Zappel, Philipp!: Kindermöbel. Eine Designgeschichte
 9783205116639, 3205775295, 9783205775294

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Böhlau

Eva B. Ottiiiinger (Hg.)

ZAPPEL,

PHILIPP!

Kindermöbel. Eine Designgeschichte

Band 24

B O H L A U

V E R L A G

W I E N



KÖLN



W E I M A R

eine publikationsreihe M

V D

der museen des mobiliendepots

Dieses Buch erscheint zur Ausstellung »Zappel, Philipp! Die Welt der Kindermöbel.« im Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien, 4. Oktober 2.006-7. Jänner 2007 Im MARTa Herford, 17. M ä r z - i 3 . Juni 2007

Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien Andreasgasse 7 A - 1 0 1 0 Wien MARTa Herford gGmbH Goebenstraße 4—10 D-3 20 5 2 Herford

Hofmobiliendepot Möbel Museum

Wien

MARTa Herford Museum Zentrum Forum

Gedruckt mit Unterstützung durch: Bundesmobilienverwaltung - Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit MARTa Herford gGmbH

Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-205-77529-5 I S B N 978-3-205-77529-4 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2006 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. & Co. K G , Wien • Köln • Weimar http://www.boehlau.at Umschlagabbildung: Kat. Nr. 21 und 68 © Museen des Mobiliendepots/Fotos: Fritz Simak Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefreiem Papier Druck: freiburger graphische betriebe, 79108 Freiburg Printed in Germany

INHALT

6 : Vorwort der Reihenherausgeberin • Ilsebill Barta 7 : Einfuhrung zum Thema und Dank der Bandherausgeberin • Eva B. Ottiiiinger 9 : Farbtafeln

25 : 1. Kindermöbel, Kinderzimmer und eine kaiserliche Kindheit • Eva B. Ottiiiinger 3 5 : 2 . Pioniere des Kindermöbeldesigns • Eva B. Ottiiiinger 45 : 3. Raum für Kinder, kein Raum für Forschung? Uber Kindermöbel am Bauhaus • Jeannine Fiedler 5 3 : 4 . Möbel für den Kindergarten: ein Sozialprojekt • Eva B. Ottiiiinger 67 : 5. »Rührt die Hände« statt »Hände auf die Bank«. Die Entwicklung des Schulmöbels in Osterreich • Ulrike Scholda 8 1 : 6 . Kindermöbel im Spiegel der internationalen Designentwicklung, 1900—1970 • Eva B. Ottiiiinger 7. Kindermöbel in Deutschland und Osterreich nach 1945 87 : 7.1 Wiener Kindermöbel zur Zeit des Wiederaufbaus • Eva B. Ottiiiinger 97 : 7.2 Von der Mangelwirtschaft zum Öko-Siegel. Aus deutschen Kinderzimmern zwischen 1945 und 1975 Jeannine Fiedler 103 : 7.3 Therapeutisches Spielzeug • Renate Müller 107 : 7.4 Künstlerisches Gestalten der Zweckform • Walter Papst 109 : 7.5 Interview mit Günter Beltzig • geführt von Eva B. Ottiiiinger 1 1 1 : 7.6 Interview mit Burkhard Lübke • geführt von Eva B. Ottiiiinger 1 1 5 : 7.7 Luigi Colanis Kindermöbel schreiben Designgeschichte • Gerd Siekmann 1 1 9 : 7.8 »Anastasia« und »Frederic« - Impressionen von der Kölner Möbelmesse 2006 und davor • Wolfgang Schepers 129 : Katalog, bearbeitet von Eva B. Ottiiiinger und fotografiert von Fritz Simak 174 : Kinder und ihre Zimmer, fotografiert von Petra Rainer 179 : Kurzbiographien der Autorinnen und Fotografinnen 1 8 1 : Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots

INHALT

: 5

VORWORT DER R E I H EN HE R A U S G E B E R I N

große Engagement von Herrn Dr. Reinke und die Unterstützung durch zahlreiche weitere Leihgeber wären Buch und Ausstellung nicht möglich gewesen. Ihnen allen gilt mein Dank. Für die Konzeption und Umsetzung sorgte Frau Dr. Eva B. Ottiiiinger mit großer Sachkenntnis und

Die stetig wachsende Publikationsreihe der Museen des

dem nötigen Durchhaltevermögen. Unserer Kuratorin

Mobiliendepots beschäftigt sich nun schon seit über ei-

und allen Autoren der Publikation danke ich herzlich.

nem Jahrzehnt schwerpunktmäßig mit der Wohn- und

Besonders freut uns die Kooperation mit dem Mu-

Tafelkultur des Wiener Hofes sowie mit dem natio-

seum MARTa in Herford, wo die Ausstellung ab März

nalen und dem internationalen Möbeldesign. Bei der

2007 ebenfalls zu sehen sein wird. Der Kontakt wurde

vorliegenden Geschichte des Kindermöbels sind beide

von Herrn Dr. Reinke geknüpft. Die Zusammenarbeit

Themenbereiche auf vielfältige Weise miteinander ver-

zwischen dem Hofmobiliendepot - Möbel Museum

bunden.

Wien, einem 1 7 4 7 von Maria Theresia eingerichteten

Die „österreichische Urmutter" Maria Theresia hat

Hofdienst und dem 2005 neu eröffneten Museum fur

im 18. Jahrhundert als aufgeklärte Monarchin mit der

»Möbel, Art und Ambiente« zeigt die besondere Aktua-

allgemeinen Unterrichtspflicht eine Grundschulausbil-

lität des Kindermöbels als Designthema. Wir danken

dung für alle Bevölkerungsschichten ermöglicht. Das

dem künstlerischen Leiter Jan Hoet und dem gesamten

Klassenzimmer wurde zur prägenden Umwelt des Kin-

MARTa-Team für das große Interesse und für die fi-

des.

nanzielle Unterstützung der englischen Ausgabe dieses

Maria Theresias eigene Kinder - 1 6 an der Zahl

Buches.

- waren auf den repräsentativen Familienporträts stets vollzählig präsent, das jeweils jüngste Kind lag in einer Wiege.

M R Dr. Ilsebill Barta Wissenschaftliche Leiterin der

Ihre Enkel saßen bereits auf den damals modernen

Museen des Mobiliendepots

Hochstühlen (Farbtafel 3 , 4 ) , wie man auf den Fami-

Bundesministerium fur Wirtschaft und Arbeit

lienporträts ihrer in ganz Europa verheirateten Kinder beobachten kann. Ihr Sohn Kaiser Leopold II. untersagte in den Anweisungen zur Erziehung von Erzherzog Franz, dem späteren Kaiser Franz II. (I.), das damals übliche Verschnüren des Kleinkindes, um den Säuglingen mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Laufställe (Abb. 1 . 1 ) , Gängelbänder und Fallhauben (Farbtafel 4) sollten die Kinder jedoch vor den negativen Folgen eines allzu großen Freiheitsdranges schützen. Die weitere Designgeschichte des Kindermöbels im 19. und 20. Jahrhundert wollen wir dem Publikum nun erstmals umfassend vorstellen. Den Anstoß für Buch und Ausstellung gab uns die Sammlung von Herrn Dr. Stefan Reinke aus Enger in Westfalen, den wir als Leihgeber der Ausstellung »Experiment 70. Designvisionen von Luigi Colani und Günter Beltzig« 2004 kennen gelernt haben. Ohne das

6:

ZAPPEL,

PHILIPP!

E I N F Ü H R U N G ZUM THEMA UND DANK DER HERAUSGEBERIN EvaB.

Siedhoff-Buscher entwickelten neue Möbelformen aus Holz und Stahlrohr. Darüber hinaus wurde die Einrichtung von Kindergärten und Klassenzimmern nach dem Ersten Weltkrieg zu einer wichtigen und sozial motivierten

Ottiiiinger

Gestaltungsaufgabe. Es galt, die traditionellen Schulbänke durch bewegliche Einzelmöbel abzulösen und die Ideen Maria Montessoris bei der Möblierung von

Das Kind-Sein hat im späten 18. und frühen 19. Jahr-

Kindergärten umzusetzen. Ferdinand Kramer, Franz

hundert eine neue Bedeutung erlangt. Die Entwick-

Schuster, Franz Singer, Margarete Schütte-Lihotzky

lung des Kindermöbels fand vor dem Hintergrund

und Wilhelm Schütte entwickelten Kindermöbel für

eines tief greifenden gesellschaftlichen Wandels statt.

das »Rote Wien« und das »Neue Frankfurt«.

Mit der beginnenden Industrialisierung setzte die

In der internationalen Designentwicklung waren

Auflösung des »ganzen Hauses« als Lebens- und Wirt-

Kindermöbel vor und nach dem Zweiten Weltkrieg

schaftsgemeinschaft ein. Durch diese Trennung von

ein wichtiges Thema. Bedeutende Architekten und De-

Wohn- und Arbeitswelt kam es zu stärkeren emotio-

signer wie Alvar Aalto, Jean Prouvé, Charles und Ray

nalen Bindungen zwischen den Familienmitgliedern.

Eames, Harry Bertoia, Hans J. Wegner, Arne Jacobsen

Dabei wurde auch dem Ambiente des Kindes größere

entwarfen neue Kindermöbel aus Sperrholz und Metall.

Aufmerksamkeit zuteil. An Hand der Kindermöbel des

Darüber hinaus entstandenen zahlreiche Spielobjekte.

Wiener Hofes kann das Auftreten neuer Möbelformen beispielhaft beleuchtet werden.

Einen neuen Stellenwert bekamen Kindermöbel in den 60er und 70er Jahren, als Johannes Spalt in Wien

Die Designgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts

und Günter Beltzig, Luigi Colani und Walter Papst in

wird von der Entwicklung des Kindermöbels illustriert

der B R D neue, kindgerechte Möbelformen aus Holz

und begleitet. Das Hauptaugenmerk unserer Ausstel-

und Kunststoff kreierten. Die deutsche Möbelindustrie

lung richtet sich dabei auf die Beiträge aus Deutsch-

in Westfalen war mit Firmen wie Kinderlübke Zen-

land und Osterreich vom späten 19. Jahrhundert bis in

trum dieser Entwicklung, während Renate Müller in der D D R therapeutische Spielobjekte für Kinder ent-

die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Anfänge des Kindermöbels als Designobjekt

wickelt hat.

lassen sich genau feststellen: 1866 wurden auf einem Katalogblatt der Wiener Bugholzmöbelfabrikanten Gebrüder Thonet erstmals Möbel speziell für Kinder in

DANK

Serienproduktion angeboten. Zahlreiche neue Modelle kamen in den folgenden Jahrzehnten hinzu und wur-

Ausstellung und Katalog konnten nur durch die gute

den zu einem wichtigen Segment in der Produktpalette

Zusammenarbeit zahlreicher Personen und Institu-

der Bugholzmöbelindustrie.

tionen realisiert werden. Unser Dank gilt zuallererst

In der Wiener Moderne wurden Möbel für Kinder

dem Kindermöbelsammler und Design-Galeristen

nach 1900 auch zu einer für Architekten und Entwer-

Dr. Stefan Reinke aus Enger in Westfalen, ohne dessen

fer interessanten Gestaltungsaufgabe. Josef Hoffmann,

langjährige und intensive Sammeltätigkeit diese Aus-

Robert Oerley und Otto Prutscher entwarfen Kinder-

stellung nicht möglich gewesen wäre.

möbel.

Weiters danken wir allen übrigen Leihgebern, die

Am 1 9 1 9 von Walter Gropius in Weimar gegrün-

Exponate für die Ausstellung zur Verfügung gestellt

deten Bauhaus waren Möbel für Kinder ebenfalls ein

haben. Diese sind (in alphabetischer Reihenfolge):

Thema einer umfassenden Gestaltungsreform. Mar-

Bauhaus Museum, Klassik Stiftung Weimar, Wolfgang

cel Breuer, Erich Dieckmann, Peter Keler und Alma

Bauer/Bei Etage, Wien, Gemeentemuseum, Den Haag,

E I N F Ü H R U N G ZUM THEMA UND DANK DER

HERAUSGEBERIN

7

Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar, Prof. Arch. Wolfgang Haipl, Wien, Julius Hummel, Wien, M A K — österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, Patrick Metzl, Hochheim, Mag. Wolfram Schefcik, Villach, Mag. Georg Schrom, Wien, Gerd Siekmann/Popdom, Köln, Prof. Arch. Johannes Spalt, Wien sowie Leihgeber, die nicht namentlich genannt werden wollen. Mein besonderer Dank gilt den Katalog-Autorinnen Dr. Ulrike Scholda, Mag. Jeannine Fiedler, Renate Müller, Dr. Wolfgang Schepers, Walter Papst, Gerd Siekmann und den Interview-Partnern Günter Beltzig und Burkhard Lübke für ihre interessanten Beiträge sowie der Fotografin Petra Rainer und dem Fotografen Dr. Fritz Simak für die einfühlsamen Aufnahmen der Kindermöbel und Kinderzimmer. Für Abbildungsvorlagen danken wir dem Archiv der Universität für angewandte Kunst, dem Bauhaus Archiv Berlin, dem Bauhaus Museum, Klassik Stiftung Weimar, dem Bildarchiv der O N B , Wien, dem Gemeentemuseum, Den Haag, dem Archiv Girsche, Berlin, dem MAK - österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, dem Kunsthistorischen Museum, Wien und den Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein, Wien, dem Vitra Design Museum, Weil am Rhein, dem Wien Museum Karlsplatz und dem Wiener Stadt- und Landesarchiv. Für Informationen und Unterlagen sei darüber hinaus Herrn Kommerzialrat Karl Fostel von der Firma »Sonett« und Frau Hermi Schedlmayer vom Forschungsprojekt Otto Prutscher am Archiv der Universität für angewandte Kunst und der Firma WiesnerHager gedankt. Das Team der Bundesmobilienverwaltung sorgte unter der Leitung von Ing. Wilhelm Kovacs in bewährter Weise für Restaurierungen, Logistik und Leihverkehr. Ich danke allen Mitarbeitern für ihre Hilfe. Weiters danke ich meinen Kollegen M R Dr. Ilsebill Barta, Mag. Andreas Gugler, Dr. Kurt Schimak und Ingrid Hajek für ihre vielfache Unterstützung herzlich. Unser abschließender Dank gilt dem Team des Böhlau Verlages für die gute Zusammenarbeit und MARTa in Herford, für die Finanzierung der englischsprachigen Ausgabe dieser Publikation.

8

ZAPPEL,

PHILIPP!

FARBTAFELN

i.

Pieter de Hooch, Frau mit Kind und Magd, Ölgemälde, um 1670/75, Kunsthistorisches Museum, Wien

2. Erzherzogin Maria Christine, Isabella von Parma im Wochenbett, Gouache auf Papier, signiert Maria fecit 1 7 6 2 , Kunsthistorisches Museum, Wien

FARBTAFELN

: 9

3 - Anonym nach Johann Zoffany, Großherzog Leopold von der Toskana mit seiner Familie, Gouache auf Metall, nach 1776, Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien

4. F. Walter nach Johann Zoffany, Vier Kinder der Erzherzogin Maria Amalia von Parma, Aquarell, nach 1778, Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien

10 :

ZAPPEL,

PHILIPP!

5. Peter Fendi, Fürst Johann II. von Liechtenstein als Kind, Aquarell, signiert 1 8 4 1 , Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Wien

6. Türk, Erzherzogin Elisabeth auf einem Kinderstuhl aus gebogenem Holz, Foto, um 1 8 8 1 / 8 2 , Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien

7. Johann Passini nach Peter Fendi, Familienvereinigung, D r u c k nach Aquarell, 1834, W i e n Museum Karlsplatz

8.

Kinderfauteuil W i e n , um 1820/30 Nussbaumholz, politiert, originale Polsterung H : 39, SH: 29, B: 48, T: 40 Hofmobiliendepot - Möbel M u s e u m W i e n , M D 5.213

12 :

ZAPPEL,

PHILIPP!

9- Rudolf von Alt, Schreibzimmer im Palais Rasumovsky, Aquarell, 1842, Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Wien

10. Kinder-Tischbank Gebrüder Thonet, um 1885 Buche, massiv und gebogen H: 60,5, S H : 24, B: 79,5, T: 42 Privatbesitz

FARBTAFELN

: 13

THONET

FRATEILI

Stocksessel. Chaise canne. W a l k i n g Stick chair. Sedia a bastone con stoffa.

Damen-Stocksessel. Chaise canne poor dame. Lady's Walking-Stick-chair. Sedia a bastone per Signore.

fl. 4 . —

Feldstockerl

fi. 4 - -

mit Stoff. g|r| JW" "'IIW4L M [ J

Jagd-Sessel. ChaiBe de Chasse. Shooting Stool. Sedia da caccia.

5 . -

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Tamburini da campagna

with canvas seats.

con stoffa.

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garnis tdile

Stocksessel mit Rohrsitz. Chaise canne, siège canné. W a l k i n g Stick Chair, cane seat. Sedia a bastone con canna. fl.

T a b o u r e t s pliants - G a m p Stools

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Feldsessel N r . 4 . Chaise de campagne N r . 4 garnie toile. j Camp-Chair N r . 4 with can vas back and seat.

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Sedia da campagna N r . 4. mit Stoff fi. 7 . 5 0 ohne fl. 4 . 2 5

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jj': f j n j, . / f f j

N r . 2 gedrechselt m i t Stoff fl. 2 7 5 ohne „ fl. 1 . 3 0

Kinder-Möbel.

Kindev8essel Chaise enfant. Child's Chair Sedia da fanciullo, fl. % . -

Meubles (Venfants.

Kinder-Canape Canapé enfant Child's Sofa Sofà da fanciullo fl. 6 . — -

Children's Furniture.

Kinder-Pauteuil Fautenil enfant. Child's Armchair. P o l t r o n a da fanciullo fl. % ~

Patentâtes Hohèr Kinder- Fauteuil m.Rohrlehne Fauteuil enfant haut dossier canné. Child's high A r m c h a i r witli ean«Soll und Haben< und >Zwei

pult« in vier Größen für Kinder von 6 bis 1 4 Jahren

Städte 4 , S . 3 0 0 - 3 1 1 .

S p i e l s c h r a n k - a u f n i m m t . D i e s w i r d d e n E i n d r u c k des

14 SEKLER (zit. Anm. 12) Abb. 117, S. 97.

R a u m e s aber n i c h t i m M i n d e s t e n b e e i n t r ä c h t i g e n . E s wird der Hausfrau im Gegenteil nur eine besondere F r e u d e b e r e i t e n , w e n n sie sieht, w i e sich ihre K l e i n e n h i e r w o h l f ü h l e n , d a sie selbst i n dieser k l e i n e n W o h n u n g ein R e i c h f ü r sich besitzen. S e l b s t r e d e n d ist jedes einzelne M ö b e l ganz den kindlichen M a ß e n anzupassen, w o b e i m a n sie v i e l l e i c h t so e i n r i c h t e t , d a ß sie m i t d e m K i n d a u c h selbst w a c h s e n . D a n n k ö n n e n die K i n -

15 SEKLER (zit. Anm. i 2 ) W V i 2 3 , S . 325Í 16 Abbildung in: Dekorative Kunst, 1908, S. 540. 17 Dekorative Kunst, 1908, S. 540; Bei Etage, Herbstausstellung 2002, Wien 2002, S. 78-83. 18 Das Interieur 13/1912, S. 61 und Deutsche Kunst und Dekoration 13/1912, S. 180. 19 Gebrüder Thonet'scher Zentralanzeiger Nr. 55 vom 30. 9. 1915: Modellnummern 12.205 (Kindersessel), 12.215 (Kinderfauteuil), 12.225 (Kanapee), 12.245 (Kinderspeisesessel) und 12.415 (Kindertisch); freundliche Mitteilung von Frau

d e r alles l e i c h t h a n d h a b e n u n d e r h a l t e n das G e f ü h l ,

Hermi Schedelmayer, Forschungsprojekt Otto Prutscher,

dies sei ihre u r e i g e n e Welt.« 2 3

Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien.

D i e s e u m u n d n a c h 1 9 0 0 e r k a n n t e B e d e u t u n g des k i n d l i c h e n A m b i e n t e s erklärt a u c h die i n t e n s i v e A u s e i n a n d e r s e t z u n g der D e s i g n e r - A v a n t g a r d e m i t der E n t w i c k l u n g neuer M ö b e l für K i n d e r nach d e m Ersten Weltkrieg.

1 Eva B. O T T I L L I N G E R (Hg.), Gebrüder Thonet, Möbel aus gebogenem Holz, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 16, Wien/Köln/Weimar 2003. 2 O T T I L L I N G E R (zit. Anm. 1) Abb. 22, S. 27. 3 O T T I L L I N G E R (zit. Anm. 1) Abb. 2, S. 6. 4 Reprint in: O T T I L L I N G E R (zit. Anm. 1) S. 1 2 1 - 1 5 0 . 5 Thonet Bentwood & other Furniture, The 1904 illustrated Catalogue, Reprint, New York 1980, S. 88-94 und S. 130. 6 Thonet Bugholzmöbel, Gesamtkatalog 1911 und 1915, Reprint, Wien 1994, S. 197-206; Melanie G R O S S , T h o n e t Kindermöbel im Lichte des Wandels der Rolle des Kindes in der Gesellschaft, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst, Wien 2001, S. 86. 7 Jacob von FALKE, Die Kunst im Hause, Wien 1871. 8 Cornelius G U R L I T T , Im Bürgerhause, Plauderei über Kunst, Kunstgewerbe und Wohnungs-Ausstattung, Dresden 1888, S. 94. 9 Otto W A G N E R , Baukunst unserer Zeit, 4. Auflage, Wien 1914, S. 39. 10 W A G N E R (zit. Anm. 9) S. 9 6f. 11 Joseph August LUX, Die moderne Wohnung und ihre Ausstattung, Wien/Leipzig 1905, S. 136-140. 12 Vera J. BEHAL, Möbel des Jugendstils, Sammlung des Österreichischen Museums für angewandte Kunst, München 1981, Kat. Nr. 1 1 3 - 1 1 6 , S. 1 6 1 - 1 6 3 ; Eduard F. SEKLER, Josef Hoffmann, Das architektonische Werk, Salzburg/Wien 1982, W V 106, S. 312.

ZAPPEL,

dert, Frankfurt 1994, S. 106 und 108. 22 Siehe den Beitrag über Kindergärten. 23 Karl Maria G R I M M E , Die Mietwohnung von heute - Wie richte ich sie ein?, Wien/Leipzig 1932, S. 76.

ANMERKUNGEN

44:

20 Siehe den Beitrag über Schulmöbel. 21 Walter B E N J A M I N , Berliner Kindheit um neuzehnhun-

PHILIPP!

3. 1 R A U M F Ü R K I N D E R , KEIN RAUM FÜR FORSCHUNG? ÜBER DIE K I N D E R M Ö B E L AM B A U H A U S Jeannine Fiedler

Welche Utensilien benötigte der Mensch auf dem H ö h e p u n k t der industriellen Revolution, w e n n er eine Reise tat? Eine Karikatur (Abb. 3.1) aus dem Jahr 1857 mit dem Titel »New Patent Traveling

Case« 1

M

« '

:

hi: w ; :

stellt sie

uns vor: Pistolen zur Selbstverteidigung, Handwerksge-

3.1 »New Patent Traveling Case«, in: Harper's Weekly, 1857

rät, Tischbesteck, Bettzeug, Mundproviant ... das bei weitem erstaunlichste und passgerechte »Objekt« jedoch, das ein fliegender Händler der krinolinenberockten Kundin vorführt, ist ihr Wickelkind, das er in dem

zwar nicht abrackern, wurden ihrerseits aber frühzeitig

eigens im übermannslangen Reiserollkoffer dafür ange-

beim dynastischen Erhalt der Familien instrumentali-

legten Schlaufenfach untergebracht hat. D u r c h einen

siert.

Blasebalg saugt das Baby N a h r u n g ein, die Quelle der

»Kind sein« war in aller Regel ein Transit, eine leid-

Nahrung scheint indes sein eigener Nabel zu sein - der

volle Bewegung durch die Zeit: die A u s d e h n u n g von

Säugling als autarkes, sich selbst versorgendes System!

G l i e d m a ß e n , die A u s w e i t u n g v o n Bewusstsein u n d

D i e Mutter ist mit Erwerb dieser Reisetasche nun auch

Geist — stets behindert durch die Fesseln von Sitte und

unterwegs v o n jeder zeitaufwendigen Fürsorge ums

N o r m . »Kindheit« hingegen im Sinne eines Anspruchs

K i n d herum entbunden. Ein stärkeres (Wunsch-)Bild

von Persönlichkeitsentwicklung im eigenen Raum war

für die Marginalisierung des Kindes ist kaum je gefun-

eine von vielen sozialen Erfindungen der A u f k l ä r u n g

den worden.

und des mit ihr erstarkenden Bürgertums, das seiner

Eine Rückschau in die Vergangenheit zeigt, dass

Brut erstmals in der Kulturgeschichte des Westens eine

unsere Vorfahren über die Jahrhunderte gewickelt, ge-

besondere Aufmerksamkeit gewährte. Das Kind erhielt

schnürt, in Lederbeutel gehoben und von der D e c k e

eine Seele und wurde wahrgenommen als ein Lebewe-

gehängt, dortselbst sie halbe Tage zubrachten, mit Fall-

sen mit eigenen Bedürfnissen, dessen Hineinwachsen

hüten bedeckt, ans Gängelband g e n o m m e n , in G e h -

in die Gesellschaft sorgfältig vorbereitet und begleitet

schulen u n d Kinderstühlchen gesperrt wurden - all

sein wollte. 3

dies, u m unverletzt zu bleiben und die erwachsenen

N u n werden Räume v o n uns meist »ausgekleidet«:

M e n s c h e n k i n d e r als Q u a n t i t é négligeable nicht bei

zum einen als Denkräume kraft unserer Ideen und Vor-

deren Tagewerk zu stören. 2 K a u m dass sie G r ö ß e und

stellungen; z u m anderen, manifester, durch Mobiliar,

manuelle Fertigkeiten erlangt hatten, die sie zur Kin-

u m sie physisch b e w o h n e n zu k ö n n e n . Bei unserem

derarbeit in Haus, H o f , Werkstatt oder später in den

T h e m a setzt das eine w o m ö g l i c h das andere voraus. —

Fabriken befähigten, galt das »Hätschelalter« — ein Eu-

Aus welcher stilistischen Epoche auch immer wir eine

phemismus, der sich in keiner literarischen Beschrei-

Geschichte des Kindermöbels erzählen bedeutet, die

bung von Kindheit bestätigt - als unwiderruflich über-

private oder gesellschaftliche Sphäre des Kindes, seiner

w u n d e n . D i e privilegierten Sprösslinge mussten sich

nachlässigen Einbindung in die Welt der Erwachsenen,

I RAUM FÜR K I N D E R , KEIN RAUM FÜR

FORSCHUNG?

••45

seiner Missachtung oder gar Ausbeutung, wie oben

als dass sie Inhalt intensiven Studiums hätte werden

in Kürze dargestellt, zumindest mitzudenken. Diese

können? Waren es rein ökonomische Erwägungen, die

Gleichgültigkeit oder — nennen wir sie positiv gewen-

eine erweiterte Herstellung von Kindermöbeln wäh-

det — unwissende Gleichmut einem kindgerechten Le-

rend Inflation und bei erschwerten wirtschaftlichen

bensraum gegenüber, die hier kaum alleiniger Gegen-

Bedingungen nicht lukrativ erscheinen ließen? 5 Oder

stand dieser kleinen Untersuchung sein kann, spiegelt

schienen Kinder einmal mehr zu unwichtig bei der Re-

sich nicht nur im vergleichsweise gering auftretenden

volutionierung der gestalteten Umwelt durch die selbst

spezifischen Möbel — in diesem Falle des Bauhaus-Kin-

ernannte Design-Avantgarde der Gestalterkooperative

dermöbels - , sondern mehr noch in einer Quellenlage,

am Bauhaus?

die dem Forschungsobjekt selber den Charakter eines

Vielfach ist demonstriert worden, wie eng das Bau-

spröden, Eigenschaften und Erkenntnisse sich nur

haus den Reformbewegungen des 18. und 19. Jahr-

mühsam abringenden Zeitzeugen verleiht. Eine Ge-

hunderts verbunden war, ja auf deren Gedankengut

schichte des Kinderzimmers wurde bislang noch nicht

fußte. Die »Industriepädagogik« eines Basedow, Salz-

geschrieben. Mitunter aber können auch Fehlstellen

mann oder Kindermann, Handarbeit als unverzicht-

oder »Forschungslücken« aufschlussreich sein.

bares pädagogisches Mittel zur »Menschenbildung« bei

Nähern wir uns also: Knapp 90 Jahre nach Grün-

Pestalozzi und Fröbel fanden direkten Eingang in das

dung des Bauhauses durch Walter Gropius in Weimar

Denken nachfolgender Kunstschulreformer, so auch

(1919; Schließung in Berlin 1933) liegt keine Studie

in die Visionen von Gropius, und bilden den Humus

vor, die sich ausschließlich dem dort entwickelten

der Bauhaus-Pädagogik. 6 Deren obligatorischer halb-

Kindermöbel, seiner Produktion oder seines Vertriebs

jähriger Vorkurs aus »elementarem Formunterricht in

widmen würde. Aufsätze zum Thema der Tischlerei-

Verbindung mit Material-Übungen in der besonde-

und Ausbauwerkstatt sowie die erste umfangreiche

ren Werkstatt für die Vorlehre« 7 und anschließender

Gesamtdarstellung der Bauhaus-Möbel behandeln

Entscheidung für beziehungsweise Aufnahme in eine

Randerscheinung. 4

Lehrwerkstatt ist das pädagogische Herzstück des Un-

Dieser Umstand spiegelt zunächst die eher geringe Be-

terrichts am Bauhaus. Hier sollten jeglicher Ballast

deutung wider, die auch die Schule selbst Kindermö-

konventioneller (Ver-)Bildung und jede Stilbindung

beln beizumessen schien. Spannender ist womöglich

abgeworfen werden, um schöpferische Kräfte im Stu-

die Entwürfe für das Kind nur als

die hier ansetzende Frage, weshalb eine der führenden

dierenden frei zu setzen, die ihn seine individuelle Be-

Institutionen zur Vermittlung wie Umsetzung gestalte-

gabung und Ausdrucksmittel erkennen ließen.

rischer Grundlagen, deren legendärer Vorkurs sich un-

Der pädagogische Impetus, der in Weimar von der

ter anderem der gleichsam kindhaften Erkundung der

Harmonisierungslehre Gertrud Grunows ausging — das

Dingwelt verschrieben hatte, in ihrer Werkstattarbeit

oberste Gesetz einer jeden Ordnung sei das Gleichge-

dem Kosmos des Kindes und dessen zeitgemäßer »Aus-

wicht - , kann hier gleichfalls nur angerissen werden. 8

stattung« so wenig abgewinnen konnte. War die Ge-

W i e eingebettet in ihre Lehre erscheinen sämtliche

sellschaft noch nicht reif für konkret gestaltete und ge-

Studienfächer auf dem Unterrichtsschema in der Pu-

baute Utopien, die eine sozial untergeordnete Gruppe

blikation »Staatliches Bauhaus Weimar« aus dem Jahr

wie die Kinder betraf? Fungierte das Bauhaus nach

1923 9 , in der Gropius die Bauhauslehre aus dem neuen

Ende des Ersten Weltkriegs im fast religiös beschwore-

harmonischen Einheitsgedanken aller Erscheinungen,

nen Aufbruch zum »neuen« Menschen als reine Schalt-

Künste und Gewerke, basierend auf dem Gleichge-

stelle reformpädagogischer Postulate, weshalb seine

wicht von individueller Schöpferkraft und allgemein

Bestrebungen vielmehr in eine erste moderne »Erwach-

verbindlichen Gestaltungsprinzipien entwickelte.

senenbildung« mündeten, bei der die eigene Kindheit

Relativiert und in der Didaktik für Vorschulkinder

für die jungen Studierenden zu greifbar nah oder in der

angesiedelt, treffen wir schon um die Jahrhundert-

Verkörperung eigener Kinder noch zu weit entfernt lag,

wende auf ähnlich lautende Postulate in Maria M o n -

46:

ZAPPEL,

PHILIPP!

tessoris pädagogischen Schriften oder in »Das Jahrhun-

dem exzentrischen Gelb zuzuordnen sei. Doch damit

dert des Kindes« der schwedischen Sozialreformerin

der Formalbeziehungen nicht genug, denn die Wiege

10

Wahrnehmung und

bettet künftige Wissensgenies gewissermaßen in ma-

Beschreibung von Sinneseindrücken im selbstständigen

thematische Gleichungen der Proportionslehre: Der

und sicheren Gebrauch des Materials, Beobachtung der

äußere Umfang der blauen Kreise entspricht in etwa

Ellen Key aus dem Jahr 1 9 0 1 .

Umwelt zur weiteren Schulung der Sinneskompetenz,

der Länge einer rot lackierten Seitenwand; diese ist im

behutsame Anleitung zur Selbstkorrektur münden bei

Weimarer Original zur oberen Hälfte mit einem Seilge-

Montessori in die »Polarisation der Aufmerksamkeit«,

flecht versehen, das wiederum durch Verstärkungen in

eine Konzentrationstechnik, maßgeblich für das Wer-

drei gleich große Quadrate geteilt wird und so fort. Die

den von Persönlichkeit — und bilden eine der Blaupau-

gleichschenkligen, gelb gefassten Dreiecke an Kopf-

sen für die Reformschule Bauhaus. Nach Selbstfindung

und Fußende ruhen mit ihren den Basen gegenüber-

und individueller Entfaltung kreativer Möglichkeiten,

liegenden Spitzen im »Rückgrat« der Wiege - einem

der Ausbalancierung von Sachlichkeit und Sinnlichkeit

Rohr, das mit Beton ausgefüllt ist und für die Erdung

gemäß der Grunow-Lehre, der Versöhnung von Kopf

dieser auf ersten Blick labil wirkenden Konstruktion

und Hand ersteht vor uns eine Gestalterpersönlichkeit,

sorgt. 11 Undenkbar wäre es ohne den maßgeblichen

der die Wahrnehmung des Kindes durch ihr eigenes

Einfluss von De Stijl, der Bewegung des Holländers

Studium vertraut geworden sein sollte.

Theo van Doesburg, auf das Weimarer Bauhaus gewe-

Trotz dieser optimalen Voraussetzungen zur Ge-

sen, Farben und Formen dergestalt zu konstruktiven

staltung haptisch sinnlicher und erzieherisch sinn-

Elementen eines Gebrauchsgegenstandes zu verbin-

voller Objekte gehen in den frühen Gründerjahren der

den. Eine bäuerlich-folkloristisch anmutende Variante

Schule Kindermöbel über den Stand durchgeistigter

von Farben- und Formenkorrespondenzen unter eher

Konstrukte oder rein formaler Experimente aus den

dekorativer Verwendung der Mittel stellte Johannes

Laboratorien der Werkstätten nicht hinaus. Sie haben

Itten schon 1920 vor, als er zur Geburt seines Sohnes

mit der Lebenswirklichkeit des Kindes in der Weimarer

Matthias ein Kinderbett entwarf, das nur als Schwarz-

Republik wenig zu tun und können kaum als Resultat

weißfotografie überliefert ist. Uber eine die Formen be-

intensiver Versuchsanordnungen zur Förderung früh-

ziehungsreich aufnehmende Farbgebung lässt sich also

kindlicher Arbeit im Spiel (Montessori) oder als ergo-

nur mutmaßen."

nomisch optimierte Möbelkonzepte für kleine Men-

Eberhard Schrammen, einer der ersten Studierenden

schen betrachtet werden. Aus dem guten halben Dut-

am Bauhaus Weimar und eigentlich der Bühne unter

zend von Bauhaus-Kindermöbeln, die aus dieser Phase

Lothar Schreyer zugehörig, führte innerhalb der Tisch-

überliefert sind, ist ein Objekt zur Ikone geworden: die

lerwerkstatt eine Drechslerei. Hier wurde nicht nur

»Bauhaus-Wiege« des Wandmalerei-Lehrlings Peter

nach seinen Entwürfen sowie nach Vorlagen von Alma

Keler aus dem Jahr 1922 (Farbtafel 15, 16). Dieses Ein-

Siedhoff-Buscher und Ludwig Hirschfeld-Mack Kin-

zelstück verkündet so schlaglichtartig synästhetische

derspielzeug gefertigt, sondern auch Kindermobiliar. 13

Korrespondenzen zwischen Farben und Formen, wie

Auffällig an Schrammens Tischchen von 1922 sind die

sie im Unterricht Wassily Kandinskys und auch bei Jo-

teleskopartig gedrechselten Beine, die das dazugehö-

hannes Itten »erfühlt« und analysiert wurden, dass bei

rige Armlehnstühlchen als gestalterisches Element auf-

diesem Möbel von der zeichenhaften Manifestation ei-

nimmt und variiert. Tatsächlich lässt sich die Höhe hier

ner Idee gesprochen werden muss. Kreis, Quadrat und

nicht verstellen, was einem intelligenten Kindermöbel

Dreieck tragen die ihnen zugeordneten Primärfarben

entsprechen würde. Schrammens wie auch die wenigen

gemäß dem Bauhaus-Dogma, dass der stumpfe Win-

überlieferten Arbeiten des Tischlers Erich Dieckmann

kel des Kreises das Tiefe der Farbe Blau noch erhöhte,

(Abb. 3.2, Kat. Nr. 26, 27) scheinen durch die Schwere

das rechtwinklig Eckige im Quadrat dem Kaltwarmen

ihrer konstruktiven Elemente eher einen Willen zur

des Rots zugehörte und das spitzwinklige Dreieck

Standfestigkeit und zum Schreinerhandwerk zu be-

I RAUM FÜR K I N D E R , KEIN RAUM FÜR

FORSCHUNG?

:

47

3.2 Mustereinrichtung eines Kinderzimmers mit Kindermöbeln von Erich Dieckmann aus dem Typenmöbel-Katalog der Bauhochschule Weimar, um 1928, Bauhaus Archiv Berlin

zeugen, denn als Konstruktionsübungen ästhetisch zu

neuen Produktästhetik verstehen, die den Anschluss

Ende gedacht zu sein oder gar den Laborcharakter lan-

an die gesellschaftlichen Bedürfnisse n o c h suchen

ger Versuchsreihen zu tragen. Es ist wohl auszuschlie-

mussten, quasi als Zwischenstufen eines jahrelangen

ßen, dass hier mit und am Kinde probiert wurde. Sie

Entwurfsprozesses, der von der individuellen künstleri-

eigneten sich von daher kaum als Prototypen für die

schen Form weg und hin zum glatten industriell-funk-

Serie und stellen als Einzelstücke vermutlich Auftrags-

tionalen Produkttypus führen sollte.« 14

arbeiten dar.

Marcel Breuer, »Meisterschüler« unter den Stu-

Betrachten wir die gerade beschriebenen Entwürfe

dierenden der Weimarer Tischlereiwerkstatt, vollzog

unter d e m A s p e k t ihres N u t z e n s im täglichen G e -

in seinen Arbeiten den soeben zitierten »jahrelangen

brauch, so kann von einer funktionalen Form dieser

Entwurfsprozess« gleichsam paradigmatisch. Ein ums

wie manch anderer Werkstättenprodukte der Weima-

andere Mal gelang dem gestalterischen Genius des U n -

rer Phase in ihrer stark behaupteten Persönlichkeit

garn ein noch kühnerer W u r f , der auf die nächstfol-

k a u m die Rede sein, denn sie waren »in den meisten

gende Sitzidee verweisen sollte. A m Ende dieser kon-

Fällen kunsthandwerklich gefertigte Einzelstücke und

zeptuellen Logik stand folgerichtig das Sitzen auf einer

damit d e m elitären Individualkonsum überantwortet.

»elastischen Luftsäule«. 1 5 D e n Ausgangspunkt bildet

M a n kann sie nur als zeichenhafte Realisierungen einer

der verschollen geglaubte und 2004 wieder entdeckte

48

ZAPPEL,

PHILIPP!

»Afrikanische Stuhl« (im Bauhaus-Archiv Berlin), handgeschnitzt, farbig gefasst und von der BauhausWeberei mit einer gewebten Polsterung versehen — ganz aus der expressionistischen Afrika-Folklore der Zeit heraus entwickelt. Seine von De Stijl und Gerrit Rietveld beeinflussten, konstruktivistischen Stuhlvarianten in luftiger Lattenkonstruktion formulierten das schwerelose Sitzen auf gebogenem Stahlrohr vor. Ein 1923 geschaffenes Kinderstuhl-Ensemble Breuers - zu dem auch ein Tischchen gehört (Farbtafel 18, Kat. Nr. 28) — ist aus einem quadratischen Lattenmaß konstruiert, bei welchen Sperrholzbretter als Sitz und Rückenlehne aufgeschraubt wurden. Allein die farbige Gestaltung akzentuiert die Funktionen der Stuhlbestandteile. Das gemeinsam mit seinem großen Zwilling für Erwachsene längstverkaufte Möbel am Bauhaus oder kleine Formate von Stahlrohrsesseln wie dem Armlehnstuhl B 34 von 1928 (Abb. 3.3, Kat. Nr. 30) müssen allerdings als das gelesen werden, was sie de facto sind:

3.3 Marcel Breuer, Kinderstuhl Modell Nr. B 34 V2 und Kindertisch Modell Nr. B 5 3 ausgeführt von der Thonet Mundus A G , in: Thonet Stahlrohrmöbel-Katalog, 1 9 3 0

Miniaturausgaben von Entwürfen für den ausgewachsenen Menschen. 1 6 An einer Neuformulierung des

terlichen (!) Aufsicht zwischen Küche/Esszimmer und

Sitzmöbels für Kinder aus spezifischen Materialien, er-

dem Damenschlafzimmer liegt. Dies mag aus heutiger

gonomisch und ökologisch einwandfrei, mit variablen

Sicht kaum ungewöhnlich klingen. Fünf Jahre nach

Einsatzmöglichkeiten in der täglichen Handhabung

Kriegsende und angesichts höchster Wohnungsnot bei

war Breuer zeit seines Lebens nicht interessiert.

breiten Bevölkerungsschichten, die sich in städtischen

Erst eine äußerst erfolgreiche Leistungsschau der

Ballungsräumen oft genug zu sechst eine Stube und

Schule und ihrer Werkstätten, die der thüringische

die kleine Küche teilen mussten, erlaubten sich Wohn-

Staat dem Bauhaus als Rechenschaftsbericht für 1923

häuser außerhalb des Großbürgertums jedoch nie den

abverlangt hatte, führte zu originären Konzepten, die

Luxus von Kinderzimmern. Muches Entwurf stellt ein

dem Bauhaus und der Gestalterin Alma Siedhoff-Bu-

absolutes Novum dar, das erst vom kommunalen Woh-

scher einen Platz in der Geschichte des Kindermöbels

nungsbau der späten 1920er Jahre eingeholt werden

sichern sollten (Farbtafel 17). Ausgangsidee war die

sollte. 18 Aber auch dieser Vorschlag war für den Mit-

Errichtung eines Muster- und Ausstellungshauses, das

telstand in Weimar unerschwinglich; es blieb bei dem

im Rahmen der ersten großen Bauhaus-Schau nicht

einen Musterbau.

nur den neuesten Stand der Bautechnologie, son-

Die Ausgestaltung der Zimmer wurde sorgfältig,

dern auch die perfekt ineinander greifende Koopera-

dem »amtlichen« Anlass entsprechend konzipiert, aus-

tion unter den Werkstätten demonstrierte, denen die

geführt und schließlich festgehalten, so dass mit dem

komplette Innenausstattung oblag. 17 Der Jungmeister

»Haus A m Horn« die einzige komplette Möblierung

Georg Muche wies als Entwerfer dem Musterhaus »Am

für die gesamte Wirkungszeit des Bauhauses dokumen-

Horn« — als einzigem durch die Schule in Weimar re-

tiert ist. Wie zum Beispiel die Kinderzimmer in den

alisierten Bau - in seiner quadratischen Grundrisspla-

Dessauer Meisterhäusern eingerichtet waren oder in

nung einen Zentralraum zu, um den sich sämtliche an-

der Siedlung Dessau-Törten, ist nicht überliefert.

deren Wohnnutzräume gruppieren. So auch das Kin-

Alma Siedhoff-Buscher, die zunächst wie alle weib-

derzimmer, das unter dem Aspekt der besseren müt-

lichen Studierenden Aufnahme in die Weberei fand,

I

RAUM FÜR KINDER, KEIN RAUM FÜR

FORSCHUNG?

•49

3.4 Alma Siedhoff-Buscher, Wickelkommode, 1923, Foto, Bauhaus Archiv Berlin

führte ihr Weg über den Vorkurs, intensive Studien zur

d e m sie herrschen. Jedes D i n g darin gehöre ihnen, -

Farbenlehre und die Auseinandersetzung mit den da-

ihre Fantasie gestaltet es — keine äußerliche H e m m u n g

mals hochaktuellen reformpädagogischen Thesen Ma-

störe sie — das Mahnwort >lass seind 73-78-

10 OSWALD (zit. Anm. 9) S. 64, 70 und 71. 1 1 Thomas MÜLLER, Montessori, Lehrmaterialien 1 9 1 3 - 1 9 3 5, Möbel und Architektur, München-Berlin-London-New York 2002. 12 Erich BRAMHAS, Die Wiener Gemeindebauten, Vom KarlMarx-Hof zum Hundertwasserhaus, Basel-Boston-Stuttgart 1987, S. 23-33. 13 FADRUS (zit. Anm. 3) S. 494: »Um den Kindergarten den Lebensverhältnissen der Bevölkerung in den einzelnen Bezirken anzupassen, wurden zahlreiche Volkskindergärten geschaffen, die von 7 Uhr früh bis 6 Uhr abends, an Samstagen bis 1 Uhr nachmittags in Betrieb sind und in denen den Kindern neben einem Frühstück auch ein ausgiebiges Mittagessen verabreicht wird.« 14 FADRUS (zit. Anm. 3) S. 501. 15 Siehe dazu auch den Beitrag von Ulrike Scholda. 16 MÜLLER (zit. Anm. 1 1 ) S. 7 0 E ; Franz SCHUSTER (18921972), Ausstellungskatalog, Wien 1976, S. 3of. 17 FADRUS (zit. Anm. 3) Abb. S. 493, 495 und 502. 18 Franz Singer - Friedl Dicker, Ausstellungskatalog, Wien 1989. 19 MÜLLER (zit. Anm. 1 1 ) S. 72-75. 20 21 22 23

Singer Singer Singer Singer -

66:

Dicker Dicker Dicker Dicker

ZAPPEL,

(zit. Anm. (zit. Anm. (zit. Anm. (zit. Anm.

PHILIPP!

18) 18) 18) 18)

S. 64-70. S. 52. S. 67 und 100. S. 52.

24 Prospekt von Abbatt Toys fur das Sun Play House, London, um 1935/36. Freundlicher Hinweis von Mag. Georg Schrom. 25 Singer - Dicker (zit. Anm. 18) S. 110. 26 Ernst May und das Neue Frankfurt, 1925-1930, Ausstellungskatalog, Frankfurt a. M. 1986. 27 FRANZ SCHUSTER, Ein Möbelbuch, Frankflirt 1929. 28 Peter NOEVER (Hg.) Die Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky, Ausstellungskatalog, Wien o. J. 29 Das Neue Frankfurt, 4/1926-1927, S. 88-90; Claude LIECHTENSTEIN (Hg.), Ferdinand Kramer, Der Charme des Systematischen, Gießen 1991, S. 161 und 280. 30 Das Neue Frankfurt, 7-8/1928, S. 8of.; LIECHTENSTEIN (zit. Anm. 29) S. 179 und 281. 31 Das Neue Frankfurt, 1 1 - 1 2 / 1 9 2 8 , S. 221-223.; LIECHTENSTEIN (zit. Anm. 29) S. 178 und 281. 32 Peter NOEVER (Hg.), Margarete Schütte-Lihotzky, Soziale Architektur, Zeitzeugin eines Jahrhunderts, Ausstellungskatalog, Wien 1993, S. 1 1 8 - 1 2 0 . 33 N O E V E R (zit. Anm. 32) S. 1 3 8 - 1 4 9 , 1 5 1 - 1 5 5 , 158f. und 165. 34 Österreich baut auf, Wiederaufbau & Marshall Plan, Ausstellungskatalog, Technisches Museum Wien 200 5. 35 Der Aufbau, 2/1953,5.77. 36 NOEVER (zit. Anm. 32) S. 256 und 258. 37 Der Bau, 3/1958, S. 1 1 7 . 38 Abb. 5.11-5.14. 39 Eva B. OTTILLINGER (Hg.), Möbeldesign der 50er Jahre, Wien im internationalen Kontext, Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 20, Wien/Köln/Weimar 2005, S. 68-70. 40 Gespräch mit Kommerzialrat Karl Fostel Jun. im Oktober 2005. 41 NOEVER (zit. Anm. 32) S. 225-227.

5. » R Ü H R T D I E H Ä N D E « STATT » H Ä N D E AUF DIE B A N K «

1

.

DIE E N T W I C K L U N G DES S C H U L M Ö B E L S IN ÖSTERREICH Ulrike Scholda

VON MARIA THERESIA JOSEPH

BIS KAISER

FRANZ

I.

5.1 Unbekannter Künstler, Unterricht in einer Schulstube, Ölgemälde, um 1 7 5 0 , Wien Museum Karlsplatz

Die unter Maria Theresia eingeführte Unterrichts-

ris 1867 und 1878 sowie 1873 in Wien wurden Schul-

pflicht legte 1 7 7 4 die Basis für die Ausbildung aller

bänke vorgestellt.

Bevölkerungsschichten. Da kein Schulzwang bestand,

Osterreich reagierte 1 8 7 3 mit einem Erlass des

erfolgte der Unterricht sowohl in öffentlichen oder

k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht auf die

privaten Schulen (Abb. 5.1) als auch im häuslichen

Gestaltung der Schuleinrichtung: »Die Schulbänke

Bereich. Für die einfache Bevölkerung setzte sich als

müssen der Größe der Schüler entsprechend und jede

Einrichtung der Schulräume die Schulbank durch. Die

Schule muss mit Bänken von mindestens dreierlei Grö-

Form leitete sich von den Kirchenbänken ab und war

ßen versehen sein. Jede Bank muss so eingerichtet sein,

mehr für Erwachsene gebaut als den Kindern ange-

dass bequemes Schreiben bei sanfter Biegung des Kör-

passt.

pers nach vorne, sowie das Stehen in derselben möglich

Die Schulbank bot mehreren Kindern Platz, diese

ist. Für jedes Kind soll eine zweckmäßige Rückenlehne

konnten nach Bedarf zusammenrücken. Aus dieser

vorhanden sein (...) Zweisitzige Bänke sind mehrsit-

Bank entwickelte sich ein Schulmobiliar, bei dem das

zigen vorzuziehen.« 1 Es folgten genauere Angaben zu

Schreibpult zugleich die Rückenlehne für die Reihe

den Maßen und der Beschaffenheit von Sitzbank und

davor bildete. Die Bänke wurden fest miteinander ver-

Tisch.

bunden und meist auch am Boden montiert, wodurch

Diese sehr fortschrittlichen Ansätze wurden auch in

die Einrichtung besonders Platz sparend und stabil war.

theoretischen Schriften von Pädagogen in Zusammen-

Diese Konstruktionen waren für das ständige Erheben

arbeit mit Medizinern untermauert und diskutiert,

und wieder Hinsetzen, wie es im Unterricht gefordert

denn: »Ungeeignete Schulbänke können verschiedene

war, eigentlich ungeeignet, entsprachen aber der ge-

Krankheiten und leibliche Gebrechen der Jugend her-

forderten Auffassung eines »geordneten Unterrichts«.

vorrufen, sie behindern auch einen günstigen Unter-

Vor allem aus Gründen der Disziplin wurde an dieser

richtserfolg.«3

Bauart, bei der man weder gut sitzen noch gut stehen konnte, lange festgehalten.

Gefordert wurden die richtigen Proportionen, Abstände und Größen von Sitzen und Pulten sowie ent-

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte international eine

sprechende Sitzlehnen. Einen wesentlichen Streitpunkt

Diskussion über Schulbänke ein. 1862 waren im South

stellte dabei die richtige Distanz zwischen Tisch und

Kensington Museum in London bereits zwanzig Arten

Bank dar.

von Schulbänken verschiedener Systeme ausgestellt,

Platzgründe verhinderten oft die geforderten Zwei-

und bei den Weltausstellungen in London 1862, in Pa-

erbänke: »Die zwei- oder dreisitzigen Bänke bringen,

» R Ü H R T D I E H Ä N D E « STATT » H Ä N D E AUF D I E B A N K «

: 67

5-2Klassenzimmer einer Dorfschule in Kärnten, Foto, um 1930, Bildarchiv der Ö N B , Wien

68 :

ZAPPEL,

PHILIPP!

öiitt i.

Hrt!

5.3 Theophil Hansen, Schulbänke für das evangelische Schulgebäude in Wien, in: Wiener Gewerbe-Kunstblatt, 1860, Heft 3, Blatt 2

wenn die Bankreihen von beiden Seiten zugängig sein

Pultplatte auf einem verstellbaren Eisengestell 6 oder

sollen, den Missstand mit sich, dass sie eine geringere

ein klappbares Pult wie bei der Schlimp'schen Pendel-

4

Schülerzahl in einem Lehrzimmer zulassen.« Weiter-

bank, die sich Ende des 19. Jahrhunderts in den Wie-

hin blieben daher Schulbänke für drei, vier oder sechs

ner Schulen durchgesetzt hatte. Die Beweglichkeit des

Schüler bis über die Jahrhundertwende in Gebrauch.

Mobiliars wurde von Kritikern aber in Frage gestellt, da

(Abb. 5.2)

es fehleranfällig und weniger haltbar war und vor allem

Den traditionellen Typus griff auch der Architekt 5

der Forderung nach dem Stillsitzen entgegenwirkte.

Theophil Hansen für das Mobiliar der evangelischen

Schon 1886 war von einem österreichischen Theo-

Schule am Wiener Karlsplatz, 1859—1862, auf: Das

retiker erkannt worden: »(...) dass es bei all den geschil-

Pult stellte gleichzeitig die Rückenlehne dar, war aber

derten, lobenswerten Bemühungen bis heute noch

durch klassizistischen Dekor dem historistischen An-

nicht vollständig gelungen ist, Schulbänke zu constru-

satz entsprechend gestaltet. (Abb. 5.3)

ieren, welche allen Anforderungen vollkommen ent-

Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

sprechen (...) Wie ich glaube, haben wir Alle uns diese

wurde verstärkt die Einführung der Zweierbank pro-

Schwierigkeit dadurch geschaffen, dass (...) wir unter

pagiert. Als einer der Hauptvorteile wurde dabei ange-

dem Einflüsse einer ererbten Gewohnheit von dem

führt, dass die Kinder für das nach wie vor notwendige

Standpunkte ausgingen, für die Schulen könnten nur

Aufstehen seitlich aus der Bank treten konnten. Um

Bänke als Sitze verwendet werden (...) Diesem Gedan-

die Schulbank für das Sitzen und Aufstehen gleicher-

kengang folgend, bin ich zu der Ansicht gelangt, dass

maßen geeignet zu machen, wurden verschiedenste

Stühle oder Sessel in der Schule die geeignetsten Sitze

Konstruktionen mit Klapp- und Schiebemechanis-

bieten.«7 Trotz einiger Versuche diesbezüglich sollte es

men entwickelt, da an der ständigen Vereinigung von

noch einige Jahrzehnte dauern, bis diese Einstellung

Tisch und Bank nicht gerüttelt wurde. So gab es ne-

übernommen wurde.

ben Klapp-, Pendel- oder Faltsitzen eine verschiebbare

» R Ü H R T D I E H Ä N D E « STATT » H Ä N D E AUF D I E B A N K «

: 69

5.5 Walter'sche Schulbank, 1907, in: Das Schulhaus und seine Einrichtung, Vortrag von Anton Walter, 1907, in: Vierteljahrsschrift für körperliche Erziehung, Wien IV. Jahrgang/Juni 1908

DIE

SITUATION

UM

I9OO

Um die Jahrhundertwende wurde der Gesundheitsbereich mit hygienischen und orthopädischen Aspekten ein immer wichtigerer Faktor bei der Schuleinrichtung. Die Schulbänke waren nun zunehmend industriell produziert. Von Deutschland ausgehend setzte sich um 1900 ein nach einem Architektenentwurf industriell in Serie gefertigter Typus durch: die Rettig-Schulbank, vom Münchner Architekten Wilhelm Rettig konzipiert und patentiert, wurde als Lizenzprodukt in ganz Europa erzeugt. (Abb. 5.4) Aus einem Teil bestehend, als Einzel- oder Zwei5.4 Rettigs Schulbank, 1905, in: W. Rettig: Leo Burgerstein und die Schulbankfrage, Charlottenburg 1909

ZAPPEL,

PHILIPP!

erbank in acht Größen erhältlich, ermöglichte sie ein Heraustreten aus der Bank durch ein Fußbrett und

5.6 Byzantinische Klasse in der Volks- und Bürgerschule in Berndorf, Foto, um 1 9 1 0 , Bildarchiv der Ö N B , Wien

entsprach gleichzeitig beim Sitzen den geforderten or-

wurde entsprechend ausgestaltet. Diesem Motto muss-

thopädischen Ansprüchen. Die Bänke waren außerdem

ten sich auch die Schulmöbel unterordnen: traditio-

umlegbar zur besseren Reinigung des Klassenzimmers.

nelle Schulbänke, bei denen die Front der ersten Reihe

Auch Anton Walter als »anerkannter österreichischer

dem Stil der jeweiligen Klasse angepasst war. (Abb. 5.6)

8

Fachmann auf dem Gebiete der Schulbank« bezog sich

Der Wunsch von Artur Krupp »für die Jugend ist das

auf Forderungen aus Deutschland, wie sie 1904 auf

Beste gerade gut genug« 11 ermöglichte zwar eine ästhe-

einem dortigen schulhygienischen Kongress aufgestellt

tische Umgebung, aber keine medizinisch vertretbare

worden waren, und entwickelte in diesem Sinne einen

Sitzmöglichkeit.

9

der Rettig-Schulbank ähnlichen Typus. (Abb. 5.5)

Erst im Rahmen der Neuorientierung der Pädago-

Dass die Schulbankfrage noch nicht gelöst war, ist

gik durch die neue Sicht des Kindes wurden die Le-

bei Leo Burgerstein nachzulesen 10 , der die für jede

bens* und Arbeitsverhältnisse von Schulkindern kri-

Größe einstellbare Universalbank Simplex empfahl.

tisch durchleuchtet. Die Anfang des 20. Jahrhunderts

Allerdings bestand auch beim Rettig'schen Typus die

einsetzende Reformbewegung wollte weg von einer

Möglichkeit, die richtige Bankgröße fiir den jeweiligen

Pauk- oder Drillschule zu einem kindgemäßen und le-

Schüler auszuwählen, wodurch in einer Klasse durch-

bensnahen Lernen. Es wurde das Einsperren des Schü-

aus mehrere Bankgrößen verwendet werden konnten.

lers in ein Ruhe und Ordnung erzwingendes Mobiliar

Eine Umsetzung ganz anderer Art findet sich in der

in Frage gestellt. Durch die unbewegliche Schulbank

1909 mit Unterstützung des Industriellen Artur Krupp

würde die Entfaltung des Kindes gehemmt. In Zu-

in Berndorf eröffneten Volks- und Bürgerschule. Die

kunft sollte sich das Schulmöbel dem Kind anpassen

Schule sollte eine »Schule der Stilkunde« sein und

und nicht umgekehrt.

» R Ü H R T D I E H Ä N D E « STATT » H Ä N D E AUF D I E B A N K «

: 71

OTTO GLÖCKEL UND DIE REFORMSCHULE DER ERSTEN

IN

REPUBLIK

in der Lehrerschaft usw. thematisiert werden, die vorrangig gegenüber veränderten Voraussetzungen für die Einrichtung waren. 1928 äußerte sich Glöckel schließ-

Eine allumfassende Schulreform, die in der Zwischen-

lich zur Einrichtung der Schulklasse: »Alles ist getan,

kriegszeit von Wien ausging, trug wesentlich zur Be-

um den Kindern den Aufenthalt heimisch zu gestalten.

deutung Wiens als »Hauptstadt des Kindes« bei und

Soweit die Neueinrichtung von Klassen durchgeführt

fand auch internationale Aufmerksamkeit.

werden konnte, hat man die unbequemen, vielfach ge-

Schon vor dem Ersten Weltkrieg organisierten sich

sundheitsschädlichen Schulbänke entfernt und an deren

liberale und sozialdemokratische Lehrer in Vereinen,

Stelle das Natürliche, nämlich Tisch und Sessel gege-

um alternative Schulprogramme zu erstellen. Als 1 9 1 9 die Sozialdemokraten mit knapper Mehr-

ben. Nicht mehr >Hände auf die BankRührt die Hände!Theorie der

KURZBIOGRAPHIEN

179

G a r t e n k u n s t (1779—85) und die englischen Ein-

ruhe, Deutsches Architekturmuseum in Frankfurt

flüsse«

a. M . , Deutsches Filmmuseum in Frankfurt a. M „

1978/79 Volontär am Badischen Landesmuseum Karls-

Haus der Geschichte in Bonn, Hofmobiliendepot — Möbel Museum in Wien, Museum für konkrete

ruhe 1980—1998 Kustos fiür Angewandte Kunst und Design

Kunst in Ingolstadt, Kunsthalle in Krems

sowie seit 1995 stellvertretender Direktor am Kunstmuseum Düsseldorf 1992-1998 Lehrbeauftragter mit den Gebieten Kunst-

FRITZ

SIMAK

Geboren 195 5 in Wien

geschichte, Designgeschichte und -Theorie an der

Mitglied der Wiener Sängerknaben, Realgymnasium

Fachhochschule Düsseldorf, Studiengang Produkt-

für Studierende der Musik, Studium der Trompete

design

bei Helmut Wobisch an der Hochschule für Musik

Seit 1999 Direktor des Kestner-Museums Hannover

1971 Beginn der Beschäftigung mit Fotografie als Re-

Zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen

zipient - anfangs vor allem Anregungen durch die

zu Themen des Kunsthandwerks und Design, bes.

Fotogalerie D I E B R Ü C K E in W i e n - und als Pro-

des 20. Jh., u. a. »Gefühlscollagen — Wohnen von

duzent vornehmlich konzeptueller Fotosequenzen

Sinnen« (1985), »'68 - Design und Alltagskultur

in den 70er und 8 oer Jahren

zwischen Konsum und Konflikt« (1998), »Das Jahr-

Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien

hundert des Design« (2000)

1985/86 Studienaufenthalte in N e w York im Ernst Haas Studio und 1988 bei Todd W a t t s / M O T E L

ULRIKE

SCHOLDA

1964 geboren in Wien Studium der Kunstgeschichte an der Universität Salzburg, Promotion 1992 wissenschaftliche Mitarbeiterin an Forschungsprojekten des Hofmobiliendepots, der Hofsilber- und

F I N E A R T S als fine printer 1990 Promotion mit der Dissertation »Der Photograph Ernst Haas 1921-1986« Lebt als freischaffender Fotograf und Künstler in Wien Aktuelle Aufträge: Liechtenstein Museum »Giovanni

Tafelkammer und des M A K — österreichisches Mu-

Giuliani« und Osterreichische Galerie »Franz Anton

seum für angewandte Kunst (Gastkuratorin 2000)

Maulbertsch«

Forschungs- und Publikationstätigkeit zum Kunstgewerbe des 19. und 20. Jahrhunderts GERD

SIEKMANN

1959 geboren in Unna, lebt in Köln seit Beginn der 1980er Jahre A u f b a u einer privaten Sammlung im Bereich Design und Alltagskultur zwischen i960 und 1980 mit den Schwerpunkten deutsches Design, Kunststoffmöbel und Luigi C o lani 1998 Aufbau des »Museums für Design der 60er und 70er Jahre« und der Design-Galerie P O P D O M in Köln Ausstellungen »Vision 2000« (1999), »Luigi Colani — dynamic design« (2000) Mitwirkung und Leihgaben bei Ausstellungen in folgenden Museen: Badisches Landesmuseum in Karls-

180 :

ZAPPEL,

PHILIPP!

Reihe

M U S E E N DES

MOBILIENDEPOTS

Herausgegeben von Ilsebill Barta-Fliedl und Peter Parenzan

Band o:

Ilsebill BARTA-FLIEDL/Peter PARENZAN (Hg.), Lust und Last des Erbens. Die Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung Wien, A G Museologie, Wien 1993, ISBN 3-901163-03-4

Band 1:

Hubert Chryspolitus WINKLER, Ehemalige Hofsilber- & Tafellcammer 1: Silber, Bronzen, Porzellan, Glas, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 1996, ISBN 3-205-98323-8

Band 2:

Ingrid HASLINGER, Ehemalige Hofsilber- & Tafelkammer 2: Der kaiserliche Haushalt, Verlag Schroll, Wien 1997, ISBN 3-7031-0704-9

Band 3:

Eva B. OTTILLINGER/Lieselotte HANZL, Kaiserliche Interieurs. Die Wohnkultur des Wiener Hofes im 19. Jahrhundert und die Wiener Kunstgewerbereform, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 1997, ISBN 3-205-98680-6

Band 4:

Ilsebill BARTA-FLIEDL/Andreas G U G L E R (Hg.), Tafeln bei Hofe. Zur Geschichte der fürstlichen Tafelkultur in Europa, Verlag Dölling und Galitz, Hamburg 1998, ISBN 3-930802-43-0

Band 5:

Ingrid HASLINGER, Tafelkultur Marke Berndorf. Das niederösterreichische Erfolgsunternehmen Arthur Krupp, Verlag Ketterl, Wien 1998, ISBN 3-8 5134-007-8

Band 6:

Ingrid HASLINGER, Tafeln mit Sisi. Rezepte und Eßgewohnheiten der Kaiserin Elisabeth von Österreich, Verlag Brandstätter, Wien 1998, ISBN 3-85447-811-9

Band 7:

Ilsebill BARTA-FLIEDL/Herbert POSCH (Hg.), Inventarisiert. Enteignung von Möbeln aus jüdischem Besitz, VerlagTuria+Kant, Wien 2000, ISBN 3-85132-265-7

Band 8:

Ingrid HASLINGER, Tafeln wie ein Kaiser. Franz Joseph und die kulinarische Welt des Wiener Hofes mit den besten Rezepten aus der Hofküchc, Verlag Pichler, Wien 1999, ISBN 3-8 5431-194-X

Band 9:

Ingrid HASLINGER, Augenschmaus und Tafelfreuden. Geschichte des gedeckten Tisches, Verlag Norka, Klosterneuburg 2001, ISBN 3-85050-079/9

Band 10: Ingrid HASLINGER/Hermine und Michael WEISHAPPEL, Gulasch-Kochbuch. 103 Rezepte. Kulturgeschichte eines köstlichen Gerichts, Verlag Norka, Klosterneuburg 2001, ISBN 3-85050-078-0 Band 1 1 : Ilsebill BARTA, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 2001, ISBN 3-205-05283-8

PUBLIKATIONSREIHE

DER M U S E E N DES M O B I L I E N D E P O T S

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Band 12: Eva B. O T T I L L I N G E R (Hg.), Alvar Aalto: Möbel. Die Sammlung Kossdorff, Eigenverlag der Museen des Mobiliendepots, Wien 2002, ISBN 3-9501501-0-2 Band 13: Ingrid HASLINGER, Geheimnisse aus der Klosterküche. Wo sich Kultur mit Genuss verbindet, Verlag Norka, Klosterneuburg 2002, ISBN 3-85050-079-9 Band 14: Ilsebill BARTA (Hg.), Wohnen in Mies van der Rohes Villa Tugendhat fotografiert von Fritz Tugendhat 1930-1938, Eigenverlag der Museen des Mobiliendepots, Wien 2002, ISBN 3-9501501-1-0 Band 15: Eva B. OTTILLINGER/August SARNITZ, Ernst Plischke, Das Neue Bauen und die Neue Welt, Das Gesamtwerk, Prestel Verlag, München - Berlin - London - New York 2003, ISBN 3-7913-2741-0 Band 16: Eva B. O T T I L L I N G E R (Hg.), Gebrüder Ihonet, Möbel aus gebogenem Holz, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 2003, ISBN 3-205-77102-8 Band 17: Lieselotte H A N Z L - W A C H T E R , Hofburg zu Innsbruck, Architektur, Möbel, Raumkunst, Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 2004, ISBN 3-205-77202-4 Band 18: Nina WERZHBINSKAJA-RABINOWICH, K. u. K. Hofmobiliendepot Bildergeschichten, Eigenverlag der Museen des Mobiliendepots, Wien 2004, ISBN 3-9501501-2-9 Band 19: Beatrix HAJOS, Schönbrunner Statuen 1773-1780, Ein neues Rom in Wien, Böhlau Verlag Wien • Köln • Weimar 2004, ISBN 3-205-77228-8 Band 20: Eva B. O T T I L L I N G E R (Hg.), Möbeldesign der 50er Jahre, Wien im internationalen Kontext, Böhlau Verlag, Wien • Köln • Weimar 2005, ISBN 3-205-77376-4 Band 21: Geza HAJOS (Hg.), Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien, Forschungen zu Laxenburg (Park und Franzensburg). Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 1, Böhlau Verlag, Wien • Köln • Weimar 2005, ISBN 3-205-77444-2 Band 22: Ernst B A C H E R (Hg.) Die Franzensburg — Ritterschloss und Dynastisches Denkmal, Forschungen zu Laxenburg (Park und Franzensburg) Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Osterreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 2, Böhlau Verlag, Wien • Köln • Weimar (in Vorbereitung), ISBN 3-205-77458-2 Band 23: Ernst B A C H E R (Hg.) Architektur, Ausstattung und Kunstschätze der Franzensburg, Forschungen zu Laxenburg (Park und Franzensburg). Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Bundesmobilienverwaltung und der Osterreichischen Gesellschaft für historische Gärten, Teilband 3, Böhlau Verlag, Wien • Köln • Weimar (in Vorbereitung), ISBN 3-205-77457-4

182 :

ZAPPEL,

PHILIPP!

Petra Eisele

BRDesign Deutsches Design als Experiment seit den 1960er Jahren 2 0 0 5 . 313 S. 197 s / w - A b b . Br. € 3 9 , 9 0 / S F r 6 9 , 4 0 ISBN

3-412-16504-2

In BRDesign erscheint die Geschichte des deutschen Designs nicht länger als linearer Entwicklungsprozess, in dem sich gestalterische Highlights wie an einer Perlenkette aneinander reihen. Vielmehr wird deutsches Design erstmals als Experiment interpretiert, bei dem die Designer auf ihrer Suche nach zeitgemäßen Ausdrucksformen - dem naturwissenschaftliehen Vorgehen ähnlich - vorhandene Versuchsanordnungen veränderten oder sogar gänzlich erneuerten. Daraus erwuchs ein breites Spektrum an gestalterischen Lösungen, deren designtheoretische und künstlerische Grundlagen Petra Eisele von den sechziger bis zum Beginn der neunziger Jahre verfolgt. Während das traditionelle Lager anfanglich noch an der Weiterentwicklung funktionalistischer Ideen arbeitete, gelangten einzelne Designer und Designer-Gruppen bereits zu kompromisslosen Entwürfen mit einer enormen Provokationskraft - eine Bewegung, die mit dem so genannten Neuen deutschen Design in den achtziger Jahren ihren Höhepunkt fand. Die enorme Bandbreite dieser Auseinandersetzungen, die später als postmodern bezeichnet werden sollten, verdeutlichen neben der Analyse wichtiger Protagonisten des deutschen Designs zahlreiche bislang unbekannte Texte und Design-Objekte.

U R S U L A P L A T Z I, D - 5 0 6 6 8 K Ö L N , T E L E F O N ( 0 2 2 1 ) 9 1 3 9 0 - 0 , F A X

91390-ir

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# Annemarie Bönsch

Formengeschichte europäischer Kleidung (Konservierungsgeschichte. Restaurierung. Technologie, B a n d 1) 2001. 17 x 24 cm. 373 S. 2 5 7 s / w - A b b u. 16 Farb-Abb. Geb. EUR 69,ISBN 3-205-99341-1

Die Autorin folgt den Formen der europäischen (westliehen) Mode-Kleidung von ihren Wurzeln in der griechischen und römischen Antike bis zur beherrschenden westlichen Weltmode. Die Interpretation der Kostümformen basiert auf der Erkenntnis, dass sich die modischen Silhouetten an die Zeit gebunden darstellen, in der sie entstanden sind. Das Welt- und Menschenbild eines bestimmten Zeitabschnittes muss daher als silhouettenprägend angesehen werden. Jede modische Silhouette ist unverkennbar mit der Handschrift ihrer Entstehungszeit geschrieben worden. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer gezielten und geordneten Sammlung von kostümbildlichem Bildmaterial, das die Autorin seit 1962 zu einer „Kostümgeschichte Europas" ausgewählt, ergänzt, laufend erweitert und aufgearbeitet hat. „Bönsch, auch international als Expertin geschätzt, legt mit diesem Buch ein in Fachkreisen lang vermißtes Standardwerk über die Geschichte der europäischen Kleidung vor." (Die Presse, Kultur, 4.12.2001)

WlESINGERSTRASSE I, IOIO WlEN, TELEFON (01)330 24 27-O, FAX 33O 24 27 320

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