Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg [52]

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ZEITSCHRIFT DES HISTORISCHEN VEREINS FÜR SCHWABEN UND NEUBURG

5 2. BAND 1936

AUGSBURG 1936 J. A. SCHLOSSERSCHE BUCHHANDLUNG (F. SCHOTT)

Buch- und1 Kunstdruckerei Joh. Walch, Augsburg

INHALTS

OBERSICHT

Gebele, Eduard: Augsburger Bibliophilen ....

9

Zoepfl, Friedrich: Die Bibliothek der Herren von Frundsberg .........................................................

61

Fischer, Helmut: Das Augsburger „Zeitung-Buch“ vor 1600

85

Dürrwanger, Luis: Die Dreifelderwirtschaft west­ lich von Augsburg................................................

91

Gebele, Eduard: Mit Augsburger Truppen gegen Napoleon ..............................................................

97

Dertsch, Richard, und Hanna Homann: Bevölke­ rungsgeschichte und Bevölkerungsbiologie von Tiefenbach bei Oberstdorf....................................... 169 Eberlein, Hans: Vor- und frühgeschichtliche Funde in Augsburg und Umgebung 1932—34 ................

227

Vereinsmitteilungen.................................................... 237

AUGSBURGER BIBLIOPHILEN

Von Eduard Gebete. Unter den kritischen Untersuchungen zur Geistesgeschichte eines Volkes oder einer Landschaft darf die Bibliotheken­ geschichte wohl den ersten Platz beanspruchen. Fürst­ liche, Kloster- und Stadtbibliotheken sind vielfach schon in ihrem Bestand und ihrem Werden dargestellt, Privat­ bibliotheken noch ganz wenig1. Und gerade aus den Be­ strebungen Einzelner können wir auf die gesamte Geistes­ geschichte ihrer Zeit und Umgebung schließen. Denn die Geschichte auch der Privatbibliotheken liefert uns die Grundlagen zur Erforschung der nächsten und hauptsäch­ lichsten erhaltenen Denkmäler des Geistes vergangener Zeiten, der Bücher. Es sind also nicht bloß antiquarische Regungen, die zu solchen Untersuchungen locken. Drän­ gender ist die Erkenntnis, daß ein Urteil über den Bil­ dungsstand eines Einzelnen ebenso wie über eines ganzen Volkes erst gefällt werden kann, wenn man weiß, welche Bildungsmittel vorhanden oder erreichbar waren. Früh schon hören wir in Augsburg von Büchereien. Nicht immer läßt sich feststellen, ob es sich dabei um das Privat­ eigentum eines Einzelnen oder um das Gesamteigentum einer Organisation, die natürlich nur eine kirchliche sein konnte, handelt. Ein Beispiel dieser Art ist Bischof Liutold von Augsburg (989—996), der mit dem bekannten Tegernseer Mönch Froumund in Bücheraustausch steht18. Die frühesten Anfänge einer kirchlichen Büchersammlung der Domstiftsbibliothek hat Anton Ruland klargestellt2. Paul Ruf hat die Geschichte der mittelalterlichen Bibliotheken kirchlicher Organisationen erheblich weiter gefördert3; da­ bei kommt er auch auf eine Reihe privater Büchersammler. Neues Material zur Augsburger und Schwäbischen Biblio­ thekengeschichte und zwar fast ausschließlich der Klöster bringt das „Beschreibende Verzeichnis der Handschriften der Bischöflichen Ordinariatsbibliothek, herausgegeben in Verbindung mit Eduard Gebele von Benedikt Kraft“4, das Wieland Schmidt „die bedeutsamste Förderung der letzten Jahre zur Augsburger Bibliotheksgeschichte“ nennt6. 9

Friedrich Zoepfl hat eine Reihe Augsburger Weltgeistlicher aus dem Mittelalter festgestellt, die schätzbare Bücher­ sammlungen ihr eigen nannten6. Was die Geschichte unserer Stadtbibliothek betrifft, so hat sie in ihrem früheren Bibliothekar, dem Studienrektor von St. Anna, G. K. Mezger, ihren Geschichtsschreiber gefunden7. Eine Ergänzung nach der musikalischen Seite bringt H. M. Schletterer8. So wäre es eine reizvolle Aufgabe, eine Bibliotheken­ geschichte der Stadt Augsburg zu schreiben; wohl sind — wie wir gesehen — die Grundlinien festgelegt. Aber immer noch zeigen sich große Lücken, die erst durch entschiedene Kleinarbeit überbrückt werden müssen. Ueberhaupt noch nicht im Zusammenhang behandelt ist die Geschichte und Bedeutung der privaten Büchersamm­ lungen der alten Reichsstadt9. Man ist vielfach geneigt, die Bibliophilie nur von der ästhetischen Seite aus an­ zusehen. Gewiß haben immer und überall reiche Bücherr liebhaber nur oder fast ausschließlich vom Standpunkt des Kunstsammlers ihre Tätigkeit aufgefaßt; das dürfte aber — wenigstens in Augsburg — der kleinere Teil der Bi­ bliophilen sein. Denn wie wir im folgenden sehen werden, ist es den meisten Augsburger Büchersammlern um eine wissenschaftliche Verwertüng ihres Bücherschatzes zu tun. Wie können wir nun heutzutage noch solche alte, längst zerstreute Privatbibliotheken feststellen. Vielfach verhelfen uns dazu Nachrichten aus der gleichzeitigen Literatur, ferner eine Reihe erhaltener Originalbriefe verschiedener Gelehrten. In den großen Staats- und Stadtbibliotheken finden wir heute noch vielfach Teile solcher Büchersammlungen; wir erkennen sie an den Buchzeichen (Exlibris)10 oder an handschriftlichen Einträgen der vormaligen Be­ sitzer. Verschiedentlich ist an die lockende Aufgabe heran­ gegangen worden, solche Bibliotheken zu rekonstruieren; Am besten hat wohl dies Thema der frühverstorbene Münchener Bibliothekar Richard Stäuber11 gelöst. Seine Arbeit zeigt, daß solcherlei Versuche keine bloße Spielerei sind, sondern wichtige Beiträge zur Geistesgeschichte der betreffenden Zeit. Weiters leisten uns bei der Auffindung von privaten Büehersammlungen gedruckte oder, liand10

schriftliche Kataloge derselben und seit dem 18. Jahr­ hundert Versteigerungskataloge wertvolle Hilfe. Das Schicksal dieser Art von Bibliotheken ist fast immer das gleiche geblieben. Selten vererbten sie sich einer zwei­ ten Generation weiter. Nach dem Tode des Besitzers gingen sie entweder im ganzen oder teilweise testamentarisch einer anderen Bibliothek oder einem anderen Besitzer zu. Verschiedentlich wurden sie von den Erben verkauft oder auf irgend eine andere Weise verschleudert. Am schmerz­ lichsten war dem Bücherliebhaber wohl die Trennung von seinen Büchern, wenn er sie aus Not verkaufen mußte. Wer waren nun diese Büchersammler? Ursprünglich nur Geistliche, die ja im früheren Mittelalter allein des Schreibens und Lesens kundig waren. Später stellte die evangelische Geistlichkeit ein bedeutsames Kontingent zu den Bücherfreunden. Weiters tritt hinzu der reiche Adel und die Großkaufmannschaft, ferner Mittelschullehrer des evang. Gymnasiums von St. Anna, Aerzte und Beamte. Wie brachten diese Sammler ihre Bücher zusammen? Die großen Bibliophilen, wie die Fugger, Welser usw. ließen durch ihre Faktoreien besonders in Italien wohl generell schön ausgestattete Werke aufkaufen. Mehrfach ließen sie auch Pracht-Handschriften auf Bestellung anfertigen. Der einfachere Büchersammler kaufte beim ortsansässigen Buchhandel. Der Humanist schrieb sich vielfach seine Bibliothek selbst ab. Aber — wie aus der zahlreich erhal­ tenen Gelehrtenkorrespondenz hervorgeht — auch auf an­ dere Weise vermehrte man seinen Bücherschatz. Da preist man sich gegenseitig Bücher an oder dediziert sich seine eigenen Werke. Ein guter Freund in Leipzig z. B. wird err sucht, dies oder jenes Werk billig zu erstehen. Für das Augsburg des 17. und 18. Jahrhunderts waren typisch die zahlreichen Bücherauktionen, die alljährlich hier statt­ fanden. Und zwar wurden nicht nur Augsburger Biblio­ theken, sondern auch auswärtige hier versteigert. Da konnten die Augsburger Bücherfreunde an Ort und Stelle mühelos ihre Sammelgebiete vervollständigen. Aber auch Auswärtige konnten nach der Augsburger Käuflerr Ordnung durch geschworene Käufler mitbieten lassen, wobei für jeden Gulden zwei Kreuzer Zuschlag bezahlt 11

werden mußte. Später besorgten auch Private Auktions­ aufträge, so der Lehrer am Anna-Gymnasium Joh. Gott­ lob MayI. 12 *oder * * *die * *Buchhandlung **** Mertz & Meyer und der Buchbinder Joh. Peter Ebner. Auch Georg Wilhelm Zapf13, als marchand amateur wie als Mensch und Wissenschaftler viel umstritten, bot für Auswärtige auf den Auktionen mit und vermittelte auch sonst Bücherbestellungen und haupt­ sächlich Dublettentäusche. Eine Reihe großer Antiquariate erleichterte Augsburger Bücherfreunden den Ankauf an Ort und Stelle. Weltbe­ rühmt war das Geschäft des blinden Sebastian Windtprecht (1767 bis 1837)14, das in seiner Blütezeit ein Lager von fast 300000 Bänden aufzuweisen hatte. Im folgenden wollen wir einen Ueberblick über die Augs­ burger Privatbibliotheken geben, der allerdings auf Voll­ ständigkeit keinen Anspruch erheben möchte. Was eini­ germaßen bei unserer Untersuchung befremdlich erscheint, ist der Umstand, daß eine Reihe bedeutender Männer, von denen man es eigentlich erwarten könnte, keine oder nur eine unbedeutende Bibliothek besessen haben. I. DAS MITTELALTER. Während des eigentlichen Mittelalters lag, wie schon er­ wähnt, der Wissenschaftsbetrieb in den Händen des Klerus. Erst mit dem Auftreten des Humanismus erwachte das Streben nach dem Besitz geistiger Güter auch bei den Laien15. Dieser Umstand ist natürlich für die Entstehung und Entwicklung der privaten Bibliotheken ausschlag­ gebend gewesen. Den Umfang des Privatbücherbesitzes im ausgehenden Mittelalter können wir an einer Reihe von Beispielen leicht feststellen16. Allerdings sind es zu dieser Zeit über­ wiegend Geistliche, welche wir im Besitz von Büchern finden. Neben dem hohen Adel zeigte auch allmählich mancher Ritter in Stadt und Land Interesse für Lektüre. Ueber den Privatbücherbesitz der Geistlichen geben zahl­ reiche Kataloge des Mittelalters Auskunft. Ferner werden mehrfach kleine Büchervermächtnisse schon im frühen Mittelalter erwähnt. Wenn auch mancherorts die Zucht 12

und der Studienbetrieb in Verfall kam, so sind uns doch heute noch viele Bibliotheken von Geistlichen bekannt; allerdings umfaßten sie meist nur juristische und liturgi­ sche Bücher. Auch die niedere Geistlichkeit war biswei­ len mit guten Büchereien ausgerüstet. In gleichem Umfang wie die Bibliotheken der höheren Geistlichkeit halten sich im allgemeinen die Sammlungen der weltlichen Gelehrten, ferner der Ratsherren oder son­ stiger Herren, die akademische Studien durchgemacht haben. Daneben finden sich aber sehr ansehnliche, alle Wissensgebiete umfassende Bibliotheken; es sei nur an jene Konrad Peutingers erinnert. Eine Anzahl von Erbauungs- und Unterhaltungsbüchern gehörte jedenfalls schon am Ende des 15. Jahrhunderts zum gewöhnlichen Hausrat der Patrizier- und Kaufleutefamilien. Dafür, daß auch die Handwerkerfamilien um diese Zeit bereits Bücher besessen, gibt es kaum einen Anhalt. Im günstigsten Fall dürfte es sich dabei nur um ein paar Gebet-, Schul- oder Unterhaltungsbücher gehan­ delt haben. Bei der großen Masse der ländlichen und ärme­ ren städtischen Bevölkerung ist allerdings in diesem Zeit­ räume noch an keinerlei Bücherbesitz zu denken, da es an der nötigen Schulbildung fehlte und andererseits die hohen Bücherpreise für diesen Teil der Bevölkerung un­ erschwinglich waren. Für die Gelehrten waren so die Verhältnisse in Augsburg ganz günstig. Neben den verschiedenen Klosterbibliotheken standen ihnen auch die Privatbüchereien ihrer Umgebung und ihres Bekanntenkreises zur Verfügung. Vor allem die Humanisten, die sich als eine große Familie von wissen­ schaftlichen Freunden betrachteten, waren an ein gegen­ seitiges Aushelfen mit Büchern gewöhnt, eine Sitte, welche das Exlibris Willibald Pirkheimers so schön beleuchtet: „Sibi et amicis“. Diese Erkenntnis wird uns noch deutlicher, wenn man einen Blick auf den Inhalt der damaligen Bibliotheken und den Stand der Wissenschaft wirft. Die mittelalterliche Wissenschaft wollte weniger durch freie Forschung auf­ klären, als vielmehr die schon erkannte Wahrheit verste­ hen und sich aneignen. War also eine Bibliothek im Besitz 13

der hauptsächlisten Werke der alten Denker, Kirchenleh­ rer und Juristen, einiger Kommentare hiezu, verfügte sie über einige Dichter zum Zwecke des Lateinstudiums, über einige Chroniken und Beispielsammlungen, so war für den größten Teil der Geistlichen und Gelehrten ausrei chend gesorgt. Diese sämtlichen wesentlichen Bildungs­ mittel konnte man in einer Bibliothek von einigen hun­ dert Folianten leicht vereinigen. Den frühesten positiven Nachweis einer größeren Privat bibliothek erhalten wir von Embrico, einem Grafen von Leiningen, 1063 bis 1077 Bischof von Augsburg17. Be­ kannt als Förderer der Wissenschaften, hinterließ er bei seinem Tode dem Domkapitel seine bedeutende Bibliothek, die allerdings schon im Mittelalter verschleudert wurde. Aus dieser Schenkung findet sich heute noch eine Hand­ schrift im Besitze der Bayerischen Staatsbibliothek in München (Clm. 3727); dieselbe verwahrt außerdem noch zwei Codices aus seinem Besitze (Clm. 3818 und 3765) Ruland18 und Ruf19 bringen das Verzeichnis seiner Schen­ kung in Abschrift. Werinher von Augsburg, 1104 als Kanonikus im Dom20 und 1121 und 1129 als Domdekan21 urkundlich erwähnt, besaß eine für damalige Zeiten umfangreiche Bibliothek rein theologischen Inhalts. Aus dieser machte er um 1130 bei seinem Eintritt ins Benediktinerkloster St. Ulrich in Augsburg diesem eine Bücherschenkung22. Sehr umfangreich für die damalige Zeit muß die Biblio­ thek des Domscholasters Hermann (f 1149) gewesen sein. Bei seinem Eintritt in das Kloster St. Ulrich (1143)29 schenkte er dorthin Bücher. Davon besitzt die Münchener Staatsbibliothek heute noch Clm. 1009 und 4414 24 Außer' dem überließ er der Dombibliothek „quam plurimos libros“25. Vielfach wurden Bücher für Jahrtage gestiftet und die in den Anniversarien enthaltenen Stiftungseinträge sind oft Hinweise, daß der Stifter eine Bibliothek besessen hat Georg Goppold, Kaplan von St. Leonhard extra muros, gestorben 14. September 1420, hinterläßt so den Stiftsvika* riern von St. Moritz eine Anzahl theologischer Werke zu einem Jahrtag26. 14

Magister Rudolf Medici (Arzt), Domherr und Dompfar­ rer, besaß eine umfangreiche Bibliothek: „non modicos notabiles libros sacrae theologiae, iuris canonici necnon artium liberalium ... copiosius reliquit“27. Sie enthielt also außer theologischen und juristischen Werken bereits Bücher aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen; der Einfluß des Humanismus beginnt allmählich sich auch in Deutschland geltend zu machen. Nach seinem am 16. Mai 143028 erfolgten Tode erwarb das Domkapitel seine Bücher als Grundstock für eine neue Bibliothek um 300 Gulden29. Die Münchener Staatsbibliothek besitzt zwei, die Fürstlich Oettingen-Wallersteinische Bibliothek zu Maihingen eine Handschrift aus seinem Besitz30. Der Domvikar und Kaplan von St. Andreas in der Krypta Heinrich Winther schenkt bei seinem Tode (8. März 1431)31 aus seiner Bibliothek eine Anzahl theologischer und homiletischer Werke dem Domkapitel für ein Anni­ versar. Aus dieser Schenkung besitzt die Bayerische Staats­ bibliothek noch eine Handschrift (Clm. 3903). Wie manche seiner Konfratres betätigte sich auch Winther als Buch­ binder; ein von ihm gebundenes Buch findet sich noch in München (Clm. 3906)32. Eine rein theologische Bibliothek, nach den erhaltenen Ueberresten zu schließen, besaß der Domkustos und Ge­ neralvikar Johann Kautzsch33; die Maihinger Bibliothek besitzt noch zehn Handschriften daraus34. Mitten in die Blütezeit des Humanismus führt uns die Per­ sönlichkeit des Augsburger Domdekans und Generalvikars Leonhard Gessel35. In Bologna und Wien (1436—38) stu­ dierte er und ward Lizentiat in decretalibus. Seit 1447 Domherr in Augsburg, erhielt er eine Reihe von Pfrün­ den, darunter auch ein Kanonikat bei St. Moritz. Seit 1451 wirkt er als Domdekan und Generalvikar. Er war eines der bedeutendsten Mitglieder des Augsburger Humanistenkrei­ ses, dem eine Reihe anderer Augsburger Kanoniker, z. B. Joh. Wildsgefert und später die Brüder Bernhard und Konrad Adelmann angehörten. Auch die stark humani­ stische Einstellung der Kanoniker von St. Moritz, die zahl­ reiche Bibliophilen aufzuweisen haben, scheint er ent­ scheidend beeinflußt zu haben. Nach den verschiedenen 15

Bücherschenkungen zu schließen, besaß Gessel offenbar eine ansehnliche Bibliothek. So schenkt er Bücher nach St. Mang in Füssen, davon ist jetzt eine Handschrift in Maihingen36; ferner nach St. Moritz in Augsburg87. Ein Werk aus seinem Besitz findet sich in Dillingen (Studien­ bibliothek)38; es war ehedem Eigentum des Domkapitels. Ein ebenfalls aus seinem Besitz stammendes Werk ver­ kaufte 1466 sein Freund Heinrich Lür, Pfarrer in Dillin­ gen, an das Kloster Füssen39. Gessel starb am 9. Juni 1465; der Rest seiner Bibliothek wurde nach seinem Tode ver­ kauft40; einige Bücher hat er auch dem Domkapitel hin­ terlassen41. Kardinal Peter von Schaumburg, 1424—1469 Bischof von Augsburg, bekannt ebenso als Diplomat wie als energischer Kirchenfürst, besaß eine reichhaltige Bibliothek, die er testamentarisch seinem Nachfolger überließ. Sie enthielt 27 juristische, 23 theologische Werke, 17 Libri morales und 9 deutsche Bücher42. Bereits früher (1444) hatte er an das Domkapitel Bücher vergabt, davon ist Clm. 3841 heute in der Staatsbibliothek München43. Ebenso schenkte er 1460 zum Seelgerät an das Kloster St. Mang in Füssen acht schön ausgestattete Handschriften, von denen sich jetzt fünf in Maihingen befinden44. Eine ganz bedeutende Bibliothek besaß der Dompfarrer und Archidiakon, Licentiatus in decretis Johann Wildsgefert (f 16. März 1470)45. In seinem Besitz befanden sich Bücher aus der Bibliothek des Bischofs Embrico (jetzt Bayerische Staatsbibliothek Clm. 3711, 3736, 3818)46. Eine Handschrift aus seiner Bibliothek befindet sich in Mai­ hingen47. Eine Reihe anderer verkaufte oder stiftete er nach Kloster Tegernsee48; diese befinden sich in der Baye­ rischen Staatsbibliothek; ebenso die Handschriften Clm. 3736, 3711, 3727/28, 3818, 3820, 3824, 3831, 3842, 3859, welche seinen eigenhändigen Namenseintrag aufweisen und welche er dem Domkapitel geschenkt hat49. Von dem 1470 verstorbenen Dr. jur. Jodorns Klammer, früher Pfarrer in Ulm, dann bischöflicher Offizial und Generalvikar in Augsburg, stammen drei Handschriften, die sich in der Maihinger Bibliothek befinden50. Nach dem Nachlaßinventar51 muß der Domherr undScho16

lastikus Konrad Harscher eine schöne Bibliothek sein eigen genannt haben; sie bestand hauptsächlich aus Drukken, die seit Erfindung der Buchdruckerkunst immer mehr die Handschriften zahlenmäßig in den Hintergrund drän­ gen. Neben theologischen Werken finden wir geschicht­ liche, philosophische und medizinische, daneben lateini­ sche Klassiker. Er starb am 2. Dezember 1493. Ueber den Verbleib seiner Bibliothek ist nichts bekannt. Er war wohl ebenfalls Mitglied des Augsburger Humanistenkreises. Wenig erhalten hat sich aus dem Bücherschatz des Augs­ burger Domherrn Johann Siaudenmair52. Zwei Hand­ schriften aus seinem Besitz sind in Maihingen53. Unter den Humanisten Augsburgs, der neben Konrad Peutinger sicher das höchste Interesse in Anspruch nimmt, ist der Augsburger Domherr Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden (1457—1523)54. Schon der Umstand, daß er auch zu den sechs Männern gehört, welche Johann Eck in seiner Verdammungsbulle Luthers mit aufnahm, gibt seiner Person eine erhöhte Bedeutung. Bis einige Zeit vor seinem Tode stand er mit Luther in Briefwechsel. Sein frisches Interesse für die Fragen der Zeit, seine Begei­ sterung für alles Schöne und Wahre, sowie die warme Anerkennung, die er den führenden Männern der Zeit zollte, lassen seine Persönlichkeit nur um so sympathi­ scher erscheinen. Bei seiner Einstellung zum Humanismus ist es begreiflich, daß er als großer Bücherfreund eine um­ fangreiche, alle Wissensgebiete umfassende Bibliothek be­ saß, die heute in der Staatsbibliothek zu München ver­ wahrt wird. Ein bekannter Büchersammler war auch der Domherr Matthäus Marschalk von Pappenheim55, der verschiedene genealogische und historische Schriften verfaßt hat. Dem Domkapitel hat er zwischen 1524 und 1529 eine Reihe von Werken geschenkt, die er zumeist durch Kauf an sich gebracht hatte und die sich jetzt in der Münchener Staats­ bibliothek befinden (Clm. 258, 3721, 3735, 3740, 3787, 3811, 3850 und 3888)56. Ihm gehörte auch die in der Ordi­ nariatsbibliothek Augsburg befindliche Handschrift Nr. 80, die früher in St. Ulrich sich befand57. Die Landesbiblio­ thek Stuttgart besitzt ebenfalls eine von ihm verfaßte und 17

später in der Bibliothek des Domkapitels verwahrte Hand­ schrift (H.B.V. 53)58 Daß auch die niedere Geistlichkeit mehrfach bibliophil hervortritt, haben wir bereits erwähnt Aus seinem Bücherschätz schenkt Ulrich Krepflin, Pfarrer von St. Stephan, der urkundlich schon 1429 erwähnt wird, im Jahre 1465 verschiedene Bücher nach St. Moritz 59. Das Stift St. Moritz stellt für die Reihe Augsburger Bücher­ sammler schon frühzeitig eine Anzahl Namen. Dieser Tra­ dition ist es besonders auch im 18. Jahrhundert, wie wir sehen werden, treu geblieben. Der Kanonikus und Pfarrer bei St. Moritz Hartmann Onsorg schenkt 1430 seinem Stift Bücher, von denen sich zwei in der Staats-, Kreisund Stadtbibliothek Augsburg (2° Cod. 60 und 411) er­ halten haben60. Nach der Stiftungsurkunde waren es lau­ ter theologische Werke. Der Stiftsprediger und Kanonikus bei St. Moritz Leonhard Cursus macht an sein Stift 1469 ebenfalls eine Bücher­ schenkung, von der sich eine Handschrift (Clm. 3823) in der Staatsbibliothek zu München erhalten hat61. Am selben Stift wirkte seit 1469 als Kanonikus und Pfarrer Johann Molitoris (f 1482). Nach den Forschungen Rufs62 muß er eine ganz hervorragende Bibliothek besessen haben. Drucke und Handschriften aus seinem Besitz haben sich in Augsburg, München, Göttingen, London, Rom und im Antiquariatshandel nachweisen lassen, und zwar im ganzen 38 Werke63. Sie verteilen sich auf Theologie, Kir­ chenrecht, Exegese und Homiletik. Sein Konfrater Michael Hord, ebenfalls Kanonikus bei St. Moritz, schenkt 1433 eine Anzahl Handschriften an sein Stift, von denen eine, die jetzt im Besitz der Augsburger Stadtbibliothek ist, später an St. Ulrich gekommen ist64. Der 1483 verstorbene Kanonikus am selbigen Stift, Niko­ laus Ruff, überweist seinem Hause ebenfalls Bücher, von denen sich Clm. 11715 in der Münchener Staatsbibliothek erhalten hat65. Der frühere Pfarrer von Donauwörth66, seit 1480 Kanonikus bei St. Gertraud in Augsburg, Georg Freu67, muß eine ansehn­ liche Bibliothek sein eigen genannt haben. Handschriften aus seinem Besitz befinden sich in der Maihinger Bibliothek68. 18

Eine rein theologische Bücherei scheint der Pfarrer Berthold Berner von St. Stephan (um 1490) besessen zu haben. Daraus schenkt er zu einem Anniversar Bücher an St. Moritz69. Nach den reichen Bücherschenkungen, die er vergabte, hat der Generalvikar Johann Gossold70 (f 85jährig am 28. Au­ gust 1506) eine schöne Bibliothek besessen. Bis 1462 war er Dekan bei St. Moritz, dann Domkanonikus, seit 1471 auch Generalvikar und 1472 Propst von St. Peter. 1482 stiftete er an Hl. Kreuz einen Jahrtag und schenkt dazu einige Handschriften. Ebenso wird das Karmeliterkloster St. Anna bedacht71. Weitere Bücherschenkungen gehen nach Andechs, St. Moritz und St. Ulrich. Aus der Schen­ kung nach St. Moritz (1451) haben sich in der Augsburger Stadtbibliothek drei Handschriften erhalten72. 1506 über­ weist er eine Reihe von Handschriften dem Kloster St. Ulrich, von welchen in der Augsburger Bibliothek eine (2° Cod. 526), in der Staatsbibliothek München zwei (Clm. 402 und 4320) und eine in der Augsburger Ordina­ riatsbibliothek (Nr. 80) vorhanden sind73. Zu den Frühhumanisten in Augsburg gehörte auch Johann Atlantsee, Kanonikus bei St. Peter, Propst von St. Gertraud und seit 1508 Generalvikar (f 31. Dezember 1520)74. Er gehörte einer der geweckten Allgäuer Familien an, die mehrfach Geistliche hervorgebracht hat. Ueber den Be­ stand seiner Bibliothek sind wir heute nicht mehr unter­ richtet. Nach seinem Testament vom 21. Januar 149375 vermachte er diese den Klöstern Kempten, Füssen, Irsee, Ottob euren, Rottenbuch und Hl. Kreuz in Augsburg. Nach den bisherigen Ausführungen könnte man fast mei­ nen, daß nur die Geistlichkeit Träger der Wissenschaft gewesen ist. Wohl war sie in der Ueberzahl; aber an Be­ deutung der Persönlichkeit werden sie von einigen Laien übertroffen. Eine der hervorragendsten Persönlichkeiten unter den Repräsentanten des deutschen Frühhumanis­ mus ist Sigmund Gossenbrot (1417, f kurz nach 1488). Er stammt aus einer der ältesten Augsburger Geschlech­ terfamilien und studierte in Wien. Darauf widmete er sich dem Handelsberuf und war auch (1458) Bürgermeister seiner Vaterstadt. 1461 zog er „von seiner Seele Seligkeit 19

wegen“ ins Johanniterkloster zu Straßburg76. Mit vielen Gelehrten seiner Zeit stand er in Gedankenaustausch. Be­ kannt ist das freundschaftliche Verhältnis zum Benedik­ tiner Sigismund Meisterlin von St. Ulrich, dem er die An­ regung zum ersten humanistischen Geschichtsbuch in Deutschland, der „Chronographia Augustana“, gab. Schon in Augsburg, dann später in Straßburg legte er sich eine eigene Bibliothek zu, die für seine Zeit bedeutend genannt werden muß. Teils erwarb er sich die Bücher und Hand­ schriften durch Kauf, vielfach aber nach Humanistenart durch Abschrift. In bunter Mischung — oft in Sammel­ bänden — finden wir hier humanistische wie auch scho­ lastische Literatur, frühchristliche, mittelalterliche und zeitgenössische Schriftsteller. Paul Joachimsen77 gebührt das Verdienst, seine Bibliothek in den Titeln wenigstens rekonstruiert zu haben. Er hat uns dadurch einen wichti­ gen Einblick in das Humanistenleben und -denken der Frühzeit ermöglicht. Heute finden sich die Reste der Bibliothek Gossenbrots in München. Wenn auch nicht ganz vollständig, hat sie doch bis ins 17. Jahrhundert als Ganzes in Augsburg bestanden. Jm Jahre 1649 wurde ein großer Teil an das Kloster Steingaden verkauft, von wo die Bücher bei der Säkularisation nach München kamen (Clm. 17801—17851)78. Einige Handschriften sind in die Augsburger Stadtbibliothek gekommen und von da bei der Uebemahme der Stadt an Bayern ebenfalls an die Mün­ chener Staatsbibliothek (Clm. 3564 und 3569). Weitere Bestandteile der Bibliothek führt Joachimsen an; auch der Katalog der ursprünglichen Bibliothek wird von ihm abgedruckt. Mehrfach kommt auch sein Exlibris, die ver­ schlungenen Buchstaben SG, das mit einem Stempel auf­ gedruckt wurde, vor79. Ein Teil der Bibliothek des Sigmund Gossenbrot scheint sich ganz oder teilweise auf seinen Sohn Jörg, den letzten männlichen Sprossen dieser Familie, vererbt zu haben. Dieser war seit 1477 Pfleger der Feste Ehrenberg und spä­ ter Vorstand des Tiroler Rechnungshofes. Jörg hatte in Wien, einer Hauptstätte des Humanismus, studiert und sich trotz seiner Beamtenlaufbahn den neuen Bestrebun­ gen nicht ferngehalten. Er starb am 13. Juni 1502 und liegt 20

zu Füssen bei St. Mang begraben. Seine Witwe Radegundis überlebte ihn um 18 Jahre (f 1520). Ihr Vermögen ver­ wendete sie großenteils zu Stiftungen mancherlei Art. Den Löwenanteil erhielt die Kartause Buxheim bei Memmingen. Neben großen Geldsummen bekam sie auch einen schö­ nen Bücherschatz. Mitterwieser80 vermutet, daß diese Bi­ bliothek weniger von ihrem Manne, als von ihrem Schwie­ gervater, dem versonnenen Humanisten Sigmund Gossen­ brot, stamme. Das Exlibris der Kartause Buxheim mit dem Wappen des Jörg und der Radegundis Gossenbrot findet sich heute noch mehrfach81. Auch der Bruder Jörgs, Sigmund (f 1500), hat gerne hu­ manistische Bestrebungen gepflegt. Daß er auch eine Bi­ bliothek besessen, bezeugt sein handgemaltes Exlibris, das mehrfach in München zu finden ist, so in Cgm. 402, den seine Witwe nach St. Ulrich schenkte82. Der alte Sigmund Gossenbrot war der Mittelpunkt des frühhumanistischen Kreises, dem Leonhard Gessel, der Augsburger Stadtschreiber Valentin Eber und andere an­ gehörten. 1456 kam Hermann Schedel (geb. 1410 in Nürn­ berg, f 1485 ebenda) als Stadtarzt nach Augsburg; er schloß sich sogleich dieser Sodalität an, deren Mittelpunkt er nach dem Wegzug Gossenbrots aus Augsburg wurde. Bereits in seiner Studienzeit hatte er in Leipzig, dann in Italien begonnen, Bücher zu sammeln. In Augsburg setzte er seine Tätigkeit fort, teils durch Kauf, teils durch Ab­ schrift, die er oft selbst besorgte, vermehrte er seine Bi­ bliothek in bedeutendem Maße bis zu seiner Uebersiedlung nach Nürnberg (1467). Während in Augsburg die huma­ nistische Liebhaberei in den Vordergrund gestellt ist, so überwiegt in Nürnberg der Ernst der Berufsarbeit. In Augsburg sehen wir ihn eifrig beschäftigt mit dem Ab­ schreiben von Klassikern und Humanisten; der Verkehr mit Gleichgesinnten bot ihm reiche wissenschaftliche An­ regung. All dies hat in Nürnberg ein Ende. Ueber das Schicksal seiner Bibliothek, einer echten Humanisten­ sammlung, berichtet R. Stäuber, der die Bibliothek seines Neffen Hartmann rekonstruiert hat83. Hermanns Biblio­ thek ist heute zerstreut: Teile finden sich in der Bayeri­ schen Staatsbibliothek, der Stadtbibliothek Nürnberg und 21

in Maihingen. Ursprünglich hat er verschiedene Klöster mit Bücherschenkungen bedacht, einen Teil verkaufte sein Neffe an die Kirchenbibliothek von St. Sebald und die Stadt Nürnberg. Der Rest ging in die Bibliothek Hartmann Schedels über, die Herzog Albrecht V. als einen Bestandteil der Fuggerschen Bibliothek erwarb. Hans Jakob Fugger hatte sie im Jahre 1552 von einem Enkel Hartmanns, Mel­ chior Schedel, um 500 Gulden erkauft84. Damit verlassen wir das mittelalterliche Augsburg, das uns eine überraschende Anzahl von Privatbibliotheken gezeigt hat. Der hohe Bildungsstand, den wir daraus schließen dürfen, zeigt sich auch in der Reichsstadt nach 1500. II. DAS 16. JAHRHUNDERT. In den bewegten Zeiten des 16. Jahrhunderts nimmt das ganze Büchereiwesen ein völlig anderes Aussehen an. Ent­ deckungen und Zeitfragen regen zu immer neuer Stellung­ nahme an und so steigt die literarische Produktion in bei­ spielloser Weise. Selbstverständlich übertrifft dadurch der Bücherbesitz des 16. Jahrhunderts den des ausgehenden Mittelalters ebenso an Umfang wie an Mannigfaltigkeit. Eine vollständige Umwälzung führt das 16. Jahrhundert auf dem Gebiet des öffentlichen Bibliothekwesens hervor. Der Gedanke der öffentlichen Bibliothek als einer allge­ mein zugänglichen Kultureinrichtung verdankt seinen Ur­ sprung der geistigen Umschichtung durch Renaissance und Reformation. Wissenschaft und Bildung treten heraus aus Kirche und Kloster unter das Volk. Luther hat ja auch in seinem Brief an die Ratsherren der deutschen Städte die Errichtung öffentlicher Bibliotheken empfohlen. Die Gründung öffentlicher Bibliotheken wird allerdings erleichtert durch die Aufhebung vieler Klöster. Dadurch wird eine Menge alter Hand- und Druckschriften frei. Wenn auch vieles verloren geht oder als wertlos ausge­ schieden wird, so bleibt doch ein gewaltiger Rest, der in die Kirchen-, Schul- oder Stadtbibliotheken sowie in man­ chen Fällen in die fürstlichen Bibliotheken wandert. Die­ sem Umstand hat auch Augsburg 1537 die Gründung seiner Stadtbibliothek zu verdanken. 22

Aber auch private Büchereien haben wir im 16. Jahrhun­ dert in großer Anzahl zu verzeichnen; wenn auch nur mehr von einem Teil derselben die Existenz nachzuweisen ist, so läßt sich doch aus mancherlei Anhaltspunkten, be­ sonders aus den von J. Warnecke85 verzeichneten Exli­ bris, schließen, daß ihre Zahl größer war, als wir heute annehmen wollen. Als besonders großartig werden allgemein von allen Zeit­ genossen die Büchereien der Fugger, der Welser, eines Peutinger bezeichnet. Allerdings gehörten solche Samm­ lungen überhaupt zu den größten ihrer Zeit. Die durchschnittlichen Verhältnisse, wie sie auf Grund von Nachrichten aus Briefen, Rechnungen, Biographien usw. vorliegen, besagen uns, daß der „gewöhnliche“ Akademiker durchweg nur einige oder mehrere Dutzend Bücher sein eigen nannte, während die wissenschaftlich Regsameren in der Regel Sammlungen von etwa hundert oder einigen hundert Bänden besaßen. Am besten wohl ist die Persönlichkeit des berühmten Augsburger Humanisten Dr. Konrad Peutinger86 (1465 bis 1547) geeignet, den Uebergang zum 16. Jahrhundert und damit auch die Weiterentwicklung des Humanismus in Augsburg aufzuzeigen. Sein Reichtum und seine weitver­ zweigten Verbindungen erlaubten ihm die Anschaffung einer der größten und vielseitigsten Bibliotheken seiner Zeit. Einen ganz besonderen Wert verliehen ihr die zahl­ reichen Handschriften. Diese allerdings erwarb er nicht durch Kauf, sondern lieh sie sich aus und ließ sie ab­ schreiben. Zeitgenössische Geschichtsschreiber, wie z. B. Aventin, suchten Peutingers Bibliothek wegen ihres reichen historischen Materials öfters auf. Ueber den Inhalt und Umfang der Bibliothek sind wir genau unterrichtet. Zwei Kataloge87 hat Peutinger selbst angelegt. Nach seinem Tode vererbte sich die Sammlung testamentarisch auf seine Söhne, die 1597 einen Katalog anfertigen ließen, wonach sie ungefähr 2150 Bände umfaßte. Der letzte Peu­ tinger, Desiderius Ignatius, Dekan des Stiftes Ellwangen, hinterließ 1718 nach seinem Tode die Bibliothek den Augsburger Jesuiten. Allerdings hatte er verschiedene Kost­ barkeiten — wie die jetzt in Wien befindliche Tabula Peu23

tingeriana — vorher verkauft. Im Jesuitenkolleg wurde die Bibliothek nicht sehr pietätvoll behandelt. Vor allem wurde sie auf häretische und indizierte Werke durchsucht; diese wurden ausgeschieden. In den 1760-Jahren wurden ganze Körbe voll um geringes Geld verkauft, darunter verschiedene Pergamenthandschriften. Nach Aufhebung des Jesuitenordens verblieb die Bibliothek zunächst im ehemaligen Kollegiengebäude. Eine größere Anzahl Hand­ schriften erwarb 1780 der Augsburger Bibliophile Georg Wilhelm Zapf, aus dessen Besitz sie später direkt oder auf Umwegen in die Bibliotheken von Augsburg, München und Stuttgart kamen. Aus dem Rest wurde 1807 eine Anzahl von Handschriften und selteneren Drucken in die Münchner Staatsbibliothek überbracht; das übrige kam 1810 in die Augsburger Stadtbibliothek88. Eine Reihe an­ derer Handschriften finden sich heute in Göttingen, Lon­ don, Rom, St. Paul in Kärnten und Wien. Das pracht­ volle Exlibris Peutingers erwähnt Warnecke89. „Ein nicht gering anzuschlagender Teil der Bedeutung des Hauses Fugger ... für die europäische Wissenschaft und Kulturentwicklung beruht darin, daß einzelne Mitglieder dieses berühmtesten deutschen Kaufmannsgeschlechtes Bibliotheken zusammenbrachten, die sie dann später da­ durch vielfach der Oeffentlichkeit zur Verfügung stellten, daß sie sie an weltliche oder geistliche Gewalten entweder verschenkten oder verkauften.“90 Jakob Fugger der Reiche (1459—1525) sammelte als fürst­ licher Mäzen auch eine umfangreiche Bibliothek meist wertvoller Handschriften91. Diese hat sich wohl auf seine zwei Neffen Raimund und Anton vererbt. Auch Jakobs älterer Bruder Ulrich (f 1510) war sicher ein eifriger Büchersammler. Kurz vor seinem Tode (28. Sept. 1509) schenkte er dem Dominikanerkloster eine große Anzahl von Büchern zivil- und kirchenrechtlichen sowie theolo­ gischen und historischen Inhalts92. Unter den Brüdern Raimund (1489—1535) und Anton Fugger (1493—1560) stand das Handelshaus auf dem Höhepunkt seiner Macht. Raimund, der in der Kapuziner­ gasse ein prächtiges Haus bewohnte, hatte sich eine äusserlich prunkvolle Bibliothek angelegt. Wie die andern 24

Blick in eine Privatbibliothek des 16. Jahrhunderts, davor die Häupter der Reformation. (Aus der früher im Kloster St. Ulrich befindlichen Handschrift der Augsburger Stadtbibliothek: 2° Cod. 371.)

Fugger benützte auch er die weitverzweigten Handelsbe­ ziehungen seines Hauses, um überall Bücher und Hand­ schriften anzukaufen93. Seine Sammlungen vererbten sich auf seinen Sohn Johann Jakob (1516—1575), der sie durch verschiedene Ankäufe auf 15000 Bände vermehrte. Seine bibliophile Einstellung kennzeichnet am besten die Tatsache, daß er seine Bücher außerordentlich liebevoll einbinden ließ, vielfach durch venezianische Meister. Be­ sonders war er auf den Erwerb kostbarer Handschriften erpicht, die er in Italien durch gewandte Altertumskenner aufkaufen ließ. Als Bibliothekare waren bei ihm beschäf­ tigt Samuel Quickelbery9i und der Augsburger Rektor und Stadtbibliothekar Hieronymus Wo//95 (1516—1580), der selbst eine bedeutende Büchersammlung besaß, die sich heute in der Provinzialbibliothek in Neuburg a. D. be­ findet96. Schwere Vermögensverluste veranlaßten Johann Jakob Fugger 1565 in die Dienste Herzog Albrechts V. von Bayern und zwar als Hofkammerpräsident zu treten. An diesen verkaufte er auch (1571) seine reichen Sammlungen, welche so den Grundstock der großen Bayerischen Staats­ bibliothek in München bildeten. König Ludwig I. hat die­ sem „Beförderer der Wissenschaften“ in der Philippine Welser-Straße zu Augsburg in dankbarer Gesinnung ein Denkmal errichtet. Auch der zweite Neffe Jakobs des Reichen, Anton Fugger (1493—1560), sammelte eine der bedeutendsten Bibliothe­ ken seiner Zeit an, deren Reichtum hauptsächlich in kost­ baren Handschriften bestand. Er hat außerdem auf sei­ nem ungarischen Schloß Bibersburg eine zweite Bücherei angelegt, deren Bestände zumeist in weißpergamentene Einbände mit dem aufgedruckten Fuggerwappen gebun­ den waren. Diese hat Anton vermutlich der erzbischöf­ lichen Bibliothek in Gran geschenkt97. Seine Augsburger Bücherschätze scheint Anton auf seinen Sohn Markus Fugger (1529—1597) vererbt zu haben. Dieser, wie sein Vater ein Förderer der Künste und Wissenschaften, zeigte sich nicht nur durch die Auswahl seiner Ankäufe, sondern auch durch die prachtvollen Renaissance-Einbände als gro­ ßen Bibliophilen. Als solcher stand er auch in näherem Verhältnis zu seinen Büchern, die fast durchwegs mit sei25

nem handschriftlichen Besitzvermerk versehen sind. Jahr­ hunderte erbte sich dieser kostbare Bestand in seiner Fa­ milie weiter, bis er in den Jahren 1933—1935 durch die Firma Karl & Faber in München versteigert und damit in die ganze Welt zerstreut wurde98. Eine geradezu wundervolle Bibliothek nannte Ulrich Fug­ ger (1526—1584), ein Sohn Raimunds, sein eigen. Es war kein Kaufmann, sondern ein stiller Gelehrter, der lange in Italien gelebt hatte. Nach Deutschland zurückgekehrt, schloß er sich der Reformation an und hatte darum von seinen Brüdern manches auszustehen. Das brüderliche Verhältnis wurde nicht besser, als seine Schulden auf bei­ nahe 200000 fl. angelaufen waren, die er fast ausschließ­ lich für Bücher und Kunstgegenstände ausgegeben hatte. Er begab sich deshalb zum Kurfürsten Friedrich III. nach Heidelberg, wo er sich in Ruhe seinen wissenschaftlichen Beschäftigungen widmen durfte. Seine Bibliothek war reich an klassischen, hebräischen und anderen Handschriften. Die Manesse’sche Liederhandschrift war ihr kostbarster Schatz. Der kurfürstliche Bibliothekar Janus Gruter schätzte sie auf über 1000 Bände99. Zwei größere Biblio­ theken hatte Graf Ulrich erworben, so die des Augsburger Arztes Pirmin Gasser und 1583 die des Kurfürstlichen Rates J. Räuber (1400 Bände)100. Durch testamentarische Bestimmung fiel sie 1584 nach seinem Tode dem pfälzi­ schen Kurprinzen zu. Der Administrator Johann Kasimir ließ sie durch Melissus katalogisieren und mit der kur­ fürstlichen Bibliothek in Heidelberg vereinigen101. Zum größten Teil befindet sie sich heute nach mannigfachen Schicksalen in der Universitätsbibliothek zu Heidelberg102. Teile der Bibliothek Raimunds scheinen sich auch auf dessen zweiten Sohn Georg und von diesem auf seinen Sohn Philipp Eduard Fugger (f 1618) vererbt zu haben. Nach seinem Tode kam sie in den Besitz seines Sohnes Friedrich (f 1654), der sie seinem Neffen Albert III. (fl692) hinterließ. Philipp Eduajrd war ebenfalls ein eif­ riger Bücher- und Handschriftensammler. Bekannt ist seine Sammlung von geschriebenen Zeitungen, den Fugger­ zeitungen. Im Jahre 1655 erwarb Kaiser Ferdinand III. diese fast 15000 Bände zählende Bibliothek auf Betrei26

ben seines Bibliothekars Mauchter um 15000 fl. für die Wiener Hofbibliothek. Dort befindet sie sich jetzt noch103. So ist auch diese Fuggerbibliothek heute ein wesentlicher und kostbarer Bestand einer großen, öffentlichen Bibliothek. Daß auch noch andere Mitglieder des Hauses Fugger größere oder kleinere Büchersammlungen besessen haben, zeigt das Verzeichnis Fuggerischer Exlibris, das wir bei Warnecke104 finden. Nicht ganz so großzügig wie die Fugger sammelten die Welser Bücher. Wir haben Nachricht von dreien Brü­ dern dieses Geschlechtes, welche umfangreiche Bücher­ sammlungen besaßen. Wohl hatte die reiche Kaufherren­ familie schon früher bibliophile Neigungen, wenn auch keine näheren Nachrichten darüber zu finden sind. Eigen­ tümlich berührt es, daß uns als Bibliophilen gerade drei Brüder bekannt sind, welche das schwere Schicksal von dem Bankerott des stolzen Handelshauses erleben muß­ ten. Anton Welser (1551—1618), Dompropst in Freising, sammelte schon in seiner Augsburger Zeit fleißig Bücher. Seine ansehnliche Bibliothek, die über 6000 Werke aller Wissensgebiete — auch protestantische Theologie — um­ faßte, kam nach seinem Tode testamentarisch in den Be­ sitz des Klosters St. Ulrich in Augsburg105. Jakob Gretser, einer der gelehrtesten Jesuiten seiner Zeit, preist in aner­ kennenden Worten die Bibliothek Welsers. Wie sein Bruder hatte sich auch Paul Welser106 (1555 bis 1620) eine eigene Bibliothek zugelegt. Für den zur Gelehr­ samkeit neigenden Kaufmann muß es ein furchtbarer Schlag gewesen sein, als seine Büchersammlung der Gant zum Opfer fiel. Nach dem Reste des Katalogs, der noch vorhanden ist, war sie für jene Zeit sehr umfangreich. Der größte Teil war bis 1618 bereits verkauft. Das erwähnte Verzeichnis der 1618 noch vorhandenen Teile umfaßt 420 Werke meist theologischen Inhalts, die von den Prälaten von Heilig Kreuz-Augsburg und Fultenbach erworben wur­ den. Dieser Rest stellt jedenfalls den unbedeutenderen Teil der Bibliothek dar, deren Grundstock wohl schon früher in der Familie gelegt wurde. Der bedeutendste der drei Brüder sowohl seiner Stellung im Stadtregimente als auch der Gelehrsamkeit nach war 27

Marx Welser (1558—1614). Seine bibliophilen Neigungen hatte er auf einen großen Kreis Augsburger Freunde über­ tragen. In der Zeit der humanistischen Nachblüte war er der führende Kopf im Augsburger wissenschaftlichen Leben. Seine wertvolle Bibliothek, 2266 Werke umfassend, bedeutend durch die zahlreichen italienischen, französi­ schen und spanischen Bücher, wurde nach seinem Tode der Augsburger Stadtbibliothek einverleibt107. Es liegt die Vermutung nahe, daß der ihm befreundete Stadtbiblio­ thekar David Höschel ihn zu dieser Bestimmung bewogen hat108. Die Bibliothek muß auch — wahrscheinlich zum praktischen Gebrauch — ziemlich viel Musik enthalten haben. Davon besitzt die Münchener Staatsbibliothek ei­ nige Reste109. Daß sich auch unter den andern durch Reichtum empor­ gekommenen Familien feinsinnige Bibliophilen fanden, be­ weist Andreas Mertz (f 1603)110. Der handschriftliche Katalog seiner umfangreichen, alle Gebiete berührenden Bibliothek findet sich noch in der Augsburger Stadt­ bibliothek (2° Cod. Aug. 381). Mäzene wirklich großen Stils waren die Brüder Johann Baptist (geb. 1524) und Paul Hainzel111. Verwandt mit den Weisem und Peutingern traten sie als stolze Bürger in die Tradition dieser Familien ein. Als Studenten zu Wittenberg knüpften sie zu Luther und Melanchthon freundschaftliche Beziehungen an. In der Heimat spielte Johann Baptist im öffentlichen Leben seiner Vaterstadt eine bedeutende Rolle. Lange Jahre fungierte er als Stadtpfleger. Er verstand es, in Verbindung mit einigen Gleichgesinnten, eine Reihe von bedeutenden Gelehrten nach Augsburg zu ziehen, wie Birk, Wolf, Fabricius, Gasser, Höschel und Tycho de Brahe. Als Büchersammler ist uns besonders Paul Hainzel be­ kannt, der hauptsächlich mathematische und naturwissen­ schaftliche Werke bevorzugte. Daß die Brüder eine reich­ haltige Bibliothek besaßen, besagt, eine urkundliche Nach­ richt, nach welcher sie aus ihrer Bibliothek (1574) dem evangelischen Ministerium eine Anzahl der besten Bibelund Kirchenväterausgaben, im ganzen 87 Bände, über­ ließen118. Das nämliche erfahren wir von Karl Wolfgang Rehlinger, 28

der ebenfalls aus seine r reichen Bibliothek zur selben Zeit den Predigern 50 Bände überließ118. Daß in der Familie Rehlinger auch sonst starke bibliophile Bestrebungen herrschten, beweist ein Exlibris114 und die Nachricht, daß zu Ende des 17. Jahrhunderts die Bibliothek des Christoph Rehlinger vom Magistrat für die Stadtbibliothek angekauft wurde115. Von dem wechselvollen Schicksal stolzer Geschlechter wurde auch Hans Paul Herwart116 (1519—1583) betroffen. Er verzichtete 1576 auf sein Augsburger Bürgerrecht und zog nach Hohenburg; zugleich trat er als Beamter in die Dienste des Herzogs von Bayern. Auch er entstammte ei­ nem der ältesten Augsburger Geschlechter, das seinem Wappen (Ente, Vogel der Pallas Athene) Ehre machend wohl schon früh eine Bibliothek besaß. Aber erst von Hans Paul wissen wir bestimmt, daß er eine prächtige Bibliothek sein eigen nannte. Für ihren Wert bürgt der Ankauf durch den kunstsinnigen Herzog Wilhelm von Bayern117. Für den Geschmack des Besitzers ist die große Zahl musikalischer Werke bezeichnend. Seine Bibliothek bildet einen wertvollen Bestandteil der Bayerischen Staats­ bibliothek. Verschiedene Beispiele eifriger Bibliophilie gibt uns auch in diesem Zeitraum die höhere Geistlichkeit. Der Domherr Konrad Braun (Brunus)118 (1491—1555) besaß eine um­ fangreiche Bibliothek. Bei seinem Tode vermachte er die theologischen Werke dem Domkapitel, die juristischen sei­ nem Neffen119. Eine „ziemlich zahlreiche“ Bibliothek hatte der Dom­ propst Wolfgang Andreas Rem120 (1511—1588), „in wel­ cher einige zu seiner Zeit berühmte Werke befindlich waren“121. Die juristischen Bücher schenkte er bei seinem Tode an das Domkapitel, so die heute in München befind­ lichen Clm. 3855 und 3866122. Die übrigen (rund 1000 Werke) stiftete er an das Kloster Hl. Kreuz123. Dabei ver­ wandte er ein eigenes Schenkungsexlibris124 Der Kanoniker am Augsburger Dom, Jakob Heinrich­ mann126 (1482—1561) muß jedenfalls eine nicht unbedeu­ tende Bibliothek besessen haben. Ihr Schicksal ist unbe29

kannt; verschiedentlich tritt sein Exlibris126 in der Mün­ chener Staatsbibliothek auf. -Ein Kunst- und Büchersammler großen Formates war Johann Egolf von Knöringen127 (1537—1575), seit 1573 Bischof von Augsburg. Seine kostbare Bibliothek, seine Münz- und Kunstsammlung vermachte er der Universität zu Ingolstadt128. J. Petzholdt berichtet in seinem Adreß­ buch der Bibliotheken Deutschlands (1875 S. 293), daß Bischof Knöringen noch als Dompropst einen Teil der Bibliothek des Erasmus von Rotterdam durch H. L. Glareanus erworben und sie bereits 1573 der Universität Ingolstadt zum Geschenke gemacht habe. Allerdings läßt sich ein Nachweis darüber bis heute nicht erbringen. Schon früher hatte er dem Domkapitel Bücher verehrt, so die jetzt in München befindliche Handschrift Clm. 3900129. Als wahrer Bibliophile ließ er sich eine ganze An­ zahl von Bücherzeichen durch bedeutende Graphiker anfertigen130. Eine wertvolle Bibliothek erwarb sich Johann Georg von Werdenstein der Aeltere131 (f 1609), seit 1563 Kanonikus am Augsburger Dom. Für die Bedeutung seiner Bücher­ sammlung spricht der Umstand, daß sie von Herzog Albrecht V. von Bayern erworben wurde132. Nach dem Urteile Rulands133 hatte er eine der kostbarsten und groß­ artigsten Bibliotheken seiner Zeit, die heute noch in Mün­ chen und Würzburg als schätzbare Teile der Bibliotheken zum Teil vorhanden ist. Ruland mutmaßt, daß er auch die Dombibliothek mit Bücherschenkungen bedacht habe. Wolfgang Franz (f 1588)134, seit 1585 Stiftspropst bei St. Moritz, hat sich ebenfalls eine große Bibliothek gesammelt. Er vermachte diese seinem Kapitel unter der Bedingung, „daß ein gelegener taugenlicher Ort in der Kirchen zu eyner Byblioteca auffgericht werden soll“. Das Kapitel von St Moritz erfüllte diese Forderung und erbaute einen Bi­ bliotheksraum. Ein Verzeichnis der Schenkung ist nicht bekannt135. Aus den Reihen der niederen Geistlichkeit sind einige nennenswerte Bibliotheken aus dieser Zeit zu erwähnen «nd zwar sind es zwei Musiker, die hier als Bibliophilen erwähnt werden müssen: zuerst Bernhard Klingenstein136 30

(1545—1614), Vikar an der Domkirche und Domkapell­ meister. Seine große Musikbibliothek ließ er testamenta­ risch dem Domkapitel zum Kauf anbieten137. Was aller­ dings aus ihr geworden ist, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Auch die zweite Musikbibliothek dieser Zeit fiel aller Wahr­ scheinlichkeit nach an das Domkapitel; sie gehörte dem Domvikar Gregor Aichinger138 (1564—1628). Von huma­ nistischen und theologischen Schriften, wie er sie wohl in größerem Maße besessen haben mag, ist manche noch erhalten, namentlich in der Augsburger Stadtbibliothek. Bekannt ist seine bedeutende Stellung für das Musikleben Augsburgs als Hofmusikmeister der Fugger und Kompo­ nist. Begreiflich, daß er auch zahlreiche Musikwerke in seiner Bibliothek sammelte. Einiges davon befindet sich als kümmerlicher Rest in der Münchener Staatsbiblio­ thek139. Seine beiden Exlibris verzeichnet Warnecke140. Befremdlich mag es erscheinen, daß wir keine Bibliothek aus Kreisen der evangelischen Geistlichkeit zu nennen ver­ mögen. Allein hier scheinen doch die knappen wirtschaft­ lichen Verhältnisse sehr hindernd gewesen zu sein. Gegen­ über den vielfach reich bepfründeten katholischen Geist­ lichen konnte der protestantische Teil nicht aufkommen. Das wird erst besser im 17. und namentlich im 18. Jahr­ hundert, wo gerade die evangelische Geistlichkeit stärkste bibliophile Züge aufzuweisen hat. Auch in der städtischen Beamtenschaft finden wir einen leidenschaftlichen Büchersammler in Paul Hektor Mairul (1517—1579), Ratsdiener der Reichsstadt. Er ist im all­ gemeinen nur bekannt als Geschichtsschreiber seiner Vater­ stadt. Als Beamter ließ er sich schwere Unterschlagungen zu Schulden kommen, weshalb er auch 1579 mit dem Schwerte gerichtet wurde. Die Stadt hielt sich an seinejn Vermögen schadlos. Dazu gehörte eine umfangreiche Bi­ bliothek, deren Bestandteile wir aus einem Inventar des Jahres 1579 kennen. Da er in seiner Wohnung keinen Raum für seine Bücher mehr hatte, brachte er sie in fünf großen Schränken auf dem Bodenraum des Rathauses unter. Mair hat alles, was er nur immer erreichen konnte, wahllos zusammengekauft, so daß alle Gattungen der 31

gleichzeitigen Literatur in seiner Bibliothek vertreten waren. Daneben legte er aber auch selbst Sammelbände mit interessanten handschriftlichen Werken an142. Seine herrliche Bibliothek wurde vom Rate verkauft und die einzelnen Stücke wurden meist um recht geringes Geld über die ganze Stadt und auch nach auswärts zerstreut. Sie brachte, trotzdem sie fast 1000 Nummern umfaßte, nur rund 240 fl. ein. Manches behielt man zur Aufstellung in der Stadtbibliothek zurück. Die große Zahl der meist von ihm oder für ihn geschriebenen Handschriften wurde nicht verkauft, sondern auf Befehl des Rates in ein Ge­ wölbe gelegt. Diesem glücklichen Umstand ist es zu dan­ ken, daß sie zum guten Teil — die meisten im Augsburger Stadtarchiv — noch vorhanden sind143. Weiteres befindet sich in Dresden und Wolfenbüttel. Eine Anzahl zum Teil sehr kostbarer Handschriften findet sich in der Münche­ ner Staatsbibliothek144. Das Exlibris Mairs erwähnt War­ necke145. Unter drei Kaisern, Karl V., Ferdinand I. und Max II., war der Augsburger Georg Sigismund Seldli6 (1516—1565) Vize­ kanzler. Von seiner prächtigen Bibliothek sind kürzlich kümmerliche Reste in den Handel gekommen147. Es sind 21 Bände juristischen Inhalts. Alle sind schön und gleich­ mäßig im Geschmack der Zeit gebunden, was uns Seid als echten Bibliophilen zeigt. Nach seinem Tode kam der Bücherschatz in den Besitz seines Stiefbruders Johann Hegenmüller, in dessen Familie sie über hundert Jahre verblieb. Anfang des 18. Jahrhunderts finden wir die Sammlung im Besitz der Familie Engelshofen, deren Bi­ bliothek Graf Thun-Hohenstein im 19. Jahrhundert er­ warb. Diese Bibliothek wurde 1933 verkauft. Sehr dem Humanismus hingewandt finden wir den Stand der Aerzte. Ihre Kunst beruhte ja damals fast ausschließ­ lich auf den Ueberlieferungen des Altertums. Sie erhofften sich von der neuen Richtung ebensowohl eine größere Aus­ breitung und Klarlegung der alten Quellenschriften wie auch weitere Aufschlüsse über die Geheimnisse der Natur. Auch in Augsburg widmeten viele Aerzte ihre freie Zeit der Förderung der humanistischen Idee. Besonders müssen wir hier Adolf Occo I. (1447—1503)148 erwähnen, der in 32

Friesland geboren, seit 1491 in Augsburg wirkte. Als füh­ render Humanist besaß er auch eine bedeutende Biblio­ thek, die er all seinen Freunden in liberalster Weise offen hielt. Er vererbte sie seinem Neffen Pompeius Occo, durch den sie nach Amsterdam gelangte. Sowohl L. Werner149 als auch Radlkofer150 nennen eine Reihe von Augsburger Aerzten, die sich mit Feuereifer dem Humanismus verschrieben haben. Ihre Korrespondenz mit gleichgesinnten Zeitgenossen, ihre Werke sind heute noch erhalten; von ihren Bibliotheken, die sie sicher besaßen, kündet uns keine Nachricht mehr. Nur von zwei Augs­ burger Aerzten des 16. Jahrhunderts wissen wir heute noch, daß sie Bibliotheken besessen haben. Der eine ist Achilles Pirmin Gasser151 (geb. 1503 in Lin­ dau, seit 1546 Stadtarzt in Augsburg, wo er 1577 starb), dem Außenstehenden mehr bekannt als Geschichtsschreiber der Reichsstadt Augsburg denn als Arzt. Er besaß eine kost­ bare Bibliothek, deren Wert nicht besser unterstrichen werden könnte als durch die Tatsache, daß sie von Ulrich Fugger erworben wurde. Gleich bedeutend als Gelehrter wie beliebt und erfolgreich als Arzt war Jeremias Martius (seit 1564 Arzt in Augsburg, f 1585). In seiner Jugendzeit machte sich der arme Augsburger Webersohn dadurch bemerklich, daß er dem Augsburger Stadtbibliothekar Hie­ ronymus Wolf bei der Uebersetzung byzantinischer Schrift­ steller behilflich war. Auf diese Weise wurde Anton Fug­ ger auf ihn aufmerksam und ließ ihn auf seine Kosten studieren. Martius besaß eine umfangreiche Bibliothek (rund 900 Werke), über deren Bestand wir gut unterrich­ tet sind. Denn er ließ 1572 bei Michael Manger eineji Katalog158 drucken, der wohl einer der ersten gedruckten Kataloge einer Privatbibliothek überhaupt ist. Derselbe gibt einen aufschlußreichen Einblick in den Studien- und Ar­ beitskreis dieses gelehrten Arztes. Hauptsächlich ist natür­ lich vertreten die medizinische Wissenschaft mit ca. 500 Wer­ ken, weiters folgen rund 60 theologische Bücher, der ziem­ liche bedeutende Rest umfaßt alle anderen Disziplinen. Die Bedeutung Augsburgs für das literarische und wissen­ schaftliche Leben des 16. Jahrhunderts ist durch zahl­ reiche Werke, die in den weltberühmten Augsburger Offi33

zinen erschienen sind, allgemein bekannt. Eine ungeheure Anzahl reformatorischer Drucke sind von hier aus in alle Welt hinausgeflattert. Aber auch bedeutende und schwere wissenschaftliche Werke sind in Augsburg angefertigt und gedruckt worden. Dies reiche geistige Leben in der alten Reichsstadt wird noch weiter unterstrichen und gekennzeichnet durch die im vorhergehenden geschilderten umfangreichen und fast unerwarteten bibliophilen Nei­ gungen weiter Kreise. III. DAS 17. UND 18. JAHRHUNDERT. Der Zeitraum vom dreißigjährigen Kriege bis gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts ist mehr als jeder andere als eine Zeit der Gelehrsamkeit und des Gelehrtentums an­ zusehen. Und da Gelehrsamkeit und Bücher zwei unzer­ trennliche Dinge sind, ist dies auch eine Zeit eifriger Büchersammler. Eine Reihe neuer Zeiterscheinungen regen ebenfalls zum Büchersammeln an. Wir nennen nur die Verbesserung des Postwesens, die Erweiterung des Buch­ handels, den Beginn größerer Büoherauktionen, das Auf­ kommen gelehrter Gesellschaften und die Begründung wis­ senschaftlicher Zeitschriften. Auch die Stadt Augsburg hat in diesen beiden Jahrhun­ derten verschiedene Bibliophilen hervorgebracht. Wenn auch die Zeit der Fugger und Welser dahin war, so finden sich doch in fast allen in Betracht kommenden Ständen eifrige Büchersammler. Schon allein dieser Umstand zeigt, daß das Augsburg beson­ ders des 18. Jahrhunderts nicht die tote, interesselose Spieß­ bürgerstadt war, wie sie uns die Zeit der Aufklärung viel­ fach zu schildern versucht und wie man heute in un­ kritischer Weise oft noch zu hören bekommt. Nein, das Augsburg des 18. Jahrhunderts war eine höchst lebendige und besonders in der Kunst maßgebende Stadt. Wenn wir doch manchmal Spuren der Verkalkung merken, so trifft das fast ausschließlich auf die herrschende Kaste der Patrizier zu. Ueber die zahlreichen Bibliotheken des 18. Jahrhunderts insbesondere berichten uns verschiedene Gelehrte aus Nord 34

und Süd, die ganz Deutschland bereisten, um Beziehungen anzuknüpfen und den Stand des wissenschaftlichen Lebens in den einzelnen Städten und Ländern aus eigener An­ schauung kennen zu lernen. Wir nennen hier nur den Berliner Verleger Friedrich Nicolai, den Fürstabt Martin Gerbert, den Augsburger Gelehrten G. W. Zapf, den Frank­ furter Historiker Ph. W. Gercken, den Erlanger Professor F. K. Hirsching, welch letzterer ja speziell die Bibliotheken Deutschlands bereiste. Die Privatbibliotheken dieses Zeitraumes werden in der großen Mehrzahl umfangreicher analog der steigenden Bücherproduktion und des fortschreitenden Wohlstandes. Die hohe Geistlichkeit, Bischöfe und Kanoniker, stellten auch im 17. und 18. Jahrhundert ein namhaftes, .wenn auch zahlenmäßig geringeres Kontingent zu der Zahl Augs­ burger Bibliophilen. Bei manchen mag wohl die Mode ihren Einfluß geltend gemacht haben: ist doch das 18. Jahrhundert die Zeit der Fürstenbibliotheken. Aber die Mehrzahl hat doch aus einer inneren Leidenschaft heraus gesammelt. Das erkennt man auch aus der Zusammen­ setzung der Bücherbestände, die bei fast allen diesen Sammlern weit über das Gebiet einer Fach- und Hand­ bibliothek hinausreichen. Wie sein Vorfahre Johann Egolf war auch der Augs­ burger Fürstbischof Heinrich V. von Knöringen (1598 bis 1640)154 ein eifriger Büchersammler165. Seine Bibliothek hinterließ er der Dillinger Universität, der er auch sonst reiche Förderung angedeihen ließ156. Aus der Universi­ tätsbibliothek ist sie bei der Säkularisation in die Kreis­ bibliothek Dillingen übergegangen. Einzelne Stücke finden sich auch in der dortigen Hochschulbibliothek. Von. seinen Nachfolgern war Josef Landgraf von Hessen (1699—1768)157 ein ebenso eifriger wie feinsinniger Büchersammler158. Als Berater stand ihm der nachher zu erwähnende Kanonikus von Bassi zur Seite. Die Bibliothek dieses Fürstbischofs war besonders reich an ausländischen Schriftstellern. —- Daneben sammelte er auch Prachtaus­ gaben, wie sie in dieser Zeit aufkamen. Sonst enthielt die Bibliothek die wichtigste gleichzeitige Literatur aus allen Wissenschaftsgebieten. Bei den Zeitgenossen fand die reich35.

haltige und klug ausgewählte Sammlung vielfach Bewun­ derung159. Nach seinem Tode sollte sie das gewöhnliche Schicksal so vieler Privatbibliotheken erleiden. Der Ver­ steigerungskatalog war bereits gedruckt160. Aber sein Nach­ folger auf dem Bischofstuhle Kurfürst Klemens Wenzeslaus, ermöglichte es, daß der ansehnlichere Teil 1778 der Dillinger Universitätsbibliothek einverleibt werden konnte. Kurfürst Klemens Wenzeslaus, Herzog von Sachsen, letzter Fürstbischof von Augsburg (1739—1812) war ein passio­ nierter Bibliophile. Den Grundstock zu einer reichhaltigen und außerordentlichen Bibliothek legte er schon als Kur­ fürst von Trier. Nach seinem Tode ließen die Erben die Bibliothek versteigern, wobei der Exabt von Michelfeld Maximilan Prechtl, damals in Amberg, ganz besonders wertvolle Stücke erwarb161. Ein Büchersammler von Format war der Augsburger Weihbischof Dr. Sebastian Müller (1584—1644)162. Die Qualität seiner Büchersammlung bezeichnet schon der Umstand, daß sie von der bayerischen Hofbibliothek in München angekauft wurde163. Außerordentlich reichhaltig war auch die Bibliothek des Weihbischofes Franz Xaver Freiherr Adelmann von Adelmannsfelden (1721—1787)164. Sie hat sich vollständig er­ halten in der Familienbibliothek der Grafen Adelmann zu Hohenstadt (0. A. Aalen)165. Sein Nachfolger Johann Nepomuk Freiherr Ungelter von Deisenhausen (1731—1804)166, bekannt als Mäzen großen Stils ebenso wie als mildherziger Wohltäter der Armen, hat eine nicht unbedeutende Bibliothek besessen, über deren Schicksal wir nichts wissen. Vereinzelt finden sich in der Augsburger Stadtbibliothek daraus Bücher. Unter den übri­ gen Domkanonikern entdecken wir auffallend wenig Bü­ cherfreunde. Getreu den Traditionen seiner Vorfahren zeigt sich der Augsburger Domherr Johann Christoph Adelmann von Adelmannsfelden (1640—1687)167 als freudigen Bücher­ sammler. Seine wirklich wertvolle Bibliothek mit Drucken und Handschriften verschiedener Jahrhunderte hinterließ er dem Kapitel zu Ellwangen, dessen Fürstpropst er seit 36

1674 war. Sie umfaßte 5956 Bände, die ihm, wie er ge­ wissenhaft berechnet, 18309 fl. 14 Kr. gekostet haben. Erst im 18. Jahrhundert begegnet uns wieder ein Domherr, der als wirklicher Bibliophile anzusprechen ist: Christoph Otto Graf von Schallenberg (f 1733)168. Sein Sammel­ gebiet erstreckte sich hauptsächlich auf französische, italie­ nische und spanische Literatur; mehr ehrenhalber ist auch die Theologie vertreten. Das Deutsche ist trotz der Zeitmode nicht zu kurz gekommen. Die Bibliothek um­ faßte ungefähr 3000 Werke und sollte versteigert werden169. Wie aber Stetten170 berichtet kam sie ungeteilt durch Kauf an ein Kloster. Mehr des Interesses halber führen wir den Augsburger Domherrn Augustin Stark171 (1771—1839) an, der ein volles Jahrhundert später als Domkapitelscher Bücher­ sammler auftritt. Bereits als Chorherr bei St. Georg und dann als Konrektor des Gymnasiums St. Anna hatte er sich zum regen Büchersammler entwickelt. Bekannt ist er auch als Begründer der Augsburger Sternwarte. Seine an­ sehnliche Bibliothek, hauptsächlich mathematischen und astronomischen Inhalts wird von den Zeitgenossen wieder­ holt gerühmt172. Eine überraschende Anzahl Bibliophilen stellt das Stift St. Moritz. Die reichdotierten Pfründen erlaubten ihren Inhabern solche Liebhabereien. Ueber die Bibliotheken der beiden Kanonikusse Dr. Johann Drexel173 und Dr. Melchior Riederer174 wissen wir nichts; lediglich ihre Exlibris sind bekannt175. Beide waren in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Pfarrer bei St. Moritz. Da­ gegen finden sich viele Bestandteile der Bibliothek des Propstes von St. Peter und Dekans von St. Moritz, Josef Anton Imhof von Spielberg, in der Augsburger Stadtbib­ liothek176. Die Bibliothek muß sehr umfangreich gewesen sein. Nach den Resten zu schließen, war ihr Besitzer ein außerordentlich vielseitig interessierter Mann. Die Imhofs gehören zu den ältesten Patrizierfamilien der Stadt, „In dieser Familie lebte stets reger wissenschaftlicher Sinn beurkundet durch mehrere Schriftsteller und die Anlegung einer Bibliothek und einer Gemäldesammlung177.“ Sein Nachfolger Johann Baptist von Bassi (f 1777) war wo37

möglich ein noch größerer Bibliophile. Auch sonst spielte er im kulturellen Leben Augsburgs eine bedeutsame Rolle. Davon zeugen die zerstreuten Reste seines Briefwechsels, der ihn mit allen literarisch interessierten Zeitgenossen in Verbindung brachte. Er war ein Bruder der gelehrten Laura von Bassi, die 1732 in Bologna zum Doktor promo­ vierte und 1741 trotz ihrer Verheiratung dort eine Profes­ surerhielt178. Bassi unterstützte auch den Augsburger Fürst­ bischof Josef bei der Vermehrung seiner Bibliothek. Da­ neben war er selbst ein Büchersammler von Geschmack, dessen Bibliothek auf über 2000 Bände anwuchs. Vertreten waren alle Wissenschaftsgebiete: besonders zahlreich die französischen und italienischen Schriftsteller. Daneben war neuere Kirchengeschichte sein Spezialgebiet. Bekannt ist Bassi auch geworden als Gemäldesammler; seine Galerie, rund 100 Stück hauptsächlich Italiener umfassend, wurde am 20. April 1778 versteigert. Das nämliche Schicksal hatte seine Bibliothek bereits ein Jahr vorher erlitten179. Dabei machte auch die Augsburger Stadtbibliothek „sehr wünschenswerte Acquisitionen 18°“. Ein ebenso gelehrter Mann war der Kanoniker Josef Anton Steiner (1728—1801)181, bekannt auch als theolo­ gischer Schriftsteller. Bereits als Regens des Priestersemi­ nars zu Pfaffenhausen hatte er Bücher zu sammeln be­ gonnen. Sein Hauptgebiet war die Theologie in all ihren Disziplinen. Als er 1781 Kanonikus bei St. Moritz wurde, konnte er sich seinen wissenschaftlichen Bestrebungen in voller Muße hingeben. Seine „schöne und zahlreiche Bib­ liothek“ vermachte er dem Priesterseminar zu Pfaffenhau­ sen; heute bildet sie einen Bestandteil der Dillinger Kreis­ bibliothek. Ein Zeitgenosse und Mitkanonikus von ihm Franz Mainone war ebenfalls als eifriger Büchersammler bekannt. Auch er stand mit dem Kreis der Aufklärung, der sich damals aus allen Berufen in Augsburg bildete, in eifriger Verbindung. Seine Bibliothek ist heute in aller Welt zerstreut. In mancher Bibliothek, so auch in der Augsburger, begegnet man seinem Exlibris182. In den Kreisen der evangelischen Geistlichkeit finden wir im 17. und 18. Jahrhundert ebenfalls eine Anzahl be­ deutender Bibliophilen. Vielfach gehen sie weit über eine 38

rein theologische Fachbibliothek hinaus. Wenn auch man­ ches durch Tausch erworben sein mag, so wurden von den evangelischen Geistlichen zum Ankauf von Büchern doch sehr erhebliche Mittel aufgewendet. Durch Heirat in ver­ mögliehe Patrizier- und Kaufmannsfamilien wurde dies mehrfach erleichtert. Bedeutend wie sein Schrifttum war die Bibliothek Gott­ lieb Spizels183 (1639—1691), Pfarrers und Seniors bei St. Jakob. Unter den damaligen Privatbibliotheken war die Spizel’s wohl eine der größten und umfangreichsten. Besonders enthielt sie viele Handschriften. Außer theolo­ gischen Büchern aller Religionen enthielt sie besonders philologische Werke und Schriften aus der hebräischen Lite­ ratur184. Nach seinem Tode vererbte sich dieser Bücher­ schatz auf seinen Sohn Gabriel Spizel (1664—1704), Diakon bei St. Jakob, der sie treu verwahrte und vermehrte. Nach dessen Ableben wurde sie im Jahre 1705 versteigert185; die Restanten wurden einige Jahre später in einem neuen ge­ druckten Katalog zusammengefaßt und abermals zum Ver­ kauf ausgeboten186. Johann Jakob Müller (1639—1706), Pfarrer und Senior bei den Barfüßern187 besaß eine größere Bibliothek, die außer dem zeitgenössischen theologischen und philologischen Schrifttum besonders viele Werke aus der Reformations­ zeit enthielt; sie umfaßte rund 1800 Bände. Einige Jahre nach dem Tode erlitt auch sie das gewöhnliche Schicksal der Privatbibliotheken, die meist aus Interesselosigkeit oder Notlage der Erben verkauft werden mußten188. Aus ererbtem väterlichen Besitz stammt der Bücherschatz des Johann Baptist Renz (1658—1722), Pastors bei St. Ulrich. Daß er seine Bibliothek fleißig vermehrt, beweist sein bei Warnecke (1704) verzeichnetes Exlibris. Manches mag auch aus dem Besitz seines Schwiegervaters Anton Reiser (1628—1686)189 stammen. Dieser, ein Augsburger Kind, war Pastor in Preßburg, als welcher er 1672 aus den österreichischen Landen verbannt wurde; dabei wurde ihm seine reiche Bibliothek geraubt. Nachdem er in seiner Vaterstadt als Rektor des St. Annagymnasiums und als Stadtbibliothekar eine neue Wirkungsstätte gefunden hatte, 39

hat er wieder den Grund zu einer neuen Büchersammlung gelegt Er starb als Hauptpastor in Hamburg. Sehr bedeutend war die Bibliothek von Gottfried Lomer (1666—1728), Pastor und Senior bei den Barfüßern190. Neben zahlreichen Inkunabeln enthielt sie auch sonst viele Seltenheiten aus der Frühdruck- und der Reformations­ zeit. Sonst umfaßte sie fast alle Wissensgebiete in zeit­ genössischen Drucken. Nach seinem Tode ging die Bi­ bliothek in den Besitz seines Schwiegersohnes Johann Mar­ tin Christel191 (1690 geboren) über, der sein Nachfolger als Pfarrer bei den Barfüßern war. Nachdem bei Warnecke 1199 verzeiohneten Exlibris dürfen wir annehmen, daß er die Sammlung nicht unbedeutend vermehrte. Einige Zeit nach seinem Ableben wurde die Bibliothek versteigert192. Allerdings umfaßte sie nicht mehr alle ursprünglichen Be­ stände. Manches mag von den Erben weggenommen oder unter der Hand veräußert worden sein. Eine rein theologische Bibliothek fand sich im Besitz des Diakons bei SL Anna, Christoph Raimund Schifflin (1669 bis 1716)193. Selbst aus begüterter Familie stammend brachten ihm seine zwei Frauen auch hübsch etwas in die Ehe, so daß er nach Gutdünken seinen bibliophilen Neigungen frönen konnte. Nach seinem Tode wurden die Bücher veräußert. Das meiste erwarb Johann Jakob Brücker als Grundstock für seine Bibliothek. Ansehnlich war die Bibliothek des Pfarrers bei St. Jakob, Georg Michael Preu (1681—1745)191 Zeitgenossen rühmen diese „herrliche Bibliothek“, die fast alle Wissensgebiete neben vielen ausgesuchten Kostbarkeiten und Feinschmekkereien der Zeit enthielt. Erst Jahre (1763) nach seinem Tode wurden die Bücher dem Verkaufe unterstellt195, aber vieles blieb als unverkäuflich stehen. 1784 kaufte Ge­ heimrat Zapf teils zur Bereicherung seiner Bibliothek, teils zum Weiterverkauf den Rest196. Der Pfarrer von St. Ulrich, Johann Jakob Brücker197 (1696—1770) ist bekannt als der eigentliche Begründer der Geschichte der neuen Philosophie. Als namhafter Gelehrter besaß er auch eine umfangreiche Bibliothek198. Ihr Bestand verteilte sich auf theologische, philosophische und philologische Werke. Daneben enthielt sie eine Reihe 40

von Seltenheiten und besonders Inkunabeln. Nach seinem Tode erbte sie sein Sohn Karl Friedrich Brücker (f 1772), Pfarrer bei den Barfüßern199. Einige Jahre nach dessen frühzeitigem Ableben wurde sie als Ganzes an G. Wilh. Zapf und den Buchhändler A. F. Bartholomäi verkauft, welche die Bibliothek, die noch rund 2500 Werke umfaßte, ver­ steigerten200. Sie hatten dabei das seltene Glück, daß alle Bücher verkauft wurden. Manche Preise stiegen ungerecht­ fertigt in die Höhe; so wurde die ital. Ausgabe der Loci Melanchthons auf den wahnsinnigen Preis von 200fl. getrieben. Der evangelische Senior Matthäus Friedrich Degmair201 (1708—1781) war ein eifriger Sammler theologischer Werke. Hirsching202 sah diese Bücher noch im Jahre 1786, wo sie sich im Besitz seines Sohnes Georg Andreas Deg­ mair (Pfarrer bei St Anna) befanden. „Der Inhalt derselben ist, wie man es bei den meisten Theologen, die niemals aus ihrer Sphäre gehen, vermuten kann, theologisch, aber doch ziemlich ansehnlich.“ Das Schicksal dieser Büchersamm­ lung ist unbekannt. Eine hübsche, allerdings ebenfalls fast rein theologische Bibliothek hatte sich Kaspar Kretz203 (geb. 1715), Diakon bei den Barfüßern, gesammelt. Nach seinem Tode wurde sie, wie so manche andere, versteigert204. Der Name Urlsperger hat in der evangelischen Kirchen­ geschichte einen guten Klang. Johann August Urlsperger (1728—1806), bis 1786 Pfarrer und Senior bei Hl. Kreuz, ist bekannt als Stifter der Christentumsgesellschaft, die zur Beförderung der reinen Lehre und der wahren Glück­ seligkeit gegründet eine große Ausbreitung fand. Urlsperger starb 1806 auf der Rückreise von England in Hamburg. Zu seiner umfangreichen Bibliothek (rund 5000 Werke) scheint schon sein Vater den Grund gelegt zu haben. Sie umfaßte meist Werke des 18. Jahrhunderts aus allen Wissensgebieten, besonders theologische und homiletische. Hirsching205 rühmt die vielen Seltenheiten und fügt bei: „Der Herr Besitzer macht sich ein Vergnügen, solche je­ dem Literator zu zeigen. Sie ist in einem schönen und ge­ räumigen Saal seines eigenen Hauses aufgestellt und ein guter Katalog darüber vorhanden.“ Im September 1808 kam sie unter den Hammer206. 41

Den Typ des Geistlichen aus der Aufklärungszeit und zwar im besten Sinne lernen wir in dem Pfarrer von St. Ulrich, Matthäus Jakob Adam Steiner207 (1740—1796) kennen. Nichts ist bezeichnender für die damalige Zeit, als daß der evangelische Pastor von St. Ulrich dem katholischen Reichsstift St. Ulrich eine Lutherbibel dediziert, die heute noch in der Augsburger Stadtbibliothek zu sehen ist. Steiner war Bibliophile nach jeder Richtung; seine Bücher ließ er in teure Einbände hüllen. Sein Sammlungsgebiet bewegte sich hauptsächlich nach einer Richtung. Er sam­ melte Bibeln aller Zeiten und Völker und brachte es dabei auf 1085 Stück208. Herzog Karl Eugen von Württemberg, selbst ein leidenschaftlicher Bücherfreund, beneidete ihn ob dieser Sammlung bei einem Besuche derselben. Nach seinem Tode mußte die Witwe ihres Mannes Sammlungen verkaufen. Professor J. G. May von St. Anna, der bei ver­ schiedenen Auktionen dieser Zeit als Experte auftritt, ver­ faßte den Katalog. 1797 wurde die erste Versteigerung abge­ halten; im folgenden Jahre kamen die Bibeln daran209. Der letzte bedeutendere Sammler aus dem Kreis der evan­ gelischen Geistlichkeit ist Marx Christoph Frauenknecht (f 1806 als Pfarrer von St. Ulrich). Seine 3000 Werke umfassende Büchersammlung beschränkt sich hauptsäch­ lich auf theologische Werke; daneben zeigt sie aber auch Spuren eines allseitigen interessierten Lesers. Nach seinem Tode wurde sie versteigert210. Verhältnismäßig gering vertreten als Bibliophilen sind die Lehrer des Gymnasiums und des Kollegiums St. Anna. Wenn man aber die dürftigen Gehaltsverhältnisse der da­ maligen Zeit kennt, findet man dies erklärlich. Johann Konrad Metzger (f 1728), Ephorus des evangeli­ schen Kollegiums, besaß in seiner rund 5000 Bände um­ fassenden Bibliothek „einen Schatz von theologischen, historischen und philologischen Werken“211. Seine Erben verkauften diese mühselig zusammengebrachten Bücher212. Für die Einstellung des Augsburger Rates ist es typisch, daß er hier wie bei vielen anderen Gelegenheiten nicht Zugriff, um für seine Stadtbibliothek verhältnismäßig bil­ lige Erwerbungen zu betätigen. Eine außerordentlich schöne und umfangreiche (ca. 7000 42

Bände) Büchersammlung erwarb sich Heinrich Mezger (f 1748), ebenfalls Ephorus bei St. Anna. Neben schönen, neuen Ausgaben der alten Klassiker sammelte er besonders Inkunabeln und Erstdrucke Lutherischer Werke, ferner alle Augustana813. Die Administration des Kollegiums kaufte nach seinem Tode die Bibliothek, die sich heute größten­ teils in der Augsburger Stadtbibliothek befindet214. Sehr viel englische Literatur, Klassiker und Reisebeschrei­ bungen umfaßt die Bibliothek des Wilhelm Friedrich Burry (f 1788), Lehrer am Gymnasium St. Anna. Seinen Ge­ schmack bezeugte er auch durch Bevorzugung schöner Einbände. Die Mehrzahl seiner Bücher hatte er auf einer Reise nach England dortselbst erworben. Das Schicksal seiner Bibliothek war der Verkauf durch die Erben215. Um das bibliophile Leben des damaligen Augsburg machte sich /. Gottlob May (1754—1821), seit 1780 Lehrer am Annagymnasium, verdient. Wiederholt veranstaltete er Bücherauktionen mehrfach in Gemeinschaft mit dem Hof­ rat G. W. Zapf. Dabei besaß er selbst eine interessante Münzen- und naturwissenschaftliche Sammlung. Seine reichhaltige Bibliothek, die viel Altertumswissenschaft ent­ hielt, wird von Zeitgenossen gerühmt216. Hier wollen wir auch des Kantors Daniel Merck gedenken, der seit 1666 an der Kantorei und seit 1697 als Kantor beschäftigt war. Seine umfangreiche Musikbücherei, über die weiter nichts bekannt ist, wird mehrfach von Zeit­ genossen erwähnt217. Bemerkenswert gering ist in dieser Zeit beim Augsburger Adel die Vorliebe zum Buch. Wohl gehörte es zum guten Ton, einige Moderomane und ähnliche Tagesliteratur sich anzuschaffen, aber großzügige Sammler finden wir nur wenige. Manche der im folgenden angeführten Privat­ bibliotheken mag schon von Vätern oder Schwiegervätern ererbt worden sein; darüber fehlen uns allerdings weitere Nachrichten. Der kaiserliche Rat Zacharias Geizkofler von Gailenbach (geb. 1560) hat nach Berichten von Zeitgenossen eine umfangreiche Bibliothek besessen. Heutzutage tauchen nur ab und zu seine Exlibris218 auf. 43

Von seinem Vater ererbte Martin Zobel d. J. (1566—1626) eine schöne Büchersammlung; sie bildete durch Schenkung den Grundstock der Bibliothek des evangelischen Kolle­ giums219, die heute größtenteils in der Stadtbibliothek ver­ wahrt wird. Er war einer der Gründer und Förderer dieser Anstalt220 ebenso wie sein gleichgestimmter Freund Jeremias Buroner (1578—1637), der seine nicht geringe Bibliothek ebenfalls dem Kollegium schenkte221. Beide Sammlungen enthielten sehr viel Reformationsschriften, da­ neben aber auch Literatur aus allen Wissensgebieten. Eine Reihe von Familienbibliotheken sind uns durch F. K. G. Hirsching kurz beschrieben, der sie um 1780 größten­ teils selbst besucht hat. Der Stadtpfleger Wolfgang Jakob von Sulzer (1685—1751), der „viel las, Geschmack und Kenntnis von Büchern hatte“, der auch die Tabula Peutingeriana wieder entdeckte, hatte sich eine Bibliothek angelegt, die viele Seltenheiten ihr Eigen nannte. Beson­ ders zahlreiche Augustana waren darin enthalten. Sein gleichnamiger Sohn folgte in diesen Bestrebungen seinem Vater. Doch hielt er die Bibliothek vor Fremden sorgfäl­ tig verschlossen222. Manches davon hat sich in die Stadt­ bibliothek verirrt. Vieles wird durch Heirat in andere Augsburger Patrizierfamilien gekommen sein. Noch weniger ist von der Schnurbeirtsehen Bibliothek be­ kannt; sie scheint bereits um die Mitte des 18. Jahrhun­ derts zerstreut worden zu sein; denn vieles aus ihr findet sich in der später zu besprechenden Prieser’schen Bi­ bliothek. Ein großer Bücherfreund war der Stadtpfleger und Reichs­ landvogt Marx Christoph Koch von Gailenbach (1699 bis 1768). Er hinterließ eine schöne Bibliothek, in welcher „viele Bücher das Zeugnis seines Fleißes und seiner weit­ läufigen Belesenheit ablegten: denn selten traf man eines an, wo nicht vornen Anmerkungen von seiner eigenen Hand stunden“. Mit besonderer Vorliebe sammelte er Au­ gustana. Wahrscheinlich hatte schon sein Vater Johann Christoph den Grundstock zu dieser ansehnlichen Bi­ bliothek gelegt, die nach dem Tode des Marx Christoph „liederlich“ zerstreut wurde223. Hauptsächlich juristische und staatswissenschaftliche 44

Werke enthielt die Sammlung des Stadtpflegers Bartholo­ mäus Jakob Neuß, die nach seinem Tode (1775) verauk­ tioniert wurde224. Eine der Hauptstützen des Augsburger Kulturlebens im 18. Jahrhundert war Paul von Stetten (f 1786). Als Ge­ schichtsschreiber seiner Vaterstadt sammelte er haupt­ sächlich Augustana. Daneben pflegte er auch andere Wis­ sensgebiete. Der Grundstock dieser Bibliothek scheint schon früher gelegt worden zu sein, vielleicht durch Paul von Stetten d. Ae. (1643—1729). Nicht minder eifrig wirkte im Dienste seiner Vaterstadt Paul von Stetten d. J. (1731 bis 1808), der das wissenschaftliche Leben der Stadt da­ mals beherrschte. Während er die ererbte Büchersamm­ lung in eine Familienbibliothek umwandelte, sammelte er selbst eine umfangreiche Bibliothek, Augustana und Runstliteratur umfassend225, die später mit der Familienbiblio­ thek vereinigt wurde. Wiederholt wird diese reiche Pri­ vatsammlung rühmend erwähnt226. Im Jahre 1874 wurde die auf rund 8000 Bände, 285 Handschriften und 2600 Kunstblätter angewachsene Sammlung der Stadtbibliothek zur Verwahrung übergeben. „.Manches schöne Werk und manche Seltenheit“ enthielt die Familienbibliothek der Scheidlin, welche der letzte Besitzer Johann Thomas (f 1788) ängstlich vor fremden Besuchern verschlossen hielt227. Ihr Schicksal und ihr Inhalt ist nicht bekannt. Den Uebergang zum 19. Jahrhundert bildet Christoph von Paris (1781—1838)228. „Seine Bibliothek war besonders ansehnlich an Augustanis. Sie besteht aus selten gewor­ denen Chroniken, Manuskripten, Wappen aller adeligen Geschlechter Augsburgs, aus sehr seltenen Familiennotizen und -Genealogien, den meisten hier erschienenen Druck­ schriften“229. Angelegt wurde die Bibliothek durch seinen Vater Johann Benedikt von Paris, dessen Exlibris War­ necke (1537) aufzählt. 645 Nummern (Druck- und Hand­ schriften) hinterließ Christoph von Paris dem Historischen Verein für Schwaben und Neuburg230. In den Kreisen der Aerzte finden wir in diesem Zeitraum wenig Bücherfreunde. Lukas Schröck (1620—1689) all­ seitig interessiert, verstand es trotz der ungünstigen Zeit 45

seinen bibliophilen Neigungen nachzugehen. Sein gleich­ namiger Sohn (1646—1730), ebenfalls Arzt in Augsburg, vermehrte die ererbte Büchersammlung in bedeutendem Maße. Sie umfaßte viel medizinische Literatur, daneben aber eine Auslese älterer und neuerer Werke aus allen Gebieten. Er vermachte seine Bibliothek testamentarisch der Stadtbibliothek. Zum Andenken an den Stifter wurde sie besonders aufgestellt231. Der Bibliothekar erhielt für seine Mühe ebenfalls durch Testament ein Geschenk von zwölf Species-Dukaten282. Die Bibliothek der Schröcke ent­ hielt auch eine Anzahl Handschriften aus dem Besitz des Augsburger Arztes G. H. Welsch (f 1677), den wir dadurch als Bibliophilen kennen lernen233. Eine reiche Heirat ermöglichte es dem Arzt Andreas Adam Essich2U (1716—1771) seiner Bücherliebhaberei nachzu­ gehen. Seine sorgfältig ausgewählte Sammlung hauptsäch­ lich medizinischer und naturwissenschaftlicher, daneben auch historischer Werke, ließen die Erben seiner Witwe 1776 verkaufen235. Daß sein Zeitgenosse, der Chirurg Johann Reis, ein Freund des Buches gewesen, ist nur durch die Angabe seines Ex­ libris überliefert236. Ein Sammler von Bedeutung war der kurfürstliche und fürstbischöfliche Leibmedikus Josef von Ahorner (1764 bis 1839)237. Seine Sammlung von Inkunabeln, Atlanten und Handschriften war sehr bedeutend238. Manches befindet sich in der Bibliothek des Historischen Vereins für Schwa­ ben und Neuburg. Das Schicksal des übrigen Teils ist unbekannt Eine Reihe von Bücherfreunden finden wir in der höheren Beamtenschaft der Stadt und zwar bei den Ratskonsulen­ ten. Merkwürdigerweise war der Sammeleifer dieser Her­ ren rein bibliophiler Natur. Rein auf das Praktische ge­ richtete Bibliotheken finden wir bei ihnen nicht. Die Bibliothek des Konsulenten Friedrich Renz239 (16 1 8 bis 1670), die sich auf seinen Sohn, den Pastor Johann Baptist vererbte, haben wir bereits bei diesem erwähnt. Unbekannten Schicksals ist die Büchersammlung des Rats­ konsulenten David Thomann von Hagelstein (1624 bis 1688). Seine „Lieblingsneigung bestand darin, sich eine 46

schöne Sammlung von nützlichen und schönen Büchern anzuschaffen 24°. Alle Wissensgebiete mit besonderer Betonung der juristi­ schen Literatur waren vertreten in der Bibliothek des Konsulenten Ludwig Barth, von Herttenstein (1709—1764). Die Bibliothek wurde, nachdem sich lange kein Interes­ sent gefunden hatte, im Jahre 1777 Versteigert241. Die Handschriften und Augustana hatte bereits vorher (1776) Georg Walter von Haider erworben242. Viele Ulmensia, woher der Sammler stammte, kaufte Prieser für seine Bibliothek243. Die bedeutende Bücherei umfaßte zirka 2000 Werke244 Eine nicht starke, aber ausgesuchte Büchersammlung be­ fand sich im Besitz des Ratskonsulenten Johann Leonhard Tauber2*5. Nach seinem Tod kam sie unter den Ham­ mer246. Sie enthielt alle Wissensgebiete in bündiger Aus­ wahl, daneben zahlreiche Juridica. Zu dem engverbundenen Kreise der Bibliophilen um den Geheimrat Zapf gehörte auch der Ratskonsulent Johann Friedrich von Tröltsch (1728—1791). Die nicht unbe­ trächtliche Bibliothek betonte besonders das Staatsrecht. „Es sind auch schöne große Werke mit darunter befind­ lich, sowie einige Seltenheiten“247. Ein wirklich bedeutender und glücklicher Sammler war der Konsulent Johann Heinrich von Prieser248. Seit 1778 sammelte er unverdrossen. Aus anderen Bibliotheken (Schnurbein, Herttenstein, Peutinger) erwarb er seltene Stücke. So besaß er wertvolle Handschriften aus Peutingers Bibliothek249. Handschriftliche Chroniken, Inkunabeln und andere Seltenheiten beschreibt ganz ausführlich Hirsching260. Der 1803—1805 erschienene Katalog zählt 334 Handschriften, 765 französische und italienische Bücher und 8059 Werke aus allen anderen Gebieten251. Ein wei­ terer Katalog252 beschreibt noch 174 andere Handschriften. Das Schicksal hat dieser Bibliothek leider kein langes Leben bestimmt. Nach dem Tode ihres Begründers wurde sie verkauft. Keinen besonderen Umfang hat die noch 1790 bestehende Bibliothek des Ratskonsulenten von Schade. Ihr Haupt47-

gebiet war die Geschichte253. Was mit ihr geschehen, ist unbekannt. Ein literarisch vielseitig interessierter Mann war der spä­ tere Regierungsrat Franz Eugen von Seida2U (geb. 1772), seit 1796 in Diensten der Stadt Augsburg. Seine prachtvoll gebundene Bibliothek wurde 1839 für die Stadtbibliotheb um 900 fl. erworben255. Sie umfaßte 3300 Bände. Ausge­ zeichnet war sie durch verschiedene politische und litera­ rische Zeitschriftenreihen. Besonderes Interesse zeigte ihr Sammler für Völker-, Natur- und Literaturgeschichte. Schriftstellerisch wie bibliophil zeigte der Regierungsrat Christian Jakob Wagenseil256 (1756—1839) das gleiche Interesse wie Seida. Seine mehr inhaltlich bedeutende Bib­ liothek kam 1838 durch Legat an die Stadtbibliothek. In diesem Zusammenhang wollen wir noch zwei bischöf­ liche Beamte nennen, den bischöflichen Rat und Syndikus von St. Moritz Dr. Heinrich Mair, von dessen Bibliothek nur mehr ein Exlibris aus dem Jahre 1637 spricht257, und den bischöflichen Geheimrat und Burggrafen Lorenz von Heunisch. Als letzterer 1774 nach Dillingen verzog, wollte er seine reichhaltige Bibliothek verkaufen. Aber es mel­ dete sich niemand und so wurde die ganze Bibliothek stückweise nach und nach verkauft258. Daß auch hochgemuter Bürgersinn vielfach Freude am Buche bezeugte, sehen wir an einigen Beispielen. Da ist vor allem Philipp Hainhofer (1578—1647)259, den wir fast nur als Agenten in politischen und Kunstangelegen­ heiten kennen. Daneben war er aber selbst ein Sammler von Geschmack. Seine Kunstsammlung fiel noch zu seinen Lebzeiten der Not der Zeiten zum Opfer. Seine Bücher­ sammlung zeichnete sich nicht so sehr durch die Menge als durch die Seltenheit der Bücher aus260. Sie enthielt besonders viel Miniaturen und neuere Handschriften, die meist auf Bestellung des Sammlers hergestellt waren. Der Großteil kam in die herzogliche Bibliothek von Wolfen­ büttel. Einzelnes findet sich in Augsburg, München, Wien, Innsbruck und Stettin. Als Bücherfreund erweist sich auch der Silberjuwelier Jo­ hann Karl von Gutermann (geb. 1699). Ueber den Verbleib 48

seiner Bibliothek ist uns nichts bekannt, lediglich sein Exlibris (1732) wird erwähnt261. Der Besitzer der Apotheke zum goldenen Engel, die er von seinem Vater ererbt hatte, Johann Christian Michel262 (f 1796) hat mit seltenem Geschmack eine Bibliothek sich angelegt, berühmt durch ihre kostbaren Inkunabeln und Holzschnittbücher. Michel ist hier seiner Zeit vorausgeeilt; wie bei vielen modernen Sammlern ist das alte illustrierte Buch sein Hauptsammelgebiet. Einige Jahre nach seinem Tode wurden seine Bücher versteigert263. Wohl einer der bedeutendsten Sammler seiner Zeit war der Kaufmann Josef Paul von Cobres (1737—1823)264; seine großartige Naturaliensammlung war weltberühmt und wurde von vielen Gelehrten von weither aufgesucht. Daneben sammelte er eine naturwissenschaftliche Biblio­ thek, die nach dem prächtigen Katalog „Deliciae Cobresianae“ im Jahre 1782 rund 3000 Werke zählte. In seinem Alter mußte er aus Not seine in vierzig Jahren zusammen­ gebrachte Sammlung verkaufen265. Der größte und beste Teil seiner Bibliothek wurde 1811 von der Münchener Staatsbibliothek erworben266. Die prachtvollen Bände mit ihren farbenfrischen Illustrationen bilden dort eine Zierde der naturwissenschaftlichen Abteilung. Einen schönen Vorrat griechischer und lateinischer Hand­ schriften enthielt die Bibliothek der Verleger Ignaz Adam und Franz Anton Veith. Neben einer Reihe von Selten­ heiten und Kuriositäten enthielt sie hauptsächlich Kirchen­ väter und Kirchengeschichte267. Daneben fand man dort große und kostbare Werke, zumal historische von allen Nationen. Die Hauptstücke führen Ph. W. Gercken268 und Hirsching269 an. Auch von anderen gelehrten Reisenden wurde die Sammlung viel besucht270. Auch sie wurde ver­ kauft und in alle Winde zerstreut271. Ohne höhere Bildung genossen zu haben gewann Georg Wilhelm Zapf (1747—1810)272 als Polyhistor in vollem Sinne des Wortes ebenso wie als Bibliograph und genauer Literaturkenner in weitesten Kreisen hohes Ansehen. Allein sein gewaltiger Briefwechsel, verwahrt in der Augsburger Stadtbibliothek, läßt uns die literarische Bedeutung dieses Mannes klar erkennen. Als Bibliophile ist er der typische 49

Marchand amateur. Er sammelt um Befriedigung seines Sammeleifers willen und verkauft nach einer gewissen Zeit natürlich mit Gewinn, um dann wieder von vorne anzufangen. Seine Korrespondenz zeigt uns, wie er überall nach seltenen Büchern und Handschriften273 fahndet und solche auch anderen Interessenten vermittelt. Seine Bi­ bliothek war wohl eine der größten Privatbibliotheken Augsburgs274. Nach vielen Verkäufen zählte sie 1812 noch fast 9000 Bände. Eine Reihe von Sammlungs- und Ver­ kaufskatalogen weist uns die Verschiedenartigkeit des Sam­ melgebietes unseres Zapf auf275. Nach seinem Tod wurde die Bibliothek durch seinen Stiefsohn, den Verleger Bürglen, verkauft276. Ein Kunstsammler mehr aus Mode als aus innerem An­ trieb war der Bankier Georg Walter von Haider (f 1811). Er sammelte hauptsächlich kostbare Werke und dann mit Vorliebe Augustana277. Mehr innere Freude an dieser Bü­ chersammlung zeigte sein Sohn Friedrich von Haider (1773—1855), der sie gerne selbst benützte und bedeutend vermehrte278. Er hinterließ seine wirklich kostbare Samm­ lung der Augsburger Stadtbibliothek, die sie heute noch gesondert aufgestellt verwahrt. Sie umfaßt neben zahl­ reichen Handschriften rund 10000 Bände. Wenn man das Buch von Warnecke durchsieht, findet man noch eine große Reihe von Augsburger Exlibris. Da­ mit ergibt sich, daß unsere Aufzählung von Augsburger Privatbibliotheken nicht vollständig ist. Aber das soll sie nicht sein; sie soll nicht alle die kleinen und kleinsten Büchersammlungen anführen. Das hätte auch keinen Sinn. Was diese Zeilen beabsichtigen, ist kein statistisches Ex­ periment. Es soll der kulturelle Stand der Stadt Augsburg in der vergangenen Zeit beleuchtet werden. Und wo erkennen wir deutlicher die Höhe und Art der Kultur als am Buch? Bibliophilie — auch in ihrer leersten und übertriebensten Form — ist immer ein Abbild der Zeit. Zu einer weiteren Aufgabe will diese Arbeit anregen. Bei vielen der angeführten Bibliotheken ist es möglich, in intensiver Kleinarbeit die Art ihrer Zusammenstellung auf­ zufinden. In diesem Sinne ist auch eine geschichtliche Dar50

Stellung der Privatbibliotheken ein entscheidendes Regu­ lativ für die Geistesgeschichte. Der alte Satz des Terentius: Habent sua fata libelli! auf seine Wirkung allseitig unter­ sucht, ist einer der Wegweiser zu einer kritischen und wis­ senschaftlichen Darstellung einer Geschichte des mensch­ lichen Geistes.

ANMERKUNGEN 1. Kürzlich hat Franz Hammer in seinem Buche Württembergische Bibliophilen, Stuttgart 1935, einen solchen Versuch unternommen. la. M. Manitus, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittel­ alters. München 1932. Teil 2. S. 518. 2. Geschichtliche Nachricht über die ehemalige Domstiftsbibliothek zu Augsburg. 1854. 3. Mittelalterliche Bibliothekskataloge. Bd. 3, 1, Bistum Augsburg. München 1932. 4. Augsburg 1934. 5. Deutsche Literaturzeitung 1935, Sp. 618. 6. Maihinger mittelalterliche Handschriften und Inkunabeln aus dem Besitze von Weltgeistlichen aus der Diözese Augsburg: in Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg. Bd. 6 (1929) S. 745 ff. 7. Geschichte der vereinigten kgl. Kreis- und Stadt-Bibliothek in Augsburg. 1842. 8. Katalog der in der Kreis- und Stadt-Bibliothek... befindlichen Musikwerke. Glogau 1878. 9. Einige aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts führt an G. W. Zapf, Augsburgische Bibliothek. 1795. Bd. 2, S. 856 ff. 10. Vgl. dazu: F. Wamecke, Die Deutschen Bücherzeichen. Berlin 1890, der alle ihm bekannt gewordenen Exlibris verzeichnet. 11. Die Schedelsche Bibliothek. Ein Beitrag zur Geschichte der Aus­ breitung der italienischen Renaissance, des deutschen Humanis­ mus und der medizinischen Literatur. Studien und Darstellungen aus dem Gebiete der Geschichte. Bd. 6, H. 2 u. 3. Freiburg 1908. 12. 1754—1821, seit 1780 Lehrer bei St. Anna. Vgl. Album f. d. Zeitgenossen des vereinigten Gymnasiums zu St. Anna in Augs­ burg. 1862. S. 27. 13. Ueber ihn später. 14. Vgl. Augsburger Rundschau, Jg. 1 (1919), S. 509 ff. Ferner Allg. Deutsche Biographie. Bd. 43. S. 422.

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15. Vgl. C. H. Frhr. Roth von Schreckenstein, Das Patriziat in den deutschen Städten. Tübingen 1856. S. 561 ff.: Stellung der Patri­ zier zu Wissenschaft und Kunst. 16. Vgl. zum folgenden: G. Kohfeldt, Zur Geschichte der Bücher­ sammlungen und des Bücherbesitzes in Deutschland = Zeit­ schrift für Kulturgeschichte. N. F. 7 (1900), S. 325 ff. 17. Ueber ihn vgl. P. Braun, Geschichte der Bischöfe von Augsburg. 1813/15. Bd. 1, S. 441. 18. a. a. O. S. 12. 19. a. a. 0. S. 15 stellt auch die Handschriften aus dem Besitz Embricos fest. 20. Monumenta Boica. 33 I, S. 14. 21. Ebenda S. 16 und 18. 22. Vgl. Ruf S. 57. Die Bücher sind namentlich angeführt. Mon. Boica. Bd. 22, S. 31. 23. K. Khamm, Hierarchia Augustana. Aug. Vind. 1709 bis 1719. Vol. I p. 582. 24. Ruf S. 9. 25. Monumenta Germaniae historica. Necrologia. I, 56. 4. Jan. 26. Vgl. Ruf S. 41. 27. Mon. Boica. 35 I, S. 205. 28. Ebenda. 29. Ruf S. 9. 30. Ebenda: Clm. 3834 und 3877, Cod. II 18 2°. 31. Mon. Boica. 35 I, S. 208. 32. Ruf S. 19 f. 33. f 22. Juli 1462. Vgl. über ihn PI. Braun, Die Domkirche in Augsburg 1829. S. 170 u. Steichele-Schröder, Das Bistum Augs­ burg. Bd. 3, S. 360. 34. Vgl. F. Zoepfl, Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augs^ bürg. Bd. 6, S. 756 ff. 35. Vgl. über ihn Braun, Domkirche. S. 171. Steichele-Schröder. Bd. 3, S. 361. 36. Zoepfl a. a. O«, S. 760. 37. Die Urkunde über diese Bücherschenkung bei Ruf S. 40 f. 38. Ebenda S. 9. 39. Zoepfl a. a. O., S. 760. 40. Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart. Bd. 196, S. 164. Zoepfl a. a. O., S. 754. 41. Mon. Boica. 35 I, S. 237. 42. Ruf S. 10. 43. Mon. Boica. 34 S. 47ff. Das Zitat bei Ruf stimmt nicht. 44. Zoepfl a. a. O., S. 746. Eine davon erwarb er 1436 in Prag. Vgl. Stäuber a.a.O., S. 17. Ruf 112. 45. Mehrmals urkundlich erwähnt; stiftet 1461 einen Jahrtag für seine Eltern. Mon. Boica. 35 I, S. 233, Nr. 210. 46. Ruf S. 16. 47. Zoepfl a. a. O., S. 754.

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48. V. Redlich, Tegernsee und die deutsche Geistesgeschichte im 15. Jahrhundert. München 1931, S. 163 f., 200. 49. Ruf S. 10. Wildsgefert hat mehrfach seinen Bücherbesitz nach Humanistenart durch Abschreiben berühmter Werke vermehrt. Vgl. Zentralblatt für Bibliothekswesen. Jg. 20, S. 301. 50. Zoepfl S. 759. 51. Abgedruckt bei Ruf S. 61 f. Harscher ist 1486—1492 urkundlich nachweisbar. Mon. Boica 32 II, S. 195 und 197. 52. Urkundlich erwähnt 1491. Mon. Boica. 35 I, S. 251, Nr. 266. 53. Zoepfl S. 763. 54. H. A. Lier, Der Augsburger Humanistenkreis mit bes. Berück­ sichtigung B. Adelmanns v. A. in: Zeitschrift des Histor. Vereins für Schwaben u. Neuburg. 7 (1888), S. 68 ff. u. K. Schottenloher, Bibliographie zur deutschen Geschichte im Zeitalter der Glau­ bensspalt ung. 1 (1933) S. 3. 55. Vgl. Khamm 1, 610, der ihn 1499 sterben läßt; er ist seit 1494 Domherr. Er starb 1541. Archiv für die Gesch. des Hochstifts Augsburg. 4 (1912/15), S. 453. 56. Ruf S. 11. 57. Ebenda S. 48. 58. 0. Le uze im Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg. 3 (1912-15), S. 453 f. 59. Die Stiftungsurkunde bei Ruf S. 30. 60. Ruf S. 38. 61. Ruf S. 35. 62. Der Augsburger Pfarrer Molitoris in: Zeitschrift für bayer. Landesgeschichte. 3 (1930), S. 387 ff. 63. Aufgeführt ebenda S. 397 ff. 64. Ruf S. 35. 65. Ebenda S. 35. 66. Dort 1465 beurkundet. 67. Khamm II 2. 89. 68. Zoepfl S. 761. 69. Vgl. Ruf S. 37 f. Dort auch die Stiftungsurkunde abgedruckt. 70. Vgl. über ihn Braun, Domkirche. S. 172. Khamm I 603. 71. Ruf, S. 31 f. 72. Ebenda S. 35 (2° Cod. 59, 85, 419). 73. Ebenda S. 48. 74. Khamm II, 86. Braun, Domkirche. S. 175. 75. Abgedruckt bei Ruf S. 59 f. Vgl. auch Zoepfl, S. 747. 76. Vgl. Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 49 (1904), S. 475 ff. Dort findet sich auch die weitere Literatur angegeben. 77. Zentralblatt für Bibliothekswesen. Jg. 11 (1894), S. 249 ff. und 297 ff. 78. Ebenda S. 256 f. 79. Exlibris. Jg. 20 (1910\ S. 92. 80. Exlibris. 20 (1910) 85 ff. 81. Abgebildet: Exlibris. 20, 90.

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82. 83. 84. 85. 86. 87. 88.

89. 90. 91.

92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105.

106. 107. 108. 109. 110.

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Ruf 48. Exlibris. 20, 92. a. a. O., S. 12 ff. Ebenda S. 146. Die deutschen Bücherzeichen. Berlin 1890. Vgl. zu dem folgenden: E. König, Peutingerstudien. 1914 S. 146 ff. Bayer. Staatsbibliothek: Clm. 4021 a und 4021 b. Vgl. weiter über Peutingers Bibliothek: G. C. Mezger, Geschichte der vereinigten Kreis- u. Stadt-Bibliothek Augsburg. 1842S.35ff. F. K. G. Hirsching, Versuch einer Beschreibung sehenswürdiger Bibliotheken Teutschlands. I 1 (1787) S. 87ff. Nr. 1554. J. Strieder, Die älteste Bibliotheksstiftung der Fugger: Zentral­ blatt für Bibliothekswesen. 50 (1933) S. 453 ff. Vgl. zum folgenden: 0. Hartig, Die Gründung der Münchener Hofbibliothek durch Albrecht V. und Joh. Jakob Fugger = Ab­ handlungen der bayer. Akademie d. Wissensachaften Phil.-Philol. Klasse. Bd. 28 (1917) Abh. 3. Ferner: A. Stäuber, Das Haus Fugger. 1900. S. 94. Vgl. Strieder a. a. 0., S. 456 ff., wo auch die Liste der geschenk­ ten Bücher abgedruckt ist. Stäuber S. 76. Ch. G. Jöcher, Gelehrtenlexikon. 3 1838 und 4 1139. Er wurde mit der Bibliothek von Herzog Albrecht V. von Fugger über­ nommen. Allg. Deutsche Biographie. 43, 755. Er hatte sie zwei Jahre vor seinem Tode um 700 fl. aus Not an das Lauinger Gymnasium verkauft. Strieder a. a. 0., S. 455. Vgl. die Versteigerungskataloge Nr. 7—11 des Antiquariats Karl und Faber 1933—1935. Das können aber nur die Handschriften gewesen sein. Westdeutsche Zeitschrift. 1891. K. Bl. S. 114. Stäuber a. a. O., S. 120. Strieder a. a. 0., S. 455. J. Kleinpaul, Die Fuggerzeitungen, Leipzig 1921. S. 9 ff. Nr. 593—598. Die Welser. 1917. Bd. 1, S. 214. Nach seinem Tode erschien ein gedruckter Katalog: Catalogus Bibliothecae admodum Rev. et Nob. D. Antonii Welseri. Aug. Vind. 1619. Die Welser. 1. S. 258 und 260 f. J. v. Stetten, Kunst-, Gewerbe- und Handwerksgeschichte der Reichsstadt Augsburg. 1 (1779), S. 73 u. G. C. Mezger, Ge­ schichte der vereinigten Kreis- u. Stadtbibliothek. 1842. S. 13. Die Welser. Bd. 1, S. 282. Denkmäler der Tonkunst in Bayern. 10, 1 (1909) p. 24. Anm. 2. Sohn des Kaufherrn Wilhelm (1467—1559) und dessen zweiter Frau Afra Rem (f 1578). Ueber seine Vermögens Verhältnisse vgl. J. Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus. Leipzig

1904. S. 187 f. Ferner Chroniken der deutschen Städte. Bd. 32, S. 447, Nr. 24. 111. Paul von Stetten, Lebensbeschreibungen. 1 (1778) 141 ff. 112. Stetten, Lebensbeschreibungen. 1, 184. 113. Ebenda S. 185. 114. Warnecke 1674; abgebildet bei M. Geisberg, Der deutsche Ein­ blattholzschnitt. 1923 ff. 13, 9. 115. W. Sensburg, Die bayerischen Bibliotheken. (1926) 15 f. 116. Vgl. Allg. Deutsche Biographie. 13, 169. 117. G. Steigenberger, Historisch-Literarischer Versuch von Ent­ stehung und Aufnahme der kurfürstl. Bibliothek in München. 1784. S. 34. 118. Seine Biographie bei Braun, Bischöfe. 3, S. 606 ff. 119. Braun, Domkirche. 187 ff. 120. Braun, Bischöfe. 3, 602 ff. 121. Stetten, Kunstgeschichte. 1, S. 62. 122. P. Ruf, Mittelalterl. Bibliothekskataloge. 3, 1 (1932) 12. 123. Archiv für die Geschichte des Bistums Augsburg. 1 (1856) 26. 124. Vgl. Hirsching 2, 1 S. 99. Exlibris bei Warnecke 1677. Vgl. ferner G. W. Zapf Augsburgische Bibliothek. 1 (1795) S. 187 f. 125. Braun, Bischöfe. 3 S. 599 f. und Domkirche. S. 173 ff. 126. Erwähnt bei Warnecke 733. 127. Braun, Bischöfe. 4, 1 ff. 128. Braun, Domkirche. S. 133. 129. Ruf S. 12. 130. Verzeichnet bei Warnecke 1014—1020. 131. Khamm, Hierarchia. 1, 623. Braun, Bischöfe. 4, 617, und Oefele, Scriptores rerum Boicarumi I p. 301 verwechseln ihn mit dem jüngeren Werdenstein (f 1639). 132. Steigenberger S. 35. 133. Archiv für die Geschichte des Bistums Augsburg. 1 (1856) S. 26. 134. Khamm II 56. 135. Ruf S. 35 f. 136. R. Eitner, Biogr.-Bibliogr. Quellenlexikon der Musiker. 5 (1901) S. 387, allerdings mit unrichtigen Angaben. 137. Denkmäler der Tonkunst in Bayern. 10, 1 (1900), p. 48ff. und 68. 138. Vgl. Eitner 1 (1900) S. 68. 139. Denkmäler der Tonkunst a. a. 0., S. 9 und 90. 140. Nr. 17 und 18. 141. Fr. Roth, Zur Lebensgeschichte Paul Hektor Mairs in: Chroni­ ken der deutschen Städte. Bd. 32 (1917). S. 3 ff. 142. Bei der Auktion 11 (Mai 1935) bei Karl und Faber in München wurden zwei Prachthandschriften aus seinem Besitz versteigert, Fecht- und Ringerbücher, die zuletzt im Besitz der Fürstl. Wallersteinischen Bibliothek in Maihingen waren. Vorher besaß sie Markus Fugger, der scheinbar Teile der Bibliothek des Mair erworben hatte. 143. Roth a. a. O., S. 48.

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144. 145. 146. 147. 148.

Hartig S. 277. Nr. 1229. Allgemeine Deutsche Biographie. 33, 673. Antiquariat H. P. Kraus-Wien. 1935. Allg. Deutsche Biographie. Bd. 24, S. 126 f. u. M. Radlkofer in der Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neu­ burg. Bd. 20, S. 26 ff. 149. Geschichte der Stadt Augsburg. 1899. S. 268 ff. 150. a. a. O. 151. Zeitschrift des Histor. Vereins. Bd. 20, S. 40 ff. und Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 8, S. 396 f. 152. Vgl. die Biographie von J. v. Ahorner im Augsburger Intelligenz­ blatt. 1833. Beilage Nr. 56, 60, 66. 153. Gatalogus Bibliothecae Hieremiae Martii, Doctoris Medici Augustani. 4°. 154. Braun, Bischöfe. 4, 77. 155. Exlibris bei Warnecke 1021. 156. Sensburg 37. 157. Braun, Bischöfe. 4, 449 ff. 158. Exlibris bei Warnecke 73. 159. So bei Hirsching 2, 83 f. 160. Catalogus guter und seltener Bücher, welche in Augsburg ver­ kauft wurden. 1772. 161. A. M. Scheglmann, Geschichte der Säkularisation. 3, 1 (1906) S. 165. 162. A. Schröder im: Archiv für Geschichte des Hochstifts Augsburg. 5, 460 ff. Exlibris bei Warnecke 1420. 163. J. Dorn in der Kath. Kirchenzeitung für Deutschland. 3 (1913) S. 315. 164. Schröder a. a. O. 5, 484 ff., wo auch seine rege wissenschaftliche Tätigkeit gewürdigt wird. 165. Der deutsche Herold. 40 (1909) S. 186. Exlibris vgl. Warnecke 5, abgebildet im Ellwanger Jahrbuch. 1 (1910) S. 105. 166. Vgl. Schröder a. a. O. 5, 486 ff. Exlibris: Warnecke 2300 u. 2301. 167. Braun, Bischöfe. 4, 625 ff. 168. Stetten 1, 79. Zapf 2, 860. Exlibris: Warnecke 1869. 169. Catalogus illustris nobilis Bibliothecae Schallenbergianae. 1734. 170. a. a. O. 1, 79. 171. J. G. Hertel, Album für die Zeitgenossen des vereinigten Gymna­ siums zu St. Anna. 1862. S. 23 ff. 172. So: Neuestes Taschenbuch von Augsburg. 1830. S. 393. 173. Khamm 2, 67. 174. Khamm 2, 69. 175. Warnecke 360 und 412. 176. Exlibris Jmhofs bei Warnecke 935—937. 177. C. H. Frhr. Roth. v. Schreckenstein, Das Patriziat. (1856) 566. 178. Augsburger Rundschau. 2 (1920/21) S. 368.

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179. Versteigerungskatalog: Bibliotheca Bassiana. 1777. Ueber die Bibliothek vgl. Stetten 1, 80 und Zapf, Augsburg Bibi. 2, 856. 180. Mezger S. 31. 181. Braun, Bischöfe. 4, 630 ff. 182. Warnecke 1226. 183. Vgl. Allg. Deutsche Biographie. 35, 221. 184. Stetten 1, 76 f. Zapf 2, 860. Sein Exlibris bei Warnecke 2062. 185. Gatalogus Bibliothecae a Theophilo Spizelio collectae et a filio haerede Gabr. Spizel auctiores redditae a. 1705. 186. Catalogus residuorum Bibliothecae Spizelianae. 1708. 187. J.F.Rein, Das Augspurgische evangelische Ministerium. (1749) 153. 188. Catalogus librorum qui venales prostant Augustae Vindelicorum in aedibus Müllerianis. (Wohnhafft in der Juden-Gassen). 1710. 189. Allg. Deutsche Biographie. 28, 119. 190. Rein 167. Stetten 1, 78. 191. Rein 187. 192. Vgl. Zapf 2, 859. Versteigerungskatalog: Catalogus librorum ex omni scientiarum genere selectorum et rarissimorum. 1777. 193. Rein 169. Seine Exlibris bei Warnecke 1904 und 1905. 194. Rein 189. 195. Verzeichnis der Büchersammlung G. W. Preu’s. 1763. 196. Zapf 2, 859. 197. Allg. Deutsche Biographie. 3, 397. 198. Exlibris bei Warnecke 268 und 269. 199. Stetten 1, 81 f., Zapf 2, 856. 200. Bibliotheca Bruckeriana oder Herrn Jakob Brückers hinterlassene Büchersammlung, welche den 17. II. in dem Essichischen Hause in der Hl. Kreuzstraße versteigert wird. 1777. 201. Rein 193. 202. a.a.O. II, 1, 186. 203. Rein 197. Zapf 2, 858. 204. Verzeichnis von theologischen und anderen Büchern. 1777. 205. II 1, 186. 206. Verzeichnis der Urlspergischen Bibliothek. 1808. 207. Vgl. Allg. Deutsche Biographie. 35, 706. 208. Hirsching II, 1 S. 186, und IV, 1 ff. Exlibris bei Warnecke 2093. 209. Verzeichnis der ansehnlichen Bücher- und Kunstsammlung M. J. A. Steiners, welche den 16. Oktober 1797 verkauft werden soll. — Catalogus librorum quae collegit M. J. A. Steiner. 1798. 210. Verzeichnis der Bücher- und Kupferstichsammlung Herrn M. Ch. Frauenknechts. 1806. 211. Stetten 1, 78. Zapf 2, 859. 212. Catalogus Bibliothecae Mezgerianae. 1728. 213. Stetten 1, 76. 214. Dort befindet sich auch der handschriftliche Katalog: Catalo­ gus Bibliothecae H. Mezgeri. 1748.

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215. Verzeichnis der auserlesenen Bücher, Kupferstiche, Landkar­ ten und Musikalien des sei. W. F. Burry, welche 1789 verkauft werden sollen. Augsburg 1789. 216. Hertel a. a. O. S 27 f. 217. Zeitschrift des Histor. Vereins für Schwaben und Neuburg. 49 (1933) S. 21. 218. Warnecke 623—626. 219. Stetten 1, 76. Zapf 1, 532. 220. L. Bauer, Die Errichtung des Kollegiums bei St. Anna. 1908. S. 54 ff. 221. Stetten 1, 76. 222. Hirsching II, 1 S. 185. 223. Zapf 1, 526. 224. Verzeichnis verschiedener Bücher. 1775. Exlibris bei Warnecke 1445. 225. Hirsching II, 1 S. 184. Exlibris Warnecke 2101. 226. z. B. Neuestes Taschenbuch von Augsburg. 1832. S. 393 f. 227. Hirsching a. a. 0. 183. 228. Zeitschrift des Histor. Vereins für Schwaben und Neuburg. 23 (1896) S. 74 ff. 229. Neuestes Taschenbuch von Augsburg. 1830. S. 394. 230. Zeitschrift des Histor. Vereins. 51 (1934) S. 29. 231. Das war noch 1837 der Fall. In späterer Zeit wurde sie leider auf die einzelnen Fächer aufgeteilt. Vgl. J. v. Ahorner, Die bei­ den Schröcke. 1837, S. 18. 232. Stetten 1, 73 f. und 78 f. Mezger S. 27 f. Hirsching 4, 186. Aus­ zug aus dem Testament vgl. 4° Cod. Aug. 214 Bl. 91 f. 233. Sensburg S. 15. 234. Zapf 2, 857. 235. Catalogus librorum selectorum. 1776. 236. Warnecke 1695. 237. Jahresbericht des Histor. Vereins für Schwaben und Neuburg. 1839/40 S. 75 ff. 238. Neues Taschenbuch von Augsburg. 1830. S. 395. 239. Sein Exlibris bei Warnecke 1703. 240. Stetten, Lebensbeschreibungen. 1, S. 374. 241. Bibliotheca Herttensteinia. 1776. 242. Hirsching II, 1, 188. ' 243. Ebenda 141 f. 244. Exlibris bei Warnecke 820—821. 245. Zapf 2, 861. 246. Catalogus librorum juridicorum aliorumque selectorum. 1777. 247. Hirsching II, 1, 183. 248. Zapf 2, 859 f. 249. E. König, Peutingerstudien. S. 154. 250. II, 1, S. 122—172. 251. Catalogi Bibliothecae Prieserianae. Pars I—III. 252. Catalogus codicum ms. 1803.

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253. Hirsching II, 1, 183. 254. Seine Lebensbeschreibung und seine literarischen Werke vgl. in seiner Geschichte Augsburgs. 1826. I, S. III ff. 255. Mezger S. 48 f. Ein handschriftlicher Katalog der Bibliothek fin­ det sich in der Stadtbibliothek. 256. Allg. Deutsche Biographie. 40, 479. 257. Warnecke 1231. 258. Zapf 2, 858, der nur den Katalog seiner bedeutenden Gemälde­ sammlung anführt. 259. Allg. Deutsche Biographie. 49, 719. 260. Stetten 1, 76. 261. Warnecke 702. 262. J. v. Ahorner, Verzeichnis aller Mitglieder des Collegii medici. 1837. 263. Verzeichnis der Bü chers ammlung weiland Herrn Joh. Chr. Michels. 1799. 264. Bericht des Naturw. Vereins Augsburg. 8 (1855) S. 57 ff. 265. Verkaufskatalog: Kurze Uebersicht der naturhistorischen Bi­ bliothek von Gobres. 1810. Vgl. Stetten 2, 101 f., Zapf 2, 856. Exlibris bei Warnecke 336. 266. Ebert, Allg. Bibi. Lexikon. 1, 374 Nr. 4858. 267. Stetten 1, 82. Zapf 2, 861. P. v. Stetten, Beschreibung der Reichsstadt Augsburg, 1788, S. 204, der sie die stärkste Augs­ burger Privatbibliothek nennt. 268. Reisen durch Schwaben. I (1783) S. 260ff. 269. II, 1, 178 ff. 270. M. Gebert, Iter alemannicum. 1773, p. 186. 271. Verzeichnis gebundener Bücher, welche bey Franz A. Veith zu haben sind. 1794. 272. Allg. Deutsche Biographie. 44, 693. 273. darunter auch Peutingerhandschriften. Vgl. König, Peutingerstudien. S. 154. 274. Ausführliche Beschreibung bei Hirsching II, 1, S. 102—121, und Stetten, Beschreibung der Reichsstadt Augsburg. S. 204. 275. Die verschiedenen Kataloge siehe bei Zapf 2, 861 ff. Weiters verkaufte er 1792 einen Teil seiner Bibliothek. Bibliotheca Historico-litteraria Zapfiana (Verkaufskatalog). 1792. 276. Verzeichnis der Bücher Sammlung des f G. W. Zapf. 1812. 277. Zapf 2, 857. Hirsching II, 1, 187. 278. 13. und 14. Jahresbericht des Histor. Vereins. S. 54 ff.

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DIE BIBLIOTHEK DER HERREN VON FRUNDSBERG1)

Von Friedrich Zoepfl. In einer vom Stadtrat Mindelheim anläßlich der 400. Wie­ derkehr des Todestages Georgs v. Frundsberg 1928 heraus­ gegebenen Gedenkschrift2 konnte ich auf eine Tatsache hinweisen, die uns berechtigt und zwingt, unsere Vorstel­ lung von den Herren von Frundsberg in einem wichtigen Punkt zu ändern, auf die Tatsache nämlich, daß sich auf der Mindelburg, ihrem schwäbischen Stammsitz, eine außergewöhnlich große und reichhaltige Bibliothek be­ fand. Hatten die Frundsberg eine solche, dann können sie unmöglich jene Eisenfresser gewesen sein, als die sie im Bewußtsein weiter Kreise gelebt haben und noch leben. Dann müssen sie Sinn und Liebe für die höheren Werte des Daseins gehabt haben, müssen berührt gewesen sein von dem Hauch des Humanismus, in dessen Heimatland sie so oft weilten. Die Tatsache, daß auf einer schwäbi­ schen Burg eine so stattliche Bibliothek verwahrt und, wie sich zeigen wird, auch benützt wurde, darf und muß auch in Rechnung gestellt werden, wenn man den schwäbischen Adel des 15./16. Jahrhunderts nach seiner Stellung zu Bildung und Kultur beurteilt. Weiter zeigt uns die Biblio­ thek in Einzelheiten ihres Bestandes, welchen Widerhall die großen geistigen Bewegungen jener gärenden Zeit innerhalb der Mauern eines ritterbürtigen Geschlechts ge­ weckt haben. Und schließlich ist uns die FrundsbergBibliothek ein nicht gerade häufiges Beispiel für Zusam­ mensetzung und Aufbau einer ritterlichen Bibliothek des 15./16. Jahrhunderts. Gründe genug, Bestand und Ge­ schichte dieser Bibliothek hier vorzuführen. I. DIE QUELLEN. Die Frundsberg-Bibliothek ist heute anscheinend bis auf ganz geringe Reste verschwunden. Dennoch wissen wir bis in Einzelheiten hinein, aus welchen Handschriften und Druckwerken sie sich zusammensetzte zu dem Zeitpunkt, in dem das Geschlecht der Herren von Frundsberg aus­ starb. Genauen Einblick in die Frundsberg-Bibliothek ver61

mittein uns zwei notarielle, also amtlich zuverlässige Schriftstücke, die alsbald nach dem Tod des letzten Frundsberg und in Zusammenhang mit den Erbschaftsstreitig­ keiten abgefaßt wurden. Der letzte Frundsberg, Georg II., der Enkel des bekannten großen Landsknechtführers, starb 53jährig am 1. November 1586, ohne eheliche Nachkom­ menschaft3. Um sein Erbe entbrannte zwischen den beiden Familien Fugger und Maxlrain ein heftiger und langwieri­ ger Streit, über den Stöße von Akten Aufschluß geben. Unter diesen Akten befinden sich nun zwei Inventarien, denen wir unsere Kenntnis der Frundsberg-Bibliothek ver­ danken. Das eine, im folgenden als Inv. 1589 bezeichnet, verwahrt in Urschrift das FAA. Es führt den Titel „Freundtspergisch Inuentarium. 1589“, enthält 48 beschrie­ bene Blätter (Folio, Papier) und ist in Pergamentumschlag gebunden. Ueber seine Entstehung und seine Bedeutung geben uns Einträge der beiden Notare Matthäus Herbrot zu Memmingen und M. Georg Dannbeckh zu Augsburg Auskunft. Demnach war alsbald nach Frundsbergs Hin­ scheiden durch die Schreiber der beiden Erben (Wolf Wilhelm v. Maxlrain an Stelle seines erbberechtigten Soh­ nes Wolf Veit und Ottheinrich v. Schwarzenberg an Stelle seiner Tochter Maria v. Schwarzenberg, nachmals verhei­ ratet an Christoph Fugger) je ein Inventarium der Frundsbergischen Hinterlassenschaft angefertigt worden. Das mag Ende 1586/Anfang 1587 gewesen sein. Am 25. September 1589 wurden nun diese Inventarien an Ort und Stelle, d. h. auf der Mindelburg, in Gegenwart des Wolf Wilhelm v. Maxlrain, des Ottheinrich v. Schwarzenberg, des Dr. jur. utr. Georg Wagner, der beiden genannten Notare, des Ge­ org Klain, Bürgers und Einspännigers4 zu Memmingen, des Hans Georg Berchtold, Einspännigers zu Ulm, des Hans Teschler von Mindelheim, des Jakob Wahl von Biberachzell5 miteinander verglichen, auf ihre Bichtigkeit ge­ prüft und auf den Stand von 1589 gebracht. Wir erfahren also aus Inv. 1589 den Frundsbergischen Bücherbesitz beim Tod des letzten Sprossen. Während das Inv. 1589 bezüglich der sonstigen Fahrhabe sehr ins einzelne geht, vermerkt es den Bücherbestand nur allgemein nach Zahl, Format, Ein­ band, Verschluß. In Frundsbergs gewöhnlichem Zimmer 62

auf der Bank neben seinem Bett befanden sich 30 „allerlei Pett- und Historibücher“, ferner 187 Bücher teils mit, teils ohne Klausur und in zwei Haufen zusammengelegt etliche gedruckte und eingebundene Bücher. In der Kam­ mer nebenan, die als „Liberei“ diente, fanden sich in einem Kasten und in einer Siedeltruhe (= Truhe mit Sitzgelegen­ heit) allerlei Schriften, Kunstbücher, Gesangspartituren. Zahlenmäßig wurden also (217 und 403) 620 Bücher erfaßt. Die Titel dieser Bücher erfahren wir nun aus dem für unsere Zwecke wichtigeren zweiten Notariatsdokument, das im folgenden mit Inv. 1591 bezeichnet werden soll. Es führt den Titel „Inuentarium was die Kay. Subdelegirte zu Mündelhaim in eröffnung vnd Reuidierung der Freundspergischen Mobilien für Varnus befunden wie auch dieselb hernach von beeden aigenthumbs Erben in gemaine Verwarung genommen vnd was jedem thail von dem vbrigen zugethailt worden“. Inv. 1591 ist in zwei Stücken erhalten: das eine besitzt StAM (unter Akten A8), das zweite FAA. Das Mindelheimer Stück ist, wie die Unterschriften der beteiligten Parteien und der Notare und außerdem ein eige­ ner Vermerk auf dem äußeren Umschlag beweisen, die Urschrift. Das Stück des FAA ist gleichzeitige wortgetreue Abschrift. Auf 95 Blättern (Folio, Papier) verzeichnet Inv. 1591 wiederum den gesamten Besitzstand des Frundsbergischen Hauses, wie er sich 1591 darbot. Angefertigt wurde dieses Inventar von den kaiserlichen Subdelegierten — der Erbschaftsstreit war bereits an das Reichskammergericht und an den Reichshofrat gegangen — B. v. Berliching und Dr. G. Gadner und abgeschlossen am 31./21. August 1591. Das Inventar der „Liberei“ umfaßt Bl. 24v-46r. II. DER BÜCHERBESTAND. Inv. 1591 bietet einen systematischen Katalog der Frundsberg-Bibliothek unter Aufführung fast sämtlicher Bücher­ titel. Der Bücherbestand ist folgendermaßen auf die Fach­ gruppen verteilt: Theologici 254 Nummern, Juridici 18 Nummern, Medici 38 Nummern, Historici 149 Nummern, Philosophici 46 Nummern, Cosmographici 4 Nummern, 63

Musicalia 21 Nummern, Bücher fremder Sprachen 8 Nummern, Miscellanei 67 Nummern. Insgesamt ergeben sich — ohne die Musikalien — 584 Bücher. Der Unter­ schied gegen die Gesamtzahl 620 des Inv. 1589 ist darauf zurückzuführen, daß Inv. 1591 häufig mehrere Bücher zu einer Nummer zusammenfaßt. Der Bücherbestand hat sich also zwischen 1586/89 und 1591 nicht wesentlich geän­ dert6. Es frägt sich nun, ob die Einteilung in die verschie­ denen Fachgruppen erst 1591 von den Inventarisatoren vorgenommen wurde oder ob die Inventarisatoren be­ reits eine solche Einteilung in der Frundsberg-Bibliothek vorfanden. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage läßt sich nicht geben. Doch scheint die Aufzählung des Inv. 1589 eine nach sachlichen Gesichtspunkten getroffene Bi­ bliotheksordnung nicht vorauszusetzen. Uebrigens ist die Einteilung des Inv. 1591, wie sich mehrfach zeigen wird, keineswegs streng durchgeführt. Der Bestand verteilt sich auf Handschriften und Drucke. Zur Kennzeichnung der ganzen Bibliothek sei im folgenden das Wichtigste herausgehoben7. Den stärksten Umfang weist die theologische Abteilung auf — aus welchem Grund, wird weiter unten zu erörtern sein. Stattlich ist Zahl und Art der Bibeln: 3 deutsche Bibeln „nach S. Hieronymi Ver­ sion“, des Erasmus v. Rotterdam Neues Testament, Luthers deutsche Bibeln von 1524 und 1527, 2 Züricher (also zwinglianische) Bibeln, Johann Dietenbergers Bibelüber­ setzung. Ueberraschend zahlreich sind liturgische Bücher (Breviere, Missalien) vertreten. Daß sich Martyrologien, Passionalien8, Legenden, Lebensbeschreibungen einzelner Heiliger (Fridolin, Meinrad, Ursula, Birgitta) finden, ist von vorneherein zu erwarten; Birgitta ist auch mit ihren vielgelesenen „Himmlischen Offenbarungen“ vertreten. Un­ ter dem Erbauungsschrifttum begegnet uns so ziemlich alles, was zum geistlichen Hausbrot des spätmittelalter­ lichen Menschen gehörte: Ps.-Augustinus, Von der Welt Ueppigkeit (= De contemptu mundi); Ps.-Augustinus (rich­ tig Fastidius), Von dem christlichen Leben (= De vita christiana) in der Uebersetzung von Adam Pauhof; Bonaventura, Pronn des Lebens (= Parvum bonum seu regimen conscientiae seu fons vitae), Von den fünf Hochzeiten des 64

Kindes Jesu (= De quinque festivitatibus pueri Jesu), Speculum Mariae; Vincentius Ferrerius, Vom End der Welt (= De fine mundi- et tempore Antichristi); Jakob Landtsenberger, Auslegung der 12 Artikel des Glaubens9; Johannes Nider, Die 24 güldenen Harpfen10; Johannes Geiler von Kaysersberg, Das irrig Schaf, Der Granatapfel, Auslegung über das Paternoster, Das Evangelibuch durch das ganze Jahr, Die Omays; Rodericus Zamorensis, Des menschlichen Lebens Spiegel; Ulrich Krafft, Der geistliche Streit; Alanus de Rupe, Von unserer Frauen Psalter (wohl = Relationes, revelationes et visiones de rosario11); Thomas v. Kempen, Nachfolgung Christi; Hortulus animae und Der Seelen Wurzgarten; Spiegel menschlicher Erhaltnus (= Speculum humanae salvationis); Stephan Fridolin, Schatzbehalter von dem Leiden und der Person Christi; Die guldin Bibel; Heinrich Seuse (?), Buch von der ewigen Weisheit; Johan­ nes Gerson, Das ABC von der göttlichen Lieb (= Alphabetum divini amoris); Jakob von Theron, Betrachtung, ob Christus gerecht gewesen, daß er die Hölle und die Teufel beraubt an dem Tag, da er gelitten hat12; Stephan v. Lanzkranna, Himmelstraß; Wolfgang v. Maen, Das Leiden Jesu Christi; Otto v. Passau, Buch von den 24 Alten; Erhard Grosse, Der Layen Doctrinal; Hans v. Leonrod, Der Him­ mel- und Höllwagen; Hugo v. Straßburg, Compendium theologicae veritatis (deutsch). Nicht von vorneherein wür­ den wir in einer Laienbücherei monastisches und kanonistisches Schrifttum suchen, wie Augustiner- und Salvatorianerregel; Deutsche Auslegung der Augustiner und der Dominikanerregel von Humbert de Romanis; Summa Johan­ nis aus dem Decretbuch13; Concilium zu Gonstanz anno 1413 gehalten; Martin Plantsch, Opusculum de sagis maleficis mit einem deutschen Traktätlein Ulrich Molitors über denselben Gegenstand14. Zu den Erbauungsbüchern im Sinne des Mittelalters dürfen auch gerechnet werden Reis­ buch gen Jerusalem mit Figuren (Johannes de Mandeville? Bernhard v. Breidenbach? Hans Tücher?); gedrucktes Büchlein vom Heiligtum auf dem hl. Berg Andechs. Als Irrgänger erscheint in der theologischen Abteilung eine auf Pergament 1463 geschriebene „Tabula ABCtaria mit schön illuminierten Picturen, darin Kaiser Maximilianus 65

primus angefangen zu lesen“; vielleicht war diese Tabula auf die Mindelburg als Geschenk Kaiser Maximilians an seinen getreuen Paladin Georg I. Frundsberg gekommen15. Georg Frundsbergs Leben fiel in die Zeit, in der Martin Luther die Grundlagen des bisherigen Glaubens erschüt­ terte. Auch Frundsberg blieb, wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe16, von diesen Erschütterungen nicht un­ berührt, umsoweniger als er im Auftrag des Kaisers die Fähnlein seiner Landsknechte mehr als einmal gegen den Papst führte. Wenn er schließlich doch in der Kirche seiner Väter verblieb und starb, wenn seine Nachkommen den Katholizismus betont für ihre Haus- und Landes­ religion erklärten — das erhellt besonders aus des letzten Frundsberg Testament —, so ist das nicht zuletzt zurück­ zuführen auf die Bemühungen angesehener kirchentreuer Männer in der Umgebung Frundsbergs. In der Bücherei der Frundsberg spiegelt sich nun deutlich das Bingen der beiden Mächte, des alten und des neuen Glaubens, um den Besitz der Seele der Frundsberg, ja darüber hinaus der Geisteskampf des ganzen 16. Jahrhunderts. Es hatten hier zahlreiche Schriften reformatorischer Bichtung Platz; wir begegnen vor allem Luther (Auslegung des Evangeliums von den 10 Aussätzigen, Bekanntnus vom Abendmahl Christi, Gesangbüchlein), dann Kaspar Turnauer (Von dem jüdischen und israelitischen Volk), Johannes Pomeranus, Georgius Spalatinus, Andreas Karlstadt, Ambrosius Blarer, Kaspar Güttel (Quadragesimale), Adam Reißner (Miracula Christi, Messias), Jakobus Andreae (Widerlegung der Ur­ sachen, warum etliche von der Augsburgischen Konfession zum Papsttum gefallen), Sebastian Franck (Paradoxa 280), Tilemannus Heßhusius (Danksagung für die Bekehrung Eduardi Tornaei, eines englischen gewesenen Jesuiters), Georgius Nigrinus (Wilkhom und Abdankh der Antigratu­ lation Johann Nasen), Hieronymus Rauscher (Centuriae). An Zahl überwiegen freilich die Schriften der Verteidiger der alten Kirche: Petrus Canisius (Katechismen, Gebet­ buch), Adam Walasser (Kunst, wohl zu sterben), Fried­ rich Nausea (Postilla), Johannes Nasus (Centuriae der evangelischen Wahrheiten), Johannes Dietenberger (Epi­ steln und Evangelien für alle Sonn- und Feiertage des 66

Jahres), Petrus de Soto (Compendium doctrinae catholicae), Michael Helding (Predigten vom Glauben und guten Werken, Postilla, Catechismus), Georg Witzei (Postilla, Catechismus ecclesiae, Formulae precationum, Chorus sanctorum omnium, Büchlein von der heiligen Eucharistia oder Meß, Schriftliche Zeuggnus von Betten, Vaßten und Almuesen), Johannes Fabri, Domprediger in Augsburg (Catechismus, Vil schöne christliche Gebett, deutsch und in der von G. Lorichius besorgten lateinischen Uebersetzung), Martin Eisengrien (Notwendige Erclerung derer Haubt Articul Christlicher Lehr), Wilhelm Eisengrien (Catalogus testium veritatis), Johannes Wild (Jobi Historia, Libellus precationum, Postillen), Jodocus Clichtoveus (Evangelische und christliche Predigten), Jodocus Lori­ chius (Religionis frid), Johannes Hoffmeister (Predigten über die Sonntagsevangelien), Simon Verepaeus (Precationes), Johann Justus Lansperger (Postilla), Christian Hipparius (Ain gülden Feuerzeug), Johann Leisentritt (Geistliche Lieder und Psalmen), Julius v. Pflug, Bischof von Naumburg (Christliche Ermanung), Philipp Dobereiner (De contemptu mundi), Thomas Murner (Ain gaistlich Badenfarth), Bartholomäus Wagner (Christiana gratulatio oder Neu Jahrs Wünsehung), Georg Torwander (Apologia oder christliche Verantwortung des Salve Re­ gina), Kaspar Franck (Christliche Ermanung zu wahrer Bueß und Besserung des Lebens), Erasmus v. Rotterdam (Enchiridion militis christiani). Natürlich fehlen auch einige der im 16. Jahrhundert so beliebten Teufelsaustreibungsbücher nicht; vertreten ist M. Sixtus Agricola mit einer „Erschröckhlichen Geschieht, so sich bei Erledigung einer besessenen Weibsperson 20. u. 24. X. anno 82 verlauffen“ und der Jesuit Georg Scherer mit seiner viel verbreiteten „Christlichen Erinnerung bei beschehener Erledigung einer besessenen Jungfrau zu Wien anno 1583“. Weit schmächtiger sieht sich dem theologischen Schrift­ tum gegenüber das juristische an. Die Abteilung enthält: Rechtssammlungen und Rechtsquellen (Die gülden Bull auf Pergament gedruckt; Auszug kaiserlicher bürgerlicher Rechten von Justin Göbler; Sachsenspiegel; Bayerisches 67

Landrecht; Mindelheimische Gerichtsordnung), Reichstags­ abschiede (1510, 1542, 1559, Sammlung aller Abschiede bis 1564), juristische Abhandlungen von Angelus de Ubaldis (Super authenticas), Sebastian Brant (Der richterlich Klagspiegel), Martinus Pegius (Von Dienstbarkeiten), von Georgius Amwald, dem Paracelsusschüler (Gerichtsteufel). Daß ein Geschlecht, das sich, wie die Frundsberg, soviel in Feldlagern herumtrieb und seine Gesundheit so vielen Gefahren ausgesetzt wußte, der medizinischen Wissenschaft eine besondere Beachtung schenkte, überrascht nicht. Die medizinischen Werke der Frundsberg-Bibliothek stehen zwar zahlenmäßig weit hinter den theologischen zurück; allein es waren erste Berühmtheiten, bei denen sich die Frundsberg in gesunden wie in kranken Tagen Rat er­ holten. Die Gesamtmedizin ist vertreten durch Aurelius Cornelius Celsus (Von beederlei Medizin), Hieronymus Cardanus (Von der Offenbarung natürlicher Dinge), Ale­ xius Pedemontanus (= Georg Ruscelli, Libri VII de secretis), Andreas Vesalius (Epitome humani corporis fabrica, Pergamentdruck). In Einzelfragen gaben Auskunft: Elias Anhart (Consilium podagricum), Johannes Weyer, bekannt als Bekämpfer der Hexenverfolgungen (Antidotum iracundiae). Für die Wundarznei hatte man sich verschrieben: Hieronymus Brunswig (Chirurgia), Theophrastus Para­ celsus (Verbesserte Wundarznei), Walter Rivius (Chirur­ gia). Quintus Apollinaris (Handbüchl und Experiment), Walter Rivius (Confectbuch und Hausapothek), Bartho­ lomäus Vogter, bischöflich-augsburgischer Augenarzt zu Dillingen (Arznei-Buech) stellen die Arzneimittellehre und Heilbehandlung dar. In diese Gruppe gehören die vielen Kräuterbücher der Frundsberg-Bibliothek: Teutscher Herbarius 1508, Kräuterbuch des Hieronymus Bock, des Adam Lonicerus, des Petrus Andreas Mathiolus. Von Martin Ruland, dem Leibarzt Kaiser Rudolfs II., besaß die Bibliothek Werke über Schröpfen, Aderlaß, Wasserbäder. Als Sonder­ werk für Wasserkuren hatten sich die Frundsberg Gallus Etschenreuter „Aller Bäder, Saurprunnen und anderer Wasser in Deutschland Natur, Krafft und Würkhung“ an­ geschafft. Schließlich fehlte auch ein Diätkochbuch („Ein neu Kochbuch für die Kranken samt einem Practicier68

büchlein bewährter Arzneien“) nicht — durfte nicht feh­ len, da der letzte Frundsberg anscheinend häufig krank war. In Fragen der Erhaltung der Gesundheit hatten Aus­ kunft gegeben die lateinisch und deutsch vorhandenen Horti und Regimina sanitatis (solche von Ludovicus Lobero die Avila y Zuniga, verdeutscht von Michael Crautwadl und von Georg Pictorius). Die Tiermedizin war vertreten durch des Flavius Vegetius Renatus „Rechte Kunst der Arznei, alle Tier zu heilen“. Ein buntes Allerlei stellt die Abteilung Historici dar. Gerade sie zeigt uns aber besonders deutlich die Aufge­ schlossenheit des Frundsbergischen Geschlechts für die Welt des Schönen und das zähe Fortleben der höfisch­ ritterlichen Kultur. Das Vielerlei der Abteilung läßt sich in folgenden Sachgruppen zusammenfassen. 1. Historiker der Antike in deutscher Uebersetzung: Thukydides, Xenophon (beide übersetzt von Hieronymus Boner), Plutarch, Sallust, Livius (u. a. in Uebersetzung von Zacharias Münster), Caesar, Valerius Maximus, M. Junianus Justinus (übersetzt von Hieronymus Boner). 2. Weltcjironiken, darunter das Chronicon Urspergense, die Chronica Carionis in der Verdeutschung des M. Eusebius Menius, des Paolo Giovio „Bildtnussen viler Kaiser“ in der Verdeutschung Michael Beuthers, der Fasciculus temporum (Werner Rolewincks?), Seba­ stian Francks Chronica. 3. Kirchengeschichtliche Werke, z. B. Kaspar Hedios Chronica der alten Christen, Chronik von Priester Johanns Königreich und Regiment17, Historia vom Kindlein von Trient18. 4. Werke zur deutschen Reichs- und Landesgeschichte, darunter Jakob Schropps Neue Chorographia und Historia deutscher Nation; Nürnberger, Schweizer, Schwäbische Chronik. 5. Werke zur Zeitgeschichte d. h. zur Geschichte des 16. Jahrhunderts, dabei Johannes Sleidanus, Chronica (wohl Commentarii de statu religionis et reipublicae 69

Carolo V. Caesare); Georg Lauterbeck, Regentenbuch 1567; Laurentius Surius, Chronik; Ludovicus Lobera de Avila y Zuniga, Commentarii de bello Germanioo a Carolo V. gesto; Abraham Saur, Diarium historicum; Galeazzo Capelia, Beschreibung des Mayländischen Kriegs 1521—1530, in der Uebersetzung des Wenzeslaus Linck19; Lodovico Guicciardini, Historia ab anno 29 usque 60; Adam Henric-Petri, General Historien Kaiser Karls und Ferdinandi von anno 55; Verant­ wortung und Ablainung des Schand- und Lasterbuchs Wilhelm v. Grumbach und seiner complicum; Alfons Ulloa, Beschreibung des niederländischen Kriegs durch den Herzog von Alba geführt20. 6. Familiengeschichtliche Werke: Adam Reißner, Herren Georgen und Herren Kasparn v. Frundsberg ritterliche Thatten21; Herrn Georg v. Frundsbergs Ritters Kriegs Raisen und Veldtschlachten zue Albicocha und vor Pavia, ritmice beschrieben22; Beschreibung Herrn Georg v. Freundtspergs Haimbfierung mit Barbara v. Mont­ fort 21. Februar 156523. 7. Ausländische Geschichte, darunter Olaus Magnus, Histo­ ria Suecorum Gothorumque; Ferrarische Historia24; Antonio Bonfini, Ungerische Chronica; Georgii Castrioten genannt Scanderpeg ritterliche Taten (in der Ueber­ setzung des Johannes Pinicianus); Sebastianus Brant, Vom Anfang und Wesen der Statt Jerusalem; Historia Ferdinandi Cortesii (Cortez) vom neuen Hispania, deutsch von Sixtus Betuleius (Sixt Birck) und Andreas Diether25. 8. Kulturgeschichtliche Werke, dabei Polydorus Vergilius Urbinas, De inventoribus rerum, Augsburg 1537. 9. Länderkundliche Werke; unter ihnen des Augsburger Arztes Leonhard Rauwolf Beschreibung der Reiß in die Morgenlender; mehrere Reisebeschreibungen zum hl. Grab; Adam Reißner, Jerusalem. 10. Gut vertreten sind Kriegs- (Leonhard Fronsperger), Turnier- (Simmern 1530, Wien 156026, Frankfurt 1566), Schützenfestbücher (Wien 1563). 70

11. Den Großteil dieser Abteilung machen die „Historibücher“ aus, die Heldengedichte, Romane, Schwank­ bücher; gerade an ihnen läßt sich sehen, wie mächtig der höfisch-ritterliche Gedanke an der Wende zur Neuzeit erwacht war und wie stark das Geschlecht der Frundsberg von dieser Strömung ergriffen wurde — verwunderlich nicht, da Georg I. Frundsberg ja einer der getreuesten Paladine des letzten Ritters, Maximi­ lians I., gewesen war. Die Mehrzahl dieser Historibücher stammt, da sie nach den Bemerkungen des Katalogverfertigers „geschrieben“ waren, wohl noch aus dem 15. Jahrhundert. Die weiteren häufig auf­ tretenden Bemerkungen „auf Pergament geschrieben“, „mit Figuren“ u. ä. zeigen uns, daß es sich mitunter um Prachtstücke gehandelt haben muß und daß in­ folgedessen diese Literatur bei den Frundsberg ganz besonders hoch im Kurs stand. Von ihrer Wert­ schätzung zeugt auch, daß viele von ihnen mehrmals vorhanden waren. Es begegnet uns nun hier der Groß­ teil dessen, was uns auch sonst als Lesestoff des Renaissancezeitalters bekannt ist: Historien vom Troja­ nischen Krieg (nicht weniger als sechs!); Historien von Alexander dem Großen; Boccaccio, Von fürnembsten Weibern (= De Claris mulieribus); Centonovelle (= Le cento novelle antiche, die bedeutendste italienische Novellensammlung, Ende des 13. Jahrhunderts ent­ standen); Die sieben weisen Meister; Apollonius (von Tyrus?); Der weis Ritter, wie er so getruwlich bei­ stund ritter Leuwen, des Hertzogen sun von Burges, das er zuletzt ein künigreich besaß; Loher und Mal­ ler; Johannes Pauli, Schimpf und Ernst; Heldenbuch mit seinen Figuren; Wilhelm v. Orliens (von Rud. v. Ems); Historie von Kaiser Otto (wohl Otnit) und Wolfdietrich; Rolandslied (auf Pergament, beginnend mit „Rulant, als Carl die Haiden überwandt“); Herzog Wilhelm v. Oesterreich (von Johannes v. Würzburg); Pontus und Sidonia; Titurel; Tristrant; Hug Schapler; Dietrich v. Bern; Hillerprandt (wohl = Hildebrand); Wigulis vom Rad (jedenfalls die seit 1493 öfters ge­ druckte Prosabearbeitung des Wigalois des Wirt von 71

Gravenberg); Heliodor von Trikka, Aethiopica; Der Ritter mit dem Bock (= Gauriel von Montabel, Der Ritter mit dem Bock); Barlaam und Josaphat; Her­ mann v. Sachsenheim, Die Mörin; Brissonetus; Fierabras; Fortunatus; Theuerdank; Hans Sachs, Geistliche und weltliche Geschichten; Die schöne Magelone; Eulenspiegel; Elucidarius; Der kleine Rosengart oder König Laurin; Historia von Sankt Brandan; Amadis; Jörg Wickram, Goldfaden und Ritter Galmi; Enea Silvio Piccolomini, Euriolus und Lucretia; Valen­ tin Schumann, Nachtbüchel; Wilhelm Salzmann,Kaiser Oktavianus; König Artus und seine Tafelrunde; Tartarios (wohl = Tandarois); Melusina; Historie vom Graf Partanopier; Von zwei liebhabenden Menschen Ritter Calixto und Jungfrau Melibea. Als Irrgänger erscheinen unter der Geschichts- und Histo­ rienliteratur ein Vogelbuch von Rudolf Heißlin, ein Fisch­ buch von Konrad Forer, eine Chronica von Cometen von Georg Caesius. Sie hätten ordnungsgemäß in die nächste Abteilung gehört, in die Philosophici. Denn nicht nur was wir heute unter Philosophie verstehen, hat hier Auf­ nahme gefunden, sondern alles, was man damals unter artes liberales zusammenfaßte, also: Komputistik (Bern­ hard Pictor de Augusta, Liber de arte conficiendi calendaria); Kalender und Almanache (u. a. von Johann Stöffler, Jakob Pflaum, Joh. Regiomontanus); Astronomie, Astrologie, Praktiken, Prognostiken (u. a. von Nikolaus Rensberger, Konrad Rengardt, Johann Lichtenberger, Stephan Rößlen); Traumbücher (Hieronymus Cardanus); Naturwissenschaft, Magie (u. a. Johannes B. de la Porta, Magiae naturalis libri tres; Aristoteles, De animalibus); Feldbau (Petrus de Crescentiis; Carolus Stephanus und Johannes Liebhaldus in der Uebersetzung von Melchior Sebisch); Bergbau (Georg Agricola); Kriegswissenschaft (Flavius Vegetius Renatus); Geometrie, Architektur (Niko­ laus Rensberger, Walter Rivius); Ethik (u. a. Ciceros Officia; Der Ritter vom Turn27; Erasmus, De civilitate morum, Encomion moriae, Colloquia familiaria; Albrecht von Eyb, Spiegel der Sitten); Grammatiken und Wörter72

bücher (Melanchthons Grammatik, Rhetorik und Dialek­ tik; Johann Frieses Lateinisch-deutsches Wörterbuch). Auffallend ärmlich bestellt ist die Abteilung Cosmographici. Allerdings müssen wir in Betracht ziehen, daß ver­ schiedene erdkundliche Werke bereits zur Abteilung Historici genommen sind. Immerhin würden wir in der Bi­ bliothek von Herren, die Deutschland, die Schweiz, die Niederlande, Italien auf ihren Kriegszügen kreuz und quer durchwanderten, einen größeren Bestand erdkundlicher Werke erwarten. Die paar Werke, die wir in der Biblio­ thek antreffen, fassen freilich das erdkundliche Wissen des 16. Jahrhunderts erschöpfend zusammen: die Cosmographia des Sebastian Münster — ein Werk, das den Frundsberg umso wertvoller sein mußte, als der gelehrte Verfasser selbst auf der Mindelburg gewesen war und in seinem Werk des Frundsbergischen Geschlechts ehren­ voll gedachte; ferner das 5 bändige Theatrum orbis terrarum des Abraham Ortelius. In der Abteilung Musicalia, die geistliche und weltliche, deutsche, lateinische und welsche Gesänge enthält, ver­ dienen besondere Beachtung: ein vierstimmiges Lied auf die Schlacht vor Pavia, Luthers geistliches Gesangbüchlein, kirchenmusikalische Werke von Pierre de la Rue, Heinrich Isaak, Jakob Meiland, Orlando di Lasso, Narzissus Zenkl, Alexander Uttendal, Leonhard Lechner. Wenig wußten die Inventarisatoren mit den „Büchern fremder Sprachen“ anzufangen. Sie werden ohne Titel ange­ führt, meist auch ohne genauere Angabe der Sprache. In den einzelnen Nummern werden in der Regel mehrere Bücher zusammengefaßt. Nachträge zu allen Abteilungen finden wir schließlich in der Gruppe Miscellanei libri. Anscheinend ist hier alles untergebracht, was nachträglich! in den verschiedenen Räumen der ausgedehnten Burg an Büchern und Schriften aufgelesen wurde — keineswegs lauter Ramschware. Die Zeitgeschichte (15./16. Jahrhunderts) ist vertreten durch: Caspar Bruschius, Etliche deutsche Rittmi in honorem Caroli V. et Ferdinandi imperatorum; Georg Amersee, Elogia auf die Wahl Kaiser Ferdinands I.; Stachelschießen zu Stuttgart 1560; Johannes Crasolius, Elogia illustrium 73

virorum. Von kirchengeschichtlichen und theologischen Werken verdienen Erwähnung: Albertanus de Albertanis, De amore Dei et proximi; Mirabilia urbis Romae; Refor­ mation Kaiser Siegmunds und Kaiser Friedrichs; Johannes Hug, Der Heiligen Kirchen und des Römischen Reichs Wagenfuer; Jacobus de Cessolis, Auslegung des Schach­ zabels; Jakob Manlius, Loci communes, übersetzt von Ulrich Ragor. In die Gruppe der beliebten Tugend- und Klugheitsbücher gehören: Enea Silvio Piccolomini, Un­ ruhe und Trübsal der Hofleut (= De miseria curialium, übersetzt v. Wilhelm v. Hirnkoffen); Daniel Holtzmann aus Augsburg, Spiegel der natürlichen Weishait. Reich ist die Nachlese an schöngeistigem Schrifttum; hervorzu­ heben sind: Plautus, Aesopus, Freidank, Heinrich Bebel (Fazetien), Hugo v. Trimberg (Renner), Seb. Brant (Nar­ renschiff), Michael Lindener (Katzipori), Francesco Poggio, Felix Hemmerli, Johannes Engerd (Madruziados libri 3). Zu Kriegswissenschaft und Technik gehören: Bericht, wie Statt und Schlösser mit Kriegsvolk sollen besetzt sein; Leonhard Fronsperger, Bauordnung. In das naturwissen­ schaftliche Gebiet im weitesten Sinn fallen: Johannes Carion, Bedeutnus und Offenbarung himmlischer Influxion; Friedrich Griso, Beschreibung und Ordnung, die Pferde geschickt zu machen (deutsch v. Hans Frölich und Veit Tuff; eine andere Uebersetzung v. Johann Raiser); Roßarzneibüchlein; mehrere Bücher von „allerlei Stangen und Biß“.

III. DER BOCHERRAUM. Wie uns Inv. 1589 Bl. 12r—14v verrät, war in der Mindelburg ein eigener Bücherraum vorhanden. Er befand sich in einer Kammer unmittelbar neben des letzten Frundsbergs gewöhnlichem Zimmer, und zwar in dem heute nicht mehr bestehenden Westflügel. Dieser Raum diente der Auf­ bewahrung der Bücher im literarischen Sinn. Die Urba­ rien, Lehenbücher, Protokollbücher usw. befanden sich in einem eigenen Raum, der Schreibstube. Ausgestattet war der Bücherraum mit (2) Kästen und mit Truhen. 74

IV. DIE ENTSTEHUNG DER FRUNDSBERGISCHEN BIBLIOTHEK. Zahlenmäßig wie inhaltlich darf die Frundsbergische Bi­ bliothek zu den ansehnlichsten des schwäbischen Adels des 16. Jahrhunderts gerechnet werden. Das ist umso auf­ fälliger, als man die Frundsberg gewöhnlich nur als Kriegs­ leute, wenn nicht gar als Raubritter und Bauernschinder kennt. Da erscheint es als doppelt berechtigt, zu fragen: Wie kamen diese vielen und z. T. kostbaren Bücher auf die Mindelburg? Haben die Frundsberg sie alle oder doch in der Hauptsache selbst erworben? Haben sie bei der Besitznahme der Mindelburg im Jahre 1467 vielleicht be­ reits einen kleinen Bücherbestand aus der Zeit der Teck und der Rechberg angetroffen? Aus Einträgen in den Büchern selbst lassen sich keine Feststellungen machen — es haben sich ja nur verschwindend wenige Bücher aus der Frundsberg-Bibliothek erhalten. Der archivalische Nachlaß der Frundsberg gibt, soweit er bis jetzt erhoben ist, nur dürftige Auskunft. Das Haushaltsbuch Adams v. Frundsberg, eines Bruders des bekannten Landsknecht­ führers, vermerkt unter den Ausgaben des Jahres 1513: 9 Gulden 20 Kreuzer für Bücher; unter den Ausgaben des Jahres 1517: 4 Gulden 24 Kreuzer für 2 Landkarten, 1 Gulden 40 Kreuzer für 3 Bücher28. Trotz diesen spär­ lichen unmittelbaren Nachrichten dürfen wir annehmen, daß die Frundsberg mit Bücherankäufen nicht gekargt haben. Aus verschiedenen Zeugnissen wissen wir, daß sie dem geistigen Leben keineswegs gleichgültig, geschweige denn feindlich gegenüberstanden. Georg I. Frundsberg wird 1530 von Luther gerühmt als einer von den feinen und frommen Edelleuten, die geistige Arbeit zu schätzen wissen29; er nimmt gelehrte Leute in seinen Dienst, so Adam Reißner, Johannes Altenstaig; er stellt für seine Söhne Melchior und Balthasar in der Person des Simon Kompost 1519 einen Lehrer an30; er schickt seinen Zweit­ ältesten Sohn Melchior mit Adam Reißner an die Univer­ sität Wittenberg, 1523; er verfaßt für seinen kaiserlichen Herrn einen gar nicht üblen Bericht über die Schlacht von Pavia, dessen sich die Flugschriftenverleger bemächtigen31; 75

er besteigt sogar den Pegasus und dichtet sich seine Ver­ ärgerung über den Undank seines kaiserlichen Herrn in einem „Liedlein“ („Mein Fleiß und Müh ich nie hab gspart“) von der Seele, das oft im Kreise seiner Freunde erklingt32. Sein Sohn Melchior holt sich an der Universität Wittenberg eine akademische Bildung und Melanchthon selbst gibt ihm — anscheinend da er die Universität ver­ läßt, um ins Feld zu ziehen — die Mahnung mit auf den Weg, auch weiterhin den Musen treu zu bleiben. In Form eines Distichons hat Melanchthon diese Mahnung in ein Buch Melchiors33 eingetragen; dieses Buch mit Melanchthons Widmung nimmt der junge Frundsberg mit auf den italienischen Kriegsschauplatz, und erst da ihm das Geld ausgeht, gibt er es seinem Begleiter Adam Reißner „vice nummi militaris“34. Georg Frundsbergs älterer Bruder Adam scheint eine gute Bildung genossen zu haben; er führt seine Haushaltsbücher selbst und hat eine leicht leserliche, saubere Handschrift. Ihm bezeugt der Humanist Johannes Altenstaig in der Vorrede zu seiner Isokratesllebersetzung, er lese gern „etwas guts und das nutz ist, lustberlich oder seltsam“35. Zu Adams Zeit, anfangs 16. Jahrhundert, beherbergte die Mindelburg eine Art Ritter­ akademie, an der junge Edelleute, besonders solche aus der weitverzweigten Frundsbergischen Verwandtschaft, ihre Ausbildung in den ritterlichen Künsten, aber auch in der Wissenschaft erhielten; der schon erwähnte Simon Kompost und ein Herr Adam (wohl Adam Reißner) wer­ den als ihre Schulmeister genannt; für diese jungen Edel­ leute kauft Adam Frundsberg einmal um 4 Gulden 38 Kreuzer Bücher36. Die in die gleiche Quelle, die Frunds­ bergischen Haushaltsbücher, eingestreute Bemerkung, Herr Adam habe seiner Schwester Bärbl, der Frau des Frischhans Bodmann, zwei Bücher verehrt, darf wohl ebenfalls ein Zeugnis für die geistige Aufgeschlossenheit der Frunds­ bergischen Familie gewertet werden. Geistig besonders rege scheint der letzte Frundsberg gewesen zu sein. Als kurz nach seinem Tod von den Erben die erwähnte Be­ standsaufnahme durchgeführt wurde, fand man in seinem gewöhnlichen Zimmer auf einer Bank neben seinem Bett viele Bücher und eine Schreibtafel dabei. Unmittelbar an 76

sein Wohnzimmer schloß sich die Bibliothek an. In der Vereinsamung seiner späten Tage — er war kinderlos und lebte von seiner Frau getrennt — scheint er seine liebste .Zuflucht zu den Büchern genommen zu haben. Von ihm, wenn auch nicht von ihm allein, ging auch die Anregung zu Adam Beißners großer Frundsberg-Geschichte aus. Es war also in der geistigen Aufgeschlossenheit der maß­ gebenden Mitglieder des Frundsbergischen Hauses die Vor­ aussetzung für das Entstehen und die Erweiterung einer Hausbibliothek durchaus gegeben. Und so dürfen wir das Verdienst, die Bibliothek zusammengebracht zu haben, wohl in der Hauptsache dem Sammeleifer der Frundsberg zuschreiben. Bei ihrer vielseitigen Stellung und Tätigkeit — Territorialherren, Landsknechtführer, Ritter nach dem von Maximilian wiedererweckten Traumbild — ist es auch ganz verständlich, daß Werke des verschiedensten Inhalts von ihnen gekauft oder sonstwie erworben wurden. Manches Buch wird auch durch Schenkung zur Bibliothek gekommen sein, so z. B. die Tabula ABCtaria Kaiser Maximilians. Wir wissen weiter — und auch das darf als Zeichen der geistigen Regsamkeit der Frundsberg genom­ men werden —, daß verschiedenen Frundsbergischen Her­ ren von Schriftstellern Werke gewidmet wurden. Dem Tri enter Bischof Ulrich v. Frundsberg, einem Bruder Georgs I., widmet der rätselhafte Leupoldus filius ducatus Austriae seine Compilatio de astrorum scientia (Augsburg, Erhard Ratdolt, 1489)37. Adam Frundsberg erhält von Johannes Altenstaig die Schrift „Isokrates von dem Reich“ (Augsburg, Silvan Otmar, 1517) zugeeignet. Georg I. wird bewidmet von dem Augsburger Reisigen Haug Marschalck gen. Zoller mit der Schrift „Das hailig ewig Wort gots“ (Augsburg, Philipp Uhlhardt, 1523), von Johannes Alten­ staig mit der Schrift „Von der Füllerey“ (Straßburg, Johann Grüninger, 1525) — der Druck einer anderen Schrift Altenstaigs, die Frundsberg und seine Taten selbst zum Gegenstand hatte, war daran gescheitert, daß Frunds­ berg aus Bescheidenheit abwinkte; Oswald Fragensteiner widmete Frundsberg sein Lied auf die Schlacht von Bicocca38. Einem Neffen Georg Frundsbergs, dem Sohn seines Bruders Thomas, dem mit Kanonikaten zu Augs77

bürg, Eichstätt, Brixen, Ellwangen ausgestatteten Johann v. Frundsberg dedizierte der schon mehrfach genannte Altenstaig sein Opus pro conficiundis epistolis (Hagenau, Heinrich Gran, 1512). Und Adam Reißners große Frundsberggeschichte ist — in ihrer zweiten Auflage, Frankfurt a. Main 1572 — dem letzten Frundsberg zugedacht. Es ist allerdings merkwürdig, daß bei der Bestandsaufnahme von 1591 von den genannten Widmungswerken nur mehr Reißners Frundsberggeschichte und Fragensteiners Frundsberggedicht auf der Mindelburg vorhanden waren. Es sind nun freilich in der Frundsberg-Bibliothek Be­ stände anzutreffen, die der geistigen Haltung der Mindelheimer Frundsberg nicht gelegen sein konnten, die sie sich wohl kaum angeschafft und wohl kaum auch verehrt bekommen haben. Das gilt insbesondere für die vielen theologischen Werke. Wenn die Frundsbergischen Herren und Frauen auch im Sinne ihrer Zeit fromme Leute waren, daß sie nach den vielen rein theologischen Werken die Hand ausgestreckt hätten, ist nicht anzunehmen. Aus­ geschlossen ist das jedenfalls bei den zahlreichen Missa­ lien und Breviarien, bei den Ordensregeln und ihren Aus­ legungen. Ausgeschlossen ist auch, daß sie sich verschie­ dene Werke, wie Hortulus animae, Concilium zu Gostenz drei und mehrfach angeschafft haben. Es muß außer Kauf und Verehrung noch andere Wege gegeben haben, auf denen die vielen theologischen Werke in die Frundsbergische Bibliothek nach Mindelheim gelangten. Einer dieser Wege wird in Beerbung gesucht werden dürfen. Das Frundsbergische Haus hatte nicht wenige geistliche Mitglieder. Genannt sind bereits Ulrich, Bischof v. Trient (f 1493), Johann, mehrfacher Domherr. Dieser Johann, der Sohn des Thomas Frundsberg und der Ursula v. Waldburg, hatte einen Bruder Ulrich, der Deutschordens­ ritter, und eine Schwester Irmgard, die Klarissin zu Königsfelden (Kanton Aargau) war. Auch die Familien, in die Frundsbergische Töchter hineinheirateten, hatten geistliche Mitglieder; so erscheint unter den Vormündern, die 1536 über die minderjährigen Kinder Kaspar v. Frundsbergs gesetzt wurden, der Brixener Domherr und spätere Bischof Christoph Fuchs v. Fuchsberg auf Jauffenberg39— Eva 78

Frundsberg, die Schwester des ersten Georg hatte in diese Familie hineingeheiratet. Aus dem Erbe dieser geistlichen Mitglieder des Frundsbergischen Hauses mag manches aszetische oder theologische Werk auf die Mindelburg ge­ kommen sein. Auf Brixen weist z. B. ein deutsches Metten­ buch „des Stiffts zu Prüchßen“. Noch von anderer geist­ licher Seite her dürfte die Frundsberg-Bibliothek Bestände aufgenommen haben, nämlich aus der Bibliothek des Mindelheimer Augustinerklosters. Daß die Mindelheimer Augu­ stiner eine Bibliothek besaßen und daß der Grundstock dieser Bibliothek etwa 100 Jahre nach Auflösung des Klosters an ihre Nachfolger, die Jesuiten, überging, habe ich an anderer Stelle gezeigt40. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, daß Teile dieser Bibliothek auf die Mindel­ burg wanderten. Als sich nämlich seit etwa 1526 der Mindel­ heimer Augustinerkonvent allmählich entvölkerte, nahmen die Frundsberg als Vogtherren das Kloster in Verwahrung und Verwaltung und brachten besonders wertvolle kirch­ liche Gegenstände, so z. B. eine silberne Monstranz auf ihr Schloß (Inv. 1589 Bl. 7v). So könnten auch aus der Klosterbibliothek manche Teile dort verwahrt worden sein. Auf klösterlichen und im besonderen augustinischen Vor­ besitz weisen z. B. die Augustinerregel und deren Aus­ legung durch Humbert de Romanis. V. DIE SPÄTEREN SCHICKSALE DER FRUNDSBERGBIBLIOTHEK. Die genaue Kenntnis der Frundsberg-Bibliothek und ihres Bestandes verdanken wir nur dem Umstand, daß sich zwei Erben um den Nachlaß des Frundsbergischen Geschlech­ tes stritten. Die Auseinandersetzung zog sich gegen dreißig Jahre hin. Während dieser Zeit blieb die Bibliothek mit der übrigen Fahrhabe auf der Mindelburg. Der Streit en­ dete damit, daß Herzog Maximilian von Bayern die An­ sprüche der Maxirainer übernahm, mit Heeresmacht vor Mindelheim anrückte und am 21. September 1616 Besitz von Stadt und Herrschaft Mindelheim ergriff. Dem Fug­ ger blieb nichts anderes übrig, als der Gewalt zu weichen und sich mit einer Abfindung an Geld, Kleinodien, Gerät79

schäften aus der Mindelburg zufrieden zu geben. Dabei wird wohl auch ein Teil der Bibliothek an die Fugger gegangen sein. Heute scheint sich jedoch nichts mehr aus Frundsbergs Bücherbesitz in Händen des Hauses Fugger zu befinden. Vielleicht ist ein etwa vorhandener Anteil aus der Frundsbergischen Bibliothek 1656 mit der Bi­ bliothek des Grafen Albert Fugger in den Besitz Kaiser Ferdinands III. übergegangen und nach Wien gekommen. Nachforschungen an der Wiener Nationalbibliothek haben jedoch zu keinem Ergebnis geführt. Der Großteil der Bibliothek blieb wohl 1616 auf der Mindelburg und wurde Eigentum des Bayernherzogs Maximilian. Dieser nun über­ wies 1620 den Mindelheimer Jesuiten, denen er 1618 das ehemalige Mindelheimer Augustinerkloster eingeräumt hatte, die vorhandenen Reste der Frundsberg-Bibliothek, jedoch nicht als Eigentum, sondern zur Benützung und Betreuung41, man darf aber wohl annehmen, daß aus der leihweisen Ueberlassung allmählich ein Besitzrecht gewor­ den ist. Im Mindelheimer Jesuitenkolleg verblieb die Frundsberg-Bibliothek zusammen mit der Jesuitenbiblio­ thek bis 1835. Allerdings schmolz im Laufe der Zeit der Frundsbergische Bücherbestand sehr stark zusammen. Das ergibt sich aus zwei Katalogen der Mindelheimer Jesuitenbibliothek. Der eine dieser Kataloge (Catalogus librorum Bibliothecae Collegii Mindelhem.) wurde um 1760 im Mindelheimer Jesuitenkolleg angelegt und befindet sich heute als Cod. bav. Cat. 307 in der Bayer. Staatsbibliothek zu München. Der zweite Katalog entstand um 1835. Laut einer Regierungsverfügung (vom 19. September 1835) kamen nämlich die Ueberreste der Mindelheimer Jesuiten­ bibliothek an die Kreis- und Stadtbibliothek nach Augs­ burg und wurden dort zunächst auf dem oberen Dach­ boden gesondert aufgestellt, da sich die Regierung über ihre Bestimmung noch nicht schlüssig war. Stadtbiblio­ thekar G. C. Mezger und sein Adlatus B. Greiff legten bei dieser Gelegenheit einen Katalog an42. In beiden Katalogen fehlt nun aus dem ehemals Frundsbergischen Bücherbesitz sehr viel, so die älteren Handschriften, die zahlreichen Historibücher. Wohin das alles gekommen ist, läßt sich nicht sagen. Aufgenommene Spuren haben zu keinem Er80

gebnis geführt. Verschiedene Nummern des Katalogs von 18354S legen die Vermutung nahe, daß 1835 Frundsbergischer Bücherbesitz noch vorhanden war. Aber weder in den Benediktinerklöstern Metten, Scheyern, St. StephanAugsburg, Weltenburg, wohin Bestände der Mindelheimer Jesuitenbibliothek kamen, noch in der Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek Augsburg hat sich Frundsbergischer Be­ sitz einwandfrei nachweisen lassen. Was die Augsburger Staatsbibliothek im besonderen betrifft, so sind die in Ver­ mutung stehenden Nummern des Katalogs von 1835 ent­ weder nicht mehr vorhanden oder sie weisen anderen Vorbesitz auf oder sie tragen keinen Frundsbergischen Be­ sitzvermerk44. Aus Frundsbergischem Besitz könnte stam­ men: Vincentius Ferrerius, Traktat vom Ende der Welt (Katalog von 1835 unter Nr. 1721, heute 4° Ink. Ferre­ rius H 7022, mit Besitzvermerk des Mindelheimer Jesuiten­ kollegs).

VI. RESTE DER FRUNDSBERGBIBLIOTHEK. Einwandfrei konnte ich bisher nur zwei Werke aus ehe­ mals Frundsbergischem Besitz als noch vorhanden nach­ weisen. Das eine ist Wolfgang Fragensteiners bereits er­ wähntes Gedicht auf Frundsberg und die Schlacht von Bicocca, das sich in das StAM gerettet hat45. Das zweite ist ein handschriftliches Armenseelenbüchlein, das aus dem Besitz der Frau Barbara v. Frundsberg, geb. Rechberg-Hohenrechberg, über den Junker Wilhelm von Zell und das Zisterzienserinnenkloster Kirchheim i. Ries in die F. Oettingen-Wallersteinische Bibliothek Maihingen gekom­ men ist (dort geführt unter der Signatur Hs. III i 4° 26)46. So bedauerlich der Verlust der an Handschriften, Wie­ gen- und Frühdrucken so reichen Frundsberg-Bibliothek für die Wissenschaft ist, freuen wir uns doch der Tat­ sache, daß sie einmal da war und daß es ein schwäbisches Rittergeschlecht war, das sie besaß. 81

A

N

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ERKUNGEN

1. Quellen und Schrifttum: a) Archivalisches Material lieferten fol­ gende Bibliotheken: Augsburg, Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek (= StBA); Augsburg, Fürstlich und gräflich Fuggersches Fami­ lien- und Stiftungsarchiv (= FAA); Mindelheim, Stadtarchiv (= St AM); München, Bayer. Staatsbibliothek (=StBM). b) Schrift­ tum: Brunnemair J. Ph., Geschichte der Königl. Baierischen Stadt und Herrschaft Mindelheim, Mindelheim 1821; Mezger G. C., Geschichte der vereinigten Königlichen Kreis- und Stadt-Biblio­ thek in Augsburg, Augsburg 1842; Reißner A., Historia Herrn Georgen vnd Herrn Caspam von Frundsberg Vatters vnd Sons, beyder Herrn zu Mündelheym etc. Keyserlicher Oberster Feldt Herren, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1572, Neuausgabe von K. Schot­ tenloher, Leipzig (Voigtländers Quellenbücher Bd. 66); Weller E., Repertorium typographicum. Die deutsche Literatur im ersten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts, Nördlingen 1864; Zoepfl F., Johannes Altenstaig, Münster i. W. 1918; Geschichte des ehe­ maligen Augustinerklosters zu Mindelheim, in: Arch. f. d. Gesch. des Hochstifts Augsburg 5, 1916—1918, 255—320; Geschichte des ehemaligen Mindelheimer Jesuitenkollegs, Dillingen a. D. 1921; Georg von Frundsberg und seine Stellung zur Reforma­ tionsbewegung, in: Histor.-polit. Blätter 168, 1921, 712—725; Die Hofhaltung der Frundsberg zu Beginn des 16. Jahrhunderts, Mindelheim 1923; Frundsbergische Beziehungen zum Ries, in: Rieser Geschichtsfreund 3, 1924, Nr. 1; Aus Georg von Frundsbergs Privatleben, in: Memminger Geschichts-Blätter 11, 1925, 22—24; Georg von Frundsberg und die Mindelburg, Mindelheim 1928; Ein zeitgenössisches Gedicht auf Georg von Frundsberg und die Schlacht von Bicocca, in: Hist. Jahrb. der Görresgesellschaft 50, 1930, 350—356. 2. Vgl. Zoepfl, Frundsberg und die Mindelburg 43—46. 3. Eine außereheliche unverheiratete Tochter Maria erwähnt ein Testament Georgs II., das vor seinem Ausmarsch in den Nieder­ ländischen Krieg — wohl 1567 — aufgerichtet, später aber für ungültig erklärt wurde (im Entwurf vorhanden StAMAkten A8); Frundsberg bestimmt darin für seine Tochter 2000 Gulden, die nach seinem Tod sofort nutzbringend anzulegen und ihr bei ihrer etwaigen Verheiratung — Wohl verhalten gegen seine Gemahlin vorausgesetzt — auszubezahlen seien. Das endgültige, am 6. März 1586 aufgerichtete Testament gedenkt dieser Tochter nicht mehr. 4. Wohl = Reisiger in Diensten der Stadt; nach Fischer H., Schwä­ bisches Wörterbuch 2, 649, bedeutet Ainspenniger bewaffneter Kriegsknecht, Reiter, reisiger Bote, berittene Stadtwache, Stadt­ polizei. 5. So ist wohl das Biberagel und Bibrachhell des Textes zu ver­ bessern. Biberachzell BA. Neu-Ulm.

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6. Einige Entlehnungen sind am Rand von Inv. 1591 vermerkt. Als Entleiher sind angeführt ein Junker Haug (Montfort? Fugger? Maxlrain?), Dr. G. Gadner, Herr v. Maxlrain, Frau v. Maxlrain. Die Maxlrain hatten, wie Inv. 1589 Bl. 46v klagt, nach dem Tode des letzten Frundsberg die Schlüssel der Mindelburg an sich ge­ nommen, die einzelnen Gemächer, obwohl sie „verpetschieret” waren, oftmals geöffnet und wieder ein wenig ,,verkhlaibt”. 7. Außerhalb der Reihe werden in beiden Inv. angeführt „ein schwarz sametes Kunstbüchl” und ein weiteres schwarz-samt gebundenes, mit Silber beschlagenes, schön illuminiertes Büch* lein, von der alten Gräfin v. Montfort stammend, beide im Silber­ gewölbe verwahrt. 8. Darunter ein deutsches, auf Pergament geschriebenes, mit schön illuminierten Figuren versehenes von 1473. 9. Illuminierte Pergamenthandschrift von 1432. 10. Noch ein zweitesmal vorhanden, wobei irrtümlich als Verfasser Bruder Heinrich O.P. zu Nürnberg genannt wird. 11. Eine Verdeutschung der dem Alanus zugeschriebenen Schrift Speculum peccatricis animae ist vielleicht die ohne Verfasser­ namen angeführte Schrift „Der geistlich Spiegel der armen sün­ digen Seel”. 12. Gemeint jedenfalls Jakob Paladin! v. Teramo, Consolatio peccatorum oder Processus Luciferi contra Jesum Christum. Eine viel verbreitete, später auf den Index gesetzte Schrift. 13. Gemeint wohl die Summa des Johannes Faventinus (gest. 1190). 14. Gemeint „Von den Unholden oder Hexen” (Köln 1489). 15. „Ain pergamene geschribne Tafel die anfahet mit dem a. b. c. etc. und pater noster in rot gepunden mit pucklen von praiten donat plettern” befand sich nach einem 1538 angefertigten Inventar zu Innsbruck in der Bibliothek Maximilans I. Laut einer Randbemer­ kung war sie 1532 König Maximilian II. „durch Herrn Christoff Fuchssen geantwortet” worden; vgl. Gottlieb Th., Büchersamm­ lung Kaiser Maximilians I., Leipzig 1900, 108 Nr. 324. Freund­ licher Hinweis von Herrn Oberbibliotheksrat Dr. O. HartigBamberg, dem ich auch sonst für liebenswürdige Bemühungen zu großem Dank verpflichtet bin. Mit der oben erwähnten Ta­ bula ABCtaria hat diese kaum etwas zu tun. 16. Vgl. Zoepfl, Frundsberg und die Reformation. 17. Johannes Presbyter, eine Sagengestalt des 16. Jahrhunderts. 18. Der Knabe Simon Unverdorben, der im Alter von zweieinhalb Jahren von Juden 1475 zu Trient zu rituellen Zwecken zu Tode gemartert worden sein soll. 19. Linck war als Generalvikar des Augustinerordens zu VisitationsZwecken 1521 in Mindelheim gewesen und wohl mit den Frund&berg persönlich bekannt geworden; vgl. Zoepfl, Augustinerklositer 295. 20. Georg II. Frundsberg hatte selbst am Niederländischen Krieg teilgenommen. 83

21. Reißners bekanntes Werk. 22. Gemeint ist Oswald Fragensteiners historisches Volkslied auf Georg Frundsberg, das auf dem Umweg über den Fuggerischen Hofkastner Laurentius Hailand (gest. 1620) und dessen Verwand­ ten Johannes Hailand in den Besitz der Stadt Mindelheim ge­ langte; vgl. Zoepfl, Gedicht auf Georg Frundsberg 350 f. 23. Barbara v. Montfort war in erster Ehe mit Heinrich v. Fürstenberg vermählt gewesen; nach Brunnemair 339 hätte die Hochzeit am 21. Januar 1565 stattgefunden. 24. Georg I. Frundsberg hatte, nachdem er von einem Schlaganfall getroffen war, Aufnahme bei Herzog Alfonso v. Ferrara gefunden. 25. Beide waren bei St. Anna in Augsburg als Lehrer tätig. 26. Das berühmte Werk des Hans v. Franoolin. 27. Jedenfalls in der von dem Augsburger Kanonikus Marquard vom Stein gelieferten Verdeutschung. 28. Vgl. Zoepfl, Hofhaltung 34. 29. Vgl. Zoepfl, Frundsberg und die Reformation 712. 30. Vgl. Zoepfl, Altenstaig 25. 31. Vgl. Schottenloher, Reißner 62 A 1; Weller 3602—3604; K. W. Hiersemann, Antiquariatskatalog 594 (1929), S. 16 Nr. 123. 32. Von Reißner Bl. 186v mitgeteilt. 33. Robertus Valturius, Opus de re militari, Veronae 1472. 34. Vgl. Schelhorn J. G., Amoenitates literariae 3, Ulmae 1725, 125. 35. Vgl. Zoepfl, Altenstaig 28. 36. Vgl. Zoepfl, Hofhaltung 21. 37. Vgl. ADB 18, 404. 38. Vgl. Zoepfl, Gedicht auf Georg Frundsberg 350—356. 39. Vgl. Mon. Boic. 6, 630f. Es ist wohl derselbe, der oben A. 15 genannt ist. 40. Vgl. Zoepfl, Augustinerkloster 308 f; Jesuitenkolleg 7.91. 41. Vgl. Zoepfl, Jesuiitenkolleg 91. „Maximiliänus __ suam ex arce residuam bibliothecam nobis asservandam ae utendam liberaliter impertivit” vermerkt die handschriftliche Historia Collegii Mindelhem. Bd. I 31. 53 (StAM). 42. Vgl. StBA Katalog 10. 43. Z. B. Lauterbeck Georg, Regentenbuch (StBA Kat. 10 Nr. 705); Clichtoveus Jodocus, Evangelische und christenliche Predigten (Nr. 1134); Ryff Gualther, Confectbuch (Nr. 1903); Fridericus Griso, Kunst, die Pferde ... vollkommen zu machen (Nr. 2959). 44. Für wiederholte freundliche Auskünfte bin ich der Leitung der Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek Augsburg zu aufrichtigem Dank verpflichtet. 45. Vgl. oben A. 22. 46. Vgl. Zoepfl, Frundsbergische Beziehungen zum Ries.

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DAS AUGSBURGER »ZEITUNG-BUCH« VOR 1600

Augsburg und die erste Zeitung der Welt. Eine Studie von Helmut Fischer. Die Anfänge des Zeitungswesens sind trotz verschiedenster Forschungen noch nicht geklärt. Den ersten Erscheinungs­ tag oder auch nur das erste Erscheinungsjahr jener perio­ dischen Erscheinung, die wir Zeitung nennen, können wir nach dem Stande der heutigen wissenschaftlichen Forschung noch nicht feststellen. Wir sind aber dennoch in der Lage zu sagen, daß nach den bisherigen Forschungs­ ergebnissen Augsburg als die Gründungsstadt des Zeitungs­ wesens zu gelten hat. Eine einfache Aktennotiz, lautend „Inzwischen bekam ich bei dem Notar Hatscher seel. ein alt Zeitung-Buch, so vor 100 Jahren ordinari allhier ge­ druckt worden“, verschafft uns diese Kenntnis. Dieser Aktenvermerk wurde im Jahre 1933 von Hermann Hart, dem Historiographen der „Augsburger Postzeitung“ auf­ gefunden1. Er stammt aus einer Denkschrift vom Jahre 1690, in der Jakob Koppmayer an den Rat der Stadt Augsburg über die 1676 erfolgte Neugründung der „Augs­ burger Abendzeitung“ berichtet Bei der von mir im Jahre 1933 vorgenommenen Ueberprüfung der Anfänge des deut­ schen Zeitungswesens kam ich zu der Ansicht, daß dieses alte Zeitungbuch die älteste Zeitung Deutschlands und auch der Welt sein müsse2. Rechnet man von 1690 hundert Jahre zurück, so kommt man — die Zahlenangabe von 100 Jahren darf man selbstverständlich nicht wörtlich nehmen — zu der Feststellung, daß dieses Zeitungbuch in dem Zeitraum von 1590—1600, jedenfalls vor der 16. Jahr­ hundertwende erschienen sein muß. Daß es sich um eine gedruckte periodische Zeitung handelt, geht aus folgenden Worten Koppmayers hervor: „Die Zeitung (nämlich die „Augsburger Ordinari-Zeitung“,spätere „Augsburger Abend­ zeitung“) zu drucken, hat Anlaß gegeben, eine auf kai­ serlicher Seite erhaltene Victoria, welche ich vor ein Extra allhier gedruckt habe; weil es nun beliebt war, nahm ich Gelegenheit, anzuhalten, solche kontinuierlich zu drucken; aber es wollte kein Fortgang erreichen, denn 85

Jh. Gnd. H. Stadtpfleger Weiß gab mir zur Antwort, wann es tunlich wäre, so hätten es unsere Vorfahren auch ge­ druckt, wollte sich also nichts darauf verstehen. Inzwi­ schen bekam ich bei dem Notar Hatscher seel. ein alt Zeitung-Buch so vor 100 Jahren ordinari allhier gedruckt worden, dieses brachte ich zum Herrn Stadtpfleger.“ Der Stadtpfleger verweigerte demnach Koppmayer die Grün­ dung einer periodischen Zeitung, weil es eine solche in Augsburg noch nicht gegeben habe. Als man ihm dann beweist, daß in Augsburg schon einmal eine periodische gedruckte Zeitung erschienen ist, gibt er seine Einwilligung, sodaß tatsächlich die „Augsburger Abendzeitung“ ab 1676 in Augsburg erscheinen konnte. Damit ist klar bewiesen, daß es sich bei dem alten Zeitung-Buch ebenfalls um eine periodische Zeitung gehandelt haben muß, was im übrigen auch aus dem Wort „ordinari“ (zu deutsch „gewöhnlich“ oder „regelmäßig“) hervorgeht. Daß dieses Buch heute nicht mehr aufzufinden ist, ist kein Gegenbeweis gegen seine Existenz. Aus der Zeit vor 1609 war uns bisher keine Zeitung bekannt, sodaß wir nach dem Stände der heutigen Forschung sagen müssen, daß dieses ZeitungBuch die älteste Zeitung der Welt und Augsburg somit die Gründungsstadt der Zeitung schlechthin ist. Man hat bisher behauptet, daß der sogenannte „Augsburger Aviso“3 die älteste Zeitung der Welt sei. Er wäre dies nur, wenn er ein späterer Jahrgang jener eben besprochenen Zeitung vor 1600 wäre. Die Möglichkeit eines Zusammen­ hangs ist nicht von der Hand zu weisen4. Einen Beweis; dafür kann ich jedoch nicht antreten, trotzdem ich sämt­ liche Protokolle des Augsburger Rats von 1570—1620 und die sonstigen einschlägigen Akten des Augsburger Stadt­ archivs und anderer Archive durchgearbeitet habe. Aus dem Jahre 1609 ist uns nämlich noch der Jahrgang einer zweiten Zeitung, die sog. „Straßburger Relation“ bekannt5. In der Vorrede zu diesem Jahrgang sagt der Herausgeber Johann Carolus aus Straßburg, daß er „in außfertigung der ordinarii avisa, wie nun etlich Jahr beschehen, zu continuiren bedacht“ sein werde. Die von Heide6 vertretene Ansicht, daß Carolus mit diesen Worten andeuten wolle, daß er seine bisher geschriebene Zeitung in eine gedruckte 86

von diesem Jahr an um wandeln wolle, ist durchaus abwegig, denn „Außfertigen“ umfaßt die Tätigkeit des Drückens, des Fertigmachens eines Druckes und die des öffentlidh Verbreitens7. Damit ist also eindeutig gesagt, was auch schon Opel8 in seinen „Anfängen der deutschen Zeitungspresse“ behauptet hat, daß die Straßburger Rela­ tion schon vor 1609 gedruckt herausgekommen ist. Es ist mir die Feststellung gelungen, daß Johann Carolus am 24. Juli 1599 zu Straßburg durch Heirat der dortigen Bürgerstodhter Anna Fröhlich das Bürgerrecht erworben und mit ihr zusammen am 13. 2. 1601 von den Erben Leuprandt ein Haus am Thomasplatz in Straßburg gekauft hat9. Er war Buchbinder und hat später auch die Drucke­ rei des verstorbenen Bernhart Jobin erkauft, was aus dem bei Opel abgedruckten Ratsdekret10 hervorgeht, das zwar nicht, wie Opel meint, ein Kaufvertrag über die Druckerei, sondern ein Privileg gegen den Nachdruck der „Manualbüohlein“ ist Dies muß um 1604 geschehen sein, sodaß wir annehmen können, daß die Relation nicht vor diesem Jahr erschienen ist. Da nun „etli,ch“ — und Caro­ lus sagt, daß die Herausgabe 1609 schon „etlich Jahr“ geschehen sei — der Ausdruck für eine Zahlengröße unterhalb der Zahl 10 ist, so geht auch aus dem Sprach­ gebrauch hervor, daß die Zeitung wohl kaum vor dem Jahre 1600 erstmals gedruckt worden ist. Beim Augsburger Aviso ist es noch schwieriger das Jahr des ersten Erscheinens zu bestimmen, vor allem, da er nicht einmal eine Angabe über Dru,cker und Druckort enthält. Als Druckort nimmt man Augsburg an; in dem augsburger Formschneider und Buchdrucker Hans Schultes (1542—1619)u, dessen Lebensgang ich an anderer Stelle auf Grund eingehender Aktenforschungen dargestellt habe12, glaubt man seinen Verleger gefunden zu haben. Es ist mir vor allem die Feststellung gelungen, daß er seine Druckwerkstätte im Haus C 315 der Pfladergasse hatte. Ich habe früher die heute nicht mehr vertretbare Ansicht gehabt, daß man aus dem Fehlen eines Vorwortes zum Jahrgang 1609 des Aviso auf ein früheres Alter desselben schließen dürfe. Nach meinen jüngsten Forschungen ist dies kein sicherer Beweis, denn es ist mir die erste Num87

mer einer Zeitung aus einer anderen Stadt ohne jedes Vorwort bekannt geworden. Was aber für ein früheres Erscheinen spricht, ist die Tatsache, daß erstens der mut­ maßliche Verleger Schultes 1609 schon 67 Jahre alt ge­ wesen ist und in diesem Alter nicht erst eine Zeitung be­ gründet haben dürfte, besonders nach dem er schon seit 30 Jahren eine sehr gut eingerichtete Druckerei in Augs­ burg besaß, zum anderen das außerordentliche gute Funk­ tionieren des Nachrichtendienstes der Zeitung und als drittes die Aufmachung. Bei dem Aviso ist jede Nummer schon eine Zeitung für sich, während bei der Relation die einzelnen Nummern noch die beabsichtigte Zusammen­ fassung zu einem Buch deutlich erkennen lassen. Auch andere Gründe, für die eine längere — hier nicht mög­ liche — Beweisführung notwendig wäre, sprechen noch für ein früheres Erscheinen. Ich habe versucht im Rahmen des mir zur Verfügung gestellten Raumes eine ganz knappe Darstellung zu geben. Eine ausführliche Klarstellung mußte deshalb leider einer besonderen Publikation Vorbehalten werden, die dem­ nächst erscheinen wird.

ANMERKUNGEN 1. Stadtarchiv Augsburg: Censuramt 1649—1753. Koppmayer c. Sturm. 2. Meine Ergebnisse sind veröffentlicht in: H. Fischer, „Aus fünf Jahrhunderten eines Verlags, aus vier Jahrhunderten einer Zei­ tung”. In: München-Augsburger Abendzeitung, Jubiläumsnummer vom 13. 1. 1934. 3. Titel: „Avisa Relation oder Zeitung. Was sich begeben vnd zuge­ tragen hat / in Deutsch: vnd Welschland / Spannien / Niederlandt / Engellandt / Franckreich / Ungern / Oesterreich / Schweden / Polen / vnnd in allen Provintzenj / in Ost: vnnd West Indien etc. So alhie den 15. Januarij angelange. Gedruckt im Jahr/1609.” Im Besitz der Provinzialbibliothek in Hannover. 4. Fischer a. a. 0. S. 6.

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5. Titel: „Relation: Aller Fümemen vnd gedenckwürdigen Historien/ so sich hin vnnd wider in Hoch vnnd Nieder Teuitschland / auch in Franckreich / Italien / Schott vnd Engelland / Hisspanien / Hungern / Polen / Siebenbürgen / Wallachey / Moldaw / Türckey ec. Inn diesem 1609. Jahr verlauffen vnd zutragen möchte. Alles auff das trewlichst wie ich solche bekommen vnd zu wegen bringen mag / in Truck verfertigen will.” Im Besitz der Univer­ sitätsbibliothek Heidelberg. 6. Heide, W.: Die älteste gedruckte Zeitung. Mainz 1931. S. 15. 7. Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854. Stichwort „ausfertigen”. 8. Opel, J. 0.: Anfänge der deutschen Zeitungspresse. 1609—1650. In: Archiv f. Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. III. Leipzig 1879. S. 44 ff. 9. Archives et Bibliotheque de la ville de Strasbourg: Bürgerbuch II, p. 771; Kirchenbuch der Wilhelminerkirche, Nr. 31, p. 182; Straß­ burger Kontraktstube. 10. Opel a. a. O. S. 207. 11. Die Vermutung wurde erstmals aufgestellt von Ernst Heuser. Siehe dazu: Emst Heuser und Cajetan Freund: Die Zeitung, ihre Entwicklung von den Anfängen bis heute. 1609—1914. MünchenAugsburger Abendzeitung. Ein kurzer Abriß ihrer mehr als 300jährigen Geschichte. München 1914. S. 6. 12. Fischer a. a. O. S. 5 ff.

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DIE DREIFELDERWIRTSCHAFT WESTLICH VON AUGSBURG

Von Luis Dürrwanger. Erst durch die römische Invasion, die für unseren ge­ samten Kulturfortschritt von nicht zu unterschätzender Bedeutung wurde, lernten unsere Altvordern in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten die richtige Ausnützung der Scholle. Im weiteren Verlauf „ersetzte man die exten­ sive durch eine intensive Wirtschaft, weil man sich nicht mehr weiter ausdehnen konnte. Wie dann aus den Karo­ lingischen Kapitularien hervorgeht, zeitigte bereits das 8. Jahrhundert in der Bodenbestellung eine Spitzenleistung: die Dreifelderwirtschaft, wobei die zur Verfügung stehende Ackerflur in drei gleiche Schläge — auch „Esch“ genannt — geteilt wurde. Abwechselnd wurde dabei ein Teil mit Winterfrucht, der andere mit Sommerfrucht angestrengt, während der dritte brach liegen blieb, also ein ganzes Jahr ausruhte*'. (Dr. Jak. Strieder, wirtschaftsgeschichtl. Vorlesung). Dieses Betriebssystem hielt sich bei uns über ein Jahr­ tausend, fast bis an die Schwelle des 19. Jahrhunderts. „Wie die Jahrzeiten gingen die Jahrhunderte über die un­ veränderten Verhältnisse unserer Bauern hin“, sagt Karl Alexander von Müller in seiner, jedem Bayern ans Herz greifenden Vorlesung über bayerische Landesgeschichte und das Motto, das er ihr voranstellt: „durat originis vis — von Dauer nachwirkend ist die Kraft der Anfänge“, paßt auch in diesen Zusammenhang. Erst als zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die moderne Chemie außer der Kunstdünger-Gewinnung auch noch den natürlichen Bedingungen des Pflanzenwachstums nach­ ging (Liebig und vorher schon Thaer), konnte man in­ folge Anbaues von Futterkräutern und Hackfrüchten (Klee, Rüben und Kartoffeln) auf dem Brachfeld das eigentliche „brachliegen“ entbehren. Jetzt erst wurde es möglich, un­ sere Landwirtschaft durchwegs auf den gemischten Be­ trieb, d. i. Getreidebau, Viehhaltung und Milchwirtschaft, 91

einzustellen. Dabei hat der Klee zum Mindesten das Horn­ vieh von Mitte Mai bis Anfang September zu ernähren. Demnach ist bei uns Stallfütterung vorherrschend; man sieht auch wenig Weidetiere hier in dieser Jahreszeit Auf diese Weise verbleibt der gesamte Graswuchs der Wiesen zur Heubereitung und erst im September, wenn das Grummet eingebracht ist, setzt der Weidgang ein. Die gleichfalls auf dem Brachfeld angebauten Kohl- oder Run­ kelrüben sind eine wertvolle, besonders der Milchwirtschaft zugute kommende Ergänzung des Winterfutters. Und die Kartoffeln des Brachfeldes finden stets guten Absatz, sei es als Kartoffel schlechthin oder noch besser: „wenn sie erst die Sau gefressen hat“ (als Schweinefleisch), wie man in meiner Heimat Kriegshaber zu sagen pflegt. Die höchsten Anforderungen an den Boden stellt die Win­ terfrucht, d. s. Roggen und Weizen. Sie werden im Herbst gesät, überdauern als junge Pflänzchen den Winter — da­ her die Bezeichnung Winterfeld —, stehen bis zur Ernte im Juli-August 3/4 Jahre im Wachstum und entwickeln hohe, starke Halme, die als Streustroh und — handge­ droschen — als Werkstroh Verwendung finden. Diesen anspruchsvollen Getreidesorten folgen im nächsten Jahr zwei genügsamere: Gerste und Hafer. Im Frühjahr gesät, stehen sie nur den Sommer über im Wachstum — daher die Bezeichnung Sommerfeld — und entwickeln weit kürzere, weichere Halme — Futterstroh. Außer der Ertragsfähigkeit des Bodens hat aber der Land­ wirt noch die Absatzmöglichkeit der Bodenerzeugnisse in Betracht zu ziehen. Als sich die Viehhaltung immer loh­ nender erwies, gingen manche Bauern bei uns daran, die nach Lage und Feuchtigkeitsgehalt geeigneten Aecker zu Wiesen einzusäen. Und da andererseits das Getreidege­ schäft immer flauer wurde, suchte man auf indirektem Wege die Körnerfrucht durch Schweinezucht und Hühner­ haltung lukrativer zu verwerten. Leider brachten alle diese Maßnahmen der Landwirtschaft nur vorübergehenden Er­ folg. Fleischpreis, Milchpreis, Eierpreis fielen zwar fast, 92

um die Hälfte, wenigstens für den Erzeuger, — aber nicht auch für den Konsumenten. In meiner Jugend war anstelle von Weizen der Dinkel oder Veesen weit vorherrschend. Jetzt ist er durch Weizen fast völlig verdrängt. Dinkel ist zwar so ergiebig wie Weizen, er gibt sogar das bessere Mehl; aber er hat den großen Nachteil, daß die Aehren bei der Ernte gar leicht vom Halm brechen und besonders bei heißer Witterung bis über 10o/o des Ertrages auf dem Acker liegen bleiben. In diesem Zusammenhang erklärt sich auch die Tatsache, daß die Zunft der Aehrenleserinnen ausstirbt. Sie sammel­ ten hauptsächlich die vom Halm gebrochenen Veesenähren in ihre „Schnappsäcke“ und belebten in Scharen die Stoppelfelder. Jetzt sieht man nur noch vereinzelt ein altes Mütterlein aus Tradition einen ,ßchaub“ Weizen oder Gerste lesen. Wie dieses Wörtlein „Schaub“ deshalb im Sprachgebrauch immer mehr verblaßt und von künftigen Geschlechtern kaum mehr verstanden wird, so muß an dieser Stelle auch — als Beitrag zur Flurnamensammlung — die Be­ zeichnung „Anwander“ festgehalten werden, da sie bis­ weilen durch das nicht ganz zutreffende Wort „Kain“ ersetzt wird. Der Ausdruck „Anwander“ kommt von „an­ wanden“ und bezeichnet jenen schmalen Grenzstreifen am Kopfe eines mit Wintergetreide (z. B. mit Roggen) zu be­ stellenden Ackers, der mit Rücksicht auf das noch nicht abgeerntete Nachbargrundstück (z. B. ein Rübenfeld), vor­ erst nicht umgepflügt, also auch nicht mit Roggen besät werden kann. Denn die Zugtiere müßten sonst beim Um­ kehren des Pfluges in die Rüben „hineintreppen“. Solche schmale Grenzstreifen läßt man, wenn sie nicht quer bepflügt werden, bis zum Frühjahr unbearbeitet liegen und bestellt sie erst dann mit einer Sommerfrucht, meist mit Hafer. So wächst also dann auf dem Anwander des Rog­ genfeldes eine „Hafergarbe“ heran und jeder Fleck Erde ist restlos ausgenützt. Obwohl der Roggen die eigentliche Brotfrucht darstellt, ist er gegenwärtig weit weniger gefragt als Weizen, da Weizenmehl in noch größeren Mengen als zu Weißbrot 93

zum Kochen verwendet wird. Dem trägt der Landwirt Rechnung, indem er 3/4 des Winterfeldes oder 3/12 der ge­ samten Anbaufläche mit Weizen und nur 1/i des Winter­ feldes oder V12 der gesamten Anbaufläche mit Roggen be­ baut. Folglich tritt Weizen bereits im 4. Jahre wieder auf dem gleichen Ackerschlag auf, während Roggen erst nach 12 Jahren auf dem gleichen Ackerschlag wiederkehrt. Auf dem Sommerfeld findet sich in der Regel Gerste und Hafer in zwei Hälften, d. h. je V« der ganzen Anbaufläche. Der Absatz der so erzeugten Mengen gestaltet sich zuweilen sehr schleppend, einerseits infolge des geringeren Bier­ bedarfes, andererseits infolge der fortschreitenden Motori­ sierung des Verkehrs. Die Restbestände kommen der Vieh­ haltung zu gute. Auch für Klee sind 7l2 der gesamten Anbaufläche vor­ gesehen. Er kehrt also — wie Gerste und Hafer — nach 6 Jahren auf dem gleichen Ackerschlag wieder. Da er als mehrjährige Pflanze erst im 2. Jahr zur Entwicklung kommt, wird er schon ein Jahr zuvor mit der Gerste aus­ gesät; man sieht folglich im Sommer die Kleepflänzchen unter den Gerstenhalmen aufwachsen. Gerstenstroh braucht daher am längsten zum Dörren und muß mindestens ein­ mal gewendet werden. Dafür ist es aber ein vorzügliches Futterstroh. Nach der Gerstenernte wächst der Klee lustig weiter und wird als Stoppel-, Weisch- oder Gerstenklee eine willkommene Futterzulage. Erst im 2. Jahre muß der so vorbereitete Kleeacker seine volle Schuldigkeit tun. Er läßt sich im Mai—Juni das erstemal, im Juli—August das zweitemal und nötigenfalls auch noch ein drittesmal mähen. Wie auf Gerste immer Klee, so folgen auf Hafer stets zu je V12 der gesamten Anbaufläche Kartoffeln und Futter­ rüben. Das auf das Brachfeld folgende Winterfeld trägt nach Kartoffeln stets Roggen, nach Klee und Rüben Wei­ zen, so daß man von „Kleeweizen“, der früher reift, und von Kohlrübenweizen spricht, der erst spät nach der Rübenernte gesät wird und darum auch später reift. Je nach Klima, Lage, Bodenart, Absatz-, Arbeits- und Kapitalverhältnissen und in Berücksichtigung der relativen Verträglichkeit der tief- und flachwurzelnden Pflanzen sowie der Bodenmüdigkeitsgrade ergibt sich nun für jede 94

Gegend ein besonderes Fruchtwechselsystem. Das von Kriegshaber ließe sich durch folgende Tabelle deutlich machen: 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr 6. Jahr 7. Jahr 8. Jahr 9. Jahr 10. Jahr 11. Jahr 12. Jahr

1 3 5 2 4 7 2 3 5 2 4 6

2 3 5 2 4 6 1 3 5 2 4 7

2 4 6 1 3 5 2 4 7 2 3 5

2 4 7 2 3 5 2 4 6 1 3 5

3 5 2 4 7 2 3 5 2 4 6 1

3 5 2 4 6 1 3 5 2 4 7 2

4 6 1 3 5 2 4 7 2 3 5 2

4 7 2 3 5 2 4 6 1 3 5 2

5 2 4 7 2 3 5 2 4 6 1 3

5 2 4 6 1 3 5 2 4 7 2 3

6 1 3 5 2 4 7 2 3 5 2 4

7 2 3 5 2 4 6 1 3 5 2 4

Erklärung: Winterfeld

= Roggen = Weizen

Sommerfeld*

3 = Gerste 4 = Hafer

f 5 = Klee Brachfeld! 6 = Kartoffeln 17 = Rüben

Es wäre nicht uninteressant, für sämtliche bayerischen Gegenden solche Tabellen zu erstellen, sie übereinander zu legen und dann agrarwissenschaftlich und wirtschafts­ historisch zu verarbeiten. Die drei Felder sind natürlich kein zusammenhängender Ackerkomplex, sondern liegen weit zerstreut in der Ge­ meindeflur. Der Landwirt hätte an einer Flurbereinigung auch gar kein Interesse, da gerade bei der verschiedenen Lage der Aecker auch verschiedene Beschaffenheit ge­ geben ist: schwere oder leichte Oberschicht, trocken oder feucht. Wenn auch schwerer, trockener Boden durch­ schnittlich reicheren Ertrag liefert, und die Entwässerung des Landes ein modernes Problem ist, so kann ein trocke­ ner Acker in einem regenarmen Sommer doch völlig ver­ sagen, während ein nasser sich dann vorzüglich bewährt. So ist durch Aufteilung des Grundbesitzes in kleine, ver­ schieden gelegene Schläge ein natürlicher Ausgleich ge­ schaffen, dem der Landwirt nach erprobten Grundsätzen gerecht zu werden versteht. Daraus erhellt, daß Ueberlegung und Logik nicht der Städter allein für sich gepachtet hat. 95

MIT AUGSBURGER TRUPPEN GEGEN NAPOLEON Von Eduard Gebele. Das Jahr 1813 brachte den großen Entscheidungskampf gegen Napoleon. Auf allen Seiten gewaltige Rüstungen; die Rheinbundfürsten wurden von Napoleon aufs äußerste angetrieben, starke Kräfte zu mobilisieren. Die bayerische Armee war im trüben Jahre 1812 fast vollständig vernich­ tet worden. So mußte im Frühjahr 1813 ein neues Heer geschaffen werden. Bayerns Politik war infolge der schlim­ men Erfahrungen des Russenfeldzuges sehr zurückhaltend geworden. Die militärischen Forderungen Napoleons be­ antwortete man scheinbar und zögernd mit der Aufstellung einer schwachen Division. Um die neu aufzustellende Armee für seine eigenen Entschlüsse frei zu halten und zu­ gleich möglichst an Kosten zu sparen, verfiel man in Bay­ ern auf eine eigentümliche Verbindung von Milizsystem und allgemeiner Wehrpflicht. Auf Betreiben des Mini­ sters Graf Montgelas wurde das Aufgebot der National­ garde II. Klasse eingeführt1. Diese Art von Heeresergän­ zung sollte die Kosten vermindern, die ein auf gleichen Umfang ausgedehntes stehendes Heer erfordert hätte. Da die Nationalgarde überdies verfassungsgemäß nur zum Dienst innerhalb der Landesgrenzen verwendet werden durfte, war sie Napoleons Zugriff entzogen. Durch eine Entscheidung des Königs vom 21. Februar 1813 sollte in jedem der neun Kreise eine mobile Legion gebildet werden, welche alle militärpflichtigen, noch nicht in die aktive Armee eingereihten Leute von 20—23 Jahren und alle ausgedienten Soldaten bis zu 40 Jahren, ferner auch Freiwillige umfassen sollte. Jede Legion sollte aus vier Bataillonen zu je vier Kompagnien von 150 Feuergewehren bestehen. Am 3. März wurde die Teilmobilisierung der Legionen befohlen, in jedem Kreis zwei Bataillone. Während die Mobilisierung in Franken und Tirol großen Schwierigkeiten begegnete, machte unser Schwabenland (Oberdonau- und Illerkreis) eine rühmliche Ausnahme. In Augsburg, Kempten und Lindau ging die Mobilisierung glänzend vonstatten. Die vaterländische Gesinnung und 97

soldatische Denkweise unseres Schwabenlandes gab den Anstoß dazu, daß ein beträchtlicher Teil der mobilen Legion für den uneingeschränkten Felddienst der Armee verfügbar wurde. Das in Lindau stehende III. Bataillon der Legion des Ober­ donaukreises bot sich am 7. August 1813 dem König frei­ willig für den Felddienst außerhalb der Landesgrenzen an. Der einstimmige Ruf der Truppen: „Wir wollen ins Feld gegen den Erbfeind“ ist ein glänzendes Zeugnis für den Geist, der unsere Schwaben beherrschte. Die glühende Be­ geisterung eines Arndt, der Aufstand des Volkes in Preu­ ßen hatte auch in unseren Schwaben gewirkt. Unabsehbar in seiner Folge war der Eindruck dieser mannhaften Tat in der Armee und dem ganzen Lande. Bereits am 12. August erließ der König einen Armeebefehl, worin er „den ruhmwürdigen Beweis der Vaterlandsliebe in Gnaden annahm“. Das III. Bataillon erhielt die Bezeich­ nung 1. Nationalfeldbataillon Augsburg. Kurz darauf stellte sich auch das 1. Bataillon des Ober­ donaukreises freiwillig zum Kriegsdienst zur Verfügung; es erhielt die Bezeichnung 10. Nationalfeldbataillon Augs­ burg. Das Kommando über dies Bataillon führte Haupt­ mann Josef von Brückner2, welcher im Herbst zum Major befördert wurde. Die Augsburger Staats-, Kreis- und Stadtbibliothek besitzt nun das handschriftliche Tagebuch3 eines Angehörigen dieses Bataillons. Wohl ist die Geschichte der Befreiungs­ kriege oft und vielseitig beschrieben worden. Große Ge­ schichtswerke schildern uns diese gewaltigen Ereignisse in all ihren Einzelheiten. Die Feldherren haben ihre Erfah­ rungen in kriegswissenschaftlichen Werken niedergelegt. Bedeutende Teilnehmer haben ihre Feldzugserlebnisse in Briefen oder Memoiren der Gegenwart erhalten. Aber Tage­ bücher wie das vorliegende sind verhältnismäßig selten und bilden zu den Generalstabswerken und Regimentsgeschich­ ten wertvolle Ergänzungen. Aus diesem Grunde wurde auch im Jahre 1928 dies Tagebuch von der Stadtbibliothek erworben. Es gibt ein besonders eindrucksvolles Bild, da es unmittelbar vor dem Feind, im Biwak oder im Not­ quartier entstanden ist. 98

Dies unscheinbare Tagebuch ist genau das, was man an den heutigen Kriegsbüchern bevorzugt. Nachdem die ro­ manhaft aufgeschwemmten, mit phantastischem Beiwerk umkleideten und mit aktuellem Hochdruck auf den Bü­ chermarkt geworfenen Kriegsbücher außer Kurs geraten sind, hat der einfache Frontkämpfer wieder das Wort erhalten. Sachliche Augenblickszeichnungen und Tage­ buchauszüge, die das Kriegsgeschehen an der Front so festzuhalten vermochten, wie es im Herzen jedes Mitkämp­ fers unverlöschbar eingegraben lebt, solches begehrt jetzt das Volk in seinem gesunden Instinkt wieder. Und was diesen Schilderungen dabei an literarischem und poeti­ schem Wert vielleicht abgeht, ersetzen sie reichlich durch ihren greifbaren Gehalt, durch die Wahrheit und Wucht einer unverdorbenen Soldatensprache und durch die Größe und Reinheit der ethischen Idee. Solche Gedanken bewe­ gen uns unwillkürlich, wenn wir dies Tagebuch aus einer großen Zeit in die Hand nehmen. Der Verfasser, Christian Franz Karl Gaßner, ist ein jun­ ger Forstmann, geboren am 23. August 1792 zu Babenhau­ sen4 als Sohn des prakt Arztes Dr. med. Matth, und seiner Ehefrau Maria Katharina Schindelin. Hohe Paten, Graf Anselm und Gräfin Maria Walburga Fugger, hoben ihn aus der Taufe. Im Jahre 1809/10 finden wir ihn als Studierenden der Forstwissenschaften an der Universität Landshut immatrikuliert5. Die Mobilmachung des Jahres 1813 trifft ihn als Praktikant am Forstamt Günzburg a. D., wo sein Vater damals Arzt war6. Mit Armeebefehl vom 18. Mai 1813 wird er als Unterleutnant bei der mobilen Legion des Oberdonaukreises eingestellt7. Die Le­ gion veranlaßt durch Schreiben vom 9. Juli seine unge­ säumte Entlassung bei der Forstadministration. Gaßner macht übrigens auch den Feldzug 1814/15 im nämlichen Truppenteil mit; auch darüber hat er Aufzeichnungen hin­ terlassen. Der Vollständigkeit halber wollen wir auch kurz seine spä­ teren Schicksale erwähnen8. Nach den Befreiungskriegen verbleibt er als überzähliger, nichtpatentierter Unterleut­ nant im 3. bayer. Infanterie-Regiment. Am 5. September 1818 erbittet er einen sechsmonatlichen Urlaub zur Praxis 99

am Forstamt Günzburg unter Fortgewährung seiner Offi­ ziersgage, die jährlich 360 fl. betrug. Das Generalkom­ mando schlägt diese Bitte ab „wegen der großen Zahl der Forstaspiranten und der dadurch sehr entfernten Aussicht zur Anstellung im Forstdienste“. Einige Jahre darauf wird jedoch seiner Bitte entsprochen. Er praktiziert an den Forstämtern Schrobenhausen und Göggingen. Im Okto­ ber 1822 hat er die „Konkursprüfung um Forstamtsaktuarund Revierförsterstellen“ abgelegt9. Ein Gesuch „des im Forstwesen praktizierenden Leutnants Gaßner“ vom 5. Mai 1824 um Anstellung als Revierförster wird vom Ar­ meekommando unterstützt, allerdings ohne Erfolg. Dagegen wird er seit dem 13. August 1825 in der Eigenschaft eines Forstoffizianten beim Forstbureau des Oberdonaukreises in Augsburg mit einer Remuneration von 400 fl. verwendet. Diese Verwendung dauerte aber nur kurz, bis zum 1. April 1826. Bereits einige Zeit vorher hatte er ein Gesuch um Rücktrittsgewährung in die Armee gestellt, das aller­ dings abgelehnt wurde. Während seiner weiteren unbesol­ deten Praktikantentätigkeit erhält er seine frühere Militär­ gage ausbezahlt Am 31. Januar 1828 wurde er zum provisorischen Revier­ förster in Kissendorf bei Bühl ernannt, worauf er auch die erbetene Entlassung aus dem Heeresverbande erhält. Kurz darauf finden wir ihn als etatmäßigen Revierförster in Bühl bei Günzburg. Am 18. Mai 1829 verheiratet er sich1 zu Hergensweiler (BA. Lindau). Im Hof- und Staatshandbuch von Bayern wird er in seiner Eigenschaft als Revierförster zu Bühl zum letztenmal im Jahre 1839 genannt Er ist wohl in diesem Jahre ge­ storben10. Ohne Prahlerei, mit einfachen, schlichten Worten schil­ dert Gaßner in seinem Tagebuch die gefahrvollen Kämpfe und die unzähligen Strapazen dieses Winterfeldzuges. Frisch und lebendig erzählt er, was er offenen Auges auf seinen Märschen durch Deutschland und Frankreich ge­ sehen und erlebt hat. Für seine Jugend ist sein Urteil be­ scheiden, verrät aber überraschende Treffsicherheit. Als Forstmann interessiert ihn besonders die Natur und da natürlich der Wald. Daneben zeigt der junge Gaßner auch 100

lebhaftes Interesse für die Kunst, namentlich die Baukunst Auch volkswirtschaftliche und kulturgeschichtliche Nei­ gungen treten öfters zu Tage. Er beobachtet die Lebens­ weise und die Tracht der Einwohner, die Bauart der Häu­ ser, die Feldbestellung usw. Einfach ist die Sprache und etwas unbeholfen die Aus­ drucksmöglichkeit, mit welcher er seine Eindrücke zu Papier bringt. Schön, angenehm, prächtig, hübsch, viel­ leicht einmal einzig schön, allerschönst sind die höchsten Ausdrücke, mit welchen er das Gesehene darzustellen ver­ mag. Aber darin geht er mit seinen Zeitgenossen einig;. Wenn wir seine „Beschreibung über meine Campagne, welche ich bey meinem Antretten zur Legion am 29. July 1813 von Günzburg, bis zur Rückkunft in die Garnison­ stadt Augsburg gemacht habe“ im folgenden lesen, so durchzieht uns Freude über den begeisterten jungen Bay­ ern, der kaum je ein Klagewort hören läßt und so beschei­ den hinter den Ereignissen zurücktritt. Bevor wir Gaßner selbst hören, geben wir einen kurzen Ueberblick über die Feldzugstätigkeit seines Bataillons11. Noch nicht vollständig eingekleidet, hatte das Bataillon bereits im April seine erste Besichtigung durch den Kom­ mandanten von Augsburg, Generalmajor Grafen von Serego, zu bestehen. Im Juni rückte dasselbe, nachdem es kurz zuvor seine Fahnenweihe gefeiert, in das Uebungslager12 ab, welches unter Kommando des Generals Grafen v. Wrede bei München (zwischen Nyphenburg und dem zur Georgenschwaige gehörigen Hölzchen, mit Front gegen die Dachauer Straße) abgehalten wurde. Das Bataillon ge­ hörte zur 1. Brigade (v. Treuberg) der 2. Division (Delamotte, dann Prinz Karl). Am 13. August erfolgte der Aufbruch na