Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie: Begründet von W. Forth, D. Henschler, W. Rummel [12 ed.] 3437425250, 9783437425257

Wer mit „Aktories" lernt, versteht Das gesamte Wissen der Pharmakologie und Toxikologie wird Ihnen hier so verständ

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Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie: Begründet von W. Forth, D. Henschler, W. Rummel [12 ed.]
 3437425250, 9783437425257

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Vorwort zur 12. Auflage

Die experimentelle Pharmakologie als Grundlage der Arzneibehandlung

Kurzes Lehrbuch der Pharmakologie

Allgemeine und systematische Pharmakologie und Toxikologie.

Arzneimittelwirkungen

Klaus Aktories Ulrich Förstermann Franz Hofmann Klaus Starke

Vorwort zur 1. Auflage

1. Im ersten Teil („Allgemeine Pharmakologie“) werden die für alle Pharmaka gültigen Gesetze bei der Wechselwirkung mit Organismen beschrieben. (Die hier benutzte Definition entspricht – abweichend von der Bezeichnungsweise der Approbationsordnung – dem internationalen Sprachgebrauch.) Die Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten erleichtert das Verständnis der Pharmakologie der einzelnen im speziellen Teil beschriebenen Stoffgruppen. Die für den Arzt wichtigsten Gebiete der Toxikologie werden, sofern sie nicht schon Gegenstand anderer Kapitel sind, im Hinblick auf ihre rasch zunehmende Bedeutung im dritten Teil geschlossen dargestellt. 2. Die theoretischen Grundlagen der Pharmakotherapie, nach der Definition der neuen Approbationsordnung „Spezielle Pharmakologie“ genannt, wurden absichtlich nicht abgetrennt, sondern jeweils im Rahmen der einzelnen Stoffgruppen-Kapitel abgehandelt. Die Erfahrung lehrt, daß die Erarbeitung des Wissens auf diesem Teilgebiet erleichtert wird, wenn der systematische Zusammenhang gewahrt bleibt. Die Kennzeichnung dieser Abschnitte durch rote Unterlegung ermöglicht es dem Studenten, der sich auf das Staatsexamen nach dem ersten klinischen Studienabschnitt vorbereitet, diesen Teil zunächst auszuklammern. (Die Auswahl der Beispiele für die Handelsnamen einer Substanz ist willkürlich. Sie bedeutet nicht, daß die genannten Präparate empfohlen werden.) 3. Eine kurze Abhandlung der pathophysiologischen Grundlagen wurde den Kapiteln vorangestellt, weil sie eine elementare Voraussetzung für das Verständnis der Arzneimittelwirkungen sind. Da der Kurs der Allgemeinen Pharmakologie und Toxikologie im ersten klinischen Studienjahr plaziert ist, fehlen dem Studenten oft noch die entsprechenden Kenntnisse. 4. Abbildungen und Tabellen enthalten einen großen Teil des Lehrstoffes. Die Illustrationen und ihre ausführlichen Untertexte sowie die tabellarischen Zusammenfassungen sind so angelegt, daß sie auch losgelöst vom Haupttext verständlich sind. Sie ermöglichen so eine konzentrierte Wiederholung des Stoffes, ohne daß der Leser in jedem Fall auf den laufenden Text zurückgreifen muß. Die sorgfältige graphische Gestaltung der größtenteils zweifarbigen Abbildungen soll die Übersicht und Verständlichkeit erhöhen.

Die Herausgeber

Autorenverzeichnis Herausgeber Prof. Dr. Dr. Klaus Aktories

Prof. Dr. Ulrich Förstermann Prof. Dr. Franz Hofmann

Prof. Dr. Klaus Starke

Autoren Prof. Dr. Clemens Allgaier Prof. Dr. Holger Barth Prof. Dr. Martin Biel

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener

Prof. Dr. Karin Dilger Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Michel Eichelbaum PD Dr. Kristin Engelhard Prof. Dr. Thomas Eschenhagen

Prof. Dr. Thomas J. Feuerstein

Prof. Dr. Veit Flockerzi

Prof. Dr. Peter Gierschik

Prof. Dr. Martin Göttlicher

Tilo Grosser, MD

Prof. Dr. Thomas Gudermann

Prof. Dr. Dirk Hoffmeister

Prof. Dr. Thomas Hohlfeld

Prof. Dr. Peter Holzer

Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Joost

Prof. Dr. Ingo Just Prof. Dr. Bernd Kaina

Prof. Dr. Christiane Keller

Prof. Dr. Anna Kipp Prof. Dr. Hartmut Kleinert PD Dr. Dagmar Koethe

Prof. Dr. F. Markus Leweke

Prof. Dr. Hartmut Lode

Prof. Dr. Andreas Ludwig

Prof. Dr. Bernhard Manger

Prof. Dr. Dietrich Mebs Prof. Dr. Hanns Möhler

Prof. Dr. Dr. Peter Nielsen

Prof. Dr. Elke Oetjen

Prof. Dr. Ingo Rustenbeck

Prof. Dr. Hansjörg Schild Prof. Dr. Jens Schlossmann

Prof. Dr. Rolf Schubert

Prof. Dr. Stefan Schulz

Prof. Dr. Matthias Schwab

Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Günther Sonntag Prof. Dr. Ralf Stahlmann

Prof. Dr. Dr. h. c. Holger Stark

Prof. Dr. Clemens Unger Prof. Dr. Artur-Aron Weber Prof. Dr. Christian Werner Prof. Dr. Siegfried Wolffram

Nach der 11. Auflage ausgeschiedene Autoren: Prof. Dr. Andreas Bechthold Prof. Dr. Heinz Bönisch Prof. Dr. Regina Brigelins-Flohé

Prof. Dr. Wolfgang Dekant

Prof. Dr. Wolfgang Gröbner Prof. Dr. Volker Höllt

Prof. Dr. Wolfgang Maier Prof. Dr. Uwe Panten

Prof. Dr. Eberhard Schlicker

Prof. Dr. Karsten Schrör

Prof. Dr. H.J. Steinfelder

Prof. Dr. Klaus Turnheim

Prof. Dr. Spiros Vamvakas

Abkürzungsverzeichnis A

A AC ACAT ACE ACh AChE ACTH ADA ADH3 ADI ADP ADS AF Ag AGS Ak α-KG ALA ALL ALDH AMA AmB AMCHA AMG AMI AML AMP AMPA ANP AP APC Apo APP APRTase APSAC aPTT AR ARH ASA ASO ASS ATP AUC AV AZT

B

BAL BAT BDNF BfArM BMI BNP Bq Btm BV BZD

C c C CA cal cAMP CBG CC CCK cDNA CE CETP cGMP CGRP CK CL CLL CM C max C min CML CMP CMR CMV CNG CNP CoA COMT COPD COX CRBP CRH CSF CT CVLM CYP

D

450

D/Da d DA DAB DAG DDF DDT DEC DG DHE DHEA DHT DIC DMNA DNA DNPS DOM DOMA DOPA, Dopa DOPAC DOPEG DSPA dTMP dUMP

E E EBV EC ECL ED EDRF EDTA EEG EGF EKG EL EMB EMA EPA EPMS EPO EPSP ER ERE EZR

F

FAD FC FDB FdUMP FEV 1 FFA FGF FH FMN FS FSH FU

G g GABA GAP GC G-CSF GCp GDP GFR GGT GH Gi GIP Gln GLP Glu GLUT GM-CSF GMP GnRH Go GOT gp G-Protein GPT Gq GRE GRH GRK Gs GS GSH GST GTP GTPase

H

h H Hb HCG HCV HDL HES HETE HGH HHL HIT HIV HL HLA HMG HMG-CoA HMG-CoAR HPETE HPL HPRTase Hsp, HSP HSV 5-HT 5-HTP HVL HWZ Hz

I

i. a. IC50 ICAM ICE IDL IE IF IFN Ig IGF IL i. m. IMP INH Inj. INN INR IP3 i. p. IRS ISDN ISMN i. th. i. v. IZR

J J

K kb Kd kD KG kg KHK KIE

L

L LC LCAT LD LDL LDLR LH Lp(a) LPL Lp-PLA 2 LPS LRP LSD LT LVEDP LVEDV LWAR LX LXR

M

2

M m MAC MAK MALT MAO MAPK MBK MCP MCS MDA MDMA MDR MDS ME MHC MHK min ml/mL MM mmHg MODY MOPEG MPS MPS MRI mRNA MRP MRSA MRT MSH MTD MTP MUFA MVO 2

N

Staphylococcus aureus Staphylococcus aureus

N NA NAD + NADP + NADP(H) NASH NAT NEP NF-κB NGF NHL NK-Zelle NMDA NMH NO NOS NPA NPC1L1 NPY NSA NSAR NSMRI NYHA

O OATP OH

P

Pa PAF PAH PAI PAK PAMBA pAVK PCB PCDD PCDF PCSK9 PDE PDGF PDK1 PEI PET PG PGI2 PI3 K PIP2 PI-PLC PK PL PLTP p. o. POMC PPAR PPI PR PRPP PT PTCA PTH PTT PUFA PZA

R RAAS RAR RBP RER RES RMP RNA RNAse-H RNSi r-PA RTK RVLM RXR

S

s SARM s. c. SCID SERM SH SHBG SLE SM SNP SNRI SP SPRM SR SREP SRS-A SSNRI SSRI SST SULT SUR

T

t 1/2 T3 T4 TBG Tc TCA TCDD TEA TEQ TETD TF TFPI TG TGF tgl. TH THC THF TIA t max TNF TNK-tPA t-PA TRK TRH TRL t-RNA TSH TTS TX

U U UAW UDP UFH UGT u-PA UTG UTP

V V V, VD VEGF VEGFR VIP VLDL VLDLR VMS VZV

W

W WHO

X XO

KAPITEL 1

Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie Es treten uns hier sogleich zwei Fragen in den Weg, nämlich, 1) inwiefern werden die Arzneimittel von dem Organismus verändert und 2) inwiefern wirken dieselben auf den Organismus verändernd ein. Rudolf Buchheim 1846

1.1. Grundbegriffe 1.1.1. Die Pharmakologie Die Pharmakologie ist die Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen Stoffen und Lebewesen. Einen Stoff, insofern er mit Lebewesen wechselwirkt, nennt man Pharmakon (englisch meist „drug“). zunächst wertneutral,

werten Arzneiwirkungen

Schadwirkungen

Arzneistoffen

Giften.

Klinische Pharmakologie.

Toxikologie

Spezielle Systematische

Pharmakologie

Allgemeine Pharmakologie

Psychopharmakologie,

Biochemische Pharmakologie,

Neuropharmakologie, Pharmakogenetik.

Molekulare Pharmakologie Pharmazie

1.1.2. Pharmaka

Arzneistoffe nützen, Gifte schaden.

Arzneimittel Arzneimittelgesetz Fertigarzneimittel , Zulassung

pharmazeutische Unbedenklichkeit

Qualität

therapeutische

Freinamen

® ®

Generika .

Wirksamkeit

ABB. 1.1

Vom Pharmakon zum Fertigarzneimittel.

1.1.3. Wechselwirkung mit Lebewesen • Die Wirkungen des Pharmakons auf das Lebewesen fasst man unter dem Begriff Pharmakodynamik zusammen. • Die Wirkungen des Lebewesens auf das Pharmakon fasst man unter dem Begriff Pharmakokinetik zusammen.

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik: eine Übersicht. Damit ein Stoff zum Pharmakon wird, muss er mit einem Lebewesen in Kontakt treten, sei es, indem er auf die Körpergrenzflächen gelangt (z. B. beim Schlucken einer Tablette auf das Epithel des Magen-Darm-Kanals), sei es, indem er direkt ins Milieu intérieur gelangt (z. B. durch intramuskuläre Injektion). Man bezeichnet das In-Kontakt-Bringen von Pharmakon und Lebewesen als Applikation. Mit der Applikation beginnen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik. Das Pharmakon tritt in der Regel in die Blutbahn ein: Resorption. Das Blut transportiert es in alle Gewebe: Verteilung. Dabei kann es sich in bestimmten Kompartimenten anreichern: Speicherung. Die Summe dieser Vorgänge, durch die das Pharmakon die ihm aufgrund seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften zustehenden Räume im Körper erreicht, wird als Invasion bezeichnet (blau). Schon während der Invasion wird das Pharmakon auch wieder aus dem Körper beseitigt. Es kann unverändert ausgeschieden werden: Exkretion. Es kann chemisch verändert werden: Biotransformation. Die Summe der beiden Vorgänge wird als Elimination bezeichnet (grün). Durch alle diese Prozesse wirkt der Organismus auf das Pharmakon; sie alle gehören zur Pharmakokinetik (blau und grün; und ). Mit der Verteilung gelangt das Pharmakon an die Orte seiner Wirkung. In der Regel wirken Pharmaka, indem sie sich primär an spezifische Makromoleküle binden, die die Wirkung vermitteln. Wir nennen diese Makromoleküle Rezeptoren. So ist das Makromolekül „β 2 -Adrenozeptor “ der Rezeptor, der die bronchospasmolytische Wirkung des Salbutamols vermittelt; das Makromolekül „Hämoglobin“ ist der Rezeptor, der für die Giftwirkung des Kohlenmonoxids verantwortlich ist. Manchmal wirken Pharmaka auch nicht über Rezeptoren. So löst Mannit Diurese nicht durch Bindung an spezifische Makromoleküle aus, sondern indem es als polarer, tubulär nicht rückresorbierbarer Stoff im Tubuluslumen osmotisch Wasser festhält. Durch alle diese Prozesse wirkt das Pharmakon auf den Organismus; sie alle gehören zur Pharmakodynamik (rot; ). ABB. 1.2

1.1.4. Perspektiven 19. Jahrhundert

Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie , Naunyn-Schmiedeberg‘s Archives of Pharmacology . Die Pharmakologie hat mitgeholfen, unser Leben zu verlängern und freier von Schmerz und anderen Krankheitssymptomen zu machen.

• die vielen Menschen der Antike, die an Bleivergiftung zugrunde gingen, weil Blei bei der Nahrungsmittelbereitung und für Wasserleitungen verwendet wurde; • die vielen Menschen, die sich im Mittelalter mit mutterkornhaltigem Getreide vergifteten; • Kaiser Heinrich VII., der 1313 der Malaria zum Opfer fiel; • Johann Wolfgang Goethes vier als Kinder verstorbene Geschwister (nur er und seine Schwester Cornelia erreichten das Erwachsenenalter); • Jane Austen, die 1817 an der Addison-Krankheit starb; • Franz Schubert, den 1828 der Typhus hinwegraffte (wenn diese und die vorangehenden Paläodiagnosen stimmen); • Franz Kafka, der 1923 der Tuberkulose erlag; • Franklin Delano Roosevelt, der 1945 nach chronischem Bluthochdruck eine tödliche Hirnblutung erlitt.

Ist das Ziel der ärztlichen Kunst ein langes, gesundes oder doch von Krankheit möglichst freies Leben, dann gibt es für die Pharmakologie noch viele ungelöste Probleme.

• die Infektionskrankheiten Malaria, chronische Hepatitiden B und C, die HIV-Infektion, die Tuberkulose; • Malignome; • die Arteriosklerose (koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Cerebralsklerose); • Immunopathien einschließlich der Abstoßungsreaktionen nach allogenen Transplantationen; • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen; • metabolische Krankheiten; • die neurodegenerativen Erkrankungen; • psychiatrische Krankheiten.

Der Geist der Medicin ist leicht zu fassen; Ihr durchstudirt die groß’ und kleine Welt Um es am Ende gehn zu lassen, Wie’s Gott gefällt.

1.2. Wirkungen von Pharmaka auf den Organismus: allgemeine Pharmakodynamik Pharmakodynamik

rezeptorvermittelt

1.2.1. Rezeptorvermittelte und nicht rezeptorvermittelte Pharmakawirkungen

Pharmakarezeptoren

spezifisches

Protein

nicht

rezeptorvermittelte

Tab. 1.1 Rezeptorvermittelte und nicht rezeptorvermittelte Pharmakawirkungen: eine Auswahl A: Rezeptorvermittelte Pharmakawirkungen

Enzyme

+

+

+

+

Heptahelikale Neurotransmitter- und Hormonrezeptoren 1

1

2

2

1 1A 1D

12 1

Rezeptorproteinkinasen

Transkriptionsregulatoren

3

2

A: Rezeptorvermittelte Pharmakawirkungen

Ionenkanäle spannungsgesteuert

ligandengesteuert

3

A

NeurotransmitterTransporter

Elektrolyttransporter

+

+

+

Glukosetransporter

– –

+

Andere Pharmakarezeptoren Pharmaka Funktionsverstärkend

Funktionsabschwächend

Strukturproteine C.-botulinum Proteine der Gerinnungs-kaskade

C.-botulinum C.-botulinum

B: Nicht rezeptorvermittelte Pharmakawirkungen Wirkprinzip

Pharmaka

Vitamin-K-Hydrochinon ist Cofaktor für die mikrosomale γ-Carboxylase und wird dabei in das 2,3-Epoxid umgewandelt. Die Reduktion des 2,3-Epoxids zum Vitamin-K-Hydrochinon erfolgt durch die kumarinsensitive Epoxidreduktase. 5-Fluorouracil hemmt die Thymidylat-Synthase erst nach Umwandlung in 5-Fluordesoxyuridinmonophosphat. Es gibt zahlreiche Inhibitoren für Tyrosinkinasen und andere Signalkinasen. Weitere Informationen in . VEGF: vascular endothelial growth factor; PDGF: platelet-derived growth factor; EGF: epidermal growth factor. Aciclovir und Valaciclovir wirken erst nach Phosphorylierung zum Triphosphat. Die Spezifität für die Zellmembran wird durch Anlagerung an Membranlipide erreicht. Für weitere Informationen .

• Bei Aciclovir führt die durch mehrere Enzyme katalysierte Phosphorylierung des aufgenommenen Arzneistoffs Acycloguanosin (Aciclovir) zu Acycloguanosintriphosphat. Erst Acycloguanosintriphosphat ist der eigentliche Wirkstoff, weil es eine hohe Affinität zur viralen DNA-Polymerase hat und zum Kettenabbruch der viralen DNA führt. Die Virusspezifität von Acycloguanosin beruht auf dem Vorkommen von viraler Thymidinkinase, die den ersten Schritt zum Acycloguanosinmonophosphat katalysiert, und auf der hohen Affinität der viralen DNAPolymerase für das Endprodukt Acycloguanosintriphosphat. • Ähnlich kompliziert sind die Reaktionswege auch bei manchen älteren Pharmakonwirkungen. Die cholesterinsenkenden Statine hemmen die HMG-CoA-Reduktase, das Schlüsselenzym der Cholesterinbiosynthese ( ). Die cholesterinsenkende Wirkung kommt indirekt zustande, da die Verarmung an Cholesterin in der Leber zu vermehrter Synthese von LDL-Rezeptoren und dadurch erhöhter zellulärer Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blutplasma führt.

450

1.2.2. Kinetik der Pharmakon-Rezeptor-Interaktion

Agonisten und Antagonisten

+1

−1

Allosterisches Modell der Rezeptor-Pharmakon-Interaktion . Links ist die relative Besetzung des inaktiven Rezeptors (R) und des aktiven Rezeptors (R*) ( Teil A ) durch einen Antagonisten (B für Blocker; Teil B ), Agonisten (A; Teil C ), partiellen Agonisten (pA; Teil D ) und inversen Agonisten (iA; Teil E ) dargestellt. Die Länge der Pfeile gibt die Größe der jeweiligen Geschwindigkeitskonstanten wieder. Umrandet und rot hinterlegt ist jeweils der Komplex (in A die Konformation), der (die) im Gleichgewicht überwiegt. In Teil D ist ein partieller Agonist mit der intrinsischen Aktivität 0,5 dargestellt. Rechts ist das relative Verhältnis des inaktiven und aktiven Rezeptors sowohl als Zahl wie auch als Waage dargestellt. ABB. 1.3

1. Bindung des Pharmakons an seinen Rezeptor aktiviert eine dem Rezeptor zugeordnete Funktion. Substanzen, die die Rezeptorfunktion aktivieren, werden als Agonisten bezeichnet. 2. Bindung des Pharmakons an seinen Rezeptor aktiviert eine dem Rezeptor zugeordnete Funktion nicht, blockiert aber die Bindung des Agonisten und damit die Agonist-induzierte Wirkung. Substanzen mit diesen Eigenschaften werden als kompetitive Antagonisten bezeichnet. Antagonist nicht

wesentliche Kennzahl eines Pharmakons i s t

seine Affinität zum Rezeptor, die durch die Dissoziationskonstante K

D

bestimmt

wird.

f

D

D

dann, wenn die freie Konzentration des Pharmakons gleich K D ist, d. h. K D = [P] f , die Hälfte aller Rezeptoren mit Pharmakon besetzt, also [R] f = [RP] ist. D

Partielle Agonisten

partielle Agonisten intrinsische Aktivität Effizienz

efficacy

partielle Antagonisten

β

Inverse Agonisten inverse

Agonisten.

A

• Das Benzodiazepin Diazepam ist e in Agonist an der Benzodiazepin-Bindungsstelle. Es bindet an die Benzodiazepin-Bindungsstelle, ohne den Kanal zu öffnen, erhöht aber die Bindung von GABA und dadurch die Offenwahrscheinlichkeit der Chloridkanäle und den GABA-regulierten Chloridstrom. Auf diesem allosterischen Mechanismus beruht die angstlösende Wirkung der Benzodiazepine . • β-Carboline , z. B. β-Carbolin-3-Carbonsäure-ethylester (β-CCE) , sind inverse Agonisten an der Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABA A -Rezeptors. Durch ihre Bindung vermindern sie die Bindung von GABA und dadurch die Offenwahrscheinlichkeit der Chloridkanäle und den GABA-regulierten Chloridstrom. Auf diese Weise wirken sie angstverstärkend. β reinen Antagonisten Flumazenil

Rezeptorreserve

Effektor

Rezeptorreserve

e D 50

D

c

50

Beziehung zwischen Bindung (B) und Wirkung (W) einer Substanz A bei einer 90-prozentigen Rezeptorreserve. Kurve B zeigt die Bindung der Substanz A an einen Rezeptor nach Gleichung 3. Die Dissoziationskonstante (= K D ) ist 1 μM. Kurve W gibt die Wirkung von A wieder, wenn die halbmaximale Wirkung bereits bei einer Besetzung von 5 % der Rezeptoren erzielt wird (s. a. Gleichung 4). Der EC 50 -Wert ( e ffective c oncentration, bei der 50 % der Wirkung erreicht werden) ist 50 nM. ABB. 1.4

Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen Konzentrations-Bindungs-Kurven

D

Konzentrations-Wirkungs-Kurven α

1

50 50

Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen von zwei Agonisten A und B und einem Antagonisten C. Teil A: Konzentrations-Wirkungs-Beziehung für Substanzen A und B. EC 50 , e ffective c oncentration, bei der 50 % der Wirkung erreicht werden. Teil B: Inhibition der Wirkung von Substanz A durch Substanz C. IC 50 , i nhibitory c oncentration, bei der 50 % der Wirkung von Substanz A aufgehoben sind. ABB. 1.5

i 5 0

α

1

50

Kompetitive, nichtkompetitive und funktionelle Antagonisten kompetitive Antagonismus

c

Nichtkompetitive Antagonisten

kompetitiver Antagonist parallel zu höheren Konzentrationen

50

nichtkompetitiven Antagonisten

maximale Wirkung des Agonisten vermindert,

50

Kompetitiver und nichtkompetitiver Antagonismus. A) Substanz D, ein kompetitiver Antagonist, verschiebt die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung für Substanz A parallel. Die Verschiebung hängt von der Konzentration von Substanz D ab. A+0, KonzentrationsWirkungs-Kurve für den Agonisten A in Abwesenheit von D. A+1×D, A+10×D, A+100×D, Konzentrations-Wirkungs-Kurven für den Agonisten A in Anwesenheit des Antagonisten D in Konzentrationen von 1×K D , ABB. 1.6

10×K D und 100×K D . K D ist die Dissoziationskonstante des Antagonisten D. B) Substanz E, ein nichtkompetitiver Antagonist, vermindert die maximale Wirkung von Substanz A. A+0, Konzentrations-Wirkungs-Kurve für den Agonisten A in Abwesenheit von E. A+0,5×E, A+1×E, A+2×E, A+4×E, A+8×E, Konzentrations-Wirkungs-Kurven für den Agonisten A in Anwesenheit des Antagonisten E in Konzentrationen von 0,5×K D , 1×K D , 2×K D , 4×K D und 8×K D . K D ist die Dissoziationskonstante des Antagonisten E.

funktionellem Antagonismus . 2

α

α

1

1

Irreversible Wirkungen reversibel

irreversiblen

Bindung α

Neusynthese des Enzyms bzw. des Rezeptors

1.2.3. Pharmakonwirkungen am Menschen Dosis-Wirkungs-Beziehung

Dosis-Wirkungs-Beziehung

K o nz e n t r a t io n sa n g a b e 50 10

95

ED

Einzeldosis

50 50

2

Toxizität und therapeutische Breite

unerwünschte Wirkungen akuten

50

Reproduktionstoxizität ,

l

Toxizität

chronische

D

50 %

Toxizität

Mutagenitätsstudien ,

Kanzerogenitätsstudien

Risikoprofils 50 5 0

Dosis-Wirkungs-Beziehungen für erwünschte und unerwünschte Wirkungen einer Substanz A. Die Ordinate zeigt die Häufigkeit, mit der bei den Versuchstieren (oder Patienten) die gewünschte Wirkung (blaue Kurve) oder der Tod (rote Kurve) auftritt. Die Dosis-Letalitäts-Kurve ist gegenüber der Kurve für die erwünschte Wirkung nur um eine Zehnerpotenz nach rechts verschoben. Der Bereich zwischen ED 75 und ED 95 ist rosa unterlegt. Eine solche Dosierung (zwischen ED 75 und ED 95 ) wäre aber zu gefährlich: in ABB. 1.7

diesem Dosisbereich sterben 23–65 % der Behandelten (Schnittpunkte mit der roten Kurve).

50 75

95 50

therapeutische Breite

50

50

erheblichen unerwünschten Wirkungen.

50

therapeutische

Biologische Determinanten der Arzneistoffwirkung

Index ,

5

9 5

Chronopharmakologie

Toleranz .

1. Das Pharmakon induziert die verstärkte Neusynthese des inaktivierenden Enzyms und wird infolgedessen schneller eliminiert (pharmakokinetische Toleranz) . Dieser Vorgang ist in der Pharmakotherapie von großer Bedeutung ( , „Enzyminduktion“). 2. Durch Einnahme des Pharmakons wird der Rezeptor, an den das Pharmakon bindet, oder der nachgeschaltete Reaktionsweg unempfindlicher (pharmakodynamische Toleranz ). Auch diese Regulationsmöglichkeit wird bei vielen Arzneistoffen beobachtet. Sie ist besonders ausgeprägt bei der Morphintoleranz, kommt aber genauso bei der Behandlung mit positiv inotrop wirksamen Catecholaminen oder einem erhöhten Sympathikustonus vor. Grundlage ist meist eine Verminderung der Zahl oder Funktion der Rezeptoren (Desensitisierung). Die Mechanismen werden im folgenden Abschnitt besprochen. Alter,

Vorerkrankungen

Genpolymorphismen .

1.2.4. Rezeptor-Signal-Transduktion

Lipophile Pharmaka Transkriptionsfaktoren

Rezeptorvermittelte Regulation zellulärer Funktionen: eine Übersicht. Oben links Regulation durch einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor mit Gαβγ, dem trimeren G-Protein-Komplex, Gα, der G-Protein-α-Untereinheit, Gβγ, der G-Protein-βγ-Untereinheit, und RGS, den R egulatoren der G -Protein- S ignaltransduktion . Oben rechts Regulation durch einen ligandengesteuerten Kationenkanal, dessen Öffnung die Membran depolarisiert; dadurch wird ein spannungsgesteuerter Calciumkanal geöffnet. Rechts Regulation durch NO, das die lösliche Guanylylcyclase, sGC, aktiviert. Links der Weg von einem Steroidrezeptor, SR, zum Zellkern. ABB. 1.8

hydrophile

heptahelikale Rezeptoren Effektor

Second Messenger , 3

ABB. 1.9

Fünf häufige intrazelluläre Signalmoleküle.

ligandengesteuerte Ionenkanäle , 2+

Guanylylcyclasen

Synthese und Rezeptoren von cGMP. NO stimuliert die lösliche Guanylylcyclase (sGC) , während a trio n atriuretisches Peptid (ANP) , b rain-type n atriuretisches P eptid (BNP) , C -type n atriuretisches P eptid (CNP) und Guanylin verschiedene p artikuläre (membrangebundene) G uanylylcyclasen (pGC) stimulieren. Funktionen von cGMP: 1. cGMP kann die Aktivität mehrerer cAMP hydrolysierender Phosphodiesterasen (PDE) regulieren und damit über die cAMP-Signalkaskade zelluläre Funktionen steuern. 2. In vielen Zellen wird durch cGMP die cGMP-abhängige Proteinkinase I oder II (cGMP-Kinase) aktiviert. Aktivierte cGMP-Kinase I senkt erhöhte Calciumspiegel im glatten Muskel. cGMP moduliert also unter anderem die Konzentration der intrazellulären Signale cAMP und Ca 2+ . 3. Im Riechsystem und in der Retina werden durch cGMP verschiedene c yclic n ukleotide- g ated (CNG) Kationenkanäle geöffnet. Mittels dieser CNG-Kanäle sehen Sie diese Abbildung. ABB. 1.10

n

g

f Rezeptorproteinkinasen

Rezeptortyrosinkinasen, rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen

Rezeptorserin /Threoninkinasen α

2

2

Signalumwandlung an Rezeptorproteinkinasen. A) Rezeptortyrosinkinase: Die Bindung eines Liganden, z. B. e pidermal g rowth f actor (EGF), führt zur Rezeptordimerbildung, Aktivierung der Rezeptorkinase und Phosphorylierung von Tyrosinen des Rezeptors selbst und anderer Substrate. Hier sind also Rezeptor und Proteinkinase dasselbe Protein. B) Rezeptor-assoziierte Tyrosinkinase : Die Bindung eines Liganden, z. B. Erythropoetin, führt zur Rezeptordimerbildung, Assoziierung und Aktivierung einer vom Rezeptor verschiedenen Tyrosinkinase und Phosphorylierung von Tyrosinen des Rezeptors selbst und anderer Substrate. Hier sind also Rezeptor und Proteinkinase separate Proteine. C) Rezeptorserin/Threoninkinase: Die Bindung eines Liganden, z. B. t ransforming g rowth f actor β (TGFβ), führt zur Rezeptortetramerbildung (die Dimere der Rezeptoruntereinheiten sind nicht dargestellt; ), Aktivierung der Rezeptorkinase und Phosphorylierung von Serinen des Rezeptors selbst und anderer Substrate. Hier sind also wie in A Rezeptor und Proteinkinase dasselbe Protein. ABB. 1.11

2 +

reversible Phosphorylierung von Proteinen Steuerung

zellulärer

anpassungsfähige

Funktionen

Im Folgenden werden die Grundzüge der Signalkaskaden, die den heptahelikalen Rezeptoren, Ionenkanälen und Rezeptorproteinkinasen nachgeschaltet sind, dargestellt.

Signaltransduktion durch heptahelikale Rezeptoren

α

G-Proteine

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren α

β α

γ αβγ

αβγ

α

βγ

βγ

α

R G S G-Proteine sind also Relaismoleküle, die durch ihre Gα- und Gβγ-Untereinheiten eine Information auf getrennte Effektoren übertragen.

α 2

Regulation zellulärer Funktionen durch G-Proteine. Aktivierung von Rhodopsin oder einem heptahelikalen Rezeptor führt zur Dissoziation eines spezifischen G-Proteins in seine Gα- und Gβγ-Untereinheit. Hierdurch werden zahlreiche zellspezifische Signalkaskaden gesteuert, die sich im Bild von oben nach unten verfolgen lassen. G-Proteine: G t , Transducin; G olf , olfaktorisches G-Protein ; G s , stimulierendes G- Protein; G i /G o inhibitorisches und anderes ( o ther) G-Protein. G i und G o sind verschiedene G-Proteine, die aber meist den ABB. 1.12

gleichen Effektor stimulieren; dasselbe gilt für G q und G 11 und für G 12 und G 13 . Effektoren: PDE 6, Phosphodiesterase-Isoenzym 6; AC, Adenylylcyclase; K + -Kanäle, G-Protein-regulierte K + -Kanäle; nCa 2+ -Kanäle, neuronale spannungsgesteuerte Calciumkanäle; PI3K, Phosphatidylinositol-3Kinase; PLCβ1–4, Phospholipase-C-Isoenzyme. Second Messenger: cGMP, Guanosin-3',5'-monophosphat; cAMP, Adenosin-3',5'-monophosphat; DG, 1,2-Diacylglycerol; IP 3 , Inositol-1,4,5-trisphosphat. Nachgeschaltete Strukturen: CNG-Kanal, ein c yclic n ukleotide- g ated Kationenkanal; PIP 2 , Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat; PDK1, p hosphatidylinositol- d ependent protein k inase 1; PKB, P rotein k inase B; PKC, P rotein k inase C; IP 3 -R, Rezeptor für IP 3 , ein IP 3 -gesteuerter intrazellulärer Calciumkanal.

• Gα t , auch Transducin genannt, ist essenziell für die Lichtwahrnehmung im Auge ( ). Gα t stimuliert die Phosphodiesterase (PDE 6), die in der Retina cGMP hydrolysiert. Dadurch kommt es zur Schließung des CNG-Kanals im Außensegment von Zapfen und Stäbchen. Die folgende Membranhyperpolarisation und die Abnahme der intrazellulären Calciumkonzentration werden als elektrisches Signal weitergeleitet und verursachen schlussendlich in der Sehrinde die Wahrnehmung eines Bildes. • Gα olf stimuliert die Adenylylcyclase des Riechepithels. Das gebildete cAMP aktiviert im Riechepithel einen CNG-Kanal und führt zur Depolarisation der Riechzelle. Die Weiterleitung des Signals in den Bulbus olfactorius führt zur Geruchswahrnehmung. • Gα s stimuliert die Adenylylcyclase ubiquitär und erhöht dadurch die cAMP-Konzentration. Mit Ausnahme des Seh- und Riechorgans wird durch cAMP eine cAMP-abhängige Proteinkinase aktiviert, die verschiedenste Proteine an Serin oder Threonin phosphoryliert und dadurch eine Konformationsänderung bzw. Aktivitätsänderung bewirkt. • Gα i hemmt die Adenylylcyclase. • Dagegen hat die Gβγ -Untereinheit, die in vielen Zellen durch Aktivierung von G i und G o freigesetzt wird, mehrere Partner wie acetylcholinregulierte Kaliumkanäle (K + (ACh) -Kanäle), neuronale spannungsgesteuerte Calciumkanäle , die Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K) und die Phospholipase-C (PLC)- Isoenzyme β 2 und β 3 . Bindet Gβγ an PLCβ, so kommt es zur Hydrolyse von Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP 2 ) zu Diacylglycerol (DG) und Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP 3 ). DG aktiviert verschiedene Isoenzyme der Proteinkinase C (PKC) . IP 3 setzt Calcium aus intrazellulären Speichern frei. Die Aktivierung der PI3K führt durch Phosphorylierung der Inositol-3-Hydroxylgruppe in PIP 2 zur Bildung von PI3,4,5P 3 . PI3,4,5P 3 ist der membrangebundene Bindungspartner, an den die Phosphatidylinositol-abhängige Proteinkinase 1 (PDK1) und Proteinkinase B (PKB oder AKT genannt) binden. Durch die Membranlokalisation wird PDK1 aktiviert. PDK1 phosphoryliert PKB, die dadurch und durch Phosphorylierung mittels einer weiteren Proteinkinase aktiviert wird. PKB reguliert multiple Zellfunktionen, unter anderem ist sie in die antiapoptotische Zellregulation eingebunden ( ). • Gα q und Gα 11 , die Gα-Untereinheiten der G-Proteine G q und G 11 , aktivieren die Isoenzyme β 1 und β 4 der PLC, wodurch ebenfalls die Bildung von DG und IP 3 mit nachgeschalteter Freisetzung von Calcium gesteigert wird ( ). • Dagegen aktivieren Gα 12 und Gα 13 das kleine GTP-bindende und -hydrolysierende Protein Rho. Hierbei kommt es wiederum zum Austausch von GDP durch GTP. Rho-GTP stimuliert die RhoKinase , die unter anderem in vielen Zellen bewirkt, dass die Myosinphosphatase phosphoryliert und inaktiviert wird. Dies führt zu einer verstärkten Phosphorylierung der leichten Kette des Myosins und zu einer erhöhten Kontraktilität des Zytoskeletts und des glatten Gefäßmuskels. Signaltransduktion durch ligandengesteuerte Ionenkanäle ionotrope Rezeptoren Nicotinrezeptor spannungsgesteuerte Natriumkanäle , spannungsgesteuerte Calciumkanäle

2+

Regulation zellulärer Funktionen durch Ionenkanäle. Rechts die erregende Signalkaskade vom Nicotinrezeptor über spannungsabhängige Natrium- und Calciumkanäle und unter Umständen eine calciuminduzierte Calciumfreisetzung aus dem endo- bzw. sarkoplasmatischen Retikulum (ER/SR) zur Steuerung spezifischer Zellfunktionen. Links drei Hemmmechanismen, nämlich durch Kaliumkanäle, GABA A - bzw. Glycinrezeptor-Chloridkanäle und G i /G o ABB. 1.13

gekoppelte Muscarinrezeptoren.

Chloridkanäle A

Kaliumkanälen 2+

βγ

o

βγ

α

i +

βγ

Signaltransduktion durch Rezeptorproteinkinasen

Ras Jak/Stat

Smad

(ACh)

Signalkaskaden von Rezeptorproteinkinasen zum Zellkern Die ersten Schritte wurden in dargestellt. Ihnen schließen sich bis zur Steuerung der Expression wachstums- und differenzierungsspezifischer Gene die hier gezeigten Reaktionen an. Alle bestehen aus Kaskaden von Proteinkinasen, deren Aktivität durch Proteinphosphatasen gegengesteuert wird. Links: Rezeptortyrosinkinasen. Über Rezeptortyrosinkinasen wirken Insulin und Wachstumsfaktoren wie IGF1 ( i nsulin-like g rowth f actor 1 ), EGF ( e pidermal g rowth f actor) , VEGF ( v ascular e ndothelial g rowth f actor), PDGF ( p latelet- d erived g rowth f actor), FGF ( f ibroblast g rowth f actor), NGF ( n erve g rowth f actor) und BDNF ( b rain- d erived n eurotrophic f actor). Im intrazellulären Teil besitzt das Rezeptorprotein Tyrosinkinaseaktivität ( ). Bindung des Agonisten an den extrazellulären Teil führt zur Dimerisierung der monomeren Rezeptoren oder – beim tetrameren Insulinrezeptor – zur Änderung von dessen quaternären Struktur. Hierdurch kommt es in einem autokatalytischen Prozess zur Phosphorylierung spezifischer Tyrosine des zytoplasmatischen Teils der Rezeptortyrosinkinasen. Die Phosphorylierung steigert einerseits die Tyrosinkinaseaktivität, andererseits wird durch sie eine hoch affine Bindungstasche für andere Signalproteine gebildet, die eine Phosphotyrosin-Erkennungsdomäne besitzen, z. B. die Src-Homologie2(SH2)-Domäne oder die Phosphotyrosinbindungs(PTB)-Domäne. Rezeptortyrosinkinasen koppeln an die Ras -Kaskade (von Ra tten s arkomvirus). Durch Ras wird die Zellproliferation gesteuert. Bei etwa 30 % der menschlichen Tumoren werden aktivierende Mutationen von Ras gefunden. Ras ist ein kleines Guaninnukleotid-bindendes Protein, das an die zytosolische Seite der Plasmamembran assoziiert ist. Seine biologische Aktivität wird durch den Austausch von GDP gegen GTP reguliert. Der Guaninnukleotid-Austauschfaktor Sos ( s on o f s evenless , ein Ausdruck aus der Drosophila -Genetik) fördert diesen Austausch, wodurch aktives GTP- Ras gebildet wird. Ras wird deaktiviert durch Stimulation seiner GTPase-Aktivität, z. B. durch das G TPase- a ktivierende P rotein (GAP) Nf1, Neurofibromin; ( Mutation dieses Gens führt zur Neurofibromatose von Recklinghausen), das die Hydrolyse von GTPRas zu inaktivem GDP-Ras beschleunigt. Die Aktivierung von Ras durch Rezeptortyrosinkinasen benötigt noch zwei Adapterproteine, SHC und Grb2, die mit ihren SH2-Domänen an verschiedene Phosphotyrosinbindungsplätze der aktivierten Rezeptortyrosinkinase binden. Im nächsten Schritt bindet GTP-Ras an den Aminoterminus der Serin/Threoninkinase Raf ( R as- a ctivated f actor) . Hierdurch wird die im Carboxyterminus von Raf liegende Kinase aktiviert und MEK ( M AP/ E rkphosphorylierende K inase) phosphoryliert. MEK ist eine zweifach spezifische Proteinkinase, die ERK1/2 ( e xtracellular r eceptor-stimulated k inase) an Threonin und Tyrosin phosphoryliert und dadurch aktiviert. Aktivierte ERKs sind Serin-/Threoninkinasen, die weitere Proteinkinasen phosphorylieren können oder in den Zellkern wandern und dort Transkriptionsfaktoren, z. B. Elk-1, phosphorylieren. Durch Rezeptortyrosinkinasen werden auch PLCγ und PI3K aktiviert ( ). Mitte: Rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen. Über rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen wirken viele Zytokine wie Erythropoetin, G-CSF ( G ranulozyten- C olonie- s timulierender F aktor), Interferon β und γ, IL6 (Interleukin 6) und LIF ( L eukämie- i nhibierender F aktor). Bindung des Zytokins an den extrazellulären Teil führt entweder zum Homodimer der zytokinspezifischen Untereinheit oder (IL6, LIF) zu einem Heterodimer, bestehend aus der zytokinspezifischen Untereinheit und einer gemeinsamen Untereinheit GP130 ( G lyko p rotein mit dem Molekulargewicht 130 kD; so im Bild). Die intrazellulären Teile dieser Rezeptoren besitzen selbst keine Tyrosinkinaseaktivität ( ). Rezeptorassoziierte Tyrosinkinasen koppeln an die Jak/Stat -Kaskade (von j ust a nother k inase und s ignal t ransduction and a ctivation of t ranscription). Zwar ist der Rezeptor, wie gesagt, nicht selbst enzymatisch aktiv, nach seiner Homo- oder Heterodimerisierung lagert er aber die intrazelluläre Tyrosinkinase Jak an und aktiviert sie. Jak phosphoryliert dann den Rezeptor, an den phosphorylierten Rezeptor bindet Stat, und Stat wird schließlich seinerseits von Jak phosphoryliert. Das phosphorylierte Stat dimerisiert über SH2-Domänen mit einem zweiten Phospho-Stat. Der Komplex wandert in den Kern und stimuliert die Expression von Differenzierungsgenen. Rechts: Rezeptorserin-/Threoninkinasen. Über sie wirken andere Zytokine wie TGFβ ( t ransforming g rowth f actor β) und BMP2 ( b one m orphogenetic p rotein 2). Es gibt zwei Untereinheittypen des Rezeptors, I und II, die jeweils als Homodimere (I 2 und II 2 ) vorliegen. Beide Typen besitzen eine intrazelluläre Serin-/Threoninkinase-Domäne. Bindung des Agonisten an II 2 führt zur Aktivierung der II 2 -Kinase, zur ABB. 1.14

Tetramerbildung (I 2 II 2 ) mit einem Untereinheitdimer I 2 und zur Serinphosphorylierung und dadurch Aktivierung der Kinase von I 2 . Rezeptor-Serin-/Threoninkinasen koppeln an die Smad -Kaskade (Kunstname; das Wirbeltierhomolog für Sma [C. elegans] und Mad [Drosophila] ). Die phosphorylierte Untereinheit I des Tetramers bindet und phosphoryliert das Signalprotein Smad1. Das phosphorylierte Smad1 oligomerisiert mit Smad4. Der Oligomer wandert in den Kern und aktiviert dort spezifische Gene.

NFκB

Caspasen

Interaktion von Signalkaskaden

Crosstalk

Rezeptor-Crosstalk: Regulation des Phosphatidylinositolstoffwechsels durch einerseits heptahelikale Rezeptoren und andererseits Rezeptortyrosinkinasen. Die Isoenzyme der Phospholipase C (PLC) werden durch beide Rezeptortypen reguliert (links). Dasselbe gilt für die Isoenzyme der Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K; rechts). Durch beide Rezeptortypen werden deshalb gleiche oder ähnliche intrazelluläre Signalkaskaden aktiviert. Phosphatidylinositol-3,4,5-trisphosphat (PI3,4,5P 3 ) bleibt im inneren Teil der Membran und bindet dort PKB (Proteinkinase B) , die dann von ABB. 1.15

PDK1 (phosphatidylinositol-dependent protein kinase 1) phosphoryliert und aktiviert wird. Andere Abkürzungen .

2 2

3

3 3

2

heptahelikalen

βγ Rezeptoren

α

q

βγ

und Rezeptortyrosinkinasen α q

konvergieren

βγ

Desensitisierung von heptahelikalen Rezeptoren

Zahl der Rezeptoren Stunden bis Tage.

drei weitere Regulationen,

innerhalb von

Sekunden bis Minuten G

R

k

Desensitisierung eines heptahelikalen Rezeptors. Als Beispiel wurde der β 2 -Adrenozeptor gewählt. Phosphorylierung durch die Effektorkinase des β 2 -Adrenozeptors, also die cAMP-Kinase (PKA). Durch die Phosphorylierung nimmt die Affinität des Rezeptors für G s ab und die Affinität für das inhibitorische G ABB. 1.16

i zu.

Gα i hemmt dann die Adenylylcyclase (Kreis am mittleren β 2 -Rezeptor). β-Arrestin ist nicht beteiligt.

Phosphorylierung durch eine spezifische „G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinase“ (GRK) , die β-Adrenozeptor-Kinase . Diese Phosphorylierung (an anderen Stellen als durch die cAMP-Kinase) erhöht die Affinität zu β-Arrestin. Intrazelluläre Sequestrierung . β-Arrestin bindet an Clathrin und führt dadurch zur Endozytose des Rezeptorkomplexes. Bei niedrigem pH im Vesikel wird der Rezeptor dephosphoryliert, resensitisiert und in die Plasmamembran reinkorporiert.

1. Phosphorylierung des Rezeptors durch die zugehörige Effektorkinase. Als Beispiel dient der β 2 -Adrenozeptor . Die zugehörige Effektorkinase ist die cAMP-Kinase (PKA) . Wenn sie aktiviert ist, phosphoryliert sie (außer anderen Zielproteinen) den β 2 -Adrenozeptor an einem Serin in der dritten zytoplasmatischen Schleife und im C-Terminus ( ). Durch diese Phosphorylierung wird die Konformation des Rezeptors so geändert, dass seine Interaktion mit dem G s -Protein vermindert und die Interaktion mit G i erhöht wird. Durch die Bindung von G i wird die katalytische Aktivität der Adenylylcyclase gehemmt. Analoges gilt für G q -gekoppelte Rezeptoren, die die PKC aktivieren: Die PKC phosphoryliert und inaktiviert G q -gekoppelte Rezeptoren. In beiden Fällen werden durch die cAMP-Kinase bzw. die PKC alle Rezeptoren phosphoryliert, die den cAMP-Kinase- bzw. PKC-Signalweg aktivieren. Die Phosphorylierung durch die Effektorkinasen ermöglicht also sowohl eine homologe Desensitisierung als auch eine Kreuz- oder heterologe Desensitisierung von Rezeptoren. 2. Phosphorylierung des Rezeptors durch eine spezifische G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinase (GRK) . Dies ist der wesentliche Mechanismus, der zu einer schnellen, agonist- und rezeptorspezifischen Desensitisierung von aktivierten heptahelikalen Rezeptoren führt. Er benötigt zwei Schritte ( ): – An die R*- bzw. AR*-Konformation des Rezeptors ( ) bindet eine rezeptorspezifische GRK, im Falle des β 2 -Adrenozeptors β-Adrenozeptor-Kinase (= βARK), und phosphoryliert den Rezeptor. Die Phosphorylierung des β 2 -Adrenozeptors durch βARK erhöht seine Affinität für das zytoplasmatische Protein β-Arrestin 10- bis 30-fach. – Die Bindung von β-Arrestin verhindert sterisch die Bindung und Aktivierung von G s . Der entscheidende Schritt dieser Regulation, die Aktivierung der GRK, erfolgt durch eine Interaktion des Enzyms mit Gβγ und PI4,5P 2 . Ihrer Spezifität wegen vermitteln die GRKs nur eine homologe Desensitisierung. 3. Intrazelluläre Sequestrierung des Rezeptors . Dabei wird der Rezeptor durch Verlagerung ins Zellinnere der Wirkung des Agonisten entzogen ( ). Bei einigen, aber nicht allen Rezeptoren erfolgt die Sequestrierung nach der Bindung von β-Arrestin. β-Arrestin bindet auch an Clathrin , ein Membranprotein, das die Endozytose des Rezeptors fördert. Nach endozytotischer Aufnahme wird der Rezeptor-β-Arrestin-Komplex im sauren Milieu des Vesikels dephosphoryliert. Hierdurch dissoziieren β-Arrestin und der Ligand vom Rezeptor, und der Rezeptor kann in die Plasmamembran zurückkehren. Der wieder eingebaute Rezeptor besitzt die ursprüngliche Affinität für Agonist und G-Protein und kann nach Aktivierung durch einen Agonisten wieder eine normale Zellantwort auslösen.

1.3. Medizinische Gentechnologie und Gentherapie … the whole business was like a child’s toy that you could buy at the dime store, all built in this wonderful way that you could explain in Life Magazine so that really a five-year-old can understand what’s going on … This was the greatest surprise for everyone. Max Delbrück (1906–1981) über Genetik

Klassische Pharmaka

• an Rezeptoren für Hormone und Neurotransmitter (z. B. Antihypertensiva, Neuroleptika, Tranquillantien, Opiatanalgetika, Histamin-H 2 -Rezeptor-Antagonisten, Steroidhormone), • an Ionenkanälen (z. B. Lokalanästhetika, Calcium-Antagonisten, Antiepileptika), • an Transportern (z. B. Diuretika, Antidepressiva, Cocain) oder • an Enzymen (nichtsteroidale Analgetika/Antiphlogistika, Protonenpumpen-Inhibitoren, Herzglykoside, Statine).

Geschichte

Herstellung rekombinanter humaner Proteine. (Escherichia coli)

1.3.1. Gentechnisch hergestellte Arzneistoffe (Proteine) Escherichia coli

• Humaninsuline einschließlich Insulin lispro (Humalog ® ) • Glukagon • Hypophysenhormone: Gonadotropine , Somatotropin , Thyreotropin • Erythropoietin = Epoetin-α und -β • Zytokine und Wachstumsfaktoren für Blutzellen: Interferon-α, -β und -γ; Interleukin-2; „granulocyte colony-stimulating factor“; „granulocyte-macrophage colony-stimulating factor“ u. a. • Fibrinolytika, Gewebeplasminogenaktivatoren: t-PA, Alteplase (Actilyse ® ) sowie mutierte Plaminogenaktivatoren, wie r-PA, Reteplase (Rapilysin ® ); TNK-tPA, Tenecteplase (Metalyse ® ) , n-PA, Lanoteplase • menschliche Gerinnungsfaktoren (Faktoren VII, VIII und IX) • der Thrombozytenaggregationshemmer Abciximab (ReoPro ® ) • Impfstoffe (Hepatitiden A, B und C, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio u. a.) • humanisierte oder vollständig humane monoklonale Antikörper ( ), z. B. Infliximab (Remicade ® ) zur Hemmung der überschießenden Aktivität von TNF-α bei chronisch inflammatorischen Erkrankungen und Trastuzumab (Herceptin ® ) zur Behandlung des Mammakarzinoms • rekombinant hergestellte endogene Antagonisten gegen Zytokin-Rezeptoren wie Anakinra (Kineret ® ) als kompetitiver Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist • Fusionsproteine als „Decoy“-(„Köder“-)Rezeptoren zum Abfangen von Zytokinen wie Etanercept (Enbrel ® , Abfangen von TNF-α) oder zur Hemmung der Interaktion von Immunzellen wie Abatacept (Orencia ® , hemmt die Aktivierung von T-Zellen).

1.3.2. Nukleinsäure-Therapeutika

Plasmid-basierte Nukleinsäure-Therapeutika

DNA-Vakzinierung

Mycobacterium tuberculosis),

Therapeutische Oligonukleotide

• Antisense-Oligonukleotide zur Reduktion der Proteinexpression oder Modifikation des Spleißens der Vorläufer-RNA; • Antagomire, Antisense-Oligonukleotide gegen microRNAs; • siRNAs, Gensuppression mittels RNA-Interferenz; • Aptamere; • immunstimulatorische Oligonukleotide (CpG-Oligonukleotide). Überexpression ®

Antisense-Oligonukleotide Antisense-Oligonukleotiden

Hemmung

der

Bildung

von

Zielproteinen.

Methoden der Blockierung unerwünschter Genexpression. A: Wirkung von Antisense-Oligonukleotiden. Einzelsträngige DNA-Antisense-Oligonukleotide können in Zellen an die mRNA eines Gens binden und die Expression dieses Gens verhindern. Dabei werden verschiedene Mechanismen diskutiert. Einmal führt die Bildung des Komplexes aus DNA-Antisense-Oligonukleotid und der mRNA zur Aktivierung der RNase H, die spezifisch die mRNA in einem RNA-DNA-Hybrid zerschneidet. Dadurch wird diese mRNA zerstört und kann nicht in Protein umgeschrieben werden. Andererseits kann die Bindung der DNA-Antisense-Oligonukleotide an die mRNA auch direkt die Initiation und Elongation der Translation hemmen und so die Proteinsynthese unterdrücken. B: Wirkung von siRNAs – RNAi. Bei der RNA-Interferenz (RNAi) wird die Genexpression durch Zerstörung der mRNA gehemmt. Dazu werden kleine (21–23 Basenpaare) doppelsträngige sogenannte siRNAs („small interfering RNA“) eingesetzt. Diese siRNAs werden entweder chemisch synthetisiert und dann in die Zellen transfiziert oder in Zellen selbst nach Transfektion mit siRNA-Vektoren erzeugt. Die siRNAs binden in den Zellen an einen Enzymkomplex, der RISC („RNA-induced silencing complex“) genannt wird und für die Funktion der endogen von Zellen exprimierten microRNAs eine zentrale Rolle spielt (siehe „Antagomire als Antisense-Oligonukleotide gegen microRNAs“). In diesem RISC-Komplex wird die siRNA entwunden. Der so aktivierte RISC-Komplex wird dann durch spezifische Basenpaarbindung zwischen siRNA und Ziel-mRNA an diese herangeführt, um dann die Ziel-mRNA endonukleolytisch zu spalten. Dadurch wird die Translation der Ziel-mRNA und die Expression des Gens verhindert. ABB. 1.17

®

®

RNA-Interferenz, microRNAs (mRNA)

Antagomire, Antisense-Oligonukleotide gegen microRNAs

RNA-Interferenz, Gensuppression mittels siRNAs

Aptamere

®

Immunstimulatorische Oligonukleotide (CpG-Oligonukleotide)

H

1.3.3. Therapeutischer Gentransfer

somatischer Gentherapie .

(Keimbahntherapie) .

Methoden des Gentransfers in somatische Zellen

Die zwei Strategien der somatischen Gentherapie. Bei Ex-vivo-(In-vitro-)Gentherapie werden die Zielzellen (Tumorzellen, Fibroblasten, hämatopoetische Stammzellen) aus dem Organismus isoliert, in Zellkultur mit dem gewünschten Gen transduziert und anschließend in den Organismus reimplantiert. Bei der In-vivo-Behandlung wird das gesunde Gen direkt in die von der Krankheit betroffenen Körperzellen (z. B. Lungen-, Leberzellen) eingeführt. Dazu sind Vektorsysteme notwendig, die spezifisch nur die zu treffenden Zellen mit dem therapeutischen Gen transduzieren. Diese zellspezifische Gentherapie kann noch durch zellspezifische Promotoren unterstützt werden. ABB. 1.18

Tab. 1.2 Wichtige Vektoren für die Gentherapie

Vektor

Zellteilung

Retroviren (Lentiviren)

notwendig bei Onkovirusabkömmlingen, nicht notwendig bei Lentivirusabkömmlingen

Adenoviren

nicht notwendig

Adenoassoziierte Viren (AAV, Parvoviren)

nicht notwendig

„Nackte“ DNA (Plasmid /Liposomen)

nicht notwendig

Plasmide sind sich autonom vermehrende „Minichromosomen“. kb = Kilobasen (1 000 Basen) Das Genom des Menschen enthält eine Vielzahl retroviraler Sequenzen, die als HERVs (humane endogene Retroviren) bezeichnet werden. Schätzungen zufolge ist zwischen 0,6 und 1 % des menschlichen Genoms retroviralen Ursprungs. Das Gen wird an einem beliebigen Platz im Erbmaterial der Zelle eingebaut. Dabei lässt sich nicht ausschließen, dass sich das Gen zufällig inmitten einer wichtigen Erbanlage der Zelle inseriert und diese zerstört. Auch genetische Steuerungssignale könnten bei einer solchen Integration geschädigt werden und die Zellen dann beispielsweise zu erhöhter Teilungsaktivität und damit zum Krebswachstum anregen. Die Wahrscheinlichkeit für derartige Ereignisse ist gering, bedenkt man, dass Erbanlagen nur etwa 1,5 % des menschlichen Erbguts ausmachen und der größte Teil aus nichtcodierenden Bereichen besteht. Solange man mit der Gentherapie schwerkranke Patienten behandelt, für die es keine anderen Heilungschancen gibt, dürfte der Nutzen die Risiken in aller Regel weit übertreffen.

Virale Vektoren des Gentransfers

Retrovirale

Vektoren

adenoviralen

adenoassoziierte Viren ( AAV,

Vektoren

nicht menschenpathogenen Viren

®

Nichtvirale Transfermethoden

α α

1.3.4. Genome Editing

1.3.5. Anwendungen der Gentherapie (Nukleinsäure-Therapeutika und Gentransfer) • bei den klassischen Erbkrankheiten mit isoliertem Einzelgendefekt, • bei multifaktoriellen genetischen Erkrankungen (z. B. Tumoren, Herz- und Kreislaufkrankheiten) und • bei bestimmten erworbenen Erkrankungen (z. B. chronischen Infektionskrankheiten). Therapie „monogener“ Erkrankungen

Erfolge bei der Behandlung seltener erblicher Immundefekte

γ

erste

Gentherapie

γ

Erfolge bei der Behandlung von Augenkrankheiten und Leukämie

Therapieansätze bei weiteren monogenen Erkrankungen Mukoviszidose

Hämophilien

kongenitalen Form des Lungenemphysem s

α α

1

1

Thalassämien Phenylketonurie Morbus Gaucher ®

Therapieansätze bei „polygenen“ Krankheiten

Neue Strategien gegen Krebs

• Immunpotenzierung/Tumorvakzinierung, • Auslösen des Tods von Tumorzellen durch Bindung von Antikörpern oder Aptameren, • molekulare Chemotherapie (gentechnische Sensibilisierung von Tumorzellen gegen tumorizide Pharmaka, Einführung von Selbstmordgenen), • Einführung tumorrevertierender und zelltodauslösender Gene, • Ausschaltung von Onkogenen, • Modulation der krebsauslösenden Dysregulation der microRNA-Expression.

(Selbstmordgen) .

1.3.6. Herstellung induzierter pluripotenter Stammzellen (iPSC) durch gentechnische Veränderungen normaler Körperzellen

1.3.7. Regulation der Genexpression durch „klassische“ Pharmaka

3

γ

γ γ ®

γ γ γ

Genregulation als Zusatzwirkung von Pharmaka mit etabliertem Wirkmechanismus

1

1.4. Wirkungen des Organismus auf Pharmaka: allgemeine Pharmakokinetik Pharmakokinetik

klinische Pharmakokinetik

Konzentrations-Wirkungs-Beziehung. Der Calcium-Antagonist Verapamil wird wegen seiner negativ-dromotropen Wirkung auf den AV-Knoten zur Behandlung der supraventrikulären Tachykardie und Frequenzkontrolle bei Vorhofflimmern eingesetzt. Die negativ-dromotrope Wirkung manifestiert sich im Oberflächen-EKG als verlängerte PQ-Zeit und korreliert mit den Verapamil-Plasmakonzentrationen (A). Nach i. v. Gabe kommt es zu einer raschen Abnahme der Herzfrequenz bei Patienten mit Vorhofflimmern um ca. 35 Schläge pro Minute (B), wobei Abnahme der Herzfrequenz und Plasmakonzentration miteinander korrelieren (C). Die Abnahme der Herzfrequenz ist mit einer ca. 25-prozentigen Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit verbunden. ABB. 1.19

1.4.1. Durchtritt von Pharmaka durch biologische Membranen Mechanismen der Membranpermeation

ABB. 1.20

Möglichkeiten des Durchtritts von Substanzen durch eine biologische Membran .

Zellmembranen

Endothelzellen Hirn-Schranke

Effluxtransporter

Blut-

+ +

Ionenfallen-Prinzip

pH-abhängige Verteilung eines ionisierbaren Pharmakons (Ionenfallen-Prinzip). Eine Säure (pKa = 3; z. B. Salicylsäure) verteilt sich zwischen zwei Flüssigkeitsräumen mit pH 7 (z. B. Magenschleimhautzelle) und pH 3 (z. B. Magensaft). Die beiden Räume sind durch eine Lipidmembran (Zellmembran der Schleimhautzelle) getrennt. Bei pH 7 ist die Säure zu 99,99 % ionisiert, bei pH 3 nur zu 50 %. Im Gleichgewicht häuft sich die Substanz in der „Magenzelle“ massiv an. Das Beispiel setzt eine völlige Impermeabilität der Lipidmembran für Ionen voraus. In der Realität dürfte der Effekt nicht ganz so ausgeprägt sein. ABB. 1.21

Sicherheitsgründen

passive

aktiven Transport

Diffusion

1.4.2. Aufnahme von Pharmaka in den Organismus – Resorption Parenterale Applikation

ντ

ρ

ν

Intravenöse Injektion intravenöser (i. v.) Gabe

Intraarterielle Injektion intraarterielle Injektion

Intramuskuläre und subkutane Injektion i. m. oder s. c. Injektion

Resorption durch die Lunge

2

Resorption aus dem Verdauungstrakt Allgemeine Gesichtspunkte 2

Resorptionsgeschwindigkeit

Resorptionsquote

Tab. 1.3 Faktoren, die die enterale Resorption von Pharmaka beeinflussen Substanzeigenschaften

a

Galenik

Anatomie, Physiologie

Beeinflussung der Resorption durch andere Stoffe

Resorption aus der Mundhöhle

Orale

Applikationsformen

Resorption nach oraler Gabe oral

Entscheidend

für

die

Resorption

verabreicht

Lipophilie.

biologische

Verfügbarkeit (Bioverfügbarkeit)

physikochemischen Eigenschaften ,

Pharmakokinetik

Galenik.

absoluter

relativer biologischer Verfügbarkeit

absolute biologische Verfügbarkeit

Die absolute biologische Verfügbarkeit (F) einer per os verabreichten Arzneimittelformulierung im Vergleich zur i. v. Applikation wird durch den Vergleich der Konzentrations-Zeit-Kurven (AUC) ermittelt. Die Bioverfügbarkeit der i. v. Formulierung beträgt 100 % (links). Bei der relativen biologischen Verfügbarkeit werden AUC, C max und t max der Testformulierung im Vergleich mit einer ebenfalls oral verabreichten Referenzformulierung bestimmt (rechts). Die beiden Formulierungen werden dabei im Crossover-Versuch randomisiert untersucht. ABB. 1.22

relative

biologische

Verfügbarkeit,

max

max

max max

Resorption aus dem Magen

Tab. 1.4 Beeinflussung der Magenentleerung Verlangsamt durch

Resorption aus dem Rektum

Topische Applikation

Beschleunigt durch

max

1.4.3. Verteilung von Pharmaka Verteilungsräume

Bindung an Plasmaproteine

α

freie Konzentration eines Pharmakons ist dessen pharmakologisch wirksame Konzentration.

P

T u

u T

1

Zusammenhang zwischen Proteinbindung und Verteilungsvolumen von (+)-Propranolol . Mit Zunahme der freien Fraktion nimmt das Verteilungsvolumen zu. ABB. 1.23

Bindung und Speicherung im Gewebe

Gewebebindung

1.4.4. Elimination von Pharmaka durch Metabolismus Bedeutung des Metabolismus für Elimination und Wirkung

• Die Phase-I-Reaktionen sind Funktionalisierungsreaktionen . Sie führen funktionelle Gruppen in das unpolare Molekül ein oder legen entsprechende funktionelle Gruppen frei. Wichtige Phase-I-Reaktionen sind Oxidation, Reduktion, Hydrolyse und Hydratisierung. • Die Phase-II-Reaktionen sind Konjugationsreaktionen, die durch Transferasen katalysiert werden. Im Rahmen dieser PhaseII-Reaktionen werden funktionelle Gruppen z. B. mit sehr polaren, negativ geladenen endogenen Molekülen gekoppelt. Wichtige Phase-II-Reaktionen sind Glucuronidierung, Sulfatierung, Methylierung, Acetylierung sowie die Konjugation mit Aminosäuren und Glutathion.

Schema des Phase-I- und Phase-II-Arzneistoffmetabolismus. In einer durch Cytochrom-P 450 -Enzyme katalysierten Oxidationsreaktion wird in den Benzolring eines lipophilen Arzneistoffs eine Hydroxygruppe eingeführt. Die Einführung dieser Hydroxygruppe ist Voraussetzung für die anschließende Konjugation mit Glucuronsäure. Aufgrund der hohen Polarität kann der glucuronidierte Metabolit im Gegensatz zur Ausgangssubstanz und zum unkonjugierten phenolischen Metaboliten renal sehr gut eliminiert werden. UGT = Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferase . ABB. 1.24

450

450

450

Bedeutung des Metabolismus für die Elimination von Arzneistoffen am Beispiel des Perhexilins. Perhexilin wird normalerweise hydroxyliert und anschließend glucuronidiert. Seine Halbwertszeit beträgt dann 30–50 Stunden (links). Im Falle von Patienten, die einen angeborenen Defekt im Metabolismus des Perhexilins aufweisen, stellt die renale Ausscheidung der unveränderten Substanz den einzigen Eliminationsweg dar. Die Halbwertszeit beträgt dann zwischen 800 und 1 000 Stunden (rechts). ABB. 1.25

Enzyme und Reaktionen des Phase-I-Metabolismus Cytochrom-P

450 -Enzyme

Tab. 1.5 Grundtypen der Cytochrom-P 450 -katalysierten Reaktionen Aliphatische Hydroxylierung:

N-Desalkylierung:

Epoxidierung:

O-Desalkylierung:

Desaminierung: Aromatische Hydroxylierung:

Entschwefelung:

Oxidative Dehalogenierung: N-Oxidation:

S-Oxidation:

450

450 450

Schematischer Ablauf der mikrosomalen Monooxygenasereaktionen. Mikrosomen sind subzelluläre Partikel, die aus dem glatten endoplasmatischen Retikulum bei der Aufarbeitung von Gewebe und anschließender Zentrifugation entstehen. Der Reaktionszyklus besteht aus folgenden Schritten: 1) Cytochrom P 450 im oxidierten Zustand bindet das lipophile Substrat. ABB. 1.26

2) Das Flavoprotein NADPH-Cytochrom-P 450 -Oxidoreduktase (POR) überträgt ein einzelnes Elektron auf das Häm-Fe 3+ , das in Fe 2+ übergeht. Dieser Häm-Eisen-Komplex bindet molekularen Sauerstoff als 6. Liganden. 3) Nach Übertragung eines zweiten Elektrons durch die NADPH-P 450 -Oxidoreduktase oder auch durch Cytochrom b 5 entstehen aktivierter Sauerstoff und H 2 O. Der aktivierte Sauerstoff wird auf das Substrat übertragen. 4) Als Reaktionsprodukte entstehen ein Molekül Wasser und das oxidierte Substratmolekül; dabei geht Fe 2+ wieder in Fe und ein neuer Zyklus kann beginnen. FAD = Flavin-Adenin-Dinukleotid; FMN = Flavin-Mononukleotid

3+

über,

450

4 5 0

450

Familie CYP 2) Subfamilien

CYP

2C)

Isoformen CYP 2C8, 2C9, 2C19

Die für den Pharmakastoffwechsel relevanten 12 Isoformen gehören 7 Subfamilien der Genfamilien 1, 2 und 3 an

Systematik der menschlichen Cytochrom-P450-Enzyme. Arzneistoffe werden durch Enzyme der Genfamilien 1, 2 und 3 metabolisiert. Für einige therapeutisch häufig eingesetzte Arzneistoffe sind die für ihren Abbau relevanten Isoformen aufgeführt. Die Enzyme der anderen Genfamilien katalysieren die Biotransformation endogener Substrate. ABB. 1.27

3

Multiplizität der am Phase-I-Metabolismus eines Arzneistoffs beteiligten CYP-Isoenzyme , dargestellt am Beispiel des Verapamils. ABB. 1.28

Mit ca. 30 % des CYP-Gehalts ist CYP 3A4 das wichtigste Cytochrom P 450 .

Inhaltsstoffe des Zigarettenrauchs

Induktion von CYP 1A2 ,

Rifampicin

Induktion von CYP 3A4 und Enzymen der 2C-Subfamilie.

Nicht-CYP-Oxidationsenzyme

Alkoholdehydrogenasen

(ADH)

Oxidation von Ethanol zu Acetaldehyd. Die Oxidation erfolgt überwiegend in der Leber, und zwar zu 95 % durch Alkoholdehydrogenasen der Subfamilie I. ABB. 1.29

Aldehyddehydrogenasen (ALDH) .

Oxidation von Acetaldehyd, dem kurzlebigen Intermediärmetaboliten beim Abbau von Ethanol, zu Essigsäure mittels der Aldehyddehydrogenase (ALDH 2). ABB. 1.30

Xanthinoxidase

Aminoxidasen Monoaminoxidasen

450

Diaminoxidase flavinhaltigen Monooxygenasen (FMO)

ABB. 1.31

N-Oxidation von Imipramin durch flavinhaltige Monooxygenasen (FMO).

Reduktasen Carbonylreduktion

von

Aldehyden

und

Ketonen

Aldo-Keto-Reduktasen (AKR)

kurzkettigen Dehydrogenasen/Reduktasen („short-chain

dehydrogenases/reductases“; SDR).

A) Durch die Carbonylreduktion zu Daunorubicinol verliert das Chemotherapeutikum Daunorubicin seine zytotoxische Wirksamkeit. B) Die Carbonylreduktion zu NNAL leitet die Detoxifizierung des tabakspezifischen Karzinogens NNK (4-[Methylnitrosamino]-1-[3pyridyl]-1-butanon) ein. ABB. 1.32

Esterasen und Epoxidhydrolasen

ABB. 1.33

Epoxidhydrolasen

Hydrolyse von Procain durch Plasmaesterasen.

(EH)

4

5

0

450

ABB. 1.34

Hydratisierung von Carbamazepin-Epoxid durch mikrosomale Epoxidhydrolase (mEH).

Enzyme und Reaktionen des Phase-II-Metabolismus Glucuronosyltransferasen Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferasen (UGT)

ABB. 1.35

Glucuronidierung von Paracetamol mittels aktivierter Glucuronsäure (UDPGA).

450

Die 17 menschlichen UGT-Isoformen gehören zu den Genfamilien 1 und 2. (UGT

1A1–10 )

Mutationen der UGT 1A1

UGT-2-Familie

μ

Glutathion-S-Transferasen (GST)

Tab. 1.6 Grundtypen Glutathion-S-Transferase-abhängiger Reaktionen Reaktionstyp

Substratgruppe

Beispiel

Epoxidierung und anschließende Konjugation eines aromatischen Kohlenwasserstoffs (Naphthalin) mit Glutathion (GSH) und Abbau des Konjugats zur Mercaptursäure . ABB. 1.36

α

μ

κ

N-Acetyltransferasen

ABB. 1.37

N-Acetylierung von Isoniazid in einer Acetyl-CoA-abhängigen Reaktion (N-Acetyltransferase II, NAT II).

Sulfotransferasen

ABB. 1.38

Konjugation mit Sulfat am Beispiel von Isoprenalin.

Methyltransferasen

Konjugation mit Aminosäuren

ABB. 1.39

Glycinkonjugation von Benzoesäure zu Hippursäure .

Extrahepatischer Metabolismus

450 450

450

CYP 3A4 ist das relevante Enzym, 450 4 5 0

Enzymhemmung

kompetitiven Hemmung nichtkompetitiver Hemmung Suizidinhibitoren

mehrere

ein

4 5 0

Tab. 1.7 Klinisch wichtige CYP-3A4-Inhibitoren und - Induktoren Reversible Inhibition

Irreversible Inhibition

Induktion

Einfluss der Hemmung des CYP-3A4-Metabolismus auf die Bioverfügbarkeit und die Plasmakonzentration von Simvastatin. Nahezu komplette Hemmung (ca. 95 %) von CYP 3A4 steigert die orale Bioverfügbarkeit von 5 auf 75 %. ABB. 1.40

Steigerung der Bioverfügbarkeit um den Faktor 7,5 : 0,5 = 15

Enzyminduktion

4 5 0

Antibiotikum

Rifampicin der

stärkste

Induktor.

1.4.5. Elimination von Pharmaka durch Exkretion

organische Anionen- (OAT, o rganic a nion t ransporter

und Kationentransporter SLC(solute carrier)-Transporter

o rganic c ation t ransporter)

+

ABC-Transporter ( A T P - b inding c assette

MDR

m u l t i d r u g r esistance ;

MRP

( m u l t i d r u g r esistance-associated p rotein)

Renale Exkretion

e

u

u

= unbound fraction

u

u

Die für die renale Exkretion von Arzneistoffen relevanten Prozesse. GSH: Glutathion; OA − : organisches Anion; OC + : organisches Kation; α-KG: α-Ketoglutarat ; OAT1/2/3/4: o rganic a nion t ransporter; OCT2/3 und OCTN1/2: o rganic c ation t ransporter ( n ovel ); OATP4C1: o rganic a nion t ransporting p olypeptide; MRP1/2/3/4/6: m ultidrug r esistance-associated p roteins, MDR1: m ultidrug r esistance p rotein 1; MATE: m ultidrug a nd t oxin e xtrusion protein. ABB. 1.41

Glomeruläre Filtration

α u

Tubuläre Sekretion

1. Aufnahme des Arzneistoffs aus dem Blut durch Transporter in der basolateralen Membran (sog. Aufnahmetransporter). 2. Diffusion des Arzneistoffs durch das Zytosol. 3. Transport des Arzneistoffs durch Transporter in der Bürstensaummembran der Tubuluszellen in das Lumen (sog. Effluxtransporter).

organischen

Säuren +

+

+

α α o r g a n i c a n i o n t ransporter

+

o rganic c ation t ransporter

o rganic c a tio n t ransporter n o v e l

Tubuläre Reabsorption

Einfluss der Proteinbindung auf die Elimination

u

u

Arzneistoffinteraktionen,

Biliäre Exkretion

Basolaterale und kanalikuläre Transporterproteine in den Hepatozyten. OC + : organisches Kation; OA − : organisches Anion; BA − : Gallensäure; OCT1: o rganic c ation t ransporter 1/3; OATP: o rganic a nion t ransporting p olypeptide; OST: o rganic s olute t ransporters ; NTCP: N a + - t aurocholate c otransporting p olypeptide; OAT2: o rganic a nion t ransporter 2; BCRP: b reast c ancer r esistance p rotein; BSEP: b ile s alt e xport p ump; MDR1: m ultidrug r esistance p rotein 1; MRP2: m ultidrug r esistance-associated p rotein 2; MRP4: m ultidrug r esistance-associated p rotein 4; MRP6: m ultidrug r esistance-associated p rotein 6. ABB. 1.42

basolateralen Membran der Hepatozyten + N t aurocholate c otransporting p olypeptide a n i o n t ransporting p olypeptide

c ation t ransporter 1

o rganic

o rganic o rganic a nion t

ransporter 3 ) m p

kanalikulären Hepatozytenmembran

b

ile

salt e

xportp u m p ; b reast c ancer r esistance p rotein ,

Intestinale Sekretion

Intestinale Sekretion von Arzneistoffen (dunkelroter gefüllter Kreis) und Metaboliten (hellroter gefüllter Kreis) durch den P-Glykoprotein-(MDR1)-Transporter. (1) Diffusion des Arzneistoffs in die Enterozyten und Übertritt ins Blut. (2) Sekretion des Arzneistoffs in das Darmlumen. (3) Metabolisierung des Arzneistoffs, wobei (4) ein Teil der Metaboliten in das Blut übertritt und (5) ein Teil durch P-Glykoprotein in das Darmlumen sezerniert wird. ABB. 1.43

r

Induktion und Hemmung von Arzneistofftransportern

450

Induktion des intestinalen Arzneistofftransports. Digoxin ist ein Substrat des Effluxtranporters P-Glykoprotein, der im Darmepithel exprimiert ist und einen Teil des intrazellular aufgenommenen Digoxins in das Darmlumen zurücktransportiert (A). Rifampicin ist einer der potentesten Induktoren von PGlykoprotein, was im Falle einer Comedikation mit Digoxin zu einem gesteigerten Efflux von Digoxin aus dem Enterozyten führt (B) und damit die Bioverfügbarkeit von Digoxin drastisch verringert. Die renale Exkretion von Digoxin bleibt unverändert, da PGlykoprotein in der Niere durch Rifampicin nicht induziert wird (C). ABB. 1.44

Hemmung des intestinalen Arzneistofftransports. Die Gabe des Antiarrhythmikums Chinidin bei gleichzeitiger Digoxin-Behandlung führt zu einer gesteigerten Resorption von Digoxin und erhöhten Digoxin-Plasmakonzentrationen durch eine verminderte intestinale Sekretion via Hemmung des Effluxtransporters PGlykoprotein im Enterozyten. Da Chinidin P-Glykoprotein im proximalen Tubulus hemmt, kommt es zu einer verminderten renalen Exkretion von Digoxin. Beide Prozesse resultieren in einer drastisch erhöhten Plasmakonzentration für Digoxin. ABB. 1.45

1.4.6. Pharmakogenetik Pharmakogenetik

Pharmakogenomik

Mechanismen

1. Arzneistoffe werden enzymatisch so verändert, dass sie schneller aus dem Organismus ausgeschieden werden. In der Regel besitzen diese Stoffwechselprodukte keine Wirkung oder eine geringere als der Arzneistoff. Bisher sind eine Vielzahl von Varianten in den Genen identifiziert worden, die die Synthese arzneistoffabbauender Enzyme kontrollieren. Varianten, die einen Funktionsverlust bewirken, führen zu einer sehr langsamen Elimination von Medikamenten, die Substrate für diese Enzyme sind. Es kommt zur Akkumulation im Organismus und daraus resultierend zu Nebenwirkungen ( ). Im Falle jener Arzneistoffe, die ihre

Wirkung erst als Metabolit entfalten (Pro-Drugs) , kommt es umgekehrt zum Wirkverlust. Individuen mit einem defizienten Metabolismus bestimmter Arzneistoffe bezeichnet man phänotypisch als defiziente Metabolisierer ( poor metabolizers, PM im Unterschied zu den normalen Metabolisierern ( extensive metabolizers, EM) . fasst Beispiele genetischer Polymorphismen und seltener Defekte arzneistoffabbauender Enzyme zusammen.

Pharmakogenetische Mechanismen variabler Arzneistoffwirkungen. A) Metabolismus: Varianten im Cytochrom-P 450 -Gen führen zu verminderter oder fehlender Synthese des Enzyms in der Leber. Erhalten Patienten, die Träger dieser Mutation sind, die gleiche Dosis wie Patienten mit dem Wildtyp, kommt es zur Kumulation des Arzneistoffs und damit zum Auftreten von Nebenwirkungen. B) Transport: An der Aufnahme in den und der Ausscheidung aus dem Organismus sowie dem Übertritt von Arzneistoffen aus dem Blut in das Gewebe sind Transportproteine beteiligt. P-Glykoprotein (Pgp), das Produkt des ABCB1-Gens, ist Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke (BHS). Varianten, die die Funktion oder die Expression von Pgp herabsetzen, führen zu vermehrtem Übertritt des Arzneistoffs in das Gehirn. Trotz gleicher Plasmakonzentration ist bei einer Mutation die Konzentration am Wirkort höher und kann damit zu einer verstärkten Wirkung führen. C) Wirkung: Die Arzneistoffwirkung wird i. d. R. durch Rezeptoren vermittelt. Varianten des Rezeptors führen dazu, dass sich im Vergleich zum Wildtyp trotz vergleichbarer Konzentration am Rezeptor die Wirkungen deutlich unterscheiden. ABB. 1.46

Tab. 1.8 Genetische Polymorphismen und seltene Defekte arzneistoffabbauender Enzyme Enzym

Häufigkeit defizienter Metabolisierer in der europäischen Bevölkerung

Die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) katalysiert den initialen reduktiven Abbauweg endogener Pyrimidine wie Thymin und Uracil und des Zytostatikums 5Fluorouracil, eines fluorierten Pyrimidin-Analogons. Die Paraoxonase ist eine plasmatische Arylesterase. Substrate sind aromatische Carbonsäureester, Carbamate und organische Phosphorsäureester, wie z. B. Paraoxon, das nach metabolischer Umwandlung aus dem Pflanzenschutzmittel Parathion (= E605) entsteht.

2. An der Aufnahme von Arzneistoffen aus dem Darm in den Organismus, dem Übertritt aus der Blutbahn an den Wirkort (z. B. Gehirn) und der Ausscheidung über die Leber und Niere sind Transporterproteine beteiligt. Transporter in den Endothelzellen der Blutkapillaren des Gehirns sind Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke . Genetische Varianten , die die Expression und Funktion von Transporterproteinen verändern, beeinflussen Umfang und Geschwindigkeit des Transports. In Abhängigkeit vom Genotyp kann somit der Transfer von Arzneistoffen aus der Blutbahn an den Wirkort erheblich variieren. Trotz vergleichbarer Plasmakonzentrationen eines Arzneistoffs können somit Wirkung und Nebenwirkung von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein ( ). Ein Beispiel ist eine genetische Variante des hepatischen Aufnahmetransporter SLCO1B1 , die ein Risikofaktor für die Statin-induzierte Rhabdomyolyse ist (s. o.). 3. Die Wirkung von Arzneistoffen erfolgt über die Bindung an Zellstrukturen (Rezeptoren ). Varianten dieser Zellstrukturen können dazu führen, dass trotz vergleichbarer Arzneistoffkonzentrationen am Wirkort keine oder nur eine abgeschwächte Wirkung resultiert ( ). Eine fehlende Wirkung kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die Zielstruktur nicht vorhanden ist (z. B. keine Wirkung von Tamoxifen beim Mammakarzinom bei fehlender Estrogenrezeptorexpression). Wichtige weitere Beispiele für polymorphe Rezeptoren sind die β 1 - bzw. β 2 -Adrenozeptoren , verschiedene Dopaminrezeptoren und der Vitamin-DRezeptor . Als polymorphe wirkungsvermittelnde Enzyme sind das Angiotensin-Conversionsenzym , Apolipoprotein E und die 5-Lipoxygenase zu nennen.

450

Cytochrom-P

450 –2D6-Polymorphismus

4 5 0

Genetischer Polymorphismus des CYP-2D6-Gens und Konsequenzen für davon betroffene Arzneistoffe. Erhalten Patienten, wie in der Abbildung dargestellt, die gleiche Dosis eines Arzneistoffs, der überwiegend durch CYP 2D6 abgebaut wird, so resultieren daraus in Abhängigkeit vom Genotyp extreme Unterschiede in den Plasmakonzentrationen. Bei ca. 7 % der Patienten, die homozygot für zwei nichtfunktionelle Allele sind, wird kein funktionsfähiges Enzym gebildet. Daraus resultiert ein extrem langsamer Metabolismus (oberste Zeile). Etwa 5–10 % der Patienten haben einen eingeschränkten Metabolismus. Der Grund dafür ist, dass diese Patienten homozygot für Varianten mit herabgesetzter Enzymfunktion oder heterozygot für diese Varianten in Kombination mit einem nichtfunktionellen Allel für CYP 2D6 sind (zweite Zeile von oben). 80 % der Patienten sind normale Metabolisierer (dritte Zeile von oben). Etwa 2–3 % der Patienten haben einen extrem schnellen Metabolismus aufgrund von Genamplifikationen. Unter Standarddosierung finden sich bei diesen Patienten kaum messbare Plasmakonzentrationen mit einer fehlenden therapeutischen Wirksamkeit des Arzneistoffs (unterste Zeile). ABB. 1.47

CYP

2D6

nicht

gebildet

in seinen katalytischen Eigenschaften verändertes Enzym gebildet intermediäre

β

extrem schnellen Metabolisierer

Cytochrom-P

450

450 -2C19-Polymorphismus

Metabolisierer,

3

N-Acetyltransferase-II-Polymorphismus

1.5. Arzneistoffkonzentration im Organismus in Abhängigkeit von der Zeit: Pharmakokinetik im engeren Sinn Pharmakokinetik

1.5.1. Pharmakokinetische Parameter Clearance Clearance

(Cl).

Die Plasma-Clearance wird aus applizierter Dosis (D) und der Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC; Menge × Zeit/Volumen) berechnet.

Clearance

τ ss

a

hepatische Clearance (Cl H )

H

H

Extraktionsquotient

a

v

H H

biologische

Verfügbarkeit

Einfluss einer hohen (A) und niedrigen (B) hepatischen Extraktion (E) auf die absolute biologische Verfügbarkeit zweier Arzneistoffe, die nach oraler Gabe vollständig resorbiert werden. Biologische Verfügbarkeit: F = 1 − E. ABB. 1.48

gastrointestinale E GI und hepatische E H Extraktionsrate :

Verteilungsvolumen Verteilungsvolumen V

0

el

Berechnung des Verteilungsvolumens aus der Dosis und der Konzentration. Vergleichen wir den Organismus mit einem Gefäß, das ein bestimmtes, nicht bekanntes Flüssigkeitsvolumen enthält, kann dieses Volumen ermittelt werden, indem eine bestimmte Farbstoffmenge (D) in das Gefäß eingebracht wird. Die Konzentration des Farbstoffs wird in einem abgemessenen Volumen photometrisch bestimmt. Da die eingebrachte Farbstoffmenge (D) und die Farbstoffkonzentration (C) bekannt sind, lässt sich das im Gefäß vorhandene Volumen als Quotient von D und C errechnen. Im vorliegenden Modellfall I beträgt V = 1 L. Werden aber, wie in II dargestellt, 90 % der in das Gefäß eingebrachten Farbstoffmenge an die Gefäßwand adsorbiert, so beträgt die Konzentration des Farbstoffs nur noch 2 mg/L, obwohl wie in I die gleiche Farbstoffmenge eingebracht wurde. Aus dem Quotienten D ÷ C ergibt sich ein Volumen von 10 L. Da dieses Volumen das tatsächliche Volumen um ein Vielfaches übersteigt, bezeichnet man es als ein scheinbares Volumen. Analog hat ein Arzneistoff, der an bestimmte Gewebestrukturen bindet, ein Verteilungsvolumen, das ein Mehrfaches des Körpervolumens beträgt. ABB. 1.49

Halbwertszeit Halbwertszeit

t1

/ 2

Eliminationskonstante (k el )

s s

(t 1 / 2 ) t 1/2 t

1/2

t

1/2

1.5.2. Pharmakokinetische Modelle

1-Kompartment-Modell,

Pharmakokinetische Modelle. A) Offenes 1-Kompartment-Modell nach i. v. Gabe, bei dem die Arzneistoffkonzentration im Plasma im Gleichgewicht mit allen Geweben ist. B) Wird der Arzneistoff nicht i.v. verabfolgt, ist ein Absorptionskompartment hinzuzufügen. Im Gegensatz zur i. v. Gabe nimmt die Arzneistoffkonzentration während der initialen Absorption zunächst zu, um nach kompletter Absorption abzufallen. ABB. 1.50

Zwei-

oder

Mehr-Kompartiment-Modell

Mehr-Kompartiment-Modell. Mehr-Kompartiment-Modell dargestellt am P lasmakonzentrations-Zeit-Verlauf nach i. v. Gabe von 5 mg Verapamil. Die Plasmakonzentrationen zeigen einen 3-phasigen Verlauf und werden am besten mit einem offenen 3-Kompartiment-Modell beschrieben. Einer schnellen Alpha-Phase von wenigen Minuten schließt sich eine Verteilungsphase mit t 1/2 von ca. 3 Stunden an, ABB. 1.51

gefolgt von einer langsameren Eliminationsphase mit einer terminalen Halbwertszeit von ca. 11–12 Stunden.

1.5.3. Pharmakokinetik und Arzneistoffdosierung Sättigungs- und Erhaltungsdosis

Sättigungsdosis Erhaltungsdosis

Sättigungsdosis Erhaltungsdosis unabhängig vom Verteilungsvolumen.

1/2

durch das Verteilungsvolumen durch

die

Clearance

Wiederholte Gabe von Pharmaka Fluktuation

Fluktuation der Plasmakonzentration in Abhängigkeit von Einzeldosis und Dosierungsintervall. Um die Schwankungen der Arzneistoffkonzentration im Plasma zu vermindern, kann es sinnvoll sein, das Dosierungsschema zu ändern. Wird z. B. eine Erhaltungsdosis von 600 mg/Tag in Einzeldosen von 200 mg alle 8 h verabreicht (blaue Linie), so sind die Schwankungen der Plasmakonzentration größer, als wenn Einzeldosen von 100 mg alle 4 h (= 600 mg/Tag) zugeführt werden (rote Linie). Die mittlere Konzentration ist in beiden Fällen gleich und entspricht der Konzentration, die sich bei einer Dauerinfusion von 25 mg/h (= 600 mg/Tag) ergeben würde (gelbe Linie). ABB. 1.52

Kumulation

Ausmaß der Kumulation

vom Verhältnis zwischen Halbwertszeit und Dosierungsintervall ( τ t 1/2

) bestimmt.

τ Folgerungen

1. Kumulation ist keine Stoffeigenschaft; jedes Pharmakon kumuliert, wenn das Dosierungsintervall im Verhältnis zur Halbwertszeit kurz ist. 2. Bei gegebenem Dosierungsintervall (z. B. einmal täglich) ist die Gefahr, dass durch Kumulation toxische Konzentrationen entstehen, bei Pharmaka mit langer Halbwertszeit größer als bei solchen mit kurzer Halbwertszeit. Dosierung von Arzneistoffen nach Körpergewicht

Abweichungen von der normalen Pharmakokinetik Beurteilung einer veränderten Halbwertszeit

Je nachdem, ob eine Änderung der Halbwertszeit durch eine Veränderung des Verteilungsvolumens oder durch eine Veränderung der Clearance bedingt ist, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen

Änderungen der Bindung von Pharmaka

freie Anteil freie

Konzentration

Tatsächlich gibt es keine Arzneistoffinteraktion, bei der es nachweislich allein durch Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung zu einer klinisch relevanten Wirkungsverstärkung kommt.

(Drug

Änderungen der Clearance renale

Clearance

Monitoring).

Plasma-Creatinin und Creatinin-Clearance. Zur Beurteilung der Nierenfunktion wird oft nur die einfache Bestimmung von Creatinin im Plasma durchgeführt; Werte bis zu 1,2 mg/dL Creatinin gelten als normal. Wegen des hyperbolischen Zusammenhangs zwischen Plasma-Creatinin und Clearance ergibt sich ein „creatininblinder Bereich“, in dem das Plasma-Creatinin noch wenig erhöht ist, die Nierenfunktion indes schon erheblich eingeschränkt sein kann (nach Kolenda, K.-D./Jost, St./Kokenge, F., in: Digitalistherapie bei Herzinsuffizienz: Kochsiek, K./Rietbrock, N. [Hrsg.], S. 47– ABB. 1.53

53. München 1981).

Biotransformation

Stereoselektive Pharmakokinetik Stereochemie Stereoselektivität

in in

vitro

In In vivo

vitro

vivo

Die Bedeutung der Stereoselektivität am Beispiel von Verapamil. A) Die negative dromotrope Wirkung auf den AV-Knoten für das S-Enantiomer ist ca. 25-mal stärker als die des R-Enantiomers dargestellt an der prozentualen Änderung des AH-Intervalls, das die zeitliche Verzögerung der Erregungsweiterleitung im AVKnoten angibt. B) Stereoselektiver Metabolismus nach intravenöser (rechts) und oraler Gabe (links). Das R:S-Verhältnis zeigt, dass das SEnantiomer präferentiell in vivo verstoffwechselt wird. Der Effekt ist nach oraler Gabe aufgrund eines präferentiellen First-PassMetabolismus mit einem R:S-Verhältnis von 4,6 ausgeprägter als nach i. v. Gabe (1,4). C) Nach oraler Gabe werden ca. dreifach höhere Verapamil-Gesamtplasmakonzentrationen benötigt, um den gleichen negativ dromotropen Effekt (prozentuale PQ-Zeit-Verlängerung) wie nach i. v. Gabe zu erzielen. Bei einer oralen Bioverfügbarkeit von Verapamil von 20 bis 30 % wäre bei Äquipotenz, bezogen auf eine i. v. Dosis von 10 mg, eine orale Dosis von 30–50 mg zu erwarten. Um den gleichen negativ dromotropen Effekt zu erzielen, müssen 80–160 mg Verapamil p. o. appliziert werden. ABB. 1.54

Individuelle Dosierung von Arzneistoffen

Messung der Plasmakonzentrationen .

(Drug

Monitoring)

Tab. 1.9 Beispiele von Arzneistoffen, bei denen die Messung der Plasma- bzw. Serumkonzentrationen zur Therapiekontrolle sinnvoll ist

1.5.4. Besondere Patientengruppen: Kinder, alte Menschen und Schwangere Pharmakokinetik bei Kindern

„Oberflächenregel“

Clearance korreliert besser mit der Körperoberfläche als mit dem Körpergewicht.

Theophyllin-Clearance und -Erhaltungsdosis in verschiedenen Lebensaltern. Kinder haben – bezogen auf das Körpergewicht – meist eine höhere Arzneistoff-Clearance als Erwachsene und benötigen daher eine entsprechend höhere Erhaltungsdosis pro kg Körpergewicht. Dies beobachtet man nicht nur bei Pharmaka, die – wie Theophyllin – vorwiegend durch Biotransformation in der Leber eliminiert werden, sondern auch bei renal eliminierten Pharmaka. Früh- und Neugeborene haben dagegen eine niedrige Arzneistoff-Clearance, da die Eliminationsfunktionen bei der Geburt noch nicht ausgereift sind (vgl. ; nach Seyberth, in Dölle et al. [Hrsg.], Grundlagen der Arzneimitteltherapie, BI-Wissenschaftsverlag 1986). ABB. 1.55

Früh-

und

Neugeborene.

Reifung der Biotransformation und der renalen Exkretion beim Neugeborenen. Die schematische Darstellung kann nur grobe Anhaltspunkte geben. Insbesondere bei den verschiedenen Enzymen des Cytochroms P 450 bestehen erhebliche Unterschiede in der Dauer bis zur vollen Ausreifung (nach Gladtke: Europ. J. Paediat. 131, 85; ABB. 1.56

1979; Heimann: Dtsch. Apoth. Ztg. 122, 893; 1982).

Pharmakokinetik beim alten Menschen

Tab. 1.10 Beispiele altersbedingter Veränderungen, die die Pharmakokinetik beeinflussen können Altersbedingte Veränderung

Betroffener kinetischer Parameter

Für einige Parameter ist die prozentuale Änderung beim alten (70–90 J.) gegenüber dem jungen (20–30 J.) Menschen angegeben. Die Zahlen sind nur Anhaltswerte. ↓: Abnahme bzw. Verlangsamung im Alter; ↑: Zunahme im Alter.

Enterale Resorption und Bioverfügbarkeit

zunehmen

Tab. 1.11 Beispiele für eine Zunahme der oralen Bioverfügbarkeit im Alter Pharmakon

Bioverfügbarkeit [Alter in Jahren]

× ± SD Nation et al.: Eur. J. Clin. Pharmacol. 12, 137; 1977. Cusack et al.: Eur. J. Clin. Pharmacol. 29, 323; 1985. Storstein et al.: Acta Med. Scand., Suppl. 681, 25; 1984. Castleden und George: Brit. J. Clin. Pharmacol. 7, 49; 1979. Robertson et al.: Brit. J. Clin. Pharmacol. 25, 297; 1988.

Verteilungsvolumen

Bioverfügbarkeit [Alter in Jahren]

Verhältnis alt/jung

Plasmaproteinbindung

Renale Clearance

Alter und Nierenfunktion. Dargestellt ist die altersbedingte Abnahme der glomerulären Filtration am Beispiel der Creatinin-Clearance (nach Bjornsson: Clin. Pharmacokin. 4 , 200; 1979). Bei individuellen Patienten können sich erhebliche Abweichungen von den dargestellten Mittelwerten ergeben! ABB. 1.57

Metabolische Clearance

Pharmakokinetik in der Schwangerschaft

α

1

1.6. Arzneiformen

1.6.1. Arbeitsgebiete der pharmazeutischen Technologie

ABB. 1.58

Die Teilgebiete der pharmazeutischen Technologie.

Arzneistoffe

Hilfsstoffen ,

disperse Systeme

Stabilität

1.6.2. Biopharmazie

Liberation ,

Absorption „Eintrittspforten“ Distribution , (Targeting)

Beeinflussung der Liberation

schnelle

Freisetzung

modifizierte Freisetzung

Erhöhung der Löslichkeit

Tab. 1.12 Maßnahmen zur Löslichkeitsverbesserung von Wirkstoffen Methode

Beispiele von verwendeten Hilfsstoffen

Wirkstoff-Beispiele

1

Einschlussverbindungen . Cyclodextrine α

α

β

β

γ

β β α

β γ

Modifizierte Freisetzung verzögerte Freisetzung

verlängerter

Freisetzung

Plasmakonzentration eines retardierten Arzneistoffs im Vergleich zu intermittierender Zufuhr in Einzeldosen. Einzeldosen, in diesem Beispiel alle 8 h (blaue Kurve), führen zu starken „Ausschlägen“ der Plasmakonzentration, die nahe an der therapeutischen Unwirksamkeit (c min ) oder dem Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen (c tox ) liegen können. Retard- oder Depot-Arzneiformen setzen den Arzneistoff langsamer und mit relativ konstanter Geschwindigkeit über längere Zeit frei (grüne Kurve). Wenn sich dadurch der Wirkungseintritt bei c min verzögert, ist es sinnvoll, eine zusätzliche schnell freisetzbare Initialdosis zu applizieren (gelbe Kurve). Die resultierende Plasmakonzentration (rote Kurve) zeigt einen schnellen Wirkungseintritt und anschließend einen relativ konstanten Plasmaspiegel. ABB. 1.59

Retardierung

schwer- oder unlösliche Matrizes

Ionenaustauscherharze

Arzneistoffdepots

subkutan oder intramuskulär

Suspension Wirkstoffkristallen bioabbaubare

Kunststoffe Mikropartikeln

Bioerosion , Implantate , biokompatible,

therapeutischen

Systeme. perorale Anwendung

Transdermale

therapeutische

OROS or Systeme ( T T S )

os

von

Membranpflastern Matrixpflastern Intrauterinpessare

Beeinflussung der Absorption über den Applikationsweg

(First-Pass-Effekt),

Arzneimittel zur parenteralen Anwendung

injiziert,

infundiert

oder

implantiert

Sterilität

Pyrogenen

Partikel > 1 µm isoton isohydrisch

Arzneimittel zur Anwendung am Auge

lokale Therapie

Arzneimittel zur oralen Anwendung Mundhöhle 2

Magen-Darm-Trakt

Tabletten

Filmtabletten Dragees Granulate , Pellets ,

Hartgelatinekapseln

Weichgelatinekapseln

flüssigen Arzneimittel

Magen 2

Dünndarm 2

Dickdarm 2

β 9

Arzneimittel zur rektalen Anwendung 2

Rektalzäpfchen

Schmelzzäpfchen

Lösungszäpfchen

Rektalkapseln K l y s m e n oder

Klistiere ,

Arzneimittel zur vaginalen Anwendung 2

lokale

Wirkung, Globuli oder

Ovula, Weichgelatinekapseln Vaginaltabletten

systemische Wirkungen

Vaginalringe Intrauterinpessare

Arzneimittel zur nasalen Anwendung 2

Arzneimittel zur Anwendung an der Haut 2

Stratum

corneum

Salben

Cremes ,

Öl

Wasser in Öl in Wasser Gele

Pasten

transdermale therapeutische Systeme

Iontophorese

Arzneimittel zur pulmonalen Anwendung

2

systemischen Wirkung

Teilchengröße zwischen etwa 1 und 6 µm

lokale

Ultraschallvernebelung

Wirkung

Treibgasaerosolen , Pulveraerosolen Zerstäubung mit Düsen

Beeinflussung der Distribution

(Targeting)

Tight

Junctions

retikuloendotheliale System (RES ) .

mononukleäres

Phagozytensystem ( M P S )

Makrophagensystem

Opsonine Polyethylenglykol Solide

spezifisches

Tumoren

Targeting

nanopartikuläre Trägersysteme

spezifische Antikörper ,

Nanopartikel Liposomen

1.7. Klinische Arzneimittelentwicklung und Pharmakovigilanz

1.7.1. Arzneimittelrecht

Arzneimittelgesetz

pharmazeutische Wirksamkeit

Qualität,

therapeutische

Unbedenklichkeit des Arzneimittels

Tab. 1.13 Gebräuchliche arzneimittelrechtliche Abkürzungen AMG AMHV BfArM CHMP CMS DCP EMA EudraCT GCP GVP ICH

MRP PEI PSUR RMS SmPC UAW

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Paul-Ehrlich-Institut

1.7.2. Klinische Prüfung von Arzneimitteln

International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use

Good Clinical Practice

Deklaration

Einwilligung von Gesunden und Patienten

Z u r Ve r t i e f u n g

Phasen der klinischen Prüfung

von

Helsinki

ABB. 1.60

Meilensteine der Arzneimittelentwicklung .

Phase I

humanpharmakologischen

Studien

Phase II erste

therapeutische

Erprobungen

Dosiseskalationsstudien

Surrogatparameter

Phase III

konfirmatorischen Studien randomisierte

Doppelblindstudie ,

Phase IV nach der Zulassung

Genehmigung der klinischen Prüfung und Bewertung durch Ethikkommissionen

EudraCT-Datenbank

Ethikkommissionen

Sponsor

1.7.3. Zulassung von Arzneimitteln

Summary

of

Product

Characteristics,

Packungsbeilage (Fachinformation) .

Nationales Zulassungsverfahren

Europäische Zulassungsverfahren Dezentrale Zulassungsverfahren Mutual Recognition Procedure,

Reference Member State,

Concerned Member States,

Decentralised Procedure,

Zentrales Zulassungsverfahren

Committee for Medicinal Products for Human Use

European Medicines Agency,

Meilensteine des zentralen Verfahrens zur Zulassung eines Arzneimittels. Vor der Antragstellung kann der pharmazeutische Unternehmer Kontakt mit der EMA aufnehmen, um wissenschaftliche Beratung zur Arzneimittelentwicklung und Hinweise zum administrativen Ablauf zu erhalten. In der ersten Evaluierungsphase wird ein Bericht vom Rapporteur/Co-Rapporteur erstellt und die offenen Fragen werden dem Antragsteller übermittelt. Nach Beantwortung der Fragen beginnt die zweite Evaluierungsphase. Am Ende gibt das CHMP seine endgültige Empfehlung, die von der EMA an die Europäische Kommission weitergeleitet wird. Diese verleiht auf Empfehlung des CHMP die Zulassung zum Markt. Das zentrale Verfahren dauert von der Antragstellung bis zur Zulassung insgesamt 277 Tage (ohne Verfahrensstopp zur Beantwortung der Fragen). ABB. 1.61

1.7.4. Therapiefreiheit

Off-Label-Use

Kostenübernahme

Compassionate-Use

Heilversuch

1.7.5. Pharmakovigilanz

Terminologie Pharmakovigilanz

Nebenwirkungen „unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) “ Schwerwiegend

unerwartet

Z u r Ve r t i e f u n g

Kausalitätsbewertung

Häufigkeiten von Nebenwirkungen

Spontanmeldesystem

Meldebogen

Meldepflichten des Zulassungsinhabers

Stufenplanbeauftragte

Periodic Safety Update Report,

Stufenplan

1.8. Dogmatische Arzneitherapien 1.8.1. Kritische Empirie und Dogma kritische Empirie .

Naturheilkunde

Dogmen,

Signaturenlehre .

(Chelidonium

majus)

Bach-Blütentherapie

Impatiens

glandulifera

Impatiens

„besondere

Therapierichtungen“ Homöopathie,

Phytotherapie

anthroposophische Therapie.

„Dogmatische Therapieweisen“

Mann

ohne

Eigenschaften,

1.8.2. Homöopathie

Simile-Prinzip

Prinzip

der

Gewinnung

geistartiger

Heilkraft

durch

die

spezielle

Zubereitung

Das Simile-Prinzip Similia similibus curentur,

Hahnemanns Selbstversuch mit der Chinarinde im Jahre 1790.

Aehnlichkeit

Arzneimittelbild

Potenzierung Organon

der

Heilkunst

selbst diejenigen unter ihnen, welche im rohen Zustande nicht die geringste Arzneikraft

im

menschlichen

Körper

äußern. während sie mittels

Zwischentritts einer indifferenten Substanz, trockner oder flüssiger Art, von einander getrennt sind

Dynamisiren, Potenziren

Potenzen

(D-Potenzierung), Potenzierung).

(C-

Anwendung zugelassen

registriert

homöopathischen Arzneimittel

„traditionelle pflanzliche Arzneimittel“:

Registrierung, nicht

Symptombild des individuellen Kranken Arzneibild sich mit dem Symptombild deckt. Atropa belladonna

1.8.3. Phytotherapie

jede

Phytotherapie kann realistischerweise nur heißen Therapie mit Pflanzlichem, vom Gesamtextrakt“ bis zur Reinsubstanz. Plantago

Nerium oleander ,

Colchicum

autumnale,

1.8.4. Anthroposophische Arzneitherapie

anthroposophischen Arzneimitteln.

ovata ,

Behandlung von Malignomen mit Präparaten der Mistel

Viscum ;

®

„Wenn … hier eine Stelle ist im physischen menschlichen Leibe, die sich durch ihre Kräfte auflehnt gegen das ganze Hereinwirken der Ätherkräfte, so daß die Ätherkräfte sich gewissersmaßen stauen und haltmachen und dadurch das, was wie eine Neubildung aussieht, eben entsteht, so ist es die Mistel, welche dieser Einsackung, die sich da gebildet hat, entgegenwirkt. Sie zieht gewissermaßen das wiederum an die Stelle hin, wo es nicht hinwill. (…) Nun ist die Mistel zweifellos dasjenige, durch dessen Potenzierung man erreichen wird müssen das Ersetzen des Chirurgenmessers bei den Geschwulstbildungen. Es wird sich nur darum handeln, daß man namentlich die Mistelfrucht, aber durchaus im Zusammenhang mit anderen Kräften der Mistel selber, in der richtigen Weise wird behandeln können, um sie zu Heilmitteln zu machen. (…) Aber in dem Zusammenwirken, sagen wir, zum Beispiel der Mistel einfach vom Apfelbaum und dem Verreiben etwa mit Silbersalzen würde sich etwas ergeben, was in hohem Grade allen Unterleibskrebsen entgegenwirken könnte.“ (aus R. Steiner: Geisteswissenschaft und Medizin. Dornach 1961.) ABB. 1.62

Weiterführende Literatur Allgemeine und historische Literatur

Ariёns E. J. Molecular Pharmacology . Vol. I und II. New York: Academic Press; 1964. Clark A. J. General Pharmacology. Handbuch der experimentellen Pharmakologie, Ergänzungswerk. . Band 4. Berlin: Springer; 1937. Holmstedt B, Liljestrand G. Readings in Pharmacology . New York: MacMillan; 1963. Philippu A, ed. Geschichte und Wirken der pharmakologischen, klinisch-pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum . Innsbruck: Berenkamp; 2004. Pratt W. B, Taylor P, eds. Principles of Drug Action . 3. Aufl. New York: Churchill Livingstone; 1990. Scheler W. Grundlagen der Allgemeinen Pharmakologie . 3. Aufl. Jena: G. Fischer; 1989. Starke K. A history of Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol . 1998;358:1–109. Starke K. Poetische Arzneien. Arzneien in Dichtwerken 800 v. Chr. bis 1980 n. Chr. Dtsch. Med. Wochenschr . 2002;127:2726–2735. Starke K. Die Geschichte des Pharmakologischen Instituts der Universität Freiburg . Heidelberg: Springer; 2004.

Allgemeine Pharmakodynamik

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Arzneiformen

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Dogmatische Arzneitherapien

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1 3

2

4

450

KAPITEL 2

Grundlagen der Pharmakologie des Nervensystems K. Starke

& proinde convulsiva irritatione, concutiendo totam nervi longitudinem, possunt ab eorum extremis orificiis exprimi & eructari guttulae aliquae spirituosae intra correspondentem musculum, unde ebullitio & displosio, qua musculus contrahitur & tenditur, subsequatur. Johann Alfons Borelli: De motu animalium

alle Lebensvorgänge viele verschiedene spezifische Wirkorte

2.1. Die Entdeckung der chemischen synaptischen Übertragung

Loewis Versuch am isolierten Froschherzen . (Nach Loewi, O., Pflügers Archiv 189 , 239–242, 1921.) Links der Versuchsaufbau. In den Ventrikel des (einkammrigen) Froschherzens wurde eine Kanüle eingebunden. Durch die Kanüle wurde der Ventrikel mit Ringerlösung gefüllt. Die Kontraktionen des Herzens wurden auf einer Rußtrommel registriert. Der linke N. vagus blieb am Herzen und konnte elektrisch gereizt werden. Rechts die entscheidende Beobachtung: Zu den durch einen Punkt markierten Zeiten wurde die Flüssigkeit aus dem Ventrikel abpipettiert und ersetzt durch (A) frische Ringerlösung; (B) Ringerlösung, die schon vorher während einer 15-Minuten-Periode ohne Vagusreizung im Ventrikel gewesen war („Normalperiode“); (C) Ringerlösung, die schon vorher während einer 15-Minuten-Periode mit Vagusreizung im Ventrikel gewesen war („Vagusreizperiode“). Die Ringerlösung aus der Vagusreizperiode wirkte negativ inotrop. Atropin hob die Wirkung auf. ABB. 2.1

2.2. Prinzipien der chemischen synaptischen Übertragung Transmitter Nervenendigungen

Synapsen

Grundzüge der synaptischen Informationsübertragung . Transmitter – außer Peptiden – werden in den Nervenendigungen selbst aus Vorstufen synthetisiert (Syntheseenzyme ) und in Vesikeln gespeichert (T 1 ). Neuropeptide (T 2 ) entstehen aus ribosomal synthetisierten Prä-Pro-Peptiden durch posttranslationale Prozessierung im Golgi-Apparat und in den aus ihm knospenden Vesikeln; axonaler Transport trägt die Vesikel in die Nervenendigungen. Aktionspotentiale öffnen potentialabhängige Ca 2+ -Kanäle, Ca 2+ strömt ein und löst Exozytose aus. In der postsynaptischen Membran sind die zwei Klassen von Transmitterrezeptoren gezeigt. Der ionotrope Rezeptor besteht hier aus fünf Untereinheiten, mit zwei Transmitterbindungsstellen (Punkte) und dem Ionenkanal in der Mitte. Der G-Protein- gekoppelte Rezeptor gibt über ein heterotrimeres G- Protein die Information an einen Effektor (Enzym oder Ionenkanal) weiter. Über Autorezeptoren – meist heptahelikal – können die Transmitter ihre eigene Freisetzung modulieren. Die Transmitter werden inaktiviert durch Wiederaufnahme in die Nervenendigung, durch Aufnahme in andere Zellen (rechts; z. B. Gliazellen oder andere Neurone) oder durch Abbau (Abbauenzyme bis ). ABB. 2.2

Ausnahme

Stickstoffmonoxid

NO

2.2.1. Bereitstellung des Transmitters in den Nervenendigungen selbst

1

2

im Zellkern, im Zellkörper auf dem Weg zu den Axonendigungen

Pumpe sa uer

elektropositiv

Transporter 5

Pharmakologie und Toxikologie der Transmitter- Speichervesikel . Grün: vesikuläre Transporte. Die Vesikel besitzen in ihrer Membran eine Protonen-ATPase , die unter ATP-Spaltung Protonen ins Vesikelinnere schafft. Das Vesikelinnere wird dadurch gegenüber dem Axoplasma sauer und elektropositiv. Dieser H + -Gradient ist es, der die Aufnahme von Transmittern aus dem Axoplasma treibt. Die Aufnahme wird vermittelt durch vesikuläre Transmittertransporter . Mehrere kennt man heute bis zu ihrer Aminosäuresequenz, darunter den „vesikulären Monoamintransporter“, den (identischen) Transporter für Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin, Serotonin und Histamin. Er wird durch Reserpin blockiert. Nach Gabe von Reserpin werden deshalb neuronale Dopamin-, Noradrenalin-, Adrenalin- und Serotoninspeicher entleert. Weniger weiß man über den vesikulären Carrier für ATP. Rot: Exozytoseapparat. Exozytose besteht in der Verschmelzung von Vesikel- und Axoplasmamembran, der anschließenden Bildung einer Pore und der Auswärtsdiffusion des Vesikelinhalts. Vom Eintreffen eines Aktionspotentials über den Einstrom von Ca 2+ bis zur Porenbildung vergehen nur etwa 0,1 ms. Man kennt heute zahlreiche Bestandteile des Exozytoseapparats. Das vesikuläre Protein Synaptotagmin ist möglicherweise der intrazelluläre Ca 2+ -Sensor. Das vesikuläre Synaptobrevin und die in der Zellmembran verankerten Proteine Syntaxin und SNAP-25 , zusammen SNARE- Proteine genannt, sind essenziell für die Porenbildung. Sie sind die Angriffspunkte der Clostridien-Neurotoxine. Das ebenfalls in der Zellmembran verankerte Neurexin, ein Zelladhäsionsmolekül, ist ein Rezeptor für α- Latrotoxin , das Gift der Schwarzen Witwe. Blau: Wirkmechanismus der Clostridien-Neurotoxine. Das Tetanustoxin (von Clostridium tetani ) und die Botulinusneurotoxine A bis G (vor allem von Clostridium botulinum ) sind die stärksten bekannten Gifte. Der Wirkmechanismus ist für alle analog. Jedes Toxin wird von den Bakterien als ein großes Einkettenprotein synthetisiert. Das Tetanustoxin besteht z. B. aus 1315 Aminosäuren. Durch Spaltung der Kette entsteht ein Zweikettentoxin mit leichter (L von light ) und schwerer Kette (H von heavy ); die Ketten bleiben durch eine Disulfidbrücke verbunden. Über die schwere Kette bindet sich das Toxin an die präsynaptische Membran. Es wird dann durch Endozytose in Vesikel eingeschlossen. Aus diesen gelangt die leichte Kette nach Spaltung der Disulfidbrücke ins Axoplasma. Im Jahr 1992 hat man erkannt, dass die leichte Kette in der Mitte ein Zink-Ion enthält und als Zink-Endopeptidase wirkt und dass die Exozytoseproteine Synaptobrevin, Syntaxin und SNAP-25 die Substrate dieser Zink-Endopeptidase sind. Tetanustoxin und Botulinusneurotoxin B spalten z. B. das Synaptobrevin, Botulinusneurotoxin A spaltet SNAP-25. Dadurch wird die Exozytose verhindert. Prinzipiell gilt das für alle Neurone und Transmitter. Praktisch aber hemmen Botulinustoxine vorwiegend die Freisetzung von Acetylcholin in der Körperperipherie (und lähmen dadurch die neuromuskuläre Übertragung), während Tetanustoxin nach Transport in Rückenmark und Hirnstamm vorwiegend dort die Freisetzung von GABA und Glycin hemmt (und dadurch Krämpfe verursacht). ABB. 2.3

2.2.2. Transmitterfreisetzung 2 + +

(Aconitum) (Veratrum)

2+

2+

2 +

V

V 2+ V

V

+

+

Te t a n u s t o x i n Botulinusneurotoxine

präsynaptische R e z e p t o r e n präsynaptischen Autorezeptoren 2+

α-Latrotoxin

α

2.2.3. Informationsübertragung

Signalübersetzungs-

gekoppelten

ligandenaktivierten heptahelikalen

Ionotrope Rezeptoren

G

p

Transmitterrezeptor Transduktionsmechanismus

ionotropen Rezeptoren c

G-Proteinr

3 A

viermal

Der Muskeltyp des Nicotinrezeptors. Der Rezeptor besteht aus fünf Untereinheiten, separaten Peptidketten aus jeweils rund 450 Aminosäuren, zwei α1-Untereinheiten, einer β1-, einer δ- und einer ɛ-Untereinheit. Sie bilden einen Ring, der die Zellmembran durchbricht. Innen ist er am Zytoskelett verankert. Die α1-, β1-, δ- und ɛ-Peptid-Ketten sind zu 30–40 % identisch (homolog) in ihrer Aminosäuresequenz. Jede Peptidkette durchquert die Membran viermal. Die transmembranären Teile sind zu α-Helices spiralisiert. Amino- wie Carboxyterminus liegen extrazellulär. Bei der angeschnittenen δ-Untereinheit ist dies etwas genauer gezeigt. Außen sind die Peptidketten glykosyliert. Innen können sie phosphoryliert werden. Phosphorylierung trägt zur Desensibilisierung des Rezeptors bei. Beide α1Untereinheiten tragen eine Acetylcholin-Bindungsstelle. Hat jede der beiden Stellen ein Molekül Acetylcholin gebunden, so öffnet sich der Kanal. Er lässt dann besonders Na + -Ionen passieren, und die Folge sind Depolarisation und Muskelkontraktion. Im Fetalleben enthält der Rezeptor statt der ɛ- die γ-Untereinheit. (Nach einem Original von F. Hucho, Berlin.) ABB. 2.4

schnelle

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

• G s stimuliert die Adenylylcyclase (über Gα s ) • die G i/o - oder G i -Familie hemmt die Adenylylcyclase (über Gα i ), fördert K + -Kanäle und hemmt Ca 2+ -Kanäle (über Gβγ) • die G q/11 - oder G q -Familie stimuliert die phosphatidylinositolspezifische Phospholipase C-β (PLC-β) (über Gα q ) • die G 12/13 - oder G 12 -Familie aktiviert das kleine G-Protein RhoA (über Gα 12 ) β

2

s

siebenmal

Der β 2 -Adrenozeptor und seine Kopplung an das G-Protein G s . An den Rezeptor (blau) hat sich ein Agonist gebunden. Daraufhin bewegen sich die Transmembran-Helices 5 und 6 (ganz links, ganz rechts die Transmembran-Helix 1). G s mit der α-Untereinheit (rot) und der βγ-Untereinheit (gelb und grün) gibt GDP frei. Im nukleotikdfreien Zustand ist die α-helikale Domäne von Gα s beweglich (Bewegungsandeutung). Von Brian Kobilka (2011). ABB. 2.5

Phylogenetische Verwandtschaft einiger G-Protein-gekoppelter Rezeptoren. Aus 802 Genen des menschlichen Genoms für G-Protein-gekoppelte Rezeptoren – das sind etwa 2 % des menschlichen Genoms – wurde ein Stammbaum konstruiert. Daraus sind der Aminrezeptor-Ast (amine receptor cluster) und einige Nachbaräste gezeigt. Verschiedene Grade der Verwandtschaft zeichnen sich deutlich ab, besonders bei den drei α 1 -, drei α 2 - und drei βAdrenozeptoren. Die Basensequenzhomologie innerhalb jeder der drei Gruppen beträgt > 45 %, die Sequenzhomologie zwischen den drei Gruppen nur 25 %. Trace-Amine (Spuren-Amine) ähneln chemisch den klassischen biogenen Aminen Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin und Serotonin, kommen im Gehirn aber nur in 100-fach geringeren Konzentrationen vor. Trace-Amine sind z. B. Tyramin, β-Phenylethylamin und Tryptamin. Ihre physiologische Bedeutung ist unklar. Andere heptahelikale NeurotransmitterRezeptoren aus diesem Kapitel, wie die metabotropen Glutamat- Rezeptoren, die GABA B P2Y- , Tachykinin- und Opioidrezeptoren, gehören zu anderen, entfernteren Ästen des Stammbaums. (nach Frederiksson et al., Mol. Pharmacol. 63, 1256–1272, 2003) ABB. 2.6

langsame

2.2.4. Beendigung der Übertragung

diffundiert im synaptischen Spalt enzymatisch

abgebaut in Zellen aufgenommen

• Die vesikuläre Aufnahme wird durch einen elektrochemischen H + -Gradienten getrieben, der durch die Protonen-ATPase aufrechterhalten wird. Der „vesikuläre Monoamintransporter“, identisch für Dopamin, Noradrenalin , Adrenalin, Serotonin und Histamin, wird durch Reserpin spezifisch blockiert ( ). • Die Wiederaufnahme von Transmittern durchs Axolemm dagegen wird hauptsächlich durch den extra-/ intrazellulären Na + Gradienten getrieben, der durch die Na + -K + -ATPase aufrechterhalten wird. Der Transporter ist ein Cotransporter von Transmitter und Na + . Für Dopamin, Noradrenalin, Serotonin, Glutamat, GABA und Glycin gibt es jeweils verschiedene Wiederaufnahme-Carrier. Sie sind nicht verwandt mit den vesikulären Carriern . Der Wiederaufnahmetransporter für Noradrenalin wird z. B. durch das Antidepressivum Desipramin ( ), nicht aber durch Reserpin blockiert.

2.2.5. Cotransmission

Acetylcholin-VIP-Cotransmission und präsynaptische Autoinhibition in der Gl. submandibularis der narkotisierten Katze. Von oben nach unten: Abgabe von vasoaktivem intestinalem Polypeptid (VIP) und Acetylcholin (ACh) ins venöse Blut der Drüse; Speichelsekretion; Durchblutung der Drüse. Die Chorda tympani wurde zweimal mit einer Frequenz von 10 Hz elektrisch gereizt. Dabei wurde Physostigmin infundiert, sodass das freigesetzte Acetylcholin nicht abgebaut wurde, sondern im venösen Blut erschien. Ergebnis : Die erste Reizung setzte VIP ➊ und Acetylcholin ➋ frei, löste Speichelsekretion ➌ aus und erhöhte die Durchblutung ➍. Der Muscarinrezeptor-Antagonist Atropin stoppte die Sekretion (3) und verminderte die Durchblutung zum Ausgangswert ➍. Die zweite Reizung, nach Atropin, setzte mehr VIP ➎ und Acetylcholin ➏ frei als die erste. Es wurde kein Speichel sezerniert ➐. Trotz Atropinisierung kam es aber zu starker Vasodilatation ➑. Erste Folgerung : Acetylcholin allein ist der salivatorische Transmitter, dagegen sind Acetylcholin und VIP vasodilatatorische Cotransmitter. Zweite Folgerung : Die Freisetzung unterliegt einer präsynaptischen, Muscarinrezeptor-vermittelten Autoinhibition, deren Unterbrechung durch Atropin die Freisetzung steigert. (Modifiziert nach Lundberg, J. M., et al., Acta physiol. scand. 115 , 525–528, 1982.) ABB. 2.7

2.2.6. Plastizität von Rezeptoren

• die Down- und Up-Regulation der Rezeptorzahl, • die Phosphorylierung und Dephosphorylierung des Rezeptors und • seine intrazelluläre Sequestrierung oder Rückkehr in die Zellmembran.

2.3. Elf wichtige Transmitter

ABB. 2.8

Einige Neurotransmitter.

2.3.1. Amine: Acetylcholin

Synaptische Übertragung durch Acetylcholin. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Acetylcholin (ACh) wird aus Cholin und Acetyl-Coenzym A (AcCoA) synthetisiert. Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle Nicotinrezeptoren (N) sowie Muscarinrezeptoren vom Typ M 1 , M 2 , M 3 , M 4 und M 5 . Die M 1 -, M 3 - und M 5 -Rezeptoren stimulieren über ein G-Protein der G q Familie die phosphatidylinositolspezifische Phospholipase C-β (PLC-β) . M 2 - und M 4 -Rezeptoren hemmen über G-Proteine der G i ABB. 2.9

-Familie die Adenylylcyclase (AC) oder öffnen K + -Kanäle. Acetylcholin kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische M 2 oder M 4 - Autorezeptoren hemmen. Weitere Besprechung im Text.

Bereitstellung

Hemicholinium-3,

Botulinusneurotoxine

Rezeptoren

Nicotinrezeptoren Muscarinrezeptoren

+

+

α

2

β

δ

γ

α

2

β

δγ.

α α

2

β

β

3

Atracurium α

-Bungarotoxin

α

Hexamethonium

1 3

5

5

1

q

2

4

i

1 2

3

Atropin

Darifenacin

Pirenzepin Tiotropium

1 3

Inaktivierung

Suxamethonium Mivacurium

2.3.2. Amine: Dopamin

nigro-striatale

mesolimbischen

tubero-infundibulären

peripheren postganglionär-sympathischen

Die wichtigsten dopaminergen, noradrenergen (links), adrenergen und serotoninergen (rechts) Bahnen im Zentralnervensystem. Dopaminerge Zellkörper liegen hauptsächlich im Mesencephalon und Diencephalon (rot). Drei Bahnen sind gezeigt. Eine entspringt in der Pars compacta der Substantia nigra und innerviert das Neostriatum (Nucleus caudatus und Putamen; nigrostriatale Bahn). Eine zweite entspringt vor allem in der Area tegmentalis ventralis und projiziert zu Strukturen des limbischen Systems wie dem Nucleus accumbens, dem Tuberculum olfactorium, dem Corpus amygdaloideum und der präfrontalen, zingulären und entorhinalen Hirnrinde (mesolimbische Bahn). Die dritte zieht vom Nucleus infundibularis (= Nucleus arcuatus) zur Eminentia mediana. Noradrenerge Zellkörper befinden sich in der Brücke und der Medulla oblongata (blau). Der wichtigste noradrenerge Kern ist der Locus coeruleus in der lateralen Formatio reticularis der Brücke. Von dort erreichen die Axone auf- und absteigend weite Gebiete des Zentralnervensystems einschließlich des Rückenmarks, der Großhirnrinde und des Kleinhirns. Zur Funktion . Adrenerge Zellkörper gibt es fast ausschließlich in der Medulla oblongata (gelb). Die Hauptgruppe liegt in der Area reticularis superficialis ventrolateralis (= r ostrale v entro- l aterale M edulla oblongata = RVLM), eine andere Gruppe im Nucleus tractus solitarii. Von hier werden unter anderem die präganglionären sympathischen Neurone im Nucleus intermediolateralis des Rückenmarks dicht adrenerg innerviert. Die Adrenalinneurone tragen zum Barorezeptorreflex bei. Serotoninerge Neurone entspringen überwiegend in den Raphekernen, also in der medianen und paramedianen Formatio reticularis von Mesencephalon, Brücke und Medulla oblongata (grün). Ähnlich den noradrenergen erreichen die serotoninergen Bahnen auf- und absteigend fast das ganze Zentralnervensystem. Im Rückenmark werden die Motoneurone des Vorderhorns und die präganglionär-sympathischen Neurone ebenso innerviert wie die Hinterhörner. Zur Funktion . ABB. 2.10

Synaptische Übertragung durch Dopamin. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Aus Tyrosin entsteht zunächst Dihydroxyphenylalanin (Dopa) und dann Dopamin (DA). Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle D 1 -, D 2 -, D 3 -, D 4 - und D 5 -Rezeptoren. D 1 - und D 5 - Rezeptoren stimulieren über G s die Adenylylcyclase (AC). D 2 -, D 3 - und D 4 -Rezeptoren hemmen ABB. 2.11

über G-Proteine der G i -Familie die Adenylylcyclase oder öffnen K + -Kanäle. Dopamin kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische D 2 -Autorezeptoren hemmen. Dopamin wird zu Dihydroxyphenylessigsäure (DOPAC), Methoxytyramin (MT) und Homovanillinsäure (HVA) metabolisiert. Weitere Besprechung im Text.

Bereitstellung

Reserpin

Synthese der Catecholamine. Je nach der Ausstattung der Zellen mit Enzymen bricht die Synthese beim Dopamin ab (Dopaminneurone) oder geht zum Noradrenalin (Noradrenalinneurone) oder Adrenalin (Adrenalinneurone, Nebennierenmark) weiter. Dopamin-β-Hydroxylase fügt die Hydroxylgruppe stereospezifisch (*) so in die Seitenkette ein, dass die linksdrehenden R-Enantiomere von Noradrenalin und Adrenalin entstehen. Das Wort „Catecholamine“ enthält den englischen Namen „catechol“ für Brenzcatechin = orthoDihydroxybenzol , den aromatischen Bestandteil von Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. ABB. 2.12

Rezeptoren 1 1

5

2 3

5 1/5

2/3/4

Dopamin Apomorphin

Bromocriptin

2/3/4

1 / 5

Haloperidol Clozapin

4

1

2

2

2

Inaktivierung

+

(MPTP)

+ +

2.3.3. Amine: Noradrenalin e i n

Locus coeruleus

Bereitstellung

β β

Rezeptoren

α α

1A/B/D

q

2A/B/C

β

i

α α β

1/2/3

α

2 A

1 2

s

β

β

2

Phentolamin . α

α

1

Prazosin α

α

1A/B/D

α

1

2

Clonidin

α α

2

2

2

β

2A

α

Isoprenalin Propranolol

β

β

1

β

β

2

1

Inaktivierung +

Reboxetin Cocain

Synaptische Übertragung durch Noradrenalin. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Aus Tyrosin entsteht Dihydroxyphenylalanin (Dopa) und dann Dopamin (DA). Dopamin wird in die Vesikel aufgenommen und dort zu Noradrenalin (NA) hydroxyliert. Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle α 1A/B/D -, α 2A/B/C - und β 1/2/3 -Adrenozeptoren. Die α 1 -Adrenozeptoren stimulieren über ein G-Protein der G q -Familie die phosphatidylinositolspezifische Phospholipase C-β (PLC-β). Die α 2 ABB. 2.13

Adrenozeptoren hemmen über G-Proteine der G i -Familie die Adenylylcyclase (AC), öffnen K + -Kanäle oder schließen Ca 2+ Kanäle. Die β-Adrenozeptoren stimulieren über G s die Adenylylcyclase. Noradrenalin kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische α 2 -Autorezeptoren hemmen. Noradrenalin wird zu Dihydroxyphenylglykol (DOPEG), Normetanephrin und 3Methoxy-4-hydroxyphenylglykol (MOPEG) metabolisiert. Weitere Besprechung im Text.

2.3.4. Amine: Serotonin

Nuclei raphes

Bereitstellung

Tryptophan

Reserpin-

Synaptische Übertragung durch Serotonin. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Aus Tryptophan entsteht 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) und dann Serotonin (5-HT). Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle 5-HT 1 -, 5-HT 2 -, 5-HT 3 - und 5ABB. 2.14

HT 4 -Rezeptoren. 5-HT 1 -Rezeptoren hemmen über G-Proteine der G i -Familie die Adenylylcyclase (AC) oder öffnen K + -Kanäle. 5-HT 2 -Rezeptoren stimulieren über ein G-Protein der G q -Familie die phosphatidylinositolspezifische Phospholipase C-β (PLC-β). 5-HT 4 -Rezeptoren stimulieren über G s die Adenylylcyclase. Serotonin kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische 5-HT 1B -Autorezeptoren hemmen. Serotonin wird zu 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) metabolisiert. Weitere Besprechung im Text.

Rezeptoren

3 +

+ 3

Ondansetron

3

1 4

1

2 2

• 5-HT 1 -Rezeptoren koppeln, wenn sie aktiviert sind, an G i . Durch Aktivierung von 5-HT 1A - Rezeptoren soll Buspiron Angst dämpfen ( , , „Zur Vertiefung“). Durch Aktivierung von 5-HT 1B - und 5-HT 1D -Rezeptoren lindern Sumatriptan und andere Triptane den Migräneschmerz ( ). • 5-HT 2 -Rezeptoren koppeln an G q . 5-HT 2A -Rezeptoren bringen so z. B. glatte Muskeln von Blutgefäßen zur Kontraktion. 5HT 2A -Rezeptoren im Gehirn sind es möglicherweise, durch deren Aktivierung Lysergsäurediethylamid (LSD) halluzinogen wirkt; 5-HT 2A -Rezeptoren wären dann „ The Doors of Perception “, durch deren chemische Öffnung mit LSD die Hippies Transzendenz und Ekstase suchten ( ). Die Wirkung mancher Neuroleptika wie Clozapin und Olanzapin gegen die Negativsymptome der Schizophrenie ist vielleicht auf die Blockade von 5-HT 2A -Rezeptoren zurückzuführen ( ). • 5-HT 4 -Rezeptoren schließlich koppeln an G s ( ). Durch Aktivierung von 5-HT 4 -Rezeptoren an cholinergen Neuronen des

Darmnervensystems fördert Metoclopramid die Freisetzung von Acetylcholin und damit die Peristaltik („prokinetische“ Substanzen; , ). Inaktivierung

Clomipramin

selektiven Serotoninrückaufnahme-Inhibitoren

2.3.5. Amine: Histamin

Bereitstellung, Rezeptoren

1 q

4

1

1

1

Diphenhydramins

1 2

s

Ranitidin

2 3

4

i

3 4

Inaktivierung

N

N

N

t e l e

tele

2.3.6. Aminosäuren: Glutamat dem γ

d

e

m

Synaptische Übertragung durch Glutamat. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Glutamat (Glu) wird aus α-Ketoglutarat (α-KG), einem Glied des Citratzyklus, oder Glutamin (Gln) gebildet. Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle drei ionotrope Rezeptoren, nämlich AMPA- Rezeptoren (α- A mino-3-hydroxy-5- m ethyl-4-isoxazole p ropionic a cid), KainatRezeptoren und NMDA-Rezeptoren ( N - M ethyl- D - a spartat); alle sind nach Prototyp-Agonisten benannt. Außerdem besitzt die Zelle einen metabotropen Glutamatrezeptor (mGluR), der über ein G-Protein der G q -Familie die phosphatidylinositolspezifische ABB. 2.15

Phospholipase C-β (PLC-β) stimuliert. Andere metabotrope Glutamatrezeptoren benutzen andere Transduktionswege. Glutamat kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische metabotrope, G i -gekoppelte Autorezeptoren hemmen. Weitere Besprechung im Text.

Bereitstellung

Tr a n s m i t t e r Glutaminzyklus

Rezeptoren

+

+

NMDA-Rezeptor

• Erstens ist sein Ionenkanal beim Ruhemembranpotential (–70 bis –50 mV) von Mg 2+ -Ionen verstopft. Erst bei leichter Depolarisation der Membran verlässt das Mg 2+ den Kanal, und erst jetzt kann ein Agonist ihn öffnen. • Zweitens passieren den geöffneten Kanal nicht nur Na + - und K + -, sondern auch Ca 2+ -Ionen ( ). • Drittens besitzt der NMDA-Rezeptor eine Bindungsstelle für Glycin. Die Bindungsstelle ist vom hemmenden, Strychninempfindlichen Glycinrezeptor ( ) verschieden. Glycin potenziert die Wirkung von NMDA und Glutamat. • Viertens schließlich besitzt der Rezeptor eine Bindungsstelle für eine Reihe weiterer Substanzen, die alle den Kanal verstopfen; hierher gehören das Kurznarkosemittel Ketamin ( ), sein Vorläufer Phencyclidin, heute als Rauschmittel missbraucht, und die Parkinson-Medikamente Amantadin ( ) und Memantin ( ) . 2

+

2+

Inaktivierung

Sojasauce, Worcestersauce Maggi.

2.3.7. Aminosäuren: γ-Aminobuttersäure γ wichtigste

Bereitstellung

hemmende

Transmitter.

Tetanustoxin

Synaptische Übertragung durch GABA. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung, – Hemmung. Vorläufer von GABA ist Glutamat (Glu), für das wie bei den Glutamatneuronen ( ) zwei Quellen gezeigt sind: α-Ketoglutarat (α-KG) und Glutamin (Gln). Im Bild besitzt die postsynaptische Zelle GABA A - und GABA B -Rezeptoren , die Letzteren über G-Proteine der G i -Familie an Ca 2+ ABB. 2.16

und K + -Kanäle gekoppelt. GABA kann seine eigene Freisetzung über präsynaptische GABA B -Autorezeptoren hemmen. GABA wird zu Succinatsemialdehyd (SSA) desaminiert, aus dem Bernsteinsäure (SC) entsteht. Weitere Besprechung im Text.

Rezeptoren A

B

A – –

A

α

β

γ

δ

θ

π

ρ. A

α

β

γ

A

Muscimol Bicucullin B i 2

+

+

2 +

+ B B1

B2 B

Baclofen

B A

Picrotoxin

α

γ –

Diazepam

A

α

α Pentobarbital

A –

A

Inaktivierung

Vigabatrin Valproat

2.3.8. Aminosäuren: Glycin

Tetanustoxin



A A

A

Strychnin

Strychnos nux vomica, A

2.3.9. Nukleotid: Adenosin-5'-triphosphat

Bereitstellung

Rezeptoren

+

2+

Inaktivierung

Adenosin

Dipyridamol

Z u r Ve r t i e f u n g

1

2A

2B

3

1

2A

2B

Theophyllin

> Coffein

> Theobromin

2.3.10. Peptide: Tachykinine Substanz P

auch ein

Neurokinin A

Neurokinin

B.

einem

• Substanz P ist erstens ein Transmitter im Darmnervensystem, wo sie direkt und über eine Freisetzung von Acetylcholin die glatte Muskulatur erregt ( ). • Substanz P ist zweitens einer von mehreren Transmittern der primären afferenten Neurone. Etwa 20 % der Zellkörper in den Spinalganglien und den entsprechenden Ganglien der Hirnnerven, nebst ihren peripheren und zentralen Fortsätzen, enthalten Substanz P; Substanz P ist dabei auf die dünnen, vor allem der Schmerzwahrnehmung dienenden C- und Aδ-Fasern beschränkt und gibt diese Information, gemeinsam mit Glutamat und vielleicht anderen Transmittern, im Hinterhorn an das zweite Neuron weiter ( ). Bereitstellung

2

Tachykinine. Die carboxyterminale Sequenz Phe-X-Gly-Leu-Met-CONH 2 verleiht den Stoffen die Tachykininwirkung. ABB. 2.17

Rezeptoren, Inaktivierung 1

2

3

q

1

2

3

Z u r Ve r t i e f u n g

neurogene Entzündung.

Paprika Pfeffer Ingwer Capsaicin.

®

2.3.11. Peptide: Opioide

POMC-

β

Pro-EnkephalinPro-Dynorphin-

P O M C

Pro-Enkephalin

Pro-Dynorphin-

Bereitstellung

Die drei Opioid-Vorläuferpeptide beim Menschen . Rot die Sequenzen von Met-Enkephalin ( ) und Leu-Enkephalin ( ). „Prä“ zeigt die Anwesenheit des sogenannten Signalpeptids an, das das Ribosom zu Beginn der Translation an die Membranen des rauen endoplasmatischen Retikulums dirigiert. Mit der Abspaltung des Signalpeptids wird aus der Prä-Pro-Form die Pro-Form. Am wichtigsten bei der posttranslationalen Prozessierung des Pro-Peptids ist die Spaltung der Peptidkette durch Endoproteasen. Die Endoproteasen spalten besonders dort, wo zweimal nebeneinander die basischen Aminosäuren Lysin oder Arginin oder beide kombiniert auftauchen (Paare senkrechter Striche). Durch verschiedene Spaltungskombinationen können zahlreiche Peptide entstehen. Pro-Opiomelanocortin ( POMC ) enthält als mögliche Spaltstücke außer einer Kopie von Met-Enkephalin das ACTH, β-Lipotropin , drei MSH-Peptide und das β-Endorphin . Pro- Enkephalin enthält als mögliche Spaltstücke sechs Kopien des Met-Enkephalins und eine Kopie des Leu-Enkephalins, außerdem die carboxyterminal verlängerten Peptide Met-Enkephalin-Arg-Gly-Leu und Met-Enkephalin-Arg-Phe. Pro-Dynorphin enthält außer drei Kopien von Leu-Enkephalin das β-Neoendorphin , Dynorphin A (1–17), Dynorphin A (1–8), Leumorphin und Dynorphin B . Unten die Aminosäurenummerierung. ABB. 2.18

Opioide Peptide . Die aminoterminale Sequenz Tyr-Gly-Gly-Phe-X (X = Met oder Leu) verleiht den Stoffen die Opioidwirkung. ABB. 2.19

Rezeptoren μ

δ

κ

β μ

κ μ

δ

κ δ

μ

Morphin μ

Naloxon Pentazocin κ

μ i

i +

μ

2 +

δ κ μ

Inaktivierung

δ

2.4. Periphere efferente Neuronensysteme

somatomotorische System

vegetative

Nervensystem

Sympathikus

2.4.1. Das somatomotorische System

Parasympathikus

Darmnervensystem

Periphere efferente Neuronensysteme: Transmitter, Rezeptoren, Antagonisten . Von oben nach unten: somatomotorische Innervation der Skelettmuskulatur; prä- und postganglionärer Sympathikus; präganglionärer Sympathikus und Nebennierenmark; prä- und postganglionärer Parasympathikus. α 1 , α 2 , β = α 1 -, α 2 -, βAdrenozeptor ( ), M = Muscarinrezeptor ( ), N = Nicotinrezeptor ( ), VIP = vasoaktives intestinales Polypeptid. Cotransmitter und weniger wichtige Rezeptoren in Klammern. Die Rezeptoren für Acetylcholin in den Muskelendplatten sind Nicotinrezeptoren (Muskeltyp). Sie werden durch Antagonisten wie Atracurium (nichtdepolarisierende Muskelrelaxantien) blockiert ( ). Die wichtigsten Rezeptoren für Acetylcholin in den autonomen Ganglien und im Nebennierenmark sind Nicotinrezeptoren (Neuronentyp). Sie werden durch Antagonisten wie Hexamethonium (Ganglienblocker) blockiert ( ). α 1 -, α 2 und β-Adrenozeptor- Antagonisten wie Phentolamin (α 1 , α 2 ) und Propranolol (β) hemmen die Wirkung sowohl von neural freigesetztem Noradrenalin als auch von Catecholaminen aus dem Nebennierenmark ( , ). Die Rezeptoren für Acetylcholin in den parasympathisch innervierten Erfolgsorganen sind Muscarinrezeptoren. Sie werden durch Antagonisten wie Atropin blockiert ( ). ABB. 2.20

eine

2.4.2. Das sympathische Nervensystem thorakolumbale

Teil

des

autonomen

Nervensystems

Schema des vegetativen Nervensystems . Cholinerge Neurone sind blau, noradrenerge rot, die Neurone des Darmnervensystems grün, präganglionäre sympathische und parasympathische Neurone durchgezogen, postganglionäre gestrichelt dargestellt. Die präganglionären sympathischen Neurone entspringen dem Rückenmark (thorakal 1 bis 12 und lumbal 1 bis 3); sie werden im Grenzstrang oder in weiter peripher liegenden Ganglien, meist den Prävertebralganglien, auf postganglionäre Neurone umgeschaltet (gcs = Ganglion cervicale superius , gco = G. coeliacum , gms = G. mesentericum superius , gmi = G. mesentericum inferius). Die präganglionären parasympathischen Neurone entspringen im Hirnstamm (III = N. oculomotorius, VII = N. facialis, IX = N. glossopharyngeus, X = N. vagus) sowie im Sakralmark (sakral 2 bis 4); sie werden in endorgannahen Ganglien (gci = G. ciliare; gp = G. pterygopalatinum; gs = G. submandibulare; go = Ganglion oticum) oder in den Endorganen selbst auf postganglionäre Neurone umgeschaltet. Die Funktionen der Speisewege vom Ösophagus bis zum Anus werden durch das Darmnervensystem gesteuert, das durch sympathische und parasympathische Bahnen nur moduliert wird. Unterschiede der Innervationsdichte der verschiedenen Organe sind nicht berücksichtigt; z. B. ist die glatte Muskulatur der Bronchien nur spärlich sympathisch innerviert. Rot unten Wirkungen des Sympathikus, in der Regel vermittelt durch Noradrenalin (α- und β-Adrenozeptoren; manche Wirkungen werden aber durch Cotransmitter vermittelt, und die Sympathikusfasern zu den Schweißdrüsen sind cholinerg). Blau Wirkungen des Parasympathikus, in der Regel vermittelt durch Acetylcholin (Muscarinrezeptoren; manche Wirkungen werden aber durch Cotransmitter vermittelt). ABB. 2.21

α

Intrinsische und extrinsische Anteile des Darmnervensystems . Die wichtigsten funktionsbestimmenden Transmitter sind unterstrichen. Plexus myentericus: Neurone mit Acetylcholin (ACh) und Substanz P (SP) und zum Teil Enkephalin (ENK) als Cotransmittern erregen die Ringmuskulatur; manche Axone ziehen einige Millimeter oralwärts, ehe sie in die Ringmuskulatur eintreten . Neurone mit Stickstoffmonoxid (NO) und vasoaktivem intestinalem Polypeptid (VIP) hemmen die Ringmuskulatur; ihre Axone ziehen vor Eintritt in die Ringmuskulatur einige Millimeter analwärts . Sensorische Neurone vermitteln intestinale Reflexe: Bei Dehnung des Darms kontrahiert sich das oralwärts anschließende Stück (durch die gezeigte Verbindung mit dem ACh/ENK/SP-Neuron; aszendierender exzitatorischer Reflex), während das anal anschließende Stück erschlafft (durch die Verbindung mit dem NO/VIP-Neuron; deszendierender inhibitorischer Reflex). Cholinerge Neurone ziehen auch zum Plexus submucosus . Plexus submucosus: Neurone mit Acetylcholin und Neuropeptid Y (NPY) als Cotransmittern wirken sekretionsfördernd, ebenso Neurone mit Dynorphin (DYN), Galanin (GAL) und VIP als Cotransmittern . Einflüsse des Parasympathikus: Präganglionäre parasympathische Fasern innervieren sowohl erregende als auch hemmende Neurone der Plexus . Einflüsse des Sympathikus: Neurone mit Noradrenalin (NA) und NPY als Cotransmittern bewirken Vasokonstriktion . Neurone mit Noradrenalin und Somatostatin (SOM) als Cotransmittern hemmen die DYN/GAL/VIP-Neurone und dadurch indirekt die Sekretion . Noradrenerge Neurone hemmen schließlich erregende Neurone des Plexus myentericus und dadurch indirekt die glatte Muskulatur . Es gibt Neurone, die vom Plexus myentericus zu den sympathischen Ganglien zurückprojizieren . (Nach Kunze und Furness, Ann. Rev. Physiol. 61 , 117–142, 1999.) ABB. 2.22

2.4.3. Das parasympathische Nervensystem kraniosakrale

Teil

des

autonomen Nervensystems kranialen Anteils

sakralen

Anteils

2.4.4. Das Darmnervensystem

3 8

glatte Muskulatur erregen Substanz

P,

glatte Muskulatur zur Erschlaffung bringen Stickstoffmonoxid

V I P,

sekretionsfördernden V I P,

Acetylcholin

Acetylcholin

Weiterführende Literatur Abbracchio M.P, Williams M, eds. Purinergic and Pyrimidinergic Signalling I and II . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 151 I and II. Heidelberg: Springer; 2001. Alexander S.P.H, Mathie A, Peters J.A. Guide to receptors and channels, 3 rd edition. Br. J. Pharmacol . 2009;158:S1–S239. Bennett M.R. The concept of transmitter receptors: 100 years on. Neuropharmacol . 2000;39:523–546. Berezuhnoy D, Gibbs T.T, Farb D.H. Docking of 1,4-benzodiazepines in the α1/γ1 GABAA receptor modulator site. Mol. Pharmacol . 2009;76:440–450. Di Chiara G, ed. Dopamine in the CNS I and II . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 154/I and II. Heidelberg: Springer; 2002. Davletov B, Bajohrs M, Binz T. Beyond BOTOX: advantages and limitations of individual botulinum neurotoxins. Trends Neurosci . 2005;78:446–452. Donnerer J, Lembeck F. The Chemical Languages of the Nervous System . Basel: Karger; 2006. Esplugues J.V. NO as a signalling molecule in the nervous system. Brit. J. Pharmacol . 2002;135:1079–1095. Fredriksson R, Schiöth H.B. The repertoire of G-protein-coupled receptors in fully sequenced genomes. Mol. Pharmacol . 2005;67:1414–1425. Freissmuth M, Sitte H.H, eds. Neurotransmitter Transporters . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 175. Heidelberg: Springer; 2006. Gainetdinov R.R, Premont R.T, Bohn L.M, Lefkowitz R.J, Caron M.G. Desensitization of G-protein-coupled receptors and neuronal functions. Ann. Rev. Neurosci . 2004;27:107–144. Holzer P, ed. Tachykinins . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 164. Heidelberg: Springer; 2004. Holzer P, Schicho R, Lippe I.T. Das enterale Nervensystem – ein Gehirn im Gastrointestinaltrakt. Neuroforum . 2002;8:218–226. Kügelgen I. von, Wetter A. Molecular pharmacology of P2Y-receptors. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol . 2000;362:310–323. Mayer B. Nitric Oxide. Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 143. Heidelberg: Springer; 2000. Michel M.C, ed. Neuropeptide Y and Related Peptides . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 162. Heidelberg: Springer; 2004. Möhler H, ed. Pharmacology of GABA and Glycine Neurotransmission . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 150. Heidelberg: Springer; 2001. Rasmussen S.G.F, DeVree B.T, Zou Y, et al. Crystal structure of the β2 adrenergic receptor – Gs protein complex. Nature . 2011;477:549–557. Starke K. Presynaptic autoreceptors in the third decade: focus on α2-adrenoceptors. J. Neurochem . 2001;78:685–693. Starke K. Synaptic transmission. In: Offermanns S, Rosenthal W, eds. Molecular Pharmacology . Heidelberg: Springer; 2004:894–900. Starke K. History of catecholamine research. In: Bergmann K.C, Ring J, eds. History of Allergy . Chem Immunol. Allergy . 100. 2014:288–301. Starke K, Göthert M, Kilbinger H. Modulation of neurotransmitter release by presynaptic autoreceptors. Physiol. Rev . 1989;69:864–989. Südhof T.C. The synaptic vesicle cycle. Ann. Rev. Neurosci . 2004;27:509–547. Südhof T.C, Starke K, eds. Pharmacology of Neurotransmitter Release . Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 184. Heidelberg: Springer; 2008. Szallasi A, Blumberg P.M. Vanilloid (capsaicin) receptors and mechanisms. Pharmacol. Rev . 1999;51:159–211. Wettschureck N, Offermanns S. Mammalian G proteins and their cell type-specific functions. Physiol. Rev . 2005;85:1159–1204.

KAPITEL 3

Pharmakologie Cholinerger Systeme K. Starke

Welcher aber außdauren / und am besten sauffen konte / wuste sich dessen groß zu machen / und dünckte sich kein geringer Kerl zu seyn; zuletzt dürmelten sie alle herum / als wenn sie Bilsensamen genossen hätten. Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch

3.1. Einführung Pharmakologie Anatomie

Physiologie

1

5

Tab. 3.1 Möglichkeiten pharmakologischer Beeinflussung cholinerger Systeme Angriffspunkt

Pharmakologische Beeinflussung

2+

2+

3.2. Muscarinrezeptor-Agonisten 1

5

• M 1 -Rezeptoren typischerweise auf Nervenzellen vor, wo sie Erregung vermitteln, • M 2 -Rezeptoren typischerweise im Herzen vor, wo sie negativ chrono-, dromo- und inotrope Wirkungen vermitteln, • M 3 -Rezeptoren typischerweise an glatten Muskelzellen und Drüsenzellen vor, wo sie Kontraktion und Sekretion vermitteln (zur Signaltransduktion ). 1–5

Parasympathomimetika, direkt

wirkende

Parasympathomimetika indirekt wirkende

Parasympathomimetika Muscarinrezeptor-Agonisten

3.2.1. Geschichte

Amanita

muscaria

3.2.2. Stoffe Acetylcholin Carbachol

Bethanechol

Muscarin A

Inocybe Pilocarpus

Pilocarpin

Arecolin Areca catechu Piper betle

Muscarinrezeptor- Agonisten. Pharmakologisch wichtige Strukturmerkmale sind der quartäre oder ( Pilocarpin, Arecolin) protonierbare Stickstoff links und der Ester- oder Ethersauerstoff rechts in jeder Formel. ABB. 3.1

3.2.3. Pharmakodynamik

2

ABB. 3.2

Von der M 2 -Rezeptor-Aktivierung zur Bradykardie.

Das Bild spezifiziert das allgemeine Schema der Signaltransduktion an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren ( ) für die M 2 Rezeptoren des Sinusknotens. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung (Erhöhung der Offenwahrscheinlichkeit bei Ionenkanälen), – Hemmung. Unter dem Schema die Membranpotentialregistrierung einer Sinusknotenzelle vor Zusatz von Carbachol (blau; Frequenz 240 min -1 ) und in Gegenwart von 100 nM Carbachol (rot; Frequenz 180 min -1 ). Die Reaktionskaskade beginnt mit der Aktivierung eines G i -Proteins. Dann verzweigt sich der Weg: (1) Die βγ-Untereinheit von G i öffnet K(ACh)-Kanäle für den Strom I K(ACh) ( ). Dadurch wird das maximale diastolische Potential erhöht. (2) Die α i -Untereinheit hemmt die Adenylylcyclase. Die Konzentration von cAMP sinkt. cAMP fördert die Offenwahrscheinlichkeit eines HCN-Kanals ( h yperpolarization-activated c yclic n ucleotide modulated channel), der den sogenannten Schrittmacherstrom I h (durch H yperpolarisation aktiviert; auch I f genannt) passieren lässt, einen Einwärtsstrom, der in der Diastole die Sinusknotenzellen allmählich depolarisiert ( ). Senkung der cAMP-Konzentration bremst also die diastolische Depolarisation. Beides: Erhöhung des maximalen diastolischen Potentials (Förderung von I K(ACh) ) und Abflachung der diastolischen Depolarisation (Hemmung von I h ) verlangsamt das Herz.

direkten

Kontraktion indirekte endothelialen

Vasodilatation nervalen. 3

2

4

3

α

1

Tab. 3.2 Wirkungen von Muscarinrezeptor-Agonisten und -Antagonisten Bei einigen Herzstrukturen und bei den Blutgefäßen fehlt mangels parasympathischer Innervierung eine AntagonistWirkung. Wichtigste Subtyp-Regeln: M 1 -Rezeptoren , G q -gekoppelt → Erregung von Neuronen; M 2 -Rezeptoren, G i -gekoppelt → negative Chrono-, Dromo- und Inotropie; M 3 -Rezeptoren; G q -gekoppelt → Glattmuskelkontraktion, Drüsensekretion Organ Herz

Blutgefä ße Bronchi alsys tem

MagenDar mKana l

Gallenbl ase und M. sphin cter Oddi Uretere n Harnbla se

Tränend rüse Speichel drüs en

+

autonom e Gang lienz ellkö rper postgan glion ärpara symp athis che Axon e postgan glion ärsymp athis che Axon e

1

2 4

2

4

Zentraln erve nsyst em

1

Folgen der Aktivierung und Blockade von Muscarinrezeptoren am Auge. Rechts: Aktivierung der Muscarinrezeptoren (Muscarinrezeptor-Agonisten, Cholinesterase- Inhibitoren) führt zur Kontraktion des M. ciliaris und M. sphincter pupillae. Folge der Kontraktion des M. sphincter pupillae ist (1) Verkleinerung der Pupille (Miosis); Folgen der Kontraktion des M. ciliaris sind (2) Erschlaffung der Zonulafasern, Rundung der Linse, Akkommodation und Abflachung der vorderen Augenkammer sowie (3) durch Zug am Skleralsporn Erweiterung der Maschen des Trabekelwerks im Kammerwinkel und des Schlemm-Kanals, Erleichterung des Abflusses des Kammerwassers. Links: Blockade der Muscarinrezeptoren (Muscarinrezeptor-Antagonisten) führt zur Erschlaffung des M. ciliaris und des M. sphincter pupillae. Folge der Erschlaffung des M. sphincter pupillae ist (4) Vergrößerung der Pupille (Mydriasis); Folgen der Erschlaffung des M. ciliaris sind (5) Anspannung der Zonulafasern, Abflachung der Linse, Desakkommodation und Vertiefung der vorderen Augenkammer sowie (6) durch Nachlassen des Zugs am Skleralsporn Verengung der Maschen des Trabekelwerks im Kammerwinkel und des Schlemm-Kanals, Behinderung des Abflusses des Kammerwassers. – Wie Muscarinrezeptor-Antagonisten erweitern auch αAdrenozeptor-Agonisten die Pupille, und zwar durch Kontraktion des (nicht eingezeichneten) M. dilatator pupillae. Dabei bleibt die Fähigkeit zur Akkommodation erhalten. (Nach H. H. Unger und G. Mackensen, Freiburg i. Br.) ABB. 3.3

3.2.4. Vergiftungen, Anwendung, Nebenwirkungen

3.3. Muscarinrezeptor-Antagonisten

Agonisten

Antagonisten

1

5 1 3

Parasympatholytika Muscarinrezeptor-Antagonisten

3.3.1. Geschichte

Tollkirsche Atropa Hyoscyamus

belladonna

niger

3.3.2. Stoffe • die natürlichen Alkaloide, • einige vorwiegend in der Augenheilkunde lokal applizierte Substanzen, • nicht subtypselektive quartäre Ammoniumverbindungen, • Mittel zur Behandlung der Parkinson-Krankheit, sowie • die Subtyp-selektiven Stoffe Pirenzepin, Darifenacin und Tiotropium. Atropin Alkaloide

±

Scopolamin

natürliche

Atropa belladonna Datura stramonium

Hyoscyamus niger

Augenheilkunde

Cyclopentolat

Tropicamid Butylscopolamin

Ipratropium

nicht

subtypselektive

quartäre

Derivate

®

Muscarinrezeptor-Antagonisten . Das den Stickstoff enthaltende Ringsystem des Atropins und Ipratropiums nennt man Tropin, das des Scopolamins und Butylscopolamins Scopin. Ein Stern kennzeichnet das Chiralitätszentrum der Tropasäure. HWZ = Eliminationshalbwertszeit. Die Wirkdauer bei lokaler Anwendung am Auge gilt für die Mydriasis; die Lähmung des M. ciliaris bildet sich meist schneller zurück. ABB. 3.4

Parkinson-Krankheit

Biperiden

Pirenzepin

1 2-5

Darifenacin

3

Tiotropium 3 3

lang

wirkenden

Muscarinrezeptor-Antagonisten

Aclidinium

3.3.3. Pharmakodynamik

3

1

3

3

3.3.4. Pharmakokinetik

Atropins

Ipratropium

Tiotropium Darifenacin

450

3.3.5. Vergiftungen und ihre Behandlung

3.3.6. Anwendung und Nebenwirkungen

β 2

3

Dranginkontinenz

3

Z u r Ve r t i e f u n g Belastungsinkontinenz

• im Herzen zu Tachykardie, unter Umständen zu Angina pectoris, • in den Bronchien zur Störung der Selbstreinigung, • im Magen-Darm-Kanal und in den Harnwegen zu Verzögerung der Magenentleerung, Darmatonie und Miktionsstörungen, • im Auge zu Lichtscheu, Akkommodationsschwäche, vor allem aber bei engem Kammerwinkel zu Steigerung des Augeninnendrucks und einem akuten Glaukomanfall, • in den Speicheldrüsen zu Mundtrockenheit, Schluck- und Sprechschwierigkeiten, • im Zentralnervensystem (bei Scopolamin) zu Müdigkeit, allgemein zu Beeinträchtigung kognitiver Funktionen.

3.4. Neuromuskulär blockierende Stoffe

neuromuskulär blockierende Stoffe Muskelrelaxantien und

ABB. 3.5

Einteilung der Muskelrelaxantien .

• Nichtdepolarisierende Muskelrelaxantien : Das sind die vorwiegend muskulär wirkenden Nicotinrezeptor- Antagonisten , die Affinität zur Acetylcholin-Bindungsstelle des Rezeptors besitzen, aber keine intrinsische Aktivität. • Depolarisierende Muskelrelaxantien : Das sind die vorwiegend muskulär wirkenden Agonisten , die Affinität zur Acetylcholin- Bindungsstelle des Rezeptors und intrinsische Aktivität besitzen.

3.4.1. Geschichte Die Vermessung der Welt Chondrodendron tomentosum Strychnos

Chondrodendron Strychnos

toxifera

Agonisten

3.4.2. Stoffe

(+)-Tubocurarin Toxiferin Vecuronium

Atracurium

Cisatracurium

Suxamethonium

Alcuronium Pancuronium

Mivacurium

Neuromuskulär blockierende Stoffe und ihr Abbau. Suxamethonium ist ein Nicotinrezeptor-Agonist, die anderen Substanzen sind Antagonisten. Beim Vecuronium ist die Atomfolge des Acetylcholins rot hervorgehoben. Rote Sterne zeigen bei Atracurium und seinen Spaltprodukten die Chiralitätszentren. Rote Pfeile zeigen bei Vecuronium, Atracurium und Suxamethonium die Stellen der Esterspaltung. ABB. 3.6

3.4.3. Pharmakodynamik: Wirkung auf die Skelettmuskulatur

Endplattenpotential

2

+

2+ 2

+ 2

Ryanodin

neuromuskulären Monitoring N.

ulnaris M. adductor pollicis

Nichtdepolarisierende Muskelrelaxantien

+

nicht

Ermüdung

Decurarisierung

Merkmale der Wirkung eines nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans [(+)- Tubocurarin] und eines depolarisierenden Muskelrelaxans ( Suxamethonium), halbschematisch nach Versuchen am M. tibialis anterior narkotisierter Katzen. Der motorische Nerv wurde alle 20 s mit einem Einzelimpuls elektrisch gereizt; Ausnahmen: Bei „d“ wurde statt des Nervs der Muskel direkt gereizt, und bei T 4 („Viererserie“, Train-of-Four der Anästhesisten) wurde der Nerv durch 4 Impulse einer Frequenz ABB. 3.7

von 2 Hz gereizt. Bei der Viererserie wurde mit größerer Geschwindigkeit registriert (Zeitmarkierung oben rechts). Kontrollversuch : Reizung des motorischen Nervs durch Einzelimpulse im Abstand von 20 s löst gleichbleibende Kontraktionen aus: . Das Gleiche gilt für direkte Muskelreizung („d“ bei ). Die vier Zuckungen einer Viererserie sind etwa gleich hoch: . Die Wirkungen von (+)-Tubocurarin (TC) und Suxamethonium (Sux) werden im Text besprochen. Neo = Neostigmin. (nach W. C. Bowman: Pharmacology of Neuromuscular Function, Bristol 1980)

Depolarisierende Muskelrelaxantien

Erregung

Lähmung Um die dauerdepolarisierte Endplatte herum legt sich ein breiter Ring, in dem die spannungsabhängigen Natriumkanäle inaktiviert sind und das Sarkolemm deshalb elektrisch unerregbar ist

Ermüdung

fehlt

nicht

Der Wirkmechanismus depolarisierender Muskelrelaxantien. Oben: im Aufblick eine Muskelfaser mit der motorischen Endplatte, spannungsabhängigen Natriumkanälen sowie auf die Endplatte beschränkten Nicotinrezeptoren; unten: das Membranpotential, gemessen längs einer die Endplatte schneidenden Linie. A: Ruhezustand: Die Nicotinrezeptor-Ionenkanäle und die Natriumkanäle sind geschlossen, das Membranpotential beträgt überall etwa –90 mV (Ruhepotential). B: Depolarisationsblock (Phase-I-Block): Die initiale Erregungswirkung des Suxamethoniums ist nicht gezeigt: Es aktiviert die Nicotinrezeptoren, deren Ionenkanäle öffnen sich, die Endplatte wird depolarisiert, und falls die Schwelle überschritten wird, öffnen sich spannungsabhängige Natriumkanäle und es entsteht ein Muskelaktionspotential. Danach (und das zeigt das Bild) bleiben zwar die Nicotinrezeptor-Ionenkanäle offen, die Natriumkanäle um die Endplatte herum aber werden durch die Dauerdepolarisation inaktiviert, gehen in den Zustand „geschlossen, nicht aktivierbar“ über. Das Membranpotential fällt jetzt von der repolarisierten Muskelfasermembran zur depolarisierten Endplatte hin ab. Die Endplatte ist durch einen etwa 1 mm breiten Ring elektrisch unerregbarer Membran von der übrigen, erregbaren Muskelfaser isoliert. C: Phase-II-Block: Nach großen oder wiederholten Dosen Suxamethonium wandeln sich die Merkmale des Blocks vom typischen Depolarisationsblock in Richtung auf den Block durch nichtdepolarisierende Relaxantien. Zum Beispiel kann man dann den Suxamethonium-Block durch Cholinesterase-Inhibitoren abschwächen. Möglicherweise sind bei diesem Phase-II-Block viele Nicotinrezeptoren desensibilisiert, d.h. wieder geschlossen und durch Suxamethonium nicht mehr zu öffnen ( zur Desensibilisierung von Rezeptoren); das Endplattenpotential steigt, die spannungsabhängigen Natriumkanäle kehren in den Zustand „geschlossen, aktivierbar“ zurück, und der bisher unerregbare Ring wird wieder elektrisch erregbar. ABB. 3.8

Wechselwirkungen Cholinesterase-Inhibitoren

Narkosemittel

Antibiotika

3.4.4. Pharmakodynamik: andere Wirkungen

Tab. 3.3 Unerwünschte Wirkungen neuromuskulär blockierender Stoffe bei klinisch verwendeten Dosen Substanz

Histaminfreisetzung

Freisetzung von Histamin

Wirkung auf andere Cholinozeptoren

Ganglionäre Nicotinrezeptoren

Muscarinrezeptoren im Herzen

Selektive Wirkung von Atracurium auf die neuromuskuläre Übertragung bei einer narkotisierten Katze. Von oben nach unten Blutdruck, Zeitschreibung, Herzfrequenz, mechanische Spannung des M. gastrocnemius, mechanische Spannung der Nickhaut (des glattmuskulären, sympathisch innervierten „dritten Augenlids“ der Katze). Vor Atracurium bewirkt Vagusreizung (V) Blutdruckabfall und Bradykardie, Reizung des motorischen Nervs des M. gastrocnemius mit einer Frequenz von 0,1 Hz gleichmäßige Kontraktionen und präganglionäre Reizung des Sympathikus (S) Kontraktionen der Nickhaut. Atracurium 0,25 mg/kg i.v. lähmt den M. gastrocnemius komplett. Es beeinflusst aber weder den Blutdruck oder die Herzfrequenz noch die Vaguswirkung auf Blutdruck und Herz noch die Kontraktionen der Nickhaut. Nach 30 Minuten Pause hat sich die neuromuskuläre Übertragung erholt. Folgerung: Diese muskelrelaxierende Dosis von Atracurium blockiert die Nicotinrezeptoren der parasympathischen Ganglienzellen (im Verlauf der Vagusbahn zum Herzen) oder der sympathischen Ganglienzellen (im Verlauf der Sympathikusbahn zur Nickhaut) und die Muscarinrezeptoren des Herzens nicht. (Nach Hughes und Chapple, Br. J. Anaesth. 53 , 31–44, 1981.) ABB. 3.9

Weitere Nebenwirkungen von Suxamethonium muskelkaterartige

Schmerzen

+

Hyperkaliämie +

erhöht

Augeninnendruck

maligne

Hyperthermie

2

+

2 2

+ +

3.4.5. Pharmakokinetik

(+)-Tubocurarin

Alcuronium

Vecuronium

Atracurium

Pancuronium

Tab. 3.4 Dosierung, Wirkungseintritt, Wirkdauer und Elimination neuromuskulär blockierender Stoffe. Dosierungen und Zeiten sind nur Anhaltspunkte. Wirkdauer ist die Zeit, bis die Muskelkontraktion 25 % des Ausgangswerts wieder erreicht hat; sie hängt unter anderem von der Dosis ab

Substanz

Dosis zur Intubation (mg/kg)

Zeit von i.v. Injektion bis Wirkmaximum (min)

Wirkda uer (min)

Elimination

unspezifische Esterasen Butyrylcholinesterase

Mivacurium Suxamethonium

1

u 1

a

1

a

1

a

3.4.6. Anwendung

Zweierlei vor allem hat der Arzt zu beachten

1. bleiben Bewusstsein und Schmerzempfindung erhalten, 2. ist die Atemmuskulatur im Vergleich zu anderen Muskeln zwar verhältnismäßig unempfindlich gegen neuromuskulär blockierende Stoffe, aber auch sie wird durch die üblichen Dosen gelähmt; adäquate künstliche Beatmung ist notwendig.

Z u r Ve r t i e f u n g

2+

3.5. Vorwiegend neuronal wirkende Nicotinrezeptor-Agonisten und -Antagonisten

ganglienerregende Substanzen Ganglienblocker

• So wie freigesetztes Acetylcholin über die muskulären Nicotinrezeptoren das Endplattenpotential auslöst, so ruft es über die ganglionären Nicotinrezeptoren das schnelle erregende postsynaptische Potential (EPSP) hervor. • So wie nicht depolarisierende Muskelrelaxantien mit Acetylcholin um den Endplattenrezeptor konkurrieren, das Endplattenpotential verkleinern und schließlich die neuromuskuläre Übertragung lähmen, so konkurrieren Ganglienblocker mit Acetylcholin um den ganglionären Nicotinrezeptor, vermindern das schnelle EPSP und unterbrechen schließlich die ganglionäre Übertragung. • So wie depolarisierende Muskelrelaxantien den Muskel zunächst erregen und dann die neuromuskuläre Übertragung verhindern, so erregen Agonisten an ganglionären Nicotinrezeptoren das Ganglion zunächst und unterdrücken dann die ganglionäre Übertragung durch Dauerdepolarisation (und anschließend unter Umständen trotz Repolarisation weiter, vielleicht durch Rezeptordesensibilisierung).

3.5.1. Agonisten Nicotin Nicotiana tabacum

a

Coniin (Conium maculatum), Cytisin (Laburnum anagyroides)

Lobelin

Lobelia inflata

ABB. 3.10

Vorwiegend neuronal wirkende Nicotinrezeptor-Liganden.

Nicotinrezeptor-Agonisten

Insektizide,

Neonicotinoide Clothianidin

Westlichen

Maiswurzelbohrers Bienensterben

Wirkungen

kann oder

beschleunigen

Herzschlag

oder kann Herzschlag

verlangsamen

oder

erhöhen Herzfrequenz

Blutdruck.

Magen-Darm-Kanal

Zentralnervensystem

erregend

2

β

Raucherentwöhnung

Nicotinersatztherapie

Va r e n i c l i n s α

α

Bupropion

2

3

2

β

3

Therapie der Tabakabhängigkeit . Ein Chancenverhältnis (Odds Ratio) > 1 zeigt, dass de r Eingriff (Gruppenpsychotherapie getestet gegen die Anstrengung des Rauchers allein, die Medikamente getestet gegen Placebo) die Tabakabstinenz über eine Zeit von mindestens 6 Monaten erhöht. Das ist signifikant der Fall bei Gruppentherapie, Nicotinersatztherapie, Vareniclin und Bupropion, nicht aber bei Naltrexon. Jede Zeile ist das Ergebnis einer Metaanalyse in einem Cochrane Review. ABB. 3.11

3.5.2. Antagonisten Hexamethonium

3.6. Cholinesterase-Hemmstoffe Acetylcholinesterase Butyrylcholinesterase

Acetyl

indirekt wirkende Parasympathomimetika direkt wirkende Parasympathomimetika

3.6.1. Geschichte Physostigma venenosum

214

3.6.2. Stoffe, Hemmmechanismen

nichtveresternden

Inhibitoren

carbamylierenden Inhibitoren

phosphorylierenden

Edrophonium

Physostigmin

Insektiziden Inhibitoren

Neostigmin

Fluostigmin

und

Donepezil

Pyridostigmin

Parathion

Insektizide

Rivastigmin

Carbofuran

Cholinesterase-Hemmstoffe. Edrophonium und Donepezil sind nichtveresternde Inhibitoren; es wird kein Molekülteil auf das Enzym übertragen. Physostigmin, Neostigmin, Rivastigmin und Carbofuran sind chemisch Carbaminsäureester und pharmakologisch carbamylierende Inhibitoren, und Fluostigmin ist chemisch ein Phosphorsäureester und pharmakologisch ein phosphorylierender Inhibitor; bei diesen Stoffen wird der rote Säurerest auf das Serin-OH des esteratischen Zentrums der Cholinesterasen übertragen, sodass ein Ester des Enzyms entsteht. ABB. 3.12

Wirkmechanismen von Cholinesterase-Hemmstoffen. Im esteratischen Zentrum der Cholinesterasen (ChE) sind Glutamat, Histidin und Serin benachbart („katalytische Triade“). Durch die Nachbarschaft des Glutamats und des Imidazolrings wird der Sauerstoff des Serins zur Esterbildung aktiviert. Reaktion mit Acetylcholin: Acetylcholin bildet mit dem Enzym einen Komplex. Der Acetylrest wird auf das Serin übertragen: Das Enzym wird acetyliert. Cholin diffundiert ab. Die Essigsäure-Serin-Esterbindung wird sehr schnell hydrolysiert, mit einer Halbwertszeit von Mikrosekunden. Das freie Enzym wird dadurch regeneriert. Die Wirkungsweise der nicht veresternden, carbamylierenden und phosphorylierenden Inhibitoren wird im Text besprochen. ABB. 3.13

3.6.3. Pharmakodynamik

3.6.4. Pharmakokinetik

3.6.5. Vergiftungen und ihre Behandlung

3.6.6. Anwendung und Nebenwirkungen der Muscarinrezeptor-Agonisten und CholinesteraseHemmstoffe

+



chronischen Offenwinkelglaukom

akuten

Winkelblockglaukom

Glaukomanfall

angeborene Formen Sekundärglaukome

• Beim chronischen Offenwinkelglaukom ist die pharmakologische Drucksenkung die Methode der Wahl; sie wird nur dann durch Laserbehandlung oder operative Therapie ersetzt oder ergänzt, wenn der Augendruck erhöht bleibt oder das Gesichtsfeld weiter verfällt. • Beim akuten Glaukomanfall muss der Druck rasch, möglichst durch den erstbehandelnden Arzt, medikamentös gesenkt werden, dann aber schließt sich stets eine Iridektomie oder Iridotomie an, um weiteren Anfällen vorzubeugen. • Angeborene Formen kommen für die Pharmakotherapie meist nicht infrage. • Bei sekundären Glaukomen kann drucksenkende Pharmakotherapie Maßnahmen gegen das Grundleiden ergänzen. chronischen

Offenwinkelglaukoms

• An erster Stelle steht heute die jüngste Gruppe, nämlich die Prostaglandine . Es handelt sich um Derivate des Prostaglandins F 2α . Das erste, Latanoprost , wurde 1997 eingeführt. Die Substanzen aktivieren Prostaglandin-FP-Rezeptoren und fördern dadurch den uveoskleralen Kammerwasserabfluss. Sie wirken stark und müssen nur einmal täglich angewandt werden (die anderen Gruppen mehrmals täglich). Hyperämie der Bindehaut kann auftreten, und die Iris kann sich durch Erhöhung des Melaningehalts dunkler färben. • Die β-Adrenozeptor-Antagonisten wie das Timolol drosseln die Kammerwasserproduktion. • Die α 2 -Adrenozeptor-Agonisten Clonidin und Brimonidin wirken sowohl über eine Verminderung der Kammerwasserproduktion als auch über eine Förderung des uveoskleralen Abflusses. • Die lokal anwendbaren Carboanhydrase-Inhibitoren vermindern die Kammerwasserproduktion durch Hemmung der Carboanhydrase im Ziliarkörper. Dorzolamid ist wie das klassische Acetazolamid ( ) ein Sulfonamid, ist aber lipophiler und dringt deshalb bei lokaler Gabe gut ins Auge ein. Die Senkung des Augeninnendrucks gelingt so ohne deutliche systemische Wirkungen. Jucken der Augen und Tränenfluss kommen häufig vor. • Die Muscarinrezeptor-Agonisten , seit 1870 als augeninnendrucksenkend bekannt, stehen heute an letzter Stelle. Die Penetration des polaren Carbachols wird durch das in den Tropfen enthaltene Detergens Benzalkonium (das zugleich zur Konservierung dient; ) gefördert. Die therapeutische Hauptwirkung richtet sich auf den M. ciliaris. Sie ist in erläutert: Die Kontraktion des Muskels stellt das Trabekelwerk und den Schlemm-Kanal weit und fördert den trabekulären Kammerwasserabfluss. Die Kontraktion des M. ciliaris stört aber auch, meist nur vorübergehend, die Fernsicht, und die Kontraktion des M. sphincter pupillae stört das Sehen bei Dämmerung. Den oberen vier Gruppen fehlen diese Nebenwirkungen. akuten

Winkelblockglaukoms

Tab. 3.5 Lokale Therapie beim chronischen Offenwinkelglaukom Substanzgruppe

Substanz

Konzentration (Lösung, Salbe)

2

Tab. 3.6 Pharmakotherapie beim akuten Glaukomanfall Applikat Substanz ion

Dosierung

lokal systemis ch

Ist die Pupille lichtstarr oder reagiert sie nicht auf die ersten Pilocarpintropfen, so ist der M. sphincter pupillae durch Ischämie gelähmt. Weitere Gabe von Pilocarpin ist dann kontraindiziert (Abflachung der vorderen Augenkammer).

Cholinesterase-Hemmstoffe

Glucocorticoide Immunsuppressivum Plasmaaustausch

Thymektomie

Neurofibrillen

senile Plaques β β

Auguste D. im Jahr 1902 und Alois Alzheimers erstes Gespräch mit ihr am 26. November 1901. Die Krankenakte wurde 1995 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Frankfurt am Main wiedergefunden (Maurer, K., Volk, S., Gerbaldo, H.: Auguste D. and Alzheimer's disease. Lancet 349, 1546–1549 (1997). Die Histologie zeigt Neurofibrillenbündel in der Großhirmrinde (Graeber, M.B., Kösel, S., Grasbon-Frodl, E., Möller, J.J., Mehraein, P.: Histopathology and APOE genotype of the first Alzheimer disease patient, Auguste D. Neurogenetics 1, 223–228 (1998). ABB. 3.14

Cholinesterase-Inhibitoren

Memantin

Z u r Ve r t i e f u n g Störungen der Gehirndurchblutung

Geriatrika ν

Nootropika

σ Ginkgo biloba

Ginkgo-biloba

3.7. Botulinusneurotoxine Clostridium

Botulinusneurotoxin

A

®

Dystonien Blepharospasmus Torticollis

spasticus

überaktiver

Blase

Spasmus hemifacialis

botulinum

Hyperhidrosis axillaris Gesichtsfalten

But man, proud man … like an angry ape Plays such fantastic tricks before high heaven, As makes the angels weep. Doch der Mensch, der stolze Mensch … wie ein zorniger Affe Solch tolle Possen vor dem Himmel treibt, Als Engel weinen machen.

Weiterführende Literatur Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Empfehlungen zur Therapie der Demenz. 3. Auflage. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Köln . 2004. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Empfehlungen zur Therapie der Tabakabhängigkeit („Raucherentwöhnung“). 2. Auflage. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Berlin . 2010 (die 2015 gültige Fassung). Barendrecht M.M, Oelke M, Laguna M.P, Michel M.C. Is the use of parasympathomimetics for treating an underactive urinary bladder evidence-based? Br.. J. Urology . 2007;99:749–752. Benowitz N.L. Pharmacology of nicotine: addiction, smoking-induced disease, and therapeutics. Ann. Rev. Pharmacol. Toxicol . 2009;49:57–71. Birks J, Grimley Evans J. Ginkgo biloba for cognitive impairment and dementia.. Cochrane Database of Systematic Reviews . 2009(1) doi: Art.No.: CD003120. Braverman A.S, Tibb A.S, Ruggieri M.R. M 2 and M 3 receptor activation of urinary bladder contractile signal transduction. I. Normal bladder. J. Pharmacol. exp. Ther . 2006;316:869–874. Brodde O.E, Michel M.C. Adrenergic and muscarinic receptors in the human heart. Pharmacol. Rev . 1999;51:651–689. Brown L.A, Ihara M, Buckingham S.D, Matsuda K, Sattele D.B. Neonicotinoid insecticides display partial and super agonist actions on native insect nicotinic acetylcholine receptors. J. Neurochem . 2006;99:608–615. Craven K.B, Zagotta W.N. CNG and HCN channels: two peas, one pod. Ann. Rev. Physiol . 2006;68:375–401. Davletov B, Bajohrs M, Binz T. Beyond BOTOX: advantages and limitations of individual botulinum neurotoxins. Trends Neurosci . 2005;28:446–452. Dietlein T.S, Hermann M.M, Jordan J.F. Medikamentöse und chirurgische Therapie des Glaukoms. Deutsches Ärzteblatt . 2009;106:597–606. Goepel M, Kirschner-Hermanns R, Welzh-Barth A, Steinwachs K.C, Rübben H. Harninkontinez im Alter. Deutsches Ärzteblatt . 2010;107:531–536. Fryer A.D, Christopoulos A, Nathanson N.M. Muscarinic Receptors. Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 208. Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag; 2012. Gotti C, Zoli M, Clementi F. Brain nicotinic acetylcholine receptors: native subtypes and their relevance. Trends Pharmacol. Sci . 2006;27:482–491. Maskos U, Molles B.E, Pons S, et al. Nicotine reinforcement and cognition restored by targeted expression of nicotinic receptors. Nature . 2005;436:103–107. Mayer B. How much nicotine kills a human? Tracing back the generally accepted lethal dose to dubious self-experiments in the nineteenth century. Arch Toxicol . 2014;88:5–7. doi: . Michel M.C, Parra S. Similarities and differences in the autonomic control of airway and urinary bladder smooth mucle. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol . 2008;378:217–224. Mickelson J.R, Louis C.F. Malignant hyperthermia: excitation-contraction coupling, Ca 2+ release channel, and cell Ca 2+ regulation defects. Physiol. Rev . 1996;76:537–592. Ni, H., Soe, Z., Moe, S.: Aclidinium bromide für stable chronic obstructive pulmonary disease. The Cochrane Database of Systematic Reviews 9, DOI: . Niaura R, Jones C, Kirkpatrick P. Varenicline. Nature Rev. Drug Discovery . 2006;5:537–538. Racké K. Tiotropium. Dtsch. Med. Wschr . 2006;131:1218–1220. Schneider-Gold C, Toyka K.V. Myasthenia gravis: Pathogenese und Immuntherapie. Deutsches Ärzteblatt . 2007;104:C356–C363. Selkoe D.J, Schenk D. Alzheimer's disease: molecular understanding predicts amyloid-based therapeutics. Ann. Rev. Pharmacol. Toxicol . 2003;43:545–584. Taylor P, Radić Z. The cholinesterases: from genes to proteins. Ann. Rev. Pharmacol. Toxicol . 1994;34:281–320. Trendelenburg A.U, Meyer A, Wess J, Starke K. Distinct mixtures of muscarinic receptor subtypes mediate inhibition of noradrenaline release in different mouse peripheral tissues, as studied with receptor knockout mice. Br. J. Pharmacol . 2005;145:1153–1159.

KAPITEL 4

Pharmakologie noradrenerger und adrenerger Systeme – Pharmakotherapie des Asthma bronchiale – Doping K. Starke

Er war totenbleich ... Die Gefäßnervenleitung nach seinem Gesichte spielte mit dem Erfolg, daß die entblutete Haut dieses jungen Gesichtes blaßkalt einfiel, die Nase spitz erschien und die Partie unter den Augen ganz so bleifarben wie bei einer Leiche aussah. Aber Hans Castorps Herz ließ der Sympathikus in einer Gangart trommeln, daß von geregelter Atmung überhaupt nicht mehr die Rede sein konnte, und Schauer überliefen den jungen Menschen als Veranstaltung der Hautsalbendrüsen seines Körpers, die sich mitsamt ihren Haarbälgen aufrichteten. Thomas Mann: Der Zauberberg

4.1. Einführung Anatomie

Physiologie Noradrenerg Adrenerge

Catecholamine

α 2 1

2

β

3

• Adrenozeptor-Agonisten • „Indirekt wirkende Sympathomimetika“ • Methylxanthine • α-Adrenozeptor-Antagonisten • Mutterkornalkaloide • β-Adrenozeptor-Antagonisten • „Inaktivierungshemmstoffe“ • „Antisympathotonika“ Indirekt

wirkende Sympathomimetika

Methylxanthine

Mutterkornalkaloiden

β

α

α

1

α

2A

2B

α

2C

1A

β

α

1B

α

1D

β

Inaktivierungshemmstoffe Antisympathotonika

• Reserpin, das durch Blockade des vesikulären Transporters ( ) die sympathischen Neurone an Noradrenalin verarmen lässt, • clonidinähnliche Antihypertensiva, die zentrale α 2 -Adrenozeptoren und periphere α 2 -Autorezeptoren aktivieren ( ) und dadurch die Aktionspotentialfrequenz im Sympathikus und die Freisetzung von Noradrenalin pro Aktionspotential vermindern, und • α-Methyldopa, das sich bei der Dopadecarboxylase in den Catecholamin-Syntheseweg einfädelt ( ) und dessen Metabolit αMethylnoradrenalin ebenfalls durch Aktivierung zentraler α 2 -Adrenozeptoren die Aktionspotentialfrequenz im Sympathikus vermindert. Tab. 4.1 Möglichkeiten pharmakologischer Beeinflussung noradrenerger und adrenerger Systeme Angriffspunkt

Pharmakologische Beeinflussung

2+

2+

1

2

1 2

1

1

Carbidopa, Benserazid, Selegilin, Rasagilin, Entacapon und Tolcapon werden bei den Antiparkinsonmitteln besprochen ( ).

2

Noradrenalin und Adrenalin im menschlichen Plasma. Die Konzentrationen sind in % der Werte bei Kontrollgruppen ausgedrückt; für „Stehen“ und „Mittelschwere körperliche Arbeit“ waren die Plasmaspiegel im Liegen die Kontrollwerte. Die Plasmaspiegel im Liegen betragen beim Erwachsenen etwa 200 pg/ml Noradrenalin und 40 pg/ml Adrenalin. Psychische Anspannung („Öffentlicher Vortrag“; 9 junge Ärzte auf medizinischen Konferenzen) erhöht oft besonders den Plasmaspiegel von Adrenalin, Zeichen einer Hormonfreisetzung aus dem Nebennierenmark. Coffein und Nicotin wirken ähnlich wie psychische Anspannung, vermutlich vor allem über ihre zentralen Angriffspunkte, Nicotin zudem durch direkte Aktivierung der Nicotinrezeptoren an den chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks. Clonidin hemmt die Freisetzung der Catecholamine durch seine zentrale und periphere antisympathotone α 2 -adrenerge Wirkung. Zu enormen Anstiegen (anderer Ordinatenmaßstab!) führen Hypoglykämie und hämorrhagischer Schock (u.a. Ruptur von Aortenaneurysmen). Bei Herzmuskelinsuffizienz ist die Prognose umso schlechter, je höher das Plasmanoradrenalin ist. Beim Phäochromozytom sind Einzelwerte gezeigt. Zur Phäochromozytom- Diagnostik eignet sich auch die Bestimmung der Ausscheidung von Catecholaminen und Vanillinmandelsäure (VMS) im Harn.) (Nach I. J. Kopin, in: U. Trendelenburg, N. Weiner [eds.]: ABB. 4.1

Catecholamines II. Handbook of Experimental Pharmacology Vol. 90/II, pp. 211–275 [1988], mit Ergänzungen.

4.2. Adrenozeptor-Agonisten

direkt wirkende Sympathomimetika indirekt wirkenden Sympathomimetika; α α

2

2

α

2

Adrenozeptor-Agonisten

4.2.1. Geschichte

e i n

α β 1

β

1

β. 2

2

4.2.2. Stoffe zwei chemische Gruppen Imidazolin-Derivate β

β-Phenylethylamin-Derivate

β

2

Adrenozeptor-Agonisten und indirekt wirkende Sympathomimetika . * Chiralitätszentrum ABB. 4.2

Struktur-Pharmakodynamik Struktur-Wirkungs-Regeln Erstens

β

Zweitens α β

2

• Erstens wirkt Dopamin auf „seine eigenen“ Dopamin(D 1 bis D 5 )-Rezeptoren ( ) stärker als auf α- und βAdrenozeptoren ; Dopaminrezeptoren kommen im Gehirn vor, aber auch in der Körperperipherie, dort vor allem (D 1 ) auf den glatten Muskelzellen von Nieren- und Darmblutgefäßen ( ). • Zweitens wirkt Noradrenalin auf β 2 -Adrenozeptoren nur schwach , viel schwächer als Adrenalin; dies trug 1967 zur Entdeckung der β 1 - und β 2 -Subtypen bei.

Struktur-Pharmakokinetik Struktur-Pharmakokinetik-Regeln

• Erstens sind die Stoffe mit drei OH-Gruppen relativ lipophob. Deshalb werden etwa Noradrenalin und Adrenalin nach oraler Gabe schlecht resorbiert und durchdringen kaum die Blut-Hirn-Schranke ( ). • Zweitens sind viele Phenylethylamine, geradeso wie die körpereigenen Catecholamine, Substrate der Monoaminoxidase ( ); resistent gegen das Enzym sind Stoffe mit großen Substituenten am Stickstoff (wie Etilefrin und die β-selektiven Agonisten) oder mit einer α-Methylgruppe (wie Amphetamin und Ephedrin). • Drittens sind Catechole (mit orthoständigen OH-Gruppen) wie die körpereigenen Catecholamine Substrate der Catechol-OMethyltransferase ( ); nicht angegriffen durch das Enzym werden alle Nicht-Catechole (wie das Terbutalin).

4.2.3. Pharmakodynamik

von der gewünschten Wirkung zum P h a r m a k o n : α

1

α

1

α α

1 2 2

Tab. 4.2 Wirkungen von Adrenozeptor-Agonisten. α 1 - und α 2 -Subtyp-Beteiligungen sind nur bei besonderer Bedeutung angegeben. Wirkung, vermittelt durch Organ

α-Adrenozeptoren

β-Adrenozeptoren

Herz:

1

2 1

2

1

2 1

1

2

Wirkung, vermittelt durch Organ

α-Adrenozeptoren

Blutgefäße

β-Adrenozeptoren

1

2

1A

1

2

2B

Bronchialsystem:

1

2

1 1

2 2

2

Magen-Darm-Kanal:

1

1

2 2 2

Harnblase

1

3

1A

Prostata:

1

1A

Ductus deferens

1

2

Uterus

1

2

Auge:

1

Mm. arrectores pilorum

1

Skelettmuskulatur:

2

2

+

+

2

1 2

Speicheldrüsen Niere:

1

+

1

1

Wirkung, vermittelt durch Organ

α-Adrenozeptoren

β-Adrenozeptoren

Leber:

1

2

Fettgewebe:

2

1

2

3

Pankreas:

2

2

2

Blutplättchen:

2

2

Noradrenerge Axone

2

2

2A

2C

2B

Axone mit anderen Transmittern

Nebennierenmark

2

2

2C

Zentralnervensystem

1

2

2A

Von der Adrenozeptor-Aktivierung zur Zellantwort. Der Extrazellularraum ist oberhalb, der Intrazellularraum unterhalb der Zellmembran zu denken. Pfeile bedeuten Stoffbewegungen, Stoffumwandlungen oder Beeinflussungen, + Aktivierung (Erhöhung der Offenwahrscheinlichkeit bei Ionenkanälen), – Hemmung. A) Vom α 1 -Adrenozeptor zur Kontraktion einer glatten Muskelzelle. Zwei Wege hat die Natur ersonnen. Erster Weg: Aktivierung eines G q -Proteins – Aktivierung der Phospholipase C-β (PLC-β) – Entstehung von Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP 3 ) ABB. 4.3

aus Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP 2 ) – Freisetzung von Ca 2+ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum – Aktivierung der Myosin-Leichtkettenkinase (MLCK) . Zweiter Weg: über unbekannte Zwischenschritte Depolarisation der Zellmembran und Öffnung von L-Typ-Calciumkanälen – Calciumeinstrom – ebenfalls Aktivierung der MLCK. MLCP ist die MyosinLeichtkettenphosphatase. Beide Wege führen zur Vermehrung der Phosphorylierung der regulatorischen Myosin-Leichtkette und damit zur Kontraktion. Drei Wege zur Beseitigung des Ca 2+ aus dem Zytoplasma: Wiederaufnahme in das sarkoplasmatische Retikulum mithilfe einer Ca 2+ -ATPase, Transport in den Extrazellularraum mithilfe einer zweiten Ca 2+ ATPase und Transport in den Extrazellularraum mithilfe eines Ca 2+ -Na + -Gegentransporters. *Anmerkung: Vom β 2 -Adrenozeptor zur Relaxation führt möglicherweise nach Aktivierung von G s Phosphorylierung und damit Hemmung der MLCK durch die cAMP-abhängige Proteinkinase. Eine andere Möglichkeit ist die Aktivierung der Ca 2+ ATPase des sarkoplasmatischen Retikulums. B) Vom α 2 -Adrenozeptor zur Hemmung der Transmitterfreisetzung aus einem noradrenergen Neuron. Die Zellmembran ist hier die Membran einer Endigung eines noradrenergen Axons und die α 2 -Rezeptoren sind präsynaptische Autorezeptoren ( ). Die Reaktionskaskade: Aktivierung eines G i -Proteins – Verminderung der Offenwahrscheinlichkeit von spannungsabhängigen Ca 2+ -Kanälen durch Gβγ. Ein Nervenaktionspotential führt dann zu weniger Ca 2+ -Einstrom, und die

Transmitterfreisetzung sinkt. C) Vom β 2 -Adrenozeptor zur Bereitstellung von Glucose in einer Leberzelle. Bei inaktiven (wenig aktiven) und aktiven Formen von Enzymen sind die aktiven rot geschrieben. Die Reaktionskaskade: Aktivierung von G s – Aktivierung der cAMPabhängigen Proteinkinase. Dort verzweigt sich der Weg. Die cAMP- Kinase katalysiert einerseits die Phosphorylierung und damit Aktivierung der Phosphorylase-Kinase; diese katalysiert die Phosphorylierung der inaktiven Phosphorylase b zur aktiven Phosphorylase a ; Phosphorylase a schließlich katalysiert die Glycogenolyse. Die cAMP-Kinase katalysiert andererseits die Phosphorylierung der aktiven Glycogensynthase a zur inaktiven Glycogensynthase b; damit wird die Glycogensynthese gehemmt. Förderung der Glycogenolyse und Hemmung der Glycogensynthese stellen Glucose zur Abgabe aus der Leber bereit. Bei der Untersuchung der glycogenolytischen Wirkung von Adrenalin (und Glucagon) hat Earl Sutherland (Nobelpreis für Medizin 1971) das cAMP im Jahr 1957 entdeckt.

Herz β

β

1

(positiv

chronotrop), (positiv dromotrop), (positiv inotrop) (positiv lusitrop). Steigerung

der

Automatie

β α

1

Kreislauf

• Noradrenalin beeinflusst β 2 -Adrenozeptoren nur schwach. Seine Blutgefäßwirkung ist deshalb eine fast reine α-adrenerge Vasokonstriktion. Sie lässt den totalen peripheren Widerstand, den systolischen und den diastolischen Blutdruck wachsen. Trotz der β 1 -Wirkkomponente sinkt die Herzfrequenz, weil am Sinusknoten eine reflektorisch über die Barorezeptoren ausgelöste Erhöhung des Vagustonus dominiert. • Beim Adrenalin kommt gegenüber dem Noradrenalin die Aktivierung auch von β 2 -Rezeptoren ins Spiel. In den Blutgefäßen der Haut und der Schleimhäute überwiegen die α-Rezeptoren, sodass Adrenalin dort Vasokonstriktion bewirkt. Die Blutgefäße der Skelettmuskulatur aber enthalten viele β 2 -Rezeptoren und werden dilatiert. Insgesamt überwiegt bei kleinen und mittleren Dosen die Vasodilatation, und der periphere Widerstand sinkt. Weil der arterielle Mitteldruck sich wenig ändert, wird der Vagustonus anders als beim Noradrenalin nicht gesteigert. So kann die β 1 -Komponente des Adrenalins die Herzfrequenz und kontraktilität, das Schlagvolumen und damit den systolischen Blutdruck erhöhen. Bei großen Adrenalindosen (nicht in ) dominiert jedoch die α-adrenerge Wirkung, und totaler peripherer Widerstand und arterieller Mitteldruck steigen. • Isoprenalin als praktisch reiner β-Adrenozeptor-Agonist lässt den peripheren Widerstand und den diastolischen Blutdruck fallen. Herzfrequenz und -kontraktionskraft und Schlagvolumen steigen. Der systolische Blutdruck wird meist etwas erhöht, der arterielle Mitteldruck fällt. • Dopamin schließlich wirkt zwar auch auf Adrenozeptoren, stärker jedoch, wie schon oben betont, auf Dopaminrezeptoren. Im Kreislauf werden durch kleine Dosen (0,5 bis 2,5 µg/kg/min) selektiv die D 1 -Rezeptoren der glatten Muskulatur der renalen und mesenterialen Blutgefäße aktiviert. Sie stimulieren über G s die Adenylylcyclase ( ) und bewirken so Vasodilatation – auf demselben Wege wie β 2 -Adrenozeptoren. Bei mittleren Dosen von Dopamin (2,5–5 µg/kg/min) werden zusätzlich die β 1 Rezeptoren des Herzens aktiviert, bei hohen Dosen (> 5 µg/kg/min) zusätzlich vaskuläre α-Adrenozeptoren . Aus der mittleren Dosis in resultieren daher renale und mesenteriale Vasodilatation mit einer kleinen Senkung des totalen peripheren Widerstands (D 1 ) und eine positiv inotrope und chronotrope Wirkung (β 1 ).

Wirkung einer i. v. Infusion mittelgroßer Dosen von Catecholaminen auf das Kreislaufsystem des Menschen. Besprechung im Text. (Modifiziert nach Allwood et al., Brit. Med. Bull. 19 , 132–136 [1963].) ABB. 4.4

Dobutamin

β

β

1

α

2

1

β

2

α β

1

1

α

1

Stoffwechsel β

β +

+

+

β

β

2

Zentralnervensystem

indirekt wirkende Sympathomimetika

α

β

α

2

-selektiven Imidazoline Clonidin α

α

4.2.4. Pharmakokinetik

2

Moxonidin 2

Brimonidin

2

2

3

2

5

4.2.5. Anwendung

Lokalanästhetika-Lösungen

Abschwellung

der

Schleimhaut

von

Nase

und

zugesetzt.

Nasennebenhöhlen.

Anaphylaxie α

Kreislaufstillstand

orthostatischen

Störungen

α Mydriatika.

chronischen Offenwinkelglaukom Herzmuskelinsuffizienz,

Dobutamin-Stressechokardiografie

β

2

β Notfalltokolyse

drohender Frühgeburt

β

2

Kreislaufschock 1

+

2

β α

4.3. Indirekt wirkende Sympathomimetika 4.3.1. Stoffe, Wirkmechanismus Substrate des Noradrenalintransporters im Axolemm nichtexozytotisch Noradrenalin aus dem Axoplasma freisetzen

indirekt den Sympathikus nachahmen. Tyramin Ephedrin Ephedra.

Cathin

Norpseudoephedrin

Cathinon Catha edulis ,

Amphetamin Amezinium

Methamphetamin

Wirkmechanismus indirekt wirkender Sympathomimetika am Beispiel des Tyramins . Im Axolemm ist dreimal der Carrier (Transporter) für Noradrenalin (NA) gezeigt, der zugleich Na + transportiert. In der Membran des Speichervesikels sind die Protonen-ATPase und der vesikuläre Monoamintransporter gezeigt. Mitochondriale Monoaminoxidase (MAO) baut axoplasmatisches Noradrenalin zum Aldehyd ab, aus dem weiter 3,4-Dihydroxyphenylglykol (DOPEG) entsteht. Die fünf Wirkkomponenten des Tyramins (T): Der Grundvorgang ist der Cotransport von Tyramin und Na + aus dem Extrazellularraum ins Axoplasma mithilfe des Noradrenalin-Carriers im Axolemm. Axoplasmatisches Tyramin hemmt kompetitiv die Aufnahme von axoplasmatischem Noradrenalin in die Speichervesikel: Die Konzentration von Noradrenalin im Axoplasma steigt. Axoplasmatisches Tyramin hemmt außerdem kompetitiv den Abbau von axoplasmatischem Noradrenalin durch die MAO: Die Konzentration von Noradrenalin im Axoplasma steigt ein weiteres Mal. Im Axoplasma gelöstes Noradrenalin ist zu lipophob, um durch die Zellmembran zu diffundieren. Es kann die Zellmembran nur mithilfe des Carriers durchqueren, durch Umkehr von dessen normaler Transportrichtung. Dafür muss auf der Innenseite das ABB. 4.5

Cosubstrat Na + zur Verfügung stehen. Ebendieses axoplasmatische Na + stellt der Grundvorgang bereit. Freisetzung von Noradrenalin durch indirekt wirkende Sympathomimetika ist nichtexozytotischer Cotransport von Noradrenalin und Na + aus dem Axoplasma in den Extrazellularraum mithilfe des Noradrenalin-Carriers im Axolemm. Tyramin hemmt schließlich die Wiederaufnahme von freigesetztem Noradrenalin durch Konkurrenz um den Carrier im Axolemm.

4.3.2. Pharmakodynamik Alle indirekt wirkenden Sympathomimetika Lipophile indirekte Sympathomimetika,

Peripherie

1. wirken die indirekten Stoffe nicht nach Vorbehandlung mit Reserpin , wenn durch Blockade des vesikulären Transporters Noradrenalinspeicher entleert sind ( und ). Die Agonisten wirken nach wie vor. 2. lässt die Wirkung der indirekten Stoffe bei wiederholter Gabe in kurzen Abständen nach (Tachyphylaxie): Die wiederholte Freisetzung von Noradrenalin erschöpft die Vorräte. Direkte Adrenozeptor-Agonisten wirken weiter. 3. hemmen Stoffe, die den Noradrenalin-Carrier im Axolemm blockieren, die Wirkung der indirekten Sympathomimetika: Die indirekten Sympathomimetika werden nicht mehr aufgenommen. Direkte Agonisten dagegen wirken unverändert oder, wenn sie selbst Substrate des Carriers sind, sogar stärker, weil ihr Hauptinaktivierungsweg versperrt ist. zeigt diesen Unterschied für die Wechselwirkung von Cocain mit Noradrenalin und elektrischer Sympathikusreizung einerseits (Verstärkung) und Tyramin andererseits (Abschwächung).

Pharmakologie des Sympathikus am Beispiel eines isolierten Kaninchenherzens . Die Herzkranzgefäße wurden mit einer Nährlösung perfundiert. Bei S wurden die rechten Nn. accelerantes 30 s lang mit der angegebenen Frequenz (Hz) elektrisch gereizt. N = Injektion von Noradrenalin und T = Injektion von Tyramin in die Kranzgefäße in der angegebenen Dosis (µg). Cocain, Clonidin und Propranolol wurden in die Kranzgefäße infundiert. Zwischen den Infusionen immer Kontroll-Noradrenalin-Injektionen und Sympathikusreizungen. Das Bild zeigt einen guten Teil der Sympathikuspharmakologie: – Der Transmitter als Agonist: zu Beginn rufen elektrische Sympathikusreizung (5 Hz) und Injektion von Noradrenalin (0,2 und 0,8 µg) Frequenzsteigerung hervor: positiv chronotrope Wirkung. – Indirekte Sympathomimetika: auch Tyramin (20 µg) steigert die Frequenz. – Hemmstoffe der Wiederaufnahme: Cocain steigert die positiv chronotrope Wirkung der elektrischen Sympathikusreizung und der Injektion von Noradrenalin, schwächt dagegen die Wirkung des Tyramins ab. – Selektive α 2 -Agonisten: Clonidin ändert die Wirkung von exogenem Noradrenalin nicht, vermindert aber die Wirkung der ABB. 4.6

elektrischen Sympathikusreizung ( ). – β-Adrenozeptor-Antagonisten: Propranolol unterdrückt alle positiv chronotropen Reaktionen ( ).

Zentralnervensystem Psychostimulantien

α

1

β

5

Weckamine

Neurobiologie des Pharmakamissbrauchs: Wirkungen von Amphetamin und Cocain auf Dopaminabgabe und Verhalten. Feine Dialyseschläuche wurden stereotaktisch in den N. accumbens und den N. caudatus von Ratten implantiert. Am Tag danach wurden die Schläuche mit einer physiologischen Elektrolytlösung perfundiert. Aus den beiden Kernen diffundierte Dopamin in das Dialysemedium hinein. Das Bild zeigt oben die Dopaminabgabe in das Dialysat, unten den Prozentsatz an Zeit, den die Tiere umherliefen, schnüffelten oder sich putzten. Amphetamin setzt nichtexozytotisch Dopamin frei, stärker im N. accumbens als im N. caudatus. Cocain steigert die Abgabe von Dopamin durch Hemmung der Wiederaufnahme, ebenfalls stärker im Accumbens als im Caudatus. Beide Substanzen steigern die motorische Aktivität. Wie Amphetamin und Cocain steigern auch Cannabinoide, Morphin, Nicotin, Ethanol, Essen und Trinken selektiv die Abgabe von Dopamin aus dem N. accumbens. (Nach Di Chiara et al., in ABB. 4.7

Neurotransmitter Interactions in the Basal Ganglia, M. Sandler et al. [eds.], New York 1987.)

4.3.3. Anwendung

β

2

β

α

Narkolepsie, „Appetitzügler“

hyperkinetischen

Verhaltensstörungen

2

4.4. Methylxanthine

Coffein . Schwarz Xanthin, rot die drei Methylgruppen des Coffeins = 1,3,7-Trimethylxanthin. Theophyllin ist 1,3-Dimethylxanthin. Theobromin ist 3,7-Dimethylxanthin . „Thein“ ist ein Synonym für Coffein. ABB. 4.8

4.4.1. Stoffe und Geschichte

• Die Rubiacee Coffea arabica und andere Coffea -Arten, in Äthiopien heimische Bäume, als Sträucher kultiviert. Verwendet werden die gerösteten und dann gemahlenen Samen. Diese Art der Zubereitung wurde im 15. Jahrhundert im Jemen erfunden. Die Antike kannte den Kaffee nicht. Mit dem Islam verbreitete sich die Kaffeekultur. Eine Tasse Kaffee enthält ungefähr 100 mg Coffein. • Die Theacee Camellia sinensis, ein in Hinterindien und Südchina heimischer Baum, als Strauch kultiviert. Verwendet werden die Triebspitzen und jungen Blätter, entweder schnell getrocknet, unfermentiert (grüner Tee) oder zunächst fermentiert und dann getrocknet (schwarzer Tee). Spätestens seit dem 6. Jahrhundert wird Tee in Ostasien viel getrunken. Eine Tasse enthält etwa 50 mg Coffein. • Die Sterculiacee Cola nitida und andere Cola -Arten , im tropischen Westafrika heimische Bäume. Verwendet werden die getrockneten Samen. Ein Glas Coca-Cola ® enthält ungefähr 40 mg Coffein. Das amerikanische Urprodukt enthielt auch das im Namen versprochene Cocain. • Die Sterculiacee Theobroma cacao , ein in Mittelamerika heimischer Baum. Verwendet werden die fermentierten und gerösteten Samen. Xocoatl, aztekisch für den Kakao-Aufguss, bedeutet „Bitterwasser“. In Europa wurde der Kakao erst populär, als man darauf kam, ihn zu süßen. Menschen aus einem kleinen mitteleuropäischen Land waren es dann, die die feste Zubereitungsform schufen: François-Louis Cailler aus dem Waadtland (1796–1852), Philippe Suchard aus Neuenburg (1797–1884), Rudolf Sprüngli aus Zürich (1816–1897), Johann Jakob Tobler aus Appenzell (1830–1905), Daniel Peter aus dem Waadtland (1836–1919; erfand die Milchschokolade; Gala-Peter – as high as the Alps in quality), Rudolf Lindt aus Bern (1855–1909; machte die Schokolade durch Conchieren, d.h. langes Rühren bei bis zu 90° C, feinschmelzend). Eine Tasse Kakao enthält ungefähr 10 mg Coffein.

231

Coffein das meistgebrauchte Pharmakon überhaupt.

Tab. 4.3 Coffeinverbrauch in vier europäischen Ländern Mitte der 1990er-Jahre Land

Gesamtverbrauch (mg/Person/Tag)

Coffein aus Kaffee (mg/Person/Tag)

Coffein aus Tee (mg/Person/Tag)

Nach B. Fredholm (Pharmacol. Rev. 51 , 83–133, 1999). 300 mg Coffein aus Kaffee entsprechen etwa drei Tassen.

4.4.2. Wirkmechanismus drei primäre Wirkungen

1. blockieren sie Adenosinrezeptoren (P1-Rezeptoren). Adenosin kann aus dem extrazellulären Abbau von Transmitter-ATP stammen. Doch geben viele Zellen intrazelluläres Adenosin an die Umgebung ab, besonders bei erhöhtem ATP-Verbrauch, Muskelzellen etwa bei Kontraktion. Man kennt vier Typen von Adenosinrezeptoren , A 1 , A 2A , A 2B und A 3 . A 1 , A 2A und A 2B sind die wichtigeren. A 1 -Rezeptoren koppeln bei der Signaltransduktion an ein Protein der G i -Familie und hemmen so die Adenylylcyclase oder erhöhen die Offenwahrscheinlichkeit von K + -Kanälen. Auf diesem Wege hemmt Adenosin die Tätigkeit mancher Neurone im Gehirn, wirkt sedierend und senkt den Sympathikustonus. Auf diesem Wege wirkt es ferner am Herzen negativ chronotrop und inotrop. A 2A -Rezeptoren koppeln an G s , stimulieren so die Adenylylcyclase, dilatieren Blutgefäße und fördern als präsynaptische Rezeptoren ( ) die Freisetzung von Neurotransmittern ( ). A 2B -Rezeptoren koppeln ebenfalls an G s und außerdem an G q und setzen so aus Mastzellen und Bronchialepithelzellen inflammatorische Zytokine ( ), aus Mastzellen zudem Histamin frei. Methyxanthine blockieren alle drei Rezeptoren. Wie zeigt, genügen dazu relativ niedrige Konzentrationen. Theophyllin wirkt vielleicht etwas stärker als Coffein. 2. hemmen die Methylxanthine Phosphodiesterasen und bremsen damit den Abbau von cAMP. Dafür bedarf es höherer Konzentrationen. Theophyllin wirkt etwas stärker als Coffein ( ). 3. setzen Methylxanthine Ca 2+ aus intrazellulären Speichern ins Zytoplasma frei und bringen dadurch z. B. glatte und Skelettmuskelzellen zur Kontraktion. Sie reagieren dabei mit den RyanodinRezeptoren des sarkoplasmatischen Retikulums ( ). Dazu braucht man noch einmal höhere Konzentrationen, und die beiden Methylxanthine wirken etwa gleich stark ( ).

Tab. 4.4 Pharmakodynamik und Pharmakokinetik von Theophyllin und Coffein Dissoziationskonstante K D (μM) für

Konzentration (μM) für

Eliminationshalbwertszeit (h)

50 % Plasmakonzentration A 1A 2A A 2B intrazelluläre 50 % Hemmung von (μM) Phosphodiesterasen Rezeptoren Rezeptoren Rezeptoren Ca 2+ Freisetzung

Orale PlasmaVerteilungsvolumen Bioverfügbarkeit Eiweißbindung (L/kg) (%) (%)

Theobromin, generell weniger wirksam, wurde nicht berücksichtigt. Werte für menschliche Rezeptoren (K. N. Klotz et al., Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol. 357 , 1–9, 1998; K.N. Klotz, persönliche Mitteilung; B. Fredholm, Pharmacol. Rev. 51 , 83–133, 1999). Näherungswerte. Die Konzentrationen unterscheiden sich an verschiedenen Phosphodiesterasen und an verschiedenen intrazellulären Ca = 5–15 µg/ml; bei der Asthmatherapie angestrebt. = 1,9 µg/ml; nach 1 Tasse Kaffee erreicht (100 mg Coffein).

4.4.3. Pharmakodynamik

Zentralnervensystem Psychostimulantien

2+ -Speichern.

Frühgeborene

Erwachsene

1

A

2 A -Rezeptor-

Blockade 2 A

1

Der A 2A -Adenosinrezeptor als Angriffspunkt der Weckwirkung des Coffeins. Wildtyp-Mäuse (A) und genetisch A 2A -Rezeptor -defiziente Mäuse (B) wurden von 8 bis 20 Uhr in heller Umgebung, von 20 bis 8 Uhr in Dunkelheit gehalten. Um 9 Uhr wurde ihnen entweder Coffein oder das Lösungsmittel intraperitoneal injiziert. Zwischen „wach“ und „schlafend“ wurde durch Elektroencephalografie unterschieden. Unterschiede vom Lösungsmittel: * P < 0,05, ** P < 0,01. (Aus: Huang et al., Nature Neuroscience 8 , ABB. 4.9

858–859, 2005.)

Herz und Blutgefäße Herzen

positiv inotrop und chronotrop.

1

Blutgefäße

meist dilatiert.

Arterien des Gehirns

eng gestellt,

2A

Bronchien Erschlaffung. 1

2B

Niere

Magen Magensäuresekretion .

Toleranz und Abhängigkeit Coffein besitzt Eigenschaften eines zu Missbrauch führenden Stoffs.

Toleranz:

körperliche Abhängigkeit

Entzugssymptome

Reinforcer

Coffein besitzt aber eine Eigenschaft anderer zu Missbrauch führender Stoffe nicht

4.4.4. Pharmakokinetik

4 5 0

Cytochrom-P 4 5 0 1 A 2 4 5 0

450

CYP-1A2-Polymorphismus

4.4.5. Anwendung

Asthma Schmerzmittel-Kombinationspräparate

Apnoeanfälle

4.5. α-Adrenozeptor-Antagonisten α

α β

β

Sympatholytika α-AdrenozeptorAntagonisten

β-Adrenozeptor-Antagonisten

α

α

β

α α

1

β

1 A

α

1

2B

4.5.1. Stoffe α Mutterkornalkaloide

α Yohimbin Pausinystalia

yohimbe,

α-Adrenozeptor-Antagonisten. Bei jedem Stoff ist seine Subtypselektivität angegeben. Rot beim Phenoxybenzamin das Cl-Atom, das für die irreversible Blockade durch diesen Stoff wichtig ist. Es wird bei der Bildung des reaktiven Carbenium-Kations abgespalten. Phentolamin ist ein Imidazolin-Derivat und damit den Imidazolin-Agonisten verwandt. Die Unterscheidung schwarz Imidazolin und rot Substituent erleichtert den Vergleich mit den Agonisten in . ABB. 4.10

Doxazosin, α

Phenoxybenzamin, Prazosin Tamsulosin

Urapidil Phentolamin

2

Rauwolscin

α

α α

1

1

α

2

2

β 2

+

β

4.5.2. Pharmakodynamik α α

Kreislauf α

α Blutgefäßen

β

2

α

α

β

β

1

2

β

α

Adrenalinumkehr: α

Kreislaufwirkung einer intravenösen Infusion von Adrenalin allein (A sowie schwarz in B und C), nach Vorbehandlung mit einem α -Adrenozeptor-Antagonisten (rot in B) und nach Vorbehandlung mit einem β -AdrenozeptorAntagonisten (rot in C). Adrenalin allein wirkt so, wie schon in gezeigt. Besprechung im Text. ABB. 4.11

α

Tachykardie

Vasodilatation Blutdrucksenkung.

vermehrter Reninfreisetzung

β

α

α

1

2

α 2

α α

2

1

α

2

α

1

1A

α

Harnblase

α 1 Blasenhals, proximaler Urethra und Prostata

Erschlaffung der glatten Muskulatur von

Sexualverhalten Pausinystalia yohimbe

2

4.5.3. Anwendung und Nebenwirkungen essenzielle

α

Hypertonie.

1

Phäochromozytoms

Raynaud-Syndrom

α

Funktionelle Blasenentleerungsstörungen

1

benigne Prostatahyperplasie α

α α

α

1

1A

α

1

Finasterid. α

Nebenwirkungen

1

1 A

4.6. Mutterkornalkaloide 4.6.1. Geschichte und Stoffe Claviceps purpurea Secale

cornutum,

3 4

Lysergsäure

Chemie und Pharmakologie der Mutterkornalkaloide und ihrer halbsynthetischen Derivate; Verwandtschaft mit Noradrenalin, Dopamin und Serotonin. Die Stoffe sind in der Reihenfolge α-Adrenozeptor-, Serotoninrezeptor-, Dopaminrezeptor-Liganden und außerdem in der Reihenfolge steigender intrinsischer Aktivität aufgeführt. 1 Dihydroergotoxin ist ein Gemisch von Dihydroergocornin , Dihydroergocristin , Dihydro-α-ergocryptin und Dihydro-β-ergocryptin . 2 In der Struktur des zyklischen Tripeptids unterscheiden sich die einzelnen Alkaloide und Alkaloidderivate. 3 Methylergometrin unterscheidet sich von Ergometrin durch eine Ethyl- statt der Methylgruppe im Rest − R. ABB. 4.12

4.6.2. Pharmakodynamik, Anwendung und Nebenwirkungen

Dihydroergotoxin

Dihydroergotamin

α

Ergotamin

Ergometrin

Methylergometrin

α

• beim Dihydroergotamin vor allem zur Konstriktion von Kapazitätsgefäßen; Dihydroergotamin wird deswegen bei orthostatischer Hypotonie verwendet ( ); • beim Ergotamin vor allem zur Konstriktion von Arterien im Kopfbereich ; außerdem hemmt Ergotamin möglicherweise durch Aktivierung von 5-HT 1D -Rezeptoren die Freisetzung von Neuropeptiden aus den peripheren Endigungen nozizeptiver Neurone und damit eine neurogene Entzündung; beide Mechanismen begründen seine Wirkung bei akuten Migräneattacken ( ); • bei Ergometrin und Methylergometrin vor allem zur Kontraktion des Uterus; Ergometrin und Methylergometrin werden in der Geburtshilfe benutzt; sie dürfen erst nach dem Durchtritt des kindlichen Kopfs gegeben werden; sie vermindern dann Uterusblutungen und fördern die Involution des Uterus im Wochenbett; Alternativen sind Oxytocin und Prostaglandine ( ). LSD, 2A

Bromocriptin

Cabergolin

unerwünschte

2

Wirkungen

α

4.7. β-Adrenozeptor-Antagonisten α

4.7.1. Stoffe β

β

Propranolol,

α

β

β α

β

Phenylethanolamin Sotalol. Phenoxypropanolamin 2

β Propranolol, Timolol Metoprolol, Bisoprolol, Carvedilol

Atenolol, Acebutolol, Pindolol,

Nebivolol

Struktur und Pharmakodynamik von β-Adrenozeptor-Antagonisten. Oben als Ausgangsstoff der volle Agonist Isoprenalin. Darunter die Antagonisten, rot das vom Isoprenalin Gebliebene. Von oben nach unten die beiden Phenylethanolamin- Derivate Dichlorisoprenalin und Sotalol, dann die beiden PhenoxypropanolaminDerivate Propranolol und Timolol. * Chiralitätszentren. ABB. 4.13

Pharmakodynamik und Pharmakokinetik von β-Adrenozeptor-Antagonisten. β 1 -β 2 -Selektivität, partieller Agonismus (PA) und zusätzliche Vasodilatation (DIL).

ABB. 4.14 1 2

Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe; Hauptursache einer geringen Bioverfügbarkeit kann geringe Resorption aus dem Darm (GR) oder First-Pass-Abbau (FP) sein. 3 Versuche an Ratten (Bühring et al., J. Cardiovasc. Pharmacol. 8 , Suppl. 11, S21–S28 [1986]). 4 Anteil der Dosis, der unverändert renal ausgeschieden wird.

4.7.2. Pharmakodynamik Gemeinsamkeiten Unterschiede.

β

größer als pharmakodynamische Unterschiede β 1 β 2

• Subtypselektivität: Wie in und aufgeführt, blockieren Sotalol, Propranolol, Timolol, Pindolol und Carvedilol β 1 - und β 2 Rezeptoren unselektiv, während Atenolol, Acebutolol, Metoprolol, Bisoprolol und Nebivolol β 1 -selektiv sind. β 1 -selektive Antagonisten sparen in entsprechender (niedriger) Dosierung die vasodilatierenden, bronchodilatierenden und Glycogenolysevermittelnden β 2 -Rezeptoren aus. Dadurch sollte es weniger leicht zu Vasokonstriktion, Bronchokonstriktion und (bei Insulinoder Sulfonylharnstoff-behandelten Diabetikern) zu Hypoglykämie kommen. Der Vorteil darf aber nicht überbewertet werden. Zum Beispiel sind alle β-Adrenozeptor-Antagonisten, auch die β 1 -selektiven, bei Asthma und COPD (chronic obstructive pulmonary disease) kontraindiziert. • Intrinsische Aktivität: Die meisten β-Blocker sind reine Antagonisten ohne intrinsische Aktivität. Acebutolol und Pindolol aber besitzen eine gewisse intrinsische sympathomimetische Aktivität, geringer als beim Dichlorisoprenalin, sind also partielle Agonisten ( ). Bei einem partiellen β-Rezeptor-Agonisten sollte das Ausmaß aller antagonistischen Wirkungen geringer sein als bei einem reinen Antagonisten. Zum Beispiel sollten Frequenz und Kontraktionskraft des Herzens weniger sinken. Auch dies ist aber klinisch wenig relevant. • „Membranstabilisierung“: Hinter dem Wort verbirgt sich im Wesentlichen die Blockade von spannungsabhängigen Na + und Ca 2+ -Kanälen. Zu solcher Blockade kommt es aber erst bei hohen, toxischen Konzentrationen mancher β-AdrenozeptorAntagonisten ( ). • Zusätzliche Vasodilatation: β-Adrenozeptor-Blockade bringt Blutgefäße allenfalls zu Konstriktion (s. u.). Mehrere neuere β-Blocker, darunter Carvedilol und Nebivolol, wirken aber vasodilatierend ( ; „β-Blocker der dritten Generation“). Die Mechanismen sind verschieden. Bei Carvedilol dürfte zusätzliche Blockade von α-Adrenozeptoren verantwortlich sein. Nebivolol steigert die Synthese von NO in den Blutgefäßendothelien. Die Vasodilatation könnte bei wichtigen Indikationen der β-Blocker, etwa der Hypertonie und der Herzinsuffizienz, vorteilhaft sein.

Herz β

β

β negativ chronotrop, dromotrop, inotrop und lusitrop β

automatieunterdrückend.

2

β

2

Kreislauf β

β Blutgefäßen

β

2

α

α α

β

1

β

2

β β

α

Antihypertensiva

• Eine Abnahme des Herzzeitvolumens dank der Senkung von Herzfrequenz und -kontraktilität. Dieser Mechanismus allein, sicher wichtig, reicht jedoch zur Erklärung nicht aus. Das Herzzeitvolumen sinkt nämlich gleich nach der Applikation. Der Blutdruck dagegen ändert sich zunächst kaum, weil der Sympathikustonus reflektorisch steigt und damit der totale periphere Widerstand zunimmt. Bei Gabe über einige Wochen ändert sich das Bild: Das Herzzeitvolumen bleibt erniedrigt, der periphere Widerstand aber kehrt allmählich zum Ausgangswert zurück, und erst damit nimmt der arterielle Druck ab. • Eine Empfindlichkeitszunahme, ein Resetting der Barorezeptoren, sodass sie bei gegebenem Druck frequenter feuern. Die Empfindlichkeitszunahme könnte für das allmähliche Sinken des peripheren Widerstands verantwortlich sein. • Eine Verminderung der β 1 -vermittelten Reninsekretion aus der Niere ( ). • Eine Verminderung der Freisetzung von Noradrenalin aus den postganglionär-sympathischen Neuronen durch Blockade der präsynaptischen, freisetzungssteigernden β 2 -Adrenozeptoren ( ). • Eine Senkung der Aktionspotentialfrequenz im Sympathikus über Wirkorte im Zentralnervensystem. Bronchien β

β

1

Kohlenhydratstoffwechsel β

β

2

β

4.7.3. Pharmakokinetik β

dem

Grad

ihrer

Ein Teil der Pharmakokinetik der β-Blocker, Lipophilie verständlich.

wird aus β

4.7.4. Anwendung und Nebenwirkungen β α

β

Antiarrhythmika

+

β

2

antianginöse

Medikamente

2

β Myokardinfarkt β Herzinsuffizienz.

β

β

β 1

β

β Antihypertensiva β Phäochromozytom

1

β

2

α

β chronischen

Offenwinkelglaukom

β

β

β

β

β β β β β

4.8. Inaktivierungshemmstoffe

4.8.1. Inhibitoren der Wiederaufnahme von Noradrenalin und Adrenalin +

Antidepressiva

Cocain

Antidepressiva

Cocain Erythroxylum coca,

22

+

zentralnervöse

Kreislaufwirkung

4.8.2. Inhibitoren der Monoaminoxidase

4.8.3. Inhibitoren der COMT

4.9. Antisympathotonika

α α 2

Antihypertensiva

4.9.1. Reserpin Rauwolfia serpentina,

Antisympathotonika . Bei α-Methyldopa ist seine Metabolisierung zu α-Methylnoradrenalin, beim α-Methylnoradrenalin seine Rezeptorselektivität gezeigt. Die Substituenten an der Grundstruktur β-Phenylethylamin sind wie in rot hervorgehoben. * Chiralitätszentren. ABB. 4.15

Blocker des „vesikulären Monoamintransporters“,

2

Wirkmechanismen von Antisympathotonika. Antisympathotonika wirken – entweder im Zentralnervensystem (α-Methyldopa über seinen Metaboliten α -Methylnoradrenalin; Teil A) – oder an postganglionär-sympathischen Nervenendigungen ( Reserpin; Teil B) – oder an beiden Stellen (lipophile α 2 -Adrenozeptor-Agonisten, repräsentiert hier durch den Prototyp Clonidin; Teil A und B). A) Nervale Kreislaufregelung und Angriffspunkte von Clonidin und α-Methylnoradrenalin. Alle Afferenzen von den Barorezeptoren ziehen im N. glossopharyngeus (IX) und N. vagus (X) zum Gehirn und enden im Nucleus tractus solitarii. Dieser vermittelt die Barorezeptorreflexe zum N. vagus und zum Sympathikus. Der Reflex zum Vagus: glutamaterge Neurone vom Nucleus tractus solitarii zum Nucleus ambiguus (der die meisten präganglionären vagalen Neurone zum Herzen enthält) – präganglionäre vagale cholinerge Neurone – postganglionäre parasympathische cholinerge Neurone im Herzen. Blutdrucksteigerung führt, wie sich verfolgen lässt, reflektorisch zur Steigerung des Vagustonus. Der Reflex zum Sympathikus: glutamaterge Neurone vom Nucleus tractus solitarii zur c audalen v entro- l ateralen M edulla oblongata (CVLM) – GABAerge Neurone zur r ostralen v entro- l ateralen M edulla oblongata (RVLM) – glutamaterge Neurone zum Nucleus intermediolateralis im Rückenmark (der die präganglionären sympathischen Neurone enthält) – präganglionäre sympathische cholinerge Neurone – postganglionäre sympathische noradrenerge Neurone zu Herz und Blutgefäßen. Blutdrucksteigerung führt, wie sich verfolgen lässt, reflektorisch zur Senkung des Sympathikustonus. Clonidin und α -Methylnoradrenalin vermindern die Aktionspotentialfrequenz im Sympathikus und erhöhen die Aktionspotentialfrequenz im kardialen Zweig des N. vagus über α 2 -Adrenozeptoren im Nucleus tractus solitarii und in der RVLM. Die zelluläre Lokalisation der α 2 -Adrenozeptoren ist unsicher. Wahrscheinlich sind es nicht α 2 -Autorezeptoren an noradrenergen oder adrenergen Neuronen. B) Postganglionär-sympathische Nervenendigung und Angriffspunkte von Reserpin und Clonidin. Die Nervenendigung ist entnommen. Reserpin blockiert den vesikulären Monoamintransporter. In noradrenergen Neuronen hemmt es dadurch die vesikuläre Aufnahme von Dopamin (nicht gezeigt) und Noradrenalin. So wird die Synthese von Noradrenalin aus Dopamin, die in den Vesikeln stattfindet, verhindert. Außerdem wird axoplasmatisches Noradrenalin nicht wieder in die Vesikel aufgenommen und ABB. 4.16

durch die mitochondriale MAO abgebaut. Die Neurone verarmen an Noradrenalin. Clonidin wirkt außer auf zentrale α 2 Adrenozeptoren (A) auch auf α 2 -Autorezeptoren an postganglionär-sympathischen Nervenendigungen und hemmt so die Freisetzung von Noradrenalin (rot). Es kann über postsynaptische α 2 -Rezeptoren die glatte Muskulatur von Blutgefäßen zur Kontraktion bringen, dies Letztere offenbar keine antisympathotone Wirkung.

Die antisympathotone Wirkung

Noradrenalinverarmung im postganglionären Sympathikus.

Antihypertensivum

4.9.2. α 2 -Adrenozeptor-Agonisten

α Zentral Medulla oblongata

α r

v

Peripher

2

l

präsynaptische

antisympathotone Wirkung Freisetzung pro Aktionspotential.

M

α 2 -Autorezeptoren

doppelten Verminderung von Aktionspotentialfrequenz und

α

2

Analgesie Müdigkeit α 2 Mundtrockenheit

α

2

α α

2

2

Antihypertensiva.

• beim chronischen Offenwinkelglaukom ( ), • als Analgetika, systemisch oder rückenmarksnah (epidural oder intrathekal), • zur Prämedikation vor Narkosen, wo außer Analgesie auch Sedierung und Mundtrockenheit erwünschte Wirkungen sind, • zur Sedierung und Analgesie in der Intensivmedizin, • zur Milderung des Alkohol- und Opiatentzugssyndroms ( ) ; im Entzug ist die Aktivität der noradrenergen Neurone im Locus coeruleus erhöht; clonidinähnliche Substanzen dämpfen die Aktivität über α 2 -Autorezeptoren.

4.9.3. α-Methyldopa α Substrat

α β Methylnoradrenalin eigentliche Wirkstoff α

α falscher Transmitter α 2 -selektiver Agonist

α-

α aktiviert

antisympathotone

α 2 -Adrenozeptoren in der Medulla oblongata

Wirkung

Senkung der Aktionspotentialfrequenz im Sympathikus.

α

α α Antihypertensivum

4.10. Die Behandlung des Asthma bronchiale entzündliche Hyperreaktivität Atemwegsobstruktion.

der

Bronchien

Extrinsisch-allergischem Asthma

anfallsweise auftretender

intrinsischem Asthma

β

Bronchodilatation Behandlung der Entzündung bronchospasmolytisch

Bronchospasmolytika und

β

2

antientzündlich Antientzündliche

Behandlung der Entzündung und bronchialen Hyperreagibilität Glucocorticoide

Pharmaka

inhalierten

Pathophysiologische (oben) und therapeutische (unten) Prinzipien beim Asthma. Beim Asthmaanfall setzt ein Allergen (exogen-allergisches Asthma) oder ein nichtimmunologischer Stimulus ( intrinsisches Asthma; etwa ein viraler Atemwegsinfekt) aus bronchialen Mastzellen, aber wohl auch aus anderen Zellen kontraktionsauslösende Mediatoren (wie Histamin, Prostaglandin D 2 , die Leukotriene C 4 , D 4 und E 4 und plättchenaktivierenden Faktor = PAF) sowie chemotaktische Mediatoren (wie Leukotrien B 4 und Chemokine) frei. Die kontraktionsauslösenden Mediatoren führen schnell zu kurz dauernder Bronchokonstriktion und damit zum Abfall der Sekundenkapazität FEV 1 (forciertes Ausatemvolumen in der ersten Sekunde; nach Cockcroft, Lancet 2 , 253–255 [1983]): Sofortreaktion. Die chemotaktischen Mediatoren führen langsamer zur Immigration von eosinophilen und neutrophilen Granulozyten und Makrophagen. Diese setzen ihrerseits Mediatoren frei, die Bronchokonstriktion, Schleimsekretion, Ödem und Epithelschädigung verursachen und Axone zur Abgabe von Neuropeptiden wie Substanz P stimulieren. Die Schleimhaut ist jetzt gekennzeichnet durch Entzündung und Hyperreaktivität gegenüber vielerlei Stimuli wie Allergenen, chemischen Reizen, kalter Luft oder Pharmaka wie Carbachol. Durch Bronchokonstriktion, Schleimsekretion und Schleimhautödem fällt die Sekundenkapazität erneut ab: Spätreaktion. Nicht immer sind beide Phasen deutlich ausgeprägt. Zur Therapie dienen entsprechend der Pathophysiologie Bronchodilatatoren (die auch eine untergeordnete – abnehmende Keildicke – antientzündliche Wirkkomponente haben können), antientzündliche Medikamente (die auch eine untergeordnete – abnehmende Keildicke – antibronchokonstriktorische Komponente haben können, etwa durch Verminderung der Mediatorfreisetzung) sowie bronchodilatorisch und antiinflammatorisch wirkende Stoffe. ABB. 4.17

Inhalation

Systemische

Applikation

Asthmakontrolle

kontrollierte Asthma

4.10.1. β 2 -Adrenozeptor-Agonisten Bronchodilatatoren. wirkende

kurz wirkende

lang

2

β

2

β

Hauptwirkung

β

2

Bronchospasmolyse

2

β

2

β β β

2

bedarfsorientiert

2

β

2

unerwünschten Wirkungen

Stufenschema der medikamentöse Langzeittherapie des Asthmas bei Erwachsenen. Bedarfsmedikation gelb, Langzeitmedikation grün unterlegt. Nach: Bundesärztekammer und andere Organisationen (Hrsg.): Nationale Versorgungsleitinie Asthma, Version 2, 2012; eine Überarbeitung ist für 2017 geplant; ABB. 4.18

Erwünschte und unerwünschte Wirkungen von β 2 -Adrenozeptor-Agonisten beim Asthma am Beispiel des Salbutamols. Salbutamol wurde von 14 Asthmakranken alle 20 Minuten in steigenden Dosen inhaliert. Schon die kleinste Dosis, 0,1 mg, eine übliche therapeutische Dosis, steigerte signifikant die Sekundenkapazität FEV 1 (= forciertes Ausatemvolumen in der ersten Sekunde; rot). Größere Dosen bewirkten zwar stärkere Bronchodilatation, hatten aber auch die typischen Nebenwirkungen: Tremor und Tachykardie (oben) sowie Hypokaliämie und Hyperglykämie (unten). (Nach Lipworth et al., Br. J. Clin. Pharmacol. 26 , 527– ABB. 4.19

533 [1988]; Lipworth et al., Eur. J. Clin. Pharmacol. 36 , 357–360 [1989].)

• Tremor (häufigste, nach Wochen oft nachlassende Nebenwirkung) • Tachykardie • Hyperglykämie (Glycogenolyse in der Leber) • Hypokaliämie (Aufnahme von K + in die Skelettmuskulatur)

4.10.2. Muscarinrezeptor-Antagonisten

2

β

2

3

4.10.3. Theophyllin 1 2 B

geringe therapeutische Breite, β

2

4.10.4. Leukotrienrezeptor-Antagonisten 4

4

4 q 1

Montelukast

1

Zafirlukast

4

4 5 0

4.10.5. Glucocorticoide antientzündlichen

β

Inhalation.

systemischen

4.10.6. Omalizumab

5

0

4.10.7. Degranulationshemmer

Cromoglicinsäure Nedocromil

4.10.8. Status asthmaticus (akuter schwerer Asthmaanfall)

β

2

β

2

Tab. 4.5 Behandlung des schweren Asthmaanfalls = Status asthmaticus bei Erwachsenen; nach Bundesärztekammer und anderen Organisationen (Hrsg.): Nationale Versorgungsleitinie Asthma, Version 2, 2012; Merk m al e Beha n dl u n g

2

Bei unzureichender Besserung: Cave:

2

Cave:

4.11. Doping

Pharmakologie des Sports. Im Erythropoietin sind die zwei Disulfidbrücken und die vier Kohlenhydratketten (Sechsecke) angedeutet. Perflunafen ist ein perfluorierter Kohlenwasserstoff. ABB. 4.20

• verbotene Wirkstoffe (anabole androgene Steroide, Peptid- und Glykoproteinhormone, β 2 -Adrenozeptor-Agonisten, Diuretika und andere Dopingmaskierer, Stimulantien, Opioide, Cannabinoide und Glucocorticoide, • verbotene Methoden (Methoden zur Verbesserung des Sauerstofftransports im Blut, die Verfälschung von Proben und Gendoping) sowie • bei bestimmten Sportarten verbotene Wirkstoffe (Alkohol und β-Blocker).

4.11.1. Verbotene Wirkstoffe Anabole androgene Steroide Testosteron

und

seine

Derivate

Peptid- und Glykoproteinhormone Luteinisierungshormon

Choriongonadotropin

Somatotropin

I n s u l i n IGF-1, ACTH

Erythropoietin

β 2 -Adrenozeptor-Agonisten

Diuretika und andere Dopingmaskierer Diuretika

Probenecid

Stimulantien

Amphetamin

Ephedrin

Opioide

Cannabinoide

Glucocorticoide

4.11.2. Verbotene Methoden Methoden zur Verbesserung des Sauerstofftransports im Blut Blutdoping

Perfluorierte

Kohlenwasserstoffe

Tolle Possen But man, proud man, Dress’d in a little brief authority, Most ignorant of what he’s most assur’d (His glassy essence), like an angry ape Plays such fantastic tricks before high heaven A makes the angels weep. (William Shakespeare: Measure for Measure, 2. Akt, 2. Szene)

Probenmanipulationen Gendoping

2 8 2

4.11.3. Bei bestimmten Sportarten verbotene Wirkstoffe

4.11.3. Bei bestimmten Sportarten verbotene Wirkstoffe Alkohol

β-Adrenozeptor-Antagonisten β β

1

β

2

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KAPITEL 5

Pharmakologie des Serotonins – Pharmakotherapie primärer Kopfschmerzen T.J. Feuerstein, und H.-Ch. Diener

Es ist doch recht zuvorkommend von der Nichte, ein wenig Kopfweh auf der linken Seite zu haben; ich habe es manchmal auf der rechten. Trifft es zusammen und wir sitzen gegeneinander, ich auf den rechten Elbogen, sie auf den linken gestützt, und die Köpfe nach verschiedenen Seiten in die Hand gelegt; so muß das ein Paar artige Gegenbilder geben. Johann Wolfgang von Goethe: Die Wahlverwandtschaften

5.1. Einführung Pharmakologie pathophysiologische Bedeutung

Vorkommen,

enterochromaffinen

Karzinoidsyndrom ,

Thrombozyten

Neurotransmitter

5-HT-Rezeptoren die größte bekannte Familie von Neurotransmitter-Rezeptoren.

Physiologie

Klassifikation und Nomenklatur von therapeutisch bedeutsamen 5-HT-Rezeptoren. Die 5-HT 1B - und 5-HT 1D -Rezeptoren haben sehr ähnliche pharmakologische Eigenschaften, werden jedoch durch unterschiedliche Gene codiert. ABB. 5.1

5-HT 3 -Rezeptor

ligandengesteuerter Ionenkanal.

übrigen

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

1

2

1 2

i q

4

s

Tab. 5.1 Wirkungen von 5-HT und anderen 5-HT-Rezeptor-Agonisten mit beteiligten Rezeptortypen 5-HT 1A

5-HT 1B

5-HT 1D

5-HT 2A

5-HT 2B

5.2. 5-HT-Rezeptor-Agonisten

5.2.1. Serotonin

Kreislauf 2 A

1 B

2 B

Migräne 4

4

5-HT 2C

Thrombozyten Thrombozytenaktivierung

2A 2

Gastrointestinaltrakt 5-HT steigert die rhythmischen Kontraktionen des Darms.

2A 4

3 3

Auslösung

des

Brechreflexes

ZNS Kontrolle von Emotionen, des Schlaf-wach-Rhythmus , der Schmerzwahrnehmung , des Beispiele:

Endokriniums, des Blutdrucks , der Körpertemperatur und des Appetits .

• 5-HT 1A -Rezeptor-Agonisten hemmen die spontane Entladungsfrequenz serotonerger Neurone in den Raphekernen (somatodendritische 5-HT 1A -Autorezeptoren ). • Präsynaptische 5-HT 1B -Autorezeptoren , d. h. Rezeptoren an den serotonergen Nervenendigungen, vermitteln eine Hemmung der 5-HT-Freisetzung in allen Regionen des ZNS. • Präsynaptische 5-HT 1D -Rezeptoren an peripheren Endigungen des N. trigeminus in meningealen Blutgefäßen hemmen die Freisetzung von Neuropeptiden. Zudem dämpfen 5-HT 1D -Rezeptoren, vor allem im Hirnstamm, die Weiterleitung von Schmerzsignalen im N. trigeminus und seinen Projektionen. Auch diese Rezeptoren könnten präsynaptisch lokalisiert sein und primär die Freisetzung von Neurotransmittern hemmen. • 5-HT 3 -Rezeptoren im Nucleus accumbens bewirken eine Freisetzung von Cholezystokinin aus entsprechenden Neuronen. Dieses Neuropeptid spielt u. a. eine Rolle bei Angsterkrankungen.

5.2.2. Andere 5-HT-Rezeptor-Agonisten Buspiron

1

A

2

Urapidil 1

α

1

A

Triptane Sumatriptan Rizatriptan , Zolmitriptan , Naratriptan , Frovatriptan

Eletripan .

5-HT-Rezeptor-Agonisten. Rizatriptan und Zolmitriptan besitzen wie Sumatriptan eine (CH 3 ) 2 N-CH 2 -CH 2 -Seitenkette am Indolring und sind deshalb wie Sumatriptan (und Serotonin) Substrate der MAO-A. Zur Strukturverwandtschaft vergleiche man auch die Formeln der Mutterkornalkaloide ( ). ABB. 5.2

1B 1 1

1D

B

D

1 B

Unerwünschte Wirkungen

Sumatriptan

3 2

2

2

2

2

Substraten der MAO-A

2

Zolmitriptan

450

450

Ergotamin α 2

1

α

2 1B

1D

2 B

Lysergsäurediethylamid

LSD; 2 A

2A 2A

2A

Metoclopramid

4 3 2 3

2

Te g a s e r o d

4

5.3. Inaktivierungshemmstoffe und Serotonin freisetzende Stoffe

1. Hemmstoffe des Transporters im Axolemm. 2. Hemmstoffe der MAO. 3. Stoffe, die unter Benutzung des Transporters in die 5-HT-Neurone eintreten und anschließend 5-HT freisetzen.

5.3.1. Inhibitoren der Wiederaufnahme von Serotonin trizyklischen

Antidepressiva

und

ihre

Verwandten selektiven Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI

Cocain

5.3.2. Inhibitoren der Monoaminoxidase

Serotonin-Syndrom

5.3.3. Serotonin freisetzende Stoffe

3,4-Methylendioxymethamphetamin

MDMA,

5.4. 5-HT-Rezeptor-Antagonisten Clozapin, Olanzapin

Risperidon

2A

2

2 A

2 C

Ondansetron, Tropisetron

Granisetron

3

3 3

Metoclopramid,

4

3 2

. Octreotid,

5.5. Die Behandlung primärer Kopfschmerzen

Migräne

Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz.

Pathogenese der Migräne

Eine Hypothese zur Entstehung der Migräne. Zentral für die Hypothese ist das trigemino-vaskuläre System der Hirnhäute, besonders der „schmerzempfindlichen“ Dura mater, bestehend aus den meningealen Blutgefäßen und den afferenten Fasern des N. trigeminus in diesen Blutgefäßen. Bei Migränekranken ist die Schwelle für eine Aktivierung dieses Systems und die Fortleitung von Schmerzsignalen im Trigeminus und in seinen Projektionen gesenkt. Als initialer Stimulus für einen Anfall wird die Freisetzung von Serotonin (5-HT) aus serotonergen Axonen in den meningealen Blutgefäßen oder aus Thrombozyten angenommen. Serotonin aktiviert dann 5-HT 2B -Rezeptoren auf den Endothelzellen der Blutgefäße ( ) und stimuliert dadurch die endotheliale NO-Synthase: Das Endothel setzt NO frei. NO bewirkt zweierlei: Erstens dilatiert NO die Blutgefäße, wodurch sich die pulssynchronen Schmerzen erklären lassen. Zweitens stimuliert es die afferenten Fasern des N. trigeminus in den meningealen Blutgefäßen. Dadurch werden aus diesen Axonendigungen Neuropeptide wie Substanz P und CGRP (calcitonin gene-related peptide) freigesetzt, die die Vasodilatation verstärken. Außerdem entstehen in den Axonendigungen Aktionspotentiale, werden im N. trigeminus zum ZNS geleitet und bewirken Schmerz, Übelkeit und Erbrechen. Auf der Grundlage dieser Hypothese lassen sich die Wirkungen vieler Migränemittel erklären (s. Haupttext). (Schema modifiziert und erweitert nach P. R. Saxena und M. O. Den Boer, J. Neurol. 238, Suppl. 1, 28–35, 1991) ABB. 5.3

• Das klassische Migränemittel Ergotamin bringt demnach durch Aktivierung von 5-HT 1B -Rezeptoren und auch von α-Adrenozeptoren ( ) die glatte Muskulatur der dilatierten, mit hoher Amplitude pulsierenden (Schmerzcharakter!) Arterien zur Kontraktion. Darüber hinaus bremst es durch Aktivierung von 5-HT 1D -Rezeptoren die Freisetzung von Neuropeptiden aus den Endigungen des N. trigeminus. • Die Triptane sind selektive 5-HT 1B - und 5-HT 1D -Agonisten. Dies erklärt, warum sie nur bei der Migräne und beim Clusterkopfschmerz, nicht bei anderen Kopfschmerzen wirken. • Von Propranolol und Metoprolol, die zur Migräneprophylaxe eingesetzt werden , vermutet man, dass sie teilweise als 5-HT 2 -Antagonisten wirken und nicht ausschließlich als β-Adrenozeptor-Antagonisten: Sie blockieren die 5-HT 2B -Rezeptoren auf den Endothelzellen in den Ästen der A. carotis und hemmen so die Freisetzung von NO durch Serotonin. • Neben der medikamentösen ist eine nichtmedikamentöse Behandlung zu erwägen, etwa Verhaltenstherapie wie progressive Muskelrelaxation und Ausdauersport. • Die Therapie ist symptomatischer Natur, sie heilt das Leiden nicht. • Opiatanalgetika sind zu vermeiden. Auch auf Mischpräparate sollte man verzichten. • Die Arzneistoffe in helfen zwar beim jeweiligen Kopfschmerzsyndrom. Ergotamin, Triptane und Nichtopioidanalgetika können aber bei häufigem, vor allem täglichem Gebrauch ihrerseits Kopfschmerz verursachen, den sogenannten medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz (zu unterscheiden vom „Kopfschmerz bei akuter Substanzgabe“, etwa nach Nitrovasodilatatoren). So kann aus einer Migräne, einem Spannungskopfschmerz oder auch einem mit Analgetika behandelten Kopfschmerz nach Schädeltrauma ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz werden. Bei analgetischen Mischpräparaten ist das Risiko besonders hoch. Missbrauch von Kopfschmerzmitteln ist bei Frauen fünfmal häufiger als bei Männern. Er erfordert eine Entzugsbehandlung.

Tab. 5.2 Merkmale und Therapie primärer Kopfschmerzen Migräne

Spannungskopfschmerz

Clusterkopfschmerz

Präval enz Geschl echt sver teil ung Hauptf orm en Dauer eine r Att ack e Häufig keit der Att ack en Lokalis atio n Schme rzc har akt er

Therap ie der aku ten Att ack e

Antiemetika: Metoclopramid Domperidon

Analgetika, Paracetamol

NichtopioidAcetylsalicylsäure Ibuprofen

02 Sumatriptan Zolmitriptan

Schmerzkupierung bei leichten Attacken: Nichtopioid-Analgetika, Acetylsalicylsäure Ibuprofen Paracetamol

Sumatriptan Triptan Acetylsalicylsäure trizyklisches β-Rezeptor-Antagonist, Metoprolol Flunarizin

Propranolol

Antidepressivum: Amitriptylin Doxepin

Imipramin Verapamil Prednison Lithium,

Wichtige unerwünschte Wirkungen: Bei Metoclopramid extrapyramidal-motorische Störung durch Dopamin-D 2 -Rezeptor-Blockade. Bei Domperidon sind diese Störungen seltener, weil die Substanz weniger ins Gehirn eintritt ( ). Bei Acetylsalicylsäure und Ibuprofen Blutungen und Entstehung von Ulzera im Magen-Darm-Trakt, Hemmung der Plättchenaggregation ( ). Bei Paracetamol Leberzellnekrose (nur bei Überdosierung; ). Bei Triptanen Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit und Schwindel, Blutdruckanstieg, vor allem aber Koronarspasmen; die koronare Herzkrankheit, Hypertonie und Morbus Raynaud sind Kontraindikationen. Bei Propranolol und Metoprolol die Nebenwirkungen der β-Blocker ( ). Bei Flunarizin Müdigkeit und Gewichtszunahme. Bei Topiramat Schwindel, Ataxie und kognitive Störungen ( ). Bei Valproat Tremor, Haarausfall, Gewichtszunahme. Teratogenität ( ) Bei trizyklischen Antidepressiva die typischen Nebenwirkungen dieser Stoffe, z. B. durch Blockade von Muscarinrezeptoren ( ). Bei Verapamil Blutdrucksenkung, Bradykardie, AV-Block und Obstipation ( ). Bei Prednison die Nebenwirkungen der Glucocorticoide ( ). Bei Lithium die in beschriebenen Wirkungen. vgl. Diener HC, Evers S, Fördereuther S, Freilinger T, Fritsche G, Gaul C, et al. Therapie der Migräne. In: Diener H, Weimar C, Berlit P, Deuschl G, Elger C, Gold R, et al., editors. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 5. Auflage. Stuttgart: Thieme; 688–718 (2012). Die medikamentöse Therapie sollte möglichst früh beginnen. Bei der Migräne sollte zuerst ein Antiemetikum, 15–30 min später das Mittel zur Anfallskupierung gegeben werden. Metoclopramid und Domperidon steigern zusätzlich die orthograde Magenperistaltik und fördern so die Resorption des zweiten Mittels. Sumatriptan darf nicht gleichzeitig mit Ergotamin angewendet werden. Flunarizin ist ein Calciumantagonist ( ); der Wirkmechanismus bei der Migräneprophylaxe ist unbekannt. Topiramat ist ein über mehrere Mechanismen wirkendes Antikonvulsivum ( )

Weiterführende Literatur Alexander S.P.H, Mathie A, Peters J.A. Guide to receptors and channels, 3rd edition. Br. J. Pharmacol . 2008;153(Suppl. 2). Barnes N.M, Sharp T. A review of central 5-HT receptors and their function. Neuropharmacology . 1999;38:1083–1152. Baumgarten H.G, Göthert M, eds. Serotoninergic Neurons and 5-HT Receptors in the CNS. Handbook of Experimental Pharmacology 129 . Berlin: Springer; 1997. Charles A, Brennan K.C. The neurobiology of migraine. Handb Clin Neurol . 2010;97:99–108. Deen M, Christensen C.E, Hougaard A, Hansen H.D, Knudsen G.M, Ashina M. Serotonergic mechanisms in the migraine brain – a systematic review. Cephalalgia . 2016. Feuerstein T.J. Presynaptic receptors for dopamine, histamine, and serotonin. In: Südhof T, Starke K, eds. Pharmacology of Neurotransmitter Release. Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 184. Heidelberg: Springer; 2008:289–338. Fink K.B, Göthert M. 5-HT receptor regulation of neurotransmitter release. Pharmacol. Rev . 2007;59:360–417. Goadsby P.J, Charbit A.R, Andreou A.P, Akerman S, Holland P.R. Neurobiology of migraine. Neuroscience . 2009;161(2):327–341. Villalón C.M, Centurión D. Kardiovascular responses produced by 5-hydroxytryptamine: a pharmacological update on the receptors/mechanisms involved and therapeutic implications. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol . 2007;376:45–63.

KAPITEL 6

Pharmakologie des Histamins H. Stark

6.1. Einführung Gewebshormon

Neurotransmitter

6.1.1. Geschichte

Claviceps purpurea στός

Antihistaminika

1

1

2

3

3 4 1

6.1.2. Vorkommen, Biosynthese und Abbau von Histamin

Gewebsmastzellen), basophilen Leukozyten

in

Vesikeln

(„Granula“)

gespeichert. Heparin

enterochromaffinähnlichen Zellen

ZNS

Transmitter spezifischer histaminerger Neurone

Methylierung des Stickstoffs in Position 1 des Imidazolrings oxidative Desaminierung

N

ABB. 6.1

Biosynthese und Abbau von Histamin .

6.1.3. Rezeptoren vier membranständige Rezeptoren, H 1 , H 2 , H 3

H4.

Tab. 6.1 Lokalisation der Histaminrezeptor-Subtypen H1

H2

H3

H4

6.2. Pharmakologie der Histaminfreisetzung Aktivierung von Gewebsmastzellen und basophilen Leukozyten

6.2.1. Freisetzung bei Allergie mehrere

Formen

der

Allergie ,

6.2.2. Freisetzung durch Histaminliberatoren basischen Histaminliberatoren

βγ

i

Komplementaktivierung

und

Anaphylatoxinbildung

®

1

2

6.2.3. Modulation der Mastzellaktivierung Cromoglicinsäure, Nedocromil Lodoxamid

Prophylaxe

ABB. 6.2

Dinatriumsalze von Cromoglicinsäure, Nedocromil und Lodoxamid.

β

2

6.3. Histaminrezeptor-Agonisten

1

Betahistin

3

®

Z u r Ve r t i e f u n g

Säuresekretionsleistung des Magens allergologischen Hauttestung

akuter myeloischer Leukämie . ®

®

2

4

Tab. 6.2 Rezeptorsubtyp-spezifische Wirkungen von Histamin H1

H2 q/11

H3 s

H4 i/o

i/o

2+

3

3

Dazu gehören ebenso die bei akuter myeloischer Leukämie vermehrten Tumorzellen. Nicht betroffen sind die Zellen der lymphatischen Reihe, z. B. T-Lymphozyten und natürliche Killer (NK)-Zellen.

6.3.1. Herz und Kreislauf Vasodilatation

1

1

Zunahme

der Herzfrequenz

nach

blutdrucksenkenden

Histamingaben

2

1

(„triple response“),

1. einer punktförmigen, sofort auftretenden Rötung, 2. einem nach einer Latenz von 30 bis 45 Sekunden um die Einstichstelle auftretenden Flush (reflektorisches, flüchtiges, unregelmäßig begrenztes Erythem vor der Quaddelbildung) und 3. einer Quaddelbildung als Folge einer Erhöhung der Gefäßpermeabilität.

Tab. 6.3 Histaminfreisetzung durch basische Histaminliberatoren körpereigene Substanzen

Bienen- und Wespengifte Pharmaka

erhöhte

Gefäßpermeabilität

6.3.2. Glatte Muskulatur Kontraktion Bronchien.

D a r m

glatter

Muskeln

1

Uterus 2α

6.3.3. Magensaftsekretion 2

2

6.3.4. Nasen-Rachen-Raum und Konjunktiven

1

6.4. Histaminrezeptor-Antagonisten 1

2

1

2

H

Antagonisten

ABB. 6.3

am

Histamin-H 4

3

-Rezeptor-Ligand Pitolisant

®

-Rezeptor

Substanzen mit H 3 -Rezeptor-Affinität für Morbus Menière bzw. Narkolepsie. 3

4

neutrale Antagonisten. inverse Agonisten 3

6.4.1. H 1 -Rezeptor-Antagonisten: Stoffe und Pharmakodynamik 1

1

H 1 -Rezeptor-Antagonisten.

ABB. 6.4

1

1

1

konstriktorische Wirkung von Histamin an der glatten Muskulatur der Bronchien und des Darms Wirkung. Kreislauf

unterdrückt nur partiell gehemmt,

permeabilitätserhöhende

2

1

1

Gehirn

1

„ersten Generation“ sedierend

1

Antiemetika, 1

„zweiten

1

Generation“

1

Tab. 6.4 Eigenschaften einiger H 1 -Rezeptor-Antagonisten Generation

HWZ (h)

Sedierung

Applikationsweise

Verwendung als Antiallergikum

Hypnotikum

Antiemetikum

®

®

®

®

®

®

®

®

®

®

®

®

®

®

Zur Kompensation der sedierenden Wirkung wird Diphenhydramin auch in Kombination (1 : 1) mit dem zentral stimulierend wirkenden 8-Chlortheophyllin angeboten (Dimenhydrinat, Vomex A ® ; auch als Lösung für i. m. und i. v. Injektion verfügbar). HWZ (h) des Metaboliten, der ebenfalls wirksam ist

6.4.2. H 1 -Rezeptor-Antagonisten: Pharmakokinetik

1

1

1

1 1

6.4.3. H 1 -Rezeptor-Antagonisten: Anwendung, Nebenwirkungen, Intoxikation allergische

Erkrankungen

Nebenwirkungen von Medikamenten,

1

durch eine Histaminfreisetzung 2

Hypnotika Antiemetika Pruritus

Urtikaria.

unerwünschte Nebenwirkung zentral dämpfender Effekt.

1

antagonistischen Effekt an Muscarinrezeptoren 1

lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen

Vergiftungen

mit Antihistaminika

der

1.

Generation

Abhängigkeitsentwicklung. zentral dämpfenden

Wirkungen 1

Symptome wie bei einer Atropinvergiftung

1

Weiterführende Literatur Barr J.G, Al-Reefy H, Fox A.T, Hopkins C. Allergic rhinitis in children. BMJ 349 . 2014:g4153. Del Cuvillo A, Mullol J, Barta J, Davila I, Jauregui I, Montoro J, Sastre J, Valero A.L. Comparative pharmacology of the H1 antihistamines. J. Investig. Allergol. Clin. Immunol . 2006;16(Suppl. 1):3–12. Gillman S, Gillard M, Strolin Benedetti M. The concept of receptor occupancy to predict clinical efficacy: A comparison of second generation H1 antihistamines. Allergy Asthma Proc . 2009;30:366–376. Kaßel S, Hagenow J, Stark H. H1-Antihistaminika – Aktuelle Aspekte einer alten Wirkstoffgruppe. Pharmakon 3 . 2015:96–108. Maintz L, Bieber T, Novak N. Die verschiedenen Gesichter der Histaminintoleranz. Dt. Ärztebl . 2006;103:A 3477–A 3483. Panula P, Chazot P.L, Cowart M, Gutzmer R, Leurs R, Liu W.L, Stark H, Thurmond R, Haas H.L. International Union of Basic and Clinical Pharmacology. XCVIII. Histamine receptors. Pharmacol. Rev . 2015;67:601–655. Panula P, Nuutinen S. The histaminergic network in the brain: Basic organization and role in disease. Nat. Rev. Neurosci . 2013;14:427–487. Romero A.I, Thorén F.B, Aurelius J, Askarieh G, Brune M, Hellstrand K. Post-consolidation immunotherapy with histamine dihydrochloride and interleukin-2 in AML. Scand. J. Immunol . 2009;70:194–205. Sander K, Stark H. Neue Generationen von Antihistaminika. Pharm. Ztg . 2011;156:2750–2759. Simons F.E.R, Simons K.J. Histamine and H1 antihistamines: Celebrating a century of progress. J. Allergy Clin. Immunol . 2011;128:1139–1150. Tiligada E, Ishii M, Riccardi C, Spedding M, Simon H.U, Teixeira M.M, Cuervo M.L, Holgate S.T, Levi-Schaeffer F. The expanding role of immunopharmacology: IUPHAR Review 16. Br. J. Pharmacol . 2015;172:4217–4227. Woosley R.L. Cardiac actions of antihistamines. Annu. Rev. Pharmacol. Toxicol . 1996;36:233–252.

KAPITEL 7

Analgetika C. Allgaier, und S. Schulz

Sacra vitae anchora est opium, bene & circumspecte agentibus: cymba autem Charontis in manu imperiti, & ceu gladius in manu furiosi. Cavendum ergo, ne narcotica fiant necrotica. Ein heiliger Lebensanker ist Opium für die, die es richtig und umsichtig anwenden: jedoch ist es der Nachen des Charon in der Hand des Unerfahrenen und wie ein Schwert in der Hand des Wahnsinnigen. Man muss sich daher hüten, dass Narkotika nicht zu tödlichen Substanzen werden. Georg Wolfgang Wedel, 1674

7.1. Pathophysiologie des Schmerzes 7.1.1. Schmerzarten somatischen Oberflächenschmerz

viszeralen Tiefenschmerz,

akute

chronischen

„Schmerzgedächtnisses“ Chronifizierung

• Der nozizeptive Schmerz wird von Reizen ausgelöst, die das Gewebe schädigen und/oder die peripheren Nozizeptoren erregen (z. B. Verbrennen, Quetschen, Stechen). • Beim Entzündungsschmerz kommt es zur Dauerstimulation der Nozizeptoren durch Entzündungsmediatoren, die durch das geschädigte Gewebe oder von Immunzellen freigesetzt werden. Dadurch kommt es zu Sensibilisierungsvorgängen in den nozizeptiven Afferenzen und im Rückenmark. Dabei steigt die Zahl der Nozizeptoren durch Rekrutierung von sog. stillen Nozizeptoren, die durch akute Schmerzreize nicht aktiviert werden, an. Zusätzlich wird die Empfindlichkeit der Nozizeptoren durch die kontinuierliche Ausschüttung von Entzündungsmediatoren und algogenen Substanzen gesteigert. Die Folgen sind eine Senkung der Schwelle für Schmerzreize ( Allodynie) und eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie). • Neuropathische Schmerzen entstehen durch ektope Impulsgeneration im peripheren afferenten Nervensystem nach traumatischen Schäden (Amputation), nach Herpes zoster, bei Stoffwechselkrankheiten (Diabetes mellitus) oder nach Vergiftungen (Benzin, Zytostatika). Auch Erkrankungen oder Verletzungen zentraler Neurone können zu neuropathischen Schmerzen führen. • Funktionelle Schmerzen resultieren aus einem abnormalen zentralen Verarbeiten von Schmerzreizen. Es handelt sich meist um Schmerzzustände ohne bislang auffindbare organische Ursache.

7.1.2. Auslösung und Verarbeitung von Schmerz Nozizeptoren Schmerzrezeptoren

(Nozizeptoren)

Vanilloid-Rezeptor

(TRPVR1).

+

+

2

Schematische Darstellung der Schmerzentstehung im afferenten nozizeptiven Neuron. Schmerzhafte Hitze und Protonen aktivieren den TRPVR1- Kanal. Dies führt zur Depolarisation der Zellmembran und zur Entstehung von Aktionspotentialen, die ins Rückenmark weitergeleitet werden. Entzündungsmediatoren, wie z. B. Prostaglandin E 2 oder Bradykinin, bewirken eine Phosphorylierung des TRPVR1-Kanals ABB. 7.1

durch Proteinkinasen (PKA bzw. PKC); sie setzen dadurch die Erregungsschwelle des Kanals herab und führen zur Hyperalgesie. Opioide hemmen diese Sensibilisierung des TRPVR1-Kanals durch Inhibition der PKA. Nichtopioide Analgetika hemmen die Bildung von Prostaglandin E 2 . BK 1 = Bradykininrezeptor 1; EP = Prostaglandinrezeptor; OR = Opioidrezeptor; AP = Aktionspotential.

Schmerzbahnen δ δ Spinalganglien.

δ

Thalamus. sensomotorischen Cortex,

limbischen System

(Substantia

periaquäduktalen

Graus

Locus coeruleus

gelatinosa)

Schematische Darstellung des nozizeptiven Systems. A) Aufsteigende Bahnen. Eine thermische oder mechanische Noxe erregt die Nozizeptoren . Die Impulse werden durch nozizeptive Afferenzen (Aδ- und CFasern) über die Hinterwurzeln in das Rückenmark geleitet. Hier erfolgt die synaptische Erregungsübertragung auf Projektionsneurone, deren Axone im Tractus spinothalamicus oder im Tractus spinoreticularis zum Gehirn aufsteigen. Das direkte spinothalamische System endet im Nucleus ventralis posterolateralis des Thalamus. Dieser Kern projiziert weiter zum somatosensorischen Cortex. Das spinoretikulothalamische System wird in der Formatio reticularis umgeschaltet und endet im Nucleus centralis lateralis und parafascicularis des Thalamus. Von dort gibt es Verbindungen zum Hippocampus und Stirnhirn. B) Absteigende Bahnen. Die synaptische Übertragung zwischen den primär-afferenten nozizeptiven Nervenfasern und den spinothalamischen Neuronen wird durch deszendierende Bahnen aus dem Nucleus raphe magnus und dem Locus coeruleus teils direkt, teils über Interneurone der Substantia gelatinosa (grün dargestellt) gehemmt. Die Raphe-magnus-Neurone werden vom periaquäduktalen Grau gesteuert. ABB. 7.2

7.1.3. Einteilung der Analgetika

(Opioidanalgetika)

(Nicht-

Opioidanalgetika)

7.2. Nicht-Opioidanalgetika

• saure antipyretisch-antiphlogistische Analgetika, • nichtsaure antipyretische Analgetika, • Analgetika ohne antipyretisch-antiphlogistische Wirkung ( ). Acetylsalicylsäure saure

® Ibuprofen antipyretisch-antiphlogistische

a

®

Analgetika.

Diclofenac

®

Naproxen

®

Tab. 7.1 Analgetische Dosierungen und pharmakokinetische Daten von Nicht-Opioidanalgetika Einzeldosis in g (Tagesdosis in g)

t max (h)

Plasmaproteinbindung (%)

Plasmahalbwertszeit (h)

Haupteliminationsweg

,

t max : Zeit bis zum Erreichen maximaler Plasmaspiegel nach oraler Gabe. Der Haupteliminationsweg ist stets Metabolisierung; nur Salicylat wird bei alkalischem Harn großenteils unverändert renal ausgeschieden. Die genannten Tagesdosen sollten nicht überschritten werden. Rezeptfrei, bei Ibuprofen bis zu einer Einzeldosis von 400 mg; bei Naproxen bis zu einer Einzeldosis von 250 mg. Ist durch eine lange Plasmahalbwertszeit charakterisiert. Rezeptfrei zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden zugelassen ( ). Beim Lysinsalz des Ibuprofens (z. B. Dolormin

®)

wegen besserer Wasserlöslichkeit ca. 0,5 h; die Salzbildung erfolgt zwischen der Säure Ibuprofen und der Aminogruppe des Lysins.

Nach rektaler Applikation ca. 3 h. Metamizol wird im Magen-Darm-Lumen zu 4-Methylaminophenazon hydrolysiert; die pharmakokinetischen Werte beziehen sich auf 4-Methylaminophenazon.

nichtsteroidale Analgetika/ Antiphlogistika

(NSA)

nichtsauren antipyretischen Analgetika entzündetem Paracetamol

Metamizol

entzündetem Reine Analgetika Capsaicin

Flupirtin, Ketamin, -Conotoxin

Nicht-Opioidanalgetika und ihre therapeutischen Wirkungen. * Chiralitätszentrum. ABB. 7.3

Geschichte Salix

Salicylsäure, Acetylsalicylsäure Aspirin ®

Hemmung der Cyclooxygenase (COX)

Wirkungsmechanismus

Hemmung der Cyclooxygenase

COX, Acetylsalicylsäure irreversibel; kompetitiv-reversible Paracetamol Paracetamol

nichtkompetitiv und reversibel. COX-

COX2 2

2

Nebenwirkungen

Tab. 7.2 Unerwünschte Wirkungen der sauren antipyretischen Analgetika (in analgetischer Dosierung) Unerwünschte Wirkungen

Ursache

2

2

2

Vor allem Acetylsalicylsäure. Bei chronischem Gebrauch. Gesichert nur für Acetylsalicylsäure. Nur Acetylsalicylsäure.

Analgesie sauren Analgetika Beeinflussung der peripheren Schmerzentstehung.

2

2

δ

Prostaglandinsynthese

verhindern

hemmen Sensibilisierung der Nozizeptoren durch PGE 2 oder PGI 2 . zentralnervöse Angriffspunkte

COX

nichtsauren antiypretischen Analgetika Zentralnervensystem,

partielle Hemmung der COX

Flupirtin zentralnervösen,

Angriffspunkt.

Antipyrese exogene Pyrogene

endogener Pyrogene induzieren

Interleukin-1

2

Wärmeregulationszentrum Bildung von cAMP.

im

COX-2-Expression und damit die Synthese von PGE 2 . vorderen Hypothalamus

3

antipyretischen Analgetika unterdrücken Fieber, indem sie die PGE 2 Bildung im OVLT hemmen.

7.2.1. Saure antipyretische Analgetika Acetylsalicylsäure hemmt

COX

irreversibel analgetisch

antipyretisch,

antiphlogistisch-antirheumatisch. 2

Thrombozytenaggregation gehemmt

2

Pharmakokinetik

oraler Einnahme

resorbiert.

max

Plasmahalbwertszeit

der

Salicylsäure

ist

dosisabhängig: Eliminationskinetik nullter Ordnung

Metabolismus von Acetylsalicylsäure. Hauptmetabolit ist die Salicylsäure . Aus ihr entstehen ein Glycinkonjugat (Salicylursäure), ein Ether- und Esterglucuronid sowie durch Oxidation die Gentisinsäure. Der Anteil renal eliminierter Salicylsäure schwankt pH-abhängig. Bei einem pH des Harns < 6 werden etwa 75 % als Salicylursäure, 15 % als Glucuronide, 1 % als Gentisinsäure, der Rest im Wesentlichen als Salicylat ausgeschieden. ABB. 7.4

Unerwünschte Wirkungen und Intoxikation

Übelkeit, Sodbrennen

Erbrechen

okkulte

Magen-

und

Blutungen

Darmulzera

Überempfindlichkeitsreaktionen

Reye-Syndrom

Kinder Virusinfektionen kontraindiziert. Geburt verzögern, Ductus

arteriosus

Botalli verschließen. Schwangerschaft

analgetischer

Dosierung

vermindert

Harnsäuresekretion (antiurikosurische Wirkung), Hemmung der urikosurisch paradoxer Effekt antirheumatischer Dosierung akute Vergiftung

hoher Harnsäurereabsorption; zentralnervöse

antirheumatischer

Symptome

Hyperventilation.

Dosierung

tubuläre

2

respiratorische

Alkalose metabolische

Azidose

Wiederherstellung des SäureBasen-Gleichgewichts Harnalkalisierung forcierte alkalische Diurese Chronischer

Gebrauch Nierenschäden

Analgetikaniere;

Ibuprofen, Naproxen ®

®

hemmen

COX reversibel,

®

asymmetrischen C-Atoms

Pharmakokinetik oraler

Gabe

Dünndarm,

resorbiert. Metabolisierung

Unerwünschte Wirkungen und Intoxikation

Gastrointestinale Nebenwirkungen Blutungszeit

verlängert

Diclofenac ®

Pharmakokinetik Nach oraler Applikation First-Pass-Metabolismus Metabolisierung

Unerwünschte Wirkungen

gastrointestinale Nebenwirkungen

Serumtransaminasen

7.2.2. Nichtsaure antipyretische Analgetika Paracetamol analgetischen

antipyretischen Eigenschaften

®

Behandlung Fieber- und Schmerzmittel der Wahl in der Pädiatrie,

Dosierungen

leichten bis mittleren Schmerzen

Fiebersenkung.

beachten

Pharmakokinetik max

Glucuroniden Sulfaten 450

N-Acetyl-p-benzochinonimin

Überdosierung N

p Leberzellnekrose

Toxizität von Paracetamol. Bei Erschöpfung der Glutathionreserven bindet N -Acetyl- p -benzochinonimin an nukleophile Gruppen von Leberzellproteinen und wirkt dadurch toxisch. Die Grafik unten links zeigt den Zusammenhang zwischen Glutathionverarmung und Bindung von Paracetamolmetaboliten im Tierexperiment. Hamster erhielten steigende Dosen Paracetamol intraperitoneal. 3 h später wurde einerseits der Glutathiongehalt der Leber, andererseits die Bindung der Paracetamolmetaboliten an Leberproteine gemessen. Bei Dosen über 200 mg/kg wurde Glutathion weitgehend verbraucht, Paracetamolmetaboliten wurden zunehmend an Proteine gebunden und in der Leber entstanden Nekrosen (in Anlehnung an Potter et al., Pharmacology 12, 129–143, 1974). ABB. 7.5

Unerwünschte Wirkungen und Intoxikation

Überdosierung

N

p

Leberschädigung

Antidot

N -Acetylcystein,

N

p

Mangel phosphat-Dehydrogenase Nierenschäden.

Glucose-6Leber-

Metamizol, Phenazon und Propyphenazon analgetisch

antipyretisch.

Metamizol ®

strengen

Indikationsstellung:

Pharmakokinetik oraler Gabe 4-Methylaminophenazon 4-Aminophenazon.

Unerwünschte Wirkungen

Agranulozytose

Schockreaktionen

Phenazon und Propyphenazon ®

®

®

7.2.3. Nicht-Opioidanalgetika ohne antipyretisch-antiphlogistische Wirkung ω zentralnervösen

Angriffspunkt,

Flupirtin ®

mittelstark

wirksames

+

A

Ketamin

Capsaicin

ω-Conotoxin

v

®

ω

ω

Cannabinoide

®

7.3. Opioidanalgetika Geschichte

Morphium „Heroin“ Pethidin Methadon Opioidrezeptoren.

endogenen Opioidpeptide Opioidrezeptortypen.

μ

Definitionen Opium ( Papaver somniferum).

Opiate

Opioide,

7.3.1. Endogene Opioide Enkephaline Endorphine

endo rphine Proopiomelanocortin, Proenkephalin Endomorphin-1

Prodynorphin

Endomorphin-2

Met-

und

Leu-Enkephalin

Dynorphin

β-Endorphin,

β

β

endogenen Morphinproduktion

7.3.2. Opioidrezeptoren μ

δ

κ

μ-

Opioidrezeptor κ-Opioidrezeptor

K δ-Opioidrezeptor

d

σ

σ

μ

δ

κ

ORL-1

Nozizeptin MOP KOP

μ

DOP

κ

δ

NOP δ

κ β μ

δ 2

4

5

μ

Tab. 7.3 Opioidrezeptoren und ihre Liganden Ligand Rezeptor-Subtyp

μ (MOP)

δ (DOP)

κ (KOP)

μ

1

μ

2

δ

1

δ

ORL-1 (NOP)

2

Opioidrezeptor-Subtypen

κ 1 κ 2 Spleißvarianten

polymorphe

Wirkungsprofil

Wirkungsprofil

in

vivo

μ

κ μ

κ

κ

3

Varianten.

μ

Tab. 7.4 Wirkungsprofil von μ-, δ- und κ -Opioidrezeptoren μ

δ

κ

μ μ μ

Tab. 7.5 Zentrale, μ-Opioidrezeptor-vermittelte Wirkungen Analgesie Euphorie Sedierung Atemdepression

2

antitussive Wirkung emetische Wirkung Muskelrigidität Konvulsionen Hypothermie Miosis Blutdrucksenkung Bradykardie Hormonfreisetzung

Tab. 7.6 Periphere, μ-Opioidrezeptor-vermittelte Wirkungen Wirkungen

Wirkmechanismen

Nicht charakteristisch für alle μ-Opioid-Agonisten.

7.3.3. μ-Opioidrezeptor-vermittelte Wirkungen Zentrale Effekte Analgesie:

μ

μ

μ

Euphorie:

Sedierung:

μ

μ

Atemdepression: μ 2

μ

Antitussiva:μ Emetische

Muskelrigidität:

Wirkung:

μ μ 2

Konvulsionen: μ

H y p o t h e r m i e :μ

Miosis: μ

Blutdrucksenkung: μ

Bradykardie:

μ

Hormonfreisetzung: μ μ

Periphere Effekte Analgesie:

μ

Verminderung der Motilität des Magen-Darm-Trakts: μ verzögerten

Magenentleerung

spastischen

Obstipation μ

®

Hemmung

des

Gallenflusses: μ

Harnretention:

μ

Einfluss auf das Immunsystem: μ

μ

Histaminfreisetzung:

7.3.4. Opioid-Agonisten Morphin

®

Codein

κωδ

ια

μ

Natürliche, halbsynthetische und synthetische Derivate des Morphins. Die für die Interaktion mit den Opioidrezeptoren wichtigen Strukturen sind in den Formeln rot markiert. ABB. 7.6

Tab. 7.7 Kinetische Parameter von Opioiden

Opioid

Anwendung

Einzeldosis (mg)

Orale Bioverfügbarkeit (%)

Plasmahalbwertszeit (h)

TTS = transdermales therapeutisches System; OROS = orales osmotisches System Terminale Halbwertszeit des Ausgangsmoleküls; bestimmte Opioide haben aktive Metaboliten mit unterschiedlichen Halbwertszeiten. Wirkdauer nach Verabreichung der ersten Einzeldosis. Opioid-Antagonisten.

Tab. 7.8 Antitussiva Dosis beim Erwachsenen ®

®

®

®

® ® ®

Diacetylmorphin (Heroin)

Anmerkungen

Wirkungsdauer (h)

Therapeutische Potenz

μ 3-Monoacetylmorphin

(3-MAM)

μ

6-MAM

;

® ®

Dihydrocodein

7

®

Hydromorphon

Morphin-3-Glucuronid

® ®

Oxycodon ®

®

®

Levomethadon

®

Piritramid

®

Pethidin

μ

Fentanyl

®

®

8

Sufentanil

®

Alfentanil

®

®

Remifentanil

kontextsensitive

Halbwertszeit

Tilidin

®

®

Tramadol

μ O

O

®

Ta p e n t a d o l

®

Loperamid

μ Antidiarrhoikum

7.3.5. Opiat-Antagonisten ®

Naloxon μ

δ

N κ

μ δ

κ

®

Naltrexon

N β

μ

7.3.6. Partielle Opioid-Agonisten und gemischte Agonisten/Antagonisten ®

Buprenorphin

μ κ μ

μ

® ® ® ®

®

Pentazocin μ

κ

κ

Nalbuphin

κ μ

7.3.7. Akute Opioidvergiftung, Kontraindikationen und Interaktionen

chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen paralytischem

Ileus

perinataler

Bronchialasthma

Cor pulmonale

Gabe Schädeltraumen 2

Gallen- und Nierenkoliken

Sedativa,

Hypnotika,

MAO-Hemmer

Phenothiazine,

Neuroleptika,

Antidepressiva, Alkohol

Antihistaminika,

Antiemetik

μ

7.3.8. Chronische Opioidwirkungen Toleranz (Gewöhnung)

μ

μ

adaptive Prozesse, μ

Physische Abhängigkeit

α

2

Psychische Abhängigkeit

euphorisierende Wirkung

positiven Verstärkertheorie negativen

7.4. Behandlung von Schmerzen 7.4.1. Therapie mit Nicht-Opioidanalgetika

Verstärkertheorie

7.4.2. Therapie mit Opioidanalgetika

posttraumatischen

postoperativen

parenterale

rückenmarknah

Geburt

Herzinfarkt

Stufenplan der WHO nichtopioide Analgetika schwach

stark wirksamen Opioidanalgetika

ABB. 7.7

Stufenplan zur Behandlung von Tumorschmerzen . (modifiziert nach World Health Organization, 1986)

Opioidrotation

wirksame

Opioide

Laxans

® ®

®

Antiemetika

retardierte

7.5. Antitussiva

μ

Codein

Dihydrocodein

Dextromethorphan

Noscapin

Pentoxyverin

Dropropizin

Levodropropizin

7.6. Expektorantien Expektorantien (Sekrolytika) (Mukolytika). Guaifensin,

Saponine Emetin Ätherische Öle,

®

N-Acetylcystein

Bromhexin

®

Ambroxol

®

Weiterführende Literatur Brune K, Patrignani P. New insights into the use of currently available non-steroidal anti-inflammatory drugs. J Pain Res . 2015;8:105–118. Freye E. Opioide in der Medizin . Berlin: Springer; 2008. Kieffer B. L, Gaveriaux-Ruff C. Exploring the opioid system by gene knockout. Progr. Neurobiol . 2002;66:285–306. Morgan M. M, Christie M. J. Analysis of opioid efficacy, tolerance, addition and dependence from cell culture to human. Br.. J. Pharmacology . 2011;164:1322–1334. Nassini R, Fusi C, Materazzi S, et al. The TRPA1 channel mediates the analgesic action of dipyrone and pyrazolone derivatives. Br J Pharmacol . 2015;172:3397–3411. Scholz J, Woolf C. J. Can we conquer pain? Nature Neurosci . 2002;5:1062–1067. Stein C, Schäfer M, Machelska H. Attacking pain at its source: new perspectives on opioids. Nature Medicine . 2003;9:1003–1008. Wang H, Woolf C. J. Pain TRPs. Neuron . 2005;46:9–12. Williams J.T, Ingram S.L, Henderson G, et al. Regulation of μ-opioid receptors: desensitization, phosphorylation, internalization, and tolerance. Pharmacol Rev . 2013;15:223–254. Woolf C. J. Pain: moving from symptom control toward mechanism-specific pharmacologic management. Ann. Intern. Med . 2004;140:441–451. Zenz M, Strumpf M, Willweber-Strumpf A, eds. Taschenbuch der Schmerztherapie . Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2007. Zöllner C, Stein C. In: Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 177. Berlin: Springer; 2007:31–63.

KAPITEL 8

Lokalanästhetika M. Biel

8.1. Einführung

α

8.2. Einzelsubstanzen Cocain

Erythroxylum coca

®

Tab. 8.1 Lokalanästhetika, Strukturformeln, physikalisch-chemische Eigenschaften

Lokalanästhetikum

Typ

Aromatischer Rest (lipophiler Anteil)

Aminogruppe (hydrophiler Teil)

Zwischenkette

pK a (bei 36 °C)

Proteinbindung (%)

Lipidlöslichkeit

Oktanol/Puffer-Verteilungskoeffizient der freien Base. In: Strichartz, G. R. et al., Anesth Analg 71 , 158–70 (1990) Bindung an Nervenhomogenat. Bindung an Plasmaprotein. ® ®

®

®

®

®

®

a

a

ABB. 8.1

Dissoziation von Lokalanästhetika im Gewebe .

a

8.3. Wirkmechanismus

+

Wirkmechanismus von Lokalanästhetika. Lokalanästhetika blockieren den spannungsabhängigen Natriumkanal. Sie verhindern dadurch die Bildung von Aktionspotentialen und die Weiterleitung von Schmerzimpulsen in nozizeptiven Nervenfasern. ABB. 8.2

Strukturmodell des spannungsabhängigen Natriumkanals. Der obere Teil der Abbildung zeigt ein zweidimensionales Modell des Kanals mit seinen vier homologen Domänen (I–IV). Die positiv geladenen Spannungssensoren (jeweils die vierte Helix) sind mit „+“ Zeichen markiert. Die Inaktivierungsdomäne (zytosolische Schleife zwischen den Domänen III und IV) ist in Rot dargestellt. Die Bindungsstelle von Lokalanästhetika liegt in der Pore des Kanals und wird von Aminosäureresten der Helices IS6 (rot), IIIS6 (grün) und IVS6 (blau) gebildet. Der untere Teil der Abbildung zeigt ein dreidimensionales Modell der Bindungsstelle, das auf der Basis der Kristallstruktur eines Kaliumkanals erstellt wurde. Die an der Bindung des Lokalanästhetikums ( Etidocain, in Gelb dargestellt) beteiligten Aminosäurereste sind im Einbuchstaben-Code gekennzeichnet (modifiziert nach Yarov-Yarovoy et al., J. Biol. Chem. 277 , 35393–35401 [2002]). ABB. 8.3

Abhängigkeit der Bindung des Lokalanästhetikums vom Ionisationsgrad und vom Membranpotential. Bei der Membrandepolarisation während eines Aktionspotentials wird der Natriumkanal durch die Bewegung der Spannungssensoren (gelb) und einer intrazellulären Schleife (rot) vom geschlossenen in den offenen und anschließend in den inaktivierten Zustand überführt. Das Lokalanästhetikum (B) diffundiert in die Lipidmembran und erreicht seine Bindungsstelle in der ionenleitenden Pore über laterale hydrophobe Fenster im Kanalprotein. Die Bindung selbst erfolgt als Kation (BH + ). Daneben kann das Lokalanästhetikum auch als Kation von der zytosolischen Seite aus über die geöffnete Kanalpore an seine Bindungsstelle gelangen. ABB. 8.4

Z u r Ve r t i e f u n g

a

α

+

8.4. Metabolismus

8.5. Anwendung

Tab. 8.2 Anwendungsformen von Lokalanästhetika

Anwendu Anwendu Wirkort Wirkort ng ng

Indikation Indikation

Stoffe Stoffe

Applikationsform Applikationsform

®

®

®

Anwendu Wirkort ng

Indikation

Stoffe

Applikationsform

®

®

Anwendu Wirkort ng

Indikation

Stoffe

Applikationsform

®

®

Anwendu Wirkort ng

Indikation

Stoffe

Applikationsform

Tab. 8.3 Anwendungsweise von Lokalanästhetika Lidocain

Bupivacain

oberflächlich injiziert

injiziert

Infiltration. Periphere Leitungsanästhesie. Mit Vasokonstriktor. Je nach Konzentration und Anwendungsgebiet etc. sehr unterschiedlich.

Wirkdauer

• kurz wirksam (30–60 min), z. B. Procain , • mittellang wirksam (60–120 min), z. B. Lidocain , Articain und Prilocain , • lang wirksam (bis 400 min), z. B. Bupivacain , Ropivacain und Tetracain .

8.5.1. Vasokonstriktorische Zusätze

® ® ®

® ®

Dosierung

8.6. Unerwünschte Wirkungen

Konservierungsmittel

Estertyp

8.7. Maßnahmen bei Vergiftungen

®

Weiterführende Literatur Catterall W.A, Swanson T.A. Structural basis for pharmacology of voltage-gated sodium and calcium channels. Mol. Pharmacol . 2015;88:141–150. Cousins M.J, Bridenbaugh P.O, eds. Neural Blockade in Clinical Anesthesia and Management of Pain . 4th ed. Philadelphia: J. B. Lippincott; 2009. Fozzard H.A, Lee P.J, Lipkind G.M. Mechanism of local anesthetic drug action on voltage-gated sodium channels. Curr. Pharm. Des . 2005;11:2671–2686. Geddes I.C. Pharmacology and toxicity of local anaesthetics. In: 4th ed. Gray T.C, Nunn J.F, Utting J.E, eds. General Anaesthesia . Vol. 1. London: Butterworth & Co; 1980. Larsen R, ed. Anästhesie . 10. Aufl. München: Urban & Fischer; 2012. Yanagidate F, Strichartz G.R. Local anesthetics. Handbook of Experimental Pharmacology . 2007;177:95–127. Strichartz G.R, Sanchez V, Arthur R, Chafetz R, Martin D. Fundamental properties of local anesthetics. II. Measured octanol: buffer partition coefficients and pKa values of clinically used drugs. Anesth. Analg . 1990;71:158–170. Tucker M.J. Absorption and disposition of local anesthetics: Neural blockade . Macmillan; 1980. Yarov-Yarovoy V, McPhee J.C, Idsvoog D, et al. Role of amino acid residues in transmembrane segments IS6 and IIS6 of the sodium channel α subunit in voltagedependent gating and drug block. J. Biol. Chem . 2002;277:35393–35401.

KAPITEL 9

Narkose – Inhalations- und Injektionsanästhetika K. Engelhard, und C. Werner

Narkose

• Inhalationsanästhetika: Sie werden hauptsächlich zur Aufrechterhaltung der Narkose eingesetzt. Eine Narkoseeinleitung mit Inhalationsanästhetika wird nur in der Kinderanästhesie durchgeführt. Die Zufuhr der Inhalationsanästhetika erfolgt mit dem Inspirationsgasgemisch über die Lunge, die Elimination erfolgt überwiegend ebenfalls über die Lunge durch Rückatmung. • Injektionsanästhetika: Zu den injizierbaren Anästhetika zählen Hypnotika (Barbiturate , Etomidat , Propofol ), Sedativa (Benzodiazepine ; ), Ketamin und Opioide ( und ). Sie werden zur Sedierung und zur Narkoseeinleitung und -aufrechterhaltung verwendet. Die Elimination erfolgt über Metabolisierung und/oder renale Ausscheidung.

• Steuerbarkeit: In Abhängigkeit von den (oft rasch) wechselnden Stimulationsintensitäten sollte die Anästhesie jederzeit schnell zu vertiefen, abzuflachen oder zu beenden sein. • Ausreichende therapeutische Breite: Die Konzentration eines Anästhetikums, die das Bewusstsein ausschaltet, soll möglichst um ein Vielfaches niedriger sein als diejenige, bei der vitale Funktionen wie die Regulation des Kreislaufs, der Temperatur und des Wasser- und Elektrolythaushalts ausfallen. Auch in hohen Konzentrationen sollten das Anästhetikum oder seine Metaboliten nicht toxisch sein. • Reversibilität: Sämtliche Anästhesieeffekte sollen nach Ende der Narkose möglichst rasch und dauerhaft abklingen. Neurotoxizität von Anästhetika während der Entwicklungsphase

9.1. Inhalationsanästhetika 2

ABB. 9.1

Strukturformeln gängiger Inhalationsanästhetika.

Schematische Darstellung der technischen Voraussetzungen für eine kontrollierte Anwendung von Inhalationsanästhetika . ABB. 9.2

9.1.1. Pharmakokinetik Gesetz

von

Dalton

Gesetz

von

Henry

Partialdruck in der Gasphase gelösten Gasmenge

proportional der in der Flüssigkeit

Tab. 9.1 Physikalische und pharmakologische Eigenschaften von Inhalationsanästhetika : MAC-Wert Verteilungskoeffizient Substanz

Gewebe/Blut Blut/Ga Gehir s Fett n

MAC (Vol.%)

bei 37 °C MAC = minimale alveoläre Anästhetikakonzentration des Erwachsenen (in reinem Sauerstoff) bei 760 mmHg bei 20 °C theoretischer Wert (s. u.)

Siedepunkt (°C)

Dampfdruck (mmHg)

Metabolisierungsrate (%)

Applikation von Inhalationsanästhetika

(halb (halb

geschlossenes

offenes

System).

System). 2

Aufnahme durch die Lunge

(Konzentrationseffekt).

(Zweitgaseffekt).

Transport mit dem Blut

Zeitverlauf des Verhältnisses von Partialdruck in der Alveolarluft und im Inspirationsgemisch für Inhalationsanästhetika. Der Quotient „Partialdruck im Residualvolumen (Alveolarluft)/Partialdruck im Inspirationsgemisch“ steigt umso schneller an, je geringer die Löslichkeit des Inhalationsanästhetikums im Blut ist (nach Yasuda N et al., 1991). ABB. 9.3

Aufnahme ins Gewebe

Durchblutungsrate.

Gehirn und Rückenmark

Fettgewebes

Blut-Hirn-Schranke

Pulmonale und nichtpulmonale Elimination

„kontextsensitiven

Halbwertszeit“

„bedeutsame

Konzentrationsabfallzeit“

„Bedeutsame Konzentrationsabfallzeit“ zum Erreichen einer 80-prozentigen und 90-prozentigen Abnahme des alveolären Partialdrucks. Unter der Voraussetzung, dass eine 80-prozentige Abnahme des alveolären Partialdrucks notwendig ist, damit der Patient erwacht, ist die Aufwachzeit nur für Isofluran von der vorausgegangenen Anästhesiedauer abhängig, nicht jedoch für Sevofluran und Desfluran (linke Abbildung). Falls der alveoläre Partialdruck um 90 % gesenkt werden muss, verzögert sich das Erwachen nach Isofluran und Sevofluran mit zunehmender Dauer der vorangegangenen Anästhesie, während das Erwachen aus einer Desfluran-Anästhesie kaum beeinträchtigt ist (rechte Abbildung modifiziert nach J. M. Bailey). ABB. 9.4

9.1.2. Pharmakodynamik Lipophilie

γ

MAC-Wert

A

Bestimmung der minimalen alveolären Anästhetikakonzentration (MAC). Der obere Teil des Diagramms gibt die Reaktion von Patienten in Narkose wieder. Die senkrechten Striche über der Horizontalen bedeuten positive Schmerzreaktion auf eine Testinzision (jeder Strich ist ein Patient); Striche nach unten bedeuten demgegenüber keine Reaktion. • Gruppe A = Halothan-Sauerstoff-Gemisch • Gruppe B = Halothan-Sauerstoff-Gemisch nach Vorbehandlung mit Morphin (8–15 mg s.c., ca. 90 min vor der Inzision) • Gruppe C = Halothan in einem Gemisch aus 30 Vol.-% Sauerstoff und 70 Vol.-% Distickstoffmonoxid Im unteren Teil des Diagramms ist der prozentuale Anteil der Patienten mit einer positiven Reaktion auf den Schmerzreiz in Abhängigkeit von der angewendeten Halothankonzentration dargestellt. Ausgehend von der niedrigsten Anästhetikakonzentration in der entsprechenden Versuchsgruppe (A, B bzw. C) ist jeweils für mindestens vier Patienten mit einheitlicher Reaktion auf den Schmerzreiz der Mittelwert der Halothan-Konzentration berechnet und im Diagramm eingetragen (modifiziert nach E.I. Eger EI bzw. L. Quasha). ABB. 9.5

α

2

Darstellung der MAC-Werte für Isofluran unter verschiedenen Reizen Der obere Teil des Diagramms gibt die Reaktion von Patienten unter Isofluran-Narkose wieder. Die senkrechten Striche über der Horizontalen bedeuten positive Schmerzreaktion auf einen Stimulus (jeder Strich ist ein Patient); Striche nach unten bedeuten demgegenüber keine Reaktion. Im unteren Teil des Diagramms ist die Wahrscheinlichkeit für eine fehlende Reaktion auf einen Stimulus (z. B. Intubation, Hautschnitt) in Anhängigkeit von der Isofluran-Konzentration dargestellt. Für verschieden starke Reize ergeben sich unterschiedliche MAC-Werte (modifiziert nach A. M. Zbinden). ABB. 9.6

A

Wirkung auf das zentrale Nervensystem

2

9.1.3. Halogenierte Kohlenwasserstoffe kardioprotektiver Effekt

muskelrelaxierend

C O 2 -absorbierenden Atemkalk Abbauprodukte mit organtoxischem Potential

Maligne Hyperthermie

Halothan

Enfluran

Isofluran ®

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik Herz-Kreislauf-System:

L u n g e :

ZNS:

Leber:

Niere:

Sonstiges:

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

Desfluran ®

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik Herz-Kreislauf-System:

Lunge:

ZNS:

Leber:

Niere: Sonstiges:

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

Sevofluran ®

Pharmakokinetik

450

2

Pharmakodynamik Herz-Kreislauf-System:

Lunge: ZNS:

Leber:

Niere:

Sonstiges:

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

9.1.4. Anorganische Inhalationsanästhetika Distickstoffmonoxid 2

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik Herz-Kreislauf-System:

Lunge:

ZNS:

Leber und Niere: Sonstiges:

12

1

12

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut:

1

2

Relativ:

Xenon

9.2. Intravenöse Anästhetika

2

9.2.1. Wirkdauer

Umverteilungsphänomene

Verteilung von Thiopental in verschiedenen Geweben in Abhängigkeit von der Zeit nach einer einmaligen i.v. Injektion. Der Kurvenverlauf wurde anhand der Verteilungsräume für den Menschen berechnet und durch Einzelmessungen überprüft. ABB. 9.7

„kontextsensitive Halbwertszeit“

„bedeutsame Konzentrationsabfallzeit“

Kontextsensitive Halbwertszeit von Injektionsanästhetika und injizierbaren Benzodiazepine n. Je flacher die Kurve ist, d.h. je kleiner die kontextsensitive Halbwertszeit ist, desto geeigneter ist die Substanz für eine Langzeitapplikation. (modifiziert nach Miller R. D. 2005) ABB. 9.8

9.2.2. Wirkintensität

nach Wirkung dosiert

9.2.3. Barbiturate ® ®

α

ABB. 9.9

Pharmakokinetik

Strukturformeln gängiger Injektionsanästhetika.

Tab. 9.2 Pharmakokinetische Eigenschaften von Injektionsanästhetika

Substanz

Thiopental

Methohexita Etomidat l

Propofol

KetaminRacemat

Pharmakodynamik

γ

A

Herz-Kreislauf-System:

Lunge:

ZNS:

Leber: δ

Niere:

Sonstiges:

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

9.2.4. Etomidat

® ®

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik β A

Herz-Kreislauf-System:

2

β

3

Lunge: Z N S :

Leber:

δ

Niere: Sonstiges:

β α

Klinische Anwendung

Kontraindikationen Absolut: ®

Relativ:

9.2.5. Propofol

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik A

Herz-Kreislauf-System:

Lunge:

ZNS:

Leber:

Niere: Sonstiges:

4

5

0

Propofolinfusionssyndrom

Klinische Anwendung

totale intravenöse Anästhesie

„Target-controlled

Kontraindikationen Absolut: Relativ:

9.2.6. Ketamin

Pharmakokinetik

Pharmakodynamik

dissoziativen

Anästhesie,

Infusion“

A

Herz-Kreislauf-System:

Lunge:

ZNS:

Leber:

Niere: Sonstiges:

Klinische Anwendung

generelle Analgesie

Abklingen

Ketaminwirkung

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

9.2.7. Dexmedetomidin

®

Pharmakokinetik

4

Pharmakodynamik α α

Herz-Kreislauf-System: α

Lunge ZNS:

Leber: N i e r e : Sonstiges:

Klinische Anwendung

2

2

2

5

0

Kontraindikationen Absolut:

Relativ:

9.2.8. Injizierbare Benzodiazepine ® ®

® ®

nicht als Monoanästhetika

Weiterführende Literatur Bailey J.M. Context-sensitive half-times and other decrement times of inhaled anesthetics. Anesth Analg . 1997;85:681–686. Baker M.T, Naguib M. Propofol: the challenges of formulation. Anesthesiology . 2005;103:860–876. Borkett K.M, Riff D.S, Schwartz H.I, Winkle P, Pambianco D.J, Lees J.P, Wilhelm-Ogunbiyi K. A phase IIa, randomized, double-blind study of remimazolam (CNS 7056) versus midazolam for sedation in upper gastrointestinal endoscopy. Anesth Analg . 2015;120:771–780. Campagna J.A, Miller K.W, Forman S.A. Mechanism of actions of inhaled anesthetics. N Eng J Med . 2003;348:2110–2124. Constant I, Seeman R, Murat I. Pediatric Anesthesia . 2005;15:266–274. Conzen P, Kharasch E.D, Czerner S.F, Artru A.A, Reichle F.M, Michalowski P, Rooke G.A, Weiss B.M, Ebert T.J. Low-flow sevoflurane compared with low-isoflurane anesthesia in patients with stable renal insufficiency. Anesthesiology . 2003;97:578–584. Davidson A.J, Nicola D, de Graaff J.C, GAS consortium, . Neurodevelopmental outcome at 2 years of age after general anaesthesia and awake-regional anaesthesia in infancy (GAS): an international multicentre, randomised controlled trial. Lancet . 2016;387:239–250. De Hert S.G, Preckel B, Schlack W. Update on inhalational anaesthetics. Curr Opin Anaesthesiol . 2009;22:491–495. Eagan T.D, Shafer S.L. Target-controlled infusion for intravenous anesthetics. Anesthesiology . 2003;99:1039–1041. Eger E.I, Lundgren C, Miller S.L, Stevens W.C. Anesthetic potencies of sulfur hexafluoride, carbon tetrafluoride, chloroform and ethrane in dogs: correlation with the hydrate and lipid theories of anesthetic action. Anesthesiology . 1969;30:129–135. Fiset P, Plourde G, Backman S.B. Brain imaging in research on anesthetic mechanisms: studies with propofol. Prog Brain Res . 2005;150:245–251. Franks N.P. Molecular targets underlying general anaesthesia. Br J Pharmacol . 2006;147:S72–S81. Fudickar A, Bein B, Tonner P.H. Propofol infusion syndrome in anaesthesia and intensive care medicine. Curr Opin Anesthesiol . 2006;19:404–410. Gerbershagen M.U, Fiege M, Krause T, Agarwal K, Wappler F. Dantrolen. Pharmakologische und therapeutische Aspekte. Anaesthesist . 2003;52:238–245. Hou B, Li F, Ou S, Yang L, Zhou S. Comparison of recovery parameters for xenon versus other inhalation anesthetics: systematic review and meta-analysis. J Clin Anesth . 2016;29:65–74. Iirola T, Ihmsen H, Laitio R, Kentala E, Aantaa R, Kurvinen J.-P, Scheinin M, Schwilden H, Schüttler J, Olkkola K.T. Population pharmacokinetics of dexmedetomidine during long-term sedation in intensive care patients. BJA . 2012;108:460–468. McCarthy E.J. Malignant hyperthermia: pathophysiology, clinical presentation, and treatment. AACN Clin Issues . 2004;15:231–237. Heidegger T, Minto C.F, Schnider T.W. Moderne Konzepte der Pharmakokinetik intravenöser Anästhetika. Anaesthesist . 2004;53:95–110. Huges M.A, Glass P.S, Jacobs J.R. Context-sensitive half-life in multicompartment pharmakokinetic models for intravenous anesthetic drugs. Anesthesiology . 1992;76:334–341. Kreuer S, Bruhn J, Wilhelm W, Bouillon T. Pharmakokinetische/pharmakodynamische Modelle für Inhalationsanästhetika. Anaesthesist . 2007;56:538–556. Law L.S, Lo E.A, Gan T.J. Xenon Anesthesia: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Anesth Analg . 2016;122:678–697. Mantz J, Josserand J, Hamada S. Dexmedetomidine: new insights. Eur J Anaesthesiol . 2011;28:3–6. Marik P.M. Propofol: An immunomodulating agent. Pharmacotherapy . 2005;25:28S–33S. McKeage K, Perry C.M. Propofol: A review of its use in intensive care sedation of adults. CNS Drugs . 2003;17:235–272. Quasha A.L, Eger E.I, Tinker J.H. Determinations and applications of MAC. Anesthesiology . 1980;53:315–334. Preckel B, Bolten J. Pharmacology of modern volatile anaesthetics. Best Practice & Research Clin Anesthesiol . 2005;19:331–348.

Miller R.D. Anesthesia . 6th ed. Philadelphia (: Elsevier; 2005. Russo H, Bressolle F. Pharmacodynamics and Pharmacokinetics of Thiopental. Clin Pharmacokinet . 1998;35:95–134. San-juan D, Chippa K.H, Cole A.J. Propofol and the electroencephalogram. Clin Neurophysiol . 2010;121:998–1006. Short T.G, Young Y. Toxicity of intravenous anesthetics. Best Practice & Research Clin Anesthesiol . 2003;17:77–89. Sneyd J.R. Recent advances in intravenous anaesthesia. Br J Anaesth . 2004;93:725–736. Vutskits L. Anesthetic-related neurotoxicity and the developing brain: shall we change the practice? Paediatr Drugs . 2012;14:13–21. Weber N.C, Preckel B, Schlack W. The effect of anaesthetics on the myocardium – new insights into myocardial protection. Europ J Anaesth . 2005;22:647–657. Yasuda N, Lockhart S.H, Eger E.I, Weiskopf R.B, Johnson B.H, Freire B.A, Fassoulaki A. Kinetics of desflurane, isoflurane, and halothane in humans. Anesthesiology . 1991;74:489–498. Zbinden A.M, Maggiorini M, Petersen-Felix S, Lauber R, Thomson D.A, Minder C.E. Anesthetic depth defined using multiple noxious stimuli during isoflurane/oxygen anesthesia. I. Motor reactions. Anesthesiology . 1994;80:253–260.

KAPITEL 10

Pharmakotherapie von Schlafstörungen und Erregungszuständen H. Möhler

Er dachte an seine Mutter, die einmal, als er am Morgen um sieben von einer Tanzerei zurückgekommen war, zu ihm gesagt hatte: Hoffentlich machen es deine Kinder nie so. Um halb drei nahm Agnes ein Valium und bot ihm auch eins an. Er nehme doch so etwas nicht, sagte er. Das klang, als sei er wütend. Um drei Uhr nahm sie ein zweites Valium und sagte, sie würde am liebsten hundert Valium nehmen. Martin Walser: Seelenarbeit So legt euch denn, ihr Brüder, In Gottes Namen nieder; Kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott! mit Strafen, Und lass uns ruhig schlafen! Und unsern kranken Nachbar auch! Matthias Claudius

10.1. Schlafregulation

δ β

δ

γ

Grundlagen des Schlafzyklus. Schlafregulation, dargestellt durch die Hirnwellen der EEG-Ableitungen in verschiedenen Schlafstadien . Der obere Teil der Abbildung (A) illustriert die Schlafstadien I–IV im Verlauf einer Nacht (REM-Phasen, rot). Der untere Teil (B) beschreibt die Charakteristika der EEG-Ableitungen von Hirnwellen eines frühen NREM/REM-Schlafzyklus im Detail. Im Wachzustand sind höhere Frequenzen (β-, γ-Wellen; 15–40 Hz) bei tiefer Amplitude vorherrschend. Der Übergang zu Stadium I ist durch eine Verminderung der Frequenz in den θ-Bereich (6–9 Hz) gekennzeichnet. Im Stadium II tritt die typische Spindelaktivität auf, die durch ein zyklisches Anschwellen und Abflauen von Schwingungen mit 12–14 Hz gekennzeichnet ist (etwa 3 Spindeln pro Minute). Der NREM-Schlaf erreicht seine größte Tiefe in den Stadien III und IV (Tiefschlaf), wobei typische δ-Wellen im Stadium IV zu sehen sind. Im REM-Schlaf, der besonders durch rasche Augenbewegungen und Muskelatonie gekennzeichnet ist, bewegt sich die EEG-Aktivität im θ-Bereich (nach Pace-Schott und Hobson 2002). Die NREM-Schlafstadien werden auch als N1 (I), N2 (II) und N3 (III–IV) bezeichnet. ABB. 10.1

10.2. Inhibitorische Neurotransmission bei der Schlafregulation

A

A

Diazepam, das prototypische Benzodiazepin. Zusammenfassung des pharmakologischen Spektrums der Benzodiazepine. Therapeutische Indikationen und chemische Strukturen verschiedener Benzodiazepine sind in sowie dargestellt. ABB. 10.2

Tab. 10.1 Benzodiazepine und Analoga eingesetzt als Hypnotika

Bezeichnung

Dosisbereich (mg pro Tag bei Erwachsenen)

Handelsname ® ®

® ®

® ® ® ® ® ® 2

® ®

2

® ®

2

®

Vereinfacht nach Nissen et al. 2014, Wilson et al. 2010. Chemisch keine Benzodiazepine, wirken aber über die Benzodiazepin-Bindungsstelle.

10.3. Behandlung von Schlafstörungen

Effektive Halbwertszeit (h)

10.4. Benzodiazepine

A

GABAerge Synapse und Benzodiazepine. Nach der Freisetzung aus der GABAergen Nervenendigung aktiviert der Neurotransmitter GABA die in der postsynaptischen Membran lokalisierten GABA A -Rezeptoren. Sie stellen GABA-gesteuerte Chloridkanäle (Cl – ) dar, deren Signalgebung in der ABB. 10.3

Anwesenheit eines Benzodiazepins verstärkt ist. Die Bindung eines Benzodiazepins an den Rezeptor bleibt unwirksam, solange der GABA A -Rezeptor nicht durch GABA aktiviert wird. Die Wirkung von GABA wird beendet durch seine Wiederaufnahme in die GABAerge Nervenendigung über GABA-Transporter. Die Benzodiazepin-Bindungsstelle am GABA A -Rezeptor war ursprünglich als Benzodiazepin-Rezeptor entdeckt worden (nach Möhler und Okada 1977, Möhler 2011), vgl. .

10.4.1. Wirkung der Benzodiazepine am GABA A -Rezeptor A

+

2 +

α

A

α γ

1

β

β

2 A

A

A

2

β

3

Verstärkung der GABA-Wirkung am GABA A -Rezeptor durch ein Benzodiazepin. In der Anwesenheit eines Benzodiazepins (z. B. Diazepam) wird die Dosis-Wirkungs-Kurve der Signalgebung durch GABA nach links verschoben. Die Wirkung der Benzodiazepine ist aktivitätsabhängig und selbstlimitierend: In Abwesenheit von GABA sind die Benzodiazepine unwirksam (linkes unteres Ende der Kurven); bei mittleren GABA-Konzentrationen wird die GABA-Antwort durch ein Benzodiazepin verstärkt. Wenn die synaptische GABA-Antwort jedoch maximal ist, wird sie durch Benzodiazepine nicht weiter über das physiologische Maximum hinaus verstärkt (oben rechts). Schematische Darstellung von Messungen an Neuronen in Zellkultur. ABB. 10.4

10.4.2. Aktivitätsabhängige Wirkung der Benzodiazepine A

1. Die Benzodiazepin-induzierte Modulierung des Rezeptors kommt nur in den jeweils aktiven GABAergen Synapsen zum Tragen, in denen die Rezeptoren durch GABA stimuliert werden. Innerhalb der GABA-aktivierten Synapsen ist die Intensität der Benzodiazepinwirkung jedoch nicht einheitlich. In Synapsen, die eine niedrige Konzentration von GABA enthalten, ist die Verstärkung des GABA A -Rezeptors durch Benzodiazepine sehr viel stärker ausgeprägt als in Synapsen, in denen die GABA A Rezeptoren durch eine hohe Konzentration von GABA nahezu maximal aktiviert sind ( ). Damit wird die Benzodiazepinwirkung durch den Funktionszustand des jeweiligen neuronalen Schaltkreises bestimmt. 2. Während Benzodiazepine eine schwache GABA-Antwort verstärken, wird eine starke GABA-Antwort nicht über das physiologische Maximum hinaus verstärkt (Selbstlimitierung) ( ). Diese Qualität der Wirkung erklärt vermutlich, warum die Wirkung der Benzodiazepine selbst bei hohen Dosen nicht lebensbedrohlich ist (es sei denn in Kombination mit anderen Sedativa). Diese Eigenschaft unterscheidet die Benzodiazepine von Medikamenten wie Barbituraten, die – zusätzlich zur allosterischen Wirkung am Rezeptor – in höheren Dosen in der Lage sind, den GABA A -Rezeptor direkt zu aktivieren und somit eine zusätzliche GABA-unabhängige sedierende Wirkung auszulösen. 3. Eine Spezifizierung der Benzodiazepinwirkung ergibt sich auch aus dem dosisabhängigen Ausmaß der Besetzung von GABA A -Rezeptoren mit Benzodiazepinen. Anxiolytische Wirkungen werden schon mit niedrigen Dosen von Benzodiazepinen ausgelöst, während höhere Dosen für die muskelrelaxierende und hypnotische Wirkung erforderlich sind und sehr hohe Dosen zur Unterdrückung eines Status epilepticus notwendig werden.

10.4.3. Pharmakokinetik

10.4.4. Hypnotische Wirkung

10.5. Eine neue Benzodiazepin-Pharmakologie A

α α

A

1

A

α A

2

α

5

ABB. 10.5

Chemische Strukturen der „Z-Hypnotika“.

10.6. Melatoninrezeptor-Agonisten

Ramelteon, ® ®

10.7. Orexin-Antagonist Suvorexant

10.8. Weitere Sedativa und Hypnotika

®

10.8.1. Barbiturate

A A

A

450

10.8.2. Chloralhydrat

®

10.8.3. Clomethiazol ® 1

10.8.4. Antihistaminika mit hypnotischer Wirkung ®

1

®

®

1

10.8.5. Pflanzliche Schlafmittel

A

Weiterführende Literatur

Weiterführende Literatur Borbély A.A. Schlaf. Taschenbuch . Frankfurt: Fischer; 2004. Möhler H, Okada T. Demonstration of benzodiazepine receptors in the central nervous system. Science . 1977;198:849–851. Möhler H. The rise of a new GABA pharmacology. Neuropsychopharmacol . 2011;60:1042–1049. Nissen C, Frase L, Hajak G, et al. Hypnotika – Stand der Forschung. Nervenarzt . 2014;85:67–76. Pace-Schott E.F, Hobson J.A. The neurobiology of sleep: genetics, cellular physiology and subcortical networks. Nature Rev. Neurosci . 2002;3:591–605. Riemann D, Nissen C, Palagini L, et al. The neurobiology, investigation and treatment of chronic insomnia. Lancet Neurol . 2015;14:547–558. Wilson S.J, Nutt D.J, Alford C, et al. British Association for Psychopharmacology consensus statement on evidence-based treatment of insomnia, parasomnia and circadian rhythm disorders. J. Psychopharmacol . 2010;24:1577–1601.

K A P I T E L 11

Antikonvulsiva, Konvulsiva – Pharmakotherapie der Epilepsien T.J. Feuerstein

Cassius: But soft I pray you: what, did Caesar swound? Caska: He fell downe in the Market-place, and foam’d at mouth, and was speechlesse. Brutus: Tis very like; he hath the Falling sicknesse. William Shakespeare: Julius Caesar

11.1. Einführung

11.1.1. Epilepsien epileptischer

Anfall

Epilepsien

++

11.1.2. Klassifikation Tab. 11.1 Klassifikation epileptischer Anfälle (ohne Unterformen) Anfallstyp

Formen

Klinische Beispiele

Fokal

Primär generalisiert

generalisierten Epilepsie,

f o k a l e Epilepsie,

11.1.3. Epileptische Erregungsbildung und -ausbreitung

Primär generalisierte Anfälle beider

fokalen

Anfalls

lokale,

Heutige Vorstellung der Entstehung von Absencen durch primäre Fehlfunktion von thalamokortikalen Neuronen Die Abbildung zeigt das Membranpotential eines thalamischen Neurons aus dem Gehirnschnitt eines Meerschweinchens, mit einer intrazellulären Elektrode gemessen. In vivo projiziert ein solches Neuron zum Cortex. Diese thalamokortikalen Neuronen feuern nach zwei unterschiedlichen Mustern, je nach ihrem Ruhepotential. A) Bei einem normalen Ruhepotential um –50 mV löst ein Depolarisationsreiz (untere Spur) ein relativ langsames, gleichförmiges Feuern aus. B) Bei Hyperpolarisation tiefer als –80 mV dagegen löst der Depolarisationsreiz (untere Spur) ein hochfrequentes Feuern aus. Die Hyperpolarisation kann in vivo beispielsweise durch GABA über GABA B -Rezeptoren ( ) hervorgerufen werden. ABB. 11.1

Der Unterschied zwischen A und B beruht auf den Eigenschaften der spannungsabhängigen Ca ++ -Kanäle vom T-Typ (andere Nomenklatur Ca v 3), die auf den thalamokortikalen Neuronen vorkommen. Bei normalem Ruhepotential sind sie inaktiv und nicht aktivierbar. Durch die Hyperpolarisation werden sie in ihren aktivierbaren Zustand überführt. Trifft ein Depolarisationsreiz ein solches hyperpolarisiertes Neuron, so entsteht eine Salve von hochfrequenten, teilweise Ca ++ -getragenen Aktionspotentialen. Beide Entladungsformen kommen im Thalamus auch normalerweise vor, Typ B allerdings selten. Das eigentlich Pathologische bei einer Absence ist die beidseitige Synchronisation von Entladungen des Typs B bei einer Vielzahl von thalamokortikalen Neuronen und im Anschluss daran bei Neuronen der Hirnrinde beider Hemisphären. Weshalb es zu einer solchen pathologischen Synchronisation kommt, ist unklar. Die thalamokortikalen Neurone werden nach einer Salve von Entladungen durch spannungsabhängige K + -Kanäle wieder repolarisiert. Erneute Hyperpolarisationen und erneute Entladungen des Typs B können folgen. Die epileptischen Entladungen der kortikalen Neurone zeigen sich im Elektroencephalogramm als über beiden Hemisphären gleichzeitige, anfallstypische „Spitzen“, die Repolarisationen als ebenfalls über beiden Hemisphären gleichzeitige „Wellen“. Spitze-Welle-Komplexe wechseln bei Absencen in einem typischen „3-pro-Sekunde“-Rhythmus ab. Die Absence endet typischerweise nach 5–20 s. Zu diesem pathophysiologischen Mechanismus passt, dass Anti-Absence-Medikamente wie Ethosuximid selektiv T-Typ-Ca ++ -Kanäle blockieren und dass in Tiermodellen GABA B -Rezeptor-Agonisten die „Absencen“ verschlimmern, während GABA B -Antagonisten sie bessern (nach Rogawsky und Porter, 1990).

11.1.4. Geschichte der antikonvulsiven Pharmakotherapie

11.2. Wirkmechanismen von Antikonvulsiva

Wirkung von Antikonvulsiva (grün) und Konvulsiva (rot) Pfeile bedeuten Stoffbewegungen oder Stoffumwandlungen. Links: eine GABAerge Axonendigung, in der aus Glutamat (Glu) unter Katalyse der Glutamat-Decarboxylase GABA entsteht und zugleich GABA unter Katalyse der GABA-Transaminase zu Succinatsemialdehyd (SSA) abgebaut wird. GABA wirkt postsynaptisch auf einen GABA A -Rezeptor (vgl. ). ABB. 11.2

Mitte: eine glycinerge Axonendigung. Glycin wirkt postsynaptisch einerseits auf den Strychnin-empfindlichen Glycin-Rezeptor, der vor allem im Rückenmark vorkommt; dadurch wird die postsynaptische Zelle gehemmt. Andererseits wirkt Glycin im Rückenmark wie im Gehirn auf eine Bindungsstelle am NMDA-Rezeptor und fördert dessen Kanalöffnung; dadurch wird die postsynaptische Zelle erregt; die Glycin-Bindungsstelle am NMDA-Rezeptor wird durch Strychnin nicht blockiert. Rechts: eine glutamaterge Axonendigung. Glutamat wirkt postsynaptisch auf einen NMDA- und einen AMPA-Rezeptor (vgl. ). Die Wirkmechanismen der Antikonvulsiva und der Konvulsiva werden im Text besprochen.

11.2.1. Hauptwirkung: spannungsabhängige Ionenkanäle spannungsabhängige Na + Lamotrigin Zonisamid.

Valproat, Topiramat

-Kanäle Lacosamid; fördern die Inaktivierung

P h e n y t o i n , Carbamazepin, Oxcarbazepin + +

+

spannungsabhängige Ca + + -Kanäle vom T-Typ Ethosuximid

Zonisamid.

vermindern

T-Typ-Ca

+ +

-Ströme in

thalamokortikalen Neuronen

Gabapentin

+

Pregabalin

+

2

hyperpolarisationsaktivierten

(HCN-)Kationenkanäle ,

h

öffnen vermindern so Membranwiderstand

11.2.2. Hauptwirkung: Glutamat- und GABA A -Rezeptoren Antagonisten an Rezeptoren von exzitatorischen Aminosäuren Felbamat, Topiramat, GABA A -Rezeptor , erhöhen allosterisch die Frequenz der GABA-bedingten Öffnung des Cl – -Kanals.

Barbiturate

Phenobarbital Öffnungen

des



A

erhöhen GABA-bedingten

Benzodiazepin-Agonisten

Cl –

die Dauer,

der

-Kanals.

Topiramat

11.2.3. Hauptwirkung: Glutamat- und GABA-Stoffwechsel

Tab. 11.2 Klinische Anwendung der wichtigsten Antikonvulsiva

GABA A -Rezeptor fördernd zu modulieren –

Dosierung/Tag; Plasmahalbwertszeit (t 1/2 ); Verhalten im Plasma, Indikationsspektrum nach Präferenz geordnet ( fettgedruckt sind Indikationen, bei denen die gewünschte Plasmakonzentration (soweit wichtig), Substanz ein Mittel erster Wahl ist) Metabolismus, Wechselwirkungen

Substanz (Handelsnamen) chemische Struktur

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen– ZNS– Blut und Immunsystem– Haut– Sonstigesinnerhalb der vier Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fettgedruckt Schwindel, Ataxie,

®

1/2

®

fokale Anfälle, 1/2

® ®

Hyponatriämie, Leukopenie,

fokale Anfälle, ®

1/2

®

® ®

1/2

primär generalisierte Anfälle, unklassifizierte Anfälle,

Tremor,

®

Teratogenität fokale Anfälle, ®

1/2

primär generalisierte Anfälle;

®

1/2

Schwindel, ®

®

1/2

1/2

Sprachstörung, Ataxie, Parästhesien,

Kopfschmerz, Schwindel, tonisch-klonische Anfälle,

Dosierung/Tag; Plasmahalbwertszeit (t 1/2 ); Verhalten im Plasma, Indikationsspektrum nach Präferenz geordnet ( fettgedruckt sind Indikationen, bei denen die gewünschte Plasmakonzentration (soweit wichtig), Substanz ein Mittel erster Wahl ist) Metabolismus, Wechselwirkungen

Substanz (Handelsnamen) chemische Struktur

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen– ZNS– Blut und Immunsystem– Haut– Sonstigesinnerhalb der vier Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fettgedruckt

Status epilepticus

Sedation, Ataxie

1/2

® ®

Schläfrigkeit, Ataxie, 1/2

®

Konzentrationsmangel,

®

Cave:

®

®

1/2

1/2

fokale Anfälle; ®

Reizbarkeit

1/2

11.2.4. Hauptwirkung: Vesikelproteine Levetiracetam.

Ethanol A

11.3. Wirkmechanismen von Konvulsiva A

kompetitiver Antagonist von GABA am GABA A

A -Rezeptor

Bicucullin –

inverse Benzodiazepin-Agonisten ,

Picrotoxin Pentetrazol vermindern die GABAerge Hemmung. Strychnin kompetitiver Antagonist am Glycinrezeptor

A

Strychnos nux-vomica Tetanustoxin

Clostridium tetani .

spaltet verhindert so die exozytotische Freisetzung von Glycin und GABA

vesikuläres Protein, das an der Exozytose beteiligt ist,

Synaptobrevin ,

Spinale Koordination der Muskelaktivität und Wirkung von Strychnin und Tetanustoxin Erregung von Muskelspindelafferenzen aus einem Streckmuskel aktiviert Motoneurone zu diesem Muskel (monosynaptischer Eigenreflex). Erregung von Hautafferenzen aktiviert über erregende Interneurone (braun) Motoneurone zu einem antagonistischen Beugemuskel (polysynaptischer Fremdreflex). In dieses System sind die hemmenden glycinergen Renshaw-Interneurone (gelb) eingeschaltet. Sie werden sowohl von den erregenden Interneurone als auch von Axonkollateralen der Motoneurone zum Beugemuskel innerviert. Beide Impulse führen dazu, dass die Motoneurone zum Streckmuskel gehemmt werden. Mit anderen Worten: Wird der Beugemuskel erregt, so wird sein antagonistischer Streckmuskel gehemmt. Strychnin und Tetanustoxin unterbrechen die Transmission vom Renshaw-Interneuron auf das Streckmuskel-Motoneuron, Strychnin durch Blockade des postsynaptischen Glycinrezeptors, Tetanustoxin durch Hemmung der Freisetzung von Glycin. Beuge- und Streckmuskel kontrahieren sich dann in tonischem Krampf gleichzeitig. ABB. 11.3

11.4. Prinzipien einer antikonvulsiven Therapie

11.4.1. Monotherapie Entstehung generalisierte Anfälle

Carbamazepin, Valproat

11.4.2. Kombinationstherapie

+

Oxcarbazepin, Lamotrigin Lamotrigin

Levetiracetam,

Anfälle mit fokaler primär

11.4.3. Unerwünschte Wirkungen von Antikonvulsiva Initiale

und

dosisabhängige

unerwünschte

Wirkungen

Nichtdosisabhängige, „idiosynkratische“ unerwünschte Wirkungen

Späte, chronische unerwünschte Wirkungen,

11.4.4. Kontrolle der Serumspiegel

Dosisanpassung Kombinationstherapie.

• Phenytoin in Kombination mit anderen metabolisierten Medikamenten wegen seines engen therapeutischen Fensters und seiner nichtlinearen Dosis-Konzentrations-Beziehung • Zweifel an der Compliance des Patienten ( ) • Krankheitszustände mit vermindertem Plasmaeiweiß, welche die Bestimmung von freien Serumspiegeln stark proteingebundener Substanzen notwendig machen.

11.4.5. Das EEG in der Diagnostik und Pharmakotherapie epileptischer Anfälle

11.4.6. Epilepsiechirurgie

1. mindestens zwei in ihrem Wirkmechanismus verschiedene Antikonvulsiva in Monotherapie ausreichend lange und bis an die Grenze der Nebenwirkungen vergeblich versucht wurden oder 2. zwei Kombinationstherapien (mit jeweils zwei medikamentösen Partnern) keine dauerhafte Anfallsfreiheit oder akzeptable Anfallsverminderung brachten.

11.5. Der Status epilepticus und seine Behandlung

Ursachen

Therapie:

Bei der Therapie eines Status ist rascher Erfolg wichtig; ein Status ist umso schwerer zu beheben, je länger er andauert.

11.6. Hängt die Prognose der Epilepsie von der medikamentösen Behandlung ab?

bei

Weiterführende Literatur Hufnagel A, Noachtar S. Epilepsien und ihre medikamentöse Behandlung. In: Brandt T, Dichgans J, Diener J, eds. Therapie neurologischer Erkrankungen . München: Kohlhammer; 1998:179–203. Lothman E. The biochemical basis and pathophysiology of status epilepticus. Neurology . 1990;40(Suppl. 2):13–23. Rassner M.P, Moser A, Follo M, Joseph K, van Velthoven-Wurster V, Feuerstein T.J. Neocortical GABA release at high intracellular sodium and low extracellular calcium: an anti-seizure mechanism. J Neurochem . 2016;137:177–189. Stefan H, Feuerstein T.J. Novel anticonvulsant drugs. Pharmacol. Ther . 2007;113:165–183.

KAPITEL 12

Zentrale Muskelrelaxantien T.J. Feuerstein

krankhafter

werden

der

Skelettmuskulatur

Muskelspannung Eigenreflexaktivität polysynaptische Neuronensysteme reguliert.

durch

Spastik Erhöhung des Muskeltonus, gesteigerter Eigenreflexaktivität, Automatismen, Einschränkung

Tonuserhöhung

der

feinmotorischen

Parese

spinalen

Leistungen.

reduzierte Eigenbeweglichkeit.

lokale

Muskelverspannung Teufelskreis der Schmerzperpetuierung

Regelung des Muskeltonus. Die wichtigste Kontrollinstanz ist die motorische Einheit, bestehend aus einem α-Motoneuron und den von ihm innervierten Muskelfasern. Sie ist in den Regelkreis des monosynaptischen Eigenreflexes eingebettet (rot): Dehnung des Muskels führt zu vermehrten Impulsen aus der Muskelspindel, diese fließen nach einmaliger Umschaltung im Rückenmark zur motorischen Einheit, und es kommt zu einer Muskelzuckung. Komplexer sind die Einflüsse polysynaptischer (segmental-spinaler und absteigender) Neuronensysteme. Als Beispiel für einen segmentalen polysynaptischen Reflex ist eine Bahn von Nozizeptoren im Hüftgelenk zu einem Neuron des Tractus spinothalamicus und von dort über eine Axonkollaterale zum α-Motoneuron eingezeichnet (schwarz). Schmerz im Hüftgelenk führt so zu verstärkter Muskelkontraktion. Unter Umständen bildet sich ein Teufelskreis, denn Dauerkontraktion kann ihrerseits Nozizeptoren im Muskel (gezeigt) oder anderswo im betroffenen Bewegungsapparat (nicht gezeigt) erregen, die den Schmerzreflex aufrechterhalten. Impulse von Axonkollateralen der spinothalamischen Neurone können auch γ-Motoneurone (grün) aktivieren und so die Muskelspindeln empfindlicher stellen. Absteigende Bahnen (gestrichelt) können α- und γ-Motoneurone direkt oder über Interneurone ansteuern. Ihre Hauptaufgabe ist die Vermittlung der Willkürmotorik. Eingezeichnet ist ein GABAerges Interneuron (blau), das Motoneurone über postsynaptische GABA B - Rezeptoren hemmt. ABB. 12.1

12.1. Wirkmechanismen

Baclofen,

B

Tizanidin α

2

Tetrazepam A

Tolperison +

12.2. Therapeutische Anwendung

Tab. 12.1 Klinische Anwendung der zentralen Muskelrelaxantien

Substanz (Handelsnamen) chemische Strukturen (exemplarisch)

• Dosierung/Tag • Plasmahalbwertszeit (t1/2) • Verhalten im Plasma, Metabolismus, Wechselwirkungen • klinische Verwendung

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen • ZNS • Sonstiges Innerhalb dieser Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fett gedruckt Ataxie,

®

1/2

Verwirrtheit;

epileptische Anfälle

1/2

®

Ataxie, Verwirrtheit,

®

Sedation, Ataxie, Abhängigkeitsgefahr 1/2

®

1/2

Weiterführende Literatur Gallichio J.E. Pharmacologic management of spasticity following stroke. Physical Therapy . 2004;84:973–981. Simon O, Yelnik P. Managing spasticity with drugs. Eur. J. Phys. Rehabil. Med . 2010;46:401–410.

KAPITEL 13

Antiparkinsonmittel – Pharmakotherapie des Morbus Parkinson T.J. Feuerstein

Mit der Schwierigkeit in der Hand beim Schreiben haben Sie vollkommen Recht, sie begleitet gewöhnlich den Eintritt höherer Jahre. Es tritt dann entweder Zittern ein, oder ein Zustand, den ich mehr Unbehülflichkeit, als Schwäche nennen möchte. Das Schreiben erfordert, wenn die Hand fest und deutlich seyn soll, eine Menge zum Theil sehr kleiner und kaum merklicher Bewegungen der Finger, die schnell nach einander, und doch bestimmt von einander geschieden gemacht werden müssen. Dazu mangelt im Alter die Gelenkigkeit. Wie beim Schreiben ist es bei allen ähnlichen Verrichtungen, dem Zuknöpfen beim Anziehen u.s.f., wogegen im Fassen, Tragen, Halten u.s.f. die Hand die gleiche Kraft behält. Wilhelm von Humboldt am 19. Oktober 1829 an Charlotte Hildebrand

Parkinson-Syndrom

idiopathische Morbus Parkinson

medikamentös bedingten Parkinsonismus, Multisystemerkrankungen hepatolentikuläre Degeneration KohlenmonoxidMethanolvergiftung .

Manganismus

13.1. Pathophysiologie des Morbus Parkinson Degeneration der von der Substantia nigra compacta zum Corpus striatum ziehenden Dopaminneurone

Lewy-Körperchen ,

Hypothese der Autotoxizität

von D o p a m i n . 2 2



2 • •

2



2

+

+ +

+

Ungleichgewicht zwischen dopaminerger und cholinerger Neurotransmission

N

2

2

Extrapyramidal-motorische Basalganglienschleife beim Gesunden (A) und bei Morbus Parkinson (B). Pfeilspitzen: Aktivierung; Balken: Hemmung; gestrichelte Linien: Aktivitätsverminderung; gedoppelte Linien: Aktivitätssteigerung; Glutamat: rot; GABA: blau; Dopamin: grün; Acetylcholin: gelb; 1, 2, 3: Wirkungen von Dopamin und Fehlfunktionen bei Dopaminmangel (s. u.). Pyramidenbahn und extrapyramidal-motorische Schleife Direkte kortikobulbäre und kortikospinale Bahnen bilden das pyramidale System. Seine Funktion wird durch die extrapyramidalmotorische Basalganglienschleife moduliert, die vom Cortex über die Basalganglien und den Thalamus zurück zum Cortex verläuft. Diese Modulation hilft uns, einen motorischen Handlungsentwurf in einen koordinierten Bewegungsablauf umzusetzen: Gewollte Bewegungen werden gefördert, ungewollte gehemmt. Extrapyramidal-motorische Neuroanatomie Vom Cortex ziehen Glutamatneurone zum Corpus striatum (Nucleus caudatus–Putamen) und zum Nucleus subthalamicus. Im Corpus striatum aktivieren sie GABAerge und cholinerge Neurone. Die weiteren Wege zum Thalamus sind kompliziert. Sie umfassen eine direkte und eine indirekte Unterschleife. Die direkte Unterschleife führt über den Globus pallidus medialis oder die Substantia nigra reticularis direkt zum Thalamus. Bei der indirekten Unterschleife sind der Globus pallidus lateralis und der Nucleus subthalamicus zwischengeschaltet. GABA ist der wichtigste Transmitter in den Basalganglien, zum Teil mit Substanz P und Met-Enkephalin als Cotransmittern. Die striatalen cholinergen Interneurone und die nigrostriatalen Dopaminneurone (ausgehend von der Substantia nigra compacta) modulieren die Neuronenketten. Vom Thalamus aus vollenden glutamaterge Neurone zum Cortex, vor allem zum motorischen und präfrontalen Cortex, die Schleife. Die kortikalen Zwischenglieder hin zu den efferenten kortikalen Glutamatneuronen sind nicht genau bekannt. Extrapyramidal-motorische Transmitterfunktionen Wie die Neurone und Transmitter bei der Entstehung von Bewegungen zusammenwirken, das ist zu einem großen Teil noch hypothetisch. Dasselbe gilt für die Auswirkungen der Degeneration der Dopaminneurone beim Morbus Parkinson. Normalerweise (A) scheint Dopamin (1) die striatalen cholinergen Interneurone zu hemmen (D 2 -Rezeptoren); (2) die striatalen GABA-Neurone der direkten Unterschleife zu aktivieren (D 1 -Rezeptoren); (3) die striatalen GABA-Neurone der indirekten Unterschleife zu hemmen ABB. 13.1

(D 2 -Rezeptoren). Der Dopaminmangel beim Morbus Parkinson (B) würde demnach (1) die cholinergen Interneurone enthemmen; (2) die Aktivität der GABAergen Neurone der direkten Unterschleife vermindern, was, wie sich im Bild verfolgen lässt, zu einem Mehr an GABAerger Hemmung im Thalamus führt; (3) die GABA-Neurone der indirekten Unterschleife enthemmen, was, wie im Bild zu verfolgen, ebenfalls zu einem Mehr an GABAerger Hemmung im Thalamus führt. Das Mehr an GABAerger Hemmung im Thalamus vermindert die Aktivität der thalamokortikalen Glutamatneurone: Die Filterfunktion des Thalamus für sensomotorische Meldungen zum Cortex wird verstärkt. Es resultiert das Parkinson-Syndrom. Vereinfachte Darstellung; s. a. Albin, R. L.: Parkinsonism & Related Disorders 1, 3–11 (1995).

13.2. Therapie bei Morbus Parkinson: Substanzen

Tab. 13.1 Klinische Anwendung der Antiparkinsonmittel

Substanz (Handelsnamen)chemische Strukturen (exemplarisch)

• Dosierung/Tag • Plasmahalbwertszeit (t 1/2 ) • Verhalten im Plasma, Metabolismus, Wechselwirkungen

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen • ZNS • Sonstiges Innerhalb dieser Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fett gedruckt

• Dosierung/Tag • Plasmahalbwertszeit (t 1/2 ) • Verhalten im Plasma, Metabolismus, Wechselwirkungen

Substanz (Handelsnamen)chemische Strukturen (exemplarisch)

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen • ZNS • Sonstiges Innerhalb dieser Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fett gedruckt Wirkungsverlust

1/2

Wirkungsfluktuationen Dyskinesien, Verwirrtheit und/oder Halluzinationen Übelkeit, Erbrechen,

®

®

®

1/2

Verwirrtheit, Halluzinationen und imperatives Schlafbedürfnis, Hypersexualität Übelkeit, Erbrechen,

®

®

1/2

Verwirrtheit, Halluzinationen und imperatives Schlafbedürfnis

®

1/2

Angst, Schlaflosigkeit

Substanz (Handelsnamen)chemische Strukturen (exemplarisch)

• Dosierung/Tag • Plasmahalbwertszeit (t 1/2 ) • Verhalten im Plasma, Metabolismus, Wechselwirkungen

Nebenwirkungen und Risiken in den Bereichen • ZNS • Sonstiges Innerhalb dieser Gruppen nach Häufigkeit geordnet, wichtigste Nebenwirkungen fett gedruckt

®

1/2

®

1/2

1/2

®

13.2.1. Levodopa

wirksamste und wichtigste Parkinsonmedikament.

Kombination mit Benserazid oder Carbidopa

1. kann die orale Dosis von Levodopa vermindert werden. 2. nehmen Nebenwirkungen ab, die auf die periphere Bildung von Dopamin (sowie Noradrenalin und Adrenalin) zurückgehen; dazu gehören Übelkeit und Erbrechen, kardiale Arrhythmien und orthostatische Regulationsstörungen.

Wirkungseinschränkungen, Wirkungsfluktuationen

Dyskinesien.

Wirkungseinschränkung

Wirkungsfluktuation On-off-Phänomen .

2

Dyskinesien

13.2.2. Dopaminrezeptor-Agonisten, MAO-B-Hemmer und Catechol- O -MethyltransferaseHemmer Dopaminrezeptor-Agonisten Pramipexol, Rotigotin, Ropinirol Piripedil

Selegilin

Entacapon

Rasagilin

Tolcapon

O

O

O Beide

13.2.3. Muscarinrezeptor-Antagonisten Biperiden

Trihexyphenidyl

Metixen

13.2.4. NMDA-Antagonisten Amantadin

13.3. Therapie bei Morbus Parkinson: praktisches Vorgehen

13.4. Ausblick 2 A

2

A

Istradefyllin 2 A

Weiterführende Literatur Feuerstein T.J, Kammerer M, Lücking C.H, et al. Selective GABA release as a mechanistic basis of high-frequency stimulation used for the treatment of neuropsychiatric diseases. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. Pharmacol . 2011;384:1–20. Horowski R, Horowski L, et al. An essay on William von Humboldt and the shaking palsy. Neurology . 1995;45:565–568. Moore D.J, West A.B, Dawson V.L, Dawson T.M. Molecular pathophysiology of Parkinson's disease. Annu. Rev. Neurosci . 2005;28:57–87. Samii A, Nutt J.G, Ransom B.R. Parkinson's disease. Lancet . 2004;363:1783–1793. Schapira A.H.V, Bezard E, Brotchie J, et al. Novel pharmacological targets for the treatment of Parkinson's disease. Nature Rev. Drug Disc . 2006;5:845–854.

KAPITEL 14

Psychopharmaka – Pharmakotherapie psychischer Erkrankungen F.M. Leweke, und D. Koethe

Da ersann die zeusentsprossene Helena andres. Und sie warf in den Wein, von welchem sie tranken, ein Mittel gegen Kummer und Groll und aller Übel Gedächtnis. Homer: Odyssee

14.1. Einführung 14.1.1. Definition und Einteilung Psychopharmaka

im

engeren

Sinne Beseitigung oder Abschwächung pathologischer psychischer

Syndrome und Krankheiten Einteilung

psychischen Symptomen, die durch die Stoffe beeinflusst

w e r d e n , Antidepressiva affektiver

Stimmungsstabilisatoren affektiven Störungen.

Störungen.

bipolaren

Antipsychotika

Positivsymptome eingesetzt.

Negativsymptome

schizophrenen

Tranquillantien Angststörungen

Psychosen

Anxiolytika

Stimulantien

( A D H S )

Rauschmittel

Δ

9

14.1.2. Neurobiologische Grundlagen der Psychopharmakologie

Signalübermittlung zwischen und der Signaltransduktion innerhalb von Nervenzellen.

Wirkungsmechanismus der Psychopharmaka nur in Teilaspekten geklärt;

14.2. Antidepressiva Hat mich danach zum erstenmal die grausame Melancholey gepacket, von welcher ich späterhin noch zu reden haben werde. Wenn ich an diese Krankheit gedenke, so gehet mir ein Grauen über den ganzen Leib, denn dabei kann in der ganzen Welt kein Mensch einem helfen und einen trösten. Mir war alles schwarz verhänget wie eine Totenkammer, in welcher ich umging und keinen Ausweg finden konnte. Aus dem Lebensbuch des Schulmeisterleins Michel Haas.

Tab. 14.1 Mittel zur Behandlung affektiver Störungen: Antidepressiva

Gruppe

Grundgerüst

R1

R2

Orale Tagesdosis (mg)/AnfangsStandarddosis

Substanz

2

®

3

3 2 2

®

3

3 2 2

®

2 3 2 2

®

2 3 2

®

2 3 2

®

®

®

®

®

®

®

® 2

®

HWZ (h)

Aktiver Metabolit

Gruppe

Grundgerüst

R1

R2

Orale Tagesdosis (mg)/AnfangsStandarddosis

Substanz

HWZ (h)

Aktiver Metabolit

®

®

Die antidepressive Wirkung dieses Metaboliten ist klinisch unbedeutend. Die antidepressive Wirkung ist schwach und unsicher.

• Nichtselektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI) • Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI) • Selektive Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SNRI) • Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSNRI) • Noradrenerges/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α 2 -Adrenorezeptor-antagonistischer Wirkung (NaSSA) • Selektive Noradrenalin- und Dopamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SNDRI) • Monoaminoxidase-Inhibitoren (MAO-Inhibitoren) • Pharmaka mit anderen Wirkprinzipien • Phytopharmaka

14.2.1. Pharmakologische Hypothesen affektiver Störungen

Monoaminmangel-Hypothese

Neurotrophin-Hypothese der Depression,

Corticosteroidrezeptor-Hypothese

1

Glutamat-Hypothese

der

B

Depression.

14.2.2. Stoffe und Wirkmechanismen Nichtselektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI) nichtselektiven Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI), trizyklische Antidepressiva (TCA)

DibenzoazepinDibenzocycloheptadien

Imipramin Amitriptylin Dibenzoxepin

Desipramin

Nortriptylin Imipramin

Clomipramin

Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI)

selektiven Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI) Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin

Sertralin .

Escitalopram

Selektive Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SNRI) Reboxetins

überwiegender 1

Atomoxetin

2

α

1

α

2

Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSNRI) selektive

Serotonin-

und

Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren

(SSNRI)

Venlafaxin

Milnacipran.

Noradrenerges/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α 2 -Adrenozeptor-antagonistischer Wirkung (NaSSA) Mirtazapin α α

2

2 2

3 1 A 1

Selektive Noradrenalin- und Dopamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SNDRI) Bupropion

Monoaminoxidase-Inhibitoren (MAO-Inhibitoren) Wirkungsmechanismus der MAOInhibitoren gut zur Monoaminmangel-Hypothese der Depression.

Moclobemid

Trancylpromin

Selegilin, Wegen des gefährlichen Serotoninsyndroms ist die Kombination von MAOHemmern mit serotonergen Substanzen wie SSRI, SNRI oder auch NSMRI kontraindiziert, und bei Medikationsumstellung müssen die angegebenen Wash-out-Sicherheitszeiten beachtet werden.

Pharmaka mit anderen Wirkprinzipien Agomelatin

2

1

2

1 D

7

C

Tianeptin

Tr a z o d o n 2 1 A

Vortioxetin 3 1 B

1 A

Phytopharmaka (Hypericum perforatum),

(Valeriana officinalis),

(Humulus lupulus),

450

14.2.3. Pharmakodynamik: therapeutische Wirkungen Hauptwirkungskomponenten:

• Depressionslösung (Stimmungsaufhellung; obligat). • Psychomotorische Dämpfung (Sedierung) oder psychomotorische Aktivierung; die psychomotorische Aktivierung kann dabei in eine therapeutisch erwünschte Antriebssteigerung oder in eine unerwünschte Steigerung der inneren Unruhe münden. • Angstlösung (Anxiolyse; fakultativ).

Für SSRI besteht keine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung.

14.2.4. Pharmakokinetik Antidepressiva

450

NSMRI

SSRI

MAO-Inhibitors

14.2.5. Indikationen Depressive Syndrome

Hauptindikationsgebiet

Sedierende Antidepressiva ängstlichen depressiven Syndrom, nichtsedierende Antidepressiva Syndrom.

bei einem agitiertbei einem gehemmt-apathischen depressiven

chronischen Bulimie

Zwangs-

Schmerzen

Angstsyndrome

14.2.6. Absetz-/Entzugssyndrom

Nach dem Absetzen von Paroxetin auftretende Absetzsymptome. Nach 12 Wochen Behandlung mit Paroxetin erhielten die Patienten entweder weiter Paroxetin oder Placebo. Eine oder zwei Wochen später wurden mögliche Absetzsymptome ermittelt. Blaue Teile der Säulen: Symptome bei Weitergabe von Paroxetin. Gesamthöhe der Säulen: Symptome nach Umstellung auf Placebo. (Nach Montgomery, S.A. et al., Int ABB. 14.1

Clin Psychopharm 19 :271–280 [2004])

14.2.7. Nebenwirkungen

peripheren vegetativen Nebenwirkungen

Blockade von Muscarinrezeptoren

α direkte

Zentrale

Nebenwirkungen

kardiale

1

Wirkungen

Sedation und Schläfrigkeit.

1 2C

1

Gewichtszunahme

Delirien

orthostatische Störungen. epileptische Krämpfe

SSRI

anticholinerge oder kardiovaskuläre Effekte praktisch nicht auf.

praktisch nicht sedierend

Gewichtszunahme

Übelkeit

keine bis geringe c

gastrointestinale Störungen

Kopfschmerzen sexuellen Funktionsstörungen 3

erhöhter Blutungsneigung Hyponatriämie Mirtazapin Gewichtszunahme, Nebenwirkungen der MAO-Inhibitoren

Sedation und Schläfrigkeit orthostatische Störungen

1

Blutbildveränderungen.

14.2.8. Interaktionen α

2

450

Tab. 14.2 Antidepressiva: metabolisierende und gehemmte CYP-Enzyme Metabolisierende CYP-Enzyme

Gehemmte CYP-Enzyme Stark

2C19

1A2 2D6

2C19 2C19, 2D6, 1A2, 2D6

2C19

2C19, 3A4, 2D6

2C9, 2C19,

1A2, 2C19 2D6

2D6

NSMRI +

SSRI 4 5 0

MAO-Inhibitoren

Mittel

Schwach

Moclobemid soll nicht, Tranylcypromin darf nicht mit Antidepressiva der anderen Gruppen

α

kombiniert werden,

2

„Serotoninsyndrom“

14.2.9. Vergiftungen

trizyklischen

Antidepressiva weitere kardiale Wirkungen wie Verlangsamung der Überleitung bis zum AV-Block. Physostigmin β

SSRI

Venlafaxin

Serotoninsyndrom:

Mirtazapin

MAO-Inhibitor

14.3. Stimmungsstabilisatoren: Lithium

14.3.1. Stoffe +

+

+

Lithium

14.3.2. Wirkmechanismus +

Mechanismus

nicht

geklärt.

+ +

+

+ + +

+ +

2 2 + 2

14.3.3. Pharmakodynamik: therapeutische Wirkungen • normalisierend bei bestehender manischer Episode, • prophylaktisch gegen manische (gesichert) und depressive Rezidive bei mehrphasig unipolarer wie mehrphasig bipolarer affektiver Störung, • trotz kaum merklicher antidepressiver Eigenwirkung die Wirkung anderer Antidepressiva verstärkend, „augmentierend“, • suizidprophylaktisch (antisuizidal).

14.3.4. Pharmakokinetik +

+ +

+

bei starken Na + -Verlusten erhöhtes

Intoxikationsrisiko.

14.3.5. Indikationen • Akutbehandlung einer bestehenden Manie • Phasenprophylaxe bei mehrphasigen unipolaren wie bipolaren affektiven Störungen • Verstärkung („Augmentation“) von Antidepressiva (v.a. SSRI) bei Vorliegen einer therapieresistenten Depression • Langzeitprophylaxe suizidgefährdeter Patienten mit affektiven Störungen

14.3.6. Nebenwirkungen

+

Magen-Darm-Trakt Nervensystem, die Schilddrüse und die Nieren. feinschlägige

Tr e m o r

β euthyreote Struma. Polyurie

Polydipsie

+

2

s

Gewichtszunahme,

Absolute

Kontraindikationen

14.3.7. Interaktionen +

14.3.8. Vergiftungen L i + hat eine geringe therapeutische Breite.

Symptome

+

Therapie forcierte

Diurese

oder

Hämodialyse,

14.4. Die Behandlung affektiver Störungen

Gesamtbehandlungsplan antidepressive

Medikation Psychotherapie

weitere

somatische

Behandlungsmaßnahmen transkranielle Lichttherapie Elektrokrampftherapie

Magnetstimulation,

Schlafentzug

erst im Verlauf von 2 bis 4 Wochen erwünschte Therapieeffekte

Akutbehandlung

eine

Erhaltungstherapie

Rezidivprophylaxe

• Bei ängstlich agitierten Syndromen werden bevorzugt sedierende NSMRI (z. B. Amitriptylin) oder Mirtazapin eingesetzt. • Beim psychomotorisch gehemmten depressiven Syndrom kommen hingegen antriebssteigernde Antidepressiva wie SSRI oder auch MAO-Inhibitoren zum Einsatz; hier ist zu beachten, dass die Antriebssteigerung vor der Stimmungsbesserung auftritt, weshalb bei Suizidalität die adjuvante Gabe eines Benzodiazepins indiziert sein kann. • Bei Komorbidität mit Zwangsstörungen werden SSRI oder Clomipramin eingesetzt. • Bei atypischen Depressionen (reaktiven Depressionsformen mit erhöhter Angst, vermehrtem Appetit und Hypersomnie) sollen MAO-Inhibitoren besser wirksam sein als NSMRI. • Bei depressiven Episoden mit psychotischen Merkmalen ist adjuvant zum Antidepressivum ein Antipsychotikum (z. B. Quetiapin oder Olanzapin) indiziert. Dosierung

Rezidivprophylaxe

Lithium.

geringe therapeutische Breite von Lithium sorgfältige

Anamnese Kontrolle der Serumspiegel

14.5. Antipsychotika 14.5.1. Stoffe

konventionellen

konventionelle und atypische Antipsychotika. nieder, mittel hoch potente Phenothiazine.

Antipsychotika

Antipsychotikums,

Fluphenazin Perazin

®

Thioxanthene

®

Flupentixol

®

Zuclopenthixol Butyrophenonen Haloperidol

®

Melperon

atypische Antipsychotika Clozapin, Olanzapin

Quetiapin Amisulprid Risperidon

Ziprasidon

®

Aripiprazol

Tab. 14.3 Antipsychotika Chemische Gruppe

Substanz

Formel

Klassifizierung

Orale Tagesdosis (mg)

HWZ (h)

log P

Butyrophenone ®

Trizyklische Stoffe ®

®

®

Benzamide ®

Weitere ®

®

®

®

Der log P-Wert (Logarithmus des Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten, vgl. ) ist ein Maß für die Lipophilie eines Pharmakons. Amisulprid (1,1) ist wesentlich weniger lipophil als die anderen Antipsychotika (Bereich 2,0–4,5). „Second Line“-Antipsychotika mit Anwendungseinschränkungen aufgrund des Profils unerwünschter Wirkungen. Die Angabe bezieht sich auf die gesamte antipsychotisch wirksame Fraktion, d. h. auf Risperidon und 9-Hydroxyrisperidon. Letzteres ist als eigenes Antipsychotikum im Handel (Paliperidon, Invega, Xeplion) und seit 2016 auch mit Paliperidonpalmitat als über 3 Monate wirksames Depotlangzeitpräparat Paliperidonpalmitat (Trevicta).

14.5.2. Wirkmechanismen

Tab. 14.4 Angriffspunkte von Antipsychotika und ihre möglichen klinischen Korrelate Angriffspunkt

Klinisches Korrelat 2

Wirksamkeit gegen produktive Symptome einer Schizophrenie extrapyramidal-motorische Symptome; Verstärkung der extrapyramidal-motorischen Symptome durch Metoclopramid Galaktorrhö und Gynäkomastie Hypothermie antiemetische Wirkung 2

Blockade von D 4 -Rezeptoren Blockade von 5-HT 2A -Rezeptoren

Blockade von 5-HT 2C -Rezeptoren

Appetit- und Gewichtszunahme

Blockade von H 1 -Rezeptoren

Sedierung;

Blockade von α 1 -Adrenozeptoren

vegetative Nebenwirkungen (z. B. Blutdruckabfall); Verstärkung der Wirkung von Antihypertonika im Allgemeinen;

Blockade von α 2 -Adrenozeptoren

Zunahme von Blutdruck und Augeninnendruck (Abschwächung der Wirkung von Clonidin)

Gewichtszunahme

pharmakogenes Delir vegetative Nebenwirkungen (z. B. Obstipation) Aktivierung von Muscarin-M 4 -Rezeptoren Gut gesicherte klinische Korrelate: Fettdruck; weniger gut gesicherte Korrelate: Normaldruck.

oder partialagonistische Wirkung an Dopaminrezeptoren Partialagonist.

Antipsychotika

D

2

-Typ als Antagonisten, Aripiprazol

antagonistische als

2 2

2

Positronenemissionstomogramm des Gehirns mit Markierung von Dopamin-D 2 - Rezeptoren durch den D 2 -Liganden 11 C-Racloprid vor (A) sowie 3 h (B), 6 h (C) und 27 h (D) nach Gabe von 4 mg Haloperidol. Die PET-Aufnahmen zeigen, dass Haloperidol den D 2 -Liganden von den D 2 -Rezeptoren im Striatum reversibel verdrängt . (aus: Nordström et al., ABB. 14.2

Psychopharmacology 106, 433–438, 1992; mit Erlaubnis von Verlag und Verfassern)

antipsychotische Wirkung der Antipsychotika

2 2

e x t r a p y r a m id a le n Bewegungsstörungen vermehrter Prolactinausschüttung.

2 2

antiemetischen

Effekt 2

konventionellen atypische

Extrapyramidal-motorische Störungen (A), Prolactinerhöhung (B) und Gewichtszunahme (C) bei Haloperidol und atypischen Antipsychotika. Atypische Antipsychotika haben, verglichen mit Haloperidol, ein niedrigeres oder fehlendes Risiko extrapyramidaler Störungen. Hinsichtlich der Prolactinerhöhung zeigen nur einige der atypischen Antipsychotika einen Vorteil gegenüber Haloperidol. Die Gewichtszunahme (mittlere Gewichtszunahme in 2–3 Monaten) ist bei mehreren atypischen Antipsychotika sogar stärker ausgeprägt als bei Haloperidol. Kombiniert aus Benkert und Hippius (2014). ABB. 14.3

Besonderheiten:

• Die Mehrheit der atypischen Antipsychotika (mit Ausnahme von Amisulprid) blockiert außer D 2 - auch Serotonin-5-HT 2A -Rezeptoren stark. Als Folge wird über eine Erhöhung des dopaminergen Tonus in mesocorticalen Bahnen eine positive Beeinflussung der Negativsymptomatik angenommen. • Partialagonisten wirken antagonistisch, wenn ein Agonist mit höherer intrinsischer Aktivität am gleichen Rezeptor vorhanden ist, sonst agonistisch (

). Das erklärt, weshalb der D 2 -Partialagonist Aripiprazol in einem dopaminergen Neuronensystem mit Überfunktion überwiegend als Antagonist, in einem dopaminergen System mit Unterfunktion aber vorwiegend als Agonist wirkt. Die angenommene Assoziation von Negativsymptomen zur mesocorticalen dopaminergen Unterfunktion könnte die Wirksamkeit von Aripiprazol gegen Negativsymptome erklären und die partialagonistische Wirkung an D 2 -Rezeptoren für das seltenere Auftreten von extrapyramidal-motorischen Symptomen verantwortlich sein ( ). • Clozapin ist ein hoch potenter Antagonist an D 4 -Rezeptoren, zu denen es höhere Affinität als zu D 2 -Rezeptoren besitzt. Die D 4 -Blockade trägt möglicherweise zur praktisch fehlenden Wirkung auf das extrapyramidal-motorische System bei ( ), kann aber die Erfolge bei therapieresistenter Schizophrenie und bei Negativsymptomen nicht erklären. • Clozapin, Olanzapin und Quetiapin blockieren Muscarinrezeptoren ( ). Dies mag dazu beitragen, dass bei diesen Substanzen Wirkungen auf das extrapyramidal-motorische System nicht bzw. selten auftreten ( ). Für Clozapin und Quetiapin wird ein sogenanntes Loose Binding („lockere Bindung“) in nigrostriatalen Strukturen angenommen, sodass eine kompetitive Verdrängung von Dopamin aus niedrig-affinen D 2 -Rezeptoren resultieren soll. Durch die niedrigere Bindungswahrscheinlichkeit des endogenen Liganden kommt es zur Reduktion des dopaminergen Tonus bei gleichzeitig erhaltener funktioneller Verfügbarkeit des Systems. • Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon und Ziprasidon blockieren 5-HT 2A -Rezeptoren stärker als D 2 -Rezeptoren; bei Aripiprazol ist die Affinität für 5-HT 2A -Rezeptoren fast so ausgeprägt wie die für D 2 -Rezeptoren ( ). Es wird diskutiert, dass die extrapyramidal-motorischen Wirkungen eines Antipsychotikums gering sind, wenn die Affinität zu 5-HT 2A -Rezeptoren, verglichen mit derjenigen zu D 2 -Rezeptoren, hoch ist ( ). Die Wirkung gegen Negativsymptome wird ebenfalls mit der Blockade von 5-HT 2A -Rezeptoren in Zusammenhang gebracht ( ). Tab. 14.5 Affinitäten von Haloperidol und atypischen Antipsychotika zu vier Rezeptoren im Vergleich zum D 2 -Rezeptor 1 Dopamin D 2

Serotonin (5-HT 2A )

Histamin (H 1 )

(81)

(68)

(13)

(200)

(25)

α 1 -Adrenozeptor

Muscarin

(23)

(31)

(41)

(95)

(19)

(1,4)

(26) * Die

Affinität ist ausgedrückt als Hemmkonstante K i (nmol/L). Die Affinität relativ zur D 2 -Affinität ist ausgedrückt als Quotient des K i -Werts am D 2 -Rezeptor und des K i -Werts an dem anderen

Rezeptor (Quotienten in Klammern). Werte über 1 (in Fettdruck) besagen also, dass das Pharmakon an dem entsprechenden Rezeptor eine höhere Affinität besitzt als am D 2 -Rezeptor (Werte nach Richelson und Souder, Life Sci 68, 29–39 [2000] und Klein et al., Psychopharmakotherapie 13, 49–54, 2006).

• Bei Amisulprid schließlich lässt sich das atypische Wirkungsprofil nicht auf die zusätzliche Wirkung an einem bestimmten Rezeptor zurückführen, denn es wirkt fast ausschließlich auf den D 2 -Rezeptor. Möglicherweise blockiert Amisulprid die mesolimbischen stärker als die striären D 2 Rezeptoren. Das mag auch für Clozapin, Olanzapin und Quetiapin zutreffen.

14.5.3. Pharmakodynamik: therapeutische Wirkungen drei

Hauptwirkungen

1. Beseitigung oder Abschwächung produktiver psychotischer Symptome („antipsychotische Wirkung“): Bezogen auf die Schizophrenie ist hiermit die gute Wirksamkeit gegen Positivsymptome wie Denkstörungen, Wahnideen und Halluzinationen gemeint. Doch spricht eine produktive Symptomatik auch bei anderen Psychosen an, z. B. bei manischen Episoden oder bei Schuld- oder Verarmungswahn im Rahmen von depressiven Episoden. Die Wirkung kommt allen außer den niederpotenten konventionellen Antipsychotika zu. 2. Abschwächung von Negativsymptomen schizophrener Erkrankungen: Gegen schizophrene Negativsymptome wie Verarmung der Sprache, affektive Verflachung, sozialen Rückzug und Apathie wirken Antipsychotika viel schlechter als gegen die produktive Symptomatik. Eine im Vergleich zu klassischen Antipsychotika etwas bessere Wirksamkeit besitzen atypische Antipsychotika wie Amisulprid, Clozapin, Olanzapin und Risperidon. Allerdings wirkt auch das konventionelle Antipsychotikum Flupentixol – vor allem in niedrigerer Dosierung – gegen Negativsymptome. Insgesamt gehört die Behandlung von Negativsymptomen sowie kognitiven Störungen bei schizophrenen Psychosen zu den Bereichen, in denen wirksamere therapeutische Optionen besonders dringend benötigt werden. 3. Sedierung: Einige Antipsychotika wirken auch sedierend ( Melperon, Perazin, Zuclopenthixol, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin) . Diese Wirkung beruht vermutlich auf der Blockade von H 1 -Rezeptoren ( , ) und wird zur Behandlung psychomotorischer Erregungszustände und affektiver Spannung, z. B. bei Schizophrenien und manischen Episoden, sowie bei psychotisch bedingten Schlafstörungen genutzt. weitere Wirkungen

• Manische Episoden im Rahmen von bipolaren Erkrankungen können vor allem durch atypische Antipsychotika wirksam behandelt werden. • Außerdem werden einige atypische Antipsychotika zur Langzeitbehandlung der bipolaren Erkrankung ( Erhaltungstherapie und Rückfallprophylaxe) eingesetzt. • Auch antidepressive Wirkkomponenten werden den atypischen Antipsychotika zugeschrieben. Das gilt einerseits für depressive Symptome bei einer Schizophrenie. Andererseits ist gut belegt, dass einige atypische Antipsychotika (v.a. Quetiapin) den antidepressiven Effekt von Antidepressiva bei der Behandlung affektiver Störungen verstärken. Prinzipiell ist bei Auftreten depressiver Symptome im Rahmen einer Schizophrenie ein Umsetzen auf ein Antipsychotikum mit antidepressiver Komponente oder eine Kombination mit einem Antidepressivum zu erwägen. Einzelne Antipsychotika (z. B. Quetiapin) sind für die Behandlung depressiver Episoden bei der bipolaren Störung oder als Adjuvans bei unipolaren Depressionen zugelassen. Demgegenüber sind verschiedene klassische Antipsychotika (z. B. Haloperidol) mit einem gehäuften Auftreten sogenannter postschizophrener depressiver Episoden verbunden oder führen bei der Akutbehandlung manischer Episoden häufig zu einem sogenannten Switch zu depressiven Episoden. • Bei niedriger Dosierung wirken manche konventionelle Antipsychotika (z. B. von Fluphenazin oder Flupentixol) anxiolytisch, allerdings schwächer als die Benzodiazepine und Antidepressiva. Eine therapeutische Anwendung zur Anxiolyse außerhalb einer Psychose kommt wegen der unerwünschten Wirkungen nicht infrage.

14.5.4. Pharmakokinetik Lipophilie Lipophile

Antipsychotika

Amisulprid ist hydrophiler

Depotformulierungen

® ® ®

® ® ® ® ®

14.5.5. Indikationen Schizophrenien

(

manische Episoden bei bipolaren Störungen sowie schizoaffektive Erkrankungen. wahnhafter Depression Rahmen bipolarer Störungen

Quetiapin Adjuvans zur antidepressiven Therapie bei unipolarer Depression

Depressionen im

psychomotorischen Erregungszuständen Erbrechen

Hyperkinesen,

14.5.6. Nebenwirkungen

• Die Frühdyskinesie (Häufigkeit 2–25 %) beginnt typischerweise in der 1. Woche. Die Störung äußert sich in Verkrampfungen der mimischen Muskulatur („Schnauzkrampf“), der äußeren Augenmuskeln und der Muskulatur von Zunge und Schlund sowie in Bewegungsstörungen von Hals und Armen. Sehr selten treten lebensbedrohliche laryngeale und pharyngeale Spasmen auf. Man vermutet als Ursache eine D 2 -Rezeptoren-Blockade und ein Übergewicht der cholinergen striatalen Interneurone ( ). In der Tat bessern Antagonisten an Muscarinrezeptoren (z. B. Biperiden [Akineton ® ]) die Störung rasch. • Das Antipsychotika-induziertes Parkinsonoid (Häufigkeit 15 bis 30 %) beginnt meist in der 1. bis 10. Woche. Es manifestiert sich in erhöhtem Muskeltonus (Rigor), Zittern (Tremor), Einschränkung der Beweglichkeit mit Starre der Mimik und Verlust der Mitbewegungen einschließlich kleinschrittigen Ganges (Akinesie) sowie vegetativen Symptomen (z. B. Speichelfluss oder „Salbengesicht“). Die Pathogenese ähnelt derjenigen bei der Frühdyskinesie, was wiederum die Wirksamkeit von Muscarinrezeptor-Antagonisten erklärt. Weitere Möglichkeiten sind, die Dosis des Antipsychotikums zu reduzieren oder auf ein anderes Antipsychotikum umzusetzen. • Akathisie (Häufigkeit 20–25 %) beginnt typischerweise in der 1. bis 7. Woche. Es handelt sich um eine subjektiv quälende und durch den Willen nicht beeinflussbare motorische Unruhe (Unmöglichkeit, ruhig sitzen oder stehen zu bleiben). Die Pathogenese ist nicht geklärt, die Behandlung schwierig. Neben Dosisreduktion und Umsetzen auf ein anderes Antipsychotikum als erste Wahl können verschiedene Pharmaka probiert werden: Propranolol, Benzodiazepin, Muscarinrezeptor-Antagonist, allein oder in Kombination. Außerdem kann das Antidepressivum Mirtazapin versucht werden. • Die Spätdyskinesie oder tardive Dyskinesie (Häufigkeit 15 bis 20 %, 3–5 %/Jahr für konventionelle, 0,5 %/Jahr für atypische Antipsychotika) beginnt typischerweise 3 Monate bis mehrere Jahre nach Behandlungsbeginn. Bei dieser Störung kommt es zu stereotypen Saug-, Schmatz-, Kau- und Zungenbewegungen. Auch distale Muskelgruppen der Extremitäten und sogar der Rumpf können betroffen sein (athetoide Bewegungen). Spätdyskinesien werden von den Betroffenen häufig nicht wahrgenommen, obwohl sie sozial erheblich beeinträchtigen. Als Risikofaktoren gelten längere Einnahmedauer und Gesamtlebenszeitdosis von klassischen Antipsychotika, höheres Alter, weibliches Geschlecht und Hirnschädigungen. Zur Pathogenese wird eine Überempfindlichkeit (Up-Regulation) der D 2 -Rezeptoren im Corpus striatum diskutiert, zumal Spätdyskinesien häufig nach Absetzen von Antipsychotika beobachtet werden und sich bei Dosiserhöhung oder Umsetzen auf ein höher potentes Antipsychotikum zeitweise bessern. Ein weiterer pathogenetischer Faktor ist wahrscheinlich eine Unterfunktion cholinerger Neurone. Dadurch ließe sich die Verschlechterung der Spätdyskinesie bei Gabe eines Muscarinrezeptor-Antagonisten erklären. Die Behandlung ist sehr schwierig und häufig erfolglos. Umsetzen auf Clozapin oder Quetiapin ist zu erwägen. Positive Ergebnisse wurden auch durch die zusätzliche Gabe des atypischen Antipsychotikums Tiaprid, des

Reserpin-Analogons Tetrabenazin, des Nootropikums Piracetam, des Antiepileptikums Levetiracetam und Vitamin B 6 erzielt. Nach Absetzen der antipsychotischen Behandlung wurde eine Rückbildung der Symptomatik im Langzeitverlauf beschrieben. • Das maligne neuroleptische Syndrom (Häufigkeit 0,02–0,5 %) ist ein psychiatrischer Notfall, der typischerweise in der 1. bis 2. Behandlungswoche nach Beginn der Behandlung oder Dosissteigerung auftritt, sich innerhalb von 1 bis 3 Tagen voll entwickelt und in bis zu 20 % der Fälle zum Tode führt. Zu den extrapyramidal-motorischen Störungen (Rigor, Akinesie) kommen hohes Fieber und vegetative Symptome (Blutdrucklabilität), Tachykardie und Tachypnoe sowie Leukozytose. Die Kranken sind wach bis komatös. Es besteht eine metabolische Azidose. Wegen der Skelettmuskulaturbeteiligung ist die Creatinkinase im Plasma erhöht, der Urin dunkel verfärbt (Myoglobinurie). Therapeutisch erfolgt notfallmäßig das Absetzen der Antipsychotika, Kühlung und intensivmedizinische Versorgung. Außerdem wird Dantrolen, Bromocriptin, Amantadin oder Lorazepam gegeben. Gewichtszunahme

metabolische

1

Syndrom

2C

• Die Blockade von D 2 -Rezeptoren im tuberoinfundibulären System erhöht die Freisetzung von Prolactin ( ), wodurch es bei Frauen zu Galaktorrhö und Amenorrhö, bei Männern zu Gynäkomastie und verminderter Libido kommen kann. Diese Nebenwirkung tritt insbesondere bei hoch potenten konventionellen Antipsychotika auf, aber auch bei bestimmten atypischen Antipsychotika wie Amisulprid ( ). Leitliniengerecht kann die Hinzugabe von 5 mg Aripiprazol pro Tag in Erwägung gezogen werden, wodurch der Prolactinspiegel häufig reduziert wird. • Sexuelle Dysfunktion und Libidoverlust unter Antipsychotika sind sehr häufig und stellen ein erhebliches, wahrscheinlich unterschätztes Compliance-Risiko dar. Sie werden häufig dem Prolactinanstieg zugeordnet, der einen wesentlichen ursächlichen Faktor darstellt. Daneben sind die Blockade der tuberoinfundibulären dopaminergen Bahnen (Libidoverlust) und die Blockade von α 1 -Adrenozeptoren (Erektions- und Lubrikationsstörungen) sowie die histaminergen Effekte (Sedierung; s.u.) zu beachten. Von den atypischen Antipsychotika haben sich Aripiprazol, Quetiapin, Olanzapin und Clozapin gegenüber Risperidon (mechanistisch wohl auch Amisulprid) bzgl. sexueller Dysfunktion als günstiger erwiesen. • Sedierung kommt durch H 1 -Rezeptor-Blockade zustande; sie ist bei den nieder und mittel potenten konventionellen und bei einigen atypischen Antipsychotika ausgeprägt und kann therapeutisch genutzt werden ( und ). Im Verlauf der Behandlung lässt sie meist nach. • Durch Blockade von peripheren Muscarinrezeptoren können vor allem Phenothiazine und die drei atypischen Antipsychotika Clozapin , Olanzapin und Quetiapin ( , ) Obstipation, Miktionsstörungen, Tachykardie, Mundtrockenheit , Störungen der Akkommodation und – bei engem Kammerwinkel – einen Glaukomanfall auslösen. Clozapin verursacht daneben häufig auch Hypersalivation – wahrscheinlich wegen seiner agonistischen Wirkung an Muscarin-M 4 -Rezeptoren ( ). Durch Blockade von Muscarinrezeptoren im ZNS (besonders durch Perazin und Clozapin) können Delirien ausgelöst werden. Bei alten Menschen ist die Gefahr eines pharmakogenen Delirs besonders hoch ( ). • Arterielle Hypotonie und orthostatische Regulationsstörungen sind auf die Blockade von α 1 -Adrenozeptoren zurückzuführen ( , ) und bei den meisten Antipsychotika (nicht bei Amisulprid) zu erwarten. kardialer

Nebenwirkungen Myokarditis oder Kardiomyopathie, ®

Q T c -Zeit-Verlängerung Q T c -Zeit

Verlängerung

bei

Kombinationstherapien

zu beachten. epileptische

Anfälle Agranulozytose;

®

(Postinjektionssyndrom).

14.5.7. Interaktionen Verstärkung der sedierenden Wirkung

450

Alkohol und Benzodiazepinen

14.5.8. Vergiftungen

schwere extrapyramidal-motorische Veränderungen der Bewusstseinslage

Therapie

Symptome

14.6. Die Behandlung von Schizophrenien

Jedoch begründet dies keine sofortige antipsychotische Behandlung nach Erstkontakt und Stellung einer klinischen Verdachtsdiagnose. Differenzialdiagnose wo immer möglich, im Konsens mit dem betroffenen Patienten auszuwählen,

klären

antipsychotische Behandlung, Adhärenz Compliance

Bei der initialen Akutbehandlung sowohl bei Erstbehandlung als auch bei Rezidiven kommt dem Einsatz von Tranquillantien – ggf. auch in höheren Dosierungen – eine wesentliche Rolle zur Entaktualisierung von Anspannung und Ängsten zu,

Stabilisierungsphase

Erst- und Akutbehandlung, Remissionsphase

postakuten

• Zur Behandlung einer akuten psychotischen Episode (im Rahmen einer Schizophrenie) wird ein atypisches Antipsychotikum , in der Regel oral, verabreicht ( ). Die Ansprechrate einer sich über 6 Wochen erstreckenden Therapie mit einem atypischen (oder auch konventionellen) Antipsychotikum beträgt etwa 70 %, verglichen mit etwa 25 % bei Placebogabe. Gängige Ansprechkriterien definieren eine Response bei Besserung von psychotischen Symptomen um mindestens 20– 30 %.

Tab. 14.6 Differenzialtherapie von Schizophrenien mit atypischen Antipsychotika Vorteile

Nachteile

Amis ul p ri d Aripi p r a z ol Cloz a pi n

eingeschränkte Indikation wegen Gefahr der Agranulozytose;

Olan z a pi n

Quet ia pi n

Risp e ri d o n Zur Häufigkeit von extrapyramidal-motorischen Symptomen sowie zur Prolactin- und Gewichtserhöhung .

• Während bei Ersterkrankungen eine kurze Latenz bis zum Beginn der antipsychotischen Behandlung zur Durchführung einer leitlinienkonformen diagnostischen Klärung sinnvoll ist (s.o.), sollte bei akuter Exazerbation einer bekannten schizophrenen Psychose wegen des oft bestehenden hohen Leidensdrucks mit dem Risiko einer Eigen- oder Fremdgefährdung eine antipsychotische Therapie ohne langes Zuwarten begonnen werden. Dabei ist zum einen die bisherige Therapieresponse, zum anderen aber auch ein Therapieversagen oder -abbruch und dessen Ursache (z. B. Non-Compliance bei sexueller Dysfunktion) zu beachten. • Bei fehlendem Therapieerfolg sollte leitlinienkonform frühestens nach 2 bis 4 Wochen eine Dosiserhöhung oder die Umstellung auf ein anderes Antipsychotikum erfolgen. Auch hier sollte bevorzugt ein atypisches Antipsychotikum zum Einsatz kommen, womöglich eines mit einem differenten Wirkprofil (z. B. Amisulprid oder Aripiprazol auf Olanzapin oder Quetiapin). • Bei fehlendem oder nur partiellem Ansprechen kann von der Empfehlung abgewichen werden, möglichst nur ein Antipsychotikum in Monotherapie einzusetzen. Bei der Auswahl von Kombinationen sind solche mit ergänzenden Wirkweisen zu bevorzugen und mögliche Interaktion zu berücksichtigen. • Falls ein konventionelles Antipsychotikum in der Akuttherapie in Erwägung gezogen wird, sollten in erster Linie Haloperidol , Flupentixol , Fluphenazin oder Perazin verwendet werden, da für sie eine qualitativ hochwertige Evidenz vorliegt. • Sind zwei Therapieversuche mit unterschiedlichen Antipsychotika fehlgeschlagen (sog. medikamentöse Therapieresistenz), kann Clozapin verwendet werden. Möglich ist an dieser Stelle auch die Gabe von Sertindol, falls von kardiologischer Seite keine Bedenken bestehen. • Bei der Behandlung psychotischer Episoden mit ausgeprägter psychomotorischer Erregtheit oder aggressiv-impulsivem Verhalten bestehen heute Therapiestrategien, die auch den gesetzlichen Rahmenbedingungen etwa der Unterbringung Rechnung tragen. Neben dem bevorzugten Einsatz von Benzodiazepinen (in erster Linie Lorazepam und Diazepam) stehen je nach erforderlicher Applikationsform orale atypische Antipsychotika mit antiaggressivem Potential (z. B. Quetiapin) oder kurz wirksame intramuskuläre Formen (z. B. Aripiprazol oder Olanzapin) zur Verfügung. Der Einsatz eines konventionellen Antipsychotikums (z. B. Haloperidol oder Zuclopenthixol) allein oder mit einem Benzodiazepin kombiniert ist heute als Reservestrategie zu sehen.

• Beim Überwiegen von Negativsymptomen (Affektverflachung, Antriebsarmut und sozialer Rückzug) wird mit einem atypischen, nicht sedierenden Antipsychotikum (z. B. Amisulprid) behandelt. Bei persistierenden Negativsymptomen wird von einigen Autoren die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums (z. B. eines SSRI) empfohlen. Die Wirksamkeit dieser Strategie ist jedoch fraglich, und kardiale und metabolische Nebenwirkungen oder prokonvulsive Effekte sind zu beachten. • Wenn die akuten produktiven schizophrenen Symptome unter antipsychotischer Therapie abgeklungen sind, wird die Dosis zunächst beibehalten, da eine frühzeitige Reduktion bei vielen Patienten zu einem Rückfall führt. • Zwar ist die Gefahr von Rezidiven (unbehandelt bis zu 80 % innerhalb von 2 Jahren) innerhalb der ersten 1 bis 3 Jahre unter einer stabilen Erhaltungstherapie am geringsten, es sollte aber zur Verbesserung der Compliance eine Dosisreduktion auf die niedrigste mögliche Erhaltungsdosis durchgeführt werden. Treten bei der Reduktion erste Symptome auf, so ist die zuletzt wirksame Dosis als Schwellendosis anzusehen. • Es sollte möglichst das Präparat eingesetzt werden, mit dem eine Remission erreicht wurde. Im Hinblick auf das geringere Risiko für Spätdyskinesien und auf die Compliance sind atypische Antipsychotika Mittel der ersten Wahl. Hinsichtlich der Compliance kann ein Depotpräparat nützlich sein, sofern dies vom Patienten unterstützt und die regelmäßige Anwendung gesichert ist. • Nach einer Erstmanifestation sollte ein Antipsychotikum über mindestens 1 Jahr gegeben werden. Nach einem ersten Rezidiv sollte die Behandlung mit einem Antipsychotikum über mindestens 2 bis 5 Jahre kontinuierlich erfolgen. Bei weiteren Rezidiven wird derzeit eine lebenslange Gabe eines Antipsychotikums empfohlen. • Erste Langzeitdaten weisen darauf hin, dass sich der Vorteil der antipsychotischen Dauermedikation gegenüber einer sogenannten Intervalltherapie, bei der in engem Arzt-Patienten-Kontakt Antipsychotika nur bei Vorliegen von Symptomen gegeben werden, nach etwa 3 Jahren in das Gegenteil verkehren kann. Diese Daten bedürfen der weiteren Untersuchung.

14.7. Tranquillantien/Anxiolytika 14.7.1. Stoffe Benzodiazepine

Z u r Ve r t i e f u n g

1 A 1A

1 A

2

1

A

keine sedativen, muskelrelaxierenden, antikonvulsiven und abhängigkeitserzeugenden Eigenschaften

unerwünschte

Wirkungen

Buspiron (Anxut ® ):

4 5

2

Tab. 14.7 Benzodiazepine und verwandte Substanzen

Grundgerüst

R1

R2

R3

3

R4 R5

Orale Tagesdosis HWZ (h) (mg)

Substanz

Therap. Anwendung ANX, ZMR, AEP

,

2

Metabolisierungstyp

®

SCH

,

2

®

ANX ®

ANX, AEP, SCH

®

SCH

2

3

2

®

SCH

,

2

2

®

SCH

2

®

AAN

2

®

ANX (AEP)

, ®

BZV ®

Metabolisierungstypen: Diazepamtyp (D); Oxazepamtyp (O); Nitrazepamtyp (N); Typ der tetrazyklischen Benzodiazepine (T); therapeutische Anwendung: Anxiolyse (ANX); zentrale Muskelrelaxation (ZMR); Antiepileptikum (AEP); Schlafmittel (SCH); Allgemeinanästhesie (AAN; Narkoseeinleitung); Benzodiazepin-Vergiftung (BZV) Entstehung eines pharmakologisch wirksamen desalkylierten Metaboliten Nordazepam (HWZ 30–90 h) Desalkylflurazepam (HWZ 40–250 h) Desmethylflunitrazepam (HWZ 20–30 h) bzw. Desmethylclobazam (HWZ 30–90 h)

Prämedikation in der Anästhesiologie Zusatzmedikation bei Patienten mit Anfallsleiden Intravenöse Dosis zur Beendigung der Bewusstlosigkeit

14.7.2. Wirkmechanismen γ A

spezifische α

β

modulatorische

Bindungsstelle

am

GABA A

-Rezeptor

γ α

β α

γ α A

A

limbischen System

Hauptwirkort der Benzodiazepine A

Agonisten, k e i n e intrinsische

fördern die Wirkung von GABA. Aktivität Partialagonisten

Antagonisten

Flumazenil

Bretazenil

inverse Agonisten β hemmen

die

Wirkung

von

GABA,

A

14.7.3. Pharmakodynamik: therapeutische Wirkung allgemein

beruhigende

und

dämpfende

Wirkung.

• Anxiolyse (Unterdrückung von Angst, affektiver Spannung und Erregung). • Beruhigung und Schlafförderung. • Antikonvulsive/antiepileptische Wirkung: Diese stellt ein Unterscheidungsmerkmal zu den Antipsychotika und Antidepressiva dar, die – mit einigen Ausnahmen (z. B. Melperon oder Citalopram) – die Krampfbereitschaft eher erhöhen (s.o.). • Amnesie ( therapeutisch eher wenig benutzt). • Zentrale Muskelrelaxation. α α

1

2 A

α

2

14.7.4. Pharmakokinetik einzelnen Benzodiazepine unterscheiden sich in ihren pharmakokinetischen Eigenschaften.

Lipophilie

Metabolisierung

Elimination

Diazepamtyp Oxazepamtyp,

Nitrazepamtyp

Typ der tetrazyklischen Benzodiazepine

• Diazepamtyp: Diazepam ( ) wird hauptsächlich zu Nordazepam (Halbwertszeit 30–90 h) desalkyliert und anschließend am C-Atom 3 zu Oxazepam (Halbwertszeit 6–12 h) hydroxyliert. Zu denselben Metaboliten führt die Biotransformation von Chlordiazepoxid, dem ältesten Benzodiazepin. Der letzte Schritt des Metabolismus besteht darin, dass an der entstandenen OH-Gruppe am C-Atom 3 des Oxazepams und des im Nebenweg gebildeten Temazepams ( ) mit Glucuronsäure konjugiert wird. Die Glucuronide werden renal ausgeschieden (dies gilt für alle Benzodiazepin-Konjugate). Da der zentrale Metabolit Norazepam eine längere Halbwertszeit hat als die Ausgangssubstanzen Diazepam und Chlordiazepoxid, kumuliert er bei täglicher Gabe dieser Pharmaka; seine Konzentration ist nach wenigen Tagen höher als die der Ausgangssubstanz. Dem Diazepamtyp des Metabolismus sind prinzipiell auch Flurazepam und Flunitrazepam sowie das 1,5-Benzodiazepin Clobazam zugeordnet, bei denen ebenfalls ein desalkylierter, dem Nordazepam analoger langlebiger Metabolit entsteht ( ). • Oxazepamtyp: Oxazepam ( ), ) Lorazepam ( ), Temazepam ( ) und andere hier nicht genannte Benzodiazepine sind dadurch gekennzeichnet, dass am C-Atom 3 bereits eine OH-Gruppe vorhanden ist. Der Metabolismus besteht aus einem einzigen Schritt, nämlich der Konjugation mit Glucuronsäure.

Stoffwechsel einiger Benzodiazepine. Diazepam und Chlordiazepoxid werden über den zentralen Metaboliten Nordazepam (= N-Desmethyldiazepam) abgebaut. : Hauptstoffwechselweg; Nebenstoffwechselweg; : N-Desmethylierung von Diazepam; : Hydroxylierung am C-Atom 3 von Nordazepam; : Konjugation der Hydroxylgruppe in Position 3 des Oxazepams und des im Nebenweg entstandenen Temazepams mit Glucuronsäure. Die Metaboliten Nordazepam, Temazepam und Oxazepam werden auch als eigenständige Arzneistoffe unter den genannten Warenzeichen angeboten. ABB. 14.4

:

• Nitrazepamtyp: Hierzu gehören Nitrazepam und Flunitrazepam ( ; Letzteres wird gleichzeitig analog dem Diazepam metabolisiert). Die Benzodiazepine vom Nitrazepamtyp tragen am C-Atom 7 des Benzodiazepin-Grundgerüsts eine Nitrogruppe (R 5 in ). Die Nitrogruppe wird zur Aminogruppe reduziert, die dann für eine Acetylierungsreaktion zur Verfügung steht. • Typ der tetrazyklischen Benzodiazepine: Triazolam und Midazolam ( ) werden an der Methylgruppe des anellierten Triazol- oder Imidazolrings sowie am C-Atom 3 des Diazepin-Grundgerüsts schnell hydroxyliert. Somit stehen zwei OH-Gruppen für die anschließende Konjugation mit Glucuronsäure zur Verfügung. Die tetrazyklischen Benzodiazepine werden in der Regel besonders schnell eliminiert. Klinik kurz wirkenden Benzodiazepine

mittlere Lang wirkende

Wirkungsdauer Benzodiazepine

14.7.5. Indikationen Panikattacken, phobischen Störungen

generalisierten Angst

Angststörung, im Rahmen von Schizophrenien bzw. Depressionen

Schlafstörungen. Epilepsien

cerebralen Krampfanfällen infolge von Intoxikationen Der Einsatz als zentrale Muskelrelaxantien ( ) ist aufgrund des Abhängigkeits- und Missbrauchspotentials weitgehend verlassen. Anästhesiologie.

Inneren

Medizin

14.7.6. Nebenwirkungen

Müdigkeit, Schläfrigkeit, Konzentrationsschwäche

Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens

Gangunsicherheit ataktische Störungen

Mnestische Störungen anterograde

Amnesie

Libido

vermindert,

affektive

weibliche Zyklus gestört

Verflachung,

kognitive

Leistungseinbußen,

(Gewichtszunahme).

Beeinträchtigung

der

Initiative

neurologische

Störungen

Gefahr der Abhängigkeit und Toleranz Induktion dementieller Syndrome

Hypothermie Muskelerschlaffung mit Atem- und Saugstörungen

14.7.7. Interaktionen Alkohol

14.7.8. Vergiftungen Hohe Dosen in Kombination mit Ethanol Flumazenil, Benzodiazepinvergiftungen

Atemdepression zur Behandlung von schweren mit

Atemdepression

14.8. Die Behandlung von Angststörungen

Panikattacken

phobischen

Störungen

vorübergehend

Erhaltungstherapie

und

Prophylaxe

generalisierten

Angststörung.

strenge Indikationsstellung

Patienten sind über diese Gefahren aufzuklären.

14.9. Stimulantien 14.9.1. Stoffe Methylxanthine, Amphetamin und seine Verwandten.

Amphetamin

Methamphetamin

Methylphenidat

„Designerdrogen“

Tab. 14.8 Stimulantien (Phenylethylamin-Derivate) und das strukturverwandte Halluzinogen MDMA

Struktur

R

Orale Tagesdosis (mg)

Substanz

®

®

* Chiralitätszentrum

14.9.2. Wirkmechanismen Amphetamin,

Auswärtstransport endogener Catecholamine kompetitiv deren Rückaufnahme.

Toleranzentwicklung

14.9.3. Pharmakodynamik: therapeutische Wirkungen euphorisierende,

zentral

stimulierende,

antriebssteigernde

Wirkung

„Weckamine“

therapeutisch

zur

Behandlung

von

ADHS,

14.9.4. Pharmakokinetik

α

a

14.9.5. Indikationen Narkolepsie

ADHS

®

Appetitzüglern

14.9.6. Nebenwirkungen

Tremor,

Mundtrockenheit,

reflektorischer

Bradykardie,

14.9.7. Interaktionen MAO-Inhibitoren

14.9.8. Vergiftungen

Blutdrucksteigerung, Schwitzen, Tachyarrhythmien,

akuten psychotischen Zuständen mit Wahn und Halluzinationen.

Krämpfe und Delirien.

14.10. Cannabinoide Die

pflanzlichen

oder

synthetischen

Cannabinoide

„Horrortrip“ „Flashback“

14.10.1. Stoffe Cannabis sativa Δ

indica,

Δ

9

-Tetrahydrocannabinol

9

ABB. 14.5

(–)-Δ 9 Tetrahydrocannabinol (mit Hauptmetaboliten), (–)-Cannabidiol und ein Endocannabinoid.

Haschisch Δ 9

Marihuana

Δ Δ

9

9

Haschischöl 9

®

Nabilon

Δ

9

Rimonabant ®

14.10.2. Wirkmechanismen Δ

9

Δ 8 Cannabinoidrezeptor

Δ

1

9 i / o +

μ

1

δ

κ

1

1 1 1

1

2

14.10.3. Pharmakodynamik Entspannung Euphorie

Sinneswahrnehmungen

Δ

vegetativen

Δ 9 Abrückens von den Alltagsproblemen,

Apathie

i n t e n s i v e r.

9

Symptomen

14.10.4. Pharmakokinetik Δ

9

Δ

9

Δ 9

Δ 9

14.10.5. Cannabinoide als Arzneistoffe therapeutisch interessante Wirkungen, 1

Δ

9

Dronabinol

®

mittelstarker oder starker Spastik bei multipler Sklerose Δ

9

Antiemetikum Appetitstimulans

symptomatischen Therapie von

14.11. Halluzinogene 14.11.1. Stoffe Halluzinogene

Lysergid

Prototyp

ABB. 14.6

LSD

Halluzinogene und Strukturverwandtschaft zu Serotonin und Catecholaminen.

14.11.2. Wirkmechanismen LSD

Serotoninrezeptoren

hohe

Affinität.

2A

14.11.3. Pharmakodynamik Psychotrope

Effekte

LSD-Dosen von 20 bis 25 µg oral

Sinnestäuschungen Synästhesien

Entfremdungserleben

„Horrortrip“

sympathomimetisch

vegetative Nervensystem

14.12. Abhängigkeit von psychotropen Substanzen 14.12.1. Definition und Klassifikation Abhängigkeit

Z u r Ve r t i e f u n g

• Übermächtiges Verlangen nach der Substanz (Craving) • Kontrollverlust bezüglich Menge und Dauer des Konsums • Körperliche Entzugserscheinungen • Toleranzentwicklung • Aufgabe ursprünglicher Interessen oder Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums • Konsum trotz nachweislicher Schädigung Drogen,

Toleranzentwicklung lässt die Wirkung eines Pharmakons unter wiederholter Gabe nach Erhöhung der Dosis

(differenzierte Toleranz).

Kreuztoleranz

Körperliche

oder

physische

Abhängigkeit körperliche

Entzugssymptome

Morphin, morphinartig wirkenden Analgetika, Alkohol, Cannabinoiden zentral

dämpfenden

Pharmaka

Psychische Abhängigkeit (abhängiges Verhalten) das Suchtmittel

starkes Verlangen („Craving“), Kontrollverlust

Einengung auf

Verstärkung des Verhaltens („reinforcement“)

aktivitätssteigernde 9

Wirkung

auf

das

mesolimbische

Dopaminsystem

zugrunde;

Belohnungs-(„Reward“-)System

klassifiziert

• Alkohol (F10.2; ) • Opioide (F11.2; ) • Cannabinoide (F12.2; ) • Sedativa oder Hypnotika (F13.2; , ) • Cocain (F14.2; ) • Stimulantien (F15.2; ) • Halluzinogene (F16.2; ) • Tabak (F17.2; ) • Flüchtige Lösungsmittel (F18.2; )

Tab. 14.9 Charakteristik abhängigkeitserzeugender Substanzen

Abhängigkeiten nach ICD-10

Charakteristische Beispiele

Toleranz

Physische Abhängigkeit

Psychische Abhängigkeit

Ein mildes bis deutliches Entzugssyndrom, das klinisch an einen Opiatentzug erinnert, kann bei Absetzen nach länger dauernder und/oder höherer Dosierung auftreten, wie sie mit hochgezüchteten Δ 9 -THC-reichen Cannabisvariationen leicht erreicht wird. Hierher gehört auch die Barbiturat-Abhängigkeit, die allerdings nur noch von historischer Bedeutung ist. Im ICD-10 heißt diese Kategorie „andere Stimulantien einschließlich Coffein“. Der Begriff „andere“ meint hierbei, dass auch Cocain ein Stimulans ist. In diesem Kapitel werden lediglich die „Amphetamine“ sowie Coffein als Stimulantien bezeichnet ( und ). Amphetamin, Methamphetamin, Methylphenidat.

Z u r Ve r t i e f u n g

γ

B

14.12.2. Therapie

• Akutbehandlung ( Entgiftungs- und Motivationsphase, in der die abhängigkeitserzeugende Substanz entzogen wird) und die • Langzeitbehandlung ( Entwöhnungsphase, in der das Leben ohne den „Suchtstoff “ gelernt werden soll).

Alkohol akuten

Delirium

Alkoholentzugs

tremens

Anticraving-Substanzen. ®

Naltrexon

®

Nalmefen

®

Acamprosat

Opioide Entgiftung

1. Der Opioidentzug ist meist nicht lebensbedrohlich (etwa im Gegensatz zum Delirium tremens) und kann im Prinzip ohne medikamentöse Hilfe durchgeführt werden. Dieser „kalte Entzug“ ist für die Patienten aber höchst belastend und sollte vermieden werden. 2. Die Milderung des Opioidentzugs als „ warmem Entzug“ kann nicht opioidgestützt oder opioidgestützt erfolgen. Der opioidgestützte Entzug besteht in der Umstellung von kurz wirksamem Heroin auf lang wirksames Methadon , Levomethadon oder Buprenorphin . Beim warmen Entzug ist dies die Regelbehandlung. Der Vorteil ist der relativ geringe Anteil von vorzeitigen Therapieabbrüchen. 3. Zum nicht opioidgestützten Entzug benutzt man Clonidin . An der Auslösung von Entzugssymptomen soll eine Überaktivität zentraler Noradrenalinneurone beteiligt sein. Clonidin hemmt diese Neurone durch Aktivierung somadendritischer und präsynaptischer α 2 -Autorezeptoren ( ). Unerwünschte Effekte sind vor allem Blutdrucksenkung und Bradykardie ( ). Gegen manche Entzugssymptome wirkt Clonidin nicht, sodass zusätzliche Pharmaka erforderlich sind, etwa nichtsteroidale Analgetika gegen Muskelschmerzen oder Doxepin bei Schlafstörungen. Der Vorteil des Clonidin-gestützten Entzugs ist die relativ kurze Behandlungsdauer. Allerdings ist die Zahl der vorzeitigen Therapieabbrüche hoch, sodass das Verfahren eine Ausnahmebehandlung darstellt. 4. Beim sogenannten Turbo-Entzug wird das Entzugssyndrom mithilfe eines Opioidrezeptor-Antagonisten (Naloxon oder Naltrexon) provoziert. Der Patient wird gleichzeitig stark sediert oder narkotisiert, sodass er die Symptomatik nicht wahrnimmt. Die Intention ist, Dauer und Intensität der Entzugssymptomatik zu vermindern und die Erfolgsaussichten für die Entgiftung und die anschließende Entwöhnungsbehandlung zu erhöhen. Das Verfahren ist mit hohem Aufwand, hohen Kosten und Risiken verknüpft und in seiner Wertigkeit nicht endgültig gesichert. Rückfallverhinderung

Substitutionsbehandlung

besser

steuerbare

mit

Methadon

oder

Levomethadon

Buprenorphin Codein oder Dihydrocodein

Heroin

Cannabinoide, Stimulantien und Halluzinogene

Benzodiazepine SSRI

Benzodiazepine abgestuften

Dosisreduktion

Cocain Antidepressiva Benzodiazepine

Weiterführende Literatur Andresen H, Stimpl T, Sprys N, Schnitgerhans T, Müller A. Liquid Ecstasy – ein relevantes Drogenproblem. Deutsches Ärzteblatt . 2008;105:599–603. Benkert O, Hippius H. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie . 10. Aufl. Berlin: Springer; 2014. Berton O, Nestler E.J. New approaches to antidepressant drug discovery: beyond monoamines. Nat Rev Neurosci . 2006;7:137–151. Bloom F.E, Kupfer D.J, eds. Psychopharmacology. The Fourth Generation of Progress . New York: Raven; 1995. Haenisch B, Bönisch H. Depression and antidepressants: insights from knockout of dopamine, serotonin or noradrenaline re-uptake transporters. Pharmacol Ther . 2011;129:352–368. Hyttel J. Pharmacological characterization of selective serotonin reuptake inhibitors (SSRIs). Intern. Clin. Psychopharmacol. 1994;9(Suppl. 1):19–24. Klein N, Wallner H, Kasper S. Aripiprazol – ein partieller Dopamin-Agonist als neues Antipsychotikum. Psychopharmakotherapie . 2006;13:49–54. Schwabe U, Paffrath D. Arzneiverordnungsreport . Berlin 2014: Springer; 2014. Siegel G.J, Albers R.W, Brady S, Price D, eds. Basic Neurochemistry . 7. Aufl. New York: Raven; 2006.

KAPITEL 15

Derivate des Arachidonsäurestoffwechsels T. Hohlfeld

15.1. Allgemeines

ικ

σ

2

2

4

4

15.2. Struktur, Biosynthese, Inaktivierung und Nomenklatur der cyclooxygenaseabhängigen Arachidonsäuremetaboliten

2

2

2

2

2

2 2 2

2

2 α

2

2 1 2 – 1 4

Δ

2

2

Vereinfachte Darstellung der Biosynthese von Cyclooxygenase produkten des Arachidonsäurestoffwechsels einschließlich der renal eliminierten inaktiven Metaboliten. Zusätzlich angegeben sind der Angriffspunkt der nichtsteroidalen Antiphlogistika und der Thromboxansynthase-Hemmstoffe. ABB. 15.1

Die Inaktivierung zirkulierender PG der E- und F-Serie erfolgt vor allem enzymatisch in der Lunge,

Δ β

1

3

ω

PGI 2 und TXA 2 werden mit kurzer Halbwertszeit (30 Sekunden bzw. 3 Minuten) nichtenzymatisch zu biologisch inaktiven Metaboliten umgesetzt (6-Oxo-PGF 1α bzw. TXB 2 2 2

2 2

15.3. Pharmakologische Effekte der cyclooxygenaseabhängigen Arachidonsäuremetaboliten Rezeptoren G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

2

2

2

Δ

2 12–14

2

γ

Tab. 15.1 Einteilung und Charakteristika der G-Protein-gekoppelten PG-Rezeptoren (vereinfacht) RezeptorSubtyp

Natürlicher Agonist

G-Protein Signaltransduktion

1

2

s

2

2

i

Lokalisation (Beispiele)

3 2+

2

1

2

q

2

2

s

3

2

i s

4

2+

2

s



q

2

s

2

q 12/13

2

3 ++

q

2+

3

2+

3

Abkürzungen: cAMP: zyklisches Adenosinmonophosphat, IP 3 : Inositol-1,4,5-trisphosphat, DAG: Diacylglycerol, GEF: guanine nukleotide exchange factor (Nukleotidaustauschfaktor), CRHT 2 : chemoattractant receptor homologous molecule 2 (andere Bezeichnung für DP 2 )

Kreislauf

PGI 2 , PGD 2 , PGE 2

PGE 1

1

2

senken den arteriellen Blutdruck.

4

PGE 2

PGE 1

1

PGI 2

Linksventrikulärer systolischer und enddiastolischer Druck, Herzfrequenz und Druckanstiegsgeschwindigkeit (als Maß der Kontraktionskraft) am Hund unter der Infusion aufsteigender Dosierungen von PGE 1 in den linken Vorhof. ABB. 15.2

(Nach Roux et al., Can. J. Physiol. Pharmacol. 62 , 1505 [1984]).

PGG 2

PGH 2

Vasokonstriktion,

TXA2

2



Thrombozytenfunktion PGI 2

2

2

P G I2

2

PGI 2 , PGE 1

1

PGD 2

P G E1

P G D2 Hemmung der Thrombozytenaggregation durch PG ®

Beeinflussung der Thrombozytenfunktion durch Eicosanoide. PGI 2 , PGE 1 und PGD 2 aktivieren über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (IP und DP) die Adenylylcyclase, erhöhen die cAMPKonzentration und hemmen dadurch die Thrombozytenfunktion. TXA 2 und PAF aktivieren (über TP bzw. PAFR) Thrombozyten ABB. 15.3

durch Phospholipase-C-Stimulation über einen Anstieg von intrazellulärem IP 3 und DAG. Über EP 3 -Rezeptoren und Adenylylcyclase-Hemmung hat PGE 2 eine indirekte stimulierende Wirkung.

P

G

E2 3 2 α

TXA2 , induziert und fördert die Aggregation

2

Niere

P G E 2 u n d P G I 2 steigern den renalen Blutfluss. + 2

Hemmung

der

renalen

PG-Synthese

PGE 2

Nichtvaskuläre glatte Muskulatur

PG der E- und F-Serie

PGE

2

P G I 2 und

PGE 1

PGD 2 , PGF 2α

TXA 2

bronchokonstriktorisch. schwangere

Uterus

wird

in

vivo

durch

PGF 2

α und

PGE 2

2

Gastrointestinale Sekretion P G E 2 und

PGI 2 hemmen

die

Magensaftsekretion Schleim-

und

Bicarbonatsekretion

Sekretion von Wasser und Elektrolyten

Diarrhöen,

Entzündung und Immunreaktionen

P G E 2 Fieber. 2

3

PGE 2 und PGI 2 sensibilisieren nozizeptive Nervenendigungen für chemische und mechanische Stimuli. PGD2 , 2

antiphlogistische Effekte.

4

15.4. Physiologische und pathophysiologische Bedeutung von Prostaglandinen und Thromboxan A 2 Thrombozyten-Gefäßwand-Interaktion 2

2

Die thrombozytäre Thromboxansynthese wird durch Acetylsalicylsäure (Aspirin®

)

gehemmt.

Reproduktion und Geburt PGE 2 P G F2 α Regression des Corpus luteum. P G F2

α

schmerzlindernde Wirkung von COX-Hemmstoffen wie Acetylsalicylsäure und Ibuprofen

Protektion der Magenschleimhaut gastroprotektive

Effekt

Steigerung

der

Durchblutung

der

Mucosa.

Organprotektion

Entzündung

Zellproliferation

Abfluss des Kammerwassers im Auge

2 α

15.5. Pharmakologische Beeinflussung der Prostaglandin- und ThromboxanBiosynthese Cyclooxygenasehemmer Nicht-Opioidanalgetika Analgetika/Antiphlogistika

nichtsteroidale

(NSA)

Celecoxib ®

Acetylsalicylsäure

®

®

Etoricoxib

irreversible Hemmung der TXA 2 -

15.6. Therapeutische Anwendung von Prostaglandinen 2

2

®

Geburtseinleitung ®

2

®

Zervixerweichung

und

-dilatation

®

1

Zervixerweichung und -dilatation ®

2

atonischer postpartaler Blutungen

2

®

1

chronischer

arterieller

zeitweiligen

Offenhaltung

Verschlusskrankheit

1

des

Ductus

arteriosus

Botalli 1

Behandlung der

erektilen Dysfunktion 1

2 ®

®

ω Thrombangiitis obliterans primäre pulmonale Hypertonie.

Iloprost.

ABB. 15.4

®

®

®

®

Senkung



des

Augeninnendrucks

1 ®

NSA-induzierte Magen- und Duodenalulzera 2

15.7. Lipoxygenaseabhängige Arachidonsäuremetaboliten Biosynthese, Struktur und Metabolismus

4

4

4 4

γ

4 4

4

4

4

4

Biosynthese von Lipoxygenaseprodukten des Arachidonsäurestoffwechsels und der Angriffspunkt von 5Lipoxygenase- Hemmstoffen. (Nach Zweerink et al., in Patrono und Peskar [eds.]: Radioimmunoassay in Basic and Clinical Pharmacology, Springer, ABB. 15.5

Heidelberg 1987).

4

4

Wirkungen der Leukotriene

4

Tab. 15.2 Einteilung und Charakteristika der LT- Rezeptoren RezeptorSubtyp

GSignaltransduktion Protein

Endogene Agonisten 1

4

i

2

4

q

Lokalisation

3 2+

1

4

4

4

q

3 2+

2

4

4

4

q

3 2+

weitere Signalwege wurden beschrieben. Abkürzungen: cAMP: cyclisches Adenosinmonophosphat, IP 3 : Inositol-1,4,5-trisphosphat, DAG: Diacylglycerol

4

4

Pathophysiologische Bedeutung der Leukotriene Gelenkerkrankungen,

4

Psoriasis ulcerosa

,

Rhinitis

Asthma

Morbus Crohn

Colitis

bronchiale

Cysteinyl-Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten und 5-Lipoxygenase-Hemmstoffe ®

Montelukast 1

Asthma

bronchiale

im

Erwachsenen-

und

Kindesalter β

β

Asthma bronchiale

allergischer Rhinitis

® ®

15.8. Plättchenaktivierender Faktor (PAF) Biosynthese und Inaktivierung

ABB. 15.6

Plättchenaktivierender Faktor (PAF).

ABB. 15.7

Metabolischer Zyklus von PAF in Thrombozyten und Plasma . (Nach Braquet et al., Pharmacol. Rev. 39, 97, 1987). 2

Wirkungen von PAF

2+

Pathophysiologische Bedeutung von PAF endogener Mediator bei Thrombosen

akuten

entzündlichen Reaktionen

Ginkgo biloba

Weiterführende Literatur Curtis-Prior P, ed. The Eicosanoids . Chichester, England: Wiley; 2004. Hohlfeld T, Schrör K. Antiinflammatory Effects of Aspirin in ACS: Relevant to its Cardiocoronary Actions? Thromb Haemost . 2015;114(3):469–477. Liu M, Yokomizu T. The Role of Leukotrienes in Allergic Diseases. Allergology Int . 2015;64(1):17–26. Ricciotti E, Fitzgerald G.A. Prostaglandins and Inflammation. Arterioscler Thromb Vasc Biol . 2011;31(5):986–1000. Schrör K. Acetylsalicylsäure . 2nd ed. Weinheim: Wiley; 2016. Smith W.L, Urade Y, Jakobsson P.J. Enzymes of the cyclooxygenase pathways of prostanoid biosynthesis. Chem Rev . 2011;111(10):5821–5865. Woodward D.F, Jones R.L, Narumiya S. International Union of Basic and Clinical Pharmacology. LXXXIII: Classification of Prostanoid Receptors, Updating 15 Years of Progress. Pharm Rev . 2011;63(5):471–538. Yost C.C, Weyrich A.S, Zimmerman G.A. The Platelet Activating Factor (PAF) Signaling Cascade in Systemic Inflammatory Responses. Biochemie . 2010;92:692–697.

KAPITEL 16

Immunpharmakologie und Pharmakotherapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen H.-J. Schild, und U. Förstermann

Das Immunsystem als „sechstes Sinnesorgan“ dient dem Erkennen innerer Feinde: Bakterien, Viren und auch Krebszellen. Der Arzt sei dein Freund und Helfer – für die Polizei deines Körpers, das Immunsystem. Gerhard Uhlenbruck, deutscher Immunbiologe und bekannter Aphoristiker

16.1. Grundlagen von Immunreaktionen Schäden

angeborenen

adaptiven

abzuwehren,

Immunsystems

Immunsystems,

12

einzelne Lymphozyt

Rezeptoren mit einer einzigen

Spezifität.

T-Lymphozyten, B-Lymphozyten,

B-Lymphozyten

Antikörper,

IgM

IgG IgA IgE

IgD T-Lymphozyten

vererbte HLAHaplotyp

zytotoxischen

T-Zellen

Helfer-T-Zellen

verschiedenen

Subpopulationen,

Regulation einer Immunantwort. B: B-Lymphozyten; Tc: zytotoxische T-Lymphozyten; TH: Helfer-T-Lymphozyten; THp: TH-Vorläuferzellen; MF: Monozyten/Makrophagen ; DC: dendritische Zellen ; B/M: basophile Leukozyten/Mastzellen; N: neutrophile Leukozyten; IL: Interleukine; IFN: Interferon; Ig: Immunglobulin; NK: natürliche Killerzellen; = Aktivierung; = Hemmung . ABB. 16.1

TH-1-Lymphozyten γ

TH-2-Lymphozyten

γ

TH-17-Lymphozyten

TH-2-Zellen,

γ

TH-1-Zellen TH-17-Zellen

γ

β

Effektormechanismen einer Entzündung Antigen-Antikörper-Komplexe aktivieren das Komplementsystem.

16.2. Allergie und Hypersensibilität

Sensibilisierung – allergische Reaktion

Sensibilisierung Erstkontakt

starken Allergenen bei schwachen Allergenen

Wochen bis Monate

schwache

Antigenkarenz

Allergische Reaktion klinischen Erscheinungen Coombs

Reaktionstypen Mediatoren Zielorgane

und

Gell

16.2.1. Allergische Reaktionen der Typen I, II und III – Sensibilisierung durch Antikörperbildung Typ I – anaphylaktische allergische Reaktionen Antikörpern der Klasse IgE

ABB. 16.2

Allergische Reaktionen: Typ I – anaphylaktische Reaktion .

Mediatoren

Durchlässigkeit spastische

Gefäßen

Kontraktion lokalen

Entzündungsreaktion

Anaphylaktoide Reaktionen nichtimmunologische

pseudoallergischen oder anaphylaktoiden Reaktionen.

Klinik

Mechanismen

• Rhinitis • Konjunktivitis • Urtikaria • Quincke-Ödem • Larynxödem • Asthma • Im Extremfall anaphylaktischer Schock Typ II – zytotoxische allergische Reaktionen I g G -

Aktivierung Effektormechanismen,

ABB. 16.3

Allergische Reaktionen: Typ II – zytotoxische Reaktion .

Klinik

• Vaskulitis • Thrombozytopenische Purpura • Anämie Typ III – allergische Immunkomplexreaktionen

IgM-Klasse

von

komplement-

oder

antikörperabhängigen

Antigen-Antikörper-Komplex.

Komplementsystem.

ABB. 16.4

Allergische Reaktionen: Typ III – Immunkomplexreaktion (C5–C9 = aktivierter Komplementkomplex) .

phagozytierende

Entzündungsmediatoren.

α

α

Klinik

• Purpura Schoenlein-Henoch • Glomerulonephritis • Rheumatoide Arthritis • Kollagenosen • Reaktionen auf Tierseren („Serumkrankheit“)

16.2.2. Allergische Reaktionen vom Typ IV – Bildung von immunreaktiven Lymphozyten

spezifische T-Lymphozyten

Zellen

Typ IVa – zellvermittelte, zytotoxische allergische Reaktion zytotoxischen CD8.

ABB. 16.5

Allergische Reaktionen: Typ IVa – zellvermittelte Reaktion, Zytotoxizität .

Typ IVb – zellvermittelte allergische Reaktionen vom verzögerten Typ

Helfer-T-Lymphozyten

C D 4

ABB. 16.6

Allergische Reaktionen: Typ IVb – zellvermittelte Reaktion, verzögerter Typ .

Klinik

• Hautveränderungen wie das Kontaktekzem oder eine atopische Dermatitis , • Abstoßung von Transplantaten oder Autoimmunerkrankungen, die überwiegend durch zelluläre Immunreaktionen verursacht sind.

16.2.3. Arzneimittelallergie Vorkommen

Häufigkeit Penicillinen

Agranulozytose,

Allergieauslösende Arzneistoffe

Arzneimittelallergien bei allen Arzneimittelklassen

Tab. 16.1 Wichtige systemisch angewandte Arzneimittel mit allergischen Nebenwirkungen Psychopharmaka Hypnotika Antiepileptika Antiphlogistika/Analgetika Muskelrelaxantien Arzneimittel mit Wirkung auf Herz/Kreislauf Thyreostatika Antibiotika Chemotherapeutika Fungistatika Medikamente gegen Protozoen Blutersatzmittel Hormone und hormonfreisetzende Substanzen

Haut

kommen

Art der Verabreichung Allergien weitaus am häufigsten

Verabreichung auf der vor,

topisch

kontraindiziert

Tab. 16.2 Wichtige topisch angewandte Arzneimittel mit allergischen Reaktionen Lokalanästhetika Antihistaminika

1

Antibiotika Chemotherapeutika

Immunogenität von Arzneimitteln Wirkstoff

Begleitstoffe

allergischen Reaktionen

Molekülgröße;

β

Pharmaka Immunogen Hapten Träger

Träger

stabile

β

Klinische Erscheinungen

generalisierte ein

Organ

Generalisierte Arzneimittelallergien

Tab. 16.3 Generalisierte allergische Arzneimittelreaktionen

Bindung

Anaphylaktischer Schock

Warnzeichen

Symptome

Pathologisch

Ursache

Arzneimitteln Fremdproteine,

niedermolekularen

Serumkrankheit zirkulierende Antigen-Antikörper- Komplexe

Artfremde

Seren niedermolekulare

Arzneimittelinduziertes Fieber

Pharmaka

Vaskulitiden

Generalisierte Autoimmunreaktionen systemischer Lupus erythematodes (SLE-Syndrom) reversibel.

Arzneimittelallergien, die sich an einzelnen Organen manifestieren

Tab. 16.4 Manifestationen von Arzneimittelallergien an inneren Organen Hämatologische Manifestationen

Respirationstrakt

Leber Niere

Nervensystem Eosinophilie

Zytopenie

Tab. 16.5 Gegenüberstellung allergischer und toxischer Arzneimittelschäden am Beispiel der Agranulozytose Allergisch

Toxisch

Ursache

Dosisabhängigkeit Sensibilisierung (= vorausgegangene Exposition) Abfall der Granulozyten Reexposition Allergischen

zytotoxische (Typ II) oder Immunkomplexreaktionen (Typ III)

zelluläre Reaktionen (Typ IVa)

Arzneimitteln

Respirationstrakt Rhinitis, Larynxödem b r o n c h i a l e

nichtimmunologische

Ursachen

Toxische

Atopie Analgetikaintoleranz.

Asthma

2

4 2

Alveolitis Typ-III-(Immunkomplex-)Reaktion zelluläre (Typ-IV-) Reaktionen

Leber primär hepatozelluläre Schädigung Cholestasesyndrom (zelluläre) Typ-IV-Reaktionen

Typ-III-(Immunkomplex-)

Niere arzneimittelbedingten

Glomerulonephritis

nephrotischen Syndrom

interstitielle Nephritis,

zelluläre Typ-IV-Reaktionen Typ-III-(Immunkomplex-)Reaktionen

Arzneimittelallergien der Haut immunologisch privilegiertes

Tab. 16.6 Arzneimittelallergische Reaktionen der Haut (nach K. H. Schulz, Internist 27 , 372, 1986)

Fotokontaktdermatitis

Arzneimittelinduzierte Pseudoallergie

ohne

dazwischengeschaltete

Immunreaktion,

Mechanismen, Arzneimittel

Tab. 16.7 Mechanismen arzneimittelinduzierter pseudoallergischer Reaktionen (nach P. A. Berg et al. In: E. Fuchs, K. H. Schulz [Hrsg.], Manuale Allergologicum IV, Dustri-Verlag 1987, S. 1) Mechanismus

Pharmaka

Unterscheidung

Allergien

Immunregulation

Pseudoallergien

immuntoxische

16.2.4. Pharmakotherapie der Allergie kausale Allergenkarenz.

β

Hyposensibilisierung oder spezifische Immuntherapie (SIT).

γ

Pharmaka symptomatisch

prophylaktisch ®

Antiallergische Therapie der Typ-I-Reaktionen

Inhibitoren

der

Mastzelldegranulation H 1 -Rezeptor-Antagonisten

Prophylaktisch verwendete Antiallergika

®

®

ABB. 16.7

Inhibitoren der Mastzelldegranulation.

®

kaum unerwünschte Wirkungen.

Glucocorticoide

Symptomatisch verwendete Antiallergika

H

1

Antagonisten

1

-Rezeptor1

2

®

unerwünschte

3

®

Wirkungen

1

ABB. 16.8

H 1 -Rezeptor-Antagonisten.

topischen ®

®

1

oraler

1

Gabe

Terfenadin, Fexofenadin

450

®

1

Loratadin/Desloratadin ® 1 ®

Cetirizin/Levocetirizin 1 ® ®

1

Mizolastin ®

1 1

Verabreichung

systemisch

Cysteinyl-Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten 4 4 4

Cysteinyl®

Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten ®

1

Therapie des anaphylaktischen Schocks

Adrenalin Glucocorticoiden ®

Antihistaminika

Tab. 16.8 Medikamentöse Sofortmaßnahmen beim anaphylaktischen Schock 1. Epinephrin (Adrenalin) 1:10000-Fertigspritze oder 1:10-Verdünnung der 1:1000-Lösung

2. Volumensubstitution i.v. 3. Glucocorticoide i.v. 4. Antihistaminikum i.v.

®

Weitere Notfall- und Therapiemaßnahmen:

Antiallergische Therapie der Typ-II-, -III- und -IV-Reaktionen Typen II

Allergenkarenz Immunsuppression Typen III antientzündliche

Therapie

IVb

IVa

16.3. Autoimmunität und Transplantation

16.3.1. Autoimmunitätsreaktionen der Typen II und III Typ II – Antikörper gegen Zelloberflächen- oder Matrixantigene

Klinik

• autoimmunhämolytische Anämien, • Immunthrombozytopenien , • Immunthyreopathien . Typ III – immunkomplexvermittelt

Klinik

• systemischer Lupus erythematodes (SLE), • essentielle gemischte Kryoglobulinämie , • Immunkomplexvaskulitis .

16.3.2. Autoimmunitätsreaktionen vom Typ IV

β

Klinik

• Typ-1-Diabetes-mellitus • Multiple Sklerose • Rheumatoide Arthritis

16.3.3. Strategien der Immunsuppression

12

antigenunspezifisch

0

1

Eine

immunsuppressive Therapie mit Zytostatika bewegt sich daher auf dem schmalen Grat zwischen einer ungenügenden Beeinflussung der unerwünschten Immunreaktion und einer zu weit gehenden Schwächung der Schutzfunktion des Immunsystems.

Tab. 16.9 Immunsuppressiva Immunsuppression

Dosierung

Bemerkungen

Cave:

Ermittlung der individuellen Dosierung durch regelmäßige Messung der Blutspiegel (therapeutisches Drug-Monitoring).

Molekulare Mechanismen von Immunsuppressiva. FKBP-12: FK-bindendes Protein (FK506 war die urspüngliche Bezeichnung von Tacrolimus); IL: Interleukin; mTOR: mammalian target of rapamycin (Rapamycin = Sirolimus); NFAT: nukleärer Faktor aktivierter T-Lymphozyten, spezifischer Transkriptionsfaktor; S6K: S6-Kinase; = Hemmung. ABB. 16.9

16.3.4. Immunsuppression durch Inhibitoren der Interleukin-2-Synthese Glucocorticoide

zelluläre

Immunreaktionen;

reversiblen Sequestrierung im Knochenmark.

Ciclosporin ®

(Polypocladium inflatum ) Bildung

hemmt Lymphokinen,

Komplex

aus

Ciclosporin

und

Cyclophilin

hemmt

die

Proteinphosphatase

Calcineurin

κ

Selektivität zelluläre Immunreaktionen unterdrückt,

oraler

unsicheren

Bioverfügbarkeit

unerwünschte Wirkung

Tacrolimus ®

Wirkmechanismus ist dem von Ciclosporin ähnlich zelluläre

hemmt Immunreaktionen.

orale Bioverfügbarkeit

Nebenwirkungen

®

Pimecrolimus ®

16.3.5. Immunsuppression durch Hemmstoffe der Interleukin-2-induzierten Zellproliferation Cyclophosphamid ®

bifunktionellen alkylierenden Zytostatika.

Lymphozyten

sehr

empfindlich humorale

zelluläre

Immunreaktionen

gehemmt.

oral Tagesdosis

Azathioprin ®

6-Mercaptopurin hemmt die Biosynthese von Purinnukleotiden.

h e m m t

zelluläre

Immunreaktionen.

Tagesdosis

Methotrexat ®

hemmt

es

das

Enzym

Dihydrofolat- Reductase.

Antikörperbildung Tagesdosis

antiinflammatorisch,

Mycophenolatmofetil/Mycophenolsäure ®

Mycophenolsäure. ®

Penicillium hemmt die Inosinmonophosphat-Dehydrogenase,

DNA-Synthese orale Bioverfügbarkeit

Sirolimus/Everolimus ®

Streptomyces hygroscopicus

Serin-/Threonin-Kinase mTOR (mammalian target of rapamycin) inhibiert.

®

16.3.6. Immunsuppression durch Antikörper (und andere Proteine)

Antikörper gegen auf Lymphozyten vorkommende Antigene

komplementvermittelte

Lyse

Autoimmunerkrankungen Erkrankungen

chronisch-entzündlichen

Wirkung proinflammatorischer Zytokine,

α

neutralisieren.

Tab. 16.10 Auswahl an zugelassenen oder sich in Studien befindlichen Antikörpern für die Immunsuppression IL-6-R: IL-6-Rezeptor; MS: multiple Sklerose; mAK: monoklonaler Antikörper ; MTX: Methotrexat; RA: rheumatoide Arthritis; SLE: systemischer Lupus erythematodes; TBC: Tuberkolose C; JIA: juvenile idiopathische Arthritis Name (Handelsname)

Zielstruktur

Bemerkungen

®

®

akuten Abstoßungen

Anti-MausIg-Antikörpern,

®

®

Name (Handelsname)

Zielstruktur

Bemerkungen

®

® 1

®

®

®

®

Name (Handelsname)

Zielstruktur ®

®

®

®

®

®

Bemerkungen

Name (Handelsname)

Zielstruktur

Bemerkungen

®

TM

16.3.7. Klinische Anwendung von Immunsuppressiva Transplantation

lebenslange Behandlung

Immunsuppressiva

Autoimmunerkrankungen

α systemischen Autoimmunerkrankungen

organspezifische Autoimmunerkrankungen,

chronisch-entzündlicher

Erkrankungen

allergische

Reaktionen

®

®

16.4. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen und ihre Pharmakotherapie 16.4.1. Akute und chronische Entzündung

Dolor

Rubor

Calor

Tumor Functio laesa

ABB. 16.10

Mechanismen der akuten und chronischen Entzündung.

Ag: Antigen; Ak: Antikörper; B: B-Lymphozyt; C: Komplement; Monozyt/Makrophage; T: T-Lymphozyt.

: aktiviertes Komplement; IFN: Interferon; IL: Interleukin; MΦ:

akuten Entzündung

γ

chronisch-entzündlichen

Erkrankungen,

Autoimmunreaktion perpetuierenden Mechanismus

Entzündungsmediatoren

Tab. 16.11 Mediatoren der entzündlichen Reaktion aus Granulozyten und Monozyten/ Makrophagen Enzyme, Lipidmediatoren

Reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies 2

•-

2

2



Histamin Bradykinin Komplementfaktoren Zytokine Gerinnungsfaktoren Wachstumshormone Andere wichtige Proteine,

2

Enzyme Enzyme

P ro tea sen

Phospholipasen

Lipidmediatoren, Prostaglandine und Leukotriene Lipidmediatoren

Eicosanoide Prostaglandine und

Leukotriene

Reaktive Sauerstoffspezies

2 2

Superoxid-Radikal-Anion (O 2 •– ) •

Hydroxyl-Radikal (OH )

Wasserstoffperoxid (H 2 O 2 ) 2

2





•–

N A D P H -O x ida se 2





(„oxidative

burst“). 2

•– 4

Infektabwehr.

NADPH-Oxidase-Reaktion 2

•–

chronischen O

2

2



Granulomatose – -Produktion

defekt.

•–

Rekrutierung von Leukozyten

Reaktive Stickstoffverbindungen Stickstoffmonoxid

N

O•

, L-Arginin,

induzierbare NOS

• •



Histamin als Entzündungsmediator

Sofortreaktionen

Vasodilatation

Ödembildung neuronalen α

Bradykinin als Entzündungsmediator

Komplementfaktoren C3a, C4a C5a,

chemotaktische Aktivität

Zytokine und Entzündung

Aktivatoren von Entzündungszellen,

Tab. 16.12 Wichtige inflammatorische Zytokine Zytokine

Hauptsynthesezellen

Hauptfunktionen bei Entzündung

Akronym: r egulated upon a ctivation, n ormal T e xpressed and presumably s ecreted.

Fieber

Interleukin-1

im

2 2

2

Induktion von Akute-PhaseProteinen diagnostischer Parameter Entzündung

16.4.2. Pharmakotherapie entzündlicher Erkrankungen terminalen

Mediatoren greifen nicht

nur Fremdstoffe, sondern auch körpereigene Gewebe

akuten Ereignissen chronisch-entzündlichen Erkrankungen

Unterdrückung von Entzündungssymptomen Verhinderung von Organschäden,

Nichtsteroidale Antiphlogistika bei akuten, temporären Entzündungen meist allein Linderung der Schmerzen und Entzündungssymptome, progressionshemmende

Therapie

chronisch-entzündlicher

bei chronischen Entzündungen

Erkrankungen

Pharmakotherapie der rheumatoiden Arthritis

16.4.3. Symptomatische Pharmakotherapie, nichtsteroidale Antirheumatika, Glucocorticoide Nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika, NSA antiphlogistisch-antirheumatisch

ABB. 16.11

Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSA)

Tab. 16.13 Dosierung und Plasmahalbwertszeit ausgewählter nichtsteroidaler Antiphlogistika Einzeldosis beim Erwachsenen

Plasmahalbwertszeit

Bedingt durch ausgeprägten enterohepatischen Kreislauf. Aufgrund der bei hohen Dosen ausgeprägten gastrointestinalen Nebenwirkungen kaum Einsatz als Antiphlogistikum. COX-2-Selektivität gering.

Acetylsalicylsäure.

Acetylsalicylsäure in dieser Indikation kaum eingesetzt

Ibuprofen, Naproxen Ibuprofen

Naproxen

®

®

Flurbiprofen, ® ®

Diclofenac ®

„Reservepräparate“

„Reservepräparate“

„Reservepräparate“ Indometacin

®

®

Piroxicam

®

Phenylbutazon

Prävention gastrointestinaler Nebenwirkungen der NSA Magenschleimhautschäden und -blutungen

2

®

Selektive Inhibitoren der Cyclooxygenase-2

Meloxicam

®

®

Celecoxib ®

Etoricoxib

Parecoxib

®

Parecoxib

®

Valdecoxib ®

Lumiracoxib ® ®

Glucocorticoide

Allgemeiner Wirkmechanismus

Transkriptionsrate

Antiphlogistischer Wirkmechanismus

Zytokinen

α Prostaglandinen γ

Genexpression Phospholipase A 2

COX-2

N O•

Tab. 16.14 Antiphlogistische und immunsuppressive Wirkungen von Glucocorticoiden Hemmung der Bildung von Zytokinen

Hemmung der Induktion proinflammatorischer Enzyme 2

Hemmung der Expression von Zellinteraktionsmolekülen

Hemmung der Expression von MHC-Molekülen Hemmung der Ausschüttung präformierter Mediatoren Induktion von Akute-Phase-Proteinen in der Leber

Molekulare Mechanismen der Entzündungshemmung und Immunsuppression von Glucocorticoiden. AP1: Transkriptionsfaktor, bestehend aus zwei Untereinheiten, cJun und cFos; GR: Glucocorticoid-Rezepto r; GRE: Glucocorticoidresponsives Element = Bindungsstelle für GR in Promotoren; HSP 90: Hitzeschockprotein 90; IKK: IκB -Kinase; IκB: Inhibitor von NFκB ; IL-1: Interleukin-1; JNK: cJun-N-terminale Kinase ; NFκB: Transkriptionsfaktor aus zwei Untereinheiten, p50 und p65; p38K: p38-Proteinkinase ; TNF: Tumor-Nekrose-Faktor. Cis-inhibitorische Wechselwirkung zwischen GRE und z. B. NFκB-Promotor-Element. Transinhibitorische Protein-Protein-Interaktion zwischen GR und NFκB am Promotor; diese schließt auch die mögliche Kompetition um Koaktivatorproteine (z. B. p300) ein. Induktion inhibitorischer Proteine durch GR, z. B. IκB oder Phosphatase, die p38K antagonisiert. Bindung von GR und Transkriptionsfaktoren wie NFκB oder AP-1 und Hemmung ihrer Kernlokalisation und/oder Funktion. ABB. 16.12

Unerwünschte Wirkungen

häufigsten

Nebenwirkungen

16.4.4. Langfristig wirksame Antirheumatika, Basistherapeutika

wirken

oft erst nach einigen Wochen.

„disease-modifying antirheumatic drugs“

DMARDs

Entzündungsauslösung

Methotrexat

®

Dosierungen

viel niedrigere

Tab. 16.15 Unerwünschte Wirkungen bei Basistherapeutika der rheumatoiden Arthritis Metho tre xat

Cave:

Cyclo ph os ph am id Azath iop rin

Cave:

Ciclos po rin A Leflu no mi d Sulfas ala zin Zytok inIn hi bit or en Antim ala ria mi tte l organi sc he Go ldv er bi nd un ge n

Immunsuppressiva als „Reserve-Basistherapeutika“

schwere

Azathioprin Ciclosporin

Leflunomid ®

®

Verlaufsformen

®

ABB. 16.13

Leflunomid.

Sulfasalazin ®

entzündlichen

rheumatoiden

Darmerkrankungen

Arthritis

unerwünschten

Wirkungen

Biotechnologisch hergestellte Zytokininhibitoren („Biologicals“)

α ®

α

Infliximab Adalimumab α

Etanercept

®

®

Anakinra

®

α

Weitere (ältere) Basistherapeutika

Weitere (ältere) Basistherapeutika ®

Hydroxychloroquin

organischen Goldverbindungen ®

keine wesentliche Rolle

16.4.5. „Antirheumatika“ mit fragwürdiger Wirkung

Teufelskrallenwurzeln

Vitamin

Brennnesselblättern,

E, Chondroprotektiva

16.4.6. Therapie der rheumatoiden Arthritis

ABB. 16.14

Therapieschema der rheumatoiden Arthritis .

16.5. Immunmodulation

immunologische

Abwehr

des

Immunsystems

beeinflussen;

antigenunspezifisch alle Reaktionen des Immunsystems verstärkt

Extrakte

Pflanzen,

Mikroben

tierischen

Organen. chemisch

Tab. 16.16 Immunmodulatoren Toll-like Receptor

Ligand

Beispielsubstanzen

klinische Phase

Herstellung

®

®

®

®

®

Agonisten Antagonisten

Imiquimod ®

Bindung von Imiquimod an den TLR7

Glatiramer ®

Lenalidomid ® ®

α

striktes Schwangerschaftsverhütungsprogramm

16.5.1. Mediatoren des Immunsystems – Zytokine

Zytokine steuern die Differenzierung und Effektorfunktionen

Aktivierung aller Zellen des Immunsystems. Entzündung

Koloniestimulierende Faktoren (colony-stimulating factors, CSF)

Granulozyten-CSF (G-CSF)

parenteral

Indikationen

unerwünschte

Wirkungen

Filgrastim ®

Lenograstim ®

Granulozyten-Monozyten-CSF (GM-CSF)

parenteral

Indikationen

Arzneimittelwirkungen

Interferone

Viren α

β

γ

Interferone- α Aminosäuresequenzhomologie Interferon- β α Interferon- γ

nach α

Stimulation β γ

Interferone- α und Wirkungen.

β

Interferon- γ

γ antivirale Schutzwirkung

Mechanismen.

antiproliferative

parenteral, α

unerwünschten

Wirkungen

Interferone-α

• Interferon-α-2a (Roferon-A ® , pegyliert: Pegasys ® ) • Interferon-α-2b (IntronA ® , pegyliert: PegIntron ® ). Indikationen

α

6

2

6

Interferone-β-1a und -β-1b Indikation

®

β β 6

6

β

®

Interferon-γ-1b Indikation

γ

®

2

Interleukine Interleukin-2

®

6

2

Interleukin-1

γ

Tumor-Nekrose-Faktor α α

α

16.5.2. Zytokin-gentherapeutische Ansätze

lokalen Zytokinkonzentration

α

α

Weiterführende Literatur Furst D.E, et al. Updated consensus statement on biological agents, specifically tumour necrosis factor a (TNFa) blocking agents and interleukin receptor antagonist (IL-1ra), for the treatment of rheumatic diseases. Ann Rheum Dis . 2004;63(Suppl. II):ii2–ii12. Hennessy, E. J., Parker, A. E., O’Neill, L.A.: Targeting Toll-Like receptors: emerging therapeutics? Nat Rev Drug Discov 9(4), 293–307. Kaever V, Szamel M. Immunosuppressive Agents. In: Offermann S, Rosenthal W, eds. Encyclopedia of Molecular Pharmacology . Heidelberg: Springer; 2008:618–622. Manger B. Überarbeitete Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie mit Tumornekrosefaktor-hemmenden Wirkstoffen bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen. Z Rheumatol . 2002;61:694–697. Nijkamp F.P, Parnham M.J, eds. Principles of immunopharmacology . Basel: Birkhäuser; 2005. Oppenheim J, Feldman M. Zytokine reference, includes regularly updated online version . New York: Academic Press; 2000. Hershberger Ray, E, et al. Daclizumab to prevent rejection after cardiac transplantation. New Engl J Med . 2005;352:2705–2713. Resch K. Einfluß von Pharmaka und toxischen Substanzen auf das Immunsystem. In: Grosdanoff P, et al., ed. Toxikologische und klinisch-pharmakologische Prüfungen, Anforderungen, Methoden, Erfahrungen, Perspektiven . Berlin: DeGruyter; 1990:281–299. Resch K. Zytokine als neue Arzneimittel. Bundesgesundheitsbl.-Gesundheitsforsch.-Gesundheitsschutz. . 46. 2003:173–181. Vincenti F. What's in the pipeline? New immunosuppressive drugs in transplantation. Am. J. Transplant . 2002;2:898–903.

KAPITEL 17

Pharmakologie des kardiovaskulären Systems – das Herz T. Eschenhagen

Der Winterabend dämmerte schon, als Martin zurück war und die Medizin an Engelke abgab. Der brachte sie seinem Herrn. „Sieh mal“, sagte dieser, als er das rundliche Fläschchen in Händen hielt, „die Granseer werden jetzt auch fein. Alles in rosa Seidenpapier gewickelt.“ Auf einem angebundenen Zettel aber stand: „Herrn Major von Stechlin. Dreimal täglich zehn Tropfen.“ Dubslav hielt die kleine Flasche gegen das Licht und tröpfelte die vorgeschriebene Zahl in einen Löffel Wasser. Als er sie genommen hatte, bewegte er die Lippen hin und her, etwa wie wenn ein Kenner eine neue Weinsorte probt. Dann nickte er und sagte: „Ja, Engelke, nu geht es los. Fingerhut.“ Theodor Fontane: Der Stechlin

17.1. Beeinflussung der Erregungsbildung und Erregungsleitung – Pharmakotherapie der Herzrhythmusstörungen 17.1.1. Physiologische Vorbemerkungen – Elektrophysiologie des normalen Herzrhythmus normale Erregung des Herzens

Aktionspotentiale in den einzelnen Abschnitten des Erregungsleitungssystems des Herzens und Zeitpunkte des Eintreffens der Erregungswelle. Man beachte die unterschiedliche Steilheit der diastolischen Depolarisation in den zur Automatie befähigten Geweben ( Sinusknoten, AV-Knoten, Purkinje-Fasern) sowie die Verzögerung der Erregungsfortleitung im AV- Knoten. ABB. 17.1

• durch die Differenzierung von Kardiomyozyten in spontan depolarisierende Schrittmacherzellen (Sinusknoten, AV-Knoten, His-Purkinje-System) und normalerweise nicht spontan depolarisierende Arbeitsmyozyten,

• durch die absteigende Spontanfrequenz der genannten Erregungsbildungszentren und • durch elektrische Isolation des Vorhofs von der Kammer, die normalerweise nur durch spezialisierte Leitungsbahnen wie den AV-Knoten unterbrochen ist (Ausnahme z. B. akzessorische Bahnen bei WPWSyndrom). + +

2+

+ +

+

2 +

+

Richtung

Konzentrationsgradienten

elektrischen Gradienten (Nernst-Gleichung), +

+ +

+

Selektivität Stärke

β 2+ +

+

2 + 2

+ + +

+

Tab. 17.1 Häufige Arrhythmie -begünstigende und -auslösende Faktoren (modifiziert nach Haverkamp et al., Eur Heart J 21 , 1216–1231, 2000) Faktor

Mechanismus Kr

K

K

to

K

K

2+ 2+ + +

+

2+

2+

+

2 +

2+

+

2 + 2+ + +

2+

2+

Einfluss der intrazellulären Natriumkonzentration auf die Richtung des Natrium/Calcium-Austauschers (NCX) . Schematische Darstellung der geschätzten Veränderungen des Na + /Ca 2+ -Gleichgewichtspotentials (E Na/Ca ) während eines Aktionspotentials in ventrikulärem Myokard des Kaninchens. Wenn das Membranpotential (E m ) gegenüber E Na/Ca positiv ist, kommt es zu einem C 2+ -Einwärtsstrom (schattierte Felder) und umgekehrt. Bei ABB. 17.2

einer erhöhten intrazellulären Na + -Konzentration (z. B. als Herzglykosidwirkung, rechts) kommt es aufgrund der Verschiebung des E Na/Ca zu einer deutlichen Zunahme des Ca 2+ -Einwärtsstroms über den NCX. Der intrazelluläre Ca

2+

-Transient ([Ca 2+ ]i) ist unten dargestellt. Aus: Bers, D.M.: Excitation-contraction Coupling and Cardiac Contractile Force. 2. Aufl. Kluwer, London–New York, 1993.

Ionenströme im ventrikulären Arbeitsmyokard (links) und Sinusknoten (rechts). Stark vereinfachte Darstellung der depolarisierenden (oben) und repolarisierenden Ströme, die in ihrer Summe das jeweilige Aktionspotential verursachen. Typische Unterschiede sind in Rot gekennzeichnet. Man beachte das niedrigere maximale diastolische Potential im Sinusknoten und die spontane diastolische Depolarisation (Phase 4). I Na : Schneller Na + -Strom, der das Aktionspotential einleitet und in wenigen ms inaktiviert. I Na fehlt in zentralen Abschnitten des Sinusknotens, scheint aber nach neueren Daten in seiner Peripherie zu existieren. ABB. 17.3

I f : Depolarisierender, Hyperpolarisations-aktivierter, durch zyklische Nukleotide modulierter nichtselektiver (Na + - und K + -leitender) Strom („Schrittmacherstrom“), der die spontane Depolarisation im Sinusknoten einleitet. Fehlt im normalen Arbeitsmyokard. I Ca,L : L-Typ-Ca 2+ -Strom, der in allen Myokardanteilen den langsamen Ca 2+ -Einstrom in der Plateauphase des Aktionspotentials vermittelt. : T-Typ-Ca 2+ -Strom, der im Sinusknoten durch die initiale, I f -vermittelte Depolarisation transient (daher der Name „T“) angeschaltet wird. Fehlt im Arbeitsmyokard.

I

Ca,T

I

NCX :

Na + /Ca 2+ -Austauscherstrom, trägt in Phase 1 im Arbeitsmyokard kurzfristig zum Ca 2+ -Einwärtsstrom bei („reverse mode“) und ist dann im Weiteren der wichtigste Mechanismus, das durch den I Ca,L einfließende Ca 2+

elektrogen (depolarisierend) wieder aus der Zelle zu transportieren („forward mode“). I K1 : „Einwärtsgleichrichter“ („inward rectifier“), ist hauptverantwortlich für die Aufrechterhaltung des Ruhepotentials. Er wird während der Depolarisation abgeschaltet und springt ab einem Potential von ca. –50 mV wieder an. I K1 fehlt im Sinusknoten. I to : Der für die Kerbe des Aktionspotentials (Phase 1) verantwortliche K + -Strom. Er springt unmittelbar nach Beginn der Depolarisation an und wird dann rasch inaktiviert. I K : Verzögerter Gleichrichter („delayed rectifier“), ist hauptverantwortlich für die Repolarisation und setzt mit Verzögerung (daher der Name) ein. I K gliedert sich in unterschiedlich rasch aktivierbare Komponenten (I Ks – „slowly“, I Kr – „rapidly“), wobei vor allem I Kr Hauptangriffspunkt für spezifische (Sotalol) und unspezifische ( ) Hemmstoffe der Repolarisation ist. I KACh : Acetylcholin-aktivierter K + -Strom, ist für die Vagus- und Adenosin-vermittelte Abnahme der spontanen diastolischen Depolarisation im Sinusknoten und Verkürzung des Aktionspotentials im Vorhof verantwortlich ( ). Er fehlt im Ventrikel. +

+ +

+

+

+

β

+

+

Aktionspotential im Arbeitsmyokard und Schrittmachergewebe

• Phase 0 bezeichnet den Beginn des Aktionspotentials (AP), der durch eine rasche und kurz anhaltende Öffnung spannungsabhängiger Na + -Kanäle gekennzeichnet ist. Voraussetzung ist ein elektrischer Reiz ausreichender Stärke. Er muss einen Einwärtsstrom hervorrufen, der den basalen K + -Auswärtsstrom I K1 übertrifft und den Spannungssensor des Na + -Kanals so weit erregt, dass es zur schlagartigen Öffnung des Kanals kommt. Das Schwellenpotential des kardialen Na + -Kanals liegt bei etwa –75 mV. • In Phase 1 inaktivieren die Na + -Kanäle, das Potential wird durch transiente K + -Auswärtsströme (I to ) teilweise repolarisiert, und es kommt zur depolarisationsvermittelten Öffnung von L-Typ-Ca 2+ -Kanälen, welche die herzcharakteristische breite Plateauphase 2 des AP verursachen. Die Na + -Kanäle inaktivieren allerdings nicht vollständig, sondern lassen einen sehr kleinen anhaltenden Einwärtsstrom zu. Bei bestimmten Formen des LQT-Syndroms (Typ 3) ist dieser Anteil erhöht. Während des Plateaus halten sich depolarisierende Ca 2+ -Einwärts- und repolarisierende K + -Auswärtsströme (I Kr und I Ks ) in etwa die Waage. • In Phase 3 überwiegen die auswärts gerichteten K + -Ströme und die Ca 2+ -Kanäle inaktivieren. Sie endet mit der Repolarisation, d.h. dem Erreichen des normalen Ruhepotentials. • In der Phase 4 bis zum nächsten, durch eine fortgeleitete Depolarisationswelle initiierten AP kommt es (im Arbeitsmyokard) zu keiner Potentialänderung. Dafür sind vor allem einwärts gleichrichtende K + Ströme (I K1 ) verantwortlich, die das Ruhepotential nah am Gleichgewichtspotential für K + halten.

Tab. 17.2 Arzneimittel, die zu Verlängerungen des QT-Intervalls führen können (Auswahl) (modifiziert nach Haverkamp W. et al., Eur. Heart J. 21 , 1216–1231, 2000 und aktualisiert nach Literaturrecherche 01/2016). Substanzklasse

Arzneimittel

Torsade-de-pointes-Arrhythmien berichtet

Antiarrhythmika

Psychopharmaka

Antimikrobielle Pharmaka

Antihistaminika

Verschiedene

Marktrücknahme oder Entwicklungsstopp wegen Arrhythmien.

Tab. 17.3 Einteilung der Antiarrhythmika nach ihren Angriffsorten (Ionenkanäle, Ionenpumpen, Rezeptoren). Die Hauptwirkungen sind mit vollen Symbolen (•, ▪) markiert, zusätzliche Wirkungen mit leeren Symbolen, Substanzwirkungen im Sinne einer Inaktivierung bzw. eines Antagonismus sind als Kreis, solche im Sinne eines Agonismus als Quadrat gekennzeichnet.

2

f

+

C a , T +

K1

2 +

+

2 +

+ 2 +

„slow response“ „fast response“

f

f

Refraktärzeit +

Ruhezustand (R) offenen, leitenden inaktiven Zustand (I)

Zustand (O)

+

+

absolute Refraktärzeit

+

relative Refraktärzeit

Zustandsänderungen des Na + -Kanals im Verlauf eines Aktionspotentials. A) Während der Diastole (Ruhephase R) ist der Na + -Kanal geschlossen, aber durch Spannungsreize aktivierbar. Nur während der Phase 0 der Depolarisation (für 1–2 ms) ist er im offenen, konduktiven Zustand O; ab dem Einsetzen der Plateauphase bis zu einem Wert von –50 mV der Repolarisation ist der bereits geschlossene Kanal inaktiviert (Zustand I). Die Phasen 0 bis 2 und teilweise 3 bilden daher die absolute Refraktärzeit, während der auch mit noch so hohen Stromstärken keine Reizantwort auslösbar ist. Der absoluten Refraktärzeit folgt unmittelbar ein ganz kurzes Intervall, innerhalb dessen durch hohe Stromstärken nur eine langsame Membrandepolarisation (gestrichelte Linie), aber noch kein Aktionspotential ausgelöst werden kann. Zwischen –50 mV und dem Ruhemembranpotential (hier bei –90 mV) wird die Inaktivierung des Na + -Kanals progredient durch Repolarisation beseitigt (relative Refraktärzeit). Charakteristisch für diesen Zeitraum ist, dass erhöhte Reizströme tatsächlich ein Aktionspotential auslösen können, das aber – wie aus der Abbildung zu ersehen – kürzer ist und in seiner Anstiegsphase flacher verläuft. B) Gezeigt ist die Aufstrichgeschwindigkeit (V) der in A dargestellten Aktionspotentiale. Man beachte die progredient zunehmende maximale Aufstrichgeschwindigkeit, V max , als Zeichen der Erholung des Na + ABB. 17.4

Kanals. C) Am deutlichsten wird die Erholungsphase des Na + -Kanals veranschaulicht, wenn V max gegen die Zeit aufgetragen ist.

Einfluss des vegetativen Nervensystems Parasympathikus:

2 i C a

f

+

KACh

Einfluss des vegetativen Nervensystems auf die Erregungsbildung und -leitung und die Kraft im Vorhof. Die durch den Vagus hervorgerufene Zunahme des I KACh und die Abnahme von I f -Einwärtsströmen wirkt sich an den einzelnen Abschnitten des Erregungsleitungssystems unterschiedlich aus: Am Sinusknoten (A) Frequenzverlangsamung durch Erhöhung des maximalen diastolischen Potentials und Abflachung der diastolischen Depolarisation, am AV- Knoten (B) verzögerte Überleitung durch Verzögerung der Phase 0, am Vorhof (C) Abnahme der Refraktärzeit durch eine früh einsetzende und beschleunigte Repolarisation. Die Verkürzung des Aktionspotentials hat über die Verringerung des Ca 2+ -Einstroms eine ausgeprägt negativ inotrope Wirkung (untere Kurven in C ). Die durch den Sympathikus hervorgerufene Zunahme von I Ca und, an Schrittmacherzellen, von I f bewirkt eine frühere Auslösung und beschleunigte Aufstrichphase von „slow-response“-Potentialen (Erhöhung der ABB. 17.5

Sinusfrequenz, A; beschleunigte AV-Überleitung, B ); am Vorhofmyokard (C) ist die Plateauphase verstärkt und die Repolarisation (durch Aktivierung von I Kontraktion ( ).

Ks

) beschleunigt. Die Stimulation von I

Ca führt

zu einer verstärkten

• Abflachung der diastolischen Depolarisation und Erhöhung (= Negativierung) des maximalen diastolischen Potentials. Beides senkt die Sinusfrequenz. • An Zellen mit „slow-response“-Potentialen Verzögerung der Aufstrichphase (Phase 0), sodass am AV-Knoten die Überleitung verlängert wird. Der durch den Vagus verstärkte K + -Ausstrom wirkt dem in dieser Phase dominierenden Ca 2+ -Einstrom entgegen. An Zellen mit „fast-response“-Potentialen (Na + -Potentialen) ist die vagusvermittelte Erhöhung der K + -Leitfähigkeit hingegen zu schwach, um die Aufstrichphase nachhaltig zu beeinflussen. • Über die beschleunigte Repolarisation (I KACh ) Verkürzung der Aktionspotentialdauer mit zwei Konsequenzen: Verkürzung der Refraktärzeit (kann Vorhofflimmern begünstigen, weil die Wahrscheinlichkeit einer kreisenden Erregung, auf wieder erregbares Myokard zu treffen, steigt) und verminderter Ca 2+ -Einstrom, der für die verminderte Kontraktionskraft (negativ inotrope Wirkung) einer Vagusstimulation besonders im Vorhof verantwortlich ist. • Zunahme der Dispersion der Aktionspotentialdauer und Refraktärzeit, da die M 2 -Rezeptoren nicht homogen verteilt sind. Dies erhöht das Risiko von Reentry und Vorhofflimmern ( ). Sympathikus:

β Ca

1

f

• An Schrittmacherzellen zunehmende Steilheit der diastolischen Depolarisation (Phase 4), was in einer Erhöhung der Sinusfrequenz resultiert. • An Zellen des AV-Knotens Beschleunigung der Aufstrichphase mit der Folge einer Überleitungsbeschleunigung. • Am Arbeitsmyokard Zunahme der Kontraktionskraft (positiv inotrope Wirkung) über den vermehrten Ca 2+ -Einstrom. Am Vorhofmyokard Beschleunigung der Repolarisation über Aktivierung von I K und der Na + -K + -ATPase.

17.1.2. Pathophysiologische Vorbemerkungen

• Ischämie bzw. Hypoxie (z. B. beim Herzinfarkt), • Elektrolytverschiebungen (vor allem Hypokaliämie), • pH-Verschiebungen, • vegetative Einflüsse (z. B. vagal induziertes Vorhofflimmern), • erhöhte Catecholaminkonzentrationen, • Überdehnung und Vernarbung von Herzmuskelfasern, • entzündliche Erkrankungen des Herzmuskels, • molekulare Anpassungen bei Herzinsuffizienz (z. B. Reduktion von Kaliumströmen, Zunahme von spontanen intrazellulären Ca 2+ -Freisetzungen aus dem SR, den „sparks“), • angeborene Ionenkanalerkrankungen (z. B. Long-QT-Syndrom [LQTS], Short-QT-Syndrom [SQTS], Brugada-Syndrom , catecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie [CPVT]), • angeborene anatomische Anomalien (ektopes Myokard in den Lungenvenen bei Vorhofflimmern), • nicht selten Arzneimittelwirkungen (z. B. Herzglykoside, Antiarrhythmika, Antibiotika; ). bradykarde

tachykarde

supraventrikuläre

ventrikuläre

Arrhythmiemechanismen Erregungsbildung

Erregungsleitung

Bradykarde

heterotope Automatie „Reentry-Kreisen“ „Dispersion“.

Molekulare Konzepte der Arrhythmieentstehung. 1. Mutationen in Kaliumkanälen bei angeborenem LQT-Syndrom (1 + 2), Klasse-Ia- und -III-Antiarrhythmika und alle anderen repolarisationsverzögernden Arzneimittel ( ) führen zu einer Abnahme von repolarisierenden K + -Strömen. Dies bedingt eine Aktionspotentialverbreiterung und Einschränkung der Repolarisationsreserve, sodass selbst kleine Zunahmen depolarisierender Ströme zu frühen Nachdepolarisationen (EAD) führen. Diese können über einen Reentry-Mechanismus tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (Torsade des Pointes) auslösen. 2. Eine pathologische Zunahme von depolarisierenden Na + -Einwärtsströmen durch mangelnde Inaktivierung von I Na (LQT 3) führt ebenfalls zur Aktionspotentialverbreiterung und den unter 1. beschriebenen Folgen. ABB. 17.6

3. Eine Zunahme von repolarisierenden K + -Strömen (Short-QT- Syndrom, Vagusaktivierung im Vorhof, Ischämie [Zunahme des ATP-sensitiven I KATP ]) verkürzt vor allem epikardial das Aktionspotential, sodass es zu einer Zunahme der Dispersion der Repolarisationsdauer kommt. Dies begünstigt intramurale Reentry-Kreise. In ähnlicher Weise führt eine pathologische Abnahme von I Na (Brugada-Syndrom, Klasse-I-Antiarrhythmika) zu einer Verlangsamung der Erregungsausbreitung, Zunahme der Dispersion und Begünstigung von Reentry-Kreisen. 4. Mutationen des Ryanodinrezeptors (RyR) als eine Ursache der seltenen catecholaminergen polymorphen ventrikulären Tachykardie (CPVT) oder Modifikation durch Phosphorylierung (bei Herzinsuffizienz) erhöhen die Bereitschaft des sarkoplasmatischen Retikulums (SR) zur spontanen Ca 2+ -Freisetzung („sparks“). Dieses Ca 2+ wird über einen depolarisierenden I NCX ( , ) nach außen transportiert, was späte Nachdepolarisationen (DAD) auslöst. Diese können, ebenso wie EADs, über einen Reentry-Mechanismus tachykarde Arrhythmien auslösen. Eine Zunahme der Ca 2+ -Überladung des SR (Herzglykosid-Intoxikation, LQT 3) oder Mutationen im Ca 2+ Speicherprotein Calsequestrin haben dieselbe Konsequenz. Teile der Abbildung sind angelehnt an Gima K. und Rudy Y., Circ. Res. 90 , 889–896, 2002, Akar F.G. und Rosenbaum D.S., Circ. Res. 93 , 638–645, 2003, Bers D.M., Nature 415 , 198–205, 2002.

Störungen der Erregungsbildung heterotoper Nachdepolarisationen

F r ü h e Nachdepolarisationen

„Torsade

de

pointes“,

Automatie.

„Torsade de pointes“ im Oberflächen-EKG. Paroxysmale Kammertachykardien, bei denen die Kammerkomplexe um die isoelektrische Linie zu tanzen scheinen. Sie werden durch Sinusschläge eingeleitet und beendet (aus Yan G.X. und Antzelevitch, C., Circulation 98 , 1928–1936, 1998). ABB. 17.7

+ +

+

2+

+

2+

2+

β β Späte

β

Nachdepolarisationen +

2+

2+

2+

während der Diastole 2+ 2+

+

2+

i

2+

Bigeminie 2 2+

+

2 + 2 +

2 + +

2+ +

Störungen der Erregungsleitung Komplexe Tachyarrhythmien

„kreisenden Erregungen“

„reentry“;

Modellvorstellung der kreisenden Erregung (Reentry) und ihrer pharmakologischen Unterbrechung. A) Dargestellt ist die normale Situation einer hierarchischen Erregungsleitung von proximal nach distal. Die Erregungswelle trifft nach Aufteilung in einen linken und rechten Schenkel in der Mitte unten wieder zusammen und läuft sich tot. B) Bei Auftreten eines Leitungshindernisses (z. B. Ischämie, Narbe) kann es zu einem unidirektionalen Block kommen, d.h., die Leitung wird in einer Richtung komplett blockiert, ist in der anderen Richtung aber verzögert möglich. Durch diese Leitungsverzögerung trifft die Erregungswelle oberhalb des unidirektionalen Blocks auf wiedererregbares Myokard, der Reentry-Kreis schließt sich. C) Durch Gabe eines Klasse-I-Antiarrhythmikums (Na + -Kanal-Hemmung) fällt die verzögerte retrograde Leitung durch das geschädigte Myokard ganz aus, es resultiert ein bidirektionaler kompletter Block, und der Reentry-Kreis bricht zusammen. D) Durch Gabe eines Klasse-I- oder -III-Antiarrhythmikums (K + -Kanal-Hemmung) wird die relative bzw. absolute Refraktärzeit verlängert. Dadurch trifft die verzögert eintretende Erregungswelle oberhalb des unidirektionalen Blocks auf immer noch refraktäres Myokard, der Reentry-Kreis bricht zusammen. ABB. 17.8

Cave

lange Wege kurze

Refraktärzeit Inhomogenität

der

Verzögerung der Erregungsleitung Refraktärzeit

Zunahme der räumlichen Dispersion der Repolarisation elektrische

Inhomogenität

+

t o

t o

+

Molekulare Arrhythmiemechanismen

+

Ks

Kr

+ + 2 +

2 + 2

+

17.1.3. Antiarrhythmika: Allgemeines β

β

Klassifikation von Antiarrhythmika: Prinzipien tachykarde

antiarrhythmischen Prinzipien

• eine Durchbrechung von Reentry-Kreisen durch Verlängerung der relativen bzw. absoluten Refraktärzeit (Klassen I und III) bzw. Leitungsunterbrechung (Klasse I), • eine Unterdrückung der Fortleitung ektoper Erregungen (Klasse I), • eine Verhinderung einer zellulären Ca 2+ -Überladung (Klasse II) und • eine Bremsung am AV-Knoten (Klassen II und IV, akut auch Adenosin). amphiphile Struktur

Klassen I–IV nach Vaughan-Williams Hauptwirkungsmechanismus

Tab. 17.4 Klinische Anwendung von Antiarrhythmika (zum dominierenden Wirkungsmechanismus , zu β-Blockern und Ca 2+ -Kanalblockern s. Text)

Substanz (Handelsnamen), chemische Struktur

Dosierung, pharmakokinetische Angaben, Interaktionen

®

1/2

1/2

®

1/2

Indikationsspektrum

Unerwünschte Wirkungen und Risiken – Herz und andere

Substanz (Handelsnamen), chemische Struktur

Dosierung, pharmakokinetische Angaben, Interaktionen

Indikationsspektrum

® 1/2

® ®

1/2

®

1/2

®

® ® 1/2

®

1/2

® ® 1/2

2+

®

1/2

Unerwünschte Wirkungen und Risiken – Herz und andere

Substanz (Handelsnamen), chemische Struktur

Dosierung, pharmakokinetische Angaben, Interaktionen

Unerwünschte Wirkungen und Risiken – Herz und andere

Indikationsspektrum

® 1/2

®

Handelsname in Österreich

Na

Klasse-I- oder

Na + -Kanal-Blocker

+ +

verlängern die relative Refraktärzeit.

Aufstrichgeschwindigkeit der Phase 0 verringern.

Plötzlicher Herztod während Langzeitverabreichung von Flecainid und Encainid. Patienten mit Herzrhythmusstörungen in der frühen Postinfarktphase wurden in zwei Gruppen eingeteilt: in solche, die Flecainid oder Encainid, und in solche, die stattdessen Placebo erhielten. Die Studie musste früher als geplant abgebrochen werden, da die Fälle plötzlichen Herztodes in der Behandlungsgruppe bereits zu diesem frühen Zeitpunkt signifikant höher als in der Placebogruppe waren (aus „The Cardiac Arrhythmia Suppression Trial [CAST]“, N. Engl. J. Med. 324 , 781–788, 1991). ABB. 17.9

Klasse

+

Ia verlängern das AP,

+

β

Klasse Ib nur im inaktivierten

+

verkürzen das AP + +

+

Kinetik der Na + -Kanal-Blockade während zweier Aktionspotentiale. Die roten Flächen zeigen das Ausmaß der Na + -Kanal-Blockade, das nach Einstellung eines Gleichgewichts zwischen Assoziation und Dissoziation des Antiarrhythmikums zum bzw. vom Na + -Kanal erreicht wird. Die Substanzen verlieren ihre hohe Bindungsaffinität zum Na + -Kanal, wenn er sich in seinem Ruhezustand befindet. Bei Lidocain, das rasch abdiffundiert, wird daher in der Diastolenphase das Ausmaß der Blockade merklich reduziert, umso mehr, je länger die Diastole andauert. Lidocain zeigt daher eine charakteristische positive Frequenzabhängigkeit der Wirkung („use-dependence“). Chinidin diffundiert – wie die meisten anderen Antiarrhythmika dieser Wirkungsklasse – im Ruhezustand des Na + -Kanals nur langsam von seiner Bindungsstelle, seine „use-dependence“ ist demnach viel schwächer (nach Weirich J. & Antoni H., Z. Kardiol. 80 , 177–186, 1991). ABB. 17.10

Klasse Ic

keine Wirkung auf die AP-Dauer,

+ +

β cave

2

+

β-Blocker (Klasse II) 2 +

2 +

Die Senkung der Häufigkeit des plötzlichen Herztodes bei Langzeitverabreichung von β-Blockern ist – im Gegensatz zu den anderen Antiarrhythmika – bei Patienten nach Myokardinfarkt und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz durch zahlreiche Studien belegt. β

β β

β

2

1

-Blocker

β

+

blockieren repolarisierende K + -Kanäle,

Klasse III

2+

+ 2+

β

β

Ca 2 + -Kanal-Blocker

2+

(Klasse IV)

2+

2+

β β

Digitalisglykoside

Klasse

V

Stimulierung von A 1 -Adenosin-Rezeptoren – Adenosin 1

i +

KACh

17.1.4. Differenzialtherapie tachykarder Rhythmusstörungen

Vorhofflimmern

Ziele der Behandlung:

• Rhythmisierung (bzw. Verhinderung von Rezidiven), • Frequenzkontrolle, • Verhinderung von thrombembolischen Komplikationen, vor allem des Schlaganfalls. Paroxysmales

β

Persistierendes

Permanentes β

2+

Vorhofflattern

β β

1

2+

β

Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien

β Präexzitationssyndromen,

Ventrikuläre Tachyarrhythmien

β β akuten

C a v e Durchbrechung

2+ 4

®

plötzlichen

Bradykarde Herzrhythmusstörungen

• Sinusknotensyndrome mit Wechsel zwischen Bradykardie und Tachykardie, • AV-Block II. Grades mit stark reduzierter Ventrikelfrequenz und AV-Block III. Grades (= kompletter AV-Block ), • Sinusbradykardie und sinuatrialer Block als Folge vagaler Entladungen, die in den ersten Stunden eines akuten Myokardinfarkts auftreten können. β

Herztodes,

17.2. Pharmakotherapie der Herzinsuffizienz 17.2.1. Physiologische Vorbemerkungen Mechanismen der Kontraktion (elektromechanische

Kopplung) 2 +

2 + 2+

2

+

2 2+

+

sarkoplasmatischen Retikulums

Schema der elektromechanischen Kopplung. Sie wird durch den initialen Ca 2+ -Einstrom (I Ca ) in der Phase 2 des Aktionspotentials eingeleitet, das sich auch über das zum Sarkolemm gehörige ABB. 17.11

transversale tubuläre System (T-System) erstreckt. Die einwärts strömenden Ca 2+ -Ionen dienen dabei allerdings nur zu einem geringen Teil der direkten Aktivierung des kontraktilen Apparats. Wichtiger ist die – durch das einströmende Ca 2+ ausgelöste – Ca 2+ -Freisetzung aus seinem intrazellulären Depot, dem sarkoplasmatischen Retikulum (SR). Diese Ca 2+ -Freisetzung erfolgt über den Ryanodinrezeptor (RyR) als Folge eines Anstiegs der Ca 2+ Konzentration zwischen L-Typ-Ca 2+ -Kanal und Ryanodinrezeptor. Der Beitrag des transsarkolemmalen Ca 2+ -Einstroms am gesamten Ca 2+ -Transienten wird beim Menschen auf etwa 30 % geschätzt. Die Erhöhung der freien Ca 2+ -Konzentration (von 10 –7 auf 10 –5 mol/L) bewirkt schließlich über Bindung von Ca 2+ an das regulatorische Protein Troponin C die Umsetzung chemischer Energie (ATP aus den Mitochondrien) in mechanische Verkürzung und Kraftentwicklung der Muskelfaser. Die Relaxation folgt zeitlich mit kleiner Verzögerung (siehe Inset) der Elimination von Ca 2+ aus dem Zytosol. Für diese ist einerseits eine über die SR-Ca 2+ -ATPase (SERCA) vermittelte Rückaufnahme von Ca 2+ in das SR verantwortlich. Dieser Prozess wird durch das durch die Proteinkinase A phosphorylierte Phospholamban (PLB) reguliert. Andererseits wird Ca 2+ aus der Zelle über den sarkolemmalen Na + /Ca 2+ -Austauscher (NCX) transportiert, wobei ein Ca 2+ im Austausch gegen drei Na + die Zellmembran passiert (= depolarisierender Strom). Unter Gleichgewichtsbedingungen verlässt genau die Menge Ca 2+ , die in die Zelle systolisch eingeströmt ist, diese diastolisch wieder über den NCX. Der (größere) Rest wird über die SERCA „recycelt“ (Anmerkung: Im Skelettmuskel erreicht dieser Anteil 100 %). Hemmung der Na + -K + -ATPase durch Herzglykoside bewirkt über einen Anstieg des intrazellulären Na + eine Beeinträchtigung des Na + -Ca 2+ -Austauschs ( ) und hat einen Anstieg des freien Ca 2+ in der Zelle zur Folge. Eine ATP-abhängige Ca 2+ -Pumpe am Sarkolemm spielt quantitativ nur eine untergeordnete Rolle (modifiziert nach Bers, D. M., Nature 415 , 198–205, 2002). 2+ 2+ 2+ 2+ 2

+

2

2+

+ 2+

2 +

Kontraktiler Apparat. A) Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Sarkomers aus dem Rattenherzen. Man beachte die umgebenden Mitochondrien. B) Schema eines Sarkomers (ca. 2 µm Länge von Z- zu Z-Bande). Die dicken Myosinfilamente mit den Querbrücken überlappen in der A-Bande des Sarkomers mit den dünnen Actinfilamenten, die an den Z-Banden links und rechts verankert sind. Die M-Bande bildet die Mitte des Sarkomers. Das Riesenmolekül Titin verläuft von der Z- zur M-Bande, ist also etwa 1 µm lang. Es ist wesentlich für die Elastizität des Sarkomers verantwortlich und trägt zum Frank-Starling-Mechanismus bei ( ). C) Schema der strukturellen Einheit des Sarkomers mit einer Querbrücke in der Diastole links und Systole rechts. Das dünne Actinfilament besteht aus zwei umeinander gewundenen Ketten perlförmiger Monomere. Die Ketten sind in regelmäßigen Abständen mit dem Troponin-Komplex besetzt, während in den Längsrinnen zwischen den Ketten Fäden aus Tropomyosin (Tm) laufen. Letztere sind in Abwesenheit von Ca 2+ (links in Diastole) so gelagert, dass sie das Anheften von Myosinköpfen an den Actinsträngen blockieren. Bei Bindung von Ca 2+ an Troponin C (TnC, rechts in Systole) wird dieses derartig deformiert, dass es über Wechselwirkung mit Troponin I (TnI) und Troponin T (TnT) ein Tiefergleiten des Tropomyosins in die Längsrinne zwischen den Actinsträngen bewirkt. Dadurch werden die Haftstellen für die Myosinköpfe frei, sie haften am Actinfilament, spalten ATP und entwickeln Muskelkraft. Die Beweglichkeit des Myosinhebelarms wird durch die Myosin-leichte-Kette (MLC) und Myosin-bindendes Protein C (MyBP-C) reguliert. (C modifiziert nach Kass, D.A. und Solaro, R.J., Circulation 113 , 305–315, 2006). ABB. 17.12

2 + 2 2

+

+

Regulation der Herzmuskelkontraktion im intakten Organismus

Vorlast „preload“

die am Ende der Diastole herrschende Wandspannung T, p r

d

2

Δ Compliance

Δ

π

Beziehung zwischen Sarkomerlänge und Kraftentwicklung. Die von Frank (1895) und Starling (1915) formulierte gesetzmäßige Abhängigkeit der myokardialen Kontraktionskraft von der enddiastolischen Vordehnung, d.h. Faserlänge, kann auch auf der Ebene isolierter Myofilamente beobachtet werden. Der genaue Mechanismus ist bis heute unklar. Eine zentrale Rolle nimmt das Riesenmolekül Titin ein, das von der Z-Scheibe bis zur M-Bande zieht (1 µm). Verschiedene Theorien wurden vorgeschlagen und sind hier schematisch dargestellt: a) Dehnung erhöht die Kooperativität der Troponin-Troponin-Interaktion entweder direkt (1) oder vermittelt durch eine Titin-Actin-Interaktion (2), die dann indirekt Einfluss auf die Ca 2+ -Bindungsaffinität des Troponin-Komplexes nimmt. b) Dehnung erhöht die Zahl aktiver, krafterzeugender Querbrücken (Myosin-Actin-Interaktionen, 3) z. B. durch Verringerung des Actin-Myosin-Abstands („Kompression“). Zusätzlich könnten die angehefteten Querbrücken die dünnen Filamente aktivieren und die Ca 2+ -Bindungsaffinität erhöhen (roter Pfeil, 4). c) Dehnung ändert durch Interaktion von Titin mit Myosin die Struktur des Myosinköpfchens (5) und beeinflusst dadurch deren Affinität zu Actin. Schließlich könnte auch eine Titin-Myosin-Interaktion im „vor-krafterzeugenden Zustand“ die Struktur oder Verteilung der geringgradig krafterzeugenden Querbrücken beeinflussen (6). (Modifiziert nach de Tombe, P.P. et al., J Mol Cell Kardiol 48 , 851–858, 2010.) ABB. 17.13

Frank-Starling-Mechanismus

2+

Isometrische Kontraktion eines Papillarmuskels. a) Kontrolle. b) Unter dem Einfluss erhöhter Ruhedehnung; entsprechend dem Frank-Starling-Mechanismus nehmen dabei maximale Spannung und Kontraktionsgeschwindigkeit zu, die Zeit bis zum Erreichen der maximal entwickelten Spannung und bis zur maximalen Erschlaffung ändert sich hingegen nicht. c) Erhöhung der isometrischen Spannung durch Noradrenalin ; der starke Anstieg der Kontraktions- und Erschlaffungsgeschwindigkeit geht mit einer Verkürzung der Zeit bis zur maximal entwickelten Spannung und bis zur maximalen Erschlaffung einher („positiv lusitroper“ Effekt; modifiziert nach Sonnenblick, E.F., „The Myocardial Cell: Structure, Function, and Modification by Cardiac Drugs“, Briller, S.A., Conn, H.J. (eds.), University of Pennsylvania Press, Philadelphia 1966). ABB. 17.14

Kontraktilität

Kontraktionsfähigkeit des Ventrikels an sich, von der Vordehnung unabhängige Größe „inotrop“. ohne

lusitrope

m a x

Auswurffraktion

max

Frequenz

bei

Belastung

2

Nachlast „afterload“ Vorlast

vereinfacht als Wandspannung in der Diastole

Nachlast als

Wandspannung in der Systole

2

2

17.2.2. Klinik der Herzinsuffizienz Definition

diastolischen

Herzinsuffizienz

Ätiologie chronischen Herzinsuffizienz

Tab. 17.5 Ursachen der chronischen Herzinsuffizienz Verlust von kontraktionsfähigem Myokard: Erhöhte Druckbelastung: Erhöhte Volumenbelastung: Kardiomyopathien:

Klinik

Schweregrad

Tab. 17.6 Klassifizierung der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association (NYHA). Die Klassifikation der American Heart Association (2001), die mehr auf das Stadium der Progression der Herzinsuffizienz als nur auf die augenblicklichen Symptome zielt, ist hier nicht verwendet, weil die meisten klinischen Studien weiterhin auf Basis der NYHA-Klassifikation durchgeführt worden sind. Stadium I Stadium II Stadium III Stadium IV

Bei Vorliegen erhöhter Füllungsdrücke wird daher in jedem Fall von einer Herzinsuffizienz gesprochen.

Einfluss der Vor- und Nachlast auf die Ventrikelfunktionskurven. Gezeigt ist die Beziehung zwischen Schlagvolumen (dargestellt als linksventrikuläre Schlagarbeit, g × m) und LVEDP (links) und diastolischem Aortendruck (P diast , rechts). Das gesunde Herz (schwarze Kurven), mit enddiastolischen Druckwerten < 12 mmHg, zeigt steil ansteigende Ventrikelfunktionskurven (linke Seite). Geringe Änderungen im Füllungsdruck sind in diesem Bereich mit ausgeprägten Veränderungen im Schlagvolumen verbunden (Frank-Starling-Mechanismus). Das Schlagvolumen ist ferner weitgehend unabhängig von der Nachlast. Bei Reduktion der Nachlast (z. B. Abfall von P diast durch Vasodilatantien) steigt das Schlagvolumen initial zwar leicht an (A → B); die dadurch verminderte Füllung reduziert aber die Vorlast, sodass das Schlagvolumen über den FrankStarling-Mechanismus wieder annähernd den Ausgangswert erreicht (B → C). Am insuffizienten Herzen (rote Kurven), mit enddiastolischen Drücken > 12 mmHg, ist die Ventrikelfunktionskurve nach rechts verschoben und abgeflacht (linke Seite). Das Schlagvolumen wird jetzt bereits durch geringe Änderungen der Nachlast hochgradig beeinflusst (rechte Seite). Eine Reduktion von P diast durch dieselben Vasodilatantien kann nun das Schlagvolumen deutlich steigern (D → E). Dadurch nimmt über eine bessere linksventrikuläre Entleerung der LVEDP ab (E → F). Aufgrund des flachen Verlaufs der Ventrikelfunktionskurve am insuffizienten Herzen wird dadurch das verbesserte Schlagvolumen nur mehr geringfügig beeinträchtigt. Eine Versteilerung und Linksverschiebung der Ventrikelfunktionskurven am insuffizienten Herzen wird gleichermaßen durch positiv inotrop wirkende Substanzen hervorgerufen (modifiziert nach Schlant, R. C., Alexander, R. W., Fuster, V.: „Hurst's The Heart“ (9th ed.) McGraw-Hill, New York 1998). ABB. 17.15

17.2.3. Pathophysiologie der Herzinsuffizienz

Circulus vitiosus bei verminderter kardialer Auswurfleistung. Neurohumorale Gegenregulationen als Folge einer verminderten Auswurfleistung des linken Ventrikels (Stimulierung des Sympathikus [SNS] und des ReninAngiotensin-Aldosteron-Systems [RAAS] ] erhöhen einerseits Vor- und Nachlast und verursachen andererseits am Herzen das charakteristische Remodeling. Beide Prozesse schränken die Auswurfleistung weiter ein und tragen zur Beschleunigung des Herzmuskeluntergangs bei. Andererseits schüttet das Herz unter vermehrter Belastung natriuretische Peptide („atrial“ und „brain natriuretic peptide“ [ANP/BNP]) aus, die über diuretische und vasodilatatorische Wirkungen und Antiremodeling gegensinnige Effekte ausüben. Die Pharmakotherapie der Herzinsuffizienz zielt daher primär darauf ab, den Circulus vitiosus zu durchbrechen und den protektiven ANP/BNP-Mechansimus zu fördern. Das gelingt durch ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), βBlocker, Mineralcorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA), Diuretika einerseits und Neprilysin-Inhibitoren andererseits. Der ältere Ansatz, die verminderte Auswurfleistung durch positiv inotrope Substanzen direkt zu verbessern, ist heute auf akute Behandlungen beschränkt. Zu beachten ist, dass das Signal für die Ausschüttung von ANP/BNP nicht der Blutdruckabfall, sondern die Dehnung des Herzens ist. ABB. 17.16

Herzhypertrophie: Hypertrophie,

konzentrisch

Relaxation

(„exzentrische Hypertrophie“),

2

+

Zelluntergang, Fibrose und molekulare Anpassungen („remodeling“):

+

2+

β

Circulus vitiosus

Neurohumorale Anpassungsmechanismen bei Herzinsuffizienz Sympathikusaktivierung 2

chronische

α

1

-Adrenozeptoren (Steigerung der Vorlast). 2

Steigerung der Nachlast β

α

1

β-Adrenozeptoren 2

„remodeling“.

+

β

1

Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS)

Angiotensin II

1. potenter Vasokonstriktor (mit der Konsequenz einer weiteren Erhöhung von Vor- und Nachlast des Herzens). 2. Wachstumsfaktor (fördert die Zellproliferation und begünstigt die Herzhypertrophie in den Gefäßen und im Herzen). 3. Stimulator der Aldosteronfreisetzung (sekundärer Aldosteronismus). Die dadurch hervorgerufene Zunahme der Na + -Rückresorption und der extrazellulären Flüssigkeit erhöht wiederum den venösen Rückstrom zum Herzen und das Ansprechen der Gefäße auf Vasokonstriktoren. 4. Stimulator der Noradrenalinfreisetzung über präsynaptische AT 1 -Rezeptoren. Freisetzung von Vasopressin (ADH)

Freisetzung natriuretischer Peptide (ANP, BNP) natriuretischen Peptide (ANP, BNP)

pathophysiologisch günstige

1

17.2.4. Arzneimittel zur Therapie der Herzinsuffizienz

α

1

β

Klinische Studien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz. A) Die Consensus-Studie (1987) zeigte erstmalig den lebensverlängernden Effekt von ACE-Hemmern bei Patienten mit Herzinsuffizienz im fortgeschrittenen Stadium. Die Placebo-Gruppe erhielt Diuretika und Herzglykoside. B) Die RALES-Studie (1999) wies einen lebensverlängernden Effekt des Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten Spironolacton nach, der zusätzlich zu einer Basistherapie von ACE-Hemmern, Diuretika, Herzglykosiden und (in 10 %) β-Blockern gegeben wurde. C) Die MERIT-HF-Studie (1999) belegte den lebensverlängernden Effekt des β-Blockers Metoprolol in retardierter Formulierung (ZOK) auf der Basis einer Therapie von ACE-Hemmern, Herzglykosiden und Diuretika. D) Die PRADIGM-Studie (2014) zeigte erstmalig, dass die Kombination eines Neprilysin-Inhibitors (Sacubitril) mit einem AT 1 -Rezeptor-Blocker (Valsartan) die Überlebenschance von Patienten mit mittelschwerer Herzinsuffizienz gegenüber einer Therapie mit dem ACE-Hemmer Enalapril steigert. Praktisch alle Patienten erhielten β-Blocker, Diuretika und MRA als Basistherapie. Man beachte die unterschiedlichen Patientenkollektive (NYHA III–IV vs. II–III) und die unterschiedlichen Maßstäbe der X- und Y-Achsen. ABB. 17.17

1. Neurohumorale Modulation: Die pharmakologische Hemmung der Aktivierung des RAAS und des Sympathikus bei Herzinsuffizienz durchbricht den in dargestellten Circulus vitiosus mit seinen zwei Hauptkomponenten – die durch Nachlast- und Vorlasterhöhung verursachte Verschlechterung der kardialen Auswurfleistung und das kardiale Remodeling. Neu hinzugekommen ist die durch Hemmung von Neprilysin hervorgerufene Steigerung natriuretischer Peptide. Die neurohumorale Modulation ist die einzige pharmakologische Intervention, die mit einer Prognoseverbesserung einhergeht. Erreicht wird sie durch ACE-Hemmer/AT 1 -Rezeptor-Blocker, β-Blocker, Mineralcorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) und Neprilysin-Hemmung. 2. Senkung von Vor- und Nachlast: Eine Vorlastsenkung ist mit einem Rückgang der rechts- und linksventrikulären Füllung, der Wandspannung und der Stauungssymptomatik im Lungenkreislauf (des Lungenödems) verbunden. Eine Nachlastsenkung wird durch Dilatation der Widerstandsgefäße erreicht. Bei flach verlaufender Ventrikelfunktionskurve und stark erhöhtem LVEDP geht eine Nachlastsenkung mit einer signifikanten Zunahme des Schlagvolumens einher ( ). ACE-Hemmer und AT 1 -Rezeptor-Blocker senken die Vor- und Nachlast, verursachen aber aufgrund einer gleichzeitigen Hemmung der Noradrenalinausschüttung nicht wie andere Vasodilatatoren eine reflektorische Tachykardie. Andere Vasodilatatoren wie Nitrate und Dihydralazin spielen heute in Europa praktisch keine Rolle mehr. 3. Entwässerung und Natriumausscheidung: Diuretika dienen in erster Linie der Reduzierung des zirkulierenden Blutvolumens, um eine Stauungssymptomatik zu beseitigen. Die mit der Reduzierung des Blutvolumens verbundene Senkung der ventrikulären Füllung trägt ebenfalls über eine verminderte Vorlast zu einer Entlastung des Herzens bei. 4. Steigerung der Kontraktionskraft: Positiv inotrope Substanzen erhöhen die kardiale Kontraktilität und verursachen daher eine Linksverschiebung und Versteilerung der Ventrikelfunktionskurven mit der Folge einer Verbesserung von Auswurffraktion und Abnahme eines pathologisch erhöhten LVEDP ( ). Problematisch ist die damit einhergehende Zunahme des Energieverbrauchs und der Arrhythmieneigung. Bis auf das Herzglykosid Digoxin, das sich in der 1997 veröffentlichten DIG-Studie als prognoseneutral erwiesen hat, haben positive inotrope Substanzen wegen vielfacher Hinweise auf Übersterblichkeit keinen Stellenwert in der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz. Hemmstoffe des Angiotensin-Konversions-Enzyms („ACE-Hemmer“)

α

1

• Im Gegensatz zu anderen Vasodilatatoren kommt es unter ACE-Hemmern über eine Hemmung der präsynaptischen Noradrenalinausschüttung (AT 1 -Rezeptor; ) zu einer Verhinderung der reflektorischen Sympathikusaktivierung. Die Reflextachykardie und die damit einhergehende Zunahme des Sauerstoffverbrauchs bleiben aus.

• Unter der Wirkung von ACE-Hemmern kommt es zur Verringerung der Aldosteron- und Vasopressinsekretion, da auch letztere durch Angiotensin II stimuliert wird ( ). • Der Rückgang des linksventrikulären Füllungsdruckes unter ACE-Hemmern ist stärker, als es durch die Abnahme von Vor- und Nachlast und die systemische RAAS-Hemmung allein zu erklären wäre. Hier dürfte die Hemmung auch eines lokalen autokrinen RAAS zum Tragen kommen. Als Wachstumsfaktor ist im Gewebe gebildetes Angiotensin II an der Hypertrophie und an fibrosierenden Vorgängen des Myokards beteiligt. ACEHemmer wirken demnach über eine Hemmung von systemischem und lokalem RAAS einer Linkshypertrophie entgegen. Sie erhöhen dadurch die verringerte Compliance; d.h., im Gegensatz zu direkten Vasodilatantien können sie die diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels (d.h. eine eingeschränkte myokardiale Relaxation ) verbessern. Allerdings hatten sie bei isolierter diastolischer Dysfunktion keinen positiven Effekt. • An der therapeutischen Wirkung ist sehr wahrscheinlich der Anstieg von Bradykinin beteiligt (ACE = Kininase), weil sich in Tiermodellen fast alle günstigen Wirkungen von ACE-Hemmern durch gleichzeitige Gabe eines Bradykinin-Rezeptor-Antagonisten aufheben lassen. Bradykinin wirkt unter Vermittlung von Prostaglandinen, was die negative Interaktion zwischen ACE-Hemmern und ASS (nicht in niedriger „Herz“-Dosis) und anderen nichtsteroidalen Antirheumatika erklärt.

Tab. 17.7 Übersicht über die in Deutschland am häufigsten eingesetzten ACE-Hemmer mit ihren bei der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz empfohlenen Dosen. pd = pharmakodynamisch, pk = pharmakokinetisch. Nach: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure (2012)

ACE-Hemmer

Startdosis (mg)

Zieldosis (mg)

Wichtige UAW, Interaktionen und Kontraindikationen UAW: cave

Interaktionen:

Kontraindikationen:

Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (AT 1 -Rezeptor-Blocker) 1

1 1

1

1

Tab. 17.8 Übersicht über die bei der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz gebräuchlichen AT 1 -Rezeptor-Blocker mit den empfohlenen Dosen

AT 1 -Blocker

Startdosis (mg)

Zieldosis (mg)

Wichtige UAW, Interaktionen und Kontraindikationen UAW: Interaktionen und Kontraindikationen:

1

Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor-Kombination (ARNI)

1

β

β-Blocker β β

β β

Mechanismen β

• Hemmung der Catecholamintoxizität (Nekrose). Dadurch wird der schleichende Untergang von Herzmuskulatur verzögert. • Verhinderung von ventrikulären Arrhythmien. Die Rate an plötzlichem Herztod sinkt um etwa 40 %. • Frequenzsenkung und dadurch Senkung des Energieverbrauchs • Reversion des herzinsuffizienztypischen Phänotyps mit Resensitivierung der β-adrenergen Signalkaskade, Normalisierung des intrazellulären Calciumstoffwechsels und Reversion des fetalen Genexpressionsprogramms kontraktiler Proteine. Diese Faktoren könnten die Erholung der kontraktilen Funktion erklären. β

β β

1

α

2 +

1

Tab. 17.9 Einteilung der für die Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz zugelassenen β-Blocker nach ihren pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Wirkungen VV = scheinbares Verteilungsvolumen (hohe Werte zeigen hohe Gewebegängigkeit und eher lipophile Eigenschaft an); HWZ = Plasmahalbwertszeit; CYP2D6 = Verstoffwechselung über Cytochrom P450 2D6 2D6

Substanz

β1Vasodilatation Selektivität

Handelsname

VV (l/kg)

HWZ (h)

Startdosis (mg)

Zieldosis (mg)

Bemerkungen

®

1

® , ® ®

Keiner der genannten β-Blocker hat eine intrinsische sympathomimetische Aktivität. Bei Herzinsuffizienz nur in der Retardzubereitung, z. B. in Beloc-ZOK ® zugelassen. In der Retardzubereitung >12 h. Ist bei CYP2D6 langsamen Metabolisierern deutlich länger, bei Nebivolol wegen wirksamer erster Metaboliten wahrscheinlich nicht bedeutsam. 1

10

β

450

β

1

Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA)

kardialen

Remodeling-Prozess

β

1

Tab. 17.10 Übersicht über Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) mit ihren bei der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz empfohlenen Dosen pd = pharmakodynamisch, pk = pharmakokinetisch. Nach: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012 (2012)

Wirkstoffe

Startdosis (mg/Tag)

Zieldosis(mg/Tag)

Wirkeintritt (h)

Wirkdauer (h)

Wichtige UAW, Interaktionen und Kontraindikationen UAW:

Interaktionen:

1

Kontraindikation:

Diuretika

Tab. 17.11 Übersicht über gebräuchliche Diuretika mit ihren bei der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz empfohlenen Dosen pd = pharmakodynamisch, pk = pharmakokinetisch. Modifiziert nach: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012 (2012

Diuretikum

Startdosis (mg/Tag)

Übliche Wirkeintritt Tagesdosen(mg/Tag) (h)

Wirkdauer (h)

Wichtige UAW und Interaktionen

UAW:

Thiaziddiuretika Interaktionen:

UAW: Interaktionen:

1

• Diuretika werden nach der Stauungssymptomatik (Lunge, Beinödeme, Ascites) dosiert. Absetzen von Diuretika kann eine latente Herzinsuffizienz demaskieren. • Wegen der reflektorischen Aktivierung des RAAS sollten sie in frühen Stadien zurückhaltend dosiert werden. • Bei normaler Nierenfunktion und in frühen Stadien sind, wie bei der Hypertoniebehandlung, Thiaziddiuretika wie Chlortalidon oder Indapamid Mittel der Wahl. Ab einer glomerulären Filtrationsrate von < 30 ml/min werden Schleifendiuretika eingesetzt. Xipamid nimmt eine Zwischenstellung ein. • Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid haben eine relativ kurze Wirkdauer und sollten daher mehrfach am Tag gegeben werden, um eine gleichmäßigere Wirkung zu erreichen. • Torasemid hat möglicherweise aufgrund stabilerer Pharmakokinetik bei Herzinsuffizienz und (allerdings nicht gut dokumentiert) längerer Wirkdauer Vorteile gegenüber Furosemid (Cosin und Diez 2002). • Thiaziddiuretika in niedrigen Dosen können eine bei schwerer Herzinsuffizienz häufige Schleifendiuretika-Resistenz durchbrechen („sequenzielle Tubulusblockade“), weil sie die kompensatorisch gesteigerte Rückresorption im distalen Tubulus hemmen. Allerdings muss auch ein vermehrtes Risiko für Hypokaliämie, Hypovolämie und Niereninsuffizienz beachtet werden.

• Eine durch Diuretika hervorgerufene Hypokaliämie geht mit einer signifikant höheren Rate an plötzlichem Herztod einher. Die Hypokaliämie wird durch gleichzeitige Gabe von ACE-Hemmern/AT 1 -Rezeptor-Blockern und ggf. kaliumsparende Diuretika verhindert. • Da MRA nachgewiesenermaßen die Prognose verbessern, sind sie bei der Herzinsuffizienz den anderen kaliumsparenden Diuretika Amilorid oder Triamteren in der Regel vorzuziehen. Dies gilt vor allem bei fortgeschrittenen Stadien. Ivabradin f

β

β

Vasodilatatoren

• Glyceroltrinitrat oder Isosorbiddinitrat ( ISDN) werden heute nur noch bei akuter Herzinsuffizienz mit stark dilatiertem Herzen und hochgradiger Stauung im Lungenkreislauf zur raschen Senkung der Vorlast eingesetzt (deren systematische Pharmakologie wird in besprochen). Wenn sich eine orale oder sublinguale Gabe als nicht ausreichend erweist, können Nitrovasodilatatoren auch mittels Perfusor oder Tropfenzähler i.v. infundiert werden. In fixer Kombination mit Hydralazin hat ISDN 2006 die Zulassung zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz bei Afroa merikanern erhalten (erste Zulassung eines Medikaments nach ethnischer Zugehörigkeit), weil eine Studie einen überraschend deutlichen Überlebensvorteil bei diesen Patienten gesehen hat, die zusätzlich zur Standardtherapie mit ISDN/Hydralazin behandelt worden sind. • Calciumkanalblocker können aufgrund ihrer negativ inotropen Wirkung eine bestehende Herzinsuffizienz verschlechtern und gelten daher prinzipiell als kontraindiziert. Ausnahmen sind die lang wirkenden Dihydropyridine Amlodipin und Felodipin, die prognoseneutral waren. Erwünscht ist der negativ inotrope Effekt hingegen bei der hypertrophen Kardiomyopathie, bei der vor allem Verapamil wirksam ist. • α 1 -Blocker wie Prazosin oder Doxazosin senken zwar auch die Nachlast, hatten aber in Studien keinen oder sogar einen negativen Effekt auf die Prognose von Patienten mit Herzinsuffizienz, möglicherweise aufgrund der reflektorischen Sympathikusaktivierung. Sie gelten daher als (relativ) kontraindiziert. Positiv inotrope Substanzen: Allgemeines

Zunahme der freien intrazellulären Ca 2 + -Konzentrationen 2 + 2+

2 +

i

Übersicht über Angriffspunkte positiv inotrop wirkender Pharmaka an der Myokardzelle. Prinzipiell unterscheidet man positiv inotrope Interventionen als Folge einer Erhöhung der intrazellulären Ca 2+ -Konzentration von solchen, die Folge einer Erhöhung der Ca 2+ -Sensitivität der Myofilamente sind (Ca 2+ -Sensitizer). Zu den ersteren gehören die endogenen Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin, die im Rahmen der „fight or flight“-Reaktion über eine Stimulation von β-Adrenozeptoren die cAMP-Konzentration intrazellulär erhöhen. Dies führt über Aktivierung der Proteinkinase A zur Phosphorylierung von L-Typ-Ca 2+ -Kanälen (bzw. akzessorischer Untereinheiten), Phospholamban (PLB), Phospholemman (PLM), Ryanodinrezeptoren (RyR) und der Myofilamentproteine Troponin I (TnI) und kardiales Myosin-bindendes Protein C (cMyBP-C). Konsequenzen sind ein vermehrter systolischer Ca 2+ -Einwärtsstrom und, über eine Aufhebung der PLB-vermittelten Hemmung der SERCA, eine vermehrte diastolische Rückaufnahme von Ca 2+ in das SR. Dadurch nimmt die Ca 2+ -Füllung des SR zu und sekundär die systolische Ca 2+ -Freisetzung. Welche Bedeutung die durch Phosphorylierung des RyR erhöhte Öffnungswahrscheinlichkeit hat, ist zurzeit umstritten. Die beschleunigte diastolische Rückaufnahme von Ca 2+ in das SR begründet zusammen mit der Phosphorylierung von TnI und cMyBP-C eine beschleunigte Erschlaffung der Myofilamente in der Diastole. Phosphorylierung von PLM bewirkt eine Enthemmung der Na + /K + -ATPase (merke Analogie zu PLB-SERCA), einen beschleunigten Export von Na + und eine beschleunigte Repolarisation. Zusammen begründen diese Mechanismen eine verstärkte und beschleunigte Kontraktion (positiv inotroper und lusitroper Effekt). Weitere positiv inotrope Möglichkeiten sind eine Hemmung der Na + -K + -ATPase durch Herzglykoside und eine Erhöhung der Öffnungswahrscheinlichkeit von Ca 2+ - und Na + -Kanälen, die direkt bzw. indirekt über den NCX (Austauscher, ) zu einer Erhöhung des intrazellulären Ca 2+ Konzentration führen. Davon abzugrenzen sind Ca 2+ -Sensitizer, die direkt am Troponin-Komplex der Myofilamente angreifen und die Affinität von Troponin C für Ca 2+ erhöhen (z. B. Levosimendan). ABB. 17.18

2

+

i

1. Hemmung der Na + -K + - aktivierbaren ATPase: Bindung der Herzglykoside an die in den extrazellulären Raum ragende α-Untereinheit der Na + -K + -ATPase ist mit einer Hemmung der Enzymaktivität und daher mit einem verminderten Auswärtstransport von Na + und Einwärtstransport von K + verbunden ( ). Hohes extrazelluläres K + hemmt die Glykosidbindung, was den günstigen Effekt einer K + -Zufuhr im Rahmen einer Herzglykosidintoxikation erklärt. Lange Zeit war es ein Rätsel, wie eine Hemmung der Na + -K + -ATPase eine Zunahme der intrazellulären Ca 2+ Konzentration während der Systole und damit einen positiv inotropen Effekt bewirken kann. Der Schlüssel zum Verständnis ist der eingangs beschriebene NCX (Austauscher), der ohne Energieverbrauch ein Ca 2+ gegen drei Na + transportiert (elektrogen!). Die Richtung hängt dabei einerseits von dem elektrochemischen Na + - und Ca 2+ -Gradienten, andererseits aber auch vom Membranpotential ab. Wie und zeigen, ändert sich die Richtung während jedes Aktionspotentials. In Phase 1 des Aktionspotentials überwiegt ein Ca 2+ -Einwärtsstrom (= repolarisierend = „reverse mode“), sonst dominiert ein Ca 2+ -Auswärtsstrom (= depolarisierend = „forward mode“). Jeder Anstieg der intrazellulären Konzentration von Na + (z. B. als Folge einer Hemmung der Na + -K + -ATPase) bewirkt einen verminderten Auswärtstransport von Ca 2+ . Unter der Einwirkung therapeutischer Konzentrationen von Herzglykosiden an isolierten Herzmuskelfasern konnte mit Na + -sensitiven intrazellulären Mikroelektroden eine strenge Korrelation zwischen dem Anstieg von intrazellulärem Na + und der entwickelten Kraft gezeigt werden. Da eine ebenso gute Korrelation zwischen dem durch Herzglykoside hervorgerufenen Anstieg von [Ca 2+ ] i und der entwickelten Kraft besteht ( ), gilt folgendes Modell der positiv inotropen Wirkung der Herzglykoside als akzeptiert: Na + -Pumpe ↓ → [Na + ] i ↑ → NCX forward mode ↓/reverse mode ↑ → [Ca 2+ ] i ↑ → Kontraktilität ↑.

Wirkung eines Herzglykosids auf Aktionspotential (AP), [Ca 2+ ] und Kontraktion. Die Messungen wurden an einer isolierten Purkinje-Zelle des Hundes vorgenommen. Die oberen Kurven zeigen ein AP unter Kontrollbedingungen sowie AP nach Zugabe des Glykosids, und zwar in einer frühen Phase von 25 min (mit Veränderungen, die auch im therapeutischen Dosisbereich auftreten) und in einer späten Phase von 47 min (mit Veränderungen, die im Rahmen einer Intoxikation auftreten). Die Messung des zeitlichen Verlaufs von [Ca 2+ ] i (mittlere ABB. 17.19

Kurven) erfolgte durch Lichtemission des Ca 2+ -bindenden Proteins Aequorin (relativ zur maximal möglichen Emission L/L max ). Die unteren Kurven zeigen die durch das AP ausgelösten Kontraktionen. Die frühe Phase der Glykosidwirkung (25 min) ist durch eine Verkürzung des AP (mit gleichzeitigem Steilerwerden der Phase 4) sowie eine deutliche Zunahme von [Ca 2+ ] i und der Kontraktionskraft charakterisiert. Die späte, toxische Phase (47 min) zeigt dieselben, aber wesentlich ausgeprägteren Effekte auf das AP, zusätzlich aber ein spätes Nachpotential mit Nachkontraktion (Pfeile; modifiziert nach Wier, W.G., Hess, P., J. Gen. Physiol. 83 , 395–415, 1984).

2. Verlängerung der Öffnungszeiten Na + -Kanäle: Veratrum-Alkaloide wie Aconitin und verschiedene Toxine (Batrachotoxin , Grayanotoxin , Seeanemonentoxine , Skorpiontoxine und Korallentoxin , ) verlängern die Öffnungszeit der schnellen Na + -Kanäle. Die Verstärkung des Na + Einstroms führt wie bei Herzglykosiden sekundär zu einem Anstieg der intrazellulären Ca 2+ -Konzentration. Im Unterschied zu diesen kommt es jedoch bei Na + -Kanal-Aktivatoren zu einer Verlängerung des Aktionspotentials und der Refraktärzeiten („pharmakologisches LQT-Syndrom Typ 3“). Therapeutisch wird dieses Prinzip nicht genutzt. 3. Aktivierung der langsamen Ca 2+ -Kanäle unabhängig von cAMP: Die positiv inotrope Wirkung einiger den Calciumkanalblockern der Dihydropyridinreihe chemisch verwandter Substanzen (z. B. BAY K 8644) ist auf eine Zunahme der Öffnungsdauer der langsamen, spannungsabhängigen Ca 2+ -Kanäle zurückzuführen, weshalb sie auch als „Calciumagonisten“ bezeichnet werden. Diese Verbindungen sind aber auch potente Vasokonstriktoren (inklusive der Koronargefäße), was ihren Einsatz bei der Herzinsuffizienz ausschließt. 4. Hemmung von repolarisierenden K + -Kanälen: Das Wirkprinzip der Klasse-III-Antiarrhythmika führt, im Gegensatz zu allen anderen antiarrhythmischen Prinzipien, zu einem verlängerten Ca 2+ -Einstrom und dadurch zu einer Zunahme der Kontraktionskraft. Da dies aber gleichzeitig das Risiko für Arrhythmien erhöht, wird es nicht als positiv inotropes Prinzip genutzt. 5. Zunahme des intrazellulären cAMP: Die stärkste (und physiologisch genutzte) Stimulation des Herzens wird durch eine rezeptorvermittelte Stimulierung der Adenylylcyclase mit nachfolgender Bildung des Second-Messenger-cAMP erreicht. Dies begründet den Einsatz der Catecholamine Adrenalin, Noradrenalin und Dobutamin bei der akuten Herzinsuffizienz. Hemmung des Abbaus von cAMP durch Phosphodiesterase- Hemmstoffe wie Milrinon oder Enoximon hat denselben Nettoeffekt. Eine intrazelluläre Akkumulation von cAMP bewirkt über eine Aktivierung der cAMPabhängigen Proteinkinase A schließlich eine Phosphorylierung verschiedener Effektormoleküle ( ). Phosphorylierung akzessorischer Untereinheiten spannungsabhängiger Ca 2+ -Kanäle bewirkt eine Zunahme des Ca 2+ -Einwärtsstroms und dadurch der Ca 2+ -induzierten Ca 2+ -Freisetzung aus dem SR, Phosphorylierung von Phospholamban, das normalerweise die SR-Ca 2+ -ATPase inhibiert, hebt diese Hemmung auf. Netto kommt es zu einer vermehrten und beschleunigten diastolischen Wiederaufnahme von Ca 2+ in das SR. Dies hat zwei wichtige Konsequenzen: a) Die vermehrte Ca 2+ -Beladung des SR bewirkt eine vermehrte systolische Freisetzung von Ca 2+ und trägt dadurch zum positiv inotropen Effekt bei. b) Sie beschleunigt den Rückgang der zytosolischen Ca 2+ -Konzentration in der Diastole und dadurch die Erschlaffung der kontraktilen Elemente, sodass die Kontraktionszeit verkürzt wird (positiv lusitrope Wirkung). Auf diese Weise sind trotz gleichzeitiger Frequenzsteigerung (durch βAdrenozeptor-Agonisten) eine ausreichende Blutfüllung und Durchblutung der Ventrikel in der Diastole gewährleistet. 6. Sensitivierung der Myofilamente gegen Ca 2+ : Calciumsensitizer wie Levosimendan erhöhen die Affinität der Myofilamente gegenüber Ca 2+ . Sie erhöhen die Kraft ohne eine Erhöhung der intrazellulären Ca 2+ -Konzentration mit ihren deletären Folgen wie Arrhythmien und überproportionale Energieverbrauchssteigerung. Auf der anderen Seite bedeutet eine erhöhte Affinität der Myofilamente für Ca 2+ auch eine verzögerte Abdiffusion von Ca 2+ und damit eine Verlängerung der Kontraktionszeit („negativ lusitrope Wirkung“). Dies birgt die Gefahr, die bereits eingeschränkte diastolische Funktion des erkrankten Herzens weiter zu verschlechtern. q

α

1

1

β 2 +

2 +

Positiv inotrope Substanzen: Herzglykoside Digitoxin Digoxin (plus Derivate), Digitalis lanata

Digitalis purpurea D. purpurea

Positiv inotrope Wirkung

2

Wirkungen am Herzen

Tab. 17.12 Elektrophysiologische Wirkungen der Herzglykoside mit klinischer Manifestation Wirkung

Lokalisation

Direkt

Indirekt (Vagusaktivierung)

1. Verkürzung des AP. Eine Erklärung dafür liegt in der Erhöhung der intrazellulären Ca 2+ -Konzentration, die die Inaktivierung des Ca 2+ -Kanals beschleunigt (Verkürzung der Plateauphase). Diskutiert werden auch repolarisierende K + -Kanäle, die durch hohes intrazelluläres Na + , aber auch Ca 2+ aktiviert werden. 2. Die unter 1. genannten Änderungen des AP gehen klinisch noch nicht mit Zeichen einer Intoxikation einher. Mit zunehmender Hemmung kommt es zum intrazellulären K + -Verlust und Na + -Anstieg, zur Abnahme des maximalen diastolischen Potentials und zum Steilerwerden der diastolischen Depolarisation (Phase 4), womit die Automatie der Zelle gesteigert ist. Aufgrund der partiellen Depolarisation und der Anreicherung von Na + in der Zelle ist die Na + -Leitfähigkeit und damit die Erregungsleitungsgeschwindigkeit stark vermindert. Die Gefahr kreisender Erregungen ( ) wird dadurch erhöht. 3. Eine weiter fortschreitende Digitalistoxizität ist Folge einer Ca 2+ -Überladung des SR, die in späten Nachpotentialen resultieren ( und Pfeile in ). Sie können sich als mit normalen Erregungen gekoppelte Extrasystolen bemerkbar machen (Bigeminie) oder als sich selbst erhaltende ventrikuläre Tachykardie bis hin zu Kammerflimmern äußern ( ). Extrakardiale Wirkungen Hemmung der Na + - K + -ATPase

Parasympathikus Sympathikus.

2+

Cave:

Indirekte Herzwirkungen

Frequenzkontrolle bei chronischem Vorhofflimmern

Interaktionen mit K + , Ca 2+ und Mg 2+ +

Hyperkaliämie Hypokaliämie +

+

+ +

2 +

Hypercalcämie 2+

Unerwünschte Wirkungen und Toxizität der Herzglykoside Störungen

der

Herzrhythmik

geringen therapeutischen Breite von 1,5–2,5

Retrospektive Auswertung der DIG-Studie. Patienten mit niedrigen Digoxin-Plasmaspiegeln (0,5 bis 0,8 ng/ml; rot) hatten eine bessere Prognose als Patienten, die nur mit Placebo (zusätzlich zu ACE-Hemmern und Diuretika; schwarze Linie in Abb.) behandelt wurden. Patienten mit mittleren Digoxin-Plasmaspiegeln (0,9–1,1 ng/ml; grün) verhielten sich wie die Placebogruppe, solche mit hohen Plasmaspiegeln (1,2 ng/ml und mehr; lila) hatten eine Übersterblichkeit. Wichtig ist, dass bis zu dieser Studie Plasmaspiegel zwischen 0,5 und 2,0 ng/ml als normal angesehen worden waren. Nach Rathore S. S. et al., JAMA 289 , 871–878, 2003. ABB. 17.20

• Kardiotoxische Wirkungen Es bestehen deutliche Unterschiede im Wirkungsmuster Herzgesunder und Herzkranker. An Herzgesunden (Vergiftungen von Kindern, Suizid, Verbrechen) stehen supraventrikuläre Rhythmusstörungen im Vordergrund (extreme Bradykardie, Vorhofflimmern, AV-Überleitungsstörungen). Ektope ventrikuläre Rhythmusstörungen sind dagegen selten. Wegen der hohen Widerstandsfähigkeit des gesunden Herzens sind die Vergiftungen selten tödlich. Beim Herzkranken dominieren ventrikuläre Extrasystolen, die vereinzelt, gehäuft oder in Form einer Bigeminie auftreten können. Gefährlich sind salvenartig einfallende Extrasystolen, besonders aber eine Kammertachykardie, die sehr leicht in Kammerflimmern übergehen kann. Grundsätzlich kommt am vorgeschädigten Herzen fast jeder Typ einer Herzrhythmusstörung bei Glykosidüberdosierung in Betracht. • Gastrointestinale Störungen: Anorexie, Nausea und Erbrechen sind Zeichen einer toxischen Wirkung und eher einer Wirkung auf die Chemorezeptoren-Triggerzone als einer lokalen Reizwirkung im Magen-Darm-Trakt zuzuschreiben. Selten kommt es durch Spasmen der Mesenterialarterien zu schweren Durchfällen bis hin zu tödlichen Darmnekrosen. • Neurotoxische Reaktionen: Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schlaflosigkeit stellen ebenfalls Frühsymptome dar. Bei älteren Patienten mit Atherosklerose sind Verwirrtheitszustände und Halluzinationen beobachtet worden. Typisch für eine Überdosierung sind Störungen des Sehsinns, wie Halo- und Skotombildung, und Störungen des Farbsehens (Gelb-Grün-Sehen, Kornblumenphänomene). Therapie der Herzglykosidvergiftung

• Extreme Sinusbradykardie, Sinusknoten-Stillstand, AV-Block II. und III. Grades: Atropin (0,5–1 mg) oder Ipratropiumbromid (0,5 mg) i.v.; β-Blocker (z. B. Dobutamin) nur bei Asystolie. Ein temporärer Schrittmacher kann erforderlich sein. • Ektope Kammerarrhythmien bei gleichzeitiger Hypokaliämie: K + -Zufuhr (40–60 mmol/Tag). Kontraindikation sind AVÜberleitungsstörungen (membranstabilisierende Wirkung von K + ) und Niereninsuffizienz (Gefahr einer Hyperkaliämie). • Kammertachykardien: Lidocain i.v.; bei besonders schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Digitalisvergiftungen kann das Serumkalium zum Diagnosezeitpunkt erhöht sein (bedingt durch hohe Verluste an intrazellulärem Kalium). Unter dieser Bedingung kann durch Antiarrhythmika ein Herzstillstand ausgelöst werden. Aus diesem Grunde eignen sich bei derartigen Patienten eher Digitalis-Antikörper (Digitalis-Antidot BM ® ).

Pharmakokinetik Resorption und Verteilung

Tab. 17.13 Pharmakokinetik der Herzglykoside Digitoxin

Digoxin

Bioverfügbarkeit (%) Plasmaproteinbindung (%) metabolisierter Anteil (%) Plasmahalbwertszeit (Tage) tägliche orale Erhaltungsdosis (mg) therapeutische Plasmakonzentration (ng/ml) Elimination Digitoxin

Nierenfunktionsstörungen

Dosierung und Auswahl der Herzglykoside

Kontraindikationen und Wechselwirkungen

Diuretika Chinidin, Verapamil und Ciclosporin

Colestyramin Hyperthyreose

Tab. 17.14 Kontraindikationen für Herzglykoside

Wahl des Präparats

Positiv inotrope Substanzen: β-Adrenozeptor-Agonisten β

• Erstens steigern sie den O 2 -Verbrauch überproportional, weil sie die Kontraktion nicht nur erhöhen, sondern auch beschleunigen. Dies macht eine überproportionale Steigerung des energieverbrauchenden Ca 2+ -Transports in das SR notwendig. • Zweitens begünstigen sie ventrikuläre Tachyarrhythmien, weil der durch sie gesteigerte transmembranäre depolarisierende Ca 2+ -Einstrom die Automatie fördert ( ) und weil es vermehrt zu Slow-Response-Potentialen im Purkinje-System kommen kann. • Drittens erhöht die Ca 2+ -Überladung der Myokardzellen das Risiko herdförmiger Herzmuskelnekrosen. • Viertens führt kontinuierliche Therapie mit β-Adrenozeptor-Agonisten zu einem rasch einsetzenden Wirkungsverlust aufgrund einer Desensitivierung der β-Adrenozeptoren. β β

®

Dobutamin

Adrenalin.

α

α

1

β

1

2

Tab. 17.15 Rezeptoraffinität der Catecholamine

1

1

2

1/5

Positiv inotrope Substanzen: Phosphodiesterasehemmstoffe

β ®

Milrinon

Enoximon

®

β

Positiv inotrope Substanzen: Calciumsensitizer ® 2 +

2

+

17.2.5. Differenzialtherapie der Herzinsuffizienz

Chronische Herzinsuffizienz

+

(kardiale Resynchronisationstherapie).

Schrittmacher-Defibrillators

ACE-Hemmer

AT

1

-Rezeptor-Blocker

β-Blocker

MRA

im

Vordergrund

Leitlinien der European Society of Cardiology 2016 (Ponikowski et al. Eur Heart J 37 , 2129–2200, 2016). Vereinfachter Therapiealgorithmus für Patienten mit chronischer symptomatischer Herzinsuffizienz (NYHA II–IV) und linksventrikulärer Dysfunktion. Bei asymptomatischen Patienten (NYHA I) werden ACE-Hemmer als Therapie empfohlen. Einsatz von AT 1 -Blockern (ARB) bei Unverträglichkeit von ACEHemmern. ARNI, kombinierter Angiotensin-Rezeptor-/Neprilysin-Inhibitor; bpm = Schläge pro Minute; CRT = kardiale Resynchronisationstherapie; HISDN = Hydralazin-Isosorbiddinitrat; HTX = Herztransplantation; ICD = implantierbarer Kardioverter-Defibrillator; LVAD = linksventrikuläres Assist-Device; LVEF = linksventrikuläre Ejektionsfraktion. ABB. 17.21

β

β

einschleichend (

β Die Einstellung mit den gelisteten Arzneimitteln bei der chronischen Herzinsuffizienz soll nacheinander und langsam ) erfolgen, um die Verträglichkeit zu verbessern und Dekompensationen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für die β-Blocker.

Akute Herzinsuffizienz

Lungenödem,

gleichzeitige

1

• Oberkörper erhöht lagern. • O 2 -Zufuhr (Nasensonde). • i.v. Gabe von Schleifendiuretika (z. B. 40–80 mg Furosemid). • Glyceroltrinitrat zunächst sublingual, dann als kontinuierliche Infusion i.v. (Beginn mit 0,3 µg/kg KG min). Cave: Blutdruckabfall, Kontraindikation systolischer Blutdruck < 110 mmHg. • Bei erhöhtem Blutdruck Reduktion der Nachlast durch Nitroprussidnatrium (Beginn mit 0,2 µg/kg KG min; Steigerung bis zu einem systolischen Blutdruck von 90 bis 100 mmHg). Cave: Thiocyanatvergiftung bei Dosen > 1–1,5 mg/kg KG. • Bereitstellung eines Kardioverter-Defibrillators.

(kardiogener Schock)

• Dobutamin (Beginn mit 2,5 µg/kg KG min; Steigerung bis zu einem systolischen Blutdruck von 90–100 mmHg) • Alternativ: Adrenalin (Beginn mit 2 µg/min; Steigerung bis zu einem systolischen Blutdruck von 90–100 mmHg) • Bei Therapierefraktärität Kombination mit Milrinon (0,375–0,75 µg/kg KG/min) oder Enoximon (90 µg/kg KG/min) ( Cave: Blutdruckabfall) • Alternativ (ohne deutsche Zulassung, ohne überzeugende Evidenz für eine bessere Wirkung als Dobutamin, über internationale Apotheken erhältlich): Levosimendan 0,05 bis 0,2 µg/kg/min.

17.3. Beeinflussung der Durchblutung des Herzens – Pharmakotherapie der koronaren Herzkrankheit 17.3.1. Physiologische Vorbemerkungen Hämodynamische Besonderheiten des Koronarkreislaufs

Eine Steigerung des Sauerstoffverbrauchs (bei Arbeit bis zum Dreifachen des Ruhebedarfs = Leistungsreserve) kann daher nicht durch eine erhöhte Extraktion, sondern nur durch eine Zunahme der Herzdurchblutung abgedeckt werden. (Koronarreserve).

Tab. 17.16 Sauerstoffextraktion von Herz- und Skelettmuskel AVD-O 2 (Vol.-%)

O 2 -Extraktion (%)

2

Gewebesauerstoffextraktion

(AVD-O 2/20 (AVD-O 2 ) Blutfluss.

2

Gewebesauerstoffverbrauch 2

1. vom arteriolären Gefäßtonus (der vasalen Komponente ), wie in jedem anderen Gewebe oder Organ, 2. vom sich ständig ändernden intramuralen Druck in der Ventrikelwand; diese extravasale Komponente stellt ein Spezifikum des Koronarkreislaufs dar. So nehmen in der linken Koronararterie während der isometrischen Anspannungsphase der Wanddruck und damit der Koronarwiderstand bis zu einem Maximum am Beginn der Austreibungsphase zu, wobei der koronare Perfusionsdruck kurzfristig überschritten wird (Stromumkehr, ). Bis zum Schluss der Aortenklappen bleibt der Koronareinstrom weitgehend gedrosselt (koronarwirksame Systolenzeit) und steigt erst protodiastolisch sprunghaft an. Das bedeutet praktisch, dass 75–85 % des Stromvolumens in der Diastole befördert werden. Wegen der geringeren Spannungsentwicklung des rechten Ventrikels ist dort die Auswirkung der Systole auf den Koronarfluss wesentlich geringer.

Druckverlauf in der Aorta und Koronarfluss durch die linke und rechte Koronararterie. Zu beachten sind die Stromumkehr am Beginn der Systole und die starke Steigerung des Koronarflusses am Beginn der Diastole in der linken Koronararterie. Die Auswirkungen der Wandspannung auf den Koronarfluss sind am muskelschwachen rechten Ventrikel, bei deutlich niedrigeren intraventrikulären Druckwerten, wesentlich geringer ausgeprägt (nach Berne, R. M., Levy, M. N.: Kardiovascular Physiology, 7th ed., C. V. Mosby Year Book, St. Louis 1997). ABB. 17.22

autoregulativen

vasalen

Abhängigkeit des Koronarwiderstands vom enddiastolischen Druck im linken Ventrikel, ermittelt durch Messung von Aortendruck und Koronardurchfluss am narkotisierten Hund. Die Koronargefäße waren durch intrakoronare Adenosin-Infusion maximal weit gestellt. Die gestrichelten Linien markieren die Streuung um die Regressionsgerade (nach W. K. Raff et al.: Pflügers Arch. 327 , 225–233, 1971). ABB. 17.23

Regulation der Koronardurchblutung Metabolische Regulation

2

2

2

metabolischen Autoregulation seiner Durchblutung.

Adenosin

2

2

+

Stickstoffmonoxid (NO) Prostaglandin I 2 (PGI 2 , Prostacyclin) 2

cAMP,

Guanylylcyclase

2

Determinanten des myokardialen Sauerstoffverbrauchs (MVO 2 )

cGMP

2 2 2

aeroben Wirkungsgrad von < 20 %. 2

2

2 2

2 2

Tab. 17.17 Determinanten des myokardialen Sauerstoffverbrauchs (MVO 2 ) Hauptdeterminanten

Nebendeterminanten 2

2

2

2

Einfluss des vegetativen Nervensystems

α

β β

2

2

2

17.3.2. Koronare Durchblutungsstörungen

2

2

ABB. 17.24

O 2 -Angebot- und O 2 -Bedarf-regulierende Faktoren im Herzen .

• anaerober Stoffwechsel, • eingeschränkte Relaxation und kontraktile Dysfunktion, wobei die Auswurffraktion innerhalb von 10 Sekunden um ein Drittel sinken kann, • über einen Anstieg des linksventrikulären Volumens Zunahme des linksventrikulären Füllungsdrucks und damit der Wandspannung (Vorlast), • EKG-Veränderungen ( ) und schließlich • der als Angina pectoris bezeichnete Ischämieschmerz (krisenhafte, retrosternal ausstrahlende Schmerzen). Ischämische Episoden können aber auch ohne Schmerzen einhergehen (stumme Ischämien, s.u.)! • Untergang von Herzmuskelzellen mit Freisetzung z. B. von Troponin I/T ins Blut. Subendokard.

2

2

2

(transmurale Ischämie). Kollateralen.

Klinische Syndrome

Tab. 17.18 Klinische Syndrome myokardialer Ischämien Stabile Syndrome Instabile Syndrome Sonderformen Der akute Myokardinfarkt wird anhand von EKG-Kriterien in den transmuralen (großen) STEMI (ST-elevation myocardial infarction) und den nichttransmuralen NSTEMI (non-STEMI) unterteilt. Beide unterscheiden sich von der instabilen Angina pectoris durch den Anstieg z. B. von Troponin über einen Grenzwert. Dabei ist zu beachten, dass Grenzwerte für „normale Troponinkonzentrationen im Serum“ in Zukunft möglicherweise an die sensitiveren Methoden angepasst werden.

Stabile Syndrome

2

Einfluss des Perfusionsdrucks auf den Durchfluss durch ein (mit Ringer-Lösung durchströmtes) starres Rohrsystem und durch ein (mit Blut durchströmtes) Gefäßbett. In einem intakten Gefäßsystem wird der Blutfluss innerhalb eines großen Druckbereichs (60–200 mmHg) weitgehend konstant gehalten, d.h., der Koronarwiderstand verhält sich nicht nur zum myokardialen O 2 -Verbrauch (s. o.), sondern auch zum intravaskulären Druck umgekehrt proportional. Für letzte Beziehung verantwortliche autoregulative Mechanismen sind lokal (vor allem aus dem Endothel) durch Druck und Scherkräfte freigesetzte Metaboliten und Mediatoren. Bei hochgradiger sklerotischer Einengung großer Koronargefäße wird der Koronarkreislauf funktionell einem starren Rohrsystem immer ähnlicher, da die dilatatorische Fähigkeit der Widerstandsgefäße bereits in Ruhe völlig erschöpft ist (Verlust der Koronarreserve). Der Koronarfluss ist dann linear vom Perfusionsdruck abhängig (modifiziert nach Bader, H. S.: Cardiovascular Physiology, Karger Verlag, Basel 1984). ABB. 17.25

Instabile Koronarsyndrome

• Unter instabiler Angina versteht man Angina-pectoris-Schmerzen, die unvermutet (auch in Ruhe!) oder erstmalig auftreten, die in ihrer Frequenz und Dauer progressiv ansteigen (Crescendo-Angina) oder unabhängig von körperlicher Belastung an- und abschwellen. • Der akute Myokardinfarkt ist charakterisiert durch anhaltenden Brustschmerz, typische EKG-Veränderungen und Anstieg von Enzymen im Serum (Troponine, LDH, CK) als Zeichen myokardialer Nekrosen. • Von plötzlichem Herztod spricht man bei Todeseintritt innerhalb einer Stunde nach Beginn des Ereignisses (hier der Ischämiesymptome). Ursächlich liegt in diesem Fall in der Regel Kammerflimmern als Folge der Ischämie vor.

2

Koronargefäßmorphologie bei instabilen Syndromen. Das Endothel setzt normalerweise antiaggregatorische und vasodilatierende Faktoren frei, wie PGI 2 und NO. Durch atherosklerotische Plaques bedingte Endothelschäden und damit einhergehender Verlust dieser Faktoren führen zur Ablagerung und Aggregation von Thrombozyten, die durch Freisetzung aggregatorischer und vasokonstriktorischer Faktoren (Thromboxan A 2 , ABB. 17.26

5-HT, ADP, PAF) den Aggregationsprozess weiter verstärken. „Platelet activating factor“ (PAF) wird auch aus Leukozyten und Makrophagen, die in das geschädigte Areal einwandern, freigesetzt. Durch Bildung freier O 2 •– -Radikale in cholesterinreichen Plaques wird zusätzlich der endotheliale NO-Abbau verstärkt. Stromabwärts können fortgeschwemmte Plättchenaggregate und vasokonstriktorische Mediatoren ebenfalls Stenosen und Verschlüsse mit Mikroinfarkten hervorrufen (modifiziert nach Willerson, J.T. et al., Circulation 80 , 198, 1989).

2

2

STEMI N S T E M I

Vasospastische Angina, stumme Ischämien Vasospastische

Angina:

α

2

Endothelin β Stumme Ischämien:

17.3.3. Prinzipien der Pharmakotherapie der koronaren Herzkrankheit

1. Prävention der zugrunde liegenden Mechanismen der KHK (endotheliale Dysfunktion, Lipideinlagerung, Atherosklerose). Dies gelingt in Frühformen mit einer konsequenten Lebensstilmodifikation (fettarme, gemüsereiche Ernährung, Verzicht auf Rauchen, Gewichtsreduktion, regelmäßige körperliche Bewegung). Das Fortschreiten der KHK mit ihren Komplikationen kann nachgewiesenermaßen mit Statinen verzögert werden. Dies dürfte im Wesentlichen, aber möglicherweise nicht ausschließlich Folge der Senkung der LDL-Cholesterin-Konzentration im Blut sein. Die systematische Besprechung der Lipidsenker erfolgt in . 2. Blutdrucksenkung: Auch wenn der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und Myokardinfarkt nicht ganz so eng ist wie beim Schlaganfall, gehört der Bluthochdruck zu den wesentlichen Risikofaktoren der KHK . Die medikamentöse Blutdrucksenkung senkt nachgewiesenermaßen die Rate an Myokardinfarkten und Todesfällen. 3. Verhinderung von Thrombenbildung an instabilen Plaques: Dies gelingt vor allem durch die Thrombozytenaggregationshemmer ASS, Clopidogrel, Prasugrel und Ticagrelor . Mit allen lässt sich die Prognose einer manifesten KHK verbessern. Die systematische Besprechung der Thrombozytenaggregationshemmer erfolgt in . 4. Möglicherweise kommt antientzündlichen Maßnahmen zur Reduktion der „Plaque-Instabilität“ eine wichtige Rolle zu. Statine verringern über eine Senkung des LDL-Cholesterins langfristig die Lipideinlagerung in die Plaques. Dies führt z. B. zu einer Reduktion der Rekrutierung von Makrophagen, nachfolgender Schaumzellbildung und letztlich der Entzündungsaktivität im Plaque. Andererseits haben Statine aber auch in einigen Modellsystemen direkte Wirkungen auf Zellen des Immunsystems und führen im Tierversuch zu einer verstärkten Fibrosierung von Plaques, was als Stabilisierung zu begreifen ist. Auch die wahrscheinlich günstigen Effekte einer Grippeimpfung sind auf im weiteren Sinne antientzündliche Mechanismen zurückzuführen. 5. Verhinderung von arrhythmischen Komplikationen (vor allem Kammerflimmern und plötzlicher Herztod): Dies gelingt nachgewiesenermaßen vor allem durch β-Blocker, deren lebensverlängernder Effekt wahrscheinlich zu einem wichtigen Teil auf diese Wirkung zurückzuführen ist. 6. Reduktion der Schwere und Frequenz der Angina-pectoris-Intervalltherapie: Hauptprinzip ist eine Senkung des myokardialen O 2 -Bedarfs. β-Blocker tun dies durch Senkung der Frequenz und der Kraft des Herzen, Nitrate durch Senkung der Vorlast und Calciumkanalblocker durch Senkung der Nachlast. Der I f -Blocker Ivabradin senkt die Herzfrequenz und wirkt dadurch antianginös. Die 2008 zugelassene Substanz Ranolazin soll über eine Senkung der intrazellulären Na + -Konzentration und dadurch indirekt der Ca 2+ -Konzentration in Myozyten die diastolische Relaxation begünstigen und somit die

Wandspannung und den O 2 -Verbrauch senken. Die antianginöse Therapie ist als solche nicht mit einer Verbesserung der Prognose verbunden, hat aber ihren festen Stellenwert in allen Fällen, in denen man mit interventionellen Maßnahmen keine befriedigende Besserung der Angina-pectoris-Symptomatik erreicht. 7. Rasche Beseitigung der Angina pectoris („Anfallstherapie“): Für diese typische Bedarfstherapie stehen aus pharmakokinetischen Gründen ausschließlich Glyceroltrinitrat und ISMN in sublingualer Anwendung zur Verfügung. 8. Beseitigung hämodynamisch relevanter Stenosen: Dies ist die Domäne der interventionellen Kardiologie mit PTCA und Stent-Einlage und der Herzchirurgie mit aortokoronaren Venen-Bypässen. Die interventionellen Maßnahmen als solche haben primär symptomatischen Charakter und greifen nicht in das zugrunde liegende atherosklerotische Geschehen am Koronarsystem oder an anderen Gefäßprovinzen ein. Sie müssen daher von einer prognoseorientierten medikamentösen Therapie begleitet werden. Senkung des Sauerstoffbedarfs Vorlastsenkung 2

organischer

Nitrate

Nachlastsenkung Calciumkanalblocker

ACE-Hemmer

2

Vasodilatatoren

1. durch Senkung des koronaren Perfusionsdrucks, der an partiell stenosierten Koronargefäßen eine kritische Größe für eine ausreichende Ruhedurchblutung darstellt ( ), und 2. durch reflektorische Steigerung der Herzfrequenz (bei den Dihydropyridinen). Senkung von Kontraktilität und Herzfrequenz β-Blocker, Calciumkanalblocker und Ivabradin. β

f

Steigerung des Sauerstoffangebots Dilatation von Koronargefäßen

Nitrovasodilatatoren

Calciumkanalblocker.

Widerstandsgefäße „coronary

steal“

2

Beeinflussung der Koronardurchblutung durch Nitrovasodilatatoren . A) Pathologische Ausgangssituation. Infolge kritischer Einengung eines großen Koronargefäßes in Form einer exzentrischen Stenose kommt es zu einer kompensatorischen Dilatation endokardnaher Widerstandsgefäße (Folge: die Koronarreserve ist bereits unter Ruhebedingungen aufgebraucht) und zur Ausbildung präarteriolär abgehender transmuraler Kollateralen („perpendikuläre“, von epi- nach endokardial ziehende Gefäße). Die Pfeile symbolisieren den unterschiedlich starken extravasalen Widerstand, der endokardial wesentlich höher ist. Aus diesem Grund ist hier eine stärkere Dilatation der Widerstandsgefäße (= geringerer vasaler Widerstand) notwendig, um ein gleich großes Stromvolumen wie epikardial zu gewährleisten. B) Nitrovasodilatatoren erweitern die großen Koronargefäße und erhöhen dadurch einerseits den Perfusionsdruck über die Verengung und andererseits den Blutfluss an der Stelle der exzentrischen Einengung; sie beeinflussen hingegen nicht oder erst in ABB. 17.27

höheren Konzentrationen den Tonus der Widerstandsgefäße. Infolgedessen steigt der Perfusionsdruck am Abgang der perpendikulären Gefäße, sodass der Einstrom von Blut über diese Kollateralen in das ischämische Areal verstärkt wird. Zusätzlich dilatieren Nitrate per se die Kollateralgefäße. C) Ein arteriolärer Dilatator (wie hier Dipyridamol – ein heute nur noch als Hemmstoff der Thrombozytenaggregation verwendeter Hemmstoff der zellulären Adenosinaufnahme) senkt den Koronarwiderstand in den noch normal durchbluteten epikardialen Arealen, sodass nun, entsprechend dem Stromverteilungsgesetz, der Kollateralfluss abnimmt – man spricht von einem StealPhänomen (Flüsse verhalten sich an Verzweigungen umgekehrt proportional zu den Teilwiderständen). Auch kurz wirksame Dihydropyridine wie Nifedipin können einen Steal-Effekt und Angina pectoris auslösen.

Senkung der extravasalen Komponente des Koronarwiderstandes

Verlängerung der Diastolendauer

17.3.4. Antianginös wirkende Pharmaka Nitrovasodilatatoren, NO-Donator-Substanzen

Nitrovasodilatatoren 2,5-dinitrat

(ISDN),

Glyceroltrinitrat (ISMN) .

Isosorbid-5-mononitrat

GTN

Isosorbid-

Aldehyddehydrogenase(ALDH)-2

®

Molsidomin

®



Nicorandil

® +

β

Antianginöses Wirkprinzip

großen konduktiven Arterien arteriellen Widerstandsgefäße

koronaren Kollateralen

venösen Kapazitätsgefäße und die nicht

Dosis-Wirkungs-Kurven für Nitrovasodilatatoren an verschiedenen Gefäßsystemen. Man beachte, dass die Dosis-Wirkungs- Kurve für die Dilatation der arteriellen Widerstandsgefäße am weitesten rechts liegt. Das bedeutet, dass erst bei einer nahezu maximalen Dilatation der venösen Kapazitätsgefäße und der großen konduktiven Koronargefäße infolge einer Abnahme des peripheren Widerstandes auch ein Blutdruckabfall einsetzt. ABB. 17.28

• Das venöse Pooling reduziert über eine Abnahme des LVEDP die Vorlast und vermindert damit auch das zirkulierende Blutvolumen. Die Folgen sind: – ein verminderter O 2 -Bedarf des Herzens, – eine verbesserte endokardiale Durchblutung durch Verminderung der extravasalen Komponente des Koronarwiderstandes und – Erhöhung des koronaren Perfusionsdrucks durch Abnahme des LVEDP. Bei akuter Linksherzinsuffizienz ist das venöse Pooling verantwortlich für die rasche Beseitigung der Stauungssymptomatik (Lungenödem, ). • Die Dilatation großer Koronargefäße ist an der engsten Stelle, d.h. im Bereich einer partiellen Stenose, wirksam und verbessert, u.a. auch über einen gesteigerten Kollateralfluss ( ), die Durchblutung. • Der Tonus der arteriellen Widerstandsgefäße bleibt erhalten, und die Entwicklung eines „coronary steal“-Phänomens wird daher verhindert. Vielmehr wird nun über einen erhöhten koronaren Perfusionsdruck, der sich auch auf die Kollateralen auswirkt, die Durchblutung im Ischämiebereich verbessert ( ).

Pharmakokinetik

1/2 1/2

Therapeutische Anwendung

Anfallstherapie: sublinguale Bei Glyceroltrinitrat setzt bereits innerhalb 1 Minute, bei ISDN innerhalb von 5 Minuten ein markantes Nachlassen der krisenhaften Symptomatik ein.

Tab. 17.19 Pharmazeutische Zubereitungen von Nitrovasodilatatoren zur Anfallskupierung

Nitrat

Pharm. Zubereitung

Dosierung

Zeit bis zum Wirkungseintritt

Wirkungsdauer

Glyceroltrinitrat (Nitrolingual ® etc.)

ISDN (Isoket ® etc.)

Intervallbehandlung:

Tab. 17.20 Pharmazeutische Zubereitungen von Nitrovasodilatatoren zur Intervallbehandlung

Nitrat

Pharm. Zubereitung ®

®

®

Dosierung

Zeit bis zum Wirkungsdauer Wirkungseintritt

ST-Strecke im EKG unter kontrollierter Belastung nach Verabreichung von Placebo und von Nitroglycerin. Myokardiale Ischämien im Rahmen stabiler Syndrome sind im EKG durch eine Senkung der ST-Strecke charakterisiert, die mit den subjektiven Beschwerden parallel geht. Diese wurden hier durch eine genau definierte Arbeitsbelastung des Patienten am Fahrradergometer hervorgerufen. Ein Ausmessen der ST-Strecken-Senkung ergibt, dass deren Maximum unmittelbar nach Beendigung der Belastung erreicht ist (Placebo). Unter dem Einfluss von Nitroglycerin ist das Ausmaß der ST-Strecken-Senkung vermindert, das Zeitintervall bis zu ihrer Manifestation verlängert und das bis zu ihrer Rückbildung verkürzt (nach Kaltenbach, M. et al., Dtsch. Med. Wschr. 97 , 1479–1484, 1972). ABB. 17.29

Nitrattoleranz

Unerwünschte Wirkungen Kopfschmerz,

Kontraindikation Sildenafil ®

®

Vardenafil

®

®

Tadalafil

®

Calciumkanalblocker

Koronararterien

1,4-Dihydropyridin-Typ

2

2

2

Benzothiazepine

Phenylalkylamine

2

β Intervalltherapie Anfallskupierung.

Tab. 17.21 Übersicht über gebräuchliche Calciumkanalblocker Substanz

Handelsname

Dosierung

t max

t 1/2

Wirkungsdauer

Metabolisierung

®

®

®

® ® ®

®

Mittelstarke bis starke Hemmstoffe von CYP3A4, daher Interaktionen mit allen CYP3A4-abhängigen Arzneimitteln beachten.

β-Blocker β

Mittel der Wahl. 2 2 2

β 2

2

β

α

α

1

2

β

2

Ivabradin ® f

β

β

β

β

Trapidil ®

Ranolazin

+

+ 2+

2 +

β

®

β

17.3.5. Differenzialtherapie der koronaren Herzkrankheit

• Verbesserung der Prognose (Basistherapie): ASS, Statine, β-Blocker • Kupierung des akuten Anfallgeschehens: GTN, ISDN • Reduktion der Anfallshäufigkeit bzw. Steigerung der Leistungstoleranz: β-Blocker, Calciumkanalblocker, Nitrate/NODonatoren, Ivabradin, Trapidil, Ranolazin

Stabile Angina

β

Anfallskupierung

(Intervalltherapie)

β

β

Die Indikation für eine rein symptomatisch wirkende antianginöse Intervalltherapie ist immer wieder zu überprüfen!

Vasospastische Angina Anfälle

β

Instabile Koronarsyndrome

Akutmaßnahmen

• O 2 ≈ 4 L/min per Nasensonde nur bei Patienten mit Sauerstoffsättigung < 90 % oder mit akuter Luftnot. • Acetylsalicylsäure (ASS) 100–300 mg, sofern der Patient nicht bereits oral mit ASS vorbehandelt ist. • Empfehlungen zur zusätzlichen prästationären Gabe von ADP-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Ticagrelor 180 mg oder Clopidogrel 300 oral) und Heparin sind uneinheitlich und hängen vom voraussichtlichen Verlauf (konservativ oder invasiv) ab. • Glyceroltrinitrat sublingual oder i.v. zur symptomatischen Therapie des Anginaschmerzes, i.v. zur Blutdruckreduktion, Kontraindikation: Blutdruck < 100 mmHg. • β-Blocker wie Metoprolol 5 mg i.v. (nur bei systolischem Blutdruck > 100 mmHg!) • Morphin bei nitratresistenten Schmerzen, 3–5 mg i.v. in Abständen von wenigen Minuten bis zur Schmerzfreiheit, ggf. unter antiemetischer Begleittherapie mit Metoclopramid.

Transmuraler Myokardinfarkt (STEMI)

Akutmaßnahmen nach stationärer Aufnahme

• Interventionelle Maßnahmen (Angioplastie, Stent): Eine schnelle mechanische Eröffnung des verschlossenen Koronargefäßes hat sich als prognostisch günstiger erwiesen als die alternative Lysetherapie, erfordert aber ein Zentrum für interventionelle Kardiologie mit 24-Stunden-Bereitschaft. Die Prognose einer Angioplastie wird durch gleichzeitige i.v. Verabreichung des GP-IIb/IIIa-Antagonisten Abciximab ( ) zusätzlich verbessert. • Fibrinolytika (Thrombolytika): Kommt die primäre Angioplastie nicht infrage, besteht – bei Ausschluss von Gegenanzeigen – die Indikation für eine Auflösung des Thrombus mittels Fibrinolytika (Lysetherapie; ). In der Regel wird für 24 bis 48 Stunden Heparin begleitend i.v. verabreicht. Der klinische Nutzen einer Thrombolyse ist nur gegeben, wenn sie innerhalb der ersten 12 Stunden erfolgt. Der ideale Zeitpunkt wäre eine „call-to-needle time“ unter 90 Minuten (Zeitpunkt der Lyse nach Notarztruf) und eine „door-to-needle time“ unter 60 Minuten (Zeitpunkt der Lyse nach Krankenhausaufnahme). Komplikationen von Fibrinolytika sind cerebrale Blutungen (selten auch allergische Reaktionen unter Streptokinase ). Bisweilen auftretende Reperfusionsarrhythmien sind in der Regel beherrschbar; hier handelt es sich um verzögerte Nachdepolarisationen, die mit einem durch die Reperfusion ausgelösten plötzlichen Ca 2+ -Einstrom in die ischämischen Myokardzellen zu erklären sind ( ). • Bypass-Operation: Sie wird nur bei Erfolglosigkeit einer der oben genannten Maßnahmen vorgenommen. • Pharmakotherapeutische Behandlung von Komplikationen: – akute Herzinsuffizienz: , – Kammertachykardien: β-Blocker, ggf. Lidocain oder Amiodaron i.v., – Vorhofflimmern: β-Blocker, Digoxin oder Verapamil zur Verhinderung einer hohen Ventrikelfrequenz, Amiodaron (5 mg/kg über 1 h i.v.) zur Terminierung des Vorhofflimmerns, – Sinusbradykardie , AV-Block I. Grades (durch Vaguserregung): Atropin oder Ipratropium i.v. nur bei gleichzeitiger Hypotonie. Implantation eines Schrittmachers bei höhergradigem AV-Block. Antiarrhythmika β

Magnesiumsalzen

2

+

oraler

2+

2 + 2

+

Sekundärprävention (prognostische Indikation)

• Acetylsalicylsäure 1 × 75–100 mg. Bei Unverträglichkeit kann auf Clopidogrel 1 × 75 mg umgestellt werden, bei Magenbluten ist aber die Gabe eines Protonenpumpeninhibitors (z. B. Omeprazol 1 × 20 mg) + ASS sicherer. Für die duale Plattenaggregationshemmung (ASS + Clopidogrel, Ticagrelor und Prasugrel) gibt es in der normalen Postinfarktbehandlung keinen Nutzennachweis, sie ist aber für die ersten 3 bis 6 Monate nach Stentimplantation indiziert. Dies gilt insbesondere für beschichtete „drug-eluting stents“, da hier ein lange anhaltendes erhöhtes Thromboserisiko besteht. Zurzeit werden hier 9 bis 12 Monate diskutiert. Hier haben sich Ticagrelor und Prasugrel gegenüber Clopidogrel als überlegen erwiesen. • Cholesterinsenker: Mittel der Wahl sind Statine (Lovastatin , Simvastatin , Pravastatin etc., ), weil sie gut verträglich sind und nachgewiesenermaßen die Mortalität und das Rezidivrisiko von Postinfarktpatienten um etwa 25–30 % senken. In der Indikation und Dosierung orientiert man sich entweder an einem LDL-Cholesterin-Zielwert von < 100 mg/dl (Empfehlung der Fachgesellschaften) oder man gibt allen Patienten eine fixe Dosis von z. B. 40 mg Simvastatin (Nationale Versorgungsleitlinie). Grundlage ist eine cholesterinarme Diät. Fibrate senken vor allem Triglyceride und erhöhen HDL-

Cholesterin, haben aber keinen nachgewiesenen Nutzen bei KHK und sind daher nicht indiziert. In Kombination mit Statinen erhöhen sie das Risiko einer Rhabdomyolyse um den Faktor 40. Diese Kombination sollte daher vermieden werden. • β-Blocker , z. B. Bisoprolol , Metoprolol , Carvedilol sind bereits in der Akutphase prognoseverbessernd und bei jedem Patienten nach Infarkt indiziert. • ACE-Hemmer , z. B. Captopril , Enalapril , Perindopril , haben in einigen Studien einen günstigen Effekt gehabt, wenn sie kurz nach dem Infarkt gegeben wurden. Allerdings war Trandolapril bei zusätzlicher Gabe zu ASS, Statinen und β-Blockern ohne Nutzen (PEACE-Studie 2005). Auch ist in Registerstudien bei Postinfarktpatienten häufig kein Nutzen von ACEHemmern zu sehen. Dies spricht gegen eine generelle Indikation. Klar ist aber, dass ACE-Hemmer bei linksventrikulärer Dysfunktion (= Herzinsuffizienz NYHA I) nach Infarkt zur Standardtherapie gehören. Dies gilt auch für AT 1 -Rezeptor-Blocker und, bei Symptomen der Herzinsuffizienz (NYHA II), auch für Aldosteronrezeptor-Antagonisten. • Beim asymptomatischen normotensiven Patienten nach Infarkt gibt es keine primäre Indikation für Nitrate, Calciumantagonisten, Vitaminpräparate, Folsäure, Magnesium oder verschiedenste phytopharmakologische und homöopathische Behandlungen.

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Internet-Links .

KAPITEL 18

Pharmakologie des kardiovaskulären Systems – die Blutgefäße – Behandlung von Hypertonie und Hypotonie U. Förstermann

Aus einem Brief Alfred Nobels an einen Freund. Alfred Nobel (der Stifter des nach ihm benannten Preises) litt am Ende seines Lebens an Angina pectoris und es wurde ihm Glyceroltrinitrat verordnet. In einem Brief an einen Freund schrieb er:

Es klingt wie die Ironie des Schicksals, dass man mir Nitroglycerin innerlich verschrieben hat. Sie haben es Trinitrin genannt, um die Apotheker und die öffentlichkeit nicht zu beunruhigen.

β

18.1. Regulatoren des Gefäßtonus und verwandte Pharmaka

Wichtige neurale und humorale Effektorsysteme, die den peripheren Gefäßtonus regulieren. Eine Vasodilatation ( Erniedrigung des Tonus der glatten Gefäßmuskulatur) wird durch Dopamin über D 1 -Rezeptoren (vor allem in der renalen und mesenterialen Strombahn) vermittelt. Adrenalin, wenn es auf β 2 -Adrenozeptoren einwirkt (die besonders in Gefäßen der Skelettmuskulatur zu finden sind), bewirkt ebenfalls eine Vasodilatation. Beide Rezeptoren sind über stimulierende heterotrimere G- Proteine (G s ) an die Adenylylcyclase (AC) gekoppelt ( ). Der gebildete Second Messenger cAMP aktiviert die cAMP-abhängige Proteinkinase A (PKA). Die Zielproteine, die durch die Proteinkinase A phosphoryliert werden, sind im Detail bis heute nicht bekannt. Als wahrscheinlichste Möglichkeit kann die Phosphorylierung der Myosin-Leichtketten- Kinase gelten. Die phosphorylierte Myosin-Leichtketten-Kinase wird nur noch schwach von Ca 2+ / Calmodulin aktiviert, die leichte Kette des Myosins wird weniger phosphoryliert, die Kontraktion der glatten Muskelzelle nimmt ab. Andere Hypothesen werden ebenfalls diskutiert ( ). Nerven, die die neuronale Isoform der NO-Synthase enthalten (nitrerge Nerven), setzen bei Stimulation NO frei. Dieses aktiviert die lösliche Isoform der Guanylylcyclase (GC-S) in der glatten Gefäßmuskulatur. Dieser intrazelluläre „Enzymrezeptor“ bildet aus GTP den Second Messenger cGMP; dieser aktiviert die cGMPabhängige Proteinkinase G ( PKG) . PKG1 phosphoryliert den Rezeptor für Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP 3 ) sowie ein IP 3 -Rezeptor-assoziiertes Protein (IRAG). Die PKGABB. 18.1

abhängige Phosphorylierung von IRAG hemmt die IP 3 -vermittelte Freisetzung von Ca 2+ aus dem endoplasmatischen Retikulum und bewirkt so eine Vasodilatation. Eine Beteiligung weiterer, noch nicht identifizierter Zielproteine der PKG an der Vasodilatation ist möglich. Weiter kann es durch Phosphorylierung von K + -Kanälen zu deren Aktivierung kommen. Dies bewirkt eine Hyperpolarisation der glatten Gefäßmuskelzelle, was in einem verminderten Ca 2+ -Einstrom von außen in die Zelle resultiert. Zirkulierendes atriales natriuretisches Peptid (ANP) bindet an eine membrangebundene Isoform der Guanylylcyclase (die GC-A). Die intrazelluläre katalytische Domäne dieses „Enzymrezeptors“ bildet aus GTP ebenfalls cGMP und aktiviert die PKG. Eine Vasokonstriktion (Erhöhung des Tonus der glatten Gefäßmuskulatur) bewirken neuronal freigesetztes Noradrenalin und humoral herantransportiertes Adrenalin durch Stimulation von α 1 -Adrenozeptoren . Ein weiterer wichtiger Vasokonstriktor ist Angiotensin II, das seine konstriktorische Wirkung über AT 1 -Rezeptoren auslöst. Angiotensin II ist nicht nur ein Hormon, es kann in vielen Gefäßbetten auch lokal (von lokalem Renin und Angiotensin-I-metabolisierenden Enzymen) gebildet werden. Zirkulierendes Vasopressin/ADH kann über V 1 -Rezeptoren Vasokonstriktion auslösen. Die Vasopressin/ADH-Konzentrationen im Plasma erreichen physiologischerweise nur antidiuretische, nicht aber vasopressorische Konzentrationen. Nur bei myokardialer Insuffizienz werden möglicherweise einmal Vasopressinkonzentrationen erreicht, die den peripheren Gefäßwiderstand erhöhen. Alle genannten Rezeptoren sind über GProteine (G q ) an eine Phosphoinositid-spezifische Phospholipase C (PLC) gekoppelt. Diese spaltet Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP 2 ), wobei die Second Messenger IP 3 und 1,2-Diacylglycerol (DAG) entstehen. IP 3 setzt Ca 2+ aus dem endoplasmatischen Retikulum frei, die freie intrazelluläre Ca 2+ -Konzentration (Ca i 2+ ) steigt an, die Myosin-Leichtketten-Kinase wird via Calmodulin aktiviert, und es kommt zur Kontraktion der glatten Muskulatur.

18.1.1. Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)

Essenzielle Komponenten des humoralen Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und pharmakologische Eingriffsmöglichkeiten. Aus Angiotensinogen , einem in der Leber synthetisierten α 2 -Globulin, wird durch die Protease Renin das Dekapeptid Angiotensin I abgespalten. Dessen biologische Wirkung (z. B. Vasokonstriktion) ist 10- bis 100-mal geringer als die von Angiotensin II. Aus Angiotensin I wird durch das Angiotensin-Conversions-Enzym (ACE), das vor allem im Gefäßendothel lokalisiert ist, das aktive Oktapeptid Angiotensin II abgespalten. Angiotensin II hat viele Wirkungen, es ist ein potenter Vasokonstriktor und stimuliert die Aldosteron- und Vasopressin/ADH-Sekretion. Pharmakologische Eingriffsmöglichkeiten bestehen durch Inhibitoren des Renins, durch ACE- Inhibitoren und durch Angiotensin-II-(AT 1 -)Rezeptor-Blocker. ABB. 18.2

Physiologie und Pathophysiologie juxtaglomerulären Zellen,

• Die juxtaglomerulären Zellen sind mit β 1 -Adrenozeptoren- ausgestattet ( ). Rezeptorstimulation über den Sympathikus erhöht die Reninfreisetzung, bei ausbleibender Stimulation (etwa nach β-Rezeptor-Blockade) sinkt die Reninfreisetzung. Dies ist wahrscheinlich der wichtigste Mechanismus der antihypertensiven Wirkung der β-Blocker (s. später in diesem Kapitel). • Das Vas afferens des Glomerulus fungiert als Barorezeptor. Ein verminderter Perfusionsdruck im Vas afferens erhöht die Reninausschüttung, ein erhöhter Perfusionsdruck vermindert sie. • Die NaCl-Konzentration im distalen Tubulus wird von den Macula-densa-Zellen erfasst; eine Verminderung der NaCl-Konzentration erhöht die Reninfreisetzung, eine Erhöhung der NaCl-Konzentration vermindert sie. • Schließlich gibt es Hinweise auf die Beteiligung der Prostaglandine Prostacyclin (PGI 2 ) und PGE 2 . So ist die Steigerung der Reninfreisetzung durch Schleifendiuretika wie Furosemid nach Blockade der Prostaglandinsynthese mit nichtsteroidalen Antiphlogistika deutlich gehemmt ( ). Renin

Protease, α

2

Angiotensin-Conversions-Enzym (ACE

Angiotensin

III.

Angiotensin Angiotensin II

I

Tab. 18.1 Angiotensin-II-Rezeptoren und wichtige von ihnen vermittelte Wirkungen

Zelle, Gewebe, Organ

Rezeptortyp

Glatte Gefäßmuskulatur, Arteriolen

Angeschlossener Signaltransduktionsweg

Akute Wirkung

Chronische Wirkung

1

3

2

Nieren

1

3

+

1

+

1

Nebennierenrinde (Zona glomerulosa)

1

2

Nebennierenmark

1 3

2

Sympathische Nervenendigungen

1 3

Herz

1

Uterus

1

Hypophysenhinterlappen

1

2 3

2

3

Hypothalamus

1

2

Alle beschriebenen Wirkungen sind AT 1 -Rezeptor-vermittelt, die funktionelle Bedeutung der AT 2 -Bindungsstellen ist noch weitgehend unklar. IP 3 = Inositol-1,4,5-trisphosphat. DAG = 1,2-Diacylglycerol.

A T

1

-

und

AT

2

-Rezeptoren

1

1

A T

1

-Rezeptor

q

1 2

Aktivierung der

Phospholipase

C 2 +

3

Hemmung der Adenylylcyclase 1 2

2

2 1 2

2

Pharmaka mit Eingriff in das RAAS

• der Renin-Inhibitor Aliskiren • Angiotensin-Konversions-Enzym(ACE)-Inhibitoren und • Angiotensin-II-AT 1 -Rezeptor-Antagonisten (auch Angiotensin-Rezeptor-Blocker, ARB).

Stimulation der Phospholipase A 2

Renin-Inhibitor ®

ABB. 18.3

Renin-Inhibitor Aliskiren .

Antihypertensive Wirksamkeit

1

1

1

Unerwünschte Wirkungen

Angiotensin-Konversions-Enzym(ACE)-Inhibitoren

Captopril

®

ACE-Inhibitoren. Es sind über zehn ACE-Inhibitoren auf dem deutschen Markt zugelassen. Captopril und Lisinopril sind aktive Moleküle. Ramipril, Enalapril, Fosinopril, Quinapril u.a. sind relativ inaktive „Pro-Drugs“, die in vivo von Esterasen zu den aktiven Di-Säuren (den „Prilaten“) gespalten werden ( ). Fosinoprilat enthält im Gegensatz zu den anderen ACEInhibitoren eine Phosphinsäuregruppe an der Bindungsstelle für das ACE. ABB. 18.4

Tab. 18.2 Eigenschaften der verschiedenen ACE-Inhibitoren (vgl. )

ACE-Inhibitor

Orale Wirkungsmaximum Bioverfügbarkeit (nach h) (%)

Aktive Substanz

Eliminationshalbwertszeit der aktiven Substanz (h)

Wirkdauer (h)

Plasmaeiweißbindung der aktiven Substanz (%)

Mittlere antihypertensive Dosis (mg/Tag)

Captopril ®

Ramipril ®

Enalapril ®

Fosinopril ® ®

Lisinopril Quinapril ®

Diese Pharmaka sind „Pro-Drugs“. Benazepril (Cibacen ® ), Cilazapril (Dynorm ® ), Perindopril (Coversum Arginin ® ) und Trandolapril (Udrik ® ) sind weitere ACE-Inhibitoren, die auch alle „Pro-Drugs“ sind.

Fosinopril ®

®

(„Pro-Drugs“), Antihypertensive Wirksamkeit

Unterdrückung der Synthese von Angiotensin II Hauptmechanismus auch dann antihypertensiv, wenn die Angiotensin-II-Plasmaspiegel normal oder erniedrigt

Kininase II

2

Teil der

2

antihypertensiven Wirkung vasodilatatorisch wirkender Peptide

Wirkmechanismen von ACE-Inhibitoren. Das Angiotensin-Konversions-Enzym ist mit der Kininase II identisch. ACE-Inhibitoren vermindern damit nicht nur die Bildung des vasokonstriktorischen Angiotensins II, sie hemmen auch die Inaktivierung des Bradykinins (und anderer Kinine). Bradykinin wirkt selbst vasodilatatorisch und ist darüber hinaus ein potenter Stimulator der endothelialen Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) und Prostacyclin. Auch Substanz P kann vom Angiotensin-Conversions- Enzym gespalten werden; sie kann ebenfalls über NO- und Prostacyclinfreisetzung vasodilatatorisch wirken. ABB. 18.5

1

Weitere Wirkungen

Unerwünschte Wirkungen

Nierenarterienstenose Niereninsuffizienz

ACE-Inhibitoren kontraindiziert.

Hyperkaliämie trockener Husten

Angioödem

Captopril

Angiotensin II konstringiert die efferente Arteriole mehr als die afferente und trägt so zur Aufrechterhaltung des Filtrationsdrucks bei.

Vasopeptidaseinhibitoren Angiotensin-Conversions-Enzym

Omapatrilat neutrale Endopeptidase

Angiotensin-II-AT 1 -Rezeptor-Antagonisten (AT 1 -Rezeptor-Blocker, ARB)

1

1

Losartan

1 1

AT 1 -Rezeptor-Blocker.

ABB. 18.6

Candesartan wird als das Ester-Pro-Drug Candesartan- cilexetil verabreicht. Losartan wird in vivo teilweise zu dem 20-mal wirksameren Metaboliten EXP3174 umgewandelt.

Tab. 18.3 Eigenschaften der verschiedenen Angiotensin-II(AT 1 )-Rezeptor- Blocker Orale Wirkungsmaximum Bioverfügbarkeit (nach h) (%)

AT 1 -RezeptorBlocker

Eliminationshalbwertszeit der aktiven Substanz(en) (h)

Aktive Substanz(en)

Wirkdauer (h)

Plasmaeiweißbindung der aktiven Substanz(en) (%)

Candesartan-cilexetil ® ®

Irbesartan ® ®

Losartan ®

Olmesartanmedoxomil ® ®

Telmisartan ®

Valsartan ® ®

1 1 1

2 1

Mittlere antihypertensive Dosis (mg/d)

Antihypertensive Wirksamkeit 1 1 1

1

Unerwünschte Wirkungen 1

1

Z u r Ve r t i e f u n g

1

18.1.2. Das vaskuläre Stickstoffmonoxid (NO)-System Geschichte

lösliche Isoform der Guanylylcyclase (GC-S

EDRF mit NO identisch

Wichtige lokale Effektorsysteme, die den peripheren Gefäßtonus regulieren. Das Gefäßendothel produziert kontinuierlich Stickstoffmonoxid (NO) , das wahrscheinlich der wichtigste endogene Vermittler einer Vasodilatation ist. Aus dem Endothel in die Gefäßwand abgegebenes NO bindet an die Häm-Gruppe der löslichen Isoform der Guanylylcyclase (GC-S) in der glatten Gefäßmuskulatur. Dieser intrazelluläre „Enzymrezeptor“ bildet aus GTP den Second Messenger cGMP. Unter Vermittlung der cGMP-abhängigen Proteinkinase G (PKG) kommt es zur Gefäßrelaxation (Legende zu ). Luminalwärts abgegebenes NO stimuliert die GC-S in Thrombozyten und hemmt so deren Aggregation und Adhäsion. Endothelzellen sind auch die wichtigste Quelle für Prostacyclin (PGI 2 ). PGI 2 wird vor allem in das Gefäßlumen freigesetzt. Dort wirkt es auf IP-Rezeptoren auf der Thrombozytenmembran und hemmt deren Aggregation. ABB. 18.7

Darüber hinaus ist Prostacyclin auch ein Vasodilatator. Der IP-Rezeptor ist über ein stimulierendes G-Protein (G s ) an die Adenylylcyclase (AC) gekoppelt. Der gebildete Second Messenger cAMP aktiviert die cAMP-abhängige Proteinkinase A (PKA) . Diese vermittelt die Thrombozytenaggregationshemmung und die Vasorelaxation (Legende zu ). Eine Vasokonstriktion wird bewirkt durch Endothelin (vor allem ET-1), ein Peptid, das im Endothel gebildet wird und seine Rezeptoren auf der glatten Gefäßmuskulatur hat. Für die Vasokonstriktion bedeutsam ist der ET A -Rezeptor, aber auch der ET B -Rezeptor kann Vasokonstriktion vermitteln. Beide Rezeptoren sind über G-Proteine (G q ) an die Phosphoinositid-spezifische Phospholipase C (PLC) gekoppelt. Aggregierende Thrombozyten setzen den potenten Vasokonstriktor Thromboxan A 2 (TXA 2 ) frei, der über einen Thromboxanrezeptor (TP) auf die glatte Muskulatur einwirkt. Die vasoaktive Wirkung von TXA 2 überwiegt die vaskulären Wirkungen anderer Plättcheninhaltsstoffe (wie Serotonin, ADP u.a.). Der TP ist ebenfalls an die PLC gekoppelt (Legende zu ).

Physiologie und Pathophysiologie Arginin

2

2

2 3



– •

3 –



2



Oxidation hemmt

3



Inaktivierungsmechanismus für NO Thrombozytenaggregation

vermindert Adhäsion von Leukozyten

bremst

Proliferation glatter Gefäßmuskelzellen.

Oxidativer Stress im Gefäßsystem – die Basis vieler (kardio-)vaskulärer Erkrankungen

2

–•



Mechanismen des oxidativen Stresses und der endothelialen Dysfunktion bei kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen. Bei vielen kardiovaskulären Erkrankungen kommt es – vor allem durch Heraufregulation von NADPH-Oxidasen in der Gefäßwand – zu vermehrter Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (wie Superoxid, O 2 –• ). Auch die endotheliale NO- Synthase ist bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen reaktiv hochreguliert, ihr Produkt NO wird aber ABB. 18.8

durch das vermehrte O 2 –• schnell inaktiviert. Die NO-Spiegel sinken, die Schutzwirkung des NO geht verloren. Doch damit nicht genug; das entstehende Oxidans Peroxynitrit (ONOO - ) kann den essentiellen Kofaktor der endotheliale NO-Synthase (6 R -)5,6,7,8-Tetrahydrobiopterin (BH 4 ) zu Trihydrobiopterin-Radikal (BH 3 ) und 6,7-[8H]Dihydrobiopterin (BH 2 ) oxidieren. Durch das Fehlen ausreichender Mengen von BH 4 wird die Sauerstoffreduktion an der NO-Synthase von der NO-Bildung abgekoppelt; aus der protektiven NO-Synthase wird ein dysfunktionelles, O 2 –• -produzierendes Enzym, das nun zum oxidativen Stress im Gefäßsystem beiträgt.

NO-produzierende Zentralnervensystem

Neurone. kein

Neurotransmitter,

peripheren Nervensystem atypischer

Neurotransmitter

reflektorische Erweiterung des Magens relaxierende Komponente der peristaltischen Welle

Erektion

Immunzellen

zytotoxische

Wirkungen

Pökelns

Clostridium botulinum

Micrococcus aurantiacus

Diabetes mellitus Typ 1, chronische Arthritiden , Nephritiden und Vaskulitiden.

septischen Schock

Nitrovasodilatatoren, NO-Donatoren

Geschichte Glyceroltrinitrat, Nitroglycerin

Organische Nitrate Glyceroltrinitrat Pentaerythrityltetranitrat

Isosorbid-2,5-dinitrat

Isosorbid-5-mononitrat

Nitrovasodilatatoren NO-Donatoren

Molsidomin, Linsidomin nichtenzymatisch NO freisetzen. –

Molsidomin

®

Therapeutisch verwendete Nitrovasodilatatoren (NO-Donatoren). Organische Nitrite und Nitrate werden in der glatten Gefäßmuskulatur zu NO metabolisiert. Molsidomin ist ein „Pro-Drug“ und wird in der Leber zur aktiven Substanz Linsidomin (SIN-1) umgesetzt. Nitroprussid-Natrium setzt wahrscheinlich nichtenzymatisch NO frei. ABB. 18.9

Bioaktivierung der verschiedenen Nitrovasodilatatoren. Organische Nitrite und Nitrate werden in der glatten Gefäßmuskulatur metabolisiert. Die Bioaktivierung therapeutisch relevanter (niedriger) Konzentrationen „hoch potenter“ Tri- und Tetranitrate (Glyceroltrinitrat, Pentaerythrityltetranitrat) scheint über die mitochondriale Aldehyddehydrogenase(ALDH)-2 zu erfolgen. Die Reduktaseaktivität dieses Enzyms metabolisiert die organischen Nitrate zu anorganischem Nitrit (und den entsprechenden denitrierten Metaboliten). Nitrit wird dann vermutlich durch Cytochrom-cOxidase (dem terminalen Enzym der mitochondrialen Atmungskette) und/oder durch Protonen im mitochondrialen Intermembranraum weiter zu NO (oder einer wirkäquivalenten Verbindung X-NO) reduziert. ALDH2 wird im Zuge der katalytischen Reaktion durch Oxidation kritischer Cystein-Reste inaktiviert und muss durch intramitochondriale Thiole (etwa der Dihydroliponsäure) wieder reduziert und reaktiviert werden. „Niederpotente“ Di- und Mononitrate (Isosorbid-2,5- dinitrat, Isosorbid-5mononitrat) werden wahrscheinlich im endoplasmatischen Retikulum über Cytochrom-P 450 -Enzyme metabolisiert, wobei direkt NO entsteht. Bei hohen ABB. 18.10

(supratherapeutischen) Konzentrationen werden auch Tri- und Tetranitrate über diesen Weg bioaktiviert. Linsidomin, der aktive Metabolit des Molsidomins, ist bei pH-Werten über 7 instabil. Durch OH - -Katalyse entsteht unter Ringöffnung SIN-1A, das spontan zu NO und SIN-1C zerfällt. GC-S: lösliche, NO-aktivierbare Guanylylcyclase, PKG1: Proteinkinase G1.

Z u r Ve r t i e f u n g

Selektivität für große im Vergleich zu kleinen Gefäßen.

Therapeutische Anwendung von Nitratestern und Molsidomin

vasospastisch bedingten Form der Angina pectoris Lösung des Koronarspasmus.

arteriosklerotisch bedingten Angina pectoris Dilatation der

Koronararterien Dilatation der Kapazitätsgefäße

verbessern das Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot ® Molsidomins

Tab. 18.4 Eigenschaften der verschiedenen Nitrovasodilatatoren

Darreichungsfo rm

Nitrovasodilatator

Orale Biover fügbar keit

Wirk ung sei Aktive Substanz(en) ntri tt

®

®

®

®

®

®

Zur Anfallskupierung. Entfernung nach 12 h angeraten, um Toleranzentwicklung zu verhindern. „Fiktiv zugelassenes Arzneimittel“ in Deutschland.

Nitrattoleranz

Eliminationshalbwertszeit der aktiven Substanz

Wirk Mittlere dau Dosis er

Hämodynamische und biochemische Mechanismen der Nitrattoleranz am Beispiel des Glyceroltrinitrats . An isolierten Gefäßen in vitro ist die vasodilatierende Wirkung organischer Nitratester bereits nach einigen Stunden Dauerapplikation deutlich abgeschwächt, man spricht von Tachyphylaxie. Eine Erschöpfung der für die enzymatische NO-Freisetzung aus Nitratestern notwendigen endogenen Thiole ist für diese In-vitro-Toleranz verantwortlich gemacht worden. Die Toleranz in vivo ist aber wesentlich durch andere Mechanismen bedingt. Systemisch kommt es nach allen organischen Nitraten sehr schnell zu einer neurohumoralen Gegenregulation wie der Aktivierung des Sympathikus (Freisetzung von Catecholaminen), der Aktivierung des Renin-AngiotensinAldosteron-Systems (RAAS) und einer Erhöhung der Vasopressin/ADH-Spiegel. Diese Mechanismen werden auch als „Pseudotoleranz“ bezeichnet. Daneben finden innerhalb von Stunden bis Tagen biochemische Veränderungen in Endothelzellen und glatten Gefäßmuskelzellen statt. In beiden Zelltypen werden, stimuliert z. B. durch Angiotensin II und unter Vermittlung der Proteinkinase C (PKC) NADPH-Oxidasen hochreguliert. Durch den so induzierten oxidativen Stress kommt es zur Peroxynitrit(ONOO • )-Bildung und Entkopplung der endothelialen NOS (eNOS, vgl. ), was den oxidativen Stress weiter verstärkt. ONOO • oxidiert und inaktiviert die endotheliale PGI-Synthase, sodass weniger vasodilatatorisches Prostacyclin (PGI 2 ) gebildet wird. Durch oxidativen Stress und ONOO • -Bildung in der glatten Muskelzelle ABB. 18.11

(und durch Glyceroltrinitrat selbst, vgl. ) wird die mitochondriale Aldehyddehydrogenase(ALDH)-2 inaktiviert, SH-Gruppen-Donatoren für ihre Reaktivierung erschöpfen sich durch den oxidativen Stress. Die Bioaktivierung des Glyceroltrinitrats wird so vermindert. Schließlich beeinflusst der oxidative Stress in glatten Muskelzellen auch die Effektoren des NO negativ (vgl. und ). Die lösliche Guanylylcyclase (GC-S) und die nachgeschaltete Proteinkinase G-1 (PKG1) werden durch ONOO – und O 2 –• Inaktiviert. Die Phosphodiesterase 5 (PDE5) zeigt hingegen eine erhöhte Aktivität, sodass der für die Nitratwirkung entscheidende Second Messenger cGMP vermehrt gespalten wird.

18.1.3. Stimulatoren und Aktivatoren der löslichen Guanylylcyclase ®

Stimulator

Aktivator

18.1.4. Hemmstoffe der Phosphodiesterase 5

Sildenafil

®

Vardenafil Tadalafil

®

Avanafil

®

®

®

ABB. 18.12

Strukturformel von Sildenafil (Viagra ® und Revatio ® ), Vardenafil (Levitra ® ), Tadalafil (Cialis ® und Adcirca ® ) und Avanafil (Spedra ® und Vivanza ® ).

Tab. 18.5 Eigenschaften der verschiedenen Phosphodiesterase-5-Inhibitoren

Phosphodiesterase-5-Inhibitoren

Orale Bioverfügbarkeit

Wirkungseintritt nach:

Maximale Plasmakonzentration nach:

Eliminationshalbwertszeit (der aktiven Substanz)

Wirkdaue Dosierung r

®

®

®

®

Unter dem Handelsnamen Revatio

® zur

Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH).

Unter dem Handelsnamen Adcirca ® zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH). Handelsname Vivanza ® in Österreich und der Schweiz.

α 1

1

Phosphodiesterase-5-Hemmstoffe bei pulmonaler arterieller Hypertonie ® ®

Unerwünschte Wirkungen

gemeinsame

PDE5-Inhibitoren potenzieren die Wirkung organischer Nitrate kontraindiziert.

Anwendung

18.1.5. Natriuretische Peptide

natriuretischen

Peptide

Nesiritid ®

Vasopeptidaseinhibitoren neutrale Endopeptidase

Omapatrilat,

18.1.6. Das vaskuläre Eicosanoidsystem Physiologie und Pathophysiologie

Cyclooxygenase Endothel Prostacyclin vaskulär-protektives

2

Thromboxan

A

Eicosanoid.

2

Hemmung der Thromboxansynthese Verlängerung der Blutungszeit

Therapeutische Anwendung

450

C

+ +

a

C

a

+

+

IR

+

18.1.7. Das Endothelinsystem Physiologie und Pathophysiologie Endotheline E T- 1

vasokonstriktorische Wirksamkeit (potency) von ET-1 ist 10-mal größer als die von Angiotensin II

Isoformen des Endothelins und ihre Rezeptoren. Endothelin existiert in drei Isoformen (ET-1, ET-2 und ET-3), den Produkten dreier verschiedener menschlicher Gene. Alle bestehen aus 21 Aminosäuren. ET-1 ist wahrscheinlich das wichtigste menschliche Endothelin. Es stimuliert den ET A -Rezeptor auf der glatten Gefäßmuskulatur und führt zu Vasokonstriktion. Der ET B -Rezeptor ist ABB. 18.13

auf Endothelzellen und glatter Gefäßmuskulatur zu finden und wird von allen drei Isoformen des Endothelins stimuliert. Er kann je nach dem untersuchten Gefäß Vasodilatation (durch Freisetzung von NO und Prostacyclin aus Endothelzellen) oder Vasokonstriktion (direkt an der glatten Muskulatur) auslösen.

Zwei ET-Rezeptoren

ET A -Rezeptor

ET B -Rezeptor

A

B B

Endothelin-Rezeptor-Antagonisten A

®

Bosentan A

B

Ambrisentan

Therapeutische Anwendung

® A

B ®

Macitentan

A

Unerwünschte Wirkungen

18.2. Gefäßwirksame Pharmaka mit Angriff an Ionenkanälen 18.2.1. Calciumkanalblocker (Calciumantagonisten) Physiologie und allgemeines Wirkprinzip

L-Typ-Calciumkanäle

Zielstrukturen der therapeutisch eingesetzten Calciumkanalblocker

Modell des L-Typ - Calciumkanals. Der Kanal ist ein heterooligomerer Komplex aus vier oder fünf Proteinuntereinheiten. α 1 ist die größte Untereinheit (≈240 kD) und die porenbildende Komponente des Komplexes. Das α 1 -Protein hat vier homologe Domänen mit je sechs putativen Transmembransegmenten. Zum Kanal gehören weiter drei akzessorische Untereinheiten: die durch eine Disulfidbücke (-S-S-) verbundenen α 2 - und δ-Untereinheiten (zusammen ≈175 kD) und eine βUntereinheit (≈ 60 kD). Eine zusätzliche γ-Untereinheit (≈ 30 kD) findet sich nicht im L-Typ-Kanal des Herzens, wohl aber in Kanälen des Skelettmuskels und in neuronalen L-Typ-Kanälen. Pharmaka mit Wirkung auf den L-Typ-Calciumkanal haben stereoselektive hoch affine Bindungsstellen auf der α 1 -Untereinheit des L-Typ-Kanals. Dihydropyridine, Phenylalkylamine und das Benzothiazepin binden an den Kanal in sehr enger Nachbarschaft und in überlappender Weise. Dies macht die Identifizierung separater Bindungsstellen schwierig. Vielmehr scheint es eine Mikrodomäne auf der α 1 -Untereinheit zu geben, die die verschiedenen Klassen von Calciumkanalblockern aufnehmen kann. Es gibt auch Dihydropyridine, die die Öffnungswahrscheinlichkeit des L-Kanals erhöhen und als Calciumpromotoren (Calciumagonisten) wirken. Eine derartige Substanz mit positiv inotropen Eigenschaften ist Bay y 5959, die aber keine klinische Anwendung gefunden hat. ABB. 18.14

Therapeutisch angewandte Calciumkanalblocker. Es sind über 15 spezifische Calciumkanalblocker auf dem deutschen Markt zugelassen. Die hier aufgelistete Auswahl ist nicht wertend. ABB. 18.15

• Dihydropyridine: Prototyp der 1. Generation ist Nifedipin (z. B. Adalat ® ). Sie fluten schnell an und haben eine kurze Wirkdauer. Dihydropyridine der 2. Generation fluten langsamer an und haben eine längere Wirkdauer; Beispiele sind Isradipin (vascal ® ), Felodipin (Munobal ® , Modip ® ) und Nitrendipin ( Bayotensin ® ). Dihydropyridine wie Amlodipin ( Norvasc ® ) oder Lercanidipin (Carmen ® , Corifeo ® ), die nach täglich einmaliger Gabe eine lange gleichmäßige Wirkung aufweisen, werden von manchen Autoren einer 3. Generation zugerechnet. Amlodipin hat eine besonders lange Eliminationshalbwertszeit, während Lercanidipin primär in lipophilen Membrankompartimenten akkumuliert, aus denen es dann über die Zeit in den Calciumkanal diffundiert (Depoteffekt). • Phenylalkylamin: Prototyp ist Verapamil (z. B. Isoptin ® ) . • Benzothiazepine : Prototyp ist Diltiazem (Dilzem ® ). Z u r Ve r t i e f u n g ®

ältere, wenig spezifische Calciumantagonisten“ ®

Dihydropyridine glattmuskulär Arterien

und

Arteriolen

erschlaffende

Wirkung

Tab. 18.6 Eigenschaften einiger Calciumkanalblocker

wenig direkte Wirkungen auf das Myokard:

„Gefäßselektivität“

Therapeutische Anwendung

koronarer Herzkrankheit erhöhte Mortalität

kurz wirkender

Unerwünschte Wirkungen

Nifedipin

schnell freisetzender für die Dauertherapie der Hypertonie obsolet

Unerwünschte Wirkungen Knöchelödeme . orthostatischer Hypotonie,

Schwindel,

Kopfschmerzen,

Flush,

β Nimodipin

vermehrte

Blutungsneigung

in der Schwangerschaft kontraindiziert.

Phenylalkylamine und Benzothiazepine Ve r a p a m i l

Diltiazem Hemmwirkungen am Herzen. negativ dromotrop

negativ chronotrop negativ inotrop

Therapeutische Anwendung Antihypertensiva

Behandlung supraventrikulärer Tachyarrhythmien

Unerwünschte Wirkungen Schwindel, Kopfschmerzen, Flush,

orthostatische Hypotonie. Obstipation. Bradykardie, AV-Block

18.2.2. Kaliumkanalöffner (Kaliumkanalaktivatoren) Allgemeines Wirkprinzip

Kaliumkanalöffner

Öffnungswahrscheinlichkeit

der

ATP-empfindlichen

Kaliumkanäle

(K

A T P

)

zu

erhöhen.

Vasodilatation β

Substanzen

stark

Minoxidil blutdrucksenkende Wirkung,

D i a z o x i d, Pinacidil

Kaliumkanalöffner. Minoxidil ist ein inaktives Pro-Drug; es wird in der Leber zum aktiven Minoxidilsulfat metabolisiert. ABB. 18.16

Diazoxid

β Behandlung

von

Hypoglykämien ®

Blutdrucksenker angewandt. Minoxidil

nicht mehr

®

Minoxidilsulfat

Nicorandil

®

kombinierter Kaliumkanalöffner und Aktivator der löslichen Guanylylcyclase

A T P

Therapeutische Anwendung Minoxidil

®

Reserve-Antihypertensivum,

Pinacidil

topischen

Anwendung

Haarwuchsmittel ®

Nicorandil

®

antianginöse Substanz.

Unerwünschte Wirkungen Anstieg

des

Sympathikotonus

Tachykardie;

β

Natrium- und Wasserretention; Kopfschmerzen Perikarditis

(Hypertrichose)

18.3. Vasodilatatoren mit unbekanntem Wirkmechanismus 18.3.1. Hydralazin, Dihydralazin

ABB. 18.17

Vasodilatatorische Pharmaka mit unbekanntem Wirkmechanismus .

Therapeutische Anwendung ®

Kombinationspartner

von

Unerwünschte Wirkungen

antihypertensiven

Dreierkombinationen.

β

18.4. Behandlung der Hypertonie 18.4.1. Definition, Epidemiologie, Pathophysiologie

Hypertonie (Grad 1) ≥ 140 mmHg (systolisch) und/oder ≥ 90 mmHg (diastolisch), Grad 2 bei ≥ 160 mmHg und/oder ≥ 100 mmHg und Grad 3 bei ≥ 180 mmHg und/oder ≥110 mmHg

persistierende diastolische Werte von > 90 mmHg und persistierende systolische Werte von > 140 mmHg als therapiebedürftig

18.4.2. Nichtpharmakologische Maßnahmen

Gewichtsreduktion

körperliche

Kochsalzrestriktion

Senkung eines übermäßigen Alkoholkonsums

Aktivität

Vermeidung

des

Zigarettenrauchens

obst- und gemüsereiche Kost

Reduktion des

Fettanteils

Entspannungsverfahren

Stressbewältigung

18.4.3. Pharmakotherapie

Blutdrucknormalisierung systolisch < 140 mmHg

diastolisch


18 Zuckereinheiten möglich). D) Strukturelle Voraussetzung für die Hemmung von FXa durch Heparine: Aktivierung von AT durch die pentasaccharidabhängige Bindung an AT ausreichend (auch bei Heparinmolekülen mit < 18 Zuckereinheiten möglich). ABB. 21.7

Tab. 21.2 Heparine und Heparinoide

max

1/2

3 ®

®

®

® 3 ®

®

®

®

Angaben schwanken je nach Literaturquelle. Die meisten pharmakokinetischen Parameter bei den NMH beziehen sich auf die Anti-FXa-Aktivität. NMH sind aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur untereinander (auch hinsichtlich der IE) nicht vergleichbar. nach s.c. Applikation dosisabhängig keine risikoadaptierte Prophylaxe vorgesehen mittleres Thromboserisiko hohes Thromboserisiko niedriges, mittleres und hohes Thromboserisiko, bei höchstem Thromboserisiko in den ersten 3 postoperativen Tagen gewichtsadaptiert 1900–3800 IE/Tag, ab dem 4. postoperativen Tag gewichtsadaptiert 2850–5700 IE/Tag bei HIT-Patienten sind deutlich höhere Dosierungen erforderlich

Pharmakodynamik Aktivierung von AT und der folgenden Hemmung von Thrombin und/oder FXa. Hemmung von Thrombin

• Das Molekül muss zumindest eine spezifische Pentasaccharidsequenz ( ) enthalten, die für die Bindung des Heparins an AT und dessen Aktivierung erforderlich ist. Da nur etwa 30 % der Moleküle im aus Schweinegewebe gewonnenen Heparin die Pentasaccharidsequenz enthalten, sind etwa 70 % des verwendeten Materials – zumindest was die Effekte auf die Blutgerinnung angeht – unwirksam.

ABB. 21.8

Pentasaccharidsequenz der Heparine.

• Heparin muss zusätzlich an die sogenannte Exosite-2 des Thrombins selbst binden ( ). Hierfür ist eine Größe der Heparinmoleküle von mindestens 18 Zuckereinheiten erforderlich. Da jedoch im UFH die meisten Moleküle diese Mindestgröße aufweisen, hemmt UFH Thrombin und FXa gleichermaßen. Hemmung von FXa

• Allein eine Aktivierung von AT durch die Pentasaccharidsequenz ist ausreichend. Eine zusätzliche Bindung des Heparins an FXa ist nicht erforderlich. weniger als 18 Zuckereinheiten Hemmung von FXa. AT-unabhängige Wirkungen.

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Protamin,

heparininduzierte Thrombozytopenie

• Die HIT-1 ist häufig (10–20 %), aber in der Regel nicht klinisch relevant. Sie beginnt innerhalb der ersten Tage der Therapie (Tag 1–4) und führt zu einer moderaten (20–30 %) und – trotz Fortführung der Therapie – reversiblen Reduktion der Thrombozytenzahl. Der Mechanismus beruht wahrscheinlich auf einer direkten, antikörperunabhängigen Thrombozytenaktivierung durch Heparin. • Die HIT-2 hingegen ist eine ernsthafte und lebensbedrohliche Komplikation. Schätzungen zufolge beträgt die Häufigkeit der HIT-2 bei hohen (therapeutischen) Dosen von UFH 1–3 % und bei niedrigen (prophylaktischen) Dosen 0,1–1 %. Typischerweise tritt die HIT-2 5–10 Tage nach Therapiebeginn auf. Frühere (early-onset) oder spätere (late-onset) Manifestationen sind jedoch möglich. Der Mechanismus beruht auf einer Antikörperbildung gegen Komplexe aus Heparin und dem physiologisch im Blut zirkulierenden Plättchenfaktor 4 (PF4). Diese Antikörper-Heparin-PF4-Komplexe führen über einen FcRezeptor(FcγRIIa)-mediierten Mechanismus zu einer Aktivierung und Aggregation von Thrombozyten. Die Folge sind schwere thrombembolische Komplikationen (z. B. venöse und arterielle Thrombosen, Lungenembolien). Eine unerkannte HIT-2 weist eine hohe Letalität auf (bis zu 20 %) und geht mit einer hohen Rate an Extremitätenamputationen einher. Bei Ausschluss anderer Ursachen ist ein Thrombozytenabfall um > 50 % des Ausgangswertes bzw. auf < 150 000/µl bezeichnend für die HIT-2. Die Thrombozytenzahl sollte daher vor der Therapie mit Heparin bestimmt und während der gesamten Therapiedauer wöchentlich kontrolliert werden. Zur Diagnosesicherung werden immunologische Methoden sowie funktionelle Tests (z. B. HIPA-Test : Heparin-induzierte Plättchenaktivierung) eingesetzt. Beim Auftreten einer HIT-2 müssen Heparine sofort abgesetzt werden. Beim Fortbestehen einer Indikation zur Antikoagulation kann Danaparoid oder Argatroban (s.u.) eingesetzt werden. In der Regel muss eine Reexposition mit Heparinen vermieden werden.

laborchemischer Untersuchungen

Niedermolekulare Heparine (NMH: Certoparin, Dalteparin, Enoxaparin, Nadroparin, Reviparin, Tinzaparin) low

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

molecular

weight

heparins,

3

4

®

Protamin

Fondaparinux ®

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Danaparoid ®

Direkte Thrombininhibitoren Dabigatran Pharmakodynamik ®

ABB. 21.9

Pharmakokinetik

Strukturformeln von Dabigatran und Argatroban

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Argatroban ®

Hirudine Hirudo Bivalirudin

medicinalis

®

®

Desirudin Pharmakodynamik direkte bivalente

Thrombininhibitoren. Inhibitoren

Bivalirudin, 3

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren

Rivaroxaban Pharmakodynamik ®

4

ABB. 21.10

Strukturformeln von Rivaroxaban und Apixaban

Pharmakokinetik Rivaroxaban

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Apixaban Pharmakodynamik ®

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Edoxaban Pharmakodynamik ®

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

Z u r Ve r t i e f u n g Idarucizumab (Praxbind ® ), Dabigatran

Andexanet alfa Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban

Enoxaparin

Cumarine Pharmakodynamik Acenocoumarol ®

Warfarin

®

®

Phenprocoumon

ABB. 21.11

Strukturformeln von Cumarinen.

ABB. 21.12

Molekularer Wirkmechanismus der Cumarine.

γ

prokoagulatorischen

Faktoren II, VII, IX und X. γ 2

antikoagulatorischen

Proteine

C

und

S

(PC,

+

PS)

erhöhten Thromboserisiko

Pharmakokinetik

450

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen Blutungskomplikationen,

Vitamin K

Colestyramin

(Cumarinnekrosen).

®

Cumarin-Embryopathie.

pharmakokinetische Interaktionen

Tab. 21.3 Klinisch signifikante Interaktionen mit Warfarin. Dargestellt ist eine Auswahl klinisch signifikanter Interaktionen, für die der Kausalzusammenhang eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit hat („level of causation I = highly probable“). Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Interaktionen beschrieben (siehe Holbrook et al., Arch Intern Med 2005; 165, 1095–1106). Verstärkung der Cumarinwirkung

Verminderung der Cumarinwirkung

(Peumus boldus) (Trigonella foenum-graecum) (Testudinis carapax et plastrum, Fritillaris

, Paeonia rubra, Lonicera japonica, Poncirus trifolata)

bei bestehender Lebererkrankung bei hohen Mengen

pharmakodynamische Interaktionen

21.2.3. Fibrinolytika ersten

Generation

keine zweiten Generation

vorzugsweise fibringebundenes Plasminogen aktivieren,

Streptokinase Pharmakodynamik ®

Streptococcus haemolyticus

α

Pharmakokinetik

Angaben zur Therapie

Unerwünschte Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen

2

Fibrinspezifität

Urokinase Pro-Urokinase

scu-PA, single chain urokinase-type plasminogen activator Urokinase

t c u - PA , two

chain

urokinase-type

plasminogen

activator

Fibrinspezifität

Streptokinase.

Gewebe-Plasminogenaktivator (rt-PA, Alteplase) ®

Streptokinase.

Reteplase (r-PA) ®

Streptokinase.

Tenecteplase (TNK-t-PA) ®

Streptokinase.

21.2.4. Hämostyptika

Antifibrinolytika Tranexamsäure

®

4-Aminomethylbenzoesäure

Desmopressin ®

Faktorenkonzentrate

® ®

®

®

21.3. Grundzüge der antithrombotischen und thrombolytischen Therapie 21.3.1. Wartezeiten bei rückenmarksnahen Anästhesieverfahren

®

®

Tab. 21.4 Zeitintervalle zur Reduktion des Risikos von spinalen epiduralen Hämatomen bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie

2

2

3

Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, S1-Leitlinie 001/005, Rückenmarksnahe Regionalanästhesien und Thrombembolieprophylaxe/antithrombotische Medikation, 2014 bei normaler Nierenfunktion bei Leberinsuffizienz länger Werden zusätzlich zu einer niedrig dosierten Aspirin-Therapie weitere antithrombotische Medikamente, z. B. Heparin, Hirudine, neue orale Antikoagulantien, verabreicht, so sollten diese 4–5 Halbwertszeiten vor Punktion/ Kathetermanipulation pausiert werden.

21.3.2. Prophylaxe und Therapie venöser Thrombosen und Lungenembolien Prophylaxe

Thrombozytenfunktionshemmer

das venöse Thrombembolierisiko nicht so deutlich wie Antikoagulantien und werden deshalb nicht empfohlen.

®

® ®

®

® ®

®

Sekundärprophylaxe

Cumarine

®

N M H

®

Rivaroxaban

Therapie initiale Behandlung

®

tiefen Beinvenenthrombose ®

®

®

Sekundärprophylaxe schwangere Patientinnen NMH

®

Lungenembolie ®

®

®

®

®

®

21.3.3. Therapie und Prophylaxe arterieller Thrombosen und Embolien akuten Koronarsyndrom (ACS) ohne persistierende ST-Hebung 1 2

® ® ® ® ®

α ®

®

IIb β

3

α

IIb β

3

ACS mit ST-Hebung (STEMI)

12

IIb

®

3

®

®

1 2

Sekundärprävention

12 12

12 12

1 2

Primärprävention

Ischämischer Schlaganfall Akuttherapie ®

Sekundärprävention

®

Periphere arterielle Verschlusskrankheit ® ® ®

Weiterführende Literatur Antithrombotic Therapy and Prevention of Thrombosis, 9th ed.. American College of Chest Physicans Evidence-Based Clinical Practice Guidelines. Chest . 2012;141(2 suppl):285–573. Greinacher A, Thiele T, Selleng K. Reversal of anticoagulants: an overview of current developments. Thromb Haemost . 2015;113:931–942. Mann K.G. Thrombin generation in hemorrhage control and Cascular occlusion. Circulation . 2011;124:225–235. Mega J.L, Simon T. Pharmacology of antithrombotic drugs: an assessment of oral antiplatelet and anticoagulant treatments. Lancet . 2015;386:281–291. Michelson A.D. Advances in antiplatelet therapy. Hematology . 2011;2011:62–69. Soff G. A.: A new generation of oral direct anticoagulants. Arterioscler Thromb Vasc Biol . 2012;32:569–574. Roffi M, Patrono C, Collet J.P, et al. 2015 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes in patients presenting without persistent ST-segment elevation: Task Force for the Management of Acute Coronary Syndromes in Patients Presenting without Persistent STSegment Elevation of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J . 2016;37 367–315. Task Force on the management of ST-segment elevation acute myocardial infarction of the European Society of Cardiology (ESC), , Steg P.G, James S.K, Atar D, et al. ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation. Eur Heart J . 2012;33:2569–2619.

KAPITEL 22

Pharmakotherapie gastrointestinaler Erkrankungen P. Holzer

Eine gute Regierung ist wie eine geregelte Verdauung; solange sie funktioniert, merkt man von ihr kaum etwas. Erskine Caldwell

2

22.1. Magensäureassoziierte Erkrankungen gastroösophageale

Refluxkrankheit,

Gastritis

gastroduodenale (peptische) Ulkuskrankheit gastroösophageale Refluxkrankheit

gastroduodenalen

Ulkuskrankheit

Helicobacter pylori (H.

pylori)

22.1.1. Pharmakologische Angriffspunkte bei der Steuerung der Magensäuresekretion Magensäure Parietalzellen (Canaliculi) H

+

- K + -ATPase (Protonenpumpe),

+

+ +

Carboanhydrase 2

3

2

2

2

3

+

3







– 3

– – +

Regulation der Magensäuresekretion . Gastrin stimuliert Parietalzellen und ECL(enterochromaffin-like)-Zellen über CCK 2 -Rezeptoren, die derzeit keinen Angriffspunkt für Ulkustherapeutika darstellen. Bei Stimulierung der parakrinen ECL-Zellen durch Gastrin (über CCK 2 -Rezeptoren) oder Acetylcholin (über M 1 -MuscarinRezeptoren) wird Histamin freigesetzt, das die Parietalzellen über H 2 -Rezeptoren aktiviert. Die von Histamin ausgelöste ABB. 22.1

Magensäuresekretion wird durch H 2 -Rezeptor-Antagonisten blockiert, die deswegen auch die über Gastrin oder Acetylcholin ausgelöste Magensäuresekretion partiell reduzieren können. Erregung präganglionärer parasympathischer Nervenfasern des Vagus setzt Acetylcholin frei, das postganglionäre Neuronen im Plexus myentericus über neuronale Nicotinrezeptoren (N N ) und M 1 -Muscarin-Rezeptoren aktiviert. Das aus postganglionären Neuronen freigesetzte Acetylcholin stimuliert die ECL-Zellen über M 1 -Muscarin-Rezeptoren und die Belegzellen über M 3 Muscarin-Rezeptoren. Muscarin-Rezeptor-Antagonisten wie Pirenzepin (partiell selektiv am M 1 -Rezeptor) sind wegen ihrer Nebenwirkungen ohne Bedeutung für die Ulkustherapie. Somatostatin senkt die Magensäuresekretion auf drei Ebenen: indirekt durch eine Blockade der Gastrinsekretion ( ) und der Acetylcholinfreisetzung und direkt durch eine Hemmung der Parietalzelle. Diese Wirkung von Somatostatin wird durch den SST 2 Rezeptor - ( ) vermittelt, der derzeit kein Angriffspunkt für Ulkustherapeutika ist. Die Gastrinsekretion aus den antralen G-Zellen unterliegt einer negativen Feedback-Kontrolle. Auf dem Blutweg erreicht Gastrin die Parietalzellen und benachbarten ECL-Zellen und steigert auf diese Weise die Säuresekretion. Ein Absinken des luminalen pH-Werts unter 3 führt zu vermehrter Freisetzung von Somatostatin, das die weitere Gastrinfreisetzung hemmt und die Aktivität der Belegzellen reduziert. Prostaglandine (z. B. PGE 2 ) dämpfen die Aktivität der Parietalzelle über Aktivierung des Prostaglandin-EP 3 -Rezeptors ( ). Misoprostol ist ein therapeutisch verwendeter Agonist am EP 3 -Rezeptor. Die Second Messengers, Ca 2+ -Ionen bzw. cAMP, stimulieren verschiedene Proteinkinasen und führen über weitere intrazelluläre Signalkaskaden zur Aktivierung der H + -K + -ATPase in den Canaliculi der Belegzelle. Der Protonengenerator für die H + -K + -ATPase (Protonenpumpe) ist die Carboanhydrase, welche die Bildung von Kohlensäure (H 2 CO 3 ) aus H 2 O und CO 2 katalysiert. H + -K + -ATPase-Inhibitoren blockieren die Protonenpumpe.

zirkadianen

Rhythmus ,

2

Verdauungsenzyme Pepsin ,

gastrale

Lipase ,

Humorale und neuronale Steuerung der Magensäuresekretion

Stimulatoren

• Gastrin wird in den endokrinen G-Zellen des Antrums gebildet und seine Freisetzung durch proteinhaltige Nahrung ausgelöst. Auf dem Blutweg gelangt es zu den Belegzellen und endokrinen ECL(enterochromaffin-like)-Zellen, die es über Aktivierung von CCK 2 -Rezeptoren (Gastrin-Rezeptoren) stimuliert ( ). Gastrin stimuliert somit die Magensäuresekretion indirekt über die ECLZellen und direkt über die Belegzellen (identisch mit Parietalzellen). • Aus den stimulierten ECL-Zellen wird Histamin freigesetzt, das auf parakrinem Weg die Parietalzellen über Aktivierung von H 2 -Rezeptoren stimuliert ( ). • Aktivierung präganglionärer parasympathischer Nervenfasern des Vagus steigert die Säuresekretion über Stimulierung postganglionärer Neuronen des Plexus myentericus. Die ganglionäre Transmission wird von Acetylcholin vermittelt, das M 1 Muscarin-Rezeptoren und neuronale Nicotin-Rezeptoren im Plexus myentericus aktiviert. Diese postganglionären Neuronen sind ebenfalls cholinerg und stimulieren die ECL-Zellen über M 1 -Muscarin-Rezeptoren und die Belegzellen über M 3 -MuscarinRezeptoren ( ). Inhibitoren

• Somatostatin ist für die Feedback-Kontrolle der Magensäuresekretion wichtig. Bei fallendem Magen-pH wird es aus den endokrinen D-Zellen des Antrums freigesetzt ( ) und hemmt die weitere Säuresekretion auf dreifachem Weg: über eine Hemmung der Gastrinfreisetzung aus den G-Zellen, eine Hemmung der Acetylcholinfreisetzung aus enteralen Neuronen und eine direkte Hemmung der Belegzellen, zu denen es auf dem Blutweg gelangt.

ABB. 22.2

Regulation der Gastrinsekretion .

• Prostaglandine werden kontinuierlich in den Epithelzellen der Magenschleimhaut gebildet. Sie hemmen über EP 3 -Rezeptoren die Magensäuresekretion aus den Parietalzellen und schützen die Magenmucosa durch Stimulation der Schleimbildung,

Bicarbonatsekretion und Schleimhautdurchblutung.

22.1.2. Pharmaka zur Behandlung magensäureassoziierter Erkrankungen Protonenpumpenhemmer Pharmakodynamik Omeprazol,

Lansoprazol,

Esomeprazol

ABB. 22.3

Pantoprazol

Rabeprazol

+

+

H + -K + -ATPase-Blocker (Protonenpumpenhemmer)

Aktivierung von Omeprazol in Gegenwart von Protonen und Hemmung der H + -K + -ATPase . Omeprazol wird im sauren pH-Bereich in eine Sulfensäure und unter Wasserabspaltung in ein tetrazyklisches Sulfenamid umgewandelt. Das Sulfenamid stellt die aktive Wirkform dar, die mit Cysteinen der H + -K + -ATPase kovalente Disulfidbrücken bildet und damit das Enzym irreversibel hemmt. ABB. 22.4

+

+ +

+

Pharmakokinetik

Zirkadianer Verlauf der Magenazidität unter Behandlung mit Omeprazol und Ranitidin . In einstündigen Intervallen wurde die intragastrale H + -Ionen-Konzentration von Patienten mit Ulcus duodeni gemessen. Die Personen wurden mit Placebo (schwarze Dreiecke), dem H 2 -Rezeptor-Antagonisten Ranitidin (rote Vierecke) oder dem Protonenpumpeninhibitor Omeprazol (blaue Kreise) behandelt. Nahrungsaufnahme (F: Frühstück; K: Kaffee; M: Mittagessen; T: Tee; A: Abendessen; N: Nachtimbiss) stimulierte zunächst die Magensäuresekretion, bevor die Magenazidität durch die Pufferwirkung der Nahrung wieder abnahm. Ranitidin (je 150 mg) wurde zweimal täglich um 9.00 und 22.15 Uhr, Omeprazol (20 mg) einmal täglich um 9.00 Uhr eingenommen. Ranitidin bewirkte eine teilweise Hemmung der nahrungsinduzierten Magensäuresekretion und unterdrückte das nächtliche Maximum der basalen Magensäuresekretion. Trotz der einmaligen Einnahme war Omeprazol durchgehend deutlich stärker wirksam als Ranitidin. (Nach: Lanzon-Miller et al., Aliment. Pharmacol. Ther. 1, 239–251, 1987). ABB. 22.5

450

Tab. 22.1 Pharmakokinetische Daten von Protonenpumpenhemmern

Wirkstoff

Einzeldosis (mg)

Handelsname

Orale Bioverfügbarkeit (%)

®

2 ®

®

®

®

Standarddosis zur Eradikation von H. pylori. Höhere Dosen sind beim Zollinger-Ellison-Syndrom erforderlich. Anstieg auf 60–70 % bei wiederholter Gabe.

Therapeutische Anwendung

• erosive gastroösophageale Refluxkrankheit • chronische Gastritis vom Typ B und C • Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni • Eradikationstherapie einer H.-pylori -Infektion in Kombination mit geeigneten Antibiotika bei peptischem Ulkus • Therapie und Prophylaxe von NSAID-induzierten gastrointestinalen Läsionen • Zollinger-Ellison-Syndrom .

Unerwünschte Wirkungen

• zentralnervöse Störungen (Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel) • gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Obstipation, Durchfall) • Hautausschläge • reversibel erhöhte Leberenzyme • reversible Seh-, Hör- und Geschmacksstörungen (besonders nach i. v. Gabe). Langzeitbehandlung

Risiko

• Diarrhöen und Enteritiden durch Clostridium difficile und andere Keime, mitbedingt durch eine Störung des physiologischen Darmmikrobioms • Pneumonien durch gramnegative Darmbakterien • Eisenmangel • Hypomagnesiämie, insbesondere in Kombination mit Schleifendiuretika • Schenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen (bedingt durch eine verminderte Calciumresorption im Darm und Änderungen im Knochenstoffwechsel) • akute interstitielle Nephritiden.

Wechselwirkungen

4 5 0

12

2+

2

H 2 -Rezeptor-Antagonisten 2

Ranitidin , Famotidin

2

Nizatidin 2

2

2

ABB. 22.6

H 2 -Rezeptor-Antagonisten . 2

2

Tab. 22.2 Pharmakokinetische Daten von H 2 -Rezeptor-Antagonisten

Wirkstoff

Tagesdosis (mg)

Handelsname

Bioverfügbarkeit (%)

®

®

®

Pharmakokinetik 2

Therapeutische Anwendung 2

Unerwünschte Wirkungen

Plasmahalbwertszeit (h)

Misoprostol 1

Therapeutische Anwendung

®

Unerwünschte Wirkungen

Antazida

• Aluminiumverbindungen wie Aluminiumhydroxid und Aluminiumoxid • Magnesiumverbindungen wie Magnesiumhydroxid und • Kombinationen von Aluminiumoxid/Aluminiumhydroxid und Magnesiumhydroxid (z. B. Maalox ® ) sowie Komplexverbindungen, die Aluminium und Magnesium enthalten: – Hydrotalcit (Aluminium-Magnesiumhydroxid-Carbonathydrat , z. B. Talcid ® ) – Magaldrat (Aluminium-Magnesiumhydroxid-Sulfathydrat , z. B. Riopan ® ) – Almasilat (Aluminium-Magnesium-Silicathydrat , z. B. Megalac ® Almasilat).

3+

2+

Therapeutische Anwendung

geringgradigen Refluxkrankheit 2

Unerwünschte Wirkungen

Obstipation laxierend

Niereninsuffizienz

3

+

Wechselwirkungen

Sucralfat ®

22.1.3. Behandlung der Ulkuskrankheit Ungleichgewicht zwischen protektiven und aggressiven Faktoren Helicobacter pylori (H. pylori) H. pylori

H.

Tab. 22.3 Ursachen peptischer Ulzera Häufige Ursachen Seltene Ursachen

H. pylori

pylori

Schutzmechanismen der gastroduodenalen Mucosa

Schleim-Bicarbonat-Schicht, Oberflächenepithel ständige

Alkaliflut mucosale

Mikrozirkulation

sensible

Prostaglandine

Nervenfasern,

1

2

2

Infektion mit Helicobacter pylori H.-pylori

H.-pylori

H.-pylori

H.

pylori

H. H.

pylori

pylori, H.-pylori

H.

pylori

Zellerneuerung

Veränderung der Magensäuresekretion als Folge einer H.-pylori-Infektion. Die H.-pylori -Infektion kann mit einer erhöhten oder verminderten Magensäuresekretion einhergehen. Bei der Antrumgastritis sind Bildung und Freisetzung von Somatostatin aus den antralen D-Zellen verringert, was in einer vermehrten Freisetzung von Gastrin aus den antralen G-Zellen und damit in einer gesteigerten Säuresekretion resultiert. Die vermehrte Säurebelastung des Duodenums induziert gastrale Metaplasien im Bulbus duodeni. H. pylori besiedelt diese Metaplasieareale, wodurch eine Duodenitis und schließlich ein Ulcus duodeni entstehen können. H. pylori kann auch im Korpus- und Fundusbereich des Magens eine Gastritis hervorrufen, was eine Verminderung der Magensäuresekretion, aber auch der Bicarbonatsekretion und Schleimbildung zur Folge hat. Dadurch ist die Schleimhaut trotz Hypochlorhydrie nur ungenügend geschützt, sodass ein Ulcus ventriculi entstehen kann. ABB. 22.7

H.-pylori

H.

pylori

MALT-Lymphoms H. pylori H. pylori H.

pylori H.-pylori H.-pylori

Eradikationstherapie bei H.-pylori- assoziierten Ulzera

Heilung des peptischen Ulkus,

(Eradikation) zwei Etappen Kombinationstherapie

mit einem Protonenpumpenhemmer und zumindest zwei Antibiotika H. pylori Anschlussbehandlung mit einem Protonenpumpenhemmer allein H.

pylori Primärtherapie Tripeltherapie

Vierfachtherapie Sequenzialtherapie

Sekundärtherapie-

Zweitlinientherapieschemata

Tab. 22.4 Ausgewählte Therapieschemata zur Eradikation von H. pylori (nach der S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit inklusive Erratum, 2016) Schema

StandardTripeltherapie („italienisches Schema“)

StandardTripeltherapie („französisches Schema“)

Bismut-haltige Vierfachtherapie

Konkomittierende Vierfachtherapie

Arzneimittel

Tagesdosis

Dauer

Schema

Arzneimittel

Tagesdosis

Dauer

FluorchinolonTripeltherapie

RifabutinTripeltherapie

Protonenpumpenhemmer-Standarddosis: Omeprazol 20 mg; Esomeprazol 20 mg; Lansoprazol 30 mg; Pantoprazol 40 mg; Rabeprazol 20 mg. bei Penicillinunverträglichkeit.

prätherapeutische Resistenzlage

H.

pylori

H.-pylori

13

H. pylori

H.

pylori

H. pylori

®

Ulzera durch nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs)

323,

Tab. 22.5 Risikofaktoren für NSAID-bedingte gastrointestinale Nebenwirkungen (Ulzera, Blutungen)

H.-pylori

H. pylori

Behandlung von NSAID-bedingten Ulzera

Protonenpumpenhemmer, H Rezeptor-Antagonisten

NSAIDs und H. pylori H.

pylori H.-pylori

H.- pylori

Ulkusprophylaxe Prophylaxe

NSAID-induzierter

Protonenpum penhem m er

gastrointestinaler

Blutungen

und

Ulzera

Misoprostol 2

2

-

Stressulkusprophylaxe H 2 -Rezeptor-Antagonisten

Protonenpumpenhemmer

22.1.4. Behandlung der gastroösophagealen Refluxkrankheit Therapierelevante pathophysiologische Aspekte

erosiven nichterosiven

Refluxkrankheit

(Refluxösophagitis )

Refluxkrankheit

funktionelle Störungen strukturelle

Veränderungen

Therapie Prokinetika

4

B

Allgemeinmaßnahmen

erosiven Refluxkrankheit

Akuttherapie

Tab. 22.6 Dosierungen (Tagesdosen) von Protonenpumpenhemmern für die Akut- und Langzeittherapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit

Omeprazol

Esomeprazo Pantoprazol l

Erhaltungstherapie mit der niedrigen Dosis, Erhöhung der Dosis bei Wiederauftreten der Symptome.

H

2

-Rezeptor-Antagonisten Antazida

Lansoprazol

Rabeprazol

nichterosive

Refluxkrankheit

Langzeittherapie

22.2. Pharmaka zur Behandlung von Motorikstörungen im oberen Magen-DarmTrakt

22.2.1. Therapierelevante Aspekte der neuronalen und humoralen Steuerung der Motilität

Acetylcholin

4

α

2

Parasympathomimetika

NO

Serotonins

3

4

3

3

4

Tab. 22.7 Wirkungen von 5-HT 4 -Rezeptor-Agonisten und 5-HT 3 -Rezeptor-Antagonisten im Gastrointestinaltrakt Wirkung

5-HT 4 -Agonist

5-HT 3 -Antagonist

Dopamin

Peptidhormonen

Motilin Erythromycin

22.2.2. Prokinetisch wirksame Pharmaka

4

off-label 4

4

Metoclopramid ® ®

Agonist Antagonist

4

3

2

4

Domperidon ®

gastroprokinetische Wirkung 2

Prucaloprid ®

enteroprokinetische

4

Wirkung

Erythromycin antroduodenale Motilität

v

22.2.3. Pharmaka zur Behandlung der Achalasie des Ösophagus Calciumkanalblocker

NO-Donatoren

Botulinustoxin ,

22.3. Therapie der Obstipation 22.3.1. Gastrointestinale Elektrolyt- und Flüssigkeitshomöostase

+ + +

+ +

+

+

+ +

+ +

+

+

+

+ +

Tab. 22.8 Bilanz der gastrointestinalen Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeit, Natrium, Kalium und Chlorid über 24 Stunden Elektrolytangebot aus Nahrung und Verdauungssekreten (Werte approximativ, mmol)

Volumenangebot aus Nahrung und Verdauungssekreten (L)

Summe

9,0 = 100 %

Aufnahme in den Organismus, Resorption aus dem:

(L)

Na +

K+

880

100

%

In Fäzes ausgeschieden:

Keine Angaben verfügbar; variabel.

22.3.2. Definition der Obstipation • starkes Pressen beim Stuhlgang • klumpiger oder harter Stuhl • Gefühl der inkompletten Entleerung • Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockierung • Notwendigkeit manueller Manöver zur Erleichterung der Defäkation • weniger als 3 Entleerungen pro Woche. Zivilisationskrankheit

organische Stenosen endokrinologische Krankheiten 1

Cl −

700

HCO 3 −

270

22.3.3. Therapie der Obstipation mit Laxantien

• osmotisch wirkende Abführmittel • antiresorptiv und sekretagog wirkende Stoffe • Gleitmittel • Füll- und Quellmittel. Osmotisch wirkende Laxantien

Polyethylenglykolen (Macrogolen)

Tab. 22.9 Osmotisch wirkende Laxantien Arzneistoff

Handelsname

2

Dosis

Wirkungseintritt

4

®

4

2

4

®

2

4

®

®

®

®

®

®

salinischen Abführmittel 2+

4

Zucker-

Zuckeralkohol-Laxantien Lactulose Lactitol

Sorbitol

3

4

+

Antiresorptiv und sekretagog wirkende Laxantien + + –

+

2 +

Tab. 22.10 Antiresorptiv und sekretagog wirkende Laxantien Arzneistoff

Handelsname

Dosis

® ®

® ®

® ®

Anthrachinonderivate

Diphenylmethanderivate Bisacodyl

Wirkungseintritt

ABB. 22.8

Therapie der Obstipation: Bisacodyl, Prucaloprid und Lubiproston .

Natriumpicosulfat,

Gleitmittel ®

Füll- und Quellmittel ®

®

Laxantienmissbrauch

+

+

+ +

ABB. 22.9

+

Circulus vitiosus bei chronischem Laxantiengebrauch .

22.3.4. Pharmaka mit selektiven Angriffspunkten zur Therapie der Obstipation Prucaloprid ® 4

Lubiproston ® 1

4





– +

Linaclotid ®

E. coli

-

3





+

22.3.5. Periphere Opioidrezeptor-Antagonisten zur Therapie der opioidbedingten Obstipation opioidinduzierten

unspezifische

Obstipation

Behandlung

Periphere

Opioidrezeptor-Antagonisten spezifische

Behandlung

Methylnaltrexon ®

μ

ABB. 22.10

Modulation des peripheren Opioidsystems: Loperamid, Racecadotril und Methylnaltrexon .

Naloxon in Retardform

®

Naloxegol ®

22.3.6. Indikationen für Laxantien und Pharmaka mit selektiven Angriffspunkten Aufklärung

nichtmedikamentöse Therapieformen:

• Umstellung der Ernährung auf ballaststoffreiche Kost • ausreichende Flüssigkeitszufuhr (> 2 L/Tag) und • vermehrte körperliche Bewegung. medikamentöse Therapieformen

• Füll- und Quellmittel (Primärstufe) • osmotische Laxantien (Sekundärstufe) • Diphenylmethanderivate oder Anthrachinone (Tertiärstufe) und • Pharmaka mit selektiven Angriffspunkten. Weitere Indikationen

• Darmentleerung/-reinigung für diagnostische oder operative Eingriffe • Erleichterung der Bauchpresse während der Defäkation (z. B. nach Operationen insbesondere im Bauchraum, nach Myokardinfarkt oder Apoplexie, bei Hernien) • chronische Analleiden ( Hämorrhoiden, Analfissuren) • medikamentenbedingte Obstipation. Kontraindikationen

22.4. Behandlung der Diarrhö 22.4.1. Therapierelevante Aspekte der Diarrhö

Ursachen

• sekretorische Diarrhö, bedingt durch Enterotoxine von E. coli, Vibrio cholerae oder Staphylococcus aureus , sekretagoge Laxantien oder Linaclotid • exsudative (entzündliche) Diarrhö, hervorgerufen durch Infektionen mit Shigellen, Salmonellen, Yersinien, Lamblien oder Amöben, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Mucositis durch Zytostatika oder Bestrahlung • osmotische Diarrhö, bedingt durch Laktasemangel (Laktoseintoleranz), Glutenallergie (Zöliakie) oder osmotische Laxantien • Steatorrhö, bedingt durch unverdaute Fette bei Pankreasinsuffizienz oder nach Gallenblasenresektion • chologene Diarrhö, bedingt durch Malabsorption von Gallensäuren bei Erkrankungen oder Resektion des Ileums • antibiotikainduzierte Diarrhö, bedingt durch Schädigung des kommensalen Darmmikrobioms und Superinfektion mit Clostridium difficile (pseudomembranöse Kolitis, chronische Enterokolitis) oder Klebsiella oxytoca (hämorrhagische Kolitis) und • motilitätsbedingte Diarrhö, bedingt durch Hyperthyreose, Karzinoid, Reizdarmsyndrom oder Prokinetika (Prucaloprid).

Therapieoptionen

• die orale Rehydratation mit Elektrolyt-Zucker-Lösungen • die Gabe von peripheren Opioidrezeptor-Agonisten und • die Normalisierung des Darmmikrobioms (Antibiotika, Probiotika) .

22.4.2. Orale Rehydratationstherapie

+ + ® ®

Tab. 22.11 Lösung für den Flüssigkeits- und Elektrolytersatz bei Durchfällen (Empfehlung der WHO, 2005) Natriumchlorid Kaliumchlorid Natriumcitrat Glucose Wasser

22.4.3. Periphere Opioidrezeptor-Agonisten

μ i

μ

Loperamid ®

μ

®

Eluxadolin ®

μ δ

Racecadotril ®

22.4.4. Probiotika

22.4.5. Reisediarrhö

κ

22.4.5. Reisediarrhö E . - c o l i

22.5. Behandlung von Übelkeit und Erbrechen: Antiemetika 22.5.1. Therapierelevante Aspekte von Nausea und Emesis

Brechzentrum vier wichtigen Inputsystemen

1. Vom Gastrointestinaltrakt erhält das Brechzentrum Inputs über vagale afferente Neuronen, die 5-HT 3 -Rezeptoren exprimieren ( ). Sie werden von Serotonin stimuliert, das durch Bakterientoxine, Alkaloide (z. B. Emetin), Zytostatika oder Strahlentherapie aus enterochromaffinen Zellen der gastrointestinalen Mucosa freigesetzt wird. Die Aktivierung der vagalen Afferenzen wird über den Nucleus tractus solitarii und die Area postrema an das Brechzentrum signalisiert. 2. In der Area postrema am Boden des 4. Hirnventrikels befindet sich die Chemorezeptor-Triggerzone ( ), die außerhalb der Blut-HirnSchranke liegt. Sie kann deshalb gut auf zirkulierende Toxine und emetogene Arzneimittel (z. B. Opioide, Herzglykoside) in der Blutbahn ansprechen. Die Chemorezeptor-Triggerzone besitzt D 2 -Rezeptoren und Opioidrezeptoren , aber auch 5-HT 3 -Rezeptoren, die bei Stimulierung exzitatorische Inputs an das Brechzentrum senden. 3. Bei der Seekrankheit und anderen Bewegungskrankheiten (Kinetosen) wird das Brechzentrum vom Vestibularapparat aus erregt ( ). In diesem Inputsystem spielen Histamin-H 1 - und Muscarin-Rezeptoren eine wichtige Rolle. 4. Das Brechzentrum erhält auch Inputs von höheren Zentren im Cortex und limbischen System ( ). Diese Inputs sind für das Erbrechen bei ekelerregenden Seh-, Geruchs- und Geschmacksempfindungen, für das antizipatorische Erbrechen (bei wiederholter Chemotherapie) und für das Erbrechen bei psychiatrischen Erkrankungen relevant. Substanz P N K 1 -Rezeptoren

1

Schematische Darstellung des Brechreflexes mit afferenten (schwarz) und efferenten Bahnen (blau) . Lokalisation von Muscarin(M)-, D 2 -, H 1 -, 5-HT 3 -, NK 1 -, Cannabinoid(CB 1 )- und δ-Opioidrezeptoren. ABB. 22.11

22.5.2. Antiemetika Dopamin-D 2 -Rezeptor-Antagonisten

2

Butyrophenone Benzamide 2

Tab. 22.12 Antiemetika

Internationaler Freiname

Beispiele für Handelsnamen

®

®

®

®

1 ®

®

3 ®

®

®

®

1 ®

®

®

Halbwertszeit (h)

Einzeldosis (mg)

Indikationen

Histamin-H 1 -Rezeptor-Antagonisten Promethazin, Dimenhydrinat

1

Diphenhydramin

Doxylamin 1 1

1

1

5-HT 3 -Rezeptor-Antagonisten (Setrone) 3

3

Ondansetron , Tropisetron , Granisetron

Palonosetron

3

3

ABB. 22.12

5-HT und 5-HT 3 -Rezeptor-Antagonisten (Setrone) 3

3

3

Glucocorticoide Dexamethason 3

3

NK 1 -Rezeptor-Antagonisten Aprepitant,

Fosaprepitant

1

Cannabinoide Δ

9

(Dronabinol) 1

22.5.3. Prophylaxe und Therapie von Übelkeit und Erbrechen

indikationsspezifisch

Kinetosen

1

postoperativen

Erbrechens

2

Schwangerschaftserbrechens

1

6

zytostatikainduzierten

Erbrechens

antizipatorischen Erbrechens

Tab. 22.13 Prophylaxe des zytostatikainduzierten Erbrechens in Abhängigkeit von der emetogenen Risikostufe der Chemotherapie (nach der Richtlinie der European Society for Medical Oncology und der Multinational Association of Supportive Care in Cancer, 2013)

Emetogene Risikostufe

Prophylaxe der verzögerten Phase (Tage 2–5)

Prophylaxe der akuten Phase (Tag 1)

2

1

1

1

1

22.6. Behandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Colitis ulcerosa

pattern

recognition

Morbus Crohn

receptors

α

22.6.1. Aminosalicylate Mesalazin

Sulfasalazin

Olsalazin

Mesalazin

κ

α

Pharmakokinetik

Mesalazin

N N

Tab. 22.14 Orale Aminosalicylate Wirkstoff

Handelsname

Freisetzungsort

Freisetzungssystem

® ®

®

®

®

® ®

Olsalazin

ABB. 22.13

Sulfasalazin

Biotransformation von Sulfasalazin und Olsalazin zu Mesalazin durch Kolonbakterien .

Unerwünschte Wirkungen Mesalazin Olsalazin

Sulfasalazin

22.6.2. Glucocorticoide

® ®

Budesonid ® ®

22.6.3. Immunsuppressiva, TNF-α-Antagonisten und Integrin-Antagonisten Azathioprin Tacrolimus Adalimumab Golimumab

Ciclosporin Infliximab

6-Mercaptopurin,

α α

Tab. 22.15 Arzneimitteltherapie der Colitis ulcerosa (nach der aktualisierten Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa, 2011) Lokalisation und Schwere der Entzündungsaktivität

Therapieempfehlung

leichter bis mäßiger Schub:

bei Versagen

leichter bis mäßiger Schub: bei Versagen leichter bis mäßiger Schub: bei Versagen schwerer Schub: bei Intoleranz oder Kontraindikation akuter Schub unter remissionserhaltender Therapie

bei Versagen

Remissionserhaltung bei Unverträglichkeit bei Auftreten von akuten Schüben

Tab. 22.16 Arzneimitteltherapie des Morbus Crohn (nach der aktualisierten S3-Richtlinie Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn, 2014) Lokalisation der Entzündungsaktivität

Therapieempfehlung

akuter Schub:

bei ungenügendem Ansprechen

akuter Schub:

bei starker Entzündung

akuter Schub:

Remissionserhaltung

bei Versagen

®

Vedolizumab

α

α

4

β

4

β

7

7

22.6.4. Probiotika

Mutaflor ® E.-coli

VSL#3

22.6.5. Therapieempfehlungen für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (remissionsinduzierende Therapie) (remissionserhaltende Therapie

α

Clostridium difficile,

Steroidabhängigkeit Steroidresistenz

Colitis ulcerosa remissionsinduzierende

Aminosalicylaten

Therapie

Glucocorticoiden als Basistherapeutika; Ciclosporin, TNF-α-Blocker

remissionserhaltende Aminosalicylaten,

Tacrolimus

Therapie

Azathioprin, 6-Mercaptopurin TNF-α-Blocker

α

Morbus Crohn remissionsinduzierende

Therapie

Glucocorticoide Prednisolon

Methylprednisolon

Budesonid

Infliximab

Azathioprin, Adalimumab

6-Mercaptopurin

Methotrexat

α

Sulfasalazin remissionserhaltenden Therapie 6-Mercaptopurin

Azathioprin Methotrexat TNF-α-Blocker

Ve d o l i z u m a b Fisteln

Infliximab

22.7. Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen (functional

disorders)

22.7.1. Funktionelle Dyspepsie postprandiale epigastrale

Beschwerdebild Schmerzsyndrom,

H.-pylori- Eradikation, Protonenpumpenhemmer, H (Amitriptylin)

2

-Rezeptor-Antagonisten

22.7.2. Reizdarmsyndrom

Laxantien Eluxadolin, Ondansetron Butylscopolaminiumbromid

Linaclotid, Lubiproston

Prucaloprid Loperamid,

Probiotika ®

Amitriptylin,

Mebeverin

Paroxetin

®

Weiterführende Literatur Boyapati R, Satsangi J, Ho G.-T. Pathogenesis of Crohn’s disease. F1000 Prime Rep. 2015 . 2015;7(44). Burmester G, Lanas A, Biasucci L, Hermann M, Lohmander S, et al. The appropriate use of non-steroidal anti-inflammatory drugs in rheumatic disease: opinions of a multidisciplinary European expert panel. Ann. Rheum. Dis . 2011;70:818–822. Cammarota G, Ianiro G, Cianci R, Bibbò S, Gasbarrini A, et al. The involvement of gut microbiota in inflammatory bowel disease pathogenesis: potential for therapy. Pharmacol. Ther . 2015;149:191–212. D’Haens G, Panaccione R, Higgins P.D.R, Vermeire S, Gassull M, et al. The London Position Statement of the World Congress of Gastroenterology on biological therapy for IBD with the European Crohn's and Colitis Organisation: when to start, when to stop, which drug to choose and how to predict response? Am. J. Gastroenterol . 2011;106:199–212. Dubuquoy L, Rousseaux C, Thuru X, Peyrin-Biroulet L, Romano O, et al. PPARγ as a new therapeutic target in inflammatory bowel diseases. Gut . 2006;55:1341–1349. Ford A.C, Suares N.C. Effect of laxatives and pharmacological therapies in chronic idiopathic constipation: systematic review and meta-analysis. Gut . 2011;60:209–218. Gan T.J, Diemunsch P, Habib A.S, Kovac A, Kranke P, et al. Consensus guidelines for the management of postoperative nausea and vomiting. Anesth. Analg . 2014;118:85– 113. Herbert M.K, Holzer P. Standardized concept for the treatment of gastrointestinal dysmotility in critically ill patients – current status and future options. Clin. Nutr . 2008;27:25–41. Holzer P. Opioid antagonists for prevention and treatment of opioid-induced gastrointestinal effects. Curr. Opin. Anaesthesiol . 2010;23:616–622. Lacy B.E, Mearin F, Chang L, Chey W.D, Lembo A.J, Simren M, et al. Bowel disorders. Gastroenterology . 2016;150:1393–1407. Laine L, Takeuchi K, Tarnawski A. Gastric mucosal defense and cytoprotection: bench to bedside. Gastroenterology . 2008;135:41–60. Langford P, Chrisp P. Fosaprepitant and aprepitant: an update of the evidence for their place in the prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting. Core Evid . 2010;5:77–90. Roila F, Herrstedt J, Aapro M, Gralla R.J, Einhorn L.H, et al. Guideline update for MASCC and ESMO in the prevention of chemotherapy- and radiotherapy-induced nausea and vomiting: results of the Perugia consensus conference. Ann. Oncol . 2010;21(Suppl. 5):v232–v243. Sachs G, Shin J.M, Vagin O, Lambrecht N, Yakubov I, et al. The gastric H, K ATPase as a drug target: past, present, and future. J. Clin. Gastroenterol . 2007;41(Suppl. 2):S226–S242. Shanahan F. The colonic microflora and probiotic therapy in health and disease. Curr. Opin. Gastroenterol . 2011;27:61–65. Shin A, Camilleri M, Kolar G, Erwin P, West C.P, Murad M.H. Systematic review with meta-analysis: highly selective 5-HT4 agonists (prucalopride, velusetrag or naronapride) in chronic constipation. Aliment. Pharmacol. Ther . 2014;39:239–253. Wilson N, Schey R. Lubiprostone in constipation: clinical evidence and place in therapy. Ther. Adv. Chronic Dis. 2015;6:40–50.

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KAPITEL 23

Purinstoffwechsel – Gicht A. Ludwig, W. Gröbner, und B. Manger

23.1. Physiologie und Pathophysiologie 23.1.1. Purinstoffwechsel

Synthese und Abbau von Purinen. Ausgehend von PRPP (Phosphoribosylpyrophosphat) entsteht über eine Reihe von Schritten Inosimonophosphat (IMP), aus dem dann AMP und GMP synthetisiert werden. Die Wiederverwertung von Purinen im „salvage pathway“ wird durch zwei Enzyme vermittelt, die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) und die Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT). Die HGPRT wandelt unter Verwendung von Phosphoribosylpyrophosphat Hypoxanthin zu IMP und Guanin zu GMP um, während die APRT entsprechend Adenin zu AMP aufbaut. Beim Abbau von Purinen wird AMP zu Hypoxanthin überführt, während GMP zu Xanthin metabolisiert wird. Die Xanthinoxidase wandelt dann Hypoxanthin zu Xanthin und Xanthin zu Harnsäure um. Bei vielen Tierarten, aber nicht beim Menschen wird Harnsäure durch die Uratoxidase zu Allantoin abgebaut. ABB. 23.1

Harnsäure,

Ausscheidung von Harnsäure

Transport von Harnsäure im proximalen Tubulus. Die Rückresorption von Harnsäure wird durch den Transporter URAT1 vermittelt, der Urat im Austausch gegen organische Anionen wie Lactat in die Nierenzellen aufnimmt. Der Transport von Urat aus der Nierenzelle in das Interstitium wird durch GLUT9 vermittelt. URAT1 wird durch die Urikosurika Benzbromaron, Probenecid und Lesinurad gehemmt. Eine Reihe weiterer Transporter wie ABCG2, NPT1 und NPT4 sezernieren Harnsäure in das Tubuluslumen, nichtfunktionelle Varianten dieser Gene erhöhen das Risiko für Hyperurikämie und Gicht. ABB. 23.2

23.1.2. Hyperurikämie

primäre (familiäre) Hyperurikämie .

sekundäre Hyperurikämie

Ernährung

23.1.3. Gicht

β

β

β

β 2

2

Mechanismen der Entzündung beim Gichtanfall. Natriumurat-Kristalle werden von Makrophagen phagozytiert und aktivieren dann den NALP3Inflammasom-Proteinkomplex . Durch diesen Komplex wird Caspase-1 aktiviert, die Interleukin 1β (IL-1β) aus einem Vorläuferpeptid abspaltet. IL-1β führt in Endothel- und Synovialzellen zur Expression von Adhäsionsproteinen und zur Sekretion proinflammatorischer Zytokine und Chemokine. Daraufhin werden neutrophile Granulozyten rekrutiert, die verschiedene Entzündungsmediatoren freisetzen. Durch IL-1β wird in Granulozyten, Makrophagen und Synovialzellen auch die Expression von Cyclooxygenase COX-2 induziert, die die Bildung von Prostaglandin E 2 (PGE 2 ) bewirkt. ABB. 23.3

To p h i Harnsäuresteine

Tumorlysesyndroms

23.1.4. Seltene hereditäre Störungen des Purinstoffwechsels

23.2. Therapieprinzipien akuten

Gichtanfalls

Senkung

der

erhöhten

Harnsäure

Urikostatikum Allopurinol.

asymptomatischer Hyperurikämie

Tumorlysesyndrom

23.3. Therapie des akuten Gichtanfalls 23.3.1. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Diclofenac

Ibuprofen

Etoricoxib

23.3.2. Colchicin (Colchicum autumnale) ,

Indometacin

ABB. 23.4

Strukturformeln von Colchicin und der Urikosurika Benzbromaron, Probenecid und Lesinurad

Wirkmechanismus

®

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen sehr geringe therapeutische Breite

Wechselwirkungen

nicht zusammen mit CYP3A4-Hemmern oder Ciclosporin Kontraindikationen

23.3.3. Glucocorticoide

23.3.4. Canakinumab Indikation und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

23.4. Senkung der Harnsäurekonzentration im Serum

Tab. 23.1 Zur Harnsäuresenkung eingesetzte Substanzen Klasse

Wirkmechanismus/Ort

Urikostatika

Urikosurika

Urikolytika

23.4.1. Urikostatika Allopurinol Wirkmechanismus

Wirkstoff

UAW

Wirkmechanismus von Allopurinol, Febuxostat und Uratoxidase. Allopurinol und sein aktiver Metabolit Oxipurinol (die zusätzliche Hydroxygruppe von Oxipurinol ist rot dargestellt) hemmen die Xanthinoxidase . Dadurch wird die Metabolisierung von Hypoxanthin zu Xanthin und weiter zu Harnsäure gehemmt. Febuxostat hemmt ebenfalls die Xanthinoxidase, ist aber kein Purin-Analogon. Rekombinante Uratoxidase (Rasburicase , Pegloticase) baut Harnsäure zu Allantoin ab. ABB. 23.5

Pharmakokinetik

Oxipurinol

1/2

Indikationen und Dosierung

Tab. 23.2 Dosisreduktion von Allopurinol bei Niereninsuffizienz Durchschnittliche Tagesdosis bei normaler Nierenfunktion

bei Creatinin-Clearance (ml/min) 80

60

40

20

10

0

Unerwünschte Wirkungen

Wechselwirkungen und Kontraindikationen Azathioprin

Febuxostat Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen und Wechselwirkungen

Interaktionen:

23.4.2. Urikosurika

Benzbromaron

6-Mercaptopurin

1

Benzbromaron Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

Wechselwirkungen und Kontraindikationen

Kontraindikationen:

Probenecid Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen und Wechselwirkungen

Wechselwirkungen:

Lesinurad Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung

Kombination mit einem Xanthinoxidase-Hemmer wird dringend empfohlen,

Unerwünschte Wirkungen

Wechselwirkungen und Kontraindikationen

23.4.3. Kombinierte Behandlung

23.4.4. Urikolytika Rasburicase Aspergillus flavus

Pharmakokinetik und Dosierung

Indikation

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen

Pegloticase

Pharmakokinetik und Dosierung

Indikation

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen

Weiterführende Literatur Araujo E.G, Bayat S, Petsch C, et al. Tophus resolution with pegloticase: a prospective dual-energy CT study. RMD Open . 2015;1:e000075. Khanna D, Khanna P.P, Fitzgerald I.D, et al. American College of Rheumatology guidelines for management of gout. Part 2: therapy and antiinflammatory prophylaxis of acute gouty arthritis. Arthritis Care Res . 2012;64:1447–1461. Martinon F, Petrilli V, Mayor A, Tardivel A, Tschopp J. Gout-associated uric acid crystals activate the NALP3 inflammasome. Nature . 2006;440:237–241. Neogi T. Clinical practice. Gout. N. Engl. J. Med . 2011;364:443–452. Richette P, Bardin T. Gout. Lancet . 2010;375:318–328. Sivera F, Andrés M, Carmona L, et al. Multinational evidence-based recommendations for the diagnosis and management of gout: integrating systematic literature review and expert opinion of a broad panel of rheumatologists in the 3rd initiative. Ann. Rheum. Dis . 2014;73:328–335. Terkeltaub R.A, Furst D.E, Bennett K, Kook K. A, Crockett R. S, Davis M. W. High versus low dosing of oral colchicine for early acute gout flare: Twenty-four-hour outcome of the first multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled, parallel-group, dose-comparison colchicine study. Arthritis Rheum . 2010;62:1060–1068.

KAPITEL 24

Fettstoffwechsel; Lipidsenker – Pharmakotherapie bei Fettstoffwechselstörungen C. Keller

24.1. Pathophysiologie

α

24.1.1. Fettspeicherung und Lipolyse

24.1.2. Fetttransport

TG-reich

Cholesterinreich

Tab. 24.1 Die Lipoproteine des menschlichen Plasmas und ihre Apolipoproteine sowie zugehörige Rezeptoren (der bindende Rezeptoranteil ist fett markiert) Lipoproteinpartikel

Apolipoproteine

Zugehöriger Rezeptor

Chylomikron (CM)

CM-Remnant (CMR)

E

VLDL

VLDL-Remnant

+E

E

–E LDL Lp(a)

B B

HDL

24.1.3. Cholesterinstoffwechsel und seine Regulation

intrazelluläre

Ausscheidung

Synthese

ABB. 24.1

Größe des Cholesterinumsatzes des Menschen (Näherungswerte mg/Tag) .

Gleichgewicht zwischen Synthese und Katabolismus,

Exogener Stoffwechselweg – Darm Triglyceride

mikrosomale Triglyceridtransferprotein

Cholesterin

Resorption

like protein 1 Intrazellulär

Aufnahme und Verteilung von Cholesterin. An Aufnahme und Verteilung beteiligte Zellen: (v.l.n.r.): Darm-Enterozyt → Leberzelle → Endothel und andere NichtLeberzellen → Makrophage Umwandlung von freiem Cholesterin (FC): Der Enterozyt nimmt FC über den Steroltransporter [1] auf. Es entsteht unter Mitwirkung von Acyl-Coenzym-A-Cholesterin-O-Acyltransferase (ACAT [2]) verestertes Cholesterol (CE), das unter Mitwirkung des mikrosomalen Triglyceridtransferproteins (MTP [3]) in Chylomikronen (CM) eingebaut wird. Die Chylomikronen werden in die Lymphe abgegeben. An den arteriellen Endothelien werden durch Lipoproteinlipase (LPL [4]) große Mengen von Triglyceriden freigesetzt, die in Sklettmuskeln und Fettzellen aufgenommen werden. Dabei entstehen aus CM triglyceridarme, relativ cholesterinreiche Chylomikronen-Remnants (CMR), die über das LDL receptor-related protein (LRP) in die Leberzelle aufgenommen werden. In der Leberzelle werden die CMR, endogen synthetisiertes Cholesterin zusammen mit Triglyceriden mithilfe von MTP [3] in very low density lipoproteins (VLDL) eingebaut, die in die Blutbahn sezerniert werden. Dort werden die Triglyceride durch LPL [4] hydrolysiert und die freien Fettsäuren in Skelettmuskeln und Fettzellen aufgenommen. Die entstehenden very low density lipoprotein remnants (VLDLR) werden durch weitere Hydrolyse von Triglyceriden in intermediate density lipoproteins (IDL ) und schließlich in low density lipoprotein- Partikel (LDL) umgewandelt. LDL kann sowohl von der Leberzelle als auch von nichthepatischen Zellen (Endothel usw.) über den LDL-Rezeptor (LDLR) aufgenommen werden. In diesen Zellen kann überschüssiger Cholesterinester in freies Cholesterin umgewandelt werden, das über den ABC-Transporter A1 [A1] in die Blutbahn abgegeben wird. Durch Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase (LCAT [8]) wird Cholesterin verestert und in high density lipoproteins (HDL) gespeichert. Der Cholesterinester wird unter Einwirkung der Hepatischen Lipase [5] abgespalten und durch den scavenger receptor B1 [SRBI] in die Leberzelle aufgenommen. Beachte: freies Cholesterin kann von fast jeder Zelle sezerniert werden (Details in der Abbildung) Weitere Abkürzungen: Transporter: ABC-Transporter A1, G5/G8, B11; spezifischer Steroltransporter Rezeptoren: LDLR: LDL-Rezeptor; LRP: LDL receptor-related protein; SR: scavenger receptor B1; scavenger receptor A Enzyme und Transportproteine: ACAT: Acyl-Coenzym-A-Cholesterin-O-Acyltransferase; MTP: mikrosomales Triglyceridtransferprotein; LPL: Lipoproteinlipase; HL: Hepatische Lipase; CETP: Cholesterinestertransferprotein; PLTP: Phospholipidtransferprotein; LCAT: Lecithin-Cholesterin-AcyltransferaseLipide und Lipoproteine: FC: freies (unverestertes) Cholesterin (free cholesterol); CE: verestertes Cholesterin (esterified cholesterol); CM: Chylomikronen ; CMR: Chylomikronenremnants (Restpartikel); VLDL: very low density lipoproteins; VLDL-R: very low density lipoprotein remnants (Restpartikel); LDL: low density lipoproteins ; IDL: intermediate density lipoproteins; HDL: high density lipoproteins ; GS: Gallensäuren ABB. 24.2

Sterol Response Element Binding Protein

Endogener Stoffwechselweg – Leber Triglyceride

Cholesterin

Reverser Cholesterintransport

periphere (extrahepatische) Zelle

24.1.4. Hyperlipidämien

primären

familiäre

Hyperlipidämien

Hypercholesterinämie ( F H ) (familiärer

Apolipoprotein-B100-Defekt,

FDB) (autosomal-dominante HC, ADH3),

Abhängigkeit der intrazellulären Cholesterinsynthese von den LDL-Rezeptoren in Fibroblasten (Zellkultur) von Gesunden und von Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Der obere Teil der Abbildung zeigt, dass Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle die intrazelluläre (endogene) Cholesterinsynthese bei Gesunden hemmt, während bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie der LDL-Rezeptor-Defekt/Mangel die Aufnahme von Cholesterin in die Zelle und die Hemmung der intrazellulären Synthese verhindert. Der untere Teil der Abbildung zeigt kinetische Messungen des Acetateinbaus in Cholesterin (Ordinate) in Abhängigkeit von Rezeptorfunktion und LDLKonzentration im Medium [vereinfacht nach Brown, Goldstein, P. N. A. S. (USA), 76, 3330–3337. (1979)]. ABB. 24.3

Sekundäre

Hypercholesterinämien und

kombinierte

Hyperlipidämien

β

Hypertriglyceridämien

®

cholesterinreichen

Remnants

metabolischen Syndroms Diagnose

non-HDL

atherosclerotic cardiovascular disease

24.2. Ziele und Prinzipien der Therapie von Hyperlipidämien

individuellen 10-Jahres-Risiko,

Herzinfarkt

tödlichen

Primärprävention der koronaren Herzerkrankung (KHK) . Eine ausführliche Darstellung ist zu finden in: Europäische Guidelines, Eur Heart J 37 , 2315–2381 (2016), S. 7. ABB. 24.4

Therapie alle

gesunder Lebensstil, regelmäßige körperliche Aktivität

v o r

< Hypercholesterinämie

Verminderung und Modifikation der Fettzufuhr

monounsaturated Ω

fatty acids, polyunsaturated

fatty

Ω

individuellen kardiovaskulären Risiko Hypertriglyceridämie

®

Pharmakotherapie der primären Hypercholesterinämien Prinzipien,

acids,

Tab. 24.2 Arzneimittel mit erwiesenem Nutzen in Bezug auf LDL-Senkung und kardiovaskuläre Prävention

Arzneimitel

Dosis (mg/d)

LDL-C

CVD 1. Tödliche + nicht tödl. KHK 2. Gesamtmortalität

Anionenaustauscherharze

Cholesterinabsorptionshemmer

MTP-Inhibitor

PCSK9-Inhibitoren loss-of-function mutation 2

CVD = cardiovascular disease (KHK = koronare Herzkrankheit); 2 s.c. = subcutan

24.2.1. Arzneistoffe, die die Resorption von Cholesterin oder von Gallensäuren beeinflussen Phytosterole: Sitostanol; marine Ω-3-Fettsäuren Sitostanol,

α

®

Ezetimib Wirkungsmechanismus ®

1 4

Wirkungen

Indikationen und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

Interaktionen Kontraindikationen

Colestyramin, Colestipol und Colesevelam Wirkungsmechanismus ® ® ®

®

Struktur von Colestyramin als Beispiel eines Anionenaustauscherharzes zur Ausschleusung von Gallensäuren und neutralen Sterolen mit dem Stuhl. ABB. 24.5

Wirkungen

Indikationen und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

Obstipation,

Anorexie, Übelkeit, Meteorismus

Sodbrennen.

Steatorrhö

Interaktionen

Kontraindikationen

Resorption anderer Arzneimittel stören.

Obstipation

24.2.2. Arzneistoffe, die mit der Aufnahme und Bildung von Lipoproteinen in Darm und Leber interferieren HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren (Statine)

ABB. 24.6

Kompetitive Hemmung der HMG-CoA-Reduktase durch die Statine aufgrund ihrer Strukturanalogie mit HMG.

i

Wirkungen dosisabhängigen Reduktion von Gesamt- und LDL-Cholesterin im Plasma.

zusätzlicher sog. pleiotroper Wirkungen

Pharmakokinetik

O A T P

Isoenzyme

des

Cytochrom-P 4

5 0 -Systems

450

Tab. 24.3 Substrate wichtiger Cytochrom-P 450 -Isoenzyme im Stoffwechsel von HMG-CoA-Inhibitoren (nach Williams D., Feely J., Clin. Pharmacokinet. 2002) Enzy Substrat m Atorvastatin, Lovastatin, Simvastatin,

Fluvastatin,

Indikationen

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

passagere Anstiege der Serum-Transaminasen Creatinkinase Myalgien

Myopathie,

akuten

Rhabdomyolyse

450

ältere

Frauen single

nucleotide

polymorphism

verschlechtern die Glucosetoleranz

β β

Dyspepsien,

Interaktionen

Flatulenz

epigastrale

Schmerzen

keinen Hinweis Karzinominzidenz. gleichzeitige Therapie mit Statinen und Phenprocoumon Thromboplastinzeit

HIV

komplementären Medizin,

Kontraindikationen

Antisense-Oligonukleotide (ASO) gegen menschliches Apolipoprotein B100 Wirkungsmechanismus

(messenger ribonucleic acid,

Verlängerung der Prothrombinzeit

Indikation und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

MTP-Inhibitor Lomitapide

L W

E

O

R

Wirkungsmechanismus ®

m

T

p

Wirkung nach

Pharmakokinetik 450

Indikationen und Dosierung

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

Interaktionen

450

Kontraindikationen

Humaner monoklonaler Antikörper gegen PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) Wirkungsmechanismus

® ®

Evolocumab Wirkung

Kardiovaskuläre neurokognitive

Pharmakokinetik

Fourier-Studie: Ebbinghaus-Studie:

Unerwünschte

Wirkungen

Alirocumab Wirkung

Pharmakokinetik

Unerwünschte

Wirkungen

24.2.3. Arzneistoffe, die vor allem den HDL-Stoffwechsel beeinflussen Nicotinsäure

Fibrate Wirkungsmechanismus

®

®

α

Wirkungen

®

Bezafibrat Gemfibrozil

®

Fenofibrat ®

reduzieren die Konzentration zirkulierender VLDL steigen die Verwertung von VLDL deutlich an. Gesamt- und LDL-Cholesterin werden gesenkt. HDL-Cholesterin steigt an.

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen Unerwünschte Wirkungen

gleichzeitigen

Einsatz

mit

Statinen,

engmaschige

Überwachung

Interaktionen

Kontraindikationen

Cholesterinestertransferprotein-Inhibitoren (CETP)

Gentherapie

6

Alipogene tiparvovec Wirkungsmechanismus.

S447X

R

S447X S477X

1 2 S447X 12

S447X

S477X

Unerwünschte Wirkungen

Experimentelle Wirkstoffe

Weiterführende Literatur Aronson J. K, ed. Meyler‘s Side Effects of Drugs. The International Encyclopedia of Adverse Drug Reactions and Interactions . Sixteenth Edition. Elsevier; 2016. Bernelot Moens S. J, van Capelleeven J. C, Stroes E. S. G. Inhibition of apo CIII: the next PCKS9? Curr. Opin. Lipidol . 2014;25:418–422. Chapman M.J, Ginsberg H. N, Amarenco P, et al. Triglyceride-rich lipoproteins and high-density lipoprotein cholesterol in patients at high risk of cardiovascular disease: evidence and guidance for management. Eur. Heart J . 2011;32:1345–1361. Chauvin B, Drouot S, Barrail-Tran A, Taburet A.-M. Drug–drug interactions between HMG-CoA reductase inhibitors (statins) and antiviral protease inhibitors. Clin. Pharmacokinet . 2013;52:815–831. Daniels S. R. Screening and treatment of dyslipidemias in children and adolescents. Horm. Res. Paedriat . 2011;76(suppl. 1):47–51. Fitzgerald K, Frank-Kamenetsky M, Shulga-Morskaya S, et al. Effect of an RNA interference drug on the synthesis of proprotein convertase subtilisin/kexin type 9 (PCSK9) and the concentration of serum LDL cholesterol in healthy volunteers: a randomized, single-blind, placebo-controlled, phase 1 trial. Lancet . 2014;383:60–68. Fitzgerald K, White S, Borodowsky A, et al. A highly durable RNAi therapeutic inhibitor of PCSK9. N. Engl. Med . 2017;376:41–51. Gadkar K, Lu J, Sahasranaman S, et al. Evaluation of HDL modulating interventions for cardiovascular risk reduction using a systems pharmacology approach. J Lipid Res. 2016;57:46–55. Gaudet D, Méthot J, Kastelein J. Gene therapy for lipoprotein lipase deficiency. Curr. Opin. Lipidol . 2012;23:310–320. Gouni-Berthold I. PCSK9 antibodies: A new class of lipid-lowering drugs. Atherosclerosis Supplements . 2015;18:21–27. Handbook of Experimental Pharmacology 224, v. In: Eckardstein A, Kardassis D, eds. High density lipoproteins. From biological understanding to clinical exploitation . Heidelberg New York London Dordrecht: Springer Cham; 2015. Keene D, Price C, Shun-Shin M. J, Francis D. P. Effect on cardiovascular risk of high density lipoprotein targeted drug treatments niacin, fibrates, and CETP inhibitors: meta-analysis of randomised controlled trials including 117 411 patients. BMJ . 2014;349:g4379. Levkau B. HDL-S1P: cardiovascular functions, disease-associated alterations, and therapeutic applications. Front. Pharmacol . 2015;6:243 [eCollection 2015.]. McGarrah R.W, Craig D.M, Haynes C, et al. High-density lipoprotein subclass measurements improve mortality risk prediction, discrimination and reclassification in a cardiac catheterization cohort. Atherosclerosis . 2016;246:229–235. Mitchell T, Chao G, Sitkoff D, et al. Pharmacologic profile of the adnectin BMS-962476, a small protein biologic alternative to PCSK9 antibodies for low-density lipoprotein lowering. J. Pharmacol. Exp. Ther . 2014;350:412–424. Navarese E.P, Kołodziejczak M, Schulze V, et al. Effects of proprotein convertase subtilisin/kexin type 9 antibodies in adults with hypercholesterolemia. A systematic review and meta-analysis. Ann. Intern Med . 2015;163:40–51. Piepoli M.F, Hoes A.W, Agewall S, et al. 2016 European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. Eur. Heart. S . 2016;37:2315–2381. Ramasamy I. Recent advances in physiological lipoprotein metabolism. Clin. Chem. Lab. Med . 2014;52:1695–1727. Scriver C. R, Beaudet A. L, Sly W. S, Valle D, eds. The metabolic and molecular bases of inherited disease . 8th ed. New York: MacGraw Hill; 2001. Thompson P.D, Rubino J, Janik M.J, et al. Use of ETC-1002 to treat hypercholesterolemia in patients with statin intolerance. J. Clin. Lipidol . 2015;9:295–304. Tuteja S, Duffy D, Dunbar R.L, et al. Pharmacokinetic interactions of the microsomal triglyceride transfer protein inhibitor, lomitapide, with drugs commonly used in the management of hypercholesterolemia. Pharmacotherapy . 2014;34:227–239. Williamson E. M. Interactions between herbal and conventional medicines. Expert Opin. Drug Saf . 2005;4:355–378.

KAPITEL 25

Pharmakologie des Energiestoffwechsels – Pharmakotherapie des Diabetes mellitus und der Adipositas I. Rustenbeck, und H.-G. Joost

25.1. Physiologische Grundlagen 25.1.1. Biosynthese von Insulin β

α

Biosynthese und Struktur von Proinsulin und Insulin A) Aus dem initialen einkettigen Translationsprodukt Prä-Pro-Insulin wird in mehreren Schritten kristallines Insulin gebildet, das in reifen Sekretgranula gespeichert ist. Durch Exocytose werden Insulin und C-Peptid in äquimolaren Mengen freigesetzt. Weitere Besprechung im Text. B) Die Aminosäuresequenz des menschlichen Proinsulins mit seinem N-terminalen und C-terminalen Ende ist dargestellt. Im Proinsulin sind die A-Kette (Aminosäuren 1–21) und die B-Kette (Aminosäuren 1–30) des Insulins durch eine Peptidkette verbunden, die proteolytisch abgespalten wird (Angriff der Endopeptidasen PC2 und PC3 an den markierten Stellen) und dabei 4 basische Aminosäuren (31, 32, 64, 65) und C-Peptid (31 Aminosäuren) liefert. ABB. 25.1

25.1.2. Sekretion von Insulin

Modell der glucosestimulierten Insulinsekretion der pankreatischen B-Zelle. Glucose wird durch den insulinunabhängigen Glucosetransporter GLUT2 in die B-Zelle transportiert und durch Glucokinase zu Glucose-6-phosphat (Glucose-6-P) phosphoryliert. Die Glucokinase ist für den glykolytischen Flux in der B-Zelle geschwindigkeitsbestimmend und steuert somit die Substratversorgung der Mitochondrien. Bei einem Anstieg der Blutglucosekonzentration wandeln die Mitochondrien vermehrt ADP in ATP um. ATP kann dann ATP-empfindliche K + -Kanäle (K ATP -Kanäle) durch stärkere Bindung an die porenbildende Untereinheit (Kir6.2) schließen. Auch der gleichzeitige Abfall der ADPKonzentration schließt K ATP -Kanäle, weil die Bindung von ADP an den Sulfonylharnstoffrezeptor Subtyp 1 (SUR1) K ATP -Kanäle öffnet. Binden von Sulfonylharnstoffderivaten (SH) an die intrazelluläre Seite von SUR1 schließt ebenfalls K ATP -Kanäle. Schließen ABB. 25.2

der K ATP -Kanäle depolarisiert die Plasmamembran und öffnet dadurch spannungsabhängige L- und P/Q-Typ-Ca

2+

-Kanäle. Das

2+

einströmende Ca leitet die Fusion der insulinhaltigen Sekretgranula mit der Plasmamembran und ihre Öffnung ein und aktiviert den Transport von Sekretgranula in Richtung Plasmamembran. Die Insulinsekretion ist in Gang gesetzt. : Stimulation, : Hemmung, Schließen. + A T

P 2

2 +

+ 2 +

2+ 2+ 2+

ATP

ATP 2

+

Regulation der Hormonfreisetzung in den Langerhans-Inseln. Die B-Zellen sind im Zentrum der Langerhans-Inseln lokalisiert, die A-Zellen und die D-Zellen am Rand. Weitere Besprechung im Text. : Stimulation, : Hemmung. ABB. 25.3

α

δ

Inkretineffekt

AT P 2 +

exchange protein directly activated by cAMP 2

α

2

+

25.1.3. Wirkungen von Insulin

Modell des Wirkmechanismus von Insulin. Der Insulinrezeptor (rot), ein 520-kD-Glykoprotein, besteht aus zwei α- und zwei β-Untereinheiten, die durch Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Die Bindungsstellen der beiden extrazellulären α-Untereinheiten sind so angeordnet, dass immer nur ein Insulinmolekül hoch affin binden kann. Das Binden von Insulin induziert eine Konformationsänderung der beiden transmembranären β-Untereinheiten, sodass deren Tyrosinkinasedomänen spezifische Tyrosinseitengruppen der jeweils gegenüberliegenden β-Untereinheit phosphorylieren können. Diese Autophosphorylierung steigert die Tyrosinkinase-Aktivität und bildet Bindungsstellen, an die die Adapterproteine IRS-1 und IRS-2 (Insulinrezeptor-Substrat 1 und 2) koppeln, sodass sie von der Rezeptor-Tyrosinkinase phosphoryliert werden (die Adapterproteine sind vom Insulinrezeptor getrennt dargestellt). An phosphoryliertes IRS-1 koppelt das Adapterprotein Grb2 und an dieses der Guaninnukleotid-Austauschfaktor Sos, der dann das kleine Guaninnukleotid-bindende Protein Ras aktiviert ( ). Dadurch wird die Ras-Kaskade aktiviert und stimuliert letztendlich die Genexpression sowie Wachstum und Differenzierung von Zellen ( ). An phosphoryliertes IRS-2 koppelt PI3K (Phosphatidylinositol3-Kinase), wird dadurch aktiviert und phosphoryliert PIP 2 (Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat) der inneren ABB. 25.4

Plasmamembranschicht zu PIP 3 (Phosphatidylinositol-3,4,5-trisphosphat). PIP 3 , das in der Plasmamembran verbleibt, bindet und aktiviert die PDK (phosphatidylinositol-dependent protein kinase), die dann PKB (Proteinkinase B) und PKC (Proteinkinase C) durch Serinphosphorylierung aktiviert ( ). Aktivierung der PKB und PKC vermittelt vor allem die Stoffwechseleffekte von Insulin, einschließlich der gesteigerten Translokation (violetter Pfeil) von Glut4 ( Glucosetransporter Typ 4) in die Plasmamembran. Die insulininduzierte Translokation von Glut4 erfordert die zusätzliche Aktivierung einer zweiten Signalkaskade. Das Adapterprotein Cbl, das selbst nicht an den phosphorylierten Insulinrezeptor bindet, wird durch andere Adapterproteine (u. a. CAP, Cbl-associated protein) so an den Insulinrezeptor dirigiert, dass es Tyrosin-phosphoryliert werden kann. Dies führt unter Zwischenschaltung von zwei weiteren Proteinen zur Aktivierung der GTPase Tc10 (ein Rho-Protein), die Änderungen im Zytoskelett bewirkt. Spezifische Phosphotyrosin-Phosphatasen (PTP) dephosphorylieren den Insulinrezeptor und die Insulinrezeptor-Substrate , wodurch die Insulinwirkung vermindert wird. Proteine ohne enzymatische Aktivität sind dunkelbraun gekennzeichnet. : Tyrosinphosphat , : Serinphosphat, : Hemmung.

+

+ +

25.2. Pathophysiologie des Diabetes mellitus

+

1

c

Typ-1-Diabetes,

+

2

2

Typ-2-Diabetes

Risikogenen

Epigenetik

Andere spezifische Diabetesformen

α α

Gestationsdiabetes

25.3. Insulin und Insulin-Analoga Stoffe

Strukturen von Insulin und Insulin-Analoga. Die gegenüber Insulin human veränderten bzw. zusätzlichen Aminosäuren sowie die Myristinsäure von Insulin detemir (Acylierung der ɛ-Amino-Gruppe von B29 Lys mit Myristinsäure, Entfernung von B30 Thr) sind rot markiert. ABB. 25.5

Normalinsulin

Verzögerungsinsuline H

N

P

2+

Tab. 25.1 Wirkungskinetiken für mittlere Dosen von Insulin-human-Präparaten und Insulin-Analoga Präparat

Wirkung nach subkutaner Injektion beginnt nach ist maximal nach

®

®

®

®

®

® ®

®

lang wirkenden Insulin-Analoga

inhalative

Applikation

®

dauert

®

®

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen

1c

intensivierte konventionelle Insulintherapie

konventionellen

Insulintherapie

Insulinpumpe

Unerwünschte Wirkungen Hypoglykämie.

β

Allergische

Reaktionen

mitogene

Wirksamkeit

Interaktionen

25.4. Oral verabreichbare Antidiabetika 25.4.1. Biguanide Stoffe

Lactatazidose

Struktur und Wirkungen von Metformin. Das protonierte Metformin ist ein Kation, das über die Plasmamembran und die innere Mitochondrienmembran transportiert wird und sich wegen des Membranpotentials der inneren Mitochondrienmembran sehr stark in der Mitochondrienmatrix anreichert. Dadurch wird die mitochondriale Glycerophosphatdehydrogenase gehemmt und durch Abnahme der oxidativen Phosphorylierung kommt es zu einer Aktivierung der AMP-stimulierten Proteinkinase. Diese Effekte sind an sich nicht gewebespezifisch und können in der Muskulatur die Glucoseaufnahme fördern und im Darm die energieabhängige Glucoseresorption hemmen. In der Leber, in der Metformin zusätzlich eine Hemmung des glucagoninduzierten cAMP-Anstiegs bewirkt, resultiert daraus eine Hemmung der Glycogenolyse und der Gluconeogenese. Diese Verminderung der hepatischen Glucoseproduktion wird als der zentrale therapeutische Effekt von Metformin betrachtet. ABB. 25.6

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen

1c 2

1

Unerwünschte Wirkungen Lactatazidose.

12

Tab. 25.2 Kontraindikationen für Metformin

c

25.4.2. Sulfonylharnstoffderivate und Analoga Stoffe

Struktur einiger Sulfonylharnstoffderivate und Analoga. Bei den Sulfonylharnstoffderivaten ist an Benzolsulfonsäure ein Harnstoffsubstituent geknüpft. Da sowohl das oxidierte Schwefelatom als auch das oxidierte Kohlenstoffatom elektronenanziehend wirken, kann das zwischen beiden stehende Stickstoffatom sein Wasserstoffatom als Proton abgeben. Daher sind diese Sulfonylharnstoffderivate schwache Säuren. Tolbutamid ist der Prototyp der niederpotenten Sulfonyharnstoffe (sog. 1. Generation), Glibenclamid der Prototyp der hochpotenten Sulfonylharnstoffe (sog. 2. Generation). Nateglinid und Mitiglinid sind Phenylalaninderivate , Meglitinid und Repaglinid sind Benzoesäurederivate . Beide Gruppen lassen sich als Sulfonylharnstoffanaloga bzw. „Glinide“ zusammenfassen. ABB. 25.7

Pharmakodynamik

AT P 2+

2+

AT P

A

T

P

ATP AT P AT P

AT P

Pharmakokinetik

Tab. 25.3 Pharmakokinetik und Dosierung von Sulfonylharnstoffen und Analoga V Wirkstoff (Handelspräparat)

(L/k g)

PB (%)

t 1/2 (h)

Elimination renal, biliär (%)

® ®

®

®

®

®

V: Verteilungsvolumen; PB: Plasmaproteinbindung; t 1/2 : mittlere Plasmahalbwertszeit (in Klammern terminale Halbwertszeit) Dominierende Plasmahalbwertszeit

Tagesdosis (mg)

Therapeutische Indikationen

1

c

ATP

1 c

ATP

Nateglinid

Repaglinid

Mitiglinid

Unerwünschte Wirkungen Hypoglykämie.

Gewichtszunahme

Tab. 25.4 Kontraindikationen für Sulfonylharnstoffe , Nateglinid und Repaglinid

Interaktionen

25.4.3. SGLT-2-Hemmstoffe Stoffe

® ®

®

β

Strukturen und renale Wirkungen der SGLT-2-Hemmer. Während der Naturstoff Phlorizin den Natrium-Glucose-Kotransport nichtselektiv hemmt, wodurch auch die SGLT-1-vermittelte Glucoseresorption im Darm betroffen ist, können durch die selektiven SGLT-2-Hemmer Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin bis zu 90 % der Glucoserückresorption im proximalen Nierentubulus gehemmt werden. Dadurch entsteht wie bei einer Hyperglykämie von mehr als 180 mg/dl eine Glucosurie. ABB. 25.8

Pharmakodynamik

1c

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen

Unerwünschte Wirkungen

25.4.4. α-Glucosidase-Hemmstoffe Stoffe

α

ABB. 25.9

Strukturen und Wirkmechanismus von α-Glucosidase-Hemmstoffen .

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen ®

®

1c

1

c

Unerwünschte Wirkungen

gastrointestinalen Beschwerden

Interaktionen

25.4.5. PPARγ-Agonisten (Thiazolidindione, Glitazone) γ

γ

γ

γ

γ

25.4.6. Zielstrukturen für zukünftige orale Diabetestherapeutika

β

α

1 c

25.4.7. Pharmaka zur Behandlung der Mikroangiopathie

β

25.5. Inkretin-Mimetika und DPP-IV-Hemmer Stoffe

Inkretineffekts

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen ®

®

®

®

® ®

®

® ®

1c

Unerwünschte Wirkungen

®

25.6. Antihypoglykämika 25.6.1. Glucagon Stoffe

α

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen ®

Unerwünschte Wirkungen

Interaktionen

25.6.2. Diazoxid Stoffe

ABB. 25.10

Strukturen von Diazoxid und NNC 55-0118

Pharmakodynamik AT P

ATP A T P

Pharmakokinetik

Therapeutische Indikationen ®

ATP

Unerwünschte Wirkungen +

Interaktionen

25.7. Antihyperglykämische Pharmakotherapie und diätetische Maßnahmen bei Diabetes mellitus

25.7.1. Ernährung bei Diabetes

2

25.7.2. Behandlung des Typ-1-Diabetes

1 c

25.7.3. Behandlung des Typ-2-Diabetes

1 c 1 c 1

c

1 c

1

c

α

1

c

γ

25.7.4. Behandlung des Diabetes bei Schwangeren

1

c

25.7.5. Behandlung des Coma diabeticum

ketoazidotische Koma

hyperosmolares Koma

+

+

+

25.8. Pathophysiologie und Therapie der Adipositas 25.8.1. Regulation der Nahrungsaufnahme und Pathophysiologie der Adipositas 2

Regulation von Hunger und Sättigung durch Wirkung peripherer, hormoneller Signale auf ein hypothalamisches neuroendokrines System. Die Peptide PYY, Ghrelin und Leptin fungieren als Signale, durch die dem hypothalamischen Regulationszentrum die periphere Verfügbarkeit von Nahrungssubstrat mitgeteilt wird. Diese afferenten Signale werden im Nucleus arcuatus durch Neuronen weitergegeben, die entweder Neuropeptid Y (NPY) als appetitsteigernden Transmitter oder Melanozyten-stimulierendes Hormon als appetithemmenden Transmitter (MSH, gebildet aus Proopiomelanocortin , POMC freisetzen) Die resultierende Antwort „Hunger“ oder „Sättigung“ wird schließlich durch Neuronen des Nucleus paraventricularis zum Cortex projiziert. ABB. 25.11

25.8.2. Ernährungstherapie und Pharmakotherapie der Adipositas

Ernährungstherapie

GLP-1-Analoga (Inkretin-Mimetika)

®

®

® ®

®

®

Leptin

Lipasehemmstoffe

®

Appetitzügler (indirekte Sympathomimetika und Monoamin-Rückaufnahmehemmer) Phenylalkylamine

®

®

®

2c

Antidepressiva

Bupropion Naltrexon ®

Sibutramin

Cannabinoid-1-Rezeptor-Antagonisten

Chitosan und pflanzliche Ballaststoffe

Guar

®

Glucomannan Alginat

Weiterführende Literatur ACCORD Study Group Writing Committee. 9-Year Effects of 3.7 Years of Intensive Glycemic Control on Cardiovascular Outcomes. Diabetes Care . 2016;39:701–708. Ashcroft F. M, Rorsman P. Diabetes Mellitus and the β Cell: The Last Ten Years. Cell . 2012;148:1160–1171. Bailey C.J, Tahrani A, Barnett A. H. Future glucose-lowering drugs for type 2 diabetes. Lancet Diabetes Endocrinol . 2016;4:350–359. 4th ed. DeFronzo R. A, Ferrannini E, Zimmet P, Alberti G, eds. International Textbook of Diabetes Mellitus . Vol. 1 and 2. Chichester: Wiley-Blackwell; 2015. DDG-Praxisleitlinien Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, Düsseldorf. Diabetes Control and Complications Trial Research Group. The effect of intensive treatment of diabetes on the development and progression of long-term complications in insulin-dependent diabetes mellitus. New Engl. J. Med . 1993;329:977–986. Doyle M. E, Egan J. M. Pharmacological agents that directly modulate insulin secretion. Pharmacol. Rev . 2003;55:105–131. Jiang G, Zhang B. B. Glucagon and regulation of glucose metabolism. Am. J. Physiol. Endocrinol. Metab . 2003;284:E671–E678. Joost H.-G, ed. Appetite Control. Handbook of Experimental Pharmacology . Vol. 209. Heidelberg: Springer; 2012. Häring H.U, et al. Diabetologie in Klinik und Praxis . 6. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. Kahn R, Buse J, Ferrannini E, Stern M. The metabolic syndrome: time for a critical appraisal. Joint statement from the American Diabetes Association and the European

Association for the Study of Diabetes. Diabetologia . 2005;48:1684–1699. Kahn S. E, Cooper M. E, Del Prato S. Pathophysiology and treatment of type 2 diabetes: perspectives on the past, present, and future. Lancet . 2014;383:1068–1083. Nicholson W, Bolen S, Witkop C.T, Neale D, Wilson L, Bass E. Benefits and risks of oral diabetes agents compared with insulin in women with gestational diabetes: a systematic review. Obstet Gynecol . 2009;113:193–205. Proks P, de Wet H, Ashcroft F.M. Molecular mechanism of sulphonylurea block of K(ATP) channels carrying mutations that impair ATP inhibition and cause neonatal diabetes. Diabetes . 2013;62:3909–3919. Rustenbeck I, Baltrusch S, Tiedge M. Do insulinotropic glucose-lowering drugs do more harm than good? The hypersecretion hypothesis revisited. Diabetologia . 2010;53:2105–2111. Schatz H, Pfeiffer A, eds. Diabetologie kompakt . 5. Aufl. Heidelberg: Springer; 2014. Slomko H, Heo H.J, Einstein F.H. Minireview: Epigenetics of obesity and diabetes in humans. Endocrinology . 2012;153:1025–1030. Simpson S.H, Lee J, Choi S, Vandermeer B, Abdelmoneim A.S, Featherstone T.R. Mortality risk among sulfonylureas: a systematic review and network meta-analysis. Lancet Diabetes Endocrinol . 2015;3:43–51. UK Prospective Diabetes Study Group. Intensive blood-glucose control with sulphonylureas or insulin compared with conventional treatment and risk of complications in patients with type 2 diabetes (UKPDS 33). Lancet . 1998;352:837–853. UK Prospective Diabetes Study Group. Effect of intensive blood-glucose control with metformin on complications in overweight patients with type 2 diabetes (UKPDS 34). Lancet . 1998;352:854–863. Weissberg-Benchell J, Antidel-Lomaglio J, Seshadri R. Insulin pump therapy. Diabetes Care . 2003;26:1079–1087. White M.F. The insulin signalling system and the IRS proteins. Diabetologia . 1997;40:S2–S17. Zinman B, Wanner C, Lachin J. M, Fitchett D, Bluhmki E, Hantel S, Mattheus M, Devins T, Johansen O. E, Woerle H. J, Broedl U. C, Inzucchi S. E. EMPA-REG OUTCOME Investigators: Empagliflozin, Cardiovascular Outcomes, and Mortality in Type 2 Diabetes. N Engl J Med . 2015;373:2117–2128.

KAPITEL 26

Hypothalamische und hypophysäre Hormone P. Gierschik, und E. Oetjen

26.1. Allgemeine Biochemie der Hormone ρμάω

• endokriner Funktion (entspricht der klassischen Definition) • parakriner Funktion (ein Botenstoff wird in einer Zelle gebildet, abgegeben und übt auf benachbarte Zellen seine Wirkung aus) und • autokriner Funktion (der Botenstoff wirkt auf die Zelle, durch die er gebildet wird).

26.1.1. Chemie der Hormone 1. Glykoproteine: Dazu gehören die Gonadotropine FSH, LH und HCG sowie das TSH. 2. Steroidhormone, wie die Sexualhormone und die Hormone der Nebennierenrinde 3. Proteo- und Peptidhormone: Dazu gehören u.a. Wachstumshormon, Prolactin, Insulin, ACTH, Calcitonin, etliche kardiovaskulär wirksame Hormone sowie Zytokine und Chemokine . Auch die hypothalamischen Freisetzungshormone sind Peptide. Peptidhormone sind weniger komplex aufgebaute Proteohormone mit weniger als 100 Aminosäuren. 4. Hormone, die sich von Aminosäuren ableiten, wie Thyroxin (T 4 ), Triiodthyronin (T 3 ), Adrenalin, Dopamin und Serotonin.

26.1.2. Wirkungsmechanismen von Hormonen

1. Ligandengesteuerte Ionenkanäle : Dazu gehören z. B. der nikotinische Cholinozeptor und der 5-HT 3 -Rezeptor. Das durch Zytostatika oder Strahlentherapie aus den enterochromaffinen Zellen im Gastrointestinaltrakt freigesetzte Serotonin wirkt auf 5-HT 3 -Rezeptoren an den afferenten Vagusfasern und in der Area postrema und löst so Erbrechen aus. Der 5-HT 3 -Rezeptor ist ein durch Serotonin gesteuerter Ionenkanal für Natriumionen. Die Wirkung ligandengesteuerter Ionenkanäle ist in für den nicotinischen Cholinozeptor dargestellt. 2. Zellmembranständige Rezeptoren mit ligandengesteuerter eigenständiger oder assoziierter enzymatischer oder nichtenzymatischer Aktivität: Dazu gehören der Insulinrezeptor (Rezeptortyrosinkinase, A), der Wachstumshormonrezeptor (assoziiert mit der Januskinase 2 [Jak2], einer zytosolischen Tyrosinkinase , Mitte, sowie Zytokin - und Toll-like-Rezeptoren). 3. G-Protein-gekoppelte Rezeptoren ( ): Dazu gehören die Rezeptoren von Peptidhormonen wie Oxytocin, Vasopressin (V 1 , V 2 ), Somatostatin, Angiotensin II (AT 1 , AT 2 ) und GnRH, von Glykoproteinhormonen wie TSH, LH und FSH sowie von Adrenalin und Dopamin. Diese Gruppe stellt quantitativ die größte Gruppe der physiologischen Rezeptoren mit mehr als 340 verschiedenen menschlichen Rezeptoren für Hormone und Neurotransmitter beim Menschen dar. 4. Intrazelluläre Enzyme, z. B. die lösliche Guanylylcyclase . 5. Ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren ( und ): Dies sind u.a. die Rezeptoren der Glucocorticoide, der Mineralocorticoide, der Sexualhormone und der Schilddrüsenhormone. Eine auf diesem Wege induzierte Wirkung tritt meist erst nach Stunden bis Tagen ein.

26.1.3. Regulationsmechanismen 2 + 2 +

2

4

3

Prinzip der negativen Rückkopplung (engl. negative feedback). Die sekretorische Aktivität des Hypothalamus-Hypophysen-Systems hängt von der aktuellen Konzentration des entsprechenden peripheren Hormons ab. ABB. 26.1

26.2. Hypothalamische und hypophysäre Hormone 26.2.1. Hypothalamische Hormone

TRH GHRH

Somatostatin Dopamin,

TRH (thyrotropin-releasing hormone, Protirelin)

ABB. 26.2

Aminosäuresequenz von TRH, GnRH, Somatostatin, CRH und GHRH.

®

TRH-Test

CRH (corticotropin-releasing hormone, Corticorelin) CRH-Stimulationstest

Differenzialdiagnose,

CRH GnRH

GHRH (growth hormone-releasing hormone, Somatorelin) Diagnostik

®

GnRH (gonadotropin-releasing hormone, Gonadorelin) hypothalamische

q

s

Die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Das hypothalamische Freisetzungshormon GnRH (= LHRH) stimuliert die Synthese und Freisetzung der Gonadotropine LH und FSH aus den gonadotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens bei Mann und Frau. Die gonadalen Steroidhormone wie Testosteron bzw. Estradiol und Progesteron üben eine negative Rückkopplung auf Hypothalamus und Hypophyse aus. Der präovulatorische Estrogenanstieg vermittelt auch eine positive Rückkopplung. ABB. 26.3

GnRH-Rezeptor-Agonisten

steigert

Abnahme

Wirkung einer kontinuierlichen Stimulation der GnRH-Rezeptoren auf die Plasmaspiegel von luteinisierendem Hormon (LH) und Testosteron beim Mann. Bei chronischer Gabe eines lang wirksamen GnRH-Agonisten kommt es nach anfänglicher Stimulation zu einer Desensibilisierung der Rezeptoren und damit nach 2–3 Wochen zu einer Abnahme der Hormonspiegel. Die Testosteronspiegel sinken schließlich auf Werte wie bei Kastraten. Ein lang wirksames GnRH-Analogon (D-Leu6-GnRH-A, 10 mg) wurde täglich s.c. gegeben. Modifiziert nach Warner et al., J. Clin. Invest. 71, 1842– 1853, 1983. ABB. 26.4

Tab. 26.1 GnRH-Analoga – aufgeführt sind die Anteile im Molekül, die gegenüber GnRH modifiziert sind. Sequenz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

Handelsname (Beispiel)

10

®

2

® ®

2

®

2 ® 2 ®

2

® 2 2

®

2 2

Ac: Acetyl; N-EtNH 2 : N-Ethylamid; tBu: t-Butyl; D-Nal: 3-(2-naphthyl)-D-alanyl; Cpa: Chlorphenylalanyl; Pal: 3-Pyridylalanyl; D-Cit: D-Citrullin; AzGly-NH 2 : Semicarbazid; hArg(Et 2 ): N,N‘-Diethylhomoarginin

Diagnostischer und therapeutischer Einsatz von GnRH GnRH-Test

®

hypothalamisch bedingten Fertilitätsstörungen ® ®

® ®

Kryptorchismus ®

palliativen Therapie des Prostatakarzinoms

®

®

®

® ®

® ®

GnRH-Rezeptor-Antagonisten

Indikationen

assistierten Reproduktion,

®

®

Somatostatin

1–5 +

i

2

177

Tab. 26.2 Somatostatinrezeptorsubtypen und Selektivität der Bindung von Somatostatin , Octreotid und Pasireotid (SOM230) (nach Hofland und Lamberts, Endocr. Rev. 24, 28–47, 2003) Bindungspotenz (IC 50 -Werte in nM) sst 1

sst 2

sst 3

sst 4

sst 5

®

Octreotid

2 ®

®

® ®

5

Indikationen Ulkusblutungen

Akromegalie.

®

®

endokrin aktiver Tumoren des Gastrointestinaltrakts:

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen und Kontraindikationen Unerwünschte Wirkungen

Interaktionen Kontraindikationen

Dopamin und Dopaminrezeptor-Agonisten 2 2

2 2

2 ®

®

2

ABB. 26.5

Strukturformeln von Bromocriptin, Cabergolin, Quinagolid und Lisurid .

Pharmakokinetik

Indikationen 2

Hyperprolactinämie

Tab. 26.3 Indikationen und empfohlene Dosierungen (Mengenangaben in mg) für Dopamin-D 2 -Rezeptor-Agonisten Indikationen

Bromocriptin

Cabergolin

Quinagolid

Lisurid

grundsätzlich zu Beginn einschleichen mit niedrigen Dosen abends, nach Verträglichkeit und Wirkung Dosis langsam steigern.

Abstillen

2

Prolactinom

Akromegalie Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

2

2

α Kontraindikationen

26.2.2. Hormone des Hypophysenvorderlappens (Gonadotropine), (ACTH). Wachstumshormon

Gonadotropine

• das FSH (Follitropin), follikelstimulierendes Hormon, und • das LH ( Lutropin), Luteinisierungshormon. s

s

q/11

Prolactin.

(TSH)

Tab. 26.4 Gonadotropine und Hormone der Plazenta mit Wirkungen Hormonproduzierendes Organ

Hormon

Wichtige physiologische Wirkungen

Klinische Anwendung

Hypophysenvorderlappen

Menschliche Plazenta

Tab. 26.5 Gonadotropinpräparate Herstellung

INN

Handelsname (Beispiel)

HMG

®

LH

®

FSH

Applikation

® ® ®

HCG

® ®

aus dem Harn menopausaler Frauen beide Proteine sind Heterodimere und bestehen jeweils aus der α- und der β-Untereinheit; die β-Untereinheit von Follitropin beta unterscheidet sich im Aufbau der Kohlenhydratketten und in der Anzahl der endständigen Säurereste von Follitropin alpha. Die Bezeichnungen der Präparatenamen „alpha“ und „beta“ haben dementprechend keinen Bezug zu den Kettenbezeichnungen α und β. aus dem Harn schwangerer Frauen

®

β

β

Chemie α β

α β

Indikationen und Dosierung Weibliche Sterilität:

Anovulation

In-vitro-Fertilisation:

in vitro

Behandlungsschemata zur kontrollierten ovariellen Stimulation für In-vitro-Fertilisationstechniken unter Einsatz von GnRH-Analoga. Ziel der Behandlung mit Gonadotropinen ist die Reifung mehrerer Follikel, um möglichst viele Oozyten gewinnen zu können. Durch rekombinantes FSH bzw. FSH-haltige Präparationen wie Menotropin oder Urofollitropin werden zunächst möglichst viele Follikel zum Wachstum stimuliert und abschließend durch eine HCG-Injektion mit entsprechender LH-Aktivität zur endgültigen Reifung und Ovulation gebracht. Da unter dieser Stimulation mit Gonadotropinen in bis zu 30 % der Fälle durch endogenes LH eine vorzeitige Ovulation oder Luteinisierung beobachtet wurde, wird meist das endogene LH durch Verabreichung von GnRHAnaloga supprimiert. Mit GnRH-Rezeptor-Agonisten (A) ist hierfür ein längerer Einsatz mit Beginn im vorangehenden Zyklus erforderlich, da erst nach ca. 1 Woche eine LH-Suppression erreicht wird ( ). Alternativ können GnRH-Rezeptor-Antagonisten (B) eingesetzt werden. Mit ihnen wird die Suppression des endogenen LH sehr schnell erreicht, entsprechend kurz kann die Anwendung erfolgen. Für die Kombination mit GnRH-Antagonisten ist das nur einmalig in der ersten Woche zu injizierende lang wirksame Corifollitropin alfa zugelassen. Durch sonografische Bestimmung der Follikelgröße und Messung der Estradiolspiegel wird der optimale Zeitpunkt für die HCG-Injektion festgelegt. Rund 1,5 Tage später erfolgt die Oozytenentnahme mit anschließender In-vitro-Fertilisation. ABB. 26.6

Männliche

Sterilität:

Kryptorchismus:

Descensus testis.

Funktionsdiagnostik bei Infertilität des Mannes (HCG-Test):

Maldescensus

testis

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

off label.

Kontraindikationen

Thyreotropes Hormon (TSH, Thyreotropin) s

4

q/11

3

Chemie und Pharmakokinetik α

Indikationen ®

Diagnostik

β

Adrenocorticotropes Hormon (ACTH, Corticotropin)

Chemie und Pharmakokinetik

α β

β

β

γ

β

α

Tetracosactid

ABB. 26.7

Aminosäuresequenz von ACTH.

Regulation

Wirkungen s 2 1

5

2

Indikationen Überprüfung der Nebennierenrindenfunktion

Unerwünschte Wirkungen

Wachstumshormon (GH, Somatotropin)

Chemie und Pharmakokinetik

Regulation

β

1–24

®

Regulation der Sekretion von GH. HVL: Hypophysenvorderlappen; HHL: Hypophysenhinterlappen; ABB. 26.8

Wirkungen

= Stimulation;

= Hemmung

Metabolische Wirkungen:

Knochenwachstum

und

-stoffwechsel:

Indikationen und Dosierung hypophysären Zwerg- und Minderwuchses. ®

®

Substitution bei Erwachsenen mit ausgeprägtem Wachstumshormonmangel.

(Anti-Aging) nicht

Doping

Dosen

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Unerwünschte Wirkungen

Kontraindikationen

Pegvisomant – Wachstumshormonrezeptor-Antagonist ®

Indikationen

Startdosis

Unerwünschte Wirkungen

Escape

Therapie der Akromegalie

operative

Entfernung

Strahlentherapie,

Dopaminrezeptor-Agonisten

Octreotid: 2 2

5

5

®

®

Prolactin

2

(Hyperprolactinämie)

Therapie des Prolactinoms

Dopamin-D 2 -Rezeptor-Agonisten 2

2

C h ir u r g i s c h e

strahlentherapeutische

Hypophysenvorderlappeninsuffizienz

4

26.2.3. Hormone des Hypophysenhinterlappens Oxytocin

Va s o p r e s s i n ,

2 +

ABB. 26.9

Aminosäuresequenzen der Hypophysenhinterlappenhormone und einiger Analoga.

Oxytocin Pharmakokinetik

Regulation

Wirkungen

Borderline Indikationen und Dosierung Indikationen

• Einleitung der Geburt • primäre und sekundäre Wehenschwäche • Förderung der Ablösung und Ausstoßung der Plazenta • postpartale Uterusatonie (heute finden meist Prostaglandine oder auch Methylergometrin Verwendung). ®

Dosierungen

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Unerwünschte Wirkungen

Kontraindikationen

• Geburtshindernisse • Lageanomalien (z. B. Beckenendlage) • Präeklampsie • vorzeitige Plazentalösung • drohende Uterusruptur sowie • drohende kindliche Asphyxie.

Oxytocinrezeptor-Antagonist: Atosiban ®

1 a

Indikation

β

2

Outcomes

Vasopressin (ADH)

Regulation

Vasopressinrezeptoren V 1a , V 1 b

V 2. d

1a 1

1b

2

1a 2

b

+

2 1 a 1b 2

Wirkungen 2 d

2

1 a

1b

Vasopressinrezeptor-Agonisten versus

1

versus

2

®

Desmopressin

2

1a 2 2

i 1 b

1a

i

i

1 a

Tab. 26.6 Bindung und Wirkung von 8-Arginin-Vasopressin (AVP) und Desmopressin an humanen Vasopressinrezeptorsubtypen (nach Tahara et al., Br. J. Pharmacol. 125, 1 463–1 470, 1998) V 1a

V 1b

V2

K i (nM)

K i (nM)

K i (nM)

Die humanen Vasopressinrezeptoren wurden in einer Zelllinie (CHO) stabil exprimiert. In Bindungsstudien mit radioaktivem AVP wurde die Hemmkonstante K i ermittelt.

®

Terlipressin

®

Felypressin

®

Indikationen und Dosierung Diabetes insipidus centralis:

®

Primäre Enuresis nocturna:

Ösophagusvarizenblutung:

Gerinnungsstörungen:

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Unerwünschte

Wirkungen

Kontraindikationen

Vasopressinrezeptor-Antagonisten

1a 1a

2

ABB. 26.10

2

1b

Struktur nichtpeptidischer Vasopressinrezeptor-Antagonisten.

Übermäßige ADH-Sekretion

2

1a ®

+

Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD):

2

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KAPITEL 27

Nebennierenrindenhormone E. Oetjen, und P. Gierschik

1. Glucocorticoide, mit bevorzugter Wirkung auf den Kohlenhydratstoffwechsel 2. Mineralocorticoide, mit bevorzugter Wirkung auf den Elektrolythaushalt

27.1. Synthese und Sekretion

Synthese

450

Biosynthese der Corticoide und Enzymdefekte der Cortisolsynthese bei der kongenitalen adrenalen Hyperplasie (adrenogenitales Syndrom, AGS). A: 20,22-Desmolase (CYP11A1); 1, 2: 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, Δ 4,5 -Isomerase (3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2); 3: 17α-Hydroxylase (CYP17); 4: 21-Hydroxylase (CYP21); 5: 11β-Hydroxylase (CYP11B1); 6: 18-Hydroxylase , 18-HydroxysteroidDehydrogenase ( Aldosteron-Synthase , CYP11B2); 7: 11β-Hydroxysteroid- Dehydrogenase; 8: 17,20-Lyase (CYP17A1). Der kongenitalen adrenalen Hyperplasie können folgende Enzymdefekte zugrunde liegen: 1. Cholesterin-Desmolase-Mangel (A): Die Bildung von Pregnenolon (A) ist gehemmt, es werden keine Steroide synthetisiert. Durch das Fehlen der Androgene ist die Differenzierung der männlichen Genitalorgane gestört. Der Mineralocorticoidmangel führt zum Salzverlust (Salzverlustsyndrom). Der Desmolasemangel ist meist Folge einer Mutation im Protein StAR (steroidogenic acute regulatory protein), das für die Bereitstellung von Cholesterin für die Steroidbiosynthese notwendig ist. 2. 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Mangel (1, 2): Durch Hemmung der Bildung von Androgenen ist die männliche Sexualdifferenzierung gestört. Dehydroepiandrosteron wird in großen Mengen gebildet und kann zur Maskulinisierung des weiblichen Genitales führen. Es besteht ein Salzverlustsyndrom. 3. 17α-Hydroxylase-Mangel (3): Die Androgensynthese ist gestört, und damit die männliche Sexualdifferenzierung. Durch ACTHStimulation werden Mineralocorticoide vermehrt gebildet, wodurch eine arterielle Hypertonie entstehen kann. 4. 21-Hydroxylase-Mangel (4): Durch vermehrte Bildung von Androgenen tritt eine Maskulinisierung des weiblichen Genitales auf. Ein Salzverlustsyndrom kann vorhanden sein. Der 21-Hydroxylase-Mangel ist mit etwa 90 % der häufigste Defekt. 5. 11β-Hydroxylase-Mangel (5): Maskulinisierung des weiblichen Genitales durch vermehrte Bildung adrenaler Androgene ohne Salzverlustsyndrom, da 11-Desoxycorticosteron ein potentes Mineralocorticoid ist. Dieser Defekt ist mit etwa 5 % der zweithäufigste. ABB. 27.1

Sekretion

der

Glucocorticoide

Normale Regulation der Nebennierenrindenfunktion und Möglichkeiten ihrer Störung. a) Zwischen der Sekretion des hypothalamischen Freisetzungshormons CRH (engl. corticotropin releasing hormone) für ACTH bzw. der von ACTH und den Glucocorticoiden besteht eine negative Rückkopplung, die normalerweise das Gleichgewicht zwischen der Sekretion von ACTH und Glucocorticoiden reguliert. b) Bei primärer Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) oder nach Exstirpation der Nebennieren sinkt die Glucocorticoidkonzentration im Plasma ab, sodass vermehrt CRH und damit ACTH gebildet wird. Die sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz beruht auf einer Störung der übergeordneten endokrinen Zentren, der Hypophyse (HY) und/oder des Hypothalamus (z. B. Panhypopituitarismus , Mangel an ACTH). c) Morbus Cushing beruht auf einer vermehrten Sekretion von ACTH (ACTH-sezernierendes Hypophysenadenom), die zu einer bilateralen Hyperplasie der Nebennierenrinde führt. Die vermehrt gebildeten Glucocorticoide sind nicht in der Lage, die erhöhte ACTH-Sekretion zu supprimieren. Umgekehrt sind die Verhältnisse beim primären Cushing-Syndrom, ausgelöst durch einen Tumor der Nebennierenrinde (d), oder beim sekundären Cushing-Syndrom, verursacht durch einen ektopischen, ACTH-produzierenden Tumor, z. B. ein Bronchialkarzinom (e). In beiden Fällen ist die Produktion von ACTH in der Hypophyse gebremst. Beim Nebennierenrindentumor (d) ist die gesunde Nebenniere selbst infolge des ACTH-Mangels atrophisch, beim ektopischen ACTHproduzierenden Tumor (e) dagegen in der Regel hyperplastisch. Die niedrigere ACTH-Konzentration im Blut des Bulbus venosus jugularis superior im Vergleich zum Blut der Kubitalvene zeigt die verminderte hypophysäre ACTH-Produktion. f) Die exogene Zufuhr von Glucocorticoiden zu therapeutischen Zwecken wirkt wie die endogene Überproduktion der Hormone: das hypothalamisch-hypophysäre System wird gedrosselt, und es kommt zur Atrophie der inneren Zonen der Nebennierenrinde. Dies ist vor allem beim Abbruch der Therapie zu bedenken; er darf nie abrupt erfolgen, stattdessen müssen die Dosen allmählich verringert werden. g) Beim adrenogenitalen Syndrom bleibt infolge eines angeborenen Enzymdefekts ( ) die Biosynthese der Glucocorticoide auf einer Vorstufe mit androgener Wirkung stehen, ohne dass glucocorticoide Aktivität erzeugt wird. Dementsprechend ist die Produktion von ACTH gesteigert und es kommt zur Hyperplasie der Nebennierenrinde, die nun ständig mehr Androgene sezerniert. ABB. 27.2

Zirkadiane Rhythmik:

Stresssituationen

Sekretion

von

Aldosteron

+

Störungen der Synthese und Sekretion

Das adrenogenitale Syndrom (AGS, kongenitale adrenale Hyperplasie):

β

β

primären Hyperaldosteronismus sekundären

Hyperaldosteronismus

27.2. Wirkungen

+ +

27.2.1. Molekularer Wirkungsmechanismus

Modulare Struktur des Glucocorticoid- und des Mineralocorticoidrezeptors im Balkendiagramm. Wie andere Mitglieder aus der Kernrezeptor-Superfamilie besitzen auch der humane Glucocorticoidrezeptor (hGR) und der humane Mineralocorticoidrezeptor (hMR) eine DNA-Bindedomäne (DNA) und eine Ligandenbindedomäne (Steroid). Letztere beinhaltet auch eine ligandenabhängige Transaktivierungsdomäne. Die DNA-Bindedomäne besitzt als Strukturmerkmal zwei sogenannte Zinkfinger, in denen über jeweils vier Cysteine (Cys) ein Zinkion gebunden ist. Der humane Glucocorticoidrezeptor und der humane Mineralocorticoidrezeptor sind eng verwandt (94 bzw. 57 % Übereinstimmung der Aminosäuren in der DNA- bzw. Ligandenbindedomäne). Die Nummerierung bezieht sich auf die Aminosäuren. „N“ und „C“ bezeichnen das N- bzw. C-terminale Ende des Proteins. Neben der in der Abbildung dargestellten Form des humanen Glucocorticoidrezeptors (α-Form, 777 Aminosäuren) kann durch alternatives Spleißen eine zweite Form gebildet werden (β-Form, 742 Aminosäuren), die sich am Cterminalen Ende ab der Aminosäure 728 von der α-Form unterscheidet. Die β-Form wird nicht ubiquitär exprimiert, ist konstitutiv nukleär und besitzt keine vollständige Ligandenbindedomäne, wodurch sie als dominant-negativer Glucocorticoidrezeptor fungieren kann. ABB. 27.3

Glucocorticoidrezeptor

Struktur der Ligandenbindedomäne des Glucocorticoidrezeptors im Komplex mit dem synthetischen Glucocorticoid Dexamethason und einem Peptidmotiv des Koaktivators TIF2. Von der Dimerkonfiguration ist ein Monomer dargestellt. Beachte: Nach Bindung an den Glucocorticoidrezeptor ist Dexamethason (rot) von diesem vollständig umhüllt. Die Bindung von Dexamethason bringt die sogenannte AF-2-Helix ( activation function 2 helix; blau) der Ligandenbindedomäne in eine aktive Konformation. Dadurch können Koaktivatoren wie TIF2 rekrutiert werden (Peptidmotiv des Koaktivators TIF2 in Grün), die dann die Steigerung der Transkription bewirken. Die Struktur der Bindungstasche erklärt die Ligandenselektivität des Glucocorticoidrezeptors und die hohe Affinität von Dexamethason. Ihre Kenntnis ist die Voraussetzung zur rationalen Entwicklung von Substanzen, deren Bindung zu einer differenzierten Struktur der Ligandenbindedomäne, differenzierter Koaktivator-Rekrutierung und möglicherweise differenzierter Wirkung führt (zell- und promotorspezifische Wirkung). Nach der Röntgenstrukturanalyse von Bledsoe et al. (Cell 110, 93–105 [2002]). ABB. 27.4

Zwei Mechanismen der Regulation der Gentranskription durch den Glucocorticoidrezeptor. Die horizontalen Balken symbolisieren die DNA-Doppelhelix, die darauf stehenden Pfeile den Startpunkt der Transkription eines Gens. Die angegebene palindromische Basensequenz (GGTACAnnnTGTTCT, „n“ für eine beliebige Base) entspricht dem Konsensusmotiv der DNA-Bindungsstelle des Glucocorticoidrezeptordimers. Neuere Befunde zeigen, dass Glucocorticoidrezeptoren auch über nichtklassische Response-Elemente die Gentranskription beeinflussen können. Der rund gebogene Pfeil steht für Steigerung der Transkriptionsrate, das rote Kreuz (X) für Hemmung der Transkriptionsrate. Erläuterung siehe Text. GR: Glucocorticoidrezeptor; HSP: Hitzeschockprotein. ABB. 27.5

1. DNA-Bindung-abhängiger Mechanismus: Der ligandengebundene Glucocorticoidrezeptor bindet als Homodimer an spezifische DNA-Sequenzen in den regulatorischen Abschnitten der Zielgene und steigert über die Rekrutierung von Koaktivatoren die Transkriptionsrate ( ). Viele solcher Koaktivatoren des Glucocorticoidrezeptors sind bekannt, darunter CBP (CREB-binding protein), SRC1, p/CIP und TIF2/GRIP1. Diese Koaktivatoren können z. B. über Histon-Acetylierung die Chromatinstruktur verändern und schlagen eine Brücke zur allgemeinen Transkriptionsmaschinerie. Das aus mehreren bekannten DNA-Bindungsstellen abgeleitete Konsensusmotiv für eine Glucocorticoidrezeptor-DNA-Bindungsstelle (GRE, glucocorticoid response element ) besteht aus dem imperfekten Palindrom 5'-GGTACAnnnTGTTCT-3' (n, beliebige Base; ). Dieser Mechanismus liegt der Aktivierung einer Vielzahl von Genen durch Glucocorticoide zugrunde, darunter Gene von Enzymen der Gluconeogenese (Tyrosinaminotransferase, Phosphoenolpyruvatcarboxykinase) und das β 2 -Adrenozeptor-Gen. In einigen Fällen hemmt der ligandengebundene Glucocorticoidrezeptor nach DNA-Bindung die Transkription. Ein Beispiel ist die Hemmung der Transkription des Proopiomelanocortin-Gens durch Cortisol im Rahmen der negativen Rückkopplung auf der Ebene der Hypophyse. 2. DNA-Bindung-unabhängiger Mechanismus: Ohne selbst an die DNA zu binden, interagiert der ligandengebundene Glucocorticoidrezeptor wahrscheinlich als Monomer über direkte Protein-Protein-Wechselwirkungen mit anderen Transkriptionsfaktoren ( ). Die Folge ist meist eine Hemmung der Gentranskription. Auch hierbei kommt es zur Rekrutierung von Koregulatoren. Zu den Transkriptionsfaktoren, mit denen der Glucocorticoidrezeptor interagieren kann, zählen AP-1 und NF-κB, die eine wichtige Rolle bei Entzündungs- und Immunreaktionen spielen. Diesem Mechanismus dürften in wesentlichen Teilen die entzündungshemmenden und immunsuppressiven Wirkungen der Glucocorticoide zugrunde liegen (s. u.). Mineralocorticoidrezeptor D

D

D

Bindung von Aldosteron, Cortisol und Progesteron an den humanen Mineralocorticoidrezeptor. Kompetition der Bindung von 3 H-Aldosteron an den in COS-Zellen exprimierten Mineralocorticoidrezeptor des Menschen. Aldo: Aldosteron ; HC: Cortisol (Hydrocortison); Prog: Progesteron ; CS: Corticosteron . Die nichtmarkierten Steroidhormone wurden in 1, 10- oder 100-fachem molarem Überschuss gegenüber 3 H-Aldosteron zugesetzt. Beachte: Cortisol verdrängt den radioaktiven Liganden mit gleicher Potenz wie Aldosteron. Progesteron ist weniger potent. (Modifiziert nach Arriza et al., Science 237, 268–275, 1987). Spätere Untersuchungen zeigten eine Affinität von Progesteron, die der von Cortisol und Aldosteron vergleichbar ist. Im Gegensatz zu Cortisol und Aldosteron (Agonisten) besitzt Progesteron keine intrinsische Rezeptoraktivität und wirkt am Mineralocorticoidrezeptor als neutraler Antagonist. ABB. 27.6

β

β

+

β

permissive Wirkungen

Verzögerter Wirkungseintritt:

Schnelle

Wirkungen:

27.2.2. Einzelne Wirkungen

Wirkungen auf den Stoffwechsel katabol,

Proteinabbau

Gluconeogenese

Fettstoffwechsel,

Wirkungen auf den Wasser- und Elektrolythaushalt

1. Wirkungen über den Mineralocorticoidrezeptor: Aldosteron und, in geringerem Maße, die natürlichen Glucocorticoide sowie einige synthetische Analoga besitzen mineralocorticoide Wirkung. Sie steigern im spätdistalen Tubulus und an den Sammelrohren der Niere die Reabsorption von Na + ; gleichzeitig steigern sie dort die renale Ausscheidung von K + und H + ( ). Dieser Wirkung liegt wahrscheinlich die über den Mineralocorticoidrezeptor vermittelte Steigerung der Transkription des Gens der SGK-Kinase ( serum- and glucocorticoid-induced kinase ) zugrunde, die einen Amilorid-hemmbaren epithelialen Na + -Kanal (ENaC) phosphoryliert und aktiviert. Danach erfolgt auch eine Synthese von Untereinheiten des Natriumkanals und der Na + -K + -ATPase . Durch Förderung der Na + - und damit Wasserretention nimmt das Volumen des Extrazellularraums zu, durch vermehrte K + - und H + -Ausscheidung kommt es zu Hypokaliämie und metabolischer Alkalose . Auch die Magnesiumausscheidung wird durch Mineralocorticoide gesteigert. Neben der Niere sind weitere Zielorgane der Dickdarm sowie die Schweiß- und Speicheldrüsen. Beim primären Hyperaldosteronismus oder nach Gabe von Mineralocorticoiden in höheren Dosen nimmt einige Zeit später die Reabsorption von Na + , wahrscheinlich vorwiegend im proximalen Tubulus, ab, sodass das vermehrte Na + -Angebot im spätdistalen Tubulus die durch Aldosteron vermehrte Na + -Rückresorption übersteigt; die vermehrte K + -Ausscheidung ist dabei nicht beeinträchtigt. Dieses sogenannte Escape-Phänomen tritt nicht an anderen Zielorganen von Aldosteron auf. Die Zeichen des Hyperaldosteronismus sind Expansion des Extrazellularvolumens, in einigen Fällen mit Ödemen, Hypertonie, Hypokaliämie und Alkalose. 2. Wirkungen über den Glucocorticoidrezeptor: Von einigen Wirkungen der Corticosteroide muss angenommen werden, dass sie über den Glucocorticoidrezeptor vermittelt werden. Unter Cortisol ist die glomeruläre Filtration gesteigert und die renale Ausscheidung von Wasser über vasopressinabhängige und -unabhängige Mechanismen erhöht. Glucocorticoide hemmen die Resorption von Ca 2+ im Darm und erhöhen die Ausscheidung von Ca 2+ über die Nieren. Diese Mechanismen sowie die erhöhte Phosphat-Clearance bewirken eine vermehrte Ca 2+ - und Phosphatausscheidung und fördern die Entwicklung einer Osteoporose . Die hypocalcämische Wirkung wird beim Gesunden kompensiert, kann aber therapeutisch bei Hypercalcämien genutzt werden. Wirkungen auf das kardiovaskuläre System +

Wirkungen am ZNS

Wirkungen auf das Blut, die Skelettmuskulatur und das Wachstum Erythrozytenzahl

Thrombozyten

neutrophilen

Granulozyten Lymphozyten,

Monozyten, eosinophilen

basophilen Granulozyten

Steroidmyopathie

Hemmung des Wachstums

Antiinflammatorische und immunsuppressive Wirkungen

Nuclear Factor κ B (NF-κB)

Hemmung des Transkriptionsfaktors Nuclear Factor κ B (NF-κB) durch Glucocorticoide als wesentlicher Teil ihrer entzündungshemmenden und immunsuppressiven Wirkung. NF-κB wird im Rahmen von Entzündungs- oder Immunreaktionen durch verschiedene Stimuli wie Zytokine (wie IL-1 und TNFα), oxidativen Stress, Bakterien, Viren und andere Pathogene aktiviert. NF-κB ist typischerweise ein Dimer, bestehend aus einer p50und p65-Untereinheit. Im Ruhezustand liegt NF-κB als Komplex mit einem Vertreter aus einer Familie von Inhibitoren, IκBs, im Zytoplasma vor. Nach Stimulation der Zelle kommt es zur Aktivierung einer IκB-Kinase , die IκB phosphoryliert und damit dessen proteolytischen Abbau induziert. Der so freigesetzte NF-κB wandert in den Zellkern und steigert nach Bindung an spezifische DNABindungsstellen mit dem Konsensusmotiv 5'-GGGRNNYYCC-3' die Transkriptionsrate der Zielgene („N“ für eine beliebige Base, „R“ für A oder G, „Y“ für T oder C). Zu den NF-κB-Zielgenen gehören Gene von Proteinen der Entzündungs- und Immunreaktion wie Zytokine (z. B. IL-1, IL-2, IL-6, TNFα), Chemokine (z. B. IL-8, RANTES, MCP-1), Wachstumsfaktoren (z. B. GM-CSF), Zelladhäsionsmoleküle (z. B. ICAM-1, VCAM, E-Selectin), Komplementfaktoren (z. B. B und C4), Rezeptoren des Immunsystems (z. B. T-Zell-Rezeptor a und b, MHC-I- und -II-Proteine) und Enzyme wie COX-2. Nach Bindung an den Glucocorticoidrezeptor können Glucocorticoide NF-κB durch direkte Protein-Protein-Wechselwirkung zwischen dem Glucocorticoidrezeptor und der p65Untereinheit hemmen. Damit wird die Synthese proinflammatorischer bzw. die Immunreaktion vermittelnder Proteine unterdrückt. Darüber hinaus können Glucocorticoide direkt die Transkription des IκBα-Gens steigern, sodass die Aktivierung von NF-κB durch die vermehrte Synthese des Inhibitors IκBα gehemmt wird. Diese Wirkung wird jedoch nur in einigen Zellen beobachtet, sodass die relative Bedeutung des letzteren Mechanismus für die über NFκB bewirkte Entzündungshemmung durch Glucocorticoide nicht klar ist. ABB. 27.7

27.3. Synthetische Corticosteroide 27.3.1. Agonisten Chemie

Cortisol

(Cortison,

Aldosteron

Prednison)

ABB. 27.8

Strukturmerkmale einiger synthetischer Glucocorticoide im Vergleich zu Cortisol.

Prednisolon ®

Dexamethason Beclometason

®

® Methylprednisolon Triamcinolon Budesonid

® ® ® ®

Strukturformeln von Glucocorticoiden mit schnellem Metabolismus, die sich zur lokalen, insbesondere inhalativen Anwendung eignen. Bei Budesonid wurden 16α- und 17α-Hydroxyl-Gruppen mit einer Carbonylgruppe zur Bildung eines zyklischen Acetals umgesetzt. Die rasche Metabolisierung von Budesonid über das Enzym CYP3A4 führt zu den weitgehend wirkungslosen Metaboliten 16αHydroxyprednisolon und 6β-Hydroxybudesonid . Bei Beclometason-dipropionat sind sowohl die Hydroxylgruppe an C-17 als auch die an C-21 verestert. Nach Applikation, z. B. durch Inhalation, wird Beclometason-17,21-dipropionat zu Beclometason-17propionat hydrolysiert und damit aktiviert. Beclometason-17-propionat wird zu Beclometason-21-propionat umgeestert und zu Beclometason hydrolysiert. Im Vergleich zu Beclometason-17-propionat besitzen Beclometason, Beclometason-21-propionat und Beclometason-17,21-dipropionat keine oder nur eine sehr geringe Wirkung. Der Hauptmetabolit von Fluticason-17-propionat ist ein durch Hydrolyse gebildetes 17β-Carbonsäure-Derivat . Daneben kommt es zur Bildung eines Glucuronidkonjugats. Die Aktivität des Hauptmetaboliten ist vernachlässigbar gering. Der rasche Metabolismus dieser Glucocorticoide führt zu einer vergleichsweise geringen systemischen Verfügbarkeit bei guter lokaler Wirkung. ABB. 27.9

Struktur-Wirkungs-Beziehung

1. Einfügen einer zusätzlichen Doppelbindung zwischen C-1 und C-2: Dies erhöht selektiv die glucocorticoidartige Aktivität. Es führt auch zu langsamerer Metabolisierung. 2. Substitution an C-6: 6α-Methylierung erhöht in Prednisolon die glucocorticoidartige und senkt die mineralocorticoidartige Wirkung. 3. Halogensubstitution an C-9: Eine 9α-Fluor-Substitution erhöht die glucocorticoidartige und, noch stärker, die mineralocorticoidartige Wirkung. 4. Substitution an C-16: Methylierung oder Hydroxylierung beseitigt praktisch die mineralocorticoidartige Wirkung.

Tab. 27.1 Relative glucocorticoidartige und mineralocorticoidartige Potenz gebräuchlicher Corticosteroide mit ihrer Wirkdauer

Corticosteroid

Relative glucocorticoide Potenz

Handelsname

Relative mineralocorticoide Potenz

Wirkda Äquivalenzdosi uer s (mg)

®

®

® ®

®

®

®

Die Angaben beruhen auf generellen klinischen Erfahrungen bei systemischer Therapie (orale oder i. v. Gabe). Sie bieten nur eine gewisse Orientierung. Die glucocorticoide Potenz der Substanzen kann bei anderen Applikationsformen, z. B. i. m., anders sein. Parallel zur glucocorticoiden Potenz geht die entzündungshemmende und immunsuppressive Wirkung. Die Äquivalenzdosis bezieht sich auf alle drei Wirkungen. Wirkdauer: K: kurz (biologische Halbwertszeit 8–12 h); M: mittellang (biologische Halbwertszeit 12–36 h); L: lang (biologische Halbwertszeit 36–72 h). Fludrocortison = 9α-Fluorcortisol. Fluocortolon = 6α-Fluor-11β,21-dihydroxy-16α-methyl-1,4-pregnadien-3,20-dion.

• Veresterung der Hydroxylgruppe an C-21 mit Säuren wie Bernsteinsäure führt zu einem weitgehenden Verlust der Bindung an den Glucocorticoidrezeptor. Solche Verbindungen, wie z. B. Hydrocortison-21-hydrogensuccinat , sind jedoch zur intravenösen Injektion geeignet, da bei den Halbestern mit der freien Carboxylgruppe die Wasserlöslichkeit steigt. Nach Zufuhr werden diese inaktiven Formen durch Esterspaltung in die aktiven Formen umgewandelt. • Veränderung der Hydroxylgruppe an C-17 durch Ester- oder Acetalbildung verhindert dagegen die Bindung an den Glucocorticoidrezeptor nicht. Triamcinolon-acetonid und Budesonid, bei denen die Hydroxylgruppe an C-17 zusammen mit einer weiteren Hydroxylgruppe an C-16 in eine Acetalbildung eingeschlossen ist ( ), binden mit hoher Affinität. Beclometasondipropionat ( ) ist nicht nur an der C-17-Hydroxyl-Gruppe, sondern auch an der C-21-Hydroxyl-Gruppe verestert und zeigt daher nur eine geringe Bindung. Das nach Spaltung der Esterbindung an C-21 entstehende Beclometason-17-monopropionat besitzt dagegen eine sehr hohe Affinität. Die gute Bindung von Liganden mit größeren Substituenten an C-17 findet in einer besonderen seitlichen Ausformung der Ligandenbindungstasche des Glucocorticoidrezeptors, wie sie die Röntgenkristallstruktur zeigt ( ), eine Erklärung.

27.3.2. Neue Substanzen mit selektiver Wirkung am Glucocorticoidrezeptor

„selektiven Glucocorticoidrezeptor-Agonisten“

27.3.3. Antagonisten Glucocorticoidrezeptor-Antagonisten Mifepriston

Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten Spironolacton

27.4. Pharmakokinetik

Eplerenon.

Tab. 27.2 Pharmakokinetische Parameter einiger Glucocorticoide

Glucocorticoid

Cl (L/h) V D (L)

t 1/2 (h)

Orale Bioverfügbarkeit (%)

Cl: totale Clearance; V D : Verteilungsvolumen; t 1/2 : Plasmahalbwertszeit; NA: nicht verfügbar. Scheinbare maximale Annäherung von einer kompletten Konversion der Muttersubstanz ausgehend. Nach: Hochhaus et al., J. Clin. Pharmacol. 37, 881–892 (1997) und Derendorf et al., Eur. Respir. J. 28, 1042–1050 (2006)

27.4.1. Bioverfügbarkeit

27.4.2. Plasmaeiweißbindung

Plasma-Proteinbindung (%)

27.4.3. Metabolismus 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenasen

Wirkmechanismus der 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenasen Typ 1 und 2. In der Leber reduziert die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 1 (11β-HSD Typ 1) unter Verwendung von NADPH als Kofaktor Cortison zu Cortisol (= Hydrocortison). Cortisol bindet an den Glucocorticoid- und Mineralocorticoidrezeptor und kann die Rezeptoren aktivieren. In der Niere agiert die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 2 (11β-HSD Typ 2) unter Verwendung des Kofaktors NAD + als Dehydrogenase, sodass Cortisol in seine 11-Keto-Form, das Cortison, überführt wird. Cortison kann weder den Glucocorticoid- noch den Mineralocorticoidrezeptor aktivieren. Die 11β-Hydroysteroid-Dehydrogenase Typ 2 kann durch das früher verwendete Ulkustherapeutikum Carbenoloxon und durch die Glycyrrhetinsäure, einen Bestandteil der Lakritze, gehemmt werden. ABB. 27.10

• Typ 1: Die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 1 wandelt unter Verwendung von NADPH als Kofaktor hauptsächlich 11-Keto-Verbindungen in 11β-Hydroxy-Verbindungen um und erhöht dadurch die lokale Cortisolkonzentration. Da NADPH intrazellulär in höheren Konzentrationen vorliegt als NADP + , agiert die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 1 hauptsächlich als Reduktase. Sie ist dafür verantwortlich, dass inaktive Steroide wie Cortison oder Prednison zu Cortisol bzw. Prednisolon aktiviert werden, und wird besonders in der Leber, der Lunge, dem Fettgewebe, den Gonaden und dem Gehirn exprimiert. Bereits bei der primären Leberpassage wird Prednison zu 80–100 % zu Prednisolon metabolisiert. Dies bedeutet, dass bei oraler Gabe auch die 11-Keto-Verbindungen Cortison und Prednison in die aktive Form umgewandelt werden und zur Therapie eingesetzt werden können. Jedoch wird der Wirkungseintritt um bis zu 1 Stunde bei dem Vergleich von Prednison zu Prednisolon verzögert. Pharmakokinetische Studien zeigen die Vergleichbarkeit oder gar Überlegenheit des Einsatzes der 11-Hydroxy-Verbindungen. Daher sollten für die Substitution bei der NNR-Insuffizienz Cortisol und für antientzündliche und immunsuppressive Indikationen Prednisolon eingesetzt werden. Zusätzlich werden in der Leber auch die 3- und 20-Keto-Gruppe hydroxyliert und anschließend können 3- und 20-Hydroxy-Cortisol an C-3, C-11, C-17 und C-20 glucuronidiert oder sulfatiert werden. Die freien und konjugierten Glucocorticoide werden mit der Galle oder über die Niere ausgeschieden. Deswegen müssen bei oraler Einnahme höhere Dosen genommen werden als bei i. v. Gabe. • Typ 2: Die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 2, mit einer höheren Affinität zu NAD + , besitzt überwiegend eine Dehydrogenase-Aktivität (Umwandlung 11β-Hydroxy- in 11-Keto-Verbindung) und vermindert dadurch die lokale Cortisolkonzentration. Das Enzym wird besonders in klassischen Mineralocorticoid-Zielzellen exprimiert: in der Niere, in den Speicheldrüsen, im Darm, im Nucleus tractus solitarii und in der Plazenta und verhindert dort durch Umwandlung in das inaktive Cortison die Bindung von Cortisol an den Mineralocorticoidrezeptor. Aldosteron ist kein Substrat. Dieses Enzym bestimmt damit die Spezifität des Mineralocorticoidrezeptors für Aldosteron. Fludrocortison (9α-Fluorcortisol) wird durch das Typ-2-Enzym sehr schlecht umgewandelt, sodass es wahrscheinlich fast freien Zugang zum Mineralocorticoidrezeptor im distalen Tubulus und in den Sammelrohren der Niere hat. Dies mag dazu beitragen, dass Fludrocortison eine mehr als 100-fach höhere mineralocorticoidartige Wirkung als Cortisol besitzt ( ), obwohl seine Affinität zum Mineralocorticoidrezeptor nur wenig höher ist als die von Cortisol. Auch Dexamethason wird durch das Typ-2-Enzym kaum oxidiert. Sein 11-KetoAnalogon wird sogar zur 11β-Hydroxy-Form reduziert. Es wurde daher vorgeschlagen, dass Dexamethason zur intrauterinen Behandlung des Fetus und zur renalen Immunsuppression besonders geeignet sei. Eine verstärkte Oxidation von Prednisolon durch das Typ-2-Enzym soll für die, gegenüber Cortisol, etwas verminderte mineralocorticoidartige Aktivität von Prednisolon verantwortlich sein.

Weiterer Metabolismus

Cortisol

Fludrocortison β

Prednisolon

β

Methylprednisolon

Dexamethason,

β

Budesonid

β

α

Beclometason-17,21-dipropionat

Fluticason-17-

propionat

Hydrocortison21-hydrogensuccinat Ciclesonid

27.5. Unerwünschte Wirkungen

Dauer der Therapie und der Höhe der Dosis.

27.5.1. Unerwünschte Wirkungen bei Glucocorticoidentzug

akute Nebennierenrindeninsuffizienz Nebennierenrindeninsuffizienzen,

latente

Exazerbation der Grundkrankheit

Corticoidentzugssyndrom

27.5.2. Unerwünschte Wirkungen unter der Therapie

iatrogene Cushing-Syndrom. +

Ödemen,

Hypertonie,

Diabetes mellitus

erhöhtes

Störungen

Infektionsrisiko,

der

Wundheilung

Atrophie

Ulcera duodeni oder ventriculi

Myopathie

Osteoporose

2

+ 2 +

3

Osteonekrose

des

subkutanen

Gewebes

Psychische

Störungen

posteriore subkapsuläre Katarakte

Glaukome

Wachstumshemmung bei Kindern:

Ekchymosen und Neigung zu Purpura

Thromboseneigung

Unerwünschte Wirkungen der lokalen Glucocorticoidtherapie Infektionen

Steroidakne. Atrophie Glaukome

der Haut

27.6. Anwendung 27.6.1. Art der Applikation Anwendung orale

intravenöse

Depotpräparate

Suppositorien

Lokale Anwendung

intraartikulär

inhalativen ® ® ®

®

• Im Darm: Budesonid kann bei entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn , Colitis ulcerosa) oral (Hartkapsel mit Wirkstoffabgabe im Ileum und Colon ascendens; wie Budenofalk ® ) oder als Klysma (Entocort ® rektal) verabreicht werden. • Glucocorticoide wie Mometason (Nasonex ® ), Fluticason (z. B. Flutide ® nasal), Budesonid (wie Topinasal ® ) und Flunisolid (Syntaris ® ) werden als Nasenspray zur Behandlung der allergischen Rhinitis eingesetzt. • Auf der Haut werden einige Wirkstoffe mit sehr hoher glucocorticoider Potenz eingesetzt. Voraussetzung für die Wirksamkeit topischer Corticoidzubereitungen ist neben ihrer Potenz die Penetration des Wirkstoffs in die Haut, die vom Wirkstoff (Lipophilie), vom Zustand der Haut, von der pharmazeutischen Zubereitung und der Art des Verbandes abhängig ist. Die höchste Wirkungsstärke einschließlich der unerwünschten Wirkungen (systemisch und lokal) wird unabhängig vom einzelnen Wirkstoff durch Okklusionsverbände erreicht. Zur Anwendung kommen zum großen Teil besondere Corticoide, die entweder Esterderivate (erhöhte Lipophilie ) oder speziell für die kutane Anwendung entwickelte Substanzen sind. So werden die C-21-Ester durch Esterasen in der Haut in ihre wirksame Form überführt. gibt eine Einteilung der in der Dermatologie am häufigsten eingesetzten Glucocorticoide. Es wird empfohlen, eine Dermatose zu Beginn mit dem stärksten Präparat zu behandeln, das die Dermatose unter Berücksichtigung der Lokalisation und der Ausprägung gerade noch zulässt. Sowie die Therapie greift, soll mit dem Ausschleichen begonnen werden, indem man z. B. von einem Präparat der Wirkstärkeklasse 3 auf Klasse 2 und dann auf Klasse 1 übergeht (Stufentherapie). Tab. 27.3 In der Dermatologie gebräuchliche Glucocorticoide Potenz

Substanz (Auswahl)

therapeutischen Index

Kombinationspräparate

β

®

27.6.2. Indikationen

Substitutionstherapie

Nebennierenrindeninsuffizienz

®

adrenogenitalen

Syndrom

2

® 2

Pharmakodynamische Therapie

Tab. 27.4 Indikationen für eine pharmakodynamische Glucocorticoidtherapie a) Systemische Anwendung

b) Lokale Anwendung

2

a) Systemische Anwendung Rheumatische und andere entzündliche Gewebeerkrankungen:

b) Lokale Anwendung Blutkrankheiten:

Hauterkrankungen:

Tumoren: Atemwegserkrankungen:

Augenerkrankungen:

Kollagenosen und Vaskulitiden: Gelenkerkrankungen

Gastrointestinale Erkrankungen:

Nierenerkrankungen: Endokrine Erkrankungen:

Darmerkrankungen:

Allergische Erkrankungen:

Neurologische Erkrankungen:

Hauterkrankungen:

Lungenerkrankungen:

Augenerkrankungen:

Hypercalcämie:

Transplantationen:

Die Liste ist keine vollständige Aufzählung aller Indikationen. Bei vielen der aufgeführten Erkrankungen sind Glucocorticoide nicht das erste und einzige Mittel in der Therapie. Einige Erkrankungen, bei denen die systemische Anwendung indiziert ist, können auch lokal behandelt werden.

®

®

Diagnostische Anwendung Dexamethason-Suppressionstest

27.6.3. Dosierungsschemata für die systemische Therapie mit Glucocorticoiden Zirkadiane

Applikation:

Alternierende Applikation:

Intravenöse Stoßtherapie :

Low-Dose-Therapie:

®

Dosierungsschema bei Beendigung der Therapie:

27.6.4. Wechselwirkungen

• Nichtsteroidale Antiphlogistika: erhöhte Blutungsgefahr im Magen-Darm-Trakt • Antidiabetika: Blutzuckersenkung vermindert, schlechtere und schwierigere Einstellung • Herzglykoside: Glykosidwirkung durch Kaliummangel verstärkt • Diuretika wie Thiazide und Schleifendiuretika: erhöhte Gefahr einer Hypokaliämie • Schleifendiuretika: Verschlechterung der glucocorticoidinduzierten negativen Ca 2+ Bilanz • Enzyminduktoren wie Rifampicin: Corticoidwirkung vermindert • Ciclosporin: Erhöhung der Ciclosporinblutspiegel

27.6.5. Kontraindikationen Substitutionstherapie pharmakodynamische Therapie

Hypertonie, Diabetes mellitus

Osteoporose, Infektionskrankheiten,

relative Kontraindikationen,

Ulkusanamnese,

Schutzimpfungen Schwangerschaft,

27.7. Therapie des Cushing-Syndroms und des primären Hyperaldosteronismus Cushing-Syndrom

® ®

β β

Metapyron Pasireotid

Primärer

®

Hyperaldosteronismus

+

Weiterführende Literatur Allolio B, Arlt W, Hahner S. DHEA: why, when, and how much – DHEA replacement in adrenal insufficiency. Ann. Endocrinol . 2007;68:268–273. Barnes P.J. Glucocorticosteroids: current and future directions. Brit. J. Pharmacol . 2011;163:29–43. Bhargava A, Fullerton M.J, Myles K, Purdy T.M, Funder J.W, Pearce D, Cole T.J. The serum- and glucocorticoid-induced kinase is a physiological mediator of aldosterone action. Endocrinology . 2001;142:1587–1594. Bolland M.J, Bagg W, Thomas M.G, Lucas J.A, Ticehurst R, Black P.N. Cushing's syndrome due to interaction between inhaled corticosteroids and itraconazole. Ann. Pharmacother . 2004;38:46–49. Brunton L.L, Chabner B, Knollman B, eds. Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics . 12th ed. New York: McGraw-Hill; 2011. Cutolo M, Sulli A, Pincus T. Circadian use of glucocorticoids in rheumatoid arthritis. Neuroimmunomodulation . 2015;22:33–39. Derendorf H, Nave R, Drollmann A, Cerasoli F, Wurst W. Relevance of pharmacokinetics and pharmacodynamics of inhaled corticosteroids of asthma. Eur. Respir. J . 2006;28:1042–1050. Gentile D.M, Tomlinson E.S, Maggs J.L, Park B.K, Back D.J. Dexamethasone metabolism by human liver in vitro. Metabolite identification and inhibition of 6hydroxylation. J. Pharmacol. Exp. Ther . 1996;277:105–112. Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Topische Dermatotherapie mit Glucocorticoiden – Therapeutischer Index. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/034 . 2009. Lipworth B.J. Systemic adverse effects of inhaled corticosteroid therapy. Arch. Intern. Med . 1999;159:941–955. Mallappa A, Debono M. Recent advances in hydrocortisone replacement therapy. Endocr. Dev . 2016;30:42–53. Marchetti M.C, Di Marco B, Cifone G, Migliorati G, Riccardi C. Dexamethasone-induced apoptosis of thymocytes: role of glucocorticoid receptor-associated Src kinase and caspase-8 activation. Blood . 2003;101:585–593. Martin R.J, et al. Systemic effect comparisons of six inhaled corticosteroid preparations. Am. J. Respir. Crit. Care Med . 2002;165:1377–1383. McKay L.I, Cidlowski J.A. Molecular control of immune/inflammatory responses: interactions between nuclear factor-κB and steroid receptor-signaling pathways. Endocr. Rev . 1999;20:435–459. Norman A.W, Mizwicki M.T, Norman D.P.G. Steroid-hormone rapid actions, membrane receptors and a conformational ensemble model. Nat. Rev. Drug Disc . 2004;3:27– 41. Pedroncelli A.M. Medical treatment of Cushing's disease: somatostatin analogues and pasireotide. Neuroendocrinology . 2010;92(suppl 1):120–124. Pincus T, Sokka T, Stein C.M. Are long-term very low doses of prednisone for patients with rheumatoid arthritis as helpful as high doses are harmful? Ann. Intern Med . 2002;136:76–78. Pitt B, Remme W, Zannad F, Meaton J, Martinez F, Roniker B, Bittman R, Hurley S, Kleiman J, Gatlin M. Eplerenone, a selective aldosterone blocker, in patients with left ventricular dysfunction after myocardial infarction. N. Engl. J. Med . 2003;348:1309–1321. Oakley R.H, Cidlowski J.A. The biology of the glucocorticoid receptor: new signaling mechanisms in health and disease. J. Allergy Clin. Immunol . 2013;132:1033–1044. Quinkler M, Oelkers W, Diederich S. Clinical implications of glucocorticoid metabolism by 11β-hydroxysteroid dehydrogenases in target tissues. Eur. J. Endocrinol . 2001;144:87–97. Raaska K, Niemi M, Neuvonen M, Neuvonen P.J, Kivistö K.T. Plasma concentrations of inhaled budesonide and its effects on plasma cortisol are increased by the cytochrome P4503A4 inhibitor itaconazole. Clin. Pharmacol. Ther . 2002;72:362–369. Reichardt H.M, Tuckermann J.P, Göttlicher M, Vujic M, Weih F, Angel P, Herrlich P, Schütz G. Repression of inflammatory responses in the absence of DNA binding by

the glucocorticoid receptor. EMBO J. 2001;20:7168–7173. Schäcke H, Döcke W.D, Asadullah K. Mechanisms involved in the side effects of glucocorticoids. Pharmacol. Therapeut . 2002;96:23–43. Schäcke H, Zollner T.M, Döcke W.D, Rehwinkel H, Jaroch S, Skuballa W, Neuhaus R, May E, Zügel U, Asadullah K. Characterization of ZK 245186, a novel selective glucocorticoid receptor agonist for the topical treatment of inflammatory skin diseases. Br. J. Pharmacol . 2009;158:1088–1103. Schöfl C, von zur Mühlen A. Vermeidung unerwünschter Wirkungen einer Glucocorticoidtherapie. Internist . 1997;38:371–380. Spencer C.M, McTavish D. Budesonide. A review of its pharmacological properties and therapeutic efficacy in inflammatory bowel disease. Drugs . 1995;50:854–872. Young M.J, Funder J.W. Mineralocorticoid receptors and pathophysiological roles for aldosterone in the cardiovascular system. J. Hypertens . 2002;20:1465–1468. Wass J.A.H, Shalet S.M, eds. Oxford Textbook of Endocrinology and Diabetes . Oxford–New York: Oxford University Press; 2002. Widén C, Gustafsson J.A, Wikström A.C. Cytosolic glucocorticoid receptor interactions with nuclear factor-κB proteins in rat liver cells. Biochem. J. 2003;373:211–220.

KAPITEL 28

Sexualhormone T. Gudermann

Hormone Estrogenen

der

Gonaden

Gestagenen. Androgene.

28.1. Estrogene Steroidhormone.

sexualspezifischen sexualunspezifischer Wirkungen.

28.1.1. Chemie β

Estradiolbenzoat,

17α-Ethinylestradiol

(Mestranol,

Wirkungen

Estrogene. Estrogene zeichnen sich durch einen aromatischen Ring A und das Fehlen der angulären Methylgruppe zwischen dem A- und BRing des aus vier Ringen (A, B, C, D) bestehenden Steroidmoleküls aus. Estrogene sind also Steroide mit nur 18 Kohlenstoffatomen (Androgene haben 19, Glucocorticoide und die natürlich vorkommenden Gestagene 21 Kohlenstoffatome). Das wirksamste natürlich vorkommende Estrogen ist das Estradiol. Estron besitzt nur etwa ⅓, Estriol etwa ¹⁄₁₀ der biologischen Aktivität des Estradiols. Diese biologischen Eigenschaften sind auf unterschiedliche Bindungsaffinitäten zu den Estrogenrezeptoren zurückzuführen. Während die biologische Wirkung des Estrons fast ausschließlich auf seiner Konversion zu Estradiol beruht, wirkt Estriol aufgrund seiner hohen Konzentration, z. B. in der Schwangerschaft, als voll wirksames Hormon. Durch Alkylsubstitution wurden oral wirksame Derivate synthetisiert: 17α-Ethinylestradiol und der Methylether (Mestranol). ABB. 28.1

Estradiolvalerat

equine konjugierte Estrogene

α

Tab. 28.1 Estrogenpräparate und Estrogengemische Substanz

Handelsnamen ® ®

® ®

28.1.2. Biosynthese

®

28.1.2. Biosynthese

Dehydrogenasen Cytochrom-P 4 5 0 -Enzyme. 450

StAR

Δ

Δ

4

4

Δ 5 -Steroide sind biologisch wenig oder nicht aktiv.

Δ

(„steroidogenic

acute

regulatory

protein“) ,

5

Δ

5

Biosynthese von Sexualhormonen . A: CYP11A1 (P 450 scc, Seitenketten abspaltendes Cytochrom-P ABB. 28.2

450

-Enzym in den Mitochondrien)

1,2: Typ-II-3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, Δ 4,5 -Isomerase (3β-HSD II) 3,4: CYP17A1 (P 450 c17, Cytochrom-P 450 -Enzym mit 17α-Hydroxylase - und 17,20-Lyase-Aktivität im endoplasmatischen Retikulum) 5: 17β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 6: CYP19 (P 450 arom, Cytochrom-P 450 -Enzym mit Aromataseaktivität im endoplasmatischen Retikulum) 7: 5α-Reduktase 8: P 450 -abhängige Hydroxylierung in der Leber.

Androgene sind also eine obligate Vorstufe der Estrogene.

Das Zwei-Zell-System des Ovars . Die Granulosazellen des reifenden Follikels exprimieren FSH-Rezeptoren, während LH-Rezeptoren initial nur auf den Thekazellen anzutreffen sind. Die FSH-Stimulation am Anfang des weiblichen Zyklus bewirkt einerseits die Erhöhung der FSH-Rezeptor-Dichte und der Aromataseaktivität, andererseits die Induktion von LH-Rezeptoren in den Granulosazellen. Unter LH-Stimulus werden in den Thekazellen Androgene , überwiegend Androstendion und in geringerer Menge auch Testosteron und DHEA, gebildet, die als Substrate für die Aromatase der Granulosazellen dient. Beim Menschen ist FSH der alles entscheidende Stimulus für eine erfolgreiche Follikelentwicklung. Jedoch modulieren Peptide wie die „insulin-like growth factors“ (IGFs), Activin und Inhibin , die in auto- und parakriner Weise wirken, die Antwort der Zellen auf Gonadotropine. ABB. 28.3

28.1.3. Regulation Gonadotropine

pulsatile LHAusschüttung

hypothalamische

Gonadotropin-Releasing-Hormon

(GnRH-Pulsgeber)

Regulation der Sekretion ovarieller Steroide. In der frühen Follikelphase üben Estrogene einen inhibitorischen Einfluss auf den Hypophysenvorderlappen aus. Ist zum Zeitpunkt der Zyklusmitte die Estradiolkonzentration für etwa 36 Stunden auf 150–200 pg/ml erhöht, so kehrt sich die estrogenbedingte negative Rückkopplung in einen positiven Rückkopplungseffekt auf die Hypophyse um, wodurch es zur Auslösung der präovulatorischen LH- und FSH-Gipfel kommt. Grundlage hierfür ist eine estradiolabhängige Sensitivierung der gonadotropen Hypophysenzellen gegenüber GnRH. ABB. 28.4

28.1.4. Stoffwechsel und Pharmakokinetik

Produktionsrate

Sekretionsrate

sexhormonbindenden Globulin (SHBG)

Mikronisierte

Estrogenformulierungen

Hauptabbauprodukt

Estriol.

β

Hemmstoffe der Steroidsulfatasen

2-OH-Catechol-Estrogenen

4-OH-Catechol-Estrogene

450

E s t r o g e n e in die Liste der Karzinogene aufgenommen.

28.1.5. Wirkungsmechanismus von Sexualsteroiden intrazelluläre Hormonrezeptoren.

3

„Waisen“-Rezeptoren

E R α

E R β,

α

β

α

β

ähnliche

Domänenstruktur

β β

D

β

α

Domänenstruktur der Estrogenrezeptoren ERα und ERβ. Die N-terminale A/B-Domäne ist beim Vergleich verschiedener Steroidhormonrezeptoren hoch variabel. Sie erfüllt regulatorische Aufgaben. Ferner aktiviert sie die Transkription ligandenunabhängig und umfasst somit die Aktivierungsfunktion 1 (AF-1). Der CBereich umschließt die DNA-Bindungsdomäne (DBD) der Rezeptoren und zeichnet sich strukturell durch eine spezifische Anordnung von zweimal 4 hoch konservierten Cysteinresten aus, die mit jeweils einem Zinkatom einen Komplex, einen sog. „ZinkFinger“, bilden. Die beiden Zink-Finger der Estrogenrezeptoren sind für die Spezifität der Rezeptorbindung an bestimmte palindromische DNA-Abschnitte, die sog. Estrogen-responsiven Elemente (ERE) , verantwortlich. In der D-Domäne, der „Gelenk“Region („hinge region“), befindet sich das Kernlokalisierungssignal. Neben ihrer Funktion als Ligandenbindungsdomäne (LBD) trägt der E/F-Bereich zur Dimerisierung der Hormonrezeptoren sowie zur estrogenabhängigen Transkription bei. Die ligandenabhängige Aktivierungsfunktion der E/F-Domäne wird als AF-2 bezeichnet. ABB. 28.5

Transformation. Translokation

Genomischer Wirkungsmechanismus von Estrogenen. Nach Diffusion in die Zielzelle binden Estrogene an Estrogenrezeptoren, die daraufhin aus der Bindung an zytoplasmatische Proteine wie Hitzeschockproteine (HSP) entlassen werden. Ligandenbesetzte Estrogenrezeptoren binden als Dimere an Estrogenresponsive DNA-Elemente. Das Konsensus-Estrogen-responsive Element (ERE) ist in der Abbildung aufgeführt. Durch Agonistbindung kommt es zur Interaktion mit AF-2-Koaktivatoren wie SRC-1 und weiteren Koaktivator-Proteinen mit Histonacetyltransferase(HAT)-Aktivität (CBP/p300). ) Der Kontakt zum generellen Transkriptionsapparat (GTA) kann durch Proteine der TRAP220-Familie vermittelt werden, und es wird die Gentranskription durch die RNA-Polymerase II (RNAP II) eingeleitet. Die Antagonist-induzierte Rezeptorkonformation erleichtert die Bindung von Korepressoren (NcoR , SMRT), die weitere Partner mit Histondeacetylase(HDAC)-Aktivität rekrutieren. Aufgrund der kompakten DNA-Packung wird ein Transkriptionsinitiationskomplex nicht ausgebildet, RNA-Polymerase II (RNAP II) lagert sich nicht am Promotor an, und es kommt zur Repression des Gens. ABB. 28.6

allosterische

Liganden

α

Struktur des Nukleosoms

AF-2-Aktivität relevante Koaktivatoren

AF-1-Koaktivatoren α β

Korepressorproteine

α Homo- und Heterodimere α β

α

α

β β

β

β pleiotropen α

Estrogenwirkung

β

κ

ERIsoform-

und

promotorspezifisch. α

β β β

Rekrutierung des Estrogenrezeptorkomplexes an seine Zielgene

α

dynamischen

sukzessiven Zyklen

rasche alternative Steroidwirkungen

spezifische

bekannte membranäre Signalproteine Membranrezeptoren für

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren Ionenkanäle Steroide Proteintyrosinkinase Src

Komplexität zellulärer Steroidwirkungen. Neben dem klassischen genomischen Signalweg (1) ( ) aktivieren Sexualsteroidrezeptoren (SR) durch direkte Interaktion mit der zytosolischen Proteintyrosinkinase Src (2) die Ras/Raf/MAPK(Mitogen-aktivierte Proteinkinase)-Signalkaskade und beeinflussen damit die Gentranskription im Zellkern. Weitere rasche Membranwirkungen werden durch Interaktion mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) ausgelöst (3). Über G s -koppelnde Rezeptoren kann die Adenylylcyclase (AC) aktiviert, über G i -koppelnde Rezeptoren gehemmt werden. Durch Transkriptionsfaktoren wie CREB (cAMP response element-binding protein) , die von der cAMP-abhängigen Proteinkinase (PKA) phosphoryliert werden, wird ebenfalls die Gentranskription im Kern beeinflusst. Durch G q ABB. 28.7

koppelnde Rezeptoren wird die Phospholipase C (PLC) aktiviert. Inositoltrisphosphat (IP 3 ) setzt Ca 2+ aus internen Speichern frei. Zugleich wird die intrazelluläre Ca 2+ -Konzentration ([Ca 2+ ] i ) durch Influx von außen (Diacylglycerin[DAG]-vermittelt über nichtselektive Kationenkanäle) erhöht. Verschiedene Ionenkanäle in der Zellmembran werden durch Wechselwirkung mit Steroidhormonen ebenfalls beeinflusst (4), z. B. GABA A (Cl – -Kanal)-, 5-HT 3 (Kationenkanal)-, NMDA(Kationenkanal)-Rezeptoren, BK- und GIRK(Kir3.1–3.4)-Kaliumkanäle. Weitere Abkürzungen: ERK: extracellular signal-regulated kinase ; HSP: Hitzeschockprotein; PIP 2 : Phosphatidylinositolbisphosphat ; SH: Src homology domain.

α

α

β

signalwegselektive

ER-Liganden

GPR30 als heptahelikaler Estrogenrezeptor

membranäre α β

Progesteronrezeptoren (mPR) γ s

i / o

International Estrogenrezeptor

Union

of

Pharmacology G-Protein-gekoppelter

(GPER)

α β

GABA A -Rezeptors

28.1.6. Estrogenwirkungen Sexualspezifische Wirkungen von Estrogenen

Bildung von Progesteronrezeptoren .

anabole Wirkungen. neuroendokrinen Kontrolle des weiblichen Zyklus

Eitransport,

Schwangerschaft. Sekrete

Uterusmotilität

Uterus

Va g i n a l e p i t h e l

Sexualunspezifische Wirkungen von Estrogenen proteinanabole

Eigenschaften.

Osteoporose Knochen.

Osteoblasten α β

κ

α

antiresorptiv. Knochenwachstum und Epiphysenschluss

Leber Transportproteinen Gerinnungsfaktoren

prokoagulatorische

Wirkung.

Herz-Kreislauf-System

1

Wasserretention

Lipidstoffwechsel

gesteigerte

Cholesterinausscheidung

Blutzucker-

Melaningehalt

nimmt zu,

Talgdrüsenfunktion

hemmend. psychotrope Effekte

28.1.7. Indikationen, Dosierung und unerwünschte Wirkungen Hormontherapie im Klimakterium und in der Postmenopause hormonelle Kontrazeption

Hormontherapie im Klimakterium und in der Postmenopause

Zugelassene

Indikationen

Substitutionstherapie

Praktische Durchführung der Hormontherapie Estradiolvalerat

Estradiol, konjugierte equine Estrogene transdermale

Hohe

Konzentrationen

oraler

Estrogen-Gestagen-Kombinationen

Estrogene

Hormontherapie

• konjugierte Estrogene: 0,6 mg/Tag • Estradiolvalerat : 2 mg/Tag • mikronisiertes 17β-Estradiol: 2 mg/Tag.

zyklusgerecht

mit

Gestagenen

kombiniert; ®

®

®

Estriol,

Endometriumkarzinomrisiko

Estrogenmonotherapie

(ET)

bei

Frauen

mit

Gebärmutter

nicht

zugelassen.

kombinierte Präparate

Leitlinienorientierte Hormontherapie Women’s

Health

Initiative

(WHI),

„Timing-Hypothese“

Klimakterische

Beschwerden

Osteoporose

Koronare

Herzkrankheit

Women’s Health Initiative (WHI)

Thromboembolie und ischämischer Insult

Erkrankungen des zenralen Nervensystems Women’s Health Initiative Memory

Study

(WHIMS)

Mammakarzinom

Endometriumkarzinom Ovarialkarzinom

Kolorektale Karzinome

European Prospektive Investigation

into

Cancer

and

Nutrition

(EPIC)“-Studie,

Konsequenzen für die Durchführung der Hormontherapie Ziele der Hormontherapie

• Eine langfristige Estrogentherapie im Klimakterium und in der Postmenopause zur Prävention chronischer Erkrankungen kann nach derzeitigem Wissensstand nicht empfohlen werden. • Eine Hormontherapie im Klimakterium und in der Postmenopause erfordert eine strenge Indikationsstellung. Eine sorgfältige, regelmäßige Nutzen-Risiko-Abwägung muss vor der Entscheidung zur Therapie erfolgen. Bei positiver Entscheidung sollte die Therapie im Alter von < 60 Jahren bzw. innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause begonnen werden (günstiges Zeitfenster). • Estrogene oder Estrogen-Gestagen-Kombinationen erlauben eine wirksame medikamentöse Behandlung klimakterischer Beschwerden. Phytoestrogene ,

Weitere Indikationen für den Einsatz von Estrogenen Hochwuchs

bei

Mädchen:

Ovulationshemmern Kontraindikationen

• Bestehendes Mamma- und Endometriumkarzinom • vorausgegangene oder bestehende Thrombembolien • akute und schwere chronische Lebererkrankungen

28.2. Tibolon ®

Osteoporoseprophylaxe

Behandlung vasomotorischer klimakterischer Beschwerden

estrogene, gestagene und androgene Wirkungen. Abbruchblutungen

Million Women Study

signifikant erhöhtes Brustkrebsrisiko

Endometriumkarzinomrisiko

erhöht.

28.3. Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM) gewebespezifische

agonistische

und

antagonistische

Estrogenwirkungen

Tamoxifen ®

Toremifen

Raloxifen Clomifen

®

ABB. 28.8

Strukturformeln selektiver Estrogenrezeptor-Modulatoren.

Chemie

Wirkungsmechanismus α

Kontinuum

unterschiedlicher AF-2-Konformationen

Wirkungsmechanismus von selektiven Estrogenrezeptormodulatoren (SERM). Der estradiolgebundene Estrogenrezeptor (ER) am estrogensensitiven DNA-Element (ERE) rekrutiert Koaktivatoren und steigert die Transkriptionsaktivität. Die durch Antagonisten stabilisierte ER-Konformation rekrutiert Korepressoren und unterdrückt die Transkription. SERM stabilisieren intermediäre Konformationen, die eine gleichzeitige Bindung von Koaktivatoren und Korepressoren zulassen. Diese Interaktionen sind gewebe- und zellspezifisch und resultieren in Abhängigkeit vom Zielpromotor in transkriptioneller Aktivierung oder Repression. ABB. 28.9

Gewebespezifität

der

selektiven

Estrogenrezeptormodulatoren

gewebe-, zell- und promotorspezifischen Wirkung

Indikationen und therapeutischer Einsatz ®

Ta m o x i f e n

estrogenabhängigen

α

Mammakarzinomen

β

transantiestrogene

Wirkung

Estrogene Tamoxifenwirkungen

am

Brustgewebe.

Knochen Lipidprofil

Tab. 28.2 Erwünschte und unerwünschte Wirkungen von SERM im Vergleich zum Estradiol Effekt

Estradiol

Tamoxifen

Toremifen

Raloxifen

Referenztherapie für die adjuvante Therapie von Patientinnen mit Estrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom.

Gentest vor einer Tamoxifentherapie. Resistenzentwicklung α

β

unter

Tamoxifentherapie

cis

®

Prävention

des

Mammakarzinoms

vor

To r e m i f e n

Raloxifen α

(RUTH-Studie: Raloxifene Use for The Heart),

Study of Tamoxifen and Raloxifen (STAR)

Lasofoxifen Bazedoxifen

gewebsselektive

®

®

Estrogenrezeptorkomplexe TSECs β

β.

Clomifen trans-

®

cis

antiestrogene

Ospemifen

®

Komponente.

28.4. Estrogenrezeptor-Antagonisten (Antiestrogene) ®

Fulvestrant

ABB. 28.10

Strukturformeln von reinen Antiestrogenen.

kompetitive

Antagonist α

β

selektiven Estrogenrezeptor-Down-Regulatoren (SERD) ,

28.5. Aromataseinhibitoren Aminoglutethimid

450

Formestan Anastrozol Vo r o z o l

ABB. 28.11

®

Exemestan ®

steroidalen Präparaten nichtsteroidalen Substanzen

Letrozol

Strukturformeln steroidaler und nichtsteroidaler Aromatasehemmer .

lokale Produktion von Estrogenen selektiv inhibiert

®

palliativen endokrinen Therapie des metastasierten M ammakarzinom s.

kombinierte Anwendung von Trastuzumab (Herceptin ® ) mit Anastrozol

28.6. Gestagene

1. einer ausreichenden Estrogenwirkung (Estrogene induzieren Progesteronrezeptoren), 2. dem Estrogen-Gestagen-Verhältnis und 3. der zeitlichen Sequenz des Zusammenwirkens.

Chemie

Derivate des Progesterons und 17α-Hydroxyprogesterons androgener Vorläufer 19-Nortestosterons Norgestrels

ABB. 28.12

Strukturformeln von Gestagenen, die sich vom Hydroxyprogesteron ableiten .

ABB. 28.13

Strukturformeln von Gestagenen, die sich von Norethisteron oder von Norgestrel ableiten .

Ethisteron Norethisteron

„norethindrone“

Stoffwechsel und Pharmakokinetik Pregnenolon

in der Leber abgebaut.

α α

mikronisierter Form synthetischen Gestagene Regulation

Wirkungsmechanismus

Steroidhormonrezeptoren

ein

Progesteronrezeptor(PR)-Gen

α

verschiedene Isoformen, PR-A und PR-B,

dritte Aktivierungsdomäne,

t r a n s

i

Gestagenwirkungen

z neuroendokrinen Steuerung des weiblichen Zyklus.

Auf- und Abbau des Endometriums im Verlauf des Menstruationszyklus

Hormonkonzentrationen im Serum während des Zyklus und Veränderungen am Endometrium (halbschematische Darstellung). Die im reifenden Follikel vermehrt gebildeten Estrogene durch Rückkopplung mit positiver Wirkung eine gipfelartige LH- und FSH-Ausschüttung. Durch LH wird die Ovulation ausgelöst. Ein Anstieg der Progesteronsynthese setzt kurz vor der Ovulation ein. Maximalwerte werden etwa 8 Tage nach der Ovulation gefunden; bei nicht stattgefundener Konzeption fallen dann die Konzentrationen wieder ab. Die Progesteronquelle ist der Gelbkörper, der sich bei nicht eingetretener Schwangerschaft zum Zyklusende hin zurückbildet. Am Beginn eines Zyklus ist das Endometrium niedrig, es proliferiert dann bis zur Zyklusmitte, wobei zahlreiche Mitosen, vor allem in den Drüsenschläuchen, auftreten. Mit beginnender Sekretionsphase um den Zeitpunkt der Ovulation fällt eine starke Glycogeneinlagerung in den basalen Bereichen der Epithelzellen (vor allem in den Uterusdrüsen) auf. Später, bei maximaler Sekretion (etwa 1 Woche nach der Ovulation, Zeitpunkt der Implantation), findet sich Glycogen auch in den Lumina der Drüsen. Besonders auffällig ist noch die Entwicklung von sogenannten Spiralarterien im Verlauf des Zyklus. Sie sind maximal entwickelt in der Sekretionsphase (nach S. J. Segal., Sci. Am. 231, 53, 1974). ABB. 28.14

Regulation nahezu aller Vorgänge der weiblichen Reproduktion

Hormonkonzentrationen im Serum während der Schwangerschaft (HCG = human chorionic gonadotropin, Choriongonadotropin, HPL = human placental lactogen) . HCG ist bereits wenige Tage nach Konzeption nachweisbar. Es ist sicher verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Progesteronsynthese in den Corpora lutea graviditatis. Maximalwerte werden in der 5.–6. Woche erreicht; danach fällt die HCGProduktion ab. Dies hängt damit zusammen, dass vom 3. Monat an die Progesteronsynthese in der Plazenta abläuft. HPL steigt später an als HCG. HPL wirkt wie Prolactin; daneben hat es auch GH-ähnliche Eigenschaften. Daher wird es auch als HCS (human chorionic somatotropin) bezeichnet. Ein Abfall der HPL-Werte signalisiert eine akute Bedrohung der Schwangerschaft. Das Gleiche gilt für ein Absinken der Estrogene und des Progesterons. Der Geburtstermin wird durch die Reife des Fetus bestimmt. Dessen Nebennierenrinde ist der Zeitgeber für die Geburt. Die komplizierten Beziehungen zwischen fetalem und maternalem Endokrinium sind nach wie vor Gegenstand aktueller Forschung. ABB. 28.15

Cervicalsekrets

Vaginalepithel

thermogenetische Wirkung

antimineralocorticoide

Wirkungen.

katabol. verminderten Glucosetoleranz Fettstoffwechsels synthetischen Gestagene

Tab. 28.3 Partialwirkungen verschiedener Gestagene Estrogene Wirkung

Gestagen

Antiestrogene Wirkung

Androgene Wirkung

Antiandrogene Wirkung

Glucocorticoide Wirkung

Antimineralocorticoid e Wirkung

Derivaten des Progesterons und des 17α-Hydroxyprogesterons

Drospirenon

®

Abkömmlinge

des

19-Nortestosterons

Norethisteron,

Norethynodrel

Etynodioldiacetat

Norgestrel Levonorgestrel Dienogest

Gestoden, Norgestimat Desogestrel

Etonogestrel. Norelgestromin

oralen Kontrazeptiva der sogenannten 3. Generation

Indikationen

hormonelle Kontrazeption

postmenopausale Hormonersatztherapie

Tab. 28.4 Gestagen-Estrogen-Kombinationspräparate (Auswahl)

Steroid

Zusammensetzung

Handelsname n

Wichtige Indikationen

®

®

®

®

®

Dysfunktionelle Blutungen und Polymenorrhö:

Dysmenorrhö

und

prämenstruelle

Beschwerden:

®

Menstruationsverschiebung:

Endometriose:

®

Sekundäre Amenorrhö:

sicherem Ausschluss einer Schwangerschaft

Metastasierendes Mamma- und Endometriumkarzinom:

Androgenisierungserscheinungen

bei

der

Frau

Levonorgestrel Notfallkontrazeption

Unerwünschte Wirkungen

Kontraindikationen

• Leberfunktionsstörungen • Dubin-Johnson-Syndrom • Rotor-Syndrom • idiopathischer Schwangerschaftsikterus.

in der Schwangerschaft kontraindiziert,

28.7. Selektive Progesteronrezeptor-Modulatoren (SPRM) und reine Antigestagene

®

Mifepriston

)

Onapriston

ABB. 28.16

Mifepriston (Mifegyne ® ).

in

vivo

selektiver ProgesteronrezeptorModulator

(SPRM)

uterine

Ulipristalacetat

Blutungen

Frühabort.

®

Notfallkontrazeption

Uterusmyomen ®

Potentielle künftige Indikationen

• die Weheneinleitung • die Kontrazeption und Postkoitalinterzeption • die kontrollierte Verzögerung der Endometriumentwicklung bei einigen Methoden der assistierten Reproduktion • in Kombination mit Estrogenen die gestagenfreie Hormontherapie bei Estrogenmangelzuständen

• Endometriose • Myome • Mammakarzinom.

28.8. Die hormonelle Kontrazeption Interzeption :

Kriterien für die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva

1. Sicherheit 2. geringes Nebenwirkungspotential 3. Zykluskontrolle (Vermeidung von Schmier- und Durchbruchblutungen) 4. Praktikabilität.

oralen

Kontrazeptiva

• Einphasenpräparate: klassische Kombinationspräparate, • abgestufte Einphasenpräparate: Zwei- bzw. Dreistufenpräparate und • Zweiphasen- oder Sequentialpräparate ( ).

ABB. 28.17

Präparatetypen bei den oralen Kontrazeptiva .

28.8.1. Präparate und Applikationsformen Ethinylestradiol Mestranol Norethisteron-Derivat dem Norgestrel verwandte Substanz

Cyproteronacetat

Chlormadinonacetat Dienogest

1. Generation oraler Kontrazeptiva

Parenterale Kontrazeptiva

Depotpräparate:

® ®

Subkutan zu applizierende hormonale Implantate , ®

®

Levonorgestrel-haltige Intrauterinpessar

®

Pflaster zur hormonellen Kontrazeption

®

intravaginal zu tragende Ringe

28.8.2. Estrogen-Gestagen-Präparate Einphasenpräparate (Kombinationspräparate) klassischen

®

Kombinationspräparate

weniger als 50 µg Ethinylestradiol

Androgenisierungssymptomen antiandrogenen Gestagenkomponente , Cyproteronacetat

®

Dienogest

®

Langzykluskontrazeption

Abgestufte Einphasenpräparate (Zwei- und Dreistufenpräparate)

Zweistufenpräparaten

®

Dreistufenpräparaten

®

Zweiphasenpräparate (Sequentialpräparate)

28.8.3. Niedrig dosierte Gestagene („Minipille“) ®

geringere kontrazeptive Sicherheit

schlechte

Zykluskontrolle.

28.8.4. Depotpräparate

unregelmäßiger

Zyklusablauf

28.8.5. Erwünschte Wirkungen hormoneller Kontrazeptiva

• So bessert sich z. B. die Dysmenorrhö unter der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva in einem hohen Prozentsatz. • Eisenmangelanämie tritt seltener auf. • Die Entwicklung von Akne, häufig ein Problem der Adoleszenz, lässt sich günstig therapeutisch beeinflussen. • Mastopathische Beschwerden und gutartige Brustdrüsenveränderungen werden unter der Einnahme hormoneller

Kontrazeptiva seltener gesehen, • ebenso wie Ovarialzysten und unspezifische Adnexitiden. • Über günstige Effekte auf den klinischen Verlauf einer Endometriose wird berichtet. • Ferner ist in einer Reihe großer Studien eine deutliche Senkung des Endometrium- und Ovarialkarzinomrisikos dokumentiert.

28.8.6. Unerwünschte Wirkungen

thrombembolische und kardiovaskuläre Nebenwirkungen.

Thrombembolische bzw. kardiovaskuläre Komplikationen

erhöhtes Risiko

venöser

Thrombembolien

arterielle ®

Risiko venöser ®

Thrombembolien ®

Zusammensetzung

der

Präparate

Hypertonie

wichtiger

keinen klinisch signifikanten Blutdruckerhöhungen. additiver Risikofaktor

hoch dosierter (> 50 µg Ethinylestradiol) oraler Kontrazeptiva Risikofaktoren

Fett-

und

Kohlenhydratstoffwechsel

Frauen > 35 Jahre

präexistierende

kardiovaskulären

hoch dosierte Gestagene mit androgener Partialwirkung

Glucosetoleranz

Tumorrisiko

relative Risiko für

ein

Endometriumkarzinom,

deutlich

gesenkt

Mammakarzinom und hormonelle Kontrazeptiva

CASH (Cancer and Steroid Hormone)-Studie

Collaborative

Group

on

Hormonal

Factors

in

Breast

Cancer;

„Women’s Contraceptive and Reproductive Experiences“(Women’s CARE)-Studie,

Leberzelladenomen

Te r a t o g e n i t ä t

Leberfunktion

Einfluss auf Transportproteine

Sonstige

unerwünschte

Wirkungen

28.8.7. Interaktionen

450

28.8.8. Kontraindikationen thrombembolischen Prozessen Hepatitis, Schwangerschaftsikterus Schwangerschaftspruritus Rotor-Syndrom

Leberzirrhose,

idiopathischem Dubin-Johnson-Syndrom

bestehendes Korpuskarzinom. Herpes

Kopfschmerzen

und

migräneartige

Anfälle

vor geplanten Operationen Immobilisation, Blutdruckanstiegen.

Ikterus

gestationis

Mamma-

oder

28.9. Androgene

Androstendion Dehydroepiandrosteron Testosteron.

28.9.1. Biosynthese und Chemie 1 9

α

ABB. 28.18

Strukturformeln von Testosteron und 19-Nortestosteron.

28.9.2. Stoffwechsel und Pharmakokinetik tägliche Testosteronproduktion beim Mann

Serum-Testosteronkonzentrationen

zirkadianen

Abbau

des

Testosterons

Ausscheidung der Metaboliten

Testosteron

®

Testosteronundecanoat

®

®

Rhythmik

Testosteronenantat

®

28.9.3. Regulation

28.9.4. Wirkungsmechanismus Androgenrezeptor Steroidhormonrezeptoren

Polyglutamin-Bereichen,

Kennedy-Syndrom

Spermatogenesedefekten

testikulären Feminisierung Untervirilisierung bei Männern

rasche Wirkungen an der Zellmembran

Aromatisierung Estradiol

Testosteronwirkung aktiven Metaboliten

Reduktion

5α-DHT

volle Zusammenspiel zwischen Testosteron selbst und seinen

5α-Reduktase,

• Typ 1 mit einem Aktivitätsoptimum im basischen pH-Bereich ist in Haut, Leber und Gehirn lokalisiert.

• Typ 2 mit saurem Aktivitätsoptimum ist in den klassischen androgenabhängigen Geweben wie Nebenhoden und Prostata exprimiert. α Pseudohermaphroditismus

28.9.5. Androgenwirkungen sexuelle Differenzierung der

Geschlechtsorgane, männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale.

proteinanabole Effekt.

Tab. 28.5 Physiologische Wirkungen der Androgene sexualspezifische

sexualunspezifische

Muskelmasse männliche

Glatzenbildung

Ausfallserscheinungen

Kastration

im

Erwachsenenalter,

Kastration vor dem Erreichen der Pubertät

28.9.6. Indikationen und Dosierung Primärer und sekundärer Hypogonadismus des Mannes

Hauptindikation für Testosteron.

Tab. 28.6 Zur Testosteronsubstitution verwendete Androgene Bezeichnung

Dosis

Handelsnamen ® ®

Überwachung

Kontrolle

Androgentherapie bei Frauen

Testosterontherapie von Frauen

Übermäßiges Längenwachstum

Heilversuchs

Seneszenz

„Climacterium

Potenzsteigerung Dehydroepiandrosteron(DHEA)-Substitution

virile“,

der

Prostata

Idiopathische Infertilität

obsolet.

28.9.7. Unerwünschte Wirkungen Cholestase

Störungen

der

Leberfunktion

Elektrolythaushalt

kardiovaskuläre

Ereignissen

System

signifikante und unabhängige Assoziation zwischen endogenem Testosteronspiegel und koronaren nicht nachgewiesen

28.9.8. Kontraindikationen • Bei Patienten mit Tumoren der Prostata (Prostatahyperplasie und -karzinom) sind Androgene kontraindiziert. • Die Schwangerschaft stellt wegen der Gefahr einer Virilisierung weiblicher Feten stets eine Kontraindikation dar. • Bei Frauen ist unter der Androgentherapie mit Maskulinisierungssymptomen wie unerwünschtem Haarwuchs, Auftreten von Akne, Bartwachstum, Stimmbruch usw. zu rechnen (s. u.).

28.10. Anabolika

28.10.1. Chemie 19-Nortestosteron

Tetrahydrogestrinon

28.10.2. Wirkungen Förderung von Wachstumsprozessen,

28.10.3. Indikation und Dosierung

nur

noch

aplastische Anämie

gesteigerte Erythropoetinsynthese .

Anabole

Steroide

missbräuchlich angewendet

Testosteron Methyltestosteron

α

28.10.4. Unerwünschte Wirkungen

19-Nortestosteron, Mesterolon, Metenolon, 17αα

• Die wichtigste Nebenwirkung ist die androgene Wirkung. Bei Frauen kann es zu Virilisierung kommen, zum Auftreten von Akne, zur irreversiblen Veränderung der Stimme und zu Klitoriswachstum, zu Behaarungen an den Beinen und in extremen Fällen zu Bartwuchs. In höheren Dosierungen hemmen Anabolika die gonadotrope Partialfunktion der Hypophyse. Das kann bei Frauen zu Zyklusstörungen, etwa Menstruationsverschiebungen, führen. Bei Männern supprimieren exogene Androgene die endogene Testosteron- und Spermienproduktion. Hodenvolumen und Fertilität nehmen ab. Das aggressive Sexualverhalten wird gesteigert. Bei hohen Testosteronwerten kann bei Männern das Brustdrüsenwachstum deutlich gesteigert werden, sodass eine Gynäkomastie resultiert. • Bei C-17-alkylierten anabolen Hormonen kann es zu toxischen Störungen der Leberfunktion (cholestatischer Ikterus) kommen. Ferner kommt es in hoher Dosierung zu einem atherogenen Lipidprofil, d. h. Anstieg des LDL-, Abfall des HDLCholesterins. • Es wurden ein Anstieg des Hämatokritwerts aufgrund einer Erythrozytose sowie eine vermehrte Wasserretention beobachtet. • Werden Anabolika bei Kindern angewandt, so ist auf eine Beschleunigung der Knochenreifung zu achten, die möglicherweise zu einer Reduzierung der Endgröße führen könnte. • Bei den meisten Dopingmitteln handelt es sich um von der Pharmaindustrie hergestellte Substanzen, die für die Human- und Veterinärmedizin entwickelt und getestet, anschließend aber von Sportlern und Sportärzten zweckentfremdet eingesetzt wurden. Für das gezielt entwickelte neue Dopingmittel Tetrahydrogestrinon liegen keinerlei Daten zur Verträglichkeit, Wirksamkeit und zu den Nebenwirkungen vor.

28.10.5. Kontraindikationen • Da durch die androgene Nebenwirkung der Anabolika auch die weibliche Sexualdifferenzierung beeinflusst wird, ist die Anwendung von Anabolika in der Schwangerschaft immer kontraindiziert. • Kontraindiziert sind Anabolika ferner bei Tumoren der Prostata, da man heute wohl annehmen kann, dass das Wachstum dieser Tumoren zumindest zeit- oder teilweise androgenabhängig ist. • Bei eingeschränkter Leberfunktion sind Anabolika kontraindiziert. • Frauen vor allem mit Sing- oder Sprechberufen sollten nicht mit Anabolika behandelt werden. • Die Anwendung von Anabolika bei Leistungssportlern zur Vermehrung der Muskelmasse ist abzulehnen.

28.11. Selektive Androgenrezeptormodulatoren

agonistisch an Muskeln und Knochen

geringe Effekte auf die Prostata. α

28.12. Antiandrogen wirksame Substanzen kompetitiven Antagonismus Hemmung der Bildung des hoch aktiven Androgens Dihydrotestosteron (DHT) .

28.12.1. Antiandrogen wirkende Gestagene und Androgenrezeptor-Antagonisten

Gestagene

antiandrogene Wirkkomponenten

Cyproteronacetat Chlormadinonacetat

® ®

Spironolacton Flutamid Nilutamid

® ®

Behandlung

Bicalutamid ®

des

metastasierenden

Prostatakarzinoms

®

Strukturformeln der Antiandrogene Bicalutamid, Flutamid und Enzatulamid sowie des Biosyntheseblockers Abirateron und des 5α-Reduktase-Hemmers Finasterid. ABB. 28.19

Enzalutamid

®

®

Abirateron

α

28.12.2. 5α-Reduktase-Hemmer ®

Finasterid α

benignen Prostatahyperplasie ®

androgenetischen Alopezie

®

Dutasterid

α

α

in Kombination mit dem α 1 -Adrenozeptor-Antagonist ®

Ta m s u l o s i n

28.12.3. Indikationen, Dosierung und unerwünschte Wirkungen Prostatakarzinom

®

Cyproteronacetat

®

Flutamid ®

Bicalutamid

®

Enzalutamid Benigne Prostatahyperplasie Finasterid ® Dutasterid

®

Abirateron

®

Sexualdeviationen und Hypersexualität beim Mann

Cyproteronacetat

®

Androgenetische Alopezie Frauen Cyproteronacetat

Mannes

Finasterid ®

Akne, Seborrhö und Hirsutismus

Cyproteronacetat

Weiterführende Literatur Collaborative Group on Hormonal Factors in Breast Cancer. Breast cancer and hormonal contraceptives: collaborative reanalysis of individual data on 53 297 women with breast cancer and 100 239 women without breast cancer from 54 epidemiological studies. Lancet . 1996;347:1713–1727. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: S3-Leitlinie „Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause“. Edwards D.P. Regulation of signal transduction pathways by estrogen and progesterone. Annu Rev Physiol . 2005;67:335–376. Hutardo A, Holmes K.A, Geistlinger T.R, Hutcheson I.R, Nicholson I.R, Brown M, Jiang J, Howat W.J, Ali S, Carroll J.S. Regulation of ERBB2 by oestrogen receptorPAX2 determines response to tamoxifen. Nature . 2008;456:663–666. Ingle J.N. Overview of adjuvant trials of aromatase inhibitors in early breast cancer. Steroids . 2011;76:765–767. Jordan V.C. Tamoxifen – a most unlikely pioneering medicine. Nat Rev Drug Discov . 2003;2:205–213. Korach K.S, Wintermantel T, eds. Tissue-Specific Estrogen Action – Novel Mechanisms, Novel Ligands, Novel Therapies? Berlin–Heidelberg–New York: Springer; 2007. Leidenberger F, Strowitzki T, Ortmann O. In: Klinische Endokrinologie für Frauenärzte . 5. Aufl. Berlin–Heidelberg–New York: Springer; 2014. Marchbanks P.A, McDonald J.A, Wilson H.G, et al. Oral contraceptives and the risk of breast cancer. N Engl J Med . 2002;346:2025–2032. Mueck A.O. Anwendungsempfehlungen zur Hormonsubstitution in Klimakterium und Postmenopause. Gynäkologische Endokrinologie . 2015;13:270–273. Nair K.S, Rizza R.A, O'Brien P, et al. DHEA in elderly women and DHEA or testosterone in elderly men. N Engl J Med . 2006;355:1647–1659. Navarro V.M, Tena-Sempere M. Neuroendocrine control by kisspeptins: role in metabolic regulation of fertility. Nat Rev Endocrinol . 2012;8:40–53. Nieschlag E, Behre H. M, Nieschlag S, eds. Andrologie – Grundlagen und Klinik der reproduktiven Gesundheit des Mannes . 3. Aufl. Berlin–Heidelberg–New York: Springer; 2009. Nieschlag E, Vorona E. Mechanisms in Endocrinology: Medical consequences of doping with anabolic androgenic steroids: effects on reproductive functions. Eur J Endocrinol . 2015;173:R47–R58. Ortmann O, Lattrich C. Therapie von Beschwerden in den Wechseljahren. Deutsches Ärzteblatt . 2012;109:316–323. Prossnitz E.R, Arterburn J.B. International Union of Basic and Clinical Pharmacology. XCVII. G protein-coupled estrogen receptor and its pharmacologic modulators. Pharmacol Rev . 2015;67:505–540. Ross-Innes C.S, Stark R, Teschendorff A.E, et al. Differential oestrogen receptor binding is associated with clinical outcome in breast cancer. Nature . 2012;481:389–393. Turgeon J.L, McDonnell D.P, Martin K.A, Wise P.M. Hormone therapy: Physiological complexity belies therapeutic simplicity. Science . 2004;304:1269–1273. Turgeon J.L, Carr M.C, Maki P.M, Mendelsohn M.E, Wise P.M. Complex actions of sex steroids in adipose tissue, the cardiovascular system, and the brain: Insights from basic science and clinical studies. Endocr Rev . 2006;27:575–605. Xu J, Wu R.-C, O’Malley B.W. Normal and cancer-related functions oft he p160 steroid receptor co-activator (SRC) family. Nat Rev Cancer . 2009;9:615–630. Yager J.D., Davidson N.E. Mechanisms of disease: Estrogen carcinogenesis in breast cancer. N Engl J Med . 2006;354:270–282.

KAPITEL 29

Schilddrüsentherapeutika E. Oetjen

29.1. Schilddrüsenhormone 4

4 3 3

Chemie 4 3

ABB. 29.1

Strukturformeln von Schilddrüsenhormonen und Vorläufern der Schilddrüsenhormone .

Biosynthese und Sekretion

3 4

4 3

Biosynthese der Schilddrüsenhormone und Angriffspunkte von Thyreostatika. Schematische Darstellung einer Follikelepithelzelle der Schilddrüse zusammen mit den Schritten der Schilddrüsenhormonsynthese und -freisetzung. TSH stimuliert die Aufnahme von Iodid in die Zelle sowie die Oxidation von Iodid, die Synthese von Thyreoglobulin und alle nachfolgenden Schritte der Biosynthese. Auch Endozytose und Freisetzung werden durch TSH stimuliert. Thyreostatika greifen an unterschiedlicher Stelle in Synthese und Freisetzung ein: a) Der aktive Transport von Iodid aus dem Blut in die Zelle wird durch Perchlorat (ClO 4 – ) oder Thiocyanat (SCN – ) kompetitiv gehemmt. b) Die Peroxidase wird durch Thioamide wie Thiamazol und Iod in hoher Dosierung gehemmt. c) Iod in hoher Dosierung sowie Lithium hemmen die Freisetzung der Schilddrüsenhormone. Tyr: Tyrosin; NIS: Natrium-Iodid-Symport; MIT: Monoiodtyrosin; DIT: Diiodtyrosin ; Aa: Aminosäuren. ABB. 29.2

4 3

4

3

4

3

4 3 4 3 3 4

Eiweißbindung und Metabolismus Eiweißbindung

4 4

3 3

konkurrieren 4

3

erhöhten

vermindern

4 4

3 3

1. T 4 und T 3 werden durch spezifische Deiodasen , die Iod vom Phenolring oder vom nichtphenolischen Ring abspalten, deiodiert. Es sind drei Deiodasen bekannt (D1, D2, D3), alle enthalten die Aminosäure Selenocystein. D1, die überwiegend in Leber und Niere exprimiert wird, deiodiert beide Ringe von T 4 , sodass T 4 zu T 3 aktiviert und zu rT 3 (engl. reverse T 3 = 3,3',5'-Triiodthyronin) inaktiviert wird. D2 wird in vielen Geweben exprimiert und deiodiert den phenolischen Ring, sodass T 4 zu T 3 aktiviert und rT 3 abgebaut wird. Die Deiodierung von T 4 und T 3 am nichtphenolischen Ring durch D3, die u. a. in der Plazenta exprimiert wird, führt zu deren Inaktivierung. Das bei der Deiodierung frei werdende Iod zirkuliert im Körper und gelangt z. T. wieder in die Schilddrüse. Die Deiodierung findet in praktisch allen Organen statt. Die Deiodierung (D1) wird durch hohe Dosen von Propylthiouracil, Propranolol, Amiodaron, Glucocorticoide und einige Röntgenkontrastmittel gehemmt und ist bei schweren Erkrankungen und Mangelernährung vermindert. Phenobarbital stimuliert die Deiodierung von T 4 . Die D1-Aktivität in der Leber und in der Niere ist bei Hyperthyreose erhöht, bei Hypothyreose vermindert. Unter normalen Bedingungen wird T 4 zu jeweils 40 % in T 3 und rT 3 und zu etwa 20 % über andere Wege metabolisiert. 2. In der Leber werden T 3 und T 4 an der Phenolgruppe mit Glucuronsäure und zum geringen Teil mit Schwefelsäure konjugiert. Die Glucuronide werden mit der Galle ausgeschieden, im Darm erfolgen bakterielle Aufspaltung und z. T. Reabsorption. 3. Vorwiegend in der Niere, aber auch in Leber, Muskel und Gehirn werden T 4 und T 3 durch oxidative Desaminierung und Decarboxylierung inaktiviert. Dabei entsteht Tetra- bzw. Triiodthyroessigsäure. Eliminationshalbwertszeit

Regulation

4

3

Regelmechanismus bei normaler und gestörter Schilddrüsenfunktion. Das normale Gleichgewicht zwischen TSH und Schilddrüsenhormonen wird durch Rückkopplung reguliert. T 3 hemmt die TRH- und ABB. 29.3

TSH-Synthese und -Sekretion. Hohe Iodidspiegel (I – ) hemmen die Synthese und Freisetzung von T 4 und T 3 . Sinkt die periphere Konzentration der Schilddrüsenhormone ab, wird vermehrt TRH vom Hypothalamus sezerniert und damit TSH aus dem Hypophysenvorderlappen. Dies geschieht z. B. bei einer durch atrophische Immunthyreoiditis, durch Thyreoidektomie oder Radioiodbehandlung bedingten Hypothyreose. Somatostatin (SST) hemmt die Wirkung von TRH. Andauernde TSH-Stimulation, z. B. durch Thyreostatika-induzierte Hypothyreose , kann zur Vergrößerung der Schilddrüse führen. Umgekehrt bewirkt eine Hyperthyreose eine verminderte Produktion von TRH und TSH.

Wirkungen der Schilddrüsenhormone

3 3

Modulare Struktur und allgemeine Funktionsweise der Schilddrüsenhormonrezeptoren. Oben: Struktur der Schilddrüsenhormonrezeptoren des Menschen im Balkendiagramm. Es gibt zwei T 3 -Rezeptoren , TRα und TRβ, die von zwei verschiedenen Genen codiert werden; durch alternatives Spleißen entstehen weitere Isoformen. Wie andere Mitglieder aus der Familie der Kernrezeptoren besitzen die T 3 -Rezeptoren eine DNA-Bindedomäne (DNA) und eine Ligandenbindedomäne (Hormon). Die DNA-Bindedomäne besitzt als Strukturmerkmal zwei sogenannte Zinkfinger: Peptidschleifen, in denen jeweils ein Zinkion gebunden ist. Durch den veränderten C-Terminus kann TRα 2 kein T 3 binden. Die Nummerierung bezieht sich auf die Aminosäuren. „NH 2 “ und „COOH“ bezeichnet das N- und C-terminale Ende des Proteins. Unten: Regulation der Gentranskription durch T 3 -Rezeptoren . Im Unterschied zu anderen Kernrezeptoren wie dem Glucocorticoidrezeptor binden die T 3 -Rezeptoren (TR) auch ohne Ligandenbindung an DNA, und zwar als Heterodimer mit einem ABB. 29.4

anderen Mitglied aus der Kernrezeptorfamilie, dem Retinoid-X-Rezeptor (RxR). Eine typische DNA-Bindungsstelle beinhaltet eine direkte Wiederholung der Basensequenz 5'-AGGTCA-3', mit 4 dazwischen liegenden beliebigen Basen („DR4“-Motiv). Im nicht-T 3 gebundenen Zustand kommt es zur Rekrutierung von Korepressoren wie N-CoR und SMRT, die die allgemeine Transkriptionsmaschinerie hemmen. Die Bindung von T 3 führt zur Verdrängung der Korepressoren und fördert die Rekrutierung von Koaktivatoren wie SRC-1 und CBP, sodass T 3 über den T 3 -Rezeptor die Transkription der Zielgene meist steigert. Zu bekannten Zielgenen der T 3 -Rezeptoren gehören das Gen des β 1 -Adrenozeptors sowie Gene von Untereinheiten der Na + -K + ATPase, Ca 2+ -ATPasen (SERCA1 und 2), der Deiodase (D1) und eines mitochondrialen Entkopplungsproteins (UCP1). T 3 kann die Transkriptionsrate von Genen auch hemmen, so z. B. über TRβ 2 als negative Rückkopplung die Gene für TRH und die βUntereinheit von TSH. Der horizontale Balken symbolisiert die DNA-Doppelhelix, der darauf stehende Pfeil den Startpunkt der Transkription eines Gens.

2

3

+

+ 2

(Kretinismus).

β β

Hypothyreose

Hyperthyreose

Therapeutische Anwendung 4 ®

®

3 ® 4 4

3

3

3

4 3

4 4 4

4 ®

3 ®

Indikationen

• Substitution bei Hypothyreose • Suppressionsbehandlung nach Thyreoidektomie und Radioiodbehandlung von Schilddrüsenmalignomen • Rezidivprophylaxe der Struma nach Strumektomie • hypertrophe Form der Immunthyreoiditis (Hashimoto-Struma) • Begleittherapie bei thyreostatischer Therapie der Hyperthyreose • Behandlung von Depressionen Hypothyreose:

4

4

3

Konnatale Hypothyreose: 4

2

hypothyreote

Koma 4

4

Nach Thyreoidektomie und Radioiodtherapie

Schilddrüsenkarzinom

4

4

Strumatherapie: Depression

Tab. 29.1 Pharmakokinetische Eigenschaften von Thyroxin (Levothyroxin; T 4 ) und Triiodthyronin (Liothyronin; T 3 ) nach oraler Applikation T4

T3

Resorption Wirkungseintritt Wirkungsdauer Halbwertszeit Die Resorption ist bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme um 50 % vermindert!

Arzneimittelinteraktionen

4

4

3

4

4

4

Unerwünschte Wirkungen

Überdosierung

β

Kontraindikationen

4

29.2. Iodsalze

iodiertem

Speisesalz

zusätzliche Gabe von Kaliumiodid

29.2.1. Kaliumiodid Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen iodinduzierte Hyperthyreose .

Iodismus, Indikationen

• Prophylaxe eines Iodmangels, Strumaprophylaxe: Gabe von Kaliumiodid (Jodid-Tabletten, z. B. Jodetten ® ) per os; Kinder 100 µg/Tag, Jugendliche 100–200 µg/Tag, Erwachsene 100 bis 200 µg/Tag. • Therapie der Struma ( ). • Vorbeugung der Einlagerung von radioaktivem Iod in die Schilddrüse, z. B. bei kerntechnischen Unfällen, durch die Gabe von Kaliumiodid in einer hohen Dosierung (etwa 130 mg Kaliumiodid entsprechend 100 mg Iodid) per os mit reichlich Flüssigkeit. Diese Iodblockade wird für Personen über 45 Jahre gegenwärtig nicht empfohlen. • Iod in hoher Dosierung (> 5 mg/Tag) als Thyreostatikum: . • Radioiodtherapie: . Kontraindikationen

• Hyperthyreose .

• funktionelle Autonomie der Schilddrüse, wegen der Gefahr einer iodinduzierten Hyperthyreose. • Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, da Iod einen stimulierenden Einfluss auf die Autoimmunität der Schilddrüse hat (Anstieg der Antikörper gegen thyreoidale Peroxidase – TPO-Antikörper).

29.2.2. Therapie der euthyreoten Struma

δ

μ

Autoimmunthyreoiditis;

Autonomie Rezidivprophylaxe

nach

Strumaresektion

Tab. 29.2 Medikamentöse Strumatherapie

29.3. Thyreostatika

• Substanzen, die direkt die Synthese von Schilddrüsenhormonen hemmen (Iodisationshemmstoffe). • Substanzen, die den Iodidtransport in die Schilddrüse hemmen (Iodinationshemmstoffe). • Substanzen wie Iodid, das in hohen Dosen vorübergehend die Freisetzung von Schilddrüsenhormonen hemmt. • Radioiod, das durch ionisierende Strahlen die Schilddrüse zerstört. Hemmstoffe der Hormonsynthese Chemie

ABB. 29.5

Pharmakokinetik

Strukturformeln der Thioamidthyreostatika.

Wirkungsmechanismus

4

3

1. Die klinische thyreostatische Wirkung setzt erst verzögert nach 1–4 Wochen ein, da die Freisetzung der bereits synthetisierten und im Kolloid gespeicherten Schilddrüsenhormone nicht beeinflusst wird. 2. Iodmangel erhöht und Iodüberschuss vermindert das thyreostatische Ansprechen. 4

3

Hemmstoffe der Iodidaufnahme Perchlorat

4



Nitrat

Thiocyanat

®

Hemmung der Hormonfreisetzung mehr

als

5

mg/Tag

Iodid

4

3

Lithiumionen

3

4

Zerstörung von Schilddrüsengewebe – Radioiodtherapie 131

131

β γ 131

β

γ

4

Morbus Basedow

Autonomie 131

Schilddrüsenkarzinoms

Indikationen für Thyreostatika

β

Morbus

Basedow

Monotherapie,

endokrine

Orbitopathie

Funktionelle

Schilddrüsenautonomie

αs

Iodinduzierte Hyperthyreose nicht

Thyreotoxische Krise

β

Tab. 29.3 Thyreostatika Internationaler Freiname

Initialdosis (mg/Tag*)

Erhaltungsdosis (mg/Tag )

Handelsnamen (Beispiel) ® ® ® ®

Die Dosierung sollte individuell sein.

Unerwünschte Wirkungen Thioamide Agranulozytose,

Leukopenien, Allergische Reaktionen

Hypothyreose strumigen.

Perchlorat allergischen

Reaktionen

Perchlorat strumigen. Irritationen der Magenschleimhaut. aplastische Anämie, Agranulozytose, Thrombopenien

nephrotisches Syndrom. Iod der Haut und der Schleimhäute

Reizungen

Iodstruma Hyperthyreose

Radioiod

1

3

1

Kontraindikationen

• Thioamid -Thyreostatika sind nicht indiziert bei bekannten allergischen Reaktionen, bei Leuko- und Thrombopenie. • Perchlorat ist kontraindiziert vor diagnostischer und therapeutischer Radioiodanwendung sowie präoperativ, da es ein „Plummern“ unmöglich macht. • Iodid ist bei allen Formen einer Hyperthyreose und auch bei der autonomen Struma mit euthyreoter Funktionslage kontraindiziert, mit Ausnahme der präoperativen Applikation bei Morbus Basedow und der thyreotoxischen Krise. • Die Radioiodtherapie ist bei schwangeren oder stillenden Frauen und bei Kindern kontraindiziert. Amiodaron-induzierte Schilddrüsendysfunktion

3

• AIT 1 findet sich bei Patienten mit bekannter oder nicht diagnostizierter Schilddrüsendysfunktion und kann mit Thyreostatika behandelt werden. • AIT 2 tritt eher bei Patienten mit einer normalen Schilddrüsenfunktion auf und führt zu einer destruktiven Thyreoiditis, die mit Glucocorticoiden behandelt wird.

Weiterführende Literatur Azizi F, Hedayati M. Thyroid function in breast-fed infants whose mothers take high doses of methimazole. J. Endocrinol. Invest . 2002;25:493–496. Bahouth S.W, Cui X, Beauchamp M.J, Park E.A. Thyroid hormone induces β1-adrenergic receptor gene transcription through a direct repeat separated by five nukleotides. J. Mol. Cell. Kardiol . 1997;29:3232–3237. Cheng S.Y, Leonard J.L, Davis P.J. Molecular aspects of thyroid hormone actions. Endocr. Rev . 2010;31:139–170. Cooper D.S. Antithyroid drugs in the management of patients with Graves' disease: an evidence-based approach to therapeutic controversies. J. Clin. Endocrinol. Metab . 2003;88:3474–3481. Danzi S, Klein I. Amiodarone-induced thyroid dysfunction. J. Intensive Care Med . 2015;30:179–185. de Groot J.W.B, Links T.P, van der Graaf W.T.A. Tyrosine kinase inhibitors causing hypothyroidism in a patient on levothyroxine. Ann. Oncol . 2006;17:1719–1720. de Groot J.W.B, Zonnenberg B.A, Plukker J.T.D, van der Graaf W.T.A, Links T.P. Imatinib induces hypothyroidism in patients receiving levothyroxine. Clin Pharmacol Ther . 2005;78:433–438. Dickstein G, Shechner C, Adawi F, Kaplan J, Baron E, Ish-Shalom S. Lithium treatment in amiodarone-induced thyrotoxicosis. Am. J. Med . 1997;102:454–458. Engler H, Taurog A, Luthy C, Dorris M.L. Reversible and irreversible inhibition of thyroid peroxidase-catalyzed iodination by thioureylene drugs. Endocrinology . 1983;112:86–95.

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Internet-Links Jodmangel. .

KAPITEL 30

Calciumstoffwechsel V. Flockerzi

30.1. Physiologische und pathophysiologische Grundlagen 2+

2

γ

+

2+

ABB. 30.1

Parathormon (PTH) und 1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3 halten die Konzentrationen von Ca

2+

und Phosphat im Serum konstant.

Bei Erhöhung der Ca 2+ -Konzentration im Blut wird der Ca 2+ -Sensor, ein heptahelikaler Rezeptor in den Zellen der Nebenschilddrüsen, durch die Calciumionen stimuliert. Infolgedessen kommt es zum Anstieg der Ca 2+ -Konzentration im Zytoplasma und zur Hemmung der PTH-Sekretion. Dagegen wird bei erniedrigter Serum-Calciumkonzentration der Ca 2+ -Sensor nicht stimuliert, PTH wird ausgeschüttet und wirkt auf Niere und Knochen (grüne Pfeile). In der Niere wird durch PTH a) die Phosphatausscheidung erhöht (über Hemmung der Reabsorption aus dem Urin) und b) die 1αHydroxylierung von 25-(OH)-Vitamin D 3 und damit die Synthese von 1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3 , der eigentlichen Vitamin-D-Wirkform, stimuliert. Am Knochen reguliert PTH den Umbau: Kontinuierlich erhöhte PTH-Spiegel wirken resorptiv und führen zum Verlust von Knochen und damit zur Erhöhung von Ca 2+ und Phosphat im Serum, intermittierende Erhöhungen wirken osteoanabol. 1,25-(OH) 2 Vitamin D 3 (rote Pfeile) wirkt direkt und indirekt am Knochen; direkt wirkt es resorptiv; indirekt wirkt es, indem es durch Erhöhung der Aufnahme von Ca 2+ und Phosphat im Darm und die Ca 2+ Rückresorption in der Niere die Ca 2+ - und Phosphatkonzentrationen im Blut adäquat einstellt und damit die Voraussetzung für die Neubildung von Knochen schafft.

30.1.1. Knochenstruktur und Knochenremodeling

Osteoblasten

Knochenaufbau

2 +

2 3

Den Knochenabbau hemmende Arzneistoffe (Antiresorptiva) und ihre Angriffsorte an Osteoblasten und Osteoklasten. Osteoklasten entstehen aus hämatopoetischen Stammzellen , die zunächst zu Osteoklasten-Präkursorzellen und Prä-Osteoklasten differenzieren. Knochenresorptive Substanzen (blau), also Substanzen, die den Knochenabbau fördern, wie 1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3 (Synonym: Calcitriol, ), Parathormon (PTH), PTH-related Peptide (PTHrP), Prostaglandine der E-Serie (PGEs) sowie verschiedene Zytokine wie Interleukin(IL)-6 und IL-11, wirken auf Osteoblasten und stimulieren dort die Bildung des membrangebundenen Zytokins RANKL. RANKL bindet an seinen Rezeptor RANK auf der Oberfläche von Osteoklasten und stimuliert deren Reifung und Aktivität. Der lösliche Rezeptor Osteoprotegerin (OPG) vermag wie der Antikörper Denosumab RANKL abzufangen und ist ein endogener Schlüsselregulator des RANKL-RANK-Signalwegs. Denosumab, Bisphosphonate, Calcitonin und Estrogene sind antiresorptive Arzneistoffe (rot), da sie die Funktionen von Osteoklasten hemmen. Während aber Bisphosphonate und Calcitonin die Osteoklasten direkt hemmen, wirken Estrogene und Denosumab indirekt. Estrogene wirken antiresorptiv, indem sie die Wirkungen der resorptiven Faktoren auf die Osteoblasten hemmen und gleichzeitig die Freisetzung des transformierenden Wachstumsfaktors β (TGF-β) auslösen, der wiederum zur Apoptose der Osteoklasten führt. Schon lange ist bekannt, dass chronische Entzündungen wie rheumatoide Arthritis, aber auch manche Tumoren mit dem Abbau von Knochen einhergehen. Dafür verantwortlich sind Zytokine (IL-1 und TNF), die von Entzündungs- und Immunzellen (Monozyten und aktivierte T-Lymphozyten) freigesetzt bzw. wie RANKL an der Oberfläche aktivierter T-Lymphozyten gebildet werden (hier nicht gezeigt) und die ebenfalls zur Osteoklastenreifung und -aktivierung führen. ABB. 30.2

Osteoklasten

mineralisierte Knochenmatrix abzubauen.

Die Funktionen der Osteoklasten. Osteoklasten bauen den Knochen ab, indem sie zunächst über Integrine an die Knochenmatrix binden und H + und HCO 3 – durch Carboanhydrase Typ II bilden. HCO 3 – verlässt im Austausch gegen Cl ABB. 30.3 –

die Zelle und H + wird von einer H + -ATPase an der sog. „ruffled border“ in die sich bildende Resorptionslakune gepumpt; gleichzeitig gelangen Chloridionen durch spezifische Kanäle und verschiedene Enzyme (Proteasen und Phosphatasen) aus Lysosomen und sekretorischen Vesikeln in die Lakune, wo in Gegenwart der Salzsäure und der Enzyme der Knochen weiter resorbiert, d. h. aufgelöst wird. Carboanhydrase, Integrine, Proteasen, der Cl – -Kanal und die H + -ATPase sind vielversprechende Angriffspunkte für potentielle neue Antiresorptiva.

30.1.2. Phosphatstoffwechsel 2 2 +

3

30.1.3. Am Knochenstoffwechsel und an der Calciumhomöostase beteiligte Hormone Parathormon

2

+

Regulator des Knochenstoffwechsels.

Konzentration von Calcium

erhöht,

1. Calcium aus dem Knochen freisetzt, 2. die Wiederaufnahme von Calcium in der Niere steigert und 3. die Synthese von Calcitriol stimuliert, wodurch wiederum die Calciumaufnahme im Darm ansteigt und – im Zusammenwirken von Calcitriol und Parathormon – vermehrt Calcium aus dem Knochen freigesetzt wird. Vitamin D

2

3

2

Aufrechterhaltung der Ca 2+ -Konzentration im Serum.

3

Calcitriol

1. die Aufnahme von Ca 2+ aus der Nahrung über den Darm gesteigert, 2. vermehrt Ca 2+ aus dem Knochen freigesetzt und 3. die Ausscheidung von Ca 2+ über die Niere gehemmt. 2

+ 2 +

Vitamin D 2 Vitamin D 3

Cholecalciferol 3

2

3

2

2

Ergocalciferol

Bioaktivierung, Funktionen und Abbau von Vitamin-D-Metaboliten. Vitamin D ist ein Hormon, das vom Organismus z. B. aus 7-Dehydrocholesterin selbst synthetisiert wird, dessen Vorstufen aber auch mit der Nahrung aufgenommen werden können. In beiden Fällen muss die aktive Wirkform – 1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3 (Synonyme: Calcitriol oder 1,25-(OH) 2 -D 3 ) – über Ringspaltung und Hydroxylierungen an C25 (Leber) und C1 (Niere) gebildet werden. Die ABB. 30.4

beteiligten Hydroxylasen CYP27B1 (Niere) sowie CYP27A1, CYP3A4 und CYP2D6 gehören zur Familie der Cytochrom-P 450 -Enzyme . Parathormon stimuliert die Hydroxylierung in der Niere (grüner Pfeil) und ruft auf diese Weise immer eine Vitamin-D-Wirkung mit hervor. CYP24A1 führt zur Bildung des unwirksamen 24,25-(OH) 2 -Vitamin-D 3 -Derivats sowie zur Inaktivierung von 1,25(OH) 2 Vitamin D 3 . Insofern ist es nicht überraschend, dass Funktionsverluste durch Mutationen in CYP27B1 zu Vitamin-D-abhängiger Rachitis führen, solche durch Mutationen in CYP24A1 zu einer VitaminD-Hypervitaminose.

1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3

2

+

Calcitonin

Glucocorticoide

2+

Estrogene

β

β

Androgene

30.1.4. Erkrankungen des Knochens Veränderungen der Knochenstruktur

2+

Osteoporosegefährdung

Frauen

• das Knochengerüst bei der Frau genetisch bedingt im Mittel zierlicher ausgestaltet ist, • die Estrogeneinwirkung nicht den gleichen Knochenzuwachs erzeugt, wie es die Testosteronwirkung mit sich bringt, und • mit der Menopause ein Estrogenverlust einhergeht, der für etwa 10 Jahre von einem beschleunigten Knochenabbau gefolgt wird, ehe das Verlusttempo wieder dem Altersverlust auch des Mannes entspricht. sekundärenOsteoporose

Störungen des Knochenmineralstoffwechsels

2 +

3 +

30.2. Medikamente bei Erkrankungen des Knochens 2+

30.2.1. Vitamin D und Ca Vitamin D

3 2

3

3,

3

α 2+

Tab. 30.1 Vitamin D 3 und seine wirksamen Metaboliten Vitamin D 3

Wirkstoff

1α-(OH)-Vitamin D 3

Dihydrotachysterol

1,25-(OH) 2 -Vitamin D 3

Synonym Erhaltungsdosis (µg pro Tag) Relative Potenz Anwendungsgebiete

Vitamin D 3 unterscheidet sich von Vitamin D 2 (Ergocalciferol) durch das Fehlen der Doppelbindung zwischen C22 und C23 und einer Methylgruppe an Position C24. 3α-(OH)-Vitamin-D 2 -Derivat, das wie Alfacalcidol in der Leber an Position 25 hydroxyliert werden muss, um seine volle Wirksamkeit zu erlangen. 12,5 µg entspricht 500 I E. bezogen auf Vitamin D 3 .

Vitamin-D-Bedarf und Osteoporose 3 3

2+ 2 + 2+ 2+ 2+

2+

3 3

2+

3 3

Weitere Indikationen für Vitamin D

3

und seine Analoga

2 +

2

3

Vitamin-D-Status

und

Grenzwerte

3

3

3

Pharmakokinetik

2 +

Unerwünschte Wirkungen

Arzneimittelinteraktionen 3

2

+

Calciumsalze 2+

2 + 2+

Notfallmedizin

2

+

2 + 2+

2

Pharmakokinetik 2+ 2+

Arzneimittelinteraktionen 2

+ 2 +

2 + 2

+ 2+

Intoxikation

Kontraindikation

+

Calcimimetika

2

+

2 2+

3

30.2.2. Wirkstoffe, die den Knochenabbau hemmen (Antiresorptiva) Bisphosphonate

2+

Tab. 30.2 Indikationen, die für die Bisphosphonate zugelassen sind Wirkstoffe

Indikationen

Das Wachstum ossärer Metastasen bleibt unter der Therapie meist unverändert, doch nimmt die Anzahl der ossären Komplikationen, insbesondere auch der Schmerz, ab.

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen

Indikationen

Applikationsform

Arzneimittelinteraktionen 2 +

Kontraindikationen

Denosumab

Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs)

Estrogene (und Gestagene)

Calcitonin

Hemmer der Cathepsin K-Protease Cathepsin K-Protease

30.2.3. Wirkstoffe, die den Knochenanbau stimulieren (Osteoanabolika) Parathormon

2

+ 1–34 1–34

2

+

Strontiumranelat 2 + 2+

2+

2+

2+ 2+

Osteoporose

2+ 2

+

8 4

8 6

8 7

8 8

89 90

β

Dibotermin alfa β

Anabolika

Fluoride

Romosozumab, ein Antikörper gegen Sclerostin

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KAPITEL 31

Eisen – Pharmakotherapie von Eisenmangel und Eisenüberladung P. Nielsen

... Clear proof of this is found in the effects of steel upon chlorosis. The pulse gains strength and frequency, the surface warmth, the face (no longer pale and deathlike) a fresh ruddy color ... Thomas Sydenham (1681)

31.1. Eisenstoffwechsel Gesamtbestand

Eisenstoffwechsel bei einem erwachsenen Mann. Der tägliche Eisenverlust von ca. 1 mg (menstruierende Frau: 2–3 mg/Tag) wird im Normalfall von der regulierten Eisenaufnahme im Duodenum ausgeglichen. Im Blutplasma zirkulieren 15–20 mg Eisen täglich, fest gebunden an Apotransferrin, um den Eisenbedarf vor allem des Knochenmarks für die Hämoglobinsynthese zu decken. Aus dem Abbau von alten Erythrozyten wird dafür ständig Eisen aus Makrophagen der Milz und Leber freigesetzt und ins Blutplasma transportiert. Die Regulation der Eisenhomöostase auf Systemebene erfolgt durch das Hormon Hepcidin , das durch Bindung an den Eisenexporter Ferroportin in Enterozyten des Darms und in Makrophagen die Bereitstellung von Eisen aus diesen Zellen herunterreguliert, sodass weniger Eisen ins Blut gelangt und der Plasma-Eisen-Spiegel dadurch sinkt. Bei Eisenmangel wird in der Leber wenig oder kein Hepcidin mehr gebildet, sodass mehr Eisen ins Blut gelangt. ABB. 31.1

31.1.1. Regulation des Eisenstoffwechsels

Regulation der Eisenabsorption im oberen Dünndarm. Für die Eisenversorgung aus der Nahrung ist der Unterschied zwischen gut bioverfügbarem Fleisch-Eisen (Häm-Fe) und weniger gut verfügbarem pflanzlichem Eisen (Nicht-Häm-Eisen) entscheidend ( ). Beim Abbau von Hämoglobin und Myoglobin wird freigesetztes Hämin intakt durch das „Heme-carrier-Protein 1“ (HCP1) in Enterozyten aufgenommen, Fe 2+ durch die HämOxygenase-1 (HO-1) freigesetzt und dem labilen Eisenpool hinzugefügt. HCP1 ist auch der Transporter für das Vitamin Folsäure ( ). Das nicht hämgebundene dreiwertige Nahrungseisen wird im sauren Milieu des Magensafts aus der Bindung an Polyphosphate, Phytat oder Eisen-Kohlenhydrat-Komplexen freigesetzt, Eisenhydroxid wird gelöst. Die in der Bürstensaummembran lokalisierte Ferrireduktase , duodenales Cytochrom B (dCytB), reduziert Fe 3+ zu Fe 2+ und macht es dadurch für die Absorption verfügbar. Die Aufnahme von Fe 2+ erfolgt über den „divalent metal transporter 1“ (DMT1) , der eine Spezifität für zweiwertige Kationen aufweist. Fe 2+ gelangt so direkt in den labilen intrazellulären Eisenpool. Von dort wird es, abhängig vom Eisenstatus, als Fe 3+ entweder an Ferritin gebunden und mit den Enterozyten in das Darmlumen abgeschilfert oder es wird als Fe 2+ von dem basolateralen Eisentransportprotein Ferroportin aus den Enterozyten transportiert. Durch Hephaestin , ein dem Coeruloplasmin homologes kupferhaltiges Membranprotein, wird Fe 2+ zu Fe 3+ oxidiert und bindet an Apotransferrin . Die Eisenabsorption wird auf systemischer und lokaler Ebene reguliert. Bei gefüllten Eisenspeichern wird in der Leber das Hormon Hepcidin gebildet. Es hemmt in Makrophagen und Dünndarmepithelzellen die Abgabe von Eisen, indem es an den Eisenexporter Ferroportin bindet und damit dessen Internalisierung und lysosomalen Abbau einleitet. ABB. 31.2

Stimulation der Hepcidinsynthese durch gefüllte Eisenspeicher. Hepcidinsynthese kann durch verschiedene Faktoren stimuliert oder gehemmt werden, wobei bisher nicht alle Details der Signaltransduktion bekannt sind. Die primäre positive Regulation sind gefüllte Eisenspeicher in der Leber oder im Blut. Erhöhtes Speichereisen in der Leber führt zur Synthese von BMP6 , das in Gegenwart der Korezeptoren Hämojuvelin (HJV) und Neogenin an die BMP-Rezeptoren I und II bindet und deren Phosphorylierung initiiert. Der aktivierte Rezeptorkomplex phosphoryliert die SMAD-Proteine 1/5/8. Diese translozieren zusammen mit SMAD 4 in den Zellkern und aktivieren dort die Transkription des HAMPGens (Hamp, hepcidin antimicrobial peptide ), das Hepicidin codiert. BMPs ( bone morphogenetic proteins ) sind eine Gruppe von parakrin wirkenden Signalpeptiden. Eisenbeladenes Transferrin wird auch als Signal detektiert, wobei die Transferrinrezeptoren TfR1 und TfR2 sowie das HFE-Protein („high Fe“) beteiligt sind. Nach einer aktuellen Hypothese bindet das HFE-Protein primär an TfR1. Wenn Holo-Transferrin an TfR1 bindet, dann wechselt das HFE-Protein offenbar , vom TfR1 zum TfR2. Dies muss ein Signal für die Hepcidinsynthese sein, denn der Funktionsausfall von HFE oder von TfR2 führt zu einer klinisch ähnlichen Form der erblichen Eisenspeicherkrankheit (Typ 1 bzw. Typ 3). Wie dieses Signal über den BMP-Rezeptor weitergeleitet wird oder ob es einen direkten Signalweg über TfR2 gibt, ist bisher nicht genau bekannt. Mutationen an HJV oder Neogenin führen zu einer klinisch schweren Form der Eisenüberladung (juvenile Hämochromatose , Typ2). Matriptase-2 (TMPRSS6-Gen) ist eine Serin-Protease auf Zelloberflächen, die im Eisenmangel den Korezeptor Hämojuvelin hydrolysiert und damit den Signalweg der Hepcidinsynthese abschaltet. Mutationen im TMPRSS6-Gen führen bereits im Kindesalter zu einer schweren Eisenmangelanämie, die auf Eisentherapie schlecht anspricht, weil zu viel Hepcidin gebildet wird (IRIDA-Anämie , iron therapy refractory iron deficiency anemia ). Es sind inzwischen viele Mutationen und Polymorphismen in diesem Gen bekannt, die möglicherweise häufig vorkommen und damit evtl. auch die Häufigkeit von Eisenmangel weltweit mit erklären können! ABB. 31.3

Regulation der Hepcidinsynthese durch Entzündung bzw. Erythropoese. Ein weiterer wichtiger Signaltransduktionsweg ist der JAK-STAT3-Weg , bei dem Entzündungsmediatoren, vor allem IL-6, zu einer starken Stimulation der Hepcidinsynthese führen. In dieser Signalkaskade wird STAT3 phosphoryliert, das in den Zellkern transloziert wird und dort an spezifische „response elements“ (REs) bindet. Über andere Entzündungsmediatoren wie Activin B ist auch der BMP-SMAD-Weg beteiligt. Dies beleuchtet das klinisch aktuell bedeutsame Feld der „Anämie bei chronischer Erkrankung“. Hier hofft man, zukünftig mit Medikamenten (z. B. Hepcidinantagonisten) rational therapieren zu können. Physiologische Funktionen wie die Erythropoese sind von einer konstanten Bereitstellung von Eisen abhängig und fungieren daher als negative Regulatoren der Hepcidinsynthese. Daran spielt das Erythroferron die wesentliche Rolle, das von Erythroblasten auf Simulation von Erythropoietin gebildet wird. Hypoxie ist ebenfalls als negativer Regulator bekannt. Dies führt zur Assemblierung vom HIF1-Komplex, der im Zellkern offenbar an entsprechende REs bindet. Auch Östrogene und Testosteron hemmen die Hepcidinsynthese. ABB. 31.4

31.1.2. Eisentransport 23

3+

non-transferrin-bound

iron,

Tab. 31.1 Wichtige hämatologische Daten des Eisenstoffwechsels normal ♂

Eisenmangel

Eisenüberladung



Testabhängig

31.1.3. Verfügbarkeit von Eisen für die Absorption Hauptort der Eisenabsorption

Fleischhaltige Nahrung Häm-Eisen

F e 3 + -Salzen,

3+

3 + –39 2+

2+ 3

+ 3

31.1.4. Eisenmangel Speichereisenmangel latentem Eisenmangel

Eisenmangelanämie

®

Tab. 31.2 Die empfohlene tägliche orale Eisenzufuhr beim Menschen in verschiedenen Lebensaltern (Recommended Daily Allowance; modifiziert nach: Institute of Medicine. Food and Nutrition Board. National Academy Press, 2001) Männer [mg/Tag]

Alter

Menstruation

Schwangerschaft Bilanz

Frauen [mg/Tag]

Tab. 31.3 Eisenhaushalt in der Schwangerschaft (nach: Bothwell. Am J Clin Nutr; 72 (suppl), 257S-64S [2000]) Eisenverlust in der normalen Schwangerschaft

mg

Summe

–1190

Totaler Verlust

–580 Neugeborene

Eisenmangel als Symptom

31.2. Therapie mit Eisen Präparate zur oralen Anwendung

Eisen(II)-Sulfat Eisen(II)-Glycin-Sulfat.

Tab. 31.4 Einige Präparate zur oralen und parenteralen Behandlung des Eisenmangels

2+ ® ®

2+ ®

®

®

®

®

®

Präparate zur intravenösen Anwendung

Eisen(III)-hydroxid-Saccharose-Komplex Eisen(III)-Carboxymaltose-Komplex

3 +

Dosierung von Eisen

Abschätzung des Eisenmangels

2+

Verträglichkeit

Formel nach Ganzoni

31.2.1. Unerwünschte Wirkungen bei der Therapie mit Eisen

®

paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie erythropoietische

Porphyrie

Porphyria

cutanea

tarda

Organsiderosen

anaphylaktischen Reaktionen, 6 6

Antacida

Tetracyclinen

Protonenpumpenhemmern

Chinolonen,

Bisphosphonaten

2

Levodopa

31.3. Erythropoietin

α α

β

β

HIF-1

®

Therapie mit Erythropoietin Anämie bei chronischer Niereninsuffizienz (Dialysepatienten)

®

®

®

Serumferritinwerte funktionellen

Eisenmangels

®

Nebenwirkungen

Bluthochdruck

31.4. Eisenüberladung 31.4.1. Akute Vergiftung mit Eisen

Tab. 31.5 Die Symptomatik der Eisenvergiftung Zeit nach der Symptome Einnahme

Therapie der akuten Eisenvergiftung

Entleerung des Magens

Eisenchelator

Deferoxamin

31.4.2. Eisenüberladungserkrankungen: Hämochromatosen und Hämosiderosen

primären, genetisch bedingten Hämochromatose

Tab. 31.6 Klassifizierung der bekannten Formen der erblichen Eisenspeicherkrankheit Typ

Betroffenes Gen/Protein

Charakteristischer Verlauf

Therapie der Eisenüberladung

® ®

Deferoxamin 3

+

Streptomyces

®

pilosus

®

Deferipron

Tab. 31.7 Eigenschaften von Eisenchelatoren für die Behandlung von Patienten mit sekundärer Eisenüberladung Deferoxamin

Deferipron

Deferasirox

D S X

Weiterführende Literatur Andrews N.C, Schmidt P.J. Iron Homeostasis. Annu. Rev. Physiol . 2007;69:69–85. Beutler E. History of Iron in Medicine. Blood Cells, Molecules, and Diseases . 2002;29(3):297–308. Bothwell T.H, Charlton R.W, Cook J.D, Finch C.A. Iron Metabolism in Man . Oxford: Blackwells; 1979. Debeljak N, Solár P, Sytkowski A.J. Erythropoietin and cancer: the unintended consequences of anemia correction. Front Immunol. 2014;5:563. Engle J.P, Polin K.S, Stile I.L. Acute Iron Intoxication: Treatment Controversies. Drug Intell. Clin. Pharm . 1987;21:153–159. Expert Group on Vitamins and Minerals, Review of Iron – Revised Version. , 2002. Finberg K.E, Whittlesey R.L, Andrews N.C. Tmprss6 is a genetic modifier of the Hfe-hemochromatosis phenotype in mice. Blood . 2011;117:4590–4599. Fisher J.W. Landmark advances in the development of erythropoietin. Exp Biol Med (Maywood) . 2010;235:1398–1411. Kaplan J, Ward D.M, De Domenico I. The molecular basis of iron overload disorders and iron-linked anemias. Int J Hematol . 2011;93:14–20. Kautz L, Jung G, Valore E.V, Rivella S, Nemeth E, Ganz T. Identification of erythroferrone as an erythroid regulator of iron metabolism. Nature Gen . 2014;46:678–684. Masche U.P. Eisentherapie. pharmakritik 17/2006 . 2007:65–68. Nicolas G, et al. Hepcidin, A New Iron Regulatory Peptide. Blood Cells Mol. Dis . 2002;29(3):327–335. Nielsen P. Diagnostik und Therapie von Eisenmangel mit und ohne Anämie. 2. Auflage, Uni-Med-Verlag Bremen . 2016. Milmann N. Iron in Pregnancy – How Do We Secure an Appropriate Iron Status in the Mother and Child? Ann. Nutr. Metab . 2011;59:50–54. Pietrangelo A. Hepcidin in human iron disorders: Therapeutic implications. J. Hepatol . 2011:173–181. „Rote-Hand-Brief“ zu intravenösen Eisenpräparaten „Verschärfte Empfehlungen bezüglich des Risikos schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen auf Eisen-Präparate zur intravenösen Applikation“

KAPITEL 32

Vitamine und Spurenelemente

32.1. Vitamine – Therapie des Vitaminmangels Begriffsbestimmung

Bedarf an Vitaminen

tolerable upper intake level,

Tab. 32.1 Von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Tageszufuhr an Vitaminen für gesunde Erwachsene (Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, DGE et al., 2015, 2. Aufl.). Die tolerierbaren Obergrenzen (UL) werden von der EFSA (European Food Safety Authority) herausgegeben (EFSA, 2006). Bezeichnung

Referenzwert

UL

all-transall-transall-trans-

all-rac-

1

2

6

12

32.1.1. Fettlösliche Vitamine

Retinol, Retinal und Retinsäure (Vitamin A)

α

β

γ all-trans

all-trans β

β-Carotin, Vitamin A und therapeutisch verwendete Retinoide. Vitamin A besteht aus 4 Isopreneinheiten (20 C-Atome, von denen die Atome 1–6 zu einem β-Ionon-Ring geschlossen sind). Es hat 5 konjugierte Doppelbindungen. Die polare Gruppe am nichtzyklischen Ende kann ein Alkohol (Retinol), ein Aldehyd (Retinal) oder eine Säure (Retinsäure) sein. β-Carotin hat 8 Isopreneinheiten mit Iononringen am Anfang und am Ende des Moleküls. Bei symmetrischer Spaltung zwischen den Atomen 15 und 15' entstehen zwei Moleküle Retinal. ABB. 32.1

Retinol

Retinylester

Megalin

Retinal cis cis

all-trans all-trans

Retinsäure

all-trans cis

glucuronidierte Carotinoide β

Mangelerscheinungen S y m p t o m e

Laborchemisch

r

Retinylester D

R B P. R

0

5

5

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

0

5

Therapie

all-trans

c i s 1. Generation.

2.

Generation β

3.

Generation

Naphthoesäure-Derivat

γ

Nebenwirkungen

teratogen

Calciferole (Vitamin D)

Tocopherole und Tocotrienole (Vitamin E)

α

β

γ

δ

R R-

S

all-rac

α-Tocopherol. α

α

α- T T P

α α α

Verkürzung

der

4 5 0

Arzneimittelstoffwechsel Vitamin-K-Metabolismus antioxidative

Eigenschaften,

in vitro

in

ABB. 32.2

Struktur von Tocopherolen, Tocotrienolen und seiner Abbauprodukte, den Carboxyethyl-Hydroxychromanen

(CEHC).

Signalwege α

Mangelerscheinungen

α

vivo

Seitenkette

A F

I

V V

E

D

E

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

α

Therapie AVED/FIVE α

RRRα

all-rac α

Abetalipoproteinämie

Frühgeborenen

Prävention der Retinopathie

Phyllochinon (Vitamin K)

32.1.2. Wasserlösliche Vitamine

1 2

Thiamin (Vitamin B 1 ) 2

α

α α

ABB. 32.3

Thiamin.

Mangelerscheinungen

Transketolase-Aktivität Beriberi.

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

Therapie

®

1

®

1 ®

Beriberi-Symptomen

1

Riboflavin (Vitamin B 2 )

F l a v o e n z y m e

β

Riboflavin. Riboflavin ist ein substituierter Isoalloxanzin-Ring, der mit einem Ribitol verbunden ist. Die Phosphorylierung an der endständigen OH-Gruppe im Ribitolrest ergibt Flavinmononukleotid ( FMN). Die Verknüpfung der Phosphatgruppe im FMN mit AMP (aus ATP) führt zum Flavinadenindinukleotid (FAD). Der Isoalloxazinring ist das redoxaktive Zentrum, auf das entweder ein Elektron unter Bildung eines Radikals oder zwei Elektronen unter Bildung der reduzierten Form übertragen werden können. ABB. 32.4

α Mangelerscheinungen

Glutathion-Reduktase Therapie

Pyridoxin-Gruppe (B 6 -Vitamine)

Aminosäurestoffwechsel

γ

6

δ Hämbiosynthese Sphingomyelinsynthese Spaltung

ABB. 32.5

von

Glycogen.

Pyridoxin-Gruppe.

Mangelerscheinungen 6

6

6

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen 6

2

6

6

6

®

6

6

Therapie 6

β γ

Niacin (Nicotinsäure, Nicotinamid)

+

+

+

+ +

oxidoreduktaseabhängigen Reaktionen ADP-Ribosylierung

+

ABB. 32.6

Nicotinsäure und Nicotinamid . +

1 1

Mangelerscheinungen

Pellagra

6

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

2

Therapie Pellagra

Cobalamine (Corrinoide), Vitamin B 12 1 2

Methylmalonyl-CoA-Mutase

Cobalamin und seine Koenzymformen. Das Ringsystem im Cobalamin ist Corrin. Im Unterschied zum Porphyrinring z. B. im Häm ( ) ist es nur durch drei und nicht vier Methin-Gruppen verknüpft. Die beständigste Verbindung ist das Cyanocobalamin. Hydroxo- und Aquocobalamin gehen, abhängig vom pH-Wert der Lösung, ineinander über. Sie können bei Zyanidvergiftung als Zyanidfänger fungieren ( ). Als Koenzyme wirken 5‘-Desoxyadenosyl- bzw. Methylcobalamin, deren Reste kovalent an die 6. Koordinationsstelle des Cobalts gebunden sind. ABB. 32.7

Homocystein-Methyltransferase 5 12

Intrinsic-Faktor

Transcobalamin II (TC II) 1

Megalinrezeptor

Mangelerscheinungen

12

perniziösen Anämie,

funikuläre

Myelose

1

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

12

Therapie perniziöser

Anämie

akuter funikulärer Myelose

Trigeminusneuralgie

Folat

1

1 2

2

2

ABB. 32.8

Folsäure und Tetrahydrofolat.

ABB. 32.9

Vereinfachtes Schema des Folatzyklus; Mechanismen für den Transfer von C 1 -Molekülen im Stoffwechsel.

C 1 -Moleküle mit unterschiedlichem Oxidationsstatus werden enzymatisch mit Tetrahydrofolat (THF) verknüpft und auf andere Verbindungen übertragen. Die beiden Stickstoffatome an Position 5 (Pteridinring) und an Position 10 (Seitenkette) (Formelteil B) tragen dabei das C 1 -Bruchstück entweder als einzelne Substituenten (z. B. 5-Methyl-THF ; Formelteil A) oder als ein Brücken-CAtom (z. B. 5,10-Methylen-THF ; Formelteil C). Aus dem Abbau von Glycin und dem Umbau von Serin stammen C 1 -Moleküle für die Bildung von 5,10-Methylen-THF. Irreversible (!) Bildung von 5-Methyl-THF durch die Methylen-THF-Reduktase . Übertragung der Methylgruppe von Methylcobalamin auf Homocystein und Bildung von Methionin und Regenerierung von Methylcobalamin durch Übertragung der Methylgruppe von 5-Methyl-THF. Aus Histidin wird über Formiminoglutamat eine Formiminogruppe übertragen. Eine Cyclodeaminase bildet das 5,10-Methenyl-THF , das auch durch eine Dehydrogenase aus 5,10-Methylen-THF entsteht. Durch eine Cyclohydrolase entsteht 10-Formyl-THF. Entweder wird der Formylrest von Transferasen für die Purinnukleotidsynthese verwendet oder über Formyl-THF-Dehydrogenase zu Kohlendioxid oxidiert und es entsteht THF. Umgekehrt kann unter Verbrauch von ATP aus THF und Formiat 10-Formyl-THF entstehen. Die Thymidylatsynthase überträgt ein C 1 -Bruchstück und Wasserstoff auf Uridylat und bildet Thymidylat und DHF. DHF wird durch die Dihydrofolatreduktase wieder zu THF regeneriert. Die Enzymreaktionen, die zur Bildung von 5-Formyl-THF führen, sind weniger eindeutig. Eine spezifische Cycloligase bildet 5,10-Methenyl-THF .

Mangelerscheinungen

Megaloblastenanämie Spina

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

bifida

Folatantagonisten

Kontrazeptiva Antiepileptika

Therapie Makrozytäre

Anämien

1

2

12

1 2

und

12

Pantothensäure β

2,4β

Koenzym A. β

Acetylierung von Proteinen,

ABB. 32.10

Pantothensäure .

Mangelerscheinungen

Biotin

Carboxylasen:

2 –

3

Der Biotinzyklus.

ABB. 32.11

Mangelerscheinungen

Biotinidase Holocarboxylase-Synthetase

Therapie

®

®

L-Ascorbinsäure (Vitamin C) Redoxsystem

2 +

+

Kollagensynthese γ Karnitinsynthese. Phase-I-Metabolismus Tyrosinabbaus

4 5 0

Ascorbinsäure als Redoxsystem. L-Ascorbinsäure ist ein 1-Elektron-Donator und außerdem eine Säure (pKa 1 und pKa 2 der beiden OH-Gruppen 4,1 bzw. 11,8), ABB. 32.12

weshalb bei physiologischem pH Ascorbat vorliegt. Durch Übertragung von jeweils einem Elektron entsteht aus L-Ascorbat das LSemidehydroascorbat-Radikal und aus diesem L-Dehydroascorbat (DHA). DHA entsteht auch durch Disproportionierung von LSemidehydroascorbat.

R a d i k a l f ä n g e r,

in vitro V i t a m i n - C - Tr a n s p o r t e r Glucosetransporter

Mangelerscheinungen Skorbut Möller-Barlow-Erkrankung

Ty r o s i n b e l a s t u n g

Unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen

Nierensteinbildung

Therapie Malabsorption,

32.2. Spurenelemente Definition < 50 mg/kg Gewebe

Tab. 32.2 Wirkorte und Funktionen von Spurenelementen Element

Verbindungen, die das Element enthalten

3

4

Im Stoffwechsel spielen Spurenelemente, soweit es sich um Metalle handelt, vor allem bei katalytischen Vorgängen als Enzymaktivatoren oder in Form von Metalloenzymen eine regulierende Rolle. Enzymaktivatoren: Vor allem Hydrolasen (z. B. Phosphatasen, verschiedene Peptidasen etc.) benötigen für ihre katalytische Wirkung die Anwesenheit von Spurenelementen wie Eisen, Mangan, Nickel oder Zink. Die Spurenelemente schaffen dabei im Apoprotein strukturelle Voraussetzungen für die Erkennung, Bindung und chemische Umsetzung des Substrats. Metalloenzyme: Ungefähr ⅓ der heute bekannten Enzyme enthalten in ihrem Molekül Metallionen, die für die katalytische Funktion von Bedeutung sind. Bei einem Teil dieser Enzyme wird das Metallion infolge einer sehr starken koordinativen Bindung an das Apoenzym zum integralen Bestandteil des Proteinmoleküls. In Abwesenheit des Metallions geht die katalytische Funktion des Enzyms verloren. Anorganisches Cobalt ist nicht für alle Organismen ein essenzielles Spurenelement; der Mensch ist vor allem auf die Zufuhr der wirksamen organischen Verbindung Cobalamin angewiesen.

Stoffwechsel von Spurenelementen

Tab. 32.3 Empfohlene tägliche Zufuhr einiger Spurenelemente Spurenelement

Empfohlene Zufuhr

Die empfohlene tägliche Zufuhr liegt aufgrund der stark variierenden Bioverfügbarkeit über dem eigentlichen Bedarf. Der Bedarf von Spurenelementen variiert in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Leistungszustand (Schwangerschaft etc.). Die Angaben beziehen sich auf gesunde Erwachsene.

32.2.1. Zink Stoffwechsel

α

Resorption

negativ

beeinflusst,

Phytinsäure

Physiologische Funktionen proteingebundener

Form

2

Mangel

Genetisch bedingte Störungen des Zinkstoffwechsels Acrodermatitis

enteropathica

®

®

Vergiftungen

gastrointestinale hypochrome

Anämie

Inhalation

2

4

Symptome

32.2.2. Kupfer Stoffwechsel

Leber

Physiologische Funktionen

• die Ferroxidaseaktivität von Coeruloplasmin und Hephästin für den Eisenstoffwechsel ( , ) • die Monoaminoxidase-Enzyme bei der Pigmentierung und bei der Kontrolle von Neurotransmittern und -peptiden • die Lysyl-Oxidase im Bindegewebestoffwechsel und • die Kupfer-Metalloenzyme Cytochrom-c-Oxidoreduktase und Superoxid-Dismutase im oxidativen Stoffwechsel bzw. für die Beseitigung von Superoxid-Anionen. Mangel

Mangel an Coeruloplasmin

Vergiftungen

Kupfersulfat,

Genetisch bedingte Störungen des Kupferstoffwechsels „Menkes kinky hair disease “ .

hepatolentikuläre

Degeneration (Wilson-Krankheit

®

32.2.3. Selen Stoffwechsel

β

N

Resorption

Selenat

Selenkonzentration

Selenmangel

Physiologische Funktionen Formen

der selenabhängigen

GSH-Px

Selenoproteine

Mangel

Keshan-Krankheit

Kaschin-Beck-Krankheit

Vergiftungen

32.2.4. Prophylaktische und therapeutische Zufuhr von Spurenelementen

Weiterführende Literatur Vitamine

Biesalski H.K, Köhrle J, Schümann K. Vitamine. Spurenelemente und Mineralstoffe . Stuttgart–New York: Thieme; 2002. Brigelius-Flohé R. Vitamin E: the shrew waiting to be tamed. Free Radic. Biol. Med . 2009;46:543–554. Combs G.F. The Vitamins . 2 nd ed. Academic Press; 1998. DeLuca H.F. Evolution of our understanding of vitamin D. Nutr. Rev . 2008;66:S73–S87. DGE, ÖGE, SGE. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr . 2. Aufl. Bonn: 1. Ausgabe Umschau-Verlag; 2015. Douglas R.M, Hemila H, Chalker E, Treacy B. Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Database Syst. Rev . 2007 CD000980. EFSA (European Food Safety Authority). Tolerable upper intake levels for vitamins and minerals . 2006. EFSA (European Food Safety Authority). Scientific opinion on the tolerable upper intake level of vitamin D.. EFSA Journal . 2012;10:2813. Rehner G, Daniel H. Biochemie der Ernährung . Heidelberg–Berlin: Spektrum Akademischer Verlag; 2002. Miller 3 rd . E.R, Pastor-Barriuso R, et al. Meta-analysis: high-dosage vitamin E supplementation may increase all-cause mortality. Ann. Int. Med . 2005;142:37–46. Moestrup S.K. New insights into carrier binding and epithelial uptake of the erythropoietic nutrients cobalamin and folate. Curr. Opin. Hematol . 2006;13:119–123. Tunaru S, Kero J, Schaub A, Wufka C, Blaukat A, Pfeffer K, Offermanns S. PUMA-G and HM74 are receptors for nicotinic acid and mediate its anti-lipolytic effect. Nature Med . 2003;9:352–355. Zempleni J, Rucker R.B, McCormick D.B, Suttie J.W. Handbook of Vitamins . 4 th edition. Boca Raton: CRC Press; 2007.

Spurenelemente

Andrews N.C. Metal transporters and disease. Curr. Opin. Chem. Biol . 2002;6:181–186. Arredondo M, Munoz P, Mura C.V, et al. DMT1, a physiologically relevant apical Cu1+ transporter of intestinal cells. Am. J. Physiol . 2003;284:C1525–C1530. Beck M.A, Levander O.A. Dietary oxidative stress and the potentiation of viral infection. Ann. Rev. Nutr . 1998;18:93–116. Chester J.K. Trace element-gene interactions. Nutr. Rev . 1992;50/8:217–223. Combs G.F, Combs S.B. The role of selenium in nutrition . San Diego–London: Academic Press; 1986. DiDonato M, Sarkar B. Copper transport and its alterations in Menkes and Wilson diseases. Biochim. Biophys. Acta . 1997;1360:3–16. Ford D. Intestinal and placental zinc transport pathways. Proc. Nutr. Sco . 2004;63:21–29. Gunshin H, Mackenzie B, Berger U.V, et al. Cloning and characterization of a mammalian proton-coupled metal-ion transporter. Nature . 1997;388:482–488. McDowell L.R. Minerals in animal and human nutrition . San Diego–London: Academic Press; 1992. Mertz W. Essential trace metals: new definitions based on new paradigms. Nutr. Rev . 1993;51/10:287–295. St. Germain D.L, Galton V.A. The deiodinase family of selenoproteins. Thyroid . 1997;7:655–668. Suzuki K.T. Metabolomics of selenium: Se metabolites based on speciation studies. J. Hlth. Sci . 2005;51/2:107–114. Tapiero H, Townsend D.M, Tew K.D. Trace elements in human physiology and pathology. Copper. Biomed. Pharmacother . 2003;57:386–398. Ursini F, Maiorino M, Brigelius-Flohé R, et al. Diversity of glutathione peroxidases. Meth. Enzymol . 1995;252:38–53. Vallee B.L, Falchuk K.H. The biochemical basis of zinc physiology. Physiol. Rev . 1993;73/1:79–118. Wolffram S. Intestinale Absorption und Bioverfügbarkeit des Spurenelements Selen. In: Haas H.J, ed. Mechanismen des Transports von Mineralstoffen und Spurenelementen. Schriftenreihe der Gesellschaft für Mineralstoffe und Spurenelemente e.V . Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 1995:83–93.

KAPITEL 33

Antibiotika und andere Therapeutika zur antiinfektiven Therapie R. Stahlmann, H. Lode, ( – ) H. Barth, ( ) und H.-G. Sonntag ( )

33.1. Entwicklung, Grundbegriffe und Grundlagen der antiinfektiven Therapie 33.1.1. Definitionen antimikrobielle

Chemotherapie antineoplastischer

Chemotherapeutika

Chemotherapie

chemisch-synthetisch

Antibiotika

biosynthetisch

Begriffe zur Beschreibung der antibakteriellen Aktivität in vitro

• Unter Bakteriostase versteht man die reversible antibiotische Hemmung des Wachstums bzw. der Vermehrung einer Bakterienpopulation. • Die MHK (minimale Hemmkonzentration) ist die niedrigste Antibiotikumkonzentration, ab der – unter standardisierten In-vitro-Bedingungen – eine bakteriostatische Hemmung des Inokulums eintritt. • Bakterizidie heißt die irreversible Schädigung und Abtötung einer Bakterienpopulation. • Die MBK (minimale bakterizide Konzentration) ist die niedrigste Antibiotikumkonzentration, ab der – unter standardisierten In-vitro-Bedingungen – die Abtötung (Bakterizidie) von mindestens 99,9 % der inokulierten Bakterien einsetzt. Begriffe zur therapeutischen Wertbemessung in vivo Erfolg sensibel. Misserfolg resistent.

„sensibel“ „mäßig sensibel“ „resistent“

33.1.2. Pharmakologische und mikrobiologische Grundlagen

ABB. 33.1

Wechselbeziehungen und Wirkungsparameter bei antimikrobieller Chemotherapie .

Pharmakologisch-toxikologische Grundlagen Pharmakokinetik

klinische

Versuch

unerwünschte

Wirkungen

Interaktionen

Clostridium difficile

Pharmakodynamik e Wechselwirkung mit den Mikroorganismen antibiotischen Effekte

ABB. 33.2

Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien (PABS = p-Aminobenzoesäure, DHFS = Dihydrofolsäure, THFS = Tetrahydrofolsäure) .

1. Zellwandsynthese (β-Lactam-Antibiotika, Glykopeptidantibiotika) 2. Zytoplasmamembran (Polymyxin B, Colistin) 3. ribosomale Proteinsynthese a. inhibierend (Tetracycline, Makrolide, Lincomycine) b. fehlsteuernd (Aminoglykosidantibiotika) 4. Folsäuresynthese (Sulfonamide, Trimethoprim) 5. RNA-Synthese (Rifampicin) 6. DNA-Replikation (Chinolone). • Zeitabhängige Bakterizidie der β-Lactam-Antibiotika: Ergebnisse aus In-vitro-Versuchen und aus Tierexperimenten haben ergeben, dass β-Lactam-Antibiotika eine zeitabhängige Abtötung der Bakterien aufweisen. Die maximale antibakterielle Wirkung wird meist bei einer Konzentration, die drei- bis vierfach oberhalb der MHK liegt, erreicht. Höhere Konzentrationen bringen keinen zusätzlichen Nutzen ( ). In Tierexperimenten wurden die Variablen „Spitzenkonzentration im Serum (C max )“, „Zeit oberhalb der MHK“ und „Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC)“ hinsichtlich ihrer Bedeutung für den antibiotischen Effekt analysiert. Bei den β-Lactam-Antibiotika erlaubt der Parameter „Zeit oberhalb der MHK“ die beste Voraussage. Für die klinische Anwendung bedeutet dies, dass die Konzentration des Antibiotikums zumindest bei neutropenischen Patienten den MHK-Wert des Erregers während des gesamten Applikationsintervalls übersteigen sollte.

Wirkung von Ticarcillin, Tobramycin und Ciprofloxacin auf P. aeruginosa (ATCC 27853) bei verschiedenen Konzentrationen oberhalb und unterhalb der minimalen Hemmkonzentration (MHK). Die folgenden Konzentrationen wurden untersucht: 1. kein Antibiotikum (Kontrolle), 2. ¼ MHK, 3. 1 / 1 MHK, 4. 4-fache MHK, 5. 16-fache MHK, 6. 64-fache MHK. Die Anzahl der Bakterien in der Kultur wird angegeben als „Kolonie-bildende Einheiten“ (cfu = colony-forming units); zu beachten ist die logarithmische Skala. Es wird deutlich, dass das Ausmaß der Bakterizidie bei Tobramycin (und anderen Aminoglykosiden) mit steigenden Konzentrationen deutlich zunimmt, während sich mit Ticarcillin (und anderen Penicillinen) bei Konzentrationen oberhalb der 4- bis 5-fachen MHK keine wesentliche Zunahme der bakteriziden Aktivität nachweisen lässt. Die Fluorchinolone, z. B. Ciprofloxacin, verhalten sich hinsichtlich ihrer bakteriziden Wirkung in diesem experimentellen Ansatz ähnlich wie die Aminoglykoside. (modifiziert nach Craig ABB. 33.3

und Ebert, 1991)

• Konzentrationsabhängige Bakterizidie der Aminoglykoside: Im Gegensatz zu den β-Lactam-Antibiotika verursachen Aminoglykoside eine konzentrationsabhängige Bakterizidie ( ). Weiterhin lassen sich mit Aminoglykosiden ein postantibiotischer Effekt und eine adaptive Resistenz nachweisen. Zusammengenommen haben diese Erkenntnisse dazu geführt, dass Aminoglykoside nur einmal täglich appliziert werden sollten ( ). • Konzentrationsabhängige Bakterizidie der Fluorchinolone: Ähnlich wie die Aminoglykoside verfügen auch die Fluorchinolone über einen postantibiotischen Effekt und weisen eine konzentrationsabhängige Bakterizidie auf ( ). Bakteriologische Grundlagen

Art und Empfindlichkeit Stamm zu Stamm

bakteriologische

Resistenzbestimmung

Indikation

1. kalkuliert, abgeleitet aus klinischem Bild, Anamnese, aktuellen epidemiologischen Daten und der eigenen ärztlichen Erfahrung, 2. mikrobiologisch-diagnostisch, abgeleitet aus Erregerisolierung, -identifizierung und Resistenzbestimmung. Kombination

Bakterielle Resistenz

1. Natürliche Resistenz (Unempfindlichkeit) von allen Stämmen einer Spezies gegen bestimmte Antibiotika; es resultieren definierte Lücken im Wirkspektrum der Substanz. 2. Mutations bedingte Resistenz: a. spontan, ohne Kontakt zum Antibiotikum auftretend – ein Teil der Stämme einer Spezies wird primär resistent. b. sekundär unter dem Selektionsdruck einer Therapie eintretend – man spricht von durch Mutation bzw. strukturelle Adaptation „erworbener“ verringerter Empfindlichkeit oder Resistenz. 3. R-Plasmid- bzw. Transposon -bedingte Resistenz: Extrachromosomal gelegene ringförmige genetische Elemente, Plasmide oder Prophagen, vermehren sich unabhängig von der Teilung des Bakteriums, können zu mehreren Kopien vorliegen und zwischen Stämmen gleicher und unterschiedlicher Art übertragen werden ( ). Bestimmte DNA-Elemente, Transposons, können von einem Plasmid auf ein anderes oder auch auf das Chromosom überspringen. Durch solche Insertionen (Pfeile in ) und den damit verbundenen Genaustausch sind vielfältige rasche Veränderungen der genetischen Information möglich.

ABB. 33.4

Mechanismen genetischer Änderungen in Bakterien .

Selektion

nosokomialen Infektionen,

Pseudomonas aeruginosa Staphylococcus-aureus

33.1.3. Leitregeln für die Antibiotikatherapie Einsatz von Antibiotika Vermeidung einer unnötigen Chemotherapie

Gezielte Therapie

Prophylaktische Antibiotikagaben

Sinnvolle Antibiotikakombinationen

1. Die Kombination von β-Lactam-Antibiotika mit Aminoglykosiden hat sich besonders bewährt bei: – bakterieller Endokarditis (synergistische Steigerung der Bakterizidie), – Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa , – schwerer Sepsis. 2. Fixe Kombinationen von Penicillinen mit β-Lactamase-Inhibitoren (z. B. Clavulansäure, Sulbactam, Tazobactam). Durch Hemmung der β-Lactamasen wird das Wirkspektrum der Penicilline erweitert. Derartige Kombinationen sind allerdings nur sinnvoll, wenn es sich bei den infektionsverursachenden Erregern um β-LactamaseBildner handelt. 3. In der klinischen Praxis hat sich die Kombination eines β-Lactam-Antibiotikums mit Makroliden zur intravenösen Anfangstherapie bei ambulant erworbener Pneumonie durchaus bewährt, während früher die strenge Regel verfolgt wurde, bakterizid und bakteriostatisch wirksame Antibiotika keinesfalls zu kombinieren. Dadurch wird der Vielfalt der möglichen Erreger Rechnung getragen (z. B. Pneumokokken, H. influenzae, Chlamydien, Legionellen etc.), die durch eines dieser Antibiotika nur unzureichend erfasst würden. Eine Monotherapie mit einer dieser Substanzen wird allerdings empfohlen, sobald die Ätiologie geklärt ist. 4. Bei polymikrobiellen Infektionen, z. B. durch aerobe und anaerobe Bakterien. Da viele Antiinfektiva nur gegen aerobe oder anaerobe Bakterien wirken, werden in diesen Fällen (z. B. bei bakterieller Peritonitis oder anderen abdominellen Infektionen) häufig Kombinationen angewandt (z. B. Metronidazol zusammen mit einem βLactam-Antibiotikum ). 5. Kombination aus Sulfamethoxazol und Trimethoprim (Cotrimoxazol). Sie bewirkt eine Blockade von zwei verschiedenen Schritten der bakteriellen Folsäuresynthese („Sequenzialblockade“). Dies führt zur Wirkungsverstärkung und reduziert das Risiko für eine Resistenzentwicklung. 6. Kombinationen von Antituberkulotika, da bei Anwendung einer Monotherapie mit einer raschen Resistenzentwicklung zu rechnen ist. 7. Kombinationen von antiretroviral wirksamen Chemotherapeutika bei HIV-infizierten Patienten, um die Resistenzentwicklung zu verzögern und die Viruslast effektiv zu reduzieren. Therapie der wichtigsten bakteriellen Infektionen im ambulanten Bereich Atemwege

Harnwege

Tab. 33.1 Empfehlungen zur Therapie einer Infektion der oberen Atemwege Diagnose

Häufigste Erreger

S. pneumoniae, H. influenzae, M. catarrhalis,

Mittel der Wahl

Alternativen

Tab. 33.2 Empfehlungen zur Therapie von Bronchitis und COPD Diagnose

Häufigste Erreger

Antibiotikum

Alternativen

keine Antibiotika

S. pneumoniae,H. influenzae,M. catarrhalis,

S. pneumoniae, H. influenzae, M. catarrhalis, K. pneumoniae,

P. aeruginosa

S. pneumoniae, H. influenzae, M. catarrhalis,

P. aeruginosa

K. pneumoniae, P. aeruginosa,

S. pneumoniae

Tab. 33.3 Empfehlungen zur Therapie einer Pneumonie (CAP)

Diagnose

Häufigste Erreger

ohne Risikofaktoren:

S. pneumoniae, H. influenzae, M. pneumoniae,

mit Risikofaktoren:

S. pneumoniae, H. influenzae, S. aureus,

Antibiotikum

Alternative oder bei Verdacht auf atypische Pneumonie

Oralcephalosporine sind nicht Mittel der Wahl, stellen aber eine weitere Alternative dar (z. B. Cefuroxim-Axetil). Wenn Legionellen, Mykoplasmen oder Chlamydien auch erfasst werden sollen, kann zusätzlich ein Makrolidantibiotikum oder Fluorchinolon gegeben werden.

Tab. 33.4 Empfehlungen zur Therapie von Harnwegsinfektionen Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

E. coli S. saprophyticus,

E. coli

E. coli

P. aeruginosa

hohe Spontanheilungsrate

Infektionen der oberen Atemwege bakterielle Tonsillopharyngitis

bakteriellen Rhinosinusitis catarrhalis Staphylococcus

Streptococcus pneumoniae , Haemophilus influenzae

aureus

β

Otitis media

β β

H. influenzae

Infektionen der unteren Atemwege akute

Bronchitis

chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung

S. pneumoniae

H. influenzae ambulant erworbenen Pneumonie β

Harnwegsinfektionen Zystitis

Pyelonephritis

Moraxella

33.2. β-Lactam-Antibiotika Herkunft, Struktur, physikochemische Eigenschaften β

β aktives

ABB. 33.5

Zentrum

chemisch/mikrobiologisches

-Lactam-Ring

Merkmal

Grundstrukturen therapeutisch eingesetzter β-Lactam-Verbindungen.

• Penicilline • Cephalosporine • Monobactame • Carbapeneme Penicilline

Penicillium

notatum/chrysogenum

• Penicillin G (säurelabil) und Penicillin V (säurestabil) sind natürliche Penicilline. Aus Penicillin G wird mithilfe einer bakteriellen Acyltransferase 6-Aminopenicillansäure (6-APS) abgespalten. 6-APS ist die Ausgangssubstanz zur Darstellung der zahlreichen semisynthetischen Derivate. • Cephalosporine leiten sich vom Cephalosporin C ab, einem Produkt der Pilzart Cephalosporium acremonium . Hydrolytisch wird aus Cephalosporin C die 7Amino-cephalosporansäure abgespalten. Alle in die Therapie eingeführten Cephalosporine sind semisynthetische Entwicklungen auf der Basis der 7-ACS. • Monobactame werden in der Natur von gramnegativen Stäbchenbakterien produziert. Die vollsynthetisch hergestellten Monobactame besitzen eine den Naturstoffen überlegene antibakterielle Aktivität. • Carbapeneme sind eine Klasse von β-Lactam-Antibiotika mit Penicillin-ähnlicher Grundstruktur, jedoch mit einem C-Atom („Carba-“) an der Stelle des Schwefels ( ) und einer Doppelbindung im 5er-Ring („penem“). β

β

„β-

Lactamase-Inhibitoren“ β β Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum Angriffsorte

der

β-Lactam-Antibiotika

β

Molekularer Angriffspunkt der β-Lactam- Antibiotika . A) Die Stabilität der Bakterienzelle wird durch Peptidoglycan gewährleistet. Es besteht aus Glycanketten, deren Bestandteile N-Acetylglucosamin und NAcetylmuraminsäure abwechselnd vorkommen. Diese polymeren Ketten sind durch Peptidketten quer vernetzt. β-Lactam-Antibiotika hemmen die Peptidoglycansynthese durch Inhibition von Enzymen, die am Aufbau dieses Zellwandbestandteils beteiligt sind. Ein wichtiges derartiges Enzym ist die Transpeptidase. Sie verbindet zwei Peptidoglycanstränge, indem sie einen Glycinrest einer Pentaglycinbrücke mit einem D-Alanin des anderen Strangs verknüpft. Charakteristisches Merkmal im Substrat der Transpeptidase ist das D-Alanyl-D-Alanin-Dipeptid. B) Die Formeln zeigen die strukturelle Ähnlichkeit des D-Alanyl-D-Alanin-Restes mit dem β-Lactam-Grundgerüst. Nach Anlagerung wird das Enzym unter Spaltung des β-Lactam-Rings acyliert, d. h., es kommt zu einer kovalenten Bindung des Antibiotikums an das Enzym. Das Enzym wird irreversibel gehemmt. Es resultieren sphärische oder filamentöse Deformierungen der Bakterien oder so große Defekte in der Zellwand, dass der hohe osmotische Druck im Inneren der Bakterien die Zytoplasmamembran durch den Defekt vorstülpt, bis sie zerreißt (potentiell bakterizider Wirkungsmechanismus der β-Lactam-Antibiotika). Die Bakterien reagieren mit Wachstumsstopp und „Reparaturmechanismen“. Bakterienformen, die unter dem Einfluss von β-Lactam-Antibiotika – im Zustand der Bakteriostase – überleben, heißen Persister . ABB. 33.6

β

1. Penetrationsgeschwindigkeit: Um zu ihren Zielenzymen zu gelangen, müssen die β-Lactam-Antibiotika die bakterielle Zellwand und den periplasmatischen Raum passieren. Manche von ihnen durchdringen sehr leicht die Zellwand der grampositiven Bakterienarten (z. B. Penicillin G), manche auch die der gramnegativen Bakterien (z. B. einige Cephalosporine). Bei grampositiven Bakterien sind dicke Peptidoglycan-Teichonsäure-Schichten (Mureingerüst) zu überwinden, bei gramnegativen eine das (dünnere) Mureingerüst umhüllende, selektiv wirkende äußere Membran. Dieser prinzipielle Unterschied im Zellwandaufbau und die Penetrationsfähigkeit von sechs verschiedenen Gruppen von β-Lactam-Antibiotika sind in skizziert. Die Durchlässigkeit der Zellwand gramnegativer Stäbchenbakterien für β-Lactam-Antibiotika ist veränderlich. Sie wird von der Zahl und der Funktion der „Poren“, bestimmter Porinproteine in der äußeren Membran, beeinflusst. Insbesondere unter dem Selektionsdruck von β-Lactam-Antibiotika entwickeln sich Mutanten vor allem bei Pseudomonas aeruginosa - sowie Enterobacter- und Serratia-Stämmen mit stark reduzierter Zellwandpermeabilität. Die dadurch bedingte Resistenzsteigerung kann sich unspezifisch auf zahlreiche β-Lactam-Antibiotika erstrecken.

Zellwandaufbau von grampositiven und gramnegativen Bakterien sowie Penetrationsverhalten verschiedener β-Lactam-Antibiotika (Seitenketten I–VI) zu den Zielenzymen, den Mureinsynthetasen, auch PBP (Penicillin-bindende Proteine) genannt . I: z. B. Penicillin G (grampositiv: gute Penetration; gramnegativ: keine Penetration) ; II: z. B. Ampicillin (grampositiv: mäßige Penetration; gramnegativ: gute Penetration); III: Inaktivierung Penicillinase-labiler Penicilline , z. B. durch Staphylokokken; IV: z. B. Flucloxacillin (Penicillinase-stabil, hier aber ohne Affinität zu verändertem PBP, d. h., dieses Bakterium ist resistent gegen das Penicillinase-stabile Penicillin); V: z. B. Mezlocillin: a) gute Wirkung bei wenigen β-Lactamasen; b) keine Wirkungen bei vielen β-Lactamasen; VI: z. B. Cefotaxim: a) gute Wirkung trotz vieler β-Lactamasen; b) Wirkungsverlust bei verändertem PBP. ABB. 33.7

2. Wirkortaffinität: Als spezifische Zielstrukturen der Penicilline und anderer β-Lactam-Antibiotika werden die bakteriellen Mureinsynthetasen auch „PBP“ ( P enicillin- b indende P roteine) genannt. Sie stellen eine heterogene Gruppe von Enzymen mit jeweils unterschiedlicher Bedeutung für das Bakterienwachstum dar. Die Transpeptidasen entsprechen z. B. dem PBP 1. Mutationen (durch chromosomale Insertion, ) können zu strukturell veränderten PBP führen, zu denen die β-Lactam-Antibiotika nur noch eine reduzierte oder keine Affinität mehr haben (Gruppe IV in ). Methicillin-resistente Staphylococcus aureus -Stämme (MRSA) besitzen z. B. ein verändertes Penicillin-bindendes Protein (PBP2a). Neu auftretende resistente Stämme verfügen oft gleichzeitig über veränderte PBP und eine reduzierte Zellwandpermeabilität (Gruppe VI b in ). 3. β-Lactamase-Stabilität: Der häufigste Resistenzmechanismus ist die Produktion von β-Lactamasen, d. h. Enzymen, die die β-Lactam-Bindung hydrolytisch spalten und dadurch das Antibiotikum inaktivieren. Es gibt solche, die besonders als Penicillinasen wirken, z. B. bei Staphylokokken, oder solche, die speziell als Cephalosporinase aktiv sind, z. B. bei Pseudomonas, oder solche, die auch Monobactame und Carbapeneme spalten. Wie in angedeutet, entlassen grampositive Bakterien ihre β-Lactamasen nach außen ins umgebende Milieu; gramnegative Bakterien konzentrieren ihre β-Lactamasen sehr wirkungsvoll im sog. periplasmatischen Raum, dem engen Spalt zwischen Zellwand und Zytoplasmamembran. Staphylococcus aureus

β

β induzierbarer (chromosomal vermittelter) β-Lactamase-Produktion β β

β „konstitutiver“

„stabil

dereprimierter“

Plasmid- oder Transposon-vermittelte β-Lactamase-Produktion β (TEM-1) SHV-1

β β β E. coli , K. pneumoniae , P. mirabilis β (SHV-2), ESBL

β β Carbapenemasen β

IMP β

vier Klassen

β

β schmalste Wirkungsspektrum β

andere Resistenzmechanismen,

1. chromosomal vermittelte strukturelle Veränderungen der PBP, sodass die Affinität zahlreicher β-Lactam-Antibiotika zu ihren Zielenzymen beeinträchtigt wird, 2. strukturelle Veränderungen der Zellwand, sodass die Penetration zahlreicher β-Lactam-Antibiotika beeinträchtigt wird. ohne Wirkung

• zellwandlosen Bakterien: Mykoplasmen, Ureaplasmen, • obligat intrazellulär wachsenden Bakterien: Chlamydien, Rickettsien, Legionellen, • vorwiegend intrazellulär parasitierenden Bakterien: z. B. Salmonella typhi , Brucellen, • langsam wachsenden Bakterien: z. B. Mykobakterien.

S.

pneumoniae β

Resistenz der Pneumokokken den chromosomal codierten Targetproteinen

β

durch Veränderungen in S. pneumoniae

Pharmakokinetik Resorption und Verteilung β

oral oder parenteral

β Extrazellularraum. β

β intakte

Blut-Liquor-Schranke

nicht

überwunden.

bakterieller

Meningitis

Proteinbindung

β sehr labil

Metabolisierung wenig metabolisiert.

Liquorgängigkeit

leicht reversibel.

β

nur β

immunogene Reaktionen

allergischen

2

Exkretion Plasmahalbwertszeiten

3

β

unverändert

Penicilline

ausgeschieden. Ceftriaxon

Cephalosporine Plasmahalbwertszeiten

1–2

Stunden glomerulären Filtration

renale Elimination tubuläre Sekretion biliäre

β +

Unerwünschte Wirkungen β

Gastrointestinaltrakt

β

Clostridium difficile Allergie

β β

β echter

Haptene urtikarielle Exanthem. Vaskulitis.

pseudoallergische Reaktion

Arzneimittelfieber,

Neutropenien,

Thrombozytopenien. masernähnlichen Exanthem ,

Neurotoxizität β

Hämostasestörungenβ

(Bacteroides fragilis, E. coli) Interaktionen/Inaktivierungen β

Kombination

mit

Aminoglykosiden

nicht zusammen in einer Infusionsflasche gemischt werden,

β

Kontraindikationen

33.2.1. Penicilline vier Gruppen Penicillin G und seinen direkten Derivaten Isoxazolylpenicilline, Aminopenicilline Acylaminopenicilline

Tab. 33.5 Überblick über die Wirkungsschwerpunkte der Penicilline Gruppe

Wirkungsschwerpunkt

Substanz

Streptokokken

Aktivität: sehr gut: +++; gut: ++; mittel: +; schwach oder hohe Resistenzquoten: ±; keine: − .

Pneumokokken

S. aureus

Haem. infl.

E. coli

Enterokokken

Proteus

P. aerug.

B. fragilis

ABB. 33.8

Grundgerüst und Seitenketten der handelsüblichen Penicilline.

Penicillin G und verwandte Derivate Wirkungsspektrum

Penicillin G, Penicillin V

Propicillin

• grampositive Bakterienarten außer penicillinasebildenden Staphylokokken, Enterokokken und Listerien, • gramnegative Kokkenarten außer penicillinaseproduzierenden Gonokokken (PPNG-Stämme), • anaerobe gramnegative Stäbchen (Fusobakterien , Sphaerophorus -Arten und die meisten Bacteroides -Arten außer z. B. Bacteroides fragilis ) und Spirochäten , Leptospiren sowie Borrelien (einschließlich Borrelia burgdorferi ).

Penicillin G (Benzylpenicillin-Na) Pharmakokinetik im sauren Milieu des Magens nicht ausreichend stabil

β

Präparate, Indikationen und Dosierung

β

®

Depotpenicilline (Depotformen von Penicillin G) (schwache Säure) (schwache Basen).

Benzylpenicillin-Procain

Benzylpenicillin

Benzathin 3 Wochen

Präparate, Indikationen und Dosierung Lues rheumatischen

Fiebers

® ®

• Kombinationspräparat: 300000 E Benzylpenicillin-Natrium, 300000 E Benzylpenicillin-Procain, 600000 E Benzylpenicillin-Benzathin (Retacillin ® ) Oralpenicilline (säurestabil) pH-Bereich von 1–5 stabilen

oral

Tab. 33.6 Plasmakonzentration bei der Therapie mit „Oralpenicillinen“ und „Isoxazolylpenicillinen“ Wirkstoff

Resorption (%)

Dosis (Erw.)

Maximale Serumkonzentrationen (mg/L)

Präparate, Indikationen und Dosierung

H.

influenzae

Plasmaeiweißbindung (%)

• Penicillin V (Isocillin ® ): 4 × 1,2 Mio. E/Tag oral (1 Mio. E = 0,65 g) Penicillinasefeste Isoxazolylpenicilline Flucloxacillin S. aureus oral oder parenteral Plasmaproteinbindung

Plasmahalbwertszeit

hoch.

Methicillin m

r

S. aureus Präparate, Indikationen und Dosierung

S. aureus bei

leichteren

Infektionen

• Flucloxacillin (Staphylex ® ): tgl. 3–4 g in 3(–4) Einzeldosen p. o.; i. v.; i. m. (Erwachsene). Unerwünschte Wirkungen

Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum (Aminopenicilline) H. influenzae, Pharmakokinetik Resorption

Ampicillin Amoxicillin

Tab. 33.7 Plasmakonzentrationen bei der Therapie mit Aminopenicillinen

Wirkstoffe

Dosis (Erw.)

Plasmakonzentrationen in mg/L max.

nach 4–6 h

nach 8–12 h

Ampicillin

Amoxicillin

Präparate, Indikationen und Dosierung H. influenzae

Helicobacter

pylori

®

• Ampicillin (Ampicillin-ratiopharm ): 3–4 × 0,5 g/Tag i. m. oder 3–4 × 1,0 g/Tag i. v., bis zu max. 3–4 × 2,0–5,0 g/Tag in Kurzinfusionen • Amoxicillin (diverse Generika): 3 × 0,5–1,0 g/Tag oral Unerwünschte Wirkungen

Hautexanthemen,

Breitspektrumpenicilline Acylaminopenicilline (Ureidopenicilline)

P.

aeruginosa.

β

intravenös

intramuskulär

Tab. 33.8 Pharmakokinetische Daten der Acylaminopenicilline Mezlocillin

Piperacillin

Nach intravenöser Bolus-Injektion von 1,0 g.

Präparate, Indikationen und Dosierung

P.

aeruginosa

• Mezlocillin (Mezlocillin Carino ® ): 3–4 × 2 g/Tag i. v., als Kurzinfusion 3 × 5 g/Tag • Piperacillin (Pipril ® ): 3 × 2 g/Tag i. v.; als Kurzinfusion 3–4 × 4 g/Tag Kombination von Penicillinen mit β-Lactamase-Inhibitoren β

β β β-Lactamase-Inhibitoren

antibakterielle Aktivität Lactamasen irreversibel.

ABB. 33.9

blockieren plasmidvermittelten

β-

β-Lactamase-Inhibitoren.

Pharmakokinetik Clavulansäure

Sulbactam injizierbare Mischung oralen

Zubereitung

keine

Esterverbindung

Sultamicillin

β β Tazobactam

Piperacillin

Präparate, Indikationen und Dosierung

β

H.

influenzae

• Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentan ® ): 2 × 875/125 mg/Tag oral; 3 × 1000/200 mg/Tag i. v. • Ampicillin/Sulbactam (Unacid ® ): 4 × 1,5 g/Tag i. v. bis 4 × 3 g/Tag in Kurzinfusionen (Verhältnis Ampicillin/Sulbactam = 2 : 1, d. h. bei 12 g der Kombination 8 g Ampicillin/4 g Sulbactam). • Zur oralen Therapie werden 2× täglich 1–2 Filmtabletten mit 375 mg Sultamicillin (Unacid PD ® ) verabreicht; Säuglinge und Kinder erhalten 2× täglich 25 mg/kg KG. • Sulbactam (Combactam ® ): 3–4 × 0,5–1,0 g i. v./i. m. (zusammen mit Mezlocillin oder Piperacillin ). • Piperacillin/Tazobactam (Tazobac ® ): 3 × 4,5 g i. v. als Kurzinfusion. Unerwünschte Wirkungen

gastrointestinale Nebenwirkungen; cholestatischer Ikterus

reversible Leberfunktionsstörungen

33.2.2. Cephalosporine β

Cephalosporine zur parenteralen Anwendung Einteilung, Struktur

Tab. 33.9 Gruppeneinteilung der Cephalosporine zur parenteralen Verabreichung INN

Handelsname ®

Gruppenmerkmale

P. aeruginosa

E. cloacae

Pseudomonas aeruginosa

Pseudomonas aeruginosa

(nach M. Kresken, Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie)

Cephalosporine zur parenteralen Gabe. Die Oxyiminogruppe ist gelb hinterlegt. Im Ceftobiprol-Medocaril wird der grau hinterlegte Teil des Moleküls durch Esterasen im Plasma abgespalten . ABB. 33.10

Pharmakodynamik, Spektrum

β

Tab. 33.10 Wirkungsspektrum der Cephalosporine im Überblick Gruppe

Wirkungsschwerpunkt S.

Substanzname

S. pyogene s

pneumonia S. aureus e

H. influenza e

E. E. coli

P. faecali s

P. mirabili s

aeruginos a

B. fragilis

Aktivität: sehr gut: +++; gut: ++; mittel: +; schwach: ±; unzureichend: − ; IE: „insufficient evidence“ – klinische Wirksamkeit ist nicht hinreichend belegt; R: Der Anteil von Stämmen mit erworbener Resistenz liegt über 10 %.

Kein Cephalosporin ist gegen Enterokokken wirksam. β

Pharmakokinetik Präparate, Indikationen und Dosierung

Tab. 33.11 Dosierung und pharmakokinetische Parameter der Cephalosporine zur parenteralen Verabreichung INN

C max (mg/L)

Dosierung (g)

Nach intravenöser Gabe von 1 g (Ausnahmen: Cefuroxim 1,5 g, Cefepim 2 g, Ceftarolin 0,6 g, Ceftobiprol 0,5 g). In fixer Kombination mit 500 mg Tazobactam.

(Gruppe

1)

Gruppe 2

Gruppe

Gruppe 4:

3

HWZ (h)

Urin (%)

Proteinbindung (%)

Gruppe 5

Unerwünschte Wirkungen

Magen-Darm-Trakt, Veränderungen der körpereigenen Mikroflora

allergische

Cephalosporine zur oralen Anwendung Einteilung, Struktur drei Gruppen

• Cephalosporine , die hauptsächlich im grampositiven Bereich wirken und auch penicillinasebildende Staphylokokken erfassen (Gruppe 1), • Derivate, die über eine höhere Aktivität im gramnegativen Bereich verfügen (Gruppe 2), und • eine Gruppe mit weiter gesteigerter Aktivität gegen gramnegative Bakterien mit reduzierter Aktivität gegen grampositive Bakterien (Gruppe 3).

ABB. 33.11

Cephalosporine zur oralen Gabe

Pharmakodynamik, Spektrum

Reaktionen

Tab. 33.12 Wirkungsspektrum der Oralcephalosporine Cephalosporin

Wirkungsschwerpunkte S. pyogenes

S. pneumoniae

S. aureus

H. influenzae

M. catarrhalis

E. coli

Klebsiella ssp.

Proteus spp.

Serratia spp.

Aktivität: sehr gut: +++; gut: ++; mittel: +; schwache oder hohe Resistenzquoten: ±; keine: 0.

Cefalexin,

Cefadroxil

und

Cefaclor

(Gruppe

1)

E.

coli

β

β Gruppen 2 und 3 Gruppe

3

Wirkungssteigerung im gramnegativen Bereich nicht mehr

grampositive

Bakterien.

Pharmakokinetik

Tab. 33.13 Dosierung und pharmakokinetische Parameter der Oralcephalosporine Cephalosporin

Dosis (g) pro Tag

Bioverfügbarkeit (%)

® ® ®

1

®

1

®

1

® ®

Bei Nüchterneinnahme geringere Bioverfügbarkeit, bessere Resorption bei Einnahme mit dem Essen!

Cefixim

Präparate, Indikationen und Dosierung

S. aureus

Unerwünschte Wirkungen

33.2.3. Monobactame β

Handelsnamen

Dosierungen

C max (mg/L)

T max (h)

HWZ (h)

Urin (%)

Aztreonam , keine Aktivität gegen grampositive Kokkenarten

nicht gegen

Anaerobier.

Aztreonam Pharmakokinetik

ABB. 33.12

Aztreonam .

Präparate, Indikationen und Dosierung

®

P.

aeruginosa

33.2.4. Carbapeneme β sehr breites Wirkungsspektrum.

ABB. 33.13

Streptomyces cattleya

stabil gegenüber fast allen β-Lactamasen Thienamycin,

Carbapeneme .

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

grampositiven gramnegative

penicillinasebildender

Staphylokokken

Pseudomonas Anaerobier. Pseudomonas

Stenotrophomonas

maltophila

Ertapenem P. aeruginosa

Pharmakokinetik

Imipenem Cilastatin

Ertapenem

4 Stunden

Tab. 33.14 Pharmakokinetik der Carbapeneme nach einmaliger i. v. Gabe

Imipenem

Ertapenem

Meropenem

gesamt

Dosis (g) C max (mg/L) AUC (mg·h/L) T½ (h) Vd (L/kg) Proteinbindung (%) Unveränderte Elimination (%) Dosisintervall (h)

Präparate, Indikationen und Dosierungen

• akut lebensbedrohliche Hospitalinfektionen durch unbekannte Erreger, • schwere polymikrobielle Infektionen, z. B. diffus-eitrige Peritonitis, • Erreger mit Resistenz gegen andere β-Lactam-Antibiotika. Cave:

Dosierung:

• Imipenem (Zienam ® ): 3–4 × tgl. 0,5–1,0 g i. v. • Meropenem (Meronem ® ): 3 × tgl. 0,5–1,0 g i. v. • Ertapenem (Invanz ® ): 1 × tgl. 1,0 g i. v. Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

β

Va l p r o i n s ä u r e

frei

33.3. Glykopeptidantibiotika Methicillin-resistente Staphylococcus aureus(MRSA)- und Enterokokken-Stämme.

Lipoglykopeptide

Tab. 33.15 Dosierung und Pharmakokinetik der Glykopeptide im Vergleich

Glykopeptid

Handelsname (Erstzulassung)

Verabreichung, Dosierung

Elimination

Eliminationshalbwertszeit (h)

Proteinbindung (%)

„Leitfaden für medizinisches Personal“

Herkunft, Struktur Vancomycin orientalis

Streptomyces

antibakteriell entscheidenden Strukturen

Strukturformel von Vancomycin und Interaktion mit D-Ala-D-Ala . Die gestrichelten Pfeile (Orange) zeigen die Verbindungen zwischen dem Molekül des Antibiotikums und dem D-Ala-D-Ala-Rest im Lipid II, dem Baustein der Zellwandsynthese. Ein Ersatz eines Alaninrestes durch Lactose bewirkt eine Resistenz der Bakterien (NH ersetzt durch O). (Dal = Dalbavancin , Ori = Oritavancin , Tel = Telavancin ). ABB. 33.14

Unterschiede im Wirkungsmechanismus der Glykopeptide . a) Vancomycin (ohne lipophile Seitenkette) und Teicoplanin (mit lipophiler Seitenkette) treten durch die Zellwand (Peptidoglycan) eines grampositiven Bakteriums und blockieren das Lipid II (D-Ala). Im Unterschied zu Vancomycin erfolgt mit Teicoplanin eine Verankerung in der Membran. b) Dalbavancin , das eine lipophile Seitenkette besitzt, lagert sich ebenfalls in die Membran ein und es erfolgt eine Dimerisierung; es wirkt auch bei VISA (Vancomycin-intermediär resistente S. aureus -Stämme ), die eine verdickte Zellwand besitzen. c) Die Dimerisierung bei Oritavancin über einen 4-Chlorbiphenyl-Rest ist sehr ausgeprägt, es hemmt auch VRSA mit verändertem Lipid II (vgl. Text). ABB. 33.15

Telavancin

Oritavancin

Teicoplanin

Actinomyces-

(Actinoplanes teichomyceticus)

2

3

2

lipophile Eigenschaften

hohe Proteinbindung.

Dalbavancin Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum Glykopeptidantibiotika hemmen den Zellwandaufbau grampositiver Bakterien.

Quervernetzung

β-Lactam-Antibiotika die beteiligten Enzyme Formen der Resistenz:

S. aureus

Enterokokken (VRE) und auch Staphylokokken (VRSA)

Pharmakokinetik oraler Clostridium difficile intravenöser

Infusion

Proteinbindung

renal

ausgeschieden

nicht

hämodialysierbar. Präparate, Indikationen

Tab. 33.16 Übersicht über die wichtigsten Indikationen der Glykopeptide Vancomyc Teicoplan Telavanc Dalbavanc Oritavanc in in in in in

Indikation

x

x

x

x

x

x

x

x

x x x

x

x

x

x x

x durch multiresistente grampositive Erreger C. difficile ®

beatmungsassoziierten Pneumonie nur bei komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen

Dosierung Dosierungen der Glykopeptide Vancomycin, Teicoplanin, Telavancin:

Nierenfunktion

max

min

min

Dalbavancin

Oritavancin

Unerwünschte Wirkungen

1. Nephrotoxizität: Während der Therapie mit Vancomycin, Teicoplanin und Telavancin kann es zu nephrotoxischen Reaktionen kommen. Cave: Risikosteigerung bei vorgeschädigten Nieren und in Kombination mit anderen nephrotoxischen Arzneimitteln, wie Aminoglykosiden, Amphotericin B, Ciclosporin, Cisplatin oder Furosemid. Bei Behandlung mit Dabavancin und Oritavancin wurde keine Nephrotoxizität beobachtet. 2. Ototoxizität: Bei Behandlung mit Vancomycin besteht ein Risiko für ototoxische Wirkungen ( cave: Vorschädigung des Hörnervs, gleichzeitige Behandlung mit anderen ototoxischen Arzneistoffen wie z. B. Aminoglykosiden). Hörverlust und Tinnitus sind auch nach Behandlung mit Teicoplanin und Telavancin beobachtet worden. 3. QT-Intervall, Verlängerung: Telavancin verursacht eine geringe Verlängerung des QTc-Intervalls ( cave: gleichzeitige Therapie mit anderen QTverlängernden Medikamenten). 4. Überempfindlichkeitsreaktionen: Blutdruckabfall mit Hauterythem („red man’s syndrome“) bei zu schneller Infusion (< 30 min). Selten: Allergie mit anaphylaktoiden Reaktionen. 5. Lokale Reaktionen: Schmerz, Phlebitis bei zu schneller Infusion. 6. Reproduktionstoxizität: In tierexperimentellen Studien wurden teratogene Wirkungen nach Behandlung mit Telavancin bei drei Säugetierspezies beobachtet. Kontraindikationen

• Allergie, • akutes Nierenversagen, • nur aus vitaler Indikation: bei Gravidität und bestehender Schwerhörigkeit.

33.4. Fosfomycin

S. aureus- Infektionen

• der Infektionsherd pharmakokinetisch schwer erreichbar ist, • Multiresistenz des Erregers die Therapiewahl einengt, • der Patient gegen β-Lactam-Antibiotika allergisch ist. Herkunft, Struktur, physikochemische Eigenschaften Streptomyces

Wirkungsmechanismus von Fosfomycin. Fosfomycin hemmt die UDP-N-Acetylglucosamin-Enolpyruvyltransferase (MurA). Dadurch wird die Bildung von N-Acetylmuraminsäure unterbunden und die Mureinsynthese blockiert (UDP = Uridindiphosphat). ABB. 33.16

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum wirkt

nur

in

einem

Glucose-6-phosphat-haltigen

Milieu.

blockiert Fosfomycin die Pyruvyltransferase,

E.

coli,

E. coli

β

Pharmakokinetik

penetriert leicht permeiert auch

die

intakte

Blut-Liquor-Schranke. kaum an Protein gebunden, kaum metabolisiert unverändert mit dem Urin ausgeschieden. gut dialysabel. Präparate, Indikationen, Dosierung

®

Fosfomycin-trometamol

®

Unerwünschte Wirkungen

• Exanthem • Leberenzymerhöhungen • Kopfschmerzen +

Cave: +

33.5. Aminoglykosidantibiotika Streptomycin,

M.

tuberculosis

P. aeruginosa β Herkunft, Struktur, physikochemische Eigenschaften Streptom y cesM i cromonospora-

y

y

i

2

basische

nukleophile 3

ABB. 33.17

+

Strukturformel eines typischen Aminoglykosids (Tobramycin) .

Pharmakodynamik, Wirkungsmechanismen

Bakterien,

nicht nur auch

Poren in der äußeren Membran von gramnegativen direkt β

2+

2+

ABB. 33.18

Aminoglykosidpenetration in gramnegative Bakterien .

+

2

3

+

+

Bei anaerobem Stoffwechsel

sind

alle

Bakterien

aminoglykosidunempfindlich.

Sepsis

„Nonsense-Proteine“ konzentrationsabhängige

Bakterizidie

β

„postantibiotischer

Effekt“

„transitorische

Resistenz“

„first exposure effect“

Konzept der „Einmal-täglich-Dosierung“

Wirkungsspektrum

breites Spektrum von Bakterien sensibel MHK 1 mg/L. S. aureus,

mäßig

sensibel

Gentamicin oder Tobramycin.

bis

resistent

P.

aeruginosa

Amikacin

Aminoglykosid-modifizierende 2

3

Parallelresistenz

Gentamicin

Tobramycin

+

P. aeruginosa

Amikacin

Angriffspunkte verschiedener bakterieller Enzyme, die in der Lage sind, Aminoglykoside zu inaktivieren. Durch die Fähigkeit zu diesen Reaktionen werden die entsprechenden Erreger resistent. Es handelt sich um Acetyltransferasen (AAC) , Adenyltransferasen (AAD) und Phosphotransferasen (APH) . In der Abbildung sind die Angriffspunkte einiger dieser Enzyme angegeben. Die Moleküle der Aminoglykoside sind in unterschiedlichem Ausmaß vor dem Angriff dieser Enzyme geschützt, d. h., es besteht nur eine partielle Kreuzresistenz. Die Abbildung zeigt, dass Amikacin nur von relativ wenigen Enzymen verändert werden kann. Es ist also noch wirksam, wenn ein bestimmter Erreger gegen andere Antibiotika dieser Gruppe bereits resistent ist. ABB. 33.19

Pharmakokinetik

nicht

resorbiert

nicht gebunden.

Metabolisierung

an Plasmaproteine

nicht. renal

eliminiert. 1,5–2 Stunden

Mittlere Plasmaspiegel nach einmaliger i. m. Injektion von 1 mg/kg Gentamicin und Tobramycin sowie von 5 mg/kg Amikacin . ABB. 33.20

Drug Monitoring

Hämodialyse

Präparate, Indikationen und Dosierung Ältere Aminoglykoside Streptomycin

®

Dosierung: Paromomycin

®

®

Neuere Aminoglykoside

®

®

parenteralen Behandlung Kombination

septischer Infektionen, mit β-Lactam-Antibiotika

β

Pseudomonas.

β

cave:

cave: Dosierung:

Einmal-täglich-Dosierung

gesamte („postantibiotischer

Tagesdosis

auf

einmal

Effekt“)

vorbeugenden Maßnahmen zur Vermeidung toxischer Wirkungen

ABB. 33.21

Vorbeugende Maßnahmen gegen toxische Nebenwirkungen von Aminoglykosidantibiotika .

Lokale Anwendung

• Neomycin, Kanamycin (Kanamytrex Augentropfen ® ): in diversen Salben, Tropfen, Pudern u. a. Präparationen, oft zusammen mit anderen Wirkstoffen, zur lokalen topischen Behandlung; trotz im Allgemeinen geringen Sensibilisierungsrisikos ist strenge Indikationsstellung anzuraten ( cave: Toxizitätsrisiken bei langfristiger lokaler Therapie!). • Gentamicin wird in Trägermaterialien eingebracht, z. B. in sog. Knochenzemente, und findet in dieser Form Anwendung bei Problemsituationen in der Knochenchirurgie (Septopal ® -Ketten). Unerwünschte Wirkungen

therapeutische Breite

gering!

Dauer

der

Behandlung,

Dosierung nach der Nierenfunktion

• Nephrotoxizität: Aminoglykoside werden in die proximalen Tubuluszellen aufgenommen und akkumulieren dort in den Lysosomen. Die aminoglykosidinduzierte (meist reversible) Nierenfunktionseinschränkung verlangsamt die weitere Aminoglykosidausscheidung. • Ototoxizität: Am Innenohr führt schon ein geringer Aminoglykosidübertritt in die Haarzellen zum irreversiblen Verlust der Sinneshärchen. Es kommt zu Gleichgewichtsstörungen und zum im Hochtonbereich beginnenden Hörverlust. • Neuromuskuläre Blockaden: In hohen Konzentrationen besitzen Aminoglykoside neuromuskulär blockierende Eigenschaften. • Allergische Reaktionen treten bei parenteraler Behandlung in < 1 % der Fälle auf, bei topischer Anwendung etwas häufiger. Interaktionen/Inaktivierungen

• Zunahme der Nephrotoxizität durch andere Arzneimittel mit nephrotoxischem Potential: – Schleifendiuretika, z. B. Furosemid, – Immunsuppressiva, z. B. Ciclosporin, – Chemotherapeutika, z. B. Amphotericin B, Vancomycin u. a. • Verstärkung einer neuromuskulär blockierenden Wirkung durch Muskelrelaxantien, z. B. d-Tubocurarin, Suxamethonium, Pancuronium. • Inaktivierungen bei Zumischung von Aminoglykosiden zu Infusionslösungen von β-Lactam-Antibiotika. Kontraindikationen

• Gravidität • Aminoglykosid-Allergie • Vorschädigungen des Innenohrs • strenge Indikation bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz. Cave:

33.6. Makrolidantibiotika Herkunft, Struktur, physikochemische Eigenschaften Erythromycin

Streptomyces

Makrolide und verwandte Antibiotika (Pfeile markieren die Unterschiede zwischen den Substanzen) . Die Grundstuktur des Fidaxomicins besteht aus einem 18-gliedrigen Lactonring. Die Makrolide (z. B. Erythromycin) besitzen überwiegend einen 14-gliedrigen Lactonring. ABB. 33.22

bei saurem pH

instabil.

erythreus

synthetisch hergestellten Makrolide

Derivate des Erythromycins A, Roxithromycin Clarithromycin

Azithromycin

Spiramycin. Fidaxomicin

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

behindern Proteinsyntheseprozess

Bakteriostase. Makrolide

weitgehende

Parallelresistenz.

Lincosamide

Resistenz

Wirkungsspektrum

• grampositive Bakterien (gegen Staphylokokken weniger aktiv als Lincosamide; Nocardien sind resistent), • gramnegative Bakterien der Gattungen: Neisseria, Haemophilus, Bordetella, Legionella, Brucella und Anaerobier (gegen Bacteroides weniger aktiv als Lincosamide), • zellwandlose: Mykoplasmen, Chlamydien, Rickettsien, • schraubenförmige: Treponemen, Borrelien, Campylobacter. häufige Erreger bakterieller Atemwegsinfektionen Erythromycin, Roxithromycin

sexuell übertragbarer Infektionen. Clarithromycin

H. influenzae H. influenzae,

Azithromycin

Tab. 33.17 In-vitro-Aktivität von Erythromycin im Vergleich mit neueren Makrolidantibiotika Erreger

Erythromycin

Roxithromycin

Clarithromycin

Azithromycin

Streptococcus pyogenes Streptococcus pneumoniae Staphylococcus aureus Moraxella catarrhalis Haemophilus influenzae Legionella Chlamydia trachomatis Mycoplasma pneumoniae Aktivität: sehr gut: +++; gut: ++; mittel: +; schwach oder hohe Resistenzquoten: ±.

Fidaxomicin

C. difficile. Pharmakokinetik

Tab. 33.18 Pharmakokinetik und Interaktionen von Makrolidantibiotika C max AUC Dosis Säurest Halbwertsz Einfluss von Nahrung (m (mg/L· abilit Bioverfügbarkeit (%) (mg eit (h) auf die Resorption g) h) ät /L)

Arzneistoff

Clarithromycin

Interaktionen mit Cytochrom-P 450 Enzymen

Roxithromycin Azithromycin

intravenöser Erythromycingabe

verteilen penetrieren

Azithromycin

gut in die Gewebe, auch

in

Phagozyten

plazentagängig

in unveränderter eliminiert.

größtenteils in der Leber verstoffwechselt Form

biliär

Präparate, Indikationen und Dosierung Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin und Azithromycin

• gegen hämolysierende A-Streptokokken , z. B. bei Scharlach, Tonsillitis, Erysipel, Prophylaxe des rheumatischen Fiebers (alternativ zu Penicillin), • eitrige Infektion der oberen und unteren Atemwege (außerhalb der Klinik erworben), z. B. Otitis media, Sinusitis, Tracheobronchitis, Pneumonie (alternativ zu Aminopenicillinen), • Keuchhusten (Therapie und Umgebungsprophylaxe), • Diphtherie (auch Ausscheidersanierung) (alternativ zu Penicillin), Listeriose (alternativ zu Ampicillin), • interstitielle (nichtvirale) Pneumonie durch Mykoplasmen, Chlamydien, Rickettsien (alternativ zu Tetracyclinen), • nichtgonorrhoische Urethritis u. a. sexuell übertragbare Infektionen durch Mykoplasmen und Chlamydien; Einschlusskörperchenkonjunktivitis einschließlich Trachom (alternativ zu Tetracyclinen); • Legionellapneumonien (in schweren Fällen in Kombination mit Rifampicin), • Campylobacter jejuni- Enteritis (bei schwerer Verlaufsform), • zur Beseitigung von H. pylori in Kombination mit einem zweiten Antiinfektivum und einem Protonenpumpeninhibitor bei Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi, • Lues und Gonorrhö (bei Penicillinallergie). Erythromycinstearat (Ery500–1A Pharma

®

), Erythromycinethylsuccinat (Erythrocin ® 500Neo, Paediathrocin ® )

Erythromycinestolat (Infectomycin ® )

Erythromycinlactobionat (Erythrocin ® i. v.)

Roxithromycin (Rulid ® ) Clarithromycin (Biaxin HP ® , Klacid ® , Klacid ® i. v.) Azithromycin (Zithromax ® , Zithromax ® i. v.)

3

Tage

Einmaltherapie

Spiramycin (Selectomycin ® , Rovamycine ® )

Fidaxomicin (Dificlir ® )

Unerwünschte Wirkungen

akuten Toxoplasmose in der Schwangerschaft

C. difficile

Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen: Durch Makrolide kann es zum reversiblen cholestatischen Ikterus mit Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, leichtem Fieber und Transaminasenerhöhung kommen. Störungen der Darmflora verursachen Meteorismus und gelegentlich Durchfälle. Erythromycin bindet an den Motilinrezeptor und bewirkt so eine Förderung der gastrointestinalen Peristaltik und koordiniert die motorischen Aktivitäten des Magens und Duodenums (es kann daher als „Prokinetikum“ angewandt werden). • Allergische Reaktionen sind selten. • Zentralnervöse Störungen wie Kopfschmerzen oder Schwindel können vorkommen. • Teratogenität: Tierexperimentell ergaben sich mit Clarithromycin anders als bei anderen Makroliden Hinweise auf ein teratogenes Potential. Direkt vergleichende Untersuchungen liegen aber nicht vor. • Die i. v. Gabe der Infusionslösungen führt zu Thrombosen, u. U. zu Thrombophlebitis. • Vor allem bei i. v. Gabe kann es zu einer Verlängerung des QT-Intervalls im EKG kommen; damit besteht ein Risiko für ventrikuläre Tachykardien (Torsades de pointes). Interaktionen Hemmung von Cytochrom P 4 5 0

Clarithrom ycin Erythromycin Roxithromycin

Azithromycin

keine

Beeinflussung

450

Kontraindikationen

• Stillzeit (Übertritt in Muttermilch) • Allergie (Unverträglichkeitsreaktion) • Gleichzeitige Gabe von QT-verlängernden Arzneistoffen, wie z. B. Terfenadin oder Pimozid, wegen des Risikos von Tachykardien (Torsades de pointes)

33.7. Lincosamide (Clindamycin) Herkunft, Struktur Lincomycin Clindamycin Lincomycin

Streptomyces lincolnensis

ABB. 33.23

Clindamycin

Clindamycin (7-Chlorlincomycin).

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

Störung der Proteinsynthese Bakteriostase.

Bacteroides

grampositive nur anaerob wachsende gramnegative Stäbchen, Clindamycin

fragilis-

Bakterien, aktiver

Pharmakokinetik rasch resorbiert. gut gewebegängig,

Liquorraum Plasmahalbwertszeit

unzureichend. 2–3 Stunden

Präparate, Indikationen und Dosierung Clindamycin (Sobelin ® )

1. bei Penicillin/Cephalosporin-Allergikern mit Furunkulose, Spritzenabszess, Erysipel, Tonsillitis usw., 2. bei akuten Infektionen mit (potentieller) Anaerobierbeteiligung (Peritonitis, Adnexitis, Leberabszess, beginnende Aspirationspneumonie u. Ä.) in Kombination mit anderen Antibiotika,

3. bei Infektionen der Knochen und Gelenke, 4. zur Endokarditisprophylaxe bei Penicillinallergie vor Dental-, HNO-, Bronchialeingriffen bei Patienten mit vorgeschädigten Herzklappen (Endokarditisrisiko!): einmalig 10–15 mg Clindamycin/kg KG, ca. 30–60 min vor dem Eingriff oral.

Unerwünschte Wirkungen

• Diarrhö durch Beeinträchtigungen der physiologischen anaeroben Darmflora (5–20 %). Nach Clindamycintherapie kann eine schwere pseudomembranöse Enterokolitis auftreten. Diese Komplikation kommt auch nach anderen Antibiotikatherapien vor (sog. Antibiotika-assoziierte Kolitis, AAC) , vor allem bei künstlich ernährten (Intensiv-)Patienten. Ursächlich ist die Anreicherung des gegen Lincosamide und viele andere Antibiotika resistenten C. difficile im Darm, wenn die physiologische residente Flora zu stark dezimiert wird. C. difficile bildet mucosaschädigende Enterotoxine ( ). Zur Therapie werden Metronidazol oder Vancomycin 4 × 250–500 mg/Tag oral oder Fidaxomicin angewandt. • Gelegentlich steigen unter Clindamycin die Bilirubin- und Leberenzymwerte im Blut. • Überempfindlichkeitsreaktionen verlaufen meist mit masernähnlichem Exanthem, Juckreiz und/oder arzneimittelbedingtem Fieber (sehr selten schwere Allgemeinreaktionen im Sinne des Stevens-Johnson-Syndroms). • Hämatologische Störungen: Unter (längerer) Therapie mit Clindamycin sind Thrombozytopenie, Leukopenie u. a. Blutbildveränderungen möglich. • Bei zu schneller Infusion von Clindamycin können Nausea, Herzrhythmusstörungen und Blutdruckabfall auftreten. Interaktionen

Kontraindikationen

• Allergie gegen Lincomycin/Clindamycin • Stillzeit (hohe Übertrittsrate in die Muttermilch) • Clindamycin-Injektionslösungen (wegen Gehalt an Benzylalkohol) bei Neugeborenen und unreifen Frühgeborenen • Sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung bei Patienten mit vorbestehenden chronischen Darmerkrankungen

33.8. Tetracycline und Glycylcycline Herkunft, Struktur Streptomyces-

Tetracycline. Grundstruktur und Substituenten. Die Pfeile weisen auf Unterschiede zur Struktur des Tetracyclins hin. ABB. 33.24

Tigecyclin im Vergleich zu Minocyclin . Die Strukturformel von Tigecyclin (ein Glycylcyclin) besitzt große Ähnlichkeit mit der von Tetracyclinen, es handelt sich um ein tertButylglycylamido-Derivat des Minocyclins. Der Substituent bewirkt die Aktivität auch gegen tetracyclinresistente Erreger. ABB. 33.25

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum hemmen

die

Proteinsynthese

Tetracycline

(P.

Proteus

Providencia, P. aeruginosa

acnes),

Serratia marcescens

Resistenz

Glycylcycline

S. E.

aureus

faecalis

E.

coli

erworbene Resistenz der Tetracycline

Tigecyclin

Pharmakokinetik

Tab. 33.19 Pharmakokinetische Eigenschaften von Tetracyclinen und Tigecyclin

Internationaler Freiname

Dosis (mg)

Enterale Resorption (%)

C max (mg/L)

Plasmahalbwertszeit Plasmaproteinbindung (h) (%)

Urinausscheidung (%)

auch gegen intrazellulär

Liquorgängigkeit

ist

dagegen

unregelmäßig in der Leber an Glucuronsäure gekoppelt Doxycyclin

Tigecyclin

Minocyclin.

r e n a l

ausgeschieden.

Indikationen (Tetracycline)

1. Atemwege: akute Exazerbation einer chronischen Bronchitis durch sensible Stämme von H. influenzae , Pneumokokken u. a. Erregern (Cave: regional unterschiedliche Resistenzhäufigkeit der relevanten Erreger); atypische Pneumonien durch Mycoplasma pneumoniae , Chlamydia - Spezies oder Coxiella burnetii (Q-Fieber). 2. Harnwege: nichtgonorrhoische Urethritis durch Chlamydia trachomatis, Mykoplasmen/Ureaplasmen. 3. Haut: Acne vulgaris ; Lyme-Borreliose . 4. Darm: Cholera , Yersiniose. 5. Weitere Indikationen: chlamydienbedingte Pelveoperitonitis und Salpingitis; Morbus Whipple ; Actinomykose (bei Penicillinallergie), Brucellose , Leptospirose, Tularämie, Rickettsiosen , Melioidosis, Pest, Trachom , Malaria durch Chloroquin-resistente Plasmodien . Präparate und Dosierungen Doxycyclin

oral (diverse

Generika)

Dosierung: am ersten Tag 200 mg

100 mg

Doxycyclin

Doxycyclin

intravenös

(Doxycyclin-ratiopharm ®

S F )

Minocyclin (diverse Generika) Tetracyclin-HCl (diverse Generika) Oxytetracyclin (z. B. Oxytetracyclin-Augensalbe ® ) Chlortetracyclin

(Aureomycin

Augensalbe ®

)

Indikationen (Tigecyclin)

Präparate, Dosierung ®

Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen sind die häufigsten unerwünschten Wirkungen der Tetracycline . Durch Reizung der Darmwand und Störung der physiologischen Darmflora können Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle (selten pseudomembranöse Enterokolitis) und Candidabefall des Magen-Darm-Trakts (Soor) resultieren. Tigecyclin kann zu ähnlichen Nebenwirkungen wie andere Tetracycline führen; es verursacht sehr häufig gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen. • Fototoxizität: An belichteter Haut können sich Fotodermatosen mit Erythemen und urtikariellem Ödem, evtl. Restpigmentierung und Nagelablösung manifestieren. Daher keine Sonnenbäder während einer Tetracyclintherapie! • Leberfunktionsstörungen: Bei Überdosierung von Tetracyclinen, Kumulation der renal eliminierten Derivate bei Niereninsuffizienz oder Kombinationsbehandlung mit anderen hepatotoxischen Substanzen kann eine fettige Degeneration der Leber resultieren. Eine Pankreatitis und nephrotoxische Schäden können begleitend auftreten. Bei einer Behandlung mit Tigecyclin wurde häufig eine Erhöhung der Transaminasen beobachtet. Fälle von Leberschäden, vorwiegend mit cholestatischem Verlauf, wurden berichtet. • ZNS-Störungen: Kopfschmerz, Übelkeit, Fotophobie, Ataxie, Schwindel (besonders nach Minocyclin; häufiger bei Frauen), selten intrakranialer Druckanstieg mit Papillenödem. • Allergien und lokale Reizerscheinungen: Allergische Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie sind sehr selten. Phlebitis und Kreislaufstörungen sind bei zu rascher i. v. Injektion möglich. Kapseln und Tabletten sollten mit genügend Flüssigkeit eingenommen werden, um Ulzerationen der Ösophagusmucosa vorzubeugen.

• Weitere unerwünschte Wirkungen: Diverse Blutbildveränderungen, erhöhte Rest-N-Werte (Harnstoff), Creatininanstieg, Proteinurie u. a. reversible Stoffwechselstörungen sind beobachtet werden. Nach längerer Minocyclin -Behandlung sind schwärzliche Verfärbungen der Nägel, eine schwarze Haarzunge und Schilddrüsenverfärbungen beschrieben worden. Interaktionen

• Mit bi- und trivalenten Kationen, vor allem Ca 2+ , Mg 2+ , Al 3+ und Fe 3+ , bilden Tetracycline und Glycylcycline schwer lösliche Chelate. Doxycyclin hat die geringste Affinität zu Calcium. Die Resorption der Tetracycline aus dem Magen-DarmTrakt wird insbesondere durch mineralische Antazida und eisenhaltige Präparate vermindert. Umgekehrt vermindern Tetracycline die Bioverfügbarkeit von Eisen. Deshalb soll jede Begleitmedikation bei der Therapie mit Tetracyclinen zeitlich deutlich (2–3 h) abgesetzt erfolgen. • Interferenzen mit oral eingenommenen Antikoagulantien müssen durch Gerinnungskontrollen überwacht werden. Bei gleichzeitiger Gabe von Tigecyclin und Warfarin waren die Plasmakonzentrationen von R- und S-Warfarin (AUC-Werte) um 68 % bzw. 29 % erhöht, bei gleichzeitiger Gabe ist eine Überprüfung der INR ratsam. • Barbiturate, Carbamazepin und Phenytoin können über Enzyminduktion den Abbau der Tetracycline beschleunigen. • Bei Tetracyclintherapie kann der Schutz vor einer Schwangerschaft durch orale Kontrazeptiva reduziert sein. Kontraindikationen

• Knochen- und Zahnschäden begründen die Kontraindikation der Tetracycline während der Schwangerschaft (Odontogenese in den letzten 4 Monaten) und bei Kindern unter 9 Jahren (bis nach der 2. Dentition). Ablagerungen von Tetracyclin-Calcium-Orthophosphat-Chelaten in Knochenwachstumszonen und im Zahnschmelz können das Wachstum beeinträchtigen und Verfärbungen in den Zähnen mit erhöhter Kariesanfälligkeit nach sich ziehen. Tigecyclin ist für Patienten unter 18 Jahren nicht zugelassen. • Myasthenia gravis (bei parenteralem Einsatz Mg 2+ -haltiger Tetracycline: z. B. Doxycyclin-ratiopharm ® SF). • Tetracyclin-Allergie.

33.9. Chloramphenicol

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Wirkungsspektrum

Salmonella

typhi Resistenz

ABB. 33.26

Chloramphenicol-Metabolismus beim Menschen und Veränderung des Moleküls durch Bakterien.

70–90 % in der Leber glucuronidiert.

Präparate, Indikationen, Dosierung

®

Unerwünschte Wirkungen hämatotoxisch

neurotoxisch Grey-Syndrom

33.10. Oxazolidinone Herkunft, Struktur

Strukturformeln von Linezolid und Tedizolid . Der Oxazolidinonring ist farbig unterlegt. Im Pro-Drug Tedizolid-Phosphat ist die Hydroxymethylgruppe (Pfeil) mit Phosphorsäure verestert. ABB. 33.27

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

verhindern die Bildung eines funktionstüchtigen Initiationskomplexes

grampositive

Erreger. MRSA Tedizolid

In-vitro-Aktivität Linezolid-resistente

grampositive

Erreger

Resistenz gegen Resistenz,

Gramnegative

Erreger

H.

Tedizolid.

influenzae

Pharmakokinetik

oraler Gabe vollständig

Tab. 33.20 Pharmakokinetische Parameter von Tedizolid und Linezolid Linezolid

Tedizolidphosphat

max ½

D

Metabolismus:

4 5 0

Präparate, Indikationen und Dosierung Linezolid

®

Pneumonie Hautund Weichgewebeinfektionen Dosierung: Tedizolid

®

Haut- und Weichgewebeinfektionen

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen (Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen). • Veränderte Leberfunktionstests (Anstieg der Transaminasen). • Lactatazidose (bisher mit Tedizolid nicht beobachtet). • Kopfschmerzen . • Exantheme, Pruritus. • Myelosuppression (Anämie, Thrombozytopenie, Leukopenie, Panzytopenie). Oxazolidinone besitzen ein hämatotoxisches Potential; das Risiko für Blutbildveränderungen steigt mit der Behandlungsdauer. Eine wöchentliche Blutbildkontrolle ist angezeigt, um hämatologische Änderungen (Thrombozytopenie!) rechtzeitig zu erkennen. Tedizolid (1 × 200 mg/Tag) verursacht im direkten Vergleich zu Linezolid (2 × 600 mg/Tag) seltener Blutbildveränderungen, es wurde in der klinischen Prüfung jedoch nur maximal 6 Tage angewandt. • Periphere und optische Neuropathie, manchmal progredient bis zum Verlust des Sehvermögens, vor allem nach längerer Behandlungsdauer mit Linezolid von mehr als 4 Wochen. • Linezolid vermindert die Fertilität männlicher Ratten und verursacht morphologische Veränderungen der Spermien bei Expositionen, die den beim Menschen zu erwartenden Werten entsprechen.

Interaktionen Hemmstoffe der Monoaminoxidase. Serotonin-Syndrom cave:

33.11. Lipopeptide (Daptomycin) Herkunft, Struktur zyklisches

Lipopeptid;

Daptomycin . Es handelt sich um eine zyklische Peptidstruktur aus insgesamt 13 Aminosäuren, von denen einige nicht in Proteinen vorkommen, wie z. B. Kynurinin (Kyn), Ornithin (Orn) oder 3-Methylglutaminsäure (MeGlu). Zwei Aminosäuren liegen in der D-Konfiguration vor (D-Alanin und D-Serin). Neben dem methylierten Glutaminsäurerest verleihen drei Asparaginsäurereste dem Molekül saure Eigenschaften. Diese Strukturanteile sind vermutlich für die Bindung von Ca 2+ -Ionen bedeutsam und damit für die antibakterielle Aktivität. Das N-terminale Ende ist mit einem n-Decanoylfettsäure-Rest verbunden (Pfeil). Dieser Bereich dringt in die Zytoplasmamembran der Erreger ein und ist ebenfalls essenziell für die antibakterielle Wirkung. ABB. 33.28

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum bakterizid.

Zytoplasmamembran Ionenkanäle.

grampositive Bakterien S.

gegen multiresistente grampositive Erreger, aureus

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

• Gastrointestinale Symptome (Obstipation, Übelkeit). • Reaktionen an der Injektionsstelle. • Myopathie: Im Tierexperiment wurden toxische Wirkungen auf die Skelettmuskulatur beobachtet. Während der Therapie kann es zu erhöhten Creatinphosphokinase(CPK)-Werten kommen. Eine regelmäßige Überwachung der Patienten auf Anzeichen einer Myopathie und eine Kontrolle der CPK-Werte einmal pro Woche wird bei einer Therapie mit Daptomycin allgemein empfohlen. Eine gleichzeitige Behandlung mit anderen Arzneimitteln, die eine Myopathie auslösen können (z. B. Statine), sollte während der Therapie mit Daptomycin ausgesetzt werden. • Aufgrund der überwiegend renalen Elimination von Daptomycin muss bei gleichzeitiger Gabe von Arzneimitteln, die die renale Filtration vermindern (nichtsteroidale Antirheumatika, COX-2-Hemmer), mit erhöhten Plasmaspiegeln von Daptomycin gerechnet werden. Präparate, Indikationen und Dosierung ®

S. aureus

33.12. Colistin Herkunft, Struktur

Pro Drug

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik reagiert mit Phospholipidkomponenten der Zytoplasmamembran, beeinträchtigt die Membranfunktion bakterizid. gute Aktivität gegen P. aeruginosa Enterobacteriaceae , Proteus-

Präparate, Indikationen, Dosierungen

eingeschränkter Nierenfunktion

Orale

Gaben

zur

selektiven

Darmdekontamination: ®

Aerosoltherapie bei Atemwegsinfektionen

P.

aeruginosa

®

Unerwünschte Wirkungen

• Nierenfunktionsstörungen, e twas seltener Nierenversagen, • neurotoxischen Effekten wie Parästhesie im Bereich des Gesichts, Muskelschwäche, Schwindel, undeutliche Sprache, vasomotorische Instabilität, Sehstörungen, Verwirrtheit, Psychose und Apnoe und • Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautausschlag und Angioödem.

33.13. Chinolone Herkunft, Struktur

Fluorchinolone

ABB. 33.29

Chemische Struktur einiger Fluorchinolone .

Ciprofloxacin,

Levofloxacin

M o x if lo x a c i n

Position 3 und 4

2+

2+

Fluor in Position 6

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum bakteriellen Topoisomerasen Topoisomerase Topoisomerase IV

bakterizid. II

Topoisomerase

II

„supercoils“,

negative

A) Entfaltetes bakterielles Chromosom ohne „Überhelices“; B) Gyrase bildet „Überhelix“; C) durch „Überhelices“ verdichtetes bakterielles Chromosom . ABB. 33.30

Topoisomerase

IV

Trennung von zwei verbundenen DNA-Molekülen nach der Replikation

Fluorchinolone

Mutationen

gyrA

gyrB, Resistenz gegen

Chinolone.

Plasmiden qnr

nicht

Tab. 33.21 Antibakterielles Spektrum und Indikation der gebräuchlichen Chinolone Chinolon Antibakterielles Spektrum in vitro (soweit (Handelsname) therapeutisch relevant) Gramnegative Bakterien

Indikationen (lt. Fachinfo)

cave:

cave: E. coli ®

P. aeruginosa cave: N. gonorrhoeae

Haemophilus influenzae Legionella pneumophila grampositive Bakterien

(P.

andere Erreger: Mycoplasma pneumoniae Chlamydophila pneumoniae Chlamydia trachomatis

aeruginosa!)

N. meningitidis

Gramnegative Bakterien:

®

P. aeruginosa Grampositive Bakterien:

andere Erreger: Mycoplasma pneumoniae Chlamydophila pneumoniae Chlamydia trachomatis

cave: E. coli

Gramnegative Bakterien:

®

Haemophilus influenzae Legionella pneumophila Grampositive Bakterien:

Gute Aktivität gegen Anaerobier andere Erreger: Mycoplasma pneumoniae Chlamydophila pneumoniae Chlamydia trachomatis

Pharmakokinetik

cave: gonorrhoeae

N.

oraler

Gabe

hohe Verteilungsvolumen. β

gute Gewebegängigkeit

intrazelluläre Anreicherung

Tab. 33.22 Pharmakokinetische Daten der Fluorchinolone Fluorchinolon

Dosis (mg)

C max

tH

Bioverfügbarkeit (%)

AUC

Renale Ausscheidung (%)

= kumulativer prozentualer Anteil der Dosis im Urin nach 24 Stunden. C max = Spitzenkonzentration (mg/L). t H = Eliminationshalbwertszeit (h). AUC = Fläche unter der Kurve (mg × h/L).

Pharmakokinetische Eigenschaften der einzelnen Fluorchinolone

• Ciprofloxacin wird in unveränderter Form renal (ca. 40 % nach oraler, ca. 60 % nach i. v. Gabe), biliär (ca. 1–5 %) und zu etwa 15 % auch transintestinal (durch direkte Sekretion in den Darm) ausgeschieden. Wegen der extrarenalen Ausscheidungswege ist bei Nierenfunktionseinschränkung keine Dosisreduktion erforderlich. • Levofloxacin und Ofloxacin werden fast ausschließlich renal ausgeschieden. Bei Nierenfunktionseinschränkung ist eine sorgfältige Dosisanpassung geboten, Hämodialyse (11 %) und Peritonealdialyse (ca. 2 %) sind praktisch nicht eliminierend wirksam. • Moxifloxacin wird überwiegend hepatisch eliminiert (Glucuronidierung, Sulfatierung). Eine Anassung der Dosierung bei Niereninsuffizienz ist nicht erforderlich. • Enoxacin: Bei einer Creatinin-Clearance < 30 ml/min soll die Tagesdosis halbiert werden. Dialysierbarkeit ist praktisch nicht gegeben. • Norfloxacin: Bei Nierenfunktionseinschränkung mit einer Creatinin-Clearance < 30 ml/min ist eine Halbierung der Tagesdosis angezeigt. Präparate, Indikationen und Dosierung

E. coli

Enterobacteriaceae

Resistenzrate

E.-coli

Indikationen

Pädiatrie Jugendlichen

• Ciprofloxacin (Ciprobay ® ): 2–3 × 400 mg/Tag in Infusionen, 2 × 250–750 mg/Tag oral

Behandlung von Kindern und Pseudomonas-

• Ofloxacin (Tarivid ® ): 2 × 200 bis 2 × 400 mg/Tag oral/i. v. • Levofloxacin (Tavanic ® ): 1–2 × 250–500 mg/Tag oral/i. v. • Moxifloxacin (Avalox ® ): 1 × 400 mg/Tag oral/i. v. Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen (bis zu 15 %): Nausea, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Diarrhöen. Fälle von C. difficile -assoziierter Diarrhö (CDAD) wurden in den vergangenen Jahren vermehrt im Zusammenhang mit einer Chinolontherapie beschrieben. • Neurotoxische Wirkungen: erhöhte Erregbarkeit, Unruhe, Schlafstörungen, Benommenheit, Schwindel. Schwere neurotoxische Symptome (Verwirrtheit, Halluzinationen, Krämpfe) sowie psychotische Reaktionen sind selten. Es ist dringend angezeigt, die Patienten vorsorglich auf mögliche Beeinträchtigungen der Reaktionsfähigkeit hinzuweisen! Die ursächlichen Mechanismen sind unklar (Rezeptorinteraktionen, z. B. an den GABA- oder NMDA-Rezeptoren im ZNS). • Symptome einer Polyneuropathie (sensorische Störungen, Muskelschwäche etc.) können auftreten. Die Behandlung sollte dann abgebrochen werden, um einer irreversiblen Schädigung vorzubeugen. • Allergische Reaktionen: gelegentlich Hautausschlag, Juckreiz, Urtikaria (selten). • Fototoxizität: Die Fluorchinolone sind im UV-Licht in unterschiedlichem Ausmaß labil. Die Degradationsprodukte (Radikale!) führen dosisabhängig zur Fotosensibilisierung. Bei Behandlung mit Fluorchinolonen sollte direkte Exposition mit UV-Licht vermieden werden (Höhensonne, Solarium). • Störungen der Hämatopoese (< 1 %): selten bis sehr selten Eosinophilie, Thrombozytopenie (petechiale Blutungen), Anämie, Leukopenie bis Agranulozytose. • Kardiotoxizität: Bei üblichen Dosierungen lassen sich geringe Veränderungen im EKG (QT-Zeit-Verlängerung) nachweisen. Bei gleichzeitiger Gabe anderer Substanzen mit ähnlicher Wirkung oder angeborenen Störungen der Reizleitung besteht ein Risiko für Arrhythmien (Torsades de pointes). • Muskel- und Gelenkbeschwerden (Arthropathien): Chinolone schädigen den unreifen Gelenkknorpel und verändern die Wachstumsfuge bei juvenilen Tieren in bestimmten Wachstumsphasen. Pathogenetisch scheint diese Wirkung mit den chelatbildenden Eigenschaften zusammenzuhängen. Da die Effekte schon bei niedrigen Expositionen auftreten können, sind Chinolone bei Kindern und Jugendlichen bis zum Abschluss der Wachstumsphase sowie bei Schwangeren und Stillenden kontraindiziert (Ausnahmen: s.o. Indikationen für Ciprofloxacin). Erfahrungen beim Menschen: Umfangreiche Erfahrungen mit Ciprofloxacin haben bei jugendlichen Mukoviszidosepatienten gezeigt, dass offenbar bei Behandlung mit diesem Chinolon kein ausgeprägtes Risiko für Knorpelschäden besteht. • Im Zusammenhang mit einer Chinolon-Behandlung sind Tendopathien ( Tendinitis, Ruptur der Achillessehne ) beobachtet worden, die zum Teil erst einige Wochen nach Absetzen der Präparate auftraten. Sie wurden überwiegend (aber nicht ausschließlich) bei Patienten mit einem Lebensalter von > 65 Jahren beschrieben; die gleichzeitige Therapie mit Glucocorticoiden erhöht das Risiko. Interaktionen

• Mineralische Antazida (Ca 2+ /Mg 2+ /Al 3+ -haltig) und andere Arzneimittel, die zwei- oder dreiwertige Metallionen enthalten (z. B. Fe 2+ , Zn 2+ ) reduzieren die Bioverfügbarkeit von Chinolonen um bis zu 90 % (Bildung von Chelatkomplexen). • Einige Chinolone sind Inhibitoren des Cytochrom-Enzyms CYP 1A2 (Enoxacin > Ciprofloxacin > Norfloxacin). Die Elimination anderer Substanzen wird daher verzögert (Theophyllin, Coffein, Ropinirol, Clozapin und Tizanidin). Ciprofloxacin führte z. B. zu einem deutlichen Anstieg der Serumkonzentrationen von Tizanidin (bis zu 24-facher Anstieg der AUC-Werte). • In Kombination mit steroidalen und nichtsteroidalen Antiphlogistika (z. B. Fenbufen) werden verstärkt Übererregbarkeitsreaktionen und Krampfanfälle beobachtet (z. B. nach Enoxacin). • Bei gleichzeitiger Gabe von Digoxin und Gatifloxacin oder Moxifloxacin wurden im Plasma von einigen Patienten erhöhte Digoxinspiegel gemessen. Kontraindikationen

• Schwangerschaft und Stillzeit • Kindheit und Jugend bis zum Ende der Wachstumsphase (Ausnahme: Ciprofloxacin bei einigen Indikationen, s. o.) • Erkrankungen des ZNS, z. B. Epilepsie oder Störungen der Blut-Liquor-Schranke • Allergie gegen Chinolone Chinolone zur topischen Behandlung

®

®

®

Infektionen

®

des Auges

®

Ohrentropfen

®

Acne vulgaris

33.14. Sulfonamide und Kombinationen mit Diaminopyrimidinen Herkunft, Struktur Domagk Prontosils Sulfanilamid

(PABA),

ABB. 33.31

Strukturformeln von Sulfonamiden und verwandten Stoffen .

ABB. 33.32

Struktur der Dihydrofolsäure.

Sulfonamide

Kombination mit Diaminopyrimidinen

(Trimethoprim, Pyrimethamin) Cotrimoxazol

ABB. 33.33

Struktur der Diaminopyrimidine .

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

freie Aminogruppe.

2

2

Nacheinander wirkende (synergistische) Hemmung der Synthese von Tetrahydrofolsäure (Überträger aktiver C1-Fragmente) durch Sulfonamide und Trimethoprim (PABA = p-Aminobenzoesäure). ABB. 33.34

1

Resistenzentwicklung

Toxoplasma Pneumocystis jiroveci

gondii,

P. carinii Dihydrofolat-Reduktasehemmern

Tr i m e t h o p r i m

H. influenzae, Y. enterocolitica, E. coli, Enterobacteriaceae.

Pyrimethamin Pharmakokinetik

Tab. 33.23 Vergleich pharmakokinetischer Eigenschaften von therapeutisch gebräuchlichen Sulfonamiden und Trimethoprim Trimethoprim

Sulfamethoxazol

Sulfadiazin

2

Pyrimethamin

Sulfadoxin

Präparate, Indikationen und Dosierung Sulfonamid-Monotherapie

• Sulfadiazin (Sulfadiazin-Heyl ® ) wird zur Toxoplasmosebehandlung in Kombination mit Pyrimethamin angewandt. Dosierung: Erwachsene: initial 2 g, dann 1 g alle 12 h; bei Toxoplasmose 4 g/Tag (plus Pyrimethamin). • Sulfasalazin (Azulfidine ® ) kann zur Behandlung der Colitis ulcerosa ( ) eingesetzt werden. Sulfonamid-Kombinationen  Cotrimoxazol (=

Sulfamethoxazol

+

Trimethoprim,

• Harnwegsinfektionen. Da die Resistenzrate von E. coli -Urinisolaten bei > 30 % liegt, ist Cotrimoxazol zur kalkulierten Therapie von Harnwegsinfektionen nicht mehr geeignet. Die Empfindlichkeit des Erregers sollte vor Therapiebeginn überprüft werden. • Trimethoprim (z. B. Infectotrimet ® ) kann auch als Monotherapie zur Behandlung einer unkomplizierten Zystitis bei Frauen gegeben werden, aufgrund rascher Resistenzbildung wird eine Monotherapie aber nicht generell empfohlen. • Sanierung von S. typhi -Dauerausscheidern als mögliche Alternative zu Ciprofloxacin. • Prophylaxe von P.-jiroveci -Infektionen bei immunsupprimierten Patienten. Zur Therapie einer manifesten Pneumocystispneumonie sind sehr hohe SMZ/TMP-Dosierungen mit einem Trimethoprim-Anteil von 15–20 mg/kg/Tag erforderlich ( cave: häufige Unverträglichkeitsreaktionen bei AIDS-Patienten!). Die Verordnung von Cotrimoxazol bei Infektionen der oberen und unteren Atemwege, z. B. bei purulenter Bronchitis, ist nicht sinnvoll. Dosierung: – Trimethoprim: 2 × tgl. 200 mg bei unkomplizierter Zystitis. – Cotrimoxazol: 320 mg Trimethoprim + 1 600 mg Sulfamethoxazol/Tag in zwei Einzelgaben (= 2 × 2 der handelsüblichen Tabletten mit 80/400 mg Wirkstoff bzw. 2 × 1 „forte“-Tablette). Schwere Verläufe einer Pneumocystis jiroveci -Pneumonie werden intravenös behandelt (3 × täglich 5 Ampullen mit 80/400 mg Wirkstoff); zur Prophylaxe gibt man täglich 1 Tablette (80/400 mg) oder jeden zweiten Tag 1 Tablette mit 160/800 mg Trimethoprim/Sulfamethoxazol. • Sulfadoxin + Pyrimethamin (Fansidar ® , in Deutschland nicht im Handel); s. Malariatherapie ( ). Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Magenschmerzen, Erbrechen, Durchfälle. • Überempfindlichkeitsreaktionen: Sie reichen vom Hautausschlag mit Juckreiz und Arzneimittelfieber bis zu schweren Reaktionen an der Haut wie Stevens-Johnson-Syndrom und Epidermolysis toxica (Lyell-Syndrom). • Fototoxizität: Erytheme; cave: direkte Sonneneinstrahlung während der Therapie vermeiden. • Neurotoxizität (selten): Kopfschmerzen und Müdigkeit, Sehstörungen, Verwirrtheit, psychotische Syndrome, depressive Verstimmung. • Hepatotoxizität (selten): zumeist toxisch-allergisch bedingte Cholestase, Leberzellschädigungen („Hepatitis“) und zuweilen herdförmige bis diffuse Leberläppchennekrosen. • Hämatotoxizität: Leuko- und Thrombozytopenie, besonders bei Störungen des Folsäurehaushalts und bei längerer Anwendung. Bei gleichzeitiger Gabe von Diuretika (Thiaziden) besteht ein erhöhtes Risiko für eine Thrombozytopenie mit Purpura. Eine Agranulozytose oder Anämien (aplastisch, hämolytisch oder megaloblastär) sind sehr selten. Hämolytische Anämien können bei erblichem Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel entstehen. Es kommt zur Methämoglobinbildung mit Zyanose ( ). • Nephrotoxizität: Durch Auskristallisation der Sulfonamide; bei den heute üblichen Sulfonamid-Kombinationen ist es bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr (> 1 L/Tag) selten, dass nephrotoxische Wirkungen beobachtet werden.

Hinweis: Schwangerschaft

Neugeborenen

Interaktionen

• Trimethoprim und Sulfamethoxazol inhibieren die Monooxygenasen CYP 2C8 und CYP 2C9. Bei gleichzeitiger Gabe mit Cotrimoxazol kann es zu einer Wirkungsverstärkung von Phenytoin, oralen Antikoagulantien (Warfarin), oralen Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe, Rosiglitazon) und anderen Arzneimitteln kommen. • Hohe Dosen von Trimethoprim (bzw. Cotrimoxazol) verursachen eine Hyperkaliämie. Bei niereninsuffizienten Patienten oder solchen, die unter gleichzeitiger Therapie mit Medikamenten stehen, die den Kaliumspiegel erhöhen (z. B. Spironolacton, sog. kaliumsparende Diuretika), kann auch eine Behandlung mit Standarddosen von Cotrimoxazol zu einer Hyperkaliämie führen. Bei diesen Patienten ist daher eine engmaschige Überwachung des Kaliumspiegels angezeigt. • In Kombination mit anderen Folsäureantagonisten (z. B. Methotrexat) ist eine Wirkungsverstärkung zu erwarten. • Gleichzeitig gegebene Lokalanästhetika, wie z. B. Benzocain, Procain oder Tetracain, vermindern die antibakterielle Wirkung von Cotrimoxazol. Kontraindikationen

• Überempfindlichkeit gegen Sulfonamide, inkl. Sulfonamiddiuretika und -antidiabetika, obwohl keine regelmäßige ParallelAllergie besteht. • Ausscheidungsinsuffizienz bei Nierenschäden, Herzmuskelschwäche, Exsikkose und Stoffwechselinsuffizienz bei Leberschaden. • Hämatologische Anomalien und Folsäuremangel. • Gravidität, Stillzeit. • Früh- und Neugeborene während der ersten 4 Lebenswochen.

33.15. Nitroimidazole und Nitrofurantoin 33.15.1. Nitroimidazole (Metronidazol) Herkunft, Struktur

ABB. 33.35

Metronidazol.

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum selbst antimikrobiell unwirksam.

Reoxidation mutagen

Metronidazol Bacteroides

fragilis,

Actinomyces Eubacterium

Trichomonas

vaginalis

Pharmakokinetik Metronidazol

nach

oraler

Gabe

zu

etwa

80

%

resorbiert.

Proteinbindung gering. in der Leber metabolisiert renal

eliminiert.

Präparate, Indikationen und Dosierung Metronidazol

(Clont ® ,

Flagyl ® )

Behandlung von Infektionen durch:

1. a) Trichomonas vaginalis (Trichomoniasis): Einzeittherapie durch kombinierte orale und lokale Applikation oder 5-tägige

orale Behandlung mit 3 × 250 mg Metronidazol pro Tag. Die Partnerbehandlung ist zu berücksichtigen. b) Gardnerella vaginalis (sog. Aminkolpitis): Gegen das ursächliche empfindliche Bakterium analoge Behandlung wie bei Trichomoniasis. 2. Giardia lamblia (Lambliasis, Giardiasis): Bei Erwachsenen: 3 × 250 mg Metronidazol/Tag über 7 Tage. 3. Entamoeba histolytica (Amöbenruhr, Amöben-Leberabszess) : Bei Erwachsenen: 3 × 400 mg bis 2 × 800 mg Metronidazol/Tag über 10 Tage. 4. Anaerobierinfektionen (intraabdominelle, gynäkologische Infektionen, Aspirationspneumonie, Hirnabszess und andere in Kombination mit einem Antibiotikum, das gegen aerobe Bakterien wirkt, z. B. einem Cephalosporin): Metronidazol in Infusionen: 3 × 500 mg/Tag langsam i. v., ggf. 3–4 × 400 mg/Tag oral. Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen: In Einzelfällen kommt es zu bitterem Aufstoßen, metallischem Geschmack, Übelkeit, selten zu Diarrhö. • Neurologische Störungen: In Einzelfällen können Kopfschmerzen, Schwindel, Ataxie, Juckreiz, Parästhesien, bei hoher Dosierung und Langzeitbehandlung reversible periphere Neuropathien auftreten. • Allergische Reaktionen. • Hämatologische Störungen. Interaktionen

• Ein sog. Disulfiram-Effekt bei Metronidazol und gleichzeitiger Alkoholeinnahme ( ) wurde beschrieben – die Datenlage ist allerdings widersprüchlich. • Erhöhung von Antikoagulantien -Konzentrationen im Plasma und verstärkte Gerinnungshemmung möglich. Kontraindikationen

• Allergien • ZNS-Erkrankungen • Simultane Alkoholaufnahme • In der Frühschwangerschaft und während der Stillzeit nur bei vitaler Indikation • Bei schwerer Lebererkrankung reduzierte Dosis!

33.15.2. Nitrofurantoin Pharmakodynamik, Pharmakokinetik Nitrofurantoin

schwach bakteriostatisch ähnlich

wie

die

Nitroimidazole

ABB. 33.36

Nitrofurantoin.

Präparate, Indikationen, Dosierung Nitrofurantoin

(Furadantin ®

u.

a.)

Risikos von pulmonalen Schäden.

• Bei unkomplizierter Zystitis: 2(–3) × 100 mg/Tag als Retardzubereitung (5 bis 7 Tage) • Rezidivtherapie (Reinfektionsprophylaxe): abends 1 × 100 mg als Retardzubereitung (max. 6 Monate) Unerwünschte Wirkungen

• Schwerwiegende Lungenreaktionen (diffuse interstitielle Pneumonitiden sowie zum Teil tödlich verlaufende Lungenfibrosen) können sich schleichend entwickeln. Die Häufigkeit und Schwere dieser Reaktionen nimmt mit der Dauer der

Anwendung zu. Je früher diese Reaktionen erkannt und behandelt werden, desto eher sind diese reversibel. • Allergische Reaktionen (im Prozentbereich): Exantheme, Fieber. Seltener, aber gefährlicher sind anaphylaktische Reaktionen und allergische Lungeninfiltrate („Nitrofurantoin-Pneumonie“), Asthma. • Störungen des Gastrointestinaltrakts: Erbrechen und Übelkeit, cholestatischer Ikterus. • Zentralnervöse Symptome: Schwindel, Kopfschmerzen, Nystagmus, ataktische Reaktionen, psychotische Reaktionen, „Burning-feet“-Syndrom, periphere Polyneuritis; Parästhesien, Lähmungen ( cave: insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion). • Hämatologische Veränderungen: Einzelfälle von Anämien und Leukozytopenien sind beschrieben. • Die Substanz besitzt ein mutagenes und kanzerogenes Potential.

33.16. Lokalantibiotika

33.16.1. Fusidinsäure Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum bakteriostatisch.

hemmt die Proteinsynthese

Fusidinsäure . Das Steroidgrundgerüst ist rot hinterlegt. ABB. 33.37

Präparate, Indikationen ®

33.16.2. Bacitracin Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

gute Aktivität gegen grampositive Bakterienarten

Präparate, Indikationen

®

33.16.3. Mupirocin Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

grampositive Bakterien. Präparate, Indikationen ®

Cave:

33.16.4. Retapamulin Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

Präparate, Indikationen ®

33.17. Antituberkulotika Tuberkulose,

Lepra

atypischen

Mykobakteriosen.

Angriffspunkte der Antituberkulotika . Die Antituberkulotika entfalten ihre Wirkung über unterschiedliche Mechanismen. Isoniazid , Ethambutol und andere hemmen die Zellwandsynthese. Rifampicin inhibiert die RNA-Synthese, der Mechanismus von Pyrazinamid ist nicht genau geklärt. Das neu entwickelte Bedaquilin hemmt spezifisch die bakterielle Adenosintriphosphat-Synthase. Weitere Angriffspunkte sind die Topoisomerasen (Chinolone) und die Proteinbiosynthese (Linezolid und andere Oxazolidinone). ABB. 33.38

Merkmale

der

Mykobakterien

• hydrophobe Zellwand mit hohem Anteil wachsartiger Lipide (Ursache der „Säurefestigkeit“), • langsames Wachstum (im Vergleich zu anderen Erregern: Generationszeit ca. 15–20 h statt 15–20 min. Positive Kultur nach 48 Tagen statt nach 24–48 h), • intrazelluläre Langzeitpersistenz in Makrophagen, • leichte Mutation zur Chemoresistenz (Mutationsrate bei 10 –5 bis 10 –6 ). ungünstige Einflüsse in den spezifischen granulomatösen Entzündungsherden:

• saurer pH-Wert in den Phagolysosomen, • O 2 -Mangel und dadurch langsame/intermittierende Proliferation der Erreger im Zentrum verkäsender Tuberkulome, • hohe metabolische Aktivität bei extrazellulären und in belüfteten Kavernen proliferierenden Erregern. Voraussetzungen

für

eine

erfolgreiche

Tuberkulosetherapie

1. Ununterbrochener Einsatz der Antituberkulotika über 6–9 Monate (Kurzzeittherapie, ); in komplizierten Fällen Weiterbehandlung – kontinuierlich/intermittierend – für bis zu 18 bis 24 Monate (Langzeittherapie) Tab. 33.24 Empfohlene Wirkstoffkombination für die antituberkulöse Kurzzeittherapie

2. Kombination von zwei, drei oder vier Antituberkulotika 3. Stufentherapie in Form der Initial- bzw. Intensivphase und der anschließenden Stabilisierungs- bzw. Sicherungsphase

Übersicht der wichtigsten pharmakologischen Daten

Tab. 33.25 Übersicht über die wichtigsten pharmakologischen Daten einiger Antituberkulotika Substanz

MHK (mg/L)

Tagesdosis

Verteilung

Ausscheidung

Nebenwirkungen

6

Cave:

Cave:

33.17.1. Antituberkulotika der 1. Wahl (Standardmittel) • Isoniazid (INH) • Rifampicin (RMP) • Ethambutol (EMB) • Pyrazinamid (PZA)

Isoniazid (INH) Herkunft, Struktur

Isoniazid stellt ein Pro-Drug dar . Die Abbildung zeigt die Veränderungen des Moleküls in der Bakterienzelle und im Organismus. a) In Mykobakterien wird die Substanz durch die Katalase-Peroxidase (KatG) aktiviert. Das entstehende Isonikotinsäure-Acylradikal reagiert mit dem NAD + und NADP + in der Bakterienzelle. Eines der dabei entstehenden Addukte, das Nicotinoyl-NAD-Addukt hemmt die Enoylreduktase (InhA), dadurch werden die Synthese der Mykolsäure und die Zellwandsynthese der Mykobakterien gestört. Ein anderes Addukt hemmt die Dihydrofolsäure-Reduktase (DHFR), wodurch die DNA-Synthese gestört wird. b) Isoniazid wird im menschlichen Organismus durch die N-Acetyltransferase (NAT2) inaktiviert, der Metabolit wird renal eliminiert. Der Metabolit kann auch zu Isonicotinsäure und Monoacetylhydrazin hydrolysiert werden. Aus Monoacetylhydrazin kann durch CYP-vermittelte N-Hydroxylierung ein reaktives elektrophiles Zwischenprodukt entstehen, das hepatotoxisch wirkt. ABB. 33.39

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

tuberkulo zid, Resistenz

M. tuberculosis sehr

aktiv

Pharmakokinetik Bioverfügbarkeit 90

%

M. bovis,

diffundiert gut ins Gewebe durch Acetyltransferasen

inaktiviert. Schnellinaktivierern

Langsaminaktivierern

metabolisiert

renal eliminiert.

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Hauptindikation

®

Tuberkulosebehandlung

Sonderindikation

• nach Konversion des Tuberkulintests, vor Manifestation eines Tuberkuloms, • bei ungeimpften Kontaktpersonen eines Patienten mit offener Tuberkulose, • bei Patienten mit positivem Tuberkulintest, die hoch dosiert mit Cortison, anderen Immunsuppressiva oder mit Substanzen, die antagonistisch gegen TNF-α wirken (Infliximab, Etanercept), behandelt werden, da es unter diesen Bedingungen zu einer Aktivierung ruhender Tbc-Herde kommen kann. beim Erwachsenen eine mittlere Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

6

ABB. 33.40

Reaktion von Isoniazid mit Pyridoxal .

• Hepatotoxische Wirkungen (ca. 10 % leicht; in 0,1–1 % schwerwiegend): Nach der Acetylierung wird N -Acetyl-INH in den Leberzellen zu verschiedenen Hydrazinverbindungen weiter abgebaut. Dem Monoacetylhydrazin und den Cytochrom-P 450 -abhängigen N-Hydroxylierungsprodukten wird eine hepatotoxische Wirkung zugeschrieben. Hohes Lebensalter des Patienten und Vorschädigung der Leber prädisponieren zu (seltener) progredienter Leberzellschädigung. Kurzfristige Kontrollen zu Beginn der Therapie sind indiziert. • Neurologische Störungen: Zeichen der peripheren Neuritis mit Parästhesien an Füßen und Händen, Kopfschmerzen, psychische Störungen durch Induktion eines relativen Vitamin-B 6 -Mangels (Vitamin-B 6 -Prophylaxe!). INH kann mit Pyridoxal ein Hydrazon bilden ( ). Dieses hemmt die Kinase, die Pyridoxal in Pyridoxal-5'-phosphat umwandelt. Dieses ist Koenzym z. B. bei Decarboxylasen, Transaminasen, Dehydratasen, Desulfhydrasen und ist auch an der Biosynthese von Neurotransmittern – wie GABA, Serotonin und Catecholaminen – beteiligt. Bei Überdosierung von Isoniazid entstehen Krampfneigung, Stupor und Koma. • Seltene Nebenwirkungen sind: – Hautreaktionen (Exantheme, Arzneimittelfieber, gelegentlich Akne, vereinzelt Lupus-erythematodes-Syndrom), – hämatologische Störungen (vereinzelt Blutbildungs- oder Gerinnungsstörungen, diesbezüglich werden Blutbildkontrollen in 4-wöchigen Abständen empfohlen).

Interaktionen

• Isoniazid induziert die Cytochrom-P 450 -abhängige Monooxygenase CYP 2E1, andere Isoenzyme werden stark (CYP 2C19, CYP 3A4) oder schwach (CYP 2D6) gehemmt. Daraus können zahlreiche Arzneimittelinteraktionen resultieren, wie z. B.: Verstärkung der Wirkung von Alkohol, Verstärkung der Wirkung von Phenytoin, Carbamazepin, Diazepam, Theophyllin u. a. • Antazida reduzieren durch Chelatbildung die INH-Bioverfügbarkeit. Kontraindikationen

• INH- Allergie • Akute, schwere Lebererkrankungen • Cerebrales Anfallsleiden, Psychosen und Neuritiden Rifampicin (RMP) Herkunft, Struktur

M.

ABB. 33.41

tuberculosis

M.

avium

Rifampicin.

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

hemmt

die

DNA-abhängige

RNA-Polymerase

RNAund bakterizid;

M.

Legionella pneumophila.

Pharmakokinetik

S. aureus , guten Diffusionsvermögens

leprae

Proteinsynthese.

fast vollständig

resorbiert.

diffundiert gut

1. mit der Dauer der Therapie durch Enzyminduktion ( ) und schnelleren Metabolismus, der die Plasmahalbwertszeit auf 1,5 Stunden senken kann, 2. mit steigender Dosis, da die hepatische Exkretion sättigbar ist und ab 450 mg Einzeldosis die relative Ausscheidungsquote im Urin zunimmt. Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Hauptindikationen

• alle Formen und Stadien der Tuberkulose (Kombinationstherapie mit INH und/oder Ethambutol sowie anderen Präparaten), • Lepra (Kombinationstherapie mit u. a. Dapson oder Clofazimin), • atypische Mykobakteriosen durch M. kansasii und andere sensible Erreger. Sonderindikationen

• in Ausnahmefällen die Staphylokokkenendokarditis und -osteomyelitis (Kombinationstherapie mit Vancomycin), • die schwere Legionellose (Kombinationstherapie mit Makroliden), • die Prophylaxe bei Meningokokken-Kontaktpersonen und -Keimträgern. Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

• Gastrointestinale Störungen (ca. 10 %): Nausea, Anorexie, Flatulenz, krampfartige Bauchschmerzen. Abschwächung durch Einnahme während oder kurz nach Mahlzeiten. • Hepatische Wirkungen: (5–20 %): Erhöhung von Transaminasen und alkalischer Phosphatase; selten „RMP-Hepatitis“; Interferenz mit Bilirubinausscheidung (selten Ikterus). • Seltene Nebenwirkungen: – neurologische Störungen (vorübergehend Kopfschmerzen, Schwindel, Ataxie, Sehstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen), – allergisch-hyperergische Effekte bei einer Dosis > 750 mg/Tag, z. B. Flu-Syndrom mit grippalen Symptomen, Erytheme oder asthmatische Beschwerden, – Blutbildveränderungen, – Beeinträchtigung der Nierenfunktion (interstitielle Nephritis), – hormonelle Störungen (Hypermenorrhö, Zwischenblutungen), – Verfärbung von Ausscheidungen (Urin, Sputum, Schweiß und Tränen können orange-rot verfärbt sein). Interaktionen

beschleunigt

den

Stoffwechsel

zahlreicher

anderer

Medikamente, ®

Kontraindikationen

• Schwere Leberfunktionsstörungen (Verschlussikterus, Leberzirrhose, akute Hepatitis) • Allergie gegen Rifamycine

Schwangerschaft

und

Stillzeit:

Rifaximin

Reisediarrhö

®

Dosierung:

Ethambutol (EMB) Herkunft, Struktur

ABB. 33.42

Ethambutol.

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

Wirkungsspektrum:

tuberkulostatisch M. kansasii M. avium/intracellulare

Pharmakokinetik zu etwa 80 % resorbiert. Plasmaproteinbindung ist niedrig

glomeruläre Filtration 15 % als in der Leber verstoffwechselte Metaboliten.

dialysierbar.

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

• Initialbehandlung der Tuberkulose • Erkrankungen durch sensible atypische Mykobakterien gemäß Antibiogramm

Unerwünschte Wirkungen

Brechreiz, Gelenkschmerzen

Störungen des ZNS N.-opticus-Schädigung

retrobulbäre Neuritis

Kontraindikationen

• Allergie gegen Ethambutol, • Vorschädigung des N. opticus, • Augenschäden, die eine Visuskontrolle behindern, • Kleinkinder, bei denen eine zuverlässige Visuskontrolle noch nicht möglich ist. Pyrazinamid (PZA) Herkunft, Struktur

ABB. 33.43

Pyrazinamid und verwandte Stoffe .

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum Wirkungsmechanismus

Wirkungsspektrum: M. bovis

Pharmakokinetik

M. tuberculosis ,

M. tuberculosis Plasmaproteinbindung

gute

Verteilung

in

das

Körpergewebe

über die Nieren eliminiert. Präparate, Indikationen, Dosierung ®

M.

tuberculosis

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen

• Leberzellschäden mit Transaminasenerhöhung, Bilirubinanstieg, Lebervergrößerung. Bei Vorschädigung der Leber (Alkoholismus!) sind kurzfristige Leberfunktionsprüfungen indiziert. • Renale Effekte: Der Metabolit Pyrazincarbonsäure stört die Harnsäureausscheidung, es kann zu Arthralgien kommen. Zur Überwachung des Hyperurikämierisikos sind 3- bis 4-wöchentliche Kontrollen indiziert. • Selten sind Störungen des Magen-Darm-Trakts, der Blutbildung, der Nebennierenrinden- und Schilddrüsenfunktion (Kontrolle der 17-Ketosteroid-Ausscheidung und des Thyroxinspiegels), ZNS-Störungen (verminderte Reaktionsfähigkeit!), Blutzuckersteigerung und Allergien. Interaktionen

Kontraindikationen

• Allergie • Akute Lebererkrankung • Schwere Niereninsuffizienz • Gicht

33.17.2. Antituberkulotika der 2. Wahl (Reservemittel)

M. tuberculosis

Leprabekämpfung

atypische Mykobakterien

• Streptomycin (SM), • Protionamid (PTH), • Terizidon (Cycloserinderivat), • Dapson (DDS, bei Lepra), • Paraaminosalicylsäure (PAS), • Moxifloxacin (und andere Fluorchinolone), • Linezolid • Bedaquilin, • Delamanid. M. avium-intracellulare

Streptomycin (SM) Herkunft, Struktur

ABB. 33.44

Streptomycin .

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum M. tuberculosis , M. bovis bakterizid

Pharmakokinetik

Präparate, Indikationen, Dosierung Floride,

offene

Tuberkulose: ®

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen Ototoxizität

Nephrotoxische

Wirkungen

Hypersensitivitätsreaktionen

Protionamid (PTH) Pharmakodynamik, Pharmakokinetik M.

tuberculosis

2

ABB. 33.45

Protionamid.

diffundiert

gut in das Körpergewebe,

Liquor cerebrospinalis.

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

• Tuberkulose durch INH-, EMB- oder RMP-resistente Erreger • Lepra, in Kombination mit Dapson und Rifampicin Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

• Gastrointestinale Beschwerden (u. a. metallischer bzw. schwefeliger Geschmack) • Neurotoxische und psychische Störungen, insbesondere in Kombination mit INH und Cycloserin (u. a. Krampfneigung bei Alkoholikern und Epileptikern) • Leberfunktionsstörungen (u. a. Abfall von Prothrombin und Fibrinogen) • Hämatotoxische Störungen (selten) • Allergie 6

• Bei gleichzeitiger Gabe von INH ist der Metabolismus beider Substanzen herabgesetzt. • Blutzuckersenkung; zur Vermeidung hypoglykämischer Reaktionen kann eine Senkung der Insulindosis bei Diabetikern notwendig sein. Terizidon ®

neurotoxischer Nebenwirkungen

ABB. 33.46

Terizidon und Cycloserin (CS).

Dapson Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

kompetitiver Antagonist der p-Aminobenzoesäure

ABB. 33.47

Dapson .

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Unerwünschte Wirkungen

• Hämatotoxische Reaktionen: hämolytische Anämie und Methämoglobinbildung (infolge einer verkürzten Lebensdauer der Erythrozyten) insbesondere bei Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel und Dosierungen über 300 mg/Tag. • Hautreaktionen: gelegentlich Juckreiz und verschiedene Exanthemformen. • Dapson-Syndrom: Selten tritt etwa 6 Wochen nach Therapiebeginn das „Dapson-Syndrom“ (Sulfon-Syndrom) mit Fieber, mononukleoseartiger Lymphadenopathie und Methämoglobinanstieg auf. PAS (p-Aminosalicylsäure)

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

M. tuberculosis

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

• Reaktionen des Magen-Darm-Trakts (Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfälle) können auftreten, da ein Teil des Wirkstoffs über den Darm eliminiert wird. • Überempfindlichkeitsreaktionen in unterschiedlicher Ausprägung sind möglich (z. B. Hautreaktionen, Arzneimittelfieber, Gelenkschmerzen, Hepatitis mit Cholestase). • Auch hämatologische Veränderungen wurden beobachtet (z. B. Thrombozytopenie, Agranulozytose).

Bedaquilin Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

bakterizide Effekte

Resistenz M. tuberculosis

Bedaquilin, ein Diarylchinolinderivat. Ein wirksamer Metabolit (M2) entsteht durch Abspaltung einer Methylgruppe von der Dimethylaminogruppe (Pfeil). ABB. 33.48

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

multiresistenten pulmonalen Tuberkulose Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

• Übelkeit und Erbrechen (nicht häufiger als in der Placebogruppe) • Anstieg der Leberfunktionswerte (tendenziell häufiger als in der Placebogruppe) Cave:

Delamanid Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

M. tuberculosis

M. tuberculosis

ABB. 33.49

Delamanid, ein Nitroimidazol-Derivat .

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Dosierung: Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

Parästhesien

33.18. Antimykotika Eukaryonten.

Ergosterol.

Disponierende Faktoren

systemisch verabreichbaren Antimykotika

• Amphotericin B (ein Polyen-Antimykotikum), • den Azolderivaten Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol und Isavuconazol, • den Echinocandinen Caspofungin, Anidulafungin und Micafungin, • Flucytosin und • Terbinafin (ein Allylamin). Lokaltherapie

• Nystatin (ein Polyen), • Azolderivate, • Naftifin (ein Allylamin), • Amorolfin, • Tolnaftat u. a. Indikationen für eine topische Therapie in der Dermatologie

33.18.1. Amphotericin B

AmB

intravenös

Nystatin

Natamycin

lokal Herkunft, Struktur Streptomyces

ABB. 33.50

Struktur und physikochemische Eigenschaften von Amphotericin B.

konventionellen

®

Zubereitung

®

®

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

Anlagerung seiner Moleküle an das Ergosterol in den Zellmembranen der Pilze Cholesterin in den Membranen menschlicher Zellen.

fungistatische bis fungizide Effekte. Alle Erreger tiefer Organmykosen sind ausnahmslos AmB-sensibel:

• die einheimischen: Candida albicans u. a. Candida- sowie Torulopsis -Arten , Cryptococcus neoformans , Aspergillus fumigatus und die Mucor -Spezies, • die außereuropäischen: Coccidioides immitis , Histoplasma capsulatum , Sporothrix schenkii (Hefephase) und die Blastomyces -Arten . Resistenzentwicklung wird praktisch nicht beobachtet!

Protozoen

Pharmakokinetik

nicht resorbiert.

dominierende Plasmahalbwertszeit Penetration

in das Gewebe gering.

renale und biliäre AmB-Elimination nicht bekannt.

wochenlang

Metaboliten ® ®

Phospholipidkomplexes

liposomalen Zubereitung

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Amphotericin B (AmB)

aller tiefen Organmykosen

einschleichend zweitäglicher Applikation.

®

Amphotericin B als Lipidkomplex

®

Liposomales Amphotericin B

Amphotericin-B-Externa Nystatin Natamycin

®

®

®

Nebenwirkungen

• Fieber mit Schüttelfrost (wahrscheinlich durch Freisetzung von Interleukin-1 und Tumor-Nekrose-Faktor aus Monozyten und Makrophagen), • Kopfschmerzen, Nausea, Erbrechen, Diarrhöen, Kreislaufkollaps, Muskel- und Gelenkschmerzen,

• Blutbildveränderungen; Thrombophlebitis an der Injektionsstelle. Hinweis:

• Nephrotoxizität : Im Vordergrund steht die Schädigung des proximalen Tubulus; durch separate Infusion von physiologischer Kochsalzlösung kann die Nephrotoxizität reduziert werden! Bei ca. 20 % der Patienten entwickelt sich eine substitutionsbedürftige Hypokaliämie. Blutbild, Elektrolyte und Nierenfunktion sind bei AmB-Therapie ein- bis zweimal wöchentlich zu überwachen. • Neurotoxische Reaktionen: Parästhesien, Paresen; Krämpfe sind seltener. • Anämie (häufig): Wahrscheinlich aufgrund verminderter Erythropoetinproduktion. • Leberfunktionsstörung (selten): Bei Anstieg von alkalischer Phosphatase und Bilirubin muss Amphotericin B abgesetzt werden! Interaktionen Cave:

Kontraindikationen

• Schwere Leber- und Niereninsuffizienz • Überempfindlichkeit gegen AmB

33.18.2. Azolantimykotika Imidazole

Triazole Clotrimazol

Miconazol,

Systemisch anwendbare Azole

Struktur Imidazol-

Tr i a z o l

Azolantimykotika . Der für die Wirkung wichtige Imidazol- bzw. Triazolring ist rot markiert. Aus dem Pro-Drug Isavuconazonium wird nach oraler oder intravenöser Gabe der Wirkstoff Isavuconazol durch Esterasen im Plasma rasch freigesetzt. ABB. 33.51

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum Hemmung der Ergosterolsynthese 450

450

14

14α-Demethylase, 450

Hemmung

Ergosterolsynthese

ABB. 33.52

Eingriff verschiedener Ergosterolsynthese.

Schema eines Azol-Eisen-Protoporphyrin- Komplexes . R-Ch 2 -S repräsentiert ein Cystein aus dem Proteinanteil des CYP 51A1 (nach Van den Bossche, H. et al., Mycoses 32, Suppl. 1, 35–52, 1989). Die ABB. 33.53

Azole komplexieren mit ihrem π-elektronenreichen N in Position 3 des Heterozyklus das Fe(III) im Cytochrom. So verhindern sie die oxidative 14αDemethylierung des Lanosterols.

sehr breites Wirkungsspektrum. MHK-Werten

• Sprosspilze,

• Fadenpilze, • Dermatophyten und • dimorphe Pilze (außereuropäisch). Aktivitätsunterschiede

Pharmakokinetik

Tab. 33.26 Pharmakokinetik der Azolantimykotika Fluconazol

Itraconazol

Voriconazol

Posaconazol

Isavuconazol

max

Fluconazol

Itraconazol Voriconazol beteiligt. Posaconazol

fast vollständig durch CYP 3A4 metabolisiert. CYP 2C19 wesentlich am Metabolismus von Voriconazol

nicht

4 5 0

Isavuconazol

Hilfsstoff Cyclodextrin Posaconazol

Itraconazol , Voriconazol

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Fluconazol

®

Candida

• oberflächliche Mykosen (wenn eine äußerliche Behandlung nicht wirksam ist): – Dermatomykosen (z. B. Candida-Infektionen, Tinea corporis , Tinea versicolor u. a.), – Candidose oberflächlicher Schleimhäute wie z. B. oropharyngeale oder ösophageale Candidosen. • Systemmykosen : – Systemcandidosen wie z. B. Infektionen des Peritoneums, der Lunge und des Harntrakts, – Kryptokokkenmeningitis ; die Prophylaxe und Langzeitsuppression von Kryptokokkeninfektionen bei AIDS-Patienten ist möglich, – Prophylaxe von Candidosen bei immunsupprimierten Patienten kann erwogen werden. Dosierung:

Itraconazol

®

®

• oberflächliche Mykosen (wenn eine äußerliche Behandlung nicht wirksam ist): – Dermato- und Onychomykosen (z. B. Tinea corporis), – vulvovaginale Candidose, • Systemmykosen wie z. B.: – Candidose , – Aspergillose .

Dosierung:

®

®

Vo r i c o n a z o l

• Candidämie bei nicht neutropenischen Patienten, • invasive Candida-Infektionen mit fluconazolresistenten Stämmen (einschließlich C. krusei ), • invasive Aspergillose , • invasive Infektionen durch Scedosporium spp. und Fusarium spp. Dosierung:

Posaconazol

®

Dosierung:

Isavuconazol

®

Dosierung: Ketoconazol ®

®

Hepatotoxizität

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen (5–10 %), z. B. Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall. • Leichtere ZNS-Störungen, z. B. Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Benommenheit. • Allergische Reaktionen: Juckreiz, zum Teil mit Hautausschlag. • Leberfunktionsstörungen : vorübergehender Anstieg der Transaminasen, Cholestase, Ikterus, Hepatitis (selten). Eine Kontrolle der Leberfunktion wird empfohlen. • Sehstörungen treten bei Behandlung mit Voriconazol sehr häufig auf (ca. 30 %). Sie äußern sich als verschwommenes Sehen, Veränderung des Farbsehens oder Fotophobie. Die Symptome treten meist rasch nach der Gabe des Medikaments auf und sind überwiegend innerhalb von 60 Minuten vollständig reversibel. • Azolantimykotika können das QT-Intervall im EKG verlängern; eine Ausnahme stellt Isavuconazol dar, das zu einer Verkürzung des QTIntervalls führt. Interaktionen ausgeprägtes Interaktionspotential 450

Internetseite Itraconazol

Tab. 33.27 Interaktionen zwischen Itraconazol und anderen Arzneimitteln

2

(modifiziert nach )

Kontraindikationen

• Bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Azole. • Schwangerschaft (im Tierexperiment zeigen Azole ein teratogenes Potential!) Die Einnahme von Fluconazol in Dosierungen von 400–800 mg täglich im ersten Trimenon der Schwangerschaft ist assoziiert mit schweren Fehlbildungen beim Kind. Nach einer Einstufung durch die USamerikanische Zulassungsbehörde FDA ist die einmalige orale Gabe von 150 mg Fluconazol, wie sie zur Behandlung einer vaginalen Candidose indiziert ist, nicht mit diesem Risiko behaftet. Mit den anderen Azolen liegen weniger Erfahrungen vor. • Stillzeit (Abstillen wird empfohlen). Lokal anwendbare Azole Ausschließlich

zur

lokalen

Therapie

bei

Dermatologie Pilzinfektionen.

Gynäkologie Imidazol-Antimykotika

Vaginalcandidosen

33.18.3. Allylamine (Terbinafin, Naftifin) Naftifin Terbinafin

Allylamine. Die Allylamingruppe (gelbe Markierung) ist essenziell für die antimykotische Wirkung. Allylamine sind nur in der Transform wirksam. ABB. 33.54

Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum

Inhibition der Squalenepoxidase

Allylamine

Ergosterolmangel

Trichophyton mentagrophytes , T. rubrum, T. verrucosum, Epidermophyton floccosum

Microsporum

Pharmakokinetik 70–80

%

Terbinafin resorbiert;

sehr lipophil intensiv verstoffwechselt, über den Urin.

Ausscheidung

Plasmahalbwertszeit

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Te r b i n a f i n

(Tinea

pedis)

Onychomykosen Candidanicht Dosierung: ® ®

Naftifin

topischen

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen, z. B. Übelkeit, Bauchschmerzen. • Hautreaktionen: Exanthem, Urtikaria, zum Teil schwer (Stevens-Johnson-Syndrom , in Einzelfällen toxische epidermale Nekrolyse). • ZNS-Reaktionen (selten), z. B. Kopfschmerzen, Schwindel. • Blutbildveränderungen (in Einzelfällen). • Leberfunktionsstörungen : vorübergehender Anstieg der Transaminasen, in seltenen Fällen wurden auch Fälle von Cholestase und Hepatitis, zum Teil mit Ikterus, berichtet. • Geschmacksstörungen : selten (< 0,5 %). Interaktionen Rifampicin

Kontraindikationen

• Überempfindlichkeit gegenüber Terbinafin • Chronische oder akute Lebererkrankungen

33.18.4. Echinocandine Aspergillus nidulans echinulatus

Echinocandine . Echinocandine sind Lipopeptide mit einer zyklischen Grundstruktur (oben), die an 5 Positionen modifiziert wurde (R1 bis R5). Im unteren Teil der Abbildung werden die verschiedenen Substituenten der gebräuchlichen Echinocandine Caspofungin, Anidulafungin und Micafungin dargestellt. ABB. 33.55

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik β β

Zellwand

Aspergillus-

CandidaAspergillusCandida albicans

CandidaAspergillus-

Tab. 33.28 Pharmakokinetische Parameter der Echinocandine bei Erwachsenen Parameter

Caspofungin

Micafungin

Anidulafungin

max

1/2

(mod. nach Eschenauer et al., Ther clin Risk Mang 3, 71–97, 2007)

Präparate, Indikationen, Dosierungen Caspofungin

®

• Behandlung von invasiver Candidiasis . • Behandlung von invasiver Aspergillose , die auf Therapien mit Amphotericin B und/oder Itraconazol nicht anspricht oder nicht vertragen wird. • Empirische Therapie bei Verdacht auf Infektionen durch Pilze (wie Candida oder Aspergillus ) mit Fieber und Neutropenie. Dosierung

Anidulafungin

®

Dosierung

Micafungin

®

CandidaDosierung Candida-

Nebenwirkungen relativ gut verträgliche

• Gastrointestinale Störungen (Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen etc.) • Exantheme, Pruritus, Schwellungen im Gesicht (möglicherweise durch Histaminfreisetzung verursacht) • Fieber, Schüttelfrost • Kopfschmerzen • Entzündliche Reaktionen an der Infusionsstelle (Phlebitis) • Hämatologische Veränderungen (Anämie) • Anstieg der Transaminasen Interaktionen Caspofungin

Micafungin Anidulafungin

33.18.5. Flucytosin

Struktur und Wirkmechanismus von Flucytosin . * Weitgehend selektiver Schritt. ABB. 33.56

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Primär

resistente Meistens sensibel

Candida albicans , Cryptococcus

neoformans sekundäre Resistenzentwicklung Flucytosin

guter Bioverfügbarkeit verteilt sich sehr

gut in die meisten Körpergewebe, Plasmaproteinbindung liegt < 5 %. renaler Ausscheidung dialysierbar.

nicht metabolisiert.

vorwiegend

Plasmahalbwertszeit

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Cryptococcus neoformans , Candida albicans Dosierung: Niereninsuffizienz:

intakter

Nierenfunktion:

Nebenwirkungen, Kontraindikationen unerwünschten Wirkungen sind auf 5-FU zurückzuführen:

• Reversible gastrointestinale Störungen, vereinzelt aber auch ulzeröse Enteritis/Kolitis. 5-FC kann durch Bakterien im Darm des Patienten zu 5FU umgewandelt werden. Daher häufen und verstärken sich die unerwünschten Wirkungen bei Plasmakonzentrationen über 100 mg/L, die zu

einer vermehrten biliären 5-FC-Ausscheidung in den Darm führen. • Leberzellschädigung (reversibler Transaminasenanstieg bei ca. 6 %, vereinzelt letale Leberzellnekrose). • Hämatologische Störungen mit Neutropenie/Thrombozytopenie (5 %), vereinzelt Knochenmarkdepression mit tödlicher Agranulozytose. Regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Leber- und Nierenfunktion sind unerlässlich!

• Flucytosin ist während der Schwangerschaft kontraindiziert sowie bei bestehender Allergie gegen den Wirkstoff. • Cave: bei Vorschädigung des hämatopoetischen Systems, Zytostatika- und Strahlentherapie.

33.18.6. Griseofulvin weitgehend entbehrlich. Dermatophyten: Trichophyton -

Microsporon-

Epidermophyton floccosum

ABB. 33.57

Griseofulvin .

Wirkungsmechanismus

Resorption

keratinproduzierende

Zellen

im

Duodenum

aufgenommen

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

nur nach mykologischem Erregernachweis

Dosierung: Nebenwirkungen, Kontraindikationen

• Neurotoxische Wirkungen: Kopfschmerzen und Schwindel: initial häufig, im Laufe der Therapie oft nachlassend, • gastrointestinale Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, • Fotosensibilisierung – Cave: intensive UV-Exposition. teratogen.

33.18.7. Weitere Antimykotika zur lokalen Therapie Morpholine

Hemmung 14

der

Ergosterolsynthese 7,8

kontraindiziert

ABB. 33.58

Zur Lokaltherapie angewandte Antimykotika.

breites Spektrum humanpathogener Pilze fungistatisch bis fungizid.

nur lokal angewandt.

®

unerwünschten

Wirkungen

Thiocarbamate ®

Dermatophyten

hemmt Squalenepoxidase

Ciclopirox breites Wirkspektrum. stört wahrscheinlich die Funktion der Pilzzellmembran penetriert

gut

in

tiefere

Hautschichten, ®

33.19. Virustatika

33.19.1. Virustatika zur Behandlung von Herpesinfektionen (Nukleosid-Analoga) Aciclovir

Penciclovir

G a n c i c l o v i r,

Strukturformeln von Aciclovir, Penciclovir und Ganciclovir im Vergleich zum physiologischen Desoxyguanosin . Diese Nukleosid-Analoga leiten sich vom Guanosin ab. Es wurden Veränderungen im Zuckeranteil des Moleküls vorgenommen. Anstelle der Ringstruktur der Desoxyribose sind azyklische Substituenten getreten. Penciclovir und Ganciclovir unterscheiden sich lediglich in einer Position (Kohlenstoff- anstelle des Sauerstoffatoms). ABB. 33.59

Aciclovir und Valaciclovir Aciclovir

Guanosin-Analogon, VZV

HSV -Infektionen

Va l a c i c l o v i r, Herkunft, Struktur Aciclovir

Umwandlung von Aciclovir in das antiviral wirksame Triphosphat und Hemmung der viralen Replikation . Bevor das Nukleo sid- Analogon Aciclovir seine Wirkung entfalten kann, muss es zum biologisch aktiven Triphosphat umgewandelt werden. Der entscheidende erste Schritt erfolgt bevorzugt in virusinfizierten Zellen durch eine viruscodierte Thymidinkinase, die den Wirkstoff in das Monophosphat (ACV-MP) umwandelt. Durch die Aktivität zelleigener Kinasen werden die beiden anderen Phosphatreste angefügt. Die Beeinträchtigung der Virusreplikation erfolgt auf zweierlei Weise: (1) Blockade der viralen DNAPolymerase, die aus den physiologischen Triphosphaten dATP, dGTP, dCTP und dTTP den DNA-Strang polymerisiert, und (2) Abbruch des DNA-Strangs nach Einbau des Aciclovirtriphosphats. ABB. 33.60

Wasserlöslichkeit gering Pharmakodynamik

Phosphorylierung

viruscodierte

Thymidinkinase,

Bindung von Aciclovirtriphosphat an die wachsende Virus-DNA

Pharmakokinetik

Tab. 33.29 Pharmakokinetische Eigenschaften von Aciclovir, Penciclovir und Ganciclovir Aciclovir/Valaci clovir

Eigenschaften

Penciclovir/Famci Ganciclovir/Valga clovir nciclovir

1 2

3

Aciclovir wird zu etwa 15 % aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert, die Bioverfügbarkeit von Valaciclovir beträgt etwa 50 %, es wird im Organismus rasch und vollständig in Aciclovir umgewandelt; die Angaben der pharmakokinetischen Eigenschaften gelten für Aciclovir. Penciclovir wird kaum aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert (< 5 %); Famciclovir ist ein Prodrug von Penciclovir; es wird im Organismus rasch zu Penciclovir umgewandelt, das die antiviral wirksame Substanz darstellt; die Bioverfügbarkeit beträgt etwa 70 %. Die übrigen Angaben der pharmakokinetischen Eigenschaften beziehen sich auf Penciclovir. Ganciclovir wird zu 3–7 % aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert; die Bioverfügbarkeit von Valganciclovir beträgt etwa 60 %. Die übrigen Angaben der pharmakokinetischen Eigenschaften beziehen sich auf Ganciclovir.

Aciclovir

Valaciclovir

glomerulär und tubulär eliminiert.

Plasmahalbwertszeit

gut dialysierbar. Indikationen Vorbemerkung:

gestörtem

Immunsystem

immunkompetenten

Indikationen für die Aciclovir-Infusionstherapie:

• Mukokutane Herpes-simplex-Virus-Infektionen (HSV-1 und HSV-2) immunsupprimierter Patienten. • Besonders schmerzhafter primärer Herpes genitalis .

Patienten

• Herpes-simplex-Virus-Encephalitis (früher Therapiebeginn wichtig!). • Varizellen und Zoster bei Immunsupprimierten. Indikationen für die orale Applikation von Aciclovir:

• Primärer und rezidivierender Herpes genitalis mit stärkeren Beschwerden. • Herpes zoster (Gürtelrose), vor allem bei schweren Verlaufsformen (z. B. Zoster ophthalmicus). Nur bei sehr frühzeitigem Behandlungsbeginn, d. h. innerhalb von 48(–72) Stunden nach Beginn der Symptomatik, kann bei immunkompetenten Patienten mit einem Therapieerfolg (Verkürzung der Krankheitsdauer) gerechnet werden. Für diese Indikation ist auch Valaciclovir zugelassen. Für beide Medikamente gilt, dass auch bei sehr frühzeitigem Therapiebeginn nur bei einem Teil der Patienten mit einer Reduzierung der zosterassoziierten Schmerzen oder der postherpetischen Neuralgien gerechnet werden kann. • Prophylaxe bei immunsupprimierten Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. vor Transplantation). • In besonderen Fällen, z. B. häufig rekurrierendem Herpes, auch Dauerprophylaxe. Indikationen für die topische Applikation von Aciclovir:

Präparate, Dosierung

• Aciclovir-Infusionen (Zovirax ® ): 3 × 5–10 mg/kg KG/Tag (jeweils Infusion über 1 h). Cave: Da Aciclovir sich bei neutralem pH-Wert schlecht lösen lässt, ist die Infusionslösung stark alkalisch. Infusionen von Aciclovir-Na stets über 1 h, sonst Kristallurie! • Aciclovir oral (Zovirax ® ): 5 × 200 bis 5 × 800 mg/Tag oral, je nach Indikation, s. Fachinformation des Herstellers. • Valaciclovir (Valtrex ® ): 3 × 1 000 mg/Tag oral (Zoster; nur bei frühzeitigem Behandlungsbeginn sinnvoll!). Nebenwirkungen

• Lokale Irritation der Venen an der Infusionsstelle und Thrombophlebitis. • Nephrotoxizität infolge Ausfällung von Aciclovir-Kristallen in den Tubuli. Vorbeugung: langsame Infusion, ausreichende Flüssigkeitszufuhr (auf jeweils 1 g Aciclovir 500 ml Infusionslösung/24 h). • Neurologische Störungen: Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstseinsstörung. • Gastrointestinale Störungen: Nausea, Erbrechen, Diarrhö. Anwendung in der Schwangerschaft

Penciclovir und Famciclovir Penciclovir Das Pro-Drug Famciclovir

Umwandlung von Famciclovir (Pro-Drug) in das antiviral wirksame Penciclovir . Da Penciclovir nicht aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert wird, muss zur oralen Therapie das Pro-Drug Famciclovir verabreicht werden. Durch Spaltung der Esterverbindungen und durch einen weiteren oxidativen Schritt (alle Schritte durch Pfeile gekennzeichnet) wird aus Famciclovir im Organismus das antiviral wirksame Penciclovir gebildet. ABB. 33.61

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik Penciclovir

pharmakokinetischen

Eigenschaften

Präparate, Indikationen und Dosierung Famciclovir immunkompetenten

®

akuten Herpes zoster und Herpes genitalis bei

Patienten

Dosierung:

Penciclovirhaltige

®

Zubereitungen

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen • ZNS-Störungen: Kopfschmerzen, Müdigkeit, selten Desorientiertheit Brivudin Herkunft, Struktur Nukleosid-Analogon

ABB. 33.62

Brivudin (= 5-Bromvinyl-2'-desoxyuridin), ein Nukleosid-Analogon mit veränderter Basenstruktur.

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

(hoher First-PassEffekt).

zwei

Plasmahalbwertszeit Drittel

renal

in

Form

von

Metaboliten

eliminiert,

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Dosierung: Nebenwirkungen, Interaktionen

• Gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö) • Störungen des ZNS (Kopfschmerzen, Schwindelgefühl) Interaktion mit 5-Fluorouracil

5-Fluorouracil mindestens

4

Wochen

Bromvinyluracil

verstärkten

Toxizität

von

5-Fluorouracil

Präparate zur topischen Anwendung Trifluridin Infektionen

®

des

Herpes-simplex-

Auges

33.19.2. Virustatika zur Behandlung von CMV-Infektionen Ganciclovir, Valganciclovir, Cidofovir

sid tid

Herkunft, Struktur

Cidofovir (Aktivierung zum Diphosphat) . Cidofovir ist ein Nukleo tid- Analogon. Die Verbindung zeigt Ähnlichkeiten mit dem physiologischen Desoxycytidin-5'-phosphat, das zum Vergleich abgebildet ist. Beachte die unterschiedliche Verknüpfung mit dem Phosphoratom (rot). Das biologisch aktive Cidofovir-diphosphat stellt ein Analogon des Desoxycytidin-triphosphats dar. Entsprechende Aktivierungen erfolgen auch bei den anderen Nukleotiden, Tenofovir ( ) und Adefovir ( ) ABB. 33.63

Pharmakodynamik Ganciclovir

Cidofovir

Pharmakokinetik Ganciclovir Plasmahalbwertszeit

Cidofovir

unverändert im Urin ausgeschieden. Präparate, Indikationen ®

®

Immunschwäche/Immunsuppression

• CMV-Retinitis (Erblindungsgefahr!). • Lebensbedrohliche CMV-Infektionen anderer Lokalisation (Pneumonie, Hepatitis, Encephalitis) unter sorgfältiger RisikoNutzen-Abwägung und nur ergänzend zur Gabe von CMV-Hyperimmunserum. • Prophylaxe mit CMV-Hyperimmunserum plus (initial) Ganciclovir, z. B. bei Knochenmarktransplantation. • Orale Erhaltungstherapie bei CMV-Retinitis nach erfolgreicher intravenöser Behandlung. Cidofovir (Vistide ® ) ist indiziert bei AIDS-Patienten mit CMV-Retinitis, wenn keine Nierenfunktionsstörung vorliegt und andere Substanzen ungeeignet sind. Dosierung Ganciclovir:

Valganciclovir

Cidofovir:

Nebenwirkungen, Kontraindikationen Ganciclovir

• Hämatotoxische Wirkungen (Thrombozytopenie, Neutropenie, Anämie, Panzytopenie); während der Behandlung sind häufige Blutbildkontrollen notwendig. Bei vorbestehender, ausgeprägter Neutropenie oder Thrombozytopenie ist Ganciclovir kontraindiziert. • ZNS-Störungen wie Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schwindel, Krämpfe. • Gastrointestinale Störungen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. • Kanzerogenität, Teratogenität: Im Tierexperiment erwies sich Ganciclovir als kanzerogen und embryotoxisch, es hemmt die Spermatogenese und kann zu Hodenatrophie führen. Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist Ganciclovir kontraindiziert. Bei der Vorbereitung der Infusion muss ein Kontakt mit der Substanz wegen des kanzerogenen Potentials vermieden werden. Cidofovir

• Die Nephrotoxizität ist dosislimitierend. Um die nephrotoxische Wirkung zu reduzieren, sollten begleitend insgesamt 4 g Probenecid oral sowie NaCl-Infusionen verabreicht werden. Trotzdem muss bei etwa jedem zweiten Patienten mit einer Proteinurie gerechnet werden. Bei 15 % der Patienten kommt es zum Anstieg des Creatinins. Bei bestehender Einschränkung der Nierenfunktion (Creatinin-Clearance < 55 ml/min oder Serum-Creatinin > 1,5 mg/Tag bzw. > 133 µmol/L) ist Cidofovir kontraindiziert. • Hämatotoxizität : Neutropenie bei ca. 20 % der Patienten. • Mutagene, kanzerogene und teratogene Wirkungen: In den präklinischen Studien wurden mutagene, kanzerogene und teratogene Wirkungen nachgewiesen, die im subtherapeutischen Dosisbereich auftraten. Bei Frauen im gebärfähigen Alter muss eine wirksame Kontrazeption erfolgen. Foscarnet CMV-Infektionen

ABB. 33.64

Foscarnet (Trinatrium-phosphonoformiat), ein Pyrophosphat-Analogon.

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik hemmt reversibel und nichtkompetitiv virale DNA-Polymerasen, α

glomerulär und tubulär eliminiert. Präparate, Indikationen, Dosierung

®

Nebenwirkungen

• Nephrotoxizität: kurzfristige Kontrollen der Nierenfunktion und der Elektrolyte! • Gastrointestinale Störungen (häufig): Übelkeit, Bauchschmerzen, Diarrhö etc. • Hämatologische Effekte: Hämoglobinabfall; gelegentlich Leuko- und Thrombopenie. • Neurologische Symptome: Kopfschmerzen, Parästhesien, Tremor, Ataxie; bei Hypocalcämie Unruhe, Angstzustände, Krampfneigung. • Knochenveränderungen: Erhöhung der Osteoklastenaktivität durch den gebundenen Wirkstoff. • Überempfindlichkeitsreaktionen : Etwa 16 % der Patienten reagieren mit Hautausschlag, 60 % mit Temperaturanstieg. • Durch lokale Einwirkung der renal ausgeschiedenen Substanz kann es zu Ulzerationen an Penis und Vagina kommen (vermeidbar bei sorgfältiger Hygiene nach jeder Miktion).

33.19.3. Virustatika zur antiretroviralen Therapie Spezielle Aspekte der antiretroviralen Therapie

bis heute ist keine Therapie bekannt, die zu einer definitiven Eradikation des Virus führt.

Replikationszyklus des Retrovirus HIV-1 und Wirkorte der wichtigsten Arzneimittelgruppen . Die wichtigsten Schritte der viralen Replikation und die Angriffspunkte der verschiedenen Virustatikagruppen sollen kurz beschrieben werden: Auf der linken Seite der Abbildung ist ein HI-Virus schematisch dargestellt: erkennbar sind das genetische Material im Inneren und die Oberflächenproteine. Wie die vergrößerte Darstellung in zeigt, tritt das Hüllprotein gp120 in Kontakt mit zwei Oberflächenstrukturen der Zelle, dem CD4-Molekül und einem Chemokinrezeptor (CCR5 oder CXCR4). Durch diese Bindung wird das transmembranäre Glykoprotein gp41 in die Lage versetzt, mit der Zellmembran zu fusionieren und so den Eintritt des Virus in die Wirtszelle zu ermöglichen. Die frühe Phase des Eintritts des Virus in die Zelle wird durch „Korezeptorantagonisten“ (Maraviroc) und „Fusionsinhibitoren“ (Enfuvirtid) gehemmt. Nach dem Eintritt des Virus in das Zytoplasma und der Freisetzung der viralen RNA („uncoating“), wird durch die RNA-abhängige DNA-Polymerase (= reverse Transkriptase) des Erregers eine komplementäre DNA synthetisiert. Dieser Vorgang ist charakteristisch für Retroviren und kann durch Hemmstoffe der reversen Transkriptase beeinflusst werden. Bei den Inhibitoren der reversen Transkriptase können zwei Arten mit unterschiedlichem Ansatzpunkt unterschieden werden: nukleosidische (z. B. Emtricitabin) und nichtnukleosidische Inhibitoren, wie z. B. Efavirenz . Die Integration der neu synthetisierten DNA in die Chromosomen der Wirtszelle wird durch ein weiteres virusspezifisches Enzym, die Integrase, vermittelt. Hemmstoffe dieses Enzyms (z. B. Raltegravir) stehen zur Therapie zur Verfügung. Der nächste Schritt im Vermehrungszyklus von HIV beinhaltet die Transkription von proviraler DNA in virale RNA durch die Enzyme der Wirtszelle. Diese RNA kann als Vorlage für die Synthese von viralen Polyproteinen dienen oder in unreife Virionen eingebaut werden. Diese Virionen können erst nach der Spaltung des Polyproteins durch die viruseigene Protease (Reifung) aus der Zelle freigesetzt werden. Dieser für den Fortgang der Infektion essenzielle Vorgang der „Reifung“ der neu gebildeten HI-Viren lässt sich durch Proteaseinhibitoren, wie z. B Darunavir, unterbrechen. Abkürzungen: RT: reverse Transkriptase; cDNA: komplementäre DNA (Kopie einer RNA); mRNA: messenger-RNA; TaT: virales Protein, das die Transkription und Replikation reguliert; RNase H: Ribonuklease H; gp120: glykosyliertes Hüllprotein; gp41: transmembranäres Glykoprotein (Untereinheit von gp160); CCR5: Chemokinrezeptor 5; CXCR4: CXC-Motiv-Chemokinrezeptor 4. ABB. 33.65

wichtigsten Angriffspunkte

1. die reverse Transkriptase, die die RNA des Erregers in DNA übersetzt, damit die genetische Information in das Genom der

Wirtszelle integriert werden kann, 2. die Protease, die das funktionslose virale Polyprotein in funktionelle virale Proteine umwandelt (eine Voraussetzung für die Entstehung neuer infektiöser Viruspartikel), 3. die Integrase, die die Integration der DNA-Kopie der viralen RNA in das Wirtsgenom vermittelt.

„Eintrittsinhibitoren“

Eintrittsinhibitoren („entry inhibitors“) . Beim Eintritt von HIV in die Zellen des menschlichen Organismus können drei Phasen unterschieden werden: 1. Anheftung („attachment“) mittels gp120 an CD4-Epitope der Zelle; dabei resultiert eine Konformationsänderung des gp120. 2. Korezeptorbindung an die Chemokinrezeptoren CCR5 oder CXCR4 und 3. Fusion der Membranen von Erreger und Wirt. Mehrere Wirkstoffe, die die entsprechenden Teilschritte spezifisch blockieren, befinden sich in der klinischen Entwicklung. Derzeit stehen nur der Fusionsinhibitor Enfuvirtid und der Korezeptor-Antagonist Maraviroc zur Therapie zur Verfügung. Abkürzungen: Env: trimeres Hüll-(„envelope“-)Protein, besteht aus den Untereinheiten gp120 (glykosyliert) und gp41 (transmembranär); HR1 und HR2: helikale Strukturen des gp41, an die der Fusionsinhibitor Enfuvirtid bindet. (modifiziert nach ABB. 33.66

Moore und Doms, 2003)

Gruppen

Tab. 33.30 Übersicht über die verfügbaren Arzneimittel zur antiretroviralen Kombinationstherapie

® ® ® ® ® ®

® ®

®

® ® ® ® ®

®

®

® ® ® ® ® ® ® ® ®

®

®

® ® ®

Lopinavir, Amprenavir, Fosamprenavir, Atazanavir, Tipranavir und Darunavir werden zusammen mit niedrig dosiertem Ritonavir zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit und Verlängerung der Halbwertszeit („booster“) eingenommen.

Monotherapie

rasch

Resistenzentwicklung Kombinationstherapie

Marker

zur

• die Viruslast („viral load“, Anzahl der HIV-RNA-Kopien im Blut), • die Anzahl der CD4-positiven Zellen im peripheren Blut. Problemen

• mangelnde Compliance (Adhärenz) des Patienten, • die Bildung resistenter Virusmutanten (oft als Folge einer mangelnden Adhärenz), • die unerwünschten Wirkungen der Medikamente (fördern eine mangelnde Adhärenz), • Arzneimittel-Interaktionen. Compliance

oder

Adhärenz

Beurteilung

des

Therapieerfolgs

Kombinationspräparaten zur einmal täglichen Einnahme

Tab. 33.31 Antiretrovirale Dreifachkombinationspräparate zur Einmal-täglich-Gabe Gruppe/Wirkstoff

Dosis

Handelsname

Anzahl Tabletten/Tag

®

®

®

®

®

Tenofovir-Disoproxil (als Fumarat).

Interaktionen

Aktuelle Therapieempfehlungen

1. Die Gabe einer Kombination aus zwei Nukleosid- bzw. Nukleotid-Analoga (z. B. Tenofovir + Emtricitabin ) zusammen mit einem Proteaseinhibitor oder einem nichtnukleosidischen Hemmstoff der reversen Transkriptase oder einem Integraseinhibitor, wird heute am häufigsten zur Therapie empfohlen. Dabei werden zunehmend Kombinationspräparate wie Atripla ® oder Eviplera ® verwendet, die in einer Tablette drei Wirkstoffe enthalten und nur einmal täglich genommen werden müssen ( ).

Tab. 33.32 Empfehlungen zur initialen antiretroviralen Kombinationstherapie 1. Kombinationspartner

Empfohlen:

2. Kombinationspartner

Integraseinhibitoren (INI) empfohlen:

Alternative: Alternative:

Nichtnukleosidische Inhibitoren der reversen Transkriptase (NNRTI) empfohlen: Alternative: Proteaseinhibitoren (PI) empfohlen:

Alternative: /r = mit Ritonavir zur pharmakokinetischen Verbesserung; /c = mit Cobicistat zur pharmakokinetischen Verbesserung (modifiziert nach Deutsche AIDS-Gesellschaft, ). Einsatz nach negativem Screening auf HLA-B*5701, Einsatz mit Vorsicht bei Plasmaviren > 100000 Kopien/mL und hohem kardiovaskulärem Risiko (FraminghamScore > 20 %/10 Jahre). Cave: nicht bei HIV-RNA > 100000 Kopien/ml (keine Zulassung). Kein Einsatz bei Schwangerschaft im ersten Trimenon.

2. Asymptomatische Patienten sollen behandelt werden, wenn die Viruslast > 5000–10000 RNA-Kopien/ml Blut liegt (zwei Messungen) bzw. die Anzahl der CD4-positiven Zellen < 350/μL Blut beträgt. Die Dynamik dieser Parameter soll mitberücksichtigt werden, d. h., bei einer plötzlich einsetzenden deutlichen Verschlechterung der Werte kann mit einer Therapie begonnen werden, obwohl die zuvor angegebenen Grenzwerte nicht erreicht sind. In den vergangenen Jahren haben sich vermehrt Hinweise ergeben, dass ein Therapiebeginn bei Diagnosestellung unabhängig von den CD4-Zell-Zahlen sinnvoll sein kann (START-Studie). 3. Alle Patienten mit HIV-assoziierten Symptomen oder AIDS-definierenden Komplikationen werden behandelt, unabhängig von der Anzahl der CD4-positiven Zellen oder der Viruslast. 4. Durch eine antiretrovirale Behandlung kann das Risiko einer vertikalen Transmission von HIV (von der Mutter auf das Kind) während einer Schwangerschaft deutlich reduziert werden (die Übertragung erfolgt überwiegend perinatal). Die Betreuung schwangerer Frauen mit HIV-Infektion ist spezialisierten Zentren vorbehalten. 5. Eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) sollte bei medizinischem Personal nach Nadelstichverletzungen mit kontaminiertem Blut durchgeführt werden. Es müssen zwei oder drei antiretroviral wirksame Substanzen möglichst innerhalb weniger Stunden nach der Exposition für mindestens 4 Wochen gegeben werden. Aktuelle Empfehlungen werden vom Robert Koch-Institut im Internet publiziert ( ) Hemmstoffe der reversen Transkriptase (Nukleosid-Analoga)

Nukleosid-Analoga . Zidovudin ist ein Analogon des Thymidins, Lamivudin und Emtricitabin sind Analoga des Cytidins, Abacavir ist ein Purinderivat. Gemeinsames Merkmal dieser Nukleosid-Analoga ist der modifizierte Zuckeranteil. Im Abacavir wurde der Sauerstoff im Zuckeranteil durch Kohlenstoff ersetzt, es wird daher als carbozyklisches Nukleosid-Analogon bezeichnet. Da in den Molekülen der Analoga die zur DNA-Synthese essenzielle 3'-OH-Gruppe der Desoxyribose fehlt, kommt es nach dem Einbau in die DNA zum Strangabbruch und zur Hemmung der viralen Replikation (vgl. ). ABB. 33.67

Herkunft, Struktur Zidovudin,

Azidothymidin, AZT,

Didanosin

L a m iv udin

Emtricitabin Abacavir „carbozyklisches“

Nukleosid-Analogon

Pharmakodynamik

überführt werden.

durch wirtszelleigene Kinasen in das 5'-Triphosphat reverse Transkriptase

Resistenzentwicklung

von

HIV:

Tab. 33.33 Mutationen bei der reversen Transkriptase von HIV und deren Auswirkung auf die Empfindlichkeit der Viren gegenüber Zidovudin Substitution an Codon Nr.

Pharmakokinetik

Art des Aminosäureaustauschs

Anstieg der inhibitorischen Konzentrationen (IC 50 )

Tab. 33.34 Pharmakokinetische Daten der antiretroviral wirksamen Nukleoside/Nukleotide

Parameter

Zidovudin

cr

Lami vud Abacavir in

Didanosin

Stavudin

cr

cr

cr

Emtri Tenofovi cita r bin

cr

cr

Abkürzungen: AUC (area under the curve): Fläche unter der Plasmakonzentration-Zeit-Kurve; Cl cr : Creatinin-Clearance in ml/min; ↓: Abfall; ↔: kein Einfluss; Liquor: Liquor cerebrospinalis. Die Angaben zur Bioverfügbarkeit gelten für Tenofovir-Disoproxil.

Halbwertszeit des Triphosphats 10–15 Stunden, die des Emtricitabins ist mit 39 Stunden noch länger. einmal tägliche Anwendung

Lamivudin

Abacavir Deamidierung Carbovirtriphosphat. Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Zidovudin

Dosierung: Kombinationspräparat ®

Didanosin Lamivudin

®

Dosierung: ®

Dosierung: HIV-Infektion

®

®

Emtricitabin

®

chronischer Hepatitis B Dosierung:

®

Kombinationspräparat ®

Dreifachkombination ® ®

Abacavir

Dosierung:

Dreifachtherapie ®

®

Stavudin Dosierung: Nebenwirkungen

meist zu Beginn der Therapie

• Gastrointestinale Störungen wie Nausea, Bauchschmerzen, Diarrhö, Erbrechen können bei Behandlung mit allen Nukleosid-Analoga auftreten. • Neurotoxische Wirkungen wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, psychische Veränderungen sind bei allen NukleosidAnaloga möglich. • Exantheme können durch alle Nukleoside hervorgerufen werden. Langzeitbehandlung

• Hämatotoxische Wirkungen: Zidovudin verursacht eine megaloblastisch-makrozytäre Anämie (schon ab der 2.–4. Woche) und andere hämatologische Störungen, wie z. B. eine Neutropenie (meist ab der 6.–8. Woche). • Myopathie: Asthenie, Myalgie, Muskelatrophie infolge nekrotisierender Myositis (Indikation zum Abbruch der Therapie!). • Hepatomegalie, Lactatazidose. • Abacavir: Überempfindlichkeitsreaktion mit Multiorganbeteiligung (etwa 5 % der Patienten, meist innerhalb der ersten 4 Wochen); zu den Symptomen gehören Fieber, Exanthem, respiratorische und gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen). Abacavir darf nach Auftreten dieser Symptomatik nicht noch einmal verabreicht werden, weil sonst innerhalb von 1–2 Stunden eine lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion mit Blutdruckabfall auftreten kann. Bei Patienten mit dem HLA-Allel B5701 tritt die Abacavir-Überempfindlichkeitsreaktion in bis zu 80 % auf. Jeder Patient sollte daher vor Beginn der Therapie mit Abacavir auf das Vorhandensein dieses Allels getestet werden. • Didanosin: Pankreatitis (bis zu 10 % der Fälle). Erste Symptome dieser potentiell tödlich verlaufenden Komplikation sind Erbrechen, Bauchschmerzen und ein Anstieg der Amylase- und Lipasewerte im Serum. • Didanosin: Periphere Neuropathie (30–40 %). Sie setzt nach einer Behandlungsdauer von etwa 1 Jahr mit Schmerzen und Parästhesien in den Beinen ein (Taubheitsgefühl, „Prickeln“). Sie ist reversibel, wenn die Dosis reduziert wird (erhöhtes Risiko bei Alkoholabusus). • Stavudin: periphere Neuropathie (ca. 20 %) und Pankreatitis (ca. 1 %). Interaktionen

• Zidovudin: Ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen besteht bei Kombination mit zytotoxischen, myelosuppressiven und neurotoxischen Medikamenten; Verstärkung der Hämatotoxizität z. B. mit Cotrimoxazol, Pyrimethamin, Paracetamol, Interferon, Ganciclovir, Vincristin; Verstärkung der Neurotoxizität z. B. mit Aciclovir (Schläfrigkeit, Lethargie). • Lamivudin: Trimethoprim führt zu einer etwa 40-prozentigen Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Lamivudin. Ursache ist wahrscheinlich die Wechselwirkung an einem aktiven Transportsystem der Niere, das bei der Elimination organischer Kationen eine Rolle spielt. Die gleichzeitige Anwendung von Cotrimoxazol in hohen Dosen ( Pneumocystis jiroveci -Pneumonie!) sollte vermieden werden. Bei prophylaktischer Gabe von Cotrimoxazol ist jedoch keine Anpassung der Dosierung von Lamivudin notwendig, solange die Nierenfunktion nicht eingeschränkt ist. • Da Abacavir über das Enzym Alkohol-Dehydrogenase abgebaut wird, können die Plasmakonzentrationen des Medikaments um etwa 40 % erhöht sein, wenn gleichzeitig alkoholische Getränke zugeführt werden. • Didanosin: Da die Tabletten mineralische Antazida enthalten, kann die Resorption von Fluorchinolonen oder Tetracyclinen bei gleichzeitiger Einnahme beeinträchtigt sein. Hemmstoffe der reversen Transkriptase (Nukleotid-Analoga) Tenofovir tid sid notwendige primäre Phosphorylierung entfällt

Strukturformeln von Tenofovir und zwei Pro-Drugs . Nach Aufnahme des Disoproxilesters (TDF) wird das Nuleotid-Analogon Tenofovir bereits im Plasma freigesetzt, dies geschieht bei Gabe des Alafenamids (TAF) erst intrazellulär. Daher kann dieses Derivat in deutlich niedrigeren Dosen verabreicht werden. Die gleichen „Einschleusgruppen“ (ein dem Alanin ähnlicher Rest und ein Phenolrest) finden sich auch in Sofosbuvir (vgl. ). Beide ProDrugs von Tenofovir liegen als Fumarat vor. ABB. 33.68

Pro-Drugs

Pharmakodynamik Hemmstoff der reversen

Transkriptase

Pharmakokinetik

Disoproxil-Ester

Tenofovir-Alafenamid

Präparate, Indikationen, Dosierung

®

Dosierung von 245 mg ® ®

Dreierkombinationspräparate Dreierkombination ® ® ®

®

Dosierung von 10 mg ®

Nebenwirkungen, Interaktionen Gastrointestinale Hypophosphatämie Nierenversagen

®

Interaktionen:

nephrotoxischen

Arzneimitteln,

Hemmstoffe der reversen Transkriptase (Nicht-Nukleoside)

®

Störungen

Nichtnukleosidische Hemmstoffe der reversen Transkriptase (NNRTI). Während die beiden älteren Substanzen Nevirapin und Efavirenz eine völlig unterschiedliche Struktur aufweisen, sind Etravirin und Rilpivirin strukturell nahe verwandt. Beide sind Diarylpyrimidine. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Substanzen wurden in der Formel von Etravirin markiert. ABB. 33.69

Pharmakodynamik

Wirkung dieser Substanzen auf HIV-1 begrenzt, Resistenzen Etravirin

Rilpivirin

Pharmakokinetik

nach oraler Gabe aus dem Magen-Darm-Trakt gut resorbiert. Sie werden durch Cytochrom-P 4 5 0 -Enzyme metabolisiert und glucuronidiert.

Tab. 33.35 Pharmakokinetische Daten der nichtnukleosidischen Hemmstoffe der reversen Transkriptase (NNRTI) Nevirapin

Efavirenz

Etravirin

Rilpivirin

max

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Nevirapin

Dosierung ®

®

Efavirenz

Atripla ® Etravirin Rilpivirin

®

®

Eviplera ® m g )

Rilpivirin (25 mg), Emtricitabin (200 mg) und Tenofovir (245 Kombinationspräparat

Tenofovir

Emtricitabin

Rilpiviringruppe Therapieversagen durch virale Resistenz. Nebenwirkungen

Nevirapin:

Exanthemen

Hepatotoxizität Efavirenz: Zentralnervöse Symptome Hautausschläge

Etravirin: Hautausschläge Rilpivirin: Gastrointestinale Nebenwirkungen, ZNS-Reaktionen

gastrointestinale Nebenwirkungen Hautausschläge

Interaktionen Nevirapin

Efavirenz

Induktor

P

4 5 0 -Isoenzyme

Induktion der Monooxygenasen. Etravirin

Induktor

Inhibitor

Rilpivirin CYP 3A induzieren

Kontraindikationen Efavirenz

vor Beginn der Therapie muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

Integraseinhibitoren

Pharmakodynamik

„Strangtransfer-Inhibitoren“;

Strukturformeln der Integraseinhibitoren . Die Verbindungen besitzen unterschiedliche Strukturen. Gemeinsam ist ihre Fähigkeit, mit Metallen Chelatkomplexe zu bilden und die Strangtransfer-Funktion der HIV-Integrase zu hemmen, indem sie mit divalenten Metallionen im aktiven Zentrum des Enzyms interagieren. ABB. 33.70

Resistenzentwicklung:

Pharmakokinetik

Tab. 33.36 Dosierung und pharmakokinetische Daten der Integraseinhibitoren Freina Raltegravir me Handel sna me

Elvitegravir

Dolutegravir ®

®

®

® ®

Formu lier ung Dosier ung /Ta g Protei nbi ndu ng (%) Halbw erts zeit (h) Metab olis mu s Stribild

®=

150 mg Elvitegravir, 150 mg Cobicistat, 200 mg Emtricitabin, 245 mg Tenofovirdisoproxil.

Genvoya ® = 150 mg Elvitegravir, 150 mg Cobicistat, 200 mg Emtricitabin, 10 mg Tenofoviralafenamid. Triumeq ® = 50 mg Dolutegravir, 600 mg Abacavir, 300 mg Lamivudin.

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Raltegravir

Elvitegravir ®

®

Dosierung:

®

Dolutegravir

Dosierung:

Nebenwirkungen Integraseinhibitoren

Interaktionen eine hohe Affinität zu polyvalenten Kationen.

Raltegravir

kein

4 5 0

Omeprazol Arzneimitteln, die den pH-Wert im Magen erhöhen

2

Elvitegravir

Kombination mit Cobicistat,

Cobicistat – ein pharmakokinetischer Verstärker 4 5 0

® ® ®

sehr ähnliche chemische Struktur auf wie der Proteaseinhibitor Ritonavir,

Cobicistat hat eine ähnliche Struktur wie der Proteaseinhibitor Ritonavir, zeigt aber keine eigene antivirale Aktivität. Cobicistat besitzt einen Morpholinorest anstelle einer Isopropylgruppe. Die für eine antivirale Aktivität erforderliche Hydroxylgruppe fehlt beim Cobicistat. ABB. 33.71

Dosierung:

Hemmstoffe der Protease

Hemmstoffe der Protease

Herkunft, Struktur Phenylalanin und Prolin

zwei Tipranavir

Aspartat-Reste,

Proteaseinhibitoren . Die HIV-Protease spaltet Peptidbindungen zwischen den Aminosäuren Phenylalanin und Prolin des Substrats. Die Proteaseinhibitoren besitzen mit Hydroxyethylen ein Strukturmerkmal, das sich nicht spalten lässt (gelb markiert). Proteaseinhibitoren lagern sich an das katalytische Zentrum des für die Vermehrung von HIV essenziellen Enzyms an und blockieren es. Ihre Wirkung ist somit reversibel. Tipranavir besitzt eine abweichende Struktur (Cumarinderivat) ABB. 33.72

Pharmakodynamik HIV-Protease vier viralen Enzyme,

Integrase, RNase therapeutischer Angriffspunkt

reversen Transkriptase,

Prozessieren keine infektiösen Viren gebildet

funktionslose Polyprotein synthetisiert

verhindert,

Resistenzen

Pharmakokinetik

hohe Plasmaproteinbindung ZNS-Gängigkeit

überwiegend

über

CYP

3A4

hepatisch

eliminiert

gering

Tab. 33.37 Dosierung und pharmakokinetische Parameter von Proteaseinhibitoren Pharmakokinetische Parameter

Indinavir

Nelfinavir

Saquina-vir/r ,

FosamprenaLopinavir/r vir/r ,

Atazanavir/r

Tipranavir/r

Darunavir/r

max

C max = max. Plasmakonzentration; AUC = Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve; /r = zusätzlich Ritonavir in niedriger Dosierung (als „booster“). Bei den Angaben handelt es sich um gerundete Mittelwerte, die z. T. einer erheblichen Variabilität unterliegen (s. Text). Insbesondere bei länger dauernder Behandlung, bei Kombination mit anderen Medikamenten oder bei Funktionseinschränkungen der Eliminationsorgane können abweichende pharmakokinetische Daten resultieren. Lopinavir ist nur in fixer Kombination mit niedrig dosiertem Ritonavir im Handel, die anderen mit „/r“ gekennzeichneten Substanzen werden zusammen mit Ritonavir (NORVIR) verabreicht. Indinavir kann ebenfalls zusammen mit Ritonavir zur pharmakokinetischen Verbesserung gegeben werden, die Erfahrungen sind aber unzureichend. Das pharmakokinetische Verhalten von Nelfinavir wird durch Ritonavir nur vergleichsweise geringfügig beeinflusst, die Kombination ist daher nicht üblich, Fosamprenavir/r und Lopinavir/r können auch 1 × täglich in doppelter Dosis gegeben werden. Die Angaben beziehen sich auf die Pharmakokinetik von Saquinavir nach Gabe als Filmtabletten + Ritonavir. Fosamprenavir wird während der Resorption in Amprenavir umgewandelt; die pharmakokinetischen Daten beziehen sich auf Amprenavir nach Gabe von Fosamprenavir + Ritonavir. Tipranavir wird überwiegend unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden. Darunavir wird metabolisiert und zu ca. 40 % unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden.

Präparate, Indikationen, Dosierung

Dosierungen

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö zählen zu den häufigsten Unverträglichkeitsreaktionen. Eine Diarrhö wurde z. B. bei 20 % der mit Nelfinavir behandelten Patienten beobachtet. • Hepatische Veränderungen: Anstieg der Transaminasen, fast stets reversibel. Unter Indinavir und Atazanavir treten Hyperbilirubinämien auf. In Einzelfällen kommt es zu einer Hepatitis (Leberfunktionsparameter kontrollieren!). • Veränderungen im Lipidstoffwechsel: Erhöhte Triglyceride, erhöhtes Cholesterin oder Insulin im Plasma wurden in einigen Studien bei mehr als der Hälfte aller Patienten festgestellt. Unter Atazanavir waren Veränderungen im Lipidstoffwechsel im Vergleich mit anderen Proteaseinhibitoren geringer ausgeprägt. Die Symptome der Hyperlipidämie und Anreicherung von abdominalem Fett sind mit einer peripheren Lipodystrophie assoziiert. Die metabolischen Störungen können zu einer klinisch manifesten koronaren Herzkrankheit führen. Die Pathogenese ist unklar, infrage kommen direkte Wirkungen auf Regulationsvorgänge im Körper oder indirekte Effekte über eine Beeinflussung des Retinsäurestoffwechsels. • Neurologische Beschwerden wie periorale und periphere Parästhesien oder Kopfschmerzen. Unter Nelfinavir wurden auch Müdigkeit und Konzentrationsstörungen beobachtet. • Mundtrockenheit, Geschmacksstörungen (Indinavir). • Allergische Reaktionen (Exantheme).

• Blutbildveränderungen: Neutropenie (Nelfinavir). • Nephrolithiasis, Nierenfunktionsstörungen: Eine Nephrolithiasis fand sich bei bis zu 5 % der mit Indinavir behandelten Patienten (insbesondere nach höherer Dosierung); eine großzügige Hydratation der Patienten soll die Häufigkeit der Nephrolithiasis mindern. Interaktionen

4 5 0

CYP

3A4 .

Korezeptorantagonisten Maraviroc

Nachweis von CCR5-tropen Viren,

Maraviroc . Der Korezeptor-Antagonist blockiert die Bindung des HI-Virus über das Glykoprotein gp120 an den Korezeptor CCR5 (Chemokinrezeptor). Dadurch wird die Aufnahme von R5-tropen Viren gehemmt. ABB. 33.73

Pharmakodynamik

Pharmakokinetik

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Dosis verdoppelt

Behandlung

von

antiretroviral

vorbehandelten,

gleichzeitiger Gabe von Cytochrom-Induktoren gleichzeitiger Gabe von Cytochrom-Inhibitoren Dosis halbiert.

Nebenwirkungen, Interaktionen gut verträglich.

Hepatotoxizität

Leberversagen

Allergiesymptomen

Fusionsinhibitoren Enfuvirtid

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

nicht oral anwendbar. Plasmahalbwertszeit

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Nebenwirkungen

33.19.4. Virustatika zur Therapie der Influenza Amantadin Prophylaxe und frühzeitigen Chemotherapie der Influenza A ungeimpften Risikopatienten.

ABB. 33.74

Amantadin .

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik „Uncoating“,

verlängert sich

bei leichter Einschränkung der Nierenfunktion

Präparate, Indikationen, Dosierung Prophylaktisch therapeutisch

Cave:

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen: Nausea, Mundtrockenheit, Erbrechen, Bauchschmerzen. • Neurologische Störungen: Unruhe, Tremor, Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit, Schlaflosigkeit, Ataxie, Krämpfe (verminderte Krampfschwelle), Psychosen. • Seltenere Nebenwirkungen sind Hautreaktionen (ekzematöse Dermatitis, Fotosensibilisierung), periphere Ödeme, Sehstörungen und Blutbildveränderungen. Neuraminidaseinhibitoren (Zanamivir, Oseltamivir)

N

Zanamivir

Oseltamivir gegen Oseltamivir

Hemmstoffe der Neuraminidase. Resistenzen Viren mit solchen Resistenzmutationen sind meist gegen Zanamivir empfindlich.

Strukturformeln der Neuraminidaseinhibitoren . Zanamivir wird nach oraler Gabe nicht ausreichend resorbiert und muss daher per Inhalation verabreicht werden. Oseltamivir liegt als gut resorbierbare Esterverbindung („Pro-Drug“) vor; im Organismus wird die Esterbindung gespalten (Pfeil) und der Wirkstoff Oseltamivircarboxylat wird freigesetzt. ABB. 33.75

Zanamivir

minimal resorbiert Bioverfügbarkeit

Plasmahalbwertszeit

Oseltamivir

Pro-Drug Plasmahalbwertszeit

Indikationen, Dosierung ®

®

Influenza A und B

Nebenwirkungen Zanamivir Oseltamivir

33.19.5. Arzneimittel zur Behandlung der viralen Hepatitis chronischer Hepatitis B oder Hepatitis C Interferon

Hepatitis-C-Virus (HCV)

Hepatitis-B-Virus (HBV)

Chronische Hepatitis B chronischen

A d e f o v i r und

Nukleosid-Analoga Lamivudin, Telbivudin Tenofovir

Hepatitis

B

Entecavir

Tenofovir

Nukleotid-Analoga

Entecavir

Tenofovir-Disoproxil

primär bei Hepatitis B empfohlenen Arzneimitteln.

Nukleotid-Analoga zur Behandlung der chronischen Hepatitis B (Adefovir, Tenofovir) . Adefovir-Dipivoxil ist ein azyklisches Nukleosidphosphonat. Das Pro-Drug wird bei der Resorption zu Adefovir, einem dAMPAnalogon, hydrolysiert. Bei dem Nukleotid-Analogon ist nur eine zweimalige Phosphorylierung notwendig, damit eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem physiologischen dATP besteht. Tenofovir unterscheidet sich nur geringfügig vom Adefovir. Die Aktivierung verläuft entsprechend. Es trägt an der mit einem roten Pfeil markierten Stelle eine Methylgruppe und liegt als Tenofovir-Disoproxil vor, um die Resorption zu verbessern. ABB. 33.76

Präparate, Indikationen, Dosierung Dosierung:

Adefovir-Dipivoxil

®

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik zweifach hemmt es die viralen Polymerasen

phosphoryliert

Bindungskonkurrenz DNA-Ketten-Abbruch. Resistenz-Mutation

Ester-Pro-Drug

Plasmahalbwertszeit

7

Stunden

intrazelluläre Halbwertszeit Stunden.

12–36

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

chronischer Hepatitis B Dosierung:

Nebenwirkungen

• Nephrotoxische Wirkungen: Adefovir kann zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen. ( cave: Kombination mit anderen potentiell nephrotoxischen Arzneimitteln!) • Gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Diarrhö). • Kopfschmerzen. Entecavir Guanosin

Zuckeranteil

substituierten Cyclopentylrest ersetzt

Nukleosid-Analoga zur Behandlung der chronischen Hepatitis B. Telbivudin ist dem Thymidin sehr ähnlich, die Desoxyribose ist jedoch nicht D-, sondern L-konfiguriert. Beim Entecavir wurde im Vergleich zum physiologischen Desoxyguanosin der Zuckeranteil durch einen Cyclopentenylrest ersetzt. ABB. 33.77

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik Triphosphat phosphoryliert

hemmt

kompetitiv

Funktion der viralen

Polymerase.

Resistenzentwicklung selten einmal tägliche orale Gabe.

Bioverfügbarkeit liegt bei etwa 70 %,

terminalen Plasmahalbwertszeit von ca. 140 Stunden über die Nieren eliminiert.

Präparate, Indikationen, Dosierungen ®

Dosierung:

Nebenwirkungen Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel

Übelkeit

Telbivudin

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Dosierung

Nebenwirkungen gastrointestinale Störungen,

ZNS-Symptome Exantheme Anstieg der Creatinkinase Myopathien,

Lamivudin

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Dosierung

rasch resistente Mutanten,

Chronische Hepatitis C α

α

Proteine des Hepatitis-C-Virus . Die Proteine des Hepatitis-C-Virus entstehen durch proteolytische Spaltung eines Polyproteins. Strukturelle Proteine, wie die Hüllglykoproteine E1 und E2 können von nicht-strukturellen Proteinen, wie NS5B (= RNA-Polymerase) unterschieden werden. In der Abbildung wurden die Wirkstoffe den jeweiligen Proteinen, die durch sie gehemmt werden, zugeordnet (fett gedruckt = im Handel, nicht fett gedruckt = in der klinischen Entwicklung). ABB. 33.78

Genotyp des HCV Leberzirrhose positive

Ribavirin

Prognosefaktoren,

Ribavirin. Die therapeutische Wirksamkeit des Nukleosid-Analogons lässt sich nicht durch eine direkte antivirale Aktivität erklären. ABB. 33.79

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Hemmung der Guanosintriphosphat-Synthese

spezielle

Verteilungsvolumen Nukleosidtransporter in Erythrozyten

10 L/kg

Präparate, Indikationen, Dosierung chronischer Hepatitis C α α ® ®

Respiratory

Syncytial

Virus

(RSV), ®

Nebenwirkungen

Ribavirin

• Anämie und andere Blutbildveränderungen • Störungen des Magen-Darm-Trakts (Übelkeit, Anorexie) • Neurotoxische Symptome (Schlaflosigkeit, Reizbarkeit) • Hautveränderungen (Pruritus, Exanthem, Hauttrockenheit) • Schilddrüsenfunktionsstörungen teratogen.

Proteaseinhibitoren

(oral)

+

Interferon

(s.

c.)

Boceprevir

Telaprevir

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Proteaseinhibitoren.

Boceprevir, Telaprevir: Genotyp 1 beschränkt, Simeprevir, Paritaprevir

auf den

Proteaseinhibitoren zur Behandlung der chronischen Hepatitis C . Simeprevir und Paritaprevir weisen ähnliche, makrozyklische Strukturen auf. Sie besitzen hohe Aktivität gegen die Genotypen 1 und 4 von HCV. ABB. 33.80

Tab. 33.38 Dosierung und Pharmakokinetik von Proteaseinhibitoren Boceprevir

Telaprevir

Simeprevir

Paritaprevir

Dosis /T a g Halb w er ts ze it (h ) Prote in bi n d u n g Meta b ol is m us Kom bi n at io n e n

oder

Das Kombinationspräparat Viekirax ® enthält neben Ombitasvir und Paritepravir zusätzlich Ritonavir zur Verbesserung der Pharmakokinetik von Paritaprevir.

Präparate, Indikationen, Dosierung Boceprevir

Telaprevir nur in Kombination mit

Peginterferon-α und Ribavirin Simeprevir Paritaprevir

®

Dosierung Dosierung

®

Nebenwirkungen Boceprevir, Telaprevir (bei gleichzeitiger Gabe von Ribavirin und Interferon): α

Simeprevir:

Hautausschlag, Fotosensitivitätsreaktionen und Dyspnoe.

Paritaprevir: ® ®

Hautreaktionen Leberversagen

Interaktionen

Boceprevir, Telaprevir: Boceprevir Simeprevir:

Telaprevir Interaktionen mit zahlreichen anderen Arzneimitteln

®

Paritaprevir: ®

zahlreiche

Interaktionen

Polymeraseinhibitoren

Pharmakodynamik Sofosbuvir

alle Genotypen

Es kommt nur

selten zur Bildung von Resistenzen.

Strukturformeln der Polymeraseinhibitoren . Das Nukleotid-Analogon Sofosbuvir ist ein am Zuckeranteil fluoriertes und methyliertes Derivat des Uridins. Die beiden farbig markierten Substituenten an der Phosphatgruppe erleichtern die Aufnahme in die Zellen und werden durch Hydrolyse abgespalten. Dasabuvir hat keine Nukleotid-Struktur und unterscheidet sich damit wesentlich von Sofosbuvir. ABB. 33.81

Dasabuvir Genotyp 1

Pharmakokinetik Sofosbuvir

Dasabuvir

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Sofosbuvir

α

Dosierung

Tab. 33.39 Interferon-freie Kombinationstherapien bei Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion (Genotyp 1) ohne Leberzirrhose Polymeraseinhi bitor(NS5B)

Protease- oder NS5A-Inhibitor

Ribavirin

Dauer(W Bemerkung ochen)

Paritaprevir mit Ritonavir als „booster“. ®

Dasabuvir

Dosierung ®

Nebenwirkungen, Interaktionen gut verträglich.

Interaktionen

NS5A-Inhibitoren

NS5AReplikationsinhibitoren Pharmakodynamik

Bestandteil des HCV-Replikationskomplexes

oder

Daclatasvir

Strukturformeln der NS5A-Inhibitoren . Die Moleküle weisen häufig symmetrische Strukturen auf. Da in Zellkulturversuchen beobachtet wurde, dass eine Prüfsubstanz spontan dimerisierte, wurden symmetrische Moleküle gezielt synthetisiert. ABB. 33.82

Ledipasvir

50

Ombitasvir

Pharmakokinetik

Tab. 33.40 Dosierung und pharmakokinetische Eigenschaften der NS5A-Inhibitoren Parameter

Daclatasvir Ledipasvir

Ombitasvir

max

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Daclatasvir

Ledipasvir ®

Ombitasvir ® ®

Nebenwirkungen, Interaktionen gut

verträglich.

Schwangerschaft

Interaktionen

Interferone zellulärer Abwehrstoff gegen die Ausbreitung von Virusinfektionen im Gewebe Antitumorwirkungen Antiautoimmunwirkungen Herkunft, Struktur

Human-Interferone

rekombinant

• IFN-α: Proteine aus Leukozyten, etwa 16 bekannte, bis zu 23 mögliche Subtypen. Innerhalb IFN-α2 wird noch zwischen Wirkstoffen differenziert, die sich in nur ein oder zwei Aminosäurepositionen unterscheiden. Sie werden IFN-α2a , IFN-α2b und IFN-α2c genannt. • IFN-β: Glykoproteine aus Fibroblasten. • IFN-γ : Glykoproteine aus aktivierten T-Lymphozyten und natürlichen Killerzellen (NK).

Pharmakodynamik

J A K - S TAT- We g

direkt „antiviralen“ Wirkungsmechanismen

immunmodulatorische Effekte erhöhte

HLA-1-Expression Aktivierung

zytotoxischer

Lymphozyten Pharmakokinetik hohe Bindungskapazität der Körperzellen

für

Interferone IFN-

α

α glomerulärer Filtration tubulär rückresorbiert IFN-β und IFN-γ

nach

in den Tubuluszellen proteolytisch abgebaut.

niedrigen Plasmakonzentrationen in der Leber metabolisiert. rasche Elimination. („Pegylierung“)

Nachteil Bindung von Polyethylenglykol Plasmahalbwertszeit deutlich verlängern.

kovalente

Präparate, Indikationen, Dosierung α ®

®

α

β

®

α ®

α ®

α

• Chronische Hepatitis C: Nichtpegyliertes Interferon-α2a oder -α2b kann 3 × pro Woche s. c. verabreicht werden. Üblich ist jedoch die Injektion von Peginterferon-α2a (Pegasys ® ) 1 × pro Woche in einer Dosis von 180 µg oder von Peginterferon-α2b (Pegintron ® ) 1 × pro Woche in einer Dosis von 1,5 µg/kg KG. Zusätzlich können Ribavirin oder andere Virustatika gegeben werden (s. u.). • Chronische Hepatitis B: Nichtpegyliertes Interferon-α2a oder -α2b kann 3 × pro Woche s. c. verabreicht werden. Peginterferon-α2a (Pegasys ® ) 1 × pro Woche in einer Dosis von 180 µg ist auch für die Behandlung der chronischen Hepatitis B zugelassen und wird bevorzugt angewandt. Nebenwirkungen

Dosis Applikationsform akute subakute

• Ein grippeähnliches Syndrom (80–100 %, akut) mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Myalgien und Arthralgien. Meist entwickelt sich bei wiederholter Gabe eine Toleranz gegenüber dieser Symptomatik. Das Fieber kann durch Gabe von Antipyretika (z. B. Paracetamol) wirksam gelindert werden. • Suppression der Hämatopoese: Leukopenie (innerhalb von 24 Stunden nach Behandlungsbeginn), Anämie und Thrombozytopenie bei längerer Anwendung. • Gastrointestinale Störungen: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö. • Leberzellschädigung . • Nierenfunktionsstörungen . • Neurologische Störungen (vor allem bei Langzeittherapie): zuerst Mattigkeit, Lethargie, Somnolenz, Parästhesien, später Verwirrtheit, Halluzinationen, Koma. Auch Depressionen und Angstzustände können vorkommen. • Seltenere Nebenwirkungen sind Exantheme, Haarausfall, Sehstörungen und Herz-Kreislauf-Störungen (z. B. Hypotonie, Tachykardie). Interaktionen hemmen hepatische Monooxygenasen

Kontraindikationen

450

33.20. Antiprotozoenmittel

Wirtswechsel

Ansätze der Krankheitsbeherrschung:

1. Bekämpfung der Insekten als Überträger (Vektor) durch Insektizide ( ) 2. Bekämpfung der Parasiten im Menschen durch Chemotherapeutika. Malaria, Trypanosomiasis, Amöbenruhr, Leishmaniose

Toxoplasmose.

Tab. 33.41 Die wichtigsten pathogenen Protozoen nach Klassen, Erregerart, Erkrankung, Vektoren und Chemotherapie Klasse

Erregerart

Krankheit (Verteilung )

Betroffene Organe

Vektor

Pharmaka

Trypanosoma gambiense Trypanosoma rhodesiense Trypanosoma cruzi

Leishmania donovani Leishmania tropica Leishmania brasiliensis Trichomonas vaginalis Entamoeba histolytica Plasmodium vivax Plasmodium malariae Plasmodium falciparum

Toxoplasma gondii Af = Afrika, As = Asien, I = Indien, M = Mittelmeer, L = Lateinamerika, T = trop. und subtrop. Gebiete, W = weltweit.

33.20.1. Malaria am weitesten verbreitete Krankheit in der Welt

Entwicklungszyklus Schizogonie

Blut-Schizonten (Gamogonie). (Sporogonie)

Schema der Entwicklungszyklen von Plasmodien in Mensch und Mücke und Angriffspunkte der Antimalariamittel . I Gametogonie und Sporogonie in der Mücke: Aufsaugen von Gametozyten mit Menschenblut; Ausbildung der Geschlechtsform (Gameten), Befruchtung – Fortentwicklung der vereinigten Form über Zygote, Ookinet und Oozyste zu den übertragungsfähigen Sporozoiten. II Schizogonie (ungeschlechtliche Formen) im Menschen: Übertragung von Sporozoiten aus dem Speichel der Mücke ins Blut – Transport in die Leber – dort Bildung von Schizonten und Zerfall zu Merozoiten (Leberzyklus) – Ausschwemmung von Merozoiten ins Blut, Aufnahme in Erythrozyten mit weiterer Vermehrung – Zellzerfall und Eindringen der Blut-Schizonten in weitere Erythrozyten – Bildung einiger Gametozyten mit geschlechtlicher Differenzierung. ABB. 33.83

Leberzyklus Fieberanfall; Malaria tertiana quartana

Malaria tropica

Chemotherapie

1. Gewebe-Schizonten (Pyrimethamin, Primaquin, Proguanil, Atovaquon) 2. Blut-Schizonten (Chloroquin, Chinin, Proguanil, Atovaquon) 3. Gametozyten (Pyrimethamin, Primaquin). Malariaprophylaxe

Malariaprophylaxe Maßnahmen

• das Tragen von hautbedeckender, heller Kleidung, • die Anwendung von Repellenzien wie DEET (Diethyltoluamid) auf den freien Hautpartien und • die Anwendung von Moskitonetzen. kausalen Prophylaxe Suppressionsprophylaxe

Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit

Malaria

Tab. 33.42 Dosierung von Antimalariamitteln zur Prophylaxe und notfallmäßigen Selbstbehandlung (Dosierung bei Kindern: siehe ) Medikament (Handelsname)

Prophylaxe

Notfallmäßige Selbstbehandlung

®

®

®

®

®

®

Einnahme mit Mahlzeit oder Milchprodukten zur jeweils gleichen Tageszeit. Bei erstmaliger Mefloquin-Prophylaxe kann auch 2–3 Wochen vor Abreise begonnen werden.

Chinin

®

ABB. 33.84

Chemische Struktur einiger Malariamittel.

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik hemmt

Hämpolymerase,

Wirkungsmechanismus von Chloroquin und einigen anderen Malariamitteln (* = Hämpolymerase) . Die erythrozytären Formen der Plasmodien gewinnen essenzielle Aminosäuren durch den Abbau von Hämoglobin. Dabei wird Häm (Ferriprotoporphyrin) freigesetzt. Dieses toxische Stoffwechselprodukt wird durch die Hämpolymerase zu Hämozoin, dem schlecht löslichen „Malariapigment“, polymerisiert und in der Nahrungsvakuole der Erreger abgelagert. Die Hämpolymerase wird durch Chloroquin und verwandte Malariamittel gehemmt, was zu einer Zerstörung der Erreger führt. ABB. 33.85

schizontozide Wirkung P. malariae P. vivax. Plasmodium falciparum

therapeutischen fast vollständig resorbiert.

Einsatz Plasmaproteinbindung beträgt ca. 70 %

Plasmahalbwertszeit

Verteilungsvolumen

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Dosierung:

Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen • Neurotoxische Effekte, insbesondere am Auge und Ohr mit vielgestaltiger Symptomatik (z. B. Kopfschmerzen, Tinnitus, Sehstörungen, Verwirrtheitszustände, entspricht dem Bild des „Cinchonismus“, ) • Hämatologische Störungen: intravasale Hämolyse, Leuko- u. Thrombopenie • Herz-Kreislauf-Reaktionen, EKG-Veränderungen (Verlängerung des QT-Intervalls) • Atemdepression • Diverse Hautreaktionen (z. T. allergischer Natur) • Leberzellschädigung • Hypoglykämie (Blutzuckerkontrollen erforderlich) Chloroquin

Pharmakodynamik

Wirkungsmechanismus: Hämpolymerase

Resistenzentwicklung P. falciparum Pharmakokinetik fast vollständig resorbiert.

ausgeprägten Urin

Indikationen, Dosierung ®

Nebenwirkungen

Metabolismus.

Plasmaproteinbindung

55–60 %.

• Durch Einlagerung des Stoffes in Hornhaut (reversible Hornhauttrübungen) und Retina (dosisabhängig auch irreversibel) können schwerste Augenschäden auftreten, besonders bei längerfristiger Therapie und stärkerer Sonneneinstrahlung. Erste Zeichen von Schädigungen am Auge sind Doppeltsehen, Flimmerskotome und Akkommodationsstörungen. Gesichtsfeldeinschränkungen deuten auf eine beginnende Retinopathie. • Gastrointestinale Störungen (häufig): z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle. • Neurotoxische Reaktionen: Schwindel, Kopfschmerzen, Benommenheit, Parästhesien, Unruhe, Psychosen, Krampfanfälle. • Hautreaktionen: Exantheme, Juckreiz, Pigmentverschiebungen, Haarausfall. • Hämatologische Störungen: Agranulozytose, Thrombozytopenie, intravasale Hämolyse bei Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel. • Seltene Nebenwirkungen sind Tinnitus, Hörschäden, Verminderung des Skelettmuskeltonus und Absenkung der T-Welle im EKG. Kontraindikationen absolut

relative

Primaquin Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

schlecht gewebegängig.

Präparate, Indikationen, Dosierung

vollen Ausheilung von Malaria tertiana und quartana P. vivax P. ovale Dosierung: Nebenwirkungen

• Gastrointestinale Störungen • Intravasale Hämolyse, vor allem bei Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel Mefloquin P. falciparum Pharmakodynamik, Pharmakokinetik P. vivax, P. gut

ovale resorbiert.

P.

malariae. hohe Proteinbindung

verteilt sich sehr gut. Exkretion Fäzes;

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Dosierung: Nebenwirkungen, Kontraindikationen

• Gastrointestinale Störungen: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall • ZNS-Störungen : Kopfschmerz, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, psychische Störungen wie Depressionen und Halluzinationen • Überempfindlichkeitsreaktionen : Hautausschlag, Juckreiz • Herzrhythmusstörungen : Bradykardie

Pyrimethamin Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

1

ABB. 33.86

Hemmstoffe der Dihydrofolat-Reduktase .

vollständig resorbiert. verteilt sich gut

mit den

Leber metabolisiert. Indikationen, Dosierung ®

• Therapie der Malaria tropica bei Chloroquinresistenz: kombiniert mit Sulfadoxin (im Kombinationspräparat Fansidar ® , in Deutschland nicht im Handel); Pyrimethamin wird in Kombination mit Sulfadoxin nicht mehr zur Malariaprophylaxe empfohlen, da es schwerwiegende und zum Teil tödlich verlaufende Hautveränderungen bei etwa 1 von 5000 Personen verursachte. • Behandlung der Toxoplasmose in Kombination mit einem Sulfonamid (z. B. Sulfadiazin [Sulfadiazin-Heyl ® ]), . Nebenwirkungen

Proguanil Herkunft und Struktur

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Metabolisierung zum Cycloguanil

P.

falciparum , P. falciparum

P.

vivax

P.

falciparum gut

resorbiert.

Plasmahalbwertszeit 60 %

über die Niere eliminiert.

Präparate, Indikationen, Dosierung ® ®

Dosierung: Nebenwirkungen

Atovaquon

ABB. 33.87

Atovaquon.

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik Wirkungsmechanismus

nicht genau geklärt.

selektive Malaria- und Toxoplasmoseerreger,

Plasmaproteine gebunden.

Pneumocystis jiroveci Bioverfügbarkeit ist relativ gering

Toxizität für die P. carinii

Mikroorganismen.

nicht metabolisiert.

Präparate, Indikationen und Dosierung ®

Therapie und Prophylaxe der Malaria Dosierung: ®

Pneumocystis

jiroveci- P n e u m o n i e

Akutbehandlung

Dosierung: Nebenwirkungen

Artemisinin-basierte Kombinationspräparate (Artemether plus Lumefantrin, Dihydroartemisinin plus Piperaquin) Herkunft, Struktur Artemisia

annua Artemisinin

Artemether ®

Dihydroartemisinin ®

ABB. 33.88

Artemether und Lumefantrin.

Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Hämozoin

®

Resorption

Serumproteine Plasmahalbwertszeit

450

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Plasmodium

®

P.

falciparum

falciparum

®

Nebenwirkungen, Interaktionen ®

ZNS Gastrointestinaltrakts

Verlängerung des QT-Intervalls kontraindiziert

®

Doxycyclin

zur Therapie der Malaria nicht geeignet,

33.20.2. Trypanosomenerkrankungen

Schlafkrankheit, Trypanosoma gambiense

Suramin Tryparsamid

ABB. 33.89

Pentam idin

Melarsoprol

Chemische Strukturen ausgewählter Antiprotozoenmittel.

Chagas-Krankheit

Trypanosoma cruzi Nifurtimox

Suramin Therapie von Trypanosomenerkrankungen

rhodesiense,

Trypanosomenprophylaxe Nebenwirkungen

Melarsoprol, Tryparsamid, Eflornithin Melarsoprol

T.

brucei

gambiense

Eflornithin

Pentamidin Pharmakodynamik, Pharmakokinetik

Blastomyces dermatitidis

Pneumocystis jiroveci

P. carinii

Präparate, Indikationen, Dosierung ®

Infektionen durch T. gambiense ,

T. rhodesiense Pneumocystis

jiroveci -Pneumonie

Nebenwirkungen häufig, vielfältig und zum Teil lebensbedrohlich!

Cave:

33.20.3. Leishmaniosen Leishmania-

• Viszerale Leishmaniose (Kala-Azar) mit Fieber, Hepatosplenomegalie und Panzytopenie. Nach Deutschland importierte Leishmaniosen stammen meist aus dem Mittelmeerraum. • Kutane Leishmaniose („Orientbeule“) mit entzündlichen Reaktionen an der Haut. • Mukokutane Leishmaniose („Espundia“) mit Symptomen auch an den Schleimhäuten des oberen Atem- und Verdauungstrakts ( ).

®

Amphotericin B

Dosierung:

Miltefosin ® ®

Dosierung: Stibogluconat-Natrium

Nebenwirkungen

33.20.4. Trichomoniasis

Metronidazol

®

Therapie Nebenwirkungen,

33.20.5. Amöbenruhr Entamoeba histolytica ,

Schwere Durchfallerkrankungen

E.

histolytica

Metronidazol

®

33.20.6. Toxoplasmose Toxoplasma

gondii

Indikationen

Kombinationstherapie

Nebenwirkungen, Kontraindikationen Nebenwirkungen: Pyrimethamin zumindest in der Frühschwangerschaft

problematisch

33.21. Anthelmintika parasitäre Würmer (Helminthen)

Bandwürmer

Taeniosen

Saugwürmer

Rundwürmer

Echinokokkosen

33.21.1. Bandwurminfektionen: Chemotherapie von Taeniosen und Echinokokkosen adulten Würmer

Zwischenwirt (Onkosphären). Finnen

Substanzen gegen Rinder-, Schweine- und Fischbandwurm (Taeniosen) Rinderbandwurm (Taenia saginata), Schweinebandwurm (T. solium) Endwirt, (Taeniose).

Fischbandwurm

Diphyllobothrium

12

Schweinebandwurm

(Zystizerkose). (Neurozystizerkose).

cave:

Praziquantel ®

®

®

Bandwurmmittel Neurozystizerkose.

ABB. 33.90

Praziquantel .

Pharmakodynamik

(vermizid), Teguments,

Schädigung des Teguments. Dauerdepolarisation

erhöht

Calciumpermeabilität des

breites Wirkungsspektrum Diphyllobothrium latum , D. pacificum. (Hymenolepis nana) (Schistosoma haematobium , S. mansoni, S. japonicum, S. intercalatum), (Clonorchis sinensis, Opisthorchis viverrini, Dicrocoelium dendriticum), (Paragonimus westermani).

Taenia

saginata, T. solium

Pharmakokinetik

Plasmahalbwertszeit

1–1,5

(First-Pass-Effekt).

450

Indikationen, Dosierung Taeniose: Neurozystizerkose Schistosomeninfektionen

Egelinfektionen

Nebenwirkungen

• Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen • Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit • Urtikaria und Juckreiz

Interaktionen

Stunden.

Kontraindikationen intraokulärer

Zystizerkose.

Niclosamid ®

Bandwurmmittel

ABB. 33.91

Niclosamid.

Pharmakodynamik Wirkungsmechanismus:

Wirkungsspektrum: T. solium, Diphyllobothrium latum, Hymenolepis nana

T. saginata ,

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Rinder-, Schweine-, Fisch-, Zwergbandwurm.

Schweinebandwurm

Zystizerkose

Dosierung bei Taeniose:

Nebenwirkungen Übelkeit,

Brechreiz

Abdominalschmerzen.

Kontraindikationen

Substanzen zur Chemotherapie von Echinokokkosen Hunde- (Echinococcus granulosus) Echinokokkose

Fuchsbandwurm (E. multilocularis ) Hundebandwurminfektionen

Zwischenwirt.

Fuchsbandwurminfektionen bedeutsamsten Infektionskrankheiten mit parasitären Würmern.

klinisch

Therapie

Benzimidazol-Derivate: Mebendazol und Albendazol ®

ABB. 33.92

®

Mebendazol und Albendazol.

Mittel der 1. Wahl Pharmakodynamik β Polymerisation

E.

zu

Mikrotubuli

multilocularis (parasitostatische Wirkung).

Pharmakokinetik

hoher First-Pass-Metabolismus

Präparate, Indikationen, Dosierung Echinokokkosen:

• Mebendazol: alveoläre und zystische Echinokokkose: bis zu 3 × 15–20 mg/kg KG/Tag Mebendazol kontinuierlich über 4–6

Wochen (einschleichende Dosierung). • Albendazol: – alveoläre Echinokokkose: bei inoperablen Formen lebenslang kontinuierlich täglich 10–15 mg/kg KG Albendazol in 2 Einzeldosen; postoperativ: 2 × täglich 400 mg Albendazol kontinuierlich für 2 Jahre. – zystische Echinokokkose: 2 × täglich 400 mg Albendazol für 6 Monate. Taeniosen:

Nebenwirkungen

gastrointestinale hohen

Beschwerden Dosen, Haarausfall

reversibler

Neutropenie Leberenzymwerte.

Kontraindikationen

Cave:

33.21.2. Rundwürmer und Saugwürmer Wirkstoffe gegen parasitäre Rund- und Saugwürmer, die in Europa vorkommen Rundwürmer (Nematoden)

darmparasitären Nematoden Spulwurm (Ascaris Peitschenwurm (Trichuris trichiura) Tr i c h i n e (Trichinella spiralis).

Hundespulwurm (Toxocara

canis)

lumbricoides), Madenwurm (Oxyuris vermicularis),

Katzenspulwurm (T.

cati)

Präparate, Indikationen, Dosierung Oxyuriasis (Enterobiasis):

• Mebendazol (Vermox ® ): 100 mg p. o. als Einmaldosis. Die Substanz wirkt nur gegen adulte Würmer, nicht gegen Eier und Larven. Deshalb sollte die Therapie nach 2–3 Wochen wiederholt werden, um Rezidive zu vermeiden. Bei Infektionen von Kindern sollten Familienmitglieder behandelt und es sollte auf strenge Hygiene geachtet werden. Cave: Kontraindiziert im ersten Trimenon der Schwangerschaft. Auf Empfängnisverhütung achten. Bei Kindern unter 2 Jahren nur nach strenger Indikationsstellung und fehlender Alternative. • Albendazol: 400 mg p. o. als Einmaldosis, Wiederholung nach 2–3 Wochen. • Pyrvinium (Molevac ® ) : hemmt die Glucoseresorption beim Madenwurm, was zum Absterben der Würmer führt. Dosierung: Einmaldosis von 5 mg/kg KG, bei schwerem Wurmbefall Wiederholung nach 1 Woche. Da der Wirkstoff beim Menschen enteral nicht resorbiert wird, treten nur selten Nebenwirkungen auf. Es kann zu gastrointestinalen Störungen und zu Überempfindlichkeitsreaktionen (Urtikaria, Juckreiz) kommen. • Pyrantel (Helmex ® ) : ist ein Mittel der 2. Wahl gegen Oxyuren (Madenwürmer), Askariden und Hakenwürmer. Die Substanz löst eine spastische Lähmung der Wurmmuskulatur aus, wodurch die Würmer lebend aus dem Darm ausgeschieden werden. Dosierung: Einmaldosis von 10 mg/kg KG. Bei Madenwurmbefall erfolgt eine Wiederholung nach 14 Tagen. Pyrantel wird nur wenig resorbiert. Nebenwirkungen sind Schwindel, Müdigkeit, Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden (Erbrechen, Diarrhö). Ascariasis, Trichuriasis:

• Mebendazol (Vermox ® ): je 100 mg p. o. morgens und abends an 3 aufeinanderfolgenden Tagen. Saugwürmer Egel (Fasciola

Schistosomen.

hepatica)

(Dicrocoelium dendriticum)

F.

hepatica

Wirkstoffe gegen parasitäre Rund- und Saugwürmer in den Tropen und Subtropen Filariosen (Fadenwürmer),

Schistosomen

Rücksprache mit tropenmedizinischen Einrichtungen. Schistosomiase Bilharziose, (Zerkarien) Schistosoma haematobium

Urogenitalbilharziose, S.

mansoni

S.

japonicum

Darmbilharziose.

Praziquantel.

Präparate, Indikationen, Dosierung Rundwürmer:

• Necator americanensis (Amerikanischer Hakenwurm), Dracunculus medinensis (Medinawurm): – Mebendazol – Albendazol • Strongyloides stercoralis (Zwergfadenwurm): – Ivermectin • Wuchereria bancrofti (Blutfadenwurm) , Loa loa (Wanderfilarie): – Diethylcarbamazin evtl. in Kombination mit Ivermectin oder Albendazol Ivermectin

®

®

Diethylcarbamazin,

Saugwürmer:

• Schistosoma haematobium, S. mansoni: – Praziquantel

2015 wurde der Nobelpreis für Physiologie und Medizin an den US-Amerikaner William C. Campbell und den Japaner Satoshi Ōmura für die Entwicklung von Ivermectin verliehen.

33.22. Desinfektionsmittel Ab heute, dem 15. Mai 1847, ist jeder Arzt oder Student, der vom Sezierraum kommt, verpflichtet, vor dem Betreten der Säle der Gebärklinik seine Hände in einem vor dem Eingang angebrachten Becken mit Chlorwasser ordentlich zu waschen. Diese Verfügung gilt für alle. Ohne Ausnahme. I. P. Semmelweis

33.22.1. Definitionen Desinfektion

Antiseptik

33.22.2. Verfahren der Desinfektion

Chemische Desinfektion Grundlagen Grundanforderungen

1. Abtötung oder irreversible Schädigung von Mikroorganismen (Wirksamkeitsprüfung entsprechend EN, European Norms, CEN TC 216) 2. Materialverträglichkeit 3. Wasserlöslichkeit und Benetzungsfähigkeit 4. Licht- und Luftbeständigkeit, keine Zersetzung und kein Wirkungsverlust bei Aufbewahrung über längere Zeit 5. Fehlende Toxizität für den Menschen, wenig geruchsintensiv und wenig haut- und schleimhautreizend 6. Kein Wirkungsverlust bei Vorhandensein von Eiweiß (geringer Eiweißfehler) 7. Biologische Abbaubarkeit 8. Wirtschaftlichkeit

Tab. 33.43 Wirkungsspektrum von Desinfektionsmitteln Desinfektionsmittel

Mikrobizid Grampositive Bakterien

Viruzid Gramnegative Bakterien

BakterienSporen

Wirkungsmechanismen

• Schädigung der Zellwand/Zytoplasmamembran, z. B. durch Eiweißdenaturierung • Hemmung von Enzymen • Reaktion mit Nukleinsäuren • Oxidationsprozesse Ablauf des Desinfektionsprozesses

Mycobacterium tuberculosis

Viren ohne Hülle

Viren mit Hülle

1. Keimart: Grampositive Erreger sind im Allgemeinen leichter beeinflussbar als gramnegative Erreger. Mykobakterien werden nur von bestimmten Desinfektionsmitteln, Sporen in der Regel nicht abgetötet. Pilze zählen nur bei einigen Mitteln zum Wirkungsspektrum. Eine breite antivirale Wirksamkeit besitzt nur Formaldehyd. 2. Keimdichte auf dem Objekt. 3. Belastung des Objekts durch Proteine und andere organische Substanzen: Eiter, Sputum und Stuhl sowie Schmutz. 4. pH-Wert: von Geweben und Ausscheidungen. 5. Temperatur. 6. Oberflächenbeschaffenheit des Objekts. Chemische Desinfektionsverfahren

• Hände- und Hautdesinfektion • Instrumentendesinfektion • Flächendesinfektion • Wäschedesinfektion • Desinfektion menschlicher Ausscheidungen • Desinfektion im Lebensmittelbereich Händedesinfektion, hygienischen

Händedesinfektion chirurgischen

Händedesinfektion

Resistenzmechanismen bei chemischen Desinfektionsmitteln

(natürliche oder intrinsische Resistenz) Legionella erworbenen Resistenz

S.

aureus

S.

S. marcescens S. enteritidis

Prionen.

Chemische Desinfektionsmittel Alkohole Ethylalkohol, Isopropylalkohol, n-Propanol

epidermidis P. aeruginosa

P. mirabilis, S. marcescens

Tab. 33.44 Alkohole Wirkungsspektrum Wirkungsmechanismus Unerwünschte Wirkungen Akute Vergiftung Anwendung in der Desinfektion Einzelstoffe

Aldehyde Formaldehyd, Succindialdehyd, Glutardialdehyd, 2-Ethylhexanal, Glyoxal, o-Phthalaldehyd (OPA)

Tab. 33.45 Aldehyde Wirkungsspektrum Wirkungsmechanismus

Unerwünschte Wirkungen

Akute Vergiftung Anwendung in der Desinfektion Einzelstoffe

Phenole o-Phenylphenol, Tetrabrom-o-kresol, para-Chlor-m-kresol

(Candida),

Tab. 33.46 Phenolderivate Wirkungsspektrum Wirkungsmechanismus Unerwünschte Wirkungen Akute Vergiftung

Anwendung in der Desinfektion Einzelstoffe

Thymol,

Eugenol,

Oxidantien Ozon, Wasserstoffperoxid, Persäuren

Ozon

Wasserstoffperoxid

Persäuren

Kationische Verbindungen Benzalkoniumchlorid, Chlorhexidindigluconat, Octenidin, polymere quartäre Ammoniumsalze, Biguanide

®

Benzalkoniumchlorid

Chlorhexidin

®

®

®

®

®

Tab. 33.47 Oberflächenaktive Substanzen, Kationische Verbindungen, Amphotenside Wirkungsspektrum

Wirkungsmechanismus Unerwünschte Wirkungen Akute Vergiftung

Anwendung in der Desinfektion Einzelstoffe

®

Octenidin Amphotenside

Halogene Halogen freisetzende Substanzen Chlor, Iod, Brom

®

Tab. 33.48 Halogene Chlor, als Chlorgas (Hypochlorit) und Chloramine Wirkungsspektrum Wirkungsmechanismus Unerwünschte Wirkungen Akute Vergiftung (s. Toxikologie )

Anwendung in der Desinfektion

Iodophore (Iod)

Iod

Brom

Weiterführende Literatur Allgemeine Grundlagen

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KAPITEL 34

Mittel zur Behandlung von Tumoren – Tumorchemotherapie K. Aktories, und C. Unger

Komm, sieh auf diese Narbe an der Brust. Fühlst du den Rosenkranz von weichen Knoten? Fühl ruhig hin. Das Fleisch ist weich und schmerzt nicht. Gottfried Benn: Mann und Frau gehn durch die Krebsbaracke

34.1. Bedeutung der Tumorchemotherapie

disseminierten Tumoren, relativ

Metastasen junge

ausgedehnten Rezidiven

Behandlungsmethode.

Ziel der Tumorchemotherapie Chemotherapeutika Zytostatika nicht zytotoxisch

(„targeted

therapy“),

„zytostatisch“,

Wirkorte von Tumorchemotherapeutika. Die meisten klassischen Tumorchemotherapeutika wirken auf die DNA bzw. auf Bausteine der DNA und ihre Synthese. Angriffspunkte sind die Synthese von Ribonukleotiden, von Desoxyribonukleotiden und die DNA-Synthese. Hierzu gehören die Antimetaboliten wie 6-Mercaptopurin, Methotrexat, Cladribin, Fludarabin, 5- Fluorouracil, Cytarabin, Gemcitabin und andere. Die Alkylantien und Platinverbindungen führen über Vernetzungsreaktionen („Crosslinking“) zu DNA-Schäden. TopoisomeraseI-Hemmstoffe wie Irinotecan und Topoisomerase-II-Hemmer wie Anthracycline und Actinomycine sowie Etoposid schädigen ebenfalls die DNA. Azacitidin wird in DNA eingebaut, bindet kovalent DNA-Methyltransferasen und wirkt somit auf die epigenetische Kontrolle der Transkription. Auf die epigenetische Kontrolle, jedoch über einen anderen molekularen Mechanismus wirkt der Histon-Acetylase-Hemmer Panobinostat . Ein weiteres Ziel von Zytostatika ist die Aminosäure Asparagin, die durch Asparaginase deamidiert wird. Eine Mikrotubuli- und Mitosehemmung wird über Vinca-Alkaloide, Taxane und Estramustin erreicht. Die Beeinflussung von Sexualhormonwirkungen bei hormonabhängigen Tumoren erfolgt auf der Ebene der Gonadoreline (GnRH-Agonisten/Antagonisten), der Hormonsynthese ( Abirateron, Aromatasehemmer) sowie der Sexualhormon-Rezeptor-Interaktion durch Rezeptormodulatoren ( Tamoxifen) und Antagonisten (z. B. Fulvestrant). Wirkmechanismen der sog. gezielten Therapie (in Gelb) sind Hemmung von Proteinkinasen, Proteasomen-Inhibition sowie Hemmung des Hedgehog-Signalwegs. Zahlreiche therapeutische Antikörper blockieren Signalwege von Wachstumsfaktoren bzw. Wachstumsfaktorrezeptoren oder hemmen spez. Tumorzellmembranproteine. Auch Differenzierungsprozesse sind Ziele von Tumortherapeutika (z. B. Tretinoin). Zunehmend werden Immunfunktionen und Immunzellen durch Tumortherapeutika moduliert. Hier spielen wiederum Antikörper eine zentrale Rolle (modifiziert nach Chabner et al., Goodman & Gilman’s the Pharmacological Basis of Therapeutics, L. L. Bruton, J. S. Lazo, K. L. Parker [Hrsg.] McGraw-Hill, London 2006). ABB. 34.1

Therapieziele

(kurative Chemotherapie)

Tab. 34.1 Erfolg der Chemotherapie bei verschiedenen Tumoren

Heilungsrate (%)

Tumor

Volumenverdopplungszeit des Tumors (Tage)

Anteil an der Gesamttumormortalität (%)

(adjuvante Chemotherapie). neoadjuvanten Chemotherapie

Linderung

tumorbedingter

vor

Teilremission, begrenzte Verlängerung der Lebenszeit

Symptome palliative

Chemotherapie.

Kombinationstherapie.

hormonale

Neue Therapieansätze

molekularen Grundlagen und zellulären Voraussetzungen, charakteristischen Merkmalen von Tumoren

höherer

Selektivität

definierte

molekulare

Angriffspunkte Hochleistungsverfahren bei der Wirkstoffsuche.

Strukturaufklärung „molecular

Z u r Ve r t i e f u n g 1. Zelluläre Unabhängigkeit von Wachstumssignalen 2. Insensitivität gegenüber inhibitorischen Wachtumssignalen 3. Umgehung und Vermeidung von Apoptose 4. Aneignung des Potentials zur unbegrenzten Replikation 5. Induktion der Angiogenese 6. Induktion von Gewebeinvasivität und Metastasierung 1. Änderung des zellulären Metabolismus zur Optimierung der Tumorproliferation

modelling“

2. Genom-Instabilität und vermehrte Mutationen 3. Vermeidung des Angriffs durch das Immunsystem 4. Induktion einer tumorfördernden Entzündung 144,

personalisierten und gezielten Tumortherapie. Tumor-DriverGenen

endogene Immunsystem

ImmunCheckpoint-Inhibitoren

34.2. Zellzyklus und Wachstumskinetik von Tumorzellen schnell wachsenden Tumoren

34.2.1. Zellzyklus Zellen,

proliferieren ruhende,

differenzierte

G

0

-Phase.

G

1

-Phase, (S-Phase), G 2 -Phase

(M -Phase). (check points),

1 2

Zellzyklus und Wirkung von Zytostatika. Bei proliferierenden Zellen sind verschiedene Zellzyklusphasen zu unterscheiden. Als G 1 (Gap 1 ) wird die Phase zwischen Abschluss der Mitose und Beginn der DNA-Synthese bezeichnet. In der S-Phase findet die DNA-Synthese statt, und in der G 2 Phase wird die DNA-Verdopplung überprüft. Die eigentliche Mitose findet in der M-Phase statt. Beim Übergang von der G 1 - zur SPhase und von der G 2 - zur M-Phase wird an Kontrollpunkten (R, check points) geprüft, ob die Zelle in die nächste Phase des Zellzyklus eintreten kann. An den Kontrollpunkten wirken extrazelluläre Wachstumssignale, aber auch „pathogene“ Signale von Onkogenprodukten fördernd auf die Zellzyklusprogression. Andererseits können hier eine Arretierung des Zellzyklus und die Eliminierung einer geschädigten Zelle durch Tumorsuppressoren (z. B. durch das Protein p53) eingeleitet werden. Nach erfolgter Mitose können die Zellen erneut in den Zellzyklus eintreten, in die Ruhe-Phase (G 0 ) gelangen oder durch terminale Differenzierung die Zellteilungsfähigkeit verlieren. Aus der G 0 -Phase können die Zellen erneut in den Zellzyklus eintreten. Alle Zytostatika wirken vorzugsweise auf proliferierende Zellen. Nitrosoharnstoffe, Alkylantien, zytostatische Antibiotika und Cisplatin sind dabei phasenunspezifisch wirksam. In der S-Phase wirken besonders die Antimetaboliten wie 6-Mercaptopurin, Methotrexat und Zytosinarabinosid, aber auch Hydroxyharnstoff. Zytostatika, die bevorzugt in der M-Phase wirken, sind Mitosehemmstoffe wie Vinca-Alkaloide und Taxane. ABB. 34.2

Tumorsuppressorprotein

p53

Arretierung

1

2

(Apoptose)

proliferierende

0

phasenspezifisch

2

phasenunspezifisch

zyklusspezifische Zytostatikakombinationen

Apoptose

Induktion der Apoptose durch Zytostatika. Die Apoptose ist ein zelluläres Programm (programmierter Zelltod), bei dem nach Durchlaufen typischer morphologischer und biochemischer Veränderungen die Zelle durch Phagozytose eliminiert wird, ohne dass eine Entzündungsreaktion induziert wird. Apoptose wird durch extrazelluläre (Rezeptorsignalweg) und/oder intrazelluläre Signale (mitochondrialer Signalweg) ausgelöst. Zytostatika haben unterschiedliche Angriffspunkte und wirken über den Rezeptorsignalweg, Mitochondrien oder DNASchäden. Zum Beispiel bewirkt eine DNA-Schädigung durch Zytostatika die Aktivierung des Tumorsuppressorproteins p53, das die Expression von proapoptotischen Faktoren (z. B. Bax, Bak und Puma) fördert. Bax/Bak führt zur Freisetzung von Cytochrom c aus Mitochondrien, das zusammen mit APAF-1 (Apoptose-aktivierender Faktor) durch Aggregation (Bildung des Apoptosoms ) die Aktivierung der Protease Procaspase 9 bewirkt. Die aktive Caspase 9 kann wiederum andere Caspasen aktivieren. Zytostatika können aber auch direkt auf Mitochondrien wirken (Radikalbildung!) und dadurch den mitochondrialen Signalweg aktivieren. Extrazellullär kann Apoptose über bestimmte Membranrezeptoren („death receptors“), die zur Familie der Tumor-NekroseFaktor(TNF)- Rezeptoren gehören, ausgelöst werden. Typische „ Todesrezeptoren“ sind FAS- Rezeptoren (auch als CD95 und Apo-I bezeichnet), TRAIL-Rezeptoren und TNF-Rezeptoren. Liganden dieser Rezeptoren sind Zytokine wie FASL (FAS ligand) am FAS-Rezeptor, TRAIL („TNF-related apoptosis-inducing ligand“) am TRAIL-Rezeptor oder TNF-β am TNF-Rezeptor. Das Tumorsuppressorprotein p53 führt auch zu einer vermehrten Expression von Todesrezeptoren in der Zellmembran. Zytostatika führen ebenfalls unabhängig von p53 zu einer Zunahme der Todesrezeptoren in der Zellmembran. Nach Aktivierung des trimeren Todesrezeptors wird eine intrazelluläre Domäne („receptor death domain“) aktiviert, die das Adaptorprotein FADD ( F AS a ssociated d eath d omain protein) bindet. FADD interagiert mit Procaspase 8. Nachfolgend kommt es zur Autoaktivierung von Caspase 8 und zur Aktivierung weiterer Caspasen. Häufig ist dieser Weg zu schwach und erfordert die zusätzliche Aktivierung des mitochondrialen Signalwegs durch Spaltung von BID ( B cl-2- i nteracting d omain) zu tBID ( t runkiertes BID), das die mitochondriale Freisetzungsreaktion fördert. Caspasen sind Cysteinproteasen, die hinter einem Aspartatrest (im Bild „D“) ihre Substrate spalten und ähnlich wie bei den Gerinnungsfaktoren kaskadenartig aktiviert werden (aus Procaspasen werden dann die aktiven Caspasen). Man unterscheidet Initiatorcaspasen (z. B. Caspase 8), die bei Bindung eines spezifischen Faktors (z. B. FADD) sich selbst aktivieren können, und Effektorcaspasen (z. B. Caspase 3), die von anderen Caspasen aktiviert werden müssen. Die aktiven Caspasen führen 1. zum Abbau von Apoptose- Inhibitoren, 2. zum Abbau von Zytoskelettproteinen und 3. zur Aktivierung oder Inaktivierung einer Vielzahl von Enzymen (z. B. Kinasen), die in Signal- und Regulatorprozesse eingeschaltet sind. Von besonderer Bedeutung ist die Aktivierung der CAD-Nuklease ( C aspase- a ctivated D NAse) . Hieraus resultieren schließlich die morphologischen Konsequenzen der Apoptose, wie Kondensation des Kernchromatins, Fragmentierung der DNA, Abnahme des Zellvolumens und Bildung von Membranausstülpungen („membrane blebbing“). Schließlich wird die apoptotische Zelle durch Phagozytose beseitigt. In der Abbildung ist ebenfalls dargestellt, dass das Protein Bcl-2 die Auslösung der Apoptose hemmt. Eine Überexpression von Bcl-2, die bei zahlreichen Tumoren gefunden wird, kann somit die Apoptose verhindern. Inzwischen wurden endogene Inhibitoren ( IAP = i nhibitor of a poptosis p rotein) der aktiven Caspasen gefunden. Diese werden wiederum durch Smac ( S econd m itochondrial- d erived a ctivator of c aspase), das aus Mitochondrien freigesetzt wird, gehemmt. Seit Kurzem wird der BcL-2Inhibitor Venetoclax therapeutisch bei chronischer lymphatischer Leukämie eingesetzt. ABB. 34.3

34.2.2. Kinetik des Tumorwachstums • von der Dauer des Zellzyklus, • von der Größe der Wachstumsfraktion und • vom Zellverlust.

nicht

exponentielles Wachstum

Wachstumskurve flacht mit zunehmender 9

Tumorgröße ab

1 2

Tumorwachstumskurve. Nach ca. 30 Zellverdopplungen hat sich aus der Tumorstammzelle ein Tumor von ca. 1 g Masse (10 9 Zellen) gebildet, der damit bildgebend nachweisbar wird und symptomatisch zu werden beginnt. Zehn weitere Zellverdopplungen führen zu einem 1 kg schweren Tumor (10 12 Zellen). Jeder Chemotherapiezyklus führt zu einer Verminderung des gleichen prozentualen Zellanteils. Im freien Intervall nimmt die Zellzahl jeweils wieder exponentiell zu. Nach der Operation werden durch die adjuvante Chemotherapie restliche Tumorzellen beseitigt. ABB. 34.4

„Fractional cell kill“

10 8

nicht die gleiche absolute Zellzahl,

8

6

gleiche Prozentsatz an Zellen abgetötet.

34.3. Tumorresistenz Ursachen

1. Die optimale Dosis kann nicht gegeben werden, da die unerwünschten Wirkungen zu hoch (dosislimitierend) sind (s. u.). 2. Eine pharmakokinetische Resistenz tritt ein, wenn das Körperkompartiment, in dem sich der Tumor befindet, nicht durch das Zytostatikum erreicht werden kann (z. B. schlechte Liquorgängigkeit vieler Zytostatika). 3. Weiterhin sind spezifische zelluläre Resistenzmechanismen ( ) bekannt, die die Folge von Mutationen und/oder Selektion von resistenten Tumorzellen darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Mutationen wegen einer genetischen Instabilität von Tumorzellen gehäuft auftreten.

Zelluläre Resistenzmechanismen. Resistenz gegenüber Zytostatika tritt auf durch eine verminderte Zytostatikaaufnahme , verstärkte Inaktivierung des Zytostatikums , verminderte Aktivierung des Zytostatikums , verstärkte DNA-Reparatur , Hemmung der Bindung des Zytostatikums durch Veränderung des Zielsubstrats , Überexpression des Zielproteins und verstärkten Auswärtstransport des Zytostatikums aus der Zelle . ABB. 34.5

– Es kommt zur Hemmung der zellulären Aufnahme des Zytostatikums, z. B. bei Methotrexat (Folattransporter) und bei Zytosinarabinosid (Nukleosidtransporter). – Es tritt eine verstärkte Inaktivierung des Zytostatikums ein (Überexpression der Bleomycin-Hydrolase und der Aldehyddehydrogenase bei Cyclophosphamid). – Die Aktivierung des Zytostatikums ist vermindert. Dieser Resistenzmechanismus ist besonders häufig bei den Antimetaboliten, die im Allgemeinen aktiviert werden müssen. So tritt z. B. eine Resistenz gegenüber Mercaptopurin durch Reduktion der Aktivität von Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase ein. – Es erfolgt eine verstärkte DNA-Reparatur bei Alkylantien, Cisplatin, Antitumorantibiotika und Topoisomerase-IIInhibitoren. Auf die Bedeutung des Fehlens bzw. von Mutationen des Tumorsuppressorproteins p53 wurde bereits oben hingewiesen. – Das zelluläre Zielsubstrat wird verändert, wodurch die Bindung des Zytostatikums gehemmt wird. Dies gilt z. B. für die Topoisomerase II bei Podophyllotoxin-Derivaten.

– Auch die Überexpression des Zielproteins durch Genamplifikation kann zur Resistenz führen, wie z. B. bei Methotrexat (Dihydrofolat-Reduktase) und bei 5-Fluorouracil (Thymidylat-Synthase). – Schließlich kann ein verstärkter Zytostatikatransport aus der Zelle zu einer Tumorresistenz führen. Von besonderer Bedeutung sind hier ABC-Transporter: das Multidrug Resistance Protein P-Glykoprotein (P-gp, ABCB1), das Multidrug Resistance-associated Protein MRP2 (ABCC2) und das Breast Cancer Resistance Protein BCRP (ABCG2) ( ). Der Prototyp P-Glykoprotein wurde 1976 entdeckt und ist ein ATP-abhängiger Transporter, der vom mdr1-Gen („multidrug resistance“-Gen) codiert wird. Diese Transporter sind physiologischerweise für den Export unterschiedlicher Fremdstoffe (einschließlich Pharmaka) aus der Zelle zuständig ( ). Bei einer vermehrten Expression der Transporter kann eine Resistenz gegenüber verschiedenen Zytostatika, z. B. Antitumorantibiotika, Vinca-Alkaloiden, Podophyllotoxin-Derivaten und Taxanen induziert werden. Dagegen sind Alkylantien und die meisten Antimetaboliten kaum betroffen. Der Transport über P-Glykoprotein wird z. B. durch Verapamil oder Ciclosporin A, die selbst Substrate des Transporters sind, gehemmt. Der Versuch, diese Pharmaka zur Verbesserung der Zytostatikatherapie einzusetzen, scheiterte an den Nebenwirkungen. Die vielfältigen Resistenzmechanismen sind ein weiterer Grund für eine Kombinationschemotherapie.

34.4. Unerwünschte Wirkungen der Zytostatikatherapie

Übelkeit

Knochenmarksuppression Mukositis Erbrechen

Stomatitis

Haarausfall.

supportiven

Therapie

Tab. 34.2 Unerwünschte Wirkungen von zytotoxischen Substanzen Sofortr eakt ione n Verzög ert eins etze nde Neb enw irku nge n (rev ersi bel) Bleiben de, chro nisc he Toxi zität Indirek te Wir kun gen Knochenmarksuppression Ausnahmen

Bleomycin

Asparaginase;

Vincristin

dosislimitierend (Nadir)

nach

1 Woche 2. Woche

verzögerte und lang dauernde

9

Übelkeit

9

und

Erbrechen

Brechzentrum chemorezeptiven Triggerzone

emetogene Stimuli aus dem Gastrointestinaltrakt 3

akute

verzögerte

antizipatorische

Tab. 34.3 Wahrscheinlichkeit von Erbrechen bei einigen Tumorchemotherapeutika Hohes Risiko > 90 %

Mittleres Risiko 30–90 %

Niedriges Risiko 10–30 %

Minimales Risiko < 10 %

Glucocorticoide Mukositis

Haarverlust

und

Stomatitis

5-HT 3 -Antagonisten NK1-Rezeptor-Antagonisten

Tab. 34.4 Haarverlust durch Zytostatika Führen fast immer zu Haarverlust

Führen manchmal zu Haarverlust

Führen seltener zu Haarausfall

Modifiziert nach Trueb (2009) Semin. Cutan. Med. Surg. 28, 11

Mutagenität und Kanzerogenität

mutagen

kanzerogen,

wie

haben

Zweittumor

Alkylantien,

Sterilität

Nitrosoharnstoffe

und

und

Topoisomerase-II-Inhibitoren

Etoposid

ein

hohes

kanzerogenes

Potential.

Teratogenität

teratogene Wirkung Leberschädigung, Hyperurikämie Wachstumshemmung Nekrosen Gangrän spezifische

Komplikationen, Kardiotoxizität, Neurotoxizität

Nephrotoxizität.

Kardiotoxizität Anthracycline,

Tr a s t u z u m a b ,

Neurotoxizität

Vinca-Alkaloiden periphere, zentrale

autonome Nervensystem

(Parästhesien) Sprechstörungen Obstipation

Ileus

Muskelschwäche SehBlasenatonie.

Ta x a n e , Cisplatin

Oxaliplatin

v

Nephrotoxizität

Cisplatin

Carboplatin

Methotrexat, Mitomycin Gemcitabin. Kombinationschemotherapie

MOPP-Schema: Mechlorethamin, Oncovin [Vincristin], Procarbazin und Prednison. Heute wird anstelle von Mechlorethamin Cyclophosphamid eingesetzt (COPPSchema).

34.5. Alkylierende Substanzen

Alkylierung der DNA.

„Achtung, DNA-Schaden!“

34.5.1. Stickstofflostverbindungen Schwefellost

Stickstofflost

Aktivierungsmechanismus. Aziridinium-Ion

Chemische Strukturen alkylierender Zytostatika. Die Reaktivität der Stickstofflostverbindungen, d. h. die Tendenz zur Zyklisierung und Bildung eines Aziridinium-Ions ( ), hängt wesentlich von dem weiteren Substituenten am Stickstoff ab. Während Stickstofflost (Chlorethamin aufgrund seiner hohen Reaktivität instabil ist und nicht oral gegeben werden kann, wird durch einen aromatischen (Chlorambucil) oder heteroalicyclischen (Cyclophosphamid) Substituenten am Stickstoff die Reaktivität vermindert. Die Substanzen sind stabil und können oral gegeben werden. ABB. 34.6

Aktivierung von Stickstofflostverbindungen und Alkylierung von DNA. Durch Chloridabspaltung entsteht unter Ringschluss ein Aziridinium-Ion (I), das Elektronendonatoren (z. B. das freie Elektronenpaar von N-7 des Guanins) elektrophil angreift (II). ABB. 34.7

Alkylierung

(DNAIntrastrang-Quervernetzung) (DNA-Interstrang-Vernetzung). zytotoxische

Wirkung 1

Cyclophosphamid

Pharmakokinetik Aktivierung

Leber 450

Acrolein Chlorethylphosphorsäureamid

ABB. 34.8

Bioverfügbarkeit

Aktivierung von Cyclophosphamid.

Verteilungsvolumen

Indikationen ®

®

Dosierung

2

Unerwünschte Wirkungen Übelkeit, Erbrechen Haarausfall.

Dosislimitierend

Mukositis

Myelosuppression

hämorrhagischen Zystitis Mesna,

kardiotoxisch.

Ifosfamid ®

Unerwünschte Wirkungen Encephalopathie

Myelosuppression

Trofosfamid ®

drei

Chlorethylgruppen.

Zystitis

Chlorambucil, Melphalan und Bendamustin

®

Chlorambucil

chronischen lymphatischen Leukämie Melphalan

®

Bendamustin

®

Pharmakokinetik

γ

Indikationen und unerwünschte Wirkungen

Myelosuppression Thrombopenie,

rasch

mit

Neutropenie

und

reversibel

Thiotepa Aziridin ®

4 5 0

Mitomycin C

Streptomyces caespitosus

®

protrahiert

auftretende

Myelosuppression,

palliativen Kombinationstherapie

34.5.2. Sulfonsäurealkylester Busulfan und Treosulfan ®

®

Pharmakokinetik

450

Indikationen und unerwünschte Wirkungen Busulfan

Myelosuppression mit langer Neutropenie und Thrombopenie. („Konditionierung“)

Stammzelltransplantation

Hyperpigmentierung („Busulfan-Lunge“)

Hochdosistherapie Neurotoxizität Leberfunktionsstörungen

Tr e o s u l f a n

®

34.5.3. Nitrosoharnstoffverbindungen Carmustin, Lomustin, Nimustin und Fotemustin

®

Carmustin Lomustin

®

Pharmakokinetik

Alkylierung des O-6 von Guanin D N A - Ve r n e t z u n g

Alkylierung des N-3 des Cytosins

Nimustin 2

Fotemustin .

®

ABB. 34.9

Aktivierung und Wirkungsmechanismus des Nitrosoharnstoffderivats Lomustin .

hohe Lipophilie Hirntumoren

Unerwünschte Wirkungen verzögerte

Knochenmarksuppression

34.5.4. Methylierende Substanzen Diazomethan 6

Dacarbazin

DNA methyliert. 6

Chemische Strukturen von Procarbazin, Dacarbazin und Temozolomid und Bildung des alkylierenden Wirkstoffs. Durch spontane Decarboxylierung entsteht zunächst das Dacarbazin-Derivat, das dann unter Freisetzung eines Methyldiazoniumions zerfällt. Mit einem nukleophilen Substrat (z. B. O 6 im Guanin der DNA) kommt es anschließend zur Methylierung. ABB. 34.10

malignem Weichteilsarkomen

Melanom

Temozolomid ®

2

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen

Procarbazin ®

Diazomethan Indikation

Morbus Hodgkin Unerwünschte Nebenwirkungen Myelosuppression. Nebenwirkungen starke genotoxische Wirkung

Gefahr eines Zweittumors hemmt,

Bluthochdruckkrise

34.5.5. Trabectedin (Ecteinascidia tierischen

ABB. 34.11

turbinata)

Ursprungs

Trabectedin .

Wirkungsmechanismus kovalent

Aminogruppe N2 des

Guanins.

DNA-Reparaturmechanismen

initiiert,

Pharmakokinetik

Indikationen ®

Unerwünschte Wirkungen Knochenmarksuppression. Fuß-Syndrom Rhabdomyolyse

Hand-

34.6. Platinverbindungen

Cisplatin

Cisplatin und Carboplatin Cisplatin 3

Carboplatin Oxaliplatin, D

a

c

h

ABB. 34.12

Grundgerüste von zytostatischen Platinverbindungen .

ABB. 34.13

Intrazelluläre Bildung eines Diaquo - Komplexes aus Cisplatin.

Wirkungsmechanismus Cisplatin

2+

ABB. 34.14

Intrastrang-Quervernetzung durch Platinverbindungen.

Carboplatin

Oxaliplatin gleicher toxischer Wirkung

Kolonkarzinom Oxaliplatin. Kolonkarzinom,

Resistenzmechanismus

• Erstens spielt der zelluläre Transport eine wichtige Rolle. Defekte des Einwärtstransports, z. B. durch CTR1, führen zur Resistenz. Ebenso kann eine Überexpression von Cu 2+ -Auswärtstransportern (z. B. ATP-Transporter ATP7B) zu einem beschleunigten Ausschleusen von Platinverbindungen führen. • Zweitens ist die Resistenzentwicklung abhängig von der intrazellulären Konzentration an Glutathion und der zellulären Menge an SH-Gruppen tragenden Metalloproteinen, die die Platinverbindungen binden und inaktivieren. • Drittens ist eine vermehrte DNA-Reparatur an der Resistenzentwicklung beteiligt. Reparatur der DNA-IntrastrangVernetzungen durch Cisplatin erfolgt unter Beteiligung des NER( N ukleotid- E xzisions- R eparatur)-Systems. Ist NER defekt, sind die Zellen besonders sensitiv gegenüber Cisplatin. Liegt eine Überexpression von NER vor, so kommt es zur Resistenz. Dennoch gilt wie oben angegeben: „Mismatch-Repair“-Proteine sind wichtig für die Auslösung der Apoptose bei einer Cisplatin-Therapie.

Pharmakokinetik intravenös diffundiert schnell in das Gewebe.

Tab. 34.5 Pharmakokinetische Daten von Platinverbindungen Cisplatin

Carboplatin

Oxaliplatin

Plasmaproteinbindung (%) Plasmahalbwertszeit - initial (min) - terminal (h; aus Proteinbindung) Verteilungsvolumen (L/kg) Elimination (teilweise inaktive Metaboliten) Penetration

in

das

ZNS

ist

gering.

Ausscheidung

primär

über

die

Niere.

Indikationen ®

Cisplatin

®

Tumoren des Urogenitaltrakts.

®

Carboplatin Kolonkarzinom

®

Oxaliplatin

Dosierung 2

Cisplatin 2 2

Carboplatin

Dosis

=

AUC

G F R

2

5

Oxaliplatin 2

Unerwünschte Wirkungen Nephrotoxizität, dosislimitierend.

Hörschäden,

Cisplatin

starkem, lang anhaltendem Erbrechen (> 24 h),

3

Späterbrechen 3

2

periphere

Neuropathie

Dosislimitierend

Carboplatin Myelosuppression (verlängerte Thrombopenie),

®

Oxaliplatin

Dosislimitierend Neurotoxizität.

Amifostin ®

zytoprotektive Wirkung.

ABB. 34.15

Amifostin .

Zytoprotektion bei Strahlentherapie von HNO-Tumoren

Nebenwirkungen

34.7. Hydroxyharnstoff hemmt

die

Ribonukleotid-Reduktase,

DNA-Synthese blockiert.

S-Phase 1

ABB. 34.16

Hemmung der Ribonukleotid-Reduktase durch Hydroxyharnstoff.

Indikationen ®

®

• bei chronisch myeloproliferativen Erkrankunge n (z. B. bei Polycythaemia vera oder Thrombozythämie). • Eine weitere Indikation ist die Anwendung bei Sichelzellanämie. Hier soll Hydroxyharnstoff die Bildung von fetalem Hämoglobin induzieren und dadurch die pathologische Hämoglobin-Aggregation verhindern. Offenbar ist die Freisetzung von NO aus Hydroxyharnstoff wichtig für diese Wirkung. Unerwünschte Wirkungen

1

2

34.8. Antimetaboliten

S-Phase.

• Folsäure-Antagonisten • Purin- und Purinnukleosidanaloga • Pyrimidin- und Pyrimidinnukleosidanaloga

34.8.1. Folsäure-Antagonisten Methotrexat. 2 5

ABB. 34.17

Chemische Struktur der Folsäure sowie der Folsäure- Antagonisten Methotrexat und Pemetrexed.

Methotrexat

drei verschiedene Proteinsysteme

1. Der Folatrezeptor (FR) (3 Isoformen sind beschrieben) hat hohe Affinität für Folsäure und Folinsäure, aber geringe für Methotrexat. Es handelt sich um ein Folat-Bindeprotein und die Aufnahme in Zellen erfolgt unter Beteiligung endozytotischer Prozesse. 2. Der Transporter für reduzierte Folsäure („reduced folate carrier“) ist ein typischer „Carrier“ mit einer Struktur wie klassische Transporter (12 transmembranäre Einheiten). Methotrexat hat eine hohe Affinität für diesen Transporter.

3. Schließlich wurde ein Transporter beschrieben, der nur im Sauren aktiv ist. Seine Rolle ist unklar. Polyglutamatresten

Methotrexatpolyglutamat Wirkungsmechanismus C1-Stoffwechsel

Thymidilat-Synthase gehemmt.

Hemmung der Thymidinsynthese durch Methotrexat. Methotrexat (MTX) wird in der Zelle wie Folsäure durch Polyglutamat modifiziert. Sowohl modifiziertes (MTX[Glu]n) als auch nicht modifiziertes Methotrexat hemmen die Dihydrofolatreduktase. Methotrexatpolyglutamat blockiert wie PolyglutaminsäureDihydrofolat (FH2[Glu]n) direkt die Thymidylat-Synthase. Thymidylat-Synthase bildet Desoxythymidinmonophosphat (dTMP) durch Übertragung einer Methylgruppe auf Desoxyuridinmonophosphat (dUMP). ABB. 34.18

Neosynthese

GAR = Glycinamid-Ribonucleotid AICAR = 5-Aminoimidazol-4-Carboxamid-Ribonucleotid

Resistenzmechanismus

von

Purinen

• Verminderung der Aktivität des hoch affinen Membrantransports • Reduktion der Affinität von Methotrexat zur Dihydrofolat-Reduktase • Zunahme der Dihydrofolat-Reduktase-Spiegel durch Genamplifikation • Reduktion der Polyglutamatbildung von Methotrexat

(Leucovorin)

„ R escue“ -T hera pie

Pharmakokinetik 2

nach oraler Gabe gut

aufgenommen.

Methotrexatpolyglutamat

über Wochen

Monate

Ausfällungen in den Nieren Monitoring der Methotrexatspiegel

Akkumulation

in

sog.

Dritträume

Toxizität erhöhen. Indikationen und Dosierung ®

®

®

®

Chorionkarzinom. lymphatischen Leukämie Osteosarkom, OvarialDosierung:

akuten

Mammakarzinom. 2 2

rheumatoider

Arthritis

Morbus

Crohn

Psoriasis.

Unerwünschte Wirkungen

Knochenmarksuppression

(Mukositis

Hochdosistherapie Nierentubulusschädigung dosislimitierend

Carboxypeptidase

Interaktionen

G2,

Pemetrexed ®

Pharmakokinetik

Indikationen Mesothelioms nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms

Unerwünschte Wirkungen

(Mukositis)

34.8.2. Purinanaloga 6-Mercaptopurin und 6-Thioguanin

Wirkungsmechanismus

sensorischer

Myelosuppression, peripherer Neuropathie. Folsäure

Vitamin

B1

2

Wirkungsmechanismen von 6-Mercaptopurin und 6-Thioguanin. Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) überführt 6-Mercaptopurin in Thio-IMP und 6-Thioguanin in ThioGMP. Hierdurch werden u.a. die GMP- (1.), die AMP- (2.) und die De-novo-Purinsynthese (3.) gehemmt. Weiterhin wird ThioGTP als „falsches“ Nukleotid in Nukleinsäuren eingebaut (4.). ABB. 34.19

Resistenz

Pharmakokinetik

(TPMT)

Indikationen 6-Mercaptopurin

®

Leukämien 2

6-Thioguanin

nichtlymphatischen Leukämien

Unerwünschte Wirkungen Knochenmarksuppression reversible

Hepatotoxizität. Lebervenenverschlusssyndrom

Interaktionen Allopurinol, hemmt die Metabolisierung von 6-Mercaptopurin

Weitere Purinanaloga

Weitere Purinanaloga Azathioprin

Immunsuppressivum Fludarabin

ABB. 34.20

Cladribin

Pentostatin,

Streptomyces

antibioticus

Chemische Strukturen von Purinanaloga.

Cladribin ®

Ribonukleotid-Reduktase

0

Pharmakokinetik

Indikationen Haarzellleukämie , α

Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression .

Pentostatin

®

Fludarabin-Phosphat Adenosin-Analogon

Pharmakokinetik

®

Indikation chronischen lymphatischen Leukämie Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression

Clofarabin ®

Indikation akuten

lymphatischen

Leukämie

Unerwünschte Wirkungen Dosislimitierend

Knochenmarksuppression.

Nelarabin ®

Nelarabin

Adenosin-Desaminase

Pharmakokinetik Plasmahalbwertszeit

Indikationen akuten lymphatischen T-Zell-Leukämie lymphoblastischen T-Zell-Lymphom Unerwünschte Wirkungen Dosislimitierend

Neurotoxizität .

Pentostatin Pentostatin

®

Diazepinring hemmt

die

Adenosin-Desaminase Kumulation von Adenosin Ribonukleotid-Reduktase

Indikation Haarzellleukämie ,

Unerwünschte Wirkungen Knochenmarksuppression

34.8.3. Pyrimidinanaloga 5-Fluorouracil

ABB. 34.21

Chemische Strukturen von Pyrimidinanaloga und Tegafur-Aktivierung.

Wirkungsmechanismus

• FdUMP hemmt als „Selbstmord“-Substrat die Thymidylat-Synthase. Normalerweise wird durch die Thymidylat-Synthase aus Uridin durch Hinzufügen einer Methylgruppe Thymidin hergestellt (exakter: aus Desoxyuridinmonophosphat wird Desoxythymidinmonophosphat , ). 5-Fluorouracil bindet ebenfalls an das Enzym. Die C-F-Bindung in Position 5 von 5-FU ist jedoch viel stabiler als die C-H-Bindung im Uracil. Deshalb kann die Methylierung mit 5-FU nicht erfolgen. Durch gleichzeitige Anwesenheit des Kofaktors N5, N10-Methylentetrahydrofolat wird 5-FU fest im katalytischen Zentrum des Enzyms eingeschlossen und inaktiviert es gleichzeitig. Damit wird die Synthese von Thymidinnukleotiden verhindert. Die Bildung des ternären Komplexes (Enzym, 5-FU und N5, N10-Methylentetrahydrofolat) erklärt, warum die Gabe von Folinsäure (Formyltetrahydrofolsäure) , aus der N5, N10-Methylentetrahydrofolat entsteht, die Wirkung von 5-FU steigern kann. • Der zweite Wirkmechanismus ist der Einbau von 5-FUTP als „falsches“ Nukleotid in RNA bzw. 5-FdUTP in DNA. Resistenzmechanismus

• Verminderung der Aktivierung von 5-FU, • Amplifikation der Thymidylat-Synthase bzw. • Expression einer Thymidylat-Synthase, die nicht durch FdUMP gehemmt wird. Pharmakokinetik

Pro-Drugs von 5-FU Tegafur

® Tegafur Dihydropyrimidin-

Dehydrogenase Gimeracil

Oteracil

®

Capecitabin

®

gute Bioverfügbarkeit

Metabolisierung und Aktivierung von Capecitabin. Nach einer Hydrolyse durch Carboxylesterasen wird 5'-Deoxy-5 fluorocytidin (5'-DFC) gebildet, das durch die CytidinDeaminase in der Leber und im Tumorgewebe zu 5'-Deoxy-5-fluorouridin (5'-DFU) umgewandelt wird. Thymidin-Phosphorylase spaltet schließlich den Zucker ab und 5-FU wird gebildet. ABB. 34.22

Umwandlung zu 5-FU

• Zunächst kommt es zu einer Hydrolyse durch Carboxylesterase in der Leber. Es wird 5'-Deoxy-5-fluorocytidin gebildet. • Danach wird es durch die Cytidin-Deaminase in der Leber und im Tumorgewebe zu 5'-Deoxy-5-fluorouridin umgewandelt. • Schließlich wird durch die Thymidin-Phosphorylase der Zucker abgespalten und 5-FU gebildet. Der letzte Schritt der 5-FUBildung soll vorzugsweise in den Tumorzellen erfolgen.

Indikationen 5-FU

(kolorektale Tumoren, Mamma-, Magenkarzinom)

Capecitabin ®

Tegafur/Gimeracil/Oteracil

Dosierung 2 2 2 2

Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression

Schädigung

Langzeitinfusionen

der

Schleimhaut

Hand-Fuß-Syndrom

Capecitabin

verstärkt Hand-Fuß-Syndroms.

Te g a f u r

Interaktionen Brivudin

Cytarabin Wirkungsmechanismus ®

DNA-Polymerase

gehemmt

DNA-Ketten-Verlängerung Resistenzmechanismus

Deoxycytidinkinase aktiviert und Cytidin-Deaminase inaktiviert.

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung ®

akuten myeloischen Leukämie

2 2

Unerwünschte Wirkungen Hauptnebenwirkung Myelosuppression.

Cytarabin-Syndrom,

Gemcitabin

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung ®

2

Burris et al. (1997) Journal of Clinical Oncology

Unerwünschte Wirkungen myelosuppressiv

(grippeähnliche Symptome)

Azacitidin

Wirkungsmechanismus

kovalenten Bindung von DNA-Methyltransferasen. CpG-Inseln

C

p

G (epigenetische Kontrolle)

führt zu einer globalen Demethylierung von DNA.

Pharmakokinetik

Plasmahalbwertszeit

Indikationen und Dosierung Azacitidin

®

myelodysplastischen Syndrom,

2

Decitabin,

®

Unerwünschte Wirkungen

akute myeloische Leukämie

34.9. Mikrotubuli-Inhibitoren Mitosehemmer

• Vinca-Alkaloide • Taxane • Eribulin Estramustin Auristatin

Maytansin, Ixabepilon,

Mikrotubuli

Bestandteile α

des

Zytoskeletts,

β (Polymerisation) (Depolymerisation). dynamischen Instabilität.

(Segregation). Transport- und Motilitätsfunktionen

axonale Transport Vinca-Alkaloide, Taxane

Zytostatika mit Wirkung auf Mikrotubuli. Mikrotubuli werden aus dem GTP/GDP-bindenden Zytoskelettprotein Tubulin gebildet, das aus einer α- (rot) und einer βUntereinheit (rosa) besteht. Die vielfältigen Funktionen des mikrotubulären Apparats (z. B. Spindelbildung während der Mitose) hängen von einem dynamischen Gleichgewicht zwischen Polymerisation und Depolymerisation der Tubulindimere ab. Angedeutet ist der polare Aufbau der Mikrotubuli. Am Pluspol, der primär GTP-Tubulin enthält, polymerisieren und am Minuspol, der von GDPTubulin-Dimeren gebildet wird, depolymerisieren die Mikrotubuli. Taxane und Ixabepilon binden an Tubulin, fördern hierdurch die Polymerisation von GDP- und GTP-Tubulin und hemmen deren Depolymerisation. Vinca-Alkaloide, Eribulin, Estramustin, Auristatin, Maytansin und Colchicin ( ) blockieren die Polymerisation und induzieren bei höherer Konzentration die Depolymerisation der Mikrotubuli. ABB. 34.23

34.9.1. Vinca-Alkaloide ®

Vincristin ®

Vinblastin

®

Vindesin ®

Vinflunin

®

®

Vinorelbin

ABB. 34.24

Strukturgerüste von Vinca-Alkaloiden

Wirkungsmechanismus

β

Mitosehemmstoffe, Tu b u l i n Mikrotubuli

Resistenzmechanismus

Pharmakokinetik

Plasmahalbwertszeiten

Indikationen und Dosierung

2

Unerwünschte Wirkungen Vincristin

Neurotoxizität Myelosuppression sensorische

motorische

Störungen des autonomen Nervensystems

Obstipation Extravasate

34.9.2. Taxane Paclitaxel

(Taxus

brevifolia),

(Taxus baccata),

ABB. 34.25

Chemische Struktur von Taxanen .

Wirkungsmechanismus greift am Tubulin verhindert die Depolymerisation

Mitosegift.

Pharmakokinetik

®

Indikationen und Dosierung ® ®

2

Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression .

Überempfindlichkeitsreaktionen

Prämedikation

1

2

peripheren Polyneuropathie,

Docetaxel ®

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Mammakarzinom

2

Unerwünschte Wirkungen

dosislimitierender

Knochenmarksuppression

und

peripherer

Neurotoxizität.

Flüssigkeitsretention Hauttoxizität,

Cabazitaxel ®

Pharmakokinetik

CYP3A4 Plasmahalbwertszeit Wechselwirkungen interagiert nicht

Transportern

Indikationen und Dosierung fortgeschrittenem hormonrefraktärem Prostatakarzinom

2

gleichzeitiger täglicher Gabe von 10 mg

Prednisolon. 1 2

Quelle: EMA/CHMP/66633/2011

Unerwünschte Wirkungen

Knochenmarksuppression Diarrhö

Ixabepilon ®

Sorangium

cellulosum Störung der Mikrotubuli-Dynamik.

ABB. 34.26

Chemische Struktur von Estramustin, Eribulin, Ixabepilon.

Indikation

Unerwünschte Wirkungen

34.9.3. Eribulin Halichondria

okadai

Wirkungsmechanismus

hemmt die Polymerisation von Tubulin,

Mitose

geblockt,

2

Pharmakokinetik Halbwertszeit Elimination

Indikation und Dosierung ®

2

Apoptose

Nebenwirkungen K n o c h e n m a r k su p p r e s s i o n ,

34.9.4. Estramustinphosphat Konjugat

N-Lost

Estradiolphosphat

keine

alkylierende

Aktivität

Wirkungsmechanismus

G

2

/M-Arrest

Apoptose.

Pharmakokinetik

Pro-Drug,

Estradiol Estron, Synthese von Testosteron hemmen. Indikation und Dosierung ®

®

fortgeschrittenen

hormonresistenten Prostatakarzinom

Gynäkomastie

34.9.5. Auristatin und Maytansin Auristatin

Te t r a p e p t i d s (Dolabella

auricularia),

Brentuximab Vedotin Maytansin

Makrolid Maytenus

ovatus. blockiert

die

Tubulin-

Polymerisation. Tr a s t u z u m a b ®

34.10. Topoisomerase-Inhibitoren Topoisomerase-I-Hemmstoffe

• Topotecan und • Irinotecan Topoisomerase-II-Hemmstoffe

• Etoposid und • Teniposid.

Wirkungsmechanismus der Topoisomerase-I-Hemmstoffe. Topoisomerase-I spaltet nur einen Strang der DNA. Topoisomerase-I-Hemmstoffe wie Camptothecin stabilisieren den spaltbaren Komplex („cleavable complex“). Dies kann zu Einzelstrangbrüchen führen, die prinzipiell zu reparieren sind. Erst bei der Replikation durch die Polymerase treten durch Ausbildung der Replikationsgabel irreversible Doppelstrangbrüche auf. ABB. 34.27

Wirkung von Topoisomerase-II-Inhibitoren. Das Dimer Topoisomerase- II bindet an DNA und schneidet unter Verbrauch von ATP den DNA-Doppelstrang („Pforten-DNA“), um so den Durchtritt eines benachbarten DNA-Strangs („Transport-DNA“) durch die Lücke („cleavable complex“) zu ermöglichen. Anschließend wird die Lücke wieder verschlossen. Topoisomerase-II-Inhibitoren (violettes Kreuz) stabilisieren den „cleavable complex“ und führen zur Persistenz von Strangbrüchen (dargestellt in der Mitte). ABB. 34.28

Irinotecan und Topotecan Irinotecan

®

Topotecan Camptothecin, Camptotheca acuminata

®

δ

Chemische Strukturen von Topoisomerase-I-Inhibitoren. Irinotecan wird durch Esterhydrolyse zum aktiven SN-38 (gelb hinterlegt) aktiviert. ABB. 34.29

Wirkungsmechanismus Topoisomerase-I-Inhibitoren

Resistenzmechanismus

Pharmakokinetik Carboxylesterase Plasmahalbwertszeit

Glucuronosyltransferase UGT1A1 Galle

ausgeschieden.

Indikationen und Dosierung Irinotecan

2

Topotecan 2

Irinotecan ®

Unerwünschte Wirkungen M yelodepression Irinotecan

späte

Diarrhöen

cholinerges Frühsyndrom

Interaktionen

Etoposid und Teniposid Etoposid Podophyllotoxin

Teniposid Podophyllum peltatum, ®

ABB. 34.30

Chemische Strukturen der Topoisomerase-II-Inhibitoren Etoposid und Teniposid .

Wirkungsmechanismus hemmen

Topoisomerase-II.

Resistenzmechanismus

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Etoposid Ovarialkarzinom Teniposid,

®

®

®

Bronchial-, Hoden-

Lymphomen akuten

Leukämien

Ly m p h o m e n

Z N S - Tu m o r e n

Harnblasenkarzinom 2

Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression. Zweittumor

®

34.11. Antitumor-Antibiotika und synthetische interkalierende Wirkstoffe Anthracycline,

ABB. 34.31

Actinomycine,

Bleomycine

Chemische Struktur von zytostatischen Antibiotika, Mitoxantron und Pixantron.

34.11.1. Anthracycline Doxorubicin, Daunorubicin, Epirubicin und Idarubicin Doxorubicin Streptomyces peucetius Idarubicin

Daunorubicin Epirubicin

Wirkungsmechanismus

• Anthracycline binden als planare Moleküle in DNA-Stränge und schieben sich zwischen die Basen (Interkalation). Hierdurch werden DNA- und RNA-Synthese gestört. • Anthracycline hemmen die Topoisomerase-II, indem sie einen ternären Komplex mit dem Enzym und DNA bilden. Hierdurch kommt es zu DNA-Strangbrüchen ( ). • Schließlich führen Anthracycline zur Bildung von Radikalen, die die DNA schädigen und ebenfalls Strangbrüche verursachen.

450

Resistenzmechanismus

Auswärtstransport Pharmakokinetik ®

® ®

®

Pegylierung ®

Indikationen und Dosierung Doxorubicin

soliden

Tumoren Daunorubicin

akuter lymphatischer und myeloischer Leukämie. ®

akuter lymphatischer und myeloischer Leukämie. Typische Dosierungen:

• Doxorubicin 45–75 mg/m 2 /Tag alle 3–4 Wochen • Daunorubicin 45–60 mg/m 2 /Tag für 3 Tage alle 4 Wochen • Epirubicin 75–90 mg/m 2 /Tag alle 3–4 Wochen • Idarubicin (i. v.) 12 mg/m 2 /Tag (oral 15–30 mg/m 2 /Tag) für 3 Tage alle 3–4 Wochen Maximale kumulative Gesamtdosen:

• Doxorubicin 550 mg/m 2 • Daunorubicin 550 mg/m 2 • Epirubicin 900 mg/m 2 • Idarubicin 120 mg/m 2 (bei i. v. Gabe) Unerwünschte Wirkungen Dosislimitierend

Knochenmarksuppression.

Kardiotoxizität

dosislimitierend

irreversible

kumulative

Kardiomyopathie

2 2

Radikalbildung

Dexrazoxan. β

α

paravasale Gewebeulzerationen

Applikation

streng

zu

vermeiden,

Radiosensitizer

Dexrazoxan Reduktion der kardiotoxischen Wirkungen ®

Dexrazoxan

®

Eisen-

Chelator, Ringstruktur

geöffnet ®

Dexrazoxan. Es wird als Eisen-Chelator eingesetzt, um die Kardiotoxizität von Anthracyclin-Zytostatika zu reduzieren. Intrazellulär kommt es zur Ringöffnung und zur Chelatorfunktion. ABB. 34.32

Unerwünschte Wirkungen

toxisch

34.11.2. Synthetische interkalierende Zytostatika Mitoxantron und Pixantron Mitoxantron Pixantron

Wirkungsmechanismus Mitoxantron interkaliert in DNA

Pixantron interkaliert ebenfalls in DNA,

Pharmakokinetik

Indikationen Mitoxantron

P ix a ntro n

®

Unerwünschte Wirkungen Mitoxantron

Myelosuppression

dosislimitierend.

Kardiotoxizität

Pixantron

Kardiotoxizität

Amsacrin ®

Indikation akuten

myeloischen

Leukämie

Unerwünschte Wirkungen Knochenmarksuppression Kardiotoxizität.

34.11.3. Actinomycine Dactinomycin Streptomyces

Wirkungsmechanismus

interkaliert

in

DNA, Hemmung der RNA-Polymerase und Proteinsynthese. Topoisomerase-II-Hemmung

Pharmakokinetik ®

hoch wirksam

2

Indikationen Wilms-Tumor

Rhabdomyosarkom

Unerwünschte Wirkungen

Ü b e l k e i t (Mukositis)

Myelosuppression. Erbrechen

34.11.4. Bleomycine metallbindender

2

Glykopeptide,

Streptomyces verticillus

2

k a u m Knochenmarksuppression Wirkungsmechanismus DNAFragmentierung

-Synthese-Hemmung. 2

2

– •

reaktives OH-Radikal führt zur Zerstörung der DNA. Bleomycin erneut katalytisch

450

(„Bleomycin-Hydrolase“),

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung ®

Morbus

Typische Dosierung: Unerwünschte Wirkungen

Hodgkin Non-Hodgkin-Lymphomen. Plattenepithelkarzinomen

Hodentumoren

B le o m y c in - L u n g e , hohe

Hauttoxizität,

34.12. Enzyme, Differenzierungsinduktoren und immunmodulatorische Wirkstoffe 34.12.1. Enzym Asparaginase

Escherichia

coli-

Erwinia chrysanthemi

Wirkungsmechanismus

auf extrazelluläres Asparagin angewiesen. Induktion einer vermehrten Expression von Asparaginsynthase in Tumorzellen

Resistenz

Pharmakokinetik

E. coli® ®

Erwinia

Pegaspargase ®

Indikationen und Dosierung

(ALL)

Non-Hodgkin-Lymphomen. 2

Dosierung: Unerwünschte Wirkungen

Überempfindlichkeit Gerinnungsstörungen. antigenes Potential. Pegaspargase ®

E.coli

Störungen der Blutgerinnung

Pankreatitis

Hyperglykämien Encephalopathie.

nicht

34.12.2. Differenzierungsinduktoren Retinoide

®

Tretinoin trans-Retinsäure

(retinoid acid receptors)

(retinoid X receptors)

all-

Struktur von Tretinoin und Bexaroten.

ABB. 34.33

Wirkmechanismus Tr e t i n o i n

α

p

m

L α

α α α

α

α

®

Auslösung der Differenzierung von Leukämiezellen durch Tretinoin und Arsentrioxid. Bei der akuten promyeloischen Leukämie (APL) kommt es durch Chromosomentranslokation zur Expression des nukleären Rezeptors RAR als Fusionsprotein (RAR-α-PML, im Bild PML-RAR). Dieser Rezeptor kann seine spezifischen Funktionen zur Differenzierung der Zellen nicht mehr erfüllen. Korepressoren des nukleären Rezeptors bleiben bei normaler RetinsäureKonzentration gebunden und blockieren die Differenzierung. Erst bei einer höheren pharmakologischen Konzentration an Retinsäure (Tretinoin) dissoziiert der Repressor, ein Ko-Aktivator bindet und die Differenzierung wird induziert. Weiterhin führen sowohl Tretinoin als auch Arsentrioxid zu einem Abbau des blockierenden RAR-α-PML-Rezeptors. Hierbei ist eine Sumoylierung und Ubiquitinylierung eingeschaltet. Nach dem Abbau von RAR-α-PML ist eine Differenzierung möglich. ABB. 34.34

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung

2

Unerwünschte Wirkungen

Retinsäuresyndrom

Kopfschmerzen

Seh-

Hörstörungen Ulzerationen teratogen.

Interaktionen

®

Alitretinoin

Bexaroten ®

spezifisch

nukleären RXR-Rezeptoren

bindet.

Wirkmechanismus

Hemmung des Zellzyklus und induziert Apoptose.

kutanen T-Zell-Lymphom Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung kutanem Dosierung:

T-Zell-Lymphom

2

Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen

Hypothyreose, embryotoxische

Kopfschmerzen,

Hyperlipidämie Leukopenie, Pruritus,

Hautausschlag.

Arsentrioxid 2

®

3

akuter promyeloischer

Leukämie

Wirkmechanismus Abbau des Fusionsproteins RAR-α-PML

S

U

Mo

α

Sumoylierung α

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen

34.12.3. Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid (immunmodulierende Substanzen, IMiDs) ®

Thalidomid teratogener

Nebenwirkungen

multiplen

Lepra Myelom

Lenalidomid

Pomalidomid

IMiDs

ABB. 34.35

Struktur von Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid .

Wirkungsmechanismus

Phokomelien,

Schema der Angriffspunkte von Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid. Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid führen nach Bindung an das Ubiquitinligase-Komplex-Protein Cereblon zum Abbau der Transkriptionsfaktoren IKZF1 und IKZF3. Die funktionellen Konsequenzen sind: 1. Hemmung des Wachstums von Myelomund B-Zellen, da beide Transkriptionsfaktoren für die Proliferation dieser Zellen essenziell sind. 2. Es wird die Bildung von IL-6 und TNF-α aus Monozyten und Stromazellen gehemmt. IL-6 ist ein essenzieller Wachstumsfaktor von B- und Myelomzellen, dessen Produktion durch TNF-α stimuliert wird. 3. Es wird die Angiogenese, die ebenfalls über Stromazellen induziert wird, blockiert. 4. In T-Zellen wirken IKZF1 und IKZF3 als Repressoren. Ihr Abbau aktiviert deshalb T-Zellen, die wiederum über IL-2 und IFN-γ die Aktivität von NK (natürliche Killerzellen) fördern. T- und NK-Zellen besitzen Antitumoraktivität. 5. Thalidomid und seine Analoga wirken über Cereblon teratogen. Eine Antiangiogenese ist hier wahrscheinlich bedeutsam. IKZF1/3 sind offenbar nicht beteiligt (modifiziert nach S. Lindner und J. Krönke J. Mol. Med. 2016, doi 10.1007/s00109-016-1450-z). ABB. 34.36

• hemmen die Produktion und Sekretion von Interleukin-6, einem Wachstumsfaktor für Plasmazellen, • hemmen die Produktion und Sekretion von TNFα, das u. a. die NFκB-Expression stimuliert, • hemmen die Proliferation von Tumorzellen, • stimulieren T-Zellen und natürliche Killer(NK)-Zellen, • hemmen die Angiogenese und • stimulieren die Apoptose. Cereblon

Ubiquitinligase-Komplex.

vermehrten Abbau der Transkriptionsfaktoren

Pharmakokinetik

IKZF1

und

IKZF3.

Tab. 34.6 Pharmakokinetische Daten von Thalidomid , Lenalidomid und Pomalidomid

Wirkstoff

Proteinbind ung (%)

Resorption

T1/2 (h)

Metabolismus

Elimination

max

max

max

Indikationen ®

Thalidomid

®

Lenalidomid

Pomalidomid

Unerwünschte Wirkungen

Müdigkeit Neuropathien

starke

teratogene

Wirkung

34.12.4. Mifamurtid ®

Mifamurtid

NOD2.

Pattern-Recognition-Rezeptoren

Pharmakokinetik ®

Indikation und Dosierung ®

Osteosarkoms 2

Dosierung/T ag (mg)

Unerwünschte Wirkungen

34.13. Kinase-Inhibitoren

(„targeted therapy“)

Angriffspunkte von Proteinkinase-Inhibitoren in der Tumortherapie. Zahlreiche Wachtumsfaktorrezeptoren (z. B. für EGF, PDGF, VEGF, IGF-1 sowie HGF ), die Rezeptortyrosinkinasen sind, aktivieren nach Ligandenbindung den Ras-RAF-MEK-ERK-Signalweg und stimulieren hierdurch die Gen-Transkription und schließlich die Zellproliferation. Die vermehrte Expression von Cyclin D führt zur Aktivierung von Cyclin-abhängigen Kinasen wie CDK4 und CDK6, die bei der Zellzyklusprogression eine Rolle spielen. Diese Signalwege sind auch in Zellmobilität und Invasivität eingeschaltet. Über Wachtumsfaktor-Rezeptoren werden ebenfalls die Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3-K) und nachfolgend die Proteinkinase B (auch AKT genannt) aktiviert. PKB aktiviert wiederum die Serin/Threonin-Kinase mTor („ m ammalian t arget of r apamycin“), die über ihren mTorC1-Komplex die S6-Proteinkinase sowie den Faktor 4EBP aktiviert. Beide sind wichtige Regulatoren der Proteinsynthese. ALK ist eine Rezeptortyrosinkinase, die bei verschiedenen Tumoren (z. B. beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom) als Fusionsprotein aktiv im Zytosol vorliegt und ebenfalls Signale über Ras und PI3-Kinase vermittelt. Auch Phospholipase Cγ und STAT-Proteine - werden aktiviert. Die aufgeführten Rezeptortyrosinkinase-Inhibitoren hemmen die nachfolgenden Signalwege. Die Rezeptoren werden auch durch verschiedene monoklonale Antikörper blockiert. Crizotinib und Ceritinib hemmen die ALK-Tyrosinkinase. Die Tyrosinkinase Bcr-Abl wird durch Imatinib , Nilotinib , Dasatinib , Bosutinib und Ponatinib gehemmt. Vermurafenib und Dabrafenib blockieren die Serin/Threonin-Kinase RAF. MEKInhibitoren sind Trametinib und Cobimetinib . Palbociclib inhibiert CDK4/6. Temsirolimus und Everolimus blockieren nach Komplexbildung mit FKBP12 die Serin/Threonin-Kinase mTor. Januskinase (JAK), eine zytosolische Tyrosinkinase, assoziiert mit verschiedenen Typen von ZytokinRezeptoren und aktiviert STAT-Proteine, die in den Kern wandern und als Transkriptionsfaktoren wirken. Ruxolitinib hemmt Januskinasen. ABB. 34.37

gezielte Therapie

Entwicklung von

Proteintyrosinkinase-Inhibitoren.

Proteintyrosinkinasen Zellmembran

niedermolekulare

zellgängige Kinase-Inhibitoren kleine

Hochdurchsatz-Screeningverfahren

34.13.1. Inhibitoren der Tyrosinkinase Bcr-Abl Imatinib, Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib und Ponatinib Der Prototyp der Tyrosinkinase-Inhibitoren ist Imatinib

intrazelluläre Rezeptortyrosinkinasen der großmolekulare

AblProteintyrosinkinase

ABB. 34.38

Strukturen der Proteinkinase-Inhibitoren Imatinib, Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib und Ponatinib .

Wirkungsmechanismus

PhiladelphiaChromosoms Proteintyrosinkinase

Imatinib wie auch die anderen Inhibitoren hemmen die Abl-Tyrosinkinase,

Abl

Wirkungsmechanismus von Imatinib. A) Durch Translokation von Chromosomen 9 und 22 wird das Philadelphia-Chromosom gebildet. An der Fusionsstelle entsteht das Bcr-Abl Gen. Dessen Genprodukt, das Bcr-Abl Fusionsprotein, ist durch eine erhöhte Kinase-Aktivität gekennzeichnet. Bcr-Abl ist essenziell für die Ausbildung der chronischen myeloischen Leukämie (CML). Die Zahlen geben die Exone der Gene an. B) Imatinib bindet in der katalytischen Tasche der Kinase, blockiert die Tyrosinkinase-Aktivität und hemmt die Proliferation der Leukämiezellen. ABB. 34.39

Dasatinib,

Nilotinib

Bosutinib,

Ponatinib

50

Tab. 34.7 Hemmung von Abl-Kinase durch verschiedene Bcr-Abl-Tyrosinkinase-Inhibitoren (Hemmkonzentrationen [IC 50 in nM] und x-fache Zunahme des IC 50 -Wertes bei der T315I-Mutation von Abl-Kinase; Daten aus C. Gambacorti-Passerini et al. (2016), Am. J. Hematol. 91, 67). Inhibitor

Pharmakokinetik

Abl-Kinase WildtypIC 50 (nM)

Abl-Mutante T315Ix-fache Zunahme desIC 50 -Wertes

Tab. 34.8 Pharmakokinetische Daten und Dosierungen von Bcr-Abl-Tyrosinkinase-Inhibitoren

Wirkstoff

Resorption% oder t max

Proteinbin dung Metabolismus (%)

t 1/2 (h)

Elimination

Dosierung(oral)

max

max

max

max

Indikationen ®

Imatinib

CML,

g S

i

t ®

D a sa tinib

Bosutinib

®

Ponatinib

®

N ilo tinib

®

Dosierungen: Unerwünschte Wirkungen Myelosuppression (Neutropenie, Thrombopenie und Anämie), Atemwegsinfektionen

Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Kopfschmerzen, Flüssigkeitsretentionen (Pleuraerguss, Lungenödem, periphere Ödeme

Interaktionen

34.13.2. Inhibitoren von EGF-Rezeptortyrosinkinasen

Bauchschmerzen, Myalgien, periorbitale Ödeme

Fieber

Erlotinib, Gefitinib, Afatinib und Osimertinib

Erlotinib Gefitinib die ATP-Bindung

Inhibitoren der 1. Generation.

Afatinib

irreversibler

irreversible Inhibitor der 3. Generation,

ABB. 34.40

EGF-TKI

der

2.

Generation

Osimertinib,

Strukturen der EGF-Rezeptortyrosinkinase-Inhibitoren Erlotinib, Gefitinib, Afatinib und Osimertinib sowie von Lapatinib .

Tab. 34.9 Hemmkonzentrationen (IC 50 nM) und Plasmakonzentrationen (nM) von verschiedenen EGF-Tyrosinrezeptorkinase-Inhibitoren für den normalen (Wild-Typ = WT) EGF-Rezeptor und für die aktivierende EGF-Rezeptor-Mutante L858R, die aktivierende Exon19-Deletion (delE746–A750; Ex19del) und die aktivierende Mutation T790M kombiniert mit der Exon19-Deletion (T790M/Ex19del) Plasmakonzentration (nM)

Inhibitor

WT (IC 50 nM)

L858R (IC 50 nM)

Ex19del (IC 50 nM)

T790M/Ex19del (IC 50 nM)

Cancer Sci (2016) doi: 10.1111/cas. 12996; Wild-Typ-Daten aus Cancer Discovery (2014) doi: 10.1158/2159-8290.CD-14-0037

Pharmakokinetik und Dosierungen

Tab. 34.10 Pharmakokinetische Daten und Dosierungen von EGF-Rezeptortyrosinkinase-Inhibitoren

Inhibitor

Resorptio Proteinbindung n max

max

max

max

Wechselwirkungen Erlotinib

Indikationen und Dosierung

Metabolismus

t 1/2

Eliminatio Interaktionen n

Dosierung

®

Erlotinib

nichtkleinzelligen

Pankreaskarzinoms Afatinib

®

Gefitinib

Lungenkarzinom

®

®

Osimertinib

Dosierungen Unerwünschte Wirkungen

Hautausschläge,

Hautrisse,

Nagelbettentzündungen

und

Stomatitis

Diarrhö. Transaminasenerhöhungen

Lapatinib ®

Indikation und Dosierung trastuzumabresistenten Mammakarzinom Hirnmetastasen Orale

Dosis:

Unerwünschte Wirkungen

kardiotoxisch.

34.13.3. Inhibitoren der Tyrosinkinase ALK Crizotinib

ABB. 34.41

Ceritinib

Inhibitoren

der

Rezeptortyrosinkinase

ALK

ALK-Tyrosinkinase-Inhibitoren Crizotinib und Ceritinib .

Wirkungsmechanismus

Onkogene ALK-Fusionsproteine

nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen

Signalkaskaden Weg

PI3-Kinase/Akt

Ras/MAP-Kinasenγ

STAT-Proteine

EML4 = Echinoderm microtuble-associated protein-like 4 gene

Pharmakokinetik Crizotinib

wird

oral

Metabolisierung Plasmahalbwertszeit

Ceritinib

Wechselwirkungen Indikationen ®

fortgeschrittenen

nichtkleinzelligen ®

Lungenkarzinoms

Unerwünschte Wirkungen

Leberenzymerhöhung QT-Verlängerung

Neutropenie

34.13.4. VEGF-Rezeptor- und Multi-Tyrosinkinasen-Inhibitoren

Anämie

(Ceritinib).

Tab. 34.11 VEGF-Rezeptor- und Multi-Tyrosinkinasen-Inhibitoren: Strukturen, Spezifität, Indikationen und Dosierungen Inhibitor

Struktur

Inhibition der Kinasen

Indikation

Dosierung (oral)

®

®

®

®

®

®

®

®

®

AxL: „growth arrest-specific 6(GAS6)‟-Rezeptor; CSF: „colony-stimulating factor‟-Rezeptor; FGFR: „fibroblast growth factor‟-Rezeptor; FLT: „Fms-like tyrosine‟-Rezeptor; KIT: Stammzellrezeptor; MET: „hepatocyte growth factor‟-Rezeptor; PDGFR: „platelet derived growth factor‟-Rezeptor; RET: „rearranged during transfection‟-Rezeptor; VEGFR: „vascular endothelial growth factor‟-Rezeptor; NSCLC: nichtkleinzelliges Lungenkarzinom

Pharmakokinetik

Tab. 34.12 Pharmakokinetik der Tyrosinkinase-Inhibitoren

Inhibitor

Resorptio n

ma x

ma x

ma x

ma x

ma x

ma x

max

Protei nbin Metabolismus dun g

T 1/2

Elimination

Interaktionen

Resorptio n

Inhibitor

Protei nbin Metabolismus dun g

T 1/2

Elimination

Interaktionen

max

N+: gleichzeitige Nahrungsaufnahme erhöht die Resorption; N–: gleichzeitige Nahrungsaufnahme erniedrigt die Resorption; FMO: flavinhaltige Monooxygenase

Indikationen

Unerwünschte Wirkungen

34.13.5. Januskinase-Inhibitor Ruxolitinib Inhibitor der Januskinasen Signalweg

ABB. 34.42

Ruxolitinib, Ibrutinib und Idelalisib.

Wirkungsmechanismus

Zytokinrezeptoren,

Aktivierung der assoziierten Januskinasen. STAT-Proteine

über

Zytokinrezeptoren

Pharmakokinetik ®

Metabolisierung Plasmahalbwertszeit

Indikation und Dosierung primären Myelofibrose

Polycythaemia vera.

Dosierung: Unerwünschte Wirkungen Anämie

Thrombozytopenie

34.13.6. Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib

α T

α

y

β A

δ δ Ibrutinib

I M

Hemmung der Signaltransduktion über den B-Zell-Rezeptor durch den Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib und den PI3-Kinase-Inhibitor Idelalisib . Der B-Zell-Rezeptorkomplex besteht aus dem antigenbindenden Immunglobulin und den beiden Immunglobulinketten Ig-α(CD79A) und Ig-β (CD79B). Bei der B-Zell-Aktivierung kommt es zu einer Tyrosinphosphorylierung von Ig-α(CD79A) und Ig-β (CD79B) durch die Tyrosinkinasen Syc und Lyn. Der weitere Signalweg erfordert die Aktivierung der Bruton-Tyrosinkinase (Btk) und der Phosphatidylinositol-3-kinase-δ (PI3Kδ). Die Bruton-Tyrosinkinase wird durch Ibrutinib gehemmt. Idelalisib inhibiert PI3Kδ. Hierdurch werden Signalwege, die die Phospholipase C-γ2 (PLCγ2) und die Proteinkinase C (PKC) sowie die AKT-Kinase und mTor-Kinase einschließen, blockiert (s. auch ). ABB. 34.43

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung ®

Leukämie

refraktärem Mantelzell-Lymphom,

chronischen lymphatischen

(CLL;

Morbus Waldenström Dosierung Unerwünschte Wirkungen

34.13.7. PI3-Kinase-Inhibitor Idelalisib

α

β

γ

δ α

γ

β

δ δ

Idelalisib δ

Pharmakokinetik

We c h s e l w i r k u n g e n

Indikation und Dosierung ®

chronischen

lymphatischen

Leukämie

(CLL)

Dosierung Unerwünschte Wirkungen

34.13.8. Raf-Kinase-Inhibitoren Vemurafenib und Dabrafenib Serin/Threoninkinase

Raf.

ABB. 34.44

Vemurafenib, Dabrafenib, Trametinib und Cobimetinib .

Wirkungsmechanismus Mutation von B-Raf

B-RafV600E

nur in der aktivierenden Mutation B-RafV600E

vor Therapiebeginn Raf-Mutante Pharmakokinetik ®

®

Tab. 34.13 Pharmakokinetik und Dosierungen von Vemurafenib , Dabrafenib , Trametinib und Cobimetinib

Inhibitor

Resorption

Proteinbi Metabolismus ndung

t 1/2

Elimination

Dosierung

N+: gleichzeitige Nahrungsaufnahme führt zu einer Zunahme der Resorption; N–: Nahrungsaufnahme vermindert die Resorption

Indikation Melanom mit positiver B-Raf-V600-Mutation.

Unerwünschte Wirkungen

hohen sehr

häufig

Plattenepithelkarzinomen

der

Hauttoxizität.

Haut.

34.13.9. MEK-Kinase-Inhibitoren Trametinib und Cobimetinib

Trametinib

®

Cobimetinib

®

Tab. 34.14 Response-Rate und Wirksamkeit von Raf- und MEK-Kinase-Inhibitoren beim Melanom im Vergleich zur Standardtherapie mit dem Alkylans Dacarbazin Therapievergleich

Pharmakokinetik Nebenwirkungen

Response-Rate

Dosierungen

34.13.10. CDK4/6-Inhibitor Palbociclib

Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Palbociclib

Dosierung:

®

Medianes progressionsfreies Überleben (Monate)

In USA zugelassen, in EU beantragt

Unerwünschte Wirkungen

34.13.11. mTor-Inhibitoren Temsirolimus und Everolimus mTOR

m

t

r

Strukturen von Tensirolimus und Everolimus. Der Kreis gibt den Bereich an, der im Everolimus underschiedlich ist. ABB. 34.45

Wirkungsmechanismus FKBP12

mTor mTorC1-Komplex

FKBP-12 = FK-Bindungsprotein-12; das Protein gehört zu den Immunophilinen, es bindet an die Substanz FK506 (Tacrolimus) (daher der Name). Während Tacrolimus im Komplex mit FKBP-12 Calcineurin hemmt, ist dies bei Temsirolimus/Everolimus nicht der Fall. Hier kommt es zur Hemmung von mTor.

Pharmakokinetik

Interaktionen

Indikationen und Dosierung Temsirolimus Mantelzell-Lymphoms Mammakarzinom

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen

®

Everolimus

®

fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms Nierenzellkarzinom, fortgeschrittenen

34.14. Weitere Tumortherapeutika der gezielten Therapie 34.14.1. Proteasomen-Inhibitoren Bortezomib und Carfilzomib Bortezomib Carfilzomib

ABB. 34.46

Bortezomib und Carfilzomib .

Wirkungsmechanismus Proteasomen

Hemmung

des

Transkriptionsfaktors

NFκB

κ κ

κ κ κ Bcl-2, das die Apoptose hemmt

κ κ

κ

Wirkungsmechanismus der Proteasomen-Inhibitoren Bortezomib und Carfilzomib. Proteasomen sind für den Proteinabbau im Zytosol und im Kern zuständig. Die großen Proteinkomplexe bestehen aus einem zylindrischen Kern, der oben und unten von einer regulatorischen Untereinheit verschlossen wird. Der Kernkomplex enthält die proteolytische Aktivität. Proteasomen erkennen ubiquitinierte Peptide und bauen fehlgefaltete Proteine ab, kontrollieren die Aktivität von Überlebenssignalen über NFκB und regulieren die Apoptose. Bortezomib und Carfilzomib hemmen die katalytische Aktivität der Proteasomen. Hierdurch wird NFκB nicht mehr aktiviert, weil das phosphorylierte und ubiquitinierte IκB nicht mehr abgebaut wird. In der Folge bleiben Überlebenssignale, die über NFκB vermittelt werden, aus. Weiterhin führt die Hemmung des Proteasoms zum „unfolded protein response“ (UPR). Nach Proteinsynthese am Ribosom und Translokation des neu synthetisierten Proteins ins endoplasmatische Retikulum (ER) werden vollständig gefaltete Proteine exportiert. Die fehlgefalteten Proteine interagieren mit dem Hitzeschockprotein 70 BIP („binding protein“) und werden über den ER-assoziierten Degradationsweg (ERAD) entsorgt. Bei Dekompensation von ERAD (z. B. durch Hemmung des Proteasoms) kommt es zu ERStress mit einem UPR und Apoptose. Hierbei werden drei ER-Membran-Proteine (ATF6, PERK und IRE1) dadurch aktiviert, dass sie ihre BIP-Bindung verlieren. ATF6 („activating transcription factor 6“) ist ein proteolytisch aktivierter Transkriptionsfaktor, PERK („pancreatic ER kinase“) eine Proteinkinase und IRE1 („inositol-requiring transmembrane kinase/endonuclease“) eine Serin/Threoninkinase mit Endoribonuclease-Aktivität. Die durch ATF6, PERK und IRE1 induzierten Signalwege hemmen die Proteinbiosynthese und fördern die Apoptose. ABB. 34.47

hemmen die Proteasomen-Inhibitoren in Myelomzellen endoplasmatischen

Stressantwort des

Retikulums

Pharmakokinetik

We c h s e l w i r k u n g e n

Indikationen und Dosierung Bortezomib

Carfilzomib Dosierung: 2

Unerwünschte Wirkungen

®

multiple

®

2

2

Myelom

Thrombozytopenie periphere Neuropathie (12 %, dosislimitierend), Diarrhö.

34.14.2. Phosphodiesterase-Hemmer Anagrelid ®

Phosphodiesterase-III-Hemmer,

essenziellen

ABB. 34.48

Thrombozytose,

Anagrelid .

Pharmakokinetik

Unerwünschte Wirkungen

34.14.3. Hedgehog-Signalweg-Inhibitor Vismodegib Vismodegib Wirkungsmechanismus Hedgehog-Signalwe g

Hedgehog

Smoothened G l i

Patched

Vismodegib

Vismodegib blockiert den Hedgehog-Signalweg. Der Hedgehog-Signalweg ist mit primären Zilien assoziiert. In Abwesenheit von Hedgehog-Protein (Hh) hemmt der Rezeptor Patched (PTCH) die Translokation des heptahelikalen Rezeptors Smoothened (SMO) in das Zilium und verhindert dadurch seine Aktivierung. Der Smoothened-Effektor Gli wirkt dann als Transkriptionsrepressor. In Gegenwart von Hedgehog wird Patched abgebaut, Smoothened gelangt ins Zilium und kann schließlich Gli unter Beteiligung von Proteinkinase A und Regulatorproteinen aktivieren. Gli wirkt dann als Transkriptionsaktivator. Vismodegib blockiert die Aktivierung von Smoothened und nachfolgende Effekte von Gli. ABB. 34.49

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung ®

Basalzellkarzinom

teratogen,

Unerwünschte Wirkungen

34.14.4. Histon-Deacetylase-Inhibitor Panobinostat D N A - Ve r p a c k u n g

Nukleosomenkomplexe

epigenetischen Regulation Acetylierung von Histonen Histon-Acetyltransferasen gesteigerten Transkription Deacetylasen hemmt die Transkription. Wirkungsmechanismus

Deacetylierung

Histon-

Wirkungsmechanismus Panobinostat essenzielles Zinkatom

ABB. 34.50

Panobinostat, Olaparib und Venetoclax.

Pharmakokinetik

Indikation ®

refraktären multiplen Myeloms Unerwünschte Wirkungen

Der HDAC-Inhibitor Vorinostat

kutanen T-Zell-Lymphoms

34.14.5. PARP-Inhibitor Olaparib Olaparib

Poly-(ADP-Ribose-)Polymerasen +

Wirkungsmechanismus

BRCA1 BRCA2.

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung

BRCA1-

BRCA2-Mutationen

Dosierung: Unerwünschte Wirkungen

34.14.6. Bcl-2-Inhibitor Venetoclax Venetoclax

Wirkungsmechanismus

L

BAX = Bcl-2-associated X protein BAK = Bcl-2 antagonist/killer BID = Bcl-2-interacting domain death agonist BIM = Bcl-2-interacting mediator of cell death Bcl-X L = Bcl extra large protein

Pharmakokinetik

Interaktionen

mit

CYP3A4-Inhibitoren

Indikation und Dosierung chronischen lymphatischen Leukämie Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

34.14.7. Immunotoxin Denileukin Diftitox ®

Interleukin-2

katalytischen Domäne des Diphtherietoxins

ADP-Ribosyltransferase, Elongationsfaktor

2

Indikation Haut-T-Zell-Lymphomen

Unerwünschte Wirkungen

34.15. Antikörper in der Tumortherapie

humanisierten Antikörpern chimären Antikörpern Nomenklatur

Tab. 34.15 Antikörper, die zur Tumortherapie eingesetzt werden Zielstruktur

Antikörper

Herkunft

Indikation

Her2

EGF-Rezeptor

VEGF

VEGF-Rezeptor

PDGF-Rezeptor CD20

CD30 CD38 CD52

SLAMF7 (CD319) CTLA-4 PD-1

PD-L1 CD3/EPCAM CD3/CD19 GD2

• -omab: Antikörper von Maus/Ratte (Beispiel: Catumaxomab) • -ximab: chimärer Antikörper von Maus und Mensch (Beispiel: Rituximab) • -zumab: humanisierter Antikörper , nur die Antigenbindungsstelle ist von der Maus (Beispiel:Trastuzumab) • -mumab: rein humaner Antikörper (Beispiel: Ofatumumab)

• antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität ( ADCC, „antibody-dependent cellular cytotoxicity), • Komplementaktivierung und komplementabhängigen Zytotoxizität ( CDC, „complement-dependent cytotoxicity “), • antikörperabhängigen Phagozytose ( ADCP, „antibody-dependent cellular phagocytosis“) • und/oder die direkte Auslösung von Apoptose als Ursache der Antitumorwirkung diskutiert ( ).

Wirkungen von therapeutischen Antikörpern. Die Antikörper können an einen Rezeptor binden und als Antagonist die Wirkung eines physiologischen Liganden hemmen. Der Antikörper kann ebenfalls als Agonist wirksam sein. Bei der antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität (ADCC) werden über den Fc-Teil des Antikörpers zytotoxische T-Zellen oder NK-Zellen aktiviert. Bei der komplementabhängigen Zytotoxizität (CDC) kommt es über den Fc-Teil der Antikörper zu einer Komplementaktivierung und nachfolgend zu einer Zelllyse. Weiterhin ist die antikörperabhängige zelluläre Phagozytose (ADCP) bedeutsam (nicht dargestellt). Auch kann ein Antikörper direkt Apoptose auslösen. ABB. 34.51

Infusionsreaktionen typischen

Nebenwirkungen,

Pharmakokinetik von monoklonalen Antikörpern

34.15.1. HER2-Antikörper ®

rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, HER2

Ras-MAP-Kinase-Weg

Phosphatidylinositol-3-Kinase-AKT/PKB-Signalweg ohne Ligand zu dimerisieren

Wirkungsmechanismus

molekularen

Mechanismen

Bindung des Fab-Fragments von Trastuzumab an den HER2-Rezeptor. Der Wachstumsfaktorrezeptor (HER2/neu) besteht aus vier extrazellulären Domänen, einer transmembranären Domäne (schematisch dargestellt) und der Tyrosinkinasedomäne (schematisch dargestellt). Die Interaktionsstelle von Trastuzumab mit dem HER2-Rezeptor ist an der Basis des Rezeptors (Domäne IV) nahe der Zellmembran. Pertuzumab bindet dagegen an die Domäne II, die für die Dimerisierung des Rezeptors wichtig ist. Die gleichzeitige Anwendung von Pertuzumab und Trastuzumab hat offenbar eine synergistische Wirkung (modifiziert nach H.-S. Cho et al. [2003] Nature 421, 756). ABB. 34.52

1. Die Antikörperbindung verhindert die Liganden-unabhängige Dimerisierung und Aktivierung des Rezeptors. 2. Der Antikörper verhindert die Abspaltung des extrazellulären Anteils des HER-Rezeptors, was ein zusätzlicher Aktivierungsmechanismus ist. 3. Trastuzumab induziert die Endozytose von HER2 und seinen nachfolgenden Abbau. 4. Durch Trastuzumab wird eine antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) gesteigert, die wahrscheinlich über die Antikörperrezeptoren vom Typ Fc-γ vermittelt wird. Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung

Bestimmung der Expression von HER2Rezeptoren

Dosierung:

HERA-Studie (NCT00045032)

Nebenwirkungen

Risiko

einer

verstärkten

Kardiotoxizität

Trastuzumab-Emtansin ®

Trastuzumab als Träger

gekoppelten Mitosehemmstoff Emtansin Mikrotubuli- Inhibitor

fortgeschrittenen

Mammakarzinom,

Unerwünschte Wirkungen

Pertuzumab ®

in Kombination mit Trastuzumab

Dosierung: Nebenwirkungen

34.15.2. EGF- und PDGF-Rezeptor-Antikörper Cetuximab

Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Kolorektales

Karzinom

Wild-Typ-Ras.

Plattenepithelkarzinom Dosierung:

2

2

Unerwünschte Wirkungen akneartige

Hautreaktionen

Panitumumab ®

Pharmakokinetik

Nebenwirkungen Hautreaktionen

Necitumumab ®

Indikation

Pharmakokinetik

Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

Olaratumab ®

Olaratumab (platelet

derived

growth

factor)

α

Behandlung des fortgeschrittenen Weichteilsarkoms Plasmahalbwertszeit

Dosierung

1

Nebenwirkungen

34.15.3. VEGF- und VEGF-Rezeptor-Antikörper Bevacizumab ®

Endothelwachstumsfaktor VEGF Wirkungsmechanismus

zwei wesentliche

Wirkungen.

verhindert

Neubildung von Gefäßen, unorganisierte Gefäßsystem von Tumoren,

„normalisiert“.

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung

• Metastasiertes kolorektales Karzinom • Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC, nicht plattenepithelialer Typ) in Kombination mit einer platinhaltigen Chemotherapie • NSCLC mit aktivierenden EGF-Rezeptormutationen in Kombination mit Erlotinib • Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom • Epitheliales Ovarial-, Eileiter- oder primäres Peritonealkarzinom • Zervixkarzinom Dosierung:

Nebenwirkungen

Häufige gravierende Nebenwirkungen

Ramucirumab

Pharmakokinetik

Indikationen ®

Unerwünschte Wirkungen

34.15.4. CD20-Antikörper

Rituximab ®

κ CD20 von B-Zellen

Wirkungsmechanismus

1. Die Bindung des Antikörpers an CD20 aktiviert die Komplementkaskade und komplementabhängige Zytotoxizität (CDC). 2. Nach Rituximab-Bindung erfolgt über Fcγ-Rezeptoren eine antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC). 3. Antikörperbindung mag direkt die Apoptose der B-Zellen induzieren.

Pharmakokinetik

Indikationen und Dosierung Non-Hodgkin-Lymphome

2

Dosierung:

ANCA = anti-neutrophile zytoplasmatische Antikörper

Nebenwirkungen

schwerwiegende

Zytokinfreisetzungsreaktionen

Ofatumumab ®

Interaktion von Rituximab, Ofatumumab und Obinutuzumab mit CD20 von B-Zellen. Die Antikörper binden an unterschiedlichen Epitopen von CD20. ABB. 34.53

Indikation

Unerwünschte Wirkungen

Obinutuzumab ®

γ

Indikationen

Unerwünschte Wirkungen

Ibritumomab-Tiuxetan ®

β β Pharmakokinetik

90

Indikation CD20positiven

Non-Hodgkin-Lymphomen

Unerwünschte Wirkungen

34.15.5. CD30-Antikörper Brentuximab Vedotin

Wirkungsmechanismus

Mechanismus der Wirkung von Brentuximab Vedotin. Nach Bindung des CD30-Antikörper-Linker-Wirkstoff-Konjugats (ADC) an CD30-Rezeptoren kommt es zu einer Endozytose. Lysosomale Enzyme spalten den Linker und geben den Wirkstoff (Auristatin) in unmodifizierter Form frei. Auristatin gelangt in das Zytosol, hemmt die Tubulin-Polymerisation und die Zellteilung und induziert den Zelltod. Eine geringe Freisetzung von Auristatin mag ebenfalls außerhalb der Zielzelle erfolgen. Nach Zellaufnahme entfaltet sich dann die toxische Wirkung (modifiziert nach P. D. Senter, E. L. Sievers, Nature Biotechnology Vol. 30, 631; 2012). ABB. 34.54

Indikationen ®

Unerwünschte Wirkungen

34.15.6. CD38-Antikörper Daratumumab ®

+

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung refraktären

multiplen

Myelom

Dosierung:

Castor study: New Engl J Med 2016; 375 : 754

Unerwünschte Wirkungen

34.15.7. CD52-Antikörper Alemtuzumab CD52. Wirkungsmechanismus (GPI-Anker-)Glykoprotein, komplementabhängige antikörpervermittelte

Zytotoxizität

Pharmakokinetik

Indikation

neuen Indikation multiple Sklerose. Unerwünschte Wirkungen Infusionsreaktionen

34.15.8. SLAMF7-Antikörper Elotuzumab

Bindung

seines

Fc-Teils

an

Elotuzumab direkte Bindung an SLAMF7-Rezeptoren und über eine

aktiviert NK-Zellen NK-Zellen

Weiterhin bindet der Antikörper an die SLAMF7-Rezeptoren von Myelomzellen

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung ®

multiplen

Myelom

Dosierung

Unerwünschte Wirkungen

34.15.9. Anti-CTLA-4 und PD-1-Antikörper

zweites T-Zell-aktivierendes Signal CD80/86 von antigenpräsentierenden Zellen

CD28 der T-Zellen mit CTLA-4

PD-1 immune checkpoints

Die Hemmung von CTLA-4 und PD-1 durch Antikörper blockiert die negative Regulation von TZellen und steigert ihre Antitumor-Aktivität

Antikörper als Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Die Aktivierung von T-Zellen durch antigenpräsentierende Zellen (APC) erfolgt über den MHC/T-Zell-Rezeptorkomplex und benötigt ein zweites Signal durch Interaktion von CD28 der T-Zellen mit CD80/86 der APC. Das CTLA-4-Protein auf T-Zellen kompetiert mit CD28 um die Bindung an CD80/86. Diese Interaktion schwächt die T-Zell-Aktivierung. Der CTLA4-Antikörper (Ipilimimab) verhindert die negative Regulation. Eine Hemmung der T-Zell-Aktivität erfolgt ebenfalls durch Aktivierung des PD1-Rezeptors von T-Zellen durch PD1-Liganden (PD1-L), die auf zahlreichen Zellen und vor allem auf Tumorzellen exprimiert werden. Durch PD-1Antikörper (Nivolumab, Pembrolizumab) wird die negative Regulation verhindert. ABB. 34.55

Ipilimumab ®

blockiert das inhibitorische Signal von CTLA-4,

Anti-CTLA-4-Antikörper. Der Antikörper T-Zell-Aktivierung

Indikation und Dosierung

Melanoms. Dosierung: Unerwünschte Wirkungen erhöhten Immunaktivität. Gastrointestinale Perforationen immunvermittelte

Kolitis Leberversagen immuntoxische Neuropathie

Hautveränderungen

Endokrinopathie .

Glucocorticoidgabe

Nivolumab und Pembrolizumab ®

Nivolumab

Pembrolizumab

®

blockieren den PD-1-Rezeptor

Nivolumab Pembrolizumab

Pharmakokinetik Plasmahalbwertszeiten Indikationen und Dosierung Nivolumab

fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom

Pembrolizumab nichtkleinzellige

Lungenkarzinom

Unerwünschte Wirkungen

fortgeschrittene maligne

Melanom

PD-L1-Antikörper Atezolizumab Antikörper

gegen

PD1-Liganden

Atezolizumab,

34.15.10. Bispezifische Antikörper Catumaxomab zwei Hälften von unterschiedlichen Antiköpern EPCAM CD3 Fc-Teil

γ

Bispezifischer Antikörper Catumaxomab. Catumaxomab ist ein chimärer Ratte/Maus-Antikörper. Eine Hälfte ist gegen die CD3-Untereineinheit des T-Zell-RezeptorKomplexes gerichtet. Die andere Hälfte gegen das Oberflächenprotein EPCAM von Tumorzellen. Mit dem Fc-Teil des Antikörpers bindet es über Fcγ-Rezeptoren an dendritische Zellen, Makrophagen und natürliche Killerzellen. Der Antikörper wirkt also trifunktional. ABB. 34.56

Wirkungsmechanismus EPCAM Adhäsion

CD3

ist

Pharmakokinetik

transmembranäres Glykoprotein,

Bestandteil

des α ζ

T-Zell-Rezeptor-Komplexes, β

2 +

Zell-Zell-

γ

Indikationen und Dosierung ®

bei Karzinomen indiziert, die zu Aszites

Dosierung:

Unerwünschte Wirkungen Zytokinfreisetzung Prämedikation

Blinatumomab „BITE“ mit CD3-Antigen von T-Zellen und gleichzeitig mit CD19-Antigen von normalen und malignen B-Zellen interagiert

Bispezifisches Antikörperkonstrukt Blinatumomab Blinatumomab ist ein Antikörperkonstrukt (genannt „BITE“), das aus den antigenerkennenden Fragmenten der leichten und schweren Ketten zweier Antikörper besteht (linke Teilabbildung). Ein Fragment stammt von einem Antikörper, der CD3-Antigen auf T-Zellen erkennt. Das andere Fragment stammt von einem Antikörper, der das CD19-Antigen auf B-Zellen erkennt. Die Fragmente sind jeweils durch Peptidbrücken verknüpft. Blinatumomab bindet zugleich an B-Zellen und T-Zellen und bildet eine zytolytische „Synapse“ (rechte Teilabbildung). ABB. 34.57

Pharmakokinetik

Indikation und Dosierung ®

Unerwünschte Wirkungen

34.15.11. GD2-Antikörper Dinutuximab Dinutuximab

®

Gangliosid

GD2

akuten lymphatischen Dauerinfusion über 4 Wochen.

Leukämie

Wirkmechanismus

antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität

komplementabhängige Zytotoxizität

Indikation und Pharmakokinetik „Hochrisiko“-Neuroblastoms in Kombination mit IL-2 G M - C S F Isotretinoin

Nebenwirkungen Zahlreiche

schwerwiegende

Nebenwirkungen

treten

auf.

34.16. Endokrine Tumortherapie

34.16.1. Glucocorticoide Prednison

34.16.2. Sexualhormone

metastasierenden

Prostatakarzinom

Estrogene „Feedback“-Hemmung

Estramustin ®

Gestagene ®

Megestrol

®

Medroxyprogesteron

34.16.3. Gonadorelin(GnRH-)Agonisten und Antagonisten GnRH-Agonisten Dekapeptid

®

Buserelin ®

®

Histrelin

®

Goserelin ®

Triptorelin

Leuprorelin ®

ABB. 34.58

Peptidsequenzen verschiedener GnRH-Agonisten .

Wirkungsmechanismus

Rezeptordesensibilisierung

Indikationen und Dosierung

Mammakarzinom

Prostatakarzinom

hormonunabhängig

® ®

Unerwünschte Wirkungen Zu

Beginn

Testosteronspiegel

ansteigen

Gonadorelin(GnRH-)-Antagonisten Degarelix

®

®

Abarelix

Unerwünschte Wirkungen

34.16.4. Androgenrezeptor-Antagonisten Flutamid, Bicalutamid und Enzalutamid ®

®

Bicalutamid

®

Prostatakarzinoms Enzalutamid

ABB. 34.59

®

Chemische Struktur von Antiandrogenen, Antiestrogenen, Aromatasehemmstoffen und Abirateron.

Wirkungsmechanismus

Flutamid Bicalutamid

Enzalutamid

Pharmakokinetik

Flutamid

Pro-Drug.

Bicalutamid

Enzalutamid

Wechselwirkungspotential

Unerwünschte Wirkungen Gynäkomastie

Androgen-Biosynthese-Hemmstoff Abirateron

Abirateron Wirkmechanismus Abirateron hemmt das Cytochrom-P 450 -Enzym CYP17. α

Wirkorte von Abirateron. Abirateron ist ein CYP17-Inhibitor . CYP17 besitzt sowohl 17α-Hydroxlase-Aktivität als auch C17–20 Lyase-Aktivität und ist für die Synthese von Androgenen essenziell. Die Reaktionskaskade erklärt auch, warum die Mineralocorticoidproduktion zunimmt. ABB. 34.60

Pharmakokinetik Pro-Drug

®

Abspaltung von Acetat und Bildung der aktiven Form.

Plasmaproteinbindung Plasmahalbwertszeit

Indikation und Dosierung metastasierten kastrationsrefraktären Prostatakarzinoms Dosierung: Unerwünschte Wirkungen

34.16.5. Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren Tamoxifen und Toremifen s r

M

E

Tamoxifen

®

Toremifen

Raloxifen

Osteoporose-Behandlung Wirkungsmechanismus

oder kompetitiver Estrogenrezeptoren, Estrogenrezeptoren

α

β verschiedenen

Geweben

in

unterschiedlichen

partieller Antagonist

an Zwei

Verhältnissen

α β

Pharmakokinetik

Endoxifen Ta m o x ifen

Pro-Drug

Halbwertszeit N-

Metabolismus von Tamoxifen. Tamoxifen wird von CYP3A4/5 und CYP2D6 zu Endoxifen metabolisiert. Endoxifen hat eine höhere Affinität zu Estrogenrezeptoren als Tamoxifen. Die weitere Metabolisierung schließt eine Sulfatierung ein. ABB. 34.61

Indikationen und Dosierung ®

®

Mammakarzinom ®

Dosierung:

Lancet 2005; 365: 1687

Unerwünschte Wirkungen Häufige

Interaktionen Endoxifen

wirksamste Metabolit CYP2D6-Inhibitoren

Estrogenrezeptor-Antagonist Fulvestrant ®

S Wirkungsmechanismus

α

Pharmakokinetik

reiner E

Estrogenrezeptor-Antagonist, R

D

Indikationen rezeptorpositivem metastasiertem Mammakarzinom

Nebenwirkungen

34.16.6. Aromatasehemmstoffe Aromatisierung von Ring A Aromatase, ein Cytochrom-P 4 5 0 -Enzym

nach der Menopause extraovariell

Aminoglutethimid,

Steroiden nichtsteroidalen Aromataseinhibitoren,

Exemestan ®

Suizidinhibitor

Pharmakokinetik

Halbwertszeit

Indikation und Dosierung

postmenopausalen

Dosierung:

Nebenwirkungen

Mammakarzinoms

Hitzewallungen, Gelenk-

Muskelschmerzen, Osteoporose

Letrozol und Anastrozol ®

ABB. 34.62

Letrozol .

Pharmakokinetik Letrozol Abspaltung

des

ABB. 34.63

Anastrozol

Triazol-Rings

Abspaltung des Triazol-Rings von Letrozol und anschließende Glucuronidierung .

®

Tr i a z o l Hauptmetabolit.

Halbwertszeit

Indikation und Dosierung

Dosierung: Unerwünschte Wirkungen

kardiovaskuläre weniger häufig auf als bei Tamoxifen.

Nebenwirkungen

34.17. Zytokine und hämatopoetische Wachtumsfaktoren immunmodulierende

antiproliferative

34.17.1. Zytokine Interleukin-2 ®

Interleukin-2

Indikation Nierenzellkarzinom. Unerwünschte Wirkungen

(„capillary leak syndrome“)

Interferon-α β α α Haarzellleukämie, Leukämie, Kaposi-Sarkoms.

α chronisch myeloischen malignen Melanoms aktiven Hepatitiden B

und C Wirkungsmechanismus α antiproliferative

antivirale, Wirkung

immunmodulatorische antiproliferative JAK-STAT-System α

Wirkungen.

Präparate α α

®

Pegylierte Interferon-α-Präparate

Unerwünschte Wirkungen grippeartige Symptome

Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α)

®

α

α

Entzündungsmediator.

®

α

34.17.2. Hämatopoetische Wachstumsfaktoren

G-CSF, GM-CSF

® ® ® ®

E.

coli

Pharmakokinetik

Indikationen

chemotherapiebedingten Neutropenie.

Unerwünschte Wirkungen

Erythropoietin Behandlung

Vorbeugung induzierten Anämie.

Zytostatika

Pharmakokinetik und Dosierung

®

Darbepoetin alfa,

®

®

®

Nebenwirkungen

Mortalität bei Tumoren durch Erythropoietin-Therapie auch zunehmen kann.

Thrombopoetische Faktoren ®

Romiplostim

Eltrombopag ®

Immunthrombozytopenie Interleukin-11

Plerixafor

ABB. 34.64

Formel von Plerixafor, einem Antagonisten am CXCR4- Chemokinrezeptor.

Wirkungsmechanismus Antagonist an dem CXCR4-Chemokinrezeptor physiologischen Liganden SDF-1α α

α

Indikation ®

Mobilisierung von hamatopoetischen Stammzellen

Unerwünschte Wirkungen Lokale Reaktionen Thrombopenie

Leukozytose

Palifermin ®

Keratinozyten-Wachstumsfaktor Wachstumsfaktor

für

Epithelzellen,

beschleunigt die Wundheilung. Indikation Mukositisprophylaxe 2016 wurde die europäische Zulassung zurückgenommen. Unerwünschte Wirkungen Veränderungen der Haut und der Schleimhäute

34.17.3. Zelluläre Immuntherapie Sipuleucel-T aktive

zelluläre

Immuntherapie

Wirkungsmechanismus

Fusionsprotein GM-CSF sauren Dendritische Zellen

Unerwünschte Wirkungen Infusionsreaktionen

Prostata-Phosphatase

34.18. Therapeutische Anwendung von Zytostatika

2

34.18.1. Mammakarzinom Adjuvante Therapie

Risikogruppe

Tab. 34.16 Therapie des Mammakarzinoms (Konsensuskonferenz St. Gallen 2015) Risikogruppe

Hormonsensibel

Fraglich hormonsensibel

Nicht hormonsensibel

Abkürzungen: ET = endokrine Therapie; CT = Chemotherapie

Tab. 34.17 Risikogruppen beim Mammakarzinom (Konsensuskonferenz St. Gallen 2015) Niedriges Risiko

Mittleres Risiko

Hohes Risiko und

oder

oder

Abkürzungen: pN0 = postoperativ keine peripheren Lymphknotenmetastasen; pN+ (N1–3) = postoperativ Lymphknotenmetastasen, und zwar 1–3 Metastasen; pN+ (≥ N4) = postoperativ Lymphknotenmetastasen, und zwar 4 oder mehr Metastasen; G1 = gut differenziertes Karzinom; G2/3 = mäßig bis schlecht differenziertes Karzinom; ER/PR = Estrogen-/Progesteronrezeptoren; HER2/neu = Wachstumsfaktorrezeptor vom HER2/neu-Typ

Tab. 34.18 Schemata zur adjuvanten Tumorchemotherapie des Mammakarzinoms Dosierung (mg/m 2 ) Applikationsart

Substanz

Zeitpunkt der Applikation

• Bei einer starken Expression des Wachtumsfaktorrezeptors HER2/neu ist die Behandlung mit Trastuzumab (Herceptin ® ) heute obligatorisch. • Bei positivem Hormonrezeptorstatus ist in der Prämenopause die endokrine Therapie mit Tamoxifen angezeigt, diese kann durch den Einsatz von GnRH-Analoga (Buserelin , Goserelin , Leuprorelinacetat) ergänzt werden. • In der Postmenopause ist bei Hormonsensibilität der Einsatz von Aromatasehemmern (Letrozol , Anastrozol oder Exemestan) angezeigt. Die derzeitige Empfehlung ist eine Wechsel- („Switch“-) Therapie. Nach 2 Jahren Tamoxifen folgt für 3 Jahre der Einsatz eines Aromatasehemmers. Der Einsatz von Hormonen jenseits der 5 Jahre wird derzeit in klinischen Studien untersucht. • Die adjuvante Chemotherapie wird heute im Wesentlichen mit folgenden Schemata bestritten: 5-Fluorouracil , Epirubicin , Cyclophosphamid (FEC), wobei Epirubicin auch durch Doxorubicin ersetzt werden kann (FAC), oder Docetaxel , Doxorubicin , Cyclophosphamid (TAC) über insgesamt 6 Zyklen. Ein weiteres Schema ist Doxorubicin (oder Epirubicin) und Cyclophosphamid, danach Paclitaxel (AC/T bzw. EC/T), über 4 + 4 Zyklen oder 4 Zyklen AC oder EC, gefolgt von 12 Gaben Paclitaxel in wöchentlichen Abständen. 30-prozentige relative Risikominderung

Palliative Therapie Lebensverlängerung, Symptombesserung

Erhalt der Lebensqualität. Antiöstrogenen, Aromatasehemmern Gestagenen

Monotherapie Polychemotherapie

Trastuzumab Lapatinib,

366

34.18.2. Bronchialkarzinom Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom

Tab. 34.19 Schemata zur Chemotherapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Kleinzelliges Bronchialkarzinom

Tab. 34.20 Schemata zur Chemotherapie des kleinzelligen Bronchialkarzinoms Substanz

Dosierung (mg/m 2 ) Applikationsart

34.18.3. Hodenkarzinom Seminome

PEB-Schema

Zeitpunkt der Applikation

Nichtseminomatöse Hodentumoren

PEB-Schema

PEI-Schema

Tab. 34.21 Schemata zur Chemotherapie von Hodentumoren Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

34.18.4. Kolorektale Tumoren Adjuvante Therapien Rektumkarzinoms

Tab. 34.22 Schema zur kombinierten adjuvanten Strahlen-Chemotherapie von Rektumkarzinomen Substanz

Dosierung

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

2

2

Tab. 34.23 Schema zur präoperativen, neoadjuvanten Radiochemotherapie von Rektumkarzinomen Substanz

Dosierung

Applikationsart 2

Kolonkarzinoms

Zeitpunkt der Applikation

Tab. 34.24 Schemata zur adjuvanten Chemotherapie von Kolonkarzinomen Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Tab. 34.25 Schemata zur palliativen Chemotherapie von Kolonkarzinomen

Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Palliative Therapien

5-FU Folinsäure Oxaliplatin

FOLFOX Fluorouracil

Mayo-Schema Irinotecan

FOLFIRI

Folinsäure

®

Bevacizumab FOLFOX Cetuximab

®

Panitumumab

®

34.18.5. Ovarialkarzinom

Cisplatin/Cyclophosphamid Cisplatin/Paclitaxel

P P

P C

Tab. 34.26 Schemata zur Chemotherapie von Ovarialtumoren Dosierung (mg/m 2 )

Substanz

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Topotecan Doxorubicin

®

®

liposomal

34.18.6. Magenkarzinom ECF Docetaxel Cetuximab,

Tab. 34.27 ECF-Schema zur palliativen Chemotherapie bei Magenkarzinom

Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

34.18.7. Maligne Lymphome Multiples Myelom

Melphalan

Prednison

MP

neue Wirkstoffe

Morbus Hodgkin

Tab. 34.28 COPP- und ABVD-Schema des Morbus Hodgkin Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Hoch maligne Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)

Tab. 34.29 R-CHOP-Schema zur Behandlung hoch maligner Non-Hodgkin-Lymphome Substanz

Dosierung (mg/m 2 )

Niedrig maligne Non-Hodgkin-Lymphome

Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

Tab. 34.30 Schemata zur palliativen Chemotherapie bei niedrig malignen Non-Hodgkin- Lymphomen Substanz

Dosierung (mg/m 2 ) Applikationsart

Zeitpunkt der Applikation

34.18.8. Chronische Leukämien Chronische lymphatische Leukämie (B-CLL) Chlorambucil

Fludarabin

Bendamustin

Rituximab,

Ibrutinib

Idelalisib Obinutuzumab Ve n e t o c l a x

Ofatumumab

Haarzellleukämie

Cladribin Pentostatin

Interferon-α. +

+

Imatinib

®

Chronische myeloische Leukämie (CML)

Dasatinib, Nilotinib

Bosutinib

Ponatinib

allogene Stammzelltransplantation,

34.18.9. Akute Leukämien

Induktionstherapie Konsolidierungs-

oder

Intensivierungstherapie

Akute lymphatische Leukämie (ALL)

Reinduktion,

Konsolidierung,

Stammzelltransplantation

Erhaltung

Akute myeloische Leukämie (AML)

Induktionstherapie

Konsolidierungstherapie

34.18.10. Stammzelltransplantation Allogene Stammzelltransplantation

Konditionierung Transplantation

(GVM-Effekt).

Autologe Stammzelltransplantation körpereigene

Stammzellen

Induktion, ZNS-Prophylaxe.

nach

Standard-Chemotherapie

hämatopoetischer Wachstumsfaktoren Hochdosis-Chemotherapie anschließende Rücktransfusion

ABB. 34.65

Autologe Stammzelltransplantation bei Hochdosis-Chemotherapie.

34.18.11. Supportive Therapien

erfordern supportive Therapiemaßnahmen.

Effektive Therapien, die nebenwirkungsreich sind, Lebensqualität

Tab. 34.31 Beispiele für supportive Therapien Antiemetische Therapie antizipatorisches Erbrechen

3

Anämie Neutropenie Thrombopenie Schmerzstufentherapie Obstipationsprophylaxe bei Opioidgabe antiemetische Therapie bei Opioidgabe Ko-Analgetika Knochenmetastasen und Schmerzen neuropathischer Schmerz Nervenkompression Knochenmetastasen Fieber- und Infektionstherapie

Harnsäurenephropathie/TumorlyseSyndrom z. B. bei akuten Leukämien und malignen Lymphomen Chemotherapie-induzierte Diarrhö akutes cholinerges Syndrom, z. B. bei Irinotecan hämorrhagische Zystitis z. B. bei Cyclophosphamid kumulative Nephrotoxizität bei Cisplatin Thromboseprophylaxe

• Im Rahmen supportiver Maßnahmen kommt der Prophylaxe bzw. Behandlung von Übelkeit und Erbrechen eine hohe Bedeutung zu. Nachdem durch die Entwicklung der 5-HT 3 -Rezeptor-Antagonisten (z. B. Ondansetron) Anfang der 1990er-Jahre ein Durchbruch in der antiemetischen Therapie gelang, wurde die Therapie durch die Einführung der Neurokinin-1-RezeptorAntagonisten (Aprepitant) weiter verbessert. Durch die Kombination von 5-HT 3 - und Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten in Verbindung mit Dexamethason lassen sich Übelkeit und Erbrechen bei bis zu 90 % der Patienten verhindern. • Die Anämie ist eine häufige Nebenwirkung in der Onkologie. Sie ist nicht nur therapieassoziiert. Ursächliche Faktoren sind mangelnde Erythropoietinproduktion, inadäquate Eisenverwertung, verkürzte Erythrozytenüberlebenszeit, Blutverlust, Hämolyse sowie Knochenmarkinfiltration. Die Therapie besteht neben der möglichen Beseitigung ursächlicher Noxen in der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten oder in der subkutanen Applikation von Erythropoietin. Erythropoietin fördert die Zellproliferation. Eine Begünstigung der Tumorproliferation durch Erythropoietin wurde allerdings in mehreren Studien berichtet. Patienten sollten über diese Datenlage informiert werden. • Die Neutropenie ist meist therapieassoziiert und erfordert in den ausgeprägten Fällen, insbesondere nach aggressiver Chemo/Strahlentherapie, eine Behandlung mit den hämatopoetischen Wachstumsfaktoren G-CSF und/oder GM-CSF. Grad-III- und IV-Neutropenien (1000–500/µl bzw. < 500/µl) sind mit einer hohen Mortalität assoziiert, insbesondere bei Auftreten von Fieber bzw. Infektionen. Die febrile Neutropenie ist eine zwingende Indikation zur Antibiotikatherapie. Diese erfolgt zunächst empirisch, ein mikrobiologischer Infektionsnachweis darf nicht abgewartet werden. • Die therapieassoziierte Thrombopenie ist aufgrund der einhergehenden Blutungsneigung eine potentiell lebensbedrohliche Nebenwirkung. Therapeutisch steht die Gabe von Thrombozytenkonzentraten zur Verfügung. Indikation zur Transfusion sind das Vorliegen von Blutungszeichen, Thrombozyten < 10000/µl oder < 20000/µl bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren. Substanzen wie Romiplostim und Eltrombopag werden derzeit für die Indikation einer Chemotherapie-induzierten Thrombopenie geprüft. • Schmerzen stehen bei Tumorpatienten oft im Vordergrund. Daher ist neben der Beseitigung ursächlicher Faktoren, z. B. durch Strahlentherapie von Knochenmetastasen, die systemische Schmerztherapie vordringlich. Die Schmerzanamnese ist grundlegend für die nachfolgende Therapie. Begleiterscheinungen der Schmerztherapie wie Übelkeit und Erbrechen sowie Obstipation (z. B. bei Opioiden) müssen bedacht und mitbehandelt werden. Bei 90 % der Patienten lassen sich Tumorschmerzen durch eine orale Therapie ausreichend reduzieren. Die Schmerztherapie orientiert sich an dem Stufenplan der WHO ( ). Nach diesem Schema beginnt die Therapie auf Stufe I mit peripher wirkenden, nichtopioidhaltigen Analgetika (z. B. Diclofenac , Ibuprofen oder Paracetamol). Eine frühzeitige Kombination mit Antidepressiva ist möglich. Die Ausweitung auf Stufe II mit schwach wirksamen Opioidanalgetika (z. B. Dihydrocodein , Tilidin/Naloxon, Tramadol) sollte frühzeitig vorgenommen werden. Eine Kombination von opioidhaltigen und nichtopioidhaltigen Analgetika ist möglich. In Stufe III der Schmerztherapie werden stark wirksame Opioide, z. B. Morphin , Oxycodon , Hydromorphon , Fentanyl , Buprenorphin und L- Methadon eingesetzt.

Als Ko-Analgetika werden Bisphosphonate ( ) erfolgreich bei Schmerzen durch Knochenmetastasen , Dexamethason bei Nervenkompression und Amitriptylin bzw. Carbamazepin sowie Antikonvulsiva (Pregabalin) bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt. Zur Prophylaxe von Komplikationen durch Knochenmetastasen (z. B. pathologische Frakturen) werden ebenfalls Bisphosphonate und Denosumab, ein monoklonaler humaner Antikörper gegen den Osteoklasten-aktivierenden Liganden RANKL ( ), eingesetzt. • Weitere Beispiele für eine supportive Therapie sind die Behandlung von Fieber und Infektionen (bei Neutropenie!) mit Antibiotika, die Therapie erhöhter Harnsäureproduktion bei Tumorlyse durch Allopurinol ( ) oder durch Gabe eines Enzyms (Rasburicase; ), das die Harnsäure abbaut, die Behandlung von Diarrhö durch Loperamid ( ), die Thromboseprophylaxe (Heparin), die Anwendung von Mesna zur Verhinderung einer hämorrhagischen Zystitis (bei Cyclophosphamid und seinen Analoga), der Einsatz von Amifostin zur Verhinderung einer kumulativen Nephrotoxizität bei Platinverbindungen sowie der Einsatz von Bisphosphonaten bei tumorinduzierter Hypercalcämie .

Weiterführende Literatur Berger D.P, Engelhardt R, Mertelsmann R, eds. Das rote Buch – Hämatologie und Internistische Onkologie . Ecomed Medizin: Verlagsgruppe Hüthig, Jehle, Rehm, Landsberg/Lech; 2014. Bruton L.L, Chabner B.A, Knollmann B.C, eds. Goodman & Gilman’s, The Pharmacological Basis of Therapeutics . London: McGraw-Hill; 2011. Creelan B.C. Update on immune checkpoint inhibitors in lung cancer. Cancer Control . 2014;21:80–89. De Vita V.T, Mellman S, Rosenberg S.A, eds. Cancer Principles & Practice of Oncology . 7th ed. Lippincott-Raven; 2005. Fan G, Wang Z, Hao M, Li J. Bispecific antibodies and their applications. J. Hematol. Oncol . 2015;8:130. Fulda S, Debatin K.-M. Extrensic versus intrinsic apoptosis pathways in anticancer chemotherapy. Oncogene . 2006;25:4798–4811. Gambacorti-Passerini C, Aroldi A, Cordani N, Piazza R. Chronic myeloid leukemia: Second-line drugs of choice. A. J. Hematol . 2015;91:67–75. Gotink K.J, Verheul H.M.W. Anti-angiogenic tyrosine kinase inhibitors: what is their mechanism of action? Angiogenesis . 2010;13:1–14. Hanahan D, Weinberg R.A. Hallmarks of cancer: the next generation. Cell . 2011;144:646–674. Hoos A. Development of immune-oncology drugs – from CTLA4 to PD1 to the next generations. Nat. Rev. Drug Discov . 2016;15:235–247. Khalil D.N, Smith E.L, Brentjens R.J, Wolchok J.D. The future of cancer treatment: immunomodulation, CARs and combination immunotherapy. Nat. Rev. Clin. Oncol . 2016;13:273–290. Kortuem K.M, Stewart A.K. Carfilzomib. Blood . 2013;121:893–897. Lindner S, Krönke J. The molecular mechanism of thalidomide analogs in hematologic malignancies. J. Mol. Med . 2016 doi: . Niederhuber J.E, Armitage J.O, Doroshow J.H, Kastan M.B, Tepper J.E. Abeloffs’s clinical oncology . 5th ed. Philadelphia: Elsevier/Saunders; 2014. Singh V, Gupta D, Almasan A. Development of novel anti-CD20 monoclonal antibodies and modulation in CD20 levels on cell surface: Looking to improve immunotherapy response. J. Cancer Science & Therapy . 2015;7:347–358. Souhami R.L, Tannock I, Hohenberger P, Horiot J.-C, eds. Oxford Textbook of Oncology . Vol. 1 + 2. Oxford: Oxford University Press; 2002. Wollmer E, Neubauer A. Nebenwirkungen der medikamentösen Tumortherapie. Der Internist . 2011;12:1429–1446. Zeller W.J, zur Hausen H, eds. Onkologie, Grundlagen, Diagnostik, Therapie, Entwicklungen . ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg/Lech; 2005.

Internet-Links . . . . . .

KAPITEL 35

Wichtige Gifte und Vergiftungen Was ist das nit gifft ist / alle ding sind gifft und nichts ohn gifft / Allein die dosis macht das ein ding kein gift ist. Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus if you poison us doe we not die? William Shakespeare: The Merchant of Venice

35.1. Einführung in die Toxikologie schädigenden Wirkung von Fremdstoffen synthetische Substanzen

Naturstoffe

Grenzwerte Spezialisierung Umwelttoxikologie;

einzelner

Gebiete Arzneimittel-, forensische, Lebensmittel-, Gewerbe-

klinische Toxikologie

Tab. 35.1 Aufgabengebiete der Toxikologie Teilgebiet

Aufgaben

35.1.1. Giftexposition und toxische Wirkungen Exposition

Wirkdauer

Wirkort

Akute Chronische

Ort der Wirkung Lokal

Tab. 35.2 Beispiele toxischer Effekte von chemischen Stoffen, eingeteilt nach Zeit und Wirkort Exposition

Ort

Effekt

Chemischer Stoff

Akut Chronisch

systemisch

organspezifischen Toxizität.

Tab. 35.3 Organspezifische Toxizität durch chemische Stoffe mit systemischer Verteilung im Organismus Chemischer Stoff

Spezies

Zielorgan

reversiblen Wirkungen irreversible

Wirkungen

Tab. 35.4 Irreversible und reversible Reaktionen als Mechanismen toxischer Wirkungen Mechanismus

Toxische Wirkung

Nachweis Symptomatik

Beispiel

bei fehlender Belastung Toxizität, LD 50 (letale Dosis

50

Tab. 35.5 Akute Toxizität im Nager (angegeben als LD 50 -Wert in mg/kg Körpergewicht) Fremdsubstanz

Aufnahmeweg

Toxizität (mg/kg)

Akute Vergiftungen akzidentiellen Exposition

mit

Zubereitungen

chemischer

Stoffe

(Klein-)Kindern beruflicher

Exposition.

Schweregrad akuter Vergiftungen

• Grad 1 entspricht einer leichten Vergiftung mit milden, vorübergehenden und selbstlimitierenden Symptomen. • Grad 2 ist eine mittelschwere Vergiftung, bei der die Symptome ausgeprägt oder lang anhaltend sind. Hier sind in der Regel ärztliche Therapiemaßnahmen erforderlich. • Grad 3 ist eine schwere Vergiftung mit lebensbedrohlichen Symptomen, die stets Therapiemaßnahmen erfordern. • Grad 4 ist tödlich verlaufend, wobei der Tod im ursächlichen Zusammenhang mit der Vergiftung steht. Meldepflicht für akute Vergiftungen

tödlichen Arzneimittelereignisse mehreren 10 000 Medikamententoten

Diagnose und therapeutische Therapieprinzipien Exposition bekannt

Ausschlussdiagnose.

Koma unklarer Genese laborchemische

Untersuchungen

Identifizierung

Quantifizierung der Fremdsubstanz

Giftinformationszentren ,

Primäre Behandlung der Vergiftung

• Sicherung der Vitalfunktionen • Giftentfernung • Antidottherapie • Transport Bewusstseinseinschränkung,

Vitalfunktionen

1. Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems 2. Aufrechterhaltung der Atmung und 3. Verhinderung der Aspiration. Atemwege

freizuhalten,

Lagerung Intubation. engmaschig zu überwachen,

nach Sicherung und Überwachung der Vitalfunktionen

Giftentfernung

primären

Verfahren,

sekundären Verfahren, beschleunigten Ausscheidung der Giftstoffe

Primäre Verfahren Minderung der Giftresorption

ABB. 35.1

Eliminationsverfahren .

• Gabe von Aktivkohle • Induziertes Erbrechen • Magenspülung Aktivkohle hohe Adsorptionsleistung Oberfläche.

große

2

• Lithium • Eisen • (Toxische) Schwermetalle • Säuren • Laugen • Organische Lösungsmittel (z. B. Petroleum) • Ethylenglykol • Methanol Dosis

0,5–1 g pro kg Körpergewicht

Laxans, Einmalgabe Gabe

eines

Laxans

nicht

notwendig.

ätzenden Flüssigkeiten, kleine Menge von Flüssigkeit (Wasser) zu trinken,

Kohle sollte in diesen Fällen auf keinen Fall gegeben werden,

Magenentleerung

Induziertes Erbrechen

Ipecacuanha-(

einzige empfohlene Sirup , der

Maßnahme

Emetin

Cephalin

5- bis 20-minütigen Verzögerung des Wirkeintritts. zusätzlich Flüssigkeit Nebenwirkungen

Apomorphin Blutdruckabfall, Kochsalzlösung fehlendem Erbrechen die Resorption von 40 g NaCl (tödliche Dosis beim Kind) zu einer lebensbedrohlichen Hypernatriämie führen kann. Kontraindikationen

• Ingestion von ätzenden Substanzen: durch das Erbrechen wirken diese ätzenden Substanzen ein zweites Mal auf den Ösophagus ein. • Erbrechen von verschluckten, schäumenden Substanzen, Lösungsmitteln oder aliphatischen Kohlenwasserstoffen führt häufig zur Aspiration mit anschließender Entwicklung einer schwerwiegenden Aspirationspneumonitis. Bei schaumbildenden Substanzen wird deshalb in der Regel ein Entschäumer wie Dimeticon ( Polydimethylsiloxan) gegeben. Lösungsmittel oder aliphatische Kohlenwasserstoffe werden über eine Magensonde entfernt. • Eingetrübtes Bewusstsein oder drohender Bewusstseinsverlust erhöhen deutlich die Gefahr der Aspiration und damit das Pneumonitisrisiko .

Indikationen

• ein bewusstseinsklarer Vergifteter, der • eine potentiell toxische Menge eines Giftes aufgenommen hat. • Die Ingestion darf maximal 60 Minuten zurückliegen. Induziertes Erbrechen ist immer unter ärztlicher Aufsicht durchzuführen und niemals von Laien. Magenspülung

Volumina

von

10–20

nur 30 %

Risiken

• Soweit mit nicht geblocktem Tubus gearbeitet wird, kann es zu einer Aspirationspneumonitis kommen. • Bei Verwendung von Wasser statt physiologischer Kochsalzlösung kann sich – insbesondere bei Kindern – eine Wasserintoxikation entwickeln, die zu einer Hyponatriämie führt. • Es kann zu Herzrhythmusstörungen und zur Magenperforation kommen. • Durch die Vorgehensweise – Lavage mit vielen kleinen Portionen – kann der Giftstoff verstärkt gelöst und dadurch die Resorption beschleunigt werden. • Darüber hinaus kann durch die Lavage auch der Weitertransport in den Zwölffingerdarm beschleunigt werden.

intubierten

Vergifteten

innerhalb

1

Stunde

nach

Giftingestion

linker Seitenlage mit einer Spritze aspiriert

physiologische Kochsalzlösung Die Lavage in kleinen Portionen wird so lange fortgesetzt, bis die Spülflüssigkeit klar ist.

Aktivkohle

Dekontamination von Haut und Augen verzögerten Resorption durch die Haut Selbstgefährdung der Retter

L

Wasser Polyethylenglykol 400

Kopfbereich Auges Lidkrampf

Lokalanästhetikum

Chirurgische Dekontamination Bodypackern

Sekundäre Eliminationsverfahren

Steigerung körpereigener Ausscheidungsverfahren extrakorporalen Verfahren,

Tab. 35.6 Sekundäre Eliminationsverfahren Wirkprinzip

Organ

Verfahren

Repetitive Kohlegabe enterohepatischen

Kreislauf.

Gabe

von

Aktivkohle

50 g Aktivkohle pro Erwachsenem alle 4–6 Stunden Laxans

Renale Elimination Alkalisierung des Urins

Bicarbonat. symptomatischen Vergiftungen mit Salicylaten oder Barbituraten. forcierte Diurese Flüssigkeitsmengen Überwässerung des Patienten, Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts Extrakorporale Verfahren Hämodialyse Dialyse des antikoagulierten Blutes an einer semipermeablen Membran.

• Die Giftsubstanz ist identifiziert, wasserlöslich und hat nur eine geringe Plasmaproteinbindung. • Darüber hinaus sollte die Giftsubstanz überwiegend im Körperwasser verteilt sein und somit ein Verteilungsvolumen von bis zu 1–2 L pro kg Körpergewicht besitzen. Vo r t e i l Metaboliten entfernt werden Elektrolyt- und Säure-Basen-Störung korrigiert

Risiken Wichtige hämodialysierbare Substanzen

• Barbiturate • Ethylenglykol • Lithium

bestehende

• Methanol • Metformin • Salicylate, Carbamazepin , Valproat Paracetamol Acetylcystein,

Z u r Ve r t i e f u n g

tiefen Kompartimenten erfolgt

Verteilungsvolumen > 5 L/kg.

Rückdiffusion

langsam.

Damit kommen diese Verfahren zur sekundären Giftelimination bei Vergiftungen mit trizyklischen Antidepressiva, Antipsychotika und Benzodiazepinen nicht infrage.

Erst wenn eine rein symptomatische Therapie nicht ausreicht, kann eine sekundäre Elimination

Sinn

machen.

supratherapeutischen Plasmakonzentrationen

Metabolisierung

therapeutischer Dosierung, überwiegend durch Kopplung an Sulfat

Glucuronsäure

450

toxischen Dosen, vermehrt

Paracetamol

über

Cytochrom

P4

5 0 verstoffwechselt

reaktive Metaboliten,

unter toxischen Dosen die Halbwertszeit auf über 12 Stunden

Frühsymptome symptomfreien Intervall Stunden

24–48

hepatotoxischen Wirkungen der Paracetamolmetaboliten

nach 3–5 Tagen zum akuten Leberversagen Diagnose

Paracetamol-Serum-Konzentration.

Antidotbehandlung 15 g Acetylcystein optimale therapeutische Fenster anaphylaktoiden Reaktion

Nomogramm nach Rumack und Matthew zur Abschätzung der Lebertoxizität anhand der Serum-Paracetamol-Konzentration und der Zeit, die nach der mutmaßlichen Aufnahme verstrichen ist (mit freundlicher Genehmigung des GIZ-Nord, Göttingen). ABB. 35.2

MARS,

Antidote

Tab. 35.7 Antidotwirkungen Vergiftung durch

Antidot Flumazenil

Naloxon

Natriumhydrogencarbonat

Diazepam

nicht

Glucagon Acetylcystein

Fomepizol

Ethanol Dimercaptopropansulfonat

Deferoxamin

Hydroxocobalamin

12a 12

Dimethylaminophenol

Natriumthiosulfat

Digitalis-Antitoxin-Immunglobulin-Fragmenten Atropin Obidoxim

Glucocorticoide

Akute Vergiftungen mit Gasen

1. Gase mit sofortiger Wirkung, die zur Reizwirkung an den Schleimhäuten der Augen, der Nase und des Mundes führen, 2. Gase mit verzögerter Wirkung, die zu einem Lungenödem führen können, und 3. Gase, die die Lunge nur als Eintrittspforte nutzen und auf den Gesamtorganismus einwirken (Blausäure und Kohlenmonoxid). ad

ad

1)

2)

Entwicklung eines toxischen Lungenödems Glucocorticoid

ad

3)

2

+

3 +

und

Dimethylaminophenol

Hydroxocobalamin

12a 1 2

Sauerstoff

Chronische Vergiftungen

Tab. 35.8 Akute versus chronische Toxizität Akute Toxizität

Chronische Toxizität

Ethanol Arsenik Zytostatika

Kumulationsgiften

langsam zunehmende Speicherung

Summationsgiften genotoxisch wirkenden Substanzen, Ausmaß der schädigenden Wirkung

35.1.2. Prüfung auf toxische Wirkungen

Gesamtdosis

nicht von der jeweiligen Peak-Dosis.

Tab. 35.9 Vorgehen bei der toxikologischen Prüfung neuer Stoffe Ansatz

Prüfkriterien akute Toxizität

wiederholte Gabe Toxikokinetik und Biotransformation

chronische Toxizität

chemische Karzinogenese

chemische Mutagenese

Reproduktionstoxizität

spezielle Prüfungen

Aussage

Grundmuster der Stufenstrategie von Toxizitätsprüfungen . Das Schema verdeutlicht den steigenden Zeit- und Mittelaufwand, wenn eine Substanz möglichst vollständig charakterisiert werden soll. Die Prüfgänge können je nach Stoffart (Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien) gewisse Abwandlungen erfahren; auch die Einwirkungsart (Aufnahmewege, Häufigkeit, Dauer) kann von Einfluss sein. Die toxikologische Prüfung neuer Stoffe beruht fast ausschließlich auf Untersuchungen an Versuchstieren, aus praktischen Gründen werden meist Ratte und Maus verwendet. ABB. 35.3

genetisch veränderten (transgenen) Tiermodellen. +/–

Kurzzeitprüfungen

Tab. 35.10 Prinzipien von toxikologischen Tests Ziel des Tests

Testprinzip Acute-toxic-class(ATC)-Test: 50

Ames-Test: Salmonella typhimurium;

Comet-Assay:

Maus-Lymphoma-Test: Mikrokern-Test: Hühnerei-Test (HET-CAM):

35.1.3. Prinzipien der Risikoermittlung

1. alle chemischen Stoffe unter bestimmten Expositionsbedingungen toxische Wirkungen zeigen, 2. bestimmte Gifte wie z. B. CO, NO 2 , O 3 natürlichen Ursprungs sind, 3. viele toxische Chemikalien für chemisch-industrielle Herstellungsverfahren unentbehrlich sind und 4. Abgase aus Verbrennungsvorgängen nicht quantitativ ausschaltbar sind. unbedenkliches Maß

Schwellenwert

bezeichnet. Grenzwerte

Tab. 35.11 Definitionen wichtiger toxikologischer Abkürzungen Abkürzung

Bedeutung

ADI

Acceptable daily intake:

AGW

Arbeitsplatzgrenzwert:

BAT

Biologischer Arbeitsstoff-Toleranzwert:

3

3

im Organismus

BGW

Biologischer Grenzwert:

CMR

karzinogene, mutagene, reproduktionstoxische

HBM

Human Biomonitoring:

LOEL

Lowest observed effect level:

MAK

Maximale Arbeitsplatz-Konzentration:

NOEL

No Observed Effect Level:

„ Vo r s o r g e w e r t e n “ ,

(Bestimmung der Gefährlichkeit) (Risikoermittlung;

ABB. 35.4

Prozess der Risikocharakterisierung von Chemikalien .

Charakterisierung

der

(Risikocharakterisierung). Gefährlichkeit

meisten Fällen zwischen Mensch und Versuchstier keine qualitativen Unterschiede bezüglich der Schadwirkungen

Vorteil

Untersuchungen an Versuchstieren

Gefährlichkeit Risikocharakterisierung

aufgenommenen Menge

Dauer der Einwirkung

(„Konzentrationsgifte)“ „Summationsgifte“,

Konzentrationsgifte n ADI

o

a

e d

l

(NOEL),

i

Summationsgifte

6 6

( virtually safe dose)

MTD (maximal tolerierte Dosis



2 – 5

– 7

keine

Probleme bei der Dosisextrapolation aus Karzinogenitätsstudien an Nagern . Möglicher Verlauf der Dosis-Wirkungs-Kurven im niedrigen, für die menschliche Exposition relevanten Dosisbereich. Die Wirkung bei sehr niedrigen Dosen lässt sich im Experiment nicht erfassen; in diesem Bereich sind sehr unterschiedliche Dosis-Wirkungs-Kurven möglich. ABB. 35.5

35.2. Chemische Karzinogenese

Helicobacter genetischen

pylori

Sensibilitätsfaktoren

Prädisposition Schutzmechanismen

Die wesentlichen Ursachen für Krebskrankheiten in hoch entwickelten Industrieländern, ermittelt aus epidemiologischen Vergleichsstudien unterschiedlich exponierter Populationen . Basierend auf Extrapolationen nach konservativen Rechenmodellen und Fallbeobachtungen (nach Doll und Peto, J. Natl. Canc. Inst. 66; 1981. – Deutsche Strahlenschutzkommission 1988). Die Säule „Infektionen“ bezieht sich insbesondere auf HPV-Infektionen, die mit Gebärmutterhalskrebs assoziiert sind. Berücksichtigt man auch Helicobacter-pylori- und Hepatitis-C-Virus-assoziierte Tumoren (Magen- und Leberkrebs), so ist der Anteil von Tumoren, die mit Infektionen assoziiert sind, bis auf 15 % geschätzt worden. ABB. 35.6

Tab. 35.12 Stoffe mit krebserzeugender Wirkung auf den Menschen (nachgewiesen oder begründeter Verdacht) Stoff

Zielorgan

1

Tab. 35.13 Historische Entwicklung und Beispiele für den Zusammenhang zwischen Krebsrisikofaktoren und Tumorentstehung beim Menschen Tumorlokalisation

Risikogruppe

Erstmals beobachtet durch

Ursache

35.2.1. Das Mehrstufenkonzept der chemischen Karzinogenese

drei Phasen Tumorinitiation, -promotion und -progression.

Tumorinitiation Mutationen

Tumorpromotion teilungsstimulierende Wirkung eines Tumorpromotors

Mehrstufenmodell der Krebsentstehung am Beispiel der Erzeugung von Hauttumoren bei der Maus . Initiatoren können in ausreichender Dosierung und mehrfach verabreicht auch in Abwesenheit von Tumorpromotoren Tumoren erzeugen (1); in diesem Fall spricht man von Solitärkarzinogenese. Bei sehr geringer (einmaliger) Dosis werden keine Tumoren induziert (2). Tumorpromotoren verkürzen die Latenzzeit und erhöhen die Zahl der Tumoren pro Tier nur, wenn sie in bestimmten zeitlichen Intervallen nach dem Initiator verabreicht werden (3, 4). Ist die Applikationsfrequenz des Promotors zu niedrig (5) oder erfolgt die Applikation in umgekehrter Reihenfolge – zuerst Promotor, dann Initiator (6) –, bleibt die Entstehung von Tumoren aus; Gleiches gilt für die alleinige Verabreichung des Promotors (7). Man hat versucht, die Tumorpromotion an der Maushaut weiter in Stadien zu unterteilen, so das Stadium Promotion I und das nachfolgende Stadium Promotion II. Promotion I wird durch den „kompletten“ Tumorpromotor Tetradecanoyl-phorbolacetat (TPA) induziert (wobei eine einmalige Gabe bereits wirksam ist), während Promotion II auf der Wirkung des „inkompletten“ Promotors Retinoyl-phorbolacetat (RPA) beruht. In diesem Modell muss RPA mehrfach nach TPA verabreicht werden. Als Ursache der Promotion I werden neben der Stimulation der Zellteilung auch Chromosomenanomalien, die TPA – nicht aber RPA – induzieren kann, diskutiert. ABB. 35.7

Tumorprogression

35.2.2. Molekulare Grundlagen gentoxischer Wirkungen

Karzinogene schädigen die DNA

• Alle initiierenden Karzinogene sind in geeigneten Testsystemen mutagen und induzieren direkt (durch Angriff an die DNA) oder indirekt (z. B. durch Radikalbildung in der Zelle) Veränderungen der DNA-Basen. • Sie lösen DNA-Reparatur aus und sind besonders stark gentoxisch wirksam in DNA-Reparatur-defekten Zellen.

• Bei Menschen mit angeborenen Defekten der DNA-Reparatur ist die Tumorinzidenz sehr hoch. Gleichzeitig weisen sie eine erhöhte Inzidenz an Chromosomenmutationen auf; sie werden daher auch als Chromosomeninstabilitätssyndrome bezeichnet ( ). Zellen dieser Patienten sind in der Regel hypersensitiv gegenüber der toxischen Wirkung von Karzinogenen und hypermutabel. • In Tumoren werden Chromosomenanomalien und Mutationen in kritischen Genen (Onkogene, Tumorsuppressorgene, DNA-ReparaturGene) beobachtet. Mechanismen und Folgen der DNA-Schädigung Tumorinitiatoren (ultimales

Karzinogen)

Karzinogenaktivierung 4 5 0

prämutagene

Läsionen

DNA-schädigende Einflüsse . Die DNA wird ständig durch nicht exogen bedingte Einflüsse („spontan“) wie Basenhydrolyse, Oxidation der Basen und Methylierungsreaktionen geschädigt. Die exogenen DNA-schädigenden Einflüsse sind mannigfaltig. Hierzu gehören ionisierende sowie UV-A- und UV-B-Strahlung, Umweltkarzinogene wie polyzyklische Kohlenwasserstoffe, Aldehyde und Carbamate, in Nahrungs- und Genussmitteln enthaltene Karzinogene (u. a. heterozyklische Amine), Naturstoffe (u. a. Aflatoxine) wie auch bestimmte Pharmaka, so u. a. alle gentoxisch wirkenden Zytostatika. DNAReparatur wirkt diesen schädigenden Einflüssen entgegen. ABB. 35.8

DNA-Basen-Modifikationen

Reaktionsprodukte

O

6

-Alkylguanin,

Angriffsstellen elektrophiler Agenzien an der DNA . Elektrophile Stoffe können mit allen nukleophilen Zentren der DNA (Sauerstoff- und Stickstoffatome der Purine und Pyrimidine sowie dem Hydroxyl in Phosphatgruppen) reagieren. Die bevorzugte Reaktion ist abhängig von der Elektrophilität der reaktiven Verbindung. Hochelektrophile reagieren intensiv mit den N-Atomen der Basen, während Niedrigelektrophile eher mit den O-Atomen reagieren. Dennoch beträgt das Ausmaß der Bildung von Sauerstoffalkylierungen (z. B. O 6 -Alkylguanin) nicht mehr als 8 % der Gesamtalkylierung der DNA. ABB. 35.9

8-Oxoguanin

ABB. 35.10

Strukturen von oxidativen DNA-Schäden, die auch im Rahmen von endogenen Prozessen entstehen können .

ap ap

AP-Läsion

(Intrastrang-Crosslinks (Interstrang-Crosslinks).

DNA-DoppelstrangBrüche

(DSBs

Mögliche Folgen von DNA-Schäden . Neben Transkriptions- und Replikationsblock sowie Zytotoxizität durch Apoptose, Nekrose und „mitotische Katastrophe“ kann DNA-Rekombination induziert werden, die zu Schwesterchromatiden-Austauschen (SCEs), chromosomalen Aberrationen und DNA-Amplifikation führt. Durch Mutationen in Genen, die für Zellteilung regulatorisch wirkende Transkriptionsfaktoren (Onkogene, Tumorsuppressorgene) und enzymatisch-funktionelle (z. B. DNA-Reparaturenzyme) sowie strukturelle Proteine codieren, kann es zur malignen Transformation durch Verlust der Zellteilungskontrolle und der Immortalisierung (Aufhebung der Zellalterung) kommen. DNA-Schäden können auch zu fehlerhafter Differenzierung und damit zu Fehlbildungen (Teratogenese) führen. Treten DNA-Schäden in Keimzellen auf und werden sie nicht repariert, so können sie in diesen zu Mutationen in „kritischen“ Genen führen, die auf die Nachkommenschaft übertragen werden und hier erbliche Syndrome ausbilden ( ). ABB. 35.11

DNA-Reparatur spontaner endogen

exogenen

Reversionsreparatur:

Methylguanin-DNA-Methyltransferase

O 6 Dioxygenase.

M G M T,

6

O

6

O O6

Suizidenzym,

6

Reparatur von O 6 -Methylguanin in der DNA durch O 6 -Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT) sowie Folgen einer nicht erfolgten Reparatur der Läsion. Die Methylgruppe von O 6 -Methylguanin wird auf einen Cysteinrest im aktiven Zentrum des Suizidenzyms übertragen. Im Gegensatz zu vielen anderen DNA-Schäden hemmt O 6 -Methylguanin nicht die Replikation, sondern führt zu Fehlpaarungen mit Thymin, die durch das MismatchReparatursystem (MMR) erkannt werden. Es wird angenommen, dass durch fehlerhafte und repetitive Mismatch-Reparatur an der Stelle von O 6 MeG/T-Fehlpaarungen sekundäre DNA-Schäden entstehen, die zu DNA-Doppelstrang-Brüchen führen. Diese lösen ihrerseits die ApoptoseSignalkette aus. MGMT und MMR sind folglich wichtige Schutzfaktoren der durch Alkylantien induzierten Karzinogenese und wichtige Resistenzfaktoren gegenüber methylierenden Zytostatika. ABB. 35.12

O

6

apoptotische

Läsion.

Apoptose O

O

6

6

Basenexzisionsreparatur (BER schadenspezifische DNA- Glykosylasen

Mechanismus der Basenexzisionsreparatur . Veränderte DNA-Basen werden durch DNA-Glykosylasen erkannt und ausgeschnitten. Danach wird der DNA-Strang in der abasischen Stelle durch eine apurine/apyrimidine (AP-)Endonuklease geschnitten und durch DNA-Polymerase β und DNA-Ligase das korrekte Nukleotid wieder eingeführt. Die DNA-Polymerase β hat gleichzeitig eine Desoxyribose-Phosphatase(dRPase-)Funktion, die den Zuckerrest, der nach der Inzision an einer APStelle entsteht, entfernt. Dadurch ist es möglich, dass lediglich ein Nukleotid während der Reparatursynthese eingesetzt wird. Das Enzym PARP-1 (Poly[ADP]Ribosyltransferase) wie auch das „Scaffold“-Protein XRCC 1 regulieren und verstärken den Vorgang der BER. Diese Ein-Nukleotid-BER (auch als „short patch“-BER bezeichnet) ist der Hauptweg der Basenexzision. Die Reparatur der verbleibenden Läsionen erfolgt durch Insertion mehrerer Nukleotide, die langsamer und weniger effizient erfolgt. In diesem sog. „long-patch“-Reparaturweg spielt die DNA-Polymerase β nur eine untergeordnete Rolle. Der bei diesem Reparaturweg durch die DNA-Reparatursynthese verdrängte DNA-Einzelstrang wird durch das Enzym Fen1 abgetrennt. ABB. 35.13

Nukleotidexzisionsreparatur

(NER)

Mechanismus der Nukleotidexzisionsreparatur (NER ). Bei der NER wird ein Bereich von 27 bis 29 Nukleotiden, der die geschädigte Base enthält, ausgeschnitten. NER gliedert sich in Schadenserkennung, DNA-Entwindung, DNA-Inzision und -Exzision sowie in die abschließende Lückenfüllung durch DNA-Reparatursynthese (Polymerisation, Ligation). Der DNA-Schaden wird durch einen Proteinkomplex erkannt, der aus den Proteinen XPA, XPC und XPE besteht. Diese Proteine sind in Patienten mit der Erbkrankheit Xeroderma pigmentosum mutiert und wurden daher als „XP“-Proteine bezeichnet. Nach der Schadenserkennung erfolgt durch die Proteine XPB und XPD eine Entwindung der DNA, anschließend erfolgt Einschnitt in die DNA durch den XPF/ERCC1-Komplex und das XPG-Protein, Entfernung des DNA-Fragments mitsamt dem Schaden und Neusynthese des ausgeschnittenen Bereichs ( ). ABB. 35.14

Tab. 35.14 Erbliche DNA-Reparatur -Defizienzen und Chromosomenbruchsyndrome Krankheit

Gene (zellulärer Defekt)

Krankheitsbild

xpa-xpg

DNA-Polymerase eta

(xpb, xpd atm

Blm

Nbs

fanca-fancg

(msh2, msh6, mlh1, pms2)

Fehlpaarungsreparatur (Mismatch-Reparatur, MMR)

DNA-Doppelstrang-Brüche (DSBs).

Reparatur von DNA-Doppelstrang-Brüchen

Mechanismus der DNA-Doppelstrangbruch- Reparatur . Der Hauptweg der Reparatur von DSBs, die durch Strahlung und Zytostastika wie Bleomycin in menschlichen Zellen entstehen, ist die Reparatur durch nichthomogene Strangverknüpfung (linke Seite im Schema). Hieraus können Chromosomenmutationen resultieren, da nicht zueinander gehörende DNA-Enden zusammengefügt werden. Bei diesem Vorgang erkennen die aufgeführten Proteine Ku70 und Ku80 die freien Bruchenden und bewirken Bindung der katalytischen Untereinheit der DNA-Proteinkinase (DNA-PK). Der daraus resultierende DNA-Proteinkinase-Komplex phosphoryliert – wie ATM und ATR ( ) – andere Proteine, die die DNA-Enden so bearbeiten („prozessieren“), dass sie der Ligation durch Ligase IV zugänglich werden. DSBs, die durch chemische Genotoxine (Umweltkarzinogene wie auch die DNA angreifende Zytostatika) während der DNAReplikation erzeugt werden, werden in der S- und G 2 -Phase des Zellzyklus durch homologe Rekombination repariert (rechts). Dies ist ein ABB. 35.15

weitgehend fehlerfreier Reparaturvorgang, da als Kopiervorlage zur Reparatur das intakte homologe DNA-Molekül hinzugezogen wird, wobei die Bruchenden der homologen Chromosomen über einen Rekombinationsprozess wieder vereinigt werden. Bei der homologen Rekombination erkennt der MRN-Komplex (ein wichtiges Sensorsystem für DSBs), bestehend aus den Proteinen Mre11, Rad50 und Nibrin, die freien Bruchenden. Diese werden dann durch die Proteine Blm und Exo1 prozessiert, wobei Einzelstrangbereiche entstehen, an denen RPA (Replikationsprotein A) und Rad52 binden. Dieses gehört zur Familie der sog. Rad-Proteine (Rad = Radiation, weist auf Strahlungsempfindlichkeit hin). Ein weiteres wichtiges Rad-Protein ist Rad51, das ebenso an DNA-Einzelstrangbereiche bindet, durch Filamentbildung die Rekombination einleitet und den Rekombinationskomplex stabilisiert. Die Proteine BRCA1 und BRCA2, die eine Rolle bei der erblichen Form des Brustkrebses spielen, sind in diesen Vorgang ebenso involviert; sie fördern die Aktivierung der DNA-Schadensantwort der Zelle, d. h. Kinasen wie ATR und ATM (siehe ), die (häufig über den Transkriptionsfaktor p53) Zellzyklusregulation, Reparatur und Zelltod regulieren.

DNA-schadensabhängige Signalwege MRN-Komplex

ATM-Proteins

ATR-Protein

Signalprozessen

Sensoren

γ

Von DNA-Strangbrüchen ausgehende Signalwege und Vorgänge in der Zelle. Im Zentrum steht der DSBErkennungsproteinkomplex MRN ( ), der essenziell für die Aktivierung der DNA Schadenskinasen ATM und ATR ist, sowie der Transkriptionsfaktor p53. p53 wird als wichtiges Tumorsuppressorprotein angesehen ( ). Phosphorylierung von p53 durch das ATM- oder ATR-Protein bewirkt entweder besseres zelluläres Überleben durch Zellzyklushemmung und DNA-Reparatur oder aber Absterben der Zellen durch Apoptose. Beide Vorgänge wirken der Tumorgenese entgegen, da sie eine Fixierung von Mutationen unterbinden. p53 wirkt darüber hinaus protektiv durch transkriptionelle Aktivierung von DNA-Reparatur-Genen (z. B. xpc und xpe; ). Ist die DNA-Schädigung sehr stark, so wird p53 so stark angereichert, dass das Protein in der Lage ist, den Promotor des Fas-Rezeptor-Gens (Fas alias Apo1 oder CD95) zu aktivieren. Fas gehört zur Gruppe der membranständigen Todesrezeptoren und spaltet bei seiner Aktivierung über den Fas-Liganden die Protease Pro-Caspase-8 in die aktive Form der Caspase-8. Dadurch wird der todesrezeptorgekoppelte apoptotische Signalweg induziert. Die Zelle stirbt durch enzymatischen Abbau der DNA, katalysiert durch die Caspase-aktivierte DNase (CAD; ). Zellen können nach DNA-Schädigung auch ohne p53 in die Apoptose gehen. Hierbei kommt es zum Abbau des Proteins Bcl-2, das an der Porenbildung in mitochondrialen Membranen beteiligt ist. Cytochrom c gelangt in das Zytoplasma und bildet zusammen mit Apaf-1 , ATP und der Procaspase-9 einen Komplex, das sog. Apoptosom. In diesem wird die Procaspase-9 in die aktive Wirkform, die Caspase-9, überführt, die ihrerseits die Caspase-3 aktiviert. Diese spaltet den Inhibitor der CAD (ICAD), wodurch CAD aktiviert und die DNA in kurze Fragmente gespalten wird. p53 reguliert auch die Expression der Proteine Noxa, Puma und Bax, die den intrinsischen Apoptoseweg aktivieren. ABB. 35.16

p53, p

2

1

xpc

ddb2 Cycline

Rb-Protein

„gentoxischer Stress“

Mechanismus der Zellzyklushemmung nach Einwirkung von DNA-schädigenden Agenzien . DNA-Schädigung (insbesondere Doppelstrangbrüche) bewirkt Aktivierung der Kinase ATM, die p53 phosphoryliert. Dies führt zur Dissoziation des p53-Proteins von MDM2, einem Protein, das p53 bindet und dadurch im Zytosol festhält. Nach Dissoziation von MDM2 gelangt p53 in den Zellkern, wo es als Tetramer die transkriptionelle Aktivierung verschiedener Gene, u. a. von p21 , bewerkstelligt. Das p21-Protein bindet an einen Komplex aus den Cyclinen D/E und CDK4/2 sowie dem Kernprotein PCNA (= proliferating cell nuclear antigen). Dieser Komplex bewirkt normalerweise eine Dissoziation des Transkriptionsfaktors E2F1 vom Rb-Protein, wodurch E2F1-regulierte Gene, die für die DNA-Synthese wichtig sind, transkriptionell aktiviert werden. Dadurch wird die Zellproliferation aufrechterhalten. Sobald jedoch p21 in großer Menge vorhanden ist (nach DNASchädigung) und an den PCNA-Cyclin-Komplex bindet, kann dieser nicht mehr die Dissoziation des Rb-Proteins von E2F1 veranlassen. E2F1 verbleibt im inaktiven Rb-Komplex, kann somit als Transkriptionsfaktor nicht fungieren, und die Zellen werden in der G 1 -Phase unmittelbar vor ihrem Eintritt in die S-Phase blockiert. ABB. 35.17

Toxikologisch/pharmakologische Bedeutung der DNA-Schadenserkennung und -Reparatur

O

6

Mechanismen der Entstehung von Genmutationen Punktmutationen

• die Fehlpaarungsmutagenese und • durch fehlerhafte DNA-Polymerasen. Fehlpaarungsmutagenese

O

Mechanismus der Fehlpaarungsmutagenese durch O 6 - Methylguanin und 8- Oxoguanin . Zum Zeitpunkt der DNA-Replikation liegt ein nichtreparierter Basenschaden vor; im Gegenstrang wird ein falsches Nukleotid eingebaut. Während einer weiteren DNA-Replikationsrunde wird die Mutation „fixiert“: Es entsteht eine GC-nach-AT-Austausch-Mutation (Ersatz eines Purins durch ein anderes Purin = Transition ) oder eine GC-nach-TA-Mutation (Ersatz eines Purins durch ein Pyrimidin oder umgekehrt = Transversion ). ABB. 35.18

Transläsions-DNA-Synthese (TLS

SOS-Polymerasen

η μ

Tab. 35.15 DNA-Reparaturmechanismen Reversionsreparatur O6

Basenexzisionsreparatur (BER)

Nukleotidexzisionsreparatur (NER)

6

Fehlpaarungsreparatur DNA-Doppelstrang-Bruch-Reparatur

Crosslink-Reparatur Transläsionssynthese durch spezielle (fehlerhafte) DNA-Polymerasen; Toleranz von DNA-Schäden. Der Vorgang ist auch in der Crosslink-Reparatur involviert.

Genomische Instabilität Basenaustausch-

und

C hrom osom enm utatio nen. Chromosomenmutationen

genomische

Instabilität

irreguläre Rekombinationsprozesse (Genamplifikation). Genom m utationen

aneugene

Substanzen

Aneuploidien. polyploid.

Durch Defekte in der DNA-Reparatur bedingte Krankheiten Erbkrankheiten DNA-Reparatur-Defizienzen

35.2.3. Onkogene und Tumorsuppressorgene

Tab. 35.16 Protoonkogene sowie Funktion und Lokalisation der von ihnen codierten Proteine

Protoonkogen

Funktion des Proteins

Lokalisation des Proteins

erb R ros src abl, fes mos, raf ras

myc, fos, jun, myb „Aktivierung“

Onkogen

maligne

Transformation

Ras-Protein MAP-Kinasen

c-J un

c-Myc

Mechanismus der Zellteilungsstimulation durch Aktivierung von wachstumsfaktorabhängigen Signalwegen oder durch Einwirkung von Phorbolester-Tumorpromotoren . Wachstumsfaktoren (WF) aktivieren über ihren entsprechenden Rezeptor (WF-R) Rezeptortyrosinkinasen ( ). Diese aktivieren das Ras-Protein, das über die RAF-Kinase und die Kinasen MEK und ERK zur Phosphorylierung und damit Aktivierung des Transkriptionsfaktors c- Fos führt. Über die GTPasen Rac/Cdc42 und weitere mitogenaktivierte Proteinkinasen (MAPKKK, MKK6) erfolgt die Aktivierung der nukleären Transkriptionsfaktoren c- Jun und ATF2. Hierbei sind die p38-Kinase und die Jun-Kinase (JNK) maßgeblich involviert. Die p38-Kinase und ERK induzieren gleichzeitig den Transkriptionsfaktor Elk1, der die Transkription des c-fos -Gens stimuliert (Weg im Bild nicht gezeigt). Der Transkriptionsfaktor AP-1 ist ein heterodimäres Protein aus c-Fos, c-Jun oder ATF2 oder ein homodimäres Protein aus Jun- oder ATF2-Protein. Erhöhte Mengen von c-Fos und cJun wie auch deren Phosphorylierung bewirken eine verstärkte Transkription von Genen, die u. a. für die Proliferation essenziell sind. Der Phorbolester-Tumorpromotor TPA (Tetradecanoylphorbolacetat) ) aktiviert die Proteinkinase C (PKC), die durch die Kinase ERK c-Fos wie auch cMyc durch Phosphorylierung aktiviert. Die spezifische Wirkung von Phorbolester-Tumorpromotoren auf initiierte Zellen (z. B. Zellen mit Mutationen im c-Ha-ras -Gen) ist durch eine Verstärkung des Ras-aktivierten AP-1-Signalwegs erklärbar. Ras = Rous Sarcom Virus, Raf = Ras-activated factor (eine Kinase), p38K = p38-Kinase, ERK = extracellular regulated kinase , PLC = Phospholipase C , DAG = Diacylglycerol , WF-R = Wachstumsfaktor-Rezeptor, JNK = c-Jun-Kinase , JNKK = c-Jun-Kinase-Kinase , MEK = Map-Kinase-ERK-Kinase , MAPKKK = mitogenaktivierte Protein-Kinase-Kinase-Kinase , MKK6 = Map-Kinase-Kinase-6 , Sek1 = stress signaling kinase-1 . ABB. 35.19

Tumorsuppressorgenen

Erbkrankheit Retinoblastom der Fall

Tab. 35.17 Beispiele für in bestimmten Tumorarten fehlende oder inaktivierte Tumorsuppressorgene Gen

Tumor

msh2, msh6, mlh1, pms2

Mehrstufenprozess der Karzinogenese am Beispiel des Kolonkarzinoms . Morphologische Veränderungen in Richtung zunehmender Malignität sind durch definierte genomische Veränderungen charakterisiert. Als früher Schritt wird eine mutative Veränderung des APC-Tumorsuppressor- Gens angesehen. APC bindet β-Catenin und bewirkt dadurch dessen Degradation. Wird β-Catenin nicht abgebaut (durch mutative Inaktivierung von APC), so aktiviert es die Transkription von Genen wie c-myc - und cyclinD1. Die verstärkte Expression dieser beiden Gene bewirkt verstärkte Proliferation der betroffenen Zellen. Im hyperproliferativen Epithel findet sich häufig verstärkte DNA-Methylierung (5-Methylcytosin), die Gene sowohl aktivieren als auch reprimieren kann. In frühen Adenomen finden sich vermehrt K-ras- Mutationen. Die GTPase Ras wird normalerweise über Wachstumsfaktor-Rezeptoren (wie EGFR, PDGFR) aktiviert. Mutiertes Ras ist jedoch konstitutiv aktiv; die Zelle proliferiert, ohne auf Wachstumsfaktoren angewiesen zu sein ( ). Weitere späte Mutationen erfolgen in DCC (= deleted in colon cancer) , einem Membranadhäsionsprotein, und p53, das den Zellzyklus, Apoptose und DNA-Reparatur kontrolliert. Den Übergang zum metastasierenden Karzinom verursachen Mutationen in z. T. unbekannten Genen, die für Zelladhäsionsproteine codieren. Alle Schritte dieser Ereigniskette laufen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit ab, wenn inaktivierende Mutationen in Genen für Mismatch-Reparatur-Proteine vorliegen. In der erblichen Form des Kolonkarzinoms ist die Mismatch-Reparatur defekt. Dies führt zu einer erhöhten Mutationsrate und reduzierter Apoptose nach Einwirkung methylierender Karzinogene (u. a. auch der nahrungsbedingten Nitrosamine), was den Prozess der Karzinogenese beschleunigt. ABB. 35.20

p53, das auch als „guardian

of

the

genome“

xpc

ddb2

polymerase

ɛ

Organotropie der Karzinogenese

450

ultimale Karzinogen

35.2.4. Indirekte Wirkungen von Karzinogenen; Tumorpromotoren

Durch Stimulation der Zellteilung zeichnen sich aber gerade Tumorpromotoren aus. Asbest.

von einer bestimmten Form und Länge

Makrophagen, ROS, Zytokine, chronischen lokalen Entzündung Hyperplasie, Mitose

stören,

Erhöhung der spontanen Mutationsrate, Wahrscheinlichkeit der i n Mutationen

Tab. 35.18 Typische Eigenschaften von Krebsrisikofaktoren Komplette Karzinogene

35.2.5. Krebserzeugende Stoffe

• Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

Bedingt krebsauslösende Faktoren (Tumorpromotoren)

induzierte Mutationsrate, Konvertierung von DNA-Basen-Schäden

• Aromatische Amine • N-Nitrosoverbindungen • Alkylantien • Einige Metalle (Arsen, Nickel, Chrom, Cobalt) • Olefine und • Bestimmte Naturstoffe Mineralfasern (Asbest)

Feinpartikel

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe Verbrennung

Zigaretten

Lebensmitteln

Altlaststandorten

beruflicher Exposition

Karzinogene polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe . Die meist planaren und stark lipophilen Verbindungen lassen sich vom Phenanthren durch Einführen von Methylgruppen oder von weiteren Benzolringen ableiten. Aus der Anordnung der Benzolringe im Phenanthren ergibt sich auch die für die metabolische Aktivierung wichtige „BayRegion“ (roter Halbkreis). ABB. 35.21

Motorabgase

Bildung wichtiger DNA-reaktiver Metaboliten von Benzo[a]pyren. Als ultimales, mit der DNA reagierendes Karzinogen gilt das Diolepoxid (rot). ABB. 35.22

Hauptprodukt der Umsetzung von (+)-anti-7,8-Dihydroxy-9,10-epoxy-7,8,9,10-tetrahydro-3,4- benzpyren (Diolepoxid) mit Nukleinsäuren . Das Epoxid reagiert hauptsächlich mit der exozyklischen Aminogruppe (N 2 ) von Guanin. ABB. 35.23

Aromatische Amine

Grillen und Braten

Strukturen krebserzeugender aromatischer Amine . Verbindungen wie N-Acetyl-2-aminofluoren (AAF) sind äußerst potente Mutagene und Karzinogene. Die Bioaktivierung ist komplex. Ein Beispiel ist in dargestellt. ABB. 35.24

ultimale

Karzinogene

Nitreniumionen

Bioaktivierung von aromatischen Aminen am Beispiel von N-Acetyl-2-aminofluoren. R = H, CH 3 -CO. DNA-reaktive Metaboliten sind farbig. ABB. 35.25

1-Nitropyren

Heterozyklische aromatische Amine

Fleisch und Fisch

450

Braten und Grillen

f

Beispiele einiger heterozyklischer aromatischer Amine ( * Kurzname), die in gebratenem Fleisch und Fisch vorkommen . Die Verbindungen sind stark mutagen in Bakterien und Säugerzellen; sie erzeugen Tumoren (u. a. Kolonkarzinome) in Ratten und Mäusen. ABB. 35.26

Alkylantien: N-Nitrosamide stark karzinogen

klinische Bedeutung

Karzinogene N- Nitrosamide . Angegeben ist die Tumorlokalisation bei der Ratte nach der in Klammern angeführten Applikationsform. ABB. 35.27

Alkylantien: N-Nitrosamine Lebensmitteln Rauchens. tabakspezifische

Bioaktivierung tabakspezifischer N-Nitrosamine und Bildung von DNA-Basen-Addukten . Die reaktiven Metaboliten reagieren mit verschiedenen nukleophilen Stellen in der DNA; gezeigt ist die Reaktion mit dem O 6 des Guanins. ABB. 35.28

Karzinogene N-Nitrosamine. Angegeben ist die Tumorlokalisation bei der Ratte nach der in Klammern angeführten Applikationsform. ABB. 35.29

Bioaktivierungsreaktionen Dimethylnitrosamin

4 5 0

Cycas Azoxymethan

ABB. 35.30

Bildung von alkylierenden Zwischenstufen aus N-Nitrosaminen und Hydrazinderivaten .

Weitere alkylierende Verbindungen

Lo St α

bifunktionelles Alkylans, DNA-Interstrang-Crosslinks, Apoptose

ABB. 35.31

Karzinogene alkylierende Verbindungen .

Metalle

reaktiver Sauerstoffspezies

Hemmung von Reparaturenzymen

Tab. 35.19 Krebs durch Metallexposition des Menschen am Arbeitsplatz Technischer Prozess/ Aufnahmeweg

Metall

Zielorgane

Olefine

450

Bioaktivierung von 1,3- Butadien zu einem DNA-reaktiven Diepoxid . (dR: Desoxyribose). ABB. 35.32

Epoxiden,

Metabolische Bioaktivierung von Vinylchlorid zu Chloroxiran und Modifizierung von Desoxyadenosin zu 1,N 6 Ethenodesoxyadenosin. (dR: Desoxyribose). ABB. 35.33

Naturstoffe

Cycas

Aflatoxine

Aspergillus

flavus.

1

1

1

1

1

1

Glutathion-S-Transferase

ABB. 35.34

Metabolische Epoxidierung von Aflatoxin B 1 und Reaktion des entstandenen Aflatoxin-B1–8,9-oxids mit Desoxyguanosin.

Das gebildete Guanosinderivat stellt eine prämutagene DNA-Läsion dar (dR: Desoxyribose).

Ochratoxin A

ABB. 35.35

Chemische Struktur von Ochratoxin A (N-[(3R)-(5-Chlor-8-hydroxy-3-methyl-1-oxo-7-isochromanyl)carbonyl]-L-phenylalanin ).

Alkaloide mit Pyrrolizidinkern Heliotropium Echium

Senecio, Crotalaria,

Monocrotalin 450

Metabolische Reaktionen und DNA-Bindung von Monocrotalin . Die Bindung erfolgt am extrazyklischen N des Guanins (dR: Desoxyribose). ABB. 35.36

Aristolochiasäure, Aristolochiaceae

ABB. 35.37

Chemische Strukturen von Aristolochiasäure .

Alkenylbenzole Safrol

ABB. 35.38

Bioaktivierung und DNA-Basen-Addukt-Bildung am Guanin durch Safrol .

Festkörper und Partikel

Feststoffen Asbeste

Feinpartikel

Dieselmotorabgasen

Saccharin

Nanopartikel:

Krebsrisikofaktoren mit promovierenden Eigenschaften Croton tiglium

12-

Tetradecanoyl-phorbol-13-acetat

ABB. 35.39

Stoffe mit promovierenden Eigenschaften .

p

TCDD,

Dioxin

P r o m o t o r.

1

Tab. 35.20 Vergleich der Wirkungsstärke von TCDD und anderen chemischen Karzinogenen im Langzeitversuch in Nagern TD 50 (mg/kg)

Karzinogen

Relative Wirkungsstärke

1

Dosis, mit der in 50 % der Tiere nach langfristiger Gabe Tumoren erzeugt wurden.

zytosolischen Rezeptor. Ah-Rezeptor

Mechanismus der Induktion fremdstoffmetabolisierender Enzyme über den Ah-Rezeptor. Nach Bindung des Liganden (z. B. Dioxine, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Flavonoide) an den Ah-Rezeptor (AhR), der mit dem Hitzeschockprotein Hsp90 und der Tyrosinkinase c-Src kompexiert im Zytoplasma vorliegt, wird der Ligand-Rezeptor-Komplex in den Kern transloziert. Im Kern bindet der mit dem Liganden besetzte Rezeptor an seinen Partner ARNT. Dieser Komplex führt durch spezifische Bindung an DNA-Sequenzen (Xenobiotika-Response-Element, XRE) in Promotorregionen von Genen zu deren transkriptionellen Aktivierung und zur Expression verschiedenster Proteine wie Cytochrom P 450 1A1, 1A2, 1B1, Aldehyddehydrogenase (ADH-3), COX-2 und Phase-II-detoxifizierende Enzyme wie ABB. 35.40

die UDP-Glucuronosyl-Transferase (UGT1) und die Glutathion-S-Transferase (GST1a1). Ein im Zellkern vorliegendes Repressor-Protein (AhRR) kann die Wirkung des AhR-Ligand-ARNT-Komplexes aufheben. Dies erklärt, weshalb manche Zelltypen, u. a. menschliche Fibroblasten, nicht zur CYP-Induktion befähigt sind.

Liganden

für

den

Ah-Rezeptor

2

Ligand-Rezeptor-Komplex Synthese

von

Enzymen

des

Phase-I-

und

-II-detoxifizierenden

Stoffwechsels. 450

Erhöhung

der

Zellproliferationsrate

PeroxisomenRezeptor

35.3. Gasförmige Stoffe

35.3.1. Lokal wirksame Verbindungen (Reizstoffe) Pathophysiologische Vorbemerkungen

„chemische“ Entzündung mit Schleim- und Flüssigkeitsabsonderung und Verengung der Atemwege.

ABB. 35.41

Angriffsorte von Reizstoffen im Atemtrakt in Abhängigkeit von der Wasserlöslichkeit .

• Toxische Gase mit hoher Wasserlöslichkeit schlagen sich auf den Schleimhäuten schnell nieder und gelangen meist nicht über die Trachea hinaus (Gruppe 1). Sie erzeugen – je nach Konzentration – Augen-, Rachen- und Trachealreiz, evtl. Verätzungen der oberen Epithelschichten mit langwierigen Entzündungen und Narbenbildungen. Im Kehlkopf können Stimmritzenkrampf und Glottisödem ausgelöst werden (typisch für Ammoniak, hier auch mögliche Todesursache). • Stoffe mit mittlerer Löslichkeit im Wasser erreichen auch tiefere Abschnitte. Bronchien und Bronchiolen (Gruppe 2) reagieren hauptsächlich mit Schleimabsonderung, Hustenreiz, Bronchokonstriktion und -spasmus (bis zu schwerster inspiratorischer Dyspnoe), später können sich Bronchitis und Bronchopneumonie ausbilden. • Toxische Gase mit geringer Wasserlöslichkeit erreichen die Alveolen in höheren Konzentrationen (Gruppe 3). In die Bronchioli respiratorii und Alveolen gelangte Gase diffundieren durch die dünne Alveolardeckzelle (0,3–1 µm) an die Kapillarwand, die empfindlichste Struktur des gesamten Atemtrakts ( ). Die Kapillarwand beantwortet den chemischen Reiz mit einer Permeabilitätserhöhung. Plasma tritt in den Interstitialraum über und das Alveolarepithel schwillt an. Dadurch wird die Diffusionsstrecke für O 2 und CO 2 stark verlängert. Die Austauschstörung für O 2 tritt eher ein als für CO 2 : Sauerstoffuntersättigung des Hämoglobins ohne vermehrte Atmung. Zunächst kann die Ödemflüssigkeit noch über die Lymphspalten abtransportiert werden. Zunehmende Kapillar- und Gefäßdilatation, Einschränkung auch der CO 2 -Diffusion und damit weitere Vertiefung der Atmung und O 2 -Mangel verstärken den Flüssigkeitsaustritt. Ödemflüssigkeit tritt in die Alveole

über; ein alveoläres Ödem bildet sich aus. Nunmehr wird folgender Kreisprozess ausgelöst: Bildung von Ödemschaum mit der Durchlüftung bei jedem Atemzug – Aufsteigen des Schaums und Verlegung größerer Bronchien – Sinken des O 2 -Drucks in der Alveole, Anstieg der CO 2 -Spannung im Blut – weitere Vertiefung der Atmung – Verstärkung des Flüssigkeitsaustritts. Das volle Bild dieses toxischen Lungenödems entwickelt sich so mit einer Latenz von bis zu 24 Stunden, Beschwerden können anfangs ganz fehlen. Präfinal tritt Schaum vor den Mund, da die Ödemblasen durch einen Phospholipidfilm sehr stabil sind. Todesursache ist Ersticken. Bei Überleben der Ödemphase kann Bronchiolitis obliterans zur sekundären Todesursache werden. Auch chemisch reaktive Stäube aus sehr kleinen Teilchen (< 0,1 µm Durchmesser) können bis in die Alveolen eindringen und zu einem toxischen Lungenödem führen (s. CdO, ).

Schematische Darstellung der Entstehung eines toxischen Lungenödems . A) Lungenkapillare (Cp) mit normalem Alveolarseptum und Alveolarepithel (Alv). B) Austritt von Blutflüssigkeit in den Interstitialraum des Alveolarseptums und Abtransport in das Lymphgefäßsystem (Ly): Verbreiterung der Diffusionsstrecke für O 2 und CO 2 . C) Versagen der Lymphdrainage: alveoläres Ödem mit Schaumbildung (Lu), Verlegung der Atemwege. ABB. 35.42

Therapie

• Ruhigstellung (z. B. Diazepam , 5–10 mg) • Sauerstoff, zunächst 4–8 L/min, danach Blutgasanalyse • Glucocorticoide (z. B. 250 mg Prednisolon i. v.) Einzelne Reizgase Stickstoffoxide „nitrose Gase“,

2

2

2

x

2

2 3

2 3

3 3

2

3 3

Ozon (O 3 ) 2

3

3

Grenzwerte für Ozonbelastungen, Wirkungen und maximal gemessene Ozonkonzentrationen (Einstundenmittelwerte) . ABB. 35.43

3

Z u r Ve r t i e f u n g

„smoke“

Stickoxide

Wintersmogs Schwebstaub.

„fog“

Schwefeldioxid

Anstieg der Häufigkeit

akuter Atemwegserkrankungen.

Schwefeldioxid und Rauchkonzentrationen während einer Wintersmogepisode und Todesfälle/Tag im Großraum London, Dezember 1952 . ABB. 35.44

Sommersmog

Ozon photochemische

Reaktionen

aus

Stickoxiden

und

Sauerstoff

unter

Katalyse

von

Kohlenwasserstoffen.

Tagesgang der Halbstunden-Mittelwerte der Ozonkonzentration für einen Julitag, Los Angeles 1976 (nach Handbuch der Umweltmedizin) . ABB. 35.45

3

Smogalarm 3

Informationsschwelle 3

Zielwert

Schwefeldioxid starke subjektive Reizwirkung. 3 Niesreiz

2

Tränenfluss

2

2

3

Sauerstoff

2

Krämpfe 2

2

2

2

toxischen

2

Lungenödems.

2

Phosgen 2

stärksten wirksamen, Lungenödem erzeugenden Gasen.

toxische Lungenödem

Formaldehyd

3

3

3

3

Tab. 35.21 Konzentrationsabhängige irritative Effekte bei inhalativer Aufnahme von Formaldehyd ab Konzentr ation (ml/m 3 )

Reizerscheinungen

Isocyanate

(„Isocyanat-Asthma Bophal,

35.3.2. Systemisch wirksame Gase Schwefelwasserstoff Eigenschaften, Vergiftungsmöglichkeiten 2 3

Warnwirkung relativ

geringen

H2

S-Konzentrationen 2

zentrale

Nervensystem

Atemtrakt.

2

Bewusstseinsverlust

zentrale

Atemlähmung

2

Therapie

Kohlenmonoxid Eigenschaften, Vergiftungsmöglichkeiten

2

3 3

Wirkungsmechanismen 2+ blockiert im Hämoglobin durch Komplexbildung die Sauerstoffbindungsstelle Sauerstoffunterversorgung

2

ABB. 35.46

Bindungsstelle von O 2 und CO in einer Hämoglobinuntereinheit .

reversibel, 2

hohen Affinität des CO

zu

Hämoglobin

2 3

2

(Haldane-Effekt).

ABB. 35.47

CO-Aufnahme in Abhängigkeit von der Expositionsdauer und -höhe und dem Atemminutenvolumen . 2

2

Wirkungen

Tab. 35.22 Symptome bei Kohlenmonoxidvergiftung in Abhängigkeit vom Hb-CO- Gehalt HbCO

Erscheinungen

1. Die Konzentration von CO in der Atemluft: CO wird bei der Inhalation mit der Lungenrestluft vermischt, diffundiert dann über die Alveolarmembran und das Blutplasma in die Erythrozyten, wo rasche Bindung an Hb stattfindet. Limitierender Schritt in dieser Kette ist die Diffusion durch das Plasma; da CO schlecht wasserlöslich ist, erfolgt die Aufsättigung des zirkulierenden Blutes langsam. Je höher die CO-Konzentration in der Luft, umso rascher werden toxische Konzentrationen von Hb-CO erreicht ( ). 2. Das Atemzeitvolumen: Je häufiger und je tiefer geatmet wird, umso rascher die Aufsättigung. 3. Die Zeitdauer der Einwirkung: Das Gleichgewicht zwischen CO in der Luft und CO im Blut wird in Ruheatmung erst in ca. 10 Stunden erreicht ( ). Auch die relativ hohe Konzentration von 0,1 Vol.-% CO erzeugt in 1 Stunde erst ca. 30 % Hb-CO, 0,01 Vol.-% CO bleiben in einer Arbeitsschicht (8 h) noch unter der klinischen Wirkungsgrenze von 10 % Hb-CO ( ).

ABB. 35.48

Erreichen der Hb-CO-Sättigung in Abhängigkeit von der Atemintensität .

4. Der Sauerstoffbedarf der Gewebe: Bei schwerer Arbeit sind 30–40 % Hb-CO schon lebensbedrohlich, in körperlicher Ruhe dagegen erst 60–70 %. Verlauf der Vergiftung Myokard

Gehirn.

raschem

Vergiftungseintritt

sekundäre

Folgen

der

Hypoxie.

Spätschäden

2

Therapie

• Rascher Transport in CO-freie Luft • Bei Atemstillstand: Beatmung • Zufuhr von reinem Sauerstoff oder Carbogen (95 % O 2 , 5 % CO 2 ) zur Anregung des Atemzentrums (bei langfristiger Carbogen-Atmung jedoch Gefahr der Verstärkung bestehender Azidose!). Rasche Beseitigung aller Vergiftungssymptome ist möglich durch Sauerstoffatmung im Überdruck: Bei 3 bar Druck sind 4 Vol.-% O 2 im Plasma gelöst, womit alle Gewebe – einschließlich Gehirn – hinreichend versorgt werden können. • Weitere Maßnahmen: Kreislauf und Körpertemperatur normalisieren, Azidose korrigieren. Blausäure und Cyanide Eigenschaften, Vorkommen, Vergiftungsmöglichkeiten a

– –

Brandgase,

Wirkungsmechanismus CN – Cytochromoxidase

CN – blockiert

2

CN–

ABB. 35.49

Angriff von Cyanid in der Atmungskette (vereinfacht): Blockade der Cytochromoxidase in der dreiwertigen

Stufe .

Verlauf der Vergiftung

Inhalation höherer Konzentrationen nach

oraler Aufnahme CN – Symptome

Symptome nach wenigen Sekunden mehreren

Minuten

Hyperpnoe, Rotfärbung

der

Haut

– – – –

Entgiftung Rhodanase

Thiocyanat

(





C N–

Therapie Beschleunigung der körpereigenen Entgiftung Abfangen von CN – .

• Hydroxocobalamin 2,5 % werden heute als die Therapie erster Wahl betrachtet: 200 ml ≙ 5 g i. v. oder 70 mg/kg über 20– 30 Minuten. • Methämoglobinbildung: Das dreiwertige Eisen im Methämoglobin ( ) bindet CN – ebenfalls, wenn auch mit geringerer

Bindungskonstante als Cytochromoxidase; doch ist „therapeutisch“ induziertes Met-Hb in so großem Überschuss vorhanden, dass schon wenige Prozent vom Gesamt-Hb – bei sehr rascher HCN-Diffusion und Gleichgewichtseinstellung – entscheidende Entlastung bringen ( ). Man verwendet p-N,N-Dimethylaminophenol (3 mg/kg i. v.). Diese Injektion führt innerhalb kürzester Zeit zu einer 30-prozentigen Met-Hb-Bildung ohne nennenswerte Kreislaufbeeinflussung, solange keine zusätzliche Belastung mit CO (Brandgase) vorliegt.

ABB. 35.50

Chronische

Ablösung von Cyanid aus Cytochromoxidase durch therapeutisch induziertes Methämoglobin .

C N–

HCN-Vergiftungen 2

CN – CN – 1 2

Stickgase inerte Gase,

Edelgase.

Stickstoff Distickstoffmonoxid Kohlendioxid,

2 2

2

2 3

2

Carbogen

2

2

Rauch- und Brandgase

Kohlenmonoxid

Blausäure.

35.4. Methämoglobin(Met-Hb)-bildende Stoffe

2+

F e3

+

Sauerstoffbindung

nicht

mehr

möglich. 3+

Met-Hb-Reduktase Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase.

Oxidation von Hämoglobin zu Methämoglobin durch Nitrosobenzol und Phenylhydroxylamin . Sie entstehen im körpereigenen Stoffwechsel durch Oxidation (aus Anilin) oder Reduktion (aus Nitrobenzol). Ein Molekül Nitrosobenzol kann mehrmals Hb-Fe 2+ oxidieren, da ein anderes Enzym (z. B. das Flavoprotein NAD[P]H-Chinon-oxidoreduktase) für eine Reduktion des gebildeten Nitrosobenzols sorgt. ABB. 35.51

35.4.1. Mechanismen der Met-Hb-Bildung Chlorate

3



Nitriten

Nitrate

Aromatische Amino- und Nitroverbindungen

indirekte Arylhydroxylamine,

2+ 3+

ABB. 35.52

Schematische Erläuterung des unterschiedlichen Verlaufs von Methämoglobinämien .

Nitrobenzol

Phenothiazinfarbstoffe

+

35.4.2. Methämoglobinämie Symptome

Therapie

Methylenblau, O 2 -Atmung.

Anilin

35.5. Metalle Eigenschaften, Wirkungsmöglichkeiten

2

35.5.1. Chelatbildende Stoffe als Antidote Antidote

ABB. 35.53

bei

Metallvergiftungen.

DMPS bildet über seine benachbarten SH-Gruppen Komplexe mit Metallen .

Stabilitäts- oder Komplexbildungskonstante K

K

31

K K -1

Spezifität

Erhöhung der Dosis des Chelatbildners

therapeutische Einsatz von Chelatbildnern

1. Mobilisierung von Metallen aus Bindungsorten im Organismus 2. Abfangen zirkulierender Metalle in Körperflüssigkeiten 3. rasche Ausscheidung der gebildeten Chelate mit Harn und/oder Galle.

begrenzt durch die Toxizität,

Eigenschaften

• hohe Komplexbildungskonstante für toxische Metalle, dagegen niedrige für körpereigene Metalle, • gute Löslichkeit in Plasma und in Geweben, die das Vordringen zu den Bindungsorten des Metalls im Organismus gewährleisten, • Harngängigkeit der Chelate, • hinreichende Stabilität des Chelats bei pH-Werten von 4–7,4, • geringe Toxizität der Chelatbildner und gebildeter Chelate.

Allgemeine Richtlinien für die Anwendung von Chelatbildnern als Antidote

• Klare Indikationsstellung mit Blick auf stoffbezogene Nebenwirkung und Risiko der Ausschwemmung essenzieller Spurenelemente. • Der Therapieerfolg ist durch ständige Messung der Metallausscheidung zu überwachen. Das Ergebnis bestimmt die Dosis bei fortgesetzter Therapie. • Ist eine mehrwöchige Anwendung erforderlich, muss auf Nebenwirkungen durch Verlust von essenziellen Metallen geachtet werden; ggf. empfehlen sich eine Therapie in Intervallen und eine Substitution des Verlusts. • Bei langfristiger Anwendung ist eine strenge Einhaltung der unterschiedlichen Höchstdosen mit dosierungsfreien Intervallen notwendig. Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) Antidot bei Metallvergiftungen

Pharmakodynamik und Pharmakokinetik

orale Bioverfügbarkeit

90 % renal eliminiert,

Halbwertszeit

Indikationen

• Vergiftungen mit anorganischen und organischen Hg-Verbindungen sowie mit Hg-Metall • Bleivergiftungen Dosierung

• Schwere akuteVergiftungen: bis zu 2,4 g/Tag oral bzw. 2 g/Tag i. v. • Chronische Vergiftungen: 3–4 × 100 mg/Tag oral Unerwünschte Wirkungen

• Allergische Hautreaktionen (Juckreiz, Hautausschlag) • Fieber und Schüttelfrost • Erhöhung der Transaminasen in Einzelfällen

Dimercaptobernsteinsäure (DMSA) und Dimercaprol (BAL) Natriumcalciumedetat (Na 2 -Ca-Edetat) und Pentetate

2+ 2 3

3

ABB. 35.54

Dinatriumcalciumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure (Na 2 -Ca-Edetat) .

Pharmakokinetik 2

Indikationen

• Vergiftungen durch transurane Schwermetalle (Americium , Plutonium, Curium , Californium, Berkelium ) • Der Einsatz von Na 2 -Ca-Edetat ist auch als diagnostischer Bleitest und bei Bleivergiftungen beschrieben (cave: Nebenwirkung tubuläre Nierenschäden). Dosierung

Unerwünschte Wirkungen 2

Nierenschäden,

tubulären

D-Penicillamin ®

Kupferspeicherkrankheit Indikationen

Dosierung

• Bei Metallvergiftungen: bis zu einer Tagesdosis von 40 mg/kg KG • Bei Morbus Wilson und Zystinurie 10–20 mg/kg/Tag Unerwünschte Wirkungen

Deferoxamin Deferoxamin

® 3 +

Deferasirox

Deferipron

ABB. 35.55

Struktur von Deferoxamin .

Indikationen

Dosierung

• Bei Eisenvergiftung: Infusion in der Regel 20–60 mg/kg KG/Tag • Bei Hämochromatose (nur wenn wegen Anämie oder Kardiomyopathie die Therapie durch Aderlass nicht möglich ist): 500 bis 1 000 mg/Tag i. v. (oder i. m.)

Unerwünschte Wirkungen

35.5.2. Blei Vorkommen, Vergiftungsmöglichkeiten

3

2

2

Abnahme der Bleikonzentrationen im Blut von Kindern und Erwachsenen in den USA im Verhältnis zur Verringerung des Bleiverbrauchs für Benzin (modifiziert nach CDC-Statement, 1991, U. S. Department of Health and Human Services, Atlanta). ABB. 35.56

Wirkungsmechanismus

Schema der Hämsynthese und der drei Angriffspunkte von Blei . δ-Aminolävulinsäure und Koproporphyrin III fallen vermehrt an und werden im Harn ausgeschieden. ABB. 35.57

glatte

Muskulatur,

motorische

erythrozytären System Nervensystem

Nieren.

Tab. 35.23 Symptome der chronischen Bleivergiftung , Ursachen und niedrigste Blutplasmakonzentrationen, bei denen diese Wirkungen beobachtet wurden

Angriffsort

Symptome

Wirkungen von Blei Akute Bleiintoxikationen

chronische

Bleivergiftungen

PbKonzentr ation im Blut (µg/L)

Pharmakokinetik

Oral schlecht

resorbiert. Kindern 50 %. Aerosole zu 50–80 % resorbiert.

Halbwertszeit von Blei

ABB. 35.58

Aufnahme, Verteilung, Deponierung und Exkretion von Blei .

Diagnostische Zeichen und Verlauf der Vergiftung δ-Aminolävulinsäure(δ-ALA)-Konzentrationen Anämie Bleilähmung Koliken Bleiencephalopathie.

Therapie

Penicillamin

DMPS,

DMSA.

®

Bleitetraethyl

Vergiftungsbild

35.5.3. Quecksilber Metallisches Quecksilber und Quecksilbersalze Vorkommen, Vergiftungsmöglichkeiten

3

3

3

3

Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

Resorption 2 + 2 + 2+

2+

2+

Verlauf der Vergiftung Akute Inhalation Verschlucken

2

+

Akute Quecksilbervergiftung . Zeitlicher Ablauf der Organschäden und Symptome. ABB. 35.59

Gastroenteritis

+

Urämie, Kolitis

Stomatitis

subakute

chronischen ZNS.

Therapie akuten

D M P S.

chronischen

Amalgamfüllungen in der Zahnheilkunde

A D I - We r t 30

Hg/Tag.

Organische Quecksilberverbindungen Vorkommen, Vergiftungsmöglichkeiten

Methylquecksilber. 2 +

7

Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

2+

2+

Verlauf der Vergiftung akute

Kumulationsgefahr Minimata

Therapie

DMPS

Hämodialyse in Anwesenheit von Cystein

35.5.4. Arsen Vorkommen, Bedeutung, Vergiftungsmöglichkeiten

2

Mordgift

Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

3

Verlauf der Vergiftung Akute

Vergiftung 2

2

3

3

Gastroenteritis Schockzustand,

Chronische Vergiftung ZNS

Haut (Melanose)

wechselnder

Ausbildung

Hyperkeratosen.

Tab. 35.24 Manifestation chronischer Arsenwirkungen Angriffsort

Erscheinungen

Therapie DMPS

35.5.5. Thallium Vorkommen, Bedeutung, Vergiftungsmöglichkeiten

2

4

Rattengift

ADI-Wert 34 µg Thallium/Tag. Wirkungsmechanismus

Pharmakokinetik

+

+

+

Verlauf der Vergiftung Erste Symptome einer akuten Vergiftung

Gastroenteritis. Polyneuropathie. extreme Hyperästhesie, Lähmungen

Haare

Haut

Therapie

®

+

35.5.6. Mangan Vorkommen, Bedeutung, Vergiftungsmöglichkeiten

2

Verlauf der Vergiftung Akute Vergiftung 4

4

Chronische Vergiftung Manganpneumonie

Manganismus

3

Therapie DMPS LD o p a

35.5.7. Gold und Silber Gold

unerwünschten

Silber

Wirkungen

3

35.5.8. Nickel und Cobalt Nickel

Nickeldermatitis (Typ-IV-Allergie) Nickelsulfat Nickelkrätze

Nickeltetracarbonyl

4 3

Nickelstaub

Therapeutisch Cobalt

12

4

Therapie:

35.5.9. Cadmium Vorkommen und Bedeutung

Pharmakokinetik

50 % des im Körper vorhandenen Cadmiums in den Nieren

15 % in der Leber.

Metallothioneinkomplex.

Bei Überschreiten einer bestimmten Speicherkonzentration (200 µg/g Nierenrinde)

Nierenschäden

Verlauf der Vergiftung Akute

Vergiftung

toxisches Lungenödem Chronische

Vergiftung (chronische Bronchitis), Cadmiumsaum Nierenschaden Toxizität hoch. („Itai-itai“-Krankheit, wörtlich: „Aua-Aua“,

Krebserzeugende Wirkung: 3

Therapie N a 2 -Ca-Edetat

35.5.10. Beryllium Vorkommen, Bedeutung, Vergiftungsmöglichkeiten Inhalation

Verlauf der Vergiftung

Berylliose Therapie Na 2 -Ca-Edetat

DMPS

35.5.11. Selen essenzielles Spurenelement

3

2

Verlauf der Vergiftung Akute Vergiftung

2

Chronische

Vergiftung

2

35.5.12. Chrom 3 2

2 2

4

7

Verlauf der Vergiftung Akute Verätzungen

Staub chromhaltiger Erze

Sechswertiges

Therapie DMPS

35.5.13. Aluminium

Verlauf der Vergiftung

Therapie Deferoxamin

35.5.14. Radioaktive Metalle

biologische Halbwertszeit physikalischen Halbwertszeit

Radium 226

α

β

γ

Thorium 2

Strontium 90

90 90

90

Plutonium

269

35.6. Pestizide 35.6.1. Allgemeine Bedeutung

Tab. 35.25 Einteilung der Pestizide nach ihren Anwendungsgebieten Pestizidgruppe

Einsatz zur Bekämpfung von

selektive Toxizität.

Tab. 35.26 Vergleich der Wirkung verschiedener Insektizidgruppen (modifiziert nach Tomizawa und Casida, 2005) Stoffklasse

Wirkstärke (LD 50 )

Wirkort

Insekten +

+

A



Nager

Selektivität

ABB. 35.60

Die Rolle spezifischer Biotransformation in der Malathionentgiftung .

35.6.2. Chlorierte zyklische Kohlenwasserstoffe Stoffe, Anwendung

D D T,

Tab. 35.27 Beispiele insektizid wirksamer chlorierter Kohlenwasserstoffe Chemische Klasse

Grundstruktur

Typische Vertreter 1

2

3

1

2

1 3

3

3

3

2

Tab. 35.28 Malariamorbidität (Anzahl Krankheitsfälle) vor und nach Bekämpfung vor allem mit DDT Land

Jahr

Krankheitsfälle

geschätzt

Ökologie der zyklischen Chlorkohlenwasserstoffe

Verbreitung von DDT in der Umwelt durch historisch großflächige Anwendung in der Landwirtschaft . Einschleusung in Nahrungsketten. ABB. 35.61

Halbwertszeit von DDT > 10 Jahre

ABB. 35.62

Absinken der Gehalte dreier organischer Chlorinsektizide in Humanfett als Folge von Anwendungsverboten .

Wirkungsmechanismus

Steigerung der Erregbarkeit durch DDT

Z u r Ve r t i e f u n g

(Aedes aegypti),

Pharmakokinetik

Verlauf der Vergiftung Akute

Vergiftung

Chronische Vergiftung

35.6.3. Hemmstoffe der Cholinesterase (Organophosphate und Carbamate) Eigenschaften, Vergiftungsmöglichkeiten, Toxizität

biologische Abbaubarkeit

meist hohe akute Toxizität

Tab. 35.29 Strukturformel und akute Toxizität (Ratte) einiger cholinesterasehemmender Organophosphate und Carbamate (LD 50 : letale Dosis für 50 % der Tiere)

Chemische Bezeichnung (Freiname)

Strukturformel phosphat

S phosphat

carbamat

ABB. 35.63

Grundstruktur insektizid wirksamer Organophosphate (Schrader-Formel) .

Wirkungsmechanismen

Pharmakokinetik

LD 50 (mg/kg) (Ratte, oral)

ABB. 35.64

Aktivierung von Parathion zum Cholinesterasehemmstoff Paraoxon durch Cytochrom P 450 .

Verlauf der Vergiftung

Tab. 35.30 Symptome bei Alkylphosphatvergiftungen als Ausdruck überhöhter Acetylcholinkonzentrationen durch Hemmung der Acetylcholinesterase

muscarinartigen Symptome

Unterschiedlich lange Depression der Acetylcholinesterase-Aktivität im Blut bei Vergiftung durch Alkylphosphate und Carbamate (schematisch) . Nach Carbamaten ist die Ausgangsaktivität wegen schneller spontaner Hydrolyse in wenigen Stunden zurückgekehrt, nach Alkylphosphaten muss die esteratische Aktivität größtenteils durch Neusynthese wiederhergestellt werden. ABB. 35.65

Therapie

• Allgemeine Maßnahmen einschließlich Gabe von Aktivkohle bei oraler Aufnahme. • Antagonisierung der Acetylcholinwirkung durch Atropin. Die Dosis richtet sich nach der Schwere der Vergiftung und wird bis zur erkennbaren Normalisierung vegetativer Funktionen gesteigert (z. B. alle 10 Minuten 2–5 mg Atropinsulfat i. v.). Im Gegensatz zur Salivation kann die Pupillenweite ein trügerisches Maß für die Atropinwirkung sein, weil Letztere auch auf andere Gifte und Störungen reagiert. Es können Gesamtdosen von mehreren 100 mg Atropin erforderlich werden. Wegen der lang dauernden Wirkung der Organophosphate muss nachdosiert werden. • Bestimmte Oxime (z. B. Obidoxim) können die Bindung des Alkylphosphats an das Serin lösen, solange keine „Alterung“ durch Abspaltung eines weiteren Rests vom Organophosphats stattgefunden hat. Zumeist erlaubt die langsame Alterung den erfolgreichen Einsatz von Oximen bis zu mehreren Stunden nach Intoxikation. Bei Kampfstoffen kann allerdings die schnelle Alterung durch geeignete Substituenten am Phosphat zum Wirkprinzip gehören. Carbamatvergiftung

hohe Atropindosen

Oxime nicht indiziert.

35.6.4. Pyrethroide und neuere Wirkprinzipien Vorkommen, Verbindungen, Toxizität

Tab. 35.31 Wichtige Insektizide Pyrethroidverbindungen LD 50 in Nagern 1

3 1

3

1

2

1

2 1

2

Wirkungsmechanismus Nervengifte.

image Pyrethroide wirken auf Natriumkanäle. Pyrethroide und DDT wirken auf Natriumkanäle von Insekten und höheren Organismen. A) Ein Aktionspotential wird unter Kontrollbedingungen durch einen kurzen elektrischen Impuls (1 msec und 100 pA) in PurkinjeZellen des Kleinhirns ausgelöst. In Gegenwart von Pyrethroid (Deltamethrin) kommt es zu repetitiven Entladungen. Nach dem Auswaschen des Pyrethroids liegt wieder ein normales Aktionspotential vor. B) Das Pyrethroid verlangsamt die Inaktivierung des Natriumkanals (Experiment am Tintenfischaxon). C) Einzelkanalmessungen mit der Patch-Clamp-Technik an Neuroblastomazellen. Unter Kontrollbedingungen (linke Seite) führt die Depolarisation von –100 mV auf –30 mV zur Öffnung von einzelnen Natriumkanälen, die sich in Millisekunden wieder schließen. Nach Gabe des Pyrethroids Deltamethrin sind drei Änderungen festzustellen. 1. Einige Kanäle haben kurze Öffnungszeiten (Spuren 2 und 5). Diese Kanäle sind wahrscheinlich nicht modifiziert. 2. Einige Kanäle zeigen stark verlängerte Öffnungszeiten (Spuren 3 und 4). 3. Im Gegensatz zu den Ableitungen vor Deltamethringabe sinkt die Öffnungswahrscheinlichkeit einiger Kanäle drastisch (Spuren 6–8). (Beachte, dass die Zeitskala bei Gabe von Deltamethrin während des Versuchs geändert wurde.) ABB. 35.66

(Nach Narahashi, 2000, J. Pharmacol. Exp. Ther., 294, 1–26).

Pharmakokinetik

Verlauf der Vergiftung Hautkontakt oraler Aufnahme

Allergien

Insektizide Neonicotinoide

Tab. 35.32 Strukturen einiger neuer Insektizide Chemische Bezeichnung

Strukturformel

LD 50 (Ratte, oral)

Bacillus-thuringiensis -Toxine porenbildenden Delta-Endotoxine Bacillus thuringiensis

35.6.5. Herbizide und Fungizide Pentachlorphenol

Entkopplung

der

oxidativen

Phosphorylierung

Bispyridiniumverbindungen Diquat Paraquat

Hemmung

Blasen

der

Fotosynthese.

Ulzerationen.

mehrstündige symptomarme Latenzperiode,

Bronchiolitis obliterans,

ABB. 35.67

Die Herbizide Paraquat und Diquat .

Therapie

Aktivkohlegabe mit Laxantien

Glyphosat Hemmstoff

des

Shikimat-Syntheseweges

35.6.6. Rodentizide

Zinkphosphid

Natriumfluoracetat und Fluoracetamid

Blausäurevergiftung

Antikoagulantien

Brodifacoum

Therapie

Vitamin K

Gerinnungsfaktoren

35.7. Organische Lösungsmittel 35.7.1. Allgemeines zur Verwendung, Wirkung und Therapie • hohes Fettlösungsvermögen (Reinigung, Lösungsmittel für hydrophobe Verbindungen) • hinreichende Flüchtigkeit (Abtrocknung) • nur geringe chemische Reaktivität.

Formen toxischer Wirkungen

• Nach akuter Exposition gegenüber sehr hohen Konzentrationen kommt es wegen schneller Anflutung der Stoffe im Gehirn zur Narkose. Einige Vertreter der Lösungsmittelgruppen sind auch als Narkotika verwendet worden, z. B. Chloroform , Ethylchlorid und Trichlorethen. Die narkotische Wirkung wird gelegentlich als führendes Symptom von Lösungsmittelvergiftungen dargestellt. Dies trifft jedoch oft nicht zu. • Bei subchronischer Exposition gegen Lösungsmittel treten oft verminderte Konzentrationsfähigkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und andere unspezifische Beschwerden auf. • Bei chronischen Lösungsmittelvergiftungen spielen andere Wirkungen eine wichtige Rolle: Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems, der Leber oder Nieren und (selten) des Herz-Kreislauf-Systems. Diese Wirkungen sind stoffspezifisch. Das Ausmaß der toxischen Wirkung und die betroffenen Zielorgane sind von Stoff zu Stoff unterschiedlich und beruhen auf metabolischen Aktivierungsreaktionen. • Bei Haut- oder Schleimhautkontakt führen viele Lösungsmittel zu einer schnellen Entfettung der äußeren Haut und einer starken Reizung von Schleimhäuten. Therapie

35.7.2. Benzol und Alkylbenzole Benzol Verwendung, Bedeutung

krebserzeugenden

Pharmakokinetik

Wirkungen

image Metabolische Aktivierung von Benzol zu hämatotoxischen Metaboliten . In der ersten Stufe entsteht über Cytochrom P 450 ein Epoxid , das im Gleichgewicht mit dem entsprechenden Oxepin ABB. 35.68

steht. Von diesem Epoxid leiten sich alle bisher nachgewiesenen Metaboliten ab. Es kann durch Glutathion- S Transferasen in ein Glutathionkonjugat umgewandelt werden; Endausscheidungsprodukt ist N -Acetyl- S -phenyl- L cystein (Mercaptursäurebildung ). Durch hydrolytische Öffnung des Oxirans entsteht Phenol , das im Menschen in Form des Sulfats ein Hauptmetabolit des Benzols im Urin ist. Die Epoxidhydrolase katalysiert die Bildung von Catechol . Hydrochinon entsteht durch weitere Oxidation von Phenol; unter Ringöffnung über einen noch unbekannten Mechanismus werden Muconaldehyd und, als ausgeschiedenes Endprodukt dieses Stoffwechselwegs, Muconsäure gebildet.

Verlauf der Vergiftung Akute Vergiftung 3

narkotische Herzrhythmusstörungen.

Chronische

Vergiftung blutbildende System.

Benzolleukämie

3

Toluol und andere Alkylbenzole

Benzolersatz.

35.7.3. Aliphatische Kohlenwasserstoffe; Benzin Bedeutung, Vergiftungsmöglichkeiten

Testbenzine

Petroleum

Pharmakokinetik

Verlauf der Vergiftung Akute Vergiftung

Schweröl

Narkose.

Erbrechen „ Benzinpneumonie“

tödliche

Chronische

Dosis

Vergiftung

Lungenschäden

psychiatrische Zustandsbilder

n-Hexan:

Neuropathie,

chronische

Neurotoxizität 450

2,5-Hexandion.

Umwandlung von n-Hexan zu 2,5-Hexandion und Reaktion des Dions mit der Aminosäure Lysin in Proteinen . Durch Autoxidation der gebildeten Pyrrole entstehen Quervernetzungen von Proteinstrukturen. ABB. 35.69

Therapie

35.7.4. Halogenierte aliphatische Kohlenwasserstoffe Allgemeines zur Wirksamkeit

Pharmakokinetik

Verlauf der Vergiftung Akute Vergiftung Tetrachlorethan

Tetrachlorkohlenstoff,

Trichlorethan

rasch einsetzende Leberschädigung

Trichlorethen, Perchlorethen, Methylchloroform narkotische Wirkung

Methylenchlorid

Herzrhythmusstörungen Chronische Vergiftung

Tri- und Perchlorethen

450

Chloroform

Monochlormethan

3

35.8. Alkohole 35.8.1. Struktur-Wirkungs-Beziehungen aliphatischer Alkohole

Tab. 35.33 Lipidlöslichkeit, Oberflächenaktivität und akute Toxizität niederer aliphatischer Alkohole

Formel

Bezeichnung

Triolein-WasserVerteilungsquotient

Narkot. Konzentration (Kaulquappen) (mol/L)

LD 50 i. v. Hämolyt. Konzentration (Maus) (mmol/L) (mmol/kg)

3 2

5

3

7

4

9

5

11

6

13

35.8.2. Ethylalkohol Vorkommen, Verbrauch, Vergiftungsmöglichkeiten

Destillation

Ve r b r a u c h :

Tab. 35.34 Jährlicher Pro-Kopf-Konsum (Liter) an alkoholischen Getränken in der Bundesrepublik Getränke

Pharmakokinetik

1997

2005

2014

Resorption,

Verteilung,

Elimination

2 2

image ABB. 35.70

Verlauf der Blutkonzentrationen von Ethylalkohol nach einmaliger Einnahme verschiedener Dosen .

VD M ä nner = 0, 7 ; VD Frauen = 0, 6 VD Männer = 0, 7 ; VD Frauen = 0, 6

4 5 0

Metabolismus

2

2

450

Z u r Ve r t i e f u n g

Pharmakodynamik und Verlauf der Vergiftung

A

α

Tab. 35.35 Akute zentralnervöse Alkoholwirkungen Blutalkoholk onzentrati Erscheinungen on (‰)

Muskelleistung

4

β

2

Herz

und

Kreislauf

Atmung

Diurese.

Hypoglykämie

Schwindel sexuelle

Verhalten

Therapie

Hypoglykämie Hypothermie;

Interaktionen mit Pharmaka

Verstärkung

• Einige Arzneimittel hemmen die Aldehyddehydrogenase und können dadurch bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol Unverträglichkeitssymptome (Antabussyndrom, s. u.) verursachen. Als Beispiele seien Sulfonylharnstoffderivate ( ), Metronidazol und Parenteralcephalosporine mit einer N-Methylthiotetrazol-Seitenkette (z. B. Cefotiam) genannt. Eine Induktion von Cytochrom-P 450 –2E1 spielt keine maßgebliche Rolle beim Arzneimittelabbau. • Die Wirkungen zentraldepressorisch wirksamer Pharmaka wie Narkotika, Hypnotika, Analgetika und vor allem Psychopharmaka ( , , ) wird oftmals durch Alkohol verstärkt. Dies kann die Verkehrstüchtigkeit stark beeinträchtigen. Auch vegetative Alkoholwirkungen können durch Pharmaka verstärkt werden, z. B. die Kollapsneigung durch Antihypertensiva. Alkoholismus und Alkoholschäden Zielorgane

Leberschäden A l k o h o l f e t t l e b e r. α

β

steigen die Spiegel der Triglyceride im Plasma

Fettleberhepatitis

Leberzirrhose.

Nervensystem chronischen

Tremor, β

Wernicke-Korsakow-Syndrom

Korsakow-Psychose alkoholbedingte

Thiaminmangel

1

Polyneuropathien.

Entzugssym ptom e Delirium tremens

vegetative Symptome

Kardiovaskuläres System akuten

blutdrucksenkenden

Wirkung Erhöhung des Blutdrucks

Schwellenwerts.

alkoholische

Kardiomyopathie

Karzinogenität etwa

3–4

%

aller

Tumoren

Relatives Risiko für die Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms bei Männern in Abhängigkeit vom Alkoholund Zigarettenkonsum Kombinierter Konsum von Alkohol und Zigaretten erhöht das Krebsrisiko sehr stark (nach Tuyns et al., 1977, Bull. Cancer, 64, 45– 60). ABB. 35.71

• Begleitstoffe, die während der Getränkeproduktion entstehen • Lokale Reizwirkung von hochprozentigen Getränken • Fehlernährung von alkoholabhängigen Menschen • Erhöhung der Estrogenkonzentrationen (als möglicher Beitrag zur erhöhten Brustkrebsinzidenz) • Erhöhung der Proliferationsrate im Dickdarmepithel Alkoholkonsum und Gesamtmortalität

Unfälle, Gewalt

Suizid. Mäßiger Alkoholgenuss (15–30 ml/Tag) protektive E f f e k t

Einfluss auf die Reproduktion Beeinträchtigung der Fertilität.

häufigste Ursache für eine Alkoholembryopathie

Fruchtschädigung.

exogene

intrauteriner Minderwuchs, Mikrocephalus

Hypoplasie der Mandibula

Retardierung der geistigen und motorischen Entwicklung.

Alkoholentzugssymptome und ihre Therapie Leichte

Entzugssymptome 8–12

Benzodiazepine

Carbamazepin ® ® ®

schweren

Fällen

stationäre Anwendung

Clomethiazol

Stunden

®

Medikamentöse Unterstützung der Alkoholentwöhnung ®

Acamprosat

agonistisch am GABARezeptor

N

Dosierung

Naltrexon

Pharmakologisch induzierte Alkoholintoleranz

Tetraethylthiuramdisulfid ®

Antabussyndrom,

Disulfiram

35.8.3. Methylalkohol Eigenschaften, Vergiftungsmöglichkeiten

Pharmakokinetik und Wirkungsmechanismus

2

2

image ABB. 35.72

Metabolismus von Methanol .

2

image Schema des Verlaufs einer akuten Methanolvergiftung. Abhängigkeit der Kardinalsymptome von den Gewebekonzentrationen an Methanol und dessen Oxidationsprodukt Ameisensäure. ABB. 35.73

Sehstörungen in zwei Phasen:

Mortalität Stoffwechselstörung durch die Azidose. Therapie

• Hemmung der Methanoloxidation zu Ameisensäure: Die Bindungskonstante von Ethanol an ADH ist sehr viel höher als die von Methanol . Schon relativ geringe Ethanolkonzentrationen blocken die Methanoloxidation, Methanol kann dann vermehrt abgeatmet werden, die Bildung der giftigen Ameisensäure wird unterbunden. Bei ansprechbaren Patienten kann man oral z. B. 100 ml eines ca. 40-prozentigen alkoholischen Getränks geben, um einen Blutalkoholspiegel von ≈ 1 ‰ zu induzieren. Die Aufrechterhaltung dieses Alkoholspiegels ist über mehrere Tage erforderlich. Zuverlässiger ist die Verabreichung von Ethanol per Infusion unter fortlaufender Kontrolle des Blutalkoholspiegels: initial 0,5 g/kg KG über 30 Minuten infundieren, anschließend 0,1 ml/kg KG/h, bis die Methanolkonzentration auf unterhalb 0,2 g/L abfällt. Die Erfolge sind bei nicht zu später und konsequenter Durchführung ausgezeichnet, Mischvergiftungen von Methanol und Ethanol verlaufen in der Regel wenig kompliziert. Heute wird vermehrt 4-Methylpyrazol (s. u.) bei einer Methanolvergiftung eingesetzt.

• Zur Kompensation der Azidose werden NaHCO 3 - oder Trispufferlösungen infundiert. Die Menge richtet sich nach der Stärke der Azidose ( ). Häufige Gabe unter Kontrolle der Stoffwechsellage ist bis zum Abbau der Methan- bzw. Ameisensäurebestände des Organismus erforderlich. Hämodialyse zur Elimination von Methanol und Ameisensäure

Chronische Vergiftung

3

35.8.4. Höhere homologe Alkohole

3

Isopropylalkohol

35.8.5. Glykole Ethylenglykol,

Oxalsäure oxidiert 2 +

schwer lösliches Salz, („Oxalatniere“). Glyoxylsäure Urämie;

ABB. 35.74

Metabolismus von Ethylenglykol .

4-Methylpyrazol ®

1,2Propylenglykol

2

3

4 2

3

Glycerin

(

2

2

35.9. Tabak 35.9.1. Allgemeines, Geschichtliches Umweltgiften, an erster Stelle.

35.9.2. Tabakabbrand: toxische Stoffe Zigarette Glutzone

Destillationszone

Kondensationszone, Hauptstrom

Schema des Abbrands von Zigarettentabak . Hinter der Glutzone, durch Sog mit dem Hauptstrom auf ca. 900 °C erhitzt, werden in der Destillationszone Stoffe mit Wasserdampf freigesetzt. Ein Teil kondensiert zu feinen Rauchtröpfchen und schlägt sich größtenteils in der Kondensationszone nieder, um mit fortschreitender Glutzone erneut abzudestillieren. Im Nebenstromrauch erfolgt die Freisetzung bei sehr viel niedrigerer Temperatur („Glimmen“) nach außen. ABB. 35.75

„Nebenstromrauch“

Tab. 35.36 Wichtige Komponenten im Haupt- und Nebenstromrauch von Zigaretten (IARC 1986; US-EPA 1993) Hauptstrom [µg/Zigarette]

mehrere

tausend

Nebenstrom/Hauptstrom

Substanzen 2

35.9.3. Pharmakokinetik und Metabolismus von Nicotin Resorption sehr unterschiedlich.

• Die Leber wird umgangen, das Herz jedoch unmittelbar erreicht. • Mit dem einzelnen Zug durchströmt eine relativ hohe Nicotinkonzentration das linke Herz und Gehirn wellenförmig. Die Rezeptoren werden also stoßweise vom Wirkstoff erreicht.

Hauptmetaboliten Pyridylmethylaminobuttersäure

Kotinin; Halbwertszeit

2 Stunden

image Schema der Hauptwege des oxidativen Abbaus von Nicotin im Warmblüterorganismus . Einige quantitativ unerhebliche Nebenwege sind weggelassen. Alle Abbauprodukte sind pharmakologisch inaktiv. ABB. 35.76

35.9.4. Schädigungen des Herzens und des Kreislaufsystems

Tab. 35.37 Erhöhtes Mortalitätsrisiko (relative Risikoerhöhung) von Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern Alle Raucher

Raucher 1–14 Zig./d

Raucher 15–24 Zig./d

Raucher ≥ 25 Zig./d

Exraucher

Alle Krebserkrankungen

Chronische obstruktive Lungenerkrankungen Alle kardiovaskulären Erkrankungen

Arterienerkrankungen

der

unteren

Extremitäten

direkten atherogenen Effekt

Atherosklerose

35.9.5. Krebs Epidemiologische Evidenz

30 % aller Krebstodesfälle Bronchialkarzinome:

Zunahme des Zigarettenverbrauchs (Kurve) und Häufigkeit von Lungenkrebs (Säulen) bei Männern und Frauen in England und Wales (nach Angaben von Kennaway, 1957). ABB. 35.77

Risikoerhöhung

Bronchialkarzinoms

Rückgang der Häufigkeit an Lungenkrebs in Abhängigkeit von der Zeit nach Einstellen des Zigarettenrauchens (nach Doll, R., und Hill, A. B.: Brit. med. J. 1964, I, 1407). ABB. 35.78

Karzinogene im Tabakrauch

Partikel-

Gasphase.

Partikelphase

entscheidend

karzinogene

Wirkung PA H s Benz[a]pyren

Nitrosamine

aromatische

Amine Butadien, Benzol,

Formaldehyd

Acetaldehyd tabakspezifische Nitrosamine,

Aldehydkonzentrationen

Benzol oxidativen Stress,

niedrigere Vitamin-E-Konzentrationen

niedrigere

Vitamin-C-Konzentrationen

35.9.6. Weitere Gesundheitsschädigungen Stoffwechselwirkungen höheren

Grundumsatz

geringeres

Körpergewicht

Magen- und Darmerkrankungen laxierende

Wirkung

Appetit wird gehemmt,

Lokale, nichtkarzinogene Wirkungen des Tabakrauchs auf die Atemwege

Bronchitis

chronisch-obstruktive

Lungenerkrankungen.

Schwangerschaft der Fetus „raucht mit“. doppelt

so

häufig

Frühgeburten.

Tabakamblyopie und andere ophthalmologische Erkrankungen

Retinadegeneration

Katarakt, 12

Therapie Nicotin

als

Entwöhnungsmittel

strikte

Entwöhnungswilligkeit ®

Nicotinkaugummi

Nicotinpflaster ®

®

®

Nicotinspray

Das

Rauchen

muss

komplett

aufgegeben

werden.

kontraindiziert

Buspiron

®

Vareniclin α

® 4

β

1

Passivrauchen bei Erwachsenen

Tab. 35.38 Ergebnis von Metaanalysen zum relativen Risiko für Lungenkrebs bei lebenslangen Nichtrauchern nach Exposition gegenüber Passivrauch durch den Partner, am Arbeitsplatz oder in der Kindheit (nach Kreuzer M, 2007) Quelle der Passivrauchexposition

Passivrauchen bei Kindern

Anzahl der Studien (Anzahl der Lungenkrebsfälle)

Geschlecht

Gepooltes relatives Risiko (95 %Konfidenzbereich)

35.10. Stoffe von besonderem umwelttoxikologischem Interesse

R

E

A

Ch

Inverkehrbringen

35.10.1. Dibenzodioxine und Dibenzofurane

Strukturen eines polychlorierten Dibenzodioxins (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin, TCDD) und eines polychlorierten Dibenzofurans (2,3,7,8-Tetrachlordibenzofuran, PCDF). ABB. 35.79

Tab. 35.39 Geschätzte Freisetzung von polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen aus verschiedenen Quellen in Deutschland 1992 (nach Handbuch der Umweltmedizin) Quelle

g TEQ/Jahr

Primärwirkung und Äquivalentfaktoren für Dioxine

(Kongeneren)

t o x i s c h e r Äquivalentfaktor

(TEQ) 2,3,7,8-

Tetrachlordibenzodioxin

Pharmakokinetik TCDD Halbwertszeit von mindestens 10 Jahren

im Fettgewebe mit einer Halbwertszeit von 6–9 Jahren gespeichert,

Toxische Wirkungen akute

Toxizität 5

0

charakteristischen Chlorakne,

35.10.2. Polychlorierte und polybromierte Biphenyle

Tab. 35.40 Chemische Bezeichnung, Strukturformel und Kongenerenindikator für die Analytik einiger polychlorierter Biphenyle Bezeichnung

Strukturformel

Kongeneren-Nr.

Aroclor.

Wirkungsmechanismen

Wirkungen

Induktoren für

Biotransformationsenzyme,

Beeinträchtigungen des

Immunsystems

Pharmakokinetik

4

5

0

35.10.3. Hormonaktive Chemikalien in der Umwelt

„endokrine Disruptoren“

Xenoestrogene

Phthalsäureester, Alkylphenole

Bisphenol A Tieren

Phytoestrogene

pflanzliche Inhaltsstoffe mit estrogener Wirkung.

Tab. 35.41 Estrogene, Phytoestrogene und Xenoestrogene Einteilung/Beispiele

Chemische Struktur

Tab. 35.42 Aufnahme von Fremdstoffen mit estrogenen Wirkungen Mengenangaben

Estrogenäquivalente

Tab. 35.43 Wirkungsintensitäten von Xenoestrogenen: Bindung an Estrogenrezeptor in Hefezellen Stoff

Relative Wirkungsstärke

35.10.4. Chemikalienüberempfindlichkeit ( multiple chemical sensitivity, MCS)

MCS-Diagnose-Kriterien nach L. Bartha et al., 1999:

• Reproduzierbare Symptome bei wiederholten chemischen Expositionen • Chronischer Zustand • Symptome werden durch niedrige Expositionsniveaus ausgelöst, die von anderen Personen im Allgemeinen toleriert werden bzw. vor Beginn der Erkrankung toleriert wurden • Besserung der Symptome bei Vermeidung oder Entfernung der Exposition • Auslösung der Symptome durch verschiedene chemisch nicht miteinander verwandte Stoffe • Mehrere Organe oder Organsysteme sind von Symptomen betroffen.

35.10.5. Chemische Kampfstoffe

Phosgen,

Lost

Tab. 35.44 Einige wichtige Gruppen chemischer Kampfstoffe Einteilung/Beispiele

Chemische Struktur

3

Hautkampfstoffe Schwefel-

und

Stickstofflost

Arsenverbindungen

Ulzerationen

Lungenkampfstoffe

Chlorgas

Phosgen

Blutkampfstoffe Arsin 3

Blausäure

Nervenkampfstoffe

Cholinesterasehemmstoffe Organophosphate

organische

35.11. Tierische Gifte

aktiv passiven Anwendung

Giftapparats

parenteral Peptiden

Proteinen.

enteral

wirksamsten Naturstoffen

+

Tab. 35.45 Toxizität von Toxinen (intravenöse Injektion bei Mäusen) LD 50 (µg/kg)

Toxin (Clostridium botulinum) Palythoa

(Androctonus australis)

Oxyuranus scutellatus Notechis scutatus (Naja siamensis)

35.11.1. Gifte von marinen Tieren Aktiv giftige Tiere Nesseltiere

Molekülmasse

Chironex fleckeri,

Seeanemonen

Anemonia sulcata,

+

ABB. 35.80

Struktur des Seeanemonen- Toxins ATX II mit drei Disulfidbrücken.

Meeresschnecken

Conus

Ionenkanäle μ 2 +

α +

ω +

κ +

δ Conus

®

Ziconotid ω

ABB. 35.81

Struktur des ω-Conotoxins aus dem Gift von Kegelschnecken, mit drei Disulfidbrücken.

Fische Stachelrochen

Petermännchen Skorpion-

Echiichthys Scorpaena

Rotfeuerfische Steinfische

Passiv giftige Tiere Ve r z e h r

Synanceja

Pterois

Muscheln

giftige Algen

Dinoflagellaten Algenblüte

Toxine, die Vergiftungen nach dem Verzehr von Muscheln bewirken . Saxitoxin, Domosäure, Okadasäure. Die jeweiligen Reste (R) sind mit Wasserstoff substituiert. ABB. 35.82

Algentoxine

paralytische

Symptome Saxitoxin +

gastrointestinale

Symptome

Okadasäure ZNS ausgehende Symptome Domosäure,

Fischvergiftungen, Ciguatera

Ciguatoxin Dinoflagellaten, Gambierdiscus

toxicus

Nahrungskette

+ 2+

ABB. 35.83

Maitotoxin,

Struktur des Ciguatoxins, das die Fischvergiftung Ciguatera bewirkt .

Kugelfische, Tetrodotoxins

blockiert selektiv den spannungsabhängigen Na + -Kanal,

Vibrio-, Bacillus-, Alteromonas-

Acinetobacter-

Palytoxin, Palythoa, N a + - K + -ATPase

35.11.2. Gifte von Landtieren Arthropodengifte Spinnengifte

Schwarze

Witwe

Latrodectus

α

γ Schmerz,

Die Schwarze Witwe (Latrodectus mactans). Sie besitzt ein äußerst potentes Gift. Seine Hauptkomponente ist das α-Latrotoxin, ein Protein, das die Freisetzung von Neurotransmittern an cholinergen und adrenergen Synapsen bewirkt. ABB. 35.84

Speispinnen

Vogelspinnen

Skorpiongifte

Loxosceles

Theraphosidae

+

Ionenkanälen -

+

+

Lungenödem

Hymenopterengifte Bienen

biogene

We s p e n

Amin Peptide,

Melittin

Struktur der Bienengift-Peptide Melittin und Apamin, Letzteres ist intramolekular mit zwei Disulfidbrücken stabilisiert. ABB. 35.85

• Apamin, ein Peptid mit 18 Aminosäuren, das sich durch einen zentralen Angriff auszeichnet ( ). Es verschließt einen Ca 2+ abhängigen K + -Kanal. Der Apamingehalt des Gifts reicht allerdings nicht aus, um den Menschen zu schädigen. • Ein weiteres Peptid, das MCD-Peptid (22 Aminosäuren), degranuliert Mastzellen und setzt dadurch Histamin frei, das an der Lokalreaktion des Bienengifts beteiligt sein dürfte. kininähnliche

Enzyme, Hyaluronidase Phospholipase A

2

Phospholipase

Vergiftungen

Allergenen.

lokale

Reaktion

anaphylaktischen

Schock Prophylaxe

B,

Gifte von Amphibien Hautdrüsen (passive

Gifte)

(Bufo) herzwirksamen

Glykosiden

Bufadienolide, (Salamandra salamandra) Phyllobates, Dendrobates N a + -Kanal

Batrachotoxin,

(Taricha

Te t r o d o t o x i n Notophthalmus viridescens)

Färberfrösche (Dendrobates histrionicus) enthalten in ihrem Hautsekret zahlreiche toxische Alkaloide, die sie aus ihrer Nahrung beziehen und die spezifisch Ionenkanäle aktivieren oder blockieren. ABB. 35.86

Kanalwirksame Toxine . A) Batrachotoxin, das Toxin des kolumbianischen Froschs Phyllobates aurotaenia. B) Tetrodotoxin, das Toxin des Kugelfisches und einiger Molche. ABB. 35.87

Peptide. Physalaemin Caerulein Cholecystokinin

Gastrins,

Schlangengifte

Polypeptiden

Enzymen.

• Viperidae (Vipern; zu ihnen gehören als Unterfamilie die Grubenottern: Klapperschlangen und Lanzenottern) • Atractaspididae (Erdvipern, zählten früher zu den Vipern) • Elapidae (Giftnattern wie Kobras, Mambas [ ], Kraits, Korallenschlangen, in weiteren Unterfamilien die Seeschlangen)

Die Grüne Mamba (Dendroaspis angusticeps) verfügt über ein Gift, das zahlreiche neurotoxische Polypeptide enthält, die die Erregungsübertragung an motorischen Synapsen unterbrechen. ABB. 35.88

• Colubridae ( Nattern ; meist für den Menschen ungefährliche Schlangen mit Ausnahme einiger Trugnattern) Giftwirkungen

• Die neurotoxische Wirkung ist für die meisten Elapidengifte, aber auch für einige Klapperschlangengifte (u. a. Südamerikanische Klapperschlange, Crotalus durissus terrificus ) charakteristisch. Spezifische Toxine (z. B. α-Bungarotoxin , Taipoxin , Crotoxin) blockieren die Erregungsübertragung an der Synapse. • Die Schädigung der Skelettmuskulatur ist eine Folge vieler Schlangenbisse. Dunkelbrauner Urin enthält Myoglobin, das aus zerstörter Muskulatur freigesetzt wurde. Hierfür sind hoch aktive Phospholipasen A 2 verantwortlich . Eine intravasale Hämolyse ist hingegen bei Schlangenbissen kaum zu beobachten. • Eine Störung der Blutgerinnung wird vor allem von Vipern- und Grubenotterngiften bewirkt, aber auch von Giften einiger Trugnattern (afrikanischen Baumschlangen wie Dispholidus typus und Thelotornis spp.). Schon innerhalb weniger Stunden nach

dem Biss wird das Blut ungerinnbar (Verbrauchskoagulopathie ) . • Ödem, Hämorrhagie und Nekrose. Während Schwellungen um die Bissstelle mehr oder weniger ausgeprägt bei fast allen Schlangengiften auftreten, zeichnen sich die Gifte vieler Vipern und Grubenottern durch ausgedehnte lokale Gewebezerstörung mit Nekrosenbildung aus. • Herz-Kreislauf-Probleme treten nach Schlangenbissen meist sekundär, z. B. als Folge massiver Elektrolyt- oder Flüssigkeitsverschiebung (Ödem), auf.

Peptide

Neurotoxine.

nicotinischen

Acetylcholin-Rezeptoren

α multicinctus) .

(Bungarus

Kardiotoxine Membranen

Zytotoxine

2

K + -Kanäle.

Dendrotoxine, Enzyme

2

Phospholipasen

A 2 -Typ.

2

Notechis

neurotoxischen Phospholipasen A

β-Bungarotoxin,

scutatus

α

(Bungarus multicinctus) Taipoxin 2 Oxyuranus scutellatus Notexin Crotoxin Crotalus durissus terrificus präsynaptisch

2

myotoxisch,

Proteasen

Gerinnung, Endoproteasen

Hämorrhagine

2

Gefäßpermeabilität

Gewebeintegrität.

Tumor-Nekrose-Faktors α Gerinnungssystem thrombinähnliche

(Echis Prothrombin.

carinatus) Daboia russelli,

Aktivierung Faktor X in Xa Fibrinogen

von

Thrombin

2

Gewebezerstörungen.

Hyaluronidasen

Ersten Hilfe

1. Beruhigend auf den Betroffenen einwirken, Panik entgegenwirken. 2. Betroffene Extremität ruhig stellen (Arm in Schlinge, Bein schienen), u. U. Schocklagerung. 3. Ringe und Armbänder entfernen (wegen Ödembildung). 4. Identifizierung des Gifttiers, soweit dies gefahrlos möglich ist. 5. Rascher Transport zum nächsten Arzt oder zur nächsten Klinik. 6. Vitalfunktionen aufrechterhalten (Beatmung, Herzmassage). unterlassen

• Bissstelle nicht einschneiden, ausschneiden, aussaugen oder auspressen (Gefahr der Gewebeschädigung, Blutungsquelle). • Extremität nicht abbinden (Stauung des Blutflusses); verhindert nicht die Giftresorption. • Irgendetwas in die Bissstelle einreiben oder einspritzen. • Bissstelle kühlen oder erwärmen (Gefahr von Gewebeschäden). • Alkohol oder Kaffee verabreichen, essen. spezifische Therapie Antiserum

Antiseren

schwere

symptomatischen

Vergiftungen

Behandlung Schlangenbisse

35.11.3. Tierische Gifte in der Forschung und als Arzneimittel

kein

chirurgisches

Problem.

Tab. 35.46 Beispiele zur Nutzung von Inhaltsstoffen tierischer Gifte zum Studium physiologischer Prozesse Objekt

Substanz

Effekt

Na + -Kanal

K + -Kanäle 2+

Ca 2+ -Kanäle Na + -K + -ATPase Synapsen

2

Membranstruktur phosphorylierte Proteine Blutgerinnung

Pharmakon therapeutisch (Hirudo medicinalis),

Hirudin ®

Schlangengiftenzyme (Bothrops jararaca)

Ziconotid ω (Conus

magus),

®

®

35.12. Giftpflanzen, Pflanzengifte

35.12.1. Giftstoffe mit Wirkung auf den Ionentransport Aconitin aus Aconitum napellus (Blauer Eisenhut, Ranunculaceae)

ABB. 35.89

Aconitin aus dem Blauen Eisenhut (Aconitum napellus).

Aconitum Aconitum

ferox,

Aconitum vulparia

(Consolida regalis, Consolida ajacis, Delphinium elatum). Acetylandromedol, (Ericaceae)

+ +

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Veratrumalkaloide aus Veratrum album (Weißer Germer, Melanthiaceae)

2

7

+

ABB. 35.90

Weißer Germer (Veratrum album), wächst auf feuchten Wiesen der montanen und subalpinen Stufe.

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Cicutoxin aus Cicuta virosa (Wasserschierling, Apiaceae) 1

ABB. 35.91

7

Cicutoxin Cicuta virosa

,

Cicutoxin (oben) und Aethusin (unten) .

(Aethusa cynapium) Aethusin

A +

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Herzwirksame Glykoside (Digitalis;

Strophanthus

(Urginea maritima)

(Helleborus

niger)

(Euonymus europaea)

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) wächst an Waldrändern und in lichten Wäldern, bevorzugt auf kalkarmem Boden. Wird auch als Zierpflanze angebaut. ABB. 35.92

35.12.2. Giftstoffe mit Wirkung auf Neurotransmitterrezeptoren Strychnin aus Strychnos nux-vomica (Brechnussbaum, Loganiaceae)

Vergiftungserscheinungen

Therapie

( S )-Hyoscyamin aus Atropa belladonna (Tollkirsche, Solanaceae)

Atropa belladonna S S

R

ABB. 35.93

Die Tollkirsche (Atropa belladonna) , wächst an Waldrändern oder auf Lichtungen.

S (Datura stramonium),

(Datura suaveolens) , Scopolia carniolica)

( Hyoscyamus niger), (Mandragora officinarum). S Vergiftungserscheinungen Atropa belladonna

Datura-

Hyoscyamus

Therapie

Nicotin aus Nicotiana tabacum (Tabak, Solanaceae) Nicotiana tabacum

Nicotin Nicotiana Vergiftungserscheinungen

Therapie

Salvinorin A aus Salvia divinorum („Wahrsagesalbei“, Lamiaceae) Salvia

divinorum

Salvinorin A

κ

ABB. 35.94

Salvinorin A, der psychotrope Inhaltsstoff von Salvia divinorum.

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Coniin aus Conium maculatum (Gefleckter Schierling, Apiaceae) Conium maculatum

Coniin

ABB. 35.95

γ

Coniin aus dem Gefleckten Schierling (Conium maculatum).

γ

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Cytisin aus Laburnum anagyroides (Gemeiner Goldregen, Fabaceae )

Cytisin

50

Vergiftungserscheinungen

Nicotiana tabacum Conium maculatum

Spartein aus Cytisus scoparius (Besenginster, Fabaceae ) Cytisus scoparius Genista germanica, Lupinus luteus,

Spartein

Blühender Besenginster (Cytisus scoparius), ein bis 2 m hoher Strauch, der auf Lehm- und Sandböden an Waldrändern und auf Heiden gedeiht. ABB. 35.96

ABB. 35.97

Spartein aus dem Besenginster (Cytisus scoparius).

450

Vergiftungserscheinungen

35.12.3. Giftstoffe mit Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt Ricin aus Ricinus communis (Wunderbaum, Christuspalme, Euphorbiaceae)

Ricinus communis

Ricinus communis ist eine tropische Nutzpflanze zur Gewinnung von Rizinusöl . In Südeuropa wächst sie verwildert an Wegrändern und auf Schuttplätzen. In Mitteleuropa, wo sie einjährig wächst und 2 m hoch wird, wird sie als Zierpflanze („Wunderbaum“, „Palma christi“) angeboten. ABB. 35.98

Ricinus

communis

Ricin.

N-

(Abrus precatorius)

Ricinus communis vulgaris),

Abrin

Abrus precatorius (Phaseolus coccineus)

(Phaseolus (Robinia pseudoacacia) Phasein

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Solanin aus Solanum tuberosum (Kartoffel, Solanaceae)

SolanumSolanum

dulcamara

Solanum Solanum pseudocapsicum

Vergiftungserscheinungen Solanismus

Fusarium

Therapie

35.12.4. Pflanzengifte mit leberschädigender Wirkung Pyrrolizidinalkaloide Senecio- (Kreuzkraut-)Arten

Senecio

S e n e c io

nigrum

Giftlattich (Lactuca virosa),

P e s t w u r z (Petasites

hybridus)

Vergiftungserscheinungen

35.12.5. Pflanzengifte als Mitosehemmstoffe Colchicin aus Colchicum autumnale (Herbstzeitlose, Colchicaceae)

Colchicum

ABB. 35.99

autumnale

Blühende Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) erscheinen im Herbst auf nassen Wiesen.

β

image ABB. 35.100

Colchicin aus der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale).

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Paclitaxel aus Taxus brevifolia (Eibe, Taxaceae)

Taxus Taxus brevifolia ®

β

baccata

image ABB. 35.101

Zweig der Eibe mit Scheinfrüchten (Taxus baccata) .

Vergiftungssymptome

Therapie

35.12.6. Cyanogene Glykoside α

β

Amygdalin β

image ABB. 35.102

Amygdalin, ein cyanogenes Glykosid .

Laetrile, 1

Vergiftungserscheinungen

7

Therapie

35.12.7. Lokal reizende Gifte Sesquiterpenlactone aus Arnica montana (Arnika, Asteraceae) Helenalin (Arnica

ABB. 35.103

montana),

Helenalin aus Arnika (Arnica montana).

Picrotoxinin Anamirta

cocculus

Oxalsäure aus Aronstabgewächsen (Araceae)

Dieffenbachia

Dieffenbachia

Aronstab (Arum maculatum)

Dieffenbachia.

Vergiftungserscheinungen Dieffenbachia

Therapie

Furanocumarine und andere fototoxische Giftstoffe

Psoralen

image ABB. 35.104

Psoralen .

(Apiaceae), (Rosaceae),

(Rutaceae), (Moraceae) Wiesenbärenklau (Heracleum sphondylium);

(Fabaceae)

Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum),

Citrus aurantium

bergamia

Hypericin (Hypericum

perforatum);

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Phorbol aus Wolfsmilchgewächsen (Euphorbiaceae)

(Euphorbia

cyparissias)

Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima) Crotonöls Croton tiglium,

Seidelbast

Daphne mezereum,

image Fruchtender Seidelbast (Daphne mezereum), ein in Wäldern wachsender, bis 1,5 m hoher Strauch mit violettroten, stark duftenden Blüten im Vorfrühling. ABB. 35.105

Vergiftungserscheinungen

Therapie

35.13. Pilzgifte (Basidiomycetes)

Amanita-/Orellanus-/Gyromitra-

Tricholoma flavovirens

T.

equestre, (Tricholoma terreum)

35.13.1. Gifte mit lokaler Reizwirkung auf den Magen-Darm-Trakt fasciculare),

Speitäubling (Russula emetica),

Riesenrötling (Entoloma sinuatum)

Grünblättrigen Schwefelkopf (Hypholoma Satansröhrling (Boletus satanas)

Hallimasch (Armillaria

mellea)

Therapie

35.13.2. Gifte mit Wirkung auf den Parasympathikus Muscarinsyndrom Trichterlinge Clitocybe Risspilz (Inocybe erubescens). muscaria),

Vergiftungserscheinungen

Fliegenpilz (Amanita

Therapie

35.13.3. Gifte mit zentralnervöser Wirkung Toxische Isoxazole Amanita,

Fliegenpilz (Amanita muscaria)

Ibotensäure

Pantherpilz (Amanita pantherina).

Muscimol

5 0

γ GABA-Rezeptor-Agonist.

image ABB. 35.106

L-Ibotensäure (links) und Muscimol (rechts) sind toxische Isoxazolderivate aus dem Fliegenpilz (Amanita

muscaria).

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Toxische Tryptaminderivate Magic Psilocybe

Mushrooms

Fruchtkörper des bläuenden Kahlkopfes (Psilocybe cyanescens) treten im Spätherbst auf. Ältere Exemplare zeigen typischerweise einen gewellten und leicht blauen Hutrand und Stiel . ABB. 35.107

Psilocybin

1A

2A

2

A

image ABB. 35.108

Chemische Strukturen von Psilocin und Psilocybin .

Vergiftungserscheinungen

50

35.13.4. Parenchymgifte Das Phalloidessyndrom (Knollenblätterpilzvergiftung) Amanitinen

(Amanita Galerina

Knollenblätterpilze Amanita phalloides,

virosa)

Amanita

verna,

Lepiota

Grüne Knollenblätterpilze (Amanita phalloides) treten ab Juli in Laub- oder Laubmischwäldern auf, oft nahe Eichen. Beachte, dass die Lamellen aller Amanita -Arten immer weiß bleiben (siehe rechtes Exemplar), während sie bei Champignons (Gattung Agaricus ) bereits im jungen Stadium rosa-bräunlich, später dunkelbraun pigmentiert sind. Außerdem fehlt bei Champignons, wie auch bei Täublingen (Russula) und Ritterlingen (Tricholoma) stets die Knolle an der Stielbasis. ABB. 35.109

R

Amanita phalloides, α

β Kochen oder Dörren der Pilze zerstört das Toxin

also nicht.

kältestabil,

ABB. 35.110

α -Amanitin, der Hauptwirkstoff des grünen Knollenblätterpilzes (Amanita phalloides), ist ein zyklisches Oktapeptid

RNA-Polymerase II

enterohepatischen Kreislauf α

image Wirkmechanismus des α-Amanitins . Das Schema auf der linken Seite zeigt einen auf geschnittenen Polymerase-II-Komplex bei der Transkription der DNA. Durch den Spalt (rechts) tritt doppelsträngige DNA in die Polymerase II ein. Strukturen am mundartigen Eingang werden als Kiefer bezeichnet. Vor dem eigentlichen katalytischen Zentrum mit dem essenziellen Magnesiumion (Mg 2+ , violett) werden die beiden DNA-Stränge getrennt. Die Nukleosidtriphosphate (NTPs) gelangen über eine trichterähnliche Struktur und eine sog. Pore zum katalytischen Zentrum. Am Matrixstrang (blau) wird die RNA entsprechend dem DNA-Code durch Einbau der Nukleotide gebildet. Es entsteht ein DNA-RNA-Hybrid von 9 Basenpaaren Länge. Dann kommt es zur Trennung von DNA- und RNAStrang. Hierzu sind die Strukturen wichtig, die als Ruder und Deckel bezeichnet werden. Durch den Ausgang verlässt die RNA das Enzym. Amanitin bindet in der Nähe der sogenannten Brückenstruktur, einer helikalen Verbindung der beiden größten Untereinheiten im Spalt der Polymerase. Die Brückenstruktur ist für den raschen Weitertransport der DNA in der Polymerase wichtig. Diese Translokation der DNA wird durch das Pilzgift gehemmt. Somit wird die Synthese der RNA im katalytischen Zentrum durch Amanitin nicht völlig blockiert, sondern „nur“ mehrmals 1000-fach verlangsamt. Auf der rechten Seite ist die Kristallstruktur der RNA-Polymerase II, die die mRNA synthetisiert, abgebildet. Eukaryotische RNAPolymerasen sind Enzyme, die aus bis zu 10 Untereinheiten bestehen und ein Molekulargewicht von ca. 500000 D haben. Charakteristisch ist der ca. 250 nm breite Spalt, in den die abzulesende DNA hineinpasst. Gekennzeichnet in Violett sind das Magnesiumion (Mg 2+ ) des katalytischen Zentrums und das gebundene α-Amanitin (rot). Modifiziert nach Bushnell, D. A., Cramer, P., Kornberg, R. D. (2002) Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 99, 1218–1229. ABB. 35.111

Phalloidin

Vergiftungserscheinungen 90 % aller tödlichen Phalloidessyndrom

lange Latenzzeit (6–24 h), gastrointestinale Phase

dreiphasiger Verlauf

scheinbare Erholung

hepatorenale

zweiten Latenzzeit,

Phase

Therapie begründetem

Verdacht

Magenspülung

Silibinin hemmt die Aufnahme von Amanitin in die Leberzelle.

Das Gyromitrasyndrom

®

(Gyromitra esculenta), Gyromitrin

(Ascomycetes N

N N-

Formyl-N-methylhydrazin

Monomethylhydrazin,

O

6

Vergiftungserscheinungen

Therapie

Vitamin B 6

Das Orellanussyndrom Cortinarius orellanus,

C. orellanus

Cortinarius

Orellanin,

Nephrotoxizität Vergiftungserscheinungen zwischen 2 Tagen und mehr als 2 Wochen

dauernde

Latenzzeit,

Therapie

35.13.5. Allergien und Unverträglichkeiten mit Alkohol Reaktionen des allergischen Formenkreises

Kahle Krempling (Paxillus involutus),

Faltentintlings (Coprinus

atramentarius)

Coprin

N

5

Coprin inhibiert die Aldehyddehydrogenase

image ABB. 35.112

Coprin ( N 5 -[1-Hydroxycyclopropyl]-L-glutamin) .

35.13.6. Mykotoxine Alternaria, Claviceps, Fusarium, Aspergillus

Penicillium. Aflatoxine Claviceps

purpurea

C. paspali Mutterkornalkaloide C.

35.13.7. Schwermetalle und Radionuklide in Pilzen

purpurea

35.14. Bakterielle Toxine

• Endotoxine sind Bestandteile der äußeren Zellwand gramnegativer Keime und werden hauptsächlich von abgetöteten und lysierten Bakterien freigesetzt. Endotoxine wirken auf den eukaryoten Organismus ein, indem sie Entzündungsmediatoren aus Immunzellen induzieren und freisetzen. • Dagegen wirken Exotoxine, die von lebenden Bakterien produziert und abgegeben werden, direkt schädigend auf den Wirtsorganismus. Sie sind Toxine im eigentlichen Sinne.

35.14.1. Endotoxine Lipopolysaccharide (LPS).

Endotoxine . Endotoxine sind Lipopolysaccharide (LPS), die Bestandteile der Bakterienwand darstellen. Sie bestehen aus einem Polysaccharid- und einem Phospholipidteil. Der Polysaccharidteil wird in eine variable Region (sog. O-spezifische Kette) mit unterschiedlicher serologischer Spezifität (O-Antigene) und in eine Kernregion eingeteilt. Am Aufbau der Kernregion sind ungewöhnliche Zucker wie Heptose (Hep) und 2-Keto-3-deoxyoctulosonsäure (Kdo) beteiligt. Der Phospholipidteil, also das Lipid A, besteht aus einem Glucosamindisaccharid (GlcN), an das Fettsäuren unterschiedlicher Kettenlänge über Amino- und Hydroxygruppen gebunden sind. Für die endotoxische Aktivität ist das Lipid A essenziell. P = Phosphorsäurereste (modifiziert nach S. Hauschildt et al., Handbook of Experimental Pharmacology, Vol. 145, Bacterial Protein Toxins). ABB. 35.113

aktivieren Mediatoren

Zellen des Immunsystems, Freisetzung von

α γ

2



Aktivierung von Makrophagen durch Endotoxin Mithilfe des Zellmembranproteins CD14 bindet Endotoxin (LPS) an den TLR4/MD-2-Rezeptorkomplex („Toll-Like Receptor 4“ im Komplex mit dem Protein MD-2) und aktiviert Makrophagen. Hierdurch werden zahlreiche Mediatoren freigesetzt und es wird die Bildung von sehr reaktiven Radikalen induziert. Abhängig vom Ausmaß dieser Aktivierung können sowohl nützliche als auch schädliche Effekte ausgelöst werden. Durch Bindung von LPS an den CD14/MD-2/TLR4-Rezeptorkomplex werden über die TIR -Domäne ( T oll/ I L-1- R ezeptor-Domäne) einerseits die Adaptorproteine TIRAP („ TIR domaincontaining A daptor P rotein“) und MyD88 (Name bezieht sich auf „ My eloid D ifferentiation“-Gene) und andererseits TRAM („ T RIF- R elated A daptor M olecule“) und TRIF („TIR domaincontaining adaptor inducing interferon“) mobilisiert. Nachfolgend kommt es über den MyD88-abhängigen Signalweg zur Aktivierung von MAP-Kinasen und NFκB und zur vermehrten Bildung von Entzündungsmediatoren und Zytokinen. Über den MyD88-unabhängigen Signalweg wird vor allem die Expression von Interferonen über IRF3 aktiviert (modifiziert nach S. Hauschildt et al., Handbook of Experimental Pharmacology, Vol. 145). ABB. 35.114

L

b

p

T I

R κ

I

R

F

35.14.2. Exotoxine makromolekulare Polypeptide.

Membranschädigende und zytolytische Exotoxine

bakterielle

α Phospholipase

spezifisch auf die Zellmembran gerichtete Enzymaktivität C. perfringens. C,

Porenbildung α

S. aureus

S. pyogenes α A d

a

- To x i n s

S.

aureus

m

α

Bindung, Oligomerisierung und Membraninsertion des α-Toxins von Staphylococcus aureus. Das α-Toxin bindet als Monomer an die Zellmembran und oligomerisiert zu Heptameren, die sich schließlich in die Zellmembran einlagern und eine Pore bilden. ADAM10 („ A D isintegrin A nd M etalloprotease 10 “), eine zinkabhängige zellmembranständige Metalloprotease, die an Integrine bindet und Oberflächenproteine proteolytisch abspaltet („shedding“), ist für die Bindung von αToxin essenziell. Offenbar ist ADAM10 auch an der zytotoxischen Wirkung von α-Toxin beteiligt. N = aminoterminales Ende des Proteins (modifiziert nach Engelmann, Science 274, 1850; 1996). ABB. 35.115

Streptolysin

O Cholesterin

RTX-Toxine

E.-colir

t

Verlust

x

porengängiger

Moleküle E. coli

C.

perfringens Bildung

von

Signalstoffen

Entzündungsmediatoren

Landwirtschaftliche Nutzung von porenbildenden Toxinen: Bacillus thuringiensis

Porenbildende Toxine als Insektizide . Das Bakterium Bacillus thuringiensis bildet während der Sporulation kristalline Einschlusskörper, die neben den Bacillus -Sporen freigesetzt werden. Die Einschlusskörper bestehen aus DeltaEndotoxin, einem Protein, das nichts mit dem Endotoxin Lipopolysaccharid (LPS) zu tun hat. Die Toxinkristalle sind schwer löslich; sie lösen sich aber in stark alkalischem Milieu (> pH 9) des Insektendarms. Das Toxin (MM ≈ 130 000) wird proteolytisch zu einem Protein mit einer Molekularmasse von ca. 60 000 aktiviert, das aus drei Domänen besteht. Nach Bindung an spezifische Rezeptorproteine durch die Domäne II folgen Aggregation und Porenbildung in den Darmwandzellen der Insektenlarven. Für die Porenbildung ist vor allem Domäne I verantwortlich. Durch die Porenbildung werden die Larven getötet. Inzwischen gibt es mehr als 100 Isoformen des Toxins (auch Cry-Toxine genannt), die für bestimmte Insekten (z. B. Lepidoptera oder Diptera) eine hohe Spezifität zeigen und für andere nicht giftig sind. Seit mehreren Jahren wird Saatgut von Kulturpflanzen (Tabak, Baumwolle, Reis und Mais [„Genmais“] ) angeboten, das das Toxingen enthält. Werden die Pflanzen, die das Toxin als endogenes Insektizid bilden, von den Insektenlarven gefressen, sterben sie aufgrund der Porenbildung in den Darmzellen ab. Das Toxin ist für Säugetiere (und auch für andere Tiere) völlig ungiftig. Zahlreiche Insekten sind leider bereits resistent. Die Resistenz entsteht durch mutierte Rezeptoren oder das Fehlen aktivierender Enzyme im Darm der Insekten (mit freundlicher Erlaubnis von J. Deacon [University of Edinburgh] sowie [rechtes Bild] Li et al., 1991, Nature, 353, 815). ABB. 35.116

Intrazellulär wirkende Exotoxine

Toxinaufbau

Rezeptordomäne rezeptorvermittelte Endozytose

(Bindungsdomäne)

(Enzymdomäne) (Translokationsdomäne)

α

Tab. 35.47 Intrazellulär wirkende Exotoxine mit Enzymaktivität Exotoxin

Aufbau

Proteinsubstrat (Akzeptor-Aminosäure)

Enzymaktivität

Funktionelle Konsequenzen (Erkrankung)

Pseudomonas Pseudomonas

E. coli-

5

s

5

i,o

s

C.-botulinum-

C.-difficile-

Pasteurella-multocida-Toxin

5

E. coli A = Enzymkomponente; B = Bindungskomponente; A-B = zweikettiges, über S-S-Brücken verbundenes Toxin. Beim einkettigen Pseudomonas -Exotoxin A tritt die A–B-Struktur intermediär beim Vergiftungsprozess auf. Bei den Toxinen mit AB 5 -Struktur sind die einzelnen Komponenten nicht kovalent verbunden. Die B-Untereinheiten von Pertussistoxin sind unterschiedlich (S2, S3, 2 × S4, S5), die von Choleratoxin, Shigatoxin und den strukturell verwandten Toxinen sind bei dem jeweiligen Toxintyp gleich. A, B = binäre Toxine, die Bindungskomponente B und die Enzymkomponente A sind zwei getrennte Proteine. AB = Einkettentoxine, die eine Bindungs(B)- und eine Enzym(A)-Domäne aufweisen. Bo-NT = Botulinustoxin, Te-T = Tetanustoxin.

Toxinfamilien ADP-ribosylierende Toxine

E.-coli-

Diphtherietoxin Struktur und Wirkungsmechanismus:

Elongationsfaktor 2 , ADP-ribosyliert.

Exotoxin

A

Pseudomonas

aeruginosa

2

G-Protein-ADP-ribosylierende Toxine E. coli heterotrimere GTP-bindende Proteine ausschließlich in der nukleotidbindenden α -Untereinheit

Wirkung von Choleratoxin, Pertussistoxin und Pasteurella-multocida -Toxin . Linke Abbildung: Wirkung von Choleratoxin auf Darmepithelzellen. Choleratoxin (CT) besteht aus der enzymatisch aktiven A-Komponente (CT-A) und der Bindungskomponente (CT-B), die ein Pentamer ist. CT bindet an das GM1-Gangliosid von Zielzellen. Nach Endozytose wird das gesamte Toxin über den Golgi-Apparat in das endoplasmatische Retikulum (ER) transportiert ( retrograder Toxintransport ). Hier kommt es zur Trennung von CT-A und CT-B. CT-A wird durch einen Transporter des ERAD(„ ER - a ssoziierte Protein- D egradation“)-Systems vom ER ins Zytosol geschleust. Im Zytosol ADP-ribosyliert CT-A die α-Untereinheit des heterotrimeren GsProteins. Das hierdurch aktiviert wird und die Adenylylcyclase (AC) stimuliert. Die vermehrte cAMP-Bildung aktiviert die cAMP-abhängige Proteinkinase A (A-Kinase) und führt zur Phosphorylierung und Aktivierung des Chloridkanals CFTR („Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator“). Die vermehrte Chloridsekretion ist für die starke Diarrhö bei der Cholera verantwortlich. Rechte Abbildung: Wirkung von Choleratoxin, Pertussistoxin und Pasteurella-multocida- Toxin auf heterotrimere G-Proteine. Heterotrimere G-Proteine bestehen aus einer αUntereinheit, die Guaninnukleotide bindet und GTPase-Aktivität besitzt, und einer βγ-Untereinheit. In der inaktiven, GDP-gebundenen Form liegen die G-Proteine als Heterotrimer vor. Nach Interaktion mit dem agonistgebundenen Rezeptor erfolgen der GDP/GTP-Austausch und die Dissoziation der α- und βγ-Untereinheit. Beide Untereinheiten können nun mit Effektorsystemen (Adenylylcyclase [AC], Phospholipasen, Ionenkanäle) interagieren. Der aktive Zustand der G-Proteine wird durch Hydrolyse des gebundenen GTP und Reassoziation zum Heterotrimer beendet. Choleratoxin ADP-ribosyliert die α-Untereinheit von G s -Proteinen und blockiert hierdurch die inhärente GTPase-Aktivität. G s -Protein bleibt somit persistierend aktiv. Das Pasteurella-multocida- Toxin (PMT) deamidiert einen Glutaminrest von α-Untereinheiten verschiedener G-Proteine (z. B. G i und G q ), wodurch ebenfalls die inhärente GTPase-Aktivität gehemmt wird und die Proteine persistierend aktiviert werden. Pertussistoxin ADP-ribosyliert die α-Untereinheiten der nichtdissoziierten G i,o -Proteine, verhindert deren Interaktion mit dem ABB. 35.117

Rezeptor und hemmt hierdurch die Aktivierung dieser G-Proteine.

Choleratoxin Vibrio cholerae Struktur

und

Wirkungsmechanismus:

1

α

s

G s -Protein persistierend aktiv. abhängigen Proteinkinase. T

Aktivierung der Adenylylcyclase Anstieg des intrazellulären cAMP-Spiegels Aktivierung der cAMPC F

R

E. coli

hitzelabilen Enterotoxins

E.-coli-

Pertussistoxin Bordetella pertussis, Struktur und Wirkungsmechanismus:

α

-Untereinheiten der Proteine G i und G o

blockiert so die rezeptorvermittelte Aktivierung der G-Proteine i

o

β α

2

Binäre Actin-ADP-ribosylierende Toxine C2-Toxin

von Clostridium

botulinum C. difficile-

Actin-ADP-ribosylierender C. perfringens-

Toxine.

Molekularer Mechanismus Actin-ADP-ribosylierender Toxine am Beispiel des Clostridium-botulinum -C2-Toxins. Das Toxin besteht aus zwei separaten Proteinen (binärer Toxinaufbau), einer Bindungskomponente C2II und einer Enzymkomponente C2I, die ADP-Ribosyltransferase-Aktivität besitzt. Durch partielle Proteolyse wird die Bindungskomponente C2II zu C2IIa aktiviert und oligomerisiert dann zu Heptameren. Hieran bindet die Enzymkomponente C2I. Nach Endozytose wird die Enzymkomponente C2I durch eine Pore, die von dem Heptamer gebildet wird, in das Zytosol geschleust. In der Zelle liegt Actin in einem dynamischen Gleichgewicht zwischen monomerem G-Actin und polymerisiertem F-Actin vor. C2I ADP-ribosyliert monomeres G-Actin, das dann an die „Plusseite“ der polaren Actinfilamente bindet und hier die weitere Actinpolymerisation verhindert („Capping“). An der „Minusseite“ der Actinfilamente findet weiterhin eine Depolymerisation statt. Freigesetztes monomeres Actin wird sofort von dem Toxin ADP-ribosyliert. Durch die ADP-Ribosylierung verliert Actin die Fähigkeit zur Polymerisierung („Trapping“). Die ADP-Ribosylierung führt schließlich zu einer Zerstörung des Actinzytoskeletts. Der Abbau des submembranären Actinzytoskeletts bewirkt die Bildung von feinen Zellausläufern, die durch Tubulinfilamente gebildet werden und offenbar die Adhäsion von Bakterien begünstigen. ABB. 35.118

Actin Hauptbestandteil des Zytoskeletts

zellulärer Bewegungsprozesse

Actin-ADP-Ribosylierung Verlust der Schrankenfunktion von Epithel- und Endothelzellen.

Clostridium-difficile -Toxine A und B antibiotikainduzierte Diarrhö pseudomembranöse

Kolitis. Clostridium-difficile-

Toxin A

B

clostridialen glucosylierenden Zytotoxine. monoglucosylieren

Zerstörung des Actinzytoskeletts,

Veränderungen des Zell-Zell-Kontakts und der sekretorischen Funktion von Enterozyten

Wirkmechanismus der Clostridium difficile - Toxine A und B. Die C. difficile- Toxine A und B bestehen aus mindestens vier funktionellen Proteinteilen ( ABCD-Modell, oberes Bild). Der aminoterminale Teil A („Active“) besitzt die Glucosyltransferase-Aktivität. Der carboxyterminale Teil B („Binding“) ist für die Rezeptorbindung verantwortlich. Abschnitt C („Cutting“) stellt eine Cysteinprotease dar, die zur Autoprozessierung des Toxins notwendig ist. Abschnitt D („Delivery“) ist in die Translokation des Toxins eingeschaltet. Die Toxine binden an Membranrezeptoren von Zielzellen (unteres Bild). Es folgt die Endozytose des Rezeptor-Toxin-Komplexes in Endosomen. Der saure pH von Endosomen induziert eine Strukturveränderung der Toxine, die eine Membraninsertion mit Porenbildung durch den Abschnitt D der Toxine bewirkt. Die Abschnitte A und C werden auf die zytosolische Seite transportiert, wo die Protease von Abschnitt C durch zytosolisches Inositol-hexaphosphat (InsP6) aktiviert wird. Es kommt zur Freisetzung der Glucosyltransferase, die Rho-Proteine an einem Threonin-Rest (Threonine-37) glucosyliert und dadurch inaktiviert . ABB. 35.119

Rho-Proteine sind R as- ho mologe Proteine. Die eigentlichen Ras-Proteine haben eine Schalterfunktion bei der Proliferationsinduktion durch Wachstumsfaktoren (z. B. durch EGF, PDGF, Insulin). Ihre Bezeichnung geht darauf zurück, dass viruscodierte, mutierte Ras -Proteine bei Ra tten S arkome induzieren. Rho-Proteine gehören zur großen Familie niedermolekularer („kleiner“) GTP-bindender Proteine (MM 20 000–25 000). Es wurden über 20 verschiedene Rho-Proteine beschrieben. Zu den RhoProteinen zählen Rho, Rac und Cdc42, die offenbar alle in die Regulation des Actinzytoskeletts eingeschaltet sind. Rho-Proteine regulieren darüber hinaus weitere zelluläre Signalprozesse. Hierzu gehören der Zell-Zell-Kontakt, die Glattmuskelkontraktion, Endozytose- und Sekretionsprozesse sowie die Aktivierung der Transkription und Proliferation. Wie heterotrimere G-Proteine ( ) sind die Rho-Proteine in der GTP-gebundenen Form aktiv und nach Hydrolyse des GTP zu GDP inaktiv. Zahlreiche bakterielle Proteinwirkstoffe ändern spezifisch die Aktivität von Rho-Proteinen. Einige der Wirkstoffe sind typische Toxine und werden von den Bakterien in die Umgebung abgegeben. Die Toxine gelangen dann meistens nach Endozytose aus den Endosomen in das Zytosol der Zielzellen. Hierzu zählen z. B. die C. difficile -Toxine ( ). Auch C3-Toxin von Clostridium botulinum und der zytotoxische nekrotisierende Faktor (CNF) von E. coli gehören dazu. Während C. difficile -Toxine Rho-Proteine durch Glucosylierung hemmen, bewirkt C3-Toxin eine Inhibition durch ADP-Ribosylierung. CNF aktiviert Rho-Proteine durch Deamidierung eines Glutaminrests, der für die Hydrolyse des gebundenen GTP essenziell ist. Dadurch wird das modifizierte Rho-Protein persistierend aktiv. Andere bakterielle Wirkstoffe werden direkt von den Bakterien in die Zielzelle transportiert. Dazu besitzen die Bakterien hoch komplizierte Apparate (Typ-III- und Typ-IV-Sekretionssysteme), die wie dünne Injektionsnadeln funktionieren. Damit wird z. B. von Salmonellen das Protein SopE, von Yersinien YopE und YopT in die Zielzellen mikroinjiziert. In der Zielzelle hemmt YopE Rho-Proteine, indem es die Hydrolyse von GTP beschleunigt. YopT hemmt Rho-Proteine durch proteolytische Spaltung am C-Terminus. SopE führt dagegen zu einer Aktivierung von Rho-Proteinen durch einen beschleunigten GDP/GTP-Austausch. ABB. 35.120

Rho-GTPasen-aktivierende Toxine C. difficilezytotoxische nekrotisierende Faktor (CNF), E. coliDeamidase selektiv

die γ

-Amid-Gruppe

von

Glutamin-63

im

Rho-Molekül

spaltet

ab. Pasteurella multocida

Clostridiale Neurotoxine Clostridium

botulinum

C. botulinum Botulinumneurotoxinen

Tetanustoxin,

C.

tetani Die Neurotoxine gehören zu den

stärksten bekannten Giften. Struktur und Wirkungsmechanismus:

schwere Kette

leichte

Kette schwere

Kette

für

die

Bindung

des

Toxins leichte

Kette

biologische Aktivität.

Botulinusneurotoxine Acetylcholinfreisetzung inhibieren,

neuromuskulären Endplatte Rückenmark

Tetanustoxin

bis zum Zellkörper des Motoneurons. Interneurone, blockiert Tetanustoxin die Freisetzung von inhibitorischen Neurotransmittern

Botulinusneurotoxine

schlaffen

Lähmung, Tetanustoxin

extrem gesteigerten Muskeltonus mit ausgeprägter Spastik. molekulare Metalloproteasen

Wirkungsmechanismus (Zinkendopeptidasen)

spalten

eukaryote

Proteine,

Synaptobrevin, SNAP25 Syntaxin, Hemmung des Vesikelfusionsvorgangs Blockade

der

Neurotransmitterfreisetzung.

muskellähmende Wirkung der Botulinustoxine

®

®

®

wird therapeutisch

genutzt.

Anthraxtoxine Milzbrands Bacillus anthracis. „letale“

Anthraxtoxin,

Makrophagen α

β

„Ödemtoxin“. Struktur und Wirkungsmechanismus:

1. der letale Faktor ( LF „lethal factor“), 2. der Ödemfaktor ( EF, „edema factor“) und 3. das protektive Antigen ( PA, „protective antigen“). „letale“ Anthraxtoxin

LF

PA. C.

Proteinkinasen,

botulinum

MAP-Kinase-Familie

Z u r Ve r t i e f u n g

Staphylococcus

aureus

pyrogene Exotoxine

S.

Enterotoxine pyogenes.

„Toxic Shock Syndrome Toxin 1“ Antigenrezeptor von T-Zellen

M H C verknüpfen.

image Aktivierung von T-Zellen durch Superantigene. Die Superantigene verknüpfen MHC-Klasse-II-Moleküle antigenpräsentierender Zellen mit T-Zell-Rezeptoren. Hierdurch werden die T-Zellen zur Bildung von Zytokinen und zur Proliferation stimuliert. ABB. 35.121

Ödemtoxin bakterielle Adenylylcyclase,

EF

PA.

hoch aktive calmodulinabhängige

Shigatoxin Shigella dysenteriae Struktur und Wirkungsmechanismus: Untereinheiten

enzymatisch aktiven A-Untereinheit

B-

3

A-Untereinheit als N-Glykosidase

spaltet einen einzelnen Adeninrest der 28S-rRNA des eukaryoten

Ribosomenkomplexes.

Francisella tularensis

Bacillus anthracis 5 0

®

E.

coli

Shigatoxin-produzierende E.

coli

S. dysenteriae. E. coli Gleicher Wirkmechanismus bei Pflanzengiften identischen toxischen Wirkmechanismus. Ricin communis

Abrin

Abrus precatorius

Ricinus

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Tabak

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Giftpflanzen, Pflanzengifte

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Internet-Links

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Sachregister Halbfette Zahlen bezeichnen die Hauptfundstelle Die exemplarische Auswahl von Handelsnamen stellt keine Wertung dar. A 1

1 2A

2B

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Abrus precatorius

2

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2 2

4

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Aconitum ferox

Actinien Actinomyces spp.

Actinoplanes teichomyceticus ®

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Siehe 2 2A

2A

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1 2

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1A 1B 1C 2A 2

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Carbo medicinalis

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Siehe Mandragora officinarum ®

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Amanita muscaria phalloides verna

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2

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Helicobacter-pylori

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Anamirta cocculus ®

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Anemonia sulcata

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1

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450

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Areca catechu ®

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Aristolochiaceae ®

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Arnica montana

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Arum maculatum

2

Artemisia annua

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Arum maculatum ®

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3

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50

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a

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Ascaris lumbricoides

Aspergillus flavus Aspergillus fumigatus Aspergillus nidulans var. echinulatus

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1

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450

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Atractaspididae

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1 2

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3

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B

Bacillus anthracis Bacillus thuringiensis Bacillus-thuringiensis

Bacteroides fragilis

Valeriana officinalis

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450

Basidiomycetes

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Siehe Dispholidus typus

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Thelotornis spp.

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Artemisia annua

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A

A A

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Cytisus scoparius ®

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Siehe Areca catechu Piper betle

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A A

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Hyoscyamus niger ®

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4

Solanum dulcamara

1

Blastomyces dermatitidis Aconitum napellus

2

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1

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1

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Hirudo medicinalis

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Trigonella foenum-graecum Peumus boldus Siehe

Bordetella pertussis Borrelia burgdorferi Boraginaceae

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Loganiaceae Strychnos nux vomica

3

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2

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1A

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3

Camellia sinensis

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Candida albicans

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Catha edulis

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Cephalosporium acremonium ®

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Chironex fleckeri Chlamydia spp. Chlamydia trachomatis

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Helleborus niger Ricinus communis

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Ciguatera

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Cimicifugae racemosae rhizoma ®

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Citrus aurantium

bergamia

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Claviceps paspali purpurea

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Clonorchis sinensis ®

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Clostridium botulinum Clostridium-botulinum Clostridium difficile

Clostridium-difficile Clostridium-difficile Clostridium-difficile Clostridium-difficile Clostridium-difficile Clostridium-difficile Clostridium-perfringens Clostridium tetani

2A

12

Coccidioides immitis

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Coffea arabica

Cola nitida

Colchicum autumnale ®

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Colubridae ®

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Conium maculatum

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Conus ®

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Coprinus atramentarius ®

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Siehe Siehe Cortinarius orellanus

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Coxiella burnetii,

2

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Crotalaria Croton tiglium Cryptococcus neoformans

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1

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3

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Cytisus scoparius

450

450

450 450

450 450 450

450

450

450

D 1 2

3 4 5

Daboia russel

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2A

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Datura stramonium suaveolens

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Dicrocoelium dendriticum

Dieffenbachia-Arten

Wuchereria bancrofti

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3

2

Gambierdiscus toxicus

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Diphyllobothrium latum

Diphyllobothrium pacificum Diphyllobothrium ®

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D

2

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Siehe Apiaceae

1 2 2

2

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1 2

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2

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Echinococcus granulosus Echinococcus multilocularis

10 50 75 95

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Taxus baccata/brevifolia

Aconitum ferox Aconitum napellus Aconitum vulparia

Elapidae ®

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1

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Datura suaveolens

Entamoeba histolytica

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2 3

4

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Epidermophyton floccosum

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1 3

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Tricholoma terreum Atractaspididae

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Erythroxylum coca

Escherichia coli

Escherichia-coli Escherichia-coli Escherichia-coli Escherichia-coli

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Eubacterium

Euphorbia cyparissias pulcherrima

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Siehe Coprinus atramentarius

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Dendrobates histrionicus ®

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Fasciola hepatica ®

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Phaseolus coccineus

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Digitalis Digitalis purpurea ®

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Amanita muscaria

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Francisella tularensis ®

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Gyromitra esculenta Amanita verna

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Fusarium

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2

Galerina

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Gambierdiscus toxicus

Gardnerella vaginalis

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Helicobacter pylori

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Conium maculatum

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Aconitum vulparia Aconitum vulparia

Laburnum anagyroides

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Siehe Giardia lamblia

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Lactuca virosa Elapidae (Lepiota)

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2

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4

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Laburnum anagyroides

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Hypholoma fasciculare ®

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Dendroaspis angusticeps Amanita phalloides Tricholoma flavovirens = T. equestre

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Gyromitra esculenta

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H 1

1

2

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Haemophilus influenzae

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Siehe Armillaria mellea

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1A 1D

(Galerina)

1c

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Ericaceae ®

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Helicobacter-pylori Helicobacter-pylori

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Heracleum mantegazzianum sphondylium (Colchicum autumnale) ®

Siehe Heracleum mantegazzianum

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2

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1

1

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Hirudo medicinalis

1

1

Histoplasma capsulatum

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Humulus lupulus

1 1A

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Humulus lupulus

Aethusa cynapium

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Hymenolepis nana

Hyoscyamus niger

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Hypericum perforatum

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2 1

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3

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Siehe auch

2 2a

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Impatiens glandulifera ®

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2

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Inocybe

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Siehe (Hypericum perforatum)

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Siehe Paxillus involutus Psilocybe cyanescens

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Solanum tuberosum ®

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Conus ®

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1

Crotalus durissus terrificus Crotalus durissus terrificus

Klebsiella oxytoca Klebsiella pneumoniae Anamirta cocculus

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Amanita phalloides Amanita virosa

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A

Solanum pseudocapsicum

Scopolia carniolica Bungarus multicinctus

Paxillus involutus

Siehe Bufo

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L Laburnum anagyroides 2

+

Lactuca virosa

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Siehe Siehe Bothrops jararaca

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Latrodectus

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Legionella pneumophila Legionella

Leishmania brasiliensis Leishmania donovani Leishmania tropica

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Lepiota

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Helicobacter-pylori

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Lonicera japonica ®

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450

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Siehe auch

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2A

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Helicobacter-pylori

Helicobacter-pylori

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Helicobacter-pylori

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Mandragora officinarum

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2

Moraceae

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Urginea maritima

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Staphylococcus-aureus

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Helicobacter-pylori

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Micrococcus aurantiacus ® ®

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Microsporum

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2

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Siehe Taricha

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Notophthalmus viridescens

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Moraxella catarrhalis

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Staphylococcus aureus

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1

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A

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Claviceps purpurea Secale cornutum

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2+

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Mycobacterium avium

Mycobacterium bovis

Mycobacterium intrazellulare Mycobacterium kansasii

Mycobacterium leprae

Mycobacterium tuberculosis

Mycoplasma pneumoniae

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Solanum dulcamara Solanum nigrum ®

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2

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Colubridae

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Necator americanensis

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Nerium oleander

+

Siehe

Siehe

Siehe

Coelenteraten

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

3

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Nicotiana tabacum

®

Siehe

1

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®

Siehe

Siehe

®

Siehe

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Siehe

®

® 1

1 2 3

Siehe

Siehe

®

Siehe

Siehe

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2

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®

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Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe ®

®

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Siehe

Siehe

+

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Siehe

O 6

6

6

6

®

®

®

®

Siehe Siehe

®

®

Siehe

Siehe

Siehe

2A

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

3

®

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

®

Siehe

Opisthorchis viverrini

®

Siehe ®

Siehe

Cortinarius orellanus ®

Siehe

Orellanus ®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe ®

®

Siehe

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

Aristolochiaceae

®

Siehe

®

Siehe ®

+

Siehe

®

Siehe

®

Oxyuris vermicularis 3

P

Paeoniae rubra

®

Siehe

® ®

Siehe Cycas ®

®

Siehe

Siehe

®

Siehe

Siehe

®

Siehe ®

Siehe Amanita pantherina

®

Siehe

Papaver somniferum

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

2

®

®

®

Siehe

Siehe

Pasteurella-multocida (Abrus precatorius)

Pausinystalia yohimbe Paxillus involutus

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

®

Siehe Siehe

Siehe

Penicillium

®

®

®

Siehe

Siehe

A

®

Siehe

®

Siehe

450

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Petasites hybridus ®

Siehe Echiichthys

® ®

Siehe Siehe Euonymus europaea Phyllobates, Dendrobates

2

1

2

2 2α



2

2

2

2 2

Siehe auch

Siehe

450

Phaseolus coccineus vulgaris

®

Siehe

Siehe

+

2

3

3 3 3 2

2

2

2

Physostigma venenosum

3

A

®

Siehe

2 3

Piper betle ®

Siehe

®

®

Siehe

®

Siehe

Plantago ovata ®

Siehe

Siehe

Plasmodium falciparum

Plasmodium malariae

Plasmodium ovale Plasmodium vivax

®

®

Siehe

Siehe

®

®

Pneumocystis jiroveci

Pneumocystis-jiorveci

Siehe

®

Siehe

®

Siehe Siehe

P. carinii

®

Siehe

Siehe

450 450

Polypocladium inflatum ®

Siehe

Poncirus trifolata

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

1

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ® ®

Siehe Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

®

Siehe

®

®

Siehe

Siehe Siehe

®

Siehe

2 2

®

Siehe

®

® ®

Siehe

Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe

2

2

2

3

2α 2

3

1

®

Siehe

Proteus mirabilis

Proteus

Siehe

+

+

+

+

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

Pseudomonas aeruginosa

Psilocybe cyanescens

®

®

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

6

Q

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® ®

Siehe

Siehe Siehe

Fritillaris

R Siehe

3

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

Rutaceae Rauwolfia serpentina

1

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Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Rhizopoda

®

Siehe

®

Siehe 2

®

Siehe

Ricinus communis

Entoloma sinuatum Helicobacter-pylori

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Inocybe erubescens ®

Siehe

®

Siehe

Robinia pseudoacacia ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

Rosaceae

Digitalis purpurea

Pterois

®

®

Siehe

Siehe

3

3

Siehe

Russula

®

Siehe

S

Salamandra salamandra

Salmonella enteritidis Salmonella typhi ®

Siehe

Salvia divinorum

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe ® ®

Siehe

Siehe

®

®

®

®

Siehe Siehe Echis carinatus

Siehe

®

Boletus satanas ®

Siehe

®

Siehe

2

Scedosporium

Conium maculatum

Aspergillus flavus Schistosoma haematobium Schistosoma intercalatum Schistosoma japonicum Schistosoma mansoni

A

Ascomycetes Cortinarius orellanus

Fabaceae

Chelidonium majus

Solanum nigrum Latrodectus mactans

2

Hypholoma fasciculare

2

Scopolia carniolica

Siehe

®

Secale cornutum

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

1

®

Siehe

®

Siehe Actinien

Daphne mezereum

Siehe ®

Siehe

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

2

®

Siehe

®

Siehe

Siehe ®

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

Siehe

®

Serratia marcescens

Serratia

Siehe

Shigella dysenteriae

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

450

®

®

Siehe Siehe

2

®

®

Siehe

Siehe ®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

Scorpaena

®

Siehe

Solanum dulcamara nigrum pseudocapsicum tuberosum ®

Siehe

Siehe

Siehe ® ®

Siehe

3 ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

Siehe

®

Siehe

Russula emetica

Sphaerophorus

Sporothrix schenkii

®

Siehe

2

Basidiomycetes

®

Staphylococcus aureus

Staphylococcus epidermidis Staphylococcus. saprophyticus

Siehe

®

Siehe

450 450

Datura stramonium Datura stramonium E. coli) Synanceja

Stenotrophomonas maltophila

5

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

®

Siehe

Streptococcus haemolyticus Streptococcus pneumoniae

Streptococcus pyogenes

®

Streptomyces caespitosus Streptomyces erythreus Streptomyces hygroscopicus Streptomyces lincolnensis Streptomyces orientalis Streptomyces pilosus Streptomyces verticillus

®

89

90

Siehe

Strophanthus

Strychnos nux vomica Strychnos toxifera

®

®

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

®

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

2

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

T 3

Siehe

4

Siehe

3

4

Taenia saginata/solium

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

®

Siehe ®

®

Siehe ®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Russula ®

Siehe

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe ®

Siehe

Taxus baccata brevifolia ®

Siehe

Siehe Siehe

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

4 9

9

4

®

Siehe

®

Siehe

Siehe

Theobroma cacao

1

2 2

2

2

3

2

2

®

Siehe

Siehe Siehe ®

Siehe

Siehe

Notechis scutatus ®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

®

Siehe

®

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

Atropa belladonna

®

Siehe

®

Siehe

A

+

®

Siehe

1

Torulopsis Siehe

Toxocara canis/cati Toxoplasma gondii

®

Siehe

®

®

®

Siehe

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Trichinella spiralis

Siehe

®

Siehe

Tricholoma flavovirens

T. equestre

terreum Trichomonas vaginalis

Trichophyton mentagrophytes Trichophyton rubrum Trichophyton Trichophyton verrucosum

Clitocybe Trichuris trichiura ®

Siehe

3

3

®

Siehe

® ®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

Trypanosoma brucei Trypanosoma cruzi Trypanosoma gambiense

Trypanosoma rhodesiense

6

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

U

®

Siehe

®

Siehe

Helicobacter pylori ®

Siehe ® ®

Siehe Siehe

® ® ®

Siehe

Siehe Siehe

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

V 1

1a 1a 1b 2

2 2

Siehe ®

Siehe

Valeriana officinalis ®

®

Siehe Siehe ®

+

®

Siehe

®

S. aureus

®

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

Siehe

Siehe

2

2

2

® ®

®

Siehe

Siehe ®

Siehe

®

Siehe ®

®

®

Siehe

Siehe

Siehe

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

®

Siehe

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Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

Vibrio cholerae ®

Siehe

® ®

Siehe Siehe ®

®

Siehe

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

Viperidae

Viperidae

®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

1 1

2

®

Siehe

6

6

12

12 2 17

2 3

3

3 3

1

®

®

Siehe Siehe

Theraphosidae ® ®

Siehe ®

®

4

Siehe Siehe

Siehe

® ®

Siehe

Siehe

W Anemonia sulcata

Salvia divinorum ®

Siehe

Cicuta virosa

2

2

Siehe

Euphorbia pulcherrima Veratrum album Amanita virosa Datura stramonium

2

Heracleum sphondylium

Euphorbiaceae

Wuchereria bancrofti Ricinus communis

Chironex fleckeri

X ®

Siehe ®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Siehe ®

Siehe ®

Siehe ®

Siehe

® ®

Siehe Siehe

Y ®

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Yersinia enterocolitica

®

Siehe ®

Siehe ®

Siehe

Z

®

Siehe

®

Siehe ®

®

Siehe Siehe

®

Siehe ®

Siehe Siehe

®

Siehe

2

®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe

Inocybe erubescens ®

Siehe Siehe

3

Siehe

®

®

Siehe

Siehe

®

Siehe ®

Siehe

+

®

Siehe ®

Siehe

®

Siehe

®

Siehe ®

®

Siehe

Siehe Euphorbia cyparissias

® ®

Siehe Siehe

Siehe

®

Siehe

Siehe

®

Siehe