäure ihn angedaut hat, verwandelt er sich mehr und mehr zu einer haferschleimähnlichen Masse, die als Chymus (Speisebrei) bezeichnet wird. Dieser Vorgang dauert zwischen zwei und sechs Stunden. Danach gelangt der Chymus über einen Sphinkter, den Sphincter pylori (auch kurz als »Pylorus« oder »Pförtner« bezeichnet) in das Duodenum (Zwölffingerdarm). Der Sphincter pylori ist ein muskulöser Ring, der den unteren Abschnitt des Magens vom Duodenum, das den ersten Abschnitt des Dünndarms bildet, trennt.

Um sich vorstellen zu können, wie der Chymus in Ihren Dünndarm spritzt, denken Sie einfach an eine Zuckerglasur, die aus dem Loch einer Plastiktüte spritzt. Hierbei ist die Tüte mit Ihrem Magen vergleichbar, das Loch mit dem Pylorus und die Zuckerglasur mit dem Chymus. Na, dann guten Appetit!

Testen, wie stark Ihr Darm ist Der Beginn des Dünndarmes, der Zwölffingerdarm (Duodenum), nimmt den Chymus aus dem Magen auf. Seiner Länge von 25 Zentimetern, die etwa zwölf hintereinandergelegten Fingern entspricht, verdankt das Duodenum seinen umgangssprachlichen Namen. Von hier aus tritt der Speisebrei seinen langen Weg durch Ihren Körper an. Seine nächste Station ist der etwa ein Meter lange Leerdarm (Jejunum). Der letzte Dünndarmabschnitt ist der rund 1,8 Meter lange Krummdarm (Ileum. Insgesamt hat der Dünndarm eine Länge von etwa drei Metern! Als »Dünndarm« wird er deshalb bezeichnet, weil der Durchmesser seines Lumens (seines inneren Hohlraumes) viel geringer ist als das des Dickdarmes, der dafür viel kürzer als der Dünndarm ist. Sowohl der Dünn- als auch der Dickdarm bestehen aus zwei Muskelschichten – einer longitudinalen Schicht, die längs verläuft, und einer zirkulären Schicht, die den Darm kreisförmig umfasst, sowie einer Schleimhautschicht, die den Darm von innen auskleidet.

Er erledigt den Löwenanteil Ihrer Verdauung: der Dünndarm Der Dünndarm übernimmt den Großteil der Arbeit, die der Verdauungsapparat zu leisten hat. Wenn der Chymus im Duodenum ankommt, sondern in der Tunica submucosa gelegene BrunnerDrüsen Schleim und Bikarbonat ab. Die als Duodenalsaft bezeichnete Flüssigkeit hilft dabei, die starken Magensäuren, die im Chymus enthalten sind, zu neutralisieren. Die Zellen, die in der Wand des Dünndarms sitzen, sekretieren die Hormone Sekretin und Cholecystokinin (CCK) und machen den Dünndarm somit ebenfalls zu einem Verdauungsorgan. Nach ihrer

Bildung werden die beiden Hormone aus dem Dünndarm in den Blutstrom absorbiert und zu ihren Zielorganen Gallenblase und Pankreas (Bauchspeicheldrüse) transportiert, wo sie die Gallenblase dazu anregen, Gallensaft auszuschütten, und das Pankreas dazu stimulieren, Pankreassaft abzugeben. (Genaueres darüber erfahren Sie im Abschnitt »Chemischer Abbau« weiter hinten in diesem Kapitel.) Der Dünndarm bekommt allerdings noch etwas Hilfe seitens der anderen Verdauungsorgane. Zusätzlich zu den Zellen, die Schleim (Mucus) abgeben, sitzen in der Duodenalwand Zellen, die Verdauungsenzyme sekretieren. Diese Zellen werden Lieberkühn-Krypten genannt und sekretieren Enzyme, die über Gänge der Leber und des Pankreas in das Duodenum abgegeben werden. Zu dem Zeitpunkt, an dem der Speisebrei das Duodenum verlässt, ist er nahezu vollständig verdaut. Die Kohlenhydrate, Proteine und Fette, aus denen die Nahrung aufgebaut ist, die Sie vor einigen Stunden in Ihren Mund befördert haben, wurden zu Molekülen abgebaut, die in die Blutgefäße absorbiert werden können. Hierzu zählen beispielsweise Glucose, Aminosäuren, Fettsäuren und Glycerin. Nachdem diese Moleküle bereitstehen, werden sie von wellenförmigen Muskelbewegungen – der Darmperistaltik – in das Jejunum und das Ileum des Dünndarms befördert. Die Schleimhaut des Jejunums und Ileums ist durchweg von mehreren Millionen Villi – auch Zotten genannt – gesäumt. Diese fingerförmigen Auswüchse der Schleimhaut reichen bis in das Lumen des Dünndarms (siehe Abbildung 11.3). Die Zellen der Villi sind zum Darmlumen hin mit zahlreichen Mikrovilli besetzt. Jeder Villus wird von einer Kapillare umgeben, über die Nährstoffe direkt in den Blutstrom aufgenommen werden können. Ebenso wie die Zotten sorgen auch die Mikrovilli für eine Vergrößerung der Oberfläche des Dünndarms. Über das Kreislaufsystem gelangen die Nährstoffe dann in jede Ecke und jeden Winkel Ihres Körpers.

Mikrovilli sind noch viel kleinere Fortsätze, die von den Villi abgehen und als Absorptionsort für Nährstoffe dienen. Die Nährstoffe – zum Beispiel Glucose, Aminosäuren oder Elektrolyte – werden durch die Mikrovilli in Zellen der Villi hinein geschleust. Der Transport der Nährstoffe erfolgt aktiv und benötigt Energie in Form von ATP. Auf dem gleichen Weg werden die Nährstoffe dann von den Villi in die Kapillaren hinein transportiert. (In Kapitel 3 finden Sie eingehendere Informationen zu den Themen »ATP« und »aktiver Transport«.)

Abbildung 11.3: Mikrovilli im Dünndarm

Nachdem die von Ihnen aufgenommene Nahrung sich ihren Weg durch alle drei Dünndarmabschnitte gebahnt hat und die Nährstoffe, die Ihr Körper benötigt, in den Blutstrom aufgenommen wurden, bleiben am Boden des Ileums nur noch die Abfallstoffe übrig, die für Sie wertlos sind. Diese Überreste werden weiter in den Dickdarm befördert, dessen Aufgabe die Entsorgung der Abfälle ist.

Auch die Drecksarbeit muss gemacht werden

Okay, noch einmal kurz zurück zum Dünndarm. Wenn die gesamte Nahrung verdaut und in ihre kleinstmöglichen Bestandteile zerlegt worden ist, sickert der teigartige Chymus vom Dünndarm weiter in den Dickdarm (Colon). Hier gibt es keinen Sphinkter, keine Knetbewegungen und keine Enzyme, die Kohlenhydrate, Fette oder Eiweiße abbauen. Der Chymus ist bereit, ausgeschieden zu werden. Vom letzten Abschnitt des Dünndarms aus – dem Ileum – gelangt der Chymus durch die Ileocaecalklappe in den Blinddarm (Caecum), den ersten Abschnitt des Dickdarms. Der Dickdarm (siehe Abbildung 11.4) hat eine Gesamtlänge von etwa 1,5 Metern und flankiert gewissermaßen den Dünndarm. Hinter dem Caecum zieht der Dickdarm als Colon ascendens nach oben, biegt dort als Colon transversum ab und zieht als Colon descendens wieder abwärts. (Niemand behauptet, dass Anatomen kreativ sind; wenn sie es wären, könnte man sich die Bezeichnungen der einzelnen Körperteile sicher viel schwerer merken.) Der Mastdarm (Rectum) hält die Fäzes (den Stuhl) so lange, bis Sie die Möglichkeit haben, sich ihrer zu entledigen. Dieser Vorgang wird als Defäkation bezeichnet. Bei der Defäkation passiert die Fäzes den Analkanal und verlässt den Körper über den After (Anus).

Abbildung 11.4: Der Dickdarm

Der wesentliche Vorgang, der im Dickdarm geschieht, ist die Absorption von Wasser aus dem Speisebrei in die Dickdarmschleimhaut. Das Wasser diffundiert hierbei in die Kapillaren und tritt wieder in den Blutstrom ein. Durch den Wasserentzug werden die unverdaulichen Abfallstoffe im Colon verdichtet und zu Fäzes geformt. Zusätzlich zu den Speiseabfällen enthält die Fäzes tote Zellen aus dem Körper. Die braune Farbe entsteht durch eine Kombination aus den grün-gelben Gallenfarbstoffen, abgebautem Hämoglobin und Bakterien. Bakterien der Gattung Escherichia coli sind hierbei die vorherrschenden Bakterien im Dickdarm. Die E. coli-Bakterien können Teile des unverdaulichen Materials in Ihrer Fäzes als Nahrung nutzen (und Sie denken, dass Rosenkohl nicht schmeckt!). Indem sie die Reststoffe verdauen, bilden die Bakterien Moleküle, die einen wohlbekannten »Geruch« besitzen. Das ist nichts, wofür man sich schämen sollte (na ja, direkt stolz macht es einen aber auch nicht). Trotzdem sind E. coli und zahlreiche andere im Colon ansässige Bakterien wichtig für Ihre Verdauung, da sie unverdaubare Nahrungsbestandteile zersetzen. Einige dieser nützlichen Bakterien bilden sogar Vitamine, die Ihr Körper im Colon benötigt. Beispielsweise gibt es Bakterien, die das für die Blutgerinnung notwendige Vitamin K produzieren, das von der Colonschleimhaut absorbiert und über die Kapillaren in den Blutstrom befördert wird. Während das Colon seine Aufgaben erledigt, wird die Fäzes allmählich von der Peristaltik in das Rectum befördert. Wenn sich dort etwa 150 bis 200 Gramm Fäces angesammelt hat, dehnt es sich. Dehnungsrezeptoren im Rectum bemerken dies und senden ein Signal über einen Nerv an das Gehirn, das dann entscheidet, dass Sie Stuhl abgeben müssen. Normalerweise befindet sich Ihr Sphincter anus externi im kontrahierten Zustand, damit die Fäzes den Körper nicht ungewollt verlässt. Wenn Sie jedoch bereit sind, zu defäkieren, entspannt sich der Ringmuskel, öffnet sich und erlaubt der Fäzes den Austritt.

Chemischer Abbau

Wenn Sie hören, dass der Verdauungsapparat für den Abbau der Nahrung zuständig ist, stellen Sie sich vielleicht vor, dass die Organe des Verdauungssystems diese Aufgabe erfüllen. Indirekt tun sie das sicherlich. Doch die meisten Verdauungsorgane haben die Funktion von Drüsen – sie sekretieren Hormone (und Enzyme), die dann wirklich die »Drecksarbeit« erledigen (siehe Abbildung 11.5).

Abbildung 11.5: Lage der akzessorischen Verdauungsorgane

Das Pankreas, die Leber und die Gallenblase werden häufig als akzessorische Verdauungsorgane (Anhangsorgane des Verdauungstraktes) bezeichnet, da sie nicht direkt am Kneten, Drücken und Wenden der breiigen Nahrung beteiligt sind. Stattdessen tragen sie einiges zum ebenso wichtigen Prozess der chemischen Verdauung bei.

Schlemmen mit dem Pankreas Das Pankreas (Bauchspeicheldrüse) sitzt neben dem Duodenum des Dünndarms und hinter dem Magen. Diese Drüse ist dafür bekannt, dass sie Insulin sekretiert: ein Hormon, das dem Körper dabei hilft, den Blutglucosespiegel auf einem konstanten Niveau zu halten. Die Herstellung des Insulin ist eine endokrine Funktion des Pankreas. (Mehr über das Pankreas und Insulin erfahren Sie in Kapitel 8.) Davon abgesehen ist das Pankreas der Bildungsort vieler weiterer für die Verdauung bedeutsamer Substanzen. Der Pankreassaft enthält Enzyme, die Kohlenhydrate, Fette und Proteine verdauen. Er enthält zudem Natriumbikarbonat (den Stoff, der auch im Backpulver enthalten ist), das eine wichtige Rolle bei der Neutralisierung der im Chymus enthaltenen Magensäuren spielt. Im Abschnitt »Gerührt und nicht geschüttelt – Einblicke in den Magen« weiter vorne in diesem Kapitel erfahren Sie mehr über den Chymus.) Die Reduzierung der Azidität (Säure) ist notwendig, da die Enzyme nur dann arbeiten können, wenn der pH-Wert des Chymusgemisches neutral ist. Ist die Mischung zu sauer, sind die Enzyme nicht aktiv, und die Verdauung ist unvollständig, was zu Magen-Darm-Beschwerden führt. Nahezu jede Pankreaszelle sekretiert Pankreassaft und gibt diesen an den Pankreasgang (Ductus pancreaticus) ab, durch den das Sekret direkt in das Duodenum des Dünndarms gelangt. Zu den im Pankreassaft enthaltenen Enzymen zählt Trypsin, Peptidase, Nuclease, Lipase, Amylase, Lactase, Saccharose und Maltase. Tabelle 11.1 zeigt Ihnen, welche Aufgaben die einzelnen Pankreasenzyme erfüllen. Enzym

Substrat

Spaltprodukt

Trypsin

Proteine

Peptide (Ketten aus Aminosäuren)

Peptidase

Peptide

Einzelne Aminosäuren

Lipase

Fette

Fettsäuren und Glycerin

Nuclease

Nucleinsäuren (DNA, RNA) Nucleotide

Amylase

Kohlenhydrate (Stärke)

Glucose und Fructose

Enzym

Substrat

Spaltprodukt

Saccharase Saccharose

Glucose und Fructose

Maltase

Maltose

Glucose

Lactase

Lactose

Glucose und Galactose

Tabelle 11.1: Aufgaben der Pankreasenzyme

Die Leber als Filter Die Leber ist die größte Drüse des Körpers. Sie filtert pro Minute 1,5 Liter Blut durch ihre etwa 100.000 winzigen Leberläppchen (Lobuli hepatici). Jedes Leberläppchen ist von Gallengängen durchzogen und hat Zugang zur Pfortader (Vena portae) und zur Leberarterie (Arteria hepatica). Die Fähigkeit der Leber, Blut zu filtern, ist eng mit ihrem Aufbau und ihrer Lage innerhalb des Körpers verbunden. Ihre Leber sitzt direkt unter Ihrem Zwerchfell (Diaphragma) und genau über Ihrem Magen auf der rechten Seite des Abdomens. Sie befindet sich also in der Mitte Ihres Körpers, von wo aus sie gut die Kontrolle über das Blut übernehmen kann. Die Leber filtert Toxine (Giftstoffe wie beispielsweise Alkohol und Drogen) aus dem Blut, das von den Verdauungsorganen durch die Vena portae fließt, und trägt dazu bei, dass die Konzentration wichtiger Blutbestandteile konstant bleibt. Des Weiteren bildet die Leber Galle, die über Gallengänge in die Gallenblase befördert werden. (Mehr über die Gallenblase erfahren Sie im Abschnitt »Mit der Galle schwimmen« weiter hinten in diesem Kapitel.) Außer ihrer Funktion, Blut zu filtern, hat die Leber noch andere Aufgaben: Sie sekretiert viele verschiedene Substanzen, produziert Galle und baut rote Blutkörperchen (Erythrozyten) ab. Nachdem Sie ein üppiges Mahl zu sich genommen haben, speichert Ihre Leber überschüssige Glucose in Form von Glykogen. Zwischen

den Mahlzeiten baut sie das Glykogen wieder zu Glucose ab, um Ihren Blutzuckerspiegel auf einem konstanten Niveau zu halten. Die Leber bildet Harnstoff, nachdem Aminosäuren durch Verdauungsprozesse abgebaut und Abfallstoffe beseitigt wurden. Nachdem die Leber sterbende Erythrozyten aus dem Blutstrom entfernt hat, wird das in ihnen enthaltene Hämoglobin in Gallenfarbstoffe umgebaut, und die Leber recycelt das im HämMolekül gebundene Eisen. Die Leber bildet Plasmaproteine wie zum Beispiel Fibrinogen, die mit dem Blutstrom durch den Körper wandern und dabei helfen, beschädigte Blutgefäße und Gewebe zu reparieren.

Grün und gallig: die Gallenblase Ihre Gallenblase (Vesica fellea, siehe Abbildung 11.5) ist ein grünliches kleines Hohlorgan, das in einer von der Leber gebildeten Bucht versteckt liegt und überschüssige Galle speichert. Bei Bedarf entlässt die Gallenblase Galle über den im »Hals« der Gallenblase gelegenen Gallengang (Ductus cysticus). Die Galle fließt dann durch den Hauptgallengang (Ductus choledochus). Hauptgallengang und Pankreasgang münden beide über einem kurzen gemeinsamen Ausführungsgang (Ampulla hepatopancreatica) in das Duodenum. An dieser Stelle liegt auch die Vatersche Papille (Papilla duodeni Vateri), die prominente Schleimhautfalte im Duodenum. Galle emulgiert Fette. Während des Prozesses der Emulgierung baut die Lipase (eines der im Pankreassaft enthaltenen Enzyme) große Fettmoleküle zu winzigen Fetttröpfchen ab, die als Mizellen bezeichnet werden. Sie kennen sicher das alte Sprichwort: »Wasser und Öl kann man nicht mischen«? Nun, Emulgatoren wie die Galle sind Substanzen, die eben dies möglich machen. Die Emulgierung verflüssigt die Fette, sodass sie durch den flüssigen Blutstrom transportiert werden können, so wie Emulgatoren einigen Nahrungsmitteln zugesetzt werden, damit sich der wässrige Anteil nicht vom fettigen trennt und zwei Phasen bildet.

Um die abgebauten Fette, die sich einst in den von Ihnen aufgenommenen Nahrungsmitteln befanden, lagern sich nun Mizellen an und transportieren die Fette zu den Mikrovilli der Dünndarmschleimhaut. Dort werden sie mithilfe von Bürstensaumenzymen in die Mikrovilli aufgenommen (siehe auch: »Erledigt den Löwenanteil Ihrer Verdauung: der Dünndarm« weiter vorne in diesem Kapitel). Eine weitere Aufgabe der Galle besteht darin, die Absorption der fettlöslichen Vitamine K, D und A in den Blutstrom zu erleichtern.

Erkrankungen und Störungen des Verdauungssystems Ja, auch im Verdauungsapparat können Dinge, genau wie bei jedem anderen Körpersystem auch, aus dem Ruder geraten. Wenn Sie schon einmal unter einer Darmgrippe oder einer Gastritis (Magenentzündung) gelitten haben, dann haben Sie sicher Bekanntschaft mit zwei der häufigsten Symptome gemacht, die die Menschheit plagen: Durchfall und Erbrechen. Wie dem auch sei, das Verdauungssystem ist jedenfalls eine wahre Fundgrube, wenn es darum geht, Krankheiten unterschiedlicher Schwere zu entwickeln. Dieser Abschnitt gibt Ihnen einen Überblick über die am weitesten verbreiteten Krankheiten und Funktionsstörungen des Verdauungsapparates.

Wenn sich der Wurmfortsatz entzündet: Appendizitis Ihr »Wurmfortsatz« oder Appendix (Appendix vermiformis) ähnelt tatsächlich einem Wurm. Als kleiner Beutel, der sich am Blinddarm (Caecum) am Beginn des Dickdarmes befindet, erfüllt die Appendix keine wirkliche Funktion mehr. Sie wird als oft als verkümmertes Anhängsel angesehen, das nur nutzlos »herumhängt« und von der Evolution zurückgelassen wurde, was aber nicht ganz stimmt. Die Appendix enthält lymphatisches Gewebe mit immunregulatorischen

Funktionen. Und wenn Sie jemals eine richtig schwere Durchfallerkrankung hatten, wird Ihr Colon ausgehend vom Bakterienreservoir in der Appendix wieder neu mit Ihren »guten« Bakterien besiedelt. Während der Chymus vom Dünndarm in den Dickdarm transportiert wird, kann ein Teil des Speisebreis in die Appendix gelangen. Normalerweise finden diese kleinen Chymusmengen ihren Weg aus dem Appendix heraus. Wenn dies jedoch nicht funktioniert, kann sich das festhängende Material entzünden – davon abhängig, wie es zusammengesetzt ist oder wie lange es in der Appendix verbleibt – und eine Appendizitis hervorrufen. (Die Endung »-itis« weist immer auf eine Entzündung hin.) Eine Appendizitis kann sich plötzlich (als akuter Anfall) entwickeln und gilt als ein medizinischer Notfall. Zu Beginn der Appendizitis verspüren die Betroffenen Schmerzen in der oberen rechten Seite des Abdomens. Wenn sich die Entzündung jedoch verschlimmert, weitet sich der Schmerz auf die untere rechte Seite aus. In einigen Fällen tritt begleitend Übelkeit oder Fieber auf, da der Körper bestrebt ist, die infektionsauslösenden Bakterien zu bekämpfen. Die Appendix kann durch die Schwellung des Gewebes blockiert werden. Wenn dies geschieht, kann der von der Mukosa der Appendix gebildete Schleim nicht abfließen. Der Schleim sammelt sich nun im Inneren des verstopften Wurmfortsatzes und lässt diesen anschwellen. Der Druck, der sich in der Appendix aufgebaut hat, sowie die Muskelkontraktionen, mit deren Hilfe der Körper versucht, die entzündete Masse aus der Appendix zu drücken, verursachen extreme Schmerzen. Kann der Inhalt nicht ausgestoßen werden, kommt es zur massiven Vermehrung von Bakterien, und die Infektion und Entzündung verschlimmern sich zunehmend. Der Druck kann so groß werden, dass der Wurmfortsatz platzt und dabei seinen Inhalt mitsamt den Bakterien in das Abdomen entleert. Geschieht dies, dann befindet sich der Patient in einer lebensbedrohlichen Situation, die sofortiger ärztlicher Hilfe bedarf.

Die Appendizitis wird landläufig als Blinddarmentzündung bezeichnet, doch dieser Begriff ist nicht korrekt. Die Entzündung betrifft schließlich nicht den gesamten Blinddarm (Caecum), sondern nur den fingerförmigen Fortsatz, der von diesem abgeht (Appendix).

Wassermangel führt zu Obstipation Obstipation entsteht, wenn der Dickdarm zu viel Wasser aus der Fäzes zurückresorbiert und der Kot dadurch zu trocken, fest und schwer absetzbar wird. Der häufigste Grund für die Obstipation besteht darin, den Stuhldrang über einen längeren Zeitraum zu unterdrücken. Der Kot verbleibt dann zu lange im Rectum, und zu viel Wasser wird in die Darmschleimhaut absorbiert, wodurch die Fäzes austrocknet. Ein weiterer Grund für Obstipation kann eine ballaststoffarme Ernährung sein. Ballaststoffe sind wie Training für den Dickdarm und halten die Muskeln fit und beweglich genug, um die Fäzes aus dem Darm zu bewegen. Wenn die Dickdarmmuskulatur nicht optimal arbeitet, verbleiben Kotreste im Dickdarm. Dies kann nicht nur Obstipation, sondern auch Colonkarzinome (Dickdarmkrebs) verursachen, wenn die Ernährung nicht umgestellt wird. Wenn die Fäzes nicht komplett in den Dickdarm entleert werden oder zu lange im Colon verbleiben (wie bei der Obstipation), können die Schleimhautzellen beschädigt werden, sich infizieren und einen Teil ihrer Funktion einbüßen. Ein erhöhter Anteil an Ballaststoffen in der Nahrung trägt zur Stärkung des Darmes und zum erleichterten Transport der Fäzes durch die peristaltischen Bewegungen der Muskeln bei und fördert zudem die vollständige Stuhlentleerung aus dem Rectum. Zu ballaststoffreichen Nahrungsmitteln, die das beste Rezept gegen Obstipation sind, zählen beispielsweise Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst oder ballaststoffreiche Nahrungsergänzungsmittel (solche mit natürlichem Ursprung – keine chemischen Mixturen!) wie Algen, Gerstengras oder Alfalfa.

Ach ja, und vergessen Sie nicht, mehr Wasser zu trinken. Wasser hilft sowohl bei Obstipation als auch bei Diarrhoe (Durchfall).

Gereizter Darm bei Morbus Crohn Morbus Crohn zählt zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, das bedeutet, dass sich die Darmwand entzündet. (Der Begriff »Morbus« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet schlicht »Krankheit«.) Die Tunica mucosa, die Tunica muscularis, die Tunica serosa und sogar die Lymphknoten und Gewebe, die den Darm mit Blut versorgen, können von den Veränderungen betroffen sein. Durch die Schwellung der Darmwand können Ulcera (Löcher), Fissuren (Risse) und Abszesse (eitergefüllten Taschen) entstehen. Morbus Crohn kann nicht nur den Dickdarm, sondern auch den Dünndarm betreffen. Am häufigsten werden die Veränderungen im Ileum beobachtet, dem letzten Dünndarmabschnitt. Im frühen Stadium der Erkrankung leiden die Betroffenen unter Diarrhoe und Unwohlsein. In einigen Fällen können auch Fieber und Schmerzen im unteren rechten Teil des Abdomens auftreten. Im weiteren Verlauf der Erkrankung bilden sich aus Lymphzellen bestehende Herde auf der Schleimhaut. Durch diese als Peyer-Plaques bezeichneten Follikel verdickt und verhärtet sich die Darmwand, da sich Fasern ablagern, die das Darmlumen (den Hohlraum) verengen. Die Diarrhoe verschlimmert sich, weil das Wasser aus der Fäzes nicht von der kranken Schleimhaut absorbiert werden kann. Schreitet die Erkrankung in den betroffenen Regionen weiter fort, kann es zur Verklebung von Darmabschnitten und zur Verkürzung des Darmes kommen. Als Komplikationen können Fisteln (unnatürliche Öffnungen zwischen der Haut und einem Organ oder zwischen zwei Organen) auftreten. Des Weiteren leiden Morbus Crohn-Patienten häufig unter Analfisteln (eine Öffnung zwischen dem erkrankten Darm und der Haut in der Nähe des Anus) oder Fisteln zwischen dem Darm und der Vagina oder dem Darm und der Blase.

Die Betroffenen leiden zudem unter Nährstoffmangel, da die Absorption herabgesetzt ist und als Folge Verdauungsstörungen auftreten. Üblicherweise äußert sich dies zuerst in einem VitaminB12-Mangel, da die schwere Diarrhoe alles von der Suppe über die Nussecke (natürlich in ihrer verdauten Form) bis hin zu den nützlichen Bakterien geradewegs aus dem Darm hinaus spült. Dieser Mangel an Nährstoffen kann zu einem Zustand führen, der als perniziöse Anämie bezeichnet wird. Die Therapie des Morbus Crohn beinhaltet Ernährungsumstellung, Ruhe, Stressreduktion, Vitamingaben und die Gabe von entzündungs- und schmerzhemmenden Medikamenten. In einigen Fällen ist ein chirurgischer Eingriff angezeigt, bei dem meist eine Resektion (Entfernung) des Dickdarms oder des Ileums vorgenommen wird.

Wenn alles fließt: Diarrhoe Bei der Diarrhoe (»Durchfall«) stellt nicht die Austrocknung der Fäzes durch vermehrte Wasserrückresorption in den Blutstrom das Problem dar, sondern ein Überschuss an Wasser im Stuhl. Da zu viel Wasser aus dem Körper ausgeschieden wird, dehydriert der Diarrhoepatient schnell. Einige Menschen glauben, dass man kein Wasser trinken sollte, wenn man unter Diarrhoe leidet, weil ein Mehr an Flüssigkeit den Durchfall verschlimmert. Leider ist diese Annahme falsch. So funktioniert Ihr Körper nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall – trinken Sie, so viel Sie können! Bakterien, die den Dickdarm angreifen (also nicht zur normalen Darmflora gehören), können ebenfalls Diarrhoe verursachen. Meist gelangen die Bakterien über verdorbene Nahrungsmittel (Lebensmittelvergiftung) in den Dickdarm. Wird die Darmwand gereizt oder infiziert sie sich, dann nimmt die Peristaltik – die wellenförmigen Muskelbewegungen, die den Darminhalt vorwärts bewegen – in dem Bestreben, die Bakterien möglichst schnell aus dem System hinaus zu

befördern, zu. Die Fäzes passieren den Darm nun so schnell, dass zu wenig Zeit für die Rückgewinnung von Wasser aus den Fäzes in den Körper bleibt. Das Wasser geht bei der Defäkation verloren. Wenn Sie aus Versehen einmal verdorbene Lebensmittel zu sich nehmen, die Diarrhoe verursachen, dann lassen Sie der Natur ihren Lauf. Trinken Sie viel Wasser, um den Flüssigkeitsverlust zu kompensieren und die Bakterien aus dem Darm zu spülen. Die Einnahme von Medikamenten gegen Diarrhoe oder von Elektrolyten bei den ersten Anzeichen einer Diarrhoe ist nicht notwendig. Falls die Diarrhoe jedoch unvermindert anhält und sich nicht von selbst bessert, sollte man einen Arzt hinzuziehen. Eine weitere Ursache für Diarrhoe kann Stress sein. Wenn Sie nervös, aufgeregt, ängstlich oder angespannt sind, ist Ihr Nervensystem »auf dem Sprung« und jederzeit bereit, den Alarmzustand auszurufen. Erinnern Sie sich noch an den Mechanismus der Kampf-FluchtReaktion, die durch eine Stresssituation ausgelöst wird? Mensch sieht Säbelzahntiger, Tiger greift an, Mensch sekretiert Adrenalin, um seine haarigen Beine schneller laufen zu lassen. Diese Art von Stress geht zwar mit ein wenig Angst und Nervosität einher, doch sie garantiert dem Menschen das Überleben. Säbelzahntiger sind zwar längst ausgestorben, aber Stresssituationen gibt es in unserer heutigen Zeit trotzdem genug: Man muss gleichzeitig an mehreren Orten sein, man bleibt im Stau oder in einer Warteschlange stecken, wenn man es gerade eilig hat; der Druck auf der Arbeit, finanzielle Nöte, die Familie oder Probleme in der Partnerschaft können Ihr Nervensystem ebenfalls in Aufruhr versetzten. Und manchmal reicht der Reiz aus, um Adrenalin freizusetzen. Dieses Hormon beschleunigt unter anderem die Peristaltik. Wie bei einer bakteriellen Infektion des Dickdarmes, so kann die Fäzes auch durch Stress schneller durch den Dickdarm hinaus befördert werden, sodass das Wasser nicht absorbiert werden kann und Diarrhoe entsteht.

Wenn die Galle hochkommt: Gallensteine Hat die Leber zu viel Cholesterol produziert oder steigt die Konzentration der Galle an, dann kristallisiert das Cholesterol aus. Wenn die Kristalle wachsen, werden sie zu Gallensteinen, wie Sie sie in

Abbildung 11.6 sehen können. Gallensteine können sich in der Gallenblase ansammeln und den vorhandenen Raum soweit verengen, dass dort nur noch sehr wenig Platz für die Speicherung von Gallenflüssigkeit bleibt. Im schlimmeren Fall können die Gallensteine den Ductus choledochus verschließen, der in den Dünndarm zieht. Diesen Zustand bezeichnet man als Okklusionsikterus. Eine Anhäufung von Gallenfarbstoffen im Blut verursacht einen Ikterus, der zu einer Gelbfärbung der Haut führt (deshalb wird der Ikterus umgangssprachlich als Gelbsucht bezeichnet). Ist der Ductus choledochus blockiert, stauen sich die Gallengangsfarbstoffe in die Blutbahn zurück. Mithilfe einer laparoskopischen Lasertechnik, der Lithotripsie (Steinzertrümmerung), können die Gallensteine zerquetscht und abgesaugt werden, ohne dass ein größerer viszeralchirurgischer Eingriff vorgenommen werden muss, mit dem ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergeht.

Abbildung 11.6: Gallensteine

Hepatitis Eine Entzündung der Leber (Griechisch »hepar« = Leber) wird als »Hepatitis« bezeichnet. Auslöser für eine Hepatitis können Gifte (übermäßiger Alkoholkonsum führt zur Fettleberhepatitis!), Medikamente oder eine Autoimmunkrankheit sein, aber meist wird sie von Viren verursacht. Es gibt fünf verschiedene Formen der Hepatitis: Hepatitis A: Sie wird üblicherweise über Wasser verbreitet, das mit Erregern kontaminiert ist. Dies ist der Grund, warum Restaurantmitarbeiter dazu verpflichtet sind, sich nach dem Toilettengang die Hände zu waschen! Hepatitis B: Diese Form wird meist über sexuellen Kontakt übertragen und betrifft häufig Menschen, die mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) infiziert sind. Gegen Hepatitis B existiert ein Impfstoff. Hepatitis C: Diese chronische Entzündung der Leber wird über kontaminiertes Blut verbreitet und führt zur Schwächung der Betroffenen. Hepatitis C stellt ein Berufsrisiko für medizinisches Personal, Polizisten, Feuerwehrleute, Notärzte und ähnliche Berufsgruppen dar. Da diese Personen leicht in Kontakt mit dem Blut anderer Menschen kommen und kein Impfstoff erhältlich ist, müssen sie im Umgang mit Patienten besondere Vorsicht walten lassen. Hepatitis D: Meist betrifft sie Menschen, die regelmäßig in Kontakt mit dem Blut anderer Menschen kommen, wie beispielsweise Bluter (Menschen, die unter einer Blutgerinnungsstörung, leiden und oft Blutkonserven erhalten) oder Personen, die intravenös Drogen injizieren. Hepatitis E: Diese Form der Hepatitis erwerben Reisende, die es in endemische Gebiete zieht. Eine »endemische Erkrankung« ist eine Erkrankung, die nur in einem bestimmten Gebiet prävalent (vorherrschend) ist. Beispielsweise sind bestimmte Teile Afrikas

Endemiegebiete für Malaria. Endemiegebiete für Hepatitis E sind Indien, Asien, Afrika sowie Zentralamerika. Wenn eines der Hepatitisviren einen Menschen infiziert, entwickelt dieser innerhalb einer Woche grippeähnliche Symptome. Zu den Symptomen zählen Müdigkeit, Gewichtsverlust, Depression, Kopfschmerz, Muskel- und Gelenkschmerz, Übelkeit und/oder Erbrechen sowie ein allgemeines Krankheitsempfinden (deshalb werden die Symptome unter dem allumfassenden Begriff der generalisierten Infektion zusammengefasst). Beschwerden des Nervensystems wie beispielsweise eine veränderte Geruchssinneswahrnehmung oder Photophobie (wenn Licht in den Augen schmerzt) können ebenfalls auftreten. Zu diesem als Prodromalstadium bezeichneten Zeitpunkt kann die erkrankte Person das Virus leicht auf andere Menschen übertragen; es ist extrem kontagiös. Das Prodromalstadium hält etwa zwei Wochen lang an. Danach folgt die eigentliche Krankheit. Das Stadium der akuten Erkrankung wird als klinische Phase bezeichnet. Während der klinischen Phase leidet der Betroffene unter Schmerzen im Abdomen, Verdauungsstörungen und einer schmerzhaft angespannten Bauchdecke, da sich die Leber im Zuge ihrer Entzündung ausdehnt. Die geschädigte Leber kann Bilirubin (ein Gallenfarbstoff; siehe Kapitel 12) nicht mehr aus dem Blut filtern, weshalb der Urin eine dunkle Färbung annimmt. Der Stuhl hingegen ist tonfarben. Durch den Überschuss an Bilirubin bekommen die Haut und das Weiß des Auges einen gelblichen Teint. Die Genesung (Rekonvaleszenz) dauert zwischen zwei Wochen und mehreren Monaten. Der Körper bekämpft das Hepatitisvirus so, wie er auch andere Viren (siehe Kapitel 13) bekämpft; eine medikamentöse Therapie wird meist nicht in Betracht gezogen. Ruhe und eine angemessene Ernährung stellen die wesentlichen Punkte bei der Behandlung der Hepatitis dar.

Es gibt dennoch einen Lichtblick für die Betroffenen: Die Leber ist ein regeneratives Organ. Das bedeutet, dass sie in der Lage ist, beschädigte Zellen und Gewebe zu reparieren oder zu ersetzen. Die Schäden, die durch Hepatitis entstehen, sind meist nicht bleibend. In einigen Fällen kann es jedoch zu Komplikationen in Form von chronischer Hepatitis oder Leberkrebs kommen.

Reizdarmsyndrom Das Reizdarmsyndrom oder auch »Colon irritabile« ist eine der häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes. Obwohl in der Dickdarmschleimhaut keine Entzündungsanzeichen feststellbar sind – das Reizdarmsyndrom gehört somit zu den nicht entzündlichen Darmerkrankungen –, werden die Gewebe gereizt. Dies führt zu einer veränderten Peristaltik, die entweder beschleunigt oder herabgesetzt ist und Diarrhoe oder Obstipation verursachen kann. Die Therapie des Colon irritabile besteht üblicherweise aus Stressreduktion und einer ballaststoffreichen Ernährung.

Schmerzhafte Pankreatitis So wie die Appendizitis eine Entzündung des Appendix ist, so ist die Pankreatitis eine Entzündung des Pankreas (der Bauchspeicheldrüse). Tritt die Entzündung plötzlich auf, spricht man von einer akuten Pankreatitis. Ein dauerhaft entzündetes Pankreas, bei dem die Organfunktion in Mitleidenschaft gezogen ist, wird als chronische Pankreatitis bezeichnet. Der mit der Pankreatitis einhergehende Schmerz konzentriert sich um die Nabelregion herum und wird durch Erbrechen nicht gemindert. Oft ist diese Art von Schmerz das einzige Symptom. Bei der schweren Form der Pankreatitis stellt sich dagegen ein unerbittlicher stechender Schmerz ein, der in der Mitte des Abdomens lokalisiert ist. Tritt die schwere Pankreatitis plötzlich auf, kann es zur Hämorrhagie (einer schweren Blutung) kommen, die das Pankreas zerstört und so zu einer Azidose (zu viel Säure oder zu wenig Bikarbonat im Blut und in den Geweben), zum Schock oder Koma führt.

Akute Pankreatitis kann zur Flüssigkeitsansammlung und Schwellung von Gewebe im Organ – einem Zustand, den man ödematöse Pankreatitis nennt – oder zum Tod von Zellen und Geweben des Pankreas führen, der nekrotisierenden Pankreatitis. Die Ursache für diese beiden Formen der Pankreatitis ist dieselbe: Enzyme, die im unreifen Stadium aktiviert wurden. Doch die Faktoren, die zur Aktivierung der unreifen Enzyme führen, können variieren – von Erkrankungen, die die Gallengänge betreffen, bis hin zum Alkoholismus. Alkoholismus verursacht deshalb so häufig Pankreatitis, da Alkohol die Bildung von Pankreassaft erhöht, die Pankreaszellen verändert und den Verschluss der Abführungsgänge fördert, indem es Proteine verklumpen lässt. Sind die Gänge blockiert, fließt der Pankreassaft in das Pankreas zurück. Da der Pankreassaft Enzyme enthält, die Nahrungsmittel verdauen, kann man sich leicht vorstellen, was geschieht, wenn er sich im Pankreas anstaut: Der Pankreassaft kann dann das Pankreas selbst verdauen. Die Gewebe werden geschädigt oder sterben, und die normalen Pankreasfunktionen sind herabgesetzt. Das Pankreas sekretiert Insulin, das Hormon, das Glucose aus dem Blutstrom in die Zellen befördert, wo sie in Energie umgewandelt wird, die Ihr Körper nutzen kann. Wenn das Pankreas zu wenig Insulin herstellt, entsteht Diabetes mellitus. Bei Patienten mit Diabetes mellitus ist zwar der Blutglucosespiegel hoch, die Zellen leiden dennoch unter Energiemangel (siehe Kapitel 8). Oft ist das Pankreas nach einem Pankreatitisanfall so beschädigt, dass es nicht mehr in der Lage ist, genügend Insulin zu bilden, was Diabetes zur Folge hat.

Colitis ulcerosa Colitis ulcerosa ist eine Entzündung des Colons und zählt somit ebenfalls zu den entzündlichen Darmerkrankungen. Die Entzündung ist allerdings nur auf den Dickdarm beschränkt. Bei dieser recht weit verbreiteten Erkrankung kommt es zur Bildung von Ulcera in der Tunica submucosa und mucosa des Dickdarmes. Die Veränderungen beginnen am Rectum und breiten sich von dort auf das gesamte Colon aus. Durch die Vermehrung der Ulcera schwillt die Wand des Colons an und beginnt, Schleim und Eiter abzusondern. In der Wand können sich

Abszesse bilden, die das umliegende Gewebe reizen, das dadurch geschädigt wird und abstirbt. Die Ulcera bilden sich in periodischen Abständen – während eines Anfalls breiten sie sich mit großer Geschwindigkeit aus, und zwischen den Attacken legen sie Ruhephasen ein. Aufgrund all dieser Gewebsschädigungen sind die Fäzes von Blut und Schleim durchzogen. Der Blutverlust kann so groß sein, dass der Patient anämisch wird. Schreitet die Erkrankung weiter fort, kann sich die Colonwand verdicken und Narbengewebe bilden, sodass die Resorption von Nährstoffen vermindert ist. Zudem können Störungen im Elektrolythaushalt auftreten. Die eigentliche Ursache für Colitis ulcerosa ist bis heute nicht genau bekannt. Eine Vermutung ist, dass ein Problem mit den Zellen des Immunsystems die Krankheit verursachen könnte. Die T-Lymphozyten (das sind die Zellen, deren Anzahl bei AIDS-Patienten so gering ist – siehe Kapitel 13) scheinen die Zellen der Darmschleimhaut negativ zu beeinflussen. Eine andere Theorie geht davon aus, dass der Prozess von einer Infektion ausgelöst wird. Und obwohl Stress nicht die Ursache der Colitis ulcerosa ist, kann er doch einen Anfall auslösen. Die Therapie während eines Anfalls besteht in totaler parenteraler Ernährung (TPE), darunter versteht man die künstliche Ernährung mit flüssigen Nährstoffen, die über einen intravenösen Zugang in den Körper geschleust werden. Dies soll dem Darmsystem die Zeit geben, die es braucht, um sich zu regenerieren und abzuheilen. Für die Betroffenen bedeutet das, dass sie keine Nahrung mehr über den Mund aufnehmen dürfen – weder Speisen noch Getränke. Die medikamentöse Therapie besteht aus Steroiden, um die Entzündung unter Kontrolle zu bringen, und Medikamenten gegen Diarrhoe und Eisengaben, falls der Patient Anämie entwickelt. Falls weder die TPE noch die Medikamente Wirkung zeigen oder sich das Colon so weit gedehnt, dass es zu platzen droht (eine lebensbedrohliche Situation), ist eine chirurgische Therapie angezeigt.

Unangenehme Ulcera

Der Verschleiß von Gewebe kann eine Wunde oder Läsion verursachen, die als Ulcus bezeichnet wird. Das Verdauungssystem ist von einer Membran ausgekleidet (welche auch die Verdauungsorgane umgibt), die Peritoneum genannt wird. Das Peritoneum sekretiert Schleim: einerseits, damit die Nahrung zu einem Brei (dem Chymus) vermengt werden kann, und andererseits, um sich selbst vor den starken Magensäuren zu schützen, die die Schleimhaut wegfressen könnten. Manchmal überwiegt jedoch die Säure, und die Membran bekommt »Löcher« – die Ulcera. Das parasympathische Nervensystem spielt eine Rolle bei der Sendung von Reizen, die die Bildung von Magensaft verursachen. Lange Zeit glaubten die Ärzte deshalb, dass Menschen, die unter Stress leiden, mehr Magensäure bilden, die die Schleimhaut angreift und zur Entstehung von Ulcera führt. Vor nicht allzu langer Zeit hat man jedoch ein Bakterium entdeckt, das die Magenschleimhaut angreift. Es hört auf den Namen Helicobacter pylori und ist der wahre Übeltäter, auf den die meisten Fälle von Magenulcera zurückgeführt werden können. Wenn das Bakterium den Körper angreift, gräbt es sich in die Schleimhaut des Magens und bildet dort einen Ulcus. Deshalb therapiert man die Erkrankung heute nicht mehr mit Antazidika (Säureblockern), Medikamenten oder Chirurgie, sondern mit Antibiotika gegen die bakterielle Infektion.

Übungsaufgaben zu Kapitel 11 Frage 1: In welcher Reihenfolge wandert unsere Nahrung durch den Körper? a. Mund – Rachen – Speiseröhre – Magen – Dünndarm – Dickdarm b. Mund – Speiseröhre – Rachen – Magen – Dünndarm – Dickdarm c. Mund – Rachen – Speiseröhre – Magen – Dickdarm – Dünndarm

d. Mund – Rachen – Magen – Speiseröhre – Dünndarm – Dickdarm Frage 2: Der Mund hat folgende Funktion … a. feste Nahrung mit Speichel mischen b. mithilfe des Enzyms Rennin das Milcheiweiß zersetzen c. durch Kauen die großen Bestandteile des Essens zerkleinern d. a und c e. a, b und c Frage 3: Die Kontraktionen der Muskelschichten, die den Nahrungsbrei durch die Speiseröhre befördern, heißen a. perispasmatische Kontraktionen b. periprostatische Kontraktionen c. Fibrillation d. Peristaltik e. Rugae Frage 4: Zwei Muskelringe kontrollieren den Zugang und den Ausgang des Magens, und zwar die a. Enzyme b. Instestinumdrüsen c. Sphinkter d. Fundusdrüsen e. Rugae

Frage 5: Der halbfeste Nahrungsbrei, der den Magen verlässt, heißt a. Omentum b. Magensaft c. Peritoneum d. Chymus e. Enzymum Frage 6: Die Leber ist kaum beteiligt an der a. Produktion von Insulin b. Gallenproduktion c. Speicherung von Vitaminen und Mineralien d. Beseitigung alter Blutzellen e. Glycogensynthese Frage 7: Wie heißt der Muskel, der verhindert, dass Magensaft in die Speiseröhre zurückfließt? a. Pylorus-Sphinkter b. Ösophagus-Sphinkter c. Ileocaecal-Sphinkter d. Fundus-Sphinkter e. Magen-Sphinkter Frage 8: Das Organ, in dem der Großteil der Verdauung stattfindet, ist

a. der Mund b. der Magen c. die Speiseröhre d. der Dickdarm e. der Dünndarm Frage 9: Wie heißt das Bakterium, das Ulcera im Magen verursacht?

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Die korrekte Reihenfolge, in der Nahrung durch unseren Körper wandert, ist: a. Mund – Rachen – Speiseröhre – Magen – Dünndarm – Dickdarm

Frage 2 Antwort d. ist richtig. Zwar werden auch Enzyme aus dem Speichel hinzugefügt, aber nicht Rennin, sondern Amylase.

Frage 3 Die Kontraktionen der Muskelschichten, die den Nahrungsbrei durch die Speiseröhre befördern, heißen d. Peristaltik. Ein bisschen Griechisch hilft, sich diese Begriffe zu merken: Das griechische Wort peristaltikos heißt »umwickeln«.

Frage 4 Zwei Muskelringe kontrollieren den Zugang und den Ausgang des Magens. Sie heißen c. Sphinkter.

Frage 5 Der halbflüssige Nahrungsbrei, der den Magen verlässt, heißt d. Chymus.

Frage 6 Die Leber ist kaum beteiligt an der a. Produktion von Insulin, das macht das Pankreas.

Frage 7 Der Muskel, der verhindert, dass Magensäfte zurück in die Speiseröhre fließen, heißt b. Ösophagus-Sphinkter.

Frage 8 Der Großteil der Verdauung findet statt im e. Dünndarm. Das ist auf jeden Fall der längste Teil des Magen-Darm-Traktes. Die Nahrung verbringt die meiste Zeit dort, da ist es nur sinnvoll, dass auch die meiste Verdauung dort stattfindet.

Frage 9 Das Bakterium heißt Helicobacter pylori.

Kapitel 12

Erledigt den Aufwasch: der Harnapparat IN DIESEM KAPITEL Defäkation, Miktion und Exkretion Harn und Harnsystem Einige häufige Harnwegserkrankungen

Bevor Sie beginnen, dieses Kapitel zu lesen, schlage ich vor, dass Sie vorher einen Ausflug auf die Toilette machen und Ihre Blase entleeren. Während Sie erfahren, wie Harn gebildet und aus dem Körper geschleust wird, werden Sie vermutlich sowieso bald den Drang verspüren, Wasser zu lassen. Also sparen Sie diese Zeit und gehen Sie besser jetzt. Besser so? In Ordnung. Jetzt sind Sie bereit herauszufinden, was während der Harnproduktion in Ihrem Inneren vorgeht. Dieses Kapitel macht Sie mit Prozessen vertraut, die andauernd in Ihrem Körper ablaufen. Sie hören nie damit auf, Urin zu produzieren; Sie müssen nur einige Male täglich den Harn, der sich in Ihrer Blase angesammelt hat, ausscheiden. Falls Sie mich kurz entschuldigen können – ich muss schnell noch einmal auf die Toilette, bevor ich zu schreiben beginne.

Die Putzkolonne Ihres Körpers Der Urin (so lautet die lateinische Bezeichnung für den Harn) ist das primäre Abfallprodukt des Körpers. Der Stuhl (Fäzes) ist das Abfallprodukt des Verdauungsapparates, doch der Urin beseitigt Abfallstoffe aus jeder Zelle und jedem Organsystem Ihres Körpers. Die Defäkation oder Stuhlentleerung ist zwar der letzte Schritt der

Verdauung; die Miktion – die Harnentleerung – ist hingegen der letzte Schritt aller Stoffwechselvorgänge. Die Sammelbezeichnung für Defäkation und Miktion lautet »Exkretion«, obwohl einige »Stoffwechsel-Puristen« der Meinung sind, dass nur Stoffe, die am Zellstoffwechsel beteiligt waren, im eigentlichen Sinne exkretiert werden können. Aus ihrer Sicht wird die Fäzes zu Unrecht als Exkrement bezeichnet, da sie den Verdauungsapparat nie verlassen und nie am Stoffwechsel der Körperzellen teilgenommen hat. Trotzdem werden aus den Nahrungsmitteln, die vom Verdauungssystem abgebaut werden, Nährstoffe gewonnen, die über die Dünndarmschleimhaut aufgenommen werden und über das Kreislaufsystem in den Körper gelangen, wo sie für den Stoffwechsel der Zellen zur Verfügung stehen. Die Stoffwechselabbauprodukte werden in den Blutstrom zurückgeschleust, herausgefiltert und vom Harnapparat beseitigt. So viel zum Thema »Puristen«. Dieser Abschnitt macht Sie mit den anatomischen Strukturen des Harnapparates (siehe Abbildung 12.1) vertraut und stellt Ihnen die einzelnen Schritte vor, die von den Harnorganen im Verlauf der Harnproduktion durchlaufen werden. Der Harnapparat hat den einfachsten Aufbau von allen Körpersystemen. Er setzt sich aus nur vier Strukturen zusammen: Nieren Harnleitern (Ureteren) Harnblase Harnröhre (Urethra) Die Niere ist hier die einzige Struktur, die tatsächlich etwas produziert. Die Ureteren, die Harnblase und die Urethra dienen nur als Leitungsbahnen oder Sammelbeutel für die Nierensekrete.

Abbildung 12.1: Das Exkretionssystem

Beseitigen den Abfall: die Nieren Möglicherweise fällt Ihnen zuerst die Harnblase ein, wenn Sie an Harnorgane denken, jedoch sind die Nieren die Hauptexkretionsorgane des Harnsystems. Die Nieren (Renes, Singular Rens) sind, wie Sie in Abbildung 12.2 sehen, paarig angelegt – Sie besitzen jeweils eine Niere auf jeder Seite des Körpers, die im unteren Rücken direkt unter den Rippen sitzen (dort, wo Motorradfahrer ihre Nierenwärmer tragen oder Boxer »Nierenschläge« setzen). Ihre Rückenmuskeln beiderseits Ihrer

Wirbelsäule sowie die unteren Rippenpaare helfen dabei, Ihre lebenswichtigen Nieren zu schützen.

Abbildung 12.2: Die Nieren

Die meisten Organe werden von einer schützenden Membran, dem Bauchfell oder Peritoneum umhüllt. Der Begriff »Peritoneum« leitet sich vom griechischen Wort peritoneion ab, das so viel wie »sich ausdehnen« oder »sich ausspannen« bedeutet. Das Peritoneum ähnelt ein wenig der Schutzfolie, mit der neu gebaute Häuser bedeckt werden. So wie das Peritoneum die Wände der Körperhöhlen bedeckt, kleidet eine Plastikfolie den gesamten Innenraum aus und spart dabei nur Löcher für Steckdosen, Lichtschalter oder Rohrleitungen aus (so wie das Peritoneum die Organe des Verdauungstraktes, des Harnapparates und die Geschlechtsorgane ausspart). Binde- und Fettgewebe befestigen Ihre

Nieren an der posterioren (hinteren) Wand des Abdomens (außerhalb des Peritoneums) und schaffen so »frei schwimmende« Nieren. Das Fettgewebe ist eine Art Isolierschicht, aber ein kräftiger Schlag von hinten kann die Nieren recht leicht aus ihrer Position bewegen. Die meisten Stoffwechselabbauprodukte verlassen Ihren Körper über die Nieren und die ableitenden Harnwege. Ihre Haut exkretiert zwar wasser- und salzhaltigen Schweiß, Ihre Lunge gibt CO2, das Abfallprodukt der Atmung, ab und Ihre Leber entsorgt tote Erythrozyten und Gallenfarbstoffe, doch Ihre Nieren filtern das Blut, um all diese Abfallstoffe – die Abfälle der Zellen, Wasser, Salz und Gallenfarbstoffe eingeschlossen – aus dem Körper zu entfernen. Die rötlich-braun gefärbten Nieren arbeiten aufgrund ihrer besonderen Struktur (siehe Abbildung 12.3) sehr effektiv. Sie sehen – nun, wenn ich sage »nierenförmig« aus, hilft Ihnen das nicht viel weiter – aus wie dicke Bohnen und haben etwa die Größe einer geballten Faust.

Abbildung 12.3: Die Feinstruktur der Niere

Sollten Sie einmal eine Dose Bohnen öffnen, werden Sie die Ähnlichkeiten der Niere mit diesen kleinen Dosenbewohnern sofort erkennen, denn selbst der innere Aufbau der Bohne gleicht dem der Niere. Außen ist die Bohne von einer Schale umgeben, die sich leicht abziehen lässt wie die Nierenkapsel. Wenn Sie die Schale von der Bohne entfernen, wird das helle »Fleisch« sichtbar, das bei der Niere der Nierenrinde (dem Cortex renalis) entspricht. Schneiden Sie Ihr Versuchsobjekt nun längs in zwei Hälften. Im Inneren der Bohne werden kleine dreieckige Abteilungen sichtbar, die wie Muscheln aussehen. Bei der Niere existieren diese Dreiecke ebenfalls; sie werden durch Blutgefäße voneinander getrennt und bilden in ihrer Gesamtheit das Nierenmark (Medulla renalis). Im Innersten der Niere

liegt das Nierenbecken oder Pelvis renalis, das außerhalb der Niere zum Ureter (Harnleiter) wird. Sowohl die Arteria renalis als auch die Vena renalis treten an der Stelle in die Niere ein, an der das Nierenbecken zum Ureter wird. Die kleine Einkerbung am Innenrand der Niere, dort wo der Ureter austritt und die Blutgefäße eintreten, wird als Nierenhilus (Hilum renalis) bezeichnet. Die Arteria renalis befördert Blut, das gefiltert werden soll, in die Niere; die Vena renalis transportiert das gefilterte Blut wieder aus der Niere hinaus. Wenn das Blut durch die Arteria renalis in die Niere eintritt, fließt es in die Medulla renalis und von dort in ein Nephron hinein (siehe Abbildung 12.3). Ein Nephron ist eine mikroskopisch kleine Einheit, die Blut filtert und Urin produziert. Wie Sie in Abbildung 12.4 sehen, setzt es sich einerseits aus den Nierentubuli (Tubuli renales) und andererseits aus der Bowman-Kapsel (Capsula glomerularis) zusammen. In einer Niere tummeln sich über eine Million solcher winziger Nephrone.

Abbildung 12.4: Aufbau eines Nephrons

Die Arteria renalis verzweigt sich nach ihrem Eintritt in die Niere in kleinere Blutgefäße, die Arteriolen, die direkt in die Bowman-Kapsel

(Capsula glomerularis) der Nephrone führen. Innerhalb einer BowmanKapsel werden die Blutgefäße immer kleiner und verdichten sich zum Glomerulus, einem Kapillarknäuel (siehe Abbildung 12.5). Der Glomerulus ist der Ort, an dem das Blut gefiltert wird. Wenn das Blut durch die hochdurchlässigen Kapillaren in den Glomerulus fließt, wird das Plasma einem Filtrationsdruck ausgesetzt. Flüssigkeit und Abfallstoffe wie Harnstoff oder Glucose werden aus dem Blut entfernt, sofern der Druck, der das Blut durch die Blutgefäße presst, stark genug ist, um das Wasser und die darin gelösten Abfallstoffe herauszudrängen. Der Blutdruck in den Kapillaren einer Bowman-Kapsel ist höher als der in anderen Kapillaren im Körper. Große Proteine, Nährstoffe und Blutzellen bleiben im Plasma. Die Kapillaren arbeiten so ähnlich wie ein Kaffeefilter, der das Filtrat durchlässt, aber große Partikel nicht.

Abbildung 12.5: Aufbau einer Bowman-Kapsel

Nephrone filtern erstaunliche 7,5 Liter Plasma pro Stunde, also etwa den Inhalt von acht Wasserflaschen! Dabei filtern Männer etwas mehr und Frauen etwas weniger. Das Wasser wird zusammen mit den darin gelösten Stoffen durch die im Nephron liegenden Nierentubuli transportiert. Die Flüssigkeiten fließen durch den proximalen Tubulus, durch die Henle-Schleife und in den distalen Tubulus, der schließlich zum Sammelrohr des Nephrons wird. So wie der Dünndarm Mikrovilli entlang seiner Darmzotten besitzt, über die Nährstoffe in den Blutstrom aufgenommen werden können, so sind auch die Tubuli der Nieren in der Lage, Wasser, Salz und andere Substanzen über Venolen in den Blutstrom rückzuresorbieren. Aminosäuren und Glucose werden über den aktiven Transport (siehe Kapitel 3) in den Blutstrom zurücktransportiert. Der aktive Transport, der im distalen Tubulus stattfindet, wird als tubuläre Sekretion bezeichnet. Da der Prozess der Reabsorption immer davon abhängig ist, welches Molekül reabsorbiert wird, verwendet man für ihn den Begriff selektive Reabsorption. Natrium muss beispielsweise über aktiven Transport von der Flüssigkeit zurück in das Blut gelangen und wird aus dem proximalen Tubulus in eine peritubuläre Kapillare reabsorbiert (Abbildung 12.4). Wenn Natrium transportiert wird, folgt immer Chlorid nach (Ladungsausgleich). Wissen Sie auch, wie Salz Sie dazu bringt, Wasser zurückzuhalten? Dorthin, wo Salze aktiv hintransportiert werden, folgt Wasser passiv hinterher. Natrium »zieht« Wasser regelrecht aus dem Plasma, und das Wasser sorgt dafür, dass die Salzkonzentration zwischen dem proximalen Tubulus und der peritubulären Kapillare immer ausgeglichen ist. Aus dem Sammelrohr werden schließlich etwa 65 Prozent des Wassers und der Salze zurückresorbiert und wieder dem Blutstrom zugeführt.

Der Transport der Salze und des Wassers aus den Tubuli hinaus und wieder hinein verbrennt ungefähr fünf Prozent Ihrer Kilokalorien am Tag. Wie schön wäre es, wenn doch Sport so einfach wäre!

Harnstoff? Weg damit! Harnstoff (Urea) ist das Hauptabfallprodukt des Körpers und wird produziert, wenn Aminosäuren in nutzbare Energie (Zuckergrundgerüste) umgewandelt werden. Die Aminogruppen der Aminosäuren verbinden sich mit Sauerstoff und Kohlenstoff zu Harnstoff. Doch Harnstoff ist Gift für Ihre Zellen und muss deshalb aus dem Körper entfernt werden. Während des kapillären Austausches kann Harnstoff überall in Ihrem Körper in den Blutstrom diffundieren und wird letztendlich von den Nieren mit dem Urin entsorgt.

Urinproduktion in den Nieren »Exkretion« kann auch den Transport von Substanzen aus dem Inneren einer Zelle heraus bedeuten, nicht nur die Abgabe von Material aus dem Körperinneren aus dem Körper. Um besser zu verstehen, wie sich Salze, Wasser, Ionen und stickstoffhaltige Abbauprodukte mit Harnstoff zum Urin verbinden, sollten Sie die folgenden Punkte im Kopf behalten: Wenn die Flüssigkeiten in die Henle-Schleife gelangen, diffundieren Salze und Wasser aus dem aszendierenden (aufsteigenden) Schenkel in die Medulla der Niere. Abhängig von der Natriumkonzentration in der Medulla wandert Wasser in das Sammelrohr. Je höher die Natriumkonzentration ist, desto mehr Wasser diffundiert in das Sammelrohr. Im unteren Abschnitt des Sammelrohres wird Harnstoff in die Niere abgegeben. Durch den Harnstoff, der aus allen Sammelrohren aller Nephrone herausdiffundiert, steigt die Konzentration der

Stickstoffverbindungen in der Medulla. Diese hohe Stickstoffkonzentration zieht Wasser an; das Wasser wandert von den Sammelrohren in die Medulla der Niere, wo es von Kapillaren absorbiert und ins Blut zurückgeschleust wird. Die Flüssigkeit und die in ihr gelösten Stoffe verbleiben in den Tubuli der Nephrone und bilden den Urin. Tabelle 12.1 führt die »Inhaltsstoffe« der im Urin enthaltenen stickstoffhaltigen Abbauprodukte und deren Herkunftsort auf. Stickstoffhaltiger Inhaltsstoff Quelle Harnstoff

Aminosäurestoffwechsel

Kreatinin

Muskelstoffwechsel (wie beim Verdau von Fleisch)

Ammoniak

Stammt von proteinabbauenden Bakterien

Harnsäure

Abgebaute Nucleotide

Tabelle 12.1: Stickstoffverbindungen im Urin und deren Quellen

Urin ist gelb, weil er Urobilinogen enthält, eine Verbindung, die beim bakteriellen Abbau von Bilirubin im Colon entsteht. Der Urin enthält nicht nur Ammoniak, sondern auch andere Substanzen, die von Ammoniak abgeleitet sind (wie beispielsweise Harnstoff); daher verströmt er auch den charakteristischen ammoniakalischen Geruch. Wenn Sie nach starker körperlicher Anstrengung viel schwitzen, sinkt der Flüssigkeitsgehalt Ihres Körpers. Deshalb versucht Ihr Körper, das Wasser, das er hat, einzubehalten, und entlässt weniger Wasser in Ihren Urin. Der Urin ist dann höher konzentriert und erscheint dunkler. Wenn Ihr Körper dagegen mehr Wasser hat, als er benötigt, wandert das überschüssige Wasser in den Urin und verdünnt diesen. Doch solange der Urin erfolgreich Toxine und Abfallstoffe aus dem Körper transportiert, erfüllt er seine Aufgabe zur Genüge. Im Urin befinden sich außerdem Hippursäuren, die bei der Verdauung von Obst und Gemüse entsteht, sowie Ketonkörper, die im Rahmen des Fettabbaus gebildet werden.

Menschen, die unter Diabetes leiden, haben häufig einen Überschuss an Ketonkörpern in ihrem Urin, da Fette schneller abgebaut werden als Glucose. Das Pankreas sekretiert zu wenig Insulin, deshalb haben die Betroffenen Schwierigkeiten, die Glucose in ihre Zellen zu befördern. Der Körper »denkt« folglich, er würde verhungern. Und Menschen, die verhungern sind, haben auch Ketonkörper in ihrem Urin. Wenn die Ketonkörper nicht ordnungsgemäß ausgeschieden werden und sich in den Geweben ablagern, verschiebt sich der pH-Wert des Körpers mehr und mehr in den sauren Bereich, was wiederum zu Problemen mit der Erhaltung der Homöostase (siehe Kapitel 8) führt. Im Zustand der Ketoazidose, in den Diabetespatienten leicht geraten können, verursacht der Überschuss an Ketonkörpern in Geweben und Körperflüssigkeiten bei den Betroffenen einen Atemgeruch, der an Obst oder Nagellackentferner (Aceton) erinnert. Es passiert so einiges im Körper, um Urin herzustellen: Die Druckfiltration durch die glomeruläre Kapsel entfernt Substanzen wie Glucose, Aminosäuren, Salze, stickstoffhaltige Abbauprodukte (Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin) sowie Wasser aus dem Blut, das durch den Cortex der Niere fließt. Während der Druckfiltration fließt Blut durch die hochpermeablen Kapillaren im Inneren der Glomeruli, und die Abfallstoffe werden durch die Kapillarmembran herausgefiltert. Die Flüssigkeit wird zusammen mit den Abfallstoffen aus dem Blut entfernt, da der Druck das Wasser und die in ihm gelösten Abfallstoffe durch die Membran presst. Die selektive Rückresorption bringt nun einige der nützlichen Moleküle (zum Beispiel Glucose, Aminosäuren, Salz oder Wasser) aus dem proximalen Tubulus des Nephrons per Diffusion oder aktivem Transport zurück in das Blut.

Die tubuläre Sekretion befördert Abfallprodukte aktiv vom Blut in das distale Sammelrohr des Nephrons. Toxine wie beispielsweise Stoffwechselmetaboliten von Medikamenten (haben Sie schon einmal bemerkt, dass Ihr Urin den Geruch von Penicillin annimmt, nachdem Sie Antibiotika genommen haben?) sowie stickstoffhaltige Abbauprodukte werden entfernt. Ist der Harnbildungsprozess an diesem Punkt angekommen, dann ist Ihr Urin konzentriert. Die Wasserrückresorption geschieht im Sammelrohr des Nephrons. Exkretion findet schließlich statt, wenn der konzentrierte Urin und eine (fast) beliebige Menge an Wasser aus Ihren Nieren in die Harnblase gelangt ist, die den Urin so lange auffängt, bis er über die Harnröhre ausgeschieden werden kann.

Hämodialyse: ein Lebensretter Manche Menschen können nicht ausreichend Toxine und Abfallstoffe aus ihrem Blut filtern, um gesund zu bleiben, da ihre Nephrone zerstört sind. Menschen, die unter einer Nierenkrankheit leiden, neigen dazu, wässrigen Urin zu bilden, der wenige Abfallstoffe enthält. Wenn sich stickstoffhaltige Abfallstoffe im Körper ansammeln, wird die Homöostase gestört. Ist das Gleichgewicht des Körpers in Gefahr, werden mehr und mehr Zellen geschädigt oder sterben ab. Wenn zu viele Zellen sterben, stirbt auch der gesamte Körper. Um das Leben vieler Niereninsuffizienzpatienten zu verlängern, wird ihr Blut aus dem Körper transportiert, durch eine Filtermaschine geführt und zurück in den Körper geleitet. Dieser Vorgang wird als Hämodialyse (Blutwäsche) bezeichnet. Dabei wird Blut aus einer Arterie (meist der Arteria radialis des Armes) entnommen. Das Blut wandert durch einen langen, dünnen, gewundenen Schlauch, der in einem warmen Wasserbad liegt. Das warme Wasser ist notwendig, um das Blut auf Körpertemperatur zu halten, und das Wasser dient zudem als Medium, in das die Toxine hineindiffundieren. Gleich, welche Substanz im Körper im Überschuss vorhanden ist – dem Wasserbad fehlt sie. Hier ein Beispiel: Hat ein Patient mit Niereninsuffizienz zu viel Harnstoff oder Kalium in seinem System, fehlen diese Substanzen im Wasserbad. Das Blut weist also eine höhere Konzentration dieser Stoffe auf als das Wasser. Aus diesem Grund diffundieren der Harnstoff und das Kalium aus dem Blut in das warme Wasserbad. Durch diese Maßnahme wird die Konzentration dieser potenziell toxischen Substanzen im Blut verringert. Das so gereinigte Blut wird danach durch eine Vene in den Körper des Patienten zurückgeleitet.

Die Ureter hinunterwandern Wenn Ihr Körper Urin bildet und diesem »Urinkonzentrat« Wasser hinzugefügt wurde, fließt der Urin vom aszendierenden (aufsteigenden) Schenkel der Henle-Schleife tröpfchenweise durch die Sammelrohre der Nephrone in das Nierenbecken hinein. Das trichterförmige Nierenbecken leitet den gesammelten Urin in den Ureter. Ihre Ureteren sind Rohre, die den von beiden Nieren gebildeten Urin in die Blase weiterleiten. Jede Niere besitzt einen Ureter und jeder Ureter führt direkt vom Nierenbecken in die Blase hinein. Der Aufbau der Ureteren ähnelt dem Ihrer Därme. Jeder Ureter besteht aus drei Schichten: einer äußeren Hülle, einer Muskelschicht und einer inneren Schleimhautschicht, die den Harnleiter auskleidet. Die Muskelschicht kontrahiert sich in peristaltischen Wellen und bewegt damit den Urin von den Nieren in die Blase.

Urin in Ihrer Blase speichern Die Harnblase (Vesica urinaria) ist eine Art Vorratstank für den von den Nieren produzierten Urin. Sie ist innen hohl und liegt in der Beckenhöhle, direkt hinter den Schambeinen und vor Ihrem Rectum in der Medianebene des Körpers. Bei Frauen liegt die Blase vor dem Uterus und der Vagina. Der Aufbau der Vesica urinaria gleicht im Prinzip dem der übrigen Organe des Verdauungs- und Harnapparates. Außen ist sie von einer schützenden Membran (Bauchfell oder Peritoneum) umgeben, danach folgen mehrere Muskelgewebsschichten (Tunica muscularis) unterschiedlicher Faserverlaufsrichtung. Die Innenauskleidung besteht aus einer Schleimhautschicht (Tunica mucosa). Die Muskelschichten erlauben der Blase, sich je nach Füllungsgrad auszudehnen oder zu kontrahieren. Die trichterförmige Harnblase hat ein Fassungsvermögen von maximal 600 ml. Wenn Urin gegen die Druckrezeptoren in Ihrer Blase drückt, werden diese aktiviert und senden über die mit ihnen verbundenen Nerven Impulse an das Gehirn. Der erste Impuls wird bei einem

Füllungsstand von etwa 200 ml ausgesandt. Bei 400 ml haben Sie das Gefühl, gleich platzen zu müssen. Natürlich tun Sie das nicht, doch es wird zunehmend schwerer, den Sphinkter (Schließmuskel) zu kontrollieren, der Ihre Blase geschlossen hält. Wenn Sie sich an einem Ort befinden, an dem Sie Ihre Blase ungestört entleeren können, sendet Ihr Gehirn einen Impuls durch die Nerven des autonomen Nervensystems, wodurch sich Ihr Sphinkter entspannt und der Musculus detrusor anspannt, sodass die Miktion – der Vorgang des Wasserlassens – geschehen kann. Der Urin fließt aus der Harnblase durch die Urethra aus dem Körper.

Endlich … die Miktion Die Harnröhre ist eine Röhre, die Urin aus der Blase zu einer Körperöffnung transportiert. Bei der Frau hat die Urethra eine Länge von etwa 3,8 cm und endet in der äußeren Harnröhrenöffnung, dem Ostium urethrae externum, das sich in der Vorderwand der Vagina zwischen der Klitoris und der Vaginalöffnung befindet. Beim Mann ist die Urethra rund 20 cm lang und zieht durch die Prostata und den Penis hindurch bis zu einer Öffnung in der Penisspitze, dem Meatus urethrae externus.

Die Homöostase erhalten Ihre Nieren besitzen einige wichtige regulierende Funktionen, ohne die Ihre Gesundheit in großer Gefahr wäre. Ja, die Nieren beseitigen Abfallstoffe aus dem Blut und produzieren Urin. Das ist ihre Hauptaufgabe. Doch sie sind außerdem Schlüsselorgane, wenn es um die Erhaltung der Homöostase geht. Unter der Homöostase versteht man die laufenden Korrekturen, die vorgenommen werden, um das Stoffgleichgewicht in Ihren Körpersystemen zu erhalten. Die Nieren spielen eine große Rolle bei der Erhaltung des Gleichgewichts zwischen der Salz- und der Wasserkonzentration in Ihrem Blut. Zudem sind Ihre Nieren an der Erhaltung des Säure-Basen-Gleichgewichts beteiligt, indem sie für einen konstanten pH-Wert im Blut sorgen. Der pH-Wert zeigt die Konzentration der Wasserstoffionen innerhalb einer Lösung an und gibt dabei Werte auf einer Skala von 0 (sauerster Zustand, höchste

Konzentration an Wasserstoffionen) bis 14 (alkalischster Zustand, niedrigste Konzentration an Wasserstoffionen) an. Im Abschnitt »Regulation des pH-Wertes« weiter hinten in diesem Kapitel finden Sie noch mehr Informationen zum pH-Wert.

Balanceakte Ist Ihr Urin verdünnt, verliert Ihr Körper Wasser, und wenn Ihr Urin konzentriert ist, dann spart er Wasser. Ihre Nieren bestimmen, ob Ihr Körper Wasser abgeben oder sparen muss. Wenn Sie ein Mann sind, dann macht Wasser über die Hälfte Ihres Körpergewichtes (etwa 60 Prozent) aus. Doch wo verstecken sich diese riesigen Mengen an Wasser? Nun, Ihr Wasser setzt sich aus dem Wasser zusammen, das sich in der Flüssigkeit in Ihren Zellen befindet (die Intrazellularflüssigkeit), und dem Wasser, das in Ihrer Extrazellularflüssigkeit (der Flüssigkeit, die Ihre Zellen umgibt, das Plasma Ihres Blutes, Ihre Lymphflüssigkeit und die Flüssigkeit in Ihrem Verdauungsapparat sowie den Schleimhäuten) enthalten ist. Sind Sie eine Frau, dann macht das Wasser nur rund die Hälfte Ihres Körpergewichtes aus, da Frauen (ja, ich auch) mehr Fettgewebe in ihrem Körper haben als Männer. Fettgewebe enthält weniger Zellen und somit auch weniger Wasser als Muskelgewebe. Wenn Ihr Körper mehr Wasser verliert, als er aufnimmt, dehydrieren Sie. Jeden Tag verbrauchen Ihre Zellen für Ihre regulären Stoffwechselvorgänge Wasser; Sie trinken Wasser, und in Nahrungsmitteln ist auch mehr oder weniger Wasser enthalten. Doch Sie verlieren ebenfalls jeden Tag Wasser über den Harn und den Stuhl, den Sie absetzen. Außerdem geht Ihnen täglich Wasser beim Schwitzen und sogar beim Atmen verloren. Ihr Körper muss kontinuierlich überwachen, wie viel Wasser in das System eingebracht wird und wie viel Wasser es verlässt. Wenn mehr Wasser das System verlässt, dann werden Sie durstig. Durst ist ein physiologisches Signal, das Sie dazu veranlasst, mehr Wasser aufzunehmen. Ihre Hormone haben die Kontrolle über Ihren Durst.

Ihren Blutdruck überwachen

Mit Hilfe des Prozesses der tubulären Sekretion sowie der tubulären Rückresorption befördern die Nieren Salze und Wasser aus dem Blut hinaus oder in die Blutgefäße hinein. Doch gemeinsam mit Ihrer Leber und den Nebennieren, die den Nieren aufliegen, sind Ihre Nieren an der Erhaltung des Natrium-Kalium-Gleichgewichts in Ihrem Blut beteiligt, das auch Ihren Blutdruck beeinflusst. Während das Blut durch die Leber gefiltert wird (siehe Kapitel 11), wird der Blutdruck gemessen. Ist der Blutdruck in der Leber zu niedrig, dann kann das Blut nicht ordnungsgemäß durch den Glomerulus des Nephrons gefiltert werden, wenn es in die Nieren eintritt. (Denken Sie daran, dass das Blut zuerst in der Niere per Druckfiltration filtriert wird. Daher kann Ihre Leber den Blutdruck steigern, indem sie das Blutvolumen erhöht; siehe Kapitel 9). Um das Blutvolumen zu erhöhen, müssen die folgenden Schritte durchlaufen werden: 1. Die Leber stellt ein Protein namens Angiotensinogen her. 2. In den Nieren kontrollieren auch die Nephrone das Blutvolumen. Ist es zu niedrig, dann sekretieren die Nephrone das hormonähnliche Enzym Renin, das die Vorstufe Angiotensinogen in Angiotensin I umwandelt. 3. Wenn das Blut weiter durch den Kreislauf zirkuliert, wird der Blutdruck ein weiteres Mal in den Kapillaren der Lunge (siehe Kapitel 10) gemessen. Ist der Blutdruck zu niedrig, sekretiert die Lunge das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE), das Angiotensin I in die wirksame Form Angiotensin II umgewandelt. 4. Die Gegenwart von Angiotensin II im Blut veranlasst die Nebennieren dazu, das Hormon Aldosteron zu sekretieren, das die Natriumrückresorption von den Nephronen der Niere zurück ins Blut anregt. 5. Wo Salz hingeht, da folgt Wasser nach. Wenn also die Natriumionen aktiv in das Blut transportiert werden, wird automatisch auch Wasser rückresorbiert.

6. Die Bewegung des Wassers ins Blut führt zu einem Anstieg des Blutvolumens, was wiederum eine Blutdruckerhöhung zur Folge hat. Das Blut steht dann unter ausreichend starkem Druck, um den Glomerulus passieren zu können und gefiltert zu werden, um sich der in ihm enthaltenen Toxine zu entledigen.

Aber auch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ist anfällig für Fehlfunktionen, die zu einem krankhaften Blutdruckanstieg führen. In diesem Fall sind Medikamente gegen Hypertonie (Bluthochdruck) angesagt, zum Beispiel ACE-Hemmer. Diese hindern die Lungen daran, ACE zu sekretieren, sodass Angiotensin I nicht in Angiotensin II umgewandelt werden kann. Dies führt dazu, dass Natrium und Wasser davon abgehalten werden, überflüssigerweise in den Blutstrom zurückzuwandern. Bluthochdruck hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit und sollte daher immer medikamentös behandelt werden. Die folgenden beiden Hormone können ebenfalls Einfluss auf den Blutdruck ausüben: Antidiuretisches Hormon (ADH) wird in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse; siehe Kapitel 8) sekretiert, wenn Natrium von den Nephronen der Niere zurückresorbiert wurde, doch nicht genügend Wasser nachfolgt. ADH, auch unter dem Namen Vasopressin bekannt, regt die vermehrte Rückresorption von Wasser während der Urinproduktion an, sodass weniger Urin ausgeschieden wird. Wenn Sie also nicht genug Wasser trinken (»genug« wären etwa zwei Liter am Tag) – oder zwar genug Wasser zu sich nehmen, aber mehr Wasser abgeben (durch Schwitzen, Durchfall oder Erbrechen) – setzt die kleine Drüse in Ihrem Gehirn ADH frei, das Ihr Blutvolumen und somit auch den Blutdruck im normalen Rahmen hält. Atriales natriuretisches Hormon (ANH) hat den entgegengesetzten Effekt wie ADH. Wenn Blut durch das Herz fließt, messen die Dehnungsrezeptoren im Herzen das Blutvolumen. Ist das

Blutvolumen zu groß, muss Wasser aus dem Blut entfernt werden. Im Herz befindliche Zellen setzen dann ANH frei, das die Niere davon abhält, Renin zu sekretieren. Wenn kein Renin vorhanden ist, kann Angiotensin nicht in Angiotensin I umgewandelt werden. Dem ACE steht somit kein Angiotensin I zur Verfügung, sodass kein Angiotensin II gebildet werden kann. ANH verhindert, dass Natrium und Wasser von der Niere in den Blutstrom zurückresorbiert werden. Stattdessen wandern Natrium und Wasser vom Blutstrom in die Niere, die das Blutvolumen senkt, wodurch sich auch der Blutdruck erniedrigt.

Den Kater ausschlafen Neben dem Effekt, den Alkohol auf Ihr Gehirn hat, wirkt es auch wie ein Diuretikum, da Alkohol die Hypophyse in der Ausschüttung des antidiuretischen Hormons (ADH) hemmt. Ihre Nieren gelangen an einen Punkt, an dem zwar Natrium rückresorbiert wird, jedoch nicht ausreichend Wasser nachfolgt. Ist kein ADH vorhanden, das dafür sorgt, dass Wasser aus dem Urin in den Blutstrom zurückresorbiert wird, geben Sie mehr Harn ab, verringern dabei jedoch Ihr Blutvolumen. Sie dehydrieren, und als Folge der Dehydratation (Austrocknung) bekommen Sie einen »Kater« – Sie fühlen sich schwindelig und haben Kopfschmerzen. Das Rezept gegen den Kater ist einfach: Vermeiden Sie Alkohol. Falls Sie dennoch ein, zwei Gläschen trinken sollten, dann mischen Sie den Alkohol wenigstens mit Wasser oder trinken Sie zu jedem Glas Wein oder Likör ein Glas Wasser. Ist es jedoch schon zu spät, und Sie haben den Kater schon, dann sollten Sie wenigstens jetzt genügend Wasser trinken, um die Dehydratation, die mit dem Kater einhergeht, zu vermindern.

Regulation des pH-Wertes Säuren enthalten mehr Wasserstoffionen (H+) als Hydroxid-Ionen (OH-), und Basen enthalten mehr Hydroxidionen als Wasserstoffionen. Säuren haben einen pH-Wert (ein Maß für die Wasserstoffionen-Konzentration), der von 0 bis 7 reicht; Basen besitzen dagegen einen pH-Wert, der zwischen 7 und 14 liegt. Der pH-Wert des menschlichen Blutes muss bei konstant 7,4 gehalten werden; und die vom Körper tolerierbare Normalabweichung ist nicht besonders groß. Sinkt der pH-Wert unter 7,0 in einen saureren Bereich, bezeichnet man den Zustand als Azidose. Steigt der pH-Wert über 7,8 in einen basischeren Bereich, so nennt man dies Alkalose. Beide Situationen können lebensbedrohlich sein, und der

Körper reagiert mit der Abgabe von Puffersubstanzen in das Blut, um die jeweilige pH-Wert-Entgleisung zu korrigieren. Ihr Körper bildet während des normalen Stoffwechsels Säuren, und zahlreiche Säuren (wie beispielsweise Zitronensäure) werden als Nahrung aufgenommen. Selbst bei der Verdauung von Fetten entstehen Säuren – die Fettsäuren. Alle Säuren sind dazu in der Lage, den Säuregrad Ihres Blutes zu erhöhen. Um mit diesen Säuren umgehen zu können, besitzt Ihr Körper Puffersysteme, zu denen auch Ihre Nieren gehören. Das wichtigste Puffersystem im Blut besteht aus Kohlenstoffdioxid plus Wasser und Hydrogenbicarbonat, die miteinander im Gleichgewicht stehen – das Kohlensäure-Bikarbonat-System. Wenn eine Säure, also viele H+-Ionen, in Ihren Blutstrom gelangt (etwa durch den Stoffwechsel), verlagert sich das Gleichgewicht zur linken Seite. Die Protonen (H+-Ionen) werden damit neutralisiert und wirken sich nicht mehr auf den pH-Wert des Blutes aus. Dem Kohlensäure-Bikarbonat-Puffersystem liegt folgender chemischer Zusammenhang zugrunde, der durch das Enzym Carboanhydratase katalysiert wird: Auch das Hämoglobin des Blutes selbst wirkt als Puffer (mit einem Anteil von etwa 35 Prozent der Gesamtpufferkapazität). Hb kann reversibel Protonen binden: Der Phosphatpuffer trägt mit etwa fünf Prozent zur Gesamtpufferkapazität des Blutes bei: In den Nieren werden H+-Ionen häufig gegen Na+-Ionen ausgetauscht. Das Natrium wird von den Nephronen der Nieren aufgenommen und in das Blut zurückgeschleust; der Wasserstoff wird dagegen in den Urin

entlassen und aus dem Körper ausgeschieden. Die Kohlensäure wird zu CO2 und Wasser abgebaut, die beide in den Blutstrom zurücktransportiert werden können. Das CO2 diffundiert aus dem Blutstrom in die Lungen und wird abgeatmet. Wasser wird, falls es im Körper nicht gebraucht wird, über den Urin ausgeschieden. Ihre Nieren können zudem feststellen, ob der pH-Wert Ihrer Körperflüssigkeiten zu niedrig ist (das bedeutet zu sauer). Wenn Ihre Körperflüssigkeiten zu sauer sind, wird die Aminosäure Glutamin abgebaut und im Zuge des Glutaminstoffwechsels Ammoniak gebildet. Wird der Ammoniak in das Filtrat transportiert, aus dem der konzentrierte Urin entsteht, dann wandern Natrium-Ionen in den Blutstrom zurück, wo sie wieder Natriumbikarbonat bilden können und das Puffersystem in Gang halten.

Pathophysiologie: Krankheiten und Störungen der Harnwege Obwohl der Harnapparat nur aus wenigen Strukturen besteht und die Art und Weise, wie diese Strukturen zusammenarbeiten, nicht wirklich kompliziert ist, können auch hier Dinge schieflaufen. Aufgrund der wichtigen Rolle, die Ihre Nieren im Erhalt der Homöostase spielen, können Nierenprobleme zu Störungen in anderen Körpersystemen führen. Der Harnapparat kann außerdem von Bakterien oder Pilzen angegriffen oder von benachbarten Strukturen gequetscht werden.

Harnwegsinfektionen Frauen neigen weitaus häufiger als Männer dazu, an Harnwegsinfektionen zu erkranken. Dies hat den einfachen Grund, dass die Urethra (Harnröhre) der Frau viel kürzer ist als die des Mannes, weshalb krank machende Keime viel leichter durch die kurze Urethra der Frau in die Harnblase aufsteigen können als durch die lange Harnröhre des Mannes.

Harnwegsinfektionen treten plötzlich auf und gehen mit brennenden Schmerzen beim Wasserlassen einher. Diese Entzündung kann jede Struktur des Harnapparates betreffen: Eine Infektion der Blase wird beispielsweise als Cystitis bezeichnet, eine eitrige Entzündung der Nieren als Pyelonephritis, und eine Entzündung der Urethra wird Urethritis genannt. Für gewöhnlich sind Bakterien die Übeltäter, die Harnwegsinfekte verursachen. Sie werden häufig vom Rectum auf die Urethra übertragen. In einigen Fällen können auch durch Geschlechtsverkehr übertragbare Erkrankungen wie beispielsweise die Gonorrhö oder eine ChlamydienInfektion zu Infektionen der Harnwege führen. Da Harnwegsinfekte unangenehm und schmerzhaft sind, suchen Betroffene meist unverzüglich einen Arzt auf. Sofortige Behandlung verhindert das weitere Aufsteigen der Erreger in höher gelegene Harnorgane. Steigt die Infektion dennoch zur Blase auf und gelangt sie von dort in die Nieren, kann es zur Schädigung der Nieren kommen. Aufgrund der engen Verbindung der Nieren zum Blutstrom besteht die Gefahr, dass sich die Infektionserreger über das Blut im Organismus ausbreiten – diesen Zustand bezeichnet man als Septikämie. Septikämie kann zum septischen Schock, einer lebensbedrohlichen Situation, führen. Um diese Komplikationen zu verhindern, ist es wichtig, dass Sie sich so bald wie möglich in ärztliche Therapie begeben, wenn Sie erste Anzeichen für Harnwegsinfektionen bei sich bemerken. Wenn Sie aufgrund von Harnwegsbeschwerden einen Arzt aufsuchen, wird dieser Sie um eine Urinprobe bitten, um Ihren Urinstatus erfassen zu können. Der Urin wird hierbei auf verschiedene Inhaltsstoffe überprüft. Befinden sich Bakterien im Harn, werden Antibiotika verschrieben. Zusätzlich dazu können schmerzlindernde Medikamente eingenommen werden, die rezeptfrei in jeder Apotheke erhältlich sind. Wenn die Bakterien Sie allerdings vor Schmerzen wimmern lassen, müssen Sie sich auf alle Fälle ein Antibiotikum verschreiben lassen.

Nierensteine zählen

Bei einem Nierensteinleiden (Nephrolithiasis) sind – das ist keine große Überraschung – Nierensteine (Calculus renalis) der Übeltäter. »Calculus« ist lateinisch und bedeutet »glattes Steinchen« oder »Kiesel«. Das harte Material, das Ihr Zahnarzt von Ihren Zähnen entfernt, trägt ebenfalls den Namen »Calculus« – genau genommen »Calculus dentis« (Zahnstein). Nierensteine können als Folge eines chronisch zu hoch konzentrierten Urins auftreten. Menschen, die auf Dauer zu wenig trinken, sind immer leicht dehydriert, was zu einer stärkeren Konzentration ihres Urins führt. Je höher die Konzentration der gelösten Stoffe in Ihrem Urin ist, desto leichter verklumpen einige Substanzen wie beispielsweise die Harnsäure. Harnsäurekristalle können sich zu Nierensteinen entwickeln oder sich in Ihren Gelenken ansammeln, wo sie Gicht verursachen. Eine der häufigsten Bestandteile von Nierensteinen ist das Oxalat, das im grünen Blattgemüse wie beispielsweise dem Spinat oder im Kaffee und der Schokolade zu finden ist. In Verbindung mit Kalzium löst sich das Oxalat sehr schlecht und kristallisiert zum Nierenstein aus. Stoffwechselstörungen oder chronische Harnwegsinfektionen sind ebenfalls als mögliche Ursachen von Nierensteinen zu nennen. Ein Nierenstein, der den Ureter verstopft, kann plötzliche, stechende Schmerzen auslösen, wodurch es zu Übelkeit oder Erbrechen kommen kann. Der scharfe Stein kann die Ureteren verletzen und dort zu Blutungen führen, die den Urin rot verfärben und als Hämaturie bezeichnet werden. Wenn die Nierensteine einen kleineren Durchmesser aufweisen als 5 mm, können sie die Urethra passieren, also ausgeschieden werden. Sie müssen dann viel Wasser zu sich nehmen, damit die Steinchen herausgespült werden können. Falls die Steine größer sind, gibt es nicht invasive Techniken (das sind chirurgische Eingriffe, für die das Abdomen nicht geöffnet werden muss), bei denen die Steine mit Hilfe von Wasser, Ultraschall oder Laseranwendungen zertrümmert werden– man nennt diese Methode Lithotripsie – und dann über den Urin ausgeschieden werden können.

Prostatabeschwerden

Bei den Männern umgibt die Prostata (Vorsteherdrüse) die Urethra; die Urethra führt direkt durch die Prostata hindurch. Wenn Männer ejakulieren, fließt die Seminalflüssigkeit aus der Urethra in den Penis. Ja, bei Männern transportiert die Urethra sowohl Urin als auch Sperma aus dem Körper hinaus, jedoch zu unterschiedlichen Zeiten (siehe Kapitel 14). Die Prostata sekretiert eine Flüssigkeit, die der Seminalflüssigkeit auf ihrem Weg in den Penis hinzugegeben wird. Wenn Männer altern, vergrößert sich ihre Prostata. Dieser Prozess setzt etwa ab dem 50. Lebensjahr ein. Wird die Prostata zu groß, kann sie auf die Urethra drücken und den Harnabgang behindern. Dies kann zu Harnwegsinfektionen führen und ist meist mit Schmerzen beim Wasserlassen verbunden, was als Dysurie bezeichnet wird. Durch die Blockade der Urethra kann die Blase gereizt werden, und Urin kann entweichen oder häufiger Harndrang kann sich einstellen. Eine vergrößerte Prostata kann mittels rektaler Untersuchung diagnostiziert werden. Eine überdehnte Harnblase kann bei einer Palpation des Abdomens (manuelle Abtastung des Bauches) festgestellt werden. Eine Therapie – meist eine chirurgische Entfernung der Prostata – ist angezeigt, wenn schwere Symptome auftreten oder Krebs diagnostiziert wird. Ein wichtiger Marker bei Prostatakrebs ist das prostataspezifische Antigen (PSA). PSA ist eine Serinprotease, die das Ejakulat durch Spaltung bestimmter Eiweiße dünnflüssiger macht. Der PSA-Wert ist bei Prostatakrebs erhöht.

Inkontinenz Unter dem Begriff Inkontinenz versteht man den unkontrollierten Abgang von Urin. Es gibt vier verschiedene Formen von Inkontinenz. Die Ursachen der Erkrankung sind Harnwegsinfekte oder Verletzungen der Harnwege. Stressinkontinenz: Bei dieser Inkontinenzform, die am weitesten in der Bevölkerung verbreitet ist, läuft Urin aus, wenn die Blase stark beansprucht wird, wie beispielsweise beim Joggen, Husten, Heben schwerer Gegenstände, Lachen oder bei der Geburt. Von der Stressinkontinenz sind häufig Frauen betroffen, die schon mehrere

Geburten hatten, da bei ihnen der Muskel schwächer wird, der die Blase unterstützt (Beckenbodenschwäche), und sich der Sphinkter (Schließmuskel) dehnt. Dranginkontinenz: Die Dranginkontinenz ist die peinlichste Form der Inkontinenz. Die Betroffenen verspüren plötzlich starken Harndrang (»Ich muss mal!«), worauf sich die Blase selbst entleert – egal, wo sie sich gerade befinden. Die Therapie besteht meist in Slipeinlagen oder der TVT-Operation (Tension-free Vaginal Tape), bei der ein Ring aus Kunststoff um die Harnröhre gelegt wird, damit sich der Sphinkter nicht schon bei der leichtesten Druckeinwirkung öffnet. Überlaufinkontinenz: Manche Menschen haben Probleme mit dem Wasserlassen, da sie beispielsweise unter einer vergrößerten Prostata oder anderen Blockierungen der Urethra leiden. Ist die Urethra durch etwas verstopft, zum Beispiel durch einen Nierenstein, staut sich der Urin in die Blase zurück. Die Blase kann sich dann nie völlig entleeren. Stattdessen läuft sie über, und der Harn tröpfelt kontinuierlich aus der Urethra. Nach der Entfernung der Blockierung kann der Urin aus der Blase abgeleitet werden, und das Problem der Inkontinenz ist meist behoben. Totale Inkontinenz: Einige strukturelle Probleme wie beispielsweise Rückenmarksverletzungen oder Infektionskrankheiten können zu einem vollständigen Kontrollverlust über die Blase führen. Die Sphinkteren der Blase und der Urethra funktionieren nicht, und der Urin fließt direkt von den Nieren in die Blase und von dort über die Urethra aus dem Körper. Abhängig von der Ursache der Inkontinenz stärkt körperliche Bewegung die Beckenbodenmuskeln. Des Weiteren gibt es chirurgische Eingriffe, Medikamente oder medizintechnische Hilfsmittel, die zur Therapie des unwillkürlichen Harnabgangs eingesetzt werden können.

Übungsaufgaben zu Kapitel 12

Übung 1–5: Bringen Sie die Bezeichnungen und Beschreibungen korrekt zusammen: 1. ____ Cortex 2. ____ Medulla 3. ____ Nierenbecken 4. ____ Nierenkelch 5. ____ Sammelrohr a. bildet Pyramiden und Markkegel b. Nierenrinde c. unregelmäßige Aussackungen, die den Urin aus dem Nierengewebe einsammeln d. bringen den Urin zusammen zu den Nierenkelchen e. sammelt den Urin der Nierenkelche

Frage 6: Die funktionierende Niere ist verantwortlich für

a. Entfernung von Kohlensäure b. Ausscheidung von Abfallprodukten c. Eliminierung von überflüssigem Material aus dem Blut d. all das Genannte e. nur b. und c. Frage 7: Wie nennt man die Stelle, an der der Harnleiter die Niere verlässt?

a. Hilus b. Pyramide

c. Cortex d. Medulla e. Kelch Frage 8: Die Funktionseinheit der Niere heißt: Glomerulus

a. Henle-Schleife b. Sammelrohr c. Bowman-Kapsel Frage 9: Die Filtration findet vor allem statt

a. im distalen Tubulus b. in der Henle-Schleife c. im Sammelrohr d. im Glomerulus e. im proximalen Tubulus Frage 10: Resorption findet vor allem statt im

a. Sammelrohr b. Ureter c. Glomerulus d. proximalen Tubulus e. distalen Tubulus

Antworten zu den Übungsaufgaben Übung 1–5 1. Ihre Zuordnung sollte wie folgt aussehen: 2. Cortex: b. Nierenrinde 3. Medulla: a. bildet Pyramiden und Markkegel 4. Nierenbecken: e. sammelt den Urin der Nierenkelche 5. Nierenkelche: c. unregelmäßige Aussackungen, die den Urin aus dem Nierengewebe einsammeln 6. Sammelrohr: d. sammelt den Urin der Nierenkelche

Frage 6 Die funktionierende Niere ist verantwortlich für: e. nur b. und c.: Ausscheidung von Abfallprodukten und Eliminierung von überflüssigem Material aus dem Blut. Die anderen Antworten sind nicht korrekt, weil Kohlensäure in der Lunge aus dem Blut entfernt wird.

Frage 7 Die Stelle der Niere, an der der Harnleiter die Niere verlässt, heißt a. Hilus.

Frage 8 Die Funktionseinheit der Niere heißt: a. Glomerulus.

Frage 9 Die Filtration findet vor allem statt d. im Glomerulus.

Frage 10 Resorption findet vor allem statt im d. proximalen Tubulus. Dieser Abschnitt des Tubulus hat mit Mikrovilli und Bürstensaum die größte Oberfläche.

Kapitel 13

Ein fairer Kämpfer: Das Immunsystem IN DIESEM KAPITEL Zellen und Reaktionen Ihres Immunsystems Komplementsystem und Antikörper Krankheiten und Fehlfunktionen

Die menschliche Spezies hätte ohne das Immunsystem wohl nicht lange überlebt. Das kleinste Erkältungsvirus hätte die frühesten Vorfahren unserer Art wahrscheinlich ausgelöscht, wäre da nicht das Immunsystem des Körpers gewesen, das die Eindringlinge bekämpft hätte. Auch einfachere Lebewesen haben ein angeborenes Immunsystem, das allerdings weniger komplex aufgebaut ist als die erworbene Immunantwort der Wirbeltiere. Dieses Kapitel nimmt Sie mit auf eine Reise durch Ihr Immunsystem und zeigt, wie es Ihren Körper schützt. Ihr Immunsystem – die Verteidigungsabteilung Ihres Körpers – ist sowohl in Zeiten der Gesundheit als auch bei Krankheit aktiv. Mithilfe des Immunsystems hat Ihr Körper die Möglichkeit, sich selbst vor Mikroorganismen zu schützen, beispielsweise vor Bakterien und Viren, vor anderen fremden Zellen und auch vor eigenen Zellen, die krank oder schlicht alt geworden sind. Neben dem Immunsystem existieren jedoch noch mehrere andere Wege des Selbstschutzes, die Ihr Körper nutzt. Haut: Diese erste Barriere wehrt zahllose Angreifer ab. Drüsen in der Haut sekretieren Substanzen, die diesen Schutz noch effektiver

machen. (In Kapitel 6 erfahren Sie mehr über die Haut.) Schleimhäute: Die Auskleidung des Atmungs- und Verdauungsapparates sind mit einer zähflüssigen, schützenden Schleimschicht (Mucus) überzogen, der Eindringlinge erst gar nicht durchlässt. Zudem sorgt eine Besiedlung mit »freundlichen« Mikroorganismen dafür, dass die weniger freundlich gesinnten Keime ordentlich Konkurrenzdruck haben und sich im Idealfall gar nicht durchsetzen können. Zilien: Diese winzigen, haarähnlichen Strukturen im Atmungsapparat befördern gefangenen Schmutz und Mikroorganismen in Richtung Mund, wo sie dann verschluckt und durch den Verdauungsapparat befördert werden. Salzsäure: Die Säure des Magens zerstört den größten Teil aller mit der Nahrung aufgenommenen Bakterien. Sekrete: In der Tränenflüssigkeit, dem Speichel, im Serum, Fruchtwasser oder der Muttermilch ist das Enzym Lysozym enthalten, das Bakterien an der Vermehrung hindert. All diese mechanischen Barrieren helfen dabei, Mikroorganismen aufzuhalten, noch bevor sie in den Blutstrom und die Gewebe gelangen können. Das Abwehrsystem – Ihr Immunsystem – dagegen bekämpft jene Erreger, die es trotzdem schaffen, ins Körperinnere vorzudringen. Ihr Immunsystem besteht aus einer Vielzahl an Zellen und Molekülen. Anders als andere Körpersysteme besitzt das Immunsystem keine Organe, die an einen bestimmten Ort gebunden sind und deren Zellen gemeinsam ihrer Funktion nachgehen. Stattdessen nutzt das Immunsystem die vielen Wege des Lymph- und Blutsystems, um Immunzellen durch den gesamten Körper zu transportieren. (In Kapitel 9 finden Sie weitere Informationen über den Blutkreislauf.) Immunzellen gehen gewissermaßen auf »Banditenjagd« und spüren Mikroorganismen auf, die nicht in das Innere Ihres Körpers gehören. Dann greifen sie die Fremdlinge an und schädigen, töten oder entfernen sie schließlich, damit Sie gesund bleiben. (Für mehr Details zum Thema »Immunzellen«

blättern Sie bitte weiter zum Abschnitt »Suchen und Angreifen: Immunzellen« in diesem Kapitel.)

Lieben Sie Ihr Lymphsystem Die lymphatischen Gefäße – jene Röhren, die Lymphflüssigkeit durch Ihren Körper leiten – besitzen einen den Venen ähnlichen Aufbau (siehe Kapitel 9). Venen haben Klappen, die verhindern, dass das Blut in ihrem Inneren rückwärts fließen kann. Ebenso besitzen auch die Lymphgefäße Klappen, die die Lymphe am Zurückfließen hindert (siehe auch Kasten »Was ist eigentlich Lymphe?«). Lymphgefäße und Venen müssen beide massiert werden, um Lymphe beziehungsweise Blut durch sie hindurch zu befördern. Sie tun das, wann immer Sie Ihre Arme, Beine und andere Skelettmuskeln bewegen. Gleichzeitig ist das Lymphsystem aber eine »Einbahnstraße« und kein Kreislauf wie das Arterien- und Venensystem. Gewebsflüssigkeit wird von den lymphatischen Gefäßen absorbiert und dem Blutstrom in Form von Lymphe wieder zugeführt. Genau wie das Blutkreislaufsystem verästelt sich das Lymphsystem ausgehend von den großen Lymphgefäßen bis hin zu den feinen Kapillaren. Die großen Gefäße vereinen sich zum Milchbrustgang (Ductus thoracicus) und zum rechten Lymphgang. Der rechte Lymphgang (Ductus lymphaticus dexter), der sich in der Nähe Ihres rechten Schlüsselbeins befindet, befördert die Lymphe, die aus der rechten Körperhälfte oberhalb des Zwerchfells stammt. Der Ductus thoracicus, der durch die Mitte Ihres Thorax verläuft, übernimmt den Transport der Lymphe aus allen anderen Körperregionen. Die Lymphe wird dem Blutstrom über die großen Hohlvenen nahe dem Herzen wieder zugeführt. So wird klar, wie Krankheitserreger in den Blutstrom oder bis zum Herzen gelangen können. Der rechte Lymphgang mündet in die rechte Hohlvene, der Ductus thoracicus in die linke Hohlvene.

Abbildung 13.1: Das Lymphsystem

Was ist eigentlich Lymphe? Lymphe ist die Flüssigkeit, die Ihre Lymphgefäße durchströmt und auch als »interstitielle Flüssigkeit« bezeichnet wird (also die Flüssigkeit zwischen den Zellen). Alle Zellen brauchen eine flüssige Umgebung, da Sauerstoff und Nährstoffe gelöst sein müssen, um in die Zellen diffundieren zu können. Bei einem Überschuss an

interstitieller Flüssigkeit wird diese durch die lymphatischen Gefäße aufgenommen und dann Lymphe genannt. Die Lymphe strömt durch die Lymphgefäße und nimmt dabei weiße Blutzellen (Leukozyten) mit sich sowie Fettpartikel und gelegentlich einige rote Blutzellen. Passiert die Lymphe einen der vielen Lymphknoten Ihres Körpers, wird sie dort gefiltert und von Mikroorganismen und anderen Unreinheiten befreit. Die gereinigte Flüssigkeit wird dann schließlich über die Hohlvenen wieder dem Blutstrom zugeführt.

Bevor die Lymphe wieder in den Blutkreislauf eingespeist wird, passiert sie mehrere Lymphknoten. Ein Lymphknoten (Nodus lymphaticus), wie er in Abbildung 13.2 zu sehen ist, ist eine eingekapselte Gewebsmasse, die Lymphe filtert und reinigt. Das Stroma – also der eigentliche Körper des Knotens – ist von einer Kapsel aus faserigem Bindegewebe umgeben, die Ausläufer in den Knoten hinein hat (Trabeculae oder Septen). Diese unterteilen die äußere Schicht (Cortex) der Lymphknoten in kleinere Einheiten, die Lymphfollikel (Noduli lymphatici), in denen das Lymphgewebe und die Lymphozyten sitzen. Die Einheiten umschließen die Keimzentren, in denen neue Lymphozyten wachsen. Weiter innen liegt das Mark des Lymphknotens (Medulla), das zwar weniger, aber auch noch Lymphozyten enthält. Der äußere Rand eines Lymphfollikels – die Rinde (Cortex) – enthält zwei Arten von weißen Blutzellen (Leukozyten): B-Lymphozyten oder B-Zellen: Diese entwickeln sich im Keimzentrum des Cortex und produzieren Antikörper, die hochspezifisch bestimmte Oberflächenstrukturen von Eindringlingen erkennen und binden, damit diese durch Makrophagen entsorgt werden können. Manche B-Zellen werden zu langlebigen Gedächtniszellen und reagieren sofort, sobald sich das gleiche Pathogen noch einmal im Körper blicken lässt. (Mehr darüber finden Sie im Abschnitt »Antikörper-vermittelte Immunität« weiter hinten im Kapitel.) T-Lymphozyten: Diese weißen Blutzellen entwickeln sich in Cortexabschnitten außerhalb des Keimzentrums. Sie können körpereigene von körperfremden Strukturen unterscheiden und töten sogar eigene Körperzellen, die Opfer eines Virus geworden sind. Rebellion wird auf keiner Ebene geduldet!

Lymphknoten befinden sich überall in Ihrem Körper (siehe Abbildung 13.1), zum Beispiel in den Achselhöhlen, am Hals oder im Leistenbereich. Da sich sehr viele Körperöffnungen auf Ihren Kopf konzentrieren (Nase, Ohr, Mund), ist dies der Ort, an dem die meisten Viren, Bakterien und Pilze in den Körper eindringen können. Aus diesem Grund befinden sich an Hals und Mund auch sehr viele Lymphknoten – man kann sagen, Ihr Kopf ist ein Bereich, für den die höchste »Sicherheitsstufe« gilt. Die Tonsillen (Mandeln) in Ihrem Rachen (Pharynx) sind besonders große Lymphknoten. Zudem besitzen Sie übrigens auch noch Mandeln im hinteren Abschnitt des Gaumens und an der Zungenbasis.

Abbildung 13.2: Der Aufbau eines Lymphknotens im Querschnitt

Die Tonsillen (Mandeln) und die Lymphknoten im Halsbereich sind mit einer kleinen Armee vergleichbar, die den Eingang zu Ihrem Körper bewacht und potenziell krankmachende Mikroorganismen fängt und entfernt. Entzündete Tonsillen, wie Sie in Abbildung 13.3 zu sehen sind, schwellen an und sind teilweise mit weißlich-gelben Pünktchen bedeckt (Mandelentzündung oder Tonsillitis). Ihr Darmsystem, das ja auch eine mögliche Eintrittspforte für Mikroben darstellt, besitzt ebenfalls seine eigene Armee: Die Peyer-Plaques sind Lymphknoten, die in den Darmwänden sitzen.

Abbildung 13.3: Blick auf die entzündeten Tonsillen

Wann immer Sie schon einmal die Windpocken, die Grippe oder auch nur eine kleine Erkältung hatten, sind Sie von einem Virus angegriffen worden. Ein Virus ist ein infektiöses Agens, das sich ohne fremde Hilfe weder ernähren noch vermehren kann; daher benötigt es einen Wirt: eine Zelle, die diese beiden Fähigkeiten besitzt. Technisch gesehen ist ein Virus keine Zelle, da es weder einen Zellkern noch andere Zellorganellen besitzt (daher kann ein Virus keinen Stoffwechsel betreiben oder sich selbstständig reproduzieren). Ihre T-Lymphozyten bekämpfen Viren direkt, während Ihre B-Lymphozyten Antikörper gegen Viren bilden, die im Blut zirkulieren. (Im Abschnitt »Antikörpervermittelte Immunität« erfahren Sie mehr über Antikörper.) Sobald Ihre Zellen von einem Virus angegriffen werden, wird das Immunsystem aktiviert, um Sie zu schützen: Lymphknoten produzieren mehr B- und T-Lymphozyten. T-Lymphozyten töten die Körperzellen, die bereits von einem Virus befallen sind. B-Lymphozyten bilden Antikörper, um alle gefährlichen Antigene (Teile von Viren oder Bakterien) zu erkennen, die in Ihren Körper eindringen. (Im Abschnitt »Die Verteidigung Ihrer Gesundheit« in diesem Kapitel finden Sie mehr Informationen über Antikörper und Antigene.) Einige Antikörper bleiben nur für kurze Zeit erhalten, andere für mehrere Jahre und wieder andere werden Sie in Ihrem ganzen Leben nicht mehr los. Wann immer ein Virus, das schon einmal »Gast« in Ihrem Körper war, einen neuen Angriff startet, wird es dies selten erfolgreich tun. Ihr Körper reagiert in diesem Fall nämlich sofort, erkennt es als »alten Bekannten« und vernichtet es ohne Umschweife. »Antikörper« heißt das Zauberwort, wenn es um Immunität geht. Antikörper sind der Grund dafür, dass Sie nie wieder die Windpocken bekommen, wenn Sie einmal davon betroffen waren, und sie sind auch dafür verantwortlich, dass Menschen sich nicht zweimal mit demselben Erkältungsvirus infizieren können.

Einem windigen Virus zum Opfer fallen Bei einer Windpockeninfektion gelangen die Windpockenviren durch die beim Niesen oder Husten herausgeschleuderten Tröpfchen des Speichel- oder Nasensekretes einer anderen Person in Ihren Körper. Um in Ihrem Körper überleben und sich vermehren zu können, muss das Virus in eine Zelle eindringen und deren Zellmaschinerie »kapern«. Je mehr Zellen von Viren eingenommen werden, desto kranker und müder fühlen Sie sich, da die Viren Nährstoffe und Sauerstoff für ihre eigene Energiegewinnung abzweigen. Vielleicht hatten Sie schon einmal die typischen Anzeichen einer Windpockeninfektion: grippeähnliche Symptome, rote Pusteln, die wie verrückt jucken, sowie Fieber, und all das sind Reaktionen Ihres Körpers mit dem Ziel, die eingedrungenen Viren loszuwerden. Zum Beispiel verursacht eine erhöhte Schleimbildung eine laufende Nase, die dazu dient, Viren aus den Nasenhöhlen auszuspülen. Bei Fieber wird Ihre Körpertemperatur so weit erhöht, dass es für die Viren reichlich unangenehm im Körper ist und sie so gezwungen sind, ihren Wirt zu verlassen.

Wo Immunzellen zu Hause sind: die Milz Ihre Milz liegt im oberen linken Quadranten der abdomino-pelvinen Körperhöhle (siehe Kapitel 1 und 5), rechts unterhalb des Zwerchfells. Sie dient als »Heim« für Immunzellen. Ihr Aufbau entspricht im Großen und Ganzen dem eines Lymphknotens – eines sehr großen Lymphknotens. Ihre Milz ist aus verschiedenen Arten von Gewebe aufgebaut und in Läppchen (kleinere Sektionen innerhalb eines Lappens) unterteilt, die aus roter und weißer Pulpa (einer blutgefäßreichen Gewebemasse) bestehen: Rote Pulpa ist rot, da sie viele rote Blutzellen enthält; zudem beherbergt sie auch weiße Blutzellen (Lymphozyten und Makrophagen). Weiße Pulpa ist weiß, da sie überhaupt keine roten Blutzellen enthält, dafür umso mehr Lymphozyten und Makrophagen. Lymphozyten und Makrophagen sind Immunzellen, die das Blut reinigen, indem sie Mikroorganismen und anderes Fremdmaterial entfernen.

So wie Lymphknoten die Lymphe filtern, um Unreinheiten zu entfernen, filtert die Milz das Blut. Ihre Milz kann zwar operativ entfernt werden, ohne dass Sie sterben müssen, aber Menschen, bei denen dieser Eingriff vorgenommen wurde, leiden oft an einer erhöhten Infektanfälligkeit, da sie einen nicht unerheblichen Anteil ihres Arsenals an Lymphozyten und Makrophagen eingebüßt haben. Ihre Milz ist auch ein Speicher für Blut, da nicht das gesamte Blutvolumen ständig zur Versorgung aller Körperteile benötigt wird. Die Milz setzt ihr Blut nur dann frei, wenn »Not am Mann« ist, das heißt, wenn der Blutdruck zu niedrig ist oder wenn Sie beim Sport besonders viel Sauerstoff verbrauchen. Die lästigen Seitenstiche, die Sie vielleicht auch kennen, rühren übrigens von Ihrer sich krampfartig zusammenziehenden Milz her, die viel Blut auf einmal ausstoßen muss. Dies geschieht häufig bei untrainierten Menschen, die sich zu viel auf einmal abverlangen.

Was haben Thymus und T-Lymphozyten gemeinsam? Na, das T! Der Thymus ist eine Drüse, die oberhalb des Herzens liegt und der Luftröhre direkt hinter dem Sternum (Brustbein) aufsitzt. Der Thymus ist bei Kindern noch groß und schrumpft im Laufe des Lebens. Bei Erwachsenen ist der Thymus klein und besteht größtenteils nur noch aus Fettgewebe, hat aber dennoch eine Funktion – er bildet das Hormon Thymosin, das der Differenzierung und Reifung der T-Zellen dient (siehe Kapitel 8 für weitere Infos über Hormone). Wenn Lymphozyten im Cortex eines Lymphfollikels gebildet werden, sind sie noch »babyglatt« und differenzieren sich erst später in B- und TZellen. Bevor sie sich jedoch endgültig differenzieren, treten die jungen Lymphozyten in Kontakt mit einigen Körperzellen – wie bei einer Art Prüfung. Falls die jungen Lymphozyten körpereigene Zellen angreifen sollten, müssen sie sterben. Doch die Kandidaten, die körpereigene Zellen in Ruhe lassen und dafür eine »Leidenschaft« für die Vernichtung

fremder Zellen zeigen, dürfen sich zu kampffähigen T-Zellen mausern und wandern kurze Zeit später in die Medulla des Lymphfollikels ein. Dort angekommen, differenzieren sich die frischgebackenen T-Zellen in bestimmte Untertypen: T-Helferzellen, cytotoxische T-Zellen oder TSuppressorzellen (auch regulatorische T-Zellen genannt). Die Lymphozyten, die sich bei Kontakt mit körpereigenen Zellen zwar auch »gut benommen« haben, jedoch kein Talent bei der Vernichtung körperfremder Zellen an den Tag gelegt haben, werden zu antikörperproduzierenden B-Zellen.

Angeborene und erworbene Immunantwort Die angeborene Immunantwort ist das evolutionsbiologisch ältere und schnellere Verteidigungssystem des Körpers, aber dafür ist es weniger spezifisch als die erworbene Immunantwort, die auf der Produktion von genau gegen den Eindringling passenden Antikörpern beruht. In den Körper eingedrungene Bakterien oder Viren werden vom angeborenen Immunsystem sofort als fremd erkannt und beseitigt, indem sich Granulozyten, Makrophagen und natürliche Killerzellen auf den Eindringling stürzen. Dabei werden sie von dem Komplementsystem unterstützt, einem System aus etwa 30 Plasmaproteinen, die die Zellwand des Bakteriums entweder direkt attackieren, allgemeine Entzündungsreaktionen auslösen oder Fresszellen an den Ort der Infektion locken. Die angeborene Immunantwort ist schnell, aber im Gegensatz zur erworbenen Immunantwort der Wirbeltiere gibt es kein immunologisches Gedächtnis. Dringt das gleiche Bakterium noch einmal ein, wird es von der angeborenen Immunreaktion wieder auf die gleiche Art und Weise bekämpft wie beim ersten Kontakt. Das ist bei der erworbenen Immunantwort anders. Hier erkennen im Blut zirkulierende Gedächtniszellen (Lymphozyten) sofort, wenn ein bereits bekannter Infektionskeim noch einmal in den Körper eindringen will, und sorgen für die Produktion von entsprechenden Antikörpern. Auf diesem Prinzip beruht auch die Schutzimpfung (siehe weiter unten in diesem Kapitel).

Spione und Angreifer: Immunzellen Die Zellen des Immunsystems sind die weißen Blutzellen (Leukozyten), die durch Ihren Blutkreislauf zirkulieren. Daran können Sie sehen, wie eng das Immunsystem mit dem Kreislauf zusammenarbeitet. Darüber hinaus besitzt das Immunsystem auch eine Verbindung zu den Knochen Ihres Skelettes.

Alle Blutzellen – rote wie weiße – werden im roten Knochenmark Ihrer Knochen gebildet. Rotes Knochenmark findet man in den Enden langer Knochen (Röhrenknochen), also im Oberschenkelknochen (Femur) und im Oberarmknochen (Humerus), in den Rippen, im Schädel, im Becken, in der Wirbelsäule, in den Schlüsselbeinen sowie im Brustbein (Sternum). Rote und weiße Blutzellen werden auch als rote beziehungsweise weiße Blutkörperchen bezeichnet. Im roten Knochenmark liegen einige spezialisierte Zellen (Retikulumzellen), die die netzartigen Bindegewebsfasern der Knochen bilden, sowie multipotente Stammzellen, die das Potential besitzen, sich in viele verschiedene Zelltypen zu differenzieren (daher der Name multipotent): in eine rote Blutzelle, ein Blutplättchen oder in einen der fünf Typen weißer Blutzellen (Tabelle 13.1). Retikulumzellen und multipotente Stammzellen säumen die Wände der Venen, die durch die Kanäle des Lamellensystems der Knochen ziehen (siehe Kapitel 4). Wenn sich multipotente Stammzellen in einen speziellen Blutzelltyp differenzieren, treten sie durch diese Venen in den Blutkreislauf ein. Zellen wachsen und teilen sich ständig. Wenn sich eine multipotente Stammzelle teilt, entstehen eine myeloide und eine lymphoide Stammzelle. Die myeloide Stammzelle teilt sich wiederum, und aus ihr können drei verschiedene Zelltypen hervorgehen: Erythroblasten: Erythroblasten reifen zu Erythrozyten heran (rote Blutzellen). Megakaryoblasten: Megakaryoblasten entwickeln sich zunächst zu Megakaryozyten, aus denen schließlich ständig Thrombozyten (Blutplättchen) abgeschnürt werden. Myeloblasten: Myeloblasten differenzieren sich zu vier Typen weißer Blutzellen (Leukozyten): Basophile, Eosinophile,

Neutrophile und Monozyten. Die Basophilen, Eosinophilen und Neutrophilen nennt man auch Granulozyten, da ihr Cytoplasma wie von feinen Körnchen (Granula) durchsetzt scheint, wenn man die Zellen anfärbt. Im Cytoplasma der Monozyten finden sich zwar ebenfalls kleine Granula, aber da man sie nicht anfärben kann, werden Monozyten auch als agranuläre Leukozyten bezeichnet. B- und T-Lymphozyten sind ebenfalls agranuläre Leukozyten. Sie stammen von einer multipotenten Stammzelle ab, die sich zu einer lymphoiden Stammzelle weiterentwickelt hat. Die B-Zellen verlassen das Knochenmark als voll funktionsfähige Lymphozyten. Die T-Zellen sind jedoch noch unreif, wenn sie das Knochenmark verlassen – sie müssen zur Reifung in den Thymus wandern, erst dort werden sie zu einsatzfähigen, reifen Immunzellen. Zelltyp

Ursprung

Eigenschaften

Basophiler

Myeloblast: Entsteht aus myeloider Stammzelle, die sich aus multipotenter Stammzelle im roten Knochenmark bildet.

Setzen Histamin frei. Stellen nur 1 Prozent aller Leukozyten dar.

Eosinophiler

Myeloblast: Entsteht aus myeloider Stammzelle, die sich aus multipotenter Stammzelle im roten Knochenmark bildet.

Phagozytieren (verschlingen) Antigen-Antikörper-Komplexe und lösen diese auf. Bilden 1-4 Prozent aller weißen Blutzellen.

Neutrophiler

Myeloblast: Entsteht aus myeloider Stammzelle, die sich aus multipotenter Stammzelle im roten Knochenmark bildet.

Phagozytieren Bakterien, während sie durch Blutstrom und Körper wandern. Stellen den Großteil der Leukozyten dar (40-70 Prozent).

Myeloblast: Entsteht aus myeloider Stammzelle, die sich aus multipotenter Stammzelle im roten Knochenmark bildet.

Entwickeln sich zu Makrophagen. Phagozytieren Bakterien und Viren. Bilden 4-8 Prozent aller Leukozyten.

Granulozyten

Agranuläre Leukozyten Monozyt

Zelltyp

Ursprung

Eigenschaften

B-Lymphozyt

Lymphoide Stammzelle: Entsteht aus Produzieren Antikörper. multipotenter Stammzelle im roten Zusammen bilden B- und TKnochenmark. Lymphozyten 20-45 Prozent aller Leukozyten.

T-Lymphozyt

Lymphoide Stammzelle: Entsteht aus multipotenter Stammzelle im roten Knochenmark; reift nach Stimulierung durch das Hormon Thymosin im Thymus heran.

Zerstören von Viren befallene Zellen. Zusammen bilden Bund T-Zellen 20-45 Prozent aller weißen Blutzellen.

Tabelle 13.1: Zellen des Immunsystems

Entzündung bedeutet Schwellung Wenn Sie sich schon einmal einen Splitter eingerissen haben, werden Sie sicher bemerkt haben, dass die betroffene Hautstelle sehr schnell anschwoll, rot und berührungsempfindlich wurde. Schwellung und Rötung sind typische Symptome einer Entzündungsreaktion, ebenso wie der Schmerz, der Ihre Aufmerksamkeit zur Verletzung lenken soll, sodass Sie sich selbst helfen, den Splitter entfernen und die Wunde reinigen können. Bei einer Gewebsverletzung werden eigentlich auch immer Kapillaren mitbeschädigt, da sie überall im Körper vorkommen. Eine verletzte Kapillare bewirkt die Freisetzung von Histamin, einem Hormon, das in allen Körpergeweben produziert wird. (Antihistaminika sind Arzneien, die die Produktion dieses Hormons hemmen, das auch hauptverantwortlich für allergische Reaktionen ist.) Histamin verursacht eine Dilatation (Erweiterung) der Kapillaren; dadurch kann mehr Blut durch die Gefäße fließen, und die entzündete Stelle färbt sich rot. Je mehr Blut zu einer Verletzung geführt wird, desto mehr Immunzellen werden angeschwemmt und können den Kampf mit den Mikroorganismen aufnehmen, die mit dem Splitter in den Körper eingedrungen sind.

Sobald Histamin freigesetzt wird, wird auch Bradykinin ausgeschüttet. Bradykinin bewirkt die Aussendung von Nervenimpulsen, die vom Gehirn als »Aua!« interpretiert werden. Gleichzeitig macht Bradykinin die Kapillaren durchlässiger (permeabler), sodass mehr Gewebsflüssigkeit in die Wundregion einwandert. Diese zusätzliche Flüssigkeit hilft, mögliche Keime schneller auszuspülen, und führt gleichzeitig zu einer Schwellung. Die erhöhte Gefäßpermeabilität erlaubt es den Immunzellen, schneller ins Wundgewebe zu gelangen. Die überschüssige Gewebsflüssigkeit, die mit Entzündungsprodukten und Keimen angefüllt ist, wird in Form von Lymphe abgeführt und in den Lymphknoten gefiltert. Für gewöhnlich bilden Neutrophile und Monozyten (siehe Tabelle 13.1) die »Armee«, die eingedrungene Krankheitserreger bekämpft.

Schnelle Reaktion: Neutrophile eilen zur Rettung! Neutrophile Granulozyten sammeln Bakterien wie bei der Müllabfuhr ein: Sie betreiben Phagozytose. (»phago« bedeutet »essen«; der Wortstamm »zyt-« bezieht sich auf »Zelle«.) Wenn ein Neutrophiler ein Bakterium (die Einzahl von Bakterien) »isst«, nimmt er sein Opfer in einer Vakuole (Abbildung 13.4) auf, die mit lytischen Enzymen prall gefüllt ist und das Bakterium verdaut. (Enzyme sind Proteine, die eine chemische Reaktion beschleunigen. Für mehr Informationen über Enzyme siehe Kapitel 11.) Die Granula in den Neutrophilen unterstützen auch die Enzymreaktion beim Verdauen eines Bakteriums. Neutrophile und Monozyten sind Teil der unspezifischen (angeborenen) Immunabwehr.

Abbildung 13.4: Phagozytose: Leukozyten fressen Bakterien

Monozyten sind echte Kämpfer Ein Monozyt entwickelt sich zu einer großen Monsterzelle, die als »Makrophage« bezeichnet wird. Makrophagen suchen, finden und fressen viele, viele Mikroorganismen. Zu Beginn einer Infektion stimulieren Makrophagen die Bildung weiterer Leukozyten – kurz, Makrophagen formieren die Truppen. Das erklärt übrigens auch, warum ein Anstieg der Leukozytenkonzentration im Blut ein sicheres Anzeichen für eine beginnende Infektion im Körper ist.

Verteidigung Ihrer Gesundheit gegen Invasoren Selbst in Zeiten der Gesundheit finden ständig kleine, unterschwellige Schlachten in Ihrem Blut und den Geweben statt – Ihr Immunsystem ist

eigentlich ununterbrochen damit beschäftigt, Viren und Bakterien in Schach zu halten. Wenn Sie krank werden, eskaliert dieser Kampf. Die Artillerie, die dann zum Einsatz kommt, umfasst verschiedene Proteinarten. Eine Proteingruppe, die im Blutplasma zu finden ist, wird »Komplementsystem« genannt.

Wofür soll denn Eiter gut sein? »Iiiih, Eiter!« Eiter ist aber eine weitere gute Sache, die Ihr Immunsystem im Kampf gegen Krankheitserreger zu bieten hat. Vielleicht scheint es nicht auf den ersten Blick so, aber Eiter ist wirklich ein gutes Zeichen bei jeder Infektion. Eiter enthält Neutrophile, die im Kampf abgestorben sind, einige tote Gewebszellen, Überreste von Bakterien und andere weiße Blutzellen. All das zusammen ergibt jene dicke, gelbe Masse, deren Anblick bei den meisten Menschen Ekel auslöst. Dabei ist Eiter der perfekte Beweis, dass Ihr Körper eine Infektion erbittert bekämpft und dass Ihr Immunsystem seine Arbeit gut macht. Seien Sie also froh, dass es Eiter gibt!

Das Komplementsystem Das Komplementsystem ist Teil der unspezifischen (angeborenen) Immunantwort und besteht aus einer komplizierten Abfolge festgelegter Vorgänge, die wie eine Kettenreaktion ablaufen. Deshalb wird sie auch als »Komplementkaskade« bezeichnet: Ein Komplementprotein aktiviert ein anderes Protein, dieses aktiviert wieder das nächste Protein, das ebenfalls ein weiteres Protein aktiviert und so weiter (ähnliches Prinzip wie bei der Blutgerinnung!). Diese Ereigniskette wird in Gang gesetzt, wenn eine Mikrobe im Körper entdeckt wird. Mehrere verschiedene Komplementproteine arbeiten dann als Komplementsystem zusammen. Einige der Komplementproteine vereinen sich, wenn sie einmal aktiviert wurden, mit anderen Proteinen und bilden Poren in der Zellmembran der Mikroben – damit läuft die Zelle regelrecht aus und ist so unschädlich gemacht. Andere Komplementproteine bewirken die Freisetzung von Chemikalien, die als Signale für Entzündungen und Phagozytose dienen (so etwa wie eine Flagge – Hallo, hier ist der Feind!«).

Wieder andere Komplementproteine binden sich an eine mit Antikörpern bedeckte Mikrobe, kurz, sie »markieren« die Mikrobe und »verurteilen« sie damit zum Tode, denn dann ist das angeborene Immunsystem in der Lage, den Krankheitserreger zu finden und samt Komplementproteinen zu phagozytieren. Zwei weitere Methoden der Verteidigung stellen die antikörpervermittelte und die zellvermittelte (erworbene) Immunität dar.

Antikörpervermittelte Immunität Die antikörpervermittelte Immunität benutzt Antikörper zur Abwehr. Antikörper werden von B-Zellen produziert und bilden eine echte kleine Armee, die in die Schlacht zieht. Unter einem Antigen versteht man jede Zelle oder jede Substanz, die Ihr Körper als »fremd« erkennt und daher bekämpfen will. Material, das dagegen vom Körper hergestellt wird, nennt man »körpereigen«. Antigene können sein: Proteine auf einer Bakterien- oder Virusmembran Überreste einer körperfremden Zelle Krebszellen B-Lymphozyten produzieren Antikörper (globuläre Proteine, auch Immunglobuline genannt), die sich mit Antigenen verbinden und Antigen-Antikörper-Komplexe bilden. (Beachten Sie dazu auch den Abschnitt »Lieben Sie Ihr Lymphsystem«, falls Sie mehr über BLymphozyten erfahren möchten.) Wenn ein Antikörper an ein Antigen bindet, wird das Antigen dadurch inaktiviert und unschädlich gemacht, sodass es keine Körperzellen mehr angreifen kann. Der Antigen-Antikörper-Komplex ruft auch Immunzellen an den Ort des Geschehens. Neutrophile oder Monozyten, die sich zu hungrigen Makrophagen umwandeln, treffen ein und beginnen ihr Festmahl. Das

Komplementsystem kann ebenfalls miteinbezogen sein, wenn die Komplementproteine phagozytierende Zellen alarmieren (also Makrophagen, die Antigene vertilgen). Um Sie vor einer sich ausweitenden Infektion zu bewahren, setzen sich die Antikörper kurz nach der Mikrobeninvasion an die Oberfläche Ihrer Körperzellen und helfen so dem Immunsystem, Bakterien und Viren zu fangen, noch bevor diese in die Zellen eindringen können. Jedes Mal, wenn Ihr Körper ein neues Antigen identifiziert, produzieren die B-Lymphozyten Antikörper, die genau auf dieses Antigen zugeschnitten sind. Die Oberflächen der Lymphozyten sind mit Rezeptoren bedeckt, also mit Molekülen, die auf ein spezifisches Antigen zugeschnitten sind. Das Antigen bildet dabei eine Einheit mit dem Rezeptor, etwa so wie ein Schlüssel, der in ein bestimmtes Schloss hineinpasst. Taucht das Antigen irgendwann wieder im Körper auf, dann können die B-Lymphozyten es mithilfe dieser spezifischen Rezeptoren sofort erkennen. Je mehr Antigene im Laufe des Lebens identifiziert werden, desto mehr Rezeptoren bilden sich und desto immuner werden Sie gegen sehr viele Antigene. Obwohl Ihr Immunsystem während Ihres Lebens eine Million und mehr Antikörper bildet und diese eine Million und mehr Antigene auch erkennen kann, werden alle Antikörper in nur fünf Klassen eingeteilt. Zur Wiederholung: Antikörper werden auch als »Immunglobuline« bezeichnet und mit »Ig« abgekürzt. IgA: Diese Antikörperklasse wirkt gegen Toxine, die von Bakterien produziert werden. Außerdem attackiert sie direkt bestimmte Mikroorganismen. IgA sind auf allen Häuten und Schleimhäuten zu finden, sie sind Teil der Körpersekrete (wie beispielsweise Muttermilch oder Speichel) und schützen die Körperhöhlen. IgD: Als Rezeptoren auf B-Lymphozyten sind diese Antikörper primär in Blut und Lymphe zu finden. IgE: Diese Antikörper verursachen allergische Reaktionen und finden ihren Hauptwirkungskreis in der Bekämpfung mehrzelliger Parasiten, sprich: Würmern. Sie sind Bestandteil der Membran von

Basophilen, die im Blutstrom zirkulieren, und von Mastzellen, die stationär in den Geweben zu finden sind. IgG: Die häufigste Antikörperklasse zirkuliert frei in Blut und Lymphe. IgG greifen Mikroorganismen und deren Toxine direkt an, und sie begünstigen Phagozytose. Antigene, die zum zweiten Mal in einen Körper eindringen, werden hauptsächlich von IgG-Antikörpern abgefangen (sekundäre Immunantwort), daher sind diese Antikörper ein gutes Maß für die Reaktionsfähigkeit und Stärke eines Immunsystems. IgM: Diese größten aller Antikörper zirkulieren auch in Blut und Lymphe. Nach einer Infektion sind sie die ersten nachweisbaren Antikörper (primäre Immunantwort), und sie aktivieren das Komplementsystem.

Abbildung 13.5: Die Immunglobulin-Klassen

Zellvermittelte Immunität Zellvermittelte Immunität ist eine Methode der Verteidigung, bei der anstelle von Antikörpern T-Zellen als Schlachttruppen zum Einsatz kommen. B-Lymphozyten produzieren Antikörpe (siehe Abbildung 13.6). Zudem werden in den Lymphknoten neben den B-Lymphozyten auch T-Lymphozyten vermehrt. T-Lymphozyten reifen erst im Thymus zu ihrer vollen Funktionsfähigkeit heran. T-Zellen stellen einen extrem wichtigen Bestandteil Ihres Immunsystems dar. Wenn die äußeren Barrieren Ihres Körpers – Häute und Schleimhäute – von krankheitserregenden Mikroorganismen befallen werden, ist es die Aufgabe der Immunzellen, dafür zu sorgen, dass Ihre Gesundheit bewahrt wird. T-Zellen sind die Truppen, die aktiv kämpfen, wohingegen B-Zellen Antikörper herstellen, die gegen »alte Bekannte« zu Felde ziehen.

Abbildung 13.6: B-Lymphozyten produzieren Antikörper

T-Zellen werden immer dann aktiviert, wenn ein Makrophage eine Mikrobe vertilgt hat und den T-Zellen die Überreste (Antigene)

präsentiert. Auch bei der Reifung der T-Zellen ist diese AntigenPräsentation entscheidend darüber, in welchen Zell-Typ sich die T-Zelle differenzieren wird. Es gibt drei Möglichkeiten der »Berufswahl« für TZellen: T-Helferzellen (TH-Zellen): Diese T-Zellen stimulieren und unterstützen die Immunantwort. Sie sekretieren Proteine, die BZellen zur Antikörperproduktion anregen, sodass dadurch andere Immunzellen zum Angriff auf Krankheitserreger rekrutiert werden können. T-Suppressorzellen (TReg-Zellen): Diese regulatorischen T-Zellen wirken der Arbeit der T-Helferzellen entgegen, indem sie die Immunantwort hemmen und somit die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems herunterfahren. So verhindern sie die Entstehung von Autoimmunerkrankungen. Cytotoxische T-Zellen: Sie werden auch »T-Killerzellen« genannt und greifen jedes Antigen, dem sie begegnen, sofort an, wenn dieses sich nicht als zum Körper gehörend »ausweisen« kann. Dazu setzen sie Chemikalien frei, die imstande sind, Membranen zu perforieren; durch die entstehenden »Löcher« in der Membran läuft die so angegriffene fremde Zelle buchstäblich aus und stirbt. Cytotoxische T-Zellen töten auch von Viren befallene Zellen und halten ständig nach entarteten Krebszellen Ausschau, denn Letztere verändern sich derart, dass sie vom Immunsystem nicht länger als körpereigen erkannt werden können. Mutationen können ebenso dazu führen, dass eine Zelle sich so verändert, dass sie zur Krebszelle wird. Cytotoxische T-Zellen vernichten selbst diese nur potenziell krebsgefährdeten Zellen. Krebs kann zum großen Problem werden, wenn sich die Krebszellen schneller teilen, als dass sich die cytotoxischen T-Zellen vermehren können. Dann gerät das System rasch außer Kontrolle, die cytotoxischen T-Zellen werden mit der Abwehr überfordert, und der Krebs kann sich bald ungestört ausbreiten. Aus diesem Grund sind die T-Killer-Zellen ständig auf der Suche nach möglichen

Krebskandidaten unter den Körperzellen und handeln nach dem Motto »Vorbeugen ist die beste Gesundheitsvorsorge«.

T-Zellen sind extrem wichtig für Ihre Immunität. Wenn ein infektiöser Mikroorganismus die äußeren Körperbarrieren wie Haut oder Schleimhaut überwindet, werden die Lymphozyten auf den Plan gerufen, um Ihre Gesundheit zu verteidigen. T-Zellen stellen die aktiv kämpfenden Truppen dar, während die B-Zellen Antikörper gegen schon bekannte Antigene bereitstellen. Sobald eine T-Zelle ein Antigen entdeckt, bindet es dieses mithilfe seiner Rezeptoren und der MHC-Proteine auf seiner Oberfläche (siehe Kasten »Ähnlichkeit ist alles« für mehr Informationen über MHC). Ihre Gene bestimmen dabei die Art der MHC- Proteine, die auf Ihren T-Zellen zu finden sind.

Können Sie sich ausweisen? Cytotoxische T-Zellen greifen ein Spenderorgan an, wenn sie dessen Haupthistokompatibilitätskomplex-Proteine (MHC-Proteine) nicht als körpereigen identifizieren können. Für die erfolgreiche Transplantation eines Spenderorgans muss dieses deshalb aus Gewebe bestehen, das dem des Empfängers möglichst ähnlich ist. Die MHC-Proteine sind für diese Ähnlichkeit verantwortlich. Die Berücksichtigung der Gewebsverträglichkeit ist deshalb so wichtig, da die cytotoxischen T-Zellen im Falle einer Transplantation »entscheiden«, ob das Organ abgestoßen wird oder nicht.

Immunität hat ihren Preis Dank moderner Forschungen und Technologien ist die Medizin der Funktionsweise des Immunsystems auf die Schliche gekommen. Mithilfe künstlich hergestellter Impfstoffe, so genannter »Vakzine«, ist es heute möglich, das Immunsystem zu lenken und es dazu zu veranlassen, Antikörper gegen ganz bestimmte Antigene zu bilden. Vor der Entwicklung dieser Produkte konnten die Menschen ihr Immunsystem nur auf althergebrachte Weise trainieren: Sie mussten wirklich krank werden. Entweder starben sie an der Krankheit oder sie

überlebten. Wenn Ihre Vorfahren also eine Krankheit überwanden, entwickelten sie ihr gegenüber eine natürliche Immunität. In der Vergangenheit sind viele Menschen an Krankheiten gestorben, gegen die es heute Vakzine gibt.

Impfstoffe (Vakzine) Impfstoffe sind Mixturen aus verschiedenen Antigenen: abgetöteten Mikroorganismen, unschädlich gemachten, lebenden Mikroorganismen oder spezifischen Proteinen, die der Körper als fremd erkennt. Impfstoffe werden entweder oral (über den Mund), nasal (durch ein Nasenspray) oder als Injektion (Spritze) verabreicht. Injektionen erfolgen für gewöhnlich intramuskulär (in den Muskel) oder subkutan (in die subkutanen Hautschichten). Wissenschaftler können Viren die Fähigkeit nehmen, eine Infektion zu verursachen. Sie werden dann als attenuierte Viren bezeichnet, die harmlos sind, jedoch immer noch die Proteine besitzen, die das Immunsystem auch in der gefährlichen Form erkennen und gegen die es Antikörper bilden würde. Attenuierte Viren werden gezielt für Impfungen eingesetzt, da sie für das Immunsystem immer noch wie gefährliche Viren »aussehen«, sich im Körper aber nicht so verhalten – sie haben ihre Virulenz verloren. Tote Viren sind ebenfalls für Impfstoffe relevant, obwohl diese Totimpfstoffe häufig nicht so effizient wirken wie Vakzine aus attenuierten Viren. Die Viren werden getötet, indem man sie starker Hitze oder bestimmten Chemikalien (beispielsweise Formaldehyd oder Phenol) aussetzt. Die auf diese Weise abgetöteten Viren werden dann in den Körper injiziert, woraufhin dessen Immunsystem passende Antikörper herstellt. Da Impfungen eine Reaktion Ihres Immunsystems herausfordern (nämlich die aktive Produktion von Antikörpern), wird durch sie eine aktive Immunität erzielt.

Normalerweise macht eine einzige Impfung einen Menschen nicht für sein ganzes Leben gegen eine Krankheit immun. Daher werden Impfungen über viele Jahre wiederholt und immer wieder aufgefrischt.

Ein Mittel gegen Pocken Der Begriff »Vakzin« stammt von dem lateinischen Begriff »vacca«, der auf Deutsch »Kuh« bedeutet. Wieso »Kuh«, werden Sie sich fragen? Weil Edward Jenner als erster Arzt Patienten mit Kuhpockenviren impfte und sie dadurch immun gegen die gefährlichen und mit den Kuhpockenviren nahe verwandten Menschenpockenviren machte. Im Jahre 1798 nahm Jenner Sekrete von einer mit Kuhpocken infizierten Kuh und inokulierte (übertrug) sie in einen Menschen, sodass dessen Immunsystem zunächst Antikörper gegen die Kuhpocken bilden konnte (Kuhpocken sind für Menschen relativ harmlos). Diese Antikörper waren dann bei einer späteren Menschenpockeninfektion in der Lage, diese viel gefährlicheren und extrem infektiösen Pockenviren unschädlich zu machen, die damals eine richtige Epidemie darstellten. Es ist jedoch nicht immer möglich, Menschen mithilfe lebender Viren zu immunisieren.

Passive Immunität Jeder Mensch wird bereits mit einer passiven Immunität geboren. Schon in der Gebärmutter Ihrer Mutter erhielten Sie über die Plazenta Antikörper aus dem mütterlichen Blut. Nach der Geburt nahmen Sie weitere Antikörper über die Muttermilch auf. Allerdings hatten Sie bereits nach einigen Monaten einen Großteil dieser passiv aufgenommenen Antikörper wieder eingebüßt. Ab diesem Zeitpunkt musste Ihr Körper aktiv eigene Antikörper bilden, und seit diesem Zeitpunkt ist Ihr Immunsystem eigentlich ununterbrochen im Einsatz.

Fehlfunktionen des Immunsystems Der schmale Grat zwischen Gesundheit und Krankheit kann leicht überschritten werden, wenn ein Problem in Ihrem Immunsystem auftritt. Einige der vielen möglichen Fehlfunktionen des Immunsystems machen sich sofort bemerkbar, während andere jahrelang ohne erkennbare Symptome bestehen können. Man teilt die Fehlfunktionen des

Immunsystems in drei Gruppen ein: Autoimmunkrankheiten, Allergien und Immundefizite.

Autoimmunerkrankungen Diese Krankheiten entstehen, wenn Ihr Immunsystem körpereigene Zellen angreift. Einige Viren und Bakterien stellen Giftstoffe her, die TZellen dazu veranlassen können, körpereigene Proteine auf der Oberfläche von Makrophagen anzugreifen anstatt die MikrobenAntigene in den Makrophagen. Manchmal beginnen T-Killerzellen damit, gesunde Körperzellen als fremd einzustufen. Einige Autoimmunkrankheiten, die so beginnen, sind Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose und Myasthenia gravis (Muskelschwäche).

Lupus erythematodes Der »Lupus« ist eine arthritisähnliche Erkrankung des Bindegewebes. Es gibt zwei Formen von Lupus: den discoidalen Lupus erythematodes (DLE), der Hautbindegewebe betrifft, sowie den systemischen Lupus erythematodes (SLE), der in verschiedenen Körpersystemen in Erscheinung treten kann. Da der SLE viel häufiger vorkommt, konzentriert sich dieser Abschnitt auf diese Form, die ein Auf und Ab aus Perioden von Krankheit (meist in Frühling und Sommer) und Beschwerdefreiheit darstellt. Die Krankheit betrifft meistens Frauen und kann durch eine Infektion mit Streptokokken oder Viren, durch Schwangerschaft, ultraviolette Strahlung, Stress oder einen gestörten Östrogenstoffwechsel ausgelöst werden. Patienten, die an SLE leiden, zeigen grippeähnliche Symptome und Schmerzen in verschiedenen Gelenken (Polyarthralgie). Rund die Hälfte der SLE-Patienten leidet zudem unter Brustschmerzen, erschwerter Atmung, niedrigem Blutdruck und Tachykardie (beschleunigtem Herzschlag). Oft kommen auch Zeichen neurologischer Beeinflussung hinzu wie Beklemmung, Depression, Verwirrung, Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen. Die häufigsten Todesursachen bei Menschen mit SLE sind Infektionen des Urinaltraktes und Nierenversagen. Noch gibt es keine Heilung für Lupus. Die Behandlung umfasst meist eine Therapie mit Corticoiden (siehe Kapitel 8) sowie Prednisolon und

Medikamenten, die Probleme mit den Nieren und Blutgefäßen minimieren.

Rheumatoide Arthritis Die Beschädigung von Knorpelgewebe und Gelenken kann bei einer Entzündungsreaktion im Rahmen einer Autoimmunität auftreten. Dieser Schaden kommt bei Menschen mit rheumatoider Arthritis vor. »Rheumatoid« bezieht sich dabei auf die rheumaähnlichen Symptome wie Entzündung, Degeneration und eingeschränkte Beweglichkeit von Bindegewebsstrukturen (wie Sehnen und Gelenke). Grippeähnliche Symptome und die Entwicklung von Gelenkentzündungen mit Beschwerden, die von Schwellungen über Knochenzerstörungen bis hin zu Atrophie, Deformität und zum Beweglichkeitsverlust reichen, begleiten die Krankheit. Normalerweise treten die Symptome erstmals in den Fingern auf; sie können jedoch auch in anderen Gelenken der Arme und Beine, also in Knöcheln, Knien, Ellenbogen und Handgelenken, erscheinen. Die Wahrscheinlichkeit, an rheumatoider Arthritis zu erkranken, ist erblich bedingt (wie übrigens auch in meiner Familie). Als weiterer Grund für den Ausbruch der Krankheit wird die Konzentration bestimmter Hormone im Blut angesehen. Rheumatoide Arthritis betrifft sehr häufig Frauen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren. Auch für diese Erkrankung gibt es keine wirkliche Heilung. Die Therapie bezieht sich allein auf die Symptome und wird mit entzündungshemmenden Medikamenten und Schmerzmitteln durchgeführt. Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken und den Körper somit vor sich selbst schützen) können in frühen Stadien eingesetzt werden. Sport und Physiotherapie können dabei helfen, eine gewisse Beweglichkeit in den betroffenen Gelenken zu bewahren. Bei fortschreitender Krankheit werden oft Operationen durchgeführt, um Knochen zu begradigen und die Schmerzen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Manchmal wird allerdings auch der Einsatz künstlicher Gelenke unumgänglich.

Allergien

Allergene (Substanzen, die allergische Reaktionen hervorrufen) können das Immunsystem zu einer hypersensitiven (überempfindlichen) Reaktion veranlassen. Falls bestimmte Allergene wie beispielsweise Tierhaare, Pollen oder Hausstaub bei Ihnen Juckreiz, Hustenanfälle, eine laufende Nase (Rhinitis, Schnupfen) oder tränende Augen verursachen, ist dies meist auf eine Überempfindlichkeitsreaktion zurückzuführen. Allergien können in bestimmten Abständen auftreten. Einige Allergien wie Heuschnupfen sind saisonal bedingt, unter anderen leiden die Betroffenen das ganze Jahr über (so wie bei Nahrungsmittelallergien). Die Schwere einer Allergie kann von Jahr zu Jahr variieren, manche Allergien hören nach einer bestimmten Zeit einfach wieder auf, und manche setzen erst spät im Leben ein, ohne dass man je zuvor Probleme mit Allergien hatte. Auch die genetische Veranlagung kann die Ausbildung von Allergien begünstigen. IgE-Antikörper, die eine Freisetzung von Histamin bewirken, sind die Auslöser für allergische Reaktionen (siehe auch »Antikörpervermittelte Immunität« weiter vorn in diesem Kapitel). Histamin verursacht ein Anschwellen der Schleimhäute, beispielsweise in Nase oder Hals (siehe Abbildung 13.7). Die Schwellung verursacht eine verstopfte Nase (nasale Kongestion) und dieses wahnsinnig machende Kitzeln im Hals, das man durch Kratzen nicht lindern kann. Durch Kongestion und Schwellung können Bakterien in den Nasenhöhlen luftdicht eingeschlossen werden und somit Nebenhöhlenentzündungen und Ohrinfektionen begünstigen.

Abbildung 13.7: Histamin löst allergische Reaktionen aus

Eine besonders schwere allergische Reaktion, die mit plötzlicher Atemnot einhergeht und zum Tode führen kann, ist der anaphylaktische Schock. Menschen, die besonders empfindlich auf Nahrungsmittel wie beispielsweise Schellfisch oder Erdnüsse reagieren, können diese bedrohlichen Reaktionen zeigen. Eine Behandlung umfasst die Injektion von Adrenalin und/oder Cortison. In einigen Fällen, wenn der Hals so anschwillt, dass die Atmung behindert wird, muss eine Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) durchgeführt werden. Die Gewebe der Lungen, die die Bronchien auskleiden, können ebenfalls anschwellen und den Fluss der Atemluft durch die Lungen unterbinden. Atemnot, Schock und Arrhythmien des Herzens (unregelmäßiger Herzschlag) können sehr schnell zum Tod führen. Daher ist es lebensrettend, die Symptome des anaphylaktischen Schocks zu kennen, um im Ernstfall rasch eingreifen

zu können, damit das Immunsystem den schmalen Grat zwischen Gesundheit und Krankheit überwindet.

HI-Viren und AIDS AIDS wird vom humanen Immundefizienzvirus (HIV) verursacht. HIViren befallen T-Helferzellen als Wirtszellen, die dadurch unfähig werden, den Körper vor den Viren zu schützen – ein wirklich teuflischer Kreislauf beginnt. Mit der Zeit verliert das Immunsystem einer HIVinfizierten Person immer mehr T-Helferzellen, sodass ein Immundefizit (Mangel) für diese wichtigen Zellen entsteht. Eine Infektion mit HIV erfolgt unter anderem durch ungeschützten Sex, intravenös mit infizierten Spritzen applizierte Drogen oder Bluttransfusionen eines HIV-positiven Spenders. Das Immunsystem der betroffenen Personen wird schnell zu schwach und weitere Krankheiten wie Lungenentzündung (Pneumonie) oder Tumore der Haut (KaposiSyndrom) können sich ausbreiten. Nachdem eine HIV-positive Person das Virus längere Zeit im Körper getragen hat, entwickelt sie meist das Erworbene Immunschwächesyndrom (abgekürzt mit AIDS, nach der englischen Bezeichnung »acquired immunodeficiency syndrome«). AIDS-Kranke infizieren sich sehr leicht mit Bakterien, Viren und Pilzen, die einem Gesunden normalerweise keine Probleme bereiten. Einfache Schnupfenviren können bei den Betroffenen schon zu schweren Lungenentzündungen führen, da ihr Immunsystem nicht mehr in der Lage ist, diese an sich harmlosen Erreger zu bekämpfen. Die Behandlung von AIDS ist kostenintensiv und befindet sich noch immer im experimentellen Stadium. Eine Heilung ist bis heute nicht möglich.

Übungsaufgaben zu Kapitel 13 Frage 1: Was gehört nicht zu den Aufgaben des lymphatischen Systems? a. interstitielle Flüssigkeit ins Blut zurücktransportieren

b. Bakterien zerstören c. alte Erythrozyten entsorgen d. Erythrozyten produzieren e. Lymphozyten produzieren Frage 2: Was ist eine eingekapselte Masse von Lymphgewebe, die mit Lymphgefäßen verbunden ist? a. Mandeln b. Milz c. Peyer-Plaques d. Thymus e. Lymphknoten Frage 3: Ein Lymphorgan, das afferente und efferente Lymphgefäße hat, ist a. der Lymphknoten b. die Mandel c. der Peyer-Plaque d. die Milz e. der Thymus Frage 4: In den Trabeculae der Lymphknoten findet man a. Makrophagen b. Monozyten c. Neutrophile

d. Lymphozyten e. Basophile Frage 5: Eine Funktion der Lymphknoten ist a. Entfernung von toten roten Blutzellen b. Bilirubin produzieren c. Lymphozyten bilden d. Eisen speichern e. Erythrozyten entfernen Frage 6: Was kann man zu Beginn einer Infektion bei den Lymphknoten häufig beobachten? a. Verschwinden b. Anschwellen c. Vermehrung d. Teilung e. Verkleinerung Frage 7: T-Lymphozyten entstehen im Knochenmark und reifen a. Im Rückenmark b. Nackenbereich c. Thymus d. Darm e. Oberschenkel

Frage 8: Die Zellen, die in den Lymphknoten Fremdkörper eliminieren, heißen a. Endothelzellen b. Erythrozyten c. Neutrophile d. Lymphozyten e. Makrophagen Frage 9: Welches der folgenden Organe gehört nicht zum Lymphsystem? a. Tonsillen b. Thymus c. Leber d. Milz Frage 10: Das lymphatische Organ, das in der Jugend aufhört zu wachsen und danach atrophiert, heißt a. Thymus b. Lymphknoten c. Tonsille d. Adenoid e. Milz Frage 11: Lymphoides Gewebe im Rachen, das vor Eindringlingen schützt, heißt

a. Thymus b. Tonsillen c. Peyer-Plaque d. Milz e. Lymphknoten

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Nicht zu den Aufgaben des lymphatischen Systems zählt d. Erythrozyten produzieren. Die roten Blutzellen werden im Knochenmark gebildet.

Frage 2 Die eingekapselte Masse ist e. ein Lymphknoten.

Frage 3 Es ist a. der Lymphknoten. Thymus und Milz haben keine afferenten Lymphgefäße. Peyer-Plaques und Thymus haben mit der Lymphflüssigkeit sowieso nicht viel zu tun.

Frage 4 In den Trabeculae (Septen) der Lymphknoten findet man d. Lymphozyten.

Frage 5 Eine Funktion der Lymphknoten ist, c. Lymphozyten zu bilden.

Frage 7 b. eine Schwellung.

Frage 6 T-Lymphozyten entstehen im Knochenmark und reifen im c. Thymus.

Frage 8

Die Zellen, die in den Lymphknoten Fremdkörper eliminieren, heißen e. Fresszellen oder Makrophagen.

Frage 9 c. Die Leber gehört nicht zum Lymphsystem.

Frage 10 Das lymphatische Organ, das in der Jugend aufhört zu wachsen und danach atrophiert, heißt a. Thymus.

Frage 11 Lymphoides Gewebe im Rachen, das vor Eindringlingen schützt, heißt b. Tonsillen.

Teil IV

Körper-Kreationen



IN DIESEM TEIL … dreht sich alles um die Fortpflanzung (Reproduktion). Daher sehen wir uns zuerst das männliche und weibliche Reproduktionssystem genauer an. erklären wir den Menstruationszyklus der Frau und die Befruchtung einer Eizelle. verfolgen wir die Entwicklung eines Menschen, vom Heranwachsen im Mutterleib über den Geburtsprozess bis hin zu allen Veränderungen, die ein Mensch im Leben durchläuft.

Kapitel 14

Säen und Wachsen – alles über die Fortpflanzung IN DIESEM KAPITEL Männliche und weibliche Fortpflanzungssysteme Der Menstruations-Zyklus Was bei der Fortpflanzung schief gehen kann

Die Reproduktion (Fortpflanzung) ist essenziell für den Fortbestand der Menschheit. Der Drang, sich fortzupflanzen, ist jedem Menschen genauso eigen wie die instinktive Kampf-Flucht-Reaktion. Alle Tiere wissen instinktiv, wann und wie sie sich paaren können. Bullen nehmen allerdings höchst selten den männlichen Nachwuchs beiseite, um »das Gespräch« zu führen: »Du bist jetzt alt genug. Ich erkläre dir jetzt mal, wie das mit dem Sex geht und wie du eine nette Kuh findest, die viel Milch gibt«. Das ist auch nicht nötig, denn Tiere paaren sich instinktiv mit den Stärksten und Fittesten ihrer Art, ohne sich Gedanken über die Gesunderhaltung ihrer Spezies oder über Beziehungsprobleme zu machen. Lediglich die Menschen, so klug sie auch sein mögen, müssen ihren Partner im Prozess der Paarung und Reproduktion erst verstehen lernen. Um Ihre menschliche Neugier also zu befriedigen, werde ich Ihnen nun die genaue Funktion des Fortpflanzungssystems des Menschen näher bringen. Die Details zu Kennenlern- und Paarungsritualen hebe ich mir dagegen für ein weiteres Buch auf!

Von Gonaden und Genitalien

Um sich zu reproduzieren – also um Nachwuchs zu zeugen –, muss ein Männchen ein Weibchen befruchten. Bei Säugetieren wie dem Menschen befruchtet ein männliches Spermium eine weibliche Eizelle. Spermien sind die männlichen Geschlechtszellen (Gameten). Das Spermium sucht eine Eizelle, also einen weiblichen Gameten, das es befruchten kann. Gameten reifen in den Keimdrüsen (Gonaden) heran. Dies sind die primären Geschlechtsorgane, die beim Weibchen Eierstöcke (Ovarien) und beim Männchen Hoden (Testes) heißen. Genitalien sind die sekundären Geschlechtsorgane, die beim Geschlechtsverkehr dazu dienen, die männlichen zu den weiblichen Gameten zu transportieren, damit eine Befruchtung stattfinden kann. Männliche Gameten werden durch die Genitalien in das weibliche Fortpflanzungssystem übertragen; Spermien verlassen den Penis (das männliche Genitale) und gelangen in die Vagina (das weibliche Genitale). (Sie müssen erst all diese »G«-Wörter kennen, bevor wir uns an das »S«-Wort wagen können – Sex.)

Ladies First: Das weibliche Reproduktionssystem Das Reproduktionssystem der Frau ist in Abbildung 14.1 dargestellt. Die Rolle der Frau bei der Fortpflanzung besteht in der Produktion befruchtungsfähiger Eizellen (Oozyten). Das befruchtete Ei muss sich dann in der Gebärmutter einnisten und dort reifen und wachsen können, bis der fertige Organismus Mensch geboren wird (mehr dazu finden Sie Kapitel 15).

Abbildung 14.1: Das weibliche Reproduktionssystem

Die Hauptdarsteller im weiblichen Reproduktionssystem sind: Eierstöcke (Ovarien): Diese beiden mandelförmigen primären Geschlechtsorgane, von denen sich jeweils eines auf jeder Seite der Beckenhöhle befindet, sind für die Produktion von Eizellen verantwortlich. Sie sind etwa 5 cm lang und beherbergen mehrschichtige Zellgruppen, die Follikel genannt werden. Die Zellschichten der Follikel umhüllen die unreifen Eizellen (Oozyten). Gebärmutter (Uterus): Der Uterus ist ein muskulöses Organ, das wie eine umgedrehte Birne aussieht. Er liegt oberhalb der Blase und ist mit den Eileitern verbunden. Die Wände der Gebärmutter sind dick und dehnbar, um sich einem wachsenden Fötus anpassen zu können. Der Uterus ist normalerweise etwa 5 cm lang und kann sich auf über 30 cm ausweiten, wenn ein Baby in ihm heranwächst. Die auskleidenden Zellen des Uterus, in ihrer Gesamtheit als

Endometrium bezeichnet, werden während einer Schwangerschaft Teil der Plazenta (des Mutterkuchens). Äußere Genitalien: Das äußere Genitale der Frau wird Vulva genannt und umfasst die großen und kleinen Schamlippen sowie die Klitoris (siehe hierzu auch den Abschnitt »Die Schlüssel zu Ihrer Vulva« weiter hinten im Kapitel). Scheide (Vagina): Die Vagina sondert Flüssigkeiten ab und dient als Korridor für Spermien, die in die Gebärmutter gelangen wollen. Eileiter (Salpinx): Diese Schläuche dienen dem Transport der weiblichen Gameten in den Uterus.

Abbildung 14.2: Seitenansicht des weiblichen Reproduktionssystems

Sämtliche weiblichen Reproduktionsorgane liegen auf einem breiten Ligament (Band), das die Organe stützt. Alle Eizellen, die eine Frau besitzt, werden noch vor ihrer Geburt gebildet. Die Oozyten verbleiben

während der Kindheit in den Ovarien, beginnen dann in der Pubertät (eine nach der anderen) zu reifen und werden (eine nach der anderen) freigesetzt. Dieser Reifungsprozess wird als Ovulation oder Eisprung bezeichnet. Die Pubertät ist eine Zeit großer Veränderungen, die erst mit der vollständigen Reife des Reproduktionssystems endet. Bei Mädchen beginnt die Pubertät heute im Schnitt mit 11 Jahren. Verschiedene Ereignisse begleiten den allgemeinen Anstieg des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen: die Entwicklung von Schamhaaren in Achseln und im Intimbereich, das Wachstum der Brüste und das erste Auftreten der Regelblutung (Menarche). Wenn die erste Menstruation einsetzt, ist dies das Zeichen dafür, dass eine Frau/ein Mädchen nun in der Lage ist, schwanger zu werden und Nachwuchs zu bekommen.

Die Menstruation Der Begriff »Menstruation« oder »Menses« bezeichnet den Zeitraum im Menstruationszyklus (siehe Abbildung 14.3), in dem das Menstruationsblut ausgeschieden wird; daher wird die Menstruation auch Periode genannt. Die Menstruation dauert durchschnittlich fünf Tage und ist Teil des Menstruationszyklus, der insgesamt etwa 28 Tage währt. Der Menstruationszyklus besteht aus dem ovariellen Zyklus und dem uterinen Zyklus, die beide die Vorbereitung von Eizelle und Uterus für eine Schwangerschaft zum Ziel haben. Die Menstruation setzt ein, wenn die Hormonkonzentrationen von Östrogen und Progesteron im Blut abnehmen; der gesamte Menstruationszyklus jedoch – also der ovarielle und der uterine Zyklus – wird neben Östrogen und Progesteron noch von einer Reihe weiterer Hormone koordiniert.

Abbildung 14.3: Der Menstruationszyklus

Der ovarielle Zyklus Der ovarielle Zyklus ist der wichtigere Teil des Menstruationszyklus, weil er für die Produktion der Hormone zuständig ist, die den uterinen Zyklus kontrollieren (siehe dazu auch den Abschnitt »Der uterine Zyklus« weiter hinten in diesem Kapitel). In den ersten 13 Tagen des insgesamt 28 Tage dauernden Menstruationszyklus stimuliert ein Hormon die Reifung einer Oozyte in einem der Eierstöcke: das follikelstimulierende Hormon (FSH), das vom Hypophysenvorderlappen (der Adenohypophyse) gebildet wird. FSH wird abgegeben, wenn der Hypothalamus im Gehirn (siehe dazu auch Kapitel 8) einen niedrigen Östrogenlevel registriert. Dieser signalisiert, dass FSH sekretiert werden muss, sodass der Follikel heranreifen kann. Wenn die Entwicklung weit genug fortgeschritten ist, beginnt der Follikel, Östrogen zu sekretieren. Hat der Östrogenspiegel eine bestimmte Höhe erreicht, gibt der Hypothalamus (als »Chef im

Ring«) die Anweisung an die Hypophyse, die FSH-Produktion einzustellen. Wenn dann kein Östrogen mehr abgegeben wird, ist die Oozyte reif, um freigesetzt zu werden. Am 14. Zyklustag findet schließlich die Ovulation (der Eisprung) statt und die Oozyte wird aus dem Eierstock entlassen. In der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus steigt nun die Konzentration an luteinisierendem Hormon (LH oder Lutropin)im Blut an, das ebenfalls vom Hypophysenvorderlappen gebildet wird. Das LH bewirkt, dass der Follikel, in dem sich die Oozyte entwickelt hat, zu einem Gelbkörper (Corpus luteum) heranreift. Der Gelbkörper sekretiert das Hormon Progesteron, das den Hypothalamus beeinflusst. Wenn der Gelbkörper genügend Progesteron abgegeben hat, unterbindet der Hypothalamus die Sekretion von weiterem LH durch die Hypophyse. Ab diesem Punkt (etwa um den Tag 17) beginnt der Gelbkörper zu schrumpfen. An Tag 26 ist der Gelbkörper schließlich völlig verschwunden, und die Hormonkonzentrationen von Progesteron und Östrogen sind an ihrem Tiefpunkt angelangt (manchmal verursacht dieser Zustand Symptome des prämenstruellen Syndroms). Am 28. Tag setzt dann die Menstruation ein.

PMS: Alles nur Kopfsache? Nun, gewissermaßen schon. Das prämenstruelle Syndrom (PMS) ist ein Begriff, der verwendet wird, um die Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, emotionale Reaktionen, Müdigkeit, Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln, Blähungen und Krämpfe zu beschreiben, die vor dem Beginn der Menstruation auftreten können. Einige Frauen erleben diese Symptome nie, andere in leichter Form und wieder andere jedes Mal – nun, sagen wir, beinahe jede Frau weiß, wann ihre Periode bevorsteht. Aber wodurch wird die Menstruation eigentlich kontrolliert? »Hormonspiegel« lautet das Zauberwort. Und was kontrolliert die Hormonspiegel? Zwei kleine Drüsen im Gehirn: der Hypothalamus und die Hypophyse. Der Hypothalamus überwacht die verschiedenen Hormonkonzentrationen im Blut und »befiehlt« der Hypophyse, wann sie Hormone wie Östrogen, Progesteron, FSH und LH sekretieren soll. Obwohl die Menstruation im Reproduktionssystem am unteren Ende des Körpers stattfindet, ist das obere Ende des Körpers – das Gehirn – für das Auf und Ab der Hormonspiegel verantwortlich.

Wie bei jedem Kreislauf beginnt das Ganze dann wieder von vorne. Der erniedrigte Östrogenspiegel während der Menstruation bewirkt, dass der Hypothalamus FSH-freisetzendes Hormon absondert, das den Hypophysenvorderlappen anregt, wieder FSH zu sekretieren, sodass ein neuer Follikel stimuliert wird, eine weitere Oozyte reifen zu lassen, die dann wieder Östrogen absondern kann. Und damit sind Sie wieder beim ersten Schritt des Zyklus angelangt.

Der uterine Zyklus Der ebenfalls 28 Tage währende Zyklus des Uterus überlappt mit dem der Ovarien und dient der Vorbereitung der Gebärmutter auf eine mögliche Schwangerschaft. Tag 1 bis 5: Die ersten fünf Tage sind durch die niedrigsten Hormonspiegel von Östrogen und Progesteron charakterisiert – die »Periode« des Menstruationszyklus. Die niedrigen Hormonwerte bewirken den Zerfall und Abbau der Gewebe, die die Gebärmutter auskleiden (das Endometrium). Wenn sich Gewebe von der Uteruswand ablöst, werden dabei Blutgefäße zerrissen, was zu der bekannten Menstruationsblutung führt. Das Blut wird gemeinsam mit den Gewebsfetzen durch den Gebärmutterhals (Cervix) aus dem Uterus abgeleitet und schließlich durch die Vagina aus dem Körper geschwemmt. Tag 6 bis 14: Während dieser Proliferationsphase ist die Östrogenproduktion auf ihrem Höhepunkt angelangt. Der reife Follikel sekretiert Östrogen, das das Endometrium zur Bildung neuer Zellen anregt, sodass dieses sich verdickt. Die die Gebärmutter auskleidenden Gewebe und deren Drüsen werden dazu verstärkt mit Blut versorgt. All diese Veränderungen zielen darauf ab, einer befruchteten Eizelle ein geeignetes Milieu zu bieten, damit sie sich in der Gebärmutterwand einnisten und sich zu einem Embryo weiterentwickeln kann. (Mehr darüber finden Sie im Abschnitt »Schwanger werden ist nicht schwer …« weiter hinten im Kapitel.) Tag 15 bis 28: Während dieser Sekretionsphase bildet der Gelbkörper Progesteron, das zur weiteren Verdickung des

Endometriums führt und die Drüsen der Gebärmutter veranlasst, eine dicke Schleimschicht abzusondern. Im Falle der Befruchtung einer Eizelle hilft dieser Schleim beim »Einfangen« der Eizelle, sodass sie leichter haften bleibt und sich in der Gebärmutter einnistet. Wenn eine Eizelle nicht innerhalb von ein bis zwei Tagen befruchtet wird, beginnt der Gelbkörper wieder zu schrumpfen, sodass die Östrogen- und Progesteronlevel absinken, was zum Ablösen des Endometriums und somit zum Einsetzen der Menstruation an Tag 28 führt.

In der frühen Schwangerschaftsphase dient der Gelbkörper der Sekretion von Progesteron, bis die Plazenta voll ausgebildet ist und selbst Progesteron bilden kann.

Wussten Sie, dass die Gebärmutter mehrere Ausgänge hat? Das Endometrium ist die Auskleidung der Gebärmutter und wird bei jeder Menstruation abgelöst. »Endometriose« lautet der medizinische Fachausdruck für eine Erkrankung, bei der Endometriumgewebe auf oder in anderen Organen als der Gebärmutter wächst. Für gewöhnlich beschränkt sich die Endometriose auf Organe des Bauchraums. Wie aber können dieses Gewebe überhaupt zu anderen Organen gelangen? Während der Menstruation kann es passieren, dass ein abgelöster Endometriumfetzen die Gebärmutter nicht durch die Cervix verlässt, sondern nach oben in die Eileiter wandert. Wenn ein Eierstock eine Oozyte entlässt, wird diese durch eine Öffnung in die Eileiter eingestrudelt, und durch eben diese Eileiteröffnung kann auch Endometriumgewebe in den Bauchraum gelangen. Endometriumgewebe reagiert sehr sensibel auf Hormonänderungen im Blut, egal ob es nun in der Gebärmutter sitzt (wo es hingehört) oder irgendwo anders im Körper, zum Beispiel auf der Blase, an den Eierstöcken oder auf dem Dünndarm. Am Ende des Uteruszyklus, wenn die Hormonspiegel absinken, zerfällt das Endometrium – egal, wo es sich zu diesem Zeitpunkt befindet. Auch bei Frauen, die nicht an Endometriose leiden, kann das Ablösen des Endometriums vom Untergrund zu Schmerzen und Krämpfen führen, aber bei Endometriosepatientinnen sind diese Beschwerden oft extrem stark. Eine Operation ist nicht nur nötig, um die Endometriose zu diagnostizieren, sondern auch, um sie zu behandeln. Nach der Entfernung des Blindgänger-Endometriums muss die Produktion von Östrogen und damit der Uterus-Zyklus gestoppt werden. Dies

erreicht man durch eine medikamentöse Behandlung oder durch die Entfernung der Eierstöcke. Für Frauen mit kurzen Menstruationszyklen (weniger als 27 Tage) oder langen Perioden (mehr als 7 Tage) besteht ein erhöhtes Risiko, an Endometriose zu erkranken. Frauen, die schon sehr lange empfängnisverhütende Mittel einnehmen oder bereits mehrere Geburten hinter sich gebracht haben, sind weniger anfällig für Endometriose.

Auf dem Scheide(n)weg: die Vagina Die Vagina ist eine 7,5 bis 10 cm lange Röhre, die am unteren Ende offen ist. Am oberen Ende der Vagina schließt sich der Gebärmutterhals an, der wiederum das untere Ende der Gebärmutter darstellt. Der Gebärmutterhals ist eine runde, muskulöse Struktur, die im empfängnisbereiten Zustand gerade so weit geöffnet ist, dass Spermien durch sie hindurch in den Uterus gelangen können. Während der Geburt weitet sich der Gebärmutterhals, sodass der Fötus durch den Geburtskanal hindurchpasst. Daher sind die Wände der Vagina besonders dehnbar und aus elastischen Bindegewebsfasern zusammengesetzt. Zudem sind sie im Normalzustand in viele Falten gelegt (ähnlich wie der Magen). Wenn sich die Vagina weiten muss, glätten sich diese Falten, sodass ihre innere Oberfläche gedehnt wird.

Die Schlüssel zu Ihrer Vulva Nein, Vulva ist nicht das Tochterunternehmen eines bekannten schwedischen Autokonzerns. Der Sammelbegriff »Vulva« steht für alle äußeren weiblichen Genitalien: die Klitoris sowie die großen und kleinen Schamlippen. Die Schamlippen sind Fleischlappen wie die Lippen des Mundes, nur ohne deren ausgeprägte Muskulatur. Sie schützen die Öffnung der Vagina und bedecken die benachbarten knöchernen Strukturen des Beckens. Große Schamlippen (Labia majus): Diese breiten Hautfalten – eine auf jeder Seite der Vaginalöffnung – bedecken die kleinen Schamlippen. Die großen Schamlippen reichen vom vorderen Beckenrand bis zum Anus. Der vordere Beckenrand ist durch den Venushügel, der ein Fettdepot darstellt, abgepolstert. Während der

Pubertät werden der Venushügel und die großen Schamlippen von Schamhaar bedeckt. Kleine Schamlippen (Labia minus): Diese haarlosen Hautfalten liegen direkt unter den großen Schamlippen und bedecken die Öffnung der Vagina. Die kleinen Schamlippen dehnen sich oberhalb der Vaginalöffnung zu einer die Klitoris bedeckenden Vorhaut aus. Kitzler Klitoris: Dieser Teil der Vulva liegt zwischen der Vaginalöffnung und der Harnröhre und besitzt eine runde, glänzende Spitze, ähnlich der eines Penis, die sehr sensibel auf sexuelle Stimulation regiert. Die Klitoris besteht aus erektilem Gewebe (einem Schwellkörper), das sich mit Blut aufpumpen kann. Da das Gewebe der kleinen Schamlippen die Klitoris bedeckt, setzt sich die Schwellung und Rötung bei sexueller Stimulation auch bis dorthin fort. Die Stimulation der Klitoris kann zu einem Orgasmus bei der Frau führen. Der weibliche Orgasmus bewirkt die Kontraktion der Muskulatur in den Wänden von Vagina und Gebärmutter; dies hilft, die Spermien nach oben in den Reproduktionstrakt hinein zu befördern. Auch bei Frauen wird eine Art Ejakulation beschrieben; diese beruht auf der Absonderung von Flüssigkeit aus den Paraurethraldrüsen (Glandula paraurethralis oder Skene-Drüsen im Scheidenvorhof.

Nach den Damen: Das männliche Reproduktionssystem Der männliche Vertreter einer Spezies hat die Aufgabe, die Eizelle eines Weibchens zu befruchten, indem er Spermien produziert und diese in den weiblichen Geschlechtstrakt überträgt. Damit erfüllt ein jedes Männchen seinen Beitrag zur Erhaltung der Art. Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft hat jedoch zu einem erweiterten Verantwortungsbereich für die Männchen (Verzeihung – Männer!) geführt, der die Beziehungspflege mit einem Partner sowie die Betreuung des Nachwuchses beinhaltet.

Die inneren anatomischen Strukturen des männlichen Reproduktionssystems (siehe Abbildung 14.4) umfassen die Hoden (Testes), in denen die Spermien gebildet werden, sowie die Samenleiter (Ductus deferens), die Spermien von den Hoden zum Penis leiten. Die äußeren anatomischen Strukturen des männlichen Reproduktionssystems sind Penis und Hodensäcke (Skrota, Singular Skrotum). Verschiedene Drüsen und Gefäße sind zudem an der Produktion und der Verteilung der Spermien beteiligt.

Abbildung 14.4: Das männliche Reproduktionssystem

Innenansichten des männlichen Reproduktionssystems

Die Hoden oder Testes liegen im Hodensack (Skrotum). Jeder der beiden Hoden ist eine eiförmige Drüse, die Spermien und Hormone produziert. Die Hoden sind analoge Strukturen zu den weiblichen Eierstöcken – beide Organe produzieren Gameten. Die Hoden werden von fibrösem Gewebe sowohl umhüllt als auch in mehrere Kompartimente unterteilt. In diesen Kompartimenten liegen die insgesamt mehr als 1,50 m langen, aufgewickelten Hodenkanälchen, in denen sich die Spermatozoen während eines als Spermatogenese bezeichneten Reifungsprozesses entwickeln. Die Hodenkanälchen bilden in ihrer Gesamtheit die Nebenhoden, die den Hoden aufsitzen. Die Nebenhoden besitzen eine lang gestreckte, strangartige Form (siehe Abbildung 14.4). Sie dienen als Speicher für reife Spermien. Jeder Nebenhoden setzt sich in einem ableitenden Gefäß fort, dem Samenleiter (Ductus deferens, der die Nebenhoden mit dem Penis verbindet. Die Wände der Hodenkanälchen sind mit Tausenden von Spermatogonien (sich entwickelnden Spermien) bedeckt. Die Hodenkanälchen beherbergen auch einige spezialisierte Zellen (die Sertoli-Zelle), die Nährstoffe für die sich entwickelnden Spermien liefern und bestimmen, wie viele Spermatogonien sich zur selben Zeit entwickeln dürfen. Die Spermatogonien durchlaufen die Mitose (siehe Kapitel 2) und produzieren eine neue Generation von Spermatogonien. Diese neuen Spermatogonien lösen sich von den Wänden und wandern ins Lumen (den hohlen Raum) der Hodenkanälchen. Dort haben sie genügend Platz zum Wachsen. Sobald sie groß genug sind, werden sie als primäre Spermatozyten bezeichnet. Die primären Spermatozyten durchlaufen dann die Meiose (siehe Kapitel 2) und enthalten am Ende der meiotischen Teilung je einen halben Chromosomensatz mit entweder einem X- oder einem YGeschlechtschromosom.

Alle Körperzellen des Menschen besitzt 46 Chromosomen, wobei die eine Hälfte von der mütterlichen Eizelle und die andere Hälfte vom väterlichen Spermium stammen. Durch die Meiose in den primären Spermatozyten enthalten die reifen Spermien nur den halben Chromosomensatz (23 Chromosomen). Die Spermatozyten mit den 23 Chromosomen durchlaufen nun eine weitere Zellteilung, wodurch vier Spermatiden mit jeweils 23 Chromosomen entstehen. Die Spermatiden werden zu Spermatozoen oder Spermien, wenn sich Kopf- und Schwanzteil voll ausgebildet haben. Ein voll ausgereiftes Spermium (siehe Abbildung 14.5) besteht dann aus einem Kopf, einem Hals und einem langen Schwanz, der Geißel. Der Kopf enthält die 23 Chromosomen in seinem Kern; der Kopf ist außerdem von einer besonderen Struktur bedeckt, die man Akrosom nennt und die dazu dient, die Eihülle mithilfe von Enzymen aufzubrechen und den Spermien das Eindringen in die Eizelle und damit die Befruchtung zu ermöglichen. Der Hals des Spermiums enthält Energie produzierende Mitochondrien (siehe Kapitel 2). Ein Spermium benötigt diese Energie (ATP), um die Geißel anzutreiben, die ihm eine »schwimmende« Fortbewegung erlaubt.

Abbildung 14.5: Spermiumzelle

Im Gegensatz zu Frauen, die ihre Gameten in einem Zyklus produzieren, läuft der Prozess der Spermatogenese kontinuierlich während des ganzen Lebens eines Mannes ab. Männer werden mit Spermatogonien in ihren Hodenkanälchen geboren, aber die Spermatogonien reifen nicht vor der Pubertät heran. Während der Pubertät entlässt der Hypothalamus den gonadotropinfreisetzenden Faktor und stimuliert damit die Hirnanhangsdrüse, das follikelstimulierende Hormon FSH auszuschütten. Ja, Sie haben richtig gelesen: Obwohl Männer keine Eifollikel ausbilden, besitzen sie dennoch FSH. Eigentlich wäre es besser, das Hormon »gametenstimulierendes Hormon« zu nennen! Nachdem die FSH-Produktion des männlichen Gehirns einmal begonnen hat, lässt sie sich nicht mehr stoppen (so wie dies im weiblichen Zyklus jeden Monat geschieht). Männer produzieren auch das Gelbkörperhormon LH, obwohl sie keinen Gelbkörper wie die Frauen bilden können. (Mehr Informationen über LH

finden Sie im Abschnitt »Der ovarielle Zyklus« weiter vorn in diesem Kapitel.) Bei Männern wirkt das LH regulierend auf die Testosteronproduktion. Testosteron ist das männliche Geschlechtshormon, das in den interstitiellen Zellen (auch LeydigZwischenzellen genannt) hergestellt wird, die den Raum zwischen den Hodenkanälchen in den Hoden ausfüllen (»interstitiell« bedeutet so viel wie Zwischenraum und beschreibt den Platz zwischen Zellen in einem Gewebe). Wenn der Testosteronspiegel absinkt, wird mehr LH gebildet. Der steigende LH-Spiegel bewirkt wiederum eine verstärkte Produktion von Testosteron, und sobald der normale Testosteronspiegel wieder erreicht ist, wird die LH-Produktion eingestellt. Testosteron ist als das männliche Hormon schlechthin bekannt, doch auch Frauen produzieren dieses Hormon in geringen Mengen. Östrogen überdeckt normalerweise die Wirkung des Testosterons, sodass es beim Absinken des Östrogenspiegels (wie nach der Menopause) geschehen kann, dass Testosteron einen sichtbaren Effekt auf den weiblichen Körper erhält (zum Beispiel durch verstärktes Wachstum der Gesichtsbehaarung). Reife Spermien können in den Nebenhoden und Samenleitern bis zu sechs Wochen überleben. Bei sexueller Aktivität in dieser Zeit werden die Spermien mit einer speziellen Flüssigkeit, die von mehreren Drüsen gebildet wird, zu milchig-trübem Sperma vermischt. Diese Drüsen sind: Samenbläschen, die am Übergang von Blase und Samenleiter lokalisiert sind, produzieren eine Flüssigkeit, die Spermien aus dem Samenleiter in die Harnröhre schwemmt. Als Nächstes gibt die Prostata ihren »Saft« dazu, der vornehmlich aus Citrat und einer Vielzahl an Enzymen besteht, die ein Gerinnen des Spermas verhindern. Die Prostata umgibt die Harnröhre kurz unterhalb der Samenbläschen. Wenn die Prostata anschwillt, klemmt sie die Harnröhre ein und führt dabei zu erschwertem und oftmals schmerzhaftem Wasserlassen. Eine vergrößerte Prostata kommt hauptsächlich bei älteren Männern vor.

Die Bulbourethraldrüsen (Glandulae bulbourethrales oder CowperDrüsen) sitzen direkt unterhalb der Prostata beiderseits der Harnröhre auf. Es handelt sich um zwei kleine Drüsen, deren Ausführungsgänge direkt in die Harnröhre münden. Diese drei Drüsenarten, Samenbläschen, Prostata und Bulbourethraldrüse, sekretieren Flüssigkeiten, die mehrere Funktionen erfüllen:

Sie sind leicht basisch mit einem pH-Wert von 7,5 und bilden somit eine ideale Umgebung für die Spermien. Sie ernähren die Spermien mit Fructose, sodass den Mitochondrien genügend Brennstoffe für die Energiegewinnung zur Verfügung stehen, um den Schwanz rotieren und die Spermien somit Richtung Eizelle schwimmen zu lassen. Sie enthalten Prostaglandin, eine chemische Verbindung, die Uteruskontraktionen auslöst. Ein sich kontrahierender Uterus soll die Spermien tiefer in den weiblichen Fortpflanzungstrakt hinein befördern. Wenn sich die Flüssigkeiten aller Drüsen mit den Spermien zum Sperma vereinigt haben, baut sich ein Druck in den Strukturen des männlichen Reproduktionstraktes auf. Sobald dieser Druck seinen Höhepunkt erreicht, wird das Sperma aus der Harnröhre durch den Penis ausgeschleudert. Peristaltische Wellen (ähnlich denen im Verdauungstrakt, siehe Kapitel 11) und rhythmische Kontraktionen bewegen das Sperma durch Samenleiter und Harnröhre (Ejakulation). Die Ejakulation ist Teil des männlichen Orgasmus, der durch Kontraktion und Entspannung der Skelettmuskulatur an der Penisbasis hervorgerufen wird. Bei diesen rhythmischen Kontraktionen wird das Sperma in mehreren Schüben aus dem Penis herausbefördert.

Bei jeder Ejakulation wird etwa ein Teelöffel voll Sperma bereitgestellt, der über 400 Millionen Spermien enthält.

Die äußeren Reproduktionsorgane des Mannes Die äußeren Genitalien des Mannes bestehen aus dem Skrotum (Hodensack), das die Hoden schützend umhüllt, und dem Penis, dem Organ der sexuellen Übertragung. Das Skrotum ist ein Hautsack und hält die Hoden außerhalb des Körpers kühl, da den Spermien die Körpertemperatur nur schlecht bekommt. Die Körpertemperatur ist um einige Grade zu warm, um die Spermien am Leben zu erhalten. In der fetalen Entwicklung (siehe Kapitel 15) liegen die Hoden noch innerhalb der Bauchhöhle und steigen erst kurz vor oder manchmal auch kurz nach der Geburt ins Skrotum ab. Tun sie dies nicht, nennt man den Zustand »Kryptorchismus«, und in den meisten Fällen ist eine korrigierende Operation notwendig, um eine spätere Unfruchtbarkeit zu verhindern. Unbehandelt sind die Spermien in diesen versteckten Hoden nicht lebensfähig, und der Betroffene wird niemals Nachwuchs zeugen können. Das Skrotum enthält auch glatte Muskulatur, die sich bei zu niedrigen Temperaturen (so wie beim Schwimmen im Meer) kontrahiert und die Hoden zumindest teilweise in den Körper zurückzieht, wo es wärmer ist. Die inneren Muskelschichten des Skrotums sind eine Aussackung der Bauchhöhlenmuskulatur. Die äußere Haut des Skrotums geht »nahtlos« in die Haut des Perineums, den Damm zwischen Anus und Hodensack, und der Leistengegend über. Eine Massage der inneren Haut des Oberschenkels führt zu einer reflexartigen Kontraktion der Skrotummuskulatur, sodass die Hoden näher an den Körper gezogen werden. Dieses Phänomen wird als Kremasterreflex bezeichnet. Der Penis ist der »herausstechendste« anatomische Teil des männlichen Reproduktionssystems und dient nicht nur zur Fortpflanzung. Sowohl

das Harn- als auch das Reproduktionssystem nutzen die Harnröhre, um Urin oder Sperma aus dem Körper hinauszubefördern. Sperma enthält jedoch keinen Urin. Bei der Ejakulation schließt ein Sphinktermuskel den Blasenausgang, sodass der saure Urin sich nicht mit dem basischen Sperma mischen kann. Der Penis setzt sich aus dem Schaft und der Eichel (Glans penis) zusammen. Die Harnröhre (Urethra) verläuft durch den Penis; die Glans penis enthält die urethrale Öffnung. Die Vorhaut (auch Präputium genannt) bedeckt die Glans penis. Bei einer Beschneidung wird die Vorhaut in einem minimalen chirurgischen Eingriff entfernt. Bei sexueller Stimulation versteift sich oder erigiert der Penis. Dabei sendet das männliche Gehirn Nervenimpulse durch das parasympathische Nervensystem (siehe Kapitel 7), woraufhin sich die Arterien im Penis erweitern (dilatieren). Gleichzeitig werden die Venen verengt (komprimiert). Dadurch fließt innerhalb kurzer Zeit jede Menge Blut in den Penis hinein, aber nur sehr langsam wieder hinaus, sodass sich ein Druck aufbaut. Dieser Druck presst das Blut in die Gefäße des erektilen Gewebes (Schwellkörper oder Corpus cavernosum), und der Penis verhärtet sich zu einer Erektion, um das Eindringen in den weiblichen Körper beim Fortpflanzungsakt zu ermöglichen. Impotenz tritt dann auf, wenn auf eine sexuelle Stimulation hin keine Erektion erfolgt. Impotenz kann viele Ursachen haben wie beispielsweise beschädigte Blutgefäße (manchmal als Nebeneffekt bestimmter Krankheiten wie etwa Diabetes), psychische Faktoren (Stress, Angst) oder Nervenschädigungen. Die Therapie orientiert sich selbstverständlich an den Ursachen, kann aber auch Medikamentengaben, chirurgische Eingriffe, mechanische Hilfsmittel oder Implantate beinhalten, um eine Erektion zu ermöglichen.

Schwanger werden ist nicht schwer …

Verwechseln Sie »schwanger werden« nicht mit »Befruchtung«, denn die beiden Ausdrücke sind nicht synonym. Für eine Schwangerschaft müssen mehrere Dinge geschehen: 1. Es muss sexueller Verkehr zwischen einem Mann und einer Frau stattfinden, der in einer Ejakulation mit Spermatransfer vom Penis in die Vagina resultiert. 2. Ein Spermium aus dem Ejakulat des Mannes muss es schaffen, aus der Vagina durch den Gebärmutterhals in die Gebärmutter hinein und hinauf in die Eileiter zu schwimmen, wo eine reife Eizelle, die kurz zuvor aus dem Follikel entlassen wurde, bereits auf es wartet. 3. Das Spermium, das die Eizelle erreicht, muss die äußeren Schichten der Eizelle (Corona radiata und Zona pellucida) durchdringen, um ins Innere und zum Kern der Eizelle gelangen zu können. 4. Das Spermium muss dann mit dem Kern der Eizelle verschmelzen, sodass eine Kombination des genetischen Materials von Mann und Frau stattfinden kann. Wenn ein Spermium es bis Schritt 4 schafft, hat eine Befruchtung stattgefunden (siehe Abbildung 14.6). Aber das Wörtchen WENN ist ein dehnbarer Begriff, denn es gibt eine Vielzahl erschwerender Faktoren auf diesem Weg (»survival of the fittest« ist gefragt …).

Abbildung 14.6: Befruchtung

Der optimale Zeitpunkt spielt eine wichtige Rolle. Wenn die Ejakulation zu früh vor der Ovulation stattfindet, sind alle Spermien tot, noch bevor die Eizelle freigelassen wird – Spermien überleben durchschnittlich 12 bis 48 (maximal 72) Stunden im weiblichen Reproduktionstrakt. Wenn die Ejakulation dagegen zu spät nach der Ovulation erfolgt, stirbt die Eizelle, bevor ein Spermium sie erreichen kann – Eizellen überleben nur 12 bis 24 Stunden nach der Ovulation. Aber auch beim optimalen Zeitpunkt kann es vorkommen, dass die Bedingungen für die Spermien ungeeignet sind. In der Vagina der Frau herrscht ein sehr saures Milieu, daher sterben viele Spermien (die ja ein basisches Milieu benötigen), noch bevor sie auch nur den Gebärmutterhals erreichen. Hat noch kein Eisprung stattgefunden, ist der Schleimpfropf im Gebärmutterhals sehr dick und zäh, sodass die Beweglichkeit der Spermien massiv behindert wird. Am Tag des Eisprungs bekommt der Schleim eine eher wässrige Konsistenz, sodass weit mehr Spermien

hindurchschwimmen können. Damit steigt auch die Chance einer Befruchtung. Wenn äußere Bedingungen und Zeitpunkt stimmen und eine Befruchtung stattgefunden hat, bedeutet dies aber immer noch nicht, dass die Frau schwanger geworden ist. Dazu ist noch etwas mehr Arbeit nötig. Ein befruchtetes Ei enthält 23 weibliche und 23 männliche Chromosomen, es ist also eine Zelle mit insgesamt 46 Chromosomen. In diesem Zustand wird die Eizelle Zygote genannt. Die Zygote durchläuft mehrere Zellteilungen, während sie langsam durch die Eileiter in die Gebärmutter wandert, wie in Abbildung 14.7 zu sehen ist. Sobald die Zygote in der Gebärmutter angekommen ist und sich dort erfolgreich in der Schleimhaut (Endometrium) eingenistet hat, spricht man von einer Schwangerschaft. Die Wanderung der Zygote in die Gebärmutter dauert mehrere Tage. Eine Befruchtung muss übrigens nicht nur in den Eileitern stattfinden, sondern kann auch noch in der Gebärmutter erfolgen.

Abbildung 14.7: Die befruchtete Eizelle wandert in den Uterus

Nachdem sich die Zygote in die Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat, wird sie als Embryo bezeichnet. Um die Schwangerschaft zu erhalten, sondert der Embryo das Hormon Humanes Choriongonadotropin (hCG) ab, das eine Menstruation unterbindet und somit verhindert, dass die Gebärmutterschleimhaut samt Embryo zerfällt und sich ablöst. Bildet der Embryo kein hCG, wird er im Zuge der nächsten Menstruation aus dem Körper geschwemmt. Wenn dies geschieht, noch bevor die Frau überhaupt bemerkt hat, dass sie schwanger war, wird sie in den meisten Fällen lediglich eine etwas zu späte und stärkere Menstruation als normalerweise registrieren. Erfolgt die Menstruation zu einem späteren Zeitpunkt, an dem der Frau ihre Schwangerschaft bereits bewusst war, wird dies als »spontaner Abort« bezeichnet.

Das Hormon hCG kann gewöhnlich schon 10 bis 14 Tage nach dem gewohnten Menstruationszeitpunkt nachgewiesen werden. Zu diesem Zeitpunkt kann eine Frau ihre Schwangerschaft bereits durch mehrere Anzeichen wie beispielsweise einer Anspannung der Brüste oder Morgenübelkeit bemerken. Das humane Choriongonadotropin lässt sich mittels Urin-Schwangerschaftstests nachweisen. Wenn hCG im Urin vorhanden ist, kann eine Schwangerschaft mit ziemlicher Sicherheit unterstellt werden.

Schwangerschaftsverhütung Der richtige Zeitpunkt für eine erfolgreiche Befruchtung muss nicht notwendigerweise mit der Nachwuchsplanung eines Paares übereinstimmen. Menschen, die nicht schwanger werden wollen, haben eine Vielzahl an Verhütungsmethoden zur Auswahl, um eine Befruchtung zu verhindern (Geburtenkontrolle). Wenn Sie nicht schwanger werden wollen, ist die Vermeidung jeglichen sexuellen Kontakts die effektivste Methode der Geburtskontrolle. Abstinenz macht jedoch selten glücklich, und schließlich haben Paare heute viele Möglichkeiten, Sex ohne die Folgen einer Schwangerschaft ausleben zu können.

Männersache Kondome für Männer, die über den Penis gestülpt werden, um das Ejakulat aufzufangen, sind natürlich eine sehr sichere Methode, aber auch da gibt es Pannen, die meistens entweder auf eine falsche Produktwahl (zu klein!) oder den ungeübten Umgang (Anfänger) zurückzuführen sind. Männer können sich auch einer Vasektomie unterziehen, die einen minimalen chirurgischen Eingriff darstellt, bei dem die Samenleiter abgebunden werden, sodass keine Spermien aus den Hoden ins Ejakulat gelangen können. Der Mann kann seinen Penis außerdem kurz vor der Ejakulation aus der Scheide der Frau zurückziehen. Dieser Coitus interruptus bietet aber kaum Sicherheit, weil Spermien bereits vor der Ejakulation aus dem Penis austreten können. Keine gute Idee! Die »Pille für den Mann« gibt es übrigens

noch nicht – alle bislang getesteten Präparate auf Hormonbasis zeigten zu viele Nebenwirkungen.

Frauensache Für Frauen gibt es deutlich mehr Verhütungsmethoden als für Männer. Spermizide sind Chemikalien, die als Schaum, Creme oder Gel vor dem Geschlechtsakt in die Vagina eingebracht werden und dort Spermien abtöten, bevor sie höher in den Reproduktionstrakt wandern können. Diese bieten aber nur einen 75-prozentigen Schutz vor einer Empfängnis, und das vor allem, weil es recht schwierig sein kann, den gesamten oberen Teil der Vagina lückenlos einzucremen. Einige Verhütungsmittel wirken als Barriere. Das Diaphragma oder die Portiokappe ist eine runde Latexscheibe, die den Gebärmutterhals abdeckt und Spermien daran hindert, in den Uterus vorzudringen. Die Spirale ist ein korkenzieherartig geformtes Stück Plastik, das in den Uterus eingesetzt wird. Mit der Spirale im Uterus können sich Zygoten nur schwer in der Gebärmutterschleimhaut einnisten. Bei beiden Verhütungsmethoden bestehen Risiken wie Beckenentzündung, Infektionen oder sogar Gebärmutterhalskrebs. Orale Verhütungsmittel (Kontrazeptiva) wie die »Pille« unterdrücken die Freisetzung von LH und FSH aus der Hirnanhangsdrüse, sodass keine Eizelle heranreifen kann. Orale Kontrazeptiva enthalten gewöhnlich Östrogen oder Progesteron oder beide Hormone zusammen. Depotinjektionen sind ebenso geeignet, um den Hormonhaushalt im Körper zu regulieren und eine Ovulation zu unterbinden. Die sogenannte Drei-Monats-Spritze wird intramuskulär verabreicht. Auch für den »Verhütungsunfall« gibt es Möglichkeiten. Die »Pille danach« enthält meistens das synthetische Gestagen Levonorgestrel in hoher Dosierung, das die Ovulation (genauer gesagt, den LH-Peak) etwa 72 bis 120 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr verhindert oder verzögert – es ist daher keine »Abtreibungspille«. Ein medikamentöser Abbruch einer Schwangerschaft mit Wirkstoffen, die die Wirkung des Gelbkörperhormons (Progesteron) aufheben, ist bis zum 63. Tag nach dem Beginn der letzten Monatsblutung möglich. Zudem muss ein

Prostaglandinpräparat eingenommen werden, das Kontraktionen des Uterus hervorruft. Bis zur 14. Schwangerschaftswoche sind Abtreibungen möglich und legal. Dies wird heutzutage stationär durch Ausschabung oder Absaugen (Kürettage) vorgenommen. Eine Geburtseinleitung (Abortinduktion) kann mit Präparaten durchgeführt werden, die in Form von Zäpfchen in die Scheide eingeführt werden. Danach wird routinemäßig nachkürettiert. Frauen können sich auch einer Sterilisation unterziehen (operatives Durchtrennen und Veröden der Eileiter), wenn sie eine permanente Unfruchtbarkeit wünschen.

Pathophysiologie des Reproduktionssystems Das Reproduktionssystem ist aufgrund seines Zugangs zur Umwelt leicht über die Sekrete für Pilze, Bakterien und Viren erreichbar. Der Mensch-zu-Mensch-Kontakt beim Sex tut sein Übriges – Infektionen sind hier quasi vorprogrammiert. Aber auch strukturelle Defekte, hormonelle Schwankungen, Krebserkrankungen oder Probleme aufgrund genetischer Ursachen können zu Problemen führen.

Sexuell übertragbare Krankheiten So wie der Name schon vermuten lässt, werden sexuell übertragbare Krankheiten (auch STD genannt, vom englischen »sexually transmitted disease«) beim Sexualkontakt übertragen und betreffen sowohl Frauen als auch Männer. Menschen, die sich unsicher sind, ob ihr Sexpartner an einer solchen Krankheit leidet, sind mit einem Kondom immer auf der sicheren Seite (siehe auch den Abschnitt »AIDS« weiter hinten in diesem Kapitel). Im Folgenden stelle ich Ihnen einige der häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten vor.

Genitalwarzen

Das Humane Papillomavirus (HPV) verursacht die Entstehung von Genitalwarzen. Genitalwarzen sind Erhebungen, die sich auf den äußeren Genitalien von Männern und Frauen bilden können. Manchmal bleiben die Warzen jedoch flach, und die betroffene Person ist sich vielleicht überhaupt nicht bewusst, dass sie mit diesem Virus infiziert ist. Daher wird diese Krankheit meist unbewusst übertragen. Genitalwarzen können chirurgisch entfernt werden, doch kommen sie danach oft wieder. Zudem können sich bei der wiederholten Entfernung Tumore und Krebs anstelle der Warzen bilden. Das HPV ist zudem für nahezu alle Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich und wird außerdem mit der Bildung von Tumoren von Vulva, Vagina, Anus und Penis in Zusammenhang gebracht. Eine HPV-Impfung wird daher für alle Jugendlichen vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfohlen.

Genitalherpes Das Herpes-Simplex-Virus vom Typ 2 (HSV-2) verursacht eine Erkrankung, die als »Genitalherpes« bekannt ist, Herpes-Simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) verursacht dagegen Schüttelfrost und FieberbläschenAusschläge. Mit HSV-2 infizierte Personen, zeigen manchmal nie auch nur ein einziges Symptom. In den meisten Fällen entstehen jedoch schmerzhafte, immer wiederkehrende Geschwüre auf Penis oder Vulva. In diesen Fällen entwickeln die Betroffenen Fieber, die Lymphknoten schwellen an, und das Wasserlassen ist sehr schmerzhaft. Wenn eine schwangere Frau mit HSV-2 infiziert ist, wird in aller Regel ein Kaiserschnitt durchgeführt, um das Kind auf die Welt zu bringen. Andernfalls besteht das Risiko, dass das Neugeborene dem Virus ausgesetzt wird und an einer Hirnschädigung erkranken und sterben kann.

Chlamydien Chlamydien (meist ist es das Bakterium Chlamydia trachomatis) verursachen eine Infektion der Harnröhre, die der Gonorrhö stark ähnelt und oft simultan behandelt wird. (Im nächsten Abschnitt erfahren Sie mehr über Gonorrhö.) Neben dem Befall der Harnröhre können Chlamydien zur Bildung von Geschwüren auf dem Gebärmutterhals führen. Bleibt die Infektion lange Zeit unentdeckt, dann kann sich eine

Beckenentzündung entwickeln, die sowohl Frauen als auch Männer betreffen kann. Beim Mann entzünden sich dabei die Samenleiter. Die Leiter schwellen durch die Infektion an. Bei der Heilung bleibt Narbengewebe zurück, welches die Samenleiter blockieren und somit zu Unfruchtbarkeit führen kann. Bei der Frau findet der gleiche Entzündungsprozess in den Eileitern statt. Das Narbengewebe kann hier dazu führen, dass die Eizellen gar nicht erst befruchtet oder daran gehindert werden, in die Gebärmutter zu gelangen. (Informationen zur ektopischen Schwangerschaften finden Sie in Kapitel 15.) Wird ein Kind vaginal entbunden, dessen Mutter an Chlamydien leidet, können die Bakterien Entzündungen in den Augen oder schwere Lungenentzündungen hervorrufen.

Gonorrhö Eine Gonorrhö hat ähnliche Symptome wie eine Infektion mit Chlamydien, wird aber durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae verursacht. Gonorrhö führt zur Infektion der Harnröhre mit dickem, gelb-grünem Ausfluss und schmerzhaftem Harnabgang. Gonorrhö kann sich nach der ersten Infektion zunächst als Beckenentzündung bemerkbar machen. Dann können sich die Eileiter der Frau beziehungsweise die Samenleiter des Mannes entzünden, abheilen und vernarben. Das Narbengewebe kann die Samenleiter blockieren und Unfruchtbarkeit oder Sterilität verursachen. Ein Kind, das durch einen Gonorrhö-infizierten Geburtskanal geboren wird, entwickelt in den meisten Fällen Augenentzündungen, die häufig in Blindheit enden. Aus diesem Grund erhalten gefährdete Neugeborene direkt nach der Geburt vorbeugend Antibiotika.

Syphilis Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum hervorgerufen und entwickelt sich in drei Stadien. 1. Im ersten Stadium erscheint ein Geschwür mit verhärteten Rändern auf den Genitalien. Das Geschwür heilt ab, und es vergeht eine gewisse Zeit, in der die Person keine weiteren Symptome entwickelt.

2. Im zweiten Stadium bedeckt ein Ausschlag den gesamten Körper, einschließlich der Handflächen und Fußsohlen. Der Ausschlag heilt ab, und es verstreicht eine weitere Zeitspanne, in der keine Symptome auftreten. 3. Wenn zum dritten Mal Symptome auftreten, ist die Krankheit im ernsthaften Stadium angelangt. Die Betroffenen können Beschwerden entwickeln, die das Herz-Kreislauf- oder das Nervensystem betreffen. Hierzu zählen Blindheit, ein schlurfender Gang, geistige Retardierung oder Wahnsinn. Zu diesem Zeitpunkt entstehen Geschwüre (Gummen, Singular »Gumma«) auf der Haut oder in verschiedenen Organen. Eine Frau mit Syphilis, die schwanger wird, kann die Bakterien auf ihr Ungeborenes übertragen, da T. pallidum die Plazentaschranke überwinden kann. Wenn der Fötus infiziert wird, kann er schwere Geburtsdefekte entwickeln oder noch vor der Geburt sterben (Fehlgeburt).

AIDS Das Erworbene Immunschwächesyndrom, kurz AIDS genannt (siehe auch Kapitel 13) wird durch sexuellen Kontakt übertragen. AIDS wird durch eine Infektion mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) verursacht.

Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit beschreibt die Unfähigkeit, zu befruchten oder befruchtet zu werden. Wenn ein Pärchen als unfruchtbar gilt, bedeutet dies, dass es seit mehr als einem Jahr erfolglos versucht hat, ein Kind zu zeugen. Sterilität ist dagegen die vollkommene Unfähigkeit, Kinder zu bekommen. Die häufigste Ursache für Unfruchtbarkeit liegt in blockierten Eileitern (wie sie durch Vernarbungen oder Endometriose entstehen können), doch Unfruchtbarkeit betrifft nicht nur Frauen. Männer können generell zu wenige Spermien oder aber zu viele abnormale Spermien bilden. Abnormale Spermien kommen selbst bei Männern vor, die bereits Vater

geworden sind. Diese Spermien können zwei Köpfe oder zwei Schwänze besitzen, verstümmelt oder in ihrer Bewegung eingeschränkt sein. Übersteigt die Zahl der defekten Spermien jedoch nicht die 25 ProzentMarke, so sollte Unfruchtbarkeit eigentlich kein Thema sein. Im Ejakulat eines Mannes finden sich etwa 400 Millionen Spermien. »100 Millionen defekte Spermien« hört sich nach reichlich vielen kaputten Zellen an, doch es bleiben ja noch gut 300 Millionen fitte Spermien übrig, die eine Eizelle befruchten können. Männer, die unter Krankheiten leiden, von denen die Hoden betroffen sind, haben häufig erniedrigte Testosteronspiegel. Der genetische Defekt namens Klinefelter-Syndrom (XXY) ist mit dem Auftreten eines zusätzlichen X-Chromosoms beim Mann verbunden. (Männer haben normalerweise XY, Frauen XX.) Als Kinder entwickeln sich die Betroffenen noch normal, doch ab der Pubertät bleiben die Hoden unterentwickelt. Ohne Testosteron, das in den Leydig-Zwischenzellen der Hoden gebildet wird, kann sich eine Vielzahl nachteiliger Effekte ergeben – darunter fällt beispielsweise die Ausbildung von Brüsten, Impotenz, Knochenbildungsstörungen und Unfruchtbarkeit. Zuvor gesunde Männer, die ein Trauma ihrer Hoden erlebt haben, oder aber ältere Männer, deren Leydig-Zwischenzellen nach und nach ihre Funktion einstellen, können ebenso unfruchtbar werden. Auch können bestimmte bakterielle oder virale Infektionen wie Mumps zu Orchitis (Hodenentzündung) und nachfolgendem Hypogonadismus führen (gestörte Funktion der Hoden oder Ovarien) – beides kann wiederum Unfruchtbarkeit bedingen. Auch Hypophysentumore bei Männern oder Frauen können zu Hypogonadismus führen. (Denken Sie daran, dass die Hirnanhangdrüse FSH sekretiert, das normalerweise für die Reifung der Eizellen oder Spermatozyten sowie die nachfolgende Abgabe von Testosteron oder Östrogen verantwortlich ist.) Bei Frauen bleibt die Menstruation aus (Amenorrhö), bei Männern kommt es zu Impotenz und Unfruchtbarkeit. Die Ursache der Unfruchtbarkeit muss vor einer erfolgreichen Behandlung ermittelt werden.

Krebs Bei Männern sind die häufigsten Krebsformen des Reproduktionssystems Prostata- und Hodenkarzinome. Frauen sind besonders empfänglich für Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs.

Prostatakrebs Die Prostata oder Vorsteherdrüse umschließt die Harnröhre, sodass ein Tumor in der Prostata die Harnröhre einengen kann, was zu erschwertem, häufigerem und schmerzhaftem Harnabgang führt. Prostatakrebs kann bereits im mittleren Alter auftreten, ist jedoch besonders gehäuft bei alten Männern anzutreffen. Wenn die Harnröhre irgendwann komplett blockiert ist, staut sich der Urin in die Harnblase zurück. Nierenprobleme können die Folge sein. Der Krebs kann sich auch über Harnblase und Harnleiter bis zu den Nieren ausbreiten. Prostatakarzinome können außerdem zu Knochenkrebs führen. Urologen überprüfen die Größe der Prostata durch eine rektale Untersuchung, bei der die Drüse abgetastet wird. Ist die Prostata verhärtet, schließen sich Ultraschalluntersuchung und Biopsieentnahmen an. Die Therapie umfasst gewöhnlich die chirurgische Entfernung der Prostata sowie eine anschließende Bestrahlung der betroffenen Region, um ein Neuauftreten des kanzerösen Gewebes zu verhindern. Um außerdem eine mögliche Ausbreitung des Krebses zu unterbinden, muss der Testosteronspiegel herabgesetzt werden. Dies wird entweder durch die Entfernung der Hoden (Kastration) oder durch Östrogengaben erreicht.

Hodenkarzinom Entartetes Gewebe in den Hoden kann die Samenleiter und die LeydigZwischenzellen beeinflussen, was zu einer eingeschränkten Spermienproduktion und niedrigen Testosteronspiegeln mit folgender Unfruchtbarkeit führt. (Im Abschnitt »Innenansichten des männlichen Reproduktionssystems« weiter vorne in diesem Kapitel können Sie mehr über Samenleiter und Leydig-Zwischenzellen erfahren.) Sterilität kann sich einstellen, wenn beide Hoden vom Krebs betroffen sind.

Die übliche Methode zur Diagnose und Therapie von Hodenkrebs besteht in der Entfernung der Hoden mit anschließender Bestrahlung und Chemotherapie. Ist nur ein Hoden von den Veränderungen betroffen, kann Unfruchtbarkeit normalerweise verhindert werden. Obwohl das Hodenkarzinom sehr viel seltener auftritt als der Brustkrebs, werden auch Männer dazu ermutigt, eigene Untersuchungen ihrer Hoden durchzuführen, um Knötchen frühzeitig zu bemerken, so wie Frauen dies bei ihren Brüsten tun sollten.

Ovarialkarzinom Das Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) tritt am häufigsten bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr auf. Sowohl eine medikamentöse Schwangerschaftsverhütung als auch das Erleben einer Schwangerschaft scheinen einen gewissen Schutz vor dem Ovarialkarzinom zu bieten, da diese Krebsart zwei- bis dreimal häufiger bei Frauen vorkommt, die keine Kinder haben, und weniger oft bei Frauen auftritt, die orale Kontrazeptiva einnehmen. Eierstockkrebs kann direkt in den Ovarien beginnen oder sich von anderen Organen (wie beispielsweise den Brüsten) in die Eierstöcke ausbreiten. Meist verursacht das Ovarialkarzinom bis zu einem weit fortgeschrittenen Stadium keine Symptome. Die Frau kann eventuell Unterleibsschmerzen verspüren, es kann zu Übelkeit und Erbrechen kommen sowie zu Gas- oder Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle. Abnormale Vaginablutungen sind selten. Eine Laparoskopie ist ein minimal invasiver chirurgischer Eingriff, bei dem der Arzt die Organe der Bauchhöhle begutachten kann. Wenn Krebs diagnostiziert wird, können die betroffenen Eierstöcke im selben Eingriff entfernt werden. Es kann jedoch eine weitere Operation nötig werden: Eine Salpingoophorektomie umfasst die Entfernung der Eileiter und Eierstöcke; eine Hysterektomie bedeutet die Entfernung der Gebärmutter. Bestrahlung und Chemotherapie schließen sich der Operation an, um ein Wiederauftreten des Karzinoms zu verhindern. Ist nur ein Ovar vom Krebs betroffen, dann liegt die Überlebensrate bei 60 bis 70 Prozent innerhalb der ersten fünf Jahre. Sind jedoch beide Eierstöcke befallen, verringert sich die Fünf-Jahres-Überlebensrate auf

10 bis 20 Prozent. Gebärmutterabstriche können keinen Eierstockkrebs nachweisen, daher werden Frauen ab 40 dazu ermutigt, sich einer jährlichen Krebsvorsorgeuntersuchung im Rahmen ihres normalen Gynäkologenbesuchs zu unterziehen.

Gebärmutterhalskrebs In einem Abstrich der Schleimhaut des Gebärmutterhalses können entartete Zellen mithilfe der Papanicolaou-Färbung (kurz »PAP-Test«, benannt nach dem Erfinder dieser Technik) mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Entartete Zellen am Gebärmutterhals können zu Gebärmutterhalskrebs führen, der jedoch gute Heilungschancen zeigt, wenn die Diagnose frühzeitig erfolgt. Gebärmutterhalskrebs streut leicht in andere Beckenorgane und kann dann über die Lymphbahnen in weitere Körperregionen gelangen. Daher sind eine möglichst frühe Diagnose sowie die regelmäßige Kontrolle abnormer Gebärmutterhalszellen essenziell. Dank des Papanicolaou-Tests, dem sich Frauen alljährlich unterziehen sollten, können entartete Zellen normalerweise noch vor dem Auftreten erster Symptome nachgewiesen werden. Wenn veränderte Zellen mit diesem Test nachgewiesen wurden, schließt sich eine Kolposkopie an (Untersuchung des Gebärmutterhalsgewebes). Die ersten Symptome eines Gebärmutterhalskrebses sind anormale Vaginalblutungen (also außerhalb der Periode). Wenn der Krebs in andere Beckenorgane auswandert, verspürt die Patientin Unterleibsschmerzen. Werden während einer Schwangerschaft präkanzeröse Zellen entdeckt, wird eine Therapie so lange herausgezögert, bis das Kind geboren ist. Gebärmutterhalskrebs, der früh entdeckt und behandelt wurde, zeigt eine 50- bis 80-prozentige Fünf-Jahres-Überlebensrate. Hat der Krebs bereits gestreut, sodass eine Bestrahlung vorgenommen werden muss, kann die Überlebensrate in den ersten fünf Jahren nach der Therapie auf 10 bis 30 Prozent sinken. Gebärmutterhalskrebs steht im engen Zusammenhang mit HPVInfektionen. Rauchen, häufig wechselnde Sexualpartner oder Geschlechtsverkehr in sehr jungen Jahren sind einige der Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs. Im Abschnitt »Genitalwarzen« weiter vorne

in diesem Kapitel erhalten Sie mehr Informationen über humane Papillomaviren.

Übungsaufgaben zu Kapitel 14 Frage 1: Die Spermien werden produziert a. in Inguinalzellen b. in interstitiellen Zellen c. in Tubuli seminiferi d. im Rete testis e. in der Epididymis Frage 2: Testosteron wird produziert a. in den Tubuli seminiferi b. im Epididymis c. in der Adenohypophyse d. in Sertoli-Stützzellen e. in Leydig-Zellen Frage 3: Wo wird die dünne, milchige Flüssigkeit produziert, die das Sperma alkalischer macht? a. Samenbläschen b. interstitielle Zellen c. Sertoli-Zellen d. Cowper-Drüse e. Prostata

Frage 4: Die Follikelreifung in den Ovarien wird initiiert durch a. Progesteron b. Östrogen c. LH d. FSH e. Testosteron Frage 5: Progesteron wird produziert a. vom Endometrium b. von der Glandula pituitaria c. vom Follikel d. vom Corpus luteum e. von der Hypophyse Übung 6–10: Ordnen Sie die Beschreibungen zu. 6. ____ Corona radiata 7. ____ Endometrium 8. ____ Corpus luteum 9. ____ Stroma 10. ____ Membrana granulosa a. endokrine Drüse, die Progesteron herstellt b. Auskleidung des Follikels c. Granulosazellen, die das Ei im Follikel umhüllen d. innerer, bindegewebsartiger Teil des Ovars e. innere Auskleidung des Uterus

Antworten zu den Übungsaufgaben Frage 1 Die Spermien werden produziert in c. Tubuli seminiferi.

Frage 2 Testosteron wird produziert in e. den Leydig-Zellen, den Zwischenzellen oder interstitiellen Zellen im Hoden.

Frage 3 In der e. Prostata wird eine dünne, milchige Flüssigkeit produziert, die das Sperma alkalischer macht.

Frage 4 Die Follikelreifung in den Ovarien wird initiiert durch d. FSH. Das ist die Abkürzung für das Follikel-stimulierende Hormon, das von der Hypophyse freigesetzt wird.

Frage 5 Progesteron wird von d. Corpus luteum produziert.

Übung 6–10 So sollte Ihre Lösung aussehen: 6. Corona radiata: c. Granulosazellen, die das Ei im Follikel umhüllen 7. Endometrium: e. innere Auskleidung des Uterus 8. Corpus luteum: a. endokrine Drüse, die Progesteron herstellt 9. Stroma: d. innerer, bindegewebsartiger Teil des Ovars 10. Membrana granulosa: b. Auskleidung des Follikels

Kapitel 15

Neues Leben entsteht: Geburt und Entwicklung IN DIESEM KAPITEL Schwangerschaftsstadien und Entwicklung des Embryos Geburt und Wachstum Veränderungen im Laufe des Lebens

Das Leben ist wie ein Buch, das gerade niedergeschrieben wird. Es beginnt mit einem Vorwort – Befruchtung und fetale Entwicklung. Kapitel 1 beschreibt Ihre Geburt. Jeder Abschnitt des Lebens fügt ein neues Kapitel an, das durch bestimmte Veränderungen gekennzeichnet ist. Die Geschichte endet mit dem Tod am Schluss des letzten Kapitels. Das klingt nicht wie ein Happy End, aber wer kann das so genau wissen? Wir alle schreiben unsere eigenen Geschichten in diesem Moment. Vielleicht wird ein Epilog am Ende doch Licht ins Dunkel bringen: Sie schauen fasziniert zurück und bewundern die Geschichte, die Sie allein geschrieben haben.

Die Trimester in Angriff nehmen »Erst kommt die Liebe, dann kommt die Hochzeit, dann kommt ein Baby in der Wiege …« – das alte Kinderlied lässt sich nicht auf alle Paare anwenden. Weder die Heirat noch die Liebe sind für die Paarung und Fortpflanzung notwendig. Spermien brauchen nicht erst die Erlaubnis durch eine Heiratsurkunde, um sich auf die Suche nach einer Eizelle zu begeben. Der Vorgang der Befruchtung erfordert auch keine amourösen Gefühle. Spermium trifft Eizelle, Eizelle wird befruchtet,

Eizelle nistet sich in der Gebärmutter ein, Schwangerschaft beginnt. Und Sie dachten wohl, der ganze Spaß sei damit vorbei? Während der Schwangerschaft geschehen viele Veränderungen. Die meisten betreffen den Fötus (so heißt das ungeborene Kind vom dritten Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt), doch auch die werdende Mutter erlebt viele Veränderungen ihres Körpers. Dieser Abschnitt beschreibt alle Veränderungen bis zur 40. Schwangerschaftswoche, die sowohl im Fötus als auch in der werdenden Mutter vor sich gehen. Diese 40 Wochen werden in drei etwa 13-wöchige Trimester unterteilt. Wenn Sie mehr Informationen zum Thema »Schwangerschaft« suchen, als ich Ihnen in diesem Kapitel bieten kann, dann schauen Sie doch mal in das Buch »Schwangerschaft für Dummies« von Joanne Stone, Keith Eddelman und Mary Duenwald.

Wenn Furchen auftauchen: das erste Trimester Das erste Trimester beginnt technisch gesehen, noch bevor Sie überhaupt Sex gehabt haben. Wenn eine Frau registriert, dass sie schwanger ist, sind gewöhnlich bereits 4 bis 6 Wochen ihrer 40wöchigen Schwangerschaft verstrichen, wobei 40 Wochen einen etwas längeren Zeitrahmen darstellen als die üblicherweise genannten neun Monate. Die 40 Wochen Schwangerschaft werden vom Beginn Ihrer letzten Periode an gezählt. Warum? Weil der Eisprung nicht immer am 14. Tag des ovariellen Zyklus einsetzt, weil Befruchtung nicht immer am Tag des sexuellen Verkehrs stattfindet, und weil der Zeitraum variiert, in dem sich die befruchtete Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut einnistet (siehe Kapitel 14). Das Datum der letzten Menstruation ist dagegen ein Zeitpunkt, der leicht ermittelt werden kann. Von diesem Tag an gehen Sie 280 Tage in die Zukunft und haben somit in etwa den Geburtstermin gefunden. Bedenken Sie jedoch, dass aufgrund sehr vieler Variablen und Unsicherheiten gerade einmal fünf Prozent aller Babys zu ihrem so ermittelten Geburtstermin tatsächlich geboren werden. (Nur eines meiner drei Kinder hat sich an den Zeitplan des Arztes gehalten.)

Im Folgenden finden Sie einen Schritt-für-Schritt-Plan durch die Höhepunkte der menschlichen Entwicklung während der drei Trimester der Schwangerschaft. 1. Die Schwangerschaft beginnt, wenn eine Zygote, also eine befruchtete Eizelle, die bereits einige Zellteilungen durchgemacht hat, ein nettes, gemütliches Plätzchen in der Gebärmutterwand entdeckt und sich dort eingenistet hat (siehe Kapitel 2 für mehr Infos über Zellteilung). 2. Der implantierte Embryo, wie die Zygote nun genannt wird, richtet sich bis zur Geburt häuslich im Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) ein. (Weitere Informationen zum Endometrium finden Sie in Kapitel 14.) 3. Der Embryo beginnt mit der Produktion des Schwangerschaftshormons humanes Choriongonadotropin (hCG). Während des ersten Trimesters erlebt die werdende Mutter mehrere Veränderungen ihrer Brüste: Sie werden größer und weicher, wenn das Drüsengewebe im Innern zu wachsen beginnt, um für die spätere Milchproduktion gerüstet zu sein. Das Gebiet um die Brustwarze (Areola) verfärbt sich dunkel, und die Venen der Brüste treten stärker hervor. Übelkeit ist nichts Unbekanntes; schwangeren Frauen ist im ersten Trimester oft übel, da ihr Körper sich auf alle Veränderungen im Inneren einzustellen versucht. Die Häufigkeit des Urinierens nimmt zu, wenn der wachsende Uterus auf die Blase drückt, und die bekannte »Morgenübelkeit« kann auch am Nachmittag oder Abend stattfinden. Das hCG in den Körpersystemen Schwangerer kann manchmal auch zum Erbrechen führen. Zu diesem Zeitpunkt werden viele Frauen einen Schwangerschaftstest machen oder einen Termin bei ihrem Gynäkologen vereinbaren, um eine mögliche Schwangerschaft zu überprüfen. In beiden Fällen wird der Urin der schwangeren Person verwendet, um hCG nachzuweisen – der sicherste Beweis für eine

bestehende Schwangerschaft. Wenn hCG im Urin gefunden wird, dann erwartet sie tatsächlich ein Kind. 4. Während des Embryonalstadiums (der ersten acht Wochen der Schwangerschaft) entwickeln sich Mutterkuchen (Plazenta) und Fruchtwasserhülle (Amnion).

Plazenta: Dieses spezielle Organ wird während der Schwangerschaft im Uterus gebildet und dient als Übergabestelle von Nähr- und Abfallstoffen sowie Gasen zwischen Mutter und Kind. Nähr- und sauerstoffreiches, fetales Blut wird durch den Nabelstrang (Nabelschnur) geleitet, der das Kind mit der mütterlichen Plazenta verbindet. Die Abfallstoffe, die beim fetalen Stoffwechsel angefallen sind, werden dann durch den Nabelstrang zurück zur Plazenta geleitet, wo sie vom mütterlichen Blut übernommen und entsorgt werden. Himmel, Mama fängt schon an, hinter ihrem Kind aufzuräumen, noch bevor es überhaupt geboren ist!

Abbildung 15.1: Der wachsende Embryo im Uterus

Amnionhülle: Die Fruchtwasserhülle ist wie ein mit Wasser gefüllter Ballon, in dem der Embryo schwimmt. Der Sack wird durch zwei dünne Membranen gebildet – das Chorion und das Amnion – und enthält das Fruchtwasser. So wie das Wasser in einer Wasserbombe die Gummiwände durch Druck von innen strafft, verhindert das Fruchtwasser, dass die Fruchtwasserhüllenwände gegen den Embryo/Fötus drücken und ihn in der Entwicklung behindern. Die Flüssigkeit bewahrt zudem eine konstante Temperatur und absorbiert Stöße, wenn die Mutter sich bewegt.

5. Die Organe entwickeln sich während des ersten Monats der Schwangerschaft. 6. Im zweiten Monat entwickeln sich die Organsysteme weiter, und die Zehen, Finger und Gliedmaßen beginnen sich herauszubilden. Der Embryo beginnt sich am Ende des zweiten Monats zu bewegen. Er ist allerdings noch immer zu klein, um von der Mutter wahrgenommen zu werden. Ohren, Augen und Genitalien werden während des zweiten Monats sichtbar. 7. Der Embryo verliert seinen Schwanz und sieht nun allmählich nicht mehr wie ein Seepferdchen, sondern mehr wie ein Mensch aus. In keiner anderen Lebensphase entwickeln Sie sich so schnell wie als Embryo! Es gibt verschiedene embryonale Entwicklungsstadien: Furchung: Dieser Begriff beschreibt die Einschnürung der Membran, durch die während der Mitose (siehe Kapitel 2) aus einer Mutterzelle zwei Tochterzellen hervorgehen. Wenn ein Spermium eine Eizelle befruchtet hat, durchläuft die Zygote mehrere Zellteilungen oder Furchungen und verdoppelt damit ihre Zellzahl wieder und wieder. Die ganze Zygote wird dabei nicht größer, stattdessen vermehren sich nur ihre Zellen und werden von Furchung zu Furchung immer kleiner. Dennoch enthält jede gebildete Zelle immer noch das gleiche genetische Material, das in der ersten Zelle enthalten war. Morphogenese: Die Bewegung der Zellen zu einem bestimmten Platz in der Blastozyste heißt Morphogenese (und bedeutet so viel wie »Gestaltbildung«). Wenn sich die Zygote teilt und dabei durch den Uterus wandert, wird sie erst Morula und dann Blastozyste genannt. Die Zellen im Innern der Blastozyste gestalten sich selbst neu um und bilden zwei Zellschichten. Die innere Zellschicht oder Zellmasse (Embryoblast) wird zum Embryo, sobald sich die Zygote eingenistet hat. Die äußere Zellschicht (Trophoblast) wird zum Chorion, aus dem sich die Plazenta (und dann das Blutkreislaufsystem und andere Körperorgane) entwickelt.

Differenzierung: Nachdem sich die Zellen während der Morphogenese richtig platziert haben, beginnen sie, spezielle Strukturen und Funktionen anzunehmen. Um dies zu tun, müssen sie sich differenzieren, also zu verschiedenen Zelltypen werden; auch dieser Prozess wird durch die Gene kontrolliert (siehe Kapitel 2). Bei der Differenzierung spezialisieren sich also die Zellen. 8. Nach acht Wochen ist die embryonale Phase abgeschlossen. Vom dritten Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt wird das ungeborene Kind Fötus genannt. Am Ende des ersten Trimesters ist der Fötus etwa zehn cm lang und wiegt etwa 30 g. Der Kopf ist verhältnismäßig groß, und man kann darauf bereits feine Härchen erkennen. Die Gedärme befinden sich im Abdomen, und das Harnsystem (Nieren und Harnblase) beginnt mit der Produktion und Ausleitung des fetalen Urins.

Abbildung 15.2: Die Entwicklung in neun Monaten Schwangerschaft

Pränataldiagnostik Alle werdenden Eltern machen sich Sorgen, ob ihr Kind auch gesund auf die Welt kommen wird. Bei gesunden, noch relativ jungen Eltern besteht daran ja kaum Zweifel, aber etwas anders sieht es aus, wenn Sie als späte Mutter überlegen, ob Ihr Kind nicht vielleicht doch eine Behinderung haben könnte. Zum Glück gibt es eine Reihe von Tests, die Sie im Vorfeld der Geburt durchführen lassen können. Viele Tests sind nichtinvasiv, aber dafür nicht so präzise, während Sie bei anderen, invasiveren Tests ein geringes Restrisiko einer Fehlgeburt in Kauf nehmen müssen.

Ersttrisemester-Screening: Hier wird etwa in der zwölften bis vierzehnten Woche unter anderem die Dicke der Nackentransparenz im Ultraschall bestimmt, die Hinweise auf eine mögliche Trisomie oder schwerwiegende Fehlbildungen geben kann. Dazu wird die Konzentration bestimmter Hormone im mütterlichen Blut bestimmt (Triple-Test, Quadruple-Test), die Aufschluss über eine mögliche Fehlbildung des Fetus geben können. Zweittrisemester-Screening: Hier lassen sich etwa in der 20. bis 22. Woche im Ultraschall mögliche Fehlbildungen der Organe, der Hirnentwicklung sowie genetische Fehlbildungen erkennen. Nabelschnurpunktion oder Chordozentese: Bei diesem Verfahren wird etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche durch die Bauchdecke der Mutter Blut aus der Nabelschnur entnommen. Amniozentese oder Fruchtwasserpunktion: Hier wird zwischen der 15. und 20. Schwangerschaftswoche eine dünne Hohlnadel durch den Unterleib in den Uterus eingeführt wird und etwas Fruchtwasser mit der Nadel abgesaugt. Da sich der Fötus in der Fruchtblase ständig hin und her bewegt, findet man fetale Zellen in der klaren Flüssigkeit und kann mit diesen Zellen eine vorgeburtliche Genanalyse durchführen, um zum Beispiel Trisomien wie das Down-Syndrom oder das Vorhandensein bestimmter Infektionen schon so früh wie möglich aufzudecken. Bei dieser Methode besteht ein geringes Risiko einer Fehlgeburt. Chorionzottenbiopsie: Dies ist ein weiteres Hilfsmittel, das wertvolle Informationen liefern kann. Zwischen der zehnten und zwölften Schwangerschaftswoche wird dazu etwas Plazentagewebe durch eine Hohlnadel entnommen, die durch die Bauchdecke gestochen oder durch den Gebärmutterhals eingeführt wird. Das Plazentagewebe enthält Zellen der Chorionzotten, die sich ebenso wie der Embryo aus der befruchteten Eizelle entwickelt haben. Bei der Untersuchung der Chorionzottenzellen bleiben Embryo und Fruchtwasserhülle unangetastet. Die Zellen können innerhalb von sieben bis zehn Tagen kultiviert werden und wichtige Informationen über eventuelle genetische Defekte des Ungeborenen liefern.

Im Mutterleib herrscht Finsternis: das zweite Trimester Alles ist etwas leichter im zweiten Trimester der Schwangerschaft: Die werdende Mutter hat sich inzwischen an die Veränderungen ihres Körpers gewöhnt und muss sich seltener erbrechen. Gleichzeitig nimmt der hCG-Spiegel des Blutes ab, wenn die Plazenta voll ausgereift ist und sie sich der Ernährung des Fötus vollständig widmen kann, sodass auch Übelkeitszustände immer weniger werden.

9. Der Fötus wächst. So langsam verspürt die Mutter die ersten Bewegungen des Kindes – hier ein Tritt in den Bauch, da ein Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen oder dort ein Purzelbaum in der Fruchthülle. Der Fötus lutscht an seinen Daumen und öffnet die Augenlider. Es bewegt sich schon wie ein Neugeborenes, ist aber immer noch in eine durchsichtige Haut gehüllt, von kurzen feinen Härchen bedeckt, die Lanugo genannt werden, und trägt eine Schicht fester, weißlicher »Babyschmiere« (Vernix caseosa) auf der Haut, die vor zu viel Feuchtigkeit schützt. Das Geschlecht des Fötus sowie das Skelett können im Ultraschall während des zweiten Trimesters gesehen werden. 10. Knochen ersetzen das embryonale Knorpelgewebe. Am Ende des zweiten Trimesters ist der Fötus etwa 30 bis 35 cm lang und wiegt etwa 1500 g. Er wäre in dieser Phase ohne medizinische Hilfe meist noch nicht lebensfähig, wenn er geboren würde.

Die werdende Mutter erlebt das zweite Trimester völlig anders als das erste. Außer einigen Unannehmlichkeiten wie Sodbrennen, Flatulenz und Verstopfung, die zu noch zu Beginn des zweiten Trimesters auftreten können, fühlt sich die werdende Mutter viel energiegeladener und deutlich besser als zu Beginn der Schwangerschaft. Ihre Haare und Nägel wachsen verstärkt und ihre Haut hat aufgrund der vielen Hormone, die durch ihren Körper fließen, einen leuchtenden Schimmer. Die Schwangerschaft wird sichtbar.

Licht am Ende des Tunnels: das dritte Trimester Der letzte Abschnitt der Schwangerschaft ist eine sehr emotionale Zeit. Die werdende Mutter macht sich vielleicht Sorgen über die nahende Geburt, und die Unannehmlichkeiten, die mit dem Wachstum des Fötus zunehmen, bewirken eine gewisse, nun, sagen wir »Unpässlichkeit« der Schwangeren (fragen Sie meinen Ehemann).

Der Fötus wächst rasant im letzten Trimester. (Ein Fötus im dritten Trimester wird in Abbildung 15.3 dargestellt.) 11. Fett lagert sich ve\rmehrt unter der Haut des Fötus ab und lässt ihn schon mehr wie ein Baby und weniger wie ein Runzelmännchen aussehen. Die Fettablagerung hilft, den Fötus nach der Geburt vor Kälte zu isolieren, gleichzeitig nimmt das Gewicht des Fötus stark zu; die Energiereserven für die pränatale Entwicklung von Hirn und Nerven werden dadurch aufgefüllt. 12. Der Fötus nimmt weiter an Größe zu. 13. Gegen Ende der Schwangerschaft positioniert sich der Fötus für die Geburt. Die Mutter fühlt eine Erleichterung, wenn sich der Fötus weiter nach unten ins Becken bewegt und der Uterus sich dabei absenkt und Druck vom Zwerchfell nimmt. Der Fötus positioniert dabei normalerweise den Kopf nach unten Richtung Ausgang. Wenn der Kopf dann die Fortsätze der Beckenknochen erreicht, ist der Fötus reif, geboren zu werden. Die werdende Mutter legt im Laufe der Schwangerschaft etwa 14 kg zu, aber das meiste Gewicht bildet sich erst im dritten Trimester. In den letzten paar Wochen der Schwangerschaft hat der Uterus seine maximale Ausdehnung erreicht; war er im Normalzustand nur 5 bis 8 cm lang, füllt er nun die gesamte vordere Bauchhöhle bis hoch zu den Rippen aus. Die Größe des Uterus und der damit verbundene Druck auf das Zwerchfell erschweren der werdenden Mutter das Atmen. Schlaf kann auch schwierig werden, nicht nur weil der Uterus gegen das Zwerchfell, sondern auch auf die Blase drückt und die werdende Mutter daher nachts öfter die Toilette aufsuchen muss. Eine werdende Mutter kann auch ein Ziehen an den Seiten ihres Unterleibs bemerken, das von der Streckung der den Uterus stützenden Bänder herrührt. Fast jede Mutter entwickelt in der Schwangerschaft ihre eigene »Kombination« an Beschwerden: Schwellungen, Rückenschmerzen, Juckreiz, Krampfadern, Karpaltunnelsyndrom und Unbeweglichkeit sind nur einige Beispiele.

Abbildung 15.3: Der Fötus im dritten Trimester

Welche Unannehmlichkeiten, welche Schmerzen auch auftreten mögen, sie haben bald ein Ende, wenn die Geburt des Kindes heranrückt. Am Ende des dritten Trimesters, wenn der Fötus bereit für die Geburt ist, ist er etwa 53 cm lang und etwa 3500 g schwer.

Das doppelte Lottchen Manchmal entstehen zwei oder mehr Embryos aus einer Eizelle. Die Embryos entwickeln sich dann aus Zellen mit exakt dem gleichen genetischen Material und werden eineiige Zwillinge genannt. Zweieiige Zwillinge entwickeln sich aus zwei verschiedenen Eizellen, die im selben Zeugungsakt von zwei verschiedenen Spermien befruchtet werden. Grundlegend sind zweieiige Zwillinge wie normale Geschwister, außer dass sie zur gleichen Zeit im Mutterleib herangewachsen sind.

Komplikationen Unglücklicherweise entstehen manchmal Schwierigkeiten bei der Schwangerschaft. Wenn Sie aber bedenken, wie viele Dinge während einer Schwangerschaft theoretisch schief gehen könnten, ist es umso erstaunlicher, dass die meisten Schwangerschaften ohne Probleme ablaufen. Die folgende Liste enthält einige der Komplikationen, die auftreten können. Falls Sie schwanger sind, während Sie den folgenden Abschnitt lesen, bleiben Sie ruhig und informieren Sie Ihren Arzt, falls einer der unten genannten Punkte auf Sie zutrifft. Blutungen: Sie können früh im ersten Trimester auftreten, wenn sich die Zygote in den Uterus einnistet. Finden die Blutungen statt, wenn normalerweise die Periode eintreten sollte, die Frau aber schon von ihrer Schwangerschaft weiß, erzeugt dies verständlicherweise große Angst. Leichte, dunkelrote Blutungen in dieser Zeit sind jedoch völlig normal. Werden die Blutungen dagegen von Unterleibskrämpfen begleitet oder sind hellrot, weist dies oft auf die

Abstoßung des Embryos hin. Der Arzt sollte über jedwede Blutung informiert werden. Später in der Schwangerschaft können sich durch den Druck des Fötus auf das Rektum Hämorrhoiden bilden, die leicht bluten. Obwohl diese Blutungen mit Schmerzen für die werdende Mutter verbunden sind, stellen sie jedoch keine Bedrohung für den Fötus dar. Ektope Schwangerschaft: Eine ektope Schwangerschaft entsteht immer dann, wenn sich das befruchtete Ei außerhalb des Uterus einnistet, zum Beispiel in den Eileitern. Zuerst entwickelt sich die Schwangerschaft ganz normal, als ob das Ei im Uterus wäre, das heißt, der Embryo bildet Organe und produziert hCG. Das eigentliche Problem wird erst später sichtbar, denn nur im Uterus ist genügend Platz zum Wachsen. Wenn sich die Zygote in die Eileiter (oder in den Gebärmutterhals oder die Eierstöcke) implantiert, folgen bald Unterleibskrämpfe und Blutungen. Eine bedrohliche Komplikation ergibt sich, wenn der Eileiter (oder der Eierstock oder der Gebärmutterhals) dem wachsenden Embryo nicht mehr standhalten kann und reißt. Mit Ultraschall lassen sich ektope Schwangerschaften bestätigen. Da sie eine ernste Bedrohung für die Gesundheit der werdenden Mutter darstellen, müssen solche Schwangerschaften abgebrochen werden, sofern keine Umsiedelung des Embryos in den Uterus möglich ist. Schwangerschaftsdiabetes: Schwangere Frauen werden regelmäßig auf Glucose im Urin hin untersucht. Besonders im späten zweiten Trimester hilft diese Untersuchung, einen beginnenden Schwangerschaftsdiabetes aufzuspüren. Ein Schwangerschaftsdiabetes ist eine Hyperglykämie (zu viel Zucker im Blut), die sich während der Schwangerschaft entwickeln kann. Wenn zu viel Zucker im Blut der werdenden Mutter zirkuliert, trifft dies natürlich auch auf den Fötus zu. Zu viel Glucose bedeutet, dass der Fötus zu schnell zu groß wird und es dadurch zu einer schwierigen Geburt kommen kann bzw. deshalb ein Kaiserschnitt nötig wird. Schwangerschaftsdiabetes kann sich nach der Entbindung zu Diabetes mellitus entwickeln. Ist es nicht möglich, den

Glucosespiegel des Blutes durch eine geeignete Diät niedrig zu halten, muss die Schwangere Insulin einnehmen. Schwäche des Gebärmutterhalses: Wenn sich der Muttermund lange vor der Geburt weitet, ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt groß. Die werdende Mutter verspürt einen starken Druck im Becken, aber der Uterus kontrahiert sich nicht, um den Muttermund zu öffnen. Der Gebärmutterhals ist schlicht unfähig und zu schwach, die Schwangerschaft zu unterstützen. Frauen, die sich im Vorfeld Behandlungen unterzogen haben, die mit einer Weitung des Gebärmutterhalses in Verbindung standen, oder bei denen eine Biopsie (oder sonstige Verletzung) des Gebärmutterhalses vorgenommen wurde, sind öfter betroffen. Eine Schwäche des Gebärmutterhalses kann auch bei Frauen auftreten, deren Gebärmutter während einer vorangegangenen Geburt überdehnt wurde oder die drei oder mehr Föten gleichzeitig austragen. In einer Operation, die Zerklage (Kreisnaht) genannt wird, wird der Gebärmutterhals zusammengenäht, um ihn zu unterstützen. Präeklampsie und Eklampsie: Bei der Harnuntersuchung zur Bestimmung einer Schwangerschaftsdiabetes wird oft gleichzeitig nach Proteinen gesucht, die eine Präeklampsie ankündigen. Präeklampsie – eine Erkrankung, die sich zu der schwereren Form Eklampsie entwickeln kann – ist durch einen Blutdruckanstieg während der Schwangerschaft bedingt. Starke Kopfschmerzen, plötzliche Schwellungen, rapide Gewichtszunahme (2,5 kg pro Woche und mehr), getrübte Sicht und Unterleibsschmerzen gehören zu den wichtigsten Symptomen. Die Gefahr der Präeklampsie besteht darin, dass sich durch den hohen Blutdruck bald eine Eklampsie (Krampfanfälle und möglicherweise sogar Koma und Tod) entwickeln kann. Wenn die Gesundheit der Mutter auf dem Spiel steht und der Fötus eine Frühgeburt überleben kann, wird daher ein Kaiserschnitt durchgeführt. Placenta praevia: In diesem Zustand bedeckt ein Teil der Plazenta den Gebärmutterhals, sodass eine Geburt erschwert wird oder starke Blutungen auftreten können. Tritt eine Placenta praevia in der frühen Schwangerschaft auf, löst sich das Problem meist von selbst, da die

Plazenta dann durch das Wachstum des Fötus wieder nach oben in den Uterus wandert. (Wie Sie wissen, ist die Plazenta ja über die Nabelschnur mit dem Fötus verbunden.) Eine Placenta praevia in der späteren Schwangerschaftsphase führt jedoch oft zu Blutungen der Plazenta, da der wachsende Fötus in dieser Position Druck auf sie ausübt. Die Blutungen können zur frühzeitigen Geburt eines dementsprechend unfertig entwickelten Fötus führen. Die meisten Frauen mit Placenta praevia müssen sich einem Kaiserschnitt unterziehen, um starke Blutungen zu vermeiden, die bei einer normalen Vaginalgeburt häufig auftreten. Vorzeitige Plazentalösung: Dieser Zustand tritt dann ein, wenn sich die Plazenta von der Gebärmutterwand ablöst, noch bevor die Entwicklung des Fötus beendet ist. Es kann zu Blutungen kommen, die eine frühzeitige oder Fehlgeburt nach sich ziehen. Wenn der Einriss zu groß ist, muss in jedem Fall eine Geburt eingeleitet werden. Bei einem kleineren Riss wird Bettruhe verordnet, und die weitere Schwangerschaft wird streng überwacht.

Die Frucht der Liebe In Ordnung, nun wird es Zeit zu erklären, was eine Frau erwartet, wenn die Geburt ihres Kindes bevorsteht. Egal, was eine Frau durchmachen muss, um ein Kind zu gebären, die Anstrengungen werden belohnt. Die erste Belohnung besteht darin, das Neugeborene in den Armen halten zu können und vollkommen verwundert das neue Leben zu betrachten, das ihr Körper geschaffen hat. Von da an hören die Belohnungen eigentlich gar nicht mehr auf: wenn das Baby seine winzigen Händchen um Ihren Finger schließt, der Geruch und das Gefühl des Neugeborenen auf Ihrer Haut (selbst wenn es drei Uhr nachts ist), Lächeln und ausgelassenes Kichern und zum ersten Mal »Ich hab dich lieb, Mami« zu hören. Die größte Belohnung, die es wert macht, eine Geburt auf sich zu nehmen, besteht in dem guten Gefühl, einen Beitrag für den Fortbestand der Spezies geleistet, Leben erschaffen zu haben und sich mit der Vergangenheit und Zukunft verbunden zu fühlen. Schwangere Frauen denken jedoch selten in diesen Dimensionen, wenn sie ihr Kind gebären.

In diesem Abschnitt erhalten Sie einen Einblick in den Geburtsprozess: die drei Stadien von Geburt und Entbindung sowie die erste Zeit nach der Niederkunft.

Ab nach unten: Das erste Stadium Bevor der Fötus geboren werden kann, muss er zuerst durch den Geburtskanal. Dieser Prozess ist das erste Stadium der Geburt. Wenn richtige Kontraktionen einsetzen (jene, die eine Weitung des Gebärmutterhalses bewirken; solche »Aufwärmübungen« werden Braxton-Hicks-Kontraktionen genannt), beginnt Stadium eins der Geburt. Zusätzlich zu den einsetzenden effektiven Kontraktionen können andere Zeichen der werdenden Mutter signalisieren, dass »die Zeit gekommen ist«. Das erste Stadium kann allerdings durchaus 12 bis 14 oder mehr Stunden dauern! Lassen Sie sich also Zeit und bleiben Sie entspannt, wenn »die Zeit« gekommen ist. Einige Frauen bemerken, dass bei ihnen ein Schleimpfropf abgeht. Während der Schwangerschaft versiegelt dieser Schleimpfropf den Gebärmutterhals, um ein Eindringen weiterer Spermien oder Bakterien in den Uterus zu verhindern. Wenn sich der Gebärmutterhals durch die ersten Kontraktionen erweitert, verliert der Schleimpfropf den Halt und fällt heraus. Manchmal kann dies von einer Blutung begleitet sein. Viele Frauen halten den abgehenden Schleim allerdings für nichts Ungewöhnliches, da vaginaler Ausfluss in der späten Schwangerschaft recht häufig vorkommt. Während sich der Gebärmutterhals weitet, drückt der Kopf des Fötus ständig dagegen (siehe Abbildung 15.4). Dieser Druck bewirkt, dass der Gebärmutterhals gestaucht wird und sich nach oben bewegt. Die Weitung ist wichtig für eine erfolgreiche Geburt. Der Muttermund muss sich zehn Zentimeter weit öffnen, damit der Kopf des Fötus hindurchpasst, dadurch wird der Gebärmutterhals beim Weiten dünnwandig wie ein Pfannkuchen; normalerweise ist der Gebärmutterhals geschlossen, etwa 2,5 cm lang und ruht am Grund des Uterus so groß wie ein Fingerhut. Er kann sich nicht weiten, ohne sich dabei abzuflachen.

Abbildung 15.4: Die frühe Phase der Geburt: Der Fötus drückt gegen den Muttermund, in dem noch der Schleimpfropf sichtbar ist, und weitet diesen

Bei der Weitung gelangt ein Teil der Fruchtwasserhülle in den Gebärmutterhals. Die Kontraktionen, die den Fötus mit Druck in den Geburtskanal schieben, bewirken ein Einreißen der dünnen Fruchthüllmembranen, sodass das Fruchtwasser in einem Schwall ausläuft – »der Damm bricht«. Das Auslaufen des Fruchtwassers führt meist dazu, dass die Wehen so richtig in Fahrt kommen und dass sie regelmäßig werden, wenn das zuvor noch nicht der Fall gewesen sein sollte.

Am Ende des ersten Stadiums der Geburt ist der Muttermund voll geöffnet und etwa vier cm geweitet. Wehen kommen nun regelmäßig in Fünf-Minuten-Abständen und dauern jeweils etwa eine Minute. Die Wehen müssen nicht unbedingt schmerzhaft sein. Der Unterleib verhärtet sich, wenn sich der Gebärmuttermuskel kontrahiert, um das Baby nach unten zu drücken. Die werdende Mutter fühlt die Härte des Unterleibs und den Druck des nach unten pressenden Kindes. Sie befindet sich jetzt mitten in der aktiven Geburt. In der aktiven Geburtsphase treten die Wehen alle 3 bis 5 Minuten auf und dauern etwa 45-60 Sekunden. Der Druck nimmt zu, und innerhalb von 4 bis 5 Stunden hat sich der Muttermund 8 bis 9 cm geweitet. Der Fötus hat sich in den Geburtskanal bewegt und ist jetzt bereit, geboren zu werden. Frauen gehen ganz unterschiedlich mit dieser Phase um; manche wollen dabei umhergehen, andere wollen sich hinlegen. Die bequemste Position zu finden, ist wichtig, damit die werdende Mutter sich entspannen und Energie für den finalen Geburtsvorgang sammeln kann. Diese »Übergangsphase« – also die Zeit, in der der Fötus schließlich auf die Welt gebracht wird – kann als Ende von Stadium 2 der Geburt bezeichnet werden. In dieser Phase öffnet sich der Muttermund nun zu vollen zehn cm. Die Wehen werden sehr intensiv. Aber glücklicherweise dauert diese Phase nicht zu lange. Jetzt ist es wirklich »Zeit«.

Nichts wie raus: Das zweite Stadium Nachdem der Muttermund vollständig geweitet ist, verspürt die werdende Mutter den starken Drang zu pressen. Während der gesamten Geburt haben die Kontraktionen des Gebärmuttermuskels den Fötus in den Geburtskanal geschoben (siehe Abbildung 15.5). Jetzt kann die werdende Mutter den Fötus in ihrer Vagina spüren, wie er auf die Beckenknochen oder das Rektum drückt oder die Hüftknochen passiert. Der Fötus kommt heraus, und der Körper der werdenden Mutter

entwickelt den Drang, dem Prozess durch aktive Anspannung der Skelettmuskulatur nachzuhelfen. An diesem Punkt wird die gebärende Mutter normalerweise dazu angehalten, nicht sofort zu pressen, um vorher festzustellen, ob der Muttermund wirklich vollständig offen ist, ansonsten bestünde die Gefahr einer Überdehnung. Ich bin mir sicher, man meint es nur gut, aber wenn man pressen will, will man einfach nur noch pressen! Die werdende Mutter muss dann unwillkürlich Grimassen ziehen, Fäuste ballen, Zehen verkrampfen und sogar Blutgefäße in ihren Augen platzen lassen, wenn sie sich an diesem Punkt zurückhalten muss. Das Pressen geht normalerweise schnell. Für gewöhnlich hält die werdende Mutter ihr Neugeborenes etwa eine Stunde später in den Armen. Die Geburtshelfer nutzen einen besonderen Code, um den Fortgang der Geburt zu dokumentieren. Sobald sich der Fötus durch die Vagina bewegt, beginnt der Countdown. »Minus eins« bedeutet, dass sich der Fötus auf der Hälfte der Vagina befindet. »Plus zwei« bedeutet, dass noch etwa drei- bis viermal gepresst werden muss. »Plus 5« heißt schließlich, dass mit dem nächsten Pressen der Kopf des Fötus austreten wird.

Abbildung 15.5: Ein Baby wird geboren.

Pressen ist ähnlich wie der Bewegungsablauf beim Schaukeln, mit dem Unterschied, dass Sie wie ein C auf der Seite liegen, Ihr Kinn auf die Brust gepresst und die Beine soweit wie möglich zurückgenommen. Die gebärende Frau mag sich denken: »Ist das nicht die Position, in der ich einst selbst auf die Welt kam?« Es ist aber wohl wahrscheinlicher, dass sie einfach nur ihre Energie zusammennehmen, bis zehn zählen und den Kopf ihres Babys aus ihrer Vagina pressen wird. An diesem Punkt bremsen die Ärzte noch einmal den Geburtsvorgang, um Blut, Schleim und Fruchtwasser aus Mund und Nase des Babys abzusaugen. Dann ein weiteres Pressen, und der Körper folgt. Der Fötus ist nun ein Neugeborenes, das seinen ersten Atemzug macht.

Saubermachen: Das dritte Stadium Ja, eine Geburt ist nicht gerade eine saubere Sache. Zusammen mit dem Baby gehen jede Menge Fruchtwasser und Blut sowie manchmal auch Urin und Fäkalien der Mutter ab. Aber Sie können sich sparen, den Kreißsaal sofort nach der Entbindung sauber zu machen. Gleich nach der Geburt wird die Nabelschnur abgebunden und durchtrennt. Jetzt ist das

Neugeborene vollkommen von der Mutter getrennt und wird schon bald den typischen ausgestülpten Babynabel bekommen. Während der Zeit im Mutterleib konnte sich das Neugeborene – als Embryo wie als Fötus – auf die Plazenta verlassen, die Antikörper, Nährstoffe und Sauerstoff lieferte sowie Stoffwechselprodukte und Kohlenstoffdioxid abtransportierte. Jetzt ersetzen das Kreislaufsystem und die Gedärme Plazenta und Nabelschnur. Der zuvor lebenswichtige Verbindungsstrang zur Mutter wird durchtrennt, und das Neugeborene muss nun sein eigenes Immunsystem aufbauen. Atmen, Trinken, Essen, Urinieren und Defäkieren müssen selbstständig erfolgen. Nachdem das Baby auf der Welt ist, finden noch weitere Uteruskontraktionen statt, sodass sich die Plazenta lösen kann. Etwa 15 Minuten nachdem das Baby entbunden wurde, geht schließlich die Plazenta (oder Nachgeburt) ab. Aber auch jetzt erfolgen noch immer Gebärmutterkontraktionen. Diese Kontraktionen – die in den ersten Stunden nach der Geburt am spürbarsten sind und dann innerhalb der nächsten Woche langsam abklingen – helfen, den Uterus in seine ursprüngliche Größe zurückzuführen und restliches Blut und Gewebsfetzen auszustoßen.

Den Drang zu pressen unterdrücken Ich persönlich empfand diesen Teil der Geburt als den schwierigsten. Es ist schwer, das Pressen einzustellen, wenn der Drang dazu doch so groß ist. Den Fötus auf seinem Weg nach draußen nicht zu unterstützen, lässt den Druck auf Rectum und Perineum zudem immer weiter ansteigen. Bei meiner natürlichen Geburt fühlte ich ein Brennen, als ich den Drang zu pressen unterdrückte, was vermutlich meine Haut war, die sich weiter spannte. Es dauert natürlich nicht lange, den Atem währenddessen anzuhalten, aber in einer Geburt scheint sich diese Zeit zur Ewigkeit zu dehnen.

Wenn der Start ins Leben mit Schwierigkeiten verbunden ist Eine problemlose Schwangerschaft bedeutet nicht zwangsläufig eine problemlose Geburt, ebenso wie eine schwierige Schwangerschaft nicht

immer auf eine komplizierte Geburt hindeutet. Obwohl Probleme entstehen können, bringen die meisten Frauen gesunde Kinder ohne Schwierigkeiten zur Welt. Zwei der häufigsten Probleme, die vor oder nach der Geburt auftreten können, sind:

Intrauterine Hypoxie und Azidose Bereits vor der Ankunft im Kreißsaal (oder Geburtszimmer) bekommt die Schwangere ein elastisches Band um ihren Bauch gebunden, das mit einem Monitor verbunden ist. Dieses »Anhängsel« zeichnet die Herzschlagfrequenz des Fötus auf sowie die Stärke und Häufigkeit der Gebärmutterkontraktionen. Wenn sich bei den Kontraktionen der Herzschlag des Babys verlangsamt und sich nicht rasch genug wieder erholt, spricht man von einer intrauterinen Hypoxie und Azidose (früher unter der Bezeichnung »intrauterine Asphyxie« bekannt). Das bedeutet, dass der Fötus offenbar nicht fit genug ist, den Geburtsstress zu verkraften und zu wenig Sauerstoff bekommt. Eine intrauterine Hypoxie und Azidose gibt Anlass, eine künstliche Geburt einzuleiten, um den natürlichen Geburtsvorgang abzukürzen. Ein Kaiserschnitt kann dabei das Mittel der Wahl sein. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten. Eine Dehydrierung beeinflusst beispielsweise die Blutfließgeschwindigkeit negativ und kann somit zu einer intrauterinen Hypoxie und Azidose führen. Manchmal genügt es dann, der Mutter intravenös zusätzliche Flüssigkeit zuzuführen, um die Situation wieder zu entspannen. In anderen Fällen hilft es auch, der Mutter über eine Maske Sauerstoff zu geben, um die Geburt wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Und in wieder anderen Situationen bewirkt schon eine Positionsänderung der Gebärenden, dass sich der Herzschlag des Kindes wieder normalisiert. Ein Kaiserschnitt wird nur durchgeführt, wenn all diese vorhergehenden Maßnahmen nicht helfen.

Maternale Hämorrhagie Blutungen treten immer bei einer Geburt auf, sei es nun auf vaginalem Wege oder per Kaiserschnitt. Der Uterus zieht sich auch nach der Geburt weiterhin zusammen, um restliches Blut auszustoßen und zerrissene Gefäße zu versiegeln. Normalerweise hören diese Blutungen etwa sieben Tage nach der Niederkunft auf. Wenn sich der Uterus dagegen nach der

Geburt nicht kontrahieren sollte, können die Blutungen länger anhalten. Diesen Zustand nennt man Uterusatonie (Atonia uteri), und er kann dann eintreten, wenn etwas Plazentagewebe in der Gebärmutter verbleibt, eine Infektion stattgefunden hat oder wenn zwei oder mehr Babys geboren wurden. Um den Uterus wieder zum Kontrahieren »zu bewegen«, kann eine Schwester den Bauch oberhalb des Uterus massieren. Dann kann ein Medikament gegeben werden, das künstlich Uteruskontraktionen auslöst, wie zum Beispiel Oxytocin. Wenn die Ursache der Uterusatonie in Plazentagewebe liegt, das nicht vollständig abgestoßen wurde, kann dieses Gewebe manuell entfernt oder abgesaugt werden (Kürettage). In sehr seltenen Fällen stülpt der Uterus sein Inneres bei der Geburt nach außen. Dieser Zustand verursacht natürlich auch Hämorrhagie.

Das »Leben danach« Nun heißt es für den Neuankömmling: Selber essen ist angesagt! Und das natürlich am liebsten die Muttermilch. Nachdem ein Baby geboren wurde, schüttet die Hirnanhangsdrüse das Hormon Prolactin aus, das die Milch produzierenden Zellen dazu anregt, Milch herzustellen, sodass die Laktation (Milchproduktion) beginnen kann. Bereits während der Schwangerschaft hat sich die Anzahl der milchproduzierenden Zellen und Lobuli erhöht. Die Milchproduktion hält so lange an, wie das Kind regelmäßig gesäugt wird. Das Saugen an der Brustwarze stimuliert Nerven, die in der Areola (dem dunkel pigmentierten Hof um die Brustwarze herum) enden. Diese Nervenimpulse werden zum Hypothalamus gesandt, der daraufhin der Hirnanhangsdrüse befiehlt, Oxytocin auszuschütten. Oxytocin ist nicht nur für die Kontraktion des Uterus während der Geburt verantwortlich, sondern bewirkt auch die Kontraktion der Lobuli im Brustgewebe, sodass die Milch fließen kann. Der Säugling trinkt die Milch dann aus den Sammelgängen, die in der Brustwarze enden.

Vom Neugeborenen zum Kleinkind

Neugeborene wachsen und entwickeln sich rasend schnell. Viele Entwicklungen, die im embryonalen Stadium ihren Anfang nahmen, streben nun der Vollendung zu. Das Gehirn beginnt schon in der dritten Schwangerschaftswoche, sich zu entwickeln, aber es wird noch die ersten paar Lebensjahre damit fortfahren. Und sogar wenn die Entwicklung abgeschlossen ist, gilt dies nicht für die Nervenverbindungen, die ja durch das gesamte Leben hindurch ständig modifiziert werden. Das Skelettsystem beginnt seine Entwicklung ebenfalls im fetalen Stadium, aber das Knochenwachstum – also die Verlängerung der Knochen – findet insgesamt bis zum 20. Lebensjahr statt. Und das Ersetzen alter Knochenzellen und -gewebe hält das ganze Leben an. Obwohl sämtliche Organe eines Neugeborenen an ihrem festen Platz sind und bereits selbstständig ihre Funktionen erfüllen, so nehmen doch die meisten Organe an Größe zu, bis der Mensch mit 18 bis 20 Jahren völlig ausgewachsen ist. Die Reproduktionsorgane von Jungen und Mädchen warten auf ihre Aktivierung, bis das Kind in die Pubertät kommt, also im Alter von etwa zwölf Jahren. (In den folgenden Abschnitten erfahren Sie mehr über Pubertät und die Teenagerzeit.) Spermatozyten sind bereits in den Hoden kleiner Jungen vorhanden, doch die Reifung der Spermien erfolgt erst mit der Pubertät. Ebenso befinden sich bereits Oozyten in den Eierstöcken junger Mädchen, doch werden sie erst herangereift freigelassen, wenn die Pubertät einsetzt. Auch die Brustentwicklung beginnt erst in der Pubertät. Jungen haben vom Zeitpunkt ihrer Geburt an bereits Erektionen, aber sie können sich ohne heranreifende Spermien noch nicht fortpflanzen. Die Muskelmasse nimmt im Laufe der Kindheit immer mehr zu, daher ist Bewegung so wichtig für Kinder. Sieben- bis Zwölfjährige sollten sich mindestens 1 bis 2 Stunden täglich körperlich austoben können.

Pubertäre Probleme »Es waren die besten Zeiten, es waren die schlechtesten Zeiten …« Ich glaube nicht, dass Charles Dickens an seine Teenagerzeit gedacht hat, als er mit diesen Worten sein Buch »Eine Geschichte zweier Städte« begann. Aber viele Erwachsene empfanden ihre Jugendzeit genau so,

wenn sie sich zurückerinnern. In der Pubertät befindet sich die körperliche Gesundheit auf einem Hoch, ganz genau wie die Hormonspiegel. Wachstumsschübe sind nichts Ungewöhnliches während der Pubertät. Knochen wachsen, die Muskelmasse nimmt zu, und der Körper erreicht beinahe die Größe des Erwachsenenzustands. Aber die tiefgreifendsten Veränderungen, die in dieser Zeit vonstattengehen, sind mit der Entwicklung der Fortpflanzungsorgane verbunden. Die Pubertät ist jene Zeit im Leben, in der sich das Reproduktionssystem so weit entwickelt, dass Fortpflanzung möglich wird. Bei Mädchen liegt dieser Zeitraum etwa zwischen elf und 13, bei Jungen zwischen 14 und 16 Jahren. An diesem Punkt im Leben endet allmählich das Knochenwachstum, und die jeweilige Endgröße ist fast erreicht. Wenn sich die Epiphysenfugen der Röhrenknochen schließen, ist weiteres Längenwachstum nicht mehr möglich (siehe Kapitel 4). Gegen Ende der Teenagerzeit ist die Pubertät vorüber, und Jungen und Mädchen haben sich dann normalerweise an die veränderten Hormonlevel gewöhnt. Die Sexualhormonspiegel befinden sich nun jedoch auf ihrem Höhepunkt und steigern den Fortpflanzungstrieb. Die Hormone, die während der Pubertät bei Jungen und Mädchen freigesetzt werden, können mehr oder weniger starke Disharmonien im inneren Gleichgewicht des Körpers hervorrufen. Ein Überschuss an Hormonen kann mit der Ausbildung von Akne verbunden sein und ist oft Schuld an den typischen Stimmungsschwankungen Jugendlicher, da er starken Einfluss auf das Gehirn ausübt.

Die weibliche Pubertät Bei Mädchen setzen nun erstmals die ovariellen und uterinen Zyklen ein (siehe Kapitel 14), und die erste Menstruation schließt sich dementsprechend an. Wenn ein Mädchen zum ersten Mal ihren Eisprung hat, ist eine Schwangerschaft möglich. Die weibliche Brust, die ja eine Milch produzierende Drüse ist (mit der Brustwarze als Ausführgang), beginnt während der Pubertät zu wachsen. Eine Brust enthält über zwei

Dutzend Lobuli oder Läppchen, die mit Bläschen (Alveolen) durchsetzt sind und in Sammelkanäle münden. Die Kanäle enden in der Brustwarze. In den Bläschen befinden sich Milch produzierende Zellen. In der Pubertät formen sich die Lobuli und Sammel- und Ausführgänge. Polstergewebe bildet sich aus, um das empfindliche Milchdrüsengewebe zu schützen, und gibt der Brust ihre Form. Andere Veränderungen, die Mädchen in der Pubertät durchmachen, sind das Schamhaarwachstum in den Achselhöhlen und im Intimbereich und die Ausprägung bestimmter Fettverteilungsmuster: also mehr auf den Hüften, an den Oberschenkeln, Brüsten und am Bauch.

Die männliche Pubertät Jungen beginnen in der Pubertät, regelmäßig Spermien und Testosteron zu produzieren. Testosteron hat bestimmte Effekte wie das Wachstum von Gesichts- und Brusthaar, den Aufbau von Muskelgewebe, das Wachstum von Schamhaar im Achsel- und Leistenbereich sowie die Stimulation von Haarwachstum auf Armen und Beinen. Die Stimmbänder verlängern sich, sodass die Stimme tiefer wird, und Penis und Hoden werden größer. Männer haben breitere Schultern und schmalere Hüften als Frauen. Diese Kennzeichen des männlichen Geschlechts entwickeln sich über mehrere Jahre während der Pubertät.

Von Aufwachsen bis Altwerden Das Erwachsenendasein beginnt mit Anfang 20 und dauert bis zum Tod. Erwachsene sind vollkommen ausgewachsen und (normalerweise) in der Lage, sich zu reproduzieren. Nachdem das Körperwachstum abgeschlossen ist, sinkt der Energiebedarf, und meist gilt dies auch für die allgemeine Aktivität. Daher müssen Erwachsene ihre Energieaufnahme entsprechend anpassen und/oder sich stärker körperlich betätigen, wenn sie nicht an Gewicht zulegen wollen. Wenn über eine gewisse Zeitspanne zu viele Kalorien konsumiert werden und die körperliche Aktivität dabei zu wünschen übrig lässt, beeinflussen die Extrapfunde bald die Körpersysteme. Tabelle 15.1 bietet einen Überblick über Veränderungen, die mit dem Alter auftauchen.

Ich weiß, die Liste der Veränderungen, die einen im Alter erwarten können, ist ziemlich lang. Eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Betätigung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr können jedoch viele der genannten Veränderungen mildern oder sie sogar ganz verhindern. Die meisten der Probleme, die im mittleren Alter und darüber hinaus auftreten, haben ihren Ursprung in einem schlechten Lebensstil, der meist schon in jungen Jahren gewählt wurde. Rauchen, zu viel Essen, Bewegungsmangel und zu wenig Entspannungsphasen im hektischen Arbeitsalltag tragen zu ernsthaften Gesundheitsproblemen im Alter bei: Herzkrankheiten, Krebs und Diabetes sind nur einige Beispiele. Die Entwicklung eines Menschen ist ein aufregender Prozess. Das Leben ist wahrlich ein Geschenk und voller Wunder. Deshalb seien Sie dankbar für dieses Geschenk und achten Sie auf sich, damit Ihr Körper lange gesund bleibt und Sie alle Möglichkeiten ausschöpfen können, die er Ihnen bietet. Wenn Sie jetzt weiter zu Kapitel 16 blättern, stelle ich Ihnen zehn Wege vor, Ihren Körper gesund zu erhalten. Körpersystem

Veränderung

Komplikationen

Kreislaufsystem (siehe Kapitel 9)

Herz vergrößert sich Fettablagerungen in und um den Herzmuskel Herzgefäße verengen und versteifen sich Herzfrequenz in Ruhe nimmt ab Maximale Herzfrequenz verringert sich Pumpkapazität nimmt ab Arterienwände verkalken und verlieren an Elastizität

Thrombosen und Herzattacken Krampfaderbildung

Körpersystem

Veränderung

Komplikationen

Verdauungssystem (siehe Kapitel 11)

Zahnverlust Verlangsamte Peristaltik Divertikulose Leber braucht länger zum Alkoholund Drogenabbau

Hernie (Leistenbruch), Sodbrennen, Magengeschwüre, Obstipation (Verstopfung), Hämorrhoiden und Gallensteine Dickdarmkrebs, Pankreaskrebs

Endokrines System (siehe Kapitel 8)

Drüsen schrumpfen

Schilddrüsenfehlfunktionen und Diabetes

Immunsystem (siehe Kapitel 13)

Thymusdrüse schrumpft Anzahl und Reaktionsfähigkeit der T-Lymphozyten nimmt ab

Krebs Häufigere Infektionen Autoimmunkrankheiten, z. B. Arthritis

Haut und Hautanhangsorgane (siehe Kapitel 6)

Epidermale Zellen werden seltener ersetzt Fasern der Dermis verdicken sich und werden unelastischer, da sie mehr Kollagen enthalten Adipöses Gewebe in Gesicht und Händen wird abgebaut Weniger Blutgefäße und Schweißdrüsen Melanozyten werden weniger Zahl der Haarfollikel nimmt ab

Hautfalten und Spannungsverlust Erhöhte Kälteempfindlichkeit Schlechte Hitzeverträglichkeit Graue Haare, bleiche Haut Dünnes Haar

Muskulatur (siehe Kapitel 5)

Muskelmasse und Körperkraft verringern sich Muskeln werden vermehrt abgebaut und durch Fett oder anderes Bindegewebe ersetzt Weniger Mitochondrien in den Muskelzellen Veränderungen im kardiovaskulären und/oder Nervensystem

Geringere Ausdauer durch geringere Mitochondrienzahl Kardiovaskuläre und/oder nervöse Funktionsstörungen

Körpersystem

Veränderung

Komplikationen

Nervensystem (siehe Kapitel 7)

Hirnzellen sterben ab und werden nicht ersetzt Cerebraler Cortex des Gehirns schrumpft Neurotransmitterproduktion wird gedrosselt

Lernen, Gedächtnis und Reaktionsfähigkeit verschlechtern sich Verlangsamte Reflexe Alzheimer

Reproduktionssystem Frauen: Menopause zwischen 45 und 55 mit Einstellung der Ovar(siehe Kapitel 14) und Gebärmutterzyklen, sodass keine Eizellen mehr freigesetzt und Hormone wie Östrogen und Progesteron nicht mehr gebildet werden Männer: ab 50 möglicher Testosteronmangel mit vergrößerter Prostata und verringerter Spermienproduktion

Hautfalten, Osteoporose, Herzattacken Vaskuläre (oder andere) Probleme mit resultierender Impotenz

Atmungssystem (siehe Kapitel 10)

Verringerte Atemkapazität Erschwerter Gasaustausch und niedriges Lungenvolumen infolge von verengten Kapillaren und Elastizitätsverlust der Brustkorbmuskulatur

Infektionen wie Lungenentzündung

Skelett (siehe Kapitel 4)

Knorpelgewebe verknöchert und Osteoporose wird hart und brüchig Längere Heilungsphase Knochenabbau erfolgt schneller als bei Knochenbrüchen Knochenaufbau

Harnapparat (siehe Kapitel 12)

Größe und Funktionsfähigkeit der Nieren verringern sich Schrumpfende Blasenkapazität Vergrößerte Prostata bei Männern

Nierensteine Inkontinenz Häufigerer Harndrang Häufigere Infektionen des Harntrakts

Tabelle 15.1: Körperliche Veränderungen im Alter und damit verbundene Gesundheitsrisiken

Teil V

Der Top-Ten-Teil

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IN DIESEM TEIL … erwartet Sie eine informative Liste wichtiger Dinge, die Sie im Zusammenhang mit der Gesundheit Ihres Körpers wissen sollten. zeigen wir Ihnen zehn einfache Wege, Ihren Körper lange gesund zu erhalten – betrachten Sie sie als eine Art Checkliste! finden Sie schließlich noch zehn Internetadressen, unter denen Sie weiterführende Informationen, 3D-Bilder oder Quizfragen zu den Themen dieses Buches finden können. Ich hoffe, Sie haben viel Spaß beim Stöbern!

Kapitel 16

Zehn Wege, Ihren Körper gesund zu erhalten IN DIESEM KAPITEL In diesem Kapitel Wissen, was der Körper braucht Mögliche Probleme kennen

Für Sie ist es wahrscheinlich normal, den Ölstand Ihres Autos alle 5.000 km zu kontrollieren und regelmäßig Keilriemen, Kühlflüssigkeit oder Luftfilter zu ersetzen. Sie stellen den Motor gut ein, um sicherzugehen, dass er Sie auf Ihren Wegen durch die Stadt nicht plötzlich im Stich lässt. Aber wie steht es mit der anderen Maschine – Ihrem Körper? Schließlich kann Ihr Körper mit sorgfältiger Pflege und »Wartung« leicht die Lebensdauer eines Autos überbieten. Im Folgenden finden Sie eine Checkliste zu zehn Dingen, die Sie nutzen können, um Ihren Körper möglichst lange tipptopp in Form zu halten. Die einzelnen Punkte der Liste sind in keiner bestimmten Reihenfolge gegeben – jeder Tipp ist wichtig!

Trinken Sie Wasser! Es ist extrem wichtig, täglich genügend Flüssigkeit aufzunehmen, und die beste Variante ist klares, stilles Mineralwasser. Kaffee, Cola und Tee enthalten Koffein, das wasserentziehend (diuretisch) wirkt. Obwohl diese Getränke auch flüssig sind, tragen sie jedoch nur wenig dazu bei, Ihren Wasserbedarf zu decken (über alles andere – Bier, Wein oder Hochprozentiges reden wir an dieser Stelle erst gar nicht!). Wenn Sie

Durst haben, teilt Ihr Körper Ihnen mit diesem Gefühl mit, dass er mehr Wasser braucht, um die Gewebe feucht und das Blut fließfähig sowie den Stoffwechsel aufrechterhalten zu können. Ein koffeinhaltiges Getränk würde Ihnen da einen Strich durch die Rechnung machen. Aber ich kann schon verstehen, dass es ziemlich langweilig sein kann, immer nur Wasser zu trinken. Der Zusatz von etwas Limonensaft oder die Wahl eines koffeinfreien Getränks sind jedoch gute Alternativen. Sogar Suppe oder saftiges Obst führen Ihrem Körper Flüssigkeit zu. Ein Kühler ohne genügend Wasser lässt den Motor schnell überhitzen, stimmt's? Dasselbe kann Ihrem Körper passieren. Schweiß besteht zum größten Teil aus Wasser, und Ihr Körper sondert Schweiß ab, wenn er sich abkühlen möchte. Wenn Sie dehydriert sind (also zu wenig Flüssigkeit aufgenommen haben), ist es für Ihren Körper schwierig, eine normale Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Wasser spielt auch für den Blutdruck eine Rolle. Je größer das Blutvolumen (also je mehr Flüssigkeit durch Ihre Adern fließt), desto höher ist der Blutdruck. Blutvolumen und Blutdruck gehen also Hand in Hand. Wenn Sie dehydriert sind, nimmt Ihr Blutvolumen ab und damit auch Ihr Blutdruck. Diese Abnahme scheint auf den ersten Blick etwas Gutes zu sein, aber es passiert dabei noch mehr. Wenn Ihr Blutdruck sinkt, müssen sich Ihre Arterien nicht mehr so weit öffnen, um eine große Blutmenge passieren zu lassen. Daher verengen sie sich, was wieder zu einem Blutdruckanstieg führt, der jedoch häufig Kopfschmerzen verursacht. Wenn der Blutdruck in den Arterien niedrig ist, ist er in den Venen noch niedriger – deshalb verbleiben Abfallstoffe länger im Körper, da das venöse Blut länger braucht, um zum Herzen zurücktransportiert zu werden. Dehydration beeinflusst Ihren Körper auch bei der Abfallbeseitigung negativ: Ihr Urin ist dann höher konzentriert, das heißt, die Menge ist reduziert und die Farbe dunkelgelb, da mehr Abfallstoffe in der Flüssigkeit gelöst sind. Außerdem ist Ihr Kot härter (Verstopfung), was die Bildung von Hämorrhoiden begünstigt. Anstatt dass Ihr Körper seine Flüssigkeit über Urin und Kot abgibt, bewahrt er sie im dehydrierten Zustand besser im Innern, um die

lebensnotwendigen Stoffwechselprozesse nicht zusammenbrechen zu lassen. Helfen Sie Ihrem Körper dabei, seine innere Balance zu bewahren – trinken Sie genug Wasser! Wie viel? Optimal sind zwei Liter täglich bei moderater Aktivität; wenn Sie Sport treiben, brauchen Sie natürlich mehr Wasser. Schützen Sie Ihren Körper. Tragen Sie möglichst immer eine Wasserflasche bei sich und trinken Sie auf Ihre eigene Gesundheit.

Iss dein Obst (und Gemüse), Schatz! Obst und Gemüse. Gemüse und Obst. Es wird empfohlen, so viel wie möglich davon zu essen – drei, fünf oder sogar neun Portionen pro Tag, wenn Sie wollen. Früchte und Gemüse sind einfach nur gut für Sie, und die meisten Menschen essen davon zu wenig und haben deshalb einen Mangel an den vielen wertvollen Vitaminen, Mineralien und Ballaststoffen, die in Obst und Gemüse enthalten sind. Stattdessen beobachtet man den Trend, dass viele Menschen Multivitamin- und Mineralstoffpräparate nehmen oder Ballaststoffpulver in ihren Orangensaft einrühren. Würden sie stattdessen eine ganze Orange essen, erhielten sie zur selben Zeit Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe. Ist das nicht viel einfacher und zugleich leckerer? Obst und Gemüse enthalten natürliche Vitamine und Mineralien, und in den meisten Fällen kann der Körper diese Stoffe besser absorbieren, wenn sie in fester Form und nicht aus der Flasche kommen. Warum sind Vitamine und Mineralstoffe eigentlich so wichtig? Mineralien sind anorganische Elemente – das Salz der Erde sozusagen. Mineralien bilden Moleküle, die Ihr Körper für seinen Stoffwechsel benötigt. Vitamine sind ebenfalls essenziell für einen gut funktionierenden Metabolismus. Ihr Körper ist nicht in der Lage, viele Vitamine selbst zu bilden (darunter das wichtige Vitamin C), und muss sie daher seiner Nahrung entziehen. Warum also nicht einfach Nahrungsmittel essen, die bereits viele Vitamine enthalten, anstatt nährstoffarme Produkte zu sich zu nehmen und den Bedarf dann mit künstlichen Präparaten vervollständigen zu wollen? Ein weiteres Plus von Obst und Gemüse: Sie sind gleichzeitig arm an Kalorien und Fett!

Die Ballaststoffe in Obst und Gemüse unterstützen den reibungslosen Ablauf Ihrer Verdauung. Ballaststoffe dienen als eine Art persönlicher Trainer für Ihre Verdauungsorgane; sie halten die Muskulatur der Darmwände stark und wirken durch ihren hohen Rohfasergehalt reinigend. Wenn Abfallstoffe zu lange im Verdauungstrakt verbleiben, können sie Zellen beschädigen. Solche Zellen können dann irgendwann kanzerös entarten. Es ist also hilfreich, jeden Tag genügend Ballaststoffe zu essen, um Krebs in den Verdauungsorganen vorzubeugen. Die faserigen Ballaststoffe wirken auch füllend, sodass Sie deutlich weniger Nahrung benötigen, um sich satt zu fühlen. Ballaststoffe kontrollieren also auch Ihren Appetit: Je länger Sie sich zwischen den Mahlzeiten gesättigt fühlen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie zu (nährstoffarmen und dick machenden) Snacks greifen. Im Zweifelsfall gibt Ihnen die Ernährungspyramide einen guten Anhaltspunkt, welche Prioritäten Sie bei der Wahl Ihrer Nahrungsmittel haben sollten. Ein weiterer Vorteil neben dem guten Geschmack sind die vielen leuchtenden Farben, die Ihnen Obst und Gemüse bieten (und das Auge isst ja bekanntermaßen mit). Welche Argumente brauchen Sie also noch, um Obst und Gemüse gegenüber Fast Food in Zukunft den Vorrang zu geben?

Abbildung 16.1: Für Ihre Gesundheit – die Ernährungspyramide

Treiben Sie regelmäßig Sport (nicht nur sporadisch)! Gehören Sie auch zu den Menschen, die sich jedes Silvester schwören, im neuen Jahr mit regelmäßigem Sport zu beginnen, um gesünder und

aktiver zu werden? Meist wird der gute Vorsatz auch eine Weile eingehalten, doch nur so lange, bis die Sache ihren Reiz verliert und man sich bald doch wieder Aktivitäten zuwendet, die bequemer sind und mehr Spaß machen. Viele Menschen verbannen Sport aber auch nach ganz hinten auf ihrer Prioritätenliste, da sie beruflich überfordert sind und zu wenig Zeit haben. Dabei ist Sport doch so wichtig für Ihr Wohlbefinden, genauso wie die tägliche Dusche – und die integrieren Sie ja schließlich auch ganz selbstverständlich in Ihren Tagesablauf, oder? Vielleicht haben Sie Ihre sportlichen Ambitionen aber auch auf folgendem Wege verloren: Sie treiben Sport oder verausgaben sich im Fitnessstudio und verletzen sich dabei ein bisschen. Sie bleiben deshalb eine Weile zu Hause, und das ist auch richtig so. Das Problem ergibt sich erst, wenn Sie sich nicht mehr dazu durchringen können, wieder in den Sport zurückzukehren. Es ist natürlich klar, dass eine Couch bequemer als der Sattel eines Fahrrads ist. Nach einer Weile beginnen Sie allerdings, sich ein bisschen träge, außer Form und müde zu fühlen, sodass Sie sich dazu aufraffen, einen Spaziergang an der frischen Luft zu unternehmen. Das fühlt sich schon viel besser an, und Sie gehen am nächsten Tag voller Tatendrang zurück ins Sportstudio, um einen neuen Versuch zu starten, wieder in Form zu kommen. Ein paar Wochen später, in denen Sie wieder Ihr volles Sportprogramm absolviert haben, verletzen Sie sich plötzlich wieder – und damit schließt sich der Kreis. Durchbrechen Sie diesen Kreis! Beginnen Sie nach einer längeren Sportpause langsam und übertreiben Sie es nicht. Ihr Körper kann nicht von null auf 100 durchstarten. Er braucht eine Trainingszeit, in der er sich langsam steigern kann. Es ist durchaus nicht verwunderlich, dass man sich schnell verletzt, wenn man seinen untrainierten Körper mit exzessiven Übungen überfordert. Sie können stattdessen damit nach jedem Aufwachen am Morgen anfangen. Stehen Sie auf, gehen Sie ins Badezimmer, putzen Sie Ihre Zähne, trinken Sie ein Glas Wasser und beginnen Sie dann mit leichtem Frühsport. Dann nehmen Sie in aller Ruhe eine Dusche. Studien haben gezeigt, dass Frühsportler länger als andere ihren täglichen Übungen treu bleiben. Was Sie tun müssen, ist,

aus Sport eine Gewohnheit zu machen. (Wir alle haben Gewohnheiten, warum nicht also eine besonders gute haben?) Sport steigert Ihre Herzfrequenz, sodass Ihr Blut schneller durch die Adern zirkuliert. Je schneller der Blutfluss, desto leichter werden Sie Abfallstoffe wie Kohlendioxid los; aus diesem Grund müssen Sie auch schneller atmen, um das Abfallgas auszuatmen. Gleichzeitig nehmen Sie dadurch auch mehr Sauerstoff auf, und das kurbelt Ihren Stoffwechsel an. Diese Ereigniskette ist der Grund, warum bei einer aeroben körperlichen Betätigung (also bei der Sauerstoff zur Energiegewinnung benutzt wird) Kohlenhydrate und Fett verbrannt werden. Indem Sie einen Überschuss an Fett und Kohlenhydraten auf diesem Wege aus Ihrem Körper entfernen, tragen Sie aktiv dazu bei, die negativen Effekte von Diabetes und Herzkrankheiten zu minimieren. Ihre Arterien weiten sich und Ihr Herz pumpt schneller, wenn Sie Sport treiben. Dadurch stärken Sie die Muskulatur Ihres kardiovaskulären Systems und erschweren die Bildung von Ablagerungen in den Gefäßen. Sport baut Muskulatur und Knochensubstanz auf, sodass dadurch das Risiko gesenkt wird, später unter dem altersbedingten Verlust dieser Gewebe zu stark zu leiden. Gleichzeitig steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Sie im Alter generell beweglicher sein werden als Ihre unsportlichen Mitmenschen. Das Sprichwort »Wer rastet, der rostet« ist unbestritten wahr.

Vergessen Sie nicht Ihre Sonnencreme! Wenn Sie Breitspektrum-Sonnencremes benutzen, können Sie damit am besten sonnenbedingten Zellschädigungen (inklusive Krebs) Ihrer Haut vorbeugen. Diese Sonnencremes bieten einen Schutz gegenüber schädlicher ultravioletter Strahlung (UV). Dazu gehören UV-AStrahlung, die für frühzeitige Hautalterung und Faltenbildung verantwortlich gemacht wird, und UV-B-Strahlung, die tiefer in die Haut dringen und dort Krebs verursachen kann. Der effektivste Weg, Hautschäden vorzubeugen, bestünde in der kompletten Meidung von

Sonnenlicht; allerdings darf man nicht vergessen, dass Sie die Sonne für einige essenzielle Dinge dringend brauchen. Mit Sonnenlicht sind Sie erst in der Lage, Vitamin D in der Haut herzustellen, das eine wichtige Rolle für den Knochenstoffwechsel und das Kalzium-PhosphorGleichgewicht spielt. Sonnenlicht ist auch wichtig für Menschen, die unter saisonal bedingten Depressionen (Winterdepression) leiden. Sonnenlicht wird erst dann schädlich, wenn man zu viel davon genießt. Eine »gesunde Bräune« gibt es nämlich nicht. Gebräunte Haut ist immer ein Indiz für einen Zellschaden, egal ob sie von der Sonne oder im Sonnenstudio erworben wurde. Ich rate Ihnen, Sonnencreme das ganze Jahr über zu benutzen, nicht nur im Sommer und nicht nur, wenn Sie an den Strand gehen, im Freien Sport treiben oder sich auf andere Art aktiv bräunen lassen wollen. Sie sind der Sonnenstrahlung immer ausgesetzt, selbst wenn Sie Auto fahren oder im Zimmer nahe bei einem Fenster sitzen. Nehmen Sie eine Flasche Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor und reiben Sie sich damit mehrmals täglich ein, wenn Sie nach draußen gehen.

Nehmen Sie nicht nur »eine Mütze voll« Schlaf! Sehr viele Menschen beklagen, dass sie gern mehr schlafen würden. Schlaf ist jedoch nichts, was man schwer bekommen kann; häufig sind an kurzen Nächten lediglich lange Fernsehabende und überfüllte Terminplaner schuld. Woher Sie wissen, wie viel Schlaf am besten für Sie ist? Probieren Sie es aus! Lassen Sie den Fernseher für einen Abend ausgeschaltet – ich weiß, Sie können das und Sie werden es vermutlich sogar genießen – und gehen Sie zu Bett, sobald Sie die erste Müdigkeit aufkommen spüren. Und lassen Sie bitte den Wecker aus! Schlafen Sie einfach, bis Sie von selbst wieder wach werden. Versuchen Sie, sich zu merken, wann Sie in etwa eingeschlafen sind. Es gilt die Regel, dass ein erwachsener Mensch zwischen sieben und neun Stunden täglichen Schlaf braucht. Wenn Sie einen echten Schlafmangel haben, werden Sie natürlich deutlich länger schlafen als normal. Aber wenn Sie dieses

Schlafverhalten einige Weile lang praktizieren, wird sich höchstwahrscheinlich ein bestimmter Schlaf-Wach-Rhythmus einstellen. Die Anzahl der Stunden, die dann zwischen Einschlafen und Aufwachen liegen, entspricht Ihrem persönlichen optimalen Schlafbedürfnis. Der Körper braucht Schlaf, um sich selbst zu heilen. Zellreparaturen und -wachstum finden vermehrt nachts statt, wenn Sie schlafen. Wenn Sie wach sind, läuft der Stoffwechsel Ihrer Zellen auf Hochtouren, damit Ihnen ausreichend Energie zur Bewältigung des Tages zur Verfügung steht. Aber Ihr Körper braucht eine Pause, um sich zu rekalibrieren. Ihr Körper lädt sich quasi »im Schlaf« wieder auf (allerdings liegen die wahren Gründe für unser Schlafbedürfnis noch immer im Dunkeln). Schlaf erlaubt Ihrem Körper, sich auf Reparaturen zu konzentrieren, und Sie können sich dabei erholen. Ohne genügend Schlaf wird der Mensch müde und auf Dauer krank, und ganz ohne Schlaf kann kein Mensch lange überleben. Schlaf ist sehr wichtig für Ihre Gesundheit, und Sie können sich Ihren Schlaf sichern, indem Sie nicht jeden Abend bis kurz vorm Hinlegen mit Aktivitäten ausfüllen oder vorm Fernseher kleben, bis Ihnen die Augen zufallen.

Entspannen Sie sich doch mal! Wenn Sie das Gefühl haben, zu wenig schlafen zu können (siehe Abschnitt »Nehmen Sie nicht nur eine Mütze voll Schlaf!« in diesem Kapitel), liegt das eventuell auch daran, dass Sie sich tagsüber zu selten entspannen. Ich persönlich muss mich diesbezüglich schuldig bekennen. Wenn ich einfach nur dasaß und mich entspannen wollte, habe ich mich oft bei dem Gefühl ertappt, faul zu sein oder Zeit zu verschwenden. Aber je älter ich wurde, desto mehr wurde mir klar, dass ich meine Energie verschwendete, wenn ich nicht zwischendurch einfach mal entspannte. Wenn ich mir keine Auszeit gönne, werde ich so gestresst, dass ich zu viele Dinge auf einmal anfange, aber am Ende feststellen muss, dass ich fast nichts erreicht habe. Wenn ich mir dagegen eine Entspannungspause nehme (und sei es nur für zehn Minuten mit geschlossenen Augen in einem stillen Zimmer zu sitzen), tanke ich wieder so viel Energie, dass meine Arbeit effektiv bleibt. Es ist nichts Schlimmes, zwischendurch

mal innezuhalten, und ein bisschen Zeit für sich selbst muss ja nicht gleich zwei oder drei Stunden in Anspruch nehmen. Ich habe herausgefunden, dass schon die bloße aktive Entspannung meiner Muskeln für kurze Zeit so angenehm ist, dass zusammen mit der Körperspannung auch der Stress dahinzuschmelzen scheint. Ich bin dann auch gegen Abend weniger »aufgedreht« und kann leichter einschlafen, ich bin geduldiger mit meinen Kindern, netter zu meinem Ehemann, und meine Rückenmuskeln danken es mir, indem sie nicht verkrampfen (was sie oft tun, wenn ich unter Stress stehe). Entspannung senkt auch den Blutdruck, was extrem nützlich ist, wenn Sie überspannt sind. Nicht nur die Skelettmuskeln entspannen dabei, sondern auch die glatte Muskulatur der Gefäße und Verdauungsorgane, was wiederum das Risiko verschiedener Gesundheitsprobleme minimiert (zum Beispiel Hypertonie, Diarrhö und Schlaganfall). Aber jeder Mensch hat da seine eigenen Methoden. Finden Sie heraus, welcher Weg am besten zu Ihnen passt! Musik hören, ein Buch lesen, Yoga, Spaziergänge, Kuscheln mit dem Haustier (oder dem Ehegatten, ja, auch Sex kann sehr entspannend sein!) – fahren Sie einfach mal einen Gang herunter und versuchen Sie, auch die kleinen Dinge im Leben zu genießen.

Greifen Sie ins volle Korn! Das Risiko für Herzkrankheiten kann gesenkt werden, indem man regelmäßig Haferflocken zu sich nimmt, denn diese senken nachweislich den Cholesteringehalt im Blut. Diese Tatsache alleine sollte Sie dazu ermuntern, jeden Morgen Haferflocken (hmm, lecker: Müsli!) zu essen. Aber auch ganze Getreidekörner sind exzellente Quellen für Ballaststoffe, Vitamin-B-Komplex (der den Körper bei der Energiegewinnung aus der Nahrung unterstützt), Vitamin E (das Zellen vor Oxidation schützt) und Mineralstoffe. Vollkornprodukte sind einfach nur gut für Sie. Haferflocken und Co. sättigen rasch und drosseln somit Ihren Appetit, was besonders angenehm ist, wenn Sie Kalorien zählen müssen.

Händewaschen nicht vergessen! Händewaschen sollte eigentlich von klein auf zur Gewohnheit werden. Saubere Hände sind der beste Weg, um der Verbreitung von Keimen entgegenzuwirken – den kleinen Biestern, die Sie krank machen können. Sie können leicht Bakterien und Viren aufnehmen, wenn Sie mit ungewaschenen Händen an den Nägeln kauen, sich das Auge reiben, in der Nase bohren oder am Ohr kratzen. All diese kleinen schlechten Angewohnheiten ermöglichen es Keimen, über Schleimhäute und Öffnungen direkt in Ihren Körper einzudringen. Über schmutzige Hände können Keime an andere Personen weitergegeben oder auf Dingen hinterlassen werden, die bald von anderen Menschen berührt werden. Bewahren Sie andere vorm Krankwerden, indem Sie regelmäßig Ihre Hände waschen. Das ist nicht nur höflich und hygienisch, sondern hilft auch, Ihre Gesundheit und die Ihrer Mitmenschen zu bewahren. Nutzen Sie viel warmes Wasser und etwas Seife zum Händewaschen. Wenn es effektiv sein soll, müssen Sie sie 20 bis 30 Sekunden schrubben – gerade so lange, wie es dauert, um »Happy Birthday« vor sich hin zu summen. Achten Sie besonders sorgfältig auf Ihre Hygiene in öffentlichen Toiletten, und versuchen Sie, möglichst wenige Oberflächen an einem solchen Ort zu berühren. Leider waschen sich viele Menschen nicht (oder nicht gründlich genug) die Hände, nachdem sie die Toilette benutzt haben, und besonders die Türklinken können mit einem echten mikroskopischen »Dschungel« überwuchert sein. Um zu verhindern, dass Sie mehr Keime mitnehmen, als Sie abwaschen können, benutzen Sie ein Papierhandtuch, wenn Sie den Wasserhahn auf- und zudrehen oder die Klinke betätigen. Über die Toilettenbrille reden wir an dieser Stelle lieber erst gar nicht … wenn keine Desinfektionseinrichtung vorhanden ist, sollten Sie die definitiv meiden! Falls einmal kein Wasser zur Verfügung stehen sollte, können Sie natürlich auch bestimmte antimikrobiell wirksame Hygienetücher, Gele oder Flüssigkeiten benutzen, um sich die Hände zu desinfizieren. Gerade in den Zeiten der COVID-19-Pandemie sind Desinfektionsmittel leider unverzichtbar! Ansonsten reicht die gute, alte Seife völlig aus.

Tasten Sie sich ab! Sowohl Männer als auch Frauen sollten sich monatlich selbst untersuchen, um Knoten oder andere Veränderungen in den Geweben von Brust bzw. Hoden frühzeitig zu bemerken. Die Hoden sind im Skrotum frei verschiebbar, sodass es recht einfach ist, dort Verhärtungen festzustellen. Obwohl Hodenkrebs weitaus seltener auftritt als Brustkrebs, sollte Sie dies jedoch nicht davon abhalten, sich selbst abzutasten. Je vertrauter Sie mit Ihrem Körper sind, desto leichter können Sie Veränderungen einschätzen. Der beste Zeitpunkt für eine Brustabtastung liegt eine Woche nach Ende der Menstruation, zudem ist es hilfreich, wenn die Frau dabei unter der Dusche steht. Das Wasser macht die Finger empfindsamer und lässt sie leichter über die Haut gleiten. Aber auch im Liegen kann eine Brustuntersuchung durchgeführt werden. Viele Frauen ertasten fibrozystische Veränderungen, die sich geschwollen und weich anfühlen. Generell sind diese fibrozystischen Veränderungen flüssigkeitsgefüllt und lassen sich zwischen den Fingern leicht hin- und herschieben, wogegen Tumore härter und weniger mobil sind. Um sicherzugehen, um welche Art Veränderung es sich handelt, sollten Sie immer einen Arzt zurate ziehen. Frauen ab 35 sollten sich zudem einer jährlichen Mammografie unterziehen.

Lassen Sie sich regelmäßig durchchecken! Sie und Ihr Arzt bilden ein Team, und Sie beide sollten versuchen, Ihren Körper bei optimaler Gesundheit zu erhalten. Es ist um so vieles leichter (und kosteneffektiver), Krankheit vorzubeugen, als sie zu diagnostizieren und zu behandeln. Sollten Sie jedoch krank sein, verzweifeln Sie nicht! Mit geeigneter Medikation und dem ernsthaften Bestreben, sich Wohlbefinden zu verschaffen (also indem Sie die Weisungen des Arztes und die Tipps in dieser Liste befolgen), können viele Krankheiten schnell überwunden werden. Führen Sie Buch über

Arztbesuche, Testergebnisse, Impfungen, verordnete Medikamente sowie Anweisungen und Ratschläge, die der Arzt Ihnen im Krankheitsfall gibt. Auf diese Art und Weise können Sie und Ihr Arzt sich einen Überblick über bereits bewältigte Krankheiten machen und eventuelle Muster erkennen; so können Sie sich einen »Spielplan« erstellen, um am effektivsten durch offensive und defensive Schachzüge auf Krankheiten reagieren und sie bewältigen zu können.

Kapitel 17

Zehn nützliche Internetadressen zur Anatomie und Physiologie IN DIESEM KAPITEL Nützliche Informationen im Internet Quiz, Bilder und Nahaufnahmen des Körpers

Wenn Sie an Biologie interessiert sind und der menschliche Körper Sie fasziniert, werfen Sie doch einen Blick auf die folgenden zehn Webseiten, die ich im Internet für Sie gefunden habe. Unter den Tausenden von Seiten, mit denen Sie Ihre Anatomiekenntnisse ausbauen oder überprüfen können, ist das nur eine kleine Auswahl der Angebote, die auch für interessierte Laien gut verständlich sind und viele interessante Inhalte bieten. Ich hoffe, diese Adressen werden Sie auf die richtige Anatomie-»Fährte« bringen. Leider sind nicht alle Angebote kostenfrei, und leider ändern sich die Zugangsdaten mitunter. Da bleibt nur eines – suchen Sie selbst! Die Auswahl ist wirklich riesig.

Medizinische Fakultät Bern http://e-learning.studmed.unibe.ch

Die Universität Bern bietet unter dieser Adresse fundiertes Anschauungsmaterial, das in sogenannte »Lernmodule« untergliedert ist. Das ursprünglich für die Studenten der Uni gedachte Programm ist inzwischen der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden. Die zahlreichen, kolorierten Abbildungen zur Anatomie helfen, wichtige

Strukturen des Körpers zu lokalisieren. Für medizinisch Interessierte bietet diese Seite zudem noch mehr Informationen zu Themen wie Untersuchungstechniken, Wundversorgung, Innere Medizin oder Augenheilkunde. Die Lernmodule arbeiten weniger mit ermüdenden Texten als vielmehr mit Abbildungen, Schemata, Videos und Tonsequenzen (wie hört sich der Herzschlag an?).

Interaktive 3D-Darstellung des menschlichen Körpers https://www.voxel-man.de/galerie/visible-human/

Diese Webseite bietet mit der Veröffentlichung Hunderter Abbildungen aus dem »Visible Human Project« (VHP) der amerikanischen National Library of Medicine (»Der gläserne Mensch«) eine Wissensquelle ungeahnten Ausmaßes, die für jedermann im Internet zugänglich ist. Im Rahmen des Projektes wurde der Körper eines Spenders in tausend feine Schichten zerschnitten und fotografiert. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind exakte Schnittbilder, die zudem ausführlich beschriftet und verständlich erläutert wurden. Die brillanten Aufnahmen von winzigen Zellstrukturen, Zellen und Geweben werden Sie sicher faszinieren.

Groscurth-Anatomie anatom-server9.uzh.ch/anatomie/Anatomie.html

Auf diesem Server finden Sie die E-Learning-Angebote des Anatomischen Instituts, Universität Zürich, die öffentlich zugänglich sind. Eine umfangreiche Sammlung von Onlinelernmaterialien zur funktionellen Anatomie des Bewegungsapparates, der topografischen Anatomie und der Histologie.

Tutorial Anatomie vom Team des New Media Centers der Universität Basel https://tutorial.anatomie.unibas.ch/

Das Tutorial Anatomie ist eine webbasierte Lernhilfe zur Prüfungsvorbereitung für Medizinstudierende und Lernende in verwandten Gebieten. Hier finden Sie vor allem zahlreiche Präparate, die das Anatomiestudium sinnvoll ergänzen und Ihnen dabei helfen, den Bewegungsapparat mit all seinen Strukturen besser zu verstehen. Also, nichts wie hin!

Lernplattform Thieme via medici https://www.thieme.de/viamedici/zusammenfassungen-skriptelernen-24242.htm

Anhand von Skripten und Zusammenfassungen aus zahlreichen medizinischen Vorlesungen können Sie hier Ihr medizinisches Wissen vertiefen. Diese Lernplattform ist allerdings kostenpflichtig.

Anatomie-Arbeitsblätter https://www.kenhub.com/de/library/lernstrategien/kostenloseanatomie-quiz-ubungen-schneller-anatomie-lernen

Hier finden Sie Arbeitsblätter und Quizfragen rund um das Thema Anatomie, um Ihr Wissen aufzufrischen und zu testen.

Humanembryologie http://www.embryology.ch/indexde.html

Diese sehr schöne, dreisprachige (Englisch, Deutsch, Französisch) Internetseite bietet Ihnen jede Menge Informationen zur Embryo- und Organogenese in der menschlichen Entwicklung. Aufeinander aufbauende Lernmodule mit wunderschön detaillierten Abbildungen, kleinen Animationen und ausführlichen Texten bringen Ihnen die einzelnen Schritte der Entfaltung des Lebens vom Gametozyten bis hin zum Fötus näher. Am Ende einer jeden Lerneinheit (oder auch zwischendurch) können Sie zudem Ihr erworbenes Wissen in Quizform überprüfen. Diese Seite beweist, wie ästhetisch Menschwerdung sein kann!

Das Roche Lexikon Medizin https://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon

Jedem begegnen einmal bestimmte medizinische Begriffe, die schwierig einzuordnen sind. Mithilfe des »Roche Lexikon Medizin« im Internet können Sie einen Suchbegriff eingeben und erhalten klare, sachliche Definitionen, oft kombiniert mit Querverweisen auf ähnliche Themen/Begriffe sowie erläuternde Abbildungen, beispielsweise zur Lage eines bestimmten Muskels im Körper. Um sich in der doch recht umfangreichen Welt der Anatomie und Physiologie zurechtzufinden, ist diese Seite ein wertvolles Hilfsmittel.

Medi Design: Anatomie http://anatomie-online.com/index.html

Unter dieser Adresse finden Sie ein ausführliches Kompendium anatomischer und physiologischer Grundlagen mit sehr anschaulichen, detailreichen Abbildungen, die viel Freude beim Anschauen machen. Neben morphologisch-funktionellen Grundlagen, Histologie und Oberflächenanatomie werden die einzelnen Körperabschnitte nach Form und Funktion erläutert. Als Leckerbissen gibt es einige Animationen, die Ihnen zum Beispiel die Herzbewegung oder den Gasaustausch in den Lungen auf unterhaltsame Weise näher bringen sollen. Die Seite wird

ständig erweitert, daher werden Sie immer wieder neue Abbildungen und Textpassagen finden können, die das oft recht graue Studium der Anatomie versüßen.

Innerbody – Human Anatomy Online www.innerbody.com

Innerbody.com betreibt eine Homepage, die zehn Körpersysteme in Bildern vorstellt. Wenn Sie auf die Fotos klicken, öffnet sich eine Detailansicht, die mit roten und grünen Pfeilen versehen ist. Sie können raten, was unter den farbigen Symbolen versteckt ist, und Ihr Wissen dann überprüfen, indem Sie mit der Maus auf die Markierungen fahren. Die Seite bietet Animationen, Bilder und Beschreibungen von nahezu jeder Struktur und jedem System des Körpers – besonders geeignet für Englischbegeisterte!

Stichwortverzeichnis A A-Bande 119 Abduktion 108 Abortinduktion 357 Abszess 272 Abtreibung 357 ACE-Hemmer 306 Acetabulum 104 Acetylcholin 176 Acetyl-CoA 46 Achsenskelett 87, 94 Adamsapfel 253 Adduktion 108 Adenin 54 Adenohypophyse 206 Adenosindiphosphat siehe ADP 48 Adenosintriphosphat siehe ATP 48 ADH 207, 306 ADP 48 Adrenalin Wirkung 215 Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) 207 Adventitia 239 After 279

Agranulozyt 229 AIDS 335 Akne 381 Akrosom 350 Aktinfilament 119 Aktionspotenzial 174 Albinismus 146 Albumin 227 Aldosteron 207, 214, 306 Alkalose 308 Allergie 333 Alles-oder-nichts-Reaktion 175 Alopezie 150 Altern 382 Alveolarsäckchen 255 Alveole 255 Alzheimer 190 Amenorrhö 360 Ammoniak 308 Amnion 367–368 Amniozentese 370 Amphiarthrose 106 Ampulla hepatopancreatica 282 Amyloide Plaques 190 anabol 43 Analfistel 285

Anämie perniziöse 285 Anaphase 60 Anaphylaktischer Schock 334 Anatomie histologische 28 makroskopische 28 Angina pectoris 244 Angiotensin 306 Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) 306 Angiotensinogen 306 Antagonistisch 125 Antazidika 290 Antibiotika 290 Antidiuretisches Hormon (ADH) 207–208, 306 Antigen 327 Antigen-Präsentation 329 Antikörper 228, 327 Anus 279 Aorta descendens 240 Aortenklappe 233 Apex 231 Apokrin 152 Apoplex 245 Appendix vermiformis 283 Appendizitis 283 Aquaeductus cerebri 181

Arachnoidea 182 Areola 366, 380 Arm Knochen 103 Armvene 240 Arteria carotis 240 Arteria hepatica 281 Arteria iliaca communis 240 Arteria mesenterica 240 Arteria renalis 240 Arterie Aufbau 239 Arteriole 239 Articulatio sacroiliaca 103 Asphyxie intrauterine 379 Aspirationspneumonie 264 Asthma bronchiale 262 extrinsisches 262 intrinsisches 262 Astroglia 172 Astrozyt 172 Atemmuskulatur 258 Atemwegserkrankung 261 Atemzentrum 257 Atlas 99

Atmung anaerobe 49 Atmung (Lungen) 257 Atmungsapparat 251 Atom 31 Atonia uteri 379 ATP 46, 48 Atriales natriuretisches Hormon (ANH) 307 Atrioventrikularklappe 233 Atrium 233 Atrophie 124 Attenuation (Viren) 331 Auge 185 Augenlinse 185 Autodigestion 69 Autograft 160 Autoimmunerkrankung 332 Axis 99 Axon 79, 172, 176 Axonterminale 80 Azidose 307

B Babyschmiere 370 Backenzahn 272 Bälkchenknochen 90 Ballenzehe 105

Basalzellkarzinom 156 Basalzellschicht 145 Basentriplett 63 Bauchfell 297 Bauchspeicheldrüse 210 Bauch- und Beckenhöhle 40 Becken 102 Beckenkamm 103 Befruchtung 354 Benztraubensäure 46 Beschneidung 353 Bettwanze 145 Bicuspidalklappe 233 Bilirubin 302 Bindegewebe 75 Faserarten 75 faseriges 77 lockeres 76 Matrix 75 Blastozyste 368 Blinddarm 278 Blinddarmentzündung 283 Blut Inhaltsstoffe 225 Plasma 227 Plasmaproteine 227 Blutbildung 90, 231

Blutdruck diastolischer 243 erhöhter 243 Normwert 50 systolischer 243 Blutgefäß Arten 239 Blutgerinnsel 154, 228 Blutgerinnung 154 Bluthochdruck 242 Blutkörperchen 323 Blutplättchen 231 Blutzuckerspiegel Regulierung 211 B-Lymphozyt 318, 320 Bolus 274 Bowman-Kapsel 299 Bradykardie 236 Bradykinin 325 Braxton-Hicks-Kontraktionen 375 Bronchialbaum 255 Bronchiole 255 Bronchitis 263 chronische 263 Bronchopneumonie 264 Bronchospasmus 262 Brücke 180

Brunner-Drüse 277 Brust 381 Brustbein 99 Brustfell 256 Brustkorb 99 Buckel 109 Bulbourethraldrüse 351 Bulbus olfactorius 187 Bulbus pili 149 Bursa 107 Bursitis 108

C Caecum 278 Calcaneus 105 Calcitonin 92 Calcitriol 152 Calculus renalis 310 Caliculus gustatorius 273 cAMP 203 Canaliculus 91 Canalis centralis 181 Canalis nasolacrimalis 95 Caninus 272 Capitulum humeri 104 Capsula glomerularis 299 Carboxyhämoglobin 261

Carotin 146 Carrier-Protein 72 Cartilago costalis 99 Cavitas glenoidea 103 Cavitas medullaris 88, 92 Cavitas nasalis 253 Cavitas nasi 95 Cavitas oris 272 Cavitate 95 CCK 213, 277 Centriol 60 Centromer 60 Cerebellum 180 Cerebrum 178 Cervikalwirbel 99 Chlamydien 309, 358 Chlorophyll 67 Cholecystokinin (CCK) 213, 277 Chordozentese 370 Chorion 368 Chorionzottenbiopsie 370 Chromatid 60 Chromosom 54 Chromosomensatz 56 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) 264, 266 Chymus 276 Citratzyklus 46

Clavicula 101 Codon 63 Coitus interruptus 356 Colitis ulcerosa 289 Colon 278 irritabile 288 Karzinom 284 Concha nasalis 253 Condylus 104 COPD 266 Cornea 185 Cor pulmonale 263 Corpus callosum 179 Corpus cavernosum 353 Corpus luteum 345 Corpus vitreum 185 Cortex renalis 298 Corticosteroid 214 Cortisol 207, 215 Cowper-Drüse 351 Cranium 94 Knochen 94 Curschmann-Steinert-Syndrom 137 Cutis 144 Cystitis 309 Cytosin 54 Cytotoxische T-Zelle 322, 329

D Darm Hormone 213 Darmbein 103 Daumen 104, 132 Defäkation 279, 295 Dehnungsrezeptor 275 Dehydration 388 Deletionsmutation 59 Dendrit 79, 172 Dentin 272 Depolarisation 174 Depression 108 Dermis 146 Desoxyhämoglobin 228 Desoxyribonucleinsäure 54 Desoxyribose 54 Diabetes mellitus (DM) 217 Behandlung 218 Komplikationen 218 Typ I 217 Typ II 217 Diabetischer Fuß 218 Diaphragma 251, 356 Diaphyse 88 Diarrhoe 285

Diarthrose 106 Dickdarm 278 Diencephalon 182 Differenzierung 368 Diffusion 72 DMD 137 DNA Aufbau 54 Replikation 56 Replikationsrichtung 58 DNA-Doppelhelix 54 DNA-Polymerase 58 DNA-Reparaturenzym 58 DNS 54 Drei-Monats-Spritze 356 Druck osmotischer 72 Drüse apokrine 151 ekkrine 151 endokrine 151, 205 exokrine 151, 205 Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) 137 Ductus choledochus 282, 286 Ductus deferens 348–349 Ductus lymphaticus dexter 316 Ductus nasolacrimalis 253

Ductus pancreaticus 281 Ductus thoracicus 316 Dünndarm 277 Duodenalsaft 277 Duodenum 276 Dyspnoe 267 Dysurie 310

E Eckzahn 272 Effektor (Nerv) 171 Eichel 353 Eicosanoide 200 Eierstock 342 Eierstockkrebs 361 Eileiter 343 Eisprung 343 Eiter 326 Eizelle 342 Ejakulation 352 Ekkrin 151 Eklampsie 374 Elastin 75 Elektrolyt 214 Elevation 108 Embolie 244 Embryo 366

Embryoblast 368 Embryogenese 365 Endknöpfchen 80 Endocard 232 endokrin 205 Endokrines System 199 Endolymphe 184 Endometriose 347 Endometrium 343, 346 Endoplasmatisches Retikulum (ER) 68 glattes 68 raues (RER) 68 Endost 88 Endothel 239 Entwicklungsanatomie 28 Entzündung 324 Eosinophile 229 Ependym 173 Epicard 232 Epidermis 144 Stratum corneum 144 Epigastrisch 41 Epiglottis 253, 274 Epiphyse 90 Epiphysenfuge 92

Epithel kubisches 74 respiratorisches 255 Epithel Arten 74 ER siehe Endoplasmatische Retikulum 68 Erkrankung akute 217 chronische 217 lokale 217 systemische 217 Ernährungspyramide 389 Erregungsleitung saltatorisch 175 ERV 259 Erworbenes Immunschwächesyndrom (AIDS) 335, 359 Erythroblast 231, 323 Erythrozyt Bildung 231 Escherichia coli 32 Essigsäure aktivierte 46 Eukaryoten 67 Eversion 108 Evolution biologische 31 chemische 31

Exkrement 295 Exkretion 295 exokrin 205 Exon 61 Exophtalmus 219 Exspirationsreservevolumen (ERV) 259 Extension 108 Extremitätenskelett 87, 101

F Faser gelbe 75 retikuläre 75 weiße 75 Fäzes 279 Feedback negatives 203 Feedback-Hemmung 50 Femur 104 Fersensporn 105 Fettgewebe 76, 148 Fettleberhepatitis 287 Fettmark 90 Fibrin 154, 228 Fibrinogen 228 Fibroblast 77 Fibula 104–105, 136

Filamentgleittheorie 121 Filtration kapillare 72 Fingerabdruck 147 First messenger 203 Fissura longitudinalis 179 Fissur (Gehirn) 179 Fistel 285 Flagelle 53 Flexion 108 Flüssigkeitsbedarf 387 Flüssig-Mosaik-Modell 70 Follikel 342 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) 207, 345, 351 Foramen magnum 95, 97 Fortpflanzung 53, 341 Fossa coronoidea 104 Fossa olecrani 104 Fötus 369 Fraktur Arten 92 Heilung 93 Frenulum linguae 273 Frontalschnitt 37 Fruchtwasser 368 Fruchtwasserhülle 367 Fruchtwasserpunktion 370

Fructose-1,6-bisphosphat 46 FSH 345 Furchung 368 Fuß 105

G Gallenblase 282 Gallengang 282 Gallenstein 286 Gamet 56, 341 Gärung 69 Gasaustausch 240 Gewebe 260 Gastrin 213, 275 Gaumen harter 254 weicher 254 Gaumenspalte 96 Gebärmutter 343 Gebärmutterhalskrebs 361 Gebärmutterhalsschwäche 374 Gebiss Zähne 272 Geburt 375 Stadien 375 Geburtenkontrolle 356 Geburtsgewicht 372

Gedächtnis immunologisches 322 Gedächtniszelle 318 Gehirn 177 Cortex 179 graue Substanz 179 Lobi 179 Ventrikel 181 weiße Substanz 179 Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit 182 Gehörknöchelchen 184 Geißel 52, 350 Gelber Fleck 190 Gelbkörper 345–346 Gelbkörperhormon 351 Gelbsucht 286 Gelenk 106 Bewegungsarten 108 frei bewegliches 106 starres 106 synoviales 106 Gelenktypen 107 Genital 342 Genitalherpes 358 Genitalwarzen 357 Gerinnungsfaktor 154 Geruchsnerv 187

Geschlechtshormon 216 Geschmacksknospe 188, 273 Geschmackspapille 188, 273 Gesichtsknochen 95 Gesichtsmuskulatur 128 Gewebekultivierung 160 Gewebsklassen 33 Gicht 110, 310 Glandula gastrica 275 Glandula paraurethralis 348 Glandula parotis 273 Glandula salivalis 273 Glandula sublingualis 273 Glandula submandibularis 273 Glandula sudorifera 151 Glans penis 353 Glaskörper 185 Gleichgewichtsorgan 185 Gliazelle 79, 172 Globin 228 Glomerulus 299 Glottis 253 Glucagon 211 Glucocorticoid 214 Glucose Spiegel im Blut 50 Glykogen 282

Glykolyse 45 Golgi-Apparat 68 Gonaden 216, 341 Gonadotropin 351 Gonorrhö 309, 358 Granula 229 Granulozyt 323 Basophile 229 Eosinophile 229 Neutrophile 229 Griffelfortsatz 97 Großhirn 178 Grundposition anatomische 36 Grünholzfraktur 92 Guanin 54 Gumma 359 Gyrus 179

H Haar 149 Haarausfall 150 Haarbalg-Rezeptor 147 Haarfollikel 149 Haarpapille 149 Haarschaft 149 Haarwurzel 149

Haarzwiebel 149 Häm 228 Hämatokrit (HCT) 226 Hämatopoese 90, 231 Hämaturie 310 Hämodialyse 303 Hämoglobin 146 als Puffer 308 Aufbau 228 (Des)oxyhämoglobin 228 Oxyhämoglobin 228 Hämoglobin S 246 Harn 295 Harnapparat 295 Harnblase 304 Harnröhrenöffnung 304 Harnsäure Gicht 110 Harnstoff 282 Harnwegsinfektion 309 Hashimoto-Thyreoiditis 219 Hauptbronchus 254 Hauptgallengang 282 Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) 330 Haut 74, 143 Drüse 151 Vitamin D 152

Hautkrebs 155 melanom 156 nicht melanom 156 Hautpigmente 146 Havers-Kanal 91 Havers-System 91 H-Brücke 54 hCG 355 HCT 226 Helicobacter pylori 290 Hemisphäre zerebrale 178 Henle-Schleife 300 Hepatitis A bis E 287 Herpes-Simplex-Virus (HSV) 358 Herz Aufbau 232 Erkrankungen 241 Kammern 233 Zyklus 235 Herzinfarkt 244–245 Herzklappen 233 Herz-Kreislauf-System 225, 231 Herzmuskulatur 78, 116 Herzzeitvolumen (HZV) 242 Heterograft 160

Hilum renalis 298 Hippursäure 302 Hirnnerv 169 Hirnstamm 180 His-Bündel 236 Histamin 230, 324 Histologie 28 Hoden 348 Karzinom 361 Hodensack 348 Höhle craniale 39 spinale 39 Hohlkreuz 109 Hohlvene 235 Homöostase 49 endokrines System 204 Haut 154 Nieren 305 Hören 184 Hormon antidiuretisches 242 Definition 199 Hauptklassen 200 Hörnerv 185 Hornhaut 185 HPV 357

HSV 358 Hüftknochen 103 Humanes Choriongonadotropin (hCG) 355 Humanes Immundefizienzvirus (HIV) 334 Humanes Papillomavirus (HPV) 357 Humerus 103 Humor vitreus 185 Hydrophil 70 Hydrophob 70 Hygiene 393 Hyperglycämie 211 Hyperpolarisation 175 Hypertension 243 Hyperthyreoidismus 219 Hypertrophie 124 Hyperurikämie 110 Hypochondrisch 41 Hypodermis 148 Hypogastrisch 41 Hypoglycämie 211 Hypogonadismus 360 Hypophyse 206 Hypothalamus 50, 182, 206 Hypothyreoidismus 219 sekundärer 219 Hypotonisch 72 Hypoxämie 262

Hysterektomie 361 H-Zone 120

I Ikterus 286 Ileocaecalklappe 278 Ileosakralgelenk 103 Ileum 277 Ileusregion 41 Immunantwort angeborene 322 erworbene 322 Immunglobulin 228 Immunglobuline 327 Klassen 327 Immunität aktive 331 Antikörpervermittelte (humorale) 327 passive 332 zelluläre 329 Immunsuppressiva 333 Immunsystem 315 Immunzellen 322 Tabelle 324 Impfstoff 331 Impotenz 353 Incisius 272

Infektion generalisierte 288 Inkontinenz Ursachen 311 Insellappen 178 Insertionsmutation 58 Inspiration 257 Inspirationsreservevolumen (IRV) 259 Insulin 211, 281 Integumentsystem 143 Interneuron 171 Interphase 60 Intima 239 Intrauterine Hypoxie 379 Intron 61 Inversion 108 Iris (Auge) 185 Ischämie 244 Ischiasnerv 103 Isometrisch 123 Isotonisch 72, 123

J Jejunum 277 Jenner, Edward 331

K

Kalzium 77 Kampf-oder-Flucht-Reaktion 170, 215 Kapillarbett 240 Kapillare 240 Kaposi-Syndrom 335 Karies 272 Karpalknochen 103–105 Katabol 43 Katecholamin 215 Kater (Alkohol) 307 Kehldeckel 253, 274 Kehlkopf 274 Keilbeinhöhle 96 Keimdrüse 341 Keratin 145 Keratinisierung 145, 150 Ketoazidose 302 Ketonkörper 302 KHK 244 Kieferhöhle 97 Kitzler 348 Kleinhirn 178 Klinefelter-Syndrom 360 Klitoris 348 Kniescheibe 105

Knochen kompakter 91 Struktur 88 Typen 88 Knochenbruch 92 Knochenerweichung 153 Knochenhöcker 103 Knochenmark gelbes 90 rotes 88 Knochenschaft 88 Knorpel 77 elastischer 77 fibröser 77 hyaliner 77 Kohlensäure-Bikarbonat-Puffer 308 Kollagen 75, 147 Komplementsystem 322, 326 Kondom 356 Kontrazeptivum Depotinjektion 356 orales 356 koronare Herzkrankheit (KHK) 244 Körper Ebenen 38

Körperhöhle dorsale 39 ventrale 39 Körperkreislauf 234 Kranialnerv 169 Krause-Körperchen 147 Krebszyklus 46 Kremasterreflex 353 Kreuzbein 102 Kropf 219 Krummdarm 277 Kryptorchismus 352 Kuhpocken 331 Kürettage 357, 380 Kyphose 109

L Labia majus 348 Labia minus 348 Lactat 120 Lactatgärung 49 Laktation 380 Lakune 91 Langerhans-Zelle 146 Lanugo 370 Laparoskopie 361

Lappen limbischer 178 Lappenbronchus 254 Laryngopharynx 253 Larynx 251, 274 Leber 281 Leberarterie 281 Leberläppchen 281 Lederhaut 147 Leerdarm 277 Lens crystallina 185 Leserasterverschiebung 59 Leukozyt 229 agranulärer 323 Arten 229 Funktionen 229 Levonorgestrel 357 Leydig-Zwischenzellen 351 LH 345 Libido 183 Lieberkühn-Krypten 277 Ligament 77, 107 Ligamentum vocale 254 Limbisches System 183 Linea alba 131 Linea aspera 104 Liquor cerebrospinalis 182

Liquor pericardii 233 Lithotripsie 286, 310 Lobärpneumonie 264 Lobulus hepaticus 281 Lobus 178 Lobus insularis 178 Lobus limbicus 178 Lordose 109 Luftröhre 254 Lumbar 41 Lungenbläschen 255 Lungenemphysem 266 Lungenentzündung 264 Lungenfunktionstest 258 Lungeninsuffizienz 262 Lungenkrebs 267 Lungenkreislauf 234 Lunula 150 Lupus erythematodes discoidaler (DLE 332 systemischer (SLE) 332 Luteinisierendes Hormon (LH) 345 Lutropin 345 Lymphatisches Gewebe 76 Lymphe 318 Lymphfollikel 318

Lymphgang rechter 316 Lymphknoten Aufbau 318 Stroma 318 Lymphozyt 229 Lymphsystem 316 Lysosom 68–69 Lysozym 316

M Macula lutea 190 Magen Aufbau 274 Drüsen 275 Hormone 213 Magensaft 275 Magenschleimhaut 275 Makrophage 325 Makuladegeneration 190 Mandibula 96, 127, 272 Manubrium 99 MAP 190 Markhöhle 88 Mastdarm 279 Maternale Hämorrhagie 379 Maxilla 96

Meatus urethrae externus 304 Mechanorezeptor 147, 184 Media 239 Mediastinum 256 Medulla oblongata 180 Medulla renalis 298 Megakaryoblast 231, 323 Megakaryozyt 231 Meiose 53 Meissner-Körperchen 147 Melanin 146 Melanom malignes 156 Melanozyt 146 Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH) 207 Membrana tectoria 184 Menarche 344 Menstruationszyklus ovarieller 345 uteriner 346 Merkel-Scheibe 147 Mesencephalon 180 Messenger-RNA siehe mRNA 61 Metabolismus 43, 69 Metakarpalknochen 103–105 Metaphase 60 Metaphyse 90

Metarteriole 240 Metatarsalknochen 105 MHC 330 Mikrogliazelle 173 Mikrotubuli-assoziiertes Protein 190 Mikrovilli 283 Miktion 295 Milchbrustgang 316 Milchsäuregärung 49, 121 Milz 321 Mineralocorticoid 214 Mitochondrium 68 Mitose 53 Mittelfellraum 256 Mittsagittalebene 37 Molar 272 Molekül 31 Monozyt 229, 323, 325 Morbus Basedow 219 Morbus Crohn 285 Morphogenese 368 mRNA 61 Prozessierung 61 MS 189 Mucus 315 Multiple Sklerose 189 Multipotente Stammzelle 323

Mundhöhle 272 Musculus abdominalis 130 Musculus adductor 134 Musculus arrector pili 150 Musculus biceps brachii 131 Musculus buccinator 127 Musculus deltoideus 103, 131 Musculus gastrocnemius 136–137 Musculus glutaeus 134 Musculus iliopsoas 133 Musculus latissimus dorsi 131 Musculus masseter 127 Musculus pectoralis major 130 Musculus piriformis 136 Musculus quadriceps femoris 135 Musculus rectus abdominis 130 Musculus sartorius 134–135 Musculus sternocleidomastoideus 128 Musculus trapezius 128 Musculus triceps brachii 131 Musculus zygomaticus 128

Muskel antagonistisch 125 ATP-Versorgung 120 Aufbau 118 Benennung 125 Funktionen 115 Kontraktion 119, 123 synergistisch 125 Muskeldystrophie 137 Muskelfaser 77 Muskelkontraktion Ablauf 121 Muskelkrampf 136 Muskelspindel 123 Muskeltonus 123 Muskularis 274 Muskulatur Gewebearten 77 glatte 78, 117 Herzmuskulatur 116 Kopf 126 obere Extremitäten 131 quergestreifte 78 Rumpf 130 Skelettmuskulatur 117 untere Extremitäten 133 willkürliche 78

Muskulatur Mutation 58 Mutterkuchen 343, 367 Mutterzelle 54 Myelinscheide 173 Myeloblast 231, 323 Myeloid 231 Myocard 232 Myofibrille 77, 119 Myokardinfarkt(MI) 244, 245 Myosinfilament 119 Myotone Muskeldystrophie 137

N Na+/K+-Pumpe 174 Nabelschnurpunktion 370 Nabelstrang 367 Nachgeburt 378 Nackentransparenz 369 NAD 46 Nagelbett 150 Nagelhaut 150 Nagelmatrix 150 Nagelwurzel 150 Narbe 154 Nase 187 Nasenhöhle 253

Nasenmuschel 253 Nasennebenhöhle 96, 253 Nasenrachenraum 254 Nasenscheidewand 96, 253 Nasenseptum 96, 253 Nasopharynx 253–254 Nebenhöhle 96 Nebenniere 213 Cortex 214 Medulla 214 Nebennierenrinde Hormone 214 Nebennierenrinde Hormone 214 Neisseria gonorrhoeae 358 Nephrolithiasis 310 Nephron 299–300 Nerv Einführung 79 motorischer 169 Reizweiterleitung 173 sensorischer 169

Nervensystem 167 autonomes 169 parasympathisches 169 peripheres (PNS) 168 somatisches 169 sympathisches 169 zentrales (ZNS) 168 Nervus cochlearis 185 Nervus ischiadicus 103 Nervus olfactorius 182, 187 Nervus opticus 186 Nervus vestibulocochlearis 185 Netzhaut 185 Neunerregel 158 Neurofibrillenbündel 190 Neuroglia 171 Neurohypophyse 206 Neuron 79, 171 Neurotransmitter 176 Neutrophile 229 Niere 296 Blutdruckkontrolle 305 Filtrationsdruck 299 Nierenbecken 298 Nierenhilus 298 Niereninsuffizienz 303 Nierenmark 298

Nierenrinde 298 Nierenstein 310 Nierensteinleiden 310 Nierentubuli 300 Nitratatmung 49 Nodulus lymphaticus 318 Nodus lymphaticus 318 Noradrenalin 215 Nozizeptor 183 Nukleotid 54

O Obstipation 284 Ohr 184 Ohrspeicheldrüse 273 Okklusionsikterus 286 Oligodendrozyt 173 Oozyte 342 Opsin 189 Orbita 95 Orchitis 360 Organell 68 Organsystem 34 Oropharynx 253 Os capitatum 104 Os coccygis 102 Os coxae 102

Os hamatum 104 Os hydoideum 97 Os ileum 103 Os ischii 103 Os lacrimale 95 Os lunatum 104 Osmose 72 Os nasale 96 Ösophagus 274 Ösophagussphinkter 274 Os palatinum 96 Os pisiforme 104 Os pubis 103 Os sacrum 102 Os scaphoideum 104 Ossicula auditoria 184 Ossifikation 92 Osteoblast 92 Osteoklast 93 Osteomalazie 153 Osteoporose 111 Osteozyt 91 Ostium urethrae externum 304 Os trapezium 104 Os trapezoideum 104 Os triquetrum 104 Östrogen 216

Os zygomaticum 96 Ovar 342 Hormone 216 Ovarialkarzinom 361 Ovulation 343 Oxalat Nierensteine 310 Oxidation 48 Oxyhämoglobin 228, 234, 259 Oxytocin 380

P Palatum durum 254 molle 254 Pankreas 210, 281 Enzyme 281 Pankreasgang 281 Pankreatitis akute 289 chronische 289 nekrotisierende 289 ödematöse 289 Papanicolaou-Färbung 361 Papilla duodeni Vateri 282 Papilla gustatoria 273

Papillen dermale 147 PAP-Test 361 Paraurethraldrüse 348 Pathologie 41 Pathophysiologie 41 Atmungsapparat 261 endokrines System 217 Harnapparat 309 Haut 155 Immunsystem 332 Kreislaufsystem 241 Muskelsystem 136 Nervensystem 189 Reproduktionssystem 357 Skelettsystem 109 Verdauungssystem 283 Pelvis 102 Pelvis renalis 298 Penis 348, 353 Pepsin 275 Pepsinogen 275 Peptid 275 Peptidhormon Einteilung 200 Wirkungsmechanismus 203 Pericard 232

Perineum 352 Periode 344 Periodensystem 31 Periost 88, 90 Peristaltik 274, 293 Peritoneum 297 Permeabilität selektive 70 Peyer-Plaque 285, 319 Pfortader 281 Phalanx 105 Phalanx distalis 104 Phalanx medialis 104 Phalanx proximalis 104 Pharynx 251, 274 Phosphokreatin 121 Photophobie 288 Photorezeptor Stäbchen 185 Zapfen 185 pH-Wert Blut 307 Pille Wirkung 356 Pille danach 357 Placenta praevia 374

Plaque amyloider 190 Plattenepithel 74, 144 Karzinom 156 Plazenta 343, 367 Plazentalösung vorzeitige 374 Pleura parietalis 256 Pleura viszeralis 256 Pluripotent 231 Pneumonie 264 lobuläre 264 Pneumothorax 265 PNS 168 Pockenimpfung 331 Polyurie 217 Polyzythämie 263 Pons 180–181 Portiokappe 356 Präeklampsie 374 Prämenstruelles Syndrom (PMS) 345 Prämolar 272 Pränataldiagnostik 369 Präputium 353 Processus coronoideus 104 Processus olecrani 104 Processus styloideus 97

Processus xiphoideus 99 Prodromalstadium 288 Progesteron 216, 345 Prokaryoten 67 Prolactin 207, 380 Pronation 109 Prophase 60 Prostaglandin 352 Prostaglandine 200 Prostata 351 Krebs 360 Prostatabeschwerden 310 Prostataspezifisches Antigen (PSA) 311 Proteinsynthese 62 Prothrombin 154 PSA 311 Pubertät männliche 382 weibliche 381 Puffersystem Blut 308 Pulmonalklappe 233 Pulpa (Milz) 321 Puls 236 Pupille 185 Purkinje-Faser 236 Pyelonephritis 309

Pylorus 276

Q Quadruple-Test 369

R RAAS 306 Rachen 274 Rachenmandeln 253 Rachitis 153 Radius 103 Radix pili 149 RBC 228 Reabsorption selektive 300 Rectum 279 Reduktion 48 Reflexbogen 180 Refraktärperiode 175 Regenbogenhaut 185 regulatorische T-Zelle siehe T-Suppressorzelle 330 Reizbildungszentrum primäres 235 Reizdarmsyndrom 288 Relaxin 102 Release-Inhibiting-Hormon 207 Releasing-Hormon 207

Renin 242, 306–307 Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) 242, 306 Rens 296 Replikationsgabel 58 Repolarisation 175 Reproduktion asexuelle 53 sexuelle 53 Reproduktionsorgane des Mannes innere 352 Reproduktionssystem männliches 348 weibliches 342 RER 68 Residualvolumen (RV) 259 Respiration 44, 69 Respirationstrakt 251 Aufbau 251 Respiratorisches Epithel 259 retikulär 76 Retikulozyt 231 Retikulumzelle 323 Retina 185 Retinal 189 Retinol 189 Rheumatoide Arthritis 333 Rhodopsin 189

Ribonucleinsäure 61 Ribose 54, 61 Ribosom 63, 68 Ribosomale RNA 61 Riechen 187 Riechkolben 187 Rigor Mortis 122 Rippen 99 Rippenknorpel 99 RNA Arten 61 Unterschiede zur DNA 61 Rotation 108 Rückenmarkshöhle 39 Rückenmarksnerv 169 Ruffini-Körperchen 147 Ruga 275 Ruhepotenzial 174 Ruhepuls 236 RV 259

S Sacculus alveolaris 255 Sagittalschnitt 37 Salpingoophorektomie 361 Salpinx 343 Salzsäure (HCl) 275

Samenbläschen 351 Samenleiter 348–349 Sammelrohr 300 Sarkomer 77, 120 Scapula 103 Schädelhöhle 39 Schädelknochen 94 Schambein 103 Schamlippen 348 Scheide 343 Schienbein 104–105, 136 Schilddrüse Hormone 208 Überfunktion 219 Unterfunktion 219 Schildknorpel 253 Schlaganfall 245 Schleimbeutel 107 Schließmuskel 304 Schlüsselbein 101 Schlüssel-Schloss-Prinzip 71 Schmecken 188 Schneidezahn 272 Schulter 101 Schutzimpfung 322 Schutzmechanismen des Körpers 315 Schwammknochen 90

Schwangerschaft 353 ektope 373 Komplikationen 373 Stadien 366 Schwangerschaftsdiabetes 373 Schwangerschaftsverhütung 356 Schwann-Zelle 173 Schweiß 151 Schweißdrüse apokrine 152 ekkrine 151 Schwellkörper 353 Sebum 152 Second messenger 203 Segmentbronchus 254 Sehen 185 Sehne 107 Sehnerv 186 Seitenventrikel 181 Sekretin 213, 277 Sekretion tubuläre 300 Selbstverdauung 70 Sella turicica 95 Septikämie 309

Septum interatriales 233 interventrikulares 233 Serosa 274 Sertoli-Zelle 349 Sexuell übertragbare Krankheit (STD) 357 Shunt arteriovenöser 243 Sichelzell(en)anämie 246 Sichelzellkrankheit 246 Sichelzellkrise 246 Siebbeinzellen 97 Sinnesorgane 183 Sinnesrezeptor 155 Sinus 94 Sinus ethmoidalis 97 Sinus frontalis 96 Sinusitis 253 Sinusknoten 235 Sinus maxillaris 97 Sinus paranasales 96 Sinus sphenoidalis 96 Sitzbein 103 Sitzbeindorn 103 Sitzbeinhöcker 103

Skelett Funktionen 87 Unterteilung 87 Skelettmuskel 117 Skelettmuskulatur 78 Skene-Drüse 348 Skoliose 109 Skrotum 348, 352 Somatotropin 207 Sommersprosse 146 Speichel 273 Speicheldrüse 273 Speisebrei 276 Speiseröhre 274 Sperma 352 Spermatide 350 Spermatogenese 349 Spermatogonie 350 Spermatozoe 350 Spermatozyte 350 Spermium 350 Spermizid 356 Sphincter anus externi 280

Sphinkter Harnblase 304 Ösophagus 274 präkapillärer 240, 243, 260 Pylorus 276 Spina ischiadica 103 Spinalnerv 169 Spindelapparat 60 Spinnengewebshaut 182 Spirale 356 Spongiosa 90 Stammhirn 180 Stammzelle myeloide 231 pluripotente 231 STD 357 Steißbein 102 Stenoseatmung 262 Sterilisation 357 Sternum 99 Steroidhormon 200 Wirkungsmechanismus 203 Stickstoffbase 54 Stimmband 254 Stirnhöhle 96 Stoffwechsel Einführung 43

Stratum basale 145 Stratum corneum 144 Struma 219 Subarachnoidalraum 182 Subcutis 148 Submukosa 274 Substantia alba 179 Substantia grisea 179 Substitutionsmutation 59 Sulcus 179 Sulcus intertubercularis 103 Supination 109 Sutura 94, 106 Sympathisches Nervensystem 170 Synapse 176 Synaptischer Spalt 176 synergistisch 123 Synovia 106 Synovialmembran 106 Syphilis 359 System endokrines 199 kardiovaskuläres 231

T Tachykardie 236 Talus 105

Tarsalknochen 105 Tau-Protein 190 Telophase 60 Template 57 Testes 348 Hormone 216 Testosteron 207, 216, 351 Thalamus 182 T-Helferzelle 321, 329 Thermorezeptor 147 Thorakalhöhle 40 Thorax 99 Thrombin 154 Thrombopoese 231 Thrombozyt 153, 231 Thrombozytenpfropf 154 Thymin 54 Thymosin 321 Thymus 209, 321 Thymushormone 209 Thyreoglobulin 209 Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) 207, 209 Thyroxin 209 Tibia 104–105, 136 T-Killerzelle 329 T-Lymphozyt 318, 320 Tochterzelle 54

Totimpfstoff 331 Tonsillen 253, 319 Tonsillitis 319 Tophi 110 Totale parenterale Ernährung (TPE) 290 Totenstarre 122 Totraum 259 Trabekel 90 Trachea 251, 254 Tränennasenkanal 95, 253 Transfer-RNA 61 Transkription 61 Translation 63 Transport aktiver 72 Carrier 72 passiver 72 zellulärer 71 Transversalschnitt 38 Treponema pallidum 359 Tricarbonsäurezyklus 46 Tricuspidalklappe 233 Trijodthyronin 209 Triple-Test 369 tRNA 61 Trochanter 104 Trochlea 104

Trophoblast 368 Tropomyosin 122 Troponin 122 Truncus cerebri 178, 180 T-Suppressorzelle 322, 329 Tuberculum 103 Tuberkel 265 Tuberkulose (TB) 265 Tubulus renalis 299 Tunica externa 239 interna 239 media 239 Tunica mucosa 304 Tunica muscularis 304 Tunica serosa 274 TVT-Operation 311 T-Zelle Arten 329

U Ulcus 290 Ulna 103 Umami 188 Umbilikal 41 Unfruchtbarkeit 359 Unterkieferspeicheldrüsen 273

Unterzungenspeicheldrüse 273 Uracil 54, 61 Ureter 304 Urethritis 309 Urin 295 Produktion 301–302 Urobilinogen 302 Uterus 343 Uterusatonie 379 UV-Strahlung 391

V Vagina 343, 347 Vakuole 68 Vakzin 331 Vasektomie 356 Vasokonstriktion 215 Vasopressin 207, 306 Vater-Pacini-Körperchen 147 Vatersche Papille 282 Vena brachiocephalica 240 Vena cava 235, 239 Vena hepatica 240 Vena iliaca communis 239 Vena iliaca interna 239 Vena jugularis 240 Vena portae 281

Vena radialis 240 Vena renalis 239 Vena subclavia 240 Vena ulnaris 240 Vene Aufbau 238 Venenklappe 239 Venole 239 Ventilation 251, 257 Ventriculus lateralis 181 Ventrikel 181, 233 Verbrennung 158 Verdauungsapparat 271 Verdauungsorgan akzessorisches 280 Verhütung 356 Verknöcherung 92 Vesica fellea 282 Vesica urinaria 304 Vesikel 68 Villi 277 Viren 67 Virus attenuiertes 331 Vitalkapazität (VK) 258 Vitamin A 189

Vitamin D 152 Synthese 152 Vitamin K Bildung im Darm 279 VK 258 Volkmann-Kanal 91 Vomer 96 Vorhaut 353 Vulva 343, 348

W Wachstumshormon 207 Wadenbein 105, 136 Wasserrückresorption 303 Wasserstoffbrückenbindung 54 WBC 229 Widerstand peripherer 242 Windpocken 320 Wirbelsäule 97 Wolfsrachen 96 Wortstamm lateinischer 35 Wundheilung 153 Wurzelzement 272

Z

Zahnpulpa 272 Zellatmung (Respiration) 44 Zelle Aufbau 68 Zellmembran 68 Zellteilung 53 Zilien 52, 74 Bronchien 263 Zirkumduktion 108 Zitronensäurezyklus Siehe Citratzyklus 46 ZNS 168 Zotten 277 Z-Streifen 120 Zunge 188, 273 Zungenbändchen 273 Zungenbein 97 Zwerchfell 40, 282 Zwillingswadenmuskel 137 Zwischenhirn 178 Zwölffingerdarm 276 Zyankali 147 Zyanose 147, 264 Zygote 354 Zyklisches Adenosin-Monophosphat 203 Zylinderepithel 74 Zytokinese 60 Zytoplasma 68

Zytoplasmamembran 68

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