Zwischen Tod und Lebensglück: Eine Untersuchung zur Anthropologie Kohelets [Reprint 2014 ed.] 3110166372, 9783110166378

Dem Autor geht es in seiner Untersuchung darum, wie menschliches Leben im biblischen Buch Kohelet (Prediger Salomo) vers

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German Pages 290 [288] Year 1999

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Zwischen Tod und Lebensglück: Eine Untersuchung zur Anthropologie Kohelets [Reprint 2014 ed.]
 3110166372, 9783110166378

Table of contents :
Einleitung
Kapitel 1: Anthropologische Begriffe
1.1 nœp̱œš
1.2 rûaḥ
1.3 leḇ
1.4 bāśār
1.5 Begriffe zur Bezeichnung des ganzen Menschen
1.6 Weitere anthropologische Begriffe (ro’š, ‘jin, kаp̱, jāḏ, rœḡœl)
1.7 Zusammenfassung
Kapitel 2: Anthropologische Themen
Exkurs 1: Bedeutung und Gebrauch von hœ?œl
2.1 Der Sinn des menschlichen Lebens
2.1.1 mah jiṯrôn - Die Frage nach dem Sinn des Lebens
2.1.2 Der Tod - Die Zerstörung des Lebenssinns?
Exkurs 2: Kohelets Stellung zu verschiedenen Jenseitsvorstellungen
2.1.3 hû’ ḥelqô - Die Antwort auf die Sinnfrage
2.2 Des Menschen Zeit
2.2.1 Hebräische Begriffe für „Zeit“
2.2.2 Die „Zeit“ bei Kohelet
Exkurs 3:Koh 3,11
2.2.3 Kohelets Betrachtungen über die Zeit
2.3 Leben im Angesicht des Todes
2.3.1 Arbeit und Ruhe
Exkurs 4: ‘āmāl
Exkurs 5: ‘injān
2.3.2 Armut und Reichtum
2.3.3 Weisheit und Torheit
Exkurs 6: Kohelets Stellung zur alttestamentlichen Weisheit
2.3.4 Umgang mit Emotionen: Freude, Verdruß und Leidbewältigung
2.3.5 Einzelner und Gemeinschaft
2.3.6 Mann und Frau
Exkurs 7: Zur Auslegung von Koh 7,25ff
2.3.7 Mensch und Tier
2.3.8 Jugend und Alter
Exkurs 8: Zum Zusammenhang von Koh 1,2-1,12 und 11,7-12,8
2.3.9 Des Menschen Zukunft - Hoffnung
2.3.10 Leben und Tod
2.3.11 Memento mori - Carpe diem
Kapitel 3: Der Mensch und Gott
3.1 Die Erfahrung Gottes im Schicksal
3.2 Determination bei Kohelet?
3.2.1 Die Schicksalskonzeption Kohelets
3.2.2 Determination und Freiheit bei Kohelet
3.3 Das Verhältnis des Menschen zu Gott
3.4 Das kultische Verhalten
3.5 Die Ethik Kohelets
3.6 Gottesfurcht bei Kohelet
3.6.1 Die Texte
3.6.2 Aspekte der Gottesfurcht
3.6.3 Die Bedeutung der Gottesfurcht im Buch Kohelet
Kapitel 4: Zwischen Tod und Lebensglück - Schlußbetrachtungen
Literaturverzeichnis
Register

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Tilmann Zimmer Zwischen Tod und Lebensglück

1749

1999

Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Otto Kaiser

Band 286

W DE

G

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999

Tilmann Zimmer

Zwischen Tod und Lebensglück Eine Untersuchung zur Anthropologie Kohelets

w DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999

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Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

[Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beihefte] Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. Berlin ; New York : de Gruyter Früher Schriftenreihe Reihe Beihefte zu: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Zimmer, Tilmann: Zwischen Tod und Lebensglück : eine Untersuchung zur Anthropologie Kohelets / Tilmann Zimmer. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft; Bd. 286) Zugl.: Halle, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-11-016637-2

© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Vorwort

Die hier vorliegende Monographie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner von 1994 bis 1997 erstellten und im Dezember 1998 an der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verteidigten Dissertation. Mein Dank gilt allen, die mich in diesen Jahren fachlich und freundschaftlich begleitet und unterstützt haben. Genannt sei zunächst Prof. Dr. Ernst-Joachim Waschke, der mir die erste Tür zu dieser Arbeit geöffnet und meinen Weg begleitet hat. Viele gute Ratschläge und freundlich-aufmunternde Hinweise verdanke ich auch den Herren Prof. Dr. Rüdiger Lux, Prof. Dr. Arndt Meinhold und Prof. Dr. Jürgen van Oorschot. Frau Pfarrerin Kristin Heyser sowie allen Kolleginnen und Kollegen am Predigerseminar Brandenburg danke ich für den nötigen Freiraum während der verschiedenen Phasen des Vikariats. Für die Möglichkeit, diese Arbeit in der Reihe der ,3eihefte zur Zeitschrift fur die alttestamentliche Wissenschaft" zu veröffentlichen, danke ich dem Herausgeber, Herrn Prof. D. Dr. Otto Kaiser, sowie den Mitarbeitern des Verlags. Nicht vergessen seien alle, die die Entstehung dieser Arbeit mit mancherlei Hilfen und vor allem mit viel Verständnis befördert haben. Stellvertretend für die vielen danke ich hier meiner Frau, Christine Cremer. Halle/Saale, den 1. Juli 1999

Tilmann Zimmer

Inhaltsverzeichnis

Einleitung Kapitel 1: Anthropologische Begriffe 1.1 ncegces 1.2 ruah 1.3 leb 1.4 bäsär 1.5 Begriffe zur Bezeichnung des ganzen Menschen 1.6 Weitere anthropologische Begriffe (ro 's, 'jin, kap, jäd, rcegcel) 1.7 Zusammenfassung Kapitel 2: Anthropologische Themen Exkurs 1: Bedeutung und Gebrauch von hcebcel 2.1 Der Sinn des menschlichen Lebens 2.1.1 mah jitron - Die Frage nach dem Sinn des Lebens 2.1.2 Der Tod - Die Zerstörung des Lebenssinns? Exkurs 2: Kohelets Stellung zu verschiedenen Jenseitsvorstellungen 2.1.3 hü' helqo - Die Antwort auf die Sinnfrage 2.2 Des Menschen Zeit 2.2.1 Hebräische Begriffe für „Zeit" 2.2.2 Die „Zeit" bei Kohelet Exkurs 3: Koh 3,11 2.2.3 Kohelets Betrachtungen über die Zeit 2.3 Leben im Angesicht des Todes 2.3.1 Arbeit und Ruhe Exkurs 4: 'ämäl Exkurs 5: 'injan 2.3.2 Armut und Reichtum 2.3.3 Weisheit und Torheit Exkurs 6: Kohelets Stellung zur alttestamentlichen Weisheit 2.3.4 Umgang mit Emotionen: Freude, Verdruß und Leidbewältigung . . . 2.3.5 Einzelner und Gemeinschaft 2.3.6 Mann und Frau Exkurs 7: Zur Auslegung von Koh 7,25ff 2.3.7 Mensch und Tier

1

9 9 13 15 17 18 22 23

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VIII

Inhaltsverzeichnis

2.3.8 Jugend und Alter Exkurs 8: Zum Zusammenhang von Koh 1,2-1,12 und 11,7-12,8 2.3.9 Des Menschen Zukunft - Hoffnung 2.3.10 Leben und Tod 2.3.11 Memento mori - Carpe diem

131 137 139 142 154

Kapitel 3: Der Mensch und Gott 3.1 Die Erfahrung Gottes im Schicksal 3.2 Determination bei Kohelet? 3.2.1 Die Schicksalskonzeption Kohelets 3.2.1.1 Erforschbarkeit 3.2.1.2 Beeinflußbarkeit 3.2.1.3 Zeitpunkt der Festlegung 3.2.1.4 Verursacher des Schicksals 3.2.1.5 Umfang der Bestimmung 3.2.2 Determination und Freiheit bei Kohelet 3.3 Das Verhältnis des Menschen zu Gott 3.4 Das kultische Verhalten 3.5 Die Ethik Kohelets 3.6 Gottesfurcht bei Kohelet 3.6.1 Die Texte 3.6.1.1 Koh 3,14 3.6.1.2 Koh 5,6 3.6.1.3 Koh 7,18 3.6.1.4 Koh 8,12b.l3 3.6.1.5 Koh 12,13 3.6.2 Aspekte der Gottesfurcht 3.6.2.1 Die Souveränität Gottes 3.6.2.2 Das Handeln des Menschen 3.6.2.3 Angst und numinose Furcht 3.6.3 Die Bedeutung der Gottesfurcht im Buch Kohelet

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Kapitel 4: Zwischen Tod und Lebensglück - Schlußbetrachtungen

217

Literaturverzeichnis

225

Register

261

Einleitung

Seit geraumer Zeit erfreut sich das kleine alttestamentliche Buch des Weisen Kohelet in der Forschung großer Beliebtheit. Neben den vielen offenen Fragen ist es vielleicht der Reiz der Andersartigkeit, der dieses Interesse weckte und wachhält. Im Vergleich zu den Proverbien scheint vieles eigenwillig zu sein, allem voran die Einstellung Kohelets zu Gott und der Welt, aber auch seine Sprache und der Aufbau des Buches. Beim zweiten Blick zeigt sich jedoch eine Reihe von Gemeinsamkeiten, etwa in Bezug auf die verwendeten Gattungen (z.B. Sprichwort, Aussagespruch, Mahnspruch, komperativer fofr-Spruch) und die behandelten Themen (z.B. Weisheit und Torheit, Armut und Reichtum, Mann und Frau). Desweiteren ist auch die hinter dem Buch als ganzem stehende grundsätzliche Absicht vergleichbar, es geht um die Bewältigung des Lebens, um eine Hilfe zu gelingendem Leben. Je tiefer man eindringt, desto deutlicher wird, daß Kohelet sich mit den tradierten Ansichten der Weisheit auseinandersetzt und sie einem offensichtlich veränderten Lebensgefuhl anpaßt. Unübersehbar ist, daß dabei zwei Themen eine große Rolle spielen, der Tod und die Freude. Beide dürfen in der Auslegung nicht gegeneinander ausgespielt werden, wie F. Kutschera zu Recht betont. „Wo Tod und Nichtigkeit betont werden, verblaßt... leicht die Freude - ebenso, wie der Tod verblaßt, wo die Freude betont wird. Mir scheint der Rang des Buches, der Rang seiner Sicht menschlichen Daseins aber gerade in der Intensität des Todesbewußtseins wie der Lebensfreude zu liegen, und darin, daß beides gleichgewichtig nebeneinander und zusammen besteht."1 Ein drittes wichtiges Thema ist Gott, die Abhängigkeit des Menschen von Gott und sein Verhältnis zu ihm. Es wird nur an wenigen Stellen ausdrücklich thematisiert, ist aber indirekt sehr häufig präsent. Auch darin steht Kohelet der weisheitlichen Tradition nahe. Weil die Theologie nicht von der Anthropologie zu trennen ist, wird auch das Verhältnis des Menschen zu Gott in dieser Arbeit eingehend zu erörtern sein. Bevor jedoch der Aufbau der Arbeit kurz dargestellt wird, sollen zunächst einige Grundfragen zumBuch Kohelet angesprochen werden. Da zur Forschungsgeschichte undzumgegenwärtigenDiskussionsstandausgezeichneteund umfangreiche Arbeiten

1

Kutschera, Kohelet, 363.

2

Einleitung

vorliegen 2 , kann ich mich hier darauf beschränken, die in dieser Arbeit vorausgesetzten grundlegenden Positionen kurz zu benennen. Über den Verfasser des Buches wissen wir wenig. Auskünfte über ihn können wir nur dem Buch selbst entnehmen. Da die Angaben hier spärlich sind, bleibt vieles mit Unsicherheit behaftet. Unstrittig ist zunächst einmal, daß es sich bei dem Wort qohcelcet um ein feminines Partizip der Wurzel qhl handelt. Vermutlich ist es so etwas wie eine Funktionsoder Amtsbezeichnung. Die genaue Bedeutung ist jedoch unsicher. An den relativ häufigen artikellosen Belegen (Koh 1,1.2.12; 12,9.10) zeigt sich, „daß das Wort zu einem Eigennamen geworden war"3, so daß man annehmen darf, daß die ersten Leser bzw. Hörer die vorliegenden Texte mit einer bestimmten Person in Verbindung bringen konnten. Ebenso unstrittig ist, daß diese Person nicht König Salomo ist, wie man durch die Überschrift in Koh 1,1 und durch die Einleitung der Königstravestie in Koh 1,12 glauben könnte. Diese Selbstvorstellung des Verfassers als König über Israel zu Jerusalem ist „eine Larve, die er sich vors Gesicht hält"4; und auch die Leser, für die qohcelcet keine bekannte Person war, wußten, daß es einen König Kohelet in Israel nie gegeben hat. Sprachliche Kriterien sprechen für eine späte Entstehungszeit des Buches. Kohelets Sprache ist „definitely late in the development of BH and belongs to what scholars recently have called Late Biblical Hebrew"5. Da in Qumran Fragmente eines Kohelettextes gefunden wurden, die in der Mitte des 2. Jahrhunderts ν. Chr. zu datieren sind6, ist von einer Abfassung des Buches vor 200 v. Chr. auszugehen.7 Im allgemeinen wird angenommen, daß das Kohelet-Buch im 2. oder 3. Drittel des dritten Jahrhunderts v. Chr. entstand.

2

Verwiesen sei auf Michel, Qohelet; Kaiser, Beiträge zur Kohelet-Forschung; SchwienhorstSchönberger (Hg.), Das Buch Kohelet. Studien zur Struktur, Geschichte, Rezeption und Theologie.

3

Michel, Qohelet, 4.

4

Lux, König, 335.

5

Schoors, Preacher, 221.

6

Vgl. Muilenburg, Qoheleth Scroll, 20-28.

7

Falls Sirach das Kohelet-Buch kannte, wäre diese Ansetzung durch ein weiteres Argument erhärtet. Diese Annahme ist jedoch unsicher. Vgl. dazu z.B. Kaiser (Beiträge, 13f), der die Frage für unentscheidbar hält und zuletzt Marböck (Kohelet, 281), der davon ausgeht, daß die gemeinsamen Themen und Fragen nicht rein zufällig sein können.

Einleitung

3

Der Entstehungsort kann nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden. Seitdem H. W. Hertzberg auf das durchgängig anzutreffende palästinensische Kolorit hingewiesen hat8, wird im allgemeinen Jerusalem als Entstehungsort angenommen. Zur Frage der Einheitlichkeit finden sich sehr unterschiedliche Antworten. Mit der Mehrheit der Exegeten wird hier vorausgesetzt, daß Koh 1,2-12,8 (mindestens weitestgehend) von Kohelet selbst stammt, während Koh 1,1 und 12,9-14 nicht von ihm verfaßt wurden 9 , sondern von einem oder - was wahrscheinlicher ist zweiEpilogisten.10 Sehr umstritten ist, ob auch im Text von Koh 1,2-12,8 Zusätze zu finden sind. Da scheinbar oder tatsächlich widersprüchliche Äußerungen auch durch den Stil und das Anliegen Kohelets zu erklären sind, geht der Trend in der Auslegung zu Recht dahin, hier keine „dogmatische Korrektur" 11 oder andere Zusätze anzunehmen. Lediglich Koh 11,9b wird weiterhin in den meisten Arbeiten als sekundär angesehen. Die Mehrheit der Exegeten verweist darauf, daß der Gerichtsgedanke in 11,9b einerseits mit anderen Äußerungen Kohelets nicht vereinbar sei und andererseits inhaltlich und sprachlich Koh 12,14 entspricht 12 , so daß auch 11,9b dem Verfasser von 12,14 zugeschrieben wird. Sicher ist dies jedoch keineswegs, wie zuletzt Th. Krüger 13 und R. Lux14 gezeigt haben. Auch N. Lohfink hält es für möglich, daß der fragliche Satz „keine diachron abzuhebende Glosse ist"15, wenn er auch sicherlich nicht zum ursprünglichen Bestand des hier vorliegenden Gedichtes gehört.16 Dieses vorsichtige Urteil N. Lohfinks ist sicherlich berechtigt. Denn auf der einen Seite findet sich nur hier ein Hinweis auf das vergeltende Handeln Gottes im Zusammenhang mit der Aufforderung zum Lebensgenuß; zudem deutet auch die sprachliche Nähe zu 12,14 und vor allem die Eindeutigkeit, mit der nach 11,9b alles vor Gottes Gericht gebracht wird, eher für eine Einfügung durch den Verfasser von Koh 12,12-14. Doch andererseits rechnet Kohelet ganz offensichtlich mit einer möglichen Reaktion Gottes auf das

8

Hertzberg, Palästinensische Bezüge, 63-73.

9

Über die genaue Abgrenzung gibt es unterschiedliche Ansichten. Z.T. werden Koh 1,1-3 und 12,(7.)8-14 als Zusätze angesehen. Ein ganz anderes Konzept vertritt Μ. V. Fox, nach dessen Ansicht das ganze Buch von einem Autor stammt, der in einer Rahmenerzählung einen Mann namens Kohelet zu Wort kommen läßt. Zur Kritik dieser Auffassung vgl. Backhaus, Zeit, 82-84.

10

Zur Interpretation des Buches durch die Epilogisten vgl. Kaiser, Botschaft, 52ff.

11

Lauha, Kohelet, 6.

12

Vgl. z.B. Backhaus, Zeit, 303.

13

Krüger, Dekonstruktion, 116.

14

Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 284.

15

Lohfink, Freu dich, Jüngling, 164.

16

Die drei Doppelzeilen enden mit dem gleichen Reim und werden durch eine mit „dann" eingeleitete Schlußzeile beendet, vgl. Lohfink, Freu dich, junger Mann, 16.

4

Einleitung

Handeln des Menschen, so daß man die Aussage des Verses mit Th. Krüger17 auch als Neuinterpretation des „Gerichtshandelns" Gottes verstehen kann. Das letzte Wort dürfte hier noch nicht gesprochen sein. Viele Schwierigkeiten bei der Interpretation des Buches Kohelet hängen wohl damit zusammen, daß nicht nur die Einheitlichkeit, sondern auch Aufbau, Gattung und Thema umstritten sind. Hier hängt aber alles „irgendwie ... miteinander zusammen"18, wie L. Schwienhorst-Schönberger zutreffend bemerkt. Die verschiedenen Versuche, im Buch Kohelet eine einheitliche Kompositionsstruktur aufzuzeigen19, führten bisher zu vielfältigen Ergebnissen20, die zwar z.T. in den grobenZügen Übereinstimmungen zeigen21, im Detail jedoch stets voneinander abweichen. Daran zeigt sich zunächst einmal, daß die Texte offensichtlich nicht wahllos aneinandergereiht wurden.22 Sodann ist jedoch festzustellen, daß m.E. W. Zimmeriis Auffassung nach wie vor grundsätzlich Gültigkeit hat, wonach beim Buch Kohelet kein „bewußt angelegtes Formganzes"23 vorliegt. Zutreffend formuliert O. Kaiser: „Daher beruht die Einheit des ganzen Buches auf seiner Sprache und Thematik, aber auf keiner übergreifenden Systematik."24 Immer wieder stellt sich die Frage, ob und wie weit Kohelets Denken durch fremde, d.h. nicht-israelitische Einflüsse geprägt worden ist. Seit sich aufgrund der historisch-kritischen Forschung mehr und mehr die Überzeugung durchsetzte, daß Salomo nicht als Verfasser des Buches Kohelet anzunehmen ist, hält diese Diskussion über mögliche Umwelteinflüsse unvermindert an. Versuchte man zunächst, im griechisch-sprachigen Raum Parallelen und mögliche Einfluß-Quellen aufzuzeigen, so gab es seit der Entdeckung verschiedener antiker Schriften aus dem orientalischen Bereich andere Versuche, die Kohelets Abhängigkeit von diesen Schriften aufzeigen wollten. 17

Krüger, Gegenwartsdeutung, 321.

18

Schwienhorst-Schönberger, Kohelet, 5.

19

Eine zusammenfassende Darstellung verschiedener Arbeiten zu Komposition und Gattung des Buches findet sich bei Kaiser, Beiträge, 238-249.

20

Vgl. dazu die Zusammenstellung bei Schwienhorst-Schönberger, Kohelet, 7 - 1 4 sowie Lohfink, Koheletbuch, 39-121.

21

Vgl. Lohfink, Das Koheletbuch, 52: „Wo am intensivsten und am frischesten an Strukturfragen gearbeitet wurde, beobachten wir also fast so etwas wie Konvergenz."

22

Ob diese Zusammenstellung von Kohelet selbst oder von einem Herausgeber (hier wäre an den 1. Epilogist zu denken) geschaffen wurde, muß m.E. offen bleiben.

23

Zimmerli, Traktat. 227. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt z.B. auch Klein in seiner formgeschichtlichen Studie (Kohelet, 166): „Das Buch ist kein homogenes Ganzes. Es besteht aus einer Reihe von Texten, die selbst da, wo sie einen fortschreitenden Gedankengang erkennen lassen, ihre Eigenständigkeit behalten."

24

Kaiser, Botschaft, 51 f.

Einleitung

5

D. Michel25 hat diverse Ansätze der unterschiedlichen Richtungen zusammenfassend besprochen. Über mögliche Abhängigkeiten von dem ägyptischen, babylonischen und phönizischen Bereich kommt er dabei zu einem eindeutig negativen Urteil. So zieht man in letzter Zeit fast ausschließlich Parallelen zur griechischen Geisteswelt. Gemäß der ursprünglichen Arbeitskonzeption sollte dieses Thema einen relativ breiten Raum in der vorliegenden Untersuchung einnehmen. Es zeigte sich jedoch, daß es aufgrund der Fülle der Quellen und des Sekundärmaterials nicht möglich ist, eine Bewertung dieser Einflüsse oder Wechselbeziehungen in der erforderlichen Gründlichkeit als Nebenthema einer solchen Untersuchung zur Anthropologie vorzunehmen. Sichere Erkenntnisse sind hier (wenn überhaupt) wohl nur in interdisziplinärer Kooperation zu erreichen.26 Dabei stellt sich nicht zuletzt das Methodenproblem als eine wesentliche Hürde auf dem Weg zu einem allgemeinen Konsens in dieser Frage, denn es genügt nicht, Parallelen in einzelnen Bildern, Wendungen oder Gedanken aufzuzeigen. Diese könnten zum einen ganz unabhängig voneinander entstanden sein, weil die Zeit einfach reif war für bestimmte Gedanken, zum anderen könnten sie im Zuge des nicht erst im 3. Jahrhundert v. Chr. einsetzenden wechselseitigen Austauschs zwischen der griechischen und der orientalischen Welt zu Kohelet gelangt sein.27 Es kommt hier darauf an, wirkliche Abhängigkeiten oder entscheidende Einflüsse eindeutig nachzuweisen.28 Wie sehr die Methode die Ergebnisse beeinflussen kann, zeigt der von R. Bohlen29 durchgeführte Vergleich der Arbeiten von C. R. Harrison (Qoheleth in Socialhistorical Perspective) und von L. Schwienhorst-Schönberger („Nicht im Menschen gründet das Glück"). Während letzterer Kohelet im Spannungsfeld zwischen jüdischer Weisheit und hellenistischer Philosophie versteht, sieht ersterer Kohelets

25

Michel, Qohelet, 52ff.

26

Vgl. Uehlinger, Qohelet, 157.

27

Vgl. Hengel, Judentum, 198.

28

Vgl. dazu Kaiser (Judentum, 144): „Es reicht nicht aus, thematische Gemeinsamkeiten oder auch nur Gedankeniiberschneidungen, formale und metaphorische Entsprechungen festzustellen, um daraus auf Entlehnungen zurückzuschließen. Es ist vielmehr erst zu überlegen, ob die fraglichen rhetorischen Figuren, Metaphern und Gedanken eindeutig und ausschließlich nur mittels der Annahme ihrer Entlehnung erklärt werden können. Das wird, wo von der Ungerechtigkeit unter den Menschen, den Beschwerden des Alters, dem drohend bevorstehenden Tod und der angesichts seiner erhobenen Mahnung, das Leben zu genießen, die Rede ist, schwerlich der Fall sein, sofern es nicht gelingt, Ganz- oder Halbzitate nachzuweisen. Selbst die Tatsache, daß solche Gedanken in der älteren alttestamentlichen Literatur nicht bezeugt sind, ist im Zweifelsfall irrelevant, da es sich bei ihr um einen einseitigen Ausschnitt aus dem iraelitisch-jüdischen Schrifttum handelt".

29

Bohlen, Kohelet, 262ff.

6

Einleitung

Werk völlig unabhängig von einem Kontakt mit der griechischen philosophischen Tradition. So bleibt es vorerst bei dem Urteil, mit dem O. Kaiser seine Überlegungen zu fremden Einflüssen auf Kohelet beschließt: Die Möglichkeit, daß Kohelet Griechisch konnte und griechische Schriftsteller oder zumindest Florilegien benutzte, läßt sich weder ausschließen noch zwingend beweisen.30 Was O. Kaiser hier für den zweiten Horizont31 feststellt, gilt wohl im übertragenen Sinn auch für jenen dritten Horizont, für den jetzt Chr. Uehlinger wieder den Blick geweitet hat. Im Anschluß an J. Assmann bringt er Kohelet in eine enge Beziehung zur orientalischen Gelagepoesie32 und fragt abschließend, ob sich nicht hinter Kohelet gar ein Symposiarch verbirgt, der seine Lehren auf symposiastischen Veranstaltungen vortrug 33 . Ob diese bewußt als Frage formulierte Möglichkeit tatsächlich ein entscheidender Hintergrund für das Verständnis Kohelets ist oder ob die Aufforderung zum Essen und Trinken nicht ebensogut exemplarisch als Aufforderung zum Genießen der verfügbaren Freuden des Lebens zu verstehen ist, wäre zu überprüfen.34 In jedem Fall macht Chr. Uehlinger deutlich, daß man sich bei der Suche nach möglichen Einflüssen nicht auf einen doppelten Horizont beschränken darf, sondern weiterhin auch die altorientalische Weisheitsliteratur im Blick behalten muß.35 Zuallererst und vorrangig ist Kohelet jedoch auf dem Hintergrund der israelitischjüdischen Weisheitstradition zu verstehen. Aus dieser Tradition entstammt er, mit ihr setzt er sich kritisch auseinander, mit ihr hat er zugleich auch eine Vielzahl an Gemeinsamkeiten. Bei der Einschätzung dieser Gemeinsamkeiten sind wir angewiesen auf jenen Ausschnitt aus der Weisheitsliteratur, der uns in biblischen Schriften überliefert ist. Vielleicht könnte eine eingehende Untersuchung gemein-

30

Kaiser, Beiträge, 30f.

31

Schwienhorst-Schönberger (Nicht im Menschen, 4) sieht Kohelet vor einem „doppelten Horizont", dem der israelitischen Weisheit und dem der hellenistischen Philosophie.

32

Uehlinger, Qohelet, 221.

33

Uehlinger, Qohelet, 234f.

34

Vgl. Smend, Essen, 203: „im Gegenüber zum Nicht-Essen und Nicht-Trinken bezeichnet oft das Essen und Trinken den entspannten, normalen, natürlichen Zustand". Zu bedenken wäre dabei z.B., daß die Freude am Essen und Trinken durchaus auch weniger wohlhabenden Personen zugänglich ist und daß die unbeschwerte Ausgelassenheit beim Essen und Trinken auch früher in Israel durchaus bekannt war, wie Jes 22,13 (ungeachtet des erheblichen Unterschiedes zwischen dieser und Kohelets Aufforderung) zeigt.

35

Vgl. auch Müllers (Menschen, 3831) Einschätzung der Lebenshaltung Kohelets: „Eine einerseits zur Skepsis, andererseits gleichwohl zum Pessimismus neigende hellenistische Popularphilosophie konvergierte mit Stimmungen, die, tief im älteren orientalischen (Weisheits-)Denken vorbereitet, sich in den Wohlstandgesellschaften politisch depotenzierter orientalischer Völker ausbreiteten und bei Kohelet einen paradigmatischen Ausdruck fanden.

Einleitung

7

samer und unterschiedlicher Tendenzen bei Kohelet einerseits und den jüngeren Schriften der jüdischen Weisheitsliteratur andererseits (wobei insbesondere an Sirach zu denken ist) hier neue Erkenntnisse bringen, die auf die Kohelet-Exegese zurückwirken. Wenn die Verwurzelung Kohelets in der israelitisch-jüdischen Weisheitstradition hier so betont wird, heißt das nicht, daß jene anderen Horizonte ohne Bedeutung sind. Aufgrund der zeitlichen Ansetzung muß sogar davon ausgegangen werden, daß Kohelet auch Einflüssen der hellenistischen Zeit ausgesetzt war, diese aufgenommen und verarbeitet hat. In diesem Sinne können auch von weiteren sozialgeschichtlichen Studien neue Impulse für das Verständnis des Kohelet-Buches erhofft werden. Um das zeitliche Limit nicht zu überschreiten, mußte in dieser Arbeit auf eine eingehende Erörterung dieser Aspekte leider verzichtet werden.36 Das Zentrum der hier vorgelegten Arbeit bilden die anthropologischen Themen im Kohelet-Buch (2.). Vorangestellt wurde eine knappe Untersuchung einiger anthropologischer Begriffe (1.). Hier soll geprüft werden, ob sich bei der Verwendung dieser Begriffe durch Kohelet Besonderheiten zeigen, die für das Verständnis seiner Anthropologie von Bedeutung sind. Auch in demzentralen 2. Kapitel stehen anfangs wichtige Termini im Vordergrund. Dabei geht es in einem Exkurs zunächst um das von Kohelet auffallend häufig verwendete hcebcel, von dessen Deutung u.U. das Verständnis des ganzen Buches abhängt. Mit Kohelets Eingangsfrage nach dem bleibenden Ertrag menschlichen Lebens (jitrdri) rückt gleich zu Beginn des Buches die Suche nach dem Sinn menschlichen Lebens in den Mittelpunkt des Interesses. Der Tod als unausweichliches Ende des Lebens scheint jeden Sinn zu zerstören. Die Antwort findet Kohelet im helceq, d.h. in dem, was dem Menschen als sein Teil im Leben und zu der jeweiligen Zeit zukommt. Diese Antwort ist grundlegend für Kohelets Haltung zum Leben insgesamt und zu den einzelnen Lebensbereichen. Wesentlich ist dabei auch Kohelets Verständnis der Zeit, das für uns ungewöhnlich, für altorientalisches Denken aber typisch ist. Ihm ist deshalb der Abschnitt 2.2. gewidmet. Daran anschließend (2.3.) können dann Kohelets Einstellung zu den verschiedenen Bereiche menschlichen Lebens betrachtet werden. Dabei spielt der Vergleich mit traditionellen Ansichten, wie sie uns vor allem im Sprüche-Buch überliefert sind, immer wieder eine wichtige Rolle. Obwohl sich bei Kohelet ein auffällig distanziertes Gottesverhältnis zeigt, wird das Wort Gott etwa ebenso häufig verwendet wie das typische hcebcel. So ist es unumgänglich, der Beziehung zwischen Gott und Mensch ein eigenes Kapitel (3.) 36

Eine kurze Übersicht zu einigen neueren Arbeiten auf diesem Gebiet gibt Kaiser, Beiträge, 17-20.

8

Einleitung

zu widmen. In seinem Schicksal sieht sich der Mensch immer wieder mit einer Macht konfrontiert, die von ihm offensichtlich unabhängig ist (3.1.)· Dabei ist die Determination der Zeit der Bereich, in dem sich das Wirken Gottes für Kohelet am konstantesten manifestiert (3.2.). Daran anschließend wird zu zeigen sein, wie sich angesichts dieser Situation das Verhältnis des Menschen zu Gott (3.3.) und das kultische Verhalten (3.4.) gestalten. Da die Beziehung zu Gott für die Weisen auch die sozialen Beziehungen prägen, wird an dieser Stelle auch auf die Ethik Kohelets einzugehen sein (3.5.). Am Schluß dieses Kapitels soll die Gottesfurcht in ihren verschiedenen Aspekten näher beleuchtet werden (3.6.), denn im Begriff der Gottesfurcht läßt sich vieles zusammenfassen, was zuvor über grundlegende Haltungen Kohelets zu Gott, zu den Mitmenschen und zum Lebens insgesamt gesagt wurde. Das abschließende Kapitel (4.) soll dann wesentliche Ergebnisse und Kohelets grundsätzliche Ansichten über den Menschen, seine Möglichkeiten und Grenzen in kürzester Form zusammenfassen.

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe 1.1

ncegces

Für die Einteilung der unterschiedlichen Bedeutungen von ncegces wurden verschiedene Vorschläge gemacht.1 Daß diese Einteilungen alle problematisch sind, liegt in der Natur der Sache, denn bei der alltäglichen Verwendung einer Sprache werden die diversen Nuancen eben nicht eingeteilt, so daß die Grenzen fließend sind. Darum sollen hier unabhängig von allen Gruppierungen zunächst die Belege bei Kohelet untersucht und die Ergebnisse anschließend mit den gesamtalttestamentlichen Befunden verglichen werden. Die ncepces kann bei Kohelet den Ort bezeichnen, an dem das Gute aufgenommen und wahrgenommen wird; denn sie erfährt das Gute (ΠΚ1, 2,24) oder entbehrt es (1ΌΠ, 4,8). Sie ist zugleich auch das voluntative Zentrum, von dem Wünsche ausgehen (Π1Ν, 6,2). Diese können unerfüllt bleiben, so daß die nczgces nicht satt wird (6,3; 6,7). Sie ist nicht an das Vorhandene, an das, was die Augen sehen, gebunden, sondern kann umhergehen, umherschweifen (6,9). Neben Nahrung (6,7) und dem nicht näher bezeichneten Guten (2,24; 4,8; 6,3) kann die ncegces auch nach Erkenntnis oder nach bestimmten Personen suchen, also einem mehr intellektuellen Verlangen nachgehen (7,28)2. Faßt man diese kurze Übersicht zusammen und vergleicht sie mit den Untersuchungen zum Gebrauch von ncegces im gesamten Alten Testament, so fällt die Beschränkung der dort vorgefundenen Bedeutungsvielfalt auf. Alle Belege bei Kohelet stehen in einem mehr oder weniger engen Verhältnis zu der Bedeutung B e gehren/Verlangen". Die Grundbedeutung „Kehle" klingt dagegen höchstens in

1

Vgl. die kurze Zusammenstellung bei Lauha, Sprachgebrauch, 53-55.

2

Die Deutung dieses Verses ist sehr umstritten. So denkt z.B. Lohfink (Kohelet, 58) an das Suchen nach bestimmten Personen, Michel (Qohelet, 153) an die Suche nach der Wahrheit eines zitierten Satzes. Eine ganz andere Deutung gibt Riesener (Frauenfeindschaft, 201): Beständig suchte ich voll verlangen (\y£>3). Sie sieht diesen Vers auf dem form- und traditionsgeschichtlichen Hintergrund der Liebeslyrik (vgl. Hld 3,Iff; 5,6) als Suche nach Menschen, die im Sinne von Gen 2,18 ihrem Gegenüber „zum vollen Mensch-Sein verhelfen können" (im Ansatz ähnlich, im einzelnen aber abweichend Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 177). Für die Deutung des gesamten Abschnittes ergibt jedoch Michels Ansatz m.E. die überzeugendste Lösung; sie wird hier vorausgesetzt.

10

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

6,7 an.3 Doch auch hier dürfte es hauptsächlich um das Verlangen des Menschen gehen. Davon wird gleich noch zu sprechen sein. Dieses Übergewicht der Bedeutung „Verlangen" ist allerdings nicht außergewöhnlich. Nach W. H. Schmidt bezeichnet ncepces häufig den Menschen als einzelnen, „soweit er auf etwas aus ist. Das Wesen oder das Ich des Menschen wird hier nicht als jenseits seiner Eigenschaften ruhend gesehen, sondern von daher bestimmt, wonach der Mensch ausgerichtet ist."4 Und C. Westermann spricht davon, daß die ncEg&s „das Ich in seiner intensiven Intentionalität"5 ist. Dabei erscheint die ruzpces bei Kohelet z.T. geradezu verselbständigt als „Organ". Sie ist es, die das Gute empfängt oder wünscht (2,24; 6,2). Typisch für eine solche Verwendung ist 6,9, wo das „Gehen der ncepces" parallel zum „Sehen der Augen" steht. Auch eine solche Verselbständigung ist jedoch nicht ungewöhnlich. C. Westermann verweist auf Dtn 11,18. Dort ist aus ncegczs „etwas im Menschen Vorhandenes geworden; eine Objektivierung des Begriffs deutet sich an"6. Deshalb ist nicht ganz einzusehen, warum es H. Seebass so entschieden ablehnt, „das Haben bei irgendeiner der Bedeutungen von ncepces anzunehmen"7. Oft kann man zwischen den Alternativen ncegces haben oder nceßces sein kaum entscheiden. In 7,28 überwiegt das Sein, hier bietet sich die Wiedergabe mit dem Personalpronomen an; in 6,7 und 6,9 überwiegt dagegen das Haben; in den anderen vier Fällen kann man sich so oder so entscheiden. Da stellt sich die Frage, ob man ncepces an einigen Stellen nicht sinnvoll mit „Seele" übersetzen kann.8 Sowohl C. Westermann als auch H. W. Wolff fassen unter diesem Begriff einen Teil der Belege zusammen, freilich nicht ohne auf die Problematik und die eingeschränkte Berechtigung einer solchen Übersetzung hinzuweisen. H. Seebass lehnt es ab, „Seele" als eine Bedeutung unter anderen wie „Schlund" und „Verlangen" zu verwenden, hält die Übersetzung aber prinzipiell auch für möglich., Je unspezifischer, je naiver man dieses Wort gebraucht, um so richtiger und treffender würde die Übersetzung."9 Was auch immer H. Seebass genau mit „naiv" und „unspezifisch" meint, m.E. ist die Übersetzung Seele vom heutigen Sprachgebrauch ausgehend für die Kohelet-Stellen oft sehr treffend. So vermerkt etwa der Pschyrembel, das medizinische Standardwörterbuch, unter dem Stichwort

3

Die von einigen Exegeten vorgeschlagene Deutung der ncegces als „Rachen der Scheol" (vgl. V 6) scheint mir wegen des Zusammenhangs unangebracht. Im ganzen Abschnitt geht es um das Verlangen des Menschen.

4

Schmidt, Begriffe, 381.

5

Westermann, THAT II, 92.

6

Westermann, THAT II, 83; vgl. Seebass, ThWAT V, 546.

7

Seebass, ThWAT V, 546; vgl. Wolff, Anthropologie, 41.

8

Die LXX übersetzt ncegces im Kohelet-Buch durchgängig mit ψυχή.

9

Seebass, ThWAT V, 543.

ntegas

11

„Seele": „Psyche; das unmittelbare Erleben, die Gesamtheit der geistigen Erscheinungen (Fühlen, Denken und Wollen)."10 Auch wenn man in der Umgangssprache sagt, daß man „seiner Seele etwas Gutes tut", ist mE. genau das gemeint, wovon Kohelet in 2,24 (negativ in 4,8) spricht. Eine durchgängige Übersetzung mit „Seele" bietet sich jedoch auch innerhalb des Kohelet-Buches nicht an. So steht ncepces in 7,28 mehr für die Person, in 6,7 und 6,9 für das Verlangen als solches. Dabei darf nicht übersehen werden, daß Verlangen in den alttestamentlichen Texten keineswegs negativ belegt ist, sondern etwas schöpfungsgemäß zum Menschen Gehörendes bezeichnet. Damit ergibt sich sowohl für das Alte Testament im allgemeinen als auch für Kohelet im besonderen ein Unterschied zum Griechischen. Denn da hat επιθυμία stets einen negativen Aspekt. Im Alten Testament wird in weisheitlichen Texten lediglich die Begierde der Gottlosen verurteilt.11 Anders als ψυχή im Griechischen (die häufigste und in der LXX des Kohelet-Buches ausschließliche Übersetzung für ncejxes) erscheint ncejxes im Alten Testament auch nie als etwas, das vom Körper zu trennen ist und diesen überdauern könnte. Bezeichnend ist, daß Kohelet in 3,21 nicht ncepcEs, sondern rüah verwendet. Die für die Untersuchung des Menschenbildes wohl wichtigste Frage in diesem Zusammenhang bleibt häufig völlig unbeachtet. Es gibt nämlich eine Spannung, die vor allem im Vergleich von 6,2.3 und 6,7 deutlich wird. Diese Spannung setzt sich fort bis in D. Michels „Untersuchungen zu Qohelet". Dort finden sich nämlich unausgeglichen nebeneinander beide Vorstellungen: Als „(ungestilltes, aber doch stillbares) Verlangen" versteht er ncejxes in Koh 6,3-612; ein unerfülltes Verlangen, das „wesenhaft zum Menschsein"13 gehört, sieht er dagegen in Koh 6,7. Für die gesamtalttestamentliche Sicht sind die Aussagen bei H. W. Wolff14 bezeichnend uneindeutig. ,/i. ist in der Regel das noch ungestillte Begehren, das zur Aktion treibt". Dabei muß die Betonung wohl auf noch liegen, denn es gibt genügend Stellen, an denen von der Sättigung der nceßces gesprochen wird (z.B. Ps 107,9; Spr 27,7; Jes 58, lOf). So schreibt H. W. Wolff dann auch einige Zeilen weiter: „Mit der Sättigung ist der n. als dem ungestillten Begehren die Grenze gesetzt." Unmittelbar darauf heißt es dann aber in einem neuen Absatz: „Die n. als solche steht für das unbegrenzte Begehren." Wenn die ncepces aber das „unbegrenzte Begehren" bezeichnet, kann man ihr keine Grenze setzen, dann kann sie auch nicht gesättigt werden.15 H. Delkurt verweist darauf, daß „das Verlangen nach den

10

Pschyrembel, 1523.

11

Vgl. Westermann, THAT II, 76.

12

Michel, Untersuchungen, 143.

13

Michel, Untersuchungen, 149f.

14

Wolff, Anthropologie, 34f.

15

Vgl. die hier nicht weiter zu betrachtenden Aussagen über die ncegas der Scheol in Jes 5,14 und Hab 2,5.

12

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

Proverbien wegen eigener Faulheit ungestillt"16 bleibt (13,4; 21,25). Kohelet ist jedoch der einzige alttestamentliche Autor, der den Gedanken an eine prinzipielle Unstillbarkeit des Verlangens zur Sprache bringt. C. Westermann spricht im Zusammenhang mit Koh 6,7 von dem .Phänomen des nicht zu stillenden Begehrens, der immer steigenden Ansprüche"17. Doch hier ist mE. von diesen endlos steigenden Ansprüchen gar nicht die Rede, denn gerade der Hunger ist ein immer auf ähnlichem Niveau wiederkehrendes Phänomen. Auch den ganzen Abschnitt wird man nicht unter dem Thema „steigende Ansprüche" zusammenfassen können, weil z.B. in Koh 6,2 gar nicht der menschlichen Begehrlichkeit die Schuld an dem beklagten Zustand gegeben wird, sondern Gott selbst den Genuß verhindert. Dagegen erscheint die Unersättlichkeit dort, wo von dem Nimmersatten gesprochen wird, nämlich in 6,3, gerade nicht als generelles Phänomen, sondern als ein die Freude verhindernder und deshalb zu beklagender Zustand. Anders ist es in 4,8 und 5,9, hier wird das Phänomen des nicht zu stillenden Begehrens am Beispiel des Reichen, der nie genug Besitz sammeln kann, veranschaulicht. Doch in diesen beiden Versen wird die Begierde nicht auf die ncepces zurückgeführt. 18 Von einer prinzipiell unstillbaren ncepces spricht also ausschließlich Koh 6,7. Bei allen anderen Belegen erscheint auch im Kohelet-Buch die Polarität satt/nichtsatt.19 In Koh 6,2 hat eine ncegces sogar alles, was sie begehrt; in 4,8 und 6,3 leidet sie zwar Mangel, aber ohne daß dabei an ein prinzipielle Unstillbarkeit zu denken wäre. Offensichtlich begegnen bei Kohelet also zwei Arten, von der ungestillten ticejxes zu reden: Da, wo Kohelet die Unstillbarkeit feststellt, enthält er sich jeder wertenden Äußerung; wo aber die ausbleibende Sättigung Folge menschlichen Verhaltens ist, wird dieses Verhalten in Frage gestellt, denn das Sehen der Augen ist besser als das Umherschweifen des Verlangens (6,9). Zwischen diesen verschiedenen Redeweisen besteht zwar eine Spannung, aber kein echter Widerspruch. AmBeispiel der Nahrungsaufnahme, das in 6,7 anklingt, läßt sich das leicht nachvollziehen: Grundsätzlich gilt, daß die Bedürfnisse des Menschen nicht endgültig zu befriedigen sind, die Nahrungsaufnahme ist immer wieder neu notwendig; dennoch gibt es Situationen, in denen der Mensch oder eben auch seine ncegces satt ist, „wunschlos glücklich".

16

Delkurt, Einsichten, 76.

17

Westermann, THAT II, 76 .

18

Für Koh 4,8 könnte man durch die Fortsetzung einen mittelbaren Bezug sehen.

19

Vgl. zu dieser Polarität im ganzen AT Westermann, THAT II, 84.

rüah

13

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die ncejxes und damit, wie H.-P. Müller feststellt, das ganze Dasein des Menschen als ,Aus-Sein-auf-etwas" 20 verstanden werden kann. Die ncegces erscheint zwar insgesamt als unstillbar, kann jedoch im speziellen Augenblick durchaus gestillt und gesättigt sein.

1.2 rüah Im Kohelet-Buch wird ruah24x in 20 Versen verwendet. Die größte Gruppe bilden die Verse, in denen rüah parallel zu hcebcel in der Formulierung r^üt rüah (Koh 1,14; 2,11.17.26; 4,4.6; 6,9) bzw. ra '"jön rüah (Koh 1,17; 4,16) erscheint. Das Verständnis von rüahw'ird dabei deutlich durch hcebcel geprägt, so daß diese beiden Wendungen zusammen mit hcebcel zu besprechen sein werden. An die Bedeutung „Wind" ist wohl in Koh 1,6; 8,8; 11,4 und im übertragenen Sinn auch in 5,15 zu denken. In Koh 1,6 erscheint rüah zweimal im Zusammenhang mit Naturkreisläufen. Der unablässige Wechsel der Winde ist m.E. kein Bild für die Sinnlosigkeit des Lebens1 (schließlich ist der Wechsel von warmen und kalten, feuchten und trockenen Winden durchaus sinnvoll), sondern ein Bild für die Unbeständigkeit und Endlosigkeit. Diese Unbeständigkeit des Windes klingt auch in 5,15 an. Das Mühen des Menschen ist „für den Wind"; es vergeht mit dem Wind und ist deshalb vergeblich. „Steht rüah... als Ziel menschlichen Handelns, so soll damit von vornherein ein sinnloses Tun dargestellt werden"2. Ähnlich wird in Jes 41,29 rüah zur Charakterisierung der nichtigen Götzen verwendet. In Koh 8,8 steht dagegen die Unbeherrschbarkeit des Windes im Vordergrund. Es gibt zahlreiche Situationen im Leben, die der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen sind. Beim Wind ist das am deutlichsten, die dann folgenden Beispiele könnte man als zunehmend strittig betrachten, doch sie bekommen ihre Prägung von dem Vergleich mit dem Wind. Die Belege in Koh 3,19.21; 11,5; 12,7 lassen sich nur schwer einer der sechs von H. W. Wolff benannten Bedeutungsnuancen3 zuordnen. Die Bedeutungen Atem, Geist, Lebenskraft gehen hier z.T. ineinander über. In Koh 3,19 bieten sich „Atem" und „Geist" als Übersetzung an, wahrscheinlich ist hier beides im Sinn. Die Hervorhebung der gemeinsamen rüah soll Kohelets These begründen, wonach Mensch und Vieh das gleiche Schicksal haben. Für die 20

Müller, Gast, 177, Anm 26.

1

Gegen Tengström, ThWAT VII, 396.

2

Albertz/Westermann, THAT II, 731. Vgl. Hos 12,2; 8,7; Spr 27,16; 11,29; Jes 26,18.

3

Wolff, Anthropologie, 57: 1. Wind - 2. Atem - 3. Lebenskraft - 4. Geist(er) - 5. Gemüt 6. Willenskraft.

14

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

Übersetzung scheint „Atem" deshalb günstiger zu sein, denn nur so kann (für deutschsprachiges Empfinden) seine Begründung nicht widerlegt werden: so wie beide auf gleiche Weise atmen, sterben auch beide auf gleiche Weise. Ob beide den gleichen „Geist" haben, wäre dagegen bei unserem Verständnis durchaus zu hinterfragen, weil im menschlichen Geist ja häufig ein Spezifikum des Menschseins gesehen wird. Das gleiche Übersetzungsproblem ergibt sich in Koh 3,21. Hier erscheint nun allerdings die Übersetzung „Geist" erforderlich zu sein, denn die Behauptung, daß der Atem „hinaufsteigt" wäre für den deutschen Sprachgebrauch sehr ungewöhnlich, weil der Atem meist mit dem einzelnen Lebewesen verbunden wird. Die Mehrdeutigkeit, die Kohelet sich hier zunutze macht4, kann im Deutschen nicht treffend wiedergegeben werden, zumal für uns mit dem Begriff „Geist" die dualistische Leib-Geist-Teilung des Menschen naheliegt, die dem alttestamentüchen Menschenverständnis nicht entspricht. Nach diesem bezeichnet rüah auch „das Prinzip des Lebens, das von Gott als seinem Erneuerer und Erhalter abhängig ist"5. Nach Gen 2,7 wird der Mensch durch Gottes Lebensodem (nismat hajjtmf zu einer lebendigen ncegces. In Gen 6,17 wird die rüah hajjim sogar allen Lebewesen zugeschrieben, auch Ps 104,29 macht dabei keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Aus dieser Gemeinsamkeit kann man aber nicht unbedingt ableiten, daß Tiere und Menschen nach dem Tod das gleiche Geschick erwartet. Koh 3,21 betont das Unwissen des Menschen über das Ergehen nach dem Tod. Damit stellt Kohelet ein Differenzierung zwischen Mensch und Tier in dieser Hinsicht zumindest in Frage. Nach 3,19f darf man sogar vermuten, daß er mit dieser rhetorischen Frage den Unterschied zwischen Menschen und Tier weiter nivellieren will.7 Dem scheint Koh 12,7 entgegenzustehen, da hier vom Aufstieg der rüah gesprochen wird. Kohelet greift dabei auf die im Alten Testament auch sonst bekannte Auffassung zurück, daß Gott den Lebensodem, den er gegeben hat, zu jeder Zeit zurücknehmen kann, so daß der Mensch wieder zu Staub wird. 8 Ps 104,29 und Hi 34,14 sprechen allerdings nur vom „einsammeln" (^ΌΚ) der rüah. Verschiedentlich wird deshalb vermutet, daß es sich in Koh 12,7 um einen redaktionellen Einschub handelt (so z.B. A. Lauha und K. Galling). Andererseits könnte sich der Widerspruch aber auch daraus ergeben, daß Kohelet sich in 3,21 anders als in 12,7 in einer polemischen Auseinandersetzung befindet (N. Lohfink). Dafür spricht auch,

4

Auch Kaiser (Tod, 66) ist der Ansicht, Kohelet spiele in 3,19ff bewußt mit dieser Doppeldeutigkeit.

5

Tengström, ThWAT VII, 396.

6

Während ursprünglich nur n'Sämäh den „Lebensodem" bezeichnet, findet sich seit dem Exil in der gleichen Bedeutung. In Hi 27,3 stehen beide nebeneinander (vgl. Albertz1 Westermann, THAT Π, 736).

rüah

7

Vgl. Kap. 1.5, S. 19.

8

Vgl. Hi 34,14f; Ps 104,29f.

leb

15

daß Kohelet über das Ergehen der tierischen rüah am Schluß seines Buches überhaupt keine Aussage trifft; sie ist flir ihn auch von geringem Interesse, denn ihm geht es um den Menschen. Vielleicht würde Kohelet auch bei den Tieren vom Aufstieg der rüah sprechen. Wenn Gott, der im Himmel ist (5,1), die rüah „einsammelt", muß sie eben nach „oben" steigen. In Koh 11,5 sind mit dem Wort rüah wieder die Bedeutungen Atem, Geist und Lebenskraft gleichzeitig präsent. Es geht um das Geheimnis des Lebens, das beispielhaft für die Undurchschaubarkeit der Werke Gottes steht. Dreimal (Koh 7,8; 7,9; 10,4) verwendet Kohelet rüah für die Beschreibung eines Charakters bzw. eines Verhaltens, rüah „kann eine ganze Skala menschlicher Gemütsverfassungen bezeichnen, von den heftigsten Emotionen bis zum Erliegen jedes Elans"9. Darin zeigt der Gebrauch bei Kohelet also keinerlei Auffälligkeiten. Das kann zusammenfassend in gleicher Weise für alle anderen Belege von rüah bei Kohelet festgestellt werden, mit Ausnahme der Vorkommen, die in der Verbindung mit hcebcel zu den typischen Wortgruppen Kohelets gehören.

1.3 leb Wie im Alten Testament insgesamt, so ist leb auch im Kohelet-Buch der häufigste anthropologische Begriff. Von den insgesamt 858 Belegen1 stehen 42 bei Kohelet, das entspricht nach A. Lauha einer Maßzahl von 4,92, damit wird leb von Kohelet relativ am häufigsten gebraucht (gefolgt von Spr, Maßzahl 4,3). Schon daran ist abzulesen, wie sehr Kohelet, genau wie das Proverbien-Buch, „am einzelnen Menschen, seinem Denken, Empfinden und Handeln interessiert"3 ist. Die geläufige Übersetzung mit „Herz" läßt zunächst an das Organ und seine Funktionen denken, dieser Bedeutung kommt jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu, sie findet sich z.B. in Koh 2,23: der leb kommt nachts nicht zur Ruhe. Zugleich ist hier jedoch die Person als ganze gemeint. So gilt auch für Kohelet, was H.-J. Fabry mit Blick auf den allgemeinen Gebrauch schreibt: „Man sah im Herzen den Mittelpunkt des Menschen, seines Körpers, Geistes, seiner Seele und seines Willens sowie der ganzen Persönlichkeit und ihrer Verbindung zu Gott." 4 So können sämtliche Aspekte der Person mit dem leb in Verbindung gebracht werden,

9

Albertz/Westermann, THAT II, 738.

1

Wolff, Anthropologie, 68.

2

Die Maßzahl 1 entspräche einer durchschnittlichen Häufigkeit, Lauha, Sprachgebrauch, 64-66.

3

So die Einschätzung Hausmanns (Studien, 185) für die Proverbien.

4

Fabry, ThWAT IV, 415.

16

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

vegetative, emotionale, rational-noetische und voluntative. Bei Kohelet stehen die beiden letzten Aspekte eindeutig im Vordergrund. Die emotionale Seite kommt vor allem dort zum Ausdruck, wo leb als Sitz der Freude (2,10; 5,19; 9,7; 11,9), der Verzweiflung (2,20) und des Unmuts (11,10) erscheint. Auch das „Streben des Herzens" (2,22) kann in diese Gruppe gerechnet werden, zugleich kommt dabei aber der voluntative Aspekt zum Tragen. Auch in 8,11 ist von dem die Rede, was der leb will. Damit wird gleichzeitig der ethische Bereich berührt: Der leb des Menschen ist voll Begier, Böses zu tun. Ahnlich stellt Kohelet fest, daß der leb des Menschen voll Bosheit ist (9,3)5 und daß er durch Bestechung verdorben wird (7,7). „In den weitaus meisten Fällen werden vom Herzen intellektuelle, rationale Funktionen ausgesagt"6. Diese von H. W. Wolff allgemein getroffene Feststellung gilt gleichermaßen für das Kohelet-Buch. Auch hier ist der leb das „Organ der bokmä"1, und die Torheit hat ebenfalls hier ihren Sitz (7,4; 8,5; 9,3; 10,2). In 10,3 stellt Kohelet fest, daß dem Toren leb fehlt, was ins Deutsche nicht durch „herzlos", sondern durch „ohne Verstand" zu übertragen ist. Kohelets leb hat viel gelernt und erfahren (1,16). Der leb weiß auch die innersten Geheimnisse des Menschen (7,22), hier „weiß der Mensch um sich selbst und kann so zu sich selbst Stellung nehmen"8, hier sitzt das Gewissen, hier kann der Mensch verbergen, was anderen unzugänglich sein soll. Zwischen der Vernunft des Menschen und seinem leb ist oft nicht klar zu unterscheiden, so etwa in Koh 7,7; 7,22 und 8,5. Typisch für Kohelet (aber auch sonst im Alten Testament nicht ungewöhnlich) sind Wendungen mit den Verben ΊΧ)Ν, 1 Π und (insgesamt 13x). Dabei geht es selten um Willensänderung9, nur in 2,1 (*D2)N); 1,13 und 1,17 C|Jl3) werden mit diesen Wendungen Absichten eingeleitet. Meist geht es um Feststellungen, die Kohelet trifft ( Ί ^ Κ / Ί Π 1,16; 2,15; 3,17; 3,18) oder um Sachverhalte, die er bedenkt QTÜ 7,2; 7,21; 8,9; 8,16; 9,1). Das Moment der Verborgenheit, das gelegentlich in Wendungen mit leb anzutreffen ist, spielt hier keine Rolle. Dagegen erscheint leb häufig als das personale Zentrum, in dem Gedanken und Vorhaben verinnerlicht

5

Trotz der jüngst von Fischer (Skepsis, 131 f) vorgetragenen Argumente gegen die Echtheit von 9,3b, scheint mir die Ausscheidung nicht zwingend erforderlich. Der gleiche Gedanke findet sich auch in Koh 8,11; er darf aber nicht als Begründung des allgemeinen Todesgeschicks verstanden werden, in diesem Sinne könnte er nur von späterer Hand stammen. Richtig ist allerdings, daß der Gedanke hier überrascht, so daß man in ihm wohl eine Abschweifung Kohelets sehen muß. Es bietet sich an, der Wiedergabe Michels (Qohelet, 157) zu folgen, der den umstrittenen Abschnitt in Gedankenstriche setzt.

6

Wolff, Anthropologie, 77.

7

Stolz, THAT 1,863.

8

Schmidt, Begriffe, 385.

9

So ganz allgemein Wolff, Anthropologie, 86 und Fabry, ThWAT IV, 437.

bäsär

17

werden, so wie es im Deutschen etwa durch die Formulierung „sich etwas zu Herzen nehmen" ausgedrückt wird. Dementsprechend kann die Wendung, jeden imHerzen" oft durch „bei sich denken" wiedergegeben werden. Die genannten Wendungen stehen meist in der Ich-Form (Ausnahmen sind nur Wendungen mit "|ΓΠ in 3,11; 7,2 und 7,21). Das unterstreicht nochmals, wie auffällig Kohelet von der eigenen Person und seinen Erfahrungen ausgeht.

1.4 bäsär Die Hauptbedeutungen von bäsär sind .fleisch" und „Körper/Leib". Daneben nennt H. W. Wolff1 in einer dritten Gruppe Belege, in denen bäsär zur Bezeichnung von Verwandtschaftsverhältnissen verwendet wird. Die vierte Gruppe bilden schließlich die Beispiele, in denen mit bäsär die Schwäche des Menschen, besonders im Vergleich mit Gott, zum Ausdruck gebracht wird. Nach Ν. P. Bratsiotis ist bäsär der wohl „umfassendste, wichtigste und häufigste anthropologische Terminus für die äußere, fleischliche Substanz des Menschen"2. In manchen Aussagen ist dabei auch eine Beurteilung enthalten, die bäsär als ethisch anfällig und zur Sünde neigend darstellt. Als Beispiele für diesen Gebrauch nennt Ν. P. Bratsiotis zuallererst Koh 2,3; 5,5 und 11,10. „An diesen Stellen erscheint als zu sittlichen Ausschweifungen geneigt und somit zur Sünde anfällig."3 Es ist zwar richtig, daß bäsär in diesen Versen eine gewisse Affinität zum Negativen hat, es dürfte aber der Intention der Aussagen widersprechen, hier von einer Anfälligkeit zur sittlichen Ausschweifung zu sprechen. Kohelet enthält sich bei der Beschreibung seines Vorhabens in Koh 2,3 jeder ethischen Weitung. Er ist auf der Suche nach dem, was für den Menschen gut ist. Eine negative Beurteilung des Vorganges wird erst durch den Leser eingetragen. Auch bei Koh 11,10 ergeben sich Zweifel an der Einschätzung von Ν. P. Bratsiotis. Denn aus dem Zusammenhang wird keineswegs deutlich, ob rä'äh hier das sittlich Böse meint oder nicht - was m.E. wahrscheinlicher ist - jenes Übel, das dem Aufruf zur Freude (V 9) entgegensteht. Die Parallelität von leb und bäsär spricht eher für letzteres, da beides zusammen für die Ganzheit des Menschen stehen wird. Einzig in Koh 5,5 schwingt die „ethische Anfälligkeit" von bäsär deutlich mit. Keinesfalls bezeichnet es aber einen minderwertigen Teil des Menschen, der von einem nicht zur Sünde verführbaren guten Kern zu trennen wäre. Schließlich ist

l

Wolff, Anthropologie, 47ff.

2

Bratsiotis, ThWAT I, 858.

3

Bratsiotis, ThWAT I, 863.

18

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

es ja auch gar nicht das, fleisch" insgesamt, das zum Fehlverhalten verfuhrt, sondern speziell der Mund, bäsär steht in diesem Vers ebenso pars pro toto als Bezeichnung des ganzen Menschen wie Mund, Stimme und Hände. Dementsprechend wird es in den meisten Übersetzungen mit einem Pronomen wiedergegeben. Auch in Koh 2,3 und 11,10 steht bäsär für die ganze Person, die Übersetzung durch Pronomen bietet sich in diesen Fällen allerdings weniger an. Schwierig ist die Deutung von bäsär in Koh 4,5. Meist wird der Vers dahingehend verstanden, daß der Tor sein eigenes Fleisch verzehrt, d.h. zu seiner eigenen Vernichtung beiträgt (vgl. Ps 27,2). N. Lohfink möchte diesen Vers jedoch positiv verstehen und deutet das Suffix von bäsär nicht reflexiv (sein eigenes Fleisch), sondern possessiv: Obwohl der Ungebildete die Hände in den Schoß legt „hat (er) doch sein Fleisch zum Essen"4. Da bäsär in beiden Fällen als das zur Nahrung dienende Fleisch verstanden wird, muß auf das Für und Wider dieser Interpretationen hier nicht weiter eingegangen werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß bäsär bei Kohelet meist in mehr oder weniger deutlicher Form für die Person als ganze steht, wobei es z.T. parallel zu anderen Körperteilen und meist wertungsfrei verwendet wird. Von einer ethischen Anfälligkeit kann bei der Verwendung von bäsär im Kohelet-Buch nur sehr bedingt gesprochen werden.

1.5 Begriffe zur Bezeichnung des ganzen Menschen Das Nomen 'is verwendet Kohelet insgesamt lOx und oft in verallgemeinerter Form im Sinne von „einer" (4,4; 6,2 [2x]; 6,3) oder,Mensch" (1,8; 7,5). Der Mann im Gegensatz zur Frau wird an keiner Stelle ausdrücklich hervorgehoben. Lediglich in Koh 6,3; 9,14 und 12,3 scheint es geboten, „Mann" bzw. „Männer" zu übersetzen, denn in 6,3 erscheint 'is mit dem Verb „zeugen" ("T^'' hi), und in 9,14 geht es um die militärische Verteidigung einer Stadt. Eine männliche Eigenschaft, konkret die Stärke, steht beim Gebrauch von 'is in 12,3 im Vordergrund. Die „starken Männer" stehen in diesem bildhaften Vergleich vermutlich für die Beine des Menschen. ' issäh verwendet Kohelet hingegen an zwei von drei Stellen eindeutig im Gegenüber zum Mann. In Koh 7,26 erscheint die Frau in einem zitierten Spruch als die Verführerin des Mannes, vor der diejenigen, die „gut vor Gott" sind, bewahrt bleiben, in 9,9 dagegen als die geliebte Frau, mit der man das Leben genießen soll. Umstritten ist Koh 7,28. Von einigen Auslegern wird 'ädäm hier konkret als,Mann"

4

Lohfink, Kohelet, 37.

Begriffe zur Bezeichnung des ganzen Menschen

19

aufgefaßt. Das ist jedoch keineswegs sicher; H. W. Hertzberg weist zu Recht darauf hin, daß Kohelet, wenn er ausdrücklich vom Mann hätte sprechen wollen, wohl 'is und nicht 'ädäm verwendet hätte.1 Schließlich bedeutet 'ädäm bei Kohelet sonst nie „Mann" im geschlechtsspezifischen Sinn. Wenn die Geschlechtszugehörigkeit dieses einen gefundenen Menschen für Kohelet ohne Bedeutung wäre, müßte man sich jedoch fragen, warum überhaupt erwähnt wurde, daß dieser Mensch keine Frau war. Das Problem wird an späterer Stelle noch einmal kurz aufzunehmen sein.2 Wurde schon ' « v o n Kohelet gelegentlich zur allgemeinen Bezeichnung des Menschen gebraucht, so überrascht es nicht, daß 'ädäm ganz überwiegend bei generellen Aussagen über die Menschen verwendet wird (39x = 80%) und nur selten bei einem einzelnen Menschen (6x = 12%).3 Doch auch da, wo von einem einzelnen gesprochen wird, steht die Allgemeingültigkeit im Vordergrund. Es handelt sich um fiktive Beispiel-Personen, nicht um historische Persönlichkeiten. In Koh 3,19.21; 9,12 steht 'ädäm im Unterschied zum Tier. Dabei scheint Kohelet die im Alten Testament sonst unbestrittene Sonderstellung des Menschen in der Schöpfung zu leugnen. Doch implizit finden sich auch bei Kohelet Aussagen, die von dieser Sonderstellung ausgehen. Man vergleiche nur Kohelets Bemerkungen über die fehlenden Möglichkeiten der Toten (9,4-6.10). Hier werden Fähigkeiten des Menschen benannt, die entscheidend für das Menschsein sind (u.a. das Wissen um die eigene Sterblichkeit) und von Tieren nicht ausgesagt werden können. Die Gemeinsamkeit mit den Tieren bezieht sich ausschließlich auf die Endlichkeit4, die bei Kohelet aber mehr Gewicht bekommt als in anderen biblischen Schriften. Auffallend häufig (nämlich 19x = 39%) erscheint 'ädäm in Verbindung mit Aussagen über Gott, die Schöpfung oder die Vergänglichkeit des Menschen. Auch bei Kohelet wird deutlich, daß das, was den Menschen zum lebendigen Wesen macht, von Gott kommt; „der Lebensodem ist dem Menschen von Gott zu Lehen gegeben. Gott kann ihn jederzeit wieder einfordern, dann kehrt der Mensch zurück zum Staub."5 Das anthropologische Fundament ist also das gleiche wie in anderen biblischen Texten. Dazu gehören auch die Aussagen über die Begrenztheit des Menschen, sowohl zeitlich (die begrenzten Lebenstage, Koh 2,3 u.ö.) als auch in bezug auf seine in vieler Hinsicht unzureichenden Fähigkeiten (z.B. Koh 2,24; 3,11). Schon bei der Untersuchung der 'ädäm-Belege zeigt sich somit, daß W. Zimmerli Kohelet mit gutem Grund als „ein echtes Zeugnis alttestamentlichen 1

Hertzberg, Prediger, 143.

2

Vgl. S. 125, Anm. 189.

3

In Koh 8,1 und 8,9 (2x) ist schwer zu entscheiden, ob an einen einzelnen Menschen oder an eine allgemeine Aussage gedacht ist; 12,13 ist redaktionell. Zusammen ergibt das 4 9 Belege.

4

Vgl. Ps 49,13.21.

5

V. Rad, Menschenbild, 18.

20

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

Menschenverständnisses"bezeichnet,daer,,hinterdemdenMenschenBegrenzenden allenthalben Gott erkennt"6. Nur selten spricht Kohelet von 'äjäm in Beziehung zum Mitmensch (Koh 7,28; 9,15, evtl. auch 2,8; 2,26; 8,9), dazu kommen einige Belege von 'ts bzw. 'issäh (Koh 4,4; 6,2; 9,9). Das entspricht nicht der Tendenz anderer weisheitlicher Schriften des Alten Testaments, zu der J. Hausmann bemerkt, der Mensch komme hier „vorwiegend in seiner Beziehung zum Mitmenschen, weniger in seiner Gottesbeziehung in den Blick"7. Diese Besonderheit hängt sicherlich mit dem starken Interesse Kohelets am Individuum zusammen. In zehn Versen verwendet Kohelet statt 'ä4äm die Konstruktion b'nej hä'ädäm. Dabei gebraucht er ausschließlich die sonst seltene determinierte Form 8 Abgesehen davon, daß Kohelet nie die singularische Form been hä'ädäm benutzt und folglich diese Konstruktion nicht für konkrete Einzelpersonen gebraucht, besteht kein erkennbarer inhaltlicher Unterschied. Typisch dafür sind Koh 3,19 und 9,12, wo beides nebeneinander steht.9 In einer weiteren Bezeichnung fur Menschen kommt die Begrenztheit des Lebens schon im Wort selbst zum Ausdruck: bajfim. In der Bedeutung „Lebende" erscheint es in Koh 4,2.15; 7,2; 6,8; 9,4.5. Mit hajfim kann prinzipiell ganz allgemein der Mensch gemeint sein (so in Koh 4,15; 6,8). Oft wird aber im Alten Testament damit der Lebende im Unterschied zum Nicht-Lebenden, zum Toten bezeichnet (z.B. Hi 30,23; Ps 56,14). Im Kohelet-Buch findet sich dieser Gebrauch bei allen anderen der sechs genannten Belege. Das ist bezeichnend für Kohelets Gebrauch von haj, auf den später noch ausfuhrlich einzugehen sein wird.10 Schließlich sind hier noch kurz die verschiedenen Begriffe ftir Kinder zu betrachten. Die Belege von ben, bat u.a. im Kohelet-Buch zeigen beim Vergleich mit anderen biblischen Texten keine besonderen Auffälligkeiten. Vom Sohn als Nachkomme und Familienangehöriger spricht Koh 4,8 und 5,13. Zu diesem Gebrauch gehört auch der spezielle Fall „Sohn Davids" (1,1). Im weiteren Sinn wird ben in

6

Zimmerli, Menschenbild, 21.

7

Hausmann, Studien, 1.

8

Vgl. Haag, ThWAT 1,683.

9

Auffallend ist die Häufung der Belege von b'nej hä'ädäm in den Kapiteln 1-3. Die Mehrheit der allgemeinen Aussagen verwenden hier diese Form. Ausnahmen finden sich nur in 3,11 und lx in 3,19 sowie in den Versen, in denen es um die Freude (2,24; 3,13; 3,22) oder das für den Menschen Bleibende (1,3; 2,22) geht. Umgekehrt findet sich in diesen beiden Themenbereichen sowie in den Aussagen über das Nicht-Vermögen des Menschen im ganzen Buch kein einziger Beleg von b'nej hä'ädäm. Mehr als einen stilistischen Unterschied konnte ich hier jedoch nicht erkennen. Ebensowenig läßt sich m.E. ein eindeutiger Unterschied in der Verwendung der determinierten und der indeterminierten Form von 'ädäm feststellen.

10

Vgl. Kap. 2.3.10, S. 142ff.

Begriffe zur Bezeichnung des ganzen Menschen

21

verschiedenen Formulierungen gebraucht, die die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppierung bezeichnen": „Söhne des Hauses", also hausgeborene Knechte (2,7); „Sohn eines Edlen", d.h. ein Mensch edler Abstammung (10,17). Die Schüleranrede tfrii findet sich nur im 2. Epilog (Koh 12,12). Da aber diese Anrede auch sonst nicht im gesamten Bereich weisheitlicher Literatur begegnet12 und keineswegs sicher ist, ob sie auch unabhängig von der leiblichen Sohnschaflt eine typische Anrede im Lehrer-Schüler-Verhältnis darstellt13, sollte das Fehlen dieses Ausdrucks in den Texten Kohelets nicht übermäßig gewichtet werden. Die Töchter sind bei Kohelet gar nicht im Blick. Das trifft in gleicher Weise aber auch für die Proverbien zu.14 Lediglich im bildhaften Ausdruck „Töchter des Liedes/Gesangs" (12,4: ΤΜίΠ TTÜ1) erscheint der Begriff bat. Gemeint sind damit die Töne, die ein schwerhöriger alter Mensch nur noch gedämpft vernimmt. Vom „Knaben" ist an drei Stellen die Rede. Hier geht es jedoch nicht um die 15 Familie, sondern um Knabe (4,13.15 τ!?"») bzw. Knecht (10,16 im Gegensatz zum König. Vergleicht man abschließend die Verwendung der verschiedenen den Menschen bezeichnenden Begriffe bei Kohelet mit den fünf Punkten, die Maass für den Gebrauch von 'ädäm im Alten Testament zusammengestellt hat16, so ergibt sich folgendes Bild: Die Ausnahmestellung des Menschen (1) wird von Kohelet zwar im Blick auf das letztliche Todesgeschick bezweifelt, insgesamt aber nicht bestritten. Die totale Abhängigkeit (2) stellt Kohelet immer wieder in den Vordergrund seiner Rede von Mensch und Gott.17 Die Verantwortlichkeit des einzelnen vor dem Schöpfer (3) wird jedoch in den hier besprochenen Texten nicht ausdrücklich thematisiert.18 Die Sündhaftigkeit aller Menschen (4) wird von Kohelet in 7,20 als allgemeines Phänomen benannt. Die göttliche Obhut, in der der Mensch trotz der Vertreibung aus dem Paradies steht (5), wird im Zusammenhang mit dem Begriff .Mensch" nicht erwähnt.

11

Vgl. Haag, ThWAT I, 674ff.

12

Vgl. Meinhold, Sprüche, 52f.

13

Vgl. Hausmann, Studien, 120; Kühlewein, THAT I, 319.

14

Vgl. Hausmann, Studien, 166.

15

Unklar, aber in diesen Zusammenhang auch unwichtig ist, ob die Betonung hier auf der Jugend, d.h. auf der fehlenden Reife, oder auf der Herkunft aus einer Familie niedriger sozialer Stellung liegt. Für die Übersetzung träfe demnach entweder Knabe oder Knecht zu.

16

Maass, ThWAT 1,91-94.

17

Vgl. dazu besonders Kap. 3.3, S. 182ff.

18

Zu nennen wäre hier neben dem sekundären Vers Koh 12,13 höchstens Koh 12,1, doch hier erfolgt keine wirkliche Erörterung dieses Themas.

22

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

1.6 Weitere anthropologische Begriffe (ro's, ajin, kap, jäd, rag&l) Nur zweimal verwendet Kohelet ro 's in der Bedeutung Kopf. In beiden Fällen wird ro 's im eigentlichen Sinn gebraucht, einmal als Sitz der Augen (2,14) und einmal im Zusammenhang mit wohlriechendem Öl (9,8). Die Augen dienen einerseits zur Orientierung in der Welt (2,14, wobei hier sicherlich nicht nur das Gehen auf einem Weg, sondern auch die Orientierung auf dem Lebensweg gemeint ist), andererseits zur Wahrnehmung der Umwelt (1,8). Da sie dabei auch Dinge sehen, die dem Menschen wünschenswert sind, können sie in übertragener Weise selbst als Auslöser dieser Wünsche charakterisiert werden (2,10; 4,8; 11,9). Das Sehen der Augen kann dem bloßen Wünschen (6,9) als positive Alternative gegenübergestellt werden, denn das Sichtbare ist im Gegensatz zum nur Gewünschten etwas wirklich Vorhandenes und kann somit erfahren und genutzt werden. Das entspricht den verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten von r'h, das neben sehen auch erfahren, erleben bedeuten kann.1 In Koh 5,10 ist die Wertung jedoch nicht eindeutig. Der Besitzer kann seine Güter sehen, aber ihr Genuß wird durch andere zumindest stark eingeschränkt. Insofern erscheint das Sehen der Augen hier nicht uneingeschränkt positiv als das eigentlich Erstrebenswerte.2 Der Mund erscheint bei Kohelet zum einen als Organ der Nahrungsaufnahme (6,7), zum anderen als Organ des Sprechens (alle anderen Stellen). In dieser Funktion kann er sich so weit verselbständigen, daß er zum Subjekt des Sprechens wird bzw. für die Person des Sprechers steht (5,5). Andererseits kann er auch für das Gesagte stehen, sei es in Parallele zu der Wendung Worte seines Mundes 0rVD~H2"T)3, sei es in der Formulierung Mund des Königs wobei bei letzterem weniger im allgemeinen Sinn an die Worte als an einen Befehl zu denken ist4.

1

Vgl. Vetter, THAT II, 699; speziell für Kohelet vgl. Schoors, r'h, 227ff.

2

Die Wiedergabe von 10b mit „Was hat der Besitzer mehr davon als das Nachsehen?" (z.B. Luther, Zimmerli) ist m.E. zu negativ, weil nichts im Text darauf hindeutet, daß der Besitzer wie in Koh 6,2 vom Genuß seiner Güter völlig ausgeschlossen ist. Kaiser (Mensch, 85) deutet die Wendung als „das Gefühl, etwas zu besitzen" und beschreibt damit zutreffend die von Kohelet hier angesprochene Ambivalenz des Reichtums: man besitzt zwar etwas, erreicht dadurch aber aufgrund der wachsenden Zahl der Nutznießer nicht das gewünschte Ziel, nämlich Sicherheit und hat außerdem auch noch mit den aus dem Reichtum erwachsenden Sorgen zu kämpfen (5,11).

3

Vgl. Ps 36,4; Spr 18,4.

4

Vgl. Gen 45,21; Spr 8,29.

Zusammenfassung

23

Mit über 1600 Belegen gehört das Nomen jädzu den häufigsten Wörtern des Alten Testaments. Auf das Kohelet-Buch entfallen insgesamt 13 Belege (8x Sing., 5x Dual), das entspricht einer durchschnittlichen Häufigkeit. Kohelet gebraucht jäd fast ausschließlich in einer mehr oder weniger wörtlichen Bedeutung. Am weitesten entfernt vom wörtlichen Gebrauch ist Koh 4,1, wo die Hand der Unterdrücker für ihre Macht steht. Doch auch hier liegt die ursprüngliche Bedeutung nahe. In 7,26 steht jäd pars pro toto für den ganzen Menschen. Sofern jäd bei Kohelet auf den Menschen bezogen ist (in Koh 2,24 und 9,1 geht es um die Hand Gottes), wird häufig vom schaffenden Menschen gesprochen ein erster Hinweis darauf, daß der Mensch auch für Kohelet wesentlich homo faber ist, dessen Leben weitgehend von Mühe und Arbeit ('ämäl) bestimmt ist. Die Synonyme kapund häpnajim dürften in Koh 4,6 bildhaft für ein wenig bzw. viel stehen. Vielleich soll man bei kap an die glatte Oberfläche der Hand zu denken (nicht an die hohle Hand, an die z.B. in Lev 14,15 und Num 5,18 gedacht ist, wo Öl bzw. Wasser in der Hand ist), da diese ja mit deutlich weniger gefüllt (Kb)D) werden kann als die beiden hohlen Hände. Vielleicht besteht der Gegensatz jedoch auch nur im Gegenüber von Einzahl und Dual. Für den Gebrauch von rcegxl gibt es bei Kohelet nur einen einzigen Beleg, Koh 4,17. Der Fuß steht hier, wo es um Fortbewegung geht, für die sich bewegende Person. Die Verwendung der hier genannten anthropologischen Begriffe zeigt somit insgesamt keine bemerkenswerten Besonderheiten gegenüber anderen alttestamentlichen Texten.

1.7

Zusammenfassung

Die Ergebnisse dieses Kapitels zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Verwendung anthropologischer Begriffe bei Kohelet nur wenig auffällige Eigenheiten aufweist. Bei der Mehrzahl der hier untersuchten Begriffe ist im Vergleich mit dem sonstigen alttestamentlichen Sprachgebrauch lediglich eine teilweise Einschränkung der Bedeutungsvielfalt und des Nuancenreichtums festzustellen. Dies ergibt sich aber zwangsläufig schon aus dem geringen Umfang des Kohelet-Buches. Zwei Beobachtungen müssen jedoch hervorgehoben werden. Bei Kohelet erscheint die nceges des Menschen stets mit der mehr oder weniger deutlichen Nebenbedeutung Verlangen. Eine Übersetzung mit Verlangen bietet sich zwar nur selten an (Koh 6,7.9), aber selbst da, wo es sinnvoll ist, ncepces durch ein Personalpronomen wiederzugeben (Koh 7,28), geht es um ein Verlangen des Menschen. Dabei formuliert Kohelet in aller Deutlichkeit dessen generelle

24

Kapitel 1: Anthropologische Begriffe

Unstillbarkeit. Doch hier und da klingt auch die Möglichkeit an, daß die ncepces zur Ruhe kommen kann, weil sie alles hat, was sie begehrt (Koh 2,24; 6,3). Bei den Begriffen zur Bezeichnung des Menschen bzw. der Menschheit fiel der hohe Anteil an allgemeingültigen Aussagen auf. Kohelet spricht zwar auffallend häufig von sich, seinen Erfahrungen und Überlegungen, von dem, was er sich zu Herzen nahm oder in seinem Hetzen sprach, doch dabei reflektiert er nicht (nur) über sein eigenes Leben, sondern macht zugleich Aussagen über das Menschsein im allgemeinen. Die dabei verwendeten Einzelbeispiele zeigen - sofern es sich nicht überhaupt um fiktive Beispiele handelt - wenig Interesse an den betreffenden Personen. Sie stehen paradigmatisch für die Möglichkeiten menschlichen Lebens und werden als Argumente und Impulse zur Formulierung allgemeiner Aussagen herangezogen.

Kapitel 2: Anthropologische Themen Vor der eigentlichen Besprechung der anthropologischen Themen muß an dieser Stelle ein Begriff bedacht werden, der im folgenden immer wieder auftauchen wird, weil er zu den statistisch und sachlich zentralen Wörtern Kohelets gehört: hcebcel.

Exkurs 1: Bedeutung und Gebrauch von hcebcel Die Bedeutung, die hcebcel außerhalb des Kohelet-Buches im Alten Testament hat, ist mehrfach umfassend beschrieben worden. 1 Deshalb sollen hier wenige Anmerkungen dazu genügen. Das Nomen hcebcel, das im Alten Testament abgesehen von dem Namen Abel 73 mal belegt ist, bedeutet ursprünglich Wind, Hauch. Häufig wird daraufhingewiesen, daß sich diese Grundbedeutung nur in Jes 57,13 findet, denn dies ist der einzige Beleg außerhalb des Kohelet-Buches, bei dem hcebcel synonym zu rüah verwendet wird. Doch auch hier dürfte kaum das meteorologische Phänomen Wind gemeint sein; nicht darum geht es, daß durch die Kraft des Windes die hölzernen oder gar steinernen Götzenbilder umgeworfen werden, sondern daß schon eine Kleinigkeit ausreicht, um die Götzen als kraftlos zu entlarven. So wird hcebcel eigentlich überall im Zusammenhang mit Vergänglichkeit, Unbeständigkeit oder Vergeblichkeit verwendet. Die Nuancen sind dabei sehr vielfältig, wobei mehrheitlich der Aspekt der Vergänglichkeit im Vordergrund steht, seltener die Kraft, die etwas vergehen läßt.2 Bei Kohelet findet sich hcebcel 38x, wobei jedoch der zweite Beleg in Koh 9,9 eine versehentliche Doppelung sein könnte, so daß man auf 37 Belege käme, was dem Buchstabenwert des Wortes entspräche.3 Ebenfalls 37x findet sich das Wort '"lohim, wenn man die Belege in Koh 12,13.14 sowie in dem von vielen für sekundär gehaltenen Vers 11,9b abzieht.4 Damit stellt sich die Frage nach dem Verhältnis beider Begriffe, bzw. der dahinterstehenden Auffassungen. Wird hier ein Gleichgewicht zwischen gegensätzlichen Polen hergestellt? Oder vereinigt Kohelet hier gar zwei gegensätzliche Anschauungen? Dieser Ansicht ist H.-J. Blieffert: „kol hcebceel

1

Vgl. vor allem die Darstellungen von Seybold, ThWAT II, 335-343; Albertz, THAT 1,467f; Lauha, Omnia, 19f; Loretz, Qohelet, 218-225; Michel, Untersuchungen, 40-42 und Holzer, Mensch, 88-118.

2

Vgl. Ehlich, Metaphern, 52.

3

Vgl. Wright, Riddle Revisited, 44.

4

Einen Beweis fur diese Buchstabenwert-Hypothese wird man kaum erbringen können, zumal Unsicherheit über den dafür zu streichenden hcebcel-Beleg herrscht, auch Koh 5,6 ist erwogen worden. Die Verdoppelung der Wendung h"bel h'bähm in Koh 1,2 (vgl. 12,8) könnte jedoch dafür sprechen. (Beide Verse unterscheiden sich allerdings auch bei dem Namen Kohelet.) Zugleich wäre zu fragen, ob sich aus dem damit gegebenen Gleichgewicht zwischen hcebcel und '"lohim das ungewöhnliche bör'dkä in Koh 12,1 erklärt oder ob es dafür vor allem inhaltliche Gründe gibt.

26

Kapitel 2: Anthropologische Themen

ist eine Aussage, die sich nicht vereinen läßt mit der Wirklichkeit Gottes, ja ihr widerspricht." 5 Am Ende dieses Exkurses wird auf dieses Verhältnis zurückzukommen sein. Schon durch die häufige Verwendung wird deutlich, daß hcebcel ein zentraler Begriff bei Kohelet ist. A. Lauha spricht deshalb vom logischen Faden6, N. Lohfink vom Leitmotiv des Buches 7 . Da es daneben jedoch noch andere zentrale und durchgängige Motive gibt (Gott, Freude, jitrdn, Tod), handelt es sich nur um eines des Hauptmotive. Besonderes Gewicht erlangt hcebcel natürlich durch seine einleitende Stellung.8 Gleich fünfmal begegnet es dem Leser zu Beginn des Buches in Koh 1,2, gleich nach der sekundär angefügten Überschrift (1,1).® Das Gewicht wird durch die zweimalige Verwendung des Plurals noch vergrößert.10 Dabei erzeugt der Satzbau beim Leser eine besondere Spannung, denn das „Subjekt der hcebcel-Aussage wird unverhältnismäßig zurückgehalten"". Und wenn es dann endlich kommt, ist damit für den, der zum ersten Mal mit dieser Aussage konfrontiert wird, fast nichts gesagt: hakkol hcebcel - Doch was meint das determinierte hakkol, und was versteht Kohelet genau unter hcebcel"? „Die Deutung des Wortes hbl ist die Aufgabe der Qohelet-Exegese." 12 Entsprechend oft ist die Deutung von hcebcel Thema gesonderter Abhandlungen. 13 Doch der von Kohelet gewählte bildhafte Begriff enthält eine Fülle von Aspekten, die sich Kohelet auch zunutze macht Erst aus dem jeweiligen Zusammenhang heraus läßt sich sagen, welcher dieser Aspekte gerade im Vordergrund steht. A. Lauha14 hat versucht, diese Aspekte in drei Gruppen einzuteilen: (1.) Hinfälligkeit, Vergänglichkeit (2.) Nutzlosigkeit, Vergeblichkeit, (Gegenpol von jitrdn) (3.) „Vorgänge, die die Verkehrtheit und Ungerechtigkeit der Dinge ans Licht bringen". Doch die Abgrenzung ist oft schwierig, auch weil sich bei jedem Lesen neue Aspekte erschließen.' 5 Entsprechend vielfältig und unterschiedlich sind die Übersetzungen von hcebcel. In der Regel entscheiden sich die Ausleger dabei für einen einheitlichen Begriff, um den prägenden Charakter,

5

Blieffert, Weltanschauung, 18.

6

Lauha, Omnia, 24.

7

Lohfmk, Koh 1,2,201.

8

Insofern ist es das „Leitmotiv" im Sinne eines ein- und ausleitenden Gedankens.

9

Koh 1,2 dürfte ursprünglich sein (vgl. z.B. Zimmerli, Weisheit, 14). Dafür spricht u.a., daß der abschließende Rahmenvers 12,8 zugleich Teil des Schlußgedichtes ist (so auch Lohfink, Koh 1,2,211, Anm. 16; Backhaus, Zeit und Zufall, 329). Wäre dieser Schlußsatz von einem Herausgeber zum Zwecke der Rahmung auch an den Anfang gestellt worden, so hätte er wohl exakt die gleiche Formulierung gewählt. Die freie Gestaltung des Rahmens spricht für die Ursprünglichkeit bzw. dafür, daß der Herausgeber Anfangs- und Schlußgedicht in der uns überlieferten Form vorfand und ihnen diesen Platz gab, um so einen Rahmen zu schaffen.

10

Diese Constructusverbindung ist als innere Steigerungsform zu verstehen, vgl. Zimmerli, Prediger, 139, ähnlich Ehlich, Metaphern, 51; Lauha, Omnia, 24; Loretz, Qohelet, 136.

11

Lohfink, Koh 1,2, 201.

12

Ellermeier, Qohelet, 97.

13

Genannt seien hier nur: Bergant, Vanity; Fox, Meaning; Lauha, Omnia; Lohfink, Koh 1,2; ders., t a n ; McKenna, Concept; Michel, Untersuchungen, 40-52; Polk, Wisdom; Staples, Vanity; Wallis, Alles.

14

Lauha, Omnia, 21 ff.

15

Eine andere, mehr an den Gegenständen des hcebcel-Urteils orientierte Einteilung gibt Fox, Meaning, 415.

Kapitel 2: Anthropologische Themen

27

den habest für das Kohelet-Buch hat, zu erhalten. Doch fur den englischen Sprachraum stellt Μ. V. Fox fest:,,Νο one English word corresponds exactly to the semantic shape of hebet as Qohelet uses it"16. Das gleiche gilt fur die deutsche Sprache. Auch hier konnten alle bisherigen Versuche, das von Kohelet mit hcebtzl Gemeinte auf einen Begriff zu bringen, nicht überzeugen. Das von Luther verwendete und u.a. von A. Lauha übernommene eitel/Eitelkeit scheidet schon wegen der in den letzten Jahrhunderten erfolgten Sinnverschiebung aus.17 Doch auch alle modernen Übersetzungen sind zwar in dem einen oder anderen Sinnzusammenhang adäquat' 8 , können aber die Fülle der Aspekte nicht wiedergeben. Das gilt auch für den von B. Pennacchini 19 , Μ. V. Fox20 und D. Michel21 bevorzugten Ausdruck absurd/Absurdität. Ausdrücklich wird dabei auf die punktuelle Übereinstimmung mit A. Camus verwiesen. Absurd ist fur diesen „die Gegenüberstellung des Irrationalen und des glühenden Verlangens nach Klarheit, das im tiefsten Innern des Menschen laut wird" 22 . Das Gefühl der Absurdität entsteht nicht aus der „einfachen Untersuchung einer Tatsache oder eines Eindrucks"2', sondern es hat „seinen Ursprung, in einem Vergleich... zwischen einem Tatbestand und einer bestimmten Realität"24. Der Mensch fragt, weil er in sich das Verlangen nach Glück und Vernunft fühlt, die Welt aber schweigt vernunftwidrig. Dementsprechend stellt D. Michel zu Kohelet fest, daß dieser habcel immer dann verwende, „wenn er darlegt, daß weisheitliches Fragen nach dem Sinn keine Antwort bekommt" 25 . Doch dieses ist eben nur ein Aspekt des Gebrauchs von hcehel bei Kohelet.26 Für die von den genannten Autoren vorgeschlagene Übersetzung spricht nach Michel auch, daß absurd vom heutigen deutschsprachigen Leser als ein fremdes Wort empfunden wird, so daß mit dieser Übersetzung die im Kern philosophische Natur der Ausführungen Kohelets verdeutlicht werden könnte.27 Das erscheint mir jedoch äußerst fragwürdig, weil das Wort umgangssprachlich recht häufig und in einem ganz und gar unphilosophischen Sinn gebraucht wird. Ebensowenig wird der deutschsprachige Leser bei

16

Fox, Meaning, 409.

17

„Die ... Grundbedeutung ,leer, ledig' hat einerseits .nichts als, unvermischt' ergeben (...) andererseits den Sinn .gehaltlos, nichtig' (...), woraus sich jetzt die Hauptbedeutung .eingebildet, selbstgefällig' entwickelte." Duden, Etymologie, 80; vgl. Ehlich, Metaphern, 58.

18

Vgl. McKenna, Concept, 22.

19

Pennacchini, Qohelet, 491 ff.

20

Fox, Meaning, 409ff.

21

Michel, Untersuchungen, 44ff.

22

Camus, Sisyphos, 23.

23

Camus, Sisyphos, 30.

24

Camus, Sisyphos, 30.

25

Michel, Untersuchungen, 280.

26

Bei der Übersetzung mit absurd im Sinne Camus wird habest tatsächlich zu einem terminus technicus für den erkenntnistheoretischen Skeptizismus Kohelets (vgl. Michel, Qohelet, 89), doch erscheint mir dieser erkenntnistheoretische Aspekt bei Michel insgesamt überbetont. Das hängt wohl auch mit seinem Verständnis von jitron als einem „durch Erkenntnis eines (Sinn)zusammenhangs garantierbaren Gewinn" (Untersuchungen, 44) zusammen.

27

So Michel, Untersuchungen, 44f. Auch von Wallis (Alles, 109) wird absurd deutlich als Fremdwort empfunden. Doch gerade aus diesem Grund lehnt er es als Übersetzung für hcebcel ab:„Immerhin ist damit eine Schärfe des Ausdrucks erreicht, die nicht mehr überboten werden kann."

28

Kapitel 2: Anthropologische Themen

der Lektüre sogleich an A. Camus und sein Verständnis von absurd denken, sondern eher an die umgangssprachlich gebräuchlichen Bedeutungen widersinnig, albern, unpassend, unlogisch,28 So scheint die einfachste Lösung die beste zu sein, nämlich die Übertragung des von Kohelet verwendeten Bildes. Dadurch bleibt die Offenheit des ursprünglichen Textes erhalten. Der Leser kann selbst immer wieder neu bedenken, was Kohelet in dem jeweiligen Zusammenhang mit hcebcel zum Ausdruck bringen will.29 Doch auch dabei bieten sich mehrere Möglichkeiten an. Mit O. Loretz, N. Lohfink u.a. könnte man Windhauch, mit Buber/Rosenzweig Dunst übersetzen. Bei Windhauch liegt zunächst der Gedanke an Schwäche und Unbeständigkeit, aber auch an Unberechenbarkeit (der Wind weht, wo er will) und Unbeeinflußbarkeit nahe. Mit Dunst verbindet man neben der Schwäche eher Undurchschaubarkeit, wer jemandem „blauen Dunst vormacht", will ihm etwas vorgaukeln und die Wahrheit trüben. Besonders der Aspekt der Passivität dürfte eher für Dunst sprechen. Der Dunst vergeht, ohne selbst etwas zum Vergehen zu bringen. Bei Windhauch könnte man dagegen an Aktivität denken, denn schon ein leichter Windhauch kann etwas verwehen. So heißt es bei F. Wiedmann: „Wie ein Hauch uns streift, so nimmt die Zeit mit sich, was für einen Augenblick Ereignis war." 30 Doch andererseits steht hcebcel mehrfache parallel mit t"'üt rüahM, womit „ein Nachhängen dem Vergehenden, Unverfiigbaren und Unbeherrschbaren" 32 gemeint sein dürfte. Diese Parallelstellung prägt deutlich den hcebcel-Begriff3, so daß die auch von der EÜ gewählte Übersetzung mit Windhauch angemessener sein dürfte als die von Buber/Rosenzweig bevorzugte Wiedergabe durch Dunst. Nachdem nun deutlich wurde, daß man die Bedeutung von hcebcel bei Kohelet nicht auf einen klaren und einheitlichen Begriff bringen kann, weil in dem Bild vom Windhauch ganz verschiedene Bedeutungsnuancen enthalten sind, muß an dieser Stelle noch gefragt werden, worauf sich hcebcel bei Kohelet und besonders in den umfassenden Aussagen der Rahmenverse bezieht. Das hakkol hcebcel der Rahmenverse und die immer wiederkehrenden Feststellung auch das ist hcebcel, könnten als eine alles umfassende Negation verstanden werden. So stellt E. Wölfel fest: „Das ganze Universum ist,eitel'. Wohlbemerkt: eine Zwecklosigkeit, die ihre Wurzel im Sosein der Schöpfung, in ihrer inneren Antinomie selbst hat, die sozusagen einen .Konstruktionsfehler' derselben

28

Ausführlich zur Auseinandersetzung mit diesem Übersetzungsvorschlag auch Ehlich, Metaphern, 59-61.

29

Diese Möglichkeit wird von Michel (Untersuchungen, 41) ausdrücklich verworfen, weil bei den meisten anderen hcebcel-Belegen im Alten Testament eine übertragene Bedeutung vorliegt. Doch sollte man vielleicht gerade umgekehrt überlegen, ob man nicht an vielen dieser Stellen (etwa Ps 39,6f; 94,11; 144,4; Hi 7,16; Spr 31,30) ebenfalls den bildhaften Ausdruck beibehält. Auch Wallis (Alles, 109) lehnt im Gegensatz zu der hier vertretenen Ansicht die Beibehaltung des mehrdeutigen Begriffs Windhauch als Übersetzung für hcebcel ab. Eine solche Metapher vermag „im Deutschen keine eindeutige Aussagefunktion wahrzunehmen". Doch vermag sie das im Hebräischen? Soll der Leser nicht gerade die Möglichkeit eigener Begriffsfüllung erhalten?

30

Wiedmann, Denker, 27. Sachlich ist diese Bemerkung völlig zutreffend; sie fällt aber aus dem Bild, denn nicht die Zeit ist der Windhauch (sie gehört im Gegenteil zu den Dingen, die nicht so bezeichnet werden), sondern „alles", die vielen Bereiche, die Kohelet aufzählt.

31

Koh 1,14; 2,11.17.26; 4,4; 6,9; ra '"jdn ruah Koh 1,17; 4,16.

32

Wallis, Zeitverständnis, 318.

33

Vgl. Kaiser, Determination, 254.

Kapitel 2: Anthropologische Themen

29

darstellt." 34 Υ. Α mir15 kommt aufgrund einer Analyse von hakkol zu der Überzeugung, daß das (Welt-)All von Kohelet als hcebcel bezeichnet wird, worin sich der Einfluß des griechischen τό π ά ν niedergeschlagen habe. N. Lohfink hat jedoch überzeugend dargelegt, daß die Windhauchaussagen anthropologisch zu verstehen sind. Anhand einer Zusammenstellung der Subjekte der hcebcel-Aussagen außerhalb der Rahmenverse36 zeigt er, daß hcebcel überall in unmittelbarem Zusammenhang mit den Tätigkeiten und dem Ergehen des Menschen steht.37 So können nicht nur einzelne Bereiche als Windhauch bezeichnet, sondern auch das Lebens selbst durch hcebcel charakterisiert werden (Koh 6,12; 7,15; 9,9). Neben dem u.a. von Y. Amir und E. Wölfel vertretenen kosmologischen Verständnis finden sich auch Ansätze, die hakkol im Kohelet-Buch als das Ganze auffassen. W. Zimmerli versteht das Ganze dabei im Gegensatz zum Teil (helceq) und stellt fest: „wo Kohelet sich zum Ganzen wendet, da ist am Urteil: .Nichtig, vergänglich' nichts abzustreichen" 38 . Für R. Lux erweist sich der „Griff nach dem Ganzen" als „Haschen nach Wind".39 Sachlich sind diese Auffassungen durchaus zutreffend. 40 N. Lohfinks Untersuchung, die sich mit den zuletzt genannten Meinungen nicht auseinandersetzt, zeigt jedoch auch, daß hakkol in den meisten Fällen der Zusammenfassung von Reihen dient41 und folglich nicht im Sinne des abstrakten Begriffs das Ganze gemeint ist. N. Lohfink vertritt seinerseits die Auffassung, daß hakkol in Koh 1,2 auf den folgenden Vers, genauer auf 'ämä zu beziehen ist.42 Dies ergibt sich dir ihn aus den späteren Teilen des Buches, die zeigen, „daß fur Kohelet die Aussage, ,das alles' sei .Windhauch', sich geradezu typisch mit dem Thema 'ämM, Mühe/Besitz' und dem diesem nachbarlichen des,Tuns/Schaffens', und zwar .unter der Sonne', verbindet" 43 . Zwei Beobachtungen deuten daraufhin, daß diese Beziehung etwas zu eng gefaßt ist. Zum einen beginnt Koh 1,3 mit der im folgenden zentralen Frage nach jitrön, zum anderen kann von Kohelet auch das ganze Leben insgesamt als hcebcel bezeichnet werden (Koh 6,12; 7,15; 9,9). Das Leben besteht aber nicht nur aus 'ämM, und umgekehrt wird die Mühe von der für Kohelet lebensentscheidend gewordenen Frage nach jitron mit eingeschlossen. Von daher liegt es nahe, das hakkol hcebcel eher als Zusammenfassung aller hcebcel-Aussagen des Kohelet-Buches zu verstehen.

34

Wölfel, Skepsis, 36, Anm. 60.

35

Amir, Einfluß, besonders 36-41.

36

Vgl. die Übersicht bei Lohfink, Koh 1,2, 213f.

37

In Koh 3,19 wird zugleich auch vom Tier gesprochen, doch das Interesse Kohelets liegt vom Zusammenhang her eindeutig auf der anthropologischen Konsequenz dieser Aussage. Das gilt insgesamt für das ganze Kohelet-Buch. Kohelet ist nicht an Aussagen über die Dinge an sich interessiert, sondern daran, wie sich das, was dem Menschen im Leben begegnet, auf das Dasein des Menschen auswirkt.

38

Zimmerli, Prediger, 155.

39

Lux, Lebenskompromiß, 269.

40

Bei Zimmerli ist allerdings die Gegenüberstellung von das Ganze und der Teil problematisch, weil helceq bei Kohelet nicht als Ausschnitt, sondern als Anteil zu verstehen ist; vgl. Kap. 2.1.3, S. 59.

41

Vgl. die Übersicht bei Lohfink, Koh 1,2, 207-209.

42

Lohfink, Koh 1,2, 212.

43

Lohfink, Koh 1,2,212.

30

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Dies entspräche erstens genau der Doppelfunktion des abschließenden Rahmenverses; auch dort wird sowohl das vorangegangene Schlußgedicht als auch alles vorher Gesagte aufgenommen.44 Zweitens stimmt diese Auffassung sowohl mit Kohelets als auch mit dem allgemein-biblischen Sprachgebrauch überein, wo „determiniertes absolutes kol der zusammenfassenden Wiederaufnahme vorher aufgezählter Einzelgrößen" dient und in gleicherweise „vorgreifend und damit vorausweisend vor einer Aufzählung" stehen kann45. Ein weiterer Aspekt ist die Verbindung von habest und jitrdn. Nach D. Michel 46 geht es in Koh 1 -3 bei allen haboel-Urteilen um die Frage nach Gewinn. F. Backhaus47 kommt sogar zu dem Resultat, daß dies im ganzen Buch der Fall ist. Ein unmittelbarer Bezug scheint mir jedoch nur in den ersten beiden Kapiteln durchgängig vorzuliegen (die;'i»-0n-Frage ist hier ausdrückliches und zentrales Thema), schon bei Koh 3,19 ist der Bezug fraglich, ebenfalls bei vielen der folgenden Belege. D. Michel und F. Backhaus haben mit ihrer Beobachtung jedoch insofern Recht, als die jitrdn-Frage im ganzen Kohelet-Buch mehr oder weniger deutlich zur Diskussion steht. Die Dinge erscheinen ja gerade deshalb als Windhauch, weil jede Möglichkeit, einen solchen bleibenden Ertrag zu erlangen, ausgeschlossen ist.48 Dieser Zusammenhang ist in den ersten Kapiteln so deutlich geworden, daß mit der Erwähnung des einen das andere ungesagt mitklingt. Zu Recht bemerkt E. Wölfel deshalb, daß der Sinn der Windhauch-Aussage „als Gegenbegriff zum Jitrongedanken zu erschließen" 49 ist. In der Gesamtheit der Windhauch-Aussagen finden sich so eine Antwort auf die Frage nach jitrdn.50 Das in Koh 1,2 noch unbestimmte hakkol bezieht sich also zum einen auf alle folgenden Windhauchaussagen, zum anderen ist es eine vorausgreifende Antwort auf die grundlegende Frage nach jitrdn, die freilich bei der ersten Begegnung mit dem Text als eine solche nur erahnt werden kann. Für die Wiedergabe von hakkol habenl bietet sich die Übersetzung mit dies ist alles Windhauch an. So bleibt sowohl der summarische Charakter erhalten als auch die sich gleichfalls bei den Lesern der hebräischen Vorlage einstellende Frage, was wohl mit „dies alles" (hakkol) gemeint sei. Bei dem im Kohelet-Buch scheinbar alles umfassenden dies ist alles Windhauch gibt es nun aber einige immer wieder beobachtete Ausnahmen. An erster Stelle wird dabei meist Gott und sein Handeln genannt, daneben auch der Tod, die Gottesfurcht, der Kosmos, die Unterwelt. Über einige Bereiche gibt es jedoch sehr unterschiedliche Auffassungen.

44

Lohfink (Kohelet, 85) schreibt dazu: „Inzwischen hat der Satz sich mit einem ganzen Buch voller Reflexionen bereichert und muß nur noch einmal wie ein leiser Ton angeschlagen werden, damit er im Leser nachhallt." Zur Doppelfunktion von Koh 12,8 vgl. Backhaus, Zeit und Zufall, 299.

45

Lohfink, Koh 1,2, 204.

46

Michel, Untersuchungen, 80.

47

Backhaus, Zeit und Zufall, 332ff.

48

Vgl. Staples (Profit, 102): „it must be noted that it is the lack of profit that makes things hebhel".

49

Wölfel, Skepsis, 36. Allerdings ist hcebal nur ein Gegenbegriff, der zweite, der einen Gegensatz in einem ganz anderen Sinn darstellt, ist helaq, vgl. dazu Kap. 2.1.3, S. 68.

50

Vgl. Kaiser, Botschaft, 62. Außerdem findet sich diese Antwort natürlich auch in anderen Wendungen, neben Koh 2,11 ist hier vor allem auf den Zusammenhang von Koh 3,1-15, die rhetorischen Fragen nach jitrdn und vor allem auf die Empfehlung der Freude als das Beste im Leben zu verweisen.

Kapitel 2: Anthropologische Themen

31

Entscheidend für das Auftreten oder Ausbleiben des habcel-Urteils ist m.E. der oben schon angesprochene Zusammenhang mit der jitrön-Frage: hcebcel ist ein Gegenbegriff zu jitrön: Weil eine Tätigkeit, eine Einstellung, ja das Leben insgesamt keinen bleibenden Ertrag erzielen kann, spricht Kohelet vom Windhauch. Mit dem hcebcel- Urteil destruiert er also jede Hoffnung auf jitrön. Folglich gilt dieses Urteil in besonderer Weise all den Dingen, von denen sich Kohelet gemäß traditioneller Wertvorstellungen einen bleibenden Ertrag erhoffte: Mühe und erworbenes Gut (2,11), Weisheit (2,15), RechtschafFenheit (8,10). Ausgenommen wird dagegen Gott, die Zeit und die sich stets wiederholenden Abläufe der Natur. Denn diese werden von Kohelet gar nicht aufjitrön hin betrachtet, weil sie ganz anderen Bereichen angehören.51 Für das Handeln Gottes kommt Μ. V. Fox allerdings zu einer ganz anderen Ansicht52. Mit Koh 2,15.26; 6,lf; 9,lf und besonders 8,10b-14 wird danach ebenso das Handeln Gottes, speziell seine Gerechtigkeit als hcebcel bezeichnet. Doch muß auch dabei der Blickwinkel betrachtet werden. Was an diesen Stellen zu der Windhauch-Aussage führt, ist nicht das Handeln Gottes, sondern die Erwartungen, die von Menschen an göttliches Handeln geknüpft werden. Wo man eine nach menschlichen Maßstäben gerechte Vergeltung erwartet (8,14) oder nicht mit der Freiheit Gottes im Geben und Verwehren rechnet (2,26; 6,lf), setzt Kohelet sein hcebcel·, doch damit ist dann eben nicht Gottes Handeln, sondern nur die menschliche Erwartung gemeint. An dieser Stelle liegt es nahe, auch das religiös-kultische Verhalten und die Gottesfurcht zu betrachten. N. Lohfink erwägt, ob auch das religiöse Verhalten von den Windhauch-Aussagen ausgenommen bleibt.53 Doch sowohl für das religiöse Verhalten als auch für die Gottesfurcht gilt das eben Gesagtem ähnlicher Weise. Mit Koh 8,14 weist Kohelet die in 8,12f zitierte traditionelle Anschauung über das Ergehen der Gottesfürchtigen und der Gottlosen zurück. Wer sich von der Gottesfurcht einen sicheren Nutzen verspricht, kann auch darin enttäuscht werden, auch sie wird dann Windhauch. In Koh 5,6 spricht Kohelet von h"bMim im Zusammenhang mit religiös-kultischem Verhalten (wenngleich die genaue Bedeutung unklar ist) und mahnt zur Gottesfurcht im recht verstandenen Sinn (nämlich als Anerkennung der Souveränität Gottes)54. Natürlich ist auch der Tod hcebcel, sofern man sich etwas von ihm verspricht, so wie es in Koh 3,19flf mit der Hoffnung auf einen Aufstieg der menschlichen rüah anklingt. Dagegen wird der Tod und das Totenreich als absolutes und trostloses Ende des Menschen nicht als hcebcel bezeichnet, weil hier ohnehin kein Ertrag zu erwarten ist. Unterschiedlich ist auch die Wertung der Freude. In Koh 2,1.11 wird sie als Windhauch bezeichnet, im weiteren Verlauf des Kohelet-Buches dagegen immer wieder empfohlen, ohne jeden Hinweis auf einen Windhauch-Charakter. Der Unterschied liegt im Anspruch. Wurden Wohlleben und Freude in Koh 2,l£f mit Blick auf einen möglichen jitrön erstrebt, so geht es an allen anderen entsprechenden Stellen nur um den Genuß des Augenblicks. Die Suche nach jitrön spielt dabei keine Rolle mehr, nachdem Kohelet nämlich feststellen mußte, daß es keinen jitrön gibt (2,11) und daß das Glück gar nicht in der Verfügungsgewalt des Menschen steht (2,24fl) 55 . Folglich ist die Windhauch-Aussage

51

Müller (Gast, 172) sieht dagegen in diesem ständigen Kreislauf ein Merkmal des Nichtigen. Doch gerade hier erscheint das hcebcel-Vrleü nicht. Es geht gerade um die Beständigkeit der Erde, die ganz im Gegensatz zu der Vergänglichkeit des Menschen steht.

52

Fox, Meaning, 42Iff.

53

Lohfink, Koh 1,2,214.

54

Vgl. Kap. 3.6, S. 201 ff.

55

Vgl. die Übersetzung der EÜ (= Lohfink, Kohelet, 30): Nicht im Menschen selbst gründet das Glück, daß er essen und trinken und durch seinen Besitz das Glück selbst kennenlernen

32

Kapitel 2: Anthropologische Themen

nicht notwendig. Das heißt allerdings nicht, daß der Genuß des Augenblicks von dem allgemeinen Windhauch-Charakter völlig ausgenommen wäre. Weil das ganze Leben Windhauch ist (Koh 6,12; 7,15; 9,9), sind weder Freude noch Gottesfurcht noch irgendein menschliches Tun, auch wenn es sich ganz und gar in das von Gott Gegebene fügt, von diesem Charakter ausgenommen. Doch ist es an diesen Stellen nicht notwendig, auf die Windhaftigkeit hinzuweisen, weil hier keine Hoffnung auf jitrön destruiert werden muß. 56 Abschließend kann nun noch einmal das eingangs schon angesprochene Verhältnis zwischen dem häufigen hcebcel und der etwa ebenso häufigen Rede von Gott bedacht werden. Betrachtet man die zuletzt dargestellte Funktion der hcebcel-Aussagen, so zeigt sich, daß Gott und hcebcel keine gegensätzlichen oder gar widersprüchlichen Aussagen sind. H.-J. Bliefferts Ansicht, wonach hier ein Widerspruch besteht 57 , beruht m.E. auf einer falschen Voraussetzung. Er geht nämlich davon aus, daß Kohelet mit hcebcel alles fur nichtig und sinnlos erklärt.58 Gerade das Gegenteil ist der Fall: Erst von der Gotteswirklichkeit her erschließt sich für Kohelet in der windhaften Vergänglichkeit des ganzen Lebens ein Sinn. 5 ' Mit seinen häufigen hcebcel-Vrteilen verdeutlicht Kohelet die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens und aller seiner Bereiche und verweist damit auf die Souveränität Gottes. Die scheinbar gegensätzlichen Pole erweisen sich so als zwei einander ergänzende Aussagen: Die Souveränität Gottes 60 und die durch hcebcel charakterisierte Unverfügbarkeit und Unbeständigkeit aller Lebensbereiche prägen das menschliche Leben grundlegend. 6 '

kann. Ähnlich auch Krüger, Qoh 2,24-26, 70ff; Michel, Qohelet, 135; Schoors, Preacher, 197; Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 80ff. 56

Daß das hcebcel-Urleil auch beim törichten Verhalten nie erscheint, wie Galling (Prediger, 104) ausdrücklich anmerkt, liegt einfach daran, daß Kohelet hier nicht gegen alte Überzeugungen argumentieren mußte. Daß Torheit zu nichts Beständigem führt, war für die Weisheitslehrer selbstverständlich.

57

Vgl. S. 26, Anm. 5.

58

Blieffert, Weltanschauung, 18.

59

Dazu ausführlich in Kap. 2.1.3, S. 64.

60

Vgl. dazu Kap. 3, S. 162ff.

61

Auf diesem Hintergrund scheint mir die Wiedergabe von hcebcel durch absurd im Sinne Camus weder Kohelet noch Camus gerecht zu werden. Denn absurd kann bei Camus auch eine bestimme, positiv bewertete Lebenshaltung bezeichnen. Diese ist dadurch charakterisiert, daß sie die Existenz des Absurden akzeptiert und nicht durch einen „Sprung", d.h. die Ausflucht in etwas Ewiges oder im weitesten Sinne Göttliches ausweicht. So sagt Camus beispielsweise von Dostojewskij, er sei ein „Existentieller", nicht aber ein „absurder" Romancier (Sisyphos, 92). Zugespitzt könnte man formulieren: Für Camus kann entweder die Annahme der Souveränität Gottes oder das konsequente Akzeptieren des Absurden das Leben bestimmen.

Der Sinn des menschlichen Lebens

33

2.1 Oer Sinn des menschlichen Lebens 2.1.1 mah jitrön - Die Frage nach dem Sinn des Lebens Das späthebräische Substantiv jitrön begegnet innerhalb des alttestamentlichen Kanons nur im Kohelet-Buch. Es ist eine Ableitung von der Wurzel jtr I, die in allen semitischen Sprachen primär die Bedeutung „übermäßig, überschüssig sein" hat.1 Neben der Form jitrön, die lOx zu finden ist, stehen jöter/joter (7 xj2 und mötär(lx). Nach Kronholm sind diese drei Formen „primär wirtschaftlich geprägt: .Überschuß', ,Gewinn', auch verallgemeinert .Vorteil'"3. Die Bedeutung von jitrön faßt er dann jedoch noch etwas weiter, nämlich als „ein Miteinander von dem, was im Menschenleben positiv als .Ergebnis' herauskommt, und dem, was dabei bleibt von .Gewinn' oder überschüssigem .Vorteil' (...), ohne daß immer eine klare Differenzierung zwischen den beiden Gesichtspunkten aufrechterhalten werden kann."4 Häufig wird darauf verwiesen, daß der Begriff aus der Kaufmannssprache entlehnt ist, wo er den Reingewinn einer wirtschaftlichen Transaktion bezeichnet. Daraus darf jedoch keinesfalls vorschnell darauf geschlossen werden, daß Kohelet das gesamte Leben nach einem „verdinglichten Grundmaßstab des verbleibenden Reingewinns"5 bewertet, zumal bei den Begriffen der Kaufmannssprache, die uns in Sir 42,1-8 überliefert sind, gerade jitrön nicht belegt ist. Immer wieder fiel den Exegeten auf, daß Kohelet an einigen Stellen jitrön entschieden verneint, an anderen aber durchaus positiv von jitrön spricht. Schon A. Knobel erklärte diesen scheinbaren Widerspruch mit der Feststellung, daß dieses Wort im Kohelet-Buch unterschiedliche Bedeutungen hat. Zwar könne der Mensch durch seine Mühe keinen Gewinn als dauerndes Gut erzielen (2,11), es sei aber möglich, sich durch Weisheit Vorteile zu verschaffen (2,13).6 Die folgende Übersicht soll die Verwendung von jitrön und der anderen Formen der Wurzel jtr veranschaulichen.

1

Kronholm, ThWAT II, 1080.

2

In Koh 2,15 und 7,16 werden sie in adverbialer Funktion verwendet, auch die redaktionellen Belege in 12,9.12 können so verstanden werden oder im Sinne von „ein Nachtrag" übersetzt werden. Diese vier Verse bleiben in der folgenden Untersuchung unberücksichtigt.

3

Kronholm, ThWAT II, 1085.

4

Kronholm, ThWAT II, 1087.

5

Gegen Crüsemann, Welt, 92.

6

Vgl. Knobel, Commentar, 32.

34

Kapitel 2: Anthropologische Themen

als Frage: 1,3; 3,9; 5,15; 6,11 ( U i > ) verneint: 2,11 im Vergleich: 3 , 1 9 ( U 1 1 Ü ) ; 6 , 8 (ΊΓΙΥ>) 2,13; 5,8; 7,11; 7,12; 10,10 positiv: 10,11 bedingt positiv: adverbial OTlV): 2,15; 7,16 (12,9; 12,12) Umstritten ist der positive Gebrauch der Wurzeljtr, die Besprechung dieser Belege soll deshalb etwas zurückgestellt werden. Zunächst sollen die vier Fragen und der negierende Beleg Koh 2,11 untersucht werden, an denen die für Kohelet typische und hinter der Ausgangsfrage von Koh 1,3 stehende Bedeutung von jitrön anschaulich wird. ma jitron lä'ädäm (Koh 1,3) diese Frage weckt die Aufmerksamkeit des Lesers und lenkt zugleich seine Erwartungen in eine bestimmte Richtung. Ist es eine offene oder eine rhetorische Frage? Die Meinungen darüber sind gespalten, 7 deshalb soll an dieser Stelle noch keine Entscheidung gefällt werden. Im folgenden Kapitel8 wird darauf zurückzukommen sein. So viel dürfte aber schon jetzt klar sein: Für den Leser ist die Frage an dieser Stelle noch offen, obwohl die eindeutige NegativBewertung im vorangegangenen Vers schon einen ersten deutlichen Hinweis gibt. Ahnlich umstritten ist die Zuordnung dieses Verses.9 Der formale Bruch zwischen der Prosa in V 3 und dem poetischen Aufbau von V 4 10 ist kaum zu übersehen, inhaltlich besteht jedoch ein enger Zusammenhang, denn in dem Abschnitt Koh 1,4-8 und der anschließenden Reflexion wird bereits eine erste Antwort auf die Frage von 1,3 gegeben. Wahrscheinlich hat Kohelet das Gedicht (1,4-8) mit einer überschriftartigen Einleitung (l,2f) und einer abschließenden Reflexion (1,9-11)

7

Vgl. die Übersichten bei Fischer, Skepsis, 196, Anm. 37 und bei Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 19, Anm 41.

8

Vgl. S. 56.

9

Einen deutlichen Einschnitt zwischen V 3 und V 4 sehen u.a. Podechard, L'Eccesiaste (1912); Bea, Uber Ecclesiastae (1950); Galling, Der Prediger ( 2 1969); Lys, L'Eccleiaste ou Que vaut la vie (1973); Lohfink, Kohelet (1980); Rousseau, Structure de Qohelet i 4-11 (1981). Ginsberg, Studies in Koheleth (1950); Rankin, Ecclesiastes (1956); Hertzberg, Der Prediger ( 1 9 6 3 ) ; Wright, The Riddle of the Sphinx (1968); Castellino, Qohelet and His Wisdom (1968); Lauha, Kohelet (1978); Zimmerli, Das Buch des Predigers Salomo ( 3 1981); Michel, Qohelet (1988); Backhaus,... denn Zeit und Zufall trifft sie alle ... (1992); Fischer, Skepsis (1996) ziehen dagegen V 3 mit zu den folgenden Versen.

10

Bei der Abgrenzung von Poesie und Prosa im 1. Kapitel kommen verschiedene Autoren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Backhaus (Zeit, 8ff) unterteilt 1,4-11 in 1,3 (Prosa), 1,4-6 (Poesie), 1,7 (Prosa), 1,8-9 (Poesie), 1,10-11 (Prosa); Loretz (Anfänge, 226ff) in 1,1-3 (Prosa), 1,4-8 (Poesie), 1,9-11 (Prosa). Weitere Unterteilungen finden sich bei Crenshaw, Ecclesiastes, 62; Lohfink, Wiederkehr, 128ff und Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 23.

Der Sinn des menschlichen Lebens

35

versehen. Diese Reflexion erläutert das, was mit den einleitenden Versen komprimiert vorangestellt und im Gedicht in Bildern geschildert wurde11: Alle Dinge und alles Tun ist vergänglich; jede Hoffnung, etwas Beständiges zu schaffen, wird sich auch zukünftig als Trug erweisen; kein Mensch schafft Ewiges oder bleibt gar selbst ewig, nicht einmal in den Erinnerungen der folgenden Generationen. 12 Der Leser beginnt zu ahnen, daß es in Kohelets Sicht keinen überschüssigen Gewinn für den Menschen geben kann. Das bestätigt sich bei den Windhauchaussagen, die, wie ein roter Faden in fast jedem Kapitel wiederkehrend, alles und jedes als verwehend charakterisieren. Die meisten Windhauch-Aussagen des Kohelet-Buches beziehen sich mehr oder weniger deutlich auf die jiiron-Frage von 1,3 zurück. 13 So wird die komprimierte und vorausgreifende Aussage von 1,2 immer wieder in Erinnerung gerufen und bekräftigt. Zugleich bestätigt sich, daß die Frage nach jitron als Eingangsfrage nicht nur über dem ersten Abschnitt, sondern ebenso über dem ganzen Buch steht. Dementsprechend prägt sie auch den nun folgenden großen Abschnitt Koh 1,12-2,26, der sehr deutlich zeigt, wie Kohelet zu dieser negativen Haltung kommt und welche spezielle Bedeutung sich für ihn mit dem Wort jilron verbindet. In dieser sogenannten Königstravestie veranstaltet Kohelet in der fiktiven Rolle eines Königs zu Jerusalem drei „Experimente"14, um auf drei verschiedenen Wegen nach jijrdn zu suchen. In zweimal drei chiastisch aufgebauten Abschnitten schildert er den Weg der Geschäftigkeit und Mühe, den des Wissens und der Weisheit sowie

11

Lohfink betont mehrfach (u.a. Wiederkehr, 148), daß die Aussage dieses Gedichtes ganz und gar positiv zu verstehen ist, weil hier die Beständigkeit der Natur, ein „strahlender, ewig kreisender Kosmos" vor Augen tritt. Für den jetzigen Zusammenhang kann das aber auf keinen Fall gelten, denn durch die Einleitung und die abschließende Reflexion steht auch das Zwischenstück in einem negativen Licht (vgl. Koh 1,11 mit 2,16f). Vgl. dazu auch die folgende Anmerkung.

12

Assmann (Fest, 78) sieht diesen Text in einem Traditionszusammenhang mit dem „häretischen" Teil der ägyptischen Harfnerlieder und bemerkt dazu: „Diese ,Vanitas-Klage' beschwört die kosmischen Kreisläufe, um zu zeigen, daß der Mensch in diesem ewigen Fluß keine Dauer hat; ebensowenig, wie das Meer je voll wird, findet das menschliche Streben ein bleibendes Ziel, das sein Dasein der Vergänglichkeit entreißen würde."

13

Michel (Untersuchungen, 80) stellte für den Abschnitt Koh 1,3-3,15 den Rückbezug aller /uete/-Belege auf die Aussage von Koh 1,3 fest; Backhaus (Zeit, 332-344) bestätigte Michels Ergebnisse und weitete sie zugleich auf das ganze Kohelet-Buch aus. Der Rückbezug ist m.E. jedoch z.T. nicht so eindeutig, vgl. dazu Kap. 2, S. 30.

14

In wieweit es sich dabei um reine Gedankenexperimente oder um reale Erfahrungen handelt, kann nicht entschieden werden und ist für das Verständnis auch ohne Belang.

36

Kapitel 2: Anthropologische Themen

den des Genusses und der Freude.'5 Das Ergebnis dieser Experimente stellt Kohelet voran, es ist immer das gleiche: alles erweist sich als Windhauch (1,14; 1,17; 2,1). Zunächst erfährt der Leser Einzelheiten über den dritten Weg. Man darf dieses Experiment wohl als einen letzten, verzweifelten Versuch betrachten: Nachdem seine Unternehmungen auf den traditionell hoch geschätzten Gebieten der Geschäftigkeit und Weisheit gescheitert waren, versuchte es Kohelet mit dem Wohlleben (2,1), das er eigentlich als Torheit (2,3) ansah. Und tatsächlich sind seine Erfahrungen wohl besser als erwartet. Was meine Augen (auch) verlangten, nichts versagte ich ihnen, ich hielt mein Herz von keiner Freude zurück, ja mein Herz freute sich dank all meiner Mühe. Und das war mein Teil bei all meiner Mühe. (2,10) Doch dann schlägt seine Wertung plötzlich um, rückblickend beurteilt er seine Werke und damit auch die mit ihnen verbundene Freude als Windhauch (2,11). Ein Grund für diese Wendung ist nicht zu erkennen. Nichts ist davon zu lesen, daß Kohelet diese Freude als „flüchtige Belustigung" aus einem „törichten Leben"16 abwertet oder daß er aufgrund des Verhältnisses zwischen aufgewendeter Mühe und erzielter Freude zu dieser Wertung kommt. Ihr Maßstab bleibt vorerst im dunkeln. Nun kommt Kohelet auf seinen zweiten Weg zu sprechen: die Weisheit. Sie hat zweifellos gute Seiten, sie ist wie ein Licht in der Finsternis und der Torheit deshalb überlegen. Doch dann gelangt Kohelet zum entscheidenden Punkt. Er denkt weiter, denkt über den Tag hinaus und bedenkt sein Vorhaben bis zum Ende, so wie es die Weisheitslehrer seit je her empfehlen.17 Für ihn gilt als Ende aber nicht das Ende eines überschaubaren Zeitraums, sondern der Abschluß des Lebens insgesamt. Was wird aus meiner Weisheit, wenn ich, Kohelet, sterbe? Ich merkte auch, daß e i η Geschick alle trifft. Und ich sprach in meinem Herzen, wie das Geschick der Toren, so trifft es auch mich, wofür bin ich dann so überaus weise geworden. Da sagte ich in meinem Herzen, daß auch das Windhauch ist. (2,14b.15) Alles vergeht und ist letzten Endes umsonst, selbst die vielgerühmte Weisheit. Gleiches gilt in übertragener Weise auch für den ersten Weg, den der Geschäftigkeit und Mühe. Spätestens beim Tod fällt das Geschaffene einem anderen zu (2,18f). Nichts Bleibendes kann so erzielt werden, weil auch das, was sich im Leben als nützlich erwies, im Augenblick des Todes wie im Windhauch verfliegt. An dieser Stelle zeichnet sich schon ab, welchen Maßstab Kohelet auf seiner Suche nachjitron anlegt. Nur das zählt, was im Tod nicht verlorengeht. Die Vorteile, die Weisheit (2,13) und Besitz (vgl. 10,19) verschaffen, erweisen sich als unbestän15

Zum Aufbau vgl. Fischer, Skepsis, 258 sowie (leicht abweichend) ders., Beobachtungen 79; eine (in Einzelheiten jedoch deutlich abweichende) Einteilung in drei Themeneinheiten findet sich auch bei den meisten Kommentatoren.

16

Gegen Lauha, Kohelet, 52.

17

Vgl. Spr 5,4.11; 23,32; 25,8.

Der Sinn des menschlichen Lebens

37

dig. Anders als manch traditioneller Weisheitsspruch versprach, kann auch die Weisheit nicht am Leben erhalten, der Reichtum kann keine Sicherheit bieten18, und auch der verheißene Nachruhm im Gedächtnis des Namens 19 verfliegt wie im Wind. Kohelet empfindet es geradezu als krasse Ungerechtigkeit, daß im Tod alle Leistungen des Lebens bedeutungslos werden, daß alle Errungenschaften verlorengehen und einem anderen zufallen. Kehren wir zurück zu Koh 2, lOf. Anders als die eben genannten Werte, die Beständigkeit verheißen, aber dann doch im Tode zerrinnen, geht die Freude und der Genuß des augenblicklichen Wohlergehens nicht durch den Tod verloren. Sie sind von vornherein nicht auf Beständigkeit angelegt.20 Deshalb schneidet der dritte, scheinbar törichte Weg am besten ab. Er verspricht nicht mehr, als er hält.21 Doch auch dieser Weg wird schließlich verworfen, indem sein Ergebnis als Windhauch bezeichnet wird. Offensichtlich wertet Kohelet in 2,11 das Ergebnis seines dritten Experimentes unter der anfänglichen Fragestellung nach jitrön aus. Deshalb muß der an den ersten beiden Versuchen ermittelte Maßstab nun noch ein wenig präzisiert werden. Es geht Kohelet nicht nur um einen Wert, der im Tod nicht verlorengeht, sondern um etwas, das über den Tod hinaus Bestand hat. Und an diesem Maßstab scheitert auch die Freude. Sie kann zwar im Tod nicht verlorengehen, weil sie ihrer Natur nach ein augenblicksgebundener Wert ist, aber sie kann aus eben diesem Grunde auch nicht über den Tod hinaus bestehen. 22 So kann nun festgehalten werden, daß jitrön für Kohelet ein bleibender Gewinn wäre, der über den Tod hinaus einen Nutzen für das Individuum darstellt. Es geht also nicht um einen Gewinn für das Leben allein (sei es Reichtum, Ehre oder Glückseligkeit), auch nicht um einen Gewinn an Leben (im Sinne eines intensivierten

18

Vgl. die von Kohelet zitierten und durch die Fortsetzung kritisch kommentierten Sprüche in

19

Vgl. Spr 10,7.

Koh 7,1 l f sowie die Ausführungen in Kap. 2.3.3 und 2.3.2.

20

Vgl. Kutschera, Kohelet, 370: Freude bzw. Glück „ist zwar ebenfalls nichts Bleibendes, aber jedenfalls etwas in sich (intrensisch) Positives".

21

Vgl. Müller, Gott, 511.

22

Vielleicht erklärt sich aus der Tatsache, daß in Koh 2,11 der Tod der ungenannte Maßstab der abschließenden Bewertung ist, der rätselhafte Satz Koh 2,12b. Es könnte die Glosse eines Lesers sein, der hinter 2,11 erläuternd anmerkte, daß sich die in 2,11a rückblickend betrachteten Werken beim Tod des Königs als Windhauch erweisen, so daß der Nachfolger alles wiederholen muß (vgl. 1,9). Eine Umstellung der beiden Halb verse wird ebenfalls erwogen von Kroeber, Prediger, 115; Braun, Kohelet, 82; Galling, Prediger, 1. Aufl., 56 (anders 2. Aufl., 91). Auch Zimmerli (Prediger, 155) hält es für notwendig, V 12b (wenn er nicht eine Glosse zu 18-23 ist) „ganz im Gefolge von 1 -11" zu verstehen.

38

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Lebens23) und schon gar nicht um einen materiellen Gewinn, sondern es geht um einen Gewinn, der die Tage des Lebens transzendiert, der als Resultat des ganzen Lebens dieses selbst überdauert. In seiner Frage nach jitron sucht Kohelet nach dem Nutzen und Ertrag des menschlichen Lebens. Genau darin geht er über den herkömmlichen Ansatz der Weisheit hinaus. Hatte diese eher den Ertrag einzelner Bereiche des Lebens im Blick, so geht es Kohelet um das Ganze des Lebens und damit um den Ertrag des ganzen Lebens.24 Ganz entscheidend ist dabei der individuelle Aspekt. Kohelet fragt nicht nach einem jitron für die Menschheit, die in der Folge der Generationen auf unabsehbare Zeit fortbesteht (1,4), sondern nach einem jitron für den Menschen als einzelnem Individuum. Deshalb ist es die Einsicht in die eigene Sterblichkeit und die damit verbundene totale Vernichtung des Individuums, die Kohelet hier zum Haß auf das Leben treibt und ihn zugleich zu der Erkenntnis führt, daß es einen jitrön für den Menschen nicht geben kann. In erster Linie ist es also der Tod, der jede Hoffnung aufjitron vernichtet, nicht aber die Determination der Zeiten, die fehlende Erkenntnis oder was immer hier angeführt werden mag. Diese Faktoren können sich im Leben negativ auswirken und die Möglichkeiten des Menschen einschränken, doch selbst wenn man fiktiv diese menschlichen Grenzen ausklammert, ändert das nichts an der Unerreichbarkeit von jitron. Gerade das will die Königsfiktion (Koh 1,12-2,26) deutlich machen. Von der Bestimmung durch die Zeit und der fehlenden Einsicht in die Zeit wird in diesem Abschnitt eben noch nicht gesprochen. Hier dominiert eindeutig der Tod. Er allein ist hinreichender Grund für die negative Antwort auf die Eingangsfrage nach jitron (vgl. Koh 2, II). 25 Daß dieser Aspekt im Kohelet-Buch vor allen anderen Begrenzungen menschlichen Daseins benannt wird, dürfte kein Zufall sein. Drei weitere y'/lrön-Belege sollen noch kurz besprochen werden, die dieses Ergebnis bestätigen.

23

Zwar rät Kohelet, daß Leben intensiv zu leben und die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen, aber auch dadurch läßt sich nichts Beständiges schaffen. Deshalb kann er m.E. kaum der Auffassung gewesen sein, daß sich die eigene, begrenzte Lebenszeit so steigern läßt, „daß das endgültige Urteil eben nicht lauten muß ,hcebcel, Lufthauch, Nichtigkeit', sondern - es war ein Gewinn zu leben" (Lux, Ein jegliches, 55).

24

Vgl. Schmidt, „Was ist der Mensch?", 13.

25

Auf diese zentrale Feststellung muß hier ausdrücklich hingewiesen werden, weil selbst ein Kohelet-Kenner wie Michel in diesem Punkt z.T. die notwendige Eindeutigkeit vermissen läßt. Nicht die in souveräner, um nicht zu sagen willkürlicher Entscheidung Gottes erfolgende Zuteilung von Erfolg und Mißerfolg (vgl. Koh 2,24-26) verhindert den Gewinn, nach dem Kohelet fragt (so Michel, Humanität, 32f), auch nicht die menschliche Zeitgebundenheit (a.a.O., 33f) oder die fehlende Erkenntnis über den (Sinn)zusammenhang (so Michel, Untersuchungen, 44). Nur insofern verhindert Gott selbst einen bleibenden Gewinn (jitron), als er die Endlichkeit des Menschen bestimmt hat.

Der Sinn des menschlichen Lebens

39

In Koh 3,9 erwartet man nach der Frage von 1,3 und der als Ergebnis des dritten Experimentes getroffenen Feststellung von 2,11 nun eine endgültige, umfassende Antwort auf die Eingangsfrage. Doch der Antwort in 2,11 muß nichts mehr hinzugefugt werden. Sie war prägnant und eindeutig. Die nochmalige Frage in 3,9 ruft lediglich die Ergebnisse der drei Experimente aus Koh 1,12-2,26 wieder in Erinnerung und weitet sie rückblickend auf die in 3,2-8 genannten Tätigkeiten aus. Nicht nur für die in den ersten beiden Kapiteln erwähnten Tätigkeiten gelten diese Ergebnisse, sondern für jedes menschliche Tun, denn die zweimal sieben Paare in 3,2-8 stehen für die Fülle menschlicher Tätigkeiten, so wie das in der Einleitung 3,1 schon anklingt: Alles hat seine Zeit und jedes Vorhaben unter der Sonne hat seine Stunde. Der enge Zusammenhang mit dem Tod bestätigt sich in Koh 5,15: Weil das letzte Hemd keine Taschen hat und ein Toter aus seinem Besitz keinen Nutzen ziehen kann, ist alles Mühen für den Wind; ein jitron kann damit nicht erreicht werden. Weniger deutlich tritt in Koh 6,1 lf der Tod als entscheidender Maßstab in Erscheinung, doch das bereits gewonnene Ergebnis bestätigt sich auch hier. In den Versen 8-10 kritisiert Kohelet indirekt Auffassungen, die ihm in seiner Umwelt begegneten. Gemessen an dem Maßstab, den Kohelet auf seiner Suche nach jitron angelegt hatte, bringen diese Dinge alle nichts ein, sie vermehren nur den Windhauch (IIa), schaffen aber nichts, was als bleibender Ertrag Bestand haben würde. Der Mensch weiß ja nicht einmal, was für die wenigen Tage seines Lebens nützlich ist (12). Nachdem der Sinn der Ausgangsfrage des Kohelet-Buches anhand der besprochenen Stellen als Frage nach dem Ertrag des Lebensganzen ermittelt wurde, müssen nun die anderen Belege betrachtet werden, die immer wieder zu der Feststellung führten, daß im Buch Kohelet zwei unterschiedliche Bedeutungen von jifrdn zu finden sind. Zur Unterscheidung spricht man, wie gleich zu zeigen sein wird, häufig von einem absoluten und einem relativen Sinn. Der absolute Sinn entspricht der eben dargestellten und für Kohelet typischen Bedeutung; der relative Sinn meint dagegen lediglich den Vorteil einer Sache gegenüber einer anderen, so daß hier auch positive jitron-Aussagen getroffen werden können. D. Michel hat nun zu zeigen versucht, daß alle positiven jitron-Aussagen nicht von Kohelet selbst formuliert wurden, sondern Zitate von Weisheitssprüchen sind. „Mit jitron greift Qohelet ein Wort, ein Themawort aus der Weisheit seiner Zeit auf, das er dann gezielt kritisiert."26 Daraus zieht er die Schlußfolgerung, daß nicht erst Kohelet den Begriff aus der Kaufmannssprache übernommen und in die weisheitliche Literatur eingeführt hat.

26

Michel, Untersuchungen, 108.

40

Kapitel 2: Anthropologische Themen

In seiner Untersuchung setzt sich D. Michel mit der Einteilung von W. E. Staples27 auseinander, der für Koh 1,3; 2,11; 2,15; 3,9; 3,19; 5,15; 6,8 und 6,11 den absoluten Sinn der Wurzel jtr ermittelte und für Koh 2,13; 5,8; 7,1 lf und 10, lOf den relativen Sinn. D. Michel stellt ausführlich dar, wie sich nach seiner Ansicht im Kontext der zuletzt genannten Verse Kohelets Auseinandersetzung mit diesen Zitaten vollzieht. Auch wenn es m.E. nicht möglich ist, allgemeine Kriterien für die sichere Ermittlung von Zitaten im Buch Kohelet aufzustellen28, kann man wohl doch davon ausgehen, daß Kohelet an diesen vier Stellen tatsächlich Formulierungen oder Gedanken aus seiner Umwelt aufgenommen hat. Dreimal wird dabei der Nutzen der Weisheit gepriesen, wobei Koh 2,13 und 10,10 dem ganz ausdrücklich das gegenteilige Verhalten gegenüberstellt. Nur Koh 5,8 fällt hier aus dem Rahmen. Diesem höchst umstrittenen Vers kommt schon insofern eine Sonderstellung zu, als nur hier von einemjitrdn für das Land gesprochen wird. In allen anderen Belegen der Wurzel jtr finden sich Aussagen über den Menschen. 29 Auch sonst erscheint dieser Vers zunächst als ein Fremdkörper im Kohelet-Buch. D. Michel kommt hier zu einer plausiblen Lösung, indem er Koh 5,7-9 als eine Einheit ansieht: V 7 beklagt die Zustände im Lande, V 8 hält dem eine andere Meinung entgegen, die aber auch nicht Kohelets eigene Ansicht ist. Diese erscheint erst in V 9. Dort verwirft Kohelet mit Verweis auf die Schwäche des Menschen die Hoffnung, die geschilderten Zustände könnten durch eine Veränderung der politischen Struktur verbessert werden. 30 Stimmt man D. Michel zu und betrachtet die oben kurz besprochenen Stellen (Koh 2,13; 5,8; 7,11 f; 10,1 Of) als übernommenes Gut, so bestätigt sich seine Ansicht,

27

Staples, Profit, 87-96.

28

Michel (Untersuchungen, 79) ist der Auffassung, in der zweifellos wichtigen Eingangskomposition Koh 1,3-3,15 ein sicheres inhaltliches Kriterium für die Ermittlung von Zitaten gefunden zu haben.

29

Die Verse, in denen jir adverbial gebraucht wird (2,15; 7 , 1 6 s o w i e 12,9; 12,12) bleiben dabei unberücksichtigt.

30

Michel, Untersuchungen, 108-110; vgl. im Anschluß an Michel Kaiser, Beiträge, 19f. D i e zuletzt von Bohlen (Kohelet, 255ff sowie Kritische Individualität, 26ff) vertretene Auffassung, wonach 5,7f auf dem Hintergrund der ptolemäischen Wirtschaftsstrukturen zu verstehen ist, scheint mir nicht grundsätzlich im Gegensatz zu Michels Interpretation zu stehen, auch wenn Bohlen 5,9 nicht mehr zu dieser Einheit zählt (im Anschluß an Bianchi und Schwienhorst-Schönberger betrachtet er 4,1-5,8 als eine thematische Einheit). Der Vorteil, der sich fiir den „kleinen Mann" aus der in 5,8 beschriebenen Konstellation ergibt, ist nämlich - wie Bohlen selbst bemerkt (Kohelet, 261) - äußerst gering. So könnte man vermuten, daß sich Kohelets Solidarität mit den Ausgebeuteten gerade darin zeigen, daß er beide Zustände beklagt und sich nicht von dem kleinen Vorteil der „halbfreien Königsbauern" (vgl. Bohlen, a.a.O., 258) den kritischen Blick verstellen läßt.

Der Sinn des menschlichen Lebens

41

daß Kohelet die Wurzel jtr in den von ihm formulierten Sätzen nie im positiven Sinn verwendet. Bezieht man jedoch auch die bisher noch unberücksichtigten Belege in die Untersuchung ein, so zeigt sich, daß der Sprachgebrauch keineswegs so einheitlich ist, wie es bisher den Anschein hatte. Es handelt sich dabei um Belege, die W. E. Staples und im Anschluß an ihn D. Michel der absoluten Verwendung von jtr zuordnet, was jedoch z.T. nicht zutreffend sein dürfte. Konkret geht es um Koh 3,19; 6,8 und 6,11. Die Zuordnung von Koh 3,19 zum Gebrauch im absoluten Sinn ist kaum zu halten, denn die Relativität ergibt sich schon aus dem Vergleich, den Kohelet hier vornimmt. Und obwohl D. Michel in seiner Untersuchung diese Zuordnung von W. E. Staples übernimmt, übersetzt er an anderer Stelle31 das mötar dieses Verses vollkommen zutreffend nicht mit „Gewinn", sondern mit „Vorzug".32 Gleiches gilt für Koh 6,8, wo die Form jojer in einem Vergleich erscheit, was von D. Michel wiederum mit „Vorteil" übersetzt wird, wie es sonst oft bei den von ihm als relativ eingestuften Belegen zu finden ist. Hat Kohelet in beiden Fällen ganz bewußt eine andere Form der Wurzel jtr verwendet und so jitrön dem für ihn charakteristischen absoluten Gebrauch reserviert? Wenden wir uns Koh 6,11 zu. Die hier verwendete Formulierung (D*TNt> "171*71)3) ähnelt in auffallender Weise der von Koh 1,3 (DIN1? 1VITPTIQ). Das spricht sehr dafür, daß hier tatsächlich der von Staples und Michel angenommene absolute Sinn vorliegt. Statt der sonst in den Fragen (1,3; 3,9; 5,15) und in der eindeutigen Verneinung (2,11) üblichen Formjitrön steht hier aber joter. Sollte man demnach die Ähnlichkeit mit 1,3 zurückstellen und auch hier relativ übersetzen, so wie es bei D. Michel mehrfach zu finden ist33? Die Entscheidung fällt schwer, denn in ihrem Zusammenhang könnte die Formulierung sowohl einen Nutzen fur das Leben als auch den Ertrag des Lebensganzen meinen. Auch der Blick in die von Kohelet vermutlich zitierten Texte bringt kein eindeutiges Bild. Ein einheitlicher Sprachgebrauch läßt sich in diesen Texten nicht finden. Meist wird die Form jitrön verwendet, in Koh 7,11 steht hingegen joter. Ebenso wenig werden Weisheit und jitrön hier stets positiv verbunden, denn wenn in Koh 10,11 ein Spruchzitat vorliegt34, so ist offensichtlich, daß jitrön nicht nur

31

Michel, Qohelet, 139.

32

Michel, Qohelet, 139. Nur in Spr 14,23 und 21,5 finden sich weitere biblische Belege von mdtär, im Gegensatz zu Koh 3,19 liegt in diesen Fällen die Übersetzung mit Gewinn nahe, da eine wirtschaftliche Färbung des Begriffs unübersehbar ist.

33

was für einen Nutzen bringen sie dem Menschen?" Michel, Qohelet 148 und Untersuchungen, 163.

34

Diese Auffassung vertritt z.B. auch Klein in seiner formgeschichtlichen Studie (Kohelet, 90).

42

Kapitel 2: Anthropologische Themen

von Kohelet in negativen bzw. kritischen Zusammenhängen verwendet wird, sondern ebenso in der Sprache seiner Umwelt. Man darf wohl wohl vermuten, daß die Wurzel jtr in ihren verschiedenen Formen in der Umwelt Kohelets relativ geläufig war. Ihre damalige Bedeutungsvielfalt scheint vergleichbar zu sein mit der des deutschen Wortes Gewinn. Auch hier erstreckt sich die Anwendung sowohl auf den materiellen wie auf den nicht-materiellen Bereich und neben Ertrag, Überschuß kann auch Nutzen, Vorteil gemeint sein.35 So offensichtlich die unterschiedlichen Bedeutungen von jtr im Kohelet-Buch sind, so wenig eindeutige ist doch die Zuordnung der verschiedenen Bedeutungen auf die verschiedenen hier verwendeten Formen. Zwar scheint Kohelet selbst die Formjip-dn stets in dem beschriebenen absoluten Sinn zu gebrauchen36, er verzichtet aber darauf, von ihm übernommene Texte in entsprechender Weise zu „korrigieren". 37 An diese Beobachtungen schließen sich weiterfuhrende Fragen an. Wegen des nicht immer einheitlichen Sprachgebrauchs Kohelets ist es denkbar, daß auch die Frage von Koh 2,22 nur eine andere Form der Ausgangsfrage ist. Die Ähnlichkeit der Wendungen in 2,2 C ^ t t y t m D"TNt? Π Ί Π Π » ) und in 1,3 ( • f r n y t m D*ThO p-irPTin) wird dem Leser kaum entgehen. 38 A. Schoors sieht zwischen beiden Sätzen keinen Bedeutungsunterschied39 und auch D. Michel versteht 2,22 als Aufnahme von 1,3 in variierter Form 40 . F. Backhaus kommt jedoch zu einer ganz anderen Auffassung. Koh 2,22f hat danach eine doppelte Funktion. Die Verse sind Abschluß des Vorangegangenen, zugleich aber auch „eine inhaltliche

35

Vgl. Duden, Bd. 2, Stilwörterbuch, 325.

36

Letzte Sicherheit ist m.E. nicht einmal hier zu erlangen. Denn blickt man von den an Koh 3,19; 6,8; 6,11 gewonnenen Erkenntnissen zurück auf die anderen als absolut eingestuften Belege (1,3; 2,11; 3,9; 5,15), so stellt sich bei Koh 5,15 die Frage, ob es wirklich um den bleibenden Lebensertrag geht oder nicht doch um einen Gewinn für das Leben. Die Verbindung mit dem Tod spricht aber m.E. gegen letzteres.

37

Aus dieser Feststellung folgt zweierlei. Erstens ist festzuhalten, daß man sich für die Unterscheidung von übernommenen Sprüchen und eigenständigen Formulierungen Kohelets nicht auf die Wortwahl stützen kann. Ein häufig verwendetes Kriterium bei der Ermittlung von Zitaten erweist sich damit als nicht tragfahig. Zweitens ergibt sich für die Übersetzung von jijron, daß man hier durchaus das mehrdeutige Wort Gewinn verwenden kann, daß man sich aber der Mehrdeutigkeit bewußt bleiben muß und letztlich nicht den für Kohelet wesentlichen Unterschied zwischen dem das Leben überdauernden Ertrag (der nicht erreichbar ist) und dem Nutzen für das Leben (der durch Weisheit und angemessene Lebensführung durchaus zu erlangen ist) übersehen darf.

38

Deshalb überrascht es, daß in vielen Komme ntaren darauf nicht eingegangen wird, so z.B. bei Galling, Hertzberg, Lauha und Lohfink.

39

Schoors, Preacher, 185.

40

Michel, Untersuchungen, 207, vgl. auch 33 und 80.

Der Sinn des menschlichen Lebens

43

Entsprechung zu Qoh. 2,24-26"41. Die Frage von 1,3 wird aufgegriffen, gleichzeitig aber auch weitergeführt bzw. umgewandelt. Nach der jiiron-Frage 1,3 und ihrer negativen Beantwortung in 2,11 wird nun gefragt, was es für den Menschen im Leben gibt, was er vom Leben hat. Die Antwort findet F. Backhaus in 2,24a. 42 Man muß die Antwort wohl sogar noch etwas weiter fassen und den Abschnitt 2,24-26 insgesamt betrachten: Was hat der Menschen von seiner Mühe, wenn es einen jip-δη (im Sinne von 2,11) nicht gibt? Die Erfahrungen, die im Vorangegangenen (besonders in Koh 2,13-21) zum Ausdruck kamen, zeigen, daß sehr viel Mühe und guter Wille doch nur zu dem in V 23 beschriebenen Ergebnis führen. So kommt Kohelet zu seiner entscheidenden Feststellung, daß das Gute gar nicht in der Verfugung des Menschen (V 24: D1N1) liegt, sondern daß Gott es nach seinem freien Walten nur dem Menschen gibt, der „gut vor ihm" ist (V 26: 21OVJ DIN 1 ?). Was gibt es also für den Menschen in der so beschaffenen Welt? Die Antwort, die hier noch kaum zu entdecken ist, wird später deutlicher formuliert, etwa in Koh 7,14: Den guten Tag genießen und auch den bösen als von Gott geschaffen annehmen (vgl. 8,15). Die zweite Frage ist, ob Kohelet, der in den von ihm formulierten Sätzen stets feststellt, daß es einen jitrdn nicht gibt, die Möglichkeit eines relativen Vorteils grundsätzlich bestreitet. Die Beobachtung, daß Kohelet sich mit den jip-δη-Zitaten kritisch auseinandersetzt, legt diese Schlußfolgerung nahe. Doch damit ginge man zu weit. Kohelet bestreitet nicht, daß die Weisheit gegenüber der Torheit einen Vorteil hat, nämlich den des Lichtes gegenüber der Finsternis (2,13), und daß das Zusammentreffen von Weisheit und Erbbesitz für den Menschen höchst vorteilhaft ist. Er bestreitet lediglich, daß dieser Vorteil das ist, was er bei seiner Frage nach jip-δη sucht. Der Tod ist der Maßstab. Durch ihn wird auch der Vorteil der Weisheit zum Windhauch. Hier zeigt sich der grundsätzliche Unterschied in der Fragestellung der traditionellen Weisheit einerseits und Kohelets andererseits. Die Weisheitslehrer vor und neben Kohelet fragten, was für das Leben nützlich ist. In diesem Rahmen fragten sie nach jip-δη und meinten damit das, was für das Leben von Vorteil ist. Dabei konnten sie aus ihrem Erfahrungsschatz viele positive Antworten geben. Kohelet hingegen fragt darüber hinaus, wie der Mensch sich etwas Bleibendes schaffen kann und was der Gesamtertrag des Lebens ist.43 Er scheitert dabei nicht an mangelndem Wissen oder beschränkten Möglichkeiten (als König stehen ihm ja alle Wege offen). Kohelet kann - im Gegensatz zu den Weisheitslehrern - auf die Frage nach jitrdn

41

Backhaus, Zeit, 106.

42

Backhaus, Zeit, 147.

43

Dies wird z.B. von Michel (Humanität, 28) verkannt, wenn er zu Koh 1,3 schreibt: „Sie (die Weisheit, d. Verf.) will den Weg zu einem solchen Gewinn weisen. Qohelet stellt also hier unzweifelhaft die Frage nach dem Sinn weisheitlichen Mühens."

44

Kapitel 2: Anthropologische Themen

immer nur eine eindeutig negative Antwort geben, weil die Grenze, die ihm und jedemMenschen einen wirklichen, d.h. bleibendenjitrdn versperrt, keine ErkenntnisGrenze, sondern die Grenze des Daseins ist, nämlich der Tod. Deshalb muß noch einmal betont werden, daß es nicht zutreffend ist, wenn die grundsätzliche Unmöglichkeit, einen jitrön zu erlangen, z.B. darauf zurückgeführt wird, daß das Risiko der Zeit im Tun des Menschen nicht einplanbar ist44 oder darauf, daß ein „wirklicher, bleibender, garantierbarer .Gewinn' (...) das Durchschauen aller Möglichkeiten voraussetzt"45. Ein Mensch, der all diese Möglichkeiten hätte, könnte sich wohl jeglichen Vorteil im Leben sichern, würde damit über den Tod hinaus aber nichts gewinnen und hätte somit auch keinen jitrdn.46 Abschließend kann festgehalten werden, daß sich nicht nur unterschiedliche Bedeutungen der Wurzel jtr im Buch Kohelet finden, sondern daß auch Kohelet selbst hier keinen einheitlichen Sprachgebrauch zeigt. Er verwendet jedoch die in seiner Umwelt offensichtlich geläufige Bedeutung „Vorteil, Nutzen" in seinen eigenen Formulierungen ausschließlich in negativen Zusammenhängen. Positive Formulierungen mit jtr finden sich nur in den Sprüchen, die Kohelet sehr wahrscheinlich aus seiner Umwelt aufgegriffen hat, um sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung bedeutet jedoch nicht unbedingt eine totale Ablehnung der darin gemachten Aussagen und damit der Möglichkeit, daß bestimmte Verhaltensweisen oder Fähigkeiten sich im Leben vorteilhaft auswirken. Lediglich Koh 5,9 scheint die in 5,8 enthaltene Hoffnung völlig zu verwerfen, weil sie auf einer Verkennung des Menschen beruht. Dagegen werden in Koh 2,13ff; 7,1 Iff und 10,10f die optimistischen Aussagen keineswegs generell verworfen, sondern relativiert. Koh 10,11 verweist auf die in allem Tun vorhandene Gefahr, 7,12f auf die Unberechenbarkeit göttlichen Waltens. In Koh 2,13ff ist es die Einsicht in die Vergänglichkeit des Menschen, die den beschriebenen Vorteil der Weisheit relativiert. Diese Einsicht, die schon in 1,4ff zur Sprache kommt, fuhrt Kohelet zu der negativen Antwort auf seine Ausgangsfrage, die er am deutlichsten in 2,11 formuliert. Hier fragt er nicht nach Vorteilen für das tägliche Leben, sondern nach dem Ertrag des ganzen Lebens, nach dem Ergebnis, das am Ende des Lebens übrig bleibt. So ist die Frage nach jitrdn nichts anderes als die Sinnfrage in Kohelets eigenwilliger Formulierung47 Im Zweifel am Sinn des Weisheitsstrebens (2,15) formuliert sich ein Aspekt dieser Sinnkrise. Die Einsicht in die Totalvernichtung des Individuums durch den Tod läßt alle Mühe des Lebens sinnlos erscheinen (2,18) und damit auch

44

Gegen Galling, Zeit, 2.

45

Gegen Michel, Untersuchungen, 7.

46

Vgl. S. 38.

47

Vgl. z.B. Kaiser, Tod, 64; Müller, Mensch, 152.

Der Sinn des menschlichen Lebens

45

das Leben insgesamt48: Ich verachtete das Leben, denn übel liegt auf mir das Werk, das unter der Sonne getan wird, denn alles ist Windhauch und Haschen nach Wind. (2,17)

Hinter der auf etwas Bleibendes zielenden Ausgangsfrage steht „die Ursehnsucht des Menschen, seiner Vergänglichkeit zu entfliehen"49. Kohelets negative Antwort auf die Frage nach jitron, die sich schon in der eindringlichen Erinnerung an die Vergänglichkeit am Anfang des Buches (1,2) ankündigte, ist das Eingeständnis, daß diese Ursehnsucht keine Erfüllungfindenkann. Das Streben nach Unvergänglichkeit scheitert am Tod.50

2.1.2 Der Tod - Die Zerstörung des Lebenssinns? Immer wieder kommt Kohelet in der einen oder anderen Form auf den Tod zu sprechen. Wie ein dunkler Schatten liegt der Gedanke daran über den zwölf Kapiteln des Buches Kohelet. Schon die Liste der Texte, in denen der Tod unmittelbar erwähnt wird, ist lang: Koh 2,14-21; 3,2.3; 3,19-22; 4,2f; 5,13-15; 6,3-6; 6,12; 7,l-6a; 7,15-17; 8,8; 8,13; 9,2-10; 11,8; 12,5-7. In anderen Zusammenhängen klingt der Tod indirekt mit an, so in der an die Kürze des Lebens erinnernden Wendung die Zahl der Lebenstage (Koh 2,3; 5,17; 6,12) oder überall dort, wo das Leben und die Lebenstage als Windhauch bezeichnet werden (Koh 6,12; 7,15; 9,9). In keinem anderen biblischen Buch wird so häufig vom Tod gesprochen wie bei Kohelet. Und wenn O. Kaiser feststellt, daß der Tod im Alten Testament nur in den Blick tritt, um die Begrenztheit des Lebens und seines Gottesverhältnisses zu zeigen, nicht aber um seiner selbst willen", so muß man dem Buch Kohelet hier wohl eine Sonderstellung einräumen. Bei Kohelet wird der Tod und seine Bedeutung für das menschliche Leben immer wieder mehr oder weniger deutlich thematisiert. Man kann ihn als basso ostinato des Kohelet-Buches bezeichnen, denn

48

Vgl. die Bestimmung des Begriffs „Sinn" bei Coreth, Mensch, 158: Der Sinn ist... dasjenige, wodurch etwas vollziehbar ist, was die Handlung als ,der Mühe wert' erscheinen läßt und den Einsatz .lohnt'. Sinn ist also, so können wir allgemein sagen, dasjenige wodurch etwas - dem theoretischen Erkennen - verstehbar und bejahbar ist.

49

Stoll, Prediger, 43.

50

Vgl. Michel, Untersuchungen, 116: „Am Widerfahrnis des Todes scheitert letzten Endes die Frage nach dem Sinn menschlichen Mühens unter der Sonne: der Tod als unausweichliches Geschick läßt alles menschliche Streben, mittels seiner .Weisheit' sich einen Gewinn zu sichern, absurd erscheinen." Daß die Frage nach Sinn nicht völlig scheitert, wird in den folgenden Abschnitten zu zeigen sein.

51

Kaiser, Tod, 33.

46

Kapitel 2: Anthropologische Themen

in der Tiefe ist er praktisch ununterbrochen zu vernehmen; hin und wieder tritt er hervor und wird dann selbst zum Thema. Das Schlußgedicht Koh 11,7-12,8 ist geradezu typisch für die ständige Präsenz des Gedankens an den Tod. Es beginnt als Aufforderung, die Jugendtage zu genießen, gleitet dann aber unvermittelt in eine Meditation des Alters und schließlich des Todes.52 Damit ist Kohelet wieder bei dem Thema, das bereits in den ersten Versen seines Buches anklang, verhüllt schon in dem summarischen Vers 1,2 und der Ausgangsfrage 1,3, deutlicher dann aber in 1,4: Eine Generation geht, eine Generation kommt, die Erde besteht für immer. So bildet die Erinnerung an den Tod einen zweiten, inneren Rahmen des ganzen Buches: Während die Erde für immer besteht, vergehen die Generationen der Menschen (1,4) und der einzelne wird wieder zur Erde, von der er genommen ist (12,7). Der Tod ist folglich ein zentrales Thema bei Kohelet. W. Zimmerli stellt fest, der Tod sei „die dunkle Mitte, um die Kohelets Gedanken immer wieder kreisen"53. Er ist zunächst einmal nach der Geburt das einzige wirklich sichere Ereignis im Leben jedes Menschen. Es kann deshalb nicht überraschen, wenn Kohelet immer wieder hierher zurückkehrt. Im Durchdenken des Lebens stößt er ja fortwährend auf Unsicherheiten. Noch ein zweites ist es, das Kohelet stets aufs neue zum Gedanken an den Tod führt: der feste Wille, alles bis zum Ende zu durchdenken. Mit dieser Frage nach dem Ende steht Kohelet in guter weisheitlicher Tradition. „Er stellt nun aber diese Frage mit einer letzten bohrenden Unnachgiebigkeit wie keiner der israelitischen Weisen vor ihm."54 Und so stößt er immer wieder auf das Ende des Menschen, auf das Ende all seines Tuns, auf den Tod. Dieses Ende wird - wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt wurde - für ihn zum neuen Ausgangspunkt, nämlich zum Maßstab, mit dem er das Leben mißt und mit dem er nach dem Ertrag dieses Lebens fragt. So erweist sich alles als Windhauch, der, gemessen an diesem Maßstab, keinen Bestand hat. Doch warum hatte erst für Kohelet der Tod diese Schärfe? Auch in den Proverbien findet sich schließlich das Stichwort „Tod" häufig. Dort dachte und sprach man allerdings anders vom Tod. Wo von ihm gesprochen wurde, meinte man einerseits

52

Vgl. Lohfink, Freu dich, 16: „Das Geheimnis des Schlußgedichts lüftet sich erst, wenn man erkennt: Kohelet beginnt, als sänge er ein solches Lied der Aufforderung zur Freude in der Jugend im Blick auf Krankheit und Alter; unterwegs aber verwandelt sich alles, und am Ende ist er bei seinen eigenen Themen: ,Tod', .Windhauch' und ,Gott'." Ähnliche Witzenrath, Süß, 36.

53

Zimmerli, Prediger, 189.

54

Zimmerli, Weisheit, 18.

Der Sinn des menschlichen Lebens

47

oft den frühen, genauer: den verfrühten Tod.55 Andererseits „reichte die Domäne des Todes viel tiefer in den Bereich der Lebenden herein. Schwachheit, Krankheit, Gefangenschaft, Feindesnot sind schon eine Art von Tod." 56 Auf die Vermeidung dieser beiden „Todesarten", des verfrühten und des sozialen Todes, richteten sich die Ratschläge und Mahnungen der Weisheitslehrer, die fest darauf vertrauten, daß dies in ihrer Hand liegt.57 Durch diesen abgeleiteten Begriff des Todes erscheint der Tod nicht als „der volle, wahre, unerbittliche Tod, der zuerst und vor allem der biologische Tod ist und dem kein Mensch entgehen kann. Durch die Sublimierung des Todesbegriffs gelang es, ihn auf den Bereich der Sünder einzugrenzen, und der Gedanke kann gedacht werden, daß man durch bestimmtes menschliches Handeln dem Tod entgehen kann."58 Es sind die Toren, die dem Tod verfallen, diejenigen, die den Weg der Weisheit verlassen (Spr 1,32; 21,16). Die Gerechten und Weisen dagegen werden leben (Spr 10,2; 11,19). Und selbst wenn sie einmal sterben, so bleibt doch ihr Name erhalten und damit ein Teil von ihnen (Spr 10,7). Während so in den Proverbien der Tod weitgehend „in stillschweigender Übereinkunft ... nur soweit ins Blickfeld gerückt (wird), als er der Berechnung zugänglich ist"59, kommt die endgültige und unabwendbare Vergänglichkeit des Menschen in anderen alttestamentlichen Texten deutlich zum Ausdruck.60 Doch dabei dominiert die nüchterne Einsicht in die Vergänglichkeit alles Irdischen. „Die einfache Hinnahme des allgemeinen Todesloses als etwas von Gott Gesetztes ist ... die Grundeinstellung des Israeliten zur Vergänglichkeit."61 Weil dort das Leben als etwas Begrenztes genommen wird, das dem Menschen von Gott zugemessen ist, gibt es „ein Ende und damit auch ein innerliches Damit-zu-Ende-kommen, es gibt auch einen Zustand der Sättigung, einen Punkt, an dem das von Gott Zugemessene ausgeschöpft ist, und dies ist dann der Augenblick der Todesreife."62 G. v. Rad kann deshalb festhalten, daß sich in Israel vom Tod her keine „radikale Infragestellung des Menschen und aller seiner Lebensinhalte"63 ergab.

55

Vgl. V. Rad, Weisheit, 387; Lohfink, Tod, 201.

56

V. Rad, Theologie 1,400.

57

Zum verfrühten Tod vgl. Hausmann, Studien, 312: „Nach Einsicht der Proverbien liegt es am Menschen selbst, ob er sich vor dem vorzeitigen, überraschenden Tod bewahrt oder sich ihm ausliefert, also sein Leben aufs Spiel setzt." Zum sozialen Tod vgl. Meinhold, Sprüche 1,166 zu Spr 10,2: „Gemeint sein werden das Verfehlen und Verwirken des Lebens mit allen bösen Folgen, die einen Menschen bereits zu seinen Lebzeiten nichtig machen".

58

Lohfink, Tod, 210.

59

Zimmerli, Struktur, 198.

60

Vgl. die grundsätzlichen Aussagen in Gen 2,7; 3,19.

61

Wächter, Tod, 121.

62

V.Rad, Menschenbild, 21f.

63

V. Rad, Theologie 1,402.

48

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Genau das ist aber bei Kohelet festzustellen. Das mag zum einen daran liegen, daß er den Tod in seiner ganzen Radikalität sieht. „Hier ist an einer gewissen Leidenschaft zu ehrlicher Lebensschau heraus der große Gegner ins Gesichtsfeld getreten, demgegenüber das Selbstverständnis des Weisen versagen muß."64 Kohelet fragt nach dem Ende, und zwar bis zur letzten Konsequenz. So erfährt er das weisheitliche Fragen „nach dem ,Ende' gerade als den Weg, der die hoffnungslose Preisgegebenheit des Menschen enthüllt"65. Die Toten sind vergessen, sie wissen nichts mehr. Ihr Lieben und ihr Hassen und ihr Eifern ist längst dahin; sie haben kein Teil mehr auf der Welt an allem, was unter der Sonne geschieht. (9,6)66 Eine memnische Unsterblichkeit, also das Weiterleben im Generationen überdauernden Gedächtnis des Namens67, bestreitet Kohelet aus seinen Erfahrungen heraus. Es gibt auch keine Unterschiede im Tod und zwischen den Toten. Im Tod werden alle Menschen gleich, der Weise stirbt wie der Tor (2,1668). Wie einer nackt von seiner Mutter Leibe gekommen ist, so fährt er wieder dahin, wie er gekommen ist, und trotz seiner Mühe nimmt er nichts mit sich in seiner Hand, wenn er dahinfährt. (5,14) Zum anderen wurzelt diese Infragestellung des Menschen durch den Tod in der bei Kohelet unübersehbar zutage tretenden individualistischen Sicht des Menschen.69 Der Individualismus äußert sich bei Kohelet in verschiedenen Formen: die Reflexionen sind thematisch weitgehend auf den einzelnen beschränkt, der .Mitmensch" erscheint eher beiläufig, die Volksgemeinschaft tritt praktisch ganz zurück. Das„Ich" bekommt mit seinen Erfahrungen eine tragende Funktion in der

64

Zimmerli, Struktur, 197.

65

Zimmerli, Prediger, 131.

66

Ähnlich radikal beschreibt Hiob den Tod (Hi 14,20-22). Im Tod hört jede Verbindung mit dem Leben auf. Der Tote erleidet „ohne Teilnahme am irdischen Geschehen die eigene Verwesung" (Fohrer, Hiob, 261).

67

Vgl. Spr 10,7.

68

Vgl. Hi 21,7-26.

69

Diese individualistischen Sicht des Menschen bedeutet nicht, daß Kohelet ausschließlich auf seine eigene Person fixiert wäre. Als Weisheitslehrer wendet er sich ja gerade an andere und versucht, ihnen seine Sicht des Lebens nahe zu bringen, um so eine Verhaltensänderung zu bewirken. Dafür ist es aber erforderlich, daß seine Argumentation durch die Verwendung allgemein zugänglicher Erfahrungen jedem nachvollziehbar ist. (Vgl. Kap. 2.3.5, insbesondere S. 113 und S. 120.)

Der Sinn des menschlichen Lebens

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Argumentation. Schließlich gehört auch die Nennung des Verfassernamens70 zu den Erscheinungen des Individualismus. In dieser Form ist der Individualismus im Alten Testament etwas Neues. „Als eine so profilierte geistige Individualität präsentiert sich keine andere Spruchsammlung, auch die des Sirach nicht."71 Etwas grundsätzlich Neues ist der Individualismus aber nicht. In den biblischen Schriften vorangegangener Zeiten finden sich durchaus vereinzelte Ansätze zu einem individualistischen Menschenverständnis. So trug die Weisheit schon immer individualisierende Züge.72 Auch außerhalb des weisheitlichen Schrifttums gibt es Hinweise auf eine solche Entwicklung, das gilt für die Trennung der Generationen73 und die Individualisierung der Heilserwartung 74ebenso wie für die zunehmende Bedeutung der Persönlichkeiten der Propheten.75 O. Kaiser weist daraufhin, daß die Voraussetzungen für die sich in verschiedenen Strömungen abzeichnende Individualisierung in das exilisch-nachexilische Zeitalter zurückreichen.76 Doch erst bei Kohelet findet sich ein derart entfalteter Individualismus. Aus dieser individualistischen Sichtweise resultiert der Verlust des Geschlechterverbandes 77 , daraus wiederum der Verlust der letzten über das Leben hinausreichenden Hoffnung. Denn „wenn es für die Israeliten einen mit dem Tode verbundenen Hoffnungsschimmer gab, war es eben der, in seinem Tode leiblich und als Schatten in dem Geschlechterverband geborgen zu bleiben"78. Durch die zentrale Stellung des Individuums in Kohelets Gedanken rückt also auch das Ende des Menschen in den Mittelpunkt des Interesses. Dieselbe Entwicklung stellt M. Hossenfelder für Epikur fest. Mit dem Individualismus zeigt sich die Todesfurcht als neue bzw. in einer neuen Intensität entstandene Angst. „Denn

70

Die Zuordnung des Kohelet-Buches zu den pseudepigraphischen Schriften ist m.E. falsch, selbst die „nur halb durchgeführte Pseudonymität", von der Hengel (Judentum, 237) spricht, ist wohl unzutreffend. Denn egal ob T l ^ n p ( n ) nun ein Eigenname, ein Spitzname oder eine Funktions- bzw. Amtsbezeichnung ist, sicher scheint, daß für den ursprünglichen Adressatenkreis damit eine bestimmte, eindeutig identifizierbare Person bezeichnet wurde. Eine Pseudonymität liegt folglich nicht vor (vgl. Lohfink, melek, 357).

71

V. Rad, Weisheit, 293.

72

Vgl. z.B. Galling, Studien, 284; Schmid, Wesen, 163.

73

Vgl. Ezechiel: keine Verantwortungsübernahme der Sohn-Generation für die Väter-Generaton (v. Rad, Theologie 1,404).

74

Kaiser, Gerechtigkeit, 171, mit Verweis auf Ps 1; 119; Ez 18.

75

V. Rad, Theologie II, 86.

76

Kaiser, Gott, 135.

77

Auf die Wechselwirkungen zu Veränderungen der Gesellschaft kann hier nicht weiter eingegangen werden.

78

Kaiser, Tod, 45.

50

Kapitel 2: Anthropologische Themen

der Tod ist eine individuelle Angelegenheit, und je deutlicher das Individuum zum Sinnträger wird, um so mehr muß auch er an Bedeutung gewinnen."79 Man darf annehmen, daß Kohelet bei der Entwicklung seiner individualistischen Sichtweise auch direkte oder indirekte Anstöße aus der hellenistischen Geisteswelt bekommen hat. Auf gleichem Wege könnte er auch mit Vorstellungen von der Unsterblichkeit des Menschen bzw. seiner Seele bekannt geworden sein80, die sich allerdings auch in anderen in Kohelets Umwelt verbreiteten Traditionen finden.81 Als hellhöriger und kritischer Beobachter seiner Zeit und Umwelt werden ihm solche Ideen nicht entgangen sein. Und es finden sich auch Andeutungen solcher Ideen im Text des Kohelet-Buches. Der offensichtlichste Hinweis ist Koh 3,21, aber auch 3,17 und evtl. 6,12 könnten auf dem Hintergrund solcher Vorstellungen zu verstehen sein.

Exkurs 2: Kohelets Stellung zu verschiedenen Jenseitsvorstellungen Wer weiß, ob der Geist des Menschen nach oben steigt, der Geist des Viehs aber hinfährt in die Erde. (3,21) Vielleicht greift Kohelet hier eine Ansicht der Stoiker auf.82 Danach trennt sich beim Tod des Menschen die Seele vom Leib. Sie ist zwar sterblich, kann aber je nach Starke unterschiedlich lange als Pneumakugel unter dem Mond existieren.83 Dieser Idee stellt Kohelet seine eigenen Erfahrungen entgegen: Alles geht an denselben Ort, alles ist aus Staub und alles kehrt zum Staub zurück. (3,20) Nichts deutet also daraufhin, daß irgend etwas vom Menschen seinen leiblichen Tod überdauert. Vielleicht hat Kohelet die Vorstellung einer Weiterexistenz nach dem Tod aber durchaus ernsthaft durchdacht. Ich sprach in meinem Herzen: den Gerechten und den Frevler richtet Gott. Ja, es gibt eine Zeitfür jede Sache und für jedes Werk dort. (3,17j84 Trifft diese Deutung zu, so hätte Kohelet der Ansicht von V 17 in V 18 eine andere Meinung entgegengestellt oder besser: zur Seite gestellt. V 19ff macht dann deutlich, daß Kohelet zunächst einmal nach seinen Erfahrungen urteilt, d.h. nach dem Augenschein. Dabei erkennt er, daß es hinsichtlich der Vergänglichkeit zwischen Mensch und Tier keinen Unterschied gibt, weil eben beide nach dem Tod wieder zu Staub werden. Das ist sicher,

79

Hossenfelder, Philosophie, 114f.

80

Vgl. Hengel, Judentum, 228.

81

Kroeber (Prediger, 136) denkt an iranische Einflüsse, ebenso könnte auf die umfangreichen Jenseitsvorstellungen Ägyptens verwiesen werden.

82

Wie Lux („Denn es ist kein Mensch...", 269) gezeigt hat, könnte Kohelet hier auch eine Ansicht der Weisheit aufgegriffen haben, die den göttlichen Lebensatem ganz Uberwiegend für den Menschen reservierte (Gen 2,7; Hi 12,10; 27,3 u.ö.) und so in der Lage war, auch in Bezug auf das Todesgeschick eine Differenzierung zwischen Mensch und Tier vorzunehmen.

83

Vgl. Hossenfelder, Philosophie, 84.

84

Levy (Qoheleth, 4) und Kroeber (Prediger, 136) nehmen an, Kohelet habe früher mit einer jenseitigen Vergeltung gerechnet. Schoors (r'h, 234) geht davon aus, daß Kohelet diese Möglichkeit hier zwar in Erwägung zieht, durch V 18 und 21 aber zeigt, daß diese Annahme nicht tragfähig ist.

Der Sinn des menschlichen Lebens

51

denn es ist aufweisbar. Alle darüber hinausgehenden Ideen können nur mit einem Fragezeichen versehen werden. Darunter fällt auch der Gedanke von V 17, ohne daß noch einmal ausdrücklich auf ihn Bezug genommen würde. Die meisten Kommentatoren halten es für ausgeschlossen, daß Kohelet mit einer jenseitigen Vergeltung rechnet. Beispielhaft sei hier auf D. Michel verwiesen, der den Abschnitt Koh 3,16-22 geradezu als Polemik „gegen die Vorstellung einer Vergeltung im Jenseits" 85 versteht. Nach seiner Ansicht liegt diese Polemik ganz auf der Linie der Argumentation Kohelets, denn „wenn es eine Vergeltung im Jenseits gäbe, wäre seinem Gedankengebäude der Boden entzogen" 86 . Das trifft zwar zu, ist aber einseitig. Richtig daran ist, daß Kohelet nicht auf eine Vergeltung im Jenseits vertraut und daß seine Haltung zum Tod und in der Folge dann auch zum Leben sonst wohl völlig anders aussähe. Doch seine insgesamt negative Haltung zu dieser Vorstellung wird nirgends durch eine eindeutige Verwerfung zum Ausdruck gebracht. Kohelet wischt diese Vorstellung, wie D. Michel zu Recht bemerkt, „mit dem ,ηοη liquet' des Empirikers beiseite" 87 , aber er verwirft sie nicht grundsätzlich. Das ist ein deutlicher Unterschied. Ebensowenig schließt er eine Vergeltung im Diesseits grundsätzlich aus. Es kann ja durchaus vorkommen, daß man guten Lohn fur seine Mühe erhält (Koh 4,9). Es kann auch vorkommen, daß der Frevler durch Gott bestraft wird und vorzeitig sterben muß (Koh 7,17), es kann aber auch das Gegenteil eintreten, wie das Beispiel Koh 7,15 zeigt. Alles Zukünftige ist unsicher, das gilt für die Tage des Lebens (Koh 7,14) und erst recht für das, was danach kommt. Deshalb kann man sich nicht darauf verlassen. Für die Lebensgestaltung sind solche unsicheren Ideen, wie die einer jenseitigen Vergeltung, nach Kohelets Ansicht nicht zu gebrauchen. Das bestätigt sich auch an dem abschließenden Vers Koh 3,22: Weil der Mensch nicht weiß, was nach ihm geschehen wird, ist er an das verwiesen, was für ihn sicher ist. Das ist zum einen der Tod, das einzige, das für die Zukunft mit Sicherheit vorauszusagen ist (Koh 3,20), und das ist zum anderen der Augenblick sowie die darin erfahrbare Freude, denn auch der Augenblick ist dem Menschen sicher, weil er ja bereits eingetreten ist.88 Eine ähnliche Frage begegnet in Koh 6,12. Ja, wer weiß, was für den Menschen gut ist im Leben, in der verwehenden Zahl seiner Lebenstage, die er verbringt wie einen Schatten ? Denn wer teilt dem Menschen mit, was nach ihm sein wird unter der Sonne? Weil Kohelet in 3,22 durchaus weiß, was fur den Menschen gut ist, wird des öfteren vermutet, es handle sich in 6,12a um eine rhetorische8® oder ironische Frage90 bzw. um ein Zitat, in dem sich eine eschatologische Hoffnung ausdrückt, gegen die sich Kohelet mit der Frage in 6,12b richtet." Doch zwischen Koh 3,22 und 6,12 besteht ein deutlicher Unterschied. Während Kohelet in 3,22 eindeutig zum Genuß des Guten auffordert, spielt dieser Gedanke in 6,12 nur von 6,9 her eine gewisse Rolle. Vorrangig geht es hier um den Umgang

85

Michel, Untersuchungen, 116. Dabei betrachtet er V 16 als eine von Kohelet kritisch bedachte Fremdmeinung und bezieht den Ort des Gerichts auf das Jenseitsgericht. V 17 hält er für eine sekundäre Ergänzung des 2. Epilogisten (Untersuchungen, 251).

86

Michel, Untersuchungen, 116.

87

Michel, Untersuchungen, 251.

88

Das Vergangene könnte als die dritte sichere Gegebenheit im Leben benannt werden, weil auch dieses bereits eingetreten ist. Kohelets Feststellungen in 1,9-11 beruhen auf Erfahrungen, die an der vergangenen Geschichte gewonnen wurden und auf die Zukunft angewendet werden.

89

Ogden, Readings, 98.

90

Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 160, Anm 11.

91

Michel, Untersuchungen, 164.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

mit dem, was dem Menschen ohne bzw. gegen seinen Willen begegnet, nämlich mit dem, was über ihn verfugt ist (6,10). Und dabei kann Kohelet keine so eindeutige Empfehlung geben. Da Kohelet mehrfach die restlose Vergänglichkeit des Menschen betont, stellt sich jedoch die Frage, wieso das, was nach dem Leben eines Menschen geschieht, für das Handeln im Leben von irgendeiner Bedeutung sein kann. Die Vermutung, Kohelet könnte hier auf eine ähnliche Vorstellung wie in Koh 3,21 oder auf die Hoffnung einer jenseitigen Vergeltung eingehen (sei es fragend, sei es ironisch ablehnend), scheitert an der eindeutig auf die Erde verweisenden Formulierung unter der Sonne

(vJmin nnri)92. Demnach wäre am ehesten K. Gallings Auffassung zutreffend, wonach 6,12b verdeutlichen soll, daß der Mensch über das, was gut fur ihn ist, genauso wenig wissen kann wie über das, was nach ihm geschehen wird." Doch vielleicht reagiert Kohelet hier mit der gleichen Offenheit wie in 3,21 auf eine andere Vorstellung, die er für die Lebensgestaltung eigentlich ablehnt, weil sie durch keine Erfahrung abgesichert werden kann. Zu denken wäre dabei an ein (wie auch immer vorzustellendes) Weiterbestehen des einzelnen unter der Sonne, z.B. als Erinnerung an den Namen (vgl. Spr 10,7). Daß Kohelet diese weit verbreitete Vorstellung in den ersten Kapiteln (z.B. 1,11; 2,16) eindeutig verwirft, schließt diese Deutung nicht aus, weil der Kontext der Argumentation ein ganz anderer ist. Während Kohelet in den ersten Kapiteln alle Wege auf der Suche nach einem bleibenden Ertrag des Lebens durchdenkt, um letztlich zu dem Ergebnis zu kommen, daß es einen solchen nicht gibt, mahnt er hier, gegen das Schicksal nicht anzurennen und nicht sinnlos mit dem Stärkeren zu hadern. Geht es im ersten Fall darum, das Leben nicht durch falsche Hoffnungen zu verpassen, so geht es im zweiten Fall darum, das Leben nicht durch falsche Auflehnung gegen das Schicksal zu belasten. In beiden Fällen verweist Kohelet letztlich auf das Gegebene. Man muß sich stets an das halten, was vor Augen steht, um es zu genießen (3,22; vgl. 6,9) oder um es zu ertragen (6,10). Ein weiteres Indiz fur Kohelets offene Haltung gegenüber den Jenseits-Vorstellungen seiner Umwelt ist die Übernahme der in Israel traditionellen Scheol-Vorstellung. Obwohl diese Anschauung eigentlich der in Koh 3,20 geäußerten Ansicht widerspricht, wird sie in Koh 9,10 geradezu selbstverständlich erwähnt. Die Scheol ist der Ort, zu dem hin der Lebende sich auf dem Weg befindet. 94 In Koh 6,6 ist mit dem einen Ort, zu dem hin alles geht, wohl auch die Scheol gemeint. Was Kohelet von diesem Ort sagt und wie er es sagt, erinnert sehr an den im Alten Testament auch sonst anzutreffenden Sprachgebrauch. Überall wird dort die Scheol mehr oder weniger deutlich vorausgesetzt, es kommt ihr jedoch keine echte Bedeutung zu. Die Toten, die dort weilen, sind Schatten, nicht mehr. Sie haben, im Gegensatz zu den Vorstellungen der Umwelt Israels, keinerlei Mächtigkeit." Kohelets Aussagen über die Scheol sind ausschließlich Negationen. Dort gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit (Koh 9,10). Man darf wohl auch Koh 9,5f mit hinzunehmen, auch wenn hier nicht ausdrücklich von der Scheol gesprochen wird: die Toten wissen nichts und können nichts tun, nicht lieben, nicht hassen.96 Was E. Stranzinger für die alttestamentliche

92

Zu der eingrenzenden Bedeutung dieser Wendung vgl. Goßmann, CPOUin ΤΊΠΤ1 -

\yo\yn nnri. 93

Galling, Prediger, 105.

94

Zur Übersetzung von "pn vgl. Kaiser, Determination, 259.

95

Zur Scheol-Vorstellung vgl. L. Wächter, Art.: s'ol, ThWAT VII, 901-910 und die dort angegebene Literatur.

96

Auch in einem hethitischen Fragment wird vorwiegend (aber doch nicht wie bei Kohelet ausschließlich) in Negationen vom Totenreich gesprochen: Der eine kann den an[deren nicht

Der Sinn des menschlichen Lebens

53

Scheolvorstellung sagt, gilt in vollem Maße auch für Kohelet: „Es ist wesentlich am Inhalt des Scheolbegriffes, daß er die Vorstellung eines mehr oder minder und schließlich eines fast auf Null zusammengeschrumpften Lebens miteinschließt."'7 Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch auf Koh 12,7 einzugehen. Auch hier findet sich eine Art Jenseitsvorstellung, wenngleich sie sehr blaß ist. Viele Kommentatoren streichen diesen Vers oder seine zweite Hälfte, weil sie eben der Ansicht sind, eine zu Gott zurückkehrende rüah sei für Kohelet eine unmögliche Vorstellung, die noch dazu im Widerspruch zu Koh 3,19-21 steht. Dieser Widerspruch löst sich aber auf, wenn man zwei Gesichtspunkte berücksichtigt. Zum einen muß man den unterschiedlichen Charakter der Argumentation und der dabei verwendeten Sprache berücksichtigen. In Koh 3,16-22 verdeutlicht Kohelet mit drastischen Vergleichen und in polemischen Formulierungen, daß der Mensch in seiner Vergänglichkeit dem Vieh nichts voraus hat, weshalb er nicht auf die vage Idee einer unsterblichen Seele vertrauen, sondern statt dessen den Augenblick des Glücks genießen sollte. Im Schlußgedicht des Kohelet-Buches, zu dem der Vers 12,7 gehört, geht es um die Ermunterung, die Jugend zu genießen und in ihr zugleich des Schöpfers (und damit der eigenen Geschöpflichkeit) zu gedenken. Dafür bedient sich Kohelet einer ruhigen, bildreichen Sprache, der jede polemische Spitze fehlt,98 Zum anderen geht es bei der Rückkehr der rüah zu Gott nicht um eine Fortsetzung der individuellen Existenz. Die Rückkehr der rüah ist nichts anderes als die Rückkehr des,Lebensprinzips" zum Geber allen Lebens." Ähnliche Gedanken finden sich vor allem in Ps 104,29f und Hi 34,14f. So schreibt N. J. Tromp unter Verweis auf Gen 2,7 und 3,19 zu Hi 34: „God's quickening breath is given to man and it returns to Him when man dies, so that the union of breath and dust (which is living man) is dissolved."100

erkeJnnen; die Schwestern von der gleichen Mutter können (einander) [nicht erkenjnen. Brüder vom selben Vater können (einander) [nicht erjkennen. ... Sie können [nicjht von einem [schö]nen Tisch essen. [Von] einem schönen Stuh[l] können sie [nichjt essen.... sie müssen Schmutzmassen es[sen] (und) Schmutzwasser [trinjken. Zitiert nach TUATIII/4, 859f. 97

Stranzinger, Jenseitsvorstellung, 76f.

98

Vgl. Zimmerli, Prediger, 173 zu 3,19ff: „In Pred 12,7 äußert Kohelet selber auch einmal ganz unbefangen diese allgemeine Anschauung seiner Umwelt. An der vorliegenden Stelle dagegen setzt er im Rahmen einer polemischen Argumentation, welche allen Stolz des Menschen vernichten soll, auch dazu sein Fragezeichen: Wer weiß denn auch nur dieses wirklich mit Sicherheit?"

99

Vgl. Witzenrath, Süß, 43: „Das Ich hört zu existieren auf, wenn Gott die einzelnen rühöt einsammelt." Ähnlich auch Blieffert, Kohelet, 62f und zuletzt Hossfeld, Die theologische Relevanz, 384f: „Es geht wohl nicht um eine Spekulation des Weiterlebens menschlicher Seinsprinzipien oder Anteile nach dem Tode, sondern ganz im Sinne traditioneller Menschenschöpfung um die Rückkehr des Lebensatems zu Gott, der das Leben gegeben bzw. dem Menschen eingehaucht hat (Gen 2,7). Dann ist 12,7 eine theologische Umschreibung des menschlichen Exitus, die allerdings leicht im Sinne des Weiterlebens umzudeuten war." Vgl. auch S. 137, speziell Anm. 236.

100 Tromp, Conceptions, 87. Kellermann (Überwindung, 280) weist daraufhin, daß gerade diese „im weisheitlichen Schöpfungsdenken tradierte Grundvorstellung von der Ruach als einer zu Gott zurückkehrenden unpersönlichen Lebenskraft" dem Judentum die Übernahme des griechischen Seelenglaubens erleichtert. Umso bemerkenswerter ist es, daß Kohelet hier diesen Seelenglauben nicht übernimmt.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

Geht es in Koh 3,21 um die Unsicherheit über ein besonderes Geschick der menschlichen rüah und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Leben, so geht es in Koh 12,7 um die Beständigkeit Gottes und der Natur, zu der das Kommen und Gehen der Generationen (Koh 1,4) und damit das Aussenden und Zurückziehen der rüah (Ps 104,29) gehört.

Es hat sich gezeigt, daß Kohelet die Jenseitsvorstellungen seiner Umwelt nicht eindeutig ablehnt, daß er sich aber der mangelnden Einsicht in Zukünftiges bewußt und deshalb in diesen Dingen äußerst zurückhaltend ist. Seine Offenheit gegenüber solchen Vorstellungen ist gewissermaßen die Konsequenz aus der Überzeugung, daß der Mensch gar nichts über die Zukunft wissen kann, so daß weder positiv noch negativ sichere Aussagen gemacht werden können. Diese Offenheit findet jedoch dort ihre eindeutige Grenze, wo es um die konkrete Lebensgestaltung geht. Hier verläßt sich Kohelet zunächst einmal nur auf das, was sicher ist: den zukünftigen Tod, das augenblicklich Gegebene und das in der Vergangenheit Eingetretene. Alles andere ist mit dem Risiko der Ungewißheit behaftet. Dieses Risiko muß der Mensch jedoch immer wieder in Kauf nehmen, weil er trotz seines Unwissens um das Kommende für die Zukunft handeln muß.101 Aus diesem alltäglichen Verhalten erklärt sich auch, warum Kohelet die beiden alttestamentlichen „Jenseits"-Vorstellungen unkritisiert übernehmen konnte, andere diesbezügliche Aussagen aber deutlich hinterfragt hat. Jede Vorstellung, die auch nur die geringste Hoffnung auf ein besseres Jenseits weckt, wird von Kohelet in Frage gestellt, weil die Erwartung einer postmortalen Zukunft vom Genuß des Gegenwärtigen abhalten könnte. Damit würde der Mensch aber das einzig Sichere zugunsten einer vagen Idee verwerfen. Solche Folgen sind weder bei der alttestamentlichen Scheol-Vorstellung nochbeidemGedanken der zu Gott zurückkehrenden rüahia befurchten, denn die Erwartung einer individuellen Weiterexistenz fehlt bei beiden. Der Tod ist und bleibt damit das unumstößliche und restlose Ende des Individuums. Von einem wirklichen Jenseitsglauben oder gar der Erwartung eines jenseitigen Gerichtes kann man deshalb bei Kohelet nicht sprechen.102 Zutreffend stellte schon E. Stranzinger fest, daß für Kohelet das Jenseits bedeutungslos war; „das Leben nach dem Tode bringt für den, der es versäumt, sich zu freuen, keinen Ausgleich"103. So muß sich auch Kohelets Suche nach jiirdn, nach einem bleibenden Ertrag des Lebens, ausschließlich auf das Leben im Diesseits beschränken. Dabei traf Kohelet, wie bereits das vorangegangene Kapitel zeigte, immer wieder auf den Tod, so daß seiner Suche hier eine Grenze gesetzt wurde. 101 Vgl. Kap. 3.2.2, S. 181. 102 Anders z.B. Davis, Ecclesiastes 12:1-8, 318, Hartenstein, Prediger, 22f; Maltby, Ecclesiastes, 42; Müller, Aufbau, 120f; Stoll, Prediger, 139, Anm 570. 103 Stranzinger, Jenseitsvorstellung, 137.

Der Sinn des menschlichen Lebens

55

Umgekehrt darf vermutet werden, daß der Tod auch der entscheidende Ausgangspunkt für die Frage nach dem Ertrag des Lebens ist. Daneben werden noch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben, etwa die gesellschaftliche Umbruchsituation, die in Israel in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. durch den zunehmenden hellenistischen Einfluß entstanden war und die Tendenz zum Indiviualismus verstärkt haben dürfte. Denn der Mensch wird sich selbst zunehmend fragwürdig, wenn Zeitgeist und Zeitgeschehen ihn „in Frage stellen, ihn mit Verwirrung und Auflösung menschlicher Ordnungen bedrohen, ihn vor das Rätsel, sogar die scheinbare Sinnlosigkeit seines Daseins stellen"104. Die Frage nach seiner Stellung in der Welt und dem Sinn seines Daseins drängt sich dann zunehmend in den Vordergrund. Hauptursache dürfte aber doch wohl jener „Endlichkeitsschock"105 sein, die Einsicht in die eigene Sterblichkeit, die sich besonders deutlich in Koh 2,13-23 niedergeschlagen hat. Leo Tolstoj schildert in seiner Erzählung „Der Tod des Iwan Iljitsch" einen solchen Endlichkeitsschock. Iwan Iljitsch wußte sehr wohl um die Vergänglichkeit des Menschen, schließlich kannte auch er jenen Syllogismus, nach dem Cajus ein Mensch ist, alle Menschen sterblich sind und also auch Cajus sterblich ist. Das war ihm „sein ganzes Leben lang sehr richtig in bezug auf Cajus erschienen, in keinem Falle aber in bezug auf sich selber. Cajus - das war der Mensch, der Mensch im allgemeinen, und da war gegen diesen Schluß nichts einzuwenden. Aber er war gar nicht Cajus und durchaus nicht der Mensch im allgemeinen, sondern er war immer ein ganz und gar besonderes, von allen anderen verschiedenes Geschöpf. ... Cajus ist sterblich, und es ist ganz in der Ordnung, daß Cajus stirbt; aber ich, Wanja, Iwan Iljitsch, mit all meinen Gedanken und Gefühlen - das ist eine ganz andere Sache, es kann nicht sein, daß auch ich sterben muß. Das wäre zu schrecklich."106 Kohelet formuliert im Rückblick seine entscheidende Erkenntnis so: Ich merkte auch, daß ein Geschick alle trifft. Und ich sprach in meinem Herzen, wie das Geschick der Toren, so trifft es auch mich. (2,14b.l5aa) Was wird dann aber aus dem Leben? Oder - wie Tolstoj seinen Iwan Iljitsch sagen läßt: „Ich werde nicht mehr sein, was wird aber dann sein? Nichts wird sein. Wo werde ich denn sein, wenn ich nicht mehr sein werde? Ist das der Tod? Nein, ich will nicht sterben..."107 Der allgemein menschliche Wunsch zur Selbsterhaltung führt zu der Frage, was von diesem Leben und von der eigenen Person bleibt. Hiob, der wie Iwan Iljitsch fragt, wo denn der Mensch ist, wenn er stirbt (14,10), bittet Gott, er möge ihn

104 Coreth, Mensch, 11. 105 Kaiser, Tod, 65. 106 Tolstoj, Erzählungen, Bd. 5, 265f. 107 Tolstoj, Erzählungen, Bd. 5, 263.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

im Totenreich verwahren bis Gottes Zorn sich gelegt hat (14,13). Kohelet hingegen kommt durch die Konfrontation mit dem eigenen Tod offensichtlich zu seiner Frage nach jitrön, nach einem Vorteil, der mehr ist als nur ein Vorteil für die Lebenstage, der als Ertrag des Lebens einen bleibenden Gewinn darstellt und das individuelle Leben über den Tod hinaus bewahrt und ihm dadurch einen Sinn verleiht. Die Notwendigkeit einer solchen individuellen Lösung der Sinnfrage ergibt sich aus Kohelets an der eigenen Person orientierten Sichtweise. In der Gemeinschaft der Generationen oder der Gesellschaft kann er für sich keinen befriedigenden Sinn entdecken. Auf diesem Hintergrund ist es m.E. deutlich, daß Kohelets Ausgangsfrage (1,3) als Sinnfrage irgendwann eine offene Frage gewesen sein muß, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Abfassung eher eine rhetorische Frage gewesen sein dürfte. Die Wege, auf denen Kohelet nach jitrön suchte und das Ergebnis seiner Bemühungen wurden bereits im vorangegangenen Kapitel nachgezeichnet. Kohelet fragt sich nach dem Sinn seines Weisheitsstrebens: Wofür bin ich so überaus weise geworden? (2,15) Aber er kann sich nicht auf einzelne Bereiche beschränken. Alle Leistungen, alle Werte dieses nun als vergänglich erkannten Lebens werden plötzlich fragwürdig.108 Die Frage läßt sich also erweitern: Wofür habe ich mich gemüht? Wofür habe ich überhaupt gelebt? Das Leben scheint ihn betrogen zu haben, deshalb haßt er das Leben (2,17). Dieser Haß gilt wohl nicht nur dem Leben, das keine Möglichkeit bietet, etwas Bleibendes zu schaffen, er gilt vor allem dem Tod 109 , der durch seine vernichtende Wirkung jeden erzielten Vorteil zerstört und der auch alle Unterschiede im Leben einebnet - ob Weiser oder Tor, sie alle werden vergessen. Sein Haß gilt auch der Mühe, mit derer versuchte, etwas Bleibendes unter der Sonne zu erlangen (2,18). Auch von ihr fühlt er sich betrogen, denn was er sich mühsam und mit Weisheit schuf, wird er irgendwann verlieren, er wird es einem Menschen lassen müssen, der sich dafür nicht mühen mußte (2,21). Liest man die folgenden Kapitel des Buches, so findet man dort von diesem Haß auf das Leben gar nichts mehr. Und die dahinterstehende Auflehnung gegen den Tod findet sich eigentlich nur noch zwischen den Zeilen (vgl. Koh 5,14f; 9,2f), so daß L. Wächter sogar der Ansicht ist, daß es bei Kohelet (wie auch sonst im Alten Testament) ein Anrennen gegen den „Tod als Grenze alles Irdischen" nicht

108 Vgl. Paus, Grenzerfahrung, 8: „Der einmalige und unwiederholbare Tod als eine zum Leben gehörende erlittene Grundgegebenheit wirkt sich in ausnahmslos allen Problem- und Gestaltungsbereichen des Daseins (...) aus und zwingt vor die Frage nach dem Sinn des endlichen Lebens," 109 Vgl. Jüngel, Tod als Geheimnis, 22: Haß auf den Tod kann „sogar als Haß auf das im Tode endende Leben ausbrechen", ähnlich Davis, Death, 298.

Der Sinn des menschlichen Lebens

57

gibt.110 Vergleicht man das Schlußgedicht und seine ruhige, ja geradezu friedliche Schilderung von Alter und Tod mit den Äußerungen des 2. Kapitels, so kann man an diesem Umschwung eine Entwicklung in Kohelets Stellung zum Tod erahnen.111 Der Tod erscheint als Teil der Welt, in der Gott alles zu seiner Zeit angemessen112 macht (3,11). Das menschliche Geschick wird wie in vielen anderen biblischen Texten als eine Tat Gottes hingenommen, „das Dasein ist als vergängliches sein Werk"113. So bilden die ganz nüchterne Feststellung der Sterblichkeit und der dem Windhauch gleichen Vergänglichkeit aller Dinge den Abschluß des Gedichtes und den doppelten Rahmen des Buches (1,2-4; 12,6-8). Die Klagen von Koh 2,12ff sind ein „erstes, wenn auch noch schmerzhaftes Ja zum Faktischen"114. Kohelet hat in seiner „gewissen Leidenschaft zu ehrlicher Lebensschau""5 den Tod offensichtlich nicht nur ins Blickfeld genommen, er hat im Laufe der Zeit auch gelernt, ihn zu akzeptieren. Davis schreibt: „Solomon discovered that the meaning of life can be found only by facing the inevitable reality of death"116. Ein wesentliches, vermutlich das entscheidende Moment, das Kohelet die Annahme der eigenen Sterblichkeit ermöglichte, hat seinen Niederschlag in dem eben schon erwähnten Vers Koh 3,11 gefunden. Kohelet betrachtet die vielfältigen Tätigkeiten, die alle ihre bestimmte Zeit haben und von Gott den Menschen auferlegt wurden. Alles macht er angemessen zu seiner Zeit, auch hat er die Dauer in ihr Herz gelegt, ohne daß der Mensch herausfinden kann das Werk, das Gott tut, von Anfang bis Ende. Nirgends wird dieser Satz von Kohelet begründet. Er bedarf für ihn offensichtlich keiner Begründung. Die Welt ist von Gott gemacht, alles hat hier seine Ordnung, auch der Tod. Obwohl Kohelet den Sinn nicht begreifen kann, schließt er doch aus der mangelnden Einsicht nicht auf die Sinnlosigkeit des Weltgeschehens." 7 Wie die eigene Endlichkeit, so akzeptierte Kohelet schließlich auch, daß die Vergänglichkeit allen Tuns zum Wesen des sterblichen Menschen gehört. Der

110 Wächter, Tod, 122. 111 Wenn hier von einer Art Entwicklung gesprochen wird, so bedeutet das nicht, daß das gesamte Kohelet-Buch chronologisch angelegt ist. Die Reihenfolge ergibt sich eher aus der Darstellung der Sache, düfle in diesem Punkt aber der chronologischen Entwicklung Kohelets entsprechen. 112 Zur Übersetzung von jägath mit angemessen

vgl. S. 64, Anm. 158.

113 Schmidt, Der du die Menschen, 122 zu Ps 90. 114 Lohfink, Kohelet, 28. 115 Zimmerli, Struktur, 197, vgl. auch Kap. 2.1.2, S. 48. 116 Davis, Death, 299. 117 Anders Lauha, Omnia, 23: „Der eben erwähnte Versuch der Lösung von grossen Lebensfragen (nämlich mittels Weisheit; d. Verf.) ist erfolglos, weil das Weltgeschehen selbst keinen Sinn hat."

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

Verzicht auf das Streben nach Dauer und nach Dauerhaftem ging einher mit einem Sehendwerden"8, welches das Leben insgesamt und alle seine Teile in einem neuen Licht erscheinen läßt. Zu welchen Ergebnissen Kohelet dabei im einzelnen kam, wird in einem späteren Kapitel zu zeigen sein.119 Zunächst soll es um die entscheidende Erkenntnis gehen, mit der Kohelet nach seinen gescheiterten Bemühungen um jitron einen ganz neuen Weg einschlägt.

2.1.3 hü 'hcelqd - Die Antwort auf die Sinnfrage Nach den recht negativen Ergebnissen seiner in Koh 1,13-2,2 geschilderten Unternehmungen kommt Kohelet in 2,10 zu einer überraschend positiven Zwischenbilanz. Was (auch immer) meine Augen verlangten, nichts versagte ich ihnen, ich hielt mein Herz von keiner Freude zurück, ja mein Herzfreute sich durch all meine Mühe. Und das war mein Teil von all meiner Mühe. Offensichtlich hatte er in der Freude seines Herzens etwas gefunden, was er als lohnend empfand. Er bezeichnet diese Freude mit dem Begriff helceq, was bei seinen Hörern gewiß Assoziationen wachgerufen haben wird. Dieses Nomen stammt von der Wurzel Hq Π.120 Das Verb häaq bedeutet teilen, zuteilen, wobei das Gewicht oft „weniger auf dem Vorgang des Teilens als solchem, als auf dem des Zuteilens, Anteil-Gebens"121 liegt. Objekte des Teilens bzw. Verteilens sind Gegenstände im weitesten Sinn (Beute, Nahrung, Kleider, Ackerland, Erbe). Diesem Gebrauch entspricht auch die Verwendung des Nomens helceq .Anteil" (z.B. an der Beute).„In engerer Bedeutung ist helceq das dem Einzelnen zukommende Stück Land oder Acker"122, also der Anteil, „der einem nach Sitte und Gesetz zukommt"123. In übertragener Bedeutung entwickelte sich daraus „ der einem von Gott bestimmte Anteil am Leben, das Schicksal"124, daneben steht helceq aber auch für den Ort, an den jemand gehört bzw. für die Gruppe, zu der er gehört.125 An dieser Stelle ist besonders jene spezifisch theologische Bedeutung interessant, in der Jahwe als „Teil" einer Menschengruppe oder eines einzelnen bezeichnet wird. Ursprünglich war dieser Gebrauch auf die Leviten bezogen, die keinen helceq an 118 Vgl. Weizsäcker, Garten, 104. 119 Vgl. Kap. 2.3, S. 90ff. 120 Vgl. Tsevat, ThWAT II, 1015-1020; Schmid, THAT I, 576-579. 121 Schmid, THAT I, 576. Zu Stellenangaben hier und im Folgenden vgl. die angegebene Literatur. 122 Schmid, THAT I, 577. 123 Tsevat, THWAT II, 1015. 124 Tsevat, THWAT II, 1015. 125 Vgl. Tsevat, THWAT II, 1017 und Schmid, THAT I, 578.

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Palästina, d.h. kein Anrecht auf Bodenbesitz hatten.126 Ihr helceq war Jahwe, was materiell bedeutete, „daß die Priester das Recht auf gewisse .Anteile' an Opfern haben"127. Später entnahm man dieser Zusage Jahwes „das Angebot einer Lebensgemeinschaft mit Jahwe, die unverlierbar war, weil sie von den Störungen des äußeren Lebensstandes gar nicht berührt werden konnte"128. Schließlich verband sich mit der Aussage, Jahwe ist mein Teil" auch die Hoffnung auf eine Gemeinschaft mit Jahwe, die den Tod überdauert.129 All dies dürfte für die Hörer, denen diese Bedeutungen vertraut waren, in der Aussage von Koh 2,10, daß Kohelet die Freude als seinen Teil erkannt hat, mitgeklungen haben. Doch schon im nächsten Vers fällt er auch darüber ein negatives Urteil, dasfreilichnach den Ausführungen des Kapitels überjip-ön nicht überraschen kann. Berücksichtigt man nämlich den Maßstab, den Kohelet bei seiner Ausgangsfrage zugrunde legt, ist es einsichtig, daß auch die Freude kein jiirön sein kann. Einen das Leben überdauernden Gewinn kann auch sie nicht sichern.130 Nachdem Kohelet aber fiir sich eingesehen hat, daß solch ein bleibender Gewinn nicht im Bereich menschlicher Möglichkeiten liegt, verschwindet auch der Schatten, der durch die Suche nach jiirön auf die Freude als helceq gefallen ist. In 3,22 kann Kohelet deshalb ohne jede Einschränkung sagen: Und ich sah, daß es nichts besseres gibt, als wenn ein Mensch sich freut in seiner Mühe. Wahrlich, das ist sein Teil. Wie hier, so ist helceq an allen Stellen, wo es nicht im allgemeinen Sinn von Anteil (11,2) oder Erbteil (2,21) erscheint, ein ganz und gar positiver Begriff. Neben 2,10 und 3,22 wird auch in 5,17.18 sowie 9,9 die Freude oder der Lebensgenuß als „sein/dein Teil" bezeichnet. In Koh 9,6 ergibt sich die positive Bedeutung aus der eindeutig negativen Alternative: Die Toten haben kein Teil mehr auf der Welt, sie sind ausgeschlossen von dem, was unter der Sonne des Menschen Teil ist. Nirgends ist im Text zu erkennen, wo Kohelet darunter seufzt, „daß es nur ein Teil ist, der immer zugleich das Ganze versagt", wie W. Zimmerli131 meint. Auch Η. H. Schmid spricht sich gegen diese Deutung aus und verweist darauf, daß helceq hier kein mathematischer, sondern ein existentialer Begriff ist. Er bezeichnet den Ort des Menschen in der Welt.132 Doch dies dürfte nur eine mögliche Konnotation

126 Vgl. z.B. Num 18,20. 127 Tsevat, ThWAT II, 1018. 128 V . R a d , Theologie 1,417. 129 Vgl. v. Rad, Theologie 1,419; Ps 16,5; 73,26. 130 Vgl. Kap. 2.1.1, S. 37. 131 Zimmerli, Prediger, 134. 132 Schmid, Wesen, 188. Unklar bleibt allerdings, wie Schmid angesichts der positiven Äußerungen Kohelets über den hel&q zu der Ansicht gelangt, in der Welt, wie Kohelet sie sieht, gäbe es für den Menschen „kaum einen Ort, nicht einmal in einem begrenzten Sektor" (ebd.).

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des Begriffs sein.133 Daneben schwingt zumindest teilweise auch eine materielle Bedeutung mit. Sie wird in Koh 5,18 deutlich: Auch jeder, dem Gott Reichtum und Schätze gab und ihn ermächtigt hat, davon zu essen, seinen Teil zu nehmen und sich zu freuen in seiner Mühe - eine Gabe Gottes ist das. Da manche Lebensgenüsse an materielle Güter gebunden sind, können auch diese zu des Menschen Teil gehören. In diesem Vers 5,18 wird aber auch der entscheidende Gesichtspunkt deutlich: eine Gabe Gottes ist das. Kohelet gebraucht den Begriff helceq vorwiegend in jener übertragenen Bedeutung, in der es um den von Gott bestimmten Anteil geht, helceq ist bei Kohelet also ein Schicksalsbegriff. Gott ist es, der diesen Teil gibt, so wie er auch die Lebenstage gibt, in denen der Mensch seinen Teil genießen kann (5,17).134 Das wird bestätigt durch die ersten beiden Stellen, an denen zum Genuß ermuntert wird, ohne hierbei jedoch von helceq zu sprechen. Koh 2,24 stellt fest, daß das Gute nicht im Menschen liegt135, sondern aus Gottes Hand kommt.136 Und in 3,13 sagt Kohelet wie in 5,18, daß der Genuß eine Gabe Gottes ist.137 Aufgrund dieses Gabe-Charakters138 wird für den, der um diesen Charakter weiß, Gott selbst in der Freude erfahrbar. .Mithin verbirgt sich hinter dem Schicksalsbegriff pt>n die dem Mensch zugekehrte Seite Gottes"139. In dem Abschnitt Koh 5,17-19 kommt dieser Gedanke exemplarisch zum Ausdruck. Seine Deutung ist allerdings stark umstritten. Die entscheidende Frage ist das Verhältnis von 5,17f zu 5,19. Setzt V 19 die ganz und gar positiven Aussagen der vorangehenden Verse fort oder bringt er eine negative Wertung der Freude? Eine solche Abwertung der Freude sieht z.B. A. Lauha.140 Nach seiner Auffassung zeigt V 19, daß es hier um die „Losung der einfachen Freude", geht, die ein „oberflächlicher Zeitvertreib" ist, bei der man die Begrenztheit des Lebens vergißt. H.-P. Müller versteht V 19 sogar als Antithese

133 Vgl. Lux, Lebenskompromiß, 269, Anm. 21. 134 Vgl. Koh 8,15; 9,9 sowie 3,22, wo auf die Zeit nach dem Tod verwiesen wird, über die man nichts wissen kann, weshalb man jetzt seinen Teil genießen soll. 135 Vgl. S. 31, Anm. 55. 136 Zum Geben Gottes vgl. Müller, Wie sprach Qohälät von Gott? 137 Blieffert (Weltanschauung, 21f) kommt gerade zum gegenteiligen Urteil. Für ihn drückt sich in bekeq „im Sinne einer eudämonistischen Weltanschauung der Anspruch des Menschen auf Lebensfreude aus". Damit steht der Begriff nach seiner Ansicht im „Gegensatz zum Gottesglauben, der keine Ansprüche des Menschen kennt, sondern nur ein freies Schenken Gottes". 138 Vgl. Wölfel, Skepsis, 76. 139 Fischer, Skepsis, 83. 140 Lauha, Kohelet, 113.

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zu V 17f und sieht darin den „Tiefpunkt von Qohäläts Gottesanschauung"141, weil das Geben Gottes durch die Kennzeichnung seiner Absicht vollends ins Zwielicht gerückt wird. H.-P. Müller entscheidet sich für die Lesart IPQyft, abgeleitet von m y ΠΙ sich plagen, mühen, und übersetzt: „Denn Gott gibt ihm zu schaffen mit der Freude seines Herzens". So beschäftigt, wird der Mensch abgelenkt von der Last der Nichtigkeit und dem Gedanken an die Kürze des Lebens. Die Freude, das einzige bonum, ist „eine Art Anästhetikum, mit dem Gott den Menschen zu täuschen sucht. Der heläq des Menschen ist letztlich nur das Selbstvergessen."142 Gegen diese Deutung sprechen zwei Gründe. Zum einen wird die Freude als des Menschen Teil sonst eindeutig positiv gewertet, in 5,17 verwendet Kohelet sogar das jägceh, das er in 3,11 zur Charakterisierung des göttlichen Tuns gebraucht. Zum anderen wird die Ermunterung zum Genuß des Lebens sonst häufig gerade mit der Kürze des Lebens und der fehlenden Hoffnung für die Zeit nach dem Leben begründet.143 In den Feststellungen, daß der Tod zum einen die Freude motiviert, daß zum anderen aber durch die Freude der Tod vergessen werden kann, könnte man einen Widerspruch sehen. Doch beides ergibt durchaus einen sinnvollen Zusammenhang. Denn das Wissen um die Kürze des Lebens ist für Kohelet zwar eine wesentliche Motivation zum Genuß der augenblicklichen Freude, der permanente Gedanke an den Tod würde aber einen unbeschwerten Genuß behindern. Dagegen kann der, dem Gott die Freude schenkt, die Kürze seines Lebens heiter und gelassen ertragen.144 Auch bei Sirach findet sich diese spannungvolle Doppel-Aussage, dort sogar in unmittelbarem Zusammenhang (Sir 38,16-23): Obgleich man um einen Toten trauern und sich durch dessen Geschick an die eigene Sterblichkeit erinnern

141 Müller, Gott, 517. 142 Müller, Gott, 518. Ähnlich äußern sich u.a. Lang (Mensch, 126): „Gott ist der gute Arzt, der das Narcoticum reicht und Todesgedanken verscheucht" und Murphy (Translating, 579): „God tranquillizes them". 143 Koh 3,22 weist auf das Unwissen über die Zeit nach dem Tod hin; 5,17 verweist auf die „Zahl der Lebenstage" und damit auf die Kürze des Lebens (ähnlich 8,15); 9,9 bezeichnet das Leben ausdrücklich als „windhaft" ( " p i n » Π ·>ΏΌθ); 11,8 erinnert an die dunklen Tage (des Todes) und 11,10 an die Vergänglichkeit der Jugend. 144 Vgl. Klopfenstein, Kohelet, 107. Auch Kaiser (Botschaft, 69) sieht hierin keinen Widerspruch: ,.Die Erinnerung an die Kürze des Lebens dient der Mahnung, das einzig mögliche Glück nicht zu versäumen. Das einzig mögliche Glück aber läßt den Menschen die schmerzliche Kürze des Lebens vergessen." Mit Loewenclau (Kohelet, 338) verweist er außerdem zu Recht darauf, daß hinter keinem Aufruf zur Freude das hiebtzl-UrleW erscheint, vgl. dazu Kap. 2, S. 31. Eine ganz andere Deutung dieser Spannung gibt Klein (Kohelet, 113): „Die Aufforderung, im Genuß der Lebensfreude des eigenen Todes zu gedenken, tut Kohelet gegen den von ihm erkannten Willen Gottes." Denn dieser will nach 5,18f das Denken an den Tod verhindern.

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lassen soll, darf doch die Trauer und das Todesgedenken nicht das ganze Leben bestimmen, denn schlecht steht es mit einem Herzen, das (nur) Schmerz aufbaut145. Diese Überlegungen sprechen dafür, Koh 5,19 als positive Fortsetzung von 5,17f zu verstehen. So sieht es auch die Mehrzahl der Ausleger. Allerdings bekommt die Beschäftigung des Menschen durch Freude bei einigen von ihnen einen unangenehmen Beigeschmack, weil diese Freude als „unreflektiertes Hinnehmen des Gegebenen"146 gedeutet wird. Diese Einschränkung scheint mir jedoch nicht angemessen zu sein. In den letzten Jahren findet sich mehrfach eine uneingeschränkt positive Deutung, bei der Π ^ Ο in der Regel von i~üy I antworten abgeleitet wird.147 N. Lohfink vermutet allerdings ein Wortspiel mit der gleichen Wurzel wie in Koh 1,13 und 3,10, die eine sehr große Bedeutungsbreite haben müsse, etwa im Sinne von „aktiv sein in Bezug auf etwas"148. N. Lohfink übersetzt Koh 5,18f wie folgt: Darüber hinaus: Immer, wenn Gott einem Menschen Reichtum und Wohlstand geschenkt hat und ihn ermächtigt hat, davon zu essen und seinen Anteil fortzutragen und durch seinen Besitz Freude zu gewinnen, besteht das eigentliche Geschenk Gottes darin, daß dieser Mensch sich nicht so oft erinnern muß, wie wenige Tage sein Leben zählt - weil Gott durch die Freude seines Herzens Antwort gibt.149 Diese Antwort Gottes sei eine „Offenbarung", die sich in der irdischen Freude ereignet. Die Gottesfurcht, deren konkrete Gestalt nach N. Lohfink das Denken an den Tod ist, könne als Gestalt der Gottesbeziehung in dieser Freude noch einmal überstiegen werden.150 Diese Interpretation ist in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend. Das Verständnis der Gottesfurcht läßt sich allenfalls mit Koh 7,18 in Einklang bringen, nicht aber mit den beiden anderen zentralen Gottesfurcht-Aussagen Koh 3,14 und 5,6. Der hier vermutete Zusammenhang mit den Aussagen über Gottesfurcht scheint ebenso frei konstruiert wie der unmittelbare Bezug zwischen Koh 5,17-19 und 3,11-15.151 Unklar scheint mir auch, warum die Freude eine göttliche Offenbarung sein soll.

145 Sir 38,18b, nach Sauer, Sirach, 597. 146 Hertzberg, Prediger, 132. Ähnlich spricht Galling (Prediger, 103) vom „Hinnehmen der Tage in einer naiven Existenz." Auch hier wurde die Lesart I D j y o und die Ableitung von r o y ΠΙ vorausgesetzt. 147 Lohfink, der in zwei Aufsätzen von 1990 diese Deutung vorschlug, bezieht sich dabei ausdrücklich auf die jüdischen Exegeten des Mittelalters, die meisten Exegeten des 19. Jahrhunderts und Levy (Qoheleth, 98f)· Gefolgt sind ihm darin u.a. Schwienhorst-Schönberger (Glück, 146ff) und Fischer (Skepsis, 86ff). 148 Lohfink, Qoh 5:17-19, 630. 149 Lohfink, Windhauch, 31. 150 Lohfink, Windhauch, 31. 151 Vgl. Murphy, Translating, 579.

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Da die Freude eine Gabe Gottes ist, kann man hier sicherlich die Zuwendung Gottes erfahren, wenn man um diesen Gabe-Charakter der Freude weiß, aber eben nur dann. Sieht man allerdings DJy>3 in Korrespondenz zu der nach N. Lohfink hinter 3,10ff stehenden Frage nach der Möglichkeit göttlicher Offenbarung, kann man vielleicht zu dem Schluß kommen, daß man in der Erfahrung der Freude, und sei es nur für einen kleinen Augenblick, in Berührung kommt mit dem Sinn der Dinge, den normalerweise allein Gott sieht.152 Das wäre nun freilich eine Offenbarung, doch davon steht nichts im Text. A. Fischer, der ebenfalls die Übersetzung antworten bevorzugt, verweist auf die Sprache der Psalmen.153 Er stützt sich dabei auf eine Untersuchung von R. Kessler, der feststellt, daß D3V mit Gott als Subjekt eine aktive Reaktion Gottes bezeichnet, die nicht nur verbal, sondern auch in Handlungen erfolgen kann.154 A. Fischer überträgt dieses Ergebnis auf Koh 5,19 und versteht die Herzensfreude als positive Antwort Gottes. Anders als bei Kohelet besteht bei den Betern der Psalmen aber die konkrete Erwartung von Hilfe und Rettung. Aus dieser Situation heraus deuten sie ihre vielfältigen positiven Erfahrungen „als Zuwendung des Antlitzes Gottes und eben als Gottes Antwort" 155 . So bleibt die Wiedergabe von D3V>2 mit antworten, offenbaren unbefriedigend. Ein Wechsel der Bedeutung von i~Oy im Vergleich zu Koh 1,13 und 3,10 ist auch gar nicht erforderlich. Die Beschäftigung mit der Freude des Herzens kann uneingeschränkt positiv verstanden werden, so wie es der Kontext des ganzen Kohelet-Buches m.E. erfordert. W. Zimmerli ist deshalb Recht zu geben, wenn er die Freude ausdrücklich nicht als „oberflächliche Munterkeit" verstehen will. „Die Bedrängnis des Lebens bleibt. In dieser Bedrängnis aber gibt es einen Raum der wissenden Gelassenheit, die sich im Heute zu freuen vermag." 156 Das Gottesgeschenk der Freude hat also zwei Seiten, zum einen den Genuß der Freude selbst, zum anderen die in der Freude erfahrene Freiheit, die Last der täglichen Mühe und die Beeinträchtigung durch den Gedanken an den Tod abzulegen.157 Damit verliert fur den, der die Freude erfährt, die y'ifron-Frage ihr Gewicht - mindestens solange, wie die Freude währt. Auch daraus erklärt sich die positive Bewertung der Freude in Koh 2,10 sowie deren Negation beim Rückgriff

152 Vgl. Lohfink, Qoh 5:17-19, 634. 153 Vgl. Fischer, Skepsis, 86ff. 154 Vgl. Kessler, Der antwortende Gott, 43-57. 155 Kessler, Der antwortende Gott, 54. 156 Zimmerli, Prediger, 191 f. 157 Der Bezugspunkt von Koh 5,19 ist offen. Das Nicht-Gedenken kann sich sowohl auf die kurze Lebensfrist als auch auf die Mühe beziehen, welche die Lebenstage prägt. Vgl. Fischer, Skepsis, 87.

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auf die Ausgangsfrage nach jilrön (2,11). Und es erklärt sich ebenfalls, warum Kohelet nach der endgültig negativen Antwort auf die jitrön-Frage die Freude uneingeschränkt als Teil des Menschen und als das Beste im Leben bezeichnen kann. Von entscheidendem Gewicht ist dabei ein grundsätzliches Vertrauen in die von Gott geschaffene Ordnung, in der alles seinen rechten Platz hat. Alles macht er angemessen158 zu seinerzeit (3,11). Auch wenn der Mensch mit seinem Versuch, die Welt zu durchschauen, an enge Grenzen stößt, so ist für Kohelet die Welt doch nicht ungeordnet und sinnlos.159 Hat die Welt aber Ordnung und Sinn, dann partizipiert - gemäß dem Schluß a maiore ad minus - der Mensch an Ordnung und Sinn: auch die Existenz der Menschen, ihre Zeiten sind angemessen und sinnvoll. So gewinnt Kohelet durch das Vertrauen in den Sinn der Weltordnung auch das Vertrauen in die Sinnhaftigkeit menschlichen Lebens.160 Zu diesem Sinn gehört für Kohelet ganz wesentlich das, was ihm als das Beste im Leben erscheint, worin er zugleich den schicksalhaft von Gott gegebenen Anteil des Menschen am Leben erblickte, nämlich Freude, das Genießen des Lebens161: Ich erkannte: Es gibt kein

158 Die Wiedergabe von jägah mit angemessen scheint mir unbedingt erforderlich, um die Aussage des Verses richtig zu verstehen. Es geht, wie Wallis (Zeitverständnis, 321) zu Recht bemerkt, nicht um eine Werteinschätzung, die Kohelet aus seiner, d.h. der menschlichen Perspektive vornimmt. Daß alles jägceh ist, heißt nicht, daß dem einzelnen alles schön erscheinen muß. Michel (Philosophie, 22) schreibt dazu: „Diese rätselhafte Feststellung kann m.E. nur meinen, daß gemäß einem hinter den uns begegnenden Dingen stehenden Plan bzw. Willen schlechthin alles seinen Sinn hat, alles .angemessen' o.ä. ist." Mit schön assoziiert man dagegen im Deutschen vor allem angenehm, das ist aber nicht gemeint. Koh 3,11 ist die vertrauensvolle Glaubensaussage, daß Gott alles recht macht. Es ist vielleicht sogar denkbar, diesen hier überraschend erscheinenden Abschnitt und seine Glaubensaussage mit den hymnischen Partien zu vergleichen, die in der jüngeren Weisheit in die Lehrreden eingeflochten wurden (vgl. dazu v. Rad, Weisheit, 144). Auch für das Verständnis von Koh 5,17 ist die Unterscheidung der menschlichen und göttlichen Perspektive wichtig: Das fiir den Menschen Gute (1TO) und das aus der Sicht Gottes Angemessene (DD·») - das der Mensch natürlich nicht wissen, sondern nur glauben kann - können zusammenfallen, müssen aber nicht. (Zu diesem Verständnis des Π Φ "TON H O vgl. Krüger, Dekonstruktion, 125, Anm. 83.) 159 Vgl. Lohfink, Kohelet, 32 zu Koh 3,11: „Hier wird also - gegen die menschliche Erfahrung und gegen die bisherige Analyse dieser Erfahrung - . . . dennoch ,Sinn' behauptet." 160 Vgl. Müller, Gast, 191:„Der Schöpferglaubt befreit den Versuch, den Sinn des menschlichen Daseins aus dem Mensch-Sein selbst zu entwickeln, von dessen Bodenlosigkeit: Sinnspender ist nun das Mensch-Sein als Geschaffen-Sein." Es ändert sich also keineswegs „lediglich die Terminologie", wenn Gott als Urheber bereits erkannter Zusammenhänge eingeführt wird, wie Michel (Untersuchungen, 39) meint. Das Geschehen erscheint in einem ganz anderen Licht. Zu Vertrauen bei Kohelet vgl. auch Kap. 3.3, S. 186. 161 Vgl. v. Rad, Weisheit, 298.

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Glück darin'62, außer sich zu freuen und sich's im Leben gut gehen zu lassen. Und auch jeder Mensch, der ißt und trinkt und gutes erfährt in all seiner Mühe - eine Gabe Gottes ist es. (3,12f)m Aus der Bezeichnung der Freude als Lebenssinn bzw. als „Bestimmung des Menschen"164 folgt nun aber nicht, daß alles andere im Leben für Kohelet sinnlos ist. Alles hat schließlich seine Zeit (3,1). Doch in der Freude erkannte Kohelet in besonderer Weise die Gabe Gottes, die es zu ergreifen gilt. Andere Werte wie Weisheit, Reichtum und Ehre werden nicht verworfen, auch sie sind schließlich Gottesgaben (2,26; 6,2), doch tragen sie ihren Wert nicht in sich selbst, denn ihr bloßer Besitz macht nicht glücklich. Reichtum kann verloren gehen (5,12f), Weisheit kann zu Kummer führen (1,18), selbst wenn man alles hat, kann der Genuß dieser Dinge versagt bleiben (6,lf; vgl. 5,10). „Das Glück besteht nicht darin, daß Gott dem Menschen Reichtum und Schätze gibt (...), sondern daß er ihn dazu ermächtigt (...), davon zu genießen (...) und seinen Anteil (...) davonzutragen und sich zu freuen (...) an all seinemBesitz. Glück ist also für Kohelet kein Modus des Habens, sondern ein Modus gegenwärtigen Erlebens."165 Auch durch Reichtum, Ehre, Weisheit und jede Tätigkeit kann der Mensch Glück erfahren, und sofern dies geschieht, findet man auch hier seinen Teil. Aber aus dem Besitz dieser Dinge kann ebenso auch Verdruß resultieren. Dann haben sie zwar immer noch ihren Platz im Leben, so wie eben gute und schlechte Tage ihre Zeit haben (7,14), aber helceq stellen sie dann nicht mehr dar. Deshalb ist es mE. auch verfehlt, die im Zusammenhang mit dem Lebensgenuß immer wieder auftretende Näherbestimmung 'ämäl (bftyi bzw. SO zu verstehen, als werde die Freude unmittelbar in der Tätigkeit selbst gefunden.166

162 Das D l bezieht sich wohl auf das in 3,11 genannte alles Geschehen umfassende Werk Gottes zurück, zur Übersetzung vgl. Vgl. Kap. 2.2.2, S. 80. 163 Vgl. Kenneth (Ecclesiastes, 89), der von einem doppelten Sinn-Niveau spricht: neben dem praktischen Niveau von Sinn, das die Freude darstellt, steht ein anderes Sinn-Niveau, das letztlich in Gott ruht. 164 Vgl. Müller (Skepsis, 8, Anm. 35), der bei dieser Begriffsbestimmung auf Koh 9,9 verweist, wo gegenüber der sonst auch enthaltenen Bedeutung des „durch Einsatz erzielten Gewinns" die Bedeutung „menschliche Bestimmung" in den Vordergrund tritt. Vgl. Klein, Kohelet, 104. Auch die Verwendung des Begriffs Lebenssinn für die Bedeutung der Freude bei Kohelet ist natürlich umstritten. Kroeber (Prediger, 127) meint beispielsweise: „Ein ,Sinn des Lebens' wird damit nicht gesetzt"; dagegen spricht Kaiser (Schicksal, 103) von dem „dem Menschen einzig verbleibenden natürlichen Lebenssinn". 165 Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 148. Vgl. Koh 5,18 und Bartelmus, Haben, 61 f. 166 So besonders häufig im angelsächsischen Raum, z.B. Williams, Profit, 190: „It is a portion, thus a joy, that is found .immediately' in the activity i t s e l f . Kritisch zu diesem Verständnis zuletzt Fischer, Skepsis, 82.

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Daß dieses Glück immer nur im jeweiligen Augenblick gegeben ist, liegt in der Natur der Sache. Im Gegensatz zu anderen traditionellen Werten, die auf Dauer angelegt sind und von denen man sich Beständigkeit erhofft, ist das Glück ein augenblicksgebundener Wert. Es verspricht nicht mehr, als es halten kann. Zugleich ist es für den Menschen verfügbar, allerdings nur als etwas im jeweiligen Augenblick Gegebenes. Verfügbarkeit heißt also nicht, daß es durch den Menschen zu erschaffen oder zu erarbeiten wäre. Es ist stets eine Gabe Gottes, so wie es in Koh 3,13; 5,17f und vor allem in 2,24 zur Sprache kommt. Am deutlichsten wird diese Aussage, wenn man in 24a die Lesart des MT beibehält: Es ist das Gute nicht im Menschen, daß er ißt und trinkt und Gutes erfährt167 bei seiner Mühe. Um jedes ethische Mißverstehen zu vermeiden, wird man tob hier besser mit Glück wiedergeben: Nicht im Menschen selbst ist das Glück, daß er ißt und trinkt und Glück erfährt bei seiner Mühe. 2,24b verdeutlicht diese Aussage, indem die eigentliche Quelle des Glücks benannt wird. Auch dies kommt, wie ich sah, aus der Hand Gottes. Diese Betonung der Unverfügbarkeit des Glücks entspricht der Unverfügbarkeit des ganzen Weltgeschehens, in dem jedes Ding seine Zeit hat, ohne daß der Mensch dies durchschauen oder gar beeinflussen könnte.168 Weil sich Kohelet des Gabe-Charakters des Glücks bewußt ist, begegnet ihm hierin „ein dem Menschen heilsam zugekehrter Wille Gottes"; ja, Kohelet weiß sich sogar „im Einklang mit einem Willen Gottes"169. Auf, iß dein Brot mit Freunden und trink frohen Herzens deinen Wein, denn schon längst hat Gott Gefallen an deinem Tun. (9,7) Gott gibt dem Menschen die Freude und das ist sein Teil (2,10; 3,22; 5,17; 9,9). Spricht sich Kohelet damit bewußt gegen andere Ansichten aus, die des Menschen Teil im Jenseits oder in Gott sehen? D. Michel ist der Meinung, daß mit dem betonten hä 'hcelqd („Eben dies [und nichts anderes] ist sein Teil"170) gegen Leute argumentiert wird, „die eben die Verbindung von pt>n und Jenseitserwartung vollzogen haben, die also erwarten, .ihren Anteil' erst nach dem Tode von Jahwe zu erhalten"171. Dabei verweist er ausdrücklich auf Ps 16 und 73. D. Michel benennt

167 Zur Übersetzung von ΓΊΝΊ mit „erfahren" vgl. Schoors, r'h, 229: „this enjoyment has an aspekt of experience". 168 Zugleich setzt sich Kohelet mit dieser Aussage von der stoischen und epikureischen Philosophie ab, nach der das Glück ausschließlich im Menschen selbst gründet. Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dieser Auffassung, wie Schwienhorst-Schönberger (Glück, 302) sie hier vermutet, kann ich nicht entdecken. Wenn Kohelet diese philosophische Anschauung kannte, verwirft er sie hier eher en passant, ähnlich wie den Glauben an den Aufstieg der Seele in Koh 3,19ff. 169 V. Rad, Weisheit, 298. 170 Michel, Untersuchungen, 121. 171 Michel, Untersuchungen, 121 f.

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verschiedene Hinweise, die seiner Ansicht nach eindeutig zeigen, daß Kohelet sich hier polemisch gegen das Theologumenon von der Überwindung des Todes äußert. Koh 2,10 zeigt demnach, daß helceq von 'ämä gewonnen wird und somit „zweifellos notwendig immanent"172 ist. Koh 3,22 verdeutlicht durch den Kontext, daß eine Jenseitserwartung ausgeschlossen ist. Koh 5,17f richtet sich gegen die Meinung, „Reichtum sei prinzipiell abzulehnen"173. Koh 9,6 betont gegen die Ansicht, daß Lieben und Hassen der Gerechten in Gottes Hand als ihr Teil aufgehoben sei, daß die Toten eben keinen helceq mehr haben. Koh 9,9 setzt dem schließlich Kohelets Gegenthese entgegen: Der belceq des Menschen besteht im Ergreifen der vor dem Tod sich bietenden Glücksmöglichkeiten. Zweifellos richtig ist an diesen Feststellungen, daß Kohelet immer wieder betont: der helceq des Menschen liegt im irdischen Glück. Dennoch ist fraglich, ob Kohelet sich damit ausdrücklich gegen andere Auffassungen äußert. Die beiden Belege im 9. Kapitel sprechen m.E. dagegen. Im V 6 heißt es, daß die Toten keinen Anteil haben an allem, was unter der Sonne getan wird. Das kann sich aber kaum gegen eine auf das Jenseits orientierte Haltung richten, weil darin ja gar nicht behauptet wird, daß die Toten einen Teil an diesem Dasein hätten. Daß die Toten keinen Anteil mehr haben an dem, was unter der Sonne geschieht, betont nur noch einmal Kohelets grundsätzliche Haltung, der sich in allen seinen Überlegungen auf diesen Bereich unter der Sonne beschränkt, weil man darüber hinaus nichts wissen kann.174 Koh 9,9 bestätigt dies, denn es heißt: eben dies ist dein Teil im Leben. Auch hier wird also deutlich, es geht nicht darum, was vielleicht nach diesem Leben ist; einziger Bezugshorizont Kohelets ist das Leben, so wie es sich ihm darstellt, ohne jede Spekulation über ein Jenseits. Von einer Polemik gegen das Theologumenon von der Überwindung des Todes wird man also nicht sprechen können. Daß Kohelet solche Ansichten verwirft, ist richtig. Aber das geschieht nicht in direkter Auseinandersetzung, sondern allein durch die Darstellung seiner eigenen Position, die sich auf das Diesseits beschränkt.175 Das Glück als der von Gott gegebene Teil des Menschen am Leben ist aber für Kohelet nicht nur insofern beschränkt, als es ausschließlich im Diesseits zu erfahren ist, es ist zugleich auch, wie schon mehrfach betont wurde, an den Augenblick gebunden. Diese Augenblicksbindung muß damit ebenfalls für den darin gefundenen Lebenssinn gelten. Eine über den Augenblick hinausgehende Sinnerfahrung kann

172 Michel, Untersuchungen, 121. 173 Michel, Untersuchungen, 124. 174 Vgl. Kap. 2.1.2, besonders S. 50ff. 175 Zugleich wird damit ebenfalls die später bei Sirach begegnende Auffassung verworfen, wonach auch der Tod als von Gott kommender helceq des Menschen bezeichnet wird (vgl. Reiterer, Deutung, 223f). Auf gleichem Wege geschieht auch die indirekte Ablehnung von Positionen der hellenistischen Philosophie, dazu S. 66, Anm. 168.

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es also für Kohelet nicht geben. Aus seiner Sicht ist es nicht „die Frage nach einem über den jeweiligen Augenblick hinausgehenden Sinn"176, die den Menschen wirklich zum Menschen macht, wie D. Michel meint. Alles, was ein Mensch erschaffen und erreicht hat, kann ja mit ihm selbst im nächsten Augenblick zugrunde gehen. Über den Augenblick hinaus kann es Sinn (in menschlicher Perspektive) nur im gesellschaftlichen Kontext oder durch Jenseitshoffhung geben. Zu dem gleichen Ergebnis kommt J. Lötz aus christlich-theologischer Sicht. „Von der Sinnfrage her treffen wir auf den Unterschied zwischen dem vorläufigen Teil-Sinn und dem endgültigen Gesamt-Sinn. Während das Seiende nur den ersteren zu bieten hat, vermittelt uns allein das Sein und schließlich Gott den letzteren. Folgerichtig schenkt uns einzig das andere Leben den Gesamt-Sinn"177. Von einem anderen Leben weiß Kohelet aber nichts. Für ihn bleibt es deshalb dabei, daß jedes menschliche Leben nur am Gesamt-Sinn partizipieren kann178, so wie es zugleich als ein Leben in der Zeit an der Gesamt-Zeit partizipiert179 (vgl. 1,4). Als ein zeitliches Wesen kann der Mensch immer nur einen Ausschnitt, eben einen Augenblick der Gesamtheit erfassen. Er ist an diesen Augenblick gebunden und kann deshalb auch Sinn nur im Augenblick erfahren. Hier kann nun auch der Unterschied zwischen helceq undjitrön verdeutlicht werde: helceq korrespondiert der Zeit des Menschen ('ei), jitrön als dauerhaft bleibender Gewinn korrespondiert der unabsehbaren Dauer ( ' ö l ä m ) . m Oder anders gesagt: helceq bleibt im „Zeitlich-Vorläufigen" während jitrön aufs Dauernde geht.181 Daraus ergibt sich zwischen beiden auch ein entscheidender Unterschied hinsichtlich ihres Verhältnisses zum Tod. Während, wie oben gezeigt wurde, jede Hoffnung auf jitrön als etwas Bleibendes durch den Tod zerbricht, wird der ohnehin nur für den Augenblick bestimmte helceq vom Tod gar nicht berührt, denn wenn der Tod eintritt, ist der helceq bereits vergangen. Da Tod-Sein für Kohelet praktisch Nicht-Sein bedeutet, gibt es da keine Tätigkeit und keine Gefühle182, also weder Freude noch Sehnsucht nach Freude.183 Die Erkenntnis des Wertes des augenblicks

176 Michel, Philosophie, 23. 177 Lötz, Tod, 78f. 178 Vgl. Lohfink, Kohelet, 32 zu Koh 3,10-15: Der Sinn, der hier gegen die menschliche Erfahrung behauptet wird, ist nicht „Sinn und Dauer vom Menschen und für den Menschen, wohl aber Partizipation am Sinn und an der Dauer". 179 Vgl. Lohfink, Gegenwart, 3: „der vergängliche und uns immer schon wieder entgleitende Augenblick ist der einzige Ort, an dem wir ... die Ewigkeit berühren". 180 Michel, Untersuchungen, 20. 181 Wölfel, Skepsis, 75. 182 Vgl. Koh 9,6.10. 183 In gewisser Weise vergleichbar ist Epikurs Auffassung vom Tod. Der Tod, so betont er mit Nachdruck, geht uns nichts an, denn mit dem Dasein schwindet jegliche Empfindungsmöglich-

Der Sinn des menschlichen Lebens

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gebundenen belaeq ist deshalb wohl die einzige Erkenntnis, die von der menschlichen Selbsterkenntnis, sterben zu müssen, nicht wieder in Frage gestellt wird.184 „Der Tod relativiert nicht die Freude, er gibt ihr nach Kohelet Stärke und Rechtfertigung."185 Die beiden Begriffe dürfen also keinesfalls gleichgesetzt werden.186 Wo die Frage nach jip-ön mit der Einsicht in den helceq des Menschen gleichgesetzt wird, muß die entscheidende Erkenntnis Kohelets, nämlich die ganz und gar positive Wertung der irdischen Freude als Teil des Menschen, verkannt werden. Eine pessimistische Sicht der Reflexionen Kohelets ist dann vorprogrammiert, denn die Antwort auf die Frage nach jiiron ist und bleibt negativ.187 Die Freude als helceq ist im eigentlichen Sinn keine Antwort auf diese Frage.188 E. Wölfel hat Recht, wenn er feststellt: „Der Cheläk erscheint so als Ersatz des Jitron"189. Es trifft jedoch nicht zu, wenn er dann fortfährt, daß dieses Ziel „freilich

keit, alles Gut und Übel liegt aber in der Empfindung. Furcht vor dem Tod ist somit völlig unbegründet, denn solange wird sind, ist der Tod nicht, ist aber der Tod, so sind wir nicht mehr (vgl. Hossenfelder, Philosophie, 115). 184 Vgl. Jüngel, Tod, 66: „was immer der sich selbst erkennende Mensch von sich selber, von seinem Leben erkennt, das wird von der Selbsterkenntnis, sterben zu müssen, wieder in Frage gestellt". 185 Lohfink, Freu dich, 13. 186 Vgl. Williams, Profit. Wegen ihres unterschiedlichen Anspruches sollten sie auch nicht unter dem übergeordneten Aspekt der Nützlichkeit für den Menschen zusammengefaßt werden (so z.B. Wölfel, Skepsis, 75). Es ist zwar zutreffend, daß es bei beiden um den richtigen Lebenswandel geht und damit letztlich um die Nützlichkeit, aber unter diesem allgemeinen Gesichtspunkt kann man ebenso das ganze Sprüche-Buch mit seinen unterschiedlichen Aussagen zusammenfassen, denn auch dabei geht es „zunächst einmal um Gelingen des individuellen Lebens" (Hausmann, Studien, 355; vgl. Zimmerli, Struktur, 177f). 187 Vgl. Schmid (Wesen, 188), der die Frage nach helceq zunächst als Frage nach dem Ort des Menschen versteht und sie mit der Fragen nach jitron gleichsetzt. So kommt er zu der Schlußfolgerung: „In der Welt, wie Kohelet sie sieht, ist fur den Menschen kaum ein Ort, nicht einmal ein begrenzter Sektor. Anders als die alte Weisheit erwartet Kohelet auf sein Fragen eigentlich keine Antwort mehr." Auch von Autoren, die grundsätzlich zwischen helceq und jitron klar unterscheiden, wird Gewinn gelegentlich in einem sehr allgemeinen Sinn verwendet. Vgl. z.B. Kaiser, (Mensch, 85) die Freude ist „der einzige, dem Menschen mögliche Gewinn"; Müller, (Skepsis, 7) „Wahrheit wird nach ihrem .Gewinn' (jitron ...) für das Leben bemessen". Sofern man jitron aber mit Gewinn übersetzt, muß man die unterschiedlichen Bedeutungen dieses Begriffes stets deutlich machen (vgl. Kap. 2.1.1, S. 39ff). 188 Vgl. Michel, Untersuchungen, 121. 189 Wölfel, Skepsis, 75.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

nur ein Surrogat des alten Zieles zu sein vermag", eine „dürftige Notlösung" 190 . Fragwürdig daran ist schon die Bezeichnung als „Ziel", denn Kohelet betont, daß man das Glück zwar ergreifen, nicht aber schaffen kann.191 Und von einer „dürftigen Notlösung" kann angesichts der eindeutig positiven Wertung Kohelets keine Rede sein. Entscheidend ist, daß sich Kohelet, nachdem er erkannte, daß ein jitron im Sinne eines bleibenden Ertrages nicht zu erlangen ist, bewußt auf die Möglichkeiten des Diesseits beschränkte. In seiner Ablehnung aller Jenseitshoffhungen kommt diese Beschränkung deutlich zum Ausdruck. Dem „Ersatz" geht also ein ganz bewußter Verzicht voraus, ein Verzicht, der sich mit dem Genuß des Verfugbaren begnügt und das Verlangen nicht grenzenlos umherstreifen läßt (6,9). 192 So stellt W. Zimmerli zu Koh 5,17 fest: ,Aus dem falschen Glauben, das Leben als Ganzes meistern zu können, ruft V. 17 wieder in die Bescheidung, die sich am ,Teil' genügen läßt und weiß, daß sie je neu vom .Geben' Gottes lebt."193 In ähnlicher Weise betont R. Lux, daß der Griff nach dem Ganzen ein Haschen nach Wind bleibt, daß der Mensch auf der Suche nach dem Ganzen immer wieder in das Loch des Nichtigen stürzt. „Auf diesem Hintergrund könnte es reizvoll sein, die zwölf Kapitel des Koheletbuches als konfliktreiche und schmerzvolle, aber auch nüchterne und zuversichtliche Entdeckung des Feldes zwischen dem Alles oder Nichts zu interpretieren. Denn ganz ohne Zweifel tut sich da ein weiter Lebensraum auf, in dem der Mensch den ihm von Gott gewährten Teil (p1?Π) des Ganzen empfängt."194 Erst durch diese bewußte Beschränkung ist es Kohelet möglich, die Freude als das Beste im Leben und als den von Gott dem einzelnen gegebenen Anteil am Leben zu bejahen, ohne in die Suche nach jitron zurückzufallen, so wie es noch in Koh 2,10f zu beobachten ist. Man kann diese Entwicklung vergleichen mit der des

190 Wölfel, Skepsis, 75. 191 Vgl. Krüger, Qoh 2 , 2 4 - 2 6 , 7 3 : jitron ist nicht nur einfach, das was übrig bleibt, sondern ein Gewinn „der durch menschliches Handeln in kalkulierbarer Weise erreichbar und verfügbar ist - im Unterschied zu einem .Anteil' (pt>n), der dem Menschen in unberechenbarer und unverfügbarer Weise... ,zu-fällt"'. 192 Allerdings gelangt Kohelet doch wohl nie zu der Konsequenz, die Kaiser (Schicksal, Leid und Gott, 5 0 ) so beschreibt: „wann immer es dem Menschen gegeben ist, den Verzicht auf die eigene Besonderheit zu leisten und seine eigene Endlichkeit anzunehmen, verwandelt sich der ferne und verborgene, dunkle Gott in den nahen und gnädigen Gott, verliert auch die Endlichkeit ihre Schrecken". 193 Zimmerli, Prediger, 191. 194 Lux, Lebenskompromiß, 269. In gewisser Weise kann helceq also durchaus als Teil im Gegensatz zum Ganzen bezeichnet werden, nämlich als Teil der Gesamtwirklichkeit der Welt. Zugleich ist er aber auch selbst ein Ganzes, nämlich das Ganze eines menschlichen Lebens, so wie der Mensch zugleich ein Teil ist (nämlich der Menschheit) und ein Ganzes (als einzelner Mensch).

Der Sinn des menschlichen Lebens

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Gilgamesch, der nach seiner vergeblichen Suche nach ewigem Leben in seine Heimatstadt zurückkehrt. Er ist nun ein anderer geworden und zeigt Urschanabi stolz die mächtigen Mauern seiner Stadt „Er hat begriffen, daß es nichts einträgt, wenn sich der Mensch gegen das über ihn verhängte Todesgeschick auflehnt; daher kann er zu den Aufgaben zurückkehren, die ihm das Leben stellt."195 Voraussetzung dieser Entwicklung ist bei Kohelet wie bei Gilgamesch die Bereitschaft, die eigene Lebenserwartung von der gemachten Welterfahrung her zu korrigieren.196 Dieselbe Haltung sieht Th. Krüger in Ps 104. Im Gegensatz zu den Erwartungen einer Neuschöpfung, wie sie etwa in Jes 65 zum Ausdruck kommen, legt dieser Psalm „seinen Leserinnen und Lesern eher umgekehrt nahe, ihre Lebenserwartung von ihrer Welterfahrung her zu korrigieren: Der Mensch kann arbeiten, essen und trinken, sich freuen und Gott loben - und muß einmal sterben. Mehr sagt Ps 104 nicht."197 Kohelet geht noch etwas über diese Erkenntnis hinaus und stellt fest, daß der Mensch in der möglichen Glückserfahrung seine Bestimmung finden kann. Kohelet hat so eine praktische Lösung der Sinnfrage gefunden198 und kann das Leben trotz der damit verbundenen Mühe und trotz der Kürze der Lebenszeit genießen. Kohelets Entwicklung vom .Endlichkeitsschock" zur Annahme des Todes als Teil der guten göttlichen Ordnung ist die eine Seite seines Nachdenkens über das Dasein des Menschen; die andere ist die Einsicht, daß die Freude der zwar auf das Diesseits beschränkte, in seiner Beschränkung aber vollwertige Teil des Menschen in seinem von Mühe gezeichneten Leben ist. So überwindet er den lähmenden Schrecken des Todes, er kann das Leben bejahen und erkennt, warum sich die Mühe des Lebens lohnt.199 Darin ähnelt er in gewisser Weise dem Beter des Ps 73, über den Chr. Barth schreibt: „Der Dichter weiß, daß auch er einmal sterben muß, denn er sieht sein Ende kommen (26a). Aber der Tod ist ihm keine Drohung. Nicht etwa darum, weil er mit einem besseren Leben nach dem Tode rechnet, sondern weil er gelernt hat, daß es für den, der Gott nahe ist, einen drohenden Tod nicht gibt. ... Er freut sich seines Daseins, ohne in den Abgrund des Todes starren zu müssen. Sein Blick ist auf die Gegenwart gerichtet, auf das Leben, das er auf Erden zu leben hat."200 So kommt für Kohelet alles darauf an, das Leben aus dem Blickwinkel des Todes

195 Kaiser, Tod, 21. 196 Vgl. Krüger, Qoh 2 , 2 4 - 2 6 , 7 8 . 197 Krüger, Kosmo-theologie, 73. 198 Lauha (Kohelet, 18) sieht im Genuß der Freude offensichtlich keine Lösung der Sinnfrage. Denn er stellt fest, daß Hiob zu einer praktischen Lösung der Sinnfrage gelangt sei, Kohelet aber zu keiner. 199 Vgl. dazu Coreths Bestimmung des Begriffs „Sinn" (s.o. S. 45, Anm. 48). 2 0 0 Barth, Errettung, 162. Von Kohelet wird man allerdings kaum sagen können, daß er sich Gott nahe fühlt.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

oder besser der Endlichkeit zu betrachten. „Das Leben muß vom Tod her durchdacht werden"201 - aber nicht ausschließlich vom Tod her, sonst hätte Kohelet bei der von ihm ohne jede Beschönigung erkannten Endlichkeit des Menschen stehenbleiben müssen. Er hätte sich sonst wohl auch in jenen unheilvollen Widerspruch verwickelt, den H. Zahrnt beobachtet hat: „Um der Angst vor dem Nichtsein zu entgehen, verhält sich der Mensch um so leidenschaftlicher zu dem Nichtigen und treibt so nur noch tiefer in die Todesangst hinein."202 Neben dem Schatten, der vom Tod her auf das Leben fällt, findet sich in Kohelets Gedanken jedoch auch immer wieder jenes Licht, das durch das Vertrauen in die Schönheit der Schöpfung Gottes entsteht und Kohelet die Gaben Gottes entdecken läßt. Diese beiden Faktoren lassen Kohelet den dritten für seine Lebensanschauung wichtigen Punkt finden: das Glück des Augenblicks als Teil des Menschen. Insofern kann man den Tod zwar als einen zentralen Gedanken, aber nicht, wie W. Zimmerli203, als die Mitte des KoheletBuches bezeichnen. Nur zusammen bilden diese drei Punkte (der Tod, die Schönheit der Schöpfung, das darin erfahrbare Glück) so etwas wie die Mitte des Buches. Welche Sicht einzelner Lebensbereiche sich für Kohelet von dieser Mitte her ergibt, wird in Kapitel 2.3 zu erörtern sein. Zunächst muß noch die Zeitvorstellung Kohelets bedacht werden, weil die Zeit den Rahmen des alltäglichen Lebens bildet.

2.2 Des Menschen Zeit 2.2.1 Hebräische Begriffe für „Zeit" Die drei wichtigsten der zahlreichen hebräischen Zeit-Begriffe sind jom, 'et und 'oläm. Sie alle werden weitgehend für mehr oder weniger konkrete Zeitbestimmungen verwendet und nicht für abstrakte Aussagen über die Zeit als solche. Ein abstrakter Zeitbegriff wurde im Hebräischen nicht entwickelt. Das häufigste Zeitwort des Alten Testamentes ist jom. Es ist „vor allem ein Wort des Alltags"1, dessen Grundbedeutung „Tag" ist. Doch entwickelt es insgesamt eine große Bedeutungsvielfalt, wobei der Singular jom „durchgehend einen so oder so fixierten Zeitpunkt' bezeichnet, während der Plural jämim „öfters zeitliche Dauer ausdrückt, indem es Zeitabschnitte verschiedener Art angibt"2. In einigen Fällen

201 Lohfink, Kohelet, 51. 2 0 2 Zahrnt, Gott, 312. 2 0 3 Zimmerli, Prediger, 189. Vgl. Kap. 1, S. 46. 1

Sasb0, ThWAT III, 566.

2

Sasb0, ThWAT III, 575.

Des Menschen Zeit

73

kann jom, besonders aber jämim seine spezifische Bedeutung „Tag" verlieren und die „Zeit" im allgemeinen bezeichnen.3 jom erscheint in sehr verschiedenen grammatischen Verbindungen 4 und ist „vielfach Gegenstand eines erweiterten Gebrauchs unterschiedlicher Art gewesen, wobei es selbst einen besonderen inhaltlichen Charakter erhalten oder auch noch zur Charakterisierung anderer Gegenstände beitragen kann"5. Neben dem kalendarischen Gebrauch kann es zur Bezeichnung der Lebenszeit dienen, weiterhin steht es für „der ganze Tag" oder einfach für, jetzt". Festzuhalten ist, daß die Tage im Alten Testament stets Gottes Tage sind, weil Gott als Schöpfer und Herr der Geschichte auch Herr über Tag und Zeit ist. „Eine Deifizierung, wie sie aus dem nordsyrischen-kleinasiatischen Bereich belegt ist, kommt hier nicht in Frage" 6 . Das Wort 'et wird im alttestamentlichen Gebrauch stets als Zeitbegriff verwendet, wobei die genaue Bestimmung schwierig ist. „'et bezeichnet an sich nicht eine gewisse zeitliche Ausdehnung, weder die langwierige Zeitdauer..., noch den kurzen .Augenblick, Moment'..." 7 . Es bezeichnet den bestimmten Zeitpunkt, die Zeit zu etwas (vergleichbar dem griechischen καιρός). Nach E. Jenni kann die Hauptbedeutung mit „(bestimmter) Zeit(punkt) von/für"8 umschrieben werden. Der temporale Aspekt kann jedoch so weit zurücktreten, daß 'et „Gelegenheit zu" oder „Möglichkeit für" bedeutet9. S. de Vries sieht darin die vorrangige Bedeutung. 10 Inhaltlich und qualitativ näher bestimmbar ist die Vokabel 'et erst durch den jeweiligen Kontext." Die Zeit als „Zeit für" steht seit jeher im Zentrum altorientalischer Weisheit. Hier formuliert sich die Erfahrung einer dem menschlichen Willen gezogenen Grenze des Menschen. 12 „Ihm gelingt nicht alles zu jeder Zeit in gleicher Weise, weil dem Erfolg und demMißerfolg verschiedene Zeiten als verschieden günstige Gelegenheiten zugeordnet sind"13. Diese Zeiten fallen dem Menschen ohne seine Mitwirkung zu, deshalb wird häufig auch von der,/allenden Zeit" gesprochen (vgl. Koh 9,12, wo ausdrücklich gesagt wird, daß die Zeit plötzlich auf oder über die Menschen

3

Sy in i7K>y37, so ergibt sich eine Vielzahl von Deutungen, von denen hier nur einige genannt werden können 38 : auf die Ewigkeit gerichtetes Streben (desiderium aeternitatis, F. Delitzsch); Vermögen, sich die Ewigkeit vorzustellen (notio aeternitatis, W. Grimm); eine innerliche Verbindung mit Gott im Sinne der Gottebenbildlichkeit (H. W. Hertzberg); Unaufhörlichkeit (F. Ellermeier); Streben nach Dauer (O. Loretz), die Anlage, über den Augenblick hinaus zu fragen (W. Zimmerli). Auch dem griechischen Denken entsprechende Deutungen sind möglich, so vermutet E. Jenni wie in Koh 1,10 „eine dem griechischen αιών anhaftende Bedeutung, nämlich .Zeitdauer (die einem Ding zukommt)'" 35 . Einen anderen Ansatz wählen G. Gerleman und Ch. Whitley. Ihre Deutung geht von der Wurzel Cby (verbergen, absperren) aus. Demnach geht es in Koh 3,11 um eine Sperre oder Schranke, „die das Gesichtsfeld der Menschen begrenzt"*1; der zweite Halbvers beschreibt dann diese Absperrung. Ch. Whitley kommt durch die Ableitung von Ot>y zur Übersetzung mit „darkness" 4 '. Doch gegen diese Ableitung spricht m.E. der Zusammenhang mit Koh 3,14. Die Entscheidung für eine der möglichen Deutungen muß zunächst zurückgestellt werden, weil die Beantwortung der zweiten viel diskutierten Frage (Bezugswort zu 0 1 t ? l ) eine Vorentscheidung bringen kann. Die Überlieferung des Textes ist einheitlich. Dennoch schlägt BHS eine Änderung vor. Statt 0 1 t > l wäre demnach 11 oder D l zu lesen. Dieser Änderungsvorschlag ergibt sich allein aus der unsicheren Zuordnung des Suffixes. Es könnte sich auf ΟΤΝΠ >31 beziehen, dies steht jedoch in V 10. Das näher liegende Bezugswort ist ^DD (V 1 la), dem als Kollektivbegriff durchaus ein pluralisches Suffix folgen kann.42 Und auch der Hinweis D. Michels, daß „das sich eindeutig auf t o n beziehende ITiyi ... ein singularisches Suffix hat"43, bedeutet nicht, daß sich 0 1 t > l dann auf 01ΝΠ >31 beziehen muß, weil in Ps 104,27 und Ps 145,15 gleichfalls trotz der sonst verwendeten pluralischen Formen i n y i Verwendung findet. Offensichtlich ließ man sich davon leiten, daß der rechte Zeitpunkt jeweils einer ist, so daß man die Singular-Form wählte, obwohl mehrere Dinge oder Lebewesen durchaus eine Mehrzahl von rechten Zeitpunkten haben können. 44 H.-P. Müller verweist darauf, daß D l ^ l sich

35

Ellermeier, Qohelet, 310.

36

Vgl. Jenni,'ö/äm, 23; Preuß, ThWAT V, 1145.

37

So neuerdings wieder Fox, Contradictions, 191; Loretz, Anfänge, 237f; Fischer, Skepsis, 239ff.

38

Vgl. die Zusammenstellungen bei Ellermeier, Qohelet, 309-322; Blieffert, Weltanschauung, 26f; Braun, Kohelet, 111-117; Michel, Untersuchungen, 61, Anm. 153.

39

Jenni, Das Wort 'öläm, 27.

40

Gerleman, Grenze, 342.

41

Whitly, Qohelet, 33.

42

Vgl. Lauha, Kohelet, 62.

43

Michel, Untersuchungen, 62.

44

Für Ellermeier (Qohelet, 320f) ergibt sich diese Numerusinkongruenz sogar zwingend aus der Sachlage: „ t o n steht zur Bezeichnung der Gesamtheit der Dinge (...). Alles hat er schön gemacht - in seinem Augenblick, muß im Sg. stehen, da der Blick auf jedes einzelne in der Gesamtheit der Dinge in seinem ihm allein zukommenden rechten Augenblick fällt.... Auch

Des Menschen Zeit

79

ebenso auf D7Nn O l bezieht, wie D l in 3,12a. Doch dieses müßte sich eigentlich auf das näherliegende •"ΤΝΠ in 3,11 b zurückbeziehen.45 Auch hier könnte man natürlich an einen Kollektivbegriff denken, doch eine überzeugende Argumentation kann darauf nicht aufgebaut werden. Gewichtiger ist dagegen die Feststellung, daß der Einfluß Gottes auf das Herz des Menschen in den späten Schriften als ins Herz geben ( 1 ^ 1 "|Π3) beschrieben wird.46 Doch an den von H.-J. Fabry genannten Stellen (Esr 7,27; Neh 2,12; 7,5) geht es jeweils darum, daß einem Menschen bestimmte Gedanken eingegeben werden. Mit Koh 3,11 kann dieses ins Herz geben deshalb nicht verglichen werden. Das gleiche gilt für Stellen wie Koh 1,13.47 Unterschiedlich bewerten kann man die Weiterführung von V 11. Hier wird wieder ausdrücklich vom Menschen gesprochen (01ΝΠ). Das wird z.B. von L Schwienhorst-Schönberger 48 als Hinweis darauf gesehen, daß auch dazwischen, also bei 01t>l, vom Menschen die Rede ist. Doch die erneute Einführung läßt ebenso den umgekehrten Schluß zu, daß es nun wieder um den Menschen geht, während vorher eben eine Aussage über t o n gemacht wurde. Auch der Wechsel von CHMD zu ΟΊΝΠ spricht m.E. eher für letztere Deutung. 49 Etwas fraglich ist allerdings, ob man tatsächlich in diesem Sinne vom Herz aller Dinge sprechen kann. Man könnte an eine übertragene Bedeutung denken, nämlich als „Mitte", als das „Innerste" der Dinge. Daß dieses Verständnis auch im biblischen Hebräisch durchaus denkbar ist, hat schon F. Ellermeier vermerkt. 50 Auch in anderen Zusammenhängen kann lt> in übertragener Bedeutung die Mitte einer Sache bezeichnen. So kann vom 2t? des Meeres (Ex 15,8; Jona 2,4; Spr 23,34) oder des Himmels (Dtn 4,11) geredet werden. Hier scheint zwar eher an die „Mitte" als an das „Wesen" gedacht zu sein, doch H. W. Wolff sieht das Gemeinsame dieser Belege in der Verborgenheit. ,„ Herz' steht... in all diesen Fällen für das Unerforschliche, für das unergründlich Verborgene schlechthin." 51 Das Altakkadische spricht ebenfalls zugunsten der hier vertretenen Deutung. Das dem hebräischen 2t> entsprechende Wort libbu weist eine größere Bedeutungsbreite auf. Nach Fabry besteht „der Verdacht, daß libbu zum Begriff für den Wesenskern der Dinge wurde, der Existenz, Wert und Zweck einer Sache ausmachte"52. Schließlich ist daran zu erinnern, daß lt> beim Menschen auch die Personen insgesamt meinen kann53, übertragen auf t o n würde das Herz also alles, d.h. die Gesamtheit der von Gott geschaffenen Dinge und Phänomene, als eine „Person", als eine Ganzheit bezeichnen. Insgesamt sprechen damit m.E. mehr Argumente für die Verbindung von D l t > l mit t o n als für die mitDTNn O l . Es liegt folglich nahe, in Koh 3,11 als „Ewigkeit" im Sinne einer „unabsehbaren

die Unaufhörlichkeit hat er darein gegeben, muß im PI stehen, da die Summe aller einzelnen nie abreißenden Handlungen und Geschehnisse gesehen ist." 45

An anderer Stelle räumt Müller dann auch ein, daß bäm „syntaktisch nicht ganz sauber" konstruiert ist (Müller, Gast, 179, Anm. 35).

46

Fabry, ThWAT IV, 439.

47

Müller(Gast, 179, Anm. 35) stellt diese Beziehung her, weil Koh 1,13 weitgehend schon in Koh 3,10 aufgenommen worden sei.

48

Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 107.

49

Ähnlich Galling, Prediger, 95.

50

Vgl. Ellermeier, Qohelet, 320.

51

Wolff, Anthropologie, 73.

52

Fabry, THWAT IV, 417. Auch Ellermeier (Qohelet, 320) verweist auf das akkad. αηα libbi mit der Bedeutung „in ... hinein".

53

Vgl. Kap. 1.3, S. 15.

80

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Dauer" aller Dinge oder Phänomene zu verstehen.54 Für dieses Verständnis sprechen auch inhaltliche Überlegungen. So kommt vor allem in Koh 1,4ff genau der gleiche Gedanke zur Sprache: während den Menschen nur eine kurze Zeit beschieden ist, besteht die Erde und mit ihr der Kreislauf von Sonne, Wind und Wasser. Deshalb gibt es auch nichts Neues (Koh 1,9), die Dinge bestehen ohne Ende, Gott bringt sie immer wieder neu hervor (Koh 3,15). Auch die Fortsetzung in Koh 3,12 legt die hier bevorzugte Deutung nahe. Denn sofern Of^J auf die Herzen der Menschen bezogen wird, versteht man das meist als ein über den Augenblick hinausgehendes Fragen 55 oder als ein Streben nach Dauer5*·. Doch warum erscheint dann nicht dieses Streben und Fragen als das Beste, sondern das fröhliche Genießen des Augenblicks? Schließlich legt die vorangehende Aufzählung der verschiedenen Zeiten nahe, daß es sich bei Dt^) ebenfalls um einen zeitlichen Begriff handelt, genauer um ein Oppositum zu T1V, dem rechten Zeitpunkt für eine Sache.57 Letzte Sicherheit ist aber in der Deutung von Koh 3,11 nicht möglich, das zeigt schon die nach wie vor anhaltende Debatte, weder sprachlich noch inhaltlich kann man einen wirklichen Beweis erbringen. Denkbar, wenn auch weniger wahrscheinlich, erscheint mir deshalb auch, daß hier von einem dem Menschen von Gott eingegebenen Gedanken an bzw. Wissen um die „unabsehbare Dauer" gesprochen wird. Dies entspräche dann den oben genannten Beispielen für die Wendung ]ΓΟ mit Gott als Subjekt. Eine dieser Offenheit entsprechende Wiedergabe von Koh 3,11 b a könnte lauten: auch hat er (Gott) die Dauer in ihr Herz gelegt. Dies entspricht genau dem Text und überläßt auch dem heutigen Leser eine eigene Entscheidung. Eine derart offene Übersetzung ist durchaus angemessen, weil der sachliche Unterschied zwischen beiden Lösungsvarianten letztlich gering ist. Man könnte sagen, daß beide Varianten die gleiche Aussage aus unterschiedlicher Perspektive bzw. mit unterschiedlicher Betonung machen. Bezieht man Dlt>3 auf OIND >31, so ist das Wissen um die Dauer in die Menschen gelegt. Bei diesem Wissen geht es aber um die Dauer der Dinge bzw. der Vorgänge in der Schöpfung. Damit wäre implizit vorausgesetzt, daß Gott die Dauer in die Dinge hineingelegt hat. Entscheidet man sich umgekehrt fur die hier bevorzugte Variante und bezieht O l 1 ? ! auf t o n , so erscheint die Dauer als in die Dinge gelegt. Das Wissen um diese Dauer ergibt sich dann aber daraus, daß Kohelet diese Tatsache ausspricht. In beiden Fällen lautet die Aussage unterm Strich: Die Dinge haben zeitlich unbegrenzten Bestand, und der Mensch weiß darum. N. Lohfink kommt zu einer ganz ähnlichen Feststellung: „Von Gott her wäre zu übersetzen: ,In alles, was Gott tut, legt er auch die Ewigkeit hinein.' Vom Menschen her: ,In die Menschenherzen hat er die Frage nach der Ewigkeit hineingelegt.' Der Sache nach enden beide Übersetzungen beim selben. Die Vollkommenheit alles irdischen Geschehens beruht auf dem ewigen Geschehens- und Sinnzusammenhang, in dem jeder einzelne Vorgang steht (...). Insofern ist in jedem Geschehen die Ewigkeit. Der Mensch, der ja verstehend handelt, ahnt, daß es dies gibt." 58

In Koh 3,12 ergibt sich ein Problem, das dem von Koh 3,11 ganz ähnlich ist und deshalb an dieser Stelle mit besprochen werden soll. Auch in Koh 3,12 findet sich

54

In diesem Sinne übersetzen z.B. Eilermeier, Qohelet, 320; Lohfink, Kohelet, 69; Kaiser, Determination, 258; Lauha, Kohelet, 69; Galling, Prediger, 95 (mit Textänderung).

55

Vgl. Zimmerli, Prediger, 167; Michel, Untersuchungen, 67, Anm. 171.

56

Vgl. Loretz, Qohelet, 283.

57

So auch Murphy (Translating, 573), der den Begriff Ewigkeit (eternity) für die Übersetzung von 'öläm als zu gewichtig verwirft.

58

Lohfink, Windhauch, 29.

Des Menschen Zeit

81

nämlich eine pluralische Form (Dl), ohne daß zuvor ein Plural erscheint, auf den sie sich bezieht. Man könnte auch hier von einem Rückbezug auf hakkol in 3,11 ausgehen. Meist wird bäm jedoch auf die Menschen bezogen, weil man dies als für den hebräischen Leser unproblematisch voraussetzt59 oder man ändert den Text in Anlehnung an 2,24 (statt D l dann DTN160). Dann ergibt sich eine Übersetzung wie die von H. W. Hertzberg61: Ich erkannte: Es gibt kein Glück bei ihnen62, außer sich zu freuen und sich gütlich zu tun in seinem Leben. Dies ist auch ohne weiteres möglich, wenn man den ähnlich konstruierten Vers Koh 2,24 dementsprechend übersetzt. Bevorzugt man aber aus inhaltlichen Gründen die in letzter Zeit häufiger vertretene63 und auch hier übernommene andere Deutung von 2,24, wonach das Glück nicht in der Verfügung des Menschen steht, so erscheint diese Übersetzung doch sehr problematisch. Dennoch finden sich gewöhnlich entsprechende Formulierungen. So übersetzt D. Michel64: Ich erkannte: Es gibt nichts Gutes in ihrer Verfügungsgewalt, außer sich zu freuen und sich's gut sein zu lassen, solange man lebt. Demnach liegen Freude und Lebensgenuß also doch in der Verfügungsgewalt des Menschen. Das steht schlicht im Widerspruch zu Koh 2,24. Man könnte nun, wie gesagt, bäm durchaus entsprechend 3,11a auf hakkol zurückbeziehen, doch dies ist sehr weit weg. Viel näher liegt es dagegen, bäm auf das kurz zuvor genannte Werk Gottes zu beziehen. Auch dieses ist schließlich eine Art Kollektivum, eine summarische Größe, denn Gottes Werk sind ja eben alle Dinge, so wie sie mit hakkol zusammengefaßt wurden. Das sich daraus ergebende Verständnis steht nicht im Widerspruch zu Koh 2,24 und entspricht genau dem, was Kohelet auch sonst über das Glück im Leben sagt. Koh 3,1 lf wäre dann wie folgt zu übersetzen: Alles macht er angemessen zu seiner Zeit, auch hat er die Dauer in ihr Herz gelegt, ohne daß der Mensch herausfinden kann das Werk, das Gott tut, von Anfang bis Ende. Ich erkannte: Es gibt kein Glück darin, außer sich zu freuen und sich's im Leben gut gehen zu lassen. Zum Abschluß dieses Abschnittes soll noch kurz auf H.-P. Müllers These eingegangen werden, wonach 'dläm „gleichzeitig Zeit Gottes und des Menschen ist"65 Auch wenn man Koh 3,11 mit H.-P. Müller so versteht, daß Gott den Menschen die

59

Vgl. Hertzberg, Prediger, 100, Anm. a) zu Koh 3,12.

60

So z.B. Galling, Prediger, 93; Zimmerli, Prediger, 163; Müller, Gast, 179, Anm. 35.

61

Hertzberg, Prediger, 69.

62

Bz·^. für den Menschen bei der Lesart D I N ! .

63

Vgl. S. 31, Anm. 55.

64

Michel, Qohelet, 137.

65

Müller, Skepsis, 15.

82

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Unendlichkeit ins Herz, d.h. in den Verstand gegeben hat, damit sie sich um die Erkenntnis des 'öläm bemühen66, ist mE. weder am Text noch sachlich nachzuvollziehen, warum der 'öläm nicht nur Zeit Gottes, sondern auch des Menschen sein soll. Des Menschen Zeit ist der Augenblick, nur über ihn kann er in gewisser Weise verfügen.67 Schon das Morgen ist ihm ebenso entzogen wie das Gestern. Allenfalls könnte man noch die Lebenszeit als des Menschen Zeit bezeichnen. Doch gemessen am 'öläm ist auch dies nur ein Augenblick.68 Wenn man den Menschen als Individuum überhaupt mit 'oläm in Verbindung bringen kann, so nur in sehr geringem Umfang, nämlich für die „Zeiten" seiner Existenz; im jeweiligen Augenblick, so könnte man sagen, partizipiert der Mensch an der unendlichen Beständigkeit der Erde (1,4) und des von Gott Geschaffenen (3,11), wozu ja auch jedes Individuum als Geschöpf gehört.

2.2.3 Kohelets Betrachtungen über die Zeit In dem bisher Gesagten wurde schon deutlich, daß Kohelets Zeitverständnis grundsätzlich dem entspricht, was uns auch sonst in der Weisheitsliteratur bzw. überhaupt im ganzen Alten Testament und darüber hinaus im Alten Orient begegnet. Den abstrakten Begriff „Zeit" kennt man im alttestamentlichen Denken nicht. Die Stunden in Minuten und diese in Sekunden aufzuteilen, um auch diese noch auf kleinere, physikalische Einheiten zurückzuführen, ist den Menschen damals nicht in den Sinn gekommen. Zeit war bestimmt von den Geschehen, die sich ereigneten, „das Geschehen ist nicht ohne seine Zeit, und die Zeit nicht ohne ein Geschehen denkbar"69. Biblisch ist uns die Zählung der Jahre nach den Regierungszeiten der Könige geläufig, wobei dies schon eine relativ späte Gepflogenheit ist. In Ägypten findet sie sich erst ab dem 17. Jahrhundert v. Chr.; bis dahin benannte man die Jahre nach besonderen Ereignissen.70 Zeit wird also weniger quantitativ als qualitativ verstanden.71 Die Qualität der Zeit wird davon bestimmt, was gerade „an der Zeit" ist; Zeit ist also „Zeit für" etwas. Auch wenn in unserem Zeitverständnis Zeit vorrangig eine Quantität beschreibt, ist uns dieses qualitative Verständnis doch nicht ganz unbekannt. Deutlich wird das z.B. an einer Wendung wie: ,3s ist Zeit". Dabei geht 66

Vgl. Müller, Skepsis, 15.

67

Zur Verfügbarkeit des Augenblicks vgl. S. 110, Anm. 106.

68

Vgl. die Gegenüberstellung von Ps 90,4: Tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.

69

V . R a d , Theologie II, 109.

70

Vgl. Otto, Zeitrechnung, 744ff.

71

Vgl. de Vries, Verständnis, 96.

Des Menschen Zeit

83

es ja nicht um Zeit im physikalischen Sinn. Gemeint ist doch: „Es ist Zeit für ...". Dabei schließen sich gegensätzliche Möglichkeiten in der Regel aus. Entweder ist es Zeit zu gehen oder es ist Zeit zu bleiben, Zeit zu arbeiten oder Zeit zu ruhen. Genau diese von gegensätzlichen Möglichkeiten geprägten Zeiten greift Kohelet in seinem Gedicht Koh 3,1-8 auf. Mit der kaum zufällig gewählten Anzahl von zweimal 14 Paaren72 sich gegenseitig ausschließender Tätigkeiten umschreibt es die Fülle menschlichen Lebens. Die Beispiele entstammen den verschiedensten Bereichen, aus dem natürlichen Jahreskreis und dem alltäglichen Leben, aus Gesellschaft und Privatleben; Existentielles steht neben Trivialem und scheinbar in der Verfügung des Menschen Stehendes neben offensichtlich Unverfügbarem. Alles im Leben, so die einleitende These, hat seine Zeit (3,1); für jedes Tun gibt es eine Gelegenheit, in der gerade dieses angemessen ist. Das bedeutet zugleich auch, daß das Gegenteil zu dieser Zeit nicht angemessen ist. Menschlichem Wollen und Planen ist damit eine Grenze gesetzt. Das heißt aber nicht, daß alles zielgerichtete Handeln aufgehoben wird. So versteht jedoch S. de Vries diesen Abschnitt. Er nimmt dabei an, daß durch die Konstruktion 'et + Infinitiv mit Präfix Γ eine Absicht zum Ausdruck gebracht wird, „besonders die Absicht, etwas herbeizuführen, das noch nicht als solches gegeben ist"73. Doch das trifft m.E. nur auf zwei der vier von ihm genannten Stellen wirklich zu, nämlich auf Hos 10,12 und Hag 1,2. Dagegen wird in Hag 1,4 offensichtlich ein bereits vorhandener Zustand beschrieben und angefragt, ob denn jetzt Zeit für solches Verhalten sei. Ps 119,126 scheint mir als Beispiel ebenso fraglich, denn der Beter bringt ja nicht Gottes Absicht zur Sprache, sondern seine Ansicht darüber, was jetzt an der Zeit sei. Auch andere Beispiele sprechen gegen die Deutung von S. de Vries, insbesondere jene Texte, in denen es um die Zeit zum Gebären geht (Gen, 38,27; Hi 39,1). Zwar wird mit der Geburt in gewisser Weise etwas Neues hervorgebracht, aber von einer Absicht kann man kaum sprechen, denn das würde die freie Verfügungsgewalt der Gebärenden über die Geburt beinhalten. Abgesehen von diesem Einwand ist auch nicht recht zu verstehen, wieso dadurch, „daß völlig entgegengesetzte Zustände beabsichtigt oder bewirkt werden ... jede Absicht und alles zielgerichtete Handeln"74 aufgehoben sein soll, wie S. de Vries behauptet. Kohelet meint ja nicht, daß zu ein und derselben Zeit diese gegensätzlichen Handlungen an der Zeit seien, sondern daß jeweils zu gegebener Zeit jede Handlung angemessen sein kann.

72

Vgl. Lohfink, Gegenwart, 4; Wilch, Time, 120.

73

De Vries, Verständnis, 99.

74

De Vries, Verständnis, 99.

84

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Es hat also jede Zeit ihren spezifischen Charakter, zu jeder Zeit ist ein bestimmtes Tun richtig und angemessen (vgl. Koh 3,11), während das gegenteilige Verhalten gerade zu dieser Zeit nicht angemessen ist. Diese Auffassung ist, wie schon die eben erwähnten Texte zeigen, keine Eigentümlichkeit Kohelets. Die Erkenntnis, daß alles seine Zeit hat, „war eine der konstituierenden Erkenntnisse der damaligen Menschen überhaupt"75. Dementsprechend gehört das Phänomen der „fallenden Zeit" auch fur die Weisen Israels zu den Grundgegebenheiten menschlichen Lebens. Doch obwohl man sich in dieser Weise in die Zeitlichkeit eingebunden wußte, wurde das Phänomen vor Kohelet nicht zum Gegenstand eigenständiger Reflexionen.76 So ging es den Weisen, deren Lehren uns in den Proverbien überliefert ist, „nicht um philosophisch-theologische Betrachtung von Zeit, sondern um deren Gestaltung"77. Nicht Zeit als solche war interessant, sondern deren Füllung durch den Menschen. Daß eine sinnvolle Füllung der Zeit bzw. der Zeiten möglich war, wurde dabei vorausgesetzt. Wer wachsam war, aus Erfahrungen lernte und auf die rechte Zeit warten konnte, dem würde es auch gelingen, die Zeit zu erkennen und die Gunst der Stunde zu nutzen (vgl. Est 1,13). So konnte aus der Grenze, die die „fallende Zeit" darstellte, eine Chance werden, man konnte sie eigener Lebensbemächtigung dienstbar machen, um, „soweit eben möglich, ein Stück weit mit dem günstigen Winde zu segeln"78. Auch Kohelet ging es prinzipiell um die rechte Füllung der Zeit, denn auch nach seiner Überzeugung kann menschliches Tun nur dann gelingen, wenn die Zeit dafür gekommen ist (vgl. Koh 9,11). Doch er war dabei weniger optimistisch als andere Weisheitslehrer. Denn seiner Ansicht nach sind die Zeiten nicht nur unverfugbar, das war allgemein anerkannt, sondern sie sind auch nicht erkennbar79 Der Mensch weiß nicht um seine Zeit. Ahnungslos wie der Fisch, der sich im Netz verfängt, und wie der Vogel, der in der Falle hängenbleibt, ist auch der Mensch, wenn die Zeit plötzlich auf ihn fällt, wenn sie über ihn hereinbricht.80 Es liegt also nicht an

75

V.Rad, Theologie II, 110.

76

Auch Sirach räumt den Reflexionen über die Zeit großen Raum ein, z.B. im Kap 39. Zur Sache vgl. v. Rad, Weisheit, 339ff; de Vries, Observations, 27If; ders. Verständnis, 98f.

77

Hausmann, Studien, 247, Anm 3.

78

V.Rad, Weisheit, 187.

79

Diese Ansicht wird von den meisten Exegeten vertreten. Wilch (Time, 127f) ist allerdings der Auffassung, daß die Erkenntnis der Zeiten bzw. der occasion und damit ein Leben according to the occasion" (128) prinzipiell möglich ist, auch wenn die meisten Menschen „rebellious and disorderly over against God and the situations that he offers them" (127) sind.

80

Diese Unkenntnis bezieht sich vor allem auf die Zukunft, einschließlich der unmittelbaren Zukunft, nämlich des kommenden Augenblicks. Doch auch für den gegenwärtigen Moment kann keine Sicherheit über den Charakter der Zeit erzielt werden, da sich unsere Auffassung

Des Menschen Zeit

85

mangelnder Umsicht oder VerStockung des Menschen, wenn er die Zeit falsch einschätzt (vgl. Hag 1,2.4); die fehlende Einsicht gehört genauso zum Wesen des Menschen, wie die Notwendigkeit, trotzdem in der Zeit zu handeln.81 Die Differenz zwischen Kohelet und anderen Weisheitslehrern gründet wohl in dem unterschiedlichen Anspruch. Während die Weisen im allgemeinen darauf aus waren, aus Erfahrung zu lernen und so partielle Einsichten zu gewinnen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit in anderen Situationen hilfreich sein werden, ging es Kohelet - wie bereits gezeigt wurde 82 - um eine grundsätzliche Erkenntnis, nämlich um die Frage, wie sich der Mensch einen bleibenden Gewinn (jitrön) sichern kann. In diesemZusammenhang stehen dann meist die ersten beiden Kapitel des KoheletBuches im Mittelpunkt. Kohelets Frage nach jitron ist, wie in den vorangegangenen Abschnitten gezeigt wurde, nicht zu trennen von der Einsicht in die eigene Sterblichkeit. Alle Versuche, einen bleibenden Ertrag zu erzielen, müssen spätestens im Augenblick des Todes scheitern. So stößt er bei der Suche nach jitron immer wieder auf den Tod. Der Tod ist aber ein Aspekt der Zeitlichkeit und gehört deshalb zum Menschsein. Ein anderer Aspekt der Zeitlichkeit ist die Zeitgebundenheit. Auch diese betrachtet Kohelet unter dem Blickwinkel seiner Eingangsfrage: Was für einen Gewinn hat der Mensch? In leicht abgewandelter Formulierung nimmt Koh 3,9 diese Frage wieder auf. Auch Koh 3,1-8 versteht sich also unter dieser Fragestellung. Eine direkte Antwort bleibt aus, der Hinweis auf die Festlegung der Zeiten scheint die negative Antwort zu beinhalten. Weil jedes Tun seine Zeit hat, ist für ein jedes Vorhaben nur eine bestimmte Zeit die rechte Zeit. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein steter Wechsel: Weinen wechselt mit Lachen, Nähe mit Ferne, Liebe mit Haß. Nach Gottes Willen wechseln gute mit bösen Tagen (Koh 7,14). Dieser Wechsel der Zeiten und die unentrinnbare Bindung des Menschen an diese Zeiten impliziert, daß man sich auch zu Lebzeiten keinen bleibenden Ertrag sichern kann.83

über die augenblickliche Zeit als falsch erweisen kann. Im Rückblick sind die Zeiten schon eher erkennbar, z.B. am Gelingen oder Mißlingen unseres Tuns. Selbst da fehlt jedoch die letzte Sicherheit, weil sich das scheinbar Sinnvolle langfristig als unsinnig erweisen kann und umgekehrt. 81

Vgl. Koh 11,3-6 sowie zur Möglichkeit freier Entscheidung Kap. 3.2.2, S. 181.

82

Vgl. Kap. 2.1.1, besonders S. 38.

83

Im Gegensatz zu Kohelet wurde der Gedanke des wechselhaften Schicksals im Papyrus Insinger systematisch ausgebaut. Lichtenheim (Observations, 297f) spricht von einem „concept of the reversal of fortune". Hier wird nicht nur die alte Idee von der Umkehr des Glücks formuliert, sondern ein vertieftes Verständnis, daß nämlich „change was the law of life".

86

Kapitel 2: Anthropologische T h e m e n

An dieser Beobachtung wird zusätzlich deutlich, daß der fehlenden Einsicht in die Zeiten keineswegs jenes überwältigende Gewicht zukommt, das ihr oft zugemessen wird.84 Abgesehen davon, daß ein bleibender Ertrag im Sinne Kohelets wegen der Sterblichkeit des Menschen unmöglich ist, kann ein solcher auch zu Lebzeiten kaum gesichert werden, weil der Wechsel der Zeiten alles Bleibende verhindert. „Wie gewonnen, so zerronnen" - das gilt, mindestens als grundsätzliche Möglichkeit, für alle Bereiche menschlichen Lebens. Im ersten Abschnitt des 3. Kapitels des Kohelet-Buches war immer nur von der Zeit die Rede. In Koh 3,10 wird nun auf Gott verwiesen. Er ist es, der die Zeiten geordnet hat, er gab den Menschen die Geschäftigkeit ('injäri), was hier wohl als Zusammenfassung der zuvor genannten Tätigkeiten zu verstehen ist. Im folgenden Vers fährt Kohelet dann unmißverständlich und geradezu bekenntnishaft fort: Alles macht er angemessen zu seiner Zeit (3,1 laa).*5 „Seine Zeit" bezieht sich dabei zurück auf „alles", mithin auf die in Koh 3,2-8 genannten Tätigkeiten. Es ist keineswegs im Gegensatz zu den dort genannten Zeiten menschlichen Tuns als Bezeichnung der mythischen Urzeit Gottes zu verstehen, wie es von H.-P. Müller mehrfach vorgeschlagen wurde.86 Gottes Tun beschränkt sich nicht auf eine ferne Urzeit, wie an anderer Stelle noch ausfuhrlich darzustellen sein wird.87 Die Wendung b'' ittö begegnet im Alten Testament mehrfach88, stets ist damit die rechte Zeit für das jeweils Genannte gemeint. Und auch da, wo in diesem Zusammenhang ganz eindeutig vom Handeln Gottes gesprochen wird89, ist offensichtlich sein Handeln in und an der Gegenwart gemeint.90 Schon an diesem Befund wird deutlich, daß Kohelet mit Gottes Handeln in der

84

S o z.B. d e Vries, Observations, 2 7 1 : „since man is unable to penetrate the curtain of divine inscrutability in order to trace the chain of cause and effect from beginning to end ( Q o h 3 : 1 1 ) , man can secure no .profit' for his toil". Vgl. auch S. 4 4 , A n m . 4 5 .

85

Hier triff sich Kohelet fast wörtlich mit Jesus Sirach, der ebenfalls davon überzeugt ist, daß G o t t e s W e r k e alle gut sind und j e d e s zu seiner Zeit Bedeutung hat (Sir 3 9 , 3 3 f ) . B e i Sirach steht dabei allerdings ein seelsorgerliches Anliegen im Vordergrund (vgl. v. Rad, Weisheit, 340).

86

V g l . Müller, Skepsis, 13f; ders., Gott, 513f; ders., N e i g e , 148.

87

V g l . Kap. 3 . 2 . 1 . 3 , S. 171.

88

D t n 1 1 , 1 4 ; 2 8 , 1 2 ; Hi 5 , 2 6 ; 3 8 , 3 2 ; Ps 1,3; 1 0 4 , 2 7 ; 1 4 5 , 1 5 ; Spr 15,23; Jer 5 , 2 4 ; E z 3 4 , 2 6 ;

89

Dtn 1 1 , 1 4 ; 2 8 , 1 2 ; Ps 1 0 4 , 2 7 ; 1 4 5 , 1 5 ; Jer 5 , 2 4 ; Ez 3 4 , 2 6 ; H o s 2 , 1 1 ; vgl. auch Sir 3 9 , 2 1 .

90

Fischer (Skepsis, 2 3 6 ) verweist zudem darauf, daß dort, w o i m biblischen Hebräisch v o n der

Hos 2,11.

mythischen Urzeit gesprochen wird, die Worte aber

'et.

qtedcem und 'öläm V e r w e n d u n g

finden, nicht

Des Menschen Zeit

87

Gegenwart rechnet: Gott macht alles jeweils zu seiner Zeit angemessen. Deshalb ist eine präsentische Übersetzung von Koh 3,11 durchaus auch sinnvoll.91 Weil es also Gott selbst ist, der die Zeiten fügt, und der zu seiner Zeit alles recht macht, kann der Mensch auch in den gesetzten Zeiten Gottes Handeln erfahren, und zwar als eine „reale Macht und Wirklichkeit"92, so daß er indirekt ihm selbst begegnen kann.93 Daher es ist unzutreffend, wenn wiederum H.-P. Müller feststellt, daß die Zeiten nicht durch Gott, sondern durch den Zufall bestimmen würden.94 Dagegen spricht neben Koh 3,11 auch 9,11: Wenn Zeit und Zufall den Gang der Ereignisse bestimmen, so stehen für Kohelet offensichtlich beide auf einer Stufe, sind gewissermaßen Synonyme. In gleicher Weise können auch Zeit und Ordnung zusammengebracht werden (Koh 8,5f).95 Nimmt man diese Wortpaare zusammen, so steht Zufall neben Ordnung. Das ist natürlich nur sinnvoll, wenn Zeit, Zufall und Ordnung auf Gott zurückgeführt werden. Die Zeit und ihr Wechsel gehört zur Ordnung Gottes, auch wenn dieser Wechsel dem Menschen wie Zufall erscheint. Wegen des scheinbar ungeordneten Wechsels der Zeiten weist Kohelet jede Möglichkeit einer Vorhersage des Zukünftigen weit von sich. Damit verwirft Kohelet indirekt auch die Astrologie, die in seiner Zeit von Mesopotamien aus ihren Siegeszug antrat.96 Keiner weiß, was zukünftig geschehen wird (7,14; 8,7, vgl. 1 l,lf.6), denn die Zeiten fallen plötzlich über den Menschen (9,12).

91

Vgl. Isaksson, Studies, 79ff. So auch Schubert, Schöpfungstheologie, 119: „Kohelet formuliert seine Kemsätze über die Schöpfung präsentisch (n\yy in 3,11-14). Schöpfung ist somit nicht nur ein Geschehen des Anfangs, sondern auch der Gegenwart." An anderer Stelle (Schöpfiingstheologie, 191) spricht er ausdrucklich davon, daß die Schöpfung bei Kohelet „auch als creatio continua" wirkt. Ähnlich jetzt auch Hossfeld (Die theologische Relevanz, 382), der feststellt, daß die creatio continua Rahmen und Horizont der Anthropologie Kohelets ist.

92

V. Rad, Weisheit, 296.

93

Es ist offensichtlich, daß dies keine persönliche Gottesbegegnung ist, wie sie etwa von Hiob berichtet wird (Hi 38ff)· Gleichwohl ist es eine Begegnung, die Gott an seinem Handeln erfahrbar werden läßt und so den vorhandenen Gottesglauben bestätigt.

94

Vgl. Müller, Skepsis, 4, Anm 13.

95

Ein Hendiadys, das von einigen Exegeten in 8,5f und/oder in 9,11 gesehen wird, dürfte in beiden Fällen nicht vorliegen, vgl. Schoors, Preacher, 217. Zur Übersetzung von mispät mit Ordnung vgl. zuletzt Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 276, Anm. 61.

96

Vgl. Kaiser, Botschaft, 59. Kaum im Recht sein dürfte Tsukimoto (Background, 35-41), der Koh 11,1-6 als direkte Auseinandersetzung mit einer Wahrsagerei versteht, die versucht, aus

88

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Aus der zuletzt genannten Textstelle Koh 9,11 f, die ja genauer besagt, daß die böse Zeit plötzlich über den Menschen fällt, hat Chr. Klein die Schlußfolgerung gezogen, daß die Zeit insgesamt für Kohelet zur bösen Zeit wird und so „existenzbedrohende Qualität" bekommen hat.97 An anderer Stelle verweist er auf die Determination, die aus der Zeit böse Zeit macht.98 Beides trifft m.E. nicht zu. Von einer bösen Zeit ist keineswegs nur bei Kohelet die Rede.99 „Sehr oft findet man Verbindungen des Wortesjän, besonders seines Pluralsjämim, oder des Wortes 'et mit einem abhängigen Genitiv der Substantive rä'äh, Böses, Übel, Verderben, und säräh Bedrängnis, Not, Angst."100 Richtig ist, daß die Zeit und mithin Gott die Existenz des Menschen bestimmt. Nichts anderes meint auch die Feststellung: Meine Zeiten p3p!ny) stehen in deinen Händen (Ps 31,16). Natürlich kann existenzbestimmend im Einzelfall auch existenzbedrohend bedeuten, ebenso kann die Zeit aber auch das Wohlergehen fördern. Zeit ist also für Kohelet weder wegen der Unkenntnis über die Zukunft noch wegen der unbeeinflußbaren göttlichen Festlegung für Kohelet eo ipso böse Zeit, wie man nicht zuletzt auch an seinen wiederholten Ermunterungen zum Lebensgenuß ablesen kann.101 Gefragt werden muß auch, ob man überhaupt von Determination sprechen sollte. Daß die Zeiten von Gott festgelegt werden, ist die Auffassung aller alttestamentlichen Schriften. Des Menschen Herz erdenkt seinen Weg; aber Jahwe lenkt seinen Schritt. (Spr 16,9; vgl. 20,24) In Sätzen wie diesen drückt sich das Wissen um die „völlige

Wetterbeobachtungen Zukunftsweissagungen zu treffen (36). Er verweist dabei auf entsprechende Phänomene in Israels Umwelt. Dementsprechend versteht er z.B. 'es in Koh 11,3 nicht als Baum, sondern als „divining rod" (39), und Koh 11,5 als Hinweis auf „a divination by means of observing the shape of a misformed human or animal fetus" (41). Im Gegensatz zu Tsukimoto geht auch Krüger (Gegenwartsdeutung, 332) davon aus, daß sich Kohelet in 1 l , 3 f gegen zeitgenössische Versuche wendet, „die Zukunft mit Hilfe prognostischer Techniken vorhersehbar zu machen". 97

Klein, Kohelet, 138.

98

Klein, Kohelet, 117.

99

Vgl. Ps 37,19; Am 5,13; Mi 2,3 (hier wird die böse Zeit sogar ausdrücklich auf Jahwe zurückgeführt).

100 De Vries, Verständnis, 98. 101 Deshalb ist auch Chamakkalas (Reflections, 131) Ansicht abzulehnen, wonach die Zeit, die sonst im Alten Testament als Quelle der Hoffnung und des Trostes gesehen wird, für Kohelet eine Quelle des Leids und des Unglücks darstellt, weil der Schöpfer, der die angemessene Zeit für alles bestimmt hat, auch das Unwissen des Menschen über diese Zeit bestimmt hat.

Des Menschen Zeit

89

Abhängigkeit des Menschen von Gott"102 aus. Dennoch fühlte man sich in seinen Handlungen keineswegs determiniert. G. v. Rad schreibt dazu: „Wäre man allerdings der Meinung, daß die Lehre von der fallenden Zeit nur im Horizont eines starren theologischen Determinismus ihrer Ort gehabt haben konnte, so wäre sie mit den Vorstellungen des älteren Jahweglaubens schwer vereinbar."103 Man empfand die Freiheit des Menschen weitgehend nicht eingeschränkt, obwohl man sehr genau wußte, daß nicht jedes Tun zu jeder Zeit angemessen und sinnvoll ist. Ahnlich ist es bei Kohelet. Die von Gott festgesetzten Zeiten sind jeweils Zeiten für ein bestimmtes Tun, das heißt aber nicht, daß man nicht die Freiheit besäße, etwas anderes anzustreben. Man kann Zeiten auch ungenutzt verstreichen lassen. Der gleiche Gedanke findet sich auch sonst im Alten Testament und in seiner Umwelt. So heißt es in Hos 10,12: Säet für euch, wie es recht ist und erntet entsprechend der Gnade, pflügt euch einen neuen Acker. Es ist Zeit, Jahwe zu suchen, damit er kommt und für euch Heil regnen lasse.104 Und in der Lehre des Ptahhotep heißt es: Beschneide nicht die Zeit der Muße, es ist ein Abscheu für den Ka, wenn ihre Zeit geschmälert wird.105 Der auffordernde Charakter dieser beiden völlig unterschiedlichen Aussagen macht deutlich, daß nicht alles, was an der Zeit ist, automatisch auch getan wird. Wäre es anders, bräuchte Kohelet nicht die mangelnde Einsicht in den Charakter der Zeiten zu beklagen, denn dann müßte man ja nicht die Zeiten erkennen, um jeweils das der Zeit Angemessene zu tun. Schon aus diesem Grund wird man bei Kohelet kaum von Determination zu sprechen haben. Das Verhältnis zwischen menschlichem Handeln und göttlichem Verfügen bleibt auch bei ihm offen.106 Die Zeit und ihre Festlegung ist für Kohelet jedenfalls kein Grund zur Resignation. Sie ist für ihn, wie für das ganze Alte Testament, etwas, das „geheimnisvoll wie eine Ordnung in allen Geschehnissen waltet"107. Kohelets Überzeugung, daß Gott alles angemessen gemacht hat, läßt sich deshalb auch auf die Zeit selbst beziehen.

102 Meinhold, Sprüche II, 268. 103 V. Rad, Weisheit, 187f. Anderer Auffassung ist offensichtlich Gese (Lehre, 46), der zu Spr 10,22 und 20,24 schreibt: „Hier bricht eine Anschauung vom Determination durch, die das Weisheitsdenken in seinen Grundlagen erschüttert." 104 Zur Übersetzung von 12b vgl. Rudolph, Hosea, z. St. 105 Lehre des Ptahotep, Ζ 188f, zitiert nach T U A T ΠΙ/2, 203. 106 Vgl. Kaiser, Determination, 268 sowie die Ausführungen in Kap. 3.2.2, S. 176ff. 107 V. Rad, Weisheit, 295.

90

Kapitel 2: Anthropologische Themen

2.3 Leben im Angesicht des Todes 2.3.1 Arbeit und Ruhe Die Arbeit gehört zum Grundauftrag des Menschen, das ist die Überzeugung des Jahwisten 1 , und auch für die Weisheit besteht kein Zweifel, daß Arbeit ein wesentlicher Bestandteil menschlichen Lebens ist. Vorwiegend wird sie hier in der Gegenüberstellung des Fleißigen und des Faulen thematisiert, wobei Sprüche über den Faulen und die Faulheit ein deutliches Übergewicht haben. Die Weisheitslehrer verfolgen damit pädagogische Absichten: die angesprochenen jungen Menschen sollen vor den Folgen der Faulheit gewarnt werden, damit sie auf dem rechten Weg, nämlich dem des Fleißes bleiben. Der Fleiß wird als „ein wichtiges Ideal und Verhalten des Weisen" 2 dargestellt, womit eine positive Wertung der Arbeit verbunden ist.3 Besitzstand und Ansehen für die eigenen Person werden dem versprochen, der sich in stetigem, ehrlichem Fleiß bemüht.4 Dabei wird jedoch nicht übersehen, daß Arbeit auch Mühsal sein kann und daß die Erfahrungsregel, wonach Fleiß zu Erfolg, Faulheit aber zu Armut führt, kein ausnahmsloses Gesetz ist. Die Arbeit wird keinesfalls idealisiert, „sie ist eine harte Lebensnotwendigkeit"5. „Ruft die alttestamentliche Weisheit zwar deutlich aus der Faulheit heraus, so warnt sie doch noch strenger vor dem Mißverständnis, der Mensch werde erst durch seine eigenen Werke beschenkt."6 Am deutlichsten zeigt Spr 10,22, wie sehr sich auch die Lehrer, die in den Proverbien zu Wort kommen, der Grenzen menschlicher Schaffenskraft bewußt sind. H. Irsigler sieht in diesem Vers einen „Protestspruch eines weisheitlichen Lehrers von einem entschieden religiösen Standpunkt aus. Protest gegen eine Haltung, die auf die eigene erfolgreiche, Reichtum verschaffende Arbeit pocht, Protest gegen den alten erzieherischen Satz im Kontext von Spr 10,22, daß eigener Fleiß es sei, der Reichtum bringt (10,4-5; 11,16)."7 Zu dem Wissen um die Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit gehört auch das Wissen um die Notwendigkeit erholsamen Schlafes (Spr 3,24) „In der Ruhe

1

Wolff, Anthropologie, 190; Irsigler, Umsonst, 50.

2

Hausmann, Studien, 75.

3

Delkurt (Einsichten, 80f) vertritt allerdings die Ansicht, daß es in diesen Sprüchen ausschließlich um die warnende, pädagogische Funktion geht und nicht darum, „den Fleiß als eigenständigen Wert zu etablieren".

4

Vgl. Hausmann, Studien, 67.

5

Westermann, Sprüche, 31.

6

Wolff, Anthropologie, 198, mit Verweis auf Spr 10,22.

7

Irsigler, Umsonst, 67.

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91

zeigt sich die Lebenskunst, d.h. jene Weisheit, deren Kopfstück die Furcht Jahwes ist."8 Geradezu paradigmatisch dafür kann Ps 127,lf genannt werden.9 Im Kohelet-Buch kommen wesentliche Aspekte in der Stellung zu Arbeit und Ruhe in der Verwendung zweier Begriffe zum Ausdruck: 'ämäl (35x) und 'injän (8x). Sie sollen in zwei Exkursen besprochen werden.

Exkurs 4: 'ämäl Die Wurzel 'ml kommt im Alten Testament 76x vor10, davon einmal als Personenname (1 Chr 7,35). Die Streuung zeigt, daß das Wort vorwiegend in weisheitlichen Abschnitten sowie Texten der liturgischen Poesie gefunden wird und der späten Sprache angehört. 35 Belege finden sich bei Kohelet; in Hi, Ps, Spr und Koh zusammen sind es 63. Die ursprüngliche Bedeutung der Wurzel 'ml ist „müde sein/werden"." Daraus hat sich ein Wortfeld entwickelt, daß im Deutschen nur mit Wörtern wiedergegeben werden kann, die für unser Verständnis keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang erkennen lassen. F. Foresti zeigt für die semantische Entwicklung zwei Linien auf. Er hält dabei „the idea of .work'" 12 für grundlegend: (Toil) hard work trouble, affliction oppression (of others) WORK (Efficiency production) produce property, wealth gain -> contribution Die 35 Belege bei Kohelet verteilen sich über fast alle Kapitel. Die Wurzel fehlt nur in den Kapiteln 7; 11 und 12. Mehrmals erscheint m/gehäuft in Versgruppen (Koh 2,18-24 l l x ; 4,4-9 5x; 5,14-18 5x; 2,10-11 4x). Das Substantiv findet sich am häufigsten (22x), Verb- und Adjektivformen erscheinen zusammen 13x, davon 8x mit dem Substantiv 'ämäl als innerem Objekt. Eine ausfuhrliche Analyse der einzelnen Verse soll hier nicht wiedergegeben werden, die Belege werden lediglich nach dem positiven oder negativen Inhalt der betreffenden Verse zusammengefaßt. positiv: 7x (Koh 2,24; 3,13; 4,9; 5,17.18; 8,15; 9,9) zweifelhaft positiv: lx (Koh 2,10 wegen Einschränkung im folgenden Vers) neutral: 7x (Koh 1,3; 2,19; 2,21; 2,22; 3,9; 10,15)

8

Wolff, Anthropologie, 199.

9

Dazu ausführlich Irsigler, „Umsonst ist es, daß ihr früh aufsteht...". Psalm 127 und die Kritik der Arbeit in Israels Weisheitsliteratur.

10

Zu den statistischen Angaben vgl. Otzen, THWAT VI, 213; Schwertner, THAT II, 332 sowie Foresti,' ämäl, 419f.

11

Otzen, THWAT VI, 213.

12

Foresti,' ämäl, 425.

92

Kapitel 2: Anthropologische Themen

davon als Frage: 3x (Koh 1,3; 2,22; 3,9)" negativ: 8x (Koh 2,11; 2,18; 2,20; 4,4; 4,6; 5,14.15; 6,7; 8,17) Rein zahlenmäßig ergibt sich eine nahezu neutrale Bewertung. Fragt man nun danach, was zu negativen Einschätzungen fuhrt und wann Kohelet dem 'ämäl etwas Positives abgewinnen kann, ergibt sich ein klareres Bild. Negativerscheint 'ämM vor allem wegen seiner Unbeständigkeit: Aufs ganze gesehen (also mit Blick auf seine Grundfrage nach jijrdn) fiihrt 'ämM zu nichts; stirbt der Mensch, so muß er es einem anderen hinterlassen. Sieben der als negativ oder neutral eingestuften Verse bringen diese Vergänglichkeit bzw. diese Unfähigkeit, jitrön zu schaffen direkt zum Ausdruck (2,11; 2,18-21; 5,14f, hierzu könnten ebenfalls die drei Fragen 1,3; 2,22 und 3,9 gezählt werden). Auch in 6,7 und 8,15 ist es die Vergeblichkeit, die 'ämM in schlechtem Licht erscheinen läßt: vergeblich versucht der Mensch, sein Verlangen zu stillen, und vergeblich bemüht er sich, Gottes Werk zu erfassen. Die positive Bewertung ergibt sich fast ausschließlich aus der Möglichkeit, in oder durch 'ämäl Lebensfreude zu genießen. Die betreffenden Stellen wirken in der Regel geradezu als Kontrapunkt zu den vorangegangenen Aussagen. Besonders deutlich wird das im Eingangsabschnitt, Koh 1,2-3,15. Kohelet fragt und sucht nach jitrön, alle seine Experimente scheitern: jitrön ist nicht zu erlangen. Und zweimal lautet dann die Reaktion auf die negative Beantwortung der Grundfrage: ba '"mal gibt es doch ein Wertvolles: Gutes zu erfahren und zu genießen (2,24; 3,13). Neben dieser durch das ganze Werk hindurch zu verfolgenden Linie gibt es bei der Verwendung von 'ämäl noch zwei aufschlußreiche Beobachtungen. Das betrifft zum einen Koh 4,4-6. In diesem Abschnitt erscheint 'ämäl negativ, weil die treibende Kraft der Neid des einen auf den anderen ist (V 4). Dem wird nun aber die törichte Faulheit entgegengestellt (V 5). Damit verändert sich die Sicht entscheidend. Jetzt wird 'ämäl nicht mehr generell abgelehnt, sondern nur noch ein zuviel davon. Die Bewertung erscheint damit ähnlich wie in 4,8, wo auch nicht 'ämä an sich beklagt wird, sondern 'ämäl ohne Ende und noch dazu ohne die geringste Befriedigung. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß 'ämä bei Kohelet als unumgänglicher Bestandteil des Lebens zu verstehen ist. Unterstützt wird diese Ansicht durch Koh 9,9, wo 'ämM parallel zu hajjim erscheint. Leben und 'ämäl sind nicht voneinander zu trennen. Hier sei auch auf die parallele Konstruktion der beiden Verse Koh 2,17 und 2,18 verwiesen. In 2,17 spricht Kohelet vom Haß auf das Leben ( • » n m i N TlNTOI), weil der Weise stirbt wie der Tor und alles dem Vergessen preisgegeben ist (V 16). Geradezu parallel erscheint der Gedankengang in 2,18 ( ^ O y t O T l N mfO'W)): Kohelet haßt 'ämäl, weil ihm selbst nichts davon bleibt. Auslöser der tiefen Unzufriedenheit ist also jeweils die Feststellung, daß nichts Bleibendes erreicht wird.14 Aus diesen beiden Zusammenhängen und der zuvor genannten Grundlinie ergibt sich folgendes Bild: Zum einen ist 'änä eine grundlegende Konstante des Lebens, sie gehört zu den „elementaren Lebensbedingungen des Menschen"15. Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen: 'ämäl ist ein Teil der schicksalhaften Gegebenheiten menschlichen Lebens." Der Mensch gilt, wie es sich schon bei der

13

Bedenkt man, daß bei Kohelets rhetorische Fragen eine negative Antwort naheliegt, bekommen auch diese Stellen einen negativen Unterton, wie er in der sicher negativ zu beantwortenden Frage Koh 5,15 deutlich ist.

14

Vgl. Kaiser, Determination, 254: alles Tun erscheint „vergänglich und sinnlos, weil sein Ertrag vergänglich wie das Leben selbst ist".

15

Otzen, THWAT VI, 218.

16

Vgl. auch den folgenden Ausspruch aus Der Mensch und sein Gott: Am Tage, an dem zahlreiche Menschen (ihr) Anteil zugeteilt wurde, war Mühsal mein zugeteilter Anteil!

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Untersuchung des Begriffes74/andeutete17, auch für Kohelet als homo faber. Wer Mühe und Arbeit ganz und gar zu vermeiden sucht, läuft Gefahr, selbst Schaden zu nehmen (Koh 4,4-6). Damit befindet sich Kohelet ganz in Übereinstimmung mit vielen anderen Texten weisheitlicher Tradition. Besonders in späten Texten wird 'ämäl als eine von Gott gegebene Aufgabe betrachtet, die das Leben des Menschen bestimmt und ihm auch zur Last werden kann.18 Zum anderen darf man sich aber auch nicht zuviel von Mühe und Arbeit versprechen. Wie alles im Leben, ja Wiedas Leben als solches ( " p i n » n 9,9, vgl. 6,12), ist auch 'ämäl vergänglich; das habeel-Urteil kann nicht ausbleiben (2,11; vgl. 5,15). Daher erklärt sich auch der „Unterton der Frustration", von dem B. Otzen spricht", jitron darf nicht erwartet werden, die Enttäuschung (der Haß auf Leben und 'ämäl, vgl. 2,17f) ist sonst vorprogrammiert. Schließlich bleibt festzuhalten, daß sich auf dieser Basis dem 'ämä einiges abgewinnen läßt, denn ba '°mä gibt es durchaus die Möglichkeit „seine Seele Gutes sehen zu lassen". Diese Möglichkeit wahrzunehmen, ist nun keine Inkonsequenz Kohelets, wie Η. H. Schmid meint20, sondern die Schlußfolgerung aus Kohelets Erfahrungen und der eigenen Antwort auf seine Grundfrage. Wenn erstens jitron in der Welt, wie sie von Gott nun einmal geschaffen ist (3,11), nicht erreicht werden kann, wenn zweitens 'ämäl unausweichlicher Bestandteil des Lebens ist und wenn drittens dieses von Gott bestimmte Leben Möglichkeiten zur Freude bietet, so ist es geradezu ein Akt der Gottesfurcht, beides als Gabe Gottes anzunehmen, 'ämä und Freude, denn beides hat Gott den Menschen in freier Souveränität zugedacht. 21 Die Aufforderung zum Lebensgenuß entstammt also wohl nicht nur der Einsicht, daß er immer noch das Beste ist, was man im Leben erfahren kann, sondern mindestens ebensosehr der Überzeugung, daß Gott alles angemessen geschaffen hat (Koh 3,11) und daß deswegen auch das Leben mit allen seinen Möglichkeiten und Beschränkungen als Gabe Gottes anzunehmen ist. Eine Übersetzung von 'ämäl wurde bisher vermieden, sie ist aufgrund der schon angesprochenen Mehrdeutigkeit nicht unproblematisch. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich für „Mühe" oder schwanken zwischen „Mühe" und „Frucht der Mühe". Aber es gibt Ausnahmen. So übersetzt die Einheitsübersetzung beim Substantiv fast durchgängig mit ,3esitz", in anderen Fällen findet jedoch auch in dieser Übersetzung „mühen" bzw. „anstrengen" Verwendung. In einigen Versen steht der Aspekt „Besitz" ganz offensichtlich im Vordergrund, so z.B. in Koh 2,19, evtl. auch 2,10.18.20.22. Eine durchgängige Übersetzung mit „Besitz" ist jedoch m.E. nicht angebracht. Das wird schon in Koh 1,3 deutlich. Wollte man die Grundfrage Kohelets als die nach dem „Vorteil von all seinem Besitz" verstehen, so läge eine Deutung wie die von F. Crüsemann

(TUAT Π/1,106,45). Nach Kohelet ist aber allen Menschen 'ämäl zugeteil. Das erinnert an Gen 3,16f, wo allerdings p i s y steht. 17

Vgl. Kap. 1.6, S. 23.

18

Vgl. Ps 73,5; 90,10; Hi 3,10; 5,7; 7,3; Sir 40,1. Zur Sache vgl. Hirth, Arbeit; speziell zu Sirach vgl. Lang, Anweisungen, 83.

19

Otzen, THWAT VI, 218.

20

Schmid, Wesen, 193f.

21

Klein (Kohelet, 202) meint sogar, das carpe diem sei Kohelets „stiller Gottesdienst". Angesichts des offensichtlich sehr distanzierten Gottesverhältnisses Kohelets scheint mir dieser Ausdruck jedoch wenig angebracht. Auch Levy (Qoheleth 19) geht m.E. zu weit, wenn er behauptet, „Für Qoheleth bedeutet die Freude an der Mühe (...) ein Gut". Zu deutlich ist insgesamt die kritische bis negative Wertung von 'ämäl.

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vertretene nicht mehr fern. Danach mißt Kohelet mit „kaufmännischen Kategorien das Leben", so daß ihm vor dem „verdinglichten Grundmaßstab des verbleibenden Reingewinns"22 die Fülle des Lebens verblaßt. Die Tatsache, daß im folgenden von Anstrengungen ganz verschiedener Art berichtet wird, allen voran dem Suchen nach Weisheit, spricht für Koh 1,3 eindeutig gegen eine Übersetzung mit „Besitz". Wenig sinnvoll erscheint ,3esitz" auch dort, wo 'ämM im Zusammenhang mit der Freude verwendet wird (2,24; 3,13; 8,15; 9,9)23. Es geht ja dabei nicht um Freuden, die erst durch einen Besitz, wie er in Koh 2,3ff geschildert wird, möglich ist, sondern um ein grundlegendes Wohlbefinden, das auch ohne große Reichtümer möglich ist. In Koh 4,4-6 wird selbst in der EÜ „Arbeit" als Übersetzung von 'ämäl verwendet, weil der Kontext diese Bedeutung eindeutig nahelegt. F. Foresti hat sich in seinem Aufsatz „'ämäl in Koheleth: ,ΤοίΓ or .Profit'" ausfuhrlich dieser Problematik gewidmet. Zusammenfassend stellt er fest: „we observe that the root 'ml assumes in Koheleth two semantic qualifications", nämlich „hard, assiduous work, toil" und „fruit of work, income, profit"24. Dieser Gesamteinschätzung ist völlig zuzustimmen. Eine durchgängige Übersetzung mit „Besitz" oder mit .Mühe"25 erscheint wenig sinnvoll. Auch die Wiedergabe von 'ämäl mit .Arbeit" oder „Werk", die beide eine eine gewisse Mehrdeutigkeit enthalten, ist kaum möglich. „Arbeit" wird weitgehend im Sinne produktiver Tätigkeit verstanden, diese ist bei Kohelet jedoch nicht ausschließlich gemeint. „Werk" hat sich hingegen als Übersetzung von ma '"set eingebürgert und scheidet aus diesem Grund aus. Angesichts dieser Problematik ist doch wohl der von D. Michel beschrittene Weg der beste. Er übersetzt26 'ämM in den meisten Fällen mit „Mühe" und in den Versen, in denen eindeutig das Ergebnis der Mühe gemeint ist, mit .Frucht der Mühe". Da objektive Anhaltspunkte fehlen, muß der Übersetzer sich von Fall zu Fall für die eine oder die andere Bedeutung entscheiden. Abschließend ist noch das Verständnis der häufigen Wendung ba 4 m i zu bedenken. Auf die Bedeutung der richtigen Interpretation dieses b' hat jüngst A. Fischer27 hingewiesen. Er lehnt das vorwiegend im angelsächsischen Raum vertretene Verständnis, nach dem die Arbeit selbst Quelle der Freude ist, mit der Begründung ab, daß dies eine positive Wertung von 'ämäl voraussetzt, was nach seiner Ansicht dem Tenor bei Kohelet widerspricht.28 Daß Kohelet keineswegs eine grundsätzlich negative Wertung von vornimmt, wurde bereits gezeigt Dennoch kann man kaum sagen, daß die Freude aus der Arbeit selbst entsteht. Es sind, neben den Texten, in denen 'ämäl in einem eindeutig negativen Kontext steht, vor allem die von Kohelet genannten konkreten Beispiele des Lebensgenusses, die dieser Ansicht widersprechen. Könnte man das Sehen des Guten (2ΊΌ ΠίΟ) in Koh 2,24 und 5,18 noch völlig von dem ebenfalls genannten Essen und Trinken isolieren und als ein durch die Arbeit entstehendes Glück betrachten, so scheidet diese Möglichkeit in Koh 9,7-9 aus. Hier werden ganz offensichtlich die verschiedenen konkreten Freuden (weiße Kleider, Öl auf dem Haupt, das Leben mit einer geliebten Frau) als dein Teil am Leben bezeichnet. Und parallel zu Leben steht ba '"mälkä. Von hier aus wird man rückschließen

22

Crüsemann, Welt, 91.

23 24 25 26

Eine Ausnahme bildet vielleicht Koh 5,18, weil hier von Reichtum und Gütern, die Gott einem Menschen gegeben hat, gesprochen wird. Foresti, 'amal, 430. Vgl. die Elberfelder Übersetzung. Vgl. seine Übersetzung in Michel, Qohelet, 127-168.

27 28

Fischer, Skepsis, 81. Fischer, Skepsis, 82.

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dürfen, daß auch in Koh 2,24 und 5,18 das Essen und Trinken konkrete Beispiele fur das Sehen des Guten sind. Auch bei Koh 8,15 wird deutlich, daß 'ämM nicht als Quelle verstanden wird, aus der man sich Freude verschaffen kann. Denn die Freude soll den Menschen für die Zeit seines Lebens ba ""mäö begleiten (mt>). Folglich ist 'änä nicht vorrangig die Quelle, sondern sozusagen der Rahmen der Freude, ebenso wie auch das Leben in dieser Funktion genannt werden kann. Das Verständnis der Präposition als b' Instrumentalis scheidet ebenfalls aus, weil, wie A. Fischer zu Recht bemerkt, „die Arbeit bzw. der Besitz nicht als Mittel taugt, um sich Freude zu verschaffen" 2 ', jedenfalls nicht als Mittel im eigentlichen Sinne, denn dieses miißte ja jederzeit anwendbar sein, Freude müßte also verfugbar sein. Das schließt natürlich nicht aus, daß man sich an seiner Arbeit und erst recht an der Frucht der Arbeit, am Besitz, erfreuen kann, so daß 'ämal in diesem speziellen Sinn auch als Quelle der Freude bezeichnet werden kann. Dennoch bleibt es bei dem grundsätzlichen Gabe-Charakter der Freude und des Genusses, den Kohelet stets betont30 Bezeichnender Weise steht an der einzigen Stelle, wo die Freude im Zusammenhang mit eigenem Schaffen erscheint (2,10), steht nicht ba '"mal, sondern miköl mäi,31 Ein modales Verständnis des b w o n a c h die Freude nur bei bzw. trotz aller Mühe möglich ist, lehnt A. Fischer ab, weil man bei steter Mühe kaum richtige Freude finden könne.' 2 Er selbst33 vertritt die Auffassung, daß es sich bei dem b' um ein b' pretii handeln muß. „Die vom Menschen aufgewendete Mühe und das von Gott zugemessene Glück verhalten sich wie Wert und Gegenwert." Eine Aufrechnung werde von Kohelet jedoch nicht vertreten. „Für ihn steht fest, daß der Mensch die Lebensfreude als Lohn für seine Mühe empfängt, und zugleich, daß Gott sie nicht anders als in freier Entscheidung zuteilt" Der Hintergrund der carpe-diem-Stellen sei demnach, „daß Gott dem Menschen die Lebensfreude als Ausgleich für seine Mühen gewährt". Auch wenn A. Fischer ausdrücklich die Verrechenbarkeit zwischen Mühe und Freude verwirft, muß doch gefragt werden, ob nicht mit den Stichworten Lohn und Gegenwert diese Verrechenbarkeit durch die Hintertür wieder eingeführt wird. Auf einen Lohn hat man schließlich einen Anspruch und auch bei Wert und Gegenwert denkt man zwangsläufig an ein ausgewogenes Verhältnis beider Werte. Gerade dagegen spricht sich Kohelet aber immer wieder aus. Es muß keineswegs ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Tun eines Menschen und seinem Ergehen bestehen. Die guten Gaben Gottes erhält der, der „gut vor Gott" ist (2,26).34 Allem Anschein nach ist dieses „gut sein vor Gott" fur Kohelet aber keine ethische Kategorie.35 Warum der eine als Sünder, der andere aber „gut vor Gott" dasteht, ist nach Kohelet für den Menschen nicht einsichtig und kann deshalb

29

Fischer, Skepsis, 82.

30

Vgl. Kap. 2.1.3, S. 60.

31

Der Vers widerspricht nicht dem grundsätzlichen Gabe-Charakter der Freude, er zeigt vielmehr, daß Gottes Geben und das Handeln des Menschen zusammen gedacht werden können, vgl. Kap. 3.2.2, S. 178.

32

Fischer, Skepsis, 82.

33

Fischer, Skepsis, 83f.

34

Gerade im Zusammenhang mit Arbeit und Mühe, vgl. dazu Ps 127,2.

35

Vgl. Kap. 3.5, S. 190.

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auch nicht beeinflußt werden. 36 Die Freude als Lohn der Mühe zu verstehen, hieße genau diesen Zusammenhang zu übersehen. So ist das modale Verständnis von ba '"mä wohl doch das einzig sinnvolle.37 Es stimmt auch mit den oben dargelegten Beobachtungen zur Bedeutung und zum Gebraucht von 'ämM überein, denn auch dabei zeigte sich ja, daß das gesamte Leben von 'ämäl geprägt ist und daß sich Kohelet mit dieser Sicht des von Mühe geprägten Lebens ganz auf dem Boden der späteren Weisheit bewegt. 38 Nicht zuletzt ist es aber der eben angesprochenen Text Koh 9,7-9, der für dieses Verständnis spricht, weil in Koh 9,9 Leben und Mühe geradezu synonym gebraucht werden und somit beide in gleicher Weise den Rahmen für die Erfahrung von Glück darstellen.

Exkurs 5:

'injän

Zur Bedeutung von 'mäh bzw. 'injän hat H. Gese festgestellt, daß bei Kohelet damit nicht „plagen/Plage", sondern „sich (eifrig) beschäftigen" bzw. „Angelegenheit" gemeint ist.39 Ganz im Gegensatz dazu schreibt J. Stendebach: „Das Nomen findet sich nur in Koh, immer mit einer negativskeptischen Konnotation." 40 Bei der Untersuchung der acht Belege stößt man auf ein deutliches Übergewicht negativer Bewertungen von 'inj»i: Dreimal findet sich die Wendung 'injan rä'{Koh 1,13; 4,8; 5,13), weitere zweimal wird 'injän durch den Zusammenhang eindeutig negativ charakterisiert (Koh 2,23.26), eine Stelle ist in dieser Beziehung unsicher, aber wohl auch eher negativ (Koh 5,2). Doch in immerhin zwei Versen fehlt eine negative Wertung, in Koh 8,16 und innerhalb der theologischen Reflexion am Abschluß der Eingangskomposition in Koh 3,10. So muß man J. Stendebachs Beurteilung dahingehend korrigieren, daß 'injän prinzipiell wertneutral ist, daß aber die häufige negative Charakterisierung den Gesamteindruck letztlich prägt. Die inhaltliche Näherbestimmung ist schwierig. Häufig findet sich in den Auslegungen die Ansicht, daß das üble Geschäft, das Gott den Menschen nach Koh 1,13 auferlegt hat, eine weisheitliche

36

Auch darin wird man, allerdings mit gewissem Vorbehalt, einen Vergleich zwischen Kohelet und Ps 127,lf ziehen können, denn der yadü erhält nach Ps 127,2 im Schlaf, worum sich andere vergeblich bemühen. „Entscheidend ist für den Ps 127,2 aber die freie göttliche Zuneigung und nichteine sittlich-religiös positive besondere Qualifikation des Geliebten." So aktualisiert der Psalm „das irrationale Moment göttlicher Freiheit" (Irsigler, Umsonst, 60). Der Vorbehalt besteht darin, daß Ps 127,2 nach Irsigler (a.a.O., 63f) auch eine hintergündige Anweisung enthält, nämlich die „Anweisung an die Adressaten, doch den Sprung ans andere Ufer zu wagen, sich in der Rolle des yadid YHWH, des von Jahwe geliebten Menschen, wiederzufinden". Für Kohelet gibt es keinen solchen Sprung. Für ihn kommt es darauf an, die gute Stunde zu nutzen. Diese ist aber kein anderes Ufer, sondern bestenfalls eine Insel im Meer der täglichen Mühsal.

37

Vgl. z.B. Jenni, Beth, 344ff; Hertzberg, Prediger, 77.93f; Lauha, Kohelet, 40.57; Zimmerli, Prediger, 163ff.

38

Vgl. S. 92.

39

Gese, Krisis, 168.

40

Stendebach, ThWAT VI, 245.

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Beschäftigung ist.41 Dieses Verständnis ist aber keineswegs zwingend, sofern man die Weisheit nicht als das Objekt des Suchens und Forschens auffaßt.42 Der ebenfalls mögliche Bezug auf das, was unter dem Himmel getan wird, würde besser zu den anderen Belegen bei Kohelet passen, in denen fast immer die tätige Geschäftigkeit des Menschen bezeichnet wird.41 Noch sinnvoller erscheint es jedoch, 'injän einfach als die menschliche Geschäftigkeit zu verstehen, wozu die Suche nach Weisheit ebenso gehört wie finanzielle Geschäfte, an die vielleicht in 5,13 zu denken ist. Zusammenfassend läßt sich folgendes festhalten: So wie 'ämM die Gesamtheit der mühevollen Lebensumstände beschreibt, so bezeichnet 'injän die Gesamtheit der Geschäftigkeit des Menschen. Grundsätzlich wird 'injän bei Kohelet nicht negativ bewertet, aber eine Neigung zur negativen Beurteilung ist nicht zu übersehen. Auch darin besteht also eine Gemeinsamkeit zwischen 'injän und 'ämäl. Eines wie das andere gehört zum Leben hinzu, prägt dieses wesentlich mit; man kann sogar fragen, ob das eine vom anderen überhaupt zu trennen und zu unterscheiden ist. Obwohl Kohelet in aller Klarheit betont, daß Gott selbst dem Menschen 'injän gegeben hat (1,13; 2,26; 3,10), verzichtet er in seiner nichts beschönigenden, realistischen Betrachtungsweise darauf, ein positives Bild dieser Gottesgabe zu zeichnen.

Die beiden Exkurse haben gezeigt, daß durch den Gebrauch der beiden das Thema Arbeit prägenden Begriffe 'ämM und 'injän ein insgesamt recht negativer Eindruck entsteht. Dieser wird verstärkt durch einige kritische Bemerkungen Kohelets über die Arbeit und ihren Wert. So beschäftigt sich Kohelet relativ ausfuhrlich mit den Gefahren der Arbeit (10,8-11, vgl. Spr. 26,27) und bezeichnet den Neid bzw. den Konkurenzkampf als die Motivation für angestrengtes Arbeiten (4,4). Vor allem aber beklagt Kohelet die Vergeblichkeit der Arbeit, deren Ergebnisse nie dauerhaft sind, weil das Verlangen, dem sie gelten, immer wieder aufbricht (6,7) und weil die Ergebnisse früher oder später einem anderen zufallen (2,18-21.22f), so daß man letztlich für den Wind gearbeitet hat (5,15). Dafür lohnt es wirklich nicht, auf die Ruhe des Schlafes zu verzichten (2,23). So meint A. Lange dann auch, Ruhe und Bequemlichkeit würden Kohelet „besser als jedwede Art menschlichen Handelns"44 erscheinen. Betrachtet man die Aussagen zum Thema Arbeit und Ruhe insgesamt, so entsteht jedoch ein deutlich anderes Bild, denn den Texten, die sich kritisch über die Arbeit äußern, stehen andere gegenüber, die ganz ungebrochen zur Arbeit ermuntern und wie viele Sprüche der Proverbien vor den Folgen der Faulheit warnen. So stellt Kohelet seiner kritischen Äußerung in 4,4 die noch schlechtere Alternative gegenüber: Ich betrachtete alle Mühe und allen Erfolg der Arbeit: ja, es ist der

41

Zimmerli (Prediger 148) spricht vom heillosen „Zwang des Fragenmüssens", Galling (Prediger, 88) von dem qualvollen „Fragen nach dem Sinn der Existenz".

42

So z.B. Galling und Zimmerli.

43

'injän in Koh 3,10 auf das „weisheitliche Suche nach den .Taten Gottes'" (so Klein, Kohelet, 129) zu beziehen ist m.E. ohne sicheren Anhalt. Eher liegt es nahe, daß es sich auf die in 3,2-8 genannten Ereignisse bezieht.

44

Lange, Weisheit, 126.

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Neid des einen gegen den anderen, auch das ist Windhauch und Haschen nach Wind. -Der Tor legt die Hände ineinander und ißt sein Fleisch. (Koh 4,4f) Faulheit wird als törichtes Verhalten dargestellt45, das zur Selbstvernichtung führt46 oder auch zu materiellem Schaden (10,18). Demgegenüber wird die Arbeit empfohlen, und zwar die stetige Arbeit, weil man in Unkenntnis über Zukunft und Zeit nicht wissen kann, welchen Erfolg eine bestimmte Tätigkeit haben wird (11,6). Daß die Arbeit keineswegs nur beschwerliche Mühe ist, wird nicht nur daran sichtbar, daß in der täglichen Mühe oder auch aus dieser Mühe und dem dadurch Geschaffenen Freude erfahren werden kann, sondern auch daran, daß Kohelet in 9,10 die Aufforderung zur Arbeit unmittelbar an die Ermunterung zum Genießen des Guten anschließt. Alles, was deine Hand zu tun findet, das tue mit deiner Kraft, denn keine Arbeit und kein Resultat, keine Erkenntnis und keine Weisheit gibt es in der Scheol zu der hin du unterwegs bist. Die gegebene Begründung, vielleicht sogar die gesamte Aussage, kann dabei über die Arbeit hinaus auch auf den Lebensgenuß der Verse 7-9 zurückbezogen werden: Nur dem Lebenden eröffnen sich Möglichkeiten, die Scheol bietet gar nichts, keine Freude, kein Schaffen. Von der Ruhe spricht Kohelet explizit nur sehr selten. Die beiden Warnungen vor übermäßiger Ruhe, d.h. vor Faulheit, wurden schon erwähnt (4,5; 10,18). Daneben erscheint die Ruhe oft in Verbindung mit Aktivitäten: fehlender Schlaf wird beklagt (2,23; 5,11; vgl. 8,16), der süße Schlaf des Arbeiters dagegen gelobt (5,11). Unausgesprochen steht das Ruhen auch hinter den Aufforderungen zum Lebensgenuß. Dieser geschieht in der Mühe des Alltags (b'köl '"mal) und stellt insofern eine Unterbrechung des Schaffens dar. Bezeichnend ist wohl die Konsequenz, die Kohelet aus den beiden schlechten Alternativen in 4,5f zieht: Weder neidischeifersüchtige Arbeit noch selbstzerstörerische Ruhe sind das Ideal. Besser eine Handvoll Ruhe als beide Hände voll Mühe und Haschen nach Wind. (4,6) Weil alles seine Zeit hat, kommt es auf das rechte Verhältnis von Ruhe und Arbeit an.

45

Auch in den Proverbien kann die Faulheit als Ausdruck der Torheit verstanden werden (Hausmann, Studien, 73), der Tor ist aber nicht zwangsläufig auch faul (Delkurt, Einsichten, 77).

46

Im Gegensatz zu den meisten anderen Kommentatoren versteht Lohfink (Kohelet, 37) diesen Satz positiv und übersetzt: „Der Ungebildete legt die Hände in den Schoß und hat doch sein Fleisch zum Essen." Doch auch die von Lohfink angeführten Parallelstellen (Spr 6,10; 24,33) haben eine Lohfinks Übersetzung entgegengesetzte Aussage. In Hi 13,14 findet sich eine andere an Koh 4,5 erinnernde sprichwörtliche Redewendung: sein Heisch zwischen den Zahnen tragen (ΤΟΥΠ T W l Η\)ί). Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß damit sein Leben wagen gemeint ist. Auch das spricht dafür, daß das von Kohelet zitierte Sprichwort die Selbstvernichtung des Toren im Sinn hat.

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Es hat sich gezeigt, daß die häufige Verwendung der mit einem negativen Beigeschmack behafteten Begriffe 'ämä und 'injän ein falsches Bild über Kohelets Wertung von Arbeit und Ruhe entstehen läßt, vor allem dann, wenn man 'ämäl als quälende Mühe versteht und übersieht, daß das von 'ämäl gekennzeichnete Leben der „Rahmen" ist, in dem auch die Freude erfahren werden kann. Im Detail weicht Kohelets Ansicht nämlich gar nicht so stark von der anderer Weisheitsschriften ab, er betont allerdings deutlich die Punkte, die man sonst zwar durchaus auch kennt, denen man aber aufgrund der pädagogischen Funktion der Aussagen über Heiß und Faulheit weniger Platz einräumt. Doch so gering diese Abweichungen in den Formulierungen auch sein mögen, es sind sehr typische Differenzen, an denen einmal mehr Kohelets kritische Auseinandersetzung mit der Weisheit seiner Zeit deutlich wird. Zum einen stellt Kohelet die Fragwürdigkeit mancher Arbeit und die Unsicherheit ihres Erfolges heraus. „Es geht Kohelet in einem tieferen Sinne um die Entheroisierung und Entmythisierung der Arbeit als eines in sich ruhenden Wertes, der das Leben sinnvoll machte."47 So geht er an gegen eine in seinen Augen falsche Richtung der Weisheitstradition. „Qoheleth emphasizes the misuse of toil that results from a ,work orientation' toward life"48. Zum anderen betont er, daß das, was man mit Arbeit und Fleiß erreichen kann, keinen Bestand haben wird, daß man spätestens im Tod alles anderen lassen muß. So ist es nur konsequent, wenn Kohelet dem positiven Charakter der Ruhe mehr Raum gibt. Wenn H. W. Wolff, die kritischen Aussagen der Weisheit über die Arbeit zusammenfassend, schreibt: „Wer das mögliche Umsonst nicht bedenkt, verkennt den Menschen als Menschen"49, so müßte man diesen Satz für Kohelet etwa so umformulieren: Wer im Angesicht des Todes das in letzter Hinsicht grundsätzliche Umsonst aller Bemühungen nicht erkennt, verkennt den Menschen als Menschen, insofern er dann nur für die Arbeit lebt und die Endlichkeit des Menschen nicht bedenkt. Zum Menschsein gehört eben auch das Genießen der Freuden, die Gott in der zum Leben gehörenden Mühe gibt. „Das Fest begrenzt die Arbeitsmühe und ermöglicht ein entspanntes Verhältnis zu ihr. Da scheint sich der Gott Kohelets mit dem ohne menschliches Zutun gebenden Jahwe von Ps 127 zu treffen."50

47

Zimmerli, Prediger, 177. Vgl. Irsigler, Umsonst, 70: „Der Stachel von Kohelets Kritik, die jeder noch so heroischen Arbeit keinen echten Eigenwert läßt, ist bis heute nicht stumpf geworden."

48

Johnston, Confessions, 24.

49

Wolff, Anthropologie, 196.

50

Irsigler, Umsonst, 70.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

2.3.2 Armut und Reichtum Das thematische Feld um Armut und Reichtum findet sich häufig in den weisheitlichen Schriften. Es kann nicht überraschen, daß Reichtum hier grundsätzlich positiv gewertet wird, sichert er doch nicht nur das Auskommen für den heutigen und auch fur den folgenden Tag, sondern ebenso die Grundrechte eines Vollbürgers.51 Dabei werden Armut und Reichtum als gesellschaftliche Gegebenheiten hingenommen, sie werden weder erklärt noch bewertet52, und revolutionäre Veränderungen der Besitzverhältnisse werden ganz und gar nicht erstrebt.53 Nicht zuletzt deshalb wird häufig vermutet, daß die Verfasser dieser Sprüche vorwiegend zu den Wohlhabenderen und nicht zu den Besitzlosen gehören.54 Die Vorzüge des Reichtums liegen auf der Hand. „Reichtum ermöglicht gutes Leben und Freundschaft, während Armut Verderben und Verlust von Freundschaft bringt (Spr 10,15 bzw. 14,20; 19,4.7).105 Daneben kann sich der Reiche auch kleine Geschenke leisten, die nicht nur Zorn beschwichtigen (Spr 21,14), sondern auch freien Raum und neue Möglichkeiten schaffen (Spr 18,16). Schließlich wird im Reichtum auch eine Sicherheit gesehen (Spr 10,15). Die Armen werden dabei jedoch nicht vergessen. Vor Gott sind beide, Arm und Reich, in ihrer Geschöpflichkeit gleich (Spr 22,2; 29,13), und die Barmherzigkeit gegenüber Armen, die ganz unabhängig von den Ursachen der Not geleistet werden soll56, kann nach Spr 14,31 sogar als „eine nichtkultische Art von Gottesdienst"57 bezeichnet werden. Andererseits wußte man auch um die Ambivalenz des Reichtums. „Gab es unter den Lebensgütern wohl keines, das sich in Israel einer so einstimmigen Hochschätzung erfreute wie Besitz und äußerer Wohlstand, so mußte die Erfahrung selbst bei diesem höchstgeschätzten Gut feststellen, daß es als Wert keineswegs eindeutig war."58 Immer wieder wird in den Sprüchen auf Gefahren hingewiesen, die mit dem Reichtum verbunden sind: Er verleitet zu trügerischer Sicherheit (11,28a; 18,11), deshalb sollte man auf seinen Besitz - wie überhaupt auf alles Menschliche

51

Delkurt, Einsichten, 130.

52

Vgl. v.Rad, Weisheit, 155.

53

Vgl. Delkurt, Einsichten, 136.

54

Hausmann, Studien, 93. Ein stärker zwischen den verschiedenen Sprüche-Gruppen differenzierendes Bild zeichnet Doli (Menschenschöpfung, 21). Seiner Ansicht nach gibt besonders die Sprüche-Gruppe über Heiß und Faulheit „Einblick in die harte Lebenswirklichkeit der israelitischen Kleinbauern".

55

Hausmann, Studien, 334.

56

Delkurt, Einsichten, 134.

57

Meinhold, Sprüche, 242.

58

V . R a d , Weisheit, 167.

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- nicht vertrauen.59 Reichtum verfuhrt den Menschen, den eigenen Besitz auch mit Unrechten Mitteln zu vermehren (28,8). Er verfuhrt zu einer falschen, aufgespielten Haltung gegen Mensch (18,23) und Gott (30,8f). Er kann durch Fehlverhalten, besonders durch Faulheit und mangelnde Einsicht, verloren gehen (13,18; 20,13). Und für den, der nach Reichtum strebt, kann er sich sehr schnell als flüchtig erweisen (23,4f). An und für sich werden weder Armut noch Reichtum eindeutig positiv oder negativ geweitet, entscheidend ist allein das Verhalten eines Menschen60, so werden beide Kategorien relativiert „und anderen, wichtigeren Kriterien untergeordnet"61. Zu nennen sind hier vor allem der gute Ruf (22,1), ein unsträflicher Wandel (28,6) und vor allem die Weisheit (28,11).62 „Wichtiger als reich zu werden ist es, die Erziehung zu einem Leben, das die Regeln des Miteinanders achtet, ernst zu nehmen, sich gemeinschaftsdienlich zu verhalten."63 So können in Spr 30,8f beide, Armut und Reichtum, als „negative soziale Größen"64 gekennzeichnet werden, denn beide sind mit Gefahren verbunden. Diesem Befund entspricht es, wenn das Gegenteil von Armut in vielen Sprüchen nicht der Reichtum, sondern - wie beispielsweise in dem eben erwähnten Spr 30,8f - das mir bestimmte Maß an Brof5 ist. Es geht um die Sicherung des zum Leben Notwendigen. Reich zu werden wird dagegen selten als Ziel genannt (10,4; 21,5a), in 23,4f sogar äußerst kritisch betrachtet. J. Hausmann formuliert abschließend ein zweifaches Ziel der Sprüche zu Armut und Reichtum: „Zum einen werden die Reichen vor Selbstüberschätzung gewarnt und kritisch auf ihr Verhalten hin überprüft. Zum anderen werden sie an ihre soziale Verantwortung dem Armen gegenüber erinnert, und diese wird eingefordert. Verstärkt wird dies noch durch die religiöse Dimension angesichts der Rede von JHWH als (auch) auf der Seite der Armen stehend."66 Auch bei diesem Themenbereich ist wieder festzustellen, daß Kohelet von dem eben dargestellten Befund alttestamentlicher Weisheit nur gering, dafür aber in sehr typischer Weise abweicht.

59

Delkurt, Einsichten, 103.

60

Hausmann, Studien, 91.

61

Delkurt, Einsichten, 132.

62

Westermann, Sprüche, 34.

63

Delkurt, Einsichten, 109.

64

Meinhold, Sprüche, 499.

65

Übersetzung nach Meinhold, Sprüche, 494.

66

Hausmann, Studien, 93.

102

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Zunächst fällt auf, daß Kohelet insgesamt selten über Armut spricht. Wo er es tut, geht es weder um die soziale Verantwortung noch um die Gefahr, durch eigenes Verschulden armzu werden. In Koh 5,7 wird die Bedrückung des Armen festgestellt, aber völlig ohne ethische Absicht, ohne Aufforderung, sich des Leidenden anzunehmen. In 4,13ff und 9,15ff werden Armut und Weisheit in Zusammenhang gebracht. Nach 4,13 ist es besser, arm, aber weise zu sein, als königlich reich, aber töricht. 9,15ff zeigt dagegen ein anderes Bild: Die Weisheit nützt nichts, wenn ein Mensch wegen seiner Armut verachtet wird und man seinen weisen Rat deshalb gar nicht erst hört.67 Diese Spannung stellt jedoch keinen echten Widerspruch dar, sondern spiegelt unterschiedliche Lebenserfahrungen wider. Ahnlich gegensätzliche Aussagen finden sich zu diesem Thema auch in den Proverbien. Bedeutsamer als das Fehlen einer sozialen Komponente in den hier betrachteten Aussagen Kohelets ist jedoch die Entschiedenheit, mit der Kohelet die Fragwürdigkeit des Reichtums zur Sprache bringt. Da sind zunächst die Fälle, in denen Reichtum verloren geht, entweder durch ein böses Geschäft (5,12^®) oder schließlich durch den Tod (2,18), bei dem es vielleicht sogar nicht einmal einen Erben gibt (4,8) 69 . Daneben gibt es eine Reihe von Fällen, in denen Reichtum „versagt", in denen er also nicht leisten kann, was der Besitzer erhofft und erwartet. Ob nun Gott den Genuß der Güter verwehrt (6,2), ob man erkennen muß, daß sogar Weisheit und Reichtum nicht geradebiegen können, was Gott gekrümmt hat (7,11-14 70 ) oder

67

In diesem Zusammenhang muß auf Koh 6,8 verwiesen werden, denn auch hier geht es um eine Gegenüberstellung verschiedener Menschen und Lebensweisen. Die genaue Deutung des Verses ist jedoch sehr unsicher. Die glatteste Deutung bietet Fischer (Skepsis, 63), der mit einer m.E. nicht notwendigen Textänderung so übersetzt: Was hat der Weise für einen Vorzug vor dem Toren, er versteht, unter den Lebenden zu wandeln? Dagegen erscheint mir Kleins (Kohelet, 85) Feststellung zutreffend, daß zwar der genaue Sinn dunkel bleibt, die Intention aber deutlich ist: zwei „traditionelle Typen für sinnvolle Lebensgestaltung" werden gegenübergestellt, die jedoch beide nicht befriedigen und zu der Wertung in 6,9 führen. Dabei versteht er Oy als „der Demütige". Auch das erscheint sinnvoll, wenn es hier um eine Lebenshaltung, nicht um die Beschreibung des Vermögens geht.

68

Die genaue Bedeutung von j n bleibt unsicher. Es ist aber nirgends zu erkennen, daß Kohelet dem Opfer dieser schlimmen Krankheit selbst die Schuld an dem Geschehenen gibt. Es scheint eher ein unvorhersehbares Mißgeschick zu sein.

69

In Koh 4,8 und 5,13 gesteht Kohelet der Weitergabe des Besitzes an die nächste Generation offensichtlich doch eine gewisse Berechtigung zu. Dies kann angesichts seines deutlich am einzelnen orientierten Ansatzes überraschen. Vgl. die Ausführungen in Kap. 2.3.5, S. 116.

70

Mit den meisten Auslegern ist 7,13f als Korrektur zu 11 f aufzufassen: Kohelet weist die Ansichten von 1 lf nicht direkt zurück, sie mögen wohl richtig sein, verleiten aber zu falscher Sicherheit und müssen deshalb zurechtgerückt werden. Nicht einmal Weisheit und Erbbesitz zusammen können wirklich Sicherheit gewähren, weil das Wirken Gottes nicht außer acht gelassen werden darf. Er ist es, der letztlich über gute und schlechte Tage entscheidet, der Mensch kann nicht einmal wissen, geschweige denn beeinflussen, was kommen wird.

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ob wider Erwarten der Reichtum seinen Besitzer nicht retten kann (8,871), in allen Fällen erfüllt Besitz nicht die in ihn gesetzten Erwartungen und stellt seinen Besitzer nicht zufrieden. Wirkliche Zufriedenheit kann Reichtum ohnehin nicht gewähren, denn wer viel besitzt, möchte noch mehr haben (5,9; 4,δ)72 und muß darüber hinaus auch mit negativen Folgen des Reichtums rechnen, so z.B. mit Sorgen um den Erhalt seines Besitzes (5,11). Vor allem aber kann der Reichtum nicht das leisten, was man sich für die Zukunft von ihm verspricht: Sicherheit. Nicht nur, daß der Reichtum eben unter unglücklichen Umständen verloren gehen kann, viel öfter, ja geradezu regelmäßig ist zu beobachten, daß mit zunehmendem Reichtum auch die Zahl der Nutznießer wächst (5,10). So besitzt man zwar etwas, hat aber doch nicht den erhofften Nutzen davon; man hat nur den Anblick des Reichtums, was 0 . Kaiser als „das Gefühl, etwas zu besitzen" 73 umschreibt. Für einige der kritischen Bemerkungen Kohelets über den Reichtum lassen sich in den Sprüchen durchaus Parallelen finden, vor allem für die Warnung vor dem Vertrauen auf Reichtum. Bei Kohelet fällt jedoch auf, daß es nie eigene Fehlleistungen oder Fehlhaltungen sind, die den Reichtum entwerten, sondern Äußerlichkeiten, scheinbar Zufälliges, ja sogar Gott selbst. Ganz typisch ist Koh 9,11: Es ist nicht sicher, daß der Weise das Brot und der Kluge den Reichtum hat, wahrlich, Zeit und Geschick treffen sie alle.14 Kohelet lehrt nicht nur die Unverfügbarkeit des erstrebten, sondern auch die Unverfügbarkeit des vorhandenen Besitzes.75 Denn wenn der Reiche seine Güter nicht so einsetzen kann, daß es ihm gut geht, kann er offensichtlich über diesen Besitz nicht wirklich verfugen.

71

Da MT in 8,bß eine sehr eigenwillige Formulierung bietet, deren Übersetzung Michel aus gutem Grund mit einem Fragezeichen versieht (Qohelet, 154), ist doch wohl mit Galling, Zimmerli u.a. "iViy zu lesen. So ergibt sich in der Abfolge dieses Verses eine absteigende Linie: während die ersten beiden Argumente von jedem bejaht werden müssen, ist das dritte schon nicht mehr so sicher, die Bemerkung, daß Reichtum seinen Besitzer nicht rettet, ist dann die Pointe, auf die Kohelet zielt.

72

Wegen dieser AussagenfragtZimmerli (Prediger, 193f) im Zusammenhang mit Koh 6,3-6 zu Recht: „Kann es denn überhaupt .Sättigung' geben, auch da, wo Gott zu genießen ermöglicht?' In 6,2 ist jedoch an keiner Einschränkung zu erkennen, daß Kohelet eine solche Sättigung nicht zumindest auf begrenzte Zeit für möglich hält, vgl. Kap. 1.1, S. 12.

73

Kaiser, Mensch, 85.

74

Das gilt aber auch umgekehrt für den Empfang des Guten. Warum Gott dem einen gibt, was er dem anderen versagt (2,26), warum ein Tag gut, ein anderer schlecht ist (7,14), bleibt dem Menschen verborgen.

75

Anders als Hausmann (Studien, 337) kann ich in Spr 23,4f keinen Hinweis auf die unzuverlässige Verfügbarkeit des Besitzes erkennen. V 4 bezieht die Aussage eindeutig auf das Bemühen, reich zu werden. Man könnte auf Spr 11,28 und 18,11 verweisen, doch geht es hier um das Vertrauen auf Besitz, das sich als irrig erweisen kann.

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

Kohelet konzentriert sich in seinen Texten gerade auf das, was Weisheit sonst nicht oder nur selten zu ihrem Thema macht, die „Unabwägbarkeiten des Lebens"76. Er möchte die, die sich in ihrer Weisheit zu sicher geworden sind, verunsichern oder doch zumindest aus falscher Sicherheit herausreißen. Er tritt dem weisheitlichen Versuch der Kontingenz-Bewältigung entgegen,77 indem er an Beispielen zeigt, daß das Kontingente im Leben nicht wirklich zu bewältigen ist. Wenn er so die Zuverlässigkeit anerkannter Werte - nicht zuletzt im Blick auf den Tod - erschüttert, öffnet er zugleich den Hörer bzw. Leser für einen anderen Wert. Und im Zusammenhang mit diesem anderen Wert wird dann auch deutlich, daß Kohelet alles andere als ein Verächter des Reichtums ist. In der Mitte des Abschnittes Koh 5,9-6,9, der sich von verschiedenen Richtungen aus mit der Fragwürdigkeit des Reichtums beschäftig, zeigt Kohelet in 5,17-19 die Alternative auf, nämlich das carpe diem, das dem Leser schon mehrfach in ähnlicher Form begegnete, hier nun angepaßt an das Thema Besitz.78 Auch die Proverbien wissen, daß Reichtum Freunde schaffen kann. Die Freude betrachten sie jedoch mit Skepsis, weil die Gefahr besteht, durch Übertreibung, d.h. in diesem Fall durch ausschweifenden Lebensstil, zu verarmen. Kohelet hingegen betont immer wieder: Es gibt nichts Gutes im Leben außer dem Genuß des Augenblickes, sofern einem dieses vergönnt ist. Und wer Wohlstand hat, soll diesen zu seinem Wohlergehen einsetzen.79 So kann es auch nicht als falsch gelten, daß der reiche „König Kohelet" alle seine Möglichkeiten einsetzte, um sich gute Tage zu verschaffen. Der Besitz ist ebenso wie die Gelegenheit, ihn in Genuß umzusetzen, eine Gabe Gottes. Beides kann und soll man also annehmen und nutzen. Ohne Genußmöglichkeit ist Besitz allerdings völlig wertlos (vgl. 6,2)80, und man kann diese Möglichkeiten durch nichts sichern. Auch der gemäß dem Ideal der Weisheitslehrer mit Ehrlichkeit und durch steten Fleiß erworbene Besitz kann kein Wohlergehen garantieren. Es gibt keinen Anspruch auf einen der aufgewendeten Mühe entsprechenden Lohn. Trotz aller Mühe um Wohlstand kann das Wohlergehen 76

Delkurt, Einsichten, 130.

77

Vgl. v. Rad (Weisheit, 165), der die Bewältigung des Kontingenten als die Hauptaufgabe der Weisheit bezeichnet.

78

Michel (Untersuchungen, 191) versteht diese drei Verse sogar als Kritik an der Abwertung des Reichtums.

79

Ähnliche Äußerungen finden sich auch bei Sirach: Die Mühsale eines Reichen sind da, um Schätze

zu sammeln,

und wenn er ausruht, um Freude zu sammeln.

(Sir 31,3 nach Sauer,

Sirach, 579.) 80

Bartelmus (Haben oder Sein - Anmerkungen zur Anthropologie des Buches Kohelet) spricht im Rückgriff auf Erich Fromm vom „Seins-Modus". Es geht um die unmittelbare ,3ejahung des Lebens im Hier und Jetzt" (61 f). In diesem Sinne darf man wohl vermuten, daß die in Koh 4,8 enthaltene Kritik sich weniger gegen das endlose Mühen, als gegen das genußlose Mühen richtet.

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ausbleiben, es kann ein Unglück hereinbrechen, die Freude kann versagt bleiben. Wirkliche Befriedigung kann Reichtum ohnehin nicht schaffen. Vor allem aber kann er, das ist abschließend noch einmal zu betonen, nichts Bleibendes schaffen. Deshalb fällt die Gesamtbilanz des „Königs Kohelet" in Koh 2,11 trotz der nach Aussage von 2,10 erfahrenen Freude negativ aus. Denn nicht für die Freude selbst (die ihm Gott ja sogar gewährt hat!) setzte „König Kohelet" seinen Reichtum ein, sondern in seinem Streben nach etwas Bleibendem (jitrdn). Dieses blieb ihm verwehrt, mußte ihm aus anthropologischen Gründen verwehrt bleiben.81 Und so kann er rückblickend nur feststellen: Dies Alles ist Windhauch und Haschen nach Wind. Zugleich kommt er jedoch zu einer entscheidenden Erkenntnis: Es gibt nichts Bleibendes unter der Sonne. Diese Erkenntnis dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, den angesprochenen anderen Wert, nämlich die Freude am Dasein, das carpe diem, als Wert für sich zu entdecken. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß Reichtum für Kohelet ebenso wie für andere Weisheitslehrer durchaus wünschenswert ist. Man muß sich aber stets bewußt bleiben, daß er vergänglich und zerbrechlich ist. Er schafft keine Sicherheit und kann auch zu Sorgen führen. Vor allem aber, und das ist das für Kohelet Typische, ist Wohlstand wertlos, wenn er nicht mit Wohlergehen gepaart ist. Erst die Möglichkeit, den Reichtum und seine Früchte zu genießen, läßt ihn wertvoll erscheinen. Doch gerade diese Möglichkeit steht nicht in der Verfügungsgewalt des Menschen. Wie der Reichtum selbst, so ist auch die daraus entspringende Lebensfreude eine Gabe Gottes, die er nach freiem Ermessen dem gibt, der „gut vor Gott" ist (Koh 2,24-26).

2.3.3 Weisheit und Torheit Es ist nahezu unumstritten, daß Kohelet zum Stand der Weisen in Israel gehörte und sein Buch zu den Weisheitsschriften des Alten Testaments zu rechnen ist.82 So gibt es auch keinen Grund, an der Richtigkeit der editorischen Bemerkung von Koh 12,9 zu zweifeln, die Kohelet ausdrücklich einen Weisen nennt. Inhaltliche

81

Vgl. Kap. 2.1.1, S. 33.

82

P. Lapide (Lektion, 590) lehnt es allerdings ab, Kohelet „der sogenannten Weisheitsliteratur" zuzurechnen, weil es „hier nicht um Weisheit im alltäglichen Sinne des Wortes geht, sondern um einen heilsamen Dämpfer aller kleingläubigen Siebengescheitheit".

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Kapitel 2: Anthropologische Themen

und formale Beobachtungen lassen den Schluß zu, daß das Buch Kohelet ,4m Mutterboden der allgemeinen Weisheit Israels"83 wurzelt.84 Auf der anderen Seite ist aber auch nicht zu übersehen, daß sich Kohelet kritisch mit verschiedenen Ansichten anderer Weisheitslehrer auseinandersetzt. Vor allem wird von ihm der in der Weisheitsliteratur häufig vorausgesetzte Zusammenhang von Tun und Ergehen kritisch hinterfragt und die Erkennbarkeit der Ordnungen bezweifelt. Es ist in der Literatur umstritten, ob mit dieser Kritik die Weisheit insgesamt ihres Bodens beraubt wird und sie somit „radikal und im ganzen in Frage gestellt"85 wird oder ob sich Kohelet lediglich gegen eine offenbare Erstarrung in der Weisheitslehre seiner Zeit richtet.86 Untersucht man die expliziten und impliziten Wertungen der Weisheit im KoheletBuch, so zeigt sich die positive Einstellung Kohelets zur Weisheit sehr deutlich. Vom Suchen der Weisheit wird in vier Versen gesprochen (Koh 1,13; 7,23.25; 8,16), zweimal vermerkt Kohelet, daß er Weisheit besitzt (Koh 1,16; 2,9). In Koh 2,19.21 stellt er fest, daß man mit Weisheit etwas schaffen kann. Und schließlich muß neben verschiedenen allgemeinen positiven Äußerungen wie in Koh 4,13; 7,10.19; 8,1; 9,10 auf 2,26 verwiesen werden, wo die Weisheit ausdrücklich zu den Gottesgaben gerechnet wird. Von jener emphatischen Bewertung der Weisheit, wie sie besonders in den Proverbien begegnet, ist jedoch in Kohelets Beurteilung gar nichts mehr spüren. Eine Sicherheit, wie sie z.B. aus Spr 3,13ff spricht, ist bei Kohelet nicht anzutreffen. Weisheit ist zwar nützlich wie ein Licht in der Finsternis (2,13f), man kann mit ihr große Dinge tun (2,4-10), aber sie kann die Erfolge nicht garantieren. Und auch da, wo sie (wie bei dem armen, weisen Knaben, 4,13) zu einem Erfolg fuhrt, kann sie ihn nicht auf Dauer absichern (4,16). Es kann auch vorkommen, daß die Weisheit unbeachtet bleibt (9,13ff) oder daß man zu Schaden kommt, bevor die Weisheit angewendet werden konnte (10,10f). So wird der Wert der Weisheit bei Kohelet aus ganz verschiedenen Gründen relativiert. Unterschiedliche Erkenntnisse und Beobachtungen fuhren Kohelet zu dieser relativierenden Einschätzung der Weisheit. Zum einen erkannte Kohelet, daß

83

Zimmerli, Prediger, 124.

84

Auch ein Sprachvergleich mit der Weisheitsschrift der Kairoer Geniza (WKG) zeigt, daß Kohelet zur israelitisch-jüdischen Weisheitstradition zu zählen ist. „Eine ganze Reihe von Wörtern aus WKG begegnet biblisch nur oder fast ausschließlich in Kohelet. Dieses weist auf ein weisheitliches Sprachkontinuum: Zu einem Sachgebiet gehört eine relativ konstante Fachsprache." (Berger, Bedeutung, 115.)

85

Hermisson, Weisheit, 181.

86

Vgl. Fohrer, Tradition, 75: „Indem Kohelet demgegenüber die beschränkten Möglichkeiten des Menschen aufweist, ist er nicht skeptisch und resigniert an sich, sondern nur im Hinblick auf die Möglichkeiten eines Systems, das als Allheilmittel betrachtet wird."

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wirkliche (und das heißt wohl umfassende) Weisheit dem Menschen verborgen bleibt: Ich sagte: Ich will weise werden. Aber sie war fern von mir. Fern ist, was geschieht und tief, tief - Wer findet es heraus? (7,23f, vgl. 8,16f) Zum zweiten mußte Kohelet immer wieder feststellen, daß es keinen zuverlässigen Zusammenhang zwischen den Taten eines Menschen und seinem Ergehen gibt. So wie den Gerechten das Geschick des Gottlosen ereilen kann (7,15), so kann es auch vorkommen, daß nicht der Schnelle den Lauf gewinnt und nicht der Kluge zu Reichtum kommt (9,11). Weil alles an Zeit und Zufall liegt (9,11) und kein Mensch über die Zukunft etwas wissen kann (8,7), sind auch die Weisen und ihre Werke in Gottes Hand (9,1), so daß sie über sich selbst und ihr Ergehen letztlich keine Macht haben. Diese Beziehungslosigkeit von Tat und Ergehen wird am Tod ganz radikal deutlich. „Was dem Menschen widerfährt, entspricht also nicht seinem Wesen, ist nicht Ausfluß seiner selbst. Am stärksten drückt sich das für Koheleth im Tod des Menschen aus; denn der Tod ist für alle derselbe, ,für den Gerechten und den Ungerechten, für den Reinen und den Unreinen, für den, der opfert und für den, der nicht opfert...' (9,2)."87 Man könnte diese Reihung fortsetzen mit dem Weisen und dem Toren, so wie Kohelet es in 2,14f formuliert. Unter dem Blickwinkel der Vergänglichkeit relativiert sich der Nutzen der Weisheit endgültig. So ist es auch nicht überraschend, daß Kohelet nie uneingeschränkt vomjip-ön der Weisheit spricht. Im Kontext von Koh 2,13.14a; 7,11.12 und 10,10 wird durch die angefügten Relativierungen (deutlich 2,14b. 15; 7,13f; 10,11) ersichtlich, daß die Weisheit zwar im Leben Vorteile verschaffen kann, daß aber jiirön im Sinne eines bleibenden Lebensertrages, wie Kohelet ihn nach 1,3 sucht, durch Weisheit nicht zu erlangen ist.88 Kohelets Stellung zur Weisheit zeigt wie kaum ein anderes Einzelthema die Gültigkeit von W. Zimmeriis grundsätzlicher Bewertung der Aussagen Kohelets: „AU seine Bemühung ist im Grunde ein großes Kampfgespräch mit der Weisheit, die meint, die Dinge der Welt in ihren Zusammenhängen, und damit auch Gott, verstehen zu können und die darauf ihre zuversichtliche Lebenskunde baut."89 Das ist für ihn jedoch kein Grund, der Torheit den Vorzug zu geben, etwa deshalb, „weil sie gegenüber der .Weisheit' immerhin den Vorteil hat, was sie nicht bietet, auch nicht zu versprechen"90. Denn obwohl Kohelet auf seiner Suche nach jitrön auch ein, gemessen an den gewohnten Maßstäben, geradezu törichtes Experiment unternimmt (2,1-2.3-11), erscheint die Torheit insgesamt doch eindeutig negativ.

87

Gese, Krisis, 172.

88

Wo vom jijrdn der Weisheit gesprochen wird, handelt es sich wahrscheinlich um übernommene Zitate. Zu den unterschiedlichen Bedeutungen von insbesondere S. 39f.

89

Zimmerli, Prediger, 218.

90

Müller, Gott, 511.

jitrdn

bei Kohelet vgl. Kap. 2.1.1,

108

Kapitel 2: Anthropologische Themen

Der Tor schädigt sich selbst (4,5; 10,13), sein Verhalten ist das Gegenteil sinnvoller Lebensgestaltung (4,17; 5,4; 7,9)." Kohelet verwirft nicht die Weisheit, sondern nur ihre überzogenen Versprechen. Indem er die Grenzen der Weisheit wieder und schärfer als je zuvor ins Bewußtsein ruft, macht er zugleich doch auch ihre Möglichkeiten wieder sichtbar und nutzbar. Kohelet begrenzt den Nutzwert der Weisheit „gegenüber einem überhöhten Anspruch dogmatisierter Weisheit und gewinnt sie dadurch als ein relatives Gut für die praktische Lebensführung und mithin für die Erziehung und Bildung Heranwachsender zurück"92. Die Grenze der Weisheit liegt grundsätzlich darin, daß auch sie am Tod nichts ändern kann, weder kann sie der Zahl der Lebenstage etwas hinzufugen noch kann sie einen den Tod überdauernden jitrön erbringen. Im alltäglichen Leben wird ihre Grenze vor allem durch ihre Verletzbarkeit deutlich, sie ist zwar nützlich und überlegen, aber schon Kleinigkeiten können ihre Wirksamkeit vereiteln (9,13-10,1). Und an dem von Gott bestimmtem Charakter der Zeiten kann auch die Weisheit nichts ändern (9,1 Of). Die These, daß der ursprünglich Weise bei Kohelet als Tor erscheine, weil er „versucht, mit Hilfe vorausplandenden Denkens Dinge zu realisieren, die ihm nie glücken können"93, gibt Kohelets Stellung zur Weisheit zu einseitig wieder. Zutreffend ist aber, daß Kohelet den Schluß aus seiner Beobachtung und Erfahrung so zieht, „dass er die Grenze zwischen ... .weise' und .töricht' relativiert"94. Wer die Möglichkeiten der Weisheit überschätzt, wird zum Toren. So besteht für Kohelet die wahre Weisheit wohl darin, „die Relativität der üblichen .Weisheit' zu erkennen"95. Diese Relativität wird besonders in der Konfrontation mit dem Tod deutlich. Der Unterschied zwischen Weisheit und Torheit wird also von Kohelet nicht nivelliert, wohl aber relativiert. Das Verhalten des Toren, der sich nicht um das Morgen kümmert, wird ebenso wie sonst in der Weisheit96 von Kohelet abgelehnt (4,5). Daß Kohelet dieses abzulehnende Verhalten selten anspricht, erklärt sich

91

Im Gegensatz zu Lohfink (Frauenfeind, 275) kann ich bei der Verwendung der verschiedenen Termini fiir den Toren bzw. die Torheit keine eindeutige Systematik erkennen. Am häufigsten verwendet Kohelet ^ D D (17x), meist steht es im Gegensatz zum Weisen, in 5 Versen bezeichnet es den Menschen, der sich durch unkluges Verhalten selbst schädigt. Τ Ί ΐ Λ ΐ η und TTto'vy erscheinen dreimal gemeinsam (1,17; 2,12; 7,25), m ' P t n n außerdem noch in 9,3 im Zusammenhang mit der das Herz des Menschen prägenden Bosheit; allein daraus kann jedoch kaum der Schluß gezogen werden, Kohelet meine damit die Verblendung als Verhärtung im Negativen (Lohfink, ebd.).

92

Fischer, Skepsis, 251.

93

Wölfel, Skepsis, 79.

94

Höffken, EGO, 125.

95

Hertzberg, Prediger, 160.

96

Vgl. Hausmann, Studien, 358.

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daraus, daß er sich hier nicht gegen andere Aussagen der Weisheit abgrenzen mußte. Was allgemein anerkannt ist, muß nicht wiederholt werden. Während das Verhalten des Toren also eindeutig abzulehnen ist, muß das Denken und Handeln des Weisen lediglich zurechtgerückt und von Übertreibungen und dogmatischen Versteifungen in Systemen, die der Sache nicht angemessenen sind, befreit werden. Der weisheitliche Ansatz ist auch in Kohelets Augen grundsätzlich sinnvoll.

Exkurs 6: Kohelets Stellung zur alttestamentlichen Weisheit Das positiv-kritische Verhältnis Kohelets zur Weisheitstradition seiner Umwelt zeigt sich beispielhaft an seiner Verwendung von traditionellem Spruchgut. Schon L. Levy stellte fest: „Sprüche, die Qoh ablehnt..., und Sprüche, denen er zustimmt..., finden sich überall eingestreut. Auf der Zustimmung oder Polemik baut sich sein Stil auf."97 Und auch seine Ablehnung ist in der Regel keine völlige Verwerfung, weshalb R. N. Whybray hervorhebt, daß Kohelet die traditionellen Sprüche zitiert, weil er ihre Wahrheit akzeptiert.'8 Gleichzeitig schränkt Kohelet aber in vielen Fällen ihre Gültigkeit ein, indem er auf Ausnahmen verweist und den Eindruck der Sicherheit, den diese Sprüche erwecken, zerstört (vgl. Koh 7,11-14; 9,16.17f). w Darin zeigt sich der Unterschied gegenüber der älteren Weisheit: „Ihm geht es weniger um die Fixierung und Diskussion von Einzelerfahrungen als um das Lebensganze und um ein abschließendes Urteil darüber."100 Das bedeutet nicht, daß Kohelet kein Interesse an Einzelerfahrungen hätte. Gerade die zwiespältigen Erlebnisse des einzelnen Individuums sind ja oft das entscheidende Argument in seinen kritischen Äußerungen gegenüber anderen weisheitlichen Aussagen. Aber über die Einzelerfahrungen hinaus zielt Kohelet mit seiner grundlegenden Frage nach jitrön auf eine Gesamtbilanz des Lebens. Diesem Interesse an dem Ganzen des Lebens entspricht es, daß er „nicht mehr nach hier oder da aufspürbaren Ordnungsbezügen"10' fragt, sondern in einer ungewöhnlichen Radikalität und Grundsätzlichkeit vorgeht. Diese Grundsätzlichkeit im Denken, das Fragen nach dem Lebensganzen ist ein Charakteristikum in Kohelets Denken. Er ist, wie R. Lux formuliert, „aufs Ganze versessen" 102 . Dieses veränderte Interesse resultiert aus Kohelets besonderem Blickwinkel, dem Blickwinkel der Endlichkeit, den Kohelet nach der Konfrontation mit dem Tod als endgültiger Grenze aller menschlicher Möglichkeiten eingenommen hat. Natürlich waren sich auch alle anderen Weisheitslehrer ihrer Endlichkeit bewußt, doch Kohelet stellt sich diesem Phänomen wie wohl kein anderer. Als Weiser nimmt er die für die Weisheit typische Frage nach dem Ende auf. ,JEr stellt nun aber diese Frage mit einer letzten bohrenden

97

Levy, Qoheleth, 140.

98

Whybray, Identification, 450.

99

Vgl. Murphy, Ecclesiastes, lxiii: „Qoheleth's attitude toward traditional wisdom is ambivalent. He rejects traditional wisdom for the security it offers. Life is much more complicated than the sages made it out to be. They were not explicit enough, nor did they ,test' reality in the way that Qoheleth envisioned."

100 V. Rad, Weisheit, 293. 101 Schmidt, „Was ist der Mensch?", 13. 102 Lux, Lebenskompromiß, 268.

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Unnachgiebigkeit wie keiner der israelitischen Weisen vor ihm."103 Und so wird die Grenzerfahrung des näherrückenden eigenen Todes für ihn prägend. Von dieser Grenzerfahrung herkommend, erhalten auch Grenzerfahrungen im Leben für ihn mehr Gewicht als sonst üblich. Dementsprechend gehören Formulierungen, mit denen in der Weisheit gelegentlich paradoxe Phänomene oder seltene Fälle eingeführt werden, zu den charakteristischen Aussageformen bei Kohelet. D. Michel verweist in seinem Aufsatz „\y> bei Qohelet oder: Qohelet als Denker von Grenzfällen her"' 04 auf verschiedene Beispiele der für Kohelet „charakteristischen Denk- und Argumentationsweise von einem Grenzfall (...) aus, der auch vorkommt und die Allgemeingültigkeit und damit Verläßlichkeit der Regel in Frage stellt"' 05 . Während sonst die Ausnahmen um der Regel willen hingenommen wurden, spielen sie in Kohelets Argumentation eine entscheidende Rolle, denn durch sie kann er die Regeln als Regeln, also als verläßliche Aussagen, destruieren. Dem entspricht es, daß die Faktoren, die z.B. in den Proverbien eher am Rand stehen, für ihn die zentralen Bedingungen menschlicher Lebensgestaltung sind: Der fur alle gleiche und alles vernichtende Tod, die fehlende Einsicht in die Ordnungen der Welt und damit verbunden das fehlende Vorherwissen sowie die mögliche Nichtübereinstimmung von Tun und Ergehen. Daraus ergibt sich die Überzeugung, daß der Augenblick das einzige ist, was dem Menschen sicher zur Verfügung steht, alles andere liegt in Gottes Hand und für den Menschen im dunkeln.106 Ein wesentlicher Faktor in der unterschiedlichen Ansicht Uber Regeln und Ausnahmen dürfte die bei Kohelet viel stärker zutage tretende Individualisierung sein: dem einzelnen nützt die Regel nichts, wenn sie in seinem Fall nicht greift. Das wird besonders bei dem Zusammenhang von Tun und Ergehen deuüich, dessen Brüchigkeit Kohelet durch eine ganze Reihe von Gegenbeispielen verdeutlicht.107 Diese Besonderheiten im Ansatz fuhren dazu, daß Kohelet, ohne seine Wurzeln zu verlassen und zu verleugnen, in mancherlei Hinsicht zu signifikant anderen Anschauungen kommt, als sie uns sonst in der alttestamentlichen Weisheit begegnen. Dabei sind diese Differenzen aber keine Neuerungen. Wie schon in den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels festgestellt wurde, betont Kohelet lediglich bestimmte Teilaspekte, die bei anderen Weisheitslehrern offensichtlich weniger Berücksichtigung fanden, die ihnen aber durchaus vertraut waren, wie gelegentliche Erwähnungen zeigen. Daß bei diesem Verfahren Kohelets die Unterschiede zu „traditionellen" Ansichten der Weisheit deutlicher hervortreten als die Gemeinsamkeiten, dürfte dem Anliegen der Aufzeichnungen Kohelets entspringen. Er versucht, verschiedene in seinen Augen einseitige oder falsche Meinungen anderer Weisheitslehrer zu korrigieren. Man kann wohl davon ausgehen, daß Kohelets Leser und Hörer mit dem überlieferten Gut weisheitlicher Erfahrung vertraut waren, daß Kohelet also keine Elementarbildung vermitteln

103 Zimmerli, Weisheit, 18. 104 Michel, Untersuchungen, 213-244. 105 Michel, Untersuchungen, 198. 106 Mit zur Verfügung stehen ist hier nicht gemeint, daß der Augenblick völlig in der Verfügungsgewalt des Menschen stünde. Verfügbar ist er nur insoweit, als das durch die Determination der Zeit Vorgegebene durch den Menschen genutzt werden kann. In Kap. 2.1.2 (S. 54) wurde neben dem gegenwärtig gegebenen Augenblick auch noch der zukünftige Tod und das in der Vergangenheit Eingetretene als das fur den Menschen Sichere bezeichnet, diese stehen dem Menschen aber nicht im eigentlichen Sinn zur Verfügung, da sie ja bereits vergangen oder erst zukünftig sind. 107 Zur Relativierung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs vgl. S. 171 und 192f sowie ausführlich Krüger, Gegenwartsdeutung, 334-372; zu seiner dennoch bleibenden Bedeutung S. 200.

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wollte.108 Kohelet wollte nicht Weisheit lehren und austeilen"", sondern zum erneuten Nachdenken über das bereits Erfahrene und Gelernte anregen."0 So ist es fur ihn wichtiger, auf die Grenzen solcher Erfahrungssätze hinzuweisen. Im Gegensatz zum Kohelet-Buch bezeichnet 0 . Kaiser zu Recht die Weisheit Ben Siras als Weisheit des Alltags. „Es wäre gefährlich, den Normalfall angesichts des Extremfalls aus dem Auge zu verlieren, wie den Extremfall über dem Normalfall zu vergessen."'" Den Normalfall überläßt Kohelet anderen, er ist der „Lehrer des Grenzfalls", des Extremfalls. Damit nimmt er im Alten Testament insgesamt und auch speziell in der alttestamentlichen Weisheit eine Sonderstellung ein, aber eine Sonderstellung, die ihn nicht ins Abseits rückt, sondern als Ergänzung und Korrektur ihre Bedeutung und Funktion hat. So läßt sich das, was J. Hausmann für das Verhältnis der Proverbien zum alttestamentlichen Kanon sagt, auch auf Kohelet übertragen. Er ist kein Fremdkörper im Alten Testament, „wohl aber eine eigenständige Größe" und tritt „ergänzend neben die sonstigen atl. Schriften mit deren jeweiligen theologischen Profil"1 '2. Das Kohelet-Buch ist in seiner Eigenständigkeit eine Form der Interpretation von Wirklichkeit und es leistet damit seinen bereichernden Beitrag zur Gesamtsicht des Alten Testaments."3

2 . 3 . 4 U m g a n g mit Emotionen: Freude, Verdruß und Leidbewältigung M e h r als 6 0 sich mit Affekten befassende Verse aus d e m Kohelet-Buch listet R. Beyer in ihrer Arbeit über „Das Buch Kohelet unter besonderer Berücksichtigung der Affektenlehre" auf. Betrachtet man die T e x t e im einzelnen, s o zeigt sich, daß im Kohelet-Buch in den meisten Fällen nur emotionslos von den verschiedenen A f f e k t e n gesprochen wird, meist in den (z.T. fiktiven) Beispielen Kohelets. .Auffallend ist, daß die Erfahrung des Leides vorwiegend beinahe distanzierend beschrieben wird als ein vorhandenes Faktum, das es zu konstatieren gilt." 114 D a s schreibt J. Hausmann über Spr lOff, es gilt aber in gleicher Weise auch für Kohelet. Typisch für diese distanzierte Stellung sind Kohelets Hinweise auf die Tränen der Bedrückten ( K o h 4 , 1 ) - so etwas gibt es, damit muß man leben (vgl. 5,7), über die Möglichkeit einer Abhilfe wird nicht nachgedacht. Auch das Leid des Reichen,

108 Genaue Angaben über den Schülerkreis, sofern man davon überhaupt reden kann, sind m.E. nicht möglich. Wahrscheinlich hatte Kohelet keine spezifische Altersgruppe im Sinn, jedoch eher Erwachsene als Kinder (vgl. Lohfink, Gegenwart, 12). 109 Vgl. Zimmerli, Weisheit, 22. 110 „Kohelet greift das, was längst in den Köpfen seiner Schüler festsaß, nicht nur auf. Er wandelt es zugleich ab und bringt dabei das alte Welt- und Gotteswissen Israels, soweit er vermag, wieder zur Sprache." (Lohfink, Freu dich, 16.) 111 Kaiser, Gerechtigkeit, 180. 112 Hausmann, Studien, 373f. 113 Vgl. Hausmann, Studien, 374 . 114 Hausmann, Studien, 213.

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der seinen Besitz nicht genießen kann, wird nur als Beispiel angeführt (Koh 6,2, vgl. 5,12f). Der Leser erfährt nicht einmal, was hier im einzelnen das Glück verwehrt. Dementsprechend findet sich praktisch keine Hilfe zum Umgang mit Leid. Auch damit steht Kohelet ganz in der Tradition der Weisheitslehrer."5 Man kann hier eigentlich nur auf Koh 7,14 und evtl. noch auf 7,10 verweisen: Weil es gute und schlechte Tage gibt, sollte man an den schlechten geduldig sein, sich nicht in sein Leid hineinsteigern und es so unnütz vergrößern (7,14)116, besser ist es, darauf zu hoffen, daß in den wechselnden Zeiten auch wieder gute Tage kommen. Man sollte auch nicht vergangenen Zeiten nachweinen, denn damit verdirbt man sich nur die Gegenwart (7,10). Wie für die ältere Weisheit" 7 , so ist für Kohelet offensichtlich die innere Einstellung zum Leid wesentlich. Deshalb will auch er seine Leser anleiten, „es gar nicht erst zu Situationen kommen zu lassen, die dem Menschen Kummer bringen... Leidvermeidung ist entscheidender als Leidbewältigung."" 8 Deutlich sind Emotionen im Kohelet-Buch eigentlich nur dort zu spüren, wo es um die immer wiederkehrende Aufforderung zur Freude geht und außerdem im 2. Kapitel. In diesem Kapitel, genauer in 2,13ff kommt Kohelets Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit zur Sprache. Diese Erfahrung, so darf man wohl ohne übertriebene Spekulation vermuten, war für ihn so überwältigend, daß die innere Bewegung selbst in der rückblickenden Reflexion noch ihren deutlichen Niederschlag gefunden hat. Ich haßte das Leben und Ich haßte alle Mühe (2,17.18), drastischere Worte wird man in einem weisheitlichen Text kaum finden. Positive Emotionen kommen in Kohelets Ermunterungen zum Lebensgenuß zur Sprache. Während er in den ersten drei Kapiteln (Koh 2,24; 3,12; 3,22) nur nüchtern feststellt, daß es nichts besseres als den Genuß des Wohlergehens gibt, verleiht er in den folgenden Kapiteln dem Lob der Freude zunehmend mehr Nachdruck.119 Die ältere Weisheit ist zurückhaltender, hier findet sich häufiger die Warnung vor den Gefahren des (übertriebenen) Lebensgenusses.120 Zwar kann „in der Freude durchaus ein Ziel atl. weisheitlichen Lebens gesehen werden"121, aber sie erscheint

115 Vgl. Hausmann, Studien, 213. 116 Damit ist jedoch kein tatenloses Erdulden gemeint, vgl. Koh 9,10. 117 Vgl. Hausmann, Studien, 215f. 118 Hausmann, Studien, 219. 119 Eine (vielleicht zufällige) Linie läßt sich sehen vom ausdrückliche Verweis (Π3Π) in Koh 5,17 über das Preisen der Freude ( T i n i v y ) in 8,15 bis zu den Imperativen von 9,7 und 11,9 (vgl. Klopfenstein, Kohelet, 102). 120 Auch bei Kohelet bleibt die Gefahr unangemessenen und unzeitigen Genusses nicht unberücksichtigt, vgl. Koh 10,16. 121 Hausmann, Studien, 322. Der Abschnitt über die Freude erscheint bei ihr unter der Hauptüberschrift „Die Lebensideale des Weisen".

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nicht als eigenständiges Thema, sondern nur im Zusammenhang mit anderen Themen.122 Und während in den Proverbien nie davon gesprochen wird, „sich seiner selbst, sich aus sich heraus zu freuen bzw. sich selbst Freude zu machen"123, zielt Kohelets Anliegen gerade in diese Richtung. Aber auch er entfaltet das Thema „Freude" nie in breiter Ausführlichkeit, obwohl es doch ein zentrales Thema des Buches ist. Offensichtlich ist es ihm wichtiger, in immer wieder neuen Wendungen die Leser aufzufordern, alle Möglichkeiten des Glücks zu nutzen, sie nicht einer unsicheren Zukunft oder fernen Idealen zu opfern. Deshalb der emphatische Auftakt zum Schlußgedicht: Freue dich, junger Mann...! (11,9).

2.3.5 Einzelner und Gemeinschaft Was hat der Mensch für einen Gewinn von all seiner Mühe? (1,3) Schon diese Eingangsfrage zeigt, daß für Kohelet der Mensch, und zwar der Mensch als einzelner im Vordergrund steht. Und auch wenn er fragt, was den Menschen zu tun gut wäre, solange sie leben (Koh 2,3), hat er die Menschen als einzelne Individuen - und noch konkreter wohl zunächst seine eigene Person - im Blick. Er stellt seine Fragen „streng individualistisch oder, so sollten wir vielleicht etwas freundlicher sagen, fundamental. Denn die Beschäftigung mit dem Individuum bleibt gegenüber der mit der Gattung immer das Konkretere, wenn auch nicht notwendig das Letzte."124 Diesen am einzelnen orientierten Ansatz hat Kohelet jedoch nicht nur, wie mehrfach festgestellt wurde125, mit der hellenistischen Philosophie gemeinsam, auch in den Proverbien und anderen weisheitlichen Texten des Alten Testaments kann nicht übersehen werden, „daß bei der Zuordnung von Einzelnem und Gemeinschaft die Einzelperson, ihr Verhalten und ihr Ergehen stärker wahrgenommen und in den Vordergrund gerückt werden, als dies sonst im AT geschieht"126. Auch in den Proverbien geht es „zunächst einmal um Gelingen des individuellen Lebens"127. Mit seiner Begrenzung der Fragestellung auf den einzelnen steht Kohelet also zunächst einmal „in der ihm vorgegebenen Fragestellung der Weisheit, welche die Möglichkeiten rühmt, die dem einzelnen in der Weisheit gegeben sind"128.

122 Vgl. Hausmann, Studien, 322-325. 123 Hausmann, Studien, 330. 124 Kaiser, Ideologie, 111. 125 Vgl. z.B. Braun, Kohelet, 41; Fox, Qohelet, 16; Hengel, Judentum, 215; Kaiser, Botschaft, 50; Wächter, Tod, 121. 126 Hausmann, Studien, 356. 127 Hausmann, Studien, 355. 128 Zimmerli, Prediger, 159.

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Doch darüber hinaus scheint dem Individuum bei Kohelet mehr Gewicht zuzukommen. H.-P. Müller ist der Ansicht, daß Texte wie Koh 2,3 zeigen, daß Kohelets Denken anders als die altorientaische Weisheit „einer individual-ethischen, also funktionalen Abzielung unterliegt"129. Kohelet ginge es vorrangig um den „Gewinn" (jip-on), „während es der älteren Weisheit eher um eine Integration von Gesellschaft und einzelnem in eine religiös verehrte kosmische Ordnung gegangen ist"130. Diese Einschätzung scheint mir jedoch fraglich. Sicherlich steht die Frage, wie jiirdn erlangt werden kann, anfangs im Vordergrund. Doch Kohelet macht deutlich, daß es zum einen für den sterblichen Menschen keinen dauerhaften jiirdn geben kann131 und daß zum anderen auch das Beste im Leben, nämlich der Genuß des Guten, nicht gegen die von Gott gesetzten Zeiten, also nicht gegen die Ordnung möglich ist, weil Glück nach Kohelets Verständnis (anders als nach der Auffassung der hellenistischen Philosophie) nicht unabhängig von äußeren Gegebenheiten zu verwirklichen ist. Dennoch tritt das Individuum stärker hervor als z.B. in den Proverbien. Während dort bei allem Interesse am einzelnen alles ,4ns Überpersönliche, Allgemeingültige hinausgehoben"132 ist, begegnet im Kohelet-Buch immer wieder die Persönlichkeit des Autors. Das liegt z.T. wohl schon daran, daß wir es hier nur mit einem einzigen Autor zu tun haben, der sich noch dazu mit einem den ersten Lesern sicherlich vertrauten „Namen"133 vorstellt (1,12). Vor allem ist es aber die Betonung der eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse, die das Individuum so in den Mittelpunkt rückt. Wendungen wie: ich sah (z.B. 1,14; 2,13; 3,10), ich sprach (z.B. 1,16.18; 2,1.15) und eine Fülle ähnlicher Formulierungen bringen immer wieder das Ich des Autors ausdrücklich ins Gespräch.134 Damit ist die „anonyme Sachlichkeit... der älteren Weisheit gebrochen"135. Das bedeutet nicht, daß Kohelet hier von Erfahrungen berichtet, die andere nicht machen könnten. Im Gegenteil, wenn Kohelet als Weisheitslehrer auf Verhaltensänderung bei seinen Lesern und Hörern zielt, so müssen diese Erfahrungen

129 Müller, Skepsis, 7. 130 Müller, Skepsis, 7. 131 Vgl. Kap. 2.1.1, S. 33. 132 V. Rad, Weisheit, 50. 133 Vgl. Kap. 2.1.2, S. 48, Anm. 70. 134 So finden sich beispielsweise in Luthers Übersetzung 79x ich, 17x mir, lOx mich, 9x mein. Für diese sprachliche Eigenart finden sich verschiedene Bezeichnungen; O. Loretz nennt sie die „Darbietungsform der ,Ich-Erzählung'", Schubert bezeichnet sie als „Selbstbetrachtungen", Kaiser als „Selbstbericht". 135 Hengel, Judentum, 214. Dabei wird nicht übersehen, daß auch in anderen weisheitlichen Texten die eigenen Beobachtungen angeführt werden (z.B. Spr 24,30ff; Ps 37,25.35f), doch eben in wesentlich geringerem Umfang.

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wenigstens teilweise auch in deren Leben einen Anhaltspunkt haben und nachvollziehbar sein.136 Aber das Ich bekam, wie P. Höffken zeigt, bei Kohelet, der sich darin mit Hiob berührt, eine neue Funktion, nämlich „kritisch an eigener Erfahrung das tradierte Bildungsgut zu messen, dabei durchaus auch zu destruieren, zu relativieren oder zu reformulieren"137. Diese neue Funktion des Ichs ist sicherlich auch eine Folge gesellschaftlicher Bedingungen.138 Zu vermuten ist auch, daß Kohelet dem Hauptstrom der weisheitlichen Tradition widerspricht und sich damit von der Mehrheit der Weisheitslehrer seiner Zeit abhebt, so daß er gegen das Argument „Tradition" sein Argument „eigene Erfahrung" anfuhren muß. In vermutlich noch stärkerem Maße dürfte das Ich aber durch Kohelets Begegnung mit der eigenen Sterblichkeit seine entscheidende Rolle bekommen haben. So wie der Tod ein allgemein menschliches Phänomen ist und doch als das individuelle Ereignis schlechthin von jedem einzeln erfahren wird, geht es Kohelet hier um die eigene Existenz, um das individuelle Leben und Sterben. Der Mensch ist selbst dafür verantwortlich, sein Leben zu leben und die sich darin bietenden Möglichkeiten zu nutzen, denn mit dem Tod ist das Individuum aufgehoben, neue Möglichkeiten werden sich dann nicht bieten. Diese Verantwortung kann man nicht abgeben, und man kann sie auch nicht in einer größeren Gemeinschaft, etwa der generationenübergreifenden Gemeinschaft des Volkes, aufgehen lassen.139

136 Zimmerli (Prediger, 126) spricht deshalb davon, daß das „schulmäßig Bestimmte" die Grundlage dieser Redeform bleibt. Schubert (Selbstbetrachtungen, 27) betont: „Die Selbstbetrachtungen im Buch Kohelet sind in ihrer allgemeinen Konsequenz geradezu Lehrsätze für jedermann." Sie dienen dem „Erweis der Richtigkeit seiner Lebensanschauungen" und werben „um die Einvernehmlichkeit mit dem Leser bzw. dem Hörer" (a.a.O., 32). 137 Höffken, EGO, 125. 138 Auf diesen Zusammenhang weist Kaiser mehrfach hin: Die Beobachtungs- und Reflexionsformeln „signalisieren, daß Kohelet in einer Übergangszeit lebt, in der die überkommenen Lehren fragwürdig geworden sind, so daß sich der Einzelne nicht mehr ohne weiteres auf sie verlassen kann, sondern sich in seiner Situation selbständig orientieren muß (Kaiser, Botschaft, 50; vgl. ders., Mensch, 89). 139 Wegen der „kollektiven Ausrichtung" in Kohelets Denken, die verbunden ist mit „formalen und inhaltlichen kommunikativen Strukturen und Argumentationsbewegungen" kann nach Schuberts Auffassung der Individualismus, trotz unbestreitbarer individualistischer Tendenzen, für Kohelet nicht ungebrochen in Anspruch genommen werden (Selbstbetrachtungen, 32). Das ist insofern richtig, als es Kohelet nicht, wie Individualismus heute z.T. verstanden wird, um völlig autarke Lebensgestaltung oder um von allen und allem unabhängige Selbstverwirklichung geht. Dennoch scheint mir der Begriff wegen des hohen Stellenwertes der eigenen Erfahrung und der Gestaltung des eigenen Lebens angemessen. Auch in unserer Zeit ist das mit Worten wie Individualität oder Individualismus Bezeichnete keineswegs immer identisch. Treffend bemerkt Kutschera (Kohelet, 363): „Kohelet vertritt... einen Individualismus in dem

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Wenn nachfolgend gezeigt wird, daß sich auch Kohelet in eine größere Gemeinschaft eingebunden weiß140, so steht das keineswegs im Gegensatz zu der herausragenden Rolle der Individualität bei ihm. Denn daß jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen machen muß, ändert nichts daran, daß er diese (guten und schlechten) Erfahrungen häufig mit anderen Menschen macht. Und daß jeder Mensch allein den Tod erleidet, ändert nichts daran, daß er im Leben ein soziales Wesen ist. Der in dieser Hinsicht auffälligste Textabschnitt ist Koh 4,7-12. Nachdem V 7f das einsame Arbeiten als Windhauch bezeichnet hat, werden im folgenden die Vorteile der Gemeinschaft geschildert: bessere Chancen bei der Arbeit, Hilfe in Notsituationen, das gegenseitige Wärmen141, die Stärke in der Gemeinschaft. Zunächst ist dieser „Ruf zur Sozialisation"142 das Resultat praktischer Überlegungen, denen es um Vorteile gemeinsamer Tätigkeit geht, etwa so, wie auch im Sprüche-Buch wiederholt die Abhängigkeit des einzelnen von anderen Menschen betont wird. „Die Häufigkeit, mit der dies geschieht, macht deutlich, daß den Verfassern der Proverbien mehr als deutlich ist, wie sehr das eigene Wohlergehen an das Verhalten anderer Menschen gekoppelt ist."143 Daß das eigene Wohlergehen dabei letztlich das Primäre ist, liegt, wie schon gesagt, in der grundsätzlichen Ausrichtung der Weisheit begründet. Die Überlegungen Kohelets zum Vorteil der Gemeinschaft sollten deshalb nicht als Hinweise auf eine „egozentrische Einstellung"144 betrachtet werden. Es geht zugleich, wenn auch nur am Rande, ebenso um die Gestaltung des Zusammenlebens. Nicht nur die Einsamkeit ist die negative Alternative zur Gemeinschaft, auch das konkurierende Gegeneinander, das in Koh 4,4 kurz beschrieben und als Windhauch charakterisiert wird. Leicht zu übersehen ist in diesem Abschnitt die Wertschätzung der Gemeinschaft, die in Koh 4,8 anklingt. Die Hauptaussage des Satzes zielt auf die fehlende Befriedigung am Reichtum und ausbleibenden Genuß. Doch es heißt ja nicht nur: Da ist einer, der müht sich und gönnt sich selbst nichts Gutes. Seine ganze Tragik

Sinn, daß der Wert des Lebens in seinem Nutzen fur den betreffenden Menschen besteht, und auch darin geht man heute mit ihm einig." 140 Vgl. Hausmann, Studien, 355. 141 Riesener (Frauenfeindschaft, 198) denkt hier an Partnerschaft bzw. Ehe und verweist auf 1 Kö 1,1-4. Lauha (Kohelet, 90) denkt dagegen eher an zwei Gefährten, die es „bei kalter Nacht in gemeinsamem Reisequartier oder im Freien nötig haben, sich gegenseitig zu erwärmen". Der Kontext läßt einen nicht-familiären Hintergrund wahrscheinlicher erscheinen. Aber gemäß Koh 9,9 dürfte es wohl durchaus im Sinne Kohelets sein, diesen Vers auch auf andere Situationen zu übertragen. 142 James, Ecclesiastes, 87. 143 Hausmann, Studien, 229. 144 Gegen Lauha, Kohelet, 90.

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bekommt dieser Zustand offensichtlich erst dadurch, daß dieser Mensch niemanden hat, keinen Sohn, keinen Bruder, nicht einmal einen Gefährten. Will man den Anfang dieses Satzes nicht als belanglose Redundanz übergehen, so muß man annehmen, daß eine vorhandene Gemeinschaft an der Bewertung der Situation etwas ändern würde. Und diese andere Bewertung kann eigentlich nur bedeuten, daß die rastlose Tätigkeit dann einen Sinn hätte. Wieso die bloße Existenz einer nahestehenden Person der Tätigkeit einen Sinn geben kann, wenn sich der Betroffene doch selbst nichts Gutes gönnt, wird in dem kurzen Text nicht deutlich. Auch andere Abschnitte des Kohelet-Buches geben keine eindeutigen Hinweise. Zweierlei könnte man vermuten: 1. Die Gemeinschaft als solche ist wertvoll und verleiht der Arbeit insofern einen Sinn, als die betreffende nahestehende Person mit dem Ertrag der Arbeit unterstützt werden kann. 2. Hätte der Betroffene eine solche ihm nahestehende Person, würde er sein Verhalten ändern und sich, gemeinsam mit dem anderen, etwas Gutes gönnen. Noch unauffälliger ist der Gemeinschaftsbezug in Koh 5,13. Es scheint für Kohelet eine schmerzliche Vorstellung zu sein, daß dem Sohn nichts vererbt werden kann. Zu einem Individualismus, den die Gemeinschaft nur so weit interessiert, wie er selbst Nutzen davon hat, paßt das nicht recht. Offensichtlich geht Kohelets Individualismus also nicht so weit, daß er den traditionell anerkannten Wert der Familie und der Weitergabe von Besitz innerhalb der Familie verwerfen würde. Vielleicht erklärt sich die indirekt positive Wertung auch aus der Hoffnung, daß mit dem vererbten Besitz fur den Erben Wohlergehen verbunden sein könnte, so daß der Vererbende allein schon an dieser Hoffnung eine Freude hätte, weil der Erbe ihm schließlich nahesteht. Ganz ähnlich ist die Lage in Koh 2,19: Wieso interessiert es Kohelet, ob der Erbe weise oder töricht ist? Eigentlich ist doch das Vererben selbst das Problem, weil der Vererbende keinen Gewinn aus seinem Ermühten ziehen kann. Schließlich muß zuletzt unbedingt auf Koh 9,9 verwiesen werden. 145 Auch hier geht es auf den ersten Blick nur beiläufig um die Beziehung zwischen Menschen, denn das eigentliche Thema ist die Aufforderung zur Freude. Aber es ist doch gerade bezeichnend, daß die Lebensgemeinschaft mit einem geliebten Menschen zu den Glücksgütern gezählt wird. Auch wenn das Ende von V 9 (das ist dein Teil am Leben) nicht allein auf die Aussage von 9a, sondern auf die vorangegangenen Verse zu beziehen sein wird, so bleibt doch festzuhalten, daß die liebevolle Gemeinschaft als letztes Glied einer als Steigerung verstehbaren Aufzählung erscheint: Die „Basis freuden" Essen und Trinken erwähnte Kohelet schon viermal (2,24; 3,12;

145 Lohfink (Kohelet, 27) vertritt die Ansicht, daß es auch bei der Königstravestie in den ersten beiden Kapiteln um das Gemeinwesen geht, „wenn auch dessen Gluck im Glück seines Königs dargestellt wird". Das trifft jedoch m.E. nicht das Hauptanliegen des Textes, denn hier soll ja geprüft werden, ob es fiir den einzelnen möglich ist, jitrön zu erlangen.

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5,17; 8,15146); jederzeit weiße Kleider und gutes Öl stellen dem gegenüber schon „Luxusfreuden" eines Festes dar, die einen gewissen Reichtum voraussetzen (vgl. 5,18); die liebevolle Gemeinschaft übertrifft aber selbst noch dieses Glück.147 Es mag sein, daß Kohelet die Wertschätzung der Gemeinschaft in den genannten Fällen unbewußt in seine Texte eingetragen hat. Doch gerade diese beiläufige Übernahme der traditionellen Wertschätzung der Gemeinschaft zeigt, daß Kohelet diese Bewertung teilt und an der Gemeinschaft der Menschen untereinander nicht nur aus egoistischen und egozentrischen Motiven interessiert ist. Andererseits kennt Kohelet natürlich auch negative Seiten der Gemeinschaft. Sie werden vor allem dort benannt, wo Kohelet Zustände beschreibt, die dem Wohlergehen einzelner abträglich sind. Insbesondere handelt es sich dabei um unangemessenen Konkurrenzkampf und um Ungerechtigkeit. In Koh 4,4 klingt, wie bereits erwähnt, das konkurrierende Gegeneinander in der täglichen Arbeit an. Ein ähnliches Phänomen in einem anderen Bereich kommt in 4,13ff und 9,13ff zur Sprache: Wo alle danach streben, an der Spitze zu stehen, werden immer auch Menschen als Verlierer zurückbleiben (4,13ff), und die, die nicht gut auf sich aufmerksam machen können, werden von anderen übersehen, was manchmal nicht nur dem einzelnen, sondern sogar der ganzen Gemeinschaft schadet (9,13ff). Dieser Kampf gegeneinander und für die eigenen Interessen führt auch zu sozialem Unrecht. Dort, wo Gerechtigkeit herrschen sollte, siegt der Frevel (3,16); Menschen werden unterdrückt, weil sie den Mächtigeren unterlegen sind (4,1) und weil diese sich Strukturen geschaffen haben, die ihren Wohlstand auf Kosten der Ärmsten und Rechlosen sichern sollen. Teilweise spiegeln die von Kohelet beklagten Zustände wohl die strukturellen Veränderungen in der Zeit der ptolemäischen Herrschaft wider.148 Damit im Zusammenhang steht auch „der fast vollständige Zusammenbruch einer vertikalen Solidarität "'149, also die der Gemeinschaftstreue ( fdäqä) entsprechende Haltung der gesellschaftlich führenden Personen gegenüber den von ihnen abhängigen

146 James (Ecclesiastes, 87) sieht in diesen Stellen Einladungen zu einem Mahl. Das ist zwar durchaus möglich, aber am Text nicht nachzuweisen. Ebenso könnte an ein allgemeines Wohlergehen gedacht sein, denn „im Gegenüber zum Nicht-Essen und Nicht-Trinken bezeichnet oft das Essen und Trinken den entspannten, normalen, natürlichen Zustand" (Smend, Essen, 203). 147 Die Frau ist für Kohelet keineswegs nur Mittel zum Lustgewinn, vgl. dazu Kap. 2.3.6, S. 120. 148 Vgl. dazu zuletzt Bohlen, Kohelet, 255ff, der sowohl 5,7-8 als auch 4,1 als Reflexe auf die „Grundbefindlichkeit der hellenistischen Epoche" (255) versteht. 149 Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 273.

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Menschen.150 Klagen über ein korruptes Gerichtswesen finden sich allerdings auch schon in der Weisheitstradition früherer Zeiten mehrfach151, und auch die Unterdrückung der Rechtlosen oder der Geringen ist kein neues Phänomen der ptolemäischen Zeit.152 Kohelet zeigt an den genannten Stellen, daß er das Unrecht wahrnimmt und daß er mitfühlt mit denen, die bei allem Unrecht, das sie erleiden müssen, nicht einmal einen Tröster haben. Hoffnung auf eine Änderung der generellen Zustände macht er ihnen nicht. Doch indem er auch in diesem Zusammenhang auf den wechselnden Charakter der Zeiten verweist (3,17), macht er den vom Unrecht Betroffenen Mut, die schlechten Tage auszuhalten (vgl. 7,14), weil auch für sie wieder bessere Umstände eintreffen können. Wo Kohelet von der Gemeinschaft der Gesellschaft bzw. des Staatswesens spricht (z.B. 8,2ff), geht es ihm vorrangig um die Frage, wie sich der einzelne in den gegebenen Strukturen verhalten sollte, damit sein Wohlergehen nicht gefährdet wird. Ein Eingreifen in diese Strukturen liegt Kohelet fern. Die sozialen Strukturen werden von Kohelet weitgehend als gegeben hingenommen153, wie es auch sonst in der Weisheit zu beobachten ist.154 Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß es Kohelet wesentlich um das Gelingen des individuellen Lebens geht und daß er damit in der allgemeinen weisheitlichen Tradition steht. Doch wie andere Weisheitslehrer, so weiß auch Kohelet, daß der Mensch eben kein Einzelwesen ist. Am Rande und ohne ausgiebig darüber zu reflektieren155 bringt er jenes Wissen um die grundsätzliche Gemeinschaftsorientierung zur Sprache, das schon im jahwistischen Schöpfungsbericht enthalten ist: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein ist (Gen 2,18).156 Zum wahren Menschsein 150 Vgl. als ein positives Beispiel Spr 29,14. 151 Vgl. Spr 18,5; 22,22; 24,23; Hi 36,17. 152 Vgl. Spr 14,31; 18,23; 22,22; Jes 1,23; 10,1; Jer 7,6. 153 Koh 10,5-7 führt einen gesellschaftlichen Mißstand allerdings eindeutig auf menschliches Fehlverhalten zurück. Doch auch hier wird nur konstatiert, nicht protestiert. 154 Vgl. Lang, Anweisungen, 92; Delkurt, Einsichten, 136; etwas anders dagegen: Doli, Menschenschöpfung, 29. 155 Vgl. Hossfeld, Die theologische Relevanz, 382: „soziale Fragen spielen eine begleitende, keine tragende Rolle". Wegen dieser Randstellung des Themas Gemeinschaft scheint mir die folgende Bemerkung von James (Ecclesiastes, 87) reine Spekulation zu sein: „In Qoheleths mind there may have been a sense that with others we become aware of the dimensions of our own lives, both our power and our limits." 156 Obwohl Lauha (Kohelet, 90) Kohelets Haltung als egozentrisch bezeichnet, zieht auch er diese Parallele.

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gehört das Gegenüber im Mitmenschen. „Das Genießen der Dinge ist eine soziale Tätigkeit. Man muß etwas gemeinsam besitzen, nur dann besitzt man es wirklich."157 Viele, wenn nicht gar die meisten Freuden des Lebens werden sogar durch Gemeinschaft überhaupt erst ermöglicht. Deshalb hat auch die Gemeinschaft ihre Zeit, wie die Erwähnung von Tanzen, Herzen und Lieben in Koh 3,4-8 zeigt. Daneben hat Gemeinschaft jedoch auch ihre negativen Seiten. Diese sieht und benennt Kohelet, er zeigt Mitgefühl für die Opfer, aber in der Regel keine Alternativen und Veränderungsmöglichkeiten.158 Insgesamt unterscheidet sich Kohelet auch bei diesem Themenkreis nicht so grundsätzlich von anderen Weisheitstexten, wie oft angenommen wird. Bei allen Gemeinsamkeiten hebt sich Kohelet dennoch an einigen Punkten in markanter Weise ab. Das Ich, das Individuum hat bei Kohelet ein viel stärkeres Gewicht bekommen. Es tritt zum einen da besonders hervor, wo eigene Erfahrungen entscheidend sind, die kritisch zur Bewertung der tradierten Lehre eingesetzt werden. Zum anderen spielt das Individuum dort eine zentrale Rolle, wo es darum geht, das eigene Leben zu meistern, weil man auch den eigenen Tod wird sterben müssen und weil im Tod alle Möglichkeiten erloschen sind.

2.3.6 Mann und Frau Es ist typisch für weisheitliches Schrifttum, daß Frauen nur wenig Beachtung finden und daß sie erst recht nicht selbst angesprochen werden. Die Frau erscheint nur in Relation zum Mann.159 Darin ist Kohelet ganz Sohn seiner patriarchalisch geprägten Zeit. Hochschätzung der Frau findet sich in Israel wie in seiner Umwelt wechselnd mit abfälligen Urteilen, diese allerdings vorwiegend über die törichte und liederliche Frau.160 Auch im Kohelet-Buch scheint sich diese doppelte Wertung niedergeschlagen zu haben. Koh 9,9 steht ganz im Zeichen der Freude an der geliebten Frau.161 Die Aufforderung zum Genuß dieses Glücks wird durch die Erinnerung an die Kürze und

157 Ruler, Mensch, 56. 158 Eine Ausnahme ist Koh 4,4 im Zusammenhang von Koh 4,4-6; vgl. dazu Kap. 2.3.1, S. 97. 159 Vgl. Hausmann, Studien, 148ff. Meinhold (Sprüche, 45) weist allerdings daraufhin, daß in der nachexilischen Zeit, in der die Familie wieder große Bedeutung erlangte, die Frau „als Organisatorin des Hauses ... eine kaum zu überschätzende Rolle" spielte. 160 Ebeling, Quellen, II, 67. 161 Darin unterscheidet sich Kohelet von den Proverbien, die sich mit Aussagen über Liebe ganz zurückhalten. Delkurt sieht den Grund für diese Zurückhaltung in der Erziehungsfunktion für Heranwachsende, die diese Sprüche haben (Delkurt, Einsichten, 67f)·

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Vergänglichkeit des Lebens keineswegs entwertet162, sondern gerade verstärkt. Es sollte auch nicht negativ bewertet werden, daß die Frau hier zusammen mit anderen Quellen der Freude genannt wird, sie erscheint an dieser Stelle keineswegs nur als „eines unter den vielen Mitteln zum Lustgewinn"163. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Bestimmung von Dtn 24,5, wonach der frischverheiratete Mann von gesellschaftlichen Pflichten freigestellt wird, so daß er das Leben mit seiner Frau genießen kann.164 Wenn die Freude eine Gottesgabe ist (Koh 2,26), so gilt das auch für die Freude, die aus der Gemeinschaft mit einer Frau erwächst.165 Eine einseitig männliche Sicht ist, wie schon angedeutet, für die Weisheit typisch166, und sie wird hier insofern abgeschwächt, als es zum einen nicht um irgendeine beliebige Frau geht, sondern um die Frau, die man liebt161, und zum anderen geht es nicht um Lustgewinn durch die Frau, sondern um ein Leben mit ihr (nvJKTDV)168. Auch Koh 4,11 könnte eine positive Wertung der Frau enthalten. Hier ist jedoch fraglich, ob Kohelet überhaupt an die Gemeinschaft von Mann und Frau denkt.169 Dagegen spricht Koh 3,5 ganz offensichtlich von dieser Gemeinschaft. Umstritten ist dabei, ob es im ganzen Vers um die Liebe zwischen Mann und Frau geht oder nur in 3,5b. Zuletzt hat L. Schwienhorst-Schönberger die bereits vom Midrasch vertretene Auffassung unterstützt, wonach in 3,5a die sexuelle Liebe umschrieben wird.170 Doch dieser Deutung fehlen sichere Anhaltspunkte. Wie bei einigen anderen Aussagen innerhalb des Abschnittes 3,2-8 sind die Formulierungen zu knapp und

162 Gegen Lauha, Kohelet, 169. 163 Gegen Lohfink, Frauenfeind, 260. Zur hier vertretenen Ansicht vgl. zuletzt Richter, Kohelets Urteil, 584ff. Ganz anders wiederum Loretz (Frau, 246), nach dem es hier um den „Liebesgenuß mit der Dirne" geht. 164 Bei der Freistellung vom Heeresdienst kommt wohl auch hinzu, daß der Mann nicht unnötig der Gefahr ausgesetzt werden soll, zu sterben ohne Nachkommen gezeugt zu haben (vgl. Dtn 10,7). Zum ursprünglichen Sinn dieser Schutzbestimmungen vgl. v. Rad, Deuteronomium, 94. 165 Die Liebe zwischen Frau und Mann ist im A T insgesamt ein durchaus häufiges Thema, vgl. Wolff, Anthropologie, 248-253. 166 Vgl. auch die ebenfalls positive, aber einseitige Wertung der Frau in Spr 12,4a . Meinhold (Sprüche, 204) schreibt dazu: .Aber nicht ihr Wert an und für sich wird beschrieben, sondern - da die altorientalische Weisheitsliteratur von Männern fiir Männer geschrieben wurde - im Hinblick auf ihren Mann." 167 Lohfink (Frauenfeind, 260, Anm. 8) bemerkt zu Recht, daß Fragen der Ehemoral hier nicht zur Diskussion stehen. Dagegen sieht Richter (Kohelets Urteil, 591) in Koh 9,9 ein „Plädoyer für die Ehe". 168 Ähnlich auch Riesener, Frauenfeindschaft, 199. 169 Vgl. S. 116, Anm. 141. 170 Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 95ff..

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für uns zu ungenau, um sie eindeutig zu interpretieren.171 Unzweifelhaft ist jedoch, daß es um das hier benannte Verhalten genauso bestellt ist, wie um alle anderen Tätigkeiten: Es gibt Zeiten, in denen es angemessen ist, und es gibt Zeiten, in denen es nicht angemessen ist. Für das hier interessierende Bild Kohelets von der Frau sind die Aussagen von 3,5 somit von geringem Gewicht, denn es bleibt völlig offen, welche Wertung Kohelet diesen Verhaltensweisen beimißt. Ebenso uneindeutig ist, ob Kohelet hier wie in 9,9 die Gemeinschaft mit der Frau, die du liebst im Sinn hat. Es könnte ja auch um käufliche „Liebe" bzw. um die Frau als Lustobjekt (in welcher Form auch immer) gehen. Daß diese Möglichkeit nicht gänzlich auszuschließen ist, zeigt Koh 2,8. Die Deutung des Hapaxlegomenons sidäh vfsiddt in 2,8 ist zwar unsicher, im allgemeinen wird jedoch angenommen, daß es sich dabei dem Sinn nach um „ Frauen in Menge"112 oder um „einen großen Harem"m handelt. R. Bartelmus meint, daß „der Ausdruck mit der im AT gut belegten Wurzel "TVj"174 zusammenhängt, so daß „aller Wahrscheinlichkeit nach in schöner Direktheit das für den angestrebten Lustgewinn nicht unerhebliche Geschlechtsmerkmal der weiblichen Brust zumindest assoziativ angesprochen ist"175. Im Kontext der Königstravestie ist das durchaus gut vorstellbar, denn in der Vielzahl der Freuden fehlt ein entsprechendes Stichwort. Aus dem Zusammenhang geht jedoch in keiner Weise hervor, daß die erwähnte Lust Q ^ y n ) hier sexueller Natur sein muß. Denn in anderen alttestamentlichen Texten wird das Wort in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet.176 Und ein assoziativer Zusammenhang mit der weiblichen Brust würde für die ersten Leser, denen die Bedeutung der Wendung bekannt gewesen sein dürfte, dann nicht entstanden sein, wenn die Worte doch etwas ganz anderes bedeuten sollten.177

171 Vgl. Backhaus, Zeit, 113f. Die Deutung hängt nicht zuletzt vom Verständnis der Struktur in Koh 3,2-8 ab. Zur kritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Vorschlägen vgl. zuletzt Fischer, Skepsis, 223f. 172 Zimmerli, Prediger, 151. 173 Lohfink, Kohelet, 27. 174 Bartelmus, Haben, 63, Anm. 73. 175 Bartelmus, Haben, 63. 176 In Hld 7,7 könnte durchaus an sexuelle Lust gedacht sein, in Spr 19,10 dürfte das kaum der Fall sein und sicherlich nicht in Mi 1,16. 177 S o tritt Bons (äiddä w=Siddöt, 12-16) in Anlehnung an die alten Versionen für die Übersetzung „Kellnerinnen in großer Zahl" ein. Unter den (fiktiv) gegebenen Umständen unterscheiden sich allerdings die „Kellnerinnen" vielleicht gar nicht so sehr von den „Haremsdamen"; zu dieser Auffassung kommt jedenfalls Uehlinger (Qohelet, 207) nach der Untersuchung altorientalischer Quellen.

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Einige Fragezeichen bei der Deutung von 2,8b bleiben also bestehen. Dennoch wird man sich aufgrund des Kontextes wohl der allgemeinen Deutung anschließen dürfen, so daß Bartelmus Recht zu geben ist, wenn er feststellt, daß der fingierte König Salomo „nicht an einer Person als partnerschaftlichem Gegenüber interessiert (ist), sondern an frei verfügbaren Lustobjekten"178. Doch bei der Untersuchung von Kohelets Einstellung gegenüber den Frauen sollte man diesem Vers kein zu großes Gewicht beimessen. Schließlich will Kohelet in der Königstravestie alle nur erdenklichen Möglichkeiten durchspielen, um zu erkunden, ob auf diesem Wege ein jitrön zu erzielen ist.179 Den zuletzt besprochenen Texten sind also keine sicheren und entscheidenden Hinweise auf Kohelets Stellung zu den Frauen zu entnehmen. Ganz anders könnte es in Koh 7,25ff sein. Die in diesen Versen über die Frauen gemachten Aussagen stehen denen von 9,9 nämlich diametral entgegen. Dieser Text gehört zu den schwierigsten des ganzen Buches. D. Michel schreibt dazu: „Von dem Abschnitt 7,25-29 kann ich trotz wiederholter Beschäftigung mit ihm nicht behaupten, ich hätte ihn ganz verstanden."180 Er soll deshalb an dieser Stelle etwas ausfuhrlicher betrachtet werden.

Exkurs 7: Zur Auslegung von Koh 7,25ff Was F. Eilermeier über die Interpretation von 'öläm in Koh 3,11 gesagt hat, gilt in ähnlicher Weise wohl auch für die Deutung dieses Textabschnittes, er „ist ein Tummelplatz der Phantasie! Wer dieses Thema erschöpfend behandeln wollte, hätte einen umfänglichen Bericht zu schreiben." 181 Es gibt vier grundsätzliche Auslegungs-Varianten" 2 : (1) Gemäß der personifizierenden Deutung ist die „Frau" als „Frau Torheit" bzw. in Vers 28 als ,.Frau Weisheit" zu verstehen. Neben älteren Auslegungen findet sich dieser Ansatz bei Th. Krüger, mit Einschränkungen bei I. Riesener und zuletzt auch bei C.L. Seow. (2) Die einschränkende Interpretation geht davon aus, daß das vernichtende Urteil in 7,26 durch den mit '"sar eingeleiteten Nebensatz nur fiir eine bestimmte Gruppe von Frauen gilt. Es sind die schlechten, verführerischen Frauen, vor denen Kohelet hier warnt. Damit ergibt sich eine Parallele zu den Warnungen vor der „fremden Frau"183, wie sie etwa in Spr 2,16ff und 5,Iff begegnet.

178 Bartelmus, Haben, 64. 179 Ähnlich dürfte auch Riesener diesen Vers bewerten, denn bei ihrer Untersuchung „Frauenfeindschaft im Alten Testament?" wird Koh 2,8 nicht erwähnt. 180 Michel, Untersuchungen, 225. 181 Ellermeier, Qohelet, 310. 182 Vgl. Lohfink, Frauenfeind, 26Iff. Zu den unterschiedlichen Abgrenzungen dieses Abschnittes vgl. z.B. Lohfink, Frauenfeind, 273, Anm. 50; Loretz, Frau, 248, Anm. 19. 183 Zum Thema „fremde Frau" in den Proverbien vgl. Hausmann, Studien, 157ff; Meinhold, Sprüche, 68ff;99ff; 116ff.

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(3) Daneben gibt es jedoch auch eine generelle Auffassung, die hier grundsätzliche Negativ-Aussagen über alle Frauen sieht. In diesem Sinne sagt A. Lauha: „Unverkennbar will Kohelet zum Ausdruck bringen, daß die Frau an sich verführerisch und gefährlich ist. Jede Frau ist femme fatale." 184 (4) Schließlich könnte es sich bei den fraglichen frauenfeindlich klingenden Aussagen auch um Zitate handeln, die Kohelet aus seiner Umwelt aufnahm, um sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen. Dieser Ansatz wird vor allem von N. Lohfink und D. Michel unterstützt. Einige der letzten Arbeiten, die sich speziell mit diesem Thema befassen, sollen im folgenden kurz referiert werden. N. Lohfink185 geht davon aus, daß Kohelet auf induktivem Weg einen traditionellen Spruch überprüft hat, der besagt, daß die Frau „stärker" als der Tod (JT)OQ ΊΟ) sei. Kohelet weiß durchaus, daß es dabei nicht oberflächlich um reale Unsterblichkeit geht. Aber um diesen Spruch, der den Tod verharmlost und die Frau mit einem mystischen Nebelglanz umhüllt, zu widerlegen stellt er sich naiv und beobachtet tausend Personen. Nur ein einziger von ihnen ist nach einer gewissen Zeit noch auffindbar. „Kohelet ist bei seinem Thema Tod, und der Spruch läuft darauf hinaus, daß alle Frauen sterblich sind." (281) Mit Vers 29 betrachtet Kohelet kritisch, „was denn die induktive Erkenntnisbemühung letztlich wert sei" (286). Das Ergebnis lautet: „Der Induktion gelingt es zwar, die Frau zu entmystifizieren und damit auch den Mann aus der Belagerung durch die Frau zu befreien. Aber eben die Methode, mit der die Menschen sich befreien, ermöglicht die Technik des Kriegs" (286). Dabei versteht N. Lohfink maxid in 7,26 in Anlehnung an 9,14 als „Belagerungswerk". Demzufolge müsse Hssfbondt in 7,29 eine ähnliche Bedeutung haben, nämlich (militärische) „Wurfmaschinen". Besonders problematisch sind bei dieser Deutung die erklärenden Zusätzen, die N. Lohfink bei der Übersetzung von 7,28 einfügt: Von tausend Menschen (die ich beobachtend ins Auge faßte) habe ich (nach einer gewissen Zeit) nur noch einen einzigen wiedergefunden (alle anderen hatte der Tod schon dahingerafft) - und es war nicht eine Frau, die ich aus all diesen wiedergefunden habe. Diese Zusätze haben am Text keinen Anhalt, sind für die Interpretation aber von tragender Bedeutung. 186 Zu fragen wäre auch, warum Kohelet, wenn er sich tatsächlich so „naiv" stellt und den Spruch von 26a wörtlich nimmt, um ihn im beschriebenen Sinne zu widerlegen, dann nicht 26b wegläßt. Diese Fortsetzung lenkt von Kohelets eigentlichem Vorhaben ab, weil der, wie N. Lohfink zu Recht anmerkt, ursprünglich vielleicht durchaus positiv gemeinte Satz dadurch eine eindeutig frauenfeindliche Aussage bekommt. K. Baltzer 187 lehnt sich bei der Aufteilung von Zitat (in 7,26) und Kommentar (7,27-29) an die Ergebnisse von N. Lohfink an. Entscheidend ist, daß er alxp in 7,28 als einen militärischen Begriff interpretiert. Im Militär finden sich aber keine Frauen, sondern nur Männer. Die behauptete Lebensgefahr, die von der Frau ausgehen soll, geht also in Wirklichkeit von den Männern aus, weil sie den Kriegsdienst leisten und Kriegsmaschinen (hiss'bondt, 7,29) erfinden. Problematisch ist diese Interpretation, weil sie mit der Deutung von ädäm 'cehäd (7,28) im Sinne „ausschließlich Männer" steht und fällt.

184 Lauha, Kohelet, 141. Ähnlich Fox, Contradictions, 238: „ Despite the efforts of some exegetes, this passage remains irreparably misogynistic." 185 Lohfink, War Kohelet ein Frauenfeind? (1979). 186 So auch die Kritik von Krüger, „Frau Weisheit", 400. 187 Baltzer, Women and War in Qohelet 7:23-8:1 a (1987).

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Auch D. Michel 188 geht davon aus, daß es sich in 7,26 um das Zitat einer (von Kohelet häufig angetroffenen) frauenfeindlichen Äußerung handelt, die dann kritisiert wird. Dabei dürfte das Zitat „ein in indirekter Rede gebrachter "paAyOsein", da Kohelet ja „nach v. 25 Ί Ή ψ ρ prüfen will" (236). 7,28 hält D. Michel in Anlehnung an L. Levy fur einen Gedanken-Einschub, den Kohelet zwischen 7,27 und 7,29 piaziert.189 Auch hierbei handelt es sich wohl um einen yavyp. 7,28a ist die Einleitung: Was ich übrigens noch mit Leidenschaft überprüft und nicht als bestätigt gefunden habe, ist (der Satz): „Einen einzigen Menschen habe ich unter tausend gefunden, aber eine Frau habe ich unter all diesen nicht gefunden." (238) Dieser Einschub würde demnach en passant eine zweite, in 28b zitierte misogyne Ansicht verwerfen. Was Kohelet bei seiner Überprüfung der „Weisheit in Form von Unterscheidungsresultaten" (238) nun wirklich herausgefunden hat, folgt erst in 7,29. „Qohelet setzt... seinen eigenen Υΐ3ψϋ als Kritik gegen zwei fremde Γΐ'ΐΛψη. Irgendeine Argumentation, wie wir sie sonst von ihm gewohnt sind, findet sich hier nicht." (236) Die Kritik Kohelets faßt D. Michel so zusammen: „Das Ergebnis des Überprüfens ( \ y p l ) der Weisheit in Form von YQ\pO ist, daß die Mensch viele herauszufinden suchen (TOj?}) und dadurch ihr naturgemäßes Geradesein verderben." (237) Auch bei dieser Deutung bleiben Fragen offen. Zunächst ist der Zusammenhang zwischen 7,25 und 26-29 nicht recht deutlich." 0 Fraglich ist auch, warum der spontan wirkende Einschub in 7,28 nach der Einleitung des eigenen Ergebnisses stehenblieb. Warum wurde er nicht besser integriert, z.B. nach 7,26? Und warum wird gerade der Satz in 7,28 mit „Leidenschaft" untersucht, während sonst der Verstand (leb) Organ des Erkennens ist (vgl. 7,25)?"' O. Loretz"2, unterscheidet in seinen neueren Arbeiten aufgrund des Wechsels von Poesie und Prosa mehrere Schichten im Text des Kohelet-Buches. Dabei geht er davon aus, „daß die von Qohelet stammende Argumentation grundsätzlich auf neue Manier prosaisch formuliert ist, die seiner Kommentatoren dagegen, die mehr oder weniger konservativ ausgerichtet sind, poetisch" (249). In Koh 7,23-8,1 findet er neben der von Kohelet stammenden Grundlage drei weitere Schichten, nämlich einen Kommentar, eine Glossierung und eine abschließende Kommentierung. Von Kohelet stammen nach seiner Ansicht nur 7,23.1; 7,25.1; 7,27.1 und 7,29.2. Die Übersetzung des ursprünglichen Textes lautet somit: All dies habe ich versucht mit Weisheit. Ich sagt: „Ich möchte weise sein!" - aber sie ist weit von mir entfernt. Ich richtete mich mit meinem Herzen darauf, [zu erkennen] zu erforschen und zu suchen Weisheit und (philosophische[s]) Argumentf e). Siehe, dies habe ich gefunden [ -sprach Qohelet- ] Schritt für Schritt, um (ein) (philosophischeis]) Argumente) zu finden: Gott hat die Menschen rechtschaffen gemacht, aber sie suchen viele Ränke (/Philosophiererei, Spitzfindigkeit/Meinungen)! (25 lf) Die Frage einer möglichen Frauenfeindlichkeit Kohelets stellt sich damit nicht mehr. Die kritische Haltung Qohelets gegenüber den etablierten Weisheitslehrern und seine Modemitat zeigen sich nach O. Loretz auch darin, „daß er traditionelle Denkmuster über die Frau meidet" (261). Über Kohelets tatsächliche Haltung gegenüber Frauen könne man nur Vermutungen äußern.

188 Michel, Untersuchungen zur Eigenart des Buches Qohelet (1989). 189 Damit erscheint auch die Frage, ob adäm hier „Mann" oder „Mensch" meint in einem anderen Licht. Der Sprachgebrauch Kohelets kann nun nicht mehr als Indiz herangezogen werden. Dennoch erscheint mir die Übersetzung mit „Mensch" angemessener. Der zweite Teil des Satzes fuhrt den ersten weiter und präzisiert ihn mit einer zusätzlichen Information. 190 Bei 7,25b gesteht Michel selbst, daß er die Aussage nicht verstehe (236). 191 Zu dieser Anfrage vgl. Riesener, Frauenfeinschaft, 196. 192 Loretz, „Frau" und griechisch-jüdische Philosophie im Buch Qohelet (1991).

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Der dieser Arbeit zugrunde liegende Ansatz von O. Loretz ist gegenüber der von ihm in den 60er Jahren vertretenen Positionen eine rigorose Veränderung. Leider wird weder in diesem noch in anderen neueren Aufsätzen" 3 deutlich, worauf sich seine neue Theorie und die damit verbundene Meinungsänderung stützt. Die Aufsätze bestehen zum großen Teil aus der Wiedergabe der besprochenen Texte einschließlich Übersetzung und Anmerkungen sowie der Auseinandersetzungen mit Ansichten anderer Exegeten und der Wiederholung seiner These in sich wandelnden Formulierungen. Schließlich wird aus seiner These eine gesicherte Feststellung, ohne daß neue Argumente gebracht worden wären. So vermißt man Kriterien, an denen eine Glosse als Glosse zu erkennen ist. Allein metrische Gründe sind angesichts unserer unzureichenden Kenntnisse über hebräische Poesie als redaktionsgeschichtliche Argumente nicht ausreichend." 4 Die Mischung aus Poesie und Prosa ist auch weniger spektakulär zu erklären. Zum einen weist N. Lohfink darauf hin, daß die Semiten „immer schon poetische Passagen in ihre Prosatexte eingemischt""5 haben. Zum anderen ergibt sich das Nebeneinander beider Formen aus dem Anliegen des Buches. Nach Koh 12,9 war Kohelet ein Weiser, der in der Tradition israeliüscher Weisheitsliteratur stand, Sprüche sammelte und selbst formulierte. Warum sollte er also nicht bewußt traditionelle Texte oder auch eigens verfaßte poetische Abschnitte argumentativ in sein ansonsten in Prosa geschriebenes Werk eingearbeitet haben. Das heißt ja nicht, daß Kohelet nur aus „persönlicher Laune beinahe von Zeile zu Zeile von Poesie zu Prosa wechselt und wieder zurückschaltet" 196 . Wenn sich Kohelet in einem polemischen Gespräch" 7 mit der Weisheit befindet, so kann es kaum verwundern, daß er eben diese Weisheit gezielt zitiert. Für seine Reflexionen dagegen bietet sich Poesie kaum an, also verwendet er Prosa, die in Israel schließlich nicht fremd war.198 Nach Ansicht von Th. Krüger199 erschließt sich die argumentative Struktur des Textes, „wenn man davon ausgeht, daß er eine subtile und differenzierte Auseinandersetzung mit traditional vorgegebenen Konzepten von .Weisheit' führt". Bestimmend ist für den Abschnitt 7,23-29 „die Auseinandersetzung mit der Ansicht, ,die Weisheit' sei für jeden, der sie aufrichtig .sucht', zu .finden'" (397). Mit 7,25 sieht er in Anlehnung an N. Lohfink einen anderen Aspekt von Weisheit angesprochen, daß nämlich weisheitliche Bildung auch zu moralischer Perfektion fuhrt. Darauf bezieht sich 7,29 zurück: „Wenn Gott den Mensch .recht' ("W») gemacht hat, ist dessen Suche ( W p l pi) nach .großen (bzw. vielen)

193 Anfänge jüdischer Philosophie nach Qohelet 1,1-11 und 3,1 -15; Poetry and Prose in the Book of Qohelet. 194 Vgl. Kaiser, Einleitung, 329: „zu einem textkritischen Eingriff aus metrischen Gründen sollte man sich nur berechtigt wissen, wenn das metrische durch weitere Sachargumente gestützt wird". 195 Lohfink, Poikilometron, 19. 196 Loretz, „Frau", 247. 197 Zimmerli, Traktat, 229. 198 Ganz am Rande (Anfänge, 242, A 51) geht Loretz auf die Möglichkeit ein, den Stil Kohelets mit dem aphoristischen Charakter der Schriften Nietzsches oder Pascals zu vergleichen (so etwaL. Marcuse: Philosophie des Glücks, Wien 1962, 58f und E. R. Murphy: The „Pensees" of Qohelet, in: CBQ 17,1955,304-314). Während er diesen modernen Autoren zugesteht, daß sie „den Aphorismus als Stilmittel benützen", hält er bei etwas Ähnliches Kohelet für ausgeschlossen. Auch dafür nennt er keinen Grund. Eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit dem Ansatz von Loretz findet sich jetzt bei Backhaus, Widersprüche, 134ff. 199 Krüger, „Frau Weisheit" in Koh 7,26? (1992).

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Erkenntnissen' ( D m Γ ΐ υ ΐ ϋ Π ) jedenfalls keine Voraussetzung für .moralische Perfektion'" (399). Da es, wie Th. Krüger an einigen Auslegungsbeispielen zeigt, schwierig ist, 7,26 „als (generelle oder einschränkende) Aussage über ,die Frau' mit dem argumentativen Zusammenhang im Kontext zu verbinden", möchte er „die Frau" mit „Frau Weisheit" identifizieren. Dabei findet Kohelet, daß die Weisheit, wenn sie so ist, wie die Tradition sie darstellt, bitterer als der Tod ist. „V. 26b führt diese Kritik an einer .erotischen' Überhöhung von Weisheit und (Aus)bildung weiter und bezieht sie zugleich auf die in V. 25b angedeutete Identifikation von Weisheit und Moral: Wenn .die Frau' (Weisheit) so ist, wie sie z.B. Sir 6,23ff. darstellt..., dann ist es gerade der .Sünder', der von ihr gefangen wird!" (402) Auch die Kritik an der Personifizierung der Weisheit als Frau wird dann noch weiter getrieben, nämlich in 7,27f. Kohelet hat nämlich die ,„Frau' Weisheit selbst nun ... gerade nicht gefunden, sondern nur,einen Mann aus tausend'" (403). So wird das „Konzept einer .weiblichen' Weisheit als Ideologie entlarvt..., die die Realität des weisheitlichen Bildungsbetriebs verschleiert" (403). Dort sind nämlich ausschließlich Männer zu finden. Bei dem letzten Aspekt bleibt leider unerwähnt, warum das Konzept einer „weiblichen" Weisheit überhaupt als Ideologie entlarvt werden muß. Ebenso undeutlich bleibt, warum nach 7,26b der Sünder von der Weisheit gefangen wird, zumal wenn man „Sünder" und „gut vor Gott" im Rückblick auf Koh 2,26 nicht als moralische Kategorien versteht , m Die entscheidende Anfrage an diese Interpretation richtet sich jedoch auf die Feststellung, daß danach die Weisheit für Kohelet bitterer als der Tod ist. Bedenkt man, daß Kohelet sich sonst durchaus gern der Weisheit bedient und ihre Vorzüge zu schätzen weiß und hält man sich ferner vor Augen, wie hoffnungslos der Tod sich Kohelet darstellt, so kann man sich kaum vorstellen, daß die Weisheit, ja das irgend etwas für Kohelet bitterer als der Tod ist. I. Riesener201 gelangt zu der Auffassung, daß Kohelet in 7,26 traditionelle Aussagen über die „fremde Frau" zusammenfaßt, die er in dem durch '"scer eingeleiteten Nebensatz wiedergibt. Eine solche Frau, die das Leben eines Mannes ruiniert, sei für Kohelet bitterer als der Tod. Daß Kohelet hier keine allgemeine Aussage über die Frau macht, ergibt sich nach I. Riesener aus Koh 4,9-12 und 9,7-10. Für Koh 7,28 weisen die drei Lexeme bqs, ms 'und nxgces darauf hin, daß hier „der Bereich der Liebeslyrik als form- und traditionsgeschichtlicher Hintergrund anzusehen ist" (202). Bei der in 7,28 geschilderten Suche geht es also nicht um einen „wirklich guten Mensch", wie einige Kommentatoren meinen202, sondern um den Mensch und die Frau als „Gegenüber" im Sinne von Gen 2,18. Anders als Spr 18,22 und 19,14b negiert Koh 7,28 faktisch die Möglichkeit, ein solches Gegenüber zu finden. So zeigt sich hier „eine eher pessimistische Sicht der menschlichen Situation...: Der doch nach den biblischen Schöpfungsberichten (Gen 1,16-28; 2,18-25) wie auch nach Qohelets Sicht auf Gemeinschaft angelegte Mensch sieht sich fast völlig auf sich allein gestellt - unter tausend läßt sich nur ein Mensch als Partner, aber keine Frau finden." (203) Dieser aus der Tradition zitierten Auffassung stellt Kohelet in 7,29 seinen kritischen Kommentar zur Seite, indem er wie in 3,11 ein positives Urteil über die Gesamtheit der Schöpfung formuliert. Auf der Metaebene könnte in 7,28 zugleich die Suche nach „Frau Weisheit" gemeint sein, deren Vergeblichkeit Kohelet bereits in 7,23b.24 beschrieben hat. Gestützt wird die Argumentation auch durch sprachliche Bezüge, die I. Riesener abschließend an der Übersetzung verdeutlicht. Das bqs in 7,25 bezieht sich auf das abschließende bqs in 7,29. Das „Schlüsselwort" (206) ms 'leitet jeweils das Gefundene ein, nämlich in 7,26.27.29.

200 Vgl. Kap. 3.5, S. 190. 201 Riesener, Frauenfeindschaft im Alten Testament? (1996). 202 Riesener verweist auf Lauha, Kohelet, 143.

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Dennoch bleiben einige Fragen offen. Zunächst steht das in 7,25 formulierte Vorhaben in keinem rechten Verhältnis zu dem Folgenden. Zwar läßt sich das Weisheit-Suchen mit der auf der Metaebene zu denkenden Suche nach „Frau Weisheit" verbinden, so wie es das Schema darstellt, doch für die Fortsetzung ist der Zusammenhang kaum zu erkennen. Laut Schema bezieht sich nämlich „(um zu erkennen) Torheit als Verblendung" auf 7,26; das verbleibende „um zu erkennen Unrechttun als Dummheit" bleibt jedoch ohne eine Entsprechung im Folgenden. Wie schon bei Th. Krüger bezieht sich aber auch hier die entscheidende Anfrage auf die Zuordnung der Wendung bitterer als der Tod. Auch wenn dieses sehr gravierende Urteil nur fur die Frauen gilt, die das Leben eines Mannes ruinieren könnten, so wird man doch wohl Koh 9,4 auch auf eine derartig mißliche Situation beziehen dürfen: Wer zu den Lebenden gehört, für den gibt es Hoffnung. Wahrlich, ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe. H.-F. Richter™ schlägt mit seinem Lösungsversuch einen ganz anderen Weg ein. Grundlage seiner Überlegungen ist die Überzeugung, daß das Buch Kohelet „auf Klangphänomene - wie z.B. den Reim - besonderen Wert" legt (584). Er kommt zu der Ansicht, daß 7,26 „offenbar eine von Koh selbst stammende Einfügung in einen ursprünglich konzipierten Buchschluß" (bestehend aus 7,23.24.25.27) darstellt (586). Neben dieser vor der falschen Frau warnenden Einfügung wurde an den ursprünglichen Buchschluß auch noch „eine Art autobiographischer Nachtrag (in Kunstprosa)" (588) angefügt, nämlich in 7,28f eine Würdigung der richtigen Frau. Indem H.-F. Richter hier etwas anders skandiert, kommt er ohne Änderung des Konsonantenbestandes zu folgender Übersetzung: Was meine Seele noch gesucht aber nicht gefunden hatte: einen Menschen unter tausend. Ich habe ihn gefunden: eine Frau. Bei all diesem (was ich geschrieben hatte) habe ich Entdeckungen nicht allein gemacht. Sieh, das habe ich herausgefunden: Was Gott gemacht hat im Hinblick auf den Menschen war richtig. Aber sie suchen viele Lösungen. (589) Der Vorschlag H. F. Richters kann leider nicht recht überzeugen. Zunächst läßt er den Leser nicht nachvollziehen, wie er denn zu der Bewertung dieses Abschnittes als ursprünglich konzipierter Buchschluß mitEinschub und Anfügung gekommen ist. Sodann bleibt offen, welche Funktion die Zusätze in ihrem Kontext haben. Zu 7,26 bemerkt er nur, daß Kohelet keinesfalls vor der Frau an sich warnt (da in 9,9 ein ganz positives Bild von der Frau gezeichnet wird). Schließlich trägt auch die Übersetzung von 7,28f nicht gerade zur Erhellung dieses Abschnittes bei. In 7,28 entsteht sogar ein neuer Widerspruch: Wenn die Seele einen Menschen unter tausend nicht fand, das Ich aber eine Frau fand, gehören entweder die Seele und das Ich zu zwei unabhängig voneinander Suchenden (was kaum so gemeint sein dürfte) oder die Frau ist kein Mensch (was den Sachverhalt wohl auch nicht trifft). Betrachtet man das Für und Wider der unterschiedlichen Positionen, so scheint mir doch die von der kritischen Aufnahme fremder Meinungen ausgehende Deutung am sinnvollsten, weil sich Kohelet auch sonst mit verschiedenen Meinungen seiner Umwelt auseinandersetzt und weil alle anderen Lösungen m.E. noch größere Schwierigkeiten bereiten. Innerhalb dieser Gruppe dürfte die von D. Michel vorgeschlagene Erklärung die überzeugendste sein. Zwar ist in der uns bekannten israelitischen Weisheitsliteratur kein Beleg für eine derart frauenfeindliche Haltung zu finden, doch bei den aufgenommenen Äußerungen könnte es sich ja auch um (vielleicht nicht ganz ernst gemeinte)

203 Richter, Kohelets Urteil über die Frauen. Zu Koh 7,26-28 und 9,9 in ihrem Kontext (1996).

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Äußerungen „einer geschlossenen Männerkultur"2™ handeln. Denkbar ist auch, daß sich in den extrem misogynen Äußerungen hellenistischer Einfluß niedergeschlagen hat.205 Eine wirklich überzeugende Lösung steht also noch aus. Wenn man aber mit der Mehrheit der Ausleger davon ausgehen darf, daß Kohelet sich hier nicht in einem grundsätzlich frauenfeindlichen Sinn äußert, so ist das Entscheidende dieses Abschnittes nicht die problematische Deutung von 7,26.28, sondern Kohelets abschließende Bewertung im Vers 29: Bedenke nun also, was allein ich herausgefunden habe: Gott hat die Menschen recht gemacht-sie aber trachten nach viel grauer Theorie. Dieser abschließende Satz soll als Schlußwort des ganzen Abschnittes (der vielleicht auch schon für die ersten Leser schwer verständlichen oder mehrdeutig war) im Gedächtnis des Lesers haften bleiben. Mit ihm schiebt Kohelet die vorangegangenen Sätze kurzerhand beiseite. So stellt W. Zimmerli fest, daß mit Vers 29 das Vorangegangene zurücktritt. „Es erscheint nun lediglich mehr als Anlaß zu einer Gesamtaussage über die Welt des Menschen schlechthin"206. So entpuppt sich das, was eine abwertende Äußerung über Frauen zu sein schien, als kritische Bemerkung über das Treiben der Menschen.

Abschließend ist damit festzuhalten, daß Kohelet seine Stellung zur Frau bzw. das Verhältnis zwischen Mann und Frau anders als die Verfasser der Proverbien207 nie eigens thematisiert. Zwar wird das Thema mehrfach von ihm gestreift, doch dabei ist es stets einem anderen Thema untergeordnet. In Koh 7,25ff setzt sich Kohelet mitfrauenfeindlichenÄußerungen auseinander, die er verwirft, ohne diesen eine eigene Stellung zum anderen Geschlecht entgegenzustellen. In Koh 9,9 ist das Leben mit einer geliebten Frau eines der Glücksgüter (was die positive Bewertung dieser Gemeinschaft hier keineswegs schmälert); auch in Koh 2,8 werden die Frauen als eine der vielfältigen Quellen der (königlichen) Freude im Leben benannt, wobei sie jedoch kontextbedingt eher als Lustobjekt erscheinen. Innerhalb des die Gemeinschaft grundsätzlich positiv bewertenden Abschnittes Koh 4,9-12 ist vielleicht in 4,11 auch die Gemeinschaft mit einer Frau mitzudenken, die damit die gleiche positive Wertung erfahren würde. In Koh 3,5 wird schließlich auch die körperliche Begegnung zwischen den Geschlechtern in die sich aus den gesetzten Zeiten ergebende Ordnung eingegliedert. Trotz der wenigen Hinweise wird insgesamt deutlich, daß die gute Gemeinschaft mit einer Frau von Kohelet grundsätzlich positiv bewertet wird, ohne daß er dabei

204 Lohfink, Frauenfeind, 279. 205 Vgl. dazu Braun, Kohelet, 70ff. 206 Zimmerli, Prediger, 210. 207 Auch hier werden die Frauen jedoch sehr männerzentriert betrachtet. So erscheinen Frauen .jeweils nur in Relation zum Mann" (Hausmann, Studien, 148), und die Beziehung zwischen Frau und (Ehe-)Mann wird „fast durchgängig als kritisch bzw. in Zusammenhang mit Problemen zur Sprache gebracht" (Hausmann, Studien, 149). Die wenigen uneingeschränkt positiven Aussagen über Frauen (z.B. Spr 18,22; 31,10ff) zeigen jedoch, daß die Weisen wußten, „wie empfindlich die Sphäre der engen Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau ist und wieviel davon für das ganze Leben abhängt" (Meinhold, Sprüche, 308).

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jedoch die männerzentrierte Sicht der von Männern betriebenen Weisheit seiner Zeit verlassen würde.

2.3.7 Mensch und Tier Sucht man im Buch Kohelet einmal alle Nennungen von Tieren zusammen, so kommt man auf immerhin 13 Verse (in 9 verschiedenen Zusammenhängen). 9 Tierarten werden neben der allgemeinen Bezeichnung „Vieh" aufgeführt (Rinder, Schafe, Hund, Löwe, Fische, Vögel, Fliege, Pferd, Schlange). Doch das Verhältnis des Menschen zu seiner geschöpflichen Umwelt wird bei Kohelet nur ganz am Rande berührt. Tiere erscheinen als Ausdruck von Besitz und Würde (Koh 2,7; 10,7), in der bildhaften Beschreibung des Alters (Koh 12,4.5) und in Vergleichen, Beispielen und Redewendungen, die verschiedene Aussagen anschaulich darstellen oder unterstreichen (Koh 9,4.12; 10,1.8.11.20). Das entspricht ganz der Tendenz, die diesbezüglich im Sprüche-Buch festgestellt werden kann: „die Verhaltensweisen der Tiere dienen als Parabeln, aus denen der einsichtige Mensch für sein Verhalten Schlüsse ziehen soll"208. Dabei werden in den Proverbien und bei Kohelet z.T. ähnliche Bilder verwendet.209 Die inhaltlich wohl bedeutendste Erwähnung der Tiere steht in Koh 3,18-21. Kohelet bestreitet die Sonderstellung der Menschen gegenüber dem Vieh, weil beide den gleichen Atem (rüah) haben und beide das gleiche Geschick ereilt, wenn die rüah sie verläßt. In krassester Weise veranschaulicht Kohelet mit diesen Sätzen, daß nicht nur der Weise keinen Vorteil vor dem Toren hat (vgl. 2,13ff), sondern daß in der Perspektive des Todes auch die Unterschiede zwischen Mensch und Tier aufgehoben sind. Wenn der Tod eintritt, verliert das vorangegangene Leben jegliche Bedeutung. Dieser Vergleich gilt jedoch nur für den angegebenen Bereich, nämlich den Tod des Individuums.210 Für die Zeit der Lebenstage wird die Sonderstellung des Menschen von Kohelet unausgesprochen vorausgesetzt. 2 " Insgesamt kann folglich festgehalten werden, daß im Kohelet-Buch keine Aussagen über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier gemacht werden.

208 Meinhold, Sprüche, 511 (zu Spr 30, 24-28). 2 0 9 Vgl. z.B. Spr 1,17; 7,23 mit Koh 9,12 sowie die Wertung von Hund (Spr 26,11) und Löwe (Spr 28,1; 30,30) mit Koh 9,4. 2 1 0 Eine ähnliche Aussage findet sich in Ps 49,13.21. 211 Vgl. Kap. 1.5, S. 19.

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2.3.8 Jugend und Alter „Das wesentliche Kennzeichen des fortschreitenden Alters ist die zunehmende Schwäche"212. Diese wird von Kohelet in ungewohnt bilderreicher Sprache am Schluß seines Buches (12,Iff) beschrieben. Eine ähnliche Schilderung des Alters bei Ptahhotep endet mit den Worten: „Was das Alter den Menschen antut: Schlimmes in jeder Weise!"213 Dies sind jedoch mehr die äußeren Kennzeichen des Alters. Insgesamt findet sich im Alten Testament und in seiner Umwelt eine ambivalente Einschätzung des Alters, in der auch die Vorzüge dieses Lebensabschnittes gewürdigt werden. Neben der Darstellung der Altersgebrechen214 ist es vor allem die Weisheit des Alters, auf die immer wieder verwiesen wird. Die Alten sind Ratgeber und Richter, Träger der Tradition und deshalb auch „berufene Lehrer der Jugend"215. Die Weisheitslehrer beschränkten sich weitgehend auf die Darstellung der positiven Seite des Alters. „Wer alt wurde, mußte nach Ansicht der Weisen sein Leben in Gerechtigkeit zugebracht haben, wobei Anerkennung und Erfüllung zuteil wurde. Zwar ist die Kraft der Alten verbraucht, aber Glanz tritt trotzdem hervor."216 Für diese optimistische Darstellung mußten allerdings die Beschwernisse dieser Lebensphase ausgeblendet werden.217 Kohelet betont dagegen gerade diesen Aspekt des Alters. Das Beispiel von dem alten, aber törichten König (Koh 4,13) macht deutlich, daß das Alter keineswegs immer mit Weisheit verbunden ist.218 Ausführlich widmet er sich den Gebrechen des Alters innerhalb des Schlußgedichtes Koh 11,7-12,8. Diese Deutung ist allerdings, wie viele andere Fragen zum Schlußabschnitt des Kohelet-Buches, nicht unumstritten, weshalb er hier etwas ausführlicher besprochen werden muß. Der Schlußabschnitt gehört zu den am häufigsten untersuchten Texten des Kohelet-Buches. Auf die Fülle von Fragen formaler und inhaltlicher Art gibt es bis heute keine auch nur annähernd konsensfähigen Antworten. Strittig ist schon die Abgrenzung der Einheit. Beginnt sie mit 11,1; 11,7; 11,9 oder gar erst mit 12,1?

212 Wolff, Anthropologie, 183. 213 Ζ 20f, TUATIII/2, 197. Vgl. auch die Schilderung Barsillais 2 Sam 19,35-38. 214 Vgl Köhler, Mensch, 34f; Wolff, Anthropologie, 183ff. 215 Scharbert, Alter, 346. Es ist deshalb zu fragen, ob man mit Schottroff (Alter, 75) sagen kann, es bleibe im A T unberücksichtigt, „daß das Alter für die alten Menschen eine aktive und gestaltungsfähige Lebensphase ist". 2 1 6 Meinhold, Zur weisheitlichen Sicht, 81. 217 Vgl. Hausmann, Studien, 248; Meinhold, Sprüche, 281. Nach Scharbert (Alter, 44) zeigt allerdings Spr 23,22, wie sehr den Weisheitslehrern bewußt war, daß alte Menschen auch anderen zur Last werden können (das „Hören" meint nach Scharbert hier ein „geduldiges Zuhören des erwachsenen Sohns"). 218 Vgl. Hi 12,12f.20 (Hiob); 32,7-9 (Elihu).

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Auch über den Schluß (12,7; 12,8; 12,14) sind die Meinungen gespalten.219 So kann es nicht überraschen, daß es bezüglich des Aufbaus dieses Abschnittes sehr unterschiedliche Vorschläge gibt. Wenngleich es manche sprachliche und inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen 11,1-6 und 11,7ff gibt, erscheint der Neueinsatz in 11,7 doch recht deutlich. Ebenso deutlich ist jedoch, daß mit dem Imperativ in 11,9 und dem damit verbundenen Wechsel von allgemeinen zu speziell auf die Jugend bezogenen Aussagen noch einmal ein ganz neuer Impuls gegeben wird. Selten spricht Kohelet seine Aufforderungen so deutlich aus, und nirgends ist die Anrede so konkret wie hier. Daß die Untersuchungsergebnisse auch hier so vielfältig sind, zeugt von einer hochkomplexen Struktur mit fließenden Übergängen und gleitenden ThemenWechseln, die vermutlich beabsichtigt ist und als ein Ausdruck der vielfältigen inneren Zusammenhänge im Leben verstanden werden kann. Der Schluß des Abschnittes ist zugleich des Ende des auf Kohelet zurückgehenden Buchbestandes, ebenso wie Koh 1,2 sinnvoll als Bucheröffnung und Anfang des Eingangstextes zu verstehen ist. Auch in dieser Hinsicht entsprechen sich die beiden Rahmenverse Koh 1,2 und 12,8. Strittig ist weiterhin die literarische Einheitlichkeit. Während bei Koh 12,9ff zumindest eine große Mehrheit der Ausleger überzeugt ist, daß diese Verse nicht von Kohelet stammen, ist vor allem die Herkunft von 11,9b umstritten. Es spricht manches dafür, diese Aussage über das göttliche Gericht der gleichen Hand zuzuschreiben wie 12,14. Neben sprachlichen Gesichtspunkten ist es vor allem die Sicherheit, mit der hier festgestellt wird, daß Gott den Menschen über sein ganzes Verhalten ins Gericht bringen wird, während sich Kohelet doch sonst bei allen die Zukunft betreffenden Aussagen bewußt zurückhaltend äußert, weil über die Zukunft eben nahezu nichts mit Sicherheit gesagt werden kann. Deshalb erscheint auch jene Deutungen fraglich, nach der sich das göttliche Gericht darauf bezieht, wie der Mensch die von Gott gewährten Glücksmomente genutzt hat. Diese Ansicht wurde jetzt wieder von C. L. Seow vertreten: „God calls one into account for failure to enjoy.... For Qohelet, enjoyment is not only permitted, it is commanded; it is not only an opportunity, it is a divine imperative."220 Dennoch ist es nicht erforderlich, die Aussage von 11,9b Kohelet abzusprechen. Th. Krüger hat gezeigt daß Kohelets Aussagen über das Gericht als Neuinterpretation des „Gerichtshandelns" Gottes verstanden werden kann: „Das .Gericht Gottes' ist nichts anderes als die Vergänglichkeit des Menschen (11,10b); es vollzieht sich im Wechsel der

219 Vgl. dazu Lohfink (Grenzen, 3 3 0 und die dort angegebene Literatur. 2 2 0 Seow, Ecclesiastes, 371. Eine weitere kritische Anfrage an diese Position stellt Krüger (Gegenwartsdeutung, 321), indem er feststellt, „daß die Aufforderung zu Freude und Genuß an keiner anderen Stelle im Kohelet-Buch mit einer Gerichts-Drohung verbunden ist".

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Zeiten (3,17; 8,6)"221. Man könnte wohl auch sagen, Gott bringt durch das „Gericht" die Welt wieder„in die Ordnung" (mispät), sei es als Beseitigung des schuldhaften Verhaltens jedes Menschen, sei es als permanente Wiederaufrichtung der Ordnung von Werden und Vergehen. Für das inhaltliche Verständnis stellt sich zunächst die Frage, ob wie es hier mit einer Allegorie, mit einer symbolischen Beschreibung des Alters oder mit eschatologischen Aussagen zu tun haben.222 Letzteres wird von C. L. Seow im gegenwärtig jüngsten Kommentar zu Kohelet vertreten. Nach C. L. Seow liegt dem jetzigen Text eine ältere Komposition zugrunde, die mit verschiedenen Bildern die Erscheinungen des Alters schildert. Diese Komposition nahm Kohelet auf und veränderte sie; „and he elevates the issue to a cosmic level, so that it is not only the demise of an individual that is in focus but of humanity in general"223. C. L. Seow geht sogar noch einen Schritt weiter, es handelt sich für ihn tatsächlich um ein umfassendes eschatologisches Geschehen, denn nicht nur die Menschheit ,4s going to the grave (12:5b)", sondern auch die Natur „comes to an end".224 Dadurch, daß Kohelet so das Ende „of human life in general" aufzeigt, soll der Leser die Schlußfolgerung ziehen, „that nothing is permanent". 225 Der ursprüngliche Textbestand ist nicht mehr sicher auszumachen. In dem uns vorliegenden Text sind beide Themen, die Phänomene des Alters und das Ende von Menschheit und Natur, ineinander verknüpft, wodurch mal dieses und mal jenes dominiert. Während beispielsweise die Tage und Jahre in 12,1 die Zeit des Alters bezeichnen, ist das an dem Tag (m'l) von Koh 12,3 in Verbindung zu bringen „with the end-time, the .great and terrible day of YHWH'", denn: „The language here is eschatological; it is reminiscent of various passages depicting the end-time."226 Neben Detailproblemen sind vor allem drei grundsätzliche Anfragen bezüglich der von C. L. Seow vorgeschlagenen Deutung zu stellen. Zunächst richtet sich Kohelets Interesse sonst augenscheinlich auf die Gegenwart und die nahe Zukunft; er ist am Augenblick interessiert, weil die Zukunft unsicher ist - alles was kommt ist Windhauch (11,8). Würde Kohelet nicht alle eschatologischen Ausblicke mit einem Fragezeichen versehen (vgl. 3,21)?

221 Krüger, Gegenwartsdeutung, 321. 222 Zu den verschiedenen Ansätzen vgl. Fox, Contradictions, 28Iff. 223 Seow, Ecclesiastes, 369; er knüpft damit an Fox (Contradictions, 289-298) an und nimmt mit ihm die Tradition früher und mittelalterlicher Exegeten wie Gregor Thaumaturgos auf; vgl. Seow, Ecclesiastes, 374. 224 Seow, Ecclesiastes, 53. 225 Seow, Ecclesiastes, 53f. 226 Seow, Ecclesiastes, 376.

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Des weiteren ist zu fragen, wie sich die das Buch abschließende Schilderung der Endzeit zu den einleitenden Reflexionen über die Vergänglichkeit des (einzelnen) Menschen und die dementgegengestellte Beständigkeit der Erde (l,4ff) verhält. Dort wird doch neben dem Fortbestand der Erde auch ausdrücklich der stete Wechsel der Generationen betont. C. L. Seow geht darauf zwar ein, klärt den Gegensatz aber m.E. nicht, sondern stellt zu 12,5c nur fest: „Unlike the opening chapter of the book, there is no thought of generations coming and going while the earth remains leoläm ,as always' (1:4)."227 Ein dritter Fragekomplex ergibt sich aus der direkten Anrede des Lesers (11,9), der ja als einzelner angesprochen wird, sowie aus der insgesamt stark individuellen Orientierung der Reflexionen Kohelets: Die Weltgeschichte und das Handeln Gottes an der Welt als ganzer spielt im Kohelet-Buch eher eine untergeordnete Rolle. Sollte dies gerade hier, an so exponierter Stelle, zum dominanten Thema werden? Woran soll zu erkennen sein, daß der ausdrücklichen Anrede eines einzelnen hier plötzlich eine Ausweitung auf die Menschheit und den Kosmos folgt? Und inwiefern ist das Ende der Menschheit für den angesprochenen einzelnen überhaupt von Bedeutung, da er zwar mit großer Wahrscheinlichkeit die Gebrechen des Alters, aber kaum das Ende der Welt erleben wird? Die Antwort darauf gibt C. L. Seow vielleicht mit einer Bemerkung von Μ. V. Fox, wonach Kohelet „audaciously invokes images of general disaster to symbolize every death; more precisely - the death of you, the reader, to whom Qohelet is speaking when he addresses the youth, his ostensive audience"228. Für Μ. V. Fox geht es allerdings in 12,2ff nicht um ein eschatologisches Geschehen im Sinne C. L. Seows. Denn nach Μ. V. Fox ist zum einen die symbolische Ebene nur eine der dem Text angemessenen Interpretationsebenen, neben und mit ihr haben auch die wörtliche und die allegorische Deutung ihre Berechtigung. Zum anderen stehen demnach die Bilder vom Weltende als Symbol für das Ende des Individuums, „because every individual is a microcosm and every death is a catastrophe; it is, in fact, the end of a world"229, aber eben nicht „the end of human existence altogether"230, wie C. L. Seow den Schlußabschnitt des Kohelet-Buches deutet. So wirft die Deutung von C. L. Seow wohl insgesamt mehr Fragen auf als sie beantwortet. Bei aller Mehrdeutigkeit in der Sprache Kohelets ist diese universal-

227 Seow, Ecclesiastes, 381. 2 2 8 Fox, Contradictions, 293; zitiert bei Seow, Ecclesiastes, 380. 2 2 9 Fox, Contradictions, 293; vgl. 298 „death as the undoing of a world, one's own very personal world". Auch Lohfink, auf den Seow selbst verwiesen hat (Ecclesiastes, 376), bemerkt ausdrücklich, daß die apokalyptischen Bilder von 12,2 „hier vom einzelnen Menschen und seinem Leben" gelten (Lohfin·:, Freu dich, 18). 2 3 0 Seow, Ecclesiastes, 53.

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eschatologische Deutung des Schlußabschnittes m.E. kaum mit dem Tenor der vorherigen Texte zu vereinbaren. Eher dürfte Th. Krüger im Recht sein, der zu der Ansicht gelangt, daß im Schlußabschnitt die Erwartung eines Weltunterganges reduziert werden soll auf die Erwartung des individuellen Todes. 231 Dennoch bleibt zu fragen, ob nicht die wohl am häufigsten vertretene Deutung des in 12,2 Geschilderten auf die Gebrechen des voranschreitenden Alters die vorrangige ist. Sicherlich wird zu Recht daraufhingewiesen, daß in 12,2ff zunächst verschiedene Sachverhalte dargestellt werden und daß sich dem Leser damit die Aufgabe stellt, den Zusammenhang dieser z.T. scheinbar beziehungslos nebeneinander stehenden Sachverhalte zu erschließen.232 Bei diesem Erschließungsprozeß sind m E . zunächst diejenigen Hinweise dominant, die der Leser im Verlauf der Lektüre erhält; und diese verweisen nicht auf die eschatologische oder apokalyptische Bedeutung, die sicherlich zumindest einige der in 12,2ff verwendeten Bilder (auch) haben, sondern auf das Gegenüber von Jugend und Nicht-Jugend. Während man in 11,8 noch unsicher bleibt, was mit den finsteren Tagen gemeint ist (böse Tage in einem beliebigen Lebensabschnitt wie in 7,14, das Alter, das Sterben oder die Zeit des Tot-Seins), lenkt die Anrede des jungen Mannes in 11,9 und dann V 10, indem er die Vergänglichkeit der Jugend zu bedenken gibt, die Gedanken der Leser eindeutig zu den unterschiedlichen Lebensphasen; 12,1 schließlich stellt der Jugendzeit die Mißfallen erweckenden Jahre gegenüber, die zwar nicht mit dem Alter als drittem und letztem großen Lebensabschnitt identisch sein müssen, die aber doch jedem als (mögliche, wenn nicht gar wahrscheinliche) Begleiterscheinungen des fortschreitenden Alters bekannt sind. Und im Fortgang des Leseprozesses wird der Eindruck, daß es sich bei den in 12,2ff geschilderten Sachverhalten um Bilder des Alterns handelt, bestätigt, denn mit dem Alter, zumal dem von erheblichen Gebrechen gezeichneten, kündigt sich der nahende Tod an, der in 12,6 zunächst bildhaft und in 12,7 dann ausdrücklich erscheint. Auf den ersten Blick ergibt sich damit ein Widerspruch zu 11,8, denn dort wird ja in vorauslaufender Entschränkung233 festgestellt, daß Freude keine Frage eines bestimmten Lebensalters ist. Doch als Gegenüber zur Jugendzeit wird von Kohelet nirgends ausdrücklich das Alter genannt, wenngleich die Assoziation aus verschiedenen Gründen naheliegt, denn mit dem Alter nimmt die Zahl der schlechten Tage (11,8) häufig zu, nicht zuletzt verursacht durch altersbedingte Gebrechen, außerdem ist für den alten Menschen der Tod (12,6f) naturgemäß näher als in den Jugendjahren. Doch diese negativen Erscheinungen, die Unmut im Herzen erzeugen

231 Krüger, Gegenwartsdeutung, 331. 232 Vgl. z.B. Fox, Contradictions, 285 und Krüger, Gegenwartsdeutung, 327. 233 Vgl. Lohfink, Kohelet, 81.

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(vgl. 11,10) und zu Mißfallen Anlaß geben (vgl. 12,1), sind nicht zwingend an ein bestimmtes Lebensalter gebunden. Schon die Bezeichnung des der Jugend gegenübergestellten Zeitraumes als Jahre, von denen du sagst, sie gefallen mir nicht macht die Bedeutung der subjektiven Einschätzung deutlich. Auch das hohe Alter muß keine Zeit sein, an der man keinen Gefallen findet, wenngleich die Wahrscheinlichkeit von Beschwernissen mit den Jahren zunimmt. So ergibt sich, daß hier nicht einfach Jugend und Alter gegeneinander gestellt werden, sondern Zeiten, an denen man Gefallen hat und Jahren, die einem nicht gefallen. Bedenkt man, daß über allem die Aufforderung zum Genießen des sich bietenden Glücks steht (11,9), so wird man vermuten dürfen, daß es bei der unterschiedlichen Bewertung der Zeiten wesentlich um die Möglichkeiten des Lebensgenusses geht. Somit steht die Jugend, die geschildert wird als eine Zeit, in der man ungehindert den Wegen seines Herzens folgen und sich Übles vom Leib halten kann, den Jahren gegenüber, in denen die Möglichkeiten des Lebensgenusses immer mehr eingeschränkt werden, bis hin (und das ist wohl eigentliches Ziel) zur völligen Einschränkung, d.h. zur Auslöschung aller Möglichkeiten durch den Tod. Rückblickend wird auch deutlich, daß die vorauslaufende Entschränkung in 11,8 zugleich eine ganz eigenständige Aussage darstellt, mit der eine grundsätzlich unterscheidende Wertung verschiedener Lebensalter verworfen wird. Das Alter ist nicht wertvoller als die Jugend (z.B. aufgrund der dann erlangten Weisheit) und die Jugend ist nicht wertvoller als das Alter (etwa weil man nur in der Jugend das Leben wirklich genießen könne). In jedem Alter kann man Glück erfahren und Gutes genießen und insofern sinnvolles Leben erfahren. Der besonderen Mahnung an junge Menschen kommen dabei zwei Funktionen zu. Zumeinen macht sie deutlich, daß das einmal Versäumte nicht später nachgeholt werden kann.234 Zum zweiten prägt sie durch die Verwendung der Bilder besonders nachdrücklich ein, daß der junge Mensch zugleich der alternde Mensch ist235 und daß er sich auf einem unumkehrbaren Weg befindet (9,10), der mit der Zerstörung des Individuums endet (12,7). Nirgends ist zu erkennen, daß Kohelet mit dieser Rückkehr des Lebensodems (ruaft) zu Gott irgendeine individuelle Hoffnung verbindet. Das Ende des Menschen wird als so eindeutig, unumkehrbar und restlos geschildert, daß sich kaum stärkere Bilder fur die Vergänglichkeit des Menschen finden lassen: Das Licht ist aus, die Lampe ist zerbrochen, unwiderruflich löst sich der nach der Beschreibung von 12,7

234 Vgl. Krüger, Gegenwartsdeutung, 324. 235 Strauss (Dimension, 273) verweist darauf, daß durch 12,1a und 7b der theologische Ort markiert wird, „von dem aus Kohelet sein buchstäblich verhülltes zwar, aber der Sache nach um so eindringlicheres Bild vom Alter entwirft: Hier begegnet der alte Mensch zusammen mit dem jungen dem Schöpfer, der das menschliche Leben nicht nur begrenzt, sondern auch bestimmt".

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aus Staub und göttlichem Lebenshauch zusammengesetzte Mensch auf. Doch im Gegensatz zum 2. Kapitel fällt auf, daß hier jede Spur von Auflehnung oder gar Wut und Haß gegen dieses Schicksal fehlt: Es ist so, die Rückkehr der rüah und das damit verbundene Ende des Menschen ist Teil der Schöpfungsordnung.236 Man muß sich darauf einstellen und sein Konsequenz daraus ziehen, eben die Konsequenz, die Kohelet nicht von ungefähr an den Anfang dieses Schlußabschnittes gestellt hat: Genieße die Jahre und freue dich über die lichten Tage, die dir geschenkt werden. So sind die (ohnehin relativen) Grenzen zwischen den Lebensabschnitten fließender geworden, weil alle Lebensjahre grundsätzliche Gemeinsamkeiten aufweisen: Lebensglück und Lebenssinn eröffnen sich dem Menschen unabhängig vom Lebensalter, denn stets ist der Mensch Geschöpf Gottes und damit abhängig von seinem Geben und Handeln.

Exkurs 8: Zum Zusammenhang von Koh 1,2-1,12 und 11,7-12,8 Es ist auffällig, daß es bei der Vielzahl von Untersuchungen zur Kompositionsstruktur im Kohelet-Buch meines Wissens keine Studie gibt, in der Anfangs- und Schlußabschnitt des Buches auf einen möglichen inneren Zusammenhang hin untersucht wurde. Bemerkenswert ist schon die große Anzahl der Gemeinsamkeiten im Wortbestand. Unter Absehung der Rahmenversen 1,2 und 12,8, deren Gemeinsamkeiten hinlänglich bekannt sind, finden sich in diesen9 (1,3-1,11) bzw. 11 (11,7-12,7) Versen 17 lexematischeBerührungen.

236 Ähnlich Schubert (Schöpfungstheologie, 191), der feststellt, „daß die Vergänglichkeit des einzelnen Geschöpfes in den ganzen, unbedingt beständigen Schöpfungszusammenhang eingebettet ist". Ganz anders ist dagegen die Ansicht Müllers (Weisheitliche Deutungen, 69100). Er hält Koh 12,7 oder zumindest V 7b für „eine frühe schriftgelehrt-exegetische Bezugnahme auf Gen 3,19" (82) und für eine Korrektur der von Kohelet in 3,20f geäußerten Auffassung. Ganz im Gegensatz zur älteren Weisheit und auch zu Sir 40,1 b, die „der Herkunft des Menschen aus dem natürlichen Mutterschoß in einem sinnspendenden Kreislauf die Rückkehr zu einer mütterlichen Erde" gegenüberstellt (80), liegt für Kohelet „in der ewigen Wiederkehr etwas Sinnraubendes" (79). Dabei beachtet Müller m.E. nicht die in Kap. 2.1.3 (S. 58) dargestellte Wandlung in dem, was Kohelet unter Sinn versteht. Solange Sinn nur in einem bleibenden Ertrag (jijron) gesehen wird, so wie es anfangs bei Kohelet der Fall ist, muß die ewige Wiederkehr bzw. die damit verbundene totale Vernichtung durch den Tod als sinnraubend empfunden werden. Wird Sinn aber, wie es später bei Kohelet zu beobachten ist, im augenblicksgebundenen Lebensglück gesehen, so kann auch der Tod und die ewige Wiederkehr als Teil der Schöpfung angenommen werden. Zu Koh 12,7 vgl. auch Kap. 2.1.2, S. 53.

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Auch inhaltlich gibt es zwischen beiden eine Reihe von Bezügen, deren nähere Untersuchung sicherlich fruchtbar wäre. Hier können nur einige Andeutungen erfolgen. Zunächst fällt auf, daß Bilder aus der (außer-menschlichen) Natur in Verbindung mit Bildern aus dem Leben der Menschen am Anfang und Ende des Buches erscheinen. Berührt Kohelet hier bewußt die Verbindung Mensch - Natur, die sonst nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt? Es sind vor allem drei Phänomene aus der Natur, die Kohelet aufnimmt. Sie haben sowohl real als auch symbolisch für das Leben der Menschen eine entscheidende Bedeutung.

(1)

Licht/Sonne

Das licht der Sonne tut den Augen nicht nur gut (11,7), es ist eine der notwendigen Bedingungen des Lebens. Insofern umfaßt der Bereich unter der Sonne das ganze Leben, auch seine negativen Seiten (z.B. 2,17; 3,16; 5,12). Dennoch kann Licht im Gegensatz zur Finsternis ein Bild glücklichen oder auch erfolgreichen Lebens sein (2,13f; 5,16). Licht, das mit der Sonne immer wieder kommt und geht erscheint so als etwas Wünschenswertes und Vergehendes. Weil das Licht der Sonne für den Menschen unabdingbar ist, kann das Verlöschen des Lichtes Ausdruck für den Prozeß des Sterbens bzw. für den Tod sein (12,2; 12,6). So steht das Licht der Sonne bildhaft auch für das Sein und Vergehen des Individuums.

(2)

rüah

Die sprachliche Verbindung zwischen 1,6 und 12,7 läßt sich in der deutschen Übersetzung kaum wiedergeben. Für die mit dem Hebräischen vertrauten Leser war und ist der Zusammenhang zwischen der rüah als Wind (1,6) einerseits und als Geist Gottes bzw. Lebensodem (12,7) andererseits ganz offensichtlich. Da die rüah, sich immerfort drehend (1,6), weht wo sie will (Joh 3,8), der Mensch aber ohne die göttliche rüah nicht leben kann, klingt hier im Bild die Angewiesenheit des Menschen auf Gott und die Unsicherheit menschlichen Lebens an. Auf den ersten Blick scheint 12,7 im Gegensatz zu 1,6 zu stehen. So stellt C. L. Seow fest, daß nach der Aussage von 12,7 „the rüah .·• returns not to its many rounds, but to God". Solch ein ausdrücklicher Gegensatz findet sich bei Kohelet aber gar nicht. Es steht nichts davon, daß Gott die

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rüah nicht wieder zu einer neuen „Runde" aussendet, um eine neue Generation zum Leben zu bringen, wie es in Ps 104,29f (vgl. Ps 90,3) anklingt (vgl. Ps 90,3). Folglich könnte man auch darin eine Anspielung auf das Werden und Vergehen gesehen werden, nun allerdings nicht bezogen auf das Individuum, sondern auf die den einzelnen übergreifenden Zusammenhänge der Natur und der Generationenfolge.

(3)

Wasser

Wie der göttliche Lebensodem (rüah) und das licht der Sonne so gehört auch das Wasser notwendig zum Leben der Menschen. So kann es nicht überraschen, daß Wasser ebenfalls zum Symbol für Leben (sowohl allgemein als auch speziell für glückliches Leben) geworden ist.237 Unaufhörlich fließt das Wasser der Flüsse (1,7), und aus dem Brunnen kann solange geschöpft werden, bis der Krug zerbricht und das Schöpfrad zerbrochen in den Brunnen fällt (12,6). Während das Sein des Individuums damit ein Ende findet, geht der Gang der Natur so unaufhörlich weiter wie das Hießen des Wassers zum Meer. Neben diesen drei Begriffen steht auch ein großer Teil der weiteren lexematischen Berührungen mit dem Werden und Vergehen, der Beständigkeit der Erde und der Vergänglichkeit des Menschen im Zusammenhang. 238 Das kann zwar aufgrund der in gewisser Weise ähnlichen Themenstellung des Anfangs- und Schlußabschnittes nicht überraschen, ist angesichts des rahmenden Charakters dieser beiden Abschnitte für die Themenstellung des ganzen Buches aber von entscheidender Bedeutung. Daß die Eingangsfrage von 1,3 am Ende nicht wieder ausdrücklich aufgenommen wird, muß nicht verwundern. Nach der Lektüre des Kohelet-Buches erinnert dennoch manches, vor allem aber die letzten Verse an diese einleitende und die ersten Kapitel bestimmende Frage: Wenn die silberne Schnur und die goldene Schale keinen Bestand haben, wenn sie weder ihre Funktion als zweckdienliche Gegenstände noch als Ausdruck von Reichtum erfüllen und wenn in gleicher Weise auch der Mensch „zerbricht", was hat der Mensch dann von all seiner Mühe, mit der er sich abmüht unter der Sonne? - Alles ist Windhauch, jedoch ein Windhauch, der, wie der letzte Halb vers vor dem abschließenden Rahmenvers deutlich macht, nicht von Gottes Wirken zu trennen ist.

2.3.9 Des Menschen Zukunft - Hoffnung Die Zukunft des Menschen ist der Tod. Das klingt (indirekt) schon ganz am Anfang des Buches Kohelet an, wenn in 1,4 auf das Kommen und Gehen der Generationen verwiesen wird. Auch im folgenden taucht diese unumstößliche Feststellung immer wieder auf.239 Schließlich bildet die Erinnerung an den Tod auch den Abschluß des Buches Kohelet (12,6f). Welche Hoffnungen gibt es da für den Menschen? Oder lehnt Kohelet Hoffnung gar ganz ab, weil sie, wie R. Bartelmus meint, für

237 So z.B. Ps 23,2; 42,2; 63,2; vgl. den Ausdruck Quelle des Lebens Ps 36,10; Spr 13,14; 14,27. Daneben kann Wasser auch die Bedrohung und Vergänglichkeit des Lebens symbolisieren: Ps 58,8; 69,2; 69,3. 238 Insbesondere folgende Wörter gehören zu diesem Themenkreis: • T O ; V W ; TIN; Τ?Π; Ί3*; c^iy; i w . 239 Koh 1,4; 2,14ff; 3,19ff; 5,14f; 7,1-4; 7,15-17; 8,8; 8,13; 9,2f; 9,5f; 9,10; 11,8b; 12,5-7, sowie Verweise auf die begrenzten Lebenstage: Koh 2,3; 5,17.19; 6,12; 8,15; 9,9.

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ihn „mit dem Verdacht belegt ist, der Mensch wolle sein Schicksal in die eigene Hand nehmen"240? Koh 9,4 zeigt, daß Hoffnung auch für Kohelet zum Leben gehört. Nur für die Toten gibt es keine Hoffnung mehr. Oder man könnte es auch umgekehrt sagen: Wer keine Hoffnung mehr hat, gehört bereits in den Bereich des Todes. So wie Hiob, der keine Zukunft und kein Ziel vor sich sah und deshalb ohne Hoffnung und ohne Lebensenergie war.241 Hoffnung und die damit verbundenen 242 „ Z u k u n f t s e r w a r t u n g gehört zum Wesen des Menschen" . Über den Inhalt der auf die Zukunft gerichteten Hoffnungen ist bei Kohelet nichts Konkretes zu erfahren. Negativ ist festzuhalten, daß es für Kohelet keine Hoffnung auf ein Jenseits gibt und daß er auch jede Hoffnung auf etwas Bleibendes aufgegeben hat (2,11; 3,19; 11,8). Am ehesten ist das Ziel seiner Hoffnungen wohl mit gute Tage (7,14) und Gutes sehen (2,24; 3,13; 5,17, negativ: 6,6), also mit Wohlergehen zu umschreiben, was in schlechten Tagen die Hoffnung auf eine Wende des Schicksals einschließt. Dabei vergißt Kohelet jedoch nicht, daß das Hoffen nicht das Handeln ersetzt. Der Mensch muß versuchen, die Zukunft zu planen und zu gestalten (11,1-6). Darin stimmt Kohelet ganz mit anderen Weisheitslehrern überein: Nur der Bauer, der im Frühjahr sät (Koh 11,6) und im Sommer mit Heiß die Ernte einholt (Spr 10,5), hat begründete Aussicht auf zukünftiges Wohlergehen. Doch wirkliche Sicherheit für die Zukunft kann damit nicht erreicht werden. Weder folgt aus ehrbarem Tun mit Sicherheit ein ehrvolles Ergehen, noch aus klugem Handeln der Erfolg, hier widerspricht Kohelet der in den Proverbien verschiedentlich geäußerten Zuversicht, durch Weisheit Zukunft und damit verbunden (sichere) Hoffnung zu ermöglichen (Spr 23,17f; 24,14). 243 Erfolg ist unsicher (9,11) und unbeständig (4,16). Über den Erfolg allen menschlichen Tuns entscheiden letztlich Zeit und Zufall (9,1 lf) und damit Gott, der hinter beidem steht. Diese Unverfügbarkeit der Zukunft ist nun allerdings keine neue Erkenntnis Kohelets. Für das Alte Testament gilt, „daß grundlegend und zur Hauptsache Jahwe die Hoffnung des Menschen ist"244. Und Hiob mußte erfahren, daß Jahwe selbst die Hoffnungen der Menschen zunichte machen kann (Hi 14,19; 19,10). So formulierten auch die Weisheitslehrer ihre Erfahrungen mit der Unverfügbarkeit des morgigen Tages und der Unsicherheit über Gottes Walten (Spr 27,1; 21,30f). Daneben stehen aber eben jene anderen Äußerungen Kohelets, mit denen er sich um die „Destruktion überlieferter Formeln, die dem Menschen die Kenntnis der

2 4 0 Bartelmus, Haben, 67, Anm. 81. 241 Vgl. Fohrer, Hiob, 171 zu Hi 6,11-13. 2 4 2 Wolff, Anthropologie, 221 (dort kursiv). 2 4 3 Vgl. Hausmann, Studien, 284, besonders Anm. 30. 2 4 4 Wolff, Anthropologie, 2 2 4 f (dort z.T. kursiv).

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Zukunft vorspiegeln"245 bemüht. Wenn in der Weisheitsliteratur die Hoffnung des Frevlers abqualifiziert wird, „weil diese Hoffnung ohne wirklichen Anhalt und damit eine unbegründete ist"246, so gilt das bei Kohelet in ähnlicher Weise für jegliche Hoffnung, die sich der Unsicherheit des Zukünftigen nicht bewußt ist. Immer wieder betont er die Unwissenheit des Menschen über die Zukunft (7,14; 8,7 9,12; 11,2.6) und die Einsicht, daß der Mensch an den Plänen Gottes nichts ändern kann (1,15; 3,14; 7,13). Gott ist kein für den Menschen kalkulierbarer Faktor, der sich durch Gottesfurcht, Weisheit oder welches Verhalten auch immer in die menschlichen Planungen einbeziehen ließe. Nur wo sein Willen mit dem Hoffen und Handeln des Menschen zusammentreffen, kann das Gute erfahren werden.247 Dieses Zusammentreffen kann aber immer nur in dem jeweiligen Augenblick konstatiert, nie vorhergesehen oder gar herbeigeführt werden. Und weil alle Hoffnungen über den Augenblick hinausgehen, sind sie zwangsläufig mit Unsicherheit behaftet. Dennoch sind Hoffnungen keinesfalls unberechtigt. Sie beruhen zum einen auf der grundsätzlichen Erkenntnis, daß der Mensch in allen Jahren seines Lebens fröhlich sein kann (11,8), zum anderen - und das gilt vor allem in schlechten Zeiten auf dem Wechsel der Zeiten, der nach bösen Tagen (wahrscheinlich) wieder gute herauffuhren wird.248 So ist dieses Hoffen auch keineswegs mit dem Verdacht belegt, der Mensch wolle sein Schicksal selbst in die Hand nehmen249, denn der Wechsel der Zeiten ist Gottes Werk. Alle Hoffnungrichtetsich also letztlich auch bei Kohelet auf Gott und ist damit auch theologisch gerechtfertigt.250 Der Vergleich zwischen den Ansichten Kohelets und denen des Sprüche-Buches bestätigt einmal mehr, daß Kohelet der weisheitlichen Tradition entstammt, mit der er sich kritisch auseinandersetzt und daß er deutlich andere Prioritäten setzt als die Weisheitslehrer, deren Lehre sich in den Proverbien niedergeschlagen hat, ohne dabei jedoch den gemeinsamen Boden zu verlassen. In beiden Büchern finden sich die zwei gegensätzlichen Aspekte der Hoffnung: die Notwendigkeit des Planens und Handelns sowie das Wissen um die Unverfügbarkeit der Zukunft. Doch die Gewichtung dieser beiden Aspekte ist grundverschieden. Während sich die Proverbien bei der Unterweisung der Leser stärker an den

245 Lohfink, Kohelet, 17. 246 Hausmann, Studien, 62. 247 Vgl. Kap. 3.2.2, S. 178. 248 Vgl. Kap. 2.2.3, S. 85. 249 Gegen Bartelmus, vgl. S. 140, Anm. 240. 2 5 0 Vgl. Zimmerli, Mensch, 32: „Hoffnung ist nach alttestamentlichem Glauben nur da legitim, wo Gott in seinem Tun und Schenken und Verheißen der alleinige Herr bleibt und der Mensch Zukunft von keiner anderen Stelle her mehr erwartet als aus der freien Gabe Gottes." (Von Gottes Verheißung spricht Kohelet allerdings an keiner Stelle.)

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Erfordernissen des Alltags orientiert und deshalb ermuntern, „möglichst viel selbst dafür zu tun, daß die Zukunft, auf die der Weise hoffend blickt, eine positive ist"251, betont Kohelet die Unsicherheit allen Hoffens und Planens. Seine Skepsis in bezug auf die Möglichkeiten des Menschen „wehrt am kräftigsten der Sicherheit, daß der Mensch der Zukunft mächtig sei"252. Bei Kohelet wird jedoch neben dieser Spannung (planen zu müssen ohne Sicherheit gewinnen zu können) noch eine weitere deutlich: Zum Menschsein gehört es, ein Leben lang zu hoffen und doch zugleich zu wissen, daß nichts Bestand haben wird und der Tod letztlich alle Hoffnungen zerstören wird.253 Aus dieser doppelten Spannung gibt es kein Entrinnen, sie gehört für Kohelet zu den Grundgegebenheiten des Lebens, innerhalb derer das Leben zu gestalten ist.

2.3.10 Leben und Tod Unter Leben wird im Alten Testament nicht einfach das rein physische Dasein verstanden, sondern vorrangig das glückliche und erfüllte Leben.254 So ist Leben „kein selbstverständliches Wesensmerkmal des Menschen, sondern eine Gabe Gottes"255. Krankheit, Anfeindungen und alle anderen Formen der Not können deshalb als „Tod" bzw. „Todesnähe" bezeichnet werden, die Befreiung von diesen Nöten dementsprechend als „Errettung vom Tod"256. In diesem Sinne ist es auch keineswegs eine Übertreibung, wenn die Weisheitslehrer dem, der ihren Rat befolgt, .Leben" versprechen (Spr 3,16-18; 4,4 u.ö.). H. Ringgren schreibt zu Spr 2,19: „Im Hinblick auf die allgemeine Haltung der Weisheitsliteratur ist es wahrscheinlich, daß ,Leben' hier mit erfolgreichem und glücklichem Leben gleichbedeutend ist."257 Es geht ja in den Texten des Sprüche-Buches zuerst einmal um die Lebenssicherung, d.h. die Vermeidung des vorzeitigen Todes und die Sicherung von gutem, gelingendem Leben. Hier war man von seinen diesbezüglichen Möglichkeiten weitgehend überzeugt. „Es wird überwiegend und vor allem als in der Hand des

251 Hausmann, Studien, 247. 2 5 2 Wolff, Anthropologie, 223f. 2 5 3 Vgl. Michel, Untersuchungen, 176, zu Koh 9,4: „Der Tod als absolutes Ende aller Menschen ist auch das Ende des menschlichen Hoffens." 254 Vgl. Gerleman, THAT I, 551; Ringgren, ThWAT II, 885. 255 Gerleman, THAT 1,555. 256 Vgl. Barth, Errettung, 102. 257 Ringgren, ThWAT Π, 887. Auch Hausmann (Studien, 47) sieht keinen Hinweise darauf, daß bei Aussagen, die dem Rechtschaffenen dauerhaften Bestand zusagen (Spr 10,7 u.ö.), auch an die Sicherung der Existenz über den Tod hinaus gedacht wurde. „Da aber jegliche zeitliche Dimension überhaupt ausgeklammert bleibt, ist der Text in seinem Verstehen offen."

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Menschen liegend angesehen, wie dieses Leben aussieht und gestaltet werden kann, welche Qualität und Dauer es hat."258 So kann hijfim in verschiedenen Fällen auch einfach Glück bedeuten.259 Neben dieser „gefüllten" Bedeutung kann mit den verschiedenen Formen der Wurzel hjh jedoch auch das „am Leben sein/bleiben" (im Gegensatz zu sterben/tot sein) und die „Zeit, die man lebt" bezeichnet werden. Für letzteres werden besonders Ausdrücke wie fmehajßm oder fnehajjim verwendet. .Auch außerhalb dieser Ausdrücke kann bajjim fast als ein Zeitbegriff stehen"260. In einem sehr allgemeinen Sinn bezeichnet der Plural bajjim gelegentlich auch das bloße „Dasein" (Gen 27,46; Ex 1,14). Schon bevor der Gebrauch von hjh bei Kohelet im einzelnen untersucht wird, fällt die relative Häufigkeit dieses Begriffes im Vergleich mit dem Sprüche-Buch auf. In den 222 Verses des Buches Kohelet erscheinen Formen von hjh insgesamt 25 mal (d.h. durchschnittlich ca. Ix in 9 Versen261), dem stehen 38 Belege in den 915 Verses des Sprüche-Buches gegenüber (ca lx in 24 Versen262). Ohne den rein statistischen Befund überzubewerten, wird man darin wohl ein Anzeichen für die auch sonst beobachtete Grundsätzlichkeit im Denken Kohelets sehen dürfen.263 Es geht ihm im Vergleich zum Sprüche-Buch weniger um das Verhalten in speziellen Lebenssituationen als um eine grundsätzliche Fragestellung an das Leben in seiner Gesamtheit.264 Im folgenden wird versucht, die 25 Belege bei Kohelet in Gruppen einzuteilen. Daß hierbei die Grenzen oft nicht klar zu ziehen sind, liegt in der Natur der Sache. 9x Mensch bzw. Dasein: 2,17; 3,12; 4,15; 6,8; 6,12; 9,3; 9,9 (2x); 10,19 lx erfülltes Leben: 7,12(?) 6x Lebende/Leben (Gegensatz zu Tote/Tod): 4,2 (2x); 7,2; 9,4f (3x) 9x Lebenszeit: mit fme: 2,3; 5,17.19; 6,12; 8,15; 9,9 mitjämm: 6,3.6; 11,8 Der Vers Koh 7,12 ist problematisch. Von vielen Auslegern wird er dahingehend verstanden, daß die Weisheit „vor frühem Tod" bewahrt265 und somit im „im

258 Hausmann, Studien, 321. 259 Vgl. Baudissin, Leben, 143-161. 2 6 0 Gerleman, THAT I, 553. 261 Die auf der Anzahl der Wörter beruhende Maßzahl (vgl. S. 15, Anm. 2) beträgt 3,2. 262 Das entspricht einer Maßzahl (M) von 1,1. Für Hiob ergibt sich ein Durchschnitt von 1 χ in 35 Versen (M=l,2), in den Psalmen 1 χ in 30 Versen (M=l,8). 263 Verwiesen sei hier insbesondere auf Kohelets prinzipielle Frage nach jitrön. Vgl. auch Zimmerli, Struktur, 197; ders., Weisheit, 18; Wölfel, Skepsis 22; Bartelmus, Haben, 52. 264 Vgl. Kroeber, Prediger, 123. 265 Hertzberg, Prediger, 149.

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Gegensatz zum manchmal tödlichen Reichtum"266 steht. A. Lange meint, Kohelet schränke hier die traditionelle Vorstellung dahingehend ein, daß Weisheit zwar Leben erhält, aber nur dem, der die Sonne sieht, also dem Lebenden.267 Eine derartige Tautologie erscheint jedoch ziemlich abwegig. Der Vers 7,12 steht in einem Abschnitt (7,1-14), indem sich Kohelet mit verschiedenen Meinungen auseinandersetzt, zu denen er kritisch Stellung nimmt.268 So ist es sehr wahrscheinlich, daß auch dieser Vers ein Zitat ist, dessen ursprünglicher Sinn dem von Spr 4,4 oder 2,19 entspricht, Leben wäre hier folglich gleichbedeutend mit erfolgreichem und glücklichem Leben. Der einzige Vers im Kohelet-Buch, in dem hjh im Sinne von erfülltes Leben gebraucht wird, stammt also ursprünglich nicht von Kohelet. Kohelet spricht von Leben meistens, um entweder die Lebenszeit oder allgemein den Menschen bzw. des Daseins des Menschen zu bezeichnen. Im Vergleich mit der eingangs beschriebenen alttestamentlichen Bedeutung von Leben hat der Gebrauch von hjh in all diesen Fällen einen recht unspezifischen Charakter. Ein weniger allgemeiner Gebrauch findet sich dort, wo Leben/Lebende im Gegensatz zum Tod steht. Besonders markant ist das in Koh 4,2 (2x); 7,2; 9,4f (3x). Auch die Erwähnung der Lebenszeit verweist direkt oder indirekt auf die Begrenzung dieser Zeit und damit auf den Tod. Im weiteren Sinn sind hierzu ebenfalls die Verse zu zählen, in denen jöm in anderen Verbindungen in der Bedeutung von Lebenstage verwendet wird.269 Schließlich erhält hajfim in einigen Sätzen, in denen es allgemein das Dasein bezeichnet, seinen spezifischen Charakter durch die Erwähnung des Todes im Kontext (Koh 2,17; 6,12; 9,3). So stehen Formen der Wurzel hjh also in 15 von 20 Versen in Beziehung zum Thema Tod. 270 Berücksichtig man die relativ gleichmäßige Verteilung dieser Verse über das gesamte Buch, kann man wohl mit gutem Grund sagen: Kohelet kann von Leben nicht unter Absehung vom Tod, von der Begrenzung der Lebenszeit reden. Leben ist wesentlich dadurch charakterisiert, daß es zeitlich begrenzt ist.271 Koh 9,10 ist

2 6 6 Stoll, Prediger, 115. 267 Lange, Weisheit, 141. 268 Vgl. Michel, Qohelet, 150; Lohfink, Kohelet, 53f. 2 6 9 Vgl. Koh 2,23; 5,16; 7,14f; 8,13; 11,9; 12,1; evtl. 7,10. 2 7 0 Koh 2,3; 2,17; 4,2; 5,17; 5,19; 6,3; 6,6; 6,12; 7,2; 8,15; 9,3; 9,4; 9,5; 9,9; 11,8. 271 Das ist natürlich auch den Weisheitslehrern bekannt. So stellt Schmitt (Leben, 106) fest: „Alle Menschen müssen sterben. Diese nüchterne Wahrheit sprechen die Weisheitsdichter oft genug aus, sie bildet gleichsam den düsteren Hintergrund der ganzen Lebensanschauung." Dieser „düstere Hintergrund" spiegelt sich aber nicht überall wider. So ist es bezeichnend, daß Schmitt diese Feststellung ausschließlich mit Stellenangaben aus Hiob und Sirach belegt. Von den Weisheitslehrern des Sprüche-Buches wird die Sterblichkeit des Menschen weitgehend nicht, bzw. nicht in der für Kohelet typischen Grundsätzlichkeit reflektiert. Vgl. Kap. 2.1.2, S. 46.

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typisch für diese Haltung (auch wenn in diesem Vers keine Form von hjh verwendet wird), besonders deutlich wird sie in der Übersetzung von O. Kaiser: „... es gibt kein Tun und kein Planen, keine Erkenntnis und keine Weisheit in der Unterwelt, zu der du dich auf dem Wege befindest."272 Der Mensch wird nicht nur irgendwann einmal in der Unterwelt sein, er befindet sich zeitlebens auf dem Wege dorthin. Damit ist für den Gebrauch von hjh bei Kohelet schon Entscheidendes gesagt: Leben ist nicht der erstrebenswerte Zustand des Wohlbefindens, des „erfüllten Lebens", der das Halten der Gebote und die Beherzigung der weisheitlichen Ratschläge motiviert (vgl. Lev 18,5; Dtn 30,16; Spr 7,2); Leben mit „Wohlgefallen vor Jahwe", Reichtum und Ehre gleichzusetzen (Spr 8,35; 21,21; 22,4) liegt Kohelet völlig fern. Für ihn ist Leben vor allem die Existenz, das Dasein, das seine bestimmte Zeit währt und beendet wird durch den unausweichlichen Tod, zu dem hin der Mensch zeit seines Lebens unterwegs ist (Koh 9,10). W. Zimmerli 273 stellt fest, daß bei Kohelet, jene emphatische Verwendung des Begriffes Leben", wie man ihn bei den Weisheitslehrern sonst häufig findet, völlig fehlt. „Schon das Adjektiv >n (...) bezeichnet nicht den aus der Enge in die Weite Befreiten, sondern den zum Tod hin Bestimmten und ist mehrfach am besten mit .sterblich' zu übersetzen." Etwas zu weit geht dabei wohl seine Feststellung, daß bei Kohelet „,Leben', wo von ihm die Rede ist,... als die Begrenzung und Schranke, die das menschliche Dasein hoffnungslos macht" empfunden wird. Es ist zwar tatsächlich so, daß die „freie Entfaltung des Lebensträgers", die Chr. Barth als ein Merkmal alttestamentlicher Lebensauffassung bezeichnet274, für Kohelet im Begriff Leben nicht grundsätzlich enthalten ist, sie kann aber durchaus zum bloßen Dasein hinzutreten. Und da, wo dies der Fall ist, fordert Kohelet nachdrücklich auf, die Möglichkeiten zu nutzen und das Leben (das in diesen Momenten ein glückliches Dasein ist) zu genießen.275 Gerade darin hat Kohelet ja den Teil des Menschen erkannt, der ihm als Gabe Gottes bestimmt ist. Das Leben ist - auch als ein vom Tode gekennzeichnetes - besonderes da wertvoll, wo es mit Genuß verbunden ist. Die bei Kohelet beobachtete neutrale oder in Bezug zum Tod stehende Verwendung der Formen von hjh ist zwar in ihrer Ausschließlichkeit für Kohelet charakteri-

2 7 2 Kaiser, Determination, 259. 273 Zimmerli, Struktur, 200. 2 7 4 Barth, Errettung, 24. 275 Man könnte darüber streiten, ob die „Begrenzung und Schranke" für Kohelet in diesen Momenten aufgehoben oder nur verdeckt ist. Für letzteres spricht Koh 5,19. Insgesamt überwiegt aber der Eindruck, daß die Glücksmomente eine „freie Entfaltung des Lebensträgers" wirklich ermöglichen.

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stisch, insgesamt im Alten Testament jedoch nicht ungewöhnlich.276 Alle diese Formen finden sich auch in anderen biblischen Büchern, und bei Hiob läßt sich sogar durchgängig ein ähnlich neutraler Sprachgebrauch erkennen. Im folgenden sollen einige Phänomene betrachtet werden, die im Vergleich mit anderen biblischen Texten bei Kohelet auffallen. Zunächst findet sich die überraschende Verbindung von fme hajje mit hcebcel (Koh 6,12; 9,9). Eine wörtliche Übersetzung ist kaum möglich, meist wird hcefccel adjektivisch wiedergegeben. N. Lohfink bleibt beim Substantiv und übersetzt: „Tage seines/deines Lebens voll Windhauch"277. Das häufig benutzte hcebcel ist für Kohelet so eindeutig zu einem stehenden Begriff geworden, daß er es hier gebraucht, um die Lebenszeit insgesamt zu charakterisieren. Das erinnert an die ebenso umfassende Formulierung der Rahmenverse hakkol häbcel. Ahnliche Formulierungen finden sich in Hi 7,16; Ps 39,6 und 78,33. Doch weder bei Hiob noch in den Psalm-Versen wird hcebcel so eng mit dem Leben verbunden wie bei Kohelet. In Ps 78,33 verursacht der Zorn Gottes das Dahinschwinden der Tage bähcebcel. Bei Ps 39,6 ist es der Mensch, der als hcebcel bezeichnet wird. Bei Hiob bezieht sich die Wendung ki-hcetcel jämäj in Hi 7,16b indirekt auf die Aussage von 16a: „Ich lebe nicht ewig,... meine Tage sind Windhauch". Im Unterschied zu Kohelet sind in allen drei Versen ganz konkrete Situationen bezeichnet. Sieht man von Ps 39,6 ab, wo das Handeln Gottes eine besondere Lage schafft, sind es Situationen existentieller Not. In diesen persönlichen Krisen werden sich die Betreffenden der Vergänglichkeit ihrer Lebenszeit bewußt. Bei Kohelet dürfte diese Wertung der Lebenszeit dagegen ein Ergebnis seines Nachdenkens über das Leben sein. Der Unterschied zu anderen Reflexionen Kohelets besteht darin, daß bei diesen immer einzelne Bereiche des Lebens in ihrem Wert relativiert wurden, jetzt aber das Leben als ganzes in das hcebcel-Urteil eingeschlossen wird. Kohelet geht in seinen Formulierungen sogar so weit, daß er in 7,15 hcebcel praktisch synonym zu hjh verwendet. Statt des nicht ungewöhnlichen Ausdrucks Tage des Lebens spricht Kohelet hier von den Tagen meines Windhauchs O^ID W l ) . In 9,9b findet sich die ähnliche Wendung köl-fme hcetlcekä, die hier synonym zu köl-fme hajje hccblcekä, in 9,9a verwendet wird.278 Die Entwertung oder Entleerung des Begriffes Leben ist damit kaum noch zu überbieten. Das Leben oder die Lebenstage werden

2 7 6 Vgl. die Feststellung Gerlemans (THAT 1,553), daß beim Plural hajjim der Sinnbereich, „wie es beim Verbum der Fall ist, primär vom Gegensatz zu , Sterben/Tod' bestimmt" wird. 277 Lohfink, Kohelet, 48.70. 2 7 8 Von den meisten Auslegern werden diese Worte in 9b als Dittographie gestrichen. Sie können jedoch durchaus als verstärkende und in der Verkürzung noch schärfer formulierte Wiederholung verstanden werden, vgl. Lohfink, Kohelet, 70; Gordis, Koheleth, 306; Fox, Contradictions, 259.

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nicht nur in besonderer Situation als hcebcel bezeichnet, sondern der im übrigen alttestamentlichen Sprachgebrauch zutiefst positiv gefüllte Begriff hjh und das äußerst negativ gefällte hcebcel werden einander völlig angeglichen. Auf diesem Hintergrund ist es auch verständlich, daß Kohelet seinen Haß auf den Tod als Haß auf das Leben formulieren kann. Das Leben als ganzes ist ebenso wie die Mühe als spezieller Teil des Lebens hcebcel, weil beide keinen jitron verschaffen können. Eine Differenzierung zwischen dem Haß auf das Leben (2,17) und dem Haß auf die Mühe (2,18) ist nicht zu erkennen. Beide Verse beginnen mit vfsäne 'it Auch daran wird deutlich, wie sehr Leben bei Kohelet zur wertungsfreien Bezeichnung der bloßen Existenz geworden ist. Das Leben trägt seinen Wert nicht mehr in sich selbst. Kohelet mißt es an einem anderen Maßstab (hier in 2,17 an der Frage nachjitrdn), genauso wie sich die Mühe an dem selben Maßstab messen lassen muß. Weil das Ergebnis dieser Betrachtung negativ ist, d.h. weil das Leben diesen Anspruch nicht erfüllen kann, kommt es zum Haß auf das Leben. Im Gegensatz zu dieser Haltung Kohelets wird der Wert des Lebens sonst im Alten Testament kaum in Frage gestellt. So stellt C. Westermann fest: „Nicht erst eine Qualität macht das Leben kostbar, sondern das Leben selbst ist das Kostbare."279 Sicherlich kennt man auch im Alten Testament wie in seiner Umwelt Situationen, in denen dem Tod der Vorrang vor dem Leben eingeräumt wird.280 Doch darum geht es hier im 2. Kapitel gar nicht. Kohelet fragt nach der Qualität des Daseins und mißt es an seiner Ausgangsfrage (1,3). So kommt er zu einem negativen Urteil. Später erkennt er, daß das Leben keinen dieses selbst überdauernden Ertrag (jitrdn) bringen kann und verzichtet auf die Suche nach jitrdn.2*1 Für seinen Begriff von Leben ändert sich dadurch nichts, es bleibt ein neutraler Begriff zur Bezeichnung des Daseins. Die Frage nach der Qualität dieses Daseins besteht weiter, wenn auch mit einem neuen Maßstab. Dies wird in Koh 6,3 sehr deutlich. Viele Kinder und ein langes Leben waren hoch angesehene Werte282, man darf annehmen, daß sie hier beispielhaft stehen. Dieser Mann hat folglich alles, was man sich nur wünschen kann. Und dennoch bezeichnet Kohelet das Los der Fehlgeburt als das bessere, obwohl sie nie richtig ins Leben tritt und nicht einmal einen Namen erhält, was bei der orientalischen Wertschätzung des Namens als schlimmes Schicksal empfunden wurde. Entscheidend für diese Wertung ist das Aber dieses Satzes: aber seine Seele würde sich nicht am Guten sättigen. Kohelet hat nach seinem Verzicht auf jitrdn das Glück, konkret das Genießen des Guten, als das Beste für den Menschen erkannt. Nun ist dieses sein Maßstab, an dem er das Leben mißt. In dem in 6,3 beschriebenen 279 Westermann, THAT II, 86. 2 8 0 Zum Vorrang von Leben oder Tod vgl. S. 150. 281 Vgl. Kap. 2.1.3, S. 58ff. 282 Das gilt - trotz aller Skepsis gegenüber traditionellen Werten - auch fur Kohelet, vgl. zum langen Leben Koh 11,8 und zu Kindern Koh 4,7ff.

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Leben wird das Gute aber nicht genossen, darum erscheint ihm dieses Leben wertlos.283 Dieses Ergebnis wird durch Koh 6,2 bestätigt, wo ausdrücklich festgestellt wird, daß dem Menschen, von dem dort gesprochen wird, nichts fehlte von dem, was sein Herz begehrte. Nur zum Genuß hat er keinerlei Möglichkeit. Das ist eine schlimme Krankheit, ein Übel (6,1). Hier wird zugleich ein weiterer Aspekt deutlich. Zwar ist das Leben an sich wertneutral. Es beinhaltet aber die Möglichkeit zur Glückserfahrung. Die Toten haben diese Möglichkeit nicht. Ihr Lieben und ihr Hassen ist vergangen, sie sind in der Scheol und haben keine Beziehung mehr zu den Lebenden und zum Leben mit allen seinen Möglichkeiten. Ebenso wenig Hoffnung bieten andere Jenseitsvorstellungen für Kohelet, mit der Rückkehr der rüah zu Gott verlischt das Individuum284 Deshalb gibt es nur für die Lebenden einen Anteil unter der Sonne. Der Anteil besteht aber, wie Kohelet immer wieder betont, im Genießen des Guten, das Gott gewährt, im Essen und Trinken, wie es exemplarisch heißt. Auch für Kohelet hat das Leben Hoffnungs-Charakter285 und nur fiir die Lebenden gibt es Hoffnung (9,4). Aufgrund des erwähnten neuen Maßstabes (Genießen des Guten) erfährt Leben deshalb zumindest potentiell eine positive Wertung. Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis von Leben bei Kohelet ist seine immer wieder zur Sprache kommende Überzeugung, daß das Leben eine Gabe Gottes ist, nicht ein Teil des Menschen (wie Herz oder Glieder).286 Darin stimmt Kohelet grundsätzich mit anderen biblischen Autoren überein.287 An drei Stellen wird Gott von Kohelet als Geber der Lebenszeit bezeichnet (Koh 5,19; 8,15; 9,9). Auffällig ist dabei, daß es ausschließlich solche Texte sind, in denen von der Lebensfreude gesprochen wird, die das Leben in einem angenehmen Licht erscheinen läßt und ihrerseits eine Gabe Gottes ist. Daß auch das Ende des Lebens von Gott ausgeht, wird dagegen von Kohelet nie ausdrücklich gesagt. Aus dem Gesamtzusammenhang wird es jedoch hinreichend deutlich. Gott ist es, der alles zu seiner Zeit angemessen gemacht hat (Koh 3,11), die Zeit des Todes wird dabei

283 Gegen diese Deutung könnten zwei Einwände geltend gemacht werden: Zum einen, daß eine Sättigung am Guten für Kohelet gar nicht möglich ist. (So z.B. Zimmerli, Prediger 193f: „Kann es denn überhaupt .Sättigung' geben, auch da, wo Gott zu genießen ermöglicht?') D o c h die Formulierung dieses Satzes setzt eine solche Sättigung - und sei es nur für einen kurzen Augenblick - offensichtlich voraus, vgl. dazu Kap. 1.1, S. 12. Zum zweiten ist festzustellen, daß auch die Fehlgeburt sich nicht am Gutem sättigen kann, doch damit wäre das Bild m.E. überstrapaziert. 284 Vgl. Kap. 2.1.2, S. 53. 285 Vgl. Schmitt, Leben, 122 im Anschluß an Kleine«. 2 8 6 Barth, Errettung, 36. 287 Vgl. Jüngel (Tod, 80): „Das Leben eines Menschen ist nach alttestamentlicher Auffassung... eine Gabe, mithin nicht Eigentum des Lebenden."

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ausdrücklich genannt (Koh 3,2). Einen weiteren Hinweis enthält Koh 5,17: Gott gibt die Zahl der Lebenstage. Das schließt die Endlichkeit des Lebens ein. Den Aussagen in Koh 7,17 oder 12,7 kann man ebenfalls indirekt entnehmen, daß Gott Leben nicht nur gibt, sondern auch nimmt.288 Das entspricht zunächst einmal dem, was auch sonst im Alten Testament begegnet: man nahm den Tod ,/licht als ein unberechenbares Fatum, sondern als ein Handeln Gottes am Menschen (Jes 40,6f; Ps 104,29; 90,7)"289. Es gibt bei Kohelet jedoch Formulierungen, die einen anderen Schluß zulassen. Fünfmal spricht Kohelet von miqrceh, vom Geschick oder Schicksal (Koh 2,14f; 3,19; 9,2f).290 Zwar wird dieses Geschick nie ausdrücklich mit dem Tod identifiziert, aber die Zusammenhänge machen diesen Bezug deutlich.291 So könnte man das Lebensende einerseits als ein Handeln Gottes, andererseits als Folge des Fatums verstehen. Man sollte jedoch zwischen diesen beiden Größen keinen Gegensatz aufbauen. Das Geschick (miqrceh) hat bei Kohelet ganz offensichtlich keine eigene Mächtigkeit.292 Eher ist zu vermuten, daß Kohelet in 2,14f; 3,19 und 9,2f miqrceh gewissermaßen synonym für Gott verwendet, weil der Tod an diesen Stellen eindeutig negativ gewertet wird (anders als in 3,2 wo er als selbstverständlicher Teil der göttlichen Ordnung erscheint) und Kohelet es offenbar vermeidet, negativ von Gott zu sprechen.293 Zusammenfassend sind über die Verwendung von Leben bei Kohelet drei Punkte besonders hervorzuheben. (1) Für Kohelet ist Leben zunächst einmal wertneutral das bloße Dasein. Als solches wird es unausweichlich beendet durch den Tod, zu dem hin der Mensch zeit seines Lebens unterwegs ist (9,10). Deshalb kann Kohelet von Leben kaum unter Absehung vom Tod bzw. der Begrenzung der Lebenszeit sprechen. Man kann folglich sagen, daß das Leben für Kohelet wesentlich durch seine zeitliche Begrenzung charakterisiert ist. Der Begriff Leben hat „seine ganzheitliche Fülle und Leuchtkraft verloren ... und (ist) zur Bezeichnung des befristeten, todbedrohten .Lebens unter der Sonne' verkümmert"294. Man muß sogar noch weitergehen und feststellen, daß der im übrigen alttestamentlichen Sprachgebrauch zutiefst positiv gefüllte Begriff hjh und das äußerst negativ gefüllte hcebcel einander angeglichen werden. (2) Trotzdem steht für Kohelet außer frage,

288 Vgl. Davis, Death, 302f; Loretz, Qohelet, 289; Zimmerli, Menschenbild, 16. 2 8 9 V. Rad, Menschenbild, 22. 2 9 0 Zum Begriff miqrceh vgl. Kap. 3.1, S. 168. 291 Vgl. Lauha, Kohelet, 53; Müller, Gast, 178; Zimmerli, Prediger, 132. 2 9 2 Zur Schicksalskonzeption bei Kohelet vgl. Kap. 3.2.1, S. 170. Anderer Auffassung ist offensichtlich Blieffert (Kohelet, 59f), nach dem der Tod für Kohelet keine Schickung Gottes ist, „sondern ein schreckliches Naturereignis". 293 Vgl. Zimmerli, Struktur, 202 sowie Kap. 3.3, S. 184. 294 Zimmerli, Prediger, 157.

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daß das Leben eine Gottesgabe ist. Er gibt es und er nimmt es.295 (3) Die uneingeschränkt positive Seite des Lebens ist die nur den Lebenden gegebene Möglichkeiten des Genusses. Zu einem wirklich lebenswerten Leben gehört es, Gutes zu genießen. Und dieser Genuß ist, wie das Leben selbst, eine Gabe Gottes. Über den Tod und seine grundlegende Bedeutung für Kohelet wurde im Kap. 2.1.2 schon vieles gesagt. An dieser Stelle sollen einige spezielle Gesichtspunkte dieses Themenkreises, die bisher nur angerissen oder noch gar nicht berücksichtigt wurden, aufgegriffen werden. In zwei Textabschnitten scheint es so, als würde Kohelet dem Tod den Vorzug vor dem Leben geben: Koh 4,1-3 und 6,3-6. A. Lauha vertritt die Auffassung, Kohelet würde in 4,3 den Wert des Lebens überhaupt bestreiten.296 In diesem Zusammenhang muß jedoch zunächst auf andere Texte verwiesen werden, in denen dem Tod der Vorzug vor dem Leben gegeben wird. Chr. Barth nennt Jer 15,10; 20,14ff; Hi 3; Jona 4,3; Sir 30,17 sowie das ägyptische Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele und bemerkt dazu: „Wo man in besonderer Situation dem Leben den Tod vorzieht, geht es um ein Leben, das diesen Namen nicht mehr verdient."297 Koh 4,1 -3 läßt sich ohne weiteres in eine Reihe mit diesen Texten stellen. Kohelet spricht hier zwar nicht von sich, von seiner Not und der daraus resultierenden Bevorzugung des Todes, aber er betrachtet die Unterdrückung, die andere erleiden müssen und urteilt sozusagen in ihrem Namen. Dem könnte als Parallele Sir 30,17 zur Seite gestellt werden: Besser sterben als ein unnützes Leben, besser Ruhe für immer als dauerndes Leid. Auch hier wird ohne unmittelbare persönliche Beteiligung über den Wert des Lebens in einer extremen Ausnahmesituation reflektiert. Kohelet, der ja häufig von den Grenzfällen des Lebens her argumentiert, betrachtet in Koh 4,1-3 den Grenzfall unerträglichen Leides. Er sieht scharf, vielleicht überscharf. Von einer „prinzipiellen Lebensverneinung Kohelets"298 kann aber nicht geredet werden. L. Wächter erwähnt Koh 4,1-3 ausdrücklich als typischen Beleg eines Todeswunsches im Alten Testament, bei dem das Motiv die unerträgliche, trostlose

295 Vgl. dazu auch die Ausführungen zu den Themen „Tod" (Kap. 2.1.2, S. 45.) und „Schicksal" (Kap. 3.1, S. 162.). 2 9 6 Lauha, Kohelet, 82. Die griechische Literatur kennt genügend Beispiele, in denen der Tod als grundsätzlich erstrebenswerter Zustand gegenüber dem Leben bevorzugt wird, vgl. dazu die bei Braun (Kohelet, 22) genannte Texte, zur Sache daneben auch Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 45. 2 9 7 Barth, Errettung, 22. 298 Lauha, Kohelet, 82. Vgl. Gese, Krisis, 147, der allerdings den Todeswunsch Hiobs und Jeremias als „ebenso ketzerisch" bezeichnet.

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Unterdrückung ist.299 Völlig zu Recht weist W. Zimmerli daraufhin, daß das Preisen des Todes bei Kohelet nicht zu verwechseln ist „mit einem schöngeistigen Kokettieren mit dem Tode", es ist ein .Ausdruck der Not"300. Eine ganz anderes Bild bietet Koh 6,3-6. Denn eine tiefe Not der in 6,3 beschriebenen Person ist hier nicht zu erkennen. Im Gegenteil, sie hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann. Nach L. Wächter äußert sich in der beschriebenen Situation ein Lebensüberdruß, der im Zusammenhang steht mit Kohelets negativer Sicht „aller sonst als positiv betrachteten Werte"301. Aber hier handelt es sich nicht um eine negative Sicht der genannten Werte und schon gar nicht um Lebensüberdruß. Die eigentliche Ursache dieser negativen Wertung wurde oben schon benannt302: Jenem Menschen fehlt etwas, worauf Kohelet besonderen Wert legt, nämlich die Möglichkeit, Gutes zu genießen.303 Nur daraus ergibt sich hier die drastische Bewertung Kohelets, wie Koh 6,6 noch einmal anschaulich verdeutlicht: Und wenn jemand zweitausend Jahre lebt, aber nichts Gutes sieht - Sind nicht alle unterwegs zu dem selben Ort? Wer einmal zu diesem Ort, der Scheol304, gelangt, hat unter der Sonne keinen Anteil mehr, für ihn gibt es kein Glück mehr und auch keine Hoffnung auf Glück.305 Wahrlich, ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe. (9,4b) A. Lauha versteht diesen Satz als Ironie, mit der Kohelet darlegen will, „welch fragwürdiges Glück das Lebendigsein ist"306. Doch dagegen spricht nicht nur das eben dargelegte Verständnis von Koh 4,1-3 und 6,3-6, sondern beispielsweise auch der Schluß des Buches Kohelet. H. Witzenrath verweist auf die Licht-Metaphorik in Koh 11,7: „Mit Hilfe des semantischen Feldes ,Licht' kommt die Hochschätzung des Lebens nicht abstrakt, sondern sinnhaft konkret in einer kühnen Synästhesie zur Darstellung. Von der sich daraus ergebenden positiven Einstellung zum Leben sucht der Verfasser im folgenden andere Menschen zu überzeugen. Dafür setzt

299 Wächter, Tod, 88. 300 Zimmerli, Prediger, 175. Darin stimmt Kohelet mit Hiob überein, den zwar das Leben anekelt (Hi 10,1; vgl. Koh 2,17.18), so daß er sich wünscht, nie geboren worden zu sein (10,18f), der aber eigentlich eine kurze Spanne des Glücks ersehnt (10,20). Beide unterscheiden sich damit von mancher Strömung der griechisch-hellenistischen Philosophie, in der tatsächlich mit dem Tod kokettiert wird. 301 Wächter, Tod, 85. 3 0 2 Vgl. S. 147. 303 D i e Frage, ob ihm der Genuß von Gott versagt wird oder ob er die Möglichkeiten nicht ergreift, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. 304 Ob Kohelet hier konkret an das Grab oder an die Scheol dachte, ist unerheblich. Auf jeden Fall ist der hoffnungslose Zustand des Todes gemeint. 305 Vgl. Kap. 2.3.9, S. 140. 306 Lauha, Kohelet, 167f.

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er zunächst Willensmodi, später auch Bilder ein."307 Und auch fur W. Zimmerli macht Koh 1 l,7f deutlich, wie sehr Kohelet im Grunde dem Leben verhaftet ist. „Hier ist nichts von der metaphysischen Lebensverneinung etwa des indischen Buddhismus. Kohelet ist darin ganz alttestamentlicher Mensch, daß er das Leben im Grunde mit allen Fasern liebt."308 An verschiedenen Anzeichen wird also hinreichend deutlich, daß Kohelet grundsätzlich dem Leben den eindeutigen Vorzug gegenüber dem Tod gibt. Selbst schlechte Tage sind gegenüber dem Nichts des Todes ein Geschenk309, denn solange der Mensch lebt, kann er auf eine Veränderung seiner Lage hoffen. Nur da, wo in extremen Ausnahmesituationen das ausweglose Leid übermächtig wird und der Genuß des Guten zeitlebens versagt bleibt, gelangt Kohelet zu der Einschätzung, daß der Tod einem solchen freudlosen Dasein vorzuziehen ist. Dieses Ergebnis wird durch die Beobachtung bestätigt, daß Kohelet den Tod an verschiedenen Stellen als ein Übel bezeichnet, und zwar nicht nur im 2. Kapitel, wo diese Wertung durch Kohelets vergebliches Streben nach einem bleibenden Gewinn (jitrön) ausgelöst wird, sondern auch in anderen Teilen des Buches. Besonders deutlich findet sich diese Wertung in Koh 5,15 und 9,3. Diese Beobachtung spricht jedoch nicht gegen die Feststellung, daß Kohelet den Tod als Teil der Schöpfungsordnung akzeptiert hat.310 Schließlich hat Gott alles gut geschaffen (3,11), das schließt den Tod ein (3,2), und Gott ist es auch, der dem Menschen die Zahl seiner Lebenstage gegeben hat (5,17). Generationen kommen und gehen (1,4), denn der Staub kehrt zur Erde zurück, die er gewesen ist, und der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat (12,7). In diesen Texten wird die Akzeptanz des Todes m.E. sehr deutlich, das gilt besonders für die poetische Umschreibung des Todes in Koh 12,5-7, die mit dem abschließenden WindhauchUrteil den Schluß und zusammen mit 1,4 einen zweiten, inneren Rahmen des ganzes Buches bildet. Auch wenn der Tod also für Kohelet ein Teil der Schöpfungsordnung ist, so bleibt er in seinen Augen für den einzelnen dennoch ein schlimmes Übel. Worin die Schrecken des Todes im einzelnen bestehen, läßt sich besonders an den Texten verdeutlichen, die den Tod ausdrücklich als Übel bezeichnen (5,15; 9,3). Zu allererst ist es die Gleichheit aller Menschen im Tod, die Kohelet beklagt. Alles ist wie es allen zukommt3": Ein Geschick für den Gerechten wie für den Frevler, für den Guten und den Reinen wie für den Unreinen, für den, der opfert,

307 Witzenrath, Süß, 34. 308 Zimmerli, Prediger, 237. 309 Vgl. Galling, Studien, 288. 3 1 0 Vgl. Kap. 2.1.2, S. 56. 311 Zur Übersetzung des Anfangs vgl. den Vorschlag von Michel, Untersuchungen, 173.

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wie für den, der nicht opfert; wie dem Guten so dem Sünder; dem Schwörenden wie dem, der den Schwur scheut. Das ist übel bei allem, was unter der Sonne getan wird, daß es einerlei Schicksal für alle gibt (9,2.3a). Mit dieser Ansicht steht Kohelet allerdings im alttestamentlichen Kanon nicht allein. Auch Hiob beschreibt diese Gleichheit im Tod (Hi 3,13f. 17-19).312 Die Gemeinsamkeit beider geht aber über diese reine Feststellung noch hinaus. Hiob beklagt genau wie Kohelet den im Todesgeschehen offensichtlich ausbleibenden Zusammenhang von Tun und Ergehen (Hi 9,22). Steht denn den Weisen und Gerechten nicht auch ein ihrem Lebenswandel entsprechender Tod zu? Doch der Tod ist für alle der gleiche und ist damit ohne Zusammenhang mit dem Leben. Mit letzter Unerbittlichkeit bestätigt der Tod, wie brüchig der Tun-Ergehen-Zusammenhang ist: So wenig wie es eine zuverlässige Beziehung zwischen Lebenswandel und Lebensumständen gibt, so wenig gibt es eine garantierte Beziehung zwischen der Gestaltung des Lebens und dem Tod.313 Ja, nicht einmal zwischen Mensch und Tier gibt es dann noch einen Unterschied (3,19ff).314 Der Tod scheint (aus der Sicht des Menschen) ein zufälliges Geschehen zu sein, eben miqrah, was auch mit Zufall übersetzt werden kann. So wird der Tod „zum Inbegriff für die Kontingenz des Lebens"315. Damit ist auch das zweite verbunden, die Unbeständigkeit. Was auch immer man im Leben erreicht und erarbeitet, es geht im Tod unweigerlich verloren. Wie er aus seiner Mutter Leib gekommen ist, nackt, geht er wieder wie er kam, und nichts trägt er in seiner Mühe, was er (dann) in seiner Hand führt. Das ist auch eine üble Krankheit: Wie er kam, so geht er. (5,14.15) Solange der Mensch nach etwas Beständigem strebt, wird er zwangsläufig enttäuscht (2,18). Das Wissen um den Verlust aller irdischen Güter im Tod ist so allgemein verbreitet, daß man hier auf Belege verzichten kann. Doch auch die nicht-materiellen Güter gehen ausnahmslos verloren. Darin unterscheidet sich Kohelet erheblich von der verbreiteten Ansicht seiner Umwelt, denn dort hoffte und glaubte man, sich mit dem Namen etwas Bleibendes schaffen zu können. „Das größte Unglück, das nach dem AT über ein Volk oder ein Individuum kommen kann, ist die Ausrottung seines Namens. Als Glück betrachtet der alttestamentliche Mensch die Verherrlichung

312 Vgl. die ägyptische Inschrift auf der Stele der Taimhotep: Der Tod, , Komm' ist sein Name, er ruft jeden zu sich. ... Die Grossen sind in seiner Hand wie die Geringen. Keiner kann seinen Fluch von allen, die er liebt, fernhalten. Zitiert nach Otto, Inschriften, 193. 313 Vgl. Wölfel, Skepsis, 45: „Der Tod als Kronzeuge des Schicksals bläst jeder Hoffnung auf Vergeltung (...) das Lebenslicht aus." 314 Vgl. Stranzinger, Jenseitsvorstellungen, 59: der Tod „ebnet die Unterschiede in ontologischer wie in moralischer Hinsicht ein". 315 Klein, Kohelet, 200.

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und zeitlich unbegrenzte Weitergabe des Namens an zukünftige Geschlechter."316 Bezeichnend für diese Hoffnung ist Spr 10,7: Das Andenken der Gerechten bleibt im Segen, aber der Name der Gottlosen wird verwesen.317 Kohelet gibt sich auch hier keinen Hoffnungen hin. Auf Dauer gibt es kein Gedächtnis, für den Toren nicht, aber auch nicht für den Weisen (2,16), das war schon immer so und wird auch in den kommenden Generationen nicht anders sein (1,11). So bleibt der Tod für den einzelnen ein schmerzhafter Stachel, den man zwar annehmen kann, ja den man sogar annehmen muß, um nicht immer wieder verzweifelt und ohne Aussicht auf Erfolg dagegen anrennen zu müssen, mit dem man aber nie ganz fertig werden kann. Aus dieser Einsicht heraus ergibt sich der eindeutige Vorzug des Lebens gegenüber dem Tod und die eindeutige Hinwendung zum Leben, mit allen Möglichkeiten, die sich als Gottesgabe für den einzelnen darin eröffnen.

2.3.11 Memento mori - Carpe diem Folgt eurem Herzen in dem Augenblick auf Erden!... Wenn ein Mensch geht, geht auch seine Habe. Einer, der (sie) teilen wird, ist dann da, der nun an der Reihe ist, seine Herzenswünsche zu erfüllen. ...Es gibt ja keinen Boten des Todes, der Geschenke empfängt, um zu vernachlässigen, [weswegen] er ausgeschickt wurde. ...Er geht plötzlich wie ein Traum. Keiner weiss den Tag, wann er kommt. Es ist die Geschicklichkeit Gottes, die Herzen nicht wissen zu lassen, den Tag zu erkennen.3'8 So wie in dieser ägyptischen Grabinschrift aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. kann man die Aufforderung zum Genießen des guten Tages angesichts des unausweichlichen Todes wohl zu allen Zeiten und an allen Orten vernehmen.319 Sie „ist überall dort möglich, wo man den Tod als eigentlichen Unwert ansieht und Sinn und Wert im Leben sucht, dort aber keinen ganzheitlichen umfassenden Sinn finden kann"320. Dabei ist manchmal schwer zu entscheiden, ob es sich nur um eine oberflächliche

316 Loretz, Qohelet, 225. Er verweist dabei besonders auf Gen 11,4; 1 Chr 22,5; Sir 40,19; 41,11. 317 Auch fiir die Ägypter war der Name ein Träger von Lebensenergie und somit ein „Bürge individueller Ewigkeit" (Morenz, Ewigkeit, 225.). Die Vernichtung des Namens gilt geradezu als Existenzvernichtung (vgl. Brunner, Religion, 40f). Dem Ägypter der Spätzeit scheint „das ganze Leben, alles, was er Gutes getan und geleistet hat, nur diesem einen letzten Zweck zu dienen, den Namen am Leben zu erhalten" (Otto, Inschriften, 61). 318 Aus dem Grab des Petosiris; zitiert nach Otto, Inschriften, 184. 319 Vgl. Kroeber, Prediger, 49. 320 Wächter, Tod, 113.

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Genußsucht handelt, die das Morgen vergißt oder ob eine solche Ermunterung aus der mit Demut gepaarten Einsicht in die Vergänglichkeit der Menschen und aller seiner Werke resultiert. Man könnte diesen Unterschied als Frage nach dem Verhältnis von carpe diem und memento mori fassen: Geht es vorrangig um das ausgelassene Genießen des Tages und wird diesem die Erinnerung an den Tod nur als Begründung angefügt oder erwächst aus dem Wissen um die mit der Geschöpflichkeit verbundene Vergänglichkeit die Erkenntnis, daß die Freude etwas Wertvolles bzw. - mit Kohelet - das Beste im Leben und des Menschen Teil darstellt? Bei der hier vorausgesetzten Annahme, daß die Reflexionen des Kohelet-Buches weitgehend auf die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit und die daraus resultierende Auseinandersetzung mit traditionellen Wertvorstellungen zurückgehen, ergibt sich, daß das memento mori in diesem Erkenntnisprozeß Kohelets chronologisch vor dem carpe diem steht. Damit ist aber noch nichts über eine sachliche Priorität gesagt. Bleibt das Wissen um die Endlichkeit das Primäre und ist das carpe diem nur ein Teil der daraus gezogenen Konsequenzen oder wird das carpe diem zur alles bestimmenden Maxime Kohelets? Darüber gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Einige Ausleger sehen in dem carpe diem Kohelets nur einen oberflächlichen Lebensgenuß. So bezeichnet A. Lauha dies als „naive Glückseligkeit", „flüchtige Belustigung" oder „oberflächlichen Zeitvertreib"321. „Wenn dem Leben der tiefere Inhalt fehlt und wenn man auf das geistige Ringen um Klarheit verzichtet, muß man sich damit zufriedengeben, das zu genießen, was das alltägliche Leben einem jeden bieten kann, die kärgliche physische Glückserfahrung."322 Letztlich halte Kohelet die Aufforderung zur Freude selbst fur illusorisch: „Sie sollte als Ersatz für die weltanschauliche Enttäuschung und zum Vergessen des Todesschicksals dienen (vgl. 5,19), aber in beider Hinsicht erweist sie sich als völlig unzureichend"323. Auch F. Crüsemann bewertet Kohelets Aufforderung zur Freude negativ. Er sieht darin einen Rückzug auf individuellen Lebensgenuß.324 Vor dem „verdinglichten Grundmaßstab des verbleibenden Reingewinns verblaßt ihm die Fülle des Lebens. Sie reduziert sich auf Lebensgenuß, dieser wiederum auf Essen, Trinken und Sexualität"325. Dagegen sieht R. Bartelmus in dem carpe diem Kohelets keinen Aufruf zu „laszivem Lebensgenuß", „sondern zu echter Lebensfreude trotz des Wissens um

321 Lauha, Kohelet, 52.113 322 Lauha, Kohelet, 19. 323 Lauha, Kohelet, 170. 324 Crüsemann, Welt, 80. 325 Crüsemann, Welt, 91.

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die eigene Todesverfallenheit, weil beides aus Gottes Hand kommt" 326 . Für F. Wiedmann ist der Genuß des sich anbietenden Glücks angesichts der Vergänglichkeit aller Dinge und schließlich des eigenen Lebens eine Alternative zu allen anderen Wertvorstellungen, weil die Zeitlichkeit allen Geschehens der alleinige Maßstab bei der Bewertung aller Dinge im Leben sein muß. Diesem Maßstab hält aber nur das stand, „was in der Gegenwart geschieht", der „kostbare Augenblick"327. Auch A. Lange sieht in der Freude „eine echte Alternative zur Weisheit"328. Und K. Galling verweist zur Begründung des besonderen Charakters, den der Aufruf zur Freude bei Kohelet hat, auf den Gabe-Charakter der Freude: „Der Lobpreis des Lebensgenusses ist kein kleinlicher Hedonismus noch epikuräischer oder stoisch-eudämonistischer Art, sondern eine Bescheidung auf das je und dann Zufallende." 329 H.-J. Hermisson verweist darauf, daß Kohelet den Lebensgenuß empfehlen kann, obwohl er auch um dessen Vergänglichkeit weiß. „Das ist keine Mahnung zu verantwortungsloser Genußsucht, sondern vielmehr dazu, das gegebene Teil als eine Gabe Gottes wahrzunehmen, selbst wenn auch das am Ende nichtig sein wird." 330 Chr. Klein geht in seiner Bewertung wohl am weitesten, er sieht in der Lebensfreude bei Kohelet ein „quasi-religiöses Geschehen": „Das Carpe diem ist Kohelets stiller Gottesdienst." 331 Die Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von carpe diem und memento mori scheint offensichtlich sehr vom Leser selbst abzuhängen. Man darf vermuten, daß diese Offenheit durchaus im Sinne Kohelets ist. Als echter Weisheitslehrer legte er kein fertiges System vor, das nur gelernt oder übernommen werden mußte. Weisheitliche Lehre will angeeignet sein. „Erst da, in eigener Aufnahme, Erfahrung (...) und Weiterführung wird Weisheit zur Weisheit"332. Trotz dieser Offenheit gibt es einige Hinweise, die m.E. hinreichend deutlich machen, daß für Kohelet die Freude weder ein oberflächlicher Lebensgenuß (A. Lauha) noch eine Reduktion der Fülle des Lebens (F. Crüsemann) ist, sondern ein echter Lebensinhalt und Lebenssinn. (1) Die Lebensfreude ist eine Gabe Gottes. Gott gibt nicht nur die Güter, die den Genuß ermöglichen, er schenkt auch die Befähigung zum Genießen (Koh 6,2). Der Mensch selbst hat offensichtlich keine Verfügungsgewalt über sein Glück333,

3 2 6 Bartelmus, Haben, 50. 327 Wiedmann, Denker, 40f. 328 Lange, Weisheit, 120. 329 Galling, Prediger, 92. 3 3 0 Hermisson, Weisheit, 181. 331 Klein, Kohelet, 152. 3 3 2 Schmid, Weisheit, 29. 333 Vgl. z.B. Koh 2,24-26; 3,13.

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er kann „nicht autonom darüber entscheiden, die Freude zu wählen"334. Seine Möglichkeiten beschränken sich darauf, das Glück zu ergreifen, wenn Gott es gewährt. Den Entscheidungsspielraum und Einfluß des Menschen auf sein Ergehen sieht Kohelet damit wesentlich enger als die Glaubenstradition Israels, in der man meinte „zu wissen und darauf vertrauen zu können, daß Weisheit und Gerechtigkeit kraft göttlichen Regimentes zu Glück und Leben, Gottlosigkeit und Torheit aber zu Unglück und Tod fuhren"335. Allein Gottes freies und undurchschaubares Walten gewährt dem einen, was es dem anderen versagt (Koh 2,26).336 Deshalb ist es für Kohelet ganz und gar ausgeschlossen, die Quelle der Freude oder die Verfugung über das Glück allein im Menschen zu suchen, wie es Stoiker und Epikureer taten.337 Glück kann deshalb nicht im eigentlichen Sinn des Wortes als Ziel menschlichen Handelns bezeichnet werden. „Das Glück ist... ein Schmetterling - je mehr Sie ihm nachjagen, desto häufiger fliegt er davon und versteckt sich."338 Damit ist es auch unangemessen, bei Kohelet von Hedonismus zu sprechen, denn dieser impliziert, wie J. G. Williams339 betont, die gezielte Suche nach Freude. Schreibt man allerdings alle Texte, die davon sprechen, daß Gott die Freude gibt, einem Redaktor zu, wie A. Lauha es vorschlägt340, muß sich die Einschätzung der Freude zwangsläufig verkehren. Einen schlechten Beigeschmack bekommt die von Gott geschenkte Freude nach H.-P. Müllers Auffassung durch den Gabe-Charakter, weil die Freude der menschlichen Verfugung entzogen ist. So hat das Tun Gottes nach Koh 3,14 „gegenüber der Lebensfreude die gleiche Störfunktion wie gegenüber dem weisheitlichen Erkenntniswillen"341. Aber es ist ja gerade Kohelets Absicht, die Grenzen des menschlichen Daseins herauszustellen, um vor einer Verabsolutierung

334 Stiglmair, Weisheit, 356. 335 Kaiser, Sinnkrise, 97. 336 Dieses Abhängigkeitsbewußtsein ist bei Kohelet sicherlich nicht neu. Das zeigen sowohl das im Alten Orient verbreitete Verständnis der Zeit als qualifizierter Zeit (vgl. Kap. 2.2.3, S. 82) als auch verschiedene Aussagen der Proverbien (z.B. 16,1.3.9; 20,24; 21,31) und das folgende Zitat aus der Lehre des Ptahhotep: Trachte danach, in tiefer Zufriedenheit zu leben, denn was sie (die Götter, d. Verf.) gewähren, kommt von selbst! (zitiert nach T U A T III/2, 201). Dennoch war man, wie vielfach zu Recht festgestellt wurde, bezüglich des Gestaltungsspielraums der Menschen und der Nachvollziehbarkeit göttlichen Waltens weitaus optimistischer als Kohelet. 337 Vgl. Forschner, Glück, 2.24.44. 338 Kushner, Erfolg, 18. 339 Williams, Profit, 190. 3 4 0 Zu den betreffenden Stellen vgl. Lauha, Kohelet. 341 Müller, Skepsis, 16.

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des Menschen zu warnen.342 Menschliche Grenzen und Gottes Freiheit sollen mit dem Hinweis auf diese Unverfügbarkeit betont werden. 343 (2) Kohelets memento beschränkt sich nicht allein auf den Tod. Er erinnert ebenso an schlechte Tage (7,14), die in jedem Leben kommen und vor allem an das Alter mit seinen unliebsamen Begleiterscheinungen, auf das der Mensch ebenso unausweichlich zugeht wie auf den Tod (12, Iff). Das Glück ist kein Dauerzustand, es ist eine nur im jeweiligen Augenblick vorhandene Gabe. Deshalb muß sie dann genossen werden, wenn sie geschenkt wird. Auch im Wechsel von guten und schlechten Tagen ist das Glück der Verfügung des Menschen entzogen. Und wie die Freude, so stehen auch die dunklen Seiten ganz und gar in der Verfügung Gottes. (3) Kohelets Aufforderung, den Tag zu nutzen bezieht sich zwar vorwiegend auf das Genießen des Glücks, läßt aber die Arbeit des Tages und damit die Vorsorge für die Zukunft nicht außer acht. Kohelets Aufruf meint also kein unbedachtes, allein dem Genuß hingegebenes Leben in den Tag hinein, sondern einen verantworteten Gebrauch der von Gott geschenkten Freude. Bezeichnend für die Verbindung von Genuß und Arbeit ist Koh 9,10. Dieser Vers wird in der Regel mit 9,7-9 zusammengezogen, wie es aufgrund des Neueinsatzes in V 11 (>T)l\iJ) naheliegt. Inhaltlich ist das auch gut möglich, weil das einleitende alles mit den verschiedenen in 9,7-9 genannten Formen des Genusses in Verbindung gebracht werden kann. Die von N. Lohfink vorgeschlagene Alternativ-Übersetzung zu 9,10a macht diesen Zusammenhang noch deutlicher: „Alles, was du tun willst, das tu, solange du Kraft hast. " 344 Das käme inhaltlich Koh 11,9 sehr nahe. Doch 9,10b lenkt eindeutig von den Formen des Genusses zu denen der (geistigen)345 Arbeit. Dem folgt in V 11 die Ausweitung auf andere Formen der Arbeit und der Hinweis auf die Unsicherheit des Erfolgs. 346 Dieser Hinweis wird in V 12 noch einmal verstärkt, indem Kohelet an die Undurchschaubarkeit der Zeiten erinnert. Damit erhält nun wiederum die Aufforderung zum Genießen der nur im Augenblick gegebenen Freude noch mehr Gewicht. Das Genießen des Lebensglücks kann also nicht völlig von der Arbeit und der Vorsorge für die Zukunft getrennt werden. Auch von hier aus bestätigt sich damit, daß die Freude inmitten der Mühe des Alltags ( t ^ y i ) erfahren wird.347 Kohelet entgeht damit der Einseitigkeit, die zur Motivation des Genusses zwar an den Tod erinnert, darüber aber die Zukunft im Leben vergißt.

3 4 2 Vgl. Johnston, Confessions, 24. 343 Vgl. Kap. 3, S. 162ff und dort besonders Kap. 3.6, S. 201. 3 4 4 Lohfink, Kohelet, 70. 345 Vgl. die in 10b genannten Tätigkeitsbereiche. 346 Durch diesen inhaltlichen Zusammenhang wird der Neueinsatz teilweise überbrückt. 347 Vgl. Kap. 2.3.1, S. 92.96.

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(4) Alles hat seine Zeit, auch tanzen und lachen (3,4). Diese Feststellung schließt flir Kohelet aber ihr Gegenteil mit ein: es gibt auch Zeiten, in denen Freude und Fröhlichkeit nicht angebracht sind. Das Tafeln zur Unzeit wird in Koh 10,16 ausdrücklich kritisiert. So ist zu bestimmten Zeiten auch die Trauer dem Lachen vorzuziehen (3,4m). Vor allem gilt für das Genießen aber der gleiche Vorbehalt, der auch allen anderen Tätigkeiten gilt: Der Mensch weiß nicht um seine Zeit, aber er hängt in all seinem Tun von der Zeit ab. „Glück und Erfolg gibt es für den Menschen nur dann, wenn sein intentionales Handeln und die von Gott qualifiziert determinierte Zeit zusammenstimmen."349 Dem Menschen fehlt also nicht nur die Möglichkeit, sich selbst das Glück zu verschaffen, er kann nicht einmal sicher erkennen, wann Zeit zum Lachen und wann Zeit zum Weinen ist. Schon das mahnt zur Zurückhaltung. (5) Nie verliert Kohelet die Schwäche und Anfälligkeit des Glücks aus den Augen. Das gilt nicht nur im Blick auf den schon unter (1) erwähnten Verweis auf das unbeeinflußbare Geben Gottes. Kohelet erweckt auch nie den Eindruck, als sei die Freude stärker als der Tod, so wie es in einigen Weisheitssprüchen in Bezug auf verschiedene Werte anklingt.350 Er ist nicht einmal so stark, wie der Tod, wie es das Hohelied (8,6) über die Liebe aussagt. Die Freude kann die Kürze des Lebens zwar für befristete Zeit vergessen lassen (Koh 5,19) (und das ist sicherlich auch notwendig, weil nur in einer solchen momentanen Selbstvergessenheit die Freude in vollen Zügen genossen werden kann351), aber sie kann den Tod nicht besiegen, im Gegenteil, er setzt auch ihr ein Ende: nur die Lebenden haben ihren Teil unter der Sonne (9,6). Zu der von Kohelet nicht verdeckten Schwäche der Freude gehört auch, daß sie an der Zusammenhanglosigkeit von Tun und Ergehen nichts ändern kann. Diese bleibt beklagenswert (9,2f), so wie der Verlust des Erarbeiteten eine üble Sache bleibt (5,15). Das negative Ergehen dessen, dem Gott gerade die Herzensfreude versagt, wird nicht übersehen (2,26; 6,Iff).352 Kohelets Einsicht in die Bedeutung 348 Vgl. Koh 7,2, diese Aussage paßt inhaltlich durchaus in den Rahmen anderer Aussagen Kohelets. Wegen der einseitigen Gesamttendenz von Koh 7,l-6a (vgl. 7,4) halte ich diesen Abschnitt jedoch fiir die Wiedergabe einer fremden Meinung (vgl. z.B. Michel, Untersuchungen, 126Ü). Aufgrund der teilweisen Übereinstimmung wäre jedoch auch denkbar, in diesem Abschnitt mehrere Zitate mit anschließender Kritik zu unterscheiden (vgl. Lohfink, Frauenfeind, 27 lf; ders., Kohelet, 49ff). 349 Kaiser, Determination, 257. 350 Vgl. Spr 12,28 (Gerechtigkeit); 13,14 (Lehre des Weisen); 14,27 (Jahwe-Furcht). Zum weisheitlichen Verständnis des Begriffes Tod vgl. Kap. 2.1.2, S. 46. 351 So wird man Kaisers (Sinnkrise, 105) Frage, ob denn ein Mensch wie Kohelet Freude „überhaupt anders als in der Selbstvergessenheit seines Daseins als eines Seins zum Tode erfahren konnte", wohl auf alle Menschen ausweiten dürfen. 352 Vgl. Kap. 2.3.10, S. 152.

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der Freude als des Menschen Teil fugt der Reflexion von Koh 1,12-2,23 aber einen neuen, entscheidenden Gesichtspunkt hinzu, der die gesamte Weltsicht in eine neues Licht rückt: Das Leben ist nicht nur leidige Mühe, die sich nicht auszahlt, weil der Tod letztlich alles raubt. Es gibt die Momente des Glücks und der Freude, die das alles vergessen lassen. (6) Auch dadurch wird aber nichts Bleibendes geschaffen. Die Bewertung von Koh 2,lf.l 1 wird nicht zurückgenommen. Die Charakterisierung des Lebens als Windhauch im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aufruf zum Genuß (9,9) bestätigt dies. N. Lohfink schreibt dazu: „Die pleonastische Verwendung des Motivs vom Windhauch zeigt, daß diese Aufforderung zur Freude von allem vorher im Buch Gesagten nichts zurücknimmt, ihm vielmehr entspringt."353 Solange nach einem bleibenden Ertrag (jitrön) gefragt wird, kann die Freude keine Antwort sein. Sie trägt ihr Ende schon in sich354, und zwar noch radikaler als andere Werte wie Weisheit oder Reichtum, denn sie hat, anders als diese, ihrer Natur gemäß über den Augenblick hinaus keinen Bestand. Deshalb ist auch die Freude Windhauch, wie eben das ganze Leben, wie alles, was kommt (11,8), selbst wer alles Glück der Welt genießen könnte, bliebe doch ohne jijron. Erst der Verzicht auf die Frage nach jip-ön ermöglicht die Erkenntnis, daß der Sinn der Freude ganz in ihr selbst, damit also ganz im Augenblick ruht. Und in dieser Erfahrung von Glück kann der Mensch für einen kleinen Moment die von Mühe und Vergänglichkeit geprägte Welt transzendieren.355 (7) Die bisher benannten Punkte ruhen also wesentlich in jener bewußten Beschränkung, von der schon in Kap. 2.1.3 gesprochen wurde. Kohelet vertraut auf die Sinnhaftigkeit der göttlichen Weltordnung und erkennt, daß sowohl die Vergänglichkeit zu dieser Ordnung gehört als auch die fehlende Einsicht des Menschen in die Gesamtheit der Schöpfung und daß deshalb der Mensch nur in sehr beschränktem Umfang über sein Schicksal verfügen kann, indem er nämlich das im Augenblick Gegebene annehmen oder verstreichen lassen kann. Auf diesem Vertrauen, das man mit gewissen Vorbehalten als Gottvertrauen bezeichnen kann356, basiert also die Beschränkung auf den Augenblick und damit das für Kohelet Typische an der Verbindung von memento mori und carpe diem: Es geht ihm bei seiner auf der Einsicht in die Sterblichkeit beruhenden Aufforderung, das sich bietende Glück zu ergreifen, weder um eine gedankenlose Hingabe an die Lust,

353 Lohfink, Kohelet, 70; vgl. Zimmerli, Prediger, 192. 3 5 4 Vgl. Lang, Mensch, 126. 355 Vgl. Schwienhorst-Schönberger, Nicht im Menschen, 301. 356 Der Vorbehalt bezieht sich darauf, daß dieses Vertrauen nicht auf Geborgenheit bei Gott basiert, sondern eher ein Vertrauen in die Sinnhaftigkeit der gesamten von Gott geschaffenen Ordnung ist, vgl. Kap. 3.3, S. 186.

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noch um einen autonomen Griff nach dem Guten. Es geht ihm darum, den von Gott gesetzten Zeiten zu entsprechen und das von ihm Gegebene zu empfangen. Kohelets carpe diem ist kein autonomes. Er ist sich bewußt, daß kein Mensch sich das Schicksal selbst schaffen kann. Anders als in der Stoa und bei Epikur üblich, verlegt Kohelet das Glück auch nicht ausschließlich in die Disposition des Menschen, um es sich so unabhängig von allen äußeren Bedingungen sichern zu können.357 Kohelets carpe diem erklingt auf dem Hintergrund einer die Souveränität Gottes anerkennenden Demut358, die sowohl um die Unverfügbarkeit als auch um die Vergänglichkeit des Glückes weiß. Diese Demut beinhaltet zwar keine dialogische Beziehung zu Gott, wie sie etwa bei Hiob und Sirach zu finden ist, sie ist dennoch mehr als passive oder gar resignierende Ergebenheit in das Unvermeidliche. Die Demut Kohelets beruht auf der bewußten Zustimmung zur Souveränität Gottes und zu der von ihm gesetzten Ordnung mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Demzufolge ist bei Kohelet das memento mori nicht nur chronologisch dem carpe diem vorgeordnet, sondern auch sachlich359; es ist nur der auffälligste Ausdruck einer viel umfassenderen Ermahnung. Nicht nur seines Todes soll der Mensch gedenken, sondern insgesamt seiner Stellung in der Welt. So ermahnt Kohelet in Koh 12,1: Denke an deinen Schöpfers in deinen Jugendtagen ... Wer seines Schöpfers gedenkt und sich so seiner eigenen Geschöpflichkeit bewußt bleibt, der kann die Freuden des Lebens in rechter Weise genießen, denn er wird sich in seinem Verhältnis zu Gott nicht selbst überheben.

357 „Beide großen hellenistischen Schulen ... setzen die entscheidende Bedingung des Glücks in die Tugend bzw. die menschliche Tüchtigkeit (...), d.h. in die Disposition, die der Mensch durch Übung, Gewöhnung und Belehrung sich tätig erwirbt und zur festen seelischen Habe formt" (Forschner, Glück, 2). Es ist ein spezifisch hellenistischer Gedanke, „daß vollendetes Glück dem Menschen nur in einem Verhältnis radikaler Distanz zu allem sich eröffnet, was nicht uneingeschränkt in seiner Hand ist" (a.a.O., 44). 358 Vgl. Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 47. 359 Vgl. Hertzberg, Prediger, 146: „Gerade das,Carpe diem', wie Qoh es meint, erwächst aus der Erkenntnis des .Memento mori'."

Kapitel 3: Der Mensch und Gott 3.1 Die Erfahrung Gottes im Schicksal Bei einem Buch, das in seiner Deutung so umstritten ist wie Kohelet, kann es nicht überraschen, wenn auch die Ansichten über die Art des Gottesverhältnisses Kohelets weit auseinandergehen. Ist Gott nun für Kohelet der ferne Urhebergott in einer sich verdüsternden Welt1, der vom blinden Schicksal nicht zu unterscheiden ist2 und von dem man eigentlich nur erkennen kann, daß man nichts erkennen kann3, oder ist er für ihn „der Gott Israels, der Herr über Leben und Tod ist"4, der für den Menschen unter bestimmten Umständen zum „nahen und gnädigen Gott" 5 werden kann, bei dem der Mensch sogar trotz der Verborgenheit Trost und Zuversicht findet6? Schon diese kleine Zusammenstellung zeigt, wie sehr die Meinungen hier auseinandergehen. Von der Statistik her fällt auf, daß Kohelet sehr häufig von Gott spricht. Abgesehen von zwei Belegen im Epilog7 findet sich das Wort lohim im KoheletBuch 38x8, in einem Vers (12,1) verwendet Kohelet die Gottesbezeichnung börcekä. Kohelet spricht also 39x von Gott (während das zentrale Wort hcebcel nur 38x verwendet wird9). So wird man Kohelet wohl kaum als einen säkularen Mann bezeichnen dürfen.10 Er vertritt keinen Atheismus, auch keinen praktischen Atheismus", wie man ihn etwa in Ps 10,4; 14,1; 53,2; Hi 21,14 und in Sir 16,17ff finden kann. Für Kohelet ist nicht nur die bloße Existenz Gottes unzweifelhaft, sondern auch seine Wirksamkeit. Gottes Geben und sein Tun nehmen in Kohelets

1

Vgl. Müller, Mensch, 19.

2

Vgl. Wölfel, Skepsis, 60.

3

Vgl. Michel, Untersuchungen, 286.

4

Loretz, Qohelet, 289.

5

Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 50.

6

Vgl. Lapide, Vergänglichkeit, 590.

7

Koh 12,13.14.

8

Koh 1,13; 2,24.26; 3,10.11.13.14(2x).15.17.18; 4,17; 5,l(2x).3.5.6.17.19; 7,13.14.18.26.29; 8,2.12.13.15.17; 9,1.7; 11,5.6; 12,7.

9

Vgl. Kap. 2, S. 25.

10

Gegen Crenshaw, Gospel, 48.

11

Zum Begriff des „praktischen Atheismus" vgl. v. Rad, Weisheit, 91.

6,2(2x);

Die Erfahrung Gottes im Schicksal

163

Rede von Gott einen breiten Raumein.12 Der Mensch begegnet Gott also vorwiegend in dessen Handlungen. Obwohl Kohelet keine direkten Aussagen über das Wesen Gottes macht und auch an keiner Stelle "lohtm durch Adjektive näher zu bezeichnen versucht, kann man deshalb kaum sagen, daß Kohelet keine Aussagen über Gott, sondern nur über sein Werk macht.13 Gerade in seinem Werk wird Gott für den Menschen erfahrbar.14 Andererseits kann auch nicht übersehen werden, daß sich bei Kohelet keine Hinweise auf ein persönliches Gottesverhältnis finden15, wie es aus dem Alten Testament sonst bekannt ist.16 Das zeigt sich schon an der Gottesbezeichnung. Kohelet spricht stets von '"lohtm, nie gebraucht er den Gottesnamen, und meist verwendet er dabei die zusätzlich Distanz schaffende determinierte Formhä^lohtm.17 Ebensowenig finden sich Hinweise auf Gottes Handeln am Volk Israel oder auf sein Eingreifen in die Geschichte. Doch derartige „Defizite" in der Rede von Gott finden sich auch in den Proverbien und im Hiob-Buch. Kohelet beschreibt Gottes Handeln ausschließlich in den Bereichen Schöpfung und Vorsehung. Damit steht er in weisheitlicher Tradition.18 Dabei ist Kohelet dort, wo er von Schöpfung spricht, weniger an der Schöpfung selbst, als an den

12

Vgl. Müller, Gott, 508.

13

Gegen Michel, Untersuchungen, 70.

14

Vgl. die allgemein auf das AT bezogene Aussage von J. Vollmer, THAT II, 367: „Wer Jahwe ist, erweist sich in seinem 'sh. Sein Tun ist Explikation seines Namens".

15

Vgl. Galling, Zeit, 12f.

16

Vgl. Zähmt, Gott, 211: „In der Bibel wird vom Menschen nicht nur von und über Gott, sondern stets zugleich auch zu und mit Gott geredet, und auch wenn in ihr von oder über Gott in der dritten Person gesprochen wird, geschieht dies nie neutral, per Distanz, sondern stets existentiell, das heißt immer im Bewußtsein einer Beziehung, möglicherweise auch einer negativen Beziehung zu Gott und damit verborgen in der zweiten Person, Glaube an Gott bedeutet in der Bibel mithin immer Begegnung, Umgang und Verkehr des Menschen mit Gott. Auch wer Gott haßt, duzt ihn." Dabei muß natürlich angemerkt werden, daß auch die Proverbien hier sehr zurückhaltend sind. Hausmann (Studien, 369) weist auf das Fehlen von Ausdrücken wie Jahwe lieben, ihm glauben oder ihm dienen in Spr 1 Off hin.

17

Dies darf jedoch nicht überbewertet werden, denn es gibt gleich eine ganze Reihe möglicher Erklärungen dafür. (1) Auch in der orientalischen Weisheit finden sich Texte, die nur allgemein von Gott sprechen und bei Hiob findet der Gottesname nur außerhalb der Dialoge Verwendung. (2) Man kann die Vermeidung des Gottesnamens auch als Folge des konsequent durchgesetzten Monotheismus verstehen: Wo es nur einen Gott gibt, ist es nicht notwendig, zu seiner Identifizierung einen Namen zu nennen. (3) Des weiteren könnte diese Vermeidung des Gottesnamens auch die Folge des Namensmißbrauchsverbotes sein. (4) Einige Autoren verweisen auf hellenistischen Einfluß und das dort verwendete ό θεός. (5) Schließlich kann die distanzierte Gottesbezeichnung auch als Ausdruck der Universalität betrachtet werden.

18

Vgl. Müller, Gott, 512.

164

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Konsequenzen für den Menschen interessiert.19 So beziehen sich die Aussagen, daß Gott alles schön gemacht hat und daß sein Werk fur immer besteht (Koh 3,11.14), auf die in Koh 3,2-8 beschriebenen Zeiten zurück, die als Beispiele durchweg dem Bereich menschlichen Lebens entnommen sind. Und auch die Ausführungen von Koh l,4ff zielen letztlich auf die abschießende anthropologische Aussage in Koh 1,11. So wird man sagen können, daß in Kohelets Rede von Gott und den sich darin widerspiegelnden Erfahrungen mit Gott ganz eindeutig der Mensch und dessen Schicksal dominiert. Kohelet begegnet Gott weitgehend im Schicksal. Dabei lassen sich vier Bereiche unterscheiden: Gottes (willkürliches) Zuteilen, die Zeitlichkeit des Menschen, die Grenzen des Menschen und schließlich der Tod, als spezieller Aspekt der Zeitlichkeit. (1) Gottes (willkürliches) Zuteilen Hier muß zunächst noch einmal auf die von Kohelet im Zusammenhang mit Gott verwendeten Verben verwiesen werden. „Am häufigsten erscheint (ha) 'älohim als Subjekt zu Formen von NTN"20. Es ist zuerst das Leben selbst, das Gott den Menschen gibt (5,17; 8,15; 9,9; 12,7). Sodann sind es auch die verschiedensten guten Gaben, die von Gott den Menschen zugeteilt werden können: Reichtum und Ehre (5,18; 6,2); Weisheit (2,26) und vor allem die Freude (3,13, 5,18, indirekt auch 2,24 und 5,19). D. Michel weist aber zu Recht daraufhin, daß mit der Rede vom Geben Gottes „keineswegs notwendig eine positive Vorstellung verbunden"21 ist, denn Gott gibt dem Menschen auch die Geschäftigkeit (1,13; 3,10) und die vergebliche Mühe des Sammeins (2,26), und er kann dem Empfänger guter Gaben zugleich das Genießen dieser Gaben verwehren (6,2). Doch Kohelet würde deshalb nicht von einer Sinnlosigkeit sprechen, wie D. Michel22 annimmt. Zwar kann kein Mensch durchschauen, warum Gott dem einen gibt und dem anderen nicht, denn die in 2,26 genannten Kategorien „gut vor Gott" und „Sünder" sind bei Kohelet keine moralischen Wertungen23, aber wenn auch kein Mensch den Sinn versteht, so heißt das doch für Kohelet nicht, daß es hier keinen Sinn gibt. Alles hat schließlich seine Zeit (3,1), auch wenn der Mensch die Ordnung nicht verstehen kann (3,11; 8,17). Und Gottes Maßstäbe entsprechen eben nicht unbedingt den menschlichen.24 Man kann hier durchaus von einer willkürlichen Entscheidung Gottes sprechen,

19

Daß es dennoch möglich ist, aus den Aussagen Kohelets eine Schöpfungstheologie abzuleiten, zeigt die Arbeit von M. Schubert, Schöpfungstheologie bei Kohelet.

20

Müller, Gott, 508.

21

Michel, Gott, 33.

22

Michel, Gott, 33.

23

Vgl. Kap. 3.5, S. 190.

24

Vgl. Lohfink, Kohelet, 30: „Gott regiert die Welt nicht kausal und moralisch, wie der Mensch erwarten würde."

Die Erfahrung Gottes im Schicksal

165

sofern man den ursprünglich Sinn des Wortes beibehält und Willkür nicht negativ versteht, sondern als „.Entschluß, Beschluß des Willens', d.h. ,freie Wahl oder Entschließung'"25. H.-P. Müller versteht die Willkür allerdings eindeutig negativ und sieht in ihr „den eigentlichen Stachel" der unabänderlichen göttlichen Vorsehung.26 Seiner Ansicht nach wird fur Kohelet jedes bonum zum malum, weil der Mensch nicht selbst darüber verfügen kann, sondern auf Gottes willkürliche Entscheidung angewiesen ist.27 Doch davon steht nichts im Text. Kohelet gibt den negativen Ereignissen sogar noch einen über die in 3,1-15 gegebene Erklärung hinausgehenden Sinn: Gott hat den bösen Tag geschaffen, damit die Zukunft dem Menschen verborgen ist (7,14; vgl. 9,12).28 Da jedoch der Begriff Willkür auch umgangssprachlich weitgehend negativ besetzt ist, sollte man wohl besser von der freien, souveränen Entscheidung Gottes oder - wie K. Galling - vom „Geheimnis der freiwaltenden Gottheit"29 sprechen. In diesem Geheimnis ruht auch die Zuteilung des dem einzelnen Menschen jeweils zukommenden Teils (belceq). Gott gibt dem Menschen diesen Teil, er kann nicht im eigentlichen Sinne erarbeitet werden. Auch die Aussage in Koh 2,10, daß Kohelet aus seiner Mühe ( m i k o l '"mMi) Freude gewonnen hat, wird man nicht in diesem Sinne verstehen dürfen.30 Koh 6,2 macht deutlich, daß nicht nur die Voraussetzungen zum Genuß (in 2,3ff die Möglichkeiten desfiktivenKönigs, in 6,2 Reichtum, Schätze und Ehre) von Gott kommen, sondern auch das Genießen-können selbst.31 Insofern kann man helceq als einen Schicksalsbegriff bezeichnen, der speziell für einen positiven Bereich des Schicksals verwendet wird, nämlich für Freude und Lebensgenuß.32 Auch für sie gilt also, daß Gott allein darüber verfügt, wem er sie gewährt

25

Duden, Etymologie, 813.

26

Müller, Gott, 515.

27

Müller, Gott, 511.

28

Vom bewußten Verbergen Gottes spricht sowohl Spr 25,2 als auch Papyrus Insinger (32,18): Gott verbirgt, was er mit den Erdbewohnern vorhat, damit sie es nicht wissen. (Zitiert nach TU AT III/2, 316.) Noch über Kohelet hinausgehende Aussagen zur Güte und Zweckhaftigkeit aller Werke Gottes finden sich bei Sirach. Vgl. dazu zuletzt Marböck (Kohelet und Sirach, 275-301), der die Frage aufwirft, ob die Aussagen in Sir 39,12-35 „nicht als Eche auf Koh 3,11 gelesen werden sollen", weil bei Sir 39 „die Schönheit bzw. Güte der Werke Gottes nicht bloß bestätigt, sondern, worauf Kohelet bewußt verzichtet, gegen Einwürfe verteidigt und aus der Tradition argumentierend aufzuweisen versucht" (a.a.O., 288).

29

Galling, Studien, 288.

30

Vgl. S. 95, besonders Anm. 31.

31

Die Verbindung von helceq und 'ämM in Koh 2,10 weist aber darauf hin, daß die Aktivität des Menschen zum Geben Gottes hinzukommt, vgl. dazu Kap. 3.2.2, S. 176.

32

Vgl. Hengel, Judentum, 223; Wölfel, Skepsis, 75; Fischer, Skepsis, 81; Morenz, Untersuchungen, 15.

166

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

und wem nicht. Deshalb hat er auch Gefallen am Tun dessen, der das gewährte Glück genießt (9,7). (2) Die Zeitlichkeit des Menschen Gott in der Zeitlichkeit des Menschen zu erfahren bedeutet zunächst einmal, ihn in der Gabe der Lebenszeit und der damit verbundenen Begrenzung des Lebens am Werk zu wissen. Dieser Teil des menschlichen Schicksals wird noch eigens zu besprechen sein. Zeitlichkeit des Menschen heißt bei Kohelet aber auch, daß das Leben des Menschen weitgehend von der Bestimmung der Zeiten durch Gott (3,Iff) geprägt ist.33 Diese Bestimmung umfaßt nicht nur die mehr oder weniger deutlich der Verfugung des Menschen entzogenen Geschehnisse (vor allem Geburt und Tod, aber auch Saat und Ernte), sondern auch die scheinbar allein vom Menschen bestimmbaren Tätigkeiten wie Abbrechen und Bauen, Schweigen und Reden. In Erfahrung der gesetzten Zeiten kann das Handeln Gottes als reale Wirklichkeit34 erlebt werden, denn auch über die Zeiten bestimmt Gott nach seinem freien und souveränen Willen. Die Zeit ( ' e t ) ist damit bei Kohelet ebenfalls ein Schicksalsbegriff. Der Mensch kann die Zeit nicht beeinflussen, sondern nur nutzen. (3) Die Grenzen des Menschen Aus der Zeitlichkeit ergibt sich auch die Begrenzung des Menschen. Jedes Tun ist jeweils nur zu seiner Zeit angemessen (jäjxeh, 3,11). Der Mensch befindet sich also bei all seinen Tätigkeiten in einem vorgegebenen Rahmen, eben in der von Gott gesetzten Ordnung. 35 Folglich kann das Handeln des Menschen nur dann gelingen und sinnvoll sein, wenn sein Wollen mit der von ihm nicht beeinflußbaren Zeit übereinstimmt und er sich so der göttlichen Ordnung einpaßt. 36 Ein besonderes Problem ergibt sich für den Menschen nun aber daraus, daß er nicht im voraus erkennen kann, welche Zeit gerade auf ihn zukommt. Er hat keine Einsicht in das Werk Gottes (3,11; 8,17) und kann erst recht nichts daran verändern und beeinflussen (3,14). Er ist abhängig von seiner Zeit, doch er kennt sie nicht und weiß nicht, was kommen wird (8,7; 9,12a). So kann es ihm passieren, daß er sich wie ein Fisch im Netz oder wie ein Vogel in der Falle verfängt (9,12b). Ohne über die Zeit Bescheid zu wissen, muß er in der Zeit aktiv werden, muß also das

Kohelet verwendet das Wort allerdings nicht ausschließlich als Schicksalsbegriff, sondern auch für den „Anteil an einer Sache", vgl. Koh 11,2. 33

Vgl. Kap. 2.2.2, S. 75.

34

Vgl. v. Rad, Weisheit, 296.

35

Vgl. Kap. 2.2.3, S. 89, Anm. 107.

36

Vgl. Kap. 3.2.2, S. 181. Zu einer ähnlichen Feststellung kommt Michel (Untersuchungen, 67) im Zusammenhang mit Koh 3,10-12: „Weil der Mensch nicht mit Sicherheit erkennen kann, welche der möglichen Zeiten gerade auf ihn zukommt, ist als , Gutes' nur in seiner Verfügungsgewalt, dann zuzugreifen, wenn das ihm begegnende ΠίΡ und das von ihm gewünschte 11Ü zusammenfallen."

Die Erfahrung Gottes im Schicksal

167

Risiko der Entscheidung bei jeder Tätigkeit auf sich nehmen.37 Die Erkenntnisgrenze verwehrt es dem Menschen, sich den göttlichen Zeiten völlig einzupassen. Mit der Betonung dieser Grenze setzt sich Kohelet deutlich gegenüber der Weisheit seiner Zeit ab, in der offensichtlich eine (zumindest innerhalb einzelnen „Ordnungsparzellen"38 recht weitgehende) Durchschaubarkeit der Ordnung behauptet wurde (8,17b).39 Dadurch wird die weisheitliche Mahnung, sich um den rechten Zeitpunkt zu kümmern, „zu der Einsicht in den schicksalhaften Charakter der qualifiziert gedachten Zeit überhaupt. Sie setzt dem Tun und Planen seine Grenzen und verunsichert den Menschen in seinem Dasein zutiefst"40. Auf eine Grenze ganz anderer Art, die an der Freude besonders deutlich wird, weist W. Zimmerli hin. Bei ihr ist „sofort die Begrenzung zu erkennen, welche die Gabe Gottes der einfachen Verfügbarkeit des Menschen entnimmt und sie eben nur ganz als Gabe des frei entscheidenden Gebers gültig sein läßt"41. Doch diese Begrenzung gilt nicht nur für Freude und Glück, wo der unbeständige Charakter sprichwörtlich ist. Auch scheinbar dauerhafte Gaben wie Reichtum und Ehre erscheinen im Kontext des Kohelet-Buches als eine unbeständige und damit befristete Gabe (vgl. 5,10; 5,12ff). Man soll nicht glauben, daß man mit einer solchen guten Gabe etwas dauerhaft Sicheres in der Hand hat. Deutlich kommt das in der abschließenden hcebcel- Wertung in Koh 2,26 zum Ausdruck. Auch die Gaben Gottes sind Windhauch;das Schicksal kannplötzlich wechseln, der wohlverwahrte Reichtum kann verlorengehen (5,12) und der gute Tag wechselt mit dem bösen (7,14).42 Das Geben Gottes ist stets ein befristetes Geben, und die Verfügbarkeit über die Gaben Gottes beschränkt sich für den Menschen auf den jeweiligen Augenblick. Alles, was darüber hinausgeht, ist für ihn unsicher, weil er zum einen die Pläne Gottes nicht wissen kann und weil Gott zum anderen die Freiheit hat, seine Pläne zu ändern und auf das Verhalten des Menschen negativ zu reagieren (5,5; 7,17).

37

Vgl. Kaiser, Determination, 260; Loretz, Qohelet, 259; Ginsberg, Structure, 146; Lys, Par le

38

Zum Begriff vgl. v. Rad, Theologie, Bd. 1, 435 sowie Hermisson, Weisheit, 171.

39

Vgl. dazu auch die folgende Feststellung von Müller, Skepsis, 6: „Eine Wirklichkeit, deren Ordnung unkenntlich ist, stellt sich für den Weisen als unwahr und darin sinnraubend dar." Zugleich muß jedoch festgehalten werden, daß die uns tradierte Weisheit Israels nicht glaubte, die Ordnung in ihrer Ganzheit durchschauen zu können. Zu den Grenzen der Weisheit vgl. v. Rad, Weisheit, 131ff, mit Bezug auf die Ordnung speziell 143ff.

temps, 316.

Zur Bedeutung der Erkenntnisgrenze bei Kohelet und ihrer spezifischen Eigenart im Rahmen des Alten Testaments vgl. Schubert, Schöpfungstheologie, 113ff. 40

Fischer, Skepsis, 252.

41

Zimmerli, Unveränderbare Welt, 107.

42

Vgl. Kap. 2.2.3, S. 85.

168

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Diese mit dem Geben Gottes verbundene Begrenzung in der Verfügung über das Gegebene wird schließlich an einer Gabe sehr deutlich, die die Begrenztheit des Menschen in umfassender Weise verdeutlicht, nämlich an der Gabe der Lebenszeit. Hier weist schon der Begriff Lebenstage und erst recht die Wendung Zahl der Lebenstage (5,17) auf die Befristung dieser Gabe hin. (4) Der Tod Vom Tod spricht Kohelet sehr häufig, verwendet dafür aber nicht selten den Begriff Geschick (miqrceh). Die Grundbedeutung der Wurzel qrh ist „begegnen/widerfahren". .Allerlei Ereignisse und Wechselfälle des menschlichen Lebens , widerfahren' und, begegnen' mehr oder weniger zufällig bzw. ohne explizite Angabe des Urhebers"43. Kohelet verwendet vorwiegend das Nomen miqrceh (7 von 10 Belegen im AT). qrh erscheint in Koh 2,14 und 9,11, dort in Verbindung mit miqrceh. Verschiedene Autoren44 haben daraufhingewiesen, daß miqrceh von Kohelet immer im Zusammenhang mit dem Todesgeschick des Menschen verwendet wird. Die betreffenden Verse sind: 2,14f; 3,19 und 9,2f. In 2,14f geht der Zusammenhang mit dem Tod eindeutig aus dem Kontext hervor, ebenso in 3,19, wo das Sterben von Tier und Mensch sogar noch ausdrücklich erwähnt wird. In 9,2 ist der Zusammenhang jedoch nicht so eindeutig. Daß allen Menschen das Gleiche, nämlich Erfolg oder Mißerfolg, begegnen kann, wird auch in Koh 9,11 zum Ausdruck gebracht, dort in einem ganz auf das Leben bezogenen Zusammenhang. In der Formulierung gibt es jedoch einen entscheidenden Unterschied. Kohelet verwendet den Stamm qrh nicht als Nomen {miqrceh), sondern als Verb (DtO'TlK m p > y}£)1 ny). Man kann vermuten, daß Kohelet diese andere Formulierung bewußt gewählt hat, eben weil er mit miqrceh stets das Todesgeschick verband. H. Ringgrens Feststellung, daß miqrceh bei Kohelet „als terminus technicus für Geschick oder Schicksal"45 erscheint, kann deshalb dahingehend präzisiert werden, daß es sich hierbei um die Bezeichnung des Todesgeschicks handelt. Mit miqrceh begegnet also bei Kohelet ein weiterer Schicksalsbegriff.46 Die Zuteilung der Lebenszeit durch Gott ist nun aber keine ein für allemal gültige, evtl. gar vor aller Zeit unabänderlich festgelegte Bestimmung, auch wenn Koh 6,12 diesen Eindruck erwecken könnte. Gott behält die Freiheit, einen Menschen vor seiner Zeit sterben zu lassen (7,17). Er allein bestimmt also, wann die Zeit des

43

Amsler, THAT II, 683.

44

Z.B. Zimmerli, Prediger, 132; Lauha, Kohelet, 53; Hengel, Judentum, 220; Müller, Gast, 178.

45

Ringgren, THWAT VII, 174.

46

Auch in verschiedenen orientalischen Sprachen findet sich der Ausdruck Schicksal/Geschick als (euphemistischer) Ausdruck für Tod. So können im Ägyptischen die beiden Nomen s3.w und ί .jt neben der Lebenszeit auch die „Kehrseite der Lebenszeit, also das Todesgeschick" bezeichnen (Morenz, Ägyptische Religion, 74). Zu weiteren Beispielen vgl. Steiner, Tod, 247.

Determination bei Kohelet?

169

Menschen abgelaufen ist und Sterben seine Zeit hat (3,2). Damit steht der Mensch vor der letzten Grenze seines Lebens. Auch die Gabe der Lebenstage ist eine beschränkte Gabe, denn die Geschlechter kommen und gehen auf der für immer bestehenden Erde (1,4). Wenn oben gesagt wurde, daß Kohelet Gott weitgehend in seinem persönlichen Schicksal begegnet47, so wurde damit schon angedeutet was abschließend noch einmal betont werden muß, daß es nämlich fiir Kohelet keine Schicksalsmacht neben Gott gibt. Weder der Tod bzw. das Geschick (miqrceh) noch die Zeit haben für ihn eine eigene Mächtigkeit. Gott selbst ist völlig unabhängig von diesen Größen. Alle Schicksalsbegriffe haben ihr ideelles Subjekt in Gott, „wodurch Kohelet den Schicksalsgedanken in die Vorstellung von der absoluten majestas Gottes zurückstellt"48. Dies wird im folgenden Abschnitt noch deutlicher zu zeigen sein.

3.2 Determination bei Kohelet? Für die Frage nach der Bedeutung der Determination bei Kohelet erscheint es angebracht, einen Blick auf die Schicksalskonzeption Kohelets insgesamt zu werfen, zumal, wie eben gezeigt wurde, das Schicksal eine entscheidende Rolle in der Gotteserfahrung Kohelets spielt.1 Einzelne Aspekte dieser Konzeption wurden schon angesprochen, auch verschiedene Begriffe, die hier eine zentrale Rolle spielen. Die folgende Darstellung ist an fünf Fragen orientiert, deren Beantwortung entscheidende Merkmale einer Schicksalskonzeption beschreibt2: Erforschbarkeit: Ist das Schicksal für den Menschen (zumindest punktuell) erkennbar? Beeinflußbarkeit: Hat der Mensch Möglichkeiten, auf das Schicksal bzw. auf die hinter ihm stehende Macht Einfluß zu nehmen? Zeitpunkt der Festlegung: Wird das Schicksal schon vor der Geburt eines Menschen festgelegt, ist evtl. die ganze Geschichte fiir alle Zeiten bereits determiniert oder entscheidet die Schicksalsmacht sozusagen

47

Vgl. S. 164.

48

Fischer, Skepsis, 112.

1

Für Nötscher (Schicksal, 4f) schließen sich Eingottglaube und Schicksal eigentlich aus, denn Gott ist eine moralische Macht, das Schicksal aber eine starre, unabwendbare Naturgewalt. Dabei ist allerdings nur das Schicksal als Schicksalmacht im Blick. Daneben kann Schicksal im Deutschen aber auch die Vorsehung oder Fügung bezeichnen. In diesem Sinn schließen sich Eingottglaube und Schicksal jedoch keineswegs aus. Deshalb erscheint es durch angemessen, auch bei Kohelet von einer Schicksalskonzeption zu sprechen.

2

Viele der hier zu nennenden Aspekte wurden bereits in vorangegangenen Kapiteln berührt. Sie sollen hier noch einmal systematisch zusammengefaßt werden.

170

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

„operativ", d.h. von Moment zu Moment? Verursacher des Schicksals: Erscheint die Schicksalsmacht als Personifikation, als eine Gottheit, oder wird Gott selbst als der Schicksalslenker gesehen? Umfang der Festlegung: Ist das ganze Leben in allen Einzelheiten festgelegt oder bleiben dem Menschen Freiräume und die Möglichkeit, sich auch gegen das Schicksal zu stellen?

3.2.1 Die Schicksalskonzeption Kohelets 3.2.1.1 Erforschbarkeit Nach seinem Gedicht über die Zeit stellt Kohelet fest, daß der Mensch das Werk Gottes nicht ergründen kann (3,11). Diese grundlegende Erkenntnis wiederholt er im folgenden immer und immer wieder in neuen Wendungen und anderen Zusammenhängen. Weil der Mensch die Zeiten nicht durchschaut, weiß er auch nicht, was ihm jeweils nützlich ist (6,12). Wie für die Fische das Fangnetz und für die Vögel die Falle, so kommt die böse Zeit plötzlich über die Menschen (9,12). Deshalb gibt es nichts wirklich Sicheres in der Welt: Der leichtsinnige Weg kann erfolgreich sein, der scheinbar sichere sich als fatal erweisen (1 l,lf). Auf nichts ist Verlaß, nicht einmal auf die Unsicherheit!3 Gottes Tun ist eben nicht zu durchschauen (11,5). Der letzte Grund dafür ist Gott selbst. Es ist seine von Kohelet ausdrücklich benannte Absicht, den Menschen nicht wissen zu lassen, was morgen ist, dafür hat er neben dem guten Tag auch den bösen geschaffen (7,14). Folgerichtig verwahrt sich Kohelet gegen den Optimismus von Weisheitslehrern, die glauben, Gottes Tun ergründen zu können. Ich betrachtete das ganze Tun Gottes, wahrlich, kein Mensch vermag herauszufinden das Tun, das unter der Sonne getan wird; denn auch wenn der Mensch sich bemüht zu finden, er wird es nicht ergründen. Und selbst wenn der Weise behauptet zu erkennen, kann er es doch nicht ergründen. (8,17)

3.2.1.2 Beeinflußbarkeit Was geschieht, ist bereits mit Namen genannt und bekannt ist, was ein Mensch sein wird; man kann nicht rechten mit dem, der stärker ist. (6,10) Mit Gott kann man nicht hadern um eine Veränderung des Schicksals zu bewirken, daran läßt Kohelet niemals Zweifel aufkommen. Auch von Gebet und kultischen Handlungen

3

V.Rad, Theologie 1,471.

Determination bei Kohelet?

171

verspricht sich Kohelet in dieser Hinsicht gar nichts.4 Der Abstand zwischen Gott, der im Himmel ist, und dem Menschen auf der Erde (5,1) erscheint Kohelet zu groß, um auf irgendeinem Wege einen positiven Einfluß auf Gott auszuüben. Fragwürdig geworden ist Kohelet auch der Zusammenhang von Tat und Ergehen. Das im ganzen Alten Orient verbreitete Vertrauen darauf, daß ein gutes, d.h. der Ordnung entsprechendes Verhalten auch ein gutes Ergehen zur Folge hat, ist Kohelet verlorengegangen. Diese Denkweise ist ihm natürlich bekannt, er zitiert sie in Koh 8,12f, aber in seinem Denken von Grenzfällen her erwies sich dieser Tun-ErgehenZusammenhang als unzuverlässig, weshalb er als Regel für Kohelet unhaltbar ist. Dementsprechend fügt er der zitierten Ansicht gleich eine Erfahrung an, die das Gegenteil belegt: Es gibt Gerechte, denen geht es nach dem Werk der Frevler. Und es gibt Frevler, denen geht es nach dem Werk der Gerechten (8,14; vgl. 7,15). Letztlich begegnet ohnehin allen das gleiche Geschick (miqrceh), dem Gerechten und dem Gottlosen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Opfernden und dem nicht Opfernden (9,2) - alle sterben denselben Tod, auch dabei läßt sich kein Einfluß auf das Schicksal nehmen. Deshalb lehnt Kohelet „wie der Verfasser des HiobBuches das Aufbegehren des Menschen als unberechtigt ab und verweist auf die Allmacht und Ausschließlichkeit Gottes"5. Es ist eben das souveräne, an nichts gebundene Gewähren oder Verwehren Gottes, das über das Schicksal des Menschen entscheidet. Kann der Mensch sein Schicksal also nicht positiv beeinflussen, so ist damit noch nicht ausgeschlossen, daß er es negativ beeinflussen kann, sei es durch eine bestimmte Tat, sei es durch eine Unterlassung. Diese Frage, ob der Mensch sein Schicksal, wenn schon nicht lenken, so doch zumindest herausfordern kann, berührt bereits den nächsten Bereich dieser Untersuchung.

3.2.1.3 Zeitpunkt der Festlegung Mit Koh 5,5f und 7,15-22 begründet O. Kaiser seine Meinung, daß der Mensch mit seinem Verhalten in der Lage ist, sein Schicksal herauszufordern. Kann der Mensch „sein Leben nicht über die ihm bestimmte Stunde hinaus verlängern, so kann er es doch verkürzen"6. Ein blindes Fatum, das sich um das Geschehen auf der Erde nicht kümmert, ist Gott für Kohelet also offensichtlich nicht. Kohelet baut zwar nie auf das positive Eingreifen Gottes, aber er ist sich der Möglichkeit eines göttlichen Eingreifens in den Gang des Schicksals zu jeder Zeit bewußt.

4

Vgl. Kap. 3.4, S. 188.

5

Hertzberg, Prediger, 145.

6

Kaiser, Determination, 259.

172

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Viel mehr läßt sich zu dieser Fragestellung dem Text nicht entnehmen. Ob das Schicksal nach Kohelets Ansicht bereits vor der Geburt des Menschen festliegt und nur im Ausnahmefall geändert wird oder ob es zu jedem Zeitpunkt prinzipiell offen ist, läßt sich anhand der uns vorliegenden Gedanken Kohelets m.E. nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Bemerkung, daß bestimmt ist, was ein Mensch sein wird (6,10) könnte zwar eine pränatale Determination andeuten 7 , aber diese dürfte dann eher im Sinne eines göttlichen „Planes" zu verstehen sein, der für Änderungen aufgrund der Verfehlungen des Menschen und des göttlichen Eingreifens zu jeder Zeit offen ist. Für Kohelet ist es wohl auch nicht entscheidend, wann genau das Schicksal bzw. die schicksalsrelevanten Zeiten festgelegt werden; wenn dem Menschen ohnehin die Erkenntnis des kommenden Schicksal verwehrt ist, kann es ihm gleichgültig sein, in welchem Augenblick das Schicksal verfügt wird. Entscheidend ist also die Frani/bestimmung, nicht die Vorbestimmung des Schicksals.

3.2.1.4 Verursacher des Schicksals Wie im Alte Testament insgesamt so kam es auch bei Kohelet nicht zur Herausbildung eines „selbständigen oder gar personifizierten Schicksalsbegriffs" 8 . Wo nicht nur abstrakt von Geschick und Widerfahrnis gesprochen wird, ist es stets Gott, der alles verursacht, was dem Menschen begegnet (3,Iff; 11,5). Gott ist es, der das Leben gibt (5,17; 8,15; 9,9), er ist es auch, der den Zeitpunkt des Todes festlegt (3,2 in Verbindung mit 3,11), jenen Zeitpunkt, an dem die rüah wieder zu Gott zurückkehrt, der sie gegeben hat (12,7). Auffallend häufig verbindet Kohelet '"lohim mit Formen von ntn oder 'sh. immer wieder erscheint Gott als der Gebende und Schaffende. Er gibt das Gute und auch das Schlechte: Er schafft den bösen Tag ebenso wie den guten (7,14), er gibt Reichtum, Güter und Ehre und kann doch zugleich versagen, diese zu genießen (6,2; vgl. 5,18, wo beides gewährt wird). Es kann kein Zweifel bestehen, daß auch dort, wo kein Subjekt genannt ist (z.B. 6,10; 9,1 lf), Gott als die eigentliche Schicksalsmacht im Leben der Menschen gedacht wird. Auch was dem Menschen als Zufall erscheint, ist Schickung Gottes.10

7

So bemerkt etwa Kaiser (Determination, 255f), der Prediger verstehe die Zeit „als von Gott am Anfang der Welt qualitativ und zugleich auch mindestens partiell individuell determiniert".

8

Morenz, Untersuchungen, 35 (bezogen auf das AT).

9

Vgl. Kap. 3.1, S. 164.

10

Insofern ist Hertzberg (Prediger, 78) recht zu geben, der feststellt, daß es in Kohelets Schicksalskonzeption eine Mischung von Zufall und Schickung gibt: „Zufall für den, den es trifft, Schickung im Blick auf den, der es sendet".

Determination bei Kohelet?

173

Damit stimmt Kohelet in diesem für die Schicksalskonzeption wesentlichen Punkt mit den Aussagen des ganzen Alten Testamentes überein: Schicksalsfügungen werden auch dort, wo es nicht ausdrücklich erwähnt wird, als Handeln Gottes verstanden. So wählte Rut - um nur ein Beispiel zu nennen - scheinbar zufällig (miqrceh) den Acker des Boas (Rut 2,3). Der Leser weiß indes von Anfang an sehr gut, daß dieser .Zufall" Gottes Schickung ist. Neu ist bei Kohelet jedoch, daß verschiedene Schicksalsbegriffe (vor allem 'et, helceq, miqrceh) allein schon durch den häufigen Gebrauch eine auffallend wichtige Funktion bekommen haben. Gelegentlich erscheint es so, als ob sich diese Schicksalsbegriffe zwischen Gott und Mensch schieben. Kohelet vermeidet aber „eine Hypostasierung dieser Begriffe, sie bleiben für ihn Formen des unbegreiflichen Handelns Gottes"11. Dieses Handeln unterliegt keiner dem Menschen nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeit; der frei waltende Gott steht über dem Schicksal, „dessen ewiges Kreisen er in Gang hält, ... vom Menschen kaum von jenem zu unterscheiden"12. Da Kohelet aber immer wieder von Gottes Handeln spricht und auch aufmögliche negative Sanktionen gegenüber menschlichem Verhalten hinweist, kann man kaum behaupten, daß Gott für ihn „zur anonymen Schicksalsmacht ausgedünnt"13 sei. Gott ist es, der hinter dem Zeitenablauf steht, er ist es, der dem Menschen helceq zuteilt und er bestimmt schließlich auch des Menschen Tod (d.h. sein miqrceh), der bei Kohelet ebensowenig wie sonst im Alten Testament eine selbständige Macht neben Gott ist.„Die Undurchdringlichkeit des menschlichen Schicksals ist nicht der Erweis seiner (Gottes, d. Verf) Nichtexistenz, sondern der tatsächliche Erweis seiner Gottheit. Erst jetzt wird der Mensch inne, wer Gott ist, wenn er sich dem Dunkel seines Schicksals und seiner Zukunft stellt, 3,10-15." 14 Es ist eben der Gott, der im Himmel ist, der vom Menschen auf der Erde deutlich unterschieden und deutlich getrennt ist, der das Schicksal verursacht. Er ist für den Menschen ebenso undurchdringbar wie unbeeinflußbar.

3.2.1.5 Umfang der Bestimmung Betrachtet man alle Texte, die von einer Bestimmung des Menschen durch von ihm selbst nicht beeinflußbare Gegebenheiten sprechen, so entsteht der Eindruck, dem Menschen bliebe kaum noch Freiraum zur eigenen Entscheidung.

11

Hengel, Judentum, 233. Vgl. Galling, Rätsel, 13: „Der .Zeitenablauf ... gewinnt hier (im 3. Kapitel, d. Verf) einen beinahe personhaften Charakter".

12

Kaiser, Gerechtigkeit, 178.

13

Gegen Müller, Gast, 178.

14

Kaiser, Schicksal, 46.

174

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

„Vom Leben bis zum Tode, durch alle Einzelheiten des Daseins hindurch, ist alles von Gott bestimmt. Diesen Gedanken der Prädestination haben wir am deutlichsten in 6,10 und 9,lf' 1 5 . Vor allem die Zeit ist es, die nach Kohelet den Menschen zu bestimmen scheint. Koh 3,1-8 erweckt den Eindruck, der Menschen sei gefangen in seiner Zeit.16 „Durch die Gegensatzpaare macht Kohelet klar, daß dem Menschen entweder der Zeitpunkt für eine Handlung oder für ihr Gegenteil begegnet, ohne daß der Mensch dies wirklich beeinflussen kann."17 Diese Festlegung umfaßt alle Lebensbereiche, das geht zunächst aus der einleitenden Formulierung alles hat seine Zeit (3,1) hervor, wird dann aber auch durch die symbolische Anzahl von zweimal 14 Paaren18 verdeutlicht. Verstärkt wird der Eindruck einer umfassenden Festlegung durch die vielfältige Zusammenstellung: gewichtige Ereignisse stehen neben eher trivialen19 und solche, die dem Einfluß des Menschen ganz eindeutig entzogen sind, neben anderen, die man doch in der freien Verfugung des Menschen glaubt.20 In eine ähnliche Richtung zielt der Abschnitt Koh 7,11-14, wo gegen die Überzeugung, durch Weisheit das Leben sichern zu können, an das unbeeinflußbare Werk Gottes erinnert wird. Gute und schlechte Zeiten (Tage) wechseln sich darin in einer für den Menschen unverständlichen Reihenfolge ab, daran können auch die Weisen nichts ändern. Das bestätigt Kohelet in 9,1. Die Gerechten und Weisen sind in Gottes Hand, und das meint bei Kohelet nicht, daß sie behütet und geborgen sind, sondern daß sie über sich und ihr Tun nicht selbst bestimmen. Nicht einmal in den eigenen Gefühlen, in Liebe und Haß, scheinen sie wirklich frei zu sein.21 Noch deutlicher wird Kohelet in 9,11 f. Nicht die Eigenschaften, die man für bestimmte Leistungen gemeinhin verantwortlich macht, sind wirklich entscheidend; nicht Geschicklichkeit, sondern Zeit und Geschick Tiy) bestimmen über Erfolg und Mißerfolg.

15

Hertzberg, Prediger, 223.

16

Vgl. U u h a , Kohelet, 67.

17

Michel, Philosophie, 22.

18

Vgl. Kap. 2.2.3, S. 83.

19

Vgl. de Vries, Time, 272.

20

Schwienhorst-Schönberger (Nicht im Menschen, 93f) sieht die Gemeinsamkeit allerdings gerade in der Unverfügbarkeit, es handelt sich entweder um Ereignisse, „über die der Mensch nicht verfugen kann, oder um Handlungen, die als Reaktion auf eine vom Menschen selbst nicht herbeigefiihrte Situation zu verstehen sind". Dagegen sprechen, neben dem umfassenden Einleitungsvers, mindestens auch das Abbrechen, Bauen und Tanzen.

21

Strittig ist bei diesem Vers, ob Liebe und Haß aktiv oder passiv, d.h. auf die Stellung vor Gott zu beziehen sind. Die Aussage von 9,1 a spricht aber eher für ein aktives Verständnis. So z.B. auch Zimmerli, Prediger, 219; Lauha, Kohelet, 164; Hertzberg, Prediger, 177; Gese, Krisis, 173; Schoors, Koheleth, 297.

Determination bei Kohelet?

175

Damit wird die in der Weisheitsliteratur allgemein bekannte Vorstellung vom rechten Zeitpunkt radikalisiert und auf alle Lebensbereiche ausgeweitet. So scheint K. Galling im Recht zu sein, wenn er feststellt: „Der Mensch hat sich der Zeit zu unterwerfen." 22 Er kann in seinem irdischen Leben „konkreten Entscheidungen niemals ausweichen"23. Das hieße, daß Gott, der über die Zeiten verfugt, das Leben des Menschen in allen Einzelheiten bestimmt, daß jede Handlung des Menschen von Gott auf eine bestimmte Stunde festgelegt ist. Für diese Auffassung spricht auch Koh 8,16f. N. Lohfink schreibt dazu: „Dieser Vers ist für das Verständnis des ganzen Buchs sehr wichtig, da er explizit das ,Tun Gottes' mit dem ,Tun, das unter der Sonne getan wird' gleichsetzt - was von der Passivformulierung her auch sonst zu vermuten war. Gemeint ist speziell alles menschliche Handeln. Dies ist also zugleich stets göttliches Tun." 24 F. Backhaus kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, daß nämlich, jedes menschliche Tun letztlich Gottes Handeln impliziert, also von ihm her bestimmt ist"25. Richtig ist sicherlich die Feststellung, daß in diesen beiden Versen das Geschehen auf der Erde mit dem Werk Gottes in Verbindung gebracht wird. Gottes Tun ist erfahrbar in dem Geschehen auf der Erde bzw. unter der Sonne. Doch das bedeutet zunächst einmal nur, daß der Mensch das Tun Gottes ausschließlich unter der Sonne erfahren kann - bei der grundsätzlichen Diesseitsorientierung Kohelets ist das ohnehin naheliegend. Bestätigt wird damit zugleich auch, was schon in anderem Zusammenhang deutlich wurde 26 : Kohelet rechnet durchaus damit, daß Gott in das Geschehen auf Erden eingreifen kann. Er mag zwar im Himmel sein, während der Mensch auf der Erde ist (5,1), aber damit ist die Erde keinesfalls seinem Einflußbereich entzogen. Er ist kein Urhebergott, der die Welt in Gang setzte und dann dem Selbstlauf überließ. Hat der Mensch also gar keine echte Freiheit in seinen Entscheidungen? W. E. Staples27 versteht Kohelet offensichtlich so. Jeder Mensch muß, ebenso wie die Phänomene der Natur, als Geschöpf den Willen des Schöpfers tun, denn menschliche Werke sind wie die Werke der Natur letztlich Gottes eigene Werke. Es ist der von Gott gegebene Geist (11,5, vgl. 12,7), der als motivierende Kraft den Menschen

22

Galling, Zeit, 14.

23

Galling, Zeit, 2.

24

Lohfink, Kohelet, 64.

25

Backhaus, Zeit, 258. Er verbindet dabei Koh 8,16fin seiner Untersuchung mit Koh 3,1 Of, weil das ,,'th='nyn ein Zitat aus Qoh. 3,10 darstellt". Abgesehen davon, daß ein derart kurzes Textstück wohl kaum ausreicht, um von einem Zitat zu sprechen, empfindet er selbst die Parallelität beider Verse anscheinend gar nicht so stark, denn in Koh 3,10 übersetzt er 'injän mit Mühsal, in 8,16 aber mit Geschäft.

26

Vgl. besonders Kap. 3.2.1.3, S. 171.

27

Staples, Profit in Ecclesiastes.

176

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

sogar gegen das Urteil seiner Erfahrung streben läßt. J t would be through this medium that God directs the activities of man."28 Der Mensch denkt zwar, er sei frei in seinen Entscheidungen, ist es aber nicht, er führt stets nur Gottes Plan aus. Gott steuert das Universum nach einem festgesetzten und nur ihm bekannten Plan. Gott ist für Kohelet „director of the universe"29, er ordnet alle Ereignisse. Wenn diese Ansicht zutreffend ist, so muß man bei Kohelet von einem fatalistischen Welt- und Gottesbild sprechen. Die menschliche Freiheit ginge dann völlig in der göttlichen Determination unter.

3.2.2 Determination und Freiheit bei Kohelet Fatalismus ist nach H. Ringgren die „resignierte Einstellung dem unentrinnbaren S(chicksal) gegenüber"30. Wie eben gezeigt wurde, verstehen einige Ausleger Kohelet offensichtlich so; z.T. wird seine Weltsicht ausdrücklich als fatalistisch oder als an Fatalismus grenzend bezeichnet.31 Nach M. Hengel gibt es „für Kohelet im Grunde keinen freien Willen des Menschen mehr. Alles ist von Gott her festgelegt."32 Und auch O. Kaiser entdeckte bei Kohelet „eine alle menschliche Verantwortung auslöschende Determination, die Gott in einen nach seiner Willkür handelnden Despoten verwandelt"33. Gewisse Ansätze einer deterministischen oder fatalistischen Anschauung sind bei Kohelet sicherlich nicht zu leugnen, es sei nur an die oben genannten Stellen erinnert. Doch auch in anderen Texten der Weisheitsliteratur lassen sich ähnliche Äußerungen belegen. So bemerkt H. Gese zu Spr 10,22; 20,24: „Hier bricht eine Anschauung von Determination durch, die das Weisheitsdenken in seinen Grundlagen erschüttert." 34 Diese Sicht ist sicherlich nicht die durchgängige Auffassung der Weisheitsliteratur; insgesamt erscheinen die Menschen in den Proverbien eher als

28

Staples, Profit, 88.

29

Staples, Profit, 94.

30

Ringgren, Art. Schicksal, 1405.

31

S o z.B. Wölfel, Skepsis, 60; Galling, Studien, 292; Hengel, Judentum, 219;

Hertzberg,

Prediger, 226. 32

Hengel, Judentum, 222.

33

Kaiser, Begründung, 118. Er verweist dabei auf Koh 6,10ff; 8,17; 9,2; diese Textstellen können jedoch m.E. auf keinen Fall die Auslöschung der menschlichen Verantwortung belegen. In anderen Veröffentlichungen sieht auch Kaiser die Entscheidungsfreiheit des Menschen im Kohelet-Buch durchaus gewahrt (vgl. Kaiser, Determination, 259.268; vgl. unten S. 181).

34

Gese, Lehre, 46. Vgl. auch beispielsweise Spr 16,1.9.33; 21,31.

Determination bei Kohelet?

177

veränderbar und nicht als determiniert35, aber es finden sich eben auch Aussagen, „die den Menschen in völliger Abhängigkeit von JHWH sehen"36. Und so finden sich für die willkürliche Bestimmung des Geschickes durch Gott vergleichbare Aussagen im gesamten Alten Testament.37 Es muß also gefragt werden, ob neben den an Determination erinnernden Äußerungen Kohelets nicht auch gegenteilige Aussagen zu finden sind, die von der Freiheit des Menschen sprechen. Hier ist zunächst einmal an die Aufforderungen Kohelets zu erinnern, insbesondere an die häufige Ermunterung, die Freude und das Lebensglück zu genießen. In einem deterministischen System wären solche Aufforderungen überflüssig, denn der Mensch hätte gar nicht die Möglichkeit, in der Stunde der Freude von dieser keinen Gebrauch zu machen. Das gleiche gilt für die direkten und indirekten Aufforderungen zur produktiven Tätigkeit. Nicht das Schicksal verursacht, daß es durch ein undichtes Dach ins Haus tropft und daß die Balken sinken, sondern die Faulheit (Koh 10,18). Daraus folgt, daß Kohelet hier die freie Entscheidung des Menschen zum Fleiß oder zur Faulheit voraussetzt. Die Verantwortung des Menschen ist bei Kohelet an keiner Stelle wirklich aufgehoben. Das wird z.B. in Koh 7,29 deutlich. Daß Gott in seinem Werk etwas „krumm" macht (7,13) ist keineswegs moralisch zu verstehen. Der Mensch ist von Gott recht 0\L>\ 7,29) gemacht, deshalb ist er für sein Tun voll verantwortlich.38 Auch Koh 5,5 und 7,16-18 sprechen von der Verantwortung des Menschen und von der damit verbundenen Möglichkeit, das Schicksal herauszufordern.39 An dieser Stelle müssen auch noch einmal das Tun unter der Sonne und das Werk Gottes betrachtet werden. Oben40 wurde daraufhingewiesen, daß beide von einigen Auslegern mehr oder weniger gleichgesetzt werden. Doch allein die relativ enge Verbindung von der Geschäftigkeit, die auf Erden geschieht (8,16) und dem Werk Gottes (8,17) wird diese Gleichsetzung, die für die Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und Determination entscheidende ist, kaum tragen können. Auch N. Lohfinks Hinweis auf die Passiv-Formulierung muß relativiert werden, denn in Koh 1,3 ist eindeutig der Mensch Träger der Handlung, die unter der Sonne geschieht. Auch Koh 1,14 stimmt nachdenklich, wird doch sonst das Werk Gottes gerade nicht als hcebcel bezeichnet. Wenn aber alles, was unter der Sonne geschieht zugleich 35

Vgl. Hausmann, Studien, 353.

36

Meinhold, Sprüche II, 343.

37

Vgl. 2 Sam 24,1; Jes 44,2; 45,7; 49,1; Jer 1,5; Am 3,6; weitere Beispiele sind zusammengestellt bei Maier, Mensch, 90, Anm. 339.

38

Vgl. Galling, Prediger, 109; Loretz, Qohelet, 255.

39

Kaiser, Determination, 259.

40

Vgl. Kap. 3.2.1.5, S. 175.

178

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

stets göttliches Tun wäre, so wäre auch dieses Tun Windhauch und Haschen nach Wind. Und schließlich sei noch auf Koh 2,3 verwiesen. Ginge alles Geschehen unter der Sonne auf Gott zurück und wäre bis ins kleinste Detail determiniert, so wäre es unsinnig, herausfinden zu wollen, wie man sich verhalten sollte. Der Mensch hätte dann ohnehin keinen Spielraum. Doch das ist eben nicht Kohelets Ansicht. Auch Koh 3,1-8 kann nicht ausschließlich als Beleg für die Determination betrachtet werden. R. Lux weist daraufhin, daß in 3,2-8 die auf 'et folgenden Infinitive stets aktiv sind. Deshalb sollte man nicht meinen, „daß der Mensch in der festgesetzten Zeit gar nichts tut, daß alles bereits getan wäre. Doch das, was er tut, ist an Zeit und Stunde gebunden." 41 Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man Koh 2,10 und die verschiedenen Texte, die zum Ergreifen des Glücks auffordern, zusammen betrachtet. In 2,3ff beschreibt Kohelet die Unternehmungen des (fiktiven) Königs Kohelet, durch die sein Herz fröhlich wird (2,10). Diese Freude wird als Ergebnis eigener Bemühungen bezeichnet. An anderen Stellen wird Freude aber ausdrücklich eine Gabe Gottes genannt (2,24; 3,13; 5,19). Koh 4,7ff weist in die gleiche Richtung. V 9 befürwortet die gemeinsame Mühe, weil ihr guter Lohn entspringen kann; und hält man sich an den Zusammenhang mit V 8b, so besteht dieser Lohn (auch) darin, daß man sich selbst Gutes gönnen kann. Offensichtlich wirken hier Gott und Mensch zusammen.42 Gott gewährt, der Mensch ergreift den Augenblick, oder umgekehrt: der Mensch müht sich, aber Gott ist es letztlich, der das Gelingen, hier das Genießen des Guten, gewährt (vgl. 6,2). Die von Gott gesetzten Zeiten und das Handeln des Menschen können deshalb nicht voneinander getrennt werden. Die Ermahnung zum Respekt gegenüber der Souveränität göttlicher Entscheidungen und die Aufforderung zum eigenverantwortlichen Tun würden sich widersprechen, wenn Kohelet eine völlige Determination (oder auch eine völlige Freiheit) des Menschen annehmen würde. Das wird vor allem aus dem Gesamtzusammenhang deutlich, läßt sich aber auch an einzelnen Texten nachweisen. Vorrangig ist hier wiederum auf die verschiedenen Aufforderungen und Ermahnungen Kohelets zu verweisen (4,17ff; 7,15ff; 11,6; 1 l,7fl). Daneben sind es vor allem zwei Texte, die davon sprechen, daß das vom Menschen Gewünschte und das von Gott bestimmte zusammenfallen können. In 9,7 ermuntert Kohelet den Leser mit Freuden sein Brot zu essen und guten Mutes seinen Wein zu trinken, weil Gott schon längst (113) Gefallen an diesem Tun hat. Und auch Koh 5,17 enthält die Feststellung, daß im rechten Genuß der Lebensgüter das für

41

Lux, Ein jegliches, 58.

42

Lohfink (Gegenwart, 9) vergleicht dies mit dem concursus divinus der mittelalterlichen Theologie: „Ein und dasselbe Geschehen hat seine eine, nur als fragmentarisch und fremdbestimmt erfahrbare menschliche und zugleich seine andere, in Gottes Ewigkeit und Schönheit hineinreichende Dimension."

Determination bei Kohelet?

179

den Menschen Gute (1ΊΌ) und das aus der Sicht Gottes Angemessene (Π£Ρ)43, also das Handeln des Menschen und die Bestimmung Gottes zusammenfallen.44 Der Mensch kann zwar die von Gott bestimmten Zeiten nicht verändern (7,13f), er hat aber die Freiheit, diese Zeiten verstreichen zu lassen, die von Gott gegebenen Möglichkeiten auszuschlagen. So wie er sein Unglück heraufbeschwören kann, so kann er sein Glück versäumen. Die göttliche Qualifikation der Zeiten ändert also nichts daran, daß menschliches Planen und Tun erforderlich ist, um das vergängliche Glück zu ergreifen.45 Das gleiche gilt auch für alle anderen Tätigkeiten. Der Mensch ist mit seinem ganzen Tun an die von Gott bestimmten Zeiten gebunden. „Gott der Herr will die Dinge zu ihrer Zeit. Daher müssen wir anstreben, sie auch zu wollen."46 Das, was uns schlecht erscheint, gilt es jedoch zu ertragen, bis nach dem bösen Tag wieder ein guter kommt.47 Ein solches Nebeneinander von Determination und Willensfreiheit findet sich nicht nur bei Kohelet, sondern gleichfalls bei den Qumran-Essenern48 und Sirach49 und auch schon im Alten Testament.„Das AT empfindet im allgemeinen den Widerspruch nicht, der zwischen der Tatsache des allesvermögenden Gottes und dem Anteil des Menschen an seinem Heil besteht"50. So empfand man auch die Lehre von der „fallenden Zeit", der durch Gott bestimmten Zeit für etwas, nicht als eine Beschränkung menschlicher Freiheit. Deshalb wird „die religiöse und sittliche Entscheidungsfreiheit des Einzelnen von diesem Determinismus merkwürdigerweise wenig berührt"51. Göttliches und menschliches Tun stehen nebeneinander oder sind ineinander verschlungen, so daß in ein und demselben Vorgang sowohl das Eingreifen Jahwes als auch menschliches Handeln gesehen werden kann., Jhwh handelt nicht ohne Berücksichtigung des menschlichen Verhaltens oder gar im

43

Zu diesem Verständnis des DD> "TON 1ΊΌ in Koh 5,17 vgl. Krüger, Dekonstruktion, 125, Anm. 83 sowie die Überlegung zur Übersetzung von jägceh (S. 64, Anm. 158).

44

Vgl. Michel, Untersuchungen, 67; Kaiser, Determination, 257.

45

Vgl. Kaiser, Determination, 259.

46

Ruler, Mensch, 30.

47

Im Gegensatz zur stoischen Philosophie erwartet Kohelet nicht, daß der Mensch seinen Willen so formt, daß er schlechthin alles gern annehmen kann.

48

Vgl. Nötscher, Schicksal und Freiheit, 32-49.

49

Vgl. Maier, Mensch, 114f.

50

Hertzberg, Prediger, 227. Vgl. auch Kaiser, Begründung, 118, dort speziell zum Deuteronomium und zur prophetischen Verkündigung.

51

V. Rad, Weisheit, 337.

180

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Gegensatz zu diesem Verhalten, obschon er nicht davon abhängig ist. Zwischen dem Tun beider Seiten herrscht vielmehr ein Einklang."52 O. Kaiser stellt in seiner Untersuchung über „Determination und Freiheit beim Kohelet/Prediger Salomo und in der frühen Stoa" fest, daß Kohelet im Gegensatz zur Stoa nicht versucht, das Verhältnis zwischen menschlichem Handeln und göttlichem Verfügen systematisch zu bestimmen und das eine aus dem anderen abzuleiten. „Damit bleibt Kohelet auf dem Boden des weisheitlichen Denkens und seiner Maxime, Prov 16,9"53. Auch bei Kohelet bleibt somit eine Spannung erhalten, die man als Widerspruch bezeichnen könnte. Aber daß Kohelet „das Problem .Freiheit und Vorherbestimmung' sowenig auf einen rational einsichtigen Nenner bringen konnte wie alle vor oder nach ihm, ist nicht seine Schuld, sondern liegt in den Tatsachen selbst begründet"54. Eine derartige systematisch-philosophische Erörterung hat Kohelet auch gar nicht beabsichtigt. Sein Verweis auf die Determination und Gottbestimmtheit des Lebens zielt in die gleiche Richtung wie ähnliche Aussagen in den Proverbien. Es geht darum, den Menschen „aus gottvergessener Selbstsicherheit wach zu rütteln und ihn so dahin zu bringen, daß er sein Wollen, Planen und Vollbringen mit Gottes Ordnung, mit seinem Wollen, Planen und Vollbringen in Übereinstimmung setzt"55. Gerade das zeichnet im Verständnis von Ps 104 die Sonderstellung des Menschen im Kosmos aus. Dieser kann „in seinem Handeln den ihm von Jahwe vorgegebenen Lebensbezügen in Raum und Zeit enfsprechen oder widersprechen"56. Genau hier bricht Kohelets Problem mit den Erfahrungen von Fremdbestimmung durch eine vorgegebene Ordnung auf. Er beklagt, wie F. Nötscher zu Recht bemerkt, nie den Mangel an Freiheit, sondern einen Mangel an Einsicht.57 Die Zeiten sind von Gott bestimmt und zu seiner Zeit ist alles angemessen (3,11). Doch wie soll sich der Mensch mit diesen Zeiten in Übereinstimmung bringen, wenn er das Werk Gottes, die Setzung der Zeiten nicht erkennen kann?58

52

Fohrer, Zweifache Aspekte, 203.

53

Kaiser, Determination, 268.

54

Loretz, Qohelet, 256.

55

Kaiser, Mensch, 80f; vgl. von Rad, Weisheit, 109f.

56

Krüger, Kosmo-theologie, 59.

57

Vgl. Nötscher, Schicksal, 16. Gegenüber Sirach fällt auf, daß Kohelet die Willensfreiheit nicht ausdrücklich verteidigt. Sie scheint für ihn selbstverständliche Voraussetzung zu sein. Offensichtlich gibt es für Kohelet (anders als fur Sirach) noch keinen Anlaß, sich in dieser Frage mit der hellenistischen Philosophie auseinanderzusetzen. Zur Willensfreiheit bei Sirach vgl. Maier, Mensch, 85-97.

58

Vgl. Koh 7,14; 8,7.17; 9,12; 11,2.5.6.

Determination bei Kohelet?

181

Diese Klage über die mangelnde Einsicht in den Charakter der Zeiten macht auf ihre Weise nochmals zweierlei deutlich. Zum einen bestätigt sich, daß die Zeiten tatsächlich determiniert sind und der Mensch von ihnen abhängig ist. Zum anderen wird deutlich, daß der Mensch dennoch frei ist, denn wäre es nicht so, müßte man die fehlende Erkenntnis nicht beklagen, weil alle Handlungen ohnehin von Gott bestimmen werden würden. Da der Mensch aber frei ist, steht er auch immer in der Gefahr, den falschen Weg zu wählen, sich der Bestimmung der Zeiten zu widersetzen.59 Und wer weiß schon, was für den Menschen gut ist im Leben (6,12). Wer weiß schon, ob nicht gerade das scheinbar Aussichtslose gelingen und das scheinbar Sichere mißlingen wird (11,1 f; 9,11). Doch eine ausschließlich abwartende und beobachtende Haltung bringt den Menschen nicht weiter. Wer den Wind beobachtet, sät nicht, und wer auf die Wolken sieht, erntet nicht. (11,4) Das Risiko der Entscheidung muß deshalb im Bewußtsein der eigenen Unwissenheit gewagt werden. Am Morgen säe deinen Samen und laß deine Hand bis zum Abend nicht untätig sein, denn du weißt nicht, was gelingen wird, das eine oder das andere oder ob beide zusammen gut werden. (ll,6f° Die Entscheidung muß gewagt werden, und sie ist die selbstverantwortete Entscheidung des Menschen, denn nur die Zeiten sind determiniert, nicht aber das Handeln. Zutreffend beschreibt Th. Krüger diese Situation: „Menschliches Handeln ist notwendig, aber nicht hinreichend durch göttliches Handeln bedingt."61 Denkt man diesen Gedanken weiter (und damit ein Stückchen über den Text des Kohelet-Buches hinaus), so ergibt sich daraus, daß eine Handlung nur dann gelingt, wenn sie mit der jeweiligen Zeit übereinstimmt, denn könnte stets auch das Gegenteil gelingen, so wäre die Zeit eben nicht determiniert.62 Die sittliche Verantwortung bleibt damit von der Determination weitgehend unberührt.63 Gott und Mensch wirken zusammen, indem Gott die Zeiten determiniert und der Mensch sie nutzen oder verstreichen lassen kann. Diese Möglichkeit ist eine ganz reale und stellt deshalb auch eine ganz reale Gefahr dar. Wenn das Risiko

59

Vgl. Kaiser, Botschaft, 61: „Sein Planen und Handeln besitzt einen unvermeidlichen Wagnischarakter, weil er nicht weiß, ob er damit die von Gott festgelegte Qualität der Zeit trifft."

60

Dieser Satz wird ursprünglich wohl eine Aufforderung zu steter Arbeit gewesen sein. Im Zusammenhang mit Koh 4,6 zielt er jedoch (auch) gegen jene zögerlich-abwartende Haltung, die aus Angst vor einer falschen Entscheidung gar nicht handelt. (So auch Kaiser, Determination, 260.) Nebenbei wehrt er auch dem Mißverständnis, daß Kohelets häufige Ermunterungen zum Genießen der Freude eine Aufforderung zur Faulheit wären.

61

Krüger, Qoh 2,24-26, 77.

62

Vgl. S. 166, Anm. 36.

63

Vgl. Kaiser, Determination, 268 sowie oben S. 177. Man sollte hier jedoch keine schlüssige Systematik erwarten; so hat zwar nach Koh 3,3 auch Töten seine Zeit, doch wird man daraus kaum eine moralische Rechtfertigung der Tötung eines Menschen ableiten dürfen.

182

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

der Entscheidung nicht gewagt wird, gefährdet man nicht nur die eigene Zukunft (vgl. 4,5; 10,18), man verpaßt auch alle Gelegenheiten zum Lebensgenuß und verpaßt damit seinen Teil (helceq) am Leben.

3.3 Das Verhältnis des Menschen zu Gott Bei der Beschreibung des Verhältnisses von Determination und Freiheit bei Kohelet darf man nicht aus den Augen verlieren, daß es ihm vordergründig gar nicht um eine Verhältnisbestimmung beider Pole geht. Die menschliche Freiheit wird von ihm wie selbstverständlich vorausgesetzt und nicht weiter begründet. Was er betont, ist die Determination, doch auch dies nicht um ihrer selbst willen, sondern um die Autonomie Gottes hervorzuheben. 1 In souveräner Entscheidung setzt Gott die Zeiten, und der Mensch kann sich von ihnen nicht unabhängig machen, er ist an diese Vorgabe gebunden. Zugleich hat Gott aber in seiner unendlichen Freiheit dem Menschen die Einsicht in die Zeiten verwehrt. Das ist das von Kohelet immer wieder beschriebene und auch hier schon mehrfach angesprochene Dilemma. Es gibt schlechterdings keine für den Menschen einsehbaren Regeln, nach denen Gott über die Zeiten und über das Leben der Menschen bestimmt. So bleibt es auch seinem freien Willen vorbehalten, dem einen in den Mühen des Tages Freude und Genuß zu schenken, dem anderen aber zu verwehren. Ein Zusammenhang von Verhalten und Ergehen ist damit zwar nicht ausgeschlossen, aber als verläßliche Regel destruiert. Hier wird neben der Gemeinsamkeit auch der Unterschied zu anderen alttestamentlichen Auffassungen, insbesondere dem Verständnis der Weisheit deutlich. Im allgemeinen ging man davon aus, daß die göttliche Ordnung durchaus einsehbar war und daß Gott als Garant der Beziehung zwischen Tun und Ergehen in Erscheinung tritt. Zugleich vertraute man darauf, daß die Willkür Gottes und die Ohnmacht des Menschen durch den dem Menschen bekannten sittlichen Willen Gottes begrenzt ist.2 Kohelet ist auch an diesen Punkten weniger optimistisch. „Der Gott, dessen Wille in Israel und nicht zuletzt bei den Weisen bekannt ist, hat sich für Kohelet fast ganz in den deus absconditus, den verborgenen Gott verwandelt. Er bleibt mit Absicht hinter der Rätselhaftigkeit seiner Schicksalslenkung mittels der determinierten Zeit verborgen, damit sich die Menschen ihrer Grenze bewußt werden und ihn als den Herrn ihres Schicksals fürchten." 3 Und obwohl Kohelet

ι

Vgl. Kroeber, Prediger, 56.

2

Vgl. Kaiser, Mensch, 78.

3

Kaiser, Determination, 259.

Das Verhältnis des Menschen zu Gott

183

darauf vertraut, daß die Schöpfung gut ist und daß in ihr jedes Ding zu seiner Zeit angemessen ist (3,11), kann er sich nicht geborgen fühlen in einer „heilsamen Ordnung"4. Denn den Menschen fehlt die Einsicht in diese Ordnung, und so können Zeit und Ordnung sogar als bedrückend empfunden werden. Wahrlich, für jedes Ding gibt es Zeit und Ordnung, doch als Übel liegt das schwer auf den Menschen. Ja, keiner weiß, was sein wird, denn wie es sein wird - wer sagt es ihm? (8,6f f Fehlt aber die Einsicht, so kann man sich nicht einordnen; und wo man sich nicht einordnen kann, steht man immer in der Gefahr, gegen die Ordnung zu handeln und sich damit zu schädigen. Auch in Koh 6,1 erscheint das freie, nicht nachvollziehbare Zuteilen Gottes als ein belastendes Übel. A. Lauha stellt deshalb fest:„Die Abhängigkeit von der Macht Gottes ist bedrückend, weil seine Entscheidungen ethisch indifferent sind."6 Für Kohelet müßte damit eigentlich eine Spannung zwischen Gottes Allwirksamkeit und seiner Gerechtigkeit aufbrechen.7 Es findet sich aber keine direkte Klage über Gottes Ungerechtigkeit. W. Zimmerli sieht die schärfste Aussage gegen Gott in der Feststellung Kohelets, daß Gott den Menschen eine üble Geschäftigkeit (νΊ "|Oy, 1,13) gegeben hat.8 Die Klage über die uneinsichtige Ordnung (8,6) ist sicherlich ebenfalls eine schwerwiegende Aussage, zumal die Weisheit ja gerade daran interessiert ist, Ordnungszusammenhänge aufzudecken. Um die Gerechtigkeit Gottes geht es dabei aber ebenso wenig wie in Koh 6,1 f.9 Auch in Koh 2,26 wird die Frage der Gerechtigkeit Gottes nicht reflektiert, obwohl hier zur Sprache kommt, wie „Gott in voller Schrankenlosigkeit die Gaben verteilt"10, doch Kohelet „findet das offenbar ganz in der Ordnung"". Und selbst dort, wo Hiob zu hadern beginnt, nämlich bei der Zusammenhanglosigkeit von Handeln und Ergehen, findet sich bei Kohelet kein Wort gegen Gott, sondern nur die wiederholte Feststellung, daß das Geschehen auf Erden Windhauch ist (8,14; vgl. 7,15).

4

Das Verlangen nach Geborgenheit in einer solchen heilsamen Ordnung, das nach G. v. Rad (Weisheit, 111) den Menschen tief eingepflanzt ist, mag auch bei Kohelet vorhanden sein. Bei der Realisierungsmöglichkeit ist er jedoch weniger optimistisch als andere Weise.

5

Zur Übersetzung vgl. Michel, Qohelet, 154.

6

Lauha, Kohelet, 166; ähnlich Wölfel (Skepsis, 43), der das Schicksal als „wertindifferent" bezeichnet.

7

Vgl. Hengel, Judentum, 219; Fischer, Skepsis, 253f.

8

Zimmerli, Struktur, 202.

9

Anders Lauha (Omnia, 23), er versteht Koh 6,2 als einen „sehr strengen Protest... gegen das Unrecht der Weltordnung".

10

Hertzberg, Prediger, 94.

11

Hertzberg, Prediger, 94.

184

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Von einer Anklage gegen Gott kann also nicht gesprochen werden. 12 Kohelet betont, daß das, was Gott tut, unveränderlich feststeht (3,14) und daß man mit ihm nicht hadern kann (6,10). „Gott ist ftlr Qoh kein Problem, sondern steht außerhalb der Diskussion." Kohelet verliert deshalb den Glauben an die gute Schöpfung nicht (3,11), obwohl dieser durch den Augenschein nicht bestätigt wird.13 Weil die Ordnung Gottes dem Menschen nicht einsehbar ist, kann sie auch nicht an menschlichen Maßstäben gemessen werden, ein anderer steht aber keinem Menschen zur Verfugung. Vielleicht vermeidet Kohelet deshalb jede negative Rede von Gott: Wo der Maßstab fehlt, sollte man sich mit Urteilen, zumal mit negativen, zurückhalten. Was O. Loretz zu Ludlul bä nemeqi schreibt, kann auch auf Kohelet übertragen werden: „Wenn der Mensch das Tun Gottes nicht begreift, dann kann er auf dieses folglich auch die herkömmliche Regel der Gerechtigkeit nicht anwenden."14 Weil Gott im Himmel ist, der Mensch aber auf der Erde (5,1), wo er nur den kleinen Bereich seiner Umwelt und seiner Zeit einsehen kann, ist die Perspektive jeweils eine ganz andere. Weiter läßt sich Kohelet darüber allerdings nicht aus.15 Kohelet erkennt so nicht nur seine zeitliche Endlichkeit an, sondern auch die Endlichkeit seiner Möglichkeiten, hier die seiner Erkenntnisfähigkeit. Gott entzieht sich jedem Zugriff der Menschen, er läßt sich in seiner Schicksalslenkung nicht beeinflussen, und er läßt sich in der Ordnung der Welt nicht durchschauen. Er ist und bleibt für Kohelet der ferne und weitgehend verborgene Gott. Deshalb wird man O. Kaiser widersprechen müssen, wenn er bemerkt: „wann immer es dem Menschen gegeben ist, den Verzicht auf die eigene Besonderheit zu leisten und seine eigene Endlichkeit anzunehmen, verwandelt sich der ferne und verborgene, dunkle Gott in den nahen und gnädigen Gott" 16 . O. Kaiser stellt dann weiter fest, daß unter den genannten Voraussetzungen „die Endlichkeit ihre Schrecken" verliert.17 Doch auch dem wird man nur eingeschränkt zustimmen können, denn die Endlichkeit verliert für Kohelet nie wirklich ganz ihren Schrecken, und der Tod bleibt für den einzelnen immer ein Übel18. Aber - und insofern ist O. Kaiser bedingt Recht zu geben - es ist nicht mehr der lähmende Schrecken, der in Koh 1,12-2,23 anklang

12

Gegen Wölfel, Skepsis, 68.

13

Vgl. Lohfink, Kohelet, 31.

14

Loretz, Qohelet, 99.

15

Schon mit der Feststellung, daß Gott alles zu seiner Zeit schön gemacht hat, verließ Kohelet den Boden empirisch erkennbarer Tatsachen. Konkrete Aussagen über Gottes Wesen und sein Verhalten sollte man deshalb bei Kohelet gar nicht erwarten, denn Gott ist vorrangig im Handeln zu erkennen, vgl. Kap. 3.1, S. 163.

16

Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 50.

17

Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 50.

18

Vgl. Kap. 2.3.10, S. 152.

Das Verhältnis des Menschen zu Gott

185

und nur noch das Übel sehen ließ. Typisch für diese Veränderung ist Koh 8,14.15: Gerade weil das Geschehen auf Erden Windhauch ist, weil es den Gerechten ergehen kann, wie man es eigentlich bei den Gottlosen erwarten würde, gerade deshalb soll der Mensch die von Gott gewährten Freuden des vergänglichen Daseins genießen. Das Verhältnis des Menschen zu Gott ist nach Kohelet also - so viel läßt sich bis hierher zusammenfassend sagen - zum einen von der Souveränität Gottes und der Abhängigkeit des Menschen geprägt, zum anderen aber von den Gaben Gottes, die der Menschen genießen kann. Ist es berechtigt, unter diesen Umständen von Vertrauen zu Gott zu sprechen? Die Ansicht, daß es in Kohelets Aufzeichnungen keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die Ergebung in das gottgelenkte Schicksal „von dem Urvertrauen getragen wurde, von dem der Glaube lebt"19 vertritt 0 . Kaiser. Genau dagegen wendet sich R. Bartelmus mit Verweis auf Koh 3,11 und der Feststellung, daß Kohelet einer „im Blick auf die Erkenntnismöglichkeiten negativen Theologie eine durchaus positive Anthropologie gegenübergestellt (hat), die aufzeigt, wie der Mensch in seinen gottgegebenen Grenzen sinnvoll leben kann"20. R. Lux sieht Kohelet im Einklang mit der ganzen weisheitlichen Tradition Israels und spricht ebenfalls mit Bezug auf Koh 3,11 von einem aus der „schöpferischen Urbeziehung" zu Gott gespeisten Grundvertrauen, das selbst „die Erfahrung der Undurchschaubarkeit des Ganzen der Schöpfung... nicht zum Lebenszweifel verkommen lassen"21 konnte. Noch weiter geht P. Lapide, der meint, daß Kohelet in einem radikalen Durchbruch durch allen Dogmatismus „alle zünftige ,Gotteswisserei' verwirft, um Trost und Zuversicht einzig und allein aus dem Glauben an den verborgenen Gott und sein gütiges Heilshandeln zu schöpfen"22. Alle Schulweisheit oder Menschenweisheit, die,glicht auf gläubiger Einsicht und Vertrauen auf Gott beruht", wird seiner Ansicht nach von Kohelet „als leere Eitelkeit und Haschen nach dem Winde verpönt" 23 . Richtig ist daran sicherlich, daß Kohelet die Weisheit dort, wo sie Gefahr läuft, sich selbst zu überschätzen, von der Erinnerung an Gottes Allmacht und Unverfügbarkeit her kritisiert. Ebenso zutreffend ist, daß Kohelet die Güte der Schöpfung Gottes nur aus gläubiger Einsicht behaupten kann, denn der empirischen Erforschung bietet sich eher das Bild einer dem Selbstlauf überlassenen, ungeordneten Welt, in der längst nicht alles schön und angemessen ist. Geborgenheit gibt es jedoch

19

Kaiser, Sinnkrise, 105, vgl. Preuß, Einführung, 129.

20

Bartelmus, Haben, 66f. In Anm. 81 nimmt er ausdrücklich auf Kaiser Bezug.

21

Lux, Die Weisen, 85.

22

Lapide, Lektion, 590.

23

Lapide, Lektion, 591.

186

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

für Kohelet in dieser Welt nicht. Der Mensch kann nicht darauf vertrauen, daß Gott für ihn alle Dinge zum Besten lenken wird. So ist mit der Feststellung, daß Weise und Gerechte in der Hand Gottes sind (9,1), bei Kohelet auch nichts Tröstliches verbunden.24 Die Sprüche anderer Weisheitslehrer sind dagegen sehr häufig von Vertrauen geprägt. Dieser Unterschied dürfte wiederum ein Ergebnis des unterschiedlichen Ansatzes sein. Während die Weisheit meist an den Regeln und Ordnungszusammenhängen in der Welt interessiert ist, betont Kohelet die Ausnahmen und Grenzfälle. So führten die Welterfahrungen, die immer zugleich auch als Gotteserfahrungen verstanden wurden, andere Weisheitslehrer zum Vertrauen. „Ein Vertrauen in die Stabilität der elementaren Bezüge von Mensch zu Mensch, ein Vertrauen in die Gleichheit der Menschen und ihrer Reaktionen, ein Vertrauen in die Verläßlichkeit der das Menschenleben tragenden Ordnungen und damit implizit oder explizit ein Vertrauen zu Gott, der diese Ordnungen in Kraft gesetzt hat."25 Für Kohelet ist die Verläßlichkeit in allen Bereichen verlorengegangen, damit auch das Vertrauen. Geblieben ist nur ein Vertrauen, das Kohelet offensichtlich von den Vätern übernommen hat, denn es ist durch keine Welterfahrung zu verifizieren, nämlich das Vertrauen in eine von Gott gut geschaffene Welt, in der alles seine Zeit und seine Stunde hat, auch wenn der Mensch dies nicht durchschauen kann. Zutreffend spricht R. Lux deshalb von einem gebrochenen, aber nicht zerbrochenen Gottvertrauen.26 Man könnte es wohl so zusammenfassen: Kohelet hat kein persönliches Vertrauensverhältnis zu Gott, aber er vertraut auf die Güte der Schöpfung, darauf, daß die von Gott geschaffene Ordnung sinnvoll ist und so auch sein Leben an dieser Ordnung und diesem Sinn partizipiert.27 So ist Gott für Kohelet keineswegs zum Fatum geworden. Wenn er gelegentlich einem blinden Fatum zum Verwechseln ähnlich sieht, so ist das die menschliche Perspektive, und Kohelet weiß, daß es diese in ihrer Erkenntnisfähigkeit eng beschränkte Sicht des Menschen ist. Insofern hat Kohelet zwar den persönlichen Bezug zu Gott verloren, sein Gottesbild hat aber dennoch gewisse personale Züge, z.B. dort, wo vom Geben und Handeln Gottes gesprochen wird. Aber Gott ist eben kein persönliches Gegenüber, an das man sich vertrauensvoll wenden oder mit dem man streiten könnte. Eine personelle Gemeinschaft mit ihm ist für Kohelet undenkbar, dafür ist der Abstand zu groß. Insofern ist Gott für Kohelet tatsächlich gegenwärtig und abwesend zugleich: „Autant Dieu est present objectivement, autant

24

Vgl. Kroeber, Prediger, 150.

25

V. Rad, Weisheit, 88.

26

Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 281.

27

Vgl. Kap. 2.1.3, S. 64.

Das kultische Verhalten

187

il est absent personellement"28. Eine persönliche Gotteserfahrung, wie sie etwa in Hiob oder Ps 73 zum Ausdruck kommt, fehlt Kohelet, dennoch steht seine Gottesvorstellung der alttestamentlichen deutlich näher, als einem unpersonalen Gottesbegriff, wie er sich z.B. in der hellenistischen Philosophie findet. Kohelets Gottesverhältnis ist letztlich geprägt von einer demütigen Anerkennung Gottes29 und vom Vertrauen in die Existenz einer von Gott gut geschaffenen, der menschlichen Einsicht aber weitgehend entzogenen Ordnung, also vom Vertrauen auf Gott, der die Geschicke der Welt in rechter Weise lenkt (vgl. 3,11-15). Dieses Vertrauen kann aus dem Lauf der Welt, wie ihn Kohelet erfahren hat und beschreibt, kaum gewonnen worden sein. Die Schöpfung ist, wie M. Schubert30 zutreffend bemerkt, als ganzheitliche Wirklichkeit höchstens bedingt erfahrbar; letztlich kann sie nur als ein Glaubenssatz bekannt werden. Deshalb ist die zentrale Aussage von Koh 3,11 „ein schöpfungstheologisches Bekenntnis, das über die weisheitliche Erkenntnis hinausreicht"31. Offensichtlich ist Kohelet im Glauben seiner Väter stärker verwurzelt, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

3.4 Das kultische

Verhalten

Nach allem, was bisher über Kohelets Verhältnis zu Gott und über die Begegnung mit Gott gesagt wurde, kann es kaum überraschen, daß der Kult im Kohelet-Buch eine recht geringe Rolle spielt. Nur in dem Abschnitt Koh 4,17-5,6 kommen einige Aspekte zur Sprache. Die Gott gegenüber weitgehend rezeptive Gesamthaltung Kohelets spiegelt sich auch hier wider. Die drei genannten Aspekte, Opfer, Gebet und Gelübde', werden von Kohelet nicht verworfen, aber mit großer Zurückhaltung betrachtet; „wie der Gottestatsache überhaupt, so steht er auch dem Kult unkritisch gegenüber - wenn auch kühl!"2 Doch auch andere weisheitliche Texte halten sich in kultischen Fragen relativ bedeckt. So stellt J. Hausmann für die Proverbien fest: „Die unmittelbare religiöse Dimension des Lebens ist nicht das eigentliche Thema der Proverbien."3 Hinweise

28

Gorssen, Coherence, 323.

29

Zum speziellen Charakter der Demut bei Kohelet Vgl. Kap. 2.3.11, S. 161.

30

Vgl. Schubert, Schöpfungstheologie, 191.

31

Schubert, Schöpfungstheologie, 147.

1

Lohfink (Kohelet, 39f) hält es für möglich, daß „unter den Stichwörtern .Träume' und .Worte' halb-verdeckt noch von einem weiteren Element volkstümlicher Religion" gesprochen wird, nämlich von Orakeln, Ekstase und Prophezeiungen.

2

Hertzberg, Prediger, 121.

3

Hausmann, Studien, 166.

188

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

auf die Einbindung des Individuums in die Kultgemeinde finden sich kaum.4 Η. H. Schmid sieht das gebrochene Verhältnis der Weisheit zum Kult in ihrer Grundstruktur begründet und stellt fest, daß der Kult von der Weisheit nur positiv gewertet wird, soweit er „zur Erfassung der Wirklichkeit mithilft"5. E. Wölfel gelangt zu der Ansicht, „daß für die Griechen wie für Kohelet religiöse Betätigung nur aus Furcht vor einem negativen Eingreifen der Gottheit geschieht"6. Gegen diese Auffassung spricht, neben der eben schon erwähnten allgemeinen Zurückhaltung der Weisheit gegenüber kultischen Fragen, daß die religiöse Betätigung keineswegs ignoriert wird, was ja ohne weiteres möglich gewesen wäre.7 Kohelet kommt auf dieses Thema zu sprechen, weil er auch hier vor unangemessenem Verhalten, nämlich vor falscher, mißbräuchlicher Verwendung religiöser Praxis warnen will.8 Da die Ferne zwischen Gott und Mensch nicht überwunden werden kann, sind Vorsicht und Zurückhaltung im Umgang mit Gott von besonderer Wichtigkeit. Vom Wortlaut erscheint es unwahrscheinlich, daß Kohelet in 5,1 das Gebet völlig ablehnt, wie E. Wölfel und A. Lauha meinen,9 denn obwohl die weisheitliche Aufforderung zu schweigen10 leicht auf das Verhältnis zu Gott übertragbar gewesen wäre, mahnt Kohelet nur zur Zurückhaltung mit Worten. Eher wird man also annehmen dürfen, daß sich Kohelet hier gegen das gedankenlose Beten wendet" und vor allem gegen jeden Versuch, durch das Gebet Macht über Gott zu gewinnen. In die gleiche Richtung könnte auch der Vorbehalt gegen das Opfer der Toren zielen. Durch keine Art religiöser Vollzüge kann der Mensch sein Leben sichern oder Gott in seinem Sinne beeinflussen.12 Wie jedes andere menschliche Tun besteht dagegen auch beim kultischen Handeln die Gefahr sich gegen Gott zu vergehen

4

Vgl. Hausmann, Studien, 368.

5

Schmid, Wesen, 53.

6

Braun, Kohelet, 127.

7

Vgl. Zimmerli, Prediger, 186: „Es ist... festzuhalten, daß Kohelet Gebet und Gelübde nicht einfach als Sinnlosigkeit beiseite schiebt oder durch schlichte Ignorierung als nichtig erklärt, sondern sie als Äußerungen des Lebens vor Gott anerkennt."

8

Daß Kohelet dem Kult „unkritisch" gegenübersteht, bezieht sich also nur auf seine grundsätzliche Haltung zum Kult und heißt nicht, daß er die vorfmdliche Kultpraxis befürwortet oder ignoriert.

9

Vgl. Wölfel, Luther, 66; Lauha, Kohelet, 98.

10

Vgl. z.B. Spr 11,12 sowie zum ägyptischen Erziehungsideal Brunner, Erziehung, 147.

11

Vgl. Hertzberg, Prediger, 122.

12

Vgl. Lux, „Denn es ist kein Mensch ...", 281: „Wer den Glauben an den Schöpfer als Lebensversicherung mißversteht, steht ja immer in der Gefahr, ihn zu einer frommen Leistung degenerieren zu lassen." Zum Kult als Versuch der Manipulation Gottes vgl. auch de Vries, Verständnis, 105f und Zimmerli, Prediger, 184.

Das kultische Verhalten

189

(z.B. durch ein nicht eingelöstes Gelübde, 5,3ff), sich etwas anzumaßen, was keinem Menschen zusteht und so Gottes Zorn heraufzubeschwören. „Wer Gott gegenüber respektlos handelt, muß prinzipiell damit rechnen, daß er ihn damit herausfordert."13 Im Gegensatz zu den Proverbien stellt Kohelet seiner Warnung vor falschem kultischen Verhalten keine positive Alternative gegenüber. Denn es gibt für ihn keine Sicherheit darüber, ob Gott das Verhalten eines Menschen wohlgefällig annimmt, ob er z.B. ein Gebet erhört (vgl. Spr 15,8.29) oder nicht; das gilt ohne Ausnahme für jeden Menschen, sei er Weiser oder Tor. Die Vorsicht hat also ihren Grund nicht darin, daß „die gewünschte Qualität vom Menschen nicht zu erreichen ist"14, wie A. Lange meint, sondern wiederum in dem Unwissen des Menschen über das angemessen Tun zur rechten Zeit. Neben allen Mahnungen zur Zurückhaltung spricht Kohelet in diesem Abschnitt aber auch eine eindeutige Aufforderung aus. Wer zum Gotteshaus geht, soll hören (4,17). Nur dieses Verhalten kann Kohelet empfehlen, „hat doch das Hören als die ausgesprochene Haltung des passiven Empfangens im Menschenleben den Vorrang vor allem Tun, auch dem korrekt frommen Tun im Tempel, das immer in der Gefahr ist, sich als ein lebensicherndes Tun zu mißverstehen"15. R. Kreober erinnert hierbei an die Doppelbedeutung von sm': hören und gehorchen.16 So konnte man im Tempel beispielsweise die Mahnung zur Erfüllung der Gelübde vernehmen, die Kohelet in 5,3 wiederholt (vgl. Dtn 23,22ff). Einschränkend muß man natürlich hinzufugen, daß auch der Hörende die Pläne und den Willen Gottes nie ganz erfassen kann. Aber wenn überhaupt etwas zu erfahren ist, dann im Hören. Während in anderen weisheitlichen Texten in der Rede von Gott weitgehend „nicht das schlechthin Unberechenbare am Gottesgedanken... gemeint (ist), sondern die berechenbare Seite, der gegenüber sich der Mensch, verhalten' kann"17, betont Kohelet auch im Zusammenhang mit dem kultischen Verhalten die Souveränität Gottes, die nicht an menschliche Normen gebunden ist und für den Menschen insofern unberechenbar bleibt. Eine Beeinflussung Gottes ist weder durch Kult

13

Kaiser, Botschaft, 65.

14

Lange, Weisheit, 132. Ähnlich Tita (Anspielung, 102) „Der Mensch wird den hohen Anforderungen der Gottesbegegnung kaum gerecht. Da er eher gefährdet ist, sich töricht zu verhalten, wie es das Beispiel des Salomo beweist, wird er zur weisen Zurückhaltung vor Gott aufgefordert." Daß in diesem Abschnitt tatsächlich eine Anspielung auf die Salomoerzählung vorliegt, wie Tita annimmt, darf bezweifelt werden, da sich die Königsfiktion auf die ersten beiden Kapitel des Buches beschränkt. (Zum Ende der Königsfiktion vgl. z.B. Michel, Qohelet, 76. Im Gegensatz zu Michel sieht Lohfink ihr Ende erst in 3,15c, vgl. Strukturen, 94.)

15

Zimmerli, Prediger, 183.

16

Kroeber, Prediger, 139.

17

Zimmerli, Struktur, 191.

190

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

noch durch Magie noch durch irgendein anderes menschliches Verhalten möglich.18 Nur Zurückhaltung kann deshalb Gott gegenüber angemessen sein.

3.5 Die Ethik Kohelets Im Buch Kohelet begegnet die Wurzel ht' 8x.' Das ist erstaunlich häufig, wenn man bedenkt, daß diese Wurzel „fast ausschließlich zur Bezeichnung religiöser Sachverhalte benutzt wurde"2. In vielen Übersetzungen wird die Wiedergabe mit sündigen/Sünder vermieden. Statt dessen werden häufig verfehlen und mißfallen bzw. Ableitungen davon verwendet. Der entscheidende Grund, von der für ht 'sonst fast ausschließlich verwendeten Übersetzung abzuweichen, dürfte in Koh 2,26 und 7,26 zu suchen sein.3 An diesen beiden Stellen wird dem hötce 'jener Mensch gegenübergestellt, der gut vor Gott ( Ο Τ Ι ^ Μ Π O ü ! ? 1 Ί Ό ) ist. Wer „gut vor Gott" ist, wird mit bestimmten Gaben oder der Bewahrung vor einem Übel belohnt, der hotce 'hingegen wird bestraft. Das ist an sich nicht weiter ungewöhnlich, wird die Wurzel doch häufig im Rahmen des dynamistischen Daseinsverständnisses benutzt, das vom Zusammenhang zwischen den Handlungen eines Menschen und seinem Ergehen ausgeht.4 So heißt es etwa in den Proverbien: Die Sünder (D^Non) verfolgt das Böse, aber den Rechtschaffenen wird gut vergolten. (Spr 13,21) Das Anstößige an der Verwendung bei Kohelet ist, daß aus dem Zusammenhang in keiner Weise zu erkennen wäre, warum der eine „gut vor Gott" ist und der andere nicht. Lohn und Strafe stehen völlig unmotiviert.5 Das Gut-sein-vor-Gott ist bei Kohelet allem Anschein nach keine moralische Kategorie.6

18

Vgl. Kap. 3.2.1.2, S. 170.

1

Koh 2,26; 5,5; 7,20; 7,26; 8,12; 9,2; 9,18; 10,4.

2

Knierim, THAT 1,543.

3

Da Koh 7,26 ein Zitat sein dürfte (vgl. Kap. 2.3.6, S. 123), ist Koh 2,26 der hier entscheidende Vers.

4

Vgl. Knierim, THAT I, 546. V. Rad (Weisheit, 109) verweist darauf, daß nicht nur fiir alttestamentliches, sondern auch fiir griechisches Denken „Wohlverhalten und Wohlergehen ... zwei Seiten einer und derselben Sache" sind.

5

Fischers Hinweis (Skepsis, 219), daß das vergebliche Sammeln von Schätzen, die dann in die Hände des Gerechten geben werden das traditionelle Los des Frevlers ist (Hi 27,16f; Spr 13,22; 28,8) hilft zum Verständnis von Koh 2,26 nicht weiter. Denn es ist ja gerade nicht einsichtig, worin der Frevel besteht.

6

Vgl. Michel, Untersuchungen, 39; Lohfink, Frauenfeind, 279, Anm. 69; Müller, Skepsis, 12; Braun, Kohelet, 52f.

Die Ethik Kohelets

191

Schon R. Kreober kam deshalb zu der Auffassung, daß Kohelet das Wort hotce' hier (und außer Koh 8,12 und 9,2 auch an allen anderen Stellen) „auf seine ursprüngliche Bedeutung des Verfehlens eines Ziels"7 zurückführt. Doch auch dabei bleiben einige Unsicherheiten. Zum einen hält Κ Koch es für fraglich, ob es diese „sinnliche" Grundbedeutung „(ein Ziel) verfehlen" je gegeben hat.8 Zum zweiten erscheint es unwahrscheinlich, daß der Leser/Hörer bei einem derart markant besetzten Begriff ohne jede Vorbereitung hier die ursprüngliche Bedeutung assoziiert, 9 zumal Kohelet die Wurzel h t ' a n anderen Stellen durchaus in der Bedeutung Sünde/Schuld verwendet.10 Und schließlich bleibt bei dieser Deutung offen, was, d.h. welches Ziel, der Betreffende denn eigentlich verfehlt und warum es ein anderer erreicht. Die wahrscheinlichste Erklärung für Koh 2,26 ist deshalb wohl, daß Kohelet hier den Zusammenhang von Tun und Ergehen bewußt destruieren will, so wie er es auch durch andere Beispiele in seinem Buch tut (vgl. 8,14). Bedenkt man, daß die gleiche Gegenüberstellung in Koh 7,26 in einem Zitat steht", daß also auch das „gut vor Gott" eine geläufige Formel sein dürfte, so bedeutet das, daß Kohelet hier ganz gezielt Begriffe benutzt, die für den Leser eindeutig besetzt sind, um die Brüchigkeit dieses Zusammenhanges zu demonstrieren. Was bei den Übersetzungen Anstoß bereitet, daß nämlich Gottes Zuteilung ganz willkürlich erscheint, ist also von Kohelet beabsichtigt.12 Der Leser soll so gezwungen werden, seine gewohnten Begriffe und die damit verbundenen Vorstellungen neu zu überdenken. Die Begriffe „gut vor Gott" und „Sünder" werden also nicht nur einfach in einem anderen, nicht-moralischen Sinn gebraucht, sondern sie werden von Kohelet bewußt als moralische Kategorien in Frage gestellt. Die folgende Windhauch-Formulierung macht abschließend deutlich, daß diese Zuteilung eben kein Verdienst ist und - unbeständig wie der Wind - im nächsten Augenblick umschlagen kann.13 Das gilt sowohl für die guten Gaben als auch für das vergebliche Sammeln.14

7

Kroeber, Prediger, 131; vgl. Kaiser, Botschaft, 62.

8

Koch, ThWAT II, 859f.

9

Vgl. im Deutschen z.B. den Gebrauch von „Willkür", das in seiner ursprünglichen Bedeutung

10

Bei der Mehrheit der Belege findet sich ein „konventioneller" Gebrauch von ht\ so in Koh 5,5; 7,20; 9,2 und 9,18, evtl. auch Koh 10,4 (vgl. z.B. Hertzberg; Zimmerli); Koh 8,12 nimmt als Zitat ebenso wie 7,26 eine Sonderstellung ein.

11

Vgl. Kap. 2.3.6, S. 123.

12

Vgl. Lohfink (Kohelet, 30), der feststellt, Gottes Weltregierung sei „nicht kausal und

kaum noch bewußt ist.

moralisch, wie der Mensch erwarten würde". 13

Klein, Kohelet, 136.

14

Gegen die Ansicht, daß Gott Glück und Leid völlig willkürlich verteile, hat sich jüngst Fischer (Skepsis, 219) ausgesprochen. Nach seinem Verständnis vermag der Mensch Gott zu gefallen,

192

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Wenn Kohelet in dieser Weise traditionell anerkannte Ordnungen als brüchig erweist, so muß zwangsläufig auch die auf dieser Ordnung ruhende Ethik fragwürdig werden.15 „Die allgemeine Anschauung im Alten Testament geht davon aus, dass Gott die ethische Kausalität aufrechterhält, Kohelet dagegen sieht, dass in der Welt kein derartiges Gesetz wirksam ist."16 Wurde herkömmlich die Aufforderung zu einem gewünschten Verhalten mit den zu erwartenden positiven Folgen fur die eigene Person motiviert17 und wurde gleichzeitig gezeigt, welches Verhalten einem gelingenden Leben abträglich ist18, um damit letztlich (auch) an das Eigeninteresse der Betroffenen zu appellieren, so scheidet für Kohelet diese Möglichkeit aus. Zwar leugnet er nie, daß eine bestimmte Handlung auch eine ihr entsprechende Folge haben kann. Die fleißige Arbeit kann durchaus Früchte bringen (4,9; 11,6) und ebenso muß man damit rechnen, daß Faulheit nicht ohne negative Folgen bleibt (4,5; 10,18). Aber in seinem Denken von Grenzfällen und Ausnahmen her drängen sich ihm immer wieder Gegenbeispiele auf. Es kann immer auch ganz anders kommen (5,12; 7,15; 8,14; 10,8ff). So äußert R. Lux zu Recht Bedenken gegen die im Zusammenhang mit Koh 7,15ff geäußerte Vermutung, Kohelet würde eine Art „Antiweisheit" aufstellen, indem er ein Grunddogma der älteren Weisheit grundsätzlich in Frage stellt.19 Weder hier noch in Koh 2,26; 8,12ff oder an einer anderen Stelle seiner Reflexionen geht es Kohelet darum, die Weisheit grundsätzlich zu verwerfen und eine Antiweisheit aufzustellen. Stets zielen seine kritischen Anmerkungen darauf, die Unsicherheit der scheinbar so zuverlässigen Ordnungen aufzuzeigen und so die Regeln als Regeln zu destruieren, nicht aber darauf, dem Gewohnten widersprechende Antiregeln entgegenzustellen. Deshalb ist es für Kohelet nicht nur unmöglich, aus dem guten oder schlechten Ergehen eines Menschen auf seine Handlungen zurückzuschließen - dieser

„wenn er sein zugedachtes Glück ergreift". Dagegen ist zweierlei einzuwenden, zum einen, daß - wie schon mehrfach gesagt wurde - der Mensch nie mit letzter Sicherheit wissen kann, welche Zeit ihn gerade trifft, zum anderen, daß Kohelet nach dieser Deutung doch eine Belohnung fur rechtes Verhalten versprechen würde und Gott die Welt mithin doch nach dem Menschen einsichtigen, kausalen Maßstäben regieren würde (vgl. Anm. 12, S. 191). Es geht Kohelet in 2,26 aber gerade um die Uneinsichtigkeit der Zuteilung. 15

Zum Zusammenhang von Ethik und Ordnung in der israelitischen Weisheit vgl. Otto, Ethik,

16

Lauha, Omnia, 23.

152ff. 17

Vgl. Hausmann, Studien, 233f; Zimmerli, Struktur, 191f.

18

Vgl. Delkurt, Einsichten, 144.

19

Lux, Lebenskompromiß, 273.

Die Ethik Kohelets

193

Rückschluß wurde auch sonst von den Weisheitslehrern verworfen20 - es ist für ihn genauso unmöglich, positive Konsequenzen aus positivem Verhalten zu versprechen. Dieses kann zwar eintreten, es ist aber in keiner Weise gesichert. Die Regel des Tun-Ergehen-Zusammenhangs ist ihm zutiefst fragwürdig geworden. Daß sie damit als Handlungsorientierung nicht grundsätzlich aufgehoben ist, wird noch zu zeigen sein.21 Was für den Menschen gut ist und nützlich ist (vgl. Koh 2,3; 6,12) und welcher Mensch gut ist, läßt sich für Kohelet also nicht mehr mit der gewohnten Sicherheit sagen. Für die alttestamentliche Weisheit ist der Gute der, „der um das Aufbauende des Guten, um das Zerstörerische des Bösen weiß und der sich diesen Ordnungen, die sich in seiner Welt abzeichnen, unterstellt"22. Wenn aber, wie Kohelet betont, mangels Erkenntnisfähigkeit keine Einsicht in die Ordnung zu haben ist, kann man sich ihr auch nicht unterordnen. B. Lang beschreibt Kohelets Situation so: „Kohelet kann seine Erziehung nicht mehr auf das Granitfundament einer sittlichen Weltordnung stellen. So macht sein Ethos den Eindruck von Bausteinen, die er aus der Ruine des alten ethischen Palastes holt, um sich eine behelfsmäßige Hütte zu bauen. Seine schlechten Erfahrungen hindern ihn am Entwurf einer Ethik." Und er schlußfolgert daraus, daß die Philosophie Kohelets ,4m Grunde ethosunfähig" ist.23 Einen eigenen ethischen Entwurf im Sinne einer mehr oder weniger systematischen Abhandlung sucht man bei Kohelet sicherlich vergeblich. Es wurde jedoch auch schon in anderen Bereichen festgestellt, daß Kohelet dort, wo er mit den Ansichten der traditionellen Weisheit übereinstimmt, deren Auffassung ohne weiteres übernimmt und nur seine kritischen Anmerkungen und Zweifel deutlich artikuliert. So übernimmt Kohelet beispielsweise die grundsätzlich positive Wertung der Arbeit oder auch des Reichtums, fugt daran aber seine Kritik an und zeigt, daß auch diese Werte höchst zweifelhaft und unbeständig sind.24 In gleicher Weise kann in dem hier interessierenden Zusammenhang beobachtet werden, daß Kohelet die Wurzel h t' in den meisten Fällen durchaus im üblichen Sinne von Sünde/Verfehlung verwendet.25 Auch für Kohelet gibt es also Verhaltensweisen, die - nach menschlichemErmessen - falsch sind und den Menschen in Schuld bringen.26 Und schließlich

20

Vgl. Delkurt, Einsichten, 147 sowie das im Hiob-Buch kritisierte Verhalten der Freunde Hiobs.

21

Vgl. unten S. 200.

22

V . R a d , Weisheit, 107.

23

Lang, Mensch, 124. Vgl. Hertzberg, Prediger, 237.

24

Vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen in Kap. 2.3, S. 90ff.

25

V g l . S . 191, Anm. 10.

26

Vgl. neben Koh 7,20 besonders Koh 5,5, wo ausdrucklich auf die mögliche Bestrafung eines solchen Fehlverhaltens durch Gottes Zorn hingewiesen wird.

194

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

muß unbedingt auf die Ratschläge und (z.T. verdeckten) Mahnungen hingewiesen werden, die bei Kohelet ja keineswegs fehlen (z.B. 5,9.11; 10,16f. 18). Diese von Kohelet unterstützten ethischen Richtlinien betreffen vor allem den Bereich der schaffenden Tätigkeit, den Wert und die Gefahren des Reichtums, Nutzen und Grenzen der Weisheit und natürlich das Genießen der Glücksmomente. N . Lohfink kommt deshalb zu der folgenden Auffassung: „Das Buch fuhrt am Ende neu ins Leben und Handeln hinein. Es schließt, wenn man so will, mit einer Ethik."27 Der Begriff „Ethik" erscheint ihm dann allerdings doch nicht ganz angemessen: „Besser sagt man vielleicht, nach der Destruktion des bisherigen Weltwissens wolle das Buch doch mindestens noch ansatzweise ein neues gesellschaftstragendes .Wissen' aufbauen"28. Dabei läßt er m E . unberücksichtigt, daß nicht erst am Ende des Buches, sondern auch zuvor schon viele kleinere und größere Ratschläge gegeben werden. So stellte bereits L. Levy fest: „Das 4 " Kapitel bildet den Übergang v o m theoretischen zum praktischen Philosophieren." 29 Mit diesem Hinweis L . Levys auf die Praxisorientierung in den Überlegungen Kohelets ist ein entscheidendes Stichwort gefallen. Kohelets Ratschläge orientieren sich ganz an der erfahrenen Wirklichkeit und versuchen praktische Möglichkeiten der Alltagsbewältigung aufzuzeigen. So stößt Kohelet vor zu „positiven Ethik des Handelns" 30 . Damit betritt er allerdings im Vergleich mit anderen Weisheitslehrern keine grundsätzlich neuen Pfade. Schon immer war die Orientierung an der Praxis, am Lebensalltag das wesentliche Anliegen weisheitlicher Lehre. G. v. Rad schreibt dazu: „Hier wird also das menschliche Verhalten nicht von allgemeinen sittlichen Normen, sondern von der Erfahrung ganz immanenter Gesetzmäßigkeiten geregelt."31 Und auch H. Brunner betont mit Blick auf die Ethik der ägyptischen Lebenslehren, daß es hier nicht um Ideale geht, denen man unter allen Umständen folgen muß. Alle weisheitlichen Aussagen sind bewährte Lebensregeln, bei denen die Probe aufs Exempel, d.h. der Erfolg im Alltag zählt.32 Die konkrete Situation, die ja immer in kleinen, aber entscheidenden Punkten von den in Sprüchen formulierten Situationen abweichen kann, ist letztlich entscheidend. „Das jeweils Richtige kann nur von dem Schüler .existentiell', in der Situation der Entscheidung, gefunden werden." 33

27

Lohfink, Kohelet, 67.

28

Lohfink, Kohelet, 69.

29

Levy, Qoheleth, 6.

30

Wölfel, Skepsis, 37.

31

V . R a d , Weisheit, 122.

32

Brunner, Erziehung, 116; vgl. Schmid, Wesen, 34.

33

V . Rad, Weisheit, 326 (ähnlich 396).

Die Ethik Kohelets

195

Kohelet bringt hier also im Grunde nichts fundamental Neues, führt aber die Situationsbezogenheitnocheinen Schritt weiter. Weil es keine sicheren Gesetzmäßigkeiten für ihn gibt, kann man auch bei absolut identischen Situationen nicht darauf vertrauen, daß bei gleichem Verhalten das gleiche Ergebnis zustande kommt. Das Individuelle und Existentielle jeder Entscheidung bekommt so ein viel stärkeres Gewicht. Zugleich wird in ungewohnter Weise verdeutlicht, daß jede Entscheidung ein Risiko beinhaltet, dem man durch nichts entgehen kann. Der einzige Grundsatz wäre demnach: „Tue, was du tun mußt, was du als richtig erkannt hast, auch wenn du keinen künftigen Erfolg deines Tuns garantiert siehst."34 Worauf es bei allen Entscheidungen nach Kohelet ankommt, ist die Übereinstimmung mit dem durch göttliche Vorsehung bestimmten Charakter der Zeiten. Diese „Harmonie zwischen göttlichem Tun und menschlichem Tun"35 ist aber ebenso entscheidend für die altisraelitische Ethik. Ganz allgemein formuliert Η. H. Schmid: „Die ethische Ordnung ist keine andere als die kosmische; wer recht lebt, steht in Einklang mit der universalen Weltordnung."36 Für Kohelet und für die Weisheit ganz allgemein kommt es also darauf an, „einstimmig" zu leben. Doch das bedeutet im Gegensatz zur Stoa (ομολογουμένως ζην) hier nicht, daß Wollen und Können zur Übereinstimmung gebracht werden sollen, sondern die Übereinstimmung mit den von Gott gesetzten Zeiten. Wenn die Zeiten aber, wie Kohelet darlegt, nicht durchschaubar sind, so muß jeder Mensch die „Spannung aushalten, daß er für sich selbst und für andere verantwortlich und daß er zugleich in Gottes Gewalt ist"37. Die Bedeutung der Determination für die Praxis des Alltags darf bei Kohelet nicht überschätzt werden. Daß das Unrechttun wesensmäßig über den Menschen verhängt ist, kann im Buch Kohelet nicht aufgezeigt werden38, ebensowenig spricht Kohelet von einer „Prädestination zur Sünde"39. Und auch die folgende Auffassung von H.-P. Müller überschätzt mE. die Bedeutung der Determination. „Die Allumfassenheit, Unabänderlichkeit und Willkür göttlicher Vorsehung ... läßt einen Sinn menschlichen Handelns nicht mehr erkennen... Was Qohälät an religiöser Ethik übrigbehält, verdankt er seiner Inkonsequenz."40

34

Michel, Krise, 293.

35

Galling, Stand, 368.

36

Schmid, Weisheit, 20f.

37

Kaiser, Schicksal, Leid und Gott, 50.

38

Gegen Lauha, Kohelet, 75.

39

So Wölfel, Skepsis, 43.

40

Müller, Gott, 520.

196

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Kohelets Ratschläge und Aufforderungen sind weder Inkonsequenz noch bloße Reste der Verwurzelung in traditionellen Normen41. Sie sind die bewußte Reaktion auf die Kontingenz des Alltags42, in dem man sich entscheiden muß, obwohl man die Folgen nicht übersehen kann. Die Ratschläge, die Kohelet auf dieser Basis gibt, orientieren sich, wie bereits gezeigt wurde43, inhaltlich weitgehend an den traditionellen Vorstellungen, wandeln diese aber in einer ganz spezifischen Weise ab und betonen die Aspekte, die sich infolge der grundsätzlichen Erkenntnisse Kohelets in den Vordergrund schieben. Die dabei zu beobachtende Relativierung traditioneller Werte ist keineswegs eine völlige Entwertung dieser Werte. Kohelet hinterfragt die geläufigen Werte, weil er nach ihrer Beständigkeit fragte und erkannte, daß sie alle keinen dauerhaften Gewinn garantieren können. Nur der Genuß der Lebensfreude kann wirklich halten, was er verspricht, nämlich jene Befriedigung, die das augenblickliche Glück bietet. So nimmt das Glück auch in Kohelets „Ethik des Handelns" den breitesten Raum ein. Hier von einer „Umwertung aller Werte"44 zu sprechen, ist m.E. jedoch unangemessen. Auch sonst wird in der Weisheit das tief in den Menschen eingepflanzte Verlangen nach Glück anerkannt und bejaht. „Es gibt nichts Gutes, das nicht auch guttut."45 Doch war man etwas zurückhaltender, wenn es konkret um den Genuß mancher Freuden ging. Man betonte stärker die Gefahren dieser Genüsse und erhoffte sich vom Streben nach anderen Werten ein dauerhaftes Wohlergehen. Deshalb gab man diesen (etwa Weisheit, Reichtum, Ehre) vor den augenblicklichen Freuden (wie Essen, Trinken, sich Gutes tun) den Vorzug. Aber für Kohelet sind eben nur diese augenblicklichen Freuden wirklich sicher. Deshalb ermuntert er dazu, sie zu.ergreifen, „ohne sich asketischen Skrupeln hinzugeben"46. Kohelets Hochschätzung des individuellen Lebensglücks fuhrt allerdings dazu, daß in seiner „Ethik des Handelns" eine tätige soziale Verantwortung deutlich zurücktritt. Es wurde oben47 schon erwähnt, daß Kohelet mehrfach deutlich auf soziale Mißstände zu sprechen kommt, jedoch ohne dabei auf Veränderungen zu drängen. O. Kaiser spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von einem Mangel

41

Vgl. Blieffert (Kohelet, 71): „Das Hängen am ererbten Glauben einerseits, die nüchterne empirische Schau der Dinge andrerseits treiben ihn bald auf diesen, bald auf jenen Weg." Vgl. auch Lauha, Kohelet, 135.

42

Klein, Kohelet, 184f.

43

Vgl. Kap. 2.3, S. 90.

44

Lange, Weisheit, 168.

45

V . R a d , Weisheit, 110.

46

Kaiser, Determination, 259.

47

Vgl. S. 118, Anm. 147.

Die Ethik Kohelets

197

an „politisch-sozialem Veränderungswillen"48. Sicherlich war Weisheit schon immer stark amlndividuuminteressiert und auch die Proverbien wollen keine revolutionären Veränderungen z.B. der Besitzverhältnisse bewirken. Dennoch kritisieren sie die mit Armut und Reichtum zusammenhängenden Mißstände, indem sie versuchen, die Haltung der Reichen gegenüber den Armen zu verändern.49 Trotz der Orientierung am einzelnen bleibt die Gemeinschaft stets im Blick.„Immer wird das Verhalten und das Tun des Einzelnen ebenso auf seine Folgen wie auf das soziale Zusammenspiel hin angesehen."50 Kohelet dagegen beschränkt sich darauf, zu beschreiben, was er beobachtet hat: das Unrecht an der Stätte des Rechts (3,16), die Tränen der Unterdrückten (4,1), den Weisen, der wegen seiner Armut nicht beachtet wird (10,15). Der einzige Rat, den Kohelet in einem solchen Zusammenhang gibt, zielt nicht auf Veränderung, sondern auf gelassenes Hinnehmen des Gegebenen: Wenn du Unterdrückung des Armen und Entzug von Recht und Gerechtigkeit in der Provinz siehst, so wundere dich nicht darüber, ein Hoher wacht über einen anderen Hohen und ein Höherer über beiden. (5,7) Indem Kohelet diese als Unrecht benennt, wird deutlich, daß er keineswegs so individualistisch ist, die Mensch neben sich zu übersehen und ihr Leid zu ignorieren. Man kann das als Ausdruck solidarischer Anteilnahme verstehen. Und der Hinweis auf den Wechsel der Zeiten, den Kohelet auch in diesem Zusammenhang nicht vergißt (3,17; vgl. 7,14), hat für die Betroffenen auch etwas Tröstliches:„Der Gerechte darf gewissermaßen wider den Augenschein vom korrupten Gerichtswesen (V. 16) hoffen, daß Gott auch ihm einmal wieder die rechte Stunde schlagen läßt"51. Damit ist Kohelet in dieser Beziehung wohl an die Grenze seiner Möglichkeiten gelangt. Zum Schluß dieses Abschnittes soll noch ein Text betrachtet werden, der fur die Bewertung der ethischen Position Kohelets wesentlich und der zugleich auch sehr umstritten ist. Es handelt sich um Koh 7,15ff. F. Backhaus unterteilt die verschiedenen Interpretationen in drei Gruppen: ,,a) Qohelets Formulierung ließe eine Interpretation zu, die ihn schnell zum Immoralisten machen könnte (...). b) Qohelet lehnt jedes Übermaß an Weisheit und Gerechtigkeit ab ... In Qoh 7,18 würde Qohelet den Grundsatz der mediocritas (...) vertreten (...). c) Hier liegt eine Nuancierung zu b) vor, indem das jeweilige Übermaß als

48

Kaiser, Beiträge, 18.

49

Vgl. Doli, Menschenschöpfung, 19.29; Delkurt, Einsichten, 136; Lang, Anweisungen, 9 2

50

V . R a d , Weisheit, 107.

51

Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 267f.

sowie Kap. 2.3.2, S. 100.

198

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Selbstgerechtigkeit bzw. als unzulässige Anmaßung an Weisheit zu verstehen ist «52

E. Wölfel geht über die Vertreter der unter a) genannten Gruppe noch hinaus. Er hält die Äußerung Kohelets nicht nur für mißverständlich, sondern für den Ausdruck eines Immoralismus, „der so skrupellos ist, Gut und Böse gleichermaßen in den eigenen Dienst zu stellen"53. Zu dieser Interpretation gelangt er wahrscheinlich, weil er den Hinweis auf die Gottesfurcht in Koh 7,18 für redaktionell hält und die verbleibende Aussage dieses Verses als Kohelets „Maxime" ansieht, „in der er das menschliche Ich nicht unter, sondern über den ethischen Grundbegriffen beheimatet"54. Daß dies nicht zutrifft, wird im folgenden deutlich werden. Ebensowenig dürfte Koh 7,15ff eine „ironische Empfehlung des goldenen Mittelweges"55 sein, wie A. Lauha meint. Überhaupt würde ein grundsätzliches Festhalten amjeweiligen Mittelweg Kohelets sonstigen Auffassungen widersprechen. Schon die Aufforderung, vom Morgen bis zum Abend die Hand nicht ruhen zu lassen (11,6) paßt nicht zu dieser Einschätzung. Noch deutlicher steht ihr aber Kohelets häufige Ermunterung zum Ausleben der Glücksmomente entgegen. Eine Formulierung wie in Koh 11,9a (Freue dich, junger Mann, in deiner Jugend, sei frohen Herzens in den Tagen deiner Jugend und wandle den Weg deines Herzens und nach dem Schauen deiner Augen) läßt sich kaum mit der Empfehlung des Mittelweges vereinbaren. Mit Koh 7,16 will Kohelet keineswegs Gerechtigkeit und Weisheit entwerten. Die Argumentation zielt in die gleiche Richtung wie zuvor in Koh 7,12-14: der Gerechte und Weise sollte sich nicht überschätzen und ,4m eigenen Gerechtsein den Schlüssel künftigen Wohlergehens"56 sehen. Zu leicht wird vergessen, daß auch die Gerechten und Weisen in der Hand Gottes sind (9,2) und über ihr Schicksal nicht selbst entscheiden. So kann nicht nur jedem Menschen „Krummes" (7,13) widerfahren, es kann sogar vorkommen, daß ein Gerechter in oder gar durch57 seine Gerechtigkeit umkommt. Diese Bemerkung Kohelets läßt verschiedene Deutungen zu, die sich mE. nicht ausschließen. Die erste, die eher grundsätzliche, wurde bereits skizziert: die übersteigerte Weisheit, die darauf vertraut, sich selbst das Leben sichern zu können und dann doch gerade am Übermaß der Weisheit Schaden nimmt. Die zweite Deutung mahnt zur Orientierung an der konkreten

52

Backhaus, Zeit, 230, Anm. 46. Er verweist bei jeder Gruppe auf einige Vertreter dieser Interpretationsrichtung.

53

Wölfel, Skepsis, 73. Vgl. auch Criisemann, Unveränderbare Welt, 99.

54

Wölfel, Skepsis, 73.

55

Lauha, Kohelet, 135.

56

Zimmerli, Prediger, 205. Ähnlich Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 274f.

57

Zur Übersetzung des b' mit durch vgl. Hertzberg, Prediger, 153; Lux, Lebenskompromiß, 273.

Die Ethik Kohelets

199

Situation: Es kann vorkommen, daß das starre Festhalten an der eigenen Gerechtigkeit und Weisheit abträglich ist.58 Und schließlich wird der Weise auch daran erinnert, daß er durch übervorsichtige Ängstlichkeit zwar seine Zukunft nicht sichern, wohl aber die Gegenwart verpassen kann.59 Damit dieses nun nicht falsch verstanden wird, als könnte man durch frevelhaftes Verhalten das Leben sichern, fügt Kohelet mit 7,17 die zweite Mahnung an: Es kann zwar geschehen, daß einer in oder eben auch gerade durch frevlerisches Tun lange lebt, aber auch das ist keine Regel. Mißverstanden wäre dieser Vers, wenn man annimmt, Kohelet empfehle hier einen gedämpften, vorsichtigen Einsatz der Bosheit. Im V 20 wird dann deutlich, was schon an dieser Stelle im Hintergrund steht: kein Mensch ist immer gerecht und ohne Sünde.60 Auch gegen den eigenen Willen begeht man immer wieder Fehler, aber deshalb sollte man nicht glauben, grenzenlos freveln zu dürfen. Wer sich so gegen die Ordnung auflehnt, muß mit Gottes Sanktionen rechnen. Der V 18 ist in seiner Formulierung sehr eigenwillig und kann ebenfalls zu Mißverständnissen fuhren. Eigentlich würde man ja nach den negativen Formulierungen von V 16f auch hier eine solche Aussage erwarten, z.B.: Gut ist es, wenn du das eine meidest und auch dem anderen nicht verfällst. Aus dem Zusammenhang heraus kann der Satz jedoch eindeutig nur so verstanden werden, daß man sich beider Gefahren bewußt sein und sie meiden soll. Gottesfurcht muß demnach etwas Entsprechendes meinen. Mit dieser differenzierten und realistischen Betrachtung bietet Kohelet ,30 etwas wie eine wohlüberlegt Option für diejenigen Werte, die sich unter den augenblicklichen Umständen verwirklichen lassen"61. Wo eine mehr oder weniger normative Moral nicht machbar erscheint, wird es so möglich, das Verhalten auf die konkreten Verhältnisse abzustimmen. R. Lux betont, daß es in dem Abschnitt 7,15-18 keinen prinzipiellen Bruch mit der Vätertradition gibt. Kohelet hat diese vielmehr für Grenzsituationen präzisiert, um auch da ethisch verantwortlich zu handeln. Denn nicht nur bei der Lebenszeit und der Erkenntnismöglichkeit sind dem Menschen Grenzen gesetzt, sondern es gibt „eben auch Grenzen im Tun des Gerechten und Vermeiden des Bösen."62 In Anbetracht dieser Situation zeigt sich die Stärke dieses Lebenskompromisses, die „im Ernstnehmen der anthropologischen Realitäten (liegt). Sie stürzen den Menschen nicht notwendig

58

Vgl. Lohfink, Kohelet, 55, der dabei aber an das Festhalten am alten Ethos und der alten Weltdeutung in Umbruchszeiten denkt.

59

Vgl. Galling, Prediger, 108.

60

Vgl. Whybray, Immoralist, 196f.

61

Lohfink, Kohelet, 55. Konkret sei dabei an Zeiten „sozialen Wandels und des ihn begleitenden Plausibilitätsschwundes" zu denken; m.E. ist die Orientierung an der konkreten Situation bei Kohelet jedoch wesentlich allgemeiner zu verstehen und auf alle Zeiten zu beziehen.

62

Lux, Lebenskompromiß, 276.

200

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

in einen pessimistischen Quietismus, sondern rufen ihn zur aktiven Lebensverantwortung." 63 Gegen E. Wölfeis Auffassung will Koh 7,15ff also gerade verdeutlichen, daß das Ich des Menschen nicht „über den ethischen Grundbegriffen beheimatet"64 ist, daß sich der Mensch trotz oder gerade wegen der Unsicherheiten des Lebens nicht absolut setzen darf. Er muß sich bewußt sein, daß er nicht über die Zeiten verfügen kann, sondern daß diese verfügt werden. Erkennt man diese Abhängigkeit von Gott, so behält man ein waches Auge für das, was an der Zeit ist, und man bleibt sich bewußt, daß alles menschliche Tun und Denken immer nur unvollkommen sein kann, daß man sich auch in der gründlichsten Situationsanalyse irren und damit das verfehlen kann, was an der Zeit wäre, so daß alle noch so guten Bemühungen erfolglos bleiben können. Auf dem Hintergrund dieses Bewußtseins können nun auch die alten Regeln wieder eine wichtige Funktion für das Leben bekommen. Sie können zwar keine zuverlässigen Zusammenhänge beschreiben, können aber als Handlungsorientierung dienen. Und derartige Orientierungen sind unbedingt notwendig, weil der Mensch nicht ausschließlich mit Negationen leben kann. In diesem Sinne behält die Regel vom Tun-Ergehen-Zusammenhang durchaus ihren ethische Impetus, auf dessen Bedeutung R. Lux verweist: „Wenn sie wegen regelwidriger Erfahrungen unbrauchbar und irreführend scheint, wächst die Gefährdung einer ethischen Relativierung allen Handelns. Wenn positives Tun nicht wenigstens begrenzte Aussicht auf Erfolg hat, wenn alles Tun ein reines Glücksspiel, ein Kokettieren mit dem blinden Schicksal ist, ethisch indifferent, dann wird der Sog von Resignation und Anti-Sozialität übermächtig."65 Daß es so eine „wenigstens begrenzte Aussicht auf Erfolg" auch nach Kohelets Erfahrungen gibt, zeigen u.a. seine Aufforderung zu tatkräftigem Handeln und die Bevorzugung der Weisheit gegenüber der Torheit.66

63

Lux, Lebenskompromiß, 276.

64

Gegen Wölfel, vgl. Anm. 54.

65

Lux, Weise, 78.

66

Ganz in diesem Sinne äußerte sich zuletzt auch de Jong (God in the book of Qohelet), der zunächst feststellt, daß einige Texte bei Kohelet von einer absoluten göttlichen Determination sprechen, andere aber die Vergeltung bzw. das Gericht Gottes voraussetzen. Diese Spannung erklärt er damit, daß die deterministischen Texte Kohelets Beobachtungen stützen, während die Vergeltungs-Texte zu den Instruktionen gehören, denn diese „would not make sense without the existence of a certain relation between action and consequence" (a.a.O., 161). Daß es für Kohelet hier einen sicheren Zusammenhang gibt, wird man so nicht bestätigen können; aber eine begrenzte Hoffnung auf eine solche Entsprechung von Tun und Ergehen gibt es in der Praxis des Alltags wohl auch für Kohelet. Zur Aufforderung zum Handeln vgl. Kap. 2.3.1, S. 90 und zur Bevorzugung der Weisheit Kap. 2.3.3, S. 105.

Gottesfurcht bei Kohelet

201

Doch neben allem, was Kohelet an Handlungsorientierung seinen Lesern direkt oder indirekt mit auf den Weg gibt, steht immer wieder seine Erinnerung an die Freiheit und Souveränität Gottes. Auch Kohelets „Ethik des Handelns" ist davon grundlegend geprägt. Es kommt darauf an, sich dieser Souveränität unterzuordnen, um das von Gott Gegebene zu empfangen. In besonderer Weise trifft das wiederum für das individuelle Lebensglück zu. Es kann nicht gemacht und für die Zukunft gesichert werden, es kann nur zu gegebener Zeit ergriffen werden. Man kann sein Glück aber auch versäumen, durch falsche asketische Skrupel ebenso wie durch unzeitiges Streben nach Gerechtigkeit und Weisheit. Die jeweilige Zeit zu erkennen wäre das Beste. Weil dies aber dem Menschen in seinen Grenzen nicht möglich ist, bleibt ihm nur, seine Entscheidungen vorsichtig, aber letztlich doch entschieden im Bewußtsein des Risikos zu wagen.

3.6 Gottesfurcht bei Kohelet ,gummöse Furcht ist spontane Reaktion des Menschen bei der Begegnung mit Gott. Es ist daher verständlich, dass der Terminus Furcht als Ausdruck für das Verhältnis des Menschen zu Gott überhaupt in Gebrauch kommen kann. Dies umso mehr, als numinose Furcht nichts rein Negatives ist, sondern eine Furcht, die auch die Reaktion auf das Numinose, insofern es fascinosum ist, neben sich duldet." 1 Diese Ambivalenz in der Gottesfurcht ermöglichte eine Begriffsentwicklung, in deren Verlauf die numinose Bedeutung deutlich an Gewicht verlor. Besonders stark ausgeprägt ist diese Entwicklung in der Weisheitsliteratur. Obwohl der Begriff der Gottes- bzw. Jahwe-Furcht in der Weisheitsliteratur gar nicht so sehr häufig vorkommt, spricht man ihr vielfach eine große Relevanz zu. 2 Das liegt zum einen wohl daran, daß die Jahwe-Furcht im Sprüche-Buch gleich mehrfach, vor allem aber zu Beginn und am Abschluß als .Anfang der Weisheit" bezeichnet wird (Spr 1,7; 31,30). Zum anderen wurde die Jahwe-Furch zu einem Schlüsselwort, ,.insofern es sich als geeignet erwies, angesichts einer welthaft erfahrenden Welt mit ihrer relativen Eigengesetzlichkeit der immanenten Abläufe und relativen Eigenwertigkeit der Lebensgüter (...) einerseits und des Wissens um JHWHs souveränes Walten und Handeln in Geschichte und Welt andererseits dem Menschen diese komplexe Lebenswirklichkeit zu erschließen, damit er sich in ihr zurechtfinde und richtig verhalten könne" 3 . Voraussetzung für diese von Fuhs

1

Becker, Gottesfurcht, 76.

2

Vgl. die kritische Anmerkung dazu bei Hausmann, Studien, 165.

3

Fuhs, ThWAT ΙΠ, 889f; vgl. Hausmann, Studien, 242.

202

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

beschriebene Funktion der Gottesfurcht ist eine sehr allgemeine Verwendung dieses Begriffes. Das Moment eigentlicher Furcht ist kaum noch zu finden.4 Es geht hier vor allem um „Ehrfurcht und Anerkennung des Willens Gottes"5 und eine daraus resultierende ethische Haltung, so daß die Gottesfurcht stark vom sittlichen Aspekt geprägt ist.6 Nach G. v. Rad ist der Begriff bei den Weisheitslehrern möglicherweise „sogar in einem noch allgemeineren humanen Sinn gebraucht, der an unser,Bindung an', .Wissen um Jahwe' heranreicht"7. Und unabhängig von den Sprüchen, in denen die Gottesfurcht als Anfang der Weisheit bezeichnet wird, sieht er in der Furcht Gottes die Voraussetzung, von der im Grunde alle Sentenzen herkommen.8 In Israels Umwelt, vor allem in Ägypten und Mesopotamien, hat sich der Begriff der Gottesfurcht in ähnlicher Weise entwickelt wie in Israel. Auch dort trat das Moment der Furcht zurück, so daß der Begriff allgemein Gottesverehrung und Gottesdienst meint.9 Im Gegensatz dazu verstehen einige Exegeten Gottesfurcht bei Kohelet wieder stärker als Furcht vor demNuminosen bzw. als, Angst, veranlaßt durch Ungewißheit und Hilflosigkeit"10, wie und Ob sich dieser Befund an einzelnen Texten aufzeigen läßt, soll in der folgenden kurzen Besprechung der Aussagen zur Gottesfurcht im Kohelet-Buch gezeigt werden. Dabei wird mit den meisten neueren Auslegern davon ausgegangen, daß bis auf Koh 12,13 alle Gottesfurcht-Stellen von Kohelet selbst stammen und nicht durch spätere Redaktion in den Text gekommen sind.

3.6.1 Die Texte 3.6.1.1 Koh 3,14 „ Und Gott hat es (so) gemacht, damit man sich vor ihm fürchte."" In dieser oder ähnlicher Form wird in den meisten Übersetzungen Koh 3,14b wiedergegeben. Demnach hat Gott die Unveränderbarkeit seines Tuns gewollt, um damit Gottesfurcht bei den Menschen zu erzeugen. Auch wenn man sich den von R. Bartelmus vorgetragenen, z.T. überzeugenden Argumenten gegen eine finale Übersetzung 4

Auch für das Alte Testament insgesamt stellt Becker (Gottesfurcht, 75) fest, daß die Gottesfurcht „Äquivalent für Religion und Frömmigkeit" wird.

5

Delkurt, Einsichten, 98; vgl. Hausmann, Studien, 273.

6

Vgl. Becker, Gottesfurcht, 186.210.

7

V. Rad, Weisheit, 92.

8

Vgl. v. Rad, Weisheit, 96.

9

Vgl. Fuhs, ThWAT III, 877f.

10

Lauha, Kohelet, 70. Zur Sache vgl. S. 210.

11

Zimmerli, Prediger, 163.

Gottesfurcht bei Kohelet

203

von 3,14b anschließt12, bleibt doch die Aussage dieses Satzes im Kern unverändert die, daß Gottesfurcht letztlich auf Gott selbst zurückgeht. In der EÜ heißt es dementsprechend: „Gott hat bewirkt, daß die Menschen ihn furchten". Gottesfurcht fungiert hier also „weder als Frömmigkeitsform (...) noch als sittliche Größe"13, sie ist Teil der Schöpfung. Deshalb muß, wer die Ordnung anerkennen will, gottesfurchtig leben. Was das inhaltlich bedeutet, wird erst durch den Kontext verdeutlicht. Kohelet spricht hier (3, Iff) vom Handeln Gottes: Er hat nicht nur bewirkt, daß die Menschen ihn furchten, er hat auch die Zeiten festgesetzt (3,Ιδ. 1 la), ohne daß der Mensch sie durchschauen (3,1 lb) oder beeinflussen könnte (3,14a), und er hat schließlich dem Menschen die Gabe zuteil werden lassen, das Gute zu genießen (3,12f). Das sind die Gegebenheiten, die der Mensch anerkennen und in die er sich einpassen muß. N. Lohfink beschreibt die hinter Koh 3, Iff stehende Absicht Kohelets so: „Er hat die ,Gottesfurcht' ganz in den Zusammenhang hineingeholt, in dem er das Rätsel der menschlichen Zeit analysiert. Wer die menschliche Situation akzeptiert und den jeweiligen Augenblick, wie er auch immer aussehen mag, als Gottes jetzige Zuwendung und als die einzige, aber auch hinreichende Möglichkeit, die eigene Existenz mit Gottes Ewigkeit zu verbinden, anerkennt: der ist ,gottesfürchtig'." 14 Gottesfurcht besteht demnach ganz wesentlich darin, Gottes Werk so anzunehmen, wie es ist, seine Souveränität zu akzeptieren und sich den daraus resultierenden Bedingungen einzupassen. Hält man sich an die nicht-finale Übersetzung von See in Koh 3,14b, so wird man hier kaum von „Gottesangst"15 reden können oder die Gottesfurcht als „resignative Anerkennung der göttlichen Übermacht bei gleichzeitiger Angst vor deren undurchschaubaren Entschlüssen"16 verstehen. Der Aspekt numinoser Angst spielt hier sicherlich insofern eine gewisse Rolle, als sie durch das Bewußtsein der Größe des allmächtigen Gottes ausgelöst wird. Aber die Ansicht, daß der Begriff Gottesfurcht wieder etwas von seinem „unheimlichen Grauen"17 zurückgewonnen hat, gewichtet diesen Aspekt m.E. zu stark.

12

Vgl. Bartelmus, Haben, 60. Er verweist u.a. darauf, daß see im AT sonst nirgends eine finale Konnotation hat und auch im unmittelbaren Kontext „konsequent als Relativpartikel verwendet" wird.

13

Backhaus, Zeit, 361f.

14

Lohfink, Gegenwart, 10.

15

Lange, Weisheit, 117.

16

Klein, Kohelet, 210.

17

Gegen Blieffert, Kohelet, 56ff, diesem ähnlich auch Becker, Gottesfurcht, 250; Fichtner, Weisheit, 52.

204

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

3.6.1.2 Koh 5,6 Nach den vorwiegend negativ formulierten Mahnungen der vorangegangenen Verse beendet Kohelet diesen Abschnitt mit einer positiven Weisung: Fürchte Gott! „Gottesfurcht wird hier nicht in Verbindung mit der Weisheit oder dem Retributionsgedanken gesehen, sondern im Hinblick auf die Gefährlichkeit des gegenteiligen Verhaltens (5,5b) und des Abstandes zwischen Gott und Mensch (5, lb)"18. Zugleich wird mit dieser Ermahnung der gedankliche Bogen gespannt zu dem anderen positiven Ratschlag, den Kohelet am Anfang dieser Einheit gab: Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Gotteshaus gehst. Herantreten, um zu hören ist besser, als wenn Toren Opfer bringen... (4,17). So ist es berechtigt, wenn N. Lohfink die Gottesfurcht als eine „Haltung von Scheu und Hinhören in einem"19 bezeichnet. Kohelet wehrt damit jedem Gedanken an die Verfügbarkeit Gottes, der gerade im Zusammenhang mit kultischen Handlungen nur allzuleicht entstehen könnte und setzt die Gottesfurcht gegen Auswüchse des Kultus.20 In dem Fürchte Gott! von Koh 5,6 scheinen demnach sehr verschiedene Momente der Gottesfurcht enthalten zu sein. Zumeinen geht es wiederum um die Unverfügbarkeit und mithin um die Souveränität Gottes. Daneben spielt auch der auf Lebensbewältigung zielende „sittliche" Aspekt21 eine wesentliche Rolle. Wer Gott furchtet wird die gegebenen Ratschläge beherzigen und sich so angemessen verhalten, anderenfalls müßte er mit Strafen rechnen (5,5). So enthält der Begriff der Gottesfurcht hier also auch ein Moment der Furcht, wobei es sich jedoch weniger um numinose Angst, als um konkrete Furcht vor Bestrafung handelt.

3.6.1.3 Koh 7,18 Wer Gott furchtet, der entgeht den in 7,16 und 7,17 beschriebenen Gefahren, er wird weder dem töricht frevlerischen Verhalten verfallen, noch einer überzogenen Gerechtigkeit und Weisheit, die ihre Grenzen aus den Augen verliert und meint, durch eigenes Tun allein über Schicksal und Zukunft entscheiden zu können.22 Wahre Gottesfurcht bedenkt die Unsicherheiten des Lebens (7,15) und die Grenzen des Menschen, sowohl in intelektueller als auch in moralischer Hinsicht. Sie vermeidet

18

Becker, Gottesfurcht, 251 f.

19

Lohfink, Windhauch, 28.

20

Vgl. Backhaus, Zeit, 362 sowie Kap. 3.4, S. 188.

21

V. Rad (Weisheit, 102) verweist darauf, daß der Begriff „Sittlichkeit" nur mit Vorbehalt auf die Lehren der Weisen anzuwenden ist, weil es sich hier eher um „Anleitungen zur Lebensbewältigung und zum Überstehen der zahllosen Schwierigkeiten des Lebens" handelt.

22

Zum Abschnitt 7,15ff vgl. Kap. 3.5, S. 197ff.

Gottesfurcht bei Kohelet

205

den „Griff nach dem Ganzen"23, nach einer vollkommenen Gerechtigkeit und nach einer die Tiefen der Welt durchschauenden Weisheit24 ebenso, wie den resignierenden Fall in die Skrupellosigkeit oder in den Nihilismus. Damit verhilft Gottesfurcht zu (nach menschlichem Ermessen) richtigen Entscheidungen, und zu einer angemessenen Selbsteinschätzung. Das charakteristische am gottesfurchtiges Verhalten besteht demnach gerade darin, den von Gott gegebenen Teil anzunehmen, sich also nach bestem Vermögen in das durch die determinierten Zeiten beschriebene Ordnungsgefüge einzupassen. Das wird noch deutlicher, wenn man den weiteren Kontext betrachtet, besonders 7,12-14. Gott schafft gute wie böse Tage, und weder Weisheit noch Reichtum können vor den bösen Tagen bewahren. Beides, Gutes und Schlechtes, gilt es als von Gott festgelegt anzunehmen. Die schon in Koh 3,14 mit der Gottesfurcht verbundene Anerkennung der Souveränität Gottes wird in 7,15ff also auf das sittliche Verhalten im Alltag hin konkretisiert. Als dritter Aspekt begegnet auch hier, wie schon in Koh 5,6, das Moment der Furcht vor der Bestrafung falschen Verhaltens (7,16b. 17b).

3.6.1.4 Koh 8,12b. 13 Die meisten Ausleger gehen heute davon aus, daß auch der mehrfache Hinweis auf die Gottesfurcht in Koh 8,12f keine Glosse eines Redaktors ist. Sie nehmen an, daß sich Kohelet hier mit der Meinung anderer kritisch auseinandersetzt. Fuhs versteht 8,12b. 13 jedoch als „ein persönliches Bekenntnis" mit dem Kohelet „offenbar gegen ein oberflächliches Verständnis von Gottesfurcht" polemisiert.25 Diese Auffassung ist m.E. wegen der Fortsetzung des Gedankens in 8,14 nicht haltbar. Dort widerlegt Kohelet die Überzeugung, daß es dem Gottesfürchtigen immer gut ergehen muß. Es kann auch gerade das Gegenteil eintreten. R. Lux bemerkte deshalb zu Recht, daß sich die Verse 12b. 13 zum Vers 14 wie These zu Antithese verhalten.26 Indem Kohelet in 8,14 den Leser mit einem Gegenbeispiel konfrontiert, relativiert er die Aussage von 8,12b. 13. Der hier vorausgesetzte Zusammenhang von Verhalten und Ergehen wird also wiederum als Regel destruiert, ohne daß er grundsätzlich bestritten würde27: Auch Gottesfurcht bietet keine Gewähr für gelingendes Leben. Darin unterscheidet sich Kohelet deutlich von den

23

Vgl. Lux, Lebenskompromiß, 269.

24

Vgl. Koh 7,24; 8,17.

25

Fuhs, ThWAT III, 892, vgl. Becker, Gottesfurcht, 254; Gese, Krisis, 178.

26

Vgl. Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 279. Da Kohelet in 8,14 eine verbreitete Klage aufgreift (Jer 12,Iff; Hi 21 u.ö.) könnte es sich nach Lux sowohl in 12b-13 als auch in 14 um die Wiedergabe von Zitaten handeln.

27

Vgl. Lux (ebd.), der den Aussagen von Vers 14 zu Recht nur einen partiellen Wert zuspricht.

206

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Gottesfurcht-Aussagen der Proverbien, die dem Gottesfurchtigen immer wieder Wohlergehen verheißen.28

3.6.1.5 Koh 12,13 Den letzten Beleg der Gottesfurcht im Buch Kohelet verdanken wir einem Epilogisten. Er bringt die Gottesfurcht in einen engen Zusammenhang mit dem Halten der Gebote. Damit verschiebt er die Bedeutung der Gottesfurcht im Sinne einer Tora-Frömmigkeit29, fiir die das Halten der Gebote zentrales Anliegen ist.30 Diese Bedeutungsverschiebung muß keineswegs eine bewußt verzerrende Zusammenfassung sein. Bei Kohelet findet sich nicht nur die Aufforderung zur Gottesfurcht, sondern auch zum Halten der Gebote (8,5), wenngleich hier ursprünglich die Gebote des Königs gemeint sein dürften. Für die inhaltliche Bestimmung der Gottesfurcht bei Kohelet muß Koh 12,13 jedoch unberücksichtigt bleiben. Bei der Betrachtung der Gottesfurcht-Stellen wurde deutlich, daß die inhaltliche Füllung des Gottesfurcht-Begriffs bei Kohelet nicht aus den einzelnen Versen zu erheben ist. Das gilt in ähnlicher Weise auch für die Proverbien, bei denen J. Hausmann feststellt: „Es wird kaum genauer gesagt, was unter JHWHfurcht zu verstehen ist, worin sie eigentlich besteht."31 Erst aus der Zusammenschau der verschiedenen Stellen und vor allem aus den jeweiligen Kontexten lassen sich die wesentlichen Aspekte in Kohelets Gottesfurcht-Begriff ermitteln. Von besonderem Interesse sind dabei Koh 3,14; 5,6 und 7,18. Dem Kontext von Koh 8,12b. 13 läßt sich inhaltlich positiv nichts über Kohelets Verständnis von Gottesfurcht entnehmen, weil er hier lediglich falsche Hoffnungen im Zusammenhang mit der Gottesfurcht zerstreut. Indirekt sind natürlich auch daraus Rückschlüsse auf Kohelets Gottesfurcht-Begriff zu ziehen.

28

Vgl. Spr 10,27; 14,26f; 19,23.

29

Vgl. Zimmerli, Prediger, 246.

30

Vgl. Ps 112,1; 119,63; 128,1.

31

Hausmann, Studien, 275.

Gottesfurcht bei Kohelet

207

3.6.2 Aspekte der Gottesfurcht 3.6.2.1 Die Souveränität Gottes Nach allem, was bisher über die Bedeutung der Souveränität Gottes für Kohelet gesagt wurde, kann es nicht überraschen, daß er auch im Zusammenhang mit der Gottesfurcht die Freiheit des göttlichen Willens, die Unabänderlichkeit seiner Werke und damit die Abhängigkeit des Menschen von Gott deutlich hervorhebt. Gottesfurcht „ist Anerkennung der Allwirksamkeit Gottes"32. Dieser Aspekt der Gottesfurcht spielt in Koh 3,14; 5,6 und 7,18 eine entscheidende Rolle. Es geht darum, Gott Gott sein zu lassen, und nicht menschliche Pläne gegen Gottes Willen in die Tat umzusetzen. Gott ist der Herr des Schicksals, weil er die Zeiten festlegt, zugleich ist er auch Richter allen menschlichen Tuns33, weil er Fehlverhalten mit entsprechenden Sanktionen bestrafen kann. Gottesfurcht läßt den Abstand zwischen Gott und Mensch bewußt bleiben (vgl. 5, l 34 ) und das Geheimnis seines Waltens als Geheimnis annehmen35; sie bewahrt so vor jedem Versuch, Gott zu vereinnahmen (z.B. durch kultische Handlungen und als „Vollstrecker" eines Tun-ErgehenZusammenhangs) oder die mit demMenschsein gegebenen Grenzen zu überschreiten. „Über der Undurchschaubarkeit menschlichen Schicksals und kosmischen Geschehens erhebt sich dem Prediger Gott in seiner ganzen Souveränität und weist damit den Menschen in seine kreatürlichen Schranken."36 Sich seiner Schranken bewußt zu bleiben und die gesetzten Grenzen einzuhalten bedeutet für Kohelet ganz wesentlich, sich in die mit der Zeit gesetzte Ordnung einzufügen. Dazu gehört auch, am guten Tag guter Dinge zu sein (7,14), weil Gott dieses Tun schon längst gefallen hat (9,7). Es ist jedoch fraglich, ob die Freude tatsächlich „am ehesten der Ort (ist), wo man die .Gottesfurcht* lernen kann"37. Sicherlich kann man im Moment des Glücks leichter akzeptieren, „daß einem als

32

Galling, Prediger, 95.

33

Vgl. Kaiser, Botschaft, 65. Zu den Texten, die von Gott als Richter sprechen (3,17; 11,9) vgl. Lux, „Denn es ist kein Mensch...", 265ff.284f. Wie Kohelet sich das Richten Gottes vorstellt, ist m.E. nach wie vor schwer verständlich. Denn ein Eingreifen Gottes kann zwar eintreten, muß aber nicht, was unserer Vorstellung von Gott als Richter eigentlich widerspricht. Das gleiche gilt für Krügers Ansicht (Dekonstruktion, 116), wonach das Gericht in der Kontingenz und im Tod erfahrbar ist. Auch das ist mit unseren Vorstellungen vom göttlichen Gericht kaum vereinbar.

34

Nach Zimmerli (Prediger, 184) formuliert Koh 5,1 „in geradezu klassischer Weise, was die Gottesfurcht bei Kohelet meint".

35

Vgl. Preuß, Einführung, 129.

36

Kaiser, Gottesgewißheit, 128.

37

Lohfink, Gegenwart, 11.

208

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

Mensch immer nur ein dahingleitender Augenblick gegeben ist"38, aber andererseits steht man gerade hier in der Versuchung, sich das gute Ergehen als Folge eigener guter Leistung selbst anzurechnen. Auch Chr. Klein vertritt die Auffassung, daß Freude zur Gottesfurcht anleitet. Er begründet das damit, daß „sie allein im Willen Gottes gründet, der ihren Genuß scheinbar willkürlich gewähren oder versagen kann"39. Abgesehen davon, daß dieses willkürliche Gewähren oder Versagen auch für alles andere zutrifft, gilt hier sinngemäß das gleiche wie eben: Um zu erkennen, daß es Gott ist, der die Freude nach seiner freien Entscheidung gewährt, muß man zunächst die Souveränität Gottes im Zuteilen von Freude und Leid anerkennen, doch genau damit verhält man sich bereits gottesfürchtig. Kohelet schränkt die Gottesfurcht nicht auf bestimmte gute oder schlechte Zeiten ein. Sie muß grundsätzliche die Lebenshaltung bestimmen und sich nicht nur im Leid bewähren 40 , sondern ebenso in der Freude.41 Zum Menschsein gehört die Zeitlichkeit mit Freude und Leid. Zur Zeitlichkeit des Menschen gehört aber ebenso der Tod. So kann auch die Annahme des Todes als Ausdruck der Gottesfurcht verstanden werden. Man wird jedoch kaum sagen können, daß im Gesamtdenken Kohelets „das Denken an den Tod (...) die konkrete Gestalt der Gottesfurcht"42 ist. Es ist lediglich ein Teil davon. Zur Anerkennung der Souveränität Gottes muß man schließlich auch zählen, daß Kohelet die Gottesfurcht, ebenso wie Gott selbst, nie als hcebcel bezeichnet. Nur einmal taucht das Wort im Zusammenhang mit der Gottesfurcht auf, nämlich in Koh 8,14. Doch hier geht es gerade um ein falsches Verständnis von Gottesfurcht, dem Kohelet den Windhauch, der auf Erden geschieht, gegenüberstellt. Mit der Betonung der Souveränität Gottes befindet sich Kohelet in grundlegender Hinsicht in Übereinstimmung mit dem Gottesfurcht-Begriff des Alten Testaments. S. Plath schreibt darüber: „Das ,Gottfurchten' ist... die gefiihls- und bewußtseinsmäßige Anerkennung des Totalitätsanspruches Gottes"43. Das gilt trotz der weitgehend sittlichen Ausrichtung auch für die Weisheit und zwar sowohl für die Umwelt Israels44 als auch für Israel selbst, was an der Verbindung von Gottesfurcht

38

Lohfink, Gegenwart, 11.

39

Klein, Kohelet, 140.

40

Vgl. Kaiser, Leid, 57.

41

Daß für Kohelet die Gottesfurcht „zu jedem Augenblick der menschlichen Existenz" gehört, wird insgesamt auch von Lohfink befürwortet (Gegenwart, 11).

42

Gegen Lohfink, Windhauch, 31.

43

Plath, Furcht, 126.

44

Vgl. Hausmann, Studien, 275f; Meinhold, Sprüche, 51.

Gottesfurcht bei Kohelet

209

mit Demut (Spr 22,4)45 ebenso deutlich wird wie an der grundsätzlichen und mehrfach begegnenden Aussage, daß Gottesfurcht der Anfang der Weisheit ist.

3.6.2.2 Das Handeln des Menschen Die Gottesfurcht prägt den Lebenswandel und das gesamte Handeln des Menschen. Das gilt für Kohelet in gleicher Weise wie für andere Weisheitsliteratur. Nach den Proverbien haßt die Jahwe-Furcht das Arge, Hochmut und bösen Wandel (Spr 8,13) und hält den Gottesfurchtigen auf rechter Bahn (Spr 14,2), weil man durch sie das Böse meidet (Spr 16,6). . f ü r die Sprüche bilden Gehorsam gegenüber Jahwe und eine ethisch angemessene Haltung, die etwa als .Wandel in Rechtschaffenheit' (Spr 14,2) umschrieben werden kann, eine Einheit."46 Was ein „Wandel in Rechtschaffenheit" bedeutet, ist für Kohelet allerdings weniger deutlich als es in den Proverbien vorausgesetzt wird. Denn das „Rechte" ist ja das der Zeit Angemessene, doch der Mensch weiß nicht um seine Zeit (Koh 9,12) und durchschaut nicht, wie Gott die Zeiten festsetzt (Koh 3,11). Die Konsequenz daraus kann nur in Zurückhaltung bestehen, so wie sie u.a. in Koh 4,17ff und 7,15ff beschrieben wird. W. Zimmerli nennt die Zurückhaltung ,4m Bereich des gottesdienstlichen Lebens die eigentliche Form der Gottesfurcht"47. Diese Bewertung läßt sich aber ohne weiteres auf alle anderen Bereiche des Lebens ausdehnen. Wachsame Ohren und Augen sind erforderlich, um zu erkennen, was in der jeweiligen Situation das Rechte ist. Letzte Sicherheit ist dabei ohnehin nicht zu erlangen, das Risiko der Entscheidung bleibt und damit auch die Notwendigkeit zur Zurückhaltung im Handeln. Auch von hier aus bestätigt sich also N. Lohfinks oben schon zitierte Einschätzung, wonach Gottesfurcht bei Kohelet eine „Haltung von Scheu und Hinhören in einem"48 ist. Zurückhaltung ist sicherlich für die ganze insgesamt eher konservativ eingestellte Weisheit49 ein charakteristisches Merkmal, „ein Zug zum Bedächtigen, zum Vorsichtigen"50 spricht aus vielen Sentenzen. Und auch die Offenheit zu hören und zu sehen wird in den Sprüchen immer wieder angemahnt. Schließlich ist es

45

Vgl. Preuß, Demut, 460: „Der Demütige ordnet sich der Weltordnung unter, die von Jahwe gesetzt ist." Nach Steiert (Weisheit, 51) stellt Demut sogar „einen Terminus technicus fur Frömmigkeit dar, der in Israel keiner weiteren Erklärung ... bedarf.

46

Delkurt, Einsichten, 98.

47

Zimmerli, Prediger, 185.

48

Lohfink, Windhauch, 28; vgl. S. 204.

49

Vgl. Meinhold, Sprüche, 408.

50

V.Rad, Weisheit, 116.

210

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

ja Gott selbst, der ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge macht (Spr 20,12).51 Dennoch scheint der Begriff Zurückhaltung gerade für Kohelets im Empfangen gründende Lebenseinstellung sehr zutreffend zu sein. Auch in seinen Ansprüchen an das Lebenfindetsich diese Zurückhaltung. Allgemein anerkannte Werte betrachtet er mit skeptischer Distanz, mit moralischen Urteilen hält er sich bedeckt (Koh 7,21), jedes Handeln im Übermaß scheint ihm gefährlich oder unangemessen (7,16-18; 4,7f; 5,9; 6,7f). Nur das, was Gott im Augenblick gibt, kommt dem Menschen zu (5,18; 6,9; 9,1). Wahre Gottesfurcht besteht für Kohelet deshalb im Ergreifen des gottgegebenen Teils. „Wenn der Mensch sich dem unterwirft, was der Augenblick von Gott her ihm gibt, dann vollzieht er die Religion - der alte Orient sagt: die Gottesfurcht." 52 Wer in dieser Weise als Empfangender lebt, wird auch in einer der Gottesfurcht adäquaten Weise handeln.53

3.6.2.3 Angst und numinose Furcht Die Konfrontation mit der Allmacht und Majestät Gottes löst beim Menschen Erschaudern und Furcht aus. S. Plath schreibt dazu: „Dem Wesen Gottes entspricht die Furcht. Weil sie ... Gott immer total erlebt, ist sie eben von eigenartiger Ambivalenz und äußert sich zugleich in einem Gefühl des Abgestoßen- und Angezogenwerdens, des , Abstands und der Verbundenheit', des Erschauderns und der Beseligung, des Erschreckens und der Freude."54 Bei der Untersuchung der Gottesfurcht-Belege in der Weisheit stellt er aber fest, daß der Begriff Gottesfurcht hier weder „kreatürliche Angst vor dem Numinosen noch Furcht vor einer strafenden Gerechtigkeit Jahves"55 zum Inhalt hat.56 Zu einer anderen Beurteilung kommen einige Ausleger hingegen für die Gottesfurcht bei Kohelet. Sie orientieren sich dabei vor allem an Koh 3,14 und zwar in der weithin üblichen Übersetzung, wonach Gott die Welt so eingerichtet hat, daß man sich vor ihm fürchtet. Weil in diesem Zusammenhang von dem in der Weisheit vorherrschenden sittlichen Aspekt der Gottesfurcht nicht die Rede ist, sah man in Koh 3,14 einen eindeutigen Hinweis darauf, daß die numinose Bedeutung des Begriffs Gottesfurcht bei Kohelet wieder an Gewicht gewonnen

51

Vgl. Kraus, Theologie, 197: „Wer Jahwe fürchtet, der lebt im Gehorsam gegenüber Gottes Willen, im permanenten Hören und Folgen." Diese Bemerkung über die Psalmen kann auch auf die Weisheit übertragen werden.

52

Lohfink, Tod. 218.

53

Vgl. Kaiser, Botschaft, 65.

54

Plath, Furcht, 123.

55

Plath, Furcht, 68.

56

Vgl. die einleitenden Bemerkungen S. 201.

Gottesfurcht bei Kohelet

211

hat. J. Becker kommt zu der Ansicht, daß „dem Begriff der Gottesfurcht im Prediger mehr als in der übrigen Weisheitsliteratur ein Zug numinoser Furcht (...) in Form eines starken Abhängigkeitsbewusstseins des Menschen"57 beigegeben ist. Doch selbst bei dieserfinalenÜbersetzung von Koh 3,14b gibt es eigentlich keinen Grund, von einem deutlichen Zug numinoser Furcht zu sprechen. Denn die Aussagen in diesem Kontext sind ihrem Inhalt nach im Alten Testament nicht ungewöhnlich: Gott ist der Schöpfer aller Dinge und der Mensch kann sein Werk weder durchschauen noch verändern. Diese Feststellungen dürften kaum geeignet sein, dem Menschen Furcht einzuflößen. Wenn demnach eine verstärkte Bedeutung der numinosen Furcht im Text des Kohelet-Buches nicht nachzuweisen ist, so bleibt zu fragen, ob die Angst, konkret die Angst vor Strafen, bei Kohelet eine größere Rolle spielt als in anderen weisheitlichen Texten. Bei der Untersuchung der Gottesfurcht-Texte wurden zwei Hinweise auf drohende Bestrafung festgestellt. In Koh 5,5 wurde vor dem Zorn Gottes gewarnt, der das Werk deiner Hände verderben könnte. Weniger eindeutig sind die Hinweise auf mögliche Folgen in Koh 7,16f. Da V 17 vor einem drohenden vorzeitigen Tod warnt und die Lebenszeit in Gottes Verfugung steht, kann man davon ausgehen, daß hier Gott als Verursacher der negativen Folgen falschen Verhaltens vorausgesetzt wird. V 16 warnt dagegen davor, sich durch unangemessenes Verhalten selbst zugrunde zu richten. Hier liegen die negativen Folgen also eher in der Eigendynamik des Handelns. Man darf an dieser Stelle jedoch nicht die moderne Spaltung von Welt- und Gotteserfahrung in den Text eintragen. Die Anerkennung der relativen Eigengesetzlichkeit der Welt kollidierte bei den Weisheitslehrern nicht mit dem Gottesglauben58, und es gibt keine Anzeichen dafür, daß sich daran bei Kohelet etwas geändert hätte. Also ist auch hier letztlich Gott als Verursacher zu denken. Eine ähnliche Beobachtung, nur mit weitgehend umgekehrten Vorzeichen, kann auch im Sprüche-Buch gemacht werden. Was in einem Spruch als Folge göttlichen Segens verheißen wird, kann im anderen als Resultat der Gottesfurcht oder direkt als Ergebnis der Weisheit beschrieben werden. Dabei geht es jedoch, und das ist der Unterschied zu Kohelet, selten um die Warnung vor göttlichen Strafen oder negativen Folgen der Handlungen59, sondern meist um die Verheißung von Wohlergehen 60 . Auch bei diesen Sprüchen wird man keine Grenze zwischen

57

Becker, Gottesfurcht, 250, vgl. Blieffert, Kohelet 56ff; Stiglmair, Weisheit, 368.

58

Vgl. von Rad, Weisheit, 84.

59

Vgl. Spr 1,29-31 (handlungsimmanente Folge) mit 16,5 (Strafe Gottes).

60

Vgl. z.B. Spr 3 , 5 f - 14,2 - 2,11 (rechte Führung/Bewahrung); 16,6 - 15,24 (dem Unheil entgehen); 10,22 - 24,3 (Reichtum); 2 3 , 1 7 f - 24,14 (erfüllte Hoffnung); 10,27 - 13,14 (Leben).

212

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

handlungsimmanenten Konsequenzen und den Folgen göttlichen Handelns ziehen können.61 Solche positiven Resultate kann Kohelet wegen der für ihn stets präsenten Unsicherheit nicht versprechen. Die erwarteten und nach menschlichem Ermessen eigentlich auch zu erwartenden Ergebnisse können immer auch ausbleiben. Kohelet beschränkt sich deshalb auf die Mahnung vor einem möglichen unerwünschten Ergebnis. Doch damit sagt er im Grunde das gleiche wie entsprechende Aussagen des Sprüche-Buches, nur - wie gesagt - unter anderem Vorzeichen. Wird dort dem Jahwefürchtigen Wohlergehen versprochen, so warnt Kohelet den NichtGottesfürchtigen vor einem negativen Ergehen.62 Angst spielt also bei dem Gottesfurcht-Begriff Kohelets tatsächlich eine gewisse Rolle. Doch es ist keine verstärkt anzutreffende numinose Furcht, sondern die Angst vor negativen Folgen unangemessenen Verhaltens.

3.6.3 Die Bedeutung der Gottesfurcht im Buch Kohelet Angesichts der geringen Anzahl der Gottesfurcht-Belege im Kohelet-Buch könnte man fragen, ob eine so umfangreiche Besprechung mit weitreichenden Schlüssen überhaupt angemessen ist. Doch die Analyse der Texte hat gezeigt, daß sich im Begriff der Gottesfurcht vieles zusammenfassen läßt, was vorher über grundlegende Haltungen, über Mahnungen und Ratschläge Kohelets gesagt wurde. Da ging es immer wieder um die Anerkennung der Souveränität Gottes, um das Einfügen in die von Gott gesetzten Zeiten, um die Zurückhaltung in allem menschlichen Streben und um das Leben als Empfangender, insbesondere um das Empfangen des Lebensglücks als des Menschen Teil. Insofern ist es durchaus berechtigt, wenn der Epilogist in Koh 12,13 die Gottesfurcht als Hauptsumme des ganzen Buches bezeichnet. Man muß aber mit W. Zimmerli anmerken, daß die Fortsetzung des Epilogs Kohelets Reflexionen nach einem ihnen fremden Maßstab interpretiert, nämlich nach dem Maßstab „rechtgläubiger Gesetzesfrömmigkeit"63. Daß Kohelet trotzdem relativ selten ausdrücklich von Gottesfurcht spricht, könnte damit zusammenhängen, daß sie auch in der Weisheit seiner Zeit selbstverständliche Voraussetzung war. Der Begriff der Jahwe-Furcht begegnet in den Proverbien nicht sonderlich oft, zumal in ihren älteren Teilen. Dennoch darf die Jahwe-Furcht

61

Vgl. Hausmann, Studien, 276f. Die Beziehung zwischen Mensch und Gott ist eingebunden in Tun-Ergehen-Zusammenhang, „wobei JHWH als Gegenüber die Folgen des Verhaltens des Menschen bestimmt, die also nicht nur als dem Verhalten inhärent gedacht sind".

62

Derartige Warnungen finden sich im Sprüche-Buch auch (z.B. Spr 3,33; 10,27; 11,5), bei

63

Zimmerli, Prediger, 246. Vgl. Gese, Krisis, 178 und Kaiser, Botschaft, 62ff.

Kohelet jedoch

ausschließlich.

Gottesfurcht bei Kohelet

213

hier als Voraussetzung und als notwendiges Korrektiv der gesammelten Sprüche gelten.64 Das ist wiederum übertragbar auf Kohelet. Auch fur ihn ist die Gottesfurcht Grundlage seines Denkens und zugleich der Maßstab, an dem sich alles andere messen lassen muß, nur daß Kohelet hier noch strengere Maßstäbe anlegt. So formuliert O. Kaiser etwas überspitzt: „Was für die optimistische Weisheit ihr Anfang war, wird nun für den Prediger der Weisheit Ende"65 - wer Gott furchtet beachtet seine Souveränität, er weiß um die eigenen Grenzen und um die Bindung an den Augenblick. Von diesem Wissen her wird er Weisheit und Reichtum und was sonst alles noch erstrebenswert erscheint zwar nicht ablehnen (deshalb ist die Gottesfurcht nicht wirklich der Weisheit Ende), aber in ihrer nur relativen Bedeutung erkennen können. Auf diesem Hintergrund ist zu fragen, ob man wirklich mit D. Michel sagen kann, daß Kohelet Gott erst nachträglich ins Gespräch bringt.66 Sicherlich beschränkt sich Kohelet in seinen Reflexionen weitgehend auf eine anthropozentrische Perspektive. Sein Interesse gilt vorrangig der konkreten Gestaltung des alltäglichen Lebens, doch dabei kann er als Sohn seiner Zeit und Schüler der Weisheit Israels Gott und sein Wirken nicht unberücksichtigt lassen und den Menschen als autonom betrachten. Das gleiche gilt auch für die Proverbien. Auch hier kommt der Mensch „vorwiegend in seiner Beziehung zum Mitmenschen, weniger in seiner Gottesbeziehung in den Blick"67. Das Bekenntnis zumHandeln Gottes muß nicht immer ausgesprochen werden, es ist in vielen Sentenzen ungesagte Voraussetzung.68 Doch auch wenn explizit „theologische" Rede hier wie in der Weisheit der Umwelt Israels relativ selten ist, so ist der Mensch doch„kein unabhängiges Individuum mit der Möglichkeit zu völlig eigenständiger Gestaltung seines Lebens"69. Ebensowenig erscheint der Mensch bei Kohelet als autonomes Wesen. Daß er lohim so häufig verwendet wie heebcel spricht für sich.70 Von der Lebensgestaltung des Menschen zu reden, ohne das Wirken Gottes zumindest indirekt zu berücksichtigen, ist für Kohelet unmöglich. In seiner Zeitlichkeit steht der Mensch ganz in Gottes Hand; und für die rechte Lebensgestaltung kommt es gerade darauf an, die Souveränität Gottes

64

Vgl. V. Rad, Weisheit, 93ff; Hausmann, Studien, 277.

65

Kaiser, Ideologie, 133.

66

Michel, Untersuchungen, 39.

67

Hausmann, Studien, 1.

68

Vgl. Delkurt, Einsichten, 155.

69

Hausmann, Studien, 257.

70

Vgl. Kap. 2, S. 25.

214

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

nicht zu mißachten.71 Deshalb kann man H.-J. Blieffert auch nicht zustimmen, wenn er die Ansicht vertritt, daß Gottes Wirklichkeit „praktisch für das Verständnis des Lebens nur eine geringe Berücksichtigung findet"72. Das Phänomen, das G. v. Rad an der älteren Spruchweisheit beobachtet hat, zeigt sich in veränderter Form bei Kohelet erneut: obwohl das Bewußtsein einer gewissen Eigengesetzlichkeit der Welt zunahm, blieb die Souveränität Gottes davon unberührt. Der Glaube an Gott „ist mitgegangen in eine ganz neue Form des Wirklichkeitsverständnisses" 73 . Das Neue an Kohelets Sicht der Eigengesetzlichkeit der Welt ist die Beobachtung, daß es keine Regel ohne Ausnahme gibt, daß diese „Gesetzlichkeit" also gar nicht so zuverlässig und konsequent gültig ist. Natürlich wußten auch die Verfasser der Sentenzen in den Proverbien, daß die von ihnen erkannten Ordnungen immer wieder einmal durchbrochen werden konnten, gerade durch das freie Walten Jahwes, aber das zerstörte nicht ihr Vertrauen in die Ordnungszusammenhänge. Bei Kohelet hat sich die Sicht verändert, weil „die Aporien der Weisheit - unschuldiges Leiden, Glück der Gottlosen, vor allem der Tod - nicht mehr die weiten Grenzen weisheitlichen Fragens markieren, sondern im Mittelpunkt stehen" 74 . Doch dadurch verliert Gott nicht seine Bedeutung für die Gestaltung des Alltagslebens, seine Souveränität bekommt im Gegenteil neues Gewicht. Das Wissen um das freie Walten Gottes, um die Grenzen und Abhängigkeiten des Menschen wird geradezu neu betont, offensichtlich gegen Tendenzen, die Gottes Souveränität zurückstellen zugunsten eines Ordnungsdenkens, das Gott selbst in diese überschaubaren Ordnungen einfügen möchte und die Grenzen nicht mehr im Blick hat. Für Kohelet gibt es im Leben keine letzte Sicherheit, weil eben jede Regel durchbrochen werden kann. Deshalb kann Kohelet auch in der Gottesfurcht keine Garantie für Wohlergehen und langes Leben sehen. Darin unterscheidet sich Kohelet wiederum von den Proverbien. Anders als z.B. Spr 14,26 ist fur Kohelet auch die Gottesfurcht nicht geprägt durch Vertrauen, „das Sicherheit ermöglicht" 75 . Wo er Gottesfurcht empfiehlt, erweckt er nicht den Eindruck, als könne sich der Mensch damit irgend etwas sichern. Deshalb ist es m.E. nicht angemessen, wenn A. Fischer Koh 7,18b so optimistisch übersetzt: „Denn wer Gott fürchtet, dem gelingt beides. "16 Daß die Furcht Gottes „über Erfolg oder Mißerfolg des Handelns

71

Vgl. Johnston, Confessions, 21.

72

Blieffert, Kohelet, 22.

73

V. Rad, Weisheit, 85.

74

Hermisson, Weisheit, 186.

75

Hausmann, Studien, 267 zu Spr 14,26, ähnlich Meinhold, Sprüche I, 241.

76

Fischer, Skepsis, 92.

Gottesfurcht bei Kohelet

215

entscheidet"77 legt sich als Schlußfolgerung dieser Übersetzung zwar nahe, entspricht aber nicht Kohelets Aussagen über die Abhängigkeit des Menschen von der Zeit (vgl. Koh 9,11). Hier gilt wiederum, was oben78 bereits zur Interpretation von Koh 8,12ff gesagt wurde: Auch wirkliche Gottesfurcht ist vor gegenteiligen Erfahrungen nicht gefeit. Das Leben, auch das gottesfiirchtige, bleibt von Unsicherheit geprägt. „Gottesfurcht ist hier nicht das Gehen auf erhellten Pfaden, auf denen, wer den gewiesenen Pfaden folgt, auch gewiß ist, alle Früchte und Ehren des Lebens zu ernten. Gottesfurcht ist hier das Gehen unter einem geheimnisvoll verschlossenen Himmel, nie gesichert vor der Möglichkeit, daß aus ihm jäh ein Blitz hervorzuckt und den Wanderer trifft, auf Schritt und Tritt allein angewiesen auf die freie Beschenkung Gottes, auf Schritt und Tritt aber auch gerufen, bereitwillig das Rätsel und die Bedrängnis zu tragen, die Gott verhängen kann."79 Abschließend muß noch eine Frage gestellt werden, der m.E. nur selten Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl sie für das Verständnis von Kohelets geistiger Herkunft nicht ohne Belang ist. Angesichts des grundsätzlich auf eigene Erfahrung bauenden Ansatzes bei Kohelet fragt sich nämlich, woher er eigentlich um die Gottesfurcht weiß. Obwohl sie sich empirischer Einsicht entzieht, wird sie von Kohelet ganz selbstverständlich vorausgesetzt. H.-J. Blieffert sah die Lösung in einem Hin-und-Her zwischen eigener Erfahrung und tradiertem Glauben, wobei Kohelet weder die Erfahrung zugunsten des Dogmas noch den Glauben zugunsten der Erfahrung opferte. „Das Hängen am ererbten Glauben einerseits, die nüchterne empirische Schau der Dinge andrerseits treiben ihn bald auf diesen, bald auf jenen Weg." 80 Doch mE. bestätigt sich auch hier wieder, daß man Kohelet am ehesten in enger Verbindung mit der israelitischen Weisheit versteht. Auch hier war Gottesfurcht ja die grundlegende Voraussetzung, obwohl die Weisen in ihrer Lehre vorrangig die alltäglichen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch thematisieren. Mit dem Bezug auf Jahwe ordnen sie ihre Weisheit jedoch einer darüber hinausgehenden Kategorie zu. „Diese verweist die weisheitlichen Aussagen an ihre Grenzen und fuhrt... vorsichtig über die Weisheit selbst und ihre Art zu denken hinaus."81 So gehört die Gottesfurcht für Kohelet zu der als gut geglaubten Schöpfungsordnung 82 und ist die Grundeinstellung, die der in menschlicher Begrenzung

77

Fischer, Skepsis, 104.

78

Vgl. S. 205.

79

Zimmerli, Prediger, 169.

80

Blieffert, Kohelet, 71.

81

Hausmann, Studien, 277.

82

Vgl. Koh 3,14 und dazu Kap. 3.6.1.1, S. 203.

216

Kapitel 3: Der Mensch und Gott

gründenden Unsicherheit des Lebens angemessen ist. Sie bietet zwar keine Sicherheit, konfrontiert den Menschen aber immer wieder mit der Souveränität Gottes sowie den damit zusammenhängenden Grenzen des Menschen und bringt ihn dahin, diese Grenzen anzuerkennen. Zugleich könnte man auch umgekehrt sagen, daß aus dem Erkennen der Grenzen und aus der Anerkennung der Souveränität Gottes die Gottesfurcht ebenso erwächst83 wie ein ihr adäquates Verhalten im Alltag.

83

Vgl. Lux, Lebenskompromiß, 277: „im Wahrnehmen dieser Grenze wurzelt die Gottesfurcht bei Kohelet".

Kapitel 4: Zwischen Tod und Lebensglück - Schlußbetrachtungen Immer wieder hat man im Laufe der Zeit versucht, den Weisen, den wir als Kohelet kennen, in eine der so beliebten und vereinfachenden „Schubladen" einzuordnen. Doch bis zum heutigen Tage hat er sich allen derartigen Versuchen erfolgreich widersetzt, und es ist anzunehmen, daß das auch in Zukunft der Fall sein wird. Ist Kohelet Pessimist oder Optimist? Ist er ein Skeptiker oder ein Gottesfurchtiger? Ist er vom hellenistischen Zeitgeist oder von den orientalischen Traditionen beeinflußt? Die Diskussion um diese Fragen wird auch weiterhin anhalten, und das liegt wohl nicht zuletzt daran, daß wir mit dem Buch Kohelet keine in sich geschlossene und systematisch aufgebaute philosophische Schrift vor uns haben. C. Westermann vergleicht die Proverbien mit einer Museumswand, an der viele verschiedene Bilder hängen.1 Dieser Vergleich läßt sich gut auf das Kohelet-Buch übertragen. Hier hängen Bildzyklen neben Einzelbildern, Skizzen finden wir neben ausgereiften Kompositionen, Werke aus früheren Perioden neben solchen aus späteren Jahren. Der thematische Zusammenhang ist nicht immer auf den ersten Blick eindeutig, dennoch bildet das Ganze ohne Zweifel eine Einheit. Diese wird allerdings von den Betrachtern sehr unterschiedlich empfunden, und die Lebensanschauungen, Erfahrungen sowie der eigene Geschmack des Betrachters spielen dabei eine wesentliche Rolle. Unübersehbar scheint mir, daß Kohelet ein Weiser ist, der der israelitisch-jüdischen Weisheitstradition entstammt. Mit ihr setzt er sich jedoch recht kritisch auseinander. Dabei nimmt er vieles auf, was ihm in seinem (vermutlich langen) Leben begegnete, allem voran natürlich die vielfältigen Überlieferungen seiner Lehrer. Wahrscheinlich ist auch sein Schülerkreis oder die Leserschaft, die er mit seinen Aufzeichnungen ansprechen möchte, in dieser Tradition zu Hause. Deshalb verfaßte Kohelet keine umfassende Weisheitslehre, die sich bemühen würde, alle Aspekte der Weisheit und alle Bereiche des Lebens gleichmäßig und ausgewogen darzustellen. Überall dort, wo Kohelet mit den in der Tradition vorherrschenden Ansichten übereinstimmt, faßt er sich kurz oder verzichtet ganz auf eine ausdrückliche Erwähnung dieser Themen. Ausfuhrlich wird er hingegen dort, wo es um die Gedanken geht, die ihm in seinem Leben wichtig geworden sind, insbesondere dann, wenn seine Ansichten mit den mehrheitlich in der traditionellen Weisheitslehre anzutreffenden Anschauungen nicht übereinstimmen.

1

Vgl. Westermann, Sprüche, 4.

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Kapitel 4: Zwischen Tod und Lebensglück

Dabei vertritt er keine grundsätzlich neuen Auffassungen, er hebt aber bestimmte, z.T. vernachlässigte Aspekte deutlich, manchmal überdeutlich hervor. So betont Kohelet vor allem immer wieder die Unsicherheiten im Leben. Das Leben und der Verlauf der Welt ist in ihrer Vielschichtigkeit nicht durchschaubar. Zwar lassen sich zumindest für Teilbereiche sinnvolle Regeln aufstellen, die den Menschen bei der Bewältigung des Alltags helfen, aber immer wieder muß man erleben, daß selbst die Regeln dieser Teilbereiche durch (scheinbar) Zufälliges durchbrochen werden. Mit solchen „Zufällen" muß man rechnen; man kann aber eben nicht im eigentlichen Sinne mit ihnen rechnen, d.h. man kann sie in keine Berechnung und Planung einbeziehen, weil sie eben unvorhersehbar sind. Das Leben bleibt also bei aller (notwendigen und sinnvollen) Planung von einer letzten Unsicherheit bestimmt. Natürlich wußten auch andere Weisheitslehrer, daß es keine Regel ohne Ausnahme gibt, doch diese Durchbrechungen der Regeln wurden eben als zu tolerierende Ausnahmen hingenommen. Für Kohelet hingegen erscheinen alle Regeln durch die zu beobachtenden Ausnahmen als grundsätzlich unsicher. Einige Abschnitte insbesondere im 2. Kapitel erwecken dabei den Eindruck, als sei Kohelet erst relativ spät in seinem Leben zu dieser Ansicht gekommen. Es scheint so, als habe er ursprünglich in der Weisheit, in eigener Arbeit und im Besitz verläßliche Mittel zur Lebenssicherung und Lebensbewältigung gesehen. Die Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit und dem eigenen Tod ließen Kohelet dann jedoch an der Zuverlässigkeit anerkannter Werte und dem darin gefundenen Lebenssinn zweifeln. Wenn nicht nur jeder Mensch stirbt, sondern wenn auch ich selbst sterbe, welchen Sinn hat dann alle Weisheit, alle mühevolle Arbeit und aller durch eigene Anstrengung erworbener Besitz (Koh 2,15f)? Sollte der Weise tatsächlich sterben wie der Tor? Sollte der Fleißige im Tod dem Faulen gar nichts voraus haben? Es muß doch etwas geben, das als Lebensertrag den Tod des einzelnen und auch konkret meinen Tod überdauert. In solch einem bleibenden Ertrag (jitrön) müßte dann der Lebenssinn bestehen. Diesen zu finden bemüht sich Kohelet auf verschiedenen (gedanklichen) Wegen. Dabei setzt er sich intensiv und kritisch mit den traditionell von den Weisheitslehrern empfohlenen Werten wie Ehre, Nachkommen und Reichtum auseinander. Doch die Suche, deren Niederschlag sich zumindest partiell in den ersten beiden Kapiteln seines Buches findet, bleibt erfolglos. Der Tod zerstört alles im Leben mühevoll Erschaffene und steht in Art und Zeitpunkt des Eintretens in keinem (notwendigen) Verhältnis zur Lebensleistung des einzelnen. Dadurch scheint jeder Lebenssinn zerstört zu sein. Alle Mühe und alles Streben des Herzens erscheint sinnlos, unsicher und vergänglich wie Windhauch (Koh 2,22f). Was bleibt, ist ein tiefer Haß auf den Tod, der sich sogar als Haß auf das Leben äußern kann (Koh 2,17). Doch dieser (nur indirekt zu erschließende) Umbruch vom zuversichtlichen Vertrauen auf die Möglichkeiten der Lebenssicherung z.B. durch Weisheit und menschliche Arbeit hin zum völligen Zweifel am Lebenssinn und zur Verzweiflung

Schlußbetrachtungen

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am Leben insgesamt ist offensichtlich nur die erste Wandlung in Kohelets Entwicklung. Man kann diese Entwicklung im Kohelet-Buch zwar nicht kontinuierlich, gewissermaßen tagebuchartig verfolgen, aber die Veränderung ist letztlich doch unübersehbar. Ohne diese Entwicklung könnte man Kohelet wohl guten Gewissens als einen Pessimisten und Skeptiker bezeichnen. Wahrscheinlich wäre uns dann seine Schrift gar nicht überliefert worden. Doch Kohelet blieb eben nicht an diesem Punkt stehen. Irgendwann hatte er sich mit der eigenen Endlichkeit abgefunden, vielleicht darf man sogar sagen, er hat der eigenen Endlichkeit zugestimmt. Er konnte anerkennen, daß ein bleibender Ertrag dem von Gott endlich geschaffenen Menschen nicht zukommt, weil auch Werden und Vergehen in den von Gott gesetzten Zeiten begründet ist. Aus dieser Haltung heraus konnte er für sich einen neuen Lebenssinn erschließen. Dabei kommt dem Augenblick und hier speziell dem Augenblick des Glücks eine zentrale Bedeutung zu. Denn das augenblickliche Glück erkennt Kohelet als das Beste im Leben und insofern als das, was dem Mensch als sein Teil (helceq) in der jeweiligen Zeit zukommt. Ich preise die Freude, denn es gibt kein Glückfür den Menschen unter der Sonne, außer zu essen, zu trinken und sich zu freuen. Das begleitet ihn bei seiner Mühe in den Tagen seines Lebens, die Gott ihm gibt unter der Sonne. (Koh 8,15) Immer wieder kommt Kohelet auf die Freuden des Essens und Trinkens zurück. Damit redet er jedoch keineswegs einem platten Hedonismus das Wort, für den sich der Sinn des Lebens in Essen, Trinken, Fröhlich-Sein erschöpft. Essen und Trinken stehen gewissermaßen als Elementar-Freuden, die jedem zugänglich sind. Darüber hinaus gibt es noch weitere Freuden, die materieller oder ideeller Art sein können. Zu den genannten Elementar-Freuden Essen und Trinken (Koh 9,7) kommen sozusagen Luxus-Freuden: Alle Zeit seien deine Kleider weiß und Öl soll auf deinem Haupt nicht fehlen. (Koh 9,8) Doch der Schlußpunkt dieser Reihung ist die demnach wohl am höchsten eingeschätzte Freude, nämlich das Glück, das im Zusammenleben mit einem geliebten Menschen gefunden werden kann: Genieße das Leben mit einer Frau, die du liebst, alle Tage deines windhaften Lebens, die dir unter der Sonne gegeben sind, alle Tage deines Windhauchs; denn das ist dein Teil im Leben und in der Mühe, die du aufwendest unter der Sonne. (Koh 9,9) Bei allem Glück darf man jedoch nicht vergessen, daß dieses ebenso wie alle anderen Güter und Werte des Lebens eine Gabe Gottes ist. Nicht im Menschen selbst ist das Glück, daß er ißt und trinkt und Glück erfährt bei seiner Mühe. Auch dies kommt, wie ich sah, aus der Hand Gottes. (Koh 2,24) Es ist Gott selbst, der über die Zeiten und d.h. genauer über den Charakter der Zeiten verfugt. Ob es Zeit zum Lachen oder zum Klagen, zum Weinen oder zum Tanzen ist (Koh 3,4), wird allein von ihm bestimmt (Koh 3,11). In diesem Geben (und Verwehren) Gottes

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sowie in der Schöpfung (und hier eben nicht zuletzt in Bestimmung der jeweiligen Zeiten) erfährt der Mensch das Handeln Gottes. Dieses Handeln ist unbeeinflußbar und unergründbar, es ist an keine dem Menschen einsehbaren Regeln gebunden. Trotz dieser Uneinsichtigkeit vertraut Kohelet darauf, daß die Schöpfung gut ist. Allein aus der Erfahrung des Menschen ist dies jedoch nicht zu belegen. Deshalb kann man es geradezu als einen Glaubenssatz bezeichnen, wenn Kohelet feststellt, daß Gott zu seiner Zeit alles schön, d.h. angemessen gemacht hat (Koh 3,11). So wird das Schicksal des Menschen weitgehend durch Gott, nämlich durch seine Gaben und durch die Determination der Zeiten bestimmt. Das ändert jedoch nichts an der Verantwortung des Menschen für das eigene Tun. Nirgends versucht Kohelet, daß Verhältnis von Freiheit und Determination zu systematisieren. Mensch und Gott wirken zusammen, indem Gott die Zeiten setzt und der Mensch die Freiheit hat, das Glück und alles, was Gott mit den von ihm bestimmten Zeiten gibt, zu nutzen oder verstreichen zu lassen. Deshalb findet sich bei ihm immer wieder die Mahnung, das Gegebene zu ergreifen: Auf, iß dein Brot mit Freuden und trink frohen Herzens deinen Wein, denn schon längst hat Gott Gefallen an deinem Tun. (Koh 9,7) Und: Am Morgen säe deinen Samen und laß deine Hand bis zum Abend nicht untätig sein, denn du weißt nicht, was gelingen wird, das eine oder das andere oder ob beide zusammen gut werden. (Koh 11,6) Der Mensch vermag nicht gegen den vorherbestimmten Charakter der Zeiten zu handeln, er muß versuchen, sich den Zeiten einzufügen. In solchem Annehmen des Gegebenen und im Einfügen in die Ordnung zeigt sich die Anerkennung der Souveränität Gottes. Diese ist ein wesentlicher Aspekt der Gottesfurcht, welche unabdingbar zu Kohelets empfangender Lebenshaltung gehört und das Handeln bestimmen soll. Ein Mensch, der sich in dieser Weise als ein Empfangender versteht und weiß, daß er sein Leben nur bedingt selbst gestalten kann, wird seine Grenzen nicht überschreiten, wird weder glauben, daß er durch eigene Weisheit und grenzenlose Gerechtigkeit sein Leben selbst bestimmen kann noch wird er meinen, durch frevelhaftes Treiben und törichtes Verhalten ein glückliches und glückendes Leben zu erlangen. Er wird Gott fürchten und dessen Souveränität anerkennen (Koh 7,15ff). Doch auch wer sich gottesfurchtig um eine empfangende Lebenshaltung bemüht, lebt keineswegs in Sicherheit. Auch hier gibt es keine Garantie, kein Entrinnen aus den Zufällen und der Undurchschaubarkeit des Lebens. Zum einen kann man nie wissen, wie lange Gott das Gute gewährt, zum anderen stößt der Mensch auch immer wieder an eine Erkenntnisgrenze. Nie weiß er, welche Zeit gerade gegeben ist. Damit bleibt es auch für den, der bemüht ist, sich der gegebenen Ordnung einzufügen, immer unsicher, ob er sich der Zeit angemessen verhält. Das Risiko der Entscheidung muß der Mensch in jeder Situation auf sich nehmen.

Schlußbetrachtungen

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So wuchs bei Kohelet eine neue Lebenshaltung und mit ihr eine neue Einstellung zu allen Bereichen des Lebens. Diese ist von mehreren Einsichten geprägt, die sich z.T. gegenseitig bedingen. Zum einen ist da die unbedingte Anerkennung der Souveränität Gottes und die damit verbundene Gottesfurcht. Zum anderen gehört das Wissen um den Wechsel der Zeiten, um die damit gegebene Unbeständigkeit aller Dinge und um den jederzeit möglichen, unausweichlichen und endgültigen Tod hinzu. Und schließlich ist es die Wertschätzung des augenblicklichen Glücks als das Beste im Leben, die Kohelets neue Lebenshaltung bestimmt. Dabei zeigen sich an vielen Punkten Gemeinsamkeiten mit der (uns bekannten) Hauptströmung der weisheitlichen Tradition Israels. So werden etwa Weisheit, Arbeit, Besitz und Gemeinschaft grundsätzlich positiv bewertet. Die Weisheit ist nützlich im Leben, denn wie ein Licht in der Finsternis hilft sie den Menschen, sich zu orientieren (Koh 1,13). Arbeit ist unbedingt erforderlich, denn nur sie erhält das Dach über dem Kopf (10,18) und verschafft die lebensnotwendigen Dinge (Koh 11,6). Und in der Gemeinschaft eröffnen sich neue Möglichkeiten (Koh 4,9-12) sowie das Glück der Liebe (Koh 9,9). Neben den zahlreichen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch unübersehbare Unterschiede. Sie ergeben sich aus der Betonung jener Einsichten, die Kohelets neue Lebenshaltung geprägt haben. Das bedeutet nicht, daß solche Gedanken in anderen Weisheitsschriften völlig unbekannt wären. Die Gottesfurcht gilt auch in den Proverbien als grundlegend, nämlich als der Weisheit Anfang (Spr 1,7; 9,10). Daß die Zeiten sich ändern, daß dem Menschen nicht alles gelingt und daß jeder irgendwann sterben muß, hatten auch die weisen Beobachter des Lebens nicht übersehen. Sie betonten jedoch die Möglichkeiten und Spielräume zur Lebensgestaltung, denn diese zu nutzen, wollten sie ja anleiten. Für Kohelet stand aber seit seiner bewußten Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit offensichtlich der Tod als das unausweichliche und totale Ende menschlichen Daseins im Vordergrund. Ihn holte er vom Rand, an den ihn die Weisheit weithin gedrängt hatte, in die Mitte. Aus diesem veränderten Blickwinkel wird ihm deutlich, daß das Dasein mit seiner befristeten Zahl der Lebenstage sowie alles, was der Mensch darin vollbringt und was ihm in der Zeit begegnet, vergänglich ist wie Windhauch (hcebcel). Der Tod ist der äußerste und für Kohelet entscheidende Grenzfall menschlichen Daseins. Und so denkt er immer wieder von Grenzfällen her (Koh 8,14). Auch bei diesen Grenzfällen, d.h. bei den Ausnahmen von den Regeln, zeigt sich ja, daß alles im Leben vergänglich ist wie das Leben selbst. Das gilt nicht nur für die Unsicherheit der Güter und Hoffnungen; so wie das erwartete Ergebnis ausbleiben kann (Koh 11,2; 9,11), so kann auch das eintreten, was man nicht zu hoffen wagte (Koh 11,1). Auch das Negative ist vergänglich, deshalb kann der Mensch hoffen, so lange er lebt (Koh 9,4; 8,13f). Erst im Tod ist der Mensch aller Möglichkeiten und Hoffnungen beraubt (Koh 9,5b.6.10b).

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Kapitel 4: Zwischen Tod und Lebensglück

Weil alles vergänglich ist, läßt Kohelet die traditionellen Werte nur bedingt gelten. Wo der Anschein erweckt wird, man könne durch Weisheit, Reichtum, Nachkommen, Ehre, Gottesfurcht oder wodurch auch immer das Leben sichern und etwas Bleibendes schaffen, da werden diese Werte von Kohelet hinterfragt bzw. kritisiert. Wo die Unbeständigkeit der (materiellen und ideellen) Güter vergessen wird, da werden sie mit Verweis auf den Tod entwertet. Denn spätestens der Tod wird das alles als Windhauch entlarven. Alle Versuche, sich des Lebens zu bemächtigen oder etwas über die Todesgrenze hinaus Bleibendes zu schaffen, sind zum Scheitern verurteilt, auch sie sind Windhauch. Das gilt natürlich ebenso für das Glück, für den Genuß der Lebensfreuden. Wer meint, sich das Lebensglück durch eigene Leistung sichern zu können, muß sich sagen lassen, daß auch diese Werke Windhauch sind (Koh 2,1-10.11). Man kann das Glück nur genießen, wenn es geschenkt wird, aber man kann es nicht festhalten (Koh 7,14). Das Streben nach immer mehr ist verfehlt, wenn man sich dabei das Genießen des Gegebenen versagt (Koh 6,9). Im Gegensatz zu anderen Werten erweckt das Glück jedoch nie den Eindruck, als könne man sich hier etwas Bleibendes schaffen, das den eigenen Tod überdauert. Das ist der große Vorzug dieses von Kohelet so eindrücklich betonten Wertes. Glück ist immer nur im Augenblick gegeben und vergeht mit diesem. So endet das Buch wie es begann, mit der Feststellung der Vergänglichkeit und der Erinnerung an den Tod. Diese beiden Aussagen bilden den doppelten Rahmen des Buches: Alles ist Windhauch. Was bleibt da dem Menschen von all seiner Mühe, wo doch die Geschlechter kommen und gehen? (Koh 1,2-4) Der silberne Strick wird irgendwann zerreißen, der Mensch wird wieder zu Staub und sein Geist kehrt dann zurück zu Gott, der ihn gab. Alles ist Windhauch (Koh 12,6-8). Mit dieser Rückkehr des Lebens zu Gott scheint Kohelet für den einzelnen allerdings keine Hoffnung zu verbinden, denn. Denn ob vom Individuum noch etwas bleibt, wenn der Mensch gewissemaßen in seine Bestandteile, in Staub und rüah ,/erfällt" - Wer weiß? (vgl. 3,21) Die Gestaltung des Lebens will Kohelet auf solche für ihn viel zu unsicheren Gedanken jedenfalls nicht stützen. Er bleibt ganz an seiner Lebenszeit und an dem Geschehen unter der Sonne orientiert. Auch wenn Anfang und Ende sich in mancher Hinsicht gleichen, es hat sich dennochEntscheidendes verändert: War Kohelet am Anfang, nach der schmerzhaften Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit, bemüht, aus eigener Kraft etwas Bleibendes zu schaffen, so empfiehlt er seinen Lesern nun, das Glück zu genießen, wo es gegeben ist. Wo anfangs der Haß auf den Tod und daraus folgend der Haß auf das Leben stand, steht nun die Freude an den von Gott geschenkten Momenten des Glücks und das Bekenntnis, daß dieses Leben von Gott kommt, in seiner Hand liegt und schließlich zu ihm zurückkehrt. Durch die Annahme des Todes eröffnete sich für Kohelet eine neue Sichtweise. Der nichts beschönigende Blick auf den Tod, auf das augenscheinlich völlige Ende

Schlußbetrachtungen

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des Menschen lehrte ihn, das gegebene Glück zu genießen, weil die Freude ein echter, wenn auch vergänglicher Wert ist, weil sie sogar das Beste im Leben darstellt. Zwar bleibt der Tod fur den einzelnen ein schmerzhafter Stachel, mit dem man nie ganz fertig werden kann, weil er allen individuellen Möglichkeiten und Hoffnungen ein Ende setzt. Aber zugleich verweist der Tod an das Lebensglück. Hier ist des Menschen Teil, hier findet er den Sinn seines Lebens, mit dem er am Sinn der von Gott gut geschaffenen und gelenkten Welt partizipiert. Und so steht für Kohelet das Leben in einer steten Spannung, in der Spannung zwischen Tod und Lebensglück.

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Register Verzeichnis der Bibelstellen Genesis

1 Chronik 127 7,35 14, 47, 50, 53 9, 119, 127 127 7,27 14 143 74, 83 2.1 2 7,5

1,16-28 2,7 2,18 2,18-25 6.1 7 27,46 38,27

91 Esra 79 Nehemia 79 18, 79

Exodus I,1 4 15,8 21,6

143 79 75

Esther 1.1 3

84 Hiob

Levitikus 14.1 5 18,5 Numeri 5.1 8 Deuteronomium 4,11 II,1 8 15,17 23,22ff 24,5 30.1 6

3 23 3,13f 145 3,17-19 7,16 9,22 23 14,10 14.1 3 14,19 79 19,10 10 21.1 4 75 30,23 189 34 121 39,1 146

93, 150, 153 153 60,62,63, 104, 153 28, 146 153 55 56 140 122, 140 162 20 14, 53 83 Psalmen

Ruth 2,3 1 Samuel 27,12

10,4 173 14. 1 16 27. 2 75 31,16

162 162 59, 66 18 88

262

Register

39. 6 49,12 53,2 56.1 4 71,9 73 74,16f 78,33 90.2 90. 3 90. 7 104 107,9 119,126 127

146 77 162 20 74 66, 71, 93, 187 74 146

13.2 1 14,2

190 209

14.2 0 14.2 6 14,31 15. 8 15,29 16. 6

100 214 100, 119 189 189 209

74 139 149 14, 53, 54, 71, 74, 78, 86, 139, 149, 180 11 83 91,95,96,99

16. 9 18.1 1 18,16 18.22 18.2 3 19,4 19. 7 19,14b

88 100, 104 100 127, 129 101 100 100 127

78

20.1 2

210

20.1 3 20.24 21,5a 21.1 4 21,16 21.2 1 21.2 5 21,30f

101 88, 89, 157, 176 101 100 47 145 12 140

145,15 Sprüche 1,7 I,32 2,16ff 2,19 3,13ff 3,16-18 3,24 4,4 7,2 8,13 8,35 9,10 lOff 10,2 10,5 10,7 10.1 5 10,22 II,19 13. 4 13,18

201, 221 47 123 142 106 142 90 144 145

5 2 , 9 8 , 106, 112, 139, 144, 145, 149, 158, Ill,

37, 47, 48, 52, 142, 89, 90,

209 145 136, 221 163 47 140 154 100 176 47 12 101

22,1 22,2 22,4 22,4 23,4f 23,17f 23,34 24,14 26.27 27,1 27. 7 28,6

101 100 145, 2 1 0 209 101 140 79 140,211 97 140 11 101

28. 8

101

28,11 29,13 30,8f

101 100 101

Register

31,30

28,201

1,18 1,1.2.12

Kohelet 1.1 2,3,20,26,34,116, 126,143 l.lff 116, 126 1.1-3 3,34 1.2 . . . . 3, 25, 26, 29-31, 35, 45, 46, 57,92,132,137,143,222 1,2.4 85 l,2f 34 1.2-3,15 92 1.2-4 57, 222 1.3 . . . 20, 29, 34, 35, 39-43, 46, 56, 86, 91-94, 107, 113, 137-139, 147, 177 1.3-3,15 35 1.4 . . . 34, 38, 46, 54, 68, 76, 77, 82, 138, 139, 152, 169 l,4ff 3 4 , 4 4 , 80, 134, 164 1.5 138, 177 1. 6 13,138 1.7 34, 138, 139 l,8f 34 1.8 18, 22, 34, 138, 143 1.9 34, 37, 51, 80, 138 1,9-11 34,51 l,10f 34 1.10 34,76-78,138 1.11 . . . . 35, 52, 137, 138, 154, 164 1.12 . . . 2 , 3 5 , 3 8 , 3 9 , 114, 137, 160, 184 1.12-2,26 . . . . 35, 38, 39, 160, 184 1.13 16, 58, 62, 63, 79, 96, 97, 106, 162, 164, 183, 221 1.13-2,2 58 1.14 13,28,36,114,177 1.15 141 l,16ff 114 1.16 16, 106, 114, 122, 127 1.17 13, 16, 28, 36, 108, 130

2,Iff 2,1 2,3....

263 65 2

2, 6, 31, 107, 160, 222 16,31,36,107,114,222 17-19,36,45,88,113,114, 139, 143, 144, 178, 193 2,3ff 94, 165, 178 2,4-10 106 2,5 11 2,7 21, 130 2,8 20, 93, 107, 122, 123, 129,210 2,9 106 2,10 16, 22, 36, 58, 59, 63, 66, 67, 91, 93, 95, 105, 165, 178 2,10f 37, 70, 91 2,11.. 13,28,30,31,33,34,36-44, 64, 86, 92, 93, 105, 140, 211 2,12 37, 108 2,12ff 57 2,13ff . . 44, 55, 106, 107, 112, 130, 138 2,13 . . . . 33, 34, 36, 40, 43, 55, 107, 114 2,14ff . . 45, 66, 107, 139, 149, 168 2,14 22, 36, 45, 55, 107, 168 2,15f 218 2,15 16,31,33,34,40,44,56 2,16ff 35,180 2,16 48, 52, 76, 154 2,17f 93, 112, 151 2,17 45, 56, 92, 112, 138, 143, 144, 147, 151, 218 2,18 44, 56, 91, 92, 97, 102, 147, 153 2,18ff 36,91,97 2,18-21 92,97 2,19 91,93,106,117,144 2,20 16,92 2,21 56, 59, 91, 106 2,22 16, 20, 42, 91-93

264

Register

2,22f 42, 218 2.23 15, 96-98, 144, 160, 184 2.24 . . . 9-11, 1 9 , 2 0 , 2 3 , 2 4 , 3 2 , 3 8 , 4 3 , 6 0 , 66, 7 0 , 7 1 , 8 1 , 9 1 , 9 2 , 9 4 , 95, 105, 107, 112, 117, 140, 149, 156, 162, 164, 168, 178, 1 8 1 , 2 1 9 2,24ff . . 3 1 , 3 2 , 3 8 , 4 3 , 7 0 , 7 1 , 105, 156, 162, 181 2,26 1 3 , 2 0 , 2 8 , 3 1 , 3 5 , 38, 39, 65, 95-97, 103, 106, 121, 127, 157, 159, 164, 167, 183, 190-192 2,1.11 31 3.1

30, 39, 6 5 , 7 5 , 83, 85, 126, 164, 165, 174, 178, 203 3,Iff 9 , 7 5 , 166, 1 7 2 , 2 0 3 3,1-8 7 5 , 8 3 , 8 5 , 174, 178 3.1-15 3 0 , 7 5 , 126, 165 3.2 . . . 3 9 , 4 5 , 86, 97, 121, 122, 143, 149, 152, 164, 169, 172, 178 3,2f 45 3.2-8 . . . . 3 9 , 8 6 , 9 7 , 1 2 1 , 1 2 2 , 1 7 8 3. 3 181 3.4 120, 159, 219 3,4-8 120 3,5f 211 3. 5 121, 122, 129 3. 6 177 3.9 34,39-42,85,91,92 3.10 62, 63, 6 8 , 7 9 , 86, 9 3 , 9 6 , 97, 114, 162, 164, 166, 173, 175 3,lOff 63, 162, 175 3.11 17, 1 9 , 2 0 , 5 7 , 6 1 , 6 2 , 6 4 , 65, 76-82, 84, 86, 87, 93, 123, 127, 148, 152, 164-166, 170, 172, 180, 183-185, 187, 209, 219, 220 3,1 Iff 6 2 , 8 1 , 8 7 , 187 3,12a 79

3,12f 65, 203 3.1 2 80, 81, 112, 117, 143 3.13 . . . . 20, 60, 66, 91, 92, 94, 140, 156, 164, 178 3.14 62, 76, 78, 141, 157, 164, 166, 184, 202, 203, 205-207, 210, 215 3,14b 202,203,211 3.15 3 5 , 4 0 , 8 0 , 9 2 , 189 3,16f 93 3 , 1 6 . . . . 51,53,118,138,142,197 3,16ff 5 1 , 5 3 , 142 3.17 . . . . 1 6 , 5 0 , 119, 133, 1 9 7 , 2 0 7 3.1 8 16, 130 3,18-21 130 3,19.... 13,19,20,29,30,34,4042, 45, 4 7 , 5 3 , 140, 149, 168 3,19ff . . . 13, 14, 1 9 , 3 1 , 4 5 , 5 3 , 6 6 , 139, 153 3,20f 137 3.20 50-52 3.21 . . . 11, 1 4 , 5 0 , 5 2 , 5 4 , 1 3 3 , 2 2 2 3.22 20,51,52,59-61,66,67, 112 4.1 2 3 , 4 0 , 111, 118, 150, 151, 197 4,1-3 150, 151 4. 2 20, 143, 144 4,2f 45 4. 3 15 4.4 13, 18, 20, 28, 91-94, 97, 116, 118, 120, 142 4,4f 98 4,4-6 13 4,4-6 92-94, 120 4,4-9 91 4,5f 98 4.5 18, 98, 108, 182, 192 4.6 2 3 , 9 2 , 9 8 , 181 4,7ff 147, 178, 2 1 0

Register 4.8 4.9

9 , 11, 12, 2 0 , 2 2 , 9 2 , 9 6 ,

5.1 6

138, 1 4 4

102-104, 116

5.17

45,59-62,64,66,70,91,

1 5 , 5 1 , 9 1 , 127, 129,

104, 112, 118, 139, 1 4 0 ,

192, 2 2 1

143, 144, 1 4 9 , 152, 1 6 4 ,

4,9-12

127, 129

4,11

121, 129

4,13

2 1 , 102, 106, 131

4,13ff

2 1 , 102, 118

4.1 5

20, 143

4.16

1 3 , 2 8 , 106, 1 4 0

4.17 . . . 4,17ff

5.1

2 3 , 108, 162, 187, 189, 2 0 4 187 20 15, 3 7 , 107, 162, 165, 171, 175, 184, 188, 2 0 4 , 2 0 7

5,Iff 5.2 5,3ff

168, 172, 178, 1 7 9 5,17ff

..59,60,62,66,67,91,104, 139, 1 4 3

5,18f

61,62

5.18

6 0 , 6 5 , 9 4 , 9 5 , 118, 1 6 4 ,

5.19

1 6 , 6 0 , 6 2 , 6 3 , 144, 1 4 5 ,

172, 2 1 0 148, 1 5 5 , 159, 164, 1 7 8

178,209

4,17-5,6 4,2.15

265

6. 1

148, 1 8 3

6,Iff

3 1 , 6 5 , 159, 1 8 3

6,2f

11

6.2

9 - 1 2 , 18, 2 0 , 2 2 , 6 5 ,

123

1 0 2 - 1 0 4 , 112, 148, 156, 162, 1 6 4 , 1 6 5 , 1 7 2 , 178, 1 8 3

96 189

6.3

9 , 11, 12, 18, 2 4 , 4 5 , 1 0 3 , 143, 144, 147, 150, 1 5 1

5.3

189

5.4

3 6 , 108

6,3-6

143

171

6,3-6

1 1 , 4 5 , 1 0 3 , 150, 1 5 1

5,5f 5.5

17, 2 2 , 165, 167, 177, 1 9 0 ,

6.6

5 2 , 140, 144, 1 5 1

191, 1 9 3 , 2 0 4 , 2 1 1

6.7

9-12,22,23,92,97

5.6

9 , 2 5 , 3 1 , 6 2 , 187, 2 0 4 - 2 0 7

6,7ff

5.7

4 0 , 9 3 , 102, 111, 118, 1 9 7

6,7-9

5,7-9 5.8 5.9 . . 5,9-6,9 5.10

40 34, 4 0 , 4 4 104 2 2 , 6 5 , 103, 1 6 7 2 2 , 9 8 , 103

5.12

138, 167, 1 9 2

6 . 9 . . . 9 - 1 3 , 2 2 , 2 8 , 5 1 , 5 2 , 7 0 , 102, 104, 210, 2 2 2 6.10 . . . . 6.1 If 6.11 6.12 . . . .

5 2 , 9 8 , 170, 1 7 2 , 174, 1 8 4 39 34,40-42,140 2 9 , 3 2 , 4 5 , 5 0 - 5 2 , 9 3 , 139,

143, 144, 146, 168, 170, 181, 193

6 5 , 102, 112 167

7,1-6a

5 . 1 3 . . . 2 0 , 4 5 , 8 8 , 9 6 , 9 7 , 102, 117

7,1-14

5,13-15

45

7.2

5,12ff

23 2 0 , 3 4 , 4 0 - 4 2 , 102, 1 4 3

12, 4 0 , 4 4 , 103, 104, 194, 2 1 0

5.11 5,12f

6.8

210

45, 159 144 16, 17, 2 0 , 1 4 3 , 144, 1 5 9

5 6 , 9 1 , 9 2 , 139, 153

7 .4

16, 1 5 9

5.14

1 1 , 4 8 , 9 1 , 9 2 , 153

7.7

16, 1 2 2

5.15

13,34,39-42,92,93,97,

7.8

15

152, 159

7 .9

15, 1 0 8

5,14ff

Register

266

7.1 0 106, 112, 144 7 . 1 1 . . . . 3 4 , 4 1 , 102, 107, 109, 174 7 , 1 I f f . . . 37, 4 0 , 4 4 , 102, 107, 109, 174 7.12 7,12ff

34, 143, 144, 198, 2 0 5 4 4 , 198, 2 0 5

7,13f 7.13

102, 107, 179 141, 162, 177, 198

8,5f 8.6 8,6ff 8.7 8.8 8. 9

87 75, 76, 133, 159, 183 183 13, 88, 107, 141, 166, 180 1 3 , 4 5 , 103, 139 16, 19, 2 0 , 7 5

8.1 0

31

8.1 1

16

7 , 1 4 . . . 4 3 , 5 1 , 6 5 , 85, 88, 1 0 3 , 1 1 2 , 119, 135, 140, 141, 158, 165, 167, 170, 172, 180, 197, 2 0 7 , 2 2 2

8.12 8,12ff 8.13

4 5 , 139, 1 4 4 , 2 0 9

7,15ff

8.14

31, 171, 183, 185, 191, 192, 2 0 5 , 2 0 8 , 2 2 1 185

4 5 , 139, 171, 178, 192,

8,13f

197-200, 204, 205, 209, 220 7.15

2 9 , 32, 4 5 , 5 1 , 107, 139, 146, 171, 183, 192, 199, 2 0 4 127,177,210,211

7,16ff 7.16

3 3 , 3 4 , 4 0 , 177, 198, 204, 205, 210 51, 149, 167, 168, 1 9 9 , 2 0 4

7,17...

190,191,205,206 31, 171, 1 9 2 , 2 0 5 , 2 1 5

8,14f 8.15

221

43, 6 0 , 6 1 , 9 1 , 9 2 , 9 4 , 95,

8,16f

112, 118, 139, 143, 144, 148, 164, 172, 2 1 9 107, 175

8.16

16,96,98,106,175,177

7,18

62, 197, 198, 2 0 4 , 2 0 6 , 207, 214

8.17

92, 164, 166, 167, 170,

7.20 7.2 1

21, 190, 191, 193 16, 1 7 , 2 1 0

9,If

176, 177, 2 0 5 31

7.22

16

7,23ff 7.23 7,25ff

....

7.25 7,26ff 7.26 7,27ff 7.27 7,28f 7,28.... 7,29 8,1 8,2ff 8,5

106, 107, 125, 126, 128 102, 107, 127, 179 123, 129 108, 123, 1 2 5 - 1 2 8 127-129 18, 23, 1 2 3 - 1 2 9 , 190, 191,211

124, 127 124, 125 128 9 - 1 1 , 1 8 , 2 0 , 2 3 , 1 2 4 , 125, 127, 128 1 2 4 - 1 2 7 , 177 19, 106, 125 119 16, 2 0 6

9,1

1 6 , 2 3 , 107, 162, 174,

186, 9 , 2 . . . . 4 5 , 107, 153, 168, 171, 190, 191, 9 , 2 f f . . . 4 5 , 56, 139, 149, 159,

210 176, 198 168

9.3 9,4ff 9,4f 9.4

16, 108, 143, 144, 19, 143, 2 0 , 143, 19, 20, 128, 130, 140,

152 144 144 142,

9. 5 9,5f 9.6

144, 148, 151, 2 2 1 221 52, 139 4 8 , 59, 67, 68, 7 6 , 7 7 , 159

9,7ff 94, 96, 127, 158 9,1 . . . 1 6 , 6 6 , 9 4 , 9 6 , 112, 127, 158, 166, 178, 2 0 7 , 2 1 9 , 2 2 0 9,8 22, 2 1 9

267

Register

9,9...

18,20,25,29,32,45,59-61, 6 5 - 6 7 , 9 1 - 9 4 , 96, 116, 117, 1 2 0 - 1 2 3 , 128, 129, 139, 143, 144, 146, 148, 160, 164, 172, 2 1 9 , 2 2 1

9 , 1 Of 9.11 9,1 If 9.12 9,13ff 9.1 4 9.1 5

11.6 . . . 98, 140, 178, 181, 192, 198, 220,221 ll,7ff 11.7 . . .

4 6 , 131, 132, 137, 138, 151

11.8 . . . . 4 5 , 6 1 , 133, 135, 136, 138, 140, 141, 143, 144, 147, 160

108 7 5 , 7 6 , 84, 87, 103, 107, 140, 168, 1 8 1 , 2 1 5 , 2 2 1 88, 140, 172, 174 1 9 , 2 0 , 7 3 , 88, 130, 141, 165, 166, 170, 180, 2 0 9 106, 108, 118 18, 124 20

11,8f 11,9b

11,10.... 11,2.6 12.1

102 109

12,Iff

10. 1

130

12.2

10. 2

16 12,2ff

10. 3

16

12. 3

10.4

1 5 , 9 0 , 101, 190, 191

12. 4

90

75 3, 25, 132

11.9 . . . . 1 6 , 2 2 , 112, 113, 131, 132, 1 3 4 - 1 3 6 , 138, 144, 158, 198, 2 0 7

9,15ff 9,16ff

10,4f

. 4 6 , 131, 132, 137, 152, 178

16-18,61,132,136,138 141 2 1 , 2 5 , 7 5 , 131, 133, 135, 136, 138, 144, 161, 162 131, 1 5 8 , 2 0 5 13, 134, 135, 138 134, 135 18, 133, 138 21, 130, 138

12.5 . . . .

4 5 , 76, 134, 138, 139, 152

119

12,5-7

4 5 , 139, 152

10,7 10,8ff

121, 130 97, 130, 192

12,6ff 12.6

57, 135, 139, 2 2 2 57, 135, 138, 139, 2 2 2

10,10f 10.10 10.11

4 0 , 4 4 , 106 3 4 , 4 0 , 107 3 4 , 4 1 , 4 4 , 130, 107

12.7

13, 1 4 , 4 6 , 53, 54, 132,

108

12. 8

1 3 5 - 1 3 8 , 149, 152, 162, 164, 172, 175 3, 2 5 , 2 6 , 3 0 , 4 6 , 131, 132,

10. 5

10,13 10.1 5 10,16f 10.1 6 10.1 7

91, 197 194 21, 112, 159 21

10.18

98, 177, 182, 192, 2 2 1

10.1 9 10.20

130, 151

11,Iff 11.1

. . 8 7 , 8 8 , 132, 140, 170, 181 87, 131, 132, 1 4 0 , 2 2 1

11.2 11. 4 11.5

137 2, 3, 132

12,9ff

12.9 2, 3, 33, 34, 4 0 , 105, 126 12.1 2 3,21,34,40 12.13 . . . . 19, 21, 25, 162, 2 0 2 , 2 0 6 ,

212

36, 143

59, 141, 166, 1 8 0 , 2 2 1 13, 154, 181 13, 1 5 , 8 7 , 162, 170, 172, 175,212

12,13f 12.1 4

25, 162 3, 132

12,4.5

130

Jesaja 40,6f

149

40,28

74

268

Register

41,29 57,13 58,10f 65

13 25 11 71

Haggai 1,2 1,4

83, 85 83 Sirach

Jerermia 15,10 20,14ff

150 150 Hosea

10,12

6,23ff 16,17ff 30,17 38,16-23 42,1-8

127 162 150 61 33

83,89 Johannes Jona

2,4 4,3

3,8 . 79 150

138

Verzeichnis wichtiger Begriffe Abhängigkeit . . 1, 4, 5, 21, 89, 116, 177, 183, 185, 200, 207, 214, 215 Absurd 27, 28, 32, 45 Ägypten 82, 202 Allmacht 171, 185, 210 Allwirksamkeit 183,207 Alter . . . 5, 9, 11, 14-16, 19-21,23, 25, 28, 32, 45, 46, 49, 52, 56, 57, 69, 70, 72-76, 78, 82, 85, 86, 88-91, 105, 111, 113, 122, 123, 127, 130, 131, 133-137, 140, 142, 146, 147, 149, 150, 157, 158, 163, 167, 171-173, 177, 179, 192, 193, 199, 200, 202, 208,210,211 Altersgebrechen . . . 131, 134, 135 Amtsbezeichnung 2, 49 Angst . . . 49, 72, 88, 181, 199, 203, 204, 210-212 Anteil . . . 24, 29, 58-60, 62, 64, 65, 67, 70, 92, 148, 151, 179 Anthropologie . . I, 1, 5, 7, 9-11, 13, 15-17, 19, 22, 23, 25, 29, 73, 74, 79, 87, 90, 91, 99, 104, 105, 121, 131, 140, 142, 164, 185, 199 Antiregeln 192 Arbeit . . . 1 - 5 , 7 , 2 3 , 7 1 , 8 3 , 9 0 , 9 1 , 93-95,97-99, 111, 116-118, 124-126, 158, 164, 181, 192, 193,218, 221 Armut . . . 1, 90, 100-102, 106, 197 Astrologie 87 Atheismus 162 Augen . . . . 9, 12, 22, 35, 36, 52, 58, 99, 109, 110, 127, 138, 152,159, 172, 182, 198, 204, 209

Augenblick 13,28,31,32,36, 47,51,53, 54, 63,66-68, 72, 78, 80, 82,84,85, 104, 110, 133, 141, 148, 154, 158, 160, 167, 172, 178, 191, 196, 203, 208, 210, 213, 219, 222 Augenblicksbindung 67, 137 Ausgangsfrage . . . 34, 39, 42, 44-46, 56, 64, 147 Ausnahme 15, 94, 120, 189, 214, 218 Begierde 11, 12 Beobachtungen 23, 29, 36, 42, 92, 96, 106, 114, 200 Beschränkung 70, 71, 160, 179 Besitz . . . 12, 31, 36, 39, 62, 65, 94, 95, 100, 101, 103, 104, 112, 117, 130, 197,218, 221 Bewußtsein 108, 163, 181, 201, 203, 214 Böses . . . 16, 17, 88, 102, 108, 135, 170, 190, 198, 199, 205, 209 Brot 66, 101, 103, 178, 220 CarpeDiem . 93, 104, 105, 154-156, 160, 161 Demut 155, 161, 187, 209 Determination . . . 8, 20, 26, 28, 38, 52, 80, 88, 89, 92, 110, 145, 159, 163, 167, 169, 171, 172, 176-182, 195, 196, 200, 205, 220 Determinismus 89, 176, 177, 179, 200 Diesseits 51,54,67,70,71 Dogma . . . 108, 109, 185, 192, 215 Dunst 28 Ehre . . . 37, 65, 145, 164, 165, 167, 172, 196, 218, 222

270

Register

Einfluß . . . . 4-7, 29, 50, 55, 77, 79, 178, 181, 196, 198 129, 157, 163, 169, 171, 174 Ertrag . . . . 7 , 3 0 , 3 1 , 3 8 , 3 9 , 4 1 , 4 2 , Einzelne . . . . 5, 7, 9, 10, 14, 15, 19, 44, 46, 52, 54-56, 85, 86, 92, 117, 21,29, 38,46, 48, 52, 53, 56,58, 137, 147, 160, 218, 219 64, 70, 72, 74, 78-80, 91, 102, Essen 6, 31, 53, 60, 62, 65, 66, 109-119, 134, 137, 139, 143,146, 71,94, 95, 98, 117, 118, 152, 154, 165, 167, 169, 178, 179, 148, 155, 178, 196, 219 184, 197, 202, 206, 218, 222, 223 Ethik . . . . 8, 17, 183, 190, 192-195, 199, 200, 209 Emotionen 15, 111, 112 Endlichkeit . . . . 19,38,57,70,72, Ewigkeit . . . . 32, 35, 68, 74, 77, 78, 80, 137, 146, 154, 173, 178, 203 99, 109, 149, 155, 184, 218, 219 Endlichkeitsschock 55 Experimente 36, 39, 92 Entscheidung . . . 175, 176, 178, 183, Familie 20,21, 117, 120 195, 201, 205 Fatalismus 176 Entscheidungsfreiheit . . . 176, 179 Fatum 149, 171, 186 Epikur 49, 156, 157, 161 Faulheit 90, 218 84, 130, 166, 170 Erde . . . . 3 1 , 4 6 , 5 0 , 5 2 , 7 1 , 7 4 , 7 5 , Fisch 80, 82, 134, 139, 152, 154, 169, Fleiß 192,218 171, 173, 175, 177, 183- 185,208 Fleisch 18, 98 Erfahrung . . . 17, 24, 35, 36, 43, 48, Frau 1,18,19,94,118, 50-52, 63, 64, 68, 73, 74, 84,85, 120-125, 127-129,219 93,96, 100, 108-112, 114-116,120, Freiheit 31, 63, 89, 158, 167, 140, 156, 160, 162, 164, 166, 171, 168, 175-180, 182, 201, 207, 220 176, 180, 185, 193, 194, 200, Fremdbestimmung 172, 180 215,217, 220 Freude 1, 6, 12, 16, 17, 20, 26, Erfolg 38, 73, 90, 97, 98, 106, 30-32, 36, 37, 46,51,54, 58-66, 154, 157, 159,168, 174, 194, 68-71, 81, 93-96, 98, 99, 104, 105, 140, 195,200, 214 111-113, 117, 120-122, 129, 132, 135, 155-161, 164, 165, 167, 177, Erforschbarkeit 169, 170 178, 181, 182, 185, 196, 207, 208, Erinnerung . . . 35, 39, 45, 46, 52, 61, 210, 219, 220, 222, 223 120, 139, 155, 185, 201, 222 Lebensfreude . . . 1, 60, 61,92, 95, Erkennbarkeit 106 105, 148, 155-157, 196, 222 Erkenntnis . . 5, 7, 9, 27, 38, 44, 52, 100 55, 58, 68, 69, 71, 82, 84, 85, 98, Freundschaft 188, 189, 203 105, 106, 114, 124, 140, 141, 145, Frömmigkeit 69, 91, 159, 188, 201, 155, 160, 161, 170, 172, 181, Furcht 202, 204, 205, 207-212, 214, 215 184-187, 193, 196, 199 72, 95, 164, 167, 183, Erkenntnisgrenze 167, 220 Gaben 185, 190, 191,220 Ermahnung 161, 178, 204 63, 170, 187-189 Ermunterung . . . 53, 60, 61, 88, 97, Gebet 145,206 98, 112, 142, 155, 177, Gebote

Register

Gefahr . . . . 44, 74, 93, 97, 100-102, 104, 112, 121, 181, 183, 185, 188, 189, 194, 196, 199, 204 Geist . 13-15, 50, 138, 152, 175, 222 Gelagepoesie 6 Gelübde 187-189 Gemeinschaft 56, 59, 101, 113, 115-122, 127, 129, 186, 197, 221 Gemeinschaftsorientierung 119 Gemeinschaftstreue 118 Generation . . . 35, 38, 46, 48, 49, 54, 56, 102, 134, 139, 152, 154 Genuß . . . 36, 60, 95, 104, 112, 137, 150, 155, 156, 158, 196, 219 Lebensgenuß 3, 59, 65, 81,88, 93, 94, 98, 112, 136, 155, 156, 182 Gerechtigkeit . . . 31, 32, 47, 49, 50, 67, 107, 111, 118, 131, 152-154, 157, 159, 171, 173, 174, 183-186, 189, 190, 197-199, 201,204, 205,210, 220 Gericht 3, 54, 132, 200, 207 Geschäftigkeit 35,36,86,97, 164, 177, 183 Geschichte 2, 51, 73, 74, 134, 163, 169, 201 Geschick 14, 36, 45, 54, 55, 57, 61, 103, 107, 130, 149, 152, 168, 169, 171, 172, 174 Geschöpf 53, 55, 82, 100, 137, 155, 161, 175 Gesellschaft 55, 68, 100, 119, 121 Gesetz 58, 90, 192 Gewinn . . 30, 33, 35, 37, 38, 41-43, 45, 56, 59, 68-70, 85, 113, 117, 152, 196 Glaube . . . . 2, 60, 64, 66, 70, 74, 87, 89, 141, 163, 167, 170, 184, 185, 187, 188, 196, 199,211, 214, 215, 220

271

Glaubenssatz 187,220 Gläubiger 185 Glück . . . . 1 , 2 7 , 3 1 , 3 7 , 5 3 , 6 1 , 6 2 , 65-67,70,72,81, 85,94-96, 108, 112-114, 117, 118, 120, 126, 132, 136, 139, 142- 145, 147, 151, 153, 156-161, 166, 167, 178,179, 191, 192, 194, 196, 198, 200, 201,207,214,219-223 Glückseligkeit 37 Glückserfahrung 71, 148, 155 Glücksgüter 117, 129 Glücksmöglichkeiten 67 Lebensglück 137, 158, 177, 196, 201, 212, 217, 222, 223 Gott . . . 1 , 3 , 4 , 7 , 8 , 12, 14, 15, 17, 19-21,23,26, 30-32, 37, 38,43, 47, 49-51, 53-68, 70-74, 76, 78-83, 85-89, 91-97, 99-105, 107, 108, 110, 114, 125, 126, 128, 129, 132-134, 136-141, 145, 146, 148-152, 154, 156-193, 195, 197-205, 207-216, 219-223 Gottesbegriff 187 Gottesbezeichnung 162, 163 Gottesbeziehung 7, 45, 62, 93, 162, 163, 187,213 Gottesbild 176, 186 Gotteserfahrung 169, 186, 187,211 Gottesgabe 65, 106, 185, 210 Gotteshaus 189, 204 Gottesverehrung 202 Gottesvorstellung 187 Gottvertrauen 160, 186 Gottebenbildlichkeit 78 Gottesdienst 156, 202 Gottesfurcht 8, 30-32, 62, 93, 141, 198, 199, 201-217,220-222 Gottesgabe 97, 121, 150, 154 Gottlosigkeit 157

272

Register

Grenze

8 , 9 , 11, 19, 20, 3 8 , 4 4 , 45, 47, 54, 56, 59, 60, 64, 73, 78, 83, 84, 90, 108, 109, 111, 113, 132, 137, 139, 143-145, 149, 157, 158, 164, 166-169, 182, 185, 194, 197, 199, 201, 204, 207, 2 1 1 , 2 1 3 - 2 1 6 , 220

Grenzerfahrung 56, 110 Grenzfall . . 110, 150, 171, 192, 221 Griechen/griechisch . . . 4, 6, 75, 77, 125, 150, 151, 188 Grundsätzlichkeit 109, 143, 144 Güter . . . 22, 60, 102, 103, 153, 156, 172, 178, 201, 219, 221, 222 Gutes/Güte . . 9, 10, 17, 19, 36, 43, 5 1 , 6 0 , 6 1 , 6 4 - 6 6 , 7 1 , 8 5 , 94-96, 98, 101-104, 112, 114, 116, 127, 129,140-142, 144, 147, 148, 152-154, 158, 161, 164, 165, 167, 170, 172, 174,178, 179, 184-186, 191-193, 200, 203, 205, 207, 208, 219, 220 Hand . . . . 16, 1 8 , 2 3 , 4 7 , 4 8 , 6 0 , 6 6 , 67, 98, 100, 107, 110, 132, 140-142, 153, 156, 161, 167, 174, 181, 186, 1 9 0 , 1 9 8 , 2 1 1 , 213, 219, 220, 222 Handeln . . . . 13, 141, 157, 173, 195, 200,211,212,214 Haschen nach Wind

45, 70, 98, 105, 178 Hedonismus 156, 157, 219 Hellenismus 5-7, 50, 55, 67, 77, 113, 114, 118, 129,151, 161, 163, 180, 1 8 7 , 2 1 7 Herr 73, 141, 162, 179, 207 Herz 15-17,24,36,50,55,57, 58, 62, 63, 66, 76,77, 79-82, 88, 108,120, 125, 135, 136, 148, 154, 178, 198, 218, 220

Himmel

15, 79, 97, 171, 173, 175, 1 8 4 , 2 1 5 Hiob 4 8 , 5 5 , 7 1 , 8 7 , 115, 131, 140, 143, 144, 146,151, 153, 161, 163, 171, 183, 187, 193 Hoffnung . . . . 31, 32, 35, 38, 40, 44, 4 9 , 5 1 , 5 2 , 54, 5 9 , 6 1 , 6 8 , 88, 112, 117, 119, 128, 136, 139-142, 148, 151-154, 197, 200, 2 0 6 , 2 1 1 , 2 2 1 - 2 2 3 Hohelied 159 Ich 115 Ideologie 113, 127, 213 Individualisierung 49, 110 Individualismus . . . 48-50, 113, 115, 117, 197 Individualität 40, 49, 115, 116 Individuum 20,37,38,44,49, 50, 53, 54, 56, 69, 82, 109, 113-115, 119, 120, 130, 133-136, 138, 139, 148, 153, 155, 188, 196, 197, 213, 222, 223 Jahr . 62, 77, 82, 126, 133, 135-137, 141, 1 5 1 , 2 1 7 Jenseits

10,50-54,66-68,70, 140, 148, 153 Jugend/jung . . 3, 21, 46, 53, 61, 90, 113, 131, 132, 135, 136, 198 Kinder 20, 111, 147 König . . . 2, 21, 22, 35, 37, 43, 102, 117, 123, 129, 131, 165, 178, 206 Königsfiktion 38, 189 Königstravestie 2, 35, 117, 122, 123 Kontingenz 104, 153, 196, 207 Kopf 22, 221 Kraft . . . . 2 5 , 9 2 , 9 8 , 131, 157, 158, 175, 186, 222 Krankheit 46, 47, 102, 142, 148, 153 Kritik 3, 3 9 , 9 1 , 9 9 , 104, 106, 124, 125, 127, 159, 185, 193, 222 Kult . . 8, 31, 170, 187-189, 204, 207

273

Register

Kultgemeinde 188 Lachen 85, 159, 2 1 9 Leben 1, 5-8, 13-15, 18, 20, 23, 24, 2 9 - 3 3 , 36-39, 4 1 - 4 9 , 51-65, 67-72, 7 5 , 7 7 , 8 1 , 8 3 , 84, 86, 90, 92-102, 104, 107-117, 119-121, 127-133, 136, 138-162, 164-166, 168-172, 174, 175, 180-182,185-189, 192, 194, 195, 198-200, 203-205, 209-223 Lebensabschnitt 131 Lebensanschauung/-einstellung . 6, 3 2 , 5 1 , 5 2 , 54, 72, 102, 108, 110, 115, 144, 145, 208, 210, 213, 220, 221 Lebensbereich . . 32, 72, 174, 175 Lebensbewältigung . . . . 204, 218 Lebenserwartung Lebenssicherung

71 142, 218

Lebenstage . 19, 45, 51, 56, 60, 63, 108, 130, 139, 144, 146, 149, 152, 168, 169, 221 Lebensüberdruß 151 Lebens Verneinung 150, 152 Lebenswandel 69, 153, 2 0 9 Lebenszeit . . . 38, 71, 73, 75, 82, 143, 144, 146, 148, 149, 166, 168, 1 9 9 , 2 1 1 , 2 2 2 Lebensende Lebensodem Lebewesen Lehre

149 14, 19, 138, 139 14, 78 6, 77, 84, 89, 111, 115, 120, 141, 156, 157, 159, 176, 179, 194, 204, 215 Leid . . . 70, 102, 111, 112, 150, 152, 161, 162, 184, 191, 195, 197, 208 Leidbewältigung 111,112 Leidenschaft 48, 57, 125 Licht 9,21,23,26,28,29,31, 32, 35, 3 6 , 4 1 , 4 3 , 4 5 , 4 7 , 4 9 , 5 1 , 5 8 - 6 0 , 6 4 , 66, 67, 69, 72, 7 9 , 8 1 ,

84, 92, 97, 106-108, 110, 114, 116, 119, 125, 133, 136-139, 143, 145, 148, 151, 160, 180, 183, 197, 199, 2 0 1 , 2 1 7 , 2 2 1 , 2 2 2 Liebe . 48, 52, 67, 85, 120-122, 148, 152, 153, 159, 163, 174, 219, 221 Lohn . . . . 5 1 , 9 5 , 9 6 , 104, 178, 190 Mahnung . . 5, 47, 61, 136, 156, 167, 189, 194, 199, 204, 212, 2 2 0 M a n n . . . 1 , 3 , 1 8 , 1 9 , 1 1 3 , 120, 121, 124, 127-130, 135, 147, 162, 198 Maßstab . . . 31, 107, 148, 164, 184, 192,213 Memento mori . . 154-156, 160, 161 Mensch . . . . 1, 3-25, 27, 29, 31-35, 38-41, 4 3 - 5 7 , 59-62, 64-74, 76, 78-90, 92, 93, 92-97, 99, 101-103, 105-110, 112-121, 124-149, 151-186, 188-193, 195-205, 207-216, 218-223 Menschheit . 24, 38, 70, 133, 134 Menschsein . . 14, 19, 24, 85, 99, 119, 142, 207, 2 0 8 Mitmensch Mißerfolg Moment

8, 20, 120, 213

...

38, 73, 168, 174, 2 1 4 16, 57, 76, 84, 96, 160, 170, 202, 204, 205, 207 Moral . . . . 126, 127, 153, 164, 169, 181, 190, 191, 199, 2 0 4 , 2 1 0 Morgen 82, 108, 155, 170, 181, 1 9 8 , 2 2 0 M ü h e . . . . 13, 23, 2 9 , 3 1 , 3 3 , 3 5 , 36, 39, 43-45, 48, 51, 56, 58-61, 63, 65, 6 6 , 7 1 , 9 3 - 9 9 , 104, 112, 113, 139, 147, 153, 158, 160, 164, 165, 178, 1 8 2 , 2 1 8 , 2 1 9 , 2 2 2 Mutter 48, 53, 153 Nachkommen 121,218 Natur 9, 27, 31, 35, 37, 54, 66, 122, 133, 138, 139, 143, 160, 175 Naturkreislauf 13

274

Register

Neid 92, 97, 98 Nichtigkeit 1,61 Norm 189, 194, 196 Offenbarung 62, 63 Ordnung 55, 57, 64, 71, 87, 89, 106, 110, 114, 129, 133, 149, 160, 161, 164, 166, 167, 171, 180, 182-184, 186, 187, 192, 193, 195, 199, 203, 205, 207, 214, 215, 220 Philosophie . 5, 6, 27, 50, 64, 66-69, 74, 113, 114, 125, 126, 151, 174, 179, 180, 187, 193, 194,217 Poesie 34, 91, 125, 126, 152 Polemik 51,67, 109 Prädestination 174 Propheten 49 Proverbien/Sprüche 1, 7, 12, 15, 21, 37, 42, 44, 46, 47, 69, 84, 89, 90, 97, 98, 100-104, 106, 109-111, 113, 114, 116, 120, 121, 123, 126, 129-131, 140-144, 157, 163, 176, 177, 180, 186, 187, 189, 190, 194, 197, 201,202, 206, 208, 209, 211-214, 217, 221 Psalmen 63, 143, 210 Ptahhotep 89, 131, 157 Ratschläge 47, 145, 194, 196, 204, 212 R e c h t . . . 1,3, 19,27, 30,31,51,58, 5 9 , 6 1 , 6 3 , 6 4 , 69, 75-78, 83-89, 95,97, 98, 103, 111, 117, 120, 121, 123-125, 128, 129, 132, 135, 144, 151, 157, 164, 166-168, 172, 175, 177, 180, 184, 187, 192, 195, 197, 205, 209, 211,213,217 Rechtschaffenheit 31 Regel 11,26, 62, 83,92, 101, 109, 110, 120, 158, 171, 182, 184, 186, 192, 193, 199, 200, 205, 214, 218, 220, 221

Reichtum 1, 22, 37, 60, 62, 65, 90,94, 100-105, 107, 116, 118, 139, 145, 160, 164, 165, 167, 172, 193, 194, 196, 197, 205,211,213, 218, 222 Religion . . 31, 90, 96, 114, 154, 168, 188, 190, 195, 202, 210 Richter 67, 121, 128, 131, 207, 211 Risiko 44, 54, 167, 181, 195, 201,209, 220 Ruhe . . . 15, 24, 90, 91, 97-99, 150 Salomo . . . . 2, 4, 34, 123, 180, 189 Scheol 11,31,52-54,56, 98, 148, 151 Schicksal . . 8, 13, 52, 65, 70, 77, 85, 92, 137, 140, 141, 147, 149, 150, 153, 160-162, 164-173, 176, 177, 179, 180, 182-185, 195, 198, 200, 204, 207, 220 Schicksalsbegriff 169, 173 Schicksalskonzeption . . 149, 169, 170, 172, 173 Schicksalslenkung . 170, 182, 184 Schicksalsmacht 169, 170, 172, 173 Schöpfer/Schöpfung 11, 19, 21, 28, 53, 72-74, 80, 87, 88, 127, 136, 137, 160, 161, 163, 175, 183-188,203,211,220 Schöpfungsbericht 119,127 Schöpfungsgaben 74 Schöpfungsordnung . . . . 137, 152 Seele . . . . 10, 11, 15,50,53,66,93, 128, 147, 150 Segen 154,211 Sicherheit . 3 , 2 2 , 3 7 , 4 2 , 5 1 , 5 3 , 8 0 , 84, 85, 100, 102-106, 109, 132, 140, 142, 166, 172, 189, 192, 193, 209, 214, 216, 220 Sinn/Sinnfrage 6, 7, 13, 19, 20, 22, 27, 30-33, 38-45, 50, 55-59, 63-65, 67-69,71,77, 82, 83,

Register

95,97,98, 102, 110, 111, 116, 117, 121, 122, 129, 137, 143, 144, 151, 154, 156, 157, 159, 160, 164, 165, 169, 185, 186, 191, 195,202,218,219, 223 Sinnlosigkeit 13, 55, 57, 164, 188 Sirach . . 2, 7, 49, 61, 62, 67, 84, 86, 93, 104, 144, 161, 165, 179, 180 Skepsis . . . 6, 16, 29, 30, 34, 36, 60, 62, 63, 65, 68-70, 76-78,81,82, 86, 87, 94, 95, 102, 104, 108, 114, 122, 142, 143, 147, 153, 157, 162, 165, 167, 169, 176, 183, 184, 190, 191, 194, 195, 198,210,214,215,217,219 Sohn 20,49, 117, 120,213 Sonne . . . 39,45,48, 51, 52, 56, 59, 67, 80, 105, 138, 139, 144, 148, 151, 153, 159, 170, 175, 177, 178, 219, 222 Souveränität 31,32,93,161, 178, 185, 189, 201, 203-205, 207, 208, 212-214, 216, 220, 221 Sterblichkeit . . . 19,38,55,57,61, 85, 86, 112, 115, 144, 155, 160, 221, 222 Stoa. . . . 50,77, 157, 161, 180, 195 Strafen 204,211 Stunde . . . 39, 84, 96, 171, 175, 177, 178, 186, 197 Subjekt . . 22, 63, 80, 164, 169, 172 Sünde 17, 21, 47, 95, 127, 153, 190, 191, 193, 199 Tag . . . 36, 43, 73, 82, 85, 100, 103, 133, 135, 140, 141, 146, 154, 155, 158, 165, 167, 170, 172, 179, 182, 198, 205, 207, 219 Tätigkeit . . . . 29, 31, 39, 57, 65, 68, 83, 86,94, 98, 116, 117, 120, 122, 159, 166, 167, 177, 179, 194

Teil

275

7, 10, 17, 26, 29, 35, 36, 47, 48, 57-61,64-72, 77, 92, 94, 117, 125, 126, 137, 139, 145, 147-149, 152, 155, 156, 159, 160, 165, 166, 182, 203, 205, 208, 212, 219, 223 Tempel 189 Tier 14, 15, 19, 29, 50, 130, 153, 168 Töchter 21 Tod . . 1,5,7, 14, 19,20,26, 30,31, 36-39, 42-57, 59-63, 66-69, 71, 72, 75, 85, 90, 99, 102, 104, 107-110, 113, 115, 116, 120, 124, 127, 128, 130, 134-140, 142-145, 147-155, 157-162, 164, 166, 168, 169, 171-174, 184, 207, 208,210,211,214,217, 218, 221-223 Todesangst 49, 72 Todesbegriff 47 Todesbewußtsein 1 Todesgedenken 62 Todesgeschick . . 16, 47, 155, 168 Todesgrenze 222 Todesreife 47 Todesverfallenheit 156 Todeswunsch 150 Todesgeschick 21, 50, 71, 168 Tor 18, 48, 56, 92, 98, 108, 189, 218 Toren 16, 36, 47, 55, 98, 102, 107-109, 130, 154, 188, 204 Torheit . . 1, 16, 32, 36, 43, 98, 105, 107, 108, 128, 157, 200 Töricht 102,117,189,204 Törichte 37, 92, 120 Törichtes 98, 107, 220 Tradition . . . 1, 6, 31, 37, 46, 50, 53, 93, 106, 112, 115, 119, 120, 126, 127, 131, 133, 141, 163, 165, 185, 196, 217, 221 Tränen 111, 197

276

Register

Transzendenz 160 Trinken 6,31,65,66,71,94, 95, 117, 118, 148, 155, 178, 196, 219, 220 Trost 119, 162, 185, 186, 197 Umwelt 22, 39, 40, 42, 44, 50, 52-54, 88, 89, 109, 120, 124, 128, 130, 131, 147, 153, 184, 202, 208, 213 Unbeeinflußbarkeit 28, 159, 173, 174, 220 Unberechenbarkeit 28, 44 Unbeständigkeit . 13, 25, 28, 32, 92, 140, 153, 167, 191, 193, 2 2 1 , 2 2 2 Ungerechtigkeit . 5, 26, 37, 118, 183 Unglück 105, 153, 157, 179 Unkenntnis 84, 88, 98 Unsicherheit 2,25,46,54,99, 138, 140-142, 158, 170, 191, 192, 200, 204, 212, 2 1 5 , 2 1 6 , 2 1 8 , 221 Unsterblichkeit 48, 50, 124 Unstillbarkeit 12, 24 Unterdrückung 150, 151, 197 Unterwelt 30, 145 Unverfügbarkeit. 28, 32, 66, 83, 84, 103, 140, 141, 158, 161, 174, 204 Unwissenheit 14, 61, 88, 141, 181, 189 Urhebergott 162, 175 Verantwortung 101,102,115, 176, 177, 181, 196, 220 Vererben 117 Verfügbarkeit 66, 82, 103, 167, 204 Verfügungsgewalt 13,31,81, 83, 105, 156, 166 Vergangenheit 5 4 , 7 4 , 7 6 , 110 Vergänglichkeit 19,25,26,31, 32, 35, 44, 45, 47, 50, 52, 53, 55, 57, 61, 107, 121, 132, 134-137, 139, 146, 155, 156, 160-162, 222

Vergeblichkeit . . 25, 26, 92, 97, 127 Vergeltung . . . 31, 50-52, 153, 200 Verlangen 9-12, 23, 27, 70, 92, 97, 183, 196 Verläßlichkeit 110, 186 Vermögen 20, 78, 205 Vernunft 16, 27 Vertrauen 53,64,72,101, 103, 157, 160, 171, 185-187, 195,214,218 Verzicht . . . . 58, 70, 147, 160, 184 Vieh 13, 53, 130 Vogel 84, 130, 166, 170 Volk 74, 115, 153, 163 Vorherbestimmung 220 Vorsehung 163, 165, 169, 195 Vorsicht . . 188, 189, 199, 201, 215 Vorteil 39, 40, 42-44, 56, 107, 116, 130 Vorzug . . . 102, 107, 150, 152, 154, 196, 222 Wahrheit 9, 28, 77, 109, 144 W e c h s e l . . . 13, 63, 79, 85-87, 132, 134, 141, 158, 197, 221 Weisheit/Weiser . 1, 5, 6, 14, 15, 21, 22, 26, 27, 3 0 , 3 1 , 3 3 , 35-44, 46-50, 52, 56, 57, 64-66, 6 8 - 7 1 , 7 3 , 7 4 , 82-84, 86, 87, 8 9 - 9 2 , 9 4 - 1 1 4 , 116, 117,119-123, 125-128, 130, 131, 136, 137, 139-145, 156, 157, 160-164, 166-168, 170, 174,179-183, 185-190, 192-215, 217, 218, 220-222 Antiweisheit 192 Weisheitslehre 106,217 Weisheitslehrer . . 36, 43, 47, 48, 84, 85, 104-106, 109, 110, 112, 114, 115, 119, 125, 131, 140-142, 144, 145, 156, 170, 186, 193,

277

Register

194,202,211,218 Weisheitsliteratur . . . 6, 7, 82, 91, 105, 106, 121, 126, 128, 141, 142, 175, 176, 201, 209,211,221 Weisheitstradition . 6, 7, 99, 106, 109, 1 1 9 , 2 1 7 Welt . . . 1 , 5 , 2 2 , 2 7 , 2 9 , 3 3 , 4 3 , 4 8 , 55, 57, 59, 64, 69, 70, 74, 77, 9 3 , 9 4 , 107, 110, 111, 129, 133, 134, 155, 160-162, 164, 167, 170, 172, 175, 176, 184-187, 192, 193, 198, 201, 2 0 5 , 2 1 0 , 2 1 1 , 2 1 4 , 2 1 8 , 223 Weltgeschehen

57, 64, 66, 160, 193, 195, 209 Werte 31,37,56,65,68,95, 99, 104, 147, 151, 155, 156, 159, 160, 193,196, 199, 2 1 0 , 2 1 8 , 2 1 9 , 222 Willen 43,45,46,52,61,64, 66, 73, 85, 110, 141, 166, 175, 176, 179, 182, 189, 199, 207, 208, 210 Willensfreiheit 179, 180 Willkür 164, 191, 208 Wind . . . . 13, 25, 28, 37, 39, 45, 70, 80, 97, 98, 105, 138, 178, 181, 191 Windhauch . . 2 8 - 3 2 , 3 5 - 3 7 , 3 9 , 4 3 , 45, 46, 57, 62, 80, 98, 105,

116, 133, 139, 152, 160, 167, 178, 183, 185, 191, 204, 208, 209, 218, 221, 222 Wohlergehen . 37, 88, 104, 105, 112, 116-119, 140, 190, 196, 206,211,212,214 Zeit

1, 3, 5, 7, 8, 14, 26, 28, 3 0 , 3 1 , 3 4 , 35, 38, 39, 4 3 , 4 4 , 49, 50, 56, 57, 6 0 , 6 1 , 6 4 - 6 6 , 68, 72-76, 78, 80-89, 95, 98, 99, 103, 106-108, 110, 112, 114, 115, 118-120, 122, 124, 129, 130, 133, 135, 136, 140, 141, 144, 145, 148, 149, 154, 157-159, 161, 163, 164, 166-175, 178-184, 186, 189, 192, 195, 197-201, 203-205, 2 0 7 - 2 0 9 , 2 1 2 , 2 1 3 , 215,217-221

Zeitalter 49, 77 Zeitverständnis . 28, 64, 72, 77, 82 Zeitlichkeit . . 84, 85, 156, 164, 166, 208, 213 Zorn . . 56, 100, 146, 189, 193, 211 Z u f a l l . . . 26, 30, 34, 38, 76, 87, 107, 140, 153, 172, 173 Zukunft . . 51, 54, 74, 75, 84, 87, 88, 98, 103, 107, 110, 113, 132, 133, 139- 142, 154, 158, 165, 173, 182, 199, 201, 204, 217

M A R K U S ZEHNDER

Wegmetaphorik im Alten Testament Eine semantische Untersuchung der alttestamentlichen und altorientalischen Weg-Lexeme unter besonderer Berücksichtigung ihrer metaphorischen Verwendung 1999. 23 χ 15,5 cm. XV, 715 Seiten. Leinen. D M 238,-/öS 1737,-/sFr 212,-/approx. US$ 140.00 • I S B N 3-11-016300-4 (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 268) Studie über die Weg-Nomina im Alten Testament und in seinem Umfeld mit einem Vergleich der Wegmetaphorik in Israel, Ägypten, Ugarit, Syrien und Mesopotamien einschließlich einer tabellarischen Bedeutungsklassifikation sämtlicher Belegstellen der Weg-Lexeme des Alten Testaments. Mittels neuester sprachwissenschaftlicher Methoden werden zunächst sämtliche Belegstellen der Weg-Lexeme des Alten Testaments analysiert und mithilfe einer tabellarischen Bedeutungsklassifikation systematisch und übersichtlich erfaßt. In einem zweiten Schritt werden die Grundzüge und Besonderheiten der Wegmetaphorik, durch die sich eines der zentralen Themen des Alten Testaments offenbart, herausgearbeitet. Besondere Tiefe erhält dieses Profil durch den Vergleich mit den Ausprägungen der Wegmetaphorik in Ägypten, Ugarit, Syrien und Mesopotamien. Eine Einführung in aktuelle Fragen der Sematik und der Metapherntheorie bettet die Untersuchung in einen weiteren Rahmen ein, der über den unmittelbaren Bezug zum T h e m a "Weg" hinausführt. Der Autor ist Gastdozent für Altes Testament und Hebräisch am Theologisch-Diakonischen Seminar Aarau (Schweiz); z.Z. ist er Forschungsstipen-

DAVID WIDER

Theozentrik und Bekenntnis Untersuchungen zur Theologie des Redens Gottes im Hebräerbrief 1997. 23,0 χ 15,5 cm. X, 230 Seiten. Leinen. DM 158,-/öS 1153,-/sFr 1 4 1 • ISBN 3-11-015554-0 (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 87) In der Frage nach der theologischen Mitte des Hebräerbriefs ist die Forschungslage kontrovers. Ausgehend von dem Motiv des Redens Gottes wird eine theozentrische Tiefendimension aufgewiesen, welche sowohl Paraenese wie Christologie trägt. Diss, theol. 1994 bei Professor Dr. V. Hasler, Bern.

MARKUS OHLER

Elia im Neuen Testament Untersuchungen zur Bedeutung des alttestamentlichen Propheten im frühen Christentum 1997. 23,0 χ 15,5 cm. VIII, 374 Seiten. Leinen. DM 188,-/öS 1372,-/sFr 167,• ISBN 3-11-015547-8 (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 88) Die Arbeit bringt zum ersten Mal eine umfassende Analyse sämtlicher Texte im Neuen Testament, in denen Elia genannt oder auf ihn angespielt wird. Besondere Beachtung wird dabei den jüdischen Traditionen geschenkt. Schwerpunkte sind: Johannes der Täufer, frühe Christologie, lukanisches Geschichtswerk, Elia als historisches Beispiel, Elia in der Apokalypse. Diss, theol. 1995 bei Professor Kurt Niederwimmer. Der Autor ist Assistent an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

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