Zwischen Kaisern und Aposteln: Das Akakianische Schisma 9783515103893, 3515103899

Die Abgrenzung kirchlicher und weltlicher Sphären war eines der konfliktträchtigsten Themen spätantiker Kirchengeschicht

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Zwischen Kaisern und Aposteln: Das Akakianische Schisma
 9783515103893, 3515103899

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
I. EINLEITUNG
1. BISCHÖFLICHES HANDELN UND KIRCHLICHE ORDNUNG: EINSTIEG UND FRAGESTELLUNG
2. DAS AKAKIANISCHE SCHISMA IN QUELLEN UND FORSCHUNG
3. STABILITÄT UND DESTABILITÄT DER REICHSKIRCHE: THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN
II. HINLEITUNG: VORAUSSETZUNGEN DES SCHISMAS
4. EREIGNISGESCHICHTLICHER ÜBERBLICK I: VON CHALKEDON BIS ZUM HENOTIKON
5. DIE ENTWICKLUNG DER FÜNF GROSSKIRCHEN BIS 482/84
III. BISCHÖFLICHES HANDELN
6. EREIGNISGESCHICHTLICHER ÜBERBLICK II: VOM BRUCH BIS ZUR WIEDERHERSTELLUNG DER GEMEINSCHAFT
7. DAS HANDELN DER RÖMISCHEN BISCHÖFE
8. DAS HANDELN DER BISCHÖFE VON KONSTANTINOPEL
IV. DIE FRAGE NACH DER KIRCHLICHEN ORDNUNG
9. APOSTOLISCHE UND POLITISCHE BEGRÜNDUNGEN
10. POSITIONEN UND HANDELN WEITERER KIRCHLICHER AKTEURE
11. POSITIONEN UND HANDELN DER KAISER IM SCHISMA
V. SCHLUSS
12. ZUSAMMENFASSUNG: DAS SCHISMA UND DIE ORDNUNG DER KIRCHE
13. EINORDNUNG: DAS SCHISMA ALS BEISPIEL
ANHANG
HERRSCHER- UND BISCHOFSLISTEN
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
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Jan-Markus Kötter Zwischen Kaisern und Aposteln

RO M A Æ T E R N A ROMA ÆTERNA

Beiträge zu Spätantike und Frühmittelalter Herausgegeben von Irmgard Männlein-Robert, Mischa Meier und Steffen Patzold Band 2

jan-markus kötter

Zwischen Kaisern und Aposteln Das Akakianische Schisma (484–519) als kirchlicher Ordnungskonflikt der Spätantike

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und historiae faveo, dem Förder- und Alumni-Verein Geschichtswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Umschlagabbildung: Bronzestatue der Kapitolinischen Wölfin, Kapitolinische Museen, Rom © akg / De Agostini Picture Library

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2013 Umschlaggestaltung: r2 Röger & Röttenbacher, Leonberg Druck: Laupp & Göbel GmbH, Nehren Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-10389-3

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT I. EINLEITUNG 1.

Bischöfliches Handeln und kirchliche Ordnung: Einstieg und Fragestellung .................................................................. 11 1.1. Die Konflikte der spätantiken Kirche ........................................ 11 1.2. Erkenntnisinteresse und Abgrenzung ........................................ 15 1.3. Aufbau der Arbeit ...................................................................... 16

2.

Das Akakianische Schisma in Quellen und Forschung ...................... 19 2.1. Quellenkritische Betrachtungen ................................................ 19 2.2. Forschungstraditionen und Forschungsstand............................. 23

3.

Stabilität und Destabilität der Reichskirche: theoretische Überlegungen .................................................................. 25 3.1. Strukturelle Vorgaben im kirchlichen Handeln ......................... 25 3.2. Die Herausforderungen der Reichskirche.................................. 30 3.3. Verdeckte Ausdifferenzierung und Ordnungsbruch .................. 36

II. HINLEITUNG: VORAUSSETZUNGEN DES SCHISMAS 4.

Ereignisgeschichtlicher Überblick I: von Chalkedon bis zum Henotikon ..................................................... 41 4.1. Das Konfliktpotential von Chalkedon 451 ................................ 41 4.2. Miaphysitischer Widerstand, römischer Widerspruch: Grenzen der Chalkedon-Rezeption............................................ 47 4.3. Konsolidierung der Antichalkedonier unter Leon (457–474) ... 50 4.4. Basiliskos (475/76): Bedrohung Chalkedons und Stärkung Konstantinopels ................................................... 55 4.5. Versuch der Einheit: das Henotikon Zenons 482 ...................... 61

5.

Die Entwicklung der fünf Großkirchen bis 482/84 ............................ 69 5.1. Rom: der Sitz des Petrus im Kampf um den Primat .................. 69 5.2. Konstantinopel: die Kirche der Hauptstadt im Streben nach Anerkennung .................................................. 77 5.3. Alexandria, Antiochia, Jerusalem: weitere östliche Großkirchen im Kampf um Autonomie und Einfluss ............... 82

6

Inhaltsverzeichnis

III. BISCHÖFLICHES HANDELN 6.

Ereignisgeschichtlicher Überblick II: vom Bruch bis zur Wiederherstellung der Gemeinschaft ................... 91 6.1. Erste Phase: Ausbruch und Konsolidierung des Schismas ........ 91 6.1.1. Der Ausbruch des Schismas (484–489) ........................ 91 6.1.2. Gescheiterte Annäherung unter Fravitta und Euphemios (489–492) ............................................ 98 6.2. Zweite Phase: Perpetuierung und Rückwirkungen .................. 103 6.2.1. Gelasiusʼ Kampf um den Primat (492–496)................ 103 6.2.2. Entspannung unter Papst Anastasius II. (497/98) ....... 109 6.2.3. Das Laurentianische Schisma in Rom (498–506) ....... 114 6.2.4. Miaphysitische Dominanz im Osten (498–518) .......... 122 6.3. Dritte Phase: Scheitern des Anastasios, Ende des Schismas ... 129 6.3.1. Offensiven des Symmachus und des Hormisdas (507–517) ..................................... 129 6.3.2. Die Beendigung des Schismas (518/19)...................... 138

7.

Das Handeln der römischen Bischöfe ............................................... 144 7.1. Handlungsvoraussetzungen Roms ........................................... 144 7.1.1. Orientierung im personalen Bezugsrahmen................. 144 7.1.2. Ziele und Möglichkeiten .............................................. 147 7.2. Römische Argumentationsformen ........................................... 152 7.2.1. Grundlage: Aktualisierung leonischer Positionen ....... 152 7.2.2. Phase 1: Simplicius und Felix III. (II.) gegen Akakios (482–489) ........................................... 153 7.2.3. Phase 2: Gelasius, der Primat und das Akakios-Urteil (489/92–496) ........................ 155 7.2.4. Phase 3: Abgrenzung zum Osten unter Symmachus und Hormisdas (506–519) ........................................... 160 7.2.5. Zusammenfassung: römische Argumentation ............. 163 7.3. Effekte und Folgen des römischen Handelns .......................... 164 7.3.1. Römisches Agieren und das Ende des Schismas ......... 164 7.3.2. Effekte der ersten Konfliktzone: Dogma ..................... 166 7.3.3. Effekte der zweiten Konfliktzone: Hierarchie ............. 167 7.3.4. Effekte der dritten Konfliktzone: Abgrenzung ............ 169

8.

Das Handeln der Bischöfe von Konstantinopel ................................ 170 8.1. Handlungsvoraussetzungen ..................................................... 170 8.1.1. Die Bischöfe zwischen Chalkedon und Kaisertum ..... 170 8.1.2. Ziele und Möglichkeiten .............................................. 173

Inhaltsverzeichnis

8.2. Argumentation und Aktion Konstantinopels ........................... 178 8.2.1. Akakios und das Henotikon (482–489) ....................... 178 8.2.2. Chalkedonische Bischöfe zwischen Chalkedon und Anastasios (489–511) ......... 179 8.2.3. Timotheos und Johannes II.: Abhängigkeit vom Kaiser (511–519) .......................... 183 8.2.4. Zusammenfassung: Handlungsweisen Konstantinopels .............................. 185 8.3. Effekte und Folgen des Handelns Konstantinopels ................. 186 8.3.1. Effekte der ersten Konfliktzone: Dogma ..................... 186 8.3.2. Effekte der zweiten Konfliktzone: Hierarchie ............. 187 8.3.3. Effekte der dritten Konfliktzone: Abgrenzung ............ 188 IV. DIE FRAGE NACH DER KIRCHLICHEN ORDNUNG 9.

Apostolische und politische Begründungen...................................... 191 9.1. Die Herausforderung des Bruchs von 482/84 ......................... 191 9.2. Fundamentale Differenz und Ziele .......................................... 194 9.3. Begrenzende und unterstützende Faktoren im Handeln .......... 199 9.4. Die Argumente im Streit um die kirchliche Ordnung ............. 203 9.4.1. Der Weg der Diskussion: Aktivität und Reaktivität .... 203 9.4.2. Argumente der Inhaltsebene: Dogma .......................... 204 9.4.3. Argumente der Organisationsebene: Hierarchie .......... 206 9.4.4. Argumente der Abgrenzungsebene: Kaisertum ........... 209 9.4.5. Fazit: der Gegensatz in der Ordnungsbegründung ...... 211 9.5. Effekte: die Herausbildung einer neuen Ordnung ................... 213 9.6. Versuch einer Typologie bischöflichen Handelns ................... 217

10. Positionen und Handeln weiterer kirchlicher Akteure ...................... 224 10.1. Ereignisgeschichtlicher Überblick III: die östlichen Großkirchen ........................................................ 224 10.1.1. Alexandria während des Akakianischen Schismas ..... 224 10.1.2. Antiochia während des Akakianischen Schismas ....... 231 10.1.3. Jerusalem während des Akakianischen Schismas ....... 239 10.2. Interne und externe Orientierung der östlichen Großkirchen .. 243 10.3. Die östlichen Großkirchen zwischen apostolischer Autonomie und politischer Heteronomie .......... 247 11. Positionen und Handeln der Kaiser im Schisma ............................... 254 11.1. Rolle des Kaisertums im kirchlichen Ordnungskonflikt ......... 254 11.2. Zenon (474–491) ..................................................................... 255 11.3. Anastasios (491–518) .............................................................. 262 11.4. Zenon, Anastasios und das Scheitern des Henotikon .............. 268 11.5. Justin (518–527) ...................................................................... 270

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Inhaltsverzeichnis

V. SCHLUSS 12. Zusammenfassung: das Schisma und die Ordnung der Kirche......... 275 12.1. Ordnung, Konflikt und Positionierung der Akteure ................ 275 12.2. Bruch der Einheit und Neuformulierung der Ordnungsfrage 482/84....................................................... 278 12.3. Rom und Konstantinopel: Antagonisten der Kirchlichkeit ..... 280 12.4. Das Ende des Schismas: Ausblick ........................................... 283 13. Einordnung: das Schisma als Beispiel .............................................. 285 13.1. Zum möglichen Erkenntnisgewinn.......................................... 285 13.2. Die Typologie des gruppeninternen Ordnungskonflikts ......... 286 13.3. Das Akakianische Schisma als kircheninterner Ordnungskonflikt ...................................... 290 ANHANG Herrscher- und Bischofslisten .................................................................. 295 Quellen- und Literaturverzeichnis ........................................................... 296 Abkürzungen ..................................................................................... 296 Quellen..................................................................................... 296 Reihen und Zeitschriften ......................................................... 297 Quellenausgaben ............................................................................... 302 Darstellungen .................................................................................... 308 Register .................................................................................................... 339 Quellenstellen.................................................................................... 339 Verzeichnis der Quellenstellen in der Arbeit .......................... 339 Schreiben der Avellana, Berolinensis und Veronensis............ 348 Personenregister ................................................................................ 353 Sachregister ....................................................................................... 357 Geographisches Register ................................................................... 360

VORWORT Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine leicht veränderte Fassung meiner Dissertation, die im November 2011 vom Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main angenommen wurde. Sie entstand im Rahmen des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Hartmut Leppin, der mich in Frankfurt aufgenommen, mit einer Stelle ausgestattet und sodann mein Vorhaben geduldig, kompetent und adäquat betreut hat. Herrn Prof. Dr. Wolfram Brandes danke ich für wertvolle Anregungen und die Erstellung eines Zweitgutachtens, den Herausgebern schließlich für die Aufnahme dieser Schrift in die Reihe „Roma Aeterna“. Viele Personen haben zu Entstehen und Gelingen der Arbeit beigetragen – sei es durch inhaltliche Hinweise, Anmerkungen und Kritik, sei es durch orthographische, stilistische oder formale Korrekturen. Hier dürfen insbesondere Brigitte Kötter und Dr. Jan Timmer nicht ungenannt bleiben; aber auch Michaela Dirschlmayer, Anne-Katrin Hansel-Krüger, Tina-Mareike Kötter und Thomas Gruber sollen für ihren Anteil erwähnt werden. Für die finanzielle und ideelle Unterstützung während meines Studiums danke ich der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Die Finanzierung der Veröffentlichung ermöglichten mir die großzügigen Druckkostenzuschüsse durch die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sowie den Förder- und Alumniverein Geschichtswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, „historiae faveo“. Ebenfalls in das Projekt floss das Preisgeld für den meiner Arbeit 2012 verliehenen Dissertationspreis des Stiftungsfonds Kopper durch das Direktorium des Historischen Seminars der Frankfurter Universität. Gewidmet schließlich sei diese Arbeit ausdrücklich meinen Eltern Brigitte und Karl-Hermann – nicht bloß, weil man das so macht. Düsseldorf, im Dezember 2012 Jan-Markus Kötter

[…] letztendlich ist die Rezeption für den Historiker jedoch ein kontingentes Faktum, das er einfach zu konstatieren hat und das sich nicht weiter ableiten läßt. […] Für den Theologen nun kommt ein Weiteres hinzu: Für ihn handelt es sich um ein geistgewirktes Faktum; denn er geht davon aus, daß der Heilige Geist die Kirche u. a. durch die Konzilien vor schwerem Irrtum bewahrt. Hermann J. Sieben, Vom Apostelkonzil zum Ersten Vatikanum. Studien zur Geschichte der Konzilsidee, Paderborn u. a. 1996, 64 f.

I. EINLEITUNG 1. BISCHÖFLICHES HANDELN UND KIRCHLICHE ORDNUNG: EINSTIEG UND FRAGESTELLUNG 1.1. Die Konflikte der spätantiken Kirche Alia tamen ratio est rerum saecularium, alia divinarum.1 Mit diesen deutlichen Worten der Abgrenzung konfrontierte Papst Leo 452 Kaiser Markian und Bischof Anatolios von Konstantinopel. Der römische Bischof wollte keinesfalls anerkennen, dass sich sein Amtsbruder unter Berufung auf säkulare Analogien anmaßte, den zweiten Rang unter den Bischöfen des Römischen Reichs einzunehmen – direkt hinter den Petrus-Erben aus Rom. Es bestanden keine Glaubensdifferenzen zwischen Leo und Anatolios. Auch den kirchlichen Primat des Papstes hatte der Bischof der Hauptstadt nie direkt angegriffen. Selbst die Unterstützung des Residenzbischofs durch das Kaisertum stand nicht grundsätzlich auf dem Prüfstand. Vielmehr verwies der Papst mit sei  *

1

Eine Auflösung der Abkürzungen für Quellen und Forschungsliteratur findet sich im Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit. Die Zählung der Quellenstellen folgt – mit Ausnahme der Briefe Papst Leos, die nach der gängigeren Zählung in PL 54 nummeriert sind – der jeweils verwendeten Ausgabe. Dies gilt, mit erwähnter Ausnahme, insbesondere für die Papstbriefe, die in den großen collectiones (Avellana, Berolinensis, Veronensis) überliefert sind und deutlich in den Zusammenhang der sie überliefernden Dokumentensammlung gestellt werden sollen. Im Anhang findet sich eine Auflistung der aus diesen Sammlungen benutzten Aktenstücke, aus der Autor und Adressat hervorgehen. Eine Seiten- und Zeilenzählung erfolgt jeweils nur bei wörtlichen Zitaten oder dort, wo die benutzte Ausgabe keine oder nur eine allzu weite Untergliederung des Textes vorgibt. Syrische Quellen sind, sofern nicht anders kenntlich gemacht, nach ihrer im Anhang angegebenen Übersetzung zitiert. Leo M. epist.104 (ACO II.4, 56,15).

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I. Einleitung

ner Rede von den res saeculares und den res divinae auf eine grundsätzlichere, über begrenzte Streitfragen weit hinausgehende Problematik der Begründung kirchlicher Ordnung in der spätantiken Reichskirche2. Denn ob die res saeculares wirklich grundlegend anders verfasst sein sollten als die res divinae, war keineswegs unumstritten. Markian und Anatolios jedenfalls teilten die Ansichten Leos kaum. Dieser Konflikt zwischen der alten und der neuen Hauptstadt des Reichs blieb ohne Klärung und reihte sich damit ein in eine ganze Folge von Konfliktsituationen in der Alten Kirche. Die Annahme des Christentums durch Kaiser Konstantin hatte für die Kirche im frühen vierten Jahrhundert einen neuen, ihr strukturell eigentlich fremden Machtfaktor geschaffen: das christliche Kaisertum. Dieses war zwar dafür verantwortlich, dass das Christentum zur bestimmenden Religion des Reichs werden konnte, gleichzeitig führte es aber auch zum Aufbrechen dauerhafter interner Spannungen in der Kirche. Im Zusammentreffen von Kirche und Reich hatte das kirchliche Handeln einen tiefen Wandel erfahren, was für beide Seiten – Kaisertum und Bischöfe – Fragen aufwarf, die bis dahin unbekannt gewesen waren und nun einer Lösung harrten.3 Die neuen Zusammenhänge, in die die Kirche plötzlich eingeordnet war, schlugen sich innerkirchlich nieder. Ein auf die segmentäre Struktur der Kirche bauendes flexibles Gewohnheitsrecht in den Beziehungen der kirchlichen Akteure untereinander brach unter der zunehmenden Festlegung der Funktionsnormen einer reichsweiten Kirche weg. Eine bis dahin faktisch nicht sonderlich problematische Vielfalt abweichender Meinungen wurde nun zur jederzeit aktualisierbaren Bedrohung. Kämpfe zwischen „Orthodoxie“ und „Häresie“4 entgrenzten sich räumlich und inhaltlich, weiteten sich zu Konflikten um die Macht in der Kirche aus. Hinter alldem stand die Notwendigkeit zur Herausbildung einer normativen Ordnung der Reichskirche. Erst der Eintritt des christlichen Kaisertums in die (Heils-) Geschichte hatte mit dem „Reich“ eine historisch-konkrete universale Kategorie in die Kirche eingeführt, welche diese bisher nur im wenig realen Ideal der   2 3

4

Der Begriff „Reichskirche“ wird oftmals recht unreflektiert verwendet. In dieser Arbeit bezeichnet er das direkte Aufeinandertreffen von Kirche und Reich in der Spätantike. Vgl. Kap. 3.2. Zur gegenseitigen Annäherung von Staat und Kirche: HAACKE (R.) 1953, 95–103. CHRYSOS 1969, 273–6 gibt ein Beispiel für daraus resultierende Probleme: Durch unterschiedliche zivile und kirchliche Rangstellungen von Städten einer Provinz hatte die Kirche der Spätantike Streitigkeiten administrativ-weltlichen Charakters geerbt. Die beiden Begriffe stellen keine absoluten Kategorien dar, sondern definieren sich in Relation zueinander. Vgl. DEMANDT 22007, 564 f. Auch die Orthodoxie stellt „nur ein Stadium in einer kontinuierlichen Entwicklung“ dar, ist historisch also überaus relativ: DRIJVERS 1974, 294–6. Deshalb soll es hier mit ZIMMERMANN 1968, 2 auch nicht darum gehen, „die Realisierung einer Idee zu schildern und Widerstände gegen sie als zeitbedingten Irrtum zu verdammen.“

1. Einstieg und Fragestellung

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una ecclesia kannte.5 Die Möglichkeit, dieses Konzept „Reichskirche“ nun mit historischer Realität zu füllen, führte zur Ausweitung und Perpetuierung kirchlicher Spannungen. Es zeigte sich, dass die eigentlich segmentäre Struktur der Kirche nicht ohne Weiteres in eine reichsweite Ordnung zu überführen war, zumal ausschließlich ein eigentlich außerkirchlicher Akteur, der Kaiser, dieser Ordnung eine reichsweite Sanktionsmacht verleihen konnte. Seit Konstantin stand also die Frage im Raum, ob die künftige Kirche weiterhin auf rein innerkirchlichen Begründungsebenen aufzubauen hatte oder ob auch neue, vom Reich zur Verfügung gestellte säkulare Faktoren Einfluss auf ihre interne Ordnung haben durften. Denn da das Christentum in der Lage war, die Herrschaft einzelner Kaiser zu legitimieren, vor allem aber zu delegitimieren, nutzten die Herrscher ihre Sanktionsmacht hinsichtlich der Kirche in zunehmendem Maße. Dabei waren sie aber immer auf die Unterstützung kirchlicher Akteure angewiesen, waren diese es doch, die Kraft ihrer spirituellen Autorität das kaiserliche Handeln beurteilten. Diese Verknüpfung von Kaisern und Bischöfen verlieh politischen Konflikten eine kirchliche, kirchlichen Konflikten eine politische Ebene. Da sich verschiedene Kaiser genötigt und befähigt sahen, in den innerkirchlichen Streitigkeiten um Dogma und kirchliche Hierarchie Partei zu ergreifen, der Zugang zum Kaiser aber nicht allen kirchlichen Gruppen in gleichem Maße offen stand, musste dies wiederum zu innerkirchlichen Konflikten führen. Dabei eröffnete die ständige Aktualisierbarkeit von unterschiedlichen grundlegenden Konfliktformationen innerhalb der Alten Kirche die permanente Möglichkeit, die Ordnung derselben zu hinterfragen, ihre Normativität infrage zu stellen. Wurden alten aber neue Normen der Ordnungsbegründung entgegengestellt, lag in der Zurückweisung allgemeiner Geltungsansprüche die über Rechtfertigungen getragene Herausbildung einer neuen kirchlichen normativen Ordnung. Einige der Handelnden strebten nach der Ersetzung von Normen, während andere durch das Eintreten für die Gültigkeit überkommener Normen ihren Handlungen Legitimität zu verleihen und ihre Stellung zu bewahren suchten.6 Die Bereitschaft, überkommene kirchliche Ordnungen zu problematisieren, hing in der Struktur der Reichskirche dabei immer auch davon ab, in welchem Maße einzelne kirchliche Gruppen bereit und in der Lage waren, die Macht des Kaisers für eigene Ziele zu nutzen, oder die Möglichkeit hatten, sich der kaiserlichen Bekenntnispolitik zu verweigern. Gerade der leitende Episkopat sah sich also der Notwendigkeit ausgesetzt, seine Stellung zum im Kaiser repräsentierten Reich bestimmen zu müssen. Die Antworten auf diese Herausforderung waren äußerst inhomogen. Das grundlegende Prinzip der Begründung der kirchlichen Ordnung war somit angesichts der neuen Herausforderungen umstritten. Auf welcher Basis – zwi  5 6

Näheres hierzu: Kap. 3.2. Zu solchen Normkonflikten: ELWERT 2002, 360–2; TILLY 1970, v. a. 142–4. Mit diesem speziellen Fokus in der Betrachtung des Schismas knüpft die Arbeit an das Forschungsprogramm des Frankfurter Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an. Zu diesem grundlegend: FORST – GÜNTHER 2011.

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I. Einleitung

schen politischen Analogien und kirchlicher Apostolizität – die Normen des rechten Glaubens und der Hierarchie der Kirche standen und mithilfe welcher Mittel sie zur Durchsetzung gebracht werden sollten, war offen. Ein Ergebnis des Umschwungs unter Konstantin war daher, dass die christliche Kirche, die bis dahin in ihrer Segmentarität niemals grundsätzliche Konflikte auszustehen hatte, in einen dauernden Streit gerissen wurde; sie geriet in einen Zustand stets prekärer Einheit, da Abspaltungen, Gewalt, Hierarchie- und Glaubenskämpfe sie schwächten. Je länger diese anhielten, desto größer wurden die Spannungen und Friktionen zwischen einzelnen Akteuren, weshalb es zu einer fortschreitenden kirchlichen Desintegration des Reichs kam.7 Neben dieser kirchlichen verstärkte sich auch die politische Desintegration, welche 476 mit dem Untergang des Weströmischen Reichs – nachdem die Reichseinheit längst von der Realität zum bloßen Gedanken geworden war – ihren Höhepunkt fand.8 Angesichts der gegenseitigen Beeinflussung der kirchlichen und der politischen Ebene in der Reichskirche überrascht es nicht, dass diesem Bruch der politischen Reichseinheit nur einige Jahre später der Bruch der kirchlichen Einheit folgen sollte, nämlich das Akakianische Schisma. In enger Tuchfühlung mit seinem Residenzbischof Akakios von Konstantinopel hatte Kaiser Zenon 482 ein Glaubensedikt, das sogenannte Henotikon, erlassen, auf dessen Grundlage Akakios wenig später die kirchliche Einheit mit seinem ägyptischen Mitbischof Petros Mongos von Alexandria herstellte. Da dieser aber durch die Kirchen von Rom und Konstantinopel noch wenige Jahre zuvor als Ketzer verurteilt worden war, reagierte Papst Felix III. (II.) auf das Henotikon 484 mit der Verdammung des Akakios. Aufgestaute Konflikte, mit sich in vielen Aspekten überschneidenden oder zuwiderlaufenden Interessen von Kaisern und kirchlichen Akteuren, waren 484 in ein Schisma gemündet, das bis 519 andauern sollte und in schwierig zu entflechtender Art und Weise theologisch-dogmatische, kirchenpolitisch-hierarchische und säkular-politische Konfliktlagen verband.

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8

Diese Desintegration fand ihren Höhepunkt in der Abspaltung sogenannter orientalischer „Nationalkirchen“ nach dem Akakianischen Schisma. Das Thema der Arbeit führt also mitten in eine entscheidende Epoche für die Entfremdung der ägyptischen und der syrischen Kirche von den restlichen Kirchen des Reichs. Die Bedeutung des Jahres 476 als Epochenscheide wird relativiert: BARNWELL 1992, 134; BURY 1958, 408; CASTRITIUS 1975, 14; CROKE 1983a (mit detaillierter Diskussion der Quellen); POHL 2002, 34; SAITTA 1999, 198–204; dagegen: VÁRADY 1984, 9–11. MARTIN (J.) 1997, 48 betont, dass sich zuvor die Herrschaft der Kaiser jeweils auf beide Reichsteile bezogen habe, womit nun, zumindest de iure, der Kaiser des Ostens auch für Italien zuständig gewesen sei. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass sich die politischen und reichskirchlichen Spielräume im fünften Jahrhundert sehr wohl verändert haben. Auch wenn die Aussage, das Ende des westlichen Kaisertums sei die Bedingung für die Entwicklung des Papsttums gewesen (MARTIN [J.] 42001, 136), zu weit geht, handelten die römischen Bischöfe nach Chalkedon doch ganz selbstverständlich im Sinne dieser neuen Rahmenbedingungen.

1. Einstieg und Fragestellung

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1.2. Erkenntnisinteresse und Abgrenzung Mit dem Bruch der Kircheneinheit in diesem Akakianischen Schisma – welches zeigte, dass es hinsichtlich der Frage, wie Kirche zu funktionieren hatte, unterschiedliche Ansichten gab – und den argumentativ getragenen Versuchen der Wiederherstellung einer gemeinsamen normativen Ordnungsgrundlage beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Das Akakianische Schisma eignet sich als Gegenstand hierfür besonders gut. Zum einen lag es in der Geschichte der Reichskirche zeitlich so spät, dass sich die unterschiedlichen Positionen hinsichtlich der umstrittenen Ordnungsbegründung schon klar herausgebildet hatten, zum anderen war die grundlegende Frage nach der kirchlichen Ordnung noch ungeklärt, der Ausgang der Konflikte noch weitgehend offen. Es wird also zu betrachten sein, wie die einzelnen Akteure angesichts aktualisierter Spannungen handelten, wie sie ihre Positionen rechtfertigten und welche Erfolge sie dabei erzielen konnten und erzielten. Die Analyse eines so grundlegenden innerkirchlichen Ordnungskonflikts kann dabei als Basis für das Verständnis der dauerhaften Gefährdung kirchlicher Ordnung und der Dynamisierung des Konflikts um die Ordnung der Reichskirche insgesamt dienen. Anhand der vergleichenden Betrachtung der Bischöfe von Rom und Konstantinopel im Akakianischen Schisma soll untersucht werden, welche Positionen zentrale Akteure der sich konstituierenden Reichskirche in einer spezifischen Konfliktsituation hinsichtlich der Ordnung der Kirche aus welchem Grund vertraten und durch welche Rechtfertigungsstrategien sie versuchten, diesen Positionen Geltung zu verschaffen. Indem sowohl die Entstehung widerstreitender Positionen als auch die Wirkung der Argumentation in den Blick genommen werden, weist die Arbeit über das Akakianische Schisma hinaus auch auf generelle Konfliktformationen der spätantiken Kirche. Daher setzt die Betrachtung bereits bei der dem Akakianischen Schisma vorgelagerten Entwicklung nach der Synode9 von Chalkedon 451 ein. Die damit einhergehende Konzentration auf Scheitern und Neuverhandlung von normativen kirchlichen Ordnungen rückt insbesondere den Ausbruch des Schismas ins Zentrum, wodurch die Krisenjahre 482/84 als Schlüssel zum Verständnis der Vorgeschichte des Akakianischen Schismas und zum Verständnis des Schismas selbst dienen. Durch die Frage nach den Argumentationen10 in kirchlichen Konfliktsituationen, in denen – wie das Eingangszitat Papst Leos belegt – begrenzte Konfliktfelder von tieferen Problemen der Begründung reichskirchlicher Ordnung begleitet waren, kann sich zeigen, wie es um das Verhältnis spezifischer Konfliktformatio  9

Die Arbeit verwendet die Begriffe „Synode“ und „Konzil“ synonym. Eine Unterscheidung hinsichtlich einer partikularen und einer universalen Geltung, wie sie SCHWEIZER 1989, 113 vornimmt, ist in der zeitgenössischen Terminologie nicht belegbar und erweist sich erst ex post. 10 Gemeint sind damit auch im Folgenden nicht bloße Argumentationsfiguren, sondern Argumente in konkreten Kontexten. Folglich geht es um ein „argumentatives Handeln“.

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I. Einleitung

nen zu strukturellen Differenzen stand. Damit will die Dissertation einen Beitrag zum Verständnis innerkirchlicher Konflikthaftigkeit der Spätantike insgesamt leisten, wurde doch gerade die Frage nach der Ordnungsbegründung unabhängig von konkret aktualisierten dogmatischen oder hierarchischen Fragen seit der Entstehung der Reichskirche unter Konstantin immer wieder in ähnlicher Weise thematisiert. Insofern sollen sich Erkenntnisse dieser Arbeit auch auf vergleichbare Konfliktsituationen anwenden lassen, wodurch ein wichtiger Schritt zur Erforschung der konfliktbasierten Genese normativer Ordnungen generell getan wäre. Damit ergibt sich auch, dass diese geschichtswissenschaftlich angelegte Arbeit kein zentrales Interesse an dogmengeschichtlichen Fragestellungen hat, sondern vielmehr die kirchenpolitische Kultur der Spätantike betrachten will.11 1.3. Aufbau der Arbeit Die Betrachtungsziele spiegeln sich im Aufbau der Arbeit, welche sich nach einem Überblick über Quellen und Forschung zunächst der Bereitstellung eines theoretischen Rahmens widmen muss. Hierbei kann es nicht darum gehen, ein umfassendes, vorgefertigtes Theoriegebäude auf die Alte Kirche anzuwenden, da es fraglich ist, ob ein in sich geschlossenes, theoretisch entwickeltes Konzept in Deckung zu einem empirisch-historischen Untersuchungsgegenstand gebracht werden kann. Allein Fragestellung und Erkenntnisinteresse entscheiden über den analytischen Bezugsrahmen der geschichtswissenschaftlichen Untersuchung, weshalb die Theorie Mittel zum Erkenntnisgewinn über einen historischen Forschungsgegenstand und damit sekundär zu diesem ist. Es bietet sich somit an, eine begrenzte historische Theorie – freilich mit heuristischen Anleihen an vorhandene theoretische Konzepte – hauptsächlich aus dem Gegenstand selbst zu entwickeln, um so den Kampf um die kirchliche Ordnung in allgemeine Worte zu fassen.12 Erst damit öffnet sich die Betrachtung auch für Ereignisse außerhalb des engen Rahmens des Akakianischen Schismas. Auf einer derartigen theoretisierenden Untersuchung der kirchlichen Funktionen sollen auch die dann folgenden Betrachtungen aufbauen. Diese behandeln zu Beginn die geschichtlichen Rahmenbedingungen seit dem Konzil von Chalkedon 451, gehört das Akakianische Schisma doch in den Bereich   11 PERRONE 1999, 358 ist der Ansicht, dass sich ein Historiker beim Betrachten der Christologie nicht auf die systematische Theologie beschränken dürfe. Systematisch-theologische Fragestellungen haben sicherlich ihre Berechtigung, führen für diese Arbeit aber kaum weiter, da sie nicht die über inhaltliche Debatten hinausgehende Funktionsweise kirchlicher Konflikte in den Blick nehmen. 12 WEHLER 1979 beschreibt solche Theorien als an Quellen entwickelte, konsistente Begriffssysteme, die der „Identifizierung, Erschließung und Erklärung von historischen Phänomenen“ dienen (17 f.). Historisch sind diese Theorien insofern, als sie in ihren Geltungsansprüchen räumlich und zeitlich begrenzt, eben in erster Linie am Betrachtungsgegenstand orientiert sind (33).

1. Einstieg und Fragestellung

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der Rezeptionsgeschichte desselben. Somit sind zunächst die Entwicklungen bis zum Ausbruch des Schismas nachzuzeichnen, da die strukturellen Voraussetzungen für den Bruch der kirchlichen Einheit von 484 schon zuvor gelegt wurden. Die Akteure handelten also keineswegs vorbedingungslos. Die summierten Ergebnisse vorheriger kirchlicher Konflikte gaben ihnen Grundlinien für ihre Argumentation und Positionierung vor. Die Reaktion auf aktuelle kirchliche Ereignisse war eingebunden in personale, aber auch dogmatische und hierarchische Strukturen und außerdem beeinflusst von außerkirchlichen Entwicklungen. Ohne die summarische Betrachtung hinführender Ereignisse – bereits ganz auf das Verständnis des Akakianischen Schismas ausgerichtet13 – ist das Handeln der Bischöfe im Schisma selbst kaum zu verstehen, wurden hier vorhandene Argumentationsfiguren größtenteils doch lediglich aktualisiert. Gestützt auf einen detaillierten ereignisgeschichtlichen Überblick14 schließt sich die Betrachtung der Argumentation und Anspruchsrechtfertigung der Bischöfe von Rom und Konstantinopel an. Für beide Bischofssitze sind hierbei die bischöflichen Argumentationen analytisch zu durchdringen, unter ähnlichen Gesichtspunkten darzustellen und so die Einzelbetrachtungen einem später vorzunehmenden Vergleich zugänglich zu machen. Die Analyse fragt dabei nach den jeweils spezifischen Bedingungen, Modi und Effekten bischöflicher Argumentation: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des argumentativen Handelns sind einander gegenüberzustellen.15 Dass die Konfliktparteien dabei getrennt betrachtet werden, soll keinesfalls verschleiern, dass sich der Fortgang des Schismas durch seine besondere Interaktionalität auszeichnete. Eine abwägende zusammenführende Analyse soll erst der letzte Hauptteil vornehmen. Dieser widmet sich zunächst dem direkten Vergleich der beiden Konfliktparteien und verknüpft damit die Betrachtungen zur Theorie kirchlicher Ordnung mit dem Handeln im Schisma.16 Auf dieser Grundlage der vergleichenden Betrachtung Roms und Konstantinopels soll dann eine historische Theorie des   13 So würden gerade die Person, das Wirken und das Werk Papst Leos unter einer anderen Fragestellung einer tiefgehenderen Analyse bedürfen, als sie hier vorgenommen werden kann. 14 Die Genauigkeit dieses Überblicks soll als solide Grundlage der anschließenden Analyse dienen. Gleichzeitig kommt die Arbeit damit den Beobachtungen von EVANS 1998, 147 f. entgegen, der die sozialgeschichtliche Feindschaft gegen eine „lineare Zeit“ kritisiert. Zwar ist der Polemik seiner Kritik nicht zu folgen, sein Vorwurf des strukturgeschichtlichen Einfrierens beobachteter Epochen aber ist durchaus ernst zu nehmen. So ist es der narrative Anteil dieser Arbeit, der verhindern soll, dass das Akakianische Schisma als monolithischer Block erscheint. Immerhin entwickelte sich auch dieses Schisma beständig weiter. 15 IMBUSCH 2002, 34–6 definiert für das Erschließen von Gewalthandlungen sieben Fragen, die jeweils auf andere Bedeutungselemente der Gewalt verweisen. Sein Fragenkatalog wird hier im Wesentlichen übernommen, aber in die drei zeitlichen Ebenen umgruppiert. Zum Begriff des „argumentativen Handelns“: Anm. 10. 16 Zum historischen Vergleich, der im Falle dieser Arbeit eine analytische Funktion hat: HAUPT – KOCKA 1996, v. a. 9–26. Als Gefahr identifizieren die beiden die Isolierung der Vergleichsgegenstände (22 f.), der hier durch deren Verzahnung in der chronologischen Betrachtung, aber auch durch die Abstraktion der Vergleichsaspekte entgegengesteuert werden soll.

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I. Einleitung

Ordnungskonflikts in der Reichskirche entwickelt werden, die im Anschluss durch den Blick auf die Rolle des Kaisers und die Anwendung auf die Bischöfe der anderen Großkirchen17 überprüft wird. Diese Akteure können aus verschiedenen Gründen nicht ähnlich detailliert in den Vergleich einbezogen werden wie die Bischöfe von Rom und Konstantinopel. Vor allem die schlechtere Quellenlage lässt eine gleichwertige Betrachtung hinsichtlich der Argumentationen nicht zu.18 Um aber die Bedeutung dieser kirchlichen Handlungsträger für den Fortgang der Ereignisse nicht gänzlich aus dem Blick zu verlieren, kommt es im Analyseteil auch für sie zu einer zusammenfassenden ereignisgeschichtlichen Behandlung. Darüber hinaus rückt die Arbeit auch die Kaiser nicht ins Zentrum, obwohl die Betrachtung reichskirchlicher Problemfelder dies rechtfertigen könnte. Hinsichtlich der kaiserlichen Rolle hat Millar aber festgestellt, dass die Kaiser zumeist nur dann aktiv wurden, wenn man sie dazu aufgefordert hatte. Für eine gestaltende Politik hätten ihnen sowohl die Mittel als auch der Wille gefehlt. Auch Bleicken, obwohl er sich von Millar abgrenzt, erkennt im kaiserlichen Handeln einen Kasuismus. Der Regierungsstil eines situativen Reagierens, des „petitionand-response“, dürfte entgegen der überholten Rede vom „spätantiken Zwangsstaat“ auch für die Spätantike gelten, die Millar und Bleicken in ihren Überlegungen aber nicht primär in den Blick nehmen.19 Es ist also davon auszugehen, dass es im Betrachtungsfeld der Arbeit die Bischöfe waren, die die Initiative bei der dynamischen Konfliktentwicklung ergriffen hatten. Insofern ist es auch gerechtfertigt, die Bischöfe ins Zentrum der Betrachtung zu rücken. Hierdurch kann die Entwicklung des Schismas über Regierungszeiten einzelner Kaiser hinweg verfolgt und so die Kontinuität der kirchlichen Konfliktlage berücksichtigt werden.20 Eine chronologisch scheinbar natürliche Begren  17 Der Begriff „Großkirche“ verweist auf die weitgehende Eigenständigkeit dieser zentralen Kirchenkörper und die Führung der gesamten reichsweiten Kirche durch sie. Er ist im Folgenden auf die Kirchen von Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem beschränkt. 18 Vgl. dazu auch Kap. 2.1. Für die adäquate Würdigung der Interaktionalität im Schisma wäre eine gleichwertige Betrachtung dieser Sitze methodisch geboten. Insofern greift die Arbeit in diesem Punkt eigentlich zu kurz – aus quellenkritischen, inhaltlichen und arbeitsökonomischen Gründen. Dies gilt sogar angesichts der Tatsache, dass es sich beim Akakianischen Schisma in erster Linie nur um eine Spaltung der Kirchen von Rom und Konstantinopel handelte. 19 Vgl. MILLAR 21992, 6 f., 644 f. Gegen ihn BLEICKEN 1982, 36 f.: Die Verhältnisse hätten keine Passivität des Kaisers zugelassen, weitreichende Entscheidungen der Regierung seien notwendig gewesen. Aber, hier nähert er sich Millar an, die Basis dazu sei keine Analyse und kein vorausschauendes Planen gewesen. Es waren kasuistische Antworten auf Anfragen, die überhaupt erst eine Art von kaiserlichen Leitlinien hervorgebracht hätten. Eine zusammenfassende Diskussion bietet WIEMER 2006. Für die Spätantike identifiziert JONES 1964, 406– 10 ein staatliches Durchsetzungsdefizit bei der Steuerung gesellschaftlicher Prozesse, auch und gerade hinsichtlich der Religionspolitik. 20 CHARANIS 21974 zeigt in einigen Details, zu welchen Verzerrungen es führen kann, wenn man sich dem Schisma nicht als Phänomen für sich widmet, sondern es dekontextualisiert un 

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zung auf die Kirchenpolitik einzelner Kaiser jedenfalls schneidet maßgebliche Kontinuitätsstränge kirchlicher Entwicklung ab und leistet so wiederum einer klassisch kaiserzentrierten Betrachtung Vorschub, indem der eigentlich grundlegend innerkirchlich verhandelte Konflikt zwischen Kirchen und Kirchen einmal mehr als Konflikt zwischen Kirche und Kaisertum erscheint. Trotzdem darf, allein schon wegen der Frage nach der Ordnung der Reichs-Kirche, der Blick auf das Kaisertum nicht gänzlich unterbleiben. Er wird aber, ähnlich den weiteren östlichen Großkirchen, in den Analyseteil gerückt. Auf der Grundlage dieses Aufbaus, der durch seine theoretische Klammer die Arbeit davor bewahren soll, sich zu sehr an herrscherbiographischen oder bekenntnistheologischen Details abzuarbeiten, wird am Ende ein zusammenfassender Ausblick gegeben. Dieser rekapituliert die spezifischen Ergebnisse hinsichtlich des Akakianischen Schismas und soll dazu auch allgemeine Erkenntnisse hinsichtlich der spätantiken kirchlichen Ordnungskonflikte generell entwickeln. 2. DAS AKAKIANISCHE SCHISMA IN QUELLEN UND FORSCHUNG 2.1. Quellenkritische Betrachtungen Die Betrachtung spätantiker kirchlicher Konflikte kann sich auf eine breite Überlieferung stützen, die die Ordnungsbegründungen zumindest einiger Akteure über einen vergleichsweise langen Zeitraum nachvollziehbar macht. Dies betrifft für diese Arbeit in erster Linie literarische Quellengattungen. In diesen sind die Kämpfe um die Herausbildung kirchlicher Ordnungen am deutlichsten zu fassen, da Absagen an bisherige Ordnungen die Begründung alternativer Ordnungsnormen beinhalteten. Weil der damit einsetzende Konflikt von Bischöfen hauptsächlich argumentativ geführt wurde, finden sich die gegenseitigen Positionen und Ansprüche, die als gerechtfertigt zu erweisen waren, in schriftlichen Quellen wieder.21 Dabei ist es unerheblich, ob es um die Begründung neuer oder die wiederholende Berufung auf alte Normenordnungen ging. Die größte Quellengruppe innerhalb dieser literarischen Überlieferung bilden urkundliche Zeugnisse. Im Umfeld der Streitigkeiten haben sich zahlreiche Dokumente erhalten: kaiserliche Edikte, bischöfliche und synodale Bekenntnisse, kirchlicher und kaiserlicher Schriftverkehr. Bischöfliche Briefe sind für das Akakianische Schisma, zumindest unter der hier verfolgten Fragestellung, die Haupt-

  ter der alleinigen Prämisse der Religionspolitik eines einzelnen Herrschers betrachtet. Ein anderes Beispiel bietet LILIE 1994, 143 f., der das Akakianische Schisma sogar in eine Reihe kleinerer Schismen auflöst. 21 Ein ausführlicher Überblick zur Quellenlage für die nachchalkedonische Zeit bis 519 findet sich bei GRILLMEIER 21991, 22–103.

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quellengattung.22 Bereits in der Antike hat die Sammlung entsprechender Schriftstücke, gerade der päpstlichen Korrespondenz, eingesetzt.23 Diese zeitgenössische Sammlung dokumentarischer Quellen macht die einzelnen Quellenstücke aber trotz ihrer Nähe zu den Ereignissen und trotz ihres dokumentarischen Charakters zu einer vorsichtig zu interpretierenden Gattung. Gerade in der spezifischen Zusammenstellung von Dokumenten zeigen die collectiones ihren Charakter. Sie waren ein publizistisches Instrument der argumentativen Auseinandersetzung zum unmittelbaren Gebrauch in kirchenpolitischen Kämpfen, keine Dokumentation der Entwicklungen aus gleichsam geschichtswissenschaftlichem Interesse.24 Dass die Komposition von Briefen, Akten und sonstigen Schriftstücken Positionen untermauern sollte, ist in der Beschäftigung mit dem Material stets zu bedenken. Wenn aber die Quellenaussagen auf einer solchen Grundlage bewertet werden, eröffnet sich der besondere Wert der zahlreich überlieferten dokumentarischen Schriftstücke: Sie liefern unmittelbar in die Kämpfe des Schismas gestellte, diese Kämpfe gleichzeitig generierende und reflektierende Dokumente.25 Dementsprechend widmeten sich die ältesten modernen Quellenkorpora, beispielsweise Thiels „Epistolae Romanorum Pontificum“ oder Jaffés „Regesta Pontificum Romanorum“, der Sammlung solcher Dokumente meist römischer Herkunft.26 Die ursprünglich etwas lückenhafte und philologisch mitunter problema  22 Zur Gattung der Papstbriefe: STOCKMEIER 1959, 13–7. Zu technischen Aspekten der Korrespondenz: MAGI 1972, 5–21. Vor allem sei auf das Urkundenverzeichnis bei SCHWARTZ 1934, 161–70 verwiesen. Daneben findet sich ein Verzeichnis päpstlicher Briefe in den Osten zwischen 476 und 521 bei BLAUDEAU 2007, 88–98. 23 In Rom und Konstantinopel wurden die Dokumente der Streitigkeiten in Archiven aufbewahrt. Diese bildeten die Keimzellen der Sammlungen. Vgl. BLAUDEAU 2006d, 156–62; DERS. 2007, 84–6; GRILLMEIER 21991, 23. Insbesondere in Rom kam es um das Jahr 500 zu einer regelrechten kanonistischen Offensive, der sogenannten „gelasianischen Renaissance“, in der viele Sammlungen entstanden. Vgl. MORDEK 1991, 551–3; RECCHIA 1999, 164–7. 24 Schwartz hat für diese Methode den Begriff der „Publizistik“ geprägt, deren Wirkweise er folgendermaßen beschreibt: „Um die publizistischen Zwecke sicherer zu erreichen, […] pflegte man [den Konzilsakten] Sammlungen von Konstitutionen, Briefen usw. beizugeben, die nach bestimmten Gesichtspunkten zusammengestellt, manchmal auch mit einer Art von verbindendem Text versehen waren“ (SCHWARTZ 1933, 248). Vgl. auch ALLEN 1980, 479; WIRBELAUER 1993a, 208 f. Die jeweils speziellen Interessen des Sammlers werden also durch Aufnahme oder Weglassen bestimmter Stücke verfolgt. Ganz abgesehen von möglichen Geheimkorrespondenzen, Fälschungen und inoffiziellen Privatprotokollen (vgl. hierzu BLAUDEAU 2007, 84–6; CHRYSOS 1983, 31–4) stellen die publizistischen Sammlungen der Spätantike somit eine große Herausforderung für die Betrachtung dar. 25 Zum Wert dokumentarischer Quellen, die auch durch historiographische Schriften überliefert sind: WINKELMANN 1976, 6. 26 Dass es sich um Sammlungen römischer Herkunft handelt, spiegelt einen maßgeblichen Faktor der schon zeitgenössischen Überlieferung wider. BECK 1961, 494 weist deutlich darauf hin, dass die Überlieferung patristischer Quellen immer auch am jeweiligen Gegenwartsinteresse hing, was die Unausgewogenheiten in der Überlieferung erkläre. Damit stehen wir vor einem doppelt gebrochenen Befund: Mit FITZENREITER 2009, 13 ist dieser durch Überlieferungszufälle „exogen“ reduziert, durch die Anlage von Befunden durch Zeitgenossen aber  

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tische Sammlung und Edition entsprechender Briefe dürfte durch Otto Günthers Edition der Collectio Avellana und die von Eduard Schwartz herausgegebenen „Publizistische[n] Sammlungen zum acacianischen Schisma“ – eine Zusammenstellung verschiedener collectiones – weitgehend abgeschlossen sein.27 Weiterhin aber hat sich am grundsätzlichen Befund der Überrepräsentation von Quellenmaterial römischer Herkunft nichts geändert. Zwar findet sich durchaus ergänzendes Material außerrömischer dokumentarischer Quellen, beispielsweise die aus dem Syrischen zusammengetragenen, überlieferten und herausgegebenen Briefe des Severos von Antiochia.28 Aber auch sie können das Überlieferungsungleichgewicht nicht grundsätzlich beheben, liefern sie doch chronologisch und geographisch vergleichsweise kleine Ausschnitte. Wenigstens eröffnet der signifikante Quellenüberschuss bei der Betrachtung des römischen Bischofssitzes mitunter gleichzeitig den Blick auf andere kirchliche Akteure. So ist es durch Reflexe in päpstlichen Schreiben oder durch direkte päpstliche Antwortschreiben teilweise möglich, Positionen und Argumente von Briefpartnern zu rekonstruieren, selbst wenn deren Briefe an sich nicht mehr erhalten sind. Da diese mittelbare Überlieferung aber in erster Linie Konstantinopel betrifft, wo Kaiser, Bischöfe und Mönche regen Kontakt zur sedes Petri hatten, löst sich das Problem des Quellenungleichgewichts damit nicht grundsätzlich. Denn die dokumentarische Quellenlage für die Kirche von Konstantinopel ist zwar schlechter als für die von Rom, aber immerhin besser als für die Kirchen von Alexandria, Antiochia und Jerusalem.29   schon einer „indogenen“ Auswahl unterworfen. Darum ist ROUSSEAU 1996, 5 zuzustimmen, der feststellt, dass das fünfte Jahrhundert nicht deshalb so unübersichtlich wirkt, weil es zu wenig Quellen gebe, sondern weil es schwierig sei, in diesen Quellen eine klare Linie der Geschehnisse zu erkennen. 27 Für die bibliographischen Angaben vgl. das Quellen- und Literaturverzeichnis dieser Arbeit. Günther selbst begründet sein Projekt der Avellana-Ausgabe damit, dass Thiels Ausgabe „zwar praktisch, aber im Einzelnen ohne jede Sorgfalt“ gearbeitet sei: GÜNTHER 1892, 2. Die Collectio Avellana identifiziert der Herausgeber als eine Materialsammlung aus der Zeit von Papst Vigilius: DERS. 1896, 66. Zusammen mit der von Schwartz herausgegebenen Collectio Berolinensis habe die Avellana immer den Vorrang, auch der ebenfalls bei Schwartz herausgegebenen Collectio Veronensis gegenüber. Zur Avellana: HAACKE (W.) 1939, 100–3; MAGI 1972, 22 f.; RANALLI 1995, 19 f.; RECCHIA 1999, 167 f.; WIRBELAUER 1993b, 134–8. Zur Berolinensis: HAACKE (W.) 1939, 93–6; SCHWARTZ 1934, 280–7. Zur Veronensis: ALTANER – STUIBER 81978, 247 f.; HAACKE (W.) 1939, 96–100; SCHWARTZ 1934, 262–80. Alle drei Sammlungen schöpfen aus einer älteren Sammlung als gemeinsamer Quelle. Vgl. GRILL2 MEIER 1991, 30; SCHWARTZ 1934, 283. 28 Nur ca. 300 von ursprünglich annähernd 4 000 Briefen sind erhalten. Zu den Severos-Briefen: ALLEN – HAYWARD 2004, 52–4; BLAUDEAU 2007, 66 f. 29 Dieses Problem liegt wieder am Interesse der Sammlungen, denen es zumeist um das Verhältnis von Kaiser und (römischer) Kirche geht. Aus diesem Grund ist zu bedenken, ob beispielsweise Konflikte zwischen Rom und Alexandria in der betrachteten Zeit nicht ähnlich prominent waren wie zwischen Rom und Konstantinopel, durch den Schwerpunkt der Sammlungstätigkeit heute aber schlecht greifbar. Allerdings zeigt die Arbeit auch, dass es zwischen  

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I. Einleitung

Gewisse Lücken lassen sich hierbei durch andere Quellen schließen. Denn die breit überlieferten dokumentarischen Quellen werden durch eine ganze Reihe weiterer Schriften sekundärer Tradition ergänzt. Stellvertretend seien die Kirchengeschichten des Euagrios Scholastikos und, über das Syrische vermittelt, des Zacharias von Mytilene oder die Mönchsviten des Kyrill von Skythopolis genannt.30 Da die meisten dieser Quellen literarischer Tradition östlichen Ursprungs sind, können sie helfen, das zwar umfangreiche, jedoch einseitig romzentrierte Bild der dokumentarisch-urkundlichen Überlieferung etwas abzurunden. Insbesondere für eine sichere Rekonstruktion des historischen Kontexts sind diese sekundären literarischen Quellen von Bedeutung. Das ändert allerdings nichts an dem quellenkritischen Grundproblem, dass sich für die drei restlichen Großkirchen des Reichs kaum Selbstaussagen finden lassen.31 Damit lässt sich wenig über die argumentative Begründung ihres Han  Rom und anderen als apostolisch geltenden Kirchen solch grundlegende Ordnungskonflikte wie zwischen Rom und Konstantinopel nicht gab. 30 Zur Gattung der Kirchengeschichte und zur Geschichtsschreibung in Byzanz: LEPPIN 1996, 32–39; WINKELMANN 1969; DERS. 1984b, 262. Auch die hier genannten Quellen überliefern Dokumente (WINKELMANN 1984b, 260 f. sieht dies als generelles Charakteristikum christlicher Wissenschaft der Zeit), wobei diese Dokumente bei Pseudo-Zacharias oftmals gekürzt erscheinen: GREATREX 2006, 43. Nicht nur darum ist ihre Benutzung ähnlichen Problemen unterworfen wie die Benutzung von dokumentarischen Sammlungen im engeren Sinne, argumentieren die Autoren doch von bestimmten dogmatischen Standpunkten aus. So gilt Zacharias, ursprünglich ein persönlicher Freund des Severos, als gemäßigter Miaphysit, Euagrios als Chalkedonier. Gleichzeitig ist Euagrios für die hier betrachteten Ereignisse von Zacharias abhängig, was wiederum Einfluss auf seine Präsentation des Streits hat. Beide Autoren können als gut informiert und vorsichtig wertend gelten. So hatte Euagrios als enger Vertrauter des Patriarchen von Antiochia Zugang zum Archiv der dortigen Kirche: ALLEN 1981, 6 f.; KARAYANNOPULOS – WEISS 1982, 288 f. IRMSCHER 1969, 473 f. bescheinigt Euagrios, „eine in jeder Hinsicht respektable Kirchengeschichte“ geschrieben zu haben. Die ursprünglich griechische Kirchengeschichte des Zacharias ist gekürzt und übersetzt in einer syrischen Chronik erhalten, dem sogenannten Pseudo-Zacharias: WINKELMANN 1976, 5. Die Bücher 3 bis 6 des Pseudo-Zacharias sind dabei Zacharias zuzuschreiben: RIST 2002, 86. Für BLAUDEAU 2006a sind Zacharias und Euagrios die Hauptquellen in der Betrachtung der Konflikte zwischen Alexandria und Konstantinopel, zusammen mit dem aus Sicht Konstantinopels argumentierenden Theodoros Anagnostes. Zu diesem: BLAUDEAU 2001b, 232–4; DERS. 2006a, 619–53. Zu Leben und Werk von Zacharias und Pseudo-Zacharias: BECK 1959, 385 f.; BLAUDEAU 2006a, 581–617; GREATREX 2006, 41–5; RIST 2002, 78–98; WEGENAST 1967, 2212 f. Zu Euagrios: ALLEN 1981, 1–20; ALTANER – STUIBER 81978, 229; BLAUDEAU 2006a, 655–96; WHITBY 2000, XIII–LXIII. Mit der Verwendung von Zacharias bei Euagrios beschäftigt sich ALLEN 1980, v. a. 475–84. Vgl. auch DIES. 1981, 8 f.; RIST 2002, 94 f. Zu Kyrill von Skythopolis, von dem insbesondere die Vita Sabae von Interesse ist: BECK 1959, 397 f., 408 f.; TRAMPEDACH 2005, 285–7. 31 BLAUDEAU 2001a und 2006a weist auf eine große Nähe des Zacharias zu Alexandria hin, die rechtfertige, ihn als Stimme dieses Sitzes zu betrachten. Insbesondere versuche er, Petros Mongos zu verteidigen. Dies ist aber nicht mit den direkten Äußerungen der Päpste und den indirekten Schlüssen auf das argumentative Handeln der Bischöfe von Konstantinopel vergleichbar. Hinzu kommt, dass die Kirchengeschichte des Zacharias Rhetor bereits 492 endet.

 

2. Quellen und Forschung

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delns feststellen. Aber gerade für das Betrachtungsziel dieser Arbeit ist es ein nicht unerheblicher Unterschied, ob Handeln bloß deskriptiv dargestellt oder gerechtfertigt und reflektiert, also in Eigenperspektive vermittelt wird. Die bereits angedeutete Konsequenz für die Arbeit ist, dass die Quellenlage eine Betrachtung der Kirchen von Alexandria, Antiochia und Jerusalem unter gleichen Perspektiven wie die Betrachtung der römischen Kirche und der Kirche von Konstantinopel nicht zulässt. 2.2. Forschungstraditionen und Forschungsstand In geographisch und zeitlich umfassender Anlage ist die Frage nach der kirchlichen Ordnungsbegründung im Akakianischen Schisma, die dieser Arbeit als Gerüst dient, noch nicht bearbeitet worden. Dies gilt sowohl für die Konzentration auf mehrere Bischofssitze als auch für die Fokussierung auf Episkopat und Eigenständigkeit der Kirchenspaltung als historisches Ereignis sowie für die Betrachtung des Schismas als Beispiel für andere kirchliche Ordnungskonflikte. Gerade aber diese übergreifenden Fragen erfordern einen Ansatz, der sowohl die Einheit des Schismas in seiner Kontinuität über Regierungszeiten einzelner Kaiser hinweg festzuhalten vermag als auch durch eine nicht zu eng angelegte Betrachtung die Dynamik interaktionaler Prozesse einfangen kann. An der Grenze von Spätantike zum Frühmittelalter stehend, hat das Schisma sehr viel weniger das Interesse der Forschung geweckt als die Ereignisse, die zu ihm hinführten. So wurde die Kirchenspaltung oft nur im Rahmen der ChalkedonRezeption behandelt, ihr in diesem Zusammenhang allerdings mitunter eine große Aufmerksamkeit gewidmet. Beispielhaft hierfür steht der von Bacht und Grillmeier herausgegebene Sammelband „Das Konzil von Chalkedon“, dessen zweiter Band „Entscheidung um Chalkedon“ eine ganze Reihe von Artikeln enthält, die sich auf die oben genannte Weise auch mit dem Akakianischen Schisma beschäftigen.32 Auch wenn diese und andere Arbeiten das Akakianische Schisma in einen breiten historischen Ablauf stellen und die Kirchenspaltung damit zumindest angemessen kontextualisieren, laufen sie doch Gefahr, dem Schisma selbst keinen eigenständigen Wert zuzugestehen, es nicht als Phänomen für sich ernst zu nehmen.33   Auch der Diakon Liberatus von Karthago hatte Kontakte nach Alexandria, schöpfte sogar aus den dortigen Archiven. Dass er seine Informationen aber in chalkedonischer Ausrichtung verarbeitete, zeigt, dass die Nähe einzelner Autoren zur ägyptischen Metropole mangelnde bischöfliche Selbstaussagen nicht ersetzen kann. 32 Vgl. hieraus HAACKE (R.) 1953; HERMAN 1953; HOFMANN 1953; MICHEL 1953. 33 Wie groß die Gefahr ist, die Geschehnisse zwischen 484 und 519 zu einem beliebigen Nachklapp der Synode von 451 zu degradieren, zeigen unter anderem MEYENDORFF 1989, der das Akakianische Schisma als sekundären Annex zu Chalkedon behandelt, und CAPIZZI 1980, 26, der es als bloßen Akt des Dramas um das Konzil von Chalkedon beschreibt. Noch problematischer wird eine Marginalisierung der Geschehnisse im Kontext der späteren Geschichte: So  

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I. Einleitung

Auf der anderen Seite hat bereits Eduard Schwartz 1934 im Rahmen seiner „Publizistischen Sammlungen“ einen ersten zusammenhängenden, abgeschlossenen und alle Akteure in den Blick nehmenden historischen Überblick über das Akakianische Schisma geliefert.34 Dieser erste Überblick blieb aber zugleich auch der letzte. Auch weil Schwartzʼ Sorgfalt ähnliche Projekte zur Bereitstellung einer Chronologie entbehrlich gemacht hat, ist seine Arbeit weiterhin nicht grundlegend ersetzt. Darum soll es auch in dieser Arbeit nicht gehen. Die reine chronologische Rekonstruktion von Ereignissen ist ohnehin spätestens seit den siebziger Jahren durch übergreifende, über narrative Chronologien hinausgehende Fragestellungen ersetzt worden.35 Hieran will die Arbeit anknüpfen, wenn sie in der Behandlung ihrer analytischen Leitinteressen über den bloßen Rahmen des Akakianischen Schismas hinausgeht, dabei aber diese übergreifenden Fragen anhand eines konkreten Ereignisses behandelt, ohne nur in der Her- und Darstellung eines chronologischen Rahmens zu verbleiben. Schwartzʼ Vorarbeiten dürften mehr als ausreichend sein, um solche theoriegeleiteten, übergeordneten Fragestellungen an die spätantike Kirche anlegen zu können. Andere Arbeiten aus dem Umfeld des Akakianischen Schismas haben sich nach Schwartz eher ein Beispiel an der umfangreichen Beschreibung der sedes Petri durch Erich Caspar36 genommen und sich auf einzelne Akteure konzentriert. So umfassend damit aber Licht in das Handeln dieser Akteure gebracht werden konnte, so wenig sind solche Arbeiten in ihrer bewusst begrenzten Perspektive in   spielen das Schisma und seine Beendigung für die Justinian-Biographie von RUBIN (B.) 1960 gar keine, für VASILIEV 1950 nur eine sehr untergeordnete Rolle. 34 SCHWARTZ 1934, 171–262. Auch bei ihm nimmt die Hinleitung seit Chalkedon breiten Raum ein, steht aber nicht im Zentrum. Immer wieder in die Kritik, gerade vonseiten der Theologie, ist er wegen seiner monokausalen Erklärungsansätze geraten, die theologische Erwägungen für kirchliches Handeln fast a priori ausschließen. Schon SCHNEEMELCHER 1950/51, v. a. 284–94 wendet sich dagegen, zum Beispiel wenn er anhand des Athanasios von Alexandria feststellt, dass die Ebenen der Kirchenpolitik und der Theologie nicht zu trennen seien. Genauso wenig sei in der Hinwendung Konstantins zum Christentum zwischen persönlichen Überzeugungen und politischen Motiven zu differenzieren (DERS. 1970, 127). GIRARDET 1975, 111 und GREGORY 1979, 203–7 argumentieren in eine ähnliche Richtung, während KRÜGER 1884, 3 offenbar noch zu rechtfertigen hatte, dass er in Prozessen der Dogmenbildung überhaupt auch politische Faktoren wirken sah. MEIER 2009, 38 f. zeigt das grundsätzliche Problem der Diskussion: Die Differenz von Religion und Politik sei eben keine zeitgenössische und könne höchstens als heuristische Kategorie der Forschung dienen. In diesem Sinne kann Schwartzʼ Monokausalität in Bezug auf bestimmte Gegenstände doch zutreffen. Im Falle des Akakianischen Schismas zumindest erfolgt eine Kritik an ihr weitgehend zu Unrecht. 35 Vgl. GIRARDET 1975 und noch deutlicher WINKELMANN 1971. 36 CASPAR 1930 und 1933. Caspar steht als Klassiker direkt neben Schwartz und zeichnet sich durch eine hervorragende Quellenkenntnis aus. Genauso wie Schwartz wird aber auch er von katholischer Seite kritisiert, die Auseinandersetzungen um Chalkedon in ungebührlicher Weise zu säkularisieren: „Il va sans dire quʼil nʼest guère possible à un historien imbu dʼesprit protestant et bismarckien de raconter avec justesse et avec justice la vraie histoire de ce quʼest lʼinstitution suprême de lʼEglise catholique“ (STEIN 1935, 129). Auch: HOFMANN 1953, 14 f.

3. Theoretische Überlegungen

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der Lage, ihre Erklärungsangebote auf weitere Akteure auszudehnen. Dies gilt vor allem für die große Zahl von mitunter äußerst verdienstvollen Detailuntersuchungen zu einzelnen Aspekten des Schismas, die nach Schwartz und Caspar entstanden sind. Diese weisen zwar häufig, wie beispielsweise Grillmeiers „Jesus der Christus im Glauben der Kirche“37, eine gewachsene Sensibilität für Einheit und geographische Umfänglichkeit des Schismas auf, nehmen aber selten beides zugleich in den Blick. Weiterhin konzentrierte sich die Forschung nämlich auf einzelne Sitze – wobei entlang der Linie der Überlieferung die römische Kirche bevorzugt wurde38 –, oder auch nur auf einzelne Bischöfe, Kaiser, Dokumente oder Ereignisse. Vor allem jedoch lag das Interesse der stark theologisch orientierten Forschung an dogmatischen Entwicklungssträngen und der Darstellung theologischer Lehren. Erst in jüngerer Vergangenheit rückt die Zeit des Schismas vermehrt in den Blick der Profanhistoriker, was beispielsweise Mischa Meiers Biographie des Kaisers Anastasios oder Philippe Blaudeaus Studien zur nachchalkedonischen Kirche geschuldet ist.39 Durch ihre geschichtswissenschaftliche Perspektive wird einer zu einseitig theologischen Betrachtung entgegengewirkt, welche in der Konzentration auf die dogmengeschichtliche Chalkedon-Rezeption oft ebenfalls die Einheit des Schismas aus dem Blick verliert.40 3. STABILITÄT UND DESTABILITÄT DER REICHSKIRCHE: THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN 3.1. Strukturelle Vorgaben im kirchlichen Handeln Das geteilte Ziel kirchlicher und politischer Akteure in der Spätantike war die Herstellung einer einigen Kirche im Römischen Reich. Führt man sich die große Zahl kaiserlicher Einheitsbekenntnisse vor Augen oder die zähen Versuche zahlreicher Bischöfe, den internen Zusammenhalt der Kirche angesichts häretischer   37 Vgl. GRILLMEIER 31990, 21991, 1989, 2004 und 22004. Zwar verfolgt Grillmeier einen dezidiert dogmengeschichtlichen Ansatz, ist aber spürbar sensibel für historische Zusammenhänge. Für PERRONE 1999, 357 schuf er damit ein „masterpiece of early Christian studies“. Eine gewisse Kritik findet sich dagegen bei SCHNEEMELCHER 1984, 54 f., der die Entwicklung des Dogmas etwas zu geradlinig gezeichnet sieht. 38 Das stellt BRENNECKE 1998, 29 f., Anm. 30 für HOFMANN 1953 und HAACKE 1959 fest. 39 Vgl. unter anderem BLAUDEAU 2001a, 2001b, 2002, 2006a, 2006d und 2007b; MEIER 2009. Meier kommt zu einer ausgewogenen Würdigung des Anastasios, dem es gelungen sei, das östliche Kaisertum nach einer Krise unter Zenon wieder zu konsolidieren, dafür aber in der Kirchenpolitik gescheitert sei: EBD., 327. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt schon ROSE 1888, 3 f. 40 Ein solcher Ansatz ist schon deshalb inadäquat, weil – wie noch zu zeigen sein wird – die inhaltliche Diskussion den Konflikt um die Ordnungsbegründung im Schisma gar nicht übermäßig prägte.

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I. Einleitung

Herausforderungen zu wahren, wird dieser Befund mehr als deutlich. Selbst in Phasen festgestellter kirchlicher Uneinigkeit, wie im Akakianischen Schisma, waren die Handelnden bestrebt, zu einer möglichst umfassenden kirchlichen Einheit zu gelangen oder zurückzukehren. Dass damit der Bruch kirchlicher Gemeinschaft nicht gleichzeitig auch zum Abbruch jeglicher Kommunikation zwischen konkurrierenden Akteuren führte41, macht es überhaupt erst möglich, das Ringen dieser Akteure um ihre jeweiligen Entwürfe der adäquaten kirchlichen Ordnung zu analysieren, da solche Entwürfe in Phasen vordergründiger Ruhe für gewöhnlich nicht tiefer gehend thematisiert wurden. Das Ideal kirchlicher Einheit war so zentral, dass es für die Zeitgenossen selbst im Angesicht von Konflikten nicht in Frage kam, es aufzugeben. Obwohl die „Innenpolitik“ des spätantiken Reichs in weiten Teilen Kirchenpolitik war, diese Kirchenpolitik ständige von Kaisern und Bischöfen getragene Versuche der Einheitsherstellung und Einheitswahrung darstellten, zeichnete sich gerade die Spätantike faktisch durch die weitgehende Abwesenheit kirchlicher Einheit aus. Die Epoche war geprägt von ständigen Konflikten, von Schismen und Häresien. Auf den ersten Blick wirkt diese Beobachtung paradox. Ein solcher Eindruck von Paradoxie wird noch verstärkt, wenn man feststellt, dass es nicht zuletzt die verstärkten Bemühungen um die Herstellung kirchlicher Einheit waren, die der tatsächlichen Verwirklichung dieses Ziels entgegenstanden. Es waren diverse Prozesse, die durch die Strukturen einer spätantiken „Reichskirchlichkeit“42 angestoßen wurden, die zur zunehmenden Differenzierung und Fragmentierung der kirchlichen Landschaft führten, welche eine breite Übereinkunft über konfliktträchtige Aspekte der kirchlichen Ordnung vielleicht nicht unmöglich, sehr wohl aber unwahrscheinlich machten.43 Diese Ausdifferenzierungsprozesse und die Herausforderungen, die sie an kirchliche und politische Akteure stellten, sollen in der Folge kurz in den Blick genommen werden. Dabei ist davon auszugehen, dass eine ihrer Ursachen in den spezifischen Strukturen kirchlicher Meinungsbildung lag, die ihrerseits dazu führten, dass gewisse Dysfunktionalitäten der spätantiken Kirche für die Akteure weder erkennbar noch behebbar waren und sich gerade deshalb in einer Abfolge ständiger Konflikte immer weiter fortschrieben. Da die Akteure keinesfalls in vollkommener individueller Freiheit Positionen finden, sich äußern und handeln   41 So sollten die Kirchen von Rom und Konstantinopel im Akakianischen Schisma zwar die kirchlich-liturgische communio (zu dieser Kap. 3.3.) aufgeben; sie standen aber weiterhin in ständigem Kontakt. 42 Zur Verwendung des Begriffs „Reichskirche“ in dieser Arbeit vgl. Kap. 3.2. Für eine ausführlichere Herleitung der Begrifflichkeit vgl. meinen von der HZ angenommenen und in Druck befindlichen Aufsatz „Die Suche nach der kirchlichen Ordnung. Gedanken zu grundlegenden Funktionsweisen der spätantiken Reichskirche“, hier v. a. Kap. 2. 43 Kurzzeitig kam es immer wieder sehr wohl zur Übereinkunft auch weiterer Teile des Reichsepiskopats. Solche Übereinkünfte waren aber einer steten ordnungsinhärenten Desintegration unterworfen und damit niemals sonderlich stabil. Vgl. Kap. 3.3. Generell zur strukturellen Instabilität der spätantiken Kirche: KÖTTER, wie Anm. 42.

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konnten, waren sie in Situationen kollektiver kirchlicher Ordnungsfindung eingeschränkt.44 Zwar mag diese Feststellung trivial erscheinen; da sie aber die entscheidende Erklärung für die mangelnde Möglichkeit zeitgenössischer Diagnosen struktureller Dysfunktionalität der spätantiken Kirche liefert und damit einen wichtigen Aspekt für das Verständnis der in dieser Arbeit zu betrachtenden Konflikte darstellt45, soll sie hier etwas eingehender beleuchtet werden. Die kirchlichen Akteure verstanden sich als Teilhaber an einem von ihnen als heilsgeschichtlich stabil erachteten System apostolischer Sukzession: Die kirchliche Ordnung, die sie vertraten und zu bewahren suchten, galt ihnen als von Christus selbst begründet, dann durch die Apostel und in deren Folge durch die von den Aposteln eingesetzten Bischöfe der christlichen Kirche bis hinein in die eigene Gegenwart überliefert.46 Unabhängig davon, dass das zugrunde liegende Kirchenbild der tatsächlichen kirchlichen Entwicklung kaum standhielt47, hatte der Gedanke einer von der apostolischen Sukzession getragenen bruchlosen Überlieferung kirchlicher Ordnung zwei wichtige Konsequenzen: Zum einen durfte bischöflichen Äußerungen in einem solchen Rahmen niemals ein Neuerungswert zukommen; es wurde daher stets auf ältere Autoritäten kirchlicher Entwicklung Bezug genommen. Dieser Umstand begrenzte die theoretisch unendliche Zahl an theologischen Positionen und gab den Akteuren ein vergleichsweise enges Raster für ihre Positionierungen vor.48 Zum anderen beförderte dieser notwendige Rückbezug eigener Positionen die starke Bindung einzelner Bischöfe an ihre jeweils eigenen Vorgänger. In der apostolischen Sukzession hing der Anspruch eigener Rechtgläubigkeit an der Rechtgläubigkeit der Vorgänger im Bischofsamt und wurde zugleich durch diese garantiert. Damit war es unwahrscheinlich, dass ein Bischof hinter die ausgedrückten   44 Vgl. WALTER 2009, 32–4: Anschließend an Christian Meier, der die grundsätzliche Offenheit im Handeln der Akteure an Strukturen anbindet, zeigt Walter, dass solche Handlungen wahrscheinlicher sind, die mit Strukturbedingungen im Einklang stehen. Im strengen Sinne determiniert waren sie durch strukturelle Vorgebote hingegen nicht. 45 Diese Verfangenheit der Akteure in spezifischen Denkweisen war auch der Grund dafür, dass es oftmals scheinbare Marginalien waren, die zum Verlust der Übereinkunft unter den Akteuren führten. Für die Zeitgenossen selbst waren diese „Marginalien“ aber nur schwierig aufzugeben. 46 Zur Bedeutung dieser apostolischen Sukzession am konkreten Beispiel der römischen Kirche vgl. Anm. 194. Daneben auch: KÖTTER 2011, 40 f. 47 So war die Entwicklung des monarchischen Episkopats, der ein Kernelement im Denken einer ungebrochenen apostolischen Sukzession darstellt, erst eine Entwicklung des zweiten Jahrhunderts. Auch kann faktisch keine Rede davon sein, dass die Dogmen der Alten Kirche direkt auf Christus zurückgingen. 48 Die Handelnden mussten den Anspruch vertreten, sich in einem bestehenden und überlieferten Rahmen zu bewegen. Invozierte Autoritäten waren in der Spätantike neben eigenen bischöflichen Amtsvorgängern hauptsächlich bestimmte Synoden und Theologen. Vgl. auch Kap. 3.3. Ein solcher Rückbezug eigener Positionen unterwarf den kirchlichen Kontakt einer gewissen Vorstrukturierung, die ihm und seinen Trägern eine größere Verlässlichkeit gab. Vgl. KÖTTER 2011, 48–50.

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Positionen eines seiner Vorgänger zurückgehen konnte. Die Vorgänger im Bischofsamt schränkten ihre Nachfolger ein, womit es diesen kaum möglich war, frei – vielleicht sogar adäquat – auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren. Die Bischöfe der Spätantike agierten also weniger in individueller Freiheit als vielmehr dezidiert in ihrer Rolle als Amtsträger, in der sie strukturell eingeschränkt dazu neigten, bereits getätigte Äußerungen ihrer Vorgänger einzuschärfen.49 Diese Bindung an Amtsvorgänger beförderte die Bildung lokaler Traditionen, die häufig sitzspezifischer Natur waren: Sprachliche Unterschiede, politische Entwicklungen und abweichende Herausforderung durch Häresien oder hierarchische Rivalen führten dazu, dass diese Traditionen einander nicht immer vermittelbar waren. Es entwickelten sich vielmehr verschiedene dogmatische Präferenzen und hierarchische Ansprüche, die sich aufs gesamte Reich gesehen häufig widersprachen.50 Entgegen des ideologischen Anspruchs der kirchlichen Akteure war die Ordnung der Kirche eben nicht heilsgeschichtlich stabil, sondern historisch bedingt. Da sich daher unterschiedliche Ordnungsmodelle bilden konnten, kam es immer wieder zu Konflikten um divergierende Vorstellungen von einer „adäquaten“ kirchlichen Ordnung. Dies wurde umso häufiger der Fall, als sich ein überregionaler kirchlicher Kontakt durch neue reichskirchliche Zusammenhänge in der Spätantike intensivierte. In einem solchen Aufeinanderprallen differenter Ordnungsmodelle aber waren die Übereinkunft der Akteure und der Ausgleich ihrer Positionen unwahrscheinlich, immerhin betrachteten die Rivalen ihre jeweils eigene Position durch die Bindung dieser an ältere Autoritäten als von alters her überliefert, als heilsgeschichtlich notwendig, kurz: als universal.51 In einer solchen Struktur ließ sich eine grundsätzliche Instabilität kirchlicher Ordnung nur schwerlich beheben oder in ihrer Ursache überhaupt nur erkennen. Die ohnehin vorhandenen Unterschiede in der Positionierung zu umstrittenen Themen differenzierten sich in der Folge sogar noch weiter aus, je öfter sie in   49 Im Akakianischen Schisma sollte Papst Leo I. zur maßgeblichen Berufungsinstanz der römischen Akteure werden. Seine Nachfolger übernahmen und aktualisierten seine Positionen (vgl. Kap. 7.2.1.), wurden durch diese gleichzeitig aber gebunden. Auch für die Bischöfe von Konstantinopel lassen sich ähnliche Muster im Umgang mit Amtsvorgängern greifen: Die Hauptstadtpatriarchen sollten sich im Schisma allesamt weigern, ihren Vorgänger Akakios zu häretisieren, selbst wenn sie im Einzelfall seine Positionen gar nicht teilten (vgl. Kap. 8, hier v. a. 8.3.2.). Das Phänomen selbst war bereits wesentlich älter. Im trinitarischen Streit des vierten Jahrhunderts beispielsweise begründete der römische Bischof Liberius seine Parteinahme für Athanasios von Alexandria mit der Position seines eigenen Vorgängers Julius: ego Athanasium non defendi, sed, quia susceperat illum bonae memoriae Iulius episcopus, decessor meus, uerebar, ne forte in aliquo praeuaricator iudicarer (überliefert in: Hilar. coll.antiar. B 7,8,1). 50 Hinzu kam ein immer stärkeres sprachliches Auseinanderdriften zwischen den beiden Reichsteilen, das ebenfalls zur schwierigeren Vermittelbarkeit theologischer Positionen beitrug. Vgl. hierzu Anm. 94; 340. 51 Die kirchlichen Akteure waren dementsprechend nicht sonderlich kompromissbereit. Ihre dogmatischen Positionen galten ihnen als unmittelbar heilsrelevant und damit nicht verhandelbar.

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konkreten Konflikten offengelegt und verhandelt wurden, angegriffen und verteidigt werden mussten. Damit trugen gerade Versuche der Her- oder Sicherstellung kirchlicher Einheit – beispielsweise auf Reichssynoden oder durch kaiserliche Einheitsbekenntnisse – dazu bei, dass eine solche Einheit immer unwahrscheinlicher wurde.52 Die Schwächen der kirchlichen Ordnung, die immer wieder zu Brüchen dieser führten, reproduzierten sich gerade in Situationen der festgestellten Uneinigkeit und in Versuchen der Wiederherstellung von Einigkeit. Die zunehmende kirchliche Desintegration im Laufe der Spätantike war also Ergebnis einer ständigen reichskirchlichen Aktivität, die eigentlich genau das entgegengesetzte Ziel hatte. Verstärkt wurden Prozesse kirchlicher Fragmentierung durch eine zeitgleich zunehmende politische Desintegration des Reichs, die die Sonderentwicklung lokaler und sitzspezifischer theologischer Traditionen beförderte.53 Die Betrachtung des Akakianischen Schismas führt in einen solchen Prozess zunehmender Verfestigung struktureller Dysfunktionalitäten im kirchlichen Kontakt. Gerade kirchlicher Konflikt und Versuche, ihn zu überwinden, legen dabei die Vorannahmen der Beteiligten bezüglich der kirchlichen Ordnung offen. Ihre Äußerungen im Schisma lenken damit den Blick auf die strukturellen Vorbedingungen kirchlicher Entwicklung, auf denen sie letztlich ja aufbauten. Da sich diese strukturellen Vorbedingungen für den Austrag von Konflikten in den Quellen bevorzugt erst in diesen Konflikten, also im konkreten Ereignis, manifestieren, öffnet die historische Betrachtung des Ereignisses „Akakianisches Schisma“ auch den Blick auf die spezifischen Funktionen, Stärken und vor allem Schwächen der dem Schisma zugrunde liegenden Struktur.54 Daraus wird ersichtlich, wieso die Betrachtung einer konkreten Konfliktsituation die Einbettung dieser in den weiteren Rahmen der Entwicklung kirchlicher Strukturen in der Spätantike insgesamt erfordert. Der Blick auf handlungsleitende Strukturen ist also Voraussetzung für die inhaltliche Beschäftigung mit den Ereignissen des Schismas, die Beschäftigung mit diesen Ereignissen wiederum soll die Bedeutung konkreter Konfliktsituationen für den stetigen Wandel und die permanente Instabilität der Alten Kirche aufzeigen.

  52 Es ist kaum ein Zufall, dass es ein kaiserliches Einheitsbekenntnis war, das Henotikon, das durch eine konkrete Festlegung auf dogmatische Inhalte ins Akakianische Schisma führen sollte. 53 Vgl. Anm. 8 zur Bedeutung des Jahres 476 als Epochenscheide. 54 Zum engen Wechselverhältnis von Struktur und Ereignis vgl. GIDDENS 1984; KOSELLECK 1973. Die Gegenseitigkeit beider Ebenen liegt im Fall der spätantiken Kirche darin, dass die Struktur solche Ereignisse hervorrief, die wiederum gewisse strukturelle Schwächen perpetuierten.

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3.2. Die Herausforderungen der Reichskirche Für die Spätantike einen „Verlust“ kirchlicher Einheit zu diagnostizieren, ist insofern verkehrt, als auch schon in früheren Zeiten niemals eine weitgehende kirchliche Einheit verwirklicht worden war. Auch die vorkonstantinische Kirche kannte Konflikte um dogmatische und hierarchische Fragen. Dieser Umstand dürfte bis zur Annahme des christlichen Glaubens durch die römischen Kaiser jedoch nicht allzu schwer gewogen haben: Der mangelnden Einigkeit kirchlicher Akteure über Kernaspekte einer geteilten Kirchlichkeit – sofern eine solche im Einzelfall überhaupt erkannt wurde55 – kam in den kirchlichen Rahmenbedingungen der vorkonstantinischen Zeit keine unmittelbare Relevanz zu. Bei aller notwendigen Relativierung der Vorstellungen einer abrupten und durchgreifenden „Konstantinischen Wende“56 war doch die Entstehung von christlichem Kaisertum und christlichem Kaiserreich seit Konstantin I. der entscheidende Einschnitt in die Geschichte der Kirche des Römischen Reichs. Die vorkonstantinische Kirche war keine Reichs-Kirche. Zwar hatte sie sich in den Rahmenbedingungen des Reichs entwickelt und durchaus einige Impulse politischer Entwicklung in ihre Ordnungsvorstellungen integriert57; nichtsdestotrotz spielte die Kategorie „Reich“ für die Alte Kirche eine untergeordnete Rolle. Genuin kirchliche Ideale, wie das einer una ecclesia, waren in ihrer Bezugsebene nicht vom politischen Reich bestimmt und trugen darüber hinaus weder die unbedingte Notwendigkeit noch überhaupt die praktische Möglichkeit einer konsequenten Verwirklichung in sich. Dies vor allem deshalb, weil die vorkonstantinische Kirche zutiefst segmentär organisiert war. Die einzelnen Gemeinden der reichsweiten Kirche standen unter Führung ihrer jeweiligen Bischöfe weitgehend autonom nebeneinander und zeichneten sich im Konfliktfall durch ein grundsätzliches Durchsetzungsdefizit gegenüber anderen Gemeinden aus.58 Ohne die Annäherung an das Kaisertum, das heißt ohne die Aufnahme der Bezugskategorie „Reich“ in ihre Strukturen, war diese Segmentarität durch die Kirche selbst kaum aufzubrechen. Zwar lassen sich bereits vorkonstantinisch vereinzelt reichskirchliche Grundmuster einer Zusammenarbeit von Kirche und Reich greifen, beispielsweise in der Durchsetzung des kirchlichen Absetzungsurteils gegen Paulos von Samosata, den Bischof von Antiochia, durch Kaiser Aurelian zum Ende des dritten Jahrhun  55 Vgl. Kap. 3.3. 56 Die Annahme des Christentums durch Konstantin I. war selbstverständlich lediglich der Beginn eines längeren Transformationsprozesses kirchlicher Ordnung. Die maßgeblichen Grundlagen für diesen Prozess waren aber durch seine „Konversion“ bereits gelegt worden. Zur Signifikanz des plötzlichen Wandels bekenntnispolitischer Rahmenbedingungen insgesamt: WINKELMANN 1971. 57 Vgl. Kap. 13.2.; 13.3. 58 Die einzelnen Kirchen standen abgeschlossen, die einzelnen Bischöfe autonom nebeneinander. Vgl. GIRARDET 1975, 1 f.; JONES 1964, 874 f.; LIEBESCHUETZ 2001, 145–67.

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derts59; da eine Wendung kirchlicher an politische Akteure zur Durchsetzung ihrer Urteile noch eine Ausnahme darstellte, blieb ein entsprechendes Vorgehen aber Episode. Gerade der Fall des Paulos verweist somit deutlich auf das innerkirchliche Durchsetzungsdefizit: Das einzige rein kirchliche Sanktionsinstrument, der Entzug kirchlicher Gemeinschaft, wog in der Segmentarität der Kirche nicht allzu schwer, solange ein verurteilter Amtsträger das Urteil gegen sich nicht freiwillig akzeptierte. Paulos von Samosata beispielsweise hatte sich auch nach seiner kirchlichen Absetzung zunächst geweigert, sein Amt als Bischof von Antiochia auch tatsächlich aufzugeben.60 Gerade weil sich kirchliche Akteure im Konfliktfall nicht von sich aus gegen Widerstände anderer Akteure durchsetzen konnten, blieben die Konflikte der vorkonstantinischen Kirche strukturell oftmals begrenzt. So war etwa die Frage nach reichsweiten kirchlichen Hierarchien nicht von unmittelbarer Bedeutung, da kirchliche Vorränge in Ermangelung konkreter Durchsetzungsmechanismen ohnehin auf bloße Ehrenstellungen begrenzt bleiben mussten, welche bestimmten Bischöfen im Einzelfall zwar eine erhöhte Autorität zukommen lassen konnten, keinesfalls aber eine konkret wirksame und verstetigte Jurisdiktionsmacht.61 Ähnlich verhielt es sich mit dogmatischen Konflikten, die sich in der segmentären Struktur der Kirche zum einen nur schwierig über einen lokalen Rahmen hinaus ausweiten konnten, zum anderen gegen Sektierer faktisch ohnehin kaum etwas auszurichten war.62 Diese Begrenztheit kirchlicher Konflikte wurde erst seit Konstantin einer zunehmenden Entgrenzung unterworfen. Die plötzliche und durchgreifende Annäherung der Systeme „Reich“ und „Kirche“ zu Beginn des vierten Jahrhunderts ließ eine neue Art von kirchlichem Handeln entstehen, stellte kirchliche Konflikte in neue Strukturbedingungen, welche in der Definition dieser Arbeit als „reichskirchlich“ bezeichnet werden sollen.63 Den kirchlichen Konflikten verlieh dieser   59 Eus. HE 7,30. Vgl. auch HAHN 2004, 147. 60 BOURDIEU 2000, 86 f. zeigt, dass ein religiöses Monopol darauf baue, dass Ausgeschlossene ihren Ausschluss auch anerkennen. Wusste ein Bischof seine Gemeinde hinter sich, blieb seine Absetzung durch externe Akteure also folgenlos. Zum Durchsetzungsdefizit vornizänischer Synoden auch: SCHWAIGER 1975, 620. 61 Im Sinne von Max Webers Definition – Macht als „Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen“ (WEBER 1995, 311) – war die Kirche machtlos. 62 Der einzige Weg zur Beilegung dogmatischer Konflikte war der der theologischen Debatte. Zu Bedeutung, Wirkung und Grenzen solcher Debatten: LIM 1995. Die Segmentarität der Kirche ließ also auch ihre Konflikte segmentär bleiben. Selbst vereinzelte überregionale Herausforderungen, zum Beispiel die Montanisten, betrafen wegen ihrer mangelnden politischen Relevanz in erster Linie die Kirche. Diese konnte aus sich heraus gegen solche Herausforderungen aber nicht wirksam einschreiten. 63 Genauer hierzu: KÖTTER, wie Anm. 42, Kap. 2. Der hier zugrunde liegende Systembegriff grenzt sich in wichtigen Aspekten von dem Systembegriff nach Luhmann (DERS. 41991, 30– 91) ab, da weder die Kirche noch das Reich als operativ geschlossen gelten können. Nur weil beide Systeme füreinander offen waren, ist ein beiderseitiger Strukturimport überhaupt denk 

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neue reichskirchliche Handlungsrahmen eine größere Relevanz, da das christliche Kaisertum den kirchlichen Akteuren nun Möglichkeiten der Durchsetzung auch gegen Widerstände eröffnete. Die Annahme des Christentums durch die römischen Kaiser stellte die Kirche(n)64 der Spätantike also unvermittelt vor gänzlich neue Herausforderungen. Für diese Feststellung muss gar nicht davon ausgegangen werden, dass es die Reichskirche überhaupt jemals gegeben hätte. Die in der Arbeit für sie verwendete Definition als Aufeinandertreffen der Systeme „Reich“ und „Kirche“ beschreibt zunächst einmal lediglich eine Annäherung der Systeme, keinesfalls aber ein Aufgehen beider ineinander. Dass es der Reichskirche an grundlegender Institutionalisierung mangelte, sie keine Institutionen herausbildete und selbst alles andere als eine solche darstellte, ist nicht von der Hand zu weisen, für ihre Definition im hier verwendeten Sinne aber unerheblich.65 Letztlich blieb die Kirche auch nach Konstantin maßgeblich segmentär organisiert. Selbst in der im Folgenden zu betrachtenden Epoche greifen wir daher kaum eine Reichskirche, sondern vielmehr ein kompliziertes Geflecht von fünf prinzipiell autonomen Großkirchen, die im Einzelfall aber mit dem Kaisertum in reichskirchlichen Kontakt treten konnten. Erst im Angesicht politischer Heteronomien, also im Moment der Anreicherung kirchlicher Konflikte durch politische Machtoptionen, brachen einzelne Bischöfe aus der kirchlichen Segmentarität aus und konnten damit zu reichskirchlichen Akteuren werden.66   bar. Auch spielen – nicht zuletzt durch die quellenbasierte Vermittlung – die Akteure in der geschichtswissenschaftlichen Betrachtung eine größere Rolle als sie Luhmann in seiner Systemtheorie vorsieht. Wichtige Impulse gehen für die Definition von „Reichskirche“ in der vorliegenden Arbeit dagegen von seiner Kommunikationstheorie aus. Vgl. dazu Anm. 68. 64 Dieser auf die festgestellte Segmentarität verweisende Plural ist auch ohne seine Nennung im Folgenden immer mitzudenken. 65 Einzig Reichssynoden könnten als reichskirchliche Institutionen gelten. Sie fanden jedoch unregelmäßig und vergleichsweise selten statt. Daneben kann eine entsprechende Bischofsversammlung in einen kirchlichen (die Synode) und einen kaiserlichen Teil (ihre Durchsetzung) dekomponiert werden. Beide Teile für sich stellen Institutionen dar, führen in ihrer unregelmäßigen Kombination aber nicht zwangsläufig auch zu einer reichskirchlichen Institution. Im Bedarfsfall entlieh sich die Reichskirche ihre „Institutionen“ also den übergeordneten Teilsystemen. Zur Koextension von Reich und Kirche: TYRELL 2010, 215–21. 66 Vgl. TYRELL 2010, 201–11, der aufbauend auf Luhmanns Trias von „Interaktion“, „Organisation“ und „Gesellschaft“ die Kirche auf mehrere Ebenen bezogen sieht: gottesdienstliche Versammlung, Zusammengehörigkeit der Gemeinde, Gesamtkirche. Diese Ebenen wiesen unterschiedliche Grade kirchlicher Autonomie und Heteronomie auf. Zur weiterhin vorhandenen Segmentarität im Nebeneinander mehrerer Großkirchen (zu diesem Begriff: Anm. 17): MARTIN (T.) 1953, 457 f., der darauf aufmerksam macht, dass man für die postchalkedonische Zeit im besten Falle von zwei Kirchen, der römischen und der östlichen, reden könne. Kurze Überblicke über die Entwicklung der großkirchlichen Pentarchie – die als Konzept der Leitung der weltumspannenden Kirche unter Kaiser Justinian I. ihre größte Wirkung entfalten sollte – finden sich bei BECK 1959, 27–32; CHABANNE – CHEVAILLER 1984, 721–4; GAHBAUER 1993, 40–50.

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„Reichskirche“ steht also für eine neue – und weiterhin in Aushandlung begriffene – Struktur von Kirchlichkeit, welche das Handeln kirchlicher und auch politischer Akteure in neue Kommunikations- und Handlungszusammenhänge stellte. Mit der Aufnahme der christlichen Religion in einen staatlichen Heilsplan und dem damit einhergehenden verstetigtem Interesse politischer Akteure an der Kirche67 wurde aus einer zwar reichsweiten, aber durchsetzungsschwachen und auf sich bezogenen Kirchlichkeit eine durchsetzungsorientierte und durchsetzungsbewehrte Reichs-Kirchlichkeit. Über inhaltlichen Konsens der Akteure oder gar über die Verwirklichung einer einheitlichen Reichskirche ist mit dem Begriff zunächst einmal nichts ausgesagt. Im Austausch kirchlicher und politischer Akteure über die Ausgestaltung einer normativen Ordnung der Kirche in den neuen religionspolitischen Rahmenbedingungen der Spätantike hing die Existenz der Reichskirche nicht an der Klärung der damit zusammenhängenden Problemlage, sondern streng genommen nur an der Verhandlung über sie.68 Diese Verhandlung über eine adäquate kirchliche Ordnung führte aber nicht nur zu einem neuen Verhältnis von Reich und Kirche. In erster Linie veränderten die neuen Bedingungen das Verhältnis der einzelnen Kirchen untereinander.69 Durch das reichskirchliche Grundmuster kaiserlich getragener Durchsetzung kirchlicher Urteile kam es zu einer fortschreitenden kirchlichen Desintegration, die potentielle Durchsetzbarkeit eigener Ansichten und Ansprüche führte zur Ausweitung kirchlicher Konflikte. Dies betraf nicht nur, wie gesehen, die Relevanz, sondern auch die Häufigkeit von Konflikten. Das von kirchlichen Akteuren geforderte und genutzte kaiserliche Wirken innerhalb der Kirche setzte eine klare Definition dessen voraus, was im reichskirchlichen Kontakt konkret durchzusetzen war. Zum einen ließen die daraus resultierenden verstärkten Vereinheitlichungsbemühungen im Bereich dogmatischer und hierarchischer Regelungen differente Ansichten viel häufiger sichtbar werden als zuvor70; zum anderen kam es zur zunehmenden Fixierung kirchlicher Normen, die das Aufbrechen von Konflikten   67 Dies war die Grundlage der von nun an häufigen kaiserlichen Eingriffe in die Kirche. Vgl. BRINGMANN 1998, 64 f.; ULLMANN 1976, hier v. a. 1–9. Rechtliche Basis war die kaiserliche Zuständigkeit für das ius publicum. Ulp. dig. 1,1,1,2 definiert dieses so: Publicum ius est, quod ad statum rei romanae spectat […]. publicum ius in sacris, in sacerdotibus, in magistratibus consistit. PILARA 2004, 363 fasst den mit Konstantin einsetzenden Prozess treffend zusammen: „Lo ius publicum diviene lex christiana, o meglio si assimila ad essa.“ 68 In diesem Punkt ist – gegen die Feststellungen in Anm. 63 – doch Luhmann zu folgen, der seine Kommunikationstheorie von inhaltlicher Verständigung unabhängig macht, indem er Kommunikation schon dann als gelungen ansieht, wenn diese als solche verstanden worden ist: LUHMANN 41991, 191–212. Das Scheitern des Strebens nach Übereinkunft ändert also nichts an der Faktizität der Reichskirche. In diesem Sinne ist verständlich, wenn ELM 2012, 11 sogar in Kaiser Julian einen „father of the church“ erkennen will. 69 Das neue Verhältnis von Kirche und Reich war somit vielmehr der Auslöser für die Notwendigkeit der Verhandlungen über die Ordnungsfrage durch die kirchlichen Akteure. 70 BELLITTO 2002, 15: Sobald ein Konzil eine Lösung für eine häretische Herausforderung gefunden hatte, habe sich an dieser Lösung eine neue Frage entzündet. Jedes Konzil brachte also letztlich neue Unsicherheiten mit sich.

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erleichterte. Die fortschreitende Kanonisierung hierarchischer Ansprüche und dogmatischer Normen ließ eine gewisse Flexibilität im kirchlichen Austausch wegbrechen und machte deviante Positionen jederzeit aktualisierbar.71 Es wurde in der Folge relativ einfach, Gegner der Häresie oder der hierarchischen Anmaßung zu bezichtigen, Vorwürfe, die im Austausch mit dem Kaisertum nun auch potentiell sanktionierbar waren. Zu dieser neuen Brisanz bereits bekannter kirchlicher Konfliktformationen um Dogma und Hierarchie kam etwas Drittes: Da den beiden umstrittenen Fragen gerade durch die Inklusion politischer Ebenen im Austrag von Streitigkeiten eine gesteigerte Bedeutung zukam, traten die kirchlichen Akteure in Konkurrenz um die bevorzugte Nutzung kaiserlicher Sanktionsmacht. Hier zeigte sich, dass der Zugang zu dieser nicht allen Akteuren in gleichem Maße offenstand.72 Die Frage, welche Positionen konkret durchzusetzen waren, generierte also eine dritte kirchliche Konfliktzone. Die Rolle des die Reichskirche eigentlich erst konstituierenden Kaisertums innerhalb der kirchlichen Ordnung wurde verschiedentlich problematisiert, gerade von den jeweils unterlegenen Gruppen im reichskirchlichen Streit. Eine Klärung der damit zusammenhängenden Frage war unwahrscheinlich: Dem Kaiser konnte kein fest definierter Rang innerhalb der Kirche zugewiesen werden, da ein christliches Kaisertum in der Entwicklung der Kirche bis dahin nicht vorgesehen war und sich beispielsweise auch die biblischen Texte uneinheitlich über die Rolle des Herrschers äußerten.73 Darüber hinaus deckte sich das kaiserliche Ziel der Herstellung einer umfassenden kirchlichen Einheit zwar mit entsprechenden Zielen der kirchlichen Akteure, speiste sich aber aus anderen Quellen und setzte dementsprechend andere Schwerpunkte. Während die Kirche ihre Einheit unter dem Primat eines wie auch immer definierten „rechten Glaubens“ verfolgte, schien dem Kaisertum eine äußere Einheit der kirchlichen Akteure wich-

  71 SCHWARTZ 1936, 19: „Nichts widerstreitet dem Wesen der Alten Kirche so sehr wie feste, unwandelbare Gesetze.“ Auch SCHNEEMELCHER 1985, 63 meint, dass die mangelnde Rechtsstruktur der vorkonstantinischen Kirche geholfen habe, Spannungen zu beheben. Hölkeskamp identifiziert ein ähnliches Phänomen in der späten Römischen Republik: Durch den wahrgenommenen Missbrauch von Verfahren und Regeln seien diese immer mehr zum Gegenstand der Gesetzgebung geworden. Die dadurch entstandenen positiv fixierten Normen seien nicht mehr flexibel handhabbar gewesen, was die Konflikte der Republik verschärft habe. Vgl. HÖLKESKAMP 2004, hier v. a. 28 f. Der Begriff „Aktualisierung“ wird im Folgenden im Sinne Luhmanns (DERS. 41991, 92–147) gebraucht. Vgl. generell auch KÖTTER, wie Anm. 42, Kap. 3. 72 Verstärkt wurde dieses Problem durch innerkirchlich umstrittene Hierarchien: So hatten die Kaiser keinen allgemein legitimierten Ansprechpartner in der Kirche. Dadurch wurde die Uneinigkeit der Kirche per se zur Gefahr für die Legitimität kaiserlichen Eingreifens. Vgl. MARTIN (J.) 1997, 50. 73 Vgl. zum Beispiel Joh 18,36; Röm 13,1–7; Offb 18. Das Christentum hatte für die Integration des Kaisertums in seine Ordnung keine konsistente Theorie. Vgl. MEYENDORFF 1989, 29.

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tiger zu sein als die konkrete inhaltliche Ausgestaltung einer solchen.74 Damit wurde es im Konfliktfall für unterlegene kirchliche Gruppen vergleichsweise einfach, die Legitimität reichskirchlich sanktionierter Erfolge der jeweiligen Gegenseite und damit die Legitimität kaiserlichen Eingreifens in die Kirche an sich zu bestreiten. Auf der anderen Seite lag eine konsequente Absage an die Reichskirche in solchen Widerständen gegen die Kirchenpolitik einzelner Kaiser aber selten begründet. Die faktische Bedeutung christlicher Kaiser für die Kirche stand selbst für temporär unterlegene Gruppen nicht zur Debatte.75 Die Entwicklung reichskirchlicher Strukturen seit der Annahme des Christentums durch die römischen Kaiser stellte die kirchlichen Akteure also vor neue Herausforderungen. Sie mussten sich der Frage widmen, wie mit politischen Heteronomien auf die von ihnen eigentlich als autonom und heilsgeschichtlich überliefert verstandene kirchliche Ordnung umzugehen war. Da einige Kirchen dabei stärker von kaiserlichen Eingriffen profitierten als andere, reagierten die kirchlichen Akteure unterschiedlich sensibel auf die vermeintliche Gefährdung ihrer Autonomie. Dadurch wurden zwei bereits vorkonstantinisch vorhandene kirchliche Konfliktzonen um Dogma und Hierarchie in ihrer Relevanz ausgeweitet und durch eine dritte Zone, der Frage nach der Rolle des Kaisertums in kirchlichen Prozessen, in einem entscheidenden Punkt ergänzt. Die Kombination von drei jederzeit aktualisierbaren und jedem Konflikt zugrunde liegenden Zonen der Konfliktanfälligkeit – Dogma, Hierarchie, Rolle des Kaisertums – war also ein dezidiert reichskirchliches Charakteristikum76; gleichzeitig war sie in ihrer Grundsätzlichkeit und einfachen Aktualisierbarkeit auch einer der Gründe dafür, dass die spätantike Kirche einer stetigen Differenzierung und Fragmentierung unterworfen war.

  74 Dies dürfte der zentrale – und hochgradig konfliktträchtige – Unterschied von kirchlicher und kaiserlicher Perspektive auf kirchliche Konflikte gewesen sein. WINKELMANN 1971, 289: „So überschnitten sich zwar die Interessen von Staat und Kirche in Teilen des Einheitsgedankens, aber sie deckten sich nicht. Es kam zu engen Verbindungen und Aktionseinheiten zwischen Staat und Kirche, aber nicht zur Identifikation.“ 75 So blieben selbst kritische Vergewisserungen über die Rolle des Kaisers in der Kirche – im Akakianischen Schisma beispielsweise die Zweigewaltenlehre des Gelasius (vgl. hierzu Kap. 6.2.1.) – dem reichskirchlichen Kommunikationsrahmen verhaftet. Da sich bekenntnispolitische Konstellationen erfahrungsgemäß schnell wandeln konnten, war die Unterstützung eigener Positionen durch das Kaisertum niemals endgültig auszuschließen. Selbst von als häretisch diskreditierten Gruppen wurde die Reichskirche daher selten aufgegeben. In dieses Bild passt die Feststellung von SCHNEEMELCHER 1973, 49 f., dass auch die kaiserliche Synodalgewalt durch die Kirche ursprünglich recht bereitwillig an das Kaisertum, in Person des Konstantin, herangetragen worden sei. Ein kurzer Überblick über Entwicklungslinien im Verhältnis von Staat und Kirche bis in die Zeit Chalkedons: MEYENDORFF 1989, 28–38. 76 BLAUDEAU 1996 zum Beispiel sieht die zentralen kirchlichen Positionen des Timotheos Ailuros implizit in genau diesen drei Zonen begründet. Zur dreifachen Konfliktanfälligkeit auch: KÖTTER, wie Anm. 42, Kap. 4.

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I. Einleitung

3.3. Verdeckte Ausdifferenzierung und Ordnungsbruch Trotz der Entgrenzung von Konflikten um Dogma und Hierarchie in Frequenz und Bedeutung, trotz des umstrittenen Einflusses politischer Akteure auf die Ordnung der Kirche, trotz der zunehmend einfachen Aktivierbarkeit kirchlichen Streits gelang es auch in der Spätantike immer wieder, über längere Zeiträume hinweg scheinbar stabile kirchliche Ordnungen entstehen zu lassen. Weiterhin knüpften einzelne Kirchen, beziehungsweise ihre Bischöfe, Kontakt zu anderen Kirchen und Bischöfen, der auf einer scheinbaren Übereinkunft in den drei Zonen der Konfliktanfälligkeit aufbaute. Dass dies trotz der eben beschriebenen Desintegrationseffekte noch möglich war, lag an der spezifischen Art und Weise kirchlicher communio-Herstellung, die auf einer Reduktion theologischer Komplexität aufbaute und gewisse Differenzen zwischen den Akteuren überdecken konnte. Gleichzeitig beförderte diese Bemäntelung möglichen Konfliktpotentials eine allmähliche ordnungsinhärente Ausdifferenzierung kirchlicher Positionen, die von den Beteiligten kaum erkannt werden konnte, bei ihrer Aufdeckung aber geradezu zwangsläufig zum Bruch der bis dahin als stabil erachteten Übereinkunft führen musste.77 Im Kern kirchlicher Ordnung stand die communio, die wechselseitige Liturgie- und Sakramentsgemeinschaft zweier oder mehrerer Bischöfe, in der diese sich gegenseitig der Anerkennung geteilter Positionen versicherten. Der sichtbare Ausdruck einer Anerkennung anderer Bischöfe als orthodox war dabei ihre Aufnahme in die Diptychen der eigenen Kirche.78 Da solche communio-Ordnungen eine permanente und wiederholte Versicherung der Bindungswirkung gemeinsam geteilter Ordnungsbestandteile durch die Beteiligten erforderten, lassen sie sich als „Wiederholungsordnungen“ beschreiben.79 Faktisch war eine exakte Übereinstimmung mehrerer Akteure über hierarchische und dogmatische Gegenstände in der reichskirchlichen Umwelt der Spätantike zwar kaum noch zu erreichen; da aber die Verständigung über die als relevant erachteten Ordnungsbestandteile für   77 Zu den in diesem Unterkapitel beschriebenen Phänomenen ausführlicher: KÖTTER 2011, v. a. 46–58. 78 Dies schloss eine regelmäßige Fürbitte ein und verdeutlichte auch den Gemeinden die episkopalen communio-Verhältnisse. Wie unmittelbar diese Fürbitte Gemeinschaft konstituierte, mussten die römischen Gesandten von 483/84 erfahren, die in Konstantinopel an einem Gottesdienst teilnahmen, in dem der Name des Petros Mongos aus den Diptychen verlesen wurde. Da die Legaten damit gleichsam in communio mit Petros Mongos gestanden hatten, wurden sie von einer römischen Synode exkommuniziert. Vgl. Euagr. HE 3,20 f. und Kap. 6.1.1., insbesondere Anm. 270. Zur Bedeutung der Diptychen: GRILLMEIER 21991, 336; MENZE 2008, 75–86. Der Abbruch kirchlicher Beziehungen ging bei alldem mit der Streichung des ausgestoßenen Amtsbruders aus den Diptychen einher. 79 HOLY – STUCHLIK 1983, 90–6: Normen, und mit ihnen Strukturen, halten sich nur durch die permanente Versicherung ihrer Gültigkeit in der Aktion. Auch Flaigs Akzeptanzsystem lässt sich, liest man es nicht personal, auf diese Wiederholung anwenden, stellt er doch fest, dass Nähe in Zweifel gerate, wenn sie nicht dauernd bekundet wird: FLAIG 1992, 180.

3. Theoretische Überlegungen

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gewöhnlich lediglich auf einer gemeinsamen Invokation geteilter Autoritäten aufbaute, konnte auf eine Auseinandersetzung über konkrete Theologoumena weitgehend verzichtet werden. Dies ließ mögliche und wahrscheinliche Differenzen zumeist gar nicht erst in den Blick der beteiligten Bischöfe rücken.80 Gleichzeitig schuf die communio damit oftmals nur die Illusion geteilter Ordnung. So war es keineswegs ausgemacht, dass zwei Akteure, die sich beispielsweise gemeinsam auf eine bestimmte Synode beriefen und darauf aufbauend miteinander in Gemeinschaft standen, diese Synode inhaltlich tatsächlich auch unter gleichen Gesichtspunkten betrachteten und nach gleichen Maßgaben bewerteten.81 Eingedenk der fortschreitenden Fragmentierung kirchlicher Positionen und eingedenk der fortwährenden kirchlichen Segmentarität stellte die wiederholende communio-Ordnung also in den seltensten Fällen eine wirkliche Übereinkunft dar als vielmehr eine bloße Sistierung von Streitigkeiten. Kirchliche Ordnungen blieben damit grundlegend instabil, die Verständigung zweier oder mehrerer Akteure prekär.82   80 Erst durch die Berufung auf Autoritäten wurde die theoretische Unendlichkeit theologischer Aussagen in einem Maße minimiert, das den Akteuren die Möglichkeit gab, sich überhaupt auf gleiche Traditionen berufen zu können. Hierzu und zu den Folgen für die Ordnung der Kirche: KÖTTER 2011, 46–51. 81 Rom knüpfte, das sollte im Akakianischen Schisma deutlich werden, an die Berufung auf Chalkedon offenbar andere Erwartungen als die Akteure im Osten. Und wenn sich auch so gut wie alle kirchlichen Akteure der Spätantike auf Nizäa oder Kyrill von Alexandria berufen mochten: Über ein tatsächliches oder gar exaktes Teilen gleicher theologischer Positionen war nur dadurch noch nichts ausgesagt. Es zeigt sich, dass nicht Synoden per se kirchliche Ordnung begründeten, sondern die Rezeption dieser durch die Akteure. Theoretisch formuliert findet sich dieser Umstand bei COLEMAN 1994, 1–23. HOLY – STUCHLIK 1983, 82–5 stellen ganz ähnlich fest, dass Normen selbst kein Handeln hervorbringen können, sondern das Handeln sich auf Normen beziehe. Dementsprechend generierten weder Synoden kirchliche Normen noch kirchliche Normen per se kirchliche Ordnungen. WOLFINGER 1983, 562 konstatiert daher zutreffend: „Tatsache ist, daß ein Dogma eine Geschichte hat, die nicht nur nach rückwärts, also von den ersten Auffassungen bis zur normativen Festlegung reicht. Das Dogma bedeutet nicht das Ende des Nachdenkens über den Glauben […].“ Eine theologischteleologische Konzilslehre, wie bei SCHNEEMELCHER 1984, 63 (das Dogma von Chalkedon habe die theologische Entwicklung abgeschlossen), überdeckt diese historische Bedeutung der Rezeption. Auch die Ansicht, ökumenische Konzilien bräuchten keine Berufung oder Bestätigung durch den Papst (SCHWAIGER 1975, 629), mag theologisch zutreffend sein, verkennt in historischer Perspektive aber den eigentlichen Gang der Entwicklung. Und wenn RUBIN (B.) 1960, 35 meint, seit 451 hätte die Vorherrschaft Konstantinopels „für alle Zeiten fest [gestanden]“, verlangt eine solche Feststellung hellseherische Fähigkeiten von den zeitgenössischen Akteuren. 82 Dies galt umso mehr, als kirchliche Ordnungen personal vermittelt wurden. Zwar waren die einzelnen Akteure nicht gänzlich frei in ihren Positionierungen (vgl. Kap. 3.1.), trotzdem standen sie immer in der Notwendigkeit, bei Personalwechseln die neuerliche Anerkennung maßgeblicher Ordnungsbestandteile durch einen neuen Bischof einzuholen. Solange eine ordnungsinhärente Differenzierung noch nicht allzu weit vorangeschritten war, war eine solche zwar wahrscheinlich; sicher war sie aber nicht. Brüche in der kirchlichen Ordnung wurden  

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I. Einleitung

Die im Überdecken möglicher theologischer Gegensätze gründende Illusion geteilter Ordnung war stets offen für Prozesse der Ausdifferenzierung. Ein genaues Wiederholen kirchlicher Positionen war in der Segmentarität der spätantiken Kirche kaum denkbar: Unterschiedliche Traditionen, Sprache und politische Rahmenbedingungen schrieben in die Wiederholung vielmehr ein immer größeres Auseinanderdriften bezüglich dessen ein, was mit der Invokation einer Autorität überhaupt gemeint war. Da die Akteure aber in den seltensten Fällen über konkrete Theologoumena kommunizierten und es deshalb für gewöhnlich zu keiner Klärung dessen kam, was genau die Berufung auf gemeinsame Fluchtpunkte für die einzelnen Akteure inhaltlich bedeutete, wurde der Ausdifferenzierungsprozess von den Beteiligten selbst kaum bemerkt.83 Gerade damit machte es die Art und Weise der communio-Herstellung möglich, dass es überhaupt noch zu festgestellter Übereinkunft kommen konnte. Solange sich alle Beteiligten auf dieselben Autoritäten beriefen, sahen sie sich nicht in der Notwendigkeit, die dieser Berufung zugrunde liegenden Konzepte zu thematisieren – dies war durch die Reduktion theologischer Komplexität hinfällig.84 Kleinere Differenzen wurden den Akteuren daher oftmals gar nicht erst bewusst und konnten auch nicht unmittelbar desintegrierend auf ihre Ordnung wirken. Unendlich ließ sich eine kirchliche Ordnung gegen solche ordnungsinhärenten Ausdifferenzierungsprozesse und die damit einhergehenden spezifischen Sonderwege in der Interpretation des gemeinsamen theologischen Bezugsrahmens durch einzelne Beteiligte aber nicht stabilisieren. Es dürfte mithin weniger die Frage gewesen sein, ob sich die Akteure früher oder später darüber bewusst wurden, dass eine gemeinsame Grundlage zu klein geworden war, um eine communio vermitteln zu können, sondern vielmehr, wann und warum dies der Fall sein würde.85 Da in einer solchen Situation letztlich erkannter Differenzierung kirchlicher Positionen die Erwartungsmuster einer Seite hinsichtlich der eigentlich als geteilt erfahrenen Ordnung plötzlich und unvermittelt enttäuscht wurden, ist es verständlich, weshalb die Protagonisten offensichtlich immer wieder aufrichtig überrascht   dementsprechend oft vom Tod eines zentralen Akteurs begleitet. Der Ausbruch des Akakianischen Schismas bildet hier keine Ausnahme. 83 Dies ist ein weiterer Grund für die mangelnde Selbstbeschreibungsfähigkeit der Akteure bezüglich der strukturellen Schwächen ihrer Ordnung. 84 So standen in Ägypten die Chalkedonier miaphysitischen Anliegen gar nicht allzu fern. Die chalkedonischen Patriarchen von Alexandria, Proterios und Timotheos Salophakiolos, versuchten sogar, ihren Gegnern Zugeständnisse zu machen. Die römischen Päpste maßregelten sie deswegen, zeigten sich aber schon beruhigt, als die Ägypter daraufhin deutlich die Beschlüsse von Chalkedon billigten (vgl. Kap. 4.3.), obwohl dies nichts an der unterschiedlich strengen Orientierung an Chalkedon änderte. 85 Nur der Zeitpunkt dieses Bruchs ist im Sinne der Definition von HOFFMANN 2005, 100 ein Zufall: „Der Zufall […] ist die Unbestimmtheit des Ereignisses, das Überraschende, Unvorhersehbare und Neue, die Erfahrung eines Bruchs […].“ Zur Definition des Zufalls als historische Kategorie, auch im Verhältnis zur Kontingenz: HOFFMANN 2005, 48–70; WALTER 2009, 37–9. Dass die Ordnung früher oder später zum Ende kommen musste, war sehr wahrscheinlich – auch wenn die Akteure selbst dies nicht so sehen mochten.

3. Theoretische Überlegungen

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von neuerlichen Brüchen kirchlicher Ordnung waren86 – während in geschichtswissenschaftlicher Perspektive das eigentlich Überraschende der Umstand sein dürfte, dass angesichts der strukturellen Rahmenbedingungen die Verständigung der Bischöfe über gewisse Zeiträume hinweg überhaupt funktionierte. Solche Brüche gründeten letztlich in wahrgenommenen Differenzen hinsichtlich der drei grundlegenden Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit. Waren die Akteure vorher der Meinung gewesen, in diesen Zonen ähnliche Positionen zu vertreten, zeigte der Ordnungsbruch, dass dies keineswegs der Fall war. Im kirchlichen Konflikt kam es daher zur bewussten Positionierung bezüglich der umstrittenen Fragen und zur Offenlegung der zuvor wechselseitig nicht wahrgenommenen theologischen Konzepte.87 Um wieder in den Zustand der Ordnung zu gelangen, musste es zur Verständigung über aktualisierte Konfliktzonen kommen – oder zu ihrer abermaligen Sistierung. Erst dann war es möglich, kirchenübergreifend in eine neue, allerdings wiederum prekäre, Folge wiederholender Ordnungsreproduktion einzutreten. Insofern waren innerkirchliche Konflikte, auch wenn sie sich um konkrete dogmatische oder hierarchische Details drehen mochten, immer auch Konflikte um die Ordnung der Kirche generell.

  86 So hatte es zwischen Rom und Konstantinopel eigentlich niemals eine tiefere Übereinkunft über die Synode von Chalkedon gegeben. Wie stark die beiderseitigen Positionen aber tatsächlich differierten, wurde Rom aufgrund der gerade beschriebenen Prozesse erst klar, als Kaiser Zenon und Bischof Akakios mit dem Henotikon die drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit konkret aktualisiert hatten. Da sich in Umbruchsituationen die historischen Kontexte kirchlichen Handelns schneller veränderten als in Phasen vordergründiger Ruhe, wird kirchlicher Dissens in den Quellen auch meist erst im Scheitern von Ordnung wahrnehmbar. Die schleichende Differenzierung zuvor hingegen ist schlecht greifbar, weshalb auch der Historiker nicht gänzlich vor der Überraschung durch den Ordnungsbruch gefeit ist. 87 REICHARDT 1997, 86–8 beschreibt, im Anschluss an Bourdieu, das Phänomen mit anderer Terminologie: Der Habitus scheitere als Produktionsprinzip der Praxis, wenn es durch Krisen zu Ungleichzeitigkeiten zwischen Habitusform und gewandelter Umwelt kommt. Die reichskirchliche Ordnung schlug damit von der Struktur in das Ereignis um. Vgl. HETTLING – SUTER 2001, 23–6. Bezüglich der Aktualisierung der drei Konfliktzonen ist einschränkend festzuhalten, dass sich die Akteure durch das Ereignis nur dieser Konfliktzonen bewusst wurden. Dass hinter diesen eine viel grundsätzlichere Dysfunktionalität kirchlicher Strukturen lag, entzog sich auch im Bruch der Ordnung weiterhin ihrer Wahrnehmung und Analyse.

II. HINLEITUNG: VORAUSSETZUNGEN DES SCHISMAS 4. EREIGNISGESCHICHTLICHER ÜBERBLICK I: VON CHALKEDON BIS ZUM HENOTIKON 4.1. Das Konfliktpotential von Chalkedon 451 Das Akakianische Schisma ist Teil der Rezeptionsgeschichte des Konzils von Chalkedon und als solcher zugleich Produkt der vielfältigen Probleme bei der Rezeption dieser Synode von 451. Die postchalkedonische Ordnung war äußerst instabil, da das Konzil von Chalkedon daran gescheitert war, Einigkeit bezüglich der drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit herzustellen. Spätestens seitdem das Konzil von Konstantinopel 381 im dritten Kanon die Kirche von Konstantinopel unter Verweis auf die Rolle der Kaiserstadt aufgewertet hatte88, kam es im Osten des Reichs zu immer härteren Machtkämpfen zwischen einzelnen Bischofssitzen. Insbesondere die Kirche von Alexandria sah ihre traditionelle Führungsrolle durch die neue, politischen Prinzipien und Analogien verpflichtete Argumentation der Hauptstadt bedroht. Auf Grundlage dogmatischer Differenzen in den aufkommenden christologischen Streitigkeiten machten sich ihre Bischöfe nun immer wieder daran, mit Eingriffen in die Belange Konstantinopels den eigenen höheren Rang in kirchlichen Dingen faktisch zu erweisen.89 Es war dementsprechend ein Konflikt zwischen Dioskor von Alexandria und Flavian von Konstantinopel, der zur Synode von Chalkedon führen sollte. Auslöser war der konstantinopolitanische Archimandrit Eutyches, der in radikaler Abgrenzung zu der allgemein verurteilten Trennungschristologie des Nestorios in ungewöhnlich starker Weise die Einheit von Gott-Vater und Gott-Sohn in einer

  88 Kanon 3 von Konstantinopel (381) (COD, 28,14–20): Τὸν μέντοι Κωνσταντινουπόλεως ἐπίσκοπον ἔχειν τὰ πρεσβεῖα τῆς τιμῆς μετὰ τὸν Ῥώμης ἐπίσκοπον διὰ τὸ εἶναι αὐτὴν νέαν Ῥώμην. Mit geringfügigen Abweichungen taucht der Kanon auf der Synode von Chalkedon auf: ACO II.1,3, 96,21 f. Wie entscheidend dieser Schritt von 381 war, zeigt DAGRON 1974, der sein Konstantinopel betreffendes Kapitel „naissance du patriarcat“ bezeichnenderweise im Jahre 381 beginnen lässt. Vgl. auch JOANNOU 1972, 248–53. 89 Kurze Überblicke über die Kirchen- und Dogmengeschichte des vierten Jahrhunderts, das den Grundstein für die Konflikte um Chalkedon legte: BIENERT 1997, 213–22; CHADWICK 1998. Zu den Rivalitäten zwischen Konstantinopel und Alexandria zwischen 325 und 451: DAGRON 1974, 419. Zwar hatte die Synode von Konstantinopel 381 auch die Vorrechte Alexandrias festgeschrieben, diese aber ausdrücklich auf den ägyptischen Raum beschränkt. Vgl. COD, 27,22–7.

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II. Hinleitung

Natur betonte.90 Während Flavian Eutyches verurteilte, wurde der Archimandrit von Dioskor unterstützt.91 Der römische Papst Leo sprang Flavian mit einer für Rom untypisch deutlichen dogmatischen Positionierung bei: Der in einer lateinisch-theologischen Tradition der Naturentrennung stehende Tomus Leonis ad Flavianum von 448 stützte den Bischof der Hauptstadt.92 In weiten Teilen der östlichen Kirche rief dieser Tomus Leonis aber im günstigsten Falle Misstrauen hervor. Die Überdeutlichkeit seiner Abwehr des Eutyches durch die Betonung zweier gleichberechtigter Naturen in Christus93, gepaart mit Problemen der Übersetzung theologischer Fachtermini vom Lateinischen ins Griechische94, führte dazu, dass die Stellungnahme Roms für östliche Ohren wie eine   90 Schon seit Langem schwelte der Streit einer alexandrinischen Schule, die die Einheit von Gott-Sohn und Gott-Vater betonte, und der antiochenischen Einwohnungschristologie. Vgl. ALLEN 2000, 811 f.; BIENERT 1997, 216 f.; GRILLMEIER 31990, 605–34. Eine interessante Perspektive auf die alexandrinischen Positionen bietet KRAUSE (M.) 1981, 56 f., der diese stark von ägyptischen Synkretismen beeinflusst sieht. Einen Höhepunkt der Konflikte stellte der Streit um den theotokos-Titel Marias zwischen Kyrill von Alexandria und Nestorios von Konstantinopel dar, der 431 auf der Synode von Ephesos zur Absetzung des Hauptstadtbischofs führte. Vgl. BAUS – EWIG 1973, 105–16. In diesem Konflikt verfasste Kyrill seine zwölf Anathematismen, deren Tenor μία φύσις τοῦ θεοῦ λόγου σεσαρκωμένη (ACO I.1,1, 40,22–42,5) später zum Kern miaphysitischer Lehre werden sollte. Zu den μία-φύσις-Formeln Kyrills: LEBON 1909, 300–33; DERS. 1951, 478–91. Eine ausgewogene Wertung der Christologie des Nestorios findet sich bei GRILLMEIER 1961, 332–53. Kyrill wurde dabei von Rom unterstützt, auch weil er Papst Coelestin diplomatisch geschickt als Vater anredete und ihm auf Latein schrieb, während Nestorios den Papst als Amtsbruder bezeichnete und ihm nur griechische Schreiben zukommen ließ: VOGT 1975, 86–90. In der Folge kam es 433 zu einem Ausgleich zwischen beiden Seiten, den Eutyches mit der einseitigen und radikalen Aufnahme der kyrillianischen Formeln nun aber wieder ins Wanken brachte. Zum Streit um Eutyches: BAUS – EWIG 1973, 116–8. 91 Die Wertungen über Dioskor sind für gewöhnlich negativ. Vgl. zum Beispiel BAUS – EWIG 1973, 116 f.: „Dioskoros, eine der fragwürdigsten Gestalten des Jahrhunderts im östlichen Episkopat.“ 92 Der Tomus Leonis findet sich in: ACO II.2,1, 24–33. Zu diesem Lehrschreiben, seiner Überlieferung und seiner Rolle im Werk Leos vgl. insbesondere die genaue, aber recht theologische Auslegung bei ARENS 1982, hier v. a. 75–9, 331–49. Weitere detaillierte Analysen bieten CASPAR 1930, 479 ff.; GRILLMEIER 31990, 734–50, v. a. 747–50. Vgl. auch RITTER 1982, 253–60: In der Polarität der Betonung von Einheit und Trennung der Naturen habe Rom meist diejenigen Position heraus gehoben, die im Osten weniger prominent vertreten wurde. Insofern gab Leo zwei Konstanten römischer Politik zugunsten der Häresieabwehr auf: zum einen das freundschaftliche Verhältnis zu Alexandria (vgl. BLAUDEAU 2006d, 142), zum anderen die Verweigerung dogmatischer Aussagen, die über bestehende Bekenntnisse hinausgingen. Zur Politik Leos dem Osten gegenüber im Allgemeinen: CASPAR 1930, 462– 564, v. a. 518–541. Zur Korrespondenz Leos in der Angelegenheit des Eutyches bis zum August 449: ARENS 1982, 52–90. 93 Vgl. zum Beispiel ACO II.2,1, 27,14–6: proinde qui manens in forma dei fecit hominem, in forma serui factus est homo; tenet enim sine defectu proprietatem suam utraque natura […]. 94 NICKS 2000, 186–8 weist darauf hin, dass die Verständigungsprobleme zwischen Ost und West insofern gerade auf die theologische Sphäre Einfluss hatten, als sie den dogmatischen  

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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nestorianische Zweinaturenlehre klang. Der im Exil weilende Nestorios jedenfalls zeigte sich von Leos Worten angetan.95 Mit Unterstützung Kaiser Theodosiosʼ II. versammelte Dioskor daher 449 eine Synode in Ephesos, die Flavian absetzte und den Tomus Leonis anathematisierte. Der Papst konnte angesichts der kaiserlichen Unterstützung Alexandrias gegen diese Beschlüsse nichts anderes verrichten, als dem Konzil seine Anerkennung zu versagen: Ein latrocinium sei abgehalten worden, keinesfalls aber eine rechtmäßige Synode.96 Als Kaiser Theodosios 450 überraschend starb, änderten sich die bekenntnispolitischen Rahmenbedingungen. Unter römischem Einfluss und in Absprache mit seinem Residenzbischof Anatolios, dem Nachfolger Flavians, berief der neue Kaiser Markian 451 ein Konzil nach Chalkedon, welches in zähen Verhandlungen die Synode von Ephesos revidierte, ohne dabei aber die grundsätzlichen kirchlichen Konflikte befrieden zu können. Die Bestimmungen von Chalkedon blieben in allen Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit umstritten.97 Auf dogmatischer Ebene gelang es Rom, den umstrittenen Tomus Leonis und damit einen eigenen reichsweiten Lehrprimat durchzusetzen. Wenigstens wurde das Dokument in der ekthesis der Synode durch die Bezugnahme auf Nizäa kon  Graben reflektiert und erweitert hätten. Vgl. auch PABST 1986, 111–4; STEINACKER 1954, 44 f. 95 Nestorios freute sich, dass sich die Kirche von Rom ein in seiner Sicht orthodoxes Glaubensbekenntnis gegeben hätte: Nestor. lib.Heraclid. 2,2 (298,20–3). Insofern ist der eigentliche theologische Gehalt des Tomus Leonis historisch gesehen zweitrangig. Entscheidend war in erster Linie seine negative Rezeption im Osten. 96 Leo M. epist. 95 (ACO II.4, 51,4 f.). Diese Bezeichnung der Synode betraf einen zentralen Punkt des leonischen Synodalverständnisses: In seinen Augen war eine Synode ohne führende Beteiligung der römischen Kirche gar keine. Dass er also die Kompetenz hatte, die Synode abzulehnen, war für Leo keine Sekunde fraglich: WOJTOWYTSCH 1981, 327–9. Vgl. auch BLAUDEAU 2006d, 142 f. Das angebliche latrocinium selbst empfand sich hingegen als legitime, die Ergebnisse vorheriger Synoden lediglich bestätigende Versammlung: HALLEUX 1985a, 37–40. Gute Überblicke über die Ereignisse beim und um das Konzil geben BAUS – EWIG 1973, 118–20; BLAUDEAU 2006d, 145–50; GREGORY 1979, 143–50; GRILLMEIER 3 1990, 727–50; SEPPELT 21954, 188–93. 97 Der Wertung von BECK 1980, 7 ist zu folgen: „Wie immer man die theologische Leistung des Konzils von Chalkedon beurteilen will, äußerlich besehen haben es die Väter der Synode verstanden, beträchtliche Teile der Christenheit zu verstimmen.“ GRILLMEIER 31990, 639 weist darauf hin, dass die Synode eigentlich eine „via media“ zwischen den Einseitigkeiten der Positionen des Nestorios und des Kyrill sein sollte. Vgl. auch GRAY 1979, 7–16. BLAUDEAU 2006a, 387–9 nimmt dieses Bild bei der Beschäftigung mit der Christologie Konstantinopels (382–400) auf: Das Konzil von Chalkedon weise bereits auf das spätere Henotikon hin. Einen ausführlichen Überblick über die Verhandlungen der Synode liefert Euagr. HE 2,18. Zur Bewertung Chalkedons in der Forschung: HALLEUX 1976, 10–23. Zu den Ereignissen der Synode: BAUS – EWIG 1973, 120–6; GOEMANS 1951, 264–78; GRILLMEIER 31990, 751–75; RITTER 1982, 261–70; SIEBEN 1979, 103–47. Eine Notiz am Rande: Erstaunlich oft wird in der Forschung darauf hingewiesen, dass Theodosios II. durch einen Reitunfall starb, als ob dies die Kontingenz der Entwicklungen von Chalkedon zusätzlich unterstreichen soll. Vgl. als Beispiel GREGORY 1979, 163; HONIGMANN 1950, 239.

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II. Hinleitung

textualisiert, und zugleich wurde ihm mit den Briefen des Alexandriners Kyrill die antinestorianische Tradition Ägyptens zur Seite gestellt. Chalkedon grenzte sich also gegen Eutychianismus und Nestorianismus gleichermaßen ab. Da in wörtlichen Übernahmen aus dem Tomus Leonis Christus aber weiterhin als eine Person ἐν δύο φύσεσιν definiert wurde, konnten die dogmatischen Bestimmungen von 451 im Osten als eine Neuauflage des Nestorianismus interpretiert werden.98 Während die Chalkedonier für die Anhänger einer Einnaturenlehre daher in der Folge als Nestorianer galten, brandmarkten die Anhänger der Synode ihre Gegner als Eutychianer, obwohl sich beide Seiten stets gegen beide Häresien verwahrten.99 Auch in der Frage nach der Hierarchie sorgte Chalkedon für Konfliktstoff. So konnte zum Beispiel die Kirche von Jerusalem Antiochia die Jurisdiktion über Palästina entwinden und stieg damit zum fünften Patriarchat auf.100 Wichtiger war aber die Absetzung Dioskors: Dass sich die ägyptischen Bischöfe weigerten, ohne   98 Der griechische Text der ekthesis, die ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν Χριστὸν υἱὸν κύριον μονογενῆ, ἐν δύο φύσεσιν ἀσυγχύτως ἀτρέπτως ἀδιαιρέτως ἀχωρίστως bekennt, findet sich in ACO II.1,2, 128–30 (Zitat: 129,30 f.). Inhaltliche Würdigungen der Formel liefern GRILLMEIER 31990, 751–75, v. a. 754–64; ORTIZ DE URBINA 1951, 401–12. Schon während der Synode artikulierten sich Vorbehalte gegenüber der Abfassung eines neuen Bekenntnisses. Folglich verstanden die Synodalen ihr Werk auch nicht als ökumenisches Symbol, sondern nur als Interpretation des Glaubens ihrer Vorgänger von 325. Gerade in terminologischer Hinsicht hätten die Väter von Chalkedon aber vieles ungeklärt gelassen: HALLEUX 1985a, 41–6. Zu den Verhandlungen um die Formel: MEYENDORFF 1989, 167–78. Fraglich ist, wie sehr die ekthesis tatsächlich aus dem Tomus Leonis schöpfte, wie ARENS 1982, 93–7 meint. DRIJVERS 1985, 99 weist auf die dezidiert antiochenische Terminologie hin. Dagegen gibt es starke Stimmen, die die faktische Nähe des Bekenntnisses von 451 zu Kyrill betonen: BIENERT 1997, 220–2 und HALLEUX 1976, 166–8 weisen auf die Orientierung der Formel an der kyrillischen Theologie hin. So sei es zu Präzisierungen des römischen Lehrbriefs im Sinne Kyrills gekommen. MARTZELOS 2004, 272, 280–7 sieht sogar ein Bekenntnis des Basileios von Seleukia, das ähnliche Wendungen wie der Tomus Leonis benutzte, als eigentliche Grundlage der Formel. RITTER 1982, 222–83, v. a. 264–70 bringt es auf den Punkt: Die Formel von Chalkedon beinhalte so viel Kyrill wie möglich, so wenig Leo wie nötig. Sie war also, worauf auch ORTIZ DE URBINA 1951, 398–401 hinweist, keinesfalls antikyrillisch. Diese Ergebnisse theologischer Analyse rückten aber bei der Rezeption der Synode nicht in den Blick. So wurden Tomus Leonis und die Beschlüsse der Synode zumeist gemeinsam invoziert oder abgelehnt. 99 GRILLMEIER 31990, 638. 100 Euagr. HE 2,18 (92,10–4). Die Veränderung in den kirchlichen Strukturen der Diözese Oriens führte zu einer neuen Balance zwischen Alexandria und Antiochia, worauf – allerdings mit sachlichen und terminologischen Schwächen in der Betrachtung insgesamt – BARRY 1976, 53 hinweist. Der Unterschied dieser Maßnahme zum später heftig umstrittenen Kanon 28 war, dass sie von den römischen Legaten bestätigt wurde. Vgl. GOEMANS 1951, 274. Zur Genese des Titels „Patriarch“, der in den Quellen nur schwierig greifbar ist, seit dem Konzil von Chalkedon zwar verstärkt benutzt wurde, sich aber erst im sechsten Jahrhundert durchsetzen konnte: CHABANNE – CHEVAILLER 1984, 723 f.; GAHBAUER 1993, 51–8; HALL 2000, 731 f.; NORTON 2007, 141–4. Die Arbeit verwendet die Begrifflichkeit bezogen auf Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem bereits für die unmittelbare postchalkedonische Zeit.

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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erzbischöfliche Weisung den Tomus Leonis anzuerkennen, machte bereits deutlich, dass die ägyptische Kirche nicht bereit sein würde, die Demütigung ihres Patriarchen zu billigen.101 Hinzu kam, dass den Ägyptern verwehrt wurde, selbst einen Nachfolger zu bestimmen. Vielmehr fand eine fortschreitende hierarchische Herabstufung Alexandrias in der Bischofsweihe des Diakons Proterios durch Anatolios von Konstantinopel einen neuen Höhepunkt.102 Den weitgehendsten Eingriff in die kirchliche Hierarchie stellte aber sicherlich der sogenannte Kanon 28 von Chalkedon dar, der die umstrittenen Rangansprüche der Kirche von Konstantinopel aus dem dritten Kanon von 381 einschärfte: Da das „Alte Rom“ seinerzeit seine kirchlichen Rechte zugesprochen bekommen hätte, weil es Hauptstadt gewesen sei, komme der neuen Hauptstadt, dem „Neuen Rom“ Konstantinopel nun der Platz direkt nach der römischen Kirche zu. Dieser Anspruch war dabei erstmals mit bestimmten Rechten untermauert und wurde somit konkret aktiviert.103 Nicht einmal die chalkedonischen Patri  101 ACO II.1,2, 112,39–113,5. Die ägyptischen Bischöfe hatten den Tomus Leonis noch zwei Jahre zuvor verdammt. GREGORY 1979, 175–81 weist aber auch auf innerägyptische Widerstände gegen Bischof Dioskor hin. Ps.-Zach. HE 3,1 legt Wert auf die Feststellung, dass der Bischof von Alexandria bei alldem in erster Linie aus hierarchischen Gründen abgesetzt worden sei. Ganz ähnlich: Euagr. HE 2,4. Zur Absetzung des Dioskor: MARAVAL 2001a, 92–8. 102 Euagr. HE 2,5; Ps.-Zach. HE 3,2. Auch in der Folge blieb das Verhältnis zwischen Alexandria und Konstantinopel belastet und war damit ein wichtiger Faktor der östlichen kirchlichen Entwicklung. BLAUDEAU 2006a legt seine gemeinsame Betrachtung der beiden Bistümer daher geradezu als Konfliktgeschichte an. 103 Der Kanon 28 findet sich in: COD, 75,27–76,38. Die Begründung für die Rangrechte Konstantinopels: Καὶ γὰρ τῷ θρόνῳ τῆς πρεσβυτέρας Ῥώμης διὰ τὸ βασιλεύειν τὴν πόλιν ἐκείνην οἱ πατέρες εἰκότως ἀποδεδώκασι τὰ πρεσβεῖα (76,11–4). Die konkreten Jurisdiktionsrechte der Hauptstadtkirche: καὶ ὥστε τοὺς τῆς ποντικῆς καὶ τῆς ἀσιανῆς καὶ τῆς θρᾳκικῆς διοικήσεως μητροπολίτας μόνους, ἔτι δὲ καὶ τοὺς ἐν τοῖς βαρβαρικῆς ἐπισκόπους τῶν προειρημένων διοικήσεων, χειροτονεῖσθαι ὑπὸ τοῦ προειρημένου ἁγιωτάτου θρόνου τῆς κατὰ Κωνσταντινούπολιν ἁγιωτάτης ἐκκλησίας (76,25–32). Streng genommen handelt es sich um gar keinen Kanon: SCHWARTZ 1936, 6, Anm. 1. Zur Aktivierung hauptstädtischer Ansprüche: BLAUDEAU 1996, 130 f. Die Argumentation seit 381 hing eng mit Entwicklungen der byzantinischen Rom-Idee zusammen. Konstantin hatte seine Kaiserstadt als Δευτέρα Ῥώμη konzipiert. Die Synode von 381 bezeichnete Konstantinopel dann erstmals als Νέα Ῥώμη (COD, 28,19) und leitete daraus seine kirchlichen Ansprüche ab. Genau darauf bezog sich nun der Kanon 28, der gleichzeitig Rom daran erinnerte, die πρεσβυτέρα βασιλὶς Ῥώμη (COD, 76,21 f.) zu sein. Der Osten habe sich nach einem politischen also auch ein neues religiöskirchliches Zentrum geschaffen: BECK 1964, 172 f. Zum Konzept des „Neuen Rom“ auch: EBD., 168–71; DAGRON 1974, 45–7; DÖLGER 1937, 12–22; IRMSCHER 1983, 235; PABST 1986, 210–3. Abseits von solchen ideologischen Begründungen wurde dem Bischof von Konstantinopel konkret die Weihe der Metropoliten der staatlichen Diözesen Asia, Pontus und Thracia übertragen. Bis 451 war die Durchsetzung solcher Vorränge noch regelmäßig gescheitert: DAGRON 1974, 461–73. Darüber hinaus legalisierten die Kanones 9 und 17 (COD, 67,18–40; 71,1–24) nun die Einmischungspraxis der Bischöfe von Konstantinopel, setzten sie als eine übergeordnete Konfliktlösungsinstanz ein: HERMAN 1953, 474–7. Der Kanon 28 zeigt also, wie tief das Prinzip einer politischen Kirchenordnung im Osten verankert war. Damit kam ihm zentrale Bedeutung bei der Entfremdung zwischen Rom und Konstantinopel zu,  

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II. Hinleitung

archen von Alexandria aber waren bereit, das anzuerkennen, wie der Nachfolger des Proterios, Timotheos Salophakiolos, Konstantinopel später unmissverständlich klar machen sollte.104 Und auch Rom erhob scharfen Protest gegen den Kanon 28. Dogmatische und hierarchische Konflikte waren bei alldem vielfältig aufeinander bezogen: Juvenal von Jerusalem erreichte die Aufwertung seines Sitzes nur unter der Voraussetzung der Annahme der ekthesis; in Alexandria vermischten sich dogmatische Vorbehalte gegen den Tomus Leonis mit der demütigenden Absetzung Dioskors; Papst Leo sah seinen in Chalkedon errungenen dogmatischen Erfolg durch den Kanon 28 diskreditiert und weigerte sich daher zunächst, das Konzil insgesamt anzuerkennen. Die Synode war zu eng in bischöfliche Machtkämpfe eingebettet, als dass ihre Beschlüsse allgemeine Anerkennung hätten erfahren können. Wegen der kirchlichen Durchsetzungsdefizite führten diese hierarchischen und dogmatischen Konflikte letztlich auch zu Konflikten um die Legitimität der Durchsetzungsmacht des Kaisertums.105 Die mehrfache, teilweise auch widersprüchliche Verknüpfung der Streitfragen machte eine allgemeine Annahme der Synode von vornherein unwahrscheinlich. Insbesondere im Osten kam es zu Widerständen antichalkedonischer, vor allem miaphysitischer106 Gruppen, wobei die Regelungen von 451 gerade in Ägypten auf Proteste trafen. Auch die Anerkennung der Synode durch die Bischöfe von Rom war wegen der politischen Analogien in der kirchlichen Rangbegründung des Kanon 28 nicht per se vorauszusetzen. Die Aktualisierung der Konfliktanfälligkeiten legte einen polyzentrischen Entfremdungsprozess an, nicht aber die   was schon KRÜGER 1884, 1 erkannte. Vgl. auch DVORNIK 1958, 81–5; ISTAVRIDIS 1968, 46– 8. Prinzipielle Einwände erhebt HALLEUX 1988, 321 f.; DERS. 1989, 96–8, 101–3. Er hält fest, dass der Kanon zumindest nicht als Konfrontation angelegt gewesen sei, räumt aber ein, dass die nachchalkedonische Polemik dies überdeckt habe. Die Einheit der Kirche war dabei allerdings nicht allein durch die Aufwertung Konstantinopels bedroht, wie SEPPELT 21954, 202 f. es meint, sondern auch durch die Nichtanerkennung dieser Aufwertung. 104 Timotheos Salophakiolos schrieb an Gennadios von Konstantinopel: I do not accept the Council, that it should make your see second after that of Rome, and that it should profane the honour of my own see (Ps.-Zach. HE 4,10 [151,6–9]). Vgl. HALL 2000, 733. 105 Kaiser Markian hatte „sein“ Konzil in vier Dekreten deutlich bestätigt: ACO II.1,3, 119–24. Auch bei Papst Leo setzte er sich mit großem Engagement für die Billigung der Synodalbeschlüsse ein (vgl. Kap. 4.2.). BRENNECKE 1998, 27 f. meint trotzdem, eine erste Relativierung Chalkedons schon unter Markian zu erkennen, stellte dieser die Synode doch nur als Befestigung von 325, 381 und 431 dar. Nur als solche sah sie sich allerdings auch selbst. 106 Im Sinne der Herausbildung einer konsistenten Theologie entstand der Miaphysitismus freilich nicht unmittelbar nach Chalkedon, sondern erst im Laufe der Synodalrezeption, voll ausgeprägt wohl erst unter der Herrschaft des Anastasios. Der neutralere Begriff der „Antichalkedonier“ kann sich aber auch auf nestorianische Gruppen beziehen, während die Beschreibung der entsprechenden Theologie als „kyrillisch“ verkennt, dass sich in einer solchen Tradition auch die Chalkedon-Anhänger sahen. Aus Gründen der klareren Abgrenzung verwendet die vorliegende Arbeit den Begriff „Miaphysitismus“ daher bereits für die Zeit unmittelbar nach 451, auch wenn dies dogmengeschichtlich sicherlich eine gewisse Vereinfachung darstellt.

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Etablierung einer stabilen Wiederholungsordnung. Denn noch nicht einmal die Bischöfe, die auf Grundlage der gemeinsamen Billigung Chalkedons miteinander in Gemeinschaft standen, vertraten tatsächlich weitgehend ähnliche Positionen.107 Die Kirche, die sich ohnehin niemals durch eine umfassende Einheit ausgezeichnet hatte, zerfiel also zunehmend in eine Reihe autonomer Großkirchentümer, die unterschiedliche Interessen verfolgten und unterschiedliche Möglichkeiten der Interessendurchsetzung besaßen. Dieser Differenzierungsprozess hatte schon vor Chalkedon eingesetzt und konnte durch die Synode nicht aufgehalten werden. Er beschleunigte sich in ihrer Folge sogar, da die Konfliktparteien mit dem Konzil eine – positiv oder negativ zu invozierende – Referenzgröße an die Hand bekamen, um die sich ab jetzt jeglicher kirchlicher und reichskirchlicher Austausch drehen sollte. 4.2. Miaphysitischer Widerstand, römischer Widerspruch: Grenzen der Chalkedon-Rezeption Eine Synode hing historisch gesehen am kontingenten Phänomen ihrer Rezeption.108 Chalkedon hatte damit zwar die Basis für eine mögliche kirchliche Wiederholungsordnung gelegt, garantierte diese aber nicht. Noch während des Konzils kam es in Palästina zu Unruhen. Die lokalen Mönche meinten, im Einschwenken Juvenals auf die kaiserliche Linie eine Abkehr von orthodoxen Positionen zu erkennen und forderten den Patriarchen bei seiner Rückkehr zum Widerruf auf. Juvenal verweigerte sich dieser Forderung und wies später implizit auf die Verknüpfung Chalkedons mit der Frage nach der kaiserlichen Durchsetzung hin: Widerstand gegen ihn, der die Ergebnisse der Reichssynode mittrug, sei Widerstand gegen Kaiser Markian.109 Konsequenterweise flüchtete der Bischof daraufhin nach   107 Vgl. die Verhinderung ägyptischer Ausgleichsbestrebungen durch Rom: Kap. 4.2.; 4.3. Hinzu kamen kirchenexterne Phänomene, die die Differenzierung verstärkten, zum Beispiel orientalische Einflüsse im Osten und germanische im Westen. Vgl. STEINACKER 1954, 40. 108 SIEBEN 1996, 64 f. Synodaltheoretisch machte das die Situation kompliziert. Schon bei der Synode von Serdika 342 ging es um die Frage, ob Synodalurteile unauflöslich oder überprüfbar sein sollten: GIRARDET 1975, 116. Zum Begriff der „Kontingenz“ vgl. HOFFMANN 2005, 64–8, 100. 109 Ps.-Zach. HE 3,5 (119,14–120,1). Der Argumentation Juvenals entspricht die Feststellung von ENSSLIN 1954, 455 f., dass der Kaiser als geheiligt gelte, weshalb Widerstände gegen den herrschaftlichen Willen nicht nur laesae maiestas seien, sondern Sakrilegien. Der Anführer des von der Augusta Eudokia unterstützten Aufstands, der Mönch Theodosios, zog seine Motivation zum Widerstand insbesondere aus dogmatischen Faktoren, wie man es in einem Schreiben Markians an die Mönche auf dem Sinai sehen kann: ACO II.1,3, 131–2. SOLZBACHER 1989, 185 weist daher mit Recht darauf hin, dass den Mönchen eine monastische Christusmystik näher gelegen habe als die Trennungschristologie Chalkedons. Zum Aufstand des Theodosios: GRAY 1979, 17–9; GRILLMEIER 21991, 113–120; HEYER 1984, 70–3; HONIGMANN 1950, 247–54; PERRONE 1980, 88–103; SOLZBACHER 1989, 184–97. Juvenal muss 

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Konstantinopel, von wo aus Markian schnell für die Niederschlagung der Revolte sorgte.110 Derweil hatte Proterios große Probleme, sich in Alexandria durchzusetzen, wo er weiten Teilen der kirchlichen Öffentlichkeit durch die Umstände seiner Einsetzung als Werkzeug Konstantinopels und als Häretiker galt. Mithilfe Markians gelang es ihm 454 aber, Timotheos Ailuros und Petros Mongos, die Führer der inneralexandrinischen Opposition, aus Ägypten zu vertreiben.111 Ein angestrebter Ausgleich mit seinen Gegnern war an Papst Leo gescheitert. Der hatte den Bischof von Alexandria zur rückhaltlosen Anerkennung des Tomus Leonis aufgefordert, nachdem das zunächst vorsichtige und zurückhaltende Vertreten der Beschlüsse von Chalkedon durch Proterios in Rom ein zunehmendes Misstrauen gegenüber der chalkedonischen Standfestigkeit des Patriarchen geweckt hatte.112 Für die allgemeine Rezeption der Synode erwies sich jedoch insbesondere die Zurückhaltung Roms als problematisch. Leo weigerte sich, den Kanon 28 anzuerkennen und wies dem Kaiser gegenüber die kirchenrechtlichen Neuerungen von Chalkedon in deutlicher Schärfe zurück. Seine Begründung gipfelte in dem Satz, der bis ins Akakianische Schisma hinein handlungsleitend für die römischen Akteure sein sollte: alia tamen ratio est rerum saecularium, alia divinarum. Gegen die weltlich-politische Herleitung kirchlicher Rechte durch das „Neue Rom“ setzte Leo eine apostolische Kirchenidee und machte damit deutlich, dass es den Ansprüchen Konstantinopels in seinen Augen an jeglicher Rechtfertigung mangelte. Die Rangerhöhung auf Basis politischer Analogiebildungen sei contra reuerentiam tamen canonum paternorum, contra statuta spiritus sancti, contra antiquitatis exempla. Der Papst war zwar bereit, die Rolle Konstantinopels als Kaiser-

  te also erkennen, dass die dogmatische Debatte vermehrt eine direkte Beziehung zum konkreten innerkirchlichen Leben bekam: PERRONE 1999, 383–7, v. a. 384 f. 110 Überblick über die Revolte: ACO II.1,3, 131 f.; Euagr. HE 2,5; Ps.-Zach. HE 3,3; Theophan. a.5945 (452/53, 107,6–27). Auf die entscheidende Rolle des Kaisers bei der Niederschlagung der Revolte weisen ein Synodalbrief Juvenals (ACO II.5, 9,1–29) und ein Dankschreiben Papst Leos (Leo M. epist.126 [ACO II.4, 81,31–82,13]) hin. Zu den Problemen, vor die Markian bei seinem Eingreifen gestellt war: MARAVAL 2001b, 122–5; SOLZBACHER 1989, 186–91. 111 Vgl. Avell. 99,13. Zu den Unruhen in Alexandria: Euagr. HE 2,5. Siehe auch GRILLMEIER 2 1991, 120–5; MARAVAL 2001b, 121 f. In Aufständen dieser Art sieht DOVERE 1998, 3 f. auch Episoden politischer Desintegration. Der Miaphysitismus sei also eine soziopolitische Herausforderung des fünften Jahrhunderts gewesen. Zu den auffälligen Beinamen der Kirchenführer in Ägypten als Mittel der Propaganda: BLAUDEAU 2006a, 354–60. 112 Davon zeugt zumindest ein Brief Leos an Proterios vom März 454: Leo M. epist. 129 (ACO II.4, 84,26–86,8). Das Misstrauen hatte der Ägypter zerstreuen können. Allerdings dürften nun die positiven Äußerungen Leos über die Rechtgläubigkeit des Proterios (zum Beispiel Leo M. epist. 127 [ACO II.4, 82,24–8]; 130 [ACO II.4, 83,17–20]) für dessen Stellung in Alexandria nicht eben förderlich gewesen sein, galt doch Roms Orthodoxie den Miaphysiten in Ägypten als nestorianisch.

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stadt, nicht aber irgendwelche daraus abgeleiteten höheren Rechte für die Kirche der Stadt anzuerkennen, da diese eben keine apostolische Gründung war.113 Die eigenen Rangrechte band der Papst dagegen an innerkirchliche Grundlagen: das Herrenwort tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo Ecclesiam meam (Mt 16,18)114, die Petrus-Sukzession, die Synode von Nizäa. Dass dieses petrinische Kirchenbild Roms in seiner Wendung gegen Konstantinopel implizit ein Gegenkonzept zur Reichskirche darstellte, brachte die päpstliche Position in eine gewisse Widersprüchlichkeit. Das Papsttum neigte nämlich keineswegs dazu, der Reichskirche eine Absage zu erteilen, wie Leos Schreiben an Kaiser Markian deutlich zeigen.115 Dieser Widerspruch sollte aber später auch Leos Nachfolger nicht davon abhalten, ihre Begründungen römischer Vorränge Konstantinopel gegenüber von ihrem Vorgänger zu übernehmen. Da Leo mit der Ablehnung des Kanon 28 zunächst der ganzen Synode seine Anerkennung verweigerte, wies Markian ihn darauf hin, dass die Gegner Chalkedons genau das zum Anlass nehmen würden, verstärkt gegen das Konzil zu intrigieren.116 Erst daraufhin bekannte sich Leo am 21. März 453 in einem Rund  113 Leo M. epist. 104 (ACO II.4, 55,5–57,16 [Zitat: 56,13 f.]). Zur Absage erhöhter kirchlicher Rechte der Hauptstadt: non dedignetur regiam ciuitatem, quam apostolicam facere non potest sedem […] (EBD., 56,18 f.). Zu Leos Widerstand gegen den Kanon 28, der darauf aufbaute, dass dieser die Regelungen von Nizäa verletzen würde: DVORNIK 1958, 85–8, 96–102; FRAISSE-COUÉ 2001, 162–5; MACCARRONE 1983, 74–85. Einzelne Ordnungskriterien waren also keinesfalls alternativlos. Das Problem des Kanon 28 aber war, dass die administrativen Analogien dem Kaisertum einen mehr als direkten Einfluss auf Hierarchie und Dogma gaben. Vgl. MARTIN (J.) 42001, 127 f.; MARTIN (T.) 1953, 455–7. 114 Direkt darauf anschließend und aufbauend verlieh Christus Petrus die Binde- und Lösegewalt: Tibi dabo claves regni caelorum; et quodcumque ligaveris super terram, erit ligatum in caelis, et quodcumque solveris super terram, erit solutum in caelis (Mt 16,19). Leo wob die Stelle in seine Argumentation ein: nec praeter illam petram quam dominus in fundamento posuit, stabilis erit ulla constructio (Leo M. epist. 104 [ACO II.4, 56,16 f.]). KNOCH 1991, 43–5 weist im Rahmen der Zusammenstellung und Erläuterung von Bibelstellen, die Bezug auf Petrus und seine Rolle in der Urkirche nehmen, zutreffend darauf hin, dass schon die Evangelien Petrus zum Hauptgaranten der Jesus-Überlieferung gemacht hätten. Die Autorität der Schrift und die Autorität der Sukzession waren also im Petrus-Argument verbunden. Vgl. auch BÄUMER – FRANZEN 1974, 19–22; GMELIN 1937, 101. Zu frühen Auslegungen der Stelle: PIETRI 1976, 272–7. 115 Allein die Tatsache, dass der Papst mit dem Kaiser immer wieder in Kontakt trat, macht das deutlich. Vgl. Kap. 3. 2. Zur grundsätzlichen Bejahung der Reichskirche durch Leo: GRILL2 MEIER 1991, 164. ANTON 1977, 77–82 meint, erst Gelasius habe von römischer Seite aus mit dem „Reichskirchensystem“ gebrochen. Dass auch das fraglich ist, wird noch zu zeigen sein. 116 Vgl. ACO II.1,2, 61,7–16, aus einem Brief Markians an Leo aus dem Februar 453. GOEMANS 1951, 283 f. meint, der Osten habe in Rom zunächst nur um die Bestätigung des Kanon 28 nachgesucht, da Leos Legaten allein gegen diesen Widerspruch eingelegt hatten. Dies ist denkbar. In dem Moment, als es aber im Osten zu Widerständen gegen Chalkedon kam, muss Markian eine deutliche Billigung auch der inhaltlichen Beschlüsse durch Rom als wünschenswert erachtet haben. Da laut ROLDANUS 1998, 139 f. der Widerstand im Osten auch einer Krise kirchlicher Autoritäten in Differenz zur weltlichen Gewalt gegolten habe, das Kon 

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II. Hinleitung

schreiben zum Glauben von Chalkedon, erteilte den sonstigen Bestimmungen der Synode aber eine Absage.117 Seine Nachfolger blieben in der Folge bei dieser differenzierenden Anerkennung der Reichssynode.118 4.3. Konsolidierung der Antichalkedonier unter Leon (457–474) Kaiser Markian war ein konsequenter Verfechter der Synode von Chalkedon. Er hatte das Konzil einberufen, lenkend begleitet und mit großem Einsatz durchgesetzt. Als er aber 457 starb, kam es sofort zu einem neuen Aufflammen der Widerstände. Die aus Ägypten verbannten Miaphysiten kehrten nach Alexandria zurück und weihten Timotheos Ailuros zum Nachfolger Dioskors, während Proterios, seines säkularen Schutzes beraubt, ermordet wurde.119 Beide Seiten wandten sich daraufhin an den neuen Kaiser Leon. Während die Anhänger des Proterios die Verurteilung des Timotheos Ailuros forderten, machten sich dessen Anhänger für seine Anerkennung als Bischof und die Revision der Beschlüsse von Chalkedon stark.120  

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zil also durch staatliche Einflussnahme diskreditiert gewesen sei, hätte die Opposition durch die kirchliche Annahme der Synode durch das Papsttum geschwächt werden können. Leo M. epist. 114 (ACO II.4, 70,19–71,22). In der Tat lässt der Papst durchblicken, dass es erst die große Zahl der Konzilsgegner war, die ihn zur expliziten Annahme des Konzils bewegt hatte. Vgl. GRILLMEIER 21991, 218 f. Zur internen Chalkedon-Rezeption durch den römischen Bischof Leo: WOLINSKI 2004. Aus einem Schreiben des Gelasius ist zu erkennen, dass Papst Simplicius sich wie Leo mit Verweis auf Nizäa weigerte, die chalkedonischen Bestimmungen bezüglich der Vorrechte Konstantinopels anzuerkennen: Avell. 95,57. Euagr. HE 2,8; Ps.-Zach. HE 4,1 f.; Theod.Anagn. HE epit. 368; Theophan. a.5950 (457/58). Theophanes macht Timotheos Ailuros verantwortlich für den Mord an seinem Konkurrenten und beschreibt die Weihe des neuen Bischofs als unkanonisch, während Pseudo-Zacharias die Weihe durch drei Konsekratoren heraushebt und kaiserliche Soldaten als Mörder des Proterios identifiziert. Vgl. auch aus dem Bericht der chalkedonischen Kleriker an Kaiser Leon: ACO II.5, 13,11–15,2. Dazu: ANASTOS 1975, 189–195. Die genauen Umstände des Todes von Proterios sind also unklar. Das gilt auch für Timotheos Ailurosʼ Verantwortlichkeit. Zumindest seine Gegner nannten ihn in der Folge einen Mörder. Vgl. zum Beispiel Avell. 116b,3 (521,13 f.); Veron. 1 (3,5). Wie entscheidend der Kaiserwechsel für die Entwicklung war, wird dadurch deutlich, dass Dioskor schon 454 gestorben war, ohne dass ihm in Ägypten unmittelbar ein miaphysitischer Nachfolger bestellt wurde. Nun aber hatten die ägyptischen Antichalkedonier eine Gegenhierarchie begründet. Vgl. das Schreiben der chalkedonischen Ägypter an Leon und Anatolios, sowie das Schreiben der Ailuros-Anhänger an den Kaiser: ACO II.5, 11,35–21,23. BLAUDEAU 1996, 117–23 beschäftigt sich eingehender mit den theologischen Positionen des Timotheos Ailuros. Dieser sei ein dezidierter Kyrillianer gewesen, habe aber eine gewisse Sensibilität für die Gefahren der Positionen Dioskors aufgewiesen, weil er die Lehren des Eutyches für genauso falsch hielt wie die des Nestorios (zum Beispiel Euagr. HE 3,5; Ps.-Zach. HE 4,12; 5,4). Insofern habe er den Proterios-Anhängern gegenüber eine grundsätzliche Versöhnungsbereitschaft an den Tag gelegt, sofern sie den chalkedonischen Kerndokumenten absagten. Ps.-Zach. HE 4,3 jedenfalls sieht das Scheitern einer Versöhnung mit dem Klerus des Proterios weniger im

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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In der fortschreitenden theologischen Reduktion der Auseinandersetzung, in der beide Seiten nicht mehr bereit waren, die tatsächlichen Positionen ihrer Gegner wahrzunehmen121, ist es nicht verwunderlich, dass Kaiser Leon sich scheute, im Streit von sich aus zu entscheiden. Um einen umfassenden Rat einzuholen, sandte er die Berichte beider Seiten mit der Bitte um Stellungnahme an die Bischöfe des Reichs und einige bedeutende Asketen. Das Votum der Kirchenmänner fiel fast einstimmig zugunsten Chalkedons und gegen Timotheos Ailuros aus.122   neuen Bischof begründet als in den Empfindlichkeiten des Kirchenvolkes. Einen kritischeren Blick auf Timotheos Ailuros haben EBIED – WICKHAM 1985, 115 f. Wie sich Kaiser Leon entscheiden würde, war nicht absehbar. SCHWARTZ 1934, 177–9 meint, verantwortlich für seinen etwas unsteten Kurs sei der germanische Heerführer Aspar gewesen, auf den Leon angewiesen war und der die Reichskirche in Uneinigkeit halten wollte. Inwiefern das zutrifft, muss Spekulation bleiben. Eine gewisse Abhängigkeit des Kaisertums von Heerführern wie Aspar, Zenon oder Illus ist aber nicht zu leugnen. Vgl. ROUSSEAU 1996, 10–2. Eine äußerst umfangreiche Untersuchung zu den ersten drei Regierungsjahren Kaiser Leons wurde unlängst vorgelegt: SIEBIGS 2010. 121 So war Rom beispielsweise nicht bereit, Distanzierungen der Gegenseite von Eutyches und Dioskor auch nur zu erkennen. Vgl. zum Beispiel Leo M. epist. 162 (ACO II.4, 105,28–34). GRILLMEIER 21991, 107 erkennt eine „Bewußtseinsverengung“ auf die Personenfrage. Diese habe zu einer Simplifizierung der Debatten geführt, wodurch die Basis für eine Verständigung aus dem Blick geraten sei. Dass die Lehrunterschiede keineswegs grundsätzlich waren, nahmen beide Seiten in der konträren Parallelisierung von Nestorianismus und Eutychianismus seit Leo also gar nicht mehr wahr. Ähnlich: BACHT – GRILLMEIER 1953, 4 f.; BRENNECKE 1998, 27 f.; GRILLMEIER 1961, 321, 325. Sogar das populärwissenschaftliche Werk von RUNCIMAN 1983, 147 weist darauf hin. MEIER 2009, 268 f. spricht explizit von der „Reduktion von Komplexität“. ULLMANN 1981, 167 f. hingegen stellt tatsächlich einen theologischen Unterschied fest, den Gelasius offen gelegt habe, nämlich den zwischen der östlichen theologischen Spekulation und der westlich-juristischen Argumentation. Das ist zwar zutreffend, stellt aber weder den Kern des Konflikts noch den des gelasianischen Werkes dar. WIRTH 1990, 85 f. weist zusätzlich auf regional-ethnische Gruppeninteressen an den Glaubensproblemen hin, die mit der eigentlichen Frage nichts zu tun gehabt hätten. Ähnlich: NORWICH 1993, 177. Dieser Aspekt sollte aber nicht zu hoch gehängt werden: Wenn es um die Erlangung einer Unabhängigkeit auf dem Rücken theologischer Debatten ging, wie lässt sich dann beispielsweise erklären, dass Severos einerseits zwar Miaphysit, andererseits aber deutlich „Grieche“ war – und eben nicht Kopte oder Syrer? 122 Das Rundschreiben Leons zur Umfrage über den Glauben von Chalkedon und die Ordination des Timotheos Ailuros überliefern Euagr. HE 2,9; Ps.-Zach. HE 4,5. Gesammelt ist die Korrespondenz im Umfeld dieser Glaubensumfrage im sogenannten Codex Encyclius. Eine große Zahl an Antworten findet sich in ACO II.5, 24,29–98,4. Einzig Amphilochius von Sidon lehnte Chalkedon, aber auch Timotheos Ailuros, ab. Vgl. Euagr. HE 2,10; Ps.-Zach. HE 4,7. Die Aussagekraft der Sammlung ist jedoch umstritten, weil sie, wie BECK 1975, 6 darlegt, nicht komplett überliefert ist. GRILLMEIER 21991, 221–66 betont in seiner intensiven Analyse des Codex aber, dass die Briefe insgesamt Leon immerhin dazu veranlasst hätten, Chalkedon zu stützen. Die Antworten wertet er dabei vor allem als Zeugnis reichskirchlicher Denkmuster der Bischöfe (231–8): Da die Kirche noch nicht die Erfahrung kaiserlicher Eigenmächtigkeit gemacht habe, sei der Episkopat bereit gewesen, seine Position zum Bekenntnis am kaiserlichen Willen auszurichten. Diese Feststellung ist nicht grundsätzlich falsch und wird auch von FREND 1972, 59 getroffen, übersieht aber, dass Leon gar keine Stellung bezogen hatte.  

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II. Hinleitung

Ein Begleitschreiben des Anatolios hatte wohl eine wichtige Rolle bei dieser Meinungsbildung gespielt. Der Bischof von Konstantinopel hatte kein Interesse daran gezeigt, Chalkedon, und damit auch den Kanon 28, von Alexandria infrage stellen zu lassen – und das schon gar nicht von Timotheos Ailuros, der ihm als Mörder des von ihm selbst geweihten Proterios galt.123 Auch Papst Leo sah sich zu einer deutlichen Verteidigung seines Lehrprimats von Chalkedon genötigt, immerhin hatte der neue Kaiser, anders als Markian, offensichtlich nicht mehr die unbedingte Durchsetzung der Synode von 451 zum Ziel.124 Ein besonderes Anliegen war es Leo, mit der Autorität der sedes Petri eine von den ägyptischen Miaphysiten offenbar vehement geforderte retractatio Chalkedons zu verhindern. So forderte er Anatolios auf, dafür zu sorgen, ut […] statuta sanctae synodi Calchedonensis manere inuiolata.125 Leo verwahrte sich sogar dagegen, mit den Ailuros-Anhängern auch nur zu verhandeln.126 Da die dogmatischen Beschlüsse Chalkedons ein römischer Erfolg waren, musste der Papst sie jeder Anfechtung entziehen. Dies galt für Leo wie für seine Nachfolger. Es kam daher zu einer römischen Versteifung auf Chalkedon, in der Rom zunehmend die spezifischen kirchlichen Verhältnisse des Ostens aus den Augen verlor.127 Die ohnehin vorhandenen beiderseitigen Vorurteile verfestigten sich also durch die römische Weigerung, über Glaubensfragen auch nur zu reden, zusätzlich. Kaiser Leon wurde durch seinen päpstlichen Namensvetter darüber hinaus dazu angehalten, mit seiner kaiserlichen Sanktionsmacht gegen Timotheos Ailuros einzuschreiten.128 Leon forderte diesen daraufhin auf, ein neues, präzisiertes Lehrschreiben Leos zu billigen. Als der Ägypter aber statt einer Billigung eine Gegenschrift verfasste, wurde er vom Kaiser aus Alexandria vertrieben und an seiner Stelle der Chalkedonier Timotheos Salophakiolos zum Nachfolger des Proterios  

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Zum Codex Encyclius auch: BLAUDEAU 2006a, 148–72; BRENNECKE 1998, 30–2; SIEBEN 1979, 258–63. Mit MOELLER 1951, 667 f. erste Spuren eines Neochalkedonismus zu entdecken, ist verfrüht. Zu diesem Schreiben: Ps.-Zach. HE 4,7 f. Auch Leo hatte sich mit einem Rundschreiben an mehrere führende Bischöfe des Ostens gewandt: Leo M. epist. 149 f. (ACO II.4, 97,31– 98,25). Leon war offensichtlich bereit, in Bekenntnisfragen den Weg der stärkeren Partei zu gehen. Vgl. HAACKE (R.) 1953, 111 f. Damit wies er bereits deutlich in die nähere Zukunft kaiserlicher Bekenntnispolitik. Leo M. epist. 157 (ACO II.4, 109,14 f.). Die Pläne für eine Reichssynode waren eine direkte Gefahr für den römischen Primat. Leo M. epist. 162 (ACO II.4, 106,10 f.): nam nullo modo fieri potest ut qui diuinis audent contradicere sacramentis, aliqua nobis communione socientur. BRENNECKE 1998, 29 nennt es „wohl etwas weltfremd“, dass Leo forderte, Timotheos Ailuros einfach abzusetzen und zu ersetzen. Allerdings dürfte die „Welt“ auch keine maßgebliche Kategorie für die Linie Roms gewesen sein. Leo M. epist. 156 (ACO II.4, 101,33–104,19), bereits vom 1. Dezember 457. Dieser Brief an den Kaiser war bemerkenswert lang und bemerkenswert scharf, was zeigt, wie nervös Rom war. Vgl. KLINKENBERG 1952, 97–102.

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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bestellt.129 Dieser war jedoch so deutlich Bischof von Konstantinopels Gnaden, dass er niemals breite Zustimmung in seiner Bischofsstadt erfahren konnte. Einer Aussöhnung mit der antichalkedonischen Mehrheit der ägyptischen Kirche stand abermals Rom im Weg: Timotheos Salophakiolos war zwar bereit, Dioskor in die Diptychen der Kirche aufzunehmen, Leo aber zwang ihn, auf solche Maßnahmen zu verzichten.130 Auch in Syrien kam es nun zu Unruhen. Um 470 usurpierte ein gewisser Petros Knapheus mit Unterstützung einiger lokaler Mönche und des späteren Kaisers Zenon den Bischofssitz von Antiochia, nachdem man Bischof Martyrios dazu hatte drängen können, sein Amt niederzulegen.131 Zwar scheint es Petros Knapheus noch nicht unmittelbar um Chalkedon gegangen zu sein, sondern eher um eine liturgische Ergänzung des Trishagion durch die theopaschitische Formel ὁ σταυρωθεὶς δί ἠμᾶς. Diese wies jedoch durchaus bereits in eine miaphysitische Richtung und sollte später geradezu zum miaphysitischen Schibboleth werden. Dass wir für den Moment in Antiochia also noch von keinen unmittelbaren Streitigkeiten um Chalkedon hören, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Knapheus um   129 Das neue Lehrschreiben, der Tomus secundus (Leo M. epist. 165 [ACO II.4, 113,1–119,14]; griechisch: Cod.Vat.gr.1431, 56–62), war konziliant und ging stark auf kyrillische Positionen ein. Vgl. BLAUDEAU 2006d, 197; GRILLMEIER 21991, 171–96; HOFMANN 1953, 31–3; MARAVAL 2001b, 127. Sein Scheitern war nach BLAUDEAU 2001d, 1076 unzweifelhaft Ergebnis der Übersetzung von πρόσωπον mit persona. Zur Ablehnung des neuen Lehrschreibens Leos durch Timotheos Ailuros: Euagr. HE 2,10; Ps.-Zach. HE 4,6. Zur Einsetzung des Timotheos Salophakiolos: Ps.-Zach. HE 4,10. 130 Vgl. die Hinweise in Avell. 61,3; 63,2–5. Siehe auch: Ps.-Zach. HE 4,10. Auf diese Versöhnungsbereitschaft des Timotheos Salophakiolos weist auch Liberat. 16,108 f. hin. Für die Chalkedonier in Ägypten, die ja ebenfalls Erben des Kyrill waren, ist davon auszugehen, dass ihnen in Chalkedon die Abgrenzung Nestorios gegenüber wichtiger war als die Eutyches gegenüber. In Rom waren die Verhältnisse umgekehrt. Vgl. CHADWICK 2007, 46. HAAS 1997, 318 f. weist darauf hin, dass es Timotheos Salophakiolos im Gegensatz zu seinem Rivalen Timotheos Ailuros, der die Gebeine Dioskors nach Alexandria überführte und Timotheos Salophakiolos später sogar eine Rente zugestand, nicht geschafft habe, stabile Patronagebeziehungen aufzubauen. Wie wichtig solche Beziehungen sein konnten, zeigt BROWN 1992, 89– 103 – auch wenn er nur die Zeit bis Theodosios I. betrachtet –, der den Bischof als „lover of the poor“ und damit als zentralen städtischen Patron charakterisiert. Vgl. Anm. 221. 131 Theod.Anagn. HE epit. 390; Theophan. a.5956 (463/64). Zur Biographie des Petros Knapheus: GRILLMEIER 22004, 297–301. REDIES 1997, 212 f. legt großen Wert auf die Beteiligung Zenons, den er damit als Chalkedon-Gegner erweisen will. BRENNECKE 1998, 33 f. hingegen hält es für fraglich, inwieweit christologische Erwägungen Zenon dazu gebracht hätten, Petros Knapheus zu helfen. FELD 2006, 287–9 mutmaßt, dass Zenon von Petros Knapheusʼ Popularität habe profitieren wollen. Dies ist aber ebenfalls zu voraussetzungsreich. Zenon selbst war aus Isaurien nach Konstantinopel gekommen, wo er 466 zum comes domesticorum und wenig später zum Gatten der Kaisertochter Ariadne gemacht wurde. Gegen ELTON 2000, 401–4, der sich gegen ethnisch begründete Monokausalitäten wendet, meint FELD 2006, 237–44, dass Leon den Isaurier Zenon als Gegenpol zum Germanen Aspar nutzen wollte. Ähnlich: LIPPOLD 1972, 154. Beide folgen damit dem geradezu klassischen Aufsatz von BROOKS 1893. Zur frühen Karriere Zenons vgl. auch ELTON 2000, 396 f.; GRAY 1979, 23 f.; HARRISON 1981; HELLENKEMPER – HILD 1990, 40.

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II. Hinleitung

470 zumindest als „Protomiaphysit“ gelten musste.132 Diesmal reagierte Kaiser Leon aber schnell und ließ Petros Knapheus absetzen. Die Hauptstadt war politisch wie kirchlich nicht gewillt, die Kontrolle über die syrische Metropole zu verlieren.133 Trotzdem lässt sich feststellen, dass die Miaphysiten insgesamt gestärkt aus der Regierungszeit Leons hervorgingen. Auch wenn ihnen weiterhin die kaiserliche Anerkennung verwehrt blieb, etablierten sie sich doch in wichtigen Zentren des Reichs. In Alexandria war es ihnen mit der Weihe des Timotheos Ailuros sogar gelungen, eine Hierarchie zu begründen: Der Großteil der Gemeinde harrte der Rückkehr „seines“ Bischofs Timotheos Ailuros, der auch aus dem Exil heraus keineswegs aufhörte, gegen Chalkedon zu polemisieren.134 Der Chalkedonier Timotheos Salophakiolos vermochte sich demgegenüber nicht durchzusetzen. In Antiochia hatte Petros Knapheus für seinen protomiaphysitischen Erweiterungsvorschlag zum Trishagion so viele Mönche mobilisiert, dass er zumindest kurzzeitig das Amt des Bischofs übernehmen konnte. Einzig die Bischöfe von Rom und Konstantinopel hielten sich noch einigermaßen konsequent an die Beschlüsse der Synode von 451.135 Dass aber auch zwi  132 Zur Liturgieergänzung durch Petros Knapheus: Theod.Anagn. HE epit. 390; Theophan. a.5956 (463/64, 113,24–7). Die Nutzung der Liturgie zur Popularisierung theologischer Anliegen ließ Petros Knapheus schnell Anhänger finden. Vgl. DOWNEY 1961, 485 f.; ESBROECK 2000. Zum Trishagion weisen BECK 1975, 1–3 und MENZE 2008, 165–75, v. a. 166–9 darauf hin, dass dieses auf die Trinität oder auf Christus bezogen werden kann. Nur im Bezug auf die Trinität sei der Zusatz aber deutlich miaphysitisch. In Antiochia aber war die Formel auf Christus bezogen, was eine klare Identifizierung der frühen dogmatischen Position des Petros Knapheus schwierig macht. Vgl. auch HALLEUX 1963b, 31–9. GRILLMEIER 22004, 301–3 zeigt, dass Petros Knapheusʼ Trishagion-Zusatz erst nach seiner Annahme des Henotikon zum „Schibboleth“ der Miaphysiten geworden sei. Das heißt aber nicht, dass er nicht schon vorher dieser Linie nahe gestanden und sie auch befördert haben könnte. WIRTH 1990, 81 jedenfalls, der behauptet, die miaphysitische Partei habe sich erst unter Kaiser Anastasios gebildet, setzt zumindest insofern zu spät an, als schon Timotheos Ailuros grundlegende Theologoumena der späteren Miaphysiten formuliert hatte. 133 Zenon musste verkünden, dass die syrischen Mönche ihre Klöster nicht verlassen und in Antiochia leben dürften, es ihnen ferner verboten sei, über dogmatische Fragen zu disputieren und Tumulte zu erregen: Cod.Iust. 1,3,29. Schon in Chalkedon war es dem Mönchtum gegenüber zu einer begrenzenden Gesetzgebung gekommen. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Kanones 3, 4, 8, 18 und 23 (COD, 64,18–65–4; 65,5–41; 67,1–17; 71,25–36; 73,17–74,7). Vgl. SUERMANN 1998, 260 f.; UEDING 1953, 600–20. RIEDINGER 1961/62, 149–52 bezieht auch Cod.Iust. 1,3,30, ein Gesetz Leons gegen simonische Bischofserhebungen vom 8. März 469, auf Petros Knapheus. 134 Vgl. Ps.-Zach. HE 4,11. EBIED – WICKHAM 1970, 332–69 (Tim.Ail. epist.) und DIESS. 1985, 120–66 (Tim.Ail. c.Chal.) geben Texte und Briefe, jeweils mit Übersetzung, des Timotheos Ailuros heraus, die als Beispiele für sein Wirken gegen Chalkedon gelten können. Er erscheint hier zwar als dogmatisch moderat und disziplinarisch versöhnungsbereit, positioniert sich aber trotzdem deutlich gegen Chalkedon. Zu den weiteren Schreiben des Timotheos Ailuros: LEBON 1909, 93–111. 135 Für Akakios sind miaphysitische Sympathien nicht auszuschließen. Vgl. Ps.-Zach. HE 4,11. SCHWARTZ 1934, 198 stellt zwar fest, dass der Bischof von Konstantinopel niemals ein über 

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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schen ihnen die Spannungen zunahmen, zeigt sich an der Kritik Leos an Anatolios und am schwelenden Streit um den Kanon 28. Immer deutlicher erwies sich Chalkedon also als Katalysator der kirchlichen Polarisierung. Die weitgehende Nichtrezeption der Synode und die immer deutlichere Artikulation kirchlicher Opposition führten nun dazu, dass einzelne Kaiser den Kirchen das Heft des Handelns aus der Hand nahmen und eigenständig versuchten, das Problem der kirchlichen Ausdifferenzierung zu lösen. 4.4. Basiliskos (475/76): Bedrohung Chalkedons und Stärkung Konstantinopels Leons Nachfolger Zenon kam 474 an die Macht, musste jedoch bereits ein Jahr später aus Hauptstadt und Amt fliehen, nachdem sich Basiliskos, ein Schwager Leons, an die Macht geputscht hatte.136 Im Bestreben, seine frisch errungene Herrschaft durch die Förderung antichalkedonischer Gruppen zu sichern, rief Basiliskos Timotheos Ailuros aus seinem Exil nach Konstantinopel.137 Hier war der   zeugter Chalkedonier gewesen sei. Somit kann ihm Timotheos Ailuros näher gestanden haben als Timotheos Salophakiolos, der sich immerhin ebenfalls negativ über die Vorrechte Konstantinopels geäußert hatte. Allerdings konnte Timotheos Salophakiolos im Gegensatz zu Timotheos Ailuros diesen Vorrangansprüchen de facto nicht gefährlich werden: BLAUDEAU 1996, 112 f. Insbesondere REDIES 1997, 212–7 will Akakios als Anhänger des Timotheos Ailuros erweisen. Erst durch die Usurpation des Basiliskos und die Bedrohung seiner Rangansprüche (vgl. Kap. 4.4.) habe sich Akakios von dem Ägypter entfremdet. Vgl. Ps.-Zach. HE 5,1. Auch HOFMANN 1953, 35 f. will in Akakios und Zenon heimliche Miaphysiten erkennen. Ähnlich: FREND 1972, 170; GRAY 1978, 24–6. Ob der undeutliche Hinweis bei PseudoZacharias jedoch ausreicht, um einen solch weitreichenden Schluss zu ziehen, scheint fraglich. Zum Ersten waren die dogmatischen Linien gar nicht so sauber zu trennen, wie es die römisch dominierte Quellenlage Glauben machen will. Zum Zweiten mögen die Bewertungen ex post vom Henotikon beeinflusst worden sein. Selbst dieses war aber streng genommen nicht antichalkedonisch. Zum Dritten hängt eine entsprechende Bewertung des Akakios eng an der ähnlichen Bewertung des Zenon als Miaphysiten, die stark von dessen Unterstützung des Petros Knapheus geprägt ist. Worauf diese aber fußte, ist unklar. Vgl. BRENNECKE 1998, 32–4, der sich verwundert zeigt, dass große Teile der Forschung Schwartz ausgerechnet in diesem Punkt gefolgt sind. 136 Zum gescheiterten Herrschaftsübergang von Leon auf Zenon: Euagr. HE 3,3; Malal. 14,46 f.; Ps.-Zach. HE 5,1; Theophan. a.5966 (473/74, 120,1–9). Vgl. auch FEISSEL 2006, 191–3. So wie ELTON 2000 bezweifelt, dass die Isaurier von Leon als Gegengewicht zu Aspar eingeführt worden seien (Anm. 131), bestreitet er, dass Zenons isaurische Herkunft für die Usurpation des Basiliskos eine entscheidende Rolle gespielt habe (397 f.). Illus, der ebenfalls Isaurier war, stand jedenfalls zunächst aufseiten des Basiliskos. KRAUTSCHICK 1986, v. a. 349–53 meint, Basiliskos habe in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Odovacer gestanden, der just zur selben Zeit die Macht im Westen an sich gerissen hatte. Aus gutem Grund wurde das von BRANDES 1993 bestritten, was ihm polemische Kritik von KRAUTSCHICK 1995 eingebracht hat. FELD 2006, 53 f. hat sich in jüngerer Zeit grundsätzlich aufseiten von Brandes positioniert. 137 Euagr. HE 3,4; Ps.-Zach. HE 5,1.

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II. Hinleitung

Miaphysit an der Abfassung des Enkyklion des Basiliskos, des Kerndokuments einer antichalkedonischen Renaissance, beteiligt. Das Enkyklion stand im Rang eines kaiserlichen Gesetzes, erkannte die Synoden von Nizäa, Konstantinopel und Ephesos I an, verfluchte Chalkedon aber deutlich als illegitime Neuerung des Glaubens. Die synodale Entwicklung wurde damit auf einen vorchalkedonischen Stand zurückgeschraubt, den Bischöfen des Reichs das kaiserliche Bekenntnisedikt zur Billigung vorgelegt.138 Auch bezüglich der Hierarchie machte sich Timotheos Ailuros daran, den kirchlichen Status quo ante wieder herzustellen. Zusammen mit einer Synode in Ephesos entwand er den dortigen Bischof Paulos der Jurisdiktion Konstantinopels und setzte ihn gegen den nun kassierten Kanon 28 wieder in seine vollen metropolitanen Rechte ein.139 Nachdem Timotheos Ailuros schließlich in seine eigene Bischofsstadt zurückgekehrt war, bestürmte er den Kaiser, ein Reichskonzil einzuberufen, das sich nun auch mit voller synodaler Autorität gegen Chalkedon wenden sollte.140 Abermals zeigt sich ein Handlungswiderspruch: Als Bischof einer apostolischen Kirche war Timotheos Ailuros entschlossen, gegen Konstantinopel die politisch begründete Verfasstheit der Kirche zu bekämpfen. Dieser Kampf war aber nur mit politischer Unterstützung überhaupt möglich.   138 Vgl. Cod.Vat.gr.1431,73 (49,1–51,30); Euagr. HE 3,4; Ps.-Zach. HE 5,2. Zur Entstehung, zum Inhalt und zur Überlieferung des Dokuments vgl. in erster Linie BLAUDEAU 2003, 156– 63. Siehe auch: DOVERE 1985, 168–80; FREND 1972, 169–74; GRILLMEIER 21991, 271–4. In der Eigenperspektive war Chalkedon keine Neuerung, sondern eine „Verteidigungsschrift der fides Nicaena“ (SIEBEN 1979, 255). Vgl. beispielsweise ACO II.1,2, 128,15–9. Erst in der Rezeption erwiesen sich also angeblich illegitime Neuerungen. PIETRI 1985, 869 bringt den gegenseitigen Vorwurf auf eine griffige Formel: „L’hérétique est un novateur et l’hérésie se pose comme une rupture.“ Gelasius dreht in Avell. 99,17 (447,1–3) die Ereignisse um: tunc denique [sc. nach dem Enkyklion] Timotheus ille damnatus accepta libertate Constantinopolim uenit et damnatos haereticos locis suis reddidit. Zwar trifft diese Darstellung des Zusammenhangs der einzelnen Maßnahmen wohl nicht zu, ist aber für die Frage bezeichnend, wie bewusst Basiliskos den Umschwung einleitete. Denn die anderen Quellen sehen in der Regel eine Beeinflussung des Kaisers durch Timotheos Ailuros. Solcherart Vorwürfe sind „heterodoxen“ Kaisern gegenüber jedoch geradezu topisch. Vielmehr muss von einer bewussten Neuorientierung des Basiliskos ausgegangen werden, gingen die folgenden Maßnahmen doch weit über die bloße Rückkehr des Timotheos Ailuros hinaus. Zur flächendeckenden Annahme des Dokuments im Osten: JONES 1964, 227. 139 Euagr. HE 3,6; Ps.-Zach. HE 5,4. Die christologische war untrennbar mit der ekklesiologischen Frage verbunden, sodass dieser Schritt unumgänglich war. Vgl. BLAUDEAU 1996, 131–3; HORN 1991, 261 f. Wenn im Übrigen für die Frage, wer ein Patriarch war, nicht das Territorium, sondern die jurisdiktionelle Unabhängigkeit entscheidend war, wie HONIGMANN 1950, 272 f. meint, hatte die Synode Ephesos sogar in patriarchale Rechte eingesetzt. 140 Ps.-Zach. HE 5,5. Sogar Papst Simplicius hatte in Rom von diesen Plänen gehört, wie in seinen Schreiben an Basiliskos (Avell. 56,10 [128,8–14]) und Akakios (Avell. 58,6 [132,14–21]) deutlich wird. Auch Timotheos Ailuros hatte also Vorbehalte gegen das kaiserliche Vorgehen, wollte er seine faktische Neuordnung doch auch kirchenintern absichern. Dass das Konzil in Jerusalem zusammentreten sollte, mag eine Reminiszenz auf Timotheos Ailurosʼ Vorgänger Athanasios sein, der sich 337 ebenfalls in Jerusalem hatte rehabilitieren lassen.

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Auch Basiliskos befand sich in einem Dilemma. Seine Bekenntnispolitik sollte seiner Herrschaftssicherung dienen. Gerade dort aber, wo er Unterstützung am nötigsten hatte, in seiner Residenzstadt Konstantinopel, fand er diese nicht. Bischof Akakios, der Nachfolger des Anatolios, zeigte sich entschlossen, sich gegen die von Alexandria ausgehende kirchliche Neuordnung zu wenden. Da eine Kassation Chalkedons auf die Schwächung des Bischofs von Konstantinopel hinauslief, verweigerte Akakios dem Enkyklion seine Zustimmung. Spätestens als die Synode von Ephesos die Vorrechte des Hauptstadtbischofs daraufhin direkt angriff, kam es zu Unruhen in Konstantinopel. Ob Akakios ihr Urheber war, ist unklar. Zumindest setzte er sich an die Spitze revoltierender Mönche und des sich diesen anschließenden Kirchenvolkes. Als der Patriarch sich auch noch der Unterstützung durch den hoch angesehenen Styliten Daniel versichern und diesen sogar dazu bewegen konnte, in Konstantinopel einen Demonstrationszug für Chalkedon anzuführen, geriet Basiliskos so sehr unter Druck, dass er zunächst fliehen und dann seine Orthodoxie beteuern musste.141 Die Unruhen in Konstantinopel bedrohten den Kaiser so unmittelbar, dass dies mit der Beruhigung in anderen Regionen des Reichs durch das Enkyklion nicht auszugleichen war. Weil der geflohene Zenon gleichzeitig immer mehr Anhänger um sich versammelte, musste Basiliskos handeln und erließ ein Antenkyklion, welches die Maßnahmen des Enkyklion zurücknahm, ohne dabei aber explizit zu benennen, was genau damit wieder in Kraft gesetzt werden sollte. Da insbesondere der konstantinopolitanische Bischof Akakios Basiliskos unter Druck gesetzt hatte, nahmen die Abrogationsbestimmungen weniger Bezug auf dogmatische als auf hierarchische Bestimmungen. Die Worte Chalkedon und Tomus Leonis jedenfalls sucht man vergebens. Insofern stärkte das Antenkyklion weniger die Synode von 451 im Allgemeinen als die Rangrechte des Bischofs von Konstantinopel im Speziellen.142 Trotzdem konnte der Usurpator den Zusammenbruch seiner Herrschaft nicht mehr verhindern.143   141 Zum Aufstand in Konstantinopel gegen Basiliskos: Euagr. HE 3,7; Ps.-Zach. HE 5,5; Sym. Metaphr. VD 72–84; Theod.Anagn. HE epit. 406; Theophan. a.5967 (474/75). Laut Theophan. a.5968 (475/76, 122,21–30) schloss sich Akakios dem Widerstand der Mönche und des Kirchenvolkes lediglich an. Die These, er sei nur wegen der Rangrechte geradezu widerwillig in den Widerstand getreten (REDIES 1997, vgl. Anm. 135 dieser Arbeit), bezeichnet BRENNECKE 1998, 36 jedoch als „groteskes Mißverständnis“. Vielmehr müsse die Synode von Ephesos bereits die Reaktion auf seinen Widerstand gewesen sein. Damit sieht er Akakios als treibende Kraft hinter dem Aufstand. Auch wenn zutrifft, dass sich Akakiosʼ Widerstand nicht allein aus hierarchischen Gründen ergab, so darf man doch angesichts der folgenden Entwicklungen davon ausgehen, dass diese die maßgebliche Rolle für ihn spielten. Vgl. auch BLAUDEAU 2003, 163–8. Das muss nicht gleichzeitig heißen, dass sich Akakios den Aufständen nur zögerlich angeschlossen hätte: Auch aus hierarchischen Motiven heraus kann er frühzeitig die Führung übernommen haben. Jedenfalls kommt auch in der Kirchengeschichte dem Glauben nicht immer der Erklärungsprimat zu. Zu Daniel Stylites und seiner Vita: BRENNECKE 2002; DERS. 2007, 117–21; LANIADO 1991, 166–8. 142 Überliefert ist das Antenkyklion in Cod.Vat.gr.1431,74 (52,1–20) und bei Euagr. HE 3,7. Dass Basiliskos überhaupt nachgeben konnte, ist wiederum ein Indiz dafür, dass Akakios vor allem  

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II. Hinleitung

So scharf Akakios auf das Enkyklion reagiert hatte, so zurückhaltend zeigte er sich darin, den Bischof von Rom um Unterstützung zu bitten. Der Hauptstadtbischof strebte danach, die Krise Chalkedons alleine zu meistern, um sich damit im Osten zu einer Garantiemacht für die Synode aufzuschwingen und seine hierarchischen Ansprüche einmal mehr in die Praxis zu überführen. Hinzu kam eine fortgeschrittene Verstimmung zwischen den Kirchen von Rom und Konstantinopel, die nicht zuletzt auch Differenzen hinsichtlich des Verständnisses über die beiderseitig invozierten Ordnungsbestandteile von Chalkedon berührte. Rom sah in den Maßnahmen des Basiliskos in erster Linie eine Gefahr für die Anerkennung des Tomus Leonis, während es über die Kassation des Kanon 28 in Ephesos wohl kaum betrübt war.144 Es waren erst die Mönche Konstantinopels, die Papst Simplicius über die Rückkehr des Timotheos Ailuros informierten und ihn darauf hinwiesen, dass sich der miaphysitische Führer für ein neues Konzil stark mache.145 Eine solche Synode hätte durch ihre episkopale Teilhabe die in Chalkedon festgeschriebene römische Lehrautorität noch mehr bedroht, als es das kaiserliche Enkyklion an sich schon tat. Ohnehin war Rom zu keinen neuen dogmatischen Verhandlungen bereit. Nun musste der Papst aber zusätzlich verhindern, dass die Bestimmungen der Synode nach ihrer politischen Kassation auch synodal abrogiert wurden. Simplicius sandte daher mehrere Briefe in die Hauptstadt, in denen er die Exilierung   zugunsten seiner Rangrechte in den Aufstand getreten war. Die Bedrohung dieser Rechte war aber erst nachträglich ins Enkyklion eingeschrieben worden, nämlich in Ephesos. Vgl. SCHWARTZ 1934, 188. Das Antenkyklion war also ein Kompromiss, der nicht auf den Stand von vor 475 zurückging, sondern nur Konstantinopel in seinen Rangrechten restituierte: BLAUDEAU 2003, 168–171. Ähnliche Wertungen: DERS. 1996, 116; GRILLMEIER 21991, 276. Insofern gehen EBIED – WICKHAM 1970, 327 am eigentlichen Punkt vorbei, wenn sie feststellen, Akakios hätte Basiliskos gezwungen, seine dogmatische (!) Unterstützung des Timotheos Ailuros fahren zu lassen. 143 Zum Zusammenbruch der Usurpation vgl. die chronologischen Überlegungen bei REDIES 1997, 215–9. Daneben: CROKE 1983b, 83–5. JONES 1964, 225 zählt gleich eine ganze Reihe an Gründen dafür auf, dass Basiliskos die Unterstützung aller maßgeblichen Träger seiner Herrschaft verlor. Das Enkyklion ist dabei nur einer von vielen. In die chalkedonischen Quellen ging Basiliskos nun als Tyrann ein, Akakios jedoch als Vorkämpfer der Orthodoxie. Die miaphysitischen Quellen, wie Zacharias Rhetor, haben eine positivere Sicht auf Basiliskos und Timotheos Ailuros, die Stabilität in die Kirche gebracht hätten. Zur Rezeption des Basiliskos in den Quellen: BLAUDEAU 2003, 171–80. 144 Diesen Kanon hatten die Päpste niemals angenommen. 145 In einem Schreiben an Akakios weist Simplicius auf diesen zumindest ungewöhnlichen Weg der Information hin: Avell. 58,1. Akakios musste die Wendung seiner Archimandriten nach Rom dulden. Er konnte sie zumindest nicht verhindern, ohne seinen Rückhalt in Konstantinopel zu riskieren. Simplicius wiederum nahm Akakios den Mönchen gegenüber in Schutz, da er seinerseits kein Interesse daran haben konnte, den vereinten Widerstand der Hauptstadt zu schwächen: cuius [sc. Akakios] in tanta re accusandum silentium non putamus, quia scientes fidem probatissimi sacerdotis certum tenemus suum non esse, quod tacuit (Avell. 59,7 [135,12–5]).

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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des Timotheos Ailuros forderte und klarstellte, dass Chalkedon nicht verhandelbar sei.146 Mit direkten Vorwürfen Kaiser Basiliskos gegenüber hielt sich der Papst dabei zurück, bezeichnete aber dessen Vertrauten Timotheos Ailuros als Mörder, Kain und Antichrist, der nach dem Vorbild der kaiserlichen Vorgänger Markian und Leon zu bestrafen sei.147 Gegenüber Akakios zeigte sich Simplicius irritiert darüber, nicht direkt von ihm über die Vorkommnisse informiert worden zu sein. Da in Rom bezüglich Akakiosʼ Bereitschaft, das Dogma von Chalkedon – nicht bloß Kanon 28 – zu verteidigen, Unklarheit herrschen musste, ging Simplicius vergleichsweise ausführlich darauf ein, dass das Konzil und seine Ergebnisse nicht zur Debatte ständen.148 Der Papst konnte also das unbedingte Eintreten der Hauptstadtakteure für Chalkedon nicht mehr voraussetzen, was zu einem gesteigerten Misstrauen führte. So erinnerte Simplicius Zenon nach dessen Rückkehr daran, dass es die Kirche gewesen sei, die seinen Rivalen vertrieben hätte, und fügte in beschwörendem Unterton an: successorem regiae potestatis legitimum ac diuinitus adtributum eum fore sine dubio, qui illorum fidei perstiterit imitator.149 In der Tat kam es unter dem siegreich zurückgekehrten Zenon zu einer Restauration Chalkedons, nicht zuletzt deshalb, weil Basiliskos seine Herrschaft so

  146 Schon Leo hatte sich gegen ein solches Konzil ausgesprochen: Anm. 125 f. Seine Position blieb auch für seine Nachfolger leitend. Vgl. KLINKENBERG 1952, 50–107, hier v. a. 97–107. Zur Chronologie der Simplicius-Briefe in der Collectio Avellana: GÜNTHER 1896, 127–34. 147 Der Brief an Basiliskos, Avell. 56, ist fälschlicherweise als Brief an Zenon in die Überlieferung eingegangen. Zu den Beleidigungen Timotheos Ailuros gegenüber: Avell. 56,2 (125,4– 6: parricida, Cain); 56,4 (126,1: antichristus). Markian und Leon hätten sich, so der Papst mahnend, stets den Ratschlägen Roms gebeugt. Vgl. Avell. 56,6. Dass auch Markian auf Grundlage des Kanon 28 gehandelt hatte und Leons Glaubensumfrage keineswegs im Sinne der Päpste gewesen war, wird hier mehr oder weniger elegant verschwiegen. PROSTKO-PROSTYŃSKI 2000, 262 f. weist darauf hin, dass Simplicius Basiliskos trotz allem als rechtmäßigen Kaiser apostrophiert. 148 Vgl. als Beispiel Avell. 58,3 (131,12–4): unde quia sanctae memoriae praecessorum nostrorum extante doctrina, contra quam nefas est disputari […]. Auch Avell. 58,6, v. a. 132,23–6: […] abominabile esse contra sententias totius orbis domini sacerdotum et principum utriusque rectorum damnatos restitui, reduci exules, relegatos in causis nefariae conuersationis absolui. Zur Irritation darüber, nicht von Akakios persönlich informiert worden zu sein: Anm. 145. 149 Avell. 60,4 (137,8 f.). Es wurde nun gewissermaßen zu einer römischen Tradition, Zenon immer wieder an den Zusammenhang seiner Herrschaft mit der „Orthodoxie“ zu erinnern. Vgl. Avell. 60,3; Berol. 20 (69,1–7); 21 (70,23–5); 33 (82,16–8). STOCKMEIER 1959, 185–91 zieht die Konsequenz aus solchen, schon unter Leo auftauchenden Äußerungen: Wenn die Kirche wichtig für den Staat sei, dann müsse der Kaiser auch Religionspolitik treiben dürfen, da die Feinde der Kirche auch die Feinde des Staates seien. Das Papsttum in der Kirche und das Kaisertum im Reich standen insofern im Sinne von BOURDIEU 2000, 101 in einer Homologiebeziehung. Aus dieser Beziehung heraus kam Rom schwerlich zu einer per se negativen Beurteilung kaiserlichen Eingreifens in die Kirche.

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II. Hinleitung

eng an eine antichalkedonische Theologie gebunden hatte.150 Eine Konstitution kassierte die Erlasse des Usurpators und setzte Chalkedon staatlicherseits wieder in Geltung. Indem Zenon dabei en passant dem Bischof von Konstantinopel regiae urbis intuitu Privilegien zusprach, die ihn von einer bloßen Weihe- zu einer höheren Jurisdiktionsinstanz aufsteigen ließen und damit noch über Kanon 28 hinausgingen, ging aber vor allem Akakios gestärkt aus der Basiliskos-Episode hervor.151 Der Residenzbischof sorgte nun auch für die kirchliche Bereinigung der Situation: Paulos von Ephesos und der unter Basiliskos zurückgekehrte Petros Knapheus von Antiochia wurden abgesetzt.152 Insgesamt hatte die Usurpation des Basiliskos die Probleme der Kirche verkompliziert. Verschiedentlich werden die Jahre 475/76 als Meilenstein auf dem Weg der Entkirchlichung kaiserlicher Kirchenpolitik gewertet.153 Dies ist jedoch zu kaiserzentriert gedacht. Zwar ging Basiliskos mit dem Enkyklion weiter als seine Vorgänger, es war aber nicht in erster Linie die mangelnde kirchliche Legitimation des Dokuments, die die Widerstände hervorrief.154 Der Widerstand war für Konstantinopel hierarchisch, für Rom dogmatisch begründet. Sehr wohl aber   150 SCHWARTZ 1934, 189 f. weist auf die Notwendigkeit hin, mit der Zenon nun für Chalkedon Partei ergreifen musste. Ob er das auch von sich aus getan hätte, muss offen bleiben. 151 Vgl. Cod.Iust. 1,2,16: et eiusdem regiae urbis sanctissimam sedem privilegia et honores omnes super episcoporum creationibus et iure ante alios residendi et cetera omnia, quae ante nostrum imperium vel nobis imperantibus habuisse dignoscitur, habere in perpetuum firmiter regiae urbis intuitu iudicamus et sancimus. Zur Stärkung Konstantinopels: DOVERE 1988, 170–2; MARTIN (T.) 1953, 440 f. Auch dieser Konstitution mangelte es an synodaler Absicherung, was diesmal aber ohne Protest aus Rom und Konstantinopel blieb, da das Dokument Chalkedon wieder ins Recht gesetzt hatte. Es zeigt sich erstmals, dass auch Zenon bereit war, in inhaltliche und organisatorische Angelegenheiten der Kirche einzugreifen. Vgl. ULLMANN 1960, 27 f. 152 Euagr. HE 3,8. Die Bischöfe der Diözese Asia baten Akakios in einem bei Euagr. HE 3,9 überlieferten Brief um Verzeihung für ihren Abfall von Chalkedon. Die abermalige Absetzung des Petros Knapheus hatte dessen Mitstreiter Johannes Kodonatos genutzt, um sich kurzzeitig selbst zum Patriarchen von Antiochia zu machen, bevor auch er abgesetzt wurde: Theophan. a.5969 (476/77, 125,13–7). Vgl. SCHWARTZ 1934, 192. Einzig Timotheos Ailuros durfte im Amt verbleiben, starb aber bereits wenige Monate später: Euagr. HE 3,11. 153 Vgl. zum Beispiel BURY 1958, 403; DOVERE 1985, 187 f. Dabei wird das Enkyklion zumeist zusammen mit dem Henotikon betrachtet. Beide Dokumente weisen bezüglich des Zustandekommens in der Tat Parallelen auf. Die Basiliskos-Usurpation nahm also das Akakianische Schisma, auch argumentativ, in gewissen Teilen bereits vorweg. Hierzu auch BLAUDEAU 2003, 180–4. 154 Das Enkyklion war immerhin nicht gänzlich ohne die Beratung durch kirchliche Akteure entstanden. Und auch schon zuvor hatten sich Kaiser in kirchliche Interna eingemischt, man denke nur an das Dreikaiseredikt von 380. Vgl. BECK 1975, 75; RITTER 1982, 207 f. DOVERE 1985, 167 f. rückt das Enkyklion in die Nähe des sogenannten „datierten Bekenntnisses“ Konstantiosʼ II. von 359. Im Gegensatz zu Basiliskos und Zenon hatte Konstantios sein Bekenntnis aber im Nachhinein synodal breit absichern lassen. Das Dreikaiseredikt hatte, wie Zenons Konstitution, kirchliche Akteure zu Maßstäben des rechten Glaubens erhoben, nicht die kaiserliche Anordnung an sich. Damit stellte das Enkyklion eine neue Qualität kaiserlicher Eingriffe dar.

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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verschärfte das kaiserliche Glaubensedikt diese Widerstände, da es auch die dritte kirchliche Konfliktzone aktualisierte. Damit war die Herrschaft des Basiliskos jedoch vor allem ein Meilenstein auf dem Weg der Entfremdung der Großkirchen des Reichs voneinander. Die Spannungen der einzelnen Patriarchate untereinander – auch quer zu den rein dogmatischen Konfliktlinien – waren mehr als deutlich geworden. Die Sprengkraft der dogmatischen und hierarchischen Risse, genauso wie die Gefahr, die von ihnen für Kirche und Kaiser ausging, hatte sich deutlich gezeigt. 4.5. Versuch der Einheit: das Henotikon Zenons 482 Basiliskos hatte bewiesen, wie verbreitet die Unzufriedenheit mit den Beschlüssen von Chalkedon im Osten war. Daher unternahm Zenon gar nicht erst den Versuch, Timotheos Ailuros aus Alexandria zu vertreiben, auch wenn ihn Simplicius dazu ermahnte.155 Bereits im Sommer 477 aber starb der Ägypter. Vielleicht war dies aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und einer Kenntnis über mögliche Gebrechen für die Akteure der Hauptstadt absehbar gewesen – immerhin hatte sich Timotheos Ailuros noch wenige Monate zuvor in Konstantinopel aufgehalten –, sodass Zenon und Akakios lieber den nahen Tod des Miaphysiten abwarten wollten, als die Situation in Ägypten durch ein abermaliges Eingreifen noch weiter zu verschärfen.156 Danach aber befahl Zenon die Rückholung des Timotheos Salophakiolos. Inzwischen hatten die Miaphysiten jedoch Petros Mongos zum Nachfolger des Timotheos Ailuros geweiht.157 Es kam zu blutigen Unruhen in Alexandria. Zenon bestätigte daher per Edikt Timotheos Salophakiolos, verfügte die Ausweisung des Petros Mongos und forderte die dissidierenden Kleriker auf, sich Timotheos Salophakiolos anzuschließen.158 Diese kaiserlich geforderte innerkirchliche Integration Ägyptens scheiterte jedoch an der scheinbaren Unüberbrückbarkeit theologischer Gegensätze und daran, dass Petros Mongos sich in Alexandria versteckt hielt. Da Timotheos Salophakiolos seinen Widerstand nicht brechen konnte, wandte er sich um Unterstützung an Rom. Papst Simplicius forderte daraufhin Akakios und Zenon mehrfach auf, Petros Mongos ins Exil zu schicken und alle staatlichen Mittel im Kampf gegen die „Häretiker“ einzusetzen.159 Zumindest Rom hatte also Zwei  155 Avell. 60,6. 156 Vgl. Euagr. HE 3,11. 157 Liberat. 16,106. Rom stellt die Weihe, wenig überraschend, als unkanonisch dar: sed illo Timotheo damnato morte praeuento Petrus consors ipsius ab uno haeretico Alexandrinis episcopus ordinatur (Avell. 99,18 [447,8 f.]). Auch Akakios hielt die Umstände der MongosWeihe, zumindest bis 482, für höchst fragwürdig. Vgl. Veron. 4 (5,7–11). Auf Akakiosʼ Bericht wies Felix später in einem Brief an Zenon hin: Berol. 33 (81,25–82,3). 158 Die entsprechenden Edikte des Kaisers sind aus anderen Schreiben erschließbar. Vgl. Avell. 99,18; Berol. 20 (66,6–11); 21 (71,1–4); Liberat. 16,107 f.; Veron. 11 (34,14–8). 159 Vgl. zum Beispiel Avell. 62,4 (Brief an Zenon); 63,4 (Brief an Akakios).

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II. Hinleitung

fel, dass die Akteure der Hauptstadt wirklich alles daran setzten, ihn aufzuspüren. Ob diese Zweifel gerechtfertigt waren oder nicht: Fakt ist, dass Petros Mongos unauffindbar, zumindest aber unaufgefunden, blieb.160 Da Timotheos Salophakiolos offensichtlich bald fürchtete, dass Petros Mongos seinen nahenden Tod nutzen könnte, um sich endgültig als Bischof von Alexandria durchzusetzen, sandte er 481 eine Delegation unter Führung seines Ökonomen Johannes Talaia nach Konstantinopel, die den Kaiser um einen „orthodoxen“ Nachfolger bitten sollte. Zenon folgte der Bitte des Bischofs von Alexandria und sandte ein kaiserliches mandatum mit der Garantie auf einen „orthodoxen“ Bischof nach Alexandria.161 Als Timotheos Salophakiolos 482 starb, weihte der chalkedonische Klerus Ägyptens daraufhin Johannes Talaia zum Bischof. Angeblich hatte dieser aber noch in Konstantinopel einen Eid geschworen, nie Bischof werden zu wollen.162 Damit wäre er weit davon entfernt gewesen, die Anerkennung aus der Hauptstadt zu erlangen, die auch tatsächlich ausblieb. Ausschlaggebend dafür dürfte laut Pietri, der Bedenken gegen die Historizität des Eides erhebt, aber etwas anderes gewesen sein: Der angebliche Eid sei, wenn überhaupt, ein Ergebnis der engen Bindung Johannes Talaias an den magister officiorum Illus in Konstantinopel gewesen. Diese Verbindung habe Johannes Talaia nun – Eidbruch hin oder her – bei Zenon der Illoyalität verdächtig gemacht, da es mittlerweile zum offenen Bruch zwischen Illus und dem Kaiser gekommen war.163 Davon hatte Johannes Talaia aber offensichtlich keine Notiz genommen   160 Wieder gingen die grundsätzlichen Forderungen Roms damit an den östlichen Realitäten vorbei und führten damit zu neuen Verstimmungen. HAAS 1997, 320–2 weist darauf hin, dass Petros Mongos so breite Unterstützung in Alexandria hatte, dass er nicht einmal mehr zu fliehen brauchte. 161 Euagr. HE 3,12; Ps.-Zach. HE 5,6. Zu Johannes Talaia und seinem kirchlichen Werdegang: PIETRI 1987, 282–5. Zur Talaia-Mission nach Konstantinopel: LIPPOLD 1972, 180; PIETRI 1987, 285–7. Zur Bewilligung der alexandrinischen Bitten durch Zenon: Euagr. HE 3,12. Ein Spiegel der Ereignisse aus römischer Perspektive findet sich in Avell. 99,21; Berol. 20 (67,2– 6); 21 (71,7–14). 162 Vgl. unter anderem Ps.-Zach. HE 5,6. Verschiedene Quellen weisen im Zusammenhang mit der Weihe des Johannes Talaia auf Bestechungen hin. Vgl. zum Beispiel Joh.Nik. 88,60. Auch wenn dieser Vorwurf geradezu topisch ist, hatte die Korruption der Beamtenschaft doch nichtsdestotrotz ein Eigenleben entwickelt, das vom Kaiser kaum noch zu kontrollieren war: DEMANDT 1997, 157 f. 163 Auf diese Verbindung des Johannes Talaia zu Illus führt auch Ps.-Zach. HE 5,6 den Eid zurück. Ihm folgt PIETRI 1987, 288–91. Bereits LIPPOLD 1972, 180 f. und SCHWARTZ 1934, 195 f. liefern ähnliche Erklärungen: Johannes Talaia habe einen Eid schwören müssen, dies aber hauptsächlich wegen seiner Nähe zu Illus. Es sei auch möglich, dass es sich bei dem Eid nur um das durchaus gängige vorgebliche Sträuben gegen eine hohe Ehrung gehandelt habe. Deutlich für die Historizität des Eides sprechen sich unter anderem BECK 1980, 9 und BRENNECKE 1998, 41 f. aus. FRAISSE-COUÉ 2001, 179 lässt die Personalie des Illus sogar gänzlich aus der Erklärung heraus und nennt insofern tatsächlich nur den Eid. Illus stand 475 zunächst aufseiten des Basiliskos, lief dann zu Zenon über und verhalf ihm zur Rückkehr. In der Folge kam es aber zu einer fortschreitenden Entfremdung zwischen Zenon und ihm. Illus wich 482 als magister militum per Orientem nach Antiochia aus, wo es Ende 483 zum endgültigen  

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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und seine an Zenon und Akakios gerichteten Synodiken zur Verkündung seines Amtsantritts an Illus adressiert, der in der Hauptstadt ihre Zustellung garantieren sollte. Als der Bote des Johannes Talaia Illus, der sich nach Antiochia zurückgezogen hatte, in Konstantinopel nicht mehr antraf, zog er unverrichteter Dinge weiter, ohne Kaiser und Patriarch mit einem Schreiben zu bedenken. Ausgerechnet bei Illus in Antiochia aber wurde die Weihe ordnungsgemäß angezeigt.164 Dieser diplomatische Fauxpas führte dazu, dass Johannes Talaia als Bischof von Alexandria – immerhin eines der kirchlichen, politischen und ökonomischen Zentren des Reichs – für Zenon untragbar wurde.165 Plötzlich war Petros Mongos zu einer ernsthaften Alternative geworden.166 Zenon fasste in Absprache mit Akakios den Entschluss, Johannes Talaia durch ihn zu ersetzen, hatte doch eine Einheit der Kirche von Konstantinopel mit den Miaphysiten von Alexandria das Potential, die seit 451 immer wieder aufflackernde kirchliche Spaltung zu entschärfen. So drängte der Kaiser Petros Mongos und Akakios zu einem Kompromiss. Inspiriert durch Vorgänge in Palästina, wo Martyrios von Jerusalem mit der sogenannten „Palästinischen Union“ 478 die dogmatischen Streitigkeiten in seinen Kirchenprovinzen wirksam befriedet hatte167, er 

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Bruch und zur Revolte gegen Zenon kommen sollte, die aber überraschend schnell niedergeschlagen werden konnte. Zu Illus und dem Konflikt zwischen ihm und Zenon: Malal. 15,12–14; Theophan. a.5972–6 (479/80–83/84). Vgl. auch BURGESS 1992; BURY 1958, 394– 8; CLAUSS 1981, 161–3; ELTON 2000; FELD 2006, 269–76; HELLENKEMPER – HILD 1990, 40 f.; LEMERLE 1963, 320. Zum Amt des magister officiorum: CLAUSS 1981. Liberat. 17,111. PIETRI 1987, 288–91 folgt Liberatus in diesem Punkt. Der Afrikaner kann, zumindest für die Vorgänge in Alexandria, als zuverlässige Quelle gelten. Seiner Rekonstruktion der Geschehnisse ist eher zu folgen als dem Vorschlag von ENSSLIN 1947, 100, der gegen Liberatus davon ausgeht, dass Johannes Talaia von vornherein gar keine Anzeige nach Konstantinopel gesandt hätte. Dies gilt umso mehr, als dass Zenon häufig von Usurpationen bedroht wurde, nicht nur 475 durch Basiliskos, sondern auch 479 durch den Sohn des ehemaligen weströmischen Kaisers Anthemius, Markian: Theod.Anagn. HE epit. 419 f.; Theophan. a.5971 (478/79). MEIER 2009, 30–32 hält fest, dass die Neigung zur Illoyalität unter Zenon „geradezu groteske“ Ausmaße angenommen habe. Da Illus im Konflikt mit Zenon Chalkedon nutzte, um sich vom Kaiser und dessen Henotikon (hierzu s. u.) abzugrenzen, bekamen die kirchlichen Personalien des Johannes Talaia und des Kalandion eine unmittelbare politische Relevanz. In Konstantinopel hatten sich einige Mönche eingefunden, die sich für die Anerkennung des Petros Mongos stark machten und dem Kaiser damit einen Anlass für seinen Kurswechsel lieferten. Zenon weist im Henotikon direkt darauf hin: Cod.Vat.gr.1431,75 (53,10–2). Diese Union anerkannte Nizäa, Konstantinopel und Ephesos I, verzichtete aber auf die Verdammung Chalkedons. Überliefert ist sie nur in Ps.-Zach. HE 5,6 (191,8–25): Then everyone who holds or has held or has taught an opinion opposing the definition of the faith of our 318 holy fathers, the bishops [who assembled at] Nicaea, which the 150 believing and true bishops [who met] in the imperial city upheld and confirmed, as well as the Council of Ephesus, let him be condemned. If anyone holds another teaching or opinion that has [arisen] here or there, whether in Ariminum or in Serdica or in Chalcedon, or in any other place, then as the apostle says, “If anyone preaches to you other than who we have preached to you, let him be condemned (191,17–25). Auffällig ist, dass Chalkedon in eine Reihe mit dem Homöertum und der westlichen Synodaltradition gestellt wird. BLAUDEAU 2006a, 196 f. schließt daraus,

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II. Hinleitung

ließ Zenon am 28. Juni 482 ein Edikt, das Henotikon. Dieses nahm die Synoden von Nizäa, Konstantinopel und Ephesos I an, billigte die zwölf Anathematismen des Kyrill und verdammte Nestorios und Eutyches. Auf die ausdrückliche Verfluchung Chalkedons wurde zwar verzichtet, die Synode im Schlusssatz aber deutlich relativiert: πάντα δὲ τὸν ἕτερόν τι φρονήσαντα ἢ φρονοῦντα ἢ νῦν ἢ πώποτε ἢ ἐν Χαλκηδόνι ἢ ἐν οἱαιδήποτε συνόδωι ἀναθεματίζομεν […].168 Mit seiner mehr oder weniger neutralen Haltung zu Chalkedon reihte sich das Henotikon in eine längere Reihe theologischer Kompromissdokumente ein, die unter Bezug auf einen Status quo ante meist erfolglos versuchten, bereits geführte theologische Diskussionen auszublenden.169 So verzichtete Akakios auf die explizite Anerkennung der Synode von 451, während Petros Mongos auf ihre explizite Verdammung verzichtete. Damit konnte Zenon tatsächlich die Gemeinschaft zwischen Akakios und Petros Mongos herstellen. Johannes Talaia hingegen flüchtete nach Antiochia, das wegen Illus zurzeit nicht unmittelbar der Herrschaft des Zenon unterstand. Bischof von Antiochia war seit 479 Kalandion. Zenon selbst hatte dessen Weihe durch Akakios veranlasst, nachdem Bischof Stephanos in einem Streit mit den Anhängern des Petros Kna  dass das Bekenntnis von Chalkedon in Palästina als westliches Dokument aufgefasst worden sei. Dass die Union das Vorbild des Henotikon war, ist unstrittig. Vgl. FREND 1972, 174 f.; GRILLMEIER 21991, 284; WINKELMANN 1980, 98 f. 168 Cod.Vat.gr.1431,75 (54,12–4), aus dem griechischen Text des Henotikon, ediert in EBD., 52,21–54,21. Vgl. auch Euagr. HE 3,14. Eine lateinische Übersetzung gibt Liberat. 17,113–7, eine leicht gekürzte syrische Ps.-Zach. HE 5,8. Insbesondere der umstrittene Schlusssatz war nahezu wörtlich der Palästinischen Union entnommen. Durch diesen Schlusssatz sei das Dokument nur einen Schritt von der Ablehnung Chalkedons entfernt: GRILLMEIER 21991, 289. Trotzdem war der Anspruch Akakiosʼ und Zenons, Chalkedon nicht aufgehoben zu haben, formell nicht unberechtigt. Nach UTHEMANN 1999, 10–4 habe das Henotikon lediglich das eigentliche Anliegen Chalkedons, so wie es im Osten verstanden wurde, deutlich gemacht. BRENNECKE 1998, 43–7 stellt fest, dass das Dokument daher jede Anstößigkeit vermieden habe, sei es in der Naturenfrage oder bei der Verdammung Dioskors. Ähnlich argumentiert GRAY 1979, 28–34. Nichtsdestotrotz war das Dokument in seiner dogmatischen Anlage eher kyrillisch, was aber selbst für chalkedonische Gruppierungen kein größeres Problem darstellen konnte, da die Synode von 451 ihre Glaubensformel an Kyrillos gebunden hatte. Vgl. BLAUDEAU 2007, 77; MARAVAL 2001b, 133–5. Zum Henotikon auch: BLAUDEAU 2006a, 206–31; FREND 1972, 174–83; GRILLMEIER 21991, 285–90: HAACKE (R.) 1953, 117–24; MEIER 2009, 46–51; RITTER 1982, 273 f. 169 Im trinitarischen Streit war Konstantios II. damit gescheitert, den Begriff οὐσία, der immer wieder Anlass zum Streit bot, aus der Bekenntnistradition zu tilgen. Einmal eingeführt aber, ließen sich theologische Fragen augenscheinlich nicht mehr aus der Debatte ausschließen, da sie schließlich allein durch ihr Aufkommen auf wichtige Probleme hinwiesen, die dementsprechend auch zu klären waren. Inhaltlich stellten solche Dokumente keine Versöhnung verschiedener Positionen dar, sondern benannten lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner. Nach HAACKE (R.) 1953, 120–4 hat auch das Henotikon nur einen unterentwickelten und missverständlichen Stand von vor 451 formuliert. Vgl. in Bezug auf das Henotikon: LIPPOLD 1972, 201–4.

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pheus ermordet worden war.170 Kalandion erwies sich aber schon bald als dogmatischer Außenseiter im Osten: So klar wie er bezog kein Bischof Position für Chalkedon. Vielleicht hatten Zenon und Akakios ein chalkedonisches Gegengewicht zu den Entwicklungen in Alexandria schaffen wollen. Dies war ihnen eindrucksvoll gelungen. Jedoch erwies sich Kalandion selbst so sehr als Unruheherd, dass er die Entspannung der Situation ebenfalls nicht sonderlich vorantrieb.171 Als Illus 482 faktischer Herrscher über die Diözese Oriens und über Antiochia geworden war, wurde Kalandions Ausrichtung zum Politikum. Die Flucht des vermeintlichen Hochverräters Johannes Talaia unter die Protektion eines Rebellen und eines radikal-chalkedonischen Bischofs bestätigen das.172 Auch im Verhältnis zu Rom führten die Entwicklungen um das Henotikon zu Differenzen. Als Zenon in einer sakra Papst Simplicius vermeldete, dass Johannes Talaia des Bischofsamts unwürdig sei und daher Petros Mongos, der verspreche, die „orthodoxen“ Glaubensformeln anzunehmen, zum Patriarchen gemacht werden solle, war der Römer einigermaßen überrascht. Simplicius hatte bis dahin nur ein Synodikon erhalten, in dem eine ägyptische Synode die einstimmige Wahl und Weihe des Johannes Talaia angezeigt hatte. Erst im letzten Moment konnte Rom die schriftliche Anerkennung des Bischofs zurückhalten.173 Akakios hatte, wie

  170 Stephanos war von seinen Gegnern beschuldigt worden, ein Nestorianer zu sein. Nachdem ihn eine Synode in Laodikea freigesprochen hatte (Theophan. a.5970 [477/78, 126,5–9]), wurde er von seinen Gegnern umgebracht: Theophan. a.5973 (480/81, 128,17–24). Theophanes erwähnt einen zweiten Stephanos; hierbei dürfte es sich aber um eine Verwechslung handeln. Vgl. auch Euagr. HE 3,10; Malal. 15,6. 171 Schon rein sprachlich neigte Kalandion zum Radikalismus. Ps.-Zach. HE 5,9 (204,6–9) berichtet, dass Kalandion einen Brief an Zenon, Akakios und Simplicius sandte, calling Peter [of Alexandria] an adulterer, and he praised the Tome and the Council. He was devotedly attached to Nestorius because in his letter he called Cyril a fool. Bei der Einordnung solcher Aussagen ist selbstverständlich die dogmatische Ausrichtung des Berichtenden zu berücksichtigen. Pseudo-Zacharias rückt Kalandion explizit in die Nähe der Nestorianer, was aber von der Hand zu weisen ist. Problematisch für die Bewertung Kalandions erweist sich ferner, dass seine Positionen schon bald von den politischen Wirren um Illus überlagert wurden. Vgl. auch Euagr. HE 3,16. 172 So deutet Gelasius in Avell. 95,65 (392,5 f.) an, dass Kalandion Zenon aus den Diptychen seiner Kirche gestrichen habe. Er bringt diese Haltung des Antiocheners in Verbindung zu der Position des Johannes Talaia: Sed esto, Calendion imperatoris nomen abstulerit, Iohannes principi mentitus fuisse iactetur. Die Streichung des Zenon durch Kalandion wurde aber erst im Rahmen des Illus-Aufstands möglich und sicherlich auch gefordert. 173 Vgl. aus dem Brief des Simplicius an Akakios: […] cum ecce secundum consuetudinem mihi talia disponenti tranquillissimi principis scripta sunt reddita, quibus memoratum tamquam periurii reum, quod fraternitati quoque tuae non esse diceretur incognitum, sacerdotio perhiberet indignum. ilico retraxi pedem et meam reuocaui super eius confirmatione sententiam, ne quid contra tantum ac tale testimonium praepropere fecisse iudicarer (Avell. 68,2 f. [152,4–10]).

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II. Hinleitung

schon 475/76, seinen Amtsbruder nicht über die Entwicklungen informiert, worüber sich Simplicius nun massiv beschwerte.174 Dies war schließlich bei Weitem nicht die erste Meinungsverschiedenheit, die der römische Bischof mit Konstantinopel auszufechten hatte. Er hatte schon nicht billigen wollen, dass Zenon und Akakios sich nicht um die Entfernung des Timotheos Ailuros aus Alexandria gekümmert hatten.175 Mit seinen diesbezüglichen Befürchtungen und Warnungen behielt er letztlich recht, als Petros Mongos diesen Umstand nach dem Tod des Timotheos Ailuros nutzte, um mit seiner Weihe die miaphysitische Gegenhierarchie in Alexandria fortzuführen. Auch die Weihe des Kalandion durch Akakios, der damit abermals seinen Rangansprüchen innerhalb der östlichen Kirche Wirksamkeit verliehen hatte, barg Konfliktpotential. Im Wissen darüber hatten sich Zenon und Akakios beeilt, Rom persönlich über die Vorgänge zu unterrichten und sie mit der aktuellen Lage in Antiochia zu begründen. Simplicius war daher gar nichts anderes übrig geblieben, als die Weihe des Kalandion anzuerkennen. Er bemerkte dazu allerdings spitz, dass all das gar nicht nötig gewesen wäre, wenn man frühzeitig auf sein Drängen nach einer konsequenten Aburteilung der Miaphysiten gehört hätte.176 Genau hier lag das Problem: Sei es hinsichtlich der Entfernung des Timotheos Ailuros und des Petros Mongos aus Alexandria, sei es hinsichtlich der unkanonischen Weihe des Kalandion – Roms Forderungen verhallten meist ungehört. Erschwerend kam hinzu, dass Akakios dem Papst weiterhin fast jegliche Kommunikation verweigerte und der römischen Kirche damit ihre strukturelle Schwäche deutlich aufzeigte: Seitdem 476 das westliche Kaisertum untergegangen war, war auch der römische Einfluss auf die Vorgänge im Osten noch geringer geworden, hatte sich die römische Kirche noch weiter vom Osten entfernt. Ohne die ausblei-

  174 Neben den sich durch Avell. 68 ziehenden Beschwerden über das Schweigen des Akakios (68,1) zeigt sich Simplicius verwundert, dass ausgerechnet Petros Mongos Johannes Talaia ersetzen soll (68,3) und fordert seinen Amtsbruder auf, bei Zenon für eine Rücknahme der Maßnahmen zu werben und Rom von nun an über die Vorgänge zu informieren (68,6). FRAISSE-COUÉ 2001, 176 weist darauf hin, dass Simplicius wegen seiner schlechten Informationslage gleichzeitig auf Akakios angewiesen gewesen sei. Dieser erkannte das referre ad sedem apostolicam jedoch nicht als seine Pflicht an. Vgl. CASPAR 1933, 16. 175 Darauf deuten die Schreiben des Simplicius an Kaiser und Residenzbischof, in denen beide zu einer konsequenten Bereinigung der Situation aufgerufen werden: Avell. 60,6 (an Zenon); Simplic. epist.ad Acac., v. a. 121,25–30 (an Akakios; von THIEL, 189–92 als Brief 7 des Simplicius herausgegeben). Dies war mit der ebenfalls nicht erfüllten Aufforderung verbunden, wenigstens jetzt beim Kaiser auf die konsequente Aburteilung des Petros Mongos zu drängen. 176 Avell. 66,2 f. (147,19–148,10). Avell. 66 und 67 sind die Antworten des Simplicius auf die Schreiben von Zenon und Akakios. Diese hatten das Vorgehen in Antiochia als Ausnahme dargestellt. Der Papst musste trotz aller Kritik die Notwendigkeit des Vorgehens in der gegebenen Situation grundsätzlich eingestehen, bemühte sich aber deutlich, das Außerordentliche der Kalandion-Weihe hervorzuheben. Vgl. zum Beispiel Avell. 66,4; 67,2 f. Die Episode zeigte Simplicius letztlich deutlich seine Schwäche auf. Siehe auch: CASPAR 1933, 20 f.

4. Von Chalkedon bis zum Henotikon

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benden Informationen durch Akakios hatte Rom oftmals noch nicht einmal einen groben Überblick über die Vorgänge.177 In der Situation von 482 musste sich der Papst aber insbesondere darüber wundern, dass ausgerechnet Petros Mongos plötzlich die Anerkennung der Hauptstadt erfahren sollte. In Rom galt dieser nach dem Tod des Timotheos Ailuros als Inbegriff der miaphysitischen Häresie. Nur wenige Monate zuvor hatte immerhin selbst Akakios in einem seiner seltenen Schreiben in den Westen Rom den Häretikerstatus des Petros Mongos unmissverständlich vermeldet und auch der römischen Auffassung zugestimmt, dass es für ihn und die anderen nach der Niederschlagung der Basiliskos-Revolte verurteilten Häretiker keine Möglichkeit der Rückkehr in den Klerus geben könne.178 Darüber hinaus bot die Art und Weise, in der Petros Mongos laut dem Versprechen des Zenon an Simplicius den „orthodoxen“ Glaubensformeln seine Zustimmung geben sollte, Anlass zur Kritik. Dem Henotikon ermangelte es an institutionalisierter bischöflicher Mitarbeit. Nach außen war es das Werk eines Laien, was es im Falle der inhaltlichen Ablehnung umso einfacher angreifbar machte. Zwar war es auch dem synodal hergestellten Bekenntnis von Chalkedon seit 30 Jahren nicht gelungen, sich durchzusetzen, aber solche Überlegungen stellte Simplicius gar nicht an. Solange das Kaisertum einen römisch definierten rechten Glauben durchsetzte und die Einheit der Kirche wahrte, hatte er das Verhältnis von Reich und Kirche nie problematisiert.179 Jetzt aber, da Zenon im Alleingang einen Gegner Chalkedons, und damit einen Gegner der römischen Orthodoxie, protegierte, hatte er für den Papst seine Kompetenzen weit überschritten.180   177 Vgl. FREND 1976, 73. Hinzu kamen Probleme, die unabhängig von politischen Entwicklungen waren, wie die langen Laufzeiten von Briefen oder die stets parteiischen Informationen östlicher Akteure. Auffällig ist ferner, dass sogar der chalkedonische Bischof Kalandion von Antiochia seine 479 erfolgte Weihe erst drei Jahre später in den Westen vermeldete. HOFMANN 1953, 40 und SCHWARTZ 1934, 192 f. vermuten, dass er sein Amt zuvor nicht hatte antreten können. Schon LIPPOLD 1972, 176 weist das aber als nicht begründbar zurück. Kalandion hätte ein Synodikon absetzen können, ohne sich faktisch bereits in seiner Bischofsstadt durchgesetzt zu haben. Es ist also zumindest darüber nachzudenken, ob er nicht schlichtweg keine Veranlassung sah, sich schon zuvor in Rom zu melden, zumal seine Stellung als Bischof in erster Linie ohnehin von Konstantinopel abhing. Für einen chronologischen Überblick über die politischen Wirren, die zum langsamen Ende des Weströmischen Reichs führten: HEATHER 2000, v. a. 18–30. 178 Veron. 4. Akakios war es durchaus ernst: Petrum quoque qui ab Alexandria more similiter procellae surrexerat, dissipauit atque in aeternam fugam sancto spiritu flante conuertit unum et ipsum de his qui olim fuerant et ante damnati, sicut et in nostris archiuis inuentum est et de uestris scriniis, si dignamini requirere, poteritis agnoscere, quae in tempore de eodem subsecuta ab Alexandrino episcopo ad Romam alterutrum sint relata (EBD., 5,2–7). Vgl. auch die römische Antwort auf die Verdammung: Simplic. epist.ad Acac., 121,2–6. 179 DVORNIK 1966, 798 f.; FRAISSE-COUÉ 2001, 175. Simplicius hatte sich daher zwar gegen Basiliskos und das Enkyklion gewandt, nicht aber 477 gegen Zenons chalkedonische Restauration. 180 Es ging im Kern nicht darum, dass das Henotikon ein kaiserliches Bekenntnis darstellte, sondern dass der Kaiser mit ihm eine „häretische“ Position einnahm. Tatsächlich weist BRENN 

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II. Hinleitung

Dies war für die Akteure der Hauptstadt zunächst zweitrangig. In der Situation von 482 richtete sich das Henotikon in erster Linie ohnehin an keine andere Kirche als an die von Alexandria. Zenon und Akakios standen auch gar keine anderen Adressaten zur Verfügung. Im Osten hatte Illus die Kontrolle über Antiochia und Jerusalem und mit Roms Zustimmung zur Aufnahme des Petros Mongos in die Kirche war unmittelbar nicht zu rechnen. Dieser Umstand schloss jedoch den Beitritt anderer Bischöfe zum Kompromiss keineswegs aus, und mittelfristig mag dies auch ein Ziel gewesen sein. Nach der Niederlage des Illus jedenfalls billigten Martyrios von Jerusalem und Petros Knapheus, der Kalandion ersetzt hatte, das Henotikon.181 Damit hatte Zenon sein primäres Ziel erreicht: die Herstellung der Kircheneinheit im Osten, also in den Teilen des Reichs, über die er auch die faktische Kontrolle hatte.182 Eine solche östliche Kircheneinheit zu erreichen, war unter Einbeziehung römischer Positionen nicht möglich, das hatten die letzten Jahre gezeigt. Gleichzeitig schlug Konstantinopel aber keinesfalls alle Türen in den Westen zu. Die Beschreibung der Naturen Christi im Henotikon war eine beinahe wörtliche Übernahme aus der ekthesis von Chalkedon.183 Akakios und Petros Mongos zeigten, dass das Dokument theoretisch durchaus für beide dogmatische Seiten annehmbar war. Praktisch aber traf es sehr wohl auf Widerstände verschiedenster Richtungen, womit das Henotikon neben dem alten Konflikt zwischen Chalkedoniern und Miaphysiten mittelfristig eine dritte inhaltliche Front schuf.

  ECKE 1998, 43 darauf hin, dass das Henotikon kein Bekenntnis sei, die einseitige kaiserliche Legitimierung also weder verwundern könne noch einen Traditionsbruch darstelle. Ähnlich: DOVERE 1988, 178–84; FREND 1972, 179. Das Vorgehen Zenons wurde also erst durch den dogmatischen Widerspruch Roms so sehr aufgeladen, dass es als illegitimer Übergriff auf die Kirche angesehen werden konnte. 181 Euagr. HE 3,16. Petros Knapheus kehrte nach der Niederlage des Illus bereits zum dritten Mal – nach anderen Zählungen zum vierten Mal – ins Amt zurück. Die Annahme durch Petros Knapheus und Martyrios macht es plausibel, dass das Henotikon bereits unter Zenon auf eine breitere Rezeption hin ausgelegt war und nicht erst unter seinem Nachfolger Anastasios. 182 Ps.-Zach. HE 6,1 weist ausdrücklich auf diesen Effekt des Henotikon hin. Da das zentrale Glaubensdokument eben auch ein Instrument politischer Zentralisierung war (DOVERE 1998, 32 f.), kann dieser Erfolg Zenons gar nicht hoch genug bewertet werden. Vgl. auch FREND 1972, 177–80. Ob das Henotikon deshalb aber gleich als „masterpiece of Imperial diplomacy“ gesehen werden muss, wie ALLEN 2000, 817 es tut, sei angesichts seines späteren Scheiterns dahingestellt. Die Konzentration auf seinen Reichsteil, die Zenon damit 484 an den Tag legte, lässt sich grundsätzlich auch für seinen Nachfolger Anastasios feststellen: FREND 1979, 183. 183 Die Formulierung im Henotikon, ὁμολογοῦμεν δὲ τὸν μονογενῆ τοῦ θεοῦ υἱὸν καὶ θεὸν τὸν κατὰ ἀλήθειαν ἐνανθρωπήσαντα τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστὸν τὸν ὁμοούσιον τῶι πατρὶ κατὰ τὴν θεότητα καὶ ὁμοούσιον ἡμῖν τὸν αὐτὸν κατὰ τὴν ἀνθρωπότητα τὸν κατελθόντα καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς θεοτόκου ἀεὶ παρθένου ἕνα τυγχάνειν υἱὸν καὶ οὐ δύο (Cod.Vat.gr.1431,75 [54,1–4]), erinnert jedenfalls, mit Ausnahme der umstrittenen Naturenfrage, stark an die entsprechenden Formulierungen von 451. Vgl. ACO II.1,2, 129, 23–130,3.

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5. DIE ENTWICKLUNG DER FÜNF GROSSKIRCHEN BIS 482/84 5.1. Rom: der Sitz des Petrus im Kampf um den Primat Auch wenn die Formulierung römischer Primatsansprüche ihren Höhepunkt erst mit Leo erreichte, war doch der Anspruch auf die Führung der Kirche an sich wesentlich älter. Die römische Kirche berief sich schon früh auf ihre apostolische Gründung und führte sich insbesondere auf den Apostel Petrus zurück.184 Petrus, den Christus mit der Übertragung der Binde- und Lösegewalt zum Haupt der Apostel gemacht hatte, verbürgte Ursprung und Einheit der einen Kirche in Rom. Hierauf fußte eine besondere Autorität der römischen Gemeinde. Diese wurde auch von nichtrömischen Akteuren bestätigt, zum Beispiel durch Irenaeus von Lyon, der bereits im späten zweiten Jahrhundert die Kirche Roms als Gründung der Apostel Petrus und Paulus zum Garanten des wahren Glaubens erkor.185 Eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Primats spielte angesichts der Distributionswege religiöser Lehren entlang administrativer, kultureller und ökonomischer Zentren aber auch der eigentlich außerkirchliche Begründungsfaktor des Status der römischen Kirche als Kirche der Hauptstadt. Zumindest der Apostel Paulus, der in Rom seinen Tod fand, wäre nicht dorthin gekommen, wenn nicht der Kaiser dort residiert hätte.186   184 Für PIETRI 1976, 1596–626 ist der Petrus-Bezug der konstitutive Aspekt des Papsttums. Die römische Tradition konnte sich zwar auch auf Paulus stützen, dieser trat aber weniger in den Vordergrund. Da Paulus kein Augenzeuge des Wirkens Christi war, ließ sich die apostolische Authentizität schlüssiger über Petrus beweisen: BENDIX 1985, 420–32, v. a. 420–3. Entscheidend für den Petrus-Bezug war die Berufung auf Mt 16,18 f. Vgl. hierzu Anm. 114. Ein Problem war allerdings, die Monopolisierung eines petrinischen Vorrangs für Rom zu begründen, immerhin gab es auch andere petrinisch-apostolische Kirchen. Hier half die zusätzlich auch über Paulus vermittelte zweifache Apostolizität, wie sie in Decr.Gelas. 3,2 greifbar ist. Vgl. MACCARRONE 1983, 63–6; ULLMANN 1960, 6–10. 185 Vgl. Iren. adv.haer. 3,3,2: ad hanc enim ecclesiam […] necesse est omnem convenire ecclesiam, […] in qua semper ab his qui sunt undique conservata est ea quae est ab apostolis traditio. Diese Autorität wurde Rom sogar dann zugestanden, wenn man, wie Cyprian von Karthago, ein kollegiales Verständnis vom Bischofsamt hatte, nach dem alle Bischöfe durch ihre Weihe den gleichen Rang besaßen. Trotzdem blieb der römische Bischof auch in diesem Denken Garant und insbesondere Symbol der kirchlichen Einheit: Cypr. unit.eccl. 4 f. Zu Cyprian: GIRARDET 1974, 101; GUSSONE 1978, 59–66; KLINKENBERG 1952, 40 f.; MINNERATH 1991, 170 f. Ähnlich bereits bei Tertullian: MARSCHALL 1971, 25. 186 Als römischer Bürger hatte Paulus einen Prozess vor dem Kaiser verlangt: Apg 25,10–2. Schon die Apostel hatten die Zentren des Reichs als Missionszentren genutzt. Vgl. BAUS – EWIG 1973, 245 f.; BECK 1959, 27; DOWNEY 1961, 287 f.; ISTAVRIDIS 1968, 39. Auch in der späteren Entwicklung waren die fünf Patriarchate in den größten Städten ihrer Zeit angesiedelt, was veranschaulicht, dass die kirchlichen und die politisch-geographischen Prinzipien in einer engen Analogie entwickelt wurden. Dieses Angleichungsprinzip der Strukturen ging dabei im Grunde bereits auf die Apostel selbst zurück: SCHWEIZER 1989, 44 f. Ohnehin wurde die Parallelität der beiden Ebenen erst dann zum Problem, als mit Konstantinopel ein kirch 

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II. Hinleitung

Diese Faktoren verschafften Rom einen Autoritätsvorsprung in der westlichen Kirche, den es schon vorkonstantinisch in gewisse Vorrechte überführen konnte. Einen Hinweis darauf liefert die Festschreibung solcher Rechte auf dem Konzil von Nizäa 325. Dieses sprach der Kirche von Alexandria im Kanon 6 eine übergeordnete Jurisdiktion (ἐξουσία) in Ägypten zu, ἐπειδὴ καὶ τῷ ἐν τῇ Ῥώμῃ ἐπισκόπῳ τὸ τοιοῦτον σύνηθές ἐστιν.187 Damit wurde wohl die Aufsicht Roms über die ehemaligen Provinzen der Italia Suburbicaria bestätigt. Selbst die Akteure des Ostens räumten der sedes Petri traditionellerweise einen Respektvorrang ein, aus dem sie allerdings keine konkreten kirchlichen Rechte ableiten wollten.188 Reichsweit stand Rom also keineswegs allein an der Spitze der Kirche, sondern rang mit anderen mächtigen Kirchen, vor allem Alexandria und Antiochia, um Einfluss. Indem sich Rom häufig in östliche Streitigkeiten einschaltete, gelang es von Zeit zu Zeit, auch im Osten den Anspruch auf den kirchlichen Primat als wirksam zu erweisen. Dadurch wurden schon im trinitarischen Streit des vierten Jahrhunderts wichtige Weichen für die weitere Ausformulierung römischer Primatsansprüche gestellt. So suchten beispielsweise östliche Dissidenten wie Markell von Ankyra oder Athanasios von Alexandria Unterstützung bei den Bischöfen von Rom, die zu dieser Zeit geradezu stellvertretend für weite Teile des okzidentalen Christentums sprachen. Julius von Rom nutzte diese Gelegenheit, um sich von der westlichen Teilversammlung der Synode von Serdika 342189 im dritten Kanon zur reichsweiten kirchlichen Appellationsinstanz machen zu lassen – ohne   liches Zentrum entstand, das nicht mehr beide Kriterien erfüllte. Zur Größe zentraler Bischofsstädte: BECK 1973, 2; MANGO 1985, 51. 187 Vgl. COD, 8,9 f. Da sich Nizäa in der Folge zum Ausgangspunkt jeglicher Begründung von Rangansprüchen in der Kirche entwickelte, wurde die Überlieferungslage der Synode zweifelhaft. Insbesondere Rom neigte dazu, Hand an synodale Formulierungen zu legen. So war die angeblich nizänische Aussage ecclesia Romana semper habuit primatum (ACO II.3,3, 109 f. [lat.] = ACO II.1,3, 95,16 [gr.]), mit der die römischen Legaten 451 Einspruch gegen die Rangerhöhung Konstantinopels einlegten, eine römische Falschzitation. Da sie aber keinen Widerspruch erregte, fand sie implizit sogar Eingang in den Kanon 28. Vgl. CASPAR 1930, 523; HALLEUX 1989, 92 f.; MORDEK 1991, 526–31. 188 Vgl. GIRARDET 1975, 156; GUSSONE 1978, 112 f.; WOJTOWYTSCH 1981, 370 f. Auch auf den umstrittenen Synoden von Konstantinopel 381 und Chalkedon 451 wurde der römischen Kirche jeweils der erste Platz in der Kirche zugebilligt: HERMAN 1953, 486; MICHEL 1953, 495. Nur jurisdiktionelle Vorränge wollten die östlichen Akteure aus dieser Anerkennung des römischen Ranges nicht herleiten. Ein ähnliches Bild ergibt sich im Westen zunächst auch für die außeritalischen Gebiete, insbesondere für Nordafrika. Gerade die donatistische Kirche war nicht bereit, die unter römischer Führung gegen sie gesprochenen Urteile der katholischen Gesamtkirche anzuerkennen. Vgl. MARSCHALL 1971, 18–83. Daneben: FUHRMANN 1991, 715–7; LORENZ 1970, 84 f. Durch die vandalische Eroberung der Region seit 429 aber sank der Einfluss der afrikanischen Kirche mit ihrem Zentrum Karthago auf die anderen kirchlichen Akteure gegen null. 189 Das Datum der Synode ist nach wie vor umstritten. Ob sie tatsächlich bereits im Herbst 342 zusammentrat, oder ob sie sich doch erst im Jahr 343 versammelte, ist für die Fragestellung vorliegender Arbeit letztlich unerheblich. Zur Datierungsfrage vgl. beispielhaft den ausführlichen Exkurs bei ULRICH 1994, 39–44.

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dass die östlichen Bischöfe, die sich auf die segmentäre Autonomie kirchlicher Entwicklung beriefen, dies jemals anerkannt hätten.190 Auch im christologischen Streit des fünften Jahrhunderts boten sich den Päpsten Möglichkeiten, in östliche Konflikte einzugreifen, weil sich östliche Akteure häufig um Unterstützung nach Rom wandten.191 Rom erwies sich damit permanent als wichtiger reichsweiter kirchlicher Akteur. Da die römische Kirche darüber hinaus im Konfliktfall stets auf der langfristig siegreichen Seite stand, summierte sich die Autorität Roms und ließ die dortigen Bischöfe bald geradezu als eigentliche Bewahrer der Orthodoxie erscheinen. Bereits das kaiserliche Edikt Cunctos populos bestimmte daher 380 neben Petros II. von Alexandria Papst Damasus zur reichsweiten Definitionsmacht des Glaubens.192 Der Aufschwung der römischen Kirche erfolgte aber keineswegs bruchlos und widerspruchsfrei. Neben Alexandria und Antiochia entstand Rom aus der politischen Entwicklung des Reichs noch im vierten Jahrhundert ein weiterer Konkurrent: Konstantinopel formulierte als neue Hauptstadt Ansprüche auf erhöhte kirchliche Rechte und verwies dafür 451 ausgerechnet auf das Konzil von Nizäa, das Rom seinen Rang angeblich nur aufgrund des Hauptstadtstatus zuerkannt hätte.193   190 Zum Kanon 3 (342) und den Ereignissen rund um die Synode von Serdika vgl. GIRARDET 1974, v. a. 98–101, 116–22; DERS. 1975. Daneben: PIETRI 1976, 187–237. Der Kanon legte fest, dass sich jeder synodal verurteilte Bischof nach Rom wenden, der römische Bischof nach einer Prüfung des Falles eine retractatio veranlassen dürfte. GIRARDET 1975, 126–8 weist darauf hin, dass Rom damit nur zur Supplikations-, nicht zur Appellationsinstanz eingesetzt worden sei. So zog der Kanon 3 die Revision der Appellation am Ort des Geschehens der Neuaufnahme des Prozesses in Rom vor. Vgl. auch JOANNOU 1972, 4. Dass der Papst die neue Synode aber von Legaten begleiten lassen konnte, weist deutlich in die Richtung eines Präjudizes. In jedem Fall also musste die Bestimmung die Autonomie anderer Kirchen durch Rom bedrohen und wurde daher auch nicht anerkannt. WOJTOWYTSCH 1981, 115 stellt aber zu Recht fest, dass Serdika bei alldem noch keinesfalls von einer unmittelbaren Jurisdiktion des römischen Bischofs über seine Amtskollegen sprach. 191 Um sich aber dem römischen appellativ-jurisdiktionellen Vorrang zu unterwerfen, mussten östliche Akteure schon sehr verzweifelt sein. Vgl. RICHARDS 1979, 11 f. Trotzdem fanden römische Interventionen nicht gerade selten statt. Vgl. zu den Interventionen von 314 bis 384: JOANNOU 1972, 21–28 (Überblick), 29–293 (Quellen). 192 Cod.Theod. 16,1,2: Cunctos populos, quos clementiae nostrae regit temperamentum, in tali volumus religione versari, quam divinum Petrum apostolum tradidisse Romanis religio usque ad nunc ab ipso insinuata declarat quamque pontificem Damasum sequi claret et Petrum Alexandriae episcopum virum apostolicae sanctitatis […]. Auffällig ist, dass sich das Edikt auf Petrus beruft und damit seine Bestimmungen an apostolische Grundsätze bindet. Vgl. MACCARRONE 1991, 280. Laut SCHNEEMELCHER 1973, 43 habe das Edikt das „konstantinische Zeitalter“ beendet. Nach 380 konnte die Kirche „Staatskirche“ werden. Bezüglich des Unterschieds zu Enkyklion oder Henotikon (vgl. Anm. 154) weist ULLMANN 1981, 193 darauf hin, dass das Dreikaiseredikt den Inhalt des Glaubens nicht kaiserlich festgelegt, sondern ihn nur vorgeschrieben habe. Zum Edikt auch: ANTON 1977, 54 f.; BAUS – EWIG 1973, 259 f. 193 Vgl. aus dem Kanon 28 COD, 75,29–76,14, wo die Bestimmungen von Konstantinopel 381 in genau diese Richtung gedeutet werden. Siehe auch Anm. 88. Streng genommen wurde der  

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II. Hinleitung

Diese politische Begründung kirchlicher Rangansprüche, die 381 erstmals synodal formuliert wurde, war eine nicht geringe Bedrohung des römischen Primatsanspruchs, ließ doch die politische Bedeutung der Stadt Rom mehr und mehr nach. Die Päpste konterten dies mit einer angeblich auf Mt 16,18 f. aufbauenden und von Nizäa sanktionierten Leitung der Kirche durch die petrinischen Sitze von Rom, Alexandria und Antiochia.194 Diese apostolisch-petrinische Rangbegründung nahm ihren Ausgang mit den Päpsten Damasus und Siricius. Als Reaktion auf die Synode von 381 systematisierten diese beiden die Lehre von der römischen Petrus-Sukzession195 und kontrastierten die mangelnde apostolische Begründung der Gemeinde der neuen Hauptstadt mit dem Gedanken der kirchenleitenden Funktion der Sitze Rom, Alexandria und Antiochia, die alle drei als zumindest mittelbare Gründungen des Petrus galten. Dieser Gedanke einer „petrinischen Trias“ war zwar weder historisch noch theologisch haltbar, Rom stand aber vor der faktischen Autonomie, Apostolizität und Bedeutung der Kirchen von Alexandria und Antiochia. Die Anerkennung dieser nutzte es nun zumindest dazu, Konstantinopel in die kirchlichen   römische Primat dadurch aber nicht infrage gestellt. Die Synode von 381 richtete sich eigentlich gegen die Ansprüche Alexandrias. Vgl. ISTAVRIDIS 1968, 44–6. 194 Decr.Gelas. 3. Die Verbindung von Mt 16,18 f. mit der doppelten apostolischen Gründung Roms durch Petrus und Paulus mündet in die erste Darstellung der petrinischen Trias. Zum Decretum Gelasianum vgl. DOBSCHÜTZ 1912, der es auch herausgegeben hat. Siehe auch BLAUDEAU 2001c, 580–7. Es ist umstritten, ob das entsprechende Kapitel tatsächlich in die Zeit des Damasus, also um das Jahr 381, datiert. DOBSCHÜTZ selbst hat Zweifel. CASPAR 1930, 247 f. und in seiner Folge GUSSONE 1978, 99 f. schreiben es aber sehr wohl Damasus zu. Ebenfalls für die damasianische Echtheit argumentieren LORENZ 1970, 45 und vor allem SCHWARTZ 1930, 164–6, 168: „[…] so ergibt sich mindestens als wahrscheinlich, daß die ersten drei Kapitel des Decretum Gelasianum tatsächlich von Damasus herrühren.“ Dieser Auffassung, die von PIETRI 1976, 866–72, 881–4 zusätzlich bestärkt wird, ist zu folgen. Jedenfalls finden sich keine zwingenden Gründe, weshalb die entsprechenden Passagen erst unter Gelasius oder Hormisdas gefälscht sein sollten. 195 Zur Bedeutung der Sukzession in Rom: BÄUMER – FRANZEN 1974, 27–32; MARTIN (J.) 1972, 95–8; PIETRI 1976, 389–97. Wie eng die Sukzession mit Gedanken der dogmatischen Reinheit zusammenhing, zeigt sich daran, dass die erste erhaltene römische Bischofsliste bezeichnenderweise bei Irenaeus überliefert ist: Iren. adv.haer. 3,3,3. Mit Damasus zog Rom aus dem Petrus-Primat unter den Aposteln erstmals konkrete Überordnungsschlüsse: GMELIN 1937, 111–3. Siricius’ Verdienst war es, diese Beziehung in eine geradezu juristische Form zu überführen. Ein Beispiel aus seiner ersten Dekratale: quin immo haec portat in nobis beatus apostolus Petrus, qui nos in omnibus, ut confidimus, administrationis suae protegit et tuetur haeredes (Siric. epist. 1,1). Siricius machte Petrus zum Erblasser, dessen Erbe der Bischof von Rom in der Sukzession allein durch das Amt, nicht durch persönliche Verdienste erwarb. Die Stellung des Papsttums wurde damit abgesichert. Hierzu: BAUS – EWIG 1973, 263–5; GUSSONE 1978, 197; MACCARRONE 1991, 288 f.; ULLMANN 1981, 67–70; WOJTOWYTSCH 1981, 304–6. Papst Innocentius wies zusätzlich darauf hin, dass Petrus in Rom gestorben sei, was die Stadt von anderen ebenfalls petrinischen Gründungen abhob: Innocent. epist. 24,1. Vgl. auch GOTTLIEB 1978, 5. Zum Übergang des Charismas durch eine rituelle Versachlichung, zum Beispiel in der Weihe: WEBER 31964, 159–66.

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Schranken zu weisen.196 Etwa zur gleichen Zeit kam es zur Aufwertung der Kirche von Thessalonike, einer Stadt des östlichen Reichsteils, zum päpstlichen Vikariat, womit das politisch zu Konstantinopel gehörende Illyricum kirchlich eng an den lateinischen Westen gebunden wurde. Dies begründete eine Mittelstellung der dortigen Kirchen, die im Akakianischen Schisma noch wichtig werden sollte.197 Es war also der Konflikt mit Konstantinopel, der maßgeblich dazu beitrug, dass Rom ein von politischen Umständen unabhängiges petrinisches Konzept der Kirche unter römischer Leitung entwarf; freilich ohne der Reichskirche eine Absage zu erteilen. Diese petrinische Begründung kirchlicher Ordnung war aber rein situativ: Erst als Rom selbst nicht mehr Hauptstadt war, lag sie überhaupt nahe.   196 Es war nicht ungeschickt, den Einspruch gegenüber Konstantinopel als Kampf um die Rechte von Alexandria und Antiochia zu tarnen, da Rom auf diese Weise nicht deutlich darauf hinweisen musste, dass vor allem die eigenen Rechte in Zweifel gezogen waren. Vgl. GUSSONE 1978, 101–6; VRIES 1963, 15–7. Alexandria jedenfalls war nur mittelbar von Petrus, durch seinen Schüler Markus, gegründet worden. Die dortige Kirche galt damit als römische Gründung und stellte dementsprechend aus römischer Sicht weniger eine Schwester- als eine Tochterkirche dar. Dass die Apostolizität darüber hinaus faktisch keineswegs das entscheidende Kriterium war – auch nicht in Nizäa –, beweist die lange Zeit untergeordnete Rolle Jerusalems. HERMAN 1953, 466–71 erweist die Argumente beider Kirchen als falsch: Weder habe Rom seine Rechte in Nizäa explizit als Kaiserstadt bekommen noch habe die Synode von Nizäa eine hierarchische Reihenfolge führender Kirchen festgelegt. VRIES 1968, 22–32 hält fest, dass Alexandria auf durchaus politischem Wege zum Patriarchat geworden sei. Ebenso sei für Antiochia ein Petrinismus keineswegs entscheidend gewesen. 197 Ablauf und Chronologie der Einrichtung des Vikariats sind umstritten. FRIEDRICH 1891 versucht sogar, den Vikariat als Erfindung des sechsten Jahrhunderts zu erweisen, indem er die maßgebliche Quellensammlung, die Collectio Thessalonicensis, zur Fälschung erklärt. Dabei unterlaufen ihm aber inhaltliche und handwerkliche Fehler, sodass SCHWARTZ 1931, 141–3 seinen Beitrag als „mit Recht vergessen“ bezeichnet. Schwartz selbst geht von einer bis 484 faktisch bestehenden Einheit zwischen Rom und Thessalonike aus. Zu dem Streit um die Echtheit der Collectio Thessalonicensis: CHRYSOS 1972; HONIG 1954, 30–45; STREICHHAN 1922. Wahrscheinlich hatte das Papsttum der Kirche von Thessalonike zu Beginn des fünften Jahrhunderts tatsächlich den Vikariat verliehen. Dieser schuf ihr aber keine übergeordneten Rechte, sondern bestätigte vielmehr einen ohnehin traditionell besessenen Rang Thessalonikes im östlichen Illyricum. Da diese Region im Zuge der Reichsteilung im späten vierten Jahrhundert politisch dem Osten zugehörig war, kam es dort auch auf kirchlicher Ebene zu vermehrten Übergriffen Konstantinopels. Gegen diese wollte Rom den Primat und die Autonomie der Kirche von Thessalonike stützen. Vgl. KÖTTER 2012. Zur Diskussion auch: FRAZEE 1994, 45; FUHRMANN 1991, 717 f.; GREENSLADE 1945, 25–9; MACDONALD 1961, 478. Diese Arbeit sieht sich außerstande und auch nicht in der Notwendigkeit, selbst ein bestimmtes Datum für die Einrichtung des Vikariats zu benennen. Wahrscheinlich hat es ein solches nie gegeben. PIETRI 1976, 1086–130 jedenfalls sieht die Einrichtung des Vikariats als mehrstufigen Prozess. Wichtig ist für die folgenden Betrachtungen, dass die Balkanregion seit dem beginnenden fünften Jahrhundert kirchlich zwischen Konstantinopel und Rom umstritten war, wobei die konkrete Durchsetzungsmacht weiterhin ausschließlich beim Kaiser und damit bei Konstantinopel lag, wogegen sich Rom mit dem Garantieren kirchlicher Traditionen zu wehren versuchte.

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II. Hinleitung

So verdichteten und synthetisierten sich die petrinischen Tendenzen unter Papst Leo, und zwar in einer Zeit, als die zunehmende politische Desintegration des Reichs aus Italien endgültig eine bloße Grenzprovinz gemacht hatte. Damit war auch der kirchliche Einfluss Roms bedroht wie nie zuvor. Der Kern der Primatslehre Leos war, dass der Primat des Petrus unter den Aposteln in der apostolischen Sukzession der Kirche dem Primat seiner Nachfolger unter den Bischöfen des Reichs entspricht. Petrus sei der Leiter all derer, über die principaliter Christus herrsche. Er sei also direkt durch Christus zum princeps der Kirche eingesetzt worden – und damit alle römischen Bischöfe nach ihm ebenso.198 So wurde Widerspruch gegen Rom zum Widerspruch gegen Petrus und damit auch gegen Christus selbst. Konstantinopel hatte in diesem Konzept keinen Platz, stand die Kirche dieser Stadt doch allein auf dem Fundament der weltlichen Ordnung des Reichs. Dass aber auch die römische Kirche auf säkulare Durchsetzungspotentiale angewiesen war, hatte Leos Machtlosigkeit angesichts der von ihm als latrocinium bezeichneten Synode von Ephesos II gezeigt. Erst mit Unterstützung Markians konnte Rom 451 seine dogmatischen Positionen im Osten durchsetzen.199 Und selbst hier stand der Durchsetzung des römischen Lehrprimats die Relativierung der petrinischen Kirchenidee durch Kanon 28 entgegen.200 Durch diese Spannung sollten die folgenden Kämpfe um Chalkedon erheblich zur weiteren Ausgestaltung der römischen Primatslehre beitragen. So stemmte sich Leo direkt nach Chalkedon gegen die Rangerhöhung Konstantinopels, indem er seine petrinische Kirchenidee der politischen Begründung kirchlicher Rechte entgegensetzte. Nur über die Durchsetzung des Grundsatzes, dass die Ordnung der Kirche eine andere sei als die Ordnung der weltlichen Dinge, konnte die sinkende politische Bedeutung Roms kirchlicherseits aufgefangen werden, konnte Rom den kirchlichen Rang   198 Schon früh, nämlich im Jahr 444, formulierte Leo diese Ansätze in einer Predigt: Leo M. serm. 4,2 (v. a. 18,47–55). Mit seiner Lehre brachte der Papst die Ansätze des Damasus zum Abschluss: BÄUMER – FRANZEN 1974, 65. Zur leonischen Petrus-Lehre vgl. vor allem KLINKENBERG 1952, 41–5 und ULLMANN 1960, 11–5, die beide darauf eingehen, dass Leo unter Rückgriff auf Mt 16,18 f. die gleiche „Weihegewalt“ aller Bischöfe durch eine unterschiedlich starke „Hirtengewalt“ ergänzt habe, in der nun der römische Primat begründet lag. Siehe auch: GMELIN 1937, 111–35; MEYENDORFF 1989, 151–3; WOJTOWYTSCH 1981, 309–9. Die wachsende Bedeutung des Petrus für Rom seit Mitte des fünften Jahrhunderts lässt sich daneben auch im archäologischen (BORGOLTE 1989, v. a. 49 f.) und im onomastischen Befund (LLEWELLYN 1981, 362, 365) greifen. 199 Daher lehnte der Bischof die kaiserliche Macht auch nicht ab. ALTANER – STUIBER 81978, 360 meinen, Leo sei in seinen Ansichten bezüglich Kirche und Staat weit stärker von der politischen Theologie des Eusebios von Caesarea beeinflusst gewesen, als man es im Westen erwarten sollte. Vgl. DVORNIK 1966, 772–82; KLINKENBERG 1952, 48; STOCKMEIER 1959, 106–11. 200 Zum Konzept des römischen Lehrprimats: SIEBEN 1979, 121–43. WOJTOWYTSCH 1981, 336 f. macht deutlich, dass der Tomus Leonis in Chalkedon nicht angenommen worden sei, weil es eine angebliche Lehrautorität des Papstes nahegelegt hätte, sondern weil ihn die Synodalen für orthodox hielten.

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wahren, der notwendig war, um die selbst auferlegte Verantwortung für die Bewahrung des rechten Glaubens erfüllen zu können. Das hierarchische Ziel der Zurückweisung von Kanon 28 und das dogmatische Ziel der Beförderung des wahren Glaubens hingen also eng zusammen. Da Rom meinte, dass dieser wahre Glaube in Chalkedon festgestellt worden sei, vertrat es die Synode, mit Ausnahme von Kanon 28, nun so konsequent, dass es die Handlungskontexte der östlichen Akteure immer mehr ausblendete. Beispielsweise wurden die römischen Parteigänger Proterios und Timotheos Salophakiolos in Alexandria durch die Aufforderung zur Invokation Chalkedons und zum Festhalten an der Verurteilung Dioskors massiv geschwächt.201 Rom beharrte darauf, dass die Glaubensfrage in Chalkedon abschließend behandelt worden, eine Wiederaufnahme der Diskussionen unnötig, unmöglich und sogar gefährlich sei.202 Der apostolische Lehrprimat von Chalkedon garantierte also beides: die Reinheit des Glaubens und den Primat Roms.203 Seit Leo orientierte sich die römische Kirche daher kompromisslos am Status quo, der hierarchisch gegen die Kirche von Konstantinopel, dogmatisch gegen die Miaphysiten zu verteidigen war. Leos Nachfolger bedienten sich seiner Argumentationsmuster, so zum Beispiel Simplicius, der in Konstantinopel seinen Unwillen bezüglich neuer dogmatischer Verhandlungen zum Ausdruck brachte und einer von Timotheos Ailuros geforderten Synode eine Absage erteilte. Dadurch, dass die postleonischen Päpste in ihrer Argumentation leonisch blieben, wurde Leo in der kirchlichen Struktur des Reichs immer mehr zur personalen Referenz kirchlicher Ordnung. Die Anerkennung oder Ablehnung Roms stand und fiel nun mit der Annahme oder Ablehnung der in Leo personifizierten Formeln von Chalkedon. Dies führte zu einem äußerst polaren Blick der Päpste auf die kirchliche Situation, die gerade im Osten weit mehr von Grautönen geprägt war als es in Rom überhaupt noch wahrnehmbar war. So hatte sich Rom trotz eines engmaschigen Netzes von Informanten – seit Basiliskos pflegte Rom Kontakte zu den Archimandriten der Hauptstadt, daneben   201 GRILLMEIER 21991, 129: „Leo hatte eine andere Sicht der Dinge, die prinzipiell orientiert war und weniger oder gar nicht auf die sachliche Lage der Ostkirchen einging.“ 202 Vgl. die Warnung des Simplicius an Basiliskos: nullus ad aures uestras perniciosis mentibus subripiendi pandatur accessus, nulla retractandi quippiam de ueteribus constitutis fiducia concedatur, quia, sicut saepius iterandum est, quod apostolicis manibus cum ecclesiae uniuersalis adsensu acie meruit euangelicae falcis abscidi, uigorem sumere non potest renascendi nec in dominicae uitis fructiuam ualet redire propaginem, quod igni deputatum constat aeterno (Avell. 56,10 [128,8–14]). Vgl. auch Avell. 60,7 (138,6–11). 203 Beide Ebenen fielen im kirchlichen Handeln ineinander. Vgl. die Kritik an Schwartz gerade durch Schneemelcher: Anm. 34. Eine von Schwartz und Caspar unterstellte reine Machtpolitik hätte im Streit der Zeit gerade ein Einschwenken auf die Linie der römischen Gegner gefordert. Es ging Rom aber eben auch um die Reinheit des orthodoxen Glaubens, der wiederum durch die Macht der römischen Kirche gesichert wurde. Vgl. BACHT – GRILLMEIER 1953, 6 f.; KLINKENBERG 1952, 52.

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hatten die Päpste Zuträger wie Bischof Julian von Kos204 – schon weit von den östlichen Entwicklungen entfernt, als 476 mit dem Ende des Weströmischen Reichs der politische Riss zum Osten diesen Prozess noch verstärkte. Nach Leo büßte die römische Kirche zumindest östlich des Balkans in zunehmendem Maße an Wirkkraft ein. Simpliciusʼ Ruf nach einer Aburteilung seiner Gegner fand jedenfalls in Konstantinopel kein Gehör.205 Und wenig später sollten die Kaiser Zenon und Anastasios zeigen, dass ihnen die Stabilität im Osten wichtiger war als die Einheit mit Rom.206 Auf der anderen Seite erhöhte der politische Riss zwischen Ost und West aber auch die Handlungsfreiheit der Päpste gegenüber dem östlichen Kaisertum. Spätestens seit 476 waren die römischen Bischöfe einem direkten kaiserlichen Zugriff entzogen.207 Politisch wie kirchlich stand Rom am Vorabend des Akakianischen Schismas also im Spannungsverhältnis zwischen Ost und West. Imperiumsgedanke und Ideologie der una ecclesia waren noch wirksam, und gegenüber den homöischen Goten gab es ein Gefühl kirchlicher Verbundenheit mit dem Osten. Gleichzeitig grenzte sich Rom aus lateinisch-abendländischen Traditionen heraus zunehmend gegen den Osten ab, wo die kirchliche Ordnung von „Häretikern“ bedroht wurde, ohne dass Kaiser und Bischöfe in Konstantinopel großen Eifer zeigten, an dieser Situation etwas im Sinne Roms zu ändern.208 Trotzdem war das Prestige der sedes Petri auch im Osten weiterhin hoch. Und da sich dort selbst keine Kirche fand, die das Vakuum, das Rom hinterlassen hatte, unangefochten hätte ausfüllen können,   204 Leo stand in regem Briefkontakt mit Julian. Vgl. zum Beispiel Leo M. epist. 107 (ACO II.4, 62,13–32). Kaiser Markian gegenüber präsentierte der Papst seinen Zuträger sogar als seinen ständigen Vertreter in Konstantinopel: Leo M. epist. 111 (ACO II.4, 64,3–5). Zum Wirken Julians: BLAUDEAU 2001d, 1061–79. Dieser sieht Julians wichtigste Aufgabe im Beschaffen von Informationen. Später habe Rom versucht, den Bischof von Konstantinopel direkt zum Informanten und Ausführer des römischen Willens zu machen, war daran aber 482/84 gescheitert: BLAUDEAU 2001d, 1079–94. 205 CASPAR 1933, 18: Simplicius gelang es nicht, die Geschehnisse zu beeinflussen. 206 RUBIN (Z.) 1986, 43–6 sieht die Grundlage dieses Umstandes schon bei Markian und Leon: Beide hätten politisch in dem Dilemma gestanden, entweder nur dem Westen oder nur dem Perserreich ihre Aufmerksamkeit widmen zu können, was die politische Desintegration des Westens befördert habe. Dieser Ansatz ist aber nicht unumstritten. Vgl. MEIER 2008, 42–4. MICHEL 1953, 556 f. sieht die Ursachen der Kirchenspaltung aber tatsächlich rein in der politischen Entwicklung begründet. Darüber hinaus auch: Anm. 182. 207 Hinzu kam, dass sich die Goten in Italien dadurch auszeichneten, die traditionellen Führungsschichten, und damit auch die katholische Kirche, in ihrem Einfluss nicht zu begrenzen, zumal beispielsweise gerade die italischen Bischöfe für die Aufrechterhaltung der städtischen Ordnung wichtig waren. König Theoderich legte Wert auf eine Trennung der Goten und der Römer in seinem Herrschaftsgebiet, womit sein Kontakt zur römischen Kirche zwar nicht allzu eng war, er dieser dem Osten gegenüber aber weite Spielräume eröffnete. Vgl. BARNWELL 1992, 170–5; ENSSLIN 1942, 428 f.; PILARA 2005, 439 f. Zum Verhältnis Theoderichs zum Papsttum: GOLTZ 2008, 308; SCHWARCZ 2004, 40–3. Das Papsttum übernahm seit Leo also mehr und mehr eigentlich kaiserliche Funktionen in Italien. Vgl. HUMPHRIES 2000, 541. 208 AMORY 1997, 195–216 macht sich intensive Gedanken zu dieser Stellung der römischen Kirche zwischen Ostgoten und dem Reich. Vgl. auch CASPAR 1933, 26.

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stellte sich im Akakianischen Schisma die Frage, wie Rom seiner Autorität wieder Geltung verschaffen könnte. 5.2. Konstantinopel: die Kirche der Hauptstadt im Streben nach Anerkennung Bis weit ins vierte Jahrhundert hinein besaß die Kirche von Konstantinopel keinerlei übergeordnete kirchliche Rechte. Die Gemeinde von Byzanz war keine apostolische Gründung. Rom wies immer wieder darauf hin: Von seiner Rangstellung her war der Bischof von Konstantinopel ursprünglich ein bloßer Suffragan des Metropoliten von Heraklea.209 Nachdem Konstantinopel aber 330 Hauptstadt des Reichs geworden war, bemühten sich Bischöfe und Kaiser, die Hauptstadtkirche im Rang zu erhöhen. Dies war folgerichtig: Wenn die Kaiser in Konstantinopel residierten, fungierte der Residenzbischof als unmittelbarer kirchlicher Berater des Kaisers und Exekutor seines Willens.210 Dies musste sich im kirchlichen Rang widerspiegeln. Daneben zog die Anwesenheit des Kaisers Bischöfe aus dem ganzen Reich in die Stadt, die eine ständige Residenzsynode, die Endemousa, konstituierten. Diese bildete ein permanent verfügbares und autoritatives Instrument kaiserlichen Einwirkens in die Kirche, verlangte aber aufgrund ihrer wechselnden Zusammensetzung und ihres uneinheitlichen Willens nach der Führung durch einen hochrangigen Bischof.211 Der mangelnden Apostolizität Konstantinopels hätte beispielsweise durch die Translation der Reliquien des Petrus-Bruders Andreas im Jahre 357 begegnet werden können.212 Dieser Schritt führte aber keineswegs dazu, dass die großen, zu  209 Gelasius weist mehrfach explizit darauf hin. Vgl. beispielsweise Avell. 95,21 (376,9); 95,27 (378,18). Siehe auch: VRIES 1963, 10. 210 In Fragen der Kirche stützten sich die Kaiser auf kirchliche Berater. Vgl. HERMAN 1953, 461–3. Der Kontakt zum Kaiser konnte eine wichtige Rolle begründen. Man denke an Ursacius von Singindunum und Valens von Mursa, die im vierten Jahrhundert die Kirchenpolitik Konstantiosʼ II. prägten, ohne höhere kirchliche Ränge innezuhaben. In der zunehmenden Differenzierung der Kirche entwickelten die Kaiser nun aber ein Interesse, solche Rollen auch abzusichern. Dabei waren sie jedoch nur an der Rangstellung und Besetzung der größeren Sitze direkt interessiert, da sie über diese ihren Einfluss auch auf die kleineren Kirchen wahren konnten. Vgl. NORTON 2007, 239. 211 Zur Endemousa als Eingriffsinstrument in die kirchliche Entwicklung: BECK 1959, 64; FLUSIN 2001, 558–61; HALL 2000, 738; HERMAN 1953, 461–3. Die Bedeutung der Residenzsynode war vielleicht der wichtigste Grund für die Aufwertung des Bischofs von Konstantinopel: MONACHINO 1983, 255 f. Auch in anderen kirchlichen Regionen gab es ständige Synoden, zum Beispiel in Antiochia. Vgl. Sev.Ant. epist.SL 1,11 (transl., 48,23–7). 212 Hier. chron. a.357. HERMAN 1953, 472–4 bezeichnet dies als Versuch, den apostolischen „Geburtsfehler“ Konstantinopels zu beheben. DVORNIK 1958, 138–46 meint aber, es sei noch nicht darum gegangen, den Bischof der Stadt aufzuwerten, sondern den Kaiser. In der Tat dürfte die Translation der Andreas-Gebeine noch im Rahmen einer generellen Aufwertung der Stadt Konstantinopel erfolgt sein, noch nicht dezidiert den kirchlichen Rang der neuen Residenzstadt im Blick gehabt haben. Sie hätte aber durchaus als möglicher Ansatzpunkt für  

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II. Hinleitung

meist apostolisch begründeten Kirchen des Reichs ihr Bewusstsein für die mangelnde apostolische Qualität der Kirche von Konstantinopel verloren hätten. Die Akteure der Hauptstadt beschritten in der Folge daher einen anderen Weg und begannen, ihre Ansprüche dezidiert politisch zu begründen. Die Synode von Konstantinopel 381 setzte die Bedeutung der Hauptstadt Konstantinopel in Beziehung zu den Rangrechten der Kirche der alten Hauptstadt Rom, um den Rang des Bischofssitzes des „Zweiten Rom“ Konstantinopel an den des „Ersten Rom“ anzugleichen.213 Damit war der Residenzbischof aber maßgeblich vom Kaiser abhängig, war es doch nur die Nähe zur weltlichen Spitze des Reichs, die seinen Rang politisch legitimieren und sanktionsbewehrt absichern konnte. Dies galt umso mehr, als die Aufwertung Konstantinopels auf Kritik stieß. Rom wandte sich auf Basis petrinischer Kirchenideen gegen die bischöflichen Aufsteiger, und Alexandria suchte immer wieder den Konflikt mit der Hauptstadt, wobei es sich oft auch durchsetzen konnte. 404 erreichte zum Beispiel Theophilos von Alexandria die Absetzung des Johannes Chrysostomos als Bischof von Konstantinopel, 431 verurteilte eine Reichssynode in Ephesos unter Vorsitz des Kyrill Bischof Nestorios.214 Da auch das Kaisertum selbst bekenntnispolitische Interessen hegte, hielt der Anspruch Konstantinopels, als „Neues Rom“ ähnliche kirchliche Rechte wie das „Alte Rom“ zu haben, der Realität nicht immer stand. Die Übergriffe Alexandrias fanden erst ein Ende, als sich Rom im Streit um Eutyches auf die Seite Flavians von Konstantinopel schlug und sein Nachfolger Anatolios mit der Weihe des Proterios zum Bischof von Alexandria 451 den Vormachtanspruch im Osten erstmals auch faktisch durchsetzte. Daneben kam es im Kanon 28 von Chalkedon, der die asianische, die pontische und die thrakische Diözese dem Sitz der Hauptstadt unterstellte215, zur Erneuerung der Beschlüsse von 381. Zur Begründung wurde   die frühe Konstruktion einer apostolischen Qualität auch der Gemeinde von Konstantinopel dienen können. Kurzfristig geschah aber genau das nicht. Das Aufkommen einer auf Andreas fußenden Gründungslegende der Kirche von Konstantinopel ist eine spätere Entwicklung, die entsprechende Legende erst im neunten Jahrhundert sicher greifbar. Ihre Entstehung möchte DÖLGER 1937, 39 f. bereits im sechsten Jahrhundert ansetzen. Dies scheint aber zu früh, auch wenn seiner Feststellung recht zu geben ist, dass der Nachteil der mangelnden apostolischen Gründung den Bischöfen der Hauptstadt vor allem im Akakianischen Schisma bewusst geworden sein muss: EBD., 154. Zur Reliquientranslation auch: DAGRON 1974, 387; ESBROECK 1991, 510 f.; SCHIEFFER 1991, 435 f. 213 HUMPHRIES 2000, 542 f. meint, dieser Versuch über die Reliquientranslation habe schon deshalb scheitern müssen, weil die Andreas-Sukzession in Nizäa nicht verbrieft worden sei. Zum Kanon 3 von Konstantinopel vgl. Anm. 88. Zur Ekklesiologie Konstantinopels vgl. BLAUDEAU 2006a, 400–26, der sie treffend als „une ecclésiologie centralisatrice inspirée du modèle impérial“ bezeichnet. KÖTTING – SCHINDLER 2006, 132 f. stellen fest, dass es noch lediglich um eine bloße Ehrenstellung der Hauptstadt gegangen sei. 214 Zum Nestorios-Fall vgl. Anm. 90. Zum Fall des Johannes Chrysostomos: GREGORY 1979, 41–79; TIERSCH 2002, 335–88. 215 COD, 76,25–32. Vgl. auch Anm. 103. Gerade die Bischöfe von Ephesos, die für ihre Kirche eine apostolische Gründung beanspruchen konnten, dürften sich mit dieser Unterordnung  

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abermals Roms kirchliche Prärogative aus einem früheren Rang als Kaiserstadt hergeleitet. Die Ansprüche von Κωνσταντινούπολις νέα Ῥώμη blieben also politisch begründet216, stießen aber weiter auf altbekannte Widerstände: Das „Alte Rom“ war zwar bereit, die spezielle Rolle der Kirche der Hauptstadt anzuerkennen, nicht aber ihren patriarchalen Rang. Auch in Alexandria wurden die Bestimmungen des Kanon 28 von allen dogmatischen Gruppen abgelehnt.217 Da der Anspruch Konstantinopels aber grundsätzlich vom Kaisertum unterstützt wurde, war er nicht mehr aus dem reichskirchlichen Diskurs auszuschalten. Ob die politische Begründung nun anerkannt wurde oder nicht: An der faktischen Bedeutung des Bischofs von Konstantinopel kamen auch seine Konkurrenten nicht vorbei.218 Trotzdem versuchten gerade die Miaphysiten in Ägypten, durch den Widerstand gegen Chalkedon ihre führende Rolle in der östlichen Kirche und ihre Initiative in der Glaubensentwicklung zurückzugewinnen. Für Konstantinopel galt es daher, die chalkedonische Hierarchie in Alexandria um Proterios und Timotheos Salophakiolos zu stützen und dem populären Antichalkedonier Timotheos Ailuros den Zugriff auf den Bischofsthron zu verwehren. Sofern verhindert werden konnte, dass Konstantinopel wieder auf ein Maß von vor 451 beziehungsweise von vor 381 reduziert würde, war sein Rang im Reichsosten durch einen Zustand der Ge-

  nicht abgefunden haben, wie sich dann auch unter Basiliskos zeigen sollte. Die Kirchen der anderen Diözesanhauptstädte hält JONES 1964, 890 f. für zu wenig einflussreich, als dass sie sich den Bestimmungen hätten widersetzen können. CHRYSOS 1969 zeigt, dass Konstantinopel nach Chalkedon trotzdem vermehrt dazu übergegangen sei, Ehrenmetropoliten zu ernennen, um sich unter Umgehung der Diözesanhauptstädte direkte Suffragane zu schaffen. 216 Der Unterschied zu Kanon 3 (381) war aber, dass dieser Konstantinopel nur reine Ehrenrechte verliehen hatte, Kanon 28 nun aber konkrete Weiherechte: MARTIN (T.) 1953, 434 f. Vgl. auch Anm. 103. Darüber hinaus: HORN 1991, 269 f.; TROIANUS 1991, 257 f. 217 Zum Widerspruch sogar durch die ägyptischen Chalkedonier: Anm. 104. Locus classicus für den römischen Widerspruch ist der schon mehrfach erwähnte Brief Papst Leos an Kaiser Markian von 452: Leo M. epist. 104 (ACO II.4, 55,5–57,16). 218 Die enge Beziehung zum Kaisertum hatte für die Bischöfe von Konstantinopel also Vor- und Nachteile. Vgl. CAMERON 2000, 731–738; CHARANIS 1974, 45. Das Nahverhältnis von Patriarch und Kaiser zeigte sich auch in der Kaiserkrönung durch den Patriarchen, die erstmals nachchalkedonisch bezeugt ist. DEMANDT 22007, 220 sieht sie deshalb als Folge der Rangerhöhung der Hauptstadtkirche in Chalkedon an. Schon ENSSLIN 1954, 462 stellt aber fest, dass der Bischof hier nicht als Vertreter der Kirche, sondern als ranghöchster Beamter, als Vertreter der Wähler gehandelt habe. Ähnlich: NELSON 1976, 104–8; WINKELMANN 1978, 472 f. Damit liefert diese Art der Kaisererhebung aber einen deutlichen Hinweis auf die Rolle, die auch der Patriarch für den Kaiser spielte. Zur Kaisererhebung: CAPIZZI 1978, 18 f.; WINKELMANN 1978, 468–72. Neben dem Kaiser spielte die Position anderer staatlicher Akteure eine Rolle für den Patriarchen: Immer wieder brachten sich hohe Beamte wie Aspar oder Illus als Gegengewicht zum Kaiser in Position, zum Beispiel, indem sie innerkirchliche Oppositionsbewegungen stützten. Auch das hatte der Bischof der Hauptstadt ins Kalkül zu ziehen.

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wöhnung auf dem besten Weg zur Akzeptanz219, wie Anatoliosʼ Erfolg gegen Timotheos Ailuros in der Glaubensumfrage Kaiser Leons bewies. Allerdings band das Eingreifen in Ägypten die Bischöfe der Hauptstadt wieder eng an kaiserliche Sanktionsmittel. Die Unterstützung durch diese war jedoch äußerst prekär, was sich unter der Herrschaft des Basiliskos 475/76 zeigte. Jedoch musste Basiliskos erkennen, dass die enge Bindung von Kaiser und Residenzbischof nicht nur für den Bischof gefährlich sein konnte. Die Aufstände des Kirchenvolkes gegen den Usurpator bewiesen, dass das Nahverhältnis auch für den Kaiser Risiken und für den Patriarchen Chancen barg. Kaiser und Patriarch waren wechselseitig mehr und mehr aufeinander angewiesen und stellten gleichzeitig eine Bedrohung für den jeweils anderen dar. Im Konfliktfall galt es daher für beide Seiten, so bedacht wie möglich vorzugehen. Den Mönchen Konstantinopels, die mehrheitlich chalkedonisch orientiert waren, kam dabei eine große Bedeutung zu. Für einen Mann wie Akakios, der sogar Daniel Stylites dazu brachte, ihn zu unterstützen, stellten sie ein enormes Machtreservoir gegen die von Basiliskos beförderte Neuordnung der Kirche durch Timotheos Ailuros dar.220 Die Mönche konnten vom Patriarchen zur Entfachung von Aufständen des Kirchenvolkes genutzt werden.221 In anderen Kontexten konnten die Eigenständigkeit der Mönche und ihre Stellung außerhalb der kirchlichen Hierarchie auch zur Belastung für die Patriarchen werden, da das Mönchtum von ihnen niemals vollständig zu kontrollieren war.222 Im Fall des Basiliskos aber hatte der Patriarch Erfolg. Der Kaiser musste sein Enkyklion zurücknehmen. Ein Antenkyklion führte zur

  219 Vgl. BOURDIEU 1983, 183, der Kapital als akkumulierte Arbeit versteht, deren Generierung vor allem Zeit erfordere. 220 Die Hauptstadt zog offensichtlich viele Mönche an. Zu ihnen: BACHT 1953, 269–71. Dieser weist zudem deutlich darauf hin, welchen Einfluss die Mönche Konstantinopels auf die frühen Phasen des Akakianischen Schismas nehmen sollten (274 f.). 221 Die hauptstädtische Bevölkerung brachte zwar die Organisationsstruktur für Unruhen von sich aus mit, bedurfte aber hinsichtlich ihrer Interessensdefinition spiritueller Führung. Die Volksmassen waren also, gegen IRMSCHER 1975, nicht per se „historische Potenzen“. CAMERON 1976, 290–3 weist auf die Zusammenhänge zwischen „factional violence“ und religiösen Unruhen hin: Die kirchlichen Akteure hätten die von factiones zur Verfügung gestellten infrastrukturellen Möglichkeiten genutzt. WHITBY 2006, 451–4 präzisiert diesen Ansatz, indem er feststellt, dass sich ein Bischof mit seinem Anhang kaum von einem anderen Patron unterschieden habe, weshalb kirchliche Gewalt ähnlichen Mustern gefolgt sein dürfte wie anders motivierte Gewalttätigkeiten. Auch BECK 1973, 17 f. stellt Gewalt befördernde Strukturen spätantiker Städte dar, die es Bischöfen ermöglichten, Gewalt zu provozieren. Zu weiteren organisatorischen Voraussetzungen, nicht zuletzt der Rolle des Bischofs in der Armenfürsorge: BROWN 1992, 103–117; GREGORY 1979, 26–30; WHITBY 1998, 241 f. Ein genereller Überblick über Mechanismen spätantiker Aufstände: MEIER 2009, 148–73. 222 BACHT 1953, 298 f. stellt für Konstantinopel dementsprechend eine große Unabhängigkeit des Mönchtums vom Bischof fest. Einen Überblick über das monastische Umfeld der Hauptstadt generell bietet JANIN 1953.

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Stärkung des Patriarchen, auch wenn die dogmatische Restituierung Chalkedons nur äußerst halbherzig vollzogen wurde.223 Da Akakios dem zurückgekehrten Zenon gegenüber dann mit gutem Recht behaupten konnte, dass er entscheidend zum Sturz des Basiliskos beigetragen hatte, stärkte eine zenonische Konstitution aus dem Jahre 477 den Bischof abermals und gestand ihm über das bloße Metropolitenweiherecht von 451 hinaus als mater christianorum orthodoxae religionis omnium ausdrücklich die allgemeine Aufsichtspflicht über die ihm unterstellten Kirchenprovinzen zu.224 Um die kirchliche Aburteilung der Miaphysiten hatte sich Akakios mit einer Synode in Konstantinopel bereits persönlich gekümmert und dadurch abermals den Führungsanspruch der Kaiserstadt demonstriert. Während Akakios im Osten gestärkt aus den Wirren von 475/76 hervorging, blieb die Beziehung zu Rom problematisch. Nicht zuletzt deshalb, weil Akakios darauf verzichtet hatte, Rom über die Vorgänge in Kenntnis zu setzen, hatte er ein offensichtlich gespanntes Verhältnis zu Papst Simplicius. Da dieser ohnehin nicht bereit war, Konstantinopels Patriarchatsrang anzuerkennen, wahrte Akakios auch in der Folge Distanz. Wenn er doch einmal Kontakt suchte, zum Beispiel um Simplicius die Verurteilung des Petros Mongos mitzuteilen, verbeugte er sich zwar höflich vor dem römischen Primat, ließ zugleich aber immer auch sein Gefühl für die Gleichrangigkeit der eigenen Kirche durchschimmern.225 Und als Akakios 479 auf Befehl Zenons Kalandion die Weihe zum Bischof von Antiochia erteilte und so die Überordnung Konstantinopels über eine petrinische Kirche erwies, zeigte er deutlich, wer in der Kirche des Ostens die Fäden zog. In Bezug auf Alexandria bot sich 481/82 eine ähnliche Gelegenheit. Als Timotheos Salophakiolos in Konstantinopel einen „orthodoxen“ Nachfolger erbat, legte er das Geschick der ägyptischen Kirche in die Hände der Hauptstadtakteure.226 Als sich der Chalkedonier Johannes Talaia danach als untragbar erwies, kam es zur Aussöhnung des Akakios mit den ägyptischen Miaphysiten unter Petros Mongos. Damit musste Konstantinopel nicht mehr mühsam eine prekäre Hierarchie in Alexandria stützen, sondern erfuhr die Anerkennung der dortigen Mehrheitspartei227, die mit ihrer Billigung des kaiserlichen Henotikon implizit auch das für Konstantinopel konstitutive politische Kirchenprinzip anerkannte, indem es den Kanon 28 unangetastet ließ. Eine dogmatisch-hierarchische Neuordnung durch Alexandria war damit verhindert worden. Dass Konstantinopel mit   223 Vgl. Anm. 142. Da das Dokument das Enkyklion zumindest in Bezug auf den Kanon 28 unzweifelhaft zurücknahm, ist die Feststellung von HAACKE (R.) 1953, 114 f., das Antenkyklion habe die auf der Machtebene liegenden Ziele des Akakios befördert, gerechtfertigt. 224 Cod.Iust. 1,2,16. Dies war weit mehr als die bloße Wiederholung der Regelungen von 451: Die Kirche wurde nun ausdrücklich auf Konstantinopel aufgebaut. 225 Zum Beispiel: Veron. 4. Allein schon die Bezeichnung des Papstes als Erzbischof weist deutlich in diese Richtung: EBD. (4,12). 226 HAACKE (R.) 1953, 118 f. stellt fest, dass Alexandria in den Augen Zenons und Akakiosʼ die inhaltliche Frage nach der Orthodoxie endgültig der Politik ausgeliefert habe. 227 Vgl. HAAS 1997, 323.

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dem Henotikon jedoch einen Rivalen um kirchlichen Einfluss aufgebaut hatte, der sich schon bald nach 482 wieder vom Kompromiss abwenden sollte228, erwies sich in der Folge als problematisch. Für den Moment befand sich Konstantinopel 482 aber in einer komfortablen Position: Die kirchliche Aufwertung von 451 wurde implizit nun sogar von der ägyptischen Kirche akzeptiert, während der Widerspruch eines Simplicius aus Rom im Osten beinahe ungehört verhallte. Konstantinopel hatte sich als Patriarchat endgültig durchgesetzt. Die Kirche von Konstantinopel verdankte ihren Rang angesichts des Makels fehlender Apostolizität also kaiserlicher Macht und politischer Analogiebildungen. Durch das kaiserliche Interesse an einem hochrangigen Bischof in seinem unmittelbaren Umfeld war diese Nähe zum Kaisertum für die Bischöfe von Konstantinopel zugleich Chance und Risiko. Zum einen diente sie ihnen als Grundlage und Garantie für ihren Rang in der Kirche. Zum anderen schränkte das Kaisertum die Autonomie des Patriarchen ein. Da die enge Bindung ans Kaisertum die Ansprüche Konstantinopels gerade für die apostolischen Rivalen leicht angreifbar machte, mussten sich die Hauptstadtbischöfe folglich trotzdem immer enger an das Kaisertum binden.229 5.3. Alexandria, Antiochia, Jerusalem: weitere östliche Großkirchen im Kampf um Autonomie und Einfluss Die Kirchen von Alexandria und Antiochia zogen ihre kirchlichen Ansprüche aus dem Selbstverständnis, traditionell zentrale Sitze der antiken Christenheit zu sein. Sie galten als apostolische Gründungen, für Rom sogar als zweiter und dritter Sitz des Reichs.230 Für Rom spielten sie damit eine wichtige Rolle bei der Abwehr der politischen Rangbegründungen Konstantinopels. Jedoch war auch der Status dieser apostolischen Kirchen nicht gleichsam vom Himmel gefallen. Der Rang der Kirche von Alexandria hing eng mit der politischen Bedeutung Ägyptens für das Reich zusammen: Aus seiner wirtschaftlichen Potenz heraus war Ägypten eine politische Sonderrolle erwachsen, die sich auch auf die Kirche Alexandrias auswirkte. Bezeichnenderweise scheint der Vorrang der alexandrinischen Kirche in den ersten drei Jahrhunderten nie über einen angeblich apostolischen Ursprung   228 Vgl. Kap. 6.1.2. 229 Hinzu kam, dass das Gebiet des Patriarchats dogmatisch uneins war: In der Nähe der Hauptstadt orientierte man sich eher an ihrer Position. Je näher man aber zum Balkan kam, desto größer wurden die Unterstützung Chalkedons und der Einfluss Roms. Darum sollte der Bischof von Thessalonike (vgl. Anm. 197) im Akakianischen Schisma für die Akteure in Konstantinopel von größter Bedeutung sein. 230 Decr.Gelas. 3,3 (Anm. 194). Allerdings, darauf weist RUNCIMAN 1983, 152 hin, gibt es Probleme, schlüssig zu erklären, wieso dem Markus-Sitz in Alexandria, nur weil er seinerseits eine von Rom ausgehende Gründung war, ein Vorrang vor dem Petrus-Sitz in Antiochia zukommen sollte.

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begründet worden zu sein.231 Dessen ungeachtet war das Christentum in Ägypten tief verwurzelt, die Führung des Bischofs von Alexandria über seine Provinzen außerordentlich straff.232 Der Wille zur Durchsetzung eigener Positionen auch außerhalb von Ägypten traf damit auf die notwendigen internen Rahmenbedingungen. Auch Antiochia hatte sich als Kirche eines bedeutenden Zentrums des Reichs frühzeitig ein herausgehobenes kirchliches Ansehen erarbeitet. Da es aber frühzeitig und oftmals von internen Spannungen betroffen war, trat die faktische Bedeutung der Gemeinde seit dem vierten Jahrhundert immer mehr hinter ihren traditionellen Anspruch zurück.233 Trotzdem war Antiochia ein provinzübergreifendes kirchliches Oberzentrum. 325 wurden in Nizäa entsprechende Gewohnheitsrechte für die drei Großkirchen von Rom, Alexandria und Antiochia festgestellt.234 Alexandria konnte in der Folge von Nizäa durch Bischöfe wie Athanasios oder Kyrill seinen Anspruch auf die kirchliche Führung zumindest im Osten auch deutlich unterstreichen. Die Kirche von Antiochia hingegen geriet in einen beschleunigten Ansehensverlust, was nicht zuletzt an eben dieser Aufwertung Alexandrias lag.235 380 jedenfalls wurden im Dreikaiseredikt Cunctos populos zwar Damasus von   231 Die Markus-Legende begegnet erstmals in Eus. HE 2,16. Auch Nizäa verweist in der Festschreibung alexandrinischer Rechte lediglich auf nicht näher bestimmte ἀρχαῖα ἔθη (vgl. Kanon 6: COD, 8,5). Bis zur Aufnahme ins römisch-petrinische Konzept, das das enge Verhältnis zwischen Rom und Alexandria auf die gemeinsame Apostolizität zurückführte, spielte der Markus-Bezug keine Rolle. Vgl. BLAUDEAU 2001c, 578–82; GAHBAUER 1993, 42–4; HAHN 2004, 32–4. Daher weisen HAGEMANN 1964, 173–80 und WINKELMANN 1984a, 12 lieber auf die wichtige Rolle Ägyptens als Getreidedepot des Reichs hin. 232 In Ägypten waren metropolitane Zwischeninstanzen nicht vorhanden, sodass die ägyptischen Bischöfe direkte Suffragane des Bischofs von Alexandria waren. Vgl. GAHBAUER 1993, 62 f.; NORTON 2007, 165–9. Auf die ägyptische Einheit und Einheitlichkeit befördernden geographischen Faktoren weist MÜLLER 1981, D320 hin. 233 Schon im Neuen Testament finden sich erste Berichte von internen Streitigkeiten in Antiochia. Vgl. zum Beispiel Gal 2,11–21. Zur Kirche von Antiochia in apostolischer Zeit und der Tradition der Petrus-Gründung: DOWNEY 1961, 272–87, 583–6. Bereits um 330 kam es zum ersten grundlegenden Schisma um Eustathios, das erst Ende des fünften Jahrhunderts durch Kalandion geheilt werden konnte: Theophan. a.5981 (488/89, 133,3–7). In seiner Folge sollte es lange Zeit bis zu vier parallele Hierarchien in der Stadt geben. Vgl. HAHN 2004, 157–60. 234 Während der Kanon 6 dabei im Fall Alexandrias den Geltungsbereich der Bestimmungen benannte, war der Vorrang Antiochias sehr viel allgemeiner und beiläufiger formuliert: Ὁμοίως δὲ καὶ κατὰ τὴν Ἀντιόχειαν καὶ ἐν ταῖς ἄλλαις ἐπαρχίαις τὰ πρεσβεῖα σώζεσθαι ταῖς ἐκκλησίαις (COD, 8,10–3). SCHIEFFER 1991, 435 führt dies darauf zurück, dass sich der Fall Alexandrias auf einen konkreten Konflikt bezog, während VRIES 1963, 8 einen faktischen Rangunterschied zu Alexandria erkennen will und meint, Antiochia sei erst später zum Patriarchat geworden. Dies ist angesichts der Abnahme des Einflusses Antiochias seit Nizäa aber unwahrscheinlich. 235 Im trinitarischen Streit, gerade unter Konstantios II., trat die Stadt als Zentrum der Gegner des Athanasios von Alexandria hervor. Vgl. DOWNEY 1961, 357–62. Dazu war der Häresiarch Arios ein Schüler des Lukian von Antiochia gewesen. Dass die antiochenische Kirche letztlich dem Bischof von Alexandria unterlag und mit einer reichsweiten Häresie in Verbindung gebracht wurde, sollte sich als beispielhaft für viele folgende Konflikte erweisen.

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II. Hinleitung

Rom und Petros II. von Alexandria zur Definitionsmacht des rechten Glaubens erhoben, bezeichnenderweise aber nicht der Bischof von Antiochia.236 In einem regelrechten theologischen Schulstreit, der sich seit dem vierten Jahrhundert zwischen Alexandria und Antiochia entwickelte, schadete die regelmäßige Durchsetzung alexandrinischer Positionen dem Ansehen Antiochias, zumal mit den externen Niederlagen stets auch interne Spannungen einhergingen. Die alexandrinische Deutungshoheit über die theologische Entwicklung im Osten belastete das durch seine geographische Lage vielen verschiedenen theologischen Einflüssen unterworfene Antiochia mit einer „Chronique scandaleuse“ heterodoxer Theologen.237 So waren es auch in erster Linie nur Rom und Alexandria, die sich seit der Synode von Konstantinopel 381 gegen den neuen Rivalen aus der Hauptstadt stemmten, beide mit dem Argument, dass der Anspruch auf Vorrechte Konstantinopels nicht auf kirchlichem Brauch gegründet war.238 In diesem Kampf wurde Alexandria durch die apostolische Schwesterkirche in Rom unterstützt und konnte sich damit auf Kosten Antiochias und Konstantinopels als kirchliches Zentrum des Reichsostens etablieren. Die Ägypter wiesen dabei häufig sogar beide Rivalen gleichzeitig in die Schranken. So gelang Kyrill von Alexandria auf der Synode von Ephesos 431 ein Schlag gegen die antiochenische Einwohnungschristologie und die Rangansprüche Konstantinopels gleichermaßen, als er den aus Antiochia stammenden Hauptstadtbischof Nestorios absetzen ließ. Unter Ausnutzung von Lehrstreitigkeiten schaffte es Alexandria immer wieder, Antiochia dogmatisch und Konstantinopel hierarchisch zu diskreditieren. Erst als die Kirche von Rom im Osten zunehmend auf einen Ausgleich drängte, begann sich das Blatt zu wenden. Zwar konnten die alexandrinischen Bischöfe ihre Vormachtstellung bis zur Synode von Ephesos 449 behaupten; als sich aber alle maßgeblichen Akteure, einschließlich des für die Durchsetzung ägyptischer Ansprüche wichtigen Kaisers, 451 gegen Dioskor von Alexandria richteten, erlitt dieser in Chalkedon eine herbe Niederlage. Nutznießer war vor allem die Kirche von Konstantinopel. Antiochia hingegen konnte von der Situation nicht profitieren, sondern verlor in Chalkedon seinerseits sogar die Oberhoheit über Paläs  236 Dies hing auch damit zusammen, dass es infolge des antiochenischen Schismas unklar wer, wer als der Bischof der Stadt zu gelten hatte. Gerade dieser Umstand dürfte aber mit dafür verantwortlich gewesen sein, dass der Einfluss des Bischofs von Antiochia relativ früh in ein Hintertreffen gegenüber dem Einfluss des alexandrinischen Bischofs geraten konnte. 237 GRILLMEIER 2004, 192. Innovation war im kirchlichen Denken der Zeit, das stets eng an Traditionen orientiert war, der Grundfehler. Vgl. auch EBD., 176, 187 f.: Durch seine geographisch nach Osten und Nordosten offene Lage sei Antiochia verschiedensten theologischen Einflüssen unterworfen gewesen. 238 Der Kanon 2 von Konstantinopel 381 war direkt gegen Alexandria gerichtet, legte er doch fest, dass sich einzelne Bischöfe nicht in Angelegenheit außerhalb ihrer Jurisdiktionsbereiche einmischen sollten. Als Jurisdiktionsbereich Alexandrias sollte demnach μόνος Ägypten gelten. Vgl. COD, 27,16–28,13. Nicht nur für Rom, sondern auch für Alexandria waren die Bestimmungen von 381 daher nur schwer anzunehmen. Vgl. HALLEUX 1982, 322 f.

5. Die Entwicklung der fünf Großkirchen

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tina an die Kirche von Jerusalem, was den fortgeschrittenen Bedeutungsverlust des syrischen Patriarchats verdeutlicht.239 Die Kirche von Jerusalem war als Kirche des Heiligen Landes, als Kirche der Wirkungsstätte Christi, geradezu eine „protoapostolische“ Gründung, bis 451 aber kein Patriarchat. Diese Differenz zwischen heilsgeschichtlicher Bedeutung und hierarchischem Rang war darin begründet, dass Jerusalem nicht Provinzhauptstadt war. Diese Funktion hatte Kaisarea inne. Wenn im vierten Jahrhundert Eusebios, der Bischof dieser Stadt war, in seinem De Martyribus Palestinae für Jerusalem nur einen einzelnen Beleg für ein Martyrium während der diokletianischen Christenverfolgung zu kennen scheint, ist dies weniger Ausdruck mangelnder Glaubenstreue in Jerusalem als ein Hinweis auf Konflikte zwischen Provinzhauptstadt und Heiliger Stadt.240 In der Festschreibung der kirchlichen Metropolitanordnung bestätigte Nizäa 325 den Jurisdiktionsvorrang Kaisareas. Gleichzeitig wurde Jerusalem ein Ehrenvorrang zugestanden.241 Zwar führten verschiedene kaiserliche Maßnahmen in der Folge zu einer fortgesetzten ideologischen Aufwertung der Heiligen Stadt, gleichzeitig erwiesen sich die Beharrungskräfte der Metropolitanverfassung aber als so hartnäckig, dass erst Bischof Juvenal von Jerusalem die kanonische Aufwertung seiner Stadt erreichte, als er in Chalkedon seine Unterstützung für Dioskor aufgab. Juvenals Haltung kam auf der Synode von 451 also durchaus Gewicht zu.242 Dennoch blieb das palästinische Patriarchat das kleinste und schwächste. Auch intern war die Stellung des Bischofs von Jerusalem in Palästina nach Chalkedon nicht gerade stark. Vor allem das Mönchtum darf in seiner Bedeutung für den Patriarchen nicht unterschätzt werden. Juvenal bekam das zu spüren, als es bei seiner Rückkehr aus   239 Vgl. Anm. 100. Euagr. HE 2,4 versucht, den Verlust als Kompromiss darzustellen. Tatsächlich hatte Juvenal noch 449 wesentlich größere Teile der antiochenischen Provinzen für Jerusalem beansprucht: HONIGMANN 1950, 221–5, 224–7. Auch JONES 1964, 892 f. weist auf den Ausgleichscharakter der Maßnahme hin. Trotzdem kann man in der Einigung wenig anderes als eine Niederlage Antiochias sehen. Euagriosʼ Wertung spiegelt nur seinen antiochenischen Blickwinkel wider. 240 Eus. mart.Pal. 11,1 (932,1–3). Die Entwicklung der Kirche von Jerusalem – als deren erster Bischof immerhin der Herrenbruder Jakobus galt – stellt innerhalb der Hierarchie einen Sonderfall dar: HUNT 1998, 244. Zur frühen Geschichte der Gemeinde von Jerusalem bis zum Konflikt mit Kaisarea: HEYER 1984, 10–26. Einerseits relativiert die Geschichte der Heiligen Stadt das apostolische Prinzip der Kirche, VRIES 1968, 20 stellt immerhin fest, dass es viele apostolisch begründete Kirchen nicht zum Patriarchat gebracht hätten. Andererseits wies die Gründungslegende der Gemeinde von Kaisarea (Apg 10) petrinische Elemente auf und zeigt damit, dass diese Art der Legitimation bei aller Relativierung nicht gänzlich zu vernachlässigen war. 241 Kanon 7 von Nizäa (COD, 8,25–31): Ἐπειδὴ συνήθεια κεκράτηκε καὶ παράδοσις ἀρχαία, ὥστε τὸν ἐν Αἰλίᾳ ἐπίσκοπον τιμᾶσθαι, ἐχέτω τὴν ἀκολουθίαν τῆς τιμῆς, τῇ μητροπόλει σῳζομένου τοῦ οἰκείου ἀξιώματος. 242 Allein wegen seiner Seniorität – Juvenal war seit 422 Bischof – war er ein wichtiger Akteur: HONIGMANN 1950, 237. Ps.-Zach. HE 3,3 sagt ganz deutlich, dass die Jurisdiktion über die drei palästinischen Provinzen der Preis für Juvenals Umschwung gewesen sei.

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II. Hinleitung

Chalkedon zum Aufstand kam und er erst durch Kaiser Markian restituiert werden konnte.243 Nichtsdestotrotz kam es nach seiner Restituierung zu fortgesetzten monastischen Konflikten, auch wenn die Synode von Chalkedon in Palästina weniger diskreditiert war als in Ägypten, wo die Akteure mit ihr zusätzlich eine hierarchische Demütigung verbanden. Die Hausmacht des Patriarchen in Jerusalem blieb daher schwach.244 Und auch die anderen großen Bischöfe des Reichs maßen ihm keine allzu hohe Bedeutung zu: Patriarch Anastasios von Jerusalem hatte sich nach der Niederlage des Basiliskos geweigert, dem Enkyklion abzuschwören und war mit dieser Opposition ungestraft davon gekommen. Er scheint gar nicht in den Blick der Akteure in Konstantinopel gerückt zu sein. So wurde zwar mit Paulos von Ephesos ein einfacher Metropolitanbischof synodal und kaiserlich abgestraft, nicht aber der eigentlich höherrangige Patriarch in Palästina.245 Kaiser Zenon zeigte erst Interesse für die Kirche der Region, als es in dieser unter Patriarch Martyrios 478 zur Versöhnung von Chalkedoniern und Antichalkedoniern in der Palästinischen Union kam. Diese Union erkor der Kaiser immerhin zum Vorbild für sein Henotikon.246 Für die Kirche von Jerusalem hieß das, dass sie auf Grundlage der Palästinischen Union die kaiserliche Einheitspolitik nun vorerst mittragen konnte, ohne wieder interne Spannungen befürchten zu müssen.   243 Ein anderes Beispiel sind die Konflikte, die 516 um die Nachfolge des abgesetzten Patriarchen Elias aufbrachen. Vgl. Kap. 10.1.3. Die Bischöfe von Jerusalem waren auf die Mönche angewiesen, um ihre Position im Hinterland durchsetzen zu können, während die Mönche die externe Autorität des Bischofs brauchten, um ihre internen Streitigkeiten zu lösen. Vgl. SIVAN 2008. 244 Der Anführer des Aufstands, Theodosios, hielt sich in der Folge auf dem Sinai versteckt. Das vermutete zumindest Markian und sandte den dortigen Mönchen einen Brief: ACO II,1,3, 131 f. Dies zeigt, dass die antichalkedonische Theologie in Palästina, unterstützt durch Ägypten, fortlebte. Darum blieb die Stellung Juvenals vergleichsweise prekär, auch wenn er die Situation vorerst beruhigen konnte. Vgl. Anm. 110. Siehe auch: HONIGMANN 1950, 258; MARAVAL 2001b, 103–116. 245 Ps.-Zach. HE 5,5; Simplic. epist.ad Acac., 121,25–30. Anastasios hätte einer der Gewinner der dogmatischen Neuordnung des Reichs sein können, sollte das von Timotheos Ailuros angeregte Reichskonzil doch in Jerusalem tagen. PATRICH 1995b, 301 meint, nur das hohe Alter des Bischofs habe ihn nach der Niederlage des Basiliskos vor Verfolgung bewahrt. Tatsächlich starb Anastasios laut FEDALTO 1988b, 1001 bereits im Januar 478. Es drängen sich Parallelen zum Verhalten Konstantinopels gegenüber Timotheos Ailuros auf. Dieser wurde im Gegensatz zu Anastasios aber wenigstens von der Synode des Akakios (vgl. Anm. 152) verurteilt. 246 Vgl. Anm. 167. PERRONE 1980, 116–27 sieht schon Anastasios auf dem Weg „verso nuovi equilibri“. Am Henotikon sollte sich dann aber zeigen, dass das von speziellen Traditionen geprägte Palästina nicht als Vorbild für die Verhältnisse des gesamten Reichs dienen konnte. In Palästina sorgten die im Interesse aller Gruppierungen liegende Zugänglichkeit zu den Heiligen Stätten und das Pilgerwesen für eine ständige Deeskalation. Hinzu kam eine vergleichsweise geringe lokale Verwurzelung des Mönchtums, das dadurch kaum Klientelbeziehungen zur Bevölkerung aufbauen konnte. Vgl. KENNEDY 2000, 601; ROLDANUS 1998, 128; SOLZBACHER 1989, 196 f.

5. Die Entwicklung der fünf Großkirchen

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Während sich die Macht des Patriarchen von Jerusalem postchalkedonisch also konsolidierte, wurde Antiochia bis zum Ausbruch des Akakianischen Schismas durch Parteikämpfe immer weiter geschwächt. Keine Seite konnte sich dabei entscheidend durchsetzen. Wenn Syrien, wie es oft geschieht, in der Forschung als miaphysitisch charakterisiert wird, werden die tatsächlichen Konfliktlinien der Region jedenfalls zu einfach skizziert. Der Umstand, dass Kalandion nur durch die Protektion der Hauptstadt ins Amt gelangen konnte und die ständige Wiederkehr des Petros Knapheus lassen zwar tatsächlich auf starke antichalkedonische Elemente schließen; die chalkedonische Bestimmtheit des Kalandion ist aber gleichzeitig ein Indiz dafür, dass die Miaphysiten keineswegs unangefochten dominierten.247 Das erkennt man auch daran, dass sich Antiochia unter Illus und Kalandion kurzzeitig sogar als Hort des Chalkedonismus im Osten präsentieren konnte. Die Situation war demnach vielmehr so fragmentiert, dass sich seit 451 kaum noch ein Patriarch, gleich welcher Couleur, ohne die Unterstützung Konstantinopels überhaupt im Amt halten konnte. So bestritt selbst Papst Simplicius nicht, dass es alternativlos gewesen sei, die Weihe des Kalandion in Konstantinopel vorzunehmen, obwohl er das als Bruch des Kirchenrechts interpretierte.248 Intern waren die Probleme von Antiochia also immer weniger zu regeln, was Konstantinopel Gelegenheit bot, sich immer wieder in Interna der viel älteren und prestigeträchtigeren Gemeinde einzumischen. Der Anspruch Antiochias, drittwichtigster Sitz des Reichs zu sein, wurde daher nicht erst mit Kalandion den Ansprüchen der Kirche von Konstantinopel untergeordnet.249 Weitere Spezifika des syrischen Patriarchats, wie der ungebrochen große Einfluss der verschiedenen Metropoliten, die Weitläufigkeit der Kirchenprovinz und die Dreisprachigkeit der Region ließen die Organisation der syrischen Kirche äußerst dezentral sein, was auch die interne Stellung des Patriarchen nicht gerade beförderte.250 Angesichts   247 HALLEUX 1978, 356, 362–5 identifiziert eine Wesensverwandtschaft zwischen monastischer Spiritualität und miaphysitischer Theologie, durch die der Miaphysitismus eine große Anziehungskraft auf das syrische Mönchtum ausgeübt habe und für die später Philoxenos ein Beispiel darstelle. ROLDANUS 1998, 138 f. erhebt aber Einwände gegen solche Schemata und weist auf häufige Loyalitätswechsel hin. Feste Haustraditionen jedenfalls habe es in den betrachteten Dezennien noch keine gegeben. FREND 1972, 84 verweist auf die fehlende geographische Einheit Syriens, die klare Positionierungen ebenfalls unwahrscheinlich machte. 248 Vgl. Anm. 176. 249 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass dieser Anspruch zunächst von außen an die Kirche von Antiochia herangetragen wurde, beispielsweise durch das Papsttum, das Antiochia seit Damasus als Teil der petrinischen Trias benötigte. 250 Vgl. GRILLMEIER 22004, 179–84. Laut KENNEDY 2000, 589 habe die Sprachdifferenzierung zwischen Griechisch, Syrisch und Arabisch nicht nur geographische, sondern auch soziale Implikationen gehabt. Auch der miaphysitische Streit habe eine sprachliche Front (599) aufgewiesen. Die Auffassung, dass die syrischsprachige Bevölkerung eher dem Miaphysitismus zugeneigt gewesen wäre (von GUILLAUMONT 1993, 9–11 auch auf die ägyptischen Kopten ausgedehnt), begegnet häufig, sollte aber nicht überbewertet werden. Immerhin war Severos, der miaphysitische Patriarch von Antiochia, griechischsprachig: FREND 1972, 213. Auch DRIJVERS 1981, 25 f. betont, dass eine sprachliche nicht unbedingt auch eine kulturelle Gren 

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II. Hinleitung

dieser Rahmenbedingungen trug Antiochia auch weiterhin zur „häretischen“ Gefährdung bei: 476 galt Petros Knapheus als einer der führenden Antichalkedonier im Reich.251 Alexandria war in postchalkedonischer Zeit von ähnlichen Konflikten geprägt. Diese spielten sich aber unter anderen Vorzeichen ab, weil das antichalkedonische Element hier ein deutliches Übergewicht hatte. Der Widerstand gegen Chalkedon war dabei ursprünglich hierarchisch motiviert. Während die Führer der ägyptischen Miaphysiten in ihrer Ablehnung des Eutyches nicht grundsätzlich von Chalkedon abwichen, erwies sich die Absetzung des Dioskor als großes Problem.252 Und da eine strenge Differenzierung zwischen Hierarchie und Dogma bei der Rezeption der Synode, wie sie Leo in Rom geradezu beispielhaft präsentierte, in Ägypten keine Entsprechung fand, wurde die Synode als Ganzes abgelehnt. Zwar veranlasste Markian zunächst die Verdrängung der antichalkedonischen Führer aus Ägypten; wie wenig lebensfähig die chalkedonische Hierarchie aber ohne solche kaiserliche Unterstützung war, zeigte sich, als Markian 457 starb und sein Nachfolger Leon sich nicht sofort mit gleicher Konsequenz wie er zugunsten Chalkedons positionierte.253 Die Chalkedonier in Ägypten blieben auch nach Leons Entscheidung gegen Timotheos Ailuros auf kaiserliche Machtmittel zur Durchsetzung angewiesen und hingen damit am Tropf Konstantinopels. Erst Timotheos Ailuros konnte unter Basiliskos den Unmut über die Beschlüsse von Chalkedon nutzen, um die durch ihre Abhängigkeit von Rom und Konstantinopel im Einfluss zurückgedrängte Kirche von Alexandria kurzzeitig wieder zur kirchlichen Führungsmacht des Ostens zu machen. Dass er letztlich aber an Akakios scheiterte, zeigt, wie sehr Alexandrias Einfluss nachgelassen hatte. Auch wenn es Timotheos Ailuros gelungen war, seinen eigenen Sitz wieder einzunehmen, so hatte er bezüglich der Einberufung einer neuen Reichssynode keinen Erfolg. Die Situation war verfahren: Einerseits konnte Alexandria nicht   ze sein müsse. Das größere Problem war also die kirchliche Organisation. Der Patriarch in Antiochia hatte sich, im Unterschied zu seinem Amtsbruder in Alexandria, mit 13 Metropoliten zu koordinieren. Vgl. FLUSIN 2001, 568–71; HAGEMANN 1964; HONIGMANN 1947, 156; MÜLLER 1981, D274 f. Daher hatte sich Antiochia als christliches Zentrum in seiner Region weniger klar herausentwickelt als Alexandria: FREND 1972, 86 f. 251 So wurde er gleich nach der Rückkehr Zenons abgesetzt: Euagr. HE 3,8; Ps.-Zach. HE 5,5. Simplic. epist.ad Acac., 121,25–30 nennt ihn in einem Atemzug mit Timotheos Ailuros und Paulos von Ephesos. Angesichts der späteren abermaligen Rückholung des Petros Knapheus wird zumindest seine Absetzung wenigstens in den Augen des Kaisers politische Gründe gehabt haben; in der engen Verbindung von Dogma und Politik hatte sich Petros Knapheus aber auch kirchlich, zumindest bei den Anhängern Chalkedons, diskreditiert. 252 Ebied und Wickham geben einen Ailuros-Brief heraus, in dem sich dieser unmissverständlich von Eutyches distanziert: Tim.Ail. epist. 1. GREGORY 1979, 189–91 betont also zurecht, dass in Ägypten die Personen- der Glaubensspaltung vorausgegangen sei. Vgl. DOVERE 1998, 25; WINKELMANN 1980, 114–6. 253 Selbst als Leon Timotheos Ailuros vertrieben hatte, konnte er nicht garantieren, dass sich der Chalkedonier Timotheos Salophakiolos durchsetzte. Ägypten wurde immer mehr zu einer Art Autonomieregion, in der sich Konstantinopel immer weniger zu behaupten wusste.

5. Die Entwicklung der fünf Großkirchen

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mehr ohne Weiteres gegen Konstantinopel in die Kirche eingreifen, andererseits war die Autorität des Timotheos Ailuros innerhalb von Ägypten so groß, dass es Konstantinopel nicht wagte, ihn aus dem Amt zu entfernen. Wollten beide Seiten den endgültigen Bruch vermeiden, mussten sie früher oder später aufeinander zugehen. Alexandria konnte ohne die abermalige Verschiebung der dogmatischen Gewichte im Reich seinen alten hierarchischen Rang nicht zurückerlangen. Entweder musste Ägypten chalkedonisch werden oder die Miaphysiten sich reichsweit Anerkennung verschaffen. Die letzten Jahrzehnte hatten gezeigt, dass nur die zweite Alternative nicht gänzlich unwahrscheinlich war. Als Johannes Talaias Ungeschick die Situation in Alexandria 482 plötzlich veränderte, waren die Akteure in Konstantinopel daher tatsächlich bereit, die Gemeinschaft mit der miaphysitischen Mehrheit in Ägypten zu suchen und Petros Mongos anzuerkennen. Johannes Talaia fiel damit letztlich der langjährigen Abhängigkeit der chalkedonisch-ägyptischen Minderheit von externen Mächten zum Opfer. Da sich die Chalkedonier Ägyptens jedoch so lange an Konstantinopel gebunden hatten, verlangte die Hauptstadt auch von Petros Mongos die zumindest implizite Anerkennung ihrer Rangrechte. Er musste sich auf einen Kompromiss einlassen und auf die explizite Verurteilung Chalkedons, die für Akakios inakzeptabel war, verzichten. Damit erwies sich aber die Bindung an Konstantinopel als schwere Bürde für die interne Stabilität der Herrschaft des Petros Mongos. Die eigentliche Strategie seiner Obedienz war schließlich darauf hinausgelaufen, hierarchische Interessen mit Hilfe, aber nicht auf Kosten dogmatischer Positionen durchzusetzen. Die dogmatischen Positionen miaphysitischer Eiferer hatte das von Petros Mongos gebilligte Henotikon aber deutlich unterboten.254 Trotzdem war von den drei östlichen Großkirchen die alexandrinische 482 diejenige mit der straffsten inneren Führung und dem größten äußeren Einfluss. Die Position der Miaphysiten war hier so gefestigt, dass es für Konstantinopel ratsam erschien, gute Beziehungen zu Petros Mongos zu suchen. Zwar musste dieser dafür den Rang Konstantinopels implizit billigen, hatte damit aber für ein Ende der direkten äußeren Einmischung in die eigene Kirche gesorgt und Alexandria die Möglichkeit eröffnet, selbst wieder Einfluss auf kirchliche Entwicklungen nehmen zu können. Das Bündnis der beiden Kirchen musste aber prekär bleiben. Zwar war es nicht an Petros Mongos, Kaiser Zenon Eingriffsrechte in die kirchliche Entwicklung abzusprechen, durch den langjährigen Kampf gegen die kaiserlich anerkannten Chalkedonier hatten er und seine Anhänger sich aber offenbar daran gewöhnt, nicht prinzipiell auf kaiserliches Wohlwollen angewiesen zu sein.

  254 Den Rigoristen ging es alternativlos um die Verdammung Chalkedons und derjenigen Bischöfe, die Chalkedon anerkannt hatten. Es war daher absehbar, dass der kompromissbereite Petros Mongos in Konflikt zu Teilen seiner früheren Anhängerschaft geraten musste. Vgl. Kap. 10.1.1.

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II. Hinleitung

Die Unterstützung der Chalkedonier durch Konstantinopel hatte unter den Miaphysiten sehr wohl die Bereitschaft zur Sonderentwicklung befördert.255 Eine solche Bereitschaft zur kirchlichen Selbstbezogenheit lässt sich für die Kirche von Antiochia, um 482 als einziger maßgeblicher Sitz des Ostens chalkedonisch, noch nicht feststellen. Die interne Stellung der syrischen Patriarchen war so schwach und so sehr von der Unterstützung weltlicher Machtinstanzen abhängig, dass sie schon froh sein konnten, überhaupt einige Jahre im Amt zu überdauern. Die internen Spannungen in Syrien boten anderen Kirchen dabei immer wieder Vorwände, um in Antiochia zu intervenieren. Jerusalem schließlich war eine Art Fremdkörper im System der Großkirchen. Seine Bedeutung war wegen seiner Autorität als Heilige Stadt für die Handlungsdisposition anderer Akteure zwar nicht gänzlich zu vernachlässigen, aber eben auch nicht primär. Sowieso stellte sich für Jerusalem das Problem externer, gerade kaiserlicher Eingriffe nicht so unmittelbar wie für Konstantinopel oder für Alexandria und Rom, die deutlich höhere Ansprüche zu verteidigen hatten. Dass die Patriarchen von Jerusalem aber keine prinzipiellen Vorbehalte gegenüber kaiserlichen Eingriffen in die Kirche hatten, zeigt ihre Billigung von Enkyklion und Henotikon. Die Palästinische Union hatte das Henotikon sogar vorweggenommen, weshalb für Palästina davon auszugehen war, dass es den Versöhnungskurs des Henotikon in der Folge würde mittragen können.

  255 Diese Bereitschaft wird häufig mit einer nationalen oder ethnischen Desintegration Ägyptens von der Reichszentrale Konstantinopel in Verbindung gebracht. Vgl. beispielsweise VASILIEV 1958, 105. Es ist aber fraglich, inwiefern ethnische Differenzen der Grund für kirchliche Konflikte waren oder sie diese nicht einfach nur, wie FREND 1972, 70 f. es sagt, beförderten und spiegelten. In Syrien jedenfalls hatte die Sprachdifferenz zwischen Griechisch und Syrisch kaum unmittelbaren Einfluss auf die theologische Position der Akteure: Anm. 250. Entsprechendes ist für Ägypten anzunehmen.

III. BISCHÖFLICHES HANDELN 6. EREIGNISGESCHICHTLICHER ÜBERBLICK II: VOM BRUCH BIS ZUR WIEDERHERSTELLUNG DER GEMEINSCHAFT 6.1. Erste Phase: Ausbruch und Konsolidierung des Schismas 6.1.1. Der Ausbruch des Schismas (484–489) Selbst wenn er es gewollt hätte: Akakios von Konstantinopel hätte sich dem Henotikon schwerlich widersetzen können, zu sehr hingen seine Rangansprüche am Einvernehmen mit dem Kaisertum. Da das Henotikon nun zwar den Ambitionen des Patriarchen förderlich war, die Frage nach der Ordnung der Kirche aber nicht endgültig zugunsten der Hauptstadt löste, verschärfte sich diese Abhängigkeit nach 482 noch. In Ägypten war die Übereinkunft zwischen Akakios und Petros Mongos von Alexandria von vornherein prekär. Nachrichten über den Druck radikaler Antichalkedonier auf Petros Mongos zur Verurteilung Chalkedons dürften sich auch bis Konstantinopel herumgesprochen haben256, während die neuerliche communio zwischen Konstantinopel und Alexandria in Rom auf die Missbilligung des Simplicius gestoßen war. Nach dem Tod des Timotheos Ailuros galt Petros Mongos in Rom als Führer der Miaphysiten, die Chalkedon und damit den römischen Lehrprimat infrage stellten. Selbst Akakios hatte den Ägypter noch wenige Jahre zuvor öffentlich verdammt. Darüber hinaus sah sich der Papst in der heiklen kirchenpolitischen Frage der Wiederaufnahme des Petros Mongos in die Kirche vor vollendete Tatsachen gestellt, über die ihn auch noch der Kaiser informieren musste, da Akakios es einmal mehr versäumt hatte, Rom persönlich Bericht zu erstatten. Selbst wenn Simplicius angesichts der nicht vollständig abgebrochenen Kontakte in den Osten von den Entwicklungen wahrscheinlich nicht gänzlich überrascht wurde, so hatte Akakios in seinen Augen doch gegen eine ganze Reihe von Grundsätzen gegenseitiger Respektbezeugung und gemeinsamer pastoraler Aufgaben verstoßen257 – zugunsten eines „Häretikers“.   256 Das durchaus vorhandene Misstrauen des Akakios gegenüber der dogmatischen Zuverlässigkeit des Petros Mongos belegt Euagr. HE 3,16. Vgl. Kap. 10.1.1. 257 Simplicius bringt dies Akakios gegenüber deutlich zum Ausdruck: Avell. 68,1 (151,2–9). Der einzige erschließbare Kontakt des Akakios zu Simplicius nach 479 bestand aus einem belanglosen Brief, den Akakios 482 dem Synodikon Kalandions an Rom mitgegeben hatte. Vgl. Avell. 69.

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III. Bischöfliches Handeln

Hinzu kamen Vorbehalte gegen das Henotikon. Dieses war in Rom zwar nie offiziell bekannt gemacht worden, und Simplicius erwähnt es auch niemals explizit. Nichtsdestotrotz wird der Papst das Dokument gekannt haben.258 Noch galt der Kern der Kritik nicht dem Inhalt des Henotikon, das sein antichalkedonisches Potential unter Zenon auch noch nicht voll entfaltete – abgesehen von den personalpolitischen Veränderungen in Alexandria, die auf dem Edikt fußten. Wichtiger war für den Moment, dass das Dokument in Rom als eine kaiserliche Anmaßung kirchlicher Rechte wahrgenommen wurde. Ohne die formale Mitwirkung von Bischöfen definierte Zenon in einem kaiserlichen Edikt aus eigener Machtvollkommenheit heraus eine kirchliche Orthodoxie. Damit zog er zugleich den Lehrprimat Roms und die petrinisch begründeten Vormachtsansprüche der sedes Petri in Zweifel.259 Die Übereinkunft zwischen Akakios, Petros Mongos und Zenon versetzte Rom hinsichtlich seiner eigenen Rangansprüche und seiner theologischen Anliegen also in Sorge. Simplicius protestierte daher entschieden gegen die Einsetzung des Petros Mongos und sandte eine Reihe von Schreiben an Zenon und Akakios. Den Patriarchen forderte er auf, den Kaiser von der Restituierung des Petros Mongos abzubringen. Ein verurteilter Ketzer könne ohnehin nur nach umfassender Buße und höchstens als Laie wieder in die Kirche aufgenommen werden.260 Akakios aber hatte keine Möglichkeit und wahrscheinlich auch gar kein Interesse, wieder von Petros Mongos abzurücken und schwieg daher zu den Eingaben aus Rom. Weil das Henotikon kaiserlich motiviert war und von Zenon daher unter  258 Dies dürfte spätestens der Fall gewesen sein, als Johannes Talaia mit der Anklage gegen Akakios in Rom erschien. Zumindest Gelasius erwähnt das Dokument in der Folge regelmäßig. Auch Euphemios setzt es als in Rom bekannt voraus: Kap. 6.1.2. GRAY 1979, 30 spricht Simplicius und Felix die Kenntnis des Henotikon aber ab, während ULLMANN 1981, 150 einen anderen Grund dafür nennt, dass diese beiden Päpste nicht explizit auf das Dokument Bezug nahmen: Es sei gefährlich gewesen, ein kaiserliches Gesetz, wie es das Henotikon darstellte, anzugreifen. Diese Position übersieht aber das Durchsetzungsdefizit des Kaisers in Italien. Insofern ist davon auszugehen, dass der Hauptgrund für das römische Schweigen bezüglich des Henotikon tatsächlich der war, dass dieses in Rom nicht offiziell bekannt gemacht worden war. Vgl. HOFMANN 1953, 48 f. Eine Beschäftigung mit dem Dokument hätte darüber hinaus dogmatische Stellungnahmen Roms erfordert und damit die dogmatische Diskussion neu belebt, was die Päpste aber vermeiden wollten. Daher versuchten sie lediglich, die personalen Konsequenzen des Zenon-Edikts rückgängig zu machen. 259 HAACKE (R.) 1953, 122 f. stellt fest, dass die Anmaßung apostolischer Lehrgewalt durch einen Laien die Frage nach dem Kirchenprinzip stellen musste. Dieser Aspekt sollte schon bald, unter Gelasius, zum Hauptkonfliktpunkt der Diskussion werden. 260 Avell. 68,3 f. Simplicius nahm dabei explizit Bezug auf die 477 in Konstantinopel erfolgte Verurteilung der führenden Miaphysiten (Veron. 4), in der den Antichalkedoniern und damit auch Petros Mongos jede Genugtuungsmöglichkeit genommen worden war. Tim.Ail. epist. 3 zeigt, dass auf der anderen Seite der Führer der Antichalkedonier keineswegs so rigoros mit den Klerikern der Gegenseite verfuhr wie es Rom und Konstantinopel taten. Er formulierte recht moderate Bedingungen für die Wiederaufnahme in seinen Klerus. Simplicius wandte sich selbstverständlich nicht nur an Akakios, sondern mehrfach auch direkt an Kaiser Zenon: Avell. 99,20.

6. Vom Bruch bis zur Wiederherstellung der Gemeinschaft

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stützt wurde, verhallten die Briefe des Simplicius in Konstantinopel ohne Konsequenzen. Den Akteuren der Hauptstadt war die Einheit der östlichen Kirche wichtiger als das Einvernehmen mit dem fernen Rom.261 Als Simplicius im März 483 starb, wurde sein enger Mitarbeiter als Felix III. (II.) zu seinem Nachfolger erhoben. Dies geschah mit Zustimmung des Senats, den die kirchliche Entwicklung offenbar also ebenfalls zu beunruhigen begann.262 Felix zur Seite stand sein Diakon Gelasius, der sich schon unter Simplicius mit seinen rhetorischen Fähigkeiten hervorgetan hatte und nun für einen Großteil der Korrespondenz des Felix verantwortlich war.263 Unmittelbar nach seiner Ordination sandte der neue Papst Wahlanzeigen an Akakios und Zenon. In diesen drückte er den Schmerz aus, den er angesichts des fortgesetzten Schweigens aus Konstantinopel empfand. Er beteuerte, dass es ihm zwar fernläge, Böses zu argwöhnen, jedoch würde ihm die Abweichung von üblichen Gepflogenheiten im gegenseitigen Kontakt hinsichtlich der Position des Akakios doch zu denken geben. Gegebenenfalls, so warnte der Römer, sei er sogar bereit, die communio zu lösen.264 Darüber hinaus erinnerte Felix seine Briefpartner an die nur wenige Jahre zurückliegende Verurteilung des Petros Mongos durch Akakios und an das Ver  261 Vgl. Anm. 182. 262 RICHARDS 1979, 57–9: Die Einheit der Kirche unter römischen Vorzeichen lag im Interesse beider Gruppen. Da Rom mit dem Ende des Weströmischen Reichs politisch bedeutungslos geworden war, musste es wenigstens kirchlich seinen Rang gegenüber der Konkurrenz im Osten behaupten. Das sogenannte „Basilius-Dekret“ gestattete dem Senat unter der Führung des Basilius daher Einfluss auf die Wahl des Felix. In diesem Rahmen wurde auch die Veräußerung von Kirchenbesitz neu geregelt, der meist aus aristokratischen Schenkungen bestand. Die Forschung weist einhellig darauf hin, dass diese Maßnahmen rund um die Bischofswahl von 483 auf die ausdrückliche Bitte des Simplicius hin getroffen worden seien, der Unruhe und Bestechungen bei der Bestellung seines Nachfolgers gefürchtet habe. Vgl. BLAUDEAU 2002, 503 f.; JONES 1964, 263; NORTON 2007, 101 f.; PICOTTI 1958, 746; PIETRI 1991, 241 f.; SOTINEL 2001, 308; WIRBELAUER 1993b, 51–4. 263 KOCH 1935, v. a. 53–8 kommt in seiner Analyse der Schreiben des Felix zu dem Schluss, dass alle diese Schreiben von Gelasius verfasst worden seien. Auch viele Briefe des Simplicius würden der Feder des Gelasius entstammen. ULLMANN 1981, 116–27 fasst den Befund Kochs dahin gehend zusammen, dass Gelasius Kanzlist seiner Vorgänger gewesen sei. Vgl. auch ULLMANN 1978, 41 f. Er kommt aber gleichzeitig zu dem Schluss, dass Gelasius an der inhaltlichen Ausrichtung des Simplicius, der endgültige Brüche vermieden hätte, schwerlich beteiligt gewesen sein konnte: DERS. 1981, 132–4. Die Beteiligung an der Formulierung lässt also nicht zwangsläufig auf die Beteiligung am Inhalt schließen. Daher stellt sich die Frage, wie man mit dem Befund der Abfassung der Felix-Briefe durch Gelasius umzugehen hat. SCHWARTZ 1934, 277 positioniert sich deutlich: Schriftstücke, in denen ein Papst in der ersten Person spreche, seien nur diesem zuzuschreiben. Unter der Annahme einer Art „Richtlinienkompetenz“ sollen auch in dieser Arbeit die unter Felix entstandenen Papstbriefe weiterhin diesem zugeordnet werden. 264 Der Brief an Akakios ist herausgegeben in Berol. 21. Die Drohung des Papstes war unmissverständlich: absit ut de tua dilectione taliter nos credamus, quem et dudum pro catholica fide uiriliter stetisse reminiscimur et a totius ecclesiae corpore nolumus discrepare (EBD., 73,16–8). Zur Beschwerde über das Schweigen des Akakios: EBD., 70,7–23.

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III. Bischöfliches Handeln

sprechen, das Zenon Timotheos Salophakiolos bezüglich eines „orthodoxen“ Nachfolgers gegeben hatte.265 Hinweisend auf die Basiliskos-Usurpation mahnte der Papst den Kaiser zuletzt, sich nicht gegen Chalkedon und den römischen Lehrprimat zu wenden.266 Felix versuchte also, durch sein selbstbewusstes Auftreten die Initiative zurückzugewinnen und ein Einlenken der Hauptstadt zu erreichen, auch wenn er sich offensichtlich nicht ganz sicher war, ob Akakios oder Zenon für die Entwicklungen verantwortlich war. Gegen Akakios gab es aber zumindest konkrete Vorwürfe. Nur kurz nach der Abreise der Legaten, die die päpstlichen Briefe nach Konstantinopel bringen sollten, war Johannes Talaia mit einer Anklage gegen Akakios in Rom erschienen.267 Wollte der römische Bischof seine Ansprüche nicht aufgeben, höchste Instanz in innerkirchlichen Streitfällen zu sein, musste sich Felix dieser Anklage annehmen. Die Situation erinnerte an das Jahr 341, als Athanasios von Alexandria sich gegen seine Verbannung an Julius von Rom gewandt hatte.268 Ganz im Sinne dieses Vorbildes nahm sich Felix als Bischof der prima sedes nun des Talaia-Falles an und sandte seinen Legaten Vitalis und Misenus eilig eine Vorladung für Akakios zu einer Untersuchung des Falles in Rom hinterher. Mit Verweis auf seine Binde- und Lösegewalt demonstrierte der Papst damit, dass er sich als theologisch, kanonisch und historisch berechtigt sah, über den Bischof von Konstantinopel zu Gericht zu sitzen.269 Eine Verwirklichung die  265 Aus dem Brief des Felix an Zenon: Berol. 20 (65,14–67,6). Zur Verurteilung des Petros Mongos durch Akakios vgl. Anm. 178. 266 Berol. 20 (64,25–65,4). Diese Verknüpfung von römischem Primat und dem Sturz des Usurpators lässt sich im politischen Denken der Zeit sogar als Drohung verstehen. Dass eine römische Wahlanzeige an Konstantinopel bei alldem ein Novum war, ist nicht weiter verwunderlich, da Felix der erste römische Bischof war, bei dessen Erhebung im Westen kein Kaiser mehr residierte: AUSBÜTTEL 2003, 96; BLAUDEAU 2001d, 1101 f. Generell zum Wirken des Felix für Chalkedon: HOFMANN 1953, 43–51. 267 Felix nimmt mehrfach Bezug auf diese Anklage: Berol. 22 (74,20–75,2 [Brief an Zenon]); 23 (75,12–6 [Brief an Akakios]). Die Anklageschrift selbst ist nicht erhalten. Es ist davon auszugehen, dass Rom erst durch Johannes Talaia über das wahre Ausmaß des Umschwungs informiert wurde: CASPAR 1933, 23 f.; HOFMANN 1953, 45 f. Blaudeau stellt fest, dass das Schweigen des Akakios nun dazu führte, dass Rom sich auf einseitig chalkedonische Informationen stützen musste. Der ursprünglich respektvolle Ton dem Kaiser gegenüber habe sich unmittelbar geändert: BLAUDEAU 2002, 505 f.; DERS. 2006d, 154 f. 268 Der Papst weist selbst auf diese Parallele hin: Das Athanasii exemplum dient Felix als Begründung dafür, dass er die Anklage des Johannes nicht übergehen konnte. Vgl. abermals Berol. 23 (75,12–6). Athanasios galt mittlerweile so sehr als personale Referenz für den Glauben von Nizäa, dass die „Berufung auf ihn [den] Nachweis der eigenen Orthodoxie [bedeutete].“ (TETZ 1961, 363). BLAUDEAU 2002, 506 f. sieht die Parallele eher zu einer Situation von 353, als sich Liberius von Rom – nun ohne Bereitschaft des Ägypters, sich dem römischen Urteil zu unterwerfen – für eine retractatio des Urteils gegen Athanasios stark machte. Aus Perspektive der römischen Ansprüche aber dürfte es unerheblich sein, zu welcher dieser beiden Episoden die Parallelen gesehen wurden. Vgl. GOTTLIEB 1978, 21. 269 Vgl. Berol. 23 (75,17–9): […] apud beatum Petrum apostolum, cui preces in nobis oblatas peruides et quem ligandi atque soluendi a domino potestatem sumpsisse non potes diffiteri  

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ses Anspruchs hätte den Ambitionen Konstantinopels einen Dämpfer verpasst, während die Wiedereinsetzung des Johannes Talaia als Bischof von Alexandria die Suprematie Roms erwiesen hätte. Akakios konnte der Ladung kaum Folge leisten, auch wenn klar war, dass Rom dies als Schuldeingeständnis werten würde. In seiner Verweigerung wusste der Hauptstadtbischof den Kaiser hinter sich. Gemeinsam brachten sie die römischen Legaten dazu, auf die Linie Konstantinopels einzuschwenken und sandten sie nach Rom zurück.270 Hier verteidigten Misenus und Vitalis nun die ihnen mitgegebenen Briefe des Akakios und des Zenon an den Papst. Kaiser und Patriarch erhoben schwere Vorwürfe gegen Johannes Talaia und betonten die Orthodoxie des Petros Mongos, mit dem angeblich sogar die Anhänger des Timotheos Salophakiolos in Gemeinschaft stehen würden. Akakios lobte darüber hinaus das kaiserliche Vorgehen und betonte sein Festhalten an den Bestimmungen von Chalkedon. Die Notwendigkeit einer synodalen Rechtfertigung seines Vorgehens sah er daher nicht.271 Mit der Behandlung der römischen Legation – Felix beklagte, dass er, vertreten durch seine Legaten, in Konstantinopel eingekerkert worden sei272 – waren die Akteure der Hauptstadt aber zu weit gegangen. Noch im Spätsommer 484 erfolgte die Exkommunikation des Akakios durch eine römische Synode.273 Ein scharfes  

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[…]. Gemäß dem Kanon 3 von Serdika 342 hätte Felix eigentlich eine neue ägyptische, keine römische Synode einberufen müssen. Johannes Talaia hatte mit Akakios aber eine dritte Partei angegriffen, was die Bestimmung von Serdika nicht regelte. Da Rom sich auf den Standpunkt stellte, dass Johannes Talaia gar nicht von einer Synode abgesetzt worden sei (dieses Argument begegnet spätestens unter Gelasius: Avell. 95,41 [384,1–10]), konnte es ohnehin keine neue Synode geben. Immerhin lässt sich aber feststellen, dass Serdika und dem aktuellen Eingreifen das gleiche römische Bewusstsein reichsweiter Zuständigkeit zugrunde lag. Vgl. Euagr. HE 3,20; Theod.Anagn. HE epit. 432 f.; Theophan. a.5979 f. (486/87 f.). Was genau vorgefallen war, vor allem aber, was die Legaten zu ihrem Abfall motiviert hat, ist unklar. Auch Gelasius äußert sich in Avell. 95,14 (373,19–374,10) zwar empört, aber wenig konkret. SCHWARTZ 1934, 206 spricht von der Anwendung von „Peitsche und Zuckerbrot“. Ein plausibles Bild zeichnet BLAUDEAU 2002, 508–13: Die Legaten müssen in Konstantinopel zur Überzeugung gekommen sein, dass Petros Mongos auf die Linie Chalkedons umgeschwenkt sei. Bei einem Gottesdienst, an dem beide Gesandten teilnahmen, seien nun die Namen von Felix und Petros Mongos verlesen worden, was den Eindruck erweckt haben könnte, dass Rom und Alexandria miteinander in Gemeinschaft standen. Vgl. auch CAPIZZI 1980, 31. Die Argumente der beiden Hauptstadtakteure sind aus päpstlichen Schreiben zu erschließen. Vgl. zum Beispiel Avell. 70,4 (157,8–13); 95,15.44.64; Veron. 5 (6,18–20; 7,10 f.); 11 (36, 35–39,16; 41,22–32). Die Verteidigung der Orthodoxie des Petros Mongos durch Zenon findet sich darüber hinaus bei Euagr. HE 3,20. Die Feststellung der Orthodoxie des Petros Mongos baute auf der inhaltlichen Bewertung des Henotikon durch Konstantinopel auf, nach der das Dokument Chalkedon keine Absage erteilt hätte. Berol. 26 (76,8 f.): Acacius qui secundum a nobis ammonitus statutorum salubrium non destitit esse contemptor meque in meis credidit carcerizandum […]. Euagr. HE 3,20 f. gibt eine Inhaltsangabe über die Akten der Synode und über ihre Ergebnisse, also die Verdammungen des Akakios, des Petros Mongos und der römischen Legaten Misenus und Vitalis. Dass die Sentenz gegen Akakios auf die vormalige Verurteilung des

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Schreiben informierte den Patriarchen über die Sentenz, die unter anderem auch den Bischöfen der konstantinopolitanischen Kirchenprovinzen, den chalkedonischen Klerikern Konstantinopels und Zenon mitgeteilt wurde. Felix stellte den Kaiser dabei vor die Wahl zwischen dem Alexandriner Petros und dem Apostel Petrus, erklärte, dass es ein Verstoß gegen die Ehrfurcht vor Gott sei, römische Legaten einzukerkern und in häretische Gemeinschaft zu zwingen und forderte Zenon auf, sich in Sachen des Glaubens wieder der Kirche zu unterstellen. Mit Petros Mongos könne es keine communio geben und mit Akakios, der Petros Mongos wieder in die Kirche aufgenommen habe, ebenfalls nicht.274 Akakios blieb nur, seinerseits Felix aus den Diptychen zu streichen und damit dem Schisma Gegenseitigkeit zu verleihen.275 In der Folge gab es keine direkten Kontakte zwischen den Kirchen von Rom und Konstantinopel. Vielmehr versuchten beide, die Stimmung im Reich jeweils zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Rom kritisierte beispielsweise die Wendung Konstantinopels gegen die östlichen Anhänger Roms, insbesondere dabei die Absetzung Kalandions und die Wiedereinsetzung des Petros Knapheus als Bischof von Antiochia, auch wenn Akakios in diesem Fall zu Unrecht verantwortlich gemacht wurde.276 Dieser hatte sogar protestiert, als Zenon nach der Niederschlagung der Illus-Revolte die Aburteilung von dessen Unterstützern dazu nutzte, das Henotikon auf Syrien auszudehnen und den Chalkedonier Kalandion, der sich weigerte, mit Petros Mongos in Gemeinschaft zu treten, zugunsten des Petros   Petros Mongos durch diesen hinwies (Veron. 5 [6,10 f.]: Petrus, quem damnatum sanctae memoriae decessori meo ipse rettuleras […]. Vgl. Euagr. HE 3,21 [119,25–120,2]), war angesichts der bisherigen Argumentation Roms geradezu zwangsläufig und wurde in der Folge immer wieder aufgegriffen, zum Beispiel von Gelasius in Veron. 10 (26,10–6). Vgl. BLAUDEAU 2006d, 158 f. 274 Mitteilung der Synodalsentenz an Akakios: Veron. 5. Bekanntmachung der Akakios-Sentenz: Berol. 33 (Kaiser Zenon); 28 (Klerus und Kirchenvolk von Konstantinopel); 26 (kurze öffentliche Mitteilung). HAACKE (W.) 1939, 28–31 will die beiden letzten Schreiben und Veron. 5 nicht als echt gelten lassen. Er kann aber nicht bestreiten, dass sie zumindest im Zusammenhang mit der eigentlichen Akakios-Sentenz stehen. Sie sind also zweifelsohne zeitgenössisch und gehen wenigstens mittelbar auch auf Rom zurück. Zeitgleich erging ein Rundschreiben an die ägyptischen Bischöfe, das diesen die Absetzung des Petros Mongos mitteilte: Avell. 99,31. Eine weitere römische Synode wandte sich ein Jahr später an die Mönche von Konstantinopel und Bithynien: Avell. 70. Die Verkündung des Akakios-Urteils durch den defensor Tutus in Konstantinopel endete jedoch abermals im Abfall des Legaten. Vgl. SCHWARTZ 1934, 208 f. Papst Felix informierte die Archimandriten Konstantinopels über die Absetzung des Tutus und weist dabei auf eine mögliche Bestechung des römischen Gesandten hin: Berol. 29. Zu diesem Schreiben: NAUTIN 1984. 275 Theophan. a.5980 (487/88, 132,31–3). Dieser Schritt muss aus der Sicht Roms die Anmaßung des Akakios auf die Spitze getrieben haben. Für einen breiten ereignisgeschichtlichen Überblick über die in diesem Kapitel kurz skizzierte Krise von 482/84: SCHWARTZ 1934, 196–207. 276 Zum Beispiel Avell. 99,29 (von Gelasius noch unter Felix verfasst). Akakios war aber sicherlich nicht die treibende Kraft hinter der Wiedereinsetzung des Petros Knapheus und stand niemals mit ihm in Gemeinschaft, was auch in Rom bald bekannt sein sollte. Vgl. Avell. 95, 43.68; Veron. 10 (27,35 f.; 32,8–10).

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Knapheus abzusetzen.277 Verhindern konnte Akakios diesen Personalwechsel jedoch nicht. Petros Knapheus kehrte also nach Antiochia zurück, anerkannte das Henotikon und stellte damit die communio zwischen Antiochia und Alexandria her.278 Weil derartige Ereignisse den Graben zwischen Konstantinopel und Rom vertieften, war der Bischof von Konstantinopel nun mehr denn je auf die Macht des Kaisers angewiesen. Dieser war nicht bereit, den Residenzbischof, der seine bekenntnispolitischen Maßnahmen mitentwickelt und mitgetragen hatte, im Schisma mit Rom beschädigen zu lassen. Zenon stützte Akakios gegen jegliche Angriffe. Da Rom weit entfernt war, Petros Mongos, Petros Knapheus sowie Martyrios von Jerusalem aber dem Henotikon zustimmten279, schadete das Schisma dem Bischof der Reichshauptstadt kurzfristig nicht. Ganz im Gegenteil: Die Kirche des Ostens war unter Führung des Akakios geeint. Unter diesen Umständen fand es sogar Andreas von Thessalonike, immerhin päpstlicher Vikar, nicht ratsam, als Untertan des Kaisers der Verurteilung des Akakios durch Rom zuzustimmen.280

  277 Zur Absetzung des Kalandion: Ζήνων δὲ ὁ βασιλεὺς ἀνεθεὶς τῶν τυράννων ἐξέβαλε τῆς ἐκκλησίας Ἀντιοχέων Καλανδίωνα καὶ ἐξώρισεν εἰς Ὄασιν, Πέτρον δὲ τὸν Κναφέα κατέστησεν. […] προφάσει μὲν τῆς πρὸς τοὺς τυράννους εὐνοίας, τῇ δὲ ἀληθείᾳ διὰ τὸ ἑνωτικὸν Ζήνωνος (Theophan. a.5982 [489/90, 133,30–134,5]). Vgl. CHARANIS 21974, 44. Zenon nutzte die Niederschlagung der Revolte, um in Syrien einen Loyalitätsbeweis mit der Billigung des Henotikon zu verbinden. Für Rom aber verstärkten sich dadurch die Sorgen, die es angesichts des Ausgleichs zwischen Kaiser, Hauptstadt und Alexandria ohnehin schon hatte: WIRTH 1990, 106. Dass Akakios sich nach der Absetzung des Kalandion aber gegen Petros Knapheus gestellt hatte, bezeugt sogar Gelasius selbst: cur usque in finem se non communicasse gloriabatur Acacius? (Veron. 10 [27,35 f.]). 278 Ps.-Zach. HE 5,9 f. 279 Ps.-Zach. HE 5,12. 280 NAUTIN 1982 beschäftigt sich eingehend mit einem Schreiben des Felix an Andreas. Dabei klärt er das Verhältnis vom fragmentarisch erhaltenen Briefanfang (Berol. 25 [76,2–6]) zu einem anderweitig erhaltenen, von Nautin diesem Briefanfang zugeordneten Fragment (Veron. 6 [7–15]). Nach Nautin habe sich Andreas Ende 489 zusammen mit Fravitta (vgl. Kap. 6.1.2.) um Gemeinschaft an Felix gewandt. Als Antwort habe er eine Ermahnung über die Notwendigkeit der Verurteilung des Akakios erhalten. Aus dem Brief wird deutlich, dass Thessalonike auch in der Phase der kurzzeitigen Entspannung in den Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel an der Hauptstadt orientiert war. Durch die römische Zurückweisung seiner Bitte um Gemeinschaft wird sich an dieser Position des Andreas nichts grundsätzlich geändert haben. Zu fragen ist lediglich, inwiefern seine Linie auch die Stimmung im Illyricum insgesamt traf. ORTIZ DE URBINA 1951, 393 weist darauf hin, dass unter anderem auch die illyrischen Bischöfe in Chalkedon Zweifel am Tomus Leonis erhoben hätten, die erst durch die Aufnahme kyrillischer Wendungen in die ekthesis der Synode hatten zerstreut werden können. Zur Frage des päpstlichen Vikariats von Thessalonike vgl. Anm. 197.

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6.1.2. Gescheiterte Annäherung unter Fravitta und Euphemios (489–492) Akakios starb 489.281 Sein Nachfolger Fravitta unternahm einen Anlauf zur Verständigung. Solange sich Konstantinopel mit Rom im Schisma befand, war die östliche kirchliche Einheit bedroht, da sie stets extern vom Papst untergraben werden konnte. Da sich das Schisma aber in erster Linie an der Person des Akakios entzündet hatte – dogmatische Differenzen hatte schließlich nicht einmal dieser selbst erkennen wollen –, konnte es Fravitta so scheinen, als sei der Casus Belli ein rein persönlicher Streit zwischen Papst Felix und Patriarch Akakios gewesen. Akakios war nun aber tot, und dogmatisch sah sich Konstantinopel weiterhin auf einer Linie mit Rom. Somit bekannte sich der neue Bischof in einem Synodikon zur Schlüsselgewalt des Papstes, bezeichnete Petrus als Fels des Glaubens und Haupt der Apostel und anerkannte den Primat Roms. Das Schreiben gipfelte im Angebot der Gemeinschaft.282 Trotz dieser versöhnlichen Töne blieb Felix misstrauisch, zumal ihm nicht entgangen sein dürfte, dass Fravitta auch an Petros Mongos ein Synodikon gesandt hatte.283 Der Papst teilte daher freundlich, aber bestimmt mit, dass der Wunsch nach kirchlicher Einheit erst dann erfüllbar sei, wenn Akakios und Petros Mongos aus den Diptychen der Kirche von Konstantinopel gestrichen worden seien.284 Es war diese Forderung, die von nun an im Zentrum des Schismas stehen sollte: Die Verdammung des Akakios wurde zum Symbol der Anerkennung Chalkedons und des römischen Primats.285 Für Fravitta waren die Expunktionen je  281 Die Regierungszeiten der Bischöfe Konstantinopels richten sich nach FEDALTO 1988a, 4. 282 Das Schreiben des Fravitta ist über die päpstlichen Briefe Berol. 34 (an Zenon) und 44 (an Fravitta) zu erschließen, wobei in Letzterem der Absender Gelasius durch Felix zu ersetzen ist. Zum Entgegenkommen des Fravitta in seiner Wendung an Rom vgl. exemplarisch Berol. 34 (83,13–7): cuius etiam litterarum me refouet intentio, qua sicut decet Christo placere nitentem, et summum apostolorum beatum Petrum et petram fidei esse non tacuit et eidem mysteriorum claues creditas fuisse caelestium prudenter astruxit utque nobiscum circa orthodoxam fidem consentientem haberet assensum, quo amplius unanimis redderetur, expetiit. 283 Theophan. a.5981 (488/89, 133,7–14). Da der Erfolg der Annäherung an Rom unsicher war, konnten Fravitta und Zenon Alexandria nicht preisgeben. Weil Petros Mongos noch auf der Grundlage des Henotikon stand, gab es auch keine inhaltliche Notwendigkeit für einen solchen Schritt. 284 Berol. 44 (111,27–30): sed dum cum ipsis sollicitius ageretur, ut si mallent beati Petri apostoli communionem fideli corde suscipere, responderent uel se uel dilectionem tuam ab Alexandrini Petri Acaciique deinceps recitatione futuram modis omnibus alienam, illi nihil sibi tale mandatum fuisse perhibentes oblatae salubriter gratiae nostrae consentire noluerunt. CAPIZZI 1980, 32 f. weist zu Recht darauf hin, dass die Erfüllung dieser Forderung der Abrogation des Henotikon gleichgekommen wäre. Felix und Gelasius nutzten nun immer öfter eine Teufelsmetaphorik, die zumeist auf Akakios gemünzt war: SARDELLA 1995, v. a. 214–6. 285 SCHWARTZ 1934, 161 stellt fest, dass das Schisma „nicht mit Unrecht“ nach Akakios benannt sei. BRENNECKE 1998, 32 widerspricht. Es dürfte aber nicht zu bezweifeln sein, dass die inhaltlichen Differenzen zwischen den Konfliktparteien nicht sonderlich groß waren. Damit standen inhaltliche Fragen auch kaum im Zentrum der Debatte, genauso wenig wie das Henotikon. Entsprechend folgt die Forschung in diesem Punkt mehrheitlich Schwartz. Vgl. ANAS 

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doch indiskutabel. Mit Petros Mongos stand er weiterhin in Gemeinschaft, Akakios war sein eigener Amtsvorgänger. Für den Patriarchen kam es nicht infrage, seinen eigenen Bischofssitz mit einem „Häretiker“ zu belasten und sich abermals der Konkurrenz Alexandrias zu stellen. Das Schisma blieb bestehen. Immerhin aber konnten die Mönche der Hauptstadt, die sich seinerzeit von Akakios losgesagt hatten, durch den von Fravitta demonstrierten Einheitswillen wieder mit der Hierarchie der Hauptstadt versöhnt werden.286 Als Fravitta bereits im Frühjahr 490 starb, erfüllte sein Nachfolger, der Chalkedonier Euphemios, zumindest die Forderung nach der Streichung des Petros Mongos aus den Diptychen.287 Noch unter Fravitta war es mit dem Ägypter zu Unstimmigkeiten bezüglich der Interpretation des Henotikon gekommen, die bereits auf neue Differenzen zwischen den Kirchen von Alexandria und Konstantinopel hindeuteten.288 Die Frage, ob das Henotikon mit oder gegen Chalkedon zu interpretieren war, Chalkedon verdammte oder nicht, führte von nun an im Osten abermals zu instabilen communio-Verhältnissen. Zenon jedenfalls schien sich um sein Einheitswerk zu sorgen, das den Kirchenfrieden nur auf Grundlage eines Kompromisses hergestellt hatte, der in Ägypten nun zunehmend ausgehöhlt wurde: Der Kaiser ließ Euphemios den Bruch mit Alexandria daher vollziehen. Das wiederum ließ eine Annäherung an Rom ratsam erscheinen. Euphemios sandte daher eine Wahlanzeige an Papst Felix, in der er sich bereit zeigte, alle Forderungen der sedes Petri zu erfüllen. Ausgenommen blieb die Expunktion des Akakios.289 Angesichts seines weiten Entgegenkommens ging der Patriarch wohl nicht davon aus, dass für Rom die förmliche Verurteilung des Akakios weiterhin  

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TASIOU 1968, 57; BLAUDEAU 2007, 70 f. Wie wenig zentral die inhaltliche Rezeption östlicher Dogmen im Westen überhaupt war, zeigt sich daran, dass MÜHLENBERG 1982, 476–86 ihr für die hier betrachtete Zeit nur elf Seiten widmen muss. Der Meinung von BACHT – GRILLMEIER 1953, 10 f. ist damit zuzustimmen, dass der Streit zwischen Rom und Konstantinopel weniger der Christologie als der Ekklesiologie gegolten habe. Ähnlich: BARDY 1953, 771–3, 781; TOWNSEND 1936, 78. Es waren die Archimandriten, die Fravitta dem Papst der communio anempfohlen hatten: Berol. 44 (111,21–3) zeigt zumindest, dass das Synodikon Fravittas von seinen Mönchen nach Rom gebracht wurde. Zum Widerstand der Mönche gegen Akakios: CHARANIS 21974, 47. Ps.-Zach. HE 6,4; Theod.Anagn. HE epit. 440; Theophan. a.5981 (488/89, 133,14–8). Dazu nahm er Felix von Rom in die Diptychen auf. Auch wenn klare Informationen, vor allem vonseiten Alexandrias, über den Bruch der Gemeinschaft mit Alexandria fehlen, deutet die Position der Hauptstadtbischöfe bis 511 darauf hin, dass Euphemios die Gemeinschaft mit Ägypten tatsächlich löste. Gerade unter Makedonios kam es später schließlich zu Versuchen, die communio wieder herzustellen. Vgl. Kap. 6.2.4. Gegen den Beziehungsabbruch aber: FREND 1972, 186 f. Das Synodikon, das Petros Mongos als Antwort auf die Wahlanzeige des Fravitta verfasst hatte und das nun Euphemios erreichte, hatte das Henotikon in stark antichalkedonischer Richtung interpretiert. Vgl. Ps.-Zach. HE 6,6. Die bei Theod.Anagn. HE epit. 442 (= Theophan. a.5983 [490/91, 135,17–20]) überlieferte Antwort des Felix zeigt dies. Auch Gelasius gegenüber vertrat Euphemios wenige Jahre später den gleichen Standpunkt: Anm. 297.

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zentral sein würde. Immerhin war nach dem Bruch mit Alexandria eine Unterstützung Konstantinopels auch für den Papst durchaus angezeigt, ansonsten riskierte man, dass antichalkedonische Tendenzen im Osten die Oberhand über die Glaubensentwicklung gewannen.290 Trotzdem ließ Felix sich lediglich dazu herab, die persönliche Orthodoxie des Patriarchen anzuerkennen. In kirchliche Gemeinschaft mit ihm wollte er aber angesichts der noch offenen Streitpunkte nicht treten.291 Das Schisma verstetigte sich durch die Verschmelzung dogmatischer und hierarchischer Streitfragen. Dadurch wurde der Bruch mit Alexandria für Konstantinopel umso problematischer, was Euphemios wiederum stärker auf die stützende Autorität des Kaisers verwies. Das wurde für ihn jedoch bedrohlich, als 491 Kaiser Zenon starb. Laut Theophanes war es bei der Amtseinführung des Euphemios ein Jahr zuvor zu einem Zwischenfall zwischen dem Patriarchen und dem silentiarius Anastasios, dem künftigen Kaiser, gekommen, in dessen Verlauf Euphemios den hohen Beamten für häretisch erklärt hatte.292 Unabhängig von der umstrittenen Historizität dieser Episode ist ihre Grundaussage angesichts der folgenden Entwicklung durchaus stimmig: Dogmatisch hegte Euphemios Anastasios gegenüber Misstrauen, da er ihn offensichtlich der Sympathien für die Sache der Miaphysiten verdächtigte. Daher stellte der Patriarch seine Mitwirkung an der Kaisererhebung des Anastasios unter eine Bedingung: Er verlangte von ihm eine schriftliche und orthodoxe, also chalkedonische Glaubenserklärung. Der designierte Kaiser kam der Forderung nach und verfasste ein entsprechendes Bekenntnis, welches Euphemios in den Archiven seiner Kirche aufbewahren ließ. Diese erzwungene dogmatische Festlegung des Kaisers, durch die dieser einen Teil seines kirchenpolitischen Spielraums einbüßte, sollte das Verhältnis zu Euphemios nachhaltig trüben.293   290 FREND 1979, 184 zeigt am Beispiel des Euphemios auf, dass Konstantinopel sich niemals gänzlich vom Zwang befreien hatte können, entweder mit Rom oder mit Alexandria zu kooperieren. Ähnlich, aber mit anderem Schwerpunkt in der Betrachtung: WIRTH 1990, 99. 291 Theod.Anagn. HE epit. 442 (= Theophan. a.5983 [490/91, 135,17–20]): Τὰ συνοδικὰ Εὐφημίου Φίλιξ ἀπεδέξατο καὶ ὡς ὀρθοδόξῳ αὐτῷ προσετέθη, ἐπίσκοπον δε αὐτὸν οὐκ ἐδέξατο διὰ τὸ μὴ ἐκβαλεῖν τὸ ὄνομα Ἀκακίου ἐκ τῶν διπτύχων καὶ τοῦ μετ’ αὐτὸν Φραυίτα. 292 Theod.Anagn. HE epit. 441; Theophan. a.5982 (489/90, 134,19–24). 293 Euagr. HE 3,32; Theod.Anagn. HE epit. 446; Theophan. a.5983 (490/91, 136,5–11). Diese Episode ist hinsichtlich der weiteren Ereignisse zentral. Sie sollte aber nicht ausschließlich vom Ende der späteren Absetzung des Euphemios her gelesen werden. In der Deutung des Henotikon durch Konstantinopel hätte Anastasios auch im Angesicht dieser Festlegung seine Bekenntnispolitik weiterhin auf das zenonische Dokument aufbauen können. Wichtiger war also, dass der Bischof im kirchlichen Spannungsfeld Konstantinopels gegen den Kaiser die Initiative für die Glaubensdefinition zurückgewonnen hatte. Das war die eigentliche Einschränkung des Anastasios durch das abgerungene Bekenntnis. Betrachtet man die Einsetzung des neuen Kaisers hinsichtlich des Akzeptanzsystems von FLAIG 1992, 174–207, v. a. 174–8, so lag der Einfluss des Euphemios darin, dass der Kaiser als Garant der Orthodoxie galt, weshalb die Rechtgläubigkeit zur Verhaltenserwartung durch die Akzeptanzgruppen wurde. Vgl. DIEFENBACH 1996, der Flaigs Beobachtungen auf die Spätantike überträgt. Als Akzeptanzgruppen sieht ANASTOS 1975, 181–3 den Senat, die Armee und das Volk von Kon 

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So wandte sich der Patriarch, der wegen seines Bruchs mit Alexandria im Osten kirchlich weitgehend isoliert war, abermals an seine Glaubensgenossen in Rom.294 Im Osten trieb der neue Bischof von Alexandria, Athanasios II. Keletes, eine auch von Kaiser Anastasios präferierte Henotikon-Politik voran, die Euphemios zunehmend antichalkedonisch erschien. Gegen diese suchte er jetzt den Papst als Bündnispartner gewinnen. Zahlreiche Anspielungen gegen das Henotikon in Euphemiosʼ Schreiben an den römischen Bischof zeugen davon. Vielleicht versprach sich der Patriarch von ihnen, dass Rom seinem Ansinnen aufgeschlossener gegenüberstehen würde. Immerhin lässt sich beobachten, dass mit der Thronbesteigung des Anastasios das Henotikon für Rom in der Diskussion zentraler wurde. Dadurch wurde im Vergleich zu Zenon unter Anastasios auch die Kritik am Kaiser schärfer, nutzte Anastasios das Henotikon doch wesentlich systematischer für seine Bekenntnispolitik als sein Vorgänger. Der Kaiser ging davon aus, dass das Dokument in seiner Offenheit für alle Gruppierungen annehmbar war, sodass es auf Grundlage des Verschweigens dogmatischer Differenzen eine zumindest oberflächliche Einheit zwischen Chalkedoniern und Antichalkedoniern würde herstellen können.295 Da sich nun aber im zunehmend miaphysitisch geprägten Osten die Tendenz Bahn brach, das Henotikon in antichalkedonischem Sinn zu interpretieren, richtete sich der chalkedonische Widerstand zunehmend gegen die inhaltlichen Bestimmungen des Dokuments an sich.296 Angesichts dieser bedrängten Lage forderte der Bischof der Hauptstadt von seinem Amtskollegen in Rom nun Hilfe. Lediglich die römische Forderung nach der Expunktion des Akakios aus den Diptychen sei nicht durchsetzbar, da bei die  stantinopel. Zumindest auf die erste und mit Sicherheit auf die letzte Gruppe übte Euphemios einen nicht unerheblichen Einfluss aus. So war die Forderung nach einem „orthodoxen“ Kaiser zwar ein Allgemeinplatz, taucht in den Quellen laut LILIE 1995, 6 f. aber nur in Bezug auf Anastasios auf. Zur Bedeutung der Krönung durch den Patriarchen vgl. auch Anm. 218. 294 Vgl. die Antwort des Gelasius an Euphemios: Veron. 12. Die Einwände gegen ihre Echtheit durch HAACKE (W.) 1939, 37, der den Brief als zu freundlich empfindet, sind zurückzuweisen. Der Inhalt des Briefes passt zur sonstigen Behandlung der chalkedonischen Patriarchen von Konstantinopel durch Rom. Daneben ist das Schreiben auch in der zuverlässigeren Collectio Berolinensis (Berol. 45) überliefert. Da die Schreiben des Euphemios selbst aber nicht erhalten sind, ist bei der problematischen Zuschreibung von Briefen an Felix oder Gelasius theoretisch trotzdem damit zu rechnen, dass es sich bei diesem Schreiben des Euphemios um denselben Brief handeln könnte, den er 490 an Felix sandte (vgl. Anm. 289). Veron. 12 (54,12) legt aber nahe, dass Euphemios mehrere Schreiben nach Rom richtete. Daneben ist es wahrscheinlich, dass ein Brief, auf den Gelasius als Papst antwortete, nicht das erste Schreiben des sich bereits seit zwei Jahren im Amt befindlichen Bischofs von Konstantinopel war. Vielleicht war das zweite Schreiben aber noch an Felix adressiert. 295 Zur Bekenntnispolitik des Anastasios vgl. zum Beispiel ALLEN 2000, 818–20; CAPIZZI 1969, 100–37. Wegen dieser bewussten Systematisierung der Henotikon-Politik konnte Rom Anastasios nicht wie noch Zenon als schlecht beratenes, von Akakios überrumpeltes Opfer darstellen: CASPAR 1933, 44–81. 296 Hinzu kam, dass die ursprünglich zentrale Diskussion über die personalpolitischen Folgen des Henotikon den Tod der betreffenden Akteure nicht sonderlich lange überdauern sollte. Für Rom gilt dies beispielsweise spätestens seit Papst Symmachus ab 498. Vgl. Kap. 7.2.4.

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ser, so Euphemios, Aufstände in Konstantinopel drohen würden.297 Vielmehr als Aufstände aber drohten dem Bischof faktisch weitere Einbußen an kirchlicher Autorität im Osten. Auf römische Weisung hin Akakios aus den Diptychen zu streichen, hätte nicht nur den Rang Konstantinopels bedroht, sondern vor allem auch der Sache Chalkedons nicht genutzt, wäre doch eine chalkedonische Allianz zweier Sitze dann nur durch die Abwertung des einen erkauft worden. Eine Übereinkunft mit Rom würde Konstantinopel nur dann helfen, wenn Akakios nicht aus den Diptychen gestrichen werden musste. Nichtsdestotrotz beharrte Gelasius, der im Frühjahr 492 Felix nachgefolgt war und nun die Antwort an Euphemios sandte, auf der Expunktion des Akakios. Durch seine Gemeinschaft mit den Eutychianern um Petros Mongos sei Akakios unter das Anathem der Synode von Chalkedon gefallen. Aus dieser Theorie der fortwährenden Gültigkeit von Synodalbeschlüssen zog der Papst den Schluss, dass Euphemios nicht allein die häretischen Lehren verurteilen müsse, sondern auch deren Kommunikanten.298 Damit war das Anathem über Akakios aus römischer Perspektive nicht zu umgehen. Gelasius sah also keinen Grund für weitere Verhandlungen: Die Positionen der prima sedes standen seit 451 fest und waren nur noch zu erfüllen.299 Euphemiosʼ Friedensangebot war ausgeschlagen worden, da es Gelasius fernlag, irgendwelche Zugeständnisse an Konstantinopel und damit gegebenenfalls auch an ein politisch argumentierendes Kirchenprinzip zu machen. Für Rom hatten die letzten Jahre die Frage nach der kaiserlichen Einflussnahme auf die Glaubensentwicklung neu gestellt. Spätestens seitdem Kaiser Anastasios versuchte, den Geltungsbereich des Henotikon universell auszudehnen – und das in einer problematischen Lesart –, bestand für Rom die Gefahr, dass ein Präzedenz dafür geschaffen würde, innerkirchliche Konflikte in Zukunft in Konstantinopel zu entscheiden. Es war eine zweifache Ausweitung des Henotikon als Bemäntelung „häretischer“ Lehren einerseits und als Vorhut kaiserlicher Kirchenherrschaft andererseits, die Gelasius nun dazu brachte, seine Positionen gegen jegliche Zugeständnisse an Kaiser und Antichalkedonier abzusichern.300 Erstes Opfer der ge  297 Aus der Antwort des Gelasius: quae etiam uos rationabiliter intuentes creditis opponendum populum Constantinopolitanum non permittere submoueri nomina perfidorum (Veron. 12 [55,2–4]). Der Inhalt des Euphemios-Schreibens ergibt sich also einmal mehr mittelbar aus der römischen Antwort. Zur Verteidigung des Akakios: Veron. 12 (52,6–20). 298 Vor allem Veron. 12 (52,15–28). Zur Auffassung der Entscheidungsfortdauer von Konzilien bei Gelasius: GRILLMEIER 21991, 334–6. Zur Antwort an Euphemios vgl. auch ULLMANN 1981, 164–7. 299 CASPAR 1933, 46 f. nennt Gelasius einen „strengen Traditionalisten“ und spricht ihm zugleich die ökumenische Gesinnung ab (52). Einer solch differenzierten Bewertung folgend erkennt MEIER 2009, 104 in Gelasius Brillanz und dämonische Züge. Generell zum Wirken des Gelasius: CASPAR 1933, 44–81; HOFMANN 1953, 52–66. 300 Laut WIRBELAUER 1993b, 48–50 habe Gelasius den Untergang der kaiserlichen Herrschaft im Westen reflektiert und sei zu der Erkenntnis gekommen, dass der Verzicht auf die eigene Amtsgewalt der Anfang vom Ende der eigenen Macht sei. Aufgrund dessen verwundert es  

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lasianischen Kompromisslosigkeit war Euphemios, dem abweisend mitgeteilt wurde, dass Frieden nur unter den römischen Bedingungen zu erwarten sei. Der Kontakt zwischen beiden Städten riss wieder ab. 6.2. Zweite Phase: Perpetuierung und Rückwirkungen 6.2.1. Gelasiusʼ Kampf um den Primat (492–496) Schon in seiner Funktion als Diakon hatte Gelasius mit seinen Schriften Gesta de Nomine Acacii und De Vitanda Communione Acacii dazu beigetragen, die Positionen Roms im Schisma zu bestimmen und den akakianischen Argumenten, die von den Bischöfen in Konstantinopel vorgebracht wurden, entgegenzutreten.301 Jetzt, da er selbst Papst war und sich der Bruch zwischen den Kirchen verstetigte, rückte für beide Seiten das Illyricum verstärkt in den Blick. Diese Region und ihre Kirchen nahmen strategisch – politisch wie kirchlich – eine entscheidende Mittelstellung zwischen West und Ost ein.302 Auch wenn das Verhältnis von Euphemios und Anastasios gespannt war: Zumindest Rom gegenüber dürften beide ähnliche Ziele verfolgt haben. Weder Kaiser noch Patriarch hatten ein Interesse daran, dass Gelasius auf Kosten der Hauptstadt seinen Einfluss nach Osten hin erweiterte. Im Bemühen, sich der römischen Einflussnahme auf dem Balkan entgegenzustellen und in der umkämpften Region die Kontrolle zu behalten, konnte der kürzlich von Rom zurückgewiesene Andreas von Thessalonike wichtige Dienste leisten. Die Weigerung eines so hochrangigen Bischofs, Akakios zu verurteilen, besaß Beispielcharakter. Andreas gehorchte seinem politischen Oberhaupt, Kaiser Anastasios, dabei mehr als dem   nicht, wenn Rom gerade unter ihm zu keinerlei Zugeständnissen mehr bereit war. Der Rückzug auf die Grundlage von Chalkedon und seine Härte im Ton führten nun zu einer beidseitigen Verhärtung der Fronten: CASPAR 1933, 26–43. Eine Annäherung beider Seiten unter ihm war daher schwerlich denkbar. Zum Verhältnis des Kaisers zu Gelasius: MEIER 2009, 104–116. 301 Avell. 99 (Gesta de Nomine Acacii); Veron. 11 (De Vitanda Communione Acacii). Zu Avell. 99: GÜNTHER 1896, 110–124; KOCH 1935, 66 f.; ULLMANN 1981, 245–50. HAACKE (W.) 1939, 34–6 meldet bezüglich der Echtheit dieses Schreibens Zweifel an, die aber im Detail nicht allzu schlagkräftig sind: Nur der Umstand, dass die römische Argumentation im Schreiben angeblich problematisch erscheint, erweist es nicht zweifellos als Fälschung. Avell. 99 ist laut SCHWARTZ 1934, 210 f., 265 f. eine Instruktion an den senatorischen Gesandten Andromachus aus dem Jahr 489. 302 Insbesondere Avell. 95, der lange Brief an die dardanischen Bischöfe, war dabei zentral. Zu diesem Brief: GÜNTHER 1896, 96–110. ULLMANN 1981, 180–8 stellt die Schrift als Höhepunkt der gelasianischen Kontroversität dar. Zum Verhältnis der dardanischen Kirchen zu Rom unter Gelasius generell vgl. DESTEPHEN 2008. Zur kulturellen wie religiösen Mittelstellung der Provinz: EBD., v. a. 171–5. Im Folgenden werden die Kirchen des Illyricum als „Zwischenkirchen“ bezeichnet. Zu dieser Benennung: Anm. 461. Darüber hinaus zur politischen und kirchlichen Verwaltung der Region: Anm. 197.

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Papst. Er vollzog daher auch Gelasiusʼ Politik nicht mit und wurde von diesem aus der Gemeinschaft ausgestoßen.303 Weitere Indizien, unter anderem die relativ späte päpstliche Wahlanzeige in Dardanien, deuten ebenfalls darauf hin, dass Gelasius im Angesicht der kaiserlichen Machtmittel keineswegs ungehindert im Illyricum wirken konnte.304 Der Papst nahm diese Herausforderung aber an. In seinem zweiten Traktat, der den programmatischen Titel De Damnatione Nominum Petri et Acacii erhalten hat, verknüpfte er die Kritik am Vorgehen Konstantinopels in der Mongos-Frage geschickt mit den römischen Ansprüchen auf den kirchlichen Primat. So stellte er fest, dass Akakios aus seinem hierarchisch untergeordneten Rang heraus gar nicht berechtigt gewesen sei, die Wiederaufnahme des Petros Mongos vorzunehmen.305 Angesichts der Angriffe Konstantinopels auf die römischen Positionen warnte Gelasius die Bischöfe Dardaniens im Rahmen seiner oben erwähnten Wahlanzeige 494 vor akakianischen Einflüsterungen und ermunterte die Latein sprechenden Bischöfe der illyrischen Grenzprovinzen zum Abfall von Konstantinopel.306 Der Inhalt dieser akakianischen Einflüsterungen, also der östlichen Angriffe auf die Positionen Roms, wird in der breiten Korrespondenz des Gelasius deutlich. So wurde Rom vorgehalten, dass der vom Papsttum entfachte Streit gar nicht   303 Dies ist jedenfalls die logische Konsequenz aus der fragmentarisch erhaltenen Ermahnung des Andreas von Thessalonike durch Papst Felix: Berol. 25. Vgl. auch Anm. 280. Erst Jahre nach diesem Bruch mit dem päpstlichen Vikar in Thessalonike sollten die Päpste im Bischof von Nikopolis, der Metropole von Epirus Vetus, ein neues Eingriffsinstrument finden. Vgl. Kap. 6.3.1. 304 Vgl. Avell. 79. Begründet wird die Verzögerung der Wahlanzeige lediglich mit Kriegswirren in der entsprechenden Region: 79,1. 305 Der Traktat, der allerdings in seiner Echtheit umstritten ist, findet sich in Berol. 43. Die Argumentation entspricht derjenigen anderer Gelasius-Schreiben. Gerade der Hinweis auf die alleinige römische Vollmacht, eine entsprechende Maßnahme auszuführen, dient den Päpsten des Schismas insgesamt als Grundlage ihrer Argumentation: secundae enim sedis antistitem nec expellere quisquam nec reuocare sine primae sedis assensu uel potuit uel ‹ullo iure deb›uit, nisi forte confuso iam ordine rerum atque turbato nec prima nec secunda nec tertia sedes debeat obseruari uel suscipi secundum antiqua constituta maiorum […] (Berol. 43 [109,24–8]). Konstantinopel jedenfalls habe seine Kompetenzen 482 damit weit überschritten. Trotz mancher Zweifel (vor allem durch HAACKE [W.] 1939, 34, der aber keine Argumente für eine Fälschung liefert) ist der Traktat mit KOCH 1935, 67–77 also eindeutig Gelasius zuzuschreiben. Dabei datiert auch dieses Schreiben noch aus dem Pontifikat des Felix. Trotzdem kann es als Auftakt der gelasianischen Bemühungen im direkten Kampf mit dem Osten gelten. 306 Avell. 79,9: unde quia errorem quidem fatentur sed ea sibi putant communionem catholicam conditione laxandam, ut nomina eorum, qui praeuaricati sunt, illis in ecclesia recitare sit licitum et non tam ipsi corrigere quam sinceritatem catholicam inficere nitantur contagio perfidorum, dilectionem uestram fraternae caritatis adfectu non destitimus admonere, ut si qui talia seminantes ad uestras regiones forte peruenerint, modis omnibus excludantur uobisque cum sede beati apostoli Petri, sicut a patribus nostris est tradita, inlibata communio atque ex omni parte inconuulsa perduret.

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dem Glauben, sondern nur einem Namen gelte.307 Daneben argumentierte man im Osten, dass Papst Felix mit der eigenmächtigen Absetzung des Akakios, ohne Hinzuziehung einer Reichssynode, 484 gegen kirchenrechtliche Vorgaben verstoßen hätte und daher sein Anathem über Akakios ungültig sei.308 Zu guter Letzt versuchte Konstantinopel, Akakios für sein umstrittenes Vorgehen zu entschuldigen, um das Urteil der römischen Synode als gegenstandslos zu erweisen: Der Kaiser habe den Patriarchen zur Aufnahme des Petros Mongos gezwungen.309 Gelasius begann, die Vorwürfe aus Konstantinopel systematisch zu entkräften und sie damit gleichsam gegen seine Gegner zu wenden.310 Er machte deutlich, dass die Anerkennung des Akakios als orthodox, und sei es bloß durch die Verlesung seines Namens aus den Diptychen, einer Wendung gegen Chalkedon gleichkomme. Das Schisma sei daher weit davon entfernt, ein reiner Streit um Namen zu sein. Für Gelasius war es ein Kampf gegen den Eutychianismus.311 Den Vorwurf der kirchenrechtlichen Verstöße kehrte Gelasius einfach um: Wie könne Rom die Berechtigung für die Absetzung des Akakios abgesprochen werden, wenn gleichzeitig Johannes Talaia und Kalandion im Osten selbst nicht durch Synoden abgesetzt worden seien?312 Ferner sei auch das Henotikon ja frei von kirch  307 Zum Beispiel aus dem Schreiben an die dardanischen Bischöfe: sed neque uos quisquam circumuenire pertemptet, cum dicat non de religione sed de nominibus esse certamen uel apostolicam sedem non causam communionis catholicae fideique tractare sed iniuriam dolere […] (Avell. 101,10 [467,20–468,1]). 308 Dieser Vorwurf scheint, legt man den Reflex in den Schreiben des Gelasius zugrunde, den meisten Raum eingenommen zu haben. Vgl. beispielsweise Avell. 95,2 (369,13–5): […] quibus eos uestra dilectio rettulit iactitare ideo Acacium non putare iure damnatum, quod non speciali synodo uideatur fuisse deiectus […]; Veron. 7 (16,33 f.): Eufimius uero miror si ignorantiam suam ipse non perspicit, qui dicit Acacium ab uno non potuisse damnari. Vgl. auch BLAUDEAU 2007, 73 f. 309 Zum Beispiel Avell. 95,68 (393,7): Sed inquiunt: Acacius principi obuiare non potuit. Zu den östlichen Vorwürfen gegen Gelasius generell: SCHWARTZ 1934, 224 f. 310 CASPAR 1933, 44–81 charakterisiert das gesamte Wirken des Gelasius dem Osten gegenüber als „Gegenoffensive“. Vgl. auch KOCH 1935, 78. 311 Exemplarisch drückt der Papst das in einem Brief an die illyrischen Bischöfe aus: uidetis enim, sicut supra iam dictum est, per nomina praeuaricatorum, si, quod absit, in ecclesia recitanda credantur, simul et contagium preauaricationis induci. sedes autem apostolica in tantum non contumeliam dolet sed fidem defendit communionemque sinceram […] (Avell. 101,11 [468,4–9]). Vgl. GRILLMEIER 21991, 336 f. Implizit gibt Gelasius damit sogar zu, dass der östliche Vorwurf gerechtfertigt ist. Rom jedoch maß den bekämpften Namen eine größere Bedeutung auch für das Vertreten inhaltlicher Positionen bei als Konstantinopel. Wenn BECK 1975, 11 also ein Schisma beschreibt, „bei dem von allen Seiten Glaubensfragen bewußt ausgeschaltet und Personalfragen bis an die Grenzen des Unmöglichen gequält wurden“, so macht er sich damit eine östliche Perspektive zu eigen. 312 Unter anderem Veron. 7 (17,24–31): qua ipsi synodo uel secundum cuius synodi formam Alexandrinum Iohannem de ecclesia cui ordinatus fuerat, expulerunt? […] quod si dicunt: imperator hoc fecit, hoc ipsud quibus canonibus, quibus regulis est praeceptum? […] quibus canonibus, quibus regulis Calendion exclusus est uel primi urbium diuersarum catholici sacerdotes? qua traditione maiorum apostolicam sedem in iudicium uocant? Ähnlich: EBD., 17,10; Avell. 95,53 (387,21–388,6).

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licher Mitwirkung entstanden. Ohnehin entbehre der Vorwurf jeder Grundlage, da das Urteil über Akakios schließlich nicht erst 484 gesprochen worden sei, sondern schon in Chalkedon. Durch seine communio mit Petros Mongos, dessen eutychianische Lehre 451 verurteilt worden war, gelte der Bannspruch von Chalkedon auch für den Bischof von Konstantinopel. Das war die Rechtsgrundlage des römischen Anathems.313 Den angeblichen Druck schließlich, den Zenon auf Akakios ausgeübt hätte, konterte Gelasius mit der lapidaren Feststellung, dass der Patriarch gegen Basiliskos und gegen Petros Knapheus sehr wohl Widerstand geleistet habe.314 Es blieb nicht bei dieser bloßen Zurückweisung der Vorwürfe. Gelasius war darüber hinaus bemüht, seine Gegner jeglicher kirchlicher Autorität zu entkleiden und den Rechten Roms die angeblichen Anmaßungen Konstantinopels gegenüberzustellen. Ohne Rom, welchem die höchste Binde- und Lösegewalt in der Kirche zukomme, sei Petros Mongos, zumal als Bischof eines petrinischen Sitzes, gar nicht von seiner Häresie zu reinigen gewesen.315 Vor allem aber habe er nicht von der Kirche Konstantinopels wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden können, gehöre Konstantinopel doch nicht zu den großen Sitzen, sondern sei lediglich eine paroecia Heracliensis ecclesiae.316 Bei dieser minderen Rechtsstellung setzte Gelasius nun an, um die Unhaltbarkeit politisch begründeter kirchlicher Ansprüche zu erweisen. Wenn Kaiserstädte per se besondere kirchliche Rechte hätten, müsste dies auch für Ravenna, Mailand, Sirmium oder Trier gelten.317 Damit waren alle weiteren Argumente Konstantinopels untauglich. Gegen die überlegene kirchliche Autorität Roms würde es in diesem Sinne niemals an  313 Avell. 95,16 (374,24 f.): […] cum damnati hominis communione pollutus damnationis eius factus est particeps. Siehe auch: Avell. 95,40. Darüber hinaus stellt der Papst fest, dass es nicht praktikabel sei, immer wieder von vorn mit der Entscheidungsfindung zu beginnen: […] si decreta salubriter cuiquam liceret iterare, nullum contra singulos quosque prorsus errores stabile persisteret ecclesiae constitutum ac semper isdem furoribus recidiuis omnis integra definitio turbaretur (Avell. 95,4 [370,12–6]). Zur Verurteilung des Akakios schon in Chalkedon: CASPAR 1933, 57–60. Dieser Zusammenhang war auch die Grundlage für die unbedingte Forderung des Akakios-Anathems Euphemios gegenüber: Veron. 12 (52,20–3). 314 Avell. 95,43: An illud ipsius argumentum nobis aestimant opponendum, quo facinora sua in imperialem nisus est iactare personam? cur igitur, quando uoluit, obstitit Basilisco, tyranno certe et haeretico uehementer infesto? cur ipsi imperatori Zenoni, quia palam Antiocheno Petro noluit communicare, suam non subdidit uoluntatem? ecce potuit et in aliis resultare, si uellet. Ebenso: Avell. 95,68. Der Umstand war mittlerweile also auch in Rom bekannt. 315 Avell. 95,26 (378,13–5): quapropter satis constat Acacium nullum habuisse pontificium sententiam sedis apostolicae sine ulla eius notione soluendi. Dieses Argument verknüpft Gelasius auch mit der Darstellung der petrinischen Trias: Avell. 95,12 f. (373,5–11); Berol. 43 (109,24–8). Insofern hatte der Ausbruch des Schismas auch die Frage aufgeworfen, ob Konstantinopel östliche Kirchenangelegenheiten eigenverantwortlich regeln durfte. Vgl. CHADWICK 2003, 50 f. Gelasius gab eine deutliche Antwort auf diese Frage. 316 Avell. 95,21 (376,9); 95,27 (378,18). Vgl. Anm. 209. 317 Avell. 95,53 (387,16–9): Risimus autem, quod praerogatiuam uolunt Acacio conparari, quia episcopus fuerit regiae ciuitatis. numquid apud Rauennam, apud Mediolanum, apud Sirmium, apud Triueros multis temporibus non constitit imperator?

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kommen können. Entweder man beugte sich dem römischen Primat oder man war von der römisch definierten „orthodoxen“ Gemeinschaft geschieden.318 Auch den kaiserlichen Eingriffen in die Kirche stellte sich Gelasius entgegen. Im Frühjahr 493 sandte der Gotenkönig Theoderich den Senator Faustus in die Hauptstadt, um beim Kaiser die Anerkennung seines Königstitels zu erreichen.319 Als der Kaiser dafür die Beendigung des Schismas forderte, bat Faustus Gelasius um Instruktionen. Dieser gab dem Gesandten zur Antwort, dass er keine Zugeständnisse machen könne. Dies begründete er abermals mit der fortdauernden Gültigkeit Chalkedons. Der Papst war nicht einmal bereit, auf den kaiserlichen Vorwurf hin, Anastasios sei von ihm verdammt worden, dem Kaiser deutlich die Orthodoxie zuzusprechen. Faustus sollte ausrichten, dass es nicht das Problem Roms sei, wenn Anastasios die communio mit Häretikern der Gemeinschaft mit Rom vorziehe.320 Als der Legat nach Rom zurückkehrte, berichtete er Gelasius, dass Anastasios eigentlich einen persönlichen Brief des Papstes erwartet hatte, woraufhin Gelasius dem Kaiser die Zeilen sandte, die als „Zweigewaltenlehre“ in die Geschichte eingegangen sind.321 Mit der regalis potestas und der sacrata auctoritas pontificum stellte er zwei verschiedene Leitungsgewalten der christlichen Gemeinde einander gegenüber, deren Kompetenzen deutlich voneinander geschieden wurden: Die Macht des Kaisers ende da, wo die Reinheit des Glaubens berührt werde. Es ist anzunehmen, dass Gelasius diese Trennung und den Vorbehalt der inhaltlichen Leitung der Kirche durch die geistliche Gewalt im Angesicht des Henotikon vornahm. Zwar waren Gedanken der Kompetenztrennung nicht neu, sondern gehör  318 In diesem Sinne ist auch eine Warnung des Gelasius in Richtung der Kirche von Thessalonike zu verstehen: quapropter eum communionem sedis apostolicae non recepisse manifestum est, quoniam nisi puris sensibus et ab omni nefandae societatis peste mundatis beati Petri apostoli nec possumus nec debemus caelestia praebere commercia (Avell. 101,6 [466,16–20]). 319 Zur Faustus-Gesandtschaft: SCHWARTZ 1934, 220 f. Theoderich war von Zenon gegen Odovacer ausgeschickt worden (FELD 2006, 255–65; MOORHEAD 1984, 261–5; ROHR 2002, 227 f.), hatte diesen besiegt und herrschte nun über Italien. Von Anfang an versuchte er, seine Herrschaft von Zenons Nachfolger Anastasios bestätigen zu lassen, was ihm aber erst 497 gelang. Die Forschung zeigt ein reges Interesse an seiner konstitutionellen Stellung in Italien und dem politischen Verhältnis zwischen Ostgoten und Ostrom. Vgl. exemplarisch CLAUDE 1978, 3–5; KÖNIG 1994, 157 f.; PABST 1986, 228–33; POHL 2002, 135; PROSTKO-PROS2 TYŃSKI 1992, 333; DERS. 1996, 216–84; STAUFFENBERG 1938, 123 f. Für die vorliegende Arbeit ist diese Frage aber von untergeordneter Bedeutung. 320 Veron. 7 (16,12–4): si isti placet se miscere damnatis, nobis omnino non potest imputari; si ab eis uelit abscedere, tanto magis a nobis non potest esse damnatus, sed potius ad gratiam sincerae communionis ammissus. Auch wenn er dem Kaiser also keineswegs zugestand, rechtgläubig zu sein, wies Gelasius zugleich den Vorwurf zurück, Anastasios exkommuniziert zu haben. Zu den Instruktionen an Faustus: ULLMANN 1981, 174–8. Für Anastasios war seine theologische Forderung in der politischen Verhandlung zentral, da über die Anerkennung des Henotikon Theoderich auch die kaiserlichen Glaubensdefinitionsrechte anerkannt hätte: CHARANIS 21974, 48–50. 321 Veron. 8. Zum Anlass des Schreibens: EBD. (19,18–20).

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ten zum Standardrepertoire kirchlich-oppositioneller Gruppen; da Gelasiusʼ Äußerungen aber einen deutlich aktuellen Anlass hatten, übte er mit ihnen nicht bloß Kritik an Kompetenz überschreitenden Kaisern generell, sondern ganz konkret an Anastasios selbst.322 Gelasius stellte folglich fest, dass das Gewicht der priesterlichen auctoritas größer sei als das der säkularen potestas, da bei Ersterer die Schlüsselgewalt liege – ein wenig subtiler Hinweis auf römische Primatsansprüche – und der Kaiser am Jüngsten Tage von bischöflicher Fürsprache abhängig sei.323 Noch kurz zuvor hatte Gelasius nicht bestritten, dass Anastasios nach gegenwärtigem Stand exkommuniziert war. Somit lag in seinen Worten nun eine deutliche Drohung – selbst wenn er der traditionellen, immer wieder formulierten Sicht von der Rolle des Kaisers in der Kirche nichts weggenommen oder hinzugefügt hatte.324 Für Anas  322 Der viel diskutierte zentrale Abschnitt des Schreibens findet sich in Veron. 8 (20,5–22). Die Forschungen und Forschungsmeinungen zur Zweigewaltenlehre sind Legion. Zentral für die Bewertung des Gelasius-Briefes ist die Frage nach dem Verhältnis der beiden Begriffe potestas und auctoritas. Die Ansätze schwanken zwischen den Polen einer bewussten Unterscheidung mit klarer Überordnung der auctoritas und einer bedeutungslosen rhetorischen Spielerei. Während ältere Arbeiten (zum Beispiel GMELIN 1937; MICHEL 1953, 528–30, 557–62; WESTENBURGER 1939, 3 f.) die zwei Gewalten stärker konfrontativ gegeneinandergestellt sehen, eine von Gelasius angestrebte Überordnung des Papsttums über das Kaisertum erkennen wollen, sollten mit ENSSLIN 1955 weder die Begriffe noch die Zweigewaltenlehre an sich zu sehr aufgeladen werden. Letztlich ging es Gelasius, so die dominierende Meinung, nicht in erster Linie um eine Überordnung des Priestertums, sondern um den Grundsatz der Arbeitsteilung: COTTRELL 1993, 97–108; KÖTTING – SCHINDLER 2006, 119 f.; MEIER 2009, 109–14; ULLMANN 1978, 41–70; DERS. 1981, 198–211. GRILLMEIER 21991, 344–6 identifiziert eine unbewusste christologisch-reichskirchliche Parallele zwischen der Zweinaturen- und der Zweigewaltenlehre als jeweilige Versuche der Verbindung der Zweiheit in Einheit. Zur Zweigewaltenlehre und der Frage von Kirche und Kaiser bei Gelasius generell: CASPAR 1933, 63– 70; MANCUSO 1995, v. a. 193–200; RICHARDS 1979, 21 f.; ULLMANN 1960, 29–33. 323 Dieser Hinweis auf die Verantwortung des Priesters im Gericht war ebenfalls nicht neu, sondern von Leo übernommen. Vgl. ANTON 1977, 77–82. Stimmen, die angesichts dieser Verantwortung, wie CARCIONE 1999, 27 f., behaupten, die Zweigewaltenlehre richte eine Kontrolle des sacerdotium über das regnum ein, machen es sich allerdings allzu einfach. Ein ausgewogeneres Bild findet sich bei Dvornik: Gelasius bestreite der kaiserlichen Macht den priesterlichen Charakter, setze das Priestertum aber nicht per se über das Kaisertum. Nur in religiösen Fragen sei die Durchsetzungsmacht an den Rat des auctoritas-Trägers gebunden. Vgl. DVORNIK 1951, 113 f.; DERS. 1966, 805–8. So wie Gelasius die Kompetenzabtrennung anstrebte, so ist auch das Zusammenwirken der beiden Gewalten kooperativ zu denken. Laut KNABE 1936, 11–19 sei es erst Symmachus gewesen, der die Verwaltung des Sakraments zum Kriterium einer päpstlichen Überordnung über das Kaisertum erhob. 324 Gelasiusʼ Vorgehen war nicht neu: Stets hatte es in Konfliktsituationen Versuche kirchlicher Akteure gegeben, die kaiserliche Prärogative in kirchlichen Angelegenheiten zu limitieren. Diesbezüglich stand Gelasius in Kontinuität zu seinen Vorgängern, stand auf dem alten Stand kaiserlicher Rechte, nutzte den Kaiser auch in der Zweigewaltenlehre noch als Referenzadresse. Vgl. BLAUDEAU 2007, 82–4; DVORNIK 1951, 112; DERS. 1966, 805. Daher hält RICHARDS 1979, 16–9 fest, dass Rom auch unter Gelasius seine Beziehungen zum Osten und zum Kaisertum nicht redefiniert habe, obwohl die päpstliche Korrespondenz teilweise wie ei 

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tasios jedenfalls war der Brief deutlich genug, um den Kontakt nach Rom abreißen zu lassen. 6.2.2. Entspannung unter Papst Anastasius II. (497/98) Gelasiusʼ Hartnäckigkeit vertiefte die Gräben zwischen Rom und Konstantinopel. Auch in Rom selbst fand seine Politik angesichts des lange andauernden Schismas und der zunehmenden politischen Desintegration Italiens keine ungeteilt positive Aufnahme mehr. So wurde der Bischof im Mai 495 auf einer römischen Synode dazu gedrängt, den 484 wegen seines Abfalls zu Akakios verdammten Misenus zu rehabilitieren.325 Gelasius konnte damit zwar seine Binde- und Lösegewalt demonstrieren und sandte ein versöhnliches Zeichen apostolischen Erbarmens in den Osten. Der Druck zur Wiederaufnahme des Misenus zeigt aber, dass der gelasianische Rigorismus nicht mehr die Position der gesamten römisch-italischen Kirche war.326 Gelasius starb im November 496. Da seine Beharrlichkeit nicht zur Anerkennung der römischen Ansprüche auf den kirchlichen Primat im Osten geführt hatte, stand seine Linie nun zur Disposition. Zwar war der römische Klerus nicht bereit, die Kernelemente römischer Positionen zu revidieren und den Anspruch auf den Primat an sich aufzugeben, wohl aber war zu überlegen, ob die Anerkennung des Primats auf einem weniger konfrontativen Weg nicht eher zu erreichen war. Geeignet, eine solche Neuorientierung in den Beziehungen mit dem Osten einzuleiten, war der Diakon Anastasius, der schon bei der Rehabilitierung des Misenus eine führende Rolle gespielt hatte.327 Er übernahm nun die Führung der römischen Kirche. Dass er im Kontakt mit Konstantinopel bedachter auftrat als sein Vorgänger, bedeutet jedoch keineswegs, dass Papst Anastasius II. in der Sache zu weiten Zugeständnissen – genannt wird mitunter sogar die Anerkennung des Henotikon –   ne theoretische Neufundierung wirke. Wenn MCGRADE 1970 also einen konzeptionellen Unterschied zwischen dem „inklusiv-ökumenischen“ Leo und dem „exklusiv-papalistischen“ Gelasius erkennen will, so ist zu konstatieren, dass diese Differenz in erster Linie sprachlichstilistischer, nicht aber tatsächlich inhaltlicher Natur war. Vgl. auch DVORNIK 1951, 111; ENSSLIN 1955, 662 f. 325 Die Akten der Synode sind überliefert in Avell. 103. Dass Gelasius diese Rehabilitation unter Zwang ausübte, betont schon SCHWARTZ 1934, 225 f. 326 BECK 1980, 13: „Gelasius hat in den Verhältnissen der Gesamtkirche mehr verdorben, als ihm die viel gerühmte Aufrechterhaltung seiner Primatsansprüche eingebracht hat.“ Die Prinzipientreue des Gelasius habe laut WIRBELAUER 1993b, 56 daher polarisiert, nicht aber integriert. 327 So war es Anastasius, der in seiner Funktion als Diakon auf der Synode die Eingabe des Misenus und die Petitionen zu seiner Unterstützung verlesen hatte: Avell. 103,4.9. Vgl. MAZAL 2001, 417; RICHARDS 1979, 66 f.

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bereit gewesen wäre.328 Zwar stellten die nun von ihm angestoßenen Verhandlungen mit Alexandria ein Entgegenkommen dar, zu dem sich Gelasius niemals bereitgefunden hätte, dass diese Verhandlungen aber scheiterten, spricht schwerlich für eine allzu ausgeprägte Verständigungsbereitschaft. Auch ein in seiner Historizität umstrittenes Versprechen des Senators Festus gegenüber dem Kaiser, er würde den Papst zur Annahme des Henotikon bewegen329, lässt keine Schlüsse darüber zu, ob dies tatsächlich im Bereich des Möglichen lag. Durch seinen frühzeitigen Tod wurde der Papst darüber hinaus daran gehindert, Stellung zu diesem Versprechen zu beziehen. Dass Papst Anastasius unter Simplicius, Felix und Gelasius bis ins Diakonenamt gelangt war, spricht ebenfalls gegen einen radikalen Bruch mit den Positionen seiner Vorgänger.330 Anastasius versuchte, den Gesprächsfaden zum Kaiser wieder aufzunehmen und seine Bischofsstadt so aus dem gelasianischen Isolationismus331 herauszuführen, da dieser die Verwirklichung des römischen Primats letztlich verhindert hatte. So sandte der neue Papst eine Wahlanzeige an seinen Namensvetter Kaiser Anastasios. Trotz seiner ausgesuchten Höflichkeit rückte der Römer darin aber nicht grundsätzlich von den Positionen seiner sedes ab. Er hielt die Forderung nach der Streichung des Akakios aus den Diptychen aufrecht, wenn auch mit der eher vorsichtigen Begründung, dass das Urteil über einen Verstorbenen ohnehin nicht mehr aufzuheben sei.332 Nur im Detail stellte Anastasius Entgegenkommen in Aussicht: Gegebenenfalls könne der Name des Akakios in der Rezitation der Diptychen auch ohne seine förmliche Streichung und damit Verdammung still  328 Teilweise steht die Forschung dem Papst vorurteilsbehaftet gegenüber: So behauptet FREND 1972, 197 f., dass mit ihm ein Frieden auf Grundlage des Henotikon möglich gewesen wäre. ANASTASIOU 1968, 58 f. meint sogar, Konzessionen des Bischofs zu erkennen, „which reached nearly to the acceptance of the Henotikon“. Davon kann keine Rede sein, wie im Folgenden zu zeigen sein wird. 329 Theod.Anagn. HE epit. 461 (130,13–5): Φῆστος δέ, ὡς λόγος, συνέθετο λάθρᾳ τῷ βασιλεῖ πείθειν τὸν Ῥώμης ἐπίσκοπον τῷ ἑνωτικῷ Ζήνωνος ὑπογράφειν. Vgl. auch Theophan. a.5993 (500/01, 143,4–6). Zu Festus: PLRE 2, 467–9 (Festus 5). Daneben: SCHÄFER 1991, 67–9. 330 Sogar CAPIZZI 2000, 99–101, der das auf Anastasius folgende Laurentianische Schisma (vgl. Kap. 6.2.3.) ganz als Fortführung des Akakianischen Schismas innerhalb Roms sieht, meint nicht, dass Papst Anastasius substantiell anders gehandelt hätte als seine Vorgänger Felix und Gelasius. Im Gegenteil: Erst die Geschehnisse des Laurentianischen Schismas hätten das Bild des Papstes nachträglich überschattet. Vgl. auch CHARANIS 21974, 52; MOORHEAD 1992, 57 f.; RICHARDS 1979, 19–22. Anastasius konnte und wollte das Henotikon also nie anerkennen. 331 Schon SCHWARTZ 1934, 226 spricht in Bezug auf Gelasius von „splendid isolation“. 332 Vgl. Anastas. epist. 1. Zur Unmöglichkeit, bereits Verstorbene zu lösen: Itaque monente nos beatissimo Paulo apostolo, ne quod sit in hoc offendiculum in Ecclesia, dum, quod facere non possumus, de his, qui jam transierunt, judicare conemur, observandum esse tranquillitas tua cognoscat (EBD. 1,3 [616]). Mit seiner Feststellung, dass sich die päpstliche Binde- und Lösegewalt nicht auf Tote erstrecke, nahm Anastasius ein Argument des Gelasius auf: Avell. 101,8 (467,9–12). Mit BECK 1980, 13 habe also auch Anastasius das Ziel der AkakiosStreichung verfolgt, in der Verfolgung dieses Ziels aber nicht wie Gelasius auf dem Primat Roms insistiert, sondern an den christlichen Sinn des Kaisers appelliert.

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schweigend übergangen werden. Daneben sollten die Amtshandlungen des Akakios und seiner Nachfolger ihre Gültigkeit behalten.333 Dieses Angebot der Anerkennung der Amtshandlungen war aber rein praktisch nur schwer zu umgehen, also kein allzu weit gehendes Entgegenkommen. Wie sollte denn die Masse der in den letzten zwölf Jahren geweihten Kleriker ersetzt werden? Hier hatte sogar Gelasius ähnliche Positionen vertreten.334 Deutlicher war der Kompromisscharakter daher beim Angebot, Akakios gegebenenfalls einfach zu verschweigen. Angesichts der Vorbehalte gegen seine Expunktion in Konstantinopel konnte Rom vielleicht tatsächlich auf eine förmliche Verdammung des inkriminierten Patriarchen verzichten, wenn diesem auf der anderen Seite dafür das Gedenken verweigert worden wäre. Damit war aber die äußerste Grenze dessen erreicht, was Rom zuzugestehen bereit war. Von einer Anerkennung des Henotikon jedenfalls war in Anastasiusʼ Brief keine Rede. Bemerkenswert war etwas anderes: In der Einsicht, dass der Osten durch das bloße römische Beharren auf dem Konzil von Chalkedon keinesfalls dafür gewonnen worden war, die römischen Positionen anzuerkennen, suchte der Papst das Gespräch mit den dogmatischen Gegnern im Osten und kam auch bezüglich des Kaisers wieder zu positiven Funktionszuschreibungen.335 Anastasius ging also über die bloßen Verhandlungen bezüglich des lediglich hierarchische Streitpunkte berührenden Schismas mit Konstantinopel hinaus. Als Theoderich im Sommer 497 einige hochrangige Senatoren nach Konstantinopel schickte, um abermals über die Anerkennung seines Königstitels zu verhandeln, stellte Bischof Anastasius dieser Legation seinerseits einige hochrangige kirchliche Amtsträger zur Sei-

  333 Zum Verschweigen des Akakios: Anastas. epist.1,4 (617 f.). Es ist jedoch zu fragen, ob sich Anastasius mit der Forderung, Akakios zu verschweigen, nicht einfach nur eines nichttechnischen Ausdrucks für die Expunktion bediente, die letztlich ja genau darauf hinauslief. Dass das Gedenken an den Bischof enden musste, stand für den Papst zweifelsohne außer Frage. Zur Anerkennung der Weihen und Taufen: EBD. 1,8 (620–2). Die Möglichkeit der Anerkennung von Weihen des Akakios hatte schon Felix in Berol. 44 Fravitta gegenüber ins Auge gefasst. 334 SARDELLA 1995, 220–5: Gelasius sei in der Frage von lapsi nicht sonderlich radikal gewesen. SEPPELT 21954, 233 f. hält fest, dass die Aufnahme des abtrünnigen Klerus ohnehin die traditionelle römische Haltung in Ketzertauffragen gewesen sei. Auf diese Versöhnungsbereitschaft bauten später auch die Beendigung des Laurentianischen Schismas (vgl. Kap. 6.2.3.) und der Libellus Hormisdae (vgl. Kap. 6.3.1.) auf. Selbst Ambrosius von Mailand hatte Ende des vierten Jahrhunderts den Klerus seines homöischen Rivalen Auxentius übernommen. 335 Zum Beispiel Anastas. epist. 1,6 (619). Dazu GRILLMEIER 21991, 346–9: Der Papst habe das Henotikon durch ein eigenes Dokument ersetzten wollen. CASPAR 1933, 82–7 unterstellt dem Papst aber einen taktischen Fehler, da er verkannt habe, dass der eigentliche Streit ein Personen-, kein Dogmenstreit gewesen sei. Caspar aber verkennt dabei, dass der Streit um die Personen so festgefahren war, dass Anastasius ihn gar nicht erst thematisierte, sondern versuchte, zunächst eine theologische Annäherung zu erreichen. Im eigentlichen Konflikt kam es aber in der Tat zu keiner Bewegung.

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te, die als päpstliche Unterhändler fungieren sollten.336 Italien wollte also den abgebrochenen Kontakt zur Hauptstadt auf allen Ebenen wiederbeleben. In der Hauptstadt fanden nun Verhandlungen zwischen den römischen Legaten und den Apokrisiaren Alexandrias statt.337 Von zeitgleichen Verhandlungen Roms mit Konstantinopel ist hingegen nichts bekannt. Ganz im Gegenteil: Kaiser Anastasios verbot Makedonios II., dem Nachfolger des Euphemios, sogar, dem Papst ein Synodikon zu senden338, wohl deshalb, weil er sich angesichts der Verhandlungen zwischen Rom und Alexandria durch seinen Residenzbischof nicht unnötig festlegen lassen wollte. Die Episode macht deutlich, dass die communio zwischen den „Beiden Rom“ 497 noch keineswegs wieder hergestellt war. Man kommt daher nicht umhin, in der römischen Nichtbeachtung Konstantinopels die performative Verwirklichung römischer Formulierungen über die hierarchische Unzulänglichkeit der Hauptstadtkirche zu erkennen. Statt zur Kircheneinheit den Umweg über die paroecia Heracliensis ecclesiae zu gehen, setzte sich die prima sedes direkt mit dem zweiten Sitz Alexandria in Verbindung und demonstrierte damit sowohl den eigenen Primat als auch die Geringschätzung Konstantinopels.339 Hinzu kam etwas anderes. Da die Bischöfe Konstantinopels nach Akakios inhaltlich ohnehin mehr oder weniger auf der Linie Chalkedons geblieben waren, war es für Rom in dogmatischen Verhandlungen zielführender, sich direkt an den eigentlichen Antipoden, nämlich an Alexandria zu wenden. Basis hierfür war das päpstliche Eingeständnis, dass die Übersetzung des Tomus Leonis ins Griechische unzureichend und missleitend sei.340 Damit hatte Rom den Tomus Leonis im Vorfeld der Verhandlungen zwar relativiert, allerdings nur insofern, als es die Spaltung auf rein sprachliche Verständigungsschwierigkeiten zurückführte. Papst Anastasius war also keinesfalls gewillt, die Sache Chalkedons preiszugeben. Ziel Roms blieb es auch unter ihm, seine Gegner von der Richtigkeit des Tomus Leonis und damit von der Richtigkeit der römischen Positionen zu überzeugen. Alexandria war aber offensichtlich nicht bereit, seine Vorbehalte gegenüber der Synode von 451 auf die mangelhafte Übersetzung ihres zentralen Dokuments zu reduzieren. Die Ägypter legten daher ein eigenes Glaubensbekenntnis vor, wel  336 Zur spannungsvollen Gleichzeitigkeit der beiden römischen Legationen des Theoderich und des Anastasius: Theod.Anagn. HE epit. 461; Theophan. a.5992 f. (499/500 f.). 337 Vgl. vor allem Avell. 102, ein Verhandlungsprotokoll, das die alexandrinischen Unterhändler Papst Anastasius zukommen ließen. 338 Theod.Anagn. HE epit. 461 (129,28–130,13); Theophan. a.5992 (499/500, 142,28–143,2). 339 Dass Makedonios offensichtlich nur dieses eine Mal überhaupt versuchte, Kontakt mit Rom aufzunehmen, mag seine Ursache in dieser Zurücksetzung haben. 340 Vgl. die lange Reflektion dieses Umstands im Bericht der alexandrinischen Unterhändler: Avell. 102,3–8, v. a. 7 f. Schon 454 hatte Proterios Rom darüber informiert, dass die DioskorAnhänger eine absichtlich fehlerhafte Übersetzung des Tomus Leonis angefertigt hätten: Leo M. epist. 129 (ACO II.4, 84,26–86,8); 130 (ACO II.4, 83,16–84,25). Vgl. FREND 1972, 156. Zur Problematik der kirchlichen Zweisprachigkeit generell: SCHWARTZ 1933. Vgl. auch Anm. 94.

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ches eine fast wörtliche Wiedergabe des Henotikon war und lediglich auf die tendenziell negative Bezugnahme auf Chalkedon verzichtete. Daneben erhoben die Alexandriner Johannes Talaia gegenüber Vorwürfe und forderten von Rom Beweise für die Häresie des Dioskor, des Timotheos Ailuros und des Petros Mongos.341 Damit hatte Alexandria die Offensive in den Verhandlungen übernommen und versuchte nun, Rom die Schuld für die Fehlentwicklungen der letzten Jahre zu geben. Die Gefahr, einen neu übersetzten Tomus Leonis anerkennen zu müssen, war damit gebannt. Da Anastasius, der Bischof der prima sedes, aber kein Interesse daran haben konnte, sich vor der ägyptischen Kirche zu rechtfertigen, mussten die Verhandlungen scheitern. Es war diese Situation, in der der römische Senator Festus, Gesandter des Theoderich, dem Kaiser angeblich versprach, Papst Anastasius zur Annahme des Henotikon zu bewegen. Die politischen Teile der römischen Gesandtschaften von 497 begannen sich in die kirchlichen Belange zu mischen, was die Verhandlungen der päpstlichen Gesandtschaft zusätzlich negativ beeinflusste: Es ist anzunehmen, dass diese scheinbare Festlegung des Papstes die Linie Alexandrias hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Henotikon beeinflusste. Damit hätte das Festus-Versprechen zum Scheitern der kirchlichen Verhandlungen beigetragen – interessanterweise einmal mehr durch eine Durchbrechung der von Gelasius geforderten Trennung geistlicher und säkularer Gewalten.342 Anastasius erlebte die Rückkehr seiner Gesandten nicht mehr. Da seine Ausgleichspolitik letztlich aber der Durchsetzung römischer Positionen diente, ist es unwahrscheinlich, dass er tatsächlich so weit gegangen wäre, das Henotikon anzuerkennen. Immerhin hätte dies nichts anderes bedeutet, als hinsichtlich der eigenen Primatsansprüche vor dem politischen Kirchenprinzip Konstantinopels zu kapitulieren und damit angeblichen antichalkedonischen Fehlentwicklungen in der Kirche endgültig Tür und Tor zu öffnen. Dass sich seine Ausgleichsbemühungen auf dogmatischer Ebene im Kontakt mit der Kirche von Alexandria, nicht aber mit der von Konstantinopel abspielten, legt nahe, dass Papst Anastasius die Vorbehal  341 Bekenntnis: Avell. 102,11 f.; Verteidigung Dioskors, Timotheos Ailurosʼ und Petros Mongosʼ: 102,13 (472,13–6; zitiert in Anm. 733). HOFMANN 1953, 67–70 vermutet, dass dieses Verhandlungsergebnis – ein „Kabinettstückchen“ alexandrinischer Diplomatie – ein Grund für die zwiespältige Aufnahme von Anastasiusʼ Friedenspolitik in Rom gewesen sei. 342 Zum Festus-Versprechen vgl. Anm. 329. Die Historizität des Versprechens ist, nicht zuletzt im Spiegel der Zweigewaltenlehre, umstritten. PICOTTI 1956, 187 f. weist darauf hin, dass Theod.Anagn. HE epit. 461 (130,13) das angebliche Versprechen mit ὡς λόγος einleite. Darüber hinaus sei es überhaupt nicht durchsetzbar gewesen. Der Feststellung, dass Festus sein Versprechen schwerlich hätte halten können, ist zuzustimmen. Allerdings ist es möglich, dass die Zeitgenossen dies nicht erkannt haben. SCHWARTZ 1934, 230 geht davon aus, dass zumindest der Kaiser das Versprechen für erfüllbar gehalten haben muss, immerhin habe er Theoderich in der Folge ja als König anerkannt. CHARANIS 21974, 49–51 zeigt, dass die Verhandlungsgrundlage des Kaisers schon während der Faustus-Gesandtschaft unter Gelasius die Anerkennung des Henotikon durch den Papst gewesen sei. Ähnlich argumentiert TOWNSEND 1936, 82.

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te seines Vorgängers gegenüber der Rolle, die sich Kaiser Anastasios in der Kirche anmaßte, teilte – wenn er auch nicht dem Kaisertum an sich kirchliche Eingriffsrechte absprechen wollte. Anastasius hing inhaltlich also ähnlichen Positionen an wie Gelasius, ohne sich allerdings dessen Methoden zu bedienen. Festus war bei seinem Versprechen wahrscheinlich einem Missverständnis aufgesessen. In der noch frischen Erinnerung an das Pontifikat des Gelasius hatte er sich wohl vom versöhnlichen Ton des neuen Papstes täuschen lassen.343 Die tatsächliche Sachlage zeigte sich einmal mehr auf dem Balkan, wo die Haltung des Papstes anscheinend ebenfalls auf Unverständnis gestoßen war. Bischof Laurentios von Lychnidos jedenfalls schrieb Papst Anastasius, dass sich im Illyricum Gerüchte über römische Konzessionen an Konstantinopel ausbreiten würden. Der Papst ließ ihm daraufhin eine eindeutig chalkedonische Glaubenserklärung zukommen.344 Von einer Neuorientierung Roms konnte demnach keine Rede sein. Wie dem auch sei: Anastasiusʼ Tod im November 498 beendete die römische Annäherungspolitik ohnehin so schnell, wie sie begonnen hatte. 6.2.3. Das Laurentianische Schisma in Rom (498–506) Die schon unter Gelasius deutlich gewordene Differenzierung kirchlicher Positionen in Rom setzte sich auch unter Anastasius fort. So berichten die Quellen, dass sich Teile des Klerus von ihm getrennt hätten, nachdem er ohne Rücksprache in Gemeinschaft mit einem Gesandten aus Thessalonike, dem Diakon Photin, getreten war.345 Da die Beziehung zur Kirche von Thessalonike Implikationen bezüglich des Akakianischen Schismas aufwies, und da Anastasius erst durch den besagten Diakon zur Einsicht in die mangelhafte Übersetzung des Tomus Leonis gekommen war, drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei den Schismatikern in Rom um diejenigen Teile des Klerus handelte, die der gelasianischen Radikalität näher standen als der anastasianischen Umsicht.346   343 CHARANIS 21974, 50–2. 344 Avell. 81, v. a. 3–7. Auch drei Exzerpte eines Briefwechsels mit dem dardanischen Bischof Ursikinos stützen dieses Bild: ACO II.5, 148,25–149,16. Dass sich Anastasius dem Balkan gegenüber zunächst nicht klar positioniert hatte, habe daran gelegen, dass er sich angesichts der bevorstehenden Verhandlungen nicht festlegen wollte: SCHWARTZ 1934, 228. Auf ähnliche Weise wird erklärt, dass Kaiser Anastasios ein Makedonios-Synodikon an Rom unterband. Vgl. Anm. 339. 345 Lib.Pontif. 52,2 (258,3–5): Eodem tempore multi clerici et presbiteri se a communione ipsius erigerunt, eo quod communicasset sine consilio presbiterorum vel episcoporum vel clericorum cunctae ecclesiae catholicae diacono Thesalonicense, nomine Fotino, qui communis erat Acacio […]. 346 MOORHEAD 1978, 126 f. bringt es auf den Punkt: Das Schisma um Anastasius habe die Beziehung zum Osten zum Thema gehabt. Vgl. auch RICHARDS 1979, 66–8; WIRBELAUER 2000, 39 f.

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Nach dem Tod des Anastasius stellte sich also die Frage, ob die römische Kirche in Zukunft eher die Linie des Gelasius oder die des Anastasius verfolgen sollte, um ihre Forderungen dem Osten gegenüber durchzusetzen. Die unterschiedliche Positionierung in dieser Frage traf auf einige spezifisch innerrömische Konfliktlinien und führte am 22. November 498 zur Doppelbischofswahl. Zeitgleich kam es zur Weihe des Diakons Symmachus und des Archipresbyters Laurentius.347 König Theoderich wurde die Entscheidung des Streitfalls angetragen. Dieser veranlasste eine Synode, die im März 499 zunächst Symmachus bestätigte. In seiner Funktion als Archipresbyter unterschrieb auch Laurentius die Synodalentscheidung, bevor er wenig später zum Bischof von Nuceria promoviert wurde.348 Schon in der unmittelbaren Folge wurden aber beiderseitige Bestechungsvorwürfe laut, weshalb es wenig verwundert, dass die Spaltung schon 501 wieder aufbrach, als Symmachus das Osterfest in Rom zu einem anderen Termin begehen wollte als der Osten. Die Laurentianer erhoben nun vor Theoderich verschiedene Anklagen gegen den Bischof.349 Als Symmachus sich aufmachte, um in Ravenna   347 Vgl. zur Doppelwahl und den folgenden Ereignissen den prosymmachianischen Bericht im Liber Pontificalis (Lib.Pontif. 53,1–5 [260,2–261,7]) und den prolaurentianischen Bericht des Fragmentum Laurentianum. Zum Überblick über Quellen und Quellenprobleme: SARDELLA 2000, 11–28, v. a. 16–25. 348 Zur römischen Synode von 499: Act.Syn.Hab.Romae, 399–415. Der römische Klerus wird in den Unterschriftenlisten (399–402; 405–415) durch Laurentius angeführt. Besonderes Interesse in der Forschung ruft die Wendung an König Theoderich hervor. Dass die Kirche damit der Zweigewaltenlehre zuwidergehandelt hätte (AUSBÜTTEL 2003, 97), lässt sich so pauschal nicht sagen. Nachdem er 497 durch Anastasios als König anerkannt worden war, galt Theoderich beiden Seiten als legitimer Stellvertreter des Kaisers. Dass die römische Staatsmacht ein innerrömisches Schisma entschied, war nicht unüblich. Schon 366 und 418/19 war es zu ähnlichen Situationen und Lösungen gekommen, worauf Wirbelauer explizit hinweist: WIRBELAUER 1994, 410–414; DERS. 2000, 41 f. Entsprechend sieht KOHLHAS-MÜLLER 1995, 275 f. das Honorius-Reskript von 419 (Avell. 37) als Modellfall für das aktuelle Eingreifen des Königs. Ennod. lib.pro synod. 109 f. weist jedoch das Beispiel der Doppelwahl von 418/19 zurück, was aber belegt, dass entsprechende Parallelen schon zeitgenössisch gezogen wurden. KÖNIG 1997, 159 f. zeigt Vergleiche in den Quellen zu Valentinian I. und damit zum römischen Damasus-Ursinus-Schisma von 366 auf. Die von Theoderich beeinflusste Entscheidung der Synode von 499 schließlich erfolgte aufgrund formaler Faktoren: Laut WIRBELAUER 1994, 415–40 sei die Synode von der Designation des römischen Bischofs durch das Amt des Archidiakons ausgegangen. Zur Rolle des Archidiakons als quasi-designierter Nachfolger des Bischofs von Rom: FUHRMANN 1958, 765; LLEWELLYN 1971, 117; SCHWEIZER 1989, 76 f. Durch die später erfolgte Bestellung des Laurentius zum Bischof von Nuceria (Frg.Laurent., 44,17–20; Lib.Pontif. 53,2 [260,8 f.]) sollte dieser als potentieller Rivale des Symmachus ausgeschaltet werden. Vgl. WIRBELAUER 1993, 15 f. 349 Frg.Laurent., 44,20–6. Explizit genannt wird der Vorwurf, Symmachus habe Ostern zu einem anderen Termin als die restlichen Kirchen des Reichs gefeiert. Das gemeinsame Osterfest demonstrierte die Zusammengehörigkeit der reichsweiten Kirche, der Symmachus also seine Missachtung zeigte. Prosper von Aquitanien berichtet auch für Papst Leo von zwei Osterterminstreitigkeiten mit Alexandria: Prosp. 1352 (444); 1376 (455). Nicht einmal dieser war demnach aber bereit gewesen, die liturgischen Brücken zum Osten abzubrechen. Anders als nun Symmachus, passte er in beiden Fällen – wenn auch unter Protest – den römischen Ter 

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Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen, auf halbem Wege aber umkehrte und sich in St. Peter verschanzte, berief Theoderich eine Synode italischer Bischöfe zur Klärung der Vorwürfe nach Rom.350 In Rom kam es nun zu einer Reihe synodaler Verfahren. Nachdem sich Symmachus der Synode zunächst gestellt hatte, dann aber in Rom tätlich angegriffen worden war, verweigerte er sein weiteres Erscheinen auf späteren Sitzungen.351 Da sich daneben die italischen Bischöfe auf keine gemeinsame Linie einigen konnten und Theoderich sich weigerte, sie von der Klärung der Bischofsfrage zu entbinden und selbst ein Urteil zu fällen352, beschritten die Synodalen auf der so  min an den alexandrinisch-östlichen an. Zur Relevanz der Osterterminfrage: CASPAR 1933, 91; DUCHESNE 1915, 242–5; WIRBELAUER 1993b, 18. Zusätzlich wurden Vorwürfe bezüglich der Verschwendung von Kirchengut erhoben, wie in den Synodalverhandlungen von 499 (vgl. Anm. 348) und vom November 502 (Anm. 458) deutlich wird. Zu den neuen Vorwürfen: MOORHEAD 1992, 114 f.; WIRBELAUER 1993b, 23–5. Der Vorwurf der Veruntreuung von Kirchengut bezog sich dabei wahrscheinlich auf das Basilius-Dekret. Vgl. Anm. 262; 458. Da die Synode von 499 eine neue Wahlordnung erließ (Act.Syn.Hab.Romae, 402,13– 405,3), hingen auch die Bestechungsvorwürfe, die sogar im Osten schnell bekannt wurden (vgl. Theod.Anagn. HE epit. 461 [130,15–8]), mit diesem Themenkreis zusammen. Vgl. auch AIMONE 1995, 209 f. 350 Frg.Laurent., 44,26–34. Wahrscheinlich erfuhr Symmachus erst auf dem Weg nach Ravenna vom Ausmaß der Vorwürfe gegen ihn. Vgl. WIRBELAUER 1993, 20 f. Seine Zuflucht in der Peterskirche habe nun auch die Nähe des Symmachus zu Petrus vertieft: BORGOLTE 1989, 61–9. Die Quellenlage zum folgenden Verfahren ist sehr fragmentiert. So kommt es teilweise zu erheblichen Differenzen in der Darstellung. Vgl. PICOTTI 1958, 744. Die Quellen zum Synodalverfahren des Jahres 502 (von Mommsen fälschlicherweise auf 501 datiert): Act.Syn. Hab.Romae, 419–437, wobei der Bericht über die Synodalverhandlungen selbst in EBD., 426– 432 überliefert ist. Zum römischen Schisma bis 502 und zu den Ergebnissen der Verhandlungen: CASPAR 1933, 88–100; MOORHEAD 1992, 116–20; PICOTTI 1958; RICHARDS 1979, 69– 76; SARDELLA 1996, 58–70; SOTINEL 2001, 311–5. 351 Die imbres lapidum, denen der Bischof entronnen sei, und die Symmachus Kaiser Anastasios gegenüber erwähnt (Symmach. epist.ad Anast.Imp., 154,21), dürften sich auf diese Episode beziehen. Vgl. auch Act.Syn.Hab.Romae, 422,7–10; 428,21–429,6. Insofern muss es sich bei den Zusammentreffen der italischen Bischöfe in Rom 502 um vier Sitzungen ein- und derselben Synode gehandelt haben (zu diesem Ergebnis kommt schon STÖBER 1886, 290 f.), immerhin betonten die Symmachianer, dass sich der Bischof der Synode bereits einmal gestellt habe. Vgl. hierzu den Bericht zur ersten Synodalsitzung: Act.Syn.Hab.Romae, 427,11–428,9. Symmachus war also nicht wegen Säumigkeit zu verurteilen. Vgl. WIRBELAUER 1993b, 28 f. Die maßgeblichen Erwägungen zur chronologischen Abfolge der Synode: EBD., 21–3. 352 Es gingen mehrere Briefe zwischen den Bischöfen der Synode und dem König hin und her: Act.Syn.Hab.Romae, 419–24. Während die Synode immer wieder auf ihre Probleme bei der Urteilsfindung hinwies (weder könne Symmachus in absentia verurteilt noch wegen Säumigkeit belangt werden: 423,11–3), bestand der König zunehmend ungeduldig darauf, dass die Bischöfe endlich ein Urteil fällen sollten (vgl. vor allem 424). Zur Spaltung der Bischöfe: WIRBELAUER 1993b, 29 f. Führer der Symmachianer waren Laurentius von Mailand und Petrus von Ravenna, auf der Seite des Laurentius stand Marcellinus von Aquileia. MOORHEAD 1992, 120 f. weist darauf hin, dass Petrus von Altinum, der von Theoderich während der Klärung der Anklagen zum Visitator in Rom eingesetzt worden war, ein Suffragan des Marcellinus gewesen sei.

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genannten „vierten Synode“ am 6. November 502 einen leidlich befriedigenden Ausweg aus ihrer Aporie: Sie stellten fest, dass sie für den Fall des Symmachus gar nicht zuständig seien, da dieser als Nachfolger Petri keinem Menschen Rechenschaft schulde. Der Papst habe sich also nicht dem Urteil eines Geringeren zu unterwerfen.353 Dieser Rechtssatz war aber so sehr Notbehelf, dass er ohne staatlichen Druck keine Aussicht auf Akzeptanz durch die unterlegene Seite hatte. Da Theoderich Laurentius aber die Rückkehr nach Rom gewährte – oder sie zumindest nicht verhinderte –, residierten in Rom trotz der Synodalentscheidung von nun an zwei Bischöfe, die beide begannen, eigene Hierarchien aufzubauen.354 Der Widerstand der Laurentianer gegen die „vierte Synode“ und die Reaktion der Symmachianer auf diesen Widerstand führten zu Fälschungen scheinbar traditionsbegründender Dokumente, zu einer Vielzahl von Streitschriften und zu einer weiteren Ausdifferenzierung der römischen Primatslehren.355 Als besonders wirkmächtig erwies sich ein Traktat des Mailänder Diakons Ennodius, den dieser als Antwort auf die antisymmachianische Schrift Adversus Synodum Absolutionis Incongruae verfasst hatte und der die Nichtjudizierbarkeit des Papstes mit dem   353 Darauf weisen die Bischöfe gleich zu Beginn eines Berichts hin, der einen breiten Überblick über das gesamte Synodalverfahren gegen Symmachus gibt: Act.Syn.Hab.Romae, 426,16– 427,5. Der Rechtssatz fand später in der Form Prima Sedes a nemine iudicatur Eingang in den Codex Iuris Canonici: CIC 1404. Zu Grundlage, Entwicklung und Rezeption des Satzes: VACCA 2000, hier v. a. 154–169; ZIMMERMANN 1968, 2–8. Das Urteil der Synode und der Aufruf zur Versöhnung finden sich in Act.Syn.Hab.Romae, 431,9–432,12. Zur „vierten Synode“: PICOTTI 1958, 780 f.; RICHARDS 1979,70–3; SCHWARTZ 1934, 233; WIRBELAUER 1993, 33. 354 Zur Situation in Rom: Frg.Laurent., 45,45–46,4; Lib.Pontif. 53,5 (260,19–261,7). LUMPE 1969 führt das Verhalten des Theoderich auf die Maßnahmen zurück, die Symmachus nach seiner Bestätigung getroffen hatte und bezüglich derer PICOTTI 1956, 198 feststellt: „Simmaco usò, o forse abusò, una seconda volta della sua vittoria.“ Nachdem 499 die Bischofswahl in Rom auf kirchliche Akteure beschränkt worden war und die „vierte Synode“ den Papst der Beurteilung durch Synoden entwunden hatte, gab ihm eine Synode Anfang November 502 nun die Verfügungsgewalt über den Kirchenbesitz. Vgl. CASPAR 1933, 111–3; PICOTTI 1958, 785; SCHÄFER 1991, 225–7. Wenn das der Grund dafür gewesen sein soll, dass Theoderich nicht gegen Laurentius eingriff, so stellt sich aber die Frage, wieso er sich dann nicht von vornherein gegen Symmachus wendete: Zum einen war die Frage nach der Verfügungsgewalt über das Kirchengut schon 501 Teil der Anklage gegen diesen gewesen, zum anderen war der Kurs der Laienausschaltung durch Symmachus 502 nicht mehr überraschend. Zum Schisma in Rom bis 507: SARDELLA 1996, 97–111; WIRBELAUER 1993b, 34–40. 355 In einer breit angelegten publizistischen Tätigkeit beider Seiten entstanden die sogenannten symmachianischen und laurentianischen „Fälschungen“. Zu diesen Fälschungen, die besser als documenta bezeichnet werden sollten: WIRBELAUER 1993b, hier v. a. 67–110, 227–342 (Text und Übersetzung). Wir haben es also mit Beschreibungen fiktiver Vorgänge zu tun, die historische Präzedenzfälle schaffen sollten. Vgl. auch AIMONE 2000, 66–77, 210–8; ENSSLIN 1947, 125–7; TOWNSEND 1933, 167–74; VACCA 1993, 50–78. Im weitesten Sinne gehört auch der Liber Pontificalis zu diesen Schriften. Diese Sammlung von Papstviten wurde unter Hormisdas begonnen. Zur Symmachus-Vita findet sich dabei eine zeitgenössische laurentianische Gegenschrift, das Fragmentum Laurentianum. Vgl. GOLTZ 2008, 330–8. Vgl. zur „Publizistik“ Anm. 24.

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Schatz der Verdienste begründete, die der Apostel Petrus seinem Nachfolger, dem römischen Bischof, hinterlassen habe. Daneben führte Ennodius diese Nichtjudizierbarkeit zusätzlich auf den dritten Kanon von Serdika zurück.356 Auch am Hof in Ravenna warb der Mailänder zusammen mit den römischen Diakonen Dioscorus und Hormisdas für die Durchsetzung des Urteils von 502. Im August 506 hatten sie ihr Ziel erreicht: König Theoderich ordnete die Übergabe der römischen Titelkirchen an Symmachus an.357 Spätestens 507 war das Schisma endgültig beendet, Laurentius zog sich aus Rom zurück.358   356 Ennod. lib.pro synod. Der Hinweis auf den dritten Kanon von Serdika findet sich dabei in EBD. 81. Die laurentianische Streitschrift, auf die Ennodius antwortete, ist verloren, ihre Argumente aber durch Ennodiusʼ Replik rekonstruierbar. Vgl. zu ihren Vorwürfen TOWNSEND 1938, 278 f. Zum liber des Ennodius: LUMPE 1969, 23–5; SARDELLA 1996, 147–53; STÖBER 1886, 312–34; TOWNSEND 1938, 279–81; VACCA 1993, 41–7. Ennodius selbst war ein Verwandter des senatorischen Symmachus-Unterstützers Faustus (zur Verzweigung seiner Familie: LLEWELLYN 1971, 29 f.) und einer der wichtigsten symmachianischen Strippenzieher. So weist LUMPE 1969, 24 auf seine Rolle als zweimaliger römischer Gesandter in Konstantinopel unter Hormisdas hin, während WYATT 1938 zeigt, dass Ennodius für die Abfassung von Briefen unter Symmachus und Hormisdas verantwortlich gewesen sei. Ennodius selbst gibt einen Hinweis darauf, dass er sogar die Bürgschaft für einen größeren Geldbetrag übernommen habe, der pro necessitatibus domni papae Ravennae eingesetzt worden sei: Ennod. epist. 3,10 (78,6–17). Es ist naheliegend, dass Symmachus diese Mittel als Bestechungsgelder dienten. Vgl. LUMPE 1969, 18; SCHÄFER 1991, 220 f. Zu Ennodius allgemein: GOLTZ 2008, 310–2; VACCA 2000, 176–80. Zum Wirken des Ennodius während des Laurentianischen Schismas: GIOANNI 2001a, hier v. a. 177–9; DERS. 2001b, v. a. 248–54; WIRBELAUER 1993b, 150–2. 357 Frg.Laurent., 46,4–14. Zuvor hatte der König die Entscheidung der Novembersynode von 502 (vgl. Anm. 458) bestätigt: MGH AA 12, 392. Bereits im September findet sich die Unterwerfung des laurentianischen Diakons Caelius Johannes unter die Sätze der „vierten Synode“: THIEL, 697 (hrsg. als Brief 8 des Symmachus). Zu Dioscorus, einem Flüchtling aus Ägypten, der im Gefolge Johannes Talaias nach Rom gelangt war und unter Hormisdas eine zentrale Rolle bei der Beendigung des Akakianischen Schismas spielen sollte: BLAUDEAU 2008, 456– 8; DUCHESNE 1915, 233 f. Probleme macht einmal mehr die Erklärung des Verhaltens Theoderichs. Klassischerweise wird seine plötzliche Entscheidung zugunsten des Symmachus mit zunehmenden politischen Spannungen zum Kaiser in Konstantinopel erklärt: BAUS 1975, 199; BURY 1958, 465; ENSSLIN 1947, 128–30. Dagegen behauptet GOLTZ 2008, 74–9, dass das Verhältnis zwischen Ostgoten und Byzanz unter Anastasios vergleichsweise gut gewesen sei. MEIER 2009, 241–3 sieht im Umschwung des Theoderich ebenfalls keine genuin politische, sondern eine stärker kirchenpolitische Motivation: Er stehe im Zusammenhang mit einem miaphysitischen Umschwung im Osten. Vgl. Kap. 6.2.4. Letztlich, das soll im Folgenden gezeigt werden, vertraten Laurentius und Symmachus dem Osten gegenüber aber ähnliche Positionen. SCHÄFER 1991, 215 f. weist diesbezüglich auf einen anderen interessanten Aspekt bei der Beendigung des Schismas hin: Der Befehl zur Rückgabe der Titelkirchen erging an den Senator Festus, nicht an den Gegenbischof Laurentius. Dies weise eher auf inneritalische, innerrömische und letztlich politische Beweggründe des Theoderich hin. 358 Frg.Laurent., 46,14–8. Nun machte sich Symmachus mithilfe des Ennodius daran, in Italien Vertraute zu Bischöfen wichtiger Städte zu machen. So wurde Marcellinus von Aquileia nach seinem Tod wohl durch einen Römer gleichen Namens ersetzt. RICHARDS 1979, 325–7 gibt noch weitere Beispiele. Durch die von KRAUSE (J.) 2006, 423–5 beschriebene Abhängigkeit  

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Wie aber war die Verknüpfung zwischen diesem Laurentianischen Schisma in Rom und dem Akakianischen Schisma zwischen Rom und Konstantinopel? Ein Blick auf die Obedienzen der beiden Gegenbischöfe zeigt, dass aufseiten des Laurentius der Senator Festus stand, der erst kürzlich Kaiser Anastasios die Annahme des Henotikon durch Papst Anastasius versprochen und so seine Position im Akakianischen Schisma deutlich gemacht hatte. Symmachus hingegen wurde von Faustus unterstützt, also jenem Mann, unter dem zur Zeit des Gelasius die erste Gesandtschaft zur kaiserlichen Anerkennung König Theoderichs gescheitert war. Grund hierfür waren nicht zuletzt die gelasianischen Positionen. Das deutet darauf hin, dass die Anhänger des Symmachus eine konfrontativere Position dem Osten gegenüber präferierten als Laurentiusʼ Anhänger.359 Gestützt wird dieser Befund durch den kurzen Briefwechsel zwischen Symmachus und Kaiser Anastasios: Zwar schieb der Papst weniger elegant als Gelasius, erneuerte aber in deutlichen Worten dessen rigoristische Positionen.360 Trotzdem hatte sich das Akakianische Schisma nicht einfach in der römischen Doppelwahl fortgesetzt. Dass desintegrative Pontifikate auch ohne tiefere inhaltliche Differenzen in Doppelwahlen münden konnten, hatte die römische Gemeinde schon 366 und 418 erleben müssen.361 Dass es auch unabhängig vom Konflikt mit Konstantinopel Spannungen im römischen Klerus gab, zeigen unter anderem Llewellyn und Richards. Llewellyn sieht als tieferen Kern des Schismas den Konflikt zwischen Presbytern und Diakonen.362 Richards meint in der Doppelwahl  

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des Klerus von den Bischöfen dürfte sich die Lage für Symmachus sowohl in Italien als auch in Rom schnell beruhigt haben. Eine solche direkte Fortsetzung des Akakianischen Schismas im römischen Schisma vertreten unter anderem CAPIZZI 1969, 114 f.; HAARER 2006, 213; MOORHEAD 1978, 126–8; DERS. 1992, 58 f. Erstaunt stellt MOORHEAD 1992, 134–8 fest, dass diese Konfliktlinie in den Schriften beider Seiten aber keine Rolle spielt. Vielleicht sei das Mobilisierungspotential dieser Frage im innerrömischen Diskurs zu klein gewesen. Zur Unterstützung der beiden Kandidaten durch die Aristokratie, zum senatorischen Einfluss in der römischen Kirche und zur prosopographischen Identifizierung der jeweiligen Anhängerschaften: SCHÄFER 1991, 212– 39. Schäfer bilanziert, dass Laurentius zumindest in Rom über wesentlich größeren Rückhalt in der Nobilität verfügt habe als Symmachus. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt MOORHEAD 1992, 126–33, der dafür die Mehrheit der plebs aufseiten des Symmachus sieht. Dagegen hält es PIETRI 1966, 129 für „absurd“, das Laurentianische Schisma schematisch als Konflikt zwischen Volk und Senat zu verstehen. Zu Faustus: PLRE 2, 454–6 (Faustus 9). Vgl. auch SCHÄFER 1991, 64–6. Zu Festus: Anm. 329. Symmach. epist.ad Anast.Imp., 153–7. Der Brief wurde von THIEL, 700–8 als Brief 10 des Symmachus herausgegeben. In dieser Arbeit ist die Ausgabe in den „Publizistischen Sammlungen“ von Eduard Schwartz (SCHWARTZ 1934) zugrunde gelegt. Näheres zum Briefwechsel zwischen Symmachus und Anastasios: Kap. 6.3.1. Insbesondere WIRBELAUER 1993b zieht diese Parallelen. Vgl. aber auch DERS. 1994, 409–14. Zur möglichen Orientierung des Theoderich am Honorius-Reskript von 419: Anm. 348. LLEWELLYN 1977, hier v. a. 247–50. Ausgangspunkt ist die Beobachtung eines Anstiegs der Weiherate für Presbyter im letzten Drittel des fünften Jahrhunderts, die auf eine steigende Exklusivität des Diakonats hinweise. Laut LLEWELLYN 1976, 417–24 habe dieser Konflikt unter den nicht aus Rom selbst stammenden Bischöfen Gelasius (Afrikaner) und Symmachus

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einen Generationenkonflikt im römischen Klerus zu erkennen, in dem Symmachus die Interessen des jüngeren Klerus gegen das römisch-kirchliche „Establishment“ angeführt habe.363 Beide Aspekte verknüpfen sich mit einem Konflikt zwischen der römischen Aristokratie um den Zugriff auf kirchliche Ämter und kirchlichen Besitz. Der Schluss liegt also nahe, dass primär innerrömische Spannungen hinsichtlich Hierarchie und Struktur der römischen Kirche 498 in die Spaltung geführt hatten, nicht aber die Auswirkungen des Akakianischen Schismas. Jedoch überzeugen beide Positionen im Detail nicht völlig. So vermag die Diagnose Llewellyns vom Rückzug der Presbyter von Symmachus nicht dessen vorläufige Anerkennung 499 zu erklären. Daneben ist eine für Symmachus feststellbare hohe Weiherate für Presbyter weniger Beleg für die Abkehr der Presbyter von ihm als sekundäre Folge des Auseinanderbrechens des Klerus in zwei Obedienzen: Symmachus und Laurentius mussten durch das Schisma jeweils Teile des eigenen Klerus ersetzen.364 Richardsʼ Bild vom Generationenkonflikt baut auf der Beobachtung des überdurchschnittlich langen Pontifikats des Symmachus auf. Dieses muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass er vergleichsweise jung ins Amt gekommen war. Zwar war sein Diakonenkollegium in der Tat vergleichsweise jung, rekrutierten sich doch die nächsten drei Bischöfe aus diesem. Wiederum muss das aber kein Ausdruck eines Programms sein. Vielmehr war das Reservoir an geeigneten Kirchenmännern zwischen zwei Bischöfen umkämpft. Dass der Symmachus-Nachfolger Hormisdas später überhaupt keinen Diakon weihen sollte, hing dementsprechend mit der Wiederzusammenführung beider Hierarchen nach der Niederlage des Laurentius zusammen, nicht mit der Bevorzugung junger Kandidaten durch Symmachus. Noch bei Hormisdasʼ Amtsantritt war das Kolle  (Sarde, vgl. AIMONE 1995, 218 f.) an Dynamik gewonnen, da diese die Eigenständigkeit der tituli einschränkt hätten. Dies habe auch die Ebenen der senatorischen Patronage der Titelkirchen und der Verfügungsgewalt über den Kirchenbesitz berührt, wodurch der Konflikt zwischen Presbytern und Diakonen auch zum Konflikt zwischen Aristokratie und Kirche geworden sei. Entsprechend hält PIETRI 1966, 135–8 fest, dass letztlich ökonomische Fragen verhandelt worden seien. Auf Spannungen zwischen Gelasius und der römischen Aristokratie weisen auch hin: LLEWELLYN 1971, 39–41; MARKUS 1991, 269 f.; WIRBELAUER 1993b, 55. Eine Analyse der beiden Kollegien, allerdings für eine frühere Zeit, findet sich bei PIETRI 1976, 708–14 (Presbyterium), 714–18 (Diakonat). 363 RICHARDS 1979, 70–97: Insbesondere das Prinzip der „Konsultation“, über das Anastasius bei der eigenmächtigen Aufnahme des Photin von Thessalonike gestolpert war, und das Prinzip der „Laienausschaltung“, beispielsweise durch die Kassation des Basilius-Dekrets, seien für den jüngeren Klerus attraktiv gewesen. Gestützt auf prosopographische Untersuchungen stellt RICHARDS 1979, 83–92 also fest, dass der symmachianische Klerus und auch Symmachus selbst vergleichsweise jung gewesen seien. Schon PICOTTI 1956, 189 f. kommt zu ähnlichen Ergebnissen. 364 LLEWELLYN 1977, 250–4: An der „vierten Synode“ habe nur die Hälfte der Presbyter teilgenommen, von denen mindestens zwölf bereits von Symmachus geweiht worden seien. Der Erkenntnisgewinn aus den Weiheraten ist aber gering, da Weihen eines Klerikers das letztlich eher zufällige Ausscheiden eines anderen erforderten. Hinzu kommt, dass auch die Mehrzahl der Diakonen hinter Laurentius stand: MOORHEAD 1978, 131.

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gium offensichtlich überbesetzt. So ersetzte sich der ehemalige Archidiakon nicht einmal selbst.365 Trotzdem kann schwerlich bezweifelt werden, dass es unabhängig vom Akakianischen Schisma Spaltungspotential auch innerhalb der römischen Kirche gab. Dieses wurde tatsächlich erst durch die Rückwirkungen des Schismas mit Konstantinopel in Rom aktiviert: Die Frage war 498, ob Rom gegenüber Konstantinopel den Weg des Gelasius einschlagen oder sich nach dem Vorbild des Anastasius verhalten sollte. Symmachus vertrat die gelasianische Linie, beharrte auf den römischen Positionen und wies Gedanken an Zugeständnisse schroff ab. Er war Kandidat der Gruppe, die sich für einen harten Kurs gegenüber dem Osten aussprach, also derjenigen Teile des Klerus, die Anastasius ihre Gefolgschaft aufgekündigt hatten. Dafür spricht auch die Handhabung der Festlegung des Ostertermins 501, mit der Symmachus eine liturgische Brücke nach Alexandria abbrach.366 Da Laurentius im römischen Konflikt der direkte Rivale des Symmachus war, gibt es die Neigung, ihn auch hinsichtlich des Akakianischen Schismas als dessen inhaltlichen Antagonisten zu sehen. Allerdings muss hier ein sich schon für Anastasius als falsch erwiesener Umkehrschluss abermals zurückgewiesen werden: Eine kooperative Haltung dem Osten gegenüber musste nicht die Anerkennung des Henotikon einschließen. So hätte Laurentius nichts daran gehindert, das Henotikon anzunehmen; augenscheinlich tat er es aber nicht. Nicht einmal ein Briefwechsel des Laurentius mit Kaiser Anastasios ist bekannt.367 Ein weiteres Indiz dafür, dass die inhaltlichen Differenzen zwischen den römischen Prätendenten bezüglich des Schismas mit Konstantinopel einigermaßen gering waren, liefert die   365 Vgl. abermals RICHARDS 1979, 83–92. Dass ein hohes Alter bei Amtsantritt kein kurzes Pontifikat garantiert, zeigt die Geschichte des Papsttums häufig. Auch Laurentius wies übrigens eine überdurchschnittlich lange Amtszeit auf. Da sich ein Teil der Diakonen Laurentius anschloss, befand sich Symmachus geradezu in der Notwendigkeit, jüngere Kleriker wie Hormisdas und Agapet in das Amt zu berufen. Beide Bischöfe dürften zumindest den Anspruch auf eine vollständige Hierarchie erhoben haben. Während eine vollständige Nachwahl im Falle der an ihre tituli gebundenen Presbyter aber nicht möglich war, war das Kollegium der Diakone leichter auffüllbar. 366 SARDELLA 1996, 41–3 bringt das Zusammenspiel von internen und externen Konfliktlinien auf den Punkt: Das Akakianische Schisma habe 498 zweifellos Einfluss auf die römische Spaltung gehabt. Es seien aber interne römische Konflikte gewesen, die die daraus entstandene Spaltung kontinuierten. 367 Vgl. PICOTTI 1958, 748–50; PIETRI 1966, 135; TOWNSEND 1938, 277. Ergänzend weist RIZZO 2000, 377 darauf hin, dass der Kaiser nicht aktiv Partei für Laurentius ergriffen habe. Auch der Symmachus-Brief (vgl. Kap. 6.3.1.) liefert nicht, wie RICHARDS 1979, 80 meint, Beweise für eine kaiserliche Parteinahme, kam es doch erst nach der Entscheidung in Rom zum entsprechenden Briefwechsel. Dass die symmachianischen Quellen entsprechende Schritte des Laurentius nicht überliefert hätten, ist jedenfalls unwahrscheinlich. Insofern führt die Wertung von KOHLHAS-MÜLLER 1995, 271, Laurentius sei ein „Byzantinerfreund“ gewesen (ähnlich: GRAY 1979, 36), die antike Polemik fort.

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neutrale Haltung des Theoderich.368 Auch die Unterstützung des Laurentius durch Festus widerspricht dem nicht. Dieser unterstützte Laurentius schließlich in erster Linie gegen den erklärten Rigorismus des Symmachus. Vom Kandidaten des Festus war wenigstens kein Totalabbruch der Beziehungen zu Konstantinopel zu erwarten. Auch wenn weder für Laurentius noch für Symmachus die Aufgabe lang gehegter römischer Positionen infrage kam, wie sie sowohl durch Gelasius als auch durch Anastasius vertreten worden waren, hatte sich zwischen 498 und 506/07 gezeigt, dass das Akakianische Schisma auch negative Rückwirkungen auf den römischen Bischof haben konnte. Angesichts des kirchlichen Streits mit Konstantinopel hatten sich innerrömische Konflikte immer weiter aufgestaut und waren schließlich in eine Doppelwahl gemündet. Diese beschäftigte die prima sedes so sehr, dass der Kontakt zu Konstantinopel bis 507 weitgehend ruhte. 6.2.4. Miaphysitische Dominanz im Osten (498–518) Anastasios hatte das Henotikon zur Grundlage seiner Bekenntnispolitik gemacht. Er wollte jeweils diejenigen kirchlichen Gruppen stützen, die in den verschiedenen Regionen des Reichs am einflussreichsten waren. Diese hatten, unabhängig von ihren weiteren Positionen, das zenonische Edikt anzunehmen, um auf dieser Basis auch Amtsbrüder anerkennen zu können, die eigentlich andere dogmatische Positionen vertraten als sie selbst. Wer also nicht den Anspruch erhob, über den Glauben anderer Bischöfe zu urteilen und sie nur dahin gehend beurteilte, ob sie das Henotikon annahmen oder nicht, konnte innerhalb seiner eigenen Gemeinschaft letztlich bekennen, was er wollte, sofern er selbst das Edikt billigte. Zenon hatte Mitte der 480er Jahre kurzfristig eine weitgehende kirchliche Einheit im Osten herstellen können. Mittelfristig aber verstärkte sich die dogmatische Differenzierung im Reich. Zwischen dezidierten Chalkedoniern und dezi  368 RICHARDS 1979, 77–80 belegt diese Neutralität des Gotenkönigs einleuchtend. So habe sich Theoderich 502 standhaft geweigert, überhaupt in den Streit hineingezogen zu werden. Die Parteinahme für Symmachus 499 sei darüber hinaus aus rein formalen Kriterien erfolgt. Ähnlich sehen seine Rolle ENSSLIN 1947, 109 und RIZZO 2000, 373 f., der sie allerdings nicht zu Unrecht als „Schaukelpolitik“ beschreibt. MOORHEAD 1992, 138 f. meint, das Hauptanliegen des Königs sei die Ruhe in Rom gewesen. Dagegen wendet MEIER 2009, 240 f. ein, dass das Schisma in Rom für die Herrschaft des Theoderich stabilisierend gewirkt habe, da es den Senat in Uneinigkeit versetzt hatte. Damit sieht auch Meier den König im Schisma prinzipiell als neutral an. Trotzdem wird der König oft als Parteigänger des Symmachus gesehen, der mithilfe des Papstes seine Eigenständigkeit Konstantinopel gegenüber unterstreichen wollte. Vgl. zum Beispiel LLEWELLYN 1971, 42; DERS. 1977, 258; LUMPE 1969, 19–21. Zum einen baut diese Sicht aber stark auf einer soeben zurückgewiesenen Identifizierung des Laurentius als „Byzantinerfreund“ auf, zum anderen ist so nicht zu erklären, wieso Theoderich das Urteil der Synode von 502 erst 506 durchsetzte. Einen quellennahen Überblick über die Stellung des Theoderich im Schisma gibt SARDELLA 1996, 124–41. Vgl. auch AMORY 1997, 203–6.

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dierten Antichalkedoniern stand nun noch die Gruppe kompromissbereiter Anhänger des Henotikon, die sich zumeist mit Problemen der Akzeptanz durch die radikaleren Akteure auseinanderzusetzen hatte. Da darüber hinaus umstritten war, ob das kaiserliche Bekenntnisedikt die Verdammung Chalkedons ein- oder ausschloss, bildeten sich selbst innerhalb der Gruppe der Henotikon-Anhänger unterschiedliche dogmatische Positionen aus.369 Athanasios II. Keletes von Alexandria hatte das zenonische Edikt angenommen. Euphemios von Konstantinopel hielt dessen Interpretation des Dokuments aber für eutychianisch. Da er den Kaiser verdächtigte, eine ähnliche Interpretation zu bevorzugen, erteilte er dem Henotikon eine Absage. Neben Athanasios hatten auch Sallustios von Jerusalem und Palladios von Antiochia das Kompromissdokument gebilligt. Sie spielten dem Kaiser nun Euphemiosʼ Synodikon an Papst Gelasius zu.370 Das Verhältnis zwischen Kaiser und Patriarch war seit der Thronbesteigung des Anastasios wegen des erpressten Bekenntnisses ohnehin gespannt. Jetzt musste Anastasios erkennen, dass sich Euphemios sogar aktiv gegen seine bekenntnispolitische Linie stellte. Die Patriarchate des Ostens hatten unter Führung Alexandrias die Autorität des Bischofs von Konstantinopel beim Kaiser erfolgreich untergraben. Da auch Gelasius Euphemios keine Unterstützung gewährte, war der Patriarch kirchlich wie politisch isoliert. Schon früh arbeitete Anastasios daher auf Euphemiosʼ Sturz hin. 496 konnte er ihn im Rahmen isaurischer Aufstände wegen hochverräterischer Umtriebe absetzen und in die Verbannung schicken.371 Außerhalb von Konstantinopel rührte sich kein Finger für Euphemios, weder im Osten noch in Rom. Das Bekenntnis des Anastasios von 491 verlor seine Gültigkeit, die entsprechende Urkunde musste aus den Kirchenarchiven herausgegeben werden.372 Nachfolger des Euphemios wurde der Diakon Makedonios, der genötigt war, das Henotikon anzunehmen und damit die Grundforderung der kaiserlichen Be  369 Die Ausdifferenzierung der dogmatischen Positionen unter Anastasios wird schon in den Quellen festgestellt. Vgl. Euagr. HE 3,30. 370 Vgl. Ps.-Zach. HE 7,1. Näheres hierzu: Kap. 10.1.1. Der Kaiser war also über Euphemiosʼ Wendung an Rom zunächst nicht informiert. 371 Zur Absetzung des Euphemios, mit deutlichem Hinweis auf dessen Verstrickung in den Aufstand der Isaurier: Theophan. a.5988 (495/96). Marc.Com. a.495 behauptet, der Kaiser habe dabei falsche Anklagen gegen den Bischof erhoben. Vgl. auch Euagr. HE 3,23. Zum Konflikt zwischen Euphemios und Anastasios: DIJKSTRA – GREATREX 2009, 227–230; MEIER 2009, 87–90. Schon in der Zeit vor seiner Absetzung war Euphemios wohl einigen Mordanschlägen entkommen. Vgl. zum Beispiel Theod.Anagn. HE epit. 453 (= Theophan. a.5987 [494/95, 139,13–20]). Anastasios war an diesen Anschlägen vermutlich beteiligt. Dementsprechend kann auch der Vorwurf der Verbindung zum Isaurier-Aufstand in der Tat ein Vorwand gewesen sein, wie HAARER 2006, 136–8 und JONES 1964, 232 (gegen BROOKS 1893, 231–5, der sie angesichts der dogmatischen Positionierung des Isauriers Illus für nicht gänzlich unwahrscheinlich hält) meinen. Zu den Isaurier-Aufständen unter Anastasios: FELD 2006, 332–5; SCHWARTZ 1934, 216 f. 372 Theod.Anagn. HE epit. 457.

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kenntnispolitik zu erfüllen.373 Der Sturz seines Vorgängers hatte Makedonios unmittelbar an kirchlicher Autorität einbüßen lassen. Wer in Konstantinopel nun die Zügel in den Händen hielt, zeigte sich nur ein Jahr später überdeutlich, als der Kaiser den Bischof daran hinderte, der Legation des römischen Bischofs Anastasius ein Synodikon mitzugeben. Nur indem sich Makedonios in der Folge als Chalkedonier profilierte, konnte er sich gewisse Handlungsspielräume gegen den Kaiser zurückerobern, geriet damit aber in einen latenten Dauerkonflikt mit Anastasios. Um das Jahr 500 gelang es dem Patriarchen, die mehrheitlich chalkedonisch geprägte monastische Bewegung der Hauptstadt hinter sich zu bringen und dem Kaiser mit dieser Unterstützung eine Bestätigung Chalkedons abzuringen, was dessen Henotikon-Politik abermals deutlich in eine Richtung festlegte.374 Mit Flavian II. war 498 nun auch in Antiochia ein Chalkedonier Bischof geworden, der Makedoniosʼ Sorgen hinsichtlich der Probleme und Risiken des Henotikon teilte und die Gemeinschaft mit Alexandria löste. Ebenfalls auf der Seite der beiden Bischöfe stand der neue Patriarch von Jerusalem, Elias.375 Anastasios unternahm vorerst nichts gegen diese östliche Allianz chalkedonischer Bischöfe. Wegen äußerer Spannungen brauchte er Ruhe im Reich. Außerdem hatten die drei Patriarchen das Henotikon gebilligt – wenn auch in chalkedonischer Interpretation.376 Erst als die kaiserliche Kirchenpolitik in Syrien infolge eines Perserkriegs verstärkt in die miaphysitische Richtung tendierte, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Anastasios und Makedonios zunehmend.377 505 verweigerte Makedonios die Gemeinschaft mit dem immer deutlicher antichalkedonischen Alexandria mit dem Argument, dass er Chalkedon nicht verurteilen könne. Dafür bräuchte es eine ökumenische Synode unter Vorsitz des rö  373 Theod.Anagn. HE epit. 456. 374 Theophan. a.5991 (498/99, 141,19–142,5). Vgl. MEIER 2009, 251 f.: Das Hauptanliegen des Makedonios sei gewesen, sich gegen seine Marginalisierung durch den Kaiser zu profilieren. In den Rahmenbedingungen seiner Bischofsstadt bot das deutliche Bekenntnis zu Chalkedon dafür eine besonders gute Möglichkeit. 375 Vgl. Kyr.Skyth. VS 50. Für einen breiteren Überblick über die wechselnden communio-Verhältnisse der Jahre um 510 siehe Euagr. HE 3,30–3. 376 Gerade an der Position des Flavian lässt sich ein neuer Akzent erkennen: Der Bischof von Antiochia verstand das Henotikon nicht als Wendung gegen Chalkedon oder als bestenfalls neutral zur Synode, sondern nahm das Konzil in seiner Absage an Eutyches sogar explizit an. Ähnliche Haltungen lassen sich auch bei Makedonios und Elias finden oder vermuten. Die drei Bischöfe waren also Chalkedonier, wenn auch im römischen Sinne keine strengen. Vgl. GRILLMEIER 22004, 304–6. Der Kaiser konnte sie daher so lange dulden, wie sie keine Unruhen provozierten. Genau das aber sollte bald geschehen. 377 Aus Persien strömten miaphysitisch orientierte Flüchtlinge nach Syrien, die nun die kaiserliche Politik dort zuungunsten des Flavian beeinflussten, was wiederum Makedonios vom Kaiser entfremdete. Vgl. CHARANIS 21974, 59 f.; GRAY 1979, 37; MACOMBER 1958, 146–8. Zum Perserkrieg vgl. die ausführliche Beschreibung bei Jos.Styl. 49–81, in einer deutschen Übersetzung bei LUTHER 1997. Daneben: Theophan. a.5996–8 (503/04–05/06). Vgl. GREATREX 1998, 73–119; KENNEDY 2000, 595 f.; MEIER 2009, 174–222. Interessanterweise spielten dogmatische Differenzen aber keine Rolle für den Krieg an sich: GREATREX 1998, 2.

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mischen Bischofs.378 Im Wissen, dass weder Papst noch Kaiser zu einer solchen Synode bereit waren, zeigte der Patriarch dem Kaiser damit die mangelnde kirchenrechtliche Legitimität seiner Maßnahmen auf, profilierte sich nebenbei als Chalkedonier und sicherte den Fortbestand der Chalkedon-Allianz. 507 entfachte der Patriarch dann Unruhen in der Kaiserstadt, um den Besuch des syrischen Miaphysiten Philoxenos von Hierapolis, Flavians Intimfeind, in Konstantinopel zu verhindern. Der war von Anastasios eingeladen worden und wurde nun schnell wieder aus der Stadt entfernt.379 Angesichts dieser Zwischenfälle suchte der Kaiser nach Möglichkeiten, Makedonios entgegenzutreten und übte nun seinerseits verstärkt Druck auf ihn aus: Noch 507 fand eine Synode in Konstantinopel statt, die das Henotikon im Sinne einer Verurteilung der Protagonisten von 451 auslegte. Diese Sentenz musste Makedonios zunächst mittragen; erst mit Unterstützung seiner Mönche konnte er sie kurze Zeit später widerrufen.380 Trotzdem verlor der Bischof zunehmend an Boden. 508 kam der miaphysitische Mönch Severos aus Palästina nach Konstantinopel, um gegen die Verfolgung seiner Mönchsgemeinschaft durch Elias von Jerusalem zu protestieren. Er wurde vom Kaiser – ganz im Gegensatz zu den von Elias gesandten Mönchen – freundlich empfangen381 und blieb auch nach Erfüllung seiner Mission in der Hauptstadt, wo er einen wachsenden Einfluss auf den Kaiser ausübte. Von Konstantinopel aus reorganisierte Severos die Anhänger einer antichalkedonischen Theologie und wurde so auch für Makedonios gefährlich.382   378 Theophan. a.6002 (509/10, 152,21–5): ὁ δὲ βασιλεὺς Μακεδόνιον […] ἠνάγκαζεν ἀναθεματίσαι τὴν ἐν Χαλκηδόνι σύνοδον […]. ὁ δὲ Μακεδόνιος χωρὶς οἰκουμενικῆς συνόδου ἐχούσης πρόεδρον τὸν Ῥώμης ἐπίσκοπον ἀδύνατον ποιῆσαι τοῦτο ἔλεγεν. Vgl. Theod. Anagn. HE epit. 474. 379 Theophan. a.5999 (506/07, 150,4–8). Der Syrer Xenaias, so der ursprüngliche Name Philoxenosʼ, hatte schon mit Kalandion Konflikte. Nach dessen Absetzung wurde er von Petros Knapheus zum Bischof von Hierapolis (= Mabbug) gemacht, woraufhin er seinen Namen änderte. Zur Biographie des Philoxenos: HALLEUX 1963b, 12–105; TISSERANT 1935, 1509–16. Theologisch war der Syrer ein Kyrillianer, der seine Christologie unter dem Primat der Soteriologie entwickelt hatte und darüber zu einer Absage an die Synode von Chalkedon gelangt war. Vgl. BERGSTRÄSSER 1955, 43–60; CHESNUT 1976, 57–112; GRILLMEIER 22004, 500–69, hier v. a. 534–58; HALLEUX 1963b, 319–92. Zu den dogmatischen Schriften des Philoxenos: HALLEUX 1963b, 168–252; ORTIZ DE URBINA 21965, 157–61; TISSERANT 1935, 1516–27. Zu seinem Namen, der teilweise auch in der syrischen Form Aksenāyā begegnet, grundlegend: HALLEUX 1963b, 9–12. Vgl. auch LUTHER 1997, 165. 380 Theod.Anagn. HE epit. 488; Theophan. a.6004 (511/12, 154,2–155,4). Dazu auch: GRILL2 MEIER 1991, 506 f. 381 Theod.Anagn. HE epit. 478; Theophan. a.6002 (509/10, 152,6–10). 382 CHARANIS 21974, 63 und MEIER 2009, 241–7 weisen nachdrücklich darauf hin, dass der neue miaphysitische Kurs des Kaisers schon vor Ankunft des Severos festgestanden habe. Gerade Meier setzt ihn sehr früh an, geht er doch davon aus, dass die Entscheidung des Theoderich im römischen Schisma 506 eine Reaktion auf den Umschwung des Kaisers im Osten gewesen sei. Vgl. Anm. 357. Zu Severosʼ frühem Leben und Werk: ALLEN – HAYWARD 2004, 5–24; BECK 1959, 388–90. Theologisch stand Severos in der gemäßigt antichalkedonischen Tradi 

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Severos war wegen seiner Verbindung zum Kaiser zwar bereit, das Henotikon zu billigen, interpretierte es jedoch deutlich als Absage an Chalkedon, wie der Typos des Anastasios, ein um 511 von Severos erstelltes Gutachten zur Deutung des Henotikon, zeigt.383 Durch sein von Philoxenos unterstütztes Wirken in Syrien, welches in eine ähnliche Richtung zielte, konnte Severos nun Flavian so unter Druck setzen, dass der sich zu einem folgenschweren Kompromiss hinreißen ließ: Er erklärte, Chalkedon besitze seine Gültigkeit nur in der Zurückweisung des Nestorios und des Eutyches, nicht aber in seiner Neuerung des Glaubens. Makedonios verdammte Flavian daraufhin, die Chalkedon-Allianz war zerbrochen.384 Dadurch verlor aber auch Makedonios einen wichtigen Rückhalt, zumal sein Konflikt mit dem Kaiser um 510 eine neue Qualität erreicht hatte: Mönche des Severos hatten in einer Kirche Konstantinopels das Trishagion mit dem miaphysitischen Zusatz des Petros Knapheus angestimmt und waren daraufhin gewaltsam aus dieser entfernt worden. Der Kaiser hatte daraufhin von Makedonios verlangt, sich für diesen Affront Severos gegenüber zu rechtfertigen, woraufhin es zu Krawallen des Kirchenvolkes gekommen war, in deren Verlauf Anastasios angeblich sogar an die Flucht aus der Hauptstadt gedacht haben soll.385 Makedonios hatte sich für den Kaiser damit erstmals als direkte Gefahr erwiesen. Es herrschte nun ein Scheinfriede, bis es im Juli 511 zum Eklat kam: Makedonios hatten von Severos Konzessionen hinsichtlich Chalkedon abgerungen werden können, die er vor seinen Mönchen aber unmittelbar widerrief. Anastasios weigerte sich deshalb, bei einem Kirchweihfest Gaben vom Patriarchen anzunehmen. Die gegenseitige Abneigung von Kirchenmann und Kaiser manifestierte sich damit öffentlich. Als wenige Tage später Mönche beim Kaiser den Vorwurf erhoben, Makedonios hätte das Andenken des Nestorios gefeiert, hatte Anastasios den notwendigen Vorwand, um endgültig gegen den Patriarchen vorgehen zu   tion des Timotheos Ailuros, lieferte also eine Neufassung kyrillischer Theologie. Vgl. unter anderem ALLEN – HAYWARD 2004, 34–8; BECK 1959, 287–90; BLAUDEAU 1996, 112; CHESNUT 1976, 9–56; FREND 1972, 205–9; GRILLMEIER 1989, 156–83; LAMBRINIADIS 2004, 252 f.; LEBON 1909, 176–526 (Kurzfassung in DERS. 1951); TORRANCE 1988, 74–9. Severos war insofern durchaus anschlussfähig für theologische Kompromisse. So stellt LEBON 1909, 333–412 fest, dass Severos keineswegs jegliche Art von Zweinaturenformeln abgelehnt habe. Der Grat zwischen Severianern und Neuchalkedoniern war also äußerst schmal. Vgl. HAINTHALER 2002, 210 f. MOELLER 1961, 245 und auch HALLEUX 1963b, 87 f. jedenfalls halten Philoxenos für wesentlich radikaler als Severos. 383 Sev.Ant. typos, 242 f. Laut FREND 1979, 187–9 sei dieses Dokument das weitestmögliche Zugeständnis des Kaisers an Positionen der Antichalkedonier gewesen, ohne dass die Ansprüche Konstantinopels gänzlich aufgeben worden wären. Vgl. auch ALLEN – HAYWARD 2004, 8 f.; GRILLMEIER 21991, 309–15; HALLEUX 1963b, 68–70. 384 Theod.Anagn. HE epit. 479; Theophan. a.6002 (509/10, 153,7–10). Zum Kampf des Philoxenos gegen Flavian: GRILLMEIER 22004, 304–6. Darüber hinaus: Kap. 10.1.2. 385 Euagr. HE 3,44; Ps.-Zach. HE 7,7 f.; Sev.Ant. epist.ad Soterich. (von Euagrios erwähnter, nur in koptischen Fragmenten überlieferter Brief); Theophan. a.6003 (510/11, 154,3–22). Zu diesem ersten staurotheis-Aufstand, der in den Quellen oft mit der Erhebung von 512 (vgl. Anm. 392) zusammenfällt, vgl. MEIER 2009, 261–3.

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können.386 Der Kaiser schnitt die Klöster der Makedonios-Anhänger von der Wasserversorgung ab, nahm der Kirche des Bischofs das Asylrecht und transferierte dieses auf Kirchen miaphysitischer Kleriker. Zuletzt verteilte er seinen Truppen außerplanmäßige Donative und befahl dem hauptstädtischen Klerus die Abwendung vom Patriarchen. Dieser konnte sich noch einige Tage halten. Am 7. August aber brach sein Widerstand zusammen. Makedonios wurde abgesetzt und aus der Hauptstadt verbannt.387 Flavian und Elias nahmen zwar das Synodikon des Makedonios-Nachfolgers an, zumindest Elias weigerte sich aber ausdrücklich, die Absetzung des Patriarchen zu akzeptieren.388 Selbst in Rom stieß die Absetzung des chalkedonischen Bischofs wahrscheinlich auf Missfallen.389 Nur wenig später gelang es, auch Flavian abzusetzen. 512 wurde Severos auf Betreiben des Kaisers und des Philoxenos Bischof von Antiochia390, wodurch er seine zunehmend rigoristische miaphysitische Henotikon-Interpretation zusätzlich befördern konnte. Wirksamer Widerstand gegen ihn und die ihm durch Anastasios gewährte Unterstützung war kaum noch möglich. Der neue Hauptstadtbischof Timotheos hingegen trat so gut wie gar nicht in Erscheinung. Durch seine Billigung der severianischen Interpretation des Henotikon und durch die vom Kaiser erzwungene Gemeinschaft mit Johannes von Nikiu von Alexandria verlor er wohl weitgehend den Rückhalt des hauptstädtischen Mönchtums und des Kirchenvolkes.391 In Konstantinopel hielt der Kaiser die Zügel nun fest in der Hand. Ti  386 Ps.-Zach. HE 7,8. Der Vorwurf des Nestorianismus ist gegenüber reichskirchlichen Akteuren der Zeit immer aus der Luft gegriffen. Die Nestorios-Verdammung gehörte zum Standardrepertoire aller Akteure. Aus diesem Grund spiegelt der Vorwurf gegen Makedonios nicht seine faktische dogmatische Position, sondern die gegenseitigen Vorurteile wider. Gleichzeitig ist zu erwägen, ob das auffällige ständige Lavieren des Makedonios nicht ein Reflex auf die eigentlich alles andere als klaren dogmatischen Fronten war. 387 Einen ausführlichen Bericht über die Ereignisse liefert Ps.-Zach. HE 7,8, der sich auf einen Bericht des Presbyters Simeon stützt. Vgl. CHARANIS 21974, 65–72; DIJKSTRA – GREATREX 2009, 230–9; MEIER 2007b, 217–25; DERS. 2009, 259–66. Die Rolle des Severos in der Absetzung des Makedonios beleuchtet FREND 1979, 190–3. 388 Die Reaktionen der beiden auf das Synodikon des Timotheos waren diesbezüglich eindeutig inkonsequent: Euagr. HE 3,33; Kyr.Skyth. VS 50 (140,24–141,3). Vgl. auch Anm. 782. 389 Diese Schlussfolgerung bleibt spekulativ. Da Rom mit Makedonios im Schisma gestanden hatte, äußerten sich die Päpste nicht direkt zu seiner Absetzung. Bezeichnend ist aber, dass Hormisdas einige Jahre später erst dann Kontakt zu Timotheos von Konstantinopel aufnehmen sollte (Avell. 128), als dessen Vorgänger Makedonios gestorben war. 390 Näheres zur Absetzung Flavians und zur Einsetzung des Severos: Kap. 10.1.2. MEIER 2007b, 186 legt nahe, dass Severos das Amt dem kaiserlichen Strafgericht nach einem Aufstand in Konstantinopel 512 (vgl. Anm. 392) verdankte. Dies bringt aber die Absetzung des Flavian in einen Kausalzusammenhang mit den Unruhen in Konstantinopel, was zu weit geht. Viel eher galt Severos ohnehin bereits als Alternative für Flavian, dessen Verbleib im Amt in den letzten Jahren immer unsicherer geworden war. 391 Laut Theophan. a.6005 (512/13, 157,29 f.) sorgte gerade Timotheos’ Gemeinschaft mit Severos für Widerstand in seiner Gemeinde. Die Gemeinschaft mit Johannes von Nikiu bezeugen Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255,2–9); Theophan. a.6004 (511/12, 155,28–30). Da es schon unter Makedonios zu Verhandlungen mit dem Bischof von Alexandria gekommen war,  

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motheos war jegliche Initiative entglitten. Diese lag jetzt ganz bei Severos und Anastasios. Damit hatte Anastasios um 512 sein Ziel erreicht, noch einmal war es zur weitgehenden kirchlichen Einheit gekommen. Diese erwies sich aber als prekär. Severosʼ antichalkedonische Linie mochte für Antiochia oder Alexandria angemessen sein, in anderen Regionen des Reichs stieß sie aber zunehmend auf Skepsis. Auf wie wenig Gegenliebe die kaiserlich-severianischen Positionen gerade in Konstantinopel trafen, zeigte 512 ein neuerlicher Aufstand gegen miaphysitische Zusätze im Trishagion.392 Übergriffe der Severianer auf chalkedonische Teile der Kirche erwiesen sich zunehmend als Belastung für die Akzeptanz sowohl des Severos als auch der kaiserlichen Politik. Ein stabiler Ausgleichskurs hätte verlangt, dass einzelne Gruppen vermieden, ihre Gegner unter Druck zu setzen. Dazu waren die Miaphysiten um Severos aber nicht mehr bereit. Sie wollten die Einheit auf Grundlage eigener dogmatischer Positionen. Damit nötigten sie wiederum die Chalkedonier, ihre Ansichten stärker zu akzentuieren und zu verteidigen. Severianische Positionen und Methoden entwerteten den Kompromisscharakter des Henotikon. Gerade Severos, ein maßgeblicher Exponent der kaiserlichen Bekenntnispolitik, provozierte den zunehmenden Widerstand gegen diese, zeigte er sich doch nicht bereit, seine aggressive antichalkedonische Politik auf Syrien zu beschränken. Er griff vielmehr immer wieder über die eigenen Jurisdiktionsgrenzen hinaus. Anastasios war immer weniger in der Lage, ihn in seinem Rigorismus zu bremsen.393

  ist es plausibel, dass Anastasios den neuen Bischof nun zur Aufnahme der communio mit dem ägyptischen Patriarchen drängte. Für den Kaiser war es einfacher, einen Bischof in Konstantinopel als in Alexandria zu stützen. Deshalb musste Timotheos in die Gemeinschaft mit Johannes treten. Makedonios hatte das noch verweigern können. Meier belegt den neuen Bischof der Hauptstadt verschiedentlich mit dem treffenden Adjektiv „farblos“: MEIER 2007b, 224; DERS. 2009, 266. 392 Malal. 16,19; Ps.-Zach. HE 7,9; Theod.Anagn. HE epit. 483–5. Eine weitere ausführliche Beschreibung der Unruhen, wohl einen Augenzeugenbericht, gibt Marc.Com. a.512,2–9. Der kaiserliche Beamte Marinos von Apamea (zu diesem: MEIER 2007a) hatte Anastasios überredet, abermals die Trishagion-Ergänzung des Petros Knapheus zu befehlen. Daraufhin kam es einmal mehr zu einem Aufstand in Konstantinopel, den der Kaiser erst durch eine demonstrative Demutsgeste im Hippodrom beenden konnte. Zu diesem zweiten staurotheis-Aufstand vgl. vor allem MEIER 2007b. Darüber hinaus: DOVERE 1995, 205–8; HEUCKE 1994, 282–5; MEIER 2003b, 145–8; DERS. 2009, 286–8. 393 Was Severos vom ständigen kaiserlichen Ausgleichsdrängen wirklich hielt, machte er in einem Brief an einen befreundeten Mönch mehr als deutlich: What has thrown the churches into confusion down to the present day is this, the fact that those who are in power halt between the two sides, and wish always to please both sides (Sev.Ant. epist.CL 37 [292 f.]).

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6.3. Dritte Phase: Scheitern des Anastasios, Ende des Schismas 6.3.1. Offensiven des Symmachus und des Hormisdas (507–517) Rom hatte bis 506/07 mit internen Spannungen zu kämpfen und so zu den Vorgängen im Osten keine Stellung beziehen können. Erst als sich Symmachus gegen Laurentius durchgesetzt hatte, kam es wieder zu Kontakten mit Konstantinopel. In Reaktion auf einen Brief des Kaisers, in dem Anastasios den Papst Manichäer genannt, die Rechtmäßigkeit seiner Weihe in Zweifel gezogen und ihm vorgeworfen hatte, dass er ihn in einer Verschwörung mit dem Senat exkommuniziert hätte, sandte der Papst dem Kaiser nun seinerseits ein Schreiben.394 Dieses stand ganz im Sinne gelasianischer Gedanken und markierte einen neuen diplomatischen Tiefstand. Der Papst warf dem Kaiser vor, „Orthodoxe“ in verbrecherische Gemeinschaft zu zwingen, sprach in größter Deutlichkeit vom exkommunizierten Kaiser und konfrontierte diesen mit einer unmissverständlichen Gerichtsdrohung. Auch die kaiserliche Urteilskraft in kirchlichen Fragen wurde in scharfen Worten bezweifelt. Auf östliche Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seiner Weihe paraphrasierte der Papst die Synodalsentenz der „vierten Synode“ von 502: Diese Frage gehe den Kaiser nichts an.395 Die Datierung dieses Briefes ist umstritten. Schwartz datiert ihn spät in das Jahr 512/13, Wirbelauer jedoch bereits auf 507.396 Beide Möglichkeiten deuten   394 Symmach. epist.ad Anast.Imp., 153–7. Das kaiserliche Schreiben ist aus dem SymmachusBrief zu rekonstruieren. Die genannten Punkte sind jedenfalls die, die Symmachus in seiner Replik anspricht: Dicis esse me Manichaeum (154,15); Dicis me non ordine consecratum (154,21); Dicis quod mecum conspirarit senatus et excommunicauerim te (155,16). SCHWARCZ 2004, 42 meint, Ennodius als Schreiber des Briefes identifizieren zu können. Zum Verhältnis von Kaiser Anastasios zu Papst Symmachus: CAPIZZI 2000, 97–110. 395 Das Urteil sei Gott vorbehalten: inter imbres lapidum tutus euasi: iudicauit deus. an quia imperator es, et diuinum putas contemnendum esse iudicium? (Symmach. epist.ad Anast. Imp., 154,21 f.). In der Folge der Zurückweisung des Vorwurfs der unkanonischen Weihe bezieht sich Symmachus auf die Gedanken der gelasianischen Zweigewaltenlehre: EBD., 154, 31–155,8. Zum Vorwurf dem Kaiser gegenüber, Rechtgläubige in häretische Gemeinschaft zu zwingen, den der Papst aus einem früheren Brief zu wiederholen scheint: EBD., 156,1–5. Den kaiserlichen Vorwurf, Symmachus hätte ihn exkommuniziert (EBD., 155,16), entkräftet der Papst nur insofern, als er feststellt, dass Anastasios seine Exkommunikation durch sein Festhalten an Akakios selbst zu verantworten habe: nos non te excommunicauimus, imperator, sed Acacium; tu recede ab Acacio, et ab illius excommunicatione recedis; tu te noli miscere excommunicationi eius, et non es excommunicatus a nobis. si te misces, non a nobis, sed a te ipso excommunicatus es (EBD., 155,25–8). WIRBELAUER 1993b, 40–2 hält fest, dass der Brief zu dem Schärfsten gehöre, was ein Papst jemals einem Kaiser geschrieben habe. Vgl. auch SARDELLA 1996, 115–24. 396 WIRBELAUER 1993b, 41–3 stützt seine Datierung auf die lebhafte Schilderung der Ereignisse von 502. Vor 507 aber sei ein Briefwechsel nicht möglich gewesen, da der Kaiser den Ausgang der Ereignisse in Rom habe abwarten müssen. Eine von Wirbelauer abgelehnte Spätdatierung könne das lange Schweigen zwischen Papst und Kaiser nicht erklären – eine missglückte Kontaktaufnahme sehr wohl. Der Frühdatierung neigen ebenfalls zu: HAARER 2006,  

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aber gleichsam auf ein belastetes Verhältnis zwischen Anastasios und Symmachus. Im Fall der Spätdatierung stände das Schreiben im Zusammenhang mit monastischen Unruhen in Konstantinopel und einem Aufstand des comes foederatorum Vitalian. Stammt es schon aus der Zeit um 507, so hätte es nach einem kurzen Briefwechsel von 507 bis 514 keine weiteren Kontakte zwischen Kaiser und Papst mehr gegeben. Der Bischof von Rom erwartete offenbar gar kein kaiserliches Einlenken. Nach dem langen Schweigen im Laurentianischen Schisma zog Symmachus es daher vor, sich wenigstens deutlich gegen Anastasios zu positionieren, um im Osten als Alternative zur kaiserlichen Bekenntnispolitik wahrgenommen zu werden. Konstantinopel hatte die römischen Wirren offensichtlich dazu genutzt, den Einfluss Roms im Osten, gerade im Illyricum, zurückzudrängen. Der Papst reagierte daher nun umso sensibler auf Konzessionen an die Henotikon-Politik. Als 512 einige ostillyrische Bischöfe baten, ihnen nicht die Gemeinschaft zu versagen, nur weil sich einige von ihnen aus seelsorgerischen Gründen nicht von ihren Gemeinden trennen wollten – sie also das Henotikon billigten –, sandte Symmachus einen Brief an den illyrischen Episkopat, in welchem er diesen aufforderte, kaiserlichen Übergriffen bis zum Martyrium standzuhalten.397 Ausnahmen davon fasste er nicht ins Auge. In seinem Rundschreiben rief er darüber hinaus offen zum Widerstand gegen Antichalkedonier und Henotikon-Anhänger auf.398   135 f.; MEIER 2009, 248; SARDELLA 1996, 177–9. Dagegen erkennt SCHWARTZ 1934, 249 im Vorwurf, der Kaiser zwinge Orthodoxe in häretische Gemeinschaft (vgl. Anm. 395) eine Anspielung auf die staurotheis-Unruhen 512 (vgl. Kap. 6.2.4.) und datiert den Brief entsprechend spät. Das Schreiben stelle dann eine konzertierte Aktion mit dem Brief des Symmachus an den orientalischen Episkopat (vgl. Anm. 398) und auch mit dem Aufstand des Vitalian dar. Eine dritte Möglichkeit, die CAPIZZI 2000, 101 f. in Betracht zieht, nämlich dass Symmachus bereits 499 einen ersten, von ihm erwähnten (Symmach. epist.ad Anast.Imp., 156,1–5), aber nicht überlieferten Brief an den Kaiser geschrieben habe, was die Datierung des vorliegenden zweiten Papstbriefes abermals unter neue Vorzeichen stellen würde, löst das grundsätzliche Problem nicht, da in diesem Brief der von Schwartz auf die staurotheis-Unruhen bezogene Hinweis enthalten gewesen wäre. 397 Der Brief des Symmachus findet sich in Avell. 104. Bezüglich des Aufrufs zum unbedingten Standhalten vgl. vor allem 104,11 (490,23–491,2): unusquisque ergo exilia et peregrinationes tamquam domum patriamque respiciat, ne desideriis retentus humanis Christi societate priuetur. ecce tempus, quo repetit fides milites suos et inclamat ad defensionem sui feruorem gratiae consecutos! Vgl. auch 104,2 (488,3–9). Das Bittgesuch der illyrischen Bischöfe belegt zweierlei: zum einen das verstärkte Engagement Konstantinopels auf dem Balkan, zum anderen die zunehmende Opposition gegen die Bekenntnispolitik des Anastasios. 398 Avell. 104,7.15. Schwartzʼ Spätdatierung des Briefwechsels zwischen Kaiser und Papst beruht auf dem kausalen Zusammenhang dieses Schreibens mit dem Symmachus-Brief an Anastasios (vgl. Anm. 396). Da der Widerstand gegen diesen 507 noch schwach entwickelt war, spricht die Nähe der beiden Schreiben in der Tat für eine Spätdatierung auch der Auseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser. Laut CANELLA 2004, 298 sei das Schreiben Avell. 104 sogar auf einen direkten Hilferuf der Patriarchen Makedonios, Flavian und Elias hin entstanden. Ähnlich: SARDELLA 1996, 158. Dieser Gedanke bleibt aber hochgradig spekulativ.

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Aber nicht nur die erzwungene eigene Passivität der vergangenen Jahre wirkte sich negativ auf die römische Kompromissbereitschaft aus. Seit Severos 512 Bischof von Antiochia geworden war, häuften sich in Rom die Beschwerden östlicher Kirchenvertreter gegen ihn. Severosʼ Radikalität begann, in ein Rückzugsgefecht der kaiserlichen Bekenntnispolitik umzuschlagen. Weil das Henotikon durch seine miaphysitische Interpretation für Chalkedonier zunehmend unannehmbar wurde, durfte Symmachus durchaus damit rechnen, dass sein Bischofssitz mittelfristig mehr Erfolg im Osten haben würde, wenn er sich weiterhin kompromisslos auf die Linie Chalkedons stellte.399 Dies war eine Beobachtung, die zumindest seinen Nachfolger Hormisdas in den folgenden Jahren leiten sollte. Die ostillyrischen Bischöfe wurden Opfer der Selbststilisierung Roms als Hort der chalkedonischen Orthodoxie. Unverhoffte Unterstützung bekam Rom 513 durch den Aufstand des comes foederatorum Vitalian in Thrakien, der sich der Sache Chalkedons annahm und bis vor die Tore der Hauptstadt marschierte. Anastasios konnte ihn nur zum Abzug bewegen, indem er versprach, ein vom Papst geleitetes Reichskonzil einzuberufen, das die Absetzungen von Makedonios und Flavian prüfen sowie die Glaubenseinheit wieder herstellen sollte.400 Diesbezüglich erreichten nun mehrere Schreiben Rom, wo seit Juli 514 nicht mehr Symmachus, sondern Hormisdas Bischof war. Der Kaiser, seine Erleichterung über Symmachusʼ Tod betonend, informierte Hormisdas im Frühjahr 515 erstmals über die in Heraklea geplante   399 Es waren gerade diese Zusammenhänge in der Zeit um 512, die das Henotikon als Kompromiss scheitern ließen. Vgl. HOFMANN 1953, 71–3. 400 Zum Aufstand des Vitalian: Malal. 16,16; Marc.Com. a.514 f.; Ps.-Zach. HE 7,13 (ohne Hinweis auf dogmatische Motivation); Theophan. a.6006 (513/14). Vitalian marschierte zweimal auf Konstantinopel, konnte aber beide Male durch Geschenke und Versprechungen zum Rückzug bewegt werden. Zu den Ereignissen: BURY 1958, 447–52; CHARANIS 21974, 80–5; HAARER 2006, 167–172: MEIER 2007b, 203–7; DERS. 2009, 296–301. Als historische Gestalt ist Vitalian schlecht greifbar. Sicher ist, dass er in Nachfolge seines Vaters als comes foederatorum diente: SCHARF 2001, 66–8, 78–80 (zum Amt des comes foederatorum). Versuche, Vitalian einer bestimmten Ethnie zuzuordnen (zum Beispiel ENSSLIN 1961, 374), dürften mittlerweile überholt sein. Vgl. GREATREX 2000, 269 und POHL 2002, 17–23, die auf die Relativität und den Konstruktcharakter ethnischer Kategorien in der Spätantike hinweisen. Damit ist die Bemerkung bei Zon. 14,3,35, dass Vitalian im Rahmen der staurotheis-Revolte zum Kaiser ausgerufen worden sei, nicht von vornherein zurückzuweisen. Ernst genommen wird der Hinweis unter anderem von DIEFENBACH 1996, 63; MEIER 2009, 275; SCHWARCZ 1992, 10. Diese Kaiserproklamation Vitalians hätte seinem Aufstand eine noch größere politische Relevanz für Anastasios gegeben. Die dogmatische Motivation des Vitalian ist von der Forschung verschiedentlich angezweifelt worden, jüngst hat sich aber MEIER 2007, 203–9 dafür stark gemacht, sie nicht als bloßes Instrument oder Vorwand abzutun. Wenn der Aufstand Vitalians im Zusammenhang mit den Ereignissen von 512 stand, die sich an kirchlichen Streitfragen entzündet hatten, dann sei auch das dogmatische Ziel Vitalians ernst zu nehmen. SCHWARCZ 1992, 5 f. weist darüber hinaus auf Vitalians verwandtschaftlichen Kontakt zu chalkedonischen Akteuren hin: Seine Mutter sei die Schwester des Makedonios gewesen (Mich.Syr. 9,9 [164]), Flavian sein Taufpate (Ps.-Zach. HE 8,2). Vgl. auch MEIER 2009, 309 f.; SCHWARCZ 2004, 46.

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Synode, auf der der Papst die Rolle eines Mittlers einnehmen sollte. Darüber hinaus ließ Anastasios jedoch nichts Genaues verlauten.401 Auch die offizielle Einladung vom Sommer äußerte sich nur vage zur Tagesordnung und erwähnte auch die Mittlerrolle des Hormisdas nicht mehr.402 Darüber hinaus hatte das Schreiben Rom so spät erreicht, dass dem Papst keine zwei Monate bis zum angestrebten Eröffnungstermin der Synode mehr verblieben. Daraufhin sagte er, offiziell aus organisatorischen Gründen, seine Teilnahme an der Bischofsversammlung ab.403 Es traf sich gut, dass weder Anastasios noch Hormisdas ein allzu großes Interesse an der Synode an den Tag legten. Der Kaiser musste ein Scheitern seiner Henotikon-Politik befürchten, während römische Vorbehalte gegenüber Synoden längst zum festen Inventar päpstlicher Argumentation gehörten.404 Hormisdas stand aber vor noch weiteren Problemen: Selbst bei der dogmatischen Durchsetzung blieb die Synode eine Bedrohung für die hierarchischen Ansprüche der sedes Petri. Keineswegs hätte sie das Problem der politisch verfassten kirchlichen Ordnung gelöst, gegen die Rom seit Langem kämpfte. Im Gegenteil: Die Durchsetzung reichssynodaler Entscheidungen dachte dem Kaiser per se eine zentrale

  401 Avell. 107. Zur Erleichterung des Kaisers über den Tod des Symmachus: 107,1 f. (499,12– 20); zur Rolle des Papstes auf dem Konzil: 107,3 f. Die Antwort des Hormisdas erfolgte am 4. April 515: Avell. 108. 402 Avell. 109,2 erwähnt als Grund für das Konzil lediglich Glaubensunsicherheiten in Skythien. Zu dem Konzil lädt Anastasios auch den Papst, ohne ihm eine besondere Rolle zuzugestehen. Vgl. Avell. 109,3. SPEIGL 1980, 48–53 meint, zur Beendigung des Schismas hätte die Synode auch Glaubensfragen behandeln müssen. Angesichts des rein restaurativen Charakters der inhaltlichen Ziele Roms ist diese Annahme in ihrer Zwangsläufigkeit zwar fraglich; dass der Kaiser in der Einladung aber bezüglich des Glaubens schwieg, zeigte, dass Vitalian ihm seine Ziele offensichtlich nicht vorbehaltlos hatte aufzwingen können. 403 Die Absage, Avell. 110, erfolgte dabei erst nach dem angestrebten Eröffnungstermin der Synode. CAPIZZI 1980, 37 sieht den von Hormisdas vorgebrachten terminlichen Grund als Vorwand. Mündlich seien genug Informationen geflossen, um sich auf die Versammlung vorbereiten zu können. Umstritten ist vielmehr, ob es der Kaiser gezielt auf eine Absage angelegt hatte. Es ist zumindest auffällig, dass die offizielle Einladung, obwohl eher abgeschickt, Rom später erreichte als das private Schreiben des Kaisers. Zumindest CHARANIS 21974, 88 meint darin eine kaiserliche Hintertreibung der Synode zu erkennen. Auf der anderen Seite wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der offizielle Brief einen längeren Weg genommen habe, da er Vitalian zur Kenntnis gebracht werden musste: ENSSLIN 1947, 297; GÜNTHER 1892, 3, Anm. 2; SPEIGL 1980, 50–2. Das erste Schreiben des Kaisers habe dementsprechend nur den ersten Druck von Anastasios nehmen sollen. Generell zum Wirken des Hormisdas bis zum Ende des Schismas: CASPAR 1933, 129–60 (negative Bewertung des Papstes); HOFMANN 1953, 73–94. Zu den breit überlieferten Briefen des Hormisdas vgl. die Aufstellungen und Analysen bei GÜNTHER 1892, 45–50; RANALLI 1995, hier v. a. 20–40. 404 CAPIZZI 1980, 45 f.: Roms Forderungen liefen auf die Rücknahme des Henotikon hinaus und hätten dem Papst jegliche Macht in der Kirche gegeben. Die Anerkennung des Henotikon hingegen, von der Anastasios nicht abrücken wollte, hätte die Billigung der kaiserlich-kirchlichen Macht seitens Rom bedeutet. Für beide Seiten barg eine Synode also Risiken.

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kirchliche Rolle zu.405 Darüber hinaus war es zwar wahrscheinlich, angesichts der Anwesenheit antichalkedonischer Bischöfe aber keineswegs sicher, dass die Synode die dogmatischen Positionen Roms überhaupt bestätigen würde.406 Hormisdas dürfte kaum dazu bereit gewesen sein, diese Risiken einzugehen, zumal das letztlich zu bestätigende Urteil in seinen Augen bereits seit 451 gültig war. Da es Anastasios aber noch 515 gelang, Vitalian zu besiegen, wurde die Synode ohnehin nie eröffnet. Sie siedelte von Heraklea nach Konstantinopel über und ging ergebnislos auseinander.407 Hormisdas hatte schon zuvor einen Weg eingeschlagen, um die Einheit unter chalkedonischen Vorzeichen herzustellen, ohne dafür Roms Ansprüche auf den Primat zu riskieren. Hierfür sandte er eine Legation in den Osten, die dem Kaiser vier Forderungen stellte: 1) Eine sakra des Anastasios sollte allen Bischöfen die Anerkennung Chalkedons und des Tomus Leonis vorschreiben; 2) alle Bischöfe sollten einem libellus des Hormisdas zustimmen, den dieser der Legation mitgegeben hatte und der noch einmal gesondert die vier Forderungen enthielt; 3) die Überprüfung der Fälle exilierter Bischöfe sollte Rom vorbehalten sein; 4) die Aburteilung aller Bischöfe, die die „orthodoxe“ Kirche verfolgt hatten, sollte auch in Rom erfolgen.408   405 Dass der Kaiser den Papst in seinem ersten Schreiben Avell. 107 als Patriarch angeredet hatte, also mit dem Titel, der mehr und mehr wie ein Bestandteil der politisch dominierten Kirche klang, trug mutmaßlich nicht gerade dazu bei, die römischen Sorgen zu zerstreuen. 406 Sogar Severos war eingeladen worden, sagte seine Teilnahme aber ab: Sev.Ant. epist.SL 1, 21. Da die Synode als Reichskonzil geplant war, war davon auszugehen, dass zumindest aus Syrien und Kleinasien eine Reihe antichalkedonischer Bischöfe anreisen würde. Dies war auch der Grund, warum Rom schon in der Situation von Chalkedon ein Konzil im Westen bevorzugt hatte. Ein Konzil mit Griechen und Orientalen sei niemals berechenbar gewesen: KLINKENBERG 1952, 63–85, v. a. 76. 407 Vgl. Avell. 119,2 (527,4–7); Sev.Ant. epist.SL 1,24 (transl., 83,17–84,5). UTHEMANN 1999, 15 f. meint, der eigentliche Grund für das Scheitern sei die Hormisdas-Formel (zu dieser: Anm. 409) gewesen. Diese war zwar in der Tat kaum annehmbar für die Hauptstadt, ohne den letztlichen Sieg des Anastasios über Vitalian wäre die Zurückweisung der römischen Forderungen aber mit einem erheblichen Risiko behaftet gewesen. Zum Scheitern der VitalianErhebung: HAARER 2006, 175–9; MEIER 2009, 304–8. Ob die Synode von Heraklea tatsächlich scheiterte, stellt SPEIGL 1980, 47 infrage: Ihr Misserfolg habe die Akteure letztlich zu größeren Einigungsbemühungen angespornt. Die Ereignisse im Schisma dynamisierten sich nun tatsächlich so sehr, dass es bereits vier Jahre später beendet werden konnte. MEIER 2009, 308 f. weist zudem darauf hin, dass Vitalian, der seine Niederlage überlebte, eine schwere Hypothek für Anastasios und seine Kirchenpolitik geblieben sei. 408 Avell. 116a. Es handelt sich um Forderungen, die Hormisdas zur Voraussetzung für seine Teilnahme an der Synode von Heraklea erhob. Sie müssen daher vor der endgültigen Auflösung des Konzils verfasst worden sein. Dass Anastasios die Vorbedingungen von sich aus annehmen würde, war nicht zu erwarten. Vgl. SCHWARCZ 2004, 50. Insofern hat SCHWARTZ 1934, 251 recht, wenn er feststellt, dass Hormisdasʼ Forderungen weiterhin vom Einfluss des Vitalian ausgingen. Zugleich hatte sich Rom auch die Zustimmung des Theoderich eingeholt: Lib.Pontif. 54,2 (269,7). Römischer Legationsführer war 515 Ennodius, mittlerweile Bischof von Pavia. Wie schon unter Symmachus, so war er auch unter Hormisdas an der päpstlichen Korrespondenz mit dem Osten beteiligt: GIOANNI 2001b, 257–68. Vgl. auch Anm. 356.

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III. Bischöfliches Handeln

Dieser päpstliche Forderungskatalog fasste die römischen Positionen der letzten Jahre zusammen. Er lief auf die Verurteilung des Akakios, die Annahme Chalkedons und die Billigung des römischen Primats hinaus. Insbesondere die Jurisdiktionsvorbehalte der dritten und vierten Forderung wirken wie eine Weiterentwicklung des Kanon 3 von Serdika (342). Der in der zweiten Forderung erwähnte Libellus Hormisdae war von den Bischöfen, die um die Gemeinschaft mit Rom nachsuchten, zu unterschreiben und nach Rom zu senden.409 Damit eröffnete Hormisdas den östlichen Chalkedoniern einen konkreten Weg zur Rückkehr in die communio mit der römischen Kirche. Anastasios erteilte den Forderungen noch Ende des Jahres eine Absage. Durch eine Argumentation eng an Inhalt und Wortlaut des Henotikon versuchte er in einem Schreiben an Hormisdas zu belegen, dass weder er noch seine Vorgänger Chalkedon jemals überhaupt verflucht hätten.410 Als Streitpunkt blieb in den Augen des Kaisers daher nur die Diptychenfrage. Hier, so Anastasios, würde die Expunktion des Akakios zu Unruhen in der Hauptstadt führen. Der Kaiser bezweifelte jedoch, dass es gerecht sei, propter mortuos uiuos aus der Kirche zu vertreiben.411 Ein römisches Entgegenkommen war damit nicht zu erreichen, umso weniger, als dass Anastasios den Papst 516 gleich mehrfach empörte: Eine kaiserliche Legation erschien in Rom, die ausschließlich aus weltlichen Würdenträgern bestand und den römischen Bischof lediglich mit einem inhaltsleeren Höflichkeitsschreiben bedachte. Dazu versuchte der Kaiser, mittels eines separaten Schreibens an den Senat, einen Keil zwischen Bischof und städtische Eliten in Rom zu treiben.412   409 Der Libellus Hormisdae findet sich in Avell. app.4. Die Formel taucht mehrfach in der Collectio Avellana auf (neben Avell. app.4 auch Avell. 116b und 89; 90; 159,3–7. Vgl. HAACKE (W.) 1939, 1), muss dem Sammler daher als Kerndokument des Schismas gegolten haben. Die häufige Bezugnahme auf Konstantinopel weist das Dokument deutlich als Produkt des Akakianischen Schismas aus. Die Formel beinhaltet die Verdammung des Akakios (Avell. app.4,3 [801,12–6]) und gipfelt in der Billigung des Tomus Leonis: quapropter suscipimus et probamus epistolas beati papae Leonis uniuersas, quas de Christiana religione conscripsit (Avell. app.4,4 [801,17–9]). Vgl. BLAUDEAU 2005b, 511–4; FUHRMANN 1991, 708 f.; GRILLMEIER 21991, 353 f.; HAACKE (W.) 1939, 104–50; MENZE 2008, 67–75. 410 Vgl. aus einer sakra des Kaisers: Avell. 125,7 f. Das Henotikon an sich hatte die Synode nicht explizit verdammt. Die den Kaiser unterstützenden Bischöfe, wie Johannes von Nikiu oder Severos, erteilten Chalkedon mit ihrer Lesart des Henotikon aber sehr wohl eine Absage. 411 Avell. 125,11 (539,24–8; zitiert in Anm. 871). Einmal mehr machte der Kaiser damit klar, dass er nicht bereit war, sich von einer westlichen Minderheit sein Vorgehen im Osten diktieren zu lassen. Vgl. FREND 1976, 76. Das Argument war jedoch auch in die andere Richtung zu gebrauchen, so hatte Symmachus Kaiser Anastasios aufgefordert: relinquamus uterque mortuum (Symmach. epist.ad Anast.Imp., 155,21). 412 Avell. 111 (an Hormisdas); 113 (an den Senat). Gegenüber Avitus von Vienne bringt der Papst seinen Unmut über die Zusammensetzung der kaiserlichen Gesandtschaft deutlich zum Ausdruck: Avell. 137,5. Hinzu kommt, dass der Kaiser dem Senat gegenüber auf seinen pontifex-Titel zurückgriff (Avell. 113,1 [506,20]). DVORNIK 1966, 814 erkennt darin eine Reaktion auf die gelasianische Anzweiflung der priesterlichen Rolle des Kaisers. Zumindest aber relativierte diese Funktionszuschreibung des Anastasios die römischen Ansprüche. Die  

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Hatte Hormisdas also 515 schwerlich mit der Erfüllung seiner Forderungen gerechnet, so rechnete der Kaiser offensichtlich nicht mehr mit einem aufrichtigen römischen Friedenswillen. Vielmehr markierte der Libellus Hormisdae den Beginn einer kirchenpolitischen Offensive Roms im Osten. Für Rom war erkennbar geworden, dass die Zahl der Chalkedonier im Osten nicht so gering war, wie es die Meinungsführerschaft miaphysitischer Kirchenvertreter dort vermuten ließ.413 So hatte sich der Metropolit von Epirus Vetus, Alkison von Nikopolis, im Rahmen der gescheiterten Synode von Heraklea zusammen mit anderen illyrischen Bischöfen vom Kaiser losgesagt und den Kontakt zu Rom gesucht.414 Die Grenzprovinzen zum Herrschaftsgebiet Theoderichs drohten also, sich kirchlich Italien unterzuordnen. Als Alkison wenig später starb und der Chalkedonier Johannes sein Nachfolger wurde, wandte sich dieser mit der Bitte um Gemeinschaft an Rom. Der Papst gewährte das Gesuch unter Auflage der Billigung seines libellus.415 Anastasios wurde sich seiner Machtlosigkeit im Westen seines Reichs bewusst. Selbst der massive Druck, den er auf Alkison ausgeübt hatte, hielt dessen Nachfolger nicht mehr davon ab, sich den kaiserlichen Maßnahmen zu verweigern. Da sich der kirchliche Widerstand also zunehmend an Hormisdas wandte, sich von ihm Unterstützung gegen Severos und Anastasios erhoffte, zog dieser daraus Konsequenzen hinsichtlich seines weiteren Vorgehens. Diese vertraute er im Februar 517 seinem gallischen Amtsbruder Avitus von Vienne an: Angesichts der   Antworten des Hormisdas (Avell. 112) und des Senats (Avell. 114) zeigen, dass Anastasiosʼ Bemühen erfolglos blieb. 413 Hormisdas war über die kirchlichen Konflikte im Osten sehr wohl informiert. Vgl. Avell. 116,13 (516,4–8). FREND 1972, 221–242 beschreibt die breite „orthodoxe“ Reaktion auf die Einsetzung des Severos zum Bischof von Antiochia im Osten explizit als „counter-revolution“ (220). Die Hormisdas-Offensive traf also auf entsprechende inneröstliche Tendenzen. Vgl. auch GRILLMEIER 21991, 354; SPEIGL 1980, 60. Stärker als diese Gegenreaktion der Chalkedonier habe laut MEIER 2009, 316 aber die Selbstüberschätzung der Miaphysiten und der beginnende Rückzug des Kaisers die kirchliche Landschaft im Osten verändert. 414 Alkison war nach der Auflösung der Synode in Konstantinopel auf die Gesandten des Hormisdas getroffen, wie wenig später eine Synode seiner Suffragane bestätigte: Avell. 119,2. Zusammen mit anderen illyrischen Bischöfen wurde er dann vom Kaiser nochmals nach Konstantinopel vorgeladen, wo er wenig später starb: Marc.Com. a.516,3. Vgl. SCHWARCZ 2004, 50 f. Dies ist einer der Effekte, die SPEIGL 1980, 56–8 dem Scheitern der Synode von Heraklea zuschreibt. Alkison pflegte Kontakte bis nach Palästina; das verdeutlicht ein Brief palästinischer Mönche an ihn: Euagr. HE 3,31.33. Falls dieses Schreiben in den Kontext der Synode von 515 gehört, sollte Alkison dort wohl als Wortführer der Chalkedonier agieren. 415 Avell. 117 (Johannes von Nikopolis an Hormisdas); 119 (Provinzialsynode von Epirus Vetus an Hormisdas). Die Antworten des Hormisdas finden sich in Avell. 118 (an Johannes); 120 (an die Synode). Dabei hatten die Akteure aus Epirus den eigenen Obermetropoliten in Thessalonike übergangen. Die Billigung des libellus dürfte für Johannes und seine Komprovinzialbischöfe kein Problem gewesen sein, immerhin hatte schon Alkison dem Dokument zugestimmt. Vgl. abermals Avell. 119,2. Nach dem Abbruch der Beziehungen zu Thessalonike unter Gelasius und Andreas (vgl. Anm. 303) nutzte Rom die Gelegenheit, um an eine andere Kirche im Balkanraum anzuknüpfen: DUCHESNE 1892, 544–8; SPEIGL 1980, 56–8.

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III. Bischöfliches Handeln

Situation sei eine Legation notwendig, die die Machthaber in Konstantinopel entweder von einer Kursänderung überzeugen sollte – was Hormisdas selbst für einigermaßen unwahrscheinlich gehalten haben dürfte – oder sie in den Augen der Opposition im Osten kompromittieren müsste.416 Rom ging es also nicht um Verständigung, sondern um Durchsetzung. Es ging darum, sich der kirchlichen Opposition als verlässlicher Vorkämpfer für Chalkedon zu präsentieren – eine Rolle, die im Osten seit Makedonios und Flavian kein Bischof mehr glaubhaft verkörpern konnte –, um so die einsetzende Absetzbewegung von der kaiserlichen Kirche zu fördern. So waren die Schreiben, die Hormisdas im April 517 in den Osten sandte, nichts anderes als das Werben um die Unterstützung der kirchlichen Opposition im Reich.417 Neben der offiziellen Legationspost richtete der Papst dementsprechend auch geheime Schreiben an östliche Anhänger, über die er seinen libellus nun im Osten kursieren ließ. Gleichzeitig sandte Hormisdas dem Kaiser und dem Patriarchen freundliche Schreiben, rief aber das Kirchenvolk von Konstantinopel beschwörend zur Abkehr von denjenigen auf, die Chalkedon und Tomus Leonis ablehnten.418 Kurz nach dem Abgang der Legation erhielt der Papst durch Johannes von Nikopolis Nachricht von Übergriffen des kaisertreuen Bischofs Dorotheos von Thessalonike. Sofort suspendierte Rom das obermetropolitane Privileg Thessalonikes, um die Kirchen des Balkans von ihrer Loyalität gegenüber Dorotheos, und damit der kaiserlichen Bekenntnispolitik, zu entbinden.419 Gleichzeitig   416 Avell. 137,12: et nos quidem dispensationis nostrae memores necesse est eos repetitae legationis officio conuenire, quo affectu saluationis suae, si respectu dei, si rationis intuitu non mouentur, saltem pulsantibus importune et pertinaciter acquiescant et aut ad rectam uiam declinatis erroribus reuertantur aut propter impaenitens cor ab omnibus inexcusabiles iudicentur, qui et moniti totiens in perfidiae obstinatione persistunt. Vgl. SCHWARTZ 1934, 254. Zu den Briefen des Hormisdas an Avitus von Vienne: RANALLI 1995, 34 f. Zur kirchenpolitischen Rolle des Avitus generell: HEIL 2011. 417 Zum Charakter der Legation von 517: CASPAR 1933, 144; CHARANIS 21974, 104; HOFMANN 1953, 81–4. 418 Folgende Briefe trug die Legation in den Osten: Avell. 126 (an Kaiser Anastasios); 128 (an Timotheos von Konstantinopel); 129 (an die Bischöfe in orientis partibus); 130 (an die orthodoxen Bischöfe); 131 (an Bischof Possessor); 132 (an die orthodoxen Teile des hauptstädtischen Klerus, Kirchenvolkes und Mönchtums). Die Beeinflussung der kirchlichen Meinung in Konstantinopel und im Osten generell hatte also neben dem Kirchenvolk von Konstantinopel noch verschiedene andere Adressaten. Vgl. QUACQUARELLI 1993. 419 Avell. 135,3 (557,13–7): nos non soluere a decessoribus nostris concessa priuilegia, si ipse ecclesiastica instituta non de‹se›rat. certe redeat ad unitatem, et nos cum eo insistimus, ut omnia priuilegia, quaecumque consecuta est a sede apostolica ecclesia eius, inuiolata seruentur. Bei der Anzeige seines Amtsantritts an Rom hatte Johannes Dorotheos von Thessalonike übergangen, der nun gegen den Bischof von Nikopolis in Epirus Vetus eingriff: Avell. 133,1. Hormisdas informierte seine Legaten über die Beschwerden aus Nikopolis (Avell. 134) und ließ Dorotheos einen Brief zukommen (Avell. 133). Allerdings konnte Rom Thessalonike gegenüber seine Ansprüche nicht unmittelbar durchsetzen. Ganz im Gegenteil: Es war Dorotheos, der sich in seinem Kampf gegen Nikopolis der politischen kaiserlichen Durchsetzungsmittel bedienen konnte: Avell. 134,2.

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sandte Hormisdas einen Brief an Anastasios, in dem er bat, sich des Bischofs von Nikopolis anzunehmen, immerhin habe dieser seinen „orthodoxen“ Glauben bewiesen, indem er die Gemeinschaft mit Rom aufgenommen hatte.420 Damit hatte Hormisdas die Provokationen auf die Spitze getrieben. Hinzu kam, dass Anastasios von der massenhaften Verschickung des Libellus Hormisdae erfuhr. Der Kaiser sandte daraufhin die päpstlichen Legaten unter Quarantäne nach Rom zurück und brach den Kontakt zu Hormisdas ab.421 Hormisdas hatte sein Ziel auch so erreicht. Die Chalkedonier erkannten in ihm ihren Verbündeten. Deutlich wurde das, als Ende 517 eine Legation aus Syrien in Rom erschien, um dem Papst eine Bittschrift von 217 Archimandriten und Klerikern der Syria Secunda zu übergeben, die Beschwerde gegen Severos führte und unverhüllt auch den Kaiser selbst kritisierte.422 Zunächst hatte sich diese Legation freilich an die Hauptstadt gewandt. Dort aber war das geschehen, worauf Hormisdas spekulierte: Weder Kaiser noch Patriarch hatten sich ihrer Sache angenommen, die chalkedonischen Mönche hatten sich daraufhin nach Rom gewandt.423 Hormisdas griff ihren Fall nun gern auf und antwortete noch im Februar 518 mit einem Brief, in dem er seinen Gegnern mit heilsrelevanten Konsequenzen für ihr Tun drohte.424 Trotz dieses Erfolgs zeigte Hormisdas mit dieser ins Jenseitige verschobenen Drohung aber auch die Grenze römischer Einflussnahme. Zwar wandte sich der Widerstand des Ostens um Unterstützung an Rom, viel mehr als Trost spenden konnte der Papst aber nicht. Ihm fehlte der Zugriff auf die kaiserlichen Sanktionspotentiale im Osten. Ohne den grundlegenden Wandel der politisch-kirchlichen Verhältnisse in Konstantinopel war Rom letztlich machtlos.   420 Avell. 127,2. Die Provokation des Kaisers ging noch weiter: fateor, clementissime imperator: miror insidiantium pertinaciam neque dei neque uestro intuitu permoueri; nam qui oderunt in homine studium desiderii boni, quod de se aestimant iudicari, insequuntur (Avell. 127,3 [545, 11–4]). 421 Im Brief an Hormisdas, Avell. 138, kann der Kaiser seine Enttäuschung nicht verbergen: iniuriari enim et adnullari sustinere possumus, iuberi non possumus (Avell. 138,5 [565,13 f.]). Vgl. die verkürzte Paraphrase des Briefs im Liber Pontificalis (Lib.Pontif. 54,3 f. [269,10– 270,3]). 422 Vgl. das Schreiben der syrischen Mönche an Hormisdas: Avell. 139. Einen lebendigen Bericht über die Vorkommnisse liefern die Betroffenen in Sabbait. 36 (v. a. 107,31–108,4). Auf der Pilgerfahrt zu einem Heiligtum waren chalkedonische Mönche von Anhängern des Severos angegriffen worden, wobei eine große Zahl von ihnen zu Tode kam. Siehe auch: Avell. 139,5. Die Petition der Mönche zeigt, dass Hormisdasʼ Wirken der vergangenen Jahre Erfolg hatte. Die syrischen Mönche kannten die römischen Positionen und Forderungen genau, wussten zum Beispiel auch um die Bedeutung des Akakios, den sie unter die zu Verdammenden einreihten: dicimus autem Nestorium, qui fuit Constantinopolitanus episcopus, Eutychen, Dioscorum et Petrum Alexandrinum, qui cognominatus est Balbus, et Petrum, qui dicebatur Fullo, Antiochenum, nihilominus et Acacium, qui fuit Constantinopolitanus episcopus, eorum communicatorem et omnes, qui unum illorum haereticorum defendunt (Avell.139,10 [568,8– 14]). Vgl. SCHWARTZ 1934, 257. 423 Avell. 139,6. Auch: BLAUDEAU 2005a, 354 f. 424 Avell. 140, hier v. a. 140,15.

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III. Bischöfliches Handeln

6.3.2. Die Beendigung des Schismas (518/19) Als Kaiser Anastasios am 9. Juli 518 starb, war die Bilanz seiner Kirchenpolitik trotz der Einheit zwischen Antiochia, Alexandria und Konstantinopel durchwachsen. Die Abwertung des Henotikon vom Kompromiss- zum miaphysitischen Kampfdokument hatte die kaiserliche Bekenntnispolitik stark diskreditiert. Eine stabile Einheit der Kirche war daher ferner denn je: In Syrien wurde Severos zunehmend angefeindet425; in Jerusalem regte sich schon seit längerem Widerstand gegen die kaiserliche Bekenntnispolitik426; in Konstantinopel wurde der auf das Henotikon verpflichtete Patriarch Timotheos nur vom Kaiser gegen Widerstände gestützt. Und weil den Chalkedoniern im Reich geeignete Führung fehlte, hatte Rom seine Bemühungen um den Osten wieder aufnehmen können. Justin, der Nachfolger des Anastasios, musste einsehen, dass auf Grundlage des Henotikon die kirchliche Einheit nicht mehr zu erlangen war. Er war daher gezwungen, klar Stellung zu Chalkedon zu beziehen. Auch weil Anastasiosʼ tendenziell miaphysitische Ausrichtung zunehmend Kritik hervorgerufen hatte, leitete Justin einen Umschwung ein.427   425 Vgl. Kap. 10.1.2. 426 Vgl. Kap. 10.1.3. 427 Während VASILIEV 1950, 74 f. die Wahl Justins für überraschend hält, zeigen BALDWIN 1989 und CROKE 2007, 16–26, dass mit ihr durchaus zu rechnen gewesen sei. Die Informationen über den neuen Kaiser sind aber stark vom Wirken seines Neffen und Nachfolgers Justinian überlagert. Diesem wird in der Forschung oftmals ein gewichtiger Einfluss auf die Politik, zumindest die Religionspolitik, seines Onkels eingeräumt. Vgl. ALLEN 2000, 821; CAPIZZI 1978, 6; ENSSLIN 1959, 113; MEIER 2003a, 124; PODSKALSKY 1984, 263; SCHWARTZ 1934, 259; VASILIEV 1950. Gegen solche Stimmen wendet sich vor allem CROKE 2007, 13–6: Die Ansicht der Beeinflussung Justins durch Justinian stütze sich auf das polemisch überzeichnete Bild Justins bei Prokop. Wenn man für den Umschwung unbedingt eine externe Beeinflussung Justins für notwendig hält, so sollte diese mit GRAY 1979, 46 und HAACKE (R.) 1953, 141 in der Person des Vitalian gesucht werden. Dies führt zur Frage nach den Gründen für den Umschwung. Meist wird auf die illyrische Herkunft Justins hingewiesen, die geradezu notwendigerweise eine Sympathie für die römischen Positionen mit sich gebracht hätte. Vgl. zum Beispiel CAPIZZI 1969, 37; JONES 1964, 268; MEYENDORFF 1989, 208. Dieser Aspekt ist zweifelsohne von Bedeutung. MENZE 2008, 18–22 hält es aber für problematisch, Justin a priori als überzeugten Chalkedonier zu sehen. Vor 518 jedenfalls sei er eher indifferent gewesen und hatte Anastasios auch bei der Niederschlagung der Vitalian-Revolte unterstützt. RUBIN (B.) 1960, 61 erklärt das aber damit, dass Anastasios insgesamt in seiner Herrschaft nicht religiöse, sondern profane Fragen in den Vordergrund gerückt habe. Neben der persönlichen Disposition wirkten also noch andere Gründe in die Entscheidung hinein, dem Kurs des Anastasios eine Absage zu erteilen. Neben dem Druck des Vitalian dürfte insbesondere das „gestörte Verhältnis zwischen Kaiser und hauptstädtischer Bevölkerung“ (MEIER 2007b, 229) unter Anastasios zu nennen sein. GREATREX 2007, 99–105 weist daneben auf eine Verschwörung gegen den Kaiser im Juli 518 hin. Diese hatte auch religionspolitische Implikationen und habe Justin umso mehr an seinen neuen Kurs gebunden, als dass er diesen zur Niederschlagung der Verschwörung instrumentalisierte. Vgl. auch SOLARI 1948, 345 f.

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Damit traf er zumindest die in der Hauptstadt vorherrschende Stimmung.428 Nur wenige Tage nach der Kaisererhebung Justins nötigten Kirchenvolk und Mönche den Patriarchen Johannes II., der erst kurz zuvor Nachfolger des Timotheos geworden war, zur expliziten Anerkennung Chalkedons, zur Aufnahme von Euphemios, Makedonios und Papst Leo in die Diptychen und zur Verdammung des Severos.429 Angesichts der sicherlich bekannten kaiserlichen Präferenz für Chalkedon hatte Johannes keine andere Möglichkeit, als die Forderungen zu erfüllen.430 Immerhin lag in der Verurteilung des Severos auch eine Chance. Durch sie konnte der Patriarch seine Stellung innerhalb seiner Gemeinde und innerhalb der Kirche des Reichs ausbauen und festigen. Auch die deutliche Anerkennung Chalkedons konnte die eigenen Rangansprüche unterstreichen: Johannes kam der entsprechenden Forderung mit der ausdrücklichen Billigung aller vier ökumenischen Konzilien nach und rief somit neben Chalkedon auch Nizäa und Ephesos I, vor allem aber die Synode von Konstantinopel in Erinnerung431, die seinen Sitz 381 erstmals überhaupt unter die großen Sitze des Reichs promoviert hatte. Diese Maßnahme fand auch Eingang in die fünf kirchenpolitischen Forderungen, die die Endemousa nun im Auftrag des Johannes erarbeitete: 1) restitutio memoriae des Euphemios und des Makedonios; 2) Rückrufung der wegen ihnen Verbannten; 3) Aufnahme der vier ökumenischen Konzilien in die Diptychen; 4) Aufnahme Papst Leos in die Diptychen; 5) Verdammung des Severos.432 Johannes gab diese Liste an den Kaiser weiter und machte sie bei den Amtsbrüdern im Reich bekannt, so auch bei Epiphanios von Tyros und Johannes III. von Jerusalem, die beide offensichtlich nur auf einen solchen Wink gewartet hatten. Schon am 6. August verurteilte eine Synode in Jerusalem Severos, es folgte eine Synode der Syria Secunda.433 Die Chalkedonier hatten sich im Osten weitgehend durchsetzen können. Severos blieb nur die Flucht nach Ägypten.434   428 Spätestens seit Basiliskos wussten die Kaiser, dass die Befriedung der Residenzstadt für die unmittelbare Herrschaftssicherung maßgeblich war. Vgl. Kap. 4.4. 429 Ein Bericht über die Forderungen der Gemeinde und die Erklärung des Bischofs Johannes findet sich in Sabbait. 27. Vgl. SALAVILLE 1953, 681–7. 430 Da die Forderungen dem kirchenpolitischen Konzept des neuen Kaisers entsprachen, liegt die Vermutung nahe, dass der Kaiser diese prochalkedonische Demonstration gelenkt haben könnte. Vgl. UTHEMANN 1999, 8. Es gärte aber auch von unten. Angesichts der offensichtlichen Tatsache, dass Justin ein kaiserlicher Gegenentwurf zu Anastasios sein sollte, erwägt MENZE 2008, 26–8, ob nicht viel eher das Volk den Kaiser getrieben habe. Vgl. auch CASPAR 1933, 149. 431 Vgl. Sabbait. 27 (73,9–13). Dies ist einer der frühesten Belege für die kanonisierende Aufzählung der vier ökumenischen Konzilien. 432 Sabbait. 25 (63,3–64,11). 433 Zur Bekanntmachung des Umschwungs in Jerusalem und Tyros: Sabbait. 28 f. Zu den Synoden in Jerusalem und Tyros: Sabbait. 30 f. Mit hoher Wahrscheinlichkeit fanden zur gleichen Zeit in vielen anderen Städten ähnliche Synoden statt. Vgl. VASILIEV 1950, 160. Eine eingehende Analyse der Synode von Tyros, gerade ihrer Akklamationen, findet sich bei BLAUDEAU 2006b, 429–38. Die neue Regierung Justins sei freudig begrüßt worden, auch Vitalian habe Ovationen erhalten. Die Akklamationen seien aber keineswegs spontan erfolgt, sondern von  

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III. Bischöfliches Handeln

Am 1. August machte Justin seinen Herrschaftsantritt in Rom bekannt. Nur wenig später informierte er den Papst über den Umschwung in Konstantinopel und stellte Verhandlungen über eine kirchliche Reintegration in Aussicht. Auch Johannes vermeldete in Rom nun die Anerkennung der fünf Punkte der Endemousa.435 Eingedenk der bisherigen Erfahrungen mit dem Osten blieb Hormisdas in seiner Antwort aber zurückhaltend. Dass eine Absichtserklärung des Kaisers nicht zwangsläufig zur Beendigung des Schismas führen musste, hatte er diverse Male erlebt.436 Außerdem war weiterhin die römische Kernforderung der Akakios-Expunktion nicht erfüllt und die mittlerweile obligatorische Unterschrift unter den Libellus Hormisdae nicht geleistet worden. Hormisdas wies deutlich darauf hin, dass er nicht bereit sei, von diesen Konditionen abzurücken.437 Mochte Johannes angesichts des Umschwungs die Einigung mit Rom in seinem Brief auch schon als Tatsache darstellen438, befanden sich Rom und Konstantinopel doch weiterhin im Schisma. Allerdings setzte ausgerechnet seine eigene chalkedonische Offensive der vergangenen Jahre nun auch Hormisdas selbst unter Druck. Angesichts des Entgegenkommens der Hauptstadt hätte er es seinen Anhängern im Osten nur schwierig vermitteln können, wenn er jetzt weiterhin keine grundsätzliche Bereitschaft zum Frieden signalisiert hätte. Zwar konnte der Papst nicht auf die römischen Kernforderungen verzichten, fand sich nun aber seinerseits zu einem ersten Zugeständnis bereit. In seiner Antwort an den Patriarchen billigte Hormisdas explizit Johannesʼ Aufzählung der vier maßgeblichen Konzilien.439 Damit billigte er auch  

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Bischof Epiphanios, der sich als wichtige Referenz der chalkedonischen Wende in der orientalischen Kirche habe präsentieren wollen, gesteuert worden. Angesichts der Feindschaft des Severos zu Vitalian (vgl. den Anti-Vitalian-Hymnus des Patriarchen: Sev.Ant. hymn. 262), der jetzt einen großen Einfluss bei Hofe hatte, dürfte die Flucht nicht die schlechteste Wahl gewesen sein. Mit Severos wurden über 50 weitere Bischöfe in Syrien abgesetzt. Vgl. ALLEN – HAYWARD 2004, 24. Siehe auch Kap. 10.1.2. Vgl. Avell. 141 (Wahlanzeige); 143 (Brief des Justin); 146 (Brief des Johannes). Für den Patriarchen Johannes dürfte die Einigung mit Rom nicht das dringlichste Anliegen gewesen sein, stellte diese doch den kirchlichen Rang Konstantinopels zur Disposition. Mehrmals hatte er Anastasios gemahnt, dass es bei der Beilegung der Differenzen auf Taten, nicht auf Absichtserklärungen ankommen würde. Vgl. zum Beispiel Avell. 112,5: fac, domine imperator, effectum rerum fidem probare uerborum. non enim sermonibus cognoscuntur hominum corda sed fructibus, cum et Abraham pater noster non nuda deo fide sed opere fidem commendante placuerit. Vgl. die klaren Aufforderungen zu diesem Schritt gegenüber Justin (Avell. 144,5) und, noch deutlicher, gegenüber Johannes (Avell. 145,4). Einmal mehr wies Rom darauf hin, dass es inkonsequent sei, Timotheos Ailuros, Petros Mongos und Petros Knapheus zu verdammen, das Gedenken an ihren angeblichen Anhänger Akakios aber aufrechtzuerhalten. Vgl. insbesondere die Einleitung seines Schreibens: Avell. 146,1. Daneben erklärte Johannes, den Namen des Hormisdas in die Diptychen aufgenommen zu haben: 146,4. Zumindest aus der Sicht Konstantinopels wäre damit die Gemeinschaft tatsächlich wieder hergestellt gewesen. Avell. 145,3 (589,24 f.): dilectionis tuae confessionem gratanter accepimus, per quam sanctae synodi comprobantur […]. Johannes hatte sich auf die Konzilien von Nizäa (325), Kon-

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deutlich die Synode von Konstantinopel 381, zu der Rom wegen ihrer hierarchischen Bestimmungen, die die Grundlage für den Kanon 28 von Chalkedon bildeten, eigentlich ein eher distanziertes Verhältnis hatte. Dogmatisch hatten die Päpste dieser Synode ihre Orthodoxie aber niemals abgesprochen, weshalb jetzt nicht der Zeitpunkt war, den Streit um Chalkedon zu einem Streit um die Synode von Konstantinopel auszuweiten.440 Also sandte Hormisdas im Januar 519 eine Legation, angeführt vom Diakon Dioscorus, nach Konstantinopel, um Verhandlungen über das Ende des Schismas zu führen. In Schreiben an Justin und Johannes sowie in Instruktionen an die Legaten machte Hormisdas dabei noch einmal klar, was die römischen Bedingungen waren, nämlich die Verdammung des Akakios und seiner Nachfolger, bekräftigt durch die offizielle Annahme der Hormisdas-Formel. Allenfalls mochte sich Hormisdas dazu bereit erklären, Akakiosʼ Nachfolger in der Verurteilung stillschweigend zu übergehen.441 Nach einer Reise über den Balkan, wo die Legaten den dortigen Bischöfen den libellus des Papstes zur Unterschrift vorlegten und auf diese Weise mit kaiserlichem Segen Kirche um Kirche für Chalkedon und Rom zurückgewannen – nur in Thessalonike kam es zu Problemen –, erreichte die Gesandtschaft am 25. März 519 Konstantinopel.442   stantinopel (381), Ephesos I (431) und Chalkedon (451) berufen: Avell. 146,2. Vgl. auch Sabbait. 25 (64,26–31); 27 (73,9–13). 440 Die explizite Anerkennung der Synode von 381 war durch Rom immer umgangen worden. Gerade ihre Kanones waren den Päpsten auch niemals zur Kenntnis gebracht worden. Vgl. Leo M. epist. 106 (ACO II.4, 61,13–8). Trotzdem war die Anerkennung der Synode von 381, die zumindest dogmatisch als legitim erschien, unproblematisch: Chalkedon hatte gezeigt, dass die Anerkennung ausschließlich der Glaubensdefinitionen eines Konzils grundsätzlich möglich, wenn auch manchmal schwierig war. Vgl. SCHWARTZ 1936, 106. Die eigentliche Spitze in der Rede von den vier Konzilien, die eigentliche Richtung, in die Konstantinopel die Konzilien von 381 und 451 gedeutet sehen wollte, lag in der kombinierten Anerkennung, die deutlicher als die Invokation der Einzelsynoden auf die erhöhten Rangrechte der Hauptstadt hinwies. 441 Die äußerst detaillierten Instruktionen finden sich in Avell. 158. Die Konzession des Verschweigens hätte bedeutet, dass die Akakios-Nachfolger ohne explizite Verdammung aus den Diptychen gestrichen worden wären. Das sollten die Legaten aber nicht von sich aus anbieten, sondern nur auf Nachfrage der Gegenseite. Vgl. Avell. 158,7 f. Auffällig ist, dass die Legation von Dioscorus, nicht mehr wie 515 und 517 von Ennodius, angeführt wurde. Während die Ennodius-Legationen gar nicht das vorrangige Ziel der Einheitsherstellung hatten, baute der Papst nun auf einen Gesandten, der Griechisch sprach und verstand. Vgl. BLAUDEAU 2008, 461–3; STEINACKER 1954, 39 f. 442 Die von Hormisdas geforderten Zwischenberichte der Legation berichten über die freundliche Aufnahme der Legaten in den Städten des Balkans. Explizit genannt werden die Stationen Aulona, Scampi und Lychnidos: Avell. 213; 214. In Thessalonike hatte Dorotheos seine Unterschrift zunächst verweigert und dann verschoben: Avell. 167,3 f. Als der römische Legat Johannes deshalb später in die Stadt zurückkehrte, entkam er in Thessalonike nur mit Not einem Gewaltausbruch der dortigen Gemeinde, den Dorotheos wahrscheinlich selbst vorbereitet hatte: Avell. 225. Zum Dorotheos-Fall: BLAUDEAU 2004; FRAISSE-COUÉ 2001, 204 f. Von all dem erhielt der Papst keine unmittelbare Kunde, da die Zustellung der Zwischenberichte  

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III. Bischöfliches Handeln

Schon weit vor der Stadt wurden die Römer unter anderem von Vitalian, der sich mit Justin zusammengetan hatte, und dem Kaiserneffen Justinian empfangen und ehrenvoll in die Kaiserstadt geleitet.443 Wenig später hatte die Gesandtschaft ihren Auftrag erfüllt. Stolz berichteten die Legaten Germanus und Johannes dem Papst, dass Johannes von Konstantinopel den libellus unter größter Ehrerbietung gebilligt und daraufhin die geforderten Namen aus den Diptychen gestrichen habe.444 Tatsächlich verkündete auch Justin Hormisdas im April 519, dass die Einheit der Kirche wieder hergestellt sei.445 Ein Sonderbericht des Dioscorus bestätigt dieses Bild im Großen und Ganzen, zeigt aber auch, dass Johannes dem Libellus Hormisdae mitnichten allzu bereitwillig zugestimmt hatte. Johannes befand sich, ähnlich wie Hormisdas, in einer unkomfortablen Situation: Dem kaiserlichen Willen zur Einheit konnte er sich nicht gefahrlos verweigern. Allerdings war ihm erkennbar auch nicht daran gelegen, sich bedingungslos den Forderungen Roms zu unterwerfen. Jetzt, da sich Konstantinopel mit der Severos-Verdammung die kirchliche Führung im Osten zurückerkämpft hatte, wollte Johannes die Fortschritte in der Durchsetzung seiner Rangansprüche wohl kaum durch eine Kapitulation vor römischen Weisungen wieder einbüßen. So geschah zunächst das, worauf Hormisdas seine Legaten schon vorbereitet hatte: Der Patriarch verlangte, mit den römischen Gesandten über Bedingungen für sein Entgegenkommen zu verhandeln, was diese aber gemäß ihren Weisungen ablehnten.446 Schließlich erklärte sich Johannes bereit, der Hormisdas-Formel zuzustimmen, wenn er ihr ein Vorwort vorausschicken dürfe.447 Für diesen Fall hatte der Papst seinen Legaten keine Anweisungen mitgegeben. An der Unterschrift aber hing der Erfolg ihrer Mission. Und so gestatteten die Gesandten dem Patriarchen schließlich dieses Vorgehen. Nachdem Johannes ihnen sein Vorwort diktiert hatte, unter 

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vom Kaiser unterbrochen wurde, um die Verhandlungen in Konstantinopel nicht zu stören. Hormisdas zeigte sich angesichts der ausbleibenden Nachrichten zunehmend beunruhigt und ungeduldig: Avell. 219–21. Der Abordnung gehörte ferner ein Neffe des vormaligen Kaisers Anastasios, Pompeios, an. Selbst die Familie des Anastasios, die den Dynastiewechsel 518 nicht nur physisch schadlos überstanden hatte, war also christologisch gespalten. Vgl. CAMERON 1978, 263, 272. Die zentrale Figur des Empfangskomitees war zweifelsohne Vitalian. Justinian jedenfalls wird von den Legaten Roms niemals übermäßig herausgehoben: CROKE 2007, 26–33. Den Empfang in der Stadt beschreiben der offizielle Bericht der Legaten (Avell. 223,1 [683,11–5]) und ein inoffizieller Sonderbericht des Dioscorus (Avell. 167,5 [619,4–8]). Avell. 223,4–6. Einen Ereignisüberblick über die Einigung gibt MAGI 1972, 35–55. Avell. 160. Avell. 167,7: Der Kaiser forderte die Legaten auf, den Bischof von Konstantinopel zu treffen. Genau das aber hatte Hormisdas ihnen untersagt: Avell. 158,5. Die nächsten Tage sandte Johannes daher Unterhändler (Avell. 167,8 f.), bis er schließlich den libellus unterzeichnete. Avell. 167,10: intermissa quarta feria episcopus Constantinopolitanus in palatio consuscepit a nobis libellum et inprimis quasi temptauit epistolam potius facere quam libellum. sed non post multa certamina hoc conuenit, prooemium modicum facere et subiungere mox libellum, quemadmodum uestra beatitudo dictauit. subscriptio ab eodem facta es libello conueniens, similiter et datarium, cuius exemplaria et graece et latine apostolatui uestro direximus.

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schrieb er den libellus und strich vor den Augen der Römer Akakios und seine Nachfolger – sogar Euphemios und Makedonios – aus den Diptychen. Ebenso wurde mit Zenon und Anastasios verfahren.448 Im Vorwort hatte Johannes der Hormisdas-Formel die kirchlichen Ansprüche des „Neuen Rom“ vorangestellt. Er verwies dazu erneut auf die quattuor synodos und ließ die Kirchen der „Beiden Rom“ als eine erscheinen.449 In einem persönlichen Schreiben an Hormisdas inszenierte sich der Patriarch wenig später ganz in diesem Sinne. Im Aufzeigen der Einheit der beiden Kirchen von Rom und Konstantinopel betonte er bewusst die Augenhöhe mit seinem römischen Kollegen.450 Er war aber vorsichtig genug, die Formel des Hormisdas an sich weitgehend unangetastet zu lassen und dem Papst eine Brücke zur Annahme seines Vorwortes zu bauen, indem er mit Zenon und Anastasios unverlangt zwei Vertreter eines politisch dominierten Kirchensystems verdammte. Darüber hinaus ersetzte die Hormisdas-Formel schon an sich den kaiserlichen Erlass des Henotikon als Grundlage kirchlich-dogmatischer Verhältnisse wieder durch eine kirchliche professio fidei. Justin hatte Rom darüber hinaus mittlerweile bestätigt, dass er den Bischöfen des Reichs die Unterschrift unter den libellus befohlen hatte.451 Somit erkannte Hormisdas Johannesʼ Billigung des libellus und vor allem sein Vorwort an. Alles andere hätte unabsehbare Folgen für die kirchliche Entwicklung im Osten und für den inneren Zusammenhalt auch der römischen Gemeinde gehabt.452   448 Avell. 223,6 (684,13–7): Acacii praeuaricatoris anathematizati nomen de diptychis ecclesiasticis sed et ceterorum episcoporum, qui eum in communione secuti sunt, sub nostro conspectu significamus erasa; Anastasii quoque ac Zenonis nomina similiter ab altaris recitatione summota. Dioscorus weist ausdrücklich darauf hin, dass es zu keinen Unruhen in der Stadt gekommen sei, wie sie Konstantinopel für den Fall der Diptychenrevision immer wieder vorausgesagt hatte: nihil est subsecutum secundum uota inimicorum, non seditio, non effusio sanguinis, non tumultus, quod ueluti terrentes inimici antea praedicabant (Avell. 167,14 [621,5–7]). 449 Avell. 159,2 (608,5–8): sanctissimas enim dei ecclesias, id est superioris uestrae et nouellae istius Romae, unam esse accipio; illam sedem apostoli Petri et istius augustae ciuitatis unam esse definio. Zwar wurde der römische Vorrang von Johannes offiziell anerkannt, Konstantinopel durch die Gleichsetzung mit Rom einem echten Vergleich aber entzogen. Das gesamte Vorwort, an das sich direkt der von Johannes unterzeichnete Hormisdas-libellus anschließt, ist in Avell. 159,1 f. überliefert. Zu den vier Konzilien: Avell. 159,2 (608,8 f.). Vgl. auch die Unterschrift des Johannes in Avell. 159,8 (610,7 f.): Iohannes misericordia dei episcopus Constantinopolitanae nouellae Romae. Dieser Hinweis auf das „Neue Rom“ war 448 von Flavian in die Unterschrift des Patriarchen aufgenommen worden: BECK 1959, 63. Vgl. zum Vorwort auch ANASTASIOU 1968, 60; CARCIONE 1999, 36 f. 450 Zum Beispiel Avell. 161,5. 451 Avell. 160,4 (611,20–2): et quoniam omnes nostrae regiones admonendae sunt, ut exemplum imitentur ciuitatis regiae, destinanda ubique principalia praecepta duximus. Allerdings sollte sich zeigen, dass die Durchsetzung dieses Befehls vor allem in Ägypten unmöglich war. 452 Es war im Osten schwierig genug zu verstehen, wieso Rom auf der Expunktion von Euphemios und Makedonios bestand. Vgl. WINKELMANN 1980, 99–101. Da es im Osten nun wieder eine chalkedonische Alternative zu Rom gab, hätte Hormisdas seine in den letzten Jahren errungenen Fortschritte dort wieder gefährdet. In Rom selbst hingegen hätte ein abermaliger  

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III. Bischöfliches Handeln

Auf diese Weise wurde das Schisma zwischen Rom und Konstantinopel beendet. Dass Hormisdas sich darauf eingelassen hatte, die Rangansprüche der Hauptstadt und die politischen Realitäten der Reichskirche implizit anzuerkennen, sollte sich zwar für Roms Stellung Konstantinopel gegenüber langfristig negativ auswirken; das war 519 aber noch nicht absehbar. Außerdem hatte sich Rom mit seinen zentralen Forderungen, also seinen dogmatischen Positionen, weitgehend durchsetzen können. So flächendeckend wie jetzt war das Konzil von Chalkedon – und damit Tomus Leonis und römischer Lehrprimat – niemals zuvor anerkannt worden.453 Und letztlich hätte sich eine weitere Verlängerung des Schismas wohl noch nachteiliger auf Rom ausgewirkt als die Art und Weise der Einigung. Wenn auch die Situation in Antiochia und Alexandria ungeklärt blieb – der Papst mahnte, das begonnene Werk zu Ende zu führen454 –, so war die erste grundsätzliche Kirchenspaltung zwischen Ost und West 519 doch überwunden. 7. DAS HANDELN DER RÖMISCHEN BISCHÖFE 7.1. Handlungsvoraussetzungen Roms 7.1.1. Orientierung im personalen Bezugsrahmen Der römische Bischof war als Papst Akteur der Reichskirche, als Bischof Vorsteher seiner Gemeinde.455 Die römische Gemeinde war ein straff geführter Apparat von Klerikern, die der Bischof, auf den die Gemeinde zentriert war, in seinem Handeln implizit stets mitvertrat. Dies verlieh seinen Maßnahmen eine größere in  Widerstand durch den Senat gedroht. So erkannte Hormisdas die Einigung auf den gegebenen Grundlagen an: Avell. 168 (an Justin); 169 (an Patriarch Johannes). MENZE 2008, 73 f. zeigt sich erstaunt, dass ein so lange dauerndes Schisma ohne Konzil beendet wurde. Ein solches Konzil war aber zum einen durch den libellus unnötig, zum anderen von Rom nicht gewollt. 453 CASPAR 1933, 130, 153 f. und ENSSLIN 1959, 114 bewerten das Ergebnis als „Pyrrhussieg“. HOFMANN 1953, 93 f. hält dagegen, dass dies nur für die kirchenpolitische Ebene gelte. Hinblicklich des Dogmas habe sich das Festhalten Roms an Chalkedon gelohnt. Vgl. GROSSI 2001, 441; STEIN 1935, 138 f. (gegen Caspar, der eine Aufgabe gelasianischer Prinzipien erkennt). Rom sah den Ausgang des Schismas sehr wohl als Sieg an: AMORY 1997, 213. 454 Zum Beispiel Avell. 168,10 (an Justin); 169,8 f. (an Johannes); 170,2 (an die römischen Legaten). Hormisdas hatte offensichtlich geplant, seinen Vertrauten Dioscorus als Patriarch von Alexandria zu installieren: Avell. 175,2 (631,20–4). Der kirchliche Umschwung in Konstantinopel erreichte Ägypten aber nicht. HAACKE (W.) 1939, 44 f. hat Bedenken gegen die Echtheit des Schreibens, da der Ordinationsplan nur in diesem Brief begegne. Allerdings war Hormisdas gut beraten, die Weihe des Dioscorus nicht allzu offensiv voranzutreiben, nachdem Rom ähnliche Bischofsbestellungen im Osten regelmäßig kritisiert hatte. 455 WIRBELAUER 1994, 389. Insofern ist die Verwendung des Titels „Papst“ konsequenterweise auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen sich der römische Bischof bezüglich der reichsweiten Kirche oder der Reichskirche äußerte. In seiner innergemeindlichen Funktion hingegen ist der römische Bischof lediglich als solcher zu bezeichnen.

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terne wie externe Autorität. Allerdings stellten diese beigeordneten Akteure auch Ansprüche an das Handeln ihres Hauptakteurs, den Bischof. Der römische Klerus war also zugleich Adressat des bischöflichen Handelns. Wollte der Bischof den Anspruch aufrechterhalten, im Namen seiner Kirche zu sprechen, so musste er das von beiderseitigen Erwartungen geleitete Verhältnis zu seinem Klerus ernst nehmen. Gelasius tat das bei der Rehabilitierung des Misenus. Anastasius II. hingegen verlor interne Akzeptanz durch eine nicht abgesprochene Aufnahme des Diakons Photin aus Thessalonike.456 Genauso hatte der römische Bischof die Anliegen der italischen Bischöfe zu berücksichtigen. Ihre Bedeutung für die Legitimität des römischen Bischofs zeigte sich im Laurentianischen Schisma.457 Und auch der Senat hegte bestimmte Erwartungen hinsichtlich des Handelns der sedes Petri. So hatte er sich 483 mit dem sogenannten „Basilius-Dekret“ Einfluss auf die Bestellung des Bischofs verschafft. Das Dekret konnte erst durch Symmachus kassiert werden.458 Das Versprechen des Senators Festus gegenüber Kaiser Anastasios belegt zusätzlich, dass kirchliche und politische Vertreter Roms keineswegs immer mit derselben Stimme sprachen. Insgesamt aber war die Stellung des römischen Bischofs in seinem Jurisdiktionsbereich gefestigter als die seiner Kollegen in anderen Großkirchen, die in ihrer internen Autonomie oftmals von noch stärkeren Faktoren begrenzt wurden. Somit sprach Rom mit großer Selbstverständlichkeit für den gesamten kirch  456 Vgl. Anm. 345. FLAIG 1992 (vgl. Anm. 293) beschreibt, dass das Kaisertum auf die Akzeptanz bei seinen „maßgeblichen Sektoren“ angewiesen sei: Diese akzeptierten die Kaiser, schränkten sie aber auch ein, da sie die Akzeptanz an bestimmte Erwartungen banden, bei deren Verletzung es zum Akzeptanzentzug kommen konnte. Diefenbach überträgt das Modell auf das spätantike Kaisertum, vgl. vor allem DIEFENBACH 1996, 37–41. Ähnliche Mechanismen wirkten auch bei den römischen Bischöfen – und nicht nur bei diesen. Auch sie waren in bestimmte Strukturen der Akzeptanz eingebunden. RICHARDS 1979, 70–97 weist beispielsweise mehrfach auf die Bedeutung des Konsultationsprinzips hin. Auch wenn PIETRI 1976, 696–724 die römische Kirche nur bis ins Jahr 440 betrachtet, dürfte er zur Struktur des römischen Klerus weiterhin maßgeblich sein. 457 Marcellinus von Aquileia leistete zwar Widerstand gegen Symmachus (vgl. seine fehlende Unterschrift unter dem Urteil der „vierten Synode“: Act.Syn.Hab.Romae, 432–7), erteilte damit aber der Rolle des römischen Bischofs als Vertreter des italischen Episkopats an sich keine Absage. Im Gegenteil: Er erkannte die Stellung des Papstes an, unterstützte dabei aber Laurentius. Zur grundlegenden Entwicklung der Administration des kirchlichen Italien von 384 bis 440: PIETRI 1976, 888–966. 458 Die Synode vom November 502 weist auf die entsprechende Bestimmung hin: Act.Syn.Hab. Romae, 444,9–12; 445,20–446,6. Zum Basilius-Dekret vgl. Anm. 262; 349. Die Zurückweisung der Bestimmung wird an mehreren Stellen deutlich. Vgl. zum Beispiel Act.Syn.Hab. Romae, 446,7–447,15. Bis ins Laurentianische Schisma hinein stand die Mehrheit des Senats einer konfrontativen päpstlichen Politik ablehnend gegenüber. Erst die Niederlage des Laurentius schwächte diese Gruppe entscheidend. So stand die Aristokratie 516 fest an der Seite des Hormisdas, wie die Antwort des Senats auf den Brief des Kaisers (vgl. Anm. 412) zeigt: haec cum uenerabilis papae latius fuerint expedita rescriptis, pro nostrae tamen obsequio credidimus deuotionis indenda […] (Avell. 114,6 [509,14–6]). Zum Verhältnis von Senat und Kirche: PIETRI 1991.

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lichen Westen. Im Osten gingen die kirchlichen Akteure ebenfalls davon aus, dass der römische Bischof als Vertreter der westlichen Christenheit schlechthin gelten konnte.459 Als Papst hatte der römische Bischof aber auch den darüber hinausgehenden Anspruch, höchster Vertreter der gesamten, also auch der östlichen Christenheit zu sein. Der Osten war allerdings selten bereit, Rom konkrete Vorrechte zuzugestehen. Dogmatisch standen nach 451 die antichalkedonischen Miaphysiten einem römischen Lehrprimat entgegen, hierarchisch fanden sich Gegner aufseiten eines von Konstantinopel vertretenen Kirchenprinzips politischer Analogien. Die römische, seit Serdika 342 auch mit kanonischem Anspruch erhobene Forderung, reichsweite Regelungsinstanz für kirchliche Streitfälle zu sein, widersprach östlichen Ansichten über die Autonomie der einzelnen Kirchentümer und über die Rolle des Kaisers in der Kirche.460 Alle Akteure, die sich aus solchen Gründen den römischen Primatsansprüchen widersetzten, wurden damit zu Adressaten römischen Handelns. Dieser Adressatenstatus zeigte sich in Angriffen, aber auch in werbendem Bemühen. Letzteres legte Rom vor allem den Zwischenkirchen461 des Illyricum gegenüber an den Tag, die politisch dem Kaiser untertan, kirchlich aber von lateinischen Traditionen geprägt waren. In dieser Polarität standen gerade sie vor der Wahl zwischen Konstantinopels kaiserlich geförderter Henotikon-Politik und Roms Akakios-Verurteilung. Kamen sie Roms Werben dabei nicht nach – auch Konstantinopel versuchte, den Balkan zu beeinflussen –, wurden sie wie die Kirche von Thessalonike abgestraft. Schlugen sie sich jedoch wie die Epiroten auf die Seite Roms, wurden sie über die communio in den römischen Akteursverband inkorporiert. Das Papsttum konnte nun auch in ihrem Namen agieren, hatte aber zugleich auf die Ansprüche der neuen Verbündeten zu achten. Papst Anastasius wurde beispielsweise von Laurentios von Lychnidos gedrängt, ein Bekenntnis ins östliche Illyricum zu senden.462 Eine relative Nähe zu Konstantinopel bedeutete im Schisma also eine relative Ferne zu Rom. Rom machte sich das zunutze. In   459 Andere mächtige Kirchen des Westens, insbesondere die von Karthago, hatten durch politische Entwicklungen an Einfluss verloren. Vgl. GMELIN 1937, 133; MARSCHALL 1971, 84– 203. Siehe auch Anm. 188. Die katholische Hierarchie Italiens blieb sogar unter den Goten Odovacer und Theoderich weitgehend von Nachstellungen verschont und konnte sich im reichskirchlichen Geflecht weiterhin als maßgeblicher Akteur behaupten. Insofern stärkte die politische Desintegration des Römischen Reichs die Stellung Roms im Westen kurzfristig sogar. Sie zeigte den Päpsten aber, dass ihre eigene kirchliche Bedeutung ebenfalls stets von externen Faktoren bedroht war. 460 Letztlich entzündete sich das Akakianische Schisma ja daran, dass Akakios diese Ansichten in die Tat umgesetzt hatte. 461 Dieser Begriff bezieht sich auf die Metropolitankirchen, die als vermittelnde Instanzen zwischen der jeweiligen Großkirche und den einzelnen Provinzbistümern standen. Hinsichtlich des Illyricum weist er zusätzlich auf eine geographische Mittelposition dieser Kirchen zwischen den Polen „Rom“ und „Konstantinopel“ hin. 462 Vgl. Kap. 6.2.2.; Anm. 344.

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dieser bipolaren Situation trieb es diejenigen kirchlichen Akteure, die der kaiserlichen Bekenntnispolitik kritisch gegenüberstanden, spätestens nach der Absetzung des Makedonios II. als Bischof von Konstantinopel relativ zwangsläufig in die Arme Roms. Insbesondere Hormisdas stellte sein Handeln darauf ab. Über kirchliche, aber auch über weltliche Akteure versuchte er seit 517, Druck auf Kaiser und Patriarch auszuüben.463 Der römische Bischof nahm eine prominente Rolle in der Kirche ein. Sein weites Beziehungsgeflecht konnte er mit großer kirchlicher Autorität verbinden. Zugleich wurde der Papst in seinem Handeln aber auch eingeschränkt. Seine Gegner, vor allem diejenigen, die selbst mit der Autorität wichtiger Bischofssitze ausgestattet waren, widersetzten sich den römischen Ansprüchen immer wieder erfolgreich. Mit Rom verbündete Akteure hingegen, die dem Papst überhaupt erst die Autorität verliehen, nicht nur als Vertreter der römischen, sondern auch der westlichen oder katholischen Kirche zu sprechen464, stellten eigene Ansprüche an das römische Handeln. Rom musste seine Autorität stets durch die Akzeptanz durch seine Verbündeten erneuern.465 Dies galt umso mehr, als das Schisma ihnen Alternativen zur Autorität Roms eröffnete. 7.1.2. Ziele und Möglichkeiten Die Art und Weise des Handelns, seine Ausführung und Effekte wurden von Voraussetzungen beeinflusst und bestimmt, die dem Handeln vorgelagert waren. Dabei setzten sich diese Voraussetzungen aus Handlungsmöglichkeiten und Zielen zusammen. Ziele und Möglichkeiten standen in der Spannung zwischen einer langfristigen Struktur, in die das Handeln eingebettet war, und einer kurzfristigen Veränderung dieser Struktur, also aktuellen Ereigniskonstellationen.466   463 Vgl. Kap. 6.3.1. Hormisdas hatte 517 und 519 nicht nur dem Kaiser und dem Patriarchen von Konstantinopel Briefe zukommen lassen, sondern verschiedentlich auch einflussreichen Personen am Hofe. Das sollte den Druck auf Anastasios und Timotheos, beziehungsweise Justin und Johannes erhöhen. Zu den Adressaten der Briefe des Hormisdas gehörten unter anderem der ehemalige magister officiorum Keler (Avell. 152), der praefectus praetorio Thessalonicensis (Avell. 153), der Archidiakon Theodosios (Avell. 155), die Augusta Euphemia (Avell. 156) und Anastasia (Avell. 157). Aus den Dankschreiben nach der Einigung sind außerdem bezeugt: Pompeios, der Neffe des Anastasios (Avell. 174), und Juliana Anicia (Avell. 179). 464 Wie eng diese Identifikation war, bewies Papst Felix, als er sich bei Zenon und Akakios über die Behandlung seiner Gesandten beschwerte. Felix beklagte in Berol. 26 (76,8 f.) immerhin, in den Seinen eingekerkert worden zu sein. Vgl. Anm. 272. 465 Das kann als weiterer Aspekt der in Kap. 3.3. beschriebenen Wiederholungsordnung gelten. 466 KOSELLECK 1973, 560–7; HETTLING – SUTER 2001, 23–7; WALTER 2009, 39. Es ist ein Unterschied, ob nur der traditionelle römische Primatsanspruch formuliert wurde oder ob sich aus bestimmten Ereignissen spezifische Möglichkeiten oder Notwendigkeiten ergaben, auf die die Päpste reagieren konnten oder mussten. Zum Verhältnis von Struktur und Ereignis vgl. Kap. 3.1.; Anm. 54.

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III. Bischöfliches Handeln

Das langfristige Ziel der römischen Kirche war die Durchsetzung dogmatischer und hierarchischer Ansprüche. Um dieses Ziel zu erreichen, musste es immer wieder an aktuelle Kontexte angepasst werden, im Akakianischen Schisma beispielsweise an die Infragestellung römischer Primatsansprüche durch Akakios. In Situationen wie 482/84 konnte die langfristige Zielebene nicht mehr nur allgemeiner Fluchtpunkt des Handelns bleiben, sondern hatte sich in aktuellen Konflikten zu behaupten und wurde somit aktualisiert. Das langfristig-strukturelle Ziel artikulierte sich nun in weniger weitreichenden, aktuellen Kontexten angepassten Zwischenzielen, die jedoch wiederum die Durchsetzung der strukturellen Ziele befördern sollten. Als solche Zwischenziele erscheinen im Akakianischen Schisma die Streichung des Akakios aus den Diptychen oder die Unterschrift unter den Libellus Hormisdae. Die Wechselbeziehung von Dauer und Aktualisierung spiegelt sich im Verhältnis von Zielen und Möglichkeiten. Langfristige Ziele entsprachen dabei strukturellen Kontexten. Waren die Handlungsgrundlagen stabil, blieben die Zielperspektiven weitgehend inaktiv. So implizierte die Ruhe kirchlicher Entwicklung die Sistierung von kirchlichen Kämpfen. Auch die Päpste handelten zumeist nach dem Bewusstsein, dass kirchliche Ruhe für das Erreichen ihrer Ziele am förderlichsten sei. Daher unterbanden sie dogmatische Diskussionen und zogen sich auf einmal gefundene Positionen zurück.467 Wurden Strukturen aber durchbrochen und damit kirchliche Ordnungen und Normen infrage gestellt, erlangten die langfristigen Ziele eine neue Aktualität. Die Veränderung von Handlungsmöglichkeiten durch den Bruch der Ordnung führte damit zur Aktualisierung der Ziele. So erkannte Simplicius in der krisenhaften Zuspitzung der Beziehung zu Konstantinopel 482 eine Bedrohung.468 Diese Veränderung römischer Handlungsmöglichkeiten zwang das Papsttum dazu, seinen Anspruch auf den Primat in bestimmten Forderungen und Zielen zu aktualisieren. Das langfristige römische Ziel, die Erlangung und Bestätigung des kirchlichen Primats, war seit 451 mit der Durchsetzung des Konzils von Chalkedon verknüpft. Dieses verband hierarchische und dogmatische Zielebenen aufs Engste: Die Formel von Chalkedon galt Rom als letztgültiger Ausdruck der Orthodoxie. In ihrer Abhängigkeit vom Tomus Leonis war sie gleichzeitig Ausdruck des römischen Primats, nicht zuletzt deshalb, weil Rom die Formel gegen den Widerstand Dios  467 BOURDIEU 1993, 108 f.: Die Monopolisten der bestimmenden Kapitalarten in einem Feld neigten zu Erhaltungsstrategien, der „Orthodoxie“. Dagegen setzen Akteure mit geringeren Ressourcen auf Umsturzstrategien, die „Häresien“. Erst der häretische Bruch mit der Doxa bringe die Herrschenden schließlich zur Verteidigung der Orthodoxie. Vgl. auch DERS. 2000, 24–6. Rom verhielt sich mit der Verweigerung inhaltlich-theologischer Debatten bewusst Kontingenz vermeidend. 468 Angesichts des Verhaltens des Akakios konnte sich Simplicius nicht auf allgemein anerkannte Positionen zurückziehen, schließlich hatte Akakios gezeigt, dass die römischen Ansprüche nicht mehr allgemein anerkannt waren. Rom musste seine Ansprüche gegenüber einer aktuellen Herausforderung begründen.

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kors von Alexandria durchgesetzt hatte.469 Die durch Chalkedon von Rom dominierte kirchliche Ordnung wurde aber bedroht: dogmatisch durch miaphysitische Tendenzen, hierarchisch durch die Ansprüche Konstantinopels – ebenfalls unter Berufung auf Chalkedon – und die kaiserliche Bereitschaft, Dogmenbildungsprozesse auf der Basis eigener Machtvollkommenheit zu dominieren. Diese Ebenen des Widerstands gegen römische Ziele konnten leicht aneinander anknüpfen, wie sich unter Kaiser Leon, unter Basiliskos und schließlich im Henotikon gezeigt hatte.470 Solche Widerstände bedrohten die römisch dominierte Ordnung und die Durchsetzung römischer Ziele, da sie belegten, wie sehr die Bindungswirkung römischer Normen auf die Kirchen des Ostens nachließ und wie stark sich die Kaiser auf die Entwicklung der östlichen Kirche konzentrierten. Hinzu kam, dass das Ende des Weströmischen Reichs die Distanz Roms zur restlichen Kirche vergrößert hatte, wodurch dem Einfluss Roms im Osten immer wieder Grenzen aufgezeigt wurden. Gerade die auf Grundlage des Henotikon hergestellte Einheit zwischen Zenon, Akakios und Petros Mongos, also die Verbindung kaiserlicher Eingriffe in Glaubensdinge, hierarchischer Ansprüche Konstantinopels und antichalkedonischer Lehren Alexandrias, stellte die bestehende kirchliche Struktur und damit den römischen Primat auf verschiedensten Ebenen infrage.471 Die politische Entwicklung bot aber auch Chancen. Sie gab Rom große Freiheiten in der nun immer deutlicheren Art und Weise der Formulierung von Ansprüchen dem Osten gegenüber.472 Simplicius und Felix III. (II.) gossen das langfristige römische Primatsziel jetzt in konkrete Formen, aktualisierten es mit dem Verlangen nach Anerkennung des Johannes Talaia und nach Berichterstattung durch Akakios. Dies lief auf die faktische Rücknahme des Henotikon und seiner personellen Konsequenzen hinaus, hätte also die Bedrohung von 482 für Rom neutralisiert. Auch die Vorladung des Akakios sollte die Überordnung Roms über Konstantinopel und damit den römischen Primat in der Kirche erweisen. Als diese Forderungen jedoch ins Leere liefen, exkommunizierte Felix Akakios. Damit erhob Rom nun die Forderung nach der Verdammung des Urhebers der Angriffe auch durch andere Akteure. Nach Akakiosʼ Tod war eine weitere Anpassung notwendig. Rom zielte nun auf die Anerkennung des Urteils von 484 durch Akakiosʼ   469 Wie sehr Rom Chalkedon unter dem Aspekt des Tomus Leonis sah, zeigt WYRWA 1998, 151– 5 an der westlichen Chalkedon-Rezeption. In dieser sei dem päpstlichen Lehrbrief ein absoluter Vorrang zugekommen, während die eigentliche ekthesis von 451 im Westen lange Zeit unbekannt gewesen sei. Vgl. auch BAUS – EWIG 1973, 275–8. 470 BECK 1980, 8. Die von Chalkedon vorgenommene Verknüpfung von theologischen Konzeptionen mit Personen- und Prestigefragen war damit aber nicht mehr zu entwirren. 471 Bei alldem dürfte die dogmatische Bedrohung für die römischen Ansprüche die geringste gewesen sein. Rom neigte aber dazu, jeglichen Ausgleichsversuch als Angriff auf die für das Papsttum grundlegende leonische Position zu werten, wie die chalkedonischen Patriarchen von Alexandria verschiedentlich hatten erfahren müssen. Vgl. Anm. 112; 130. Darüber hinaus: CHADWICK 2003, 47. 472 Vgl. Anm. 207.

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eigene Nachfolger. Auch anderen Kirchen gegenüber wurde das Akakios-Anathem bald zur Conditio sine qua non für die Gewährung von Gemeinschaft. Rom beförderte damit bewusst die Spaltung der Lager. Wer mit den Akakianern in Gemeinschaft stand, konnte nicht die communio Roms haben.473 Die Frage nach der Anerkennung des Akakios war eng mit der Frage nach der Anerkennung Chalkedons verwoben und kombinierte damit abermals hierarchische und dogmatische Ziele: Seit seiner Versöhnung mit Petros Mongos galt Akakios in Rom als Gegner des Konzils und damit als Gegner des dogmatischhierarchischen Primats von Rom. Gelasius wies als erster deutlich auf diesen Zusammenhang hin.474 Auch im Libellus Hormisdae, einer Zusammenfassung römischer Positionen bis hierhin, war er greifbar. An prominenter Stelle war in ihm der Verdammung des Akakios zuzustimmen, während Chalkedon explizit gebilligt werden sollte.475 Diese Linie der Akakios-Verdammung und der Chalkedon-Billigung war allen Päpsten gemein, ging es doch allen um die Durchsetzung ihrer Primatsinteressen. Das galt ausdrücklich auch für Bischof Anastasius, der die Anerkennung des Tomus Leonis durch Alexandria anstrebte. Sein Handeln war somit typisch für das Handeln eines römischen Bischofs. Wie seine Vorgänger und Nachfolger handelte er in erster Linie als römischer Amtsträger. Als solcher konnte er zwar individuell auf aktuelle Herausforderungen reagieren, nicht aber die strukturellen Handlungsvoraussetzungen seines Amts preisgeben.476 Auch weniger deutlich und zentral formulierte Ziele dienten dem Primatstreben. Genannt sei nur die Förderung östlicher Absetzbewegungen von der Reichskirche durch Hormisdas. Selbst die Entspannungspolitik unter Anastasius diente der Durchsetzung römischer Forderungen. Genauso verhielt es sich mit Hormisdasʼ Anliegen, Prozesse gegen „Häretiker“ vor den Apostolischen Stuhl zu bringen, was wiederum den römischen Jurisdiktionsprimat von Serdika verwirklicht hätte. Die Versuche des Hormisdas, seinen Vertrauten Dioscorus 519 zum Bischof von Alexandria zu machen477 und den neuen kirchlichen Status quo durch kaiserliche Befehle absichern zu lassen, waren ebenfalls Aktualisierungen der langfristigen römischen Zielperspektive des kirchlichen Primats. Die unterschied  473 Dies wurde von römischer Seite immer wieder deutlich betont. Vgl. zum Beispiel Berol. 44 (111,27–30; zitiert in Anm. 284); Avell. 79,9 (zitiert in Anm. 306). 474 Vgl. Kap. 6.2.1.; 7.2.3. 475 Avell. app.4,3 (801,12–6): idemque condemnamus atque anathematizamus Acacium Constantinopolitanum complicem atque sequacem uel qui in eorum communionis societate persistunt, quia quorum se communioni quis miscuit, ipsorum meruit in condemnatione sententiam. Vgl. auch Avell. app.4,4 (801,17–9). 476 BAUS 1975, 198; HOFMANN 1953, 66 f. Vgl. Kap. 6.2.2. Auf individuellen Motiven und Dispositionen aufbauende Erklärungen laufen Gefahr, psychologisierende Geschichtsdeutungen zu liefern. Darüber hinaus sind solche Motivlagen in den Quellen schlecht greifbar und insofern oft spekulativ. Zuletzt blenden sie die strukturellen Handlungskontexte der Akteure aus. Vgl. auch RICHARDS 1979, 19–22. 477 Vgl. Anm. 454. Justin war an einer solchen externen Lösung in Alexandria aber anscheinend wenig interessiert. Vgl. NORTON 2007, 98.

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lichen Modi, dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, waren also immer nur den unterschiedlichen Kontexten geschuldet, in denen die jeweiligen Päpste handelten. Die einzelnen Päpste hatten also spezifische Handlungsmöglichkeiten, die jeweils auch von unterschiedlichen aktivierenden Faktoren abhängig waren. Hatte Simplicius im Angesicht der Bedrohung durch das Henotikon noch hoffen können, Johannes Talaia durchzusetzen, musste Felix die Unmöglichkeit dieses Vorhabens erkennen und richtete sich gegen Akakios, wozu ihm die Anklage durch Johannes Talaia den Vorwand lieferte. Fravittas und Euphemiosʼ Bitten um Gemeinschaft nutzten Felix und Gelasius, um die Streichung des Akakios aus den Diptychen zu fordern. Angriffe aus dem Osten zwangen Gelasius dazu, seine primatiale Rolle als Papst begründend zu formulieren. Auf das Scheitern des Gelasius reagierend, ging Anastasius auf seine Gegner zu. Da dies die Einheit der römischen Kirche zerbrechen ließ, schlug Symmachus den entgegengesetzten Kurs ein. Hormisdas schließlich nutzte die Gelegenheit der wachsenden Ablehnung kaiserlicher Kirchenpolitik im Osten – die im Abfall der Epiroten, aber auch im Aufstand des Vitalian478 und den Unruhen in Konstantinopel deutlich wurde – dazu, diese Kirchenpolitik zu unterlaufen. Als dann Justin auf den Thron kam, war für Hormisdas die Zeit gekommen, unter geringen Zugeständnissen die Anerkennung grundlegender römischer Forderungen zu erreichen. Für das römische Handeln war also konstitutiv, dass langfristige Zieldimensionen unter dem Einfluss aktueller Ereignisse in konkreten Forderungen aktualisiert wurden. Spezifische situative Handlungsgründe und -möglichkeiten wirkten auf die Handlungsmodi. Die römischen Bischöfe verstanden sich dabei sehr wohl darauf, solche Handlungsmöglichkeiten variabel zu nutzen.479 Die aktualisierten Forderungen Roms im Akakianischen Schisma waren jeweils dem römischen Primatsziel untergeordnet. Daher verwundert es nicht, dass es kein Ziel der römischen Kirche war, das Schisma um jeden Preis beizulegen. Im Fokus stand nicht eine unbedingte Einheit, sondern vielmehr die Einheit unter unbedingter Wahrung und Durchsetzung eigener Ansprüche.

  478 Hormisdas bezog Vitalian aktiv in sein Vorgehen ein. Die unterschriebenen Libelli Hormisdae sollten zum Beispiel von Vitalian nach Rom gesandt werden: Avell. app.4,5. Die Instruktion des Hormisdas an seine Legaten von 515 belegt darüber hinaus, dass der Bischof im Briefkontakt mit dem General stand: Avell. 116,7–9. 479 Der Aktionsstil des Hormisdas mag als Beleg dafür gelten. Er agierte unter Anastasios grundlegend anders als unter Justin. Vgl. BAUS 1975, 200, der Hormisdas eine große Umsicht und gedankliche Elastizität bescheinigt.

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7.2. Römische Argumentationsformen 7.2.1. Grundlage: Aktualisierung leonischer Positionen Im Schisma, also in der festgestellten kirchlichen Uneinigkeit, spielte die rezeptionelle Akzeptanz von Rechtfertigungsmustern eine besondere Rolle. Die Rechtfertigungen standen in einem engen Wechselverhältnis zur Ordnung, deren Herausbildung sie im Diskurs beförderten. Da eigene Normen argumentativ als gültig erwiesen werden sollten, war die Argumentation ein entscheidender Teil bei der Herausbildung einer neuen normativen Ordnung.480 Die grundsätzlichen Linien römischer Argumentation wurden durch Papst Leo vorgezeichnet. Der hatte sich nach Chalkedon mit drei Rechtfertigungsnarrativen für die Billigung des Tomus Leonis und gegen die Annahme des Kanon 28 eingesetzt. Im Rückgriff auf das biblische Felsenwort Mt 16,18 f. erwies Leo die herausragende Position der sedes Petri; unter Verweis auf den Glauben von Nizäa begründete er die Rechtgläubigkeit des Tomus Leonis; mit dem Hinweis alia tamen ratio est rerum saecularium, alia divinarum bestritt er das auf säkularen Analogien aufbauende Kirchenprinzip der Hauptstadt.481 Diese dreifache leonische Grundlage sollte von seinen Nachfolgern, insbesondere von Gelasius, aufgegriffen werden.482 Da Leos Ausführungen aber der Situation um 451 geschuldet waren, seine Nachfolger jedoch in anderen Kontexten wirkten, begegnen seine Argumente bei ihnen in einer der jeweiligen Situation angemessenen Aktualisierung. Es lassen sich drei Phasen römischer Argumentation im Schisma identifizieren: In der ersten Phase reagierten Simplicius und Felix auf den Ausbruch des Schismas. Die Kontinuierung des Schismas, östliche Angriffe auf Rom und die Thronbesteigung des Anastasios führten zu einer zweiten Phase unter Gelasius. Symmachus und Hormisdas prägten eine dritte Phase gesteigerter Aktivität, in der   480 Vgl. (auch zum im Folgenden verwendeten Begriff des „Rechtfertigungsnarrativs“): FORST – GÜNTHER 2011, v. a. 15–22. 481 Zentral für diese Argumentationskette ist Leo M. epist. 104 (ACO II.4, 55,5–57,16). Zu diesem Brief: Anm. 1; 113 f. Zu den Argumentationsgrundlagen Leos: MICHEL 1953, 501 f. Diese Grundlagen bezogen sich auf Petrus. Gerade aber der Schriftbeleg der petrinischen Lehre war in seiner Interpretation problematisch. So begründete Mt 16,18 f. keine exklusive Bindung des Petrus an Rom. Außerdem war fraglich, ob der Vers Petrus bloß einen zeitlichen oder einen jurisdiktionellen Vorrang gab. Vgl. auch Anm. 114. 482 Auch die zentrale leonische Feststellung, die Ordnung der Kirche sei anders als die der Welt, fand eine gelasianische Aktualisierung: nam quod dicitis ‚regiae ciuitatis‘, alia potestas est regni saecularis, alia ecclesiasticarum distributio dignitatum (Avell. 95,54 [388,9–11]). Wo sich Leo noch gegen den Bischof von Konstantinopel gewandt hatte, nahm Gelasius nach 482/84 den Kaiser ins Visier. KLINKENBERG 1952, 112 ist also Recht zu geben: Leo hatte nicht den Abschluss einer Phase päpstlicher Politik gebildet, sondern nach vorn gewiesen. Die Vermischung der Ebenen von Politik und Religion war im Schisma einer der Hauptvorwürfe Roms gegenüber Akakios. In diesem Punkt bezogen sich die Päpste also auf das Wort ihres Vorgängers Leo von der Ordnung der Kirche und der Ordnung der Welt.

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sich Rom gegen die zunehmend umstrittene Bekenntnispolitik des Anastasios richtete. 7.2.2. Phase 1: Simplicius und Felix III. (II.) gegen Akakios (482–489) 482 wurde deutlich, dass in der Kirche nicht mehr alle Akteure die römisch-leonischen Glaubens- und Organisationsnormen teilten – nicht einmal mehr alle diejenigen, von denen Rom genau das erwartet hatte. Insbesondere Akakios zeigte der römischen Kirche die Differenz zwischen ihrem Anspruch und der Wirklichkeit auf. Diese Differenz setzte die Päpste Simplicius und Felix einem Rechtfertigungsdruck bezüglich ihrer Primatspositionen aus. Rom versuchte daher, Akakios in die Schranken zu weisen. Zunächst zielten Simplicius und Felix darauf, die kirchliche Überordnung Roms durch das Erzwingen von Berichten des Akakios und die Wiedereinsetzung des Johannes Talaia, schließlich auch durch die Vorladung des Akakios zu einer römischen Synode, performativ als gültig zu erweisen.483 Erst als diese Überordnungsbeweise scheiterten, begannen sie, den römischen Primat argumentativ zu rechtfertigen. Die Primatsbegründung ging dabei nur unwesentlich über Leos Formulierungen hinaus und beschränkte sich hauptsächlich auf sein Argument der Petrus-Nachfolge.484 Angesichts der Krise in Alexandria wurde dieses Argument mit der Präsentation der Kirche Alexandrias als sedes beati euangelistae Marci kombiniert.485 Der Evangelist als Gründer der Kirche von Alexandria stellte einen hohen Anspruch an die Orthodoxie des dortigen Bischofs, den Petros Mongos in den Augen Roms nicht erfüllte, wie die Hinweise auf die kanonische Weihe des Johannes Talaia zeigen.486 Zudem wertete diese Art der Argumentation die römi  483 Zu diesen Bemühungen: Kap. 6.1.1. Die Vorladung des Akakios zur römischen Synode findet sich in Berol. 23 (zitiert in Anm. 269), die Benachrichtigung des Kaisers über diesen Schritt Roms in Berol. 22. Zu welchem Ergebnis diese Verhandlung über die Anklagen des Johannes Talaia führen sollte, zeigt schon dessen Titulierung im römischen Schreiben als frater et coepiscopus noster Iohannes: Berol. 23 (75,13). 484 Aus einer ganzen Reihe von Beispielen exemplarisch: Berol. 20 (69,5–7); 23 (75,16–20); 33 (81,8–13). Ein rhetorischer Höhepunkt war sicherlich Felixʼ Aufforderung an Zenon, sich zwischen dem Apostel Petrus und Petros Mongos zu entscheiden: unde quoniam adhortationem meam duxistis onerosam, in uestro relinquo deliberationis arbitrio utrum beati apostoli Petri ‹an› Alexandrini Petri cuiquam sit eligenda communio (Berol. 33 [81,23–5]). 485 Zum Beispiel Berol. 20 (69,6). Dies verwies einerseits auf eine mittelbar petrinische Gründung der Kirche von Alexandria, immerhin galt der Evangelist Markus als Schüler des Petrus. Andererseits konnte dadurch gleichzeitig die römische Überordnung – oder im Konflikt mit Konstantinopel: die römische Zuständigkeit – über den Sitz der ägyptischen Metropole begründet werden. 486 Die Päpste wiesen in der Korrespondenz mit dem Osten immer wieder deutlich darauf hin, dass sie Johannes Talaia für den rechtmäßigen Bischof von Alexandria hielten. Zum Beispiel Avell. 99,22 (448,15–449,1): defuncto isto Timotheo episcopo oeconomus ille Iohannes […] catholicus a catholicis episcopus ordinatur. Vgl. auch Avell. 68,2 (151,15–152,4) und Be 

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sche Apostolizität auf, den Rang der Hauptstadtkirche aber ab: Alexandria wurde als Rom untergeordneter Petrus-Sitz dargestellt, Konstantinopel implizit darauf hingewiesen, überhaupt keine apostolische Gründung zu sein. Bei alldem richtete sich die Kritik Roms allein gegen Akakios. Simplicius und Felix hielten beispielsweise fest, dass Akakios selbst noch wenige Monate zuvor Petros Mongos verurteilt hatte. Der Meinungsumschwung des Bischofs, der sich auch in dem römischen Vorwurf über den Bruch des Versprechens an Timotheos Salophakiolos bezüglich eines „orthodoxen“ Nachfolgers zeigt, war für Rom nur mit der Anmaßung kirchlicher Rechte durch den Bischof von Konstantinopel zu erklären.487 In dieser Konzentration auf den Patriarchen wurde dem Kaiser, insbesondere durch Simplicius, weiterhin eine positive Rolle zugeschrieben. Die römischen Bischöfe baten Zenon sogar mehrfach, zugunsten der „Orthodoxie“ in die östlichen Wirren einzugreifen, warnten ihn aber auch, dass das Vordringen der „Häretiker“ die Erosion des Reichs vorantreibe und die kaiserliche Macht bedrohe.488 Nicht einmal beim Erlass des Henotikon war Kritik am Vorgehen des Kaisers zu hören. Die Vorgänge im Osten wurden allein als Werk des Akakios gesehen. Weil Akakios aber zu keinem Einlenken bereit war, mussten die Päpste zur Begründung ihrer Ansprüche weitere Argumente finden. Nun wies Rom auf Parallelen zwischen Johannes Talaias Flucht nach Rom und der Flucht des Athanasios I. von Alexandria zum römischen Bischof Julius im vierten Jahrhundert hin. In Anlehnung an das Vorgehen des Julius in dieser Frage und im Bestreben, durch die Regelung des aktuellen Falles die Überordnung der römischen Kirche über die Kirchen von Alexandria und Konstantinopel zu erweisen, lud Papst Felix   rol. 23 (75,13). Dementsprechend wurde die Weihe des Petros Mongos als unkanonisch dargestellt: Anm. 157. 487 So wertet es jedenfalls wenig später Gelasius: postquam ergo non solum nihil profecisse litteras decessoris sui sanctus Felix papa cognouit et ludibria quaedam ab Acacio fieri in euersionem fidei et totius ecclesiasticae disciplinae […] (Avell. 99,27 [451,8–11]). Veron. 11 (41, 28) wirft Akakios praeuaricatio vor, während Gelasius Petros Mongos in Berol. 43 (109,1–7) ambitio unterstellt. Zur negativen Bewertung des akakianischen Verhaltens auch: Berol. 21 (70,16 f.); Veron. 7 (18,5–7): sed religiosi uiri atque perfecti secundum canones concessam sedi apostolicae potestatem nimirum conantur eripere et sibimet eam contra canones usurpare contendunt. 488 Simplicius stellt in Veron. 1 (3,4–7) fest, dass er Zenon oft um die Ausweisung des Timotheos Ailuros aus Alexandria gebeten habe. Seit dem Scheitern des Basiliskos hatte Rom Zenon immer wieder daran erinnert, dass er seine Restituierung Chalkedon verdanke. Erstmals wurde dieser Gedanke in Avell. 60 formuliert: Anm. 149. Daran knüpfte Felix 483 in seiner Wahlanzeige an und warnte Zenon, auch im Interesse seiner Herrschaft, eindringlich vor neuerlichen „häretischen“ Einflüsterungen: Berol. 20 (64,25–65,4; 69,1–4). Das Richten der Kritik auf Akakios als kaiserlichen Berater ermöglichte es Simplicius noch, Zenon nicht direkt anzugreifen. Erst unter Felix kam es zu einer ersten leisen Kritik am kaiserlichen Wirken. Trotzdem geriet der Kaiser auch unter ihm noch nicht grundsätzlich in die römische Schusslinie. Vgl. DVORNIK 1966, 801–3. Ohnehin sollten mit KOCH 1935, 64 f. die Unterschiede im Vorgehen zwischen Simplicius und Felix nicht allzu groß gemacht werden.

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Akakios nun zu einem Prozess über die Anklagen Johannes Talaias nach Rom.489 Den dabei von Felix deutlich formulierten Hinweis auf die petrinisch begründete Binde- und Lösegewalt Roms490 nahm auch Gelasius später wieder auf. Als Akakios der Ladung nicht Folge leistete, wurde er von Felix verdammt. Diesen Schritt begründete der Papst unter anderem damit, dass das Fernbleiben des Patriarchen einem Schuldeingeständnis gleichkomme.491 Der Versuch, eigene Rangansprüche durch die Wiedereinsetzung des Johannes Talaia bestätigen zu lassen, war damit aber gescheitert. Rom musste somit ein neues Ziel formulieren, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen. Felix forderte die Kirchen des Reichs daher auf, sich von Akakios zu trennen. Die Frage nach Annahme oder Verwerfung des Akakios sollte von da an bis 519 im Mittelpunkt des kirchlichen Streits stehen. 7.2.3. Phase 2: Gelasius, der Primat und das Akakios-Urteil (489/92–496) Bis zum Tod des Akakios im Jahr 489 kam es kaum noch zu Aktivitäten. Schon seit 485 hatte Rom keine Legaten mehr in den Osten gesandt und damit die Gültigkeit der Akakios-Exkommunikation betont. Neue Bewegung in den Konflikt kam erst mit neuen Akteuren: Akakiosʼ Nachfolger wandten sich verschiedentlich an Rom; der neue Kaiser Anastasios baute seine Kirchenpolitik verstärkt auf dem Henotikon auf; in Rom wurde Gelasius 492 zum Bischof geweiht. Dieser musste nun auf neue Herausforderungen reagieren. In der Hauptstadt residierten Bischöfe, die Chalkedon vertraten, die Verdammung des Akakios aber ablehnten und sich auf dieser Grundlage gegen die Ausschlusspolitik Roms wandten. Diese Situation führte zu neuen Aktualisierungszwängen römischer Position und Argumentation. Es ging nicht mehr darum, Johannes Talaia als Bischof von Alexandria durchzusetzen oder Akakios persönlich anzugreifen. Jetzt ging es darum, die Rechtmäßigkeit des Urteils über Akakios zu begründen und zu rechtfertigen, weshalb dieses Urteil auch nach dem Tod des Bischofs aufrechtzuerhalten war.492 Vor allem Gelasius versuchte nun verstärkt, gerade die illyrischen Kirchen an Rom zu binden, um so einen größeren Druck auf Konstantinopel ausüben zu können.493   489 Die Vorladung nahm dabei explizit Bezug auf das Beispiel des Athanasios: […] quem morem maioris sui beatae memoriae Athanasii exemplo priorum nostrorum non potuimus refutare (Berol. 23 [75,15 f.]). 490 Berol. 23 (75,17–9; zitiert in Anm. 269). 491 Veron. 5 (7,7–9). Siehe auch Kap. 6.1.1. 492 Der Kern der östlichen Vorwürfe war, dass Rom einen Streit um Namen führen würde. In der Tat ging es 482/84 vorrangig um Konflikte bezüglich der Jurisdiktionsrechte, die sich an Akakios, Petros Mongos, Simplicius und Felix entzündet hatten. Vgl. FREND 1976, 69. Insofern war der unmittelbare Streitgegenstand mittlerweile tatsächlich weggefallen. 493 Vgl. die breite Korrespondenz des Gelasius mit kirchlichen Akteuren des Balkanraums: Avell. 79; 80; 81; 95; 101; 104. Dieses Vorgehen wurde später von Symmachus und insbesondere von Hormisdas aufgenommen und fortgeführt: Kap. 6.3.1; 7.2.4.

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Dazu systematisierte Gelasius die römischen Anschauungen zum Primat. Deutlich verwies er nun immer wieder auf die in Mt 16,18 f. angelegte päpstliche Binde- und Lösegewalt.494 Das war auch ein Reflex auf die aktuellen Diskussionen, zeigte Gelasius damit doch, dass Rom das Urteil über Akakios sehr wohl zugestanden habe. Zudem konnte die Schlüsselgewalt dem Osten gegenüber auch werbend eingesetzt werden. So stilisierte Gelasius die Rehabilitation des Misenus zum apostolicae miserationis exemplum.495 Daneben lag in dieser Argumentation auch eine deutliche Spitze gegen Konstantinopel. Immerhin besitze der Bischof dort, so Gelasius, eine entsprechende Kompetenz nicht. Akakios hätte die Reue eines Priesters von Alexandria im Gegensatz zu Rom gar nicht annehmen dürfen.496 Angesichts zunehmender östlicher Offensiven setzte Gelasius aber nicht allein auf diese exegetische Rechtfertigung des Handelns seiner Vorgänger. Die Verurteilung des Akakios sicherte er auch synodaltheoretisch ab. Bei ihm finden sich in großer Dichte Ausführungen über die Mitverurteilung des Akakios im Konzil von Chalkedon. Durch die Gemeinschaft mit den Nachfolgern der 451 verurteilten Häretiker habe sich Akakios selbst mit deren Häresie befleckt. Seit Gelasius wurde Akakios nun von allen Päpsten in einem Atemzug mit Dioskor, Timotheos Ailuros, Petros Mongos und sogar Eutyches genannt.497 Konfrontiert mit dem öst  494 Hierzu die Gelasius-Rede bezüglich der Wiederaufnahme des Misenus: Avell. 103,14–30, v. a. 27–9. Da in der Bibelstelle Petrus-Primat und Schlüsselgewalt untrennbar verbunden sind, hatten auch die Vorgänger des Gelasius bereits implizit mit Verweisen auf die Bindeund Lösegewalt gearbeitet. Felix hatte sie bei der Vorladung des Akakios sogar explizit benannt: Berol. 23 (75,17–9; zitiert in Anm. 269). Bei Gelasius rückt der direkte Verweis auf diese sich aus Mt 16,18 f. hergeleiteten Rechte aber derart in den Vordergrund, dass man durchaus von einer neuen Schwerpunktsetzung in der auf dem Felsenwort aufbauenden Argumentation sprechen kann. 495 Avell. 103,27 (484,20). Vieles spricht aber dafür, dass Gelasius diese Rehabilitation durch seinen Klerus aufgezwungen wurde. Vgl. BLAUDEAU 2002, 521–5; HOFMANN 1953, 58 f. Siehe auch Anm. 325. 496 Die alleinige Zuständigkeit Roms für den zweiten und den dritten petrinischen Sitz, Alexandria und Antiochia, zeigt Gelasius in Berol. 43 (109,24–8; zitiert in Anm. 305). Gelasius führte die leonischen Gedanken also konsequent fort, betonte dabei aber stärker als sein Vorgänger die Aufgabe Roms, über die Einheit der Kirche zu wachen. Vgl. BAUS 1975, 195–8. 497 Vgl. vor allem die Aufzählung der Häretiker in Avell. app.4,2 f. (801,7–16). Sie findet sich bereits bei Felix in Berol. 34 (83,30–84,3) und später bei Hormisdas unter anderem in Avell. 140,15 (580,21–582,5; fortgesetzt mit Severos, Philoxenos und Petros von Apamea). Gelasius begründet diese fortwährende Gültigkeit der chalkedonischen Sentenzen in Veron. 7 (17,6– 9): Acacius quippe non fuit noui uel proprii inuentor erroris, ut in eum noua scita praecederent, sed alieno facinori sua communione se miscuit. itaque necesse est ut in illam recideret iusta lance sententiam quam cum suis successoribus per conuenientiam synodalem susceperat auctor erroris. Davon war 484 in dieser Deutlichkeit noch keine Rede. Damals ging es bezüglich des Petros Mongos zwar bereits um Vorwürfe der Häresie, bezüglich des Akakios aber in erster Linie noch um seinen Ungehorsam. Das Argument der Ansteckung des Bischofs durch seinen Kontakt zu Petros Mongos war in der Verdammung des Akakios bereits angelegt, nicht aber so konsequent ausformuliert wie jetzt von Gelasius. Dieses der Me 

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lichen Vorwurf, Felix habe mit der Verurteilung des Akakios unkanonisch gehandelt, verwandte Gelasius im Gegensatz zu Simplicius und Felix nun mehr Energie darauf, den Akt der Verurteilung des Akakios zu rechtfertigen. Dagegen war der Erweis der rechtmäßigen Ansprüche Johannes Talaias auf das alexandrinische Bischofsamt von seiner Agenda verschwunden.498 Der Papst verteidigte aber nicht nur das römische Vorgehen, sondern wandte sich auch zunehmend offensiv gegen Konstantinopel. In dem Maße wie Rom in Übereinstimmung mit den Kanones gehandelt habe, habe Konstantinopel gegen diese verstoßen. So habe Akakios schon allein mit der Aufnahme des Petros Mongos seine Kompetenzen weit überschritten.499 Häufig verwies Gelasius darüber hinaus auch auf die angeblich nicht synodal gestützte Verurteilung Johannes Talaias und die unkanonische Wiedereinsetzung des Petros Knapheus in Antiochia. Diese Punkte rückten abermals Akakios in den Fokus, auch wenn diesem zumindest bezüglich Petros Knapheus kein Vorwurf zu machen war.500 Akakios spielte in der gelasianischen Argumentation also weiterhin eine prominente Rolle. Fast scheint es, als schwänge eine persönliche Verbitterung mit. Wie sehr die ausbleibende Reaktion des Akakios in der für Rom prekären Situation um 482 das Papsttum getroffen hatte, zeigt sich auch daran, dass sich Gelasius noch viele Jahre später empörte, dass die päpstlichen Schreiben im Osten seinerzeit einfach ignoriert worden seien.501   dizin entliehene Bild an sich geht auf den biblischen Text 1Kor 12,26 zurück. Vgl. BLAU2005b, 505–11; DERS. 2006d, 168–77; PIETRI 1985, 873. Durchaus plausibel ist es, wie FREND 1972, 194, die Prominenz dieser Argumentation auf afrikanisch-theologische Einflüsse des gebürtigen Afrikaners Gelasius zurückzuführen. Vielleicht war Johannes Talaia bereits gestorben. Laut Liberat. 17,121 war der Ägypter noch unter Felix mit dem italischen Bistum Nola entschädigt worden. Theophan. a.5984 (491/92, 137,13–20) (= Theod.Anagn. HE epit. 452) weiß von einer Konstantinopel-Reise des Johannes Talaia zum Amtsantritt des Anastasios 491. Auch der neue Kaiser verweigerte dem Ägypter aber die Anerkennung, sodass dieser wiederum nach Rom zurückkehrte. Vielleicht wurde er erst zu dieser Gelegenheit zum Bischof von Nola gemacht. Jedenfalls musste Felix und Gelasius ab 491 klar sein, dass weitere Versuche, ihn durchzusetzen, erfolglos bleiben würden. PIETRI 1987, 294 f. vermutet, dass Johannes Talaia spätestens 496 gestorben sein muss, da in diesem Jahr ein neuer Bischof für Nola bezeugt sei. Vgl. Anm. 305; 315; 496. Gelasius brachte Akakios nichtsdestotrotz in Avell. 99,29 mit der Absetzung des Kalandion und der neuerlichen Einsetzung des Petros Knapheus in Verbindung. Dass Akakios an dessen Wiedereinsetzung aber keine Schuld traf, muss Rom gewusst haben. So zog Gelasius selbst den Widerstand des Akakios gegen Petros Knapheus zu anderen Gelegenheiten heran, um die generell sehr wohl vorhandene Widerstandsbereitschaft seines Gegners zu belegen. Vgl. Avell. 95,43.68; Veron. 10 (27,35 f.; 32,8–10). Dazu: Anm. 314. Avell. 99,20 (448,4–8): per ferme triennium uel amplius sanctae memoriae papa Simplicius numquam destitit scribere ad Acacium episcopum, ut fieret de Petro quod Timotheus episcopus postulabat. scriptum est etiam principi sed numquam inde rescriptum est. Gelasiusʼ Zeitangaben bezüglich der Dauer des Schweigens schwanken dabei zwischen den hier erwähnten drei und anderweitig bezeugten fünf Jahren (Veron. 11 [40,1–3]). DEAU

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In diesem Punkt ging Gelasius nun auch über den Fall des Akakios im eigentlichen Sinne hinaus und griff das politische Kirchensystem an, das die argumentative Grundlage für die Rangansprüche der Kaiserstadt lieferte. So bestritt er Konstantinopel mit der Bezeichnung paroecia Heracliensis ecclesiae einen erhöhten Rang und wies darauf hin, dass Kirchen kaiserlicher Residenzen nicht zwangsläufig größere Rechte zukämen.502 Über das Kirchenprinzip gelangte Gelasius damit auch zur Kritik am kaiserlichen Vorgehen. Anastasios hatte begonnen, die Henotikon-Politik auf das gesamte Reich auszuweiten. Ausgehend von Leos Feststellung, dass die Ordnung der Kirche eine andere sei als die der Welt, sprach sich der Papst in seiner Zweigewaltenlehre daher für eine Abgrenzung der kirchlichen Einflusssphären von Kaisern und Bischöfen aus.503 Kaiserliche Übergriffe auf das den Priestern vorbehaltene Gebiet des Glaubens waren für Gelasius nicht hinnehmbar: Der Kaiser sei der Sohn der Kirche, nicht ihr Führer.504 Daher habe ein Kaiser, vor allem auch der „häretisierende“ Anastasios, auf die Ratschläge der Bischöfe zu hören. Maßgeblich seien dabei die apostolischen Bischöfe, an ihrer Spitze der Bischof von Rom.505 Durch diesen Rückverweis auf die Apostolizität Roms wurde die Zweigewaltenlehre wiederum eng mit römischen Primatsansprüchen verknüpft. Rom sah sich, so zeigt es Gelasius, als Hort der Orthodoxie. Aus dieser Position heraus konnte die Bewertung der Rechtgläubigkeit anderer Akteure ausschließlich dem Bischof von Rom zustehen. Diese Bewertung konnte sich in Pauschalurteilen äußern, wie dem, dass Griechen generell zu Häresien neigen würden.506 Sie konnte aber auch eng umrissene Fälle betreffen. So sprach Papst Felix,   502 Vgl. Anm. 316 f. Implizit verweist Gelasius damit auf eine grundsätzliche Gefahr des politischen Kirchenprinzips. Der Kaiser konnte die Hauptstadt, und damit die kirchlichen Rechte derselben, jederzeit transferieren. Vgl. dazu MICHEL 1953, 497. Während der Verlust des eigenen Hauptstadtranges ursprünglich ein Problem für die römischen Ansprüche gewesen war, hatte Gelasius nun die Argumentation umgekehrt. Mittlerweile wollte der Papst gar kein Hauptstadtbischof mehr sein. 503 Veron. 8 (20,5–22). Die Zweigewaltenlehre hatte im Henotikon also einen klar zu benennenden Anlass und Widerpart. Als dieser Widerpart 519 verschwand, verlor auch die Lehre des Gelasius ihre unmittelbare Relevanz. Der Papst hatte sich eben nicht an eine theoretische Neufundierung des Verhältnisses von Kaisertum und Kirche gemacht, sondern nur einem bestimmten Kaiser, nämlich Anastasios, seine Grenzen aufgezeigt. Zur Zweigewaltenlehre auch: Anm. 322 f. 504 Veron. 11 (35,31 f.): sed imperator catholicus est, salua pace ipsius dixerimus: filius est, non praesul ecclesiae. Zur Einpassung in den Arbeitsteilungsgrundsatz des Gelasius: ULLMANN 1978, 58 f. Das Bild des Kaisers als Sohn der Kirche taucht zwar schon bei Gelasiusʼ Vorgängern auf, hat dort aber einen weniger abgrenzenden als ehrenden Unterton: DVORNIK 1966, 803 f.; MCGRADE 1970, 11 f. In dieselbe Richtung geht die von Rom häufig gebrauchte discere-docere-Antithese. Vgl. Berol. 33 (82,18–23). Zu dieser: ULLMANN 1960, 29 f. 505 Veron. 8 (23,9–11): apostolicae uero sedis auctoritas quod cunctis saeculis Christianis ecclesiae praelata sit uniuersae, et canonum serie paternorum et multiplici traditione firmatur. 506 Avell. 79,4 (220,21 f.): apud Graecos, quibus multas haereses abundare non dubium est […]. Der Vorwurf war bereits topisch, ließ sich laut PIETRI 1985, 883 schon bei Leo finden: „Tout le mal vient de l’hellénisme et de son excessive subtilité; l’hérésie est greque.“ Gelasius  

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beraten durch Gelasius, Euphemios von Konstantinopel zwar die persönliche Rechtgläubigkeit zu, verweigerte ihm aber wegen der fehlenden Verurteilung des Akakios die Anerkennung als Bischof.507 Gelasius wies entsprechend häufig darauf hin, dass der rechte Glauben immer schon von Rom überliefert und verteidigt worden sei.508 Es waren solche Aussagen und Gesten, die weitere östliche Angriffe gegen Rom und Gelasius hervorriefen und das Schisma zunehmend dynamisierten. Das hing auch mit einer Fehleinschätzung der Akteure Konstantinopels nach dem Tod des Akakios zusammen: Während der östliche Episkopat offensichtlich meinte, mit dem Ableben der Protagonisten von 482/84 seien auch die Streitpunkte zwischen ihnen weggefallen, beharrte Gelasius weiter auf der von Felix formulierten Forderung nach der Trennung von Akakios. Diese Trennung war nach dessen Tod durch die Streichung seines Namens aus den Diptychen zu vollziehen. Im Gegensatz zu Felix begründete Gelasius diese Forderung nun aber so breit, dass das Schisma wie ein Kampf um den bloßen Namen des Akakios wirken konnte – was Rom auch vorgeworfen wurde.509 Um dagegen die Häresie des Akakios zu belegen und so auch die faktische inhaltliche Seite des Konflikts zu betonen, wies der Papst beständig auf die Bannung des Petros Mongos durch Akakios nur kurze Zeit vor dem Henotikon hin. Die Heterodoxie des Petros Mongos habe somit niemals zur Debatte gestanden. Akakios habe die Erfordernisse des rechten Glaubens gekannt und auch lange danach gehandelt, das gestand Gelasius zu.510 Mit den Ereignissen von 482 habe Akakios nun aber Anteil an der Häresie des Petros Mongos bekommen – wozu der Bischof von Zenon keineswegs gezwungen worden sei. Gelasius stellte vielmehr fest, dass sich Akakios zuvor gegenüber Basiliskos und auch gegenüber Zenon sehr wohl als fähig erwiesen habe, erfolgreich Widerstand zu leisten. Dass er  

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brachte diesen Gedanken aber in der ihm eigenen sprachlichen Radikalität nun sehr deutlich zum Ausdruck. Theod.Anagn. HE epit. 442 (= Theophan. a.5983 [490/91, 135,17–20; zitiert in Anm. 291]). Die klare Zuschreibung von Handlungen an Felix oder an Gelasius ist häufig nicht möglich. Selbst wenn aber die Anerkennung der Orthodoxie des Euphemios noch durch Felix vorgenommen wurde, ist Gelasius sicherlich ein bedeutender Anteil an diesem Schritt zuzugestehen. Zum Beispiel Avell. 79,7: super his autem frequenter ab apostolica sede et per beatae memoriae sanctum Leonem et per successores eius certum est Graecos fuisse conuictos, sicut ipsorum cartis, quas apud nos habemus, sine ambiguitate monstratur. Wie in Veron. 8 (23,9–11; zitiert in Anm. 505) ist auch hier die römische Orthodoxie einem östlichen Hang zur Häresie entgegengestellt. Vor dieser Folie muss die Selbstdarstellung des Afrikaners Gelasius als Romanus natus (Veron. 8 [19,27]) verstanden werden. Dass es die Aufgabe Roms sei, auf die Einheit der Kirche zu achten, betont Gelasius auch in Veron. 12 (50,12–4). Vgl. SIEBEN 1979, 134 f.; SUSMAN 1964, 155–8. Avell. 101,10 (467,20–468,1; zitiert in Anm. 307). Vgl. auch Kap. 6.2.1. So habe Simplicius zunächst auch gar nicht geglaubt, dass Akakios wirklich vom rechten Glauben abgewichen wäre: Avell. 95,11 (372,20 f.).

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482 wider besseres Wissen nicht genauso gehandelt hatte, machte sein Vergehen umso schlimmer.511 7.2.4. Phase 3: Abgrenzung zum Osten unter Symmachus und Hormisdas (506–519) Nach Gelasius kam es zum Abflauen der Diskussion. Unter ihm waren zunächst alle Argumente ausgetauscht worden. So wählte der neue Papst Anastasius ein weniger konfrontatives Vorgehen. Er versuchte, römische Ziele im Dialog mit Konstantinopel zu erreichen und gestand dem Kaiser wieder eine positivere Rolle in kirchlichen Prozessen zu. Trotzdem vertrat auch Anastasius die Bindung der Orthodoxie an die sedes Petri und ist daher schwerlich als Fremdkörper in der Reihe der Päpste zu sehen.512 Sein früher Tod beendete sein Wirken aber vorzeitig. Da die römische Kirche daraufhin im Konflikt zwischen Laurentius und Symmachus über Jahre hinweg weitgehend mit sich selbst beschäftigt war, ruhten die Kontakte mit dem Osten nun bis 506/07 und kamen erst wieder in Gang, als Symmachus sich gegen seinen innerrömischen Rivalen durchgesetzt hatte. Symmachus und sein Nachfolger Hormisdas setzten dem Osten gegenüber in ihrer Argumentation andere Schwerpunkte als ihre Vorgänger. Es waren vor allem Umstände der Bekenntnispolitik des späten Kaisers Anastasios, die die beiden Päpste auf eigene Wege im Konflikt mit Konstantinopel führten.513 Darüber hinaus lagen die Geschehnisse um Akakios mittlerweile so lange zurück, dass die Frage nach der Rechtmäßigkeit der mit ihm verbundenen Akte der Frage nach seiner Streichung aus den Diptychen gewichen war. Kirchenrechtliche Argumente gegen Akakios finden sich bei Symmachus und Hormisdas daher so gut wie keine mehr. Sie wurden von den beiden Päpsten lediglich an einigen wenigen Stellen wiederholt, zum Beispiel im Libellus Hormisdae, der aber ohnehin nur eine Zusammenfassung bisheriger Diskussionen war. Akakios sei schon in Chalkedon verurteilt worden, da er sich durch seine Gemeinschaft mit Petros Mongos unter die Gegner des Konzils eingereiht habe.514 Solche vereinzelten synodaltheo  511 Veron. 12 (52,6–11). Zur ambivalenten argumentativen Nutzung der Knapheus-Wiedereinsetzung, die von Gelasius mal als Beispiel für Kirchenrechtsverletzungen, mal als Beispiel des Widerstandswillens des Akakios angeführt wird: Anm. 500. 512 Vgl. Kap. 6.2.2. Im Prinzip forderte er vom Kaiser das, was Hormisdas später mit seinem libellus erreichte: die kaiserliche Durchsetzung einer römischen expositio fidei. Vgl. Anastas. epist. 1,6 (619). Ein solches Edikt wäre mit der kaiserlich befohlenen Bindung der Orthodoxie an den Bischof von Rom im Dreikaiseredikt von 380 vergleichbar gewesen. 513 Zu den veränderten Rahmenbedingungen der östlichen Kirche und der kaiserlichen Bekenntnispolitik, die mit dem Wirken des Severos zusammenhingen: Kap. 6.2.4; 11.3. 514 Avell. app.4,2 f. (801,7–16). Dieses Argument des Hormisdas ist eindeutig gelasianisch und unterstreicht damit den Charakter des libellus als Sammlung bisheriger römischer Positionen und Argumente. Auch Symmach. epist.ad Anast.Imp., 155,19–29 geht auf Akakios ein, aber  

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retischen Belege zum Fortwirken Chalkedons reichten aber nicht an die massenhafte Verwendung dieses Arguments bei Gelasius heran. Der war bezüglich dieses Punkts aber auch direkt angegriffen worden. Gleiches galt für Symmachus und Hormisdas wohl nicht. So ging unter Symmachus und Hormisdas die unmittelbare Kritik Roms am Handeln des Akakios zurück. Der Täuschung Roms durch Akakios, die zur Aufnahme des Petros Mongos in die Gemeinschaft geführt hatte, wurde ebenso wenig Raum gewidmet wie der Beschreibung der akakianischen Anmaßungen, obwohl beide Aspekte in früheren Phasen des Schismas noch äußerst prominent behandelt worden waren. Hormisdas zeigte sich nach dem Umschwung von 518/19 im Gegenteil sogar dazu bereit, die Autorität des aktuellen Bischofs von Konstantinopel für seine eigenen Ziele zu nutzen515 – freilich erst, nachdem die Unterschrift unter dem libellus symbolisch die Überordnung Roms über den Osten ausgedrückt hatte.516 Die Päpste nach 496 waren also nicht mehr in ähnlich direkter Weise wie Simplicius, Felix und Gelasius von den Vorgängen um Akakios betroffen. Eine gewisse Bitterkeit ihm gegenüber, die bis zu Gelasius noch spürbar war, wich anderen Schwerpunkten: Symmachus und Hormisdas waren stärker auf den Kaiser fixiert, da Anastasios die kirchliche Entwicklung im Osten immer mehr zu Roms Ungunsten beeinflusste. Daneben konzentrierte sich Rom nun stärker auf den eigenen Sitz und den eigenen Primat. In diesem Sinne führten die beiden Päpste die gelasianischen Ansätze durchaus fort, setzten aber eigene Schwerpunkte. Dementsprechend sind die Argumentationsformen, die auf das Herausheben des römischen Primats zielten, bei Symmachus und Hormisdas überrepräsentiert. Dies liegt unter anderem auch an den internen Auseinandersetzungen zu Beginn von Symmachusʼ Pontifikat, in deren Ergebnis die Nichtjudizierbarkeit des Papstes festgestellt wurde, was eine weitere Stärkung seiner Position zur Folge hatte.517 Symmachus war bereit, diese neue Begründung für seinen Primat auch gegen den Osten zu richten. So riet er dem Kaiser, er solle sich keine Gedanken über   nur, um die Exkommunikation des Kaisers zu rechtfertigen. Der Fokus hat sich also deutlich verschoben. 515 Aus der Instruktion an die römischen Gesandten von 519 (Avell. 158,11 [607,3–7]): quod si in hac parte imperator aliquid difficultatis attulerit, episcopus Constantinopolitanus directis praeceptionibus episcopis suis paroecialibus uel ceteris metropolitanis praesentibus eis, qui a uobis pariter directi fuerint, quid ipse fecerit, innotescat. In Avell. 169,8 f. fordert der Papst darüber hinaus von Johannes, dass dieser den Kaiser dazu bringen solle, die Befriedung der Kirche auch in Syrien und Ägypten konsequent durchzusetzen. Hormisdas sah dies also nicht zwangsläufig als gegeben an. Für den Fall, dass sich der Kaiser Roms Ansinnen widersetzen sollte, wollte Hormisdas daher über den Hauptstadtbischof Druck auf Justin ausüben. Dieses Vorgehen erinnert an Simplicius, der, seinerzeit erfolglos, versucht hatte, Akakios für die Erfüllung römischer Ziele einzuspannen. 516 Ob aber die Formel, wie CARCIONE 1999, 30 meint, die Überordnung des sacerdotium über das regnum impliziert, sei dahingestellt. Faktisch erlebte das Kaisertum bezüglich seines Einflusses auf die Kirche unter Justin einen Aufschwung, diesmal allerdings mit der Billigung Roms. 517 Vgl. Kap. 6.2.3.; 6.3.1.

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die Legitimität des Papstes machen, da ein Urteil darüber Gott allein zustehe.518 Damit gab Symmachus dem aus der Not geborenen Ausgang der gegen ihn gerichteten Synodalverhandlung eine neue Stoßrichtung: Der Papst war unangreifbar und damit anderen Bischöfen, aber auch dem Kaisertum, übergeordnet. Symmachus und Hormisdas griffen zum Erweis des römischen Primats in der Kirche auch auf den beinahe schon topischen Hinweis der Nachfolge Petri zurück. Dabei stützten sie sich besonders auf die angeblich Rom zugesprochene Gewalt zum Binden und Lösen. Interessanterweise betonte Hormisdas den Aspekt des Lösens dabei etwas stärker als den des Bindens. Dies muss im Zusammenhang mit seinem libellus gesehen werden, der dem östlichen Episkopat zu Roms Bedingungen einen Weg zur Rückkehr in die Gemeinschaft wies.519 Dass Rom damit die wachsende Unruhe innerhalb der kirchlichen Strukturen des Ostens beförderte, muss dem Papst bewusst gewesen sein. Es war schließlich erst dieser Kontext, der ihn überhaupt den libellus formulieren ließ. Genau wie Symmachus strebte er danach, die kirchliche Opposition des Ostens zu stärken und für Rom zu gewinnen. Hoffnungen auf ein Einlenken des Anastasios hatte Rom offensichtlich nicht mehr, was eine argumentative Abgrenzung Konstantinopel gegenüber umso notwendiger machte.520 Die übrigen Grundlagen der eigenen Argumentation blieben traditionell. Gerade die Forderung nach der vorbehaltlosen Verdammung des Akakios wurde von Hormisdas ständig wiederholt und auch allen seinen Gesandten mit auf den Weg nach Konstantinopel gegeben.521 Eine eingehende Begründung erfuhr diese Forderung allerdings nur noch selten. Auch negierte Rom bis 518 konsequent und zunehmend radikal die Orthodoxie der Kaiserstadt und ihrer Bischöfe.522 Das war   518 Symmach. epist.ad Anast.Imp., 155,10–5. 519 Zwar schloss die Lösegewalt die Bindegewalt immer mit ein, Hormisdas betonte aber diese eine Seite seiner Vollmacht, indem er den Bischöfen des Ostens ermöglichte, wieder mit ihm in kirchliche Gemeinschaft zu treten. Zur von Hormisdas betonten Möglichkeit der Wiedererlangung der Gnade Gottes vgl. Avell. 126,12 (543,7–10); 129,12. 520 Dass Hormisdas selbst nicht damit rechnete, dass Anastasios seine Forderungen würde annehmen können, stellt schon ENSSLIN 1947, 299 fest. Vgl. in diesem Zusammenhang abermals das Schreiben des Papstes an Avitus von Vienne: Avell. 137,12. Die Notwendigkeit zur Abgrenzung fiel jedoch 518/19 weg. Es ist daher kein Zufall, dass Hormisdas Kaiser Justin gegenüber nun Positionen vertrat, die an Papst Anastasius erinnern. Während dieser aber noch an der dogmatischen Positionierung von Kaiser Anastasios gescheitert war, war die inhaltliche Differenz zwischen Papst und Kaiser nun ausgeräumt. Rom konnte die Rolle des Kaisers wieder positiv bewerten. 521 Avell. 116a,1 (520,7–11; an die Gesandtschaft von 515); 158,7 f. (an die Gesandtschaft von 519). Die Gesandtschaft von 517 hatte keine ähnlich detaillierten Anweisungen für ihre Verhandlungen im Osten an die Hand bekommen, war ihr Ziel doch nicht vorrangig, einen Ausgleich mit der Hauptstadt zu erreichen. Vgl. auch Symmach. epist.ad Anast.Imp., 155,22–9. 522 Symmachus forderte seine Briefpartner im Osten zur Abtrennung von Konstantinopel auf. Vgl. Avell. 104,7.15 (492,3–9): unde addictorum fugienda communio; […] declinemus sacrilegum Eutychetis errorem cum Manichaea malitia congruentem; communionem quoque eorum, qui sunt a talibus educati, pari intentione uitemus, quae nunc quasi morbosa contagio  

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ebenfalls Teil von Hormisdasʼ Strategie: Rom präsentierte sich im Osten als einzige rechtgläubige Alternative zum kaiserlichen Konstantinopel. Auffällig ist zuletzt die Position von Symmachus und Hormisdas hinsichtlich des Kaisers. In gelasianischer Tradition standen sie ihm kritisch gegenüber. Der Briefwechsel zwischen Symmachus und Anastasios bezeugt eine gegenseitige Abneigung, und auch Hormisdas nahm zumindest Anastasios gegenüber eine misstrauische Haltung ein.523 Dabei bezog sich seine Kritik an kaiserlichen Eingriffen in die Kirche aber nicht auf das Kaisertum an sich, sondern eben tatsächlich nur auf Anastasios, also auf einen Kaiser, der nicht bereit war, seine Linie von der dazu beauftragten Instanz, vom römischen Bischof, bestimmen zu lassen. Wie wenig abstrakt die Kritik an der kaiserlichen Rolle durch Hormisdas – und damit auch durch Gelasius – war, zeigte sich unter Justin. Angesichts des chalkedonischen Kaisers und des östlichen Umschwungs, bei dem großer Wert auf die synodale Absicherung der Entscheidungen gelegt wurde, änderte sich der Ton des Hormisdas schlagartig. Es kam zu einem neuen Höhepunkt positiver Funktionszuschreibung an den Herrscher: Hormisdas scheute sich nicht, den Kaiser wieder zu einem auf weltliche Machtmittel gestützten Eingreifen gegen die „Häresie“ zu drängen.524 7.2.5. Zusammenfassung: römische Argumentation Jede der drei grundlegenden leonischen Argumentationsweisen lässt sich bei jedem Papst finden. Trotzdem weisen die drei identifizierten Phasen Unterschiede in der Gewichtung der Argumente auf. Unter Simplicius und Felix versuchte Rom noch, argumentativ gestützt die Einheit der Kirche unter römischer Führung zu wahren. Schon in der zweiten Phase unter Gelasius ging es dann um die Aufarbeitung dieses gescheiterten Versuchs. Das Hauptaugenmerk lag nun auf dem Erweis   ecclesiis partium uestrarum temptat inripere. Hormisdas ließ Timotheos wissen, dass er ihn weder als rechtgläubig noch als Bischof anerkenne. Die Instruktion an die Legation von 515 zeigt, dass die Absetzung des Makedonios in Rom wahrgenommen und nicht gebilligt worden war: Avell. 116,18–21. Als der Papst Timotheos 517 – also erst nach dem Tod des Makedonios – ein Schreiben zukommen ließ, mahnte er ihn gleich in der Einleitung, diesen Bruch des Schweigens nicht überzubewerten: Avell. 128,1. 523 Zum Brief des Symmachus an Anastasios: Anm. 395. Unter den Briefen des Hormisdas zeichnet sich zuvorderst Avell. 112 durch eine besonders kühle Distanz zum Kaiser aus. 524 Avell. 168,10: quorsus haec? quia superest adhuc uobis Alexandrinae atque Antiochenae ‹et› aliarum ecclesiarum nullo modo neglegenda correctio, in quam si se cura clementiae uestrae demiserit, spes est, quo auctore bona cuncta credimus incipi, eodem celeriter auxiliatore compleri. Avell. 168,3 und 5 fordern den Kaiser auf, mit Gottes Hilfe den Sieg gegen seine politischen wie religiösen Feinde zu suchen. Vgl. auch Avell. 144,5. Selbst angesichts dieser Feststellungen ist es jedoch nicht zulässig, einen Bruch in der Handlungsausrichtung des Hormisdas festzustellen. Der eigentliche Bruch lag in der dogmatischen Orientierung Konstantinopels. Auf diesen reagierte Hormisdas mit der Anpassung seines Handelns, ohne dabei aber grundsätzlich von seinen Handlungsmustern abzuweichen.

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der Rechtmäßigkeit des römischen Vorgehens. Durch den Tod des Akakios vom ursprünglichen Gegner befreit, ging Gelasius daher zu einer eher selbstbezogenen Präsentation römischer Stärke über.525 Symmachus und Hormisdas schließlich befassten sich nicht mehr mit dem Ausbruch, sondern mit der sich unter Kaiser Anastasios verstetigten Realität des Schismas, betonten aufs Deutlichste den römischen Primat und versuchten, diesen in scharfer Abgrenzung zu Konstantinopel durchzusetzen. Sie schreckten dabei auch vor direkten Provokationen des Kaisers nicht zurück. Diese unterschiedlichen Akzente der einzelnen Päpste waren unterschiedlichen Handlungskontexten geschuldet. Trotzdem blieben die generellen Argumentationsformen bei allen Päpsten ähnlich, schließlich verfolgten alle dasselbe strukturelle Ziel. Der Primat Roms sollte anerkannt, der herausgehobene kirchliche Rang Konstantinopels zurückgewiesen und die kirchliche Entwicklung gegen häretisch motivierte kaiserliche Eingriffe abgesichert werden.526 So wenig diese Ziele sauber voneinander zu trennen waren, so wenig waren es auch die auf sie hinwirkenden Argumentationen. Sie ergänzten und verstärkten sich gegenseitig. In seiner Funktion als Inhaber der sedes Petri wurde der römische Bischof, gestützt durch kirchengeschichtliche und kanonische Argumente, als hierarchischer Führer der Kirche dargestellt, was durch den dogmatischen Anspruch verstärkt wurde, von jeher Hüter der Orthodoxie gewesen zu sein. In negativer Ausprägung dieses Motivs wurde der Kirche von Konstantinopel, und auch den „häretischen“ Kaisern, eine ähnliche Rolle verwehrt und das Verhalten ihrer Bischöfe als Anmaßung gebrandmarkt. 7.3. Effekte und Folgen des römischen Handelns 7.3.1. Römisches Agieren und das Ende des Schismas Im Umbruch von 518/19 war Hormisdas einer der zentralen Akteure. Er reagierte dabei aber lediglich auf eine östliche Situation, die er indirekt zwar mit herbeigeführt hatte, die aber in weiten Teilen zunächst einmal Ergebnis des politischen Willens Justins war.527 Da es Rom bis dahin weniger um die unbedingte Herstellung eines Kompromisses, sondern vielmehr um die Wiederherstellung vorakakianischer Verhältnisse gegangen war, hatte das Agieren Roms im Schisma zunächst mehr dazu beigetragen, den Konflikt mit Konstantinopel zu perpetuieren als ihn zu lösen.   525 Ein gewisser Zwischenschritt war dabei die mahnende pastorale Fürsorge Roms gegenüber Konstantinopel. So gipfelte der Brief an Euphemios in einem Bußruf: etiamsi austerum uidetur antidotum, accipite, quaeso, bibite, uiuite, nolo ut moriamini […] (Veron. 12 [55, 21 f.]). 526 Genau diese Aspekte, die jeweils eine der grundlegenden kirchlichen Konfliktzonen betrafen, waren 482/84 in den Geschehnissen rund um das Henotikon aktualisiert worden. 527 CASPAR 1933, 130; FREND 1972, 238; MICHEL 1953, 531.

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Nach dem Tod des Akakios nutzten die Päpste die Möglichkeit zur Versöhnung mit Fravitta und Euphemios nicht, sondern erhoben stattdessen die neue, für Konstantinopel nicht zu erfüllende Forderung nach Verdammung des Akakios und vertieften auf diese Weise die kirchlichen Gräben.528 Gelasius weitete diese Forderung auf die gesamte Kirche aus und verschärfte die Situation damit zusätzlich. Selbst Papst Anastasius war nicht bereit, in diesem Punkt von den Positionen seiner Vorgänger grundlegend abzurücken. Unter Symmachus, als sich die Diskussion zwischen Rom und Konstantinopel hauptsächlich auf die Ebene von Papst und Kaiser verlagert hatte529, kam es sogar zum kompletten Abbruch der beiderseitigen Beziehungen. Mit ähnlichem Effekt setzte sich dieser konfrontative Kurs zunächst auch unter Hormisdas fort.530 Mittelbar hatte das römische Handeln aber den Effekt, dass sich nach dem Tod des Anastasios die Notwendigkeit zum bekenntnispolitischen Umschwung im Osten ergab. Schon Felix hatte mit der Veröffentlichung der Akakios-Sentenz versucht, die Stimmung im Osten zugunsten Roms zu beeinflussen.531 Seit Gelasius suchte Rom verstärkt Kontakt zu den illyrischen Zwischenkirchen, um seine Gegner zusätzlich unter Druck zu setzen. Dieses Verhalten entwickelte sich seit Symmachus dann geradezu zur römischen Strategie. Die Kompromisslosigkeit des römischen Standpunkts zwang die östlichen Kirchen zur Entscheidung zwischen Rom und Konstantinopel, mögliche Mittelpositionen schieden endgültig aus.532 Insofern ist der Vorwurf des Kaisers gegenüber Papst Hormisdas, die Unruhe im Osten sei von dessen Vorgänger Symmachus ausgegangen, nicht von der Hand zu weisen.533   528 BECK 1980, 12 meint, dass Felix das Schisma „unnötigerweise“ verlängert habe. Auch HOFMANN 1953, 49–51 sieht die Glaubensgegensätze eigentlich als aufgehoben an. Beide verkennen aber, dass Rom eine bloß rein sachliche Distanz zur „Häresie“ nicht mehr genügte. Vgl. MARAVAL 2001b, 139. 529 Nach dem Sturz des Makedonios gestand Anastasios dessen Nachfolger Timotheos keine eigenständige Rolle mehr zu. Externe kirchliche Akteure in Konstantinopel konnten sich daher nun auch gleich an den Kaiser wenden. 530 Die Verschlechterung der Beziehungen zu Konstantinopel war sicherlich kein intendiertes Ziel des Hormisdas, sehr wohl aber ein Effekt seines Handelns. Er nahm die zunehmenden Spannungen also zumindest billigend in Kauf. 531 So wurde das Urteil über Akakios nicht nur beim Betroffenen selbst, sondern auch beim Kaiser (Berol. 33) und beim Klerus und Kirchenvolk von Konstantinopel (Berol. 28) bekannt gemacht. Hinzu kam eine Kurzfassung der Sentenz (Berol. 26). Vgl. Anm. 274. 532 Der libellus, der im Effekt die Abrogation des Henotikon darstellte, schied nun auch inhaltlich eine Mittelposition aus. Nun mussten sich die Kirchen nicht nur für oder gegen Akakios, sondern auch für oder gegen Chalkedon erklären. Damit sorgte das Dokument für klare Fronten. Vgl. MENZE 2008, 57. 533 In diesem Zusammenhang ist eine Stelle aus den Instruktionen des Hormisdas an seine Legaten von 515 interessant, in der der Papst dem Kaiser folgende Worte in den Mund legt: quieti erant episcopi, nulla inter ipsos discordia uersabatur: decessor sancti papae animos eorum missis litteris excitauit et ad confusionem sollicitando perduxit (Avell. 116,14 [516,8– 11]). Vgl. auch die Erleichterung des Anastasios über den Tod des Symmachus in seinem Schreiben an Hormisdas: Avell. 107,2 (499,18–20).

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Die zunehmende Unzufriedenheit mit der severianisch geprägten Kirchenpolitik des Kaisers im Osten wurde damit zur Verbündeten Roms, da sich in der polaren Situation der Kirche nun immer mehr Gegner Konstantinopels an Rom wandten. Angesichts dessen erhob Hormisdas die Linie der Kompromisslosigkeit zur Handlungsmaxime und stärkte damit den chalkedonischen Widerstand im Osten so sehr, dass Justin wohl nicht zuletzt deshalb 518 den Ausgleichskurs des Henotikon nicht weiterführte. Der neue Kaiser musste sich jetzt für eine Seite entscheiden. Seine Wahl fiel auf Rom.534 Das römische Handeln hatte also insoweit zur Beendigung des Schismas beigetragen, als es die römische Sache im Osten so weit stärkte, dass der Druck auf Justin, einen Umschwung einzuleiten, extrem groß war. Das Ende des Schismas schrieb jetzt einen neuen, geänderten Handlungsrahmen für Rom und die anderen kirchlichen Akteure fest, der in der Folge ihr Handeln bestimmen sollte. Die Krise von 482/84 hatte schließlich verdeutlicht, dass die nachchalkedonische kirchliche Ordnung die Sistierung bestehender Differenzen nicht mehr gewährleisten konnte, womit die kirchlichen Streitfragen um Dogma, Hierarchie und Abgrenzung aktualisiert und im Schisma neu verhandelt wurden. Die römischen Bischöfe hatten im Schisma eigene Positionen zu diesen Streitfragen entwickelt und vertreten, womit sie, selbst wenn sie das gar nicht wollten, zur Weiterentwicklung der Diskurse in den drei Zonen beigetragen hatten. 7.3.2. Effekte der ersten Konfliktzone: Dogma Auf dogmatische Debatten hatte Rom im Schisma aus einem grundlegenden theologischen Konservatismus heraus weitgehend verzichtet. Den Päpsten ging es im Akakianischen Schisma nicht um Fortschritte bei der Klärung der christologischen Streitfrage, weil ihrer Meinung nach das Konzil von Chalkedon diese Frage bereits entschieden hatte. Weitergehende Debatten hätten nur das Risiko aktualisierter häretischer Anfechtung geborgen und wurden von Rom deshalb vermieden.535 Gelasius fragte, wo es denn hinführen solle, synodal entschiedene Fragen immer wieder von Neuem aufzurollen536, Hormisdas verweigerte sich den synodalen Verhandlungen in Heraklea, und auch sein libellus verwies nur auf die   534 BECK 1980, 16–9; MENZE 2008, 31; SOLARI 1949, 429–31; TATE 2004, 101. Angesichts dessen, dass das Henotikon die Ausdifferenzierung der dogmatischen Gruppen befördert hatte, der Libellus Hormisdae nun aber klare dogmatische Fronten schuf, hatte sich Justin damit auch für eine neue Übersichtlichkeit des kirchlichen Konflikts entschieden. Zu den sonstigen Gründen des Umschwungs: Anm. 427. 535 Vgl. hierzu Anm. 467. 536 Vgl. Anm. 313. Dementsprechend waren dogmatische Äußerungen des Gelasius, zum Beispiel im ersten wirklichen römischen Lehrschreiben seit Leo (De Duabus Naturis: Berol. 35), theologisch so konservativ, dass sie keinen Fortschritt für die Debatten um Chalkedon und die Naturenfrage brachten.

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bereits gefundenen Grundlagen von 451.537 Das Beharren der römischen Kirche auf der Gültigkeit von Chalkedon und Tomus Leonis ging nicht mit Verhandlungen oder inhaltlichen Diskussionen über diese zentralen Dokumente einher, sondern lediglich mit der Forderung nach ihrer Anerkennung. Mit dieser verweigernden Haltung hatte die römische Kirche Erfolg. 519 wurden Chalkedon und Tomus Leonis von vielen Kirchen noch einmal explizit angenommen. Damit hatte Rom eine Kernforderung durchsetzen können und seinen Lehrprimat gesichert. Dass dies ohne eine inhaltliche Begründung der Forderung geschehen war, ist einerseits bemerkenswert, führte andererseits mittelfristig aber zu Problemen in der weiteren kirchlichen Entwicklung. Das Zurückgehen auf den dogmatisch schon zuvor umstrittenen Status quo ante erwies sich keinesfalls als tragfähige Basis einer neuen kirchlichen Ordnung. Ein stabiler Ausgleich der unterschiedlichen dogmatischen Richtungen hätte zumindest einer allgemein akzeptierbaren Neuinterpretation Chalkedons bedurft.538 Einen Schritt in diese Richtung hatte das Henotikon gewagt, das genau aus diesem Grund von Rom aber als Absage an Chalkedon gewertet wurde. Langfristig hatte Roms Verweigerung dogmatischer Diskussionen damit zur Folge, dass die miaphysitischen Kirchen Ägyptens und Syriens nicht mehr dauerhaft mit den restlichen Kirchen des Reichs zu versöhnen waren.539 7.3.3. Effekte der zweiten Konfliktzone: Hierarchie Auch die hierarchische Grundforderung der Verdammung des Akakios, die die Päpste während des gesamten Schismas aufrechterhalten hatten, sah Rom 519 erfüllt. Damit hatte die Kirche des Ostens den primatialen Rang Roms zumindest insofern anerkannt, als sie der römischen Kirche zugestand, zum Urteil über Akakios berechtigt gewesen zu sein. Rom hatte den Ansprüchen Konstantinopels einen Dämpfer verpasst und gleichzeitig das eigene Primatsziel auch bei solchen Kirchen befördert, die aus theologischen und kirchlichen Traditionen heraus Rom weniger bereitwillig folgten als zum Beispiel die Kirchen des Balkans. Innerhalb der römischen und der westlichen Kirche kam es im Laufe des Schismas ebenso zu einer Festigung der Stellung des römischen Bischofs. Ein wichtiger Schritt dahin war das Laurentianische Schisma, in dessen Verlauf Symmachus die Einflussnahme des Senats auf die römische Kirche entscheidend hatte   537 Diese Verweigerung tieferer theologischer Begründungen geschah durchaus bewusst. Vgl. Avell. 115,9 (512,16–21). Über die bloße Invokation Chalkedons hinaus liefert Hormisdas nur selten theologische Begründungen für seine Positionen, beispielsweise in Avell. 115,7 für das Eutyches-Anathem, das in seiner Rechtmäßigkeit im Osten allerdings ohnehin nie in Zweifel gezogen worden war. 538 Auch BLAUDEAU 2007, 88 hält den Friedensschluss von 519 für nicht besonders stabil. 539 Die Antichalkedonier beider Regionen begannen, sich von der Reichskirche abzuwenden. Da die Forderungen des Libellus Hormisdae ihre kirchlichen Traditionsstränge abschnitten, blieb ihnen kaum etwas anderes übrig, als eigene Kirchen zu gründen. Vgl. MENZE 2008, 104 f.

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zurückdrängen können. Hinzu kam die auf der „vierten Synode“ von 502 festgestellte Nichtjudizierbarkeit des Papstes, welche von Symmachus nun auch geradewegs gegen den Osten gerichtet wurde. Selbst wenn die Grundsätzlichkeit dieser neuen Position im östlichen Episkopat schwerlich geteilt wurde, war sie doch unmittelbar wirksamer als beispielsweise das Œuvre des Gelasius. Der Grundsatz der Nichtjudizierbarkeit fand nämlich dank seiner theoretischen Fundierung durch Ennodius zumindest im Westen schnell weitgehende Anerkennung, während sich im Osten die Frage nach der Judizierbarkeit des Papstes in der politischen Situation des zerfallenen Reichs letztlich gar nicht stellte.540 Trotz dieser Effekte, die sich stabilisierend auf die Macht des Papsttums auswirkten, konnte sich Rom auf der hierarchischen Ebene 519 aber keineswegs so vollständig durchsetzen wie beim Dogma. Mit der Annahme des Johannes-Vorworts und der darin liegenden expliziten Billigung des Konzils von Konstantinopel 381 und seiner Kanones durch die Annahme der vier Konzilien von Nizäa, Konstantinopel, Ephesos I und Chalkedon musste Rom sogar die größer gewordene Macht eines mit dem Kaiser verbundenen Hauptstadtbischofs akzeptieren. Johannes II. von Konstantinopel unterstrich diese Macht noch durch eine Einheitsrhetorik, die auf die Gleichheit der beiden römischen Kirchen abhob. Implizit hatte Rom 519 also die Rangrechte der Kaiserstadt anerkannt, weshalb die Einigung die Stellung Roms mittel- bis langfristig schwächen musste.541 Vielleicht erkannte Hormisdas die Problematik der Annahme der von Johannes aufgezählten Konzilien nicht sofort, immerhin gab es keinen zwingenden Grund, das Konzil von 381 nicht zu billigen, nachdem Johannes die römischen Forderungen erfüllt hatte. Unabhängig davon stand aber auch der Papst unter Einigungsdruck. Diesen Druck hatte er sich durch sein Agieren in den vergangenen Jahren selbst geschaffen. Gegenüber den von ihm so geförderten Chalkedoniern im Osten hätte es Hormisdas in der neuen Situation von 518/19 nicht gut begründen können, wenn er trotz des offensichtlichen Einlenkens Konstantinopels diesem weiterhin die Gemeinschaft verweigert hätte. Rom hätte damit seine Stellung im Osten preisgegeben. Hinzu kam, dass die schismatischen Ereignisse innerhalb Roms um das Jahr 500 gezeigt hatten, dass das Schisma mit Konstan  540 Bedenkt man, dass die Synode von 502 den Grundsatz von der Nichtjudizierbarkeit des Papstes nur aus größter Not heraus formuliert hatte, entbehrt dieser Umstand nicht einer gewissen Ironie. Da die Zweigewaltenlehre für die Verhältnisse im Osten direkte Relevanz hatte, wurde sie dort abgelehnt, während Gelasiusʼ Überlegungen im Westen unmittelbar von geringer Bedeutung waren, da sich Theoderich nicht in Glaubensfragen einmischte. Zusammen mit der „vierten Synode“ wirkten auch die symmachianischen documenta (vgl. Anm. 355) noch lange nach. Einige Beispiele, unter anderem eine durch sie vermittelte Theoderich-imitatio Karls des Großen, nennt WIRBELAUER 1993. 541 Erschwerend kam hinzu, dass die Reintegration Alexandrias in die neue Ordnung scheiterte. Rom verlor damit einen apostolischen Verbündeten und einen traditionellen Rivalen Konstantinopels. Zur Problematisierung des römischen „Sieges“: RICHARDS 1979, 104–6. Vgl. auch BAUS 1975, 201 f.

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tinopel auch negative Rückwirkungen auf die interne Stellung des römischen Bischofs haben konnte. Vor allem musste Hormisdas aber akzeptieren, was im Laufe des Schismas immer deutlicher geworden war: Trotz der Ablehnung des politisch motivierten, begründeten und sanktionierten Ranges des Bischofs von Konstantinopel durch Rom war der faktische Einfluss der Hauptstadtkirche nicht mehr zu negieren. Am Durchsetzungsdefizit der sedes Petri hatte sich hingegen nichts geändert. Hormisdas konnte den Osten zwar in Unruhe versetzen, musste aber auch erfahren, dass er dort gegen den gemeinsamen Willen von Kaiser und Patriarch nichts auszurichten vermochte. Dass Johannes überhaupt auf die Idee kam, ein Vorwort zum libellus zu schreiben, spricht diesbezüglich genauso Bände wie der Umstand, dass sogar die Miaphysiten Rom im Schisma einen Ehrenvorrang in der Kirche zubilligen konnten542, da dieser ohnehin keine konkreten Rechte nach sich zog. Rom hatte die Machtprobe mit den Bischöfen von Konstantinopel zwar gewonnen, zugleich wurde es sich aber seiner Grenzen bewusst. 7.3.4. Effekte der dritten Konfliktzone: Abgrenzung Die Rolle des Kaisers in der Kirche – und damit die Grenze zwischen Kirche und Kaisertum – war niemals letztgültig definiert worden. Ihre theoretische Begründung war schon früh in den unsystematischen Ausführungen des Eusebios von Caesarea, des Athanasios von Alexandria und des Ambrosius von Mailand stecken geblieben.543 Trotz dieses Mangels an Klärung stand für Rom fest, dass sich Zenon und Anastasios mit dem Henotikon eine ihnen nicht zustehende Rolle innerhalb kirchlicher Dogmenbildungsprozesse angemaßt hatten. Felix und Simplicius beließen es noch bei Ermahnungen Zenons. Diese fielen allerdings sehr gemäßigt aus, weil Rom Akakios als den eigentlichen Urheber des Henotikon ansah   542 Vgl. die Einleitung des Protokolls der Verhandlungen zwischen Rom und Alexandria 497, in der die gemeinsame Sorge der petrinischen Sitze um den wahren Glauben betont wird: Avell. 102,2. FREND 1976, 74–9 weist an diesem Beispiel nach, dass es im Osten in postchalkedonischer Zeit niemals zu antipäpstlichen Ausbrüchen gekommen sei. Nicht einmal Severos habe sich vom Papsttum an sich abgewendet, sondern nur von Papst Leo. Philoxenos von Hierapolis allerdings zeigt, dass man sich im Osten durchaus die Frage stellte, wie die petrinische Schlüsselgewalt mit der von Rom ausgehenden „Häresie“ von Chalkedon in Deckung gebracht werden konnte: Philoxen. epist.ad Maron 13 (ed., 45; transl., 67,18–68,2). 543 SCHNEEMELCHER 1970, 135 stellt fest, dass die reichskirchliche Situation als Faktum schon früh anerkannt worden sei. Der nächste Schritt sei gewesen, diese Anerkennung theologisch zu motivieren, wie es Eusebios tat. In der Folge blieb die Billigung der Reichskirche trotzdem praktisch begründet. Theoretische Klärungen der Verhältnisse waren sekundär und kamen nur in Abgrenzungskrisen auf die Agenda der Akteure, beispielsweise eben unter Gelasius. Waren diese Krisen behoben, traten auch die Theorien zum Verhältnis von Reich und Kirche wieder in den Hintergrund. Insofern ist die Aussage von STOCKMEIER 1959, 217, die Polarität von Staat und Kirche habe zunächst nach einer theoretischen, dann aber auch nach einer praktischen Klärung verlangt, falsch. Die Abfolge war genau andersherum.

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III. Bischöfliches Handeln

und offensichtlich noch vor einer direkten Konfrontation mit dem Kaisertum zurückscheute. Als aber die auf das Zenon-Edikt gestützte und in den Augen Roms antichalkedonische Bekenntnispolitik des Anastasios das wahre Ausmaß der im Henotikon liegenden Problematik deutlich machte, widmete sich Gelasius mit seiner Zweigewaltenlehre nun auch direkt der Rolle des Kaisers in den kirchlichen Prozessen. Er sprach dem Kaiser dabei keinesfalls jegliche Rechte in der Kirche ab, behielt aber das Dogma den Bischöfen und damit letztlich dem Papst vor. Wirkung entfaltete diese später so bedeutsame Theorie kurzfristig aber kaum, was nur wenige Jahre später die Kaiser Justin und Justinian beweisen sollten, die, wohlgemerkt unter Billigung des Papsttums, die gelasianische Kompetenzabgrenzung wieder unterliefen.544 Gelasius war einer spezifischen Situation verhaftet. So allgemein seine Ausführungen auch klingen mochten, sie sollten es gar nicht sein. Zumindest wurden sie nicht so wahrgenommen. Nur 20 Jahre später bediente sich Papst Hormisdas wieder sehr bereitwillig kaiserlicher Machtmittel, um die römische Glaubensdoktrin auch in miaphysitischen Regionen durchzusetzen. Die kirchliche Rolle des Kaisers, der weiterhin der einzige sanktionsbewehrte Akteur im Geflecht der Kirche war, war damit wieder entproblematisiert worden.545 Gelasius stellte mit seinen Überlegungen zwar Rüstzeug für Debatten um die Abgrenzung von Kaiser und Kirche zur Verfügung, welches in der Folge wieder aktualisiert werden konnte. Zu welchen Gelegenheiten diese Aktualisierung aber geschehen sollte, war nicht absehbar, was sich an der Rezeptionsgeschichte der Zweigewaltenlehre zeigt.546 8. DAS HANDELN DER BISCHÖFE VON KONSTANTINOPEL 8.1. Handlungsvoraussetzungen 8.1.1. Die Bischöfe zwischen Chalkedon und Kaisertum Die Bischöfe der Hauptstadt standen im Akakianischen Schisma meist in der Spannung zwischen der Kirchenpolitik des Kaisers und der dieser vorwiegend kritisch gegenüberstehenden Gemeinde in Konstantinopel, die vom chalkedonischen   544 Das wurde besonders in Justinians Konzept der symphonía von imperium und sacerdotium deutlich. Dieses Konzept stand dem gelasianischen Abgrenzungsgedanken geradezu diametral entgegen. Vgl. BLUM 1974, 115–8; PILARA 2004, 377; PULIATTI 2004, 142 f. 545 Vgl. Kap. 7.2.4. 546 Unter Hormisdas und Justin war nicht der richtige Zeitpunkt, um vonseiten Roms weiter auf der Arbeitsteilung zwischen Kaiser- und Priestertum zu insistieren. Erst im Investiturstreit des Hochmittelalters wurden die Gedanken des Gelasius wieder aktuell. Zur Rezeption der Zweigewaltenlehre im Mittelalter: KNABE 1936. Vgl. auch DAGRON 1996, 303–15; MICHEL 1953, 542 f.

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Mönchtum beeinflusst war.547 Die Patriarchen mussten sich zwischen diesen beiden Polen entscheiden und nutzten damit die Handlungschancen und -begrenzungen ihres Amts in sehr unterschiedlicher Art und Weise. So entwickelten die Bischöfe, die den Kaisern distanziert gegenüberstanden, eine größere Eigenständigkeit.548 Mit ihrer Entscheidung gegen die kaiserliche Unterstützung stellten sie eine innerkirchliche Alternative zur kaiserlichen Kirchenpolitik dar – eine Rolle, die mit Leben gefüllt werden wollte. Umgekehrt konnten kaiserkonform agierende Bischöfe stets auf die durchsetzende Unterstützung kaiserlicher Machtinstrumente setzen. Sowohl das Kaisertum als auch das eigene Kirchenvolk und sogar die römische Kirche stellten potentielle Machtressourcen für die Bischöfe der Hauptstadt dar. Die einzelnen Patriarchen hatten aber ein sehr unterschiedlich ausgeprägtes Interesse und auch sehr unterschiedliche Möglichkeiten, einzelne dieser Ressourcen zu nutzen. Sie mussten ihr Handeln im Geflecht von Kaisertum, Papsttum, Kirche Konstantinopels und der Kirchen des Ostens der jeweiligen Situation anpassen.549 Dieses komplizierte Handlungsgeflecht, in das sie als Bischöfe der Hauptstadt wie kein zweiter Akteur hineingestellt waren, gab ihnen enge Rahmenbedingungen vor. Zwar waren auch die Bischöfe von Konstantinopel in ihrem Handeln keineswegs strukturell determiniert. Bestimmte Konstellationen legten ihnen aber ein bestimmtes Handeln nahe.550 Akakios hatte für die Patriarchen von Konstantinopel mit dem Henotikon überhaupt erst den Entscheidungszwang zwischen Kaisertum und den Mönchen beziehungsweise der Gemeinde der Hauptstadt geschaffen. Er selbst wusste seit dem Scheitern der Basiliskos-Usurpation Kaiser Zenon fest an seiner Seite. Daher konnte Akakios die Kritik seiner eigenen Mönche vernachlässigen, als er mit seinem Handeln, das sich ja im Henotikon mit kaiserlichen Zielen deckte, auf die Anerkennung seiner Vorrechte durch Adressaten außerhalb Konstantinopels zielte. Seine Nachfolger Fravitta, Euphemios und Makedonios versuchten später,   547 Im vierten Jahrhundert sei es bei Gewaltausbrüchen kirchlicher Gemeinden (zu den strukturellen Vorbedingungen solcher: Anm. 221) noch hauptsächlich um Loyalitätskonflikte gegangen. Die Kenntnis der dogmatischen Streitpunkte war zu der Zeit vergleichsweise gering. Erst im Streit um den Miaphysitismus sei es zu „aus Heilsangst begründete[r] Gewaltbereitschaft“ gekommen. Vgl. HAHN 2004, 278–84. 548 Das spiegelt sich auch in der unausgeglichenen Überlieferungslage. Die Historiographie, sogar die Kirchengeschichtsschreibung, ist stark am Kaisertum orientiert. Folglich hatten Bischöfe, die ihre Handlungen gegen das Kaisertum richteten, größere Chancen, Eingang in die Quellen zu finden als kaiserkonforme Patriarchen, deren Handeln in der Betrachtung der Quellen im kaiserlichen Handeln aufging. 549 Hinzu kamen die Eliten der Hauptstadt, die ebenfalls bestimmte Interessen und Erwartungen an den Patriarchen herantrugen. Das Amt des Hauptstadtbischofs war mittlerweile ein zutiefst politisches. Ein Beispiel für die Chancen, aber auch die Probleme, die sich dadurch ergaben, lieferte bereits einhundert Jahre zuvor Johannes Chrysostomos. Vgl. TIERSCH 2000, 183–264, 327–78. 550 Vgl. Anm. 44. HETTLING – SUTER 2001, 9 betonen, dass die Geschichte eben keine Gesetzwissenschaft sei.

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kirchliche Verbündete gegen verstärkte miaphysitische Tendenzen im Osten zu finden. Dabei stand Fravittas Wendung an Rom, die auch der Verbesserung des Verhältnisses zu den Mönchen seiner Stadt diente, noch in Übereinstimmung mit Kaiser Zenon, wie man am zeitgleichen Synodikon an Alexandria sehen kann, das noch deutlich der geistigen Grundlage des Henotikon verpflichtet war.551 Seit dem Herrschaftsantritt des Anastasios ging vom Kaiser aus Sicht der Chalkedonier aber eine zunehmend antichalkedonische Bedrohung der Kirche aus, was Euphemios und Makedonios in den Konflikt mit eben diesem Anastasios führte. Als Chalkedonier waren sie nicht bereit, für die Unterstützung durch den Kaiser dogmatische Kompromisse einzugehen, und sie konnten sich mit dieser Linie auf ihr Kirchenvolk und das hauptstädtische Mönchtum stützen.552 Während Akakios in anderen Rahmenbedingungen noch gemeinsam mit dem Kaiser auf die Einheit der Kirche hingewirkt hatte, stand für die chalkedonischen Patriarchen das Dogma im Zentrum des Interesses. Euphemios suchte daher in der Situation seiner kirchlichen Isolation im Osten die Nähe Roms.553 Makedonios tat genau dies nicht, obwohl er in noch größerem Maße mit ernst zu nehmenden theologischen Gegnern, zum Teil sogar in seiner eigenen Stadt, konfrontiert war. Dank Flavian II. von Antiochia und Elias von Jerusalem sowie seiner Unterstützung in Konstantinopel – all diese Verbindungen standen auf Grundlage des Glaubens von Chalkedon554 – war der Rückhalt Roms für Makedonios nicht mehr unbedingt notwendig. Sowohl Euphemios als auch Makedonios unterlagen jedoch im Konflikt mit dem Kaiser und wurden abgesetzt, wobei sich ihre innerstädtische Unterstützung allerdings als Gefahr für den Kaiser erwies.555 Die Bischöfe Timotheos und Johannes schließlich orientierten sich in ihrem Handeln an der Linie des jeweiligen Kaisers. Timotheos erkannte das Henotikon und auch Severos als Bischof von Antiochia an und konnte damit die stützende Macht der Kaisers gegen die diese Linie ablehnenden Mönche seiner Bischofsstadt gewinnen. Johannes wich von den Vorgaben seines Vorgängers Timotheos dann zwar inhaltlich ab, entsprach damit aber wiederum dem kaiserlichen Willen,   551 Ps.-Zach. HE 6,5 (Synodikon des Fravitta an Petros Mongos). Fravittas Wendung an Rom ist als Versuch Konstantinopels zu werten, die durch das Henotikon hergestellte östliche Einheit durch einen Ausgleich mit Rom zu ergänzen und zu stärken. 552 Makedonios hatte durch die Annäherung an die chalkedonischen Mönche der Stadt überhaupt erst die Möglichkeit bekommen, sich gegen den Kaiser zu wenden. Gerade unter ihm kam es nun zu massiven Aufständen der Hauptstadtgemeinde. Vgl. Kap. 6.2.4. 553 Vgl. Kap. 6.1.2. Zunächst hatte sich Euphemios direkt nach seinem Amtsantritt an Felix gewandt. Nach dessen Tod suchte der Hauptstadtbischof dann den Kontakt zu Gelasius. Beide Schreiben des Euphemios sind nicht erhalten. 554 Das legt die Verdammung des Flavian durch Makedonios (vgl. Anm. 384) nahe. Der Grund für den Bruch zwischen den beiden Bischöfen waren antichalkedonische Zugeständnisse des Flavian an seine Gegner. Das Henotikon spielte im Falle des Bündnisses zwischen Makedonios, Flavian und Elias als einigender Faktor keine Rolle. Ihre gemeinsame Grundlage war Chalkedon. 555 Auf die starke und für Anastasios durchaus gefährliche Position der beiden Patriarchen innerhalb Konstantinopels weisen insbesondere DIJKSTRA – GREATREX 2009, 255–64 hin.

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diesmal dem des Justin. Durch seine Unterstützung des kaiserlich-chalkedonischen Umschwungs konnte der Patriarch jetzt eine Harmonisierung der beiden widerstreitenden Handlungsausrichtungen „Kaisertum“ und „Gemeinde“ erreichen: Nach dem Tod des Anastasios war es ihm möglich, zusätzlich zum kaiserlichen Willen auch die jetzt wieder parallel dazu verlaufende kirchliche Meinungsbildung in Konstantinopel sowie in weiten Teilen des Reichs aufzugreifen.556 Nur aus diesem Grund konnte es zu neuen Kontakten mit Rom kommen. Die Bischöfe Konstantinopels hatten stets die Wahl zwischen verschiedenen Bündnisalternativen. Sie konnten entweder die Unterstützung der Kaiser oder aber die Unterstützung ihrer Mönche und des Kirchenvolkes nutzen, was den Patriarchen wichtige Handlungsspielräume eröffnete. Letztlich wurden dadurch aber auch zu erfüllende Ansprüche der Unterstützer an den Unterstützten begründet, wie sie insbesondere in Makedoniosʼ wachsender chalkedonischer Radikalität oder Timotheosʼ weitgehender Passivität greifbar wurden.557 8.1.2. Ziele und Möglichkeiten Angesichts ihrer besonderen Rolle in der Kirche steht zu fragen, welches Handeln die Bischöfe von Konstantinopel in einer jeweiligen Konstellation politisch-kirchlicher Entscheidungszentren ausführen konnten und wollten, was ihre Möglichkeiten und Ziele im Handeln waren. Auf diese Fragen fanden einzelne Bischöfe ganz unterschiedliche Antworten. Mit dem Henotikon nutzte Akakios die Möglichkeit von Nachfolgewirren innerhalb der Kirche Alexandrias, um eigene, auf der Grundlage von Kanon 28 stehende Rangansprüche anerkennen zu lassen. Da auch Zenon danach strebte, Ägypten mit der restlichen Kirche zu versöhnen, konnte sich Akakios des kaiserlichen Rückhalts sicher sein, zumal die östliche Kircheneinheit unter Maßgabe eines politischen Kirchenprinzips tatsächlich hergestellt werden konnte.558 Diese   556 Die Absage an das Henotikon durch alle wichtigen Akteure hatte den Entscheidungszwang der Bischöfe von Konstantinopel aufgehoben, den Akakios mit dem Henotikon geschaffen hatte. 557 Es ging um das Streben nach Akzeptanz. Makedonios war auf die Mönche angewiesen und konnte dadurch zu keinem Ausgleich mit Severos und dem Kaiser gelangen. Timotheos brauchte die Unterstützung des Kaisers in der Hauptstadt und musste dementsprechend Severos anerkennen. In der Polarität der Handlungsausrichtungen verloren beide Bischöfe damit aber die Akzeptanz der jeweils gegnerischen Seite. Zur „Akzeptanz“ vgl. Anm. 456. 558 Angesichts dieses Erfolgs finden sich in der Forschung auch dezidiert positive Wertungen des Akakios. So äußert sich BECK 1975, 8 über den Friedenswillen des Bischofs: „Es galt, eine Front guten Willens aufzubauen, da ‚oikonomia‘ walten zu lassen, dort nicht jedes Theologumenon zu einem Schibboleth zu machen.“ WIRBELAUER 1993b, 46 hält es für denkbar, dass Konstantinopel sogar darauf spekuliert habe, dass ein Erfolg des Henotikon im Osten zur nachträglichen Billigung durch Rom hätte führen können. Auch MEIER 2009, 84 f. geht davon aus, dass der heftige westliche Widerspruch im Hinblick auf das Henotikon für Akakios  

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Einheit fußte aber nicht auf dogmatischer Verständigung. Eine wirkliche dogmatische Aussöhnung war so unrealistisch, dass sie schwerlich ein ernsthaftes Anliegen des Akakios gewesen sein kann. Die Rezeption des zenonischen Edikts entwickelte damit jedoch eine solche Dynamik, dass sich neue handlungsleitende Probleme für die Patriarchen ergaben: Henotikon, die Wirren um Johannes Talaia und das Verhältnis zu Rom wurden Anlass für das Akakianische Schisma, welches Akakios noch stärker an Kaiser Zenon band, da die Entwicklungen von 482/84 die Mönche der Hauptstadt in die Arme Roms getrieben hatten.559 Akakios hatte somit von nun an weder ein Interesse noch überhaupt die Möglichkeit, Petros Mongos wieder fallen zu lassen. Eine Annäherung an das Papsttum zu Akakiosʼ Lebzeiten war nach 484 undenkbar. Für seine Nachfolger bargen in der Folge insbesondere miaphysitische Interpretationen des Henotikon in Alexandria Gefahren. Gleichzeitig war für Fravitta auch die von Rom aufgestellte Forderung der Akakios-Verdammung indiskutabel. Der Patriarch stand weiterhin auf Grundlage des kaiserlichen Edikts und weigerte sich somit, das Andenken an Akakios zu verwerfen und die communio mit Alexandria zu lösen. An dieser Gemeinschaft hielt Fravitta gemäß dem Henotikon sogar im Bewusstsein von durchaus vorhandenen Differenzen zu Alexandria fest.560 Eine Übereinkunft mit Rom wurde von ihm zwar angestrebt, sollte aber der Konsolidierung seiner eigenen Ansprüche dienen, nicht jedoch seiner Kapitulation vor römischen Ansprüchen. Wären die Rom gegenüber so stark betonten dogmatischen Gemeinsamkeiten561 das Kernanliegen des Fravitta gewesen, hätte das den Bruch mit Alexandria nach sich ziehen müssen. So aber verfestigte sich der Bruch mit Rom, und das Verhältnis zu Alexandria wurde zusehends komplizierter. We  und Zenon nicht absehbar gewesen sei. Ähnlich: BRENNECKE 1998, 50; TOWNSEND 1936, 79 f. 559 So hatten sich der Archimandrit der Akoimeten, Kyrill, und andere Archimandriten an Rom gewandt und Felix zum entschiedenen Eingreifen gegen Akakios aufgefordert: Euagr. HE 3,19 f. Es waren auch die Mönche, die Felix über den Abfall der römischen Gesandten Misenus, Vitalis (Euagr. HE 3,21) und Tutus (Berol. 29 [77,22–7]) informierten. Rom verurteilte die Beschuldigten jeweils. Auch über die Verdammung des Akakios hatte Rom die Mönche der Region direkt informiert: Avell. 70. Der Papst versuchte, die Mönche der Hauptstadt zu Informanten für den Osten zu machen. Vgl. BLAUDEAU 2001d, 1094–1100. Dass die Klöster rund um die Hauptstadt nicht unter der Jurisdiktion des Bischofs von Konstantinopel, sondern des Titularmetropoliten von Chalkedon standen (SCHWARTZ 1934, 205 f.), machte diese Situation für Akakios noch problematischer. 560 Zumindest thematisierte der Bischof von Konstantinopel in seinem Synodikon an Petros Mongos (Ps.-Zach. HE 6,5) weder die umstrittene Frage nach der Natur Christi noch die Synode von Chalkedon. Petros Mongos bemerkte diesen Mangel und verlangte in seiner Antwort an Fravitta (Ps.-Zach. HE 6,6) seinerseits eine klare Positionierung zu Chalkedon: die Verdammung der Synode und des Tomus Leonis. 561 Vgl. die fälschlicherweise Gelasius zugeschriebene Antwort des Felix an Fravitta: quod ipsae dilectionis tuae litterae apostolorum summum petramque fidei et caelestis dispensatorem mysterii creditis sibi clauibus beatum Petrum apostolum confitentur (Berol. 44 [111,17–9]). Ähnlich im Brief des Felix an Kaiser Zenon: Berol. 34 (83,13–7; zitiert in Anm. 282).

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nigstens war es Fravitta gelungen, das Verhältnis zum Mönchtum seiner Stadt zu entspannen. Darauf konnten seine Nachfolger später aufbauen.562 Der zunehmende Antichalkedonismus in Alexandria wurde nun auch zur Gefahr für die Kirchenpolitik Zenons. Folglich wurde mit Euphemios wiederum ein Chalkedonier Nachfolger des Fravitta, der sein Handeln auf die Abwehr antichalkedonischer Henotikon-Interpretationen ausrichtete.563 So rang er auch Zenons Nachfolger Anastasios, bei dessen Einsetzung er als Patriarch eine zentrale Rolle spielte, ein Glaubensbekenntnis ab, das Chalkedon bestätigte, gleichzeitig aber das Verhältnis beider Männer zueinander belastete. Der damit verbundene Wegfall des kaiserlichen Schutzes ließ den Patriarchen daher einen Ausgleich mit Rom anstreben, um dem Kaiser gegenüber seine Macht zu stärken. Die Verhandlungen zwischen Konstantinopel und Rom scheiterten aber an der Unvereinbarkeit der beiderseitigen Positionen, vor allem an der Person des Akakios. Euphemios wurde bald abgesetzt, was seinen Nachfolger Makedonios zunächst eng an den Kaiser band. Erst monastische Widerstände gegen Kaiser Anastasios sowie das Erstarken chalkedonischer Akteure in Antiochia und Jerusalem boten Makedonios die Gelegenheit, den Henotikon-Kurs des Kaisers aufzukündigen und seine Stellung als Bischof von Konstantinopel unabhängig von der ihm nicht mehr zugänglichen Kaisermacht zu festigen.564 Die kirchlichen Rahmenbedingungen im Osten waren so günstig, dass Makedonios nicht einmal den Kontakt zu Rom suchen musste. Er trachtete danach, diese Umstände zu kontinuieren. Das band ihn dogmatisch an Chalkedon, kirchenpolitisch an die Allianz mit Flavian von Antiochia, den er auch gegen den Kaiser, der sich zunehmend auf Seiten von Philoxenos und Severos positionierte, unterstützte. Dadurch wirkten syrische Streitigkeiten wie ein Katalysator für Makedoniosʼ Streit mit dem Kaiser.565 Als Flavian Severos Konzessionen machte und Makedonios daher seine Allianz mit dem Syrer aufkündigte, fand der Bischof von Konstantinopel nur noch bei seinen Mönchen – und damit zusammenhängend bei Teilen seines Kirchenvolks – Rückhalt gegen den Kaiser. Umso entschiedener musste er daher deren dogmatisches Interesse an Chalkedon vertreten, was der Henotikon-Politik des Kaisers abermals widersprach und letztlich zur Absetzung des Makedonios führte.   562 Euphemios nutzte die Mönche für seine Kontaktaufnahme nach Rom. Die Archimandriten schickten anscheinend eine Gesandtschaft an Papst Felix, die die Bereitschaft des Euphemios anzeigte, alles Trennende zu verwerfen. Vgl. Berol. 30. Demzufolge ist der Gedanke, dass die Mönche schon Fravitta zu einer Kurskorrektur gedrängt hätten, nicht abwegig. Auch für ihn setzten sie sich in Rom ein; zumindest wurde sein Synodikon von Mönchen überbracht: Berol. 44 (111,21–3). 563 Zenon dürfte Einfluss auf diese Positionierung des Euphemios gehabt haben. Zumindest hatte der Kaiser die Annäherung des Euphemios-Vorgängers Fravitta an Rom mit einer Empfehlung an Papst Felix unterstützt. Vgl. aus Felixʼ Antwort auf die kaiserliche Empfehlung: Berol. 34 (83,1–10; 85,8 f.). 564 BACHT 1953, 276–81. Vgl. Kap. 6.2.4. 565 Auf diese Bedeutung des Kampfes zwischen Flavian und Philoxenos weisen hin: FREND 1979, 185–7; MEIER 2009, 251 f. Vgl. auch Anm. 377.

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III. Bischöfliches Handeln

Anastasios setzte auf einen Nachfolger, der aufgrund seiner schwachen Stellung in Konstantinopel keine andere Möglichkeit hatte, als die kaiserliche Linie mitzutragen. Timotheos teilte Anastasiosʼ Ziel nach Herstellung kirchlicher Einheit auf Grundlage des Henotikon und konnte daher der Dominanz der östlichen Glaubenslandschaft durch Severos – nach dem vorläufigen Zusammenbruch der chalkedonischen Gruppe um Makedonios und Flavian war der Weg für ihn frei – nichts entgegensetzen, auch wenn er punktuell versucht zu haben scheint, dem Syrer gegenüber seine Autonomie zu wahren.566 Der Machtverlust des Timotheos durch sein prokaiserliches Wirken verstärkte sich noch, als eine chalkedonische Absetzbewegung in die Gemeinschaft mit Rom einsetzte und es in der Hauptstadt zu Aufständen gegen den Kaiser und damit auch gegen dessen Bischof kam. Angesichts dieser Situation verstärkten die römischen Bischöfe ihre Aktivitäten im Osten, während Vitalian in Thrakien in den Aufstand trat. Dies bedrohte Timotheos zusätzlich, forderte Vitalian – und letztlich sogar Papst Hormisdas – doch die retractatio des Urteils über den immer noch lebenden Makedonios.567 Dieser auf verschiedenen Ebenen zunehmende Druck trug zum dogmatischen Umschwung unter Justin bei. Der neue Bischof Johannes fand sich eilig dazu bereit, sich Justins Ziele zu eigen zu machen, Schritte zur Befriedung der Kirche einzuleiten und das Schisma mit Rom beizulegen. Er nutzte diese Situation gleichwohl dazu, die Stellung Konstantinopels in dem ihm letztlich aufgezwungenen Wandel der Verhältnisse zu stärken. Ein erster Schritt in diese Richtung war es, Konstantinopel vom Druck durch Severos zu befreien.568 Da der kaiserliche Wunsch nach Einheit auch Rom unter Zugzwang setzte, Hormisdas sich nun mit den im Schisma deutlich gewordenen Realitäten der kirchlichen Umwelt abzufinden hatte, gelang es Johannes ferner, den Papst zur dezidierten Anerkennung der vier Konzilien zu bewegen, womit er die Ansprüche Konstantinopels und letztlich auch das politische Kirchenprinzip einschärfen konnte.569 Trotzdem war die Eini  566 So legte Anastasios, wohl auf Rat des Timotheos, Protest gegen die Ergebnisse einer severianischen Synode ein, die in seinen Augen das Reich in Unruhe versetzt hatte: Sev.Ant. epist. CL 46 (321). Trotzdem billigte der Hauptstadtbischof die Linie des Severos grundsätzlich, stand er mit ihm doch in Gemeinschaft. 567 Zu den Forderungen des Vitalian: Theophan. a.6006 (513/14, 160,21–6). Hormisdas forderte 515 vom Kaiser: In exilium deportatos pro causa ecclesiastica ad audientiam sedis apostolicae reuocandos, ut iudicium et uera examinatio de his haberi possit, ita ut causa eorum inquisitioni integra reseruetur (Avell. 116a,2 [520,14–7]). Wie gefährlich ein exilierter Amtsvorgänger bis zu seinem Tod für einen Bischof blieb, zeigt CHADWICK 1955 am Verhältnis des Anatolios von Konstantinopel zu seinem Vorgänger Flavian, der 449 ins Exil geschickt worden war. Bezüglich des Timotheos ist auffällig, dass sein erster Kontakt mit Rom erst nach dem Tod des Makedonios erfolgte. Vgl. Anm. 389. 568 Sabbait. 25 (64,8–11). Vgl. Anm. 775. Schon im Frühjahr 518, also noch unter Anastasios, ging das Gerücht, dass Johannes Severos anathematisiert hätte. Vgl. Sev.Ant. epist.SL 6,1 (transl., 362). MAGI 1972, 33 bezweifelt das. Es ist tatsächlich fraglich, ob der Bischof unter dem alten Kaiser einen solchen Schritt hätte wagen können. 569 Vgl. Anm. 440. Es kann in diesem Zusammenhang kaum überbewertet werden, dass Rom sich überhaupt dazu bereit fand, Johannes ein Vorwort zum libellus zuzugestehen. Waren die  

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gung mit Rom nicht das Hauptanliegen des Johannes. Immerhin war diese mit einem hohen Risiko hierarchischer Rückstufung verbunden. Der Schritt war vielmehr ein Kompromiss zwischen dem Willen des Kaisers und den Ansprüchen des Bischofs. Die oftmals widersprüchliche Dynamik zwischen strukturellen Vorgaben und aktuellen Möglichkeiten, in die vor allem die Patriarchen der Hauptstadt gestellt waren, modifizierte die Bedingungen für das Handeln der einzelnen Bischöfe so stark, dass immer wieder andere Interessen und Möglichkeiten im Handeln wirksam wurden. Zwar teilten dabei alle das Ziel, eigene Normen hinsichtlich des Glaubens oder hinsichtlich der Hierarchie als gültig zu erweisen; wie diese Zielorientierung darüber hinaus aber konkret aussah, hing von der Art und Weise der Kombination hierarchischer und dogmatischer Positionen sowie der Stellung dieser zur politischen Macht ab. Auch die chalkedonischen Bischöfe waren nicht ausschließlich am dogmatischen Ziel der chalkedonischen Definitionen orientiert. Sowohl Euphemios als auch Makedonios strebten danach, das Henotikon, zumindest aber dessen miaphysitische Interpretation, zurückzudrängen und Chalkedon dem Zugriff der kaiserlichen Kirchenpolitik zu entziehen. Beide diese Aspekte waren jedoch eng mit einer hierarchischen Zielorientierung verknüpft: Schon Euphemios erkannte, dass in der Sicherung Chalkedons auch die Sicherung seiner eigenen Macht gegen kirchlichen und kaiserlichen Widerstand lag und umgekehrt.570 Aus dieser Zielverknüpfung heraus konnte er beispielsweise der römischen Forderung nach der Verdammung des Akakios, trotz aller dogmatischen Übereinstimmungen, nicht nachkommen. Auch Makedoniosʼ Widerstand gegen die kaiserliche Kirchenpolitik und seine Verteidigung der Synode von 451 bedingten sich gegenseitig. Die Bewahrung des Bekenntnisses diente dem Patriarchen unter anderem dazu, das Bündnis mit Flavian und Elias zu festigen. Auch in Konstantinopel war Makedonios auf chalkedonische Verbündete gegen Anastasios angewiesen, da er Chalkedon nur in Konfrontation zur kaiserlichen Kirchenpolitik verteidigen konnte. Inhaltliche Ziele und Ziele der eigenen Machtposition waren also untrennbar miteinander verbunden, konnten kombiniert werden und so dem Handeln zusätzliche Dynamik verleihen. Dies galt insbesondere da, wo die eigenen und die kaiserlichen Ziele nicht parallel lagen.

  Zugeständnisse Roms auch an sich vielleicht nicht allzu weitgehend – das Konzil von Konstantinopel 381 stand zumindest in seinen dogmatischen Aussagen nie zur Debatte –, so zeigte doch der Kontext, in dem Rom sich zu diesen Zugeständnissen bereit finden musste, dass Hormisdas römische Positionen tatsächlich zu einem gewissen Grade hatte aufgeben müssen. 570 Der Bischof dürfte dabei allerdings nicht allzu scharf zwischen dogmatischer und hierarchischer Ebene unterschieden haben. Für die kirchlichen Akteure diente der erhöhte hierarchische Rang letztlich der Verbreitung der Orthodoxie.

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III. Bischöfliches Handeln

8.2. Argumentation und Aktion Konstantinopels 8.2.1. Akakios und das Henotikon (482–489) Angesichts der Grundlegung der Rangrechte Konstantinopels in einem auf politischen Analogien aufbauenden Kirchenprinzip musste es ein alle Bischöfe von Konstantinopel verbindendes Ziel sein, die eigenen Rangansprüche im Schisma durchzusetzen, sie also als gerechtfertigt und wirksam zu erweisen. Akakios tat dies durch die Herstellung der kirchlichen Gemeinschaft mit Petros Mongos unter Vermittlung des Henotikon. Indem er Petros Mongosʼ Wiederaufnahme in die Kirche vollzog, bewies er performativ die Überordnung seines Sitzes über die Kirche von Alexandria.571 Hierfür nahm er sogar das Risiko der Entfremdung zu Rom in Kauf, legte er doch die dogmatischen Bestimmungen Chalkedons im Henotikon, an dem er als wichtigster theologischer Berater Zenons zentral beteiligt war, mehr als flexibel aus und rückte dazu auch noch von seiner erst kürzlich an Rom vermeldeten Verdammung des Petros Mongos ab. Da er damit aber nicht nur in seinem, sondern auch in Zenons Sinne agierte, blieb das Risiko für Akakios überschaubar: Der Patriarch lehnte sich in seinem Handeln eng an die politische Macht des Kaisers an. Dadurch konnte sich Akakios der Unterstützung durch kaiserliche Machtmittel sicher sein. Im Osten erwies sich diese Unterstützung als wichtig, sobald sich herausstellte, dass das Henotikon Chalkedon und damit den für die Rangansprüche Konstantinopels wichtigen Kanon 28 zwar nicht verdammte, eine antichalkedonische Interpretation aber auch nicht ausschloss.572 Die Annahme des Henotikon beinhaltete also nicht zwangsläufig die Akzeptanz der hauptstädtischen Ansprüche. Auch gegen die Widersprüche Roms nach 482 stützte sich Akakios auf die kaiserliche Macht. So konnte er im Verbund mit Zenon beispielsweise die römische Legation um Vitalis und Misenus auf seinen eigenen Kurs bringen, was die Gültigkeit der kirchenpolitischen Maßnahmen Konstantinopels sicherte, den Graben zu Rom hingegen immer tiefer werden ließ.573 Bei alldem konnte sich Akakios vollkommen im Recht sehen: Henotikon und Chalkedon schlossen sich für ihn keinesfalls aus, zumal er Chalkedon ohnehin maßgeblich unter dem Aspekt der eigenen Rangrechte betrachtete. An der Rechtmäßigkeit des Dokuments und seinen personalpolitischen Folgen bestand für Akakios kein Zweifel. Rom gegenüber postulierte er daher zusammen mit Zenon so  571 Aus der Perspektive Alexandrias hatte selbstverständlich nicht Akakios Petros Mongos wieder in die Kirche aufgenommen, sondern dieser den Bischof von Konstantinopel. Rom kritisierte, dass Akakios zu diesem Schritt gar nicht befugt gewesen sei. Vgl. beispielsweise Avell. 95,26 (378, 13–5; zitiert in Anm. 315); Berol. 43 (109,24–8; zitiert in Anm. 305). Hierbei taucht oft der Gedanke einer petrinischen Trias auf, der schon in Decr.Gelas. 3 Konstantinopel von Leitungsfunktionen der Kirche ausgeschlossen hatte. Vgl. Kap. 5.1. 572 Vgl. Kap. 4.5.; Anm. 168. Petros Mongos geriet schon bald unter den Druck antichalkedonischer Eiferer, was Akakios in Sorge versetzte: Ps.-Zach. HE 6,1. Vgl. Kap. 10.1.1. 573 Vgl. Kap. 6.1.1.

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wohl die Orthodoxie des Petros Mongos als auch die Rechtmäßigkeit des kaiserlichen Vorgehens.574 Aus der Logik einer auf politischen Faktoren gründenden kirchlichen Ordnung heraus, wie sie im Henotikon greifbar wurde, waren die Maßnahmen von 482 somit keinesfalls zu beanstanden. Vor allem aber seine eigene Rechtgläubigkeit wollte Akakios nicht durch Felix III. (II.) von Rom in Zweifel gezogen sehen, sodass er seine Exkommunikation durch die sedes Petri mit der Exkommunikation seines römischen Amtskollegen beantwortete. 8.2.2. Chalkedonische Bischöfe zwischen Chalkedon und Anastasios (489–511) Akakios suchte in der Folge keinen Kontakt mehr zu Rom. Erst unter seinem Nachfolger Fravitta kam es seit 489 zu Versuchen, einen Ausgleich mit Rom zu erreichen. Fravitta hatte das Problem des Henotikon erkannt: Zwar hatte Akakios recht, dass es Chalkedon im Prinzip nicht widersprach, es war zugleich aber so sehr eine Leerformel, dass es stets offen für antichalkedonische Relativierungen der Lehren von 451 sein musste.575 Um eben diese Lehren ging es den Nachfolgern des Akakios. Da sie somit eine eher kritische Haltung zum Henotikon entwickelten, gerieten sie zunehmend in Konflikt mit dem Kaisertum. Dieser Konflikt ging mit dem Verlust des politischen Schutzes und der politischen Unterstützung einher. Um das auszugleichen, versuchten die Patriarchen der Hauptstadt unter anderem, sich der römischen Kirche anzunähern, synodale Bestätigungen Chalkedons zu erlangen oder das Kaisertum auf den eigenen Chalkedon-Kurs zu verpflichten. Als erstes wandte sich Fravitta im Angesicht erstarkender miaphysitischer Stimmen im Osten um Unterstützung an Rom. Sein Anliegen nach neuerlicher Gemeinschaft rechtfertigte er mit weitgehenden dogmatischen Gemeinsamkeiten. Er fand sich sogar bereit, den Primat Roms explizit anzuerkennen, auch wenn er hiermit in östlicher Tradition wahrscheinlich nur bloße Ehrenvorränge im Blick hatte.576 Nachdem mit Akakios der eigentliche Auslöser des Streits gestorben war, meinte Fravitta wohl, dass einer neuerlichen communio mit Rom nichts mehr im Wege stehen würde. Gleichzeitig war der Patriarch aber nicht bereit, von den Ergebnissen des Henotikon abzurücken, weshalb er auch nach Ägypten ein Antrittsschreiben sand  574 Vgl. Kap. 6.1.1. Die entsprechenden Schreiben sind nicht überliefert. Zur Rekonstruktion ihres Inhalts: Anm. 271. 575 WIRTH 1990, 104 meint, dass das Henotikon durch seine Inhaltslosigkeit beiden dogmatischen Gruppen Grund zur Sorge gegeben hätte. Er übersieht dabei aber, dass nur die antichalkedonische Interpretation im Dokument selbst angelegt war, nämlich in dessen Schlusssatz. Vgl. Anm. 168. Insofern war die Anerkennung Chalkedons im Henotikon prekärer als die Ablehnung der Synode. Siehe auch VASILIEV 1958, 108. 576 Vgl. die Bezugnahme auf das Synodikon aus einem Brief des Felix an Zenon: Berol. 34 (83, 13–7; zitiert in Anm. 282). Ähnlich: Berol. 44 (111,17–9; zitiert in Anm. 561).

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te.577 Vielleicht war Fravitta die Konsequenz eines solchen Schrittes im Hinblick auf das Verhältnis zu Rom gar nicht bewusst. Wenn das Schisma mit Rom eher der Person des Akakios als dem Edikt des Zenon – und dieses war bis dahin auch kein expliziter Teil der Debatte gewesen – oder der Gemeinschaft mit Alexandria geschuldet war, so war es auch legitim, die einmal hergestellte Gemeinschaft mit Ägypten zu bewahren. Immerhin stand die dortige Kirche in der Sicht Konstantinopels mit der Billigung des Henotikon unverändert auf der Grundlage Chalkedons. Dass der Kompromiss von 482 auch für Fravitta seine Bindungswirkung nicht eingebüßt hatte, zeigt sich daran, dass sein Synodikon an die Kirche von Alexandria jegliche Differenzen verschwieg.578 Ein Ausgleich mit Rom freilich war so nicht möglich. Während Fravitta weiter auf die Unterstützung durch Kaiser Zenon hatte bauen können, stand sein Nachfolger Euphemios im Konflikt mit Kaiser Anastasios, der 491 an die Macht gekommen war. Da der Patriarch Anastasios für einen Häretiker hielt, hatte er ihm vor seinem Herrschaftsantritt ein schriftliches Bekenntnis abgerungen, das ihn zum Aufrechterhalten des Konzils von Chalkedon verpflichtete. Indem er den Kaiser damit aber an ein synodales Glaubensdokument band, rückte Euphemios geringfügig vom politischen Kirchensystem ab. Das verschärfte den Konflikt mit Anastasios zusätzlich und band den Bischof an die Unterstützung durch innerkirchliche Akteure. Daher trat er eigenmächtig, ohne Rücksprache mit dem Kaiser, in Kontakt zur römischen Kirche.579 Aufbauend auf einem von Rom durchaus erwiderten Gefühl dogmatischer Übereinstimmung580 blieb als einzig offener Konfliktpunkt beider Seiten die von Rom geforderte Streichung des Akakios aus den Diptychen. Euphemios stellte diesbezüglich fest, dass das Papsttum angesichts der Gemeinsamkeiten diesen Punkt nicht zum Anlass nehmen solle, ihm die Gemeinschaft zu verweigern.581   577 Ps.-Zach. HE 6,5. 578 Nur bei der Verdammung von Nestorios und Eutyches wurde der Patriarch konkret: […] that we should drive out the rapacious wolves that are the condemned heresies, especially Nestorius and Eutyches, while preaching and holding to the faith of our holy fathers, who guarded the truth and gave order to the church, and like them teaching in our day the correct faith to the people and to humanity (Ps.-Zach. HE 6,5 [221,14–8]). Das war aber ohnehin der kleinste gemeinsame Nenner aller Akteure. 579 Ps.-Zach. HE 7,1: Athanasios von Alexandria und Sallustios von Jerusalem hatten Kaiser Anastasios Euphemiosʼ Synodikon an Rom zugespielt. Dieser Bericht setzt voraus, dass der Kaiser nichts von der Wendung seines Bischofs nach Rom wusste: Anm. 370. Vielleicht kritisierte Euphemios Rom gegenüber das Henotikon. Dieses stellte schließlich die gemeinsame Grundlage dar, auf der sich Athanasios und Sallustios gegen Euphemios an den Kaiser gewandt hatten und die Euphemios selbst verlassen hatte. Dazu würde die Verpflichtung des Makedonios auf das Henotikon bei seinem Amtsantritt passen: Theod.Anagn. HE epit. 456. 580 Vgl. die Anerkennung der Orthodoxie des Euphemios durch Rom: Theod.Anagn. HE epit. 442 (= Theophan. a.5983 [490/91, 135,17–20]). 581 Euphemios rief den Papst also zum Entgegenkommen auf: cum autem dicis condescendere nos debere uobiscum […] (Veron. 12 [50,28 f.]). Es war einer der zentralen Kritikpunkte gegenüber Papst Gelasius, dass er einen Kampf um Namen, nicht um den Glauben führen wür 

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Allerdings war Akakios sogar für den strikten Chalkedonier Euphemios weit mehr als nur ein Name. Euphemios zeigte im Punkt seiner Expunktion Rom gegenüber ja selbst kein Entgegenkommen.582 Zum einen konnten die Bischöfe der Hauptstadt weiterhin kein Fehlverhalten des Akakios feststellen. Zum anderen dürfte Euphemios im Streben nach dem Erweis eines erhöhten Ranges in der Kirche kaum bereit gewesen sein, seinen Sitz mit einem Häretiker in der eigenen Sukzession belasten zu lassen. Eine Einigung unter dieser Bedingung hätte der Sache Chalkedons im Osten außerdem auch nicht weitergeholfen. Die Expunktion des Akakios hätte zu einer Abwertung des Sitzes von Konstantinopel geführt, die durch die Übereinkunft mit Rom nicht hätte aufgefangen werden können. Ein Widerstand gegen die Linie des Anastasios brauchte einen starken Patriarchen von Konstantinopel. Obwohl sich Euphemios durch seine Wendung nach Rom und seine Abwendung von Petros Mongos von Akakiosʼ Henotikon distanziert hatte, das in Alexandria immer offener als Verwerfung Chalkedons interpretiert wurde, kam er der römischen Kernforderung nach der Verdammung des Akakios nicht nach. Auch wenn sich Euphemios bemühte, Rom die Dringlichkeit aufzuzeigen, gegen das antichalkedonische Vordringen im Osten wieder mit ihm in Gemeinschaft zu treten, scheiterten seine Annäherungsversuche. Sie wurden auch nicht wieder aufgenommen. Das Schisma setzte sich fort und äußerte sich in der Folge in gesteigerten Aktivitäten sowohl Roms als auch Konstantinopels auf dem Balkan. Die Akteure in Konstantinopel hatten kein Interesse daran, ihre westlichen Grenzprovinzen römischem Einfluss zu überlassen, weshalb sie begannen, in den umkämpften Provinzen für ihre Positionen zu werben und die römischen Positionen zu delegitimieren.583 Dafür argumentierte Konstantinopel für seine Verhältnisse geradezu untypisch und fokussierte nicht auf die in der Hauptstadt selbstverständliche enge Verbindung zwischen Kaiser und Kirche. Vielmehr erhob man einen kirchenrechtlichen Vorwurf: Rom habe mit seiner nicht von einem ökumenischen Konzil gestützten Verurteilung des Akakios 484 das Kirchenrecht verletzt. Daneben wurde ein Argument ins Feld geführt, das dem Zusammenwirken von Kaiser und Patriarch in Konstantinopel de facto überhaupt nicht entsprach: Zenon hätte Akakios 482 zur Annahme des Henotikon gezwungen.584 Durch diesen Vorwurf eines   de. Vgl. zum Beispiel Avell. 101,10 (467,20–468,1; zitiert in Anm. 307). Siehe auch Kap. 6.2.1.; 7.2.3. 582 Der Vorwurf gegenüber Rom, für die Päpste sei das Schisma nur ein Streit um Namen, wird dadurch relativiert: Selbiges traf schließlich auch für Konstantinopel zu. Dieser Befund plausibilisiert einmal mehr die Benennung des Schismas als „Akakianisches“ (zur Debatte um die Benennung vgl. Anm. 285). In der Tat ging es beiden Seiten maßgeblich um Akakios. 583 Vgl. die Darstellung des gelasianischen Werkes als Gegenoffensive: Anm. 310. 584 Aufgrund der engen Verbindung der Akteure in Konstantinopel übte der Kaiser ständig latenten Zwang auf den Bischof aus, was im Osten für gewöhnlich aber nie problematisiert wurde. Daher ist dieses Argument für Konstantinopel in der Tat recht ungewöhnlich. Vor allem traf

 

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weltlichen Übergriffes – freilich durch einen bereits toten Herrscher – kann versucht worden sein, römischen Positionen entgegenzukommen, die Eingriffe des Kaisers in die Kirche ja zumindest kritisch verfolgten. Vielleicht war der Vorwurf aber auch ein Reflex auf die anhaltenden Spannungen zwischen Euphemios und Kaiser Anastasios. Papst Gelasius gelang es jedenfalls, die Argumente Konstantinopels abzuwehren. Für Makedonios spielte Rom dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Nachdem er vom Kaiser zunächst genötigt worden war, das Henotikon zu billigen, sich dann aber von diesem wieder losgesagt hatte, war er in einen Konflikt mit Anastasios und dessen kirchlichen Unterstützern geraten, der nun ganz im Fokus der Akteure stand. Kontakt zu Rom nahm Makedonios daher wohl nie auf. Sein beachtenswerter Einwand gegen die Gemeinschaft mit Alexandria, die Synode von Chalkedon könne nur von einem ökumenischen Konzil unter dem römischen Bischof kassiert werden585, war daher auch wenig mehr als eine Provokation des Kaisers, die dessen mangelnde kirchliche Legitimität aufzeigen sollte. Zu einem entsprechenden Konzil hätten sich die Beteiligten, aus Gründen der eigenen Rangansprüche allen voran Makedonios selbst, schwerlich bereitgefunden. Dass sich nun aber der traditionellste kirchliche Vertreter eines politischen Kirchenprinzips, der Bischof von Konstantinopel, auf die Seite eines apostolischen Prinzips stellte, sich geradezu römische Positionen zu eigen machte und die kaiserlichen Rechte in der Kirche in Zweifel zog, stellte Anastasios vor Probleme.586 Im Handeln des Makedonios insgesamt lässt sich somit das deutlichste Abrücken vom politischen Kirchenprinzip erkennen, zu dem ein Bischof von Konstantinopel jemals bereit war. Aus seiner Position der Schwäche gegenüber dem Kaiser heraus versuchte er, sein Sanktionsdefizit durch radikale dogmatische Positionierungen auszugleichen. Damit konnte er Rückhalt bei den Mönchen seiner eigenen Bischofsstadt und auch bei den Bischöfen des Reichs finden, nicht zuletzt bei Elias von Jerusalem und Flavian von Antiochia. Makedoniosʼ Kampf gegen den Kaiser wurde damit auch ein Kampf gegen die kaiserliche Kirchenpolitik in Syrien und ein Kampf für Flavian. Eine positive Rolle spielte der Kaiser damit in der Handlungsausrichtung des Patriarchen nicht mehr.587 Während Makedonios sich also auf seinen innerkirchlichen Rückhalt stützte, zeigte er sich Anastasios   es aber die Umstände der Entstehung des Henotikon nicht. Ausführlich zu den Vorwürfen Papst Gelasius gegenüber: Kap. 6.2.1. 585 Vgl. Theophan. a.6002 (509/10, 152,21–5; zitiert in Anm. 378). 586 Anastasios lief dadurch Gefahr, seinen Einfluss auf die kirchliche Entwicklung zu verlieren. Unmittelbaren Zugriff hatte der Kaiser nur auf den Bischof von Konstantinopel. Normalerweise entzog sich dieser diesem Zugriff auch nicht. Die Abwendung des Makedonios von der kaiserlichen Kirchenpolitik beraubte Anastasios jetzt aber seines wichtigsten Eingriffsinstruments, das er angesichts der zunehmenden Unruhen in Syrien eigentlich mehr als nötig brauchte. 587 Eingedenk dessen war die praktische Absage des Makedonios an kaiserliche Eingriffspotentiale in der Kirche nicht weniger radikal als die Relativierung kaiserlicher Rechte in Gelasiusʼ Zweigewaltenlehre.

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gegenüber in zunehmendem Maße unkooperativ und nutzte die ihm loyal ergebenen Mönche nun immer häufiger dazu, mit Gewalt seine Positionen gegen den Kaiser in Konstantinopel durchzusetzen. Dadurch wurde er zur direkten, auch politischen Bedrohung für Kaiser Anastasios.588 8.2.3. Timotheos und Johannes II.: Abhängigkeit vom Kaiser (511–519) Der Nachfolger des schließlich abgesetzten Makedonios, Timotheos, trug die kaiserliche Linie mit und billigte das Henotikon. Dafür erhielt er den Schutz des Kaisers für seine nicht sehr komfortable Stellung in der Hauptstadt. Zwar verfuhr auch Timotheos nicht willkürlich in seiner dogmatischen Positionierung und schlug Johannes von Nikiu in Alexandria gegenüber anfänglich einen durchaus Chalkedon-freundlichen Kurs ein.589 Der Bischof konnte sich damit allerdings nicht gegen die auf einen Ausgleich drängende Macht des Anastasios durchsetzen. Dem Henotikon gemäß hielt Timotheos auch Gemeinschaft mit Severos, obwohl er, soweit ersichtlich, weit entfernt von dessen miaphysitischer Radikalität war.590 Die Henotikon-Politik, die nun also auch der Patriarch vertrat, war mit kaiserlichen Sanktionsmitteln bewehrt, weshalb Timotheos auf eigene Rechtfertigungen für sein Handeln weitgehend verzichten konnte.591 Schließlich wurde das kaiserliche Ziel einer kirchlichen Einheit grundsätzlich selbst von den Gegnern des Henotikon geteilt. Umstritten war nur die Art und Weise, mit der diese Kircheneinheit hergestellt werden sollte. Die kaiserliche Linie in dieser Frage lehnte sich nun mehr und mehr an Positionen des Severos von Antiochia an. Da mit Timotheos der Bischof von Konstantinopel nicht mehr, wie noch Makedonios, als chalkedonisches Regulativ zur miaphysitischen Radikalität wirken konnte, wurde gerade unter ihm eine zunehmende Zahl von Gegnern der kaiserlichen Kirchen  588 Vgl. DIJKSTRA – GREATREX 2009, 230–9. Diese politische Bedrohung der Herrschaft des Anastasios setzte sich nach der Ausschaltung des Makedonios in der Revolte des Vitalian fort. MEIER 2007b, 209–11 weist darauf hin, dass sowohl in den staurotheis-Unruhen von 512 als auch im Vitalian-Aufstand eine Verknüpfung religiöser und politischer Motive vorgelegen habe. Dementsprechend muss auch das Handeln des Makedonios Auswirkungen auf beide Ebenen gehabt haben. 589 Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255,2–11). 590 Vgl. Anm. 566: Timotheos hatte Anastasios die Ergebnisse einer Synode des Severos zugespielt, die der Kaiser in ihrer Radikalität verwarf. Es ist davon auszugehen, dass Timotheos als Bischof von Konstantinopel auch als Ratgeber des Anastasios fungierte und in dieser Funktion versuchte, einen Gegenpol zu Severos zu bilden. Die Entwicklungen der letzten Regierungsjahre des Anastasios sprechen aber nicht dafür, dass Timotheos diese Rolle allzu erfolgreich ausgefüllt hätte. 591 Dieser Umstand mag mit dazu beigetragen haben, dass die Überlieferung zu Timotheos weniger umfangreich ist als die zu Makedonios oder Euphemios. Vgl. Anm. 548. ALPI 2006, 232 jedenfalls hält fest, dass Grumels Regesten darauf hindeuten würden, dass Timotheos nicht gänzlich unwichtig für die anastasianische Kirchenpolitik gewesen sei. Bis zu einem gewissen Grad spiegelt der Quellenbefund die Bedeutung einzelner Bischöfe aber wider.

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politik in die Arme Roms getrieben.592 Während die kaiserliche Kirchenpolitik, nicht zuletzt durch den Einfluss des Severos, in eine stärker miaphysitische Richtung tendierte, war Timotheos nach der Niederlage des Makedonios sogar in der eigenen Bischofsstadt die kirchliche Initiative entglitten. So war es Anastasios, der dem Bischof von Rom jetzt darlegte, warum die Kirche der Hauptstadt die Forderungen Roms unmöglich erfüllen konnte.593 Die Amtsvorgänger des Timotheos hatten wenigstens das noch selbst getan. Neu waren auch die Argumente des Kaisers allerdings nicht. Er verwies, wie vor ihm schon Euphemios, auf drohende Unruhen bei der möglichen Expunktion des Akakios.594 Unruhen drohten in Konstantinopel zwar immer, mittlerweile aber wohl kaum mehr zugunsten des Akakios oder des Henotikon. Da Timotheos als Bischof nicht in der Position war, einen Aufstand zu entfachen und zu führen, fehlte den Mönchen und der Gemeinde Konstantinopels ohnehin ein wichtiger Aktivator für einen offen geäußerten Widerstand. Rom zeigte sich daher auch diesmal wenig beeindruckt von den östlichen Argumenten. Timotheos setzte während seiner gesamten Amtszeit nur wenig Akzente. Auch Johannes war als Bischof auf die stützende Macht des Kaisers angewiesen und bediente sich dieser Macht, um seinem Handeln Nachdruck zu verleihen. So war es 518 denn auch der kaiserliche Wille zur Beendigung des Schismas, zusammen mit dem Druck der hauptstädtischen Bevölkerung, der Johannes dazu zwang, den Libellus Hormisdae zu billigen und Akakios aus den Diptychen zu streichen. Es war ebenfalls der Wille des Kaisers Justin, der es dem Bischof jedoch zugleich ermöglichte, die Beendigung des Schismas dazu zu nutzen, Konstantinopel als kirchliche Führungsmacht im Osten zu präsentieren und diese Rolle durch das Vorwort zur Hormisdas-Formel implizit sogar von Rom anerkennen zu lassen. Weil Papst Hormisdas gleichzeitig ebenfalls unter Einigungsdruck stand, konnte er das Vorwort letztlich nicht zurückweisen.595 Der Patriarch erfüllte die an ihn gestellte Forderung nach der Anerkennung Chalkedons mit der Anerkennung der vier ökumenischen Konzilien. Damit nahm   592 Frends Feststellung, die Absetzung des Makedonios sei eine „watershed in the reign of the emperor Anastasius“ gewesen (FREND 1979, 183), ist durchaus zutreffend, schließlich machte sie den Weg zur Dominanz der Antichalkedonier um Severos frei. Diese Tatsache sollte die Stimmung im Osten mittelfristig aber immer stärker prochalkedonisch beeinflussen. Vgl. DERS. 1972, 231. 593 Beispielsweise Ende des Jahres 515 in Avell. 125. Die Argumentation dieses Schreibens war auffällig theologisch, gerade in 125,3–5, wo der Kaiser ein christologisches Bekenntnis ablegt. 594 Vgl. Avell. 125,11 (539,27 f.): […] nec sine multa effusione humani sanguinis scimus posse ea, quae super hoc scribitis, ordinari. Das hatte schon Gelasius gegenüber als Argument gedient (vgl. Veron. 11 [40,32 f.]; 12 [55,2–4]), diesem aber die Möglichkeit eröffnet, seinen Briefpartnern im Osten pastorale Defizite zu unterstellen: Veron. 12 (55,4–7). Vgl. auch MEIER 2009, 104–109. 595 Hinzu kam eine Übererfüllung der römischen Forderungen. Johannes hatte unaufgefordert auch die kaiserlichen Vertreter des Henotikon, Zenon und Anastasios, aus den Diptychen gestrichen. Vgl. Avell. 223,6 (684,16 f.).

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er auch Bezug auf die Synode von Konstantinopel 381, die die hierarchische Aufwertung der Hauptstadt als erste formuliert hatte. Der Kanon 28 von Chalkedon hatte diese Formulierung durch eine wörtliche Bezugnahme lediglich erneuert. Johannesʼ Vorwort zum Libellus Hormisdae führte also gleichsam durch die Hintertür der Synode von Konstantinopel die in Chalkedon formulierten Rangrechte Konstantinopels wieder ein. Der Synode von 381 ihre Orthodoxie abzusprechen, war Hormisdas nicht möglich, zumal nicht in der Situation, in der sich der Osten zu einem grundsätzlichen Einlenken bereit gezeigt hatte und darüber hinaus die chalkedonische Restauration auf Synoden initiiert und vollzogen worden war, was den vom Kaiser unterstützten Maßnahmen des Johannes eine umso größere kirchliche Legitimität verleihen musste.596 In einem Schreiben an Hormisdas untermauerte Johannes seine Rangrechte, indem er die Kirchen von Rom und Konstantinopel als eigentlich eine Kirche gleichrangig nebeneinanderstellte.597 8.2.4. Zusammenfassung: Handlungsweisen Konstantinopels Die Bischöfe Konstantinopels standen als Bischöfe der Kaiserstadt im Fokus des kirchenpolitischen Geschehens. Sie handelten innerhalb eines komplexen Geflechts aus Akteuren, Möglichkeiten und Begrenzungen. Auf diese Herausforderung reagierten sie unterschiedlich. Ihr Handeln führte jedoch in der Regel zu gewissen innerkirchlichen Akzeptanzverlusten, da die Begründung und die Inhalte ihrer Maßnahmen selten von allen maßgeblichen Akteuren geteilt wurden. Durch ihre Nähe zu einer Vielzahl von solchen relevanten Akteuren und vor allem durch die Nähe zum Kaisertum war das für die Bischöfe der Hauptstadt aber ausgleichbar. So suchten Euphemios und Makedonios nach ihrem Bruch mit dem Kaiser den Rückhalt Roms, Antiochias oder der Mönche der eigenen Bischofsstadt. Andere Bischöfe hingegen wurden gegen die Widerstände gerade dieser Akteure vom Kaiser gestützt. Hier zeigt sich das Grundproblem Konstantinopels: Zur Durchsetzung kirchlicher Ansprüche waren die Patriarchen auf die Sanktionsmacht des Kaisers angewiesen. Dieser verfolgte zumindest im Akakianischen Schisma aber andere Ziele als das Mönchtum und die Gemeinde von Konstantinopel, die wiederum beide für die interne Stabilität der Bischofsherrschaft wichtig waren. Diese Polarität spiegelt sich im Handeln der Bischöfe der behandelten Epoche wider.   596 So waren die Zusagen des Johannes an seine Gemeinde durch die Residenzsynode bestätigt worden: Sabbait. 25. Verschiedene Provinzsynoden hatten wiederum den Beschlüssen der Residenzsynode zugestimmt: EBD. 30 f. Justin spielte in diesem Bekenntnisumschwung zumindest nach außen keine aktive, sondern allenfalls eine vermittelnde Rolle. Vgl. hierzu Anm. 894. 597 Vgl. Kap. 6.3.2. Beispiele in den Schreiben des Johannes: Avell. 159,2 (608,5–8; zitiert in Anm. 449); 161,5. Vgl. MAGI 1972, 292.

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Eine derartige Handlungsausrichtung hatte jedoch nicht zwangsläufig immer auch Auswirkungen auf das Verhältnis zu Rom. Im Gegensatz zu Euphemios suchte Makedonios im Konflikt mit dem Kaiser keinen Kontakt zum Papsttum, und der kaisernahe Johannes heilte das Schisma, das der kaisernahe Akakios hervorgerufen hatte. Ohnehin stand das Schisma mit Rom weniger im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit Konstantinopels als es umgekehrt für Rom der Fall war. Die Hauptstadt war nicht von den anderen kirchlichen Entwicklungen im Reich isoliert und brauchte daher den Kontakt zu Rom nicht unbedingt. Zumindest erschien dieser Kontakt den Bischöfen offenbar weniger wichtig als das Aufrechterhalten der Erinnerung an Akakios. Genau das war es auch, was allen Bischöfen in Konstantinopel gemein war: Der Rang des eigenen Bischofssitzes sollte nicht geschwächt werden, und sei es durch die Expunktion eines eigenen Amtsvorgängers aus den Diptychen. Trotzdem nahmen die einzelnen Bischöfe – wenn sie ihren Vorgänger schon nicht verdammten – unterschiedlich Stellung zu den Maßnahmen des Akakios und zu der Frage, ob sie das vom Kaiser beförderte Henotikon zur Grundlage ihres Handelns machen sollten oder nicht. Für diese Option, und damit im Sinne einer politischen Kirchenführung, entschieden sich Fravitta, Timotheos und der frühe Johannes. Euphemios und Makedonios hingegen stellten Chalkedon in den Mittelpunkt ihres Handelns und opponierten gegen die kaiserliche Bekenntnispolitik. Für sie war eine chalkedonische Interpretation des Henotikon schwerlich denkbar. Damit entschied die dogmatische Position zum kaiserlichen Edikt im Akakianischen Schisma gleichzeitig über Nähe und Ferne zum Kaisertum.598 Diese Frage nach der Selbstbehauptung im Kontakt zum Kaisertum war für Konstantinopel der Frage nach dem Akakianischen Schisma übergeordnet. 8.3. Effekte und Folgen des Handelns Konstantinopels 8.3.1. Effekte der ersten Konfliktzone: Dogma Auch vonseiten Konstantinopels kam es im Schisma zu keinen Fortschritten in Hinblick auf die Klärung der dogmatischen Fragen, zogen sich die Patriarchen dem Papsttum gegenüber doch auf den Standpunkt zurück, weiterhin Chalkedon zu vertreten.599 Im Henotikon hatten sie allerdings zumindest insofern zu einer   598 Eine analoge Feststellung trifft GRILLMEIER 21991, 237 für den Codex Encyclius (vgl. Anm. 122): Dieser zeige, dass sich die Bischöfe des Ostens bezüglich der Annahme Chalkedons an der Position des Kaisers orientiert hätten. Grillmeier erklärt damit das dogmatische Schwanken der Bischöfe. Es ist insofern beachtlich, dass es im Akakianischen Schisma gerade einzelne Bischöfe der Hauptstadt waren, die ihre dogmatische Orientierung über die Orientierung am Kaisertum stellten. 599 Bezüglich dieses Punkts war es zu Spannungen mit Hormisdas gekommen, als dieser für seine Teilnahme am Konzil von Heraklea die Bedingung stellte, ut sancta synodus Calcedonensis et epistolae sancti papae Leonis seruentur (Avell. 116a,1 [519,23 f.]). Anastasios  

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Weiterentwicklung der Diskussion beigetragen, als sie ihr Chalkedon-Verständnis auf eine weniger rigoristische Grundlage als die Bischöfe von Rom gestellt hatten. Das wiederum hatte den Effekt, dass man in Rom die Bischöfe Konstantinopels nicht mehr als vollwertig orthodox anerkannte. Dies galt sogar für Euphemios und Makedonios, obwohl diese sich gegen die kaiserliche Bekenntnispolitik des Anastasios stellten und damit dazu beitrugen, das Henotikon als Kompromissdokument im Osten zu entwerten.600 Dadurch verhalfen sie aber miaphysitischen Theologen zu einem verstärkten Einfluss auf den Kaiser. Am Ende des Schismas setzte sich dann eine rigoristische römische Interpretation Chalkedons durch, ohne freilich Syrien und Ägypten wieder vom Miaphysitismus abbringen zu können. 8.3.2. Effekte der zweiten Konfliktzone: Hierarchie Die hierarchisch motivierte Linie, an Akakios festzuhalten, verband unabhängig von sonstigen Positionen alle Bischöfe Konstantinopels, trug gleichzeitig aber dazu bei, dass das Schisma mit Rom trotz geringer dogmatischer Differenzen so lange andauerte.601 Sogar Euphemios war der Name des Akakios wichtiger als der unbedingte Kontakt zu Rom. Solange den Bischöfen von Konstantinopel nicht die Isolation im Osten oder der Bruch mit dem Kaiser drohte, wirkte sich der fortgesetzte Konflikt mit Rom ohnehin nicht unmittelbar negativ auf sie selbst aus. Das war einer der Gründe, warum der im Osten gut vernetzte Makedonios im Gegensatz zu Euphemios niemals Kontakt mit dem Westen aufnahm. Erst Johannes gab den Widerstand gegen die römische Kernforderung der Akakios-Streichung auf und ebnete so den Weg zur Einheit.602 Zuvor hatte er sich jedoch durch den von ihm geschickt genutzten kirchlichen Umsturz und durch die   stellte daraufhin irritiert fest, dass er und seine Vorgänger die Synode von 451 doch niemals aufgegeben hätten: miramur autem, quam ob rem de beatissimis patribus, qui in Chalcedona conuenerunt, aliqua nobis scribere uoluistis […] (Avell. 125,7 [539,1–3]). Rom und Konstantinopel verknüpften mit der Berufung auf Chalkedon also unterschiedliche Inhalte und Erwartungen. Vgl. DVORNIK 1966, 812 f. 600 Etwas vorsichtiger in der Wertung ist Frend, der in der Absetzung des Makedonios nur den Beweis dafür sieht, dass das Henotikon nicht länger als Kompromiss habe dienen können. Der eigentlich Schuldige an der Entwertung des Dokuments sei Philoxenos gewesen. Vgl. FREND 1972, 214 f.; DERS. 1979, 194 f. Siehe auch MEIER 2009, 251, der eine allgemeine Dynamik der Radikalisierung in den Kämpfen um das Henotikon als Grund für das Scheitern desselben erkennt. 601 Genauso wie Roms Festhalten an der Akakios-Expunktion die Lösung der Konflikte schwieriger machte, behinderte auch das Festhalten der Hauptstadtbischöfe an Akakios eine Verständigung. 602 Wie zentral Akakios für das Schisma war, zeigt sich daran, dass die Einheit 518/19 ohne größere Schwierigkeiten vollzogen werden konnte, nachdem er schlussendlich doch noch aus den Diptychen gestrichen worden war. Johannes war freilich nur deshalb bereit nachzugeben, weil er die Rangansprüche seines Bischofssitzes über die römische Billigung des Konzils von 381 gesichert hatte, was sein Nachgeben in der Akakios-Frage ausgleichen konnte.

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Absetzung des Severos die kirchliche Führung des chalkedonischen Ostens gesichert. Bereits im Laufe des Schismas war das faktische kirchliche Gewicht Konstantinopels im Osten so sehr angewachsen, dass auch Papst Hormisdas nun nicht mehr einfach darüber hinweggehen konnte. So gelang es Johannes, trotz der Abkehr von Akakios die Rangrechte Konstantinopels zu wahren. Durch die Billigung des Vorworts zur Hormisdas-Formel erkannte Rom die hierarchischen Ansprüche Konstantinopels indirekt sogar an. Beiderseitig hing diese Einigung aber vom kaiserlichen Willen zur Einheit und von Justins Druck ab, diese auch herzustellen. Der Kaiser sorgte also für die Durchsetzung der Ansprüche seiner Hauptstadtkirche. Das hatte sich in der Rezeption des kirchlichen Ranges Konstantinopels im Osten schon während des Schismas abgezeichnet. Die faktische Macht der kaiserkonformen Bischöfe Konstantinopels beruhte auf der kaiserlichen Sanktionierung ihrer Entscheidungen. Zu einer tieferen kirchlichen Akzeptanz der Führungsansprüche Konstantinopels kam es allerdings hauptsächlich unter denjenigen Patriarchen, die sich der kaiserlichen Politik entgegenstellten. Wer seine Maßnahmen damit in innerkirchlich hergeleiteten Zusammenhängen begründete, konnte sich größere innerkirchliche Akzeptanz verschaffen als derjenige, der sich zum bischöflichen Vertreter des politischen Kirchenprinzips machte. So war Makedonios zwar einer der chalkedonischen Führer des Reichs, wurde vom Kaiser aber abgesetzt. Dies schwächte seinen kaisertreuen Nachfolger Timotheos, über den Anastasios nun eine verstärkte Kontrolle ausübte. Daher wandten sich chalkedonische Kirchen in der Folge häufiger direkt nach Rom.603 Schon Akakios war es nicht gelungen, seine Maßnahmen ohne die kaiserliche Macht Zenons durchzusetzen. Flehentlich erwartet wurde das Henotikon jedenfalls in den wenigsten Kirchen des Reichs. Die Faktizität der hierarchischen Rechte Konstantinopels lag also immer zwischen einer durch Sanktion erzwungenen und einer durch Rezeption akzeptierten Anerkennung. Dies galt sowohl in Bezug auf die östlichen Kirchen während des Schismas mit Rom als auch in Bezug auf die römische Kirche bei der Beendigung des Schismas. 8.3.3. Effekte der dritten Konfliktzone: Abgrenzung Durch sein Zusammenwirken mit Zenon hatte Akakios ein an politischen Strukturen orientiertes Kirchenprinzip vorangetrieben und mit dem Henotikon die Rolle des Kaisers in kirchlichen Prozessen gestärkt. Im Gegenzug stützte die weltliche Macht des Kaisers Akakios und seine Nachfolger, solange diese sich der kaiserlichen Linie konform verhielten. Für die Bischöfe Konstantinopels war die Nähe zum Kaiser also strukturelle Stärke und Schwäche zugleich. Je nachdem, wie sie   603 Die kaisertreuen kirchlichen Akteure hingegen wandten sich auch unter Timotheos weiterhin an Konstantinopel, hier nun aber in erster Linie nicht mehr an den Bischof, sondern direkt an den Kaiser.

8. Handeln der Bischöfe von Konstantinopel

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zum Kaiser standen, waren sie bestrebt, seine Position zu stärken oder zu schwächen. Kämpften Bischöfe wie Euphemios oder Makedonios gegen die kaiserliche Kirchenpolitik an, so wandte sich diese, unterstützt durch andere kirchliche Akteure, gegen sie.604 Und selbst Euphemios und Makedonios ging es weniger um ein Bestreiten kaiserlicher Rechte per se als in erster Linie nur um den aktuellen Widerstand gegen die konkreten Maßnahmen des Anastasios. Zumindest finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass die beiden Bischöfe den Einfluss eines „orthodoxen“ Kaisertums in der Kirche hätten zurückdrängen wollen.605 Angesichts der politischen und letztlich auch nur politisch möglichen Begründung des Ranges ihres Bischofssitzes wäre das auch wenig ratsam gewesen. Im Widerstand gegen den Kaiser hatte das Agieren der Bischöfe von Konstantinopel auch Einfluss auf die Stabilität der politischen Herrschaft des Kaisers. So entfachte gerade Makedonios, auf die Mönche und die Gemeinde seiner Bischofsstadt bauend, im Kampf gegen Anastasios öffentliche Unruhen in der kaiserlichen Residenzstadt. Dadurch kam dem Wirken kaiserkritischer Patriarchen gegen die kirchliche Macht des Kaisers auch eine politische Dimension zu. Bischöfe wie Euphemios oder Makedonios, denen durch ihren Bruch mit dem Kaiser nichts anderes übrig blieb, als ihre Stellung durch den Ruf nach der Freiheit der Kirche von kaiserlicher Herrschaft606 zu begründen, waren eine potentielle Gefahr für die Stabilität der Hauptstadt und die Sicherheit des Kaisers. Nach 511 nahm Anastasios das Heft des kirchlichen Handelns dann selbst in die Hand. Kirchliche Akteure wandten sich nun im Konfliktfall oft direkt an ihn, seltener wohl an Bischof Timotheos, der im Zweifel aber ohnehin die gleiche Linie vertrat wie der Kaiser. Zwar waren die Effekte der bischöflichen Maßnahmen hinsichtlich kaiserlicher Rechte in der Kirche sehr unterschiedlich, der allgemeine Trend lief aber auf die Stärkung des Kaisertums hinaus. Dass Justin – zumindest bezüglich der Synode von Chalkedon – ähnlich offensichtliche Übergriffe auf Bekenntnisbildungsprozesse wie unter Basiliskos und Zenon vermied, zielte auf die Akzeptanz Roms. Die Beendigung des Schismas erfolgte dennoch eher auf kaiserlichen Be  604 In der dogmatischen Ausdifferenzierung der theologischen Richtungen war es für die Kaiser der Spätantike ein Leichtes, Alternativen in anderen Akteuren zu finden. Da die kirchlichen Akteure ohnehin dazu neigten, sich um die Durchsetzung ihrer eigenen Positionen an die Herrscher zu wenden, waren die Kaiser niemals einseitig auf die Unterstützung durch die Hauptstadtpatriarchen angewiesen. 605 Zumindest faktisch begründete eine festgestellte kaiserliche Heterodoxie noch keine Illegitimität kaiserlicher Ansprüche. Vgl. BECK 1966, 39 f. Von der Absetzung eines als häretisch empfundenen Kaisers durch kirchliche Akteure ist jedenfalls in den Quellen niemals die Rede. 606 Hierbei ging es nicht um die Freiheit vom Kaisertum an sich. Kirchliche Freiheitsrufe waren immer situativ auf bestimmte Kaiser in spezifischen Konflikten bezogen. So zeigt diese Arbeit am Beispiel der römischen Bischöfe Simplicius und Hormisdas, dass es sogar den Päpsten – auch Gelasius bildet keine Ausnahme – nicht um die generelle Freiheit vom Kaisertum ging, sondern nur um die Sicherung eigener Positionen gegen die Bedrohung durch Zenon und Anastasios. Unter Justin verhielt sich Rom kaiserlichen Eingriffen gegenüber immerhin wieder weitgehend unkritisch. Vgl. Kap. 11.5.

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III. Bischöfliches Handeln

fehl als auf bischöfliche Initiative hin. Die Kirche hatte in den vorausgegangenen Jahren gerade am Beispiel der Bischöfe von Konstantinopel erfahren müssen, dass die Durchsetzung von Positionen am Zugriff auf kaiserliche Sanktionierungspotentiale hing. So verweigerten sich 519 weder Johannes noch Hormisdas dem kaiserlichen Wunsch nach Einheit.

IV. DIE FRAGE NACH DER KIRCHLICHEN ORDNUNG 9. APOSTOLISCHE UND POLITISCHE BEGRÜNDUNGEN 9.1. Die Herausforderung des Bruchs von 482/84 Selbst diejenigen Bischöfe, die sich nach 451 auf eine Ordnung von Chalkedon beriefen, konnten niemals Einigkeit über sämtliche zentralen Aspekte dieser Ordnung erzielen. Das Konzil von Chalkedon hatte die Konfliktanfälligkeit der Kirche nicht reduzieren können. Die dogmatischen Aussagen des Konzils waren gerade im Osten so umstritten, dass beispielsweise eine chalkedonische Hierarchie in Alexandria nur unter größten Mühen von Rom und Konstantinopel gestützt werden konnte. Konstantinopel aber teilte angesichts der östlichen Spannungen die römische Position hinsichtlich der unbedingten Gültigkeit der chalkedonischen Kerndokumente immer weniger. Über die im Kanon 28 erhöhten hierarchischen Rangrechte der Kirche der Hauptstadt kam es darüber hinaus immer wieder zu direkten Konflikten zwischen Konstantinopel und den Konkurrenten der Hauptstadtkirche: Alexandria und Rom verweigerten den Rangansprüchen der Hauptstadt die Anerkennung. Ein römischer Primat hingegen wurde im Osten lediglich als Ehrenvorrang aufgefasst und konnte allenfalls durch die Autorität einzelner Päpste wirksam werden.607 Bezüglich einer Klärung der Rolle des Kaisers in der Kirche schließlich hatte es seit der „Konstantinischen Wende“ kaum Fortschritte gegeben: Legitime Eingriffe des Kaisers waren an Maßstäbe einer Orthodoxie gebunden, die ihrerseits so unklar waren, dass es ohne eine Übereinkunft über den Glauben auch keine Lösung für die umstrittene Abgrenzung zwischen Kaiser und Kirche geben konnte.608 Diese der chalkedonischen Wiederholungsordnung inhärenten Konflikte führten dazu, dass sich in die stete gegenseitige Versicherung der Gültigkeit von Chalkedon nach 451 eine ständig wachsende Differenz zwischen den Akteuren einschrieb. Wie umstritten Chalkedon dabei gerade im Osten war, zeigte sich spätestens unter Basiliskos.609 Nur wenig später, 482/84, kam es letztlich zum erkannten Scheitern der auf der Synode von 451 aufbauenden kirchlichen Ordnung. Eine Übereinkunft zwischen Akakios von Konstantinopel und Petros Mongos von Alexandria auf Grundlage des kaiserlichen Henotikon wurde von Rom nicht mehr   607 Wie sehr diese nicht institutionalisierte personale Autorität von aktuellen Kontexten abhängig war, hatte die Beachtung und Nichtbeachtung der Positionen Papst Leos auf den Synoden von 449 und 451 eindrucksvoll gezeigt. 608 Zum Beispiel WINKELMANN 1980, 133. 609 Vgl. Kap. 4.4.

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als chalkedonisch bewertet, zu groß war die Differenz zwischen der Entwicklung im Osten und den römischen Erwartungen geworden. Die dem wiederholenden Handeln inhärente Differenzierung zwischen den Sitzen wurde durch die vorherige Ausschaltung von inhaltlichen Debatten nun nicht mehr ausgeglichen, sondern begann im Gegenteil, die Ordnung zu destabilisieren.610 Das langjährige Fehlen inhaltlicher Diskussionen mündete in gegenseitigen Vorurteilen. In Rom sahen Simplicius und sein Nachfolger Felix III. (II.) durch die vom Henotikon vermittelte Gemeinschaft zwischen Akakios und Petros Mongos die Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit aktualisiert. In ihren Augen war die Lehre Chalkedons im Osten durch die Theologie der Gegner des Konzils ersetzt worden, deren Führer vom Bischof und vom Kaiser in Konstantinopel als rechtgläubig anerkannt worden war. Die Art und Weise der Herbeiführung dieser Kircheneinheit problematisierte auch das Handeln des Kaisers in der Kirche, fußte sie doch lediglich auf einem kaiserlichen Edikt und war damit formell nicht kirchlich sanktioniert. Rom fürchtete die Gefahr der Unterordnung der Kirche unter politische Zweckmäßigkeiten.611 Zuletzt hatte Akakios die Irritation der Päpste bezüglich der hierarchischen Anmaßungen der Hauptstadt verstärkt, als er es nicht für nötig befand, auf römische Bitten nach einer Erklärung der Situation auch nur zu antworten. Rom erkannte darin einen Bruch der kirchlichen Ordnung, Papst Felix reagierte 484 mit der Exkommunikation des Akakios. Konstantinopel aber meinte keineswegs, kirchliche Traditionen gebrochen zu haben. Entgegen der von Rom beanspruchten Deutungshoheit über Chalkedon waren die Chalkedonier im Osten durchaus bereit, Übereinstimmungen mit den Gegnern des Konzils wahrzunehmen, die in der Regel zumindest der Verdammung des Eutyches zustimmten und sich wie die Chalkedonier auf die Synode von Nizäa beriefen.612 Den einzelnen Elementen kirchlicher Ordnung maßen die kirchlichen Vertreter im Osten offenbar eine jeweils andere Bedeutung für ihre Erfahrung kirchlichen Handelns als Reproduktion von Ordnung bei als diejenigen in Rom. Auf dieser Grundlage schlossen Akakios und Zenon einen Kompromiss mit Petros Mongos und konnten gleichzeitig behaupten, die Synode von Chalke  610 Vgl. Kap. 3.3. Waren zuvor inhaltliche Differenzen durch fehlende Debatten überdeckt worden, so gerieten nun die eigentlichen theologischen Anliegen und damit mögliche Anknüpfungspunkte aus dem Blickfeld und machten Platz für eine Versteifung theologischer Vorurteile. 611 Gleichzeitig besaß das Wort des Kaisers durchaus Gewicht für Simplicius, immerhin hielt er seine Bestätigung Johannes Talaias zunächst zurück, als er die kaiserliche sakra über dessen Absetzung erhalten hatte: Avell. 68,3 (152,8–10; zitiert in Anm. 173). 612 Gerade die Berufung auf Nizäa war allen kirchlichen Akteuren gemein. Auch die ökumenischen Konzilien banden ihre Beschlüsse immer an die Bestimmungen von 325. Vgl. ALLEN 2000, 811; HALLEUX 1985a; SIEBEN 1979, 237–42. Laut TETZ 1961, 364 habe sich die Orthodoxie damit wie eine Häresie gebärdet, die auf einen bestimmten Häresiearchen zurückgeführt wurde. Tatsächlich funktionierten die Darstellungen von Orthodoxie und Häresie in diesem Punkt ähnlich. Vgl. KÖTTER 2011.

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don niemals verworfen zu haben.613 Die römische Erfahrung des Bruchs war somit relativ, in der Hauptstadt jedenfalls wurde sie nicht geteilt. Trotzdem sah sich Konstantinopel mit dem Abbruch der Gemeinschaft durch Rom konfrontiert. Darauf reagierte Akakios seinerseits mit der Verdammung des Felix, indem er ihn aus den Diptychen seiner Kirche strich. Die segmentäre Ordnung der Kirche machte den Bruch der communio weder für Rom noch für Konstantinopel unmittelbar dramatisch.614 Schon bald aber erwies sich, dass das Zerwürfnis zwischen beiden mehr war als der Verlust bloßer liturgischer Einheit. Der Patriarch von Konstantinopel war in seinem Rang auf das Kaisertum angewiesen, wurde sein innerkirchlicher Rang doch über politische Analogien begründet. Als Produkt der Reichskirche konnte er deren Einheit nicht langfristig aufgeben, zumal auch der Kaiser, bei all seiner Konzentration auf seine östlichen Herrschaftsgebiete, nicht rundweg auf kirchliche Beziehungen zu Rom verzichten konnte. Nach dem Verlust der Reichseinheit war die kirchliche Einheit aus ideologischen und Akzeptanzgründen auch für ihn zu wahren.615 Rom auf der anderen Seite hing stark an einem una-ecclesia-Gedanken. Durch den eigenen Primatsanspruch sah es sich in besonderer Verantwortung für die allgemeine Kirche, durfte sie nicht in die „Häresie“ abdriften lassen. Daneben ließ sich dieser Anspruch überhaupt nur im Verhältnis zu anderen Kirchen im Reich verwirklichen. Rom und Konstantinopel erfuhren die Einheit der Kirche in der segmentären kirchlichen Landschaft also wesentlich unmittelbarer als die Bischöfe anderer Großkirchen.616 Da die Einheit durch unterschiedliche Positionen in den Zonen der kirchlichen Konfliktanfälligkeit gescheitert war, verlangte die neuerliche Herstellung der Kircheneinheit, wieder zur einheitlichen Betrachtungsweise hinsichtlich der 482/84 aktualisierten Konfliktzonen „rechter Glaube“, „Organisation der Kirche“, „Rolle   613 Avell. 125,7 (539,1–3; zitiert in Anm. 599). Darauf baute auch die Aussage Zenons Simplicius gegenüber auf, dass Petros Mongos promittat rectae fidei definitionibus conuenire, was beim Papst eine nicht geringe Verwunderung hervorrief: Avell. 68,3 (152,11–21 [Zitat 152, 19]). Der Kaiser sah im Henotikon also keine Neuregelung, sondern eine explicatio fidei: BECK 1975, 9 f. Ähnlich: BRENNECKE 1998, 42 f. Rom erkannte die Absage an die Synode ja ebenfalls zunächst nur in der personalen Vermittlung über die Gemeinschaft des Akakios mit Petros Mongos. 614 Keine Seite hatte die Möglichkeit, ihre jeweilige Bannsentenz durchzusetzen. Gerade in der politischen Desintegration des Reichs war die Wirksamkeit eines Anathems davon abhängig, ob die Ausgeschlossenen die Legitimität ihres Ausschlusses anerkannten. Vgl. Anm. 60. Felix und Akakios jedenfalls waren dazu nicht bereit. 615 Schon unter Konstantin hatte die Annäherung des Kaisertums an die Kirche der Stabilisierung kaiserlicher Herrschaft gedient. Kircheneinheit und Reichseinheit waren eng aufeinander bezogen. Vgl. STOCKMEIER 1959, 216; WINKELMANN 1971, 283–6; DERS. 1980, 9. Mit dem Untergang des Weströmischen Reichs bekam dieser Gedanke eine umso größere Relevanz: In der Kircheneinheit mit dem Westen konnte das Kaisertum im Osten den Gedanken der Reichseinheit und damit auch seine Herrschaftsansprüche wahren. 616 Zum Handeln der anderen großkirchlichen Bischöfe im Schisma: Kap. 10.1.

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des Kaisers“ zu kommen, die es ermöglichte, in eine neue Gleichzeitigkeit wiederholender Ordnungsproduktion einzutreten. 9.2. Fundamentale Differenz und Ziele Die Dauer des Akakianischen Schismas deutet darauf hin, dass das Grundanliegen der Akteure nicht die unbedingte Wiederherstellung der communio an sich war, sondern die Wiederherstellung der communio unter Wahrung der jeweils eigenen Positionen.617 Beide Kirchen hatten aber, wie sich 482/84 zeigte, unterschiedliche Vorstellungen von der wiederherzustellenden Ordnung. In diesen unterschiedlichen Vorstellungen von der Ordnung der Kirche lag die Fundamentaldifferenz zwischen Rom und Konstantinopel. Für Rom war die Ordnung der Kirche heilsgeschichtlicher Ausdruck eines göttlichen Plans, das römische Kirchenverständnis damit von jeglicher Kontingenz befreit. De facto ging die Entwicklung der kirchlichen Struktur aber sehr wohl auf historisch bedingte Faktoren zurück. Ob Rom das wollte oder nicht, erkannte oder nicht, anerkannte oder nicht: Dass sich die Kirche 482 so darstellte wie sie es tat, war historisch gesehen kontingent.618 Selbst wenn die Hauptstadtbischöfe als kirchliche Akteure ebenfalls eher in heilsgeschichtlichen als in historischen Kategorien dachten, trug Konstantinopel dem Umstand der faktischen historischen Bedingtheit kirchlicher Strukturen mehr Rechnung als Rom, gründeten doch die eigenen Rangrechte in den gewachsenen administrativen Strukturen des Reichs.619 Daher hielten es die Patriarchen der Hauptstadt für legitim, die Kirche entlang säkularer Strukturen zu organisieren, auch weil ihre Kirche weder als apostolische Gründung galt noch aus kirchlichen Traditionen heraus Ansprüche begründen konnte. Rom hingegen, das schon seit Langem nicht mehr Kaiserresidenz war und daher den eigenen Primat nicht mit administrativen Analogien begründen konnte, wollte die kirchliche Ordnung von solchen politischen Erwägungen freimachen.620   617 Wäre es den Kirchen um die bloße Einheit gegangen, hätten sie das Schisma schon unter Fravitta oder Euphemios einfach wieder beenden können, vielleicht sogar müssen. Vgl. Kap. 6.1.2. Letztlich ging es den kirchlichen Akteuren aber eben nicht um eine rein äußere Einheit, sondern um die Durchsetzung eigener, als universal verstandener Theologoumena. 618 Zur „Kontingenz“: Anm. 108. 619 Das grundsätzliche Problem war aber, das wahrzunehmen. Die christliche Theologie habe, laut DRIJVERS 1974, 293 f., zu einer statischen Geschichtsauffassung geneigt, in der das Christentum zentral war, alles andere aber nur den Hintergrund für dessen Ausbreitung bildete. In so einem Denken war es für die kirchlichen Akteure schwierig, äußere Beeinflussungen der Kirche zu erkennen. 620 Für Rom bot sich diese Argumentation seiner apostolischen Gründung immer dann an, wenn politische oder kirchenpolitische Entwicklungen seinen Vorrang beeinträchtigten. Vgl. SCHIEFFER 1991, 441 f. Auch RICHARDS 1979, 9 sieht in der petrinischen Primatsbegründung Roms eine Reaktion auf die gesunkene politische Bedeutung der Stadt.

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Die alte Unterscheidung zwischen einem „östlichen Cäsaropapismus“ und einer „westlichen Theokratie“ bleibt aber auch angesichts dieser Feststellung weiterhin obsolet. Weder wollte der Bischof von Konstantinopel den Kaiser zum Herrn der Kirche machen noch sich der Bischof von Rom zum Herrscher über das Reich aufschwingen. Auch die in ihrer Wortwahl etwas vorsichtigere Zuschreibung einer generellen „Staatsferne“ an westliche und einer generellen „Staatsbejahung“ an östliche Kirchen bleibt hier aus gutem Grund unbehauptet: Eine solche wäre schon deshalb fehl am Platz, weil sich für Rom und Alexandria ähnliche Denkmuster feststellen lassen, die sich also nicht an eine geographische Trennung in Ost und West halten.621 Der schon von Michel und de Vries festgestellte Kampf eines „petrinischen“ gegen ein „politisches Kirchenprinzip“622 war kein Kampf der östlichen gegen die westliche Kirche, sondern zunächst nur ein Konflikt zwischen den Kirchen von Rom und Konstantinopel. Für deren Vergleich sollen die beiden aufgezeigten Prinzipien, nämlich das Streben nach einer apostolisch begründeten und nach einer politisch begründeten kirchlichen Ordnung als heuristisches Instrument dienen.623   621 Im- und explizit gehört dieser geographische Dualismus zum Grundinventar gerade der älteren Forschung. Vgl. zum Beispiel BACHT – GRILLMEIER 1953, 3; BERKHOF 1947, 209; CASPAR 1933, 26–43. Gegen die weitreichenden Thesen Berkhofs hat sich schon ALAND 1960 gewendet. Unter anderem mit Hinweis auf Akakiosʼ Widerstand gegen Basiliskos weist er eine geographisch-theologische Mentalitätsdifferenz zurück. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt LEPPIN 1996, 261–5, 271 f. Eine weniger generelle Relativierung des Ost-West-Gegensatzes findet sich bei BROWN 1976, 2–6, der auf ein mediterranes Zusammengehörigkeitsgefühl hinweist. Auch abseits der geographischen Zuschreibungen sollte der Widerstand der römischen Kirche gegen das Kaisertum nicht zu stark generalisiert werden. Es besteht die Gefahr, dadurch anachronistische Maßstäbe wie die „Freiheit der Kirche“ anzulegen. Vgl. als Beispiel RAHNER 1951; DERS. 1961, v. a. 11–18, 223–31. Ausgehend von seinem Ansatz kommt Rahner sogar zu der Einschätzung, dass das Akakianische Schisma den kirchlichen Osten 35 Jahre lang von einer „wahren“ Kirche getrennt hätte. Kritisch zum byzantinischen „Cäsaropapismus“ und zu diesem Begriff an sich äußern sich: DAGRON 1996, 290–303; LILIE 1994, 41–4. 622 MICHEL 1953, 491–525 identifiziert und beschreibt in zwei Kapiteln „Das politische Prinzip von ‚Neu-Rom‘ (Reichskirchenrecht)“ und die „petrinische Patriarchen-Idee“. Indem er die schablonenhafte Verteilung der Positionen auf Ost und West vermeidet, gelangt er intuitiv zu passenden Begrifflichkeiten, sieht aber anders als diese Arbeit den Hauptkonkurrenten Roms nicht im Bischof von Konstantinopel, sondern im Kaisertum. VRIES 1968, 16–24, der insgesamt zu stark von der teleologischen Voraussetzung einer Führung der Kirche durch Rom ausgeht, erkennt einen Streit zwischen einem „politische[n] Prinzip der Kirchenführung“ und einem „petrinische[n] oder mindestens apostolische[n] Prinzip“. 623 KLINKENBERG 1952, 38 f. weist auf verschiedene Prinzipien kirchlicher Autoritätsbildung hin, von denen eines die „Herrennähe“, ein anderes die „überlegene Bildung“, also die politisch-ökonomische Struktur des Reichs, sei. BLAUDEAU 2007, 77 f. sieht diese Differenz dann als leitenden Konflikt im Schisma, sieht in den Bischöfen von Rom und Konstantinopel „les représentants de deux modèles ecclésiaux“. Dies widerspricht der Position von Brown (vgl. Anm. 621) nicht, da dieser keineswegs alle Unterschiede zwischen Ost und West negieren möchte. Während die westliche Kirche ihre Umwelt entzaubert habe, sei die Umwelt des Ostens mystisch aufgeladen geblieben, was auch für Kaiser und Staat gelte: BROWN 1976, 7 f.  

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Diese unterschiedlichen Ordnungsbegründungen weisen zwar Überschneidungen mit der geographischen Trennung der Kirchen auf, diese geographischen Implikationen gründeten aber in der Ungleichzeitigkeit politischer Entwicklungen, die ihrerseits Einfluss auf die Grade kirchlicher Autonomie nahmen. Wir haben es also beim Konflikt zwischen einem apostolischen und einem politischen Kirchenprinzip nicht per se mit einer Differenz zwischen westlichen und östlichen Kirchen zu tun, sondern mit einer unterschiedlich stark ausgeprägten Autonomie und Heteronomie kirchlicher Entwicklung in verschiedenen Regionen des Reichs, die sich nicht auf die angeblichen Pole West und Ost beschränkt.624 Auch Unterschiede zwischen den beiden östlichen Kirchen von Alexandria und Konstantinopel lassen sich damit in diese Sicht des Konflikts integrieren. Die Fundamentaldifferenz der kirchlichen Ordnungsbegründung – zwischen der Konzentration auf den göttlichen Heilsplan einerseits und auf die politische Struktur des Reichs andererseits – war bereits für den Bruch der kirchlichen Ordnung 482/84 verantwortlich. In apostolischer Konzentration konnte Rom nicht billigen, dass der Kaiser aus eigener Machtvollkommenheit heraus ein vermeintlich häretisches Bekenntnis dekretiert hatte und der Patriarch von Konstantinopel seine Stellung als Bischof der Kaiserstadt anscheinend nur dazu nutzte, den rechten Glauben zu gefährden und die römische Kirche zu brüskieren. Der Bischof von Konstantinopel hingegen, in seiner stärker politischen Konzentration, sah sein eigenes Verhalten als gerechtfertigt an und konnte im kaiserlichen Vorgehen keine Kompetenzüberschreitung erkennen – zumal Akakios dem Henotikon gegenüber keine dogmatischen Vorbehalte hatte. Dass Rom das Vorgehen als Bruch der Ordnung wertete, kam für Akakios und Zenon deshalb überraschend, weil sie die Kirche unter einem anderem Blickwinkel sahen als die Päpste.625 Diese Wahrnehmungsdifferenz galt es im Folgenden zugunsten eigener Sichtweisen zu überwinden. Beide Konfliktparteien mussten die Gegenseite überzeugen oder zwingen, die jeweils eigene Ordnungsbegründung zu übernehmen. Da in die differenten Anschauungen von der Kirche alle Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit hineinspielten, war die Übertragung der Ordnungsbegründung auf den jeweiligen Konkurrenten gleichbedeutend mit der Durchsetzung eigener Aussagen in den Diskursen um den rechten Glauben, die kirchliche Organisation und die Rechte des Kaisers. Dadurch aktualisierte sich das Grundziel der eigenen Durchsetzung in weniger weitreichenden und mehr auf aktuelle Kontexte angepassten   Damit war es im Osten tatsächlich einfacher, nicht aber zwangsläufig, politischen Strukturen kirchliche Relevanz zuzugestehen. 624 Dementsprechend ist der Begriff des „politischen Kirchenprinzips“ in dieser Arbeit im Sinne einer Heteronomie des kirchlichen Feldes zu verstehen: Kirchen, die sich im Kontakt mit der politischen Ordnung des Reichs durch eine geringe Feldautonomie auszeichneten, in denen also politische Systemrationalitäten wirkten, sollen hier als Vertreter eines solchen Prinzips verstanden werden. Zur Feldautonomie: KIESERLING 2008, 6–10. 625 ULLMANN 1978, 68 bringt diese fundamentale Differenz auf eine geschichtsphilosophische Formel: In der „relativen Wirksamkeit von Geschichte und Religion“ habe der Osten das entscheidende Gewicht auf die Geschichte, der Westen aber auf die Religion gelegt.

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Zielen. Die Päpste beispielsweise forderten den öffentlichen Nachvollzug der Akakios-Verdammung durch dessen Nachfolger und die Anerkennung des Tomus Leonis.626 Da das chalkedonische Kerndokument als Ausdruck des römischen Lehrprimats, Akakios jedoch als Gegner der damit verbundenen Ansprüche gesehen wurde, verbanden sich in den Forderungen Roms Fragen der Hierarchie und des Dogmas. Rom konnte so einerseits die Durchsetzung seines Kirchenprinzips mit der Durchsetzung Chalkedons auf mehreren Ebenen gleichzeitig vorantreiben; andererseits wirkte eine Absage an Chalkedon oder auch nur eine Relativierung der Synode für Rom damit umso problematischer. Konstantinopel hielt im Grunde genommen auch an Chalkedon fest. Die Patriarchen und die Kaiser betonten immerhin, die Synode niemals verdammt zu haben. Allerdings wurde das Konzil von 451 im Osten nun über das Henotikon vermittelt, welches von Rom nicht anerkannt wurde. Die Feststellung, Rom und Konstantinopel hätten auf der Inhaltsebene grundsätzlich unterschiedliche Ziele verfolgt, übernimmt also die römische Perspektive. Gleichzeitig ist nicht von der Hand zu weisen, dass es durchaus ein Unterschied war, ob Chalkedon aus sich selbst heraus, also als geistgewirkt, anerkannt wurde oder ausschließlich über die Vermittlung eines kaiserlichen Dokuments, also politisch dekretiert und interpretiert.627 Letzteres wäre für Rom nur dann vertretbar gewesen, wenn das Henotikon wenigstens den richtigen Glauben dekretiert hätte.628 Genau das aber tat es aus römischer Perspektive nicht, was für das Papsttum die Frage nach der kaiserlichen Kompetenzüberschreitung virulent machte. Der Inhalt des Henotikon führte in Rom zur Frage nach der Rolle des Kaisers in der Kirche. Die Bischöfe Konstantinopels zeigten sich bei der Anerkennung des ZenonEdikts uneinheitlicher als ihre römischen Amtsbrüder bei dessen Ablehnung. Ihre Rezeption des Dokuments hing von kontextuellen Umständen ab. So wurde es für chalkedonische Patriarchen wie Euphemios und Makedonios unmöglich, das Do  626 Gerade der die römischen Positionen im Schisma zusammenfassende Libellus Hormisdae enthält beide dieser Forderungen: Avell. app.4,3 f. Vgl. beispielsweise auch Berol. 28 (77,15–7); 44 (111,23–5). 627 Hier prallen historische und theologische Sicht bezüglich der Gültigkeit von Synodalsentenzen aufeinander. Vgl. SIEBEN 1996, 64 f. Die historische Perspektive ist also auf den Rezeptionsprozess von Glaubensdefinitionen bezogen, nicht auf ihren Inhalt an sich. Da dieser Inhalt im Gegensatz zu seiner Begründung nicht herleitbar ist, werden die Konflikte in der Zone des Inhalts in dieser Arbeit hauptsächlich als Konflikte um Herleitung und Begründung desselben verstanden. 628 Legitime Eingriffsrechte weltlicher Akteure in die Kirche wurden entlang der leitenden Differenz von Recht- und Fehlgläubigkeit bewertet. So versuchte Hormisdas, den Chalkedonier Vitalian gegen Anastasios zum weltlichen Sachwalter der kirchlichen Positionen Roms im Osten zu machen. Die Legation von 515 sollte den Kaiser an seine Einigung mit Vitalian erinnern: et quia seruo uestro Uitaliano magistro militum talem dedistis licentiam, ut [si] speraret a beatissimo papa, ut pro talibus causis, apud eum discussionem causae, his personis, quibus de loco potest esse intentio, integra uniuersa seruentur (Avell. 116,20 [518,1–5]). Vgl. auch Avell. 116,7–9. Die erste Version des Libellus Hormisdae sah darüber hinaus vor, die unterschriebenen libelli von Vitalian nach Rom senden zu lassen: Avell. app.4,5.

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kument – zumindest in der vom Kaiser favorisierten Auslegung – weiterhin zu billigen, als es Philoxenos und Severos miaphysitisch aufluden. Da sich Akakios mit solchen Umständen noch nicht konfrontiert gesehen hatte, wollte und konnte er im Henotikon auch keine Absage an Chalkedon erkennen.629 Rom hingegen lehnte die Relativierung Chalkedons im Henotikon konsequent ab, wodurch es im Schisma zu einer größeren Konsistenz eigener Ziele gelangte. Die Hauptstadtbischöfe dagegen zeigten sich nur in der Ablehnung der römischen Forderung nach der Streichung des Akakios aus den Diptychen einig: Bis 519 war keiner der Patriarchen bereit, den Amtsvorgänger zu opfern. Die mangelnde Bereitschaft, auf diese Forderung Roms einzugehen, entsprach dem traditionellen Bestreben Konstantinopels, die im Kanon 28 formulierten Rangansprüche durchzusetzen. Da diese Rangansprüche Ausdruck einer politisch begründeten Kirchenordnung waren, war Rom zu ihrer Anerkennung nicht bereit, musste eine solche aus dem eigenen Verständnis der Kirche heraus sogar vermeiden. Weil aber der Kanon 28 an Chalkedon gebunden war, strebten auch die Bischöfe von Konstantinopel, ähnlich wie ihre römischen Amtsbrüder, eine funktionale Zielverknüpfung von Dogma und hierarchischer Position an, um so der eigenen Sache in jedem einzelnen Aspekt eine größere Bedeutung zuschreiben zu können.630 Da Chalkedon die Rangrechte Konstantinopels verbürgte, verbürgten die Bischöfe von Konstantinopel auch die Geltung von Chalkedon.631 Allerdings erwies sich diese Verknüpfung hinsichtlich der dogmatischen Ebene als weniger konsequent. Beide Seiten zeichneten sich dadurch aus, das Erreichen langfristiger Ziele über verschiedene aktualisierte Ziele anzustreben, die ihrerseits auf den verschiedenen Ebenen der Konflikthaftigkeit lagen und in ihrer Verknüpfung wiederum auf die langfristigen Ziele hinwiesen. Diese aktualisierten Ziele waren stark von aktuellen Möglichkeiten abhängig, welche teilweise auch außerhalb des kirchlichen Systems begründet lagen. Die Offenheit für historisch bedingte Beeinflussungen führte überhaupt erst dazu, dass sich die übergeordneten Ziele aufgrund von einzelnen mehr oder weniger zufälligen Ereignissen – dem Tod von Akteuren, politischen Umbrüchen, inneren Entwicklungen einzelner Gemeinden – immer wieder in untergeordneten Zwischenzielen aktualisieren konnten, ohne dass das eigentliche Ziel dabei aus den Augen verloren wurde. Dass die Akteure sich dabei die Durchsetzung ihrer Vorstellungen von der kirchlichen Ordnung gegenseitig verweigerten, sorgte für die stete Dynamik in der Entwicklung.   629 Akakios zwang Petros Mongos sogar, sich deutlich für Chalkedon zu erklären, als er von Berichten über Kompromisse gegenüber radikalen Antichalkedoniern aufgeschreckt worden war: Euagr. HE 3,17 (115,22–116,15; zitiert in Anm. 721). Vgl. Kap. 10.1.1. 630 Zum stabilisierenden Effekt der Kombination verschiedener Motivlagen: ELWERT 2002, 350. 631 Der Zusammenhang von Rang und Dogma wurde, bezogen auf den Bischof von Konstantinopel, erstmals in der Konstitution Zenons von 477 deutlich. Vgl. Anm. 151. In einem solchen Denken hätte Akakios mit dem Henotikon die Synode von Chalkedon gegenüber den Antichalkedoniern in Ägypten sogar gerettet.

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9.3. Begrenzende und unterstützende Faktoren im Handeln Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden betrachteten Kirchen war ihre Nähe oder Ferne zum Kaiser. Der Bischof von Konstantinopel hatte als Bischof der Hauptstadt unmittelbaren Zugriff auf kaiserliche Machtmittel und nutzte diese dazu, seine hierarchischen Ansprüche, die immerhin auch durch diese Nähe zum Kaiser begründet waren, durchzusetzen. Rom hingegen war beim Ausbruch des Schismas gar kein unmittelbarer Teil des Reichs mehr. Die Nutzung weltlicher Macht gegen die kirchliche Konkurrenz im Osten schied für das Papsttum also aus. Das gab Konstantinopel zumindest im Osten einen enormen Vorsprung an Durchsetzungsmöglichkeiten. Ob Rom den Rang Konstantinopels anerkannte oder nicht: Durch ihre Verbindung zum Kaisertum waren die Hauptstadtbischöfe ein entscheidender Faktor in der kirchlichen Entwicklung.632 Allerdings wurde das Handeln der Bischöfe von Konstantinopel durch die Kaiser auch massiv begrenzt, waren die Kaiser doch keine passiven Faktoren im kirchlichen Geflecht, sondern verfolgten eigene Ziele, die mit denen der Bischöfe von Konstantinopel zwar zumeist übereinstimmten, das aber nicht zwangsläufig mussten.633 Im Streben nach der politisch wichtigen Einheit der Kirche entwickelten die Kaiser gegebenenfalls eine gewisse bekenntnispolitische Unabhängigkeit vom Residenzbischof. Anastasios beispielsweise ließ sich von auswärtigen Theologen wie Severos beraten und setzte seinen Henotikon-Kurs auch gegen Vorbehalte der Patriarchen seiner Residenz durch. Im Falle der Übereinstimmung zwischen Bischof und Kaiser war das Kaisertum somit ein erheblicher Machtfaktor für die Kirche Konstantinopels. Im Falle von Differenzen aber wurde es zum einschränkenden Faktor, ja sogar zur Gefahr.634 So stürzten Euphemios und Makedonios über ihre Konflikte mit dem Kai  632 Die Aufwertung Konstantinopels lag so sehr in einer allgemeinen Linie der Entwicklung, dass sie langfristig kaum zu vermeiden war: HERMAN 1953, 471 f. Vgl. auch FLUSIN 2001, 549– 51; ISTAVRIDIS 1968, 48; VRIES 1968, 17 f. 633 Das Henotikon war Ausdruck für den politischen Universalismus, der Hand in Hand mit einem religiösen Universalismus ging. Während die politische Seite auf die Stabilität der Herrschaft gezielt habe, habe für die religiöse Seite die Orthodoxie im Vordergrund gestanden: MAZZA 1983, 286 f. Insofern war die fundamentale Differenz zwischen Kaiser und Kirche in der Betrachtung kirchlicher Ordnung (vgl. Anm. 74) sogar dann noch wirksam, wenn beide Seiten in der Zielebene übereinstimmten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt NOETHLICHS 1973, 53 f. 634 Auch physisch stellte die Differenz zum Kaisertum eine Bedrohung für die Bischöfe dar. So berichtet Theod.Anagn. HE von Mordanschlägen auf Euphemios (epit. 453) und Makedonios (epit. 471), die sicherlich auch im Zusammenhang mit ihren Konflikten zu Anastasios standen. Vgl. auch Theophan. a.5987 (494/95, 139,13–7); 5999 (506/07, 150,8–11). In Rom geriet Symmachus 502 durch seine Differenzen mit den byzanzfreundlichen Teilen des Senats (vgl. Kap. 6.2.3.) in eine lebensbedrohliche Situation, als er auf dem Weg zur Synode, die über ihn richten sollte, in eine Straßenschlacht geriet: Act.Syn.Hab.Romae, 428,21–429,6. Für Symmachus hatte das den Vorteil, von da an der Synode seine Kooperation verweigern zu können: EBD., 422,7–10. In Konstantinopel war der Druck auf den Patriarchen noch we 

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ser. Die Patriarchen mussten sich also jeweils entscheiden, wie weit sie eine politische Kirchenordnung auch im Konflikt mit dem Herrscher vertreten wollten. Während Euphemios und Makedonios dem Kaiser den Zugriff auf kirchliche Interna verweigerten, beugten sich Bischöfe wie Timotheos der Macht des Anastasios. Rom war weitgehend frei von solchen Überlegungen. Seine Fokussierung auf eine apostolisch begründete Kirche hatte schließlich nicht zuletzt damit zu tun, dass die römischen Bischöfe im Westen schon lange mit keiner säkularen Instanz mehr um den Kurs der Kirche hatten ringen müssen. Das weströmische Kaisertum war erloschen, und die nun herrschenden Goten hingen dem homöischen Glauben an, galten in den Augen Roms und auch Konstantinopels als Häretiker und konnten damit ohnehin keine legitimen Ansprüche auf Mitsprache in der „orthodoxen“ Kirche erheben. Faktisch zumindest vermied es Theoderich, sich allzu sehr in römisch-kirchlichen Belangen zu engagieren.635 Gleichzeitig entzog ihre Herrschaft Rom dem Zugriff durch das oströmische Kaisertum, wodurch das Papsttum dem Osten gegenüber keine politische Rücksichtnahme mehr walten lassen musste. Darin wurde es sogar von der homöischen Regierung der Goten unterstützt.636 Kurz gesagt: Rom hatte größere Bewegungsfreiheit, aber geringere Durchsetzungsmöglichkeiten als die Kirche von Konstantinopel. Auch über das Kaisertum hinaus waren die römischen Bischöfe mit weniger begrenzenden Faktoren für ihr kirchliches Handeln konfrontiert als ihre Amtsbrüder in der Hauptstadt. Zwar mussten die Bischöfe Roms Rücksicht auf Anliegen des ihnen untergebenen Klerus und auch des Senats nehmen.637 Und um mit der Autorität der westlichen Kirche sprechen zu können, musste sich Rom immer wieder der Akzeptanz der westlichen kirchlichen Akteure versichern, umso mehr, als dass das Schisma einzelnen Kirchen Alternativen zur Orientierung an   sentlich unmittelbarer. BACHT – GRILLMEIER 1953, 8 bringen es auf den Punkt: Entweder wich der Patriarch von seinem thronos oder er trug die kaiserliche Bekenntnispolitik mit. 635 Trotzdem wurde Theoderich ein solcher Einfluss immer wieder eingeräumt, zum Beispiel im Laurentianischen Schisma, als er um die Klärung des Streits gebeten wurde. Aus ordnungspolitischen Gründen gab es dazu aber auch keine Alternative, was zu Diskussionen im italischen Episkopat führte. Vgl. zum Beispiel Ennod. lib.pro synod. 14 f.; 74; 82–7. Der faktische Einfluss des Hofes von Ravenna zeigt sich auch in einem Hinweis des Ennodius auf die Bestechung von Beamten zur Sicherstellung der Symmachus-Weihe: Anm. 356. Allerdings fand die weltliche Macht des Gotenkönigs keinen Eingang in die Argumentation Roms hinsichtlich der Ordnung der Kirche. Schon zuvor hatten sich die Päpste durch große räumliche Distanz zum Kaisertum ausgezeichnet. Wenn DAGRON 1974, 77–86 für Konstantinopel feststellt, dass die Kaiser bis 395 nur selten in ihrer neuen Kaiserstadt gewesen seien, gilt dies für Rom umso mehr. Vgl. auch MARTIN (J.) 1984, 125–8. 636 CASPAR 1933, 1–8; HAENDLER 1980, 90 f. 637 Man bedenke die Rolle, die der Senat im Laurentianischen Schisma spielte. Kap. 6.2.3. Anastasios rief ihn später sogar zur Unterstützung seiner bekenntnispolitischen Bemühungen gegen Hormisdas auf: Avell. 113,3 (507,7–14). Dass die Antwort des Senats aber den gleichen Inhalt und einen ähnlichen Wortlaut aufwies wie ein zeitgleicher Brief des Papstes (Avell. 112), zeigte dem Kaiser, dass der Senat hinter dem römischen Bischof stand.

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der römischen Kirche bot.638 Trotzdem stand der Bischof unbestritten an der hierarchischen Spitze der sedes Petri. Demgegenüber mussten sich die Bischöfe der Hauptstadt nicht nur mit den einschränkenden Potentialen des eigenen Klerus und des Kaisertums auf ihr Agieren auseinandersetzen, sondern auch mit der politischen Führungsschicht in Konstantinopel und vor allem mit einem mächtigen Mönchtum, dem es immer wieder gelang, das Kirchenvolk zugunsten seiner eigenen Interessen zu beeinflussen. Gerade dieser Aspekt lässt sich für Rom nicht in gleichem Maße finden. Auch die ständige Residenzsynode in Konstantinopel war für den Patriarchen schwieriger zu kontrollieren als für den Bischof von Rom die römische Synode, die hauptsächlich von seinem eigenen Klerus beschickt wurde.639 Selbst im benachbarten Italien hatten sich keine allzu mächtigen kirchlichen Zwischeninstanzen herausgebildet.640 Durch eine zunehmende Zentralisierung konnten die Bischöfe von Rom ihre Stellung in Rom und im Westen im Laufe des Schismas sogar noch stärken. Konstantinopel hingegen sah sich den Metropoliten der Diözesen Asia, Pontus und Thracia gegenüber. Diese waren der Hauptstadt erst 451 unterstellt worden und hatten zumindest teilweise längere Traditionen aufzubieten als die Kirche von Byzanz. Wie groß ihr Gefühl der Unabhängigkeit noch war, hatte Paulos von Ephesos unter Basiliskos gezeigt, als er mit Unterstützung des Timotheos Ailuros Kanon 28 abrogiert hatte.641 Die Einzigen, die einen Papst im Handeln wirksam begrenzen konnten, waren seine eigenen Vorgänger. Im Selbstverständnis der Nachfolge Petri waren den Bischöfen durch ihre Vorgänger in der apostolischen Sukzession gewisse Handlungslinien vorgegeben. Zwar blieben bei der aktuellen Ausgestaltung von Positionen gewisse Spielräume, Änderungen an grundsätzlichen Positionen aber waren nahezu unmöglich.642 Auch die Bischöfe Konstantinopels standen in derartigen Traditionen, handelten nicht in völliger individueller Freiheit, sondern als   638 Vgl. Kap. 7.1.1. Dies galt besonders für die Kirchen des Balkans, die im Grenzgebiet zwischen Rom und Konstantinopel angesiedelt waren. Papst Anastasius wurde sogar durch Laurentios von Lychnidos dazu gedrängt, ein Glaubensbekenntnis in diese Region zu senden: Kap. 6.2.2. 639 Zur Endemousa: Anm. 211. 640 Einzig die Kirche von Karthago konnte den römischen Ansprüchen im Westen gefährlich werden. Sie hatte durch die politische Entwicklung des fünften Jahrhunderts ihren Einfluss aber längst verloren. Vgl. Anm. 188; 459. Die italischen Kirchen hingegen galten gemeinhin als Gründungen Roms. Wenn sie vereinzelt zu ebenbürtigem Einfluss gelangten, hing dieser an einzelnen Bischofspersönlichkeiten, nicht aber an einer strukturellen Gleichrangigkeit Rom gegenüber. Ein Beispiel hierfür ist die Rolle der Kirche von Mailand unter Ambrosius. 641 Euagr. HE 3,6; Ps.-Zach. HE 5,4. Vgl. Kap. 4.4. 642 Dies galt, wie bereits festgestellt (beispielsweise Kap. 7.1.2.), ausdrücklich auch für Papst Anastasius. Wenn dieser in seinem Schreiben an Kaiser Anastasios die kaiserliche Aufgabe anmahnte, in Alexandria den rechten Glauben durchzusetzen (Anastas. epist. 1,6 [619]), brach er damit nicht grundsätzlich mit den Handlungsdispositionen seiner Vorgänger oder Nachfolger. Auch Simplicius zuvor und Hormisdas danach handelten im Prinzip nicht anders als er.

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Amtsträger, die sich dem Rang des eigenen thronos verpflichtet fühlten. Nicht einmal Euphemios und Makedonios waren bereit, ihren Vorgänger Akakios preiszugeben. Johannes tat dies 519 erst, als er die Ansprüche seines Sitzes gegenüber Rom anderweitig wahren konnte. Während für Rom aber diese über das Amtsverständnis kommunizierte Konstanz der Positionen zentrales Merkmal war, welches sich durch alle kirchlichen Konfliktzonen zog, berührte sie in Konstantinopel letztlich nur die Ebene der Hierarchie. Das gleichförmige Handeln als Amtsträger ist für die Patriarchen von Konstantinopel also kein zentrales Charakteristikum, sondern lediglich ein Befund, der gewisse Inkonsequenzen in der Reihe der einzelnen Bischöfe etwas relativiert. Während die Päpste demzufolge aus recht stabilen Verhältnissen heraus agierten, waren die Bischöfe von Konstantinopel vielerlei Spannungen unterworfen: intern orientiertes gegen reichsweites Handeln; Orientierung am Dogma gegen Orientierung am hierarchischen Rang; Handeln mit kaiserlicher Unterstützung gegen Handeln auf Druck des Kaisers; Annäherung an Rom gegen Nähe zum Kaiser. Letztlich erwuchsen diese Spannungen zumindest im Akakianischen Schisma aus der für Konstantinopel spezifischen politischen Begründung kirchlicher Ordnung, die sich in einer insgesamt eher heilsgeschichtlich orientierten Kirche offensichtlich nicht bruchlos durchhalten ließ. Gemäß dieser heilsgeschichtlichen Sicht, die von Rom vertreten wurde, war die Wahrheit des Dogmas prinzipiell unabhängig von der kaiserlichen Orientierung. Und für das Kirchenvolk stand die eigene Heilsgewissheit ohnehin über dem Verständnis für politisch-kirchliche Ränke im Spannungsfeld von Kaiser und Kirche.643 Aus diesem Grund stand es dem Patriarchen immer offen, auch gegen den Kaiser zu handeln, wobei sich jedoch dessen Sanktionsmacht in solchen Fällen gegen ihn richtete. Roms Position beinhaltete aber ebenfalls eine fundamentale Spannung: Die Päpste wollten die Faktizität der historischen Bedingtheit von kirchlichen Ordnungen nicht wahrhaben. Da das dahinter stehende Verständnis einer heilsgeschichtlich geordneten Kirche aber kirchlicherseits allgemein akzeptiert war, war diese Spannung zeitgenössisch weniger offensichtlich.644 Für die sedes Petri war es trotzdem problematisch, dass ihre Primatsansprüche im Gegensatz zur kirchlichen Segmentarität standen. In den zentralen Regionen des Konflikts verfügte Rom nicht über die Unterstützung weltlicher Macht, hatte keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten auf Kirchen außerhalb des eigenen Jurisdiktionsbereichs. Dies galt insbesondere auch für die illyrischen Zwischenkirchen.645   643 WINKELMANN 1980, 51. Gerade hierin lag das aktivierende Moment der theologischen Streitigkeiten: An der Einnaturenlehre hing die Gewissheit der physisch verstandenen Erlösung. 644 Rom wurde jedenfalls nie vorgeworfen, dass es eine apostolische Ordnungsgrundlage vertrat. Dies galt als legitim. Die Kritik richtete sich eher gegen einen sich daraus ergebenden Rigorismus in der Positionierung, der verhinderte, dass Rom die Handlungsumstände anderer Kirchen in den Blick nahm. 645 Die Realisierung primatialer Ansprüche war Rom im Osten nur punktuell und kurzzeitig möglich: MORDEK 1991, 561. Hormisdas konnte den 517 um römische Hilfe nachsuchenden östlichen Mönchen (vgl. Anm. 422) zwar Trost zusprechen (Avell. 140), konkret helfen konn 

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In der Grundsätzlichkeit der beidseitigen Argumente war es schwierig, den Gegner von den eigenen Positionen zu überzeugen. Eine kaiserlich dekretierte Lösung zugunsten Konstantinopels schied ebenfalls aus.646 Die Gegner konnten aber immerhin versuchen, die Stellung des Konkurrenten durch Druck von dritter Seite mittelfristig untragbar zu machen. Gelang es Rom, Akteure aus dem Machtbereich Konstantinopels zugunsten der eigenen Positionen zu beeinflussen, konnte es den Gegner schwächen, ohne selbst über weltliche Machtpotentiale in den betreffenden Gebieten verfügen zu müssen.647 Eine analoge Strategie war für Konstantinopel kaum möglich, da Rom weniger Hebel für solche Eingriffe bot als das vielfältigen Brüchen unterworfene Umfeld der Hauptstadtkirche. Die Widersprüchlichkeit der Positionen Konstantinopels ließ stets einzelne Akteure unzufrieden zurück, derer sich Rom, das scheinbar konsequenter agierte, das auf dem eigenen Standpunkt beharrte und das sich damit als verlässlicher Bündnispartner im Osten präsentierte, nun annehmen konnte.648 9.4. Die Argumente im Streit um die kirchliche Ordnung 9.4.1. Der Weg der Diskussion: Aktivität und Reaktivität Im Gegensatz zu Rom gingen die Akteure der Hauptstadt im Schisma häufiger auf Anschuldigungen des Gegners ein, versuchten diese zu entkräften und zogen damit zumindest die Möglichkeit in Betracht, eine gemeinsame Basis zu finden. Das   te er ihnen aber nicht. Umso wichtiger war es für die Päpste, verlässliche Verbündete im Osten zu finden. In diesem Zusammenhang muss man die Versuche des Hormisdas sehen, den Bischof von Nikopolis zur Vorhut des chalkedonischen Umschwungs auf dem Balkan zu stilisieren. Vgl. Avell. 118,3: in his ergo, in quibus huiusmodi probaris, clarius elucescet aliis etiam uirtutis huius futurum exemplum, quando ad hoc etiam deo instituente perductus es, ut et in te catholicorum glorietur ecclesia. Konstantinopel versuchte, dagegen den Bischof von Thessalonike zu unterstützen, worüber sich der Bischof von Nikopolis in Rom beschwerte: Avell. 134,2. 646 So wie die Päpste dem kirchlichen Osten gegenüber ein Durchsetzungsdefizit hatten, hatte das Kaisertum eines gegenüber Rom, das nicht mehr seiner Herrschaft unterstand. 647 Schon früh lassen sich diese Versuche greifen, beispielsweise in den päpstlichen Kontakten zu den Archimandriten von Konstantinopel (neben dem dazu bisher schon Festgestellten: Euagr. HE 3,19) oder in der Bekanntmachung der Verdammung des Akakios (vgl. Anm. 274). Erst Hormisdas erhob dieses Verhalten aber zur grundsätzlichen Strategie. Vgl. Kap. 6.3.1. Er scheute nicht einmal davor zurück, Klerus und Kirchenvolk von Konstantinopel offen zum Abfall von der Reichskirche aufzurufen: atque ideo rogo hortor admoneo dilectionem uestram: ab eorum uos conciliis et communione secernite, recordamini zeli prioris et uiuere in uobis lucem, scintillam ignis spiritalis ostendite […] (Avell. 132,5 [554,8–11]). 648 Rom kommunizierte die eigene dogmatische Verlässlichkeit also ganz bewusst in den Osten. Vgl. aus dem Brief des Hormisdas an den östlichen Episkopat: et nos quidem, quantum in nobis est, nec sollicitudine nec labore cessamus, ut humilitatem, quam nos dominus noster docuit, imitati […] (Avell. 130,10 [551,25–7]).

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römische Handeln dagegen wirkt oftmals deklamatorisch und situationsenthoben. Rom tätigte generelle Aussagen, ohne dabei auf die konkrete Situation der östlichen Kirche einzugehen.649 Abermals zeigen sich hierin auch die beiden unterschiedlichen Betrachtungsweisen hinsichtlich der kirchlichen Ordnung: Rom vermied es, die historische Bedingtheit der Situation zur Diskussionsgrundlage zu machen, fasste die kirchliche Ordnung als kontingenzbereinigt auf und zog sich auf einen angeblich gottgewollten Status quo ante zurück. Es vermied, Änderungen an diesem auch nur wahrzunehmen und meinte so, diese nicht diskutieren zu müssen. Da Konstantinopel aber seine Ansprüche auf eben solche externen Einflüsse gegründet hatte, konnte es diese, im Gegensatz zu Rom, nicht aus der Diskussion ausscheiden. Der Eindruck, dass Konstantinopel sich in einer von Rom beherrschten Diskussion argumentativ zumeist in der Defensive befand650, ist daher sicher nicht allein der Überlieferungslage geschuldet. In der allgemein größeren kirchlichen Akzeptanz apostolischer Ordnungsbegründungsmuster – erinnert sei an Konstantinopels Translation der Andreas-Gebeine, die aber eben nicht dazu führte, dass die Hauptstadt einen apostolischen Rang errungen hätte651 – war es Konstantinopel, das, auf die Macht des Kaisers gestützt, eine scheinbar natürliche Ordnung infrage gestellt hatte. In der Traditionsorientierung der Kirche hatte sich das Neue vor dem Alten zu verantworten, nicht umgekehrt. 9.4.2. Argumente der Inhaltsebene: Dogma Hinsichtlich der Frage nach dem rechten Glauben fand ein argumentativer Kampf zwischen Rom und Konstantinopel so gut wie nicht statt. Zwar sind die überlieferten Schreiben voll von dogmatischen Äußerungen. Betrachtet man diese aber genauer, so ist in ihnen eine starke theologische Reduktion festzustellen: Im dogmatischen Dissens, den ohnehin nur Rom erkannte, bemühten sich die zeitgenössischen Akteure gar nicht, tatsächliche Positionen der Gegenseite wahrzunehmen. Vielmehr untermauerte das Akakianische Schisma die Neigung der spätantiken Kirche zum theologischen Vorurteil. Rom unterstellte Akakios, ein Anhänger des Eutyches gewesen zu sein, was Konstantinopel bestritt. Die östlichen Antichalkedonier meinten, in Roms Lehren die Positionen des Nestorios wiederzufinden. Dass beide Seiten regelmäßig wechselseitig sowohl Nestorios als auch Eutyches verurteilten, war für solche Zuschreibungen unerheblich.652   649 GRILLMEIER 21991, 128 f. 650 Eine Ausnahme bildet der frühe Gelasius, der sich östlichen Vorwürfen gegenüber verteidigen musste. Seine Verteidigung kehrte er aber in eine Gegenoffensive um (vgl. Anm. 310), sodass er Konstantinopel wiederum in die Defensive drängen konnte. Vgl. Kap. 6.2.1. 651 Vgl. Anm. 212. 652 BACHT – GRILLMEIER 1953, 10 ist zuzustimmen, dass die Miaphysiten hauptsächlich in ekklesiologische Distanz zu ihren kirchlichen Gegnern gerieten. Dieser Befund gilt auch für das  

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So beschränkten sich Roms dogmatische Aussagen darauf, die eigene Orthodoxie festzustellen und eine Ketzergenealogie von Eutyches über Dioskor, Timotheos Ailuros und Petros Mongos bis hin zu Akakios zu konstruieren, um dessen Nachfolger ebenfalls mit der eutychianischen Häresie belasten zu können.653 Indem Konstantinopel nicht bereit war, Akakios aus den Diptychen zu streichen, bestritt es dessen angebliche Häresie und führte das Schisma lieber auf persönliche Differenzen zwischen Akakios und Felix oder auf einen angeblichen kaiserlichen Druck auf Akakios zurück. Dass Akakios in Gemeinschaft mit Petros Mongos gestanden hatte, war zwar nicht zu bestreiten, sehr wohl bestritt Konstantinopel jedoch, jemals Chalkedon aufgegeben zu haben. So hatte bereits Euphemios Petros Mongos wieder aus den Diptychen gestrichen.654 Es war auch Euphemios, der unter Verweis auf gemeinsame dogmatische Überzeugungen die Anbindung an Rom suchte. Rom rückte aber nicht davon ab, die Verdammung des Akakios zur Conditio sine qua non für die Einheit zu machen. Damit verblieb die inhaltliche Diskussion in der Folge auf der reinen Statementebene, was theologische Fortschritte unmöglich machte. Für die Kirchen waren solche auch nicht unbedingt erstrebenswert: Neuerungen am Glauben waren zu vermeiden, da der rechte Glaube als von alters her überliefert galt.655 Gerade Rom zog sich mit seiner Konzentration auf Chalkedon und den Tomus Leonis in größter Konsequenz auf diese Ansicht zurück und betrieb eine theologische Kontingenzreduktion, indem es die Bekennt  Akakianische Schisma, wie das alexandrinische Protokoll über Verhandlungen mit den Gesandten des Anastasius 497 zeigt: nam Eutyche impiissimo contra fidem, quae a beatissimis apostolis praedicata est […] (Avell. 102,3 [469,10 f.]). GRILLMEIER 31990, 638 hält fest: „In Wirklichkeit sind Nestorius und Cyrill, Chalcedoniker und Monophysiten viel näher beisammen, als sie selbst wissen.“ 653 Zum Beispiel Berol. 34 (83,31–3): […] Eutychen atque Dioscorum constet esse damnatos et eorum sectatores plurimis illarum partium documentis Timotheus et Petrus extitisse monstrentur atque eorum communionem etiam esse perhibeatur secutus Acacius […]. Eine solche Ketzergenealogie konnte leicht auch mit dem kontrastierenden Verweis auf die römische Orthodoxie verknüpft werden. Vgl. Avell. 116a,1 (520,4–11). Dies tat auch der Libellus Hormisdae, der damit laut MENZE 2008, 57 erstmals eine klare Grenzziehung zwischen Chalkedoniern und Antichalkedoniern vorgenommen habe. Diese Grenze war bis dahin, durch das Henotikon gerade auch im Akakianischen Schisma, nur schwierig zu bestimmen. 654 Den klassischen Ausdruck des Festhaltens an Chalkedon liefert Kaiser Anastasios mit seiner Verwunderung über die römische Forderung nach der Billigung der Synode: Avell. 125,7 (539,1–3; zitiert in Anm. 599). Trotz aller Beteuerungen des Anastasios hatte Rom schon unter Gelasius Zweifel daran, dass der Kaiser wirklich an Chalkedon festhielt: Quaerimus certe de uobis utrum Chalcedonensem synodum sequendam putetis an non. si non sequendam, quomodo hanc uos litteris uestris tenere profitemini? (Veron. 11 [38,36 f.]). Das Hauptproblem für die Position Konstantinopels war die ursprünglich postulierte Orthodoxie des Petros Mongos. Dieser hatte Chalkedon auf Druck des Akakios zwar nicht verworfen (Euagr. HE 3,17 [Synodikon des Petros Mongos an Akakios]), war aber nichtsdestotrotz von Euphemios wieder aus den Diptychen entfernt worden (vgl. Anm. 287). 655 So war auch die Bezeugung des geoffenbarten Glaubens auf Konzilien aus der Selbstsicht der Akteure heraus niemals eine Neusetzung: SCHWAIGER 1975, 626.

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nisse überhaupt nicht mehr zur Diskussion stellte. Dazu koppelte es diesen rechten chalkedonischen Glauben an den eigenen Sitz und präsentierte sich als Hüter der Orthodoxie. Per definitionem musste damit das als orthodox gelten, was auch der Bischof von Rom glaubte.656 Diese Zwangsläufigkeit sah Konstantinopel nicht. Prinzipiell aber hatte es gegen die inhaltlichen Positionen Roms nichts einzuwenden, behauptete es doch von sich selbst, Chalkedon in Ehren zu halten. Allerdings wurde die Synode im Osten durch das Henotikon vermittelt, was Rom wiederum ablehnte. Das vorurteilshafte Element konnte sich dadurch lange halten. Tiefer gehende dogmatische Argumentationen oder Rechtfertigungen finden sich im Akakianischen Schisma zumindest bei den Bischöfen von Rom und Konstantinopel somit selten.657 Darum stellten Aspekte der Inhaltsebene 519 auch keine große Hürde für die Wiederaufnahme der Gemeinschaft dar. 9.4.3. Argumente der Organisationsebene: Hierarchie Die zentrale Frage des Schismas war die nach der kirchlichen Hierarchie. Während ein vorgeblicher Glaubensdissens zwischen Rom und Konstantinopel erst 482 aufkam und die Frage nach der Rolle des Kaisers in der Kirche auch im Schisma recht diffus blieb, war der hierarchische Themenkomplex seit 451, ja sogar schon seit 381, heftig umstritten. Die Frage nach dem Rang der Kirche Konstantinopels hatte Tradition. Gerade aus diesem Grund traf das Verhalten des Akakios in Rom offenbar einen wunden Punkt, was noch Jahre später in der Bitterkeit des Gelasius greifbar wird. Diese persönliche Betroffenheit der frühen Päpste war es auch, die das Akakianische Schisma zum Streit um Namen machte: um den des Akakios.658 Vor allem aber fanden die diametral entgegengesetzten Ansichten über die Ordnung der Kirche in der Hierarchiefrage ihren reinsten Niederschlag. Seine Ansprüche auf einen herausgehobenen kirchlichen Rang legitimierte Konstantinopel mit den Bestimmungen des Kanon 28: Die Kaiserstadt solle die gleichen kirchlichen Rechte haben wie Rom, dem sein kirchlicher Vorrang seinerzeit aufgrund seines Ranges als Kaiserstadt zuerkannt worden sei. Diese Angleichung der kirchlichen Organisation an die politischen Strukturen des Reichs betraf dabei im Übri  656 Avell. 79,7 (zitiert in Anm. 508): Den dardanischen und dalmatischen Bischöfen gegenüber betont Gelasius, dass Rom stets sichergestellt habe, dass die östlichen Häresien widerlegt wurden. In der römischen Darstellung des eigenen Primats lag also auch eine deutliche Spitze gegen die östliche Theologie im Allgemeinen. 657 Als Ausnahme kann höchstens der dritte Traktat des Gelasius, De Duabus Naturis, gelten: Berol. 35. Dieser vertrat aber Positionen, die in Konstantinopel gar nicht offen angezweifelt wurden. Der Kampf der beiden Kirchen blieb in erster Linie ein Kampf um den Namen des Akakios. Vgl. auch Anm. 536. 658 Zur Benennung des Schismas Anm. 285.

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gen nicht nur den Rang der Hauptstadt.659 Diese Anspruchsbegründung über säkulare Analogien wurde im Schisma immer wieder erneuert: durch das Henotikon, das als kaiserliches Bekenntnisedikt eine politische Kirchenordnung stützte; durch die Betonung der vier Konzilien, die die Synode von Konstantinopel 381 einbezog, welche die Ansprüche der Hauptstadt erstmals im Sinne des späteren Kanon 28 formuliert hatte; durch die Betonung der Einheit von Rom und Konstantinopel durch Johannes, die auf die Darstellung einer Gleichrangigkeit der Kirchen dieser beiden Städte zielte.660 Selbstverständlich hatte auch die Entwicklung der römischen Kirche in Bezug zum weltlichen Rang der Stadt Rom gestanden.661 Das anzuerkennen waren die Päpste aber nicht mehr bereit. Sie führten ihren kirchlichen Rang vielmehr ausschließlich auf die apostolische Gründung ihrer Gemeinde zurück. Die Hauptstadtkirche konnte eine solche nicht vorweisen, weshalb ihr in Rom auch kein entsprechender Rang zuerkannt wurde. Dieser Gedanke Roms erscheint in den verschiedensten Ausführungen: Meist wurde schlicht der römische Primat betont, was zum Teil mit der Darstellung Roms als Hüter der Orthodoxie verknüpft war und zeigt, wie brüchig die Abgrenzung zur dogmatischen Frage war.662 Andere Aussagen stellten dem römischen Primat die anmaßenden Ansprüche Konstantinopels entgegen und diskreditierten diese. Vereinzelt wurde die Kirche der Hauptstadt auch ohne den expliziten vergleichenden Bezug auf die Kirche von Rom abgewertet, zum Beispiel durch ihre Bezeichnung als paroecia Heracliensis ecclesiae oder durch den Vergleich mit anderen Kaiserresidenzen wie beispielsweise Trier oder Sirmium.663 Um die generelle Unangemessenheit politisch dominierter kirchlicher Ordnungsvorstellungen zu belegen, wurden ferner Beispiele kirchlicher Tradition bemüht. Diese bestanden vor allem in der Darstellung der petrinischen Trias. Die durch Gründungslegenden und kanonische Regelungen konstruierte Verbindung   659 Die elfte Novelle Justinians beschreibt im Zusammenhang mit der kirchlichen Aufwertung Justiniana Primas im sechsten Jahrhundert den Übergang der zivilen illyrischen Präfektur von Sirmium nach Thessalonike im Jahr 441, der eine Veränderung auch der kirchlichen Hierarchie mit sich gebracht habe: postea autem Attilanis temporibus eiusdem locis devastatis Apraeemius praefectus praetorio de Sirmitana civitate in Thessalonicam profugus venerat, tunc ipsam praefecturam et sacerdotalis honor secutus est, et Thessalonicensis episcopus non sua auctoritate, sed sub umbra praefecturae meruit aliquam praerogativam (Nov.Iust. 11,1 [94,10–3]). Vgl. DUCHESNE 1892, 535–7. 660 Vgl. Kap. 8.2.3. Die Selbstbezeichnung als „Neues Rom“ lag ebenfalls auf dieser Linie der Argumentation. Vgl. die Konstantinopel als „Neues Rom“ bezeichnende Unterschrift des Johannes unter dem Vorwort zum libellus: Avell. 159,8 (610,7 f.). Dazu: Anm. 449. 661 HERMAN 1953, 466–9; VACCA 2000, 189. 662 Von einer allzu deutlichen zeitgenössischen Abgrenzung ist nicht auszugehen, da die drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit nur als heuristische Kategorien für die Analyse der Konflikte in dieser Arbeit dienen. 663 Vgl. Kap. 7.2.3. Mit der Nichtberücksichtigung der Hauptstadt bei den Verhandlungen zwischen Rom und Alexandria 497 wurde diese Geringschätzung auch performativ deutlich gemacht: Kap. 6.2.2.

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der Sitze von Rom, Alexandria und Antiochia zur Führung der Kirche schloss Konstantinopel abermals aus.664 Um die von Rom dominierte Hierarchie innerhalb dieser Trias darzustellen, wurden die Rom-Fluchten des Athanasios I. von Alexandria im Jahre 341 und die des Johannes Talaia 483/84 thematisiert, betonten diese Fälle doch beispielhaft den römischen Primat über die Kirche von Alexandria und damit über eine wesentlich traditionellere Kirche als Konstantinopel eine war.665 Gerade bezüglich des Johannes Talaia unterblieb dabei selten der Hinweis auf das Fehlverhalten des Akakios, der diesen römisch-petrinischen Primat nicht anerkannt und damit die politische und die kirchliche Ordnung vermischt habe. Neben der Aufnahme des Petros Mongos warf Rom der Hauptstadt vor, Johannes Talaia und Kalandion aus politischen Erwägungen und ohne kirchliche Legitimation abgesetzt zu haben. Dies wiederum dürfte eine Reaktion auf strukturell ähnliche kirchenrechtliche Vorwürfe Konstantinopels gegenüber Rom gewesen sein.666 Die Hauptstadt hatte die Art und Weise der Absetzung des Akakios durch Felix kritisiert, die nur durch eine römische Synode erfolgt war, aber eigentlich eine Reichssynode erfordert hätte. Dieser Vorwurf ist hinsichtlich der kirchlichen Ordnungsbegründung Konstantinopels aufschlussreich. Zum einen war eine Reichssynode immer eng mit dem Wirken des Kaisers in der Kirche verknüpft, zum anderen setzte Konstantinopel voraus, dass der Rang des Hauptstadtbischofs seine Absetzung durch eine reichsweite Synode verlangen würde. Rom widersprach: Mit Verweis auf eine Ketzergenealogie des Akakios zeigte Gelasius, dass für eine Synode gegen Akakios überhaupt keine Notwendigkeit bestanden habe, da dieser schon in Chalkedon, zusammen mit Eutyches, verurteilt worden sei.667 Immer wieder traten also die unterschiedlichen Kirchenverständnisse beider Seiten zutage, weshalb die Diskussionen auf der Hierarchieebene nicht zur Verständigung beitrugen, sondern die Fronten sich in gegenseitigen Vorwürfen verhärteten. Mit dem Grad der persönlichen Verstrickung der Akteure in die Krise von 482/84 nahmen diese konkreten Vorwürfe zwar ab, bis dahin aber waren die Erinnerungen an sie so prägend gewesen, dass die Kontinuierung des Schismas hier seinen Ausgang genommen hatte. Auch die späteren Päpste seit Symmachus, die am Ausbruch des Schismas nicht mehr beteiligt gewesen waren, ließen die Forderung nach der Akakios-Streichung daher nicht mehr fallen. Ganz im Gegenteil: Ihre Argumentation baute weiter auf den Anmaßungen Konstantinopels auf, wenn auch nicht mehr unbedingt auf den persönlichen Verfehlungen des Akakios. Spätestens seit Hormisdas rückte die kirchliche Ordnungsfrage direkt in den Mit  664 Vgl. als Beispiel die schon mehrfach erwähnte Darstellung der Über- und Unterordnungsverhältnisse der drei petrinischen Sitze, die Gelasius zum Erweis der akakianischen Anmaßungen heranzog: Berol. 43 (109,24–8; zitiert in Anm. 305). 665 Papst Felix wies auf die Parallelen beider Situationen explizit hin: Berol. 23 (75,15 f.; zitiert in Anm. 489). Vgl. auch Anm. 268. 666 CASPAR 1933, 44–81. 667 Gelasius setzte sich mit diesem Vorwurf der fehlenden Synode (vgl. Avell. 95,2 [369,13–5]; Veron. 7 [16,33 f.] – beide zitiert in Anm. 308) breit auseinander. Zur Zurückweisung dieses Arguments durch die fortwährende Gültigkeit Chalkedons: Kap. 6.2.1.; Anm. 313.

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telpunkt. Die Frage nach der politisch oder apostolisch begründeten kirchlichen Ordnung wurde unabhängiger von der Vermittlung durch die Ereignisse von 482/84 diskutiert. Dadurch wurde der römische Primat nun seltener in der vergleichenden Abgrenzung zu Konstantinopel präsentiert, sondern vermehrt auch aus sich selbst heraus gerechtfertigt. 9.4.4. Argumente der Abgrenzungsebene: Kaisertum Nur der Kaiser konnte den rechten Glauben reichsweit durchsetzen. Nur seine Macht war es auch, die die erhöhten Ansprüche der Kirche von Konstantinopel in einer segmentär organisierten Kirche überhaupt zum Problem machte. Insofern war die Frage nach der Rolle des Kaisers in der Kirche implizit bereits in den Fragen nach Dogma und Hierarchie mitgestellt. Als abgegrenzter Themenkreis eigenen Wertes hingegen ist sie im Schisma schlecht greifbar.668 Zum einen waren selbst Konstantinopels Bischöfe nicht bereit, sich dem kaiserlichen Willen bedingungslos zu unterwerfen, zum anderen standen sogar die Bischöfe Roms in keiner prinzipiellen Opposition zum kaiserlichen Eingreifen. Die Problematisierung kaiserlicher Eingriffsrechte war immer eine Frage des speziellen Falles. Da Rom im Henotikon eine Kompetenzüberschreitung des Kaisers erkannte, der ohne die formelle Teilhabe kirchlicher Institutionen einen „häretischen“ Glauben dekretiert hatte669, war 482 ein Fall eingetreten, in dem das kaiserliche Wirken nicht mehr vorbehaltlos gut geheißen wurde. Zuvor hatte noch Simplicius Zenon immer wieder um sein Eingreifen in die Belange der Kirche zugunsten der „Orthodoxie“ gebeten.670 Diese bereitwillige Akzeptanz kaiserlichen Machthandelns in der Kirche wich mit dem Henotikon und dem Schisma einer zunehmenden römischen Entfremdung vom Kaisertum, weshalb es kein Zufall ist, dass die Zweigewaltenlehre im Akakianischen Schisma formuliert wurde. Zwar begründete diese keineswegs eine vom Kaiser befreite Kirche, skizzierte aber eine deutliche Abgrenzung der Kompetenzen: Das Kaisertum sollte keinen eigenmächtigen Einfluss auf kirchliche Interna nehmen, also auch nicht auf das Dogma. Es hatte sich hier nach dem Priestertum zu richten, welches wiederum vom Bischof von Rom geführt und repräsentiert wurde.671   668 Auch hier gilt, dass die Trennung in drei Konfliktzonen ein heuristisches Konstrukt dieser Arbeit, keine zeitgenössische Einteilung darstellt. Vgl. Anm. 662. 669 Dass das Henotikon von Akakios aufgesetzt worden war, konnte Rom insofern nicht versöhnen, als der Bischof von Konstantinopel in Rom ohnehin nur als „Kreatur der Reichskirche“ (ULLMANN 1978, 46) galt. 670 So zum Beispiel in Avell. 62,4 (141,10–4), wo Simplicius den Kaiser in unterwürfigster Form aufforderte, Petrum Alexandrinae ecclesiae peruasorem et ob hoc iure damnatum […] ad exteriora transferri piissima praeceptione iubeatis. Vgl. auch Kap. 4.5.; 7.2.2. 671 Vgl. Kap. 7.2.3. Schon Symmachus nahm den Gedanken des Gelasius in seinem Schreiben an Anastasios auf: si Christianus princeps es, qualiscumque praesulis apostolici uocem debes patienter audire (Symmach. epist.ad Anast.Imp., 153,9 f.). Vgl. WIRBELAUER 1993, 47–50.  

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Nach Symmachusʼ Ausfällen gegenüber Anastasios, in denen der Papst die Exkommunikation des Kaisers festgestellt hatte672, beruhigte sich unter Hormisdas der Ton etwas. Aber auch er erteilte der religiösen Autorität des Kaisers eine Absage und begann, diese im Osten aktiv zu untergraben. Seine Kritik galt jedoch nicht dem Kaisertum an sich, sondern allein Anastasios. Nach dessen Tod fiel bezeichnenderweise gerade Hormisdas wieder in Aktionsmuster des Simplicius zurück. Plötzlich nutzte er die Gelegenheit, vom neuen Kaiser Justin zugunsten der römischen Orthodoxie ein Eingreifen in die Kirchen Syriens und Ägyptens zu fordern.673 Die Bewertungsgrundlage für die Legitimität kaiserlicher Eingriffe in die Kirche blieb damit weiterhin die Orthodoxie. Einen theoretischen Fortschritt hatte das Schisma diesbezüglich nicht gebracht.674 Selbst die Exkommunikation des Anastasios wurde kaum tiefergehend reflektiert. Nicht einmal Symmachus hatte es gewagt, diese persönlich vorzunehmen. Vielmehr betonte man in Rom, Anastasios sei über eine häretische Genealogie bereits in Chalkedon verdammt worden. Direkte Folgen für die Herrschaftslegitimation des Kaisers hatte das aber nicht, auch nicht in Konstantinopel. So war Anastasios von Euphemios und Makedonios zwar auf den Glauben von Chalkedon verpflichtet worden, ohne aber dass ihnen sein Zuwiderhandeln gegen diese Verpflichtung als Grundlage gedient hätte, die Absetzung des „häretischen“ Kaisers zu fordern.675 Selbst wenn also eine Kaiserkritik mit der Häretisierung einzelner Kaiser einherging, beschrieb das keine generelle, theoretisch fundierte Abkehr  

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Damit wäre zu fragen, ob Justinians spätere Selbststilisierung als ἰσαπόστολος (vgl. CAPIZZI 1994, 34 f.) eine Reaktion auf genau diesen priesterlichen Vorbehalt des Gelasius gewesen sein könnte. Streng genommen hätte diese Feststellung gar nicht bis Symmachus warten müssen, da das Anathem über Akakios alle einschloss, die sich seiner Meinung angeschlossen hatten. Symmachus legte trotzdem Wert darauf, dass nicht Rom das Urteil ausgesprochen habe, sondern der Kaiser selbst: Symmach. epist.ad Anast.Imp., 155,19–29. Vgl. Anm. 395. Der Vorwurf des Kaisers, von Rom exkommuniziert worden zu sein, stand schon länger im Raum. Gelasius hatte ihn bis zu einem gewissen Grade noch relativiert: Veron. 7 (16,6–11). Symmachus aber entkräftete ihn nun nicht mehr. Neu war also, dem Kaiser nicht mehr nur mit der jenseitigen Aburteilung durch Gott zu drohen, wie es schon Felix getan hatte (Berol. 33 [82,23– 7]), sondern seine Trennung von der Kirche explizit bereits in der Welt verwirklicht zu sehen. Vgl. CAPIZZI 2000, 104–7; KÖTTING – SCHINDLER 2006, 119. Avell. 168,10 (zitiert in Anm. 524). Angesichts solcher Forderungen ist CAPIZZI 1978, 31 recht zu geben: Die Collectio Avellana bewegt sich in ihrer Argumentation hin zur neuen Sicht kaiserlich-kirchlicher Macht unter Justinian. RICHARDS 1979, 15. Folglich seien, so HAACKE (R.) 1953, 101 f., 140 f., die Häresievorwürfe gegen Anastasios nie konsequent zu Ende gedacht worden. Euphemios und Makedonios befanden sich aber in einem Handlungswiderspruch: Da sie an Akakios festhielten, konnten sie das zenonisch-akakianische Henotikon gar nicht rundheraus als häretisch ablehnen. Rom hingegen hatte eine deutliche Abkehr des Anastasios von Chalkedon ausgemacht. Möglicherweise lag in der Unterstützung des Rebellen Vitalian – sofern dieser 512 wirklich zum Kaiser proklamiert worden war (vgl. Anm. 400) – ein erster Schritt hin zur Aberkennung der Herrschaftslegitimation eines „häretischen“ Kaisers durch Rom. Dies wurde aber nicht weiter reflektiert.

9. Apostolische und politische Begründungen

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von der Rolle des Kaisertums in der Kirche an sich. Es war für beide Seiten zwar durchaus üblich, bekenntnispolitische Maßnahmen eines Kaisers zu kritisieren, auf seine generelle Legitimität hatte das jedoch wenig Einfluss.676 Im Vergleich zu Konstantinopel zeigte Rom dem Kaisertum gegenüber aber zumindest ein größeres Misstrauen. Denn auch wenn Patriarchen wie Euphemios und Makedonios ihre Unterstützung durch den Kaiser kurzfristig durch den Rückhalt bei anderen Akteuren ersetzen konnten, wirkte sich diese Tatsache doch nur auf die Stabilität ihrer innerstädtischen Stellung aus. Der Rang ihres thronos in der Reichskirche blieb auch weiterhin von der kaiserlichen Durchsetzung abhängig, weshalb Konstantinopel nicht dazu neigte, die Rolle der Kaiser in der Kirche überhaupt zu problematisieren. Das gegen Gelasius ins Feld geführte Argument, Zenon habe Akakios zum Henotikon genötigt, sollte dementsprechend weniger den Kaiser diskreditieren als Akakios entlasten.677 Folglich findet sich in Konstantinopel auch das Extrem der gänzlichen Aneignung kaiserlicher Positionen durch Patriarchen wie Timotheos. In diesem Fall war kaum noch eine Differenz zwischen kaiserlichen und bischöflichen Ansichten auszumachen, weshalb für Rom seit 511 zunehmend der Kaiser Ansprechpartner bei der Aushandlung der kirchlichen Ordnung war. 9.4.5. Fazit: der Gegensatz in der Ordnungsbegründung Die römische Argumentation zur Rechtfertigung eigener Positionen konzentrierte sich auf die hierarchische Ebene, griff aber von dort aus auch auf Fragen des Dogmas und der Rolle des Kaisers über, verschränkte sich also in vielfältiger Weise. So wurde das Bild vom Hüter der Orthodoxie in die Darstellung des Primatsanspruchs integriert, welcher wiederum durch die Anmaßungen Konstantinopels, gerade des Akakios, kontrastiert wurde. Diese Anmaßungen ließen sich im Henotikon greifen, das deshalb zum Beispiel kaiserlicher Kompetenzüberschreitung in der Kirche und zum Paradigma eines politischen Kirchenprinzips wurde. Diese Kombination verschiedener Aspekte war folgerichtig: Zum einen war 482/84 die römische Auffassung von der apostolischen kirchlichen Ordnung in allen drei Konfliktzonen angegriffen worden, zum anderen stabilisierte Rom die eigenen Positionen durch diese Verknüpfung mehrerer Ebenen. Gleichzeitig entzog Rom die eigenen Ansichten der Diskussion und damit der Kritisierbarkeit. Die Päpste   676 LEPPIN 1996, 186–93 macht an den drei großen Kirchenhistorikern des frühen fünften Jahrhunderts deutlich, dass sich „orthodoxer“ Widerstand gegen „häretische“ Kaiser immer in bestimmten Grenzen gehalten habe. Der Sturz des Kaisers sei nie das Ziel gewesen. Vgl. MAZAL 2001, 196. 677 Zum Beispiel Avell. 95,68 (393,7; zitiert in Anm. 309). Durch dieses Argument versuchte Konstantinopel, die römische Konzentration auf die Person des Akakios abzulenken, indem es römischen Grundlagen entgegenkam. Vielleicht spiegelt sich darin aber auch schon der aufkommende Streit zwischen Anastasios und Euphemios. Zu den Vorwürfen und Argumenten gegen Gelasius: Kap. 6.2.1.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

waren nicht bereit, über ihre Positionen zu verhandeln, zogen sich vielmehr einfach auf diese zurück, stellten sie als der Situation angemessen dar und verlangten Zustimmung zu ihnen. Das machte die römische Argumentation recht einheitlich, selbst wenn einzelne Bischöfe unterschiedliche Schwerpunkte setzten.678 Konstantinopels Argumentation dagegen war vergleichsweise uneinheitlich. In der Konzentration auf die Beziehung zum Kaisertum blieb es stark auf den Osten konzentriert. Da jede Änderung des Handlungsrahmens dort Eingang in das Handeln der Bischöfe der Hauptstadt fand, waren die Argumente der Patriarchen von Konstantinopel oftmals situativ und nur wenig generell. Das problematisch zu bestimmende Verhältnis zwischen Chalkedon, Kanon 28 und Henotikon trug zu dieser Uneinheitlichkeit bei. Zwar waren die Bischöfe von Konstantinopel letztlich alle über ihre Orientierung an einem politischen Ordnungsprinzip der Kirche verbunden, da dieses aber durch die Kirchen des Reichs wenig – zumindest nicht bewusst – rezipiert wurde, waren die Begründungen Konstantinopels unsystematisch. Weil Konstantinopel mitten in die Konflikte der östlichen Kirche hineingestellt war, konnte es sich, anders als Rom, nur schwierig auf eine beharrende Position bereits gefundener Lösungen zurückziehen. Damit entfalteten die Argumente Konstantinopels auf Rom keine allzu große Wirkung. Behauptungen, wie die, dass Zenon Akakios zur Billigung des Henotikon gezwungen hätte, waren einfach zu widerlegen. Hinsichtlich des Schismas war aber vor allem die Differenz der jeweiligen Kirchenverständnisse zu groß, als dass eine so eng am apostolischen Ideal hängende Kirche wie die römische die Argumente Konstantinopels hätte verstehen, geschweige denn annehmen können. Das Gleiche galt freilich auch in die andere Richtung. Konstantinopel sah sich schuldlos am Bruch von 484 und verstand daher seinerseits die römischen Forderungen nicht: Wieso solle man durch die Verdammung des Akakios die Zustimmung zur Synode von Chalkedon bekennen, wenn weder man selbst noch Akakios diese Synode jemals verworfen habe? Durch ihre unterschiedlichen kirchlichen Ordnungskriterien redeten die Bischöfe von Rom und Konstantinopel oftmals aneinander vorbei.679   678 BLAUDEAU 2007, 70 f. 679 STEINACKER 1954, 41: „Man konnte sich in Byzanz und Rom nicht mehr verständigen, weil man sich – ganz wörtlich genommen – nicht mehr verstand.“ Dieses Missverstehen war keinesfalls auf technisch-sprachliche Hindernisse begrenzt. Meier weist auch auf tief greifende inhaltliche Differenzen hin. Zum Beispiel MEIER 2008, 67–70; DERS. 2009, 114 f. Das Akakianische Schisma sieht er als Manifestation dieser kommunikativen Probleme zwischen Ost und West: DERS. 2009, 328. Bezogen auf die Zweigewaltenlehre kommen BECK 1959, 36 und CAPIZZI 1994, 157 zu ähnlichen Ergebnissen. Ein Beispiel für das Missverstehen römischer Positionen im Osten ist der Vorwurf, dass es Rom im Schisma nur um Namen gehen würde: Avell. 101,10 (467,20–468,1; zitiert in Anm. 307). Für Rom aber war die Absage an Akakios gleichbedeutend mit der Absage an eine politisch dominierte Kirche und einen kaiserlich dekretierten „häretischen“ Glauben. Dass die Päpste eine andere Ordnungsgrundlage bevorzugten als sie selbst, konnten die Akteure der Hauptstadt jedoch nicht verstehen.

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Unterschiedliche kirchliche Traditionen erschwerten die Verständigung beider Kirchen zusätzlich. In ihrer Verfangenheit in solchen Traditionen war es den Bischöfen von Rom und Konstantinopel gar nicht möglich, alles zu sagen, zu tun oder zu denken. Die eigene, in weiten Teilen von Vorgängern geerbte Verstrickung in jeweils sehr spezifische kirchliche Rahmenbedingungen führte zu einer Verknappung kirchlicher Aussagemöglichkeiten. Die Bischöfe mussten geradezu auf den Positionen ihrer Vorgänger beharren, womit von 484 bis 519 nicht bloß das Akakianische Schisma verhandelt wurde, sondern auch langfristige und grundsätzliche Probleme der spätantiken Kirche eine Rolle spielten. 9.5. Effekte: die Herausbildung einer neuen Ordnung 518 leitete Justin einen Umschwung in der kaiserlichen Bekenntnispolitik ein, setzte auf Chalkedon und bereitete damit den Boden für die Einheit von Rom und Konstantinopel. Für diese Einheit musste Johannes von Konstantinopel den Libellus Hormisdae billigen. Papst Hormisdas erkannte im Gegenzug ein von Johannes dem libellus vorangestelltes Vorwort an, das grundsätzliche Positionen der Hauptstadt transportierte. Damit traten die beiden Kirchen in eine neue wiederholende Ordnung der Gemeinschaftsherstellung ein. Rein technisch muss der Ausgleich von 519 als Kompromiss gelten, baute er doch nur in Teilen auf Übereinstimmung auf.680 Dies entspricht der Feststellung, dass beide Seiten gerade in den späten Jahren des Schismas kaum noch Versuche unternommen hatten, den Streit beizulegen, sondern vielmehr für eine Perpetuierung und Verschärfung der Spannungen gesorgt hatten. Trotzdem wertete gerade Rom die Einigung von 519 als eigenen Sieg und damit als Sieg Chalkedons. Durch die Streichung des Akakios und seiner Nachfolger aus dem liturgischen Gedächtnis der Kirche wurde eine direkte Linie von der bis 482/84 geltenden zur nun wiederhergestellten Ordnung gezogen. Da Rom selbst Chalkedon niemals preisgegeben hatte, war es in der römischen Sicht Konstantinopel, das zur Orthodoxie und damit zu einem vorakakianischen Stand zurückgekehrt war. Die Verdammung des Akakios und seiner Nachfolger, die sich geweigert hatten, den durch ihn verursachten Bruch als solchen anzuerkennen, verdeutlichte das.681 Doch die Ordnung von 519 war keineswegs die gleiche wie vor dem Schisma. Schon die Referenzordnung von 482 war in sich äußerst indifferent. Das Schisma hatte dann die Ausdifferenzierung der kirchlichen Ordnungsvorstellungen zusätz  680 Darum wird die Einigung von 519 in der Forschung höchst unterschiedlich bewertet. Während BECK 1975, 14 f. Konstantinopel als Sieger sieht, erkennt HAENDLER 1980, 94 einen Sieg Roms. Dass sich eigentlich keine Seite durchsetzen konnte, meint beispielsweise PABST 1986, 205–10. 681 Laut HAACKE (R.) 1953, 144 f. habe der römische Erfolg 519 gerade darin bestanden, dass das Henotikon, und damit die Haupthinterlassenschaft des Akakios, wieder durch eine kirchliche professio fidei ersetzt worden sei.

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lich beschleunigt. Als Rom 482 die Gemeinschaft zwischen Akakios und Petros Mongos nicht als Reproduktion der überlieferten Ordnung betrachten wollte, waren drei grundlegende kirchliche Konflikte aktualisiert worden, was die Ordnung aus einer Phase unbewusster Transformation in eine Phase bewusster Aushandlung übergehen ließ.682 In dieser kam sogar römischen Äußerungen mitunter ein seltener Neuerungswert zu: Zwar zielte Rom eigentlich gar nicht darauf, neue Antworten auf aktualisierte alte Fragen zu geben, passte seine traditionellen Positionen aber aktuellen Kontexten an, womit sie ihrer heilsgeschichtlichen Zeitenthobenheit entkleidet wurden.683 Die gegnerische Aktualisierung der Streitfragen erforderte auch die Aktualisierung römischer Positionen. Waren diese beiderseitigen Positionierungen gegenseitig auch noch so wenig vermittelbar und schon gar nicht annehmbar, so lag doch allein im Erkennen dieser Differenz und der auf dieser Differenz gründenden Wirkungslosigkeit eigener Argumentationen auf den jeweiligen Gegner ein Moment der Veränderung. Hinsichtlich der Frage nach dem Dogma hatten sich beide Konfliktparteien gar nicht grundsätzlich unterschieden. Beide Kirchen standen in ihrer Selbstsicht auf der Grundlage Chalkedons. Die Vermittlung dieser Synode durch das Henotikon führte zwar dazu, dass Rom Konstantinopel diese Grundlage absprach, dennoch war eine Übereinstimmung bezüglich des Dogmas einfach herzustellen. Da Kaiser Justin einen entsprechenden dogmatischen Standpunkt teilte, konnte der Bischof von Konstantinopel hier in Übereinstimmung mit dem Kaiser handeln. Die gemeinsame Position der hauptstädtischen Protagonisten stimmte nun auch mit der Haltung Roms überein. So erkannten sowohl libellus als auch JohannesVorwort die Synode von 451 ausdrücklich an.684 Damit stärkte die Einigung das Symbol von Chalkedon und den Tomus Leonis. Der Preis war freilich die mittelfristige Abspaltung Ägyptens und Syriens.685 Der fundamentale Streitpunkt, die Frage nach der hierarchischen Organisation der Kirche, war wesentlich kontroverser diskutiert worden. Gerade hier zeigte sich, dass aufgrund unterschiedlicher Betrachtungsweisen ein wirklicher Ausgleich zwischen den beiden Rivalen unmöglich war. Eine Einigung verlangte daher nach äußeren Zwängen. Solche waren in der Segmentarität der Kirche und angesichts der politischen Verhältnisse bis 519 aber nur eine theoretische Option, da   682 Vgl. Kap. 3.3. 683 Vgl. Kap. 7.1.2. 684 Avell. 159,2 (608,8 f.); Avell. app.4,2 (801,7–9). Das Vorwort tat dies freilich durch die Anerkennung explizit aller vier ökumenischen Konzilien, was sich für die Rangansprüche Konstantinopels als förderlich erweisen sollte. 685 Gerade in Ägypten trafen die neuerlichen theologischen Spannungen auf allgemein wachsende Differenzen zur Hauptstadt. Eventuell weist die Amtseinführung Dioskors II. (Kap. 10.1.1.) auf eine solche Differenz hin. Vgl. JOHNSON 1986, 219–24; RITTER 1982, 271 f.; WINKELMANN 1979, 166 f. Sie alle betonen aber, dass die Bedeutung theologischer Konflikte als Grund für die Separation der ägyptischen Kirche keinesfalls vorgeschoben gewesen sei. Zum Verhältnis theologischer Motive und sonstiger Gründe bei der Entfremdung der syrischen Kirche vom Reich: Anm. 250.

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die Akteure in Konstantinopel keine Macht im Westen, die Päpste hingegen keinen direkten Einfluss auf die Akteure in der Hauptstadt hatten. Auch die Einigung von 519 löste die grundlegenden Betrachtungsdifferenzen letztlich nicht auf. Johannes und Hormisdas waren offenkundig nur auf Druck bereit, sich zu einer Sistierung ihrer widerstreitenden Ansprüche durchzuringen. Für Johannes war es angesichts der kaiserlichen Positionierung unumgänglich, den Libellus Hormisdae zu billigen. Hormisdas seinerseits konnte nicht verhindern, dass Johannes dem libellus eine mehr oder weniger versteckte Betonung des politischen Kirchenprinzips voranstellte. Eine Verweigerung der Einigung wäre seinen Anhängern schwer zu vermitteln gewesen. Darüber hinaus hatte Rom während des Schismas die Grenzen seines Einflusses im Osten erkennen müssen, waren die päpstlichen Forderungen doch lange auf taube Ohren gestoßen. Damit wäre die Verweigerung der Anerkennung des faktischen Ranges Konstantinopels langfristig nur dann aufrechtzuerhalten gewesen, wenn diese weiterhin mit der Verweigerung der Anerkennung grundsätzlicher dogmatischer Positionen hätte verknüpft werden können. Das war 519 aber nicht mehr der Fall.686 Auch Konstantinopel waren im Schisma gegenüber den Kaisern seine Handlungsgrenzen aufgezeigt worden. Durch ihre Rangbegründung war die Hauptstadt so sehr auf ein politisches Kirchenprinzip festgelegt, dass sie in spannungsvolle Nähe zum Kaisertum geriet. Die Auseinandersetzungen mancher Patriarchen mit den Kaisern im Akakianischen Schisma zeigen die Problematik: Die Macht des Kaisers war für den Bischof von Konstantinopel unmittelbar erfahrbar. Er hatte keine langfristig nutzbare Alternative zur kaiserlichen Macht in der Kirche – zumindest nicht, wenn er reichskirchliche Ambitionen hegte. Für die römischen Bischöfe nahm sich die Bedeutung des Kaisertums anders aus, sahen sie in ihm doch weder eine interne Bedrohung noch eine direkte Stütze eigener kirchlicher Ansprüche. Rom war nie mit einer dauerhaften Anwesenheit eines christlichen Kaisers konfrontiert gewesen, weshalb sich die Frage nach der Legitimität kaiserlicher Eingriffsrechte für Rom stets nur auf einer prinzipiellen, von direktem Druck befreiten Ebene gestellt hatte. Für Rom war das Kaisertum nicht unmittelbare Stütze oder Bedrohung, sondern zunächst einmal lediglich ein weiterer Akteur im Geflecht der Kämpfe um einen wirksamen kirchlichen Primat.687 Einer generellen theoretischen Klärung des Verhältnisses von Kirche und Kaiser kam Rom aber ebenfalls nicht näher. Auch für Rom waren Eingriffe eines „orthodoxen“ Kaisers in Belange der Kirche gerechtfertigt. Das Problem 482/84 war, dass die Päpste Zenons Henotikon für nicht vereinbar mit ihrer Orthodoxie hiel  686 HAACKE (R.) 1953, 144 f. 687 Dieser Konflikt zwischen Päpsten und Kaisern war relativ früh angelegt. GIRARDET 1975, 105 weist darauf hin, dass schon Julius von Rom Mitte des vierten Jahrhunderts den Primat des römischen Bischofs in Zusammenhang mit der Ablehnung staatlicher Einflussnahmen in die Kirche gebracht habe, den Papst in Konkurrenz zum kaiserlichen κοινὸς ἐπίσκοπος habe treten lassen. Einen ähnlichen strukturellen Konflikt zwischen Papst- und Kaisertum identifiziert ULLMANN 1960, 16–8.

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ten. Erst damit rückte die technische Problematik des Dokuments als kaiserliche Äußerung in Bekenntnisfragen in den Blick, die von den Bischöfen von Konstantinopel aufgrund ihrer größeren Nähe zum Kaiser nicht gesehen wurde. Daher gingen im Schisma die Versuche der theoretischen Klärung des Komplexes, wenn überhaupt, von Rom aus, während Konstantinopel Differenzen zum Kaisertum eher praktisch auszufechten pflegte. Gelasius problematisierte in seiner Zweigewaltenlehre die Rechte des Kaisers. Während sich seine Überlegungen dabei in der Forschung großer Aufmerksamkeit erfreuen, forderte Hormisdas nur wenige Jahre später von Justin wie selbstverständlich wieder Eingriffe in die Kirche. Der gleiche Hormisdas, der Anastasios noch jegliche Rechte in der Kirche verweigert hatte, gestand diese dem „orthodoxen“ Nachfolger des Kaisers zu. Zeitgenössisch entfalteten Gelasiusʼ Ideen also wenig Wirkung. Es ist daher wahrscheinlich, dass schon er selbst seine Thesen nur auf Anastasios bezogen sehen wollte.688 Sicher ist, dass zumindest Hormisdas nicht davon ausging, dass Gelasius eine überindividuell gültige Abgrenzungstheorie entwickelt hatte. Damit mussten die römischen Ansprüche auf eine apostolisch verfasste Kirche aber scheitern. Letztlich verdankte Hormisdas die Billigung seines libellus dem Umschwung Justins und seiner eigenen Kompromisse. Unter Anastasios war eine ähnliche Entwicklung noch undenkbar gewesen. Abermals zeigten sich die Probleme des für Rom typischen Widerspruchs von heilsgeschichtlichen Ansprüchen und historisch bedingter Struktur der segmentären Kirche: Die Päpste konnten sich im Osten nur durchsetzen, wenn sie sich auf das Kaisertum stützten. Ein konsequentes Vertreten der apostolischen Ordnung hätte hingegen erfordert, sich von der Reichskirche loszusagen.689 Vielleicht hatten Gelasius und Symmachus erste Schritte in diese Richtung unternommen. Rom war aber zu sehr auf die Gemeinschaft mit anderen Großkirchen angewiesen, die im Osten unter der politischen Herrschaft des Kaisers standen, als dass dieser Weg weiter gangbar gewesen wäre. Der eigene Primat, der die Reinheit der gesamten Kirche garantieren sollte, konnte sich nur relational zu anderen Kirchen erweisen. Die Kirche der Kaiserstadt hingegen ging trotz struktureller Schwächen gestärkt aus dem Schisma hervor. Genauso wie sie auf die kaiserliche Sanktions  688 Diesen Standpunkt teilen, allerdings mit unterschiedlichen Wertungen der Zweigewaltenlehre an sich, zum Beispiel COTTRELL 1993, 105–8; FRAISSE-COUÉ 2001, 186 f.; MCGRADE 1970, 41. Zumindest die Zeitgenossen des Gelasius hätten in den Positionen des Papstes keinen Bruch mit der Tradition kaiserlicher Rechte gesehen: DVORNIK 1951, 115 f. Vgl. auch Anm. 322 f. Schon für Papst Leo geht GRILLMEIER 21991, 164 davon aus, dass dieser mit seiner Petrus-Doktrin eher unbewusst ein Gegenkonzept zur kaiserlichen Reichskirche entworfen habe. 689 Während Rom dazu aus verschiedenen Gründen nicht bereit war, verhielt sich Alexandria hier wesentlich konsequenter: Kap. 10.3. Für Alexandria stellte das aber eine relativ junge Entwicklung dar. In erster Linie hing diese mit der Erfahrung der kaiserlichen Durchsetzungsschwächen im Akakianischen Schisma zusammen. Noch Timotheos Ailuros hatte sich auf gut eusebianischer Grundlage stets bemüht, die Unterstützung durch die jeweiligen Kaiser zu erlangen. Vgl. BLAUDEAU 1996, 123–128; GRILLMEIER 21991, 268, 273.

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macht angewiesen war, brauchte nämlich der Kaiser auch das Wohlwollen der Kirche seiner Residenz.690 Roms Spannung zwischen kontingenzbefreitem Selbstbild und faktischer Kontingenz der kirchlichen Struktur war letztlich nicht weniger problematisch als Konstantinopels Handlungsbegrenzungen durch das Kaisertum. Konstantinopel konnte die Streichung des Akakios damit letztlich einfacher verkraften als Rom die implizite Anerkennung der politischen Realitäten in der Reichskirche. Die Einigung von 519 hatte die Betrachtungsdifferenzen hinsichtlich der Begründung kirchlicher Ordnung also nicht überwunden. Da beide Seiten meinten, sich mit zentralen Punkten ihrer Forderungen durchgesetzt zu haben, waren in der neuen Wiederholungsordnung bereits neuerliche Spannungen angelegt. Das war für die Akteure 519 aber nicht absehbar. Wie schon Zenon, Akakios und Petros Mongos 482, so erkannten auch jetzt die Beteiligten die strukturellen Defizite der Einigung nicht. Selbst wenn kirchliche Akteure dazu neigten, in eher römischen, also apostolisch begründeten Kategorien zu denken, war die historische Faktizität kirchlicher Entwicklung doch wirkmächtiger als ideologische Rückbezüge auf die transzendentale Heilsgeschichte. Für die unmittelbar Beteiligten war diese Differenz schwerlich begreifbar, zumindest aber nicht überwindbar, was bald zu abermaligen Brüchen der kirchlichen Ordnung führen sollte.691 Die fehlende Diagnose dieser Gründe für die kirchliche Konflikthaftigkeit war ein allgemeines Charakteristikum der spätantiken Kirche. Bereits Hieronymus hatte in Bezug auf die Synode von Ariminum 359, auf der Konstantios II. gegen den dogmatischen Widerstand des Episkopats ein homöisches Bekenntnis durchgesetzt hatte, weniger erklärend als resigniert festgestellt: Ingemuit totus orbis, et Arianum se esse miratus est.692 9.6. Versuch einer Typologie bischöflichen Handelns Da Hieronymus bereits für die Synode von Ariminum, also in großer zeitlicher Distanz, ein grundlegendes strukturelles Problem des Akakianischen Schismas zutreffend beschreibt, dürfte es möglich sein, die bisherigen Betrachtungen in eine allgemeinere Typologie bischöflichen Handelns zu überführen, um auf einer sol-

  690 Auch die Bindung des Anastasios an Severos konnte die Unterstützung durch den Bischof der Hauptstadt nicht langfristig ersetzen. Zwischen Makedonios und Severos waren massive Konflikte entstanden, die den Kaiser beinahe sein Amt gekostet hätten. Als der Mönch schließlich Bischof von Antiochia geworden war, hing sein weiterer Einfluss auch von seiner Gemeinschaft mit dem neuen Residenzbischof Timotheos ab. 691 Da Strukturen über den registrierbaren Erfahrungsraum der Akteure hinausgehen, erkannten die Zeitgenossen die strukturellen Vorgaben und Zwänge ihrer Zeit oftmals gar nicht vollständig. Vgl. KOSELLECK 1973, 560–3. 692 Hier. c.Lucif. 19.

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chen Grundlage auch das Handeln der Bischöfe von Alexandria, Antiochia und Jerusalem sowie der Kaiser in den Blick zu nehmen.693 Die Betrachtung der Entwicklungen nach Chalkedon bis zum Ausbruch des Akakianischen Schismas hat gezeigt, dass sich die Diskussion über die kirchliche Ordnung in drei Zonen der Konfliktanfälligkeit abspielte. Diese sich vielfach überschneidenden Zonen betrafen den rechten Glauben, die Hierarche der Kirche und die Rolle des Kaisertums innerhalb kirchlicher Prozesse und waren für die gesamte spätantike Kirche maßgeblich. Da die entsprechenden Diskussionen zu keiner letztgültigen Klärung der Sachverhalte führten, situativ ausgeschiedene Positionen nicht verschwanden, sondern jederzeit aktualisiert werden konnten694, war die Konfliktanfälligkeit der Kirche permanent. Selbst in Phasen vordergründiger Ruhe schrieben sich die Konflikte fort, bis es im Aufkündigen einer vorläufigen Konsensordnung durch mindestens einen Akteur zur gesteigerten Dynamik der Diskussion kam.695 Im hier betrachteten Konflikt war es die Fundamentaldifferenz der kirchlichen Ordnungsansätze Roms und Konstantinopels, die zum Bruch der Konsensordnung von Chalkedon führte. Während Rom die kirchliche Ordnung in einem apostolisch-petrinischen Prinzip des göttlichen Willens begründet sah, der von den Unwägbarkeiten aktueller Entwicklungen befreit war, fokussierte Konstantinopel stärker auf die Kontingenz kirchlicher Ordnung, begründete diese durch säkulare Analogien, diesseitig, letztlich politisch. Diese Differenz zwischen einer apostolischen und einer politischen Ordnung mündete in unterschiedliche Positionen hinsichtlich der drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit. Es ergibt sich ein analytisches Raster: Die kirchlichen Akteure der Spätantike standen in den Diskussionen um Inhalts-, Organisations- und Abgrenzungsebene zwischen den Polen einer autonomen, also relativ abgeschlossenen innerkirchlichen und einer heteronomen, also weltlich beeinflussten Ordnungsbegründung, in der auch fremde – in diesem Fall aus dem politischen System übernommene – Systemrationalitäten wirkten. Eine radikale Autonomie kirchlicher Ordnung durfte das Dogma nur auf innerkirchliche Begründungen zurückführen. Konkrete Inhalte waren dabei weniger   693 HAUPT – KOCKA 1996, 17 fordern eigentlich eine gleichmäßige Betrachtung mindestens dreier Vergleichsfelder für die Erstellung einer Typologie. Diese Vorgabe dürfte für Gegenstände der Alten Geschichte aber schon aus Gründen der Quellenlage nur schwierig zu erfüllen sein. Darum soll hier versucht werden, das Ergebnis aus dem Vergleich zweier Vergleichsfelder auf weitere Beispiele anzuwenden und damit zu überprüfen. Es ergibt sich eine historische Theorie, wie sie WEHLER 1979, 33–6 definiert (Anm. 12) und die gewisse Probleme der Quellenlage in Bezug auf die Kirchen von Alexandria, Antiochia und Jerusalem (Kap. 2.1.) ausgleichen kann. Diese Theorie dient mit ihrem räumlich und zeitlich begrenzten Geltungsanspruch hier explizit nur der Betrachtung des behandelten Gegenstandes, was eine weitere Übertragbarkeit ihrer Ergebnisse aber nicht a priori ausschließen muss. 694 Vgl. Kap. 3.2. 695 Vgl. Kap. 3.3. Die fortgeschriebenen Konflikte wurden aber auch erst in diesen neuerlichen Brüchen der Ordnung wieder sichtbar.

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entscheidend. Wichtiger war das Vertreten theologischer Überzeugungen unter Maßgabe fehlender Rücksichtnahme auf weltliche Faktoren, zum Beispiel positiver oder negativer weltlicher Sanktionen.696 Das bedeutete keine absichtliche Missachtung dieser Faktoren. Die dogmatischen Positionen konnten sich durchaus mit denen der kaiserlichen Bekenntnispolitik decken, sie durften sich aber nicht auf diese zurückführen oder sich aus ihnen herleiten. Daneben musste die konsequente autonome Ordnungsbegründung solche kirchliche Hierarchien fordern, die von säkularen Bezugnahmen, Rücksichten und Analogien befreit waren. Dass ein Bischof kirchliche Rechte beanspruchte, weil seine Bischofsstadt einen hohen weltlichen Rang hatte, war in diesem Denken unmöglich. Letztlich hätte in diesem Denken auch die an Verwaltungsstrukturen des Reichs angelehnte Metropolitanordnung von Nizäa abgelehnt werden müssen, wenn sich diese nicht in Teilen mit traditionellen innerkirchlichen Hierarchien gedeckt hätte.697 Als Synthese aus beiden Punkten ergibt sich drittens, dass im Denken autonomer Kirchlichkeit das christliche Kaisertum überhaupt kein Teil der Kirche hätte sein können. Dagegen musste die radikale Heteronomie kirchlicher Entwicklung zum einen dogmatische Positionen am Willen des Herrschers ausrichten, dessen bekenntnispolitische Maßnahmen stützen. Spezifische dogmatische Inhalte wären damit zwar nicht sekundär, aber beliebig geworden: Ziel wäre kein ideologisch stabiler rechter Glaube gewesen, sondern ein situativer integrativer Glaube.698 Zum anderen waren im durch Heteronomien beeinflussten Kirchenbild säkular beeinflusste Änderungen der Hierarchie tragbar. Die Funktion der Kirche in dieser politisch dominierten Ordnung erforderte es geradezu, den Bischof der Hauptstadt mit höchsten kirchlichen Rechten zu versehen.699 Kaisertum und Reich waren Ordnungsgrundlagen kirchlicher Hierarchien. Da die Kirche in einer solchen Ordnung „Staatskirche“ gewesen wäre, wären Kaisertum und Kirche ineinander gefallen. Eine Trennung zwischen kirchlichen Interna und weltlichen Externa wäre obsolet und gar nicht mehr möglich gewesen. Der Kaiser hätte das Zentrum der Kirche gebildet.   696 Zur Konzentration dieser Arbeit auf die historisch maßgeblichen Aspekte der „Herleitung“ und der „Begründung“ von Inhalten: Anm. 627. Die konkrete theologische Füllung dieser Inhalte hingegen ist nicht herleitbar und damit für den Ordnungskonflikt von untergeordnetem Interesse. 697 Letztlich war eine gewisse Parallelität der Strukturen ohnehin nicht zu vermeiden, hatte sich das Christentum über seine Mission doch zuerst an wirtschaftlichen und administrativen Knotenpunkten des Reichs ausgebreitet. Die Metropolitanverfassung beförderte damit per se ältere und damit oftmals apostolische Kirchen. Vgl. Anm. 186. Die weitere Ausdifferenzierung nach 325 führte aber dazu, dass die Gleichzeitigkeit kirchlicher und politischer Strukturen immer wieder durchbrochen und daher kirchlicherseits vermehrt problematisiert wurde. So deckten sich die Grenzen der Patriarchate nicht mehr mit den weltlichen Diözesen: SCHWEIZER 1989, 50 f. 698 Wie dieses Verhältnis im Einzelnen aussehen konnte, zeigte sich unter Zenon und Anastasios, die auf fortgesetzte kirchliche Konflikte mit einer verstärkten Relativierung der Absolutheit dogmatischer Glaubenswahrheiten reagierten. Vgl. Kap. 11.2, 11.3. 699 Vgl. Kap. 5.2.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

Beide Positionen sind idealtypisch. Es konnte sie in ihrer Radikalität nur schwerlich geben, da beide zentrale Bedingungen kirchlichen Handelns missachteten: Eine radikale autonome Ordnungsbegründung hätte die Rücknahme der „Konstantinischen Wende“ erfordert, da ein christliches Kaisertum in dieser Ordnung nicht denkbar gewesen wäre. Dies war aber weder möglich noch von irgendjemandem gewollt. Eine radikal-heteronome kirchliche Position hingegen hätte verdrängt, dass die von ihr vertretene Reichskirche angesichts der kirchlichen Segmentarität gar nicht existieren konnte, die Durchsetzung des kaiserlichen Willens reichsweit mit letzter Konsequenz gar nicht dauerhaft möglich war. Daneben war auch die vollständige Ablehnung des fest verankerten Traditionsprinzips in der Kirche undenkbar. Die gerade skizzierten Ausprägungen stellen damit lediglich die Extreme möglicher Positionierung dar, zwischen denen die einzelnen Akteure bestimmte Positionen einnahmen und damit eine heteronome oder autonome kirchliche Ordnungsbegründung bevorzugten. So vertrat Rom zwar eine stärker autonom begründete kirchliche Ordnung als Konstantinopel, fand sich aber nicht bereit, das Kaisertum aus seinem Kirchenbild gänzlich zu tilgen. Immerhin fungierte der Kaiser als Garantiemacht des rechten Glaubens. Solange der Kaiser „orthodox“ war, nutzte Rom kaiserliche Machtmittel.700 Da aber ein innerkirchlich begründeter Glaube römische Bewertungsinstanz für die Rechtmäßigkeit kaiserlicher Eingriffe war, neigte Rom dazu, nicht selbst erbetenes kaiserliches Eingreifen kritisch zu betrachten, allein schon deshalb, weil solche Eingriffe immer auch kirchliche Unruhe anzeigten, die die römischen Akteure aus ihrem theologischen Konservatismus heraus per se als problematisch erachteten. Eine stärker autonome Begründungsebene nahm Rom hinsichtlich Dogma und Hierarchie ein: Die Gültigkeit Chalkedons lag ausschließlich in der synodalen Genese rechtgläubiger Konzilsbeschlüsse begründet. Niemals vertrat Rom Chalkedon deshalb, weil der Kaiser das wünschte. Wäre Rom dogmatisch maßgeblich am Kaiser orientiert gewesen, hätte es schon unter Zenon und Anastasios das relativierende Henotikon annehmen können. Bezüglich der Hierarchie schließlich weigerte sich Rom, die politische Begründung der Ansprüche Konstantinopels zu billigen, musste sich aber trotzdem mit der Faktizität der herausgehobenen Rolle Konstantinopels abfinden.701   700 Die Päpste verknüpften die Aufforderung zum Eingreifen häufig mit Verweisen auf Kaiser, die als rechtgläubig galten, zum Beispiel Markian. Vgl. aus dem Brief des Felix an Zenon: respice potius ad decessores tuos augustae memoriae, Marcianum scilicet et Leonem, et tantorum principum fidem legitimus eorum successor amplectere: debes illorum religioni consensum, debes memoriae reuerentiam (Berol. 20 [65,9–12]). Gerade Markian aber hatte nicht sonderlich zurückhaltend in Belange der Kirche interveniert: Kap. 4.1.; 4.2. Rom band die Rechtmäßigkeit der kaiserlichen Maßnahmen aber allein an die Orthodoxie der Kaiser: BLAUDEAU 2006d, 200. 701 Bereits die Art und Weise von Leos Absage an den Kanon 28 weist darauf hin, dass die Päpste sich der faktisch wichtigen Rolle des Hauptstadtbischofs durchaus bewusst waren: Leo M. epist. 104 (ACO II.4, 56,13–20). Erst aus dieser faktischen Rolle der Hauptstadtkirche er 

9. Apostolische und politische Begründungen

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Konstantinopel neigte einer politisch beeinflussten Kirchenordnung zu, was hauptsächlich die Hierarchie betraf. Der Rang der eigenen Kirche stand in Beziehung zum Rang der Bischofsstadt als Hauptstadt des Reichs. Die Kirche von Konstantinopel war keine apostolische Gründung, und so blieb ihr auch wenig anderes übrig, als die eigenen Ansprüche über weltliche Analogien zu begründen. Die Notwendigkeit, solche Ansprüche, die der politischen Bedeutung der Bischofsstadt entsprachen, überhaupt zu verwirklichen, erwuchs wiederum weltlichen Kontexten. Neben dem Prestigegewinn für die Hauptstadtbischöfe lag es im Interesse der Kaiser, für ihre Bekenntnispolitik die Nähe eines zentralen kirchlichen Akteurs nutzen zu können. Die Kaiser waren auf die Kooperation ihrer Patriarchen angewiesen, die angesichts der engen Verbindung zum Kaisertum aber auch mit größerer Selbstverständlichkeit als Rom bereit waren, dem Kaiser weitgehende Rechte in der Kirche zuzugestehen. Zu generellen Widerständen gegen kaiserliche Eingriffe kam es nicht, da der Rang der Kirche der Hauptstadt letztlich auf diesen gründete. Zugleich band aber auch Konstantinopel die Legitimität kaiserlicher Maßnahmen an einen rechten Glauben, woraus sich Spannungen mit einzelnen Kaisern entwickeln konnten. In solchen Konflikten lässt sich für die Patriarchen die größte Distanz zur politischen Begründung kirchlicher Ordnung feststellen: Das Dogma blieb Sache der Kirche.702 Jedoch war es für Konstantinopel vertretbar, wenn der Kaiser den wahren Glauben, gegebenenfalls auch in leicht relativierender Art und Weise, dekretierte. Dadurch aber konnte die Grenze zwischen Kaisern und Patriarchen mitunter so sehr verschwimmen, dass Bischöfe wie Timotheos sich die Positionen des Kaisers nahezu gänzlich zu eigen machten.703 Ausgehend vom Vergleich zwischen Rom und Konstantinopel ist festzuhalten, dass bestimmte Kirchen bestimmten Ordnungsprinzipien zuneigten. Die historische Entwicklung und die beanspruchte Tradition einzelner Kirchen sowie die aktuelle Stabilität der Herrschaft eines Bischofs waren entscheidend für die Positionierung der Bischöfe auf der Achse der kirchlichen Ordnung. So war die Möglichkeit, eine apostolische Ordnung zu vertreten, an Kirchen geknüpft, die selbst als apostolische Gründungen galten. Gleichzeitig machte das eine Orientierung am apostolischen Prinzip aber nicht zwangsläufig. Auch apostolische Kirchen konnten sich am Kaiser orientieren.704 Nichtapostolische Sitze hatten hingegen kaum andere Möglichkeiten, als sich auf außerkirchliche Mächte zu stützen. Säkular-analogisierende Begründungen kirchlicher Ordnung konnten also als Ausgleich für mangelnde oder mangelnd anerkannte kirchliche Traditionen dienen. Die wirksame Nutzung weltlicher Macht forderte aber die Nähe zu ihr. Für   wuchs überhaupt die Notwendigkeit für Rom, eine apostolisch begründete von der politisch analogisierenden kirchlichen Rangbegründung abzugrenzen. 702 Diese Feststellung gilt insbesondere für Makedonios. Vgl. Kap. 8.2.2. 703 Vgl. Anm. 548. 704 Ein Beispiel ist die Positionierung der Bischöfe Antiochias in betrachteter Zeit: Kap. 10.1.2.; 10.3.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

den Bischof der Kaiserresidenz war es kaum vermeidbar, die Machtmöglichkeiten des Kaisertums zu nutzen. Je unmittelbarer und häufiger die Erfahrung mit kaiserlichen Eingriffen war, desto mehr wurde auch mit ihnen gerechnet. Je weiter einzelne Akteure vom Kaiser entfernt waren, desto notwendiger hielten sie weltliche Aspekte aus der kirchlichen Ordnungsbegründung heraus.705 Ein weiterer Faktor war die interne Stabilität. Je mehr Einschränkungen ein Bischof in seinem internen Agieren ausgesetzt war, desto dringlicher musste er diese ausgleichen. Bei einer Bedrohung durch oppositionelle Teile der eigenen Gemeinde, des Klerus oder des Mönchtums wirkte eine Bindung an das Kaisertum stabilisierend, barg aber das Risiko, dass die Nähe zum Kaiser selbst zum handlungsbegrenzenden Faktor werden konnte. War andersherum die Führung der Kirche durch den Bischof straff, so war er weniger auf außerkirchliche Verbündete angewiesen. Das konsequente Vertreten eines apostolischen Kirchenprinzips setzte also eine gesicherte interne Stellung voraus.706 Wie sich diese Positionierungen – auch wenn sich die Akteure ihrer im Einzelfall gar nicht bewusst sein mussten – auf das Handeln auswirken konnten, hat der Vergleich zwischen Rom und Konstantinopel gezeigt. Die unterschiedlichen Orientierungen mündeten in gewisse, teilweise handlungsleitende Differenzen: Wirkte die apostolische Ordnung in ihrer Orientierung eher traditionell und starr, so waren politisch begründete Ordnungen in ihrer Orientierung an politischen Gegebenheiten eher dynamisch.707 Dies hing mit der unterschiedlichen Bewertung aktueller Ereignisse in ihrem Einfluss auf die kirchliche Struktur zusammen. Rom stand beispielsweise durch seine Konzentration auf eine apostolisch begründete kirchliche Ordnung in der Spannung zwischen langfristigen Strukturen, die es als Ausdruck des Heilsplans Gottes begriff, und ständigen Durchbrechungen dieser Strukturen. Obwohl diese ordnungsimmanent waren, sah Rom in ihnen auszuschaltende Bedrohungen der göttlichen Ordnung. Roms Positionen versteiften. Damit brachte die heilsgeschichtliche Konzentration die römischen Bischöfe in eine zunehmende Differenz zur faktischen Entwicklung ihrer Umwelt.708   705 Rom zum Beispiel hatte nur wenige Erfahrungen mit unmittelbaren kaiserlichen Eingriffen, weshalb diese für die Päpste im Gegensatz zu Konstantinopel kein natürliches kirchenpolitisches Mittel darstellten. Hinzu kam, dass die Kaisermacht häufig die Konkurrenten Roms beförderte, die meist eine unmittelbarere Nähe zum Kaisertum hatten. 706 Flavian von Antiochia hatte eine solche gesicherte Stellung beispielsweise nicht, weshalb er im Konflikt mit dem Kaiser letztlich an seinen innersyrischen Konkurrenten scheiterte, die sich gegen ihn mit Anastasios verbunden wussten. Vgl. Kap. 10.1.2. 707 Die unterschiedliche Kontingenzoffenheit der kirchlichen Ordnungsmodelle ließ den Konflikt um die apostolische oder politische Ordnungsgrundlage zum Konflikt um eine traditionelle oder eine für aktuelle Einflüsse offene Ordnung werden. 708 So stellt DVORNIK 1951, 114 zur Zweigewaltenlehre fest: „[…] to make his point, he had to ignore historical facts.“ GMELIN 1937, 135 f. bezeichnet den Ausbau römischer Primatsansprüche im Abstand zur Wirklichkeit als „grotesk“. Vgl. auch STEINACKER 1954, 61; ULLMANN 1981, 94.

9. Apostolische und politische Begründungen

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Konstantinopel vertrat wegen des Mangels an kirchlicher Tradition und der Möglichkeit der Nutzung kaiserlicher Machtmittel ein politisch geordnetes Kirchenprinzip und musste als Kirche der Kaiserstadt stets aktuelle Einflüsse in die eigene Handlungsdisposition einbeziehen. Dies führte zu einer Variabilität eigener Positionen und unterwarf den Sitz überdurchschnittlich stark den Zufällen und Begrenzungen durch aktuelle kirchliche und politische Entwicklungen. Auch die Bischöfe von Konstantinopel sahen den göttlichen Heilsplan nicht im politischen Kirchenprinzip verwirklicht, sondern beförderten dieses eher unbewusst und unreflektiert, kamen damit der faktischen Entwicklung der Kirche aber näher als Rom. Da die Alte Kirche die historische Bedingtheit ihrer Strukturen jedoch selten erkannte, war die römische Sicht der Kontingenzverdrängung insgesamt trotzdem vorherrschend, was die Hauptstadtkirche mit einem durchgehenden Legitimationsproblem konfrontierte. Der kirchliche Diskurs war römisch beherrscht. Dies zog aber wegen der Nähe zum Kaisertum und wegen der kirchlichen Segmentarität keine unmittelbaren Konsequenzen für Konstantinopel nach sich. Die Probleme der Legitimation von Ansprüchen durch eine politische Kirchenordnung wirkten sich nicht auf deren Faktizität aus. Die Bischöfe Konstantinopels konnten mit ihren außerkirchlich begründeten Machtansprüchen niemals ausgeschaltet werden, da diese der kirchlichen Struktur der Spätantike nun einmal entsprachen709 – auch wenn sich die heilsgeschichtlich denkenden Akteure dessen schwerlich bewusst waren. Und so führte die Dynamik der faktischen Kirchenstrukturen zu immer neuen Brüchen in der Starre apostolisch begründeter Ordnungen, weshalb sogar so traditionsverhaftete Sitze wie der römische die Faktizität außerkirchlicher Einflüsse zumindest implizit immer wieder anzuerkennen hatten. Die politische veränderte die apostolische Ordnung also zu ihren Gunsten. Da aber die Vertreter dieser politischen Ordnung selbst in apostolisch-heilsgeschichtlichen Kategorien dachten, wurde das ideologische Rüstzeug der Kirche weiter durch die sich zurückziehende apostolische Ordnungsbegründung gestellt. So wie Rom die Faktizität außerkirchlicher Einflüsse auf die Kirche anerkannte, mussten Kaiser und Patriarch in Konstantinopel die argumentative Dominanz der apostolischen Kirchen anerkennen. Sie konnten eine politische Kirchenordnung 519 daher nur teilweise durchsetzen.

  709 Aufgrund dessen waren die politisch begründeten Ansprüche Konstantinopels im ideologischen Rahmen des kirchlichen Denkens zwar problematisch, letztlich aber die treffende Beschreibung der Entwicklung kirchlicher Strukturen. Vgl. HERMAN 1953, 469–72.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

10. POSITIONEN UND HANDELN WEITERER KIRCHLICHER AKTEURE 10.1. Ereignisgeschichtlicher Überblick III: die östlichen Großkirchen 10.1.1. Alexandria während des Akakianischen Schismas Das Schisma beeinflusste die östlichen Großkirchen. Zugleich beeinflussten diese auch das Schisma. Wie polyzentrisch das Akakianische Schisma war, zeigt sich daran, dass es eine innerägyptische Spaltung war, nämlich der Konflikt zwischen Johannes Talaia und Petros Mongos, die zum Bruch zwischen Rom und Konstantinopel geführt hatte. Noch in der Folge übten die Entwicklungen in Alexandria Einfluss gerade auch auf die Bischöfe von Konstantinopel aus. Johannes Talaia wurde 482 zum Bischof von Alexandria geweiht.710 Er trat in Konkurrenz zu Petros Mongos, der einige Jahre zuvor von den Miaphysiten zum Bischof bestellt worden war und dessen Präsenz in Alexandria die letzten Lebensund Amtsjahre des Timotheos Salophakiolos überschattet hatte.711 Angesichts dessen hatte Timotheos Salophakiolos Kaiser Zenon auch um einen „orthodoxen“ Nachfolger gebeten. Obwohl Zenon diese Bitte bewilligt hatte, sorgte Johannes Talaias bald darauf erfolgte Weihe für Unmut in der Hauptstadt. Zu eng hatte er sich zuvor bei einem Aufenthalt in Konstantinopel an den magister officiorum Illus gebunden, der sich mittlerweile von Zenon losgesagt hatte. Als der Bischof von Alexandria seine Antritts-Synodiken durch das Reich sandte, machte er einen folgenschweren Fehler: In Unkenntnis über den Bruch zwischen Illus und Zenon adressierte Johannes Talaia die Briefe für die Hauptstadtakteure an Illus, der sie dort weiterleiten sollte. Illus hatte sich aber schon aus Konstantinopel zurückgezogen, weshalb der Bote aus Alexandria ihn nicht auffinden konnte. Er setzte seine Reise daher fort, ohne Zenon und Akakios die Schreiben Johannes Talaias übergeben zu haben.712 Hinzu kam der angebliche Eidbruch des Johannes Talaia.713 Bei Zenon geriet er somit in den Verdacht hochverräterischer Umtriebe. Einige ägyptische Mönche erinnerten den Kaiser nun daran, dass er mit Petros Mongos eine Alternative zu Johannes Talaia hatte.714 Zenon und Akakios ließen Johannes Talaia fallen. Wäh  710 Euagr. HE 3,12; Ps.-Zach. HE 5,7. 711 Laut Ps.-Zach. HE 5,6 sei Johannes Talaia überhaupt nur deswegen nach Konstantinopel gesandt worden, weil Timotheos Salophakiolos Sorge hatte, dass Petros Mongos seinen Tod dazu nutzen könnte, sich in Alexandria endgültig durchzusetzen. Zur Bischofserhebung des Petros Mongos nach dem Tod des Timotheos Ailuros: Euagr. HE 3,11; Ps.-Zach. HE 5,5. Vgl. Kap. 4.5.; Anm. 157. 712 Zur Kontaktaufnahme mit Kalandion, die durch dessen Verbindung zu Illus problematisch war: Anm. 164 f. Ein Synodikon an Simplicius, welches die Einmütigkeit der Wahl Johannes Talaias bekundete, erreichte Rom offensichtlich ohne Probleme: Avell. 68,2 (151,15–22); 99,22. 713 Zum angeblichen Eid und zum Eidbruch des Johannes Talaia: Kap. 4.5.; Anm. 163. 714 Vgl. den direkten Beleg im Henotikon: Cod.Vat.gr.1431,75 (53,10–2).

10. Die weiteren kirchlichen Akteure

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rend dieser nun nach Antiochia flüchtete und wenig später nach Rom weiterreiste715, machte Zenon durch eine sakra seine Entscheidung für Petros Mongos im Reich bekannt. Er stellte fest, dass Petros Mongos bereit sei, den „orthodoxen“ Glauben anzunehmen.716 Dies wollte Konstantinopel durch das Henotikon sicherstellen, welches von Akakios verfasst und von Zenon als kaiserliches Edikt veröffentlicht wurde und das Petros Mongos für die Einheit zu billigen hatte. Das Dokument setzte auf einen Kompromiss. Es verdammte Chalkedon nicht, relativierte es aber. Für die interne Herrschaftsstabilität des Petros Mongos erwies sich dieser Kompromiss als nicht ausreichend. Solange er und seine Anhänger in Alexandria gegen die von Konstantinopel gestützte chalkedonische Hierarchie gewirkt hatten, hatte der gemeinsame Gegner die Differenzen innerhalb des miaphysitischen Lagers überdecken können. Als nun aber der moderate Antichalkedonier Petros Mongos die Übereinkunft mit dem gemäßigten Chalkedonier Akakios suchte, nahmen die Spannungen unter den Antichalkedoniern zu. Die über das Henotikon hergestellte Gemeinschaft mit der chalkedonischen Kirche erstreckte sich immerhin auch auf ihre ehemaligen innerägyptischen Gegner, also auf die Anhänger von Proterios, Timotheos Salophakiolos und Johannes Talaia, sofern diese ihrerseits das Henotikon billigten. Petros Mongos war offensichtlich zur Versöhnung bereit.717 Andere Akteure waren dies nach vielen Jahren der Kämpfe beider Obedienzen hingegen keineswegs mehr. Teile der antichalkedonischen Mönche forderten ihren ehemaligen Führer Petros Mongos nun dazu auf, die Gemeinschaft mit denjenigen Bischöfen aufzugeben, die Chalkedon nicht verflucht hatten. Da dies auch Akakios betroffen hätte, wäre das Einheitswerk des Henotikon unmittelbar gefährdet worden. Zenon sandte daher den Beamten Kosmas, um in Verhandlungen ein neuerliches Auseinanderbrechen der ägyptischen Kirche zu verhindern. Eine Einigung wurde aber nicht erzielt, der Erfolg des Kosmas beschränkte sich darauf, dass es zu keinen gewalttätigen Zusammenstößen kam. Die radikalen Gegner Chalkedons enthielten sich aber weiterhin der Gemeinschaft mit Petros Mongos.718 Gleichzeitig behaupteten   715 Ps.-Zach. HE 5,9. 716 Avell. 68,3 (152,19; zitiert in Anm. 613). 717 Ps.-Zach. HE 5,7 beschreibt, wie Petros Mongos wegen der fehlenden Chalkedon-Verdammung zunächst Zweifel an der Orthodoxie des Henotikon gehabt habe. Er habe das Dokument schließlich dennoch angenommen und dessen Rechtgläubigkeit damit begründet, dass das Edikt die zwölf Anathematismen Kyrills anerkenne, Nestorios und Eutyches aber verurteile. SCHWARTZ 1934, 199 stellt dementsprechend fest, dass Petros Mongos weder ein „ehrlicher Zelot“ wie Timotheos Ailuros noch ein „kluger Diplomat“ wie Akakios gewesen sei. 718 Zum Konflikt zwischen Petros Mongos und den Aposchisten: Euagr. HE 3,22; Ps.-Zach. HE 6,1 f. Den Grund für den Rückzug der Mönche benennt Ps.-Zach. HE 6,1 (210,13–5) in aller Deutlichkeit: […] because in the Henoticon and in the letters of the chief priests to [Peter] there was no express anathema of the council of Chalcedon and of the Tome of Leo. Ähnlich: Euagr. HE 3,22. Vgl. BACHT 1953, 266–9; WINKELMANN 1980, 114–20. Bereits Timotheos Ailuros, der seinerseits keine rigoristischen Positionen vertreten hatte (vgl. Anm. 134; 260), hatte Probleme mit radikalen Antichalkedoniern: GRILLMEIER 21991, 294. Noch Severos distanzierte sich Jahre später dem alexandrinischen Presbyter Ammonios gegenüber von Petros  

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

nun einige chalkedonische Mönche, dass der Bischof Chalkedon verflucht und den Leichnam des Timotheos Salophakiolos geschändet hätte. Diese Vorwürfe übersahen zwar die tatsächliche dogmatische Positionierung des Patriarchen, trotzdem ging Akakios ihnen nach.719 Da auch Rom ihn nicht anerkannte und Kalandion aus Antiochia gegen ihn anzuschreiben begann720, stand Petros Mongos angesichts des vorgetragenen Verdachts gegen ihn nun durchaus unter dem Druck, Chalkedon explizit zu billigen. Er stellte also fest, dass die Synode keine Neuerungen zu Nizäa gebracht habe und daher anzuerkennen sei.721 Akakios stellte das zwar zufrieden, die ägyptischen Mönche gingen aber immer weiter auf Distanz zu Petros Mongos. Unabhängig davon erwies sich die communio zwischen Akakios und Petros Mongos als Kern einer weitgehenden östlichen Kircheneinheit auf Grundlage des Henotikon. Der Nachfolger des Kalandion in Antiochia, Petros Knapheus, nahm   Mongos: Whereas you say of Peter […] that he […] openly anathematized the things done at Chalcedon against the right faith, and the impious Tome of Leo, know that we too are not unaware of this: but we express blame on the ground that he embraced the communion of those who did not write the same things as he did (Sev.Ant. epist.SL 4,2 [transl., 254,12–20]). Diese Wertung wirft im Übrigen ein interessantes Licht auf die dogmatische Position des Akakios, der zumindest von den späteren Miaphysiten offensichtlich als Chalkedonier angesehen wurde. Auch Ps.-Zach. HE 6,2 behauptet keineswegs explizit, dass Petros Mongos Chalkedon und Tomus Leonis verurteilt hätte. 719 Ps.-Zach. HE 5,7; 6,1. Der Vorwurf dürfte einmal mehr theologischen Vorurteilen geschuldet gewesen sein, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Vorwürfe der radikalen antichalkedonischen und der radikalen chalkedonischen Mönche Petros Mongos gegenüber gegenseitig ausschlossen. Es war für dezidierte Chalkedonier, auch für Rom, aber kaum vorstellbar, dass Petros Mongos eine zumindest neutrale Position zu der Synode von 451 einnehmen könnte. Wenn es doch vorstellbar war, so galt eine solche Position rigoristischen Chalkedoniern immer noch als Absage an das Konzil, wie die römische Ablehnung des Henotikon zeigt. 720 Euagr. HE 3,16; Ps.-Zach. HE 5,9. 721 Euagr. HE 3,17 (115,22–116,15): Ἀκαταπαύστως τοίνυν πάντας ὁδηγῶν ἥνωσας τὴν ἁγίαν τοῦ θεοῦ ἐκκλησίαν, πείσας ἡμᾶς διὰ μεγίστων ὑποδειγμάτων ὡς οὐδέν ἐστι παρὰ ταῦτα πεπραγμένον ἐν τῇ ἁγιωτάτῃ καὶ οἰκουμενικῇ συνόδῳ τῇ ἐν Καλχηδόνι γενομένῃ, συμφωνούσῃ καὶ βεβαιούσῃ τὰ τοῖς ἐν Νικαίᾳ ἁγίοις πατράσιν. […] Πῶς γὰρ ἀναθεματίζειν εἴχομεν τὴν ἐν Καλχηδόνι ἁγίαν σύνοδον, ᾗ πιστεύσαντες ἐβεβαιώσαμεν; […] Καὶ διὰ τῶν ὑμετέρων εὐχῶν, ἐσκεψάμεθα λόγον θεραπείας ἐχόμενον μηδὲν βλάπτοντα τὴν ἁγίαν σύνοδον τὴν ἐν Καλχηδόνι, εἰδότες οὐδὲν καινὸν ἔχειν αὐτὴν πεπραγμένον. Eine Parallelüberlieferung bei Pseudo-Zacharias, dessen Mongos-Bild positiv ausfällt (vgl. BLAUDEAU 2001a, 354–8), findet sich nicht. Die Billigung Chalkedons musste Petros Mongos in den Augen der Miaphysiten diskreditieren, was sich auch in der Bewertung seiner Person durch Severos (Anm. 718) zeigt. Die generelle Varianz in den Positionen der Antichalkedonier wird in der Person des Nephalios deutlich: Dieser hatte als Mönch zunächst gegen Petros Mongos, Jahre später dann gegen Severos (vgl. Anm. 783) gewirkt. Will man Nephalios selbst keinen allzu radikalen Wechsel in seinen dogmatischen Ansichten unterstellen, erkennt man eine umso größere Differenz zwischen Petros Mongos und Severos. Nephalios positionierte sich zwischen beiden. MOELLER 1951, 670 f. sieht ihn daher als einen frühen Neochalkedonier. Zu Nephalios: BECK 1959, 375; GRAY 1979, 105–11; GRILLMEIER 1989, 49–54; MOELLER 1944/45, 80–106.

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das Dokument ebenso an wie Martyrios von Jerusalem. Diese Einheit galt es zu erhalten. Akakiosʼ Nachfolger Fravitta sandte also 489 ein Synodikon an Petros Mongos, in dem er diesen seiner brüderliche Liebe versicherte. In Kenntnis der inhaltlichen Differenzen zum Ägypter verschwieg er dabei aber das Henotikon.722 Der Ägypter forderte daraufhin von Fravitta, sich zum kaiserlichen Edikt zu bekennen, interpretierte das Dokument dabei aber als Verfluchung Chalkedons.723 Damit erreichte er zwar eine Entspannung des Verhältnisses zu den antichalkedonischen Aposchisten in Alexandria, legte aber auch die Grundlage für den neuerlichen Bruch mit Konstantinopel. Euphemios, Fravittas Nachfolger, entfernte seinen ägyptischen Amtskollegen 490 aus den Diptychen der Kirche von Konstantinopel.724 Wenig später starb Petros Mongos. Von nun an sind nur noch summarische und ungenaue Informationen zur ägyptischen Kirche überliefert. Diese Informationslücke überrascht angesichts der Breite der zeitgenössischen Publizistik. Nach Petros Mongos spielte Alexandria im Streit der „Beiden Rom“ aber keine zentrale Rolle mehr.725 Fortgesetzte interne Streitigkeiten und eine Entfremdung von der Zentrale des Reichs, die sich seit fünfzig Jahren stetig beschleunigte, führten zur fortschreitenden Isolation Ägyptens. Auch die Führung der Miaphysiten ging nun auf syrische Akteure über.726 Petros Mongosʼ Nachfolger Athanasios II. Keletes übernahm zwar das Bekenntnis zum Henotikon727, sein Verhältnis zu Euphemios gestaltete sich aber schwierig: Dieser versuchte immerhin, Rom gegen die angebliche Bedrohung Chalkedons durch Athanasios auf seine Seite zu ziehen, scheiterte damit aber. Athanasios hingegen stand in Gemeinschaft mit Palladios von Antiochia und Sallustios von Jerusalem. Athanasios und Sallustios spielten Kaiser Anastasios daher gemeinsam Euphemiosʼ Synodikon an Rom zu, um den Patriarchen bei seinem   722 Das Synodikon des Fravitta an Petros Mongos überliefert Ps.-Zach. HE 6,5. 723 Euagr. HE 3,23; Ps.-Zach. HE 6,6. HAAS 1997, 324 f. stellt das Dilemma des Bischofs dar: Wollte er seine Stellung in Alexandria festigen, musste er die Miaphysiten dort mit seiner Hierarchie versöhnen, selbst wenn das den Bruch mit Konstantinopel bedeutet hätte. Daneben versuchte Petros Mongos, die ägyptischen Gräben durch antipagane Maßnahmen etwas einzuebnen. Vgl. EBD., 328 f.; WATTS 2010. 724 Theod.Anagn. HE epit. 440; Theophan. a.5981 (488/89, 133,14–8). Euphemiosʼ Plan, eine Synode gegen Petros Mongos abzuhalten, sei laut Ps.-Zach. HE 6,4 am Einwand des Archelaos von Kaisarea gescheitert, der darauf hinwies, dass eine Provinzsynode nicht zur Verurteilung seines Rivalen befugt sei. Abermals erkennt man also eine hierarchische Implikation des Konflikts zwischen Konstantinopel und einer apostolisch begründeten Kirche, in diesem Falle Alexandria. Zumindest kehrten die Aposchisten in die Gemeinschaft mit Petros Mongos zurück. Vgl. HAAS 1997, 329 f. 725 GRILLMEIER 22004, 42; SCHWARTZ 1934, 214. Da dieser Streit zwischen Rom und Konstantinopel im Mittelpunkt der Überlieferung steht, ist dieser Befund nicht weiter verwunderlich. 726 BECK 1980, 43–7; SCHWARTZ 1934, 246; WINKELMANN 1980, 49–52, 114–120. Auf Grund dieser Faktoren rückt Alexandria nun auch mehr und mehr aus dem Blick unserer Quellen. 727 Vgl. wiederum Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255,11–22). Auch: Euagr. HE 3,23.

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kaiserlichen Unterstützer in Misskredit zu bringen.728 Konstantinopel rang in dieser Phase des Schismas also weniger mit Rom als vielmehr um die Selbstbehauptung im Osten gegenüber der Kirche von Alexandria. Denn genau wie Rom musste auch der zumindest mittelbar petrinisch begründete Sitz von Alexandria im Moment des Bruchs mit der Hauptstadt das Verhalten der dortigen Bischöfe als Anmaßung kirchlicher Rechte werten, zumal zwischen Konstantinopel und Alexandria auch dogmatische Differenzen auszufechten waren.729 Diese Differenzen zeigten sich unter Johannes Hemula. Auch er bekannte sich als Patriarch von Alexandria zum Henotikon, dessen Interpretation hinsichtlich Chalkedon aber ständig umstrittener wurde.730 In Konstantinopel hatten sich Euphemios und Makedonios II. mittlerweile so eng an die Synode von 451 gebunden, dass sie sogar Verbindungen zu gemäßigten Antichalkedoniern mieden. Die kaiserliche Unterstützung wurde immer mehr zum ausschlaggebenden Faktor. Die Kirche der Hauptstadt blieb auch außen vor, als römische Gesandte in Konstantinopel mit Vertretern Alexandrias verhandelten. Auch wenn sich dabei zeigte, dass ein Ausgleich oberhalb des Henotikon sogar zwischen Rom und Alexandria noch möglich war, blieben die Gespräche der beiden petrinischen Stühle ohne Ergebnis. Zwar relativierte Alexandria angesichts des römischen Eingeständnisses von Übersetzungsproblemen seine Kritik am Tomus Leonis, scheute aber doch vor dessen Annahme zurück.731 Eine Anerkennung des römisch-chalkedonischen Kerndokuments hätte – ganz abgesehen von dessen für Alexandria weiterhin zweifelhaften Orthodoxie – die ägyptischen Patriarchen geschwächt.732 So rang sich Alexandria Rom gegenüber lediglich zu einem neuen Bekenntnis durch. Dogmatisch war dieses zwar unverdächtig, entstammte aber fast wörtlich dem Henotikon und war daher für Rom ebenso wenig zu akzeptieren wie die ägyptische Forderung, Beweise für die Häresien des Dioskor, des Timotheos Ailuros und des Petros Mongos vorzubringen.733 Alexandria dürfte den römischen   728 Ps.-Zach. HE 7,1. 729 Alexandria hielt seinen traditionellen Anspruch auf die Führung der östlichen Kirche aufrecht und geriet dadurch, gerade im neuerlichen Bruch mit Konstantinopel, in einen Konflikt zu den Bischöfen der Hauptstadt, die sich diesem Anspruch weniger denn je beugen wollten. 730 Dass Johannes Hemula das Henotikon billigte, ist breit belegt: Euagr. HE 3,23; Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255,17–22). MARAVAL 2001b, 137 meint, Johannes Hemula sei der erste Bischof von Alexandria gewesen, der Chalkedon trotz des Henotikon offiziell verdammt habe. 731 Vgl. Avell. 102,3–8, wo Alexandria die eigene Kritik am Tomus Leonis auf eine mangelhafte Übersetzung ins Griechische zurückführt. Dazu: Anm. 340. 732 Für Alexandria galt hier das gleiche wie für Konstantinopel bezüglich der Verdammung des Akakios: Die Erfüllung der römischen Forderungen wäre mit der Häretisierung eigener Amtsvorgänger und damit der Schwächung der eigenen bischöflichen Sukzession einhergegangen. 733 Das alexandrinische Verhandlungsprotokoll leitet mit der Betonung der gemeinsamen Führung der Kirche durch die petrinischen Sitze Rom und Alexandria ein (Avell. 102,2) und definiert den Glauben in den Worten des Henotikon, jedoch ohne dessen Bezugnahme auf Chalkedon im Schlusssatz (Avell. 102,10–2). Es schließt mit der Aufforderung, die Verdammung der von Rom inkriminierten Bischöfe zu begründen: illud etiam adserebat, contra hanc fidem  

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Vorwurf der Fehlgläubigkeit ihnen gegenüber nicht verstanden haben, hatten sie doch alle sowohl Nestorios als auch Eutyches verurteilt. Petros Mongos hatte sogar auf eine Verdammung Chalkedons verzichtet. Die angestrebte Reinigung der Vorgänger vom Makel der Häresie diente aber auch der Wahrung des eigenen Prestiges gegenüber außerägyptischen Kirchen. Auch daran scheiterten die Verhandlungen. Alexandrias Verhältnis zu Konstantinopel verschlechterte sich ebenfalls. Gleichzeitig löste auch der Bischof von Antiochia, Flavian II., die Gemeinschaft mit dem ägyptischen Patriarchen, wodurch dieser kirchlich isoliert wurde.734 Zwar verlor Alexandria damit seinen Einfluss auf andere Kirchen, gleichzeitig verlor aber auch der Kaiser zunehmend Einfluss in Ägypten. Da Anastasios in seinen Spannungen mit Makedonios und seiner Nähe zu Severos dogmatisch nun näher an die ägyptischen Positionen heranrückte, lag darin für Alexandria eine Chance, die eigene Isolation unter Wahrung eigener Positionen aufzubrechen. So ging Johannes von Nikiu bei der Anzeige seiner Ordination zum Bischof von Alexandria 505 in der antichalkedonischen Interpretation des Henotikon weiter als seine Vorgänger. Makedonios machte dem Kaiser zwar die Anerkennung Chalkedons durch Johannes zur Auflage für die Aufnahme der communio mit ihm, der Bischof von Alexandria meinte offenbar aber nicht, sich darauf einlassen zu müssen, konnte Anastasios ihn doch nicht dazu zwingen.735 Nach der Absetzung des Makedonios nahm Johannes von Nikiu einen neuen Anlauf: Diesmal forderte er von Patriarch Timotheos die Verurteilung Chalkedons. Zwar unterstützte Anastasios dessen Verweigerung dieses Schrittes anfänglich und gemahnte Johannes an das Beispiel seines Vorgängers Johannes Hemula.736 Als der Ägypter aber nicht von seiner Forderung abrückte, drängte der Kaiser Timotheos letztlich doch, die Gemeinschaft aufzunehmen.737 Für Anastasios war es wohl einfacher, Druck auf seinen Residenzbischof zur Aufnahme der communio mit Johannes auszuüben als auf den Patriarchen in Alexandria zur Aufgabe seiner Bedingungen dafür. Trotzdem ging mit der Einsetzung des Severos  

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Dioscorum Timotheum Petrumque sensisse, nostrae quondam ciuitatis archiepiscopos nec debere in diptychis eorum nomina recenseri (Avell. 102,13 [472,13–6]). Zum Dokument: CASPAR 1933, 85–7; HOFMANN 1953, 68 f. Ps.-Zach. HE 6,6. Theod.Anagn. HE epit. 477: Ἰωάννης ὁ Νικαιώτης Ἀλεξανδρείας ἐπίσκοπος δισχιλίας λίτρας χρυσίου τῷ βασιλεῖ δώσειν ὑπέσχετο, εἰ τὴν ἐν Χαλκηδόνι σύνοδον τελείως ἐκβάλοι. βασιλεὺς δὲ ἠνάγκαζε Μακεδόνιον δέξασθαι εἰς κοινωνίαν τὸν Νικαιώτην διὰ τῶν αὐτοῦ ἀποκρισιαρίων, μὴ δεχόμενον μηδὲ ἐκβάλλοντα τὴν σύνοδον. Μακεδόνιος δὲ οὐ κατεδέξατο εἰπὼν βασιλεῖ μὴ ἂν ἄλλως κοινωνεῖν αὐτῷ, εἰ μὴ μητέρα καὶ διδάσκαλον ἐγγράφως ὁμολογήσοι τὴν σύνοδον. Vgl. auch Theophan. a.6002 (509/10, 152,10–6). Im Typos des Anastasios jedenfalls findet Johannes von Nikiu lobende Erwähnung durch Severos: Sev.Ant. typos, 242. Er dürfte also, weiterhin das Henotikon billigend, den Tomus Leonis verdammt haben. Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255,2–26). Damit wird einmal mehr die Anerkennung des Henotikon durch Johannes Hemula belegt. Vgl. auch Liberat. 18,128 f. Liberat. 18,129. Dazu: CHARANIS 21974, 71 f.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

zum Patriarchen von Antiochia die Führung der miaphysitischen Antichalkedonier auf Syrien über. Auch Johannes stand mit ihm in Gemeinschaft.738 Nicht zu übersehen war jedoch, dass die letzten Jahrzehnte zur fortschreitenden Entfremdung Ägyptens vom Reich und von der Reichskirche geführt hatten. Als nach der Amtseinführung von Patriarch Dioskor II. 516/17 das Volk wegen der Anwesenheit staatlicher Repräsentanten eine zweite Zeremonie forderte, in deren Rahmen es zu Gewalttätigkeiten kam und der Sohn des Präfekten den Tod fand739, zeigte sich diese Entfremdung deutlich. Da die Wahl des Bischofs an sich offensichtlich unumstritten war, lassen sich die Unruhen nur mit dem Unmut der Bevölkerung gegenüber der Zentrale des Reichs erklären.740 Dies verstärkte die ohnehin schon vorhandenen kaiserlichen Durchsetzungsdefizite in Ägypten, die sich auch bei der Beendigung des Akakianischen Schismas zeigten: Severos flüchtete nach Alexandria und blieb dort bis zu seinem Tode unbehelligt.741 Auch der Papst scheiterte damit, einen Vertrauten zum Bischof von Alexandria machen zu lassen.742 Die ägyptische Kirche hatte sich zwar von externer Einflussnahme befreien können; da aber die letzten Jahre zu einer unüberbrückbaren Distanz von Miaphysiten und Chalkedoniern geführt und sich die chalkedonischen Kirchen der „Beiden Rom“ dabei beim Kaiser durchgesetzt hatten, war Alexandria zunehmend auf sich selbst verwiesen. Sein Einfluss im Reich wurde schwächer. Da, wie die Inthronisation Dioskors II. zeigt, Ägypten auch politische Gegensätze zum Kaiserhof erkennen ließ, kostete die Lösung des Schismas zwischen Rom und Konstantinopel die communio Alexandrias mit weiten Teilen der reichsweiten Kirche.

  738 Sev.Ant. epist.SL 1,27 (transl., 88,9–14). Vgl. auch Ps.-Zach. HE 7,10.12. Die Behauptung des Euagrios, nur Johannes von Nikiu und seine Nachfolger in Alexandria hätten das Synodikon des Severos angenommen (Euagr. HE 4,4 [154,27–9]), greift also mit Sicherheit zu kurz. Vielmehr war seine Annahme nur in Jerusalem und Teilen Syriens verweigert worden. Dem Chalkedonier Euagrios lag aber wenig daran, die weitgehende, unter severianischen Vorzeichen hergestellte Kircheneinheit zu betonen. 739 Theophan. a.6009 (516/17, 162,27–163,16). 740 GRILLMEIER 22004, 41 f. Laut Theophan. a.6001 (518/19, 151,32–152,4), der allerdings zu chronologischen Ungenauigkeiten neigt, sei es schon 509 zu Zusammenstößen zwischen Militär und Bevölkerung in Alexandria gekommen. FREND 1972, 73 fasst die Ereignisse bei der Einführung Dioskors als Wendepunkt für das Verhältnis zwischen Ägypten und dem Reich ins Auge. Dass Dioskor für die Bevölkerung nicht der Bischof der Wahl war (NORTON 2007, 98), ist unwahrscheinlich, immerhin war er der Neffe des Timotheos Ailuros: Theophan. a.6009 (516/17, 162,28 f.). Vgl. BLAUDEAU 2006c, 245–8. 741 Unter anderem: Euagr. HE 4,4. Der Patriarch führte sein Amt im Exil sogar weiter. 535 erhielt er ein Synodikon des Theodosios von Alexandria und 538, nach seinem Tod, wurde ihm ein Nachfolger bestimmt. Vgl. ALLEN – HAYWARD 2004, 138; DEVREESSE, 119; OʼLEARY 1952. In Ägypten selbst wurde 518/19 noch nicht einmal versucht, einen katholischen Bischof aufzustellen. 742 Vgl. Anm. 454.

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10.1.2. Antiochia während des Akakianischen Schismas So wie Alexandria wichtig für den Ausbruch des Schismas war, spielte Antiochia eine große Rolle bei seiner Beendigung, da sich seit 512 vermehrt Akteure von den syrischen Miaphysiten um Severos abwandten und gegen die Bekenntnispolitik des Kaisers den Kontakt zu Rom suchten. Gerade Schriften von und über Severos liefern dabei ein relativ detailliertes Bild über die Kirche von Antiochia zumindest für die späten Jahre der betrachteten Zeit.743 Schon seit Langem waren Bischöfe Antiochias nur durch weltliche Unterstützung in ihr Amt gelangt und hatten sich nur durch eine solche Unterstützung auch halten können. Dies galt auch für Kalandion, der 479 von Akakios geweiht worden war und der chalkedonische Standpunkte vertrat. Allerdings musste er sich wegen Illus – der politische Schutz des Bischofs wurde seit 482 nicht mehr von Zenon gewährleistet744 – auch geradezu auf einer solchen dogmatischen Linie präsentieren: Johannes Talaia, der chalkedonische Bischofskandidat Alexandrias, war eng mit dem aufständischen General verbunden, der daher versuchte, sich gegen das Henotikon als Bewahrer der Orthodoxie Chalkedons zu profilieren. Da die Übereinkunft Alexandrias und Konstantinopels für die syrische Metropole auch kirchlich bedrohlich war – die Erinnerungen an Eingriffe Alexandrias in innere Angelegenheiten der eigenen Kirche und die Abhängigkeit von Konstantinopel waren wohl durchaus noch wach –, wurde Antiochia unter Bischof Kalandion zum Zentrum des Widerstands gegen die Henotikon-Politik Zenons.745 Die Nähe Kalandions zu Illus führte dazu, dass der Bischof für Zenon untragbar wurde, wodurch der den Schutz des Rebellen wiederum umso dringender benötigte. Kalandion sandte also einen Brief an Akakios, Zenon und Simplicius, in dem er seine Empörung über die Vorgänge im Osten kundtat, sich für Chalkedon und den Tomus Leonis, aber deutlich gegen Petros Mongos aussprach.746 Er strich so  743 Zur Überlieferung der Severos-Briefe: ORTIZ DE URBINA 21965, 245 f. Zu Severos vgl. Anm. 382. Für einen weit eingebetteten Überblick über die kirchliche Entwicklung der Region: KENNEDY 2000, 593–601. 744 Für die Leitfrage der Arbeit ist das insofern unerheblich, als es nichts an der generellen Abhängigkeit des Bischofs von säkularen Schutzinstanzen änderte. Kalandion wurde nun eben von Illus und nicht mehr von Zenon unterstützt. 745 Es war geradezu charakteristisch für Zenon, dass sich, so wie nun in Antiochia, politische und kirchliche Opposition gegen ihn verbanden. HUMPHRIES 2000, 529–31 macht auf eine auffällige Parallelität zwischen dem Schreiben des Kalandion an Papst Felix (Liberat. 17,120) und der Wendung des Illus an Odovacer (Joh.Ant. frg.306 [ROBERTO, 518,6–520,8] = frg.237,2 [MARIEV, 434,12–4]) aufmerksam. Die religiöse Relevanz des Aufstands und damit die politische Relevanz des dogmatischen Streits wird auch im Verina-Edikt (Theophan. a.5974 [481/82]) deutlich, das sich gegen das Henotikon richtete. In der späteren, gegen Zenon gerichteten, „orthodoxen“ Überlieferung erscheinen die Aufständischen daher geradezu als Märtyrer für die Sache von Chalkedon. 746 Vgl. Anm. 171. Darüber hinaus hatte Kalandion den Trishagion-Zusatz des Petros Knapheus (vgl. Anm. 132) um einen weiteren Zusatz ergänzt, der die Formel auf Christus bezog und ihr  

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

gar Zenon aus den Diptychen.747 Deutlicher war in der Situation von 482/84 nicht Stellung zu beziehen. Daher war es folgerichtig, dass der vor Petros Mongos und Zenon geflüchtete Johannes Talaia in Antiochia Aufnahme fand, bevor er sich mit einem Empfehlungsschreiben Kalandions auf den Weg nach Rom machte.748 Genauso folgerichtig war aber auch, dass der Bischof nach der Niederlage des Illus sein Amt verlor. Politisch wie kirchlich war er isoliert, immerhin hatten die anderen Patriarchate mittlerweile das Henotikon gebilligt. Zenon nutzte daher die Gelegenheit, um die politische Säuberung des Ostens mit der Billigung seiner Einheitsformel zu verknüpfen: Diejenigen Bischöfe, die dem Henotikon ihre Anerkennung verweigerten, wurden abgesetzt, allen voran Kalandion.749 Die Suche nach einem Nachfolger wurde vom Kaiser gelenkt. Da ein Bischof, der nicht von kaiserlichen Machtmitteln gestützt wurde, ohnehin wenig Chancen hatte, sich in Syrien durchzusetzen, sprach sich die Synode der Diözese Oriens für Zenons Vertrauten Petros Knapheus als neuen Patriarchen aus. Wie es zu erwarten war, billigte der das Henotikon und nahm die Gemeinschaft mit Petros Mongos auf.750 Akakios verweigerte Petros Knapheus zwar einmal mehr die Anerkennung; da dieser aber ohnehin bereits 488 starb, waren die größten Wunden der Kalandion-Zeit geheilt. Wieder ließ sich die syrische Kirche bei der Besetzung ihres Spitzenamts offensichtlich von der Erwägung leiten, wie das antiochenische Bischofsamt staatlicherseits stabilisiert werden könnte. So galt sogar der silentiarius Anastasios, der spätere Kaiser, als möglicher Knapheus-Nachfolger.751

 

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so die miaphysitische Spitze nahm: Theod.Anagn. HE epit. 427. Vgl. HALLEUX 1963b, 35 f.; SCHWARTZ 1934, 242 f. Avell. 95,65 (392,5 f.): Sed esto, Calendion imperatoris nomen abstulerit, Iohannes principi mentitus fuisse iactetur. Unklar ist, wann dies geschah. Man geht aber kaum fehl in der Annahme, dass Kalandion erst nach dem endgültigen Bruch zwischen Zenon und Illus zu diesem Schritt bereit war. Zur Unterstützung des Johannes Talaia in Antiochia: Liberat. 17,120. Dass Kalandion für Johannes Talaia ein Sendschreiben an Rom richtete, ist kein bloßes Detail. Dieses Schreiben erwies eine Kooperation der drei petrinischen Sitze Rom, Alexandria und Antiochia gegen die angeblich antichalkedonische Bedrohung aus Konstantinopel. Damit konnte das petrinische Kirchenbild Roms einmal mehr performative Bedeutung erlangen: BLAUDEAU 2001c, 587 f. In den Quellen erscheint mal die politische Ebene als Vorwand einer dogmatisch motivierten Absetzung, mal die dogmatische Ebene als Vorwand für eine politische Motivation. Dass beide Ebenen eng zusammenhingen, wird nirgends bestritten. Vgl. Euagr. HE 3,16; Ps.-Zach. HE 5,9. Ähnlich: Theophan. a.5982 (489/90, 134,4–6). Die kirchliche Autorität für die Absetzung des Kalandion lieferte Philoxenos, der kurz zuvor von Kalandion wegen miaphysitischer Agitation aus Antiochia vertrieben worden war: EBD., 134,11–9. Vgl. auch CHARANIS 21974, 44; HONIGMANN 1951, 5. Ps.-Zach. HE 5,10 überliefert das Synodikon des Petros Knapheus an Petros Mongos. Petros Knapheus war es auch, der Philoxenos zum Metropoliten von Hierapolis machen sollte: Theophan. a.5982 (489/90, 134,16 f.). Theophan. a.5983 (490/91, 135,21–5). CHARANIS 21974, 41–3 weist darauf hin, dass sogar die späteren Gegner des Anastasios ausdrücklich seine Frömmigkeit gelobt hätten.

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Bischof wurde jedoch Palladios, der in Gemeinschaft mit Athanasios II. Keletes von Alexandria und Sallustios von Jerusalem trat.752 Dass er in den Berichten um deren Intrige gegen Euphemios nicht eigens benannt wird, heißt nicht, dass Palladios eine andere Linie verfolgt hätte als seine Mitbischöfe. Zum einen ist unsicher, ob er zur entsprechenden Zeit überhaupt schon im Amt war.753 Zum anderen ist es unwahrscheinlich, dass gerade der Bischof von Antiochia, der strukturell noch deutlicher als Euphemios selbst auf kaiserliche Unterstützung angewiesen war, den Konfrontationskurs seines Amtsbruders in der Hauptstadt gegen den Kaiser gebilligt haben sollte.754 Palladios war ein moderaterer Vertreter der kaiserlichen Bekenntnispolitik, die auf dem Henotikon aufbaute und die auch Athanasios und Sallustios gegen die Angriffe des Euphemios verteidigen wollten. Palladiosʼ Nachfolger Flavian II. billigte das Henotikon ebenfalls. Während Palladios aber Chalkedon wohl lediglich nicht verurteilt hatte, erkannte Flavian die Synode zumindest in ihrer Verurteilung des Eutyches explizit an.755 Unter dem Vorwurf des Eutychianismus löste er darüber hinaus die Gemeinschaft mit Alexandria und suchte Kontakt zu den ähnlich gesinnten Bischöfen Elias von Jerusalem und Makedonios II. von Konstantinopel.756 In den eigenen Kirchenprovinzen geriet er damit in Konflikt zum miaphysitischen Bischof von Hierapolis, Philoxenos, und bald auch zu Severos.757 Dieser Streit ließ sich schon bald nicht mehr auf Antiochia begrenzen, zumal auch der Kaiser in ihn eingriff, als es den Miaphysiten gelang, die kaiserliche Politik immer weiter im eigenen Sinn zu beeinflussen. Weil ein Krieg gegen die Perser zu einem vermehrten Einströmen von Miaphysiten nach Syrien führte, wollte Anastasios dort stärker miaphysitische

  752 Euagr. HE 3,23 behauptet, Athanasios II. habe auf Grundlage einer Verdammung Chalkedons in Gemeinschaft mit Palladios gestanden. Diese Wertung kann auf einem abermaligen dogmatischen Vorurteil des chalkedonischen Geschichtsschreibers aufbauen. Es finden sich jedenfalls keine Hinweise auf eine explizite Verdammung Chalkedons durch den Alexandriner. Vgl. Kap. 10.1.1. 753 FEDALTO 1988b, 688 datiert seinen Amtsantritt auf das Jahr 490, während Athanasios II. bereits ein Jahr früher (586) und Sallustios schon 486 (1001) ins Amt gelangt seien. 754 Der Bericht bei Ps.-Zach. HE 6,6 deutet auf eine Gemeinschaft des Palladios mit Athanasios von Alexandria auf Grundlage des Henotikon. Liberat. 18,127 (132,9–12) äußert sich diesbezüglich eindeutig: non post multum tempus moritur et Petrus Mongus Alexandriae et post eum in ea sede Athanasius ordinatur, qui et ipse in edicto Constantinopolitanae et Antiochenae et Hierosolymitanae communicauit ecclesiae. 755 Vgl. zur dogmatischen Position des Flavian, der sich keineswegs als radikaler Verfechter Chalkedons darstellte: Euagr. HE 3,31. Gleichzeitig war er aber auch nicht bereit, die Synode vorbehaltlos zu verdammen: Ps.-Zach. HE 6,6. 756 Zum Bruch mit Alexandria: Ps.-Zach. HE 6,6 (224,6–13). Zur Gemeinschaft von Makedonios, Flavian und Elias: Kyr.Skyth. VS 50 (140,18–24). Vgl. auch Liberat. 18,128. Unterschiede zu seinem Vorgänger sind insofern zu relativieren, als auch Flavian einer relativ moderaten Position anhing. Vgl. CHARANIS 21974, 45 f.; GRILLMEIER 21991, 304–6. 757 HALLEUX 1963b, 64–75. Siehe auch: GRILLMEIER 2004, 304 f.; HALLEUX 1985b, 67 f.

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Positionen befördern, womit er aber auf den Widerstand Flavians stieß, dem sich auch Elias und Makedonios anschlossen.758 Der Kaiser übte zusammen mit seinen Vertrauten Druck auf Flavian aus, um ihn auf einen miaphysitisch geprägten Henotikon-Kurs einzuschwören. Es kam zu einer Vielzahl von Synoden, Bekenntnissen und Intrigen gegen ihn. So sollte Philoxenos Flavian und Elias auf einer Synode in Antiochia, die auf Anregung des Kaisers tagte, 509 zur Absage an Chalkedon bewegen.759 Da das aber scheiterte, beauftragte Anastasios Severos, eine Einheitsformel hinsichtlich der Interpretation des Henotikon aufzustellen. Das Ergebnis war der Typos des Anastasios, eine miaphysitische und dezidiert antichalkedonische Auslegung des Edikts.760 Diese diente als Verhandlungsgrundlage auf einer neuerlichen Synode der Bischöfe Syriens und Palästinas, die Kaiser Anastasios Ende des Jahres 511 berief, diesmal nach Sidon unter dem Vorsitz von Philoxenos und Soterichos, zweier Gegner Flavians. Wieder einmal behielt Flavian aber die Oberhand und verweigerte die Erfüllung der dogmatischen Forderungen seiner Gegner. Erst als diese sich daraufhin an den Kaiser wandten, konnte Anastasios Flavian zu Konzessionen bewegen: Der Patriarch bot seinen Gegnern das Verschweigen der Synode von Chalkedon an.761 Ohnehin hatte er die Synode stets hauptsächlich in ihren Anathemen, nicht   758 Einen Überblick über den schwierig zu rekonstruierenden Kampf gegen Flavian geben HONIGMANN 1951, 9–15; MEIER 2009, 252–9. Aufbauend auf einer Aussage des Philoxenos (Philoxen. epist.ad Maron 27; 31) stellt LUTHER 1997, 26–8 fest, dass die Differenzen zwischen ihm und Flavian bald nach dem Amtsantritt des Patriarchen begonnen haben müssen. Eine größere Dynamik habe der Kampf aber erst nach dem Perserkrieg entwickelt. Bis dahin habe Philoxenos nur Forderungen an den Patriarchen gestellt, die ohnehin auch das Henotikon formulierte. Der Grund für den Streit sei gewesen, dass Flavian einige Bischöfe in die Diptychen aufgenommen habe, die Philoxenos zuvor nur mit Mühe aus den Diptychen seiner Kirchenprovinzen hatte entfernen können. Dass Flavian 505 keine Gemeinschaft mit Johannes von Nikiu von Alexandria aufnahm (Ps.-Zach. HE 6,6), war der endgültige Auslöser für die Konflikte, die 512 in die Absetzung des Flavian mündeten. Vgl. HALLEUX 1963b, 508. Zu den ersten Amtsjahren des Flavian im Konflikt mit Philoxenos: EBD., 49–64. Zum Perserkrieg: Anm. 377. 759 Theophan. a.6001 (508/09). Flavian hatte zwar abermals das Henotikon gebilligt, dazu aber vier Kapitel verfasst, die sich auf Chalkedon bezogen. Vgl. HONIGMANN 1951, 11 f. 760 Vgl. Anm. 383. Die Formel war in ihrem Rigorismus selbst bei antichalkedonischen Anhängern des Henotikon umstritten. Severos berichtet von einem Gespräch mit Johannes von Klaudioupolis. Dieser machte Einwände gegen den typos geltend, die auch der Kaiser geteilt haben dürfte. Er schlug Severos eine Ergänzung vor: ‚We receive the synod at Chalcedon, not as a definition of faith, but as rejection of Nestorius and of Eutyches.’ Thus both those that are pleased with the Synod will not be angry, and you will receive contentment in that the doctrines which offend you are rejected (Sev.Ant. epist.SL 1,1 [transl., 5]). Severos rückte von seiner Linie aber nicht ab. 761 Damit stimmte er dem Typos des Anastasios in einem entscheidenden Punkt nicht zu. Über das Henotikon wollte der Patriarch also nicht hinausgehen. Die detaillierteste Beschreibung der Synode findet sich bei Ps.-Zach. HE 7,10. Weitere Hinweise: Kyr.Skyth. VS 50 (141,15– 23); 52 (143,20–144,2); 56 (148,9–16); Theophan. a.6003 (510/11, 153,12–154,2). Sev.Ant.  

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aber in ihrer Glaubensdefinition anerkannt, was bereits um 510 zum Bruch ausgerechnet mit Makedonios geführt hatte762, dem diese Relativierung Chalkedons zu weit zu gehen schien. Auf der anderen Seite reichte Flavians Entgegenkommen seinen Gegnern im Osten nicht mehr aus, weshalb Philoxenos nun in Antiochia miaphysitische Mönche versammelte, um Flavian endlich auf seine Linie zu zwingen. Die Bevölkerung der Metropole aber richtete ein Blutbad unter diesen an. Als der Patriarch dann seinerseits Mönche aus der ihm treu ergebenen Syria Secunda in die Stadt kommen ließ, wurden die Unruhen 512 so groß, dass sie dem Kaiser den Vorwand für die Absetzung des Patriarchen durch eine weitere PhiloxenosSynode lieferten.763 Philoxenos machte sich für die Erhebung des kaiserlichen Vertrauten Severos stark, der als geistiger Führer der Miaphysiten galt und über ausgezeichnete Kontakte zum Hof des Anastasios verfügte.764 Ihn zum Bischof zu machen, trug also ähnlichen Denkmustern Rechnung wie die Kandidatur des silentiarius Anastasios wenige Jahre zuvor. Severos richtete sich nach seiner Konsekration in einer von 13 namhaften Bischöfen seiner Kirchenprovinzen unterzeichneten Allokution an Beamte, Volk und Mönche seiner Bischofsstadt: In größter Ausdrücklichkeit verdammte er Chalkedon und Tomus Leonis, erkannte aber zugleich das Henotikon als orthodox an.765 Damit akzeptierte der neue Bischof von Antiochia auch die kaiserliche Macht in der Kirche. Obwohl es immer wieder Spannungen zwischen  

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epist.SL 4,2 (transl., 255,26–256,2) wertet die Synode als schwere Niederlage der Miaphysiten. Vgl. auch CHARANIS 21974, 64; GRILLMEIER 21991, 316–9; HALLEUX 1963b, 70–3. Theod.Anagn. HE epit. 479; Theophan. a.6002 (509/10, 153,7–10). Makedonios war durch seinen Kampf für Chalkedon in Konstantinopel (Kap. 6.2.4.) so sehr auf die Synode festgelegt, dass er ihre Relativierung durch Flavian nicht mehr billigen konnte, ohne seine innergemeindliche Unterstützung zu riskieren. Euagr. HE 3,32; Ps.-Zach. HE 7,10. Zur Absetzung des Flavian auch: Joh.Nik. 89,69 f. (nur Erwähnung dogmatischer Vergehen); Theophan. a.6004 (511/12, 156,9–19). Zur chalkedonischen Ausrichtung der Syria Secunda unter anderem: ALLEN 1981, 1; SUERMANN 1998, 262. Die beiderseitige Gewaltanwendung vor der Absetzung des Bischofs bestätigt, dass Syrien keineswegs einheitlich einer bestimmten dogmatischen Richtung zuneigte. Vgl. Kap. 5.3. Vor allem aber weist der Sturz Flavians darauf hin, wie relativ die Kategorie „Orthodoxie“ für den Kaiser war: Flavian nutzte auch seine Anerkennung des Henotikon nicht mehr, als sich zeigte, dass er zu schwach war, um die dogmatische und damit auch die politische Ordnung in seinen Kirchenprovinzen aufrechtzuerhalten. Vgl. ALLEN 2000, 818. HALLEUX 1963b, 77–9. Sev.Ant. alloc., 266–71. Inhaltlich lehnte sich die Allokution also eng an den Typos des Anastasios an. Die Liste der an der severianischen Erklärung beteiligten Bischöfe, die von Philoxenos angeführt wird: EBD., 270 f. Zu diesen Bischöfen: KUGENER 1902, 276–82. Auf der Antrittserklärung des Severos bauten auch dessen Synodiken auf. Vgl. zum Inhalt der Severos-Synodiken zum Beispiel Euagr. HE 3,33. Siehe auch ALLEN 2000, 819; HAARER 2006, 146 f., 155 f.; TORRANCE 1988, 5. Mit STEIN 1949, 173 f. ist davon auszugehen, dass das formale Festhalten am Henotikon der Position des Kaisers geschuldet war, auch wenn das Edikt in solchen Kontexten, wie sie Severos formulierte, gar nicht mehr als Kompromiss dienen konnte. Zu den syrischen Kirchenprovinzen in der Zeit der Bischofserhebung des Severos: ALLEN – HAYWARD 2004, 13–17; DEVREESSE 1945; HONIGMANN 1951, 19–107.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

Severos und Anastasios geben sollte, arbeiteten Kirchenmann und Kaiser daher weiter eng zusammen. Gerade dogmatisch gab es aber durchaus Differenzen in der Position des rigoristischen Patriarchen zur eigentlich ausgleichend angelegten kaiserlichen Henotikon-Politik.766 Dies wurde erstmals in den Synodiken zum Amtsantritt des Severos deutlich, die inhaltlich offensichtlich an den Typos des Anastasios angelehnt waren. Johannes von Alexandria nahm das Synodikon sicherlich bereitwillig, Timotheos von Konstantinopel zumindest gezwungenermaßen an.767 Elias von Jerusalem aber verweigerte weiterhin die Gemeinschaft mit Severos. Selbst als der Kaiser zugunsten des Syrers in Palästina eingriff, blieb Elias standhaft, wie der mit zahlreichen Beschwerden über Severos gespickte Brief der palästinischen Mönche an Alkison von Nikopolis zeigt.768 Ob also ausgerechnet Severos die kirchliche Einheit würde herstellen können, war durchaus fraglich. Vieles deutet sogar auf wachsende, auch innersyrische, Widerstände gegen die Kirchenführung des Severos hin. Auch wenn er seine Kirchenprovinzen alles in allem unter Kontrolle hatte, bildeten sich einige Widerstandszentren, so zum Beispiel die Syria Secunda. Hier hatten die Archimandriten von Arethusa, Epiphania und Rhaphanea Severos schon kurz nach seinem Amtsantritt verdammt, woraufhin dieser die Bischöfe Kosmas von Epiphania und Severianos von Arethusa aufforderte, ihre Mönche in die Gemeinschaft mit ihm zu zwingen. Die beiden Bischöfe weigerten sich aber, woraufhin sie auf einer Synode in Antiochia abgesetzt werden sollten. Dieser Synode verweigerten sie ihr Erscheinen, erklärten Severos stattdessen für abgesetzt und sprachen den versammelten Bischöfen ihre Bischofswürde ab. Severos seinerseits setzte Kosmas und Severianos ab und bat Anastasios um die Vollstreckung des Urteils. Auf Anraten seines Beamten Asiatikos, der dem Kaiser mitteilte, dass diese Urteilsvollstreckung mit einem erheblichen Blutvergießen verbunden sein würde, forderte der Kaiser von Severos schließlich aber die Annullierung der Urteile.769 Auch andere Bischöfe – Epi  766 Das hatte sich schon in den Diskussionen um den typos gezeigt: Anm. 760. Severos selbst weist auf Spannungen mit Anastasios im Rahmen einer von ihm dominierten Synode hin: Sev.Ant. epist.CL 46 (321). Vgl. GRILLMEIER 21991, 320; MEIER 2009, 289–92. Trotzdem meinen unter anderem ALBERT 1993, 306 oder ALTANER – STUIBER 81978, 505, dass eine Einigung auch unter Severos nach wie vor möglich gewesen sei, er der Lehre von Chalkedon näher gestanden habe, als seine Polemik es vermuten ließ. Vgl. dazu Ps.-Zach. HE 7,12, der eine weitgehende Kircheneinheit unter dem Einfluss des Severos verwirklicht sieht. Laut Ps.Zach. HE 8,1 (281,10–2) versuchte der Beamte Amantios 518, Justin mit eben diesem Argument vom Kurswechsel in der Bekenntnispolitik abzubringen: The signatures of the three patriarchs and the important bishops of your dominion who wrote and anathematised the Council of Chalcedon are not dry! 767 Zur Gemeinschaft dieser drei Bischöfe: Ps.-Zach. HE 7,12; Sev.Ant. epist.CL 46 (321). Zur falschen Aussage des Euagrios, nur der Bischof von Alexandria hätte das Synodikon angenommen (Euagr. HE 4,4): Anm. 738. 768 Dieser Brief findet sich bei Euagr. HE 3,31.33. Vgl. Kap. 10.1.3. 769 Zu dieser Affäre: Euagr. HE 3,34. Severos beschreibt das ehrverletzende Verhalten der Bischöfe in einem Brief an den magister officiorum: Sev.Ant. epist.SL 1,21. Bestätigt wird die 

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phanios von Tyros, Dionysios von Tarsos, Julian von Bostra, Petros von Damaskos und Marinos von Berytos – versagten Severos die Gefolgschaft.770 Solche Irritationen blieben durch Severosʼ enge Anlehnung an den Kaiser insgesamt aber punktuell. Da Anastasios seine Einheitshoffnungen in den syrischen Patriarchen setzte, sicherte er dessen Herrschaft ab. Kirchlich leistete Philoxenos wichtige Dienste für Severos und leitete immer wieder Synoden, die die miaphysitischen Positionen des Patriarchen billigten und stärkten.771 Die meisten syrischen Bischöfe standen also hinter ihm. Und sogar in der Syria Secunda gelang es Severos, mit Petros einen Gesinnungsgenossen als Bischof der Provinzhauptstadt Apamea zu installieren.772 Gleichzeitig ging der Patriarch immer gewalttätiger gegen seine Gegner vor. 517 kam es zu Zusammenstößen während einer Wallfahrt chalkedonischer Mönche, bei denen angeblich 350 von ihnen durch die Männer des Petros und des Severos getötet wurden.773 Vorfälle wie dieser führten aber nun zu Akzeptanzverlusten des Severos und zu einem Anwachsen der Opposition gegen ihn im gesamten Osten. Da die Zeitgenossen ihn darüber hinaus in einer engen Verbindung mit Anastasios sahen, wurde der Kampf gegen ihn auch zum Kampf gegen die kaiserliche Bekenntnis  se Episode durch Fragmente eines Philoxenos-Briefes (Philoxen. epist.ad mon.). Vgl. CHA2 1974, 98–101; HAARER 2006, 158–60; HONIGMANN 1951, 54–63. Epiphanios von Tyros, der Bruder Flavians, war beispielsweise nicht bereit, Severosʼ Synodikon anzunehmen: Sev.Ant. epist.CL 51 (325 f.); Zach. VS, 114. Severos entzog ihm daraufhin die Ordination seiner Suffragane: […] we wish you to know that he is not allowed to perform any ordination until he has come to us and done everything required by law (Sev.Ant. epist.SL 1,21 [transl., 97,19–21]). Vgl. auch HALLEUX 1963a, 21–3. Dionysios von Tarsos war, wohl zufällig, bei der Weihe des Severos anwesend, unterzeichnete aber nicht dessen Allokution. Vgl. Anm. 765. Generell zu den Widerständen gegen Severos in Syrien: Euagr. HE 3,33 f. Vgl. ALLEN – HAYWARD 2004, 12 f.; BACHT 1953, 287–9; HONIGMANN 1947, 157; DERS. 1951, 38 f., 45 f. Daneben weisen ALLEN – HAYWARD 2004, 14 f. und FREND 1972, 223 f. auf finanzielle Probleme der Kirche von Antiochia hin, ein Befund, der durch Simonievorwürfe gegen Flavian (Sev.Ant. epist.SL 1,48 [transl., 130,26–131,8]) gestützt wird. So forderte Philoxenos zum Beispiel 513 auf einer Synode syrischer und palästinischer Bischöfe das Anathem über Chalkedon. Zu dieser Synode von 513: Ps.-Zach. HE 7,12; Sev.Ant. epist. CL 46 (321). Vgl. GRILLMEIER 21991, 318–21. Philoxenos war bemüht, gerade entlegenere Regionen auf den miaphysitischen Kurs einzuschwören: ALLEN – HAYWARD 2004, 18 f. Dieser tauchte in den Anklagen der Severos-Gegner nun neben dem Patriarchen auf. Vgl. zum Beispiel Avell. 139,4 (566,13–8; zitiert in Anm. 773). Ganz generell gestaltete Severos die Hierarchie in Syrien zugunsten der Miaphysiten um. Die Absetzungswelle nach dem Umschwung der kaiserlichen Bekenntnispolitik 518/19 habe allein in Syrien 40 Bischöfe getroffen: GRILLMEIER 2004, 194. Es war dieses Ereignis, das zu einer bereits erwähnten Gesandtschaft nach Rom (Anm. 422) führte. Die Verantwortlichen für die Gewalttätigkeiten werden von dieser Gesandtschaft deutlich benannt: Seuerus ille et Petrus, qui numquam in Christiano numero reputati sunt, qui per singulos dies sanctam Chalcedonensem synodum sanctissimumque et beatissimum patrem nostrum Leonem publico anathemate impetentes, qui iudicium dei nihil existimantes et colendos canones sanctorum patrum conculcantes (Avell. 139,4 [566,13–8]). RANIS

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politik. Offensichtlich war Konstantinopel weder bereit noch in der Lage, den Patriarchen in seinem Eifer zu bremsen. Darum wandten sich unzufriedene kirchliche Akteure verstärkt an Fürsprecher im Westen.774 Nach dem Tod des Anastasios wurde Severos 518 dann dem neuen Kurs Justins geopfert. Der Syrer stand in der Sicht der Zeitgenossen für die anastasianische Kirchenpolitik. So forderte das Kirchenvolk Konstantinopels nicht zufällig das Anathem über ihn.775 Sein Rigorismus in der Interpretation des Henotikon war mit dafür verantwortlich, dass chalkedonische Akteure dem Dokument eine Absage erteilt hatten. Severos wurde von seiner eigenen Radikalität fortgespült. Während Philoxenos und Petros relegiert wurden, floh jener nach Alexandria, wo er zwar dem Zugriff des Kaisers und des Vitalian entzogen war, sich als Bischof von Antiochia jedoch dem Wohlwollen des Rivalen in Alexandria auszuliefern hatte. Die Führung der Miaphysiten fiel wieder an Ägypten.776 Der neue Patriarch von Antiochia, Paulos, setzte nun die Annahme Chalkedons in Syrien ebenso konsequent durch wie viele seiner Vorgänger zuvor die Linie des Zenon und des Anastasios.777 Paulos musste am kaiserlichen Auftrag aber ebenso scheitern wie Severos: Syrien war schon seit Jahren dogmatisch so zerrissen, dass es trotz der Bereitstellung weltlicher Machtmittel weder ihm noch seinen Vorgängern oder Nachfolgern möglich war, die kirchliche Einheit wieder herzustellen. Kaiser Justin musste dies bereits 520 Papst Hormisdas gegenüber einräumen.778   774 Dies beschränkte sich nicht nur auf die Päpste. Auch andere Bischöfe standen in Kontakt mit östlichen Akteuren, zum Beispiel Bischof Alkison von Nikopolis, an den ein Brief palästinischer Mönche gerichtet war. Vgl. Euagr. HE 3,31.33. 775 Aus dem Bericht über die Vorkommnisse in Konstantinopel (Sabbait. 27): Σεβῆρον τὸν Μανιχαῖον ἔξω βάλε. (72,5; ähnlich: 72,21 f.). Die Endemousa erfüllte diese Forderung unmittelbar: Πέμπτον κεφάλαιον ἐν ταῖς αὐταῖς δεήσεσιν ἐνέκειτο ὥστε τὸν τολμήσαντα κατὰ τῆς ἐν Χαλκηδόνι ἁγίας συνόδου νεανιεύσασθαι καὶ βλάσφημα ῥήματα κατ᾿ αὐτῆς ἐκχέαι, Σεβῆρον φαμὲν τὸν ἐν Ἀντιοχείαι ἀτάκτως καὶ προπετῶς ἐνεχθέντα, ἀναθέματι ὑποβληθῆναι, καθὼς καὶ αἱ ἐπίμονοι βοαὶ παντὸς τοῦ λαοῦ ἐγένοντο (Sabbait. 25 [64,8–11]). 776 Vgl. Anm. 741. Zur Bedeutung der Flucht syrischer Miaphysiten nach Ägypten für Alexandria: MÜLLER 1964, 274. 777 HONIGMANN 1951, 146–8 gibt eine Liste der nach 518 abgesetzten Bischöfe. Zu den Verfolgungen und zu der Neuordnung unter Paulos: MARAVAL 2001b, 150–2; MENZE 2008, 48–53; WINKELMANN 1980, 121–4. Schon im Rahmen der Weihe des Patriarchen kam es im Übrigen zu neuen Problemen zwischen Rom und Konstantinopel, weil die Akteure der Hauptstadt Paulos in Konstantinopel weihen lassen wollten. Der römische Legat Dioscorus legte entschieden Widerspruch ein und erreichte die Weihe des Paulos in Antiochia: Avell. 216,4. 778 Zunächst befahl Justin den Kirchen seines Herrschaftsgebietes 519, nach dem Beispiel Konstantinopels in Gemeinschaft mit Rom zu treten: Avell. 160,4 (611,20–2; zitiert in Anm. 451). Nur ein Jahr später gestand er aber das Scheitern seiner Maßnahmen ein: uerum nonnullae fuerunt urbes et ecclesiae tam Ponticae quam Asianae ac praecipue Orientales, quarum clerici uel populi omnibus pertemptati minis atque persuasionibus tamen nequaquam flexi sunt, ut tollant antistitum et repellant nomina, quorum apud eos opinio floruit, sed morte uitam duriorem aestimant, si mortuos condemnauerint, quorum gloriabantur uita superstitum (Avell. 232,3 [701,16–23]).

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10.1.3. Jerusalem während des Akakianischen Schismas Die Kirche von Jerusalem war wegen ihrer räumlichen Distanz zu Konstantinopel und der relativ geringen Bedeutung ihres Bischofs weniger von kaiserlichen Eingriffen als vom großen monastischen Einfluss auf ihre Bischöfe geprägt. Insbesondere unter Johannes III., seit 516, handelten die Mönchsväter Sabas und Theodosios gleichsam stellvertretend für den Bischof, machten ihn so zwar unabhängig von der Bekenntnispolitik des Kaisers, legten ihn andererseits aber umso stärker auf ihre eigene Linie fest. Frühe Erschütterungen des Akakianischen Schismas waren in Palästina kaum zu spüren. Da das Henotikon mit seiner Anerkennung der Synoden von 325, 381 und 431 und dem Verzicht auf die Verdammung Chalkedons auf das Vorbild der Palästinischen Union zurückging, war die Anerkennung des kaiserlichen Dokuments für den Bischof von Jerusalem unproblematisch und führte in Palästina, anders als in Ägypten oder Syrien, zu keinen größeren internen Spannungen. Patriarch Martyrios nahm daher bereitwillig die Gemeinschaft mit Akakios, Petros Mongos und Petros Knapheus auf.779 Auch sein Nachfolger Sallustios blieb dieser Linie treu. Indem er zusammen mit dem Bischof von Alexandria dem Kaiser das Synodikon des Euphemios an Papst Felix III. (II.) zuspielte, verteidigte er das Henotikon sogar aktiv gegen Übergriffe von chalkedonischer Seite.780 Immerhin hatte das zenonische Dokument die reichsweite Kircheneinheit hergestellt und stabilisierte damit auch den Frieden in Palästina. Schon bald aber sollte sich zeigen, dass weder der palästinische Ausgleich noch das Henotikon allzu stabil waren. Noch unter Sallustios wurden 492 die Chalkedonier Theodosios und Sabas zu Archimandriten bestimmt, was einen dogmatischen Umschwung in Palästina einleitete. Zwei Jahre später dann wurde Elias zum Patriarchen geweiht.781 Dieser war einer jener moderaten Chalkedonier, die zu Beginn des sechsten Jahrhunderts viele östliche Bischofssitze besetzten, das Henotikon billigten, Chalkedon dabei aber nicht bloß verschwiegen, sondern in der Abgrenzung gegen Nestorios und Eutyches anerkannten. Neben Elias gehörten Flavian II. von Antiochia und Makedonios II. von Konstantinopel zu dieser Gruppe. Elias erkannte daher auch 511 die   779 Synodikon des Martyrios an Petros Mongos: Ps.-Zach. HE 5,12. Vgl. Euagr. HE 3,16. Zur Palästinischen Union: Anm. 167. 780 Vgl. Anm. 728. Mehr ist über Sallustios in der dünnen Quellenlage zur Kirche von Jerusalem in den frühen Jahren des Akakianischen Schismas nicht bekannt: PERRONE 1980, 141–5. 781 CHITTY 1966, 110; GRILLMEIER 22004, 45–7; HEYER 1984, 57. Elias, Theodosios und Sabas waren alle drei Schüler des Euthymios, der sich im Aufstand der palästinischen Mönche gegen Chalkedon 451 als einer von wenigen auf die Seite der Synode gestellt hatte. Vgl. CHITTY 1966, 89 f. Die Archimandriten dienten als Bindeglied zwischen Mönchen und Klerus. Sie wurden vom Bischof von Jerusalem ernannt, dies im Fall von Sabas und Theodosios aber auf Druck des Mönchtums (Kyr.Skyth. VS 30 [114,23–6]). Zur Rolle der Archimandriten: BACHT 1953, 296–9; PATRICH 1995b, 287–90; ROUSSEAU 1997, 43 f. Zu Sabas, dessen Anhänger eine der einheitlichsten Mönchsgruppen in Palästina bildeten: PATRICH 1995a, 1–3, DERS. 1995b, 37–48, 287–99.

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Absetzung des Makedonios nicht an.782 Letztlich sollten aber alle drei Bischöfe den Miaphysiten um Severos unterliegen und aus ihren Ämtern getrieben werden. Besonders Elias hatte großen Anteil daran, dass es überhaupt wieder zu dogmatischen Spannungen gekommen war. Im Verbund mit Sabas und Theodosios hatte er 507 den Kompromiss der Union gebrochen und ließ miaphysitische Mönche aus ihren Klöstern in Palästina vertreiben.783 Um Beschwerde gegen diese Verfolgung zu führen, kam Severos nach Konstantinopel, wo er das Vertrauen des Kaisers erringen konnte, in der Hauptstadt blieb und von dort aus zusammen mit Philoxenos und der kaiserlichen Unterstützung Elias, Flavian und Makedonios den Kampf ansagte. Gerade Flavian und Elias gerieten zunehmend unter Druck: Verschiedene Synoden forderten die beiden zur Absage an Chalkedon auf. Genauso wie Flavian scheint sich Elias dabei auf begrenzte inhaltliche Kompromisse eingelassen zu haben, ohne aber die Gegenseite um Philoxenos damit gänzlich zufriedenstellen zu können.784 Solange er bei alldem in der Relativierung der Synode nicht zu weit ging, konnte sich Elias hierbei auf die Unterstützung seiner Mönche verlassen. So reiste Sabas 511 an den Hof von Konstantinopel, um seinen Bischof beim Kaiser wegen dessen Kontakten zu Flavian zu entschuldigen. Anastasios sicherte dem Archimandriten daraufhin tatsächlich zu, nichts gegen Elias zu unternehmen. Am generellen Kurs des Kaisers aber konnte auch Sabas nichts ändern. Seiner Bitte, am Tomus Leonis festzuhalten, erteilte Anastasios eine Absage.785 Als Severos zum Patriarchen im benachbarten Antiochia wurde, nahm der Druck auf Elias abermals zu. Eine Synode in Sidon zwang ihn zu Konzessionen. Diese gingen seinen Gegnern aber wiederum nicht weit genug, und die Annahme   782 Das Synodikon des Makedonios-Nachfolgers Timotheos von Konstantinopel nahm er aber trotzdem an: Τὰ μὲν συνοδικὰ Τιμοθέου τοῦ νῦν Κωνσταντινουπόλεως ἐδέχθη ἐνταῦθα ἐν Παλαιστίνῃ, ἡ δὲ καθαίρεσις Μακεδονίου καὶ Φλαβιανοῦ οὐκ ἐδέχθη· ἀλλ᾿ οὐδὲ τὰ συνοδικὰ Σευήρου (Euagr. HE 3,33 [132,19–22]). Vgl. auch Kyr.Skyth. VS 50 (140,24–141,3). Theophan. a.6005 (512/13, 157,25–30) kritisiert dieses Verhalten, da die Annahme des TimotheosSynodikon eigentlich auch die Anerkennung der Absetzung des Makedonios impliziere. 783 Zach. VS, 102 f. An den Maßnahmen war Nephalios beteiligt, der zuvor einer der aposchistischen Gegner des Petros Mongos war: Anm. 721. Vgl. GRILLMEIER 2004, 42–4. In der Darstellung des chalkedonischen Umschwungs bei PERRONE 1980, 151–173 dient die Ausweisung als das initiale Ereignis für diesen Umschwung. 784 Die Kompromisse des Flavian sind in den Quellen vergleichsweise gut nachzuvollziehen. Vgl. Kap. 10.1.2. Für Elias fehlen entsprechende Informationen weitgehend. Dass er mit Theophan. a.6003 (510/11, 153,24 f.) der Synode von Chalkedon eine Absage erteilt hätte, ist angesichts der folgenden Entwicklungen unwahrscheinlich, immerhin nahm er keine Gemeinschaft mit Severos auf. Die Verwirrung um ein angeblich gefälschtes Anathem des Elias gegen Chalkedon (Euagr. HE 3,31) legt aber nahe, dass die Positionierung des Bischofs aufseiten der Synode nicht immer unzweifelhaft war. Vgl. CHARANIS 21974, 64. 785 Da der Kaiser selbst darauf beharrte, Chalkedon – damit implizit auch den Tomus Leonis – weiterhin zu vertreten, muss Sabas also eine weitgehend exklusive Anerkennung des Dokuments gefordert haben, die mit dem Kurs einer ausgleichenden Henotikon-Billigung nicht vereinbar war. Der ausführliche Bericht zur Gesandtschaft und zu den Gesprächen Sabasʼ mit dem Kaiser: Kyr.Skyth. VS 50–54. Vgl. HAY 1996, 120 f.; PATRICH 1995, 303–5, 311–3; TRAMPEDACH 2005, 279–84.

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des Severos-Synodikon konnte Elias verweigern. Das Schreiben der palästinischen Mönche an Alkison von Nikopolis beschreibt die Ereignisse um die Zustellung des Synodikon lebhaft: Nur Elias verweigerte Severos die communio, weshalb der und der Kaiser ein großes Interesse daran hatten, dass auch der Bischof von Jerusalem das Synodikon aus Syrien annahm. Nachdem dies das erste Mal gescheitert war, unternahm Severos einen zweiten Versuch der Zustellung, ging dabei auf Vorbehalte seines Gegners ein und ließ die Überbringer von kaiserlichem Militär eskortieren.786 Das hinderte Elias aber nicht daran, die Annahme des Synodikon abermals zu verweigern. Die Überbringer wurden von den Mönchen des Sabas vertrieben und mussten Anschuldigungen gegen Severos mit zurück nach Antiochia nehmen. Severos wandte sich daraufhin an Anastasios und informierte ihn über die Vorkommnisse. Der Kaiser brach nun sein Versprechen von 511 und ließ Elias 516 absetzen.787 Eingedenk der Freiheiten, die Elias in seinem Handeln bis dahin gehabt hatte, muss dies ein massives staatliches Eingreifen erfordert haben. Ein solches wurde Anastasios erst mit der Niederschlagung der Vitalian-Revolte möglich. Vielleicht hatte Elias aber angesichts verschiedener Konzessionen an die miaphysitische Position in den letzten Jahren auch die unbedingte Unterstützung von Sabas und Theodosios verloren, ohne die er dem Kaiser nicht standhalten konnte.788 Der kaiserliche Nachfolgekandidat Johannes konnte sich ebenfalls nicht gegen die Mönchsväter behaupten. Der Patriarch hatte sein Amt erhalten, weil er Anastasios und dessen Vertretern in Palästina versprochen hatte, das Synodikon des Severos anzunehmen. Sabas und Theodosios konnten ihn aber mühelos zwingen, dieses Versprechen bereits kurze Zeit später zu brechen. Allerdings waren sie nicht bereit, den Bischof auch gegen die staatliche Reaktion auf diesen Schritt zu schützen. Die kaiserlichen Beamten warfen ihn ins Gefängnis von Kaisarea, um ihn doch noch zur Anerkennung des Severos zu nötigen. Dort überredeten Sabas und Theodosios Johannes, zum Schein auf diese Forderung einzugehen, um aus der Haft entlassen zu werden. Als der Patriarch nun in einem Gottesdienst Severos in Anwesenheit des dux Palaestinae anerkennen sollte, mobilisierten Sabas und Theodosios ihre Mönche, die in Scharen in die Heilige Stadt strömten. Flankiert von den beiden Archimandriten konnte Johannes Severos nun feierlich mit dem   786 Euagr. HE 3,33. 787 Euagr. HE 3,31.33. Gescheiterte Synodikon-Zustellung: Kyr.Skyth. VS 56 (148,22–149,6). 788 Gerade Sabas war eine enorme Machtreserve für den Patriarchen: SIVAN 2008, 222–4. Zu den mutmaßlichen Konzessionen des Elias: Anm. 784. Die von Theophan. a.6003 (510/11, 153, 24 f.) behauptete Verurteilung Chalkedons ist nicht sehr glaubhaft. Vielleicht hatte Elias Zugeständnisse gemacht, die seinen rigoristischen Mönchen zu weitgehend waren und damit späteren chalkedonischen Geschichtsschreibern als Absage an Chalkedon erscheinen konnten. Das vermutet zumindest CHARANIS 21974, 101–3. Auch TRAMPEDACH 2005, 273–6 geht davon aus, dass Elias bei seinen Mönchen in Misskredit gebracht worden sei. Vielleicht deutet ein Hinweis in Ps.-Zach. HE 7,10 in diese Richtung: Elias habe auf den Synodalbrief einer Severos-Synode geantwortet.

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Anathem belegen und Chalkedon anerkennen. Dem überraschten dux Palaestinae blieb angesichts dessen nur die Flucht.789 Kaiser Anastasios, über die Missachtung seiner Weisungen empört, lud Sabas und Theodosios an den Hof vor. Die beiden kamen seinem Befehl aber nicht nach, sondern sandten ihm eine Denkschrift, in der sie dagegen protestierten, durch Gewalt in Gemeinschaft mit Häretikern gezwungen zu werden. Eher seien sie bereit, das Martyrium zu erleiden.790 Anastasios musste damit rechnen, dass ihnen diese Drohung ernst war. Und da Palästina in der Ablehnung des Severos einig und daher wenigstens ruhig war, resignierte der Kaiser und ließ Sabas, Theodosios und Johannes, der bezeichnenderweise nicht nach Konstantinopel zitiert worden war, unbehelligt.791 Es war daher die Kirche von Jerusalem, die 518 zu den ersten gehörte, die den Umschwung der Hauptstadt mitvollzogen.792 Sie wartete nicht einmal die kaiserliche sakra ab, die diesen Schritt 519 befahl. Die zentralen kirchlichen Vertreter Palästinas hatten Severos ohnehin nie anerkannt und, wie Euagrios berichtet, Anastasios schon zu dessen Lebzeiten verdammt.793 Dem Kaiser war es nicht gelungen, Palästina durch Machtdemonstrationen seinem Willen zu unterwerfen. Die Kirche von Jerusalem scheint ihm im Vergleich zu den anderen Patriarchaten aber so wenig zentral gewesen zu sein, dass er das auch gar nicht mit letzter Konsequenz versucht hatte.794   789 Kyr.Skyth. VS 56 (150,8–152,12). Vgl. BACHT 1953, 285 f.; PATRICH 1995b, 306–9. Auffällig ist die Parallele zwischen den jeweils monastisch erzwungenen Positionswechseln von Makedonios, der vom Vertreten des Henotikon dezidiert auf die Linie Chalkedons einschwenkte, und nun von Johannes: GRAY 1979, 43. Jerusalem jedenfalls blieb chalkedonisch. Vgl. FREND 1972, 151–3. 790 Kyr.Skyth. VS 57 (155,11–3): ζωῆς γὰρ καὶ θανάτου κειμένων ἐν τῶι περὶ πίστεως λόγωι ὁ θάνατος ἡμῖν ἐστιν προτιμότερος. Kyr.Skyth. VS 57 überliefert dabei das gesamte Schreiben. Ihre Orthodoxie belegen die Mönche mit der unmittelbaren Heiligkeit der Überlieferung in der Kirche Palästinas: […] τὴν ἀληθῆ καὶ ἀφαντασίαστον ὁμολογίαν καὶ πίστιν ἄνωθεν καὶ ἐξ ἀρχῆς διὰ τῶν μακαρίων καὶ ἁγίων ἀποστόλων παραλαβόντες ἅπαντες οἱ τῆς ἁγίας γῆς ταύτης οἰκήτορες […] (EBD. [153,9–12]). Zum Schreiben der Archimandriten und dem Beweis der Orthodoxie: TRAMPEDACH 2005, 276–9. 791 Kyr.Skyth. VS 57 (158,3–7). Kyrill von Skythopolis erklärt dies fälschlicherweise mit dem Druck durch Vitalian. Ihm folgt BACHT 1953, 287. Vitalian war aber mittlerweile besiegt worden, was überhaupt die Voraussetzung dafür gewesen sein dürfte, dass Anastasios Elias absetzen konnte. Dem Kaiser war wohl viel eher gezeigt worden, dass das Weiterbeschreiten seines Weges große Opfer fordern würde, weshalb er resignierte. Vgl. GRILLMEIER 22004, 72–5. 792 Sabbait. 28; 30; Kyr.Skyth. VS 60 (162,13–8). Siehe auch GRILLMEIER 2004, 8 f.; HEYER 1984, 82. 793 Euagr. HE 3,34 (134,18–23). 794 Allerdings steht zu fragen, ob der Kaiser damit gut beraten war. Der erfolgreiche Widerstand der palästinischen Chalkedonier wurde zum Signal für ihre Glaubensbrüder im gesamten Reich. Gerade für die Gegner des Severos in Syrien selbst (vgl. Anm. 769 f.) dürfte sich Palästina als wichtige Stütze erwiesen haben.

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10.2. Interne und externe Orientierung der östlichen Großkirchen Die maßgebliche Konfliktlinie des römisch-konstantinopolitanischen Gegensatzes zwischen einer apostolisch und einer politisch begründeten kirchlichen Ordnung muss nicht zwangsläufig auch die leitenden Kategorien für die Positionierung anderer Großkirchen widerspiegeln. Das Schisma zwischen Rom und Konstantinopel war für die Kirchen von Alexandria, Antiochia und Jerusalem weniger wichtig als die Selbstbehauptung im Geflecht der östlichen Kirchenpolitik.795 Aber auch ihr Handeln und ihre Äußerungen waren dabei von den Streitfragen um Dogma, Hierarchie und kaiserliche Eingriffe geprägt. Da diese Konfliktzonen jedoch immer auch Ableitungen der Frage nach dem Kirchenprinzip waren, lässt sich die Frage nach einer politisch oder apostolisch begründeten Kirchenordnung ebenso für die Bischöfe von Alexandria, Antiochia und Jerusalem stellen – sogar ohne die offene Problematisierung dieser Frage durch die Akteure selbst. Während Alexandria und Antiochia apostolische Gründungen waren und von Rom zur nizänisch begründeten petrinischen Trias gezählt wurden, muss Jerusalem sogar als „protoapostolische“ Gründung gelten. Trotzdem war die faktische Bedeutung Jerusalems geringer als die der beiden anderen Kirchen, da sich die Heilige Stadt erst 451 in den Rang eines Patriarchats hatte aufschwingen können. Auch zwischen Antiochia und Alexandria gab es Abstufungen: Verschiedene Faktoren hatten dazu geführt, dass die interne Stellung, also die Stabilität der eigenen Herrschaft, und die externe Stellung, also der Einfluss außerhalb des eigenen Jurisdiktionsbereichs, der Bischöfe Alexandrias stärker waren als die der Bischöfe Antiochias. Auch wenn eine Apostolizität kirchliche Positionen nicht determinierte, so ist doch gemäß dem bisher Festgestellten gerade von den alexandrinischen Bischöfen eine Orientierung an einer apostolischen Ordnung zu erwarten. Für Antiochia würde eine solche Sicht auf kirchliche Strukturen ebenfalls naheliegen. In abgeschwächter Form gilt dies auch für die Kirche von Jerusalem, die allerdings mit keinerlei traditionellen kanonischen Rechtfertigungen für ihre Ansprüche aufwarten konnte.796 Aber auch für apostolische Sitze konnte es notwendig werden, Defizite der eigenen faktischen Macht durch die Annäherung an weltliche Mächte auszugleichen. Die Positionierung der Bischöfe in der Frage des Kirchenprinzips war schließlich nicht nur von Rangansprüchen und Traditionen bestimmt, sondern zu  795 Schon für die Bischöfe von Konstantinopel, die im unmittelbaren Kontakt zu den kirchlichen Entwicklungen im Reich standen, nahm das Schisma eine weniger zentrale Position in ihrem Denken ein als für die Päpste. 796 Die Bischöfe von Alexandria konnten auf traditionell anerkannte kirchliche Führungsansprüche verweisen, übten eine stabile Herrschaft in ihren Kirchenprovinzen aus und hatten eine relativ große Ferne zum eingreifenden Kaisertum gewahrt. Für Antiochia und Jerusalem lassen sich einzelne dieser Faktoren nicht, oder nicht in dieser Ausprägung, finden. Antiochia mangelte es unter anderem an der Ferne zum Kaisertum, Jerusalem wies keine kanonische Tradition kirchlicher Vorränge auf. Zu den Faktoren kirchlicher Positionierung im Ordnungskonflikt: Kap. 9.6.

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gleich von der aktuellen internen Stabilität ihrer Amtsausübung. War ein Bischof also in seinem Agieren intern vielen einschränkenden Faktoren unterworfen und wollte er sich diesen nicht gänzlich ausliefern oder vertrat er nicht ohnehin ähnliche Positionen wie diese, war für ihn die Versuchung umso größer, sich auf außerkirchliche Machtpotentiale zu stützen. Es zeigt sich demnach eine spannungsvolle Wechselbeziehung interner Stabilität und externer Stützung. Der Bischof von Alexandria beispielsweise hatte eine starke Hausmacht, seine Führung Ägyptens war traditionell straff und weitgehend unangefochten. Nach der Versöhnung des Petros Mongos mit seinen chalkedonischen Gegnern hört man nichts von nennenswerten chalkedonischen Widerständen.797 Dafür hatte das Henotikon dem Patriarchen neue Gegner geschaffen: Teile des zuvor mit ihm verbündeten miaphysitischen Mönchtums verweigerten ihm angesichts seiner Kompromisse die Gefolgschaft. Einerseits setzte das die Bischöfe Alexandrias unter Druck, zu antichalkedonischen Interpretationen des Henotikon zu gelangen, andererseits wurde das zenonische Edikt als Handlungsgrundlage bis 518 aber auch niemals verworfen. Insofern waren die aposchistischen Mönche entweder langfristig nicht allzu stark oder frühzeitig mit den Bischöfen versöhnt. Schon seit 489/90 jedenfalls hatte es anscheinend keine neuen Konflikte mehr gegeben, und damit war die Stellung der miaphysitischen Bischöfe Alexandrias unangefochten.798 Der Bischof von Jerusalem herrschte über wenige Kirchenprovinzen, deren Mönchtum zudem weniger tief gespalten war als in anderen Regionen des Reichs. Dadurch waren die Mönche jedoch ein Faktor, der die Handlungsmöglichkeiten des Patriarchen in Jerusalem stark begrenzen konnte. Johannes III. musste erkennen, dass es nicht ratsam war, sich gegen seine Archimandriten zu stellen. Wenn jedoch Bischöfe wie Elias den gleichen Überzeugungen anhingen wie ihre Mönchsführer, gab ihnen das einen wichtigen Rückhalt. In einer solchen Situation konnten die Patriarchen sogar dem Kaiser trotzen.799 Im dogmatisch tief gespaltenen Antiochia war die Situation anders. Vielfältige Spannungen innerhalb der kirchlichen Hierarchie und des Mönchtums führten dazu, dass jeder Patriarch, egal ob Flavian oder Severos, mit Widerständen zu kämpfen hatte und permanent in Amt und Leben bedroht war. Die Einschränkung der Handlungsfreiheit war umso stärker, als dass sie nicht einfach durch den Wechsel dogmatischer Ausrichtungen in unterstützende Faktoren transformiert werden konnte. In diesem Falle wäre der Widerstand höchstens aus einer anderen   797 Vgl. Kap. 10.1.1. Nur einmal noch versuchten ägyptische Chalkedonier, Petros Mongos beim Kaiser und bei Akakios in Misskredit zu bringen: Anm. 719. Dies blieb allerdings erfolglos. 798 Petros Mongos hatte die Aposchisten durch sein Synodikon an Fravitta wieder hinter sich bringen können, indem er das Henotikon in stark antichalkedonischer Richtung interpretierte. Vgl. Anm. 723 f. Trotzdem erteilte er dem Dokument an sich keine Absage, was sein Andenken zumindest für die Miaphysiten um Severos ins Zwielicht setzte: Anm. 718. Intern aber war die Stellung der Bischöfe seit Petros Mongos weitgehend unangefochten. 799 Zur Dominanz des palästinischen Mönchtums im späten fünften und frühen sechsten Jahrhundert: HAY 1996, 121–3; HEYER 1984, 43 f.; TRAMPEDACH 2005, 276.

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Richtung gekommen.800 Gerade die Bischöfe Antiochias brauchten also ein Gegengewicht zur intern unsicheren Stellung und waren damit stark auf das Kaisertum angewiesen. In den beiden anderen Kirchen war die Situation weniger polarisiert, waren begrenzende Faktoren weniger bedeutend und konnten gegebenenfalls auch für das eigene Handeln nutzbar gemacht werden. Die interne Machtausübung der Bischöfe von Jerusalem und Alexandria stand demnach auf einer wesentlich stabileren Basis. Sie waren daher nicht in gleichem Maße auf das stützende Kaisertum angewiesen wie ihre Amtskollegen in Antiochia. Das Kaisertum konnte sich für Alexandria und Jerusalem aber zum handlungsbegrenzenden Faktor entwickeln, gegen den Bischöfe dann eventuelle interne Machtoptionen als Ausgleich nutzen konnten. Dies musste hinsichtlich der Ordnungsbegründung zur Annäherung an eine apostolisch begründete Kirchenordnung führen. Die Nähe zum Kaisertum hing jedoch nicht nur an der internen Stabilität des Bischofsamts, sondern auch an geographischen Faktoren. Diese ermöglichten es den Bischöfen, entsprechende Potentiale überhaupt nutzen zu können. Den Kaisern ermöglichten sie, überhaupt in einzelnen Kirchen wirksam intervenieren zu können. Die geographische Nähe zum Kaisertum in Konstantinopel hatte also Rückwirkungen auf die Stellung und Position der Bischöfe, die unterschiedliche Möglichkeiten hatten, staatliche Machtmittel zu nutzen und die dementsprechend auch unterschiedliche Erfahrungen mit diesen Machtmitteln gemacht hatten. Je häufiger die Kaiser in einer Kirche eingriffen, desto mehr lag ein neuerliches Eingreifen und die aktive Bitte darum im Bereich des Denkbaren für die entsprechenden Bischöfe.801 Schlechte Erfahrungen mit weltlichen Eingriffen konnten andererseits zu Vorbehalten gegen diese führen.802 Gleichzeitig war kaiserliches Eingreifen in entlegeneren Regionen weniger wahrscheinlich, weniger häufig und vor allem weniger effektiv als in unmittelbarer Nähe zu Konstantinopel. Dies gab den Bischöfen entfernterer Städte per se größere Gestaltungsspielräume. Alexandria und besonders Jerusalem hatten im Schisma, und auch davor, vergleichsweise selten Erfahrungen mit direktem kaiserlichen Eingreifen in ihre Belange machen müssen. Jerusalem war entweder nicht wichtig oder nicht unruhig genug, um für die Kaiser ins Zentrum des Interesses zu rücken.803 Alexandria war kaiserlichen Eingriffen aus anderen Gründen entzogen: Ein dauerhaftes Eingreifen erwies sich als technisches Problem, da Alexandria geographisch zu weit entfernt,   800 Philoxenos hatte Flavian bekämpft, unterstützte jetzt aber Severos. Dafür wandten sich die ehemaligen Unterstützer des Flavian nun gegen den neuen Bischof. In der dogmatischen Spaltung Syriens ließen sich Widerstände also niemals gänzlich ausschalten. 801 Vgl. Kap. 9.6.; Anm. 705. 802 Zur Wirksamkeit solcher Erfahrungen: ALAND 1960, 69–71; LEPPIN 1996, 147. Nachdem das kaiserliche Eingreifen unter Konstantin noch weitgehend kritiklos begrüßt worden sei, habe mit der zunehmenden Erfahrung solchen Eingreifens auch die Kritiklosigkeit gegenüber den Kaisern abgenommen: WINKELMANN 1971, 194. 803 SIVAN 2008, 41: Die Sabas-Gesandtschaft 511 „indicated an imperial conviction of the marginality of Palestinian religious and economic affairs.”

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wirtschaftlich zu bedeutend und kirchlich zu selbstbewusst war, als dass Eingriffe gegen dominante Meinungen dort langfristigen Erfolg hätten haben können. Die Versuche, Proterios und Timotheos Salophakiolos zu stützen, erwiesen sich daher als mühsam. Für Zenon war es 482 also wichtig, durch die Übereinkunft mit der alexandrinischen Mehrheit nicht mehr selbst die Einheit der Kirche Ägyptens garantieren zu müssen, sondern Petros Mongos diese Aufgabe übertragen zu können. Antiochia lag von den drei betrachteten Kirchen am unmittelbarsten im Einflussbereich Konstantinopels. Eingriffe in die Belange der dortigen Kirche waren also prinzipiell einfacher. Innersyrische Konflikte gaben dem Kaiser auch stets Vorwände dafür: In der Polarität der Verhältnisse dort fanden sich immer Akteure, die sich an das Kaisertum wandten.804 Wegen dieser internen Differenzen waren die Bischöfe von Antiochia ohnehin in hohem Maße auf externe Unterstützung angewiesen und konnten sich seit Chalkedon gar nicht mehr ohne den Schutz Konstantinopels behaupten.805 Da also kaiserliches Eingreifen in Antiochia regelmäßiger vorkam, wurde es auch unkritischer gesehen, zumal der Kaiser in Antiochia in erster Linie nicht als Bedrohung der Bischöfe in Erscheinung trat, sondern geradezu als Garant ihrer Amtsführung. Hinsichtlich der politischen oder der apostolischen Ordnungsbegründung lassen sich auf der Grundlage dieser Betrachtungen folgende Überlegungen anstellen, die im Folgenden zu überprüfen sein werden: Die Kirche von Alexandria war in ihrer inneren Stabilität, ihrer Ferne zu Konstantinopel und ihrer großen kirchlichen Tradition ein klassischer Fall für eine Kirche, die eine autonome, innerkirchlich-apostolisch begründete Ordnung vertrat. Das gleiche wäre eigentlich auch von der apostolisch begründeten Kirche von Antiochia zu erwarten. Deren innere Zerrissenheit und die schwache interne Stellung ihres Bischofs gaben den Kaisern in der nahen Hauptstadt jedoch viel weiter gehende Einflussmöglichkeiten als in Alexandria. So stützten sich die Bischöfe von Antiochia eher auf eine politische Kirchenordnung und stärkten damit zumindest mittelbar auch die Position Konstantinopels im Schisma mit Rom. Die Kirche von Jerusalem entzieht sich einer klaren Typologisierung. Einerseits war die Macht des Bischofs in Übereinstimmung mit seinen Mönchen so stabil und die kirchliche Tradition so alt, dass eine apostolische Ordnungsbegründung erwartbar wäre. Andererseits war das Bündnis zwischen Mönchen und Patriarchen so wenig zwangsläufig, die Rolle der palästinischen Kirche im Reich so vergleichsweise unbedeutend und kaiserliche   804 Hinzu kamen administrative Faktoren: Wegen der strategisch wichtigen Lage der Stadt hielt sich in Antiochia stets kaiserliches Personal auf. Vgl. HAHN 2004, 123. Damit dürfte die Orientierung der Stadt an Konstantinopel gestärkt worden sein. Hinzu kam, dass anwesende Beamte das politische Eingreifen in die kirchlichen Verhältnisse Antiochias häufiger und einfacher machten. Auch die erste Einsetzung des Petros Knapheus war dem Wirken eines Beamten geschuldet, nämlich dem des Zenon: Anm. 131. 805 Vgl. Kap. 5.3.

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Eingriffe aufgrund mangelnder Erfahrungen so wenig problematisiert, dass auch politische Ordnungsbegründungen nicht von vornherein abgelehnt wurden. 10.3. Die östlichen Großkirchen zwischen apostolischer Autonomie und politischer Heteronomie Selbstdarstellungen bischöflicher Positionen sind für die einzelnen Sitze des Ostens nur punktuell und unsystematisch erhalten. Für Alexandria beschränken sie sich hauptsächlich auf einige Synodiken des Petros Mongos und auf den Bericht der ägyptischen Gesandten in Konstantinopel an Papst Anastasius II. nach ihren Verhandlungen mit dessen Legaten.806 Für Antiochia finden sich Selbstaussagen hauptsächlich in der breiten, aber einseitigen Überlieferung des Severos.807 Die Aussagen Jerusalems sind auf ein Martyrios-Synodikon und verschiedene Dokumente der eng mit den Patriarchen verbundenen monastischen Akteure begrenzt.808 Unabhängig vom oftmals nicht mehr vorhandenen Wortlaut bischöflicher Äußerungen können einige grundlegende Positionierungen aber aus den vorhandenen Informationen durchaus erschlossen werden. Hinsichtlich des Dogmas stand Alexandria bis 519 auf dem Boden des Henotikon, wobei sich Unterschiede bei der Interpretation des Dokuments ergaben, die sich in Richtung einer verstärkten Ablehnung Chalkedons entwickelten. Petros Mongos hatte die Synode lange einfach verschwiegen, änderte Fravitta gegenüber diese Haltung aber, was dann zum Bruch mit Euphemios führte. Auch für seine Nachfolger ist die Anerkennung des Henotikon, meist verstanden als Absage an Chalkedon, bezeugt.809 Mit der Anerkennung des kaiserlichen Vermittlungs  806 Euagr. HE 3,17 (Synodikon des Petros Mongos an Akakios); Ps.-Zach. HE 5,7 (öffentliche Rechtfertigung des Henotikon durch Petros Mongos); 6,6 (Synodikon des Petros Mongos an Fravitta); Avell. 102 (Verhandlungsprotokoll an Anastasius II.). Hinzu kommen Synodiken verschiedenster Akteure an Petros Mongos (Ps.-Zach. HE 5,10–2; 6,5). Sowohl die Berichte des Pseudo-Zacharias als auch des Liberatus legen zwar ein besonderes Gewicht auf die Vorgänge in Alexandria (Anm. 31), enden aber mit dem Tod des Petros Mongos. Über das Jahr 489 hinaus sind ihnen und den verstreuten Einzelbelegen in anderen Quellen somit nur wenige Informationen zu entnehmen. 807 Von besonderer Bedeutung ist die umfangreiche und doch nur ausschnittweise über das Syrische erhaltene Korrespondenz des Severos. Vgl. vor allem die beiden größeren Briefsammlungen Sev.Ant. epist.CL; Sev.Ant. epist.SL. Ps.-Zach. HE 5,10 überliefert daneben ein Synodikon des Petros Knapheus an Petros Mongos. 808 Ps.-Zach. HE 5,12 (Martyrios-Synodikon an Petros Mongos); 5,6 (Text der Palästinischen Union); Euagr. HE 3,31.33 (Brief palästinischer Mönche an Alkison von Nikopolis); Kyr. Skyth. VS 57 (Brief der Archimandriten Sabas und Theodosios an Kaiser Anastasios). Abseits dieser Dokumente beschränken sich die Quellen für Jerusalem hauptsächlich auf die Mönchsviten des Kyrill von Skythopolis. TRAMPEDACH 2005, 285–92 stellt eine Nähe dieser Viten zur Gattung der Geschichtsschreibung fest. Ihr Quellenwert ist also keinesfalls allzu negativ zu bewerten. 809 Vgl. Kap. 10.1.1.

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dokuments stand Alexandria scheinbar aufseiten einer kaiserlich bestimmten kirchlichen Ordnung. Zumindest Petros Mongos orientierte sich tatsächlich am Einheitswillen Zenons und richtete sich dafür sogar gegen seine eigenen Unterstützer.810 Dieser kaiserliche Aspekt in der dogmatischen Positionierung scheint jedoch bald gewichen zu sein: Die Interpretation des Henotikon als Absage an Chalkedon wurde wichtiger als das Dokument an sich, seine Anerkennung war wahrscheinlich nur noch ein Reflex auf seine Billigung durch den jeweiligen Vorgänger.811 Mit dieser antichalkedonischen Interpretation verlor das Edikt seinen Kompromisscharakter und erschien nun als Chalkedon relativierendes Bekenntnis, das sich mehr an kirchlichen Traditionen als am kaiserlichen Willen orientierte. Auch wenn dieser seit etwa 490 vertretene Kurs der Chalkedon-Kritik nicht auf kaiserliches Wohlwollen stieß, blieb er dennoch stabil. Johannes von Nikiu beharrte gegenüber Makedonios, Timotheos und dem Kaiser auf ihm. Unter Justin separierte sich die alexandrinische Kirche schließlich lieber, als Chalkedon anzunehmen. Vom Kaiser hatte sie weder etwas zu erwarten noch zu befürchten, das hatten die letzten Jahre gelehrt. Daher hatte Alexandria bis 518 das Henotikon auch immer unbefangen aufnehmen und eigenen Positionen gemäß uminterpretieren können. In Antiochia war die dogmatische Ausrichtung stets sehr different, es lässt sich aber eine Gemeinsamkeit feststellen: Bis auf Kalandion nahmen alle Patriarchen das Henotikon an.812 Lediglich die Interpretation des Dokuments in Hinblick auf Chalkedon war umstritten. Im Gegensatz zu Alexandria stand dabei in Syrien aber eher der Einheitsaspekt des Henotikon im Vordergrund, wofür die Nähe zum Kaiser, die interne Zerrissenheit der Region und das Streben nach Stabilität – man denke an die Nominierung mächtiger Hofleute für das Patriarchenamt813 – sorgten. Eine reichsweite Kircheneinheit beförderte auch die interne Stabilität Antiochias. Die syrischen Bischöfe waren daher stark an den politisch formulierten Einheitszielen orientiert. Zumindest anfänglich vertraten alle Bischöfe die jeweilige kaiserliche Linie. Allerdings lieferten die Bischöfe ihre Glaubensüberzeugungen dem Kaiser nicht gänzlich aus. So waren sie im Zweifel bereit, diese auch gegen dessen   810 Petros Mongos erkannte die Synode auf Drängen des Akakios deutlich an, was ihn in einen Konflikt mit den aposchistischen Mönchen führte: Anm. 721. 811 Dass sich Alexandria nicht von einem unbedingten Einheitswillen leiten ließ, zeigte Johannes von Nikiu gegenüber Makedonios und Timotheos von Konstantinopel, die er zu einer weitergehenden Absage an Chalkedon zwingen wollte: Kap. 10.1.1.; Anm. 735–7. Den kaiserlicherseits intendierten Kompromisscharakter des Dokuments bezog Alexandria also nicht mehr in seine Handlungsausrichtung ein. 812 Das gilt ausdrücklich auch für den chalkedonisch orientierten Flavian und den Miaphysiten Severos, auch wenn die beiden in ihrer dogmatischen Ausrichtung ansonsten wenig gemein hatten. Vgl. Kap. 10.1.2. 813 So war der silentiarius Anastasios als Nachfolger des Petros Knapheus im Gespräch. Vgl. Anm. 751. Auch die Wahl des Severos muss in diese Richtung interpretiert werden, hatte dieser doch durch seine Nähe zum Kaiser enge Kontakte zum Hof.

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Macht zu vertreten. In der Regel blieben sie in ihrer unsicheren Lage dabei aber trotzdem so eng wie möglich am Kaiser orientiert. Zwar wollte Flavian Chalkedon nicht preisgeben und Severosʼ Radikalität ging sogar Anastasios mitunter zu weit; trotzdem versuchten beide stets, dem Kaiser ihre Positionen zu erläutern.814 Es war beiden auch schwer möglich, ihre Linie ohne Rücksicht auf Konstantinopel durchzusetzen, bedrohte ein Zerwürfnis mit dem Kaiser doch ihr Verbleiben im Amt – was auch für beide zu beweisen sein sollte. So stand Antiochia dogmatisch zwischen politischen und apostolischen Prinzipien der Ordnungsbegründung. Wenn die Bischöfe ihre Lehren auch anhand innerkirchlicher Kriterien entwickelten, so wussten sie doch um die Bedeutung der kaiserlichen Linie. Beide Pole waren für die Patriarchen nach Möglichkeit in Deckung zu bringen. Jerusalem unterstützte die Henotikon-Politik anfangs vorbehaltlos. Die über sie hergestellte Einheit der Kirchen des Reichs spiegelte die über die Palästinische Union hergestellte Einheit der Kirche Palästinas. Die Billigung des Henotikon war für die Bischöfe somit unproblematisch und aus internen Interessen heraus sinnvoll. Darum protestierte Sallustios auch zusammen mit Athanasios gegen Euphemios, der sich von der gemeinsamen Grundlage entfernt hatte. Fragen bezüglich des Verhältnisses von Henotikon und Chalkedon spielten in Jerusalem anfangs keine Rolle. Auch die Differenz zwischen der politisch und der apostolisch begründeten kirchlichen Ordnung war nicht virulent. In Palästina war der Ausgleich damit zunächst tatsächlich tragfähig. Das änderte sich erst mit dem Bruch des Kompromisses der Union durch Elias, Sabas und Theodosios. Die Kirche Palästinas bewies in ihrer Konzentration auf Chalkedon nun deutlich, dass sie nicht bereit war, ihren Glauben von politischen Erwägungen leiten zu lassen. Es kam in diesem Zusammenhang sogar zu direkten Konfrontationen mit kaiserlichen Beamten.815 Diese Haltung wurde dabei aber nicht mit Fehlern des Kaisers begründet, was politische Dogmenfindungsprinzipien implizit wieder bestätigt hätte. Vielmehr argumentierte Jerusalem auf der innerkirchlichen Ebene, dass die Kir  814 Flavian wandte sich zum Beispiel im Rahmen der Synode von Sidon an den Kaiser und legte ihm seine Positionen dar: Theophan. a.6003 (510/11, 153,19–24). Severos zeigte in der Nutzung staatlicher Sanktionsangebote gegen seine eigenen Gegner per se eine große Nähe zu Anastasios und hatte beim Amtsantritt die Macht des Kaisers in der Kirche sogar ausdrücklich gebilligt: Anm. 765. Zugleich waren beide Bischöfe weiterhin an der kirchlichen Einheit orientiert. Eine grundlegende dogmatische Kompromissbereitschaft ist ihnen jedenfalls nicht gänzlich abzusprechen: Beide waren bereit, ihren Gegnern entgegenzukommen. So machte Flavian wiederholt Konzessionen an Philoxenos (vgl. Anm. 759; 761 f.), während Severos im zweiten Synodikon an Jerusalem auf dortige Vorbehalte gegenüber seiner dogmatischen Linie reagierte (vgl. Anm. 786). 815 Zu den Vorgängen in Jerusalem 516, die in der Verdammung des Severos und der Flucht des dux Palaestinae gipfelten: Kap. 10.1.3. Da die Grundlage der Autorität von Beamten die Macht des Kaisers war (MARTIN [J.] 1997, 57), hatten die Akteure in Jerusalem auch Kaiser Anastasios angegriffen. Das muss ihnen bewusst gewesen sein, immerhin hatte schon Juvenal 451 aufständischen Mönchen gegenüber ganz ähnlich argumentiert und festgestellt, dass Widerstand gegen ihn Widerstand gegen Kaiser Markian sei. Vgl. Anm. 109.

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che des Heiligen Landes die orthodoxe Überlieferung per se gewährleiste.816 Kaiserliche Positionen waren dagegen unerheblich. Deutlicher hätte auch Rom das apostolische Prinzip in der Glaubensfrage nicht darstellen können. Das Dogma, das im Konflikt zwischen Rom und Konstantinopel nur eine untergeordnete Rolle spielte, war im inneröstlichen Streit also von höchstem Interesse. Im Osten trafen die verschiedenen Meinungen unmittelbarer aufeinander, zugleich hatte hier ein römisches Traditionsverständnis noch nicht zur Erstarrung der Diskussion geführt. Fragen der Hierarchie wurden im Osten dagegen weniger raumgreifend verhandelt. Anders als in Rom war hier der faktische Rang des Bischofs von Konstantinopel durch die kaiserliche Sanktionierung schließlich immer wieder erfahrbar. Hinzu kam, dass die Akteure des Ostens weniger als das Papsttum um einen absoluten kirchlichen Primat rangen, sondern zumeist nur um vergleichsweise relative Positionen interner Autonomie. Die östlichen Großkirchen waren stärker auf die eigenen Kirchenprovinzen konzentriert. Zum einen war die interne Stabilität ihrer Amtsausübung bedrohter als die römische, zum anderen war sie wichtiger als eine herausragende Stellung außerhalb des eigenen Machtbereichs, die letztlich doch ohnehin nur eine Ehrenvorrangkategorie gewesen wäre. Die Bischöfe von Alexandria standen in Fragen der Hierarchie auf der Grundlage einer apostolischen Ordnung. Petros Mongos gestand Akakios zwar de facto erhöhte Rechte zu, und auch seine Nachfolger erkannten die Bedeutung der Akakios-Nachfolger performativ immer wieder an.817 Eine theoretische Absicherung dieser Praxis blieb aber aus. Schon im Henotikon hatte eine Anerkennung der auf Kanon 28 gestützten Ansprüche Konstantinopels durch Alexandria ihren Ausdruck nur ex negativo im Verzicht auf die explizite Verdammung Chalkedons gefunden. Als die Ägypter später wieder dazu übergingen, Chalkedon zu relativieren, verweigerten sie damit wiederum die Anerkennung der synodalen Grundlage hauptstädtischer Ansprüche. Das muss letztlich auch der Auslöser für die Spannungen zwischen Athanasios II. Keletes und Euphemios gewesen sein. Wie Alexandria die Über- und Unterordnungsrechte sah, zeigte Johannes von Nikiu, als er von Timotheos forderte, Chalkedon zu verdammen und von dieser Forderung auch dann nicht abrückte, als dieser sich weigerte, ihr nachzukommen. Da der Kaiser nicht in der Lage war, dem Patriarchen von Alexandria gegenüber die Position Konstantinopels durchzusetzen, gewann in diesem Punkt der apos  816 Kyr.Skyth. VS 57 (153,9–12; zitiert in Anm. 790). Die Zurückweisung kaiserlicher Maßnahmen als häretisch implizierte, dass Maßnahmen, die auf einer Orthodoxie aufbauten, gerechtfertigt waren. Darauf gingen Sabas und Theodosios in ihrem Brief an Anastasios aber überhaupt nicht ein. Sie stellten nur die Grundlage der eigenen Orthodoxie dar und gingen über die kaiserliche Definition des Glaubens einfach hinweg. Vgl. TRAMPEDACH 2005, 276–9. 817 Johannes schien es durchaus wichtig zu sein, in Gemeinschaft mit Konstantinopel zu stehen. Immerhin versuchte er, sowohl mit Makedonios als auch mit Timotheos in communio zu treten. Darüber hinaus ließen sich die Bischöfe von Alexandria die gesamte betrachtete Zeit hinweg von Gesandten in der Hauptstadt vertreten. Implizit erkannten sie damit die faktische Bedeutung der kirchlichen Akteure in Konstantinopel an.

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tolisch begründete Rang Alexandrias die Oberhand – allerdings wiederum nur durch kaiserliche Intervention. In Hierarchiefragen vertrat Alexandria also ähnliche Positionen wie Rom. Auf das gemeinsame Fundament beider Kirchen verwiesen die Ägypter im Schreiben an Papst Anastasius: Rom und Alexandria seien petrinische Gründungen.818 Die nichtapostolische Kirche von Konstantinopel wurde durch diese Grundlage 497 wie selbstverständlich von Verhandlungen ausgeschlossen. Antiochia sah sich ebenfalls als apostolische Kirche. Der Anspruch war zunächst immer wieder von außen an die Stadt herangetragen worden, beispielsweise durch das römische Wort von der „petrinischen Trias“. Aber auch die Bischöfe von Antiochia selbst, zumindest seit Severos, bezeichneten ihre Kirche als Apostolischen Stuhl.819 Damit gingen jedoch keine konkret definierten Rechte in Bezug auf nichtapostolische Stühle einher. Antiochia war gar nicht in der Position, aus einer Selbstbezeichnung heraus externe Ansprüche auf die Beeinflussung anderer Kirchen abzuleiten. Zumindest gibt es kein Zeugnis dafür, dass Antiochia jemals die politisch begründeten kirchlichen Rechte Konstantinopels grundsätzlich in Abrede gestellt hätte. Es war schwierig genug, den Primat innerhalb der eigenen Provinzen durchzusetzen. Dafür wurde die Unterstützung der Hauptstadt benötigt. Die Bischöfe Antiochias begründeten ihre Rangansprüche apostolisch, sanktionierten ihren Rang aber politisch. Auch hierarchisch war Antiochia also geprägt von der Differenz zwischen kirchlichen Ansprüchen und der Angewiesenheit auf weltliche Unterstützung zur Durchsetzung dieser Ansprüche. Wie schwierig das Versprechen der Apostolizität für Antiochia zu halten war, zeigte sich, als die Zustellung des Severos-Synodikon an Jerusalem scheiterte. Dabei handelte Jerusalem seinerseits im Bewusstsein, als Kirche des Heiligen Landes selbst eine herausgehobene Rolle zu spielen.820 Als Ort des Wirkens Jesu und der ersten Gemeinde konnte es sich dafür auf starke innerkirchliche Argumente stützen. Jedoch war ein dieser Rolle entsprechender Rang für die Kirche von Jerusalem in der kanonischen Entwicklung lange nicht vorgesehen gewesen. In den Augen maßgeblicher Sitze wie Rom und Alexandria konstituierte aber ge  818 Avell. 102,2. Vgl. BLAUDEAU 2001c, 588 f. Zur alexandrinischen Ekklesiologie, die sich gegen die „Usurpation“ kirchlicher Rechte durch die Kirche von Konstantinopel richtete: DERS. 2006a, 276–301. 819 Zum Beispiel Sev.Ant. epist.SL 1,31 (ed., 107,18); 5,7 (ed., 360,10 f.). Die Berufung auf Petrus in Antiochia war eine relativ junge Entwicklung, die erst unter Domnus II. zur Mitte des fünften Jahrhunderts greifbar wird. Vgl. GRILLMEIER 22004, 179. Ps.-Zach. HE 5,9 (204,12– 205,1) weist darauf hin, dass Petros Knapheus beim Antritt seiner dritten Amtszeit von der Bevölkerung Antiochias wie ein neuer Simon Petrus empfangen worden sei. Zum apostolischen Selbstverständnis der Bischöfe von Antiochia, vor allem seit Petros Knapheus: DOWNEY 1961, 496 f.; MENZE 2008, 89 f.; RIEDINGER 1961/62, 139 f. 820 Zum apostolischen Selbstverständnis der Kirche von Palästina als Kirche des Heiligen Landes vgl. abermals den Brief der Archimandriten Sabas und Theodosios an Kaiser Anastasios: Kyr.Skyth. VS 57. Vgl. auch Anm. 816.

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rade diese kanonische, synodale Entwicklung kirchliche Tradition.821 Da sein Rang zugleich jedoch nicht frei von jeglicher apostolischer Begründung war, war Jerusalem nicht wie Konstantinopel gezwungen, politische Ordnungsmuster zu vertreten. Die dahinterstehende Frage nach der kirchlichen Ordnungsgrundlage war für Jerusalem ohnehin zweitrangig. Weil es erst 451 Patriarchat geworden war, war es primär auf die Behauptung Antiochia gegenüber konzentriert, was dem Konflikt mit Severos eine besondere Note verlieh.822 Die mangelnde kanonische Tradition des eigenen Ranges war offensichtlich. Trotzdem führte sie nicht zum Vertreten einer politischen Kirchenordnung, da Jerusalem auch über apostolische Argumente für seinen kirchlichen Rang verfügte. Die Konflikte um Dogma und Hierarchie synthetisierten sich in der Frage nach kaiserlichen Eingriffsrechten. Alexandria stand diesen kritisch gegenüber. Ob ein Kaiser in kirchliche Interna intervenieren durfte, hing von seiner dogmatischen Linie ab. Schon Petros Mongos hatte das Henotikon wohl kaum deshalb gebilligt, weil der Kaiser es wollte, sondern weil er es dogmatisch für vertretbar hielt. Als das Dokument in der Folge gegen die kaiserliche Linie interpretiert wurde, nahm ihm das streng genommen auch seinen kaiserlichen Charakter. Wie wenig Wert Alexandria kaiserlichen Anordnungen in der Kirche beimaß, wurde letztmalig und endgültig 519 offenbar: Der Befehl Justins zur Annahme des Libellus Hormisdae verhallte in Ägypten ungehört. Alexandria war nicht bereit, sich seine Rolle in der Reichskirche auf Kosten der eigenen Apostolizität und durch Konzessionen an eine politisch verfasste Kirche zu erkaufen.823 Mittelfristig brach auch Antiochia von der Mehrheitskirche des Reichs los, 519 war das aber noch nicht der Fall. So wie die Bischöfe in den letzten Jahren stets dem kaiserlichen Henotikon zugestimmt hatten, so nahm der neue Patriarch Paulos die sakra Justins an und machte sie zur Grundlage einer Verfolgung miaphysitischer Bischöfe.824 Auch wenn er aus chalkedonischer Überzeugung heraus handelte, machte er sich damit doch zum Instrument des Kaisertums und stand so in der Tradition seiner Vorgänger. Aus seinen Erfahrungen heraus war Antiochia bereit, dem Kaisertum kirchliche Rechte einzuräumen, im Übrigen sogar hinsicht  821 Kanon 7 von Nizäa (325) (Anm. 241) hatte Jerusalem unter Zuerkennung eines Ehrenvorranges der Jurisdiktion Kaisareas unterstellt. Gerade Nizäa diente den anderen großen Sitzen aber als Referenzgröße, wie die auf der Synode aufbauende petrinische Trias zeigt. Vgl. auch Kap. 5.3. 822 Die Positionierung aufseiten Chalkedons nach 512 diente also auch der Betonung der eigenen Souveränität gegenüber den benachbarten Kirchen von Alexandria und Antiochia. Schon vorchalkedonisch lassen sich in Palästina Immunisierungsstrategien gegen Einflüsse gerade aus Syrien erkennen. So erteilten sich die Rivalen Jerusalem und Kaisarea gegenseitig ihre Weihen, um mögliche Eingriffe Antiochias abzuwehren. Vgl. HONIGMANN 1950, 216 f. 823 Das heißt nicht, dass dem Kaiser in Ägypten niemals wieder eine kirchliche Rolle zugebilligt worden wäre. Für den Moment aber trennte sich die ägyptische in großer Konsequenz von der kaiserlichen Kirche. 824 Zu den Verfolgungsmaßnahmen durch Justin und Paulos und zur Unterdrückung der miaphysitischen Theologie in Syrien: Anm. 777.

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lich der Bestellung der Patriarchen. Alle Bischöfe der betrachteten Zeit waren mit Unterstützung oder auf Befehl des jeweiligen Kaisers eingesetzt worden.825 Und da die Bischöfe dem Kaiser ihren Thron verdankten und sich auch nur durch ihn im Amt halten konnten, war an eine Kritik an kaiserlichen Eingriffen in die Kirche nicht zu denken. Vielmehr waren es gerade syrische Kirchenvertreter, die dieses Eingreifen immer wieder forderten. Das galt für die Patriarchen wie für ihre Gegner. Obwohl selbst apostolisch, erkannte die Kirche von Antiochia ein politisch begründetes Kirchenprinzip also weitgehend an. In der Spannung der beiden Prinzipien erwies sich das politische dabei meist als das maßgebliche. Jerusalem erweist sich wieder als Sonderfall. Für den Kaiser war es nur von marginalem Interesse, seine Kirche im Vergleich zu den anderen Großkirchen nicht zentral wichtig und ein Eingreifen gegen einen mit dem Mönchtum verbündeten Patriarchen wenig Erfolg versprechend. Da ein direktes kaiserliches Eingreifen somit eher selten war, hatte Jerusalem dieses auch nur selten zu reflektieren. Dementsprechend sprach es dem Kaisertum seinen Einfluss auf kirchliche Belange nicht grundsätzlich ab, was verschiedene monastische Legationen an den Hof belegen.826 Gleichzeitig war man im Heiligen Land aber ebenso wenig bereit, kaiserliche Willkür innerhalb eigener Belange zu dulden. Sabas und Theodosios betonten, dass sie lieber sterben würden, als sich in die Gemeinschaft mit Häretikern zwingen zu lassen. Damit war für Jerusalem der Maßstab zur Bewertung kaiserlicher Eingriffe ebenfalls die Orthodoxie, nicht der Anspruch des Kaisertums an sich. Zu einer generellen Absage an das Kaisertum kam es aber auch in Palästina nicht einmal unter Anastasios.827 Bezüglich ihrer Orientierung auf der bipolaren Achse der apostolischen oder politischen Begründung kirchlicher Ordnung zeigen sich also deutliche Unterschiede zwischen den drei östlichen Großkirchen. Die Kirche von Alexandria vertrat in allen drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit apostolische Positionen   825 Sogar die Erhebung des Flavian war von Kaiser Anastasios abgesegnet worden: Theophan. a.5991 (498/99, 142,9–12). Auch für Kalandion, Petros Knapheus und Severos weiß man von kaiserlicher Einflussnahme auf ihre Bestellung. Und bezüglich der Wahl des Palladios ist es ebenfalls naheliegend, eine ähnliche Rolle des Kaisers anzunehmen, immerhin billigte der Bischof die kaiserliche dogmatische Position. 826 Hier ist nicht nur an die Sabas-Legation von 511 (Anm. 785) zu denken. 507/08 wandte sich beispielsweise Severos gegen Nephalios an den Hof: Theophan. a.6002 (509/10, 152,6–10); Zach. VS, 103 f. Auch Sabas wurde 531 nochmals in Konstantinopel vorstellig, diesmal bei Kaiser Justinian: Kyr.Skyth. VS 71–3. 827 Dafür kam Jerusalem zu einer sehr deutlichen Absage an Anastasios selbst (vgl. Euagr. HE 3,34 [134,18–23], der von einer Bannung des Anastasios schon zu dessen Lebzeiten spricht), die sich aber nicht auf das Kaisertum im Allgemeinen erstreckt haben dürfte. Sogar im Brief der Archimandriten an Anastasios lassen sich noch positive Funktionszuschreibungen an das Kaisertum im kirchlichen Bereich finden. Vgl. Kyr.Skyth. VS 57 (152,26–153,2): Ὁ παμβασιλεὺς τῶν ἁπάντων θεὸς καὶ δεσπότης Ἰησοῦς Χριστὸς ὁ μονογενὴς τοῦ θεοῦ υἱὸς τὰ σκῆπτρα τῆς ἐπὶ πάντων μετ’ αὐτὸν βασιλείας τῶι θεοφιλεῖ ὑμῶν κατεπίστευσεν κράτει τὸ μέγα τῆς εἰρήνης ἀγαθὸν διὰ τῆς ὑμῶν εὐσεβείας πάσαις μὲν ταῖς ἁγιωτάταις αὐτοῦ ἐκκλησίαις […].

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kirchlicher Autonomie. Damit glichen die Patriarchen von Alexandria den römischen Päpsten – mit dem Unterschied, dass diese inhaltlich andere dogmatische Positionen einnahmen, wenn sie diese auch unter den gleichen Maßgaben hergeleitet hatten wie Alexandria. Antiochia hingegen war, unabhängig von der dogmatischen Orientierung seiner Patriarchen, wesentlich stärker am politischen Kirchenprinzip orientiert, stand dabei aber immer in Spannung zwischen apostolischem Anspruch und der Faktizität der politischen Abhängigkeit von der Hauptstadt. Jerusalem schließlich war bereit, die politisch begründete Kirchenordnung zu stützen, solange diese den eigenen, neu errungenen Rang als Patriarchat beförderte. Im Konfliktfall neigte die Kirche der Heiligen Stadt aber eher apostolischen Begründungen zu, die sich angesichts der Rolle und der Geschichte des Heiligen Landes in der Heilsgeschichte geradezu aufdrängten. Alles in allem blieben die Patriarchen in Palästina hinsichtlich der Frage der Ordnungsbegründung aber indifferent, da weder diese Frage für sie absolute Priorität hatte noch ihre Positionierung für den Kaiser primär war. 11. POSITIONEN UND HANDELN DER KAISER IM SCHISMA 11.1. Rolle des Kaisertums im kirchlichen Ordnungskonflikt Die Dynamik des Akakianischen Schismas war den kirchlichen Akteuren geschuldet. Diese mussten aber stets mit kaiserlichen Reaktionen auf ihr Handeln rechnen, welche dann den Handlungsrahmen änderten. Auch war es erst die Entstehung eines christlichen Kaisertums, die die kirchlichen Konfliktzonen in ihrer erweiterten Bedeutung konstituiert hatte. Das Kaisertum spielte also durchaus eine Rolle im innerkirchlichen Streit um eine apostolisch oder eine politisch begründete kirchliche Ordnung. Ob die Kaiser wollten oder nicht: Sie mussten im Konflikt Partei ergreifen, forderten die verschiedenen kirchlichen Gruppen sie doch immer wieder dazu auf. Daneben verfolgten die Kaiser eigene bekenntnispolitische Ziele. Ihr Grundziel war dabei die Einheit der Kirche. Auch wenn sich dieses Ziel im Ergebnis nicht vom Ziel kirchlicher Akteure unterschied, war es doch nicht völlig deckungsgleich mit der kirchlichen Zielperspektive: Das Kaisertum hatte sich sein Einheitsziel aufgrund einer anderen leitenden Unterscheidung in der Beobachtung kirchlicher Konflikte gesetzt als die Kirche selbst. Die Kirche unterschied zwischen „orthodox“ und „häretisch“, war primär an der Reinerhaltung des Dogmas interessiert. Dagegen neigten die Kaiser dazu, zwischen „Einheit“ und „Spaltung“ zu differenzieren. Ihre Einheit stellte damit niedrigere inhaltliche Anforderungen an den vertretenen Glauben als die leitende Kategorie der Kirche, die „Orthodoxie“.828 Zwar vertraten auch die Kaiser bestimmte dogmatische Überzeugun  828 Das Kaisertum hatte sich also nicht gänzlich vom heidnischen Denken der Orthopraxie gelöst, was BRINGMANN 1998, 68 f. als einen der Hauptunterschiede zur Orthodoxie des Christen 

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gen, sie waren aber gegebenenfalls eher bereit, diese zu relativieren. Das jedoch diskreditierte ihre Maßnahmen wiederum bei unterlegenen Gruppen, die auf der universalen Geltung ihrer dogmatischen Positionen beharrten. Da die Kaiser den kirchlichen Ordnungskonflikt geschaffen hatten, gleichzeitig aber immer wieder auch in diesen hinein gezogen wurden – so waren die Kaiser bezüglich der dritten kirchlichen Konfliktzone zugleich Akteur und Adressat –, stellt sich auch für sie die Frage nach ihrer Positionierung hinsichtlich der Ordnungsbegründung. Dabei ist für Zenon, Anastasios und Justin per se davon auszugehen, dass sie der politisch begründeten kirchlichen Ordnung zuneigten, ihr eigenes Handeln und ihre dogmatisch-hierarchischen Aussagen selbst kaum problematisierten und die Berechtigung ihres Handelns gleichsam im Handeln selbst voraussetzten. Von daher ist vor allem in den Blick zu nehmen, wie sich ihre Orientierung an einem politisch begründeten Kirchenprinzip auf ihre Handlungen und Positionen konkret niederschlug. Wie intensiv und auf welche Art und Weise vollzogen die Kaiser des Schismas ihre jeweiligen Maßnahmen, wie stellten sie diese dar und zu welchen dogmatischen und hierarchischen Positionen gelangten sie? 11.2. Zenon (474–491) Die Herrschaft Zenons wird häufig als Höhepunkt einer einseitig kaiserlichen Kirchenherrschaft bewertet. Das auf kaiserlicher Machtvollkommenheit gründende Henotikon gilt als der deutlichste Beleg dafür.829 Dieser Befund ist in Teilen korrekt: Die Dekretierung des Glaubens durch den Kaiser war an sich zwar nicht ungewöhnlich. Rom wies aber in der Folge stets darauf hin, dass das Henotikon als ohne institutionalisierte kirchliche Mitwirkung entstandenes Dokument nicht dazu in der Lage sei, die Bestimmungen des Konzils von Chalkedon außer Kraft zu setzen. Unter das Anathem dieses Konzils sei Petros Mongos gefallen, nun habe es durch das Henotikon auch Akakios getroffen.830 Aus nichtrömischer Perspektive heraus ist der Befund der Illegitimität des zenonischen Edikts jedoch keineswegs so eindeutig. Immerhin war mit Akakios zweifelsohne ein Bischof Verfasser des Henotikon.831 Außerdem beharrte Konstantinopel darauf, dass das Dokument den   tums sieht. Zur Relativität der Orthodoxie im kaiserlichen Denken auch: CAPIZZI 1978, 32 f.; SCHNEEMELCHER 1973, 52. 829 Zum Beispiel CASPAR 1933, 8; FREND 1976, 72; HAACKE (R.) 1953, 123. 830 Insbesondere Gelasius formulierte den Gedanken der fortwährenden Gültigkeit Chalkedons auch gegenüber Petros Mongos, Akakios und dem Henotikon. Vgl. Kap. 6.2.1.; Anm. 313. 831 GRILLMEIER 21991, 161 stellt zu Recht fest, dass das Henotikon nicht ohne bischöfliche Beteiligung entstanden sei. Vgl. auch BECK 1975, 9. Die Päpste waren sich durchaus bewusst, dass Akakios, allerdings auf Befehl Zenons, das Dokument aufgesetzt hatte. Dies wurde von Zenon und Akakios selbst auch deutlich genug betont: Avell. 95,44; Veron. 11 (36,35–7). Siehe auch Euagr. HE 3,13; Ps.-Zach. HE 5,7. Dass Akakios Zenon aber zum Kurswechsel in  

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Glauben nicht definiert, sondern bloß den seit Nizäa überlieferten Glauben bekräftigt habe.832 Zenon selbst konnte im Henotikon also kaum einen kaiserlichen Willkürakt erblicken. Ihm erschienen Mechanismen einer politisch dominierten Kirche wohl als wenig problematisch, und er wusste die Kirche von Konstantinopel in dieser Sicht auf seiner Seite. Sein Vorgehen war darüber hinaus alles andere als beispiellos: Schon Basiliskos hatte es im Enkyklion vorweggenommen, weshalb Zenon weniger als Höhepunkt einer einseitig kaiserlichen Kirchenherrschaft gelten muss denn vielmehr als prominentester Vertreter in einer längeren Phase entsprechender kaiserlicher Maßnahmen.833 Angesichts des Zerfalls des Reichs, der die Segmentarität der Kirche beförderte und das Aufbrechen von kirchlichem Dissens – von Chalkedon katalysiert – vereinfachte und angesichts dessen, dass die Kirche selbst nicht mehr zum Ausgleich fähig war, neigten schon Zenons Vorgänger und auch noch seine Nachfolger verstärkt zu eigenmächtigen Eingriffen in Belange der Kirche.834 Der kontinuierliche Aufstieg der Kirche von Konstantinopel über die Herrschaft dogmatisch höchst unterschiedlich orientierter Kaiser hinweg ist ein Zeichen für diese immer stärker werdende Förderung einer politisch verfassten Kirche. Die kirchliche Ausdifferenzierung verband sich gerade unter Zenon auch häufig mit politischen Aufständen, so zum Beispiel in der Illus-Revolte, in der sich Illus zusammen mit Bischof Kalandion von Antiochia gegen Zenons Henotikon richtete.835 Da die kirchlichen Akteure Zenon in solchen Situationen nicht wider 

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Alexandria geradezu überredet, der Kaiser also gar keine eigene Initiative an den Tag gelegt hätte, wie Liberat. 17,111 f. behauptet, dürfte eine Übertreibung in die andere Richtung sein. Das war auch die Position des Henotikon selbst: Ἀρχὴν καὶ σύστασιν δύναμίν τε καὶ ὅπλον ἀκαταμάχητον τῆς ἡμετέρας εἰδότες βασιλείας τὴν μόνην ὀρθὴν καὶ ἀληθινὴν πίστιν ἥντινα διὰ τῆς θείας ἐπιφοιτήσεως ἐξέθεντο μὲν οἱ ἐν Νικαίαι ‹συναθροισθέντες› τριακόσιοι δέκα καὶ ὀκτὼ ἅγιοι πατέρες, ἐβεβαίωσαν δὲ καὶ οἱ ἐν Κωνσταντινουπόλει συνελθόντες ρν ἅγιοι πατέρες […] (Cod.Vat.gr.1431,75 [52,23–7]). HAACKE (R.) 1953, 114; MICHEL 1953, 526–8; STEIN 1935 (in Abgrenzung zu CASPAR 1933), 132 f. Verschiedene Höhepunkte der Versuche staatlicher Einflussnahme auf die Kirche identifiziert WINKELMANN 1971, 283 und verweist dabei unter anderem sowohl auf das Henotikon als auch auf das Enkyklion. Aus dieser längeren Phase kaiserlicher Beeinflussungen wird auch Justin nur selten ausgeklammert. Vgl. als Beispiel MEYENDORFF 1989, 35. RITTER 1982, 233 ist daher zu widersprechen, der meint, dass die Kaiser im christologischen Streit hauptsächlich reaktiv verfahren seien, nur Synoden einberufen und durchgesetzt hätten. BACHT – GRILLMEIER 1953, 7: Da die Kaiser die kirchliche Einheit herstellen wollten, hätten sie im Entscheidungsfalle stets in der Versuchung gestanden, die Orthodoxie dem politischen Einheitswillen zu opfern und sich damit selbst zur letzten Instanz für die Rechtgläubigkeit zu machen. Vgl. auch Anm. 828. CASPAR 1933, 82 f.; ELTON 2000, 401–4. Rom wusste um das kaiserliche Ziel der Herrschaftsstabilität und stellte seine eigenen theologischen Gegner Zenon gegenüber als politische Gefahr dar: depulit ille uestrae regiae uastatorem, uos ab eius ecclesiae ceruicibus inruptionem deturbate praedonum; pacauit ille rem publicam, sicut uester quoque sermo testatur, a tyrannide haeretica liberatam, uos ab ipsius haereseos praeceptoribus populos exuite Christianos; restituit ille uos aulae legitimo imperii iure suffultos, reddite uos magistro

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spruchsfrei über den rechten Glauben aufklären konnten, orientierte dieser seine Bekenntnispolitik weniger an der Absolutheit des Dogmas als vielmehr an kirchlicher Einheit und politischer Loyalität. Der rechte Glaube war für Zenon politisch definiert, eine relative Kategorie: Orthodox war, was die Kirche einte und seine kaiserliche Herrschaft stützte.836 Darauf gründeten auch die Absetzungen Kalandions und Johannes Talaias. Sie waren wegen Hochverratsvorwürfen für den Kaiser unumgänglich. Während die östlichen Gegner des Johannes Talaia seine Absetzung begrüßten, wurde sie gerade von Rom verurteilt. Die Position, die die Kirchen zu den Maßnahmen Zenons einnahmen, bestimmte sich also einerseits aus der Nähe zu ihm, andererseits aber auch aus der Nähe zur dogmatischen Zielrichtung seiner Maßnahmen. Daher war er darauf bedacht, sich nicht zum Erfüllungsgehilfen einer dogmatischen Richtung zu machen, weshalb Rom den Kaiser schon nach der Niederschlagung der Basiliskos-Usurpation immer wieder hatte ermahnen müssen, sich für die Entscheidungen von Chalkedon einzusetzen.837 Eine so klare dogmatische Positionierung wäre aber nicht mehr dazu in der Lage gewesen, die Einheit der Kirche herzustellen, was die Maßnahmen Zenons und auch seine Stellung immer wieder angreifbar gemacht hätte. Daher versuchte Zenon 482, von der Absolutheit Chalkedons abzurücken, ohne das Bekenntnis zu dieser Synode ganz aufzugeben. Das Henotikon vermied klare Stellungnahmen, sollte für alle Gruppen annehmbar sein und als Grundlage der Gemeinschaft all derer dienen, die es billigten. Es steht damit stellvertretend für die Bekenntnispolitik des Kaisers, in der dogmatische Gegensätze hinter die äußerlich hergestellte Einheit zurücktreten sollten. Wie sehr ihm am Ausgleich lag, zeigte sich, als Zenon auf Anklagen antichalkedonischer Mönche gegen Petros Mongos hin Verhandlungen in Alexandria initiierte und den Bischof daran erinnerte, dass er zum Bischof in Alexandria gemacht worden sei, in order to unite the people so that they [might] not be divided into two factions.838 Die Widerstände gegen seinen Kurs irritierten den Kaiser also offensichtlich, hatte sich das Vorbild des Henotikon, die Palästinische Union, doch zumindest als regional tragfähig erwiesen. Die Kirche von Palästina taugte aber offensichtlich nicht als Vorbild für das Reich.839 Auch die ablehnende Reaktion Roms war für Zenon schwierig voraussehbar. Er hatte sich 482 immerhin von einem Bischof beraten lassen, hatte Chalkedon nicht verflucht und sogar Petros Mongos dazu gebracht, dies nicht zu tun. Dass  

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discipulum et sedem beati euangelistae Marci ad communionem sacratissimi Petri debita eorum meritis deuotione reducite […] (Berol. 20 [69,1–7]). ELTON 2007, 77; WINKELMANN 1980, 9–12. Vgl. Kap. 4.5. Ps.-Zach. HE 6,2 (213,14 f.). Vgl. auch Euagr. HE 3,12. WINKELMANN 1980, 98 f. Die strukturellen Voraussetzungen in der Überschaubarkeit Palästinas waren andere als im segmentären Geflecht der Reichskirche. So wurden beispielsweise die dogmatischen Konflikte in Palästina unter anderem durch das Pilgerwesen zu den Heiligen Stätten abgefedert. Vgl. Anm. 246.

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IV. Die Frage nach der kirchlichen Ordnung

aber die informelle Mitwirkung des Akakios und das bloße Verschweigen Chalkedons – von der Personalie des Petros Mongos gar nicht zu reden – Rom gegebenenfalls nicht ausreichen würden, hatte Zenon nicht bedacht. Die Päpste und der Kaiser vertraten differente kirchliche Ordnungsmodelle. Das Akakianische Schisma hatte sich also genauso an Zenon wie an Akakios oder Petros Mongos entzündet, selbst wenn Rom dies dem Kaiser gegenüber nie zugab. Da die Rolle des kirchlichen Mediators, die Zenon im Osten lange erfolgreich gespielt hatte, im Westen an ihre Grenzen gestoßen war, orientierte sich der Kaiser nun mehr an der Einheit seines Herrschaftsgebietes als an den Beziehungen zu Rom. Hatte er sich noch 479 in Rom für das unkanonische Vorgehen bei der Kalandion-Weihe entschuldigt und dies mit der Situation im Osten begründet840, so machte er sich 482 solche Mühe schon gar nicht mehr. Seine sakra ging gar nicht auf mögliche kirchenrechtliche Vorbehalte ein, sondern rechtfertigte die Absetzung des Johannes Talaia politisch mit dessen Eidbruch.841 Das musste die Sorgen Roms hinsichtlich der Vorgänge im Osten verstärken, zumal der Kaiser auch die Orthodoxie des Petros Mongos postulierte. Im kaiserlichen Denken dogmatischer Relativität musste für Zenon aber derjenige Bischof als orthodox gelten, der sich seinen Wünschen beugte. Ohne dass der Kaiser dieses ausgesprochen hätte, dürfte ihm die römische Verweigerung der Einheit daher wesentlich fragwürdiger in ihrer Begründung erschienen sein als die Rechtgläubigkeit des Alexandriners.842 Ohnehin war die Kritik am eigenmächtigen Eingreifen Zenons in kirchliche Belange insofern problematisch, als er als Kaiser stets von kirchlicher Seite dazu aufgefordert wurde, seine Machtressourcen einzelnen kirchlichen Gruppen zur Verfügung zu stellen.843 Wenn also jemand für vermehrte Eingriffe in die Kirche verantwortlich war, so war es letztlich die Kirche selbst. Sogar die römischen Bischöfe hatten sich selten davor gescheut, Zenons Eingreifen gegen die eigenen Gegner einzufordern.844 Auch die Päpste waren sich darüber im Klaren, dass der   840 Aus der Antwort des Simplicius: Avell. 66,4 f. Vgl. Anm. 176. 841 Avell. 68,2 (152,4–8; zitiert in Anm. 173). Ähnlich: Avell. 95,65 (392,5–7). 842 Schon 130 Jahre zuvor hatte Athanasios I. von Alexandria Kaiser Konstantios II. folgende Aussage in den Mund gelegt: ἀλλʹ ὅπερ ἐγὼ βούλομαι, τοῦτο κανὼν νομιζέσθω. Vgl. Ath. h.Ar. 33,7. War dieser Satz – zumindest in seinem Wortlaut – sicherlich einer athanasianischen Polemik entsprungen, so agierte Zenon 482/84 doch offensichtlich in einem Selbstverständnis, das dem hier angeblich von seinem Vorgänger Konstantios ausgedrückten recht nahe kam. 843 So war der Anlass für das Henotikon eine Bittgesandtschaft ägyptischer Mönche zugunsten des Petros Mongos: Anm. 166. Auch in der Folge gaben sich Gesandtschaften aus Ägypten in Konstantinopel geradezu die Klinke in die Hand: Kap. 10.1.1. In Syrien scheute kein Patriarch davor zurück, sich zur Durchsetzung eigener Ziele an den jeweiligen weltlichen Machthaber zu wenden: Kap. 10.1.2. Die Bischöfe von Konstantinopel standen ohnehin in einer engen Aktionseinheit mit dem Kaisertum. Zum reaktiven Herrschaftsstil der Kaiser auch: Anm. 19. 844 Man denke an Simpliciusʼ Bitten um die Aburteilung der Antichalkedonier nach 475/76: Kap. 4.5. Laut GRILLMEIER 21991, 236 f. war die Gefahr des politisch dominierten Kirchen 

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Kaiser der Schlüssel zur Durchsetzung in kirchlichen Konflikten war. Die gesteigerte Eingriffsbereitschaft Zenons war also, ebenso wie die vermehrte Kritik an dieser, der gesteigerten Zerrissenheit der kirchlichen Strukturen geschuldet. Zenon versuchte ja gerade, diese Zerrissenheit zu überwinden. Daher bemühten sich die Päpste auch, keinen endgültigen Bruch mit ihm zu provozieren. Da aber die Kirche von Rom ihre Unzufriedenheit mit einem einseitig politisch begründeten Kirchenprinzip im Osten offensichtlich nicht verschweigen konnte, ging sie nun umso heftiger gegen den kirchlichen Vertreter des Kaisers in der Hauptstadt vor. Rom entlastete Zenon von den Vorgängen um Akakios und Petros Mongos und suchte die Verantwortung für den Bruch der kirchlichen Einheit allein bei Akakios.845 Dieser wurde in seinen Positionen allerdings durch Zenon gestützt. Schon früh hatte Zenon die rechtliche Absicherung und den performativen Erweis der erhöhten Rangrechte Konstantinopels ermöglicht.846 Damit konnte der Kaiser nicht nur die kirchliche Bedeutung des Akakios erhöhen, sondern auch seine eigene Herrschaft stabilisieren.847 Galten diese unterstützenden Eingriffe zunächst aber noch der Stärkung Konstantinopels im eigenen Jurisdiktionsbereich, so griff Zenon mit den Absetzungen Johannes Talaias und Kalandions dann ungleich direkter in die reichsweite kirchliche Hierarchie ein, wobei auch diesen Maßnahmen wiederum eine politische Motivation innewohnte. Da die Bitte des Timotheos Salophakiolos an Zenon um einen rechtgläubigen Nachfolger die Sache der Orthodoxie in Ägypten ohnehin schon politischen Erwägungen ausgeliefert hatte, war der Schritt des Kaisers, Johannes Talaia abzusetzen, durchaus konsequent.   systems für Rom bis 482 nicht virulent. Erst das Henotikon habe den Päpsten die Augen für die Bedrohung der eigenen Ansprüche durch die entsprechenden kirchlichen Ordnungsgrundlagen geöffnet. 845 Dies bedeutete nicht, dass der Kaiser nicht kritisiert worden wäre, immerhin hatte er Petros Mongos zur Durchsetzung verholfen. Rom stellte den Kaiser in dieser Sache aber lediglich als schlecht beraten dar. Die ursächliche Schuld am Bruch der kirchlichen Einheit trug damit Akakios: Avell. 95,44.64. Die Päpste konnten sich bei ihrer Schuldzuweisung auf Akakios und Zenon selbst berufen, die beide betont hatten, dass der Kaiser auf den Rat des Akakios hin gehandelt habe: Veron. 11 (36,35–7). Vgl. auch Anm. 831. Dass gerade der späte Anastasios, entgegen dieser rhetorischen Strategie indirekter Kaiserkritik, dann wesentlich direkter in den römischen Fokus rückte, mag unter anderem an der Schwäche der späten Bischöfe Konstantinopels unter ihm gelegen haben. 846 Die rechtliche Absicherung lässt sich in der zenonischen Konstitution von 477 greifen: Anm. 151. Ein performativer Erweis der hauptstädtischen Rangrechte lag beispielsweise in der schon mehrfach erwähnten Weihe des Kalandion von Antiochia durch Akakios. 847 Zenon hatte in den Geschehnissen um Basiliskos erkannt, wie gefährlich der Bischof von Konstantinopel für die Stabilität der kaiserlichen Herrschaft werden konnte. Zugleich hatte Akakios verdeutlicht, dass eine kirchliche Neuordnung im Osten gegen Konstantinopel unmöglich war. Es war für Zenon daher naheliegend, sich des Wohlwollens des Akakios zu versichern, indem er ihn für sein Handeln gegen den Usurpator belohnte und seine hierarchischen Ansprüche stützte.

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Angesichts solcher hierarchischer Eingriffe nahmen sich Zenons Eingriffe in die Glaubensfrage wesentlich geringfügiger aus. Sie sind letztlich nur im Henotikon greifbar, ohne dass der Kaiser dabei überhaupt Partei ergriffen hätte. Das Edikt griff auch nur äußerst unvollständig in die dogmatische Entwicklung ein. Erst unter Anastasios kam dem Dokument seine zentrale Rolle in der kaiserlichen Religionspolitik zu.848 Das heißt aber nicht, dass Zenon seinem Willen nicht auch in diesem Punkt deutlich Nachdruck zu verleihen gewusst hätte. So setzte er ägyptischen Unruhen gegenüber auf eine militärisch begleitete Einheitsmission, nötigte römische Legationen wohl nicht nur durch gutes Zureden, auf seinen Kurs einzuschwenken und erzwang in Syrien die Zustimmung zum Henotikon durch die Androhung von Absetzungen.849 Zenon nutzte seine kaiserlichen Machtmittel konsequent, um seine Einheitspolitik gegen kirchliche und politische Widerstände durchzusetzen. Jedoch bemühte er sich dabei, kirchlichen Gewohnheiten zu entsprechen. So war es zum Beispiel eine Synode, die Petros Knapheus zum Nachfolger des Kalandion bestimmte.850 Generell scheint Zenon recht zugänglich für kirchliche Akteure gewesen zu sein.851 Und da selbst apostolische Bischöfe Maßnahmen des Kaisers danach bewerteten, für wen der Herrscher jeweils eingriff, wurden solche Maßnahmen, die den gewohnten kirchlichen Verfahrensgängen nicht entsprachen, keineswegs allgemein problematisiert. Trotzdem erhob Rom 519 keinen Protest, als Zenon durch Bischof Johannes II. von Konstantinopel aus den Diptychen gestrichen wurde, auch wenn Hormisdas diesen Schritt gar nicht gefordert hatte. Die Politik des Kaisers Anastasios und die unter ihm gestiegene Bedeutung des Henotikon hatten den Kampf Roms aber mittlerweile auch zum Kampf gegen diesen Kaiser werden lassen.852 Ex post belastete das auch Zenon, dessen spätere negative Charakterisierung bei Euagrios also einem zeitgenössischen Bild des Kaisers nicht unbedingt entsprechen muss.853 Unter seiner Herrschaft waren die theologischen Differenzen sogar noch   848 MEIER 2009, 47. Vgl. Kap. 11.3. 849 Zur römischen Gesandtschaft des Vitalis und des Misenus: Anm. 270; 272. Was genau in Konstantinopel vorgefallen war, bleibt im Unklaren. Gelasius spricht recht unspezifisch von einer Täuschung der Legaten durch Schmeicheleien, Bestechungen und Meineide (Avell. 95, 14 [373,19–21]), Felix hingegen von einer Einkerkerung (Berol. 26 [76,8 f.]). Zum Vorgehen Zenons nach der Niederlage des Illus in Syrien: Anm. 749. 850 Zumindest billigte eine syrische Synode die Wiedereinsetzung: Ps.-Zach. HE 5,9 (205,2–4). Geweiht war der neue Bischof bereits. 851 So bat Papst Felix den sich in der Hauptstadt befindlichen Bischof Vetranio, sich beim Kaiser für die Sache Roms einzusetzen: Berol. 31 (80,24–8). Der Römer ging also davon aus, dass Vetranio beim Kaiser würde Gehör finden können. 852 Der Kaiser war spätestens seit der Entmachtung der Hauptstadtpatriarchen 511 der maßgebliche Vertreter der kirchlichen Position einer politisch begründeten Kirchenordnung in der Hauptstadt. Damit war auch der unter Anastasios für Rom ins Zentrum gerückte Konflikt mit den Kaisern letztlich ein kirchlicher Konflikt. 853 Euagr. HE 3,1. Allerdings speist sich diese negative Wertung nicht hauptsächlich aus der Kirchenpolitik Zenons. Dem Henotikon an sich stand Euagrios gar nicht ablehnend, sondern eher neutral gegenüber. Vgl. Euagr. HE 3,13. Beim Zenon-Bild des Euagrios handelt es sich  

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relativ gering. Die Kirchen waren noch einigermaßen übersichtlich in Chalkedonier und Antichalkedonier geteilt, die Grenzen zwischen ihnen keineswegs unüberwindlich. Nur so konnte Zenon 484 überhaupt die weitgehende Kircheneinheit herstellen. Alle Großkirchen des Ostens standen in Gemeinschaft.854 Die desintegrativen Effekte des Henotikon, die später Anastasios delegitimieren sollten, zeigten sich unter Zenon noch nicht in ihrem ganzen Ausmaß. Im Vergleich zur Herrschaft des Anastasios war die Heftigkeit und Häufigkeit theologischer Dispute unter Zenon noch gering, weshalb er zwar relativ häufig in kirchliche Interna eingriff, dabei aber noch nicht die Regelungsdichte seines Nachfolgers erreichte. Zenon agierte noch sehr situativ, selbst das Henotikon war nur eine Reaktion auf die Affäre um Johannes Talaia. Solange er nicht direkt in sie hineingezogen wurde, neigte der Kaiser dazu, kirchliche Entwicklungen sich selbst zu überlassen. Hierbei konnte er im Prinzip sogar eine Ablehnung seiner ohnehin recht unsystematischen Bekenntnispolitik dulden, solange diese Ablehnung sich nicht direkt gegen ihn und die unmittelbare Stabilität seiner Herrschaft richtete. Weil kirchlicher Streit unter Zenon in erster Linie als Bedrohung seiner Herrschaft erfahrbar geworden war, stellte theologischer Widerspruch an sich weniger einen Anlass zum Eingreifen in die Kirche dar als es eine damit verbundene Illoyalität seiner Person gegenüber tat.855 Auch aus diesem Grund hatten die römischen Bischöfe, die Zenon als Kaiser ja anerkannten, nur wenig zu befürchten – und das nicht nur, weil seine Macht ohnehin nicht mehr bis nach Rom reichte und die Zustimmung der römischen Kirche zum Henotikon im Sinne seiner Herrschaftssicherung zweitrangig war.

  also eher um eine Barbarentopik gegenüber dem isaurischen Kaiser, die teilweise auch in der Forschung fortwirkt (vgl. BARDY 1945, 284: „en dépit de son titre d’Empereur romain, Zénon était resté un véritable barbare.“). Vgl. ALLEN 1981, 12; BURGESS 1992, 879; LANIADO 1991, 152. Zum überwiegend negativen Bild Zenons in den Quellen: FELD 2006, 278–84; LANIADO 1991, 147–61. Es finden sich aber selbst zur Zeit des Euagrios noch vereinzelt positive Darstellungen des Kaisers auch von chalkedonischer Seite, so zum Beispiel bei Liberatus von Karthago. Vgl. hierzu LEPPIN 2010. 854 Diese Kirchengemeinschaft blieb aber eine Momentaufnahme. Mittelfristig zeigte sich, dass das Henotikon durch die reine Sistierung des Streits die bereits vorgenommenen Differenzierungen nicht rückgängig machen konnte, zumal es selbst mit seinen Bezügen auf Eutyches und Chalkedon auf diese Differenzen hinwies: MEYENDORFF 1989, 199. Vgl. auch Anm. 169. 855 Ein solcher Zusammenhang zwischen religiöser Differenz und politischer Illoyalität konnte schnell wirksam werden. GREATREX 2000, 268, 277 f. stellt bezüglich der römischen Identität im sechsten Jahrhundert fest, dass derjenige als Römer gegolten habe, der loyal zum Kaiser stand und „orthodox“ war. Ähnlich: DÖLGER 1937, 8. Die doppelte Definition des Römertums als kaisertreu und orthodox brachte das Problem mit sich, dass religiöse Konflikte äußerst einfach in politische Konflikte umschlagen konnten. Kirchen, die sich der Reichskirche verweigerten, waren damit beinahe per se eine Bedrohung für den Kaiser. Insofern war es notwendig, dass die Päpste Zenon immer wieder versicherten, ihn als Kaiser anzuerkennen, wie es beispielsweise Felix mit seiner Wahlanzeige an Zenon tat.

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11.3. Anastasios (491–518) Euagrios charakterisiert Anastasios wesentlich vorteilhafter als Zenon: Der Kaiser habe das Ziel verfolgt, den Frieden der Kirche herzustellen. Dazu habe er Chalkedon weder öffentlich verkündet noch verdammt, sondern im Gegenteil den einzelnen Bischöfen in dieser Frage auf Grundlage des Henotikon weitgehend freie Hand gelassen.856 Im Prinzip unterschied er sich also nicht grundlegend von Zenon, von dem er das Henotikon übernommen hatte. Auch für Anastasios war die Absolutheit eines rechten Glaubens weniger zentral als die Relativität eines Kompromisses, dem alle Gruppen zustimmen konnten und der damit seine dogmatische Legitimität erwies. Trotzdem begann gerade Rom nun, seine Kritik direkter gegen den Kaiser und weniger gegen die Hauptstadtbischöfe zu richten. War Zenon noch unter dem Verweis auf das Handeln des Akakios entschuldigt worden, so trug Anastasios nun allein die Verantwortung für das Beibehalten des Henotikon-Kurses.857 Und dieser offenbarte, über die Kritik Roms hinaus, nun zunehmend Schwächen. Den guten Absichten des Kaisers stellt Euagrios sein Scheitern gegenüber: Wegen seiner Unbestimmtheit sei die Kirche in Spaltungen verfallen. Anastasios habe zahlreiche Bischöfe absetzen müssen, die gegen jeweilige lokale Gewohnheiten Neuerungen eingeführt und Chalkedon entweder offen proklamiert oder anathematisiert hätten.858 Mit seiner Politik erreichte Anastasios, dass die Kirche in noch mehr Gruppierungen zerfiel, da nun zusätzlich zu bereits bestehenden Spannungen auch die Interpretation des Henotikon in Bezug auf Chalkedon zur Streitfrage wurde.859 Zwar erkannte beispielsweise Flavian II. von Antiochia wie sein Vorgänger Petros Knapheus, sein Nachfolger Severos und sein Gegner Philoxenos das Henotikon an. Weil Petros Knapheus die Synode von Chalkedon dabei aber verschwiegen hatte, Flavian sie in Teilen anerkennen, Philoxenos und Severos sie verdammen wollten, konnte das zenonische Edikt keine Einheit mehr stiften. Dieses Spaltungspotential war schon unter Zenon vorhanden, war im Dokument selbst angelegt, wurde aber erst unter Anastasios vollends aktiviert, da dieser wesentlich systematischer auf das Henotikon setzte.   856 Euagr. HE 3,30 (125,32–126,8). Im Gegensatz zur negativen Charakterisierung Zenons wirkt das Bild des Anastasios ungewöhnlich positiv. Vgl. ALLEN 1981, 12. Da gerade Euagrios keine Veranlassung hatte, einen als miaphysitisch geltenden Kaiser positiv zu zeichnen, ist davon auszugehen, dass die Darstellung des Anastasios hier nicht einfach einer Übernahme aus Zacharias entspringt – oder dass der Kaiser zur Zeit des Euagrios noch nicht dezidiert als Miaphysit galt. Ohnehin war für Euagrios die Konfession nicht das zentrale Kriterium. Er legte beispielsweise, unter provinzialem Blickwinkel, großen Wert auf die Finanzpolitik der Kaiser. Vgl. CAPIZZI 2000, 95–7; LEPPIN 2003, 145–50. Zur keinesfalls durchgehend negativen Charakterisierung des Anastasios in den Quellen: MOTTA 2003, 199–220. 857 CASPAR 1933, 72 f. 858 Euagr. HE 3,30 (126,8–127,1). 859 Schon HAACKE (R.) 1953, 126–30 stellt diese weitere Ausdifferenzierung in der ersten Phase der Herrschaft des Anastasios fest. Ähnlich: CAPIZZI 1980, 28 f.; GRILLMEIER 21991, 292–98.

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Dass Justin 518/19 zur einfachen bipolaren Spaltung zurückgehen sollte, mag eine Reaktion auf diese Probleme des Anastasios gewesen sein. Der hatte die Verhältnisse zusätzlich verkompliziert, indem er auch die römische Kirche wieder aktiv in den Streit hineinzog, als er in Kooperation mit dem Bischof von Konstantinopel die römischen Positionen im Akakianischen Schisma massiv angriff.860 Die dabei verwendeten Argumente ergaben sich abermals aus einer politisch begründeten Ordnung: Zwar wurde versucht, Akakios mit Hinweis auf kaiserlichen Druck zu entschuldigen und damit einer römischen Ordnungsbegründung entgegenzukommen, die Legitimität des Vorgehens von 482 wurde aber ebenso wenig in Zweifel gezogen wie die Orthodoxie des Henotikon und damit die Legitimität kaiserlicher Eingriffe. Solche Verteidigungen kaiserlich-politisch begründeter Kirchenstrukturen vertieften den Graben zu Rom. Anastasios erwies sich in diplomatischer Hinsicht darüber hinaus häufig als ungeschickt: Dass ihn der Bischof von Thessalonike 515 in der Annäherung an Hormisdas unterstützte861, bestärkte Roms Misstrauen gegen den Kaiser als Lenker der östlichen Kirche; als Anastasios den Senat in Rom zur Hilfe gegen den Papst aufrief862, übersah er die neue Einheit der römischen Akteure seit Symmachus; die ausschließlich aus Laien bestehende Gesandtschaft nach Rom brüskierte den Papst.863 Jede dieser Episoden basierte wiederum auf den differenten Ansichten über die Kirche. Der Kaiser vertrat eine politisch begründete Kirchenordnung, die er mithilfe staatlicher Machtmittel kontrollierte. Genau das akzeptierte Rom aber nicht und konnte sich in seinem Widerspruch darauf stützen, dass die kaiserliche Sanktionsmacht nicht bis in den Westen reichte. Anastasios konnte diesen Widerspruch erklärtermaßen nicht verstehen, da ihm selbst seine Ansprüche gerechtfertigt erschienen, zumal sie im Osten auf wenig

  860 Vgl. Kap. 6.2.1. Der spätere Antagonismus zwischen Kaiser und Patriarch, wie er unter Makedonios zutage treten sollte, war zu Beginn der Herrschaft des Anastasios noch nicht so stark ausgeprägt. 861 Avell. 105. Dieses Schreiben stand im Zusammenhang mit der Einladung des Hormisdas zur Synode von Heraklea (Kap. 6.3.1.). Allerdings ist fraglich, ob Anastasios überhaupt ein Interesse an der Teilnahme des Papstes hatte. Letztlich ist nicht auszuschließen, dass er das gespannte Verhältnis zwischen Rom und Thessalonike dazu nutzte, den ihm von Vitalian aufgezwungenen Synodalplan zu hintertreiben. Hormisdas jedenfalls begegnete dem Schreiben Thessalonikes mit „kaum verhehlte[m] Mißtrauen“: SCHWARTZ 1934, 251. Vgl. auch SPEIGL 1980, 50–2. 862 Avell. 113. Vgl. Kap. 6.3.1. Die probyzantinische Gruppe im römischen Senat hatte mit dem Sieg des Symmachus über Laurentius aber an Einfluss eingebüßt. Darum scheiterte der Kaiser mit seinem Plan, den Senat auf seine Seite zu ziehen, wie die Antwort auf seine Annäherung zeigt, in der sich der Senat in größter Deutlichkeit auf die Seite des Papstes stellte: Avell. 114. Vgl. auch CHARANIS 21974, 96; HAARER 2006, 100 f. 863 So liest sich jedenfalls Hormisdasʼ Bericht über die Vorkommnisse an Avitus von Vienne: Avell. 137,5. Vgl. Anm. 412.

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Widerstand trafen. Die Bischöfe der apostolischen Kirche von Antiochia baten ihn sogar explizit um seine auf politische Kirchenprinzipien gestützten Eingriffe.864 Rom jedoch wandte sich seinerseits aktiv gegen Anastasios. Unter Gelasius kam es zum ersten Höhepunkt des Konflikts, als die Zweigewaltenlehre eine Absage an das intensiviert kaiserlich geprägte Kirchentum formulierte. Auch die wiederholte Frage Roms, welche Synode denn Kalandion ab- und Petros Knapheus eingesetzt hätte, zielte auf kaiserliche Eingriffsrechte. Selbstverständlich hatte es entsprechende Bischofsversammlungen gegeben, Anastasiosʼ Vorgänger Zenon hatte sie selbst einberufen. Rom war aber nicht bereit, sie als Synoden im eigentlichen Sinne gelten zu lassen. Je mehr sich Anastasios miaphysitischen Beratern zuwandte, desto tiefer wurden die Spannungen, die ihre Höhepunkte im Symmachus-Brief und in Anastasiosʼ Schreiben an Hormisdas fanden: Vermittelt durch das Akakianische Schisma, kam es nun auch zwischen Papst- und Kaisertum zum Beziehungsabbruch.865 Angesichts der kirchlichen Segmentarität war dieser Beziehungsabbruch zu Rom für Anastasios weniger bedeutend als die östliche Kircheneinheit. Aber gerade diese wurde durch den Bruch mit Rom bedroht, da der Beziehungsabbruch die Anbindung der kirchlichen Opposition im Osten an die römische Kirche förderte. Der Verlust der östlichen Kircheneinheit brach die zeitweilige kirchliche Isolation Roms auf. Gerade zu den Gegnern des Severos im Osten ergaben sich nun Anknüpfungspunkte für römisches Eingreifen, was zeigt, dass der Kaiser seinerseits enge Beziehungen zu diesem führenden miaphysitischen Theologen pflegte. Seit etwa 506, als Anastasios den syrischen Gegenspieler des Flavian, Philoxenos, nach Konstantinopel eingeladen hatte, begann der Kaiser, sich an miaphysitische Theologen zu binden. Ursprünglich war dies wohl eine Reaktion auf die Trias um Makedonios von Konstantinopel, Flavian von Antiochia und Elias von Jerusalem.866 Wenig später kam auch Severos in die Hauptstadt, um in der Folge zu einem der zentralen Berater des Kaisers zu werden. Trotzdem blieb der Kaiser dem Henotikon verbunden. Dass er sich nur ungern festlegen lassen wollte, galt dabei auch seinem Berater gegenüber. So verpflichtete Anastasios Severos zur Anerkennung des Edikts und damit zur Anerkennung der kaiserlichen Eingriffsgrundlage in die Kirche.867 Gleichzeitig blieb das Ver  864 Diese Verständnislosigkeit Rom gegenüber entspricht der Fortsetzung der oben zitierten Aussage Konstantiosʼ II. (Anm. 842): Dieser beschwerte sich bei Papst Liberius darüber, dass der sich seinem kirchlichen Programm widersetzte, während die syrischen Bischöfe ihm bedenkenlos folgen würden: Ath. h.Ar. 33,7. 865 Symmach. epist.ad Anast.Imp. (Symmachus an Anastasios); Avell. 138 (Anastasios an Hormisdas), v. a. 138,5 (565,13 f.; zitiert in Anm. 421). CAPIZZI 1980 bezeichnet diesen Beziehungsabbruch zwischen Papst und Kaiser als „fiasco della diplomazia imperiale e pontificia“. 866 So wie Bischöfe das Kaisertum als Ausgleich für ihre intern bedrohte Stellung nutzen konnten (vgl. Kap. 9.6.), konnte sich auch der Kaiser um externe Unterstützung für seine Position bemühen. 867 Vgl. Anm. 765. Allerdings hatte die Position des Severos kaum noch etwas mit der ursprünglich auf dem Henotikon aufbauenden Ausgleichspolitik zu tun. Wie sehr er einem Ausgleich  

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hältnis der beiden Männer aber spannungsvoll. Der Kaiser versuchte, den Eifer des Bischofs gegen Chalkedon zu bremsen. Der Grund war der gleiche, aus dem Anastasios auch Euphemios angegriffen hatte: Der Kaiser wollte das Henotikon nicht preisgeben. Genau darauf zielten aber die Maßnahmen des Severos letztlich ab, der an der Absolutheit seiner dogmatischen Linie orientiert war, nicht an der kaiserlichen Bekenntnisrelativität. Der Kaiser war jedoch nicht bereit, für das Dogma des Miaphysiten kirchliche Unruhe in Kauf zu nehmen, so zum Beispiel in der Affäre um Kosmas und Severianos.868 Eine offene Verdammung Chalkedons kam für Anastasios ebenso wenig infrage wie seine dezidierte oder unvermittelte Anerkennung. Sogar für den Konflikt mit Euphemios muss man, eingedenk der dezidiert chalkedonischen Position des Bischofs und der gegenseitigen theologischen Vorurteile, den Auslöser nicht in einem Anathem des Kaisers über die Synode von 451 vermuten. Die Synodiken des Timotheos, die die Position des Anastasios wiedergeben dürften869, stützen dieses Bild des Ausgleichsstrebens. Dass der Kaiser angesichts der Verhandlungen zwischen Rom und Alexandria Makedonios 497 davon abhielt, das erste Erfolg versprechende Synodikon seit Jahren nach Rom zu senden, deutet in eine ähnliche Richtung.870 Einen weiteren Hinweis auf das unbedingte Streben des Kaisers nach einem Ausgleich liefert dieser selbst in einem Brief an Rom, in dem er deutlich machte, dass er sich weigerte, um Toter Willen Lebende aus der Kirche auszustoßen.871 Daher brach der Kaiser trotz aller Spannungen niemals mit Severos, der weder die kaiserliche Macht bedrohte noch die Anerkennung des Henotikon verweigerte, auch wenn seine Art und Weise der Billigung des Dokuments nicht mehr viel mit dessen ursprünglicher Intention zu tun hatte. Severos stand immerhin mit allen östlichen Großkirchen bis auf Jerusalem in Gemeinschaft, was es möglich erscheinen ließ, dass gerade doch er in der Lage sein würde, die Einheit herzustellen. Es war das römische Engagement für die Opposition, die den Osten in Unruhe hielt und diesen Plan vereitelte. Das band  

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mittlerweile abgeneigt war, belegt sein Bericht über ein Gespräch mit dem Bischof von Klaudioupolis, der ihn, mutmaßlich im Auftrag des Kaisers, zu Zugeständnissen an die Chalkedonier bringen sollte: Sev.Ant. epist.SL 1,1. Vgl. Anm. 760. Vgl. Kap. 10.1.2.; Anm. 769. Angesichts der Warnung seines Beamten Asiatikos beschied der Kaiser, μηδὲν βούλεσθαι προελθεῖν, μηδ’ ἂν εἰ μέγα τε καὶ ἀξιόλογον ᾖ, εἴπερ αἵματος ῥανὶς ἐκχέοιτο (Euagr. HE 3,34 [134,17 f.]). Diese Synodiken sind nicht erhalten. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Timotheos auf einer Henotikon-Linie blieb, die zumindest Severos von Antiochia nicht weit genug ging, selbst wenn er mit dem Hauptstadtbischof in Gemeinschaft trat: Sev.Ant. epist.SL 4,2 (transl., 255, 2–6). Gleichzeitig stand der neue Bischof in communio sowohl mit Johannes von Nikiu von Alexandria als auch mit Elias von Jerusalem: Euagr. HE 3,33; Theophan. a.6004 (511/12, 155,28–30). Vgl. Kap. 6.2.2.; Anm. 338. Der Kaiser wollte eine Festlegung vermeiden, um so die Chancen auf einen Ausgleich zwischen den Gegnern im dogmatischen Streit zu vergrößern. Avell. 125,11 (539,24–8): nunc uniuersa, quae sint facienda, perpendite, quia graue esse clementia nostra iudicat de ecclesia uenerabili propter mortuos uiuos expelli nec sine multa effusione humani sanguinis scimus posse ea, quae super hoc scribitis, ordinari.

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Anastasios wiederum stärker an Severos. Das Ignorieren einer syrischen Mönchsgesandtschaft, die 517 in Konstantinopel erfolglos Beschwerde gegen den Patriarchen von Antiochia und den Metropoliten von Apamea führte, mag seine Ursache genau hierin haben.872 Dass die Zeitgenossen daher immer weniger zwischen Severos und Anastasios trennten, diskreditierte den Kaiser und seine Bekenntnispolitik.873 Obwohl er sich bemühte, kirchliche Verfahrenswege einzuhalten, galt er seinen Gegnern doch bald als ein von Häretikern beeinflusster Gewaltherrscher über die Kirche. Die eigentlich durchaus gängige Praxis des Vollstreckens von Synodalurteilen durch den Kaiser wurde wegen dieser dogmatischen Implikationen von Anastasiosʼ Gegnern, unter Einfluss des römischen Rigorismus, zunehmend als unrechtmäßiger Eingriff gewertet.874 Wiederum dürfte der Kaiser das anders gesehen haben. Seine Eingriffsbereitschaft hing schließlich an der stets aktualisierten Erkenntnis, dass die dogmatische Zerrissenheit des Reichs für ihn auch politisch gefährlich war, was Vitalian bewiesen hatte. Die Einheit hatte für ihn daher den Primat über das Bekenntnis. So waren die Kämpfe gegen Euphemios und Makedonios für den Kaiser auch weniger dogmatisch als politisch begründet.875 Gerade das nahm dem kaiserlichen Handeln aber seine Legitimität. Indem der Kaiser die Kirche zersplitterte und chalkedonische Akteure dazu brachte, Kontakt mit Rom zu suchen, scheiterte er mit seinem Einheitsprogramm. Das war auch auf einen Handlungswiderspruch zurückzuführen. Anastasios strebte nach der Ruhe einzelner Regionen, gleichzeitig aber auch nach der kirchlichen Einheit des Reichs.876 Beidem kam er nicht näher: Während die Ruhe Eingriffe in lokale und regionale Angelegenheiten geradezu verbot, erforderte die Einheit in der gegebenen Situation oftmals genau solches Eingreifen. Vor allem in dogmatisch so heterogenen Regionen wie Syrien zog kaiserliches Eingreifen für die Kircheneinheit immer weitere interne Differenzen nach sich, die wiederum neues kaiserliches Eingreifen notwendig machten. Und das resignierte Nachgeben des Kaisers gegenüber den aufständischen Bischöfen der Syria Secunda und den Mönchsvätern Sabas und Theodosios in Palästina beförderte zwar die Ruhe in

  872 Vgl. Anm. 422. Die monastische Gesandtschaft beschwerte sich in Rom jedenfalls sehr deutlich über ihre Behandlung in der Hauptstadt: Avell. 139,6. 873 CASPAR 1933, 117–22. Das war die Kehrseite ihrer engen Beziehung: Der kirchliche Legitimitätsverlust des Severos wurde zum Problem für Anastasios im politischen Bereich. Vgl. BOURDIEU 2000, 101. 874 Damit ist Anastasios aber nicht einfach ein Opfer der parteiischen Überlieferung, immerhin ging er die Bindung zu Philoxenos und Severos freiwillig ein. 875 Zumindest lassen sich beide Ebenen nur schlecht voneinander trennen. In diesem Zusammenhang sei auf die von Meier festgestellten strukturellen Parallelen zwischen staurotheis-Unruhen 512 und den Aufständen des Vitalian hingewiesen: MEIER 2007b, 209–11. 876 Das ergibt sich zumindest aus der Wertung des Kaisers bei Euagrios. Vgl. Anm. 856; 858.

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diesen Regionen, widersprach aber dem Ziel der Kircheneinheit.877 Diese Spannung ließ Anastasiosʼ Politik sprunghaft wirken. Der Kaiser schwankte zwischen stärkerer und schwächerer Interventionsbereitschaft. Die kaiserlichen Machtmittel erreichten stets dort ihre Grenze, wo ihre Gegner zum Widerstand entschlossen waren. In diesem Fall wurden die beiden Ziele „Einheit“ und „Ruhe“ gegeneinander ausgespielt, Anastasios musste scheitern. Der Kaiser hatte richtig erkannt, dass die Kirche nicht dazu in der Lage war, ihre eigene Einheit selbst zu wahren. Er nahm sich der Sache auf Grundlage des Henotikon daher selbst an und war auch dazu bereit, massiven Druck auf kirchliche Akteure auszuüben, damit diese sich seiner Linie nicht widersetzten. So zwang er Timotheos gegen dessen Willen in die Gemeinschaft mit Johannes von Nikiu und trieb Euphemios und Makedonios ins Exil, nachdem diese den Nachvollzug seiner Maßnahmen verweigert und sogar aktiv behindert hatten. Da Anastasios aber wie die Kirche selbst an der Herstellung der Einheit scheiterte, zehrten seine zunehmend erfolglosen Eingriffe seine Autorität mehr und mehr auf.878 Er, der versucht hatte, die Kirche zusammenzuhalten, hatte einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass diese immer weiter auseinanderbrach und damit das Papsttum stärkte, das in seinen Augen doch die eigentliche Schuld an der verfahrenen Situation trug. Gerade die römische Kirche war nämlich in einen scharfen Gegensatz zum Kaiser geraten, als dieser konsequenter als sein Vorgänger eine politisch dominierte Kirchenordnung vertrat. Dieser Aspekt trug dazu bei, dem Akakianischen Schisma seine besondere Länge zu verleihen, da die Bischöfe von Konstantinopel unter Anastasios spätestens seit 511 eine grundlegend andere Position zum Kaisertum einnahmen als die Päpste. Dieser Prinzipienkonflikt wurde unter Anastasios in der bischöflichen Investitur auch praktisch erfahrbar. Während Rom sich seit Symmachus sogar intern von jeglichen politischen Einflüssen befreit und damit seine apostolisch begründete kirchliche Ordnung gestärkt hatte, war Anastasios seit seinem Amtsantritt an allen Bischofserhebungen in Konstantinopel und Antiochia beteiligt, 516 auch an der in Jerusalem.879 Deutlicher konnte sich eine politisch begründete Kirchenordnung nicht erweisen. Andere Sitze gerieten aber auch im Osten in zunehmenden Widerspruch zum Kaiser: So setzte Alexandria 517 gewaltsam die Weihe Dioskors II. unter Ausschluss staatlicher Würdenträger durch. In den Maßnahmen des Anastasios spiegelte sich der Grundkonflikt des Akakianischen Schismas   877 In beiden Fällen war dem Kaiser ein Blutvergießen prognostiziert worden: Euagr. HE 3,34; Kyr.Skyth. VS 57 (157,13–7). Gerade das wollte er aber wohl vermeiden. Vgl. GRILLMEIER 2004, 72–75. 878 ELWERT 2002, 359 stellt für einen solchen Zusammenhang treffend fest: „Sicher ist, dass eine defizitäre Verfahrenspraxis zur Abwendung der Menschen von den Normen, auf denen das Verfahren beruht, führen kann.“ 879 Zu Antiochia: Anm. 825. Johannes III. von Jerusalem war unter der Voraussetzung Bischof geworden, Severos anzuerkennen: Kap. 10.1.3. Damit hätte er den Willen des Kaisers erfüllt. Für Konstantinopel muss per se vom Einfluss des Kaisers auf die Investitur ausgegangen werden.

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deutlich wider, da der Kaiser wie die Kirche der Hauptstadt eine politische Orientierung hinsichtlich der Kirche vertrat. 11.4. Zenon, Anastasios und das Scheitern des Henotikon Im Gegensatz zu Justin standen Zenon und Anastasios auf der dogmatisch letztlich unterlegenen Seite. Das hatte Auswirkungen auf ihre Darstellung in den Quellen, die hauptsächlich von römischen und chalkedonischen Positionen geprägt sind. Gerade in der Darstellung des Anastasios, der in zunehmendem Maße die Kritik des Papsttums auf sich zog, weil er eine angeblich miaphysitische Kirchenpolitik verfolgte, musste es dabei zu Verzerrungen kommen.880 Die spätere Überlieferung macht dogmatisch gescheiterten Kaisern in fast schon topischer Weise drei traditionelle Vorwürfe: Häresie, Beeinflussbarkeit und Despotismus.881 Zenon und Anastasios bilden keine Ausnahme. Als Vertreter des Henotikon galten beide dogmatisch als anrüchig, Anastasios sogar als Anhänger der Miaphysiten. Während Zenon sich von Akakios zum Henotikon habe überreden lassen, sei Anastasios von Severos abhängig gewesen. Beide Kaiser hätten zu guter Letzt massiv in kirchliche Belange eingegriffen. Kaiserliche Häresie ist aber eine relative und ex post gewonnene Kategorie. Erst die spätere Durchsetzung von Glaubensinhalten ließ vergangene Positionen als recht- oder fehlgläubig erscheinen. Schon allein deshalb können Zenon und Anastasios historisch gesehen nicht als häretisch gelten.882 Darüber hinaus war die ohnehin umstrittene Orthodoxie für die Kaiser nicht in dogmatischer Absolutheit, sondern eher in einem politischen Relativismus definiert. Auch für die Hauptfrage des Akakianischen Schismas war die Frage nach der dogmatischen Orientierung im Prinzip unerheblich. Die dogmatische Position von Akteuren war nicht entscheidend für ihre Orientierung an einer entweder apostolisch oder politisch begründeten kirchlichen Ordnung.883   880 Vgl. die Darstellung der Kaiser bei Theophanes, der Zenon und Anastasios trotz ihres ähnlichen Vorgehens negativer charakterisiert als Markian und Justin: SCOTT 1996, 32. Gerade für Anastasios kam das Problem einer Endzeiterwartung um das Jahr 500 hinzu, die sich an die Person des Kaisers knüpfte und ihn damit zusätzlich delegitimierte. Vgl. BRANDES 1997; FATOUROS 1998; MEIER 2003a, 15–20; DERS. 2008, 50–4; MOTTA 2003, 226–34; PABST 1986, 157–64. 881 Dass die Vorwürfe der Beeinflussbarkeit und des Despotismus schon in sich widersprüchlich sind, macht sie verdächtig. KLEIN 1977 entkräftet die Vorwürfe am Beispiel des Konstantios II. Seine Ergebnisse sind auf die Betrachtung der Kaiser Zenon und Anastasios in Quellen und Forschung sicherlich übertragbar. 882 Nur aus einer theologisch-heilsgeschichtlichen Perspektive heraus mag dieser Befund weniger eindeutig sein. Hinzu kommt, dass Zenon und Anastasios nur schwer überhaupt als Antichalkedonier gelten können. Immerhin meinten beide, am Konzil von Chalkedon festgehalten zu haben. Auch das Henotikon war nicht per se ein antichalkedonisches Dokument. 883 So waren die dogmatischen Differenzen zwischen den Bischöfen von Rom und Konstantinopel eher gering. Vgl. Kap. 9.4.2.

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Hinsichtlich des Vorwurfs der Beeinflussbarkeit ist die Existenz kaiserlicher Ratgeber unbestritten. Gleichzeitig war es für die Kaiser aber legitim und sogar gefordert, sich beraten zu lassen, gerade in kirchlichen Belangen. Im Grunde genommen steigerte das Einholen von Rat die Legitimität einer Entscheidung sogar. In der langfristigen Perspektive war es eher das Problem, dass Zenon und Anastasios auf die dogmatisch letztlich unterlegenen Berater gesetzt hatten. Beeinflussbarkeit ist ihnen aber nicht vorzuwerfen, jedenfalls nicht in größerem Maße als allen anderen christlichen Kaisern vor ihnen. Sie waren ihrem Ziel der kirchlichen Einheit sogar weit mehr verpflichtet als ihren Ratgebern Akakios und Severos. Die Nähe zum Kaisertum und die Orientierung an den kaiserlichen Einheitsbestrebungen beeinflussten vielmehr diese beiden Kirchenmänner. Akakios war bei der Henotikon-Abfassung an Zenons Zielen orientiert.884 Und dass sich Anastasios keineswegs dem severianischen Rigorismus unterordnete, wurde mehrfach gezeigt.885 Bezogen auf den Grundkonflikt des Schismas ist der Vorwurf des Despotismus am interessantesten. Hier ist aber festzustellen, dass die Kategorie einer „kirchlichen Freiheit“ selbst im Konflikt zwischen einer politisch und einer apostolisch begründeten Kirchenordnung nicht handlungsleitend für die Akteure war. Es ging ihnen, jedenfalls nicht in einer abstrakten Grundsätzlichkeit, um die Freiheit der Kirche von einem despotischen Kaisertum.886 Nicht einmal Gelasius sprach sich für eine konsequente Trennung der Kirche vom Kaisertum aus, sondern für eine ergänzende Arbeitsteilung. Die Frage nach kaiserlichen Eingriffsrechten erreichte keine allgemeine Ebene, da kein Akteur die grundsätzliche Möglichkeit legitimen kaiserlichen Eingreifens in kirchliche Interna negierte. Dass Zenon und Anastasios eine große Bereitschaft zu solchen Eingriffen an den Tag legten, muss gar nicht bestritten werden und führte ja auch zur Kritik an ihnen. Die Frage ist aber eher, ob die beiden damit anders handelten als ihre Vorgänger Markian und Leon oder ihr Nachfolger Justin.887 Wenn überhaupt, dann wiesen sie nur eine größere Frequenz an Eingriffen auf, weil sie in der komplizierteren kirchlichen Lage häufiger zu solchen gedrängt wurden. Es war Zenons und Anas  884 Vgl. Anm. 832. 885 Darüber hinaus hatte sich Anastasios unabhängig von Severos zu einem stärker miaphysitischen Kurs der Bekenntnispolitik entschlossen, und zwar schon vor dem Auftauchen des Mönchs in der Hauptstadt. Vgl. Anm. 382. 886 So hält es GIRARDET 1975, 155 schon für Athanasios I. von Alexandria fest, der immer wieder als einer der großen Kämpfer für die libertas ecclesiae gesehen wird. 887 Auf Markian und Leon nehmen die Päpste, verstärkt Hormisdas, häufig Bezug: Berol. 20 (65, 9–12; zitiert in Anm. 700); Avell. 115,9 (512,16–21); 116,10 (515,18–23); 126,15 (544,6 f.). Gerade Markian aber hatte eine große Dichte an Eingriffen in die Kirche aufgewiesen, während sich Leon in der Affäre um Timotheos Ailuros nur äußerst zögerlich auf die Seite Chalkedons geschlagen hatte. In seiner Glaubensumfrage hatte Leon darüber hinaus keine kirchlichen Wege der Konfliktregelung eingehalten, es sei denn, man sieht wie SEPPELT 21954, 206 f. im Codex Encyclius „eine Art Konzil in Briefen“. Der Vorwurf des Despotismus wäre also mit gutem Grund auch gegen diese beiden Kaiser zu erheben.

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tasiosʼ ex post diskreditierte dogmatische Position, die sie und auch ihr Eingreifen in den Augen ihrer Gegner in ein schlechtes Licht setzen sollte. Es ist somit zu vermuten, dass die oftmals kritisierten Kaiser Zenon und Anastasios kein grundsätzlich anderes Verhalten an den Tag legten als ihr Nachfolger Justin. Der Unterschied zwischen ihnen bestand in der dogmatischen Positionierung, die im Ergebnis dazu führte, dass in der nachträglichen Bewertung der Zeit Zenon und Anastasios als Ketzer galten, während Justin als Retter eines wahren Glaubens gepriesen werden konnte. Hinzu kam, dass Justin schon früh gänzlich im Schatten seines Nachfolgers Justinian stand. Dadurch war er als historische Person innerhalb kurzer Zeit so schlecht greifbar, dass das in ihn hineinprojizierte Bild, das hauptsächlich von der römischen Sicht der Dinge gespeist wurde, umso freundlicher ausfallen konnte.888 11.5. Justin (518–527) Besonders hinsichtlich der eigentlichen Hauptfrage des Schismas ist keine grundsätzliche Handlungsopposition zwischen Justin und seinen Vorgängern zu beobachten. Auch er war an einer politisch dominierten Kirchenordnung orientiert, und es gelang ihm, Rom dazu zu bringen, 519 Zugeständnisse an diese zu machen. Der Kaiser griff damit nicht weniger oder auch nur behutsamer in die Belange der Kirche ein als Anastasios. Da er aber andere kirchliche Gruppen unterstützte, den Frieden mit Rom suchte und Rom die Durchsetzung des Tomus Leonis ermöglichte, erntete er keine westliche Kritik. Gerade für Rom konnten die Maßnahmen des Justin eine größere Rechtmäßigkeit beanspruchen, weil sie scheinbar an apostolischen Maßstäben orientiert waren, bewegte sich der Kaiser doch auf das Papsttum zu. Ob Severos, der von Justin ins Exil getrieben wurde, das genauso sah, darf bezweifelt werden. Auch für Justin hatte das Dogma einen funktionalen Nutzen. Er förderte diejenige Glaubensrichtung, die ihm am ehesten die kirchliche Einheit des Reichs versprach. Nach der Desintegration der vergangenen Jahre sah der Kaiser offenbar die größere Chance auf die kirchliche Einheit nun in einer Annäherung an Rom und schwenkte auf einen chalkedonischen Kurs ein. Justins Absage ans Henotikon war also nicht bloß – und wohl nicht einmal in erster Linie – von persönlichen Überzeugungen geprägt, sondern deutlich auch von den Erfahrungen des Scheiterns des Anastasios: An Severos entzündeten sich immer neue Konflikte, ihm schlug Ablehnung aus Jerusalem, Teilen Syriens, aus der Kaiserstadt und durch Vitalian entgegen. Somit war es für Justin naheliegend, mit ihm zu brechen und damit auch mit den bekenntnispolitischen Grundlagen des Anastasios.889 Justins   888 Zum Verhältnis von Justin und Justinian: Anm. 427. 889 Zu den Gründen des Umschwungs: Anm. 427. Was auch immer ausschlaggebend für Justins Maßnahmen war, im Ergebnis waren sie eindeutig: „Mit ihm [sc. Anastasios] sank auch das Henotikon ins Grab.“ (HAACKE [W.] 1939, 77). Vgl. auch BACHT 1953, 289.

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bekenntnispolitische Maßnahmen dienten also, wie schon bei Zenon und Anastasios, auch der Herrschaftssicherung. Die Billigung des Libellus Hormisdae durch Konstantinopel stellte die Einheit der Kirchen von Rom und Konstantinopel wieder her, womit der Kaiser ein grundlegendes Konfliktpotential in seiner Residenz entschärfen, die kirchliche Separation Palästinas und Syriens stoppen und Vitalian auf seine Seite ziehen konnte.890 Dass er bei der Einigung 519 auf die Nutzung staatlicher Machtmittel vertraute, ist auffällig. Da das Akakianische Schisma seinerzeit durch kaiserliche Eingriffe in die Kirche ausgelöst worden war, war es konsequent, dass es auch die kaiserliche Intervention war, die es nun auflöste, zumal die Kirche selbst zu keiner innerkirchlichen Lösung in der Lage war. So setzte Justins deutlich geäußerter Wunsch nach Einheit sowohl Papst Hormisdas als auch Patriarch Johannes II. von Konstantinopel unter Druck. Der Papst musste Konzessionen an die politisch begründete Position der Hauptstadtkirche machen, da die plötzliche Möglichkeit der Anerkennung der römischen Grundforderungen des Schismas ihn unter Zugzwang setzte. In der neuen dogmatischen Übereinstimmung mit dem Kaiser war es Hormisdas de facto nicht möglich, die Einigung weiterhin zu verweigern, zumal auch hohe Würdenträger des Hofes in die Korrespondenz mit dem Papst einbezogen wurden.891 Johannes stand als Bischof der Hauptstadt unter noch direkterem Druck, der auch von seiner Gemeinde ausging, die sich deutlich für einen Umschwung aussprach. Der Patriarch hatte keine andere Wahl, als der Einigung mit Rom zuzustimmen.892 In Syrien nutzte Justin ebenfalls Zwangsmittel, um mit Unterstützung des neuen Patriarchen Paulos die severianische Hierarchie ins Exil zu treiben. Der Kaiser erklärte, alle Bischöfe seines Reichs sollten die HormisdasFormel anerkennen.893 Gleichzeitig kam Justin kirchlichen Positionen entgegen und bemühte sich, seinem Handeln den steten Anschein von Kirchlichkeit zu geben. Rein formell war es 518 die Kirche selbst, die den Umschwung eingeläutet hatte. Justin ließ sich über die Vorgänge scheinbar lediglich informieren und gab seine Informa  890 SCHWARTZ 1934, 259. Gerade die Aussöhnung mit Vitalian war von Bedeutung. CROKE 2007, 56 weist im Bestreben, den Einfluss Justinians auf Justin zu minimieren, darauf hin, dass Vitalian bis zu seiner Ermordung 520 für die Handlungsausrichtung Justins wichtiger gewesen sei als Justinian. Zum mutmaßlich von Justinian veranlassten Mord an Vitalian: CAMERON 1982; GREATREX 2007, 105 f.; MAZAL 2001, 32.; VASILIEV 1950, 110–3. 891 Teilweise hatte Hormisdas diese Akteure selbst angeschrieben, um den Einigungsdruck auf die Hauptstadt zu erhöhen. Vgl. Anm. 463. Nun erzeugten diese angesichts der für Rom günstigen Verhandlungsergebnisse einen Einigungsdruck auf Hormisdas. Es ist denkbar, dass Justin die Taktik des Hormisdas insofern umgekehrt hatte, als er die Briefpartner des Papstes nun seinerseits dazu ermunterte, diesem ihre Freude über die Einigung in Konstantinopel mitzuteilen. 892 Vgl. Kap. 9.5. Die Feststellung von MEYENDORFF 1989, 213, Hormisdas habe alle Trümpfe in der Hand gehabt, trifft zu. Allerdings übersieht er dabei, dass Hormisdas gleichzeitig auf die Bereitschaft des Kaisers angewiesen war, den römischen Willen seinem Amtsbruder in Konstantinopel gegenüber auch durchzusetzen. 893 Avell. 160,4 (611,20–2; zitiert in Anm. 451).

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tionen an Hormisdas weiter.894 Der Kaiser erweckte den Eindruck, dass seine eingreifenden Maßnahmen nur innerkirchliche Entwicklungen widerspiegelten. Selbst sein Befehl der Annahme Chalkedons im gesamten Reich berief sich auf das Beispiel des Bischofs von Konstantinopel.895 Damit konnte es zu einer Bekenntnispolitik kommen, die weder vom Papst noch vom Patriarchen grundsätzlich in Zweifel gezogen wurde. Dass der Patriarch dies getan hätte, war ohnehin wenig wahrscheinlich. Aber auch das Papsttum kehrte Justin gegenüber zur Unbefangenheit des Simplicius zurück und bat den Kaiser um sein Wirken zugunsten Chalkedons. Dieser Aufforderung kam der Kaiser nach, zum Beispiel eben in Form seiner sakra, die den einzelnen Kirchen die von Rom geforderte Verfolgung von Miaphysiten befehlen sollte. Schon bald nach 519 musste Justin aber feststellen, dass er ebenso wenig in der Lage war, die Einheit der Kirche herzustellen wie Anastasios. Zwar hatte er die dogmatischen Fronten auf den Stand von vor 482 zurückgesetzt, die Gegensätze zwischen Chalkedoniern und Antichalkedoniern aber waren in den Jahren des Schismas so stark angewachsen, dass sie weniger denn je überbrückbar geworden waren. Auch bezüglich der umstrittenen kirchlichen Ordnungsgrundlage konnte die politisch begründete Lösung des Schismas keinen Ausgleich herstellen. Dieser Makel der Einigung von 519 dürfte für Justin jedoch zu vernachlässigen gewesen sein: Immerhin hatte schon das Henotikon keinen wirklichen Ausgleich angestrebt. Dem neuen Kaiser genügte es ebenso, die äußere Einheit der Bischöfe von Rom und Konstantinopel wiederhergestellt zu haben. Da sich damit aber weder die politische noch die apostolische Ordnung hatte entscheidend durchsetzen können, standen die Fragen, die zur Entfremdung der Kirchen geführt hatten, weiterhin im Raum. Die römische Kirche trug dazu bei: Nach ihrem anfänglichen Erfolg unterwarf sie sich nicht den kaiserlichen Einheitsplänen, sondern insistierte hartnäckig auf der Erfüllung eigener Forderungen als Bedingung für Gemeinschaft.896 Justin musste Papst Hormisdas aber schon 520 damit konfrontieren, dass es Kirchen gab, die sich diesen Anordnungen widersetzten. So bat er ihn, von seinem radikalen Kurs abzulassen und verwies einmal mehr auf eine politische Kirchenidee, indem er beanstandete, dass die dogmatische Absolutheit Roms der Einheit im Wege   894 Greifbar ist die Illusion eines solchen Vorgehens im Brief des Kaisers an den Papst: Iohannes uir beatissimus, huius regiae urbis antistes, et ceteri uiri religiosi episcopi de diuersis locis et ciuitatibus hic reperti nostram serenitatem docuerunt pro concordia ueram et orthodoxam fidem colentium proque unitate uenerabilium eius ecclesiarum litteras tuae sanctitati offerendas confecisse ac magnopere postularunt nostras etiam epistolares paginas super hoc ad eam emanare (Avell. 143,1). Vgl. Anm. 596. 895 Avell. 160,4 (611,21 f.): ut exemplum imitentur ciuitatis regiae. 896 Nur so lassen sich die regelmäßigen päpstlichen Mahnungen verstehen, das begonnene Werk zu vollenden. Insbesondere in Bezug auf Ägypten und Syrien trieb Hormisdas die Akteure der Hauptstadt zur Konsequenz an. Vgl. Anm. 454. Von den Forderungen seines libellus jedenfalls ließ Hormisdas auch in den neuen Rahmenbedingungen von 519 nicht ab.

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stehe.897 Da Rom nicht bereit war, auf Kompromisse einzugehen, kostete die Einheit der „Beiden Rom“ kurzfristig die Einheit mit der Kirche von Alexandria und mittelfristig auch die mit der syrischen Kirche. Justin unterschied sich also vor allem dogmatisch von seinen Vorgängern. Schon in der Begründung seiner Positionen jedoch erwies er sich als ihr würdiger Nachfolger, denn auch für ihn waren Gedanken eines politisch begründeten Kirchenprinzips zentral. Er vertrat Chalkedon in erster Linie deshalb, weil das Henotikon gescheitert war. Als er merkte, dass auch Chalkedon an der Herstellung der Einheit scheitern würde, versuchte er, wieder von strikt chalkedonischen Positionen abzurücken. Das Dogma stand im Dienst des Kaisers, nicht umgekehrt. Das Gleiche galt für die Hierarchie. Dass Johannes mithilfe Justins die implizite Anerkennung der Ansprüche aus Kanon 28 gegen römischen Widerstand hatte erreichen können, war auch für den Kaiser wichtig. Justin war auf die kirchliche Autorität seines Residenzbischofs angewiesen. Der Vorwurf des Despotismus wäre also ebenso Justin gegenüber wie gegenüber Zenon und Anastasios zu erheben.898 Nur weil sich seine Maßnahmen in Übereinstimmung mit der letztlich siegreichen Richtung befanden, fällt das Urteil der von dieser siegreichen Richtung dominierten Quellen über ihn milder aus. So sekundär die Inhaltsebene im Kampf der Kirchen im Akakianischen Schisma auch sein mochte, so sekundär sie in der Positionierung des Kaisertums war: Der rechte Glaube blieb für die kirchlichen Zeitgenossen letztlich die maßgebliche Legitimation.

  897 Avell. 232,5: ueniam itaque nominum postulamus, non Acacii, non utriusque Petri, non Dioscori uel Timothei, quorum uocabula ad nos datae sanctitatis tuae epistolae continebant, sed quos in aliis celebrauit ciuitatibus episcopalis reuerentia et hoc exceptis urbibus, ubi uestrae beatitudinis libellus iam in plenum admissus est, nisi hanc quoque partem beniuolentia statuerit uestra mitius corrigendam. Da der Libellus Hormisdae auch Makedonios und Flavian verketzerte, die im Osten beide als Märtyrer für Chalkedon galten (vgl. die Forderung der Gemeinde von Konstantinopel 518, die Überreste des Makedonios in die Hauptstadt zu transferieren: Sabbait. 27 [74,24]; ähnlich: EBD. 25 [63,38]), kam Widerstand gegen die Annahme des Briefes aus beiden Richtungen, von Antichalkedoniern wie Chalkedoniern. Vgl. MENZE 2008, 56 f., 86 f. Auch Papst Anastasius fand noch einmal Erwähnung, als Justin Hormisdas gegenüber zutreffend feststellte, dass jener doch sogar im Falle des Akakios ein bloßes Verschweigen in Betracht gezogen hätte: Avell. 232,6 (702,21–5). Vgl. Anastas. epist. 1,4 (617 f.). Hormisdas ging auf diese kaiserlichen Bedenken aber nicht ein, was zeigt, dass Justin die Grundsätzlichkeit der römischen Argumentation unterschätzt hatte: FREND 1972, 235. Daneben: GRAY 1979, 50 f.; MAGI 1972, 79–84. 898 Genauso ist er auch gegenüber Markian und Leon zu erheben: Anm. 887. Der Vorwurf des Despotismus wurde Justin im Übrigen von miaphysitischer Seite durchaus gemacht. Vgl. die wenig schmeichelhafte Charakterisierung des Kaisers bei Ps.-Zach. HE 7,14.

V. SCHLUSS 12. ZUSAMMENFASSUNG: DAS SCHISMA UND DIE ORDNUNG DER KIRCHE 12.1. Ordnung, Konflikt und Positionierung der Akteure Das Akakianische Schisma öffnet den Blick auf einen Konflikt um die adäquate Ordnungsgrundlage der Kirche. In diesem Konflikt positionierten sich die kirchlichen Akteure zwischen den Polen einer apostolisch und einer politisch begründeten kirchlichen Ordnung. Die Positionierung der Akteure entlang dieser Achse der Ordnungsbegründung erfolgte nicht, wie oft angenommen, unter Maßgabe geographischer Faktoren. Ein Ansatz der Trennung in westliche und östliche Kirchen ist überholt und nur insofern gerechtfertigt, als die beiden in der Überlieferung maßgeblich greifbaren Protagonisten des Ordnungskonflikts – auch im Akakianischen Schisma – die Bischöfe von Rom und Konstantinopel waren. Gerade die Kirche von Alexandria stellt aber unter Beweis, dass die Orientierung hinsichtlich der kirchlichen Ordnungsgrundlagen nicht primär geographischen Gesichtspunkten folgte.899 Im Gegensatz zu der Annahme eines generellen Gegensatzes zwischen Ost und West ist die weniger weitgehende Unterscheidung zwischen apostolischer und politischer Orientierung also gerechtfertigt und auch im Akakianischen Schisma nachweisbar. Diese Unterscheidung dient in der Forschung jedoch zumeist nur der Analyse von Konflikten zwischen Konstantinopel und Rom seit frühestens 381, ohne auf eine mögliche weitere geographische und zeitliche Geltung der Differenz in der Ordnungsbegründung einzugehen. Darüber hinaus wird für gewöhnlich nur eine der in dieser Arbeit festgestellten Zonen kirchlicher Konflikthaftigkeit, nämlich die Frage nach der Hierarchie, manchmal darauf aufbauend auch die Frage nach der Rolle des Kaisers, in den Blick genommen. Zu einem Übertrag auf andere Konfliktformationen oder andere Akteure kommt es oftmals nicht. Die vorliegende Arbeit jedoch hat gezeigt, dass dem Konflikt zwischen einer Ordnungsbegründung unter apostolischen oder unter politischen Maßgaben eine sehr viel weiter gehende Bedeutung zukommt: Er findet sich in den Aussagen jeglicher kirchlicher Akteure zu jeder der drei kirchlichen Grundfragen nach Dogma, Hierarchie und Rolle des Kaisertums. Dabei verknüpften sich mit den Konflikten um eine apostolisch oder politisch bestimmte Ordnung auch weitere Differenzen   899 Vgl. Kap. 9.2.; 10.3.; Anm. 621.

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zwischen den Kirchen, die einer Ausdifferenzierung der kirchlichen Autonomie geschuldet waren. In der Segmentarität kirchlicher Strukturen fanden sich im Reich Kirchen, die eine große Autonomie externen, in diesem Falle politischen Einflüssen gegenüber aufwiesen. Auf der anderen Seite standen Kirchen, die einer grundlegenden Heteronomie ihrer Strukturen ausgesetzt waren und im spätantiken Zusammentreffen von Reich und Kirche dementsprechend leichter durch politische Strukturen beeinflusst werden konnten.900 Beide Differenzierungen, apostolisch–politisch und autonom–heteronom, waren eng verknüpft. Die Kirchen, die eine apostolisch begründete Ordnung bevorzugten, wiesen zumeist eine größere Autonomie in der kirchlichen Entwicklung auf, während die Akteure, die heteronomen Beeinflussungen zugänglicher waren, eher politisch begründete Ordnungen anstrebten. Hier knüpft eine dritte Differenzierung an: Während die autonom-apostolisch orientierten Akteure einer – von ihnen definierten und geschaffenen – kirchlichen Tradition verhaftet waren, die letztlich die Autonomie ihrer Entwicklung sowohl spiegelte als auch bewahren sollte, integrierten die Akteure mit heteronom-politischer Orientierung auch aktuelle faktische Einflüsse externer Natur in ihre Positionen, waren gewissermaßen kontingenzoffen.901 Mit der Differenzierung zwischen Akteuren, die hinsichtlich der kirchlichen Ordnung an Autonomie, Apostolizität und Tradition orientiert waren und Akteuren, die ein heteronomes, von politischen und aktuellen Faktoren beeinflusstes Kirchenprinzip vertraten, stellt die Arbeit ein weit gefasstes Raster für die Analyse von Konflikten um die Herausbildung einer normativen Ordnung der Kirche zur Verfügung. Dieses Raster ist weder auf bestimmte Kirchen noch auf bestimmte historische Streitformationen begrenzt, sondern kann geographisch und zeitlich eine ausgedehnte Geltung beanspruchen. Alle kirchlichen Akteure der Spätantike positionierten sich in den Fragen um Inhalts-, Organisations- und Abgrenzungsebene der Kirche zwischen den Polen einer apostolischen und einer politischen Ordnungsbegründung. Aus diesem Grund muss dieser Ordnungskonflikt als das eigentlich durchgehende Streitthema der spätantiken Kirche gelten, das in den drei Zonen der Konflikthaftigkeit jeweils nur aufs Neue aktualisiert wurde. So erkennt man auch im Akakianischen Schisma, abseits von spezifischen Streitfragen, einen Konflikt zwischen den Kirchen von Rom und Konstantinopel um die normative Ordnung der Kirche. Dem einer apostolischen Ordnung entsprechenden Leitsatz des römischen Bischofs Leo, dass die Ordnung der Kirche   900 Vgl. Kap. 3.2. Hier werden geographische Faktoren implizit doch wirksam. Unterschiedliche Autonomien, die mit der Nähe und Ferne zum Kaisertum zusammenhingen, lassen sich aber nicht in Ost-West-Schemata pressen. Dazu kommt, dass die Nähe und Ferne zum Kaiser nicht ausschließlich geographisch bestimmt war. Auch Faktoren der internen Entwicklung einzelner Kirchen spielten eine Rolle. Vgl. Kap. 9.6. 901 Es ist einzuräumen, dass diese Zuordnung von traditioneller und aktueller Orientierung auf autonomie- und heteronomieoffene Akteure nicht zwangsläufig ist. Dies betrifft aber vornehmlich die konkrete Zuordnung zu den beiden Konfliktparteien, nicht die Differenzierung zwischen Tradition und Aktualisierung an sich.

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eine andere sei als die der Welt, wollten und konnten die Bischöfe der Hauptstadt nicht folgen. Ganz im Gegenteil versuchten sie schon seit Längerem, kirchliche und politische Ordnung aufeinander zu beziehen und aneinander anzugleichen. Folglich war das hier betrachtete Schisma weder das erste noch das letzte Aufeinanderprallen apostolischer und politischer Ordnungsbegründungen. Schon seit der Entstehung des christlichen Kaisertums war es in der Kirche immer wieder zu Konflikten um die Ordnungsgrundlage gekommen, hatten sich massive innerkirchliche Spannungen angestaut, entladen und letztlich verstetigt. Durch das christliche Kaisertum hatte die Kirche ein Instrument an die Hand bekommen, mit dem sie punktuell aus ihrer Segmentarität ausbrechen konnte, was ihren internen Kämpfen um Dogma und Hierarchie eine neue Bedeutung verlieh. Da die christlichen Kaiser selbst andere Ziele als die Kirchen verfolgten und andere Vorbedingungen an die Kirchlichkeit stellten, warfen die durch das Kaisertum entgrenzten Konflikte um Dogma und Hierarchie auch die Frage nach der Rolle des Kaisers in der Kirche auf. Gleichzeitig hatte die kaiserliche Reichskirche aber keine Verfahren herausgebildet, um die kirchliche Segmentarität grundsätzlich zu beheben. Alles in allem wurde die Reizschwelle für die Ausweitung von kirchlichen Konflikten in der Spätantike damit erheblich gesenkt, was bei den gleichzeitigen grundsätzlichen Differenzen um Glauben, Hierarchie und Rolle des Kaisertums zu einer wachsenden Dynamik kirchlicher Unruhe führte. Die Frage nach der Ordnung der Kirche wurde in immer wieder neuen Aktualisierungen immer wieder neu gestellt. Die Positionen der kirchlichen Akteure hinsichtlich dieser Ordnungsfrage differenzierten sich dabei immer weiter aus. Welchen Positionen die Akteure im Einzelnen zuneigten, hing an verschiedenen Faktoren: Die eigene kirchlich-kanonische Tradition und die Anerkennung dieser durch andere Akteure, die Nähe zum Kaisertum und die Stabilität der Herrschaft einzelner Bischöfe innerhalb ihrer Kirchen waren zentrale Aspekte. In ihnen unterschieden sich auch Rom und Konstantinopel voneinander. Dementsprechend reagierten die Akteure unterschiedlich sensibel auf die Herausforderung der Ordnungsfrage. Während Rom spätestens seit dem fünften Jahrhundert dazu überging, die Kirche immer stärker aus sich selbst heraus zu begründen, um so Ansprüche des Kaisertums und kirchlicher Konkurrenten abzuwehren, banden sich die Bischöfe von Konstantinopel eng ans Kaisertum.902 Die Bereitschaft und die Möglichkeit, kaiserliche Macht entweder zu nutzen oder sie aus der Ordnungsbegründung auszuschließen, waren entsprechend der jeweiligen Autonomie der einzelnen Kirchen unterschiedlich ausgeprägt, auch wenn bestimmte Handlungsvoraussetzungen nicht notwendigerweise zu bestimmten Orientierungen führen mussten.   902 Es handelt sich um relationale Abläufe. Die verstärkte Petrus-Bezugnahme durch Rom lässt sich beispielsweise erst seit der Aufwertung Konstantinopels 381 greifen: Kap. 5.1. Auf diese verstärkte Betonung petrinisch-apostolischer Begründungsebenen reagierte Konstantinopel in der Folge durch das immer konsequentere Vertreten einer politischen Ordnungsgrundlage.

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V. Schluss

12.2. Bruch der Einheit und Neuformulierung der Ordnungsfrage 482/84 Der Ordnungskonflikt konnte durch Phasen scheinbarer Übereinkunft überdeckt werden. Die Synode von Chalkedon wurde beispielsweise von Rom und Konstantinopel zunächst gemeinsam gegen verschiedene Widerstände verteidigt. Allerdings baute die Berufung der beiden Kirchen auf Chalkedon auf unterschiedlichen Zielen und Grundlagen auf, sodass in ihr keinesfalls eine tiefere Übereinstimmung in der Frage nach der Begründung kirchlicher Ordnung lag. Im Verhältnis zwischen Rom und Konstantinopel zeigt sich eine fortschreitende theologische Reduktion der Debatte und die Neigung der spätantiken Kirche zum theologischen Vorurteil903, was zwar die Gegensätze zwischen den beiden Kirchen hinsichtlich der kirchlichen Ordnung lange überdecken konnte, ihre Gemeinschaft zugleich aber stets bedrohte.904 Die gemeinsame Invokation von Chalkedon schuf nur eine Illusion der Übereinstimmung. Die Vermeidung inhaltlicher Auseinandersetzungen stellte keine wirkliche Übereinkunft her, sondern verdeckte nur zunehmende Differenzen. Während Geltung und Inhalt der dogmatischen Ansichten also nicht eigens thematisiert wurden, war der hierarchische Konflikt nach 451 nur mühsam sistiert worden.905 Und die Frage nach der Rolle des Kaisers in der Kirche kam ohnehin immer nur dann auf, wenn ein Kaiser des falschen Gebrauchs seiner Macht bezichtigt wurde. Die communio zwischen Rom und Konstantinopel konnte damit jederzeit erschüttert werden. Zu dieser ordnungsinhärenten Bedrohung kam eine Anfälligkeit für die externe Veränderung kirchlicher Rahmenbedingungen. Da die Gemeinschaft von der Versicherung ihrer Gültigkeit durch personale Träger abhing, reagierte sie äußerst sensibel auf personale Umbrüche wie den misslungenen Übergang des Bischofsamts von Timotheos Salophakiolos auf Johannes Talaia in Alexandria. Auch die Dynamik des kirchlichen Streits im Osten – von der kirchlichen Segmentarität und dem politischen Zerfall des Reichs befördert – destabilisierte die durch Chalkedon vermittelte Wiederholungsordnung zwischen Rom und Konstantinopel, zumal die Unfähigkeit der Kirche, selbst zu einem Ausgleich zu gelangen, zu vermehrten kaiserlichen Regelungsversuchen führte. Der letztlich auslösende Faktor für den Bruch der Ordnung war 482/84 die Übereinkunft zwischen Akakios und Petros Mongos auf Grundlage des kaiserlichen Henotikon. In dieser Maßnahme wollte Rom keinen Nachvollzug Chalkedons durch Konstantinopel mehr erkennen. Die Differenz zwischen der Entwick  903 Auffällig ist, dass sich beide Seiten in ihrer Eigenperspektive im Schisma stets auf der Seite Chalkedons positioniert hatten. Trotzdem kam es erst nach 35 Jahren zur Beendigung des Schismas. 904 Vgl. Kap. 3.3. 905 Vgl. SCHWARTZ 1934, 175. KLINKENBERG 1952, 96 f. weist darauf hin, dass das Bündnis zwischen Rom und Konstantinopel „beileibe keine Entente Cordiale“ gewesen sei. Allerdings, darin lag die Spannung in den Beziehungen begründet, war es gerade der von Rom bekämpfte Kanon 28, der als Teil Chalkedons Konstantinopel überhaupt an Rom band.

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lung im Osten und den Erwartungen Roms war zu groß geworden, als dass die Beteuerungen Zenons und Akakiosʼ, weiterhin auf Grundlage der Synode zu stehen, diese Differenzen in den Positionen noch hätten überdecken können. Darüber hinaus werteten die Päpste das Henotikon als unrechtmäßigen Eingriff des Kaisers in kirchliche Interna, da sie die darauf aufbauende Gemeinschaft zwischen Akakios und Petros Mongos für eine Relativierung Chalkedons und damit für häretisch hielten. Dass Konstantinopel die Entwicklungen aber offensichtlich anders bewertete und Akakios keineswegs bereit war, sich von seinem und Zenons Kurs abbringen zu lassen, rief in Rom zusätzlich Sorgen bezüglich der Anmaßung hierarchischer Rechte durch die Hauptstadt hervor. Damit hatte die Krise von 482/84 die drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit aktualisiert. Es ging bis 519 vordergründig um drei eng umrissene Fragenkomplexe: Welche dogmatische Rolle kam der Synode von Chalkedon und dem Tomus Leonis zu? Waren die römischen Primatsansprüche, die sich gegen die auf Kanon 28 gründenden Ansprüche Konstantinopels richteten, gerechtfertigt, und worauf stützten sie sich? Wo waren die Grenzen kaiserlicher Einflussnahme in Belange der Kirche, und woran war ihre Legitimität gebunden? Diese Fragen waren der Situation von 482/84 geschuldet und damit spezifisch für das Akakianische Schisma. Hinter diesen aktuellen Fragen standen aber langfristige strukturelle Konflikte. Letztlich war das Akakianische Schisma eine von mehreren Etappen auf dem Weg der Verhandlungen um die Ordnungskriterien spätantiker Kirchlichkeit. Durch die Aktualisierung der drei fundamentalen Konfliktzonen trat der Grundkonflikt um eine apostolische oder eine politische Ordnungsgrundlage der Kirche erneut an die Oberfläche. Hinter den Diskussionen um Chalkedon, Rangansprüche und Henotikon stand die Frage, auf welcher Basis Glaube, Hierarchie und Eingriffe des Kaisers stehen sollten: auf Basis einer von Rom als traditionell erfahrenen Apostolizität oder auf Grundlage der Anerkennung des faktischen Einflusses politischer Faktoren auf die kirchliche Entwicklung? In spezifischen Fragen wurde von 484 bis 519 also die allgemeine Frage nach der kirchlichen Ordnung verhandelt, die sich seit Kaiser Konstantin immer wieder stellte: Wie hatte sich die Kirche angesichts der Chancen und Gefahren, angesichts der Herausforderungen und Möglichkeiten zu verhalten, mit denen sie durch die Entstehung eines christlichen Kaisertums konfrontiert worden war? Da es sich beim betrachteten Schisma um eine relativ späte Ausprägung dieses durchgehenden Konflikts handelt, sind die unterschiedlichen Positionierungen bezüglich der Ordnung hier umso augenfälliger. Es waren schließlich die summierten Effekte des bisherigen Ordnungskonflikts, die dem Akakianischen Schisma 482/84 die Grundlage für die neuerliche Aktualisierung der Streitigkeiten boten. Dem Schisma kommt damit ein exemplarischer Charakter für die Betrachtung des kirchlichen Ordnungskonflikts an sich zu. Auch wenn bereits vorhergehende Konfliktsituationen ähnliche Mechanismen aufwiesen, so waren diese doch im

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Vergleich zum hier betrachteten Schisma weniger fortgeschritten und damit schlechter greifbar.906 12.3. Rom und Konstantinopel: Antagonisten der Kirchlichkeit Dogmatisch zog sich Rom im Akakianischen Schisma gänzlich auf bereits formulierte Positionen zurück: Chalkedon und Tomus Leonis sollten die Grundlagen des Glaubens im Reich sein. Die Gültigkeit dieser dogmatischen Grundlagen stand für Rom überhaupt nicht zur Debatte, die Beschlüsse einer allgemeinen Synode galten als geistgewirkt. Das entzog sie der Diskussion, bürgte für ihre Legitimität und ermöglichte es Rom, die kirchliche Ordnung als kontingenzbefreit aufzufassen. Konstantinopel aber baute seine Rangansprüche auf historisch bedingten Umständen auf. Die Patriarchen der Hauptstadt konnten diese nicht gänzlich aus der Diskussion ausscheiden, weshalb Akakios Chalkedon in der vermittelnden Interpretation des Henotikon zwar anerkannte, es damit aber relativierte. Rom behauptete daher, dass sich Akakios durch seine Gemeinschaft mit Petros Mongos mit dessen eutychianischer Häresie angesteckt habe. Der gleiche Vorwurf traf später seine Nachfolger, die die Erinnerung an ihn aufrechterhielten. Erschwerend hinzu kam, dass der Bischof von Konstantinopel in den Augen Roms gar nicht berechtigt gewesen war, ohne die Beteiligung des Papstes einen Bischof von Alexandria wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen. Zu der angeblichen Häresie kam also die Anmaßung kirchlicher Rangrechte. All das führte dazu, dass gerade die Streichung des Akakios aus den Diptychen der Kirche gegenüber Konstantinopel und auch gegenüber anderen Kirchen zur römischen Grundforderung im Schisma wurde.907 Die Häresie und die Anmaßungen des Akakios standen für Rom zunächst im Mittelpunkt des Schismas. Sie wurden dabei oftmals mit einem römischen Primat kontrastiert, der aus Sicht der Päpste die Überlieferung des rechten Glaubens garantierte und damit die Maßnahmen Konstantinopels zusätzlich diskreditierte. Im Laufe des Schismas, mit wachsendem Abstand zu den Ereignissen von 482/84, verlor die Fokussierung auf Akakios zwar ihre Prominenz, auf die Kernforderung nach seiner Expunktion und auf das Beharren auf dem eigenen Primat verzichteten die Päpste jedoch weiterhin nicht. Die Patriarchen der Hauptstadt aber weigerten sich bis 519, die römischen Forderungen, die in einem apostolischen Kirchenprinzip gründeten, zu erfüllen. Akakios wurde nicht preisgegeben. Zum einen erkannten die Patriarchen in ihrer   906 STIERNON 1983, 263 meint, man könne 381 noch keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen der petrinischen Ekklesiologie Roms und der politisch beeinflussten Ekklesiologie Konstantinopels unterstellen. Auch wenn diese Arbeit dafür argumentiert, dass genau das sehr wohl möglich ist, so ist doch einzuräumen, dass der entsprechende Unterschied zu diesem frühen Zeitpunkt noch wenig ausgeprägt war. 907 Zur römischen Argumentation im Schisma generell: Kap. 7.

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eigenen Deutung der dogmatischen Entwicklung keine Absage an Chalkedon durch Akakios oder sie selbst. Zum anderen entbehrte es damit jeglicher Grundlage, Akakios aus den Diptychen zu streichen, zumal dies die Rangansprüche der eigenen Kirche geschwächt hätte. Den erhöhten Rang der eigenen Kirche durch den auf politischen Analogien aufbauenden Kanon 28 voraussetzend, meinte schon Akakios nicht, seine Kompetenzen überschritten zu haben. Da das kaiserliche Henotikon Chalkedon keine explizite Absage erteilt hatte, waren dementsprechend auch die Versuche der Kaiser, die Einheit der Kirche durch das Henotikon herzustellen, legitim. Zumindest konnte es in der Sicht der Hauptstadtakteure die Legitimität der Bischöfe von Konstantinopel nicht schmälern, wenn diese sich zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen auf kaiserliche Sanktionsmittel stützten. Das Problem unterschiedlicher leitender Kategorien in der kirchlichen Positionierung von Kaisertum und Kirche kam also nur dann zum Tragen, wenn Kaisertum und Kirche unterschiedliche Auffassungen von der Orthodoxie hatten. Für Konstantinopel war das, mit den Ausnahmen von Euphemios und Makedonios, zumeist nicht der Fall.908 Rom hingegen vertrat im Schisma durchgängig andere Ansichten bezüglich der Orthodoxie als die Kaiser, weswegen gerade unter Kaiser Anastasios dann auch die Rolle des Kaisertums verstärkt in den Blick der römischen Argumentation rückte. Es war mit Zenon schließlich auch ein Kaiser, der das Henotikon durchgesetzt hatte. Vor allem aber war es Anastasios, der nicht davon abließ, auf Grundlage des Henotikon weiterhin die römische Orthodoxie zu gefährden. Papst Gelasius warf dem Kaiser in der Zweigewaltenlehre vor, sich mit seiner Bekenntnispolitik illegitimerweise in kirchliche Interna einzumischen. Zwar wich Gelasius dabei nicht von einer traditionellen Sicht bezüglich der Rolle des Kaisers in der Kirche ab; in seinem gleichzeitigen Hinweis auf das Jüngste Gericht lag aber durchaus eine Drohung. Diese war jedoch ins Jenseitige verschoben und betraf nur Anastasios als Person. Auch Rom war also noch nicht bereit, dem Kaisertum an sich seine kirchlichen Rechte abzusprechen. Bereits Hormisdas, der in der Nachfolge des Gelasius Anastasios noch heftig kritisiert hatte, nutzte die Machtmittel Kaiser Justins, der auf die Linie Roms zurückgekehrt war, wieder bereitwillig und zeigte damit, wie wenig abstrakt die Kritik an der kaiserlichen Rolle des Anastasios auch durch Gelasius war. Die römischen Akteure legten im Akakianischen Schisma also apostolische Maßstäbe an die Ordnung der Kirche an, auf deren Grundlage sie den Einfluss des Kaisers und politischer Erwägungen auf Dogma und Hierarchie kritisierten, wenn auch keineswegs grundsätzlich infrage stellten. Konstantinopel war anderen Prinzipien verpflichtet: Geographisch und in der Begründung des eigenen Ranges wesentlich stärker auf Kaisertum und säkulare Analogien angewiesen, von ihnen beeinflusst und an ihnen orientiert, waren die Patriarchen meist bereit, die kaiserliche Definition des Glaubens im Henotikon mitzutragen. Für Zenon und Anas  908 Und selbst diese beiden Bischöfe brachen weder mit dem Kaisertum an sich noch mit ihrem Vorgänger Akakios. Zur Argumentation Konstantinopels im Schisma generell: Kap. 8.

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tasios war der rechte Glaube aber in erster Linie politisch definiert. Ihnen war die Absolutheit einer Orthodoxie weniger wichtig als die Relativität eines Kompromisses, dem alle Gruppen zustimmen konnten. Freilich hielten auch die Bischöfe von Konstantinopel die Glaubensdefinition des Henotikon ihrerseits für orthodox. Mit ihrer Orientierung an den Kaisern legten sie aber implizit weniger strenge Maßstäbe an die Modi der Glaubensherstellung an als das ferne Rom, das seit 476 sogar aus dem Reichsverband gelöst war. Dadurch gaben sie den Päpsten die Gelegenheit, sich gegen die relativierenden Positionen der politisch orientierten Kirchenordnung als Hort einer konsequenten chalkedonischen Orthodoxie zu stilisieren. Gerade nach der Ausschaltung des Makedonios stießen Symmachus und vor allem Hormisdas mit seinem libellus gezielt in diese Lücke. Diese Art der römischen Selbstdarstellung verlangte nach einer großen Einheitlichkeit der päpstlichen Positionen. Die Arbeit hat gezeigt, dass die einzelnen Päpste allesamt an der Durchsetzung der zentralen römischen Forderungen orientiert waren. Zwar traf der Rigorismus des Gelasius, der letztlich in eine Isolation Roms mündete, nicht bei allen Akteuren in Rom auf Gegenliebe und führte zu einer Neuorientierung der Beziehungen zum Osten unter Bischof Anastasius II. Aber auch dieser hielt an der Forderung nach der Anerkennung des Tomus Leonis im Osten fest, verzichtete nicht gänzlich auf die Verdammung des Akakios und war keinesfalls bereit, das Henotikon zu akzeptieren und damit ein politisch orientiertes Kirchenprinzip zu billigen. Seine Ausgleichspolitik markierte also nur die Grenzen dessen, was Rom seinen Gegnern zuzugestehen bereit war, war aber weiterhin an einem apostolischen Kirchenprinzip orientiert. In diesem Punkt ist auch kein Unterschied zwischen den Gegenbischöfen Symmachus und Laurentius während des innerrömischen Schismas von 498 bis 506 auszumachen. Da also alle Päpste im Akakianischen Schisma das ähnliche strukturelle Ziel der Durchsetzung eigener, apostolischer Positionen teilten, blieben auch die auf den Vorgaben Papst Leos aufbauenden Argumentationsformen bei allen Päpsten ähnlich. Die Bischöfe von Konstantinopel hingegen agierten aus weniger stabilen Verhältnissen heraus als ihre Amtsbrüder in Rom und legten daher eine größere Uneinheitlichkeit in Positionierung und Argumentation an den Tag. In ihrer Funktion als Bischöfe der Hauptstadt und in ihrer Orientierung an politischen Maßgaben waren Konstantinopels Patriarchen vielerlei Spannungen und Beeinflussungen unterworfen. So beschränkte sich ihr Grundkonsens auf die Ablehnung der Expunktion des Akakios aus den Diptychen. Darüber hinaus aber wiesen sie unterschiedliche Positionen auf, die sich insbesondere aus ihrer jeweiligen Position zum Henotikon und damit ihrem Verhältnis zu den einzelnen Kaisern und den sonstigen kirchlichen Akteuren der Hauptstadt ergaben. So hatten Euphemios und Makedonios dem kaiserlichen Dokument gegenüber inhaltliche Vorbehalte. Sie konnten sich dadurch zwar des Rückhalts in ihrer eigenen Gemeinde und beim hauptstädtischen Mönchtum versichern, gerieten aber in einen Konflikt mit Kaiser Anastasios. Da dieser die Auseinandersetzung mit seinen Patriarchen für sich entscheiden konnte und seine Macht den Rang der Hauptstadtbischöfe in der Reichskirche verbürgte, findet sich für Konstantinopel kein grundsätzliches Abrücken von den Mechanismen einer politisch begründeten kirchlichen Ordnung.

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Das Akakianische Schisma zeigt, dass Positionierungen in der Frage nach der kirchlichen Ordnung zwischen den Polen einer Ausschaltung politischer Einflüsse und einer Bindung an diese lagen. Zwar vertraten auch die Kirchen von Konstantinopel und Rom im Schisma keine idealtypischen Radikalpositionen der Polarität von kirchlicher Autonomie und Heteronomie, können aber trotzdem als typische Vertreter der jeweiligen Orientierung gelten. Die Positionierung einzelner Kirchen auf einer Achse polarer Kirchenprinzipien war darüber hinaus ein generelles Charakteristikum spätantiker Kirchlichkeit, was der Blick auf die anderen Großkirchen des Reichs im Schisma beweist. Hierbei neigte Alexandria in großer Konsequenz einer apostolischen Ordnung zu, während die Bischöfe von Antiochia bemüht waren, die beiden Orientierungspole in Deckung zu bringen, ihren kirchlichen Rang apostolisch begründeten, ihre Stellung aber politisch sanktionierten. Jerusalem hatte mit einer mangelnden kanonischen Tradition seiner Rangrechte zu kämpfen, verfügte für diese aber über genügend theologische und biblische, letztlich apostolische Argumente, um sich seinerseits nicht in letzter Konsequenz am Willen des Kaisers orientieren zu müssen. Die Analyse kirchengeschichtlicher Ereignisse der Spätantike kann sich auch über die Betrachtung des Akakianischen Schismas hinaus dieser Polarität als Raster bedienen, um einzelne Konfliktsituationen in Entstehung und Austrag verstehen und in weitere Kontexte einbetten zu können. 12.4. Das Ende des Schismas: Ausblick Die Lösung des Schismas gestaltete sich schwierig. Die Erfolge der Konfliktparteien hielten sich im überschaubaren Rahmen, da sich beide Seiten in entscheidenden Punkten nicht durchsetzen konnten. Dass sich Konstantinopel Gelasius gegenüber auf Argumente stützte, die in Teilen apostolischen Positionen entsprachen – zum Beispiel der Vorwurf der fehlenden Synode beim Akakios-Urteil –, zeigt, dass in der Kirche solche eigentlich römisch-apostolischen Argumente prinzipiell auf Akzeptanz stießen. Sogar die Bischöfe von Konstantinopel selbst waren als kirchliche Akteure innerkirchlichen Denkstrukturen verhaftet und vertraten ihre politischen Begründungen eher unreflektiert. Damit konnte die Hauptstadtkirche aber die größere Autorität und Tradition Roms nicht überwinden. Rom beherrschte den Diskurs, während sich Konstantinopel für eigene Positionen rechtfertigen musste.909 Gleichzeitig konnte sich Konstantinopel auf eine Ressource stützen, die das Papsttum nicht überwinden konnte: die kaiserliche Sanktionsmacht. Das Durchsetzungsdefizit Roms im Osten hatte sich während des Schismas mehrfach ge  909 DVORNIK 1958, 106–37 stellt in einem ganzen Kapitel den „Growth of the idea of apostolicity during the Acacian schism“ dar. Gerade unter Hormisdas habe sich gezeigt, wie bereitwillig der Osten die apostolischen Grundlagen römischer Argumentation anerkannte (126–8). Vgl. auch VRIES 1968, 33–5.

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zeigt, wodurch der faktische Einfluss der Hauptstadtkirche auch für Rom nicht zu negieren war. Einflussnahme war für die Päpste nur dann möglich, wenn sie ein Bündnis mit dem Kaiser eingingen, wie es erst Hormisdas wieder möglich wurde. Insofern waren die Durchsetzungsprobleme der Kirchen im Schisma beidseitig, da sich Konstantinopel Rechtfertigungszwängen, Rom der Machtlosigkeit gegenüber den östlichen Entwicklungen ausgesetzt sah. So mussten 519 beide Seiten Zugeständnisse an den jeweiligen Gegner machen. Johannes II. von Konstantinopel billigte auf Druck Kaiser Justins den Libellus Hormisdae und verdammte Akakios. Hormisdas war genötigt, implizit die Rangansprüche der Hauptstadt anzuerkennen. Die spezifischen Fragen des Akakianischen Schismas um Dogma, Hierarchie und Kaiser waren damit gelöst. Da diese aber der Aktualisierung tiefer gehender und weiterhin ungelöster Konflikte geschuldet waren, blieb eine Antwort auf die durchgehend umstrittene Frage kirchlicher Konflikthaftigkeit auch 519 aus. Die Grundlage kirchlicher Ordnungsbegründung war weiterhin umstritten. Für Rom galt weiterhin, dass die Ordnung der Kirche eine andere war als die der Welt. Nach wie vor war aber auch nicht davon auszugehen, dass die Akteure in Konstantinopel diese Ansicht in ihrer Grundsätzlichkeit teilen würden. So war die Frage nach der Grundlage der Glaubensentwicklung 519 ja nur deshalb kurzfristig aus dem Fokus der Akteure geraten, weil Rom sich dogmatisch wieder in Übereinstimmung mit dem Kaiser und Konstantinopel sah. Eine von inhaltlichen Diskussionen getragene Übereinkunft in diesem Punkt hatte es durch die Ausschaltung eben solcher Diskussionen im Schisma durch Rom ohnehin nicht geben können.910 Allein auf dieser ungenügend abgesicherten gemeinsamen Basis bediente sich das Papsttum nun wieder kaiserlicher Machtmittel zur Durchsetzung eigener Interessen im Osten. Im Konflikt um die Begründung hierarchischer Ansprüche war es dagegen zu überhaupt keiner Übereinstimmung gekommen. Die beiderseitigen Konzessionen an die gegnerische Position machten es wahrscheinlich, dass es zu neuen Spannungen kommen würde, sobald neue historische Konstellationen den alten Ordnungskonflikt abermals aktualisierten. Schon unmittelbar nach der Einigung von 519 gab es Anzeichen dafür, dass sich nichts am grundsätzlichen Ordnungskonflikt geändert hatte. Nachdem Justin bei der Durchsetzung Chalkedons in Syrien auf Widerstand gestoßen und in Ägypten sogar rundheraus gescheitert war, bat er Hormisdas, seinen dogmatischen Rigorismus zum Wohle der Einheit zurückzustellen. Bereits Anastasios hatte erkennen müssen, dass seine Machtmittel immer dort an ihre Grenzen stießen, wo seine Gegner zum Widerstand entschlossen waren. Die dogmatische Uni  910 Der Unterschied zwischen dem römischen absoluten Beharren auf Chalkedon und der östlichen Bereitschaft zur versöhnlichen Relativierung Chalkedons gegenüber moderaten Antichalkedoniern war nicht aus der Welt geschafft. Darauf deutete Justins Brief an Hormisdas hin, in dem der Kaiser um eine gemäßigtere Linie Roms im Osten bat: Kap. 11.5. Darüber hinaus betraf die Einigung von 519 nur Rom und Konstantinopel. Die Verhältnisse gerade in Ägypten hatten sich nicht grundlegend geändert.

13. Einordnung

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versalität römischer Positionen widersprach also der vom Kaiser gewünschten kirchlichen Ruhe. Der Papst jedoch beharrte auf seinen Ansichten und trieb den Kaiser an, diese nicht abermals zu relativieren. Schon unter Justin, spätestens aber unter seinem Nachfolger Justinian, der dogmatisch wieder einen stärker vermittelnden Kurs einzuschlagen versuchte, sich selbst eine zentrale Rolle in der Kirche zuerkannte und Rom kurzzeitig wieder in den Reichsverband integrierte, prallten apostolisches und politisches Kirchenverständnis erneut aufeinander. Das Akakianische Schisma hatte daher nicht zur Lösung der Ordnungsfrage in der Kirche beigetragen, sondern die Konflikte zwischen einer apostolischen und einer politischen Ordnungsgrundlage sogar verschärft und verstetigt. 13. EINORDNUNG: DAS SCHISMA ALS BEISPIEL 13.1. Zum möglichen Erkenntnisgewinn Das Akakianische Schismas kann als historisches Beispiel einen Weg zum vertieften Verständnis der Geschichte der Alten Kirche weisen, stellt es doch einen geeigneten Ausgangspunkt für die geographisch und zeitlich umfassende Analyse der Frage nach der Begründung kirchlicher Ordnungen dar. Diese Frage kontextualisiert das Akakianische Schisma als ein Glied eines längeren kirchlichen Ordnungskonflikts in der Spätantike. Da sich dieser Konflikt nicht in Diskussionen um die drei begrenzten Themenbereiche kirchlicher Konfliktanfälligkeit erschöpfte, sich aber sehr wohl in diesen ausdrückte, ist die Analyse des strukturell gelagerten Ordnungskonflikts auf die Betrachtung einzelner ereignishafter Konfliktformationen angewiesen.911 Hierin liegt wiederum der Wert der Art und Weise der hier vorgenommenen Betrachtung des Akakianischen Schismas, die es in weitere geschichtliche Kontexte stellt, ohne es diesen gänzlich unterzuordnen. Das Spezielle des Akakianischen Schismas verweist auf das Allgemeine der kirchlichen Entwicklung. Gleichzeitig ist das Allgemeine dieser Entwicklung der heuristische Schlüssel zum Verständnis des Speziellen, da der grundlegende kirchliche Ordnungskonflikt in der Spätantike in immer neuen Aktualisierungen an die Oberfläche drang – so auch 482/84. Dieser anhand des Akakianischen Schismas festgestellte durchgehende Ordnungskonflikt stellt damit auch für die Betrachtung anderer Aktualisierungen einen Analyserahmen zur Verfügung.912   911 FITZENREITER 2009, 7–12: Da ein Ereignis immer nur vor der Folie der Struktur greifbar sei, beinhalte jeder historische Befund Ebenen von Ereignis und Struktur. 912 Die Verweise innerhalb der Arbeit auf den trinitarischen Streit (vgl. Anm. 49; 154; 169; 210; 489; 665; 692; 842; 864; 881) zeigen, dass der Übertrag der Ergebnisse auf andere Phasen der Kirchengeschichte durchaus möglich ist. Vielleicht kann der Rahmen sogar über die spätantike Kirche hinausreichen und als, im Detail anzupassendes, Analyseinstrument für ähnlich verfasste Ordnungskonflikte dienen. So weisen beispielsweise die Erlassgesetzgebung des Alten Israel oder das Ende der Römischen Republik prima facie zahlreiche strukturell ähnliche Faktoren auf wie das Akakianische Schisma: unterschiedliche Sensibilität für aktuelle Ein 

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V. Schluss

Die Konflikte der Alten Kirche waren streng genommen immer, nicht nur von 482/84 bis 519, gruppeninterne Konflikte verschiedener kirchlicher Akteure um die Funktionen der kirchlichen Ordnung. Die letztlich begrenzten und untergeordneten aktualisierten Konflikte hingegen waren nicht das eigentliche Thema. Spezifische Verhandlungsgegenstände um Dogma, Hierarchie und Kaisertum waren nur Ableitungen des Ordnungskonflikts. Da man leichter zu einer treffenden Analyse der Konflikthaftigkeit der spätantiken Kirche gelangt, wenn einzelnen Konfliktsituationen kein absolut eigenständiger Wert beigemessen wird, sondern sie als Teil einer längerfristigen Entwicklung gesehen werden, soll nun auch hier vom Ereignis des Akakianischen Schismas aus auf allgemeinere Phänomene geschlossen werden. Die Betrachtung des Schismas wird in eine allgemeine Betrachtung eines Ordnungskonflikts überführt. 13.2. Die Typologie des gruppeninternen Ordnungskonflikts Der am Beispiel des Akakianischen Schismas greifbar gewordene Ordnungskonflikt ist in einem Prozess der Entwicklung von einer segmentären hin zu einer stratifizierten Ordnung angesiedelt. Eine sich selbst als stabil und traditionell erfahrende Ordnung befindet sich in stetem Kontakt mit anderen, sie umgebenden Ordnungen, die andere Mechanismen und Systemlogiken aufweisen und dementsprechend nicht per se kompatibel mit ihr sind. Die Ordnungsträger berufen sich ihnen gegenüber auf eine Einsetzung der Ordnung in einer idealisierten Vorzeit. Diese Einsetzung dient als Begründungsnarrativ, auf das sich die einzelnen Akteure berufen und der in ihren Augen die durchgehende Stabilität ihrer Ordnung zum einen belegt und zum anderen gewährleistet.913 Trotzdem ist die Ordnung faktisch immer wieder begrenzten Heteronomien unterworfen, Aspekte anderer Ordnungen gewinnen Einfluss auf sie und verändern sie. Können solche externen Beeinflussungen von den Akteuren entweder konsensual in die Ordnung integriert oder abgewehrt werden, bleibt die Ordnung in der Sicht ihrer Träger, trotz geringfügiger Transformationen, stabil, ihre Tradition unberührt. Das die gemeinsame Gruppenidentität begründende Narrativ gerät in keine wahrgenommene Differenz zur faktischen aktuellen Ausprägung der Ordnung und schafft als Bezugspunkt für alle Akteure weiterhin eine Bindungswirkung gemeinsamer Normen, auf die sich die Ordnung gründet und stützt. Nun kann es aber zu äußeren Beeinflussungen kommen, die nicht einfach integriert oder abgewehrt werden können und die damit eine als stabil angesehene   flüsse, sich dynamisierende Konflikte, der ständige Ausbruch begrenzter Streitigkeiten und die gescheiterte Beendigung des Ordnungskonflikts ohne die Schwächung der Ordnung an sich. 913 Der Begriff „Begründungsnarrativ“ mag hier als Variante des „Rechtfertigungsnarrativs“ verwendet werden. Zu diesem: FORST – GÜNTHER 2011, 15–22.

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Ordnung, die sich bis dahin nur begrenzt transformiert hat, einem entgrenzten Konflikt um ihre Normen unterwerfen. Solche Einflüsse sind der Ordnung insofern extern, als sie nicht ihre spezifische Begründungsebene und die gleichen leitenden Kategorien in der Beobachtung des Systems teilen. Durch personelle und funktionale Überschneidungen gehen sie aber nichtsdestotrotz einen regen Funktionsaustausch mit der Ordnung ein und können daher nicht mehr von der Mehrheit der Akteure konsensual ausgeschlossen werden. Die Ordnung differenziert sich in Bezug auf diesen externen Faktor in Grade unterschiedlicher Autonomie und Heteronomie aus, insbesondere dann, wenn nicht alle Akteure in gleicher Weise von den Effekten der äußeren Beeinflussung betroffen, begünstigt oder bedroht sind. Die unterschiedlichen Akteure reagieren daher unterschiedlich sensibel auf die Beeinflussung, wodurch es innerhalb der ordnungstragenden Gruppe zu Konflikten kommt. Angesichts der aktuellen Beeinflussung der als traditionell erfahrenen Ordnung stehen sich in einem Ordnungskonflikt nun Akteure mit eher kontingenzbefreiter und mit eher kontingenzsensibler Ausrichtung gegenüber. Während sich die erste Gruppe für eine weitgehende Autonomie der Ordnung stark macht, ist die zweite Gruppe offener für die Einflüsse aktueller, historisch bedingter Faktoren. Diese Faktoren weisen zwar eine faktische Relevanz für die Ordnung auf, sind aber im engeren Sinne nicht kompatibel mit ihr, da sie nicht ihr traditionelles Begründungsnarrativ teilen.914 Der sich ergebende Konflikt ist aber kein Konflikt von Innen und Außen, sondern lediglich um Innen und Außen. Sein Austrag erfolgt wegen des gruppeninternen Bruchs der Verständigung über die Grenzen der Ordnung ordnungsintern, im Ringen um eine stärkere oder schwächere Autonomie von den Faktoren, die den Konflikt angestoßen haben. Diese Ordnungsimmanenz im Austrag des Konflikts führt idealtypisch zur Ausbildung zweier Parteien, die unterschiedliche Vorstellungen von der Autonomie ihrer geteilten Ordnung haben und damit auch unterschiedliche Vorstellungen von der künftigen Beschaffenheit derselben. Entsprechend der unterschiedlichen Sensibilität für die umstrittenen externen Einflüsse – manche Akteure sind der Beeinflussung entzogen oder können diese nicht sinnvoll nutzen – vertreten die Akteure entweder die Autonomie einer von ihnen als traditionell aufgefassten Ordnung oder die Möglichkeit der heteronomen Beeinflussung der Ordnung durch faktische aktuelle Einflüsse. Beide Seiten halten dabei aber an der gemeinsamen Gruppenzugehörigkeit fest. Damit bleibt auch das Begründungsnarrativ der Ordnung für beide maßgeblich, auch wenn ein Teil der Akteure nun anderen Akteuren abspricht, sich der ursprünglich tradierten Ordnung konform zu verhalten.915   914 Zur Selbst- und Fremdbestimmtheit von Feldern: KIESERLING 2008, 6–10. 915 BOURDIEU 1993, 109 f.: Alle Teilnehmer an einem Feld haben das Grundinteresse der Existenz des Feldes gemein. Damit würden Teilrevolutionen, zum Beispiel auch häretische Anfechtungen, nie das Feld an sich infrage stellen.

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V. Schluss

Je länger der Konflikt dauert, desto klarer werden die Fronten. Die eine Partei autonomisiert ihre Sicht auf die Traditionen des Begründungsnarrativs so sehr, dass sie zu einer erstarrten Kanonisierung ihrer Positionen gelangt, welche eine Immunisierung gegen externe Einflüsse darstellt. Dadurch herausgefordert, muss sich die andere Seite, die von diesen äußeren Einflüssen in größerem Maße profitiert, zumindest aber in größerem Maße von ihnen beeinflusst wird, immer stärker an die umstrittenen externen Faktoren binden und relativiert in dieser Heteronomie das gemeinsame Begründungsnarrativ immer mehr. Durch diesen Prozess der Verhärtung der Konfliktlinien unterliegt der Ordnungskonflikt intern einer stetigen Dynamisierung, die durch eine externe Dynamik der umstrittenen äußeren Faktoren noch verschärft werden kann. Diese Entgrenzung des Konflikts korreliert meist mit einer mangelnden internen Deutungsfähigkeit der Situation durch die Akteure. Da der Streit um eine autonome oder eine heteronome Ordnungsbegründung nur in abgeleiteten Streitzonen aktualisiert wird, kann der eigentliche Grund des Konflikts dahinter kaum erkannt werden. Daher kommt es auch zu Widersprüchen in der Positionierung der einzelnen Parteien, die nur scheinbar so grundsätzlich einer traditionalisierten Autonomie einerseits oder einer aktualisierten Heteronomie ihrer Ordnung andererseits verpflichtet sind. Zum einen ist die angebliche autonome Tradition historisch gesehen selbst eine extern entwickelte. Sie bildet in ihrer starren Selbstbezogenheit damit genauso wenig den zwangsläufigen Kern der Ordnung wie die bekämpften externen Einflüsse. Zum anderen ist die Erkenntnis eines in der externen Beeinflussung liegenden Traditionsbruchs zumeist einseitig. Die Vertreter einer heteronomen Ordnungsgrundlage denken die faktische historische Bedingtheit ihres Handlungsrahmens weiterhin in überlieferten Traditionskategorien, von denen sie sich immerhin nie losgesagt haben. Sie öffnen diese aber für faktisch ohnehin vorhandene externe Einflüsse. Beide Seiten haben also eine eingeschränkte Perspektive und sind daher zur Interpretation und damit zur Lösung der Konflikte nicht in der Lage.916 Die internen Betrachtungswidersprüche führen letztlich dazu, dass die Vertreter der Tradition mit der Autonomisierung ihrer Ordnungsgrundlage gegen die faktische Fremdbestimmtheit der eigenen Verfasstheit handeln müssen, womit sie sich immer weiter von ihrer Umwelt entfernen. Die heteronom beeinflussten Akteure hingegen stehen in Übereinstimmung mit faktischen Strukturen, geraten aber gegenüber der Autonomisierung des Begründungsnarrativs der Ordnung in Legitimationszwänge, da sie sich scheinbar von diesem entfernt haben. Damit sind beide Positionen einander nur noch schwierig vermittelbar. Die gegenseitigen Grundlagen und Begründungen werden wechselseitig weder anerkannt noch überhaupt erkannt. Weil sich die nach Autonomie strebende Ordnung zunehmend als Diskurs bestimmend erweist, die für Heteronomien offene Ordnung in ihrer Sensibilität für aktuelle Gegebenheiten aber von faktischen Handlungsstrukturen ge  916 Ein einzelner Akteur ist nicht dazu in der Lage, alle handlungsleitenden Faktoren seiner Umwelt zu erkennen. Vgl. WALTER 2009, 40 f.

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stärkt wird, gerät der Ordnungskonflikt in ein Dilemma: Die äußeren Faktoren, die in den Konflikt geführt haben, sind nicht widerspruchsfrei in die Ordnung integrierbar, da sie keine Deutungshoheit über die Grundlagen der Ursprungsordnung gewinnen können. Gleichzeitig sind sie nicht auszuscheiden, denn ihre aktuelle Relevanz zumindest auf Teile der Ordnung ist nicht zu leugnen. Der Konflikt selbst spielt sich in drei begrenzten, eng aufeinander bezogenen Konfliktzonen ab: Es kommt zum Streit auf der Inhalts-, der Organisations- und der Abgrenzungsebene. 1) Die Inhaltsebene bezieht sich auf die Begründung der Ursprungsordnung. Diese wird von beiden Parteien im Prinzip anerkannt. Konflikte ergeben sich aber aus der Frage nach der Herleitung ihrer Ausgestaltung: Soll sie einer autonomen Erstarrung unterliegen oder in ihrer heteronomen Aktualisierung offen für neue Einflüsse und Deutungen sein?917 2) Auf der Organisationsebene geht es um die Frage nach der institutionellen Deutungshoheit über inhaltliche Aspekte der Ordnung. Sollen Diskurs bestimmende Vertreter der autonomen Ordnung oder die heteronomieoffenen Gruppen die führende Stellung innerhalb der Ordnung einnehmen – und wenn ja, auf welcher Grundlage? 3) Die Abgrenzungsebene schließlich beschäftigt sich direkt mit dem auslösenden Faktor des Ordnungskonflikts. Idealiter geschieht dies unter der Fragestellung, ob er legitimerweise überhaupt Einfluss auf die ursprüngliche Ordnung nehmen kann und darf. Damit spiegeln historisch in den Quellen greifbare Konfliktzonen zwar den Ordnungskonflikt zwischen Autonomie und Heteronomie wider, sind in sich aber ausschließlich Ableitungen dieses Konflikts. Nur weil sich der Grundkonflikt immer wieder in diesen Zonen entzündet und letztlich auch in ihnen verhandelt wird, wirken sie zunächst zentral. Ein Blick auf die Inhaltsebene jedoch zeigt, dass die drei begrenzten Konfliktzonen sekundär zum Ordnungskonflikt sind: Hinsichtlich des Grundkonflikts um die Begründung der Ordnung ist es unerheblich, was die konkreten inhaltlichen Positionen der Konfliktparteien sind. Entscheidend ist vielmehr, wie diese begründet und hergeleitet werden. Es können sogar ähnliche Inhalte vertreten werden, ohne dass die Akteure zu einer Einigung im Konflikt gelangen, da die inhaltlichen Übereinstimmungen unterschiedlichen Ordnungsgrundlagen geschuldet sind. Für eine Beendigung des Konflikts kommen im Großen und Ganzen drei Möglichkeiten in Betracht: 1) Es kommt zum Kompromiss, was angesichts der schlechten Integrierbarkeit externer Faktoren, der Grundsätzlichkeit des Streits und der ständigen Abrufbarkeit begrenzter Konfliktzonen aber kaum realistisch erscheint. Allenfalls im frühen Stadium oder bei der Einsicht in den Grundkonflikt ist ein Kompromiss vorstellbar. Zumindest Letzteres ist unwahrscheinlich. 2) Es kommt zum Sieg einer Seite, die ihre Position vollständig durchsetzt. Da aber beide Seiten Ressourcen kontrollieren, die nicht gegeneinander auszuspielen sind, kann ein Sieg nicht auf Überzeugung aufbauen, sondern erfordert die Unter  917 Historisch entscheidend sind dabei Herleitung und Begründung inhaltlicher Positionen, nicht die Inhalte dieser Positionen per se: Anm. 627; 696.

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V. Schluss

werfung der gegnerischen Partei. Ein Sonderfall hierbei ist der Wegfall des Streitobjekts. Da sich eine Gruppe der Akteure eng an dieses gebunden hat, kann sie ihre Position im Moment der Ausschaltung des externen Faktors nicht mehr halten. 3) Es kommt zum Bruch der Ordnung. Diese löst sich in Spaltung endgültig auf oder wird, geschwächt vom internen Streit, von außen zerstört.918 Fassen wir zusammen: Die Ordnung erlangt durch ein allgemein anerkanntes Begründungsnarrativ Stabilität. Ordnungsfremde Einflüsse, die immer vorhanden sind, übersteigen in dem Augenblick die Integrationskraft der Ordnung, in dem sie weder konsensual in sie integrierbar noch abwehrbar sind. Dies ist dann der Fall, wenn verschiedene Akteure unterschiedlich sensibel auf externe Einflüsse reagieren. Die Akteure nehmen dementsprechend verschiedene Positionen ein: Eine Seite vertritt die autonome Selbstbezogenheit der Ordnung und lässt diese in einer zunehmenden Traditionalisierung erstarren, die andere Seite ist offen für aktuelle Heteronomien und versucht, die Ordnung aktuellen externen Einflüssen anzupassen. Weil die Ordnung faktisch auf beiden Positionen aufbaut, die Akteure das aber nicht erkennen, entzieht sich die eigentliche Thematik des Ordnungskonflikts der Analyse durch die Beteiligten und lässt den Graben zwischen ihnen größer werden. Da beide Seiten ihre Positionen auf einem maßgeblichen Element der Ordnung aufbauen – der Tradition der Ordnungsgrundlage einerseits, deren faktischer Bedingtheit andererseits –, lassen sich beide Positionen nicht völlig aus der Entwicklung ausscheiden. Der Konflikt wird bei alldem in drei Zonen verhandelt: Inhalt des Begründungsnarrativs, hierarchische Organisation und Abgrenzung nach außen. Diese Zonen stellen Ableitungen des Ordnungskonflikts dar, konstituieren ihn aber nicht per se. Am Ende des Konflikts steht eine veränderte Ordnung, wenn nicht sogar das Ende der gemeinsamen Ordnung. 13.3. Das Akakianische Schisma als kircheninterner Ordnungskonflikt Die abstrakte Beschreibung des Ordnungskonflikts lässt sich anhand der Betrachtung des Akakianischen Schismas und der Geschichte der spätantiken Kirche konkretisieren. Die Kirchen des Römischen Reichs verstanden sich als Vertreter einer von Christus selbst begründeten, durch die Apostel und ihre bischöflichen Nachfolger überlieferten Ordnung. Die kirchliche Ordnung bildete de facto aber niemals diesen Urzustand ihrer Begründung ab. Im Umfeld des Reichs war die Alte Kirche stets externen Einflüssen unterworfen. Insbesondere der Zentralisierungsprozess der politischen Ordnung diente der Kirche als Vorbild für eigene, begrenzte Veränderungen in Richtung einer Hierarchisierung ihrer segmentären   918 Im Fall der spätantiken Kirche führte die arabische Eroberung Syriens und Ägyptens zum endgültigen Ende reichskirchlicher Denkweisen in diesen Regionen. Vgl. SHAHÎD 1995, XXVI, der implizit davon ausgeht, dass die christologischen Kontroversen die Eroberung befördert hätten. Zu den verschiedenen Modi der Beendigung eines Streits generell: SIMMEL 1908, 325–331.

13. Einordnung

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Struktur.919 Diese Veränderungen waren zwar nicht durchgreifend, hatten die Kirche aber schon lange vor Konstantin einer gewissen Transformation unterworfen. Die Akteure nahmen diese Veränderung der kirchlichen Ordnung aber selten wahr, integrierten sie in ihr Begründungsnarrativ und sahen sich damit weiterhin als Tradenten einer von Christus direkt eingesetzten Ordnung. Die Rückprojektion der Entstehung des Monepiskopats in die apostolische Zeit ist ein Beispiel dafür. Indem also externe Beeinflussungen in die kirchliche Tradition integriert werden konnten, büßte die gemeinsam vertretene kirchliche Ordnung selbst durch die Anlehnung an das Referenzsystem des weltlichen Reichs ihre Bindungswirkung auf die Akteure nicht ein. Erst der weitreichende Schritt der Annäherung beider Ordnungen durch die Entstehung des christlichen Kaisertums überforderte diese Integrationskraft und schuf einen externen Faktor, der nicht mehr gänzlich zu integrieren oder auszuschließen war. Ein christlicher Herrscher war in der ursprünglichen Ordnung der Kirche nicht vorgesehen, ihm konnte keine bestimmte Rolle zugeteilt werden.920 Darüber hinaus war das Kaisertum nicht bereit, kirchliche Unterscheidungskategorien zur Beurteilung kirchlicher Fragen zu übernehmen: Während für die Kirche die Orthodoxie eine universale Kategorie war, auf die ihr Wirken ausgerichtet war, nahmen die Kaiser der Orthodoxie gegenüber eine stärker relativierende Position ein, da ihnen die äußere Kircheneinheit zentraler war als die inhaltliche Ausgestaltung derselben. Weil einzelne kirchliche Akteure aber vom Kaisertum profitierten und dieses ihnen eine Durchsetzungsmacht zur Verfügung stellte, die es in der Segmentarität der Kirche bis dahin nicht gegeben hatte, gab es trotz allem weder die absolute Bereitschaft noch überhaupt die Möglichkeit, den faktischen Einfluss christlicher Kaiser zu ignorieren. Allenfalls wurde die Nutzung weltlicher Machtmittel von den Akteuren unterschiedlich stark problematisiert, da diese nicht allen Kirchen in gleichem Maße zur Verfügung standen. Schon allein durch die politische Entwicklung waren Heteronomie und Autonomie einzelner Kirchenvertreter in Bezug auf die christlichen Kaiser unterschiedlich stark ausgeprägt. So verlagerte sich das politische Zentrum des Reichs bereits seit Konstantin in den Osten. Besonders hier, und vor allem in der Hauptstadt Konstantinopel, stieß das Kaisertum einen Prozess der an politische Strukturen angepassten Hierarchisierung der Kirche an. Im Westen hingegen geriet ein ähnlicher Angleichungsprozess relativ früh ins Stocken, weil dort die Macht des Kaisertums geringer war.   919 So hatte die Urkirche im ersten Jahrhundert eine amtskirchliche Ordnung ausgebildet, die dann im Laufe des zweiten Jahrhunderts auf den monarchischen Episkopat hin ausgerichtet worden war. Vgl. MARTIN (J.) 1972, 87–119. Insofern hatte sich die Hierarchisierung innerhalb der einzelnen Gemeinden bereits durchgesetzt. Es blieb die Hierarchisierung des Verhältnisses einzelner Gemeinden untereinander. Schon KLINKENBERG 1952, 38 f. weist auf die Notwendigkeit der Entwicklung einer Kirchengliederung oberhalb der episkopalen Ebene hin. 920 Weder die Bibel noch die kirchliche Tradition äußern sich eindeutig zur Frage nach dem Kaiser und der Religion. So bleibt die Feststellung von BOURDIEU 1993, 107 zentral: „So ungleiche Felder wie das Feld der Politik, das Feld der Philosophie, das Feld der Religion haben invariante Funktionsgesetze […].“

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V. Schluss

Gerade das Papsttum konnte daher einerseits kaiserlichen Eingriffen gegenüber eine größere Autonomie wahren, profitierte andererseits aber nicht in gleichem Maße vom christlichen Kaisertum wie Bischöfe im Osten. In der Zeit des Akakianischen Schismas wurde der Prozess im Westen sogar gänzlich unterbrochen, weil mit dem Ende des westlichen Kaisertums der Taktgeber für eine ähnliche Entwicklung wie in Konstantinopel weggebrochen war. Ähnliches lässt sich im Osten zum Beispiel für Ägypten und die Kirche von Alexandria feststellen. Sie gelangte hinsichtlich der kirchlichen Ordnungsbegründung daher zu ähnlichen Positionen wie Rom. Diese Ungleichzeitigkeit der politischen Entwicklung führte in der Kirche zu Konflikten um das Verhältnis zwischen weltlicher Macht und göttlichem Willen innerhalb der kirchlichen Ordnung. Während einige Akteure die Ordnung in Abwehr politischer Einflüsse auf apostolische Grundsätze zurückführten und sie damit autonomisierten, bemühten sich andere, politische Kategorien in die kirchliche Ordnung zu integrieren, die Heteronomie zu institutionalisieren. Zwar sahen sich weiterhin alle kirchlichen Akteure als Teil der überlieferten kirchlichen Ordnung und fühlten sich weiterhin einem rechten Glauben verpflichtet, die Ansichten über dessen Begründung und die Modi seiner Verbreitung divergierten jedoch immer stärker. Beide Positionen wiesen dabei Probleme auf, die ihre allgemeine Durchsetzung behinderten. Die Verfechter einer traditionellen Autonomie apostolischer Kirchen, in unserem Fall Rom, ignorierten faktische Heteronomien der kirchlichen Ordnung und gerieten dadurch in eine Wahrnehmungsdifferenz zu ihrer Umwelt. Vor allem verlor die römische Position die tatsächliche Bedeutung des Kaisers aus dem Blick. Aus diesem Defizit römischer Positionierung konnte Konstantinopel als Vertreter einer politisch begründeten Ordnung aber trotz seiner kaiserlichen Unterstützung nur wenig Vorteile ziehen, da sich im innerkirchlichen Diskurs die apostolische Sicht Roms als stärker erweisen sollte. Beide Seiten verkannten sowohl die Gründe für die eigene als auch die Wirksamkeit der fremden Orientierung. Dadurch schwelte der Streit ohne Lösung vor sich hin, flammte von Zeit zu Zeit auf und führte in diesem Aufflammen jeweils zur Versteifung der Positionen und damit zur Perpetuierung des Konflikts.921 Mit zunehmender Dauer wurde eine Lösung daher unwahrscheinlicher. Rom wurde zwar Diskurs bestimmend, weil aber Konstantinopel mit der Sanktionsmacht des Kaisers ausgestattet war, ließ es sich rein argumentativ schwerlich noch überwinden. Die Kirche von Konstantinopel stand andererseits unter ständigen Legitimationszwängen, die ihr die Durchsetzung ihrer Anliegen erschwerten. Dieses paradoxe Phänomen war durch die unmittelbare Teilhabe der Akteure an der umstrittenen Ordnung einer zeitgenössischen Selbstbeschreibung offensichtlich nicht zugänglich.922 So erschien der Ordnungskonflikt seit Konstantin   921 Jede neue Aktualisierung des Konflikts schuf neue Argumente, die ihrerseits jederzeit wieder den Streit der Kirchen aktualisieren konnten. 922 Unter anderem GRILLMEIER 21991, 57.

13. Einordnung

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immer nur als Streit in den drei Zonen kirchlicher Konfliktanfälligkeit. Auf dieser Grundlage konnte aber eine Einigung verschiedener Kirchen immer nur diese abgeleiteten Konfliktfelder betreffen, nicht den grundlegenden Ordnungskonflikt. Der wurde ganz im Gegenteil durch solche Mechanismen immer aufs Neue reproduziert, womit jedes krisenhafte Ereignis der spätantiken Kirche zur Verfestigung ihrer strukturellen Dysfunktionalität und der permanenten Konfliktanfälligkeit beitrug. Da der Grundkonflikt also ohne Lösung blieb, wurden auch die von ihm abgeleiteten Zonen des Streits immer wieder aktualisiert. Auch die Diskussionen um Henotikon, Kanon 28 und Kaiser Anastasios waren damit kontextgebundene Gegenstände historischer Debatten, die dem grundlegenderen kirchlichen Ordnungskonflikt sowohl entsprangen als auch auf ihn zurückverwiesen. Im Akakianischen Schisma begegnete der Ordnungskonflikt in folgenden Punkten: 1) Inhaltlich stand zu fragen, ob die Orthodoxie rein innerkirchlich begründet sein musste oder ob auch politisch hergeleitete Begründungen wie das unbedingte Streben nach Einheit einzubeziehen waren. Die Frage fand ihren Niederschlag im Henotikon, welches Rom als Absage an Chalkedon wertete, während Konstantinopel es als einheitsstiftende Vermittlung dieser Synode ansah. 2) Auf der Organisationsebene wurde verhandelt, wer die Deutungshoheit über die umstrittenen dogmatischen Inhalte hatte. Gab es einen heilsgeschichtlich vorgegebenen Primat petrinischer Kirchen oder war die Aufwertung von Sitzen in Analogie zu politischen Strukturen vertretbar? Hier trafen insbesondere die im Kanon 28 formulierten Ansprüche Konstantinopels und das römische Primatstreben aufeinander. 3) Zuletzt ging es um den externen Faktor, der die innerkirchliche Differenzierung überhaupt erst angestoßen hatte. Rom und Konstantinopel rangen um die Legitimierung oder Delegitimierung kaiserlicher Eingriffe in kirchliche Interna, auf denen die Konflikte der Inhalts- und Organisationsebene schließlich aufbauten. Die Lösung des Schismas beschränkte sich auf die Sistierung des Streits in den drei begrenzten Konfliktzonen, während die Frage nach der kirchlichen Ordnung unbeantwortet blieb. Da also die Aktualisierung der Konflikte von 482/84 überwunden worden war, nicht aber der grundlegende Ordnungskonflikt, war der Übereinkunft von 519 von vornherein wieder die alte Instabilität eingeschrieben. In den kirchlichen Rahmenbedingungen der Zeit konnte keine Seite den Sieg über die jeweils andere erringen, das hatte sich gezeigt. Eine mögliche Lösung des strukturellen Konflikts war durch das Akakianische Schisma für die Zukunft aber angedeutet worden: Eine konsequente Trennung der apostolischen römischen Kirche von der politisch begründeten Kirchenordnung Konstantinopels hätte den innerkirchlichen Ordnungskonflikt beenden und zwei unabhängige Kirchen schaffen können. Zu einem endgültigen Bruch waren beide Seiten im sechsten Jahrhundert aber noch nicht in letzter Konsequenz bereit. Aus Sicht der Akteure, die letztlich alle auf die allgemeine Durchsetzung ihrer als universal erfahrenen Positionen zielten, hätte ein solcher Bruch auch schwerlich eine begrüßenswerte Alternative der Konfliktlösung dargestellt. Die Betrachtung des Ordnungskonflikts trägt in Kombination mit den in dieser Arbeit vorgenommenen Betrachtungen zu Herstellung und Scheitern kirch-

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V. Schluss

licher Wiederholungsordnungen zum tieferen Verständnis von kirchlichem Streit und dem Bruch kirchlicher Ordnungen in der Spätantike bei. Gerade über diese Brüche waren die Zeitgenossen immer wieder erstaunt, erkannten sie doch oft nicht, dass es schon lange keine Übereinkunft über Inhalt, Organisation und Abgrenzung der Ordnung der Kirche mehr gab. Die aus dem Gegenstand des Akakianischen Schismas heraus entwickelte historische Theorie des Ordnungskonflikts weist auf dieses eigentliche Problem der spätantiken Kirche hin. Die systematische Betrachtung des Handelns der Bischöfe von Rom und Konstantinopel im Akakianischen Schisma leistet somit einen wichtigen Beitrag für das Verständnis der Alten Kirche, für ihre Funktionen und Funktionsstörungen, für die dauerhafte Gefährdung ihrer Ordnung und für die phasenweise Dynamisierung kirchlichen Streits.

ANHANG HERRSCHER- UND BISCHOFSLISTEN Die folgenden Aufstellungen beschränken sich auf die in der Arbeit auftauchenden Bischöfe der fünf patriarchalen Großkirchen und auf die (Ost-) Römischen Kaiser, jeweils im Zeitraum des Konzils von Ephesos II (449) bis zum Ende des Akakianischen Schismas (518/19). (Ost-) Römische Kaiser Theodosios II. Markian Leon Zenon Basiliskos Anastasios Justin

408– 450 450– 457 457– 474 474– 491 475 / 476 491– 518 518 –527

Bischöfe von Rom Leo … Simplicius Felix III. (II.) Gelasius Anastasius II. Symmachus Laurentius Hormisdas

468– 483 483– 492 492– 496 496– 498 498 – 514 498 –506 514 –523

446– 449 449– 458 458– 471 471– 489 489 489– 496 496 –511 511– 518 518 –520

Bischöfe von Alexandria Dioskor I. Proterios

457– 460 460– 475 475– 477 477– 482 482 477/82– 489 489– 496 496 –505 505 –516 516 / 517 517 –535

440– 461

Bischöfe von Konstantinopel Flavian Anatolios Gennadios Akakios Fravitta Euphemios Makedonios II. Timotheos Johannes II.

Timotheos Ailuros Timotheos Salophakiolos Timotheos Ailuros (erneut) Timoth. Salophakiolos (erneut) Johannes Talaia Petros Mongos Athanasios II. Keletes Johannes Hemula Johannes von Nikiu Dioskor II. Timotheos

444– 451 451– 457

Bischöfe von Antiochia Maximos II. … Martyrios Petros Knapheus … Petros Knapheus (erneut) Johannes Kodonatos Stephanos Kalandion Petros Knapheus (erneut) Palladios Flavian II. Severos Paulos

451– 455 459– 471 471 475– 477 477 477– 479 479– 484 485– 488 488– 498 498 –512 512 –518 519 –521

Bischöfe von Jerusalem Juvenal Theodosios Anastasios Martyrios Sallustios Elias Johannes III.

422– 458 451– 454 458– 478 478– 486 486– 494 494 –516 516 –524

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Anhang

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS Abkürzungen Quellen 1Kor ACO Act.Syn.Hab.Romae Anastas. epist. Apg Ath. h.Ar. Avell. Berol. CIC COD Cod.Iust. Cod.Theod. Cod.Vat.gr.1431 Cypr. unit.eccl. Decr.Gelas. Ennod. epist. Ennod. lib.pro synod. Euagr. HE Eus. HE Eus. mart.Pal. Frg.Laurent. Gal Hier. c.Lucif. Hier. chron. Hilar. coll.antiar. B Innocent. epist. Iren. adv.haer. Joh Joh.Ant. Joh.Nik. Jos.Styl. Kyr.Skyth. VS Leo M. epist. Leo M. serm. Lib.Pontif. Liberat. Malal.

1. Brief des Paulus an die Korinther Acta Conciliorum Oecumenicorum Acta Synhodorum Habitarum Romae Anastasius von Rom, Briefe Apostelgeschichte Athanasios von Alexandria, Historia Arianorum ad monachos Collectio Avellana Collectio Berolinensis Codex Iuris Canonici Conciliorum Oecumenicorum Decreta Codex Iustinianus Codex Theodosianus Codex Vaticanus gr. 1431 Cyprian von Karthago, De catholicae ecclesiae unitate Decretum Gelasianum Ennodius, Briefe Ennodius, Libellus adversus eos qui contra synodum scribere praesumpserunt Euagrios, Kirchengeschichte Eusebios von Caesarea, Kirchengeschichte Eusebios von Caesarea, De martyribus Palaestinae Fragmentum Laurentianum Brief des Paulus an die Galater Hieronymus, Dialogus contra Luciferanos Hieronymus, Chronik Hilarius von Poitiers, Collectanea antiariana Parisina (Serie B) Innocentius von Rom, Briefe Irenaeus von Lyon, Adversus haereses Evangelium nach Johannes Johannes von Antiochia, Chronik Johannes von Nikiu, Chronik Josua Stylites, Chronik Kyrill von Skythopolis, Vita Sabae Leo der Große, Briefe Leo der Große, Predigten Liber Pontificalis Liberatus von Karthago, Breviarium causae Nestorianorum et Eutychianorum Johannes Malalas, Chronik

Abkürzungen Marc.Com. MGH AA Mich.Syr. Mt Nestor. lib.Heraclid. Nov.Iust. Offb Philoxen. epist.ad Maron Philoxen. epist.ad mon. Prosp. Ps.-Zach. HE Röm Sabbait. Sev.Ant. alloc. Sev.Ant. epist.ad Soterich. Sev.Ant. epist.CL Sev.Ant. epist.SL Sev.Ant. hymn. Sev.Ant. typos Simplic. epist.ad Acac. Siric. epist. Sym.Metaphr. VD Symmach. epist.ad Anast.Imp. Theod.Anagn. HE Theophan. Tim.Ail. c.Chal. Tim.Ail. epist. Ulp. dig. Veron. Vict.Tunn. Zach. VS Zon.

297

Marcellinus Comes, Chronik Monumenta Germaniae Historica. Auctores Antiquissimi Michael der Syrer, Chronik Evangelium nach Matthäus Nestorios von Konstantinopel, Liber Heraclidis Novellen des Justinian Offenbarung des Johannes Philoxenos von Hierapolis, Brief an Maron Philoxenos von Hierapolis, Brief an die Mönche des Orients Prosper Tiro von Aquitanien, Chronik Pseudo-Zacharias, Kirchengeschichte Brief des Paulus an die Römer Collectio Sabbaitica Severos von Antiochia, Allokution zum Amtsantritt Severos von Antiochia, Brief an Soterichos von Kaisarea Severos von Antiochia, Briefe (Collected Letters) Severos von Antiochia, Briefe (Selected Letters) Severos von Antiochia, Hymnen Severos von Antiochia, Typos des Kaisers Anastasios Simplicius von Rom, Brief an Akakios von Konstantinopel Siricius von Rom, Briefe Symeon Metaphrastes, Vita Danielis Stylitae Symmachus von Rom, Brief an Kaiser Anastasios Theodoros Anagnostes, Kirchengeschichte Theophanes, Chronik Timotheos Ailuros, Gegen das Konzil von Chalkedon Timotheos Ailuros, Sammlung nicht publizierter syrischer Briefe Ulpian, Digesten Collectio Veronensis Victor von Tunnuna, Chronik Zacharias von Mytilene, Vita Severi Johannes Zonaras, Historien

Reihen und Zeitschriften ABAW ACO AegTrev AHC AncSoc AnGr SFT AnnSE AntTard ASRSP

Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Acta Conciliorum Oecumenicorum Aegyptiaca Treverensia Annuarium Historiae Conciliorum Ancient Society Analecta Gregoriana. Series Facultatis Theologicae Annali di Storia dell’Esegesi Antiquité Tardive Archivio della Società Romana di Storia Patria

298 AWK AWTS BAR BByz BEFAR BHF BHR BICS BKM BMGS BRHE ByzAus ByzF ByzSlav ByzZ BzA BzH CAH CCL CFHB ChHist CHR CrSt CS CSCO CSEL Denkschr. ÖAW DOP DOS DThC EH EHR ETC EThL EvTh FC FGM FKGG FThSt FTS FZPhTh GCS GdC GKT

Anhang Altertumswissenschaftliches Kolloquium Altertumswissenschaftliche Texte und Studien Bonner Akademische Reden Bibliothèque Byzantine Bibliothèque des Écoles Françaises d'Athènes et de Rome Bonner Historische Forschungen Bulgarian Historical Review Bulletin of the Institute of Classical Studies Βυζαντινά Κείμενα και Μελέται Byzantine and Modern Greek Studies Bibliothèque de la Revue dʼHistoire Ecclésiastique Byzantina Australiensia Byzantinische Forschungen Byzantinoslavica Byzantinische Zeitschrift Beiträge zur Altertumskunde Beiträge zur Hagiographie Cambridge Ancient History Corpus Christianorum. Series Latina Corpus Fontium Historiae Byzantinae Church History Catholic Historical Review Cristianesimo nella Storia Critica Storica Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Denkschriften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Dumbarton Oaks Papers Dumbarton Oaks Studies Dictionnaire de Théologie Catholique Europäische Hochschulschriften English Historical Review Études Théologiques de Chambésy Ephemerides Theologicae Lovanienses Evangelische Theologie Fontes Christiani Forschungen zur Geschichte des Mittelalters Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte Freiburger Theologische Studien Frankfurter Theologische Studien Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie Die Griechischen Christlichen Schriftsteller Geschichte des Christentums Grundkurs Theologie

Abkürzungen GRBS GRWS GWU HAM HdAW HDThG HJb HKG HZ IdF JbAC JCSSS JEH JR JThS KGE KiG KonGe.U MByM MediterrAnt MEFR MEFRA MEFRM MGH AA MHP MHR MIÖG MS MThA MThS.H NSA OC OCA OCP OGG OLA OrbAcad OS PCSS PL PLRE PO ProOr

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Greek, Roman and Byzantine Studies Göttinger Rechtswissenschaftliche Studien Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Hortus Artium Medievalium Handbuch der Altertumswissenschaft Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte Historisches Jahrbuch Handbuch der Kirchengeschichte Historische Zeitschrift Impulse der Forschung Jahrbuch für Antike und Christentum Journal of the Canadian Society for Syriac Studies Journal of Ecclesiastical History Journal of Religion Journal of Theological Studies Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen Die Kirche in ihrer Geschichte Konziliengeschichte. Untersuchungen Miscellanea Byzantina Monacensia Mediterraneo Antico Mélanges de lʼÉcole Française de Rome Mélanges de lʼÉcole Française de Rome. Antiquité Mélanges de lʼÉcole Française de Rome. Moyen-Âge Monumenta Germaniae Historica. Auctores Antiquissimi Miscellanea Historiae Pontificiae Mediterranean Historical Review Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Mediaeval Studies Münsteraner Theologische Abhandlungen Münchener Theologische Studien. Historische Abteilung Atti della Accademia Nazionale dei Lincei. Notizie degli Scavi di Antichità Oriens Christianus Orientalia Christiana Analecta Orientalia Christiana Periodica Oldenbourg Grundriss der Geschichte Orientalia Lovaniensia Analecta Orbis Academicus Ostkirchliche Studien Pontificio Comitato di Scienze Storiche Patrologia Latina Prosopography of the Later Roman Empire Patrologia Orientalis Pro Oriente

300 PTS PUG PuP QD QuFAW RE REAug REByz RHE RSCI RSCr RThL Sb Wien SBAW SBF SbWGF SC SCH SDHI SEAug SHCT SHK SJbPh SJLA SKGA SMRH SMSR SO SOK SPA SRCRel SSL STAC StPatr StudRom TCH Th&Ph ThH TIB TravMém TRSR TTH

Anhang Patristische Texte und Studien Pontificia Universitas Gregoriana Päpste und Papsttum Quaestiones Disputatae Quellen und Forschungen zur Antiken Welt Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft Revue des Études Augustiniennes et Patristiques Revue des Études Byzantines Revue dʼHistoire Ecclésiastique Rivista di Storia della Chiesa in Italia Rivista di Storia del Cristianesimo Revue Théologique de Louvain Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Studium Biblicum Franciscanum. Liber Annuus Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Sources Chrétiennes Studies in Church History Studia et Documenta Historiae et Iuris Studia Ephemeridis Augustinianum Studies in the History of Christian Traditions Schriften des Historischen Kollegs Salzburger Jahrbuch der Philosophie Studies in Judaism in Late Antiquity Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums Studies in Medieval and Renaissance History Studi e Materiali di Storia delle Religioni Symbolae Osloenses Studien zur Orientalischen Kirchengeschichte Studien der Patristischen Arbeitsgemeinschaft Studi e Ricerche di Cultura Religiosa Studi e Saggi Linguistici Studien und Texte zu Antike und Christentum Studia Patristica Studi Romani Transformation of the Classical Heritage Theologie und Philosophie Théologie Historique Tabula Imperii Byzantini Travaux et Mémoires Testi e Ricerche di Scienze Religiose Translated Texts for Historians

Abkürzungen TUGAL TzF UALG V ZIAGA VetChr VMPIG WBHW WZ Rostock ZAC ZfS ZKG ZNTW ZPE ZRG KA

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Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Altchristlichen Literatur Texte zur Forschung Untersuchungen zur Antiken Literatur und Geschichte Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR Vetera Christianorum Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock Zeitschrift für Antikes Christentum Zeitschrift für Soziologie Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der Älteren Kirche Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung

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Anhang

Quellenausgaben Acta Conciliorum Oecumenicorum Eduard Schwartz (Hrsg.), Concilium Universale Ephesenum (AD 431). Bd. 1: Collectio Vaticana (ACO I.1), Berlin /Leipzig 1927–8. Ders. (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 1: Acta Graeca (ACO II.1), Berlin /Leipzig 1933–5. Ders. (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 2: Versiones particulares (ACO II.2), Berlin /Leipzig 1936. Ders. (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 3,3: Epistularum ante gesta collectio. Actiones VII–XVI (ACO II.3,3), Berlin /Leipzig 1937. Ders. (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 4: Leonis papae I epistularum collectiones (ACO II.4), Berlin /Leipzig 1932. Ders. (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 5: Collectio Sangermanensis (ACO II.5), Berlin /Leipzig 1936. Ders. (Hrsg.), Collectio Sabbaitica contra Acephalos et Origenistas destinata (ACO III), Berlin 1940. Acta Synhodorum Habitarum Romae Theodor Mommsen (Hrsg.), Acta Synhodorum Habitarum Romae A. CCCCXCVIIII. DI. DII, in: Cassiodori senatoris variae (MGH AA 12), Berlin 1894, 393–455. Anastasius von Rom Andreas Thiel (Hrsg.), Epistolae Romanorum Pontificum genuinae et quae ad eos scriptae sunt. Bd. 1: A. S. Hilario usque ad Pelagium II, ND Hildesheim/ New York 1974, 615–623. Athanasios von Alexandria Hans-Georg Opitz (Hrsg.), Athanasius Werke. Bd. 2: Die Apologien. Lieferung 5 f., Berlin /Leipzig 1940, 183–230. Biblische Texte Roger Gryson /Robert Weber (Hrsgg.), Biblia Sacra Vulgata, Stuttgart 41994. Codex Iuris Canonici Pontificia Commissio Codicis Iuris Canonici Authentice Interpretando (Hrsg.), Codex Iuris Canonici. Auctoritate Ioannis Pauli PP. II. promulgatus. Fontium annotatione et indice analyticoalphabetico auctus, Vatikanstadt 1989. Codex Iustinianus Paul Krueger (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis. Bd. 2: Codex Iustinianus, Berlin 61895. Codex Theodosianus Theodor Mommsen (Hrsg.), Theodosiani libri xvi cum constitutionibus Sirmondianis. Bd. 1,2: Textus cum apparatu, Berlin 1905.

Quellenausgaben

303

Codex Vaticanus gr. 1431 Eduard Schwartz (Hrsg.), Codex Vaticanus gr. 1431. Eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos (ABAW 32,6), München 1927. Collectio Avellana Otto Günther (Hrsg.), Epistulae Imperatorum Pontificum aliorum inde ab a. CCCLXVII usque ad a. DLIII datae Avellana quae dicitur Collectio (CSEL 35), 2 Bde., Leipzig u. a. 1895 /98. Collectio Berolinensis Eduard Schwartz (Hrsg.), Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma (ABAW N. F. 10), München 1934, 59–117. Collectio Sabbaitica Eduard Schwartz (Hrsg.), Collectio Sabbaitica contra Acephalos et Origenistas destinata (ACO III), Berlin 1940. Collectio Thessalonicensis Carlos Silva-Tarouca (Hrsg.), Epistularum Romanorum Pontificium ad vicarios per Illyricum aliosque episcopos. Collectio Thessalonicensis (PUG. Textus et Documenta 22), Rom 1937. Collectio Veronensis Eduard Schwartz (Hrsg.), Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma (ABAW N. F. 10), München 1934, 1–58. Conciliorum Oecumenicorum Decreta Giuseppe Alberigo u. a. (Hrsgg.), Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Basel u. a. 1962. Cyprian von Karthago Paolo Siniscalco (Hrsg.), Cyprien de Carthage. L’unité de l’église (SC 500), Paris 2006. Decretum Gelasianum Ernst von Dobschütz (Hrsg.), Das Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis. In kritischem Text herausgegeben und untersucht (TUGAL 38,4), Leipzig 1912. Digesten Paul Krueger /Theodor Mommsen (Hrsgg.), Corpus Iuris Civilis. Bd. 1: Iustiniani Digesta, Berlin 11 1908. Ennodius epist.: Wilhelm von Hartel (Hrsg.), Magni Felicis Ennodii opera omnia (CSEL 6), Wien 1882. lib.pro.synod.: Friedrich Vogel (Hrsg.), Magni Felicis Ennodii opera (MGH AA 7), Berlin 1885, 48–67. Euagrios Joseph Bidez /Leon Parmentier (Hrsgg.), The Ecclesiastical History of Evagrius. With the Scholia, ND Amsterdam 1964.

304

Anhang

Eusebios von Caesarea Eduard Schwartz (Hrsg.), Eusebius Werke (GCS 9), 3 Bde., Leipzig 1903–9. Fragmentum Laurentianum Louis Duchesne (Hrsg.), Le Liber Pontificalis. Texte, introduction et commentaire. Bd. 1, Paris 1886, 43– 46. Hieronymus c.Lucif.: Jaques-Paul Migne (Hrsg.), Hieronymus opera omnia, Bd. 2 (PL 23), Paris 1845. chron.: Rudolf Helm (Hrsg.), Eusebius Werke. Bd. 7: Die Chronik des Hieronymus (GCS 47), Berlin 21956. Hilarius von Poitiers Alfred Feder (Hrsg.), Hilarius Pictaviensis opera. Bd. 4 (CSEL 65,4), Leipzig /Wien 1916. Innocentius von Rom Jaques-Paul Migne (Hrsg.), S. Innocentii papae epistolae et decreta, in: Quinti saeculi scriptorum ecclesiasticorum qui ad S. Hieronymum usque floruerunt opera omnia. Bd. 1 (PL 20), Paris 1845, 463–636. Irenaeus von Lyon Norbert Brox (Hrsg.), Irenäus von Lyon. Adversus Haereses. Gegen die Häresien (FC 8), 3 Bde., Freiburg u. a. 1993. Johannes von Antiochia Sergei Mariev (Hrsg.), Ioannis Antiocheni fragmenta quae supersunt (CFHB 47), Berlin /New York 2008. Umberto Roberto (Hrsg.), Ioannis Antiocheni fragmenta ex historia chronica. Introduzione, edizione critica e traduzione (TUGAL 154), Berlin /New York 2005. Johannes Malalas Johannes Thurn (Hrsg.), Ioannis Malalae chronographia (CFHB 35), Berlin /New York 2000. Johannes von Nikiu Robert H. Charles (Hrsg.), The Chronicle of John, Bishop of Nikiu. Translated from Zotenberg’s Ethiopic Text, Oxford 1916. Josua Stylites Andreas Luther (Hrsg.), Die syrische Chronik des Josua Stylites, Berlin /New York 1997. Kyrill von Skythopolis Eduard Schwartz (Hrsg.), Kyrillos von Skythopolis (TUGAL 49,2), Leipzig 1939. Leo der Große epist.: Eduard Schwartz (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 4: Leonis papae I epistularum collectiones (ACO II.4), Berlin /Leipzig 1932 (Die Zählung der Briefe folgt Petrus Ballerini/Hieronymus Ballerini [Hrsgg.], Sancti Leonis Magni Romani pontificis opera omnia (PL 54), Paris 1881).

Quellenausgaben

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serm.: Antonius Chavasse (Hrsg.), Sancti Leonis Magni Romani pontificis tractatus septem et nonaginta (CCL 138), 2 Bde., Turnhout 1973. Liber Pontificalis Louis Duchesne (Hrsg.), Le Liber Pontificalis. Texte, introduction et commentaire. Bd. 1, Paris 1886. Liberatus von Karthago Eduard Schwartz (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 5: Collectio Sangermanensis (ACO II.5), Berlin /Leipzig 1936, 98–141. Marcellinus Comes Theodor Mommsen (Hrsg.), Chronica Minora Saec. IV. V. VI. VII. Bd. 2 (MGH AA 11), ND München 1981, 37–108. Michael der Syrer Jean-Baptiste Chabot (Hrsg.), Chronique de Michel le Syrien, patriarche Jacobite d’Antioche (1166 –1199), 4 Bde., Paris 1899. Nestorios von Konstantinopel Paul Bedjan (Hrsg.), Nestorius. Le livre dʼHéraclide de Damas, Paris 1910 (unter gleichem Titel übersetzt von Pierre Nau). Novellen des Justinian Wilhelm Kroll/Rudolf Schöll (Hrsgg.), Corpus Iuris Civilis. Bd. 3: Novellae, Berlin 21899. Papstbriefe Otto Günther (Hrsg.), Epistulae Imperatorum Pontificum aliorum inde ab a. CCCLXVII usque ad a. DLIII datae Avellana quae dicitur Collectio (CSEL 35), 2 Bde., Leipzig u. a. 1895 /98. Phillip Jaffé /Ferdinand Kaltenbrunner (Hrsgg.), Regesta Pontificum Romanorum. Ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII, Leipzig 21885. Eduard Schwartz (Hrsg.), Concilium Universale Chalcedonense (AD 451). Bd. 4: Leonis papae I epistularum collectiones (ACO II.4), Berlin/Leipzig 1932. Ders. (Hrsg.), Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma (ABAW N. F. 10), München 1934. Andreas Thiel (Hrsg.), Epistolae Romanorum Pontificum genuinae et quae ad eos scriptae sunt. Bd. 1: A. S. Hilario usque ad Pelagium II, ND Hildesheim/ New York 1974. Philoxenos von Hierapolis epist.ad mon.: André de Halleux (Hrsg.), Nouveaux textes inédits de Philoxène de Mabbog. II: Lettre aux moines orthodoxes d’Orient, in: Muséon 76 (1963), 5–26. epist.ad Maron: Joseph Lebon (Hrsg.), Textes inédits de Philoxène de Mabboug. I: Lettre de Philoxène de Mabboug au lecteur Maron d’Anazarbe, in: Muséon 43 (1930), 17–84. Prosper Tiro von Aquitanien Theodor Mommsen (Hrsg.), Chronica Minora Saec. IV. V. VI. VII. Bd. 1 (MGH AA 9), Berlin 1892, 385–485.

306

Anhang

Pseudo-Zacharias Ernest W. Brooks (Hrsg.), Historia ecclesiastica Zachariae Rhetori vulgo adscripta (CSCO 83 f.), 2 Bde., Löwen 1919 /21 (wörtliche Zitate, Seiten- und Zeilenangaben nach der Übersetzung von Geoffrey Greatrex [Hrsg.], The Chronicle of Pseudo-Zachariah Rhetor. Church and War in Late Antiquity [TTH 55], Liverpool 2011). Severos von Antiochia alloc.: Marc A. Kugener (Hrsg.), Allocution pronencée par Sévère après son élévation sur le trône patriarcal d’Antioche, in: OC 2 (1902), 265–282. epist.ad Soterich: Gérard Garitte (Hrsg.), Fragments Coptes d’une lettre de Sévère d’Antioche a Sotérichos de Césarée, in: Muséon 65 (1952), 185–198. epist.CL: Ernest W. Brooks (Hrsg.), A Collection of Letters of Severus of Antioch from Numerous Syriac Manuscripts. Letters I–LXI (PO 12,2), ND Turnhout 1985, 175–342. epist.SL: Ders. (Hrsg.), The Sixth Book of the Select Letters of Severus Patriarch of Antioch in the Syriac Version of Athanasius of Nisibis. Bd. 1: Text. Bd. 2: Übersetzung, London/Oxford 1902–1904. hymn.: Ders. (Hrsg.), James of Edessa. The Hymns of Severus of Antioch and Others (PO 7,5), Paris 1911. typos: Charles Moeller (Hrsg.), Un fragment du type de l’empereur Anastase I, in: Frank L. Cross (Hrsg.), Papers Presented to the Third International Conference on Patristic Studies Held at Christ Church, Oxford, 1959. Part 1: Introductio, editiones, critica, philologica (StPatr 3 = TUGAL 78), Berlin 1961, 240–247. Simplicius von Rom Eduard Schwartz (Hrsg.), Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma (ABAW N. F. 10), München 1934, 121 f. Siricius von Rom Jaques-Paul Migne (Hrsg.), S. Siricii papae epistolae et decreta, in: Sanctorum Damasi papae et paciani necnon Luciferi episcopi Calaritani opera omnia (PL 13), Paris 1845, 1131–96. Symeon Metaphrastes Hippolyte Delehaye (Hrsg.), Les saints stylites (Subsidia hagiographica 14), Brüssel 1923. Symmachus von Rom Eduard Schwartz (Hrsg.), Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma (ABAW N. F. 10), München 1934, 151–7. Theodoros Anagnostes Günther C. Hansen (Hrsg.), Theodoros Anagnostes. Kirchengeschichte (GCS N. F. 3), Berlin 1971. Theophanes Carl de Boor (Hrsg.), Theophanis chronographia, 2 Bde., ND Hildesheim 1963.

Quellenausgaben

307

Timotheos Ailuros c.Chal.: Rifaat Y. Ebied /Lionel R. Wickham (Hrsgg.), Timothy Aelurus: Against the Definition of the Council of Chalcedon, in: Carl Laga (Hrsg.), After Chalcedon. Studies in Theology and Church History. Offered to Professor Albert van Roey for his Seventieth Birthday (OLA 18), Löwen 1985, 115–166. epist.: Diess. (Hrsgg.), A Collection of Unpublished Syriac Letters of Timothy Aelurus, in: JThS 21 (1970), 321–369. Victor von Tunnuna Theodor Mommsen (Hrsg.), Chronica Minora Saec. IV. V. VI. VII. Bd. 2 (MGH AA 11), ND München 1981, 178–206. Zacharias von Mytilene Marc A. Kugener (Hrsg.), Vie de Sévère par Zacharie le Scholastique (PO 2,1), Paris 1907, 1–115. Zonaras Maurice Pinder (Hrsg.), Ioannis Zonarae Epitomae Historiarum Libri XVIII. Bd. 3, Bonn 1897.

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Anhang

Darstellungen AIMONE 1995

Pier V. Aimone, Le falsificazioni Simmachiane, in: Apollinaris 68 (1995), 205–220. AIMONE 2000 Pier V. Aimone, Gli autori delle falsificazioni Simmachiane, in: Giampaolo Mele /Natalino Spaccapelo (Hrsgg.), Il papato di San Simmaco (498–514). Atti del covegno internazionale di studi Oristano, 19–21 novembre 1998 (SRCRel 2), Cagliari 2000, 53–77. ALAND 1960 Kurt Aland, Kirchengeschichtliche Entwürfe, Gütersloh 1960. ALBERT 1993 Micheline Albert, Langue et littérature Syriaques, in: Dies. u. a. (Hrsgg.), Christianismes Orientaux. Introduction à l’étude des langues et des littératures, Paris 1993, 297–375. ALLEN 1980 Pauline Allen, Zachariah Scholasticus and the Historia Ecclesiastica of Evagrius Scholasticus, in: JThS 31 (1980), 471–488. ALLEN 1981 Pauline Allen, Evagrius Scholasticus the Church Historian (SSL 41), Löwen 1981. ALLEN 2000 Pauline Allen, The Definition and Enforcement of Orthodoxy, in: Averil Cameron (Hrsg.), Late Antiquity: Empire and Successors, A. D. 425– 600 (CAH 14), Cambridge 2000, 811–834. ALLEN – HAYWARD 2004 Pauline Allen/C. T. Robert Hayward, Severus of Antioch, London/ New York 2004. ALPI 2006 Frédéric N. Alpi, L’orientation christologique des livres XVI et XVII de Malalas: Les règnes d’Anastase (491–518) et de Justin Ier (518–527), in: Sandrine Agusta-Boularot u. a. (Hrsgg.), Recherches sur la chronique de Jean Malalas. Bd. 2 (TravMém 24), Paris 2006, 227–242. ALTANER – STUIBER 81978 Berthold Altaner /Alfred Stuiber, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter, Basel/Freiburg /Wien 81978. AMORY 1997 Patrick Amory, People and Identity in Ostrogothic Italy, 489–554, Cambridge 1997. ANASTASIOU 1968 Ioannis E. Anastasiou, Relation of Popes and Patriarchs of Constantinople in the Frame of Imperial Policy from the Time of the Acacian Schism to the Death of Justinian, in: I patriarcati orientali nel primo millennio. Relazioni del congresso tenutosi al Pontificio Istituto Orientale, 27–30 dicembre 1967 (OCA 181), Rom 1968, 55–69. ANASTOS 1975 Milton V. Anastos, Vox Populi Voluntas Dei and the Election of the Byzantine Emperor, in: Jacob Neusner (Hrsg.), Christianity, Judaism and Other Greco-Roman Cults. Studies for Morton Smith at Sixty. Bd. 2: Early Christianity (SJLA 12,2), Leiden 1975, 181–207. ANTON 1977 Hans H. Anton, Kaiserliches Selbstverständnis in der Religionsgesetzgebung der Spätantike und päpstliche Herrschaftsinterpretation im 5. Jahrhundert, in: ZKG 88 (1977), 38–84. ARENS 1982 Herbert Arens, Die christologische Sprache Leos des Großen. Analyse des Tomus an den Patriarchen Flavian (FThSt 122), Basel/Freiburg / Wien 1982. AUSBÜTTEL 2003 Frank M. Ausbüttel, Theoderich der Große, Darmstadt 2003.

Darstellungen BACHT 1953

309

Heinrich Bacht, Die Rolle des orientalischen Mönchtums in den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen um Chalkedon (431–519), in: Ders. /Alois Grillmeier (Hrsgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart. Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon, Würzburg 1953, 193–314. BACHT – GRILLMEIER 1953 Heinrich Bacht/Alois Grillmeier, Einleitung, in: Diess. (Hrsgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart. Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon, Würzburg 1953, 3–11. BALDWIN 1989 Barry Baldwin, Illiterate Emperors, in: Historia 38 (1989), 124–126. BARDY 1945 Gustave Bardy, Les luttes christologiques après le concile de Chalcédoine; Sous le régime de l’Hénotique: La politique religieuse d’Anastase; La papauté après Chalcédoine. Les schismes Romains (461–514), in: Augustin Fliche /Victor Martin (Hrsgg.), Histoire de l’église depuis les origines jusqu’a nos jours. Bd. 4: De la mort de Théodose à l’élection de Grégoire le Grand, Paris 1945, 271–352. BARDY 1953 Gustave Bardy, La répercussion des controverses christologiques en Occident entre le concile de Chalcédoine et la mort de l’empereur Anastase (451–518), in: Heinrich Bacht/Alois Grillmeier (Hrsgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart. Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon, Würzburg 1953, 771–789. BARNWELL 1992 Peter S. Barnwell, Emperor, Prefects & Kings. The Roman West, 395– 565, London 1992. BARRY 1976 David S. Barry, The Patriarchate of Jerusalem in the Fifth and Sixth Centuries, Diss. Madison 1976. BÄUMER – FRANZEN 1974 Remigius Bäumer /August Franzen, Papstgeschichte. Das Petrusamt in seiner Idee und seiner geschichtlichen Verwirklichung in der Kirche, Neuausgabe Freiburg 1974. BAUS 1975 Karl Baus, Das Papsttum zwischen Byzanz und den Germanenreichen von Hilarius (461–468) bis Sergius I. (687–701), in: Ders. u. a. (Hrsgg.), Die Reichskirche nach Konstantin dem Großen. Bd. 2: Die Kirche in Ost und West von Chalkedon bis zum Frühmittelalter (451–700) (HKG 2,2), Basel/Freiburg /Wien 1975, 192–213. BAUS – EWIG 1973 Karl Baus /Eugen Ewig, Die Reichskirche nach Konstantin dem Großen. Bd. 1: Die Kirche von Nikaia bis Chalkedon (HKG 2,1), Basel/ Freiburg /Wien 1973. BECK 1959 Hans-Georg Beck, Kirche und theologische Literatur im Byzantinischen Reich (HdAW 12,2,1), München 1959. BECK 1961 Hans-Georg Beck, Überlieferungsgeschichte der byzantinischen Literatur. Franz Dölger zum 70. Geburtstag, in: Herbert Hunger u. a. (Hrsgg.), Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. Bd. 1: Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen. Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur, Zürich 1961, 423–510. BECK 1964 Hans-Georg Beck, Konstantinopel – Das neue Rom, in: Gymnasium 71 (1964), 166 –174.

310 BECK 1966 BECK 1973

BECK 1975

BECK 1980 BELLITTO 2002 BENDIX 1985

BERGSTRÄSSER 1955

BERKHOF 1947

BIENERT 1997 BLAUDEAU 1996 BLAUDEAU 2001a

BLAUDEAU 2001b

BLAUDEAU 2001c

BLAUDEAU 2001d

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BLAUDEAU 2005b

BLAUDEAU 2006a BLAUDEAU 2006b

BLAUDEAU 2006c

BLAUDEAU 2006d

BLAUDEAU 2007 BLAUDEAU 2008

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BOURDIEU 1993 BOURDIEU 2000

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BRENNECKE 2002

BRENNECKE 2007

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Darstellungen GOTTLIEB 1978

GRAY 1979 GREATREX 1998 GREATREX 2000

GREATREX 2006 GREATREX 2007 GREENSLADE 1945 GREGORY 1979

GRILLMEIER 1961

GRILLMEIER 1989 GRILLMEIER 31990

GRILLMEIER 21991

GRILLMEIER 2004

GRILLMEIER 22004

GROSSI 2001

GUILLAUMONT 1993

GÜNTHER 1892 GÜNTHER 1896

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320 GUSSONE 1978

HAACKE (R.) 1953

HAACKE (W.) 1939 HAARER 2006 HAAS 1997 HAENDLER 1980 HAGEMANN 1964

HAHN 2004

HAINTHALER 2002

HALL 2000

HALLEUX 1963a HALLEUX 1963b HALLEUX 1976 HALLEUX 1978

HALLEUX 1982 HALLEUX 1985a

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322 HOFMANN 1953

HÖLKESKAMP 2004

HOLY – STUCHLIK 1983

HONIG 1954 HONIGMANN 1947 HONIGMANN 1950 HONIGMANN 1951 HORN 1991

HUMPHRIES 2000

HUNT 1998

IMBUSCH 2002

IRMSCHER 1969 IRMSCHER 1975

IRMSCHER 1983

ISTAVRIDIS 1968

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LEMERLE 1963 LEPPIN 1996

LEPPIN 2003 LEPPIN 2010

LIEBESCHUETZ 2001 LILIE 1994 LILIE 1995 LIM 1995 LIPPOLD 1972 LLEWELLYN 1971 LLEWELLYN 1976 LLEWELLYN 1977 LLEWELLYN 1981 LORENZ 1970 LUHMANN 41991 LUMPE 1969 LUTHER 1997 MACCARRONE 1983

MACCARRONE 1991

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MACDONALD 1961

MACOMBER 1958 MAGI 1972 MANCUSO 1995 MANGO 1985 MARAVAL 2001a

MARAVAL 2001b

MARKUS 1991 MARSCHALL 1971

MARTIN (J.) 1972 MARTIN (J.) 1984 MARTIN (J.) 1997

MARTIN (J.) 42001 MARTIN (T.) 1953

MARTZELOS 2004

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Darstellungen

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MCGRADE 1970 MEIER 2003a

MEIER 2003b

MEIER 2007a MEIER 2007b MEIER 2008

MEIER 2009 MENZE 2008 MEYENDORFF 1989 MICHEL 1953

MILLAR 21992 MINNERATH 1991

327

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328 MOELLER 1944/45

MOELLER 1951

MOELLER 1961

MONACHINO 1983

MOORHEAD 1978 MOORHEAD 1984 MOORHEAD 1992 MORDEK 1991

MOTTA 2003 MÜHLENBERG 1982

MÜLLER 1964 MÜLLER 1981 NAUTIN 1982 NAUTIN 1984

NELSON 1976

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330 PIETRI 1976

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Darstellungen RECCHIA 1999

REDIES 1997

REICHARDT 1997

RICHARDS 1979 RIEDINGER 1961/62

RIST 2002

RITTER 1982

RIZZO 2000

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ROLDANUS 1998

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Darstellungen SCHNEEMELCHER 1984

SCHNEEMELCHER 1985

SCHWAIGER 1975

SCHWARCZ 1992 SCHWARCZ 2004

SCHWARTZ 1930 SCHWARTZ 1931

SCHWARTZ 1933 SCHWARTZ 1934 SCHWARTZ 1936 SCHWEIZER 1989

SCOTT 1996

SEPPELT 21954

SHAHÎD 1995

SIEBEN 1979 SIEBEN 1996

333

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334 SIEBIGS 2010

SIMMEL 1908 SIVAN 2008 SOLARI 1948 SOLARI 1949 SOLZBACHER 1989

SOTINEL 2001

SPEIGL 1980 STAUFFENBERG 1938

STEIN 1935 STEIN 1949

STEINACKER 1954 STIERNON 1983

STÖBER 1886 STOCKMEIER 1959 STREICHHAN 1922 SUERMANN 1998

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Darstellungen SUSMAN 1964 TATE 2004 TETZ 1961

TIERSCH 2000

TILLY 1970

TISSERANT 1935 TORRANCE 1988 TOWNSEND 1933 TOWNSEND 1936 TOWNSEND 1938

TRAMPEDACH 2005

TROIANUS 1991

TYRELL 2010

UEDING 1953

ULLMANN 1960

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336 ULLMANN 1976 ULLMANN 1978 ULLMANN 1981 ULRICH 1994 UTHEMANN 1999 VACCA 1993 VACCA 2000

VÁRADY 1984 VASILIEV 1950 VASILIEV 1958 VOGT 1975

VRIES 1963 VRIES 1968

WALTER 2009

WATTS 2010

WEBER 31964

WEBER 1995

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Darstellungen WEGENAST 1967 WEHLER 1979

WESTENBURGER 1939 WHITBY 1998

WHITBY 2000

WHITBY 2006

WIEMER 2006

WINKELMANN 1969 WINKELMANN 1971 WINKELMANN 1976 WINKELMANN 1978

WINKELMANN 1979 WINKELMANN 1980

WINKELMANN 1984a

WINKELMANN 1984b

WIRBELAUER 1993a

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338

WIRBELAUER 1993b

WIRBELAUER 1994

WIRBELAUER 2000

WIRTH 1990

WOJTOWYTSCH 1981

WOLFINGER 1983 WOLINSKI 2004

WYATT 1938

WYRWA 1998

ZIMMERMANN 1968

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339

Quellenstellen

REGISTER Hochgestellte Zahlen verweisen in der Folge auf Anmerkungen auf einer jeweiligen Seite. Sollte sich ein Registerbegriff auf einer Seite sowohl im Text als auch in den Anmerkungen finden, so wird nur auf die Seitenzahl verwiesen. Ähnliches gilt bei der Angabe mehrerer aufeinander folgender Seiten für einen Begriff. Das Verzeichnis der Quellenstellen berücksichtigt nur die Quellenbelegstellen im Anmerkungsapparat. Die Seiten- und Kapitelzählung folgt hierbei der jeweils verwendeten Ausgabe Für Bischöfe wird im Personenregister – sofern bekannt – ihr jeweiliger Sitz angegeben. Darüber hinaus werden einzelne Personen nur bei Namenshäufungen näher bestimmt. In diesem Fall werden Kaiser und Beamte zuerst genannt, sodann die kirchlichen Amtsträger, beginnend bei den Bischöfen der fünf Patriarchate, gefolgt von subalternen Bischöfen und sonstigen Klerikern. Das geographische Register verzichtet auf die Aufnahme von Personen determinierenden Orten. Dies betrifft in erster Linie die bloße Angabe von Bischofssitzen. Reichsweite Konzilien finden sich, ganz entsprechend, ebenfalls nicht im Orts-, sondern im Sachregister.

Quellenstellen Verzeichnis der Quellenstellen in der Arbeit 1KOR 12,26 .............................................. 157497 ACO I.1,1, 40,22–42,5 ............................... 4290 II.1,2, 61,7–16 .................................. 49116 II.1,2, 112,39–113,5 ......................... 45101 II.1,2, 128–130 .................................. 4498 II.1,2, 128,15–19 .............................. 56138 II.1,2, 129,23–130,3 ......................... 68183 II.1,2, 129,30 f................................... 4498 II.1,3, 95,16 ...................................... 70187 II.1,3, 96,21 f..................................... 4188 II.1,3, 119–124 ................................. 46105 II.1,3, 131 f. ................. 47109, 48110, 86244 II.2,1, 24–33 ...................................... 4292 II.2,1, 27,14–16 ................................. 4293 II.3,3, 109 f. ..................................... 70187 II.5, 9,1–29 ....................................... 48110 II.5, 11,35–21,23 .............................. 50120 II.5, 13,11–15,2 ................................ 50119 II.5, 24,29–98,4 ................................ 51122 II.5, 148,25–149,16 ........................ 114344 ACT.SYN.HAB.ROMAE 399–402 ......................................... 115348 399–415 ......................................... 115348

402,13–405,3..................................116349 405–415..........................................115348 419–424..........................................116352 419–437..........................................116350 422,7–10............................. 116351, 199634 423,11–13.......................................116352 424 .................................................116352 426,16–427,5..................................117353 426–432..........................................116350 427,11–428,9..................................116351 428,21–429,6...................... 116351, 199634 431,9–432,12..................................117353 432–437..........................................145457 444,9–12.........................................145458 445,20–446,6..................................145458 446,7–447,15..................................145458 ANASTAS. EPIST. 1 .....................................................110332 1,3 ..................................................110332 1,4 ...................................... 111333, 273897 1,6 .......................... 111335, 160512, 201642 1,8 ..................................................111333 APG 10 .....................................................85240

340 25,10–12 .......................................... 69186 ATH. H.AR. 33,7 .................................... 258842, 264864 AVELL. 37 ................................................... 115348 56,2 .................................................. 59147 56,4 .................................................. 59147 56,6 .................................................. 59147 56,10 ...................................... 56140, 75202 58,1 .................................................. 58145 58,3 .................................................. 59148 58,6 ........................................ 56140, 59148 59,7 .................................................. 58145 60 ................................................... 154488 60,3 .................................................. 59149 60,4 .................................................. 59149 60,6 ........................................ 61155, 66175 60,7 .................................................. 75202 61,3 .................................................. 53130 62,4 ...................................... 61159, 209670 63,2–5 .............................................. 53130 63,4 .................................................. 61159 66 ..................................................... 66176 66,2 f. ............................................... 66176 66,4 .................................................. 66176 66,4 f. ............................................. 258840 67 ..................................................... 66176 67,2 f. ............................................... 66176 68 ......................................... 66174, 193613 68,1 ........................................ 66174, 91257 68,2 ........................ 153486, 224712, 258841 68,2 f. ............................................... 65173 68,3 .............. 66174, 192611, 193613, 225716 68,3 f. ............................................... 92260 68,6 .................................................. 66174 69 ..................................................... 91257 70 ......................................... 96274, 174559 70,4 .................................................. 95271 79 ....................................... 104304, 155493 79,1 ................................................ 104304 79,4 ................................................ 158506 79,7 .................................... 159508, 206656 79,9 .................................... 104306, 150473 80 ................................................... 155493 81 ....................................... 114344, 155493 81,3–7 ............................................ 114344 89 ................................................... 134409 90 ................................................... 134409 95 ....................................... 103302, 155493 95,2 .................................... 105308, 208667

Anhang 95,4 ................................................106313 95,11...............................................159510 95,12 f. ...........................................106315 95,14..................................... 95270, 260849 95,15.................................................95271 95,16...............................................106313 95,21..................................... 77209, 106316 95,26................................... 106315, 178571 95,27..................................... 77209, 106316 95,40...............................................106313 95,41.................................................95269 95,43......................... 96276, 106314, 157500 95,44......................... 95271, 255831, 259845 95,53................................... 105312, 106317 95,54...............................................152482 95,57.................................................50118 95,64..................................... 95271, 259845 95,65......................... 65172, 232747, 258841 95,68........................ 96276, 105309, 106314, 157500, 211677 99 ...................................................103301 99,13.................................................48111 99,17.................................................56138 99,18....................................... 61157, 61158 99,20..................................... 92260, 157501 99,21.................................................62161 99,22................................... 153486, 224712 99,27...............................................154487 99,29..................................... 96276, 157500 99,31.................................................96274 101 .................................................155493 101,6...............................................107318 101,8...............................................110332 101,10......... 105307, 159509, 181581, 212679 101,11.............................................105311 102 ..................................... 112337, 247806 102,2....................... 169542, 228733, 251818 102,3...............................................205652 102,3–8............................... 112340, 228731 102,7 f. ...........................................112340 102,10–12.......................................228733 102,11 f. .........................................113341 102,13............................. 113341, 228 f.733 103 .................................................109325 103,4...............................................109327 103,9...............................................109327 103,14–30.......................................156494 103,27.............................................156495 103,27–29.......................................156494 104 ......................... 130397, 130398, 155493 104,2...............................................130397 104,7............................... 130398, 162 f.522

Quellenstellen 104,11 ............................................ 130397 104,15 .............................130398, 162 f.522 105 ................................................. 263861 107 ..................................... 132401, 133405 107,1 f. ........................................... 132401 107,2 .............................................. 165533 107,3 f. ........................................... 132401 108 ................................................. 132401 109,2 .............................................. 132402 109,3 .............................................. 132402 110 ................................................. 132403 111 ................................................. 134412 112 ......................... 135412, 163523, 200637 112,5 .............................................. 140436 113 ..................................... 134412, 263862 113,1 .............................................. 134412 113,3 .............................................. 200637 114 ..................................... 135412, 263862 114,6 .............................................. 145458 115,7 .............................................. 167537 115,9 .................................. 167537, 269887 116,7–9 .............................. 151478, 197628 116,10 ............................................ 269887 116,13 ............................................ 135413 116,14 ............................................ 165533 116,18–21 ...................................... 163522 116,20 ............................................ 197628 116a................................................ 133408 116a,1..................... 162521, 186599, 205653 116a,2............................................. 176567 116b ............................................... 134409 116b,3 .............................................. 50119 117 ................................................. 135415 118 ................................................. 135415 118,3 .............................................. 203645 119 ................................................. 135415 119,2 ...................... 133407, 135414, 135415 120 ................................................. 135415 125 ................................................. 184593 125,3–5 .......................................... 184593 125,7 ...................... 187599, 193613, 205654 125,7 f. ........................................... 134410 125,11 .................... 134411, 184594, 265871 126 ................................................. 136418 126,12 ............................................ 162519 126,15 ............................................ 269887 127,2 .............................................. 137420 127,3 .............................................. 137420 128 ..................................... 127389, 136418 128,1 .............................................. 163522 129 ................................................. 136418 129,12 ............................................ 162519

341 130 .................................................136418 130,10.............................................203648 131 .................................................136418 132 .................................................136418 132,5...............................................203647 133 .................................................136419 133,1...............................................136419 134 .................................................136419 134,2................................... 136419, 203645 135,3...............................................136419 137,5................................... 134412, 263863 137,12................................. 136416, 162520 138 ..................................... 137421, 264865 138,5................................... 137421, 264865 139 .................................................137422 139,4................................... 237772, 237773 139,5...............................................137422 139,6................................... 137423, 266872 139,10.............................................137422 140 ..................................... 202645, 137424 140,15................................. 137424, 156497 141 .................................................140435 143 .................................................140435 143,1...............................................272894 144,5................................... 140437, 163524 145,3...............................................140439 145,4...............................................140437 146 .................................................140435 146,1...............................................140438 146,2...............................................141439 146,4...............................................140438 152 .................................................147463 153 .................................................147463 155 .................................................147463 156 .................................................147463 157 .................................................147463 158 .................................................141441 158,5...............................................142446 158,7 f. ............................... 141441, 162521 158,11.............................................161515 159,1 f. ...........................................143449 159,2....................... 143449, 185597, 214684 159,3–7...........................................134409 159,8................................... 143449, 207660 160 .................................................142445 160,4........... 143451, 238778, 271893, 272895 161,5................................... 143450, 185597 167,3 f. ...........................................141442 167,5...............................................142443 167,7...............................................142446 167,8 f. ...........................................142446 167,10.............................................142447

342 167,14 ............................................ 143448 168 ................................................. 144452 168,3 .............................................. 163524 168,5 .............................................. 163524 168,10 .................... 144454, 163524, 210673 169 ................................................. 144452 169,8 f. ............................... 144454, 161515 170,2 .............................................. 144454 174 ................................................. 147463 175,2 .............................................. 144454 179 ................................................. 147463 213 ................................................. 141442 214 ................................................. 141442 216,4 .............................................. 238777 219–221 ......................................... 142442 223,1 .............................................. 142443 223,4–6 .......................................... 142444 223,6 .................................. 143448, 184595 225 ................................................. 141442 232,3 .............................................. 238778 232,5 .............................................. 273897 232,6 .............................................. 273897 app.4............................................... 134409 app.4,2 ............................................ 214684 app.4,2 f. ............................ 156497, 160514 app.4,3 ................................ 134409, 150475 app.4,3 f. ........................................ 197626 app.4,4 ................................ 134409, 150475 app.4,5 ................................ 151478, 197628 BEROL. 20 (64,25–65,4) .................... 94266, 154488 20 (65,9–12) ....................... 220700, 269887 20 (65,14–67,6) ................................ 94265 20 (66,6–11) ..................................... 61158 20 (67,2–6) ....................................... 62161 20 (69,1–4) ..................................... 154488 20 (69,1–7) ........................59149, 256 f.835 20 (69,5–7) ..................................... 153484 20 (69,6) ......................................... 153485 21 ..................................................... 93264 21 (70,7–23) ..................................... 93264 21 (70,16 f.) ................................... 154487 21 (70,23–25) ................................... 59149 21 (71,1–4) ....................................... 61158 21 (71,7–14) ..................................... 62161 21 (73,16–8) ..................................... 93264 22 ................................................... 153483 22 (74,20–75,2) ................................ 94267 23 ................................................... 153483 23 (75,12–6) ........................... 94267, 94268 23 (75,13) ........................153483, 153 f.486

Anhang 23 (75,15 f.)........................ 155489, 208665 23 (75,16–20) .................................153484 23 (75,17–19) ........... 94269, 155490, 156494 25 ...................................................104303 25 (76,2–6) .......................................97280 26 .......................................... 96274 165531 26 (76,8 f.)................ 95272, 147464, 260849 28 ......................................... 96274, 165531 28 (77,15–17) .................................197626 29 .....................................................96274 29 (77,22–27) .................................174559 30 ...................................................175562 31 (80,24–28) .................................260851 33 .......................................... 96274 165531 33 (81,8–13) ...................................153484 33 (81,23–25) .................................153484 33 (81,25–82,3) ................................61157 33 (82,16–18) ...................................59149 33 (82,18–23) .................................158504 33 (82,23–7) ...................................210672 34 .....................................................98282 34 (83,1–10) ...................................175563 34 (83,13–17) ........... 98282, 174561, 179576 34 (83,30–84,3) ..............................156497 34 (83,31–33) .................................205653 34 (85,8 f.)......................................175563 35 ....................................... 166536, 206657 43 ...................................................104305 43 (109,1–7) ...................................154487 43 (109,24–28) ...... 104305, 106315, 156496, 178571, 208664 44 ......................................... 98282, 111333 44 (111,17–19) ................... 174561, 179576 44 (111,21–23) ..................... 99286, 175562 44 (111,23–25) ...............................197626 44 (111,27–30) ..................... 98284, 150473 45 ...................................................101294 CIC 1404................................................117353 COD 8,5 ....................................................83231 8,9 f. .................................................70187 8,10–13.............................................83234 8,25–31.............................................85241 27,16–28,13......................................84238 27,22–27............................................ 4189 28,14–20............................................ 4188 28,19.................................................45103 64,18–65,4........................................54133 65,5–41.............................................54133

Quellenstellen 67,1–17 ............................................ 54133 67,18–40 .......................................... 45103 71,1–24 ............................................ 45103 71,25–36 .......................................... 54133 73,17–74,7 ....................................... 54133 75,27–76,38 ..................................... 45103 75,29–76,14 ..................................... 71193 76,11–14 .......................................... 45103 76,21 f. ............................................. 45103 76,25–32 ................................ 45103, 78215 COD.IUST. 1,2,16 ..................................... 60151, 81224 1,3,29 ............................................... 54133 1,3,30 ............................................... 54133 COD.THEOD. 16,1,2 ............................................... 71192 COD.VAT.GR.1431 56–62 ............................................... 53129 73 (49,1–51,30) ................................ 56138 74 (52,1–20) ..................................... 57142 75 (52,21–54,21) .............................. 64168 75 (52,23–27) ................................. 256832 75 (53,10–12) ....................... 63166, 224714 75 (54,1–4) ....................................... 68183 75 (54,12–14) ................................... 64168 CYPR. UNIT.ECCL. 4 f. .................................................... 69185 DECR.GELAS. 3 ........................................... 72194, 178571 3,2 .................................................... 69184 3,3 .................................................... 82230 ENNOD. EPIST. 3,10 ................................................ 118356 ENNOD. LIB.PRO SYNOD. 14 f. ................................................ 200635 74 ................................................... 200635 81 ................................................... 118356 82–87 ............................................. 200635 109 f. .............................................. 115348 EUAGR. HE 2,4 .......................................... 45101, 85239 2,5 ................................ 45102, 48110, 48111 2,8 .................................................... 50119

343 2,9 ....................................................51122 2,10 ......................................... 51122, 5312 2,18 ......................................... 4397, 44100 3,1 ..................................................260853 3,3 ....................................................55136 3,4 .......................................... 55137, 56138 3,5 ....................................................50120 3,6 ........................................ 56139, 201641 3,7 .......................................... 57141, 57142 3,8 .......................................... 60152, 88251 3,9 ....................................................60152 3,10 ..................................................65170 3,11 ............................ 60152, 61156, 224711 3,12 .......................... 62161, 224710, 257838 3,13 .................................... 255831, 260853 3,14 ..................................................64168 3,16 ............................. 65171, 68181, 91256, 226720, 232749, 239779 629 3,17 ............ 198 , 205654, 226721, 247806 3,19 ................................................203647 3,19 f. .............................................174559 3,20 ........................................ 95270, 95271 3,20 f. ...................................... 3678, 95273 3,21 ...................................... 96273, 174559 3,22 ................................................225718 3,23 ....................... 123371, 227723, 227727, 228730, 233752 369 3,30 ........................ 123 , 262856, 262858 3,30–33...........................................124375 3,31 ........... 135414, 233755, 236768, 238774, 240784, 241787, 247808 3,32 .................................... 100293, 235763 3,33 ........... 127388, 135414, 235765, 236768, 238774, 240782, 241786, 241787, 247808, 265869 3,33 f. .............................................237770 3,34 ....................... 236769, 242793, 253827, 265868, 267877 3,44 ................................................126385 4,4 .......................... 230741, 230738, 236767

EUS. HE 2,16 ..................................................83231 7,30 ................................................... 3159 EUS. MART.PAL. 11,1 ..................................................85240 FRG.LAURENT. 44,17–20.........................................115348 44,20–26.........................................115349 44,26–34.........................................116350

344 45,45–46,4 ..................................... 117354 46,4–14 .......................................... 118357 46,14–18 ........................................ 118358 GAL 2,11–21 ............................................ 83233 HIER. C.LUCIF. 19 ................................................... 217692 HIER. CHRON. a.357................................................. 77212 HILAR. COLL.ANTIAR. B 7,8,1 .................................................. 2849 INNOCENT. EPIST. 24,1 .................................................. 72195 IREN. ADV.HAER. 3,3,2 ................................................. 69185 3,3,3 ................................................. 72195 JOH 18,36 ................................................. 3473 JOH.ANT. frg.237,2 (Mariev) / frg.306 (Roberto) ........................... 231745 JOH.NIK. 88,60 ................................................ 62162 89,69 f. ........................................... 235763 JOS.STYL. 49–81 ............................................. 124377 KYR.SKYTH. VS 30 ................................................... 239781 50 .......................... 124375, 127388, 233756, 234761, 240782 50–54 ............................................. 240785 52 ................................................... 234761 56 ........................... 234761, 241787, 242789 57 .............. 242790, 242791, 242790, 247808, 250816, 251820, 253827, 267877 60 ................................................... 242792 71–73 ............................................. 253826 LEO M. EPIST. 95 (ACO II.4, 51,4 f.) ....................... 4396

Anhang 104 ............................. 49113, 79217, 152481 104 (ACO II.4, 56,13 f.) ...................49113 104 (ACO II.4, 56,13–20) ..............220701 104 (ACO II.4, 56,15) ........................ 111 104 (ACO II.4, 56,16 f.) ...................49114 104 (ACO II.4, 56,18 f.) ...................49113 106 (ACO II.4, 61,13–8) ................141440 107 (ACO II.4, 62,13–32) ................76204 111 (ACO II.4, 64,3–5) ....................76204 114 ...................................................50117 126 ...................................................48110 127 (ACO II.4, 82,24–8) ..................48112 129 ....................................... 48112, 112340 130 .................................................112340 130 (ACO II.4, 83,17–20) ................48112 149 f. ................................................52123 156 ...................................................52128 157 (ACO II.4, 109,14 f.) .................52125 162 (ACO II.4, 105,28–34) ..............51121 162 (ACO II.4, 106,10 f.) .................52126 165 (ACO II.4, 113,1–119,14) .........53129 LEO M. SERM. 4,2 ....................................................74198 LIB.PONTIF. 52,2 ................................................114345 53,1–5.............................................115347 53,2 ................................................115348 53,5 ................................................117354 54,2 ................................................133408 54,3 f. .............................................137421 LIBERAT. 16,106...............................................61157 16,107 f. ...........................................61158 16,108 f. ...........................................53130 17,111...............................................63164 17,111 f. .........................................256831 17,113–117.......................................64168 17,120................................. 231745, 232748 17,121.............................................157498 18,127.............................................233754 18,128.............................................233756 18,128 f. .........................................229736 18,129.............................................229737 MALAL. 14,46 f. .............................................55136 15,6 ..................................................65170 15,12–14...........................................63163 16,16...............................................131400

Quellenstellen 16,19 .............................................. 128392 MARC.COM. a.495............................................... 123371 a.512,2–9 ........................................ 128392 a.514 f. ........................................... 131400 a.516,3 ............................................ 135414 MICH.SYR. 9,9 .................................................. 131400 MT

16,18 f. ........................ 69184, 72194, 74198, 152481, 156494 16,19 ................................................ 49114

NESTOR. LIB.HERACLID. 2,2 ..................................................... 4395 NOV.IUST. 11,1 ................................................ 207659 OFFB 18 ...................................................... 3473 PHILOXEN. EPIST.AD MARON 13 ................................................... 169542 27 ................................................... 234758 31 ................................................... 234758 PROSP. 1352 (444) ...................................... 115349 1376 (455) ...................................... 115349 PS.-ZACH. HE 3,1 .......................................... 45101, 45102 3,3 .......................................... 48110, 85242 3,5 .................................................... 47109 4,1 f. ................................................. 50119 4,3 .................................................... 50120 4,5 .................................................... 51122 4,6 .................................................... 53129 4,7 .................................................... 51122 4,7 f. ................................................. 52123 4,10 .............................. 46104, 53129, 53130 4,11 ........................................ 54134, 54135 4,12 .................................................. 50120 5,1 ................................ 55135, 55136, 55137 5,2 .................................................... 56138 5,4 .............................. 50120, 56139, 201641 5,5 .......... 56140, 57141, 86245, 88251, 224711

345 5,6 ............................... 62161, 62162, 62163, 63167, 224711, 247808 5,7 ......................... 224710, 225717, 226719, 247806, 255831 5,8 ....................................................64168 5,9 ........................... 65171, 225715, 226720, 232749, 251819, 260850 5,9 f. .................................................97278 5,10 .................................... 232750, 247807 5,10–12...........................................247806 5,12 .......................... 97279, 239779, 247808 6,1 ................ 68182, 178572, 225718, 226719 6,1 f. ...............................................225718 6,2 ...................................... 226718, 257838 6,4 ........................................ 99287, 227724 6,5 ......................... 172551, 174560, 180577, 180578, 227722, 247806 6,6 ........................... 99288, 174560, 227723, 229734, 233756, 233754, 233755, 234758, 247806 7,1 .......................... 123370, 180579, 228728 7,7 f. ...............................................126385 7,8 ...................................... 127386, 127387 7,9 ..................................................128392 7,10 ............ 230738, 234761, 235763, 241788 7,12 ............ 230738, 236766, 236767, 237771 7,13 ................................................131400 7,14 ................................................273898 8,1 ..................................................236766 8,2 ..................................................131400

RÖM 13,1–7.................................................3473 SABBAIT. 25 ...................................................185596 25 (63,3–64,11) ..............................139432 25 (63,38) .......................................273897 25 (64,8–11) ....................... 176568, 238775 25 (64,26–31) .................................141439 27 ........................................ 139429 238775 27 (72,5) .........................................238775 27 (72,21 f.)....................................238775 27 (73,9–13) ....................... 139431, 141439 27 (74,24) .......................................273897 28 ...................................................242792 28 f. ................................................139433 30 ...................................................242792 30 f. .................................... 139433, 185596 36 (107,31–108,4) ..........................137422

346 SEV.ANT. ALLOC. 266–271 ......................................... 235765 270 f. .............................................. 235765 SEV.ANT. EPIST.CL 37 (292 f.) ...................................... 128393 46 (321) ...... 176566, 236766, 236767, 237771 51 (325 f.) ...................................... 237770 SEV.ANT. EPIST.SL 1,1 .................................................. 265867 1,1 (transl., 5) ................................. 234760 1,11 (transl., 48,23–27) .................... 77211 1,21 .................................... 133406, 236769 1,21 (transl., 97,19–21) .................. 237770 1,24 (transl., 83,17–84,5) ............... 133407 1,27 (transl., 88,9–14) .................... 230738 1,31 (ed., 107,18) ........................... 251819 1,48 (transl., 130,26–131,8) ........... 237770 4,2 (transl., 254,12–20) .................. 226718 4,2 (transl., 255,2–11) ....... 127391, 183589, 265869 4,2 (transl., 255,2–26) .................... 229736 4,2 (transl., 255,11–22) .................. 227727 4,2 (transl., 255,17–22) .................. 228730 4,2 (transl., 255,26–256,2) ......... 234 f.761 5,7 (ed., 360,10 f.) .......................... 251819 6,1 (transl., 362) ............................. 176568 SEV.ANT. HYMN. 262 ................................................. 140434 SEV.ANT. TYPOS 242 ................................................. 229735 242 f. .............................................. 126383 SIMPLIC. EPIST.AD ACAC. 121,2–6 ............................................ 67178 121,25–30 .................... 66175, 86245, 88251 SIRIC. EPIST. 1,1 .................................................... 72195 SYM.METAPHR. VD 72–84 ............................................... 57141 SYMMACH. EPIST.AD ANAST.IMP. 153–157 ............................. 119360, 129394 153,9 f. ........................................... 209671 154,15 ............................................ 129394 154,21 ................................ 116351, 129394

Anhang 154,21 f. .........................................129395 154, 31–155,8.................................129395 155,10–15.......................................162518 155,16................................. 129394, 129395 155,19–29........................... 160514, 210672 155,21.............................................134411 155,22–29.......................................162521 155,25–28.......................................129395 156,1–5............................... 129395, 130396 THEOD.ANAGN. HE epit. 368............................................50119 epit. 390.................................. 53131, 54132 epit. 406............................................57141 epit. 419 f. ........................................63165 epit. 427..........................................232746 epit. 432 f. ........................................95270 epit. 440................................ 99287, 227724 epit. 441..........................................100292 epit. 442........ 99289, 100291, 159507, 180580 epit. 446..........................................100293 epit. 452..........................................157498 epit. 453.............................. 123371, 199634 epit. 456.............................. 124373, 180579 epit. 457..........................................123372 epit. 461................. 110329, 112336, 112338, 113342, 116349 epit. 471..........................................199634 epit. 474..........................................125378 epit. 477..........................................229735 epit. 478..........................................125381 epit. 479.............................. 126384, 235762 epit. 483–5......................................128392 epit. 488..........................................125380 THEOPHAN. a.5945 (452/53) ................................48110 a.5950 (457/58) ................................50119 a.5956 (463/64) ...................... 53131, 54132 a.5966 (473/74) ................................55136 a.5967 (474/75) ................................57141 a.5968 (475/76) ................................57141 a.5969 (476/77) ................................60152 a.5970 (477/78) ................................65170 a.5971 (478/79) ................................63165 a.5972–5976 (479/80–483/84) .........63163 a.5973 (480/81) ................................65170 a.5974 (481/82) ..............................231745 a.5979 f. (486/87 f.) .........................95270 a.5980 (487/88) ................................96275 a.5981 (488/89) ........... 83233, 98283, 99287, 227724

Quellenstellen a.5982 (489/90) ......... 97277, 99289, 100291, 100292, 100293, 159507, 180580, 232749, 232750, 232751 a.5984 (491/92) .............................. 157498 a.5987 (494/95) .................. 123371, 199634 a.5988 (495/96) .............................. 123371 a.5991 (498/99) .................. 124374, 253825 a.5992 (499/500) ............................ 112338 a.5992 f. (499/500 f.) ..................... 112336 a.5993 (500/01) .............................. 110329 a.5996–5998 (503/04–505/06) ....... 124377 a.5999 (506/07) .................. 125379, 199634 a.6001 (508/09) .................. 230740, 234759 a.6002 (509/10) ..... 125378, 125381, 126384, 182585, 229735, 235762, 253826 a.6003 (510/11) ..... 126385, 234761, 240784, 241788, 249814 a.6004 (511/12) ..... 125380, 127391, 235763, 265869 a.6005 (512/13) .................. 127391, 240782 a.6006 (513/14) .................. 131400, 176567 a.6009 (516/17) .................. 230739, 230740 TIM.AIL. EPIST. 1 ....................................................... 88252 3 ....................................................... 92260 ULP. DIG. 1,1,1,2 ............................................... 3367 VERON. 1 (3,4–7) ......................................... 154488 1 (3,5) ............................................... 50119 4 .................................... 67178 81225, 92260 4 (4,12) ............................................. 81225 4 (5,2–7) ........................................... 67178 4 (5,7–11) ......................................... 61157 5 ....................................................... 96274 5 (6,10 f.) ......................................... 96273 5 (6,18–20) ...................................... 95271 5 (7,7–9) ......................................... 155491 5 (7,10 f.) ......................................... 95271 6 (7–15) ............................................ 97280

347 7 (16,6–11) .....................................210672 7 (16,12–4) .....................................107320 7 (16,33 f.).......................... 105308, 208667 7 (17,6–9) .......................................156497 7 (17,10) .........................................105312 7 (17,24–31) ...................................105312 7 (18,5–7) .......................................154487 8 .....................................................107321 8 (19,18–20) ...................................107321 8 (19,27) .........................................159508 8 (20,5–22) ......................... 108322, 158503 8 (23,9–11) ......................... 158505, 159508 10 (26,10–16) ...................................96273 10 (27,35 f.)................ 96276, 97277, 157500 10 (32,8–10) ......................... 96276, 157500 11 ...................................................103301 11 (34,14–18) ...................................61158 11 (35,31 f.)....................................158504 11 (36,35–39,16) ..............................95271 11 (36,35–37) ..................... 255831, 259845 11 (38,36 f.)....................................205654 11 (40,1–3) .....................................157501 11 (40,32 f.)....................................184594 11 (41,22–32) ...................................95271 11 (41,28) .......................................154487 12 ...................................................101294 12 (50,12–14) .................................159508 12 (50,28 f.)....................................180581 12 (52,6–11) ...................................160511 12 (52,6–20) ...................................102297 12 (52,15–28) .................................102298 12 (52,20–23) .................................106313 12 (54,12) .......................................101294 12 (55,2–4) ......................... 102297, 184594 12 (55,4–7) .....................................184594 12 (55,21 f.)....................................164525

ZACH. VS 102 f. ..............................................240783 103 f. ..............................................253826 114 .................................................237770 ZON. 14,3,35............................................131400

348

Anhang

Schreiben der Avellana, Berolinensis und Veronensis Collectio Avellana Avell. 37 Avell. 56 Avell. 58 Avell. 59 Avell. 60 Avell. 61 Avell. 62 Avell. 63 Avell. 66 Avell. 67 Avell. 68 Avell. 69 Avell. 70

Avell. 79 Avell. 80 Avell. 81 Avell. 89 Avell. 90 Avell. 95 Avell. 99 Avell. 101 Avell. 102

Kaiser Honorius an Papst Bonifatius (Juli 419 oder 420) Papst Simplicius an Kaiser Basiliskos (14.01.476) (= Berol. 14; THIEL: Simplic. epist. 3) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (10.01.476) (= Berol. 16; THIEL: Simplic. epist. 2) Papst Simplicius an Presbyter und Archimandriten in Konstantinopel (10.01.476) (= Berol. 17; THIEL: Simplic. epist. 4) Papst Simplicius an Kaiser Zenon (06.04.477) (= THIEL: Simplic. epist. 6) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (08.03.478) (= Berol. 6; THIEL: Simplic. epist. 9) Papst Simplicius an Kaiser Zenon (ca. 08.10.478) (= Berol. 7; THIEL: Simplic. epist. 10) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (ca. 08.10.478) (= Berol. 8; THIEL: Simplic. epist. 11) Papst Simplicius an Kaiser Zenon (22.06.479) (= Berol. 11; THIEL: Simplic. epist. 15) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (22.06.479) (= THIEL: Simplic. epist. 16) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (15.07.482) (= Berol. 12; THIEL: Simplic. epist. 18) Papst Simplicius an Akakios von Konstantinopel (15.07.482) (= Berol. 13; THIEL: Simplic. epist. 17) Römische Synode an orthodoxe Presbyter und Archimandriten in Konstantinopel und Bithynien (05.10.485) (= Berol. 27; THIEL: Felic. epist. 11) Papst Gelasius an die Bischöfe Dardaniens (493) (= Berol. 39; THIEL: Gelas. epist. 7) Synode der Bischöfe Dardaniens an Papst Gelasius (494) (= Berol. 40; THIEL: Gelas. epist. 11) Papst Anastasius an Laurentios von Lychnidos (= Berol. 37; THIEL: Anastas. epist. 3) Kaiser Justinian: Bekenntnis an Papst Agapet (16.03.536) Menas von Konstantinopel: Bekenntnis an Papst Agapet (16.03.536) Papst Gelasius an die Bischöfe Dardaniens (01.02.496) (= Berol. 41; THIEL: Gelas. epist. 26) Papst Gelasius: Erster Traktat Gesta de Nomine Acacii (= Berol. 32; THIEL: Gelas. tract. 1) Papst Gelasius an die Bischöfe Dardaniens (03.08.494) (= Berol. 38; THIEL: Gelas. epist. 18) Chaeremon und Dioskor, Apokrisiare Alexandrias in Konstantinopel, an Papst Anastasius über die Verhandlungen mit den päpstlichen Gesandten Cresconius und Germanus (497) (= THIEL: Anastas. epist. 5)

Quellenstellen Avell. 103

349

Römische Synode: Rehabilitation des Misenus (13.05.495) (= Berol. 46; THIEL: Gelas. epist. 30) Avell. 104 Papst Symmachus an die orthodoxen Bischöfe, Presbyter, Diakone, Archimandriten und Laien Dardaniens und beider Dakien (05.03.513) (= Berol. 47; THIEL: Symmach. epist. 13) Avell. 105 Dorotheos von Thessalonike an Papst Hormisdas (Eingang: 28.03.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 3) Avell. 107 Kaiser Anastasios an Papst Hormisdas (12.01.515; Eingang: 28.03.) (= THIEL: Hormisd. epist. 2) Avell. 108 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (05.04.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 4) Avell. 109 Kaiser Anastasios an Papst Hormisdas (28.12.514; Eingang: 14.05.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 1) Avell. 110 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (08.07.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 6) Avell. 112 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (516, nicht vor Sept.) (= THIEL: Hormisd. epist. 13) Avell. 113 Kaiser Anastasios an den römischen Senat (28.07.516) (= THIEL: Hormisd. epist. 12) Avell. 114 Römischer Senat an Kaiser Anastasios (516, nicht vor Sept.) (= THIEL: Hormisd. epist. 14) Avell. 115 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (11.08.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 8) Avell. 116 Papst Hormisdasʼ Instruktion an den Gesandten Ennodius (11.08.515) (= THIEL: Hormisd. epist. 7) Avell. 116a Papst Hormisdasʼ Aufzeichnung über Ziele und Verhaltensregeln seiner Gesandten in Konstantinopel Avell. 116b libellus des Papst Hormisdas (Exemplar vom 18.03.517) Avell. 117 Johannes von Nikopolis an Papst Hormisdas (Anf. Okt. 516) (= THIEL: Hormisd. epist. 15) Avell. 118 Papst Hormisdas an Johannes von Nikopolis (15.11.516) (= THIEL: Hormisd. epist. 17) Avell. 119 Synode von Epirus Vetus an Papst Hormisdas (Anf. Okt. 516) (= THIEL: Hormisd. epist. 16) Avell. 120 Papst Hormisdas an die Synode von Epirus Vetus (15.11.516) (= THIEL: Hormisd. epist. 18) Avell. 125 Kaiser Anastasios an Papst Hormisdas (Winter 515/16) (= THIEL: Hormisd. epist. 10) Avell. 126 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (03.04.517) (= Thiel: Hormisd. epist. 27) Avell. 127 Papst Hormisdas an Kaiser Anastasios (12.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 37) Avell. 128 Papst Hormisdas an Timotheos von Konstantinopel (03.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 28) Avell. 129 Papst Hormisdas an die Bischöfe des Ostens (03.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 29) Avell. 130 Papst Hormisdas an die orthodoxen Bischöfe (03.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 30)

350 Avell. 131 Avell. 132

Avell. 133 Avell. 134 Avell. 135 Avell. 137 Avell. 138 Avell. 139 Avell. 140

Avell. 141 Avell. 143 Avell. 144 Avell. 145 Avell. 146 Avell. 152 Avell. 153 Avell. 155

Avell. 156 Avell. 157 Avell. 158 Avell. 159

Avell. 160 Avell. 161

Anhang Papst Hormisdas an Bischof Possessor in Konstantinopel (03.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 31) Papst Hormisdas an orthodoxe Kleriker, Laien und Mönche in Konstantinopel (03.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 32) Papst Hormisdas an Dorotheos von Thessalonike (12.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 36) Papst Hormisdas an seine Gesandten Ennodius und Peregrinus (12.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 33) Papst Hormisdasʼ Instruktion an seine Gesandten Ennodius u. Peregrinus (12.04.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 34) Papst Hormisdas an Avitus von Vienne (15.02.517) Kaiser Anastasios an Papst Hormisdas (11.07.517) (= THIEL: Hormisd. epist. 38) Archimandriten und Mönche der Syria Secunda an Papst Hormisdas (Ende 517) (= THIEL: Hormisd. epist. 39) Papst Hormisdas an die Presbyter, Diakone und Archimandriten der Syria Secunda (10.02.518) (= Berol. 48; THIEL: Hormisd. epist. 40) Kaiser Justin an Papst Hormisdas (01.08.518) (= THIEL: Hormisd. epist. 41) Kaiser Justin an Papst an Hormisdas (07.09.518; Eingang: 20.12.) (= THIEL: Hormisd. epist. 42) Papst Hormisdas an Kaiser Justin (Anf. Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 46) Papst Hormisdas an Johannes von Konstantinopel (Anf. Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 47) Johannes von Konstantinopel an Papst Hormisdas (07.09.518) (= THIEL: Hormisd. epist. 43) Papst Hormisdas an Keler und Patrikios (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 54) Papst Hormisdas an den praefectus praetorio Thessalonicensis (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 55) Papst Hormisdas an den Archidiakon Theodosios von Konstantinopel (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 53) Papst Hormisdas an die Augusta Euphemia (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 51) Papst Hormisdas an Anastasia und Palmatia (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 56) Papst Hormisdasʼ Instruktion an seine Gesandten (Ende Jan. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 49) Johannes von Konstantinopel: Vorwort und Billigung des libellus Hormisdae (28.03.519; Versand: 22.04.; Eingang 19.06.) (= THIEL: Hormisd. epist. 61) Kaiser Justin an Papst Hormisdas (22.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 66) Johannes von Konstantinopel an Papst Hormisdas (22.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 67)

Quellenstellen Avell. 167

351

Dioscorus, römischer Gesandter, an Papst Hormisdas (22.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 65) Avell. 168 Papst Hormisdas an Kaiser Justin (09.07.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 79) Avell. 169 Papst Hormisdas an Johannes von Konstantinopel (09.07.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 80) Avell. 170 Papst Hormisdas an seine Gesandten Germanus, Johannes und Dioscorus (09.07.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 87) Avell. 174 Papst Hormisdas an Pompeios (09.07.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 83) Avell. 175 Papst Hormisdas an seinen Gesandten Dioscorus (03.12.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 105) Avell. 179 Papst Hormisdas an Juliana Anicia (09.07.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 85) Avell.197 vir illustris Keler an Papst Hormisdas (09.07.520) (= THIEL: Hormisd. epist. 118) Avell. 213 Zweiter Zwischenbericht der römischen Gesandtschaft an Hormisdas (Feb./März 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 59) Avell. 214 Dritter Zwischenbericht der römischen Gesandtschaft an Hormisdas (07.03.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 60) Avell. 216 Dioscorus, römischer Gesandter, an Papst Hormisdas (29.06.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 75) Avell. 219 Papst Hormisdas an seine Gesandten Germanus, Johannes und Dioscorus (25.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 72) Avell. 220 Papst Hormisdas an seine Gesandten Germanus, Johannes und Dioscorus (29.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 73) Avell. 221 Papst Hormisdas an seine Gesandten Germanus, Johannes und Dioscorus (29.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 74) Avell. 223 Germanus und Johannes, römische Gesandte, an Papst Hormisdas (22.04.519) (= THIEL: Hormisd. epist. 64) Avell. 225 Germanus und Dioscorus, römische Gesandte, an Papst Hormisdas (Mitte Okt. 519) (= THIEL: Hormisd. epist. 100) Avell. 232 Kaiser Justin an Papst an Hormisdas (09.09.520) (= THIEL: Hormisd. epist. 129) Avell. app.4 libellus des Papst Hormisdas (Exemplar vom 11.08.515) (= Berol. 49)

Collectio Berolinensis Berol. 20 Berol. 21 Berol. 22 Berol. 23

Papst Felix an Kaiser Zenon (nach 13.03.483) (= THIEL: Felic. epist. 1) Papst Felix an Akakios von Konstantinopel (nach 13.03.483) (= THIEL: Felic. epist. 2) Papst Felix an Kaiser Zenon (= THIEL: Felic. epist. 4) Papst Felix an Akakios von Konstantinopel (= THIEL: Felic. epist. 3)

352 Berol. 25 Berol. 26 Berol. 28 Berol. 29 Berol. 30 Berol. 31 Berol. 33 Berol. 34 Berol. 35 Berol. 43 Berol. 44 Berol. 45

Anhang Papst Felix an Andreas von Thessalonike (= THIEL: Felic. epist. 18) Bannsentenz gegen Akakios von Konstantinopel zur öffentlichen Bekanntmachung (= THIEL: Felic. epist. 7) Papst Felix an orthodoxe Kleriker und Laien Konstantinopels (= THIEL: Felic. epist. 10) Papst Felix an die Archimandriten in Konstantinopel und Bithynien (= THIEL: Felic. epist. 12) Papst Felix an die Archimandriten Rufinos, Hilarios und Thalassios (01.05.490) (= THIEL: Felic. epist. 16) Papst Felix an Bischof Vetranio in Konstantinopel (= THIEL: Felic. epist. 17) Papst Felix an Kaiser Zenon (01.08.484) (= THIEL: Felic. epist. 8) Papst Felix an Kaiser Zenon (= THIEL: Felic. epist. 15) Papst Gelasius: Dritter Traktat De Duabus Naturis (= THIEL: Gelas. tract. 3) Papst Gelasius: Zweiter Traktat De Damnatione Nominum Petri et Acacii (= THIEL: Gelas. tract. 2) Papst Felix an Fravitta von Konstantinopel (= THIEL: Felic. epist. 14) vgl. Veron. 12

Collectio Veronensis Veron. 1 Veron. 4 Veron. 5 Veron. 6 Veron. 7 Veron. 8 Veron. 10 Veron. 11 Veron. 12

Papst Simplicius an Kaiser Zenon (= THIEL: Simplic. epist. 19) Akakios von Konstantinopel an Papst Simplicius (= THIEL: Simplic. epist. 8) Papst Felix an Akakios von Konstantinopel (28.07.484) (= Berol. 24; THIEL: Felic. epist. 6) Papst Felix an Andreas von Thessalonike (Fragment, vgl. NAUTIN 1982) (= Berol. 42; THIEL: Gelas. tract. 4) Papst Gelasius an den magister Faustus (= THIEL: Gelas. epist. 10) Papst Gelasius an Kaiser Anastasios (= THIEL: Gelas. epist. 12) Papst Gelasius an die Bischöfe des Ostens (= THIEL: Gelas. epist. 27) Papst Gelasius an die Bischöfe des Ostens: De Vitanda Communione Acacii (= THIEL: Gelas. epist. 1) Papst Gelasius an Euphemios von Konstantinopel (= Berol. 45; THIEL: Gelas. epist. 3)

Personenregister

353

Personenregister Agapet 121365 ägyptische Bischöfe 44 f., 83232, 96274 Akakios (Konstantinopel) 57–61, 63–68, 80 f., 91–97, 153–155, 171–174, 178 f., 191–193, 224–226, 255 f., 268 f., 278– 280 et passim Aksenāyā (s. Philoxenos) Alkison (Nikopolis) 135, 236, 238774, 241, 247808 Amantios 236766 Ambrosius (Mailand) 111334, 169, 201640 Ammonios 225718 Amphilochios (Sidon) 51122 Anastasia 147463 Anastasios (Kaiser) 100–102, 107 f., 112, 122–138, 158, 160–163, 169 f., 172 f., 175 f., 180–184, 232–238, 240–242, 262–270, 281 f. et passim Anastasios (Jerusalem) 86 Anastasius II. (Rom) 109–115, 119–122, 124, 145 f., 150 f., 160, 162520, 165, 201638,642, 205652, 247, 251, 273897, 282 Anatolios (Konstantinopel) 11 f., 43, 45, 50120, 52, 55, 57, 78, 80, 176567 Andreas (Apostel) 77 f., 204 Andreas (Thessalonike) 97, 103 f., 135415 Andromachus 103301 Anthemius 63165 Archelaos (Kaisarea) 227724 Ariadne 53131 Arios 83235 Asiatikos 236, 265868 Aspar 51120, 53131, 55136, 79218 Athanasios I. (Alexandria) 2434, 2849, 56140, 70, 83, 94, 154 f., 169, 208, 258842, 269886 Athanasios II. Keletes (Alexandria) 101, 123, 180579, 227, 233, 249 f. Aurelian 30 Auxentius (Mailand) 111334 Avitus (Vienne) 134412, 135 f., 162520, 263863 Basileios (Seleukia) 4498 Basiliskos 55–63, 67, 75, 79215, 80 f., 86, 88, 94, 106, 139428, 149, 154488, 159, 171, 189, 191, 195621, 201, 256 f., 259847 Basilius (s. auch Sachregister: „BasiliusDekret“) 93262

Caelius Johannes 118357 Christus 27, 42, 44, 49114, 54132, 68 f., 74, 85, 231746, 290 f. Coelestin (Rom) 4290 Cyprian (Karthago) 69185 dalmatische Bischöfe 206656 Damasus (Rom) 71 f., 74198, 83, 87249, 115348 Daniel Stylites 57, 80 dardanische Bischöfe 103302, 104 f., 206656 Dionysios (Tarsos) 237 Dioscorus (Diakon, Rom) 118, 141–144, 150, 238777 Dioskor I. (Alexandria) 41–46, 50 f., 53, 64168, 75, 84 f., 88, 112 f., 156, 205, 228 Dioskor II. (Alexandria) 214685, 230, 267 Domnus II. (Antiochia) 251819 Dorotheos (Thessalonike) 136, 141442 Elias (Jerusalem) 86243, 124 f., 127, 130398, 172, 177, 182, 233 f., 236, 239–242, 244, 249, 264 f. Ennodius (Pavia) 117 f., 129394, 133408, 141441, 168, 200635 Epiphanios (Tyros) 139 f., 236 f. Epiroten 146, 151 Euagrios Scholastikos 22, 85239, 126385, 230738, 236767, 242, 260–262, 266876 Eudokia 47109 Euphemia 147463 Euphemios (Konstantinopel) 92258, 99–103, 106313, 112, 123, 139, 143, 151, 159, 164525, 165, 171 f., 175, 177, 180–187, 189, 194617, 197, 199 f., 202, 205, 210 f., 227 f., 233, 239, 247, 249 f., 265–267, 281 f. Eusebios von Caesarea 74199, 85, 169 Eustathios (Antiochia) 83233 Euthymios 239781 Eutyches 41 f., 50120, 51121, 53130, 64, 78, 88, 124376, 126, 156, 167537, 180578, 192, 204 f., 208, 225717, 229, 233, 239, 261854 Faustus 107, 113342, 118356, 119 Felix III. (II.) (Rom) 14, 61157, 92258, 93– 102, 104303,305, 105, 110 f., 147464, 149, 151–159, 161, 163, 165, 169, 172553,

354 174559,561, 175562 f., 179, 192 f., 205, 208, 210672, 220700, 231745, 239, 260849,851, 261855 Festus 110, 113 f., 118357, 119, 122, 145 Flavian (Konstantinopel) 41–43, 78, 143449 Flavian II. (Antiochia) 124–127, 130398, 131, 136, 172, 175–177, 182, 222706, 229, 233–235, 237770, 239 f., 244 f., 248812, 249, 253825, 262, 264, 273897 Fravitta (Konstantinopel) 97280, 98 f., 111333, 151, 165, 171 f., 174 f., 179 f., 186, 194617, 227, 244798, 247 Gelasius (Rom) 93, 102–111, 114 f., 150– 152, 155–160, 163 f., 170, 194, 216, 255, 262, 281 f. et passim Gennadios (Konstantinopel) 46104 Germanus (Capua) 142 Goten 76, 107319, 118357, 146459, 200 Hieronymus 217 Honorius 115348, 119361 Hormisdas (Rom) 72194, 117355, 118, 120 f., 127389, 131–137, 140–145, 147, 150– 152, 155493, 156497, 160–170, 176 f., 184–186, 188–190, 197628, 200637, 201642, 202 f.645, 203647 f., 208, 210, 213, 215 f., 238, 260, 263 f., 269887, 271– 273, 281–284 Illus 51120, 55136, 62–65, 68, 79218, 87, 96, 123 f., 224, 231 f., 256, 260849 illyrische Bischöfe 97280, 105311, 130 f., 135 Innocentius (Rom) 72195 Irenaeus von Lyon 69, 72195 Isaurier 55136 italische Bischöfe 76207, 116, 145, 200635 Jakobus (Jerusalem) 85240 Jesus (s. Christus) Johannes Chrysostomos (Konstantinopel) 78, 171549 Johannes II. (Konstantinopel) 139–144, 147463, 161515, 168 f., 172, 176 f., 184– 188, 190, 202, 207, 213–215, 260, 271, 273, 284 Johannes Talaia (Alexandria /Nola) 62–66, 81, 89, 92258, 95 f., 105, 113, 118357, 149, 151, 153–155, 157, 174, 192611, 208, 224 f., 231 f., 257–259, 261, 278 Johannes Hemula (Alexandria) 228 f.

Anhang Johannes von Nikiu (Alexandria) 127 f., 134410, 183, 229 f., 234758, 236, 248, 250, 265869, 267 Johannes Kodonatos (Antiochia) 60152 Johannes III. (Jerusalem) 139, 239, 241 f., 244, 267879 Johannes (Klaudioupolis) 234760 Johannes (Nikopolis) 135 f. Johannes (Presbyter, Rom) 141442, 142 Julian (Kaiser) 3368 Julian (Bostra) 237 Julian (Kos) 76 Juliana Anicia 147463 Julius (Rom) 2849, 70, 94, 154, 215687 Justin 138–144, 147463, 150477, 151, 161515 f., 162520, 163 f., 166, 170, 173, 176, 184 f., 188 f., 210, 213 f., 216, 236766, 238, 248, 252, 255 f., 263, 268–273, 281, 284 f. Justinian 2433, 3266, 138427, 143, 170, 207659, 210671,673, 253826, 270 f., 285 Juvenal (Jerusalem) 46–48, 85 f., 249815 Kalandion (Antiochia) 63165, 64–68, 81, 83233, 87, 91257, 96 f., 105, 125379, 157500, 208, 224712, 226, 231 f., 248, 253825, 256–260, 264 Karl der Große 168540 Keler 147463 Konstantin 12–14, 16, 2434, 30–33, 3575, 45103, 193615, 245802, 279, 291 f. Konstantios II. 60154, 64169, 77210, 83235, 217, 258842, 264864, 268881 Kopten 87250 Kosmas (praefectus sacri cubiculi) 225 Kosmas (Epiphania) 236, 265 Kyrill (Alexandria) 3781, 4290, 4397, 44, 53130, 64, 78, 83 f., 225717 Kyrill (Archimandrit, Konstantinopel) 174559 Kyrill von Skythopolis 22, 242791, 247808 Laurentios (Lychnidos) 114, 146, 201638 Laurentius (Rom) 115–122, 129, 145457 f., 160, 263862, 282 Laurentius (Mailand) 116352 Leo (Rom) 11 f., 15, 1713, 2849, 42–46, 48– 53, 55, 59146,149, 69, 74–76, 79217, 88, 108323, 109324, 115349, 139, 152 f., 158, 166536, 169542, 191607, 216688, 230701, 276, 282 Leon (Kaiser) 50–55, 59, 76206, 80, 88, 149, 269, 273898

Personenregister Liberatus von Karthago 2331, 63164, 247806, 261853 Liberius (Rom) 2849, 94268, 264864 Lukian von Antiochia 83235 Makedonios II. (Konstantinopel) 99287, 112, 114344, 123–128, 130398, 131, 136, 139, 143, 147, 163522, 165529, 171–173, 175– 177, 180579, 182–189, 197, 199 f., 202, 210 f., 217690, 221702, 228 f., 233–235, 239 f., 243789, 248, 250817, 263860, 264– 267, 273897, 281 f. Marcellinus (Aquileia) 116352, 118358, 145457 Maria 4290 Marinos von Apamea (praefectus praetorio) 128392 Marinos (Berytos) 237 Markell (Ankyra) 70 Markian (Kaiser) 11 f., 43, 46105, 47–50, 52, 59, 74, 76204,206, 79217, 86, 88, 220700, 249815, 268880, 269, 273898 Markian (Usurpator) 63165 Markus 73196, 82230, 83231, 153485 Martyrios (Antiochia) 53 Martyrios (Jerusalem) 63, 68, 86, 97, 227, 239, 247 Misenus (Cumae) 94 f., 109, 145, 156, 174559, 178, 260849 Nephalios 226721, 240783, 253826 Nestorios (Konstantinopel) 41–43, 50120, 53130, 64, 78, 84, 126 f., 180578, 204 f., 225717, 229, 239 Odovacer 55136, 107319, 146459, 231745 palästinische Bischöfe 237771 Palladios (Antiochia) 123, 227, 233, 253825 Paulos von Samosata (Antiochia) 30 f. Paulos II. (Antiochia) 238, 252, 271 Paulos (Ephesos) 56, 60, 86, 88251, 201 Paulus (Apostel) 69, 72194 Petros II. (Alexandria) 71, 84 Petros Mongos (Alexandria) 14, 2231, 3678, 48, 61–68, 81, 89, 91–99, 102, 104– 106, 113, 140437, 149 f., 153–157, 159–161, 172551, 174, 178 f., 181, 191–193, 198629, 205, 208, 214, 217, 224–229, 231 f., 239 f., 244, 246–248, 250, 252, 255, 257–259, 278–280 Petros Knapheus (Antiochia) 5354, 55135, 60, 64 f., 68, 87 f., 96 f., 106, 125379, 126,

355

128392, 140437, 157, 226, 231746, 232, 239, 246804, 247807, 248813, 251819, 253825, 260, 262, 264 Petros (Apamea) 156497, 237 f. Petros (Damaskos) 237 Petrus (Apostel) (s. auch Sachindex: „Petrinismus“) 11, 49, 69, 71192, 72–74, 77, 96, 98, 116350, 117 f., 152481, 153, 162, 201, 251819 Petrus (Altinum) 116352 Petrus (Ravenna) 116352 Philoxenos (Hierapolis) 87247, 125–127, 156497, 169542, 175, 187600, 198, 232749 f., 233–235, 237 f., 240, 245800, 249814, 262, 264, 266874 Photin 114, 120363, 145 Pompeios 142443, 147463 Possessor 136418 Prokop von Caesarea 138427 Prosper Tiro von Aquitanien 115349 Proterios (Alexandria) 3884, 45 f., 48, 50, 52, 75, 78 f., 112340, 225, 246 Pseudo-Zacharias Rhetor 2230, 50119, 55135, 65171, 226721, 247806 Sabas 239–242, 245803, 247808, 249–251, 253, 266 Sallustios (Jerusalem) 123, 180579, 227, 233, 239, 249 Severianos (Arethusa) 236, 265 Severos (Antiochia) 21 f., 51121, 87250, 125– 128, 131, 133406, 134410, 135, 137–140, 142, 156497, 160513, 169542, 172 f., 175 f., 183 f., 188, 198 f., 217690, 225718, 226721, 229–231, 233–238, 240– 242, 244 f., 247–249, 251–253, 262, 264–270 Simeon 127387 Simplicius (Rom) 50118, 56140, 58 f., 61, 65– 67, 75 f., 81 f., 87, 91–93, 110, 148 f., 151–155, 157, 159510, 161, 163, 169, 189606, 192 f., 201642, 209 f., 224712, 231, 258840,844, 272 Siricius (Rom) 72 Soterichos (Kaisarea in Kappadokien) 234 Stephanos II. (Antiochia) 64 f. Symmachus (Rom) 101296, 108323, 115–122, 129–132, 133408, 134411, 145, 151 f., 155493, 160–165, 167 f., 199634, 200635, 208–210, 216, 263 f., 267, 282 syrische Bischöfe 237, 264864

356 Tertullian 69185 Theoderich 76207, 107, 111–113, 115–119, 122, 125382, 133408, 135, 146459, 168540, 200 Theodoros Anagnostes 2230 Theodosios I. (Kaiser) 53130 Theodosios II. (Kaiser) 43 Theodosios (Alexandria) 230741 Theodosios (Jerusalem) 47109, 86244 Theodosios (Archidiakon, Konstantinopel) 147463 Theodosios (Archimandrit, Palästina) 239– 242, 247808, 249–251, 253, 266 Theophanes 50119, 65170, 100, 268880 Theophilos (Alexandria) 78 Timotheos (Konstantinopel) 127 f., 136418, 138 f., 147463, 163522, 165529, 172 f., 176, 183 f., 186, 188 f., 200, 211, 217690, 221, 229, 236, 240782, 248, 250, 265, 267 Timotheos Ailuros (Alexandria) 3576, 48, 50–56, 58–61, 66 f., 75, 79 f., 86245, 88 f., 91, 113, 126382, 140437, 154488, 156, 201, 205, 216689, 224711, 225717, 228, 230740, 269887 Timotheos Salophakiolos (Alexandria) 3884, 46, 52–55, 61 f., 75, 79, 81, 88253, 94 f., 154, 224–226, 246, 259, 278

Anhang Tutus 96274, 174559 Ursacius (Singindunum) 77210 Ursikinos (Scupi) 114344 Ursinus (Rom) 115348 Valens (Mursa) 77210 Valentinian I. 115348 Verina 231745 Vetranio 260851 Vigilius (Rom) 2127 Vitalian 130–132, 138427, 139433, 140434, 142, 151, 176, 183588, 197628, 210675, 238, 241 f., 263861, 266, 270 f. Vitalis (Truentum) 94 f., 174559, 178, 260849 Xenaias (s. Philoxenos) Zacharias Rhetor (s. auch Pseudo-Zacharias Rhetor) 22, 58143, 262856 Zenon 53–55, 57, 59–68, 76, 81, 86, 89, 91– 97, 99 f., 169, 171–175, 178, 188 f., 209–211, 224 f., 231 f., 255–261, 268– 270, 279, 281 et passim

Sachregister

357

Sachregister Adversus Synodum Absolutionis Incongruae 117 ägyptische Kirche 147, 45, 53, 81 f., 113, 161515, 167, 210, 214685, 225, 227, 230, 246, 252823 Allokution des Severos 235 237770 Antenkyklion des Basiliskos 57 f., 80 f. Aposchisten 225718, 227, 240783, 244, 248810 Apostel (s. auch Personenregister: „Petrus [Apostel]“) 27, 69, 72195, 74, 98, 153484, 290 Apostolizität (s. auch Petrinismus) 14, 27, 48 f., 69, 71192, 72–75, 77 f., 82–85, 92259, 109, 150, 154, 158, 221–223, 243, 254, 260, 267–270, 272, 275–277, 279–283, 285, 291–293 Archimandriten (s. auch Mönchtum) 41 f., 58145, 75, 96274, 99286, 137, 174559, 175562, 203647, 236, 239–242, 244, 247808, 251820, 253827 Basilius-Dekret 93262, 116349, 120363, 145 Bestechung (s. auch Simonie) 62162, 93262, 96274, 115 f., 118356, 200635, 260849 Binde- und Lösegewalt 49114, 69, 94, 98, 106, 108–110, 155 f., 162, 169542 Christologie 1611, 41–43, 47109, 53131, 56139, 71, 84, 99285, 108322, 125379, 142443, 166, 184593, 256833, 290918 Codex Encyclius 51122, 186598, 269887 Collectio Avellana 21, 59146, 134409, 210673 Collectio Berolinensis 2127, 101294 Collectio Thessalonicensis 73197 Collectio Veronensis 2127 comes foederatorum 130 f. communio /kirchliche Gemeinschaft 26, 31, 36–39, 102, 146, 156, 160, 213 et passim Cunctos populos 60154, 71, 83, 160512 De Martyribus Palestinae 85 Decretum Gelasianum 72194 Diakon 2331, 45, 93, 103, 109, 110, 114 f., 117 – 121, 123, 141, 145, 147463 Diptychen 36, 105, 139, 186, 234758 et passim dux Palaestinae 241 f., 249815

Ekklesiologie 56139, 78213, 99285, 204652, 251818, 280906 Endemousa 77, 139 f., 185596, 201, 238775 Enkyklion des Basiliskos 56–58, 60, 67179, 71192, 80 f., 86, 90, 256 Ethnizität 51121, 53131, 90255, 131400 Eutychianismus 44, 51121, 105 f., 123, 205, 233, 280 Fragmentum Laurentianum 115347, 117355 Gewalt 14, 1715, 80221, 126, 141442, 171547, 183, 225, 230, 235763, 237, 242, 267 Griechisch 2230, 42, 87250, 90255, 112, 141441, 228731 Henotikon 61–68, 81 f., 86, 89–92, 154 f., 178–181, 191–193, 255–257, 260–263, 268 f., 278–282 et passim Hof 118, 140434, 147463, 200635, 235, 240, 242, 248813, 253, 271 Homöertum 63167, 76, 111334, 200, 217 Honorius-Reskript (419) 115348, 119361 Investitur 54133, 267 Investiturstreit 170546 isaurischer Aufstand 123 Jüngstes Gericht 108323, 129, 281 Kaisererhebung /-krönung 79218, 100 f., 131400, 139 Kanon 28 (451) 44100, 45 f., 48 f., 52, 55 f., 58–60, 70187, 71193, 74 f., 78 f., 81, 141, 152, 173, 178, 185, 191, 198, 201, 206 f., 212, 220701, 250, 273, 278905, 279, 281, 293 Kirchenbesitz 93262, 116349, 117354, 120362 Konstantinische Wende 30, 191, 220 Konstitution des Zenon (477) 60, 81, 198631, 259846 Konzil von Nizäa (325) 3781, 43 f., 46105, 49 f., 56, 63167, 64, 70–73, 78213, 83, 85, 94268, 139 f., 152, 168, 192, 219, 226, 239, 243, 252821, 256 Konzil von Serdika (342) 47108, 70 f., 95269, 118, 134, 146, 150 Konzil von Ariminum (359) 217

358 Konzil von Konstantinopel (381) 41, 45 f., 56, 63167, 64, 70188, 71193, 72, 78 f., 84, 139–141, 168, 177569, 185, 187602, 206 f., 239, 275, 277902, 280906 Konzil von Ephesos I (431) 4290, 46105, 56, 63167, 64, 78, 84, 129, 141439, 168, 239 Konzil von Ephesos II (449) 43, 74, 84 f., 191607 Konzil von Chalkedon (451) 41–50, 74 f., 78–80, 84–86, 166 f., 186 f., 278–280 et passim Konzil von Heraklea (515) 131–133, 135, 166, 186599, 263861 Laien 67, 92, 117354, 120363, 263 Lateinisch 42, 64168, 73, 76, 104, 146 Laurentianisches Schisma 110330, 111334, 114–122, 130, 145, 167, 200635,637 Libellus Hormisdae 111334, 133–137, 140– 144, 148, 150, 160–162, 165532, 166 f., 184 f., 197626,628, 205653, 213–216, 252, 271–273, 282, 284 Liber Pontificalis 115347, 117355, 137421 Liturgie 2641, 36, 53 f., 115349, 121, 193, 213 magister officiorum 62 f., 147463, 224, 236769 Metropolitanbistümer 45103, 56, 77, 79215, 81, 83232, 85–88, 104303, 135 f., 146461, 174559, 201, 219, 232750, 266 Miaphysitismus 3884, 4290, 46, 48111, 53 f., 54, 66 f., 87, 100 f., 124–128, 131, 138, 149, 171547, 172, 174, 177, 179, 184, 187, 232746,749, 233 f., 237, 241, 252824, 262856, 264 f., 268 f. Militär 100293, 127, 230740, 241, 260 Mönchtum 21 f., 47, 53 f., 57 f., 63166, 80, 85–87, 96274, 99, 124–128, 130, 135414, 136418, 137, 139, 171–175, 182–185, 189, 201 f., 222, 224–226, 235–242, 244, 246–249, 253, 257 f., 266, 282 Monepiskopat 2747, 291 Neochalkedonismus 52122, 126382, 226721 Nestorianismus 43 f., 46106, 48112, 51121, 127386 Neues Rom 45, 48, 78, 143, 207660 Nichtjudizierbarkeit des Papstes 117 f., 161, 168 ökumenische Konzilien 29, 3265, 3781, 52125, 56, 86245, 88, 105, 124, 131–133, 139, 181 f., 184, 192612, 208, 214684, 280

Anhang Ostertermintreit 115 f.349, 121 palästinische Kirche 242790, 246, 249, 251820, 257 Palästinische Union 63 f., 86, 90, 239 f., 247808, 249, 257 Patriarchat 44, 56139, 61, 69186, 73196, 79, 81– 83, 85, 87, 123, 219697, 232, 242 f., 252, 254 Pentarchie 32 Perserkrieg 124, 233 f. petrinische Sitze 69184, 72, 81, 106, 153485, 156496, 169542, 208664, 228, 232748, 251, 293 petrinische Trias 72, 87249, 106315, 178571, 207, 243, 251 f. Petrinismus (s. auch Apostolizität) 49, 69184, 72–74, 78, 83231, 85240, 92, 152481, 155, 169542, 194620, 195, 208, 218, 232748, 277902, 280906 Pilgerwesen 86246, 137422, 257839 pontifex 134412 Präfektur 207659 Presbyter 115, 119–121, 127387, 225718 Publizistik 20, 117355, 227 Reichskirche 30–35 et passim Residenzstädte 57, 77212, 139428, 158, 189, 194, 199, 207, 217, 222, 271 Rezeption 17, 23, 25, 3781, 41, 4395, 4498, 46106, 47 f., 50117, 55 f., 68181, 88, 99285, 117353, 149469, 152, 170, 174, 188, 197 Römische Republik 3471, 285912 Senat/Senatoren 93, 100293, 103301, 107, 110 f., 113, 118356 f., 119 f., 122368, 129, 134 f., 144452, 145, 167, 199634, 200, 263 silentiarius 100, 232, 235, 248813 Simonie 54133, 237770 staurotheis-Aufstände (511 /512) 126–128, 130396, 131400, 183588, 266875 Suffraganbischöfe 77, 79215, 83232, 116352, 135414, 237770 Sukzession 27, 49, 72, 74, 78213, 181, 201, 228732 Syrisch 21 f., 87250, 90255, 247807 syrische Kirche 147, 87, 161515, 214685, 232, 235, 273 Titelkirchen 118, 120362, 121365

Sachregister Tomus Leonis ad Flavianum 42–46, 48, 57 f., 74200, 97280, 112–114, 133 f., 136, 144, 148–150, 152, 167, 174560, 197, 205, 214, 226718, 228 f., 231, 235, 240, 270, 279 f., 282 Tomus Secundus Papst Leos 52 f. Trinitarischer Streit 2849, 64169, 70, 83235, 285912 Trishagion 53 f., 126, 128, 231746 Typos des Anastasios 126, 229735, 234–236

359

Vikariat 73, 97, 104303 Vorwort des Johannes zum Libellus Hormisdae 142 f., 168 f., 176569, 184 f., 188, 207660, 213 f. Zweigewaltenlehre 3575, 107 f., 113342, 115348, 129395, 158, 168540, 170, 182587, 209, 212679, 216, 222708, 264, 281 zwölf Anathematismen des Kyrill 4290, 64, 225717

360

Anhang

Geographisches Register Africa (s. auch Karthago) 70188, 151497, 159508 Ägypten 3884, 4189, 44, 46, 48, 50, 53130, 61 f., 70, 79 f., 82–84, 86, 88–91, 99, 118357, 139, 143451, 144454, 161515, 167, 173, 179 f., 187, 198631, 210, 214, 227, 229 f., 238 f., 244, 246, 252, 258843, 259, 272896, 284, 290918, 292 Alexandria (zu bestimmten Bischöfen s. auch Personenregister) 82–84, 88– 90, 224–230, 243–248, 250–254, 275, 283, 292 et passim Antiochia (zu bestimmten Bischöfen s. auch Personenregister) 30 f., 82–85, 87 f., 90, 231–238, 243–249, 251–254, 283 et passim Apamea 237, 266 Arethusa 236 Ariminum (s. Sachregister: „Konzil von Ariminum [359]“) Asia 45103, 60152, 78, 201 Aulona 141442 Balkan (s. auch Illyricum) 73197, 76, 82229, 103, 114, 130, 135415, 136, 141, 146, 155, 167, 181, 201638, 203645 Bithynien 96274 Byzanz (s. Konstantinopel) Chalkedon (s. auch Sachregister: „Konzil von Chalkedon [451]“) 174559 Dardanien 103302, 104 Ephesos (s. auch Sachregister: „Konzil von Ephesos I [431]“, „Konzil von Ephesos II [449]“) 56–58, 78215 Epiphania 236 Epirus Vetus 104303, 135 f. Heraklea (s. auch Sachregister: „Konzil von Heraklea [515]“) 77, 131, 133, 166 Hierapolis 125379, 232750, 233 Hippodrom 128392 Illyricum 73, 97280, 103 f., 114, 130, 146, 155, 165, 202, 207659 Isaurien 53131, 55136

Italien 148, 70, 74, 76207, 92258, 107319, 109, 112, 118 f.357 f., 135, 145457, 146459, 201 Jerusalem (zu bestimmten Bischöfen s. auch Personenregister) 85–87, 90, 239–242, 243–247, 249, 251–254, 283 et passim Justiniana Prima 207659 Kaisarea (Palästina) 85, 241, 252821 f. Karthago 70188, 146459, 201640 Klaudioupolis 265867 Kleinasien 133406 Konstantinopel (zu bestimmten Bischöfen s. auch Personenregister; s. auch Sachregister: „Konzil von Konstantinopel [381]“) 77–82, 170–190, 191–223, 275–285, 291–294 et passim Laodikea 65170 Lychnidos 141442 Mabbug (s. Hierapolis) Mailand 106, 201640 Nikopolis 104303, 136419, 137, 203645 Nizäa (s. Sachregister: „Konzil von Nizäa [325]“) Nola 157498 Nuceria 115 Oriens (Diözese) 44100, 65, 232 Palästina 44, 47, 63 f., 85 f., 90, 125, 135414, 234, 236, 239–242, 249, 251820, 252822, 253 f., 257, 266, 271 Pavia 133408 Perserreich 76206, 124377 Peterskirche (s. St. Peter) Pontus (Diözese) 45103, 78, 201 Ravenna 106, 115 f., 118, 200635 Rhaphanea 236 Rom (zu bestimmten Bischöfen s. auch Personenregister) 69–77, 144–170, 191–223, 275–285, 292–294 et passim Scampi 141442 Serdika (s. Sachregister: „Konzil von Serdika [342]“)

Geographisches Register Sidon 234, 240, 249814 Sinai 47109, 86244 Sirmium 106, 207 Skythien 132402 St. Peter (Basilika) 116 Syrien 53, 87, 90, 96 f., 124, 126, 128, 133406, 137–140, 161515, 167, 182, 187, 210, 214, 230, 232–239, 241 f., 245800, 248, 252822,824, 258843, 260, 266, 270– 272, 284, 290918

361

Thessalonike 73, 82229, 97280, 104303, 107318, 114, 120363, 135415, 136, 141, 145 f., 203645, 207659, 263 Thrakien 45103, 78, 131, 176, 201 Trier 106, 207 Tyros 139433 Weströmisches Reich 14, 67177, 76, 93262, 149, 193615

Matthias Becker

Eunapios aus Sardes Biographien über Philosophen und Sophisten. Einleitung, Übersetzung, Kommentar Roma Aeterna — Band 1

Eunapios’ Biographiensammlung ist um 400 n. Chr. entstanden und stellt neuplatonische Philosophen des dritten und vierten Jahrhunderts n. Chr. sowie Rhetoriker und Mediziner des vierten Jahrhunderts n. Chr. vor. In dieser bedeutenden Quelle für die Geistesgeschichte der Spätantike legt Eunapios, ein überzeugter Gegner des Christentums, mit den Mitteln der Biographik ein leidenschaftliches Plädoyer für pagane Kultur, Religion und Bildung ab. Damit möchte er zur Identitätssicherung paganer Intellektuelleneliten beitragen.

Matthias Becker Eunapios aus Sardes 2013. 667 Seiten. Geb. ISBN 978-3-515-10303-9

Matthias Beckers Buch bietet nicht nur die erste deutsche Übersetzung dieses sprachlich komplexen Textes, sondern auch eine umfangreiche Einleitung sowie den ersten deutschsprachigen Kommentar. Darin werden v. a. literatur- und religionswissenschaftliche sowie philosophische und historische Aspekte in den Blick genommen. Die Kollektivbiographie des Eunapios wird dabei als pagane Hagiographie interpretiert: Als ein zentraler Vertreter dieser nicht-christlichen Form der Heiligenschriftstellerei entwirft Eunapios seine Protagonisten als Heilige und Göttergesandte, die ein Gegenmodell zum christlichen Heiligen- und Märtyrerkult der Zeit bilden sollen. Die Arbeit wurde mit dem Promotionspreis der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen ausgezeichnet.

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