Zell- und Gewebekultur: Allgemeine Grundlagen und spezielle Anwendungen [8 ed.] 9783662626061, 3662626063

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Zell- und Gewebekultur: Allgemeine Grundlagen und spezielle Anwendungen [8 ed.]
 9783662626061, 3662626063

Table of contents :
Vorwort zur 8. Auflage
Über die Autoren
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I Allgemeine Grundlagen der Zell- und Gewebekultur
Inhaltsverzeichnis
1 Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen
1.1  Der Reinigungsbereich
1.2  Der Vorbereitungs- und Verarbeitungsbereich
1.3  Der Sterilbereich
1.3.1  Die sterile Werkbank
1.3.2  Der Brutschrank
1.3.2.1  Weitere Geräte im Sterilbereich
Wartung des Hochleistungsschwebstofffilters
Probleme bei Brutschränken und Lösungen
Weiterführende Literatur
2 Steriltechnik – Kontaminationen
2.1  Der Sterilbereich
2.2  Laborreinigung
2.3  Hygiene
2.4  „Aseptische“ Arbeitstechnik
2.4.1  Arbeitsfläche
2.4.2  Desinfektion
2.4.3  Pipettieren
2.4.4  Abflammen (Flambieren)
2.4.5  Ultraviolettes Licht (UV)
2.5  Sterilisationsverfahren
2.5.1  Autoklavieren
2.5.1.1  Überwachung der Sterilisation
2.5.1.2  Die Verpackung im Autoklaven
2.5.2  Heißluftsterilisation
2.5.3  Sterilfiltration (Keimfiltration)
2.5.4  Sterilitätstest
Autoklavieren
Sterilisation von Flaschen
Sterilisation von Pipetten
Sterilisation eines Membranfilters
Sterilfiltration von Medien
2.6  Antibiotika (Verwendung von Antibiotika in der Zellkultur)
2.6.1  Anwendung
2.6.2  Antibiotikafreie Kultur
2.7  Mycoplasmen
2.7.1  Vermeidung von Mycoplasmenkontaminationen
2.7.2  Nachweismethoden von Mycoplasmenkontaminationen
2.7.2.1  Darstellung der Mycoplasmen durch Fluorochromierung mit DAPI
2.7.2.2  ELISA-Test auf Mycoplasmen
2.7.2.3  Nachweis von Mycoplasmen mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion)
2.7.2.4  Mycoplasmennachweis durch spezifische Enzymbestimmung
2.7.3  Elimination von Mycoplasmen
Tests nur in antibiotikafreien Kulturen
Einbettmittel für Fluoreszenzpräperate
DAPI-Test auf Mycoplasmen
PCR-Test auf Mycoplasmen
Behandlung von Zellkulturen gegen Mycoplasmen
2.8  Kreuzkontaminationen
2.8.1  Methodik des STR-Profiling
2.8.2  Vermeidung von Kreuzkontaminationen
Zusammenfassung
Weiterführende Literatur
3 Sicherheit in der Zellkultur
3.1  Sicherheitsvorschriften
3.2  Gesetzliche Regelwerke
3.3  Entsorgung
Generelle Probleme
Weiterführende Literatur
II Die Zelle und ihre Umgebung
Inhaltsverzeichnis
4 Zellbiologische Grundlagen der Zell- und Gewebekultur
Weiterführende Literatur
5 Kulturgefäße und ihre Behandlung
5.1  Züchtung von Zellen auf Glas
5.2  Züchtung von Zellen auf Plastikmaterial
5.3  Züchtung von Zellen auf anderen Materialien
5.4  Spezielle Kulturgefäße
5.4.1  Kulturflaschen
5.4.2  Petrischalen, Vielfachschalen und Mikrotiterplatten
5.4.3  Wannenstapel und andere Kulturgefäße
5.4.4  Deckgläser und Objektträger
5.4.5  Reagenzgläser, Zentrifugengläser und andere Kulturröhrchen
5.5  Reinigung und Vorbehandlung von Glaswaren
Reinigung neuer Glaswaren
Reinigung gebrauchter Glaswaren
Mikrobiologische Dekontamination von Glaswaren
Reinigung von Deckgläsern
Reinigung von Objektträgern
Pipettenreinigung
Silikonisieren von Glaswaren
Entfernen von Silikon
Prüfen des Wascheffektes.
5.6  Vorbehandlung von Kulturgefäßen mit Polylysin oder mit Komponenten der extrazellulären Matrix zur Modifizierung der Oberflächeneigenschaften
Beschichten von Oberflächen mit Polylysin
Beschichten von Oberflächen mit Kollagen
Beschichtung mit Kollegen Typ IV
Beschichten von Oberflächen mit Fibronectin
Beschichten von Oberflächen mit Laminin
Beschichten von Oberflächen mit Vitronectin
Beschichten von Oberflächen mit Basement Membrane Matrigel™
Beschichten von Oberflächen mit Gelatine
Beschichten von Oberflächen mit fetalem Kälberserum
Zusammenfassung
Weiterführende Literatur
6 Zellkulturmedien
Allgemeine Aspekte der Kulturmedien
6.1  Zusammensetzung der Medien
6.1.1  Grundkomponenten
6.1.2  Zusätze zu Kulturmedien
6.1.2.1  Glucose und andere Kohlenhydrate
6.1.2.2  Aminosäuren
6.1.2.3  Glutamin
6.1.2.4  Pyruvat
6.1.2.5  Vitamine
6.1.2.6  Spurenelemente
6.1.2.7  β-Mercaptoethanol
6.1.2.8  Lipide
6.1.3  Serum
6.1.4  Alternativen zur Verwendung von Serum in der Zellkultur
Herstellung proteinarmer Thrombocytenlysate
Zusammenfassung wichtiger Grundsätze
6.2  Kurze Beschreibung der gebräuchlichsten Kulturmedien
6.3  Herstellung gebrauchsfertiger Medien
Herstellung eines Mediums aus gebrauchsfertigen Teillösungen
Herstellung eines Mediums aus dem 10× Konzentrat
Herstellung eines Mediums aus einer Pulvermischung
Autoklavierbare Medien
Zusammenfassung: Allgemeine Grundsätze in der Herstellung und Verwendung von Zellkulturmedien
Weiterführende Literatur
7 Serumfreie Zellkultur
7.1  Grundmedien
7.2  Zusätze zu serumfreien Medien
7.3  Modularer Aufbau serumfreier Medien
7.4  Übergang von serumhaltigen zu serumfreien Medien
Umstellung auf serumfreies Medium
7.5  Serumfreie und proteinfreie Kulturmedien
Weiterführende Literatur
8 Physiologische Zellkulturparameter
8.1  Osmolarität
8.2  Temperatur
8.3  Oxygenierung
8.4  pH-Wert und Pufferung
8.4.1  NaHCO3
8.4.2  HEPES
8.4.3  Phenolrot
Weiterführende Literatur
9 Reinstwasser für Zell- und Gewebekulturen
9.1  Verfahren der Aufbereitung, Vorbehandlung
9.2  Reinstwasseraufbereitungssysteme
9.3  Lagerung von Reinstwasser
9.4  Wasser für Reinigungszwecke
Weiterführende Literatur
III Routinemethoden zur allgemeinen Handhabung kultivierter Zellen
Inhaltsverzeichnis
10 Mediumwechsel und Fütterungszyklen
10.1  Mediumwechsel bei Monolayerkulturen
Mediumwechsel bei Monolayerkulturen
10.2  Mediumwechsel bei Suspensionskulturen
Mediumwechsel bei Suspensionskulturen
Weiterführende Literatur
11 Subkultivierung/Passagieren
Shake-off-Verfahren
Hinweis
Passagieren mit Trypsinlösung
Passagieren mit Trypsin–EDTA-Lösung
Modifikation beim Passagieren serumfreier Zellkulturen mit Trypsin
Passagieren serumfreier Zellkulturen mit TrypLE™
Passagieren von Stammzellen mit Accutase™
Passagieren von Monolayerkulturen mit Dispase
Passagieren durch Abschaben
11.1  Subkultivierung von Monolayerkulturen
11.1.1  Abklopfen der Zellen (Shake-off-Verfahren)
11.1.2  Passagieren der Zellen mit Trypsin bzw. Trypsin–EDTA
11.1.3  Passagieren von Monolayerkulturen mit anderen proteoloytischen Enzympräparationen
11.1.4  Passagieren von Monolayerkulturen durch Abschaben
11.1.5  Einsäen der Zellen
Einsaatdichte (seeding density) und Verdünnungsfaktor (split ratio)
11.2  Subkultivierung von Suspensionskulturen
Subkultivierung von Suspensionskulturen
Weiterführende Literatur
12 Bestimmung allgemeiner Wachstumsparameter
Dokumentation der Kulturen
12.1  Mikroskopische Betrachtung der Kulturen
Bestimmung der Zellzahl mittels Zählkammer
Bestimmung der Lebendzellzahl durch elektronische Zellzählung am Beispiel des CASY® Cell Counter, Model TT, Roche Diagnostics GmbH)
Gerätevoreinstellung für die Zählung von z. B. U937 Zellen (. Abb. )
Allgemeine Vorbereitung
Zählung der Probe
Pflege des Gerätesystems
Zellpopulationsverdopplung
12.2  Bestimmung der Zellzahl (und Zellmasse)
12.2.1  Bestimmung der Zellzahl in Suspensionen
12.2.2  Zellzählung mit elektronischen Zählgeräten
12.2.3  Bestimmung der Zellzahl in Monolayerkulturen
12.2.4  Wachstumskurve und Populationsverdopplungszeit
12.2.5  Zellmasse
Bestimmung des Gesamtproteins einer Kultur
Hinweis
12.3  Bestimmung allgemeiner Stoffwechselparameter
12.3.1  Nährstoffverbrauch und Stoffwechselraten
12.3.2  Spezifische Zellprodukte
Resazurin Assay
Trypanblaufärbung
MTT-Test auf Lebensfähigkeit
WST-8 Test
Alternative Assays
12.4  Vitalitätstests
12.4.1  Vitalfärbung zur Testung auf Lebensfähigkeit von Zellen
12.4.2  Tetrazolium-Tests zur Messung von Lebensfähigkeit und Wachstum
12.4.3  Proliferationsassays
12.4.4  Anheftungseffizienz (Plating Efficiency)
Plating Efficiency
Weiterführende Literatur
13 Einfrieren, Lagerung und Versand von Zellen
Einfrieren von Zellen
13.1  Einfrieren von Zellen
13.2  Lagerung der Zellen
Auftauen von Zellen
Problembehandlung
13.3  Auftauen von Zellen
Versand von Zellen
Probleme mit Zellen
13.4  Versand von Zellen
Weiterführende Literatur
14 Qualitätskontrolle und Cell Banking
14.1  Qualitätskontrolle
14.1.1  Herkunft und Authentizität der Zellen
14.1.2  Identifizierung der Zellen
14.1.3  Kontaminationen mit Mycoplasmen
14.1.4  Kreuzkontamination mit anderen Zellen
14.2  Cell Banking
Weiterführende Literatur
15 Standardisierung in der Zellkultur (Good Cell Culture Practice)
Weiterführende Literatur
IV Spezielle Methoden und Anwendungen
Inhaltsverzeichnis
16 Allgemeine Aspekte der Primärkultur
16.1  Anlegen einer Primärkultur
Entwicklung einer Zelllinie nach Hayflick und Moorhead (1961)
16.2  Etablierung einer Zelllinie, Zellalterung und Seneszenz
16.3  Apoptose in der Zellkultur
16.3.1  Ablauf und Regulation der Apoptose
16.3.2  Bestimmungsmethoden zur Apoptose in der Zellkultur
Probleme mit transformierenden Genen
Viruszüchtung
Transformation
16.4  Transformation und Immortalisierung
16.4.1  Entwicklung kontinuierlicher Zelllinien
16.4.2  Induzierte Transformation von Zellen
16.4.3  Virusvermehrung und Transformation mit Epstein-Barr-Viren (EBV)
16.4.4  Die Immorto-Maus®
Weiterführende Literatur
17 Spezielle Primärkulturen
17.1  Kultivierung von Herzmuskelzellen des Hühnchens
Kultivierung von Herzmuskelzellen des Hühnchens
17.2  Kultivierung von Herzmuskelzellen aus neonatalen Rattenherzen
Kultivierung von Herzmuskelzellen aus neonatalen Rattenherzen
17.3  Primärkulturen aus frischen Hautproben (Biopsien) menschlichen Ursprungs
Primärkulturen aus frischen Hautproben (Biopsien) menschlichen Ursprungs
Isolierung von Lymphocyten
17.4  Isolierung von Lymphocyten aus Vollblut mittels Dichtegradientenzentrifugation
Primärkultur von Granularzellen aus dem Mäusecerebellum
17.5  Primärkulturen aus Mäusecerebellum (Kleinhirn)
Primärkultur von Hepatocyten
Kultivierung primärer Hepatocyten auf Kollagensandwich
Primärkultur von Nichtparenchymzellen (Kupffer-Zellen)
17.6  Primärkulturen von Hepatocyten
Gewinnung von Endothelprimärkulturen aus Schlachtmaterial (Lungenarterie vom Kalb)
Isolierung von Endothelzellen und glatten Muskelzellen aus Humanarterien
Doppelfärbung zur Charakterisierung von Endothelzellen (EC) oder glatten Muskelzellen (SMC) kombiniert mit DNA-Färbung
17.7  Isolierung und Primärkultur von Endothelzellen
Primärkultur aus solidem Humantumor
17.8  Gewinnung einer Zellkultur aus soliden Humantumoren
Primärkultur aus Spalthaut
Primärkultur aus Mäusehaut
Zusammenfassung
17.9  Gewinnung von Keratinocyten
17.9.1  Gewinnung von humanen Keratinocyten
17.9.2  Gewinnung einer Keratinocyten-Primärkultur aus Mäusehaut
Weiterführende Literatur
18 Kultivierung spezieller Zelllinien
18.1  Mammaliazelllinien
18.1.1  Mausfibroblasten (3T3-Zellen)
18.1.2  Nierenepithelzelllinien
18.1.2.1  Die Madin-Darby-Canine-Kidney (MDCK) Linie
18.1.2.2  Die LLC-PK1 Schweinenieren-Epithelzelllinie
18.1.3  Kultivierung von Epithelzellen auf mikroporösen Unterlagen (Filtereinsätzen)
18.1.4  Nierenzelllinien aus der normalen Ratte
18.1.5  Intestinale Epithelzelllinien
18.1.6  Phäochromocytomzellen PC-12
Kultivieren und Passagieren von NIH/3T3-Fibroblasten
Kultivierung von MDCK-Zellen
Kultivierung von LLC-PK1-Zellen
Kultivierung transportierender Epithelzelllinien auf Filtereinsätzen
Kultur von Phäochromocytomzellen PC-12
18.2  Kaltblütige Vertebraten
18.2.1  Fischzellkulturen
Subkultivierung von Fischzellen
18.3  Invertebraten
Subkultur von adhärenten Invertebratenzellen
18.4  Insektenzellen für die biotechnologische Produktion rekombinanter Proteine (Sf9-Zellen aus Spodoptera frugiperda)
18.4.1  Das Baculovirus-Expressionssystem
18.4.2  Insektenzelllinien
18.4.3  Aufbewahrung und Lagerung
Kultur von Sf9-Zellen und Virusinfektion
Aufbewahrung von Insektenzelllinien
Tiefgefrierkonservierung von Insektenzellen
Weiterführende Literatur
19 Spezielle zellbiologische Methoden in der Zellkultur
19.1  Transfektion
19.1.1  Transfektion nach der Calciumphosphatmethode
19.1.2  Lipofektion
19.1.3  Transfektion mittels Elektroporation
19.1.4  Gene Editing kultivierter Zellen mittels CRISPR/Cas9
Bestimmung der cytotoxischen Geneticinkonzentration
Transfektion
Lipofektion in nicht adhärenten Zellen
Elektroporation
19.2  Klonieren
19.2.1  Limited-Dilution-Klonierung
19.2.2  Klonierung in Weichagar
19.2.3  Isolierung von adhärenten Zellklonen
Limited-Dilution-Klonierung von Hybridomzellen
Klonierung in Weichagar
Isolierung von adhärenten Zellklonen
19.3  Zellfusion, Hybridomatechnik
19.3.1  Prinzipieller Verfahrensablauf
19.3.2  Antigene und Adjuvantien
19.3.3  Tierwahl für die Immunisierung
19.3.4  Immunisierung
19.3.5  Kultur der Myelomzellen
19.3.6  Konditionierte Medien und „Feeder“-Zellen
19.3.7  Elektrofusion von Zellen
19.3.8  Screening tierischer Hybride
Fusion von Mäusezellen mit Polyethylenglykol (PEG)
Elektrofusion von Zellen
Screening auf das Vorhandensein von Antikörpern
19.4  Zellsynchronisation
19.4.1  Zellsynchronisation durch Abkühlen
19.4.2  Zellsynchronisation durch Abschütteln mitotischer Zellen
19.4.3  Zellsynchronisation durch Colcemid-Block
19.4.4  Zellsynchronisation durch Serumentzug
19.4.5  Synchronisation durch Doppelthymidinblock
19.4.6  Zellsynchronisation durch Isoleucinmangel
19.4.7  3H-Thymidineinbau als Proliferationskontrolle
Zellsynchronisation durch Schütteln und Abkühlen
Zellsynchronisation durch Colcemid-Block
Zellsynchronisation durch Serumentzug
Synchronisation durch Doppelthymidinblock
Zellsynchronisation durch Isoleucinmangel
3H-Thymidineinbau
19.5  Cytometrie/Cell Sorting
19.5.1  Klonierung von Zellen mittels eines FACS
19.5.2  Bestimmung der Zellzykluszeit einer proliferierenden Population mittels Bromdesoxyuridineinbaus
19.5.3  Bestimmung von verschiedenen Subpopulationen aus peripheren Humanleukocyten
Bestimmung des DNA-Gehalts von proliferierenden Zellen
DNA-Syntheserate mit dem BrdU-Antikörper
Bestimmung von Leukocyten-Subpopulationen
19.6  Versuche zur In-vitro-Toxizität
19.6.1  Cytotoxizitätsprüfung
19.6.1.1  Zellkulturmethoden
19.6.1.2  Konzentration der applizierten Substanz in vitro und zeitlicher Verlauf der Applikation
19.6.1.3  Erholungsperiode
19.6.1.4  Endpunkte
19.6.2  Methoden zur In-vitro-Toxizitätsprüfung
19.6.2.1  Prüfung auf wachstumshemmende Eigenschaften einer Substanz
19.6.2.2  Prüfung auf akute Zelltoxizität
19.6.2.3  Nachweis mutagener Substanzen
19.6.2.4  Inhibition des Zellwachstums (quantitative Neutralrotmethode)
Prüfung auf wachstumshemmende Eigenschaften einer Substanz mithilfe von Mausfibroblasten (L929) bzw. Humanfibroblasten (MRC 5)
Prüfung auf akute Zelltoxizität (Agardiffusionstest)
Nachweis mutagener Substanzen
Inhibition des Zellwachstums
19.7  Migrationsassays
19.7.1  Transendotheliale/transepitheliale Migration
19.7.1.1  Mechanismen der transendothelialen/transepithelialen Migration von Leukocyten
19.7.1.2  Präparation neutrophiler Granulocyten
19.7.1.3  Kultivierung der Zellen auf Filtermembranen
19.7.1.4  Transmigrationsversuche
Präparation neutrophiler Granulocyten
A. Kultivierung der Zellen auf der Filteroberseite
Ablauf der Transmigration
19.8  Chromosomenpräparation
Chromosomenpräparation
Weiterführende Literatur
20 Organkulturen, 3D-Kulturen, Organoide und mikrophysiologische Systeme (Organ-on-Chips)
20.1  Organkulturen
20.1.1  Präparation eines Säugerdünndarms als Beispiel für eine Organpräparation in der Pharmakologie
20.1.2  Präparation eines peripheren Nerven (oberes Halsganglion) zur Messung der neuronalen Übertragung (Neurotransmission)
20.1.3  Leberschnitte in vitro
20.1.3.1  Testung der Leberschnitte auf Fibrinogen
Präparation eines Meerschweinchenileum
Präparation eines peripheren Nerven (oberes Halsganglion) zur Messung der neuronalen Übertragung (Neurotransmission)
Herstellung der Leberschnitte
ELISA-Test auf Fibrinogenproduktion
20.2  Dreidimensionale (3D-)Kulturen, Organoide und 3D-Biodruck
Kultur von Sphäroiden
Modellierung von Wirt-Krankheitserreger-Wechselwirkungen in einem respiratorischen, humanen 3D-Barriere-/Immunmodell
20.3  Mikrophysiologische Systeme (Organ-on-Chips)
Vergleich von Zellkulturmedien
Weiterführende Literatur
21 Stammzellen
21.1  Embryonale Stammzellen
21.2  Induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC)
Kultivierung von humanen induziert pluripotenten Stammzellen (hiPSC)
21.3  Adulte Stammzellen
21.3.1  Gewinnung und Kultur hämatopoetischer Stammzellen
Protokoll zur Kultivierung mesenchymaler Stammzellen aus abgesaugtem Fettgewebe (adipose-derived stem cells, ADSC)
Anreicherung von hämatopoetischen Stammzellen aus Vollblut und aus der Nabelschnur von Neugeborenen
Depletion cytotoxischer und adhärenter Zellen mittels Leu-Leu-O-Meth-Behandlung
Einsatz von ECM-Gel zum Entfernen von adhärenten Zellen
21.4  Embryonaler-Stammzell-Test (EST) (Spezies: Maus)
21.4.1  Grundlegende Verfahren
21.4.1.1  Differenzierung der embryonalen Stammzellen
21.4.1.2  Messung der Cytotoxizität mittels ES-Zellen und 3T3-Zellen mit dem MTT-Test
21.4.1.3  Untersuchung der Differenzierung der ES-Zellen
21.4.1.4  Cytotoxizitätstest mit ES-Zellen und 3T3-Zellen
21.4.1.5  Voraussage des embryotoxischen Potenzials
21.4.2  Dezimale geometrische Konzentrationsreihen
21.4.3  Löslichkeit der Testchemikalien
Messung der Cytotoxizität mittels ES-Zellen und 3T3-Zellen mit dem MTT-Test
Konzentration der Testchemikalien
Verfahrensweise bei der Untersuchung
Konzentration der Test-Chemikalien
Einsaat der Monolayer und Test-Verfahren
A) Allgemeine Bemerkungen
Weiterführende Literatur
22 Zellkultur im großen Maßstab, Automatisierung
22.1  Monolayerkulturen für große Zellmengen
22.1.1  Rollerkultur
22.1.2  Wannenstapel (multi-tray, cell factory)
22.1.3  Kapillar-Perfusion (Kapillarreaktor, Dialysator)
22.1.4  Microcarrier-Kultur (Mikroträger)
Rollerkultur
22.2  Suspensionskultur für große Zellmengen
Anlegen einer Suspensionsmassenkultur
22.3  Automatisierung in der Zellkultur
Weiterführende Literatur
V Pflanzenzellkultur
Inhaltsverzeichnis
23 Pflanzenzell- und Gewebekultur
23.1  Herstellung von Kulturmedien
Herstellung von Pflanzenkulturmedien aus käuflichem, vorgemischten Pulvermedium
23.2  Kalluskulturen
Kalluskultur (Karottenwurzeln)
Subkultivierung von Kalli
23.3  Suspensionskulturen
Anlegen von Suspensionskulturen aus Kalluskulturen
Subkultivierung von Kallussuspensionskulturen
23.4  Isolierung von Protoplasten aus Pflanzenzellkulturen
23.4.1  Elektrofusion von Pflanzenprotoplasten
23.4.2  Fusion von Protoplasten mittels Polyethylenglykol
Isolierung einzelner Pflanzenzellen und Beobachtung des Wachstums während der Kultivierung
Fusion von Protoplasten mittels Polyethylenglykol
Isolierung und Kultivierung von Protoplasten höherer Pflanzen
23.5  Antherenkultur
Antherenkultur bei der Gerste
23.6  Embryonenkultur
Embryonenkultur der Gerste
23.7  Einfrieren und Lagerung von Pflanzenzellkulturen
Kryokonservierung von Pflanzenzellsuspensionen
Weiterführende Literatur
A Glossar (Kleines Zell- und Gewebekulturlexikon)
B Anhang
C Lieferfirmen und Hersteller
Stichwortverzeichnis

Citation preview

Gerhard Gstraunthaler · Toni Lindl

Zell- und Gewebekultur Allgemeine Grundlagen und spezielle Anwendungen 8. Auflage

Zell- und Gewebekultur

Gerhard Gstraunthaler · Toni Lindl

Zell- und ­Gewebekultur Allgemeine Grundlagen und spezielle Anwendungen 8. Auflage

Gerhard Gstraunthaler Pfaffenhofen, Österreich

Toni Lindl Institut für Angewandte Zellkultur München, Deutschland

ISBN 978-3-662-62605-4 ISBN 978-3-662-62606-1  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; ­detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 7 http://dnb.d-nb.de abrufbar. 1.–3. Aufl.: © Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1987, 1989, 1994 4.–6. Aufl.: © Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2000, 2002, 2008 7. und 8. Aufl.: © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2013, 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandabbildung: L-929 Mausfibroblasten, Vitalfärbung mit Neutralrot (Aufnahme: Prof. Toni Lindl) Planung/Lektorat: Sarah Koch Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Vorwort zur 8. Auflage Die vorliegende, nunmehr bereits 8. Auflage unseres Lehr- und Methodenbuches zur Zell- und Gewebekultur wurde wieder gründlich überarbeitet und auf den letzten Stand von Wissen und Technik gebracht. Das neue Layout und die mehrfarbige Gestaltung des Buches haben sich sehr bewährt. Die Autorenzitate haben wir, in Anlehnung an den Modus moderner Lehrbücher, im Text diesmal weggelassen, was den Textfluss erleichtert. Dafür haben wir aber die Literaturlisten „entstaubt“, nach Stichworten gruppiert, aktualisiert und mit repräsentativen Review-Artikeln ergänzt. Bereits in der 7. Auflage haben wir die Einhaltung höchster Qualitätsstandards in der Zell- und Gewebekultur besonders hervorgehoben. Doch auch nach rund 70 Jahren moderner Zell- und Gewebekultur, wie wir sie heute kennen, finden sich immer noch die altbekannten „offenen Baustellen“: zum einen die Authentifizierung humaner Zelllinien, verbunden mit einem Qualitätsmanagement, um Kontaminationen mit Mycoplasmen und Kreuzkontaminationen zu vermeiden bzw. rechtzeitig zu entdecken, zum anderen die weitere Verwendung von fetalem Kälberserum endlich zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden. Deshalb gilt weiterhin unser Grundsatz und unsere Aufforderung: Ändern Sie Ihre „Kultur“ der Zellkultur! Seit dem Erscheinen der 7. Auflage haben diese offenen Fragen zusätzliche Brisanz erfahren. Die Coronavirus-Pandemie rückte nicht nur die Virologie plötzlich ins öffentliche Bewusstsein, sondern auch die Zell- und Gewebekultur. Denn ohne Zellkultur keine Virusforschung! Viren können sich nur in lebenden Zellen replizieren. Bald nach Ausbruch der Corona-Pandemie und der ersten Isolierung des Virus gelang es, SARSCoV-2 in Kulturen von Vero-Zellen, einer Affennierenepithel-Linie, zu vermehren. Damit war erst der Grundstein gelegt, das SARS-CoV-2-RNA-Genom zu entschlüsseln und tragfähige PCR-Nachweisverfahren für dieses neue Coronavirus zu entwickeln. Auch bei den weltweiten Anstrengungen, einen SARS-CoV-2-Impfstoff zu entwickeln, spielen Zellkulturen eine unverzichtbare Rolle. Ebenso ist das auf Seite 318 beschriebene 3-dimensionale Lungenmodell zu einem wertvollen Experimentalansatz weiterentwickelt worden, das Infektionsgeschehen bei COVID-19 unter Zellkulturbedingungen zu studieren. Thema Kreuzkontaminationen und Falschidentifizierung von Zelllinien: Die Durchseuchung der Zellkulturlabore mit falsch identifizierten Zelllinien hält leider weltweit an. Ebenso die Problematik des fetalen Kälberserums (FKS): Im Jahr 2013 wurde schon wieder ein schwerwiegender Fall von „gepanschtem“ FKS publik. In der Zeitspanne von 2008 bis 2013 wurden mehr als 10 % der Weltproduktion gepanscht. Die Auswirkungen auf hunderte, wenn nicht tausende von Zellkulturexperimenten können nur annähernd abgeschätzt werden. Hier bietet das Buch in den Kapiteln 6 und 7 ausreichende Alternativen, um FKS in der Zellkultur dauerhaft zu vermeiden. Doch es gibt auch Positives zu berichten. Immer mehr wissenschaftliche Journale verlangen bei Einreichung von Manuskripten einen eindeutigen Befund über die korrekte Authentifizierung der verwendeten humanen Zelllinien. Im 7 Abschn. 2.8 finden sich ausführliche Anleitungen hierzu. Die dreidimensionale Zellkultur, die Kultivierung von Organoiden und Miniorganen wie auch mikrophysiologische Systeme „on Chips“ haben die Zellkultur näher an histio- und organotypische Strukturen herangeführt. Kultivierte Organoide bieten heute wertvolle in vitro-Modelle zur Erforschung von Organentwicklungen oder als Testsysteme in Pharmakologie und Toxikologie. Diese neuesten Entwicklungen in der Zell- und Gewebekultur haben wir in das neu gestaltete Kapitel 20 einfließen lassen. Für ihre wertvollen Beiträge sei Profs. Drs. Doris Wilflingseder und Michael J.

VI

Vorwort zur 8. Auflage

Ausserlechner, Medizinische Universität Innsbruck und Dr. Joachim Wiest, cellasys GmbH, Kronburg aufrichtig gedankt. Die Kultivierung von Stammzellen, induziert pluripotenten und mesenchymalen adulten Stammzellen, „boomt“ seit Jahren und ist in der bio-medizinischen ­Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken. Dieser Entwicklung haben wir ebenfalls Rechnung getragen und die Abschnitte über iPSC und adulte Stammzellen neu gestaltet und aktualisiert. Der interessierte Praktiker findet nunmehr Kultivierungsprotokolle für embryonale Stammzellen der Maus, humane iPSC und mesenchymale Stammzellen. Besonders danken möchten wir Dr. Yvonne Reid, ATCC, Prof. Dr. Walther Parson, Gerichtsmedizin Innsbruck und Dr. Wilhelm Dirks, DSMZ, die uns zur Aktualisierung des Kapitels Kreuzkontaminationen und Authentifizierung mittels DNA-Profiling Abbildungen und wertvolle Hinweise lieferten. Einen Hinweis in eigener Sache möchten wir allen neuen und alten Lesern des Buches noch auf den Weg geben: Nutzen Sie das Buch bitte nicht nur zum Nachschlagen von Bekanntem und Nachkochen von Anleitungen, sondern nehmen Sie unsere Texte als Vorlagen für Neues und für Versuche, über diese bestehenden Zeilen und Kapitel hinaus eigenständig kreativ zu werden und evtl. Aktuelles mit unseren Texten in Ihren Versuchen zu verbinden. Und last but not least, bedenken Sie den Wert des geschriebenen Wortes; denn nichts ist so flüchtig wie ein „nur“ digital heruntergeladenes Dokument, das nach einer kurzen Zeit doch wieder vergessen wird. Danken wollen wir auch wieder allen Firmen, die uns mit qualitätsvollen Bildern und Hinweisen versorgten, so dass wir aus der ganzen Fülle des Angebots nur ausgewählte Abbildungen einbringen konnten. Danken möchten wir auch dem Verlag, Frau Dr. Sarah Koch, besonders aber Frau Dr. Meike Barth für ihre Geduld, die sie mit uns bei der Herstellung des Buches hatten. Ein Dank ergeht auch an Frau Shalaka Kulkarni und Herrn Kent Muller für die Erstellung des Layout. Nun möge das Buch allen Lesern die Freude und den Nutzen bringen, den sie erwarten und auch erwarten dürfen. Gerhard Gstraunthaler Toni Lindl

Pfaffenhofen und München im Oktober 2020

VII

Über die Autoren Univ.-Prof. Dr. Gerhard Gstraunthaler geb. 1953 in Landeck/Tirol. 1972–1979 Studium der Mikrobiologie und Biochemie an der Universität Innsbruck. 1979 Univ.-Assistent am Institut für Physiologie der Universität Innsbruck, 1987 Habilitation für Physiologie mit bes. Berücksichtigung der Zellphysiologie, 1994–2018 Titularprofessor am Institut für Physiologie der Medizinischen Universität Innsbruck. 1984/1985 Forschungsaufenthalte an den National Institutes of Health, Bethesda, MD und 1995 an der Colorado State University, Fort Collins, CO. Externer Lektor an der Fachhochschule Management Center Innsbruck (MCI). Spezialgebiete: Zellphysiologie, epitheliale Zell- und Gewebekultur, Nierenbiochemie, Alternativen zum fetalen Kälberserum, serumfreie Zellkultur, induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC), Ersatzmethoden zu Tierversuchen.

Prof. Dr. Toni Lindl Studium der Chemie und Biologie an der TH München und an der Universität Freiburg. Univ.Assistent an der Universität Konstanz und wiss. Assistent an der Universität Bonn. 1981 Gründung des privaten Instituts für angewandte Zellkultur (I-A-Z, Dr. T. Lindl, GmbH) in München (BMFTu. BMBW-Projekte, Zellkulturkurse: Grundkurse und Spezialkurse für Fortgeschrittene). 1990 Berufung an die Fachhochschule Weihenstephan, 1995 Forschungsaufenthalt am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge, Mass., USA. Autor von zahlreichen wissenschaftlichen Originalartikel, darunter Nature, BBA, Toxicology In Vitro, ALTEX und anderen. Fachgebiete: Pflanzenzellkulturen, tierische und humane Zellkulturen, Zellphysiologie und Zelltoxikologie, Alternativmethodenentwicklung zum Tierversuch (langjähriges Mitglied einer Kommission nach §15 Tierschutzgesetz), Alternativen zum fetalen Kälberserum, serumfreie Medien, humane Thrombocytenlysate. Das Buch Zell- und Gewebekultur hat T. Lindl als Erstautor 1987 zusammen mit J. Bauer ins Leben gerufen und mit G. Gstraunthaler ab der 6. Auflage entscheidend weiterentwickelt und aktualisiert. Weitere Bücher: T. Lindl und R. Steubing: Atlas of Living Cell Cultures, Wiley-VCH (2013); T. Lindl und H. Plank (Hrsg.): F. X. Lindl, Italienische Reise, Eigenverlag (2020).

IX

Inhaltsverzeichnis I

Allgemeine Grundlagen der Zell- und Gewebekultur

1 1.1 1.2 1.3

Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

3 3.1 3.2 3.3

Der Reinigungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Der Vorbereitungs- und Verarbeitungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Der Sterilbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Steriltechnik – Kontaminationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Der Sterilbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Laborreinigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Hygiene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 „Aseptische“ Arbeitstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Sterilisationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Antibiotika (Verwendung von Antibiotika in der Zellkultur). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Mycoplasmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Kreuzkontaminationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Sicherheit in der Zellkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53



Sicherheitsvorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Gesetzliche Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Entsorgung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

II

Die Zelle und ihre Umgebung

4

Zellbiologische Grundlagen der Zell- und Gewebekultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63



Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6

Kulturgefäße und ihre Behandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

6 6.1 6.2 6.3

7 7.1 7.2 7.3 7.4

Züchtung von Zellen auf Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Züchtung von Zellen auf Plastikmaterial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Züchtung von Zellen auf anderen Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Spezielle Kulturgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Reinigung und Vorbehandlung von Glaswaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Vorbehandlung von Kulturgefäßen mit Polylysin oder mit Komponenten der extrazellulären Matrix zur Modifizierung der Oberflächeneigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 79 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Zellkulturmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Zusammensetzung der Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Kurze Beschreibung der gebräuchlichsten Kulturmedien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Herstellung gebrauchsfertiger Medien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Serumfreie Zellkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Grundmedien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Zusätze zu serumfreien Medien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Modularer Aufbau serumfreier Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Übergang von serumhaltigen zu serumfreien Medien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

X

7.5

8 8.1 8.2 8.3 8.4

9 9.1 9.2 9.3 9.4



Inhaltsverzeichnis

Serumfreie und proteinfreie Kulturmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Physiologische Zellkulturparameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Osmolarität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Oxygenierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 pH-Wert und Pufferung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Reinstwasser für Zell- und Gewebekulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Verfahren der Aufbereitung, Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Reinstwasseraufbereitungssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Lagerung von Reinstwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Wasser für Reinigungszwecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

III

Routinemethoden zur allgemeinen Handhabung kultivierter Zellen

10 10.1 10.2

Mediumwechsel und Fütterungszyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

11 11.1 11.2

12 12.1 12.2 12.3 12.4

13 13.1 13.2 13.3 13.4

14 14.1 14.2

 Mediumwechsel bei Monolayerkulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140  Mediumwechsel bei Suspensionskulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Subkultivierung/Passagieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Subkultivierung von Monolayerkulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Subkultivierung von Suspensionskulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Bestimmung allgemeiner Wachstumsparameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Mikroskopische Betrachtung der Kulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Bestimmung der Zellzahl (und Zellmasse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Bestimmung allgemeiner Stoffwechselparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Vitalitätstests. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

Einfrieren, Lagerung und Versand von Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Einfrieren von Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Lagerung der Zellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Auftauen von Zellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Versand von Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Qualitätskontrolle und Cell Banking. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183



Qualitätskontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Cell Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

15

Standardisierung in der Zellkultur (Good Cell Culture Practice) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187



Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

XI Inhaltsverzeichnis

IV

Spezielle Methoden und Anwendungen

16 16.1 16.2 16.3 16.4

Allgemeine Aspekte der Primärkultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

17 17.1 17.2 17.3 17.4 17.5 17.6 17.7 17.8 17.9

18 18.1 18.2 18.3 18.4

19 19.1 19.2 19.3 19.4 19.5 19.6 19.7 19.8



Anlegen einer Primärkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Etablierung einer Zelllinie, Zellalterung und Seneszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Apoptose in der Zellkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Transformation und Immortalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Spezielle Primärkulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Kultivierung von Herzmuskelzellen des Hühnchens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Kultivierung von Herzmuskelzellen aus neonatalen Rattenherzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Primärkulturen aus frischen Hautproben (Biopsien) menschlichen Ursprungs . . . . . . . . . 212 Isolierung von Lymphocyten aus Vollblut mittels Dichtegradientenzentrifugation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Primärkulturen aus Mäusecerebellum (Kleinhirn). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Primärkulturen von Hepatocyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Isolierung und Primärkultur von Endothelzellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Gewinnung einer Zellkultur aus soliden Humantumoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Gewinnung von Keratinocyten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Kultivierung spezieller Zelllinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Mammaliazelllinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Kaltblütige Vertebraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Invertebraten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Insektenzellen für die biotechnologische Produktion rekombinanter Proteine (Sf9-Zellen aus Spodoptera frugiperda) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Spezielle zellbiologische Methoden in der Zellkultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Transfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Klonieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Zellfusion, Hybridomatechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Zellsynchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Cytometrie/Cell Sorting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Versuche zur In-vitro-Toxizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Migrationsassays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Chromosomenpräparation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

20

Organkulturen, 3D-Kulturen, Organoide und mikrophysiologische Systeme (Organ-on-Chips). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

20.1 20.2 20.3

Organkulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Dreidimensionale (3D-)Kulturen, Organoide und 3D-Biodruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Mikrophysiologische Systeme (Organ-on-Chips). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

21 21.1 21.2 21.3 21.4



Stammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Embryonale Stammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Adulte Stammzellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Embryonaler-Stammzell-Test (EST) (Spezies: Maus). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346



XII

22 22.1 22.2 22.3



Inhaltsverzeichnis

Zellkultur im großen Maßstab, Automatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Monolayerkulturen für große Zellmengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 Suspensionskultur für große Zellmengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Automatisierung in der Zellkultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360

V Pflanzenzellkultur 23 23.1 23.2 23.3 23.4 23.5 23.6 23.7



Pflanzenzell- und Gewebekultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Herstellung von Kulturmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Kalluskulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Suspensionskulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Isolierung von Protoplasten aus Pflanzenzellkulturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Antherenkultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Embryonenkultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Einfrieren und Lagerung von Pflanzenzellkulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Weiterführende Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

Serviceteil A Glossar (Kleines Zell- und Gewebekulturlexikon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 B Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 C Lieferfirmen und Hersteller. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

XIII

Einleitung Werden tierische oder humane Zellen in vivo aus dem Gewebeverband isoliert, können die Zellen unter geeigneten Bedingungen über verschieden lange Zeit in vitro in Kultur gehalten werden. Die Zell- und Gewebekultur ist damit – neben der Pflanzenzellkultur – zu einer Schlüsseltechnologie in der Zell- und Molekularbiologie und in der Biomedizin geworden (. Abb. 1). Was ist der Zweck einer Zellkultur, und wie führt man eine Zellkultur auf hohem Standard durch? Je nach Fragestellung ergeben sich unterschiedlich hohe Ansprüche an die Zell- und Gewebekultur. 5 Da ist einmal die Zellkultur in der Grundlagenforschung, also das Studium der Physiologie und der Biochemie kultivierter Zellen selbst, deren Ansprüche in vitro in Bezug auf Nährstoffe oder das Angebot an Wachstums-, Proliferations- und Differenzierungsfaktoren sowohl für „normale“, insbesondere aber auch für „entartete“ Zellen in der Tumorbiologie. 5 In der Virusvermehrung und Impfstoffproduktion. Viren vermehren sich nur in bestimmten Wirtszellen. Eine geordnete Zellkultur ist deshalb unerlässlich. 5 In der Biotechnologie, wo gentechnisch veränderte Zellen zur Produktion und großtechnischen Herstellung rekombinanter Proteine zum Einsatz kommen. Hier spielen in Zukunft auch Pflanzenzellkulturen eine immer größere Rolle. 5 Die Verwendung kultivierter Zellsysteme in In-vitro-Toxizitätstests als Alternativen zu Tierversuchen. Darüber hinaus die In-vitro-Testung neuer Medikamente zur Risikoabschätzung bis hin zu einer personalisierten Medizin. 5 Der Einsatz humaner Zellkulturen in der Medizin, sowohl in der Diagnostik, z. B. der Chromosomenanalyse an Amnionzellkulturen in der pränatalen Diagnostik, als auch im Tissue Engineering, also der Anzucht von Zellimplantaten zur Heilung von Gewebeschäden (z. B. nach Verbrennungen oder bei Knorpel- oder Knochenersatz). 5 Die Stammzelltechnologie, also die Isolierung und Kultivierung von Stammzellen, sowohl tierischen und humanen als auch embryonalen oder adulten Ursprungs,

PHARMAKOLOGIE und TOXIKOLOGIE: Infektion, Cytotoxizität, Nekrose, Irritation, Arzneimittelwirkung , In -vitro-Testung, Alternativen zu Tierversuchen

BIOTECHNOLOGIE: Produktion rekombinanter Proteine, monoklonale Antikörper, Sekretion, Transfektion, Bioreaktorbau, Prozessoptimierung, Produktgewinnung, Anreicherungs - und Reinigungsverfahren ( down-stream processing)

INTRAZELLULÄRE AKTIVITÄT: DNA -Replikation, Zellteilung und Proliferation, Genexpression (Transkription und Translation), zelluläre Homöostase, Stofftransport, Stoffwechsel und Energiehaushalt, Signaltransduktion, Differenzierung, Apoptose

ZELL-MATRIX-INTERAKTIONEN: Adhärenz (Anheftung) und Motiltität (Beweglichkeit) der Zellen, Zell-Matrix-Wechselwirkungen, Differenzierung, Morphogenese

OMICS -TECHNOLOGIEN: Genomics, Proteomics, Metabolomics GENETIK/GENTECHNOLOGIE: gentechnische Analysen, Mutationen, Transfektion, Transformation, Karzinogenese, Immortalisierung, Seneszenz TISSUE ENGINEERING (Gewebeersatz): Gewebeaufbau, polymere Gerüstmatrix (scaffold ), Stammzellen, Differenzierung, autologe Zellexpansion

ZELL-ZELL-INTERAKTIONEN: Zellverbindungen ( junctions ), parakrine (autokrine) Signalvermittlung, epitheliale Gewebekultur, Differenzierung, Morphogenese

Abb. 1  Übersicht über Anwendungen von Zell- und Gewebekulturen (modifiziert nach Freshney 2016)

XIV

Einleitung

sowie die Reprogrammierung adulter somatischer Zellen in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS). 5 Die neuesten Entwicklungen in der biomedizinischen Forschung sind dreidimensionale (3D) Kulturen humaner Zellen, die Kultivierung humaner Miniorgane oder Organoide und mikrophysiologische Systeme auf Biochips zur Simulation von Organfunktionen in Zellkultur. Die Anfänge der Zellkultur lassen sich bis an den Beginn des 20. Jahrhunderts ­zurückverfolgen. z Meilensteine in der Entwicklung der Zell- und Gewebekultur 1885  Roux hält Zellen aus einem Hühnerembryo über mehrere Tage in einer warmen Salzlösung 1907  Harrison kultiviert reproduzierbar Rückenmarkszellen aus Froschembryonen in einem Gerinnsel aus Froschlymphe 1912  Carrel setzt erstmalig aseptische Techniken ein und kann Herzmuskelzellen aus einem Hühnerembryo in Langzeitkultur halten 1916  Rous und Jones verwenden erstmals Trypsin, um adhärente Zellen zu subkultivieren 1940 Erstmalige Verwendung von Antibiotika in der Zellkultur 1943  Earl und Mitarbeiter verwenden ausgereifte Kulturmedien und etablieren eine Mausfibroblastenlinie (L-Zellen) 1948  Sanford und Earle gelingt erstmals die Klonierung von L-Mausfibroblasten 1950  Morgan, Morton und Parker entwickeln das erste synthetische Zellkulturmedium (Medium 199) 1952  Gey isoliert Zellen aus dem Cervix-Karzinom einer Patientin (Henrietta Lacks) und etabliert die erste humane Zelllinie (HeLa-Zellen) 1954  Cohen und Levi-Montalcini entdecken den Nervenwachstumsfaktor, der das Wachstum von kultivierten Axonen stimuliert 1955  Eagle untersucht systematisch die Nährstoffansprüche kultivierter Zellen und entwickelt aufbauend auf seinen Erkenntnissen die synthetischen Kulturmedien BME und MEM 1961  Hayflick und Moorhead beschreiben das Phänomen der limitierten Replikationsfähigkeit humaner diploider Fibroblasten in Kultur 1962  Grace entwickelt Methoden zur Kultivierung von Insektenzellen 1963  Ham beschreibt das erste serumfreie Kulturmedium (Ham F-10), 1965 folgt mit Ham F-12 eine Weiterentwicklung dieses Mediums 1963  Todaro und Green etablieren die 3T3-Mauszelllinie durch spontane Immortalisation 1973  Graham und van der Eb führen die erste Transfektion an kultivierten Zellen durch 1975  Köhler und Milstein verwenden die Zellfusion (Hybridomatechnik) zur Produktion monoklonaler Antikörper 1976  Sato führt die serumfreie Zellkultur mit chemisch definierten, hormonsupplimierten Kulturmedien ein 1977  Nelson-Rees und Flandermeyer berichten erstmals über breite Kreuzkontaminationen von etablierten Zell-Linien durch HeLa-Zellen 1981  Martin und Evans und Mitarbeiter isolieren die ersten embryonalen Stammzellen aus einer Blastocyste der Maus 1998  Thomson und Shamblott, Gearhart und deren Mitarbeiter etablieren die ersten humanen embryonalen Stammzelllinien 2006  Takahashi und Yamanaka erzeugen aus adulten Fibroblasten durch simultane Transfektion von 4 Transkriptionsfaktoren induzierte pluripotente Stammzellen (iPS)

XV Einleitung

Inzwischen sind viele kontinuierliche Zelllinien seit mehr als 70 Jahren in Kultur. Die meisten der heute gebräuchlichen Zellkulturmedien basieren noch auf den ­Originalrezepturen der 1950er- und 1960er-Jahre. Die damalige Entwicklung der Zellkulturmedien ist über weite Strecken die Geschichte der Zellkultur an sich. Trotz größter Anstrengungen, die Zellkulturbedingungen bestmöglich an die In-vivo-Situation anzugleichen, muss die In-vitro-Kultivierung von Zellen immer noch als ein künstlich geschaffenes System betrachtet werden. Die Vorteile der Zell- und Gewebekultur liegen in der Möglichkeit, unter genau definierten und reproduzierbaren Bedingungen homogene Zellpopulationen anzuzüchten und mit diesen zu arbeiten. Allerdings ist zu beachten, dass man es mit lebenden Systemen zu tun hat, welche einer besonderen Dynamik unterliegen. Zellen können sich unter den gewählten Kulturbedingungen adaptiv verändern oder es werden bestimmte Zelltypen unbewusst selektiert. Langzeitkultur und hohe Zellteilungszahlen können zu genetischen Veränderungen führen, wodurch die kultivierten Zellen sich in wesentlichen Merkmalen von jenen der Ursprungszelle unterscheiden können. Ziel jeder Zellkultur ist es, dass Zellen wachsen und entsprechend differenzieren. Um dies zu erreichen, muss eine Vielzahl von Kulturparametern berücksichtigt, genau definiert und aufeinander abgestimmt werden. Dazu bedarf es aber auch, die Grundlagen der Zellkulturtechnik zu verstehen, steriles Arbeiten zu beherrschen und auftretende Probleme frühzeitig zu erkennen. Die Beschäftigung mit lebenden Zellen in Kultur ist ein faszinierendes Betätigungsfeld, welche tiefe Erkenntnisse und wissenschaftlichen Fortschritt bringt, die aber auch, aufgrund der Variabilität und Komplexität der In vitro-Technologie, einigen Frust bereiten kann. Dass ersteres überwiege, dazu möge dieses Buch seinen Beitrag leisten.

Weiterführende Literatur Baust JM, Buehring GC, Campbell L, Elmore E, Harbell JW et al (2017a) Best practices in cell culture: an overview. In Vitro Cell Dev Biol 53:669–672 Baust JM, Campbell LH and Harbell JW (2017b) Best practices for cryopreserving, thawing, recovering, and assessing cells. In Vitro Cell Dev Biol 53:855–871 Freshney RI (2016) Introduction. In: Freshney RI (Hrsg) Culture of animal cells. A manual of basic technique and specialized applications, 7. Aufl. Wiley, Hoboken, New Jersey, S 1–18 Hartung T (2007) Food for thought … on cell culture. ALTEX 24:143–147 Merten O-W (2006) Introduction to animal cell culture technology – past, present and future. Cytotechnology 50:1–7 Nims RW, Harbell JW (2017) Best practices for the use and evaluation of animal serum as a component of cell culture medium. In Vitro Cell Dev Biol 53:682–690 Nims RW, Price PJ (2017) Best practices for detecting and mitigating the risk of cell culture contaminants. In Vitro Cell Dev Biol 53:872–879 Nims RW, Reid Y (2017) Best practices for authenticating cell lines. In Vitro Cell Dev Biol 53:880–887 Pamies D, Bal-Price A, Simeonov A, Tagle D, Allen D et al (2017) Good cell culture practice for stem cells and stem-cell-derived models. ALTEX 34:95–132 Pamies D, Bal-Price A, Chesne C, Coecke S, Dinnyes A, Eskes C, Grillari R, Gstraunthaler G et al (2018) Advanced good cell culture practice for human primary, stem cell-derived and organoid models as well as microphysiological systems. ALTEX 35:353–378 Pollack R (Hrsg) (1981) Readings in mammalian cell culture, 2. Aufl. Cold Spring Harbour Laboratory, Cold Spring Harbour, New York Price PJ (2017) Best practices for media selection for mammalian cells. In Vitro Cell Dev Biol 53:673–681 Reid YA (2017) Best practices for naming, receiving, and managing cells in culture. In Vitro Cell Dev Biol 53:761–774 Simione F, Sharp T (2017) Best practices for storing and shipping cryopreserved cells. In Vitro Cell Dev Biol 53:888–895 van der Valk J, Bieback K, Buta C, Cochrane B, Dirks WG, Fu J, Hickman JJ, Hohensee C, Kolar R, Liebsch M, Pistollato F, Schulz M, Thieme D, Weber T, Wiest J, Winkler S, Gstraunthaler G (2018) Consensus report: fetal bovine serum (FBS): past – present – future. ALTEX 35:99–118



XVI

Einleitung

Meilensteine

Carrell A (1912) On the permanent life of tissues outside of the organism. J Exp Med 15:516–528 Cohen S, Levi-Montalcini R, Hamburger V (1954) A nerve growth-stimulating factor isolated from mouse sarcoma 37 and 180. Proc Natl Acad Sci USA 40:1014–1018 Eagle H (1955) Nutrition needs of mammalian cells in tissue culture. Science 122:501–504 Earle WL, Schilling EL, Stark TH, Straus NP, Brown MF, Shelton E (1943) Production of malignancy in vitro; IV: the mouse fibroblast cultures and changes seen in the living cells. J Natl Cancer Inst 4:165–212 Evans MJ, Kaufmann MH (1981) Establishment in culture of pluripotential cells from mouse embryos. Nature 292:154–156 Gey GO, Coffman WD, Kubiek MT (1952) Tissue culture studies of the proliferative capacity of cervical carcinoma and normal epithelium. Cancer Res 12:264–265 Graham FL, van der Eb AJ (1973) A new technique for the assay of infectivity of human adenovirus 5 DNA. Virology 52:456–467 Ham RG (1963) An improved nutrient solution for diploid Chinese hamster and human cell lines. Exp Cell Res 29:515–526 Ham RG (1965) Clonal growth of mammalian cells in a chemically defined, synthetic medium. Proc Natl Acad Sci USA 53:288–293 Harrison RG (1907) Observations on the living developing nerve fiber. Proc Soc Exp Biol Med 4:140–143 Hayashi I, Sato GH (1976) Replacement of serum by hormones permits growth of cells in a defined medium. Nature 259:132–134 Hayflick L, Moorhead PS (1961) The serial cultivation of human diploid cell strains. Exp Cell Res 25:585–621 Köhler G, Milstein C (1975) Continuous cultures of fused cells secreting antibody of predefined specificity. Nature 256:495–497 Martin GR (1981) Isolation of a pluripotent cell line from early mouse embryos cultured in medium conditioned by teratocarcinoma stem cells. Proc Natl Acad Sci USA 78:7634–7638 Morgan JF, Morton HJ, Parker RC (1950) Nutrition of animal cells in tissue culture. I: initial studies on a synthetic medium. Proc Soc Exp Biol Med 73:1–8 Nelson-Rees WA, Daniels DW, Flandermeyer RR (1981) Cross-contamination in cell culture. Science 212:446–452 Rous P, Jones FS (1916) A method for obtaining suspensions of living cells from the fixed tissues, and for the planting out of individual cells. J Exp Med 23:549–555 Sanford KK, Earle WR, Likely GD (1948) The growth in vitro of single isolated tissue cells. J Natl Cancer Inst 9:229–246 Shamblott MJ, Axelman J, Wang S, Bugg EM, Littlefield JW, Donovan PJ, Blumenthal PD, Huggins GR, Gearhart JD (1998) Derivation of pluripotent stem cells from cultured human primordial germ cells. Proc Natl Acad Sci USA 95:13726–13731 Takahashi K, Yamanaka S (2006) Induction of pluripotent stem cells from mouse embryonic and adult fibroblast cultures by defined factors. Cell 126:663–676 Thomson JA, Itskovitz-Eldor J, Shapiro SS, Waknitz MA, Swiergiel JJ, Marshall VS, Jones JM (1998) Embryonic stem cell lines derived from human blastocysts. Science 282:1145–1147 Todaro GJ, Green H (1963) Quanitative studies of the growth of mouse embryo cells in culture and their development into established cell lines. J Cell Biol 17:299–313

1

Allgemeine ­ Grundlagen der Zell- und G ­ ewebekultur Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen – 3 Kapitel 2 Steriltechnik – Kontaminationen – 15 Kapitel 3 Sicherheit in der Zellkultur – 53

I

3

Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen Inhaltsverzeichnis 1.1 Der Reinigungsbereich – 5 1.2 Der Vorbereitungs- und Verarbeitungsbereich – 5 1.3 Der Sterilbereich – 5 1.3.1 Die sterile Werkbank – 6 1.3.2 Der Brutschrank – 9

Weiterführende Literatur – 14

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_1

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Zellkulturarbeiten können, sofern bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sind, in jedem Labor durchgeführt werden. Es sollte jedoch, wenn immer möglich, eine Trennung des Zellkulturlabors von anderen, viel benutzten Laborräumen durchgeführt werden. Dies gilt auch für Chemikalien, Geräte und andere Laborutensilien. Hier helfen im Allgemeinen eine gute Kennzeichnung der Geräte sowie eine eigene Spülküche bzw. eigene Reinigungsmöglichkeiten. Wenn es die räumlichen Voraussetzungen erlauben, ist eine weitere Trennung des Arbeitsbereiches, in dem steril gearbeitet werden soll (z. B. Kabinen), von den anderen Arbeitsbereichen zu empfehlen. Ein gut funktionierendes Zellkulturlabor hat im Allgemeinen drei Bereiche: den eigentlichen sterilen

Vorratsschrank

CO 2-Schrank

Vorratsschrank

Arbeitsraum sowie den Reinigungs- und Vorbereitungsbereich (. Abb. 1.1). Dabei können bei Raumnot der Reinigungs- und Vorbereitungsbereich zusammengelegt werden. Den eigentlichen Sterilbereich sollte man aber auf jeden Fall abtrennen, vor allem im Hinblick auf den allgemeinen Publikumsverkehr. In Ausnahmefällen werden Zellkulturen ohne Gefährdungspotenzial auch ohne jegliche Abtrennung in biochemischen Laboratorien durchgeführt. Das stellt jedoch außerordentliche Anforderungen an das Personal, antibiotikafreie Kulturen sind dann z. B. kaum durchzuführen. Bei Arbeiten mit tatsächlich oder potenziell gefährlichen Zellen oder für die Arzneimittelproduktion und

Inkubator

Bildverarbeitung

Reinraumarbeitsbank

Inkubator

(-20 º C)

Medienkühlschrank

Kü hlschrank

pH-Meter

Imaging System

inverses Fluoreszenzmikroskop

Laborbank

Inversmikroskop

Reinraumbank Klasse II

Sp ülmaschine

Tischablage

Reinraumarbeitsbank

Inkubator

Schrank

Trockenschrank

Sp ülküche und Vorbereitungsraum

N2

N2

N2

N2

Abluft

Autoklav

Heissluftschrank

H2O

Wasseraufbereitung

Tiefkühler (-20ºC)

Kü hlschrank

Inkubator

Medienzubereitung (Tisch mit Waage, pH-Meter, Osmometer, Rührer, etc.)

Fenster

belüfteter Lagerraum für Stickstofftanks zur Aufbewahrung von Zellen

Wasserbad

für Vorbereitungsarbeiten, Zellernte, etc.

Mikroskopierraum (abgedunkelt)

(-80 º C)

Coulter Counter

Fenster

Tiefkühler

Tiefkühler (-20 C) (-20ºC)

Zentrifuge

Tiefkühltruhe

Fenster

Inversmikroskop

Korridor

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

Abluft

. Abb. 1.1  Zellkulturlabor mittlerer Größe mit angeschlossener Spülküche. Der Grundriss zeigt ein Zellkulturlabor mittlerer Größe, welches 3 Reinraumarbeitsbänke (Laminar Flow) und 4 CO2-Inkubatoren beinhaltet. Die Anordnung ist dergestalt, dass 3 Personen gleichzeitig arbeiten können. Der Raum wird durch eine Laborbank geteilt, auf welcher alle nötigen Vorbereitungsarbeiten bzw. Analysen (z. B. Zellernte, Zellzählung etc.) durchgeführt werden können. Die Arbeitswege zwischen Laminar Flow, Inkubator und Inversmikroskop sind extrem kurzgehalten. In das Labor integriert ist auch ein abdunkelbarer Mikroskopraum, in welchem sich ein inverses Fluoreszenzmikroskop mit angeschlossenem Imaging System befindet. Weiterhin befinden sich im Labor zwei große Vorratsschränke für Pipetten, Kulturgefäße, etc., ein geräumiger Medienkühlschrank, ein Tiefkühler für

Trypsin, Antibiotika-Vorratslösungen, u. a., sowie ein kleiner Reagenzien-Kühlschrank. Außerhalb des Labors, am Gang, ist eine große Tiefkühltruhe für Serumvorräte aufgestellt. Am Gang vor dem Labor befindet sich auch der Gasschrank für die CO2-Flaschen, aus welchen die Inkubatoren versorgt werden. Durch diese Anordnung muss nicht mit den Gasflaschen in den Sterilbereich des Labors gefahren werden. Die Lagertanks für die Aufbewahrung von Zellen in flüssigem Stickstoff sollten außerhalb des Kulturlabors in einem gut durchlüfteten Raum stehen (7 Abschn. 13.2). Eine Spülküche zur Reinigung von Glaswaren (7 Abschn. 5.5) – hier als Nebenraum angeschlossen – sowie Autoklaven und Heißluft-Sterilisationsschränke (7 Abschn. 2.5) sollten ebenfalls leicht erreichbar sein, um die sterilisierten Materialien auf kurzen Wegen in den Sterilbereich bringen zu können

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1.3 · Der Sterilbereich

warmem Wasser und viel Platz für Glaswarenlagerung vorhanden sein (. Abb. 1.1).

unkontrollierter Bereich Kl. 5

Nebenräume Kl. 4

Zellkultur labor Kl. 2

-

1.2  Der Vorbereitungs- und

Reinraum werkbank

400

Verarbeitungsbereich

oder

oder

Luftstrom

40 000 400 000 > 400 000

. Abb. 1.2  Einteilung eines Laborbereichs in Reinheitsklassen unter GMP-(„Good Manufacturing Practice“)-Bedingungen. Die Zahlen geben die maximale Partikelzahl/m3 Luft nach VDI 2083, bezogen auf die Partikelgröße 0,5 µm, an

selbstverständlich bei allen Zellkulturarbeiten mit gesetzlichen Auflagen sind dagegen keinerlei Kompromisse zu machen (7 Kap. 3). Hier müssen z. T. strikte Abtrennungen, bis hin zu ausgeklügelten Schleusensystemen installiert werden. Daraus folgt in Bezug auf die Partikelzahl in der Luft (und indirekt auf den Luftkeimgehalt) ein System von Räumen abgestufter Reinheitsklassen (. Abb. 1.2). Dies dient dann primär zum Schutz von Mensch und Umwelt, sekundär natürlich auch der Sterilität der Zellkulturen und deren Produkten. 1.1  Der Reinigungsbereich

Die Spülküche spielt in der Zellkultur eine entscheidende Rolle; hier zu sparen bzw. unsauber zu arbeiten, kann eine dauernde Quelle für Misserfolge sein. Der Raum selbst muss gut zu lüften und gut zu reinigen sein, da in der zuweilen auftretenden Dampfatmosphäre Bakterien und Pilze wachsen können. Ein gut ausgestatteter Spülbereich ist bis zur Decke gefliest und hat eine Abflussmöglichkeit im Fußboden. Dies erspart bei einer möglichen Kontamination durch Pilze etc. ein aufwendiges Reinigen der Wände, da Fliesen chemisch resistenter als abwaschbare Ölwandfarbe und deshalb leichter mit Desinfektionsmittel zu behandeln sind. Manchmal genügt zur effektiven Reinigung schon ein Abspritzen der Fliesen mit einer heißen 1 %igen Detergenslösung. Im Reinigungsbereich sollten eine Laborspülmaschine (evtl. programmierbar mit einem Programm für Zellkulturgläser), ein oder zwei Trockenschränke (bis zu 200 °C oder mehr), ein Laborautoklav, eine Wasseraufbereitungsanlage (am besten eine Ionenaustauschanlage mit Aktivkohlefilter), ein Spültisch mit kaltem und

Für die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten sowie für nachfolgende Arbeiten wie Enzymmessungen, Zellanalysen u. a. ist es notwendig, einen eigenen Bereich zu planen. Dieser Bereich muss alle Einrichtungen zu chemischen Arbeiten besitzen, zunächst also einen Arbeitstisch mit 90 cm Höhe und einer möglichst glatten Tischfläche (Edelstahl bzw. Keramikoberfläche). Gas-, Wasser- und Elektroanschlüsse sollen reichlich vorhanden sein. Auf viel Aufbewahrungs- und Stauraum ist hier besonders zu achten, wobei sich Metallschränke bzw. Schränke mit Glastüren bewährt haben. Der Fußboden sollte entweder gefliest sein oder besser einen chemisch resistenten Kunststoffbelag aufweisen. Außerdem sind erforderlich: Leitfähigkeitsmessgerät, pH-Meter, Magnetrührer, Whirlmixer und Osmometer. Ein ausreichend großer Kühlschrank mit Gefrierfach (mind. –20 °C) sowie ein Tiefgefrierschrank (–80 °C) sollten ebenfalls hier stehen (. Abb. 1.1). Dieser Raum muss ebenfalls gut zu lüften sein. Ein direkter Zugang zum eigentlichen Sterilbereich wäre wünschenswert, entweder durch eine eigene Sterilschleuse oder zumindest durch einen kleinen Vorraum, in dem die normalen Laborkittel und Straßenschuhe gegen Schutzkleidung ausgetauscht werden können, die dann nur im Sterilbereich getragen wird. Wenn möglich, sollte schon im Vorraum eine Handwaschmöglichkeit bestehen, wobei ebenso wie im Sterilbereich nur Einmalhandtücher verwendet werden. Es hat sich bewährt, in diesem Vorraum Staubschutzmatten aus Silikon auszulegen, um den Staub von den Schuhsohlen zu binden. 1.3  Der Sterilbereich

Dieser Bereich, in dem die eigentlichen Arbeiten an den Zellkulturen durchgeführt werden, ist so sparsam wie möglich auszustatten, um nicht unnötigerweise Platz und Ecken für Kontaminationsmöglichkeiten zu schaffen. Hier sollten nur die sterile Werkbank, der Brutschrank, ein Wasserbad, eine Zentrifuge, ein Umkehrmikroskop und Schränke für die Aufbewahrung von sterilen Gebrauchsgegenständen vorhanden sein. Dazu kommen allgemeine Einrichtungen wie Waschbecken, Gasanschluss und ausreichende Beleuchtung (. Abb. 1.1).

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

1.3.1  Die sterile Werkbank

Die sterile Werkbank, auch Reinraumwerkbank oder Sicherheitswerkbank genannt, ist in dem Sterilbereich möglichst weit entfernt von der Tür aufzustellen. Eine solche Werkbank ist heute eine unbedingte Voraussetzung zur erfolgreichen Zellzüchtung. Alle anderen Lösungen, wie Arbeiten im Abzug mit UV-Lampe u. Ä. sind unzureichend und schützen nicht zuverlässig vor Kontaminationen. Es gibt eine Vielzahl von Modellen verschiedener Firmen, die aber prinzipiell zwei Typen zuzuordnen sind: Bei der sterilen Werkbank mit horizontaler Luftströmung wird in der Regel die Luft mittels eines Ventilators zunächst durch ein Hochleistungsschwebstofffilter (HOSCH-Filter, engl. High Efficiency Particulate Airfilter, HEPA-Filter) gedrückt, der senkrecht am Gerät zum Benutzer hin montiert ist. Die gefilterte Luft wird als sterile laminare Verdrängungsströmung horizontal über die Arbeitsfläche geführt (. Abb. 1.3). Diese Geräte sind keine Sicherheitswerkbänke im Sinne der DIN EN 12469: „Sicherheitswerkbänke für mikrobiologische und biotechnologische Arbeiten“. Geräte dieser Bauart bieten keinen Personenschutz. Sie dürfen daher für Arbeiten mit Gefährdungspotenzial nicht verwendet werden. Sie sind jedoch für Arbeiten ohne Gefährdungspotenzial durchaus geeignet, z. B. für sterile Präparationen unter einem Stereomikroskop, bei denen es zweckmäßig ist, wenn der Luftstrom herabfallende Partikel vom Präparat wegbläst. Diese Typenklasse ist auch geeignet für die Sterilfiltration ungefährlicher bzw. biologisch unbedenklicher Lösungen und Zubereitungen, wie Zellkulturmedien oder Serumfiltrationen. Die Werkbände sind einfach gebaut, wartungsarm und preisgünstig. Länger dauernde Arbeiten sind meistens unangenehm, weil dem Experimentator ständig Luft ins Gesicht bläst, deshalb wird von einer routinemäßigen Benutzung auch bei Zellkulturarbeiten ohne Gefährdungspotenzial abgeraten. Bei der Reinraumwerkbank (Sicherheitswerkbank) mit vertikaler Strömung – zu diesem Typ gehören alle Sicherheitswerkbänke nach DIN 12980 bzw. DIN EN 12469 – wird die Luft entweder vertikal nach oben (Klasse I) oder vertikal nach unten (Klasse II) geleitet. Bei der Klasse I (. Abb. 1.4a) wird die Raumluft ohne Filterung angesaugt und durch ein HOSCH (HEPA)-Filter nach oben in den Raum entlassen. An diesen Geräten wird zwar die Person geschützt, für steriles Arbeiten sind solche Werkbänke allerdings nicht geeignet. Hingegen sind die Sicherheitsbänke der Klasse II (. Abb. 1.4b) die am häufigsten verwendeten im Zellkulturlabor (DIN EN 12469). Hier herrscht im Arbeitsraum eine turbulenzarme, sterile Verdrängungsströmung (laminar flow, LF) von oben nach unten. Sie werden daher, nicht ganz zutreffend, auch als „Laminar Flow Box“ bezeichnet. Mikrobiologisch gesehen ist

. Abb. 1.3  Prinzip einer Reinraumwerkbank mit horizontaler Luftströmung (aus: Biosafety in Microbiological and Biomedical Laboratories, NIH/CDC, 5th Ed., 2009)

jedoch nicht die Laminarität, sondern die Sterilität die wichtigste Eigenschaft des Luftstromes. Die von außen angesaugte Luft wird vorne durch ein Gitter in der Arbeitsfläche (ca. 20 bis 30 % der gesamten Luftmenge) geführt und entweder durch einen Vorfilter oder direkt in den HOSCH (HEPA)-Filter gepresst (. Abb. 1.4). Bei herabgelassener Frontscheibe entsteht so eine starke Luftströmung zwischen Scheibenunterkante und der Tischkante. Vorgeschrieben ist nach DIN EN 12469 eine Geschwindigkeit von ≥0,4 m/s (gemessen am Lufteintrittsblech vorne z. B. mittels eines Anemometers), die verhindert, dass Partikel aus der Raumluft in den sterilen Arbeitsraum gelangen (Luftschleuse). Der Anteil an Raumluft (ca. 30 %), der durch die Arbeitsöffnung angesaugt wird, verlässt die Sicherheitswerkbank wieder durch einen HOSCH (HEPA)-Filter in den Raum oder in ein Fortluftsystem. Ein Anschluss an das Fortluftsystem ist nicht vorgeschrieben. In den allermeisten Fällen genügt eine Sicherheitswerkbank der Klasse II. Sicherheitswerkbände der Klasse III (. Abb. 1.4c) sind für Arbeiten mit Organismen und Viren der Risikogruppe 4 vorgeschrieben. Sie bestehen aus einem geschlossenen Experimentierraum, in dem ein Unterdruck von >150 Pa1 herrschen muss. Die Zuluft wird durch ein HOSCH (HEPA)-Filter eingeleitet, die Abluft muss gemäß DIN EN 12469 von mindestens zwei HOSCH (HEPA)-Filtern gereinigt werden, bevor sie durch ein eigenes Fortluftsystem ins Freie abgeleitet wird. Im Experimentierraum kann nur mit Manipulatoren oder luftdicht eingesetzten, armlangen Handschuhen gearbeitet werden.

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100 kPa = 1  bar = 750 mm Hg (Torr) = 1020 cm WS = 7,5  lb/in2.

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1.3 · Der Sterilbereich

a HEPA-Filter angesaugte Raumluft potenziell kontaminierte Luft HEPA-gefilterte Reinluft Überdruck Unterdruck

Seitenansicht

b

Seitenansicht

Frontalansicht

c

Seitenansicht

Frontalansicht

. Abb. 1.4  a Sicherheitswerkbank nach DIN EN 12469 Klasse I. Schematische Darstellung der Luftstromführung. b Sicherheitswerkbank nach DIN EN 12469 Klasse II. c Sicherheitswerkbank nach DIN EN 12469 Klasse III (aus: The Laboratory Biosafety Guidelines, Ministry of Health, Canada, 3rd Ed., 2004).

Zu den sterilen Werkbänken mit vertikalem Luftstrom gehören auch Tischgeräte ohne Wanne und Unterbau, bei denen die Luft von oben angesaugt, durch ein HOSCH-Filter vertikal nach unten gedrückt wird. Sie entweicht wieder vollständig durch eine Öffnung hinten über der Arbeitsfläche sowie durch die Arbeitsöffnung. Die Abluft verhindert wie bei den Sicherheitswerkbänken ein Eindringen von Keimen aus dem umgebenden Raum. Die Abluft wird jedoch nicht gefiltert, weswegen in diesen Werkbänken nur Arbeiten ohne Gefährdungspotenzial durchgeführt werden dürfen. Die preiswerten mobilen Tischgeräte eigenen sich besonders für kleine Laborräume und für Schulungszwecke. Die für alle Sicherheitswerkbänke zur Reinigung der Zu- und Abluft vorgeschriebenen Hochleistungsschwebstofffilter (HOSCH-Filter, engl. HEPA-Filter) müssen nach DIN EN 1822 mindestens den Filterklassen H12–H13 angehören (entsprechen der Klasse S der früheren DIN 24184). Ihre Funktion ist in regelmäßigen Intervallen zu überprüfen. Richtlinien zur Wartung und Prüfung sind den Unterlagen der Berufsgenossenschaft Chemie oder denen der kommunalen und staatlichen Versicherungsverbände zu entnehmen (7 Kap. 3). Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von Ausstattungsdetails und Zubehör, die man bei der Auswahl einer Werkbank in Erwägung ziehen sollte: Notwendig und im Lieferumfang inbegriffen ist mindestens ein Vakuumanschluss. Der Anschluss sollte an der Rückwand oder an einer der Seitenwände der Bank angebracht sein. Die Arbeitsplatte sollte aus Edelstahl gefertigt sein. Unter dieser abnehmbaren Arbeitsplatte muss ein Auffangbecken angebracht sein, das wöchentlich zu reinigen ist. Weiterhin ist zu beachten, dass der Arbeitsbereich gut beleuchtet ist und sich wenigstens eine Steckdose in der Bank oder in unmittelbarer Nähe befindet. UV-Leuchten innerhalb der Reinraumwerkbank sind nur bei ausreichender Stückzahl und jährlicher Überprüfung und kurzem Abstand zur Arbeitsfläche zur zusätzlichen Keimabtötung geeignet (7 Abschn. 2.4.5). Nach der Aufstellung des Gerätes ist unbedingt ein Lecktest vom Hersteller durchzuführen. Dieser Test muss beweisen, dass nach einer gewissen Laufzeit der Bank möglichst keine Partikel, die größer als 0,3 µm sind, festzustellen sind. Ferner darf kein einziger lebender Keim im Luftstrom enthalten sein; dies kann man im Sterilitätstest feststellen (s. u.). Der betreffende Kundendienst hat dabei ein sogenanntes Partikelprotokoll aufzunehmen und dem Kunden auszuhändigen (technische Einzelheiten siehe VDI Vorschriften Nr. 2083, Blatt 3 „Reinraumtechnik, Messtechnik“). Ferner ist sicherzustellen, dass die erforderliche Luftgeschwindigkeit innerhalb der Arbeitsbank eingehalten wird. Diese sollte für den vertikalen Luftstrom

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

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. Abb. 1.5  Arbeiten an der Reinraumwerkbank. Nur was an Geräten und Zubehör unmittelbar benötigt wird, soll sich in der Bank befinden

zwischen 0,3 und 0,5 m/s betragen, während für die einströmende Luft (Arbeitsöffnung bei Klasse 2) mindestens 0,4 m/s empfohlen wird. Je nach Bauart muss ein Nachstellen der Luftgeschwindigkeit möglich sein, wobei eine Anzeige angibt, wie hoch Luftgeschwindigkeit oder Druckverhältnisse sind. In Geräten neuerer Bauart wird die Luftgeschwindigkeit durch Mikroprozessoren gesteuert, wodurch nach höheren Betriebsstunden die Ventilatorleistung automatisch nachjustiert wird. Empfehlenswert ist es, z. B. vierteljährlich in der Bank Sterilitätstests mit bakteriologischen Nährböden durchzuführen. Generell sollte eine Reinraumwerkbank nach einem Jahr nachgemessen werden, um sicherzugehen, dass die erforderlichen Werte eingehalten werden. Zum Arbeiten an der Reinraumwerkbank (. Abb. 1.5) gehört ein leicht zu desinfizierender bequemer Stuhl. Daneben kann ein Bunsenbrenner zum Abflammen benutzt werden. Am besten sind Bunsenbrenner geeignet, die beim Herabdrücken der Handauflage automatisch zünden. Solche Brenner gibt es auch mit einer bequemen Fußschaltung (7 Abschn. 2.4.4). Zum Absaugen von Medium und anderen Flüssigkeiten ist es vorteilhaft, eine kleine Vakuumpumpe außerhalb der Werkbank aufzustellen und diese Pumpe mittels zweier Woulff’scher Flaschen und geeigneten Schläuchen mit der Reinraumwerkbank zu verbinden. Eine kleine Flasche direkt an der Vakuumpumpe soll den Übertritt von Flüssigkeit in die Pumpe verhindern und eine zweite, nachgeschaltete größere Flasche dient zum Auffangen der abgezogenen Flüssigkeiten. Die verbindenden Schläuche sollten wenigstens innerhalb des Sterilbereiches der Bank aus Silikon bestehen.

Halbautomatische Absaugsysteme (. Abb. 1.6), die zudem noch leicht zu autoklavieren sind, sind mittlerweile in verschiedenen Ausführungen kommerziell erhältlich. Über einen Druckknopf an der Halterung für die sterilen Pasteurpipetten wird die Saugpumpe an- und abgeschaltet, und so kann das Absaugen des Mediums beliebig gesteuert werden. Die dichten Auffanggefäße erleichtern die Entsorgung von infektiösen Medien. Als weiteres Gerät in der Reinraumwerkbank muss eine Pipettierhilfe (. Abb. 2.4) vorhanden sein. Es gibt eine ganze Reihe von mechanischen und elektrischen Pipettierhilfen, wobei den elektrisch betriebenen der Vorzug eingeräumt wird, da diese bequemer und sicherer einsetzbar sind. Man sollte niemals mit dem Mund pipettieren! Bei vorschriftsmäßig herabgelassener Frontscheibe der Sterilarbeitsbank ist dies ohnehin nicht möglich.

. Abb. 1.6  Halbautomatisches, sehr leises Absaugsystem mit Zubehör für Zellkulturmedien (Fa. INTEGRA Biosciences GmbH)

1.3 · Der Sterilbereich

Die Reinraumwerkbank stellt ebenfalls eine mögliche Quelle von Problemen innerhalb der Zellkultur dar. Vor allem die Kontaminationsgefahr darf nicht unterschätzt werden, die auch unter der Bank besteht. Deshalb sollten Anfänger das Arbeiten mit den Flaschen, den Pipetten und einem sterilen Medium ohne Antibiotika zuerst ohne Zellen üben, um zu erkennen, ob die Sterilität auch wirklich eingehalten wird. Die sterile Werkbank sollte keinesfalls als Lager für Zellkulturflaschen und anderen Utensilien dienen. Die Bank sollte man ca. 10 min vor Gebrauch einschalten und vor der Arbeit selbst ganz mit 70 %igem Alkohol aussprühen. Die Anordnung der Flaschen, der Pipetten und der elektrischen Pipettierhilfe sollte so ergonomisch erfolgen, dass man keine offenen Flaschen oder Petrischalen überstreichen muss. Dies bedingt eine Arbeitsweise, dass in der Reinraumwerkbank nicht von oben pipettiert werden kann, da der Luftstrom mögliche Keime, die z. B. an der Pipettierhilfe haften könnten, direkt in die offene Zellkulturflasche befördern könnte. Es sollte immer schräg seitlich

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sowohl die Pipette als auch die Flasche gehalten werden. Jeglicher Kontakt der sterilen Pipetten mit der unsterilen Außenseite der Kulturflaschen bzw. -schalen ist zu vermeiden. Bei erfolgtem Kontakt ist sofort eine neue Pipette zu verwenden. Auch sollte man darauf achten, dass die Einlassöffnungen für die Umluft sowohl vorne als auch hintern nicht zugestellt werden, um eine Unterbrechung des Luftstroms zu verhindern. Weiterhin ist es vorteilhaft, die Arbeiten ca. 10 cm in die Bank hinein zu verlegen, da am äußeren Rand die Luftströme noch leichter verwirbelt werden können als nach innen zu. Keinesfalls sollte man bei geöffnetem Bankfenster arbeiten, hier haben sich akustische Signale bewährt, die beim Öffnen ertönen, wenn die Bank eingeschaltet ist. Es ist nicht zu empfehlen, die Bank über Nacht bzw. im Dauerbetrieb zu halten, die laminaren Verhältnisse des Windstroms werden dadurch nicht verbessert. Diese stellen sich schon nach ca. 2 bis 3 min ein und selbst bei Unterbrechungen von einer Stunde schaltet man besser die Werkbank aus. Weitere Geräte sollten im Reinraumbereich nicht fest installiert sein.

Wartung des Hochleistungsschwebstofffilters Die Überprüfung der HOSCH-Filter sollte mindestens einmal im Jahr durch den Kundendienst erfolgen, hier zu sparen ist im Sinne der Kontaminationsverhütung und einer ordnungsgemäßen Qualitätskontrolle (7 Abschn. 14.1) nicht ratsam. Moderne Sicherheitswerkbänke sind standardmäßig mit Betriebsstundenzählern ausgestattet, die eine erste Abschätzung der Belastung der HOSCH-Filter erlauben. Eine weitere, und recht einfache Methode der Überprüfung der Reinraumverhältnisse beruht darin, dass man unter die laufende Reinraumwerkbank Petrischalen mit

1.3.2  Der Brutschrank

Da vor allem Säugetierzellen auf Temperaturschwankungen und Schwankungen des CO2-Gehalts sehr empfindlich reagieren, ist die Auswahl eines geeigneten Brutschrankes (. Abb. 1.7) von zentraler Bedeutung. Pflanzenzellkulturen kann man bei Raumtemperatur ohne Begasung relativ leicht züchten (7 Kap. 23). Bei der Züchtung von Säugetierzellen kommt es vor allem auf die Umgebungsbedingungen an, die denen in vivo möglichst nahe kommen sollten. Diese Bedingungen werden einerseits durch das die Zellen umgebende Medium simuliert, andererseits durch die Umgebungsbedingungen im Brutschrank (7 Kap. 4).

Nähragar für Bakterien offen ca. 1 h in den Luftstrom stellt. Danach werden die Petrischalen für mindestens 1 Woche bebrütet, um Bakterienwachstum zu diagnostizieren. Sollte tatsächlich Wachstum auf den Platten auftreten, so ist eine Überprüfung durch den Kundendienst schnellstens zu veranlassen und evtl. ein Austausch der Filter ratsam. Unbedingt zu vermeiden ist ein Arbeiten an der Reinraumwerkbank mit Zellkulturen bei Grippe oder anderen Erkältungskrankheiten.

Die Temperaturkonstanz im Brutschrank, die gerade für Säugerzellen sehr strikt eingehalten werden muss (7 Abschn. 8.2), kann durch verschiedenartige Regulierungssysteme und Übertemperatursicherungen gesteuert werden. Sogenannte Wassermantelbrutschränke reagieren relativ träge auf einen Temperaturwechsel, da ein ca. 50 l Wasser enthaltender Mantel den eigentlichen Brutraum umschließt. Der Vorteil ist eine gute Temperaturkonstanz, allerdings braucht der Brutschrank bei Temperaturabfall o. Ä. relativ lange, um die Solltemperatur wieder zu erreichen. Wesentlich schneller reagieren Brutschränke ohne Wassermantel auf Temperaturschwankungen. Bei diesen Brutschränken sind an der Innenseite des Schrankes Heizelemente

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

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. Abb. 1.7  Begasungsbrutschränke für Zellkulturen, in Edelstahl (a) oder Kupferauskleidung (b) (Fa. Thermo Scientific)

angebracht und die Luft wird meist mittels eines kleinen Ventilators umgewälzt. Als weitere Variante wird das sogenannte Luftmantelsystem propagiert: Hierbei ist im Außenmantel ein Heizungssystem angebracht, das nur bei Bedarf erwärmtes Wasser durch den Mantel pumpt und so eine Temperaturkonstanz im Inneren erreicht. Die Kontrolle der Temperatur kann leicht und einfach vom Benutzer selbst über ein geeichtes analoges Fieberthermometer durchgeführt werden, oder über ein geeignetes Maximum-Minimum-Thermometer. Der Brutschrank darf keinesfalls im Inneren Keimwachstum zulassen. Daher muss er auch in den Ecken leicht zugänglich und gut zu reinigen sein. Am besten geeignet für diesen Zweck sind Brutschränke, die innen mit Kupferblech ausgekleidet sind (. Abb. 1.7b), da dieses bakterizid und fungizid wirkt. Jedoch genügen Innenauskleidungen aus Edelstahl durchaus den Anforderungen (. Abb. 1.7a), sie müssen allerdings jede Woche einmal gründlich gesäubert werden. Neuere Legierungen aus Edelstahl mit anderen Metallen versprechen ähnliche bakterizide und fungizide Eigenschaften wie Kupfer zu besitzen, jedoch fehlen noch entsprechende Erfahrungen. Die Einlegebleche und deren Halterung, sofern aus Edelstahl, müssen dennoch regelmäßig desinfiziert werden. Der einzig sichtbare Nachteil solcher Kupferschränke ist, dass das Kupferblech trotz guter Pflege nach einiger Zeit relativ unansehnlich wirkt, was aber ihrer Funktionsfähigkeit keinen Abbruch tut. Bei einigen neueren Modellen mit Edelstahlinnenauskleidung wurde ein zusätzliches Filtersystem für die Umluft (ähnlich wie bei den Reinraumwerkbänken) eingebaut. Es soll die unsterile Innenluft, die ja umgewälzt wird, zusätzlich filtern. Hinsichtlich der Praktikabilität solcher Systeme herrscht

keine Übereinstimmung, genauso wenig über Systeme mit sogenannter Selbstreinigung, die den Brutschrank auf Temperaturen über 160 °C für eine halbe Stunde oder mehr erhitzen, um ihn zu desinfizieren. Geräte neuerer Bauart haben eine programmierbare Desinfektionsroutine von 90 °C über 24h unter feuchter Hitze. Derartige Systeme sind zwar praktisch, setzen jedoch einen zweiten Brutschrank mit der identischen Ausstattung zwingend voraus. Neben der Temperaturkonstanthaltung und der guten Reinigungsmöglichkeit muss der Brutschrank eine interne Raumbefeuchtung besitzen. Dies spielt bei Zellkulturen in Petrischalen (große Fläche, geringes Mediumvolumen, ca. 7–12 ml) für die Zeit der Inkubation (3–7 Tage) eine entscheidende Rolle. Ein drastischer Anstieg der Osmolarität durch Verdunstung des Mediums bis zur Austrocknung wäre die Folge, woran die empfindlichen Kulturen sehr schnell sterben würden. Es gibt hier auch bauartbedingte Unterschiede, um eine nahezu 100 %ige relative Luftfeuchtigkeit zu gewährleisten. Entscheidend bei der Auswahl ist hier neben der möglichst guten Raumbefeuchtung die Reinigungs- und Austauschmöglichkeit des Wassers bzw. des Wasserbehälters. Kondenswasser an den Seitenwänden bzw. an den Türen sollte nicht auftreten, letzteres kann durch eine Türheizung effektiv verhindert werden. Ein neuartiges System, das eine sog. „aktive Befeuchtung“ im Brutschrank ermöglicht, könnte die bisherige Dauerbefeuchtung, die einen Wasserbehälter unterhalb des eigentlichen Brutraumes ja zwingend voraussetzt, in Zukunft ersetzen. Dabei handelt es sich um einen Dampferzeuger, der einen geschlossenen Wasserbehälter mit einer kleinen Pumpe beinhaltet. Bei Bedarf, wenn die Luftfeuchtigkeit im Brutschrank

1.3 · Der Sterilbereich

sinkt, wird neuer Dampf erzeugt, der dann aktiv in den Innenraum des Brutschranks geleitet wird und durch natürliche Konvektion eine gleichmäßige Wasserdampfatmosphäre wiederherstellen soll. Vorteil dabei ist, dass sich am Boden des Innenraums kein Wasserreservoir mehr befindet und so eine mögliche Kontaminationsquelle ausgeschaltet wird. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Auswahl eines Brutschrankes zum Züchten von Säugetierzellen ist die kontrollierte Zufuhr von Gasen, in der Hauptsache CO2-Gas zur Pufferung der Medien bzw. Konstanthaltung des pH-Wertes (7 Abschn. 8.4). Auch wenn es einige Zellarten gibt, die ganz ohne äußere CO2-Zufuhr auskommen, sollte stets ein Begasungsbrutschrank eingeplant werden. Man sollte sich von Zeit zu Zeit vergewissern, dass die Anzeige der CO2-Konzentration am Gerät auch wirklich mit der internen Gaskonzentration übereinstimmt. Eine erste visuelle Prüfung ist die Farbe des Phenolrots im Kulturmedium (7 Abschn. 8.4.3). Zur Kontrollmessung der CO2-Konzentration, die ca. alle 2–3 Monate durchgeführt werden sollte, verwendet man am besten Proberöhrchen der Fa. Dräger (7 www.draeger.com), die zur Prüfung von gasförmigen Stoffen für vielerlei Zwecke eingesetzt werden können (. Abb. 1.8). Man benötigt dazu eine kalibrierte Balgpumpe, die ein exaktes Gasvolumen durch ein Prüfröhrchen pumpt. Dieses Röhrchen ist mit einem Farbindikator, einer Anzeigeschicht und einer Messskala ausgestattet. Pumpt man die Luft bzw. das zu prüfende Gasgemisch durch das Röhrchen, verfärbt sich die Anzeigeschicht (. Abb. 1.9). Es gibt CO2-Röhrchen für 0,01–60 Vol.-% CO2. Bei der Messung ist zu berücksichtigen, dass der Brutschrank vor der Messung eine Zeit lang nicht geöffnet wird, um eine gute Durchmischung der Brutschrankatmosphäre zu gewährleisten. Für die Messung gibt es bei fast allen Brutschränken eigene Gasaustrittsöffnungen, entweder an der Glastüre oder an der Rückseite, an die das Röhrchen über einen Gummiadapter o. Ä. angeschlossen werden kann. Bei diesen Adaptern empfiehlt es sich, zunächst etwas Luft mittels einer Pipette o. Ä. aus dem Schlauch zu saugen, damit man beim Messvorgang wirklich nur Innenluft des Brutschrankes absaugt. Sollte sich keine spezielle Öffnung zur Luftentnahme am Brutschrank befinden, lassen sich auch nachträglich leicht Löcher zur Einführung eines Messröhrchens in die Glastüre bohren, die mit einem Gummistopfen verschlossen werden können. Für besondere Fragestellungen gibt es heute Brutschränke, die neben der erforderlichen CO2-Gaszufuhr noch weitere kontrollierte Zufuhren anderer Gase, wie O2 oder N2 zulassen, wodurch der Sauerstoffgehalt der Brutschrankatmosphäre abgesenkt werden kann (definiertes O2/N2-Gemisch, „künstliche Luft“). Brutschränke dieser Bauart (Tri-Gas-Inkubatoren) werden vor allem für Kulturen unter Gewebe-normoxischen

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. Abb. 1.8  Balgpumpe zur Messung der CO2-Konzentration im Inkubator (Fa. Dräger)

. Abb. 1.9  Messröhrchen zur Messung der CO2-Konzentrationen. Links ungeöffnetes Messrohr, rechts geöffnetes und gebrauchtes Röhrchen, Gehalt 5 % CO2 (Fa. Dräger)

bzw. -hypoxischen Bedingungen (z. B. Stammzellen) eingesetzt (s. 7 Abschn. 8.3 und Anhang B.1.1). Die Gasflaschen sollten aus Sicherheitsgründen prinzipiell nicht offen neben dem Brutschrank angebracht werden. Es empfiehlt sich, entweder einen gesicherten Gasschrank anzuschaffen oder noch besser, einen zentralen Gasversorgungsraum mit entsprechenden Zuleitungen zu installieren.

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

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. Abb. 1.10  Beleuchtete und klimatisierte Kultureinrichtungen für Pflanzenzellkulturen. a Schüttler für Suspensionskulturen (New Brunswick Scientific), b Pflanzenkulturschrank (Weiss–Gallenkamp)

Ferner sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass der am Gasflaschenmanometer angezeigte Druck solange konstant bleibt, bis alles flüssige CO2 in den Druckflaschen verdampft ist. Danach fällt der Druck rasch ab. Dabei hat sich ein sogenannter Gaswächter bewährt, der von der Versorgungsflasche auf eine zweite vorhandene volle Reserveflasche automatisch umschaltet, wenn die 1. Flasche leer ist. Eine elegante Lösung stellen vollautomatische zentrale CO2-Versorgungsanlagen dar. Es gibt auch größere Brutschränke als den in . Abb. 1.7 dargestellten. In ihnen können mehrere Spinnerflaschen oder größere Rollergestelle mit 20–30 Rollerflaschen untergebracht werden (7 Kap. 22). Obwohl die CO2-Konzentration im Sterilbereich kein tatsächliches Problem für den/die Arbeitende(n) bedeutet, sollte man sich die Tatsache vor Augen führen, dass CO2 schwerer als Luft ist und sich theoretisch am Boden ansammeln könnte. Deshalb ist es zu empfehlen, die Zwangsentlüftung für diesen Raum, falls möglich, direkt neben dem Brutschrank und am besten nicht an der Decke, sondern in Höhe des Inkubators oder sogar in Fußbodenhöhe zu platzieren. Dabei sollte man aber immer darauf achten, dass der positive Überdruck in diesem Bereich erhalten bleibt, um nicht unsterile und ungewollte Luft von anderen Bereichen in den Sterilbereich zu führen.

Der Brutschrank sollte in unmittelbarer Nähe der Reinraumwerkbank aufgestellt werden (. Abb. 1.1). Der Brutschrank sollte so aufgestellt sein, dass man auch an die Rückseite zu Reinigungszwecken gelangen kann. Wichtig ist auch, den Inkubator exakt in die Waage zu stellen, hier muss vor allem beachtet werden, dass die Einlageböden genau waagrecht gestellt sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Kulturen ungleichmäßig anwachsen. Weiterhin sollte der Brutschrank weder in die Nähe einer Wärmequelle, wie Heizung o. Ä., noch in unmittelbarer Nähe des Fensters aufgestellt sein, da dies z. B. bei Sonneneinstrahlung zu erheblichen Temperaturschwankungen führen kann. Für Pflanzenzellkulturen eignen sich thermostatisierte Labor-Bruträume mit Beleuchtungsmöglichkeiten am besten, in denen auch größere Schüttler aufgestellt werden können (s. . Abb. 23.1b). Für kleine Ansätze gibt es spezielle klimatisierte und beleuchtete Brutschränke (. Abb. 1.10). Eine Begasung oder Feuchteeinrichtung ist für Pflanzenzellkulturen nicht notwendig (7 Kap. 23). Säugerzellen benötigen Temperaturen um 37 °C. Für Fischzellkulturen und Invertebratenzellen muss die Temperatur individuell eingestellt werden, während für Pflanzenzellkulturen meist die Raumtemperatur optimal ist. Näheres darüber in den speziellen Kapiteln (7 Abschn. 8.2).

1.3 · Der Sterilbereich

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Probleme bei Brutschränken und Lösungen Der CO2-Brutschrank kann die Quelle andauernder Probleme sein, dabei ist nicht unbedingt ersichtlich, dass sie unmittelbar vom Brutschrank herrühren. Jedoch sind einige Voraussetzungen beim Brutschrank und dessen Betrieb zwingend dauernd zu überprüfen (s. o.), die für den Erfolg der Zellkultivierung entscheidend sind. Wichtig für die kultivierten Säugerzellen ist es nicht so sehr, die absolute bzw. die optimale Temperatur genauestens zu erreichen, sondern diese über einen längeren Zeitraum konstant zu halten. So gibt es zwar geringe Abweichungen von den 37 °C (Bedingungen z. B. zwischen Lymphocyten und Fibroblasten), dennoch ist es wichtiger, die einmal eingestellte Temperatur konstant zu halten. Dies sollte natürlich durch die Konstruktionsprinzipien der verschiedenen Bauarten der Brutschränke gewährleistet sein, doch ist eine einfache Kontrolle durch ein Maximum-Minimum-Thermometer im Brutschrank empfehlenswert. Es kann auch ein Fieberthermometer diese Dienste leisten, doch sollte das Thermometer nicht direkten Kontakt zu den Einlegeblechen haben, sondern es sollte sich z. B. in einem offenen Glasgefäß mit etwas Wasser befinden. Die Überprüfung der Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls relativ einfach zu vollziehen. Man nehme eine Mikrotiterplatte z. B. mit 96 Vertiefungen und fülle in jede Vertiefung 100 µl Wasser. Danach wiege man die Platte und inkubiere sie z. B. für eine Woche, um sie dann wieder zu wiegen. Der Gewichtsverlust durch Verdunsten darf nicht höher als ca. 10 % sein, ansonsten kann es zu erheblich Schwierigkeiten für die kultivierten Zellen gerade bei Klonierungen oder Einzelzellablagen in solchen Mikrotiterplatten kommen. Die Überprüfung des CO2-Gehalts im Brutschrank sollte man mindestens alle drei Monate mittels der im

1.3.2.1  Weitere Geräte im Sterilbereich

Neben einer Reinraumwerkbank und dem Brutschrank werden im Sterilbereich noch folgende Geräte benötigt: 5 ein temperierbares Wasserbad 5 eine Kühlzentrifuge, die wenigstens 1000× g leistet mit einem Rotor (am besten mit einem Ausschwingrotor), der unterschiedlich große Zentrifugenröhrchen aufnehmen kann (z. B. 15 und 50 ml Röhrchen) 5 ein Umkehrmikroskop mit Phasenkontrasteinrichtung (. Abb. 1.11) 5 eine Kühl-/Gefrierkombination (+4 °C/–20 °C) 5 eine Tiefkühltruhe (–80 °C) oder ein Ultratiefkühlschrank (–86 °C). Besonderer Wert sollte auf die Ausstattung des Mikroskops gelegt werden, da ohne Mikroskopieren

7 Abschn. 1.3.2 beschriebenen Methode vornehmen. Obwohl die modernen Brutschränke meist ein System besitzen, das die einmal eingestellte CO2-Konzentration wirksam aufrechterhält, ist es ratsam, der elektronischen Anzeige nicht blind zu vertrauen. Eine weitere Möglichkeit der CO2-Kontrolle im Brutschrank ist selbstverständlich die Farbe des Kulturmediums. Es gehört zur guten Laborpraxis, eine T-25-Kulturflasche mit ca. 30 ml Zellkulturmedium ohne Zellen in den Brutschrank zu stellen und die Farbe jeden Tag zu kontrollieren. Auch wenn die Farbe des Phenolrots keine exakte pH-Messung ersetzen kann, so ist doch ein täglicher Vergleich zu den Kulturflaschen mit Zellen hilfreich, um extremen Schwankungen im CO2-Gehalt und damit Medienproblemen zu begegnen. Eine weitere Rolle spielt die Kontaminationsgefahr im Brutschrank selbst. Es ist irrig, anzunehmen, dass im Brutschrank jemals sterile Verhältnisse erreicht werden könnten. Diesbezüglich hat es in der Vergangenheit immer wieder Ansätze gegeben, dies zu erreichen. Jedoch sind diese Maßnahmen bisher nicht nachvollziehbar validiert worden und bedeuten eher eine trügerische Sicherheit, die nicht gegeben ist. Gut bewährt haben sich die Vollkupferauskleidungen der Brutschränke. Weitere Maßnahmen, wie z. B. die Sterilisation des Brutschranks durch eingebaute Dekontaminationsroutinen sind nur dann möglich und sinnvoll, wenn ein zweiter Brutschrank zur Verfügung steht, in welchen die Kulturen während der Zeit der Dekontamination ausgelagert werden können. Eine Reinraumatmosphäre mittels HEPA-Filterung der Brutschrankumluft gibt keine zusätzliche Sicherheit, da ein einfaches Öffnen des Brutschrankes und Entnehmen der außen unsterilen Kulturflaschen zu einer weiteren „Kontamination“ des Brutschrankes führt.

ein Arbeiten mit Zellkulturen nicht möglich ist (7 Abschn. 12.1). Eine Phasenkontrasteinrichtung gehört zur Standardausrüstung, da ohne diese mikroskopische Hilfseinrichtung eine Beobachtung von lebenden tierischen Zellen nahezu unmöglich ist. Die erste Analyse der Zellen findet in der Regel durch Mikroskopieren statt. So kann z. B. eine bakterielle Kontamination schon nach einem Tag ohne Weiteres im Mikroskop festgestellt werden. Um routinemäßig den morphologischen Zustand der Zellen zu beurteilen, genügt meist schon ein Blick ins Mikroskop. Von unschätzbarem Vorteil ist eine Einrichtung zur Fotodokumentation (am besten eine digitale Spiegelreflexkamera mit direkter Verbindung zum Mikroskop oder eine Videokamera mit dazugehörigem PC). In die Überlegungen zur Anschaffung eines Mikroskops

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Kapitel 1 · Das Zellkulturlabor: Räumliche und apparative Voraussetzungen

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. Abb. 1.11  Umkehrmikroskop mit Phasenkontrasteinrichtung und digitaler Bildaufnahme

sollte weiterhin eine Fluoreszenzeinrichtung einbezogen werden, da viele zellbezogene Tests und Anfärbungen heute ohne diese Technik nicht mehr möglich sind. Die Integration der Fluoreszenz in ein Umkehrmikroskop ist heute durchaus möglich, doch lohnt auch die Anschaffung eines zusätzlichen Forschungsmikroskops. Lichtausbeute und Erweiterungsmöglichkeiten, z. B. in der digitalen Auswertung von Videobildern, sprechen für diese zusätzliche Investition. Im Sterilraum sollte möglichst viel Platz für sterile Gläser und Einmalartikel vorhanden sein. Am besten sind staubgeschützte Schränke (formaldehydfrei) mit verglasten Türen zu verwenden. Zudem ist es wünschenswert, dass die Wände des Sterilraumes abwaschbar sind. Wichtig ist ferner eine gute Be- und Entlüftung, wobei ein leichter Überdruck im Sterilraum herrschen sollte. Die Zuluft sollte möglichst gefilterte Frischluft sein. Weitere Einrichtungen für den Sterilraum sind ein Waschbecken, sowie eine Arbeitsfläche. Weiterhin sollten verschließbare Abfalleimer o. Ä. vorhanden sein, die täglich zu entleeren sind. Dies gilt auch für das Gefäß, in dem die abgesaugten Medien aufgefangen werden. Wenn größere Mengen gleichartiger Zellkulturen in geschlossenen Kulturgefäßen gezüchtet werden sollen, können begehbare, thermostatisierte Bruträume, auch sogenannte Klimakammern, geeignet sein. Da der technische Aufwand für Bau und Betrieb nicht unerheblich ist, nur eine Temperatur mit zumutbarem Aufwand eingeregelt werden kann und nur Medien ohne Hydrogencarbonat verwendet werden können, sind begehbare

Bruträume keine generelle Alternative zu den vielseitig verwendbaren Brutschränken.

Weiterführende Literatur Das Zellkulturlabor Butler M (2004) Basic equipment and laboratory design. In: Butler M (Ed) Animal cell culture & technology, 2nd Ed. BIOS Scientific Publishers, S 27–46 Clark S, Dillon J (2011) The cell culture laboratory. In: Davis JM (Ed) Animal cell culture: essential methods. Wiley, S 1–31 Freshney RI (2016) Laboratory design and layout. In: Freshney RI (Ed) Culture of animal cells. A manual of basic technique and specialized applications, 7th Ed. Wiley, S 37–50 Scott MF, Bentley CM, Marshall CT (1999) Setting up a new cell culture laboratory. In: Jenkins N (Ed) Methods in biotechnology, Vol. 8: Animal cell biotechnology. Humana Press, S 3–9 Wigley CB (2002) The cell culture laboratory. In: Davis JM (Ed) Basic cell culture, 2nd Ed. Oxford Univ. Press, S 1–27

Die sterile Werkbank DIN, Deutsches Institut für Normung e.V. (2000) Sicherheitswerkbänke für mikrobiologische und biotechnologische Arbeiten, Anforderungen, Prüfung. DIN EN 12469. Beuth Verlag, Berlin NIH/CDC (2009) National Institutes of Health: Biosafety in Microbiological and Biomedical Laboratories. 5th Ed The laboratory biosafety guidelines. Ministry of Health, Canada, 3rd Ed, 2004 VDI (2005) Verein Deutscher Ingenieure. Reinraumtechnik: Messtechnik in der Reinraumluft. VDI 2083, Blatt 3, Beuth Verlag, Berlin WHO (2004) World Health Organization: laboratory biosafety manual, 3rd Ed, WHO, Genf

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Steriltechnik – Kontaminationen Inhaltsverzeichnis 2.1 Der Sterilbereich – 16 2.2 Laborreinigung – 18 2.3 Hygiene – 18 2.4 „Aseptische“ Arbeitstechnik – 18 2.4.1 Arbeitsfläche – 18 2.4.2 Desinfektion – 18 2.4.3 Pipettieren – 19 2.4.4 Abflammen (Flambieren) – 20 2.4.5 Ultraviolettes Licht (UV) – 20

2.5 Sterilisationsverfahren – 21 2.5.1 Autoklavieren – 21 2.5.2 Heißluftsterilisation – 25 2.5.3 Sterilfiltration (Keimfiltration) – 26 2.5.4 Sterilitätstest – 29

2.6 Antibiotika (Verwendung von Antibiotika in der Zellkultur) – 29 2.6.1 Anwendung – 30 2.6.2 Antibiotikafreie Kultur – 30

2.7 Mycoplasmen – 32 2.7.1 Vermeidung von Mycoplasmenkontaminationen – 32 2.7.2 Nachweismethoden von Mycoplasmenkontaminationen – 34 2.7.3 Elimination von Mycoplasmen – 42

2.8 Kreuzkontaminationen – 43 2.8.1 Methodik des STR-Profiling – 45 2.8.2 Vermeidung von Kreuzkontaminationen – 49

Weiterführende Literatur – 49

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_2

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Kapitel 2 · Steriltechnik – Kontaminationen

Die Steriltechnik umfasst alle Arbeitsverfahren, die darauf abzielen, Kontaminationen mit unerwünschten Mikroorganismen in Zellkulturen zu verhindern. Eingeschlossen werden auch die Kontaminationen mit anderen Zellarten (Kreuzkontaminationen), auf die am Schluss des Kapitels eingegangen wird (7 Abschn. 2.8). Unter mikrobiologischen Kontaminationen versteht man das Einbringen und Wachstum von Mikroorganismen, worunter die prokaryoten Bakterien (und Mycoplasmen) sowie die eukaryoten Pilze und Hefen fallen. Wenn es um die Elimination aller pathogenen oder zellschädigenden Kontaminationen geht, dann fallen auch die Viren darunter, obwohl sie als nichtzelluläre Partikel nicht zu den Mikroorganismen zu rechnen sind. Kein Zellkulturlabor ist vor Kontaminationen gefeit. Entscheidend ist, dass Kontaminationen rechtzeitig erkannt und erforderliche Maßnahmen ergriffen werden. Wird eine Kontamination entdeckt, ist es meist schon zu spät, die Kultur zu retten. Dann muss eine neue Kultur aus der Bevorratung angesetzt werden (7 Abschn. 14.2). Bleibt eine Kontamination z. B. durch Mycoplasmen oder eine Kreuzkontamination unentdeckt, ist oft jahrelange wissenschaftliche Arbeit wertlos, was auch gravierende Folgen für die Reputation eines Labors nach sich ziehen kann (7 Abschn. 2.7 und 2.8). Zellkulturmedien stellen auch für Mikroorganismen ausgezeichnete Nährböden dar, in denen sie sich innerhalb kürzester Zeit stark vermehren können. Aus einer Zelle von Escherichia coli entstehen theoretisch innerhalb von 30 h Kulturdauer bei einer Generationszeit von 30 min 32 kg Zellmasse aus 260 Zellen bestehend. In der Praxis sind dies zwar erheblich weniger, aber dennoch ausreichend, um eine Zellkultur über Nacht dadurch zu zerstören, dass die Bakterien wichtige Nährstoffe völlig verbrauchen und durch die gebildeten Metabolite und Zerfallsprodukte eine Kultur irreversibel schädigen. Mikroorganismen können dabei außerordentlich resistent sein. Zum Begriff „steril“ ist festzuhalten, dass dieser „frei von vermehrungsfähigen Mikroorganismen und deren Dauerstadien“ bedeutet, also ein absoluter Begriff ist (absolute Keimfreiheit). Die Prüfung der Sterilität ist meist schwierig (7 Abschn. 2.5), da die Gefahr falsch positiver wie falsch negativer Ergebnisse groß ist (Sekundärkontamination, begrenzte Stichprobenzahl). Trotz der Verwendung von Antibiotika bilden Kontaminationen mit Bakterien, Pilzen und Mycoplasmen nach wie vor ein wesentliches Problem bei der Kultur von Zellen. Viruskontaminationen scheinen dagegen weit weniger häufig zu sein. Dies hängt wohl mit der größeren Empfindlichkeit der Viren gegenüber z. B. Temperaturen über 37 °C bzw. 55 °C zusammen. Dennoch wird auf eine kürzlich beobachtete Viruskontamination von humanen Zelllinien mit einem Affenvirus (SMRV = Squirrel Monkey Retrovirus)

verwiesen, die eine Einstufung der infizierten Zelllinien durch die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS, 7 www.bvl.bund.de) in die Risikogruppe 2 erforderlich machte (7 Kap. 3). Eine Reihenuntersuchung von mehr als 460 humanen und tierischen Zelllinien durch die DSMZ (7 www.dsmz. de) ergab, dass sechs Zelllinien SMRV infiziert waren. Darüber hinaus enthielten 39 Zelllinien – vornehmlich Lymphomlinien – DNA-Sequenzen des Epstein-Barr-Virus (EBV) (s. 7 Abschn. 16.4.3). Die Autoren empfehlen, neu etablierte Zelllinien auf EBV und SMRV zu testen. Im Jahr 2014 wurden zwei weitere Virus-infizierte Zelllinien entdeckt. In der humanen Glialinie SVG p12 konnte infektiöses BK Polyomavirus nachgewiesen werden, und in der Insektenzelllinie Sf9 wurde ein neuartiges Rhabdovirus entdeckt (s. 7 Abschn. 18.4.2). Alle aseptischen Arbeitsschritte sollen sowohl mikrobiologischen Grundregeln als auch den Prinzipien der guten Zellkulturpraxis folgen (7 Kap. 15). Sie müssen wirtschaftlich und im Routinelabor praktikabel sein. Eine absolute Sicherheit kann dabei nicht erreicht werden, auch wenn alle Maßnahmen immer wieder kontrolliert werden. Quellen der Kontamination können sein: kontaminierte Zellen, Gerätschaften, Medien und Reagenzien sowie Luftkeime (. Abb. 2.1). Kontaminierte Zellen werden oft von einem Labor zum anderen weitergegeben (7 Abschn. 2.8), Gerätschaften können vor allem bei Ausfall von Autoklaven und Heißluftsterilisatoren keimhaltig sein, während Medien und Reagenzien fehlerhaft hergestellt und mangelhaft geprüft sein können. Die größte Quelle für Luftkeime ist meist der Mensch. Die Körperoberfläche eines Erwachsenen beträgt rd. 1,7 m2 und ist von etwa 7 × 109 Mikroorganismen besiedelt, welche mehr als 240 Mikrobenspezies umfassen (. Abb. 2.2). Mikrobielle Keime sind ubiquitär vorhanden, weshalb eine Kontamination von Kulturen immer wieder auftritt und sich nie ganz vermeiden lässt. Kein Zellkulturlabor ist davor gefeit. Kommt es jedoch zu wiederholten Kontaminationen, ist systematisch nach der Kontaminationsquelle zu suchen (Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Geräte, Evaluierung der Arbeitsschritte, etc.), da sonst ein Zellkulturlabor durch ständige Kontaminationen sehr schnell lahmgelegt werden kann. 2.1  Der Sterilbereich

Wie bereits in 7 Abschn. 1.3 ausgeführt, soll dieser Teil vom übrigen Labor abgetrennt sein, empfehlenswert sind weitgehend verglaste Wände und eine gut dichtende Schiebetür. Wände und Fußböden werden zweckmäßigerweise mit fugenlosen Kunststoffbahnen belegt, die leicht zu reinigen sind. Sie müssen UV-stabil sein, falls UV-Strahler installiert werden sollen.

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2.1 · Der Sterilbereich

• Glaswaren, Pipetten • Medien, Reagenzien • Luftkeime • Zellen

. Abb. 2.1  Kontaminationsquellen für Zellkulturen

. Abb. 2.2  Keimdichte beim Menschen

Kopfhaut 1,5 x 106/cm2 unbedeckte Haut (Stirn) 0,2 x 106/cm2 Mund (Speichel) 106–108/ml

Nasen-Rachen-Raum (Sekret) 106–107/ml Schweißzentren (Achselhöhle) 2,4 x 106/cm2

bedeckte Haut (Rücken) 5 x 102–103/cm2

Fingerkuppe 200–100/cm2

Verdauungstrakt Keime/g Inhalt Magen 103–105/g

Genitalbereich (Harn) 0– 15 min, – trockene Hitze (Heißluftsterilisation): 180 °C, > 30 min (. Tab. 2.5),

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Druckhaltetest Für industrielle Zwecke ist der Druckhaltetest zu empfehlen, oft sogar vorgeschrieben. Der Druckhaltetest kann schon vor der Filtration durchgeführt werden. Er ist als einfacher Vortest stets zu empfehlen, um schon vor der Filtration über die Integrität des Filters zumindest vorläufig Bescheid zu wissen. Zur Durchführung füllt man etwas Aqua dest. in den Drucktank (ca. 50–100 ml) und filtriert diese Menge. Nachdem das Filtrat die Filter passiert hat, schließt man das Ventil der Druckflasche, um eine dauernde Druckzuführung zu unterbrechen. Es kann nun am Manometer abgelesen werden, ob der Druck, der durch die Oberflächenspannung des Wassers in den Poren erhalten bleibt, innerhalb von zwei Minuten rapide gegen Null geht oder ob er nur marginal absinkt. Sollte der Druck erhalten bleiben, so ist anzunehmen, dass es keine Beschädigungen, wie z. B. Haarrisse in dem Filter gibt. Danach kann problemlos die Filtration des Mediums vorgenommen werden.

– Filtrieren (Sterilfiltration): Membranfilter kleiner Porengröße ( 1 bedeuten eine Kontamination mit Mycoplasmen. Den charakteristischen Messwertverlauf einer positiven Probe (B/A-Quotient = 114) zeigt . Abb. 2.17. Die Nachweisgrenze liegt bei   > 1 (roter Kurvenverlauf) weist auf eine Mycoplasmenkontamination hin (mit freundlicher Genehmigung der Lonza GmbH)

2.7.3  Elimination von Mycoplasmen

Es gibt einige erfolgreiche Methoden, mycoplasmeninfizierte Zellen zu kurieren. So hat sich eine neuartige Generation von Antibiotika (s. . Tab. 2.6) gegen Mycoplasmen gut bewährt. Ältere Methoden, wie z. B. die Kultivierung infizierter Zellen mit Peritonealmakrophagen oder die Inokulation solcher Zellen in die Aszitesflüssigkeit von Mäusen sind nicht nur aufwendig und bringen zusätzliche Probleme mit sich (Einbringung von Retroviren in die Zellen), sondern sind auch aufgrund der neuen Tierversuchsgesetze verboten! Von den derzeit am Markt befindlichen Antibiotikabehandlungen ist die Anwendung von Tiamutin (BM-Cyclin 1) und Minocyclin (BM-Cyclin 2) gut etabliert, da Mycoplasmen innerhalb von 16–23 Tagen sicher abgetötet werden, ohne für eine Vielzahl getesteter Zellen toxisch zu sein oder zu Resistenz zu führen. Tiamutin-Präparate werden unter den Handelsnamen BM-Cyclin 1 (Roche Diagnostics) bzw. BIOMYC-1 (PromoKine) geführt, die dazugehörigen Minocyclin-Präparate als BM-Cyclin-2 und BIOMYC-2. Die beiden Antibiotika werden alternierend eingesetzt: Tiamutin (auch Tiamulin genannt, ein Pleuromutilin-Derivat) mit 10 µg/ml für 3 Tage, danach Minocyclin (ein Tetracyclin-Derivat) mit 5 µg/ml für 4 Tage. Dieses Schema kann, wenn notwendig, ein- bis zweimal wiederholt werden.

Als weitere gute Methode hat sich der Einsatz von Ciprofloxacin in der in . Tab. 2.6 angegebenen Konzentration bewährt. Eine ähnliche Substanz ist auch unter dem Handelsnamen MRA (Mycoplasma Removal Agent, ICN No. 30-500-44) bzw. als BIOMYC-3 von PromoKine (PromoCell GmbH) erhältlich. MRA ist 4-Oxo-Chinolin-3-Carboxylsäure, ein synthetisches Chinon-Derivat, welches Mycoplasmen durch spezifische Hemmung der mycoplasmalen DNA Gyrase eliminiert. MRA wird für 1 Woche bei einer Konzentration von 0,5–1 µg/ml eingesetzt. Die Zelltoxizität von MRA ist in diesem Konzentrationsbereich gering. Andere, gegen Mycoplasmen eingesetzte Antibiotika sind Gentamycin, Kanamycin, Lincomycin oder Tylosin (. Tab. 2.6). Neuere Kombinationspräparate, die ebenfalls gegen Mycoplasmen eingesetzt werden können, sind unter den Handelsnamen Plasmocin™, Normocin™, Primocin™ und MycoZap™ auf dem Markt. MycoZap™ (Lonza GmbH) ist auch als Sprühreagenz erhältlich. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es nicht opportun ist, vorbeugend irgendeines der oben erwähnten Antibiotika einzusetzen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass von bestimmten Mycoplasmenspezies (M. arginini und M. orale) auch gegen diese Antibiotika Resistenzen entwickelt werden können bzw. dass diese Resistenzen schon vorhanden sind.

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2.8 · Kreuzkontaminationen

Behandlung von Zellkulturen gegen Mycoplasmen

Herstellung 250× konzentrierter Stammlösungen 5 BM-Cyclin 1 (25  mg, lyophilisiert, steril) und BM-Cyclin 2 (12,5 mg, lyophilisiert, steril) jeweils in 10 ml steriler PBS (oder sterilem Aqua dest.) rekonstituieren und evtl. aliquotieren. Die Stammlösungen können bei –20 °C gelagert werden.

5 Zellen 3 Tage kultivieren. 5 Kulturmedium wieder entfernen. 5 Neues Medium mit BM-Cyclin 2 (4 µl der Stammlösung/ml, Endkonzentration 5 µg/ml) hinzufügen. 5 Zellen 4 Tage kultivieren. 5 Behandlungszyklus zweimal wiederholen, dazwischen – falls notwendig – in BM-Cyclin-haltiges Medium subkultivieren. 5 Überprüfung der Kulturen mittels üblicher Mycoplasmentests. 5 Antibiotika nicht prophylaktisch verwenden.

Behandlung der Kulturen 5 Kulturmedium absaugen. 5 Frisches Medium mit BM-Cyclin 1 (4 µl der Stammlösung/ml, Endkonzentration 10 µg/ml) hinzufügen.

Ein identisches Protokoll kann auch mit BIOMYC-1 und BIOMYC-2 von PromoKine (PromoCell GmbH) (Kat. No. PK-CC-03–036-1und PK-CC-03–037-1) durchgeführt werden.

Material: 5 BM-Cyclin 1 + 2 (Roche Diagnostics No. 10 799 050 001) 5 infizierte Kulturen 5 Medium für Mediumwechsel 5 DAPI Mycoplasmen-Nachweis oder andere Tests

Bei allen Mycoplasmenkontaminationen ist zu beachten, dass Mycoplasmen aufgrund der Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops nicht direkt zu sehen sind, jedoch ist oft eine deutliche Verunreinigung des Mediums mit Partikeln zu sehen. Eine Veränderung der Morphologie ist für den routinierten Mikroskopiker z. T. an den Randbereichen der Zellen festzustellen. Eine Argininzugabe zum Routinemedium kann noch zusätzlichen Hinweis geben, falls die Zellen nach der Arginingabe wieder besser proliferieren bzw. die Morphologie sich wieder verbessert. Es muss nochmals in aller Deutlichkeit vermerkt werden, dass trotz der Möglichkeit, Mycoplasmen durch Antibiotika in der Zellkultur abzutöten, dies keine absolut sichere Methode ist, mycoplasmenfreie Kulturen zu erhalten. Eine gute Sicherheit gibt erst nach der Antibiotikabehandlung eine anschließende „Klonierung“ der kurierten Zelllinie mit anschließender PCR, wobei eine vierteljährliche Überprüfung der betreffenden Zelllinie eine gute Qualitätskontrolle darstellt. Dieses zeit- und kostenintensive Vorgehen ist nur in besonderen Fällen von Nöten, ansonsten kann routinemäßig der Nachweis Mycoplasmen-spezifischer Enzyme im Lumineszenz-Assay verwendet werden, die eine ebenso sichere und empfindliche Methode darstellt (7 Abschn. 2.7.2). Doch stellt keine der Diagnostikmethoden eine Garantie dar, dass nicht nach einiger Zeit wieder Mycoplasmen auftauchen können.

2.8  Kreuzkontaminationen

Unter Kreuzkontamination versteht man das fälschliche Einbringen fremder eukaryoter bzw. Säugerzellen in eine Zellkultur (Mischinfektion). Der Schaden, der dabei entstehen kann, ist schnell passiert. Weisen die verschleppten Zellen z. B. eine wesentlich höhere Proliferationsrate auf (wie dies z. B. bei Tumorlinien gegenüber Primärkulturen oder epithelialen Linien der Fall ist), kann die ursprüngliche Kultur innerhalb weniger Passagen von fremden Zellen überwuchert sein. Bleibt die Kreuzkontamination unentdeckt, bedeutet dies u. U., dass mit falsch identifizierten Zellen gearbeitet wird und oft jahrelange wissenschaftliche Arbeit unbrauchbar ist oder infrage gestellt werden muss. Falsch identifizierte Zelllinien sind nicht mehr mit der Originallinie identisch. Deren Herkunft lässt sich oft nicht mehr nachvollziehen. Denn wann, wo und wie sich eine Kreuzkontamination oder falsche Identifizierung einer Zelllinie ereignet hat, ist meist unbekannt. Seit der Etablierung kontinuierlicher Zelllinien in den 1950er-Jahren ist das Problem evident, wird aber bis heute nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Damals war die Arbeit mit tierischen Zelllinien aus Maus, Ratte, Kaninchen, Hamster, Hund oder Schwein vorherrschend, wodurch Interspezies-Kontaminationen leicht entdeckt werden konnten: durch Darstellung der Chromosomenbänderung, durch

2

44

Kapitel 2 · Steriltechnik – Kontaminationen

2

. Abb. 2.18  Isoenzymmuster (Zymogramme) von LDH, G-6-PDH und NP von verschiedenen Säugerarten

Karyotyp-Analysen oder der Bestimmung von Isoenzymmustern (Zymogramme) (. Abb. 2.18). Durch den verstärkten Einsatz von Zellkulturen in der biomedizinischen Forschung führte der Trend zur Verwendung humaner Zelllinien. Dies ergab allerdings ein neues Bedrohungsbild. Denn damit stieg die Gefahr der Intraspezies-Kontamination innerhalb humaner Zellkulturen in einem Labor. Traurige Berühmtheit erlangten dabei die HeLa-Zellen, die vor mehr als 60 Jahren aus einem Cervix-Karzinom isoliert wurden. Schon seit den 1970er-Jahren ist bekannt, dass eine Reihe kontinuierlicher Zelllinien mit HeLa-Zellen durchseucht sind. Die Ursache für das aggressive Verhalten bzw. die hohen Proliferationsraten der Zellen ist geklärt. HeLa-Zellen haben Teile des Genoms des humanen Papillomavirus 18 (HPV-18) in ihr Chromosom 8 integriert. Die vollständige Geschichte der HeLa-Zellen und ihrer Spenderin, Henrietta Lacks, ist in Buchform erschienen (Rebecca Skloot: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks). Rund 20 % der untersuchten humanen Zelllinien sind HeLa-kontaminiert und damit falsch bezeichnet. Die drei größten Zellbanken Europas und der USA (DSMZ, ECACC und ATCC) weisen in ihren Katalogen bzw. Websites ausdrücklich darauf hin. ECACC hat eine Liste von HeLa-kontaminierten Zelllinien herausgegeben (. Tab. 2.13). Auch die T24-Linie, aus einem Blasenkarzinom isoliert, hat die ECV304 Endothelzell-Linie, ferner Prostata-Krebslinien und Zelllinien des Adenoid-zystischen Karzinoms überwuchert (. Tab. 2.14). Eine Liste kreuzkontaminierter

. Tab. 2.13  HeLa-kontaminierte Zelllinien Zelllinie

Ursprung

HeLaAbkömmling

AV3

humane Amnionzellen

+

C16

MRC-5, fetale Lungenfibroblasten

+

CHANG Liver

Leber

+

FL

Amnion

+

Girardi Heart

Herzbiopsie

+

HEp-2

Larynx-Karzinom

+

HEp-2C

+

HEp-2 (Clone 2B)

+

Intestine 407

embryonale Intestinalzellen

+

KB

Mundkarzinom

+

L-41

Knochenmark

+

L132

embryonale Lunge

+

WISH

Amnion

+

WKD

Augenbindehaut

+

WRL 68

Hepatocyten

+

ACC2

Adenoid-zystisches Karzinom

+

ACC3

+

ACCM

+

45

2.8 · Kreuzkontaminationen

2.8.1  Methodik des STR-Profiling

. Tab. 2.14  T24-kontaminierte Zelllinien Zelllinie

Ursprung

T24-Abkömmling

ECV304

Nabelschnur

+

JCA-1

Prostatakarzinom

+

TSU-Pr1

Prostatakarzinom

+

ACCS

Adenoid-zystisches Karzinom

+

bzw. falsch identifizierter Zelllinien wird laufend aktualisiert (iclac.org/databases/cross-contaminations). Die aktuelle Liste (Mai 2020) umfasst derzeit 538 (!) Zelllinien, wovon weit über 100 Linien HeLa-durchseucht (s. . Tab. 2.13) oder mit der T24-Linie kreuzkontaminert sind (s. . Tab. 2.14). Ein besonders dramatischer Fall wurde aus China berichtet. Von 380 Zelllinien, welche in 113 verschiedenen Laboratorien getestet wurden, waren 95 Linien (25 %) kreuzkontaminiert. Viele dieser falsch identifizierten Linien sind immer noch in Verwendung. Die alarmierendsten Ergebnisse ergaben allerdings Untersuchungen an humanen Zelllinien, die in China selbst etabliert worden sind. Von 69 Zelllinien waren 59 (85,51 %) falsch identifiziert, also nicht mehr mit der Originalkultur identisch. In 93 % der Fälle waren es HeLa-Zellen, welche die angelegten Kulturen durchseucht hatten. Fazit: Fast alle in China etablierten Zelllinien und die damit verfassten Publikationen sind wertlos! Erhöhte Vorsicht geboten ist auch in der Stammzellkultur. Induziert pluripotente Stammzellen (iPSC) (7 Kap. 21), aus Primärkulturen von Spenderfibroblasten reprogrammiert, sind morphologisch nicht zu unterscheiden. Um die Zellen aber eindeutig zuordnen zu können, ist eine genaue Dokumentation der Provenienz der Zellen unerlässlich: durch STR-Analyse (s. unten) des Spendergewebes oder der Fibroblasten-Primärkultur vor der Reprogrammierung. Ein weiterer Fall betraf auch adulte Stammzellen (7 Abschn. 21.1). Nach widersprüchlichen Berichten über spontane Transformation von humanen mesenchymalen Stammzellen (hMSC) stellte sich nach genaueren Untersuchungen heraus, dass die hMSC-Linien mit humanen Fibrosarcom- bzw. Glioma-Zelllinien kreuzkontaminiert waren. Humane Intraspezies-Kontaminationen können heute mittels DNA-Fingerprinting und Mikrosatelliten-Analysen (short tandem repeat profiling, STR) identifiziert werden. DNA-Analysen sind derzeit die genauesten und verlässlichsten Identitätsnachweise humaner Individuen. Damit haben die modernen molekularbiologischen Methoden der DNA-Typisierung aus der forensischen Medizin Eingang in die Zellkultur gefunden (7 Abschn. 14.1).

Short tandem repeats (STR) oder Mikrosatelliten sind kurze, 2–7 Basenpaare lange, sich mehrfach wiederholende, nicht-kodierende Abschnitte in der genomischen DNA. Im Laufe der Evolution haben sich in diesen nicht-kodierenden Regionen durch Mutationen ca. 3 bis 50 tandemartige Wiederholungssequenzen (tandem repeats) entwickelt, wobei Länge und Anzahl der Repeats für ein Individuum hochspezifisch sind. Da sich diese Veränderungen in nicht-kodierenden Abschnitten der DNA ereignet hatten, unterlagen diese keiner Selektion, sondern blieben erhalten und wurden weitervererbt. In der STR-Analyse werden nun die Längen der jeweiligen Wiederholungseinheiten bestimmt, es erfolgt also keine DNA-Sequenzierung, sondern eine reine Fragmentlängenbestimmung. Die Repetitivsequenzen mit ihrer einfachen Struktur und kurzen Fragmentlänge können mittels PCR leicht aufamplifiziert werden. Sog. Multiplex-PCR-Ansätze beinhalten Primersequenzen für bis zu 20 unabhängige autosomale STR-Genorte sowie das geschlechtschromosomale Amelogenin-System. Die eingesetzten Primer generieren fluoreszenzmarkierte, leicht unterscheidbare STR-Profile. Amelogenin (AMEL) ist kein STR-Locus, ermöglicht jedoch durch X- und Y-Chromosom-spezifische Banden die Geschlechtsbestimmung. Auf dem X-chromosomalen Allel des AMEL Gens (AMELX) befindet sich in Intron 1 eine Deletion von 6 bp, sodass aus männlichen Zellen zwei unterschiedliche PCR-Produktgrößen erhalten werden: ein Y-chromosomales Fragment und ein um 6 bp kürzeres X-chromosomales Fragment. Bei weiblichen Zellen werden zwei gleich große X-spezifische Fragmente generiert (. Abb. 2.19). Im PowerPlex® 1.2 System von Promega werden z. B. 8 hochpolymorphe STR-Genorte und Amelogenin simultan amplifiziert (. Tab. 2.15, . Abb. 2.20). Dies erlaubt eine Diskriminierung von 1 Individuum aus 108 und ist für den Nachweis der Identität einer humanen Zelllinie ausreichend. Die Fragmentlängenanalyse erfolgt dann mittels Kapillar-Elektrophorese (. Abb. 2.21). Die 8 STR-Loci und Amelogenin sind in der online STR-Datenbank der DSMZ (s. Anhang B.7) gelistet, auch bei der American Type Culture Collection (ATCC) werden derzeit humane Zelllinien anhand dieser 9 Genorte charakterisiert bzw. identifiziert (. Tab. 2.15). STR-Kits der neuesten Generation (z. B. PowerPlex 18, Promega; AmpFLSTR® NGM Select, Applied Biosystems; Investigator® ESSplex Plus, QIAGEN) amplifizieren bereits mehr als jene 15 STR-Loci und Amelogenin, wie sie im neuen Europäischen Standard festgeschrieben sind. Dadurch steigt die Diskriminierungsrate auf bis zu 1:1022 an. Zukünftige Analysen

2

46

Kapitel 2 · Steriltechnik – Kontaminationen

2 männlich

AMELX

AMELY

weiblich

. Abb. 2.19  Geschlechtsbestimmung mittels Amelogenin Gen (AMEL) Längenanalyse. Auf dem X-chromosomalen Allel des AMEL Gens (AMELX) befindet sich in Intron 1 eine Deletion von 6 bp, sodass aus männlichen Zellen zwei unterschiedliche PCR-Produktgrößen erhalten werden: ein Y-chromosomales Fragment und ein um 6 bp kürzeres X-chromosomales Fragment (oben). Bei weiblichen Zellen werden zwei gleich große X-spezifische Fragmente generiert (unten). Je nach verwendeten Primer-Paaren ergeben sich 106 und 112 bp-lange Fragmente bzw. 212 und 218 bp Fragmente (Y. Reid, ATCC, mit freundlicher Genehmigung)

. Tab. 2.15  Genorte, chromosomale Lokalisation und Eigenschaften hochpolymorpher Short Tandem Repeats (STR ) (. Abb. 2.20) STR Locus

Chromosomale Lokalisation

GeneBank ® Locus und Locus Definition

Repeat-Sequenz 5’ → 3’

TPOX

2p24-2pter

HUMTPOX, humanes Gen für Thyreoperoxidase (Iodid-Peroxidase)

AATG

D5S818

5q23.3-32

CSF1PO

5q33.3-34

D7S820

7q11.21-22

TH01

AGAT HUMCSF1PO, humanes Gen für c-fms Proto-Onkogen für CSF-1 Rezeptor

AGAT

11p15.5

HUMTH01, humanes Gen für Tyrosinhydroxylase

AATG

vWA

12p12-pter

HUMVWFA31, humanes Gen für von Willebrand Faktor

TCTA

D13S317

13q22-q31

TATC

D16S539

16q24-qter

GATA

AMEL

Xp22.1-22.3 und Yp11.2

GATA

HUMAMEL, humanes Y-Chromosomales Gen für Amelogenin

in Zellbanken oder in authentifizierten DNA-Labors (s. Anhang B.7) generieren demnach Informationen über mehr als 16 Genorte, wobei die 8 Loci und Amelogenin der bereits erstellten Datenbanken mitumfasst werden, damit ein maximaler Abgleich möglich ist. Die CODIS-Datenbank der US-Amerikanischen Bundespolizei (FBI) verwendet derzeit 13 standardisierte autosomale STR-Loci, welche in den modernen Kits ebenfalls alle enthalten sind. z Isolierung genomischer DNA zur Zellidentifikation

Die Präparation intakter, hochmolekularer genomischer DNA soll aus Kulturen mit > 80 % Vitalität

erfolgen, um eine Verunreinigung mit fragmentierter DNA aus apoptotischen Zellen zu vermeiden. Auch jede Kontamination der Proben während der Präparation, z. B. durch Verschleppung fremder DNA, muss tunlichst vermieden werden. Die Isolierung der DNA kann nach geeigneten Protokollen oder mittels kommerzieller Kits erfolgen. Die Präparation sollte auf die Anwesenheit möglicher Inhibitoren der eingesetzten Taq DNA Polymerasen überprüft werden, wobei die modernen kommerziellen Multiplex STR Kits sehr tolerant gegenüber Inhibitoren sind. Werden Proben zur STR-Analyse an Zellbanken gesandt (z. B. Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen,

47

2.8 · Kreuzkontaminationen

TPOX

TH01

D5S818 CSF1PO

vWA

D7S820

AMEL D13S317

D16S539

AMEL

. Abb. 2.20  Chromosomale Lokalisation gängiger STR-Marker, welche in der Zelllinienidentifizierung und -authentifizierung Verwendung finden (s. . Tab. 2.15) (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Wilhelm Dirks, DSMZ)

DSMZ; siehe Anhang B.7), können auch Zellpellets eingereicht werden. Am besten sollten gefrorene Pellets auf Trockeneis versandt werden. Ein Pellet sollte 105– 106 Zellen umfassen. Die DNA-Isolierung erfolgt dort unter höchsten Qualitätsstandards. ECACC, die European Collection of Authenticated Cell Cultures, bietet sog. FTA-Kärtchen an, auf welche die Zellproben aufgebracht und zur STR-Analyse eingesandt werden können. FTA(Flinders Technology Associates)-Karten sind imprägnierte Zellulose-Kärtchen, welche aufgebrachte Zellsuspensionen sofort lysieren und Proteine denaturieren. Nukleinsäuren werden fest gebunden, immobilisiert, vor Nukleasen geschützt und für die Lagergung bei Raumtemperatur stabilisiert. Wenn die STR-Analyse vor Ort in z. B. forensischen DNA-Labors erfolgt, kann die Probennahme auch durch einen Abstrich aus der Kulturschale mittels bereitgestellter Wattestäbchen erfolgen. Probestäbchen dieser Art sind qualitätsgetestet und steril, und sind für

. Abb. 2.21  Nachweis einer Mischkultur (Kreuzkontamination) mittels STR-Profiling. Auftrennung der Allele der STR-Loci D5S818, D13S317, D7S820, D16S539 und CSF1PO in der Kapillarelektrophorese. a STR-Profil der humanen Nierenzelllinie HEK293. b STR-Profil einer HEK293 Kultur, welche mit HeLa-Zellen kontaminiert ist. c STR-Profil von HeLa-Zellen. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Promega GmbH

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48

Kapitel 2 · Steriltechnik – Kontaminationen

die meist automatisierte Weiterverarbeitung bereits mit einer Strichcodierung versehen.

2

z Suche in Datenbanken

Das DNA-Profil einer humanen Zelllinie allein sagt allerdings noch nichts aus über deren Identität bzw. Authentizität. Dazu bedarf es autorisierter Vergleichsprofile in entsprechenden Datenbanken, mit welchen die erhaltenen DNA-Profile abgeglichen werden können. Eine Ausnahme bilden Primärkulturen aus humanen Gewebeproben (7 Abschn. 16.1) und daraus reprogrammierte induziert pluripotente Stammzellen (iPSC) (7 Abschn. 21.2). In diesem Fall wäre der korrekte Ansatz, zum Zeitpunkt der Zellisolierung ein STR-Profil des Spendergewebes anzulegen, mit welchem die daraus entwickelten Zelllinien in regelmäßigen Abständen verglichen werden. Die STR-Profile von humanen Zelllininen der DSMZ, ATCC und Japanischer Zellbanken (JCRB, RIKEN) sind öffentlich zugänglich. Derzeit sind rd. 2300 Zelllinien mit Referenz-STR-Datensätzen typisiert. Eine Arbeitsgruppe der ATCC Standards Development Organization (ATCC SDO) erarbeitete standardisierte Protokolle zur Authentifizierung humaner Zelllinien. STR-Profiling wurde bereits als Methode der Wahl zur Zellauthentifizierung empfohlen und hat sich in den letzten Jahren als „Goldstandard“ etabliert. Ältere Methoden, wie Karyotyp-Analysen, Isoenzymmuster (. Abb. 2.18) oder HLA-Typisierung haben nicht jenen hohen Grad der Auflösung, um humane Zellen auf Ebene einer einzelnen Zelle eindeutig zu identifizieren. Darüberhinaus sind bereits Kits zur STR-Analyse am Markt (s. oben). Wichtig ist auch eine einheitliche Nomenklatur der STR-Genorte, um eine direkte Vergleichbarkeit mit den Datenbanken zu gewährleisten (. Tab. 2.15, . Abb. 2.20). Auch wenn mit modernen STR-Kits mehr Genorte pro Zelllinie analysiert werden als bisher in den Datenbanken enthalten sind, können

zumindest die derzeit gelisteten 8 STR-Loci und Amelogenin abgeglichen werden. Werden in Zukunft weitere Loci in die Datenbanken mitaufgenommen, erhöht sich die Zuverlässigkeit der Treffer. Ein Problem in der korrekten Zuordnung von STR-Profilen stellen allerdings genetische Instabilitäten und Genomveränderungen von Tumorlinien bei Langzeitkultur, d. h. nach vielen seriellen Passagen, dar. Doch mithilfe der 8 STR-Loci und Amelogenin (. Tab. 2.15, . Abb. 2.20) konnten Algorithmen für Übereinstimmungskriterien definiert werden (s. Cellosaurus-Datenbank, unten). Weitere Empfehlungen der ATCC-Arbeitsgruppe sind: (1) Nachschau in den Datenbanken, ob die verwendete(n) Zelllinie(n) bereits enthalten ist/sind; (2) Durchführung einer STR-Analyse und Vergleich der Ergebnisse mit dem DNA-Profil in der Datenbank; (3) genauer Abgleich mit der Datenbank, dass die Zelllinie auch authentisch ist und nicht zur Liste falsch identifizierter Linien. Weiterführende Informationen und Arbeitsanleitungen bietet das International Cell Line Authentication Committee (ICLAC) (7 https://iclac.org/). ICLAC betreibt auch ein umfangreiches Register falsch identifizierter Zelllinien (7 https://iclac.org/databases/ cross-contaminations/). Eine kürzlich erstellte Datenbank ist Cellosaurus (7 https://web.expasy.org/cellosaurus). Darin sind derzeit 118.000 Zelllinien von 625 Arten gelistet. Neben relevanten Informationen zu den einzelnen Zelllinien sind auch die STR-Profile von derzeit rd. 6500 humanen Linien angeführt. Darüber hinaus bietet die Datenbank ein STR Similarity Search Tool (CLASTR) an, eine interaktive Suchmaske der wichtigsten 17 STR-Marker und Amelogenin (s. . Tab. 2.15), in welche die in einem Labor erhobenen STR-Profile einer Zelllinie zur Überprüfung der Identifizierung bzw. Authentizität eingegeben werden können (7 https://web.expasy.org/cellosaurus-str-search/).

Zusammenfassung Es wurden bereits Forderungen erhoben, STR-Analysen und Authentifizierungen humaner Zelllinien bei Forschungsanträgen oder Publikation von Originalarbeiten verpflichtend zu verlangen. Die Initiatoren erhoffen sich eine deutliche Qualitätsverbesserung und Datensicherheit in den Arbeiten mit humanen Zellen. Die regelmäßige Überprüfung der Reinheit und Identität aller Zelllinien im Labor gehört zur guten wissenschaftlichen Praxis (7 Kap. 14, 15). Wenn in einem Labor mit humanen Zelllinien gearbeitet wird, sollte es also Standard sein, STR-Profile aller in Kultur gehaltenen Linien anzulegen, mit den

entsprechenden Datenbanken zu vergleichen und die STR-Analysen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, um Kreuzkontaminationen eindeutig auszuschließen. Zellbanken (ATCC, DSMZ, ECACC) und andere Institutionen bieten die Authentifizierung humaner Linien als Serviceleistung an (siehe Anhang B.7). STR-Analysen erlauben nur die Zuordnung einer Zelllinie zu einem Individuum. Werden aus Geweben oder Organen ein und desselben Spenders verschiedene Kulturen angelegt, können diese Zellen auf genomischer Ebene mittels STR-Profiling nicht unterschieden werden. Dasselbe gilt auch für alle Zellen (Unterstämme,

49 Weiterführende Literatur

Sublinien), die durch Selektion, Klonierung oder Mutation aus einer parentalen Zelllinie hervorgegangen sind. Werden kreuzkontaminierte Kulturen entdeckt, so können diese – falls der Aufwand notwendig ist um die

2.8.2  Vermeidung von

Kreuzkontaminationen

Eine Kreuzkontamination kann leider nie vollständig ausgeschlossen werden. Allerdings gibt es eine Reihe von Maßnahmen, das Risiko einer Kreuzkontamination zu verringern bzw. Kreuzkontaminationen oder fehlerhafte Beschriftungen von Zelllinien im Labor fast gänzlich zu vermeiden. Die größte Gefahr einer Kreuzkontamination geht von unsachgemäßem Hantieren mit Kulturen selbst aus, wenn z. B. mehrere Zelllinien gleichzeitig bearbeitet werden, bzw. wenn Kulturen verwechselt oder Kulturgefäße und Einfrierröhrchen falsch beschriftet werden. Besondere Vorsicht ist auch geboten, wenn Kulturen von Nachbarlabors bezogen werden oder wenn mit Zelllinien gearbeitet wird, die nachweislich kreuzkontaminiert sind (s. . Tab. 2.13 und 2.14). Eine weitere Kontaminationsquelle, d. h. eine Verschleppung fremder Zellen, können auch nicht vollständig inaktivierte Feeder Layer sein oder die Verwendung von fehlerhaft sterilfiltrierten konditionierten Medien. Zur guten Zellkulturpraxis gehört deshalb nicht nur sachgemäßes Arbeiten, um Kreuzkontaminationen und Fehlidentifizierungen zu vermeiden, sondern auch die regelmäßige Überprüfung auf Reinheit und Identität aller Zelllinien im Labor (s. oben und 7 Kap. 14, 15). Empfehlungen zur Kreuzkontaminationen

Vermeidung

von

5 Immer nur mit einer Zelllinie (einem Zelltyp) unter dem Laminar Flow hantieren, dies gilt besonders beim Trypsinieren (7 Kap. 11). 5 Nach jeder Arbeit die Reinraumbank mit 70 %-igem Alkohol sorgfältig auswischen, besonders bevor wieder mit einer anderen Zelllinie gearbeitet wird. Nach jeder Dekontamination mindestens 10 min abwarten, bis mit einer anderen Zelllinie weitergearbeitet wird. 5 Nie mehrmals mit derselben Pipette aus einer Flasche Medium, Salzlösung oder Trypsinlösung pipettieren. 5 Für jede Zelllinie eine eigene, spezifisch beschriftete Flasche Medium, PBS bzw. Trypsin verwenden.

Kulturen zu retten – durch Klonierung wieder aussortiert werden. Werden falsch identifizierte Kulturen entdeckt, gehören diese entsorgt. Jede weitere Beschäftigung mit Zellen unter falscher Bezeichnung ist wissenschaftlich wertlos!

Die Kultivierung mehrerer Linien aus einer Mediumflasche ist der Hauptgrund für Kreuzkontaminationen! 5 Eine Mediumflasche darf nie von mehreren Personen verwendet werden. 5 Auf sorgfältige, gut leserliche Beschriftung von Kulturgefäßen beim Passagieren achten (7 Kap. 11). Dies gilt vor allem auch für die Beschriftung bzw. Kennzeichnung und Protokollierung von Einfrierröhrchen zur oft jahrelangen Lagerung von Zellen im flüssigen Stickstoff (Problem der korrekten Wiederfindung beim späteren Auftauen) (7 Abschn. 13.2).

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50

Kapitel 2 · Steriltechnik – Kontaminationen

Mycoplasmen

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© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_3

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Kapitel 3 · Sicherheit in der Zellkultur

Es wird immer wieder die Frage gestellt, ob vom Umgang mit kultivierten Zellen spezifische Gefährdungen ausgehen können. Hierbei muss grundsätzlich zwischen Primärkulturen, vor allem humanen Ursprungs, und etablierten Zelllinien unterschieden werden. Ein Gefährdungspotenzial durch kultivierte Säugerzellen per se ist nicht gegeben. In Kultur gehaltene eukaryotische Zellen, auch immortalisierte Tumorlinien, sind außerhalb der komplexen Kulturbedingungen (s. 7 Kap. 4) nicht lebens- und vermehrungsfähig, womit auch kein Risiko für die Umwelt durch unbeabsichtigte Freisetzung besteht. Ferner sind kultivierte Zellen selbst nicht infektiös, sie können Haut oder Schleimhäute nicht aktiv durchdringen. Die Zellen würden auch vom Immunsystem sofort als fremd erkannt und eliminiert werden, wodurch eine Vermehrung im Körper ausgeschlossen ist. Anders ist die Situation bei Primärkulturen (7 Abschn. 16.1). Hier kann ein mögliches Risiko durch eine bereits vorliegende Infektion des Spenders nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Dies gilt besonders für Humanmaterial. Primäre Zellen werden direkt aus Körperflüssigkeiten oder aus Gewebeproben gewonnen. Gefährdungen durch Primärkulturen sind also möglich, wenn der Spenderorganismus, und damit die daraus gewonnenen Kulturen, mit humanpathogenen Krankheitserregern kontaminiert sind. Die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS; 7 www.bvl.bund.de) hat eine Risikobewertung von primären Vertebratenzellen vorgenommen. Für humane Primärkulturen konnte dabei auf die Erfahrungen der Transfusions- und Transplantationsmedizin zurückgegriffen werden. Es hat sich gezeigt, dass der Nachweis der Seronegativität des Spenders für die humanpathogenen Viren HIV (humanes Immundefizienz-Virus), HBV (Hepatitis-B-Virus) und HCV (Hepatitis-C-Virus) eine ausreichende Sicherheit vor übertragbaren Krankheitserregern gewährt, wenn der Spender ansonsten klinisch unauffällig ist. Beim Umgang mit primären Zellen erfolgt auch im Gegensatz zur Transplantations- und Transfusionsmedizin keine Übertragung des Zellmaterials auf einen Empfänger. Die Forderung nach Seronegativität klinisch unauffälliger Spender für die o. g. Viren ist daher nach dem Stand der Wissenschaft ausreichend. Es wurden deshalb von der ZKBS folgende Sicherheitsmaßnahmen für den Umgang mit primären Zellen des Menschen vorgeschlagen: Primäre Zellen aus klinisch unauffälligen Spendern sind in die Risikogruppe 1 einzuordnen, wenn die Seronegativität des Spenders für HIV, HBV und HCV nachgewiesen ist. Sind Spender oder Zellen nicht auf die Abwesenheit o. g. Viren überprüft, so sind die primären Zellen grundsätzlich der Risikogruppe 2 zuzuordnen. Ist aufgrund von Erkrankungen des Spenders bzw. aufgrund der Art des erkrankten Gewebes die Abgabe anderer viraler Erreger zu erwarten,

erfolgt die Einstufung des Materials entsprechend der Risikogruppe des Virus. Ferner sollten nie körpereigene Zellen kultiviert werden, um jegliche Rückführung in den Spender (Experimentator) auszuschließen. Für den Umgang mit primären Zellen aus Primaten (außer Mensch) wurde von der ZKBS grundsätzlich folgende Risikobewertung vorgeschlagen: Zellmaterial, das Primaten aus kontrollierten Zuchten entnommen wird, ist aufgrund der weiten Verbreitung Interspezies-übertragbarer Viren der Risikogruppe 2 zuzuordnen. Für Zellmaterial von Primaten aus Wildfängen ist eine auf den Einzelfall bezogene Risikoabschätzung vorzunehmen, wobei mindestens von einer Zuordnung in die Risikogruppe 2 auszugehen ist. 3.1  Sicherheitsvorschriften

Sicherheit für Mensch und Umwelt ist eine Grundvoraussetzung an jedem Arbeitsplatz. Zum sicheren Arbeiten in Laboratorien gehört eine umfassende Kenntnis der Gefahren und Risiken und eine darauf beruhende Risikoabschätzung, wie sie in vielerorts gesetzlich vorgeschrieben ist. Dabei geht es nicht nur um die Identifizierung und Einschätzung möglicher Risiken, sondern auch um Maßnahmen, die erkannten Risiken entsprechend zu minimieren. Die Gefahren und Risiken im Umgang mit kultivierten Zellen können in 3 Gruppen eingeteilt werden: 5 biologische Gefahren 5 chemische Gefahren 5 physikalische Gefahren. z Biologische Gefahren

Neben den bereits besprochenen Gefahren und Risiken, die von den kultivierten Zellen selbst ausgehen können, zählen noch Gefahrenpotenziale durch Medienzusätze, wie biologische Flüssigkeiten (z. B. Serum) oder Gewebeextrakte (7 Abschn. 6.1.2), sowie durch gen- oder biotechnologische Verfahren und Experimente, wie die Transformation (7 Abschn. 16.4) oder Transfektion (7 Abschn. 19.1) kultivierter Zellen. Hier sind die in letzter Zeit verstärkt zum Einsatz kommenden adenoviralen und lentiviralen Expressionssysteme zu nennen. Diese Vektoren der neueren Generation ermöglichen Transfektionsraten bis 100 %. Durch genetische Modifikation und die Verwendung spezifischer Helferzelllinien (Verpackungszellen) sind die retroviralen Vektorsysteme replikationsdefekt. Da jedoch virale Systeme prinzipiell als infektiös zu betrachten sind, sollte für diese Arbeiten mindestens die Sicherheitsstufe 2 eingehalten werden. Nach einer Risikoabschätzung der ZKBS aus dem Jahr 2001 sind gentechnische Arbeiten mit rekombinantem Adenovirus Typ 5 mit wenigen Ausnahmen der Risikogruppe 2 zuzuordnen.

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3.2 · Gesetzliche Regelwerke

z Chemische Gefahren

Die Arbeit an und mit Zellkulturen stellt an sich kein chemisches Gefährdungspotenzial dar. Trotzdem sollte, wie in jedem Labor, auf gute Laborpraxis (GLP, Good Laboratory Practice) im Umgang mit jeder Art von Chemikalien geachtet werden (→ Gefahrstoffverordnung). Besondere Vorsicht ist beim Umgang mit mutagenen und cancerogenen Substanzen, wie DAPI, Hoe 33.258, Acridin-Orange oder Ethidiumbromid geboten. z Physikalische Gefahren

Es sind allerdings einige für die Arbeit im Zellkulturlabor spezifische physikalische Gefahren zu beachten. Dazu zählen der Einsatz von UV-Licht (7 Abschn. 2.4.5), die Verwendung von Gasen unter hohem Druck (z. B. CO2), Druck bzw. Vakuum bei der Sterilfiltration (7 Abschn. 2.5.3), große Hitze bei Trockensterilisation bzw. Dampf und Druck beim Autoklavieren (7 Abschn. 2.5.1 und 2.5.2) und extreme Kälte beim Hantieren mit flüssigem Stickstoff (7 Abschn. 13.3.1). Zu beachten ist auch die Laser-Strahlung in FACS-Geräten (7 Abschn. 19.5), sowie spezifische Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit radioaktiven Chemikalien. 3.2  Gesetzliche Regelwerke

Grundlage aller einschlägigen Gesetze auf nationaler Ebene sind die EU-Richtlinie 2000/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit und die Richtlinie 2009/41/EG über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Grundsätzlich gelten in Zellkulturlaboratorien wie in anderen Laboratorien die allgemeinen und speziellen Unfallverhütungsvorschriften der regionalen Gemeindeunfallversicherungsverbände für kommunale und staatliche Behörden, die Vorschriften der branchenspezifischen Berufsgenossenschaften (BG) der gewerblichen Industrie, z. B. der BG Chemie für die chemische Industrie ebenso wie Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für deren Sachbeihilfeempfänger, sowie speziell das Gentechnikgesetz mit den dazu erlassenen Verordnungen, und die Biostoffverordnung (BioStoffV). Detaillierte Vorgaben für sicheres Arbeiten stellen die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der BG Chemie sowie die Merkblätter der BG Chemie „Sichere Biotechnologie“: Laboratorien (B 002), Betrieb (B 003) und Zellkulturen (B 009) dar. Grundlage für die zu treffenden Maßnahmen ist die Einstufung der biologischen Agenzien nach deren Gefährdungspotenzial (. Tab. 3.1). In Österreich und der Schweiz sind ebenfalls die einschlägigen Arbeitnehmerschutzrichtlinien und weitere gesetzliche Vorschriften,

wie Gentechnikgesetze und die dazugehörigen Verordnungen, zu beachten. Im Zellkulturlabor steht in aller Regel der Schutz der Kulturen vor Kontaminationen der verschiedensten Art im Vordergrund. Sobald jedoch mit potenziell oder tatsächlich pathogenen Organismen einschließlich bestimmter eukaryotischer Zellen, mit in vitro neu kombinierter DNA, mit toxischen, explosiven, entflammbaren, ätzenden, radioaktiven oder cancerogenen Stoffen gearbeitet werden muss, hat der Schutz des Experimentators und seiner Umgebung absoluten Vorrang. Um den Gefahren im Umgang mit Zellkulturen vorzubeugen, hat der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) (7 www.baua.de/abas) eine Technische Regel zu Tätigkeiten mit Zellkulturen erstellt (TRBA 468). Die TRBA 468 konkretisiert im Rahmen des Anwendungsbereichs die Anforderungen der Biostoffverordnung (BioStoffV) über Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Darin werden Kriterien für die Bewertung von Zellkulturen und bislang nicht eingestuften Zelllinien festgelegt. Erstmals werden dabei Tätigkeiten mit allgemein verwendeten Zelllinien aufgrund ihres Kontaminationsstatus entsprechenden Schutzstufen (Risikogruppen) zugewiesen, unter denen die Arbeiten durchzuführen sind. Im Rahmen der daraus zu erfolgenden Gefährdungsbeurteilung (Risikoabschätzung) soll erfasst werden, mit welcher Zellspezies gearbeitet wird und mit welchen Kontaminationen zu rechnen ist. Da von eukaryotischen Zellen selbst kein Gesundheitsrisiko ausgeht, sind diese als biologische Arbeitsstoffe in Risikogruppe 1 erfasst. Geht jedoch von Kontaminanten eine Infektionsgefahr aus, wird von diesen die Sicherheitsstufe festgelegt – die Risikogruppe des Kontaminanten bestimmt demnach die Sicherheitsstufe der Arbeiten mit den kultivierten Zellen. z Gentechnik

Werden kultivierte Zellen gentechnischen Veränderungen unterworfen, muss eine zusätzliche Risikobewertung nach dem jeweils gültigen Gentechnikgesetz vorgenommen werden. Durch die rapide Zunahme von Arbeiten mit genmanipulierten eukaryotischen Zellen haben die einschlägigen Gentechnikgesetze (z. B. GenTG in Deutschland oder GTG 1994 in Österreich) und die dazu erlassenen Verordnungen (z. B. Gentechnik-Sicherheitsverordnung, GenTSV bzw. Systemverordnung 2002) in vielen Zellkulturlabors besondere Bedeutung erlangt. Seit 1998 ist für jedes Privat- bzw. industrielle Labor in Deutschland ein Sicherheitsbeauftragter zwingend zu ernennen, der über die Maßnahmen nach den UVV und nach dem Chemikaliengesetz wacht. Näheres ist bei der Berufsgenossenschaft Chemie zu erfahren. Gentechnische Arbeiten, wozu neben der Herstellung und Kultivierung gentechnisch veränderter ­Zellen

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Kapitel 3 · Sicherheit in der Zellkultur

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. Tab. 3.1  Gefährdungspotenzial biologischer Agenzien entsprechend der WHO-Empfehlung WHO/V&B/99.32, 1999 (Risiko-Gruppen, Risiko-Einstufung, -Beschreibung und Biosicherheitsstufen, Biosafety Level).

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Risiko-Gruppe

Risiko-Einstufung

Risiko-Beschreibung

Biosafety Level (BSL)

1

Kein oder sehr geringes Individualoder Bevölkerungsrisiko

Erkrankungen von Menschen oder Tieren sind nicht zu erwarten.

Basic – BSL-1

2

Moderates Individualrisiko, geringes Bevölkerungsrisiko

Erkrankungen von Menschen oder Tieren sind möglich, es besteht jedoch keine ernsthafte Gefährdung für Laborpersonal, die Bevölkerung, Nutztierbestände oder die Umwelt. ­Kontakte im Labor können zu erfolgreichen Infektionen führen, es sind jedoch wirksame Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen vorhanden. Das Risiko einer Ausbreitung ist begrenzt.

Basic – BSL-2

3

Hohes Individualrisiko, geringes Bevölkerungsrisiko

Ernsthafte Erkrankungen von Menschen oder Tieren sind zu erwarten, eine Ausbreitung von einem infizierten Wirt zum nächsten ist jedoch nicht üblich. Wirksame Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen sind vorhanden.

High Containment – BSL-3

4

Hohes Individual- und Bevölkerungsrisiko

Ernsthafte Erkrankungen von Menschen oder Tieren sind zu erwarten, eine Ausbreitung von einem infizierten Wirt zum nächsten – direkt oder indirekt – ist leicht möglich. Wirksame Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen sind nicht ohne Weiteres vorhanden.

Maximum Containment – BSL-4

auch deren Lagerung und Transport gehört, dürfen nur in gentechnischen Anlagen durchgeführt werden. Es ist neben dem Versuchsleiter, der einen speziellen Lehrgang absolviert haben muss, noch ein Beauftragter für die Biologische Sicherheit zu benennen, der u. a. die Sicherheitseinstufung zur Festlegung des vorhandenen Gefährdungspotenzials der gentechnischen Arbeiten vorzunehmen hat. In international festgelegten Richtlinien sind die verwendeten Spender- und Empfängerorganismen in Risikogruppen 1 bis 4 klassifiziert, woraus sich die einzuhaltenden Sicherheitsstufen 1–4 ergeben (. Tab. 3.1). Die Errichtung und der Betrieb gentechnischer Anlagen für die Durchführung gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 zu Forschungszwecken müssen der zuständigen Behörde spätestens 3 Monate vor Aufnahme der Arbeiten angemeldet werden. Für Arbeiten in höheren Sicherheitsstufen und für alle gewerblichen Arbeiten muss die Anlage genehmigt sein (§ 8 GenTG). Die Durchführung gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufen 2 bis 4 für Forschungszwecke muss bei der zuständigen Behörde spätestens 2 Monate vor Beginn angemeldet werden (§ 9 GenTG). Für die Durchführung gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufen 2 bis 4 zu gewerblichen Zwecken bedarf es dagegen einer förmlichen Genehmigung (§ 10 GenTG). Ein Methodenband

zur Gentechnik gem. § 28 GenTG ist kürzlich vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) herausgegeben worden (7 www.methodensammlung-bvl.de) (Belter und Grohmann 2011). Die gesetzlichen Verordnungen in Österreich und der Schweiz lauten sinngemäß. Je nach Gefährdungsgrad müssen nach den jeweils anzuwendenden Vorschriften abgestufte Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, wobei die UVV zwischen Labor (L1-L4) und Produktion (P1-P4) unterscheidet, nicht aber das GenTG bzw. die GenTSV. Die . Tab. 3.2 gibt einen Überblick über die Sicherheitsstufen, die sich aus den beiden wichtigsten Vorschriften ­ergeben. Für die einzelnen Sicherheitsstufen sind in den genannten Regelwerken ausführliche und zwingend vorgeschriebene Verhaltensweisen und spezielle Sicherheitsvorkehrungen zusätzlich noch zu treffen. Hier sei auf die einzelnen Gentechnikgesetze in den derzeit gültigen Fassungen und die dazu erlassenen Durchführungsverordnungen verwiesen. Grundsätzlich sollte bei allen Zellkulturarbeiten darauf geachtet werden, eine unbeabsichtigte Freisetzung von Zellmaterial zu vermeiden. Es sollten deshalb in jedem gut ausgestatteten Zellkulturlabor Reinraumarbeitsbänke der Klasse II vorhanden sein (7 Abschn. 1.3.1) und darin auch

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3.2 · Gesetzliche Regelwerke

. Tab. 3.2  Gefährdungspotenzial und Sicherheitsstufen Gefährdungspotenzial biologischer Agenzien

Risiko-Gruppe

Gesamtbeurteilung des Gefährdungsrisikos unter Beachtung der erforderlichen Hygieneregeln

Sicherheitsstufen

Laboratorien

Produktionsbereiche

UVV

GenTSV

UVV

GenTSV



1

Keine

L1

S1

P1

S1

+

2

Gering

L2

S2

P2

S2

3

Mäßig

L3

S3

P3

S3

4

Hoch

L4

S4

P4

S4

alle S. 1-Routinearbeiten durchgeführt werden (Vermeidung jedweder Emission durch strikte Abtrennung, abgestuft je nach Gefährdungspotenzial; „Containment“). Für das allgemeine Zellkulturlabor sind die „Grundregeln guter mikrobiologischer Technik“ als Stand der Technik nach wie vor gültig. So sind sie auch heute noch als allgemein gültige Regeln z. B. in den Merkblättern der BG Chemie oder in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 100) aufgeführt; sie lauten: Grundregeln guter mikrobiologischer Technik 5 Fenster und Türen der Arbeitsbereiche sollen während der Arbeiten geschlossen sein. 5 In Arbeitsräumen darf nicht getrunken, gegessen oder geraucht werden. Nahrungsmittel dürfen im Arbeitsbereich nicht aufbewahrt werden. Eigene Lebensmittelkühlschränke in den Sozial- und Aufenthaltsräumen. 5 Laborkittel oder andere Schutzkleidung müssen im Arbeitsbereich getragen werden. 5 Mundpipettieren ist untersagt, mechanische oder besser elektrische Pipettierhilfen sind zu benutzen. 5 Spritzen und Kanülen sollen nur, wenn unbedingt nötig, verwendet werden. 5 Vor und nach einem Arbeitsgang müssen die Arbeitsflächen sorgfältig desinfiziert/dekontaminiert werden. Dies gilt besonders, wenn es während der Arbeiten zu Verschüttungen gekommen ist. 5 Biologische Abfälle, gebrauchtes Zellkulturmaterial, Spritzen, Kanülen oder Skalpellklingen sind entsprechend zu entsorgen und gegebenenfalls vorher zu autoklavieren (7 Abschn. 3.2). 5 Bei allen Manipulationen muss darauf geachtet werden, dass die Bildung von Aerosolen, soweit

möglich, vermieden wird (Zytometrie, FACS-Analyse, s. 7 Abschn. 19.5). 5 Nach Beendigung eines Arbeitsganges und vor Verlassen des Laboratoriums müssen die Hände sorgfältig gewaschen, gegebenenfalls desinfiziert und rückgefettet werden (Hautschutzplan!). 5 Laboratoriumsräume und Arbeitsbänke sollen aufgeräumt und sauber gehalten werden. Auf den Arbeitstischen sollen nur die tatsächlich benötigten Geräte und Materialien stehen. Vorräte sollen nur in dafür bereitgestellten Räumen oder Schränken gelagert werden. 5 Die Identität der verwendeten biologischen Agenzien (Zellen, Mikroorganismen, Viren, DNA-Vektoren, biologische Flüssigkeiten und Proben) ist regelmäßig zu überprüfen, wenn dies für die Beurteilung des Gefährdungspotenzials erforderlich ist (Risikoabschätzung). 5 Unerfahrene Mitarbeiter müssen über die möglichen Gefahren umfassend unterrichtet, sorgfältig angeleitet und überwacht werden (Nachweispflicht der Unterrichtung bei S. 1 bzw. ab L2). 5 Ungeziefer muss, wenn nötig, regelmäßig und fachkundig bekämpft werden. Weitere Sicherheitsmaßnahmen können sein: 5 die Benutzung von Sicherheitswerkbänken der Klasse II und höher 5 die Beschränkung und Kontrolle des Zugangs zu bestimmten Arbeitsräumen (Laborfremde, Lieferanten, Besucher, Handwerker) 5 Desinfektion aller erregerhaltigen Materialien, bevor sie den Arbeitsraum verlassen 5 ein Unterdruck im Arbeitsraum durch künstliche Belüftung, die Abluft kann durch geeignete Maßnahmen ausreichend keimfrei gemacht werden

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Kapitel 3 · Sicherheit in der Zellkultur

Da in vielen Zellkulturlaboratorien vermehrt mit frischem Humanmaterial gearbeitet wird, möchten wir ergänzend die wichtigsten, zusätzlich zu den „Grundregeln“ einzuhaltenden Vorschriften wiedergeben: 5 gelbe Hinweisschilder mit schwarzer Schrift „Infektionsgefahr“ anbringen bzw. die gelben Warnschilder „Biohazard“ (biologische Gefahr) 5 werdende oder stillende Mütter dürfen nicht mit Humanmaterial arbeiten 5 wer noch keine Antikörper gegen Hepatitis B hat, sollte sich impfen lassen 5 nur mit Material arbeiten, das HIV-negativ (keine Viruspartikel) und anti-HIV negativ (keine zirkulierenden Antikörper) ist. Nicht selten kommt unverletzte Haut mit Humanmaterial (Gewebe, Blut usw.) in Berührung. Man wischt die betreffende Hautstelle mit einem Desinfektionsmittel (Sagrotan, Primasept oder dergleichen) ab und lässt es 5 min einwirken, danach gründlich mit Wasser abspülen. Wenn während der Arbeit Verletzungen mit dem Verdacht auftreten, dass Humanmaterial in die Wunde gelangt ist, oder kommt Material mit Schleimhäuten in Berührung (Mund, Nase, Auge), muss der Vorgesetzte sofort informiert werden. Dieser veranlasst, ggf. nach Rücksprache mit einem Arzt, die geeigneten Maßnahmen und die Sicherstellung des Materials. In gleicher Weise muss, auch bei kleinsten Verletzungen, mit gentechnisch verändertem bzw. genneukombiniertem Material verfahren werden. Bei etablierten, permanent wachsenden Zellkulturen sind in über 60-jähriger Erfahrung keine Zwischenfälle bekannt geworden, die zu einer Gefährdung von Mensch und Umwelt geführt hätten. HeLa, die erste humane Zelllinie, ist 1951 etabliert worden. Demgemäß wird der Umgang mit etablierten, gut charakterisierten Zellen, insbesondere wenn sie von einer kompetenten Zellbank ausgehen (siehe Anhang C), als sicher angesehen. Dies gilt nach jetzigem Kenntnisstand unter Beachtung der „Grundregeln“ (s. oben) auch bezüglich endogener, Retrovirus-ähnlicher Sequenzen, amphotroper Retroviren und der zurzeit bekannten Tumorviren und deren DNA-Sequenzen in Säuger-DNA, z. B. Papilloma-Virus-DNA-Sequenzen in HeLa-Zellen oder SV40- oder EBV-immortalisierte Zelllinien (7 Abschn. 16.4.3). Diese sind teilweise in Sicherheitsstufe 2 gelistet und dementsprechend zu handhaben. Wie in der Einleitung zu 7 Kap. 2 beschrieben, sind in letzter Zeit zwei Zelllinien entdeckt worden, die unvermutet mit Viren infiziert sind. In der humanen Glialinie SVG p12 konnte infektiöses BK Polyomavirus nachgewiesen werden und in der Insektenzelllinie Sf9 wurde ein Rhabdovirus entdeckt. Diese neuen Befunde haben nichts mit Unachtsamkeit oder gar Fahrlässigkeit zu tun, sondern beruhen auf neuen und wesentlich

sensitiveren Nachweismethoden, die heute zur Verfügung stehen. Viren-befallene Zelllinien werden immer wieder entdeckt und neu beschrieben werden, weshalb bei einer vorzunehmenden Risikoabschätzung dies unbedingt mitberücksichtigt werden soll. 3.3  Entsorgung

Die Art der Entsorgung in einem Zellkulturlabor, das nicht mit gentechnisch veränderten Organismen oder anderen Agenzien mit Gefährdungspotenzial arbeitet, richtet sich danach, ob es sich um Kulturrückstände handelt, wozu auch jedes Einmalmaterial und alle Lösungen gehören, die mit Zellen oder zellhaltigem Material in Berührung gekommen sind oder nicht. Grundsätzlich sollte die Entsorgung aller Abfälle aus dem Zellkulturlabor regelmäßig, mindestens aber einmal pro Tag erfolgen. In der Praxis hat es sich bewährt, grundsätzlich alle Zellkulturrückstände und alles mit der Kultur in Berührung gekommene, nicht wieder verwendete Material ausnahmslos zu autoklavieren. Es kann dann mit dem Hausmüll entsorgt oder in das Abwasser gegeben werden. Wenn die Materialien vor dem Autoklavieren getrennt in Autoklavenbeutel oder sonstige Gefäße gegeben wurden, ist nach dem Autoklavieren auch eine Mülltrennung möglich. Material, das aufgrund der Art der Arbeiten nicht mit Zellen in Berührung gekommen sein kann, wird ohne Desinfektion oder Sterilisation entsorgt. Bei dieser schematischen Art der Abfallbeseitigung sind Entscheidung und Verantwortung einfach und überschaubar. Es besteht ein Höchstmaß an Sicherheit. Für Organabfälle menschlicher Herkunft ist Autoklavieren oder sachgemäßes Verbrennen vor dem Entsorgen in jedem Falle vorgeschrieben. Kulturrückstände, Lösungen und Einwegartikel können vor der Entsorgung grundsätzlich auch chemisch desinfiziert werden, dabei sollte jedoch bedacht werden, dass neben Mikroorganismen einschließlich Viren auch keine eukaryotischen Zellen, die Träger von Viren oder Nucleinsäuren mit Gefährdungspotenzial sein könnten, überleben. Hierfür sind chemische Desinfektionsmittel in der Regel nicht gedacht. Es sei jedoch nochmals betont, dass von Zellen gesunder Spender an sich keinerlei Gefahr ausgeht. Es ist allerdings im Einzelfall nicht mit letzter Sicherheit zu sagen, ob eine Zelle etwa gefährliche Viren oder schädliche Nucleinsäuresequenzen enthält. Da bei der Entsorgung immer wieder Verletzungen auftreten, ist stets daran zu denken, spitze (Kanülen) und scharfkantige (Scherben, Skalpellklingen) Abfälle nur in sicheren und speziell dafür geeigneten Behältern zu sammeln. Um ein hohes Maß an Sicherheit aufrecht zu erhalten ist es außerdem nie verkehrt, jeden Abfall vor Verlassen des Labors entweder in einen

3.3 · Entsorgung

Autoklavensack zu geben oder ausreichend zu desinfizieren. Die Abfälle sollten nach Möglichkeit jeden Abend autoklaviert oder zumindest sicher verschlossen gelagert werden, auch um die Ausbreitung von Keimen im Labor zu verhindern. Zellkulturmedien sind ideale Nährböden für Mikroorganismen! Unter Kosten- und Umweltschutzgesichtspunkten sollte schließlich geprüft

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werden, ob die Abfallmenge durch Benutzung wiederverwendbarer Materialien, z. B. Glas- anstelle von Kunststoffpipetten, reduziert werden kann. Wenn biologisches Material, dessen Handhabung gesetzlichen Regelungen unterliegt, entsorgt werden soll, müssen die speziellen Vorschriften eingehalten werden.

Generelle Probleme Selbst das bestgeführte Zellkulturlabor ist hin und wieder mit Problemen konfrontiert, welche die Laborroutine beeinträchtigen. Meist entstehen diese Probleme dadurch, dass neues Personal eingesetzt wird, dass neue Methoden eingeführt wurden, oder neue Geräte angeschafft wurden, die entweder Altgeräte ersetzten oder dadurch neue methodische Möglichkeiten erschlossen werden. Untenstehend einige allgemeine Hinweise zur Problemlösung, jedoch wird darauf hingewiesen, dass in den Arbeitsanleitungen selbst und auch bei den Geräten und weiteren Hilfsmitteln detailliertere Hinweise auf mögliche Fehlerquellen enthalten sind. Wurde das Verfahren geändert? Die Grundverfahren, wie Mediumwechsel, Passagieren, sowie Einfrieren und Auftauen von Zellen sollten – einmal erprobt – tatsächlich niemals geändert werden. Ebenfalls Verfahren, wie Zellzählung, Vitalitätsprüfungen und alle weiteren Verfahren, die routinemäßig dazu dienen, die Konsistenz und Reproduzierbarkeit zu gewährleisten, sollten niemals ohne triftigen Grund geändert werden. Wurden andere Geräte als sonst benutzt? Geräte unterliegen der Abnutzung und dem Verschleiß und manchmal erfüllen sie die gestiegenen Anforderungen nicht mehr und müssen deshalb ausgetauscht werden. Doch schon eine Reparatur kann die Eigenschaften des Gerätes ändern und Probleme mit sich bringen, die nicht unbedingt sofort erkennbar sein müssen. Selbst eine Umstellung des Brutschrankes oder der Reinraumwerkbank innerhalb des Labors oder der Umzug des Labors kann entscheidend dazu beitragen, dass die Abläufe innerhalb der Routine sich verändern und es dadurch zu Problemen kommt, die längere Zeit unentdeckt bleiben. Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass auch neue Geräte selbst in der Garantiezeit nicht unbedingt störungssicher sind, sodass auch bei der Anfangsinvestition die Anschaffung gebrauchter und geprüfter Geräte eine Einsparung ohne Sicherheitsverlust in der Praxis bedeuten können.

Wurde neues Personal mit geringerer Ausbildung eingesetzt? Weiterhin ist zu bedenken, dass gut geschultes und in der Zellkultur speziell bewandertes Personal selbst eingearbeiteten Hilfskräften vorzuziehen ist. Hier gilt es ganz genau zu erwägen, dass eine gute Vor- und Ausbildung und ein solides Grundwissen auch der technischen Mitarbeiter der Grundstock für ein erfolgreiches Arbeiten mit den anspruchsvollen Zellen darstellt. Hier zu sparen, erscheint nicht zweckmäßig und eine gute und solide Ausbildung in den Grundlagen der Zellkultur sollte heute nicht mehr an den Lern- und Lehrmöglichkeiten scheitern. Doch diese gute Grundausbildung in der Zell- und Gewebekulturtechnologie ist nicht einfach durch ein bloßes Nachkochen der betreffenden Vorschriften zu erreichen, sondern es erfordert darüber hinaus auch solide theoretische Kenntnisse der Molekular- und speziellen Zellbiologie, immer unter Berücksichtigung der In-vitro-Verhältnisse. Protokollführung Eine Möglichkeit, generell diesen Problemen von vornherein zu begegnen, ist die Anwendung von sogenannten standardisierten Arbeitsanweisungen („Standard Operating Procedures“ = SOP), die schon seit geraumer Zeit in industriellen Produktionsverfahren und auch zum Teil in diagnostischen Labors angewandt werden (7 Kap. 15). Solche Vorschriften können, falls eine sogenannte Zertifizierung z. B. nach bestimmten Industrienormen vorliegt, nicht ohne größeren Aufwand verändert werden bzw. man kann prinzipiell von diesen Vorschriften nicht ohne Weiteres und nicht ohne dies zu dokumentieren, abweichen. Jedoch erscheinen solche Vorschriften, was die Grundlagenforschung betrifft, wenig sinnvoll, da ja gerade die Abänderung und Erweiterung der Vorschriften und Protokolle die Fortschritte in der Forschung erst ermöglichen. In jedem Falle ist dringend anzuraten, ein sogenanntes Medienbuch zu führen, wo alles über die aktuellen Medien aufgezeichnet wird.

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Kapitel 3 · Sicherheit in der Zellkultur

Weiterführende Literatur

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Adelmann S (1990) Umgang mit biologischen Agenzien in Labor und Produktion. Bioengineering 3:32–38 Bayrischer Gemeindeunfallsversicherungsverband Unfallverhütungsvorschrift Gesundheitsdienst (GUV 8.1), Bayerischer Staatsanzeiger 11, 1983 Belter A, Grohmann L. Gentechniküberwachung. GIT Labor-Fachzeitschrift 01/2001, S 51 Benihoud K, Yeh P, Perricaudet M (1999) Adenovirus vectors for gene delivery. Curr Opin Biotechnol 10:440–447 Biostoffverordnung (BioStoffV) vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2514) Bundesverb. der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (BAGUV): Richtlinien für Laboratorien (GUV 16.17), München, 1983 Döhmer J et al (1991) Gefährdungspotential durch Retroviren beim Umgang mit tierischen Zellkulturen. Arbeitsgruppe des DECHEMA-Arbeitskreises Tierische Zellkulturtechnik. Bioforum 11:428–436 Dormont D (1999) Transmissible spongiform encephalopathy agents and animal sera. Dev Biol Stand 99:25–34 Eloit M (1999) Risks of virus transmission associated with animal sera or substitutes and methods of control. Dev Biol Stand 99:9–16 Federico M (1999) Lentiviruses as gene delivery systems. Curr Opin Biotechnol 10:448–453 Freshney RI (2016) Safety, bioethics, and validation. In: Freshney RI (Ed) Culture of animal cells. A manual of basic technique and specialized applications, 7th ed. Wiley, Hoboken, NJ, S 89–110 Galbraith DN (2002) Transmissible spongiform encephalopathies and tissue cell culture. Cytotechnology 39:117–124

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Österreich: Gentechnikgesetz – GTG, BGBl. Nr. 510/1994, zuletzt geändert durch BGBl. I, Nr. 112/2016

Schweiz: Bundesgesetz über die Gentechnik im Ausserhumanbereich (Gentechnikgesetz, GTG), Nr. 814.91 vom 21. März 2003

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz), Bundesgesetzblatt I, S 1045, v. 20. Juli 2000 Henriksen S, Tylden GD, Dumoulin A, Sharma BN, Hirsch HH, Rinaldo CH (2014) The human fetal glial cell line SVG p12 contains infectious BK polyomavirus. J Virol 88:7556–7568 Johannsen R et al (1988) Chancen und Risiken durch Säugerzellkulturen. Arbeitskreis Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Säugerzellkulturen des DECHEMA-Arbeitsausschusses Sicherheit in der Biotechnologie. Forum Mikrobiologie 11:359–367 Kierski und Mussgay (1981) Vorläufige Empfehlungen für den Umgang mit pathogenen Mikroorganismen und für die Klassifikation von Mikroorganismen und Krankheitserregern nach den im Umgang mit ihnen auftretenden Gefahren. Bundesgesundheitsblatt 24:347–358 Lever AML, Strappe PM, Zhao J (2004) Lentiviral vectors. J Biomed Sci 11:439–449 Lucey BP, Nelson-Rees WA, Hutchins GM (2009) Henrietta Lacks, HeLa cells, and cell culture contamination. Arch Pathol Lab Med 133:1463–1467 Ma H, Galvin TA, Glasner DR, Shaheduzzaman S, Khan AS (2014) Identification of a novel rhabdovirus in Spodoptera frugiperda cell lines. J Virol 88:6576–6585 Masters JR (2002) HeLa cells 50 years on: the good, the bad and the ugly. Nature Rev Cancer 2:315–319 Merten O-W (2002) Virus contamination of cell cultures – a biotechnological view. Cytotechnology 39:91–116 Systemverordnung 2002. Durchführungsverordnung zum Österreichischen Gentechnikgesetz, BGBl. II, Nr. 431/2002 TRBA 100 – Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe: Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien. Ausgabe April 2002 TRBA 468 – Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe: Liste der Zelllinien und Tätigkeiten mit Zellkulturen. Ausgabe April 2012 Ulrich HJ (2001) Bauliche und technische Voraussetzungen für Laboratorien der Sicherheitsstufe S1–S4. Bioforum 24:574–579 Uphoff CC, Drexler HG, Jäckel U (2013) TRBA 468: Ein Brückenschlag vom Arbeits- zum Produktschutz. BIOspektrum 04(13):461–462 Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen (Gentechnik-Sicherheitsverordnung – GenTSV), Bundesgesetzblatt I, 285, 1995

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Die Zelle und ihre ­Umgebung Inhaltsverzeichnis Kapitel 4 Zellbiologische Grundlagen der Zell- und Gewebekultur – 63 Kapitel 5 Kulturgefäße und ihre Behandlung – 67 Kapitel 6 Zellkulturmedien – 87 Kapitel 7 Serumfreie Zellkultur – 115 Kapitel 8 Physiologische Zellkulturparameter – 125 Kapitel 9 Reinstwasser für Zell- und Gewebekulturen – 131

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Zellbiologische Grundlagen der Zell- und Gewebekultur Inhaltsverzeichnis Weiterführende Literatur – 65

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_4

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Kapitel 4 · Zellbiologische Grundlagen der Zell- und Gewebekultur

Im Unterschied zur mikrobiellen Kultur, wo die einzelne Zelle bereits einen Organismus für sich darstellt, wird in der Säugerzellkultur eine Zelle aus dem Gewebeverband herausgelöst und unter In-vitro-Bedingungen gehalten. Für eine erfolgreiche Zell- und Gewebekultur mussten zwei entscheidende Probleme gelöst werden: 1) Populationen von Zellen mussten aus einigen wenigen Zellen herangezüchtet werden können, und 2) anschließend über mehrere Generationen am Leben erhalten werden (7 Abschn. 16.1). Biologische Grundkonzepte der Zellkultur Nach McKeehan et al. (1990) ruht die Zellkultur auf zwei fundamentalen biologischen Konzepten. Zum einen auf der Zellenlehre von Schwann und Schleiden, nach der die Zelle als der kleinste Baustein des Lebens definiert wurde, und zum anderen auf dem Konzept der Homöostase, der Konstanthaltung des inneren Milieus und damit konstanter Umgebungsbedingungen für Zellen, Gewebe und Organe in vivo.

Jeder Zelltyp hat eine bestimmte Umgebung in vivo und damit verbunden spezifische Ansprüche. Um zu gewährleisten, dass aus einem Organismus isolierte Zellen wachsen, proliferieren, wenn möglich sogar differenzieren und spezifische Zellfunktionen ausüben, muss deren In-vivo-Umgebung bestmöglich in vitro simuliert und nachgebildet werden. Dazu ist eine genaue Kenntnis der Physiologie des jeweiligen Organismus, Organs und/oder Gewebes unerlässlich. Demnach definieren sich die einzusetzenden Umweltbedingungen für die kultivierten Zellen:

5 Temperatur und Luftfeuchte 5 extrazelluläres Ionenmilieu und Osmolarität 5 pH-Wert und Pufferung 5 basale Versorgung mit essenziellen Nährstoffen und Sauerstoff (Oxygenierung) 5 Supplementierung mit ergänzenden Stoffwechselprodukten, Wachstumsfaktoren und Hormonen 5 das Kultursubstrat (im Sinne der Kulturunterlage, z. B. eine extrazelluläre Matrix) 5 die „Entsorgung“ der Stoffwechselendprodukte 5 die „Vorsorge“ vor Kontaminationen Ein Großteil dieser genannten Faktoren wird durch das jeweilige Kulturmedium in einem entsprechenden Ausmaß und einem ausgewogenen Verhältnis zueinander bereitgestellt (7 Kap. 6). Gerade die optimale Kombination der einzelnen Variablen und deren daraus resultierende synergistische Wirkung kann ausschlaggebend sein, ob Zellen in vitro wachsen und proliferieren. z Ernährung und Stoffwechsel

Tierische Zellen haben hohe Nährstoffansprüche. Für eine geordnete Stoffwechselaktivität der Zellen muss eine qualitativ und quantitativ ausreichende Nährstoffversorgung gewährleistet sein. In vivo erfolgt diese über das Blut(plasma) bzw. die interstitielle Flüssigkeit, die alle Zellen des Körpers umspült, in vitro übernimmt diese Aufgabe das Kulturmedium (7 Kap. 6). z Zellteilung und Proliferation

Zellen können unabhängig voneinander wachsen und sich teilen. Für den Eintritt in einen Teilungszyklus sind allerdings, neben einer ausreichenden Nährstoffversorgung für de-novo-Synthesen, eine Reihe von

lösliche Faktoren: Wachstumsfaktoren und Hormone Ca 2+, Mg 2+ O2 / CO 2

Zell-ZellInteraktionen: Zelldichte

Zellarchitektur und Zellpolarität: epitheliale Gewebekultur basolaterale

Zellverbindungen

Zell-Matrix-Interaktionen: chemische Natur der Kulturunterlage komplexe extrazelluläre Matrix . Abb. 4.1  Parameter, die Wachstum, Proliferation und Differenzierung von kultivierten Zellen in vitro kontrollieren und beeinflussen

65 Weiterführende Literatur

mitoseauslösenden Signalen notwendig. Diese Komponenten, Wachstumsfaktoren bzw. mitogene Faktoren, werden in der Regel durch die Zugabe von Serum in die Kultur eingebracht (7 Abschn. 6.1.3). In der serumfreien Zellkultur erfolgt dies durch spezifische Beimischungen von Wachstumsfaktoren, Hormonen, Cytokinen, u. Ä. (7 Kap. 7). z Zusammenhalt von Zellen im Gewebeverband

Alle Körperzellen, mit Ausnahme der Blutzellen und den Zellen des Immunsystems, bilden komplexe Gewebeverbände die in vielfacher Weise miteinander (über Zell-Zell-Kontakte) sowie mit der extrazellulären Matrix (über Zell-Matrix-Kontakte) verbunden sind. Zellen in Kultur benötigen demnach nicht nur ausreichenden Kontakt untereinander (Zell- bzw. Einsaatdichte, 7 Kap. 11), sondern auch geeignete und teilweise hochspezifische Kulturunterlagen, an die sie sich anheften können (7 Kap. 5). Die einzelnen Parameter, welche für Stoffwechsel, Wachstum, Proliferation und Differenzierung von Zellen in vitro von Bedeutung sind, sind in . Abb. 4.1 zusammengefasst. Für nähere Details und weiterführende Informationen sei auf einschlägige Lehrbücher der Zellbiologie und Biochemie verwiesen.

Weiterführende Literatur Alberts B et al (2015) Molecular biology of the cell. 6th ed. Garland Science, Boca Raton, FL Barnes D, McKeehan WL, Sato GH (1987) Cellular endocrinology: Integrated physiology in vitro. Vitro Cell Dev Biol 23:659–662

Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L (2007) Biochemistry, 6. Aufl. W.H. Freeman, New York Bettger WJ, McKeehan WL (1986) Mechanisms of cellular nutrition. Physiol Rev 66:1–35 Butler M (2004) Animal cell culture and technology, 2nd ed. BIOS Scientific Publishers, London Butler M, Jenkins H (1989) Nutritional aspects of the growth of animal cells in culture. J Biotechnol 12:97–110 Davis JM (2002) Basic cell culture, 2. Aufl. Oxford Univ. Press, Oxford Davis JM (2011) Animal cell culture. Essential methods. Wiley-Blackwell, Freshney RI (2016) Culture of animal cells. A manual of basic technique and specialized applications, 7th ed. Wiley, Hoboken, New Jersey Gstraunthaler G (2010) The Bologna Statement on Good Cell Culture Practice (GCCP) – 10 years later. In: Proceedings of the 7th World Congress on alternatives & animal use in the life sciences, Rome, Italy, 2009. ALTEX 27 (Special Issue), S 141–146 Ham RG, McKeehan WL (1979) Media and growth requirements. Methods Enzymol 58:44–93 Levintow L, Eagle H (1961) Biochemistry of cultured mammalian cells. Annu Rev Biochem 30:605–640 Lodish H et al (2016) Molecular cell biology, 8. Aufl. W.H. Freeman, New York Masters JRW (2000) Animal cell culture. A practical approach, 3rd ed. Oxford Univ. Press, Oxford McKeehan WL, Barnes D, Reid L, Stanbridge E, Murakami H, Sato GH (1990) Frontiers in mammalian cell culture. Vitro Cell Dev Biol 26:9–23 Morgan MJ, Faik P (1981) Carbohydrate metabolism in cultured animal cells. Biosci Rep 1:669–686 Nelson DL, Cox MM (2009) Lehninger principles of biochemistry, 5. Aufl. W.H. Freeman , New York Plattner H, Hentschel J (2006) Zellbiologie. 3. Aufl, Thieme, Stuttgart Pollack R (1981) Readings in mammalian cell culture, 2nd ed. Cold Spring Harbor Laboratory, Cold Spring Harbor, N.Y. Voet D, Voet JG (2005) Biochemistry, 3rd ed. Wiley Yao T, Asayama Y (2017) Animal-cell culture media: History, characteristics, and current issues. Reprod Med Biol 16:99–117

4

67

Kulturgefäße und ihre Behandlung Inhaltsverzeichnis 5.1 Züchtung von Zellen auf Glas – 68 5.2 Züchtung von Zellen auf Plastikmaterial – 69 5.3 Züchtung von Zellen auf anderen Materialien – 71 5.4 Spezielle Kulturgefäße – 71 5.4.1 Kulturflaschen – 71 5.4.2 Petrischalen, Vielfachschalen und Mikrotiterplatten – 72 5.4.3 Wannenstapel und andere Kulturgefäße – 76 5.4.4 Deckgläser und Objektträger – 76 5.4.5 Reagenzgläser, Zentrifugengläser und andere Kulturröhrchen – 76

5.5 Reinigung und Vorbehandlung von Glaswaren – 76 5.6 Vorbehandlung von Kulturgefäßen mit Polylysin oder mit Komponenten der extrazellulären Matrix zur Modifizierung der Oberflächeneigenschaften – 79 Weiterführende Literatur – 85

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_5

5

68

5

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

Für tierische Zellkulturen spielt bei den strikt adhärenten Zelllinien die Oberfläche des Kulturgefäßes eine entscheidende Rolle, wobei prinzipiell die Zellen bei physiologischem pH-Wert (7,2–7,4) an ihrer Oberfläche negative Nettoladungen tragen. Die Oberflächenladungen der Zellen werden vornehmlich durch glykosylierte Seitenketten von Membranproteinen und von Glykolipiden, der sogenannten Glykokalix, festgelegt. Diese Ladungen sind unregelmäßig über die ganze Zelle verteilt und können durch den physiologischen Zustand der Zellen beeinflusst werden. Zellen können auf Oberflächen mit positiver als auch mit negativer Ladung gezüchtet werden. Es scheint wohl eher die Ladungsdichte als die Qualität der Ladung entscheidend für das Anheften der Zellen an die jeweilige Oberfläche zu sein. Die Interaktion der Zellen mit der Kulturoberfläche beinhaltet eine Kombination aus elektrostatischer Anziehung und van-der-Waals-Kräften. Für die Adhäsion der Zellen sind zwei Ladungsträger entscheidend: bivalente Kationen und/oder Proteine ganz bestimmter Art, die sich im Medium bzw. im Serum befinden und sich an die Oberfläche des Kulturgefäßes anheften können. Während als bivalente Kationen vor allem Calcium- und Magnesiumionen infrage kommen, gibt es eine größere Zahl von Zellproteinen, die in vivo wie in vitro dazu beitragen, dass Zellen nicht nur aneinander haften, sondern in spezifischer Weise mithilfe von extrazellulären Proteinen in Verbindung treten bzw. sogar miteinander kommunizieren. Während für Fibroblasten sowohl Kollagen als auch Fibronectin als Anheftungsfaktoren eine Rolle spielen, scheint es für Epithelzellen Laminin und Kollagen Typ IV zu sein (7 Abschn. 5.6). Zellen können auf Unterlagen aus Glas, Metall und Kunststoff gezüchtet werden. Wachstum von tierischen Zellen in Suspension kommt nur bei einigen wenigen Zelllinien vor. Seit Beginn der ersten Versuche, Zellen in vitro zu züchten, ist Glas aufgrund der optischen Eigenschaften bis heute das ideale Substrat für tierische Zellen. Die Wahl des geeigneten Kultursubstrats (im Sinne der Kulturunterlage) stellt für die tierischen adhärenten Zellen mitunter ein entscheidendes Problem dar. Es soll hier nicht nur auf die Materialien und Gefäße eingegangen werden, sondern auch auf die verschiedenen Arten der Vorbehandlung ihrer Oberflächen. 5.1  Züchtung von Zellen auf Glas

Vor der Einführung von Kunststoffgefäßen wurden so gut wie ausschließlich Glasflaschen und -schalen für die Zellzüchtung verwendet. Glas hat den Vorteil, dass es wiederverwendbar ist (Umweltaspekt, in manchen Instituten auch finanzieller Aspekt), bei den Kulturgefäßen ist es jedoch vom Kunststoff wegen dessen Vorteilen (z. B. jede beliebige Form herstellbar) verdrängt

worden. Für Aufbewahrung und Transport von Medien, Seren und Reagenzien sowie für Ansetzen, Abmessen und Sterilisieren der verschiedensten Lösungen wird auch im Zellkulturlabor nach wie vor Glas verwendet. Daneben werden heute auch hochverdichtete Kunststoffbehälter verwendet, die allerdings dem Recycling zugeführt werden sollten, da sie sich auch nach Reinigung mit den normalen Laborverfahren nicht mehr resterilisieren lassen. Aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung wird Glas der 1. hydrolytischen Klasse (. Tab. 5.1) bevorzugt, obwohl selbst Gläser der 3. hydrolytischen Klasse nach intensiver Behandlung (Extrahieren, Waschen) für manche Zellen durchaus geeignet sein können. Gläser der 1. hydrolytischen Klasse, z. B. Duran 50 von Schott, bestehen hauptsächlich aus Siliziumdioxid, SiO2, als Netzwerkbildner sowie aus Metalloxiden, wie z. B. Natriumoxid, Na2O, als Netzwerkwandler; wegen ihres Gehaltes an Bortrioxid, B2O3 (. Tab. 5.2), werden sie Borosilikatgläser genannt. Durch Einwirken von Wasser und Säuren auf Borosilikatgläser kommt es zur Herauslösung von ­Ionen

. Tab. 5.1  Wasserbeständigkeit nach DIN 12111 Hydrolytische Klasse

Säureverbrauch an n/100 HCl [mg]

Basenabgabe als Äquivalentwert [µval/g]

1

bis 0,10

bis 1,0

2

über 0,10 bis 0,20

über 1,0 bis 2,0

3

über 0,20 bis 0,85

über 2,0 bis 8,5

4

über 0,85 bis 2,0

über 8,5 bis 20,0

5

über 2,0 bis 3,5

über 20,0 bis 35,0

. Tab. 5.2  Zusammensetzung eines Borosilikatglases, Marke Duran 50 (Schott) Verbindung

Gewichtsprozente

SiO2

80,60

B2O3

12,70

Al2O3

2,40

Fe2O3

0,03

ZrO2

0,055

TiO2

0,035

Na2O

3,55

K2O

0,53

CaO

0,035

MgO

0,010

F

0,001

Cl

0,065 100

69

5.2 · Züchtung von Zellen auf Plastikmaterial

a Adsorption –

Mg2+ – – –



b Kontakt – –



Zelle – –





Ca2+ –

– – –

Mn2+ — Fn — Fn

+ –







Substrat – – –







c Anheftung

d Ausbreitung

PG —

. Abb. 5.1  Die verschiedenen Phasen der Anheftung adhärenter Zellen an negativ (oder positiv) geladene Substratoberflächen. a Adsorption an negativ geladene Oberflächen über divalente Kationen (Ca2+, Mg2+ und Mn2+) b Kontakt über Glykoproteine (Fn = Fibronectin) c Anheftung über zelleigene Proteoglykane (PG) d Erst nach der Ausbreitung erfolgt die Proliferation

wie z. B. Natrium (in . Tab. 5.1 als Basenabgabe angegeben), an deren Stelle H+- und OH–-Ionen treten. Dadurch kann sich eine dünne, porenarme Silikagelschicht ausbilden. Dieser erwünschte Vorgang wird durch die in 7 Abschn. 5.5 beschriebene Reinigung frischer und gebrauchter Gläser gefördert. In proteinhaltigen Medien können (Serum-)Proteine an die Oberflächen von Glas oder Plastik adsorbieren, sodass sich an den Anhaftungsstellen der Zellen an die Kulturunterlage eine Proteinschicht ausbildet (. Abb. 5.1). In proteinfreien Medien kann es nötig sein, die Glasoberfläche z. B. mit basischen Polymeren zu beschichten (7 Abschn. 5.6), deren positive Ladung für die Anhaftung der negativ geladenen Zellmembranen verantwortlich gemacht wird. Die Anhaftung der negativ geladenen Zellen an das ebenfalls negativ geladene, unbeschichtete Glas wird durch bivalente Kationen wie z. B. Calcium und Magnesium besorgt. Deshalb enthalten alle Medien für adhärente Zellen CaCl2 und MgCl2 oder Mg2SO4, welche in den Rezepturen für Suspensionskulturen reduziert sind (Spinnersalze). Um mögliche Störungen zu vermeiden ist es empfehlenswert, auch alle Gläser, die nicht unmittelbar der Anhaftung von Zellen dienen, wie Bechergläser oder

Messzylinder, in Borosilikatglas-Qualität zu benützen. Es gibt heute allerdings Beschichtungs- bzw. Vergütungsverfahren auch für Weichglas, das dann für biologische Zwecke im Labor durchaus geeignet ist. 5.2  Züchtung von Zellen auf

Plastikmaterial

Seit mehr als 30 Jahren wird in zunehmendem Maße Glas als Substrat zur Züchtung von Zellen durch Polystyrol und anderes Plastikmaterial ersetzt. Dieses wird nach einmaligem Gebrauch weggeworfen und stellt eine bequeme, allerdings teure und keinesfalls umweltneutrale Alternative zum Glas dar. Die Flaschen, Röhrchen und Schalen bestehen zum allergrößten Teil aus speziell vorbehandeltem Polystyrolmaterial, das von guter optischer Qualität und für die Zellzüchtung gut geeignet ist. Die Vorbehandlung der normalerweise ungeladenen, hydrophoben Oberfläche der Polystyrolgefäße (. Abb. 5.2) erfolgt beim Hersteller entweder durch Bestrahlung mit Gamma-Strahlen, auf chemischem Wege, durch Lichtbogenbehandlung oder im Vakuum mithilfe eines sogenannten Plasmaverfahrens. Dabei

5

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

70

a

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H

C

C

C

C

C

C

C

C

C

C

C

H

b

OH C

H

H

H

H

COH H

H

C

C

C

C

H

5 c

OH C H

H C

COOH OH H NH2 H

C

C

C C CHO

C H

OH C

H

H

NH2

C

H

C

NH2 C H

H

H

H

H

H

C

C

C

H

H

H C

COH H C H

C

OH C H

H C

n

H

COOH C

n

H

OH COOH NH2 CONH 2 H NH2 C H

C

C

C

C

C

n

H

. Abb. 5.2  Modifizierung der Polystyroloberfläche durch Plasmabehandlung. a Ungeladenes und hydrophobes Polystyrolpolymer, unbehandelt. b Traditionelle, durch SauerstoffPlasma behandelte, hydrophile Kulturoberfläche. c PRIMARIA™ Kulturoberfläche nach Behandlung mit einem Sauerstoff-StickstoffPlasma. Details siehe Text

werden ionisierte Gase hochfrequent angeregt, wobei chemisch aggressive Radikale gebildet werden, welche die Oberfläche entsprechend modifizieren. Zwei Arten von Plasmabehandlung werden derzeit unterschieden: die Oberflächenbehandlung mit Sauerstoff-Plasma, wodurch sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen, wie Hydroxyl-, Carbonyl- und Carboxylgruppen in das Polystyrol-Polymer eingebaut werden (. Abb. 5.2, rot). Dies resultiert in der Bildung einer hydrophilen, negativen . Abb. 5.3 Diverse Einmalartikel für die Zellkultivierung (BD Falcon, NUNC Thermo Scientific, CORNING)

Oberflächenladung bei pH 7,2. Je mehr Sauerstoffmoleküle eingebaut sind, desto hydrophiler ist die Kulturoberfläche und desto besser die Zelladhäsion. Dabei ist die Ladungsdichte wichtiger als die Qualität der Ladung. Bei der Behandlung mit einem Sauerstoff-Stickstoff-Plasmagemisch werden zusätzlich stickstoffhaltige Seitengruppen, wie Amino- und Amidogruppen eingeführt, was bei physiologischen pH-Werten in einer positiven Nettoladung resultiert (. Abb. 5.2, blau). Letztere Kulturschalen, die für schlecht anhaftende Zellen, für Primärkulturen und Stammzellen (7 Kap. 21) entwickelt wurden, werden z. B. unter speziellen Handelsnamen (PRIMARIA™, Becton Dickinson) oder farbkodiert (Cell+ Gewebekulturschalen, Sarstedt) vertrieben. Die verschiedenen Hersteller (Anhang C) wenden unterschiedliche Verfahren der Oberflächenbehandlung an. Dadurch kann es zu Qualitätsunterschieden kommen, was sich in einem unterschiedlichen Wachstumsverhalten empfindlicher Kulturen äußern kann. Für solche Kulturen empfiehlt es sich, Produkte mehrerer Hersteller vergleichend auszutesten. Neben Polystyrol gibt es noch andere Plastikmaterialien, die zur Züchtung von tierischen Zellen ein geeignetes Substrat abgeben. Dazu gehören z. B. Polycarbonat, Polytetrafluorethylen (P.T.F.E.), Cellophan, Polyacrylamide und andere Kunststoffe (Zusammensetzung und Eigenschaften: Tab. 5.3). Während es bei den Glaskulturgefäßen nur einige gängige Größen gibt, ist die Auswahl der Kunststoffkulturgefäße sehr groß. Neben den Standardkulturflaschen von 25–175 cm2 Kulturfläche gibt es in Kunststoffausführung viele Formen von Kulturröhrchen, Petrischalen und Multischalen sowie Mikrotestplatten mit Vertiefungen für Volumina von 0,01–15 ml (. Abb. 5.3).

71

5.4 · Spezielle Kulturgefäße

Ebenfalls meist aus Kunststoffmaterial sind die Gefäße zur Züchtung von Zellen in größerem Maßstab, darunter die sogenannten Rollerflaschen und die Wannenstapel (7 Kap. 22). Aus Polymermaterialien, vornehmlich aus Polyacrylamid, Cellulose und Dextranpolymeren, sowie aus Glas sind auch die Mikroträger (Microcarrier ), Kugeln von ca. 100 bis max. 800 µm Durchmesser, auf denen ebenfalls Zellen gezüchtet werden können. Diese Mikroträger werden in speziell dafür konstruierten Gefäßen ganz vom Nährmedium bedeckt gehalten (7 Kap. 22). Kunststoff-Einmalartikel für die Zellkultur müssen normalerweise vor Gebrauch nicht behandelt werden. Es gibt aber immer wieder Fragestellungen, bei denen es notwendig ist, die Oberflächen zu modifizieren. 5.3  Züchtung von Zellen auf anderen

Materialien

Daneben gibt es noch weitere Substrate zur Züchtung von tierischen Zellen, wobei es sich meist um Spezialfälle handelt. Zellen können im Prinzip auf rostfreiem Stahl sehr gut wachsen, ebenfalls auf Palladium oder Titan. Weiterhin können Zellen auf Filterpapier oder anderem Filtermaterial wachsen, ebenso in Hohlfasersystemen (hollow fibers) (7 Kap. 22). Ein weiteres Substrat zur Züchtung von transformierten, nicht strikt adhärenten Zelllinien stellt Agar dar. Solche halbfesten Substrate dienen häufig zur Erkennung von Transformationsvorgängen und zur Selektion transformierter Zellen (7 Abschn. 16.4). Diploide Zelllinien sterben auf Agar bzw. Agarosesubstrat sehr schnell ab. 5.4  Spezielle Kulturgefäße 5.4.1  Kulturflaschen

Es gibt eine ganze Reihe von Kulturflaschen verschiedener Größe, wobei man prinzipiell auf die Wachstumsfläche achten muss, weniger auf das Volumen. Dabei spielt natürlich die ungefähre Zellausbeute die entscheidende Rolle, so liegt die Zellausbeute z. B. bei einer 25-cm2-Flasche (T-25) bei maximal 5 × 106 Zellen, während Standardplastikflaschen mit 75 cm2 (T-75) eine Zellausbeute zwischen 5 × 106 und 2 × 107 Zellen je nach Zelllinie erreichen. Die Kulturflaschen sind entweder mit einem Silikonstopfen zu verschließen, der luftdurchlässig sein kann, um bei CO2-Begasung des Mediums die r­ ichtige

Gase (O2 / CO2)

Luftkeime

Medium

. Abb. 5.4  Zellkulturflaschen mit integrierten hydrophoben Filtern in der Schraubkappe (vented caps) (Thermo Scientific, BD Falcon)

Einstellung des pH-Wertes zu gewährleisten, oder sie sind mit einem Schraubverschluss ausgestattet. Dieser Verschluss kann bei CO2-Begasung im Brutschrank mit einer Vierteldrehung leicht geöffnet werden, bevor die Flasche mit den Kulturen in den Schrank gestellt wird. Um das nachträgliche Öffnen der Flaschen für die CO2-Versorgung zu vermeiden, wurden Zellkulturflaschen entwickelt, die mit einer kontaminationssicheren Belüftungskappe ausgestattet sind (. Abb. 5.4). Dabei ist in die Schraubkappe ein hydrophober Filter (0,22 µm) eingebaut, der sowohl einen optimalen CO2-Austausch garantiert als auch eine Benetzung des Schraubdeckels mit Medium verhindert. Dies kann mögliche Kontaminationsrisiken im Brutschrank vermeiden helfen. Die Kulturflaschen sind entweder mit geradem oder leicht abgewinkeltem Hals erhältlich, wobei es der/dem jeweiligen Benutzer/in überlassen ist, welche der beiden Typen sie/er benutzt. Ähnliches gilt für die Formgestaltung der Flaschen, die ebenfalls unterschiedlich sein kann. Für das Waschen und Vorbehandeln der Glaskulturflaschen gilt ähnliches wie für alle Glasgeräte, die in der Zellkultur Verwendung finden (7 Abschn. 5.5). Bei Plastikflaschen ist vor dem Auspacken darauf zu achten, dass die Flaschen keine Risse oder ähnliches aufweisen, die durch Herstellung und Transport verursacht sein können. Ferner ist auf die Unversehrtheit der Verpackung zu achten, um die Sicherheit der Sterilität zu gewährleisten. Während Glasflaschen sehr gut wiederholt gebraucht werden können, ist dies bei Plastikflaschen

5

72

5

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

nicht der Fall. Erstens können die Polystyrolmaterialien weder heiß gereinigt werden, noch ist derzeit eine Methode gebräuchlich, die eine Sterilisation von solchen Plastikflaschen im Labor zulässt. Weiterhin können strikt adhärente Zelllinien die Oberfläche von Polystyrolkulturflaschen stark verändern, sodass ein mehrmaliger Gebrauch keine reproduzierbaren Ergebnisse ­liefert. Eine Variante der normalen Kulturflaschen stellen die Rollerkulturflaschen oder roller-bottles dar. Rollerflaschen sind runde Flaschen, meist mit einer Wachstumsfläche von 700–1500 cm2, die auf Rollen in einer speziellen Apparatur entlang ihrer Längsachse gedreht werden (s. . Abb. 22.2a). Das Medienvolumen sollte bei allen Arten von Kulturgefäßen im Verhältnis zur Wachstumsfläche stets so gehalten werden, dass ein Luft- bzw. Gasaustausch an der Oberfläche stattfinden kann. Günstig ist ein Verhältnis von Wachstumsfläche [cm2] zu Medienvolumen [ml] von ca. 1:2 bis 1:6, sodass eine 75-cm2-Zellkulturflasche zwischen 15 bis maximal 50 ml je nach Zelllinie und Wachstumsbedingungen an Nährmedium enthalten sollte (7 Abschn. 10.1, Tab. B.2 im Anhang). 5.4.2  Petrischalen, Vielfachschalen und

Mikrotiterplatten

Die Petrischalen stellen eines der ältesten Kulturgefäße dar. Es gibt sie heute sowohl aus Glas als auch aus verschiedenen Plastikmaterialien. Sie sind die billigsten Gefäße für die Zellzüchtung. Petrischalen benötigen stets einen Brutschrank, der eine kontrollierte Luftfeuchtigkeit (100 % relative Luftfeuchtigkeit) besitzt, da die Ventilation sehr viel stärker ist als bei dicht zu verschließenden Flaschen. Um eine bessere Gaszufuhr (bei CO2-Brutschränken) zu gewährleisten, sind manche Petrischalen mit speziellen Nocken (Stege) ausgestattet,

die bei aufgelegtem Deckel eine optimale Belüftung garantieren. Die Kontaminationsmöglichkeit ist zwar größer, da die Oberfläche bei geöffnetem Deckel ganz der Außenluft ausgesetzt ist, während dies bei Kulturflaschen nicht der Fall ist. Allerdings ist bei Petrischalen die Kulturfläche wesentlich besser zugänglich, da es hier keine Probleme mit etwaigen Ecken oder unzugänglichen Stellen gibt. Plastikpetrischalen sind in unterschiedlichsten Ausführungen erhältlich, wobei es Schalen mit Unterteilungen, mit Raster u. Ä. gibt, die für spezielle Fragestellungen sehr gut zu verwenden sind. Ferner gibt es Petrischalen aus Plastikmaterial, deren Unterseite aus Cellophan oder anderem gasdurchlässigen Material besteht (z. B. lumox® Schalen, SARSTEDT). Vorteile dieser Ausführungen sind die bessere Gaszuführung auch von unten und die Kulturfläche kann zur weiteren zellbiologischen Analyse ausgeschnitten bzw. speziell behandelt werden. Prinzipieller Nachteil bei allen Plastikpetrischalen ist der Umstand, dass mit vielen organischen Lösungsmitteln nicht gearbeitet werden kann, da vor allem Polystyrol sich mit den meisten Lösungsmitteln nicht verträgt (. Tab. 5.3). In den letzten 20 Jahren sind für Mehrfachkultivierungen in kleinerem Maßstab Schalen aus Plastikmaterialien entwickelt worden, die mehrere Vertiefungen besitzen mit einem gemeinsamen Deckel. Sie sind sehr gut geeignet, unter Standardbedingungen Mehrfachbestimmungen durchzuführen. Solche Multischalen gibt es sowohl in runder als auch in rechteckiger Ausführung, wobei die Zahl der Vertiefungen pro Schale sich zwischen 6 und 96 bewegt. Entsprechend unterschiedlich groß ist die Kulturfläche, die von 9 cm2/Vertiefung (6-Well) bis zu 0,3 cm2/Vertiefung bei einer 96er-Schale betragen kann (Tab. B.2 im Anhang). Einsätze für Multischalen, deren Boden aus porösen Membranen bestehen (. Abb. 5.5), können für Transport-, Permeabilitäts- und Differenzierungsstudien

. Abb. 5.5  Kulturplatteneinsätze mit poröser Membran als Wachstumsfläche (Millipore) (s. 7 Abschn. 18.1.3 und . Tab. 18.2)

Eigenschaften (für den Laborgebrauch)

Biologisch inert, hart, ausgezeichnete optische Eigenschaften

Gummigehalt erhöht die Festigkeit von Styrol

Erhöhte Festigkeit gegenüber Polystyrol

Biologisch inert, hohe chemische Widerstandsfähigkeit

Biologisch inert, hohe chemische Widerstandsfähigkeit

Biologisch inert, hohe chemische Widerstandsfähigkeit, besonders zäh

Sehr fest, inert, widerstandsfähig gegen hohe Temperaturen

Material

Polystyrol (Styrol)

Stark verdichtetes Polystyrol

Styrol (Acrylnitril)

Polyethylen (hohe Dichte)

Polyethylen (niedrige Dichte)

Polypropylen

Polycarbonat

Beeinflussung durch Laborreagenzien

Durchsichtig

Durchscheinend

Matt

Matt

Durchsichtig

Matt

Durchsichtig

Durch­ sichtigkeit

Ja

Mehrmals möglich

Schmilzt

Mehrmals möglich

Schmilzt

Schmilzt

Schmilzt

Autoklavier­ barkeit

. Tab. 5.3  Eigenschaften von thermoplastischen Kunststoffen

135–160 °C

140 °C

40–50 °C

121 °C

90–93 °C

64–90 °C

64–80 °C

Hitzebeständigkeit bis ca

Flammhemmend

Langsam

Langsam

Langsam

Langsam

Langsam

Langsam

Brenn­ barkeit

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

schwache Säuren

Keine

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

starke Säuren

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

schwache Alkalien

Wird langsam angegriffen

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

Keine

starke Alkalien

Löslich in halogenierten Kohlenwasserstoffen – teilweise in aromatischen Stoffen

Widerstandsfähig unter 80 °C

Widerstandsfähig unter 60 °C

Widerstandsfähig unter 80 °C

Löslich in Ketonen, Estern und chlorierten Kohlenwasserstoffen

Löslich in aromatischen chlorierten Kohlenwasserstoffen

Löslich in aromatischen chlorierten Kohlenwasserstoffen

organische Lösungsmittel

Sehr niedrig

Hoch

Hoch

Hoch

Sehr niedrig

Niedrig

O2

Sehr niedrig

Niedrig

Niedrig

Niedrig

Sehr niedrig

Sehr niedrig

N2

Niedrig

Sehr hoch

Sehr hoch

Hoch

Niedrig

Hoch

CO2

Gasdurchlässigkeita dünnwandiger Produkte

5.4 · Spezielle Kulturgefäße 73

5

Eigenschaften (für den Laborgebrauch)

Beste optische Eigenschaften

Fest, etwas flexibel

Fest, hitzebeständig, hohe Wasserdampfdurchlässigkeit

Biologisch und chemisch inert, hohe Hitzebeständigkeit, glatte Oberfläche

Inert, fest, hohe chemische Widerstandsfähigkeit

Beliebt als Folienmaterial

Methyl-Methacrylat (Plexiglas, Lucite)

Celluloseacetat (Acetat)

Nylon

PTFE (Teflon)

PVC (Weichmacher)

Vinylchlorid

Durchsichtig

Durchsichtig

Matt

Matt

Durchsichtig

Durchsichtig

Durch­ sichtigkeit

Schmilzt

Schmilzt

Ja

Ja

Schmilzt

Schmilzt

Autoklavier­ barkeit

54–66 °C

43–80 °C

121 °C

150–180 °C

43–90 °C

71–88 °C

Hitzebeständigkeit bis ca

Flammhemmend

Flammhemmend

Nicht brennbar

Flammhemmend

Langsam

Langsam

Brenn­ barkeit

Keine

Keine

Keine

Keine

Leicht

Leicht

schwache Säuren

Keine

Keine

Keine

Wird angegriffen

Zersetzung

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

starke Säuren

Keine

Keine

Keine

Keine

Leicht

Leicht

schwache Alkalien

Keine

Keine

Keine

Keine

Zersetzung

Leicht

starke Alkalien

Leicht löslich in Ketonen, Estern; sonst widerstandsfähig

Leicht löslich in Ketonen, Estern; sonst widerstandsfähig

Widerstandsfähig

Widerstandsfähig

Weicht in Alkalien auf; löslich in Ketonen und Estern

Löslich in Ketonen, Estern und aromatischen Kohlenwasser stoffen

organische Lösungsmittel

5

Material

Beeinflussung durch Laborreagenzien

. Tab. 5.3  (Fortsetzung)

Niedrig

Niedrig

Sehr niedrig

Sehr niedrig

Sehr hoch

O2

Sehr niedrig

Sehr niedrig

Sehr niedrig

N2

Hoch

Hoch

Hoch

CO2

Gasdurchlässigkeita dünnwandiger Produkte

74 Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

als Folienmaterial

Beliebt als Folienmaterial

Polypropylenfolie

Polyesterfolie

Durchsichtig

durchsichtig

Durchsichtig

Durch­ sichtigkeit

Ja

ja

Schmilzt

Autoklavier­ barkeit

121 °C

126 °C

60–71 °C

Hitzebeständigkeit bis ca

Flammhemmend

langsam

Schnell (explosiv)

Brenn­ barkeit

Keine

keine

Leicht

schwache Säuren

in cm3/645 cm2 in 24 h/ml Lösung. Die Eigenschaften können je nach Hersteller variieren

Fest

Cellulosenitrat (Celluloid)

agemessen

Eigenschaften (für den Laborgebrauch)

Material

Beeinflussung durch Laborreagenzien

. Tab. 5.3  (Fortsetzung)

Keine

Wird durch oxidierende Säuren angegriffen

Zersetzung

starke Säuren

Keine

Keine

Leicht

schwache Alkalien

Keine

Keine

Zersetzung

starke Alkalien

Widerstandsfähig

Widerstandsfähig unter 80 °C

Löslich in Ketonen, Estern; weicht in Alkohol auf; wird durch Kohlenwasserstoffe leicht angegriffen

organische Lösungsmittel

Sehr niedrig

Hoch

O2

Sehr niedrig

Niedrig

N2

Sehr niedrig

Sehr hoch

CO2

Gasdurchlässigkeita dünnwandiger Produkte

5.4 · Spezielle Kulturgefäße 75

5

76

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

5 . Abb. 5.6  Multiwellschalen und Mikroplatten (NUNC/Thermo Scientific)

adhärenter und nicht adhärenter Zellkulturen verwendet werden. Die Nährstoffe können hierbei die Zellen von oben und unten erreichen (s. 7 Abschn. 18.1.3). Eine konsequente Fortführung der Multischalen sind die Mikrotiter- oder Terasakiplatten (. Abb. 5.6). Dies sind Plastikschalen mit bis zu 384 Vertiefungen pro Platte, wobei jede einzelne Vertiefung von der anderen strikt getrennt ist. Die Wachstumsfläche solcher Mikrotestplatten variiert je nach Ausführung zwischen knapp 0,5 mm2 bis zu 35 mm2. Entsprechend gering ist hier die Zellausbeute, die zwischen 1000 und bis zu 50.000 Zellen pro Vertiefung liegt. Diese Mikrotestplatten gibt es in verschiedenen Ausführungen, wobei sowohl die Form der Vertiefung unterschiedlich ist als auch die Art des Deckels. Speziell für Klonierungs- und Wachstumsexperimente sind diese Mikrotiterplatten gut geeignet, wenn die Zahl der Replikate relativ hoch ist. Solche Platten werden in bestimmter Ausführung auch für die Hybridomtechnologie verwendet. Zu beachten ist beim Gebrauch solcher Mikrotestplatten, dass je nach Ausführung die äußeren Vertiefungen für die Kultivierung der Zellen kritisch sein können (sogenannter Randeffekt). Sollte dies der Fall sein, lässt man besser die äußeren Vertiefungen frei. 5.4.3  Wannenstapel und andere

Kulturgefäße

Für die industrielle Zellzüchtung in größerem Maßstab gib es eine Reihe von Kulturgefäßen und Systemen, die ebenfalls entweder aus Glaskörpern oder aus Plastikmaterial bestehen (7 Kap. 22). 5.4.4  Deckgläser und Objektträger

Deckgläser und Objektträger gibt es heute sowohl aus Glas in vielen Formen und Größen wie auch in

Plastikausführungen. Für Glasobjektträger und Deckgläser gilt das Gleiche wie für die Glaskulturflaschen, sie müssen speziell gewaschen und vorbehandelt werden, um sie für die Zellzüchtung brauchbar zu machen. Inzwischen sind vorbeschichtete Deckgläser (Kollagen, Fibronectin, Poly-D-Lysin 7 Abschn. 5.6) auch kommerziell erhältlich. Objektträger- und Deckglaskulturen werden meist nicht zur Routinezüchtung verwendet. Sie dienen der zellbiologischen Analyse oder zum Anlegen einer Primärkultur mit anschließender mikroskopischer Kontrolle. Weitere Verwendung finden die Deckglas- bzw. Objektträgerkulturen in speziellen Zellkulturkammern, bei denen es möglich ist, die Zellen mit neuem Medium zu perfundieren, sie unter einem normalen Mikroskop zu betrachten und die Zellen für Anfärbungen etc. weiter zu verarbeiten. Deckglas- und Objektträgerkulturen sind stets noch in Petrischalen o. Ä. zu halten, wobei es unerheblich ist, ob diese Schalen aus unbehandeltem Polystyrol oder aus Glas bestehen. Für elektronenmikroskopische Studien sind dünne Deckgläser aus Celluloseacetat oder Folien aus P.T.F.E. geeignet. Ferner gibt es Objektträgersysteme, bei denen über dem Deckglas Kulturkammern angeklebt sind, die für die cytologische Analyse abgezogen werden können (z. B. flexiPERM®, SARSTEDT) (. Abb. 5.7). 5.4.5  Reagenzgläser, Zentrifugengläser

und andere Kulturröhrchen

Neben den Objektträgern und Deckgläsern spielten in der Frühzeit der Zellzüchtung Röhrchen und Reagenzgläser eine entscheidende Rolle. Allerdings wurden sie im Laufe der Entwicklung mehr und mehr von den Kulturflaschen abgelöst. Sie sind aber heute noch für Blutzellkulturen, für Routinecytotoxizitätsexperimente und für biochemische Experimente sehr gut brauchbar. Dabei können die Gläser mittels einer speziellen Apparatur auch gedreht werden – ähnlich wie bei den Rollerkulturen – sodass die gesamte Innenfläche der Gläser ausgenutzt werden kann. Kulturröhrchen aus Plastikmaterial gibt es ebenfalls in vielerlei Ausführungen, wobei allerdings, wie bei allen runden Kulturgefäßen, die Beobachtung unter dem Mikroskop relativ schwierig ist. Weiterhin gibt es spezielle Kunststoffröhrchen (aus Polystyrol), die einen abgeflachten Kulturboden besitzen. Dadurch wird die mikroskopische Beobachtung erleichtert. 5.5  Reinigung und Vorbehandlung von

Glaswaren

Neue und gebrauchte Glaswaren müssen nach speziellen Vorschriften gereinigt werden. Eine Reinigung wie in chemischen Laboratorien üblich, ist ungeeignet.

77

5.5 · Reinigung und Vorbehandlung von Glaswaren

. Abb. 5.7  Objektträgersysteme mit unterteilten Kultivierungskammern (Becton Dickinson, SARSTEDT)

Der Reinigung sollte größte Beachtung geschenkt werden, sie sollte nach einem festen Schema peinlich genau erfolgen, Spülmaschinen z. B. sind ständig zu kontrollieren, Störungen müssen unverzüglich behoben werden. Manche Misserfolge haben ihre Ursache in der Spülküche, deshalb sollte auch das Personal immer wieder auf die besonderen Anforderungen hingewiesen werden. Sowohl moderne Spülmaschinen als auch die Reinigungsmittel sind in der Lage, allen Anforderungen gerecht zu werden. Von daher gesehen besteht kein Anlass, Wegwerfartikel aus Kunststoff zu benützen. Umweltschutz durch Abfallvermeidung kann hier voll zum Tragen kommen.

Wenn Glaswaren nicht geeignet sind, kann dies, übrigens wie bei Kunststoffen auch, von den biologischen Eigenschaften der Zellen abhängen. Ungewaschene Glaswaren können für manche permanenten Zelllinien geeignet sein, während selbst gut gespülte Glaswaren für gewisse „empfindliche“ Zelllinien ungeeignet sind. Neben der Abgabe unerwünschter Ionen aus dem Glas ist die produktions- und transportbedingte Verschmutzung neuer Glaswaren zu beseitigen. Nach Gebrauch sind anhaftende Zellreste sowie Reste von Lösungen usw. zu entfernen. Mikrobiell kontaminierte Glaswaren werden nach speziellen Vorschriften dekontaminiert, bestimmte Glaswaren, z. B. Deckgläser, müssen ebenfalls gesondert behandelt werden.

Reinigung neuer Glaswaren

5 Neue Glaswaren mehrmals unter fließendem heißem Leitungswasser (LW) bürsten und spülen. 5 10–16  h in 1  % Salzsäure einlegen (27  ml konz. HCl auf 1 l Aqua dest., Vorsicht: Handschuhe). 5 Mehrmals unter fließendem warmen LW abspülen. 5 2 h in heiße Spülmittellauge (7X®, 1 %, Firma ICN) einlegen, vollständig bedecken, ohne Luftblasen. 5 Kurz mit warmem H2O abspülen. 5 Ohne Antrocknen sofort in einer Spülmaschine mit üblichem Zellkulturprogramm spülen.

5 Bei 160  °C 2  h im Heißlufttrockenschrank trocknen, wenn die Spülmaschine über keinen leistungsfähigen Trockner verfügt. Wenn man nicht selbst programmiert, sollte man sich zumindest nach Referenzen für das vom Hersteller angebotene Zellkulturprogramm erkundigen. Seit vielen Jahren bewährte Spülmittel sind z. B. Neodisher GK (für automatisch dosierende Maschinen Neodisher FT, flüssig) und Neodisher N (Chem. Fabrik Dr. Weigert). Alternativ von Hand: 10× mit warmem Leitungswasser spülen und bürsten, 5× mit Aqua dest. spülen. Detergenzien dürfen niemals antrocknen; wenn doch geschehen, wieder in Salzsäure einweichen und wie oben weiterbehandeln.

5

78

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

Reinigung gebrauchter Glaswaren

5

5 Gebrauchte Glaswaren nicht antrocknen lassen, deshalb möglichst noch im Labor in Spülmitteloder Desinfektionsmittellösung einweichen, zumindest jedoch in Aqua dest. 5 Mit warmem LW abspülen; Gefäße, in denen Zellen gewachsen sind, kurz ausbürsten. 5 In der Spülmaschine mit Zellkulturprogramm spülen. 5 Bei 160 °C 2 h im Heißlufttrockenschrank trocknen.

Mikrobiologische Dekontamination von Glaswaren

5 50 ml Na-Hypochlorit in 950 ml Aqua dest. geben, dazu 20 ml 7X® Spülmittellauge (ICN). Mit Handschuhen arbeiten, Na-Hypochlorit ist hautreizend, keine Säuren zugeben. 5 Weiterbehandlung wie bei Reinigung gebrauchter Glaswaren. 5 Bei bekannter Kontamination, insbesondere mit pathogenen Mikroorganismen oder antibiotikare-

sistenten Keimen, gibt man die Glaswaren im Labor in ein dichtes Behältnis (Kunststoffbeutel, autoklavierbar), außen mit Desinfektionsmittel gründlich desinfizieren, auf kürzestem Weg in einen Autoklaven bringen und 30 min bei 121 °C autoklavieren.

Reinigung von Deckgläsern

Deckgläser für Deckglaskulturen sollten aus Glas der 1. hydrolytischen Klasse bestehen (18 × 18  mm). Diese Gläser werden wie folgt gereinigt: 5 Mit sauberem, fusselfreiem Tuch und abs. Ethanol (unvergällt) abwischen. 5 Für 12 h in abs. Ethanol (unvergällt) überkreuz einlegen, um ein Zusammenkleben zu vermeiden. 5 Mit flacher Deckglaspinzette entnehmen und auf fusselfreiem Tuch im Brutschrank bei 37 °C trocknen. 5 mit Deckglaspinzette in Glaspetrischale legen und bei 180 °C für 2 h im Heißluftsterilisator sterilisieren.

Reinigung von Objektträgern

Objektträger bestehen aus Glas der 3. hydrolytischen Klasse. Früher war die Reinigung solcher Gläser in stark oxidierenden Säuren weit verbreitet. Der Nachteil heißer Schwefelsäure, Chromschwefelsäure und Salpetersäure besteht in ihrer Gefährlichkeit. Hilfskräfte sollte man nicht damit umgehen lassen. Chromschwefelsäure ist äußerst korrosiv und lässt sich nicht immer vollständig entfernen. Bezüglich der Cytotoxizität von möglichen Rückständen sei erwähnt, dass Nitrat (Salpetersäure) natürlicherweise vorkommt und vermutlich viel weniger toxisch ist als Chromat. Wer Säurebehandlung dennoch bevorzugt, kann folgendermaßen verfahren: 5 Objektträger mit Pinzette 2 h in heiße 50 %ige Salpetersäure einlegen (überkreuz, um Zusammenkleben zu vermeiden), mit größter Vorsicht im Abzug arbeiten.

5 Unter fließendem Aqua dest. 30 min im Ständer gründlich spülen. 5 30 min in abs. Ethanol, unvergällt, stehen lassen. 5 Mit Pinzette entnehmen und bei 180 °C 2 h sterilisieren. 5 Ebenso effektiv, aber ungefährlicher ist folgendes Verfahren: 5 Objektträger im Objektträgerständer 12 h in Detergens (7X®) einweichen. 5 Mit Leitungswasser kurz abspülen und in einem Gemisch 26 % Ethanol, 2 % Eisessig, 12 h stehen lassen. 5 In Aqua dest. kräftig spülen. 5 Ständer mit Objektträgern in Alufolie einpacken und 15 min bei 121 °C autoklavieren.

79

5.6 · Vorbehandlung von Kulturgefäßen mit Polylysin …

Pipettenreinigung

5 Pipetten sofort nach Gebrach mit den Wattestopfen in Pipettenständer mit Aqua dest. oder Na-Hypochloritlösung (50  ml  +  950  ml H2O), Spitzen nach unten, einstellen. 5 Wattestopfen mit Druckluft ausblasen und über Nacht in Spülmittel (7X®) einweichen (das Einweichen entfällt, wenn die Pipetten in einer Spülmaschine gewaschen werden). 5 In Pipettenspüler (mit Leitungswasser und Aqua dest.; Zulauf sowie Ablauf) mit Spitzen nach oben stellen und mind. 2 h lang mit Leitungswasser spülen. 5 Pipettenspüler leerlaufen lassen, mit Aqua dest. dreimal füllen. 5 Pipetten bei 160 °C 2 h trocknen. 5 Weiterbehandlung: s. 7 Abschn. 2.4.3 5 Pipetten können auch in Spülmaschinen mit speziellen Einsätzen gereinigt werden.

Silikonisieren von Glaswaren

5 Um z. B. in Suspensionskulturen das Anheften von Zellen zu verhindern, werden die Glaswaren mit

einem Silikonfilm überzogen. Das Silikon darf nicht toxisch sein und muss fest haften. 5 Silikonöl, das es auch speziell zu diesem Zweck der Oberflächenbehandlung in derivatisierter Form gibt, oder eine 2 %ige Silikonöllösung in Chloroform in das zu beschichtende Gefäß geben und dieses 30 s lang durch Schütteln vollständig benetzen. 5 Silikonöl abgießen. 5 Mit Aqua dest. sechsmal spülen. 5 1 h bei 100 °C im Heißluftschrank einbrennen. 5 2 h bei 180 °C sterilisieren.

Entfernen von Silikon

5 Silikonisierte Glaswaren von den anderen Glaswaren getrennt halten. 5 Glaswaren für 30 min in 0,5 N NaOH erhitzen. 5 Lauge mit H2O verdünnt verwerfen, Glaswaren in der Spülmaschine waschen.

Prüfen des Wascheffektes.

Material: 5 Stammlösung: Methylenblau B 100 mg, Aqua dest. 150 ml 5 Gebrauchslösung: Stammlösung 2,5  ml, Aqua dest. 100 ml 5 Chloroform 100 ml – Stammlösung mischen und daraus Gebrauchslösung herstellen; die Stammlösung ist bei Raumtemperatur (RT) mehrere Monate haltbar. – In ein frisch gewaschenes Reagenzglas oder Leighton-Röhrchen aus Glas 2 ml Gebrauchslösung mit frischer Einmalpipette pipettieren, das

5.6  Vorbehandlung von Kulturgefäßen

mit Polylysin oder mit Komponenten der extrazellulären Matrix zur Modifizierung der Oberflächeneigenschaften

z Rolle der extrazellulären Matrix in der Anheftung und Differenzierung kultivierter Zellen

Die extrazelluläreMatrix oder Interzellulärsubstanz ist ein hochkomplexes Gemisch verschiedener Strukturproteine, die in eine amorphe Grundsubstanz aus

Röhrchen mit sauberem Silikonstopfen verschließen und zehnmal kräftig schütteln. – Danach 1 ml Chloroform dazugeben, gut verschließen und ca. 40mal mit der Hand schütteln oder entsprechend intensiv auf dem Whirl-Mix mischen. – Röhrchen im Ständer so lange stehen lassen, bis sich die beiden Phasen – Wasser und Chloroform – getrennt haben. Wenn die untere Phase, das Chloroform, blau gefärbt ist, war das Röhrchen nicht sauber. Bei gutem Wascheffekt bleibt das Chloroform farblos.

Glykosaminoglykanen, wie Heparansulfat, Chondroitinsulfat oder Hyaluronsäure und Proteoglykanen eingebettet sind. Zahlreiche Zell-Matrix-Verbindungen gewährleisten den Kontakt der Zellen mit ihren Unterlagen. Dazu gehören sowohl spezifische Kontakte über Rezeptoren und integrale Membranproteine (Integrine), wie auch unauffällige Zell-Matrix-Bindungen. Zu den Matrixproteinen zählen die große Gruppe der Kollagene, sowie Fibronectin, Vitronectin, Laminin und Entactin/Nidogen. Letztere finden sich hauptsächlich in der Basalmembran von Epithelien (Basallamina). Neben Fibronectin werden neuerdings auch RGD-Peptide

5

80

5

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

(Arg-Gly-Asp) zur Oberflächenbeschichtung miteingesetzt. Fibronectin ist ein multifunktionales Glycoprotein der extrazellulären Matrix. Die Aminosäuresequenz Arg-Gly-Asp (RGD) ist das Zellbindungsmotiv des Fibronectins, welches Zellen über deren Integrinrezeptoren mit anderen Matrixproteinen quervernetzen kann. Für die erfolgreiche Kultivierung und Differenzierung mancher Epithelzellen muss eine ausreichende extrazelluläre Matrix bereitgestellt werden. Dies geschieht in den meisten Fällen durch Beschichtung der Kulturgefäße mit einzelnen Matrix-Komponenten (s. u.). Haften die Zellen an und differenzieren dementsprechend, wird oft von den kultivierten Zellen selbst eine hochkomplexe extrazelluläre Matrix sezerniert und abgelagert. So kann man durch Vorbeschichtung der Kulturgefäße erreichen, dass z. B. Nervenzellkulturen besser überleben oder dass Differenzierungsvorgänge bei Epithelzellen, die auf einer Kollagenunterlage wachsen, erst dadurch in vitro möglich gemacht werden können. Eine entsprechende Beschichtung von Kulturunterlagen mit einer exogenen Proteinmatrix ist vor allem bei serumfreier Zellkultur nötig, da die normalerweise mit dem Serum eingebrachten Adhäsionsfaktoren fehlen (7 Kap. 7). In der Stammzellkultur (7 Kap. 21) werden neben der Beschichtung mit Vitronectin auch Laminine eingesetzt. Laminine sind heterotrimere Glycoproteine der Basalmembran. Derzeit sind 16 verschiedene Isoformen, bestehend aus der Kombination unterschiedlicher α-, β- und γ-Ketten, beschrieben. Diese sind gewebsspezifisch im Organismus verteilt. Die Nomenklatur richtet sich nach der Zusammensetzung der Unterketten. Lamininisolate aus der menschlichen Pazenta, welche oft für Beschichtungen eingesetzt werden, bestehen hauptsächlich aus Laminin-211, -411 und -511. Laminin-521 (α5β2γ1) ist natürlicher Bestandteil der Blastocystenmembran und somit eine Komponente der Stammzellnische. Rekombinant hergestelltes humanes Vitronectin und Laminin-521 (s. Anhang C) stellen eine xenofreie Alternative zum Matrigel™ (Geltrex®) dar (s. unten). Für Stammzellkulturen sind ferner chemisch definierte Hydrogele, bestehend aus sulfatierten Polysacchariden, Polyethylenglycol und bifunktionalen Peptiden, erfolgreich entwickelt worden (Fa. denovoMatrix, s. Anhang C). . Tab. 7.1 (s. u.) zeigt eine Reihe von Proteinen bzw. Reagenzien, die zur Förderung der Adhäsion von Zellen in Kultur beitragen können. Firmen bieten mit ihren Produkten auch die optimierten Vorschriften zur Beschichtung von Kulturgefäßen an. Mittlerweile werden von verschiedenen Firmen (s. Anhang

C) vorbeschichtete Polystyrolflaschen, Petrischalen aber auch Deckgläser für den direkten Gebrauch in der Zellkultur angeboten (z. B. BD BioCoat™, Greiner CELLCOAT®). Vorteil: Die einheitliche, uniforme Beschichtung und die Sterilität; Nachteil: u. U. der Preis. Zur selbständigen Vorbeschichtung von Zellkulturoberflächen können sowohl künstliche als auch natürliche Substanzen verwendet werden. So werden z. B. Polylysine mit einem Molekularradius von 30.000– 70.000 oder Polyornithine (Molekularradius zwischen 60.000 und 90.000) eingesetzt, um bei Medien ohne Serumzusatz den Zellen bessere Anheftungsbedingungen zu geben. Beschichtungen mit basischen Aminosäure-Polymeren dieser Art ergeben eine positive Oberflächenladung. Dabei werden nicht metabolisierbare D-Aminosäure-Polymere verwendet, um bei möglicher Freisetzung von Monomer-Resten Verschiebungen im Aminosäuregleichgewicht der Kultur zu vermeiden. D-Polymere sind auch resistent gegen Exopeptidasen, welche von manchen Zellen freigesetzt werden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Sterilitätsprobleme bei Beschichtungen mit Präparaten, die direkt aus Geweben oder Zellkulturen gewonnen wurden. Es empfiehlt sich deshalb, von vorneherein auf vorhandene sterile Produkte zu setzen, um z. B. eine evtl. UV-Bestrahlung der Beschichtung zu vermeiden. Prinzipiell gilt jedoch, dass alle biologischen Beschichtungssubstanzen am besten in serumfreiem sterilem Medium aufzunehmen sind und die Konzentration in der Regel bei 0,05–1,0 mg/ml der Beschichtungssubstanz liegen sollte. Nachfolgend einige einfache Protokolle zum selbständigen Beschichten von Kulturgefäßen.

Beschichten von Oberflächen mit Polylysin

Material: 5 Poly-D-Lysin·HBr (Hydrobromid), Mr 30 000– 70 000 – Eine sterile Lösung von Poly-D-Lysin in einer Konzentration von 0,1 mg/ml herstellen. – Pro 10 cm2 Wachstumsfläche 1 ml der Lösung in die Kulturflasche bzw. Petrischale geben und durch leichtes Schwenken gut verteilen. – Nach ca. 30 min Stehenlassen bei Raumtemperatur die Lösung vollständig absaugen und dreimal mit phosphatgepufferter Salzlösung waschen. – Das Kulturgefäß anschließend trocknen, kann aber je nach Zelltyp auch sofort verwendet werden (s. 7 Abschn. 17.5).

5.6 · Vorbehandlung von Kulturgefäßen mit Polylysin …

81

Beschichten von Oberflächen mit Kollagen

Aus der großen Gruppe der Kollagene (Alberts et al. 2008), die zum einen aus helikal gewundenen, fibrillären Proteinen bestehen, die aber auch netzartige Strukturen aufbauen können, werden in der Zellkultur vor allem das fibrilläre Kollagen I und das quervernetzende Kollagen IV eingesetzt. Kollagen ist immer noch das ideale Kultursubstrat in der Zellkultur. Zur Behandlung von Kulturoberflächen können Kollagenpräparationen als dünne Schicht aufgebracht bzw. die Kollagenmoleküle ausgebreitet werden (Kollagenfilm). In besonderen Fällen können auch native Kollagengele gegossen werden. Einfache Beschichtung mit Kollagen I: Material: 5 Säurelösliches Kollagen Typ I, z. B. Kollagen R (SERVA, Kat.-Nr. 47.254) oder Type I Collagen Solution (SIGMA C8919) 5 Sterile Stammlösungen durch Zugabe steriler 0,1 % Essigsäure gegebenenfalls verdünnen – Zur Beschichtung von Kulturgefäßen die sterile Kollagenlösung auf ca. 0,05–0,1 % (w/v) mit steril. Aqua dest. bringen. – Den Boden des Kulturgefäßes mit der Lösung gerade bedecken und durch leichtes Schwenken gleichmäßig verteilen, ca. 1–2 Tage lufttrocknen, alternativ lässt man das Protein einige Stunden bei Raumtemperatur binden und saugt anschließend die überstehende Lösung vollständig ab. – Vor der Zelleinsaat die Kulturgefäße mit steriler PBS oder serumfreiem Medium spülen (Neutralisation und pH-Kontrolle). Das Aufbewahren in feuchter Atmosphäre ist ca. 2 Monate möglich. (Spezielle Vorschrift zur Kollagenbeschichtung für die Zelllinie PC-12, 7 Abschn. 18.1.6). Zum Ausbreiten von Kollagenfilmen wird das oben genannte Protokoll dahin gehend abgeändert, dass die Kollagenlösung mit 70 % Ethanol (steril) verdünnt wird: 5 Stammlösung (in Essigsäure) 1:4 mit 70 % Ethanol verdünnen. 5 Boden des Kulturgefäßes mit Kollagen/EtOH-Lösung bedecken und durch Schwenken gleichmäßig beschichten. 5 Bereits nach einigen Minuten überstehende Lösung vollständig absaugen und Kulturgefäße lufttrocknen.

Dieses Verfahren wird auch zur Kollagenbeschichtung von Filtereinsätzen (7 Abschn. 18.1.3) verwendet. Gießen von Kollagengelen: Wird eine essigsaure Lösung von Kollagen Typ I auf pHWerte über 7,0 gebracht, kommt es zur Ausbildung eines nativen Kollagengels, in welches Zellen aufgebracht werden können. Monolayerkulturen können aber auch mit einer Gelmatrix überschichtet werden (sogenannte Overlay-­ Kulturen). Material: 5 Säurelösliches Kollagen Typ I, Kollagen R (SERVA, Kat.Nr. 47.254) 5 20 ml Kulturmedium (10×) 5 10 ml 0,34 M NaOH, steril – 20 ml 10× Medium und 10 ml NaOH-Lösung unmittelbar vor Gebrauch mischen. – 1,7 ml Kollagenlösung auf dem Boden einer 60-mm-Petrischale gleichmäßig verteilen. – 0,4 ml des mit NaOH versetzten Kulturmediums zugeben und Kulturschale ca. 15 s kreisförmig schwenken. Das Gel ist binnen 15 min fest und haftet am Boden der Petrischale. Alternativ können die Schalen mit der Kollagen-Lösung auch unter Ammoniak-Dampf geliert werden. Zum Erreichen optimaler Kulturbedingungen wird empfohlen, die fertigen Gele noch 24 h mit 4 ml des gebrauchsfertigen Kulturmediums zu inkubieren. Unmittelbar vor Zelleinsaat wird das Dialysemedium ­abgesaugt. Flottierende Kollagenmembranen. Nach Zelleinsaat und Anwachsen der Zellen kann die Kollagenmembran mit einem sterilen Spatel bei kreisförmiger Bewegung der Kulturschale vom Boden gelöst werden. Das Kollagengel flottiert dann als bewachsene Membran im bzw. auf dem Medium (Medium/Luft-Grenzschicht). Neuerdings sind auch vorgefertigte Kollagenscheibchen für 24-Multiwell-Platten erhältlich (Fa. Viscofan Bioengineering) (s. Anhang C). Das Material ist sehr dünn (1:4 verdünnen. 5 Verdünnung in eisgekühlte Kulturgefäße pipettieren und Boden gleichmäßig bedecken. Bei Raumtemperatur ca. 60 min stehen lassen. 5 Überstand absaugen und Kulturschalen mit serumfreiem Medium spülen. Die Schalen sind nun gebrauchsfertig. Falls diese erst später verwendet werden sollen, Matrigel™ mit Kulturmedium überschichten, Kulturschalen mit Parafilm verschließen und bei 4 °C lagern. Vor dem Beimpfen mind. 1 h unter dem Laminar Flow aufwärmen lassen.

Beschichten von Oberflächen mit Gelatine

Gelatine ist ein heterogenes Gemisch hochmolekularer wasserlöslicher Proteine im Bindegewebe. Beschichten der Kulturgefäße mit Gelatine stellt eine preiswerte Alternative zur Kollagenbeschichtung dar. Sterile Gelatinelösungen können entweder käuflich erworben oder als Lösung autoklaviert werden: 5 Gelatine (z. B. SIGMA Gelatinepulver) mit Aqua dest. auf 20 mg/ml (2 %, w/v) einstellen, im Wasserbad bei 37 °C verflüssigen und autoklavieren.

5 Pro 10 cm2 Bodenfläche 1 ml der Lösung in das Kulturgefäß geben, durch Schwenken gleichmäßig verteilen und 30 min bei 37 °C inkubieren. 5 Lösung absaugen und einmal mit PBS waschen; Kulturgefäß sofort verwenden. Alternativ: 5 Oberfläche der Kulturschale mit 0,1–0,2 mg Gelatine pro cm2 bedecken und für mind. 2 h lufttrocknen. 5 Die Kulturschalen können bei Raumtemperatur gelagert werden.

5

84

Kapitel 5 · Kulturgefäße und ihre Behandlung

Beschichten von Oberflächen mit fetalem Kälberserum

5 Für erste Anhaltspunkte beim Anlegen einer Primärkultur o. Ä. ist die Beschichtung mit fetalem Kälberserum eine preiswerte Alternative zur Fibronectinbeschichtung.

5

5 So viel normales, steriles fetales Kälberserum in das Kulturgefäß pipettieren, dass der Boden gerade bedeckt ist. 5 Proteine 60 min bei Raumtemperatur binden lassen und überschüssiges Volumen absaugen. 5 In verschlossenem Zustand bei Raumtemperatur antrocknen lassen und innerhalb von 2–4 Tagen verwenden.

Zusammenfassung Bei Glaswaren, die für die Zellkultur öfters verwendet werden, ist eine strikte Trennung von anderen Glaswaren, die z. B. für die organische Chemie oder selbst für die Mikrobiologie benutzt werden, unverzichtbar. Neue Gläser sollten zuerst vor Gebrauch behandelt werden (HCl/NaOH-Behandlung s. o.). Die Prüfung der Glaswaren nach dem Waschen in der Spülmaschine (nicht zu viel Detergenzien benutzen!) kann ebenfalls schon Hinweise geben. Mit dem bloßen Auge sind schon Ablagerungen erkennbar, eine NaCl-Lösung mit Phenolrot auf die Oberfläche gegossen zeigt nach kurzer Zeit, ob sich der pH-Wert ins Basische verschiebt (Violettfärbung). Außerdem kann hochreines Wasser in die Glasflaschen pipettiert werden und nach ca. 30 min kann die Leitfähigkeit gegen das nicht benutzte hochreine Wasser gemessen werden. Für Glas zu Züchtungszwecken empfiehlt es sich, eine Plating Efficiency (s. 7 Abschn. 12.4.4) z. B. gegen eine Polystyrolkontrolle durchzuführen. Die Aufbewahrung steriler Glaswaren (mit einer Aluminiumfolie über der Öffnung) sollte immer in einem staubfreien, geschlossenen Schrank erfolgen. Die Pipetten sind stets eine weitere Unsicherheitsquelle in der Zellkultur, da sie sehr häufig gebraucht und deshalb auch häufig gewaschen werden. Hier ist bei Verwendung von Glaspipetten besondere Vorsicht geboten. Ferner sind endotoxinfreie Glaswaren nur über eine Hitzebehandlung von 200 °C über drei Stunden zu erreichen, Polystyrolartikel sind davon meist nicht betroffen. Plastikartikel für die Zellkultur sind meist aus Polystyrol oder Polycarbonat, andere Kunststoffarten spielen eine untergeordnete Rolle. Für die adhärenten Zellen muss die Oberfläche speziell behandelt werden (s. o.), während es für die Suspensionszellen gleichgültig ist, ob man behandeltes oder nichtbehandeltes Kunststoffmaterial benützt. Manchmal kann es jedoch günstig sein, auf unbehandeltes Material zurückzugreifen, da gerade bei der Gewinnung und Züchtung von Hybridomzellen (7 Abschn. 19.3) es sehr lästig sein kann, wenn die Zellen sich an der behandelten Oberfläche dennoch anheften, wozu einige Myelomzelllinien

durchaus neigen. Man muss jedoch darauf hinweisen, dass diese unterschiedlichen Kulturbedingungen bei ein und derselben Zelllinie sich unterschiedlich auswirken können! Ansonsten hat sich bei den behandelten Kunststoffflaschen und Petrischalen für die Zellkultur heute ein Standard entwickelt, der eine einheitliche und für die Züchtung der Zellen ausreichend günstige Voraussetzungen bietet, gleichgültig, von welcher Firma die Artikel bezogen werden. Trotzdem sollte auf Qualitätsunterschiede zwischen den Herstellern geachtet werden. Wenn man unsicher ist, ob man hydrophobes Material, also unbehandelten Kunststoff vor sich hat oder hydrophilisierten, also behandelten, ist ein einfacher Wassertropfen hilfreich: wenn er sich auf der Oberfläche sofort ausbreitet, ist die Oberfläche hydrophil, wenn er als dicker, runder Tropfen sich nicht schlagartig ausbreitet (wie z. B. auch auf Parafilm), ist die Oberfläche hydrophob. Auf die Schraubkappen sollte man durchaus einiges Augenmerk richten. Hier ist die Wahl gegeben: a) ohne Belüftungsmembran und b) mit Belüftungsmembran (. Abb. 5.4). Die Schraubkappen ohne Belüftung haben den Vorteil, dass die Flaschen, wenn sie außerhalb des Brutschranks mit den Zellen kommen, dicht verschlossen werden können und deshalb auch nach einiger Zeit den pH-Wert des Mediums im richtigen Bereich halten können. Dies ist bei den belüfteten Flaschen ein Problem, denn bei manchen Medien (z. B. DMEM mit hohem NaHCO3-Anteil) kann sich der pH-Wert relativ schnell ins Basische verändern (Violettfärbung), was den Zellen durchaus schaden kann. Andererseits ist natürlich der Verschluss im Brutschrank bei den belüfteten Schraubkappen einfach dicht zu halten, während bei den unbelüfteten Kappen mindestens eine Vierteldrehung notwendig ist, damit CO2 in den Gasraum der Flasche über dem Medium auch wirklich gelangt. Hier gibt es jedoch Vorrichtungen (z. B. Noppen), die den leicht geöffneten Verschluss sicher halten, damit er nicht von der Flasche abfällt. Beide Möglichkeiten sind hinreichend sicher, was die Kontaminationsgefahr betrifft.

85 Weiterführende Literatur

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5

87

Zellkulturmedien Inhaltsverzeichnis 6.1 Zusammensetzung der Medien – 92 6.1.1 Grundkomponenten – 92 6.1.2 Zusätze zu Kulturmedien – 92 6.1.3 Serum – 94 6.1.4 Alternativen zur Verwendung von Serum in der Zellkultur – 102

6.2 Kurze Beschreibung der gebräuchlichsten Kulturmedien – 104 6.3 Herstellung gebrauchsfertiger Medien – 107 Weiterführende Literatur – 113

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 G. Gstraunthaler und T. Lindl, Zell- und Gewebekultur, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62606-1_6

6

88

Kapitel 6 · Zellkulturmedien

In der Frühphase der Zell - und Gewebekultur wurden zur Anzucht der Gewebeexplantate ausschließlich biologische Flüssigkeiten, wie Gerinnsel aus Froschlymphe, Plasmagerinnsel, Embryonalextrakte, u. Ä. verwendet (s. Einleitung). Die Grundlagen der modernen Zell- und Gewebekultur wurden in den späten 1940er-Jahren gelegt. Die Namen Gey, Earle, Hanks, Eagle, Dulbecco, Ham oder

Waymouth sind untrennbar damit verbunden. Ihre Pionierarbeiten führten zur Entwicklung definierter Zellkulturmedien, die bis heute die Standardmedien zur Kultivierung tierischer und humaner Zellen darstellen (Primärkulturen wie auch etablierte Zelllinien). Neben einfachen Basalmedien (s. u.) stehen heute auch komplexe Wachstumsmedien sowie serumfreie Medienformulierungen zur Verfügung (7 Kap. 7).

Allgemeine Aspekte der Kulturmedien

6

Das Kulturmedium ist der bei Weitem wichtigste Einzelfaktor in der Züchtung von Zellen und Geweben. Es schafft die unmittelbare physiologische Umgebung für die kultivierten Zellen (7 Kap. 8), wie Osmolarität, Temperatur und pH-Wert, versorgt die Zellen mit notwendigen katabolen und anabolen Substraten für ausreichenden Energiestoffwechsel und Neusynthesen und liefert Wachstumsfaktoren und Hormone für eine ordnungsgemäße Zellteilung. Ein universelles Kulturmedium gibt es nicht. In der Zellkulturliteratur sind mehr als 100 verschiedene Medienformulierungen beschrieben, wobei nur etwa ein Dutzend im Allgemeinen verwendet wird (7 ­Abschn.  6.2). Einige Spezialmedien sind beschrieben worden, für das Anlegen von Primärkulturen, für die Propagierung von immortalen und transformierten Zelllinien, oder für serumfreie Zellkultur. Die Entwicklung der Zellkulturmedien ist gleichzeitig die Geschichte der Zellkultur an sich. Auch wenn die Rezepturen der gängigen Kulturmedien (s. 7 Abschn. 6.2, . Tab. 6.8) seit ihrer Erstbeschreibung unverändert geblieben sind, muss doch bedacht werden, dass ein Kulturmedium der 1950er- oder 1960er-Jahre nicht mehr mit den Medien von heute vergleichbar ist.

Wie oben ausgeführt, bestimmt eine Vielzahl fein abgestimmter Variablen, ob Zellen in vitro wachsen und proliferieren. Die Ansprüche, welche an Kulturmedien gestellt werden, hängen in erster Linie von den kultivierten Zellen selbst ab. Ein Nährmedium muss alle essenziellen Nährstoffe in einer für die Zellen verfügbaren Form enthalten. Dazu zählen alle (anabolen) Vorstufen für Neusynthesen, katabole Substrate für den Energiestoffwechsel, Vitamine und Spurenelemente für katalytische Funktionen, und anorganische Ionen (Elektrolyte), deren Funktionen sowohl katalytisch als auch physiologisch sind, z. B. die Aufrechterhaltung des pH-Wertes und der Osmolarität (7 Kap. 8). Je nach Fragestellung und Bedarf, können Kulturmedien unterschiedliche Grade der Zusammensetzung bzw. Komplexität aufweisen. Man unterscheidet demnach: 5 Kulturmedien, die für ein unmittelbares Überleben essenziell sind,

Damals enthielten die Einzelkomponenten noch „Verunreinigungen“, welche sich aber u. U. positiv auf das Zellwachstum auswirkten. Durch die nahezu 100 %ige Reinheit der Einzelchemikalien sind diese „Nebeneffekte“ heute nahezu verschwunden, weshalb vor allem Spurenelemente substituiert werden müssen. Dies wird im einfachsten Fall durch die Zugabe von fetalem Kälberserum kompensiert. Die Auswahl des jeweiligen Mediums erfolgt immer noch nach rein empirischen Gesichtspunkten: welches Medium gerade im Labor auch für andere Zellen bzw. Zelltypen verwendet wird, oder welches Medium für diesen Zelltyp in anderen Labors kürzlich verwendet und publiziert wurde. Es ist auch nicht möglich, eine generelle Empfehlung für das eine oder andere Medium für die betreffende Zelllinie oder für die spezielle Primärkultur zu geben. Es wird deshalb empfohlen, auf die in der Originalarbeit angegebene Rezeptur oder auf Informationen der Zellbanken (ATCC, ECACC, DSMZ; s. Anhang C) zurückzugreifen, bevor man andere Medien bzw. neue Rezepturen erprobt. . Tab. 6.1 gibt eine grobe Übersicht der für eine Auswahl gebräuchlicher Zelllinien verwendeten Nährmedien samt entsprechenden Zusätzen.

5 Kulturmedien, die für ein verlängertes Weiterleben essenziell sind, 5 Kulturmedien, die für unbegrenztes Wachstum und Proliferation essenziell sind, 5 Kulturmedien, die für die Expression spezifischer Zellfunktionen essenziell sind. Im einfachsten Fall genügt bereits eine einfache Salzlösung, um extrazelluläres Ionenmilieu, Osmolarität und pH-Wert zu gewährleisten. Diesen Salzlösungen (Balanced Salt Solution, BSS) (. Tab. 6.2) können für ein kurzfristiges Weiterleben der Zellen Energiesubstrate, meist Glucose und Glutamin, zugegeben werden. Die für unbegrenztes Zellwachstum in Kultur notwendigen Vollmedien enthalten darüber hinaus alle erforderlichen Nährbestandteile: essenzielle, und evtl. nichtessentielle Aminosäuren, Vitamine, Spurenelemente und niedermolekulare Zusatzstoffe, wie z. B. Pyruvat. Die für eine ausreichende

89 Zellkulturmedien

. Tab. 6.1  Empfohlene serumhaltige Kulturmedien für einige ausgewählte Zelllinien Säuger-Zelllinien Zelllinie

Zelltyp

Spezies

Gewebe

Medium*

293 [Hek293]

e

Mensch

Embryonale Niere

MEM + 10  % FKS

3T3 (NIH 3T3)

f

Maus

Embryonal

DMEM + 10  % FKS

3T6

f

Maus

Embryonal

DMEM + 10  % FKS

A-431

e

Mensch

Epidermis

DMEM + 10  % FKS

A549

e

Mensch

Lungenkarzinom

F-12 K + 10 % FKS

A6

e

Xenopus laevis

Niere

NCTC 109 Medium, 75 %, 15 % Aq. Dest. + 10  % FKS

A9 L

f

Maus

Bindegewebe

DMEM + 10  % FKS

AtT-20

e

Maus

Hypophysentumor

F-10, 15 % Pferdeserum + 2.5 % FKS

BALB/3T3

f

Maus

Embryonal

DMEM + 10  % FKS

BHK-21

f

Hamster

Niere

GMEM + 10 % FKS oder MEM + 10 % FKS und NEAA

BS-C-1

e

Grüne Meerkatze

Niere

MEM + 10  % FKS

BSC40

e

Grüne Meerkatze

Niere

DMEM + 10  % FKS

BT

f

Rind

Nasenschleimhaut

MEM + 10 % FKS und NEAA

C6

f

Ratte

Gliom

F-12 K, 15 % Pferdeserum  + 2.5 % FKS

Caco-2

e

Mensch

Kolon Adenokarzinom

MEM + 20 % FKS und NEAA

CHO-K1

e

Hamster

Ovar

F-12 + 10  % FKS

Clone 9

e

Ratte

Leber

F-12 K + 10 % FKS

Clone M-3

e

Maus

Melanom

F-10, 15 % Pferdeserum  + 2.5 % FKS

COS-1, COS-7

f

Grüne Meerkatze

Niere

DMEM + 10  % FKS

CRFK

e

Katze

Niere

MEM + 10 % FKS und NEAA

CV-1

f

Grüne Meerkatze

Niere

MEM + 10  % FKS

D-17

e

Hund

Osteosarkom

MEM + 10  % FKS + NEAA

Daudi

l

Mensch

Burkitt Lymphom

RPMI-1640 + 10  % FKS

EB

f

Mensch

Haut

DMEM + 10  % FKS

GH1, GH3

e

Ratte

Hypophysentumor

F-10, 15 % Pferdeserum  + 2.5 % FKS

H9

l

Mensch

T-Zell-Lymphom

RPMI-1640 + 20  % FKS

HaK

e

Hamster

Niere

BME + 10  % Rinderserum

HCT-15

e

Mensch

Kolorectales Adenokarzinom

RPMI-1640 + 10  % FKS

HeLa

e

Mensch

Cervixkarzinom

MEM + 10 % FKS und NEAA

Hep G2

e

Mensch

Hepatozelluläres Carcinom

MEM + 10  % FKS

HK-2

e

Mensch

Niere, HPV-16 transformiert

Serumfreies Keratinozyten-medium (K-SFM) (GIBCO) + Hypophysenextrakt und EGF

6

Kapitel 6 · Zellkulturmedien

90

. Tab. 6.1  (Fortsetzung) Säuger-Zelllinien

6

Zelllinie

Zelltyp

Spezies

Gewebe

Medium*

HL-60

l

Mensch

Promyelocytische Leukämie

RPMI-1640 + 20  % FKS

HT-1080

e

Mensch

Fibrosarkom

MEM + 10 % hi FKS und NEAA

HT-29

e

Mensch

Kolon Adenokarzinom

McCoy's 5 A + 10 % FKS

HUVEC

endo-thelial

Mensch

Nabelschnurendothel

F-12 K + 10 % FKS und 100 µg/ml Heparin

I-10

e

Maus

Leydig-Zelltumor

F-10, 15 % Pferdeserum  + 2.5 % FKS

IEC-6

e

Ratte

Dünndarmepithel

DMEM, 4 mM Glutamin, 1,5 g/l NaHCO3, 4,5 g/l Glucose, 0,1 U/ml Rinderinsulin, 10 % FKS

IM-9

l

Mensch

Peripheres Blut Multiples Myelom

RPMI-1640 + 10  % FKS

JEG-3

e

Mensch

Chorionkarzinom

MEM + 10  % FKS

Jensen

f

Ratte

Sarcom

McCoy's 5 A + 5 % FKS

Jurkat

l

Mensch

Lymphom

RPMI-1640 + 10  % FKS

K-562

l

Mensch

Myelogene Leukämie

RPMI-1640 + 10  % FKS

KG-1

myelo-blastoid

Mensch

Knochenmark Erythroleukämie

IMDM + 20  % FKS

L2

e

Ratte

Lunge

F-12 K + 10 % FKS

L6

m

Ratte

Skelettmuskel

DMEM + 10  % FKS

L-929

f

Maus

Bindegewebe

MEM + 10  % FKS

LLC-PK1

e

Schwein

Niere

Medium 199, 2,2 g/l NaHCO3 + 3  % FKS

LLC-RK1

e

Kaninchen

Niere

Medium 199, 1,12 g/l NaHCO3 + 10  % Pferdeserum

LLC-MK2

e

Rhesusaffe

Niere

Medium 199, 1,68 g/l NaHCO3 + 1  % Pferdeserum

LLC-WRC 256

e

Ratte

Milchdrüsenkarzinom

Medium 199  + 5 % Pferdeserum

McCoy

f

Maus

Unbekannt

MEM + 10  % FKS

MCF7

e

Mensch

Brust Adenokarzinom

MEM + 10 % FKS und NEAA + 10 µg/ml Insulin

MDBK

e

Rind

Niere

MEM + 10  % FKS

MDCK

e

Hund

Niere

MEM + 10  % FKS

NRK-49 F

f

Ratte

Niere

DMEM, 4 mM Glutamin, 1,5 g/l NaHCO3, 4,5 g/l Glucose + 5 % NKS

NRK-52E

e

Ratte

Niere

DMEM, 4 mM Glutamin, 1,5 g/l NaHCO3, 4,5 g/l Glucose + 5 % NKS

PC-12

neuronal

Ratte

Phäochromozytom

RPMI-1640 + 10 % hi Pferdeserum und 5 % FKS

PK13

e

Schwein

Niere

DMEM + 10  % FKS

PK(15)

e

Schwein

Niere

MEM + 10  % FKS

91 Zellkulturmedien

. Tab. 6.1  (Fortsetzung) Säuger-Zelllinien Zelllinie

Zelltyp

Spezies

Gewebe

Medium*

PtK1

e

Potoroo, Lang-schnauziges Kaninchen-känguru

Niere

MEM + 10  % FKS

Raji

l

Mensch

Burkitt Lymphom

RPMI-1640 + 10  % FKS

RK13

e

SW-13

T84

e

Vero

Kaninchen

Niere

MEM + 10  % FKS

Mensch

Nebenneirenrinden-karzinom

Leibovitz L-15 + 10 % FKS

Mensch

Kolon Adenokarzinom

DMEM/Ham F-12 (1:1), 2,5 mM Glutamin + 5  % FKS

Grüne Meerkatze

Niere

MEM + 10  % FKS

WI-38

e

Mensch

Embryonale Lunge

BME + 10  % FKS

XC

e

Ratte

Rous Sarkom

MEM + 10 % FKS und NEAA

Y-1

e

Maus

Nebennierenrinden-tumor

F-10, 15 % Pferdeserum  + 2,5 % FKS

Insekten-Zelllinien Zelllinie

Spezies

Gewebe

Medium*

Sf9, Sf21

Spodoptera frugiperda

Ovar

TNM-FH + 10 % hi FKS, oder Sf-900 II SFM (serumfrei), oder Sf900™ III SFM (serumfrei)

High Five™ (BTITN-5B1-4)

Trichoplusia ni

Ovar

TNM-FH + 10 % FKS, or Express Five® SFM (serumfrei)

Schneider 2 (S. 2), D.Mel-2

Drosophila melanogaster

Embryo

Schneider’s Drosophila Medium + 10 % hi FKS

*Abkürzungen:

e, epithelartig; f, fibroblastenartig; l, lymphoblastenartig; m, myoblastenartig (siehe Anhang); hi, hitzeinaktiviert; BME, Basal Medium Eagle; DMEM, Dulbecco’s Modified Eagle Medium; FKS, fetales Kälberserum; GMEM, Glasgow Minimum Essential Medium; IMDM, Iscove’s Modified Dulbecco’s Medium; MEM, Minimum Essential Medium; NEAA, Non-Essential Amino Acid Solution; NKS, Neugeborenen-Kälberserum; TNM-FH, Trichoplusia ni Medium-Formulation Hink (z. B. Grace’s Insect Medium, Supplemented) Quellen: American Type Culture Collection (7 www.atcc.org), Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (7 www. dsmz.de), GIBCO Invitrogen Life Technologies (7 www.invitrogen.com/cellculturebasics)

. Tab. 6.2  Zusammensetzung der gebräuchlichsten Salzlösungen (Balanced Salt Solutions, BSS) g/l

Earles BSS

Hanks BSS

Pucks BSS

Dulbeccos PBS ohne Ca2+, Mg2+

Dulbeccos PBS mit Ca2+, Mg2+

NaCl

6,80

8,00

8,00

8,00

8,00

KCl

0,40

0,40

0,40

0,20

0,20

0,10

0,29 1,15

1,15

0,20

0,20

Na2HPO4 × 7 H2O Na2HPO4 NaH2PO4 × H2O

0,14

KH2PO4

0,06

0,15

0,20

0,14

0,012

MgSO4 × 7 H2O

0,20

0,10

0,154

Glucose

1,00

1,00

1,10 0,005

CaCl2 MgCl2 × 6 H2O

0,10

0,10

Phenolrot

0,01

0,01

NaHCO3

2,20

0,35

Gasphase

5 % CO2

Luft

0,10

Luft

Luft

Luft

6

92

Kapitel 6 · Zellkulturmedien

Proliferation notwendigen Hormone und (mitogenen) Wachstumsfaktoren werden zumeist durch die Zugabe von Serum eingebracht (7 Abschn. 6.1.3 und 7 Kap. 7). Eine erhöhte Zelldifferenzierung kann entweder durch Zugabe geeigneter Differenzierungsfaktoren, aber auch durch Wegnahme essenzieller Medienkomponenten (sogenannte Defizienzmedien) oder durch entsprechende Kulturmethoden erzielt werden (7 Kap. 16 bis 18). 6.1  Zusammensetzung der Medien

6

6.1.1  Grundkomponenten

Die heute gebräuchlichen Kulturmedien bestehen meist aus einem sogenannten Basalmedium, dem je nach Bedarf und Fragestellung zusätzliche Faktoren, wie Serum oder Gewebeextrakte, Wachstumsfaktoren und Hormone, Vitamine und Spurenelemente, oder weitere Aminosäuren und Nährstoffe zugegeben werden. Die Basalmedien sind ihrerseits auf Grundlage einer isotonen Salzlösung (Balanced Salt Solution, BSS) aufgebaut, die der Ionen- bzw. Elektrolytzusammensetzung des Extrazellulärraumes des jeweiligen Organismus entspricht: Säuger, Amphibien, Fische, oder Insekten. Die Salzlösungen für Säugerzellen gehen auf den britischen Physiologen Sydney Ringer (1835–1910) (Ringerlösung) und den amerikanischen Pharmakologen Maurice Vejux Tyrode (1878–1930) (Tyrode-Lösung) zurück. Die dominierenden Kationen bzw. Anionen sind Na+ und Cl–, daneben noch K+, Ca2+, Mg2+, HCO3– und PO43– (s. . Tab. 20.1). Na+ und Cl– sind für den osmotischen Druck des Nährmediums verantwortlich (7 Abschn. 8.1), Na+ und K+ für die Aufrechterhaltung des Zellmembranpotenzials, Ca2+- und Mg2+-Ionen tragen wesentlich zur Zelladhäsion bei (7 Abschn. 5.2), Mg2+ ist auch Kofaktor in enzymatischen Reaktionen und H2PO4–, HPO42–, sowie HCO3– dienen der Aufrechterhaltung des pH-Wertes und der Pufferung (7 Abschn. 8.4). Die wichtigsten basalen Salzlösungen (BSS), auf denen (fast alle) Kulturmedien aufgebaut sind, sind Earles BSS und Hanks BSS. Earles- und Hanks-Salzlösungen unterscheiden sich primär im Gehalt an NaHCO3 und demnach in der Art der Pufferung (7 Abschn. 8.4). Earle’s-gepufferte Medien mit 2200 mg/l NaHCO3 eignen sich für Kulturen mit hoher Proliferationsrate, die zweckmäßigerweise in einem CO2Brutschrank (5 % CO2) gezüchtet werden (. Tab. 6.2). Nach Earle gepufferte Medien mit 850 mg/l NaHCO3 sind für Zellen mittlerer Proliferationsrate und außerdem für die Zugabe von HEPES konzipiert (7 Abschn. 8.4.2). HEPES-gepufferte Medien sollten dennoch NaHCO3 enthalten, wenn auch in geringerem Maße (ca. 350 mg/l) und auch mit CO2 weiterhin

­ egast werden, da die Zellen Bicarbonat nicht nur für b die Pufferung benötigen, sondern dieses auch eine wichtige Komponente für zelluläre Stoffwechsel- und Transportprozesse ist. Hanks-gepufferte Medien enthalten 350 mg/l NaHCO3 und werden für schwach wachsende Kulturen verwendet, vor allem für frisch angelegte Primärkulturen. Diese Medien sollten in einem CO2-Brutschrank mit höchstens 1 % CO2 (oder vollständig ausgeschalteter CO2-Begasung) verwendet werden, da das Medium sonst zu schnell sauer wird. Ausschließlich mit NaHCO3 gepufferte Medien sollten nicht zu lange offenstehen, da sonst CO2 entweicht und der pH-Wert sehr schnell auf unphysiologische Werte von pH 7,6 und höher ansteigen kann (7 Abschn. 8.4). Kulturmedien mit Spinner-Salzen sind Earle’s-gepufferte Medien, welche kein CaCl2 und MgCl2 enthalten und speziell für Suspensionskulturen (Spinner-Kulturen) entwickelt wurden. Es gibt derzeit allerdings nur einige käufliche Formulierungen (MEM-Spinner, MEM-Joklik, DMEM bzw. DMEM/Ham F-12), die keine bivalenten Ionen enthalten und direkt für die Spinnerkultur eingesetzt werden können. Dulbeccos PBS (Phosphate Buffered Saline) ist, wie der Name schon sagt, eine rein Phosphat-gepufferte Salzlösung und wird ohne CO2-Begasung verwendet (. Tab. 6.2). Je nach Anwendung wird PBS mit oder ohne Ca2+- und Mg2+-Ionen eingesetzt. Die Salzlösungen nach Puck oder Hanks (Pucks Saline bzw. Hanks BSS), ohne Ca2+ und Mg2+, bilden meist die Basis kommerzieller Trypsinlösungen (7 Abschn. 11.1.2). 6.1.2  Zusätze zu Kulturmedien 6.1.2.1  Glucose und andere Kohlenhydrate

Jede lebende Zelle, in vivo wie in vitro, benötigt ausreichende Energiesubstrate. Diese werden meist durch entsprechende Kohlenhydrate bereitgestellt. Die Hauptenergiequelle des Stoffwechsels von Säugerzellen ist Glucose, die in Kulturmedien in physiologischen Konzentrationen (1  g/l, 5,5  mM) eingesetzt wird. Für schnell proliferierende Tumorlinien werden auch Medien mit erhöhtem Glucosegehalt (4,5 g/l, 25 mM) verwendet. Durch die hohen Glykolyseraten mancher Zelllinien kann es jedoch zu massiven Lactat-Akkumulationen im Kulturmedium kommen, weshalb oft alternative Kohlenhydratquellen eingesetzt werden. Fructose oder Galactose werden wesentlich langsamer verstoffwechselt und die Lactatproduktion dadurch wesentlich verringert. Disaccharide können nicht von allen Zellen verwertet, sondern müssen vor der zellulären Aufnahme durch Disaccharidasen gespalten ­werden. Auch Ribose und Pyrimidinnucleoside, wie Uridin, können Hexosen in manchen Zellkulturen ersetzen.

93

6.1 · Zusammensetzung der Medien

6.1.2.2  Aminosäuren

Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteinsynthese. Essenzielle Aminosäuren kann die Zelle nicht selbst synthetisieren und müssen deshalb mit dem Medium zur Verfügung gestellt werden. Von den 20 natürlich vorkommenden L-Aminosäuren sind 8 für den menschlichen Stoffwechsel essenziell. Für kultivierte Säugerzellen beschrieb Harry Eagle hingegen 13 Aminosäuren als essenziell, die in entsprechenden Mengen im Kulturmedium enthalten sein müssen: neben Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin sind dies zusätzlich noch Arginin, Cyst(e)in, Glutamin, Histidin und Tyrosin. Die restlichen 7 Aminosäuren, Alanin, Asparagin, Asparaginsäure (Aspartat), Glutaminsäure (Glutamat), Glycin, Prolin und Serin, sind nicht in allen Medienformulierungen enthalten und können von den Zellen selbst synthetisiert werden. Komplexere Vollmedien enthalten aber sehr wohl auch die nichtessenziellen Aminosäuren, um den Zellstoffwechsel von den Eigensynthesen zu entlasten. Epithelzellen exprimieren, im Gegensatz zu Fibroblasten, eine D-Aminosäure-Oxidase, die es den Zellen ermöglicht, eine D-Aminosäure in die L-Form (L-Enantiomer) überzuführen. In Primärkulturen von Epithelzellen (7 Kap. 16) werden deshalb oft D-Valin-haltige Selektionsmedien verwendet, um unerwünschtes Fibroblastenwachstum zu unterdrücken (. Tab. 16.1). 6.1.2.3  Glutamin

Eine Besonderheit stellt Glutamin in der Zellkultur dar. Glutamin weist nicht nur den höchsten Plasmagehalt aller Aminosäuren auf, es wird auch in Kulturmedien in wesentlich höheren Konzentrationen (2–4 mM) als alle übrigen Aminosäuren verwendet. Glutamin ist nicht nur, neben Glucose und Pyruvat, eine wichtige Energiequelle für kultivierte Zellen, sondern liefert auch Vorstufen für die Ribonucleotid-Synthese. Endprodukt des Glutaminstoffwechsels ist Ammoniak, welcher in höheren Konzentrationen für manche Zellen toxisch sein kann. In Kulturen, die eine Glutamin-Synthetase exprimieren, kann Glutamin durch Glutamat ersetzt werden, was u. U. zu geringeren Ammoniakproduktionsraten führt. Für die meisten Zellen ist Glutamin allerdings essenziell. Glutamin ist in Lösung nicht stabil und zerfällt bei längerer Lagerung bei 37 ℃ und basischem pH in Glutamat oder in Pyrrolidon-Carboxylsäure und Ammoniak. Glutaminlösungen müssen deshalb bei –20 ℃ gelagert werden, dasselbe gilt auch für glutaminhaltige Medien, die stets bei 4 ℃ gehalten werden sollten. Fertigmedien (Flüssigmedien ) werden deshalb in der Regel ohne Glutamin geliefert, welches unmittelbar vor Gebrauch meist aus einer 200 mM L-Glutamin-Stammlösung (100 × ) aliquotiert zugegeben werden muss. Die Zugabemengen zu den gebräuchlichsten Medien sind in . Tab. 6.3 angeführt.

. Tab. 6.3  Empfohlene Glutaminzugabe zu sterilen Flüssigmedien Medium

Glutamin* [ml/l]

Endkonzentration [mg/l]

BME Earle

10,0

292,3

BME Hanks

10,0

292,3

DMEM (Dulbeccos MEM)

20,0

584,6

DMEM/Ham F-12

12,5

365,0

Glasgow MEM

10,0

292,3

Ham F 10

5,0

146,2

Ham F 12

5,0

146,2

IMDM (Iscoves DMEM)

20,0

584,6

L-15 Medium (Leibovitz)

10,3

300,0

McCoy 5a

7,5

219,15

Medium 199 Earle

3,4

100,0

Medium 199 Hanks

3,4

100,0

MEM Earle

10,0

292,3

MEM Hanks

10,0

292,3

MEM Spinner

10,0

292,3

RPMI 1640

10,3

300,0

Williams Medium E

10,0

292,3

*L-Glutamin,

200 mM, wässrige Lösung

In letzter Zeit sind auch glutaminhaltige Dipeptide (Ala-Gln, Gly-Gln) unter dem Handelsnamen GLUTAMAX™ in die Zellkultur eingeführt worden. L-Alanyl-L-Glutamin (GLUTAMAX I) und L-GlycylL-Glutamin (GLUTAMAX II) sind nicht nur in Lösung stabil, sondern auch hitzeresistent, wodurch die Medien sogar autoklaviert werden können. Die Dipeptide werden von den Zellen aufgenommen, durch intrazelluläre Peptidasen gespalten und die Aminosäuren (Alanin bzw. Glycin und Glutamin) intrazellulär freigesetzt (s. Abb. B-8 im Anhang). Jedoch ist zu beachten, dass nicht alle Zelllinien mit dem Dipeptid gleich gut proliferieren, es kann zu einer leichten Wachstumsverzögerung kommen. Andererseits wurde in Maus-Hybridomzellen mit GLUTAMAX II gegenüber Standardmedien eine deutlich erhöhte Produktion von monoklonalen Antikörpern beschrieben. Neuerdings sind GLUTAMAX-hältige Fertigmedien erhältlich, die nicht mehr vor Gebrauch mit L-Glutamin supplementiert werden müssen. GLUTAMAX wird im selben Konzentrationsbereich eingesetzt wie Glutamin (2–4 mM). 6.1.2.4  Pyruvat

Pyruvat ist die einfachste und wichtigste α-Ketosäure im Intermediärstoffwechsel. Eine besondere Rolle spielt

6

94

6

Kapitel 6 · Zellkulturmedien

Pyruvat für den Ablauf und die Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels und als Zwischenstufe des Aminosäurestoffwechsels (z. B. Transaminierung zu Alanin). Damit ist es nicht nur Energiequelle, sondern liefert auch das Kohlenstoffgerüst für anabole Prozesse. Pyruvat ist wichtige Verzweigungsstelle im aeroben und anaeroben Stoffwechsel. Na-Pyruvat, welches in einer Konzentration von 0,1–1 mM den Medien zugesetzt wird, kann leicht in die Zelle transportiert werden. Unter aeroben Bedingungen wird Pyruvat mit Oxalacetat in den Citrat-Zyklus eingeschleust. Oxalacetat ist ebenfalls in manchen Medienformulierungen zu finden. Beide Ketosäuren unterstützen den aeroben Energiestoffwechsel der Zellen. 6.1.2.5  Vitamine

Die in den meisten Zellkulturmedien enthaltenen Vitamine sind vor allem jene der B-Gruppe: Biotin, Folsäure, Nicotinsäure/Nicotinamid, Pantothensäure, Pyridoxin, Riboflavin und Thiamin, welche als Coenzyme eine essenzielle Rolle spielen. In manchen Medienformulierungen findet sich auch noch Cobalamin (Vitamin B12), sowie Cholin und myo-Inosit. Die beiden Letzteren sind wichtige Substrate für die Lipidsynthese. In serumfreien Medien (7 Kap. 7) werden Ascorbinsäure (Vitamin C) und α-Tocopherol (Vitamin E) als Antioxidantien bzw. Radikalfänger eingesetzt. Auch Vitamin A-Derivate sind in manchen serumfreien Zellkulturmedien enthalten (. Abb. 7.2). 6.1.2.6  Spurenelemente

Die wichtigsten Spurenelemente, die kultivierte Zellen benötigen, sind Eisen, Kupfer und Zink, daneben noch Kobalt, Chrom, Mangan, Molybdän und Vanadium. Letztere werden vor allem über das Serum in das Kulturmedium eingebracht. Ein weiteres, wichtiges Spurenelement, das vor allem in serumfreien Medien als essenzieller Bestandteil enthalten sein muss (7 Kap. 7), ist Selen. 6.1.2.7  β-Mercaptoethanol

β-Mercaptoethanol (auch 2-Mercaptoethanol , β-ME od. 2-ME) ist eine niedermolekulare Thiolverbindung, die vor allem zu Maus-Lymphocyten-Kulturen zugegeben wurde. Der genaue Wirkmechanismus wie auch die Frage, ob die Zugabe von β-ME tatsächlich notwendig ist, sind bis heute nicht vollständig geklärt. β-ME bildet zum einen Thiol-Komplexe mit Cystein, erhöht den intrazellulären Glutathiongehalt und verhindert dadurch Oxidationsschäden bzw. erhöht den zellulären Redox-Status. β-ME wirkt als Radikalfänger (free radical scavenger). In Lymphomazellen wird der zelluläre Transport von Cystin verbessert. Als reduzierendes Agens verbessert β-ME auch die Antikörperproduktion in Hybridomakulturen. Neuerdings wird β-ME auch zu

Stammzell-Kulturmedien (7 Abschn. 21.4) zugegeben, da es stimulierend auf die In-vitro-Differenzierung von Oocyten wirkt. β-ME wird in einer Endkonzentration von 50–200 µM eingesetzt. In serumfreien Stammzellkulturmedien wurde beobachtet, dass Albumin die Toxizität von β-ME herabsetzt. Enthält das Medium kein Albumin, wirkt β-ME plötzlich toxisch. Wird dieses aus der Medienformulierung entfernt, ist auch kein Albumin mehr nötig, wodurch die Zugabe beider Komponenten überflüssig wird. Proteinfreie Medien sollten demnach kein β-Mercaptoethanol enthalten. 6.1.2.8  Lipide

Die Rolle von Lipiden in der Zellkultur wurde lange Zeit nicht entsprechend anerkannt. Lipide sind strukturelle Komponenten der Zellmembran, spielen eine wichtige Rolle in Signalübertragungsketten und dienen als Energiespeicher. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für tierische Zellen essenziell. Linolsäure, Ölsäure, Ethanolamin, Phosphatidylethanolamin und Cholesterin sind natürliche, im Serum vorkommende Lipide (s. Tabelle 6–4). Diese liegen an Proteine gebunden (z. B. Albumin, Lipoproteine) vor. In der serumfreien Zellkultur (7 Kap. 7) müssen deshalb essenzielle Fettsäuren aber auch Cholesterin substituiert werden. Albumin-gekoppelte Lipide wie auch wasserlösliche Cyclodextrin-Komplexe sind kommerziell erhältlich. 6.1.3  Serum

Serum ist die flüssige Fraktion geronnenen Blutes. Die Verwendung von Seren als Zusatz zu Kulturmedien ist weit verbreitete Routinetechnik in der Zellkultur. Je nach Fragestellung und Bedarf wird Serum in einer Konzentration von 2–20 % (v/v) eingesetzt. Neben tierischen Seren unterschiedlichen Entwicklungsstadiums und Alters der Tiere (fetale, neugeborene und adulte Seren, s. unten) werden auch Seren verschiedener Spezies (Rind, Pferd, Schwein, Ziege, etc.) verwendet. Neuerdings kommen auch humane Seren oder humane Serumalternativen (7 Abschn. 6.1.4) in der Stammzellkultur (7 Kap. 21) und in der Gewebekultur vermehrt zum Einsatz (Stichwort Tissue Engineering) (7 Kap. 20).

Rolle des Serums in der Zellkultur Serum liefert 5 Wachstumsfaktoren, Cytokine und Hormone 5 Bindungs- und Transportproteine 5 Anheftungs- und Ausbreitungsfaktoren (attachment and spreading)

95

6.1 · Zusammensetzung der Medien

5 zusätzliche Aminosäuren, Vitamine und Spurenelemente 5 Fettsäuren und Lipide

. Tab. 6.4  Bestandteile tierischer Seren für die Zellkultur

Weitere Funktionen 5 enthält Proteaseinhibitoren 5 verbessert die Pufferwirkung 5 bewirkt „Detoxifizierung“ (durch unspezifische Bindung und Inaktivierung) 5 erhöht die Viskosität des Mediums 5 bietet mechanischen Schutz durch Herabsetzung von Scherkräften 5 hat (kolloid)osmotische Wirkung (→ serumfrei vs. proteinfrei)

Globuline (z. B. Immunglobuline, IgG)

Serumproteine

Albumin Fetuin

Haptoglobin Komplementfaktoren α1-Antitrypsin (Proteaseinhibitor) α2-Makroglobulin (Proteaseinhibitor) Transportproteine

Transferrin Coeruloplasmin Transcortin Thyroxin-bindendes Globulin

Wie alle biologischen Flüssigkeiten enthält auch Serum eine Vielzahl – weitgehend noch unbekannter – Proteine, Peptide und Metaboliten. Analysen des Serumproteoms ergaben rd. 1800 Serumproteine, von welchen bislang ca. 300 identifiziert werden konnten. Ferner wurden über 4000 Serummetaboliten beschrieben. Seren versorgen die Kulturen mit Hormonen, Wachstums- und Anheftungsfaktoren, Bindungs- und Transportproteinen (z. B. Fibronectin und Transferrin), mit zahlreichen Aminosäuren, anorganischen Salzen, Spurenelementen sowie Puffer- und Neutralisationssystemen, wie z. B. Albumin, Immunglobulinen oder Proteaseinhibitoren. Neben höhermolekularen Stoffen wie Polypeptiden, Wachstumsfaktoren und Hormonen, werden mit dem Serum auch Cholesterin, Fettsäuren und Lipide, meist in Form von Lipoproteinen, in die Zellkultur eingebracht. Der direkte Kontakt somatischer Zellen (mit Ausnahme der Blutleukocyten) mit hochmolekularen Serumproteinen stellt eine an sich unphysiologische Situation dar. Körperzellen (somatische Zellen) werden von der interstitiellen Flüssigkeit umspült. Deren Zusammensetzung unterscheidet sich vom Blutplasma insbesondere im Proteingehalt, da durch Filtration des Plasmawassers an der Kapillarwand nur kleinmolekulare Proteine bzw. Peptide in das Interstitium gelangen. Hochmolekulare Plasmaproteine (Albumin, Immunglobuline, Komplementfaktoren, Enzyme etc.) bleiben ausgeschlossen. Diese sind aber im Serum enthalten. Dies erklärt auch die Notwendigkeit der Hitzeinaktivierung von, meist adulten, Seren bei bestimmten Anwendungen. . Tab. 6.4 gibt einen Überblick über die Bestandteile tierischer Seren. Serum im Kulturmedium bietet aber auch gewisse Schutzfunktionen. Zu nennen sind die Pufferfunktion der Serumproteine (hauptsächlich Albumin), die über ihre Aminoseitengruppen Protonen binden bzw. abgeben können, sowie die unspezifische Bindung und

α1-Lipoprotein (HDL) β1-Lipoprotein (LDL) Apolipoprotein Adhäsionsfaktoren

Fibronectin Laminin Vitronectin Kollagen α1

Enzyme

Lactat-Dehydrogenase Alkalische Phosphatase γ-Glutamyl-Transferase Alanin-Aminotransferase (ALT/ GPT) Aspartat-Aminotransferase (AST/ GOT) Carboxypeptidase Kreatinkinase

Hormone

Insulin Glucagon Corticosteroide Vasopressin Triiodthyronin (T3) Thyroxin (T4) Parathormon Wachtumshormon Hypophysenhormone (glandotrope Faktoren) Prostaglandine

Wachstumsfaktoren und Cytokine

Epidermal Growth Factor (EGF) Fibroblast Growth Factor (FGF) Nerve Growth Factor (NGF) Endothelial Cell Growth Factor (ECGF)

6

96

Kapitel 6 · Zellkulturmedien

. Tab. 6.4  (Fortsetzung) Platelet-derived Growth Factor (PDGF) Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) Insulin-like Growth Factors (IGFs) Interleukine Interferone Transforming Growth Factors (TGFs)

6

Fettsäuren und Lipide

Freie und Protein-gebundene Fettsäuren Triglyceride Phospholipide Cholesterin Ethanolamin Phosphatidylethanolamin

Vitamine

Retinol (Vitamin A) Vitamine der B-Gruppe:    Thiamin    Riboflavin    Pyridoxin/Pyridoxalphosphat    Cobalamin    Folsäure    Nicotinsäure/Nicotinamid    Pantothensäure    Biotin Ascorbinsäure (Vitamin C) α-Tocopherol (Vitamin E)

Elektrolyte (Salze) und Spurenelemente

Na, K, Ca, Mg, Cl, Hydrogencarbonat, Phosphate, Sulfate Selen, Eisen, Zink und Cu, Co, Cr, I, F, Mn, Mo, V, Ni, Sn

Kohlenhydrate

Glucose Galactose Fructose Mannose Ribose Intermediärmetabolite der Glykolyse

Nichtproteinäre Stickstoffverbindungen

Harnstoff/Harnsäure

Purine und Pyrimidine Polyamine Kreatinin Bilirubin Freie Aminosäuren und Peptide

damit Inaktivierung von toxischen Stoffwechselendprodukten. Eine wichtige Funktion erfüllen ferner die im Serum enthaltenen Proteaseinhibitoren (. Tab. 6.4). Während der Kultivierungsdauer neutralisieren sie die aus abgestorbenen Zellen freigesetzten lysosomalen Peptidasen und inaktivieren das Trypsin bei der Subkultivierung (7 Abschn. 11.1.2). Durch die Suspendierung der trypsinierten Zellen in serumhaltigem Medium wird die Trypsinreaktion gestoppt. In der serumfreien Zellkultur muss deshalb ein Waschschritt mit einem Trypsininhibitor zwischengeschaltet werden (7 Kap. 7 und 7 Abschn. 11.1.2). Die Verwendung von Seren birgt aber auch eine Reihe von Nachteilen. Seren können toxische Stoffe (z. B. Umweltgifte), bakterielle Toxine (Endotoxine) und unerwünschte Mikroorganismen wie Viren, Bakterien (einschließlich Mycoplasmen) und Pilze sowie Antikörper enthalten. Eine weitere mögliche Gefahrenquelle stellt prinzipiell das Vorhandensein jeder Form der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie (TSE bzw. BSE) dar, jedoch ist bis jetzt kein Testsystem so empfindlich und spezifisch, dass ein völliges Fehlen oder ein Nachweis diagnostiziert werden könnte. Darüber hinaus finden sich enorme geographische und jahreszeitliche Schwankungen in der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung einzelner Serumchargen (. Tab. 6.5). Weitere, vom Konsumenten nicht beeinflussbare Komponenten sind die Serumpreise, welche direkt von der Fleischproduktion und damit von der Verfügbarkeit von Serum am Weltmarkt abhängen. Umweltbedingungen in den Produktionsländern, wie Dürre, aber auch Unwetter und Hochwasser, Seuchen oder die Überalterung der Tiere und damit verbunden der Neuaufbau einer Herde können empfindliche Preistreiber sein. z Testung von Seren und Chargen-Reservierung

Die enormen qualitativen und quantitativen Schwankungen in der Zusammensetzung von Seren bedingen oft vor einem Neukauf von Seren die Austestung verschiedener Chargen. Chargenschwankungen können resultieren aus a) der unterschiedlichen geographischen Herkunft des Rohserums, b) jahreszeitlichen Schwankungen der Rinderpopulationen und des Ernährungszustandes der Tiere, oder c) aus unterschiedlichen Methoden der Blutentnahme und Rohserumgewinnung bzw. Weiterverarbeitung. Müssen für sensible Zellen Serumchargen getestet werden, empfiehlt es sich, genau definierte Endpunkte des eigenen Zellkultursystems heranzuziehen. Für diese Testreihen bieten alle großen Firmen spezielle Testmuster verschiedener Chargen kostenlos an, die bei positiver Testung entweder reserviert oder gleich komplett aufgekauft werden können. Bei einem Ankauf soll

6

97

6.1 · Zusammensetzung der Medien

. Tab. 6.5  Zusammensetzung fetaler Kälberseren (Price und Gregory 1982) Inhaltsstoff

Durchschnittlicher Gehalt

Endotoxin

0,356 ng/ml

Hämoglobin Glucose

Streuung

Proben

0,008–10,0

39

11,3 mg/dl

2,4–18,1

17

125 mg/100 ml

85–247

43

Natrium (Na)

137 meq/l

125–143

43

Kalium (K)

11,2 meq/l

10,0–14,0

43

Chlorid (Cl)

103 meq/l

98–108

43

Stickstoff (Blutharnstoff)

16 mg/100 ml

14–20

43

Gesamtprotein

3,8 g/100 ml

3,2–7,0

43

Albumin

2,3 g/100 ml

2,0–3,6

43

Calcium (Ca)

13,5 mg/100 ml

12,6–14,3

43

Anorg. Phosphor

9,8 mg/100 ml

4,3–11,4

43

Cholesterin

31 mg/100 ml

12–63

43

Harnsäure

2,9 mg/100 ml

1,3–4,1

43

Kreatinin

3,1 mg/100 ml

1,6–4,3

43

Gesamt-Bilirubin

0,4 mg/100 ml

0,3–1,1

43

Direktes Bilirubin

0,2 mg/100 ml

0,0–0,5

43

Alkalische Phosphatase

255 mU/ml

111–352

43

Lactatdehydrogenase

864 mU/ml

260–1215

43

Glutamat-Oxalacetat-Transaminase

130 mU/ml

20–201

43

Selen

0,026 µg/ml

0,014–0,038

25

Cortison

0,05 µg/100 ml