Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg [3]

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Zeitschrift des

Historischen Vereins für

Schwaben und Neuburg.

Dritter Jahrgang;.

Augsburg, 1876. In Commission der J. A. Schlosser’schen Buchhandlung (Ludwig Schulze).

Druck von J

IV 11 immer iu Augsburg

Inhalt,

Seite

Beiträge zur Verfassungsgeschichte der Reichsstadt Memmingen. Stadtbibliothekar Friedrich Dobel in Memmingen

Von

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Augsburg unter den Römern, nachgewiesen an der Hand der vorhandenen Denkmale.

Von Direktor und Professor Dr. Rudolf Schreiber

Die Meistersänger und ein Volksfest zu Donauwörth.

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Von Dr. Franz

Ludwig Baumann..........................................................................108 Hans Lutz und Clemens Sender. Kleine Mittheilungen.

Von Bibliothekar Kränzler

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Von Domcapitular Grosshauser in Augsburg

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Beiträge zur Verfassung und Geschichte der Reichsstadt Donauwörth. Von Felix Stieve

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Schicksale des Klosters Elchingen und seiner Umgebung.

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Von Professor

P. L. Brunner............................................................................................157 Die Seelhäuser und die Seelgeräthe in Augsburg. von Archivar Herberger Die Augsburger Botenanstalt

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Aus dem Nachlasse .

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Von Bibliothekar Kränzler.

Sprachliches von Professor Dr. A. Birlinger

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Die Urkunden des historischen Vereins für Schwaben und Neuburg

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I.

Beiträge zur Verfassungsgeschichte der Reichsstadt Memmingen. Von

Friedrich Dobel, Stadtbibliothekar zu Memmingen.

Es war eine Zeit, da man vermeinte, einer Stadt eine be­ sondere Ehre anzuthun, wenn man ihr ein möglichst hohes Alter zuschrieb und ihr Entstehen mindestens von den Römern ableitete. So erklärt noch Matthäus Leonhardt1 die Stadt Memmingen für „ein Denkmal des Claudius Drusus“, Stiefsohnes des Kaisers Augustus und Eroberers von Yindelizien, für das in der Geographie des Claudius Ptolomäus Alexandrinus erwähnte Drusomagus und meint: „der Name Memmingen könnte also von dem an­ gesehenen römischen Geschlecht der Memmius herkommen, da unter Drusus ein Memmius, Tribunus cohortis, sehr berühmt war.“ Allein schon v. Kaiser hat die Römerburg Drusomagus in dem heutigen Druisheim zwischen Nordendorf und Mertingen am linken Ufer der Schmutter entdeckt und die zahlreichen dort aufgefundenen Münzen und Anticaglien beschrieben2 und auch der Atlas antiquus von Spruner-Menke, 3. Ausgabe Tafel 22, versetzt das römische Drusomagus ungefähr in dieselbe Gegend. Da andrer­ seits zu Memmingen bisher noch niemals römische Alterthümer gefunden wurden, so wird dasselbe vorläufig auf die Ehre römischen Ursprungs verzichten müssen. Bescheidener bezüglich des Alters von Memmingen urtheilt der Verfasser der Jahrbücher des ehe­ maligen Reichsstifts Ottobeuren, P. Maurus Feyerabend.8 Er verlegt die Gründung der Stadt Memmingen, übereinstimmend mit den alten Stadtchroniken, in die erste Hälfte des zehnten Jahr­ hunderts, stellt sodann aber die Vermuthung auf, der Name der Stadt möchte wohl von dem Geschleckte der „Mamminger“

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2 herrühren. „Zwischen Ottobeuren,“ schreibt Feyerabend Band I S. 293 f. zum Jahre 929, „und Grünenfurt, (Weiler mit Schloss, eine halbe Stunde nördlich von Memmingen, woselbst der Sage nach die erste Ansiedelung sich befand, aus welcher das spätere Memmingen erstanden) wie in unsern alten Schriften gemeldet wird, lebte um dieselbe Zeit eine edle Familie, die sich Mamminger von Hundsmoor nannte. Diese alte Familie wohnte damals un­ ferne von dem Dorfe Hawangen dem Orte Eisenburg zu, zwischen Ottenbeuren und Grünenfurt. Im Jahre 1451 trugen einige Hawangische Mäder noch den in seiner Endessilbe in etwas ver­ änderten Namen Hundsmoss. Im Jahre 1083 kommt in unsern alten Urkunden ein edler Hildebrand Mamminger von Hundsmoor vor, dessen Grossvater zur Erbauung des Ortes Mammingen vieles mag beigetragen und demselben von seinem edlen Geschlechte den Namen geschöpft haben.“ Ferner Seite 522 1F. zum Jahre 1083: „Unweit Ottenbeuren lagen damals drei Raubschlösser, welche die ganze um­ herliegende Gegend beunruhigten und die öffentliche Sicherheit störten. Eine von diesen Burgen war ein Eigenthum des alten Ritters Hildebrand Mammingers von Hundsmoor, von welcher Familie die benachbarte Stadt Mammingen, wie sie damals hiess, ihren Namen wahrscheinlich erhielt und welcher laut einer uralten Urkunde zwischen Ottenbeuren und Grünenfurt wohnte. Noch jetzt tragen einige Mäder des in dieser Linie gelegenen Pfarrdorfes Hawangen den Namen Hundsmoor oder Hundsmoos. Vielleicht war selbst das alte Eisen- oder Isenburg der Wohnsitz des Ritters Hildebrand.4 Die zweite \yar das Schloss Aichhalden, welches damals der edle Ritter Gotthard Aichelberger5 bewohnte. Eine Waldung in dem Hawangischen Gemeindebezirke, Aichhalden genannt, erhält noch einigermassen das Andenken des alten Raubnestes. Das vorzüg­ lichste von diesen Schlössern scheint die feste Burg Stephinsried gewesen zu sein, welche damals der edle Ritter von Stephinsried inne hatte. Anfangs des 17. Jahrhunderts, als der fleissige Haus­ chronograph Gail Sandholzer die Ottenbeurischen Jahrbücher be­ arbeitete, waren von diesen Raubschlössern mehrere Spuren und Ruinen noch übrig, welche man nach dessen Zeugniss auf ver­ schiedenen Hügeln der dichtesten Wälder noch fand und bemerkte. Die Lage selbst dieser drei Burgen, welche sich in einer beinahe geraden Linie von Stephinsried bis nach Eisenburg hinzogen, scheint die handfesten Ritter mit einander verbunden und eine Räubergesellschaft gebildet zu haben, die sich mit fremdem Eigentlnim avoIiI unterhielt und bereicherte. Konrad Neubronner von

3 Osterrach war damals Abt zu Kempten, ein nicht nur frommer, sondern auch tapferer und kriegerischer Herr. Dieser entschloss sich, vielleicht auf nachbarliches Ansuchen des Abts Adalhelm (von Ottobeuren) oder vielmehr aus eigenem Antriebe für die Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, den Ge­ walttätigkeiten dieser Ritter durch die Zerstörung ihrer Raub­ nester ein schnelles Ende zu machen und vollzog ohne Zögerung, was er beschlossen hatte. An der Spitze seiner edlen theils Va­ sallen, theils Ministerialen, zog er gegen die Raubschlösser an und ruhte nicht eher, als bis er alle Schlupfwinkel dieser Räuber und Mörder entdeckt, ihre Thürme, feste Plätze und Burgen zer­ stört, mit Feuer und Schwert verheert und die öffentliche Ruhe und Sicherheit in diesen Gegenden allerorten hergestellt hatte.“ Für solch verdienstliches Unternehmen erntete übrigens Abt Konrad schlimmen Lohn; denn nachdem er die Burgen des Raubritters Mamminger, eines Enkels des nach Feyerabend muthmasslichen Miterbauers von Memmingen, des Aichelbergers, des Felix von Stephansried und noch zweier anderer zerstört, wandten sich die Beschädigten klagend an König Heinrich und dieser entsetzte den Abt Konrad. Letzterer behauptete sich jedoch im Besitze der Abtei und gelang ihm, nachdem der „edle“ Hildebrand Mamminger von seinem Schloss Möskirch aus abermals Raubzüge gegen das Stift Kempten unternommen und das Gotteshaus empfindlich be­ schädigt hatte, den Mamminger mit sieben seiner Genossen in seine Gewalt zu bekommen, worauf öffentliches Gericht über sie ge­ halten und sie auf dem Bühl der Schwaigwiese hingerichtet wurden. 6 Was nun die Ableitung des Namens der Stadt Memmingen von dem Gesehlechte der Mamminger anlangt, so sucht Feyer­ abend seine Vermuthung auch mit der alten Schreibweise zu be­ gründen. „Mam min gen,“ heisst es a. a. 0. S. 293, „ist der ursprüngliche und älteste Namen des Ortes, nachdem derselbe eine eigene Benennung erhielt und so kommt er noch unter dem Abte Berthold, welcher vom Jahre 1229 bis 1248 regierte, in der ältesten Hauschronik vor. Nachmals änderte sich der Selbstlaut „a“ in den Doppellaut „ä“ und noch später dieser Doppellaut in den Selbstlaut „e“. Die letzte Behauptung ist jedoch nicht richtig. Mögen auch die ältesten Chronisten des Stifts Ottobeuren consequent „Mammingen“ geschrieben haben, so zeigen andrerseits die vorhandenen Urkunden ein fortwährendes Schwanken in der Orthographie. Eine Schenkungsurkunde Heinrichs des Löwen, 1*

4 Herzogs von Sachsen, ist datirt: Actum in villa nostra Maemingen Kl. Febr. (1142).7 Im Jahre 1166 zerstört im Tübinger Kriege Herzog Welf von seinem Castro et oppido Mamminga aus­ ziehend die Pfalzgräflichen Vesten von Weiler bei Osterberg und zu Keilmünz.8 Im Jahre 1192 V. Non. Martii bestätigt Kaiser Heinrich VI. zu Hagenau das Vermächtniss einiger Güter seines Oheims, des Herzogs Welf, an das von letzterem gestiftete Schotten­ kloster St. Nikolaus in Maemingen.9 Ira Jahre 1215 XI. Cal. Maj. begabt Kaiser Friedrich II. zu Worms das Antonierspital mit dem Kirchensatz in Memmingen.10 Im Jahre 1266 XII* Cal. Aug. verleiht Papst Alexander IV. dem Elisabethenkloster zu Memmingen einen Schutz- und Schirmbrief. Im Jahre 1266 XIV. Cal. Octob. gebietet Conrad II., König von Jerusalem und Herzog von Schwaben (Conradin) zu Constanz dem Amman in Memmingen und dessen Nachfolgern, die Brüder St. AntonienOrdens, welche seine Voreltern Kaiser Friedrich II. und dessen Sohn Heinrich VII. und Konrad IV. mit der St. Martinskirche in Memmingen und den dazu gehörigen Gross- und Kleinzehnten etc. begabt, in diesen ihren Rechten zu schützen. Im Jahre 1267 Vig. Greg. Papae verkauft Bertold Edler von Nitin im Hospital (zu Memmingen) einen Hof zu Harde an den Antonierpräzeptor Jakob und dessen Nachfolger in oppido Maemingin. In dem­ selben Jahre ergibt Rudolf genannt Sander, Bürger zu Lindau, zehn Jauchert Aecker bei Volkratshofen und Maemingin,11 sowie etliche Zinse an das Antonierspital in Maemingin. Im Jahre 1268 Januar 8. verleiht Konrad II., Herzog von Schwaben, zu Verona den Brüdern St. Antons und der St. Martinskirche zu Memyngen die Gnade, von allen seinen Dienstleuten Schenkungen an Gütern annehmen und besitzen zu dürfen.12 Im Jahre 1270 VI. Kal. April ergibt Ageldrudis, genannt Nadlerin, ihr Haus nebst Hofreite in der Stadt Maemingen13 der Kirche zu St. Georg in Ochsenhausen und ist dieser Brief mit dem Siegel des Convents zu Ochsenhausen, mit dem der Stadt Memmingen14 und mit dem des Ammans daselbst, Heinrich, genannt Moz, besiegelt. Im Jahre 1273 Non. Nov. ergeben Konrad und Berthold Swiger von Gundelfingen ihr Eigenthumsrecht auf die Güter und Höfe zu Hezlinshofen dem Hause und den Brüdern St. Antons in Maemmigen. Im Jahre 1274 IV. Idus Julii ergeben Heinrich und Konrad, Söhne des weiland Hermann, Schmieds und Bürgers in Maemmigen, Zehnten an St. Martins- und Unser Frauenkirche daselbst und befindet, sich unter den Zeugen Heinrich, Amman der

5 Stadt Maemmigen und Conrad Moz, dessen Bruder.15 Im Jahre 1279 in die Martini begaben die Brüder Heinrich undAlgoz von Hezlinshofen das Elisabethenkloster zu Main in gen mit einem Theil der Zehnten von Betzenhausen. Im Jahre 1283 IX. Kal. Sept. tauscht das Elisabethenkloster zu Maemmigen von Mangold von Kronburg Güter in Brunnen ein. Im Jahre 1285 St. Benedikten-Abend kaufen „die Priorin vnd der Convente des Closters ze Sant Elizabethen vsserthalp der rincmur der stat ze Memmingen“ von dem Grafen von Landau Güter zu Brunnen.16 Im Jahre 1286 VIII. Kal. Febr. ertheilt Kaiser Rudolph der Stadt Memmingen zu Augsburg einen Privilegienbrief, in welchem die Bezeichnungen: dilecti fldeles nostri et imperii cives Mamnengenses, civitas Mammingensis nobis et imperio attinens, cives Mammingenses und schliesslich cives de Memmingen Vorkommen. Auch führt das älteste vorhandene Stadtsiegel die Umschrift: Sigillum civium in Maemigin, ein solches aber vom Jahre 1447 die Umschrift: S. secretum civ. in Memingen. Sei es nun, dass Feierabend zufolge unsere Stadt ihren Namen einem Mamminger zu verdanken oder dass vielmehr umgekehrt jenes Raubritter-Geschlecht aus Memmingen stammte und daher das der Mamminger genannt wurde, urkundlich kommt die Stadt als solche zuerst im' Jahre 1010 vor, nämlich in dem Fundationsdiplom des Spitals zum heiligen Geist in Memmingen. Laut dieser Urkunde begabt Heinrich von Weissenhorn, Landvogt von Ober­ schwaben, das von ihm erbaute Hospital im Thal vor dem Thore der Stadt Memmingen, Kalchsthor genannt,17 mit gewissen Gütern und unterstellt dasselbe dem Gotteshaus zum heiligen Geist in Rom. Demnach wäre Memmingen schon zu Anfang des elften Jahrhunderts eine Stadt mit Thoren gewesen, freilich vorerst nur ein Städtlein, ein oppidum von sehr beschränkter Ausdehnung, denn das genannte Spital, spätere Kreuzherrenkloster, das im Jahre 1223 abbrannte, aber auf derselben Stelle wieder erbaut wurde, wo es noch heutzutage freilich in ganz verschiedener Ge­ stalt sich befindet, lag damals vor dem Kalchsthor, welch letzteres erst in späteren Zeitläuften weiter nach Osten hinausgerückt wurde und nach Süden erstreckte sich die Stadt nur bis zum jetzigen Weinmarkt; das nun inmitten der Stadt gelegene Gebäude der evangelischen Schulen, das einstmalige Elisabethenkloster, wird urkundlich noch im Jahre 1306 als „ausserhalb der Stadt gelegen“ bezeichnet. Das „Thal“ aber vor dem Kalchsthor ist nichts anderes als der später ausgefüllte Spital- oder „Razen“-Graben,

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welcher, nebenbei bemerkt, seinen Namen nicht etwa von den daselbst hausenden Ratten, sondern von der angesehenen Familie „Raz“ oder „Räz“ erhielt, die an diesem Graben wohnte, wie der Mangold-Graben, d. i. der jetzige Schmiedplatz, von dem Geschlechte der Mangold. Johann Georg Schelhorn, der Jüngere, bestreitet zwar die Aechtheit jenes Fundationsdiploms von 1010, von dem nur noch Copien existiren.18 Er stösst sich an der Schreibweise Memmingen und meint, es müsste Ma mm in gen heissen; er kann sich nicht überreden, dass Memmingen damals schon mit Mauern umgeben gewesen und Stadtthore gehabt, zu­ dem findet er auffallend, dass Memmingen im Jahre 1010 ein oppidum, dagegen in weit späteren Urkunden wieder bloss eine Villa genannt werde u. s. w. Allein in der Originalurkunde kann es ja wirklich Mammingen heissen und der Fehler nur an dem Copisten liegen, und warum sollte Memmingen, das 150 Jahre später die Residenz Welf’s VI., Herzogs in Schwaben, das laut unverwerflichen Originalurkunden in den Jahren 1270 und 1274 eine civitas unter einem Stadtamman war, nicht schon im Jahre 1010 ein Städtlein mit ein paar Thoren gewesen sein können ? Einmal muss es ja doch seinen Anfang genommen haben. In der Be­ zeichnung endlich einer Stadt als oppidum oder villa herrscht be­ kanntlich in den Diplomen jener Zeit grosse Willkür und ist daraus kein folgerichtiger Schluss zu ziehen. So wird gerade Memmingen urkundlich 1128 als oppidum,19 1142 als villa, 1166 als castrum et oppidum, 1181 wieder als villa," 1267 als oppidum, 1270 und 1274 als civitas und 1286 in ein und derselben Urkunde als civitas und oppidum bezeichnet. Auch Ulm, die alte Königspfalz, wird noch im Jahre 1155 von Kaiser Friedrich I. „villa nostra“ genannt und von Maurer be­ merkt in seiner Geschichte der StädteVerfassung etc. B. I. S. 108: „übrigens werden auch in Deutschland die Städte öfters auch in späteren Zeiten noch villae genannt, Mainz noch im Jahre 1047 und Strassburg sogar noch im Jahre 1265.“ Freilich, wenn es zu Anfang des elften Jahrhunderts noch kein Geschlecht derer von Weissenhorn und noch keine schwäbischen Landvögte gegeben hat, wie von anderer Seite21 im Widerspruch mit früheren Annahmen 22 eingewendet wird, dann steht es schlimm um unsere Urkunde vom Jahre 1010 und wir sind genöthigt, das erstmalige Auftreten der Stadt Memmingen in der Geschichte um mehr als ein Jahrhundert zurückzuverlegen, denn die nächste Er­ wähnung Memmingens geschieht erst in einer Urkunde d. d. Thiissen

7 1128 VII. Cal. April,83 in welcher nach Aufzählung anderweitiger Schenkungen von Seiten des Hawin, Adelbert und Conrad, der Söhne Hatto’s von Wolfertschwenden an die von ihnen gestiftete Abtei Ochsenhausen berichtet wird, wie genannter Hawin dieser Abtei auch das Dorf Ochsenhausen vermachte und nach seinem Tode dessen vier Schwestern Hazicha, Kunicha, Heiuma und Tutta in Gegenwart Welfs, Herzogs von Bayern, der damals gerade von Jerusalem her nach der Stadt Memmingen kam, und vieler Anderer dies Vermachtniss bestätigten, wie aber eine der vier Schwestern, Tutta, sich später verheirathete und einen Sohn, Hawin, gebar, welcher auf Anstiften seiner Mutter das Ver­ mächtnis anfocht und einen Theil von dem Dorfe Ochsenhausen beanspruchte, jedoch in Folge gerichtlichen Erkenntnisses und von den Klosterbrüdern mit Geld abgefunden, nunmehr auf alle Ansprüche verzichtete. Matthäus Leonhardt behauptet in seinem „Memmingen im Algow“ S. 69, die Stadt Memmingen sei schon unter Kaiser Friedrich I. (1152—1190) zur Reichsfreiheit gelangt und stützt sich dabei auf eine vermeintliche Originalbulle von Papst Kalixt III. vom 12. Juli 1168, welche beginnt: Ex parte Magistri civium necnon omnium et singulorum hominum communitatis opidi Imperialis de Meminguen d. i. (nachLeonhardfs Version): „Allen und jedem der Gemeinde der Reichsstadt Memmingen“, Allein dies Dokument ist erstlich keine päpstliche Originalbulle, sondern ein Anschreiben des Cardinal Dominikus an den Bischof von Augsburg, in welchem die Bitte des Bürgermeisters und der Stadt zu Memmingen, den über sie verhängten Bann aufzuheben, ge­ währt wird und sodann ist dasselbe nicht vom 12. Juli 1168 er­ lassen, sondern: „datum Rome apud Sanctum petrum sub sigillo offlcij primarie IIII Idus Julij Pont. dom. Calisti pape III. Anno primo“, somit, da Kalixt HI. im April 1455 den päpstlichen Stuhl bestieg, am 12. Juli 1455. Weit entfernt also, im Jahre 1168 schon eine Reichsstadt zu sein, befand sich Memmingen zu jener Zeit noch im Besitze der schwäbischen Linie der Welfen. Im Jahre 1101 tritt von hier aus Herzog Welf IV. seinen Kreuzzug an; im Jahre 1129 wird Memmingen als welfische Besitzung in dem Rachekrieg des Hohenstaufen Friedrich II., Herzogs von Schwaben, gegen den Welfen Heinrich den Stolzen, Herzog von Bayern, von ersterem niedergebrannt.24 Allein es ersteht wieder aus seiner Asche und im Jahre 1142 schenkt zu Memmingen der Welfe Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen, zur Vergebung

8 seiner Sünden, wie zum Seelenheil seines Vaters, des verstorbenen Herzogs Heinrich des Stolzen, den frommen Brüdern bei St. Lorenz in Wiltau den erbweise als Brixnerisches Lehen daselbst be­ sessenen Meyerhof; die Urkunde ist gefertigt: in villa nostra Maemingen Kl. Febr. und steht unter den Zeugen voran des Gebers Oheim Herzog Welf VI.2fi Im Jahre 1166 (nach Stälin, Wirtembergische Geschichte II. S. 99 schon im Jahre 1165) zieht Herzog Welf VII. von seiner Burg und Stadt Memmingen aus in den Krieg wider den Pfalzgrafen Hugo von Tübingen.26 Be­ sonders aber weilte Herzog Welf VI. oft und gern auf seiner Burg zu Memmingen;27 hier ruhte er von seinen italienischen Feldzügen; hier stiftete er nach der Rückkehr von seiner zweiten Wallfahrt nach Jerusalem2* im Jahre 1168 das Schottenkloster zu St. Nikolaus und besetzte es mit einem Prior und zwölf Mönchen aus Regensburg;29 hier vergabte er im Jahre 1181 zwei Höfe zu Berg und Weiler an das Stift Weingarten;30 hier an seinem Lieblingsorte starb er, zuletzt erblindet, in seinem 76. Lebensjahre den 15. Dezember 1191. 31 Mit Welf VI. er­ losch der Stamm der schwäbischen Welfen — sein einziger Sohn Welf VII. war schon im Jahre 1167 auf einem Römerzug in Siena gestorben — und die Welfischen Ländereien in Oberschwaben, wor­ unter auch Memmingen, fielen nun an die Hohenstaufen. Der alte Welf führte nämlich, besonders nach dem Tode seines einzigen Sohnes, ein sehr üppiges Leben, 32 war ungemein freigebig, hielt glänzende Hof­ feste und gerieth dadurch oft in Geldverlegenheit. Solcher abzuhelfen, war sein Schwestersohn Kaiser Friedrich I. geneigter als sein Bruder­ sohn Herzog Heinrich der Löwe, der ihn ursprünglich beerben sollte, und Welf VI. setzte zum Lohn hieftir den ersteren und sein Haus mit Umgehung Heinrichs des Löwen als Erben seiner Besitzungen ein. Kaiser Friedrich I. trat jedoch diese Erbschaft nicht mehr an; er hatte bereits am 10. Juni 1190 in den Fluthen des Saleph seinen Tod gefunden. Dagegen übernahm sein Sohn und Nachfolger Kaiser Heinrich VI., der gerade aus Apulien zurück­ kehrte, als man die Leiche seines Grossoheims zu ihrer Ruhe­ stätte nach Steingaden führte,33 die Welfische Erbschaft und übertrug dieselbe, sowie das durch den Tod des Herzogs Friedrich V. erledigte Herzogthum Schwaben seinem jüngeren Bruder Konrad. So wurde Memmingen mit dem Schlüsse des Jahres 1191 eine Besitzung der Hohenstaufen und stand bis zum Erlöschen des Hohenstaufischen Mannsstammes mit Konradin im Jahre 1268 unter-;, den Herzogen von Schwaben. Daher nennt auch der Hohen-

staufe Kaiser Friedrich II. in der Urkunde vom 21. April 1215, laut welcher er dem Antonierspital das Patronatsrecht der Kirche zu Memmingen sammt deren Einkünften und Rechten, Land und Leuten verleiht, diese Kirche ecclesiam nostram und noch Konradin übt seine herzoglichen Rechte über Memmingen, indem er unterm 18. September 1266 seinen Lieben, Getreuen und Er­ gebenen, dem Amman und der Gemeinde der Bürger zu Mem­ mingen gebietet, den Brüdern St. Antonien-Ordens und ihren Ver­ waltern und Boten die ihnen gebührenden Gross- und Kleinzehnten von allen Früchten und Einkünften zu reichen uud sich, so lieb ihnen seine Gnade ist, zu hüten, dass sie besagte Brüder oder deren Boten weder mit Wort noch Werk beleidigen oder in deren Zehntbezug belästigen, dem Amman aber und dessen Nachfolgern unter Androhung schwerer Strafe befiehlt, besagte Brüder und deren Angehörige vor Gewaltthaten zu schützen und denselben so zu nützen und beizustehen, dass es ihnen, die an seiner Statt das Recht handhaben, zum Lobe und einst in jenem Leben zum Lohne gereiche.34 Am 29. Oktober 1268 fiel auf dem Markte zu Neapel das Haupt des edlen Konradin durch Henkershaud als Opfer der Rache seines Todfeindes Karl’s von Anjou und mit dem Erlöschen des Hohenstaufischen Mannsstammes und der Zersplit­ terung des Herzogthums Schwaben kam Memmingen nunmehr un­ mittelbar an’s Reich, wurde eine Reichsstadt, eine civitas imperii. Die Stadt war nun nicht mehr so unbedeutend; sie hatte ausser dem heil. Geist- und Antonierspital, sowie dem Schottenkloster zu St. Nikolaus seit 1240 auch ein Augustinerkloster und seit 1256 ein Nonnenkloster zu St. Elisabethen und neben der Hauptkirche zu St. Martin wird urkundlich im Jahre 1274 der St. Marienkirche und ihres Rektors Oswald erwähnt. Andrerseits gelangte aber auch ihr politisches Gemeinwesen zu weiterer Ausbildung. Wenn die Hohenstaufen, gewarnt durch die Vorgänge in den italienischen Städten, das Streben der deutschen Städte nach grösserer Selbst­ ständigkeit nur ungern sahen, ja demselben hindernd entgegen­ traten, so war jetzt in der kaiserlosen Zeit das Emporstreben der Städte von glücklichem Erfolgen begleitet. Auch Memmingen be­ nutzte diese Zeit des Interregnums, sich wichtige Vortheile und Rechte zu verschaffen und zu grösserer Unabhängigkeit zu ge­ langen, und was Kaiser Rudolph von Habsburg bereits als Er­ rungenschaft der Stadt vorfand, das bestätigte er und verband damit noch fernere Vergünstigungen, indem, er durch Mandat vom 25: Januar 1286 die Zusicherung gab, dass er und seine Nach-

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folger gehalten sein sollen, die Stadt Memmingen weder zu ver­ kaufen, noch zu verpfänden, noch zu vertauschen und ihr die Exemption von fremden Gerichten, die Befugniss, Aechter zu hegen u. s. w. gewährte, überhaupt alle Freiheiten der Stadt Ueberlingen ertheilte.35 Diese Privilegien wurden sodann von den folgenden Kaisern und Königen theils bestätigt, theils reihten sich neue an sie an. König Adolph verleiht 1296 der Stadt Mem­ mingen die Rechte und Freiheiten der Stadt Ulm; Kaiser Ludwig IV. erlässt ihr 1329 auf sechs Jahre die Reichssteuer und gewährt 1331 den Bürgern das Recht, um Schulden auf dem Land in ihrer Stadt zu pfänden, sowie im Jahre 1347 die Erlaubniss, eine Leinwand­ bleiche zu halten.36 Aber ungeachtet solcher Vergünstigungen war Memmingen doch noch keine freie Reichsstadt. Sie hatte zwar zur Leitung ihrer gemeindlichen Angelegenheiten einen Aus­ schuss von Bürgern, einen Stadtrath, aber an der Spitze dieser Verwaltungsbehörde stand der Amman,37 (Minister) ein kaiser­ licher Beamter, welcher auch die niedere Polizei und bürgerliche Jurisdiktion übte, während die peinliche Gerichtsbarkeit mit dem Blutbann in den Händen des kaiserlichen Landvogts lag, der dies Amt wieder einem Untervogt übertrug. Allerdings wurde zum Amman meist ein Bürger ernannt,38 auch ward der Stadt im Jahre 1312 von Kaiser Heinrich VII. ein Vorschlags- und allenfallsiges Einspruchsrecht bei Besetzung der Stelle eines Ammans eingeräumt,39 welches nach Heinrichs Tode die von der Stadt bis zur neuen Königswahl „als Herren und Pfleger“ erkorenen Herzoge Friedrich und Lupolt von Oesterreich ipi Jahre 1313 auch auf den Vogt ausdehnten ;40 jedoch stand nach wie vor der kaiserliche Amman an der Spitze des Gemeinwesens und es stellte sich mehr und mehr das Bedürfniss heraus, einen selbstständigen Vorstand des Stadtrathes als Vorsitzenden und zum Vollzüge der Beschlüsse des­ selben zu erhalten. Man wählte daher einen Bürgermeister und wir finden einen solchen zum erstenmal in einer Urkunde vom 9. November 1347, welche mit den Worten beginnt: „Wir der Amman, der Burgermaister, der Rat, die Zunftmaister vnd die gemainde aellie der stat ze Mamingen kundin vnd vergichin offenlich an disem brief.“ Allein auch dies genügte dem Streben nach Selbstständigkeit noch nicht; man suchte den kaiserlichen Amman ganz aus dem Stadtrath zu verdrängen oder ihn wenig­ stens als Haupt des Stadtregiments zu beseitigen und das letztere dem Bürgermeister zuzuwenden. Zur Erreichung dieses Zieles schlugen Rath und Bürger zu Memmingen den Weg ein, die Be-

11 Setzung des Ammanamtes in ihre Hände zu bringen. Sie stellten an König Karl IV. die Bitte, dass ihnen die Ernennung des Am­ mans überlassen werde, und der König willfahrte dem Gesuch und verlieh für Zeit seines Lebens das Ammanamt zu Memmingen dem Rath und den Bürgern daselbst, befahl auch dem Landvogt und allen seinen und des Reiches Amtleuten, letztere in besagtem Ammanamt nicht zu hindern, noch zu irren.41 Dies Recht der Amman wähl wurde auch in der Folge nicht mehr zurückgenommen; es bestätigte vielmehr König Wenzeslaus am 31. Mai 1377 der Stadt Memmingen alle ihre bisherigen Freiheiten, Gewohnheiten und Rechte, desgleichen am 11. August 1401 König Ruprecht und verlieh derselbe insbesondere das Ammanamt mit allen Rechten Freiheiten, Ehren und Nutzen der Stadt auf weitere zehn Jahre. Damit war aber die Stellung des Ammans gegen früher eine ganz andere geworden. Hatte bisher der vom Kaiser oder König er­ nannte Amman den Vortritt vor dem Bürgermeister, so erhielt jetzt der Bürgermeister den Vortritt vor dem von Rath und Ge­ meinde gewählten Amman. Dies Verhältniss findet auch sogleich seinen Ausdruck in den noch vorhandenen Urkunden. Während es in der oben angezogenen vom 9. November 1347 noch heisst: „Wir der Amman, der Burgermaister, der Rat“ u. s. w., ist in allen Urkunden nach dem Jahre 1350 der Bürgermeister dem Amman vorangestellt.42 Unverkennbar war das erlangte Wahlrecht des Ammans für die Stadt ein bedeutender Schritt vorwärts auf ihrem Wege zur Selbstständigkeit; alles Eingreifen eines kaiserlichen oder könig­ lichen Beamten in die Verwaltungsangelegenheiten war nunmehr beseitigt; die Civilgerichtsbarkeit lag in „den Händen der Stadt und wurde von Bürgermeister und Rath, als Stadtgericht, geübt,43 und mit der Sicherheitspolizei und Abwandlung geringer Vergehen war der aus der Bürgerschaft gewählte Stadtamman betraut, welchem zuweilen auch die Criminaljustiz vom kaiserlichen Land­ vogt übertragen wurde, doch musste er, so oft der Blutbann zu üben war, jedesmal erst die Belehnung empfangen. 44 Nur eins fehlte der Stadt noch zur vollen Selbstständigkeit, nämlich die hohe oder peinliche Gerichtsbarkeit, welche, wie eben gesagt, bisher noch dem kaiserlichen Landvogt zustand, und auch diese erlangte sie, indem ihr König Ruprecht, d. d. Heidelberg, 18. Aug. 1403 das Recht verlieh, „alle und jegliche schädliche Leute und Personen, Mordbrenner, Räuber, Diebe oder wie die genannt sind, nach Urtheil und Ausspruch des mehrern Theils des Raths“ an

12 Leib und Leben zu strafen und zugleich verfügte, dass, so oft hinfüro zu Memmingen ein Amman gesetzt werde, derselbe „den Bann über das Blut zu richten von uns und dem Reiche haben solle.“45 Dieses Recht erlangte die Stadt vom König Ruprecht allerdings nur „auf Widerruf“, aber König Albrecht erstreckte es d. d. Prag, 1. Okt. 1438 auf „ewige Zeiten“ mit der Bestimmung, „dass hinfüro ein jeglicher Bürgermeister zu Memmingen, der jetzt ist oder hinfüro sein wird, den Bann über das Blut zu richten in ihrer Stadt einem jeglichen Amman, der je zu Zeiten daselbst sein wird und den dieselben Bürgermeister und Rath, wenn des Nothdurft ist, setzen sollen und mögen, an unser Statt Gewalt soll haben zu verleihen.“ 46 Die Stadt Memmingen hatte nunmehr ein aus der Wahl der Bürger hervorgegangenes Stadtregiment, hatte hohe und niedere Gerichtsbarkeit, hatte ein eigenes Stadtrecht, welches im Jahre 1396 eine neue Redaktion erfuhr,47 konnte als unmittelbar unter Kaiser und Reich stehende freie Reichsstadt Verträge und Bündnissemit andern Reichsständen schliessen,48 hatte Sitz und Stimme auf den Reichstagen.49 Auf das erstere, nämlich das Stadtregiment und die Verfassung der Stadt wollen wir jetzt etwas näher eingehen. Ohne allen Zweifel lag das Regiment der Stadt bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts ausschliesslich in den Händen der Alt­ bürgerschaft oder der Geschlechter, die Grundbesitzer waren oder Grosshandel trieben oder von ihren Kapitalien lebten.50 Sie waren die Herrschenden, die Beisassen oder Gewerbtreibenden die Beherrschten. Aber schon frühe veranlasste das Bedürfniss die Handwerker gleichartigen Gewerbes, zur Erleichterung und Siche­ rung desselben, sowie zu gegenseitigem Schutz sich in Zünfte (Einigungen* oder Innungen) zu vereinigen mit aus ihrer Mitte gewählten Vorständen oder Zunftmeistern, welche die Angelegen­ heiten der Zunft zu besorgen hatten und denen ein Zunftrath zur Seite stand — in Memmingen die Eilfer d. h. eilf Mitglieder aus jeder Zunft. Damit war der Zunftzwang verbunden; es durfte zwar jeder Bürger ein beliebiges Gewerbe treiben, musste sich aber in solchem Falle in eine Zunft begeben und der Polizei der­ selben sich unterwerfen, welche von den Zunftmeistern und dem Zunftrath gehandhabt wurde. Doch standen diese Zünfte unter dem Stadtrath; ohne dessen Wissen und Willen durfte keine Zunft­ einrichtung getroffen, ohne dessen Bestätigung keine Zunftverord­ nung erlassen werden. Seitdem nun aber die Handwerker sich

13 vermehrt hatten und durch ihren Gewerbfleiss reich und angesehen geworden waren, suchten sie sich von solch lästiger Bevogtung von Seiten des Stadtraths oder der Geschlechter zu emancipiren und zu selbsteigner Ordnung ihrer Zunftangelegenheiten, wenn auch vorerst noch im Einvernehmen mit dem Rath, zu gelangen; ja sie gingen bald weiter, sie begehrten selbst einen Antheil am Stadtregiment. Und beides erlangten sie. Es ist uns hierüber im hiesigen Stadtarchiv ein höchst wichtiges Dokument erhalten, der erste Zunftbrief, durch welchen die Zunftverfassung in’s Leben trat. Dasselbe lautet: „Wir der Amman, der Burgermaister, der Rat, die Zunftmaister vnd die gemainde aellie der Stat ze Mamingen kundin vnd vergichin offenlich an disem brief allen den, die in ansehent oder hörent lesen, daz wir mit gemainem rat vnd mit gutem willen ainer zunft lieplichen vnd frwntlichen vberain sigen komen, vnd habin och die gesworn mit gelerten Worten ze den hailgen, stat ze hend vnd och ze haltend an alle gevärde; vnd vmb die gesetzt vnd alle artikel, die aellie antwerk vnder in hent, alz die brief sagent, die mit vnserm clainen Insigel besigelt sint. War daz wir dehain gebresten daran gwunnin, von sweler gesetzt vnd artikeln denne daz war; da sol der Amman, der Burgermaister, der Rat, die Zunftmaister ir ieglicher mit sinen aylifen vnd nit mer darüber sitzen, vnd swaz man vmb den­ selben gebresten überainkumt, da sol daz minder dem meren gevolgig sin. Ez ist och geredt, daz iederman, der Burger ist ze Mamingen, koffen und verkoifen sol allerhande sach vnde swaz er wil daz er getruwot ze geniessend vnd sol in daran niemen bekrenken; vnd daz daz alzo war sie, stat vnd vnvergessen belibi, darumb so haben wir alle gmainlichen mit vnsrer Stett grossem Insigel ze Mamingen besigelt disen brief. Der geben ist an dem Fritag vor Sant Martins tac, do man zalt von Gottes gebürt driezehenhundert Jar vnd dar nah in dem Siben vnd fiertzigosten Jar.“ Daran hängt das grosse Städtsiegel in braunem Wachs; auf der Rückseite steht von späterer Hand (aus dem 16. Jahrh.) das Rubrum: ,,Ao. 1347. Wegen der Stimmen und Yotirens, auch des Verkauffens halb.“ Hier treten zum ersten Mal „die Zunftmeister und die Ge­ meinde alle der Stadt Memmingen“ in einer Urkunde beschliessend und handelnd auf, und zwar nicht mit Bewilligung des Stadtraths und demselben subordinirt, sondern neben demselben’ als selbst­ ständige Corporation. Amman, Bürgermeister, Rath, die Zunft­ meister und die Gemeinde alle „kommen einer Zunft überein“ und

14 schwören, dieselbe zu halten. Was ist nun die „Gemeinde alle“ ? Es sind die später genannten Eilfer, wie aus einer Verantwortung der Zünfte auf die Anklage der Geschlechter vom Jahre 1471 deutlich hervorgeht, wo es heisst: „Wan man ein Burgermaister vnd rätte wölt erwelen — gieng ein yeder Zunfftmaister zu sinen Eindelfern, die ain gemainde gehaissen wurden“. Der Ausdruck „einer Zunft Übereinkommen“ bedeutet aber nichts anderes, als eine Zunftverfassung errichten, wie man sich auch in Augsburg bei Einführung der Zunftverfassung im Jahre 1368 derselben Be­ zeichnung bediente,51 und zwar geschah dies zu Memmingen, nachdem allerdings manche Misshelligkeiten zwischen den Ge­ schlechtern und Zünften mögen vorausgegangen sein, doch zuletzt „mit gemainem rat vnd mit gutem willen lieplichen vnd frwntlichen“. Allerdings ist im weitern Verlauf dieses Zunftbriefes nur von den Handwerksartikeln die Rede und wird vereinbart, dass über dieselben und deren allenfallsige Gebrechen künftighin Amman, Bürgermeister, Rath, die Zunftmeister und Eilfer berathschlagen und durch Stimmenmehrheit entscheiden sollen, sowie schliesslich jedem Bürger das Recht eingeräumt, zu kaufen und zu verkaufen, was er will. Allein dass es sich bei der Abfassung dieses Zunftbriefes von 1347 nicht blos um Regelung von Hand­ werksangelegenheiten, um Abgränzung der verschiedenen Gewerbsinnungen u. dgl. handelte, sondern den Gewerbtreibenden von nun an wirklich ein Antheil an der Verwaltung des städtischen Ge­ meindewesens und am Stadtregiment zugestanden wurde und die Verfassung der Stadt damit aufhörte, eine rein aristokratische zu sein, wie sie es bisher war, erhellt zur Genüge, wie aus der Form, so auch aus dem Inhalt der bald darauf folgenden städtischen Urkunden: Wir der Bürgermeister, (der Amman), der Rath, die Zunftmeister und die Bürger gemeinlich“ oder statt letzterer Bezeichnung: „die Eilfer“, und zwar wird von den Genannten Anno 1351 April 28. dem Stift Ochsenhausen erlaubt, zu Mem­ mingen ein Haus zu kaufen, .Anno 1352 April 26. ein Zusatz zum Stadtbuct gemacht, Anno 1356 Nov. 25, dem Antoniermeister der Ankauf eines Stadels dahier und unter gleichem Datum die Ab­ lösung eines Zinses bewilligt. Ebenso stiften 1356 November 25. Bürgermeister, Rath, die Zunftmeister und die Bürger ge­ meinlich die Frühmesse zu St. Martin und behalten sich die Ver­ leihung derselben vor; 1365 April 24. schliessen sie einen Ver­ trag mit dem Spitalmeister wegen Theilung des Heilig-Geist-Spitals; 1367 Juni 16. kommen sie mit demselben überein, dass die Früh-

15 messstelle zu Unser Frauen künftighin vom Rath und den Zunft­ meistern zu besetzen sei; 1385 Februar 6. verkaufen sie ein Leibdinggeld an Hansen den Steiger und seine Hausfrau, des­ gleichen 1392 Juni 27. an Heinrich Kuntzelmann; 1396 Sept. 26. publiciren sie das neurevidirte Stadtrecht. Wir sehen daraus, wie die Zunftmeister von Mitte des 14. Jahrhunderts an in die ver­ schiedenen Sphären der städtischen Verwaltung eingreifen, im Verein mit Bürgermeister und Rath die Rechte der Stadt wahren, ja selbst an der gesetzgeberischen Thätigkeit betheiligt sind. Ob sie in diesem Zeiträume schon Sitz und Stimme im täglichen kleinen Rathe gehabt und neben der Rathsbank von 12 Rath­ geben schon die Zunftmeisterbank von 12 Zunftmeistern bestanden habe, darüber fehlen vorläufig historische Nachweise; die uns er­ haltenen Rathslisten beginnen erst mit dem Jahre 1446, die Rathsprotokolle erst mit dem Jahre 1508. Ebenso wenig lässt sich die Frage beantworten, ob sogleich mit der Einführung der Zunftverfassung im Jahre 1347 die gesammte Bürgerschaft in 12 gleichberechtigte Zünfte eingetheilt worden ist oder ob diese Eintheilung erst später erfolgte. Jedenfalls bestand sie schon im Jahre 1400, denn von da an datiren die Verzeichnisse der Ge­ schlechter oder Mitglieder der Grosszunft auch kurzweg „Bürger­ zunft, Bürgerstube, Bürgerzeche, Zunft oder Gesellschaft zum goldenen Löwen“ genannt52 und im Jahre 1471 erklären die Bevollmächtigten der Stadt in ihrer Verantwortung auf die beim kaiserlichen Kammergericht zu Regensburg erhobenen Klagen der Geschlechter: „Das von alter all weg lennger denn yemand verdencken möchte zwölf zünft zu Memmingen gewesen und noch sin.“ Jeder, der überhaupt politische Rechte ausüben wollte, musste nunmehr einer Zunft angehören, und zwar bildeten die Gewerbtreibenden zusammen eilf Zünfte, eine zwölfte, die sogenannte Grosszunft, bestand aus den bisherigen Geschlechtern. Dieselbe hatte vor den übrigen Zünften einzig und allein das Vorrecht, dass sie nur solche aufzunehmen brauchte, die kein Gewerbe trieben und ehrbaren Wesens und Herkommens waren. Aus einer Aufzeichnung vom Jahre 1415 ersehen wir, dass damals schon dieselben Zünfte bestanden, wie späterhin und können daraus zu­ gleich einen Schluss ziehen, nicht so fastauf das numerische Verhältniss, in welchem die Zünfte zu jener Zeit zu einander standen, sondern auf die Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Zunft. Als nämlich im genannten Jahre König Sigmund ein Aufgebot wider den geächteten Herzog Friedrich von Oesterreich ergehen liess,

16 hatte die Stadt Memmingen hiezu 408 Mann, 336 zu Fuss und 72 zu Pferd, zu stellen, welche nach Zünften und innerhalb jeder Zunft wieder durch das Lobs ausgehoben wurden.53 Hiebei war 1) die Grosszunft betheiligt mit 66 Mann, 47 zu Ross u. 19 zu Fuss 2) die Kramerzunft 32 34 ,, 2 » 3) die Metzgerzunft 22 JJ » 23 „■ 1 4) die Merzlerzunft 8 ,, 30 „ 38 „ 5) die Schuhmacherzunft 28 ?> yy 28 „1 » 6) die Zimmerleutezunft 27 yy 27 ,, >> 7) die Weberzunft 56 ?? n n1 » 8) die Schneiderzunft 29 „ 30 „ 1 „ » yy 13 ,, 9) die Ledererzunft 14 yy 4 „ 10) die Bäckeizunft 26 ,, 25 yy 1 „ 29 yy 11) die Schmiedezunft „ 32 „ 3 „ 25 __yy 12) die Tucherzunft yy 30 ,, b » 408 „ " ?2~'„ 336 yy wobei zu bemerken, dass ein Mann zu Pferd für zwei Mann zu Fuss galt. Unverkennbar war die Einreihung der Geschlechter in das System der Zünfte und die Errichtung einer Zunftmeisterbank von 12 Mitgliedern neben der Rathsherrenbank von gleicher An­ zahl im Stadtrathe, mag dieselbe nun schon im Jahre 1347 oder erst um das Jahr 1440 erfolgt sein, ein entschiedener Sieg der Zünfte über die Geschlechter, ein völliger Umsturz des bisherigen Geschlechterregiments und die früher aristokratische Verfassung der Stadt wurde dadurch zu einer demokratischen. Denn nicht bloss sassen nun im Rathe dem Bürgermeister und den 12 Rath­ geben, die aus den Geschlechtern sein konnten/ die 12 Zunft­ meister gegenüber, von denen nur einer, der Grosszunftmeister, aus den Geschlechtern war, sondern die Wahl selbst des Bürger­ meisters wie der Rathgeben wurde von den Zunftmeistern und den Eilfern vollzogen und hatten hiebei die Geschlechter nur eine, die Zünfte dagegen eilf Stimmen. Wir dürfen uns daher nicht wun­ dem, dass die Mehrzahl der Rathgeben vielfach nicht mehr aus den Geschlechtern war,54 sondern müssen uns im Gegentheil dar­ über wundern, dass noch so viele aus den Geschlechtern in den Rath gewählt wurden und namentlich der Bürgermeister in der Regel den Geschlechtern angehörte und dürfen dies wohl dem An­ sehen zuschreiben, in dem die Geschlechter doch noch immer bei der Bürgerschaft standen und dem Einfluss, den sie auf dieselbe übten. Demungeachtet wurde die Spannung zwischen den Ge-

17 schlechtem, die sich nun aus dem Regiment verdrängt sahen, und den herrschenden Zünften immer ärger und Massregeln wie die, dass im Jahre 1451 den Geschlechtern vom Rathe verwehrt wurde, eine eigene Trinkstube zu errichten,55 waren nicht geeignet, eine Versöhnung herbeizuführen. Zwei Jahre darauf setzten es die Geschlechter doch durch, in den Besitz einer eigenen Trinkstube zu gelangen und jetzt schlossen sie sich im gesellschaftlichen Leben um so mehr von der übrigen Bürgerschaft ab, kümmerten sich wenig um das, was im Rathe beschlossen wurde,56 ja machten zuweilen ihrem Unmuthe über die jetzigen Zustände in beleidigen­ den Ausdrücken Luft. Als z. B. im Jahre 1470 Churfürst Markgraf Albrecht von Brandenburg nach Memmingen kam, beschloss der Rath, dass Alle, die Rosse hätten, ihm entgegen reiten sollten und liess dies den Betreffenden durch den Rathsknecht ansagen. Einer aus den Geschlechtern aber gab die Antwort: er hätte kein Ross, man sollt’ ihm einen Zunftmeister satteln, darauf wollt’ er hinausreiten. Begreiflicher Weise erregte dies allgemeinen Unwillen und hatte zur Folge, dass der Hochmüthige der Stadt verwiesen wurde, denn „es wäre ein unziemlich Ding“, wurde geltend gemacht, „dass ein Mensch das ander reiten sollte.“ 57 Aber auch auf die nächst­ folgenden Wahlen hatte dieser Vorgang einen für die Geschlechter nachtheiligen Einfluss, denn während aus den letztem im Jahre 1470 noch vier in den Rath gewählt wurden, reducirte sich diese Zahl im Jahre 1471 auf zwei. Da ermannten sich die Geschlechter und reichten durch Jörg Ehinger, Lehrer der Rechte, kaiserlichen Rath, Kammerprocurator und Fiskal von Ulm, am 6. August 1471 beim kaiserlichen Kammergericht zu Regensburg wider Bürger­ meister, Rath und Gemeinde zu Memmingen 20 Klagartikel ein „ettlicher unordenlichen newung und gesetze och menig annder Unordnung halben, so sy on des Römischen Kaysers wissen und Urlauben in der gemelten stat fürgenommen, dardurch dan dem Kayser und dem hailigen Ryche sein oberkait und gewaltsam daselbs geswecht und abgeprochen würde och unratt, widerwertigkait und aufrüre daruss entspringen“. In diesen Klageartikeln wurde von den Geschlechtern namentlich hervorgehoben: der Bürgermeister habe keine Stimme im Rathe; die Zunftmeister ver­ abreden sich zuvor über das, was im Rathe zu beschliessen sei und wenn eine ihnen missliebige Sache zur Sprache kommen soll, erscheinen sie entweder gar nicht im Rathe oder heissen den Bürgermeister abbrechen; zu den Reichs- und Städtetagen und dergl. werden oft unfähige Leute aus den Zünften abgeordnet, bei 2

18 der Ernennung eines Bürgermeisters werde den Eilfern nur unter zweien, bei der Ernennung der Zunftmeister und Rathgeben nur unter dreien die Wahl gelassen und werden selbst Zünftige zu Bürgermeistern gewählt; es sollten mehr Rathgeben als Zunft­ meister sein und nahe Verwandtschaft nicht vom gleichzeitigen Sitze im Rath ausschliessen; die Stelle der Stadtkämmerer werde häufig mit Zünftigen besetzt; die Stadt nehme Pfahlbürger auf und verleihe Leibeigenen der benachbarten Herren und Gottes­ häuser das Bürgerrecht. Im Namen der Stadt wurden Ulrich Zehender aus den Geschlechtern und der junge Hans Spun aus der Ledergerberzunft an das kaiserliche Kammergericht abgeordnet, welche die Klageartikel theils berichtigten, theils nachwiesen, dass dies keine Neuerung, sondern altes Herkommen und somit zu Recht bestehend sei. Das Resultat war, dass Bürgermeister, Rath und Gemeinde zu Memmingen durch kaiserlichen Urtheilsbrief d. d. Gratz, 23. Februar 1473 von sämmtlichen wider sie angestrengten Klagen freigesprochen wurden. Die Geschlechter hatten also mit ihrer Anklage beim Kammergericht nicht nur nichts erreicht, sondern die Zünfte nur noch mehr erbittert und die nächste Folge war, dass im Jahre 1472 gar keiner aus den Geschlechtern in den Rath gewählt wurde und sie in dem letztem nur durch den Bürgermeister und Grosszunftmeister vertreten waren; was früher bloss herkömmlich war, erlangte durch den kaiserlichen Erlass von 1473 Rechtskraft; die Fälle wiederholten sich, dass auch der Bürgermeister aus den Zünften gewählt wurde, ja vom Jahre 1518 an wechselte regelmässig von Jahr zu Jahr einer aus den Zünften mit einem aus den Geschlechtern im Bürger­ meisteramte; die Verfassung der Stadt blieb dieselbe bis zum Jahre 1551 und die erwähnten Klageartikel und deren Beantwortung geben uns das beste Bild der Stadt Memmingen unter dem Zunft­ regiment. Der tägliche oder kleine Rath bestand aus dem Bürgermeister, den zwölf Rathgeben, den zwölf Zunftmeistern und dem Stadt­ schreiber. 58 Handelte es sich um wichtigere Sachen, so wurde der Rath durch die hiezu erwählten „Zweener“ d. h. zwei Mann aus jeder Zunft verstärkt, was eine Mitgliederzahl von 26+24=50 ergab. War ein Berathungsgegenstand noch wichtiger, so wurde die „Gemeinde“ oder die „Eilfer“ d. h. aus jeder Zunft eilfMann berufen und auf diese Weise ein Grossrath von 26 1-132=158 Mit­ gliedern gebildet.69 Auch eines Ausschusses der „Sechs“ ge­ schieht zuweilen Erwähnung z. B. in den Jahren 1509, 1521 und

19 dann wieder im Bauernkriege unter der Bezeichnung der „ge­ heimen Rätlie“.co Alljährlich zu Ende April fand eine Neuwahl statt61 und wurden zuerst die Zunftmeister, sodann der Bürger­ meister, Stadtamman, Stadtschreiber und Büttel und schliesslich die Rathgeben gewählt. Ob die „Zweener“ und die „Eilfer“ auch alljährlich neugewählt wurden oder längere Zeit in Funktion blieben und in welcher Weise ihre Wahl erfolgte, ist nicht ersichtlich. Die Wahl der Zunftmeister geschah in folgender Art: Zuerst traten die 12 bisherigen Zunftmeister zusammen und wählten aus jeder Zunft drei Männer; diese gab sodann jeder Zunftmeister seiner Zunft bekannt und die Zunft wählte aus den Dreien durch Stimmenmehrheit einen als ihren Zunftmeister für das künftige Jahr.62 Nach geschehener Wahl der Zunftmeister wurde auf dem Rathhaus die Wahl des Bürgermeisters, des Stadtammans, des Stadtschreibers und des Büttels63 vorge­ nommen, und zwar verblieb der Stadtamman, welcher zu jener Zeit nicht mehr Rathsmitglied war wie früher, in der Regel zwei Jahre in seinem Amt.64 Um einen Bürgermeister zu wählen, vereinigten sich zuerst die Zunftmeister auf zwei Männer aus der Gemeinde, welche sie zu diesem Amte den Eilfern in Vorschlag bringen wollten, und aus diesen zweien wurde dann einer durch die Eilfer mittelst Stimmenmehrheit für das kommende Jahr zum Bürgermeister ge­ wählt. 65 Hiebei mag es freilich oft vorgekommen sein, dass die Wahl von Seiten der Eilfer illusorisch wurde, indem die Zunft­ meister unter den zwei Candidaten einen aufstellten, von dem sicher anzunehmen war, dass die Wahl nicht auf ihn fallen werde und war dies namentlich einer der Klagepunkte der Geschlechter wider die Zünfte.66 Waren derart die Zunftmeister, der Bürgermeister, Stadt­ amman, Stadtschreiber und Büttel gewählt, so schritt man schliess­ lich zur Wahl der 12 Rathgeben. Jede der 12 Zünfte hatte einen Rathgeben zu wählen und wurde vor Allem die Reihenfolge, in welcher dies geschehen sollte, durchs Loos bestimmt, indem der Gewählte nicht der Zunft anzugehören brauchte, von welcher er gewählt wurde. Darauf wählten die Zunftmeister und die Eilfer der Zunft, die Nummer 1 gezogen hatte, einen Rathgeben und schlugen ihn ihrer gesammten Zunft vor, welche mit Stimmen­ mehrheit über Annahme oder Nichtannahme des Gewählten zu entscheiden hatte; in welch letzterem Fall natürlich ein neuer Candidat aufgestellt werden musste. So machte eine Zunft nach

2*

20 der andern ihr Wahlrecht geltend, bis sämmtliche 12 Rathgeben gewählt waren.67 Erledigte sich die Stelle eines Rathsmitgliedes im Laufe des Jahres durch Todesfall und dergl., so wurde durch das Loos entschieden, durch welche Zunft ein neues Mitglied zu wählen sei.68 Dabei ist noch zu bemerken, dass Alles, was eine Ehe schied, von gleichzeitiger Theilnahme am Rathe ausschloss,69 eine Schranke, die Schorer zufolge im Jahre 1496 dahin 'erweitert wurde, dass Vater, Sohn und Bruder nicht gleichzeitig im Rathe sitzen sollen.70 Wir haben somit ein vollendetes Zunftregiment vor uns, bei welchem die Geschlechter zu den übrigen Zünften immer imVerhältniss von 1: 11 stehen. Die Zunftmeister haben aus jeder Zunft die drei vorzuschlagen, aus denen durch die Zunft der künf­ tige Zunftmeister zu erwählen ist; die Zunftmeister haben aus der Gesammtgemeinde die zwei vorzuschlagen, aus denen durch den Zunftausschuss der Eilfer der Bürgermeister zu wählen ist; die Zunftmeister haben endlich im Verein mit ihren Eilfern die Rath­ geben vorzuschlagen, welche durch die Zünfte zu wählen sind. Wird der Rath durch die Zween verstärkt, so sind die Geschlechter hiebei nur mit 2, die übrigen Zünfte mit 22 Stimmen betheiligt und wird der Grossrath der Eilfer einberufen, so sitzen in dem­ selben wieder nur 11 Mitglieder aus den Geschlechtern gegen 121 aus den übrigen Zünften. Waren die Wahlen vollzogen, so wurde gewöhnlich am ersten Mai oder am Sonntage darauf Schwörtag abgehalten. Diese Feier­ lichkeit fand in der Augustinerkirche, (der jetzigen römischkatholischen Kirche) einmal im Jahre 1486 auf Einsprache des Predigers Jodokus Gay auch auf dem Salzstadel,71 in späteren Zeiten aber in St. Martinskirche statt. Nach beendigtem Gottes­ dienst wurden vom Stadtschreiber die Namen der Neugewählten bekannt gegeben mit den Worten: „Nu merkent, vff diss jar ist N. N. ewer Burgermaister, N. N. ewer Stattamman, Ich ewer Stattschreiber vnd N. N. ewer Gebütel. So sind das die Ratgeben: N. N. So sind das die Zunfftmaister N. N.“ Darauf wurde das Stadtbuch d. i. das Stadtrecht verlesen und war dies geschehen, so wurde die Ernennung der Hauptleute zu den Thoren,72 näm­ lich zum „Obern Tor am Weppach“ (Wegbach) — dem spätem Kempterthor, zum „Krugstor“, zum „Westertor“, zum „Nidergassertor“, zum „Dienerstürli“,73 zum „Inner-Nidergassertor“, zum „Kalk­ tor“, zum „Lindentürlin“, sowie die Hauptleute zum „Sinwelenturn“,74 „zu Ross“75 und „zum Für“,76 wahrscheinlich durch

21 Acclamation vorgenommen. Den Schluss bildete die Vereidigung Der Bürgermeister, der Neugewählten, sowie der Gemeinde. Stadtamman, Stadtschreiber und Büttel hatten zu schwören: „Das ich richti der Statt, dem Lannd, Burgern und vslüten vnd darinn glich sye ainem als dem andern, kainen Ratschatz neme ynd den Rat verschwigen sye was zu,verschwigend ist, das will ich halten getrouwlich vnd vngeverlich, also bitt ich mir gott ze helffen vnd all hailgen“;77 die Rathgeben und Zunftmeister: „Das ir richtend der Statt, dem Lannd, den Burgern vnd vslüten, armen vnd rychen, ainem als dem andern das beste, das ir wissend von sinnen vnd gedenken, vnd das nicht lassend weder durch lieb noch durch laid noch durch dehainerlay sach willen, vnd kainen Ratschatz nemen vnd den Rat verschwigen syen, was zu verschwigend ist, alles getruwlich vnd on all gevärd, also bittend ych gott helffen vnd all hailgen“;77 die Gemeinde hatte zu schwören: „Das ich dem Burgermaister, dem Amman, den Ratgeben, den Zunftmaistern, den Aylfern vnd ouch den Hoptlüten gehorsam, beraten vnd beholffen sye, was sie zu rate werdent durch der Statt oder des Lands nutz vnd ere willen, vnd die gesetzt, die hievor verlesen vnd by den ayden gebotten sind, vnd ouch die verainung der pontnüss, darinn wir mit vnsern gnädigen Herren“ (nun folgen die Namen der Fürsten und Städte, mit denen die Stadt Bünd­ nisse eingegangen) „syen och die ainung der Statt von unzuclit wegen, wie die angesehen ist, daz will ich halten getruwlich vnd vngeverlich, also bitt ich mir gott helffen vnd all hailgen.“77 Die Rathssitzungen wurden vom Bürgermeister anberaumt, welcher in denselben auch den Vorsitz und bei Stimmengleichheit Decisivstimme hatte.78 War dieser krank oder abwesend, so traten die Zunftmeister zusammen und wählten aus ihrer Mitte oder aus den Rathgeben einen Stellvertreter des Bürgermeisters.79 Die Sitzungsprotokolle wurden vom Stadtschreiber geführt; sie be­ ginnen erst mit dem Amtsantritt des Stadtschreibers Ludwig Vogel­ mann im Jahre 1508 und sind von da an in ununterbrochener Reihe vorhanden, wogegen aus früherer Zeit bisher auch nicht ein'Blatt davon aufgefunden wurde, was zu der Annahme berech­ tigt, dass in ältern Zeiten gar keine Protokolle aufgesetzt wurden. Hätte Vogelmann solche vorgefunden, so würde er sie gewiss ge­ sammelt und der Nachwelt erhalten haben.80 Die prägnante Aus­ drucksweise, die flüchtige Schrift, die vielen Abbreviaturen und Correkturen in den von Vogelmann und seinen nächsten Nach­ folgern verfassten Protokolle lassen schliessen, dass dieselben in

22 der Sitzung selbst niedergeschrieben wurden, während aus der Keinschrift und sorgfältigem Ausarbeitung der spätem Protokolle hervorgeht, dass sie erst nach der Sitzung geschrieben und in der darauf folgenden verlesen wurden; eine Angabe des Präsenzstandes der Rathsmitglieder oder ein Unterschreiben der Protokolle war nicht üblich. Diese Rathsprotokolle gewähren uns nicht bloss einen Einblick in die Art und Weise, wie damals Rath gepflogen wurde, sondern geben uns ein vollständiges Bild der Culturzustände jener Zeit, bieten eine ungemein reiche historische Fundgrube, indem Alles und Jedes, selbst die Handwerksstreitigkeiten, die eigentlich von den Zünften zu schlichten gewesen wären, vor den Rath gezogen wurde. Bei solcher Fülle von Berathungsstoff war es nöthig, mehrmals in der Woche Sitzung zu halten und geschah dies gewöhnlich am Montag, Mittwoch und Freitag. Das Zeichen dazu gab man eine halbe Stunde zuvor vom St. Martinsthurm mit dem Rathsglöcklein, demselben Glöcklein, das auch jedem Raths­ genossen zu Grabe läutete, welcher während seiner Amtsdauer verstarb.81 Im Winterhalbjahr begann die Sitzung Morgens 8*/2 Uhr,82 vom Monat Mai an aber schon um 6 Uhr83 und war die Geistlichkeit angewiesen, den Frühgottesdienst bis zu dieser Stunde zu beendigen, damit die Rathsglieder in ihren kirchlichen Ver­ pflichtungen nicht verhindert würden.84 Es ist begreiflich, dass bei so vielen Sitzungen Manche ganz ausblieben oder doch zu spät kamen; es musste daher auf Strafen gegen die Säumigen ge­ sonnen werden. Man stellte eine */2 Stunde lang rinnende Sand­ uhr auf und liess sie rinnen, sobald die Frühmesse bei St. Martin beendigt und das zweite Glockenzeichen gegeben war. Wer nun nach dem Ablaufen der Sanduhr kam, musste 3 Pfennig bezahlen, AVer gar nicht kam, einen Böhmischen Groschen, wer ohne Er­ laubnis des Bürgermeisters den Rath verliess — einen Schilling Haller.85 Später wurden diese Strafbestimmungen genauer prä-' cisirt. Der Bürgermeister konnte beim Eid d. h. bei Eidespflicht oder wenn wichtigere Dinge Vorlagen, bei B Schilling86 Busse den Rath berufen.87 War bloss beim Eide in den Rath geboten, so bedurfte, wer über eine Meile Wegs verreiste, keines Urlaubs; war die Strecke kürzer, so hatte er beim Bürgermeister um Ur­ laub nachzusuchen88 und versäumte er dies, so wurde er zur Rechenschaft gezogen.89 . Wer in solchem Fajle zu spät kam, musste 3 Pfennig Strafe bezahlen 90 und wurde hiebei auch der Bürgermeister nicht verschont.91 In spätern Zeiten, da jedes Rathsmitglied für eine Sitzung einen Batzen bezahlt erhielt, wurde

23 dem zu spät Kommenden ein halber Batzen gestrichen lind der Ausbleibende erhielt gar nichts. 92 Nur die Rathsmitglieder, welche Bäckermeister waren, hatten während der Fastenzeit des Bretzenbackens halber das Vorrecht, später zu kommen, ohne in eine Strafe zu verfallen.93 War dagegen bei einer Busse von 5 Schilling in den Rath geboten, so durfte keiner ohne Urlaub wegbleiben, wenn er nicht straffällig werden wollte94 und der zu spät Kommende hatte 15 Pfennig zu bezahlen.95 Die Zunftmeister baten daher häufig gleich in der ersten Sitzung nach der Neu­ wahl, der Bürgermeister möge nicht so oft bei 5 Schilling Busse in den Rath bieten. Für Berathung der Angelegenheiten der Stadt war insbe­ sondere der Mittwoch bestimmt, aber auch an den übrigen Tagen sollten der Stadt Angelegenheiten den Vorgang vor den Privat­ sachen haben.96 Ein Ausschuss von anfänglich 2, dann 5, noch später 7 Mitgliedern des Raths bildete die sogenannte „Einung“, von welcher Schorer in seiner Chronik von Memmingen zum Jahre 1492 schreibt: „In der Wochen Laurentij hat ein Rath die Eini­ gung geändert. Vor waren all weg zwey Einiger, welche nicht allein im Rath auss vnd ein giengen, die Parteyen vnd die Ge­ fangene verhöret, sondern auch die Schmach- und Schlaghändel geschlichtet. Jetzund aber hat man den zweyen Einigern dieses Straff-Ampt abgenommen vnd drey absonderliche Einungs-Herren (dieser Zeit seyn jhrer sibne) verordnet, welche Wöchentlich einen Tag, oder wie viel hierzu nöthig, sitzen, die Händel an­ hören vnd abstraffen sollen, nach dem Einungs-Buch. Man gab eineih von einem Sitz 2 ß.“ Es war nämlich Jedem gestattet, persönlich vor Rath zu erscheinen, nur musste er Abends zuvor dem Bürgermeister hievon Anzeige machen.97 Zum Vortrag der Sache aber im Rath waren eben die „Einunger“ oder „Einungs­ herren“, nämlich ein Theil derselben, wahrscheinlich zwei be­ stimmt98 und auch sie sollten Abends zuvor dem Bürgermeister Meldung thun, wenn sie etwas vor Rath zu bringen hatten.99 Der durch einen der Einunger in den Rath Eingeführte konnte dann selbst das Wort ergreifen oder den Einunger für sich reden­ lassen, 109 auch eines Fürsprechen oder Sachwalters sich bedienen. Der andere Theil der Einunger dagegen, allem Anschein nach drei derselben, war beauftragt, ausserhalb des Raths in besondern Sitzungen „Schmach- und Schlaghändel“ zu schlichten, Parteien zu verhören und zu vermitteln101 — daher der Name „Einunger“ — sowie im Verein mit dem Amman die peinliche Untersuchung

24 von Gefangenen vorzunehmen,102 auch die Polizei zu handhaben und Frevel zu bestrafen, weshalb sie auch die „Strafherren“ 103 genannt wurden, — Alles mehr oder weniger odiose Geschäfte, die daher dem Einzelnen nicht länger als einen Monat zugemuthet wurden und so in bestimmter Reihenfolge' nach und nach jedes der Rathsmitglieder trafen.104 Die erste Sitzung nach der Neuwahl begann damit, dass die Rathgeben den Zunftmeistern und die Zunftmeister den Rathgeben ihre Plätze anwiesen und der Bürgermeister eine Begriissungsrede hielt, auf welche ihm von dem zuerst erwählten und daher obenan sitzenden Rath geben gedankt wurde.195 Darauf wurde die Ge­ richts- und Einungs-Ordnung verlesen und schliesslich der bis­ herige Gebrauch bei den Sitzungen bekannt gegeben, auch wohl neue zweckdienliche Bestimmungen in diesem Betreff vereinbart z. B. Man solle keine langen Reden halten, sondern die Sitzungen beschleunigen; keiner solle dem Andern in die Rede fallen oder wiederholen, was bereits vorgebracht sei; man solle aufmerken und nicht plaudern; Bürgermeister und Grosszunftmeister sollen befugt sein abzubrechen, wenn ein Gegenstand genügend be­ sprochen sei; Bürgermeister soll sonderlich jene um ihre Meinung fragen, die schwatzen oder schlafen; er soll auf den Tisch klopfen, wenn es zu laut hergehe; die Streitenden sollen an die „Sidel“ d. i. eine Bank mit einem darunter befindlichen Behältniss ge­ stellt werden106 u. dgl. In den nächstfolgenden Sitzungen wurden sodann die „Schauen“ bestellt, deren schon im 15. Jahrhundert verschiedene waren, als: Bauschau, Ziegelschau, Mühlenschau, Brot­ schau, Fisch- und Häringschau, Fleischschau, Spezereischau, Tuchund Wollenschau, Lederschau, Weberschau, die wieder in eine Golschen- und Barchentschau zerfiel, Seilschau, Rossschau. Jede dieser „Schauen“ bestand aus einer Anzahl Bürgern, zu welchen 1—3 Mitglieder des Raths deputirt waren. Vorstand der Mühlen­ schau war jederzeit der Bürgermeister, Vorstand der Brot- und Häringschau der Stadtamman. Ebenso wurden die Verträge ratifizirt, die man mit dem Werkmeister, dem Wagmeister, demEichtmeister, dem Kornmeister und dem Büchsenmeister abschloss oder erneuerte, auch die niedern Bediensteten, als Werkhausleute, Korn­ messer, Wächter, Thorhüter, Eschayen d. i. Flurwächter u. s. w. angestellt oder in ihrem Dienste bestätigt. Was endlich die Be­ züge der Rathsgenossen anlangt, so suchten sich in frühem Zeiten die Mitglieder der Zunftmeister bank für ihre Zeit und Mühe in Berathung der öffentlichen Angelegenheiten durch einen kräftigen

25 Trunk auf Kosten der Stadt zu entschädigen; da aber dies zu Excessen führte, welche sich für die Väter der Stadt nicht schicken wollten, so wurde als Ersatz dafür späterhin jedem der Zunft­ meister alljährlich ein Pfund Heller Trinkgeld verabreicht.107 Die Rathgeben scheinen nie eine Remuneration erhalten zu haben, bis im Jahre 1544 beschlossen wurde, dass jedem Rathsmitgliede für jede Sitzung ein Batzen bezahlt werden sollte; nur musste er der Sitzung von Anfang an beiwohnen; kam er zu spät, nachdem die Sanduhr schon abgelaufen, hatte aber Urlaub, so erhielt er blos einen halben Batzen108 und kam er zu spät, ohne Urlaub zu haben, so musste er auch noch die Strafe von 3 Pfennig ent­ richten. 109 Ausserdem hielt man, wenn der Stadtweiher oder Walkgraben oder die Weiher zu Lauben und Frickenhausen ge­ fischt wurden, ein gemeinsames Essen oder es wurde jedem Raths­ freund ein Karpfen, auch wohl ein Hecht in’s Haus geschickt.110 Bezüglich des Gerichtswesens wurde schon oben erwähnt, dass in frühesten Zeiten zu Memmingen die niedere oder bürger­ liche Gerichtsbarkeit durch den vom Kaiser oder König ernannten Amman, die hohe Gerichtsbarkeit aber durch den kaiserlichen Land­ vogt ausgeübt wurde, welcher jedoch dies Amt mitunter gleich­ falls dem Amman übertrug. In Civilklagen wurde daher in jener Periode durch den Amman und einige Bürger geurtheilt und der Urtheilsspruch gewöhnlich mit dem Stadtsiegel, sowie mit dem Siegel eines Zeugen und des Ammans versehen.111 Als aber im Jahre 1350 König Karl IV. sich der Besetzung des Ammanamtes zu Memmingen begeben und solche der Stadt überlassen hatte, wurde ein besonderes Stadtgericht für bürgerliche Rechtsstreitig­ keiten eingesetzt, das jedoch eine geraume Zeit lang nicht etwa aus dem Stadtamman und einer Anzahl von Richtern, sondern aus Bürgermeister und Rath bestand, die sich zu diesem Zwecke als Civilsenat constituirten. Wenigstens finden wir alle Urtheilsprüche in Civilklagen vom Jahre 1365 bis zum Jahre 1423 nur von Bürgermeister und Rath erlassen. Sie beginnen sämmtlich mit den Worten: „Ich N. N. Burgermaister ze Memmingen sazz ze gericht in dem Raut — do kam für den Raut N. N.“ oder: „Ich N. N. Burgermaister ze Memmingen vrkund mit disem brief daz — do ich in dem Raut ze gericht sazz für recht kam N. N.“ oder: „Wir der Ratte der statt Memmingen bekennen offenbar mit dem brief als N. N. vnd N. N. für vns an vnsern beluten Rate mit einander in gericht körnen sind“ und sind jedesmal mit des Gerichts zu Memmingen Insiegel versehen. Von einer Thätig-

26 keit des Stadtammaus als Civilrichter findet sich in diesem ganzen Zeiträume keine Spur. Derselbe tritt vielmehr nur als öffentlicher Notar auf, indem namentlich die Verträge jeglicher Art durch ihn errichtet und besiegelt werden, sowie als Polizei-Commissär uni bis zum Jahre 1403 im Aufträge des kaiserlichen Landvogts als Vorsitzender des Criminalgerichts, in welcher Eigenschaft ihm 13 oder mehr Bürger unter dem Namen „Stuhlgenossen“ als Urtheilsfiuder zur Seite stehen.112 Vom Jahre 1423 an dagegen weisen die Urkunden neben dem aus Bürgermeister und Bath be­ stehenden Gericht für Civilrechtshändel zugleich ein solches unter dem Vorsitze des Stadtammans nach, welches aus 13 Bürgern be­ stand, die, wie aus den Verzeichnissen von 1450—1482 hervor­ geht, sämmtlich nicht dem Bathe angehörten, und das Drei­ zehnergericht113 genannt wurde. Ja im Jahre 1443 finden wir sogar noch ein drittes Civilgericht, gleichfalls unter dem Vor­ sitze des Stadtammans, das bald kurzweg das Gericht,114 bald das Stadtgericht115 benannt wird. Die Eichter führen den Namen „Stadtrichter“ und die Verzeichnisse derselben von 1450 an lassen erkennen, dass auch diese Stadtrichter Bürger waren, die ausserhalb des Stadtrathes standen. Die Wahl derselben ge­ schah durch den Stadtrath.115 Beide Gerichte, sowohl das Drei­ zehnergericht als das bloss „Gericht“ oder „Stadtgericht“ benannte fertigten ihre Urtheilsprüche unter dem „Sigillum Judicii Civitatis Memmingen“ aus. Während die Anzahl der Mitglieder des Drei­ zehnergerichts stets dieselbe blieb, war jene der „Stadtrichter“ einem wiederholten Wechsel unterworfen. Im Jahre 1450 waren es 26 Stadtrichter, im Jahre 1451 wird die Zahl auf 24 ge­ mindert; im Jahre 1452 „ward ain Bat mit den zwainen ze rat, daz man füro nit mer denn järlich XII richter setzen vnd haben wöll, die daz gericht stätig besitzin“ und diese Zahl von 12 ver­ blieb bis Anno 1504. Als in diesem Jahre das Dreizehnergericht aufgehoben wurde, erhöhte man dafür die Zahl der Stadtrichter auf 16; aber mit der Wiedereinführung des Dreizehnergerichts im Jahre 1525 117 wurde die Zahl der Stadtrichter wieder auf 12 r jduzirt. Doch das Dreizehnergericht hatte diesmal keinen langen Bestand; es kam schon 1526 und zwar für immer in Wegfall und wurden von da an bis 1551 jährlich 20 Stadtrichter durch den Stadtrath ernannt. Beide Gerichte standen in gewisser Abhängig­ keit vom Stadtrath. Als im Jahre 1527 die Gerichtsordnung revidirt wurde, übertrug der Bath dies Geschäft vier Mitgliedern des Baths, vier Mitgliedern des Stadtgerichts und dem Stadt-

27 Schreiber und im Jahre 1535 liess der Rath an das Gericht den Befehl ergehen, im Urtheilsprechen fleissiger zu sein und nicht jede Kleinigkeit dem Rathe züzuschieben.118 Jedenfalls konnte man von diesen Gerichten den Rekurs an Bürgermeister und Rath ergreifen. Öles tkaten z. B. die Pfleger und Hofmeister der Spitaldürftigen zu Memmingen. Sie stellten im Jahre 1452 vor dem Dreizehnergericht Klage wider den Stadtamman Hüter, als Besitzer des Techen- und Schulbades, wegen verweigerter unentgeldlicher Benützung dieses Bades von Seiten der Spitaldürftigen und das Dreizehnergericht entschied, dass Hüter die Spitaldürftigen in seinem Bade solle baden lassen nach Inhalt des Vertragsbriefs. Damit aber waren die Kläger nicht zufrieden; sie rekurrirten an Bürgermeister und Rath und das Urtheil des Dreizehnergerichts wurde dahin remedirt, dass Hüter die Spitaldürftigen in seinem Bade nicht nur unentgeldlich baden, sondern auch „scheeren, zwahen und ryben lassen“ solle. Dagegen war die Appellation vom Stadt­ rath an ein anderweitige^ Gericht nach Kaiser Friedrichs Privi­ legium vom 24. Juli 1487 nur dann zulässig, wenn es sich um mehr als 5 fl. und nach Kaiser Karls Privilegium vom 4. Februar 1521 nur dann, wenn es sich um mehr als 60 fl. handelte. Auch sollte laut Privilegium Kaiser Friedrichs vom 25. Juni 1571 kein Bürger, Einwohner, Diener oder Hintersasse der Stadt Memmingen vor das Hofgericht zu Rotweil oder ein ander Gericht geladen werden, sondern allein vor Bürgermeister und Rath der Städte: Augsburg, Ulm, Ravensburg, Biberach oder Kempten. Die beider­ seitige Competenz von Stadtgericht und Dreizehnergericht scheint nicht streng geschieden gewesen zu sein und war dieser Umstand neben dem Mangel an zum Richteramte tüchtigen-Persönlichkeiten wohl ein Hauptgrund der Aufhebung des letztem im Jahre 1504 und seines kurzen Bestehens nach der Wiedererrichtung im Jahre 1525. Es wurde dies wenigstens geltend gemacht, als im Jahre 1512 die Sprache davon war, das Dreizehnergericht wieder in’s Leben zu rufen und wurde damals als Hauptgebrechen im Ge­ richtswesen die Nachlässigkeit der Richter bezeichnet und dem Amman auferlegt, wöchentlich in der Regel zwei Gerichtstage zu halten, den Richtern nicht so oft Urlaub zu geben und gegen die saumseligen Richter mit Geldstrafen einzuschreiten.119 Ausser diesen Gerichten, für welche bestimmte Tage fest­ gesetzt waren, berief der Amman zur Entscheidung von Streitig­ keiten mit Fremden, um diese nicht ohne Noth aufzuhalten, zu-* weilen ein sogenanntes G a s t g e r i c h t.120 Endlich kommt von

28 1450 1461 auch ein Landgericht vor, welches die niedere Gerichtsbarkeit in den Dorfschaften des reichsstädtischen Gebiets übte; die damit betrauten Bürger, an Anzahl 16, später 12, Wessen die „Landrichter“. Diese Landgerichte wurden allmählich da­ durch entbehrlich, dass in den Dörfern selbst Gerichte bestellt wurden, so zu Lauben Anno 1457, zu Steinheim 1463, deren Urtheilsprüche aber der Recognition des Stadtammans unterlagen und mit dessen Siegel versehen wurden. Auch von Gerichtsferien wusste man schon in damaligen Zeiten; sie währten vom 13. Juli bis 24. August.121 In Criminalsachen sass, wie oben schon bemerkt wurde, in frühem Zeiten der Stadtammann im Namen und Auftrag des kaiserlichen Landvogts mit 13 oder mehr Stuhlgenossen zu Ge­ richt. Nachdem aber im Jahre 1403 die Stadt die hohe Gerichts­ barkeit erlangt hatte, wurde diese in der Regel von Bürgermeister und Rath ausgeübt und beschränkte sich die Thätigkeit des Stadt­ ammans hiebei meist darauf, dass er im Verein mit drei aus dem Stadtrathe abgeordneten „Einungern“ die gerichtliche Unter­ suchung und das Zeugenverhör vorzunehmen, hierüber im Rathe Bericht zu erstatten und nach gefälltem Urtheil den Vollzug des letztem anzuordnen und zu überwachen hatte. Die Untersuchungs­ gefangenen wurden in jenen Zeiten nicht mit der Zartheit be­ handelt, wie heutzutage, sie wurden einfach in den Thurm gelegt, oft zu unterst in ein feuchtes kaltes Loch selbst mitten im Winter.122 Um ein Geständniss zu erzwingen, ward allgemein die Folter angewendet, welches Geschäft der Nachrichter in Gegenwart des Ammans und der Einunger zu besorgen hatte und war der stereo­ type Ausdruck für diese Procedur: „über den Gefangenen gehen und ihn an die Frag führen;123 den Gefangenen peinlich oder strenglich fragen“.124 Gewöhnlich wurden dem Inquisiten die Marterwerkzeuge vorerst nur gezeigt; machte dies aber keine Wirkung, so wurde, insbesondere bei Weibspersonen, die Daumen­ schraube 125 angewendet oder der Gefangene wurde in den Stock geschlagen,126 auch wohl auf das „Rössli“ gesetzt.127 Eine be­ sonders beliebte Methode des Folterns war „auf die Leiter zu legen oder zu strecken“ 128 oder auch „aufzuziehen“ und zwar geschah dies letztere zuerst „leer“;129 wollte aber der Gefangene mit der Sprache nicht heraus, so wurde ihm ein Stein an die Füsse gehängt130 und wenn er dann noch nicht bekannte, ein noch schwererer, bis zuletzt alle Glieder aus den Gelenken gingen.131 In dieser Weise verfuhr man selbst bei politischen Vergehen und

29 wird uns z. B. über das mit dem Stadtschreiber Vogelmann in der Nacht vom 8. auf 9. Januar 1531 vorgenommene peinliche Verhör höchst naiv berichtet: „Darnach ist er ainmal 1er auffzogen worden, aber seine glieder nye auss ainander komen vnd uf sein bit gleich wider ’rab gelassen. Alls er aber noch nichtz von der sach reden wollen, ist im ain klainer stain angehenckt worden vnd baide mal mit vnd on den stain nit so lang gehangen, das ainer ain Ave Marien betten mecht.“ Wie es verschiedene Arten des Folterns gab, so war man auch im Verhängen von Strafen sehr erfinderisch. Trunken­ bolde wurden in’s Narrenhäuslein gesperrt.182 Eine der gelindesten Strafen war noch „bei Wasser und Brot in den Thurm oder in einKäficht legen“188 und kam diese Strafe schon bei unziemlichen Reden in Anwendung. Mehr eine entehrende als schmerzliche Strafe war „in die Geige oder in den Stock schlagen“ 184 oder den „Schnargackhs“ oder „Schnabel“ d. i. eine Art von Halsring anlegen185 oder den „Lasterstein tragen lassen“18(5 oder einen mit dem „Becken und Glöcklein ausklopfen“,187 womit jedoch in der Regel die Verweisung aus der Stadt verbunden war. Ein höherer Strafgrad war schon „mit Ruthen ausschlagen“.138 Wegen kleiner Diebereien wurden die Ohren,139 wegen Fluchens und Schwörens die Zunge 140 abgeschnitten. Eine schreckliche Marter war, bei lebendigem Leibe eingemauert zu werden und nur so viel Nahrung zu erhalten, als gerade das Leben fristete, und doch lesen wir von einem, der es in diesem Zustande über sieben Mo­ nate lang aushielt141 und bei seiner endlichen Befreiung auf Lebens­ zeit aus der Stadt und deren Gebiet verwiesen wurde. Man sollte denken, nach solcher Behandlung hätte es einer Strafandrohung im Falle des Wiederbetretens der Stadt nicht bedurft; demungeachtet kam es nur zu häufig vor, dass die Gemarterten immer wieder ihren frühem Peinigern zuliefen: ein Beweis, dass sie es in andern Gebieten nicht besser trafen, als zu Memmingen. Auch der Todesstrafen gab es mancherlei; da wurde ertränkt, mit dem Schwert oder mit dem Strang oder mit dem Rad gerichtet, zu­ weilen auch die beiden letzten Strafen combinirt. Der Misse­ täter wurde in solchem Falle zuerst gehängt, sodann vom Galgen genommen, ihm seine Glieder mit dem Rad zerstossen und der Leichnam in das Rad geflochten oder es wurde umgekehrt ver­ fahren und ihm zuerst mit dem Rad der Herzstoss gegeben und darauf der Leichnam an den Galgen geknüpft. Bei besonders schweren Fällen trat sogar eine dreifache Combination ein, indem

80 der Verbrecher zuvor noch mit glühenden Zangen in Brust und Arme gezwickt wurde. Das Laster der Sodomie wurde mit Ver­ brennen bestraft und dabei das missbrauchte Thier zugleich dem Feuer übergeben.142 Sehr bezeichnend für das starknervige Ge­ schlecht jener Zeiten ist auch die kräftige Diktion des Urtheilspruches z. B.: „Darumb ist mit urthel vnd recht erkannt, das sy alle drey der Nachrichter zu seinen Händen nemen, hinaus zum hohen gericht füeren, mit dem strickh zu ihr yedem insonnders richten, vnd sy alle drey an das gericht zwischen Himell vnd Erdtrich henckhen soll so lang, biss das ihr yeder kumbt vom Leben zum todt“ oder: „—das inn der Nachrichter zu seinen hannden nemen, hinauss auf die haubtstatt füeren vnd mit dem schwerdt zu im richten soll so lang, biss das zwischen seines haubts vnd dess bottichs (d. i. Rumpf, englisch: body) werde ein sträss vnd er kumb vom Leben zum todt“ oder: „—das sie der Nachrichter zu seinen Händen nemen, hinauss zu dem wasser füeren, allsdan daselbst in ein sack thun vnd mit dem wasser, darein er sie werlfen, zu ir richten, so lang vnnd vil darin ligen lassen soll, bis sie kompt vom Leben zum todt“ oder: „—das in der Nachrichter zu seynen Händen nemen, hinauss zu der richt­ statt füeren vnnd mit dem fewr zu im rychten soll so lang, biss er khumbt vom leben zum tod vnnd soll alda sein leyb zu aschen geprent werden.“ Von dem im Jahre 1403 durch König Ruprecht ihr verliehenen Rechte, „alle und jegliche schädliche Leute und Personen — an Leib und Leben zu bestrafen“, machte die Reichsstadt Memmingen einen ergiebigen Gebrauch. Es fehlen uns zwar genaue Angaben über die Anzahl der Todesurtheile, welche von Bürgermeister und Rath im vorliegenden Zeitraum gefällt wurden, dagegen ersehen wir aus den „Urgichten und Urthelen aller und yeder Malefizischer Personen von 1574 bis 1689“, dass in den hundert Jahren von 1574 bis 1673 incl. zu Memmingen 80 Personen hingerichtet worden sind, und zwar 44 mittelst des Schwertes, 25 mittelst des Strangs, 5 mittelst Rad und Strang, 2 mittelst glühender Zangen, Rad und Strang, 2 durch Ertränken und 2 durch Verbrennen. Die Stadt Memmingen bringt in ihren Schreiben an den Churfürsten von Bayern und an den König Ferdinand Anno 1636 und 1637 vor, dass Memmingen vor dem dreissigjährigen Krieg 2000 Bürger ge­ habt habe, nunmehr aber kaum 400 zähle. Nehmen wir diese Zahlen als richtig an und rechnen eine Familie zu 5 Köpfen, so hätte die Stadt Memmingen vor dem dreissigjährigen Krieg 10,000,

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später nur 2000, also in dem Zeiträume von Anno 1574—1673 durchschnittlich etwa 6000 Einwohner gehabt, hiezu die zehn Memmingischen Dörfer mit ungefähr 4000 Seelen, ergibt für das ganze Gebiet der ehemaligen Reichsstadt in runder Summe 10,000 Seelen. Und in diesem Gebiet wurden innerhalb 100 Jahren nicht weniger als 80 Personen mit dem Tode bestraft. Das jetzige Königreich Bayern zählt 4,875,000 Seelen, also nahezu 500 mal so viel als das Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Memmingen und würde daher für Bayern auf ein Jahr 400 Todesurtheile treffen. Das war die gute alte Zeit, von der häufig so viel Rühmens ge­ macht wird! Es erübrigt noch einiges über das Finanzwesen der Stadt beizubringen. Dasselbe war zu Ende des 14. Jahrhunderts einem „Einnehmer“ und folglich auch einem „Ausgeber“ anvertraut, welche sicherlich beide dem Stadtrathe angehörten, sowie einem des Rathes, der die Steuer und das Ungeld zu perzipiren hatte.143 Zufolge Schorer legte man im Jahre 1445/46 die ganze Finanz­ verwaltung der Stadt in die Hände eines aus der Mitte des Stadt­ raths gewählten „Stenermeisters“.144 Allein schon im Jahre darauf kehrte man zu der alten Einrichtung zurück und die Be­ merkung Schorer’s: „Am Donnerstag nach dem Ostertag (1447) war der Steuermeister wieder abgeschafft“ ist nicht anders zu verstehen, als dass fernerhin nicht mehr die gesammte Stadt­ kämmerei von diesem einzigen Steuermeister geführt werden sollte. Wir finden demzufolge im Jahre 1450 und 1451 Paulus Wiedemann und Ortlieb Seng, beide des Raths, als „Einnehmer“ und als „Ausgeber“, sowie den Grosszunftmeister Cun Stüdlin als „Steuer­ meister“ der Stadt,145 und dies Yerhältniss währte geraume Zeit,148 bis im Jahre 1499 die Aenderung eintrat, dass an der Stelle des Einnehmers und Ausgebers alljährlich vier Mitglieder des Rathes als „Stadtrechner“ oder „Steuerherren“ erwählt wurden. Die uns zu Gebote stehenden Quellen gewähren einigen Einblick in den Finanzhaushalt der Stadt im 14. und 15. Jahrhundert. Diese Quellen sind: Verträge über die Verpachtung der städtischen Zölle und Gefälle vom Jahre 1363 an,, Aufzeichnungen über Einnahme an Zinsen von Häusern und Gütern, sowie über jährlich wieder­ kehrende Leistungen im Denkbuch der Stadt vom Jahre 1397, die Zinsregister von 1416 an, die Steuerbücher von 1450, 1451 und 1521, endlich der Stadt Einnahme- und Ausgabebuch von 1462 und 1488, sowie das Einnahmebuch von 1466 und das Ausgabe­ buch von 1479. Durch Kaiser Karl IV. war der Stadt im Jahre

32 1373 bewilligt worden, in ihrem Gebiete alle Güter zu besteuern, sowie Zölle zu erheben 147 und diese Steuer bildete eine Haupt­ einnahmsquelle der Stadt. Sie belief sich im Jahre 1450 auf 2772 ff hlr. und sind als Höchstbesteuerte Haintz Spun mit 74 ff hlr. und Hanns Besserer mit 68 ff hlr. verzeichnet, im Jahr 1462 auf 2293 ff hlr., im Jahre 1466 auf 2361 ff hlr., im Jahre 1488 auf 2814 0t hlr. und im Jahre 1521 auf 2548 0t hlr., wobei als Höchst­ besteuerter Eberhart Zangmaister mit 97 St hlr. Schorer erzählt in seiner Chronik, dass im Jahre 1475 ein hiesiger Bürger über 200 ff hlr. Steuer zu bezahlen hatte, gibt aber den Namen dieses Reichen nicht an. 148 Ebenso bedeutend war die Einnahme an Ungeld von Meth, Bier und Wein, welche im Jahre 1462 sich auf 2306 St hlr., im Jahre 1466 auf 2663 St hlr., im Jahre 1488 auf 3175 ff hlr. entzifferte. Dazu kamen die an Martini fälligen Zinsen von Häusern und Gütern in ganz kleinen Beträgen, welche die Summe von 41 ff hlr. ausmachten, ferner die Straf-, Wachtund Jahrmarktsgelder, sowie die Fischkalter-, Bürgeraufnahmsund Abzugsgebühren und endlich eine Menge von 'Pachterträg­ nissen. Es waren nämlich unter Anderm verpachtet: die Thor­ zölle, der Brückenzoll zu Witzenhofen, die Einnahme von der Leinwand- und Barchentschau, vom Salzstadel und vom Kornhaus — das sogenannte Zubergeld, die Dienste der Kornmesser und der Fardelbinder oder Grödknechte, der Wag- und der Eichtmeistersdienst, dann das Manghaus, das Frauenhaus, die Kauf­ läden und Stände der Krämer, Gewandschneider, Tuchscheerer, Kürschner, Spengler, Mertzler, Seiler, Sattler, Metzger, Bäcker, Schuster und Lederschneider, Hafner, Oebstler und Lebzelter, endlich die Stadtzwinger, das Fischwasser der Stadtgräben und der Buxach, die obere und untere Bleiche, die Papier- und Schleifmühle, die Ziegelstädel zu Berg und St. Leonhard, mehrere Weihermäder und die zwei Mörgelbrunnen auf dem Dickenreis. Daraus ergab sich im Jahre 1462 incl. eines „Raissgelts“ oder Kriegscontribution von 2365 ff hlr. eine Gesammteinnahme von 17,721 ff hlr., im Jahre 1466 eine Gesammteinnahme von 12,841 ff hlr. und im Jahre 1488 eine Gesammteinnahme von 11,611 ff hlr. Die Hälfte der Einnahmen absorbirte die Entrichtung von Zinsen aus Passivkapitalien, sowie von Leibdinggeldern d. h. Jahres­ renten, welche die Stadt gewissen Personen auf deren Lebenszeit für ein ihr abgetretenes Kapital zu bezahlen hatte. Hieran war die Stadt Memmingen bereits im Jahre 1471 mit jährlich über 6000 ff hlr. belastet149 und hatte somit, da gewöhnlich zu 5 %

33 verzinst wurde, schon damals einen Scholdenstand von beiläufig 120,000 ff hlr. Eine bedeutende Ausgabe verursachte ferner das Kriegswesen, sowie der Schutz der Stadt. An die Söldner zu Fuss und zu Ross wurden im Jahr 1462 bezahlt 2756 ff hlr., im Jahre 1479 1050 ff hlr., im Jahre 1488 4775 ff hlr., die Wächter und Thorhüter kosteten jährlich 600 bis 700 ff hlr. Die Priester zu St. Martin und Unser Frauen erhielten aus der Stadtkasse jährlich 244—413 ff hlr.; Stadtschreiber, Büttel und Rathsknechte zusammen 240—267 ff hlr.; die Stadtwerkleute 45—88 ff hlr.; der Nachrichter und dessen Knecht 80—90 ff hlr.; die drei Stadt­ pfeiffer 78—90 ff hlr. Besoldung. Auf das Bauwesen der Stadt wurden in den genannten drei Jahren 1260, 1656 und 1798 ff hlr. verwendet. Die jährliche kaiserliche Reichssteuer betrug 300 ff hlr. Für die Erlegung eines Wolfes wurden 5 Schillinge bezahlt und im Jahre 1462 — 15, im Jahre 1479 — 9 und im Jahre 1488 — 22 dieser Bestien eingeliefert. Die Gesammtausgabe der Stadt war 14,552 ff hlr. Anno 1462, 12,333 ff hlr. Anno 1479 und 15,216 ff hlr. Anno 1488. Während also die Jahresrechnung von 1462 noch einen Ueberschuss von 3169 ff hlr. ergab, schliesst jene von 1488 mit einem Defizit von 4605 ff hlr. ab, welches freilich zum Theil durch den unverhältnissmässig grossen Aufwand für Kriegsbedürfnisse herbeigeführt wurde. Zweihundert Jahre hatte das Zunftregiment in Memmingen gedauert, da vernichtete es ein Gewaltstreich Karl’s V. Es ist bekannt, wie abgeneigt dieser Kaiser der reformatorischen Be­ wegung war; der Spanier hatte kein Verständniss für die Bedürf­ nisse in deutschen Landen. Yon den Reichsstädten war nament­ lich in Süddeutschland die Reformation ausgegangen; die Zunft­ verfassung war ihr weit günstiger als das Regiment der conservativen Geschlechter. Als es sich im Dezember 1528 darum han­ delte, in Memmingen die Messe abzuschaffen, da wurde nach Zünften abgestimmt und 9 derselben erklärten sich einhellig, 2 mit überwiegender Majorität für Abschaffung der Messe, gaben dem Rath und den „Zween“ die Vollmacht dazu und erklärten, mit Leib und Gut dafür einstehen zu wollen;1S# nur die Grosszunft trug Bedenken und meinte, man solle erst anderer Städte Rath einholen; es gäbe deren mehrere, in welchen die Messe noch be­ stünde.161 Daher der gewaltige Hass des Kaisers gegen die Zünfte; in ihnen bekämpfte er zugleich die Reformation; die Zünfte mussten abgeschafft und das Regiment der Geschlechter wieder hergestellt werden, und es war dies nun um so leichter, da der 3

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Schmalkaldische. Krieg für die Evangelischen einen so unglück­ lichen Ausgang genommen. Nachdem Ulm am 22. Dezember 1546 durch seine Abgeordneten den Kaiser kniefällig um Verzeihung gebeten, blieb auch Memmingen nichts übrig, als eine Aussöhnung mit dem Kaiser zu suchen und es hatte dessen Gnade mit 50,000 Gulden zu erkaufen, wozu noch eine ähnliche Summe für Kriegs­ entschädigung und Abwendung der Quartierlast spanischer Truppen kam. Die Stadt, welche schon zuvor jährlich 178,000 Gulden Schulden zu verzinsen hatte, sah sich hiedurch am Bande ma­ teriellen Buins und war fernerhin unfähig, den Beschränkungen ihrer Freiheit und Selbstständigkeit erfolgreichen Widerstand zu leisten. Als daher auf dem Eeichstage zu Augsburg das Interim beschlossen war, musste sich auch der hiesige Bath der Gewalt beugen und dasselbe am 15. Juli 1548 in den Zünften proklamiren. In der evangelischen Stadt wurden jetzt die römischkatholischen Feiertage, sowie die Fasttage wieder eingeführt, bei Unser Frauen wieder Messe gelesen, die Bilder in den Kirchen wieder aufgerichtet, im Jahr 1551 auch bei St. Martin die evan­ gelische Predigt abgeschafft, sowie die Prediger Bartholomä Bärtelin und Magnus Michael nach Augsburg vor den Bischof und den Kardinal von Arras citirt und ihnen die Stadt verwiesen und beim Eid verboten, innerhalb des Beiches Grenzen fernerhin noch zu predigen.162 Mit den kirchlichen Zwangsmassregeln des Kaisers gingen die politischen Hand in Hand. Im Frühjahr 1551 hatte die Neuwahl des Stadtraths zu Memmingen in herkömmlicher Weise stattge­ funden; das Besultat war gewesen: Bürgermeister, Grosszunft­ meister und vier Kathgeben aus den Geschlechtern, die übrigen 19 Mitglieder des Baths aus den Zünften. Am 4. Mai war die erste Bathssitzung, in welcher die sechs „Geheimen“ und zwar zur Hälfte aus den Geschlechtern, zur Hälfte aus den Zünften er­ nannt wurden. Da erging am 20. Juli 1551 von Augsburg ein Handschreiben des Kaisers an „seine und des Beychs lieben getrewen Hannsen Hartlieb, Cristoff Zwickher vnnd Gordian Sätelin,“153 in welchem dieselben aufgefordert wurden, unverzüglich vor kaiser­ licher Majestät zu erscheinen.154 Die Adressaten mochten wohl ahnen, um was es sich handle und waren wenig geneigt, der Ein­ ladung ins kaiserliche Hoflager Folge zu leisten. Gordian Sätelin entschuldigte sich, dass er „leider mit Schwachheit und Anliegen seines Leibes dermassen beladen, dass er seit etlichen Jahren nicht verreisen konnte, also dass ihm ohne noch grössere Gefahr und Beschwerlichkeit zu erscheinen nicht möglichdie beiden Andern

35 bezogen sich auf ihren Bürgereid. Allein schon unterm 3. August erliess kaiserliche Majestät ein zweites Schreiben, in welchem an die Obgenannten, sowie an die Uebrigen des Geheimen Raths der Stadt Memmingen eine Vorladung nach Augsburg erging und ihnen der Zweck derselben bekannt gegeben wurde: „Es solle das Re­ giment zu Memmingen in bessere Ordnung gebracht werden und könne dies am füglichsten mit des Geheimen Raths Bericht und Gutdünken geschehen. Wer unter ihnen nicht erscheinen könne, möge schriftlichen Bericht erstatten.“ 165 Nun durfte man nicht länger zögern; nur Gordian Sättelin entschuldigte auch diesmal sein Ausbleiben und äusserte schriftlich seine Ansicht über die beabsichtigte Aenderung des Stadtregiments zu Memmingen dahin: „es möchten statt der bisherigen 25 wohl 16 Mitglieder für den täglichen oder kleinen Rath genügen und wären hiezu ausser den nach Augsburg Berufenen diejenigen Angehörigen der Grosszunft am tauglichsten, die derzeit schon Mitglieder des Grossraths seien.“ Er hätte sich jedoch seinen Vorschlag billig ersparen können, denn die nach Augsburg Deputirten mussten bald inne werden, dass die Sache schon abgemacht war und sie nicht dazu berufen worden, um ihr Gutachten über die Aenderung des Regiments ab­ zugeben, sondern vielmehr um den kaiserlichen Befehl hierüber eutgegenzunehmen, einen Befehl so niederschlagender Art, dass einer der Abgesandten, der Grosszunftmeister Hanns Funk, sich veranlasst sah, alsbald nach der Rückkehr von Augsburg am 31. August „aus erheischender Nothdurft seines Gewerbs, Handels und Nahrung halber“ sein Bürgerrecht zu Memmingen aufzugeben und ein anderer, Albanus Wolfart, „seines Leibes Nothdurft halber,“ ins Wildbad zu reisen für nöthig fand. Zwar machten Bürger­ meister und Rath noch einen Versuch, einen günstigem Bescheid zu erwirken. Sie wandten sich unterm 8. September 1551 berichtlich an den kaiserlichen Hofrath Haas und erinnerten daran, „wie zweckmässig im Bauernkriege bei den Versammlungen der Bauern zu Memmiugen und den Sympathieen für die letztem unter einem Theil der Bürgerschaft die Zünfte sich erwiesen, indem jeder Gemeindsmann bei seinem Eid gehalten gewesen sei, in seine Zunft zu kommen, wodurch einem Conspiriren mit den Bauern vorgebeugt worden wäre.“ Sie schlugen vor: „wenn die gegen­ wärtigen 12 Zünfte nicht bleiben sollen, so möchten sie auf 6 reuzirt, aus jeder Zunft einer in den Rath gewählt und sodann durch den Rath 10 Mann aus jeder Zunft erkiest werden, welche 60 den grossen Rath oder die Gemeinde bildeten und jährlich die Obrigkeit zu wählen hätten; oder im Falle die Zünfte gänzlich 3»

36 abzuschaffen seien, so möchten zu den vom Rathe jährlich zu er­ nennenden 20 Richtern noch 40 Personen aus der Gemeinde durch den Rath erkiest und diesen 60 die alljährliche Neuwahl des Stadtraths übertragen werden/' Es waren dies jedoch vergebliche Vorschläge; des Kaisers Wille stand fest, die Zünfte als politische Genossenschaften zu beseitigen und das Stadtregiment wieder in die Hände der Geschlechter zu bringen, ihnen wenigstens einen vorwiegenden Antheil an demselben einzuräumen. Am 7. Oktober 1551 erschienen Gerwick, Abt der Gotteshäuser Weingarten und Ochsenhausen und Hofrath Heinrich Haas von Laufen als kaiser­ liche Commissäre mit einem auf sie, sowie auf Hanns Christoph Vöhlin zu Frickenhausen ausgestellten Creditiv 166 in Memmingen, beriefen auf den folgenden Tag Bürgermeister, Rathgeben, Zunft­ meister, desgleichen Stadtamman und Stadtgericht, auch dieEilfer aller Zünfte auf das Rathhaus, entbanden dieselben, aus kaiser­ licher Machtvollkommenheit ihres Gelübdes und Eides, setzten an deren Stelle ein neues Stadtregiment ein, das aus drei Bürger­ meistern, von welchen jeder vier Monate lang das Amt führen sollte, sowie aus 12 Rathgeben bestand und verordneten zugleich die drei Bürgermeister sammt zwei Rathgeben als geheime Räthe.167 Die Ordnung, nach welcher künftighin alljährlich um diese Zeit das Stadtregiment zu besetzen sei, werde dem Rathe zugeschickt werden. Zugleich erhielt der neue Rath, nachdem er durch die kaiserlichen Commissäre eidlich verpflichtet worden, den Befehl, 16 Stadtrichter und 44 Personen als Grossrath zu wählen, „welche auf des kleinen Raths Erfordern jederzeit erscheinen und das Beste von Sinn und Gemüth rathen und schliessen auch den neuen Rath jährlich erwählen helfen sollen.“158 Von den durch die kaiserlichen Commissäre ernannten 15 Mitgliedern des kleinen Raths gehörten die drei Bürgermeister und 5 Rathgeben den Ge­ schlechtern, die übrigen 7 Rathgeben den bisherigen Zünften an» denn so bestimmte es die neue Carolinische Wahlordnung. Liest man den Eingang derselben, so könnte man meinen, Wunder was für ein Geschenk Kaiserliche Majestät damit der Stadt zu machen beabsichtige. ,Da heisst es: „Kaiserliche Majestät habe von An­ fang Ihrer Regierung aus besonderm gnädigsten Willen, den Ihre Majestät zu gemeiner deutscher Nation getragen, je und allweg nichts lieberes gesehen, als dass in dem heiligen Reich deutscher Nation und sonderlich diesen Oberländischen Landen, die je und allweg vor andern wegen besonderer Redlichkeit und Tapferkeit berühmt gewesen, gute Polizei und Ordnungen aufgerichtet und erhalten — und also Friede, Ruhe und Einigkeit, durch welche

37 man zu aller Wohlfahrt nnd Aufnahmen kommt, gepflanzt werden mögen------- Nun hätte seither mancher arme Biedermann bei den Regierungen sitzen, seine Arbeit dadurch versäumen müssen und also Weib und Kind desto weniger ernähren und doch in solchem Amt nicht viel ausrichten können. Desshalb und solchem zuvorzukommen, hätten Ihre Kaiserliche Majestät aus gnädigstem väterlichem Gemüth — für räthlich, nützlich und nothwendig be­ dacht, das Regiment zu Memmingen um etwas einzuziehen und die Personen, die etwa mit demselben über Gelegenheit belästigt, dessen mit allen Gnaden und ohne männigliches Verletzen zu er­ lassen.“ Dann aber geht es weiter: „Es sollen fortan in den Rath 8 oder 9 von den Geschlechtern und 6 oder 7 von der Ge­ meinde gewählt werden, aus welchen 15 Personen drei von den Geschlechtern das Bürgermeisteramt zu verwalten haben und sollen den letztem noch einer von den Geschlechtern und einer von der Gemeinde zugeordnet werden, welche 5 der Stadt ge­ heime Räthe heissen und des Raths Häupter und Vorgeher sein, auch alle Handlungen und Geschäfte nach Gelegenheit richten oder anbringen sollen. Zu Mitgliedern des kleinen, sowie des grossen Rathes, zu Gerichtspersonen, Stadtdienern und Amtleuten sollen nur solche erwählt und ernannt werden, die eines christ­ lichen ehrlichen Lebens und Wesens, auch sonst geschickt, ver­ ständig, bescheiden und friedliebend sind, und sollen hiebei die­ jenigen, die der alten wahren christlichen Religion anhängig, oder wo nicht ganz und gar, doch derselben am nächsten stehen, Andern vorgezogen werden. Die geheimen Räthe (wozu also auch die drei Bürgermeister gehören) sollen ihres Amtes, dazu sie einmal erwählt sind, ohne dringende Ursache niemals mehr enthoben oder erlassen, also nicht jährlich wieder neue gewählt werden; was dagegen die Personen des kleinen Rathes betrifft, so sollen all­ jährlich zu Anfang Oktober die Geheimen sammt dem kleinen Rath, sodann der Stadtamman, welcher jederzeit aus den Ge­ schlechtern sein muss, sammt den Gerichtspersonen und endlich der Grossrath in drei abgesonderten Gemächern sich versammeln, um eine Neuwahl des kleinen Raths vorzunehmen, und zwar in folgender Weise: Zuerst sollen durch den kleinen Rath zwei von den Geheimen und ein dritter aus den übrigen Räthen mit Stimmen­ mehrheit gewählt und die drei Gewählten den Gerichtspersonen angezeigt werden, welch letztere sodann gleichfalls mit Stimmen­ mehrheit einen vierten aus dem bisherigen kleinen Rath zu wählen haben. Diese vier werden dem Grossrath angezeigt und wählt dieser sofort aus den noch übrigen Gliedern des bisherigen kleinen

38 Raths einen fünften. Zeigt sich dann,1 dass die noch übrigen Geheimräthe in ungerader Zahl sich befinden d. h. 3 oder nur noch einer vorhanden, also mit den 5 Gewählten die gerade Zahl von 8 oder 6 ausmachen würden, so sollen die 5 Gewählten, um eine ungerade Zahl zu erzielen, sich noch durch eine Person, jedoch aus den Geschlechtern, sie sei bisher schon im Rathe gewesen oder nicht, ergänzen und mit derselben, sowie mit den noch übrigen Geheimräthen die Wahl der noch fehlenden Rathspersonen vornehmen, bis die Zahl 15 voll ist, und zwar sind' sie hiebei be­ fugt, auch solche zu wählen, die dem Rath bisher nicht angehört haben. Findet sich dagegen, dass nach der Wahl der 5 Personen noch zwei Geheimräthe, oder dass — etwa durch Ableben — gar keiner mehr vorhanden, so sollen im ersteren Falle die 5 Ge­ wählten zusammen mit den zwei noch übrigen Geheimräthen, im letztem Falle aber die 5 Gewählten für sich allein zur Wahl der noch abgängigen Rathspersonen schreiten. Nach also vollzogener Wahl des kleinen Raths soll derselbe die erledigten Stellen der Bürgermeister und Geheimen besetzen, sowie die übrigen Aemter des Raths durch freie Wahl austheilen, desgleichen die etwa ab­ gegangenen Personen des Gerichts und des Grossraths durch neue aus der Bürgerschaft ergänzen, denn eine jährliche Gesammtwahl des Gerichts oder Grossraths soll nicht stattfinden. (Nur bezüg­ lich des Stadtammans wurde der alte Gebrauch beibehalten, dass derselbe durch den Rath jedesmal auf zwei Jahre gewählt wurde.) Eine Ergänzungswahl für verstorbene oder aus ihrem Amte ge­ tretene Mitglieder des kleinen und grossen Rathes, sowie des Gerichts soll nur dann vorgenommmen werden, wenn sich eine solche Stelle zu Anfang oder inmitten des Jahres erledigt. — Für Feuers- und. andere Nöthen soll die Stadt in Viertel159 getheilt und für jedes ein Hauptmann verordnet werden, welcher zum wenigsten Mitglied des grossen Rathes sein muss und dem jeder Bürger in besagten Nöthen zuzulaufen und zu gehorsamen schuldig ist. — Da die Zünfte dem gemeinen Mann zum Verderben ge­ reichen, indem Mancher Tag und Nacht auf denselben liege und Weib und Kind daheim darben lasse, so sollen dieselben hiemit aufgehoben und abgethan und dergleichen Zusammenkünfte bei Leibesstrafe verboten sein. Die Zunftmeister oder Verwalter haben deren Privilegien, Freiheiten, Ordnungen, Verträge und briefliche Urkunden dem Rathe auszuantworten. Die Häuser und Güter der Zünfte sollen verkauft und der Erlös nach des Raths Ermessen zum Nutzen der Zunftgenossen und deren Nachkommen angelegt, auch vom Rathe etliche Personen als Vorgeher der Handwerke

39 ernannt werden, welche die guten Handwerksordnungen aufrecht zu erhalten haben. Ferner sollen zur Wahrung des Kirchenvei1-mögens neben dem Pfarrer Kirchenpfleger der katholischen Re­ ligion aufgestellt werden, sowie Etliche, die auf die Schulen ein fleissiges Aufsehen haben, dass nichts wider die Ordnung der christlichen Kirche gelehrt werde. Alle Eide sollen nach der Kammergerichts-Ordnung moderirt werden. Schliesslich sollen die Mitglieder des Raths ein fleissiges Aufmerken auf Solche haben, die dieser oder andern kaiserlichen Ordnungen mit Wort oder Werk wiederstreben und sollen dieselben dermassen strafen mit Landesverweisung oder auf andere Art, dass männiglich ein Exem­ pel daran nehmen und sich vor solchen Uebelthaten zu hüten wissen möge.“ Dies war also das Geschenk, welches Kaiser Karl V. der Stadt Memmingen durch seine Commissäre machen liess und es mochte den Vätern der Stadt wohl schwer fallen, denselben hiefür noch ein Gegengeschenk mit Wein und Fischen machen zu müssen, wie es die Sitte damaliger Zeit verlangte.160 Zwar trat bald darauf ein Rückschlag ein. Zur selben Zeit, als durch kaiserliches Machtgebot das Zunftregiment gestürzt und ein Stadtrath eingesetzt wurde, in welchem die Geschlechter mit 8, die ganze übrige Gemeinde mit 7 Stimmen, sowie ein Geheim­ rath, in welchem die Geschlechter mit 4 Stimmen vertreten waren, die Gemeinde nur mit einer Stimme, nämlich am 5. Okt. 1551 schlossen in dem einsamen Waldschloss zu Friedewald in Hessen Churfürst Moriz von Sachsen, Landgraf Wilhelm von Hessen und Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg mit König Heinrich II. von Frankreich ein Schutz- und Trutzbündniss zur Behauptung der deutschen Reichs- und Religionsfreiheit und Erledigung des Landgrafen Philipp von Hessen aus seiner Gefangenschaft. Im Frühjahr 1552 rückten die genannten evangelischen Fürsten mit grosser Kriegsmacht in Schwaben ein; am 4. April öffnete ihnen die Stadt Augsburg ihre Thore und sie beschieden auf den 30. April Gesandte der schwäbischen Reichsstädte dahin und schlossen mit ihnen Kapitulationen ab, in welchen die Wiederein­ führung der Augsburgischen Confession und des frühem Stadt­ regiments ausgesprochen war. In Folge davon berief am 31. Mai 1552 der Stadtrath zu Memmingen die Mitglieder des Grossraths und erinnerte sie daran, „wie sich ein Rath mit ihrem Vorwissen mit den evangelischen Fürsten in Verträge eingelassen, in welchen die Wiedereinführung der Augsburgischen Confession und des frühem Stadtregiments stipulirt sei. Das erste sei theilweise schon geschehen, theilweise noch im Werk und bestehe die Hoffnung,

4a die vormaligen evangelischen Prediger wieder zu bekommen. Was aber die Wiedereinführung des frühem Stadtregiments anlange, so empfehle der Stadtrath den Grossräthen diese Angelegenheit zn sorgfältiger Erwägung; es wäre wünschenswerth, wenn hierin einerlei Meinung bestünde; sollten aber verschiedene Ansichten obwalten, so möge man dem Stadtrathe davon Kenntniss geben.“181 Doch, was bedurfte es da erst langer Erwägungen; die grosse Mehrheit der Bürger ergriff mit Freuden die Gelegenheit, des ihnen aufgedrungenen Stadtregiments sich zu entledigen; die wenigen reaktionären Stimmen mussten verstummen gegenüber der Kriegsmacht der evangelischen Fürsten. In aller Stille wurde der durch die kaiserlichen Commissäre eingesetzte Stadtrath, die nach dem Hofrath Haas sogenannten „Hasenräthe“, beseitigt und am 19. Juni eine neue Wahl nach dem Gebrauche der letzten zwei Jahrhunderte vorgenommen. Die Zünfte bekamen nun wieder das Uebergewicht und waren in dem neugewählten Stadtregiment mit 19 Stimmen vertreten, während den Geschlechtern nur der Bürgermeister, der Grosszunftmeister und 4 Rathgeben angehörten. Tags darauf wurde Bürgermeister Balthasar Funk nach Constanz abgesandt, um durch Vermittlung des Ambrosius Blaurer einen evangelischen Prediger für Memmingen zu erhalten.188 Inzwischen waren am 1. Juni die Passauer Verhandlungen eröffnet worden, welche am 16. Juli zum Abschluss des Passauer Vertrags führten, in dem unter Anderm den Evangelischen ein ihre Gewissensfrei­ heit sichernder Religionsfriede verbürgt, somit die Glaubensfreiheit dem Prinzip nach zugestanden wurde. Noch vor Abschluss des Passauer Vertrages aber hatten die evangelischen Fürsten Chur­ fürst Moriz von Sachsen, Otto Heinrich, Pfalzgraf bei Rhein, Johann Albrecht, Herzog von Mecklenburg und Wilhelm, Land­ graf von Hessen, unterm 12. Juli aus dem Feldlager bei Bischofs­ heim zwei Schreiben an die Stadt Memmingen ergehen lassen, in deren ersterem die Stadt aufgefordert wurde, die römisch-katho­ lischen Priester und Schuldiener zu entlassen und die verjagten evangelischen Prediger wieder zu berufen,188 in dem zweiten aber unter Wiederholung dieses Begehrens die evangelischen Predikanten’und Schulmeister des ihnen abgenöthigten Eides, ferner­ hin das Evangelium nicht mehr predigen zu wollen, erledigt wur­ den.164 Da nun der Passauer-Vertrag über die Wiederabschaf­ fung des römisch-katholischen Cultus in den Gebieten, welche die Reformation angenommen, keine ausdrückliche Bestimmung ent­ hielt, so sandte man den Bürgermeister Funk zu den evangeli­ schen Fürsten nach Augsburg, sich eine Deklaration jenes Ver-

41 trags zu erbitten, und er kehrte mit dem Bescheid zurück, dass wenn auch der Vertrag sich nicht klar und deutlich hierüber ausspreche, doch aus demselben von selbst resultire, dass die vertriebenen evangelischen Prediger wieder in ihr Amt einzusetzen seien.16S Somit ward das Interim zu Memmingen abgethan und blieb abgethan. Dagegen das am 19. Juni aufs Neue in’s Leben gerufene Zunftregiment musste nach kurzer Dauer wieder dem Geschlechter­ regiment Platz machen, welches fortan sich beständig behauptete, solange es noch eine Beichsstadt Memmingen gab. Es traf näm­ lich am 2. Oktober 1552 zu Memmingen „ein ernstlicher Befehl“ Seiner Kaiserlichen Majestät ein, das durch die kaiserlichen Commissäre eingesetzte Regiment der Stadt, welches dem Vernehmen nach „in jüngster Empörung durch etliche aufrührerische Fran­ zösische Conspirations - Verwandte“ abgeschafft worden, zu restituiren, dagegen die Zünfte alsbald wieder abzuschaffen und über den Vollzug innerhalb acht Tagen nach Empfang dieses Mandats Bericht zu erstatten.,se Ein Remonstriren dagegen wäre nutz­ los gewesen; der Passauer-Vertrag bot keinen Anhaltspunkt, auf den man sich hätte berufen können; Rath und Grossrath fassten daher mit Stimmenmehrheit den Beschluss, dem kaiserlichen Be­ fehl „in aller Unterthänigkeit zu pariren und zu gehorsamen,“ und überliessen das Regiment der Stadt denselben Personen, die im Jahr zuvor durch die kaiserlichen Commissäre dazu waren verordnet worden, mit alleiniger Ausnahme, dass an die Stelle zweier Rathgeben aus der Gemeinde zwei andere traten. Dar­ auf erneuerte der neu constituirte Stadtrath die 16 Stadtrichter, worunter 7 aus den Geschlechtern, sowie die 44 Mitglieder des Grossraths und gab der Bürgerschaft zu deren Beruhigung be­ kannt, dass er zufolge kaiserlichen Befehls „die Regierung, ob­ wohl er solcher Last, wie ein Jeder leicht sich denken könne, lieber wäre enthoben gewesen, wieder auf sich genommen habe.“ 167 Die einzige Aenderung, welche in der Folge hinsichtlich des Stadtraths noch eintrat, betraf die Anzahl der Mitglieder dessel­ ben. Es wurde nämlich nach dem Ableben Kaiser Karl’s auf wiederholte Vorstellungen der Unzulänglichkeit von 15 Gliedern des Ratbes im Jahre 1559 durch Kaiser Ferdinand I. der Stadt bewilligt, diese Zahl auf 19 zu erhöhen, so dass da in c&r Regel die 5 „Geheimen“ in ihrem Amt verblieben, jährlich statt 10 nunmehr 14 Rathgeben zu erwählen waren; allein die Geschlech­ ter mussten stets mindestens mit einer Stimme in der Majorität sein. Ebenso wurde vom Jahre 1576 an die Zahl der Richter

42 von 16 auf 20 vermehrt. Die Carolinische Wahlordnung war ganz darauf berechnet, nicht nur den Geschlechtern das Uebergewicht im Stadtregiment zu sichern, sondern auch einem Wechsel der damit betrauten Personen möglichst vorzubeugen. Die einmal er­ nannten 5 „Geheimen“, sowie die Stadtrichter und Grossräthe sollten beständig in ihrem Amte bleiben, so dass in ihren Reihen meist nur der Tod eine Lücke machte. Der kleine Rath wurde zwar alljährlich erneuert, aber es gehörten zu demselben von vornherein drei der bisherigen Rathsmitglieder. Die Wahl der übrigen wurde von diesen drei bisherigen Räthen, den fünf „Ge­ heimen“ und einem aus den Geschlechtern Ernannten vollzogen und war insofern eine beschränkte, als nur so viele aus der Ge­ meinde in den neuen Rath gewählt werden durften, dass die Ge­ schlechter in der Majorität blieben. Wir sehen daher nicht nur ein und dieselben Personen Decennien hindurch als Bürgermeister oder Geheimräthe oder Gerichts- oder Grossrathsmitglieder fungiren, sondern auch die Senatorenstellen vererbten sich gleichsam in einzelnen Familien bis zu deren Aussterben. In dieser Weise wurde fortregiert bis zur Mediatisirung der Stadt. Als Vorbote derselben erschien am 29. August 1802 der Churpfalzbayerische Hofkammerrath und Mindelheim’scbe Stadt­ pfleger Freiherr von Hertling mit einem Schreiben des Chur für­ sten Maximilian Joseph von Bayern an Bürgermeister und Rath der Stadt Memmingen d. d. München, 28. August 1802 des In­ halts: „Da sowohl Seine Königlich Preussische als auch Seine Kaiserlich Königliche Majestät und zwar letztere im Namen des Herrn Grossherzogs von Toscana sich durch die Lage der dermaligen Umstände veranlasst gesehen haben, jene Reichslande, welche denselben in den bisherigen Verhandlungen mit gemein­ samem Einverständniss aller bei der Sache interessirten Mächte zugewiesen worden sind, provisorisch und bis von Kaiser und Reich etwas bestimmtes entschieden sein wird, occupiren zu lassen, so sehen auch Wir Uns zur Sicherstellung der Uns in obigen Verhandlungen ebenfalls heiligst zugesicherten Rechte in die Nothwendigkeit versetzt, eine Abtheilung Unserer Truppen unter dem Befehle Unseres General-Majors von Gaza in die Reichsstadt Memmingen und ihr Gebiet provisorisch zu verlegen. Dabei ge­ ben Wir euch die feyerliche Versieheruug, dass das anrückende Militär den Auftrag erhalten hat, sich in die Civil-Verwaltung nicht im geringsten zu mischen, sondern die Gränzen einer bloss provisorischen Occupation streng zu beobachten, und überhaupt die «schärfste Mannszucht zu halten“ u. s. w.188 Sogleich auf den

43 folgenden Tag wurde von „Seiner Herrlichkeit, dem Herrn Amts­ bürgermeister“ von Heuss der Rath zusammenberufen und diesem sowie dem Stadtgericht und Grossrath über den Vorgang referirt, auch ein bereits entworfenes Antwortschreiben an Churfürstliche Durchlaucht vorgelegt, welches dahin lautete: „Da diese ganz den erhabenen und grossmüthigen Gesinnungen E. Chf. Durchl. entsprechende Erklärung uns den überzeugendsten Beweis gibt, dass diese höchste Massnehmung nichts in sich enthält, welches mit den bestehenden Pflichten, womit wir bei annoch unaufgelös­ tem Reichsverband Kaiserlicher Majestät und dem Reich verwandt sind, nicht verträglich wäre, so nehmen wir vor uns und unsere gesammte Bürgerschaft keinen Anstand, zu Bezeugung jener gränzenlosen Verehrung und treuergebenster Devotion, die dero höchster Person und dem Durchlauchtigsten Churhaus wir von jeher gewidmet haben, uns derselben mit tiefschuldigster Bereit­ willigkeit zu unterwarfen und das einrückende Militär nicht nur willfährig ein- und aufzunehmen, sondern solchem auch während dessen Aufenthalts alle gute Unterkunft und Erleichterung nach Thunlichkeit zu verschaffen.“ 169 Am 2. September zogen die Occupationstruppen in Memmingen ein. Am 20. September wurde die letzte Wahl des Stadtraths gehalten und in denselben 11 Patri­ zier und 8 Bürgerliche gewählt. Am 29. November traf der Chur­ pfalzbayerische General-Landes-Commissionsrath von Miller ein und erklärte den hiezu berufenen Mitgliedern des Raths, Stadt­ gerichts und Grossraths, „wie Seine Churfttrstliche Durchlaucht von Pfalzbayern sich veranlasst gesehen hätten, den Civilbesitz der Stadt Memmingen zu ergreifen; der Magistrat und die anderen Dikasterien und Officianten seien hiemit ihrer Pflichten entlassen, es sollen aber die Funktionen derselben und in specie des Magi­ strates unter dem Titel eines Churfürstlichen Interims-Stadtrathes fortgesetzt und zu diesem Zweck die Betreffenden beeidigt wer­ den. Damit alle hiesigen Bürger und Unterthanen wissen, wie Seine Churfürstliche Durchlaucht zu Pfalzbayern einziger Landes­ herr seien, soll ein gedrucktes Patent wie auch das Churfürst­ liche Wappen an den Thoren, dem Rathhaus und einigen andern öffentlichen Gebäuden angeschlagen, dagegen alle Wappen und Insignien, die auf die bisherige Reichsstädtische Verfassung Bezug haben, nach und nach ausgelöscht oder abgethan werden; die Patente sollen auch auf dem Lande, wo die Stadt bisher die Landeshoheit gehabt, angeschlagen und von den Kanzeln vorge­ lesen, auch die Erinnerung des Magistrats beigefügt werden, dass sich Niemand erfreche, sich an diesen Patenten zu vergreifen.

44 In Regierungs-, Cameral-, Polizei- und Justizsachen sei der Magi­ strat forthin an die Churfürstliche Interims-Regierung zu Kempten als zweite Instanz gewiesen und bleibe ihm nöthigenfalls unbe­ nommen, sich an die dritte Stelle, das Generallandescommissariat zu Ulm, zu wenden, auch solle die Appellation vom Stadtgericht nicht wie bisher an den Magistrat, sondern sogleich an die Interims - Regierung zu Kempten geschehen; ein Recurs au die Reichsgerichte dürfe künftighin nicht mehr statthaben.“ 170 Am 10. Dezember 1802 beschloss der „Churfürstliche InterimsStadtrath,“ eine Deputation an den neuen Landesherrn nach Mün­ chen abzusenden, um ihm im Namen der Stadt zu huldigen. Hiezu wurden bestimmt: Bürgermeister von Hartlieb, Syndikus von Wächter, Senator Ahna und Kanzleidirektor von Lupin, „je­ doch mit dem dass, da sonst bei derlei Ablegationen der Geheime Herr vom Patriziat dabei gewesen, dem Herrn Geheimen von Stoll diese Bestimmung nicht präjudicirlich sei.“ 171 Die Räthe der. Stadt hatten gewiss nichts Arges im Sinne, als sie ihren Deputirten nach bisherigem Gebrauch ein Creditiv mitgaben und dasselbe mit dem städtischen Insiegel versahen. Aber kaum waren die Abgeordneten aus der Haupt- und Residenz­ stadt zurückgekehrt, so traf an den „provisorischen Magistrat der churfürstlich bayerischen Stadt Memmingen“ folgendes Schrei­ ben des Churbayerischen General-Landescommissariats in Schwa­ ben ein: „Im Namen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht in Baiern Wird dem provisorischen Magistrat die Eröffnung gemacht, dass gelegenheitlich der zu Bezeugung von Treue und Unter­ würfigkeit an Höchstdieselbe gemachten städtischen Abordnung nach München es höchst unschicklich war, letztere mit einer Art von Creditiv zu versehen, welches noch zu allem Ueberfluss mit dem stättischen Insiegel beurkundet war. Dies Benehmen muste Höchster Orten um so auffallender seyn, als es mit den Begriffen von Landesherrlicher Würde und Unterthanschaft gar nicht vereinbarlich ist. Indem man nun diesen ganz unzulässigen Missgriff, welcher allein auf Rechnung des ganz übel verständigten Memminger Magistrats zu schreiben ist, demselben anmit auf das ernstlichste verweisst, so bleibt letztem auf erhaltenen Höchsten Auftrag zugleich unverhalten, dass solange der dortige proviso­ rische Stadt-Magistrat den Pflichten, welche ihm seine neue Sub­ jektion gegen Se. Kurfürstliche Durchlaucht von Baiern auferlegt, getreulich und pünktlich nachkommt, höchstdieselbe diesen Vor­ fall vergessen und denselben jener Landes-Vätterlichen Huld und Gnade theilhaftig machen werden, deren sich die Memminger-

45 Bürger und Landschaft jederzeit versichert halten darf. Man versiebet sich daher zu dem Memminger Stadt-Magistrat, dass er in Zukunft bey ähnlichen Fällen sich eines klügern und be­ scheidenem Betragens befleisen werde, um sich dieser Landes­ herrlichen Milde würdig zu machen. Ulm am 23. Dezember 1802. Kurbayerisches General-Landes-Commissariat in Schwaben. Freiherr von Hertling.“ 178 Durch dieses Schreiben war allerdings dem Rathe der Stadt Memmingen seine jetzige Stellung mit einer Klarheit und Deut­ lichkeit vorgezeichnet, die nichts zu wünschen übrig liess, ob aber solches Auftreten geeignet war, der neuen Landeshoheit die Sympathieen der Stadt zu erwerben, ist eine andere Frage. Nun aber höre man den Rechtfertigungsbericht von Bürgermeister und Rath an Churfürstliche Durchlaucht. Er lautet: „Durchlauchtigster Churfürst, Gnädigster Churfürst und Herr Herr! Mit äusserster Bestürzung und tiefstem Schmerze haben wir aus dem anhero erlassenen Rescript Eines Churfürstlichen GeneralLandes - Commissariats zu entnehmen gehabt, dass jener schrift­ liche Auftrag, welchen unsere an das Churfürstliche Hoflager in München zu tiefschuldigster Bezeugung der Ihro Churfürstlichen Durchlaucht, unserm Gnädigsten Landesherrn von dem Memmingischen Interims - Stadtrath und gesammter dortigen Bürgerschaft und Landschaft gewidmeten unverbrüchlichsten Treue, unverletz­ lichsten Gehorsams und tiefster Devotion abgegangene Abordnung zu ihrer Legitimation vorgelegt, in einer mit den Begriffen der Landesherrlichen Würde und Unterthanschaft nicht vereinbarlichen Form abgefasst befunden worden und dadurch der hiesige Chur-Bayerische Interims-Rath sich das höchste Missfallen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zuzuziehen das Unglück gehabt. In­ dessen können wir auf das heiligste versichern, dass ganz allein die Unkunde des Stils, welchen eine Mediat-Stadt gegen ihren Landesherrn in dergleichen Fällen zu beobachten hat, die unvor­ sätzliche Ursache dieses, wie wir nun nach besserer Verständi­ gung einsehen, äusserst unschicklichen zu unserm äussersten Leid­ wesen gereichenden Benehmens gewesen und dass im Wesent­ lichen hiebey nichts als die reinesten und aufrichtigsten Gesin­ nungen der höchsten Ehrfurcht und der willigsten und freudigsten Unterwürfigkeit, dem nur die verfehlten Farmalien einen widri­ gen und gegenseitigen Anschein gegeben, zum Grunde gelegen. Untröstlich würden wir über diesen mit dem Verlust der höchsten

46 Gnade uns bedrohenden Unfall seyn, wenn nicht die huldvolleste Grossmuth unsers gnädigsten Landesvaters uns die aufrichtende Zusicherung gnädigster Verzeihung dieses anmit demüthigst abzu­ bittenden Fehlers und der Fortdauer höchst Ihrer unschätzbarsten Landesväterlichen Huld und Gnade zu ertheilen geruhet hätte. Ewig wird hinfür unsere Verehrung und unser Dank sowie unsere eifrigste Bestrebung sein, denen Pflichten, welche die neue uns theureste Subjektions-Verhältnisse gegen Ihro Churfürstliche Durch­ laucht unsern Gnädigsten Landesherrn und die Höchstdemselben mit Mund und Herzen Eydlich geleistete Angelöbniss uns aufer­ legt, in ihrem vollen Umfang ein Genüge zu leisten und dadurch unaufhörlich die redendsten Beweise zu geben, wie sehr wir das Glück schätzen, Unterthanen eines Fürsten geworden zu sein, dessen weise und wohlthätige Regierung, die ihm bisher die ganze Liebe und Verehrung seiner Unterthanen erworben, auch für disseitige Ihme treuest ergebene Stadt alles erwarten lässt, was ihren innern und äussern Wohlstand vermehren und auf die höchste Stufe führen kann. Wir erkühnen uns noch, anbey an Eure Churfürstliche Durchlaucht die allersubmisseste Bitte gelan­ gen zu lassen, uns und das uns provisorisch anvertraute Gemeine Stadtwesen, Bürgerschaft und Landschaft zu höchsten Gnaden und Hulden forthin empfohlen sein zu lassen und die theureste Versiche­ rung gnädigst aufzunehmen, dass keine Ehrfurcht tiefer, keine Devo­ tion gränzenloser sein kann als diejenige, mit welcher wir ersterben Euer Churfürstlichen Durchlaucht Unsers Gnädigsten Churfürsten und Herrn Herrn unterthänigst treugehorsamste Provisorische Bürgermeister und Rath der Chur-Bayerischen Stadt Memmingen.“ 173 Wir fügen nichts weiter bei. Eine solche Sprache beweist zur Genüge, dass die Reichsstadt Memmingen vollständig reif war, einem grössern Staatenkörper einverleibt zu werden.

Anmerkungen 1. Memmingen im Algow aus dem Alterthum beschrieben von Mattli. Leonhardt. Memmingen 1812. S. 12—14. 2. Drusomagus, Sedatum und römische Alterthümer in den nächsten Nachbars-Orten von Augsburg von Dr. von Kaiser. Augsburg 1825. 3. Des ehemaligen Eeichsstifts Ottenbeuren, Benediktiner-Ordens in Schwaben, sämmtliche Jahrbücher von P. Maurus Feyerabend, Benediktiner und Prior des ehemaligen Reichsstifts. Vier Bände. Ottenbeuren 1813—1816. 4. Als Besitzer des Schlosses und der Herrschaft Eisenburg, s/4 Stun­ den nordöstlich von Memmingen, kommen urkundlich vom Jahre 1267 an die Ritter von Ysenburg vor. 5. Das Geschlecht derer von Aichelberg begegnet uns in hiesigen Urkunden noch von 1335—1436. 6. Geschichte der Stadt und gefürsteten Grafschaft Kempten von Joh. Baptist Haggenmüller. Kempten 1840. Band I. S. 71 f. 7. Goldene Chronik von Hohenschwangau von Jos. Freiherrn von Hormayr-Hortenburg. München 1842. S. 40. 8. Ebendaselbst S. 52. 9. Diese sowie die nachverzeichneten Urkunden befinden sich theils im Original, theils abschriftlich im Stadt- und Stiftungsarchiv zu Memmingen. 10. ,,Jus patronatus ecclesie nostre de Memmingen“ 11. Apud Yolchenatishovin et in Mcemingin. 12. Ein von König Rupert A° 1408 ausgestelltes Yidimus dieser Urkunde, einer der letzten des unglücklichen Konradin, lautet: Conradus secundus, dei gracia Jherusalem et Sicilie Rex, dux Suevie, tenore presencium profitemur et constare volumus universis tarn presentibus quam futuris, quod nos considerata et inspecta penuria fratrum sancti Anthonii ecclesie sancti Martini in Memyngen ipsis fratribus et ecclesie in salutem et remedium nostrum ac progenitorum nostrorum hanc graciam duximus faciendam, videlicet quod ab hac die in antea ab omnibus ministerialibus nostris, volentibus ipsis et ecclesie predicte predia seu patrimonia sua in suarum animarum remedium conferre, vel si quid hactenus supradictis libere contulerint de suis prediis vel patrimoniis, secure possint recipere et eorundem possessione de cetero gaudeant pacifice et quiete. In cujus donacionis et gracie ac perpetui roboris firmitatem presentes literas ipsis fieri jussimus sigillo nostrae celsitudinis communitas. Actum et datum Yerone in palacio sancti Cenonis Anno domini millesimo ducentesimo sexagesimo octavo, Octavo intrantis Januarii XI indictione.

48 18. „Juxta portam civitatis in Mcemingen inferiorem infra muralia.“ 14. ,,Sigillo civitatis in Memmingen ac sigillo H. ministri ejusdem loci dicti Mozen.“ 15. „Prmsentibus Hainrico ministro civitatis in Mcemmigen, Cunrado Mozone fratre suo.“ 16. Diess ist die älteste deutsche Urkunde des Memminger- Archivs. 17. „Situm in valle ante portam oppidi in Memmingen, qu© vulgariter nuncupatur Kalksthor/4 18. J. G. Schelhorns kleine historische Schriften. Memmingen 1789. Theil I. Artikel III. Vom Orden des heil. Geists zu Rom in Saxia. S. 236 ff. 19. In einer Schenkungsurkunde an das Kloster Ochsenhausen s. Lünig’s Spicilegium ecclesiast. des Teutschen Reichsarchivs. Tom. III. S. 367. 20. In einer Schenkungsurkunde an das Kloster Weingarten s. Crusius Annal. Suevic. Pars II. p. 479. 21. Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Mün­ chen 1863. Band II. Abth. II. S. 1026. 22. (Wegelin’s) Gründlich-historischer Bericht von der Kayserlichen und Reichs-Landvogtey in Schwaben, 2 Theile 1755, nennt Theil I. S. 10 und 21 unter den Herren, die vom lOten bis 12ten Jahrhundert den Heerzügen und Turnieren sub auspiciis Ducum Suevi© gemainiglich bei­ wohnten auch die von Weissenhom und soll schon im Jahre 984 ein Ritter Wemherus a Seldenecca nach Abgang des Carolingischen Stammes und der Kammerboten advocatus Suevi© gewesen sein. 23. Lünig, des deutschen Reichs-Archiv’s Spicilegii eccles. III. Theil. S. 367: „Item Hawinus, filius Hattonis de Wollvolldelschweindi tradidit Deo et S. Georgio villam Oxenhussen pro remedio anim© su©. Eo defuncto, quatuor sorores ejus Hazicha, Kunicha, Heiuma, Tutta proxim© h©redes defuncti eandem traditionem firmaverunt pro anima fratris. Eo tempore Gwelfo, Dux Noricorum, gut de via Jerosolymitana obiter ad oppidum Memmingen venit, in cujus praesentia et multorum comprovincialium prffldict© Matron© traditionem fratris cum suo Advocato, nomine Woldberto de Grünebach firmaverunt: Una vero sororum, Tutta nomine, maritum duxit, filiumque Hawinum genuit; hic parvi pendebat, quod parentes fecerant: Nam fratres coenobii inquietabat, seque aliquam partem in villa Oxenhusen habere clamabat, etenim mater illum ad ausa, prim© traditionis sero poenitens, incitabat. Post justitia convictus et pecunia a fratribus honoratus traditionem, quam parentes fecerant, firmavit et super Reliquias Sanctorum, et in manus Advocati Rudolphi Comitis legali adstipulatione edoctus, omnem expostulationem super villam Oxenhusen contradidit. Haec omnia facta sunt in loco Thüssen, Anno ab Incarnatione Domini 1128 Indict. 6. septimo Cal. Aprilis.“ Die Stiftung der Abtei durch die ge­ nannten Brüder geschah nach Lünig a. a. 0. S. 365 A° 1100 II. Cal. Januarii, (31. Dez. 1099) die Bestätigung durch die vier Schwestern wahrscheinlich im Frühling 1101, denn um diese Zeit trat Herzog Welf IV. seinen Kreuzzug nach Palästina an, — „MCI Welfo dux senior iter Hierosolimitanum aggressus in Calendis Aprilis,“ Weingartner Annalen bei Hess, Mon. Guelf. 47 — von dem er nicht mehr zurückkehrte, sondern zu Paphos auf Cypern am 8. oder 9. November starb. Die Worte bei

49 Lünig: ,,eo tempore Gwelfo, Dux Noricorum, qui de via Jerosolymitana obiter ad oppidum Memmingen venit“ sind daher wahrscheinlich nur ein Druckfehler statt: „eo tempore Gwelfo, Dux Noricorum, in via Jerosolymi­ tana obiter ad oppidum Memmingen venit“ und wohnte Herzog Welf IV. der Bestätigung jenes Vermächtnisses bei, da er gerade auf seiner Reise ins Morgenland nach Memmingen kam. 24. „Fridericus memor pristinae injuriae Altorf et Ravenspurch eodem tempore armata manu invasit et villas circumquaque necnon et Memmin­ gen incendio devastat et de nostris aliquot captivos abduxit.“ Anonymus Weingartensis. Hess, Mon. Guelf. S. 24. 25. v. Hormayr, Chronik von Hohenschwangau. S. 40. 26. Ebendaselbet S. 52. 27. Wo dieselbe gestanden, ist unbekannt. IJnold in seiner „Ge­ schichte der Stadt Memmingen. Memmingen 1826,“ S. 7, hält dafür das Haus Nr. 886 am Eingang in die Kalchstrasso und schliesst diess aus der alterthümlichen Bauart und den Wandmalereien, Falkenjagden, Fest­ gelage u. dgl. darstellend, die noch in neueren Zeiten darin zu sehen waren, nun aber übertüncht sind. 28. „A° 1167 Guelfo secundo Jerosolimitanum iter persolvit.“ Annalen des Klosters Weingarten. Hess, Mon. Guelf. S. 49. 29. Diess Kloster lag ausserhalb der Stadt vor dem Kalchsthor, wurde im Jahre 1498 dem hiesigen Augustinerkloster incorporirt, im Jahre 1529 abgetragen und der ehemalige Klostergarten zum Gottesacker umgewandelt. 80. Stalin, Wirtembergische Geschichte II. S. 279. 81. Ebendaselbst S. 263. 32. Ebendaselbst S. 108. 262. 33. Ebendaselbst S. 125. 34. Dilectis fidelibus et devotis — Ministro et Universitati Civium in Memmingen — mandamus — firmiter, sub obtentu gratiae nostrae precipientes, quatenus fratribus Ordinis Sancti Anthonii et eorum procuratoribus ac nunciis decimas tarn majores quam minores de omnibus fructi­ bus seu proventibus omnium bonorum vestrorum, prout juris fuerit, persolvere nullatenus omittatis, caventes, sicut gratiam nostram diligitis, ne ipsos fratres vel eorum nuncios verbo vel opere praesumatis offendere, seu in aliquo molestare in suarum decimarum requisitione. Tibi vero Ministro ac tibi succedentibus in officio mandamus sub poena exterminationis, qua­ tenus eosdem fratres cum omni familia ipsorum non obmittatis- a violentiis quorumlibet defensare, et eis taliter in suis agendis quibuslibet prodesse simul et adesse velitis, quod fidei vere puritas apud nos proinde debeat merito commendari, quod etiam vos proinde, qui vicem nostram in tenendo et faciendo judicium geritis, debeatis recipere premium eterne retributionis. Actum et datum apud Constant. Anno Domini 1266. XIV. Kalend. Octob. IX. Indictione. 35. Bavaria II. 2. S. 1028. 36. Ebendaselbst S. 1029. 37. Eine Urkunde vom 8. Juli 1311 beginnt: Ip gots namen. Amen. Wir Marquart der Amman, der rat vnd die gemainde der stat ze Memmingen. Im Jahre 1313 Sept. 29. urkunden Friderich vnd Litpoldt gebrueder von Gottes gnaden Herzogen in Oesterreich — dass die erbern 4

50 und die wisen lute der Amman, der Rath, vnd die Gemeinde der Burger von Memmingen — ihnen gehuldet vnd geschworen hant. Eine Urkunde vom 17. Mai 1330 beginnt: Wir Ludwig von Gottes Gnaden Römischer Kaiser — thun kundt — dass wir angesehen haben die danckbarn und genem dienst, die uns und dem Reiche gethan habent die weisen leute der Amman, der Rathe und die burger alle gemainlich unserer statt zu Memmingen. Im Jahre 1347, Juni 3, vergönnt Kaiser Ludwig dem Amman, dem Rath und den Burgern gemeinlichen ze Memmingen — ein Biaicli mit Leynwat ze haben und ze halten. 38. Im Jahre 1270 und 1274 bekleidet dieses Amt urkundlich Heinrich Motz, 1285 Marquart, 1285, 86, 89 Rudolf, 1295, 1300, 1302, 1309, 1311, 1317 Marquart, 1337 Cuntz, 1283 Diepolt de Lutrach. 39. Mandat Kaiser Heinrich’s VII. d. d. Pysis XVII. Cal. May 1312, aus der Bestätigungsurkunde Kaiser Ludwigs in deutscher Uebersetzung von Leonhardt mitgetheilt: Wir geben in auch die genad, daz wir vnd vnser nachkomen oder vnser vogt in cheinen Auzman noch ir Burger dcheinen zu einem Amman sol gen wan mit ir willen vnd Rat. 40. d. d. Ulm 1313 September 29. Wir Priderich vnd Litpoldt gebrueder von Gottes gnaden Herzogen in Oesterreich — verjehen — vnd thun khundt — dass die erbern vnd wisen lute der Amman, der Rath vnd die Gemeinde der Burger von Memmingen mit guter berathunge vnd mit zitigem ratli vns gehuldet vnd geschworen hant vnd zu Herren vnd zu Pflegern erkhorn vnz an einen einweligen König, vnd habent auch uns gelobdt zu warten und zu dienen vnd gehorsam sin, alss ihm rechten Herren vnd Pflegern vnd sollen wir Sie schirmen allss verre wir mügen gen allormenglich; wir haben och Jn hinwidei gelobt mit guten truwen, dass wir Jn Jre reht, die Sie von alter gewonheit herbracht hant, stet solln habn: vnd die ampt, die Sie gekoufft vnd vergolten hant vf tege, ouch stet solln han, vnd keinen Jrn Amman nicht enderen, wann mit Jrn rat vnd ouch Jn kein Amman geben wan mit Jrn rat; wir sollen ouch Jn keinen Vogt geben wan mit Jrn rat; were ouch, dass Jn der Vogt misseviele vnd nicht enfuegte, so sollen wir Jn, swenne Sie es an vns muetend, verkeren mit Jrn rat. 41. Wir Karl von Gotts Gnaden Römischer Künig zu allen Zeiten Mehrer dess Reichs vnd König zu Böhem verjehen vnd thun kundt öffent­ lich mit disem briefe, dass wir angesehen haben vnd bedacht stete trewe vnd fruchtige dienst, die der Rafch vnd die Bürger der Statt zu Memmin­ gen, vnser lieben getrewen, vns vnd dem Reich vormals vnverdrosslich gethan haben vnd in künfftigen Zeiten ehrlicher vnd nützlicher thun mügen vnd sollen. Darumb wir dem vorigen Rathe vnd den Bürgern der Statt zu Memmingen geben haben vnd verlihen, geben vnd verleihen von vnser vnd dess Reichs wegen vnd von Königlicher Gnade vnd Gewalt, das Ammanampt in derselben Jrer Statt zu Memmingen mit Allen Rechten, Preyheiten, Ehren vnd Nutzen, wie die genannt sind, dieweil wir leben von ihn on alle hindernuss zu besitzen, behalten vnd gemessen in aller der weis vnd gewalt, als wir das selber inne hetten; davon gebieten wir dem Landvogte vnd allen vnsern vnd des Reichs Amptleuten, die ietzo sein oder künfftig werden, vnsern Lieben getrewen vestiglich vnd ernstlich bey vnsern lnilden, dass Sie die vorigen Bürger noch die Statt an dem

51 obgenannten Ammanampt nicht hindern noch irren sollen in kein weis, noch nicht gestatten, dass Sie yemand daran beschädige, Mit vrkundt diss briefes, der geben ist zu Nürenberg, Nach Christi gebürt dreyzelionhundert Jar darnach in dem fünffzigiston jare dess nächsten Montags vor Sanct Georgentag, im vierten jar unserer Reiche. 42. Wir der Bürgerinaister, der Amman vnd der Kat, die Zunftmaister vnd die Burger gemainlich der stat ze Maemingen — Urkunde v. 28. April 1351. — Desgleichen v. 25. Nov. 1356. — Wir der Burgermaister, der Amman, der Rat, Zunftmaister vnd die Aylif geraeinlichen — Urkunde v. 26. April 1352. — Wir Bruder Cunrat von Luter­ burg, Maister dez Spitals zo Steffelt — vnd wir Bruder Herman, der Maister vnd die Conventbrüder alle gemainlich dez Spitals ze Memmingen — künden mit disem brief — daz wir — vberainkomen sigen — mit dem Burgeimaister, dem Amman vnd mit dem Kaut gmainlich ze Mem­ mingen — Urkunde v. 15. August 1353. Wir Burgermaister, Amman, Ratgeben vnd gantze gemain ze Memmingen — Urkunde v. 11. Septem­ ber 1377. 43. Ich Cunrat der Amman, Burgermaister ze Memmingen, sazz ze gericht in dem raut an dem nächsten frytag vor sant Gregorientag in der vasten, da kam für den Kaut herr Herman der Spitalmaister — — darvber ze vrkund so ist den Dürftigen von gerichtz wegen der brief ge­ ben, besigelt mit dez gerichtz insigel ze Memmingen, der stat gemainlich an schaden, der geben ist (26. Dezember) 1365. — Ich Hans Stüdlyn, Burgermaister ze Memmingen, vrkund mit disem brief, das an der näch­ sten Midchen vor dem hailigen tag ze Wyhenächten, do ich in dem Kaut ze gericht sazz, für recht kom Herr Hainrich von Isenburg Kitter — — darvber ze vrkund so ist jm von gerichtz wegen der brief geben, besigelt mit dez gerichtz insigel ze Memmingen (23. Dezember) 1366. — Ich Wernher von Kempten, Burgermaister ze Memmingen, vrkund mit disem brief, daz an dem tag alz der Brief geben ist, do ich in dem Kaut ze gericht sazz, für mich kom Adelhaitt — — zu vrkund so ist der vor­ genanten frowen der brief geben, von gerichtz wegen besigelt mit dez ge­ richtz insigel ze Memmingen (7. Juni) 1371. — Ich Hans Stüdlin, Bürgermaister ze Memmingen, urkund mit disem brief, daz an dem tag alz der brief geben ist, do ich in dem Kaut ze gericht sazz, für mich kom der Ersam Geistlich Herr, Herr Cunrat Galonis, Maister vnd kierchherr ze Memmingen — — darvber ze vrkund so ist jm der brief geben, von gerichtz wegen besigelt mit dez gerihtz insigel ze Memmingen. (2. Juli) 1372. — Das Siegel aus hellbraunem Wachs — denn erst König Friedrich III. verlieh der Stadt im Jahre 1447 das Recht, mit rothem Wachs zu sie­ geln — zeigt in der rechten Hälfte den halben Reichsadler, in der lin­ ken das Brustbild der h. Hildegard, der Schutzpatronin des alten Mem­ mingen, und führt die Umschrift: ,,S. Judicii Civitatis Memmingen.“ 44. Die Reichsstadt Memmingen in der Zeit der evangelischen Volks­ bewegung von Dr. Eugen Rohling. München 1864. S. 27. 45. Wir Ruprecht von Gotts Gnaden Römischer König, zu allen Zeiten Mehrer dess Reichs, bekennen vnd thun kundt öffentlich allen den, die disen brief ansehent, lesent oder hörent lesen, dass wir von besondern gnaden vnd Römischer Koeniglicher Machte vollenkommenheit den Bürgern

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52 gemainlichen dess Eaths der Statt zu Memmingen, unsern ynd dess Eeichs Lieben getrewen, die besonder Gnade getban haben vnd thun Jhn die crafft ynd macht diss briefs, dass Sie alle vnd jegliche schädeliche leute vnd Personen, Mordbrenner, Eäuber, Diebe oder wie die genannt sind, die offenlich oder heimelich schädliche leute sind, die den mehrern Thail dess Eaths der Statt zu Memmingen, die ietzund dess Eaths da sind oder in künfftigen ziten dess Eaths da werdend, nach linden dünckt vnd auff Jre Aide erkennent vnd sprechendt, dass Sie schädeliche leute sind vnd nützer vnd besser todt sein dann lebende, söllen vnd mügen vmb ihre Missethat sölliche töde anlegen vnd Sie tödten nach vrtheil vnd Ausssprechunge dess mehrern thails dess Eaths daselben der Statt zu Mem­ mingen, dass Sie auff Jr Ayde darüber sprechend, den Sy billiche vmb ihre Missethat leiden sollen. Auch von besondern vnsern Gnaden haben wir Jhn erlaubt vnd die Preyheit geben, wann vnd als offt nu hinftir in der obgenannten vnser vnd dess Eeiclis Statt Memmingen ein Amman ge­ setzt wirt, dass alsdann derselbe Amman den Bann vber das bluet zu richtendt von vns vnd dem Eeiche haben soll, vnd dess nit füro bedürften gebunden sein zu entpfahen, als offt vnd das zu schulden kompt, doch alles biss auff vnser oder vnser Nachkommen an dem Eeiche, Komischer Kaiser vnd Könige, widerrueffen, vrkunde diss briefs, versigelt mit vnser Königlichen Majestet anhangendem Insigel, geben zu Heydelberg auf den nächsten Sambstag nach vnser Frawentage, als Sie zu Himmel führe, in dem Jare als man zahlt nach Christi Geburte vierzehenhundert vnd drey Jare, vnsers Eeichs in dem dritten Jare. 4G. Wir Alb recht von Gottes Gnaden Eömischer König, zu allen zelten Mehrer des Eeichs, zu Ungern, zu Böhem, Dalmacien, Croacien etc. etc. König vnd Ilertzog zu Oesterreich etc. bekennen vnd thun kundt offenbar mit disem briefe Allen den, die ihn sehen oder hören lesen: Als die Ersamen Burgermaister vnd Eath der Statt zu Memmingen, vnsere vnd dess Eeichs liebe Getrewen, von vnsern vorfahrn, Eömischen Kaisern vnd Koenigen, begnadet vnd gefreyt sind, dass Sy nach Jrer Erkanntnus vber schädlich vbelthätige leute richten mögen vnd auch den Bann vber das blut zu richten bey Jhn in Jrer Statt bissher gehabt haben, also begnaden wir dieselben Burgermaister vnd Eathe derselben vnserer Statt zu Memmingen, gegenwärtige vnd künfftige, von Eömischer Königlicher Macht in Krafft diss briefs, dass Sy fürbas mehr zu ewigen Zeiten vber alle vnd jegliche vbelthätige vnd schädlich leute, die Sy in Jre Gefängknus brächten, nach erkanntnus dess mehrn thails mit den Aiden Jres Käthes richten vnd ein jeglichen nach seinem verschulden an leib vnd leben straffen sollen vnd mügen, vnd auch dass hinfür ein jeglicher Burgermaister zu Memmingen, der jetz ist oder hinfür sein wirdet, den Bann vber das blut zu richten in Jrer Statt einem jeglichen Amman, der ie zu Zeiten daselbst sein wirdet vnd den dieselben Burgermaister und Eath, wenn das notturfft ist, setzen sollen vnd mügen, an vnser statt gewalt soll haben zu verleihen, vnd ob wir oder vnser Nachkommen am Eeiche oder jemands anders von vnsertwegen das Ammanarapt, das wir Jhn dann für ein genannte Summ gelts verschriben vnd verpfändt haben, nach laut der briefe, Jhn darüber ge­ geben, widerumb ledigen vnd lösen würden, so ist vnser mainung, setzen vnd wöllen wir mit disem briefe, dass Sy dannoch vnd darnach bey den

53 obgemelten vnserer Vorfahren vnd vnseru gnaden, als vber schädliche leute zu richten vnd den Bann vber das blut zu verleihen vnd Amman zu setzen, bleiben sollen vngehindert. Mit vrkundt diss briefs versigelt mit vnserm Königlichen anhangenden Insigel. Geben zu Präge nach Christi gebürt vierzehenhundert jar vnd darnach in dem acht vnd dreissigsten jaro, am Mittwoch nach Sanct Micheistag, unsers Reichs im Ersten jar. 47. Der Eingang lautet: Wir der Burgermaister, Rathgebon vnd zunfftmaister der Statt ze Memmingen syen mit der gemaind ze rat wor­ den von vnsers Buchs wegen, das wir vil jar vnd tag gehebt haben, darinne alle vnser vnd vnser Statt gesetzt, fryhait geschriben stand, die wir lanzite vnd jar mit guter vnd von alter gewonhait herbracht vnd gehebt haben vnd daruff wie von Römischen kaisern vnd kungen gofryet vnd bestätt syen; dasselb buch ist aber nu als alt vnd als gebresthafft worden, das wir besorgen, das wir ettwas davon verlieren, daz vns nit gut wäre vnd daz ouch vns vnd vnser statt irrung, sumsaly vnd schaden in künftigen ziten bringen möclit, vnd daz ze versehen vnd zo fürkommen, so haben wir vns in unsern raten erkennt, das wir daz vorgenannt vnser Statt buch erntiren vnd vnser gesetzt vnd recht in ain ander Nuw buch schriben vnd setzen wellen, vnd vff daz haben wir darzu geschickt vnd geordnet die wisosten, die wir in vnsern raten vnd ouch vsserhalb vnser Rät gehaben möchten, das die darüber sitzen vnd die vorgenannten vnsere gesetzt vnd recht in ain ander buch zusammensetzen vnd ordnen; die hand ouch die also zesammen geordnet vnd gemacht, als an disem buch hionach geschriben ständ; vnd beschach daz am nehston afftermentag vor sant Michelstag Anno millesimo trecentesimo Nonagesimo Scxto. — Dieses Stadtrecht ist nach dem im Reichsarchiv befindlichen Original abgedruckt ‘in v. Freybergs Sammlung historischer Schiiften, Band 5. 48. A° 1353 trat Memmingen in eine Vereinigung zu Schutz und Trutz mit dem Grafen Eberhard von Wirtemberg; A° 1356 schloss es ein Bündniss mit mehreren schwäbischen Städten u. s. w. 49. An Georgi 1471 ritten zum Reichstage in Nürnberg ein als Sendboten von Memmingen: Hans Spun und Ulrich Zehender mit 12 Pfer­ den. (Stadtarchiv.) >.In demselben Jahre wurde auf den Reichstag zu Regensburg abge^andt Erhard Vehlin sammfc zwölf zu Pferd, alle grün gekleidet. (Schorer’s Chronik.) 50. Folgendes sind die Namen der ältesten Geschlechter von Mem­ mingen, wie sie uns in den Urkunden begegnen, im loten Jahrhundert: Moz, Alber, Kälbelin, Knetstul, Im Thurm (In Turri), Im Hof (In Curia), Marquart, Hiers; 1302 Kempter (de Campidona), 1309 Birtel oder Bierchtol, 1315 Regensburger, Bronner, Wolfsattel, 1317 Duracher, Ravensburger, Abt; 1318 Böhain oder Behara, 1320 Frey, 1328 Märklin, Egloffer, Zehender, Stainbach, Rot, Godel; 1337 Leutkircher, 1339 Gemainder, 1340 Hutwank, Vehlin, Lusner, Ilailer, 1341 Wainer, Spender, 1342 Swigger, 1347 Butzer, Sailer, 1349 Hüter. 51. „Zem ersten daz wir lieplich und tugentlichen einer zunht und swaz zu den zunfften gehöret mit einander überein kumen sien.“ Chroniken der schwäbischen Städte vom 14. bis 16. Jahrhundert Band IV. S. 134. 52. Die Namen der Geschlechter (Patrizier) von Memmingen, wie sie der Zeitfolge nach von anno 1350 auftreten, sind: 1356 Schwarz. 1357

54 Tänzel, Talmayer. 1359 Fainagg. 1363 Rätz, Ehinger. 1365 Tag­ brecht. 1366 Bechrer, Stüdlin. 1368 Mayer. 1379 Mertz, Springer. 1381 Singer. 1382 Ettlinstatt, Ziisel. 1383 Tutenheim, Wermeister. 1385 Schellang. 1386 Hafner. 1387 Rupp, Magg, Schatzmann. 1390 Brassei. 1391 Dorner, Lnm. 1392 Amman. 1393 Steinhöwel. 1394 Huit, Schütz, Kunzeimann. 1397 Haintzel. 1398 Hirshach. 1401 Pont, Loupphain (Lupin), Zwicker. 1403 Weilheimer. 1405 Bärtlin. 1406 Tumayer. 1409 Scheichs. 1416 Ansang, ’Kumpost. 1417 Möttelin. 1419 Uttenried. 1421 Schapprun. 1422 Sättelin. 1423 Raisser. 1424 Ferber. 1427 Weyer. 1428 Hirssdorf. 1431 Besserer. 1438 Schermair. 1439 Sengg. 1440 Mangolt, Tattenhuser. 1441 Lungerst, Seelmann, Sigg, Ampfelbrun, Haschurn, Spickei, Langer, von Nydeck, Rappolt, Braun, Wiedemann, Reich, Winzerer, v. Holzheim, Ringglin, Beck, Jäger, Glanz, Diether, Rissei, Schiegg, Summer, Schweinkirst, Negeli, Müller, Schuoster, Rottensteiner, Gäb, Bayswill. 1448 Wespach. 1462 Stebenhaber, Sürg, Mendler, Sigenhoffer, Zollikofer, Keller, Ossenbrey, Schad, v. Werdenstein, Funk, Vogt, Güssenstadt, Wälzinger. 1463 Reichenbach. 1464 Onsorg, Rephuon. 1471 Pfänner, Reyther, v. Orlenbeg. 1475 Schweigkart. 1476 y. Nenningen. 1480 Welser. 1482 v. Röttenbach, Langenmantel. 1486 Steinbrecher, Bebenberger. 1493 Hauwinhuott. 1494 Ridler, Bälzinger, Gessler. 1496 Bainer. 1497 Kielfer. 1500 Koch. 1504 Eberz. 1508 Zulnhart, Eisenberger. 1513 Ott* Hörwart, Schern, Neithart, Remboldt, Schulthaiss. 1514 y. Stetten. 1515 Pfister. 1518 Hartlieb gen. Wal­ sporn. 1519 Renz. 1520 Buschler, Lieber. 1521 Grimmei, Löhlin. 1522 v. Dettikofer, Linss, Wolfart, Furtenbach. 1525 Nyttinger. 1529 v. Freyburg 1530 Vogelmann. 1532 Fröschelmoser. 1533 Gabelkofer, Hyrus. 1535 Schneeweiss. 1537 Geroldt. 1541 Gienger. 1544 Bischler. 1545 Rist. 1546 Kreuzer, Zangmeister. 1553 Büffler. 1555 Trioscli. 1558 Morisco. 1559 Engler. 1560 Uonrader. 1561 v. Kirch. 1562 v. Menlishofen. 1568 Spaiser. 1574 Vögelin. 1575 Schenk, Dafingcr. 1578 v. Wald. 1579 Pflaumer. 1581 Reichlin v. Meldegk, Bonrieder. 1584 Jenisch. 1586 Scheler. 1587 Sizinger. 1588 Varenbüler. 1590 Praindtner. 1597 Egler, Zoller. 1598 Jung. 1603 Hörmann. 1608 Böcklin. 1612 Schrenk. 1613 Weissland. 1615 Albrecht, Rosenberger, Schorer. 1622 Faby. 1642 Wächter, Beringer. 1657 Pfaffler. 1675 Erhardt, Stoll. 1680 Scheifelin. 1684 Hermann, Habisreutinger, Rupprecht. 1702 Möschei. 1710 Düttel. 1712 Schumann, Schellegger. 1716 Wogau. 1717 Suppius. 1723 Küner. 1738 v. Heuss. 1749 Nusche, v. Unold, 1751 Schölhorn, Köiderer. 1764 v. Scheidlin. 1768 v. Paris, Baur. 1783 v. Daumiller. 53. „Als wir vnserm genedigen Herren Kung Sigmunden, Römischen kung, dienen mussten vf hertzog Friderichen von Oesterrich anno’ domini millesimo CCCCXV nach vssgender osterwochen, do verluren die nachgeschriben mit spil, das si raisen mussten“ etc. etc. Der Stadt Denkbuch d. i. allerlei Gesetz und Ordnungen alhier zu Memmingen, angefangen anno 1397.

55 54. Aus d. Geschlechtern

Aus den 11 Zünften

Stimmen der

Anno: Bftrgermstr. Rathgeb. Bürgermstr. Rathgeb. Geschlechter Zünfte — 1446 1 7 9 5 16 — 1447 1 6 8 6 17 _ 1448 6 1 8 6 17 — 1449 7 9 1 16 5 — 1450 6 1 6 17 8 __ 1451 1 5 7 7 18 — 1452 5 1 18 7 7 — 1453 1 22 1 3 11 — 1454 1 4 6 19 8 — 1455 1 5 20 3 9 — 1456 1 5 3 20 9 — 1457 1 4 6 19 8 — 1 1458 5 7 .18 7 — 1459 5 1 18 7 7 — 1460 1 6 17 8 6 * — 1461 1 7 16 5 9 — 1 1462 5 7 18 7 — 1463 1 5 7 18 7 — 1 1464 5 7 18 7 — 1465 6 19 5 1 7 — 1466 6 1 7 18 6 —1 1467 6 19 4 8 — 1 1468 6 19 4 8 — 1 1469 19 4 6 8 — 1 1470 4 19 6 8 1 1471 2 4 —21 10 55. S. Memminger Chronik von Schorer. 56. Der conservative Schorer, eines Patriziers Sohn, bemerkt in seiner Chronik zum Jahre 1469: „In diesem Jahr lebten die Patricii hier übel mit den andern Bürgern wegen dess Dantz, den sie auff ihrer Stuben allein haben wolten, womit auch der Rath viel zu thun 'hatte“ und zum Jahre 1470: , ,In diesem Jahr ging der Streit der Geschlechter mit dem Rath und Gemein wieder an. Sie thaten nichts, was man ihnen schaffte: hieltens zwar nicht alle mit. Es kamen Botschafft von Ulm, Augspurg und Ravenspurg hieher und hätten die Sach gerne verglichen, aber es wurde nichts drauss. Es gab den Geschlechtern niemand recht, war ein lauterer Hochmuth, wolten bey ihren Däntzen niemand andern mit dantzen lassen.“ 57. Verantwortung auf die Klage der Geschlechter gegen die Zünfte im Jahre 1471. 58. Die Stelle eines Stadtschreibers war eine sehr wichtige; er war oft die einzige geschäftskundige Person im Rath und wurde vielfach als Abgeordneter zu den Städte- und Reichstagen und bei andern Staats­ aktionen verwendet; er war der Vorstand der Kanzlei und hatte alle amt­ lichen Ausfertigungen zu besorgen; anfänglich heisst er: Notarius, von 1479 an Protonotarius, von 1721 an Kanzleiverwalter und von 1747 an Kanzleidirektor.

56 59. „Das notturftig sin sölle, raer Ratgeben dan Zunftmaister zu setzen, sagten sy, das sy nicht zimblicher zale wissen zu halten zu ainem yeglichen Ratte dan zwölff Ratgeben vnd zw ölff Zunftmeister, das syen vier vnd zweintzig rette vnd darzu den Burgermaister vnnd den stattschriber, das also sechs vnd zweintzig täglich im Ratt sitzen; wann aber ain als gross, ernstlich vnd treffenlich sache zufalle, so neme man noch vss yeder zunfft zween, die dartzu erwelt vnd geordnet sin; ob aber noch grössers oder treffenlichers zustünde, so berüffte man ain gemainde zu sölichen ernstlichen Sachen, dardurch dan ain Ratte gnugsamlich versechen sy.“ Antwort auf die Klagartikel der Geschlechter im Jahre 1471. 60. „Auff hewt ist dem burgermaister zugelassen, das er 4 oder 6 seins gefallens, so ettwass fürfiel, zue gehaimen ratten nemen müg, biss die gesandten von Ulm ankomen“. Rathsprotokoll v. 22. Mai 1525. 61. „Sy hetten ain gewonhait, wer auch jr alt herkommen, das man in der gemainen statt Memmingen allweg vff sant Jörgentag vnd vff die zyt järlichon ain Burgermaister vnd Ratte och all annder aembter vernewet vnd besetzte.“ Antwort auf d. Kl. d. G. i. J. 1471. 62. „Wan man die Zunfftmaister erweln wölt, so ordnetten die Zuufftmaister zu jeder zunft dry erber man, die sy am allererlichisten vnnd nutzlichisten in ainer zunfft erfinden möchten vnd vff den tag, so man den wal thun wölt vnd ain gantz gemainde by ainander weren, so brecht man ainer zunft dan die dry erber persone an ainem zedel für; alsdanno heiss sy der alt zunftmaister ainen daruss erwelen vff jr ayde, der dan der statt vnd meniglichem allertauglichist were; vff das gienge ain gemainde zesamm vnd erwellet ain vff jr aide zu ainem zunftmaister in jr zuijffte vnnd welcher mit der meren wale erwellet wurde, der belib dasselb jar jr zunft ain zunftmaister vnnd sust nicht.“ A. a. d. Kl. d. G. i. J. 1471. 63. Der Bütteloder Gebüttel (Praeco) war der Stellvertreter des Stadtammans, wenn dieser als Parthei oder sonst verhindert war, dem Drei­ zehnergericht zu präsidiren: „Ich Haintz Werlin, der Stattgebüttel zu Memingen, tun kunt menglich mit dem briefe, das vff hütigen tag, als ich in namen vnd anstat des ersaraen wysen Diebolt Hüters, der zyt Statt­ ammans zu Memingen, offennlich zu gericht sass, für mich vnd verbannen Dryzehnergericht körnen sind etc.“ (Urkunde vom 20. Oktober 1452.) Erst später sank der Büttel zum blossen Gerichtsdiener herab. 64. „Dess gelich sey ouch die wale des Stattammans; der belibo zway jaure vnd ouch nicht lennger, er verschulde dan das offenbarlich in sin ambt, so würde er entsetzt.“ A. a.d. Kl. d. G, i. J. 1471. 65. „Wan man ain Burgermaister vnd rätte wölt erwelen, so were das ir herkommen, das den zunftmaistern der gewalt geben were vnd inen zugelaussen wurde, das sy vss ainer gantzen commun zwey erwellen möchten, vnd wann dann ir gemaynde vff den tage, als sy das gewonlich alle jar jerlich pflegen zu thunde, vff das rathus zusameu körnen, so hielten sy der gemainde zwey frum erber man für vnd werden dieselben an ainen zedel geschriben vnnd gieng dann ain yeder zunfftmaister zu sinen Eindelfern, die ain gemainde gehaissen wurden, vnd sagt den, das sy vss den zweyen den ainen zu Burgermaister erwelten vff ir aide; welcher dan vnder den zweyen zu ainem Burgermaister erwellet wurde, derselb sy dasselb jar Burgermaister vnnd nicht Jenger.“ A. a. d. Kl. d. G. i. J. 1471.

57 66. „So man ainen Burgermaister fürnäme zu erwelen, so schriben die zunfftmaister zwen an ainen zedel vnd setzten allweg ainen, den sy gern haben weiten, zu ainem Burgermaister; dann sy hetten den list, das sy allweg vnder den zwaycn ainen von der gemainde, der in dhainen Ratte nie gegangen, noch zu dem Burgermaister ains schicklich oder des empfenglich were, in den zedel setzen: so miiste dan ain gemainde den erwelen, der den zunfftmaistern darzu geyalle, den sy auch nach irem willen hantkaben vnd mit jm fürnämen möchten, was sy verlusste.“ Klage d. G. wider die Zünfte i. J. 1471. 67. „Dan von der Rattgebcn wegen das wurde also gehandelt: vtf den tag, als man den Burgermaister, Stattamman ouch den Stattschribcr vnd den byttel erwellet hett, machet man zwölff zedel vnd schribe yede zunft besunder an ain zedel vnnd legt man dan die zedel in ain hut, vnnd welche zunfft am ersten heruss kerne, der katt die ersten wale zu tunde, ainen Ratgeben fürzehalten, vnnd wenn sich nun dieselb zunfte mit iren zunftgenossen der Eindelfen veraint hetten, ainen Ratgeben gantzer gemainde fürzehalten, so hielte man dan denselben ainer gantzen gemainde für; gefiele er dan der gemainde vnd belibe mit dem morern taile, so sy er desselb jar ain Ratgob vnd sust nicht; also hett yegliche zunffte ain Rat­ geben fürzehalten, vntz das also zwölff Ratgeben erwellet wurden.“ A. a. d. Kl. d. G. i. J. 1471. 68. „Es ist erraten: nachdem Conrat Voehli auss dem rat verschaiden ist, das die zunfftmaister XII zedel machen vnd lossen sollen vnd woellicho zunfft heraus kompt, die soll der erbern gmaind ainen rat fürtragen vnd wölln lassen.“ Rathsprotokoll v. 12. Juli 1511. — „Es ist erratten: nachdem Bernhart Strigel tods abgangen, das man zwelff zedein machen; weihe zunft am ersten 'raus kompt, sol ain andern fürtragen.“ Rathsprot. v. 23. Juni 1528. 69. Auf die Klage der Geschlechter A.nnol471: „So haben die von Memmingen die Ordnung, das sy nicht fründe zusamen in den Rate geen lassen, die fründtschafft halben so nahent an ainander gewandt wem, das sy zusamen nicht gehyreten möchten, vnd sy doch zu Ulme vnd in andern des heiligen Rychs Stetten söllichs nit, dan daselbs giengen vatter, sune vnd bruder in die Rette zusamen vnd darumb wurde billich an dem ende sölichs ouch also gehalten“, antworteten der Stadt Bevollmächtigte: „Das dliain fründe zu den anndern in den Ratte gee, die früntschafft halben zu ainander nit geheyraten möchten — sölichs were lennger gehalten worden dan yemand verdencken möchte vnd nicht ane besunder vrsache von iren altfordern vffgesetzt; dann zu zytten so ain früntschafft in ainem Ratte ain handel hette fürzebringen, so giengen so vil vss ainem Rate, das der annder gar lützel weren; dartzu so sy sölichs im rechten nicht billig vnd werde ouch nicht zugelaussen, das ain fründe by ainem Ratgeben oder bysitzer mit früntschafft gewandt sy, vnnd mocht nur dester mer nachrede vnd schaden daruss ersteen.“ 70. „Anno 1496 auff den 2. Tag Mertzen hat ein Rath vnd Gemaind gesetzt — dass hinfür kein Freundschafft hindern solle, in den Rath zu gehen, ausgenommen Yater, Sohn und Bruder, die sollen nicht zusamen in Rath gehen.“ Memminger Chronik von Christoph Schorer.

58 71. S. Schorer, Chronik von Memmingen zu den Jahren 1486 und 1491. 72. ,,Wenn man das buch gelesen hat, so nempt man dann die hoptlüt zu den toren.“ (Stadtarchiv.) An jedes Thor wurden zwei Haupt­ leute verordnet und diesen 2—7 Bürger beigegeben. 73. Wurde nadh Schorer im Jahre 1475 renovirt und seit 1493 ,,der Einlass“ genannt. 74. Sinewel, sinwell = ruiid, teres, was sich wälzen lässt.“ J. A. Schmeller Bayerisches Wörterbuch. Dieser runde Thurm stand an der Stadtmauer bei Unser-Frauen-Kirchhof. — Ludwig Metzger und seine Hausfrau stiften ihr Haus und Hofstatt ,,an vnsser liebenn frowenn kirchhoff gegenn der Stattmur vnnd dem Sinwellen-turenn“ zu einem Spital. Urkunde vom 20. Sept. 1484. 75. Hauptleute zu Boss waren der jeweilige Bürgermeister und der Grosszunftmeister, sowie ein oder der andere angesehene Bürger oder Bitter und waren diesen Hauptleuten alle Söldner und Stadtknechte unterstellt. 76. „Hauptleute zum Feuer“ waren der jeweilige Stadtamman und zwei Bürger und zwar vom Jahre 1474 an diejenigen zwei, welche in dem Stadtviertel Hauptleute waren, worin das Feuer aufging, und waren den­ selben 2—3 Bürger beigegeben. In spätem Zeiten Messen sie die,,Feuer­ herren“ und waren drei zum Marktviertel und je vier zum Holzmarkt-, Komhaus- und Kalchviertel aufgestellt. 77. Von Anno 1525 an hiess es: „also bitt ich mir gott zu helffen.“ 78. „So sich auch zu zytten begebe, das in ainem ratschlag ain gelichs mittel würde, so hett ain Burgermaister den gewalt, das er ain merers machen möchte.“ A. a. d. Kl. d. G. i. J. 1471. 79. „Wan ain Burgermaister krank lige oder#in der Statt oder sinen notturften vssziehen wolte, so gebe er das Iimsigel dem obersten, grossen zunfftmaister, den von geschlechten, vnnd derselb zunfftmaister beruft zu ime die anndern eindleff zunfftmaister oder als vil er ir gehaben möchte, vnd welhem sy dan das Burgermaisterampt mit der meren wale empfilhen, dem anttwurt man das Innsigel daby, vnnd erwellen och ainen vnder den Batgeben oder in selbs vff ir aide, als sy des schuldig wern, der sy am allererlichisten vnd nützlichen dartzu bedücht.“ A. a. d. Kl. d. G. i. J. 1471. 80. Diesem geschäftskundigen und fleissigen Mann hat die Stadt Vieles zu danken. Er ordnete das Archiv, legte Kopialbücher über die städtischen Urkunden an, von denen viele nur noch in diesen Büchern vorhanden sind, verzeichnete die wichtigsten Ereignisse und Denkwürdig­ keiten , legte überhaupt den Grund zu einem geordneten Kegistraturwesen. Leider war er ungemein ehrgeizig und ränkesüchtig und fiel zuletzt als Opfer des damals herrschenden religiösen Fanatismus. Abgeneigt, sich der reformatorisehen Bewegung anzuschliessen, legte er im Jahre 1524 seine Stelle nieder, trat in den Dienst des Bischofs von Augsburg, intriguirte wider die Stadt Memmingen, wurde am 8. Januar 1531 im hiesigen Antonierkloster gefangen genommen und nach summarischem Prozess am folgenden Tage auf offenem Markt mit dem Schwert hingerichtet. 81. „Ain rat will Jorigen Besserer zu kirchen tragen, aber im das

59 ratglöckli nit leuten lassen, dieweyl er nit mer der rät ist." Rathsprot. v. 7. März 1522. 82. „Man soll das glogglin wie von allter her auff achte lewten." Rathspr. v. 27. Sept. 1525. 83. „Ist erratten, das man yetz ain zeit lang ain halbe stund vor 6 in rat leit und vmb 6 h’oben sei und dan so der tag kürtzer werd, sol aber weitter davon gereth werden/' Rathspr. v. 1. Mai 1525. 84. „Mit maister Hans Humell" — Magister Hans Hummel war damals Wochenprediger bei St. Martin — „soll geredt werdenn, an raths­ tagen in bredig zu leithen zu verordnen, das er bis in 6 uhrnn allwegcn usgepredigt." Rathspr. v. 30. April 1548. 85. „Es hat ain Rat geordnet, wie die Rat heruf gan sullen zu rechter zit: It. man sol ain Eisenden halben or vfsetzen alsbald man zu sant Anthonien mess uf sant Anthonien altar den segen geben hat, dann sol man anfahen luten daz ander zaichen. Und welher darnach kumpt, so die or vsgerisen ist, der oder dieselben sullent gen III dn, welher aber gar daniden belibt an vrlob, der gitt ain pechmesch; welher ouch vss dem Rat gat an vrlob ains Burgermaisters, der git 1 ß haller." Der Stadt Denkbuch vom Jahre 1397. 86. Das Pfund Heller, dessen Werth zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden war, hatte 20 Schillinge, der Schilling 6 Pfennige oder 12 Heller; das Pfund hatte also 120 Pfennige oder 240 Heller. 87. „Erraten, so man an rat beut, so mag der Burgermaister bey dem aid oder bey dem gelt bieten." Rathspr. v. 3. Mai 1512. 88. „Wöllicher ausreyten wöll zu ratz Zeiten, der soll innerhalb ainer meyl wegs nit pleyben, dann mit wissen ains Burgermaisters." Rathspr. v. 3. Mai 1512. „Wann man nit an V ß hlr. hüte, mag ainer wol auswanndern, doch nit unnder ainer meyln von der statt; doch hat der Burgermaister gwalt, airn Urlaub zu geben." Rathspr. v. 2. Mai 1521. „Wan allain beim aid gebotten und ainer weitter dan ain meil roitten wyl, darf er keins Urlaubs; wo er aber innerhalb ainer meil beleibt, so sol er ains Urlaubs begern vom Burgermaister." Rathspr. v. 1. Mai 1525. 89. „Wöllichei gar ausspleyb, der soll angezaichnet und gerechtvertigkt werden." Rathspr. v. 2. Mai 1511. 90. „Es ist erraten, das ain jeder, der zu spat kom beym aid, die III dn. anntwurt." Rathspr. v. 2. Mai 1511. 91. „Der Burgermaister Hans Keller ist zu spat körnen und mit dem meren erkennt, die buss zu bezalen." Rathspr. v. 6. Juli 1520. (Am 11. Januar 1510 wurde beschlossen: „Man soll mit dem Burgermaister Hannsen Stöbenhaber reden, seines ampts bass zu warten und gemainer stat Sachen zu fördern.") 92. „Der zu spat körnenden errattenn, das so an aid gebotten und ainer zu spat unnd nach ussgeloffner uhr kombt, soll aim ain halber batzen abgetzogen werden; bleibt er aber uss und komt gar nit, soll im nichts geben werden." Rathspr. v. 29. April 1544. 93. „Den becken des ratz ist in der vasten erlaupt, pretzgen zu bachen, nit so früe alss sonst in rat zu körnen, man biet dann umb 5 ß hlr." Rathspr. v. 11. Februar 1521.

60 94. „Ob man bey V ß hlr. bict, soll kainer on urlawb hinauss ziehen.“ Rathspr. v. 2. Mai 1521. 95. „So man an 5 ß bewt und ainer zu spat kompt, gibt er 15 du. wie von alter herkommen.“ Rathspr. v. 14. März 1544. 96. „Der Burgermaister soll gewalt haben, all wochen auff den mitwoch gemainer statt Sachen am ersten fürzunemen und andere Sachen ab­ zustellen oder auffzuschieben.“ Rathspr. v. 24. Januar 1509. „Auff gemainer Zunfftmaister ernstlich anpringen ist erraten, das nun hinfüro all mitwochen allain gemainer statt Sachen und geschafft aussgericht werden sollen und soll man auff dieselben tag annder burger, es wern dann notsachen, nit hörn.“ Rathspr. v. 19. Nov. 1509. „Der statt Sachen allwegen am ersten fürzunemen, und sonnderlich am mitwochen allain davon zu reden, und nicht anders fürzunemen sovil muglich sey.“ Rathspr. v. 2. Mai 1511. „Gemeine Zunfftmaister haben — an ain rat pracht: hin­ füro sollen allwegen der statt Sachen vor allen dingen — fiirgenomen werden.“ Rathspr. v. 1. Mai 1525. 97. „Der vor rat wöll, soll sich am abend vorhin gegen dem burger­ maister anzaigen.“ Rathspr. v. 2. Mai 1511. 98. „Es ist erraten, das niemands nichtz anpringen soll, dann durch den aininger.“ Rathspr. v. 2. Mai 1511. „Kainer soll nichtz anpringen dann durch den ainunger.“ Rathspr. v. 4. Mai 1523. „Der aininger sol alle Sachen anpringen und durch ine die fürsprecher erfordert werden.“ Rathspr. v. 1. Mai 1525. 99. „Der ainunger soll nichtz anpringen, er sey dann vorhin abends bey dem Burgermaister gewesen.“ Rathspr. v. 4. Mai 1523. 100. „Heut ist durch rat und gemaind ainhellig erraten, hinfürter zusampt den III ainingern fürter noch II aininger zu nemen, und soll der ain under inen obman sein und die anndern jederman, wer sein begert, das wordt thun; ob aber jemand selbs reden will, mag er auch thun, und soll sonst die ainung in allen stücken pleyben wie von allter her.“ Rathspr. v. 31. Mai 1514. 101. „Mit den ainingern ist gerett, dass sie sich fleissen, mer partheyen auff ein tag ausszurichten, daun aine und lennger zu sitzen dann bissher, ungefarlich von XII biss auff 3 um.“ Rathspr. v. 4. Mai 1517. 102. „Den aman und ainunger wider über den knappen zu schicken, 2 mal auffziehen und gotzlesterenss halb fragen. — Ainung halb über die gefanngen zu gan ist erraten: in wes monat aiuer gefanngen wiirt, derselb soll darnach für und für über in gan; er sey dann nit anhaim, so soll in der nechst an im verwesen solanng biss der recht wider kumpt, und ob ain annderer den rechten ainunger in seim abwesem am anfanng ainer sach verwese, so ist er darnach, so der recht ainunger anhaim kumpt, nit schuldig mer über den gefanngnen zu gan.“ Rathspr. v. 1. Febr. 1520. 103. „Ist erratten, man sol drei Straffhern nemen, unter denen ainer obman sein sol. Die frembden, so hie freveln, sollen loben, der frevel halb für die Straffhern zu körnen und raiigen die ratzknecht desshalb die frembden für die Straffhern pringen, damit gelipt von inen genomen werd. Ist Yeit Resslin“ — Mitglied des Raths — „genomen zu dem obersten Straffhern und sein im zugeordnet die zween eyninger, so yedesmals oder monatz sein werden.“ Rathspr. v. 26. Mai 1525.

61 104. „Wölliclie aininger seyen, die sollen das gotzlesteren all 14 tag rechtfertigen und gat die ainung hewr an oben an zunfftmaistern und unnden an ratzbannck.“ Rathspr. v. 2. Mai 1521. 105. „Anfangs haben die rät und darnach die zunfftmaister jeder tail den anndern gesetzt.“ Rathspr. v. 3. Mai 1512. „Anfangs ist ain rat gesatzt und hat der Burgennaister gliicks gewünscht und gepetten in befolhen zu haben. Hat Hanns Keller dannck gesagt und erpotten von ratz wegen.“ Rathspr. v. 2. Mai 1521. 106. „Ain jeder so gefragt wurdt, soll kurtz reden thun; kainer dem anndern in die reden fallen; so ainer ain anndern hat hörn von ainer sach reden, soll er sich fleissen, das er dieselben reden nit wieder äfere, damit ain ding nit zwaymal oder mer geredt werd; das man auffmerck und nit unnder den fragen schwätze.“ Rathspr. v. 3. Mai 1512. „So ainer aim in sein red fall, so soll in der Burgermaister haissen schweigen; Bürger­ meister und Grosszunfftmaister sollen macht haben, wann sie wöllen abzuprechen.“ Rathspr. v. 2. Mai 1521. „Mag der Burgermaister wol fragen unnden oder oben, wo er will, und sonnderlicli wölliche schwatzen oder schlaffen.“ Rathspr. v. 4. Mai 1523. „Wen ain geschwetz oder zu vil laut geret würd under ainander, das der Burgermaister klopffen müg und sol.“ Rathspr. v. 1. Mai 1525. „Hit streitten mit ainander — und welher so grob wer,, sol man drumb an die sidlen stellen.“ Rathspr. v. 30. April 1526. „Die gemeinen zunfftmaister bitten, sovil möglich die Sachen zu furdern, das man nit lang sitz, dan sy seien eyns teyls arm gesellen.“ Rathspr. v 4. Mai 1528. 107. In der Klage wider die Zünfte anno 1471 bringen die Ge­ schlechter vor: „So hetten sy vor zyttn ain pöse vnordenliche gewonhait gehapt, das sy alle jar in iren Zünften vff die statt by acht hundert pfund lialler vertruncken, desshalben man ettlich vff karren haim hett müssen füren, darvss vil spott vnd schaden entstanden wem. Sölichs zu vermyden hetten sy ain gesetzte gemacht, das sy nichtz mer vff gemaine statt vertrincken söltten, das sy dan also zu halten gelöbt vnd gesworn. Aber die zunfftmaister hetten vsswendig ains Rattes mit irer gemainde zuwegcn bracht, das sy ir yedem alle jar ain pfund haller für das trincken geben sölten“, worauf die Zünfte zwar jene vormalige schlimme Gewohnheit nicht läugnen, aber behaupten, das Pfund Heller jährlich für jeden Zunftmeister sei ihnen „durch Burgermaister, Ratte vnd gemainde an d. i. ohne ir bitten vnd begeren ze geben geordnet vnd geschafft worden“. 108. „Ain gemaind halten — ist erratten anzupringen, das etlich des ratz ir armut halb auss dem rat körnen, vnd begern das man in etwas besoldung geb.“ Rathspr. v. 27. Febr. 1544. „Uff dato hat man ain gemaind gehalten der ratzfreund vnd zunfftmaister besoldung halb. Ist vff den gewaldt, so ain erbere gemaind aim rat geben, von aim erbarn rat erratten worden, das man ainem jeden ratzfreund, so den beleitten rat besatzt, geben soll I batzen, und so man allein an ain aid potten und die stund ist ussgeloffen, er hab ain urlaub oder nit, so soll er nur X d. i. einen halben batzen nemen.“ Rathspr. v. 14. März 1544. 109. „Dess patzen halb — welher kompt nach der stund und kain urlaub hatt, der soll 3 dn. geben und im dartzu X d. i. einen halben batzen abziehen; es sey dann inn ains raths geschellten auss gewe9t, so

62 soll man im den patzen geben.“ Rathspr. v. 3. Mai 1546. — Der da­ malige Geldwerth lässt sich annähornd aus den Lebensmittelpreisen erkennen, wie sie Schorer j Chronik angibt. Es kostete zu Memmingen im Jahre:

'

1438* 1 A Qü

1 U 1 Klait Kalb-od Buchen ScbafHolz lleisch

ein Malter Korn

ein Malter Roggen

eine Mass Wein

i n Schmalz

1 U Rind­ fleisch

»

u

i

ß

Pfennige

Pfg.

Heller

Heller

U

Pfg.















1

8

__

____

z

z

z

z

2

2

10—11

— —



— —

7

1

ß

10

___

1445

__

1446





1447





6 2

einen Guld. 1 2

1448

1

17

1459 1 /inn





1463

_

z

__

1468





2





4 Eier





4—5

— —

— —



— —

5—6











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_

_

z

_



















— —





— —



4



Ci

— — 1480 1 — — 1481 2 1482* 7 — 6 1484 2 — 1 — — — 1485 1486 einen Guld. 1 1489 4 15 4 1490 4 10 4 1491 4 10 3 5 10 1492 5 8 — 1501 7 1530 10 — 8 — — — 1543 1545 8 ! — 7 — — 1548 i —

16 —

6 —

7







— —











7



— — —







— —

— —

— —

5 —

2—3 6 ■—



— —



8—10













10

8 14 5 16





12

6









19





3



2 —

1











—■ 2

— —







10

























5—8







8—11

110. „Nachdem man den stattweyer fischen würdt, ist im besten erraten, das ain rat nit mit ainander essen, sonndern sollen vischmaister jedem des ratz I karpffen schicken, mit seiner haussfrawen zu verzeren.“ Rathspr. v. 23. Sept. 1517. „Ist erratten, auss der stat weyer all ratz­ freund und wer vor mit aim rat g essen mit aim kerpflin und hechtlin zu verern.“ Rathspr. v. 22. Oktober 1529. 111. „In nomine domini Amen. Ne pia gesta propter labilem hominum memoriam et lubrici temporis intervallum patiantur sui roboris detrimentum, cautum est ea scripturarum et testium adminiculis pennari. Noverint igitur universi et singuli praesentes et futuri praesentium inspec*) Die mit Sternchen bezeichnten Jahre werden von Schorer als Theuerungajahre hervorgehoben.

63 tores, quod lis seu controversia, actio et quaestio, que inter Sanctimoniales Sancte Elizabet in Maemingen ot Hospitale sancti Spiritus ibidem ex una parte et Rudoifum dictum bincernam seu Hainricum suum procuratorem parte altera vertebatur — per dominum Rudolfum ministrum civitatis in Maemingen et per alios quamplures viros literatos et discretos ‘ estj descisa laudabiliter et sopita tali conditione...........In cujus rei testimonium et in hujus ratihabitationem facti sepefate Sanctimoniales et sepe dicta domus Hospit. praesentes obtinuerunt Sigillorum videlicet universitatis' civium in Maemingen, domini et fratris Bertoldi dicti de Isenhain, conservatoris domus Sancti Anthonij sui proprii et domini Rudolfi, ministri omnium in Maemingen, munimine roboratas. Datum in Maemingen Anno domini MCCLXXXV. III Id. Sept.“ 112. In dem Anno 139G revidirten Stadtbuch heisst es unter dem Titel: „Urab diebstal: — — Ist denn daz gut besser denn V ß Rotwiler pfennig, so sol man den oder die vrtailten, ob es man sind, henken; sint es aber frowen aine oder mer, die sol man lebendig begraben------- vnd wer daz der clager des oder der, vff die er clagen wil, Touffnamen nit wysty, so mag er wol klagen vff die vor gericht gebunden vnd gefangen stand, vnd wenn der klager oder die gezügen sweren sollint, so sol in des klagers filrsprechen den aid geben vnd dücht den am man vnd die stulgenossen, das er in den aid nit recht geben hett, so sol er in ze dem andern mal vnd ze dem dritten maul aber geben — — vnd wär ob die diebstal nit V ß h. Rotwiler dn. wert ist, so sol man im dio oren abschniden oder was sich denn der mertail des Bautz erkent, es sie gen frowen oder gen mannen, vnd wenn ain amman, der vber schädlich lftt rieht, dry zehn man oder mer an der vrtaii fraugt, des sol gnug sin; es sy denn daz den richtern oder des klagers fürsp rechen dunk, daz mer liit ze fraugent sigent, so mag es der richter wol tun.“ 113. ,,Ich Jos Ansang yetzen Stattamman zu Memmingen tun kund menglich mit dem brief, das vff den tage als datum ditz briefs wiset, do ich zu Memmingen an der dritzehener gericht offenlich zu gericht sass, für mich in offen gericht körnen sind — — d. d. 1423. März 11.“ — „Ich Hanns Yehlin, derzit Stattamman zu Memmingen tun kund mit dem brief, daz vf hütigen tag siner date für mich vnd offen verbannen Dryzehner gericht körnen sind — — d. d. 1449. Dez. 4.“ 114. „Ich Anthoni Amman, derzit Stattamman zu Memmingen, tun kund aliermenigclicli mit disem brief, das vf denn tag als datum ditz briefs wiset, alls ich daselben zu Memmingen offenlich zu gericht gesessen bin, für mich vnnd offen gerichte kommen ist — d. d. 1443 duni. S. 115. „Ich Ulrich Zehender, Stattamman derzeit zu Memmingen, thue kund offenttlich mit dem brieff, das ich auf Mittwoch vor Sant Valentins­ tag nechst verschinen zu Memmingen im Bhatthauss in gewöhnlicher gerichtstuben offen Stattgericht besessen han, vnd seind alda erschienen — d. d. 1479 Febr. 12.“ 116. „Nachdem bisher jerlichen 20 Richter vonn aim Rath erwellt worden —“ Bericht des Bürgermeisters und Raths zu Memmingen an den kais. Hofrath Has d. d. 8. Sept. 1551. 117. „Man wil baide gericht mit X karpffen und zwayen grossen hechten vereren.“ Rathspr. v. 3. Nov. 1525. „Ist erratten, man sol

64 hinfüro, wan am 13 gericht mangel sei, vom statgericht besetzen.“ Rathspr. v. 16. März 1526. 118. „Errathen, das der Burgermaister mit dem Stattamman reden soll, ainem gericht anzuzaigen, das ains raths mainung und bevelh: ain gerichte welle hinfür die urthailen nit so leichtlich für rat schieben, son­ dern dem artickl in der gerichtsordnung, so sy derhalben haben, geleben und mit den urthailen zu fassen vleiss haben.“ Rathspr. v. 19. Mai 1535. 119. „Man hat vil geredt, ob man zway gericht wider machen wöllt, und wurdt anzaigt der mangel an leuten, das man sorget, es möchten sovii leut nit dartzu überkommen werden; so seyn an den gerichten, d a i r zway gewesen, die leut hin und wider von aim zum anndern gewisen worden, darum es nit gut gewesen und geendert sy, und sey der grösst manngel, das man nit vil gericht halt; so seyn die richter ungehorsam, erscheinen nicht; darum wer das besst, ain gericht beleyben zu lassen und besser Ordnung daran zu machen. Darauff ist beschlossen, mit dem aman zu reden, furter all ganntz wochen zway gericht und wann ain feyrtag ist, nur ain gericht darinn zu hallten, und das der aman, so er wöll ain fürpott hallten, lass bieten au aid und V ß heller.“ Rathspr. v. 23. April 1512. 120. „Auff des Stattammans anpringen ist erraten, das die IIII dn. vou gastgerichten dem aman zugehören sollen, der mug die dann dem büttel schenncken oder nit.“ Rathspr. v. 17. Nov. 1511. „Der stattamman soll biss mitwoch ain gastgericht haben und die allten richter nemen.“ Rathspr. v. 2. Mai 1513. 121. „Das gericht nach Barthlome wider zu öffnen.“ Rathspr. v. 23. August 1510. „Es ist erraten, dieweyl sant Margarethentag verschinen sey, das dann die gericht nach altem prauch verschlossen sein solln biss auff Barthlomei liechst.“ Rathspr. v. 18. Juli 1511. 122. „Den gefangenen bawrn von Pless zu undergost in thurn zu legen.“ Rathspr. v. 29. Dezember 1518. „Den schmid von Stainhain zu rinderst in thurn zu legen.“ Rathspr. v. 17. Februar 1520. 123. „Gori Lincken soll mau an die frag füren — und mit der marter an in setzen nach notturft.“ Rathspr. v. 10. Dez. 1509. 124. „Über Hainrichen Schedler sollen stattamman und aininger gan und peinlich fragen.“ Rathspr. v. 30. Okt. 1508. „Martin Megtle sol strenglich gefragt werden ain mal oder zway.“ Rathspr. v. 12. Okt. 1524. 125. „Margreth Kärlerin zu fragen irs diebstalshalb; wo sie nit sagen wöllt, sie zu theumlen.“ Rathspr. v. 18. Juni 1515. „Ennderlin Mayrlin durch amman, aininger und maister II mal zu fragen mit dem thaumstock.“ Rathspr. v. 7. Juli 1515. 126. „Sturm und sein weib sollen angenommen werden; das weib sol von stundan in stock geschlagen werden; sol darnach über in auch gangen werden; er sol zwaymal aufgezogen werden.“ Rathspr. v. 14. Ok­ tober 1524. 127. „Stattamman und ainingern ist von newem befolhen, mit der guet gegen Faiglin zu hanndien, und ob er nit wollt, in das rössli sehen zu lassen und darauff setzen.“ Rathspr. v. 30. Januar 1512. 128. „Der stattamman und aininger sollen wider über Gori gan, in auff die Laiter legen und in ermanen und darnach wider herab nemen.“

65 Rathspr. v. 2. Januar 1510. „Ist erratten, über den gefangnen zu gan, ine ainmal zwei auff der laitter zu strecken und nach notturfft zu fragen.“ Kathspr. v. 8. März 1529. 129. „Cristan Tufel — 1er auffzuziehen II oder III mal.“ Kathspr. v. 19. November 1509. 180. „Über Anthoni Ripgern zu gan und in gütlich und wo er nit wollt sagen 1er auffgetzogen und darnach aber 2 mal mit dem klainen stain zu fragen.“ Rathspr. v. 27. Febr. 1514. 131. „Ist erratten: der aman und die aininger sollen den armen ainmal 1er und darnach mit dem stain uffziehen und so er nit d’ran wil, sol er die laitter und ander marter mit ime versuchen, biss er schneit.“ Rathspr. v. 22. Juni 1526. 132. „Dem hirten soll gesagt werden, sich zu hüeten, nit mer voll weins zu werden, oder er muss in das narrenhäwssli.“ Rathspr. v. 25. Mai 1509. 133. „Erraten, Hannsen Aberlin umb seiner untzimlichen red wegen unnderst in thurn zu legen.“ Rathspr. v. 5. November 1512. „Blaesi Krettlern in ain kefett zu legen und wasser zu geben.“ Rathspr. v. 25. Juni 1515. 134. „Jerg Falkh von Worringen, so bei seiner magdt erwischt worden, darumben sie in die geige geschlagen und er in stokh gelegt worden, sollen durch den marstaller herein gefüert und der gepüer abgestraafft werden.“ Rathspr. v. 27. Febr. 1629. 135. „Matthaeus Mosser soll heut erlassen, ihme der schnargackks bis auf meiner herrn genügen und sein wolhalten angelegt werden.“ Rathspr. v. 23. August 1647. „Halsring: Matthaei Mosers eheweib bath, ihrem ehemann den ring ab dem hals zu thun und zu begnadigen; hette an andern ortten zu schaffen und zu verdienen. Vermehrt worden, solches abzuschlagen, seie viel zu früh angehaltten; hab so viel versprochen, es aber nicht gehalten; daher könne man ihm nicht glauben; hette wol ein grössere straaf verdient; es verlaute, dass er auch daheim starckh zeche; werde solches erfahren werden, so müsse er den ring desto länger tragen.“ Rathsprot. v. 30. Aug. 1647. „Dem Siebmacher soll der halsring abge­ nommen, erstliche erinnerung gethan werden.“ Rathspr. v. 22. Sept. 1647. 136. „Clausen Schneyder’s weyb ist der lasterstain auffgeben worden, zum Kempterfcor hinauss und in 4 meyln nymermer herzukomen.“ Rathspr. v. 20. August 1511. 137. „Grugkellerin halb, soll sy der bittel dem nachrichter an die hannd geben, das er sy zu dem Nidergasserthor hinauss füre und ir das glöcklin mit dem böckin vorklopffe; darnach dem bitte! an aydsstatt loben, ir lebenlang in die statt und der statt gericht nit körnen.“ Rathspr. v. 9. November 1523. 138. „Niclaus Thom ist heut zu der ruten verurtailt und aussgeschlagen worden.“ Rathspr. v. 18. Nov. 1510. 139. „Die frowen von Worringen, der wir hivor die oren abge­ schnitten, mit aim becken lassen aussklopffen.“ Rathspr. v. 19. Jan. 1515. 140. „Augustin Straussen, dem vor umb seins schwerens willen die statt verpotten und die zunge abgeschnitten worden, der ist der noch also verwisen auss beweglichen Ursachen.“ Rathspr. v. 23. Sept. 1524.

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66 141. „Der Krauss sol Steine (Augustin) Deggen, dem vermaurten, allweg zu essen geben und pringen, doch kain pain noch anders hinein geben, dardurch er sich der fancknuss erledigen oder aussprechen inecht, und auch on wissen ains burgermaisters oder des ratz nyemant zu im gen lassen. — Steine, den vermurten, wil man ausslassen auf fr: durchl: ernst­ lich fürbit; doch ime auss unser stat und sechs meil hindan pieten und sein lebenlang nymer hereyn bei ains ratz ernstlicher straff.“ Eathspr. y. 22. Januar u. 3. September 1526. 142. ,,Jacob Vollman ist heut verurtailt zum prannd. Man soll ain kue mit dem armen menschen verprennen. Der büttel soll öffentlich verruffen, mau werd bulffer und schwebel da haben, das sich jederman vor schaden verhüete.“ Eathspr. v. 23. u. 26. April 1520. 143. „Man sol aim Eechner, der Stat-Inniemer ist, nit mer geben als 8 U haller vnd sol man ein des Eats zu ym geben, der Ungelt vnd stuir y schribt vnd da mit gehe.“ Eevidirtes Stadtbuch von 1396 nach Matth. Leonhardt. 144. „Mittwoch vor St. Niclas Tag (1445) war Eath vnd Gemeind beysammen, vnd war beschlossen, dass man einen wehlen solte, der ein­ nehme vnd aussgebe alles was die statt anbetrifft. Darzu ward erwöhlet, Ortlieb Sing.“ — „Am Freytag vor S. Antoni-Tag (1446) war Ortlieb Seng eingesetzt zu einem Steurmeist er, vnd soll der Statt aussgeben vnd einnehmmen, alles was sie zu handlen hätten.“ Memminger Chronik von Christoph Schorer. 145. Matth. Leonhardt, Memmingen im Algow. S. 351 und Stadt­ archiv. 146. „Das man schuldig sin sölte, allweg ainen vss der grossen zunfft zu einem Innemer oder vssgeber der statt ze nemen, sagtten die von Memmingen, das söllichs nicht also herkomen were, sonndern man neme zu solichen einbtern allweg die allerschicklichist vnd Erbersten, die an ainem Eatte, vnd Eren vnd gutz zu vertruwen were.“ Antwort auf die Klage der Geschlechter wider die Zünfte Anno 1471. 147. ,,— Auch sollen vnd mügen die vorgenannten von Memmingen vff alle die Gutt, die in der Statt oder bei der Stette zu Memmingen Marcke vnd Gebiet gelegen sein, Sture vnd Botte setzen vnd die auch davon nemen,. die von alter Botte vnd Sture geben haben, oder die durch Eecht geben sollen. Auch thun wir den vorgenannten von Memmingen die Gnade, dass sie sollen vnd mögen ire Statt zu bessern vnntz an vnser widerrufen einen Zol machen vnd setzen in der Statt zu Memmingen, wie sie das zu Eathe werdend, dass ihn das fürgelihen sey, vnd den Zoll aufheben vnd nemen vnd in der Stette nutz wenden vnd keren ohne widerred vnd hindernuss allermänniglichs.“Privilegium d. d. Prag14. Okt. 1373. 148. Das Pfund heiler war im Jahre 1450 = 363/4Kreuzer, im Jahre 1462 362/3 kr., im Jahre 1466 = 36 „ im Jahre 1479 = 341/* kr., im Jahre 1488 = 34 entsprach also durchschnittlich unserer jetzigen Mark. 149. „So sy die genant stat durch ir vnordenlich regiment in grossen schaden gefürt worden, das sy von geraainer statt wegen järlich ob sechss tusend pfund haller libgedinge vnd giilte schuldig zu bezalen sin.“ Klage d. G. w. d. Zünfte im Jahre 1471.

67 150. „Sy wellen, das ain rat für sich far, die mess abzuthun und ain rat und die zween darin gewalt zu haben, und leib und gut zu aim rat setzen.“ Rathspr. y. 9. Dezember 1528. 151. „Man sol Hansen Kellers und anderer stet rat haben; besorg, wir mügen’s nit erheben; sein noch mer und minder, die es nit gethan haben.“ Rathspr. v. 9. Dez. 1528. 152. Memminger Chronik von Christoph Schorer. S. 88. 153. Hans Hartlieb, genannt Walsporn, der Aeltere, war nur ein­ mal, nämlich im Jahre 1525, in den Rath gewählt worden und hatte .1526 und 1527 und dann wieder von 1533 das Amt eines Stadtrichters versehen; Christoph Zwicker und Gordian Sättelin, beide Patrizier, gehör­ ten zu den Geheimen. 154. „Unnser gnedig Ernnstlich gesinen vnd begern ist an Ewch, das Jr Euch angesicht ditz brieffs von stundan erhebet vnnd hieher zu vnns verfüeget, vnnd zu Ewer ankunfft Ewch alsbald bey unnsern kayser­ lichen hofrätten anzaiget, da söllet Jr die vrsachen, warumb wir Ewch erfordern lassen, weytter vernemen, vnd hierin nit säumig erscheinet, das wellen wir vnns also zu Ewch genntzlich versechen, vnnd Jr thuet daran vnnsern gefelligen Ernnstlichen willen vnnd Maynung.“ 155. „Dieweil wir dann aus sonderm gnedigem willen, den wir gemainer Stat Memmingen tragen vnd damit die gemain Bürgerschafft daselbst desto statlicher erhalten vnd für vnpillichen beschwerden verhüet werden möge, jetzo bedacht sein, das Regiment daselbst zu Memmingen in besser Ordnung zu pringen, vnnd aber daneben ermessen, das solches am füeglichisten mit Ewerm des gehaimen Rathes Bericht vnd guetbeduncken beschehen mag, So ersuechen wir Euch hiemit ernstlich vnd wol­ len, das Jr Euch zum fürderlichisten erheben vnnd alhie vor vnns oder vnnsern Rethen, so wir dartzue verordnen werden, erscheinen wollet, in Sachen des Regiments Enderung belangendt samptlich oder sonderlich Be­ richt zu geben vnnd vnsers fernem Beschaidts darauf zu gewarton. Wa aber ainer oder mer aus Euch des gehaimen Raths ehaffter leibs vnvermeglichait halben je nit erscheinen konte, Das alsdann der oder dieselben nichts desto weniger, wie gedachte Enderung des Raths oder Regiments fürzunemen, Nemblich wievil Personen zu demselbigen von notten, Was für Fersonen dartzue vnnd zu ainem jeden Ambt zu geprauchen vnd sonst weitters daran zu endern, zu mindern oder zu meren seye, Uns bey Ewern Pflichten vnd Aiden, damit Jr ainem Rath daselbst verwant seyet, vndterschidlich vnd in schrifften anzaigen vnnd Euch in dem allem gehorsamb­ lich erzaigen wollet.“ 156. „Unnsern vnd des Reichs lieben getrewen Burgermaister vnd Rath der Stat Memmingen. Karl von Gottes gnaden Römischer Kaiser, zu allen zeitten Merer des Reichs etc. etc. Lieben getrewen, Wir haben die Ersamen vnnsere lieb Andechtigen vnnd des Reichs getrewen Gerwicken Abbt der Gotzheuser Weingarten vnnd Ochssenhausen, Hainrich Hasen von Lauffen, Presidenten vnnsers Raths des Fürstenthumbs Lutzemburg, vnnsere Rathe, vnnd Hanns Christoffen Yehlin zu Frickenhausen, vnnser Commissarien zu Euch abgefertigt ynnd Jnen bevolhen, Jnn unserin namen vnnd an vnnser stat etliche Sachen bey Euch zu verrichten, so vnnsers erachtens Ewer vnd gemainer Statt Memingen wolfart höchlich

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68 belanngend, wie Jr von Jnen vernemen werdet. Unnd begern demnach mit sondern fleiss vnnd Ernst an Euch, Jr wöllet gedachten vnnsem Käthen vnd Comnvissarien inn solcher Jrer hanndiung vnd Werbung gleich vnns selbs volkomen glauben zustellen vnnd Euch darauff willfärig vnnd gehorsam erzaigen, inmassen wir vnns des bey Euch entlieh versehen. Daran thuet Jr zusampt dem, das es Euch selbs vnnd gemainer Stat als obsteet zu guetem geschieht, vnnsern gefelligen ernstlichen willen vnnd mainung. Geben Jnn vnnser vnd des Reichs Statt Augspurg am XXVIII tag des monats Septembris Anno etc. Im LI. Unsers Kaiserthumbs im XXXIten. Carolus.“ 157. ,,Alls auff den achten Octobris des fünffzehenhundertt unnd ainundfünffzigisten jars burgermaister, rattgeben, zunfftmaister, dessgleichen stattaman unnd Stattgericht, auch die ailff aller zünfffcen uff das ratthaus erfordert unnd nach lang ertzellten ursachenn von dem erwirdigen in gott gaistlichen herrn Gerwick, abbte beeder gotzheuser Weingarten und Ochsenhausenn, dessgleichen dem edlen und ernvesten herrn Hainrich Hasen, Ko. Kay. raaj. hoffratt und Presidenten zu Lutzemburg, alls von irer maj. verordnete comissarii, der gelübdt und aide, damit sy bisher gemainer stat Memmingen alls fürgesetzte oberkayt zugethan und verwandt gewesst, von irer maj. wegen erlassen und ledig gezellt, haben darauff yetzermelte herrnn kaiserliche comissarii uss hochstermeiter irer kays. maj. macht unnd volkomenhayt herrnn Wiihalmen Besserer, Cristoffen Zwicker unnd Hans Hartlieb den eeltern genant Wallsporn zu biirgermaister, dessgleichen hernachgemelte personen zu rathsverwandten vnd neben und mit gemelten dreyen herrn bürgermaistern gemainer stat alls oberkayt vorzusten ver­ ordnet und dergestalten gesetzt, das ain yeder burgermaister vier monat und erstenns herr Wilhalm Besserer die ersten vier monat, herr Cristoff Zwicker die andern und herr Hans Hartlieb die drytten vier monat sollich bürgermaisterambt tragen unnd verwesen solle. Hochstgedachter Köm. Kays. maj. hochlobliche comissarii haben auch sy obermelte herrn bürgermaister, desgleichen herrnn Felix Pfösten vnd herrn Gordian Settelin zu gehaimen rethen geordnett unnd bevelch geben, die oberkayt nach der Ordnung, so aim ratt alher geschickt werden soll, jerlichen ungefar umb dise zeyt zu besetzen etc. etc. Unnd nachdem nun bemellte herrn bürgermaister und rätt, so anwesend gewest, den aid wie vonn allter herkomen geschwornn, habenn hochstermeiter Röm. Kays. maj. unsers allergnedigisten herrnn hochlobliche comissarii inen ufferlegt, den abwesen sollichen aide voxtzulessen unnd gleichergestallt von inen gethon und beschehen, schwern zu lassen“ etc. etc. Rathsprot. v. 8. Oktober 1551. 158. Antwort der Stadt Memmingen auf eine Anfrage der Stadt Dinkelsbühl d. d. 28. November 1551. 159. Es waren diess das Viertel auf dem Markt, auf dem Saumarkt, vor der h. Dreikönigskapelle und beim Kornhaus. 160. Auf eine Anfrage der Stadt Biberach wird unterm 27. Oktober 1551 von Memmingen geantwortet: „Wier fiegenn Euch zu vernemen, das wier den Comissarien — allain drew Ziberlin visch vnnd 24 khantenn wein vnnd anderst nichts in die herberg geschenckht vnd noch nit Vor­ habens sind, disser Sachen halbenn khainen weither zu verehren.“ 161. „Dem grosen rath ist uff heut fürgehallten worden: sy wiss-

69 ten sich zu erinnern, was inen nehern rathstag fürgehalltenn wordenn unnd welchermassen sich ain erberer rath mit den kriegs-, chur- und fürsten mit irem vorwissen inn Vertragssachen eingelassenn, under welchen capitulationibus 2. articull vermeldet, nämlich der religion halben, wo die geendert, das sy widerumb nach der Augspurgischen confessionn solle angericht werden, welches dann schon zum thayll ain ersamer rath vermög desselben angericht vnnd noch im werck, nach erbern predicanten zu trachtenn, die ainer erbern comun das wort gottes obgelauthermassen für­ tragen mechten, alls auch ein erberer rath unzweiffenlicher hoffnung sein welle, got der allmechtig welle gnad geben, das er mithi senden, das herr Barthlome und herr Mang mit billhayt unnd fuogen wider zur hand wie vor zuwegen gebracht werden mög. Zum anndern, so wär inen auch für­ gehallten worden, wie es des anndern articulls halben, enderung des regiments geschaffen, nämlich wo enderung dissfalls fürgenomen, das es wider wie hievor beschehen fürgenomen unnd erwellt oder wie sich ain rath deshalben mit ainer gemaindt und ain gemaindt mit aim rath vergleichen mecht, uff das ain erberer rath dannocht, wie hievor auch beschehen, inen zu bedenckhen geb unnd ermant haben well, die Sachen woll und allso zu erwegen, das es mittlerweyllenn auch gegen menigclich zu ver­ antworten, die Sachen so vill müglich auch dahin zu fürdern, das sy sich ainer gleichen mainung entschliessen, wo aber mer dann ain mainung sein würde, alsdann dieselben aim rath insonderhayt für bringen; welle sich ain erberer rath darauff aller gebür gegen inen vernemen lassenn.“ Rathsprot. v. 30. Mai 1552. . 162. „Herr Balthasar Funck, burgermaister, ist vonn wegenn aines rathes zu dem herrn Ambrosio Plarer gen Costenz abgefertigt wordenn, ainen predicanten, Hanns Jung genant, oder wo er den nit bekomb einen, so Funckelin genannt, alls prediger und Vorsteher der kirche alhie anzunemben und desshalb handlung fürzunemben und ze pflegen.“ Rathsprot. v. 20. Juni 1552. 163. — „Wir werdenn glaublich berichtet, das ir vber vnsor offenn Aussschreibenn vnnd ewer darauf ervolgte erclorung in der Stadt Mem­ mingen den Bäbstichenn Pfaffen gestatten vnnd zusehenn sollet, das sie Jre Babstische messen auch anndere ertichte vnngegründte Ceremonien vnnd vnchristliche abgöttische grewell haltenn vnnd brauchenn sollenn, Welchs vnns als Christlichen Chur- vnnd fürsten von Euch zu vernehmenn nit allein bekemmerlich gewesenn, Sonndern auch vonn Obrigkeit wegenn keinesweges zu gedulden sein will, die reine Christliche Leher also verdruckenn vnnd dargegen solche Grewell in die Kirch Gottes mit gewalt einfürenn zu lassen. Begerenn deshalb ann euch hiemit gnedigst, Jr wollet solche Bäbstisch Pfaffenn, Kirchenn- vnnd Schulendiener alsbalt abschaffen vnnd Jnenn nit gestatten, Jre falsche Lehr vnnd ertichte Cere­ monien lennger zu übenn, Sonnder ewer vorige verjagte oder anndere Christliche Predicanten zu euch erfordernn, di die reine wahre Lehre des heiligen Evangelii vermög der Augspurgischen Confession lauter vnnd rein lehren, auch di heiligen Sacrament nach Christi Ordnung vnverändert administriren —“ 164. — — „Man hatt auch in der stadt Memmingen die fromen Prediger vnd Lerer Jnn höchster eill mit aller vnbarmhertzigkeit wieder

70 Gott vnnd alle pillikeit gar aus der stadt zu schweren gedrungen vnd benöttigt, Ynnd wiewoll solcher Eidt dem rechten vnd natürlicher Erberkeit gentzlich entgegen vnnd derhalb ann ime selbs krafftlos vnd vnpündig ist Inn betrachtung das die vrsach dis Eidts offenbarlich wieder Gott vnnd sein heiliges Worth, ja zu ausruttung vnd vertruckung desselbenn erscheint, auch aus Gotlosem frevelt erdacht vnnd fürgenommen wordenn, So habenn wir doch von Ampts- vnnd Oberkeit wegen vnnd darmit aller Argwon vnd ergemus abgestelt auch niemanndts kein leichtfertigkeit zugemessen werdenn möge, verordnet, das di vergwaldigten vnnd ausgetriebnen from­ men Predicanten vnnd Schulmeister wieder erfordert vnnd di Religion auch vnderweisung der Jugent wie zuvor Christlicher Weiss angerichtet vnnd volntzogenn werde. Demnach vnd aus guten Christlichen vrsachen Wollen wir alle vnnd jde Predicanten vnd Lerer, so wie vorsteet aus der stadt Memmingen schweren müssen, sament vnnd ir Jden Jnsonnderheit gar keinen ausgenommen solches vermeinten vnd an Jme selbs vntüchtigen Eidts zu abschneidung aller nachred hirmit wissenntlich absolvirt, geledigt vnnd Jnen als Christen auffgelegt haben, das sie Jn dieser Stadt Mem­ mingen oder annder Orth, dahin sie Jr beruff lebten wirdet, Gottes wortt vnverdruckelt vermög der Augsburgischen Confession predigen vnnd die Jugenndt Christlich vnderweisen sollenn vnd mögen“ — — 165. ,,Nachdem herr bürgermaister Balthasar Punckh zu Augspurg nit allain bej meinen gnädigsten fürsten unnd herrn hertzog Moritzenn zu Sachsen, churfürsten und anndern, auch bey seiner churfürstl. gnaden rethen gewest unnd umb declarationn des abgehanndelten Vertrags unnderthenigst gebethenn, wie es inn sachenn die bisher gewest vertribne pre­ dicanten betreffende gehalltenn unnd ob die unvernachtaylt der aide, so inen vonn der kays. maj. unnsers allergnedigsten herrn wegen ufferlegt vnnd sy schweren miessen, widerumb an die orth unnd ennd, da dannen sy vertribenn gewest, khomen unnd ir ampt unnd bevelch des predigenns verrichtenn mögen, ist seiner relationn nach ime von seiner churfürstl. gnaden dLer beschaid gefallen: das sy woll wider ir ampt unnd bevelch verrichten mögen und seilen, unnd gleich darnach uff gewest unnd zu Augspurg verrithen. Alls sich aber gedachter bürgermaister deshalb nit ersethigen lassenn vnnd bessern grund, damit menigclich nicht vernachtayllt, haben wellen unnd sich deshalb bei der kriegsfürsten reth angezaigt, unnd weill deshalb inn den capitulationibus khain articull begriffen, ferner erleuchtung begert, ist ime durch die, sonnderlich den pfalzgreffischen canzler, den Berollt, in antwort gefallen: ob gleichwoll in den capitulationibus nicht so heyther versehen, wie es in dem gehalten, so sei es doch des wercks anhanng und im end genzlich verglichen, derwegen wir die predicanten woll einnemen und ir ambt des predigens wie darvor verrichten lassen seilen und mügen.“ Rathsprot. v. 17. August 1552. .*166. „Karl von Gottes Gnaden, Römischer Kaiser etc. etc. Lieben getrewen. Als wir verschiner Zeit die Regierung bey Euch zu Memmingen mit verenderung Raths vnnd Gerichts, Euch vnnd gemainer Stat zu aufnemen, wolfart, nutz vnnd guetem vnnd zu erhaltung Bürgerlichs wesens vnnd Armen gemainen manns daselbst durch vnnsere insonderhait darzu verordente Commissarien besetzen vnnd bestellen, vnnd die in ain pessere, richtigere Ordnung, dann sy hievor gewesen, pringen lassen,

Vnnd aber solche vnnsero Ordnung in jüngstentstandner Empörung durch etliche vnnsere vnnd des Eeichs widerwertige Aufruerische Frantzosische Conspirationsverwandte bey Euch, wie wir bericht, widerumb abgeschabt worden, Dieweil uns dann solche vnnsere Ordnung, als die Euch vnnd gemainer Stat zu aufnemen, nutz, wolfart vnnd allem guetem durch vnns fürgenomen, hinfüro ewigclich also zu halten ernstlich gemaint, so ist demnach hiemit vnnser ganntz ernstlicher Bevelch an Euch, Jr wollet das Regiment mit Ordnung Raths vnnd Gerichts vnd was demselben anhengig, inmassen wir das hievor durch vnsere Commissarien ans eilen vnnd ver­ ordnen lassen, in den standt, darin es vor angeregter Empörung gewesen, widerumb restituiern, vnnd anrichten, Vnnd die zünfften, da deren etlich wider aufgericht, fürderlich widerumb abschaffen vnnd vnns innerhalb acht tagen den nechsten nach vberantwortung ditz Brieffs volgend ob solchem vnnserm Bevelch durch Euch gelebt vnnd volnziehung beschehen in schrifften berichten, Vnnd hierin nit vngehorsamb seyen, noch Euch dessen widersetzen, Damit wir nit verursacht werden, in annder weg gegen Euch zu handlen vnnd zu volnfarn, Darann thuet Jr vnnsernn gefelligen ernst­ lichen willen vnd mainung. Geben in vnnser vnAd des Reichs Stat Augspurg, am XXVIIIIten tag des monats Augusti Anno etc. etc. Jm LII. Unsers Kaiserthumbs Jm XXXIIten. Carolus.“ 167. „Was ainer Erbarn Gemaind verkündt werden möcht.“ Oktober 1552“, im städtischen Archiv. 168. Stadtarchiv, v. Memmingen. 169. Ebendaselbst. 170. Rathsprotokoll v. 29. November 1802. 171. Rathsprotokoll vom 10. Dezember 1802. 172. Stadtarchiv v. Memmingen. 173. Ebendaselbst.

II.

Augsburg unter den Römern, nachgewiesen an der Hand der vorhandenen Denkmale. *) Von

Professor Dr. Rudolf Schreiber, Director des Collegiums bei St. Anna.

Wer, ohne sich vorher viel um Denkmale aus alter Zeit' zu kümmern, zum erstenmale die Räume unsers antiquarium romanum betritt, der wird sich nicht wenig verwundern über den Reich­ thum und die Mannigfaltigkeit der Ueberreste aus längst ver­ gangener Zeit und geräth wohl gar auf den Gedanken, es müsse nicht gerade allzuschwer sein, aus diesen vielen Denkmalen eine Geschichte Augsburgs unter den Römern gewissermassen zu reconstruiren. Wenn man aber demselben entgegnen würde, mehr als die Hälfte der hier vereinigten Denkmale gehöre gar nicht ein­ mal Augsburg an, sondern sei aus den verschiedensten Gegenden des Regierungsbezirks Schwaben hieher gebracht worden, so dürfte sich seine Ansicht über die Leichtigkeit einer Geschichtsreconstruktion an der Hand der vorhandenen Denkmale wohl etwas modificiren. Wenn dann ferner demselben zu bedenken gegeben würde, dass auch von den in Augsburg selbst gefundenen Monu­ menten mehr als die Hälfte dadurch wesentlich an Beweiskraft verliert, dass sie nicht da, wo sie ursprünglich gestanden sind, aufgefunden wurden, sondern, nachdem sie wer weiss wie weit 1) Die vorliegende Arbeit bezieht sich in allen ihren Theilen auf drei Werke, von denen namentlich das letztere zu leichterem Verständniss und bequemer Orientirung im Nachfolgenden unumgänglich nöthig ist. — Es sind das: 1. Die römischen Alterthümer zu Augsburg und andere Denkwürdigkeiten des Oberdonaukreises von Dr. v. Rais er. Augsburg 1820. 2. Das römische Bayern in seinen Schrift- und Bildmalen von Dr. J. v. H e f n e r. 3. Auflage. München 1852. 3. Die römischen Steindenkmäler, Inschriften und Gefässstempel im Maximiliansmuseum, beschrieben von Moriz Mezger. Augsburg 1862.

73 von ihrem eigentlichen Standpunkt entfernt worden waren, als einzelne Bruchstücke an Häusern, Kirchen und Mauern: so wird seine Hoifnung, die doppelt reducirte Anzahl der Denkmale zu einer Geschichte Augsburgs unter den Römern verwenden zu können, noch weiter sich verringern, ja er wird eher geneigt sein, der Ansicht gewisser Critiker sich anzuschliessen, welche behaupten: mit den vorhandenen Denkmalen lasse sich wohl ein oder der andere Punkt frühester Geschichte beleuchten, nimmer­ mehr aber etwas unternehmen, was den stolzen Titel: Geschichte Augsburgs unter den Römern zu führen berechtigt wäre. Wenn ich nun nichts destoweniger den Versuch unternehme, an der Hand der geretteten Denkmale ein Bild der römischen Provincialstftdt zu entwerfen, so kommt es vor allem darauf an, die richtige Antwort auf die Frage zu geben: „reichen die vor­ handenen Denkmale und sonstigen Fünde aus der betreffenden Zeit für diesen Zweck aus, oder nicht?“ Allerdings will eine Zahl von etwa 80 Inschriften und höch­ stens 30 Denkmalen ohne Inschrift nicht viel besagen als Ueberrest einer Stadt, die der Geschichtschreiber Tacitus (am Ende d. 1. Jahrh. n. Chr.) splendidissima Raetiae colonia nennt; nicht minder auffallend ist es, dass von der sehr ansehnlichen Stadt, .wie wir uns die Hauptstadt einer römischen Provinz unter den Kaisern der ersten drei Jahrhunderte zu denken haben, auch nicht ein hervorragendes Gebäude, wie ein Tempel, oder Halle oder Amphitheater sich erhalten hat; endlich — sollte man mei­ nen — müsste sich von einer Stadt, die nachweisbar der Sitz von mehreren höhern Civil- und Militärbehörden einige Jahrhun­ derte hindurch war,J) mehr bis auf unsere Zeit sich herübergerettet haben, als jetzt in dem einzigen Saale des römischen Antiquariums vereinigt ist. Indessen — diese verhältnissmässige Seltenheit und Spärlich­ keit der Monumente lässt sich nur allzugut begründen. — Am schwersten wiegt hier der Mangel an dauerhaftem Material. Die Römer in unsern Gegenden mussten — eben so wie wir heut zu Tage — alle ihre Bauten aus Ziegelsteinen aufführen; die nächsten Steinbrüche, die dauerhaftes Material zu Bauten hätten liefern können, sind von der Stadt Augsburg 6 — 8 Stun­ den entfernt. Nun weiss Jedermann, dass der Ziegelbau, was Trockenheit und Festigkeit anlangt, dem Bau aus gehauenen i) In der notitia dignitatiim imperii Romani unter Constantin wird erwähnt ein praepositus thesaurorum Augustae Yindelicensis.

74 Steinen zwar nichts nachgiebt, dass aber einerseits derselbe am wenigsten den Schmuck von Inschriften und Verzierung zulässt, und dass andrerseits, wenn aus irgend einem Grunde eine zer­ störende Hand über denselben kommt, er am wenigsten die frühem Verhältnisse erkennen lässt. Oder glauben wir, die geradezu unerschöpfliche Fülle von Ausgrabungen im alten Kom wäre denkbar, wenn die Bewohner der alten Stadt nicht in der nächsten Nähe eine Fülle des herr­ lichsten Steinmaterials gehabt hätten? Oder lassen uns nicht die in der Ebene von Ephesus weithin zerstreuten Ueberreste von Säulen, Capitälen etc. trotz der Ungeheuern Zerstörung noch heut zu Tage einen sichern Schluss machen auf die Schönheit und Er­ habenheit der Bauten, die dort einst gestanden? Das alles fehlt, wo eine Bevölkerung genöthigt war, bei ihren Bauten sich der Ziegel zu bedienen. Kommen nämlich über eine noch so feste Stadt des Ziegelbaus die Zeiten der Zerstörung — und wir sind kaum im Stande uns von der Verwüstung eine Vorstellung ^zu machen, welche die Stürme der Völkerwanderung über die blühend­ sten Provinzen gebracht haben — so ist vor allem das einleuch­ tend, dass von der frühem Gestalt und Schönheit der Bauten wenig oder nichts mehr zu finden sein wird. Haben wir doch vielmehr allen Grund anzunehmen, dass von denen, die sich, nach­ dem die Zeiten der Zerstörung vorüber waren, in den ehemaligen Städten wieder ansiedelten, gar manches etwa noch übergebliebene Monument benützt worden sei, um den ihnen fehlenden Kalk zu ihren Neubauten zu liefern, gerade so wie unzählige Ueberreste des griech. Alterthums in die türkischen Kalkbrennereien der Umgebung gewandert sind. — Thatsache wenigstens ist, dass die hervorragenden Steinmonumente unsers Antiquariums nur dadurch auf unsere Zeit gerettet worden sind, dass sie entweder den Neu­ bauten der Stadt, namentlich den Kirchen und Kapellen einver­ leibt wurden,J) oder dass sie, tief unter der Erde befindlich, *) dem Anblick der Menschen entzogen waren. Auch würde ohne Zweifel manche reiche Ausbeute uns werden, wenn wir den Boden der alten Kömerstadt, die wir uns vom ßiedinger Haus an bis zum 1) Von der kath. Kreuzkircke stammt Mon. VIII. Mezg. p. 5; vom Barftisserthurm Mon. 6. M. p. 4; von der Ulrichskirche Mon. 2. M. p. 15; vom obern Brunnenthurm am rothen Thor Mon. 27. M. p. 31. 2) Das schöne Monument Nro. Y. (Mezg. p. 36) von Oberhausen wurde 10' unter der Erde ausgegraben; die Funde von Hammerschmidt’s Keller sind so­ gar 30' tief unter der gegenwärtigen Oberfläche gemacht worden.

75 Pfannenstiel zu denken haben, bis zu einer Tiefe von 20 — 30 durchforschen könnten. Wenigstens haben uns die Kellergrabun­ gen in der ebengenannten Gegend weitaus die interessantesten Fundstücke verschafft und es wäre im Interesse historischer Wissen­ schaft nichts mehr au wünschen, als dass die Häuserbesitzer der dortigen Gegend aus irgend welchem Grunde veranlasst würden, ihre Keller zu erweitern. Doch kehren wir von der scheinbaren Abschweifung zu un­ serer Frage zurück, ob die vorhandenen Ueberreste uns Material genug an die Hand geben , um eine Geschichte Augsburgs unter den Römern wenn auch nur versuchen zu können. Zuvor aber sei es noch erlaubt, auf zwei Dinge aufmerksam zu machen, die durch die Häufigkeit ihres Vorkommens auf hiesigem Grund und Boden uns zu dem Schluss berechtigen, dass auch hier einst das Volk gewaltet hat, das zwei volle Jahrhunderte hindurch unbe­ stritten die Weltherrschaft behauptete. Das sind die Mün­ zen1) und die G r a b u r n e n. — Von Augustus an bis zu den letzten Kaisern des sinkenden imperiums ist keiner, der nicht durch hier gefundene Münzen vertreten wäre, ja mancher 2) in so über­ wiegender Anzahl, dass man um die Erklärung der Thatsache verlegen wird, da man doch nicht annehmen kann, dass die Be­ wohner der damaligen Stadt, wären es auch der grössern Zahl nach Krieger gewesen, die Münzen geradezu als werthlosen Ge­ genstand weggeworfen haben.3) Noch unzweifelhafter aber , als die Münzen, die immerhin von nur vorübergehend hier stationirten Soldaten verloren sein konnten, beweist die überaus grosse An­ zahl von Graburnen jeglicher Art, dass hier — und nicht blos vorübergehend — Römer gelebt und gewohnt haben, dass sie in langer Zeit des Friedens, was sich durch die bei denselben ge­ fundenen Münzen erweisen lässt, ihre Todten der heimischen Erde anvertraut haben. Auf der Fläche, die sich zwischen dem von Wohnlich’schen Gartengut und dem Abfall des Rosenaubergs aus. 1) v. Raiser (Denkw. d. Oberdonaukreises 1820) p. 95 führt nicht weniger als 13 Münzsammlungen an, die alle grösstentheils aus römischen Münzen bestehen, die auf dem Boden von Augsburg gefunden worden sind. 2) Namentlich Augustus und Constantin. 3) Die Sitte nämlich, von der wir Liv. Heilquellen Kupferstücke oder alte Münzen Ausdruck jacere cf. Suet. Oct. 57. Liv. 3. um das häufige Vorkommen von Münzen an ten, zu erklären.

XXYI. c. 11 lesen, in Tempel und zu werfen (davon war der stehende 18 und jactare) — reicht nicht hin, allen Orten, wo einst Römer wohn­

76 dehnt, auf der jetzt der grössere Theil der Bahnhofgebäude steht, nachdem die Erde 15 — 20' abgegraben worden war, breitete sich vor Zeiten l) ein römisches xoiiiijT/^iiov, ein Friedhof aus. — Dort fanden die Arbeiter Urne an Urne, meist thönerne, aber auch kostbarere von Glas, Erz und Blei, zumeist eingestellt in 4 Ziegelplatten, versehen mit Grablämpchen und Thränenfläschchen. Nicht minder wurden bei dem Bau der neuen Häuser am Stadtpflegeranger eine Masse von Urnen gefunden, die leider von den Arbeitern bei dem Aushauen der gefrorenen Erde nicht gehörig beachtet wurden. Rechnen wir dazu noch die Masse von einzelnen Gegenständen aus Bronce, terra cotta u. s. w. die alljährlich, bald in grösserer Anzahl beisammen, bald vereinzelt gefunden wer­ den und leider wegen der Unscheinbarkeit des Fundes gar nicht vor die Augen von Kennern gebracht, oder im Fall, dass sie werthvoll sind, erst recht vor ihnen verborgen werden, so lässt sich wenigstens soviel mit Gewissheit behaupten: ein Ort, der so vieleWerke römischerZeit in seinemBoden birgt, war auch früher einst von ihnen bewohnt. Unsere Aufgabe wird es nun sein, vorerst die geretteten Ueberreste in eine gewisse Ordnung zu bringen. Wir werden demgemäss, nachdem wir zuvor einiges über die Lage, Ausdehnung und vermuthliche Grösse der Stadt vorausge­ schickt haben werden, zunächst die vorhandenen Denkmale mit Inschriften, sodann die Ueberreste ohne Inschriften einer ge­ naueren Betrachtung unterwerfen, aus welcher sich dann die weiteren Schlüsse von selbst ergeben werden.

I.

Lage, Namen, Ausdehnung der alten Stadt. — Strassen, die von ihr ausgingen.

Was vor allem den Namen der Römerstadt anlangt, so ist kein Zweifel, dass die von Tacitus (Germania c. 41) erwähnte splendidissima Raetiae colonia und unser späteres Augsburg ein und dieselbe Stadt sei. Da nun aber die Germania nachweisbar im Iahre 98 n. Chr. geschrieben ist, die Erorberung von Rätien aber bereits im Iahre 14 v. Chr. noch unter Augustus vollendet wurde, von welcher Zeit auch die Umwandlung dieses Landes in eine römische Provinz datirt, so scheint der Zeitraum von mehr !) Vergl. v. Raiser: „Die Funde an römischen und andern Alterthtimern auf dem Rosenauberg bei Augsburg in den Jahren 1844 und 1845.“ — Es sind dort Münzen von Augustus an bis Gratian und Arcadius einzeln aufgeführt.

77 als hundert Jahren hinreichend, um die Entwicklung oder besser gesagt Umwandlung der ehemaligen Yindelicierstadt in eine glän­ zende römische Colonie erklärlich zu machen. Stimmen wir aber dem bei, was D. v. Planta in seinem in­ teressanten Werke „das alte Eätien, Berlin 1872“ von der kelti­ schen Stadt Damasia behauptet, so können wir die Spuren der alten Stadt noch um ein Guttbeil weiter hinauf verfolgen. Seine Beweisführung ist p. 24 folgende: „Der älteste Berichterstatter über Eätien, Strabo,*) nennt drei vindelicisch-rätische Städte aus vorrömischer Zeit, näm­ lich Brigantium, Cambodunum und Damasia. Yon erstem bei­ den ist es unzweifelhaft, dass sie die heutigen Städte Bre­ genz und Kempten sind. Von Damasia sagt Strabo, dasselbe sei „gleichsam die Burg der Likatier gewesen (xal >) xmv Aixaximv wojitQ axQoxoZiq Aauauta Strabo IV. 6.) Da nun die Likatier am Lech (Licus, Alxiog) wohnten, so darf angenommen wer­ den, dass Damasia am Lech war. Dass es befestigt und zugleich Hauptstadt der Likatier war, liegt klar in den Ausdrücken des Geschichtsschreibers. Da nun schon der Geograph Ptolemäus (131 — 161 n. Chr.) bei Aufzählung der vindelicischen Städte Da­ masia nicht mehr erwähnt, andrerseits nicht anzunehmen ist, dass ein Ort von solcher Bedeutung in so kurzer Zeit verschwunden war, so erscheint es wahrscheinlich, dass Damasia der keltische Name des spätem Augusta Vindelicorum (Augsburg) war, und dass dieser römische Name (herrührend von der durch Augustus dort­ hin verlegten Colonie) zur Zeit Strabo’s (der dies etwa 18 n. Chr. schrieb) den alten keltischen noch nicht verdrängt hatte. Für diese Annahme spricht auch, dass römische Colonien meist in schon bestehende Orte verlegt wurden.“ Dies die Beweisführung Planta’s, der wir namentlich wegen der Worte &aorep äxQÖJcohg — wie eine Hochstadt — zustimmen zu müssen glauben. Zu einer befestigten Hochstadt eignete sich für die keltischen Lechanwohner von da an, wo der Lech aus dem Gebirge tritt bis wo er sich mit der Donau vereinigt, keine Stelle so vortrefflich, als die nach beiden Seiten hin ziemlich steil ab­ fallende Landzunge, die unmittelbar vor dem Zusammenfluss von Lech und Wertach gebildet wird. Von dieser hoch gelegenen Landzunge aus konnte man nördlich den ganzen weitern Lauf des Lechs bis zu seinem Einfluss in die Donau beherrschen, wäh1) Er lebte noch unter Tiber und schrieb seine Geographika in 17 Büchern.

78 rend ost- und westwärts die auf der Höhe gelegenen Stadt durch die Flüsse zu beiden Seiten geschützt war. Die Spuren des Abfalls der Halbinsel gegen Osten können wir heut zu Tage noch deutlich in der Reihe von Strassen nachweisen, die alle wegen des raschen Abfalls den Namen Berg tragen, und sich vom Schweden- und Mauerberg bis zum Predigerberg hinziehen; westwärts aber zeigt uns der Abfall des Rosenauberges, trotz vielfacher Abgrabungen und Planirungen immerhin noch deutlich genug, wie die auf der breiten Landzunge gelegene Stadt hin­ reichend gegen Ueberfälle von der Wertachseite aus geschützt war. So müssen wir uns also die vindelicische Stadt, die erst durch Bildung der Provinz Rätia in eine römische Colonie umgewandelt wurde, von drei Seiten her als wohlgeschüzte und leicht zu vertheidigende Akropolis denken. Dass wir auf der südlichen Seite keine Spuren von uralten Befestigungen nachweisen kön­ nen, ist nicht im Stande, die von uns aufgestellte Vermuthung zu entkräften. Wenn nämlich auch nach der Südseite hin die alt-vindelicische Stadt befestigt war (wie das wohl ohne Zweifel anzunehmen ist) so sind doch die Ueberreste hievon längst durch die Mauern und Befestigungswerke des Mittelalters, die gerade nach dieser Seite hin sehr bedeutend waren, bis zur Unkenntlichkeit vertilgt worden, um so mehr als wir dieselbe bei dem Mangel von Bruchsteinen doch nur als Erdwälle und Holzverschanzung uns zu denken haben. — Mag nun aber die Vermuthung wegen der alten Stadt Damasia die Billigung der Geschichtskundigen erhalten oder nicht: Thatsache ist und bleibt, dass die römische Coloniestadt eine, nach den damaligen Begriifen von Festigkeit gemessen, ausgezeichnete Lage hatte, so dass nicht zu viel ge­ sagt scheint, wenn wir behaupten: die Römer hätten, wenn sie nicht schon einen bedeutenden Platz hier vorgefunden, keinen bessern Punkt zur Anlegung einer Colonie ausfindig machen können, als die hochgelegene Landzunge unmittel­ bar vor der Vereinigung der beiden Flüsse: Lech und Wertach. Wie weit nun aber dehnte sich die römische Stadt, die, wie schon bemerkt, gegen Ende des ersten Jahrhunderts eine sehr glänzende genannt wird, auf dieser Landzunge aus ? Lassen wir auch die Vermuthung Raiser’s (Denkw. d. Oberdonau Kreises 1820. p. 9), dass auf dem Pfannenstiele die römische Citadelle, das castrum oder der Hauptfestungstheil der Römercolonie Augusta stand, einstweilen noch dahingestellt, so lässt sich der Umfang der

79 Römerstadt, den er daran anschliessend zu bestimmen sucht, mit einer so ausgedehnten Reihe von Fundstücken jeglicher Art (Münzen, Gefässüberresten, Amphoren, Trümmern von Mosaik­ boden, Befestigungsüberresten, Mauern und Pfeilern) belegen, dass nicht ein Punkt von ihm genannt ist, von dem nicht Funde nach­ zuweisen wären. Seine Worte aber sind folgende: p. 9. Von dem Pfannenstiel (der römischen Citadelle) zog sich wahrscheinlich die Festungslinie der fortlaufenden natürlichen Anhöhe nach über den Lueg ins Land, hinter St. Stephan, am Schwedenberg und am Mauerberg herum, ungefähr bis zum Schwalbeneck; dann wieder der Anhöhe nach herauf über den heutigen Obstmarkt und dem so genannten Thäle nach bis an die noch vorhandene westliche alte Stadtmauer hinter der vorigen bischöflichen Pfalz und leitete dann, wahrscheinlich in*einer ge­ raden Linie, in die Nähe des jetzigen Fischerthores oder bis an das westliche Ende des Pfannenstiels.“ Innerhalb dieser Umfassungslinie linden sich mit wenigen Aus­ nahmen alle Ausgrabungen römischer Abstammung, und wenn — scheinbar dieser Bestimmung widersprechend — Steinmonumente bei St. Ulrich (Mezger 15.) oder an der Strasse nach Göggingen (Mezger p. 52) oder am Jakober Thurm (Mezger p. 14) aus­ gegraben wurden, so erweisen sich dieselben eben hiedurch als einzelstehenden Tempeln oder sonstigen grossem in einiger Ent­ fernung von der eigentlichen Stadt befindlichen Gebäuden ange­ hörig ; die reichen Urnenfunde aber am Rosenauberge zeigen gerade durch ihre Häufigkeit, dass wir dort die Gräberstätte der alten Augusta zu suchen haben. Noch möge hier erwähnt werden die Vermuthung des Prof. Thiersch, der in der Umgegend der heutigen Grottenau, namentlich aber in der ringförmig um dieselbe sich herumziehenden St. Annastrasse, Ueberreste eines alten (natürlich freistehenden) Amphi­ theaters vermuthet, und in dem Namen „Grottenau“ den bogen­ ähnlichen Unterbau des Amphitheaters angedeutet findet. Derselbe meint auch, dass die in dieser Nähe befindlichen Gärten des Collegiums von St. Anna, von Sander u. s. w. eine reiche Ausbeute liefern würden, wenn man dort ebenso, wie an andern Orten der Stadt, wo Keller gegraben wurden, anfangen würde zu graben. Da man aber dort in eine Tiefe von 20—30' Vordringen müsste, so wird wohl die ansprechende Vermuthung noch längere Zeit dem Gebiet der Hypothese angehören. Nach diesem Allen hätte die ehemalige Römerstadt ungefähr

80 den dritten Theil der heutigen Stadt, wie dieselbe war, als die Mauern noch nicht gefallen waren, eingenommen. In einiger Ent­ fernung von der eigentlichen Stadt lassen sich nachweisen: 1. Der Tempel des Jupiter an der Stelle, wo die St. Ulrichskirche steht. 2. Die Gräberstätte am Rosenauberge sammt der zu derselben führenden Gräberstrasse, die wir von dem ehemaligen Klinker­ thor nach dem heutigen Bahnhof uns zu denken haben. 3. Das Amphitheater in der Nähe der heutigen Grottenau, das freilich durch Fundstücke unseres Wissens noch nicht belegt werden kann. — Auffallend stimmt mit dieser Trennung von eigentlicher Stadt und ausser derselben liegenden einzelnen Bauten der Plan von Pompeji überein, wo ebenfalls an dem einen Ende der Stadt die Strada dei Sepolcri ist, während an dem anderen Ende die beiden grossen Theater und die Fechterschule sich befinden (cfr. Gsell-Fels S. 359.) Dass nach dieser in ihrem Umfang, wie wir gesehen haben, ziemlich sicher nachgewiesenen Stadt, dem Sitze der obersten Militär- und Civilstellen, dem Hauptpunkt der ganzen Provinz, mehrere Strassen führten, ist an und für sich mehr als wahr­ scheinlich, wenn wir auch von der Kunst der Römer im Strassenund Brückenbau gar nichts wüssten. Nun ist aber sogar Denen, die sich um geschichtliche Dinge wenig kümmern, nicht unbekannt, dass kein Volk der Geschichte es also verstanden hat, die eroberten Provinzen mit einem vollständigen Netz vortrefflicher Strassen zu überziehen und namentlich den verschiedenen Truppentheilen des gewaltigsten aller Heere auch die unwegsamen Länder gebiete zugänglich zu machen, wie eben die Römer. Noch heut zu Tage weisen unzählige Spuren in unseren Gegenden auf diese alten Römerstrassen hin, und die Zahl der Namen, welche alle mit den ehemaligen Strassenzügen der Römer in Verbindung stehen,1) ist eine überraschend grosse. Es würde zu weit von unserm Zwecke abführen, wollten wir auch nur vorübergehend die Art und Weise der Bauführung erwähnen;2) es genüge, hier zu bemerken (nach Hefner p. 6), dass aus den Thoren von Augsburg, dieser wich­ tigsten Colonialstadt, nach den vier Himmelsgegenden Römer­ strassen ausliefen. 1) Die Namen: Strass, Strassberg, Hochstrass, Steinweg etc. weisen alle auf ehemalige römische Strassenzüge. 2) cf. Meyer, die römischen Alpenstrassen in der Schweiz (Zürch. antiquar. Mittheilungen XIII ). — Douglas, die Römer in Vorarlberg.

81 1. Gegen Osten eine Hauptstrasse über Ad ambre (Schön­ geising), Isinisca (Helfendorf), Pons Oeni (Pfunzen), Bedaium (Seebruck), Iuvavum (Salzburg) nach Pannonien. 2. Gegen Süden eine Hauptstrasse über Ad novas (Landsberg), Abudiacum (Epfach), Ad covelicas (die Kofeln bei Unterammergau), Parthenum (Partenkirchen), Scarbia (die Scharnitz), Yeldidena (Wüten) über die Alpen nach Verona. o. Gegen Westen eine Hauptstrasse über Rapis (Schwabeck), vRostrum Nemaviae (Türkheim), Navoe (Obergünzjnirg), Campodunum (Kempten), Brigantium (Bregenz) zum rätischen und helvetischen Hochlande. 4. Gegen Norden und Nordosten eine Zwischenstrasse über Summontorium (die Burgen bei Neuburg), Yallatum (Manching), Abusena (am Ausfluss der Abens) nach Reginum (Regensburg) und von da entweder (nach der peutingerischen Tafel) über Serviodurum (bei Straubing), Pontes Renses (bei Plattling) oder (nach dem Itinerar) über Castra Augustana (zwischen Ast und Scham­ bach), Quintana (Künzen) nach Bojodorum (die Anhöhe über Sanct Severin in Passau), Castra Batava (Passau), der Donau entlang nach Laureacum (Lorch). All die genannten Punkte lassen sich durch Fundstücke, die bei ihnen oder in nächster Nähe von ihnen gemacht wurden, als ehemalige Römerorte feststellen; ja einige davon (wir erwähnen nur Epfach und Kempten) sind geradezu unerschöpfliche Fund­ stätten römischer Ueberreste.

II. Die vorhandenen Denkmale mit Inschriften. Nach diesen Auseinandersetzungen kommen wir nun auf die Denkmale, die uns einen Schluss auf die Bevölkerung Aachen lassen, und zwar werden wir der leichteren Uebersichtlichkeit halber zuerst handeln von den Denkmalen mit Inschriften. Diese selbst aber lassen sich am zweckmässigsten nach drei Gesichts­ punkten betrachten; erstens solche, die auf Religion und Gottes­ dienst Bezug haben, zweitens solche, die sich auf Krieg und Kriegswesen beziehen, drittens solche, die von den Werken des Friedens Zeugniss geben, wohin Alles gehört, was mit Staatsein­ richtungen, Aemtern, Würden, Handel, Kunst und Gewerbe zu­ sammenhängt. In diesem Rahmen lässt sich, denke ich, Alles zusammenfassen, was zur Aufklärung über vergangene Zustände beigebracht werden kann. 6

82 1. Götterdenkmale. Dass in einer römischen Provinzialhauptstadt der Cultus des obersten Gottes der Eümer, des Jupiter optimus maximus, sich nachweisen lasse, ist von vornherein mehr als wahrscheinlich. Ohne Zweifel befanden sich in der Stadt mehrere Tempel, die ihm zu Ehren erbaut waren; dass aber da, wo heut zu Tage die Ulrichskirche steht, ein Jupitertempel stand, das erheben die dort gemachten Ausgrabungen nahezu zur Gewissheit. Das eine Monument ist leider nicht mehr vorhanden, v. Kaiser (Obd. Kr. p. 19) berichtet von ihm: „auf einem Monument befanden sich die vier grossen, sehr schönen Buchstaben

POMP in der Mitte eines grossen, glatten Marmorsteines bei St. Ulrich. Wo diese Inschrift hingekommen sei? ist unbekannt; sie war schon vor der Säkularisation des Benediktinerklosters zu Sanct Ulrich abgängig und wurde wahrscheinlich desswegen minder ge­ achtet, weil man ihren Sinn nicht verstanden hat und keinen Werth auf dieses POMP legte. Das zweite Jupitermonument,1) das im Jahre 1606 bei der Oeffnung eines Grabes in der St. ülrichskirche ausgegraben wurde, enthielt die durch besonders grosse und schöne Buchstaben sich auszeichnende Inschrift: J.

0.

M.

Das dritte Monument (M. p. 14) erweist sich ebenfalls als ein Yotivdenkmal für Jupiter. Von ihm sagt M. p. 14: „Jupiter ist, das lange Sceptrum in der linken Hand haltend, sitzend abgebildet; vor ihm steht eine weibliche Figur“. Ursprünglich mag es wohl an oder in dem Jupitertempel der römischen Augusta angebracht gewesen sein. Später war es unter dem Jakoberthor eingemauert. 1821 wurde es in das Antiquarium romanum transferirt.“ Die .übrigen dem J. o. m. geweihten Denkmale des Antiqua­ riums müssen wir alle übergehen, weil sie von anderen Orten dahin gebracht worden sind, für unsern Zweck aber nur diejenigen Monumente von Bedeutung sind, die nachweisbar hier oder in der nächsten Umgebung von hier gefunden worden sind. Die Gottheit, deren Cultus zunächst durch mehrere, unläugbar 1) Mez-, i>. 15.

83 Mer gefundene Denkmale sich nach weisen lässt, ist M e r c n r i u s. — Ihm ist 1. der im Garten des Johannes Rehmausgegrabene Votivstein geweiht; hier sind die Worte wohl zu beachten: MERCURIO, cujus sedes a tergo sunt d. i. dem Merkur geweiht, dessen Tempel rückwärts sie erhalten wir unwiderlegliche Kunde von einem lichen Merkuriustempel; 2. bezieht sich auf Merkurs) 1533 bei dem Galluskirchlein ausgegrabene Stein mit

steht; durch hier befind­ der im Jahr der Inschrift

MERCURIO AUG. SACRUM. d. i. dem Merkurius Augustus heilig; 3. weist auf den Merkur8) die 5' hohe Merkurstatue mit den bekannten Abzeichen dieses Gottes, dem caduceus. Gefunden wurde dies Merkurbild, als Abt Mörlin die Ulrichskirche erweitern und verschönern liess. Endlich lassen sich durch die im Jahre 1854 nahe bei der Kirche von Gersthofen gefundenen Monumente (M. 20. Mon. 11—16) die Existenz eines umfangreichen Mercuriustempels in ziemlicher Nähe von Augsburg mit Sicherheit nachweisen. Zwei Votivsteine sind dem Mars und der Victoria, dem Kriegsgott und der Siegesgöttin gemeinschaftlich gewidmet.14)**Das 3 eine mit der Ueberschrift: In h. d. d.6) war früher in dem Hofe des Peutinger’sehen Hauses eingemauert und kam von da 1833 in das Antiquarium. Das andere wurde 1874 am Durchschnitt der Kohlergasse und Altengasse aufgefunden und berichtet, dass dem Mars und der Victoria der Tempel, der durch Zeit zerfallen war, wieder aufgerichtet worden ist. Leider Hessen die verschliffenen Buchstaben nichts weiter mit Sicherheit erkennen. Hieher gehört auch noch das Votivmonument Nr. 18,6) auf welchem die Bildnisse des Merkur, des Mars und der V’ictoria sich befinden. Dasselbe wurde 1607 in Augsburg aus­ gegraben und zuerst in den Garten M. Welsers gebracht, war 1) M. p. 17. 2) M. p. 18. 3) M. p. 18. 4) M. p. 28. J) Stählin W. G, p. 31. Viele Inschriften beginnen mit der seit Commodus aufgekommenen Schmeichelform für das kaiserliche Haus. 6) M. p. 24.

fj*

84 aber später im Hofe des Peutinger’schen Hauses, D. 95, verwendet. Wichtig ist dasselbe ausserdem noch wegen der genauen Zeit­ angabe: unter dem 21. Consulat des Geta und Plautianus (203 n. Chr.). Auf Pluto und Proserpina weist das Denkmal XIX,1) aus dem wir entnehmen, dass eine FrauVeneria Bessa aus ihrem Vermögen (de suo posuit) und zwar in Folge eines Gesichtes (ex visu) dem Pluto und der Proserpina eine Kapelle hat erbauen lassen. Gefunden wurde der Stein bei Augsburg in Conrad Peutingers Garten und war später im Peutinger’schen Hause ein­ gemauert. Von einem Gotte Silvanus berichtet uns der jetzt verloren gegangene Stein, der sich nach Hefner, p. 101, ebenfalls im Peutinger’schen Haus sich befand. Nach der dort mitgetheilten Inschrift liess „zu Ehren des Kaiserhauses“ Sextus Athonius Privatus, Bürger von Trier, einer der Augustalischen Sechsmänner, den aus Alter zerfallenen Tempel dem Gott Silvan sammt dessen Bildsäule für sein Geld wieder herstellen. Silvanus aber war (cfr. Lübker, Reallexicon) ein latinischer Gott, seinem Namen nach Waldgott, zugleich aber Gott des Feldes und des Anbaues, und da die Heerden besonders in den Wäldern weideten, auch Gott der Heerden. Nehmen wir nun noch zu diesen Götterdenkmalen die Erwäh­ nung der priesterlichen Collegien und Aemter, die sich auf Gottes­ dienst beziehen. Da begegnen wir 1. (Hefner p. 101) einem Sevir augustalis. Diese Seviri augustales, anfänglich Priester zu Ehren Augusts, waren in den Colonien und Municipien Vorsteher bei den zu Ehren verstorbener Kaiser (divorum augustorum) ver­ anstalteten Opfern. 2. In Denkmal (Hefner p. 56; M. p. 17) wird Erwähnung gethan eines quindecemvir sacris faciundis. Die Fünfzehnmänner bildeten ein Priestercollegium und hatten in Rom die Aufsicht über die sibyllinischen Bücher und die Anordnung religiöser Feier­ lichkeiten. 3. Schliessen wir uns in Betreff des im Jahre 1827 beim obern Brunnenthurm am rothen Thor ausgegrabenen Monuments der Vermuthung Mezgers an, so haben wir in der Figur des Monuments (M. 31) einen Salier d. i. einen Priester des Mars )) M. p. 26.

85 gradivus zu erkennen, wie wir es denn gar nicht für unwahr­ scheinlich halten, dass in der blühenden Coloniestadt eine dem römischen Collegium der Salier ähnliche salische Priesterschaft existirte. Hiemit können wir die Reihe der Denkmale, die auf den Göttercultus Bezug haben, abschliessen; dieselbe Hesse sich be­ deutend erweitern, wenn wir uns nicht, unserm Grundsätze getreu, blos auf die in und der nächsten Umgebung von Augsburg gefun­ denen Denkmale beschränken zu müssen glaubten. Wir gehen nun, unserm Plane gemäss, über zu den: 2. Denkmalen, die sich auf Krieg und Kriegswesen

beziehen. Bekanntlich lag die Kraft der römischen Weltherrschaft in den Legionen; mindestens zwei Jahrhunderte früher, als das wirklich der Fall war, wäre das weströmische Reich in sich zusammengesunken, wenn nicht die Kraft und Disciplin der römischen Legionen, die nach und nach alle die frischen Volks­ kräfte der eroberten Länder in sich aufgenommen hatten, den weltbeherrschenden Gedanken auch da noch aufrecht gehalten hätte, als Rom und Italien längst schon an unheilbarem 'Siech­ thum darniederlag. Mit dreiunddreissig Legionen beherrschte zur Zeit des Septimius Severus (193—211) Rom die Welt.1) Von ihm an, der selbst der Anführer der illyrischen Legion war, sind es vornemlich die Legionen, welche den Cäsarenthron mit Männern aus dem Feldlager besetzten, bis endlich anderthalb Jahrhunderte später ein deutscher Heerführer dem längst in sich zusammen­ gebrochenen Reiche ein Ende machte. * Dass von dieser gewaltigen Kriegsmacht in den Augsburger Ueberresten sich wenigstens einige Spuren nachweisen lassen würden, ist von vorneherein mehr als wahrscheinlich; in der That lässt sich durch die erhaltenen Monumente die Existenz der legio III italica, die Mark Aurel in Rätien aufstellte, und verschiedener Coliorten und Alen in mancherlei Weise erhärten. 1. Auf einem dem Mercurius geweihten Denkmal2) begegnen wir einem Appius Lateranus, der consulis designator, Ceremonienmeister und kaiserlicher Legat und Proprätor der dritten itali!) Cfr. das Legionenverzeichniss auf einer alten Marmorsäule zu Rom, ab­ gedruckt in Gruter’s Thesaurus, p. DXIII. 2. 3. *i) M. p. 17. Hefner p. 66.

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sehen Legion genannt wird. Diese legio III italica wurde (Hefner p. 76) nach Dio (l.LY. c. 24) von Marcus Aurelius Antoninus ungefähr 176 n. Chr. in Rätien errichtet. Hier blieb sie bis in die spätesten Zeiten des römischen Reichs. 2. Ein Denkmal (Hefner p. 147. M. p. 46) berichtet uns, dass dem Cajus Managnius Justus, Tribunen der dritten italischen Legion, seine Tochter für die Summe von 1600 Sesterzen ein Denkmal hat errichten lassen. 3. Das Monument (Hefner p. 149. M. p. 35) hat dem Julius Amandus, Soldaten der dritten italischen Legion, Consularbuchhalter, der 30 Jahr alt wurde, dem kindlichst ge­ sinnten Sohne, seine Mutter Julia Paterna noch bei ihren Leb­ zeiten für ihr eigenes Geld errichten lassen. 4. Nach der Inschrift (Hefner p. 150. M. p. 78) hat dem Cajus Senilius Pervincus, Veteranen und gewesenen Zeichenträger der dritten italischen Legion, ein gewisser Aurelius Sabinianus ein Denkmal setzen lassen. 5. Nach der Inschrift (Hefner p. 169. M. p. 82) liess ein Julius Clemens, Adlerträger der dritten italischen Legion, seinem Bruder Julius Victor, einem Kaufmann, ein Denkmal errichten. 6. Nach Hefner p. 177, M. p. 50 ist dem Decurio der dritten Ala, Benefiziar des Consuls, und dem Flavius Decor atus, Sol­ daten der dritten italischen Legion, ein Denkmal errichtet worden. Hiezu gehört endlich noch das in nächster Nähe von Augs­ burg im Jahre 1709 zehn Puss tief ausgegrabene figurenreiche Grabmonument, das uns berichtet (Hefner p. 148. M. p. 36), dass Titus Flav. Martialis noch bei seinen Lebzeiten seinen Eltern und seinem Bruder, dem Titus Flavius Clemens, Soldaten der dritten italischen Legion, Exacten des Consuls (d. i. nach Hefner ein aus dem Dienst des Consuls mit Ehren entlassener), diess Denkmal hat errichten lassen. An diese zahlreichen Denkmale,1) die den Aufenthalt der dritten italischen Legion in Augusta Vindel. ausser allen Zweifel stellen, schliesst sich die Erwähnung von Cohorten und Flügeln, von welchen wii; wenigstens 4 namhaft machen können.

1) Hiezu gehört auch noch ein in der Töpferwerkstätte zu Westheim (Jahresbericht 1851/52) gefundener Legionsziegel mit der Inschrift: Leg. UI, itaii.

87 1. In dem nicht mehr erhaltenen, in der Wertach 1681 gefun­ denen Stein (Hefner p. 178) wird, wenn anders Hefners Vermuthung richtig ist, zweier Soldaten der isaurisehen Cohorte Erwähnung gethan. 2. Der ebenfalls verloren gegangene, ehemals an der Gottes­ ackermauer der St. Johanniskirche am Dom befindliche Stein (Hefner p. 159) berichtet von einem Reiter der Augusteischen Ala, der 14 Jahre diente. 3. Der 1731 in Pfersee an den Ufern der Wertach aus­ gegrabene, jetzt im Antiquarium befindliche Stein (M. p. 39) enthält nach Hefner’s Uebersetzung (Hefn. p. 159) Folgendes: Den Schattengöttern des Victorinus Longinus, einesReiters des zweiten Flügels der Singularier*), errichtete Clau­ dius Latinus, der Aedituus (Zeughausaufseher) der Singularier, sein Erbe, diesen Denkstein. 4. Das oben unter 6 erwähnte Denkmal, das von einem Sol­ daten der dritten Legion errichtet ist (Hefner p. 177. M. p. 50), giebt uns auch Kunde von einem decurio der dritten Ala. Diess die Denkmale, die auf kriegerische Dinge Bezug haben. Dass von eigentlich römischen Umfassungsmauern oder BefestigungsWerken nichts auf unsere Zeiten gekommen ist, darüber brauchen wir uns nicht zu verwundern, da die durch viele Jahrhunderte hindurch eitrigst betriebene Befestigung der alten Reichsstadt mit all ihren Schanzen und Vorwerken kaum einen Stein der alten Stadtschutzmauern auf dem andern gelassen hat. Doch wird uns von Raiser (Ob. Donaukr. p. 9) von wiederholt sichtbaren Funda­ menten und Mauerüberresten berichtet, die bei Gelegenheit der jüngsten französischen Fortification (1709) am Pfannenstiel zu Tage kamen.' Nicht minder mögen die Ueberreste der Fundamente eines sehr festen Thurmes erwähnt werden, auf die man im Jahr 1873 bei dem Graben eines Kellers in der Windgasse (F. 24) stiess. Endlich ist wohl die Annahme gerechtfertigt, dass der grösste Theil des Baumaterials der alten Röjnerstadt zum Neubau der Stadt verwendet wurde, und dass namentlich bei dem grossen Mangel an Bruchsteinen die vorhandenen mächtigen Steine zum Bau von Kirchen und Kapellen verwendet wurden. *) Die Singularier, die sowohl zu Fuss als zu Pferd dienten, waren eine ausgewählte Mannschaft (Hefner 67). Als Reiter bildeten sie wie die Prätorianer die Leibwache des Feldherrn, als Fussgänger hatten sie bei den Provinzialmagistraten exekutive Gewalt. *

88 8. Denkmale, die sich auf Werke des Friedens beziehen. Betrachten wir nun weiter die Denkmale, die sich auf die Werke des Friedens beziehen, und zwar a) Staatseinrichtungen, Würden, Aemter etc.; b) Handel, Kunst, Gewerbe und was damit zusammenhängt. a) Was die oberste bürgerliche Gewalt in Colonien und Municlpien anlangt, so lesen wir in Lübker’s Reallexikon unter duumviri Folgendes: „duumviri hiessen in den römischen Municipien und Colonien die beiden höchsten Magistratspersonen, welche alle Jahre wechselten. In der Kaiserzeit aber bildete sich der Unterschied aus, dass die Municipien in der Regel quatuorviri, die Colonien dagegen duumviri hatten. Ihr vollständiger Name war duumviri juri dicundo und ihr Amtsdienst glich im Kleinen dem der römi­ schen Consuln. Sie waren die obersten Stadtrichter, Präsidenten des Senats und Aufseher über die ganze städtische Verwaltung. Sie trugen die praetexta und wurden von zwei Lictoren begleitet, welche Stöcke trugen.“ In der That nun lässt das 5' hohe und 5' breite Monument, das sogenannte Bild der duumviri (M. p. 6) kaum einen Zweifel darüber zu, dass wir es hier mit dem Denkmal zu Ehren zweier Männer zu thun haben, welche einst die höchste magistratische Würde in der rätischen Coloniestadt bekleideten. Nicht nur die faltenreiche toga, sondern auch die in ihren Händen befindlichen Rollen sprechen dafür; am meisten aber dürfte der am Ende der beide Figuren trennenden Säule befindliche Pinienzapfen die Vermuthung begründen helfen, dass das Denkmal den beiden höchsten Beamten der Stadt gewidmet gewesen sei: denn dass der Pinienzapfen mit vieler Wahrscheinlichkeit als Coloniezeichen der alten colonia angesehen werden darf, darüber stimmen# alle Forscher in der Sache (v. Welser, v. Baiser, Mezger) überein. Auch der Fundort des Monuments (es soll in der Nähe der Domcustodie, der jetzigen bischöflichen Wohnung, ausgegraben worden sein) spricht für unsere Annahme: denn dort in der Nähe des Doms nimmt v. Baiser an, dass das Forum der alten Römerstadt sich befunden habe. Von nicht geringerer Wichtigkeit erweist sich ferner das Monument, das Mezger pag. 3 aufführt, das auch durch seinen Fundort (es war früher im Peutinger’schen Haus eingemauert, ging später verloren und wurde als Wehrstein in der Jakobervorsl^dt am Saumarkt wieder aufgefunden) als specifisch Augs-

89 burgisches sich zu erkennen giebt. Es lautet aber die Inschrift nach der Emendation Mommsens und der Vermuthung Mezgers also: „Die Kaufleute in Kleidern und Gold- und Purpurstreifen der Stadt Aelia Augusta eröffneten den Tempel mit den ent­ sprechenden Verzierungen, sich und dem Volke zum Besten, da C. Antonius Aelianus römischer Ritter, Dekurio und Pfleger der Municipalstadt Aelia Augusta war.“ Hier erscheinen in einem Monument drei wichtige Bestimmungen. Erstens erfahren wir etwas über den Namen der Stadt, die hier Aelia Augusta genannt wird (cfr. Hefner p. 80: „Aelia Augusta hiess Augsburg zu Hadrians Zeit“); zweitens von der Zunft der Kauf­ leute; drittens, und das ist das Wichtigste, hören wir von der magistratischen Würde, die zunächst der der duumviri kam, näm­ lich der eines decurio. Der ordo decurionum bildete nämlich (cfr. Lübker’s Reallexicon unter senatus municipalis) in den Municipalstädten den Senat; der gewöhnliche Name war ordo decu­ rionum (häufiger als senatus) ordo und zuletzt curia, die Einzelnen hiessen decuriones, später curiales. Ihre Zahl war verschieden, und die Erfordernisse zur Wahl waren denen in Rom ziemlich ähnlich, ebenso wie das Aeussere der Verhandlungen. Ein solches Senatsmitglied war der in vorstehendem Monumente genannte C. Antonius Aelianus. *) Wenn ferner Hefner, p. 101, von den schon erwähnten seviri Augustales, anfänglich Priester zu Ehren Augusts, weiter sagt: „sie genossen Rittersrang und standen zwischen Volk und Decurionen mitten inne. Die auf Inschriften blos seviri, ohne Bei­ fügung von augustales, genannten Sechsmänner waren Municipalobrigkeiten, die seviri augustales Priester und Magistratspersonen zugleich,“ so erhalten wir auch für dieses magistratische Amt durch zwei jetzt verloren gegangene, aber in ihren Inschriften gerettete Denkmale Bestätigung. Nach der einen (Hefner p. 101) liess Sextus Antonius Privatus, Bürger von Trier, einer der augustalischen Sechsmänner, den aus Alter zerfallenen Tempel dem Gott

1) Hieher gehört auch die in Biberbach gefundene, dann in das FranziskanerNonnenkloster St. Niclas und nach dessen Aufhebung in das Peutingerhaus (wo sie noch jetzt eingemauert ist) verbrachte Inschrift, nach welcher (Hefner p. 165) C. Julianus Julius, einer der 4 Dekurionen des Municipiums, seiner geliebten Gattin, dem besondern Beispiel der seltensten Keuschheit, das Denkmal hat setzen lassen.

90 Silvan für sein Geld wieder hersteilen; nach der andern (Hefner p. 166) (nach Welser fand man das jetzt verlorene Denkmal hei St. Ulrich in Augsburg) liess ein Tiberius Cleuphas, August äo­ lischer Sechsherr, Kaufmann in Purpurwaaren, der 76 Jahr alt wurde, seiner Gattin und seinen Kindern das Denkmal hersteilen. Von selber verstellt sich, dass als oberster Inhaber aller Gewalt in allen Städten des römischen imperiums der jeweilige römische Kaiser angesehen wurde. Der Cultus der Kaiser, der schon unter den Claudiern begonnen hatte, verbreitete sich immer weiter; die Schmeichelform für das kaiserliche Haus I. H. D. D. d. i. in honorem domus divinae, der wir auf sehr vielen Inschriften begegnen, war (Stählin, württ. Geschichte, p. 31) bereits seit Commodus aufgekommen. Je schlechter die Kaiser wurden, um so mehr suchten dieselben, um den Mangel an persönlicher Kraft zu decken, alle nur denkbaren göttlichen und menschlichen Ehren in der Kaisergewalt zu vereinigen. Ein interessantes Denkmal ist in dieser Beziehung das Hefner p. 115, M. p. 4 aufgeführte. Dasselbe wurde 1825 beim Abbrechen des Barfüsserthores aus dem Mauergrunde ausgegraben und von dort in das Antiquarium gebracht. Nach Hefners UeberSetzung und Ergänzung lautet es: „Dem fürsichtigsten Fürsten, dem Leiter und Herrn der Welt, dem Begründer des ewigen Friedens, Kaiser Diocletian, dem unüberwundenen Augustus, dem obersten Priester, dem grössten Ueberwinder der Germanen und Perser, dem Vater des Vaterlandes, dem Proconsul, hat im 7. Jahr seiner Tri­ bunengewalt (Regierung) in seinem vierten Consulate, Septimius Valentio dieses Denkmal setzen lassen.“ Könnte uns die Wandlung der römischen Kaiserherrschaft unter Diocletian, der nach Aufhebung aller republikanischen Formen und Privilegien von Italien sich zum unbeschränkten Autokraten machte, von einem Meister der Geschichte deutlicher geschildert sein, als das der einfache Stein vom ehemaligen Barfiisserthurm thut? Auch von dem Beamten, der zunächst nach dem Kaiser im Namen desselben und von ihm ernannt in den Provinzen regierte und die höchste Civil- und Militärgewalt in sich vereinigte, dem Praeses provinciae, Suet. Aug. 23, Tib. 32. 41, lassen sich einige Spuren nachweisen. 1. Raiser (Ob. D. Kr.) p. 30 erwähnt ein jetzt verloren ge­ gangenes Monument, das sich in Welsers Gärten befunden haben

91 soll, wornach Aurelius Mutianus, Landpfleger oder Gouverneur der Provinz Yindelizien dem Heroen Hercules ein Denkmal errichten liess. Die Buchstaben Y. P. P. PE. erklärt er nämlich: Vindeliciae Provinciae Pro Praetore. Die Gouverneure in den Provinzen hatten nämlich ausser dem Namen praeses provinciae auch den ehrenden Titel (Kaiser D. d. 0. p. 26. An. 42) „legati Augusti, Pro Praetore und Pro consule“. 2. S. 20 berichtet Baiser von einem ehemals in einem Garten des ehemaligen Jesuitencollegiums befindlichen, zu seiner Zeit aber noch nicht ausfindig gemachten Gelübdestein des rätischen Land­ pflegers, wornach (mit den Welser’schen Ergänzungen) der Praeses provinciae Eaetiae dem J. o. m. und den übrigen Göttern und Göttinnen des Ortes ein Denkmal hat setzen lassen. 3. Das dritte noch erhaltene Denkmal (M. 17. Hefner p. 56), dessen wir schon oben bei dem Mercurcultus Erwähnung gethan haben, lässt uns erkennen, dass: Appius Claudius Lateranus, einer der 15 Oberpriester, De­ signator des Consuls, kaiserlicher Legat, Proprätor der 3. italischen Legion dem Mercur einen Tempel hat errichten lassen. Kaiser führt hiezu noch an (p. 26 An. 43), dass Appius Claudius Lateranus zugleich mit dem M. T. Kufinus das Consulat verwaltete im Jahre 197 n. Chr. Diess weist also auf die Zeit des Kaisers Septimius Severus hin, der auf Münzen und Denkmalen in unserer Gegend (Hefner p. 127, 128, 129) ziemlich häufig uns begegnet und namentlich als Wiederhersteller von Strassen und Brücken (vias et pontes restituit, Hefner p. 128) zu bemerken ist. So hätten wir denn die verschiedenen Magistrate, vom Kaiser und Proconsuln herab durch die duumviri, decurionen hindurch bis zu den seviri augustales in einzelnen Denkmalen nachzuweisen Gelegen­ heit gehabt, und können nun zu denen übergehen, aus denen sich über Handel, Kunst, Gewerbe und was Alles damit zusammen­ hängt, sichere Schlüsse machen lassen. b) Hier begegnen wir vor Allem in dem bereits bei den Seviris erwähnten Tiberius Cleuphas (Hefner p. 166), der in dem jetzt verloren gegangenen Denkmale, das er seiner Gattin und Kindern errichten liess, negotiator artis purpurariae genannt wird. Unter ars purpuraria ist nach Hefner die Kunst des Purpurfärbens und die Verfertigung von Purpurwaaren zu verstehen, womit Kleophas Handel trieb. Es ist wohl nicht nöthig zu bemerken, von welchem Werthe Purpur und Purpurwaaren in einer römischen

92 I(rovinzialstadt waren, die nach dem Zeugniss von Tacitus *) in regem Handelsverkehr mit den benachbarten Hermunduren stand; ausser den Metallwaaren werden es vornemlich die kostbaren farbigen Kleiderstoffe gewesen sein, die von den angrenzenden deutschen begehrt wurden. Dass aber dem Negotiator unsers Denkmals der Gott des Handels freundlich gewogen war, davon ist das ein sicherer Beweis, dass derselbe es auch zu der Würde eines Sevir augustalis gebracht hat, was Hefner mit Recht Denen entgegenhält, die aus dem Namen Kleophas schliessen wollen, dass derselbe ein Bekenner der jüdischen Religion gewesen sei. Ein anderes ebenfalls schon erwähntes Denkmal, das unten am Thurm der Kreuzkirche eiugemauert ist (Hefner p. 169. M. p. 82), berichtet uns von einem Julius Victor, Kaufmann undKleiderhändler, dem sein Bruder Julius Clemens, Adler träger der 3. italischen Legion, das Denkmal setzen liess. Der Beisatz von quondam zu vestiarius, das Hefner ohne Weiteres als ehemaliger Kleiderhändler übersetzt, ist wohl nicht hinreichend gesichert. Für unsern Zweck aber ist negotiator und vestiarius vollkommen hinreichend, um einen Schluss auf die Handelsthätigkeit in der alten Römerstadt zu rechtfertigen. Von einem andern Handelszweig berichtet uns das ebenfalls jetzt verloren gegangene, im Jahr 1591 bei St. Ulrich stückweis ausgegräbene Denkmal, das Hefner p. 170 erwähnt. Nach dem­ selben liess dem Victorinus Victorianus, Kaufmann mit Ge­ bilden aus Kreide und Metallguss, seine Mutter ein Denkmal setzen. Wir schliessen uns dieser Uebersetzung der Worte artis cretariae et flatuariae sigillariae, nämlich der Kunst, kleine Gebilde aus einer kreideartigen Masse zu verfertigen, oder kleine Bildnisse aus Erz zu giessen, um so mehr an, als in der Umgebung von St. Stephan eine grosse Masse solch kleiner Figürchen (theils Götter, theils Thiere vorstellend) sich gefunden haben und noch immer gefunden werden. Erwähnt mag hier noch werden, dass auch in Salzburg (Iuvavum) nach Hefner, p. 170, eine grosse Anzahl kleiner Figuren, menschliche und thierische Gestalten, als Pferde, Hähne, Hennen u. dergl. vorstellend, sich vorfand. Einen Negotiator erwähnt ferner das Denkmal, das (Hefner 169. M. 49) unter der Kirchenthür von Stadtbergen ent­ deckt und von dort in das römische Antiquarium gebracht wurde. *) Tacit* Germania* c, 41.

93 Nach demselben hat ein gewisser Ursacius seinem Bruder, der sich wohl um ihn verdient machte, das Denkmal errichten lassen. Endlich giebt uns das schon bei der Würde der Decurionen erwähnte Monument (M. p. 3) Kunde von der Widmung eines Tempels durch Handelsleute des municipii aelii august. Die­ selben nennen sich dort negotiatores rei vestiariae et patagiariae (nach der Vermuthung Mezger’s) d. i. Leute des Handels mit Kleidern und Gold und Purpurstreifen, was in Zu­ sammenhalt mit den kurz vorher erwähnten Monumenten auf alle Fälle den Schluss rechtfertigt, dass die Handelsthätigkeit nicht unbedeutend gewesen sein muss. Das wichtigste Monument indessen unter denen, die uns Schlüsse auf die Handelsthätigkeit der alten Augusta machen lassen, ist der im Jahre 1873 in der Langen Gasse F. 350—52 ausgegrabene Hals einer Amphora, d. i. eines Gefässes, in dem die Alten Wein, Oel und andere Flüssigkeiten aufzubewahren pflegten. Dergleichen amphorae finden sich in allen römischen Kellern und auch unser Museum hat einige von ziemlich grossen Dimensionen aufzuweisen. Was aber diesen Amphorarest zu einem besonders werthvollen macht, das ist die auf demselben in römischen Cursivbuchstaben befindliche Inschrift: liquamen ex scombris ex cella Aulieni Maxumi d. i. Fischbrühe vom Lager des Aulienus Maximus. sei es nun, dass der Aul. M. Verfertiger der Fisch brühe war, oder dass er dieselbe auf dem Lager hatte (wofür ex cella spricht) : auf alle Fälle lässt uns diese Inschrift einen Blick thun in alt­ römische Gewohnheit. Das liquamen nämlich war eine Brühe aus dem Safte und den Eingeweiden gewisser Fische bereitet, am besten vom Scomber, Makrele, (liquamen Optimum Apicius, VII. 7, Plinius h. nat. XXXI. 7,8, sect. 43) und hatte ihren Hauptbereitungsplatz auf einer Insel, insula Herculis bei Carthagena. Noch bemerkt Prof. Ohlenschlager, dem ich diese Mittheilung verdanke: „Apicius braucht liquamen fast gleich mit garum *), das unserm Caviar entspricht oder ähnlich war. Das­ selbe fand in der römischen Kochkunst eine höchst ausgedehnte l) Garum und garon (yaQOv) Fischsauce, aus den Eingeweiden mariinirter Fische bereitet. Cfr. Klotz, lat. Lexic. unter garum.

94 Verwendung, die dessen Erscheinen in so grossen Gefässen in Augsburg erklärt, wohin das liquamen als Meereserzeugniss auf dem Handelswege gekommen ist“. Ob nun also hier von einem Anfertiger des liquamen oder einem Delikatessenhändler von Rom oder Massilia uns Kunde ge­ geben wird, lässt sich nicht mehr genau bestimmen; auf alle Fälle ist der unscheinbare Ueberrest von Wichtigkeit, und es ist von besonderem Glück zu sagen, dass die unscheinbare Inschrift auf dem roh gearbeiteten Thon nicht durch das lange Liegen in feuchtem Grunde gänzlich verwischt worden ist.

III. Die Ueberrest« aus römischer Zeit ohne Inschriften. Lässt sich nach dem, was wir bis jetzt aus den Inschriften der Denkmale ersehen haben, wenigstens annähernd ein Bild der Stadt unter den Hörnern entwerfen, so ist die Zahl der Ueberreste, die keine Inschrift tragen, so ohne Vergleich grösser, dass es nicht zu viel gesagt sein dürfte, wenn wir behaupten: gesetzt, alle Monumente mit Inschriften wären verloren gegangen, so ist doch die Masse der seit Jahrhunderten aus dem Boden der Stadt hervorgegrabenen Ueberreste so gross, dass wir durch sie allein genöthigt würden anzunehmen, hier sei, und zwar mehrere Jahr­ hunderte hindurch, der Sitz eines grösseren Gemein­ wesens gewesen, in welchem Kunst und Gewerbe, Handel und Verkehr blühte; ja wäre nicht durch Unkenntniss und Missachtung bei weitem der grössere Theil der gefun­ denen Ueberreste verschleudert, oder durch Habsucht und Goldgier dem prüfenden Auge des Historikers entzogen worden, so würde der vierfache Raum des jetzigen Museums nicht genügen, um all» die Ueberreste früherer Zeit in sich aufzunehmen» Als ein grosses Glück ist es darum zu erachten, dass, wenn auch in grossen Zwischenräumen, Männer hier gelebt haben, die das Interesse ihrer Zeitgenossen für die Ueberreste früherer Zeit zu erregen wussten, ja wären nicht Männer wie Welser, Beyschlag, Kaiser gewesen, wir würden trotzdem, dass wir hier unläugbar auf altrömischem Boden leben, verhältnissmässig sehr wenig beibringen können, um diess an der Hand der geretteten Ueberreste zur unumstösslichen Gewissheit zu erheben. Der Uebersichtlichkeit halber wollen wir auch hier die grosse Masse der Ueberreste nach gewissen Gesichtspunkten ordnen und

95 zuerst handeln von den Werken der Skulptur, zweitens der Malerei, drittens der Metallbearbeitung, viertens der Töpferkunst. 1. Werke der Skulptur. Hier verdient vor Allem das bereits bei Gelegenheit der Militär-Inschriften erwähnte, von Mezger p. 37 „ausserordentlich schön“ genannte Grabmonument hervorgehoben zu werden, welches 1709 in Oberhausen ausgegraben wurde. Ein Titus Flor. Martialis hat seinen Eltern, deren Figuren in Stein gehauen sind, das Denkmal errichten lassen, das jeden Besucher des Antiquariums fesselt und durchaus in jener kräftig-ernsten Weise gehalten ist, welche die Monumente der Römer vor denen anderer Völker aus­ zeichnet. Aehnlich diesem Selpucralmonument zeigt sich das beim Bau der Eisenbahnbrücke an der Göggingerstrasse im Jahr 1845 aus­ gegrabene Monument mit mehr als lebensgrossen Figuren eines Beamten und seiner Frau. Von ihm sagt M. p. 52: „der reiche schöne Faltenwurf an beiden Gewändern, die Sorgfalt und eigenthlimliche Frisur beider Köpfe berechtigen wohl zu dem Schluss, dass das Monument dem Ende des 2. Jahrhunderts angehörte“.1) Mit Uebergehung weniger hervorragenden Skulpturwerke er­ wähnen wir ferner die drei römischen Sarkophage, die sich bis auf unsere Zeit erhalten haben. Der eine ist der jedem Augs­ burger wohl bekannte Stein der 7 Kindlein, der offenbar nichts anderes ist, als die Vorderseite eines römischen Sarkophages. — Der zweite (M. p. 44) ist weniger durch die Kunst der Skulptur hervorragend, als dadurch, dass er etliche Jahrhunderte lang zur Bewahrung des Leichnams des im Jahr 807 gestorbenen Augs­ burger Bischofs Simpertus gedient haben soll. Der dritte, leider nicht so gut erhaltene, ist, was die Kunst der Skulptur anlangt, entschieden der bedeutendste, wesswegen auch wohl Hefner (p. 822) seinem Werke eine Abbildung davon beigegeben hat; er selbst beschreibt das Denkmal so: „Ein vom Krankenlager Genesender. Auf beiden Seiten des Bettes steht eine Wärterin. Zu den Füssen des 1) Erwähnt möge hier werden die schöne, leider nicht mehr vorhandene Herkulesstatue, von welcher Raiser T. II. eine Abbildung giebt, die in jeder Beziehung schöne Verhältnisse zeigt uud aus der besten Zeit römischer Bild­ hauerei zu stammen scheint. Leider bemerkt er dazu (S. 29), es konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, wohin diese Statue gekommen ist. — Raimund Fugger hat unter dieselbe lat. Hexameter setzen lassen.

96 Ruhenden springt ein kleiner Hund auf. Auf einem Tische, dem als Fussgestell ein Greif dient, stehen eine Schale und. zwei Krüge ; diesem Tische gegenüber befindet sich auf einem Gestelle ein Wasserbecken, an dessen Rand zwei Tauben sitzen“. Nicht minder verdienen Beachtung die in oder in nächster Nähe von Augsburg aufgefundenen Götterstatuen. So das im Jahr 1844 in der Nähe der Kirche von Gersthofen ausgegrabene 4' hohe Bild des Mercurius, von dem M. p. 20 sagt, dass es in schlanken, sehr anmuthigen Verhältnissen einen bis auf den fehlenden Kopf sehr gut erhaltenen Mercurius zeigt. Ebenso kann das bei der Erweiterung der Ulrichskirche gefundene 5' 11" hohe Bildniss desselben Gottes in seinen Verhältnissen ebenfalls schön genannt werden (M. p. 18). Erwägen wir freilich, dass mit der Ausbreitung des Christenthums in .Rom die Ausbreitung desselben in den Provinzen ziemlich gleichen Schritt hielt, dass namentlich die überaus zahlreichen Funde von Constantinsmünzen (R. 96) in Augsburg uns keinen Zweifel darüber entstehen lassen, dass seine Herrschaft namentlich in Rätien feststand und dem­ gemäss das von ihm begünstigte Christenthum dort vorwaltete: so dürfen wir uns nicht darüber verwundern, wenn wir verhältnissmässig so wenig Götterstatuen begegnen, indem dem neuen Cultus wohl vor Allem die Götterstatuen fallen mussten. Ausser den Götterstatuen und Grabmonumenten verdienen noch besonders genannt zu werden: a. Der riesige 5' hohe und 2' 8" breite Zirbel- oder Pinien­ zapfen, der 1467 beim Abbrechen eines alten römischen Wachtthurms und beim Einsturz des anstossenden alten Kirchthurms bei St. Ulrich 12' tief aus der Erde ausgegraben wurde. In diesem Denkmal wird wohl mit Recht die älteste Form des jetzigen Stadtwappens vermuthet. b. M. p. 10. Das Fragment einer cannelirten Säule, welche Bischof Joseph I., Landgraf von Hessen, 1791, nachdem sie lang vernachlässigt im Residenzhof gelegen war, in einer Nische des Residenzgartens einmauern liess. Endlich verdient noch besondere Erwähnung das römische Capital einer Säule, das zwar nicht mehr sichtbar ist, aber wegen des Ortes, wo es zu Tage kam und wieder verschwand, werth erscheint, des Nähern besprochen zu werden. Herr Senior Göringer theilte mir nämlich mit: in den Jahren, in welchen der südliche Vorbau des Domes restaurirt wurde, habe ihm

97 der bauleitende Ingenieur erzählt, die Bauleute seien auf ein schönes römisches Säulencapitäl gestossen. Begierig, dasselbe zu sehen, habe er mit anderen Herren einen Tag später auf den Domplatz sich begeben, sie hätten aber zu ihrem Erstaunen hören müssen, der Bauführer habe das gefundene Fragment wieder in den Grund einmauern lassen. So sehr nun das zu bedauern ist, so gewinnt doch damit die Vermuthung Raisers, dass an der Stelle des heutigen Doms ein Jupitertempel gestanden habe, ziemlich an Wahrscheinlichkeit, die dadurch nicht verringert wird, dass man bei Nachgrabungen auf dem Domplatz auf keine bemerkenswerthen Ueberreste ge­ kommen ist. Einestheils mag nicht tief genug gegraben worden sein, anderntheils aber steht ohne Zweifel der Dom selbst zumeist über den Fundamenten altrömischer Bauten. Kein Wunder darum, wenn man in der nächsten Umgebung desselben, wie namentlich auf dem Frohuhof, auf dem man an mehreren Punkten Nach­ grabungen veranstaltete, auf keine nennenswerthen Funde stiess. c. Mezger p. 5. Die Abbildung eines starkbereiften Fasses (cupa) auf einem römischen Wagen mit gleich hohen Vorder- und Hinterrädern. — Mezger vermuthet in ihm einen Aushängeschild an einem Weinhause. Derselbe war bis anno 1821 als Werkstück bei der evangelischen Kreuzkirche eingemauert. 2. Werke der Malerei. Von Werken der Malerei ist selbstverständlich uns nur Weniges erhalten. Das Wenige aber, was sich bis auf unsere Tage hinübergerettet hat, ist von um so grösserer Bedeutung, weil es auffallend übereinstimmt mit den Ueberresten von Malerei in dem Innern der Häuser von Pompeji, und durch Frische der Farben und Eleganz der Zeichnung gerade so wie dort jeden Beschauer in Verwunderung setzt. Es sind das die leider nur sehr wenigen Ueberreste von Freskomalerei, die bei dem Graben eines Kellers in der Windgasse (F. 24) 1873 zu Tage kamen. Leider hinderten die Besitzverhältnisse ein Weitergraben nach der andern Seite hin, wodurch vielleicht weitere Zimmerwand zu Tage gekommen wäre. Doch reicht das Gewonnene vollkommen hin, um zu beweisen, dass hier — wohl 15' unter dem Boden — ein Wohnzimmer gewesen sei, wie wir sie zu Hunderten in den Gebäuden von Pompeji vor uns haben. Von den beiden wohl­ erhaltenen Ueberresten lässt der eine die athletische Gestalt

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eines Herkules deutlich erkennen; es sind da die Muskeln und Sehnen mit einer gewissen Virtuosität ausgedrückt und lassen nur eines bedauern, dass uns namentlich nicht der Kopf der kräftigen Gestalt erhalten ist. Das andere Stück zeigt einen Mann in grüner Toga, die Hand lebhaft nach einer Seite hin ausstreckend. Auch von dem künstlichen Mosaikboden, dem wir dort überall begegnen, fanden sich an der eben erwähnten Fundstätte zahl­ reiche Spuren; nur hatte die eingedrungene Feuchtigkeit die ebene Fläche grösstentheils zerstört und konnten nur einzelne Mosaikwürfel (weiss, schwarz und grau) zu Tage gefördert werden. An diese wenigen, aber desto werthvolleren Fragmente von Freskomalerei reiht sich der grossartige Fund von Mosaikmalerei an, von welchem uns Welser berichtet. Er erzählt in den Monum. aug. vind. F. 287 der grösseren Venetianerausgabe vom Jahr 1593: „dass vor wenigen Jahren in den Gärten bei St. Stephan ein 3—4' hohes Bruchstück eines vortrefflich gearbeiteten Fussbodens von Mosaik ausgegraben worden wäre, welches den Reichthum und den Luxus bewähre, der in dem römischen Augsburg geherrscht hätte und womit ähnliche Werke in den reichsten Städten Italiens keine Vergleichung aushielten“. Welser hinterliess die Abbil­ dung dieser merkwürdigen Mosaik; von der noch vorhandenen Kupferplatte hat Kaiser in seinen römischen Alterthümern zu Augsburg 1820 einen Abdruck gegeben, dem wir auch in der Beschreibung folgen. „Nach dem beigefügten Massstabe (heisst es p. 91) enthielt dieser Fussboden 16 Augsburger Schuh in der Breite und 20 in der Länge. In der Mitte desselben befanden sich in 3 Reihen verschiedene bildliche Darstellungen von den Kämpfen der Gladiatoren mit berühmten Namen, Wettrennen mit dem Gespann von 4 Pferden (Quadrigae) und von Kampfh ahnen, Raben und Krähen. Die beiden Aussenseiten bilden einen ein­ gelegten Boden mit sechsseitigen Windrosen, mit Rhomben, Blät­ tern und dergleichen Zierrathen. Die drei Reihen der bildlichen Darstellungen enthielten, nach dem Bruchstück zu urtheilen, in jeder Reihe 7 quadratförmige Felder in einer gleichen Rahme, wovon jedes Feld ohne die Ein­ fassung eine Höhe und Breite von 2 Fuss hatte, in der dritten Reihe war die Aversseite gegen die 2 andern umgekehrt, ebenso bildeten die Felder mit den Vögeln eine eigene Aversseite.“ Die ausführliche Beschreibung mag am angeführten Ort (p. 90—93) nachgelesen werden. Ich führe nur noch den Schluss

99 an: Welser erzählt noch, dass dieses vortreffliche Mosaik aus Steinen von den 4 Hauptfarben weiss, gelb, röthlich und kiesel­ grau zusammengesetzt gewesen sei, und glaubt wegen der in diese Stadtgegend geführten römischen Wasserleitung, so wie auch wegen der uralten unterirdischen gewölbten Abzugskanäle (fornices), dass schon die Römer die noch bestehende Wasserleitung des Lechs nach Augsburg geführt haben. So viel ist nach Diesem ausser allem Zweifel, dass der Mosaikboden ausserordentlich schön gewesen sein muss, so wie dass er einem Gebäude von grösserem Umfang angehörte, als die Privatwohnungen der Römer gewöhnlich waren. Ob er wirklich von einem römischen Amphitheater stammt, wie Welser wegen der runden amphitheatralischen Form einiger Gassen bei Sanct Stephan vermuthet,x) lässt sich nicht näher begründen; Thatsache aber ist, dass in der Gegend von St. Stephan noch immer inter­ essante Gegenstände aus der Erde gegraben werden. Hieher gehören auch die Ausgrabungen, welche Magistrats­ rath Treu in dem Hofe seines Hauses, Lit. F. 268, veranstaltet hat. Die im Museum übersichtlich zusammengestellten Ueberreste zeigen geschmackvolle Stukkaturarbeiten und Marmornachahmungen verschiedener Art, die alle zum Schmucke des Wohnzimmers dienten, welches, in einer Tiefe von 20 Fuss, nachzuweisen, dem Besitzer, wie mir scheint, vollkommen gelungen ist. Deutliche Spuren von Freskomalerei enthielt auch das im Jahr 1866 in dem Hause F. 404 in der Jesuitengasse aufgefun­ dene und ziemlich gut erhaltene Hypokaustum oder unterer Heizungs­ raum eines römischen Bades, wovon im Jahresbericht des histo­ rischen Vereins a. 1867, p. 87, genaue Beschreibung gegeben ist. Dort heisst es p. 90: „in den zwischen den Pfeilern und besonders an den Seitenwänden herumlagernden Schuttmassen konnten fünf Arten Wandverputz unterschieden werden; die erste zeigt einen sehr feinen, an der Aussenseite des Mörtelverputzes sorgfältig abge­ schliffenen Grund mit sehr schönem, etwas mattem, tiefen (?) Roth bemalt, und zwar ohne andere Verzierungen; die zweite hat eine l) Welser berichtet 1. c.: „man habe ihm weiter erzählt, dass hier zur Stelle verschiedene Marmorstücke, Thüreneingänge eines grossen Ge­ bäudes, schöne Gypsarbeiten der damit überzogenen Wände, ein Klumpen einer Kreide oder eines fetten Thons, Ueberreste eines Wasser­ canals in Quadern, ein goldener Ring mit einem Jaspis oder einem andern orientalischen gelben Steine, eine gläserne Lampe und ein gläserner Topf, mit einem rothen dicken liquor angefüllt, ausgegraben worden sein“.

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rauhere, grössere (?) Oberfläche mit noch tieferem Roth, von gelblichen Linien durchzogen und theilweise mit Fruchtbehängen geziert; eine dritte scheidet zwei aneinanderstossende meergrüne und schwachviolette Mauerflächen mit einer weissen Linie; auf der vierten wird rother Grund gegen einen blauen Winkel abgegrenzt. . Es iät gar keinem Zweifel unterworfen, dass wir es hier mit den bemalten Wandüberresten verschiedener Gemächer zu thun haben, die über der vollständig erhaltenen Heizungsvorrichtung sich befanden. Bei der über den ganzen Bau hereingebrochenen Zerstörung sanken dann die Schuttmassen in den hohlen Raum hinab, wie denn in der Schuttmasse Gefässfragmente von theils gewöhnlicher schwarzgrauer Erde, theils von sehr feiner terra sigillata, der Halswulst eines grossen Henkelgefässes und eines zierlich profilirten Topfrandes sich vorfanden. Wie und wann die Zerstörung über diesen festen Bau gekommen, darüber lässt sich nichts Gewisses behaupten: doch hat die Vermuthung des Herrn Prof. Brunner viel für sich, der aus der Bei­ mischung von schwarzer, aschenähnlicher Erde bei fast allen römischen Ausgrabungen den Schluss ziehen zu dürfen glaubt, dass die römische Stadt von den über die Iller herandrängenden Allemanen durch Feuer zerstört worden sei. 3. Werke der Metallbearbeitung. Die Reihe dieser Werke möge der metallene Pferdekopf eröffnen, welcher zu den hervorragendsten Zierden der Augsburger Sammlung mit Recht gezählt wird. Derselbe wurde (Rais. Obd. kr. p. 93) am 20. Sept. 1769 in einem Ufereinrisse der Wertach bei Augsburg, auf dem linken Ufer dieses Flusses aufgefunden. In dem Bericht der Kunstzeitung der kaiserl. Akademie zu Augsburg von 1770 heisst es: „der Pferdekopf sei 31 s/4 Zoll lang, 131/2 Zoll breit und 30 & schwer; ehemals sei derselbe, wie man das noch a.i mehreren Stellen ersehe, stark vergoldet gewesen. Einmüthig hätten die Stadt-Augsburgischen Glockengiesser bekannt, dass sie in einem solch’ dünnen Gusse keine gleiche, in den schönsten Verhältnissen stehende Arbeit zu liefern vermöchten. An diesem Pferdekopfe wäre keine Muskel vergessen worden; man finde an demselben nichts Falsches, nichts Rauhes, überall wäre Alles zierlich. Auch den Zaum vermisse man in dieser Zeichnung nicht.“

101 So sehr nun Raiser mit dem frühesten Kritikerx) dafür ist, diesen Kopf als ein Ding für sich, als ein signum oder dergleichen zu betrachten, so sehr bin ich, nach genauester Besichtigung des Denkmals, dafür, das schöne Bruchstück für den Rest einer Reiter­ statue zu erklären, die einen der öffentlichen Plätze der splendidissima colonia schmückte und wahrscheinlich einem Kaiser zu Ehren aufgestellt war, der sich um Augsburg besondere Verdienste erworben hatte. Für diese Ansicht spricht ganz und gar, was Hefner r. B. p. 14 sagt: „der goldenen Urne von Glauchheim steht an Merkwürdigkeit der bronzene und vergoldete Pferdekopf nicht nach, den man im Rinnsal der Wertach entdeckte. Er gehörte ohne Zweifel einer lebensgrossen Pferdebildsäule an und ist eine der grössten Zierden des Antiquariums in Augsburg“. Auf alle Fälle gehört die Arbeit den besten Zeiten römischer Kunst an, wenn sie nicht vielleicht besser auf einen griechischen Künstler zurückzuführen ist, da ideale Behandlung mit über­ raschender Naturwahrheit in demselben aufs Schönste ver­ einigt ist. Gegenüber diesem schönsten Stück unserer Sammlung sind freilich die anderen Gegenstände von Metall von untergeordneter Bedeutung: doch ersetzen sie einerseits durch die Häufigkeit ihres Vorkommens, was ihnen an innerem Werthe abgeht, anderer­ seits sind doch auch einzelne von ihnen werth, besonders be­ sprochen zu werden. Aus der grossen Masse von bronzenen Armspangen, Fibeln, Armreifen, Erzfigürchen, Zierrathen an Waffen und Pferdeschmuck mag hervorgehoben werden: 1. Das römische Opfermesser, welches einen gutgearbeiteten Widder vorstellt (Rais. 0. d. Kr. p. 89 Tab. I. 1), dessen Schweif das Messer selbst war. 2. Die sehrwohl erhaltene Fibula (Rais. 0. d. K. p. 89, Tab. I. 2). „An der Fibel ist merkwürdig, dass solche an ihrer untern Spitze den Augsburger Pyr darstellt, zum Beweise, wie er vielleicht allzukühn weiter schliesst, dass sie ein Fabrikat aus der römischen Augusta ist. Beide Stücke wurden im v. Wohnlich’schen Gartengut gefunden i) Derselbe äussert sich in seinem Berichte also: er glaubt, dass dieser Pferdekopf für sich ein Ganzes und wahrscheinlich ein signum militare gewesen sei, welches man in Lagern oder bei andern feierlichen Anlässen auf einer Stange erhöht aufgestellt und mit Zaum und Riemwerk vermittelst der Löcher auch noch von aussen ausgeschmiickt habe.

102 sammt einem Becher von Thon mit feinen Reifen, wie Spiralen, von Erz umwunden. Ferner verdient von den Funden am Rosenauberg in den Jahren 1844 und 1845 (cfr. Raiser, die Funde am Rosenauberg, 1846) hervorgehoben zu werden: a. der kleine silberne Fingerring mit den Buchstaben MERC(urio); b. eine etwas verletzte Agraffe, jetzt ohne Dorn, schön mit Silberplättchen eingelegt. Auf einer zweiten Damenkleiderschliesse mit Email ist die Rückseite vorzüglich durch emailirte gefärbte Einlagen ebenfalls schön figurirt; c. zwei im Durchschnitt 3 Zoll grosse Metallschüsselchen, wie die Schalen einer Waage geformt, die für Schminkschüsselchen und ihre Composition aus wenig Silber und vielem Kupfer gemischt erklärt werden; d. zwei runde römische Metallspiegel (4Vs und 31/* Zoll gross); von dem einen versichert Raiser, dass er noch sehr gut das Bildniss des Beschauers wiedergiebt. Aus den weiteren Funden von Metall in der dortigen Gegend (Rosenauberg) sei noch erwähnt: p. 12. a. Drei grosse Fibulen zu Männerkleidung; b. ein Zirkel; c. Armringe; d. eine ganz mit grünem Rost überzogene Pfanne; e. zwei römische Schlüssel. Im Ganzen aber dürfen wir bei den Ueberresten aus Metall nicht vergessen, dass dieselben, namentlich wenn sie aus Edel­ metall waren oder diess auch nur beigemischt erschien, sich mehr dem prüfenden Blick des Historikers entzogen, als andere Gegen­ stände, hinter denen man keinen Werth vermuthete. Dass endlich hieher auch die überaus reichhaltige Sammlung von Münzen zu ziehen ist, die unser Museum enthält, versteht sich von selber. Da aber in der schöngeord­ neten Sammlung nicht genau geschieden ist, was von hier und von auswärts in derselben vereinigt ist, so ist diese sonst so sichere Quelle für historische Bestimmungen für unsere Zwecke weniger zu gebrauchen, als Manche glauben mögen. 4. Werke der Töpferkunst, der Glasbereitung etc. Geradezu überwältigend ist die Masse von Ueberresten aus gebranntem Thon, die allerorten, wo an dem oben bestimmten Platze der alten Römerstadt irgendwie in die Tiefe gegangen wird, zum Vorschein kommen. Bei der ungeheuren Zahl von allen

103 Gegenständen des Haushaltes, von Schalen, Tellern, Vasen, Schüsseln, Näpfen etc., die vorwiegend aus sogenannter terra cotta gearbeitet und mit so vortrefflichem Firniss überzogen sind, dass der Glanz desselben unverändert trotz tausendjährigen Rühens in der Erde an den Tag tritt — bei der ungeheuren Anzahl also von zierlichen Gefässüberresten jeglicher Art ist nun nicht wohl anzunehmen, dass dieselben, ursprünglich wo anders ge­ fertigt, erst auf dem Wege des Handels hieher gekommen seien. Einmal nämlich spricht dagegen die Zerbrechlichkeit der Waare selber, die für weitere Transporte sich nicht besonders eignete; zum andern wäre es nicht recht zu begreifen, wenn die vortreff­ lichen Thonlager* die der Boden der Landzunge, auf welcher Augsburg steht, überall in reichster Fülle dar bietet, von den Bewohnern der Stadt nicht benützt worden wären. Glücklicher­ weise sind wir nun aber in der Lage, die Reste einer vollstän­ digen römischen Töpferei, wenn auch nicht in Augsburg selbst, so doch in ziemlicher Nähe der Stadt, bei Westheim, am west­ lichen Abfall des Kobelberges nachzüweisen. Das Nähere hierüber ist in dem 17. und 18. Jahresbericht des historischen Vereins von Schwaben und Neuburg 1863 nachzulesen. Ich führe daraus nur > an, dass dort „im Bereich der Mauerreste und der beiden Brenn­ öfen weitaus die meisten Fragmente der verschiedenartigsten Gefässe und was besonders für die Annahme einer Töpferei sprach, mehrere Formen und Modelle zur Verfertigung von Grablampen, Schüsseln, Tellern und sonstigen Verzie­ rungen aus feuerfestem Thon ausgegraben wurden,“ sowie von den einzelnen Gegenständen hervorgehoben werden mag: 1. Unter den Fragmenten aus terra cotta, die sämmtlich mit trefflich gezeichneten Figuren geziert sind, befindet sich eines mit dem Namen des Verfertigers, der ganz deutlich zu lesen ist: COBNERTUS fec. 2. Die flachen, schöngeformten, länglich viereckigen oder ovalen Teller aus feuerfestem Thon, die sämmtlich mit Löchern zum Aufhängen versehen sind. 3. Von besonderer Schönheit und guter Zeichnung ist ein aus Thon gebrannter halb-erhabener Tannenzapfen. Haben wir nun also in der Nähe der Stadt unwiderlegliche Beweise von dem Betrieb der Töpferkunst auch nach der Seite der feineren Gefässe, so ist es namentlich in Betracht der un­ zähligen Gefässüberreste wohl nicht eine zu gewagte Annahme,

104 wenn wir behaupten, dass in der Stadt selber die Kunst, zierliche Gefässe zu bilden, vielfach geübt wurde. Hiemit aber stimmt auffallend überein, was Planta p. 217 sagt: „wahrscheinlich wurde namentlich auch der Handel mit Töpferwaaren in Augsburg schwunghaft betrieben: denn man fand hier Geschirre, welche, wie es ihre Stempel beurkunden, aus einer grossen Zahl verschiedener Fabriken herrührten, und da man mehreren dieser Fabrikstempel (Antiqui, Romani, Fortis, Acitui) auch in Rheinstädten, ja sogar in Paris, Nimwegen u. s. w. begegnet, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Augsburg für die Töpferei ein Hauptplatz der Fabrikation und des Handels war.“ * Sind nun auch unter den Gefässüberresten nur wenige voll­ ständig erhalten, so lassen doch die vorhandenen Trümmer auf merkwürdige Schönheit der Formen schliessen; namentlich zeigen die Reste aus terra cotta nicht selten eine Eleganz der Form und Zierlichkeit der Ornamentik, dass man sich geradezu verwundern muss über die innige Vereinigung von Kunst und Handwerk, aus welcher dieselben hervorgegangen sind. Auffallend ist hiebei das Eine, dass von den unendlich vielen hier gefundenen Ueberresten eine bestimmte Aehnlichkeit mit den aus der römiscjien Töpferei in Westerndorf1) hervorgegangenen Gefässen sich nicht nachweisen lässt. Auffallend aber nenne ich diese Erschei­ nung sowohl wegen der Grösse der dortigen Fabrik, als wegen der verhältnissmässigen Nähe des Ortes, der noch dazu an der von Augsburg nach Salzburg führenden Hauptstrasse ge­ legen war. Unter den vielen Ausgrabungen nun werde ich nur auf die reichhaltigsten Funde hinweisen, deren Ausbeute in dem hiesigen Museum zusammengestellt ist. Wenn wir hiebei in Erwägung ziehen, dass manche Gegenstände erst in einer Tiefe von 30 Fuss unter der jetzigen Oberfläche gefunden wurden (wie die amphora im Keller des Herrn Hammerschmidt, F. 67), dass ferner bei Grundlegung der Neubauten höchstens bis zu 15 Fuss ausgegraben wird, so mag der Schluss gerechtfertigt erscheinen, dass bei Weitem der grössere Theil von Ueberregten römi­ scher Cultur noch unter der Erde verborgen liegt und voraussichtlich auch verborgen bleiben wird. *) Cfr. die römische Töpferei in Westerndorf, von Prof. J, v. Hefner, München 1862. Mit 4 Tafeln Abbildungon.

105 Indessen ist die Masse des zu Tage Geförderten trotz der Nichtbeachtung und Verschleuderung, die Jahrhunderte lang ge­ herrscht hat, noch immer so gross, dass uns hinreichendes Material zu wichtigen Schlüssen an die Hand gegeben ist. Erwähnenswerth sind vor Allen: 1. Die Ausgrabungen bei der Frohnveste, welche Baurath v. Stengel in schöner Uebersichtlichke.it zusammengestellt hat. Hier überraschen uns ausser den schönen und verhältnissmässig gut erhaltenen Gefässen aus terra cotta auch die vielen Beste von gläsernen Gefässen,x) unter welchen eines (nach Versicherung des Herrn Custos Boger) die griechischen Buchstaben vixtj ent­ hielt. Ueberhaupt sind die meisten reicheren Funde von Gefässüberresten aus terra cotta mit Besten von Glasgefässen gemischt, von denen namentlich die bei der Frohnveste gefundenen durch die tropfenartigen Erhöhungen sich auszeichnen. 2. Von reicher Ausbeute waren ferner die Ausgrabungen bei Erweiterung des Kellers des Herrn G. Müller, F. 350—52. Ausser der oben erwähnten amphora mit der wichtigen Inschrift finden wir hier alle möglichen Gefässüberreste vertreten. Von beson­ derem Interesse sind die Beste eines Glasgefässes, bei welchem Flechtwerk nachgeahmt ist. 3. Die mannigfaltigsten Formen von Gefässen aller Art, von dem rohgeformten Küchengefäss bis zur eleganten Schale aus feinstgeschlemmtem Thon, zeigen die reichen Ausgrabungen in Hammerschmidt’s Keller, F. 69. Was Gefässüberreste anbelangt, so übertrifft diese Fundstätte alle übrigen an Beichhaltigkeit; auch ist es gelungen, einige Gefässe fast ganz wieder herzustellen; wenigstens lassen sich die Verhältnisse der Breite und Höhe, der Ausbauchung u. s. w. deutlich erkennen. Zu den seltenen Formen, wenigstens für die hiesige Gegend, gehören ein paar schwarzglasirte Gefässe, von denen eines namentlich vortrefflich er­ halten ist. 4. Die Kanalbauten am sogenannten untern Kreuz haben ausser manchen Gefässüberresten (namentlich ist ein Teller aus terra cotta gut erhalten) auch eine vollständige amphora geliefert, i) Cfr. Anthony Rieh, illustrirtes Wörterbuch der römischen Alterthümer, Paris u. Leipzig, 1862, unter vitrus. „Die Alten verstanden gläsernes Geschirr sehr geschickt zu bearbeiten, indem sie feine Edelsteine sehr geschickt nach­ ahmten, die Farben in ausserordentlicher Mannigfaltigkeit mischten, überhaupt dem Glase, nachdem es geblasen war, eine ausserordentliche Vollendung gaben.“

106 die unten spitz zugehend einfach in den Sand des Kellerraumes gesteckt wurden. 6. Die oben bereits erwähnten Ausgrabungen im Hinterhaus des Magistratsraths Treu bieten namentlich einige interessante Gegenstände der Keramik. Die kleine Statue aus gebranntem Thon (leider fehlt der Kopf und der eine Arm) zeigt sehr schöne Verhältnisse. 6. Neuerdings haben auch die Ausgrabungen unter den neuen Häusern auf dem Stadtpflegeranger, namentlich unter J. 20, eine reiche Ausbeute von Gefässüberresten der verschieden­ sten Art geliefert. Leider gelang es nicht, ein vollständig erhal­ tenes Gefäss zu gewinnen; auch zeigte sich deutlich, dass die eigentliche Ausbeute erst einige Fuss tiefer zu machen gewesen wäre. Auffallend ist allerdings, wie hier auf verhältnissmässig geringer Ausdehnung die verschiedenartigsten Gefässe sich fanden. Aber anzunehmen, dass hier eine Art von Scherbenberg gewesen sei, wo die zerbrochenen Gefässe hingeworfen wurden, das ver­ bietet vor Allem der Umstand, dass die Reste nicht massenweise bei einander gefunden wurden, sondern einzeln mit Erde umgeben und so, dass sie mit grösserer Vorsicht wohl ganz hätten zu Tage gefördert werden können. Auch der Fund von einzelnen wohl­ erhaltenen Münzen und einigen Bronzestücken spricht gegen die Annahme eines Schuttlagers von Scherben. Das Wahrscheinlichste bleibt darum, dass die Gefässüberreste einem Hause angehörten, das ausserhalb der eigentlichen Stadt an dem Wege zu dem xoi/it]ti]qcov der alten Augusta, welches wir in der Nähe des Wohnlich’schen Gartens nachgewiesen haben, gelegen war. Suchen wir nun aus all’ den mannigfaltigen, in ihrem Werth allerdings sehr verschiedenartigen Ausgrabungen ein Resultat zu ziehen, so ist das wenigstens ausser allem Zweifel gestellt, „dass auf der Stelle, auf welcher namentlich der nördliche Theil des heutigen Augsburgs steht, ein Gemeinwesen sich sich befunden hat, in welchem römische Sitte und Lebensweise, Kunst und Gewerbe mehrere Jahrhunderte hindurch in Blüthe war“. Dass wir uns hiebei fortwährend auf das beschränkten, was nachweisbar hier oder in der nächsten Umgebung von hier zu Tage gefördert wurde, das war geboten durch den ursprünglichen Plan der ganzen Arbeit.

107 Ist nun damit auch nicht erreicht, was den Namen einer Geschichte Augsburgs unter den Römern zu führen berechtigt wäre, so glaube ich doch wenigstens, was von hier gefundenen Ueberresten auf die ehemalige Römerherrschaft hinweist, in mög­ lichster Vollständigkeit zusammengestellt und unser Besitzthum an römischen Alterthümern möglichst genau registrirt zu haben. Finde ich späterhin Zeit und Müsse, so lässt sich die Arbeit zweckmässig dadurch vervollständigen, dass ich die Zeugnisse der Geschichte und die Denkmale, die in andern Provinzen des römischen Reichs gefunden, von der alten Augusta Vindelicorum Zeugniss geben, zusammenzustellen.versuchen werde.

m. Die Meistersänger und ein Volksfest zu Donauwörth. Von

Dr. Franz Ludwig Banmann.

Von Werth für die Geschichte des nordöstlichen Schwabens ist die Donauwörther StaHtchronik, welche der Kaisheimer Conventual Johannes Knebel, ein geborner Donauwörther, zu Ehr und Nutzen seiner Vaterstadt in den Jahren 1528 und 1529 zu­ sammenschrieb. Das Original dieser bisher noch unveröffentlichten und, wenn wir von Königsdorfers bekannter Geschichte des Klosters zum hl. Kreuz-in Donauwörth absehen, unbenutzten Chronik ge­ hört gegenwärtig der fürstlichen Hofbibliothek zu Maihingen und ist ausführlich von Dr. Theodor v. Kern in Sybels Zeitschrift VII, Beilage 118—121, beschrieben. Ich gebe hier die Angaben derselben über die Meistersänger zu Donauwörth und verbinde damit die kurze Schilderung eines Festes, das diese Stadt zu Ehren des Königs Maximilian feierte. Eine eingehende Beschreibung des Meistergesanges kann hier um so eher umgangen werden, als jede deutsche Literaturgeschichte über denselben ausführlich handelt. Knebel erzählt über die Meistersänger seiner Vaterstadt und über das ebengenannte Volks­ fest (fol. 206-208) also: Zwischen disen meren vnd lang vor ist zu schwebischen Werd ein kunstreicher vnd lobwirdiger brauch gewest, ain geschull vnd geselschaft, die maistersinger genant. Wie die maistersinger schuol gehalten sey worden zu Werd. Dise schul deß maistergesangs waß nu an vil andern orten vnd stotten, alß Augspurg, Nurenberg, Vlm vnd Norling1), da vil 1) Nördlingen.

109 guter maistersinger wasen, die auch dem gesaug weit nachzochen, haben sy doch zu Werd nit weniger freyhait gehabt von aim ersamen rat vnd die selben mit brief vnd sigel bestetiget. Ynd alle 4 wochen auf daß wenigest, so hett sy ain gemain singschül, da kamen sy dan all zusamen bey ainem wirt, da hetten sy ain bestelte Stuben, da sang ain ydlicher, der in diser geselschaft oder bruderschaft waß eingeschriben, ain lied, da hetten sy ain silberin Mariabild, daß satzten sy auf den disch, vnd hinder dem selben lagen die bucher. So dan ainer sang, so wasen 4!) verordnet, die selben musten aufmerckung haben, wo ainer in ainem silben, reimen oder abgesang12) feiet, so straften sy in vnd mercktens auf, vnd wo er vber 3 silben feiet, so hett ers gar verloren. Wellicher dan daß best that, der hette die krön gewunen, daß waß ain silberin krön mit ainem schwebenden hailigen gaist ainer hand brait, die selben must er 4 feyrtag auf dem hüt tragen zu kirchen vnd straß, darzu gewan er auch die zech,3) deß gleichen der ander. So dan die 4 feyrtag vergangen wasen, mocht der, so die krön hett gewunen, mitsampt den 4 maystern, die deß selb jar waren gewelet, ain andere schul verkinden. So dann wider ain schul waß, so dorft er die selben nicht singen, müst ain loser4) oder mercker geben. Ynd so iren ainer wolt darneben, wan es vm die krön gesungen waß, mit ainem andern vm waß5) singen, wurd daß zugeben, vnd musten die maister darvm sprechen. So aber ain ander burger, es wer frau oder man, jung oder alt, der nit von der schul waß, wolt zäheren, must er ain pfennig geben. Daß selbig gelt legten sy in ain gemain druchen, auch cotember G) gelt vnd ander straf, so sy ain ander selb straften. Vnd [so] ainer in dise schul wolt, so must er am ersten sich den 4 maistern anzaigen, die selben hieltens dan den andern für, 1) Ich setze für Knebels gothische Ziffern unsere gewöhnlichen arabischen. — Diese vier nennt Knebel im weitern Texte „mayster“, ihr gewöhnlicher Name war „Merker“. 2) Die Gedichte der Maistersänger waren strophisch. Ein solches strophisches Gedicht hiess „Bar“, die Strophe „Gesätz“. Letztere bestand ans zwei „Stollen“ und einem „Abgesang“, dessen Versn&ss von dem der Stollen verschieden war. 3) d. h. er war zechfrei. 4) Horcher von losen, schwäb. — horchen. 5) um etwas. 6) Quatember.

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so sy in dan wolten an lassen gan, so wurde im auf die neschsten schul verkindt. Da kam er her vnd thet sein schul recht mit ainem lied von 3 oder 6 oder 7 oder 9 oder 11 gesezen. Darüber liess man selten kan lied angon, vnd ain ydlich gesez, daß muß haben 2 Stollen vnd ain abgesang, auch waß außgelesen vnd erwelt 24 melodey oder thonn1), 2 3alß der Marner hett 3, den gülden vnd langen, deß gleychen der Regenbogen, der Munich von Salzburg, Kornheiß etc., sunst Hessen sy kan angan, dan die 24 *). Wan sy aber ain frey maistersingen vnd ain außgeschriben wolten halten, so galten nur 12, daß wurden die 12 maisterthonns) genant. Solicher singen verdenk ich etliche, die ich gesechen hab vnd gehert, daß da von aim ersamen rat wurd außgeschriben. Da kamen mayster von Regenspurg, München, Augspurg, Vlm, Essling, Nürnberg, Dinckelspuchl etc., vnd so oft von ainer statt 2, 3 oder 4, wie ful ir wasen, in die herberg kamen, so musten dan die 4 maister, die von ainer geselschaft darzu verordnet wasen, zu inen von stund gan vnd sy entpfachen, darnach dem burgermaister ansagen, so wurd inen dan von gemainer statt in die herberg geschenckt. Auch darzu schenckt ain ersam rat ain suma guldin, vnd wurden fanen darzu gemacht, daran die gewinend verzeichnet wasen, da waß etwan 10 gülden daß best, darnach imer ab. Ynd so dan gestimpter tag kam, so kamen sy dann al zusammen, die frembden vnd inwoner, vnd weiten auß inen maister, die solten aufmercken vnd urtailen. Darzu namen sy alweg ain gelerten man, daß waß zü diser zeit gewonlich maister Vlrich Zoller, der prediger, der muste bey im haben die baide testament vnd andere geschrift, darmit sy ir sach auß der geschrift mochten probieren.4) Disen merckern waß dann ain schon mit tepichen verhenckte zell gemacht, darin ain disch,'; vnd waß darzu not waß (geschach alle mal auf ge*) Die verschiedenen Melodien nannten die Meistersänger „Weisend 2) Die Melodien waren theils nach den Componisten, z. B. des Marners Hofton, Regenbogens langer Ton, oder willkürlich benannt, z.B. die abgeschie­ dene Vielfrassweis, die gestreift Safranblümleinweis u. dgl. 3) d. h. die Töne der 12 Meister. Die Meistersänger glaubten nämlich, 12 Meister seien die Begründer ihrer Kunst unter Kaiser Otto I. gewesen. 4) Die Bücher waren nothwendig, weil die Meistersänger forderten, dass ganz strenge der Text der Vorlage bei einer Dichtung eingehalten werde. Verstösse gegen diese Regel fielen schwer ins Gewicht, sie hiessen „falsche Meinungen“.

111 mainem tanzhauß). Ynd so sy dan ir sach hetten verordnet, so wurd dan der berueft, der der erst solt sein, dass er aufseß, da waß ain schöner sessel in der lieche aufgericht. So er dan aufsaß, der erst, so wurden dan offenlich alle artickel verkundt, wie vil feler und wie oft anheben ainem ydlichen wurd zugeben. So daß alles wurd verkundt, so fraget dan der maister ainer, die mercken solten, den, der singen wolt>, waß lieds er wolt singen, waß thonn, waß history, wie ful gesetztl) es hett, dan suchten sy daß in den buchern. So sy eß funden, so Hessen sy anfachen, dan merckten [die] verordneten auf, vnd so sy gedaucht, er hett in ainem wort oder silben gefeit, so hieß in ainer still halten, vnd Sachen die maister, ob es kurz oder lang solt sein, alß so einem poeten ain verß wird mensuryert, hette er dan gefeit, so wurds im gesagt, vnd ließ weiter außsingen. Darnach so eß auß waß, so beschriben sy dan alle puncten, wie, wa vnd wie oft er gefeit hette, vnd zaigten im solichs an. Also geschach aim ydlichen, biß es an daß end kam. Wellicker mensch sunst zu sollichem singen wolt, der gab 1 pfennig. Ynd wan sy ab­ gesungen hetten, so sasen die verordneten darüber vnd vrtaylten dan, wellicher daß best, ander, dritt etc. solt haben. So dan iren mer, dan ainer zu ainem gewinen waß, musten sy mit ain ander sckiden2).3 Vnd so es dan alleß beschlossen waß, so wurd ydlichem sein fenlin vnd gewinen geben vnd in ain gemaine herberg gangen. Da wurd in aber von aim ersamen rat zucht8) vnd eer mit schanck vnd danck entboten. Bey diser ubung mag ain ydlicher vernünftiger wol ermessen, daß es zu disen zeit baß in der weit ist gestanden, dan izund, dan da ist [ain] biderman an ainem feyrtag ob den buchern vnd geschrif't gesessen, hat da ain stund oder 2 gelesen vnd dan etwan zu andern gesellen gangen, vnd waß dan ain ydlicher hat gelernet, daß haben sy mit ain ander angefangen zu probieren vnd darzwischen ain maß wein getruncken vnd gesungen mit ain ander, vnd so [sie] dann ain stund oder 2 bey ain ander gewest vnd abgerechnet, hat ainer ain pfennig oder 7 geben, auf daß maist 8 oder 9.

l) d. h. „Gesätze“. Mhd. bedeutet „scheiden“ eine Streitsache entscheiden (Lexer, Mittel­ hochdeutsches Handwörterbuch II, 686). Ebenso hier: mit einander entscheiden, d. h. wohl „durch das Loos“. 3) zuht bedeutet mhd. auch „Bildung, Anstand“. '*)

112 Solichs hab ich darvm gesezt, daß die jungen viiser nachkumen wissen, waß die alten vir ain ubung vnd gewerb haben triben, darmit sy abstanden von irem viehischen leben, daß sy brauchen, dan laider izund kein göttliche forcht mer ist, auch der gottsdienst verachtet, kainer sucht daß gottswordt, wenig die mess, noch vil munder die vesper. Izund so bald ainer hatt ge morgen gessen, so ist der nechst gang in daß weinhauß, da ist kain maß, dann nur allain zutrincken und fol sein, darnach spilen und rasslen *), gottlestern, hauen und stechen, vnd daß deß allerbest ist, so sy also vol send, so vergessen sy irere eren, vnd etwan legen sy sich in vnrain bryeä) vnd geschelschafft ver­ schonter weiber, thond gleich, alss die kinder von Israhel13),*2 do sy hetten gesen vnd druncken, stonden sy auf spilen, daß ist, sy tanzen vm daß kalb vnd Verliesen den waren, lebendigen got. Also thond solich, so sy dahaim frumeA schone eer weiber haben vnd gand zu andern vnflettern. Daß haben nit die alten Römer thon, alß vnß die historien beweisen, noch die alten Teuschen, alß Cornelius Tacitus bezeugt, auch C. Julius K.,*) der sezt, daß* die alten Teuschen ain hartt, arbatsam volck sey gewest, in den kriegen streng vnd verherrig, in dem hunger gedultig, an brott vnd wasser genuegig, seiner eeren behutig, ires aids nit milt, aber gewiss, vnd sezt weiter C. Julius Cesar im 4 buch seiner geschieht deß galischen streyts, daß die Teuschen seind so gmeß gewesen, daß sy kain wein haben zu in lassen fueren oder bauen, darmit sy durch solichs nit an guten gethatten gehindert wurden vnd zu dem laster genaigt. Aber laider daß lob der messigkait haben sy grob verloren bey aller nacion. Dass ich aber nu vil red vermeyd, will ich auf die matery layten wider vm, vnd also daß 1500 jar anfachen, in welichem zu Rom daß jubeljar ist gehalten mit volkumer gnad daß gnatz jar, zu welicher genad ain grosse zal vnd menig deß volcks durch Werd vnd anderst auß Meychsen5), Sachsen vnd der gleichen landen zoche. In disem jubeljar kam königcliche mayestat mit seinem hoff1) sp. und rasslen finden sich neben einander auch sonst im Mittelalter, s. Lexer II. 355. 2) Brühe. 3) Am Rande steht: exodi. 4) Am Rande: C. Julius in commentariis. 5) Meissen.



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gesund gen schwebischen Werd vnd abermals in sein gewonlicbe herberg zu dem hailigen Creuz1). Vnd alß sein mayestat ain klaine zeit da waß gewest, kamen auf den weißen sonetag (März 8) froelich bottschafften, wie seiner mayestat herr vnd sun, kinig Philips,2)3 ain jungen sun liette übörkumen,:j) weliche botschafft grosse freud machet nit allain k. Mt., sunder auch allem hofgesund vnd burgerschafft zu Werd mit im. Wie ain froeden fetir vnd costlicher danz zu freden vnd eeren k. Mt. gehalten wurd. Also auf obgedachten weißen sunetajj haben die burger zu Werd bey dem hailigen Creuz ain grossen hauffen holz vor sant Veits capel an dem berg angelegt, vnd von k. Mt. krenz mit guldin ringken darauf gesteckt, den hauffen mit stro, schweffel, puluer besteckt vnd zu ring darvm hoer trumeten vnd baugken darvm gestellet vnd also verkündet, so der hauff mit feur wurd angestossen, daß sy all mit schall solten aufblasen, vnd welicher darnach ain kranz mechte mit seiner hand holen, der wer sein mit sampt dem anhangenden klainet, (aber wenig wurden geholet). Alß nu daß feur mit seinem flamen in alle hoch aufstig vnd daß gethön von baugken vnd trumen außerhalb der statt weit erhal vnd erschin, send die vmligenden nachbauren in den doerffern erschrocken vnd also der statt zugeeylet, vermainten, es bren oder were inen ainicherlay Schadens zugestanden. Vm soliche zulauffung wurde in fraintlich gedankt vnd mit gutem beschaid abgewisen. Alß aber nu daß feur waß erloschen, daß gethoen vergangen, haben darzwischen die ersamen burger irem herren vnd kinig zu eeren vnd freuden ain schoenen tanz mit iren weiben vnd kinden zugericht auf dem tanzhauß, vnd daß mit fleyß vnd zier zugericht nach aller notturfft, auch daher speiß vnd dranck nach lust mit köstlichen credenzen verordnet, dann on frowen4) vnd wein ist beß frelich sein. Alß nu solichs alls zu waß gericht, ist kinigcliche mayestat mit grosen eeren darzu belaidtet worden, vnd also den ersten rayen mit Michel Im Hoffs gemachel gethon, darnach ander fürsten, l) Kloster Heiligkreuz in Donauwörth. *) Sohn Maximilians und Maria’s von Burgund, Gemahl der Königin Johanna von Kastilien. 3) Dieser Sohn ist Karl V., geboren zu Gent am 24 Febr. 1500. 4) Eine spätere Hand corrigirte: frommen.

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114 grafen, freyen, riter vnd knecht, hett auch k. Mt. sein trumeter, kessel oder hoer taugen auf ain ortt verordnet, auf den andern die zwerchpfeyffen vnd feldbaugken, auf den dritten zingken vnd ander pfeyffen. Vnd alß dieße freud ain end hett, ist k. Mt. wider an sein herberg geriten, vnd da alle ding von gemainer stat dienern behalten worden.

IV.

Hans Lutz und Clemens Sender. Von

Bibliothekar Kränzler.

Unter dem Titel: Tagebuch des Hans Lutz, veröffentlichte Herr Studienlehrer Greiff im combinirten Jahresbericht des histo­ rischen Vereins für Schwaben und Neuburg pro 1847 und 1848 einen Bericht aus dem 16. Jahrhundert über Bauernkriegsbegeben­ heiten, von dem er glaubte, dass er von Lutz selbst geschrieben sei. Greiff sagt a. a. 0. S. 49: „Könnte ich den Lesern eine Probe von der tapfern, festen, gleichmässigen Handschrift mittheilen, die unser Lutz im Tagebuch führt, so würden sie mir gewiss beipflichten, wenn ich daraus den Schluss ziehe, der Schreiber müsse ein gewaltiger und handfester Mann gewesen sein, der, wenn’s galt, als ein rechter Schwabe gute Arbeit zu machen im Stand war.“ Die in diesen Worten Greiffs ausgesprochene Ansicht ist nicht richtig. Im Augsburger Stadtarchiv befindet sich eine Handschrift in 4°, mit 619 Bll, in schwarzen Pappendeckel gebunden, welche die Chronik des Benediktiners Clemens Sender enthält. Offenbar ist diese Handschrift identisch mit der, welche Veith meint, wenn er in seiner Bibliotheca Augustana, die Werke Sen­ ders aufzählend, S. 164 sagt: „IV. Chronik von der Stadt Augs­ burg, in 4°. Vidi hoc opus, Corio nigro tectum, in bibliotheca collegii quondam Societatis Jesu. Vidit ante me F. A. Oefelius &c. &c.“ Oefele rühmt a. a. 0. das Opus: „Opus est plenum bonae frugis . ... dignum ornnino, quod in lucem edatur integrum, nullaque sui parte mutilatum.“ S. auch Zapf, Augsb. Bibliothek, I. S. 50. 8*

116 Der Chronik voraus in der genannten Handschrift geht eine Widmung, welche das erste Blatt füllt: „Dem Eerenuesten hem hern Jeronimo Fugger Burger zu Augspurg, Bo. Kay. Mt Bat seinen besundern lieben gün­ stigen Hern. Ewr herlichait vnd magnificentz sey zu aller zeit mein armss gepet, willig geflissen dienst hertzlichen zuvor bereit.“ Folgt, was bei Yeith S. 165 abgedruckt steht. Am Schlüsse der Widmung heisst es: „Dat. Augspurg zu sant urlich an Sant Johannis des tauffers tag. Anno dm. 1536. ■ E. H. williger capplan Clemens Sender von Laugingen Conventual zu sant vrlich vnd Afra.“ Die Chronik beginnt: „Von der Stat Augspurg erste erbawung. Die Stat Augspurg ist angefangen worden zu bawen 600 iar nach dem syndfluss und 2400 iar vor Cristus gepurt von den wenden vnd vindelicis, zu der zeit da der kinig Sparetus in Assyria geregiei't hat“ etc. F. 14a ist die Chronik schon beim 13. Jahrhundert und f. 268b bei 1500; f. 619a schliesst sie mit folgender Notiz: „Auff disen tag [afftermontag nach dem 8. may 1536] ist auch herkomen pfaltzgraff philipps, vnd der hertzog von Braunschweig. Die haben auch mit herr anthoni Fugger gen Nacht geessen bey dem Ertzbischoff von Lunda, dise zwen Fürsten sind auch zu dem kayser in krieg zöchen. Die beyden herrn Fugger nit on gelt sind abgescheyden.“ Ein anderes Manuscript der Chronik des Clemens Sender, in fol., in Schweinsleder gebunden und von derselben Hand wie das oben beschriebene (wir wollen das erste A nennen, das zweite B), befindet sich seit einiger Zeit wieder in der hiesigen Kreisund Stadtbibliothek, nachdem es ein Vierteljahrhundert im könig­ lichen geheimen Hausarchiv in München gewesen war. F. la ist leer. F. lb steht eine Dedikation, beginnend: „Erenuester besunderer lieber günstiger Herr. Ewr her­ lichait manificentz sey zu aller zeit mein armss gepett &c. &c.“ Sie bewegt sich dann fast in denselben Gedanken wie die Wid­ mung von 4, zum Theil unter Anwendung derselben Worte. Den

117 Namen des Angeredeten erfährt man nicht. Und das Datum ist ein anderes, ein späteres: „Dat. Augspurg zu sant vrlich An sant Afra bekertag [26. Oktob.] Anno 1536. E. H. williger capplan Clemens Sender von Laugingen daselben Conuentual.“ Hierauf folgt von f. 2a an (cum num. 1.) die Chronik auf 421 von ihrem Schreiber selbst numerirten Bll. F. 418b ist die Stelle, welche den Schluss der Handschrift A bildet, worauf noch 5 Seiten weiterer Notizen kommen. Die letzte, f. 422a (cum num. 421), ist folgende: „An sant vrsula tag [21. Oktob. 1536] hat der Spitalschreyber vnd ain Rodler die Spitaler alle zu ain ander beriefft, vnd in aines Rats namen inen verbotten, das ir kainer in die kirchen zu ainer Mess gang, oder zu dem weychbrunnen, oder ain weychbrunnen in das Spital trage, wer wider solichs thie, der sol an alle gnad sein pfrend verfallen sein, vnd zu dem Spital aussgestossen werden.“ Nach 25 leeren Bll. kommen nochmal acht beschriebene; was sie enthalten, sagt die Ueberschrift: „Hernach uolgent die 10 Krayss, wie vnd auff welche ort die in das gar: tz Ro. Reich aussgetaylt, vnd welche Stendt in yeden Krayss gehören nach altem herkomen, vnd die tax eines yedlichen, vil oder wenig, nach erayschung der nott.“ Diese beiden Manuscripte nun der Chronik des Clemens Sender sind geschrieben von derselben Hand, welche das von Hrn. Greiff ^dirie angebliche Tagebuch des Hans Lutz geschrieben hat, so dass, wenn Greiffs oben angeführte Ansicht richtig wäre, wir von dem „gewaltigen und handfesten“ Hans Lutz, dem Kriegsherold, auch zwei Abschriften der Chronik Senders hätten. Da liegt denn doch die Annahme näher, dass die beiden Chroniken und das angebliche Lutz’sche Tagebuch von Senders Hand geschrieben sind. In unserm geschriebenen Katalog heisst es auch von der Handschrift B.: „Senders eigene Handschrift.“ Hienach bemerkte Mezger in seinem gedruckten Verzeichniss der Handschriften der hiesigen Bibliothek (Augsburg 1842) sub Nr. CCLXXXX: „Hunc codicem CI. Sender ipse scripsit.“

118 So würde sich sehr einfach erklären, was Greiff sagt, der eine spätere (von B genommene) Abschrift der Senderschen Chronik vor sich hatte, dass „deren Mittheilungen mit dem Inhalt des Tagebuchs aufs genaueste zusammenstimmen“. Was die Chronik über den Bauernkrieg hat, stellt sich als ein Auszug aus dem so­ genannten „Tagebuch“ dar. Wir glauben beweisen zu können, dass dieses und die Manuscripte A und B von Senders Hand sind. Nach PI. Brauns Notitia besass das Kloster von St. Ulrich folgende Handschriften von Sender: Chronographia, XII voll, in 4°; Breviarius decretorum ac decretalium Sexti & Clementinarum in 4°; Armarius animae in 8°; Adversaria astrologica in 8°. Diese Handschriften sind alle verschwunden, wenigstens die Kreis- und Stadtbibliothek hat davon keine, und von der Mün­ chener Staatsbibliothek erfolgte auf geschehene Aufrage die Ant­ wort, „dass sich nichts Handschriftliches von Clemens Sender vor­ findet. Von den Handschriften, welche in Brauns notit. tom. I. als von diesem Conventualen herstammend aufgeführt sind, ist keine in unsere Bibliothek gekommen.“ Beim Suchen nach den vorhin genannten Werken Senders fanden sich aber, wenn auch keines von diesen, in der hiesigen Bibliothek zwei Codices, die einmal Senders Eigenthum gewesen sein werden und in die er seinen Namen geschrieben hat: fr. Clemens sinder, ora pro me. Wir haben hier ganz dieselben Schriftzüge wie in den Hand­ schriften A und B und im angeblichen Lutz’schen Tagebuch. Man könnte noch fragen, hat es einmal ein Lutz’sches Tage­ buch gegeben und hat sich Sender davon eine Abschrift genommen ? Zur Beantwortung dieser Frage steht uns kein Material zu Gebote. Dass es in diesem Bauernkriegsbericht einmal heisst: „ich Hans Lutz“, das beweist jedenfalls für sich allein noch nichts.

V.

Kleine Mittheilungen. Fund eines goldenen Kreuzes in einem uralten Grabe. Auf einem Lehmgrunde bei Langerringen, einem Pfarrdorfe im k. Bezirksamte Augsburg, stiessen im Herbste vorigen Jahres Ziegelarbeiter beim Ausbeuten von Lehm anf mehrere Gräber und fanden in denselben Lanzenspitzen, Mantelschliessen, Perlen von Thon, Glas und Bernstein, silberne und goldene Schmuck­ sachen, ferner einige Goldmünzen und ein goldenes Kreuz. Leider wurden die meisten gefundenen Gegenstände ver­ schleudert, die Goldmünzen, so wie die silbernen und goldenen Schmucksachen an einen Goldarbeiter verkauft und von diesem sofort eingeschmolzen. Glücklicherweise kam das goldene Kreuz in die Hände des Herrn Goldstickers und Antiquars Anton Seitz dahier, welcher mit anerkenneuswerther Uneigennützigkeit dieses höchst inter­ essante Fundstück dem historischen Vereine von Schwaben und Neuburg zum Geschenke machte. Dasselbe ist sehr zierlich aus feinem Goldblech getrieben; der senkrechte Balken ist 60 mm. lang und 17 mm. breit, der Querbalken 45 mm. lang und 17 mm. breit; die Enden sind mit Ausnahme des untern etwas abgerundet; oben und unten ist eine kleine Oeffnung, wahrscheinlich von Stiften herrührend, mit denen es etwa auf der Brust des Todten befestigt war; die Fläche ist mit niedlichen Schleifen und einer perlartigen Einfassung verziert. In der Mitte des Kreuzes, wo beide Balken zusammenlaufen, ist ein erhabener Ring von 20 mm. Durchmesser und in demselben das Brustbild des byzantinischen Kaisers Phokas, mit vollem Ge­ sichte. Das kaiserliche Diadem schmückt sein Haupt, von welchem rechts und links eine lange Locke herabhängt, der Bart ist spitzig zugeschnitten, die rechte Hand hält ein Kreuz empor, die linke

120 ist unter dem kaiserlichen Mantel verborgen; die Umschrift in barbarischen Schriftzügen lautet: D N FOAO (sic) PERP AVG. d. i. Dominus Noster Foca Perpetuns Augustus. In dem Grabe, in welchem die silbernen und goldenen Schmuck­ sachen, sowie das goldene Kreuz gefunden wurden, war nach Aus­ sage der Arbeiter ein grosser, wohlgeformter Todtenschädel, zum Theil noch mit rothen Haaren bedeckt, und muss der hier Be­ stattete im Leben eine angesehene Persönlichkeit gewesen sein, wie der ihm mitgegebene reiche Grabschmuck bestätigt. Phokas regierte von 602 bis 610 n. Chr. und datirt sich dieses Grab wahrscheinlich auch aus dieser Zeit, da das darin gefundene Kreuz nicht die geringste Spur von Abnützung zeigt, obwohl das Goldblech so dünn wie Schreibpapier ist. Grosshauser.

VI.

Beiträge zur Verfassung und Geschichte der Reichs­ stadt Donauwörth. Von

Felix Stiere. Zu Zeiten des heil, römischen Reiches wurde von dessen Städten keins ihrer Besitztümer mit grösserer Sorgfalt und Wertschätzung gehütet als das Archiv. Seine Urkunden und Akten waren ja die juristische Grundlage der Freiheit und des städtischen Besitzes und bildeten eine Schutzwehr gegen die Fürsten und Herren, welche wie hungrige Wölfe die „ummauerten Bauern“ umlagerten, gierig, mit deren Fett und Fleisch ihre leeren oder unersättlichen Mägen zu füllen. Zugleich umwob das stolze und freudige Bewustsein der Reichsunmittelbarkeit und der eigenen Kraft auch die schriftlichen Zeugen der städtischen Hoheit und der männlichen Thaten, wodurch diese Hoheit errungen und erhalten worden war, mit heiligenden Strahlen, welche selbst in den späteren Zeiten, wo die Herzen der Bürger in dumpfem Krämersinn verknöchert und das Reich zu einem wesenlosen Begriffe geworden war, nicht ganz verblassten. Endlich fehlte es auch in den Städten, wie die zahlreichen Chroniken beweisen, nie an historischem Sinn, welcher die Denkmäler der Vergangen­ heit schätzen lehrte. Das wurde anders, als das Reich sich auflöste, und die Reichsstädte dem sie umgebenden Fürstengebiete einverleibt wurden. Die Privilegien und Urkunden verloren meist ihren Werth für die politischen und socialen Verhältnisse. Den fürst­ lichen Beamten, welche das Regiment übernahmen, war die Ver­ gangenheit des Schauplatzes ihrer Thätigkeit fremd und gleich­ gültig , bei den städtischen Behörden aber sanken politisches und historisches Interesse und Verständniss rasch in gleich enge Grenzen, wie den Befugnissen der Magistrate gezogen wurden.

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122

Da wanderten denn die Schätze des Archivs meist in abge­ legene Winkel und wenn sie nicht ein glücklicher Zufall der Vergessenheit bis auf unsere, besseren Tage anheimgab, ver­ schwanden sie unbemerkt oder wurden gar wohl geringschätzig an Goldschläger und Papiermühlen verkauft. Mitunter hatten auch schon Kriegeswirren oder die im Mittelalter so häufigen Feuersbrünste dem Werke der Zerstörung vorgearbeitet. Das Ergebniss ist, dass wenige Städte ein annähernd voll­ ständiges Archiv besitzen, die meisten nur Bruchtheile ihrer alten Schätze gerettet haben, einige kaum noch etwas davon aufzu­ weisen vermögen. Als ich in Kaufbeuren jenen Streitigkeiten nachging, in welchen durch Baiern und Bischof Heinrich V. von Augsburg der katholischen Minderheit in der Stadt das Uebergewicht verliehen wurde,*) hörte ich erzählen, dass vor Jahren das städtische Archiv in einem Thurm gelegen habe und mit der Zeit verkommen sei. Auf dem Kathhause fanden sich nur noch einige Protokolle. Die meiner Forschung dienlichen städtischen Akten waren lediglich dadurch gerettet worden, dass sie in den Besitz der evangelischen Pfarrkirche übergegangen. Hiebt viel weniger öde sieht es in dem Archive eiuer an­ deren kleinen schwäbischen Reichsstadt, in dem von Donauwörth aus. Im 14. Jahrhundert verwüsteten Brände den „Stein“, wie das Briefgewölbe der Stadt genannt wurde, und 1458 tastete Feindeshand dessen Schätze an. Als dann i. J. 1607 die Stadt in Folge des „Fahnenstreites“ in die Hände Herzog Maximilians von Baiern fiel, liess dieser alle auf jenen Streit bezüglichen Akten nach München bringen. Seitdem dürfte abgesehen von den Raths­ protokollen, welche jedoch auch nur innerstädtische Verhältnisse berühren, wenig politisch Wichtiges mehr in den Stein gelangt sein, da die Regierung und Verwaltung von baierischen Beamten geführt wmrden. Der Rest des gebliebenen älteren Bestandes ist später ebenfalls fast ganz nach München gekommen. Ihn und das in Donauwörth noch vorhandene Urkundenmate­ rial hat A. Steichele in seinem trefflichen Buche : „Das Bisthum Augsburg historisch und statistisch beschrieben“, Bd. III, Augs­ burg 1866, mit gewohnter Unermüdlichkeit und Umsicht verwerthet. t) S. meine Schrift: „Die Reichsstadt. Kaufbeuren und die baierisclie Restaurafcionspolitik. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des dreissigjährigen Krieges.“

München 1870.

123 Die Akten der religiösen Streitigkeiten sind von P. Ph. Wolf: für die „Geschichte Maximilians I. und seiner Zeit“ Band II, München 1807, von M. Lossen in seiner so anziehend geschrie­ benen Dissertation: „Die Reichsstadt Donauwörth und Herzog Maximilian“, München 1866, und endlich von mir in meinem Buche: „Der Ursprung des dreissigjährigen Krieges, 1607—1619, Erstes Buch, Der Kampf um Donauwörth im Zusammenhänge der Reichs­ geschichte dargestellt“, München 1875, benützt worden. Einen wohl zufällig mit den zuletzt genannten Papieren nach München gekommenen Rest von Akten, welcher die Reformationsgeschichte Donauwörths in manchen Punkten wesentlich aufhellt, hotfe ich in Kürze in ei,ner neuen Veröffentlichung auszubeuten. Erst nachdem mein Buch gedruckt war, machte mich meid verehrter Freund, Herr Reichsarchivassessor und Professor Dr. Rockinger, dessen liebenswürdigem Gedenken ich so manchen un­ erwarteten Fund verdanke, auf eine kleine Schrift im Reichs­ archive zu München aufmerksam, welche auch Steichele verborgen geblieben war.J) Es ist eine Eingabe, durch welche der Rath von Donauwörth beim augsburger Reichstage von 1559 den Kaiser Ferdinand um Bestätigung, beziehungsweise Erweiterung seiner Freiheiten anging. Aehnliche Gesuche werden all jenen Freibriefen zu Grunde liegen, mit welchen die Kaiser und Könige ihre getreuen Reichs­ städte begnadeten. Meines Wissens ist jedoch deren sonst keins bekannt geworden. Schon aus diesem Grunde verdient mithin das donauwörther Schriftstück der Vergessenheit entrissen zu werden. Weit mehr noch berechtigt jedoch sein Inhalt die Veröffent­ lichung, denn es bietet uns eine Reihe sehr merkwürdiger Nach­ richten- über die Verfassung und die Geschichte der Stadt, welche uns von den bisher zugänglichen Quellen vorenthalten oder un­ vollständiger gegeben wurden. Ehe wir jedoch auf den Inhalt eingehen, müssen wir uns mit unserer Vorlage bekannt machen. Als ihr Verfasset wird in der Ueberschrift Sixt Sonner be­ zeichnet, welcher trotz seinem katholischen Bekenntnisse von der protestantischen Mehrheit des Rathes in den Regierungsausschuss, 1) Eine Abschrift dieses Aktenstückes von Lippcrt befindet sich auf der Staatsbibliothek zu München, Codex Germ 2101,

9*

124 den geheimen Rath, gewählt worden war,') worin wir wohl ebenso einen Beweis seiner geschäftlichen Tüchtigkeit finden dürfen, wie sich in dem Umstande, dass ihm und nicht dem Stadtschreiber die Abfassung des Gesuches aufgetragen wurde, die gute Meinung kundgiebt, welche die Donauwörther von seiner Kenntniss der Stadtgeschichte und der Reichsgeschäfte gefasst hatten. 2) Der Entwurf Sonners oder eine Abschrift desselben kam dann nach d. J. 1575, in welchem der Streit über die Schirmvogtei zwischen dem Kloster Heiligkreuz und der Stadt wieder autlebte,3) in die Hände eines Mönches aus jenem Stifte, denn nur von einem solchen können, wie schon ein späterer Besitzer der Schrift bemerkte, die unten mitzutheilenden Angriffe gegen das Schirm­ recht des Rathes an den Rand gesetzt worden sein. Wahrschein­ lich rühren sie von P. Georg Beck her, welcher i. J. 1618 seine Chronik von Heiligkreuz unter Benützung des Stadtarchivs zu­ sammenstellte und derartige Ausfälle liebte.4) Dass er Sonners „libellus articulatus, das kaiser Ferdinando zu confirmieren uber­ geben“, kannte, sagt Beck selbst unter bitterem Tadel gegen den Verfasser, welcher den Kaibach unter den Flüssen Donau­ wörths genannt habe.5) Vielleicht machte Beck auch zu seinen eigenen schriftstellerischen Zwecken jene Inhaltsangaben, welche bei unserer Abschrift theils am Rande theils im Texte erscheinen. Im J. 1633 war das so vermehrte Exemplar, wie aus der Bemerkung am Schluss unserer Vorlage hervorgeht, in den Händen eines protestantisch Gesinnten, sei es, dass bei der Einnahme der Stadt durch die Schweden aus dem Kloster Papiere herausge­ nommen wurden, sei es, wras weit wahrscheinlicher ist, dass P. Beck die Schrift ans städtische Archiv zurückgegeben hatte und in diesem nun während der kurzen Zeit aufs neue erlangter Selbständigkeit nach urkundlichen Behelfen für die Reichsunmittel-

*) Vgl. meinen Ursprung I, 16. 2) Beck sagt in seiner Clironik von Heiligkreuz f. 183b ausdrücklich, Sonner sei wegen seiner Erfahrenheit in Reichs- und Kreissachen zum Rath­ geben erwählt: das ist indes» vielleicht nur Rückschluss aus unserer Schrift. 3) S. meinen Ursprung I, 18. *)

Vgl. meinen Ursprung I, 26 und Lossen, S. 69.

5) f. 46b. Dass Beck Sonner mit. Unrecht des angegebenen Irrthums zieh, wird der Wortlaut der Schrift zeigen; es erklärt sich indess daraus, dass Beck aus dem Gedächtnisse und mit einer Flüchtigkeit schrieb, die ihn mitunter — Wie z. B. gerade in Bezug auf Sonner — sich selbst widersprechen liess.

125 barkeit gesucht worden war. ’) Mit der letzteren Annahme ver­ bindet sich dann von selbst die zweite, dass der Verfasser der Schlussbetrachtung ein Mitglied des Rathes war. Vermuthlich war auch er es, der die Gegenbemerkung zu den Ausführungen über des Klosters Schirmfreiheit niederschrieb. Da diese in jener als „beigesötzte Umstände“ bezeichnet werden, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der stadtfreundliche Glossator noch das von Beck benützte Exemplar vor sich hatte. Wann die Inhaltsangabe am Schlüsse beigefügt wurde, ent­ zieht sich der Vermuthung. Die Ueberschrift derselben, in wel­ cher 1558 natürlich ein Schreibfehler für 1559 ist, werden wir als einen alten Kanzleivermerk betrachten müssen. Die mir vorliegende Abschrift endlich dürfte gegen Ende des 17. Jahrhunderts verfertigt sein, da statt 1416, 1559 u. s. w. 1616, 1659 u. s. w. gesetzt ist, was wohl nur jemandem, welcher längere Zeit nach den letztgenannten Jahren lebte und doch noch gewohnt war, die Zahl des Jahrhunderts mit 16 zu beginnen, widerfahren konnte. Unser Abschreiber malte nun gedankenlos die Buchstaben nach. Da er manche nicht lesen konnte, zerrüttete er den Satz­ bau, liess einzelne Wörter aus und fügte die verschiedensten Casus zusammen. Wie er die Jahreszahlen behandelte, ist oben angedeutet und wird sich unten weiter zeigen. Die grösseren Inhaltsangaben und anderen Randbemerkungen schrieb er in grösserer Schrift zwischen den Text, diesen rücksichtslos unter­ brechend , einzelne vermischte er sogar damit. Ja er schrieb, da ein oder mehrere Blätter an falscher Stelle lagen, trotz den fortlaufenden Nummern der Paragraphen einen späteren Theil der Vorlage vor den früheren. Die Abschrift ist mithin höchst mangelhaft. Ich habe jedoch nur da, wo es zum Verständnisse unerlässlich schien, in [ ] Er­ gänzungen oder unter dem Texte in Anmerkungen Erläuterungen gegeben. Kleine Schreibfehler habe ich einfach verbessert. Die Inhaltsangaben habe ich, wo sie nichts Neues oder keine Abweichungen enthielten, des Abdrucks für unwürdig erachtet. Fragen wir nun nach den neuen Mittheilungen , welche uns das Aktenstück darbietet, so begegnet uns zuerst die Angabe *) Die Stadt hoffte auch nach dem Abzüge der Schweden noch auf die Rückgabe ihrer Freiheit. Ygl. meinen Ursprung I, 484.

126 über die Verleihung des Stadtrechtes an Donauwörth, über die Einführung von Bürgermeistern, Eath und Ammann, über die Eeichssteuer und über die Verleihung des Siegels. Beck verstand die betreffende Stelle dahin, dass Sonner be­ haupte, Donauwörth sei 1190 ans Keich gekommen.1) Sonner sagt jedoch nur, dass das Geschlecht der Herren von Donauwörth im bezeichnten Jahre erloschen sei, während Beck Manegold IV. damals nach dem hl. Lande ausziehen und erst am 4. April 1191 vor Akkon (Ptolemais) sterben lässt.2) Beide Angaben sind nach Steicheles Feststellungen3) falsch. Sollte aber die Sage für den Tod oder Auszug Manegolds wohl so ganz willkürlich das Jahr 1190 herausgegriffen haben und nicht, vielmehr die Vermuthung zulässig sein, dass ihr das Datum der die Reichsunmittelbarkeit begründenden Urkunde den Punkt geboten habe, an welchem sie mit dem in jener bezeugten Ereignisse das unbestimmt überlie­ ferte fixirte ? Becks Angabe über Manegolds Todestag lässt sich, soviel das Jahr angeht, aus einer Conjectur über die Dauer des Zuges von Donauwörth nach Akkon erklären, am 4. April aber mag das Gedächtnis der Herren von Werd in dem von ihnen gestifteten Kloster Heiligkreuz begangen worden sein.4) Die Ueberlieferung, dass Heinrich VI. die Stadt mit der Reichsfreiheit begnadet habe, dürfte gegen jeden Zweifel gesichert erscheinen, da die älteren Stadtsiegel in der That, wie Sonner angiebt, rückwärts, im Secret, ein H zeigen. Dass Heinrich Kaiser ge­ nannt wird, kann aber nichts gegen das Jahr 1190 beweisen, denn Sonner bezeichnet sogar jene Herrscher des Reiches mit diesem Titel, welche niemals die Krönung zu Rom erlangten. An zweiter Stelle giebt uns die Eingabe das bisher unbekannte Jahr [1252] für die Verpfändung Donauwörths und anderer Güter durch Konrad IV. an. *) f. 37a. Da Steichele, Bisthum III, 700 ff. nachgewiesen hatte, dass Manegold IV. schon vor 1190 starb, glaubte ich der von Beck, wie sich jetzt zeigt, ungenau mitgetheilten Angabe Sonners, dessen Erfahrenheit in Reichssachen Beck selbst rühmt, in meinem Ursprung I, 11 (wo jedoch durch einen Druckfehler 1196 statt 1190 steht) folgen zu dürfen, indem ich mir die jetzt gegebene Begründung für den schon damals in Aussicht genommenen Aufsatz über die don. Reformation neben einigen anderen Beiträgen zur d. Verfassungs­ geschichte vorbehielt. 2) f. 36 b. 3) S. oben Anm. 1. 4) In entsprechender Weise diente das festum allationis s. crucis zur Be­ stimmung des Tages, an welchem Manegold I. das Kloster Heiligkreuz gestiftet habe. S. unten,

127 Den Brand des Rathhauses, welcher die meisten Urkunden des „Steins“ vernichtete, erwähnt schon Beck *) zum Jahre 1366; einen anderen, welcher ausser dem Stein und dem Rathhause auch einen grossen Theil der Stadt zerstörte, setzt er ins Jahr 1317. *) Die Verminderung des Urkundenbestandes i. J. 1458 berichtet er nicht. Nach dem, was wir anderweitig über die damalige Einnahme der Stadt wissen,13) *ist nur die eine Vermuthung zulässig, dass Herzog Ludwig der Reiche von Baiern einzelne Urkunden der Stadt, vielleicht die für Baierns Ansprüche günsti­ gen, mit sich genommen habe. Geringfügigere Erweiterungen unserer Kenntniss übergehend, welche ich in Anmerkungen bezeichnet habe, weise ich ferner auf die am Schlüsse des zweiten Paragraphen gemachten Mit­ theilungen über die Händel und Verträge hin, durch welche das Gebiet der Stadt auf ihre nächste Umgebung 4) beschränkt wurde. Sehr willkommen sind im fünften Paragraphen neben den Bemerkungen über die Durchbruchsversuche der Donau die Nach­ richten über das Sinken des donauwörther Handels und Wohl­ standes. Diese bestätigen meine aus Rathsprotokollen und ande­ ren Akten gewonnenen Angaben5)* bis auf den einen Punkt des Salzhandels. Während ich nämlich nach Köuigsdorfer *) und im Hinblick auf Angaben bairischer Akten aus dem dritten und vierten Jahrzehnt des siebzehnten Jahrhunderts annahm, Donau­ wörth sei von Alters her ein Stapelplatz für das Salz gewesen, zeigt unsere Bittschrift, dass dies keineswegs der Fall war. Neuerdings fand ich einige Aktenstücke, welche es erklären, dass in den erwähnten Zeiten des bairischen Regimentes Donauwörth im Besitze einer Salzniederlage erscheint. Es möge mir gestattet sein, eine Mittheilung darüber hier beizufügen. Gegenüber der unter seiner Herrschaft in erschreckendem Masse zunehmenden Verarmung der Donauwörther7) fühlte sich der ökonomische Herzog Maximilian getrieben, der Stadt neue Erwerbsmittel zu verschaffen. Dies schien am leichtesten durch Hebung des in der Stadt herkömmlichen Weinhandels erreicht 1) *) 3) 4) 5) G) 7)

f. 68 b. f. 65 b. S. Gengier, Codex juris municipalis medii aevi I, 819 f. Vgl. meinen Ursprung I, 9. Ursprung I, 10. Geschichte des Klosters Heiligkreuz III, 2, 245. S. meinen Ursprung I, 332 u. 454.

128 werden zu können, und demgemäss befahl denn der Herzog i. J. 1615 eine Niederlage für das reichenhaller Salz in Donau­ wörth zu errichten, denn er berechnete, dass die das Salz die Donau hinaufführenden Schiffe gern von Ulm her Rhein- und Neckarweine als Rückfracht nach Douauwörth hinabbringen wür­ den. Damit dies in desto grösserem Masse geschehe, wollte er zugleich auch in Straubing einen offenen Weinmarkt für den von Donauwörth dorthin zu bringenden Wein anstellen und befahl zwei Kammerräthen mit dem dortigen Rathe oder wenn dieser sich nicht dazu herbeilassen wolle, mit Privatleuten dahin zu handeln, dass sie den Vertrieb des donauwörther Weines in Commission nähmen; im äussersten Falle sollten sogar Beamte die Sache auf seine Rechnung doch scheinbar selbständig in die Hand nehmen. Ehe dieser Plan indess noch ausgeführt wurde, stellte ihn der Umstand wieder in Frage, dass Ulm sich wie Wirtemberg geneigt zeigte, statt des tiroler Salzes das reichen­ haller zu beziehen und dass Maximilian hoffte, diesen für ihn so vortheilhaften Tausch zum Abschlüsse bringen zu können, wenn er den Ulmern anböte, das in Aussicht genommene oder schon erlassene Gebot, dass kein bairischer Uuterthan in den Donau­ wörth und Straubing nahe gelegenen Landgerichten seinen Wein anderswoher beziehen s^olle, nicht zu veröffentlichen, beziehungs­ weise zurückzunehmen. Zum Vortheile Donauwörths kam jedoch der Vertrag mit Ulm nicht zu Stande und es wurden daher die beabsichtigten Massregeln dort und in Straubing getroffen, ja auch noch die Errichtung eines Marktes für donauwörther Wein zu Rain vorbereitet. Die Ulmer wussten dem Schaden, der hierdurch ihrem bis dahin Baiern versorgenden Weinmarkte drohte, vorzu­ beugen, indem sie ihre Weine auf Schiffen und Flössen die Donau hinabführten und den Wirthen, welche ihnen dieselben abnahmen, lange Fristen für die Bezahlung gewährten. Dies Lockmittel wirkte so sehr, dass die Wirthe nicht einmal das Anerbieten der Regierung, ihnen das Geld zur Bezahlung der Ulmer vorzuschiessen, wenn sie in Zukunft zu Donauwörth, Straubing oder Rain kauften, annehmen wollten, da sie an diesen Orten sogleich baar bezahlen und die grösseren .Transportkosten tragen mussten. Maximilian sah das mit Unmuth, denn abgesehen von dem Vor­ theile, welcher seinen Städten entging, wurde auch der Wein, da die Ulmer natürlich die Zinsen für die Fristung in den Kauf­ preis hineinrechneten, bedeutend vertheuert. Auch gönnte der Herzog den Ulmern ihren Gewinn um so weniger, als sie nicht

129 nur, wie erwähnt, das reiclienhaller Salz abgelehnt hatten, son­ dern dem Vertrieb desselben alle möglichen Hindernisse bereiteten und sogar Wirtemberg von dessen Annahme abzuhalten suchten. Er befahl desshalb im Juli 1616 seiner Hofkammer, zu erwägen, ob den Ulmern, ohne dass grösserer Schaden für den Salzhandel oder in anderer Beziehung zu befürchten sei, die Weineinfuhr gänzlich verboten werden könne. 4) Was beschlossen und ver­ ordnet wurde, habe ich nicht gefunden. Dagegen ist ersichtlich, dass der Weinhandel in Donauwörth schon i. J. 1617 einen kleinen Aufschwung genommen hatte12) und dass dort wenigstens später eine Salzniederlage bestand.3)4 Im §. 6 der Eingabe empfangen wir weiter sehr merkwürdige Angaben über den Pfleger , seine Befugnisse und seinen Vogt. Insbesondere ist die Mittheilung über des Pflegers Recht, bei Todschlägen eine Art an ihn zu zahlenden Wehrgeldes mit des Mörders Verwandten zu vereinbaren, beachtenswerth. Der Pfleger wird ursprünglich diejenigen Befugnisse gehabt haben, welche in anderen Städten die Burggrafen und Vögte besassen, d. h. die Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit und anderer Regalien. Da­ rauf deutet auch sein Recht, im Gebiete der Stadt das Geleit zu ertheilen und um Elle, Mass, Gewicht und alle anderen Sachen zu büssen, sowie im Stadtforst zu jagen.4) Bis 1348 mögen die Beamten, welche die Reichspflege verwalteten, auch Donauwörth gegenüber den Kaiser oder die Fürsten, welche Stadt und Reichspflege innehatten, vertreten haben. Von jenem Jahre an aber dürfte diese Vertretung an die vom Kaiser ernannten Reichs- und Landvögte5) übergegangen sein, bis 1376 die Stadt 1) Dekrete Maximilians an die Hofkammerräthe Hans Christof Neuburger und Oswald Schuss vom 1. u. 28. August 1615 und an die Hofkammer vom 28. Juli 161G. Reichsarchiv München. Bairische Dekretensammlung IX, n. 212 u. 216, X, n. 291/^ Orig. 2) Bericht bairischer Räthe über eine Untersuchung in Don. 4. Juli 1617. Reichsarchiv zu München, Don. Exec. Akten XVIII, 92 ff. Or. In meinem Ur­ sprung I, 465 habe ich die Milderung der Absperrung als Grund des Aufschwungs bezeichnet; diese geschah jedoch, wie jetzt klar wird, eben des neu eingeführten Handels wegen. 3) Vgl. meinen Ursprung I, 481 u. 482 Anm. 8. Auch Befehle Maxi­ milians vom 19. Sept. und 2. Okt. 34 an den Salzbeamten Spizelsberger zu D., woraus erhellt, dass dieser damals der einzige bairische Civilbeamte in D war. Reichsarchiv München. Donauwörth 1518—1630. M. f. 126 u, 132 Cpt. 4) Vgl. Lünig, Reichsarchiv XIII, 421 Sp II. ) S. G engl er, Codex jur. munic, I, 810 n. 13 u. 811, n. 16.

130 Baiern aufs neue verpfändet wurde, wobei auch die kaiserlichen Rechte diesem übertragen sein werden.x) Als dann Donauwörth sich von der Pfandschaft mit Hülfe des Kaisers befreite und dieser ihm die Wahl eines Pflegers freistellte,12) wird er den­ selben zum Entgelt mit den Regalien ausgestattet haben. Eine Beschränkung derselben trat ein, als der Kaiser 1434 dem Rathe den Blutbann verlieh.3) Die in unserer Eingabe angezogene Befugniss in Bezug auf das Wehrgeld bei Todschlägen dürfte da­ mals — natürlich auf Grund einer weit älteren Rechtsüberliefe­ rung — in ihrer des Rathes Richteramt anerkennenden Be­ schränkung als eine Art Entschädigung für den Verlust belassen worden sein. Dass dies in so später Zeit noch geschah, ist sehr merkwürdig. Wenn nun aber das städtische Gesuch Anton Fugger, den Inhaber der Reichspflege, „unseren Pfleger“ nennt, so liegt da ohne Zweifel eine gedankenlose Verwechslung vor, denn es findet sich in den Rathsprotokollen keine Spur, dass die Fugger die Rechte der oben bezeiclineten Pflegschaft besassen, und in Sonners Bittschrift wird ausdrücklich gesagt, dass dem Fugger ein Theil der Jagdbarkeit im Forste verpfändet sei, während der Pfleger doch eben unbedingtes Jagdrecht hatte. Uebrigens macht auch schon die Art, wie die Reichspflege an die Fugger kam und wie deren Verhältniss zur Stadt sich gestaltete,4)* es wenig wahr­ scheinlich, dass der Ratli die mit Eifersucht beobachteten Herren zu Pflegern erwählt habe. An ein Zusammenfallen der Stadtpflege und der Reichspflege ist nicht zu denken, denn abgesehen von den eben erwähnten Gründen hätte es keinen Sinn, dass der Stadt das Recht ihren Pfleger zu wählen, verliehen wurde, da sie über den Besitz der Reichspflege natürlich nicht verfügen konnte und wenn sie diesen selbst genoss, die Bestimmung des Verwalters ihr ohne Weiteres anheimfiel. Auch wurde der Stadt die Wahl des Pflegers schon 1422 zugestanden, wo wir sie uns noch keineswegs im Besitze der Reichspflege denken dürfen. Dies hat Steichele,6) welchem der Anhalt unserer Eingabe fehlte, übersehen und auf die der 1) Vgl. die Urkunde bei Gen gl er I, 813 n. 26. 2) Gen gl er I, 817 n. 40. 3) Gengier X, 819 n. 48. 4) Vgl. Königsdorfer, Gesell, v. Heiligkreuz IT, 58 und meinen Ur­ sprung I, 29 Arnn. 3. *) III, 757 f.

131 Stadtpflege geltenden Bestimmungen des grossen Freibriefes von 1465 hin angenommen, die Reichspflege sei nach 1434 an die Stadt gekommen, und gegen Ende des 15. Jahrhunderts an das Reich zurückgefallen, bis König Maximilian sie 1495 wieder ver­ pfändete. Wir werden vielmehr vermuthen dürfen, dass die Reichspflege von 1434 —1495 beim Reiche blieb. Die Grenzen ferner, welche Steichele nach dem Freibriefe von 1465 der Reichs­ pflege zuspricht, umschlossen, wie unser Gesuch zeigt, das Gebiet, welches 1536. und 1544, also zu einer Zeit, wo die Reichspflege schon in den Händen der Fugger war, von der Stadt an Neuburg abgetreten wurde, nicht aber jene Orte, welche auch nachher unter der Hoheit der Reichspfleger standen, wie Auchsesheim, Nordheim u. s. w. Wie sie wirklich gingen, Hesse sich viel­ leicht von Donauwörth aus bei Untersuchung der Oertlichkeiten feststellen. Im Hinblick darauf, dass jene Verträge des 16. Jahrhunderts dem Stadtpfleger seine wichtigsten und einträglichsten Befugnisse entzogen, dürfen wir wohl annehmen, dass, wenn nicht schon während den vorangegangenen Händeln mit den bairischen Fürsten, welche das Amt beschwerlich machten, so doch nach dem Verluste des Stadtgebietes die Pfleger verschwanden. §. 7 führt die in älteren Urkunden nur kurz angedeuteten Nutzungsrechte im Forste') weiter aus und deutet an, dass auch in dieser Hinsicht durch die Verträge mit den pfälzischen Nachbai’n die Verhältnisse festgestellt, wenn nicht Beschränkungen auferlegt worden seien. Endlich sind noch hervorzuheben: die Mittheilung des Blut­ richtereides und die Angabe über die Freiung auf dem Markt­ platze im §. 10, die Erwähnung, dass die Appellationen zunächst an den Rath zu richten seien und das Kammergericht solche über weniger als 50 Gl. trotz der engeren Privilegierung der Stadt nicht angenommen habe, im §. 11 und die Bestimmung über das Vorkaufsrecht der Stadt bei Vergantungen im §. 12. Das über das Kammergericht Gesagte ist von höherem, politi­ schem Interesse, weil es zeigt, wie jene Reichsbehörde in diesem Falle die Entwickelung der Territorialhoheit begünstigte. !) Ich füge hier bei, dass nach Beck f. 116a die armen Bürger jährlich an drei Tagen Reiser im Forst sammeln durften, ihnen aber später — von Baiern ? — weil sie viel abhackten, ein Tag genommen wurde. Ueber den Holzbezug der städtischen Beamten und Bürger vgl. meinen Ursprung I, 13.

132 Wie steht es mm aber mit (1er Glaubwürdigkeit unserer Quelle ? Yon vornherein ist es unwahrscheinlich, dass die Donauwörther gewagt haben 'sollten, dem Kaiser gegenüber sich Be­ fugnisse beizulegen, wofür ihnen die Beweise fehlten. In der That beansprucht denn auch die Eingabe nichts praktisch Belang­ reiches, was sich nicht durch erhaltene Urkunden als der Stadt zustehend erweisen Hesse. Wenn ihre Angaben in einigen Punk­ ten mehr als jene Urkunden in Einzelheiten eingehen, so werden wir annehmen dürfen, dass auch die zu Grunde liegenden Privi­ legien dasselbe thaten, oder höchstens, dass der Rath seine Rechte schärfer bezeichnet und vollständiger ausgesprochen zu sehen wünschte. Für seine Ehrlichkeit spricht ja auch der Umstand, dass er — im §. 1 — ausdrücklich angiebt, wo ihm die bestäti­ genden Urkunden fehlten. Nur diesem Tlieile der Eingabe gegenüber könnte also ein Zweifel berechtigt erscheinen. Indess werden auch hier die bei­ den Punkte der städtischen Ueberlieferung, worüber anderweitige Quellen keine Auskunft geben, in genügender Weise bekräftigt: die Angabe über die 1252 geschehene Verpfändung nämlich ab­ gesehen von der Jahreszahl durch eine spätere Urkunde *) und die Mittheilung über das Privileg der Reichsunmittelbarkeit durch den Umstand, dass die Siegel älterer städtischer Urkunden, wie erwähnt, im Sekret wirklich ein R zeigen, und dass die angege­ bene Höhe der Stadtsteuer auch anderweitig bezeugt wird.12) Allerdings ist nun in der Eingabe an der letzteren Stelle das Ammannamt als die hohe und niedere Gerichtsbarkeit einschliessend erläutert: dieser Zusatz lässt jedoch nur auf Gedankenlosigkeit, nicht auf die Absicht, die städtischen Rechte zu erweitern, schliessen, denn seit 1434 besass die Stadt ja den Blutbann in der That. Es bleibt also, wie mir scheint, nur die Frage übrig, ob Sixt Sonner seine Vorlagen getreulich wiedergab. In dieser Hin­ sicht hat er sich in der Stelle über die Verleihung des Stadt­ rechts ein für sein Nachdenken ungünstiges, für uns aber sehr beruhigendes Zeugnis ausgestellt. Obgleich nämlich Karl V. der Stadt 1530 ein neues Wappen verliehen hatte3) und sie dieses 1) Vgl. unten. 2) S. unten. 3) Lünig, Reichsarchiv XIII, 429.

133 seitdem gebrauchte, sagt Sonner, man siegle „bis auf die Stund“ mit dem von Heinrich VI. verliehenen Siegel. Hier sehen wir also, dass er eine ältere Aufzeichnung trotz ihrer in die Augen springenden Unrichtigkeit nachschrieb. Da dürfen wir denn, zumal auch im §. 11 das Gesuch mit einer gedruckten Urkunde — abgesehen von den Fehlern des späteren Abschreibers — wörtlich übereinstimmt, wohl gewiss sein, dass sich uns überall ein alter Text in getreuer Abschrift darbietet und unsere Eingabe als eine zuverlässige Quelle betrachtet werden kann. Sie lautet nun wie folgt: Dess häligen römischen reichs statt, Thonawerdt oder Schwebischen Werdt genandt, Ursprung, allt herkomen sambt deren Privilegien und kayserlihen freytten, von Sixten Sonner treulich zusamengetragen und, von R. K. Mt. Ferdinando zu confirmieren, offeriert auf dem reichstag zu Augspurg in anno 1559 etc. worden. Aller durchleichtigster grossmechtigister und unuberwindtlichster römischer kayser aller genedigister lierr: demnach auf J. [!] K. Mt. begehren wir, burgermeyster und rath aucli ganze gemeine burgerschaft zu Schwebischen Word, den 30 marzij des lengss vershinen 1558igsten jars daselbsten in aller gehorsamb liuldigung getlian und J. [!] K. Mt. uns darauf aller geuedigst, unser und gemeiner statt freyheiten, Privilegien, reht und gerehtikeiten, auh unser statt alten gebrauh, stattutten und gueten löblihen gewonheit zu convermieren *) und zu erneueren, [aner­ boten,] und aber dazumal die zeit zu kurz, das E. K. M. wir dieselben unser freyheytten niht zu vertragen noh unser alt her­ komen nah lengs erzälen mögen, sein von E. R. K. Mt. wir auf kommenden reihstag genediglih verabschidt worden. Derohalben und dieweilen E. K. Mt. neben andern dess h. reihs Stenden uns als ein arm mitgelid auf disen angesezten reihstag auch aller genedigist erfordern, so haben wir in aller gehorsam unserer raths pottschaft darauf abgefertigt und darneben anferladen, derenselbigen unsere freyhaiten, kayserlich und königlihe brief und andere schriftlihe uhrkunden sampt disem unserem underthenigisten nebenberiht, welliher [massen] unser vorfahrer, ge­ meiner statt und ein vogtey zu, von und widerumben zum hayligen reih kommen, was auh uns in sollihen unseren freyheyten 1) Confirmieren.

134 vür eintreg beschehen und unser arme statt obligen und beschwerden seind, ihme [!] alle underthenigke.it vürzebrengen, [nicht unterlassen sollen] underthenigisten bittenfd], E. Mt. geruen, die allergenedigist zuevernemmen. Nota. Burgermeyster Hans Bucker, Six Sonner dess gebaimben raths und Wolfgang Tbiscbinger statrschreiber waren die abgesandten auf disem reychstag zu Augspurg in anno 1559.

Ei’stlih aber sein unsere vorfaren und wir von einem ersammen rath einer aus den andern aus mindtlihen anzeygen und zum teyl aus alten glabwirdigen verzeyhnussen beriht von Ur­ sprung und erbauung der statt Word, wie das zu kayser Hainricus dess ersten zeyten der hohwolgeborne graf Diebold zu Dilling *) die vogtey Merdengen in ihrer zugeheer innengehabt und von wegen der Hungeren teglihen überfall auf die föls (jezt in der statt die alte birg genandt) ein schloss und vor dem Ried herumb etlilie heuser seinem hofgesend und vir die handtwerksleuth [erbaut] auh von wegen der wasser zusamenlauffung als nemblih der Thonau, Wörniz, Zusum,12) Schmutter, Kaybah [solchen ort] Wördtl genandt, wöllihes graf Diebolds sohn Aribon, zu theutsch Rieh wein genandt,3)*weiter [erbaut] und von dem kayser Otho dem 3 diss namens marktreht und freyhayten erlangt. Graf Mangoldt der 1 erlangt anno 1030 [ein privilegium], markt zehalten. *) Kayser Conradtus secundus regierdt de anno 1025 ad annurn 1040 [!] Under disem kayser hatt graf Mangoldt der erste das gotshaus Hayligkreiz midt einen particul dess hayligen creuz, als er legations weys nah Constantinopl zum orientalischen kayser geschickht worden und daselbsten sollichen particul be­ kommen, den 30 octobris anno 1028 khayser Hainrih5) verehrt,6) auch zu der ehr gottes ein kixreken oder ein kleines klestei’len 1) Vgl. Steichele, das Bisthum Augsburg historisch und statistisch be­ schrieben. III, 693 ff. 2) Zusam. 3) Vgl. Steichele a. a. 0. cf. Lü ig, TeutschesReichsarchiv XIII, 404. 1) Die Urkunde bei Gengier: Codex juris municipalis Germaniae medii aevi I, 806 und nach dem Orig, bei Steichele, Bisthum III, 693 Anm. 2. 5) Diese zwei Wörter sind ohne Zweifel aus einer Randnote in den Text gekommen. 6) Vgl. Steichele a. a. 0. III, 833. Giesebrecht, Geschichte d. d. Kaiserzeit II, 622 u. H. Bresslau in d. Forschungen z. d. Gescb. X, 506 ff. Am 30. Oct. wurde nach Beck, Chronik v. Heiligkreuz f 9a jährlich das Fest allationis S. Crucis gefeiert.

135 in seinem Castro oder schloss auf den fölsen, so genand Mangoldtstein, auferbauth. *) Nah deine aber hernah anno 1190 Mangoldt der vierdte und löste diss namens, graf zu Word, ein zug wider die Saracener Ptolomadia [!] [getlian und] ohne erben midt thodt abgangen, [und] das schloss und markt Wördt sambt der benandten vogtey Merdengen dem hayligen reih haimgefallen, hatt kayser *) Hainricus der 6. sollihen üeken Wördt sampt dem schloss und vogtey zu einer reihstatt gemäht, burgermeyster und rath verordnet und denselben aufferlegt, darvon jerlih J. Mt. und dem hayligen reih zu steur 400 # heller 3) 1 2zubezalen. J. Mt. haben auh inen das Stattamman ampt, das ist das hoh und nider gerihtparkeit, verlihen,4) jerlihen umb 60 heller 5) und darzu ihnen und gemeiner statt den schwarzen adler midt einem köpf zu einem wappen und insigl, doh das (sie [!] zu ewiger gedehtnus) sie und ihre nah­ kommen zu ruckli auf das insigl ein H graben und in den anhenkeiulten insigl sollihes H. zu ruck auf und in das wax trucken sollen, wie dann sollihe jerlihe steur und ammanampt geldt bis auf die stund als jerlih bezalt und die insigl verfertigt werden.6) Also aber hernah anno 1252 kayser7) Conradt der vierdte vil widerwerdtigkeydt und krieg lief, sein J. Mt. getrungen wor­ den, die statt Word mit ihrer zugeherung sambt andern Stötten und fleken als nemblich Schongau, Fuessen, Ammergau, Reitlengen, Wöringen umb 2000 mark Silber zuversäzen,8) wöllihe versazung folgents im jar anno 1288 [!]9) hörzog Ludwig von Bayren als curator seiner schwöster sohn dess jungen könig Conradts an sich gelest10)11und angefangen in dem schloss bey uns zu Word hof zuhaldten. Nah deme er aber bald hernah den 8 february anno 1286n) sin gemahel frau Marian, ein geborne hörzogen von Brabandt, daselbsten im schloss mit seinen aignen händten zu thodt 1) Vgl. Steichele III, 828. 2) War die Urkunde 1190 ausgestellt, so muss es natürlich „königu heissen. 3) Nach einer Randbemerkung 228 fl. 4 ß. Vgl. unten. *) Diese Erläuterung ist unrichtig. Vgl. Gengier, Codex I, 819 Anm. 35 und oben S. 132. 5) Am Rande : „Item von dem stattammanamt 34 fl. 2 ß.u 6) Vgl. oben S. 132. I) d. h. König 8) Vgl. Steichele III, 705 Anm. 31. 9) d. h. 24. Ocfc. 1266. Steichele a. a. O. 10) Vgl. S t ei c hei e a. a. O. 11) d, k. 18. Jan. 1256. Vgl. Steichele III, 704 u. 848/

136 gehauen, auh sein junkfrau, Häilikha genandt, über das schloss innen aus geworfen, hat er alda die hofhaltung widerumben ver­ lassen, und darauf im 1269 # [!] obgemeldtem *) könig Conradten dem jungen über sollihe lösung einen wilbrief erlangt, wie derselbig mit sich bringt.2) Alle dieweilen sich aber im jar hernah anno 1300 sein Sachen3) wider kayser Albreht den ersten auflaienete und emperete, [hat dieser] Word einzunemmen und dem reih zu veredicieren erlaupt, auh gemeiner statt und burgerschaft das schloss abzubrehen, wie anno 13084) beschehen. Alsbald aber S. Mt. midt tod abgangen, haben hörzog Ruedolf und hörzog Friderih von Beyren die statt und vogtey widerumben gewaldtigklih eingenommen und vil güeter davon an die klöster und sonsten ubergeben.5) Dann nun volgendts gemeldter hörzog Ruedolfus sih wider kayser Ludwig seinen brueder auf läinendte und unser vorfarer J. Mt. wider denselben und andere J. Mt. feind midt darstreckung ihrer leib und guets in vilen veldzigen und schlahten treulih beygestanden, hatt J. Mt. sieh bei ihren alten freyheytten und bei dem reih bleiben lassen;8) derowegen unsere voreldteren nah seinen thetlihen abgang zu dem reih und kayser Carollen den 4. anno 1348 sich genzlih geschlagen und gehaldten. 7) Obwolen, allergenedigister herr kayser, J. Mt. und Röm. Mt. [!] über erzöldte freyheytten unserer Vorfahren J. Mt. schriftlihe urkund aller genedigist midtgetheildt, so sein doh dieselben zum theil (wie auh kayser Conradt concession)8) als das rathaus im 1366 9) abgebrunnen, und volgendts die übrigen im [458 jar, als hörzog Ludwig in Bayren die statt gewaltigklih eingenommen und [erobert,] verdorben und verloren worden. !) ab gemeldtem? 2) Vgl. hierzu die Urkunde v. 28. Sept. 1269 über die Theilung unter den bairischen Herzogen bei Steichele III, 706. 3) sohn V [Herzog Rudolf I.] 4) d. h. 1301. S. Steichele III, 707. 5) Vgl. Steichele III, 708. 6) Vgl. Steichele III, 708. Gemeint ist wohl die bei Gen gier I, 809 n. 10 b angezogene Urkunde Ludwigs. 7) Es ist wohl die Urkunde v. 26. Mai 1348 gemeint. S. Steichele III, 709 Anm. 40. 8) Es kann wohl nur die S. 134 erwähnte Urkunde über das Marktrecht gemeint sein, die also damals versteckt gewesen sein muss. 9) In der Inhaltsangabe am Schlüsse steht 1306. Vgl. oben S. 127.

137 In deme hat sich zugetragen, das bemeldter kay. Carol im 1376*) igsten jar die stat mit ihrer zugeherung hörzogen Otto von Beyren und sein gebrieder umb 60000 fl. widerumben versezt;s) derowegen, obwolen unser Vorfahren hernah und derselben erben sich und ihr vogtey midt reht und umb ihr aigen geldt abermalen zum reih erledigt,13) * so hatt doh bemeldter hörzog Ludwig in Beyren anno 1458 die stat und deroselbeu vogtey widerumben und als obgemeldt eingezogen; derohalben mit hilf kayser Friderih dess 3. unsern Vorfahren die stat und derselben vogtey gegen bezalung einer grossen summa gelts4) und also zum dritten mal sich zum hailigen römishen reih lessen miessen. Derowegen hatt erstlih kayser Carol der vierdte, volgendts kay­ ser Sigmund und löstlih kayser Friderih, Albreht, [!] Maximillian und Carolus der vinft seligster gedehtnus unser vorfaren und uns alle und jeglih genad und freyheyten, reht und gerehtigkeytten, handvösten, brief, privilegium, aldt herkommen und gueten gewonheyten in allen und jeden den meinungen und begreifungen, als die gesözt gewesen und noh seind, unwiderrueflih, als dass wir und undsere nahkommen, die gegen allermenigklih gebrauhen und gemessen sollen und mögen, gleich und in aller weis, als ob sich all und jede von wordt zu wordten in J. Mt. briefen weren und geschrieben stuende, in gemein erneuert convirmiert und bestettigt. Insonderheit aber und zum ersten gemeine statt befreit verneuerdt, das kein romisher kayser oder könig die statt Wörd deroselben vogtey und pfleg und was sonsten darzu geherig, besuechts und unbesuechts, weiter und wider unsern willen nicht versözen, verkumbern, ubergeben noh verkaufen sollen noh mögen, den ob gleih dess bescheche, so soll doh sollihes undichtig und ohnkreftig haisen und sein, auch uns und den unserigen kein schaden oder gebrehen brengen noh geben oder geberen, sonder J. Mt. auh5) allen cur-fixrsten, prölaten, grafen, herren und stött sollen uns und die von Wordt unser vogtey und was darzu ge1) In der Inhaltsangabe am Schlüsse steht: 1370. *) Am 24. Juni 1376. S. Steichele III, 711. 3) S. Steichele III, 712 ff. u. 715 Anm, 58. Gengier I, 817 u. 819. 4) Hiernach dürfte die bei Gen gl er I, 820 Z. 18 v. u. ff. erwähnte Geldspeculation Kaiser Friedrichs III. in derselben Weise wie gegenüber König Sigmund durch eine Geldzahlung der Stadt an den Kaiser verwirklicht worden sein. Vgl. Gengier I, 822 n. 52. 3) Die Fortsetzung steht im Msc. auf f. 14a—16b, an welche sich das auf f. lla- 13b Stehende anschliesst.

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138 lierdt, bey dem hayligen reih handhaben, schuzen, schirmen und davon nihts tringen noh beschweren lassen. Wir die von Word und unsere vogtleit sollen auh hinfüro in ewigkeit wöder für römische kayser oder könig noh vir dem hayligen römischen reili niemandt pfandpar haysen noh sein. Dergleilien soll auh niemandt uns und die unsrigen für J. Mt. und dess hay. röm. reihs netten oder pfenden, in kein weis noh weg. *) Zum andern, dass auh wir die von Werd bey unsern gewohnlihen statt steuren und ammanambt geldt als nemblih 460 heller, wöllihe thuen 262 fl. 6 ß.*2) reinisch schwarz geldt in rninz, die wir jerlih dem hay. reih zugeben schuldig, verbleiben und dariber weiter oder mehr zugeben von jemant, wer der wehre, nit betrang oder auklagt3) werden sollen. So auh ein römischer kayser oder könig von der statt aus krieg fleren wirde, so sollen wir, dieweil der krieg umb der statt wördt,4) sollihe obbemeldte stattsteur auh ammanampt geldts halber ganz ledig und niemandts ewas derohalben schuldig sein.5) Und nah dem sollihe jerlihe steur und ammanambt geldt durh weilund durh [!] kayser Sigmund anno 1422 hauptman zu Papenheim, dess hayligen römischen reihs erbmarschalcken und sein erben, umb 4800 fl.6) versezt,7) das wir unsern nahkommnn die­ selben wann und zu was Zeiten uns gelegen und fürglih sein würde, im namen eines remischen kaysers oder königs von dem ermeldten erbmarschalck zu Bapenheim ablessen megen,8) und so wir also die losung thuen wollen, sollen J. Mt. uns auf unser 1) Ygl. d. Urkunden bei St eich eie III, 709 Anm. 40, bei Gen gier 1,812 n. 19. 20, 817 n. 40, 818 n. 45, und bei Lünig, Reichsarchiv XIII, 421, 423. ) auch cur-fürsten und stend dess liayligen reihs mit reht erhalten,12) so hat sich volgendts sein sohn hörzog Georg von Bäyren deroselben gleytt und gebietten niht allein widerumben gewaltigklihen underfangen, sonder anh gemeiner statt ihrer forstlihe gerehtigkeiten auf ihren forst eingezogen, und wiewolen unsere vorfaren im 1502 jar wider sollihe vergwaltigung restituiert worden durh weylundt kaiser Maximillian, so haben doh alsbalden nah J. Mt. detlihen abgang hörzog [Ott] Hainrih, jezo curfirst, und lierzog Philips, bede pfalz­ grafen, sich dieselben wider angemast und über K. Mt. und des hailigen reihs kammer gerihts mandat, nah dem sih der loblihe bund in Schwaben gendet, erstlih im 1536 jar und lözlihen im 1544. mit versprehung [!] der landstrassen und Zugang der victualien unser vorfahr und uns dahin getrungen, ihme die steur zuverwilligen und mit allem obbesembtn [1] gleytt und gebiet fallen zelassen und die grenniz anzenemmen, wie die gesözte markstein zu negst vor unsern toren ausweisen, sonder wir haben aüh J. fürstlih genaden für sollihe grenniz und forstlihe obrikeit 6000 fl. bezalen miessen. Nun sein wir unsers theyls sollihe aufgerihte verträg in alleweg zuhaldten bedaht, sonderlih dieweil uns in angeregten artiklen und freyheiten, auserhalb der bewilligung gleit unfa zoll, auh der hoh und nider gerihtparkeit von höhst ermeldten unsern genedigen herren pfalzgrafen Otto Hainrih curfürsten kein eintrag und verenderung bis hero beschehen; damit dann auh wir und unsere nahkommen hinfüro bey sollihem vertrag und freyheiten desto riieiger bleiben mögen, so ist an J. K. Mt. unser underthenigistes bitten, dieselben aller genedigist zu convirmieren, auh ferner declarieren und zu erkleren, das dieselbigen gemeiner statt deroselben vogtey, auh uns und den unsrigen, reht und gerehtig­ keiten und freyheiten unschedlih sein sollen und darauf obange­ regte articul und freyheiten auf nahfolgendte meinung ungeverlihen zu erneuern. Zum dritten, damit die statt Word und deroselben vogtey bey dem hayligen reih erhalten, die burger und inwoner und vogtleith bei gueten gemah und frid erhalten werden und ruebig bleiben mögen, so soll keinerley herschaft in bemeldter statt und soweit deroselben vogtey, gleyt, grenz und gebiet von alter hero nah ausweisung kayser Friderihs freyheiten vor den pflalzgrafi1) Hier folgt nun im Mscr. f. 11a etc. *) Vgl. Gengier I, 813 ff.

141 sehen irrungen und derohalben aufgerihte veitreg ergangen seind und noh gehen, kainerley beüausung schloss oder vöste zu bauen noh wohnen, dann auh kain röm. kay. oder konig, fürst oder herr noh niemandt von iretwegen sollihe behausung schloss oder vösten niemandts zu bauen und zu mähen wider ir der von Word willn vorgenommen noh gestattet sollen. Es soll auh hinfüro niemandt, wer der sey oder wer der genendt werden mehte, gemeine statt, deroselben vogtey und arme leit mit keiner neuigkeit tringen, bekemmern oder die wider sieh erdencken noh finden, und dero­ halben , so weit ihre statt und deroselben vogtey, grenzen und gebieten gangen und noh gehen, .ausserhalb der Pfalz bewilligte steur, zols, gleydt, auh hoher und nider gerihtsparkeit, soll niemandt sonst nihts zugepieten oder zuverbieten haben', auh einige neue steur, zoll, dienst, reis und steur, ehehaft, ohgeldt1) und andere dergleihen gerehtigkeiten zusezen noh zu nemmen haben, dann allein die von Werd. So sollen auh und mögen die völsen und stein in und umb ir statt, so weit ihr grund und böden reihen, auh sonsten in den zirken ihre vogtey gebiet, so weit die von jaren gangen und noh gehen, brehen, ihre statmauren und graben zu notwendiger wöhr bösseren lassen, auh auf und in ihr und der irigen gieter, grinden und böden von neuen mauren, milen, graben, weiher, wören, schlahten und was inen sonst nuzlih fueglih oder was sie notturftig sein werden, aufbauen und aufrihten auh mähen ohne allermenigklichen verirrung und widersprehen; sie haben auh guet und mögen an der Thonau und an andern wassern, so weit ihre vogtey gebiet gangen und noh gehen, wo und an wöllihen orten und enden gemeiner Strassen auf wasser und land zerbrochen und hingeleste wären oder alda künftiger einbruh oder schädten zu befaren, auf derselben gstötten ertrich und landen, auf wismad, ecker und gerten dabey glegen und daran rierendt widerumb dieselben aufzerihten zebauen und darzuzunemmen nah redliher notturft und2) nuz und als oft und dick dessen notturft sein wirdt, zu bössern oder von neuem zemahen, von allermennigklih ohnverhendert, und wo sieh auh sollihe steg auf der leydt wismad, weg und landstrassen mähen, aufrihten und nemmen, auh eker und gerten, darumben sollen sieh unbekimmert und ohne alle ansprah von menigklih bleiben, sie sollen auh darumben nit pflihtig sein, 1) Ungelt. 2) Hier folgt f. 17a

Reinwart, der alte Amman zu Werde, verkauft mit Rath und gutem Willen seiner Hausfrau Tevtthen sein Gut zu Tierdorf*) an Chvnraten von Dilingen, H. Chvnrates des Langenmant eis Knecht, und setzt ihm Johansen den Langenmantel, seinen Tochterman, zum rechten Gewehren. Zeugen sind: „Herr Otte der Hurloher, H. Chvnrat der Evlentaler, die da der Stadt zu Augspurg Pfleger waren, H. Hartman der Langenmantel, H. Chvnrat, sein Bruder, H. Herbort, H. Roger der Langenmantel, H. Chvnrat der Stoltzhirz, des Langenmantels Tochtermann. Von den ursprünglich anhangenden drei Siegeln ist nur noch eines, dae des Johann Langenmantel mit dem Sparren und der Umschrift: S. Johis ds Longipalio erhalten. Diese aus dem Kloster St. Katharina in Augsburg stammende Urkunde ist abgedruckt bei Steichele in dem in der Einleitung genannten Jahresberichte. Da aber dieser sehr selten geworden ist, so haben die für die ältere Patriciatsgeschichte Augsburgs nicht unwichtigen Zeugen .auch hier ihre Aufnahme ge­ funden. •) Diedtrf, Pfarrdorf, B.-A. Augsburg.

4. 1300. August 23. Hainrich Walther von Ramswag, Vogt zu Augs' purg und auf dem Lande zu Schwaben, entscheidet eine Bau­ streitigkeit zwischen Ulrich von T ul gen, Herrn Arnolds Sohn, und Hai'nrich Rüppelin, Bürger zu Augspurg. Es

817 waren dabei: Herr Hainrich der Schongawer, Herr Hart­ man der Langenmantel, Herr Otto der Hurlacher, die nahmen dazu Hainrich den Murer und Ulrich den Fuchs, der Stadt geschworne Werkmaister. Der Yogt siegelt mit seinem und der Stadt Siegel. Zeugen sind: Der Stadtpfleger Herr H er man Holle und Herr Hainrich vonFüzzen, dann Herr Hainrich der Schongawer, HerrHartman der Langenmantel, Herr Ch unrat der Lange, Herr Otto der Hurloher, HerrHerbort undgAndere. *) Die beiden Siegel sind vorhanden Abgedruckt im Urkundenbuch der Stadt Augspurg Bd. I, S. 142. *) Diese Urkunde war unter den vielen dem historischen Vereine von Hm. Ludwig Sander zum Geschenke gemachten Haus-, Kauf-, Ablösungs- etc. Briefen über die Häuser D. 222 bis D. 225 in der St. Annastrasse, betrifft also wohl eines dieser Häuser.

5. Das Landgericht im oberen Eisass spricht zu Gunsten des Burkhard von Pfaffenheim, Bruders des Predigerordens zu Gebweiler, dass ihm Katharina, Witwe des Peter von Bolweiler, die Güter nicht mehr vorenthalten soll, die letzterer ihr Gemahl, ihm zu einem Seelgeräthe und zur Bezahlung von 200 Mark für das, was er geraubt und gebrannt, über­ geben habe. 1317. November 3. Vor uns Hern Heinrich von Etennburnen, Lantrichter in oberü Eisetz am Lantag ze Battenheim am nechsten donnerstag nach aller heiligen tag stund in gerichte brueder burkart von pfaffenheim, ein Brödrer *) vonGebwilr, und sprach an die edelin vrowen vron Kathrinen, hern peters seligen vrowen von Bolwilr, die ze gegen stund in gerichte, datz si und ir Kint ine über gevarn **) uff dü gütr, ligende und varende, eigen und erbe, daz derselbe her peter selig von Bolwiler hatte, und im bi sinem lebenden lipe, da ers wol tun mochte, geben hatte und gevertiget, als recht was, und och die selben gaben offente ***) an sinem totbette, daz er daz nicht endern wollte, und daz er im daz gut hatte darumben geben, daz er solte für in gelten und sin selgerete geben, so verre so daz gut gelangen moechte und im des fürbass getrewete, dan keinem sinem Mundet) und nande us sunderlich hundert mark, die derselbe bruder Burkart geben solte, swa der von Gott

318 selig hette gerübet und gebrennet. Und do bruder Burchart dieselben vrowen und ir kint darumbe ansprach , daz si in an dem gute irten, do nam diselbe vrowe Katerine den edeln hem hem niclausen von Wartenvels ze einem vogte und antwurt und sprach also, si were uf daz gut gevarn, sie wissete aber nicht, daz sie daran hette unrecht getan. Do wart ir gebotten mit urteile, daz sie in solt ungeirret lassen vf den gutem und ward erteilt mit gemeiner urteile, daz si sol irn dritten teil nemen und im daz ander antwurten. Also verjech sie sich in gerichte mit ires vogtes hant für sich aller der guter und gab si im auf im Gerichte. Do stunt im Gericht her Johns ulr (ich) vom hus der alte, der der kinde vogt ist, die unvogtber waren, her heinr. von Wasmünster, der------- an sines vogtwibes stett, und Jungher peterman von Boltft), der selber vogtber ist, und gaben uf vor gerichte dem vorgen. bruder Burchart diseiben Güter, der si solten ze erben sin komen, und verzigen sich derselben güter mit urteile, als recht was, und sprachen, daz si in daruf niemer wollten geirren. Und daz dis geschach in gerichte mit urteile, darumbe ist der brief geben zu einem urkunde besigelt mit des Lantgerichtes Insigel in obernElsaz, der wart geben an dem vorgen. donrstag, do man zalte von Gotz gebürte dryzehen hundert Jar und darnach in dem sibenzehenden Jare. Auf der Rückseite befindet sich folgende Inhaltsangabe : Wie her peter von Bolwiler einem von Pfaffenhein, der war ein Brediger Bruder zu Gebwiler im Closter, an seinem letzten End macht etlich Gült und Güter, davor solt er sein Selgerett halten und davor hundert Mark Silbers geben an die Ort, do er gerobt und gebrandt hat. *) Prediger. **) überfahren = beeinträchtigen, beschädigen. ***) offente = offenbarte. f) Dass er ihm das Gut hatte darum gegeben, damit er sollte/für ihn zahlen und (Mittel) zu seinem Seelengottesdienste geben, soferne das Gut aus­ reichen möchte, was er ihm für die Zukunft zutrauete, wie keinem andern seiner Freunde. ff) Von den genannten Orten liegen Battenheim, Pfaffenheim, Gebweiler und Bollweiler im jetzigen deutschen Reichslande Elsass-Lothringen und zwar ersterer im Kreise Mühlhausen, die anderen im Kreise Gebweiler; die übrigen Hessen sich nicht bestimmt entdecken, Wasmünster aber dürfte Maasmünster im Kreise Thann desselben Landes sein.

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6 1320.

Februar 2.

Albrecht der Kramer, Burger zu Augspurg, verkauft mit Kath und vereintem Willen seiner Hausfrau Agnes en und

319 seines Sohnes Conraden seinen Hof, der gelegen ist zu Chvebach*) in der Richsenaw, der da heist der Lithof, dem bescheidenen Manne Herrn Rudolfen von dem heyligen Crue ce, Burger zu Augspurg und seiner Hausfrau Maehtilden um 53 Pfund Pfenning und setzt ihnen zu Bürgen Marquarten den Langen, Heinrichen den Haevshnaben, Johansen, des vorigen Bruder, und Conraden, seinen eigenen Sohn. Zeugen sind: H. Rudger der Langemantel und H. Conrad der Stolzzenhirz, die da der Stadt Pfleger waren, H. Conrad der .Minner, H. Heinrich der Bache, H. Ylrich Morskopf, H. Heinrich der Priol, H. Heinrich Bitschlin, Heinrich der Ber, Berthold der Keiner von Rorbach. Das ursprünglich anhaugende Siegel der Stadt ist nicht mehr vorhanden. *) KUhbach, Weiler in der Nähe der Zusam, B.-A. Zusmarshausen.

I. 1331.

August 2.

„Gerdruht die priolin dez closters ze sant Kaethrinen in der stat ze Auspurch vnd der conuent da selben“ verleihen die (genau bestimmten) „Gut lach“, die gelegen sind zu Wer ns. houen*), am Chrotpach u. a., die ihnen Hainrich der Sinthman zu rechtem Eigen gab, demselben und Liuggarth, seiner Wirthin, „ze vier liben, daz ist ze Chuntze lip, Her­ rn ans lip, Peitze lip und Mechthilden lip“, des genannten Heinrichs Schwesterkinder, wieder. Zeugen sind: „bruoder Vlrich, vnser kapplan, bruoder Diepold, br. Hainrich der Frisinger, br. Yolrich, br. Hainrieh der Hurenloher, br. Berthold von Wernshouen, br. Chuonrat der bumaister, br. Berthold von Sehondorf vnser laybrueder.“ Von den zwei anhangenden Siegeln ist das der Priorin, die h. Mutter Maria mit dem Kinde darstellend, verletzt, das des Convents mit dem Bilde der heil. Katharina aber gut erhalten. — Theilweiser Abdruck der Urkunde bei Steichele a. a. O. 76. *) Wörishofen, Pfarrdorf, B.-A. Mindelheim.

8. 1333.

Februar 5.

Velrich im houe verkauft der Priorin und dem Convente des Klosters zu Medingen Prediger-Ordens im Augsburger Bis­ thum sein Gut, gelegen zu Witislingen*), das Cunrat der

320 Ritter bauet, Lehen von seinem gnädigen Herrn Bischof Vir ich von Augspurg und seinem Gotteshause, und setzt ihnen zu Bürgen den edlen festen Ritter Herrn Cunrat von Zupplingen und Cuntzen von Schonegg, Yogt zu Dylingen, die beide mit ihm siegeln. Von den 3 Siegeln erübrigt nur noch der spärliche, unkenntliche Best des einen. *) Wittislingen, Pfarrdorf, B.-A. Dillingen.

9

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1327. Februar 9. March wart der L a n g, Burger zu Augspurg, verkauft sein Steinhaus und Gesäss an der hinteren Gassen*) gelegen, an Hein­ rich den Stolzhirsch, seinen Tochtermann, um 40 tt. Pfenning. Zeugen sind: Hainrich der Portner und Conrad Lang, Stadtpfleger, Rudger der Langemantel, Bartholme Welser, Hainrich Bach, Hans Portner, Ulrich Ravenspurgerf Cunrat Klockher u. Andere mehr. Die Stadt siegelt. Die Urkunde ist nur in Abschrift auf Papier vorhanden. *) So wurde zu dieser Zeit die St Anna-Gasse genannt. betrifft wohl das mit D, 223 bezeichnete Haus.

Der Kaufbrief

10. 1342. Februar 23. Hainrich von Auspurch, genannt der Schilher, Ylrich von Auspurch, der Kirchherr, sein Bruder, Nyclaus von Auspurch, sein Bruder, und Margret von Auspurch, ihre Mutter, verkaufen ihre eigenen Güter zu Gutenberg*), dem Herrn Hainrichen dem Portner, Burger zu Auspurch, um 65 Pfund Augsburger Pfennige, wobei besonderlich genannte Margret auf alle aus dem Titel der Heimsteuer, Morgengabe und Widerlegung etwa abzuleitenden Rechte an genannten Gütern verzichtet „vf dez Rychs strazze mit sogtanen gelerten Worten vnd in der wis, als sich ain frawe irer Haimstiur, Morgengab vnd Widerlegung an Aigen durch reht vnd billich verzihen vnd vfgeben sol nach des landes reht.“ Zu Bürgen setzen sie dem Käufer Hylppranden den Schnelman, gesessen zuMenchi gen, Mangolden von Liehtnaw, Hainrichen den jungen Schnelman, Burggraf zu Auspurch, und Hainrichen von Auspurch, den Tohterman von Flochberg. Die ursprünglich anhangenden Siegel der Verkäufer und Bürgen fehlen. •) Gutenberg, Pfarrdorf, B.-A. Kaufbeuren.

321 11. 1344. März 12. „Swester Margret div Pryolin des Closters ze Medingen vnd gemainclichen der Conuente desselbn Closters“ verkaufen der „PryoliD vnd gemainclichn dem Conuente dez Closters ze sant Kathrinen zu Auspurch“ ihr Gütlein zu Michelmat als rechtes lediges Eigen für 13 Pfund Haller. Die Rückseite enthält von späterer Hand die Aufschrift: Michelmat zu Guntremingen *). — Von den zwei Siegeln ist das kleinere der Priorin verletzt, das grössere des Conventes hingegen , das die sitzende Gottesmutter mit dem Kinde in guter Arbeit darstellt, wohl erhalten. — Das Regest der Urkunde bei Steichele a. a. O. 76. *) Gundremingen, Pfarrdorf, B.-A Gillingen.

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1345. März 29. Schwester Gerdrut, Priorin und aller Convent der Frauen zu St. Kathrine in der Stadt zu Auspurg verpflichten sich gegen ihre andächtige Dienerin Mezzen, ihre „Gangerin“*), für das von dieser gegebene Almosen von 8 Pfund Augsburger Pfenningen jährlich am 4. Tag nach St. Katharina jeder Frau des Conventes „ain sidlin guts nekerwins, das si got für die selben mezzen vnd für die, dannan sw her körnen ist, dest andahtclicher bitten“, verabreichen, sowie nach ihrem Tode ihre „iarzit mit ain vigili vnd mit ain’ selmess“ abhalten zu lassen. Die vorhandenen Siegel der Priorin und des Convents sind gut erhalten. — Die Urkunde ist vollständig abgedruckt bei Steichele a. a. O. 76. *) Ausgeherin, d. i. die Dienerin. der die Besorgung der Geschäfte ausser dem Kloster, der Einkäufe u. s. w., obliegt.

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Johann von Schellenberg, Kirchherr von Oberreitnau, ver­ trägt sich mit dem Frauenkloster zu Lindau wegen rück­ ständiger Forderungen. 1350. Mai 31. Ich Johans von Schellenberg,*) wilont hem Hainrichs von Schellenberg ains Ritters sun, kilchherre ze der obern Raitnow,**) künde vnd vergich offenlick an disem brief allen den die in ansehent, oder hoereut lesen, vmb die Anspracb, so ich zu der Erwürdigen miner Gnaedigen frowen han zu frow Sygen der aebtissine von Lindow***) vnd zu ir Gotzhus, ez

322 sige von dienst wegen als von wilont miner kilchen zeFIymsf) wegen, die ich von ir wegen vff gab, vnd vmb alle die vordrung vnd Ansprach, die ich vncz den hütigen Tag, als dirre brief gebn ist, zu derselben aebtissine vnd zu dem Gotzhuss vnser frowen'Closter ze Lindow ze sprechen han als hatte, darvmb hat sich dii selb min frow, frow Sy gen, dü vorgenant aebtissenne fruntlich vnd lieplich nach allem minem willen mit mir bericht, vnd sag si vnd ir Gotzhus vmb dieselben min vordrung vnd ansprach vnd vmb alle stoess, die ich uncz her mit in hatt vnd gehebt han, gar vnd gaenczlich von mir ledig vnd loss, mit vrkund diss briefs, der besigelt ist mit minem aigen Insigel. Geben ist dirre brief ze Lindow in dem Jar do man zalt von Crists gebürt druzehen hundert Jar vnd in dem fünftzigoftem Jar an dem Montag ze vssgaendem Maigen. Das Siegel fehlt. *) Das Stammschloss des Geschlechtes von Schellenberg, das zu den Mini­ sterialen der Grafen von Montfort gehörte, lag bei Feldkirch in Vorarlberg, von "wo dieses sich in Lindaus Nähe , in das Allgau und die Baar verbreitete und im vorigen Jahrhunderte erlosch. **) Oberreitnau, Pfarrdorf, B.-A. Lindau. ***) Sigena II., aus demselben Geschlechte von Schellenberg, war Aebtissin des Frauenklosters in Lindau von 1340 bis 1356. f) Flums, Marktflecken im schweizerischen Kantone St. Gallen.

14

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1351. April 23. Conrad von München, Burger zu Augspurg, verkauft sein Haus, Hofsach und Baumgarten an der hinteren Gasse zwischen Hainrich des alten Herwarten seel. Haus und Hofsach und Hainrich des V 5 ge lins Gesäss, von vorne an der Strasse bis hinten an der Stadt Ringmauer gelegen*), daraus man 4 Pfund Augsburger Pfenning der Frau Agnes, Ulrich des Teusingers Hausfrau zu geben hat, an Johan den Zöllner, Ulrich des Kärglin seel. Tochterman, um 95 Pfund. Die Stadt und Conrad von München siegeln. Zeugen sind die beiden Stadtpfleger, Herwart u. Johan der Vögelin, herrn Wernhers Sohn, dann Johan der Langemantel, herrn Rüdgers seel. Sohn, Hain­ rich der Y ög|el in, des Walsers Tochterman, und andere mehr. Die Urkunde ist nur in Abschrift auf Papier vorhanden. [ *) Dieses Haus trägt jetzt die Bezeichnung D. 223.

15

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1361. August 10. Diemut von Witoltzhofen,*) Herrn Ulrichs von Witoltzhofen Tochter, „dem God genad,“ gibtAgenes, der

323 Wagnerin Schwester von VHingen,**) die ihr bisher eigen gewesen , aber sich von ihr um „6 Schilling der Langen, allez Muenchner pfennig, 2 haller für ieglich pfennig,“ zu diesem Zweck gelöst hat, dem heiligen Mangen gen Fuezzen zu eigen. Mit ihr siegelt Ludweig vonGemuendrechingen,***) Richter zu Lantzsperch. Diemudß gut erhaltenes Siegel enthält einen Eberkopf, das verletzte Ludwig s einen Helm, an dessen oberen Seiten zwei Ohren hervorstehen. *) Wildshofen, Dorf, B.-A. Weilheim. •*) Utting, Dorf, B.-A. Landsberg. ***) Mundraching, Dorf, B.-A, Schongau.

16 1364,

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Oktober 15.

Karlderjung Bache, Burger zuAuspurg, undMarga'ret, seine eheliche Wirthin, verkaufen das „Hus, Briwhus vnd hofsach, den kessel, die potigun vnd daz Briwgeschirr darin, daz gelegen ist hie zeAuspurg ze nehst an Johansen dez langemantels Stamhus, vnd stozzet anderhalben an das gezzlin vnd hindan uf den lech,“ dasMargaret nnd ihr Bruder Chunrat der Rauens­ pur g er von ihrem Vater geerbt und bisher miteinander gehabt haben, an genannten Cbunrat den Rauenspurg er, Burger zu Auspurg, „um Ahtorhalbs vnd fuenftzig pfunt guter Auspurger pfenning.“ Mit dem Verkäufer siegelt die Stadt. Zeugen sind: H. Chunrat der Minner, 11. Chunrat der Ilsung auf dem Stein, die der Stadt Pfleger waren, H. J oh ans der lieruort, H. Johans der Rauenspurg er. Das grosse Siegel der Stadt und das des Bache sind verletzt.

u. 1366.

April 21.

Hans der Lang, Chunrat des Langen seel. Sohn, Burger zuAugspurg, und seine frauUrsula verkaufen ihrenTheil an dem Gesäss und Hof, genannt der Portnerin Hof, zunächst bei unserer Frauen Brüder Kloster gelegen, und an Ulrichs des Ilsungs, Peter Vögelins seel. Tochterman, Gesässe stossend, welcher Theil aus dem hinteren Steinhause, der Hofsache, dem mittleren Stadel und dem Baumgarten dahinter besteht, *) wie es Johan der Vögelin, des Onsorgen seel. Tochterman, und seine Frau Lucie von ihrer Ahnfrauen Lucie der Portnerin seel. geerbt haben und sie es seitdem gekauft haben, anHainrich

324 den Herwortus, des Vögelins Tochterman, und seine Frau Agnes um 500 Pfund guter und gäber Heller. Die Stadt und Hans Lang siegeln. Zeugen sind: Die beiden Stadtpfleger Herr Johans der Vögelin, Herrn Wernherr seel. Sohn, und Herr Paul der Pfettner, dann Herr Chunrat der Röhlinger, Herr Hartman der Onesorg und Andere mehr. Der Stadt Siegel ist erhalten, das des Lang dagegen beschädigt. *) Dieses Haus trägt gegenwärtig die Bezeichnung D. 224. **) In der von dem Bürgermeister Georg Herwart im Jahre 1544 geschrie­ benen und von Heinrich Herwart 1617 fortgesetzten Genealogie der Herwärts heist die Frau des Heinrich Herwart, geborene Vögelin, Margaretha. Ueberhaupt stimmen die Angaben dieser Genealogie, welcher auch Stetten und Seifert ge­ folgt sind, im 14. und im Anfänge des 15. Jahrhunderts mit dieser und einigen nächstfolgenden Urkunden und auch mit den Angaben der Steuerregister nicht zusammen.

18« 1377.

April 23.

Anna die Rentzin, Wittib, und ihre Kinder Ursula, Ott und Melchior verkaufen das kleine Steinhaus und die Hofsache zuAugspurg in der Portnerin Hof bei dem Stadel gelegen, welcher Hof ihnen, dem Lau ginger und dem Her wor t gemeinsam ist, nebst dem Keller unter dem Hause, welches sie inne haben, wie es Ludwig der Burggraf vor ihnen inne gehabt, nebst dem Hühnerhaus und dem Stadel an dem kleinen Steinhaus*) an Katharine Ilsung, Tochter des Sigfrid Ilsung seel.,’ als Leibding um 26 Gulden in Gold. Die Stadt und die Rentzin siegeln. Zeugen sind die beiden Stadtpfleger HerrRudger derRauppot, undHerrHans derVennd, dann Herr Conrat der Bitschiin, Hans der Plienspach u. A. Nur das Siegel der Stadt ist erhalten. Aussen steht von späterer Hand : Umb das kleine Heyslin ist abgeprochen und ist das forder Haus an du Stat gesetzt. *) Das genannte Haus trägt gegenwärtig die Bezeichnung D. 224.

19. 1378.

Januar 25.

Hainrich der jung Herwort, Burger zu Auspurch, verkauft seinen Theil des Gesässes, genannt der Portnerin Hof, zunächst an unser Frauen Brüder Kloster gelegen und an das Gesässe Ulrichs des Ilsungs, Peter Vögelins seel. Tochtermans, stossend, zu welchem Theile das hintere Steinhaus im Hofsache, der mittlere Stadel und der Baumgarten gehört,

325 wie es Johan der Vogelin, des Onesorgen seel. Tochterman, und seine frau Luci von ihren Ahnfrauen der Lucien Portnerin seel. ererbt, und diese es an Hansen den Lang und Hans der Lang an obgemelten Hainrich Herwort ver­ kauft haben, *) an Cunraden denGwärlich, Burger zuAugspurch, und seine Frau Anna um 207 Gulden in Gold. Er setzt zu Bürgen seinen Bruder Hainrich den alten Her Worten und dessen Sohn Peter Her wort. Diese beiden Bürgen und Hein­ rich Herwort der junge siegeln. Von den Siegeln sind noch zwei vorhanden. *) Hier ist wieder das jetzt mit D. 224 bezeichnete Haus gemeint. In der Herwart’schen Genealogie sind zu dieser Zeit keine zwei Brüder verzeichnet, welche beide den Taufnamen Hainrich führten. In den Steuerregistern ist aber ebenfalls im Jahre 1362 in dem Hause am Kautzengässchen , welches von dem daselbst angebrachten Herwartischen Wappen diesen Namen führen soll, ein Dominus Herwordus mit zwei Söhnen , Namens Heinrich angeführt. Dass zwei Brüder denselben Taufnamen führten, war zu dieser Zeit bekanntlich nicht selten.

»©. 1379.

April 4.

Anna die Raentzin, Wittwe und Bürgerin zuAugspurg, und ihr Sohn Ott der Rentz verkaufen ihr Haus und Hofsache, zunächst bei unser Frauen Brüder Kloster gelegen, und einerseits an Hans des Laugingers Haus und Hofsach, anderseits an die Strasse, vorne auf den Hof und hinten an Ulrichs des IIsungsGesässe stossend, und das kleine Häuslein daneben, welches Catharine Ilsung zu Leibding hat, so wie Stadel, Stallung und Baumgarten,*) an Peter V ö gelin, Bruder der Raentzin um 190 Gulden in Gold. Es siegeln die Anna Raentzin, ihr Sohn Ott und dessen Oheim Renz Brüning, der Goldschmid. Von den Siegeln sind noch zwei vorhanden. *) Auch dieses Haus ist- das in den drei vorhergehenden zeichnete.

Urkunden be­

«t. 1379.

August 5.

Hainrich der älter Herwort, Bürger zu Augspurg, und seine Frau Clara verkaufen ihr Haus, Hofsache und Baum­ garten zu Augspurg bei unser Frauen Brüder zwischen den Gesässen Paulsen desPf ettners und Ulrich desBrischuhs gelegen,*) welches den Erben der Frau Mechtilten der Sighartin seel. 4 Pfund guter und gäber Augsburger Pfenning Zins zu geben hat, an Martin den Hotter und seine Frau

326



Anna um 122 Gulden in Gold. Es siegelt die Stadt und Hain­ rich Herwort. Zeugen sind die beiden Stadtpfleger Herr Conrat der Röhlinger und Herr Ulrich der Tendrich, dann Johann der Dahs und Herr Hans der Mulich. An der Urkunde hangen noch die zwei Siegel. *) Haus D. 222 In den Steuerregistern steht bei diesem Hause anno 1346 Rel antiqu Herwort H. (einrieh) fiiius, anno 1351 et Hainz Herwort, 1355, 1356, 1357 H.(einrich) Herwort, i358, 1359 Herwort, Goldoehsin, 1362, 1363, 1364 Herwort fratres Herworti Zollrayer, 1367, 1368 und 1376 Peter Herwort, 1377 Hainrich Herwort und so fort bis 1391, einigemale auch mit Hainrich fiiius an­ geführt. Von da ab kommt er in derselben Abtheilung „Von dem Onesorgen“, aber in einem Hause der jetzigen Ludwigsstrasse vor. Der Martin Hotter war also wohl nur vorübergehend im Besitze des Hauses. In der Herwortschen Genealogie kommt zu die&er Zeit keine Frau mit Namen Clara vor als die Clara Lauginger, die Frau des Herwartus calvus.

22 1392.

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Juni 23.

Hainrich Herwort und seine Frau)Clara verkaufen ihr Haus, Hofsach und Baumgarten bei unsrer Frauen Brüder Kloster zwischen Ulrich des Breischuhs seel. und Johansen des Mangmeisters Häusern und Hofsachen gelegen, hinten an die Gasse, welche an der Stadt Ringmauer hinabgeht, und vorne an die Strasse stossend,*) welches der Mähtilten Sighartin seel. oder ihren Erben um 4 Pfund Augsburger Pfenning jährlich zinspflichtig ist, an Ulrichen den Chuntzelman, Burger zu Augspurg, und seine Frau Anna um 210 Gulden in Gold, Bürgen sind: Johan der Langemantel zuRadau und Peter der Herwort, Bürger zu Augspurg. Die Stadt, Hainrich Her wort und die 2 Bürgen siegeln. Zeugen sind die beiden Stadtpfleger Johan der Ilsung auf dem Judenstein und Johan derReme, dannJohan der Langemantel zuRadau und Peter Egen. Von den Siegeln fehlt ein Herwartisches. *) Ist ebenfalls das Haus D. 222. Siehe die Anmkg. zu Urk. vom 5. Aug. 1379.

23. 1392.

November 7.

Ludwig der Ravensburger, Burger zu Augspurg, verkauft sein Haus, das vordere und das hintere, und „sein gesezze allez“ mit dem Badhaus dahinter und die 10 fl. ewigen Geldes aus letzterem, das von ihm „der Stierbader zu libe hat“, das gelegenistzu Augspurg unter den obern Bäckern und genannt

327 ist das Himel riech und stosset einhalben ander Da h sin Haus und Hofsach, da jetzt der Mang inne ist, und anderhalben an das Gässlin hinab zu dem Lech, vornen an die Strass und hinten mit dem Badhause auf den Lech,*) dem Vlrichen dem Rephun, Burger zu Augspurg, Frauen Adelhaiten, seiner ehelichen Wirthin, und ihren Erben um 224 ungarische Gulden und setzt als Bürgen Bastian den Re men, Burger zu Augspurg. Die Urkunde ist gefestigt mit den Siegeln der Stadt, des Verkäufers und der Bürgen und als ihre Zeugen sind ge­ nannt: Herr Johans derllsung auf dem Stein, Herr Joh-ans der Reme, die da der Stadt Pfleger waren, Herr Johans der Langenmantel zu Radaw, Herr Peter der Egen. Von den noch anhangenden Siegeln sind das grosse der Stadt und das des Verkäufers noch gut erhalten, wogegen das Eemische verletzt ist. *) Dieses Haus ist wohl das jetzt mit A. 328 oder 329 bezeichnete, welches in den Steuerbüchern der Stadt von den Jahren 1376 und 1377 als das des Ravenspurger vorkommt. Auch die Benennung „im Himmelreiche“ oder „in coelou für dieses Haus findet sich in den erwähnten Büchern von 1360 bis 1370, während nicht weit davon ein anderes den Namen „in der Hölle“ oder „in inferao“ führte.

24 1395.

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September 5.

Marquart Mesmer, Pfarrer zu Dietmarsriet*), verkauft den Heiligen zu Dietmarsriet und ihren Pflegern, heutzutag Haintzen Hupprecht u. Jackern Linggen um 23Pfund, und Haller einen vierten Theil „am Hub gelegen ze Vebenbach, **) das man nennt des Stadlers Guetlin“ mit allen Rechten, aus­ genommen den Zehent und vier Schilling Haller jährlichen Geldes, die Vlrich Wagner um sechs Pfund Haller daraus verkauft hat und die einem Priester zu Dietmarsriet jährlich werden sollen mit der Bescheidenheit, dass er gebunden sei, eine Seelmess zu lesen oder zu singen am nächsten Montag nach dem „maigen­ tag,“ auch seiner zu gedenken all Sonntag mit anderen Seligen und am benannten Montag einen Schilling Haller zu geben um Brod armen Leuten. Als Bürgen stellt der Verkäufer Cüntzen den Wideman und Bentzen den Binder, beide sesshaft zu Dietmarsriet, und erbittet als Siegler Hansen von Husdorf; Lehenherrn der obengenannten Kirche. Das Siegel fehlt, *) Dietmansried, Markt, B. A. Memmingen. *) XJeberbach, Dorf bei genanntem Markte.

328

Sä. 1396.

September 4.

Johan Lauginger und sein Sohn Hans Lauginger verkaufen ihr Steinhaus, Stadel und Baumgarten bei unser Frauen Brüder Kloster zwischen den Häusern und Hofsachen Conrad Gwerlichs und Peter Vögelins gelegen,*) welches an das Kapitel von St. Moriz 10 Pfund Augsburger Pfennige Zins zu. geben hat, an den vorgenannten Peter Vögelin und seine Frau Anna und an Pertel Wilprecht und seine Frau Rosalia um 99 Gulden in Gold. Es siegeln die Stadt und die beiden Lauginger. Zeugen sind: Johan der Langemantel zuRadaw undLorenzEgen, beide der Zeit Stadtpfleger, Ulrich Contzelmann und Johan Alpershover. Di© Siegel fehlen. *) Jetzt das mit D. 224 bezeichnete Haus.

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36 1401.

Juni 14.

Berhtold der Ganser und Chunrat Horsching der Beck, Burger zu Augspurg und Pfleger der Zeche Sant VI•richs und Sant Afren daselbst machen mit Willen und Gunst Peter Langenmantels, Georgen Glaners, Chunrat Guclbuhers (?), Andres Repphuns und anderer Pfarrleute, so in der genannten Pfarre sitzen, der Zeche Haus, Hofsach, Garten und Gesäss zwischen des „Leupriesters“ und der Purckarten Häusern, das Chunrat der Decker zu Lehen hatte, zu einem rechten Zinslehen für genannten Decker, Burger zu Augspurg, Adelhaiten, seine eheliche Wirthin, und alle Erben gegen jährlichen Erlag von anderthalb ungarischen oder böhmischen Gulden. Die Stadt siegelt mit dem kleinen Insiegel und ebenso die Zeche selbst; als Zeugen fungiren; Herr Johan s derllsung auf dem Stain, Herr Lorentz der Egen, die da der Stadt Pfleger waren, Herr Johans der Lange nmantel zuRadawe, Johans der Vende. Das städtische Siegel ist ganz erhalten, das verletzte der Zeche lässt noch 3 verbundene senkrecht gestellte Stäbe, auf denen ein Gegenstand (Helm?) liegt, und die Umschrift: ZECHE. SCI. VDAL. erkennen.



1401.

329



November 24.

Angnes, Chunrats des Taettenhusers Witwe, Bür­ gerin zu Augspurg, macht und empfängt ihr Badhaus, das ge­ legen ist zu Augspurg hinter den Predigern, genannt wird das Gablinger bade, und das sie als Lehen von Frau Annen der Portnerin gehabt, zu einem rechten Zinslehen mit Brief von genannter Portnerin und mit der Bescheidenheit, jährlich zu Zins zu geben acht Gulden „unger und behem gut an Gold.“ Die Stadt siegelt mit dem kleinen Insiegel und als Zeugen fungiren: Herr Johans der Ilsunc auf dem Stain, H. Lorentz der Egen, die da der Stadt Pfleger waren, H. Johans der Langenmantel zu Radawe, H. Johans der Vende. Das Siegel fehlt.

»8. 1403.

October 23.

Meister Ylrich Murer und Lenhart, sein Sohn, be­ kennen, dass sie gar und gänzlich verrichtet seien mit Hermann Beken, Bürgermeister zu Kofburen, mit dem Rath und den Burgern gemeinlich, reich und arm, von all des Baues und Werkes wegen, das sie an ihrem Kirchenthurm gewirkt und verdient haben, dazu von der „Vanknuss“ wegen, die sie an ihnen gethan, keinen weder heimlich noch öffentlich mit Worten noch mit Werken „äfern“ wollen ewiglich nimmer und diess leiblich mit zwei starken Eiden mit aufgebotenen Fingern zu Gott und allen Heiligen geschworen haben. Den Brief siegeln Ylrich, Herzog zu Deck, Chunrat von Lechsperg und Chunrat von Rotnstain von Heimhofen. Die drei Siegel, von denen das des Herzogs in rothem Wachse blos einen Helm mit hoher Zier und flatternder Decke zeigt, sind noch vorhanden.

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569 1405.

Mai 6.

Rüger, derWirthzuPätendo’rf *), verkauftHainr eichen dem Tretlär, Burger zu Lantshüt, ein Schaf Korns ewiger Gilt aus seinen zwei halben Höfen bei Hawn, **) deren einer genannt ist der Störberkh, der ander öd liegt, um sechzehn Pfund Lantzhüter Pfennige. Der Brief ist versiegelt mit Hanns en des Wernstorffers zn Lantzhüt Insiegel und als Zeugen

380

fungiren Vlreich Vechter, Ott von Weidach und Rüger Gensperger, Burger von Lantzhüt. Das Siegel fehlt. *) Pattendorf, Dorf, B.-A. Vilsbiburg, und ein gleichnamiges B.-A. Rotten­ burg. **) Haun, Weiler, B.-A. Freising, und ein gleichnamiger B.-A. Mühldorf.

30.

1410.

April 24.

Jorg Schmieher zu Helemshouen, Clara, seine eheliche Wirthin, und Vytt, sein Bruder, verkaufen an Hansen Rapolt, Hansen Rapolts sei. Sohn, Burger zuMemmingen, ihren Hof zu Gutnberg, den Haintz Hwmel hauet, und setzen ihm zu Gewehren Hans von Waul und Hans Bentzenower. Jörg siegelt mit den letztem. An der fast unleserlich gewordenen Urkunde hängt nur noch der Rest eines Siegels. ^

31.

1416. Februar 5. Peter Decker, Burger zu Gunndelfingen, und Clara, seine Hausfrau, verkaufen ihr Haus, Hofsach, Garten und Gesäss zu Augspurg in St. Ulrichs Pfarr zwischen des Leutpriesters und Arnolt Cramers Häusern, hinten mit dem Garten an Seitzen Liebers Garten und vornen an die Strasse stossend, Zinslehen von der Zeche zu St. Ulrich jährlich um anderthalb ungerische oder behaimische Gulden, dem Bartholomeen Kantz, dem Weber undBurger zu Augspurg, und Elzpethen, seiner ehelichen Wirthin, um 144 Gulden an Gold. Befestigt mit dem kleinen Siegel der Stadt Augspurg und dem des Cunratten des Schenken, Burgers daselbst, und bezeugt von H. Sebastian dem Illsung, H. Hainrich dem Smuker, die der Stadt Pfleger waren, H. Vlrich dem Chontzelman, H, Eberhart dem Lieber. Die Siegel fehlen.

32.

1417.

August 5.

Chunrat Käppenler der Obsser, Burger zu Augspurg, und seine Frau Margreta verkaufen ihr Haus und Hofsach, zu­ nächst bei unser Frauen Brüder Kloster gelegen, an der andern

331 Seite an .des Vögelins Hofsaeh hinten an die W ilbrehtin und vornen auff die Strasse stossend, *) welches um 3 Gulden und ein Fasnachtshuhn jährlich Zinslehen des genannten Klosters ist, an Conrad Pytzel und seine Frau Anna um Gulden rheinisch, Ulrich Kirchmair und Ulrich Hofmair, beide Bürger zu Augspurg, siegeln. Zeugen sind: Hans Tegenhart der Swertfürb, Hans Umbach, Ulrich Esslinger, Hans Mer,klin und Petter Schäffer, auch Burger zu Augspurg. Ohne Siegel. *) Ist jetzt das Haus D. 226. Nach einer in einem Spruchbriefe vom 6. August 1488 angeführten Urkunde vom Jahre 1406 bekam dieses Haus, welches früher ein Stadel des Klosters war, Ulrich der Tunnsertel von dem Kloster als Zinslehen um jährlich 3 Gulden in Gold und ein Fasnachtshubn. Nach einer andern in demselben Spruchbriefe angeführten Urkunde verkauft Oonrad Pytzel das Haus im Jahre 1423 an Caspar Wilprecht.

33. 1419.

April 23.

Hainrich Schmieher, Domherr zuFrysingen, verkauft mit Willen seines Bruders Veyte desSchmiechers zuHelmsshoffen dem Hansen dem jungen Rapold, Burger zuMemingen, das Gericht zu Gutenberg halb, das „Maierhöfflin“ da­ selbst gar, das Cuntz Gästlin heutzutage baut, die Mühle daselbst halb, darauf jetzt gesessen ist der Veyrer der Alte, die „MätzenHoffstatt“, darauf Haintz Gerger sitzt, die „Schmids Hoffstat“, die Hanns Steger innehat, eine halbe Sölde, darauf Hupfentäsch sitzt, dann der „pänli Hoffstett“ um 190 rhein. Gulden und setzt zu Gewehren seinen genannten Bruder und Rutprechten vonLechsperg, zu den Zeiten der von Augs­ purg Diener. Geschehen mit Bewilligung des Hainrich Fainaggen, Burgers zu Memingen und des Hansen Rapolds Vogtes und Pflegers, und bezeugt von Thoma, Kirchherrn zu Gutenberg, Folk Hanold, Burger und Rath zu Kauff buren, Cuntz von Gutenberg. Die Siegel des Verkäufers und der beiden Bürgen sind noch vorhanden, das erstere aber ist bedeutend verletzt.

34. 1421. September 25. Frantz der Syghart, Burger zu Augspurg, und seine Frau Elzpeth verkaufen vier Gulden Ewiggeldes, welches sie 22*

332 auf den zwischen den Häusern und Hofsachen des Paulus Lang und Hans Mangmeister gelegenen vordem und hintern Stein­ häusern und dem Garten des Ulrichen Contzelman, Burgers zu Augspurg, haben, an diesen Ulrich Contzelman um 400 Gulden rheinisch. Die Stadt, der Schweher und Vetter des Syghart, Herman Nördlinger und Franz Syghart siegeln. Zeugen sind der ebengenante Herman Nördlinger, Stadtpfleger, Herr Sebastian der Ilsung und HerrHainrich der Schmucker. Das Stadtsiegel ist nur halb erhalten, die beiden andern Siegel fehlen. *) Jetzt das mit D. 222 bezeichnete Haus.

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35 1431.

November 10.

Chunrat Gutaxst, Burger zu Kouffbüren, und Elsbeth, seine eheliche Wirthin, bekennen,'dass bei dem Verkaufe ihres Stadels hinter ihrem Hause, das vor Zeiten Peters Gros sutzen sei. gewesen ist, an Hannsen Becken, Hermann Becken sei.Sohn, bedingt und geredet worden ist, dass sie und ihre Nachkommen in die Mauer desselben Stadels gegen ihr Haus werts bauen sollen als in eine gemeine Mauer ungefährlich, doch „alzverre“ (in so ferne) sie ihm und seinen Nachkommen „daz trauff, daz vns bas fügt, dazselb trauff mit känern vssfüren oder ballen lassen,“ und erklären, dass, als er sie eine Zeit durch seinen Stadel neben ihrem Hause „baren“ lassen hat, sie das von keines Rechtes wegen, sondern mit seiner Gunst und Willen gethan haben und so auch ferner thun wollen. Bestätigt durch des Hannsen Langen, Stadtammans zuKouffbüren, Siegel, was bezeugen Chunrat Pöler, Hanns Lodweber und Chun­ rat Ryter der Bleicher. Das Siegel fehlt.

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36

Jörg von Geroldseck erklärt mit seiner Gesellschaft der Stadt Donauwörth wegen Hartnits von Ramingen Fehde. 1432. Juni 28. Ich Jörg von Geroltzegk, Herr zu Sultz, lass dich Jörg von Segkendorff Ritter und auch die von Swäbischenwerde wissen, daz ich und diese nachgeschrieben1, mit Namen Diemvon Liechtenfels, Berchtold von Man sp erg, Hain-

333 rieh Pranthoh, Hanns Brannthoh, Conrat von First, HannsFirst, Gabriel Ramynger, Bernhart vonWesternach, Fritz von Hohmessingen, Ott von Hohmessingen, Wilhalm von Blankenstein, Hanns von Landenberg» Adam von Wintertur, Hanns Mantz, Ulrich Werdmaister, Hanns Blä von Kröwelstrijv, Burkard Zehender, Hainrieh von Mittelwald, Hanns Gut der Jung, Hanns von Offenburg, Haintz von Hiltishain, alle Edel­ knecht, Wolff Steyrer, Conrat Empfinger, Haintz Appentzeller, HannsBarrer, Haintz Yherder, Hanns Zersslöss, Martein Durchhus, Hanns Byrenmuss, Hanns Coler, CuntzKnobloch, Hanns Bayer, Peter Sumsnit, Hanns Frey, Hanns Strodeck, Stephan Ackerpferd, Hanns Mulich, Peter Röber, Wilhelm Smalbueh, Martin Waltz, Stephan Hasenör, Hanns Gul, Auberlin Griilich, Hanns von Wyl, Lienhart von Liechtenfels Basthart, Hanns Frawendienst, Contz Schlachinhuffen, Betz Rumei, JörgCramer, Cläs Schwatzman» Rüfflein Mul, Pläterhenslin, Contz Nopper, Peter Wundrer, Hanns Weyss, StephanMerenschaden, Contz Kerheller, SymonWildssfewr, OttDunckel, Stephan Früauff und Conrat Wendenschtmff ewer und aller der ewern, aller* ewer wissentlicher Helffer und Helffershelffer und aller der, dy ueh von Ampt oder sunst zu versprechen standen, Feinde sein wollen von wegen Härtnitz von Ramingen und ziehen uns all in seinen wissentlichen Friden und Unfriden und, wie sich das machet, mit Brand, Nam, Todtsleg und anderm. Des wollen wir obgeschrieben all und unser yglicher besunder unser Ere hiemit tgen üch vorbegriffen allen bewart han. Besigelt mit min Jörgen von Geroltzegk Herrn zu Sultz Insigel von unser aller wegen, des wir andern gebrauchen und uns be­ kennen. Geben vff Sampstag nehst nach sant Johans tag Sünwenden. Anno dni M°. cccc0. Tricesimosecundo. *) Gleichzeitige Abschrift aus einem grösseren Copialbuche, an welche sich die leider nicht vollständige Rechtfertigung der Stadt Donauwörth mit dem Titel: „Copia, als die von Werd Herrn Jörgen von Geroltzegk etc. von Hertnits von Ramugen wegen geschriben^und sich verantwort haben“ ansohliesst. *) Kaiser Karl IY. verpfändete i. J. 1376 die Reichsstadt Donauwörth an die Herzoge von Bayern, von welchen sie wieder als Afterpfand an verschiedene Personen veräussert wurde, bis der Herzog von Bayern-Ingolstadt, Ludwig VII., der Gebartete, sie von dem Bischöfe Eberhard von Augsburg i. J. 1407 einlöste, aber in seiner gewaltthätigen Weise mit Schmälerung ihrer alten Privilegien und Gerechtsame so fühlbar beschädigte, dass sie sich zur Klage bei Kaiser Sigmund i. J. 1417 genöthigt sah. Ein hierauf an den Herzog ergangenes

334 ernstes Abmahnungsschreiben mehrte nur dessen rauhes, schonungsloses Be­ nehmen und bewog die Stadt, sich«i. J. 1422 dessen Feinden, den Markgrafen Friedrich und Johann von Brandenburg u. a. anzuschliessen und in Vereinigung mit den Augsburgern ihm das Schloss Graisbach zu zerstören. Diese unkluge That vergalt Ludwig mit einer Keihe von Angriffen auf Leben und Gut der Bürger, wobei sich in seinem Dienste der auf Schwabeck an derWertach sess­ hafte, obengenannte Hartnit von Kammingen (unentschieden, ob von dem Orte dieses Namens im B.-A. Mindelheim oder im wirt. O. A. Ulm, da von beiden sich Adelsfamilien nannten) durch Gewalttätigkeit hervorthat, so dass der Kaiser gegen ihn und seine Helfer den St. Georgenbund aufbot und über ihn im August 1432 die Reichsacht aussprach. Noch vor letzterem Vorgänge aber muss Hartnit durch den kaiserlichen Pfleger in Donauwörth, Ritter Georg von Seckendorf, in böse Lage gebracht worden sein, da der obengenannte Georg von Geroldseck (bei Lahr in der Ortenau im Grossherzogth. Baden), dessen Hause die Stadt Sulz (w. O.-A. gleichen Namens) gehörte, für ihn, an den ihn ein unbekanntes Verhältnis band, mit seinem Anhänge gegen jenen in die Schranken trat. Erst i. J. 1434 wurde Donauwörth tatsächlich dem Reiche wieder zurückgegeben und zehn Jahre, darnach soll der von Rammingen den Ulmern in die Hände gekommen und von ihnen hingerichtet worden sein (Frensdorff, Chron. v. Augsb. 2, 238).

39. 1433.

April 24.

Adelhait Baltussin, Baltuss Murers eheliche Witwe, Bürgerin zu Kauffbiiren, Johanns, Gesa und Elzbeth, ihre Kinder, zugleich im Namen ihrer anderen Kinder und „Geschwistergit“ Jöslin und Anndlin, die zu ihren Tagen noch nicht kommen sind, verkaufen der Annen Häcklin, Bürgerin zu Kauffbiiren, Herman Häckels ehelicher Witwe, ein Juchart Ackers „enend der wertach an den Aengern ze rain“ für zehn reinische Gulden. Befestigt mit dem Siegel Hannsen Langen, Stadtammanns zu Kauffbüren, und bezeugt von Hanns Murer und Hanns Glatz, Bürgern daselbst. Das noch erhaltene Siegel des Hans Lang enthält 3 Halbmonde in einem von der oberen rechten nach der unteren linken Seite laufenden Balken.

38. 1436.

Juni 20.

Die Priorin und der ganze Convent gemeinlich des Gottshauses zu Clostermädlingen verkaufen ein Gütlein zu Sailhain,*) das Hans Warnhofer und der Stehelin innehalten und das Lehen von der Herrschaft in Oe tt in gen ist, dem Y taln von Westernachen, dem Jungen’, um eine (nicht ge­ nannte) Summe Geldes. Zum Mitsiegler erbitten sie den Burk­ harten von Bach, der Zeiten Pfleger zu Gundelfingen. Von den ursprünglich anhangenden Siegeln sind noch die der Priorin und des Conventes vorhanden, •) Sielheim, Dorf, B.-A. Neuulm.

33S

39. Ott Vetter, der Jüngere, Verweser des Ammannamtes zu Werde, verbietet, die Stadt Augsburg, wegen der Hinrich­ tung des Jörg von Eietheim zu beschädigen. 1441. Februar 11. Ich Ott Vetter der Jünger bey den Zyten Verweser des Ammanampts bekenne vnd tun kunt allermenglichen mit dem offen Briefe, das ich vff den huitigen Tage, als der Briefe ge­ geben ist, zü Gerichte gesessen bin zü Werde in der Stat in dem Eathuse an offem Eechten, da der Eatgeben vnd Eichter genüg engagen waren, das Jörg von Eiethein vnd Haintz Same sein Knechte als zwen verlewmundte schedlich Manne zü Gefancknusse kommen vnd also für mich an das Gerichte ge­ bunden vnd gefangen gefüret vnd gebracht worden sind von An­ klage vndZüsprüche wegen des ersamen vnd weisen Conraten Vögelins, der zyte Burgermaister zu Augspurg, als an stat und in Namen der genanten siner Heren vnd Fründe der von Augspurg vnd der sy für sein vnd siner Fründe wegen von Augspurg vnd des Landes Eäbere vnd schedlich Manne vor mir in Gerichte durch sein Fürsprechen, der yme mit Vrtaile darzü gegeben ward, des also überweiset vnd überwunden vnd sy auch darumbe vom Leben zürn Tode mit gemainer Volg vnd Vrtaile der geswornen Eichtere vff den Ayde nach der Gerichts Eechte vnd Lauffe bracht hat vnd daruff auch dem Conraten Vögelin, dem Ankläger als von siner Fründe wegen der von Augsburg, vnd auch allen den, die darunder verdacht sind, vor allermenglichen von dem Gerichte vnd des heiligen Eeichs wegen Fride gebannet vnd ertailt worden ist, also ob sich yemande, wer der oder die weren, vmbe die vorgenant Jörgen von Eiethain vnd Haintzen Samen, verurtailte vnd berechtete schedlich Manne, annemen vnd darumbe gen yemanden, wer der oder die wem, Vehe vnd Veintschaffte tragen oder haben wölten, das zu anden, zü effern oder zü rechen mit Worten oder Wercken freffenlichen, das man das danne zü dem oder den selben, der oder die das also tätten oder sich des vnderstünden zü tunde, alles des gewarten vnd nach ime oder ynen kommen vnd richten möchte, als zü den vorgenant verurtailten vnd berechtoten schedlichen Mannen von Eechte geschechen ist. Vnd des zü warem Vrkünde ist ynen der Briefe mit gemainer Volg vnd Vrtaile von Gerichte gegeben vnd besigelt mit mynem des obgenant

336 OttenVetters aigem anhangendem Insigele, das ich von gerichts wegen offennlichen daran gehangen han zü warer Gezücknusse vnd Gedechtnusse aller vorgeschriben Sachen vnd Rechten, doch mir selb vnd mynen Erben one Schaden geschechen, vnd der Briefe ist geben vff den Sampstag vor Vallentini Nach cristus gepürt vierzehenhundert Jar vnd darnach inn den ain vnd viertzigosten Jaren. *) Das Siegel mit dem Bilde eines aufgerichteten Panthers und der*Umschrift: „S. Ottonis patrui“ ist unverletzt. *) In Betreff des Inhaltes dieser Urkunde ist wohl zu beachten, dass bei dem Verurtheilten nicht von eigentlichem, in keiner Weise gemildertem Rauben und Beschädigen völlig Schuldloser die Rede sein kann, sondern derselbe mit anderen Edelleuten der Nachbarschaft der Stadt Augsburg förmlich abgesagt, das heißt Fehde angekündigt hatte, was nach damaliger Anschauung einen nicht unrechtlichen Boden für die Weiterführung des beiderseitigen kleinen Krieges darb ot. Da sich die genannte Stadt an dem unnatürlichen, hässlichen Kampfe zwischen dem Herzoge Ludwig VII., dem Gebarteten, von Bayern-Ingolstadt, und seinem Sohne Ludwig , dem Höcker, nicht betheiligte, so entstand diese Fehde nicht aus dem dienstlichen Verhältnisse, in welchem sich Georg als Amtmann zu Höchstädt und Rath zu letzterem befand, sondern war nur eine Betheiligung an dem damals weit verbreiteten Kriege , in welchem der Adel, namentlich der schwäbische, mit den Reichsstädten lig. Die Klagen der Stadt Augsburg gegen den Gefangenen sind ausführlicher dargestellt in den Briefen derselben an Ulm, Memmingen u. a. (Frensdorff, Chron. v. Augsb. 1, 236). Dass die Gefangennehmung des Ritters und seines Dieners, der auch Cunz ge­ nannt wird, durch die gegen sie gesandten Reiter nur durch List gelang, indem sich ein Augsburger, Namens Klebsattel, als Mönch verkleidete, sagt, leider ohne weitere Angabe, Pirmin Gasser in seiner handschriftlichen Chronik. Ludwig des Höckers Gemahlin, Margaretha, Markgräfin von Brandenburg, bat dringendst um Schonung des Lebens des Gefangenen; dass sie nichts erreichte, versetzte ihren Gatten in solchen Unwillen, dass die Stadt, zugleich durch die Drohungen der Adeligen beängstigt, schnell 400 Reiter in Sold nahm. Auf die Klage des Albrecht von Rietheim verhängte der Kaiser Friedrich III. über die Stadt Donau­ wörth sogar die Reichsacht, deren säumigen Vollzug der genannte Herzog und sein markgräflicher Schwager Albrecht zu Nürnberg am 4. Mai 1442 von jenem forderten, der Augsburger Peter von Argon, bei dem der Kaiser kurz vorher freundliche Herberge gefunden hatte, aber durch seine Fürbitte abwendete,

40. 1441.

November 8.

Ulrich Cuntzelman, Burger zu Augspurg, verkauft seinen halben Theil an dem Haus, Hofsach und Baumgarten bei unser Frauen Brüder Kloster, zwischen den Häusern und Hof­ sachen des Hans von Hoy und Bartholme Ridler gelegen hinten an die Strasse, die an der Stadt Ringmauer hinabgeht, vorne an die Strasse stossend,*) an seinen Bruder Peter den Cuntzelman, Burger zu Augspurg, und seine Frau Ursula um 400 Gulden rheinisch. Er, Ulrich Röchlinger, alter Bürgermeister, und sein Schwager Hainrich Ridler siegeln. Dus Rehlingerache Wappen ist erhalten, die beiden andern sind abgefallen

*) Jetzt das Haus D. 222.

337 41. 1443.

März 25.

Ber von Rechberg von Hochen-Rechberg, Ritter, ver­ kauft an Vlrichen Weysierer, Burger zu Kauffbeir en, um 950 rhein. Gulden die Lehenschaft der Pfarrkirche zu Altdorf, zu Latin (?) genannt, jus patronatus mit den Kirchlein, darein gehörig, zu Bertholdshofen, zuKröwn, zu Hermazhofen, zu Biesenhofen, zu Hausen und im Geren und das Vogt­ recht davon, jährlich 6 Säck Fesen und Haber, auch Höfe und Gntlein in den genannten Orten, sowie das Recht, dass er den einen Pfleger zu S. Otelien setzen und entsetzen möge, und gibt ihm als Gewehren den frommen, festen H. Hannsen von Freyberg zu Pfaffenhaussen und Herman Wintzere, Vogt zu Mindelheim, mit denen er auch siegelt. Nach ein er fast gleichzeitigen Abschrift.

4S. 1443.

August 10.

Anna Yrsingerin, Bürgerin zu Kauffbyren, Hansen Yr singers Witwe, verkauft mit Rath, Gunst und gatem Willen des Hainrichen Eberhartz und Endres Friesen, Burger zu Kauffbyren, ihrer Tochtermänner, dem Hansen Kirchdor ff zu Westendorff*) ihr Dritttheil an einem Hofe zu Westen­ dorff gegen jährlichen Zins von zwei rheinischen Gulden. Den Brief besiegelt Hartman Nabel, Ammann zu Kauffbyren, und als Zeugen fungiren neben obgenannten noch die Burger Cunrat Müller und Cunrat Spengler. Das Siegel fehlt. *) Westendorf, Pfarrdorf, B.-A. Kaufbeuren.

43. 1443.

Oktober 1.

Peter, von Gottes Gnaden Bischof zu Augspurg, trennt die bisherige Tochterkirche Bertholdshofen mit ihren Gliedern, den Höfen zu Selbesperg, zu dem Geren, den Hagmösern u. a., von der Mutter- und Pfarrkirche Altdorff, *) deren Pfarrer bisher an jedem Freitage und allwegeh am dritten Sonntage in jener hat Messe halten und auch sonst zu allen Zeiten, wann sich das heischet, daselbst „Breut einleuten,“ die Todten begraben, auch

—. 338 die Leut mit den heil. Sakramenten versehen müssen, was voraus in Winterzeiten, da genannte Pfarrkirch, Tochter und ihre Glieder in solcher Weite von einander liegen, bekümmerlich war, mit Einstimmung des Vlrich Weysierer, Burgers zuKauffpeiren, der Kirche zu Altdorff Lehensherrn und Vogtes, und des erwähnten Pfarrers, erhebt sie zur eigenen Pfarrkirche und bestimmt das Einkommen der Pfarrer an beiden. Der Bischof siegelt. **) *) SämmtÜche Orte, Bertoldshofen, Selbensberg, Gehren, Haggmoos und Altdorf liegen im B.-A. Oberdorf. **) Dasselbe bestätigt der Bischof in Vereinigung mit seinem Capitel, an dessen Spitze der Dompropst Heinrich Trucbsäss und der Dechant Gottfried Harscher genannt sind, durch neue Urkunde vom 10, November 1443,

44

.

1444. April 23. Anna Yrsingerin, Bürgerin zuKauffbyren, Hansen Yrsingers Witwe, übergibt mit Rath, Gunpt und gutem Willen des Heinrichen Eberhartz undEndres Friesen, Burger zu Kauffbyren, beider ihrer Tochtermänner, vor Bürger­ meister und Rath der Pfarrkirche S. Martin daselbst und ihrem Pfleger Cunraten Spengler zwei gute rheinische Gulden ewigen Zinses aus einem Dritttheil eines Hofes zu Westendorf, den sie erkaufte vonMargrete Raissern selig und das gegen­ wärtig bauet und inne hat Hans Kirchdorff, der Müller, auf dass von diesem Gelde zu Gottes Lob und Ehre und zu des ehr­ samen Herrn Hansen Yrsingers sei., weiland Kirchherrn zu Boistern an g, und ihrer und all ihrer Vordem und Nachkommen Seelen Erlösung und Trost ewiger Seeligkeit ein Jahrtag mit Vigil und gesungenem Amt gehalten werde, wofür dem Pfarrer drei Schilling Haller, von den zwei Helfern im Pfarrhofe jedem zehn Pfennige, dem Schulmeister drei Schilling Haller, des Spitals Caplänen, Sanct Bläsis und unser Frauen-Kapelle und S. JohannsAltars und unser Frauen-Altars und S. Katherinen-Altars Caplänen, allen drei in S. Martins Pfarrkirche, jeglichem zehn Pfennige, „über das Wasser den Sundersiechen“ vier Schilling und den Schwestern in dem Mairhof fünf Schilling Haller, sodann „vf das täfelin“ zwei Schilling Haller, dem Zechmeister selbst zehn Pfennige und ebensoviel dem Messner gereicht werden sollen. Siegler: Hartman Nabel, Stadtammann zu Eaufbyren, und Zeugen: Vlrich Trenner, Stadtschreiber, und Hans Sporer, des Raths. Dm Siegel fehlt.

339

45. 1446.

Juni 5.

Frater Marcialis Auribelli de Auinioue, S. theologio. Professor et ordinis predicatorum Magister, post ordinationem factam per prouincialem prouincie Theotonie, ut in monasterium S. Ca­ therine in Augusta raultitndine sororum nimium gravatum ultra certum numerum videlicet XLYII sorores non recipiantur, priorisse et sororibus dicti monasterii precipit, quatenus deinceps nullam sororem ultra numenum preflxum recipiant. Nouarie in generali capitulo. Das Siegel des Ordens-Meisteramtes ist der Urkunde aufgedriickt. ist registrirt von Steichele a. a. O. 77.

Diese

46. 1446.

November 20.;

SeyfriedHaussner zuStettperg*) eignet dem Ylrich Gollung und Hanns Schuster, beiden Bürgern zu Rayn, die neun Jauchert Ackers zuPösenburckn, **) die von seinen Vordem Chunz Vetter, Burger zu Augspurg, und diese Von ihm zu Lehen hatten. Seyfried siegelt. Das Siegel ist zwar noch vorhanden, aber Wappen und Umschrift bis zur Unkenntlichkeit abgerieben. *) Stepperg, B.-A. Aichach. **) Pessenburgheim, B.-A. Neuburg.

47. 1447.

Juli 4.

Margret .Mairin, Hainrichen Mairs sei. eheliche Tochter, Bürgerin zu Kauffbyren, verkauft mit Willen des Cunraten Müllers des Krämers, Burgers zu Kauffbyren, ihres Trägers, dem .Jörgen Splissen, ihrem Stiefvater, eben­ falls Burger daselbst, all ihr Gut, liegend oder fahrend, Eigen oder Lehen, Pfenning und Pfenningwerth, das sie von ihrem Vater ererbt hat, für 225 rheinische Gulden, die sie anderthalb an ihren guten Nutzen gelegt und S. Katherinen Gottshaus zu Kol mar, Prediger-Ordens, darin sie kommen ist, gegeben hat. CunratEmch (sic), Stadtamman zu Kauffbyren, siegelt. Ludwig Studigel und Vlrich Trenner, beide Bürger daselbt, zeugen. Das Siegel mit der Umschrift: „Conrat Emmich“ ist erhalten.

340

48» 1447.

August 23.

Cunrat Pfui, der Schmid, Cunrat Axter, der Maurer und Hanns Siber, alle drei Burger zu Augspurg machen auf Bitten Vlrichn Balthaymers, des Tuchscheerers, Annen, seiner ehelichen Wirthin, einerseits und PetternReyssmüllers, des Schneiders, und Annen, seiner ehelichen Wirthin, des be­ nannten Balthaymers Schwagers und Schwester, anderseits, eine Theilung der zwischen ihnen streitigen zwei Häuser, Hofsach und Garten, die aneinander gelegen sind in der Krottenawe zwischen des Stromairs und des Jägers, des Schneiders, Häusern, die sie bei einander ungetheilt ererbt haben. Den Brief siegeln Ylrich Langenmantel, Stadtvogt, und Jörg Pfister, Burggraf zu Augspurg. Zeugen spd: Hans Trost und Petter Tribolt, beide Burger zu Augspurg. Die Siegel fehlen.

49. 1448.

September 25.

Othmar Bmmich, der Schreiber, Burger zu Kauffbyren, ertheilt den ihm von dem Käthe der Stadt um seiner und seiner Freunde Bitte willen als Trägern gesetzten Jörg Spliss und Hans Kurfüss, Burgern daselbst, ganze und volle Gewalt, mit seinem Theile des väterlichen Vermögens zu handeln', zu lassen oder zu thun mit Verkaufen oder zuGelde Geben. Besiegelt mit desClausen Vrbachs, Stadtammanns zuKauffbyren, Siegel, was bezeugen Vlrich Trenner und Hans Fehli, beide Burger daselbst. Das Siegel ist noch vorhanden.

50. 1450.

Juli 8.

Hartman Nabel, Stadtammann zu Kauffbyren, ent­ scheidet in der grossen Rathstuben im Streite zwischen Jos Schmerlaib und seinem Fürsprecher Hansen Abel einer­ und Jacob Esseier und seinem Fürsprecher Hainrichen Sächser anderseits wegen eines Platzes zwischen ihren benach­ barten Häusern zu Gunsten der letzteren. Der Stadtammann siegelt. Das Siegel fehlt.

341

51 1453.

«

September 3.

Hans Langemantel, Burger zu Augspurg, verspricht, seinen Schwestern Lutzey und Affra, den Langementlin, Klosterfrauen zu S. Katherinen zu Augspurg, welche ihm alles Hab und Gut, dass ihre Schwester, die selige Frau Sei and von Bosenberg, verlassen hat, über- und aufgegeben haben, sobald er solche Erbschaft einbrächte über kurz oder lang, es wäre wenig oder viel, davon ohne Widerrede, Irrung, Eintrag und weiteres Weigern zu geben, was Bürgermeister und Bäthe zu Augspurg ziemlich und billig sprechen werden. Mit ihm siegelt LudwigHörnlin, der Zeit Bürgermeister zu Augspurg. Beide Siegel sind erhalten, das des Langenmantel führt zwei gegen einander gestellte h.

53. 1455.

September 22.

Andres Frickinger, Burger zu Augspurg!, und Bar­ bara, seine eheliche Wirthin, vergeben „ailf Gnldin vnger vnd beham der Stattwerung jährlichs Zins vnd Gelts“ aus dem Stier­ bade daselbst, einhalben an Hansen Mangen Gesäss, ander­ halben und vornen auf die Strass und hinten auf den Lech ge­ legen, ihrem Tochtermanne Matheussen Wilbrecht, Burger zu Augspurg, und Barbara, seiner ehelichen Wirthin, ihrer Tochter, an dem Heiratgut, das sie ihnen versprochen haben, nämlich jeglichen Gulden angeschlagen für 25 Gulden. Andres Frickinger siegelt. Das im Schilde ein Blatt enthaltende Siegel ist noch gut erhalten.

53

,

1457.

April 6.

Conrat Aichharm, der Hafner, Burger zu Augspurg, und Barbara, seine eheliche Wirthin, verkaufen ihren Garten inS. Ylrichs Pfarre, stosst einhalben an des Leutpriesters zu S. Vlrich und Hansen Kantzen Gärten, anderhalben an Leonhart Tierhoupters Garten, hinten auf des Guttrers Garten und vorne auf der Käntzin Hofsach, der Frau Elissabeten Käntzin, Bartolome Kantzen sei. ehelicher Witib,

342 Bürgerin zuAugspurg, als rechtes Eigen um 48 gute rheinische Gulden. Die Stadt und Andress Frickinger, alter Bürger­ meister, siegeln. Als Zeugen erscheinen: Herr Bart hol ome Wellsser, Herr Vlrich Tenndrich, die da der Stadt Pfleger waren, Herr Sigmund Gossenbröt, Herr Jörig Nördlinger u. a. Das rothe Stadtsiegel ist noch erhalten, das andere zerstört.

54. 1457.

April 13.

Der in der vorhergehenden Urkunde genannte Burger, Conrat Aichharm, und Barbara, seine eheliche Wirthin, verkaufen ihren Garten in S. Virichs Pfarre zwischen der Käntzin Witiben und Hannsen Schniders Garten, stosst hinten auf des Guttrers Garten und vornen auf Leonhart Tierhoupters Hofsach, dem letzteren, „Schuchster“, Burger ZuAugspurg, und Katherinen, seiner ehelichen Wirthin, zu rechtem Eigen um 48 gute rheinische Gulden. Siegler und Zeugen sind dieselben, wie im vorhergehenden Verkaufsbriefe. Während das Stadtsiegel fehlt, ist das Frickingers, im Schilde ein Blatt weisend, noch gut erhalten.

55. 1469.

Januar 24.

Hainrich Vind, Rentmeister in Nidern Bayern, schlichtet die Zwietracht zwischen HanssenGumprecht an einem und Vlrichn Gumprecht zu den Predigern zuRegenspurg am andern Theil, „dorvmb dann der benant Hanss sich ains vech vnd veintschafft gein dem benanten Vlrichen seinen Vettern angenomen vnd im ain geschrifftlich Absag geton hett,“ wobei Hans die edlen festen Herrn Hannsen von Parsperg, Ritter, und Hainrichen Zenger zu Regenstauff und Vl­ rich die weisen festenHanssen Mistelwecken und Michel Walraben, beide Diener zu Regenspurg, als Schiedsleute dem Rentmeister beigaben. Zunächst erging der Spruch, dass die genannte „Absag, auch all vech vnd veintschafft, auch alles, das sich zwischen inen erloffen vnd gemacht hatt,“ ganz ab und hin sein und kein Theil von dem anderen wegen der vergangenen Händel etwas fordern soll. Sodann wurde Vlrich verpflichtet,

343 dem Hans, seiner Hausfrau und ihren Erben, von Stund an den Hof zu Ettersshaussn*) mit aller Zugehör zu übergeben, damit diese ihn bei seinen Lebtagen innehaben und nützen mögen. Ferner sollen nach seinem, Vir ich s, Tode des Hannsen Kinder auf dem Gute, das jener zu Kneütting besitzt, 100 Pfund Regensburger Pfenninge erhalten oder ihnen im Falle des früheren Verkaufes desselben auf ein anders gutes Erbstück die genannten Pfunde angewiesen werden. Würden endlich besagte Kinder eine Behausung zu Regenspurg erbauen, so habe ihnen Vir ich hiezu ein Drittel der besagten Summe einzuhändigen. Der Rent­ meister und die ihm beigegebenen Schiedsleute siegeln. Alle Siegel fehlen. *) Ettershausen, Dorf, B.-A. Hemau.

56. 1459.

Februar 4.

Jacob Siber, der Weber, Burger zu Augspurg, und Margreta, seine eheliche Wirthin, verkaufen ihr Haus, Hofsach undöärtlein, dahinter gelegen inS. Steffans Pfarr, stosst einhalben an des Richen Cramers Gesässe und Garten, ander­ halb an desTanhaussers Haus und auf den andern beiden Seiten auf die Strass, „als es denn yetzo mit Marcken allent­ halben vssbezeichnet, gemerkt vnd rechts Leipting ist von einer Aepptissin vnd irem Conuent gemainlich zu Sant Steffan hie zu Augspurg, jerlich vmb ainen Guldin vnger vnd behem der Statt Augspurg Werung an Gold auf Sant Jörigentag nach Lut der Leipdingbrief darüber gehörent,“ dem Hannsen Götzen, dem Weber, Burger zu Augspurg, und Martha, seiner ehelichen Wirthin, um 33 rhein. Gulden. Gesiegelt von Jörig Otten, Stadtvogt, und Jörigen Pfister, Burggraf von Augspurg, und bezeugt von Thoman Kädrich und Hans Vrbach, Webern und Bürgern daselbst. Die Siegel fehlen.

59. 1461.

November 26.

Elisabeth, Bartholme Kantzen sei. eheliche Witib, Bürgerin zu Augspurg, und ihre Töchter Jungfrau Anna und Barbara, Conraten Häslins, Burgers zu Augspurg sei., eheliche Wirthin, verkaufen ihr Haus, Hofsach und Garten in

344 S. Vlrichs Pfarr zwischen des Leutpriesters daselbst und Leonharten Tierhaupters Häusern, hinten an Thoman und Hannsen der Kantzen Gärten’, vorne auf die Strass, mit einem „Flecklin darhinder,“ rechtes Zinslehen von der Pfarrzech zu S. Vir ich und S. Affren, um anderthalb Gul­ den jährlich auf Jörgentag, dem Petern Maier, Burger zu Augspurg, und Annen, seiner ehelichen Wirthin, um 215 rheinische Gulden. Die Stadt und Hans Lauginger , Burger derselben, siegeln, Herr Leonhart Radawer'zu Radaw Herr Gabriel Ri dl er, die da der Stadt Pfleger waren, Herr Bartholme Welsser, Herr Jörig Struss u. a. zeugen. Von den Siegeln ist nur noch ein Theil des städtischen vorhanden.

58

.

1463. Juni 3. Jacob Esseier, der Zeit Burger zu Kauffbyren, ver­ kauft dem Cunraten Endorffer, Burger daselbst, und dessen Hausfrau Dorotheen sein Haus und Hofsach zu Kauffbyren bei unser lieben Frauen Kapell unterm Berg am Eck zwischen Hansen Hubers Haus, das vor Zeiten Josen Schmerlaibs gewesen, und zwischen Rupprecht Vogens Haus gelegen, um 120 rheinische Gulden in Gold. Mit dem Verkäufer siegelt Vlrich Hawser, Stadtammann zu Kauffbyren, und als Zeugen fungiren die Börger Hans Schmalholz, Heinrich Yrsinger und Sigmund Müller. Die Siegel fehlen.