Wärmemanagement in der Elektronik : Theorie und Praxis [1. Aufl. 2019] 978-3-662-58681-5, 978-3-662-58682-2

Das Buch gibt einen Überblick über das Wärmemanagement elektronischer Systeme.Neben den physikalischen Grundlagen der Wä

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German Pages XIII, 298 [303] Year 2019

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Wärmemanagement in der Elektronik : Theorie und Praxis [1. Aufl. 2019]
 978-3-662-58681-5, 978-3-662-58682-2

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIII
Einleitung (Andreas Griesinger)....Pages 1-2
Wärmeleitung (Andreas Griesinger)....Pages 3-36
Konvektiver Wärmeübergang (Andreas Griesinger)....Pages 37-63
Wärmedurchgang (Andreas Griesinger)....Pages 65-70
Wärmeübertragung bei der Kondensation und Verdampfung (Andreas Griesinger)....Pages 71-75
Wärmeübertrager (Andreas Griesinger)....Pages 77-83
Thermischer Kontaktkoeffizient (Andreas Griesinger)....Pages 85-92
Wärmestrahlung (Andreas Griesinger)....Pages 93-111
Rippen (Andreas Griesinger)....Pages 113-122
Kühlkörper (Andreas Griesinger)....Pages 123-140
Messmethoden der thermischen Analyse (Andreas Griesinger)....Pages 141-182
Substrate (Andreas Griesinger)....Pages 183-202
Thermische Interfacematerialien (Andreas Griesinger)....Pages 203-220
Packages (Andreas Griesinger)....Pages 221-237
Heatpipes (Andreas Griesinger)....Pages 239-255
Lüfter (Andreas Griesinger)....Pages 257-271
Temperaturmessung (Andreas Griesinger)....Pages 273-294
Back Matter ....Pages 295-298

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Andreas Griesinger

Wärmemanagement in der Elektronik Theorie und Praxis

Wärmemanagement in der Elektronik

Andreas Griesinger

Wärmemanagement in der Elektronik Theorie und Praxis

Andreas Griesinger Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, Deutschland

ISBN 978-3-662-58681-5 https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2

ISBN 978-3-662-58682-2 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Elektronische Systeme werden kleiner und leistungsfähiger. Bei abnehmender Größe wird mehr Leistung umgesetzt. In vielen Fällen wird es zur Herausforderung, die Verlustleistung gezielt an die Umgebung abzuführen. Gleichzeitig verlangen neue Technologien, wie z. B. elektrisch angetriebene oder autonom fahrende Autos neue Ideen im Wärmemanagement. Wärme, die in der Elektronik entsteht, ist heute in der Regel ein Abfallprodukt. Sie wird nutzlos an die Umgebung abgegeben. Ein verstärkter Umweltschutz wird in Zukunft hoffentlich dazu führen, dass ein Teil der Verlustwärme wiederverwendet wird. Diese neuen Technologien machen es unumgänglich, die Wärmepfade in elektronischen Systemen zu analysieren und zu optimieren. Das Buch zeigt die physikalischen Grundlagen dazu, stellt aktuelle thermische Analysemethoden vor und gibt einen Überblick über passive und aktive Möglichkeiten des Wärmemanagements. Viele haben mich beim Schreiben des Buches unterstützt. Ich bedanke mich bei Prof. Dr. Rainer Stauch von der Hochschule Esslingen für die Durchsicht des Manuskripts und wichtige Hinweise, bei Dr. Hubert Straub von der Robert Bosch GmbH für die wertvolle Korrektur, bei den Mitarbeitern vom Zentrum für Wärmemanagement Stuttgart (ZFW) für viele interessante Beiträge, insbesondere bei Melanie Litzkow, Julia Mayer, Steffen Bedenik, Peter Fink, Hubert Gubick, Nikica Jurcevic, Robert Liebchen und Marco Pennetti. Mein herzlicher Dank gilt Dr. Wolfgang Heidemann von der Universität Stuttgart für die Durchsicht des Skripts und viele hilfreiche Verbesserungsvorschläge. Besonders danke ich meiner Frau Claudia für die Korrektur und ihre Geduld. Ich freue mich auf Ihre Anregungen und Diskussionsbeiträge. Stuttgart Februar 2019

Andreas Griesinger

V

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2

Wärmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . 2.2 Druckabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Differenzialgleichung der instationären Wärmeleitung . . . . . . . . . . 2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen . . . . 2.4.1 Mehrschichtigiger Aufbau: Wärmestrom senkrecht zur Schichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Mehrschichtiger Aufbau: Wärmestrom parallel zur Schichtung 2.4.3 Hohlzylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Kugelschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung mit Wärmequellen . . . . . 2.5.1 Ebene Schicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Wärmespreizung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Instationäre Wärmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Abkühlung eines kleinen Körpers durch einen Luftstrom . . . 2.7.2 Abkühlung eines kleinen Körpers in einem ruhenden Fluid . 2.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 6 8 9 13 13 16 18 20 22 22 24 25 26 29 30 32 36 36

Konvektiver Wärmeübergang . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Kennzahlen der konvektiven Wärmeübertragung 3.1.1 Praktische Bedeutung der Kennzahlen . 3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung . 3.2.1 Laminare Rohrströmung . . . . . . . . . . 3.2.2 Turbulente Rohrströmung . . . . . . . . . 3.2.3 Überströmte Platte . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Quer angeströmter Zylinder . . . . . . . .

37 39 40 42 43 45 47 52

3

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VII

VIII

Inhaltsverzeichnis

3.3

Wärmeübertragung bei freier Strömung 3.3.1 Senkrechte Platte . . . . . . . . 3.3.2 Vertikaler Zylinder . . . . . . . 3.3.3 Horizontale Fläche . . . . . . . 3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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57 57 59 60 62 63

4

Wärmedurchgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 70

5

Wärmeübertragung bei der Kondensation und Verdampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Wärmeübertragung bei der Kondensation 5.2 Wärmeübertragung bei der Verdampfung 5.2.1 Behältersieden . . . . . . . . . . . 5.2.2 Strömungssieden . . . . . . . . . . 5.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6

Wärmeübertrager . . . . . . . . . . . 6.1 Gleichstromwärmeübertrager 6.2 Gegenstromwärmeübertrager 6.3 Wirkungsgrad . . . . . . . . . . 6.4 Zusammenfassung . . . . . . .

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77 77 81 82 83

7

Thermischer Kontaktkoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten 7.2 Messwerte des thermischen Kontaktkoeffizienten . 7.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8

Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Transmission, Absorption und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Schwarzer Strahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Die spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Das Wiensche Verschiebungsgesetz . . . . . . . . . . . . 8.3 Emissionsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Der graue und der reale Strahler . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Das Stefan-Boltzmann Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Strahlungsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Das Lambertsche Entfernungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . .

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93 93 95

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96 98 99 101 101 102 103 110

Inhaltsverzeichnis

8.7 8.8

IX

Das Lambertsche Richtungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

9

Rippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Temperaturverlauf in der Rippe und abgegebener Wärmestrom 9.2 Bewertungsmaße für Rippen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Rippenwirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Leistungsziffer einer Rippe . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Wahl der richtigen Rippenlänge . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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113 113 117 117 119 121 122

10

Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Einteilung der Kühlkörper nach Fertigungsverfahren . . . . . . . 10.1.1 Stanz-Biege-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.2 Druckguss-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.3 Strangpress-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.4 Geschmiedete Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.5 Skived-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.6 Folded-Fin-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.7 Heatpipe-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.8 Bonded-Fin-Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.9 Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Kühlkörpermaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.1 Aluminium und Aluminiumlegierungen . . . . . . . . . 10.2.2 Wärmeleitfähige Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Kühlkörperoberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Berechnung des optimalen Rippenabstandes eines Kühlkörpers 10.5 Messung der Leistungsfähigkeit eines Kühlkörpers . . . . . . . . 10.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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123 123 123 123 124 125 126 126 127 128 128 129 129 132 133 134 137 140 140

11

Messmethoden der thermischen Analyse . . . . . . 11.1 Laser-Flash-Methode . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Mathematischer Hintergrund . . . . . 11.1.3 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 11.1.4 Probenvorbereitung und Messablauf . 11.1.5 Messbereich und Messabweichung . 11.1.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . 11.2 Stationäre Zylindermethode . . . . . . . . . . . 11.2.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Anwendungsbereich . . . . . . . . . .

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141 141 141 144 144 146 146 147 147 147 151

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X

12

Inhaltsverzeichnis

11.2.3 Probenvorbereitung und Messablauf . . 11.2.4 Messbereich und Messabweichung . . 11.2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 11.3 3-Omega-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Mathematischer Hintergrund . . . . . . 11.3.3 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 11.3.4 Probenvorbereitung und Messablauf . . 11.3.5 Messbereich und Messabweichung . . 11.3.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 11.4 Thermisches Transientenverfahren . . . . . . . . 11.4.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Mathematischer Hintergrund . . . . . . 11.4.3 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 11.4.4 Probenvorbereitung und Messablauf . . 11.4.5 Messbereich und Messabweichung . . 11.4.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 11.5 Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode 11.5.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.2 Mathematischer Hintergrund . . . . . . 11.5.3 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 11.5.4 Probenvorbereitung und Messablauf . . 11.5.5 Messbereich und Messabweichung . . 11.5.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Substrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Leiterplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Aufbau der Leiterplatte . . . . . . . . 12.1.2 Wärmetransport in der Leiterplatte . 12.1.3 Dick-Kupfer Leiterplatte . . . . . . . 12.1.4 Wirelaid-Technik . . . . . . . . . . . 12.1.5 Kupfer-Inlay-Technik . . . . . . . . . 12.1.6 Integrierte Bus-bar-Technik . . . . . 12.1.7 Leiterplatten Anschraubpunkte . . . 12.1.8 Leiterplatte auf Kühlbank . . . . . . 12.1.9 Leiterplatte auf Metallträger . . . . . 12.1.10 IMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Keramik Substrate . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Single-Layer Substrate . . . . . . . . 12.2.2 Multilayer Substrate . . . . . . . . .

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183 183 183 186 191 192 192 193 193 194 195 197 198 199 200

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Inhaltsverzeichnis

XI

12.3 Stanzgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 12.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 13

Thermische Interfacematerialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien . . . . . . . . . 13.1.1 Phase-Change Material . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.2 Wärmeleitpaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.3 Wärmeleitkleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.4 Gap Filler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.5 Graphitfolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1.6 Wärmeleitfolien und Wärmeleitpads . . . . . . . 13.2 Alterung thermischer Interfacematerialien . . . . . . . . . 13.2.1 Fehlermechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Thermischer Kontakt mit thermischem Interfacematerial 13.3.1 Direkter Festkörper-Festkörperkontakt . . . . . . 13.3.2 Festkörper-TIM-Festkörperkontakt . . . . . . . . 13.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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203 203 205 207 209 210 211 213 216 216 217 218 219 219 220

14

Packages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Wärmequellen und Wärmepfade im Halbleiter Package . . . . . . . . . 14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.1 Analogie zwischen elektrischem und thermischem Verhalten 14.2.2 Berechnung mit einer Ersatzschaltung im stationären Fall . . 14.2.3 Berechnung mit einer Ersatzschaltung im instationären Fall . 14.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 224 225 225 227 228 236 237

15

Heatpipes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Thermischer Widerstand der Heatpipe . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Kapillarstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.1 Homogene Kapillarstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.2 Zusammengesetzte Kapillarstrukturen . . . . . . . . . . 15.4 Arbeitsmittel und Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Grenzen der Wärmeübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5.1 Viskositätsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5.2 Schallgeschwindigkeitsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . 15.5.3 Grenze durch das Mitreißen von Flüssigkeitströpfchen 15.5.4 Grenze der Kapillarwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5.5 Siedegrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 239 241 244 244 245 246 248 248 248 249 249 249

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . . .

XII

Inhaltsverzeichnis

15.6

Sonstige Bauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6.1 Zwei-Phasen-Thermosiphon . . . . . . . . . . . . . . . 15.6.2 Kühlplatte mit Kapillarstruktur . . . . . . . . . . . . . . 15.6.3 Loop-Heatpipe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6.4 Mikro-Heatpipe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6.5 Heatpipe mit Gasreservoir . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6.6 Anwendungsbeispiel einer konventionellen Heatpipe 15.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

249 249 250 251 252 252 253 254 255

16

Lüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Axial-, Radial- und Diagonal-Lüfter . . . . . . . . . . . . . 16.1.1 Axiallüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.2 Radiallüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.3 Diagonallüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Lüfterkennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Systemkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Arbeitspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.1 Bestimmung des erforderlichen Volumenstroms 16.5 Akustik der Lüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6 Parallel- und Reihenschaltung von Lüftern . . . . . . . . . 16.6.1 Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6.2 Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.7 Lüfterbetrieb in großen Höhen . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8 Saugender oder blasender Betrieb . . . . . . . . . . . . . . 16.9 Tipps für den optimalen Lüfterbetrieb . . . . . . . . . . . . 16.10 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

257 257 257 257 259 260 262 264 265 265 266 267 267 268 268 269 270 271

17

Temperaturmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Temperaturskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.1 Kelvin-Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.2 Celsius-Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.3 Fahrenheit-Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.4 Die internationale Temperaturskala von 1990 17.2 Thermoelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.2 Ausführungen von Thermoelementen . . . . . 17.2.3 Grenzabweichungen von Thermoelementen . 17.3 Widerstandsthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3.2 Ausführungen von Widerstandsthermometern

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . . .

273 273 273 274 274 274 275 275 278 279 280 280 281

. . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis

17.3.3 Grenzabweichungen von Widerstandsthermometern . . . . 17.3.4 Halbleiter-Widerstandsthermometer . . . . . . . . . . . . . . 17.4 Typische Fehler bei der berührenden Temperaturmessung . . . . . . 17.4.1 Wärmeableitungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.2 Nicht ausreichende Eintauchtiefe bei Messung in Fluiden 17.4.3 Messabweichung durch Strahlungsaustausch . . . . . . . . 17.4.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5 Wärmebildkamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.1 Messprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.2 Typische Fehler bei der Temperaturmessung mit der Wärmebildkamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.3 Praktisches Vorgehen bei der Messung mit der Wärmebildkamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

282 283 284 284 286 286 287 287 287

. . 290 . . 291 . . 293 . . 294

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

1

Einleitung

Wärme ist eine Energie, die auf Grund einer Temperaturdifferenz übertragen wird. Die Richtung der Übertragung ist nach der Forderung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik stets vom höheren zum tieferen Temperaturniveau. Wärme tritt nur in Erscheinung, wenn sie bei einer Zustandsänderung eine Systemgrenze überschreitet. Im Gegensatz zur Temperatur beschreibt sie keinen Zustand, sondern eine Zustandsänderung. Im Gegensatz zur Temperatur ist sie keine Zustandsgröße, sondern eine Prozessgröße. Wärme kann auf drei verschiedene Arten übertragen werden: a Wärmeleitung, b Konvektion und c Wärmestrahlung, Abb. 1.1. Die drei Wärmetransportmechanismen sind in der Regel überlagert (konjugierter Wärmetransport). Die Herausforderung bei der Entwicklung eines Kühlkonzepts besteht darin, Wärmepfade zu analysieren und zu optimieren. Wärmeleitung ist der Energietransport auf mikroskopischer Teilchenebene, bei dem Energie- und Impuls von einem Teilchen zum nächsten weiter gegeben werden. Bei elektrischen Isolatoren sind im Wesentlichen die Atomrümpfe beteiligt. Bei metallischen Werkstoffen stehen zusätzlich frei bewegliche Elektronen zur Verfügung. Ihre Wirkung beim Energie- und Impulstransport ist wesentlich größer als die der Atomrümpfe. Deshalb sind Metalle im Gegensatz zu den meisten elektrischen Isolatoren gute Wärmeleiter. Wärmeleitung tritt in Festkörpern und Fluiden auf. Konvektion ist der Transport von Enthalpie von einem Festkörper in ein Fluid. Der konvektive Wärmetransport tritt nur in Verbindung mit einem Massenstrom auf. Bei natürlichen Konvektion verursachen Dichteunterschiede auf Grund von Temperaturunterschieden die Strömung. Typische Strömungsgeschwindigkeiten in elektronischen Geräten liegen zwischen 0 m/s und 0,3 m/s. Bei der erzwungenen Konvektion wird die Strömung durch einen Lüfter oder eine Pumpe angeregt. Prinzipiell ist zwischen laminarer und turbulenter Strömung zu unterscheiden. Bei der laminaren Strömung treten keine Verwirbelungen auf. Die Strömungsschichten haben unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten, vermischen sich aber nicht. Bei der turbulenten Strömung führt Quervermischung © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_1

1

2

1 a T1

b T2

Einleitung

c T1

T1

T2

T2 e e–



m

Abb. 1.1 Die drei Möglichkeiten des Wärmetransports: a Leitung, b Konvektion und c Strahlung

durch Wirbel zu einem dreidimensionalen Strömungsfeld. Die Art der Strömung ist für den Wärmetransport entscheidend: Bei turbulenter Strömung ist die Wärmeübertragung zwischen einer Festkörperoberfläche und dem angrenzenden Fluid wesentlich besser. Wärmestrahlung besteht aus elektromagnetischen Wellen, die grundsätzlich von allen Festkörpern und Fluiden ausgeht. Für die Ausbreitung der Wellen ist kein Trägermedium erforderlich. Im Temperaturbereich von 0 bis 140 ı C liegt der größte Teil der emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 2 und 20 m. Im Gegensatz zur Leitung und Konvektion wird bei der Wärmestrahlung Energie ausgetauscht: Ein Körper strahlt seine Umgebung an während die Umgebung auch den Körper anstrahlt. Dabei ist der Nettowärmestrom stets von „heiß“ nach „kalt“ gerichtet. Damit ist der 2. Hauptsatz der Thermodynamik erfüllt. Im Folgenden werden zunächst die drei Wärmetransportmechanismen mit ihren mathematischen Beschreibungen betrachtet.

2

Wärmeleitung

Wärmeleitung ist der Energietransport aufgrund atomarer oder molekularer Wechselwirkungen in Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern. Für den Zusammenhang zwischen Wärmestrom und Temperaturgradient gilt das Fouriersche Wärmeleitungsgesetz. Der eindimensionale Fall beschreibt die Wärmeleitung durch eine ebene, homogene Schicht, Abb. 2.1. Für den übertragenen Wärmestrom gilt:

T QP D A d

(2.1)

mit P übertragener Wärmestrom in W Q: : Wärmeleitfähigkeit in W/(m K) A: wärmeübertragende Fläche in m2 T D T1  T2 : treibende Temperaturdifferenz in K d : Schichtdicke in m. Die Wärmeleitfähigkeit  ist eine thermophysikalische Stoffgröße, die im Allgemeinen von der Temperatur und vom Druck abhängt. In Abb. 2.2 sind einige Werte zusammengestellt [1]. Sie beziehen sich auf 300 K. Luft ist mit  D 0;0263 W/(m K) bei 300 K ein sehr schlechter Wärmeleiter. Schon eine dünne Schicht im Wärmepfad führt zu einem beachtlichen thermischen Widerstand. Bei der thermischen Optimierung sind deshalb Luftschichten oder Lufteinschlüsse besonders zu beachten. Nach Möglichkeit sollten sie durch ein besser leitendes Material, wie z. B. Wärmeleitpaste, aus dem Wärmepfad verdrängt werden, vgl. Kap. 13. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_2

3

4

2

Wärmeleitung

Abb. 2.1 Wärmeleitung durch eine ebene, homogene Schicht

Für die Beschreibung der Wärmeleitung in elektronischen Komponenten wird in der Praxis an Stelle der Wärmeleitfähigkeit oft der thermische Widerstand R t h in K/W verwendet. Dieser ergibt sich durch Umformen von Gl. 2.1:

Rt h D

T d : D P A Q

(2.2)

Im Allgemeinen ist Wärmeleitung ein dreidimensionales Phänomen. Der Wärmestrom P und grad T beschrieben, die und der Temperaturgradient werden durch die Vektoren Q

Abb. 2.2 Wärmeleitfähigkeit verschiedener Stoffe bei 300 K

2

Wärmeleitung

5

nicht notwendigerweise parallel sind: P D A grad T Q

qP D  grad T

(2.3)

mit P qP D Q=A: Wärmestromdichte (Vektor) in W/m2 : Wärmeleitfähigkeit, Tensor 2. Stufe in W/(m K). I Bemerkungen  Der Quotient A=d in Gl. 2.1 beinhaltet die geometrischen Größen der Anordnung. Diese werden häufig zum Formkoeffizient F  zusammengefasst. Mit F  D A=d , dem Formkoeffizient für eine ebene Schicht, wird der übertragene Wärmestrom zu QP D F  .T1  T2 / :

(2.4)

 Das Minuszeichen in Gl. 2.3 gibt an, dass die Wärme stets in Richtung abnehmender Temperatur fließt. In ausführlicher Schreibweise wird Gl. 2.3 zu 0 0 1  qPx B 11 B C BqPy C D  B21 @ @ A qP z 31

1

10 12

13

@T =@x

22

C CB C B 23 C A @@T =@y A :

32

33

(2.5)

@T =@z

Die Komponenten ij im Tensor zeigen bestimmte Symmetrien. Im Sonderfall des isotropen Mediums bleiben nur drei gleiche Komponenten der Diagonalen 11 D 22 D 33 D . Alle anderen werden zu null. Damit ergibt sich für die Wärmestromdichte in x; y; z-Richtung in kartesischen Koordinaten qPx D 

@T @x

qPy D 

@T @y

qPz D 

@T : @z

(2.6)

Ein typisch anisotrop wärmeleitendes Material, das in elektronischen Systemen häufig für die Wärmespreizung eingesetzt wird, ist Graphitfolie. Auf Grund seiner Struktur erreicht Graphit in der Ebene eine Wärmeleitfähigkeit von 150–1500 W/(m K). Senkrecht dazu sind die Werte mit etwa 5–25 W/(m K) wesentlich geringer.

6

2.1

2

Wärmeleitung

Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit ist eine temperaturabhängige, thermophysikalische Stoffgröße. Bei Gasen wird sie mit zunehmender Temperatur generell höher, da die Wechselwirkung zwischen den Gasmolekülen zunimmt. Für Flüssigkeiten und Festkörper ist keine allgemeine Aussage möglich. Die Wärmeleitfähigkeit kann in einem bestimmten Bereich mit der Temperatur zu- oder abnehmen. Abb. 2.3 und 2.4 zeigen die Wärmeleitfähigkeit von Luft und Wasser in Abhängigkeit von der Temperatur [2]. Für Luft und Wasser lassen sich jeweils Polynome zweiter Ordnung angeben, die die Datenpunkte mit einer Genauigkeit < 1;5 % beschreiben. Bei vielen Festkörpern gibt es über einen großen Temperaturbereich einen linearen Zusammenhang zwischen Wärmeleitfähigkeit und Temperatur in der Form .#/ D o C B #

Abb. 2.3 Wärmeleitfähigkeit von Luft in Abhängigkeit der Temperatur

Abb. 2.4 Wärmeleitfähigkeit von Wasser in Abhängigkeit der Temperatur

(2.7)

2.1 Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit

7

Tab. 2.1 Parameter der Gl. 2.7 zur Berechnung der temperaturabhängigen Wärmeleitfähigkeit nach [1–3] Material Cu, reina Gold Mg Al99.99 Mg99.89 Polyceram, Corning 9606a HDPEa,b PVCa Al99 MgAl6Zn MgMn2 AlCu4Mg2

Temperaturbereich in ı C 73 : : : 927 73 : : : 527 0 : : : 400 0 : : : 600 0 : : : 400 127 : : : 527 100 : : : 150 100 : : : 100 100 : : : 500 0 : : : 400 0 : : : 300 100 : : : 200

o in W/(m K) 404,5 318,9 172,2 241,8 156,8 3,8 0,439 0,16 209,2 62,2 113,6 158,2

B in 1/ı C 0,0723 0,0665 0,0495 0,04678 0,00386 0,0014 0,0012 0,0001 0,05190 0,0712 0,0881 0,18480

a

die Parameter wurden aus [1, 2] durch lineare Regression der gegebenen Datenpunkte ermittelt. Die Abweichung der Geraden zu den Datenpunkten ist < 3 %. b High Density Polyethylen (dt. Hochdruckpolyethylen)

mit .#/: Wärmeleitfähigkeit bei der Temperatur # in W/(m K) #: Temperatur in ı C o : Wärmeleitfähigkeit bei # D 0 ı C in W/(m K) B: Temperaturkoeffizient in 1/ı C. In Tab. 2.1 sind typische Beispiele aus der Elektronik zusammengestellt mit den Werten aus [1–3]. Metalle mit hohem Reinheitsgrad haben einen negativen Temperaturkoeffizient B, Metalle mit einem hohen Fremdatomanteil einen positiven Temperaturkoeffizient. Abb. 2.5 Wärmeleitfähigkeit von Kunststoffen nach [2] abhängig von der Temperatur

8

2

Wärmeleitung

Abb. 2.5 zeigt die Wärmeleitfähigkeit einiger Kunststoffe zwischen 100 ı C und C100 ı C [2]. Im betrachteten Temperaturbereich gibt es kein lineares Verhalten. Die Abkürzungen stehen für: LDPE Low Density Polyethylen (dt. Niederdruckpolyethylen), PA6 Polyamid, PTFE Polytetrafluorethylen, PEEK Polyetheretherketon, PUR Polyurethan, PP Polypropylen.

2.2 Druckabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit Bei Gasen ist die Wärmeleitfähigkeit in einem großen Bereich druckunabhängig. Erst bei kleinen Drücken (ca. p < 103 mbar) wird die Wärmeleitfähigkeit mit abnehmendem Druck linear kleiner. In diesem Fall ist die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle in der Größenordnung ihres umgebenden Raumes. Die Bewegungsfreiheit eines Moleküls wird dann nicht mehr durch seine Nachbarmoleküle bestimmt, sondern durch die konstante Größe des Raums (Pirani-Effekt). Eine Erklärung liefert die kinetische Gastheorie [4]. Der Pirani-Effekt wird beispielsweise bei der Druckmessung im Vakuum eingesetzt. Bei Flüssigkeiten und Festkörpern ist die Wärmeleitfähigkeit im technisch relevanten Bereich (p < 20 bar) unabhängig vom Druck. Bei manchen Kunststoffen ist ein Einfluss ab etwa p D 200 bar messbar. Eine Ausnahme sind hoch gefüllte Polymere. Dort können die Füllpartikel in der Polymermatrix bereits bei einem mechanischen Druck p < 20 bar einen durchgängigen Wärmeleitpfad (Perkolationspfad) bilden, in dem sie sich berühren, Abb. 2.6. Dieses Verhalten wird durch die Perkolationstheorie beschrieben [5]. Der Feststoffpfad ermöglicht einen wesentlich besseren Wärmetransport im System. Ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Druck und Wärmeleitfähigkeit lässt sich dann nicht angeben. I Bemerkung In Abb. 2.7 ist beispielhaft die effektive Wärmeleitfähigkeit einer mit Klebefilm beschichteten PE-Folie dargestellt. Mit zunehmendem Anpressdruck steigt die effektive Wärmeleitfähigkeit. Die Gesamtprobendicke beträgt drucklos 842 m und reduziert sich bei 20 bar auf 836 m. Die Messkurve wird häufig falsch interpretiert. Sie basieren auf der stationären Zylindermethode nach ASTM D5470-17. Dabei wird die Probe zwischen zwei Aluminiumstempel geklemmt, siehe Kap. 11. Die effektive Wärmeleitfähigkeit eff beschreibt den Wärmetransport in der Probe (Bulk-Material) und den

Abb. 2.6 Polymermatrix mit Füllstoffpartikel (links). Bei mechanischem Anpressdruck bilden die Partikel einen geschlossenen Wärmeleitpfad (Perkolationspfad, rote Linien, rechts)

2.3 Differenzialgleichung der instationären Wärmeleitung

9

Abb. 2.7 Effektive Wärmeleitfähigkeit einer mit Klebefilm beschichteten PE-Folie

beiden Kontaktflächen zwischen der Probe und den beiden Aluminiumstempeln. Die Probenoberflächen passen sich mit zunehmendem Anpressdruck der Oberflächenrauheit des Aluminiums an. Schlecht wärmeleitende Luft wird aus den Mikrostrukturen der Oberfläche verdrängt, der Wärmetransport wird mit zunehmendem Druck besser. Die höhere effektiven Wärmeleitfähigkeit eff mit zunehmendem Anpressdruck liegt demnach am verbesserten Wärmetransport in den Grenzschichten, die Wärmeleitfähigkeit des BulkMaterials ist konstant.

2.3

Differenzialgleichung der instationären Wärmeleitung

P der bei eiDas Fouriersche Wärmeleitungsgesetz (Gl. 2.3) beschreibt den Wärmestrom Q, ner anliegenden Temperaturdifferenz in einem Medium übertragen wird. Die Zeit t taucht nicht auf, der beschriebene Zusammenhang ist stationär. Neben dieser stationären Gleichung gibt es eine zweite Grundgleichung der Wärmeleitung, die Differenzialgleichung der instationären Wärmeleitung (Wärmeleitungsgleichung). Die Lösung dieser inhomogenen, partiellen Differentialgleichung mit den entsprechenden Rand- und Anfangsbedingungen beschreibt das zeitabhängige Temperaturfeld T .x; t/ in einem homogenen, ruhenden Medium. In vektorieller Schreibweise lautet die Wärmeleitungsgleichung @T qP  : D a r2 T ˙ @t cp

In den jeweiligen Koordinatensystemen erhält man:

(2.8)

10

2

Wärmeleitung

Kartesische Koordinaten  2  @ T @T @2 T @2 T qP  C C Da ˙ @t @x 2 @y 2 @z 2 cp

(2.9)

    @T 1 @2 T qP  @T @2 T 1 @ r C 2 2 C 2 ˙ Da @t r @r @r r @ @z cp

(2.10)

Zylinderkoordinaten

Kugelkoordinaten       1 @ @ @T @T @2 T 1 @T 1 qP  (2.11) Da 2 r2 C 2 sin  C ˙ 2 2 @t r @r @r r sin  @ @ cp r 2 sin  @˚ mit a: : cp : qP  :

Temperaturleitfähigkeit in m2 /s Dichte in kg/m3 spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck in J/(kg K) Quellendichte (Wärmequelle oder Wärmesenke pro Volumen) in W/m3 .

Die Temperaturleitfähigkeit a hängt mit der Wärmeleitfähigkeit  zusammen über

aD

 :  cp

(2.12)

Neben der Wärmeleitfähigkeit , die den stationären Wärmetransport beschreibt, gibt es die Temperaturleitfähigkeit a als thermophysikalische Stoffgröße. Im Gegensatz zur Wärmeleitfähigkeit ist die Temperaturleitfähigkeit a eine dynamische Größe. Sie charakterisiert die zeitliche Veränderung eines Temperaturfeldes durch Wärmeleitung. Anschaulich steht die Temperaturleitfähigkeit für die Geschwindigkeit des Temperaturausgleichs in einem Körper bei instationärer Wärmeleitung. Gase haben eine vergleichsweise geringe Wärmeleitfähigkeit. Ihre Temperaturleitfähigkeit ist dagegen hoch: Für Luft liegt der Wert beispielsweise in der Größenordnung von Stahl. Der Grund ist die geringe Dichte der Gase. Auch bei kleinen -Werten ergeben sich deshalb mit Gl. 2.12 relativ große Werte für a. Mit zunehmender Temperaturleitfähigkeit steigt die Wärmedurchlässigkeit eines Materials. Die Ursache dafür kann eine gute Wärmeleitfähigkeit oder ein schlechtes Speichervermögen .cp / des Materials sein. Die Quellendichte qP  ist ein Maß für die Wärme, die pro Volumen entsteht, z. B. durch elektrische Verlustleistung, oder verschwindet, z. B. durch eine endotherme chemische Reaktion.

2.3 Differenzialgleichung der instationären Wärmeleitung

11

Abb. 2.8 Energiebilanz an einem Volumenelement d V

I Herleitung der Differenzialgleichung der Wärmeleitung Für die Herleitung der Wärmeleitungsgleichung wird an einem kleinen Volumenelement dV mit den Kantenlängen dx, dx und dz die Energiebilanz betrachtet, Abb. 2.8. Zur Vereinfachung bezieht sich die Bilanz zunächst nur auf die x-Richtung. Im Allgemeinen Fall tritt der Wärmestrom QP x an der Stelle x in das Volumenelement ein. An der Stelle x C dx tritt der Wärmestrom QP xCdx aus. Der Wärmestrom QP s wird in Form innerer Energie gespeichert. Außerdem kann im Volumenelement die Wärme qP dV entstehen oder in einer Senke verschwinden. Damit folgt:

mit

QP x ˙ qP  dV D QP xCdx C QP s : @T @QP QP xCdx D QP x C dx und QP s D m cv folgt @x @t @T @qP C qP x dydz C dx dy dz: qPx dy dz ˙ qP  dx dy dz D m cv @t @x @T führt zu Einsetzen von qPx D  @x   @T @ @T ˙ qP  dx dy dz D  dx dy dz : m cv @t @x @x

(2.13)

(2.14)

(2.15)

Unter der Annahme  D const. und Division durch dx dy dz folgt cv

@T @2 T j W cp ; cv  cp ˙ qP  D  2 @t @x @T qP   @2 T ˙ : D 2 @t  cp @x  cp

(2.16) (2.17)

Für die y- und z-Richtung gilt die gleiche Betrachtung. Damit folgt Gl. 2.9. I Bemerkungen  Bei der Herleitung von Gl. 2.8 wird vorausgesetzt, dass die Wärmeleitfähigkeit  und die Wärmekapazitäten cp , cv weder temperatur- noch ortsabhängig sind. Falls diese Annahme nicht zutrifft, ergibt sich eine nichtlineare Differenzialgleichung.

12

2

Wärmeleitung

 Die obigen Darstellungen beruhen auf der Fourierschen Wärmeleitung. Diese ist eine modellhafte, vereinfachende Beschreibung der Physik. Sie gilt nicht allgemein. Beispielsweise führt nach Gl. 2.1 ein Wärmestrom durch eine ebene Schicht zu einem Temperaturfeld in dieser Schicht. Dies geschieht ohne zeitliche Verzögerung: Zum Zeitpunkt, an dem der Wärmestrom einsetzt, ist das Temperaturfeld vollständig ausgebildet. Diese Vorstellung ist nur haltbar, wenn von einer unendlich großen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wärme ausgegangen wird. Tatsächlich kann die Lichtgeschwindigkeit nicht übertroffen werden. Beim Wärmemanagement elektronischer Systeme spielen solche Überlegungen jedoch praktisch keine Rolle. Beispiel

Die Oberflächentemperaturen einer ebenen, homogenen Schicht (z. B. einer Gehäusewand, siehe Abb. 2.1,) sind konstant und betragen T1 D const. und T2 D const. mit T1 > T2 . Gesucht ist der Temperaturverlauf im Inneren der Schicht. Im Fall der stationären, eindimensionalen Wärmeleitung ohne Wärmequellen vereinfacht sich Gl. 2.9 zu 2 3 6 @2 T qP  @T @2 T @2 T 7 6 7 D a6 2 C C 7˙ 2 2 4 @x @t @y @z 5 cp „ƒ‚… „ ƒ‚ … „ƒ‚… D0

D0

bzw.

D0

2

d T D0: dx 2 Die zweifache Integration führt zu T .x/ D c1 x C c2 . Die Integrationskonstanten c1 , c2 werden durch die Randbedingungen xD0W

T D T1

xDd W

T D T2

und

festgelegt. Damit folgt für den Temperaturverlauf in der Schicht: T .x/ D T1 C

T2  T1 x: d

Der Wärmestrom QP durch die Schicht ergibt sich mit der Fourier Gleichung 2.1:   dT T2  T1 d QP D qP A D  A D  A T1 C x dx dx d T1  T2 D A : d

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen

13

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen Der einfache Fall der Wärmeleitung in einer ebenen, homogenen Schicht wird durch Gl. 2.1 beschrieben.

2.4.1

Mehrschichtigiger Aufbau: Wärmestrom senkrecht zur Schichtung

Die Oberflächentemperaturen einer mehrschichtigen, ebenen Platte der Fläche A werden durch Heizung und Kühlung auf die Temperaturen T1 und T3 geregelt. Der Wärmestrom P der in die Schicht 1 eintritt, verlässt die Schicht 3 unverändert, Abb. 2.9. Die Schichten Q, haben untereinander einen idealen thermischen Kontakt. In der Schicht mit der kleinsten Wärmeleitfähigkeit stellt sich der größte Temperaturgradient ein. Dies folgt aus Gl. 2.1: Bei konstantem QP in jeder Schicht und konstanter Fläche A ergibt sich für den kleinsten -Wert der größte Temperaturgradient T =d . Für den Wärmestrom durch den Schichtaufbau gilt:

QP D

A .T  T3 / : d1 d2 d3 1 C C 1 2 3

(2.18)

Entsprechend ist der Wärmestrom durch n Schichten QP D

A n X i D1

Abb. 2.9 Wärmeleitung durch einen Mehrschichtaufbau, Wärmestrom senkrecht zur Schichtung mit Temperaturverlauf

di i

.T1  Tn / :

(2.19)

14

2

Wärmeleitung

Abb. 2.10 Widerstandsmodell eines Dreischichtaufbaus zur Berechnung des Wärmestroms

I Herleitung Für den Wärmestrom QP durch die drei Schichten gilt A A A QP D 1 .T1  T12 / D 2 .T12  T23 / D 3 .T23  T3 / : d1 d2 d3

(2.20)

Umstellen liefert: QP A QP T12  T23 D A QP T23  T3 D A T1  T12 D

d1 1 d2 2 d3 : 3

Die Addition der drei Gleichungen führt zu   QP d1 d2 d3 : C C T1  T3 D A 1 2 3

(2.21)

Durch Umstellen folgt Gl. 2.18. I Bemerkung Zu demselben Ergebnis (Gl. 2.18) führt die Betrachtung mit einem einfachen Widerstandsmodell, Abb. 2.10. Der Gesamtwiderstand R t h;ges ist die Summe der drei Schichtwiderstände:

R t h;ges D

T1  T3 d1 d2 d3 D R t h;1 C R t h;2 C R t h;3 D C C : P 1 A 2 A 3 A Q

(2.22)

Durch Auflösen von Gl. 2.22 nach QP folgt Gl. 2.18.

Beispiel

Ein Bauelement (Chip) ist auf eine Leiterplatte gelötet und mit einem thermischen Interfacematerial (TIM, z. B. Wärmeleitkleber) an eine Coolplate gekoppelt, Abb. 2.11. Folgende Werte sind bekannt:

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen

15

Abb. 2.11 Bauelement auf eine Leiterplatte gelötet. Wärmepfad vom Chip bis zur Coolplate

Schichtdicke d in m Wärmeleitfähigkeit  Temperatur # in ı C in W/(m K) Lot gesucht Leiterplatte (mit Vias) 1500 5,0 Kupfer 100 330 Lötstopplack 25 0,2 TIM 200 2,0 Coolplate 40 Material

Das Bauelement gibt an die Leiterplatte über eine Fläche von A D 40 mm2 einen Wärmestrom von QP D 5 W ab. Es wird von eindimensionaler Wärmeleitung ausgegangen, d. h. Wärmespreizung ist zu vernachlässigen. 1. Wie hoch ist die Temperatur des Lots unter dem Bauelement? 2. Um wie viel Kelvin sinkt die Temperatur, wenn auf der Kupferschicht der Lötstopplack entfernt wird? 1. Lottemperatur Es gilt R t h;ges D

TL  TC D R t h;LP C R t h;Cu C R t h;LS C R t h;T QP D

dLP dCu dLS dT C C C LP A Cu A LS A T A

16

2

Wärmeleitung

D .7;5 C 0;008 C 3;125 C 2;5/ K/W D 13;13 K/W TL D TC C QP  R t h;ges D .273;15 C 40/K C 5 W  13;13 K/W D 378;8 K  106 ı C : 2. Temperatur ohne Lötstopplack Ohne Lötstopplack wird R t h;LS D 0. Damit reduziert sich der Gesamtwiderstand auf R0t h;ges D 10;0 K/W. Die Lottemperatur sinkt auf TL D TC C QP  R0t h;ges D 363;2 K  90 ı C : Ohne Lötstopplack sinkt die Lottemperatur um 16 K.

2.4.2

Mehrschichtiger Aufbau: Wärmestrom parallel zur Schichtung

Die Oberflächentemperaturen T1 und T2 eines mehrschichtigen Aufbaus der Länge d und der Breite b werden durch Wärmeabgabe und Kühlung auf die Temperaturen T1 und T2 eingestellt (T1 > T2 ), Abb. 2.12. Der Temperaturverlauf parallel zur Schichtung ist in jeder Schicht gleich und lässt sich mit Gl. 2.1 berechnen. Der Wärmestrom QP durch die drei Schichten der Platte beträgt insgesamt:

b QP D .1 h1 C 2 h2 C 3 h3 / .T1  T2 / : d

(2.23)

Für ein System, das aus n Schichten besteht, gilt entsprechend: bh QP D m .T1  T2 / mit d

hD

n X i D1

hi

Pn hi i und m D Pi D1 : n i D1 hi

(2.24)

I Herleitung Der gesamte Wärmestrom QP ist die Summe der Einzelwärmeströme durch die 3 Schichten: QP D QP 1 C QP 2 C QP 3 :

(2.25)

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen

17

Abb. 2.12 Wärmeleitung durch einen mehrschichtigen Aufbau mit Wärmestrom parallel zur Schichtung (oben) und Temperaturverlauf in den Schichten (unten)

Mit den Wärmeströmen durch die einzelnen Schichten b QP 1 D h1 1 .T1  T2 / d

b QP 2 D h2 2 .T1  T2 / d

b QP 3 D h3 3 .T1  T2 / d

folgt Gl. 2.23. I Bemerkung Zu demselben Ergebnis (Gl. 2.23) führt wieder die Betrachtung mit einem einfachen Widerstandsmodell, Abb. 2.13. Der Gesamtwiderstand beträgt

R t h;ges D

T1  T2 D QP

1

C

1 1

C

1

R t h;1 R t h;2 R t h;3 1 1 1 C C : D 1 h1 b 2 h2 b 3 h3 b d d d Durch Auflösen nach QP folgt Gl. 2.23.

Abb. 2.13 Widerstandsmodell eines Dreischichtaufbaus mit Wärmestrom parallel zur Schichtung

(2.26)

(2.27)

18

2

Wärmeleitung

Abb. 2.14 Wärmeleitung in einem Hohlzylinder mit konstanten Manteltemperaturen (T1 > T2 )

2.4.3 Hohlzylinder Es wird der Temperaturverlauf in einem Hohlzylinder und der Wärmestrom durch dessen Zylinderwand betrachtet, Abb. 2.14. Die Manteltemperaturen T1 und T2 des langen Hohlzylinders werden durch Heizung und Kühlung auf die Temperaturen T1 und T2 eingestellt. Der Temperaturverlauf in der Zylinderwand beträgt

T .r/ D T1 C

T1  T2 ln.r=r1 / ln.r1 =r2 /

(2.28)

mit dem Wärmestrom durch dessen Wand in radialer Richtung T1  T2 QP D 2  l : ln.r2 =r1 /

(2.29)

Die wärmeübertragende Fläche wird proportional zum Radius größer. Der Temperaturverlauf ist deshalb im Gegensatz zum Temperaturverlauf in der ebenen Platte nicht linear. Mit dem Formkoeffizient für Hohlzylinder F D

2 l ; ln.r2 =r1 /

(2.30)

der die geometrischen Größen zusammenfasst, wird Gl. 2.29 zu QP D  F  .T1  T2 / ; die analog zu Gl. 2.4 formuliert ist.

(2.31)

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen

19

Abb. 2.15 Radialer und axialer thermischer Widerstand im Hohlzylinder

Für eine Rohrwand, die aus n-Schichten besteht, beträgt der Wärmestrom entsprechend QP D 2  l

T1  TnC1 T1  TnC1   DX n ri C1 1 1 ln  ri  F i D1 i i D1 i i

n X

(2.32)

mit Fi D

2 l ln.ri C1 =ri /

Formkoeffizient für Hohlzylinder, i-te Schicht:

I Bemerkung Der thermische Widerstand des Hohlzylinders in radialer Richtung (z. B. eines Microvias, siehe Abschn. 12.1.2) ergibt sich durch Umstellen von Gl. 2.29: R t h;r D

ln.r2 =r1 / T1  T2 D : 2 l  QP

(2.33)

In axialer Richtung (Abb. 2.15) wird der thermische Widerstand mit Gl. 2.2 mit der wärmeübertragenden Fläche A D .r22  r12 / und der Zylinderlänge l zu R t h;a D

l T1  T2 D : P   .r22  r12 / Q

(2.34)

I Herleitung Die Wärmeleitungsgleichung in Zylinderkoordinaten (Gl. 2.10) wird bei stationärer, eindimensionaler Wärmeleitung ohne innere Wärmequellen zu   d d r D0: (2.35) dr dr Die zweifache Integration liefert T .r/ D c1 ln r C c2 . Die Integrationskonstanten c1 , c2 werden durch die Randbedingungen

20

2

Wärmeleitung

Abb. 2.16 Wärmeleitung in einer Kugelschale mit konstanten Oberflächentemperaturen (oben) und Temperaturverlauf (unten), T1 > T2

r D r1 : T D T1 und r D r 2 : T D T2 festgelegt: c1 D

T1  T2 ln.r1 =r2 /

und c2 D T1 

T1  T2 ln r1 : ln.r1 =r2 /

Damit folgt Gl. 2.28. Der Wärmestrom QP (Gl. 2.29) berechnet sich aus dem Temperaturverlauf (Gl. 2.28) mithilfe des Fourierschen Wärmeleitungsgesetzes (Gl. 2.3): dT QP D  A dr D  2 l

2.4.4

T1  T2 : ln.r1 =r2 /

(2.36)

Kugelschale

Es wird der Temperaturverlauf in einer Kugelschale und der Wärmestrom durch die Kugelschale betrachtet, Abb. 2.16. Die Oberflächen werden auf den konstanten Temperaturen T1 und T2 gehalten. Für den Temperaturverlauf T .r/ in der Kugelschale gilt: T1  T2 T .r/ D T1  1 1  r1 r2



1 1  r1 r

 (2.37)

2.4 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung ohne Wärmequellen

21

mit dem Wärmestrom durch die Schale (radiale Richtung): T1  T2 QP D 4  : 1 1  r1 r2

(2.38)

Die wärmeübertragende Fläche wird proportional zu r 2 größer. Die WärmestromdichP te qP D Q=A wird entsprechend kleiner. Der Temperaturverlauf in der Kugelschale ist deshalb im Gegensatz zum Temperaturverlauf in der ebenen Platte nicht linear. Mit dem Formkoeffizient für Kugelschalen F D

4 1 1  r1 r2

wird Gl. 2.38 zu QP D  F  .T1  T2 / ;

(2.39)

analog zur Form von Gl. 2.4 und 2.31. Der Wärmestrom durch eine Kugelschale, die aus n Schichten besteht, beträgt entsprechend QP D 4

n X i D1

T1  TnC1 T1  TnC1  DX n 1 1 1 1  i ri ri C1  F i D1 i i

(2.40)

mit Fi D

4 1 1  ri ri C1

Formkoeffizient für Kugelschalen, i-te Schicht.

I Herleitung Die Wärmeleitungsgleichung 2.8 in Kugelkoordinaten wird bei stationärer, eindimensionaler Wärmeleitung ohne innere Wärmequellen zu d dr

  dT r2 D0: dr

Daraus folgt mit der Produktregel 2 dT d 2T C D0: dr 2 r dr

22

2

Diese Differenzialgleichung lässt sich z. B. mithilfe der Substitution du d 2T D lösen: 2 dr dr du 2 D  u bzw. dr r

Wärmeleitung

dT WD u, bzw. dr

du 2 D  dr : u r

Die Integration liefert ln u D 2 ln r C c1 oder umgestellt u r 2 D cQ1 . Mit der RückdT dr dT 2 D 2 . Integration über r ergibt r D cQ1 oder umgestellt substitution folgt dr cQ1 r 1 T .r/ D cQ1 C c2 . Die Integrationskonstanten cQ1 , c2 werden durch die Randbedingungen r r D r1 : T D T1 und r D r 2 : T D T2 festgelegt: cQ1 D

T1  T2 1 1  r1 r2

und c2 D T1 C

T1  T2 1 : 1 1 r1  r2 r1

Damit folgt Gl. 2.37. Der Wärmestrom QP (Gl. 2.38) berechnet sich aus dem Temperaturverlauf (Gl. 2.37) dT (Gl. 2.3). Mit der Kumithilfe des Fourierschen Wärmeleitungsgesetzes QP D  A dr 2 geloberfläche A D 4 r folgt Gl. 2.38.

2.5 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung mit Wärmequellen 2.5.1

Ebene Schicht

Es wird die Temperaturverteilung in einer ebene Schicht mit einer homogenen Wärmequelle und konstanten Oberflächentemperaturen betrachtet, Abb. 2.17. Der Wärmestrom QP wird im gesamten Volumen V der unendlichen Schicht gleichmäßig freigesetzt. Randeffekte an den Stirnseiten werden vernachlässigt. Die Oberflächen werden auf den konP stanten Temperaturen T1 und T2 gehalten. Mit der Quellendichte qP  D Q=V und der Wärmeleitfähigkeit  der Schicht ergibt sich für die Temperaturverteilung in der Schicht 1 1 x qP  d 2 T .x/ D .T1 C T2 / C .T2  T1 / C 2 2 d 2

  x2 1 2 : d

(2.41)

2.5 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung mit Wärmequellen

23

Abb. 2.17 Temperaturverlauf in einer ebenen Schicht mit homogener Wärmequelle und konstanten Oberflächentemperaturen (T1 > T2 /

Für T1 D T2 vereinfacht sich Gl. 2.41 zu T .x/ D T1 C

qP  d 2 2

  x2 1 2 : d

(2.42)

Die Temperaturverteilung hat dann bei x D 0 ein Maximum und ist symmetrisch. I Herleitung Die Differenzialgleichung der Wärmeleitung (Gl. 2.9) reduziert sich im eindimensionalen, stationären Fall mit einer homogenen Wärmequelle auf qP  d 2T C D0: 2 dx a  cp

(2.43)

Durch zweimaliges Integrieren und mit der Wärmeleitfähigkeit  D a  cp folgt die allgemeine Lösung T .x/ D 

qP 2 x C c1 x C c2 : 2

Die Integrationskonstanten c1 und c2 ergeben sich aus den Randbedingungen: T .x D d / D T1 T .x D Cd / D T2 : Damit folgt Gl. 2.41.

(2.44)

24

2

Wärmeleitung

Abb. 2.18 Wärmeleitung in einer Vollzylinder mit konstanter Oberflächentemperatur

2.5.2

Zylinder

Es wird die Temperaturverteilung in einem Vollzylinder, wie z. B. einem Draht betrachtet, in dessen Volumen V der Wärmestrom QP homogen freigesetzt wird, Abb. 2.18. Der Zylinder wird dabei als unendlich lang betrachtet, d. h. Randeffekte an den Stirnflächen werden vernachlässigt. Der Zylindermantel wird auf der konstanten Temperatur T0 gehalP und der ten. Die radiale Temperaturverteilung beträgt mit der Quellendichte qP  D Q=V Wärmeleitfähigkeit  qP  r02 T .r/ D T0 C 4

  r2 1 2 : r0

(2.45)

I Herleitung Die Differenzialgleichung der Wärmeleitung in Zylinderkoordinaten (Gl. 2.10) reduziert sich im eindimensionalen, stationären Fall auf 1 d r dr



dT r dr

 C

qP  D0: a  cp

(2.46)

Durch zweimaliges Integrieren von Gl. 2.46 folgt mit der Wärmeleitfähigkeit  D a  cp die allgemeine Lösung T .r/ D 

qP  2 r C c1 ln r C c2 : 4

(2.47)

Die Integrationskonstanten c1 und c2 ergeben sich aus den Randbedingungen ˇ d T ˇˇ D0 dr ˇrD0

(2.48)

T .r D r0 / D T0 :

(2.49)

Gl. 2.48 folgt aufgrund der Symmetrie der Temperaturverteilung zur Zylindermittellinie. Folglich ist der Temperaturgradient für r D 0 null. Damit folgt Gl. 2.45.

2.5 Stationäre, eindimensionale Wärmeleitung mit Wärmequellen

25

Abb. 2.19 Wärmeleitung in einer massiven Kugel mit konstanter Oberflächentemperatur

2.5.3

Kugel

Es wird die Temperaturverteilung in einer massiven Kugel betrachtet, in deren Volumen V der Wärmestrom QP homogen freigesetzt wird, Abb. 2.19. Die Kugeloberfläche wird auf der konstanten Temperatur T0 gehalten. Die radiale Temperaturverteilung beträgt mit P und der Wärmeleitfähigkeit  der Quellendichte qP  D Q=V

T .r/ D T0 C

qP  r02 6

  r2 1 2 : r0

(2.50)

I Herleitung Die Differenzialgleichung der Wärmeleitung mit einer homogenen Wärmequelle in Kugelkoordinaten (Gl. 2.11) reduziert sich im eindimensionalen, stationären Fall auf   qP  1 d 2 dT D0: (2.51) r C 2 r dr dr a  cp Durch zweimaliges Integrieren von Gl. 2.51 und mit der Wärmeleitfähigkeit  D a  cp folgt die allgemeine Lösung T .r/ D 

qP  2 c1 r C C c2 : 6 r

Die Integrationskonstanten c1 und c2 ergeben sich aus den Randbedingungen ˇ d T ˇˇ D0 dr ˇrD0 T .r D r0 / D T0 : Damit folgt Gl. 2.51.

(2.52)

26

2

Wärmeleitung

2.6 Wärmespreizung Es wird der Wärmepfad einer runden Wärmequelle mit Radius rq betrachtet, die sich auf einer größeren, ebenfalls runden Platte mit Radius rpl und Dicke d befindet, Abb. 2.20. Die Platte wirkt für die Wärmequelle als Kühlkörper. Die Wärme gelangt von ihrer Quelle in die Platte, wird dort gespreizt, zur kälteren Seite geleitet und an die Umgebung abgegeben. Eine exakte mathematische Beschreibung für die Berechnung des thermischen Widerstandes ist sehr aufwendig. In [6] wird dazu eine Näherungslösung vorgestellt. Idealisiert wird angenommen, dass die freie Plattenoberfläche auf der Seite der Heizquelle und am Mantel adiabat ist. An der gegenüberliegenden Plattenseite wird die Wärme durch Konvektion (vgl. Kap. 3) an das angrenzende Fluid übertragen. Wärmestrahlung wird vernachlässigt. Der Aufbau lässt sich näherungsweise mit einem einfachen Widerstandsmodell abbilden, Abb. 2.20. Der thermische Widerstand der Platte Rpl besteht aus einem Spreizwiderstands Rsp und einem Leitungswiderstand Rl . Diese sind in Reihe geschaltet: Rpl D Rsp C Rl :

(2.53)

Bei der Wärmeübertragung in das angrenzende Fluid entsteht der thermische Widerstand R˛ D 1=.˛m A/, wobei ˛m der über die wärmeübertragende Plattenoberfläche A gemittelte Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) ist, siehe Kap. 3. Der gesamte thermische Widerstand durch die Platte wird damit zu Rges D Rsp C Rl CR˛ : „ ƒ‚ … DRpl

Abb. 2.20 Wärmespreizung in einer ebenen Platte

(2.54)

2.6 Wärmespreizung

27

Für den maximalen und mittleren Widerstand gilt max Tmax  Tm;2 D p P  rq  Q Tm;1  Tm;2 m D p D P  r  Q q

Rpl;max D

(2.55)

Rpl;m

(2.56)

mit Rpl;max : maximaler thermischer Widerstand der Platte auf Grund von Wärmespreizung und Wärmeleitung in K/W Rpl;m : mittlerer thermischer Widerstand der Platte auf Grund von Wärmespreizung und Wärmeleitung in K/W maximale Plattentemperatur an der Wärmequelle in K Tmax : mittlere Oberflächentemperatur der Platte, Heizquellenseite, in K Tm;1 : mittlere Oberflächentemperatur der Platte, gegenüber Heizquelle, in K Tm;2 : P Q: von der Wärmequelle abgegebener Wärmestrom in W : Wärmeleitfähigkeit der Platte in W/(m K)

1 max D p C p .1  /˚c  

1 m D p C .1  /3=2 ˚c 2  tanh. kc / C kc =Bi ˚c D 1 C .kc =Bi/ tanh. kc / 1 kc D  C p  ˛m rpl Bi D  rq D rpl d

D . rpl Die Wärmequelle und die wärmespreizende Platte sind in elektronischen Systemen meist rechteckig, und nicht rund, wie in den Näherungsgleichungen 2.55, 2.56 angenommen. Abhilfe schafft eine einfache Umrechnung: Die Gleichungen gelten ebenfalls für rechteckige Geometrien, wenn die Kantenlängen der Wärmequelle und der Platte durch die Spreizradien rq und rpl ausgedrückt werden. Dabei wird jeweils von der Flächengleich-

28

2

Wärmeleitung

Abb. 2.21 Thermischer Widerstand auf Grund von Wärmespreizung und Wärmeleitung einer quadratischen Platte mit der Kantenlänge apl

heit des Rechtecks mit der runden Ersatzgeometrie ausgegangen [7]: r

a q bq  r apl bpl rpl D  rq D

(2.57) (2.58)

mit rq : rpl : a q , bq : apl , bpl :

Radius der Wärmequelle in m Radius der Platte in m Seitenlängen der Wärmequelle in m Seitenlängen der Platte in m.

In den meisten praktischen Anwendungen liegt der Fehler der Näherungsgleichungen 2.55 und 2.56 im Vergleich zu exakten analytischen Lösung bei weniger als 5 %. In [8] wird für eine quadratische Heizfläche mit 10 mm Kantenlänge auf einer ebenfalls quadratischen Platte mit der Kantenlänge zwischen 20 und 45 mm und einer Dicke von 2,5 mm, einer Wärmeleitfähigkeit der Platte pl zwischen 25 und 250 W/(m K) und einem Wärmeübergangskoeffizient ˛m im Bereich 250 bis 1000 W/(m K) eine maximale Abweichung von 6,5 % angegeben. Je kleiner die Platte ist, desto kleiner ist die Abweichung zwischen der exakten Lösung und der Näherungslösung. Abb. 2.21 zeigt die Grafik des thermischen Widerstands Rpl;m der Platte nach Gl. 2.53 als Funktion von der Plattendicke. Für die Berechnung sind die Werte einer quadratischen Heizquelle mit aq D bq D 0;01 m, pl D 350 W/(m K) und ˛m D 1000 W/(m2 K) und einer quadratischen Platte mit apl D bpl eingesetzt. Bei sehr großen Plattenabmessungen mit apl ! 1 nimmt der thermische Widerstand Rpl mit zunehmender Plattendicke zunächst ab und bleibt ab ca. 0,03 m konstant. Der Wärmetransport wird dann von der lateralen Spreizung dominiert. Ist die Platte gleich groß wie die Heizquelle, d. h. apl D aq ,

2.7 Instationäre Wärmeleitung

29

Abb. 2.22 Thermischer Widerstand aufgrund von Wärmespreizung und Wärmeleitung einer quadratischen Platte der Kantenlänge 45 mm mit einer quadratischen Heizfläche von 10 mm Kantenlänge

wird die Wärme eindimensional, ohne Spreizung, von der Wärmequelle durch die Platte geleitet. Der Widerstand nimmt deshalb linear mit der Plattendicke zu. Für Plattengrößen mit aq < apl < 1 hat der thermische Widerstand Rpl ein Minimum: Ist die Platte dünner als ihre optimale Dicke, sorgt der Spreizwiderstand für eine Erhöhung von Rpl , ist sie dicker, erhöht die Wärmeleitung durch die Platte den Wert. Abb. 2.22 zeigt den thermischen Widerstand einer quadratischen Platte der Kantenlänge bpl D 45 mm, die von einer mittigen, quadratischen Fläche der Kantenlänge aq D 10 mm beheizt wird. Parameter sind die Wärmeleitfähigkeit  des Plattenmaterials und der mittlere Wärmeübergangskoeffizient ˛m . Mit zunehmender Wärmeleitfähigkeit der Platte sinkt deren thermischer Widerstand Rpl . Zwischen  D 10 W/(m K) und  D 50 W/(m K) ist der Einfluss der Wärmeleitfähigkeit am größten. Mit zunehmendem  rücken die Kurven enger zusammen. Mit dem mittleren Wärmeübergangskoeffizienten ˛m D 10 W/(m2 K) verlaufen die Kurven im Bereich der kleinen Plattendicken bis etwa 0,005 m steiler als mit ˛m D 1000 W/(m2 K). Im Gegensatz zur Plattendicke gibt es für die Plattengröße kein Optimum für die Wärmeübertragung: Der Gesamtwiderstands Rges D Rpl C R˛ nimmt mit zunehmender Plattenfläche A D apl  bpl ab.

2.7 Instationäre Wärmeleitung Bei instationärer Wärmeleitung ändert sich das Temperaturfeld zeitlich auf Grund einer zeitabhängigen Randbedingung oder Wärmequelle, wie z. B. die transiente Verlustleistung eines elektronischen Bauelements. Für die Berechnung des Temperaturfeldes ist im Allgemeinen die Wärmeleitungsgleichung 2.8 mit den entsprechenden Rand- und Anfangsbedingungen zu lösen. Für reale elektronische Systeme ist dies nur in wenigen, einfachen Fällen analytisch mit befriedigender Genauigkeit machbar. Simulationsprogramme mit numerischen Verfahren liefern genauere Lösungen. Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf einfache, analytisch lösbare Sonderfälle.

30

2

Wärmeleitung

Abb. 2.23 Kleines Bauelement, das vom Zeitpunkt t D 0 von Kühlluft umströmt wird

2.7.1

Abkühlung eines kleinen Körpers durch einen Luftstrom

Es wird ein kleiner Körper betrachtet, der durch einen Luftstrom abgekühlt wird. Die Temperatur des Luftstroms wird als zeitlich konstant vorausgesetzt, die Temperatur im Inneren des Körpers als homogen. Diese Annahme wird in der Praxis umso besser erfüllt, je kleiner die Abmessungen und größer die Wärmeleitfähigkeit des Körpers ist. Ein Beispiel dafür aus der Praxis ist ein kleines elektronisches Bauelement, das mit einem kalten Luftstrom gekühlt wird, Abb. 2.23. Für die Temperaturänderung T .t/ des Körpers nach Einsetzen der Kühlung zum Zeitpunkt t D 0 gilt T .t/ D TF C .To  TF / expt=

(2.59)

mit TF : Temperatur des kühlenden Fluids in K To : Temperatur des Körpers zum Zeitpunkt t D 0 in K

D R t h C : Zeitkonstante in s R t h D 1=.˛A/: thermischer Widerstand des Wärmeübergangs in K/W ˛: Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) A: Oberfläche des Körpers in m2 C D m c: Wärmekapazität des Körpers in J/K m: Masse des Körpers in kg c: spezifische Wärmekapazität des Körpers in J/(kg K). Abb. 2.24 zeigt beispielhaft das Abkühlen eines Bauelements mit den Abmessungen 10 mm × 10 mm × 5 mm, der Dichte  D 2300 kg/m3 , der spezifischen Wärmekapazität c D 700 J/(kg K) und der Anfangstemperatur #o D 140 ı C. Die Kurven sind mit Gl. 2.59 mit der Fluidtemperatur #F D 20 ı C berechnet. Parameter ist der Wärmeübergangskoeffizient ˛ (siehe Kap. 3). Mit zunehmendem Wärmeübergangskoeffizient ˛ fallen die Kurven schneller ab, da die Wärme des Bauelements besser an das Fluid übertragen wird.

2.7 Instationäre Wärmeleitung

31

Abb. 2.24 Abkühlung eines kleinen Bauelements bei Umströmung mit einem kalten Fluid. Abmessungen 10 mm × 10 mm × 5 mm,  D 2300 kg/m3 , c D 700 J/(kg K), #o D 140 ıC und #F D 20 ı C, Parameter: Wärmeübergangskoeffizient ˛

I Bemerkung Für Bi D

˛X  0;1 k

ist die Abweichung zwischen der Näherungslösung Gl. 2.59 und der exakten Lösung kleiner als 5 % [9]. Bi ist die Biot-Zahl (dimensionslose Kennzahl, vgl. Abschn. 3.1.1), K die Wärmeleitfähigkeit des Festkörpers und X die typische geometrische Größe für die Wärmeleitung im Festkörper. Bei einer Kugel entspricht X beispielsweise dem Kugelradius. I Herleitung Die durch das Fluid vom Bauelement abgeführte Energie entspricht der Änderung der Inneren Energie des Körpers: ˛ A.T  TF / D m c

dT dt

(2.60)

Mit der Variablen D T  TF und durch Umformen folgt d ˛A D mc dt Zt Z d ˛A dt 0 D  mc 0 0 o   ˛A  t D ln mc o ˛A  t exp m c D o ˛A  t o exp m c D : 

Damit folgt Gl. 2.59.

mit

o D To  TF

(2.61)

32

2.7.2

2

Wärmeleitung

Abkühlung eines kleinen Körpers in einem ruhenden Fluid

Es wird ein kleiner Körper in einem ruhenden Fluid betrachtet, der ab dem Zeitpunkt t D 0 abkühlt und das umgebende Fluid erwärmt, Abb. 2.25. Die Temperatur im Inneren des Körpers wird auf Grund seiner Größe als homogen angenommen (vgl. Abschn. 2.7.1). Die Fluidtemperatur sei auf Grund von idealer Durchmischung stets homogen. Die Behälterwand wird als adiabat betrachtet. Die Abkühlung TK .t/ des Körpers und die Erwärmung des umgebenden Fluids TF .t/ werden beschrieben durch TK .t/ D Tm C .TK;o  Tm / expt=. K C F / T .t/ D T C .T  T / expt=. K C F / F

m

F;o

m

(2.62) (2.63)

mit Tm :

Mischungstemperatur, die Körper und Fluid nach Temperaturausgleich annehmen in K TK;o : Körpertemperatur zum Zeitpunkt t D 0 in K TF;o : Fluidtemperatur zum Zeitpunkt t D 0 in K

K D R t h;K CK : Zeitkonstante des Körpers in s

F D R t h;F CF : Zeitkonstante des Fluids in s R t h D 1=.˛A/: thermischer Widerstand des Wärmeübergangs in K/W ˛: Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) A: Oberfläche des Körpers in m2 CK D mK cK : Wärmekapazität des Körpers in J/K CF D mF cF : Wärmekapazität des Fluids in J/K mK : Masse des Körpers in kg mF : Masse des Fluids in kg Abb. 2.25 Ein kleiner Körper kühlt in einem Fluid homogener Temperatur ab

2.7 Instationäre Wärmeleitung

cK : cF :

33

spezifische Wärmekapazität des Körpers in J/(kg K) spezifische Wärmekapazität des Fluids in J/(kg K).

I Herleitung Der Körper gibt den Wärmestrom ab d TK QP K D mK cK : dt

(2.64)

Das umgebende Fluid nimmt diesen Wärmestrom auf d TF QP F D mF cF : dt

(2.65)

Der Wärmestrom wird durch Konvektion übertragen (siehe Kap. 3). Damit kann QP auch ausgedrückt werden durch QP D ˛ A .TK  TF / :

(2.66)

Jetzt wird in Gl. 2.64 und 2.65 QP mithilfe von Gl. 2.66 ersetzt. Daraus folgt nach Umstellung mK cK d TK ˛ A dt mF cF d TF : TF  TK D  ˛ A dt TF  TK D

(2.67) (2.68)

Auflösen von Gl. 2.67 nach TF gibt TF D TK C

mK cK d TK ˛ A dt

(2.69)

und die Ableitung von Gl. 2.69 d TF d TK mK cK d TK2 : D C dt dt ˛ A dt 2

(2.70)

Einsetzen von Gl. 2.69 und 2.70 in Gl. 2.68 und Umstellung gibt die Differentialgleichung d 2 TK D ˛ A dt 2



1 mK cK

C



1 mF cF

d TK : dt

(2.71)

Deren allgemeine Lösung lautet 

1

1

C ˛ A mK cK mF cF TK .t/ D c1 exp

 t

Cc2 :

(2.72)

34

2

Wärmeleitung

Die Konstanten c1 und c2 ergeben sich aus den Randbedingungen TK .t D 0/ D TK;o

und

TK .t D 1/ D Tm : Mit c1 D TK;o  Tm und c2 D Tm folgt Gl. 2.62. Die Herleitung der Erwärmungskurve TF .t/ des Fluids (Gl. 2.63) läuft analog. I Bemerkung Die Mischungstemperatur Tm ergibt sich aus der Energiebilanz von Körper und Fluid, die zusammen ein adiabates Sytem bilden. Die Wärme QK , die der Körper abgibt, ist betragsmäßig gleich groß wie die Wärme QF , die das Fluid aufnimmt. Unter Beachtung des Vorzeichens mit „C“ für die einem System zugeführte Wärme und „“ für die einem System entzogene Wärme folgt QK D QF mK cK .TK;o  Tm / D mF cF .TF;o  Tm / :

(2.73) (2.74)

Auflösen nach Tm liefert Tm D

mK cK TK;o C mF cF TF;o : mK cK C mF cF

(2.75)

Beispiel

Mit einem Thermoelement wird die Temperatur einer kleinen Flüssigkeitsmenge bestimmt, siehe Abb. 2.26. Der Durchmesser der Schweißperle beträgt 1 mm, ihre Dichte ist K D 8900 kg/m3 und ihre spezifische Wärmekapazität cK D 440 J/(kg K). Vor dem Eintauchen in das Gefäß hat sie die Temperatur #K;o D 23 ı C. Die Masse der Flüssigkeit ist mF D 0;02 g bei einer spezifischen Wärmekapazität von cF D 1460 J/(kg K), einer Dichte von 980 kg/m3 und einer Anfangstemperatur von #F;o D 95 ı C. Der Wärmeübergangskoeffizient zwischen Schweißperle und Flüssigkeit liegt bei ˛ D 100 W/(m2 K). Wärmeverluste nach Außen durch das Gefäß oder die Thermodrähte werden vernachlässigt. Die Temperatur in der Schweißperle wird als homogen angenommen. Auch ist die Temperatur in der Flüssigkeit durch Umrühren an jeder Stelle stets gleich. 1. Welche Mischungstemperatur stellt sich im stationären Zustand ein? 2. Wie lange dauert es, bis der stationäre Zustand erreicht ist?

2.7 Instationäre Wärmeleitung

35

Abb. 2.26 Temperaturmessung einer kleinen Flüssigkeitsmenge (links: Bild eines Thermoelements, rechts: Modell zur Berechnung der Aufheiz- und Abkühlkurven)

1. Mischungstemperatur Mit der Masse der Schweißperle mK D K  VK D 8900 kg/m3  4=3    .5  104 m/3 D 4;66  106 kg; ihrer absoluten Temperatur TK;o D .273;15 C 23/ K D 296;15 K und der absoluten Temperatur der Flüssigkeit jeweils zu Beginn der Messung von TF;o D .273;15 C 95/ K D 368;15 K folgt mit Gl. 2.75 für die Mischungstemperatur Tm D 363;45 K  90;3 ı C : 2. Zeit bis zum stationären Zustand Abb. 2.27 zeigt die nach Gl. 2.62 und 2.63 berechnete Abkühl- und Erwärmungskurve der Flüssigkeit und des Thermoelements. Nach t D 35 s ist die Temperatur der Flüssigkleit auf 90;3 ı C gesunken und die Temperatur der Schweißperle auf 90;1 ı C gestiegen. Die Messabweichung beträgt, bezogen auf den Wert bei t D 35 s .95  90;1/ K D 4;9 K : Die Temperatur der Flüssigkeit lässt sich mit dieser Anordnung nur ungenau messen.

36

2

Wärmeleitung

Abb. 2.27 Berechnete Abkühl- und Erwärmungskurve der Flüssigkeit und des Thermoelements

2.8

Zusammenfassung

Wärmeleitung ist ein Diffusionsprozess in Festkörpern und Fluiden, bei dem auf Teilchenebene Energie und Impuls transportiert werden. Die Wärmeleitfähigkeit  in W/(m K) beschreibt als Stoffgröße die Energie in Form eines Wärmestroms, die bei einer anliegenden Temperaturdifferenz durch eine Fläche A und Dicke d transportiert wird. Im Gegensatz dazu ist die Temperaturleitfähigkeit a in m2 /s eine dynamische Größe. Sie ist ein Maß dafür, wie schnell sich eine Temperaturstörung ausbreitet. Die wesentlichen Gleichungen sind die Fouriersche Wärmeleitungsgleichung und die Differenzialgleichung der Wärmeleitung. Mit den gegebenen Randund Anfangsbedingungen liefern sie das Temperaturfeld und den übertragenen Wärmestrom im betrachteten Volumen.

Literatur 1. Incropera FP, DeWitt DP (2002) Introduction to Heat Transfer. John Wiley & Sons, New York 2. VDI-Wärmeatlas (2013), 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, D6 3. Spittel M, Spittel T (2011) Thermal conductivity of light metal alloys. In: Warlimont H (Hrsg) Part 2: Non-ferrous Alloys – Light Metals. Landolt-Börnstein – Group VIII Advanced Materials and Technologies (Numerical Data and Functional Relationships in Science and Technology), vol 2C2. Springer, Berlin, Heidelberg 4. Wiegleb W (2016) Gasmesstechnik in Theorie und Praxis. Springer, Berlin, Heildelberg 5. Stauffer D, Aharony A (1994) Introduction to Percolation Theory, 2. Aufl. Taylor & Francis LTD, London 6. Lee S, Song S, Au V, Moran KP (1995) Constriction/Spreading Resistance Model for Electronic Packaging. Proceedings of ASME/JSME Engineering Conference 4, S 199–206 7. Naraghi MHN, Antonetti VW (1993) Macro-Constriction Resitance of Distributed Contact Contour Areas in a Vacuum Environment. ASME Winter Annual Meeting, New Orleans 8. Ellison GN (2010) Thermal Computations for Electronics: Conductive, Radiative, and Convective Air Cooling. CRC Press, Boca Raton, London, New York 9. Çengel YA (1997) Introduction to Thermodynamics and Heat Transfer. McGraw-Hill, Boston, S 468

3

Konvektiver Wärmeübergang

Konvektiver Wärmeübergang ist die Wärmeübertragung zwischen einem ruhenden Festkörper und einem bewegten Fluid (Flüssigkeit oder Gas), oder einem bewegten Festkörper und einem ruhenden Fluid. Die Ursache der Fluidströmung kann eine Druckdifferenz sein, die z. B. von einem Lüfter erzeugt wird. Man spricht dann von erzwungener Konvektion1 . Sind nur Auftriebskräfte auf Grund von Dichteunterschieden die Ursache der Strömung, spricht man von freier Konvektion. Beim konvektiven Wärmeübergang wird Wärme von der heißen Oberfläche ins Fluid quer zur Strömungsrichtung geleitet und von den Fluidschichten mitgenommen, Abb. 3.1. Bei turbulenter Strömung nehmen zusätzlich lokale Querströmungen die Wärme auf und transportieren sie ab. Ist die Oberfläche kälter als das Fluid, läuft die Wärmeübertragung entsprechend entgegengesetzt. Für den Wärmestrom vom Festkörper in das Fluid (oder umgekehrt) gilt: QP D ˛ A .TF  TW /

(3.1)

mit P Q: ˛: A: TF : TW :

konvektiv übertragener Wärmestrom in W Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) Wärmeübertragende Fläche in m2 Fluidtemperatur, hinreichend weit vom Festkörper entfernt in K Wandtemperatur in K.

Gl. 3.1 heißt Newtonsches Abkühlungsgesetz. 1

convehere: mitfahren, mitführen.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_3

37

38

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.1 Wärmeübergang an einem Festkörper

An der Übergangsstelle zwischen Fluid und Festkörper tritt ein Temperaturabfall auf, der durch den Wärmeübergangskoeffizient beschrieben wird (Abb. 3.1). Dieser fasst die Form- und Oberflächeneigenschaften des Festkörpers und die Fluideigenschaften zusammen. Dazu gehören die Strömungsform und -geschwindigkeit, die Viskosität und die Wärmeleitfähigkeit. Für die Beschreibung des Wärmeübergangs in elektronischen Systemen wird oft der thermische Widerstand R t h;˛ verwendet. Dieser ergibt sich durch Umformen von Gl. 3.1:

R t h;˛ D

1 T D : P ˛A Q

(3.2)

In Tab. 3.1 sind Größenordnungen von ˛ von Gasen und Flüssigkeiten zusammengestellt. Für die Berechnung von ˛ stehen Nußelt-Gleichungen zur Verfügung, die verschiedene Kennzahlen der konvektiven Wärmeübertragung miteinander verknüpfen. I Bemerkung Der Wärmeübergangskoeffizient ˛ hängt im Allgemeinen selbst von der treibenden Temperaturdifferenz .TF  TW / ab. Damit ist Gl. 3.1 streng genommen keine lineare Gleichung.

Tab. 3.1 Größenordnungen des Wärmeübergangskoeffizienten ˛ in W/(m2 K) Wärmeübergang freie Konvektion erzwungene Konvektion Sieden/Kondensieren

Gas 3 < ˛ < 20 25 < ˛ < 150

Flüssigkeit 100 < ˛ < 600 500 < ˛ < 10:000

1:000 < ˛ < 10:000 1:000 < ˛ < 10:0000 (Kondensation) (Verdampfung)

3.1 Kennzahlen der konvektiven Wärmeübertragung

39

3.1 Kennzahlen der konvektiven Wärmeübertragung Die wenigsten realen Fälle der konvektiven Wärmeübertragung lassen sich analytisch exakt beschreiben. Als Ausweg stehen empirische Wärmeübertragungsgesetze mit dimensionslosen Kennzahlen zur Verfügung. Die Kennzahlen fassen verschiedene Parameter zusammen. Zwei geometrisch ähnliche Anordnungen mit konvektivem Wärmeübergang sind dann übertragbar, wenn sie durch die gleichen dimensionslosen Kennzahlen beschrieben werden (Ähnlichkeitstheorie). Damit kann ein großer Originalaufbau zur Untersuchung des Wärmeübergangs durch ein kleines Modell ersetzt werden. Tab. 3.2 zeigt eine Auswahl der für die Elektronikkühlung wichtigsten Kennzahlen. ˛: Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) X: charakteristische geometrische Größe in m K : Wärmeleitfähigkeit des Festkörpers in W/(m K) a: Temperaturleitfähigkeit in m2 /s t: Zeit in s g D 9;81 m=s2 : Erdbeschleunigung @=@T : isobarer thermischer Ausdehnungskoeffizient in 1/K (für ideale Gase gilt ˇD  ˇ D 1=T ) T : treibende Temperaturdifferenz zwischen Fluid und Wand in K : kinematische Viskosität in m2 /s F : Wärmeleitfähigkeit des Fluids in W/(m K) : Dichte in kg/m3

Tab. 3.2 Auswahl Dimensionslose Kennzahlen der Wärmeübertragung Kennzahl

Zeichen

Definition ˛X Bi D K at Fo D 2 X g ˇ T X 3 Gr D 2 ˛X Nu D F  cp Pr D D F a

Anwendung

Biot-Zahl

Bi

Fourier-Zahl

Fo

Grashof-Zahl

Gr

Nußelt-Zahl

Nu

Prandtl-Zahl

Pr

Rayleigh-Zahl Ra

Ra D Gr P r

freie Konvektion

Reynolds-Zahl Re

Re D

vX

Wärmeübergang/Wärmeleitung instationäre Wärmeleitung freie Konvektion konvektiver Wärmeübergang dimensionsloser Stoffwert

Strömung mit Reibung

40

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.2 Wärmeleitung und Wärmeübergang zur Erklärung der Biot-Zahl

cp : v:

Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druckin J/(kg K) Strömungsgeschwindigkeit in m/s.

I Bemerkung Die charakteristische geometrische Größe X beschreibt die für die Strömung typische Abmessung. Im Fall der Rohrströmung entspricht X dem Rohrinnendurchmesser, beim von außen umströmten Rohr dem Rohraußendurchmesser. Bei der umströmten, rechteckigen horizontalen Platte ist X die Kantenlänge in Strömungsrichtung. Diese ist für die Ausbildung des Strömung maßgebend. Bei der freien Konvektion an der vertikalen Platte ist es die Plattenhöhe.

3.1.1 Praktische Bedeutung der Kennzahlen Biot-Zahl Die Biot-Zahl beschreibt den Wärmetransport von einem Festkörper in ein angrenzendes Fluid oder entgegengesetzt, Abb. 3.2. Sie ist das Verhältnis des thermischen Widerstands durch Leitung R t h;d D d=.K A/ im Festkörper zum thermischen Widerstand durch Wärmeübergang R t h;˛ D 1=.˛ A/: ˛d R t h;d D D Bi : R t h;˛ K

(3.3)

I Bemerkung  Für Bi ! 0 ist der thermische Widerstand im Festkörper viel kleiner als der Widerstand beim Übergang vom Fluid zum Festkörper. Im Festkörper sind die Temperaturen annähernd homogen.

3.1 Kennzahlen der konvektiven Wärmeübertragung

41

Abb. 3.3 Wärmeleitung und Wärmeübergang in der Grenzschicht zur Erklärung der Nußelt-Zahl

 Für Bi ! 1 ist der thermische Widerstand im Festkörper viel größer als der Widerstand beim Übergang vom Fluid zum Festkörper. Der Wärmeübergangskoeffizient ˛ geht gegen unendlich und das Fluid hat näherungsweise eine homogene Temperatur. Fourier-Zahl Die Fourier-Zahl wird bei der instationären Wärmeleitung als dimensionslose Zeit bezeichnet. Damit lässt sich z. B. Gl. 2.59, Abschn. 2.7.1 schreiben als T .t/ D TF C .To  TF / e F o Bi : Grashof-Zahl Die Grashof-Zahl tritt bei der freien Konvektion auf. Das Produkt aus Grashof- und Prandtl-Zahl heißt Rayleigh-Zahl (Ra). Beim kritischen Wert Rakrit  109 schlägt die Auftriebsströmung von laminar nach turbulent um. Nußelt-Zahl Die Nußelt-Zahl wird auch als dimensionsloser Wärmeübergangskoeffizient bezeichnet. Eine anschauliche Bedeutung erhält man, wenn man die Abmessung der Strömungsgrenzschicht als typische geometrische Größe einsetzt, Abb. 3.3. Ähnlich wie die Biot-Zahl vergleicht die Nußelt-Zahl zwei thermische Widerstände: Sie ist das Verhältnis des thermischen Widerstands durch Leitung in der Grenzschicht R t h;L D L=.F A/, wenn diese vollständig in Ruhe wäre, zum tatsächlichen thermischen Widerstand des Wärmeübergangs R t h;˛ D 1=.˛ A/: R t h;L ˛L D D Nu : R t h;˛ F

(3.4)

42

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.4 Thermische Grenzschicht und Strömungsgrenzschicht für P r < 1 (links, z. B. Luft) und P r > 1 (rechts, z. B. Wasser)

I Bemerkung Je größer die Nußelt-Zahl N u ist, desto größer ist die konvektive Wärmeübertragung. Für N u D 1 besteht der Wärmetransport vom Fluid an den Festkörper ausschließlich aus Wärmeleitung durch die Grenzschicht. Prandtl-Zahl Die Prandtl-Zahl vergleicht die kinematische Viskosität mit der Temperaturleitfähigkeit a des Fluids. Die kinematische Viskosität bestimmt im Fluid die Strömungsgrenzschicht, die Temperaturleitfähigkeit die thermische Grenzschicht. Für P r < 1 ist die thermische Grenzschicht ıT größer als die Strömungsgrenzschicht ıS , für P r > 1 ist es umgekehrt, Abb. 3.4. Beispiele sind Luft mit P r D 0;7081 und Wasser mit P r D 7;009, jeweils bei einem Druck von p D 1 bar und der Temperatur # D 20 ı C [1]. Flüssige Metalle liegen mit sehr kleinen Werten im unteren Bereich der Prandtl-Skala, Öle mit sehr hohen Prandtl-Zahlen im oberen Bereich. Reynolds-Zahl Die Reynolds-Zahl liefert bei der erzwungenen Konvektion, wie die Grashof-Zahl bei der freien Konvektion, ein Kriterium für den Umschlag von laminarer zu turbulenter Strömung. Unterhalb der kritischen Reynolds-Zahl ist die Strömung laminar, oberhalb wird sie nach einem Übergangsbereich turbulent.

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung Der Nußelt-Zahl hängt von den geometrischen Verhältnissen und der Re- und P r-Zahl ab: N u D N u.Re; P r/: Für eine grobe Abschätzung von N u genügt ein Potenzansatz der Form N u D c Re m P r n ;

(3.5)

wobei die Parameter c, m und n durch Experimente zu bestimmen sind. Für genauere Berechnungen gibt es empirische Nußelt-Gleichungen.

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

43

Abb. 3.5 Geschwindigkeitsprofil bei der laminaren Rohrströmung

3.2.1 Laminare Rohrströmung Laminare Strömung besteht aus Flüssigkeitsschichten, die sich ohne Quervermischung mit Reibung gegeneinander verschieben. Es bildet sich ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil aus, Abb. 3.5. An der Wand ist die Strömungsgeschwindigkeit null, es gilt die sogenannte Haftbedingung. Mittig ist die Strömungsgeschwindigkeit am höchsten. Sie ist doppelt so hoch wie der über den Rohrquerschnitt gemittelte Wert (Gesetz von HagenPoiseuille). Für Re < 2300 ist die Strömung laminar, im Bereich 2300  Re  104 (Übergangsbereich) hängt die Strömungsform von der Einströmung in das Rohr ab und für Re > 104 ist sie turbulent. Die Wärmeübertragung zwischen der Strömung und der Rohrwand wird durch die Nußelt-Zahl N ud beschrieben. Der Index d kennzeichnet den Rohrinnendurchmesser als charakteristische geometrische Größe. Für die verschiedenen Bereiche der Reynolds- und Prandtl-Zahlen stehen unterschiedliche Gleichungen für die Berechnung der Nußelt-Zahl zur Verfügung. Dabei ist zu unterscheiden, ob bei der Heizung oder Kühlung des Rohrs die Wandtemperatur des Rohrs konstant gehalten wird, oder die zu- oder abgeführte Wärmestromdichte. Nach [2] lassen sich für eine thermisch und hydrodynamisch voll ausgebildete laminare Rohrströmung die über die gesamte Rohrlänge l gemittelten Nußelt-Zahlen N ud;m mit den folgenden Gleichungen berechnen: Konstante Wandtemperatur 2

N ud;m

#3 31=3  1=3 d D 449;37 C 1;615 Re P r  0;7 5 l "

(3.6)

Konstante Wärmestromdichte 2

N ud;m

#3 31=3  1=3 d D 483;33 C 1;953 Re P r  0;6 5 l "

(3.7)

44

3 Konvektiver Wärmeübergang

mit N ud;m D ˛ d=F : Nußelt-Zahl, über die Rohrlänge l gemittelt ˛: Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) d : Rohrinnendurchmesser in m F : Wärmeleitfähigkeit des Fluids in W/(m K) Re D v d= : Reynolds-Zahl v: Strömungsgeschwindigkeit in m/s : kinematische Viskosität in m2 /s P r: Prandtl-Zahl l: Rohrlänge in m. I Bemerkungen  Gl. 3.6 und 3.7 gelten für den den gesamten Bereich 0 < Re P r d= l < 1.  Die Stoffwerte F , und P r sind bei der mittleren Flüssigkeitstemperatur einzusetzen. Diese berechnet sich als Mittelwert der Temperaturen am Rohrein- und austritt.  Für kleine Werte von (Re P r d= l) geht Gl. 3.6 über in N ud;m D 3;66 :  Für kleine Werte von (Re P r d= l) geht Gl. 3.7 über in N ud;m D 4;364 : Beispiel

Für die Kühlung eines Systems strömen durch ein Rohr mit dem Innendurchmesser d D 40 mm und der Länge l D 3 m pro Stunde 125 kg Wasser. Die mittlere Wandtemperatur des Rohrs beträgt #W D 40 ı C, die mittlere Wassertemperatur # D 50 ı C. Wie groß ist der Wärmeübergangskoeffizient an der Rohrwand? Folgende Stoffwerte des Wassers sind gegeben: D 0;554  106 m2 =s cp D 4181 J=.kg K/

 D 988;1 kg=m3 F D 0;641 W=.m K/ :

1. Lösungsschritt: Reynolds- und Prandtl-Zahl berechnen vd mit m P D  Re D 4m P D D 2019;0  d

 2 d v 2

folgt

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

 mit a D a  cp  cp D 3;6 : D 

Pr D

45

folgt

Einsetzen liefert Re P r d= l D 96;9. Mit Re < 2300 ist die Strömung laminar. Damit kann Gl. 3.6 verwendet werden. 2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen Einsetzen in Gl. 3.6 gibt h  3 i1=3 N ud;m D 49;37 C 1;615  96;91=3  0;7 D 7;1 : 3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen ˛D

N ud;m F D 114 W=.m2 K/ d

3.2.2 Turbulente Rohrströmung Für Reynolds-Zahlen Re > 104 ist eine ausgebildete Rohrströmung voll turbulent. Bei der Berechnung der Nußelt-Zahl N ud muss nicht, wie im laminaren Fall, zwischen den beiden Randbedingungen „konstante Wandtemperatur“ und „konstante Wärmestromdichte“ unterschieden werden. Es gilt nach [3]

N ud;m

"  2=3 # d . =8/ Re P r p 1C D 2=3 l 1 C 12;7 =8 .P r  1/

(3.8)

mit

D .1;8 log10 .Re/  1;5/2 N ud;m : D ˛ d=F , Nußelt-Zahl, über die Rohrlänge l gemittelt Re D v d= : Reynolds-Zahl P r: Prandtl-Zahl d : Rohrinnendurchmesser in m l: Rohrlänge in m. Gl. 3.8 gilt für den Bereich 104 < Re < 106 und 0;1 < P r < 1000 und d= l  1.

46

3 Konvektiver Wärmeübergang

I Bemerkungen  Die Stoffwerte F und sind bei der mittleren Fluidtemperatur einzusetzen. Die mittlere Fluidtemperatur berechnet sich als Mittelwert zwischen den Temperaturen am Rohrein- und -austritt.  Gl. 3.8 gilt auch für nicht-kreisförmige Rohre. Der Rohrinnendurchmesser d ist dann durch den hydraulischen Durchmesser dh D 4 A=U zu ersetzen (A: Strömungsquerschnitt und U : benetzter Umfang). Beispiel: Der hydraulische Durchmesser eines Rechteckkanals mit den Kantenlängen a und b beträgt dh D 2 a b=.a C b/. Für den Übergangsbereich zwischen laminarer und turbulenter Strömung mit 2300 < Re  104 können für Überschlagsrechnungen nach [2] folgende Gleichungen verwendet werden: Für 0;5 < P r < 1;5: " N ud;m D 0;0214 .Re

0;8

 100/ P r

0;4

 2=3 # d 1C l

(3.9)

und für 1;5 < P r < 500: " N ud;m D 0;012 .Re

0;87

 280/ P r

0;4

 2=3 # d 1C : l

(3.10)

Beispiel

In einem Rohr der Länge l D 3 m und dem Innendurchmesser d D 20 mm wird Wasser gekühlt. Wie groß ist der Wärmeübergangskoeffizient an der Rohrwand, wenn pro Stunde 1310 kg Wasser durch das Rohr gepumpt werden? Folgende Stoffwerte des Wassers sind gegeben: D 0;326  106 m2 =s F D 0;673 W=.m K/

 D 965; 1 kg=m3 cp D 4205 J=.kg K/ :

1. Lösungsschritt: Berechnung der Reynolds- und Prandtl-Zahl  2 d vd v mit m P D  Red D 2 4m P D D 73630;7  d

folgt

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

 mit a D a  cp  cp D 2;0 : D 

Pr D

47

folgt

Mit Red > 104 ist die Strömung turbulent. Die Prandtl-Zahl liegt mit P r D 2;0 im Bereich 0;1 < P r < 1000. Damit kann Gl. 3.8 verwendet werden. 2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen Einsetzen in Gl. 3.8 liefert

D .1;8 log10 .73630;7/  1;5/2 D 0;018969 "  2=3 # 20  103 .0;018969=8/  73630;7  2;0 p 1C D 265;2 : N ud D 3 1 C 12;7  0;018969=8  .2;02=3  1/ 3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen ˛D

N ud  D 8923;98 W=.m2 K/ D 8924 W=.m2K/ : d

3.2.3 Überströmte Platte Eine ebene Platte mit der Oberflächentemperatur #P wird von einem Fluid umströmt. Die Anströmungsgeschwindigkeit des Fluids ist v1 . Vom Anfang der Platte aus bildet sich, falls die Plattenkante eine strömungsgünstige Form hat, eine laminare Strömungsschicht (Grenzschicht) aus. Nach einem kritischen Laufweg xkrit der Strömung über der Platte schlägt die laminare Schicht um und wird turbulent, Abb. 3.6. In der Regel wird für die kritische Reynolds-Zahl

Rekrit D

v xkrit D 5  105

(3.11)

angenommen. Der Wert hängt vom Turbulenzgrad des zuströmenden Fluids und der Oberflächenqualität der Platte ab. Das strömende Fluid gibt Wärme an die Platte ab oder nimmt Wärme von dieser auf. Bei der Berechnung des Wärmeübergangskoeffizienten ˛, der die Wärmeübertragung zwischen dem Fluid und der Platte beschreibt, ist zu unterscheiden, ob die Temperatur oder der übertragene Wärmestrom über die Plattenoberfläche konstant ist. Dafür stehen in der Literatur verschiedene Nußelt-Gleichungen zur Verfügung mit folgenden Abkürzungen:

48

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.6 Überströmung einer ebenen Platte mit Umschlag der Grenzschicht von laminar zu turbulent

N ux D ˛ x=F : Nußelt-Zahl an der Stelle x der Platte N uL;m D ˛ L=F : Nußelt-Zahl über die Plattenlänge gemittelt ˛: Wärmeübergangskoeffizient in W/(m2 K) L: Plattenlänge in m F : Wärmeleitfähigkeit des Fluids in W/(m K) Rex D v x= : Reynolds-Zahl an der Stelle x der Platte P r: Prandtl-Zahl.

I Bemerkungen  Die Stoffwerte F und sind bei der mittleren Fluidtemperatur einzusetzen. Diese berechnet sich aus der Fluidtemperatur am Plattenanfang und am Plattenende.

Laminare Grenzschicht und konstante Oberflächentemperatur der Platte Für die lokale Nußelt-Zahl an der Stelle x der Platte (x vom Plattenanfang gerechnet) gilt für Rex < 5  105 und 0;6 < P r < 2000 nach [4, 5]

N ux D 0;332

p Rex P r 1=3

(3.12)

und für die über die Plattenlänge L gemittelte Nußelt-Zahl mit dem Gültigkeitsbereich Re < 5  105 und 0;6 < P r < 2000

N uL;m D 0;664

p Re P r 1=3 :

(3.13)

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

49

Abb. 3.7 Überströmung einer ebenen Platte mit Luft von #F D 30 ı C. Links: Mittlere Nußelt-Zahl als Funktion der Reynolds-Zahl nach Gl. 3.13. Rechts: Dazugehörender Wärmeübergangskoeffizient als Funktion der Anströmgeschwindigkeit mit der Plattenlänge L als Parameter

Abb. 3.7 zeigt beispielhaft das Überströmen einer ebenen Platte mit Luft von #F D 30 ı C. Links ist die mittlere Nußelt-Zahl als Funktion der Reynolds-Zahl nach Gl. 3.13 aufgetragen, rechts die daraus berechneten Wärmeübergangskoeffizienten ˛ als Funktion der Anströmgeschwindigkeit. Parameter ist die Plattenlänge L. Mit zunehmender Plattenlänge L wird der Wärmeübergangskoeffizient kleiner. Große Elemente geben pro Fläche demnach weniger Wärme an die umgebende Strömung ab als kleine. Beispiel

Auf einer Leiterplatte (Europakarte, 100 mm × 160 mm) befinden sich elektronische Bauelemente, die insgesamt eine Verlustleistung von Pv D 10 W produzieren, Abb. 3.8. Zur Kühlung wird die Leiterplatte mit Luft der Geschwindigkeit v D 1 m/s und der Temperatur #F D 60 ı C laminar angeströmt. Welche Leiterplattentemperatur stellt sich näherungsweise ein, wenn die Verlustleistung der Bauelemente homogen auf der Leiterplatte verschmiert und die Leiterplattentemperatur als homogen angenommen wird? Wärmestrahlung wird nicht berücksichtigt und die Leiterplatte wird näherungsweise als eben betrachtet. Für Luft können folgende Stoffwerte verwendet werden: D 2;0  105 m2 =s P r D 0;7 F D 0;028 W=.m K/ 1. Lösungsschritt: Reynolds-Zahl berechnen Re D

1 m=s  0;1 m vL D D 5000 2;0  105 m2 =s

Re < xkrit D 5  105 , d. h. die Strömung hat eine laminare Grenzschicht.

50

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.8 Europakarte mit Bauelementen, die zur Kühlung mit Luft der Geschwindigkeit v D 1 m/s und der Temperatur #F D 60 °C angeströmt wird

2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen Mit Re D 5000 und P r D 0;7 kann Gl. 3.13 verwendet werden: p p N uL;m D 0;664 Re P r 1=3 D 0;664 5000  0;71=3 D 42 : 3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen ˛D

N uL;m F 42  0;028 W=.m K/ D D 12 W=.m2K/ : L 0;1 m

4. Lösungsschritt: Leiterplattentemperatur berechnen Mit Gl. 3.1 folgt: Pv D QP D ˛ A .#LP  #F / mit A D 2  B  L folgt QP #LP D C #F ˛2B L 10 W D C 60 ı C 12 W=.m2K/  2  0;16 m  0;1 m D 86 ı C : I Bemerkung Bei genauerer Betrachtung sind die Stoffwerte der Luft ( , P r, F ) bei der mittleren Temperatur, die aus den Temperaturen am Leiterplattenein- und austritt gebildet wird, zu verwenden. Allerdings ist die Leiterplattentemperatur erst das Ziel der Berechnung und am Anfang unbekannt. Abhilfe schafft ein iteratives Verfahren, bei dem die Lösungsschritte 1 bis 4 mehrfach durchlaufen werden bis die Leiterplattentemperatur konvergiert.

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

51

Laminare Grenzschicht und konstante Wärmestromdichte über die Platte Bei einer laminaren Grenzschicht kann bei konstanter Wärmestromdichte über die Platte nach [6] für die lokale Nußelt-Zahl folgende Gleichung verwendet werden: N ux D 0;460

p Rex P r 1=3 :

(3.14)

Gl. 3.14 gilt, wie Gl. 3.12, im Bereich Rex < 5  105 und 0;6 < P r < 2000.

Turbulente Grenzschicht und konstante Oberflächentemperatur der Platte Bei einer turbulenten Grenzschicht mit einer Reynolds-Zahl von 5  105  Rex < 107 und einer Prandtl-Zahl 0;5 < P r < 2000 ergibt sich nach [7, 8] für die lokale Nußelt-Zahl N ux

N ux D

0;0296 Rex0;8 P r : 1 C 2;185 Re 0;1 .P r 2=3  1/

(3.15)

Wird die Nußelt-Zahl über die Plattenlänge L gemittelt, gilt im Bereich 5105  Re < 107 und 0;5 < P r < 2000 nach [7, 8]

N uL;m D

0;037 Re 0;8 P r : 1 C 2;443 Re 0;1 .P r 2=3  1/

(3.16)

Beispiel

Entlang einer L D 3 m langen und B D 1 m breiten Platte der Temperatur #P D 90 ı C strömt Wasser mit der mittleren Temperatur # D 30 ı C und der Strömungsgeschwindigkeit v D 1;5 m=s. Wie groß ist der Wärmestrom, der von der Platte auf das Wasser übertragen wird? Folgende Stoffwerte des Wassers sind gegeben: D 0;801  106 m2 =s P r D 5;42 F D 0;615 W=.m K/ : 1. Lösungsschritt: Reynolds-Zahl berechnen Re D

vL 1;5 m=s  3 m D D 5;618  106 0;801  106 m2 =s

Mit Re D 5;618  106 und P r D 5;42 kann Gl. 3.16 verwendet werden.

52

3 Konvektiver Wärmeübergang

2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen Einsetzen in Gl. 3.16 liefert N uL;m D

0;037  .5;618  106 /0;8  5;42 D 24235 : 1 C 2;443  .5;618  106 /0;1  .5;422=3  1/

3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen ˛D

N uL;m F D 4968;2 W=.m2 K/  4968 W=.m2 K/ : L

4. Lösungsschritt: Übertragener Wärmestrom berechnen Mit Gl. 3.1 folgt QP D ˛ B L .#P  #/ D 4968 W=.m2K/  1 m  3 m  60 K  894 kW :

3.2.4 Quer angeströmter Zylinder Nach [9] gelten für den quer angeströmten Zylinder die Gleichungen der angeströmten Platte (Abschn. 3.2.3), wenn bei der Nußelt- und Reynolds-Zahl die charakteristische geometrische Größe L durch die Überströmlänge Lu ersetzt wird. Diese berechnet sich nach [10] aus der Oberfläche des Körpers A und dem Umfang seiner Schattenfläche US , Abb. 3.9: Lu D

A : US

(3.17)

Anschaulich ist Lu der Weg, den ein Fluidteilchen über die Zylinderoberfläche zurücklegt. Für einen sehr langen, dünnen Zylinder der Länge l ergibt sich näherungsweise Lu D

A dl d D D : US 2l 2

(3.18)

Die über die Überströmlänge Lu gemittelte Nußelt-Zahl berechnet sich nach [11] mit

N uLu;m D 0;3 C

q

mit N uLu;m;lam D 0;664 N uLu;m;turb D

2 2 N uLu;m;lam C N uLu;m;turb

p Re P r 1=3

0;037 Re 0;8 P r : 1 C 2;443 Re 0;1 .P r 2=3  1/

(3.19)

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

53

Abb. 3.9 Überströmlänge Lu als charakteristische geometrische Größe beim umströmten Zylinder

Abb. 3.10 Wärmeübergang beim schräg angeströmten Zylinder

Tab. 3.3 Korrekturfaktoren bei schräger Anströmung des Zylinders ' N uLu;m;' =N uLu;m

90ı 1,0

80ı 1,0

70ı 0,99

60ı 0,95

50ı 0,86

40ı 0,75

30ı 0,63

20ı 0,5

Gl. 3.19 gilt für den Bereich 10 < Re < 107 und 0;6 < P r < 2000. I Bemerkung  Die Stoffwerte F und sind bei der mittleren Fluidtemperatur einzusetzen. Diese berechnen sich aus der Fluidtemperatur beim Auftreffen und Verlassen des Zylinders.

Schräge Anströmung des Zylinders Wird der Zylinder schräg angeströmt (Abb. 3.10), verringert sich die Nußelt-Zahl. Tab. 3.3 gibt Korrekturfaktoren für verschiedene Anströmwinkel ' an, mit N uLu;m;' und N uLu;m , den über die Überströmlänge Lu gemittelten Nußelt-Zahlen bei Anströmung des Zylinder im Winkel ' und ' D 90 ı C [12]. Beispiel

Ein elektronisches Drahtbauelement soll mit erzwungener Luftströmung der Temperatur #L D 30 ı C und der Geschwindigkeit v D 1;0 m/s gekühlt werden, Abb. 3.11.

54

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.11 Kühlung eines elektronischen Bauelements durch erzwungene Konvektion

Die Länge des zylinderförmigen Bauelements beträgt l D 15 mm, sein Durchmesser d D 8 mm. Welche maximale Verlustleistung ist für das Bauelement zulässig, wenn seine Oberflächentemperatur #B D 90 ı C nicht übersteigen darf? Der Einfluss der beiden Anschlussdrähte und Wärmestrahlung können vernachlässigt werden. Folgende Werte für Luft bei p D 1 bar und # D 60 ı C sind gegeben: D 1;922  105 m2 =s Pr D 0;7035 F D 0;0288 W=.m K/: Die Wärmeübertragung am Zylindermantel bzw. Zylinderdeckel und -boden sind getrennt voneinander zu berechnen. Zunächst wird der Zylindermantel betrachtet. 1. Lösungsschritt Reynolds-Zahl berechnen Die Stoffeigenschaften sind bei der mittleren Temperatur, bei #F C #B D 60 ı C 2 die aus Festkörper- und Lufttemperatur gebildet wird, einzusetzen. Mit der Überströmlänge Lu D  d=2 (Gl. 3.18) folgt für die Reynolds-Zahl Re D

v Lu vd 1;0 m=s    8  103 m D D D 653;8 : 2 2  1;922  105 m2 =s

Damit kann Gl. 3.19 verwendet werden.

3.2 Wärmeübertragung bei erzwungener Strömung

55

2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen N uLu;m;lam D 0;664

p p Re P r 1=3 D 0;664 653;8  0;70351=3 D 15;10

0;037 Re 0;8 P r 1 C 2;443 Re 0;1 .P r 2=3  1/ 0;037  653;80;8  0;7035 D 6;35 D 1 C 2;443  653;80;1  .0;70352=3  1/ q p 2 2 D 0;3 C N uLu;m;lam C N uLu;m;t 15;102 C 6;352 D 16;68 : urb D 0;3 C

N uLu;m;t urb D

N uLu;m

3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen Mit der Nußelt-Zahl N uLu;m D ˛ Lu =F ergibt sich der mittlere Wärmeübergangskoeffizient ˛ für den Zylindermantel ˛D

2 F N uLu;m 2  0;0288 W=.m K/  16;68 F N uLu;m D D D 38;23 W=.m2 K/ : Lu d   8  103 mm

4. Lösungsschritt: Übertragener Wärmestrom berechnen Mit Gl. 3.1 folgt: QP D ˛  d l .#B  #L / D 38;23 W=.m2K/    8  103 m  15  103 m  .90  30/ K D 0;865 W : Über den Zylindermantel können 0,865 W abgeführt werden.

Wärmeübertragung am Zylinderdeckel und -boden 1. Lösungsschritt Reynolds-Zahl berechnen Mit dem Durchmesser d als charakteristische geometrische Größe wird die Reynolds-Zahl zu Re D

1;0 m=s  8  103 m vd D D 416;2 : 1;922  105 m2 =s

Damit kann Gl. 3.13 verwendet werden. 2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen N uL;m D 0;664

p p Re P r 1=3 D 0;664 416;2  0;70351=3 D 12;05 :

56

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.12 Mögliche Verlustleistung des Drahtbauelements bei einer maximaler Oberflächentemperatur #B D 90 ı C als Funktion der Anströmgeschwindigkeit

3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen Mit der Nußelt-Zahl N uLu;m D ˛ d=F ergibt sich daraus der mittlere Wärmeübergangskoeffizient ˛ für den Zylinderdeckel und -boden ˛D

0;0288 W=.m K/  12;05 F N uLu;m D D 43;38 W=.m2K/ : d 8  103 mm

4. Lösungsschritt: Übertragener Wärmestrom berechnen Mit Gl. 3.1 folgt für den übertragenen Wärmestrom, der über den Zylinderdeckel und -boden zusammen abgeführt wird: QP D 2 ˛  .d=2/2 .#B  #F / D 2  43;38 W=.m2 K/    .4  103 m/2  .90  30/ K D 0;262 W : Ergebnis Bei einer erlaubten maximalen Oberflächentemperatur des Drahtbauelements von #B D 90 ı C ist für das Bauelement eine Verlustleistung von maximal QP D 0;865 W C 0;262 W D 1;127 W  1;13 W erlaubt. I Bemerkung Abb. 3.12 zeigt für das obige Beispiel die mögliche Verlustleistung des Drahtbauelements als Funktion der Anströmgeschwindigkeit. Mit zunehmender Geschwindigkeit kann mehr Wärme abgeführt werden. Bereits kleine Strömungsgeschwindigkeiten v < 1 m/s haben auf Grund des nichtlinearen Kurvenverlaufs eine große Kühlwirkung.

3.3 Wärmeübertragung bei freier Strömung

57

3.3 Wärmeübertragung bei freier Strömung Wie bei der erzwungenen Strömung wird der Wärmeübergangskoeffizient ˛ mithilfe der Nußelt-Zahl berechnet. Diese hängt allgemein von den geometrischen Verhältnissen und der Gr- und P r-Zahl ab: N u D N u.Gr; P r/ :

(3.20)

Für die grobe Abschätzung von N u genügt ein Potenzansatz der Form N u D c Gr m P r n

(3.21)

wobei die Parameter c, m und n durch Experimente zu bestimmen sind. Für genauere Berechnungen gibt es Nußelt-Gleichungen.

3.3.1 Senkrechte Platte Bei der freien Konvektion verursachen Auftriebskräfte durch Dichteunterschiede die Strömung. Sie beruhen meist auf Temperaturunterschieden. In Plattennähe bilden sich im Fluid eine Temperatur- und Geschwindigkeitsgrenzschicht aus. Als grober Anhaltswert für den Umschlag von laminarer zu turbulenter Auftriebsströmung gilt Gr P r < 108 . Der tatsächliche Wert hängt von vielen Faktoren, wie z. B. der Wandoberfläche ab. Abb. 3.13 zeigt links die Grenzschicht mit laminarer und turbulenter Strömung an der beheizten senkrechten Platte und rechts qualitativ das Temperatur- und Geschwindigkeitsprofil der laminaren Strömung. Die Temperatur des Fluids sinkt ausgehend von der Wandtemperatur bei x D 0 mit zunehmendem Abstand x auf #1 . An der Platte ist die Geschwindigkeit auf Grund der Haftbedingung null. Für x ! 1 geht sie ebenfalls gegen null. Damit ergibt sich für das Geschwindigkeitsprofil v.x/ ein Maximum. Für die über die Plattenhöhe H gemittelte Nußelt-Zahl folgt nach [13]: N um;H D .0;825 C 0;387 ŒGr P r f .P r/1=6 /2

mit " f .P r/ D 1 C



0;492 Pr

9=16 #16=9

˛H : über die Plattenhöhe H gemittelte Nußelstzahl F g H 3 ˇ T : Grashof-Zahl Gr D 2 N um;H D

(3.22)

58

3 Konvektiver Wärmeübergang

Abb. 3.13 Freie Strömung an einer senkrechten, beheizten Platte. Grenzschicht mit laminarer und turbulenter Strömung (links) und Temperaturund Geschwindigkeitsprofil der laminaren Strömung (rechts)

g D 9;81 m=s2 : Erdbeschleunigung @=@T : isobarer thermischer Ausdehnungskoeffizient in 1/K ˇD  (für ideale Gase gilt ˇ D 1=T ) T D #P  #1 : Temperaturdifferenz zwischen Platte und Fluid in hinreichender Entfernung in K : kinematische Viskosität in m2 /s #P : Temperatur der Platte in ı C #1 : Fluidtemperatur in hinreichend großer Entfernung von der Platte in ı C P r: Prandtl-Zahl. Gl. 3.22 gilt für den Bereich 0;1 < Gr P r < 1012 und 0;001 < P r < 1. I Bemerkung Gl. 3.22 gilt nach [14] bei konstanter Oberflächentemperatur der Platte und konstanter Wärmestromdichte durch die Platte. Beispiel

Eine Platte hat die Höhe H D 0;8 m und die Breite B D 1 m, ihre Oberflächentemperatur beträgt # D 232 ı C. Die ruhende Raumluft hat in hinreichend großer Entfernung von der Platte die Temperatur #1 D 22 ı C. Welcher Wärmestrom QP wird von der Platte durch Konvektion an die Raumluft übertragen? Folgende Stoffwerte der Luft bei der Mitteltemperatur #m D 128 ı C sind gegeben: L D 26;4  106 m2 =s

aL D 38;3  106 m2 =s L D 0;0338 W=.m K/

Die Luft kann als ideales Gas betrachtet werden.

3.3 Wärmeübertragung bei freier Strömung

59

1. Lösungsschritt: Grashof-Zahl und Prandtl-Zahl berechnen g H 3 ˇ T g H 3 T 9;81 m=s2  .0;8 m/3  .232  22/ K D D D 3;783  109 2 2 Tm .26;4  106 m2 =s/2  400 K 26;4  106 Pr D D D 0;689 a 38;3  106

GrH D

Mit GrH P r D RaH D 2;606  109 und P r D 0;689 kann Gl. 3.22 verwendet werden. 2. Lösungsschritt: Nußelt-Zahl berechnen Einsetzen in Gl. 3.22 liefert " f .P r/ D 1 C



0;492 0;689

9=16 #16=9 D 0;342

N uH D .0;825 C 0;387 Œ3;783  109  0;689  0;3421=6 /2 D 164;6 : 3. Lösungsschritt: Wärmeübergangskoeffizient berechnen ˛D

N uH L D 7;0 W=.m2 K/ H

4. Lösungsschritt: Übertragener Wärmestrom berechnen Mit Gl. 3.1 folgt QP D ˛ B H .#  #1 / D 7;0 W=.m2 K/  1 m  0;8 m  210 K D 1176 W : Von der heißen Platte werden 1176 W durch Konvektion übertragen.

3.3.2 Vertikaler Zylinder Nach [14] kann der vertikale Zylinder ähnlich wie eine senkrechte Platte behandelt werden. Für die über die Zylinderhöhe gemittelte Nußelt-Zahl gilt Gl. 3.22 mit dem zusätzlichen Korrekturterm 0;435 H=d :

N uH;Z D N um;H C 0;435

H d

(3.23)

60

3 Konvektiver Wärmeübergang

mit ˛H : über die Zylinderhöhe H gemittelte Nußelt-Zahl F N um;H : Nußelt-Zahl der senkrechten Platte, Berechnung mit Gl. 3.22 H: Höhe des Zylinders in m d: Durchmesser des Zylinders in m.

N uH;Z D

3.3.3 Horizontale Fläche Es wird die konvektive Wärmeübertragung durch freie Konvektion an einer horizontalen Fläche betrachtet. Randströmungen an den Seiten werden vernachlässigt. Vereinfachend sei angenommen, dass die Fläche unendlich ausgedehnt ist (halbunendliche Platte). Es sind zwei Fälle zu unterscheiden. Fall 1 Auf einer halbunendlichen Platte befindet sich eine Heizfläche, die nach oben Wärme abgibt, oder eine Kühlfläche, die Wärme von unten aufnimmt, Abb. 3.14. Nach [15] lässt sich die mittlere Nußelt-Zahl berechnet mit

N um;Lu D 0;766 ŒGr P r f1 .P r/1=5

(3.24)

im Bereich Gr P r f1 .P r/ < 7  104

und 0 < P r < 1

(laminare Strömung) und mit

N um;Lu D 0;15 ŒGr P r f1 .P r/1=3

im Bereich Gr P r f1 .P r/  7  104

und 0 < P r < 1

 11=20 20=11  0;322 (turbulente Strömung), jeweils mit f1 .P r/ D 1 C P r .

(3.25)

3.3 Wärmeübertragung bei freier Strömung

61

Abb. 3.14 Konvektive Wärmeübertragung an der horizontalen, halbunendlichen Fläche. Wärmeabgabe nach oben (links) und Wärmeaufnahme von unten (rechts)

Fall 2 Auf einer halbunendlichen Platte befindet sich eine Heizfläche, die nach unten Wärme abgibt, oder eine Kühlfläche, die Wärme von oben aufnimmt, Abb. 3.15. Nach [16] eignet sich für die Berechnung der mittleren Nußelt-Zahl die Beziehung N um;Lu D 0;6 ŒGr P r f .P r/1=5 :

(3.26)

Gl. 3.26 gilt für den Bereich 103 < Gr P r f2 .P r/ < 1010 " (laminare Strömung) mit f .P r/ D 1 C



und 0;001 < P r < 1

0;492 Pr

9=16 #16=9 .

Mit (für Fall 1 und 2) N um;Lu D ˛ Lu : über die Heiz- oder Kühlfläche der Platte gemittelte Nußelt-Zahl F g L3u ˇ T Gr D : Grashof-Zahl 2 @=@T ˇD : isobarer thermischer Ausdehnungskoeffizient in 1/K  (für ideale Gase gilt ˇ D 1=T )

Abb. 3.15 Konvektive Wärmeübertragung an der horizontalen, halbunendlichen Fläche. Wärmeabgabe nach unten (links) oder Wärmeaufnahme von oben (rechts)

62

3 Konvektiver Wärmeübergang

T : Temperaturdifferenz zwischen Fläche und Fluid in hinreichender Entfernung in K P r: Prandtl-Zahl. Die charakteristische geometrische Größe Lu (Überströmlänge) berechnet sich mit Gl. 3.18. Für eine rechteckige Heiz- oder Kühlfläche mit dem Seitenlängen a und b gilt Lu D

A ab D US 2 .a C b/

(3.27)

und für eine kreisrunde Fläche mit Durchmesser d Lu D

 .d=2/2 d D : d 4

(3.28)

I Bemerkung Die Stoffwerte des Fluids ( , P r, F ) sind bei der mittleren Temperatur, die aus der Flächentemperatur und der Fluidtemperatur in hinreichend großem Abstand von der Fläche gebildet wird, einzusetzen. Allerdings ist die Flächentemperatur häufig erst das Ziel der Berechnung und am Anfang unbekannt. Abhilfe schafft ein iteratives Verfahren.

3.4 Zusammenfassung

Unter konvektivem Wärmeübergang versteht man die Wärmeübertragung zwischen einer Festkörperoberfläche und dem angrenzenden Fluid. Das Newtonsche Abkühlungsgesetz liefert die mathematische Beschreibung: Die übertragene Wärmestromdichte ist proportional zur Temperaturdifferenz zwischen der Fläche und dem Fluid mit dem Wärmeübergangskoeffizient ˛ als Proportionalitätskoeffizient. Dieser hängt von den Fluideigenschaften und den Strömungsverhältnissen ab. Für dessen Berechnung stehen Nußelt-Korrelationen als Funktion der Reynolds- und Prandtl-Zahl zur Verfügung. Bei freier Konvektion tritt an Stelle der Reynolds-Zahl die Grashof-Zahl. Bei der Kühlung elektronischer Geräte können schon kleine Strömungsgeschwindigkeiten eine große Wirkung zeigen. Durch geschickte Strömungsführung kann der Wärmeübergangskoeffizient erhöht und der thermische Widerstand R t h;˛ D 1=.˛ A/ verringert werden.

Literatur

63

Literatur 1. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, D2 2. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, G1 3. Gnielinski V (1975) Neue Gleichungen für den Wärme- und Stoffübergang in turbulent durchströmten Rohren und Kanälen. Forsch Ing-wes 41(1):8–16 4. Pohlhausen E (1921) Wärmeaustausch zwischen festen Körpern und Flüssigkeiten mit kleiner Reibung und kleiner Wärmeleitung. Z Angew Math Mech 1(2):115–121 5. Kroujiline G (1936) Investigation de la Couche –limite Thermique. Techn Phys Ussr 3:183–311 6. Gauler K (1972) Wärme- und Stoffübertragung an eine mitbewegte Grenzfläche bei Grenzschichtströmung. Universität Karlsruhe, TH (Dr.-Ing. Diss.) 7. Petukhov BS, Popov VN (1963) Theoretical Calculation of Heat Exchange and Frictional Resistance in Turbulent Flow in Tubes of Incompressible Fluid with Variable Physical Properties. High Temp 1(1):69–83 8. Schlichting H (1958) Grenzschicht-Theorie, 3. Aufl. Verl. G. Braun, Karlsruhe 9. Krischer O, Kast W (1978) Die wissenschaftlichen Grundlagen der Trocknungstechnik, 3. Aufl. Springer, Berlin 10. Pasternak IS, Gauvin WH (1960) Turbulent heat and mass transfer from stationary particles. Can J Chem Eng 38:35–42 11. Gnielinski V (1975) Berechnung mittlerer Wärme- und Stoffübergangskoeffizienten an laminar und turbulent überströmten Einzelkörpern mit Hilfe einer einheitlichen Gleichung. Forsch-ing Wes 41(5):145–150 12. Vornehm L (1936) Einfluss der Anströmrichtung auf den Wärmeübergang. Z Vdi 80(22):702– 703 13. Churchill SW, Chu HHS (1975) Correlating equations for laminar and turbulent free convection from a vertical plate. Int J Heat Mass Transfer 18:1323–1329 14. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, F2 15. Churchill SW (1982) A correlating equation for almost everything. Etaner Press, Thornton 16. Churchill SW (1983) Free convection around immersed bodies. In: Heat Exchanger Design Handbook. VDI-Verl, Düsseldorf (Kapitel 2.5.7)

4

Wärmedurchgang

Sind zwei Fluide (Flüssigkeit oder Gas) unterschiedlicher Temperatur durch einen Festkörper getrennt, wird Wärme in drei Schritten übertragen, Abb. 4.1: 1. Wärmeübergang vom inneren Fluid an die Oberfläche des Festkörpers 2. Wärmeleitung durch den Festkörper 3. Wärmeübergang von der Oberfläche des Festkörpers an das äußere Fluid. Für den Wärmestrom QP vom inneren zum äußeren Fluid gilt: QP D Ab k .Ti  Ta /

(4.1)

mit kD

1 Ab Ab Ab C  C ˛i Ai F  ˛a Aa

mit k: Ab : Ai : Aa : ˛i : ˛a : : F :

Wärmedurchgangskoeffizient in W/(m2 K) Bezugsfläche, z. B. Ai oder Aa in m2 Innenfläche des Festkörpers in m2 Außenfläche des Festkörpers in m2 Wärmeübergangskoeffizient an der Innenfläche des Festkörpers in W/(m2 K) Wärmeübergangskoeffizient an der Außenfläche des Festkörpers in W/(m2 K) Wärmeleitfähigkeit des Festkörpers in W/(m K) Formkoeffizient in m. A Beispiele: ebene Wand F  D d 2L zylindrisches Rohr F  D . ln.r2 =r1 /

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_4

65

66

4

Wärmedurchgang

Abb. 4.1 Wärmedurchgang durch einen ebenen Festkörper

I Herleitung Im stationären Fall ist der Wärmestrom vom inneren Fluid in den Festkörper gleich groß wie der Wärmestrom vom Festkörper in das äußere Fluid. Die Temperaturen an der Oberfläche des Festkörpers innen und außen werden mit TW i und TW a bezeichnet. Es folgt: QP D QP i D QP a Ti  TW i D TW i  TW a D

QP 1 Ai ˛i QP 1

ˇ ˇ ˇ ˇC ˇ

F  QP 1 TW a  Ta D Aa ˛a   1 1 1 P Ti  Ta D Q C  C ˛i Ai F  ˛a Aa 1 QP D .Ti  Ta / : 1 1 1 C  C ˛i Ai F  ˛a Aa

Nach der Erweiterung des Bruchs mit der Bezugsfläche Ab folgt Gl. 4.1.

4

Wärmedurchgang

67

I Bemerkungen  Für m Festkörperschichten wird der Wärmedurchgangskoeffizient zu kD

1 : m X Ab Ab Ab C C ˛i Ai F  ˛a Aa nD1 n n

 Der kleinste Term im Nenner der Summanden bestimmt den Wert von k.  Bei der eindimensionalen Wärmeleitung lässt sich der Wärmepfad auch durch die Addition der Wärmewiderstände darstellen. Mit dem thermischen Widerstand durch Wärmeleitung R t h;L (Gl. 2.2) und den thermischen Widerständen durch Wärmeübergang innen und außen R t h;˛;i , R t h;˛;a (Gl. 3.2) folgt für den Gesamtwiderstand des Wärmedurchgangs vom Fluid innen zum Fluid außen, vgl. Abb. 4.1: R t h;ges D R t h;˛;i C R t h; C R t h;˛;a und für den Wärmestrom QP durch die drei thermischen Widerstände T Ti  Ta QP D D : R t h;ges R t h;ges Beispiel 1

Eine Platte der Dicke dW D 30 cm soll mit einer di D 3 cm dicken Isolierschicht versehen werden. Um wieviel Prozent lässt sich damit der Wärmestrom durch die Platte reduzieren? Die Wärmeleitfähigkeit der Platte beträgt P D 0;7 W/(m K), die Wärmeleitfähigkeit der Isolierschicht I D 0;05 W/(m K). An der Platteninnenseite ist der Wärmeübergangskoeffizient 8 W/(m2 K), an der Außenseite der Platte bzw. der Isolierung 20 W/(m2 K). Der Wärmestrom durch die Platte ohne Isolierung QP o beträgt: QP o D Ab

1 .Ti  Ta / : Ab Ab dW Ab C C ˛i Ai P Ai ˛a Aa

Der Wärmestrom durch die Platte mit Isolierung QP m beträgt: QP m D Ab

1 .Ti  Ta / : Ab Ab dW Ab dI Ab C C C ˛i Ai P Ai I Ai ˛a Aa

68

4

Wärmedurchgang

Abb. 4.2 Links: Leiterplatte im geschlossenen Aluminiumgehäuse (Deckel ausgeblendet). Rechts: Widerstandsmodell zur Beschreibung des Wärmetransports

Damit folgt: 1 dW 1 C C QP m ˛i P ˛a D 1 dW dI 1 QP o C C C ˛i P I ˛a 1 0;3 m 1 C C 2 8 W=.m K/ 0;7 W=.m K/ 20 W=.m2 K/ D 1 0;3 m 0;03 m 1 C C C 8 W=.m2 K/ 0;7 W=.m K/ 0;05 W=.m K/ 20 W=.m2 K/ D 0;50 : Mit der Isolierung lässt sich der Wärmestrom um 50 % reduzieren. Beispiel 2

Eine Leiterplatte in einem geschlossenen Aluminiumgehäuse setzt mit ihren elektronischen Bauelementen insgesamt Pv D 36 W Verlustleistung frei, Abb. 4.2. Im Gehäuseinneren bildet sich freie Konvektion aus. Der Wärmeübergangskoeffizient an den inneren Gehäuseflächen beträgt einheitlich ˛i D 3 W/(m2 K). Von außen wird das Gehäuse mit Luft der Temperatur #L D 40 ı C gleichmäßig umströmt. Der Wärmeübergangskoeffizient beträgt dadurch am Gehäuse außen einheitlich ˛a D 25 W/(m2 K). Wärme wird ausschließlich durch Konvektion übertragen. Die Innenluft ist ideal durchmischt. Das Aluminium hat eine Dicke von d D 2 mm und eine Wärmeleitfähigkeit von Al D 180 W/(m K). Welche Lufttemperatur stellt sich im Gehäuse ein?

4

Wärmedurchgang

69

Lösung: Die Gehäusefläche ist A D 2  0;33 m  0;27 m C 2  0;33 m  0;08 m C 2  0;27 m  0;08 m D 0;2742 m2 : Der Wärmepfad von der Innenluft zur Außenluft lässt sich mit 3 seriellen Widerständen beschreiben, Abb. 4.2: 1 1 D 1;22 K=W D 2 ˛i A 3 W=.m K/  0;2742 m2 d 2  103 m D D 4;1  105 K=W D Al A 180 W=.m K/  0;2742 m2 1 1 D D 0;15 K=W : D 2 ˛i A 25 W=.m K/  0;2742 m2

R t h;˛i D R t h;L R t h;˛a

Der Gesamtwiderstand ist die Summe der drei Widerstände: R t h;ges D 1;37 K=W : Mit R t h;ges D

Ti  TL Pv

ergibt sich für die Innenlufttemperatur Ti D Pv R t h;ges C TL D 36 W  1;37 K=W C .273;15 C 40/ K D 362;5 K #i  89 ı C : Die Innenlufttemperatur beträgt etwa 89 ı C. I Bemerkung Der Wärmepfad wird mit R t h;˛i D 1;22 K/W vom thermischen Widerstand an der Gehäuseinnenseite dominiert. Der Widerstand durch die Gehäusewand ist dagegegen vernachlässigbar. Bei der thermischen Optimierung muss deshalb für eine verbesserte Wärmeübertragung im Gehäuseinneren gesorgt werden. Ein Möglichkeit ist das Alumnium zu „schwärzen“ (z. B. Eloxieren), um den Strahlungspfad zu verbessern, siehe Abschn. 8.5.

70

4

4.1

Wärmedurchgang

Zusammenfassung

Unter Wärmedurchgang versteht man den Wärmetransport von einem Fluid zum anderen mit trennendem Festkörper dazwischen. Im eindimensionalen Fall erhält man den thermischen Widerstand der gesamten Anordnung durch Serienschaltung der Widerstände durch Wärmeübergang und Wärmeleitung. Für die thermische Optimierung ist es entscheidend, den größten Widerstand im Wärmepfad zu identifizieren und diesen zu reduzieren.

5

Wärmeübertragung bei der Kondensation und Verdampfung

Im Folgenden wird die Wärmeübertragung bei der Kondensation und Verdampfung betrachtet. Der Inhalt beschränkt sich auf quantitative Zusammenhänge. Für eine detaillierte Betrachtung sei auf [1] verwiesen.

5.1

Wärmeübertragung bei der Kondensation

Dampf, der mit einer Wand in Berührung kommt, deren Temperatur unter der Dampfsättigungstemperatur liegt, kondensiert und gibt seine Kondensationswärme an die Wand ab. Es ist zwischen Filmkondensation und Tropfenkondensation zu unterscheiden. Bei der Filmkondensation bildet sich an der Wand ein geschlossener Flüssigkeitsfilm, der in laminarer oder turbulenter Strömung nach unten abfließt. Bei der Tropfenkondensation entstehen stattdessen viele kleine Tröpfchen, die mit der Zeit größer werden. Ist eine bestimmte Größe erreicht, fließen sie an der gekühlten Wand nach unten ab und der Vorgang beginnt von vorne, Abb. 5.1. Die Benetzbarkeit der Wand entscheidet, ob Film- oder Tropfenkondensation auftritt. Bei der Filmkondensation ist die Wärmeleitung durch den geschlossenen Flüssigkeitsfilm der Flaschenhals im Wärmepfad vom heißen Dampf zur kälteren Wand. Sie bestimmt die Geschwindigkeit der Kondensation. Bei der Tropfenkondensation sind die Wärmeübergangskoeffizienten wesentlich größer, da der isolierende Flüssigkeitsfilm fehlt. Bei reinen Dämpfen und reinen Oberflächen ist Tropfenkondensation wegen der guten Benetzung nur schwer zu verwirklichen. Der Dampf wird deshalb in der Praxis oft gezielt mit „Impfstoffen“ verunreinigt und die Oberflächen mit z. B. Öl oder Wachs behandelt. Bei der praktischen Anwendung ist die Tropfenkondensation in der Regel nicht über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Deshalb ist bei der Auslegung von Wärmeübertragern mit dem schlechteren Wärmeübergang der Filmkondensation zu rechnen.

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71

725 Wärmeübertragung bei der Kondensation

und Verdampfung

Abb. 5.1 Film- und Tropfenkondensation an der gekühlten Wand

5.2 Wärmeübertragung bei der Verdampfung Es ist zwischen dem Behältersieden (ruhendes Fluid) und dem Strömungssieden (strömendes Fluid) zu unterscheiden.

5.2.1

Behältersieden

In einem beheizten Behälter wird eine Flüssigkeit erhitzt. Die Wandtemperatur wird mit TW bezeichnet, die Temperatur des Fluids im Sättigungszustand mit TF . Eine Strömung in der Flüssigkeit kommt nur durch natürliche Konvektion oder aufsteigende Dampfblasen zustande. Für geringe Wärmestromdichten qP strömt die auf Siedetemperatur erhitzte Flüssigkeit an die Oberfläche. Dort verdampft sie. Der Wärmeübergangskoeffizient liegt in der Größenordnung des Wertes bei der freien Konvektion, Abb. 5.2, A bis B. Im Bereich des Blasensiedens bilden sich an der Heizfläche Dampfblasen, die nach oben steigen. Durch die Rührwirkung wird der Wärmeübergangskoeffizient deutlich größer. Die Steigung der Kurve, Abb. 5.2, B bis C, wird deshalb steiler. Ab einer kritischen Wärmestromdichte qP (Punkt D) bildet sich zwischen der Heizfläche und der Flüssigkeit ein isolierender Dampffilm aus, vergleichbar mit dem Leidenfrost-Phänomen. Dieser Punkt heißt auch Burn-out-Punkt. Bei weiter zunehmendem Wärmestrom erhöht sich die Wandtemperatur sprungartig (Punkt F). Die Heizfläche kann dabei zerstört werden. Wird der Wärmestrom ausgehend vom Punkt F reduziert, springt die Wandtemperatur bei einer minimalen Wärmestromdichte (Punkt E) zu einem kleineren Wert (Punkt C). Bei weiter abnehmender Wärmestromdichte wird die ursprüngliche Heizkurve in umgekehrter Richtung durchlaufen. Bei vorgegebener Wandtemperatur gibt es keine Temperatursprün-

5.2 Wärmeübertragung bei der Verdampfung

73

Abb. 5.2 Wärmestromdichte beim Behältersieden (Nukiyama-Kurve)

ge: Die Kurve verläuft entlang den Punkten A bis F und bei abnehmender Wandtemperatur entsprechend rückwärts. Die in Abb. 5.2 dargestellte Kurve heißt Nukijama-Kurve.

5.2.2

Strömungssieden

Beim Strömungssieden verdampft eine Flüssigkeit unter erzwungener Konvektion in einem beheizten Rohr. Entlang des Rohres treten verschiedene Siedeformen auf. Der Dampfgehalt steigt dabei entlang der Strömungsrichtung kontinuierlich. Auf Grund der Massenerhaltung wird mit abnehmender Fluiddichte die Strömung beschleunigt. Abb. 5.3 zeigt ein senkrechtes Verdampferrohr. Das Rohr wird mit einer konstanten Wärmestromdichte qP beheizt. Von unten strömt unterkühlte Flüssigkeit in das Rohr. Wärme wird durch Konvektion von der Rohrwand an die Flüssigkeit übertragen. Im weiteren Strömungsverlauf bilden sich bei entsprechender Wandtemperatur Dampfblasen an der Wand. In Wandnähe ist das Fluid auf Siedetemperatur, im Rohrinneren ist es noch unterkühlt. Die Dampfblasen wandern zum Rohrinneren, kondensieren und geben dort ihre Kondensationswärme ab. Damit erwärmen sie das Fluid im Rohrinneren (unterkühltes Sieden). Im Bereich des Blasensiedens hat die Fluidtemperatur im Mittel Sättigungstemperatur erreicht. Der Wärmeübergang wird durch die Bildung von Dampfblasen bestimmt. Im weiteren Verlauf bildet sich eine Ringströmung aus mit einem Flüssigkeitsfilm an der Wand und Dampf im Kern. An der Wand entstehen im Bereich der Ringströmung kaum noch Dampfblasen. Die Wärme wird gut durch den dünnen Flüssigkeitsfilm geleitet, was die Überhitzung der Wand verhindert. An der Oberfläche der Ringströmung verdampft die Flüssigkeit. Die Wandtemperatur steigt bei konstanter Wärmestromdichte sprungartig an, sobald der Flüssigkeitsfilm vollständig verdampft ist (kritischer Siedezustand, Abb. 5.3, links). Damit reduziert sich die Wärmeableitung von der Wand, da die Wärmeleitfähigkeit des Dampfes wesentlich geringer ist als die der Flüssigkeit.

745 Wärmeübertragung bei der Kondensation

und Verdampfung

Abb. 5.3 Verdampfung an einem senkrechten, beheizten Rohr (links: Wand- und Fluidtemperatur, rechts: Strömungsformen)

5.3

Zusammenfassung

Bei der Kondensation an der gekühlten Wand tritt Film- oder Tropfenkondensation auf. Der Wärmeübergang ist bei der Tropfenkondensation höher. Allerdings ist es in der Praxis schwierig, diese über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Wärmeübertrager werden deshalb aus Sicherheitsgründen meist auf Filmkondensation ausgelegt. Beim Sieden ist zwischen Behälter- und Strömungssieden zu unterscheiden. Bei einer kritischen Wärmestromdichte kann es zu einer geschlossenen, thermisch isolierenden Dampfschicht an der Heizfläche kommen. Die Heizfläche kann dadurch überhitzen und zerstört werden. Der Wärmeübergang ist beim Phasenwechsel um Größenordnungen höher als bei der freien oder erzwungenen Konvektion einer Flüssigkeit. In der Elektronikkühlung wird dies hauptsächlich in Heatpipes, Wärmeübertragern mit Phasenwechsel (vgl. Kap. 6 und 15) und der Verdampfungskühlung ausgenutzt.

Literatur

75

Literatur 1. Baehr HD, Stephan K (2019) Wärme- und Stoffübertragung, 9. Aufl. Springer Vieweg, Berlin

6

Wärmeübertrager

Wärmeübertrager sind Apparate, die einen Wärmestrom von einem Fluid auf ein anderes übertragen. Aufgrund der unterschiedlichsten Anforderungen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Bauarten. Beim Regenerator wird der Wärmestrom zunächst vom heißeren Fluid auf ein Speichermaterial übertragen. Später wird das kältere Fluid vom Speichermaterial erwärmt. Die Stoffströme sind also zeitlich voneinander getrennt. Beim Rekuperator erfolgt die Wärmeübertragung ohne Zwischenspeicherung direkt vom heißen zum kalten Fluid mit örtlich voneinander getrennten Fluiden. Rekuperatoren lassen sich nach der Art der Strömungsführung unterteilen in Gleichströmer, Gegenströmer und Kreuzströmer, Abb. 6.1. Daneben gibt es eine Vielzahl von Sonderbauformen.

6.1

Gleichstromwärmeübertrager

Beim Gleichstromwärmeübertrager haben beide Fluide die gleiche Strömungsrichtung, Abb. 6.2. Im folgenden wird exemplarisch ein Doppelrohrwärmeübertrager betrachtet. Das heiße Fluid erhält den Index 1 und das kalte Fluid den Index 2. Temperaturen am Eintritt werden mit einem Strich gekennzeichnet (T 0 ) und am Austritt mit zwei Strichen (T 00 ). In der Regel fließt das heißere Fluid im Innenrohr, um Wärmeverluste nach außen zu verrringern. Abb. 6.3 zeigt prinzipiell die Temperaturverläufe der beiden Fluide im Wärmeübertrager. Bei der Kondensation oder der Verdampfung bleibt die Fluidtemperatur über die Laufstrecke im Wärmeübertrager konstant. Der vom Fluid 1 auf Fluid 2 übertragene Wärmestrom beträgt QP D k Ab m :

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(6.1)

77

78

6

Wärmeübertrager

Abb. 6.1 Einteilung der Wärmeübertrager

Abb. 6.2 Schema eines Gleichstromwärmeübertragers (Doppelrohr)

Der Temperaturverlauf des heißeren Fluids 1 entlang des Wärmeübertragers wird beschrieben durch   2 3 1 1  C x k U b m P 2 cp;2 6 7 m P 1 cp;1 m P 2 cp;2 T1 .x/ D T10  .T10  T20 / 41  exp 5 : m P 1 cp;1 C m P 2 cp;2 (6.2) Für den Temperaturverlauf des kälteren Fluids 2 entlang des Wärmeübertragers gilt   2 3 1 1  C x k U b m P 1 cp;1 6 7 m P 1 cp;1 m P 2 cp;2 T2 .x/ D T20 C .T10  T20 / 41  exp 5 m P 1 cp;1 C m P 2 cp;2 (6.3)

a

b

c

d

Abb. 6.3 Temperaturverlauf im Gleichstromwärmeübertrager der Fluide 1 und 2: a ohne Phasenübergang b bei der Kondensation des heißeren Fluids 1 c bei der Verdampfung des kälteren Fluids 2 d bei der Kondensation von Fluid 1 und gleichzeitiger Verdampfung von Fluid 2

6.1 Gleichstromwärmeübertrager

79

mit dem Wärmedurchgangskoeffizient kD

1   ra Ab Ab 1 Ab C ln C ˛i Ai 2L Rohr ri ˛a Aa

und der mittleren logarithmischen Temperaturdifferenz m D

.T10  T20 /  .T100  T200 /   ln .T10  T20 /=.T100  T200 /

und Ab : Bezugsfläche in m2 m P 1 : Massenstrom des heißeren Fluids in kg/s m P 2 : Massenstrom des kälteren Fluids in kg/s cp;1 : Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck des heißeren Fluids in J/(kg K) cp;2 : Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck des kälteren Fluids in J/(kg K) Ub : Umfang des Innenrohrs an seiner Bezugsfläche Ab in m x: Ortsvariable entlang des Wärmeübertragers in m ˛i : Wärmeübergangskoeffizient Fluid 1 am Innenrohr innen in W/(m2 K) ˛a : Wärmeübergangskoeffizient Fluid 2 am Innenrohr außen in W/(m2 K) L: Länge des Wärmeübertragers in m Rohr : Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials in W/(m K) ri , ra : Innen- bzw. Außenradius des Innenrohrs in m. I Bemerkungen  Der übertragene Wärmestrom lässt sich alternativ zu Gl. 6.1 mit QP D m P 1 cp;1 .T100  T10 / oder QP D m P 2 cp;2 .T200  T20 / berechnen.  Die Gl. 6.1, 6.2 und 6.3 gelten unter der Annahme, dass keine Wärme an die Umgebung abgegeben wird. I Herleitung Der Wärmestrom, der vom heißeren Fluid 1 abgegeben wird, wird vom kälteren Fluid 2 aufgenommen (Abb. 6.4): P 1 cp;1 d T1 d QP 1 D m d QP 2 D m P 2 cp;2 d T2 D d QP 1 WD d QP :

(6.4) (6.5)

Der übertragene Wärmestrom ist andererseits QP D k dAb T :

(6.6)

80

6

Wärmeübertrager

Abb. 6.4 Herleitung der Temperaturverläufe im Gleichstromwärmeübertrager (Doppelrohr)

Mit T D T1  T2 bzw. der differenziellen Form d.T / D d T1  d T2 folgt durch Einsetzen von Gl. 6.4 und 6.5   1 1 P d.T / D d Q C : (6.7) m P 1 cp;1 m P 2 cp;2 Wird darin d QP durch Gl. 6.6 ersetzt und integriert, ergibt sich   Z2 1 d.T / 1 C dAb D k T mP1 cp;1 mP2 cp;2 1 1     T2 1 1 ln C D k Ab : T1 mP 1 cp;1 mP 2 cp;2 Z2

(6.8)

(6.9)

Die Integration von Gl. 6.4 und 6.5 über die Länge des Wärmeübertragers L liefert QP D m P 1 cp;1 .T100  T10 / QP D m P 2 cp;2 .T200  T20 / : Gl. 6.10 und 6.11 eingesetzt in Gl. 6.9 führt zu   T2 k Ab 0 ŒT1  T100 C T200  T20  : ln D T1 QP

(6.10) (6.11)

(6.12)

Auflösen nach QP ergibt Gl. 6.1. Die Temperaturverläufe im Wärmeübertrager (Gl. 6.2 und 6.3) folgen durch Gleichsetzen und Umstellen der Gleichungen QP D m P 1 cp;1 .T100  T10 / QP D m P 2 cp;2 .T200  T20 / QP D k Ab m :

6.2 Gegenstromwärmeübertrager

81

Abb. 6.5 Schema eines Gegenstromwärmeübertragers (Doppelrohr)

Für Gl. 6.2 ist T100 durch T1 , für Gl. 6.3 ist T200 durch T2 zu ersetzen. Die wärmeübertragende Fläche ist in beiden Fällen Ab D Ub x.

6.2 Gegenstromwärmeübertrager Beim Gegenstromwärmeübertrager haben die beiden Fluide entgegengesetzte Strömungsrichtungen, Abb. 6.5. In Abb. 6.6 sind die prinzipiellen Temperaturverläufe der beiden Fluide im Gegenstrom-Doppelrohrwärmeübertrager dargestellt. Der übertragene Wärmestrom von Fluid 1 auf Fluid 2 berechnet sich mit Gl. 6.1, wobei als mittlere logarithmische Temperaturdifferenz jetzt m D

.T10  T200 /  .T100  T20 /   ln .T10  T200 /=.T100  T20 /

(6.13)

einzusetzen ist. a

b

c

d

Abb. 6.6 Temperaturverlauf im Gegenstromwärmeübertrager der Fluide 1 und 2: a ohne Phasenübergang (für den Fall mit m P 1 cp;1 < m P 2 cp;2 ), b bei der Kondensation des heißeren Fluids 1, c bei der Verdampfung des kälteren Fluids 2, d bei der Kondensation von Fluid 1 und gleichzeitiger Verdampfung von Fluid 2

82

6

Wärmeübertrager

Für die Temperaturverläufe der beiden Fluide entlang des Wärmeübertragers ergeben sich, mit analoger Herleitung zum Gleichstromwärmeübertrager, Gl. 6.14 und 6.15: 2 T1 .x/ D T10  .T10  T200 /

m P 2 cp;2 m P 1 cp;1  m P 2 cp;2

1 1   6 m P 1 cp;1 m P 2 cp;2 41  exp

2

T2 .x/ D

T20

C

.T10



T200 /





1 1   m P 1 cp;1 6 m P c m P 1 p;1 2 cp;2 41  exp m P 1 cp;1  m P 2 cp;2



3 k Ub x



7 5

(6.14) 3 k Ub x 7 5 : (6.15)

I Bemerkungen  Bei gleichen Apparateabmessungen und gleichen Ein- und Ausgangstemperaturen kann mit dem Gegenstromwärmeübertrager mehr Wärme übertragen werden. Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz m ist dann beim Gegenstromwärmeübertrager größer als beim Gleichstromwärmeübertrager.  Beim Gegenstromwärmeübertrager kann im Gegensatz zum Gleichstromwärmeübertrager die Auslasstemperatur des kalten Fluids höher sein als die Auslasstemperatur des heißen Fluids. P 2 cp;2 ist Gl. 6.13 mit einer Grenzwertbetrachtung zu  Für den Sonderfall m P 1 cp;1 D m lösen. Es folgt m D T10  T200 D T100  T20 . Das ergibt sich auch aus der einfachen Überlegung, dass in diesem Fall die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Fluiden an jeder Stelle x gleich sein muss.

6.3

Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad eines Wärmeübertragers ist definiert als D

m P 1 cp;1 m P 2 cp;2 QP T10  T100 T200  T20 D D (6.16) Min.m P 1 cp;1 I m P 2 cp;2 / T10  T20 Min.m P 1 cp;1 I m P 2 cp;2 / T10  T20 QP max

mit : Wirkungsgrad des Wärmeübertragers P Q: tatsächlich übertragener Wärmestrom des Wärmeübertragers in W QP max : Wärmestrom, der maximal bei den gegebenen Ein- und Austrittstemperaturen mit einem Wärmeübertrager übertragen werden könnte in W Massenstrom des heißeren Fluids in kg/s m P 1:

6.4 Zusammenfassung

83

m P 2: Massenstrom des kälteren Fluids in kg/s cp;1 : spezifische Wärmekapazität des heißeren Fluids in J/(kg K) cp;2 : spezifische Wärmekapazität des kälteren Fluids in J/(kg K) Temperatur des heißeren Fluids am Einlass in K T10 : Temperatur des heißeren Fluids am Auslass in K T100 : Temperatur des kälteren Fluids am Einlass in K T20 : Temperatur des kälteren Fluids am Auslass in K T200 : P 2 cp;2 /: kleinster Wert von m P 1 cp;1 und m P 2 cp;2 . Min.m P 1 cp;1 I m I Bemerkungen  Der maximale Wärmestrom QP max lässt sich mit einem unendlich langen Gegenstromwärmeübertrager übertragen: für mP 1 cp;1 > mP 2 cp; wird T200 D T10 , für mP 1 cp;1 < mP 2 cp; wird T100 D T20 .  Der Wirkungsgrad eines Wärmeübertragers liegt im Bereich 0   1.

6.4 Zusammenfassung

Wärmeübertrager sind Apparate die Wärme von einem Fluidstrom auf einen anderen übertragen. Im Allgemeinen sind die Temperaturverhältnisse im Inneren sehr komplex und lassen sich nur mithilfe numerischer Verfahren berechnen. Für einfache Bauformen, wie z. B. Doppelrohrwärmeübertrager, gibt es für die Temperaturverläufe geschlossene, analytische Lösungen. Daraus lässt sich der übertragene Wärmestrom berechnen. Für den praktischen Einsatz der Wärmeübertrager ist eine möglichst leichte, kompakte Bauweise gefordert, die einen größtmöglichen Wärmestrom übertragen kann. Das zweite Kriterium ist der Druckabfall zwischen Fluidein- und -austritt. Dieser sollte stets minimal sein. Damit lassen sich die Kosten für den Betrieb des Wärmeübertragers, z. B. für eine Pumpe, reduzieren.

7

Thermischer Kontaktkoeffizient

Der thermische Kontaktkoeffizient beschreibt die Wärmeübertragung an der Kontaktfläche zweier Festkörper. Oberflächen fester Körper sind nicht ideal glatt und eben, sondern haben eine Rauheit und Gestaltsabweichungen höherer Ordnung. Die Rauheit hängt vom Material und den Herstellungs- und den Bearbeitungsverfahren ab. Von der gesamten Kontaktfläche der beiden Festkörper ist nur ein kleiner Teil in direkter Berührung. Der Rest besteht aus kleinen Hohlräumen, die in der Regel mit Luft gefüllt sind. Luft ist im Vergleich zu Festkörpern ein schlechter Wärmeleiter. An der Kontaktfläche zwischen den beiden Festkörpern entsteht deshalb ein Temperatursprung, Abb. 7.1. Es gilt für den thermischen Kontaktkoeffizienten:

kK D

QP A T

(7.1)

mit kK : A: P Q: T :

thermischer Kontaktkoeffizient in W/(m2 K) nominale (makroskopische) Kontaktfläche ohne Rauheit in m2 Wärmestrom durch die Kontaktfläche A in W Temperatursprung an der Kontaktfläche A in K.

I Bemerkungen  Der Kehrwert des thermischen Kontaktkoeffizienten kK wird als spezifischer thermischer Kontaktwiderstand rK bezeichnet: rK D

1 kK

in m2 K=W :

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85

86

7

Thermischer Kontaktkoeffizient

Abb. 7.1 Temperatursprung an der Kontaktfläche zweier Festkörper

In der Praxis hat sich dafür der Begriff R t h x A-Wert eingebürgert. Der thermische Kontaktwiderstand RK ist der Quotient aus dem spezifischen thermischen Kontaktwiderstand rK und der nominalen Fläche A: RK D

rK 1 D A kK  A

in K/W :

 Der tatsächliche Kontaktanteil an der nominalen Fläche beträgt nur 0,5–5 %.  Wärmeübertragung durch Konvektion in den Hohlräumen der Kontaktfläche kann im Allgemeinen auf Grund der kleinen Abmessungen vernachlässigt werden.  Der thermische Kontaktkoeffizient kK hängt von der Oberflächenstruktur und vom Anpressdruck ab. Mit zunehmendem Anpressdruck steigt auf Grund von plastischer Verformung der Anteil der direkten Kontaktstellen der beiden Festkörper. Der Wärmetransport durch die Kontaktfläche wird dadurch verbessert und der thermische Kontaktkoeffizient steigt.  Der thermische Kontaktkoeffizient kann vergrößert werden, in dem die Luft aus den Hohlräumen der Kontaktfläche verdrängt und durch ein besser wärmeleitendes Material ersetzt wird. Dazu werden Gele, Pasten, Phase-Change Materialien, Folien oder Klebstoffe als thermische Interfacematerialien verwendet, siehe Kap. 13.

7.1

Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten

Ein thermischer Kontakt lässt sich stark vereinfacht mit einem Widerstandsmodell darstellen, siehe Abb. 7.2. Dabei wird der Wärmepfad in einen reinen Fluidpfad (z. B. Luft) und einen Festkörperpfad aufgeteilt. Der Festkörperpfad besteht aus zwei Widerständen der beiden Festkörper, die in Serie geschaltet sind. Aus dem Ersatzschaltbild folgt der

7.1 Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten

87

Abb. 7.2 Stark vereinfachtes Modell zur Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten

thermische Kontaktwiderstand RK in K/W mit: 1 1 1 D C RK R t h;1 C R t h;2 R t h;L   A 1 2 D C .1  '/L 2' ı 1 C 2

(7.2)

mit R t h;1;2;L : Thermischer Widerstand der Materialien 1, 2 bzw. der Luft in K/W ı ı und R t h;L D Es gilt: R t h;1;2 D 2 1;2 A ' L A .1  '/ ı: Grenzschichtdicke in m 1;2;L : Wärmeleitfähigkeit der Materialien 1, 2, bzw. der Luft in W/(m K) A: nominale Fläche der Grenzschicht in m2 ': Anteil der reinen Feststoff-Kontaktfläche an der nominalen Fläche A. Der thermische Kontaktkoeffizient kK ergibt sich aus dem thermischen Kontaktwiderstand RK mit kK D

1 A RK

in m2 K/W :

(7.3)

I Bemerkungen  Das Modell, Abb. 7.2 berücksichtigt keine Wärmestrahlung. Bei metallisch glänzenden Oberflächen mit einer Oberflächentemperatur unter 100 ı C ist diese in der Regel zu vernachlässigen.  Falls sich im Spalt nicht Luft, sondern ein anderes Gas oder ein anderer Füllstoff befindet, ist in Gl. 7.2 die Wärmeleitfähigkeit der Luft L oder des Füllstoffes durch die Wärmeleitfähigkeit des Gases zu ersetzen.

88

7

Thermischer Kontaktkoeffizient

Das einfache Modell, Abb. 7.2, gibt ein grundlegendes Verständnis für die Wärmeübertragung an Kontaktflächen. Allerdings sind die Grenzschichtdicke ı und der Anteil der reinen Feststoff-Kontaktfläche ' nur bei den wenigsten Materialpaarungen und Applikationen bekannt. Für die genauere Vorausberechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten eignet sich deshalb ein detaillierteres Modell nach [1–4], Abb. 7.3. Für den thermischen Kontaktkoeffizient liefert es

kK D kK;s C kK;g

m D 1;25 s 



p Hc

0;95 C

g xo C M

(7.4)

mit thermischer Kontaktkoeffizient des reinen Feststoffpfads in W/(m2 K) thermischer Kontaktkoeffizient des reinen Gaspfads in W/(m2 K) mittlere Wärmeleitfähigkeit der beiden Festkörper, s D 2 1 2 =.1 C 2 / in W/(m K) : Wärmeleitfähigkeit der beiden Festkörper in W/(m K) 1 ; 2q m D m21 C m22 : mittlere mikroskopische Steigung des Oberflächenprofils der beiden Festkörperoberflächen. Nach [5] kann im Bereich 0;125 m    9;6 m m angenähert werden durch m  0;125.106   /0;402 m1 ; m2 : mikroskopische Steigung des Oberflächenprofils der beiden Festkörperoberflädx chen, d m D dy q

kK;s : kK;g : s :

 D 12 C 22 : mittlere quadratische Rauheit in m 1 ; 2 : mittlere quadratische Rauheit der beiden Oberflächen in m = Standardabweichung des Oberflächenprofils p: mechanischer Anpressdruck in N/mm2 Hc : Mikrohärte (Vickers) des weicheren Festkörpers in N/mm2 g : Wärmeleitfähigkeit des Gases (z. B. Luft bei Umgebungsdruck) in W/(m K) effektive Spaltweite in m, für 105 < p=Hc < 2  102 kann xo berechnet xo : werden mit xo D 1;53  .p=Hc /0;097 M: Gasparameter, berücksichtigt Wärmetransport in verdünnten Gasen, in m. T pg;o mit Mo D 0;373 m, To D 323;2 K und pg;o D Für Luft gilt M D Mo To pg 1;013  105 N=m2 , für Flüssigkeiten und Pasten gilt M D 0.

Gl. 7.4 gilt für einen mechanischen Anpressdruck p im Bereich 0,35 bis 3,5 bar.

7.1 Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten

89

Abb. 7.3 Modell zur Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten

I Bemerkungen  Wärmestrahlung wird in dem Modell nicht berücksichtigt.  Gl. 7.4 beschreibt die Wärmeübertragung zwischen rauen, ebenen Oberflächen. Gestaltsabweichungen höherer Ordnung (z. B. konvexe oder konkave Formen) werden nicht berücksichtigt.

Beispiel

Abb. 7.4 zeigt den thermischen Kontaktkoeffizient einer Aluminium-Keramik-Verbindung als Funktion des mechanischen Anpressdrucks, berechnet mit Gl. 7.4. Dargestellt sind die Kurven des gesamten Kontaktkoeffizienten, des reinen Luftpfads und des reinen Feststoffpfads. Die Kurven basieren auf Werten aus [6]: Aluminium (Al6063-T5): Keramik (Al2 O3 / W

Abb. 7.4 Thermischer Kontaktkoeffizient einer Aluminium-KeramikVerbindung als Funktion des mechanischen Anpressdrucks

1 m1 2 m2

D 201 W=.m K/; D 0;139; D 20;9 W=.m K/; D 0;0865

1 D 0;4 m Hc D 1094 MPa 2 D 1;3 m

90

7

Luft:

g D 0;026 W=.m K/; To D 323;2 K;

Thermischer Kontaktkoeffizient

M D 0;373  106 m pg;o D 101;3 kPa :

Der Kontaktkoeffizient lässt sich wesentlich verbessern, in dem die Luft durch ein besser wärmeleitendes Material, wie z. B. Wärmeleitpaste, ersetzt wird (vgl. Kap. 13). Mit einer Wärmeleitfähigkeit von  D 0;2 W/(m K) an Stelle der Wärmeleitfähigkeit von Luft mit  D 0;026 W/(m K) vergrößert sich im betrachteten Beispiel der Kontaktkoeffizient um das Sechs- bis Siebenfache.

7.2 Messwerte des thermischen Kontaktkoeffizienten In Abb. 7.5 sind Messwerte des thermischen Kontaktkoeffizienten kK zwischen jeweils zwei gleichen Metalloberflächen in Abhängigkeit des mechanischen Anpressdrucks p dargestellt [7]. Gemessen wurden die vier Materialien 110 Kupfer (ASTM-B152), Aluminium 6061-T6 (UNS A96061), 360 Messing (ASTM-B16) und Edelstahl (AISI-304). Die Werte basieren auf der stationären Zylindermethode mit einem Probendurchmesser von 25;4 mm (1 Zoll). Die Rauheit beträgt bei allen Oberflächen Ra D 5 m. Mit zunehmendem Druck verformen sich die Oberflächenstrukturen, die tatsächliche Berührfläche nimmt zu und der effektive Spalt wird kleiner. Dadurch verbessert sich der thermische Kontakt und die Werte von kK steigen. Mit zunehmender Wärmeleitfähigkeit des Materials ergeben sich höhere Kontaktkoeffizienten. Je glatter die Oberfläche ist, desto größer ist die tatsächliche Berührfläche der beiden Proben und der thermische Kontaktkoeffizient wird größer, siehe Abb. 7.6. Die Messwerte stammen aus [7]. Es werden jeweils zwei Oberflächen aus Edelstahl mit den Rauheiten Ra D 1, 5 und 10 m betrachtet. Der Wärmetransport zwischen zwei Festkörpern lässt sich verbessern, in dem ihre Kontaktflächen beschichtet werden. Dabei kann die Beschichtung (z. B. Zinn oder Silber) die Mikrostrukturen der Oberfläche einebnen und so die Rauheit verkleinern. Bei weichen Materialien wird zusätzlich die plastische Verformung unter mechanischem Druck

Abb. 7.5 Thermischer Kontaktkoeffizient zwischen zwei gleichen Metalloberflächen der Rauheit Ra D 5 m in Abhängigkeit des mechanischen Anpressdrucks [7]

7.3 Zusammenfassung

91

Abb. 7.6 Thermischer Kontaktkoeffizient kK zwischen zwei Oberflächen aus Edelstahl in Abhängigkeit des mechanischen Anpressdrucks bei Ra D 1, 5 und 10 m [7]

Abb. 7.7 Thermischer Kontaktkoeffizient kK zwischen zwei Aluminiumoberflächen mit der Rauheit Ra D 1 m unbeschichtet und mit verschiedenen Beschichtungen [8]

vergrößert. Abb. 7.7 zeigt dazu Messwerte aus [8]. Basis ist wieder die stationären Zylindermethode mit einem Probendurchmesser von 25;4 mm. Als Referenz dienen die Werte unbeschichteter Aluminiumoberflächen mit je Ra D 1 m. Im Druckbereich von 4,1 bis 52 bar steigt der thermische Kontaktkoeffizient von 7600 auf 37000 W/(m2 K). Eine beidseitige 1 m dicke Nickel-Beschichtung verbessert die Werte um das Zwei- bis Vierfache, eine 5 m dicke Zinnschicht um das Drei- bis Sechsfache. Mit 3 m Silber ergibt sich eine exponentiell steigende Kurve.

7.3

Zusammenfassung

Der thermische Kontaktkoeffizient beschreibt den Wärmetransport an der Kontaktfläche zweier Festkörper. Auf Grund von Lufteinschlüssen in den Oberflächenrauheiten ergibt sich dort oft der Flaschenhals im Wärmepfad. Bei bekannten Oberflächenbeschaffenheiten und bekanntem mechanischen Anpressdruck lässt sich der Kontaktkoeffizient näherungsweise analytisch berechnen.

92

7

Thermischer Kontaktkoeffizient

Messungen erfordern einen erheblichen Aufwand: Für ebene, parallele Flächen eignet sich die stationäre Zylindermethode, für abweichende Geometrien sind spezielle Messaufbauten zu entwickeln. Der thermische Kontaktkoeffizient hängt stark vom Anpressdruck ab. Deshalb ist bei der Auslegung von Wärmepfaden darauf zu achten, dass der Anpressdruck über die Lebensdauer des Systems aufrecht erhalten bleibt. Relaxation auf Grund thermischer oder werkstoffbedingter Einflüsse können den Wärmetransport an der Kontaktfläche erheblich stören. In der Elektronik wird thermisches Interfacematerial, wie z. B. Wärmeleitpaste eingesetzt, um die Luft zu verdrängen und den Kontaktkoeffizient zu verbessern.

Literatur 1. Yovanovich MM (1981) New Contact and Gap Conductance Correlations for Conforming Rough Surfaces. Presented at AIAA 16th Thermophysics Conference, Palo Alto, CA. (AIAA81-1164) 2. Antonetti VW, Yovanovich MM (1984) Thermal Contact Resitance in Microelectronic Equipment, Thermal Management Concepts in Microelectronic Packaging From Component to System, ISHM. Tech Monogr Ser 6984-003:135–151 3. Yovanovich MM, Antonetti VW, Bar-Cohen A, Krause AD (Hrsg) (1988) Application of Thermal Contact Resistance Theory to Electronic Packages, Advances in Thermal Modeling of Electronic Components and Systems Bd. 1. Hemisphere Publishing Corporation, New York, S 79–128 4. Yovanovich MM (1991) Theory and Applications of Constrictions and Spreading Resistance Concepts for Microelectronic Thermal Management, Cooling Techniques for Computers, Editor Aung W. Hemisphere Publishing Corporation, New York, S 277–332 5. Antonetti VW, Whittle TD, Simons RE (1991) An Approximate Thermal Contact Conductance Correlation. Experimental/Numerical Heat Transfer in Combustion and Phase Change. HTD 170:35–42 6. Yovanovich MM, Culham JR, Teertstra P (1997) Calculating interface resistance. http://www. mhtlab.uwaterloo.ca/pdf_papers/mhtl97-4.pdf. Zugegriffen: 9. Juli 2017 7. Singhal V, Litke PJ, Black AF, Garimella SV (2005) An Experimentally Validated Thermomechanical Model for the Prediction of Thermal Contact Conductance. International Journal of Heat and Mass Transfer 48:5446–5459 8. Merrill CT, Garimella SV (2011) Measurement and Prediction of Thermal Contact Resistance Across Coated Joints. Ctrc Res Publ Pap 235. https://doi.org/10.1080/08916152.2010.503311

8

Wärmestrahlung

Wärmestrahlung ist der Energietransport durch elektromagnetische Wellen im Wellenlängenbereich von etwa 1 m <  < 1000 m. Abb. 8.1 zeigt im Überblick einen Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Wellen.

8.1 Transmission, Absorption und Reflexion Strahlung, die auf einen Körper auftrifft, kann entweder durchgelassen (transmittiert), absorbiert oder an der Oberfläche reflektiert werden, Abb. 8.2. Bei der Absorption von Wärmestrahlung werden elektromagnetische Wellen in innere Energie des Körpers umgewandelt. Es gilt:

 ./ C ˛ ./ C  ./ D 1

(8.1)

mit qP;t : spektraler Transmissionsgrad qP;o qP;˛ : spektraler Absorptionsgrad ˛ ./ D qP ;o qP; : spektraler Reflexionsgrad  ./ D qP ;o qP;o : einfallende Wärmestromdichte bei der Wellenlänge  in W/m2 qP;t ; qP;˛ ; qP ; : transmittierte, absorbierte und reflektierte Wärmestromdichte bei der Wellenlänge  in W/m2 .

 ./ D

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_8

93

94

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.1 Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Wellen

Abb. 8.2 Transmission, Absorption und Reflexion

Transmission Absorption

Reflexion

I Bemerkungen  Die Transmissions-, Absorptions-, und Reflexionseigenschaften eines Körpers sind im Allgemeinen richtungsabhängig. Die Größen  ./, ˛ ./ und  ./ sind die über alle Richtungen gemittelte Werte.  Werden Transmissions-, Absorptions-, und Reflexionseigenschaften eines Körpers über die Richtung und zusätzlich über alle Wellenlängen gemittelt, wird Gl. 8.1 zu

 C ˛  C  D 1 :  Für strahlungsundurchlässige Festkörper gilt: ˛ ./ C  ./ D 1 :  Gase reflektieren im Allgemeinen die Strahlung nicht. Damit gilt:

 ./ C ˛ ./ D 1 :

8.2 Schwarzer Strahler

95

Abb. 8.3 Spektraler Transmissionsgrad von Fensterglas

 Abb. 8.3 zeigt als Beispiel den spektralen Transmissionsgrad  von Fensterglas1 . Bei Licht im sichtbaren Bereich zwischen etwa 0;35 m und 0;75 m liegt der Wert über 0,9. Für das menschliche Auge erscheint das Glas deshalb durchsichtig.

8.2 Schwarzer Strahler Ein Körper, der einfallende Wärmestrahlung aller Wellenlängen und Raumrichtungen vollständig absorbiert, heißt schwarzer Strahler. Für den schwarzen Strahler gilt: ˛ ./ D ˛  D 1. Die einfallende Strahlung wird vollständig in innere Energie umgewandelt und als Wärmestrahlung wieder abgegeben. Diese emittierte Wärmestrahlung hängt ausschließlich von der Temperatur des Strahlers ab. Ihre Intensität wird von keinem anderen Körper gleicher Temperatur und Fläche übertroffen, auch nicht in einzelnen Wellenlängenbereichen. Der schwarze Strahler ist ein theoretisches Modell, das sich nur näherungsweise real umsetzen lässt. Es dient dazu, die Strahlungseigenschaften realer Oberflächen mit dem Idealwert zu vergleichen. Der schwarze Strahler wird am besten durch einen Hohlraum mit einer kleinen Öffnung angenähert (Hohlraumstrahler). Die Wände im Inneren sind meist schwarz, sie werden auf konstanter Temperatur gehalten. Durch eine kleine Öffnung gelangt Strahlung in den Hohlraum. Diese wird dort vielfach reflektiert und dabei nach und nach absorbiert. Nur ein kleiner Teil davon verlässt den Hohlraum wieder Abb. 8.4. Hauptsächlich gelangt thermische Strahlung aus der Öffnung. Diese kommt der idealen, schwarzen Strahlung sehr nahe.

1

Corning Glas 1737F bei 0,7 mm Glasdicke, Präzisions Glas & Optik GmbH.

96

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.4 Hohlraum als schwarzer Strahler

I Bemerkung Die technische Ausführung des Schwarzen Strahlers wird in der Praxis für die Kalibrierung optischer Geräte verwendet.

8.2.1 Die spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers Für die spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers gilt das Plancksche Strahlungsgesetz: i;s .; T / D

2  h c02  5 e h c0 = k T  1

(8.2)

mit i;s : spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers in W/(m2 m) h D 6;6256  1034 J s: Planck-Konstante co D 2;998  108 m/s: Lichtgeschwindigkeit im Vakuum : emittierte Wellenlänge in m k D 1;3805  1023 J/K: Boltzmann-Konstante T : Temperatur des schwarzen Strahlers in K. Abb. 8.5 zeigt den spektralen Verlauf gemäß Gl. 8.2 für Temperaturen zwischen 40 und 160 ı C. Die emittierte Strahlungsenergie steigt mit zunehmender Temperatur. Das Strahlungsmaximum verschiebt sich mit zunehmender Temperatur zu kleineren Wellenlängen. Für die dargestellten Temperaturen von 40 bis 160 ı C fällt die emittierte Wärmestrahlung nicht in den sichtbaren Bereich, sie ist für das menschliche Auge deshalb unsichtbar. Erst ab einer Temperatur von 798 K rückt das Spektrum soweit in den sichtbaren Bereich, dass es vom menschlichen Auge wahrgenommen werden kann. Diese Temperatur heißt Draper-Punkt. In der praktischen Anwendung liegen die Temperaturen in der Elektronik meist im Bereich 40 und 160 ı C. Damit liegen die Wellenlängen, in denen ein Großteil der Strahlung emittiert wird, etwa zwischen 2 und 20 m, siehe Abb. 8.5. Maßnahmen zur Verbesserung

8.2 Schwarzer Strahler

97

Abb. 8.5 Spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers

der Wärmeübertragung durch Strahlung, wie z. B. das Lackieren von Oberflächen, müssen auf diesen Wellenlängenbereich abgestimmt sein. I Bemerkung Das Spektrum der schwarzen Strahlung ist nur eine Funktion von der Temperatur des Strahlers. Schwarze Strahlung ist richtungsunabhängig. Beispiel

Ein elektronisches Gerät befindet sich für eine Untersuchung in einer Temperaturkammmer. Das Gerät hat eine Temperatur von 120 ı C und kann als schwarzer Strahler betrachtet werden. Welche optischen Eigenschaften muss das Fenster der Temperaturkammer haben, damit der Prüfling von außen mit der Wärmebildkamera beobachtet werden kann? Antwort: Übliches Fensterglas ist bei Wellenlängen von  > 5 m nicht durchlässig, es gilt

  0. Die Wärmestrahlung der zu untersuchenden Elektronik gelangt deshalb zum Großteil nicht durch das Fensterglas, Abb. 8.6. Für die IR-Thermografie ist ein spezielles Glas in der Temperaturkammer notwendig. Beispielsweise zeigt ein CaF2 -Fenster im emittierten Spektrum der Elektronik  > 0;9. Die Wärmestrahlung gelangt fast ungehindert durch das Fenster und kann von der Wärmebildkamera erfasst werden. I Bemerkung Der typische Spektralbereich einer Wärmebildkamera liegt im Bereich 7;5 m <  < 14 m. Damit würde prinzipiell in der Temperaturkammer ein Fenster mit einer Durchlässigkeit in diesem Bereich genügen.

98

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.6 Spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers und spektraler Transmissionsgrad von Fensterglas und CaF2

8.2.2

Das Wiensche Verschiebungsgesetz

Das Wiensche Verschiebungsgesetz beschreibt den Zusammenhang des Strahlungsmaximums mit der Temperatur des Strahlers: max D

2897;8 m K T

(8.3)

mit max : Wellenlänge mit der maximalen spezifischen Ausstrahlung in m T: Temperatur des schwarzen Strahlers in K. I Herleitung Das Wiensche Verschiebungsgesetz folgt aus der Betrachtung des Hochpunkts der spektralen Intensitätsverteilung der schwarzen Strahlung. Mit der Extremwertbedingung @i .; T / D0 @

(8.4)

folgt aus Gl. 8.2 direkt Gl. 8.3. Beispiel 1

Die Sonne kann in guter Näherung als schwarzer Strahler behandelt werden. Mit dem Wienschen Verschiebungsgesetz ergibt sich aus der Solarstrahlung, die ihr Maximum

8.3 Emissionsgrad

99

Abb. 8.7 Angaben auf der Verpackung eines 12 V LEDStrahlers

bei etwa max D 0;5 m hat (blau-grün), eine Oberflächentemperatur der Sonne von T D

2897;8 m K  5796 K : 0;5 m

Beispiel 2

Der Farbeindruck einer Lichtquelle wird mit der Farbtemperatur in K angegeben. Sie entspricht der Temperatur eines schwarzen Strahlers, die den gleichen Farbeindruck erzeugt wie die zu beschreibende Lichtquelle. Abb. 8.7 zeigt als Beispiel die Angaben auf der Verpackung eines 12 V LED-Strahlers. Mit der Farbtemperatur T D 2700 K liegt der Farbeindruck in der Nähe von „warm-weiß“. Nach dem Wienschen Verschiebungsgesetz Gl. 8.3 folgt für das Maximum der vergleichbaren schwarzen Strahlung bei max D

8.3

2897;8 m K  1;1 m : 2700 K

Emissionsgrad

Der Emissionsgrad  , auch Emissivität genannt, ist ein Maß für die Wärmestromdichte, die ein Körper im Vergleich zu einem schwarzen Körper mit gleicher Temperatur emittiert. Er hängt von der Temperatur des Strahlers T ab. Zu unterscheiden ist der spektrale und der integrale Emissionsgrad. Der spektrale Emissionsgrad ist eine Funktion der Wellenlänge . Er ist definiert als  .; T / D

i .; T / i;s .; T /

(8.5)

mit  .; T /: spektraler Emissionsgrad i .; T /: spektrale spezifische Ausstrahlung eines Körpers in W/(m2 m) i;s .; T /: spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers in W/(m2 m).

100

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.8 Integrale Emissionsgrade bei 20 ı C

Der integrale Emissionsgrad ist eine durch Integration über den gesamten Wellenlängenbereich gemittelte Größe:  .T / D

i.T / is .T /

(8.6)

mit  .T /: integraler Emissionsgrad i.T /: spezifische Ausstrahlung eines Körpers in W/(m2 ) is .T /: spezifische Ausstrahlung des schwarzen Strahlers in W/(m2 ). Es gilt: 0   .; T /;  .T /  1 :

(8.7)

Bei glänzenden, metallischen Oberflächen liegt der Emissionsgrad im Bereich der Wärmestrahlung in der Nähe von 0, bei matten, schwarzen Oberflächen in der Nähe von 1. In Abb. 8.8 sind die integralen Emissionsgrade einiger Materialien im Bereich der Wärmestrahlung dargestellt. Die Werte beziehen sich auf eine Oberflächentemperatur von 20 ı C. In der Praxis besteht besonders bei Metallen die Schwierigkeit, den Zustand einer Oberfläche präzise zu definieren. Der Emissionsgrad von poliertem Aluminium kann beispielsweise zwischen 0,01 und 0,05 liegen, abhängig vom genauen Zustand der Oberfläche. Einfluss haben die Prozessparameter beim Polieren und eine Oxidschicht, die sich unter Umgebungsbedingungen bildet. I Bemerkung Der Emissionsgrad hängt im Allgemeinen von der Temperatur T , der Wellenlänge  und zusätzlich von der Richtung der emittierten Strahlung ab. Diese wird

8.3 Emissionsgrad

101

Abb. 8.9 Spektrale spezifische Ausstrahlung des schwarzen, grauen und realen Strahlers bei 80 ı C

durch zwei Raumwinkel (Zenitwinkel und Azimutwinkel) beschrieben. Der hier betrachtete Emissionsgrad ist über die beiden Raumwinkel gemittelt. Bei ausführlicher Beschreibung heißt er hemisphärischer Emissionsgrad.

8.3.1 Der graue und der reale Strahler Ein Körper, dessen spektraler Emissionsgrad nur von der Temperatur und nicht von der Wellenlänge abhängt, heißt grauer Strahler. Der graue Strahler ist, wie der schwarze Strahler, ein Modell, das reale Oberflächen nur näherungsweise beschreibt. Graue Strahlung ist ebenfalls diffus (richtungsunabhängig). Reale Oberflächen zeigen stets eine mehr oder weniger starke Abhängigkeit des Emissionsgrades von der Wellenlänge. Abb. 8.9 vergleicht die spektrale spezifische Ausstrahlung eines schwarzen Strahlers mit der eines grauen Strahlers mit  D 0;8 und beispielhaft der Strahlung einer realen Oberfläche. Die Kurven beziehen sich jeweils auf die Strahlertemperatur von 80ı C.

8.3.2 Das Stefan-Boltzmann Gesetz Die insgesamt über alle Wellenlängen emittierte Strahlung eines schwarzen Körpers berechnet sich mit qP D  T 4 mit q: P abgestrahlte Wärmestromdichte in W/m2  D 5;67  108 W/(m2 K4 ): Stefan-Boltzmann-Konstante T : Temperatur des schwarzen Strahlers in K.

(8.8)

102

8

Wärmestrahlung

I Herleitung Die Integration der spektralen spezifischen Ausstrahlung i .; T / (Gl. 8.2) über alle Wellenlängen liefert Gl. 8.8: Z1

Z1 i .; T / d D

qP D D0

D0

D

2 h co  d 5 e h co = k T  1

2 5 k 4 4 T 15 co2 h3 „ ƒ‚ … D 4

DT :

(8.9)

(8.10)

(8.11)

8.4 Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz Das Kirchhoffsche Gesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen der absorbierten und emittierten Strahlung eines Körpers. Bei allen Körpern ist im thermischen Gleichgewicht der richtungsabhängige, spektrale Emissionsgrad gleich dem richtungsabhängigen, spektralen Absorptionsgrad: ˛ .; '; / D  .; '; /

(8.12)

mit ˛ :  : : '; :

spektraler Absorptionsgrad spektraler Emissionsgrad Wellenlänge der Strahlung in m Raumwinkel (Zenitwinkel und Azimutwinkel) in rad.

Ist die auf den Körper einfallende Strahlung diffus oder ist die Oberfläche des Körpers rauh, entfällt in Gl. 8.12 die Abhängigkeit von den Raumwinkeln ' und : ˛  ./ D  ./ :

(8.13)

Ist die Oberfläche zusätzlich schwarz oder grau, entfällt die Abhängigkeit von der Wellenlänge und Gl. 8.13 vereinfacht sich zu ˛  D  :

(8.14)

I Herleitung Ein kleiner Körper mit der Fläche A befindet sich in einem Hohlraum, Abb. 8.10. Der Hohlraum und der kleine Körper sind im thermischen Gleichgewicht.

8.5 Strahlungsaustausch

103

Abb. 8.10 Strahlungsaustausch im Hohlraum zur Herleitung des Kirchhoffschen Gesetzes

Die Hohlraumstrahlung, die der kleine Körper absorbiert, ist deshalb gleich groß wie die Strahlung die er emittiert (qPa D qPe ). Mit dem Hohlraum als schwarzem Strahler folgt ˛  qPsw A D qPe A qPe : ˛ D qPsw

(8.15) (8.16)

Der Absorptionsgrad eines Körpers ist gleich der von ihm emittierten Strahlung bezogen auf die Strahlung eines schwarzen Körpers gleicher Temperatur. Der Quotient qPe =qPsw ist gleichzeitig die Definition des Emissionsgrades. Damit folgt  D ˛  :

8.5 Strahlungsaustausch Der Strahlungsaustausch zwischen zwei Körpern wird durch deren Geometrie, Strahlungseigenschaften, Temperaturen und Position zueinander im Raum bestimmt. Im Gegensatz zur Wärmeleitung oder zum konvektiven Wärmeübergang wird bei der Wärmestrahlung Energie ausgetauscht, denn auch der kältere Körper sendet Strahlung aus. Bei der Wärmeübertragung durch Strahlung sind folglich beide Strahlungspartner zu betrachten. Für den resultierenden Wärmestrom zwischen zwei grau strahlenden Körpern gilt: QP 12 D A1 C12 .T14  T24 /

mit C12 : Strahlungsaustauschkoeffizient in W/(m2 K4 ) A1 : Fläche des wärmeren Körpers in m2

(8.17)

104

A2 : T1 : T2 : 1 : 2 :

8

Wärmestrahlung

Fläche des kälteren Körpers in m2 Temperatur des wärmeren Körpers in K Temperatur des kälteren Körpers in K Emissionsgrad des wärmeren Körpers Emissionsgrad des kälteren Körpers.

In Tab. 8.1 sind Beispiele für die Berechnung des Strahlungsaustauschkoeffizienten zusammengefasst. I Bemerkung Analog zum thermischen Widerstand durch Wärmeleitung (R t h D d=. A/, vgl. Kap. 2) und Wärmeübergang (R t h;˛ D 1=.˛ A/, vgl. Kap. 3) lässt sich ein thermischer Widerstand durch Wärmestrahlung R t h;S definieren. Allerdings sind in diesem noch die Temperaturen der beiden Strahlungspartner enthalten. Aus Gl. 8.17 folgt mit der dritten Binomischen Formel QP D A1 C12 .T12 C T22 /.T12  T22 / D A1 C12 .T12 C T22 /.T1 C T2 /.T1  T2 / : Damit ergibt sich R t h;S D

1 T1  T2 D : 2 P A1 C12 .T1 C T22 /.T1 C T2 / Q

(8.18)

Beispiel 1

In der Mitte eines Raumes befindet sich ein elektronisches Gerät. Seine Oberfläche beträgt 500 cm2 , die des Raums 600 m2 . Der Emissionsgrad des Gehäuses ist 1 D 0;91, der der Raumwände 2 D 0;76. Messungen ergeben Oberflächentemperaturen des Gehäuses von 78 ı C und der Wände von 20 ı C. Wie groß ist der vom Gerät netto abgestrahlte Wärmestrom? Mit Gl. 8.17 folgt: QP 12 D A1 C12 .T14  T24 /   .T14  T24 /  D A1 1 1 A1 C 1 1 A2 2 D 0;05 m2

  5;67  108 W=.m2 K4 /   .351;2 K/4  .293;2 K/4 1 1 0;05 C 1 0;91 „ƒ‚… 600 0;76 0

D 20;2 W:

8.5 Strahlungsaustausch

105

Tab. 8.1 Strahlungsaustauschkoeffizienten C12 D

C12 D

 1 1 C  1 1 2

A1 1 C 1 A2

 

1 1 2



C12 D  1

C12 D

C12 D

 1 2 1 1  .1  1 / .1  2 / 2

   1  2 r1 1 C 1 2 r2

106

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.11 Bestückte, homogene Leiterplatte

Das Gerät gibt durch Wärmestrahlung insgesamt 20,2 W ab. Die Eigenschaften des umgebenden Raumes spielen auf Grund seiner Größe praktisch keine Rolle und können bei der Berechnung vernachlässigt werden. Beispiel 2

Eine bestückte Leiterplatte (Europakarte, 100 mm × 160 mm) hat eine konstante Temperatur, Abb. 8.11. Bauelemente auf der Leiterplatte geben insgesamt eine Verlustleistung Pv ab, der auf der Leiterplatte homogen verschmiert ist. Die Leiterplatte kann näherungsweise als eben betrachtet werden. Der integrale Emissionsgrad der Oberfläche ist  D 0;9. 1. Die Temperatur der Leiterplatte ist zunächst konstant #LP D 86 ı C. Welche Leistung gibt die Leiterplatte durch Wärmestrahlung ab, wenn die Umgebungstemperatur #U D 60 ı C beträgt und die Leiterplatte frei in einem großen Raum platziert ist? 2. Die Bauelemente auf der Leiterplatte geben jetzt durch Strahlung und Konvektion insgesamt einen Wärmestrom von Pv D 10 W ab. Die Leiterplatte wird mit Luft der Temperatur # D 60 ı C und der Geschwindigkeit v D 1 m/s laminar angeströmt (vgl. Abschn. 3.2.3). Welche Leiterplattentemperatur stellt sich ein?

Lösung (1): QP 12 D A1 C12 .T14  T24 /   .T14  T24 / mit A2 A1 folgt  D A1 1 1 A1 C 1 1 A2 2   .T14  T24 /  D A1 1 1 A1 C 1 1 A2 2 „ƒ‚… 0

8.5 Strahlungsaustausch

107

D A1  1 .T14  T24 / D 2  0;16 m  0;1 m  5;67  108 W=.m2 K4 /  0;9    .359;2 K/4  .333;2 K/4 D 7;1 W: Die Leiterplatte mit #LP D 86 ı C gibt allein durch Wärmestrahlung QP D 7;1 W ab. In Abschn. 3.2.3 wird die gleiche Leiterplatte bei Anströmung mit v D 1 m/s betrachtet. Dort wird nur der Strömungspfad berücksichtigt und die Wärmestrahlung wird vernachlässigt. Bei einer Verlustleistung der Leiterplatte von 10 W stellt sich eine Leiterplattentemperatur von ebenfalls #LP D 86 ı C ein. Der übertragene Wärmestrom durch Konvektion und Strahlung liegen mit 10 W bzw. 7,1 W in der gleichen Größenordnung. Lösung (2): Wärmestrahlung und Wärmeübertragung durch Konvektion werden jetzt nicht mehr getrennt voneinander betrachtet. Beide treten gleichzeitig auf (konjugierter Wärmetransport). Dies führt mit Gl. 3.1 und 8.17 zur Energiebilanz 4  TU4 / QP ges D ˛ A .TLP  TU / C C12 A .TLP

(8.19)

mit QP ges ˛ A C12 TU :

D 10 W D 12 W/(m2 K), siehe Abschn. 3.2.3 D 2 B L D 2  0;16 m  0;1 m D 0;032 m2 D  1 D 5;67  108 W=.m2 K4 /  0;9 D 5;103  108 W=.m2 K4 / D .273;2 C 60/ K D 333;2 K.

Gl. 8.19 lässt sich nicht nach TLP auflösen; für TLP kann keine geschlossene Funktion angegeben werden. Die numerische Lösung, z. B. mit einem Standard-Tabellenkalkulationsprogramm, liefert TLP D 348;8 K ¶ 75;6 ı C : Die Kontrollrechnung ergibt: QP ges D 12 W=.m2 K/  0;032 m2  .348;8  333;2/ K C 5;103  108 W=.m2 K4 /  0;032 m2  .348;84  333;24 / K4 D 10;0 W: Im realen Fall, bei dem Wärmestrahlung und der konvektive Wärmeübergang überlagert sind, stellt sich eine Leiterplattentemperatur von #LP D 75;6 ı C ein.

108

8

Wärmestrahlung

Abb. 8.12 Motorsteuergerät mit Deckel aus blankem Aluminium (links) und eloxiertem Aluminiumdeckel (rechts)

Beispiel 3

Der Emissionsgrad eines metallisch blanken Gehäuses lässt sich erhöhen, in dem seine Oberfläche Sand gestrahlt, beschichtet, lackiert oder eloxiert wird. Wichtig ist für eine merkliche Verbesserung, dass Gehäuseinnen- und Außenseite behandelt werden. Die aufgebrachte Schicht ist ein zusätzlicher thermischer Widerstand, den die Wärme durch Leitung durchdringen muss. Der positive Effekt durch die Verbesserung des Strahlungspfades überwiegt diesen Nachteil in der Regel bei weitem. Abb. 8.12 zeigt zwei Motorsteuergeräte. Das Gerät links im Bild hat einen Deckel aus blankem, glänzendem Aluminium, das Gerät rechts einen eloxierten Aluminiumdeckel. Im realen Einsatz lässt sich die Temperatur im Motorsteuergerät durch das Eloxieren des blanken Aluminiumdeckels um bis zu 10 K senken.

Beispiel 4

Bei elektronischen Systemen, die der Solarstrahlung ausgesetzt sind, ist neben der Verlustleistung des Geräts zusätzlich der Wärmeeintrag durch die Sonne zu berücksichtigen. Die Solarkonstante beträgt Eo D 1367 W/m2 . Auf der Erdoberfläche kommen an einem Sommertag davon bis 1000 W/m2 an. Somit ergibt sich beispielsweise bei einer Gehäuseoberfläche von 10 cm × 10 cm mit einem integralen Absorptionsgrad von ˛  D 0;9 ein Wärmeeintrag von 9 W. Ausgehend von einem glänzenden, metallischen Gehäuse führt eine schwarze Lackierung zu einem hohen spektralen Emissionsgrad im Bereich der Wärmestrahlung. Damit wird die Wärmeabstrahlung verbessert. Allerdings erhöht sich gleichzeitig der spektrale Absorptionsgrad im Bereich der Solarstrahlung. Damit wird mehr Solarstrahlung absorbiert. Bleibt das Gehäuse unbehandelt, ist der spektrale Reflexionsgrad im Bereich der Solarstrahlung hoch. Die auftreffende Solarstrahlung wird weitestgehend reflektiert. Die Wärmestrahlung des Geräts ist allerdings auf Grund des geringen spektralen Emissionsgrads der Oberfläche gering. Ein selektiver Strahler verbindet eine hohe Reflexion der Solarstrahlung mit gleichzeitig hoher Wärmeabstrahlung der Oberfläche. Dies kann beispielsweise eine glän-

8.5 Strahlungsaustausch

109

Abb. 8.13 Schematischer Aufbau eines selektiven Strahlers, bestehend aus einer glänzenden Aluminiumoberfläche mit Lackschicht Abb. 8.14 Strahlungsaustausch zwischen zwei kleinen Flächen

zende Aluminiumoberfläche mit einer im Bereich der Solarstrahlung transparenten Lackschicht sein, Abb. 8.13. I Bemerkung Für die allgemeine Betrachtung des Wärmeaustauschs durch Strahlung zwischen beliebig zueinander stehenden Flächen werden sogenannte Sichtfaktoren eingeführt. Dazu werden zwei kleine Flächenelemente dA1 und dA2 betrachtet, die im Abstand s und den Winkeln ˇ1 und ˇ2 zueinander stehen, Abb. 8.14. Bei konstanten Emissionsgraden 1 , 2 und Vernachlässigung von Mehrfachreflexionen ergibt sich für den netto übertragenen Wärmestrom die Verallgemeinerung von Gl. 8.17: Z Z cos ˇ1  cos ˇ2 4 4 P Q12 D 1 2  .T1  T2 / dA1 dA2 : (8.20)  s2 A1 A2

Die geometrischen Größen werden zur Einstrahlzahl (= Sichtfaktor) '12 zusammengefasst: Z Z cos ˇ1  cos ˇ2 1 dA1 dA2 : (8.21) '12 D A1  s2 A1 A2

Anschaulich gilt: '12 D

Strahlung, die ausgehend von Oberfläche 1 auf Oberfläche 2 auftrifft : gesamte Strahlung, die von Oberfläche 1 ausgeht

110

8

Wärmestrahlung

Gl. 8.20 vereinfacht sich damit zu QP 12 D '12 1 2  A1 .T14  T24 / :

(8.22)

8.6 Das Lambertsche Entfernungsgesetz Die Wärmestromdichte q, P die von einer punktförmigen Wärmequelle ausgeht, nimmt mit dem Quadrat der Entfernung r ab: qP /

1 : r2

(8.23)

I Herleitung Ein punktförmiger Körper, der den Wärmestrom QP ausstrahlt, wird gedanklich in die Mitte einer Kugel mit Radius r gelegt. Der Wärmestrom verteilt sich gleichmäßig auf der Kugeloberfläche A D 4  r 2 . Für die Wärmestromdichte auf der Kugeloberfläche gilt qP D

QP : 4  r2

Daraus ergibt sich Gl. 8.23.

8.7 Das Lambertsche Richtungsgesetz Die ausgesendete, diffuse Wärmestrahlung eines Flächenelements dA ist nach Lambert richtungsunabhängig. Ein Beobachter sieht in Richtung ˇ zur Flächennormalen jedoch vom abstrahlenden Flächenelement nur den Anteil dA cos ˇ, Abb. 8.15. Deshalb gilt: qP ˇ D qPn cos ˇ

Abb. 8.15 Richtungsabhängigkeit der emittierten Wärmestromdichte

(8.24)

8.8 Zusammenfassung

111

mit qPn : Abgestrahlte Wärmestromdichte in Normalenrichtung in W/m2 qPˇ : Abgestrahlte Wärmestromdichte in Richtung ˇ in W/m2 . Der gesamte Wärmestrom qP ges , der vom Flächenelement dA in alle Raumrichtungen abgestrahlt wird, ergibt sich durch Integration über die Halbkugel: qP ges D  qPn :

(8.25)

I Bemerkungen  Nach Lambert ist der Emissionsgrad einer Oberfläche richtungsunabhängig. Die Richtungsabhängigkeit der Wärmestromdichte in Gl. 8.24 kommt allein durch die Projektion auf das Flächenelement dA zustande. Für viele Oberflächen gilt dies nur näherungsweise für ˇ . 50ı .

8.8

Zusammenfassung

Wärmestrahlung transportiert Energie mittels elektromagnetischer Wellen. Der übertragene Wärmestrom ist proportional zur vierten Potenz der Temperatur des Strahlers. Mit zunehmender Temperatur wird der Strahlungspfad deshalb gegenüber der Wärmeübertragung durch Leitung und Konvektion wichtiger. In der Elektronik kann der Strahlungspfad verbessert werden, in dem metallisch glänzende Oberflächen „geschwärzt“ werden. Dazu wird die Oberfläche des Strahlers beschichtet oder so behandelt, dass der Emissionsgrad im Bereich der Wärmestrahlung möglichst nahe eins ist. Eine Möglichkeit ist das Eloxieren von Aluminium. Genauso wichtig ist der Strahlungspartner: Nur mit einem hohen Absorptionsgrad wird die Energie des Wärmestrahlers gut aufgenommen und weitergeleitet.

9

Rippen

Rippen vergrößern die Oberfläche eines Bauteils und sorgen damit für eine bessere Wärmeabgabe. Gleichzeitig speichern sie durch ihre Wärmekapazität eine bestimmte Wärmemenge. Bei transienten Lastfällen werden damit Temperaturspitzen gedämpft.

9.1

Temperaturverlauf in der Rippe und abgegebener Wärmestrom

Es wird der Fall einer Rippe mit beliebigem, konstantem Querschnitt betrachtet. Beispielhaft ist eine rechteckige Rippe dargestellt (Abb. 9.1). Der Fuß der Rippe hat die konstante Temperatur To . Die Temperatur ist an jeder Stelle x über den Querschnitt konstant. In x-Richtung tritt Wärmeleitung auf, an der Rippenoberfläche wird Wärme durch Konvektion mit dem Wärmeübergangskoeffizient ˛ an die Umgebung abgegeben. Wärmestrahlung wird bei dieser Betrachtung vernachlässigt. Es wird angenommen, dass die Rippe an ihrer Stirnseite keine Wärme abgibt (adiabate Rippenspitze). Für den Temperaturverlauf in der Rippe gilt

T .x/ D TU C .To  TU /

expm .L  x/ C expm .L  x/ : expm L C expm L

(9.1)

Der von der Rippe abgegebene Wärmestrom beträgt expm L  expm L QP D m  A .To  TU / expm L C expm L

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_9

(9.2)

113

114

9

Rippen

Abb. 9.1 Rippe mit konstantem Querschnitt

mit Querschnittsfläche der Rippe in m2 Wärmeübergangskoeffizient an der Rippenoberfläche in W/(m2 K) Länge der Rippe in m Wärmeleitfähigkeit der Rippe in W/(m K) r ˛U : (Abkürzung) in 1/m mD A To : Temperatur am Rippenfuß in K TU : Umgebungstemperatur in K U : Umfang der Rippe in m. A: ˛: L: :

Abb. 9.2 zeigt den normierten Temperaturverlauf nach Gl. 9.1. Parameter ist das dimensionslose Produkt (m  L). Mit zunehmendem (m  L) fällt die Rippentemperatur schneller ab. I Bemerkungen  Gl. 9.1 lässt sich mit der Hyperbelfunktion cosh ausdrücken: T .x/ D TU C .To  TU /

cosh.m .L  x// : cosh.m L/

 Gl. 9.2 lässt sich mit der Hyperbelfunktion tanh ausdrücken: QP D m  A .To  TU / tanh.m L/ :  Für eine unendlich lange Rippe (L ! 1) vereinfacht sich Gl. 9.1 zu T .x/ D TU C .To  TU / expm x : und Gl. 9.2 zu QP D m  A .To  TU / :

9.1 Temperaturverlauf in der Rippe und abgegebener Wärmestrom

115

Abb. 9.2 Normierte Übertemperatur in einer Rippe

I Herleitung Der Wärmestrom QP x in das Volumenelement dV D A  dx der Rippe beträgt an der Stelle x dT QP x D  A : dx

(9.3)

Der aus dem Volumenelement an der Stelle x C dx austretende Wärmestrom ist d QP x dT dT 2 QP xCdx D QP x C dx : dx D  A  A dx dx dx 2

(9.4)

Die Differenz zwischen ein- und austretendem Wärmestrom wird an der Rippenoberfläche durch Konvektion abgegeben, Abb. 9.3: QP x  QP xCdx D ˛ U dx .T  TU / :

(9.5)

Damit ergibt sich die Differenzialgleichung d 2T ˛U D .T  TU / : 2 dx A

(9.6)

Mit T D T  TU und der Abkürzung m2 D ˛ U folgt A d 2 T D m2 T : dx 2

(9.7)

116

9

Rippen

Abb. 9.3 Energiebilanz an einem Volumenelement einer Rechteckrippe

Die Lösung dieser Differenzialgleichung lautet T D C1 expm x CC2 expm x :

(9.8)

Die Konstanten C1 und C2 lassen sich aus den Randbedingungen bestimmen: Am Rippenfuß herrscht die Temperatur To und am Ende der Rippe wird der Wärmestrom vernachlässigt, d. h. der Temperaturgradient ist dort 0, Abb. 9.4: x D 0: T D To  TU D To x D L: .d T =dx/ D 0 . Aus den Randbedingungen folgt durch Einsetzen in Gl. 9.8 

To D C1 C C2  d T D m C1 expm L Cm C2 expm L D 0 dx xDL

(9.9) (9.10)

und aus Gl. 9.10 expm L : expm L

(9.11)

expm L expm L C expm L

(9.12)

C1 D C2 Gl. 9.11 eingesetzt in Gl. 9.9 liefert C2 : C2 D To

9.2 Bewertungsmaße für Rippen

117

Abb. 9.4 Temperaturverlauf in einer Rippe mit vernachlässigbarem Wärmestrom am Rippenende (adiabat)

und Gl. 9.12 in in Gl. 9.11: C1 D To

expm L expm L C expm L

:

(9.13)

Mit den Konstanten C1 und C2 folgt Gl. 9.1. Gl. 9.2 ergibt sich aus der Überlegung, dass der Wärmestrom am Rippenfuß bei x D 0 gleich groß ist wie der gesamte Wärmestrom, der von der Rippe abgegeben wird. Dieser berechnet sich aus dem Gradient des Temperaturverlaufs (Gl. 9.1): QP jxD0 D  A



dT dx

 D  A .To  TU / m xD0

 sinh.m L/ cosh.m L/

D  A .To  TU / m tanh.m L/ :

(9.14)

9.2 Bewertungsmaße für Rippen Für die folgenden Betrachtungen wird vereinfachend angenommen, dass die Rippe an ihrer Stirnseite keine Wärme abgibt (adiabate Rippenspitze).

9.2.1 Rippenwirkungsgrad Der Rippenwirkungsgrad R ist das Verhältnis des Wärmestroms, den die Rippe tatsächlich abgibt, zum Wärmestrom, den sie bei unendlich großer Wärmeleitfähigkeit abgeben würde:

118

9

Rippen

Abb. 9.5 Rippenwirkungsgrad als Funktion von m  L

R D

QP jxD0 1 D tanh.m L/ P mL Qid

(9.15)

mit QP jxD0 : tatsächlich abgegebener Wärmestrom der Rippe in W QP id : Wärmestrom, den die gleiche Rippe mit unendlich großer Wärmeleitfähigkeit abgeben würde in W A: Querschnittsfläche der Rippe in m2 ˛: Wärmeübergangskoeffizient an der Rippenoberfläche in W/(m2 K) L: Länge der Rippe in m : r Wärmeleitfähigkeit der Rippe in W/(m K) ˛U (Abkürzung) in 1/m mD A Temperatur am Rippenfuß in K To : Umgebungstemperatur in K TU : U: Umfang der Rippe in m. Abb. 9.5 zeigt den Verlauf des Rippenwirkungsgrads als Funktion des dimensionslosen Parameters m  L. Mit zunehmendem m  L wird der Wirkungsgrad kleiner. I Bemerkungen  Gl. 9.15 setzt voraus, dass der Umfang der Rippe über ihre Länge konstant ist.  Der Rippenwirkungsgrad nimmt mit zunehmender Wärmeleitfähigkeit der Rippe zu, mit zunehmender Rippenlänge, Wärmeüberübergangskoeffizient und Verhältnis Umfang zu Querschnitt wird er kleiner.  Als Faustregel gilt R > 0;6. In der Praxis findet man meist R > 0;9.

9.2 Bewertungsmaße für Rippen

119

I Herleitung Bei unendlicher Wärmeleitfähigkeit ist die Temperatur an jeder Stelle der Rippe To . Der Wärmestrom, der an die Umgebung abgegeben wird, beträgt damit QP id D ˛ U L .To  TU / :

(9.16)

Für den Rippenwirkungsgrad R gilt deshalb R D

9.2.2

QP jxD0 m  A .To  TU / tanh.m L/ 1 D D tanh.m L/ : ˛ U L .To  TU / mL QP id

(9.17)

Leistungsziffer einer Rippe

Die Leistungsziffer einer Rippe wird auch als ihre Effektivität bezeichnet. Sie ist das Verhältnis des Wärmestroms, den die Rippe tatsächlich abgibt, zum Wärmestrom, der ohne Rippe abgegeben werden würde:

QP jxD0 R D D QP oR

s U tanh.mL/ ˛ Ao

(9.18)

mit QP jxD0 : tatsächlich abgegebener Wärmestrom der Rippe in W QP oR : Wärmestrom, der ohne Rippe abgeben werden würde in W (Wärmeabgabe nur über Grundfläche Ao ) : Wärmeleitfähigkeit der Rippe in W/(m K) U: Umfang der Rippe in m ˛: Wärmeübergangskoeffizient an der Rippenoberfläche in W/(m2 K) Ao : r Grundfläche der Rippe (= Querschnittsfläche A) in m2 ˛U mD : (Abkürzung) in 1/m A L: Länge der Rippe in m. I Bemerkungen  Nur für R  1 macht die Rippe prinzipiell Sinn. Sonst wirkt sie isolierend.  In der Praxis sollte R > 2 gelten.  Die Leistungsziffer einer Rippe R hängt mit dem Rippenwirkungsgrad R zusammen UL R . über: R D Ao

120

9

Rippen

Abb. 9.6 Leistungsziffern von Aluminium- und Kunststoffrippen bei natürlicher und erzwungener Konvektion

 Für eine unendlich lange Rippe (L ! 1) vereinfacht sich Gl. 9.18 zu s R D

U : ˛ Ao

I Herleitung Es gilt: QP jxD0 m  A .To  TU / D tanh.m L/ D R D ˛ A .To  TU / QP oR

r

U tanh.mL/ : ˛A

(9.19)

Abb. 9.6 zeigt die Leistungsziffer von Aluminium- und Kunststoffrippen nach Gl. 9.18 bei natürlicher und erzwungener Strömung. Die Kurven sind mit der Rippenhöhe 50 mm und Rippendicke 1 mm berechnet. Für Aluminium ist die Wärmeleitfähigkeit  D 200 W/(m K) und für Kunststoff  D 10 W/(m K) eingesetzt, für natürliche Luftströmung der Wärmeübergangskoeffzient ˛ D 10 W/(m2 K), für erzwungene Luftströmung ˛ D 100 W/(m2 K) und für erzwungene Wasserströmung der Wärmeübergangskoeffizient ˛ D 1000 W/(m2 K). Bei erzwungener Wasserströmung verläuft die Kurve der Kunststoffrippe bereits ab etwa L D 5 mm waagrecht. Bei dieser Länge überträgt die Rippe den maximal möglichen Wärmestrom. Eine Verlängerung der Rippe würde keinen zusätzlichen Nutzen bringen. Bei erzwungener Luftströmung liegt die maximale Wärmeabgabe der Kunststoffrippe bei etwa L D 15 mm, bei natürlicher Luftströmung bei etwa L D 50 mm. Die vergleichbaren R -Werte der Aluminiumrippen (blaue Kurven) liegen generell höher als die der Kunststoffrippen. Bei erzwungener Wasserströmung geht die Kurve ab einer Länge von etwa L D 30 mm in die Waagrechte und erreicht ihre maximale Wärmeabgabe.

9.2 Bewertungsmaße für Rippen

121

9.2.3 Wahl der richtigen Rippenlänge Für die Wahl der richtigen Länge bei gegebenem Rippenquerschnitt, Material und Anströmung wird die Leistungsziffer R mit der Leistungsziffer R;1 verglichen, den die Rippe hätte, wenn sie unendlich lang wäre. Für den Quotient gilt R R;1

D tanh.mL/

(9.20)

mit r mD L:

˛U : (Abkürzung) in 1/m A Rippenlänge in m.

I Bemerkung Gl. 9.20 lässt sich als Verhältnis des tatsächlich abgegeben Wärmestroms zum Wärmestrom, den eine unendlich lange Rippe abgeben würde, schreiben: R R;1

D

QP tatsächl. Rippe : QP unendl. lange Rippe

(9.21)

Damit ist der Quotient R = R;1 ein Maß zur Bewertung der Wirkung der Rippe in Abhängigkeit ihrer Länge.

Abb. 9.7 Leistungsziffer einer Rippe R bezogen auf die Leistungsziffer einer unendlich langen Rippe R;1 als Funktion von m  L

122

9

Rippen

Abb. 9.7 zeigt die grafische Darstellung von Gl. 9.20. Mit .m  L/ D 1;1 erreicht man bereits die 0,8-fache Leistungsziffer der unendlich langen Rippe, mit .m  L/ D 2;3 das 0,98-fache.

9.3

Zusammenfassung

Es werden Rippen mit konstantem Querschnitt betrachtet, die Wärme über ihre Oberfläche durch einheitliche Konvektion an das umgebende Fluid abgeben. Der Temperaturverlauf in der Rippe und der abgegebene Wärmestrom lassen sich mit einfachen analytischen Gleichungen berechnen. Der Wirkungsgrad und die Leistungsziffer sind Kennzahlen zur Beurteilung der Rippe. Der Wirkungsgrad liefert bei gegebener Rippengeometrie und Einbausituation ein Kriterium für die Materialauswahl. Er vergleicht den tatsächlich abgegeben Wärmestrom mit dem Wärmestrom, den die gleiche Rippe mit unendlicher Wärmeleitfähigkeit abgeben würde. Die Leistungsziffer beurteilt die Wirkung einer Rippe im Vergleich zur unberippten Fläche bei gegebenen Strömungsverhältnissen. Die optimale Rippenlänge wird mit dem Verhältnis der tatsächlichen Leistungsziffer zur Leistungsziffer der unendlich langen aber sonst gleichen Rippe berechnet. Mit diesem Kriterium lässt sich bewerten, wie sich der abgegebene Wärmestroms mit der Rippenlänge ändert.

Kühlkörper

10

Kühlkörper gibt es mit den unterschiedlichsten Geometrien, Materialien und Oberflächen. Sie können nach den Fertigungsverfahren, mit denen sie hergestellt werden, ihren Materialien oder Rippengeometrien eingeteilt werden. Eine eindeutige Klassifizierung ist nicht möglich. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich auf Luft-Kühlkörper.

10.1 Einteilung der Kühlkörper nach Fertigungsverfahren Abb. 10.1 zeigt die Einteilung der Kühlkörper im Überblick. Dargestellt sind jeweils typische Bereiche bezogen auf Fertigungskosten und thermischen Widerstand.

10.1.1 Stanz-Biege-Kühlkörper Stanz-Biege-Kühlkörper werden auch als Fingerkühlkörper bezeichnet. Sie werden in Massenproduktion hergestellt und sind eine Low-Cost-Lösung für die Abfuhr geringer Wärmeströme. Am Markt stehen verschiedene Standardgeometrien zur Verfügung. Ihr thermischer Widerstand ist vergleichsweise hoch. Der Stanz-Biege-Prozess ermöglicht nur eine eingeschränkte Formgebung. Wichtig ist die Ebenheit der Kontaktfläche zur Wärmequelle. Unebenheiten, die bei der Herstellung entstehen, müssen mit dickeren thermischen Interfacematerialien oder höheren Befestigungskräften ausgeglichen werden. Meist werden beim Stanz-Biege-Kühlkörper Aluminiumlegierungen verwendet. Abb. 10.2 zeigt ein Beispiel zur Kühlung eines Halbleiter Packages in Pin-in-Hole Technik (z. B. TO-220).

10.1.2 Druckguss-Kühlkörper Druckguss-Kühlkörper gibt es in kleinen Abmessungen für die Leiterplattenmontage bis hin zu schweren Ausführungen mit mehreren Kilogramm. Der Druckguss-Prozess ermög© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_10

123

124

10

Kühlkörper

Abb. 10.1 Einteilung der Kühlkörper nach Fertigungsverfahren

Abb. 10.2 Beispiel eines Stanz-Biege-Kühlkörpers zur Kühlung eines Pin-In-Hole Halbleiter Packages

licht viele Freiheiten bei der Formgebung. Die Geometrie ist meist kundenspezifisch. Es gibt kaum Standards. Auf Grund der hohen Werkzeugkosten wird der DruckgussKühlkörper erst bei hohen Stückzahlen kostenmäßig interessant. Als Werkstoff werden meist Aluminiumlegierungen eingesetzt, da reines Aluminium keine optimalen Gusseigenschaften hat. Nachteilig ist, dass sich Aluminiumlegierungen im Gegensatz zum reinen Aluminium nur schwer eloxieren oder in der Weiterverarbeitung fräsen lassen. Die Wärmeleitfähigkeit der Legierungen liegt im Bereich 110 bis 160 W/(m K). Der thermische Widerstand der Druckguss-Kühlkörper liegt typischerweise im Mittelfeld, Abb. 10.1. Neben der Ebenheit und Oberflächenbeschaffenheit der Kontaktfläche ist die Gussqualität ein wesentliches Merkmal. Lunker im Material können bei großen Leistungsdichten, wie z. B. LED-Anwendungen, hohe lokale thermische Widerstände verursachen und zur Überhitzung des nächst liegenden Bauelements führen. Abb. 10.3 zeigt beispielhaft einen Druckguss-Kühlkörper als Teil des Gehäuses eines KFZ-Steuergeräts.

10.1.3 Strangpress-Kühlkörper Strangpress-Kühlkörper heißen auch Profil-Kühlkörper. Sie decken mit vielen Standardanwendungen einen weiten Anwendungsbereich ab. Bei der Herstellung werden sie nach

10.1 Einteilung der Kühlkörper nach Fertigungsverfahren

125

Abb. 10.3 Beispiel eines Druckguss-Kühlkörpers im KFZ

Abb. 10.4 Beispiel eines Hochleistungs-StrangpressKühlkörpers mit Aspektverhältnis 18:1

dem Strangpressprozess auf die passende Länge gesägt. Durch zusätzliche Fertigungsschritte (z. B. Fräsen) kann eine dreidimensionale Struktur entstehen. Für die Rippen sind Aspektverhältnisse (Rippenhöhe zu Rippenabstand) bis zu 10:1 Standard. Vereinzelt sind auch Hochleistungskühlkörper mit einem Aspektverhältnis bis 18:1 erhältlich, Abb. 10.4. Ein zweidimensionales Strangpressprofil eignet sich hauptsächlich für gerichtete Fluidströme. Als Materialien werden Aluminium, Aluminiumlegierungen, Kupfer und Kupferlegierungen verwendet.

10.1.4 Geschmiedete Kühlkörper Schmieden ist im Gegensatz zum Strangpressen ein diskontinuierlicher Fertigungsprozess für die Stückgut-Fertigung. Zum Schmieden zählen das Gesenkschmieden und das Fließpressen. Der Prozess erlaubt viel Freiheit bei der Formgebung. Meist werden Aluminiumlegierungen eingesetzt, falls eine höhere Wärmeleitfähigkeit gefordert ist, das teurere Reinaluminium. Mit dem Schmiedeprozess werden z. B. Pin-Kühlkörper hergestellt, Abb. 10.5. Geschmiedete Kühlkörper gibt es als Standardvarianten und Sonderlösungen.

126

10

Kühlkörper

Abb. 10.5 Pin-Struktur als Beispiel eines geschmiedeten Kühlkörpers

Abb. 10.6 Beispiel eines Skived-Kühlkörpers

10.1.5 Skived-Kühlkörper Beim Skived-Kühlkörper werden die Rippen mit einer Schneide aus einer Metallplatte „geschabt“ und nach oben gebogen. Das Schaben ist vergleichbar mit einem Hobelmesser, das Lage für Lage von der Grundplatte abträgt und senkrecht aufrichtet. Auf diese Weise lassen sich sehr dichte Rippen mit großem Aspektverhältnis fertigen. Minimale Rippenabstände liegen bei rund 1 mm bei einer Rippendicke von 0,2 mm. Abb. 10.6 zeigt ein Beispiel aus Aluminium. Der Skivingprozess ist bei Kleinserien oder Prototypen kostengünstig, da er ohne spezielle Werkzeuge auskommt. Bei größeren Serien ist der Strangpressprozess kostenmäßig im Vorteil. Mögliche Werkstoffe sind Aluminium und Kupfer, wobei Aluminium besser zu verarbeiten ist. Ein Standarddesign gibt es nicht. Skived-Kühlkörper werden, abhängig von ihrer Rippendichte, für die Kühlung mit freier und erzwungener Konvektion eingesetzt.

10.1.6 Folded-Fin-Kühlkörper Beim Folded-Fin-Kühlkörper werden die Rippen aus Aluminium- oder Kupferblech gefaltet und einseitig auf einer Grundplatte oder direkt auf der Wärmequelle befestigt. Früher

10.1 Einteilung der Kühlkörper nach Fertigungsverfahren

127

Abb. 10.7 Typischer Heatpipe-Kühlkörper eines Notebooks

war deshalb auch der deutsche Begriff „Faltrippenkühlkörper“ gebräuchlich. Aluminiumrippen werden hartgelötet oder mit wärmeleitfähigem Epoxidharz verklebt, Kupferrippen werden ebenfalls hartgelötet oder geschweißt. Die Verbindung der Rippen mit der Grundplatte (Baseplate) ist entscheidend für eine gute Wärmeabfuhr durch die Rippen. Mechanische Spannungen bei thermischer Belastung lassen sich reduzieren, wenn die Rippen aus dem gleichen Material wie die Grundplatte sind. Beim Folded-Fin-Kühlkörper sind hohe Rippendichten möglich: Abhängig vom Material und der Rippenhöhe können bis zu acht Rippen pro cm untergebracht werden. Das Rippenmaterial hat eine geringe Dicke von wenigen Zehntel Millimetern. Damit ergibt sich für die Praxis auf Grund der stark abfallenden Leistungsziffer mit zunehmender Rippenlänge eine Rippenhöhe von weniger als 50 mm. Der Vorteil des Folded-Fin-Kühlkörpers besteht in seiner großen Oberfläche. Nachteilig ist allerdings der große Widerstand, den er der Strömung entgegensetzt. Folded-Fin-Kühlkörper werden deshalb meist bei erzwungener Konvektion eingesetzt, bei der das Fluid gezielt zwischen die Rippen geleitet wird. Am Markt gibt es Standardlösungen und viele kundenspezifische Designs.

10.1.7 Heatpipe-Kühlkörper Der Heatpipe-Kühlkörper ist ein System aus mehreren Komponenten: Er besteht aus einem oder mehreren klassischen Kühlkörpern, die mit einer oder mehreren Heatpipes verbunden sind. Eine typische Anwendung ist das Notebook. Heatpipe-Kühlkörper sind in der Regel speziell auf das jeweilige Endgerät ausgelegt. Die Kühlkörper und Geometrien sind vielfältig, es gibt kaum Standards. In der Regel werden Hochleistungskühlkörper für den Lüfterbetrieb eingesetzt. Durch den geringen thermischen Widerstand der Heatpipe wird ein kleiner Gesamtwiderstand erreicht. Wichtig ist die gute thermische Anbindung der Heatpipe, siehe Abschn. 15.2. Dazu eignen sich Lötverbindungen. Abb. 10.7 zeigt ein System aus einem Notebook: Der Heatspreader nimmt die Wärme vom heißen Bauelement auf, spreizt und gibt sie teilweise am integrierten Kühlkörper ab. Der Großteil der Wärme wird in die Heatpipe eingeleitet und über einen zweiten Kühlkörper mit einem Lüfter an die Umgebung abgeführt.

128

10

Kühlkörper

Abb. 10.8 Beipiel eines Bonded-Fin-Kühlkörpers, betehend aus einer KupferBaseplate mit eingeklebten Graphitrippen

10.1.8 Bonded-Fin-Kühlkörper Der Bonded-Fin-Kühlkörper besteht aus einer Grundplatte mit Schlitzen, in die bei der Montage einzelnen Rippen gesteckt oder gepresst und befestigt werden. Dazu werden Hartlöt- oder Klebeverfahren mit wärmeleitfähigem Epoxidharz eingesetzt. Der wesentliche Vorteil der Bonded-Fin-Technik gegenüber dem Strangpressen ist das hohe AspektVerhältnis: Bei einer Rippendicke von wenigen Zehntel Millimetern und einer Rippenhöhe bis 40 mm ist ein Abstand von weniger als 2 mm möglich. Wie beim Folded-FinKühlkörper eignet sich die hohe Rippendichte nur für die Kühlung mit erzwungener Konvektion. Bei freier Konvektion verhindert der hohe Strömungswiderstand die Luftbewegung zwischen den Rippen. Ein weiterer Vorteil der Bonded-Fin-Technologie ist, dass verschiedene Materialien kombiniert werden können. Für eine gute Wärmespreizung kann beispielsweise eine Kupfergrundplatte sorgen, während für die Wärmeabgabe an das umgebende Fluid Aluminium-, Kunststoff- oder Graphitrippen eingesetzt werden (Abb. 10.8). Im Gegensatz zum Strangpress-Kühlkörper bietet die Bonded-Fin-Technik mehr Freiheiten beim Design der Rippen in Strömungsrichtung. Rippen können unterbrochen werden oder in ihrer Höhe variieren. Ein wesentliches Qualitätskriterium ist beim Bonded-Fin-Kühlkörper die thermische Anbindung der Rippen an die Grundplatte. Bei schlechtem thermischen Kontakt zwischen der Grundplatte und dem Rippenfuß z. B. auf Grund einer fehlerhaften Klebeverbindung kann die Wärme nicht in die Rippe eindringen und der thermische Widerstand des Kühlkörpers vergrößert sich.

10.1.9 Sonderformen Neben den beschriebenen Kühlkörpern gibt es eine Vielzahl spezieller Geometrien, Materialvarianten und Kombinationen verschiedener Technologien. Diese Sonderformen sind meist gerätespezifische Entwicklungen mit kleinen Stückzahlen. Dazu zählen z. B.

10.2 Kühlkörpermaterial

129

Abb. 10.9 Kunststoffkühlkörper einer Beleuchtungseinheit

Strangpress-Kühlkörper aus Aluminium mit einem Kupfer-Inlay. Das Kupfer-Inlay sorgt für eine gute Wärmeleitung. Außerdem hat Kupfer bei gleichem Volumen eine um rund 40 Prozent höhere Wärmekapazität als Aluminium. Bei transienten Lastprofilen lässt sich deshalb im Kupfer-Inlay mehr Wärme speichern als im vergleichbaren Aluminiumvolumen. Ein weiteres Beispiel sind Kühlkörper aus Graphitschaum. Graphit hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit bei geringer Dichte. Allerdings setzen die Poren im Graphit der Fluidströmung einen hohen Widerstand entgegen. Deshalb kommen Graphitkühlkörper nur bei erzwungener Strömung in Frage, bei der ein ausreichender Druck zur Verfügung steht. Bei großen Kunststoffkühlkörpern, die im Spritzgussverfahren gefertigt werden, steht die Wärmeabgabe nicht an erster Stelle. Sie dienen als Lampenfassung, Bauelementeträger, Befestigungselement, Gehäuse oder Designelement. Abb. 10.9 zeigt als Beispiel den Kühlkörper einer Beleuchtungseinheit.

10.2 Kühlkörpermaterial Kühlkörper in der Elektronik bestehen meist aus Aluminium oder Aluminiumlegierungen. Auch gefüllte Kunststoffe, Keramik und Kupfer kommen zum Einsatz. Der Vorteil von Kupfer ist seine hohe Wärmeleitfähigkeit. Nachteilig sind die schlechte Verarbeitbarkeit, die hohen Materialkosten, und besonders bei mobilen Anwendungen, die hohe Dichte. Im medizinischen Bereich wird Kupfer auf Grund seiner desinfizierenden Wirkung eingesetzt. Aluminium und Aluminiumlegierungen können sich in der Wärmeleitfähigkeit bis um das Zweifache unterscheiden, während ihre Dichte praktisch gleich ist. In Abb. 10.10 sind die Wärmeleitfähigkeit und die Dichte einiger Materialien nach [1] aufgelistet1 .

10.2.1 Aluminium und Aluminiumlegierungen Fremdatome im Aluminium beeinflussen die Materialkosten, die Verarbeitbarkeit und die Werkstoffeigenschaften. In Abb. 10.11 ist die Wärmeleitfähigkeit von Aluminium als Soweit nicht anders angegeben bezieht sich die Wärmeleitfähigkeit auf 100 ıC und die Dichte auf 20 ı C. Die Werte für Kunststoff geben auf Grund der großen Varianz lediglich eine Größenordnung an.

1

130

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Kühlkörper

Abb. 10.10 Wärmeleitfähigkeit und Dichte von Kühlkörpermaterialien

Funktion des Mg-Gehalts bei den Temperaturen # D 20, 100 und 200 ı C dargestellt [2]. Mit zunehmendem Mg-Gehalt und abnehmender Temperatur wird die Wärmeleitfähigkeit kleiner. Fremdatome stören die regelmäßige Gitterstruktur im Metall und damit die Ausbreitung der Phononen, die die Energie transportieren. Einen vergleichbaren Einfluss haben Silizium-Fremdatome in Reinaluminium. Mit zunehmendem Si-Atomanteil sinkt die Wärmeleitfähigkeit, Abb. 10.12. Bis 5 Massen-% fällt die Kurve steil ab, danach wird der Einfluss der Fremdatome geringer, die Kurve wird flacher [3]. Abb. 10.13 zeigt die Wärmeleitfähigkeit von Aluminiumlegierungen als Funktion der Temperatur. Die Legierung AA1050 besteht aus mindestens 99,5 % Aluminium, die Legierung AA6061 hat einen Aluminiumanteil zwischen 95.85 und 98.56 % und die Legierung AA7075 zwischen 87,1 und 91,4 %. Mit steigender Temperatur steigt die Wärmeleitfähigkeit, mit zunehmendem Fremdatomanteil fällt sie [2]. Für die Berechnung der temperaturabhängigen Wärmeleitfähigkeit weiterer Metalle und Kunststoffe siehe Abschn. 2.1, Tab. 2.1.

10.2 Kühlkörpermaterial Abb. 10.11 Wärmeleitfähigkeit von Aluminium abhängig vom Magnesium-Gehalt mit der Temperatur als Parameter

Abb. 10.12 Wärmeleitfähigkeit von Aluminium bei # D 40 ı C abhängig vom Silizium-Gehalt

Abb. 10.13 Wärmeleitfähigkeit von Aluminiumlegierungen abhängig von der Temperatur

131

132

10

Kühlkörper

Abb. 10.14 Änderung der Kunststoffeigenschaften in Abhängigkeit von der Füllstoffkonzentration.

10.2.2

Wärmeleitfähige Kunststoffe

Wärmeleitfähige Kunststoffe bekommen als Kühlkörpermaterial zunehmend Bedeutung. Sie bestehen aus einer Polymermatrix, die mit hoch wärmeleitfähigen Partikeln gefüllt ist. Als Füllstoff kommen z. B. Keramik, Aluminiumnitrid, Bornitrid, Zinkoxid oder Graphit in Frage. Mit zunehmendem Füllstoffgehalt wird die Wärmeleitfähigkeit größer. Bei elektrisch leitfähigem Füllstoff nimmt gleichzeitig die elektrische Leitfähigkeit des gefüllten Kunststoffs zu, während die Zugfestigkeit, die Bruchdehnung und die Fließfähigkeit abnehmen, Abb. 10.14. Eine ausreichende Fließfähigkeit ist die Voraussetzung für eine kosteneffektive Verarbeitung, beispielsweise mit dem Spritzgussverfahren. Die Füllstoffkonzentration und die Partikelform beeinflussen außerdem das abrasive Verhalten flüssiger Kunststoffe bei der Prozessierung. Nachteilig ist ihre vergleichsweise geringe Wärmeleitfähigkeit. Bei elektrisch isolierenden Materialien sind Werte bis etwa 10 W/(m K) möglich. Höhere Werte gehen zu Lasten der elektrischen Isolationsfestigkeit. Wärmeleitfähige Kunststoffe haben gegenüber metallischen Werkstoffen den Vorteil geringerer Dichte, geringerer Material- und Fertigungskosten und einer höheren Gestaltungsfreiheit beim Design. Ein wesentlicher Vorteil elektrisch isolierender Kunststoffe gegenüber Metallen ist, dass das Layout mit den elektronischen Bauelementen direkt auf dem Kühlkörper befestigt werden kann, ohne zusätzliche elektrische Isolation. Diese bringt, z. B. in Form einer Folie, einen zusätzlichen thermischen Widerstand mit sich. Kühlkörper aus wärmeleitfähigem Kunststoff sind besonders bei kurzen Rippen und natürlicher Konvektion interessant, vgl. Abschn. 9.2.3, Abb. 9.6. Im betrachteten Beispiel ist bis etwa 10 mm Rippenlänge bei natürlicher Konvektion die Leistungsziffer R der Kunststoffrippe annähernd gleich wie die der Aluminiumrippe. Die geringe Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu Metall kann bei Kunststoffkühlkörpern teilweise kompensiert werden, in dem der Wärmeeintrag in die Baseplate großflächig

10.3 Kühlkörperoberfläche

133

und homogen erfolgt. Damit entfällt die Funktion der Baseplate als Wärmespreizer. Es bleibt die Wärmeleitung senkrecht zur Baseplate.

10.3 Kühlkörperoberfläche Die Oberfläche eines Kühlkörpers wird aus ästhetischen Gründen behandelt, oder um die Korrosionsfestigkeit oder den Emissionsgrad zu erhöhen. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, wie z. B. Eloxieren, Lackieren, Sandstrahlen, oder Nass- und Pulverbeschichten. Mit höherem Emissionsgrad verbessert sich der Strahlungspfad. Im Wesentlichen tragen die Außenflächen eines Kühlkörpers, die mit ihrer Umgebung im Strahlungsaustausch stehen, dazu bei. Die Flächen der inneren Rippen strahlen sich gegenseitig an und geben, besonders bei kleinen Rippenabständen, kaum Strahlungswärme an die Umgebung ab. Bei erzwungener Konvektion dominiert der konvektive Wärmepfad gegenüber dem Strahlungspfad. Der Emissionsgrad hat damit am insgesamt abgegebenen Wärmestrom nur einen kleinen Anteil. Eine Oberflächenbeschichtung ist dann aus thermischer Sicht in der Regel nicht wirtschaftlich. Abb. 10.15 zeigt die Emissionsgrade in Normalenrichtung n von typischen Kühlkörpermaterialien. Die Werte stammen aus [4, 5], Aluminium Guss wurde am ZFW Stuttgart gemessen. In der Literatur finden sich bei Emissionsgraden oft abweichende Werte. Ein Grund dafür ist, dass sich der Zustand einer Oberflächen nicht eindeutig auf einfache Weise beschreiben lässt. Beispielsweise ist die Bezeichnung „oxidiert“ nur eine grobe Charakterisierung. Der Emissionsgrad einer oxidierten Oberfläche kann in weitem Bereich variieren.

Abb. 10.15 Emissionsgrade in Normalenrichtung von Kühlkörpermaterialien.

134

10

Kühlkörper

Abb. 10.16 Rippenkühlkörper, der senkrecht ausgerichtet ist und parallel zu den Rippen durchströmt (natürliche Konvektion)

10.4 Berechnung des optimalen Rippenabstandes eines Kühlkörpers Im Folgenden wird ein Rippenkühlkörper betrachtet, der senkrecht ausgerichtet ist und seine Wärme durch freie Konvektion abgibt, Abb. 10.16. Die Baseplate des Kühlkörpers sei auf der konstanten, homogenen Temperatur TB . Bei gegebener Grundfläche B x H gibt es für den Rippenabstand a ein Optimum: Bei zu kleinem Abstand wird der Strömungswiderstand zwischen den Rippen so groß, dass sich dort keine Strömung ausbilden kann und bei zu großem Rippenabstand wird Wärme abgebende Kühlkörperfläche verschenkt. Nach [6, 7] gilt für den optimalen Rippenabstand s aopt D 2;66

4

H 2 g ˇ Ri .TB  Tu / P r

(10.1)

und die über die Rippenoberflächen gemittelte Nusselt-Zahl

˛R a Nu D D F

"

576 2;873 Cp 2 .R El/ R El

#1=2 :

(10.2)

Bei isothermen Rippen kann in Gl. 10.2 der Rippenwirkungsgrad R D 1 gesetzt werden. Für den Sonderfall isothermer, dünner Rippen mit d a, berechnet sich der optimale Rippenabstand aopt;i mit

aopt;i D 2;714

H 1=4

RaH

:

(10.3)

10.4 Berechnung des optimalen Rippenabstandes eines Kühlkörpers

135

Die Nusselt-Zahl N uopt;i mit dem Rippenabstand aopt;i als charakteristische Größe wird für diesen Fall zu

N uopt;i D

˛ aopt;i D 1;31 F

(10.4)

mit aopt;i : optimaler Rippenabstand im Fall isothermer Rippen in m H: Höhe der Baseplate in m : mittlere kinematische Viskosität des Fluids in m2 /s g D 9;81 m=s2 : Erdbeschleunigung ˇ: Raumausdehnungskoeffizient in 1/K (für ideale Gase gilt ˇ D 1=T , T: absolute Temperatur in K) Rippenwirkungsgrad R : Baseplatetemperatur in K TB : Umgebungstemperatur in K Tu : P r: Prandtl-Zahl g ˇ .TB  Tu / P r a4 : Elenbaas-Zahl El D H 2 g ˇ .TB  Tu / H 3 RaH D GrH P r D P r: Rayleigh-Zahl mit der charakteristischen 2 Länge H g ˇ .TB  Tu / H 3 GrH D : Grashof-Zahl mit der charakteristischen Länge H 2 ˛: Wärmeübergangskoeffizient an der Kühlkörperoberfläche in W/(m2 K) Wärmeleitfähigkeit des umgebenden Fluids in W/(m K). F : Beispiel

Eine Fläche mit B H D 20 cm 10 cm soll zur besseren Wärmeabfuhr mit Kühlrippen versehen werden. Es sind Rechteckrippen der Dicke d D 1 mm und der Länge L D 2 cm vorgesehen. Diese sollen vertikal und äquidistant angebracht werden, vgl. Abb. 10.16. Die Temperatur der Fläche beträgt 80 ı C, die der Umgebungsluft 20 ı C. Folgende Annahmen können getroffen werden: Wärme wird nur durch natürliche Konvektion übertragen, die Rippen sind isotherm und ihre Dicke wird gegenüber dem Rippenabstand als sehr klein betrachtet. 1. Wie groß ist der optimale Abstand aopt;i zwischen den Rippen in diesem Fall? 2. Welcher Wärmestrom lässt sich damit von der 80 ı C heißen Fläche abführen?

136

10

Kühlkörper

Lösung: 1. Optimaler Rippenabstand Es sind die Stoffwerte bei der Mitteltemperatur Tm aus der Baseplatetemperatur TB und der Umgebungstemperatur TU einzusetzen mit Tm D

TB C TU 80 ı C C 20 ı C D D 50 ı C : 2 2

Aus [8] erhält man P r D 0;7045, D 182;7  107 m=s2 und F D 0;02808 W/(m K). Unter der Annahme, dass Luft als ideales Gas behandelt werden kann, wird der Raumausdehnungskoeffizient zu ˇD

1 1 D D 0;003094538 1=K : T .273;15 C 50/ K

Für die Rayleigh-Zahl gilt damit RaH D D

g ˇ .TB  Tu / H 3 Pr 2 9;81 m2 =s  0;003094538 1=K  .80  20/ K  .0;1 m/3 .182;7  107 m=s2 /2

 0;7045

D 3;844  106 und für den optimalen Rippenabstand aopt;i D 2;714

H 1=4 RaH

D 2;714

0;1 m D 0;0061 m D 6;1 mm : .3;844  106 /1=4

Damit passen auf die Breite B D 0;2 m insgesamt N Rippen mit N D

0;2 m  0;001 m B d C1D C 1  29 Rippen : aopt;i C d 0;0061 m C 0;001 m

2. Abgeführter Wärmestrom Für den Wärmeübergangskoeffizient ˛ an der Kühlkörperoberfläche gilt mit ˛ aopt;i D 1;31 F F 0;02808 W=.mK/ ˛ D 1;31 D 1;31  D 6;03 W=.m2 K/ : aopt;i 0;0061 m

N uopt;i D

Damit ist der über die Rippen abgeführte Wärmestrom QP D 2 N H L ˛ .TB  TU / D 2  29  0;1 m  0;02 cm  6;03 W=.m K/  .80  20/ K  42 W :

10.5 Messung der Leistungsfähigkeit eines Kühlkörpers

137

Abb. 10.17 Wärmeübergangskoeffizient und abgegebener Wärmestrom in Abhängigkeit vom Rippenabstand

Abb. 10.17 zeigt den Wärmeübergangskoeffizient ˛ an der Rippenoberfläche und den über die Rippen abgegebenen Wärmestrom QP als Funktion des Rippenabstandes a. Die Werte von ˛ wurden mit Gl. 10.2 berechnet mit R D 0;9. Ab etwa 15 mm Rippenabstand ist der Wärmeübergangskoeffizient ˛ konstant. Die Strömung zwischen den Rippen ist ausgebildet. Benachbarte Rippen beeinflussen sich nicht mehr. Gleichzeitig nimmt die wärmeübertragende Oberfläche mit zunehmendem Abstand a ab, da auf der konstanten Grundfläche immer wenige Rippen Platz haben. Für den übertragenen Wärmestrom ergibt sich damit ein Maximum von etwa 40 W bei einem optimalen Rippenabstand von ca. a D 6 mm.

10.5 Messung der Leistungsfähigkeit eines Kühlkörpers Die Leistungsfähigkeit eines Kühlkörpers wird anhand seines thermischen Widerstands (R t h -Wert) beurteilt. In den Kühlkörper wird dazu ein Wärmestrom eingeprägt und die Temperaturdifferenz zwischen Kühlkörper und Umgebung gemessen, Abb. 10.18. Es gilt

Rt h D

QP TKK  TU

(10.5)

mit P Q:

Wärmestrom, der über die Verlustleistung Pv in die Baseplate des Kühlkörpers eingeprägt wird in W TKK : Kühlkörpertemperatur in K TU : Umgebungstemperatur in K.

138

10

Kühlkörper

Abb. 10.18 Bestimmung des thermischen Widerstands eines Kühlkörpers

Für die Charakterisierung bei erzwungener Konvektion wird der Kühlkörper in einem Windkanal mit verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten angeströmt. Der gemessene R t h -Wert des Kühlkörpers hängt von vielen Randbedingungen und Messparametern ab. Dazu gehören  das Temperaturniveau des Kühlkörpers, die Temperatur seiner Strahlungspartner und die Umgebungstemperatur.  der Flächenanteil der Heizquelle an der Baseplatefläche, über die die Wärme eingekoppelt wird. Je kleiner dieser Flächenanteil ist, desto wichtiger ist die Wärmespreizung in der Baseplate.  der Anteil des Wärmestroms, der von der Heizquelle direkt an die Umgebung verloren geht und nicht in die Baseplate eingekoppelt wird.  die Temperaturmessstelle am Kühlkörper, da die Kühlkörpertemperatur im Allgemeinen nicht homogen ist.  die Art der Strömung (laminar oder turbulent).  ein möglicher Bypass, über den das Fluid dem Kühlkörper ausweichen kann oder durch den gesamten Kühlkörper strömen muss, da dieser den Strömungskanal vollständig ausfüllt. Für den Messaufbau zur Charakterisierung von Kühlkörpern gibt es keine einheitliche Messvorschrift. Nahezu jedes Messlabor nutzt seinen eigenen Aufbau mit den jeweiligen Randbedingungen und Messparametern. Messergebnisse verschiedener Labore sind deshalb in der Regel nicht vergleichbar. Generell gilt: Die Messwerte sind wertlos, falls nicht alle Randbedingungen und Parameter der Messung vollständig und eindeutig angegeben sind. Abhilfe können Messungen in einem Windkanal sein, der eine laminare Strömung mit bekanntem, niedrigen Turbulenzgrad liefert. Wärmeverluste bei der Beheizung des Kühlkörpers lassen sich entscheidend mit einem symmetrischen Aufbau verringern, Abb. 10.19. Der Windkanal besteht aus zwei gleichen Strömungskanälen. Mittig werden zwei gleiche Kühlkörpern montiert. Zwischen den Kühlkörpern befindet sich eine Heizfolie, die die Baseplate der Kühlkörper vollständig bedeckt. Bei symmetrischem

10.5 Messung der Leistungsfähigkeit eines Kühlkörpers

139

Abb. 10.19 Schematische Darstellung eines Modellwindkanals (Draufsicht) zur Bestimmung des thermischen Widerstands eines Kühlkörpers

Aufbau teilt sich der Wärmestrom der Heizfolie hälftig auf die beiden Kühlkörper auf. Aufgrund der symmetrischen Temperaturverhältnisse gibt es senkrecht zur Heizfolie keine Wärmeverluste. Die Kühlkörpertemperaturen werden jeweils an der Baseplate mittig gemessen. Dieser Messaufbau liefert im Allgemeinen nicht die R t h -Werte der praktischen Applikation des Kühlkörpers. Bei realem Einbau in einer Elektronik wird der Kühlkörper selten laminar und parallel zu seiner Baseplate angeströmt. Dieser Messaufbau liefert jedoch reproduzierbare R t h -Werte, die den Vergleich verschiedener Kühlkörper bei gleichen, definierten Messbedingungen ermöglicht. Abb. 10.20 Thermischer Widerstand eines Rippenkühlkörpers in Abhängigkeit der Anströmgeschwindigkeit

140

10

Kühlkörper

Abb. 10.20 zeigt beispielhaft die gemessenen R t h Werte eines Rippenkühlkörpers mit der quadratischen Baseplateabmessung von 25 mm. Die Werte stammen aus dem oben beschriebenen Messaufbau (Abb. 10.19) mit einer Heizleistung von insgesamt 40 W und einer Umgebungstemperatur von 23 ı C. Mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit wird der thermische Widerstand kleiner und die Kurve verläuft flacher. Bereits kleine Strömungsgeschwindigkeiten unter 1 m/s reduzieren den thermischen Widerstand deutlich.

10.6 Zusammenfassung

Für die Kühlung elektronischer Systeme stehen viele verschiedene Kühlkörpertypen unterschiedlicher Geometrie, Materialien und Oberflächen zur Verfügung. Ihre Leistungsfähigkeit wird durch den R t h -Wert bei bestimmten Strömungsverhältnissen beschrieben. Für dessen Bestimmung gibt es keinen Standard oder einheitliche Vorschriften. Die von den Herstellern angegebenen Werte sind deshalb nicht vergleichbar. Generell sind R t h -Werte von Kühlkörpern ohne vollständige Angabe der Messbedingungen oder Berechnungsparameter wertlos. Für die thermische Optimierung eines Systems muss der Kühlkörper im Einbau unter realen Einsatzbedingungen betrachtet werden. Für die Berechnung mit einfachen Randbedingungen gibt es analytische Gleichungen, für den Fall ungerichteter, turbulenter Strömung mit Strahlungsaustausch numerische Berechnungsprogramme (CFD).

Literatur 1. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, D6 2. Spittel M, Spittel T (2011) Thermal conductivity of light metal alloys. In: Warlimont H (Hrsg) Part 2: Non-Ferrous Alloys – Light Metals. Landolt-Börnstein – Group VIII Advanced Materials and Technologies (Numerical Data and Functional Relationships in Science and Technology), vol 2C2. Springer, Berlin, Heidelberg 3. Zhang Y, Wang X, Wu J (2009) The Influence of Silicon Content on the Thermal Conductivity of Al–Si/Diamond Composites. International Conference on Electronic Packaging Technology & High Density Packaging (ICEPT-HDP), Beijing, S 708–712 4. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, K1 5. Baehr HD, Stephan K (2019) Wärme- und Stoffübertragung, 10. Aufl. Springer Vieweg, Berlin, S 775 6. Bar-Cohnen A, Rohsenow WM (1984) Thermally Optimum Spacing of Vertical, Natural Convection Cooled, Parallel Plates. J Heat Transf 106(1):116–123 7. Bar-Cohen A (2003) Design of Optimum Plate-Fin Natural Convective Heat Sinks. J Electron Packag 125:208–216 8. VDI-Wärmeatlas (2013) 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, D2

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Ein optimiertes Wärmemanagement in elektronischen Systemen setzt voraus, dass die Wärmepfade von der Quelle bis zur Umgebung bekannt sind. Dazu gehören die geometrischen Verhältnisse, die thermischen Widerstände und die Wärmekapazitäten der einzelnen Schichten. Zwischen den Festkörperoberflächen bestimmen die thermischen Kontaktwiderstände den Wärmetransport und vom Festkörper an das umgebenden Fluid die Wärmeübergangskoeffizienten. Abb. 11.1 zeigt als Beispiel den Wärmepfad einer LED von der Junction (pn-Übergang) bis zur Umgebung. Der Pfad ist zur Vereinfachung eindimensional mit thermischen Widerständen ohne Wärmekapazitäten dargestellt. Wärmestrahlung wird nicht betrachtet. Das Ziel der Analyse ist letztlich, den größten Widerstand und damit den Flaschenhals im Wärmepfad zu identifizieren. Dafür steht eine Vielzahl von Messverfahren zur Verfügung. Alle Methoden haben gemeinsam, ähnlich der Analyse mechanischer oder elektrischer Systeme, dass die Probe bei der Messung mit einem Temperaturoder Wärmestromsignal beaufschlagt und die thermische Antwort gemessen wird. Die Anregung erfolgt in der Regel über einen Puls, eine Sprungfunktion oder eine periodische Schwingung, Abb. 11.2. Die thermische Antwort wird berechnet. Aus dem Vergleich der gemessenen mit der berechneten thermischen Antwort ergibt sich die gesuchte thermische Eigenschaft des Systems.

11.1 Laser-Flash-Methode 11.1.1 Messprinzip Die Laser-Flash-Methode geht auf Parker et al zurück [1]. Die Probe wird durch den Lichtblitz eines Lasers oder einer Xenon-Lampe einseitig erwärmt. Auf der gegenüberliegenden Probenseite misst ein gekühlter IR-Detektor den resultierenden Temperaturverlauf, Abb. 11.3. Die Energie des Lichtblitzes liegt im Bereich einiger Joule, die Temperaturerhöhung der Probe in der Größenordnung von wenigen Kelvin. Die Pulsbreite des © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_11

141

142

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.1 Wärmepfad eines LED-Aufbaus (vereinfachtes Modell)

Lichtblitzes lässt sich anpassen. Bei Proben mit geringem thermischem Widerstand (z. B. Kupferfolien) werden wenige 10 s gewählt, bei Proben mit höherem thermischen Widerstand (Kunststoffplättchen mit der Dicke von 2–3 mm) bis zu 1 ms. Der Temperaturverlauf wird vorab berechnet. Die gesuchte Temperaturleitfähigkeit a ist dabei zunächst ein unbekannter Parameter. Dieser wird aus dem Vergleich des gemessenen mit dem berechneten Temperaturverlauf bestimmt. Die genaue Leistung der Lichtquelle, der Absorptionsgrad der Probe an der Unterseite und der Emissionsgrad an der Oberseite sind nicht bekannt. Demzufolge ist der Betrag der Energie, die in die Probe eingekoppelt wird, unbekannt. Für die Auswertung steht damit nur die Temperaturerhöhung T .t/  To zur Verfügung (To : Temperatur des Ausgangszustands), nicht aber die absoluten Temperaturen. Daraus lässt sich prinzipiell nur die Temperaturleitfähigkeit a, nicht aber die Wärmeleitfähigkeit  ableiten. Für die Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit aus der Temperaturleitfähigkeit müssen mit  D a  cp zusätzlich die Dichte und die spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck cp ge-

Abb. 11.2 Thermische Charakterisierung eines Systems durch Anregung mit a einer Pulsfunktion, b einer Sprungfunktion oder c einer periodischen Schwingung

11.1

Laser-Flash-Methode

143

Abb. 11.3 Prinzip der Laser-Flash-Methode zur Messung der Temperaturleitfähigkeit (links) und Messsignal mit angepasster, berechneter Kurve (rechts) Abb. 11.4 Beispiel eines kommerziell verfügbaren Laser-Flash Tischgeräts

messen werden. Die Dichte  wird mit der Auftriebsmethode bestimmt, die spezifische Wärmekapazität mit dem Kalorimeter. Mit einer Referenzprobe, einem Material ähnlicher thermischer Eigenschaften und Dicke wie die Probe, erhält man die Wärmekapazität ebenfalls mit der Laser-Flash-Methode. Dazu wird bei gleichen Messparametern die Signalhöhe von Referenz und Probe verglichen. Abb. 11.4 zeigt ein kommerziell verfügbares Laser-Flash-Tischgerät der Firma Netzsch1 . Die Laser-Flash-Methode wird in verschiedenen Normen beschrieben, so z. B. in der DIN-Norm EN ISO 22007-4 [2] und der ASTM-Norm E1461 [3]. 1

Firma NETZSCH-Gerätebau GmbH, Selb.

144

11

Messmethoden der thermischen Analyse

11.1.2 Mathematischer Hintergrund Für die Berechnung der Temperaturleitfähigkeit a aus der Messkurve wurde in den Anfängen die sogenannte t1=2 -Methode entwickelt. Dabei wird ein Berechnungsmodell verwendet, bei dem die Probe als unendliche Platte betrachtet wird. Wärmeverluste durch Leitung, Konvektion und Strahlung werden vernachlässigt und der Lichtblitz als idealer Deltaimpuls behandelt. Die Temperaturleitfähigkeit der Probe ergibt sich näherungsweise mit a D 0;1388

d2 t1=2

(11.1)

mit der Probendicke d in m und der Zeit t1=2 in s, die nach dem Puls vergeht, bis die Hälfte der Sättigungstemperatur erreicht ist. Mit der Zeit wurden die mathematische Modelle zur Berechnung des Temperaturverlaufs verfeinert [4–6]. Heute werden in den Berechnungsmodellen Wärmeverluste und die endliche Pulsbreite des Lichtblitzes berücksichtigt. Außerdem kann bei einer Temperaturdrift des Gesamtsystems nach der Messung die Baseline angepasst werden. Bei porösen und rauen Oberflächen wird die Lichtenergie nicht wie bei der t1=2 -Methode vorausgesetzt, vollständig an der unteren Probenoberfläche absorbiert, sondern dringt etwas in die Probe ein. Auch dies lässt sich im mathematischen Modell abbilden. Bei sehr dünnen Schichten im Bereich einiger Nanometer wird Wärme nicht durch Diffusion transportiert, sondern durch einen ballistischen Prozess. Der Wärmetransport lässt sich in diesem Fall nicht mit der Fourierschen Wärmeleitungstheorie beschreiben, sondern mit speziellen Algorithmen, die bei der Berechnung des Temperaturverlaufs verwendet werden. Anwendungen finden sich z. B. bei der Charakterisierung dünner Schichten von Halbleitern. Die Temperaturleitfähigkeit a wird aus der Messkurve bestimmt, in dem der berechnete Temperaturverlauf mit einem Fitalgorithmus an die Messkurve angepasst wird, siehe Abb. 11.3 (rechts). In der Regel stimmen auf Grund der ausgefeilten mathematischen Modelle die gemessene und die berechnete Kurve nach der Anpassung hervorragend überein.

11.1.3 Anwendungsbereich Die Laser-Flash-Methode wurde ursprünglich für die Messung der Temperaturleitfähigkeit von homogenen, isotrop wärmeleitenden Festkörpern entwickelt. Das ist bis heute die Hauptanwendung. Zusätzlich lässt sich mittlerweile von guten thermischen Leitern und dünnen Folien die Temperaturleitfähigkeit in der Ebene (x,y-Richtung) bestimmen. Dazu wird ein Probenhalter verwendet, an dessen Oberseite radiale Schlitze angebracht sind, Abb. 11.5a. Durch diese wird die Temperaturerhöhung der Probe gemessen. Die Unterseite besteht aus einer Blende mit mittiger Öffnung, Abb. 11.5b. Die zu messende Folie wird in den unteren

11.1

Laser-Flash-Methode

Abb. 11.5 Beispiel eines Probenhalters zur Messung der x,y-Temperaturleitfähigkeit von guten thermischen Leitern und dünnen Folien

145 a

b

Oberseite

Unterseite

Teil des Probenhalters gelegt und mit dem oberen Teil abgedeckt. Damit wird die radiale Wärmeausbreitung erfasst. Anisotrope Wärmeleitung in der Ebene, d. h. unterschiedliche Werte in x- und y-Richtung lassen sich nicht auflösen. Die Wärmekapazität von dünnen Proben und Folien bzw. anisotrop wärmeleitenden Materialien kann mit der Laser-FlashMethode nicht bestimmt werden. Dazu ist eine separate, kalorische Messung erforderlich. Auch flüssige und pastöse Proben sind mit der Laser-Flash-Methode messbar. Der Probenhalter besteht dann aus einer kleinen, geschlossen Dose, in die die Probe gefüllt wird. Die Temperaturleitfähigkeit anisotrop wärmeleitender Festkörper, wie z. B. FR4-Leiterplattensubstrat, lässt sich mit einem Trick messen: In einer ersten Messung wird mit dem Standardverfahren die Temperaturleitfähigkeit durch die Ebene (z-Richtung) bestimmt. Anschließend folgt eine zweite Messung. Dazu wird die Probe in Streifen geschnitten. Typische Abmessungen sind 2 mm × 2 mm × 12,7 mm. Die Streifen werden ausgehend von der ersten Messung um 90 ı gedreht und in einem speziellen Probenhalter zu einer Fläche von ca. 12,7 mm × 12,7 mm zusammengeklemmt, Abb. 11.6. Diese Messung liefert die Temperaturleitfähigkeit der Probe in der Ebene (x,y-Richtung). Die Wärmekapazität und die Dichte sind isotrope Stoffeigenschaften. Es genügt daher, diese in eine Richtung zu bestimmen.

Abb. 11.6 Beispiel eines Probenhalters zur Messung der anisotropen Temperaturleitfähigkeit (Messung in Streifen um 90 ı gedreht)

146

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Auch Mehrschichtsysteme lassen sich prinzipiell mit der Laser-Flash-Methode messen. Die Temperaturleitfähigkeit einer Schicht im Aufbau kann bestimmt werden, wenn von dieser Schicht die Dicke, die Dichte und die Wärmekapazität bekannt sind und von den anderen Schichten im Aufbau der komplette Parametersatz vorliegt. Dazu gehören die Schichtdicke, die Dichte, die Wärmekapazität und die Temperaturleitfähigkeit.

11.1.4 Probenvorbereitung und Messablauf Aus dem zu untersuchenden Material wird eine Probe ausgefräst. Die Proben sind typischerweise quadratisch mit z. B. 12,7 mm × 12,7 mm × 1–3 mm oder zylinderförmig mit 12,7 mm × 1–3 mm. In der Ebene (x,y-Richtung) sind Toleranzen von C0=  0;1 mm einzuhalten. Die Probendicke wird an mehreren Stellen Mikrometer genau gemessen, wobei der größte und kleinste Messwert weniger als 0,25 % vom Mittelwert abweichen sollten. Zur Verbesserung der Absorption des Lichtpulses und zur Verbesserung der Emission der Wärmestrahlung wird die Probe beidseitig mit Glasperlenstrahlung behandelt und mit einer dünnen Grafitschicht besprüht. Transparente Proben werden vorab mit einer Goldschicht besputtert. Die Referenzprobe, die für die Messung der Wärmekapazität erforderlich ist, wird gleich wie die zu messende Probe behandelt. Das Messprogramm ist in der Regel automatisiert. Die Temperaturstufen der Probenkammer und die Anzahl der Schüsse je Temperaturstufen sind frei wählbar. Die Dauer einer Einzelmessung hängt vom thermischen Widerstand der Probe ab. Sie liegt zwischen einigen Millisekunden und mehreren Sekunden. Zwischen zwei Messungen sollte eine Abkühlphase von mehreren 10 s liegen, damit die Probe auf ihre Ausgangstemperatur abkühlen kann. Bei der Auswertung ist das genaueste mathematische Modell zur Berechnung des Temperaturverlaufs zu wählen. Kriterium ist hierfür die beste Übereinstimmung von Messkurve und berechneter Kurve.

11.1.5 Messbereich und Messabweichung Der Messbereich hängt vom jeweiligen Gerät und dem Zustand der Probe ab, ebenso die Messabweichungen. Typische Werte für den Messbereich sind Temperaturleitfähigkeit: 0,01–2000 mm2 /s Wärmeleitfähigkeit: 0,1–2000 W/(m K) und für die Messabweichung der Temperaturleitfähigkeit: ˙3 % Wärmekapazität: ˙5 %.

11.2

Stationäre Zylindermethode

147

Nach dem Gesetz der Fehlerfortpflanzung ergibt sich mit  D a  cp und einer typischen Messabweichung der Dichte von ˙0;5 % für die Wärmeleitfähigkeit eine Messabweichung von ˙9 %. Messungen sind prinzipiell im Temperaturbereich von weniger als 100 ı C bis weit über 1000 ı C möglich. Dieser große Bereich kann allerdings nicht von einem einzigen Gerät abgedeckt werden.

11.1.6 Zusammenfassung

Die Laser-Flash-Methode hat sich als Standardmethode für die Messung der Temperaturleitfähigkeit von homogenen, isotropen Festkörpern etabliert. Sie liefert mit einer typischen Messabweichung von ˙3 % eine hervorragende Genauigkeit. Mit einer Referenzmessung lässt sich zusätzlich die Wärmekapazität bestimmen. Daraus ergibt sich bei bekannter Dichte die Wärmeleitfähigkeit der Probe. Messungen von Folien, Flüssigkeiten, Pasten und Mehrschichtsystemen sind ebenfalls möglich, benötigen in der Regel aber einen höheren Messaufwand und liefern oft eine geringere Messgenauigkeit. Das Verfahren arbeitet kontaktlos. Die resultierenden Temperatur- und Wärmeleitfähigkeiten sind Stoffwerte des Bulk-Materials und beinhalten keine thermischen Kontaktwiderstände, wie sie z. B. bei der Kontaktierung mit einem Prüfstempel entstehen. Messungen unter definiertem, mechanischem Druck, wie es z. B. die Charakterisierung von thermischen Interfacematerialien fordert, sind nicht möglich.

11.2 Stationäre Zylindermethode 11.2.1 Messprinzip Die stationäre Zylindermethode liefert den thermischen Widerstand und die Wärmeleitfähigkeit von Festkörpern, Elastomeren, Pasten und Folien. Sie wird in der ASTM-Norm D5470-17 [7] beschrieben. Für die Messung wird die Probe zwischen zwei Referenzzylinder aus Metall (meist Aluminium) geklemmt und mit einem stationären Wärmestrom beaufschlagt, Abb. 11.7. Der obere Zylinder wird elektrisch beheizt, der untere mit einem Thermostat gekühlt. Ausgehend von der Heizung als Wärmequelle entsteht ein Wärmestrom, der durch den oberen Zylinder, die Probe und den unteren Zylinder fließt. Entlang des Wärmepfads werden an mehreren definierten Stellen die Temperaturen gemessen. Bei bekannter Wärmeleitfähigkeit  des Referenzmaterials und dem Abstand x zweier Thermoelemente ergibt sich für den Wärmestrom T QP D  A x

(11.2)

148

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.7 Prinzip der stationären Zylindermethode zur Messung der effektiven Wärmeleitfähigkeit

im oberen und unteren Zylinder (vgl. Gl. 2.1, Kap. 2). Auf Grund von Wärmeverlusten ist der Wärmestrom im oberen Zylinder etwas höher als im unteren. Bei der Auswertung wird der Mittelwert eingesetzt. Für die Temperaturmessung werden meist dünne Mantelthermoelemente oder Widerstandsthermometer verwendet, die über Bohrungen in den Referenzzylindern mittig fixiert sind. Entlang den Zylindern verläuft die Temperatur in Richtung des Wärmestroms annähernd linear, an der Probe entsteht ein Temperatursprung. Aus dem Temperatursprung T und dem Wärmestrom QP durch die Probe berechnet sich der thermische Widerstand R t h der Probe in K/W mit Rt h D

T : QP

(11.3)

Mit der Probendicke d und der Querschnittsfläche A der Probe ergibt sich daraus die effektive Wärmeleitfähigkeit eff in W/(m K): eff D

d : Rt h A

(11.4)

Dadurch, dass die Temperaturen nicht in der Probe selbst, sondern in den Referenzzylindern gemessen werden, beinhaltet der Temperatursprung den Einfluss des Bulk-Materials und zusätzlich den Einfluss der Kontaktflächen. Der gemessene thermische Widerstand besteht demnach aus drei Anteilen: dem Widerstand des reinen Bulk-Materials R t h;B und zwei Kontaktwiderständen R t h;RP zwischen den Referenzzylindern und der Probe, Abb. 11.8. Je dünner und härter die Probe ist, desto größer ist der Anteil der Kontaktwiderstände am Gesamtwiderstand. Beispielsweise können bei einer Polyimide-Folie der Dicke 30 m die Kontaktwiderstände größer sein als der Bulk-Widerstand. Dagegen sind z. B. bei einem weichen Silikon-Pad der Dicke 5 mm die Übergangswiderstände gegenüber dem Bulk-Widerstand vernachlässigbar. Zur Kennzeichnung, dass die angegebene Wärmeleitfähigkeit den Einfluss der beiden Kontaktflächen enthält, spricht man von der effektiven Wärmeleitfähigkeit. In der Praxis sind Messungen mit mechanischen Anpressdrücken bis maximal 20 bar gefordert. Das Messgerät hat dazu eine Pumpe oder Schraubvorrichtung, mit der die Zy-

11.2

Stationäre Zylindermethode

149

Abb. 11.8 Gemessener thermischer Widerstand als Summe aus Bulk-Widerstand und zwei Kontaktwiderständen

Abb. 11.9 Messabweichung durch Verkippung der Referenzzylinder bei der stationären Zylindermethode

linder definiert zusammengefahren werden können. Bei High-End-Geräten lässt sich der Druck frei wählen und wird automatisch angefahren. Ein Regelalgorithmus hält ihn präzise konstant. Gleichzeitig wird z. B. über ein optisches System die Probendicke gemessen. Umgekehrt lässt sich vorab eine Probendicke wählen, die automatisch eingestellt und gehalten wird. Parallel dazu wird der mechanische Druck gemessen. Mit diesen Möglichkeiten kann zusätzlich zum thermischen Widerstand das Fließverhalten der Probe untersucht werden. Die Veränderung des thermischen Widerstands über mehrerer Stunden oder Tage bei definiertem Druck oder definierter Probendicke liefert z. B. Informationen über das Verhalten von thermischen Interfacematerialien im realen Einbau. Ein wesentliches Qualitätskriterium des Aufbaus einer stationären Zylindermethode ist die Art und Weise, wie die Referenzzylinder positioniert werden. Besonders bei dünnen, harten Proben, wie z. B. Polyimide-Folien, müssen die Zylinder hoch präzise ausgerichtet sein, so dass die Messflächen planparallel und deckungsgleich aufeinander treffen. Die Genauigkeitsanforderungen der Norm [7] reichen für präzise Messungen nicht aus, so z. B. die Forderung, dass die Zylinderoberflächen zur Probe hin „glatt innerhalb von 0,4 m und parallel innerhalb von 5 m“ sein müssen. Beispielsweise führt eine Verkippung der Referenzzylinder um ˛ D 0;1ı (Abb. 11.9) bei einem Zylinderdurchmesser von 30 mm zu einem zusätzlichen thermischen Widerstand von rund R t h D 1;5 K/W. Das ist zehnmal mehr als der thermische Widerstand einer 30 m dicken Polyimide Folie.

150

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.10 Stationäre Zylindermethode (TimTester)

Abb. 11.10 zeigt den Aufbau der stationären Zylindermethode2. Für die Ausrichtung der Zylinder sorgt ein hydraulischer Ausgleich am oberen Zylinder. In der Norm [7] ist die Querschnittsfläche der Referenzzylinder nicht festgelegt. Bei Elastomeren und Pasten hängen die elastischen Eigenschaften bzw. das Fließverhalten der Probe unter mechanischem Druck vom Querschnitt ab. Deshalb ist mit jedem Messergebnis die jeweilige Probengeometrie zu dokumentieren. Auch die Bulk-Wärmeleitfähigkeit, also der reine Stoffwert ohne die Übergangswiderstände, lässt sich mit der stationären Zylindermethode bestimmen. Dazu werden Proben des gleichen Materials verschiedener Dicke benötigt. Bei jeder Probendicke wird der thermische Widerstand gemessen. Dieser setzt sich aus dem Bulk-Wert und zwei Kontaktwiderständen zusammen. Die gemessenen R t h -Werte werden in ein Diagramm eingetragen und linear extrapoliert, Abb. 11.11. Der Schnittpunkt der extrapolierten Geraden mit der R t h -Achse liefert die Summe der beiden Kontaktwiderstände. Der gesuchte Bulk-Wert ergibt sich aus dem gemessenen R t h -Wert abzüglich der beiden Kontaktwiderstände. Mit zunehmender Anzahl an Messpunkten wird der Fehler bei der Extrapolation kleiner und die ermittelten Kontaktwiderstände genauer. Im Allgemeinen ist es nicht zulässig eine Probe auf verschiedene Dicken zu komprimieren, anstatt Proben des gleichen Materials unterschiedlicher Dicke zu nehmen, da sich die Bulk-Eigenschaften mit dem Druck ändern können. Auch zeigen Mehrschichtsysteme, wie z. B. gestapelte Wärmeleitpads, im Allgemeinen keine lineares Verhalten gemäß Abb. 11.11. Damit funktioniert das Extrapolationsverfahren in diesen Fällen nicht. Alternativ dazu lässt sich der Bulk-Wert über die Steigung der Geraden bestimmen, da die Kontaktwiderstände nur eine Parallelverschiebung zur d -Achse bewirken, Abb. 11.11. 2

TimTester, gefertigt am Zentrum für Wärmemanagement Stuttgart (ZFW).

11.2

Stationäre Zylindermethode

151

Abb. 11.11 R th -Werte einer Probe mit vier verschiedenen Dicken und Extrapolation zur Probendicke 0

Für die gemessenen thermischen Widerstände zweier Proben des gleichen Materials mit der Wärmeleitfähigkeit  und den Dicken d1 und d2 gilt d1 C 2 R t h;RP A d2 D C 2 R t h;RP : A

R t h;1 D

(11.5)

R t h;2

(11.6)

Die Differenz der Gl. 11.5 und 11.6 liefert d1  d2 d D A A d : D R t h A

R t h D R t h;1  R t h;2 D

(11.7) (11.8)

Mit der Wärmeleitfähigkeit  folgt für den thermischen Widerstand des Bulk-Materials Rt h D

11.2.2

d : A

(11.9)

Anwendungsbereich

Die stationäre Zylindermethode eignet sich für die Messung des thermischen Widerstands einer Probe durch die Ebene (z-Richtung). Laut Norm [7] ist die Methode für drei Materialtypen geeignet.

Type 1: Viskose Flüssigkeiten Dazu gehören beispielsweise Pasten und Phase-Change-Materialien. Diese Stoffe zeigen keinerlei elastisches Verhalten. Wird die wirkende Kraft auf die Materialien entfernt, gibt es keine Rückstell-Tendenzen.

152

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Type 2: Viskoelastisches Material Dazu gehören beispielsweise Gele, sowie weiche und harte Elastomere. Diese Materialien zeigen unter mechanischem Druck eine signifikante Verformung bezüglich ihrer Materialstärke. Typ 3: Festkörper mit vernachlässigbarem Deformationsverhalten Dazu gehören Materialien wie Keramik, Metalle und manche Kunststoffsorten. Mit der stationären Zylindermethode lassen sich Mehrschichtsysteme, wie z. B. IMSSubstrate charakterisieren. Die Methode liefert den Mittelwert des thermischen Widerstands aus allen Schichten im Aufbau. Die Wärmeleitfähigkeit einer einzelnen Schicht im System, z. B. eines Dielektrikums im IMS-Substrat, lässt sich bestimmen, in dem mit einem Schliff die einzelnen Schichtdicken bestimmt werden. Bei bekannten Wärmeleitfähigkeiten der restlichen Schichten (z. B. der Cu-Schichten im IMS) kann die Wärmeleitfähigkeit des Dielektrikums aus dem gemessenen Mittelwert berechnet werden (siehe Gl. 2.22, Abschn. 2.4.1).

11.2.3 Probenvorbereitung und Messablauf Für die Messung ist eine Probe mit dem Querschnitt der Referenzzylinder anzufertigen. Typisch sind Scheiben mit einem Durchmesser von 30 mm. Die Toleranz des Durchmessers liegt in der Größenordnung von C0=  1 mm. Wesentlich höhere Anforderungen stellt die Methode an die Planparallelität der Oberflächen: Besonders bei harten Proben können die Referenzzylinder nur kleine Winkel ausgleichen, siehe Abb. 11.9. Die Abweichung in der Dicke zwischen größtem und kleinstem Messwert sollte typischerweise kleiner als 30 m sein. Folien und Elastomere werden mit einer einfachen Vorrichtung auf die richtige Probengeometrie ausgestanzt, harte Festkörper ausgefräst. Bei harten Proben wird der Kontaktwiderstand zwischen den Referenzzylindern und der Probe mit Wärmeleitpaste oder Silikonöl verringert. Für pastöse Proben gibt es ein Hilfsmittel: Um den unteren Referenzzylinder wird ein Kunststoffring gelegt, auf den das Material auftragen wird. Vorab definierte mechanische Drücke oder Probendicken stellen hochwertige Geräte automatisch ein. Die Temperaturen werden für die Auswertung gespeichert, sobald sich ein thermisches Gleichgewicht eingestellt hat. Diese Bedingung ist nach [7] erfüllt, wenn die Temperaturänderung der Referenzzylinder innerhalb von 5 min kleiner als ˙0;1 K ist. Die Auswertung erfolgt i. d. R. automatisch. Die Messdauern mit mehreren Druckpunkten liegt je Probe in der Größenordnung von 1–2 Stunden.

11.2.4 Messbereich und Messabweichung Der Messbereich und die Messabweichung hängen vom jeweiligen Gerät ab. Typische Werte für den Messbereich sind

11.2

Stationäre Zylindermethode

153

Abb. 11.12 Typischer Verlauf der Fehlerkurve bei Messungen mit der stationären Zylindermethode

Thermischer Widerstand: Schichtdicke: Mechanischer Druck: Probentemperatur:

0,03–50 K/W 10 m–20 mm 0,5–20 bar 5–60 ı C.

Die typische Fehlerkurve hat die Form einer Badewanne, siehe Abb. 11.12. Im Bereich der kleinen thermischen Widerstände (R t h < 0;1 K/W) wird die Messabweichung von der Unsicherheit der Temperaturmessung entlang der Referenzzylinder dominiert. Für große thermische Widerstände (R t h > 10 K/W) dominieren Wärmeverluste im Wärmepfad die Messabweichung. Dazwischen ergeben sich typische Messabweichungen von 6–8 %.

11.2.5 Zusammenfassung

Die stationäre Zylindermethode ist das Standardverfahren für die Charakterisierung thermischer Interfacematerialien, wie z. B. Wärmeleitpads, Pasten und Gele. Die wesentliche Eigenschaft des Verfahrens ist, dass Messungen bei definiertem, mechanischen Druck bzw. definierter Probendicke möglich sind. Die Methode liefert den thermischen Widerstand und die effektive Wärmeleitfähigkeit mit einer typischen Genauigkeit im Bereich von 6–8 %. Zusätzlich kann mit dem Aufbau das Fließverhalten und die maximale Verpressbarkeit der Probe bestimmt werden. Auch Langzeituntersuchungen sind möglich.

154

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Der gemessene thermische Widerstand beinhaltet stets die beiden Kontaktwiderstände zwischen Probe und Referenzzylindern. Das Messergebnis ist damit mit den Ergebnissen der Laser-Flash-Methode (Abschn. 11.1), die als kontaktloses Verfahren den reinen Bulk-Wert liefert, nicht vergleichbar. Für die Bestimmung des Bulk-Werts mit der stationären Zylindermethode sind mindestens zwei Proben unterschiedlicher Dicke notwendig. Nachteilig gegenüber der Laser-Flash-Methode ist der relativ geringe Temperaturbereich mit typischerweise 5–60 ı C.

11.3 3-Omega-Methode 11.3.1 Messprinzip Die 3-Omega-Methode eignet sich für die Messung der Wärmeleitfähigkeit von Festkörpern. Anwendung findet sie hauptsächlich bei der thermischen Charakterisierung dünner Schichten im Nanometer Bereich und dicker. Die Methode wurde in den 60er Jahren von Cahill entwickelt [8] und im Laufe der Zeit verfeinert. Für die Messung wird auf die Probe eine Metallstruktur mit vier Anschlusspads aufgedampft oder gesputtert. Die Struktur entsteht mithilfe einer Metallmaske oder eines fotolitografischen Prozesses. Abb. 11.13 zeigt links beispielhaft eine Goldstruktur der Länge 14 mm auf einer Silizium Schicht und rechts den Ausschnitt eines Wafers mit aufgebrachten Platin Heizlinien der gleichen Länge. Die Breite und Dicke der Heizlinie reicht, abhängig von der Dicke der zu messenden Schicht, vom Nanometerbereich bis zu einigen Mikrometern. Die Metallstruktur wird an den vier Anschlüssen elektrisch kontaktiert. Dazu wird meist eine Vorrichtung mit Federkontaktstiften verwendet, mit der sich die Probe präzise ausrichten lässt, Abb. 11.14. Über die äußeren Pads wird ein harmonisch

Abb. 11.13 Siliziumschicht mit Messstruktur aus Gold (links) und Ausschnitt eines Wafers mit Messstrukturen aus Platin (rechts)

11.3

3-Omega-Methode

155

Abb. 11.14 Vorrichtung zur elektrischen Kontaktierung der Probe

oszillierender, elektrischer Strom der Form I.t/ D Io cos.! t/

(11.10)

eingeprägt. Der Strom erwärmt die Heizlinie. Die Temperatur der Linie und ihr ohmscher Widerstand oszillieren. Es entsteht eine thermische Welle3 die in die Probe eindringt und sich dort ausbreitet. An den inneren Pads der Metallstruktur wird gleichzeitig die elektrische Spannung gemessen. Die Metallstruktur dient demnach gleichzeitig als Heizquelle und Temperatursensor. Das Spannungssignal besteht, wie der Heizstrom, aus einer harmonische Schwingung der Frequenz !. Durch die Überlagerung der Schwingung des Stroms und des Widerstands enthält das Spannungssignal eine Oberschwingung der Frequenz 3 ! (2. Oberschwingung). Für die Auswertung wird diese aus dem gemessenen Spannungssignal gefiltert. Dafür eignet sich ein Lock-In-Verstärker oder digitale Filter. Die Amplitude und Phase der zweiten Oberschwingung sind ein Maß für das Ausbreitungsverhalten der thermischen Welle. Daraus lässt sich die Wärmeleitfähigkeit der Probe bestimmen. Die wesentliche Eigenschaft der 3-Omega-Methode ist, dass die Eindringtiefe der thermischen Welle über die Frequenz ! des Heizstroms bestimmt werden kann. Mit zunehmendem ! wird die Eindringtiefe kleiner. Damit lässt sich ein mehrschichtiger Aufbau thermisch scannen. Beispielsweise wird für die Messung einer Lackschicht auf einem 3

Der Begriff thermische Welle hat sich eingebürgert ist jedoch irreführend. Es handelt sich nicht um eine Welle im physikalischen Sinn. Beispielsweise kann eine thermische Welle im Gegensatz zu einer mechanischen Welle nicht reflektiert werden.

156

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.15 Messung einer Lackschicht mit der 3-OmegaMethode: Wahl der Frequenz !, so dass die thermische Welle innerhalb der Lackschicht abklingt

Metallträger die Kreisfrequenz ! so hoch gewählt, dass die thermische Welle noch in der Lackschicht abklingt, bevor sie das darunter liegende Metall erreicht, Abb. 11.15. Damit wird ausschließlich die Wärmeleitfähigkeit der Lackschicht gemessen, ohne Einfluss des Trägermaterials. In der Praxis liegt die Frequenz ! im mHz- bis kHz-Bereich.

11.3.2 Mathematischer Hintergrund Die Heizlinie wird mit dem Strom I.t/ D Io cos.! t/

(11.11)

beaufschlagt. Damit entsteht in der Heizlinie mit dem ohmschen Widerstand R in  die Leistung P .t/ D R I 2 .t/ D

Io2 R .1 C cos.2 ! t// : 2

(11.12)

Die Temperatur der Heizlinie schwingt mit der gleichen Frequenz wie die Heizleistung: T .t/ D To cos.2 ! t C '/

(11.13)

mit der Amplitude To und der Anfangsphase '. Ihr ohmscher Widerstand ändert sich bei kleinen Temperaturhüben in guter Näherung linear mit der Temperatur: R.t/ D Ro .1 C ˛ T .t// D Ro C Ro ˛ To cos.2 ! t C '/

(11.14) (11.15)

mit dem ohmschen Widerstand Ro der Heizlinie bei der Mitteltemperatur To in K und dem Temperaturkoeffizient ˛ in 1/K. Damit folgt für die Änderung der Spannung an der

11.3

3-Omega-Methode

157

Heizlinie auf Grund der Temperaturschwingung U.t/ D I.t/ R.t/

(11.16)

D Io Ro cos.! t/ C

1 Io Ro ˛ To .cos.3 ! t C '/ C cos.! t C '// : 2 „ ƒ‚ …

(11.17)

3-Omega-Komponente

Die 3-Omega-Komponente des Spannungssignals wird aus dem Messsignal gefiltert und ausgewertet. Ihre Amplitude beträgt U3! D

1 Io Ro ˛ To : 2

(11.18)

Im letzten Schritt ist ein Zusammenhang zwischen der Temperaturamplitude To und der Wärmeleitfähigkeit  der Probe herzustellen. Nach [9] gilt für die Temperatur im Abstand r von einer unendlich langen und unendlich dünnen Heizlinie zum Zeitpunkt t in einem halbunendlichen Körper in komplexer Schreibweise als Antwort auf die Heizleistung Gl. 11.12 näherungsweise  T .r; t/ D „

Po l



 1 a 1  expj 2 ! t ln 2 C ln.2/    ln.2 !/  j 2 r 2 4 ƒ‚ …

(11.19)

DTo

mit der Amplitude Po der eingespeisten Leistung in W, l der Länge der Heizlinie in m, a der Temperaturleitfähigkeit der Probe in m2 /s und der Euler-Mascheroni-Konstanten   0;57722. Für die Auswertung kann der Real- oder Imaginärteil der Temperaturamplitude To verwendet werden. Der Realteil T2 aufgetragen. Während der Abkühlung wird die Vorwärtsspannung VF größer. Sie wandert von V1 nach V2 . Die Spannung wird im logarithmischen Zeitmaßstab erfasst. Zu Beginn der Messung liegt die Taktrate im MHz-Bereich und wird dann kleiner. Für die Umrechnung der gemessenen Spannungsänderung in eine Temperaturänderung wird das System kalibriert. Dazu wird das Messobjekt wasserdicht im Fluid eines Thermostats auf definierte Temperaturen gebracht und der temperaturempfindliche Parameter gemessen. Am Markt sind dafür auch Peltier-basierte Trockenthermostate verfügbar. Im einfachsten Fall ist der Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Messspannung

Abb. 11.23 Beispiel eines kommerziell verfügbaren thermischen Transientenmesssystems: Thermostat (links), Still-Air-Chamber (mittig) und Messgerät (rechts)

11.4

Thermisches Transientenverfahren

169

Abb. 11.24 Heizleistung Pdrive zum Aufheizen des Messobjekts bis zum stationären Zustand und Messleistung Psense mit konstantem Isense für die Messung der Abkühlung (links) und Diodenkennlinie bei den Temperaturen T1 und T2 (rechts) Abb. 11.25 Kalibrierkurve eines MOSFETs

linear mit einem konstanten Kalibrierfaktor. Abb. 11.25 zeigt als Beispiel die Kalibrierkurve eines MOSFETs. Die Geradensteigung liefert den Kalibrierfaktor mit 2,3 mV/K. Im Fall nichtlinearer Zusammenhänge werden diese bei der Umrechnung mit Funktionen höherer Ordnung berücksichtigt. Bei der Messung ist der Versuchsaufbau so zu gestalten, dass der Wärmestrom möglichst eindimensional ist. Abb. 11.26 zeigt schematisch einen möglichen Aufbau. Der Chip ist mit thermischem Interfacematerial an eine Coolplate gekoppelt. Nach oben minimiert eine Isolierung die Wärmeverluste. In [19] wird dazu ein Kunststoffmaterial vorgeschlagen mit der Wärmeleitfähigkeit  < 0;5 W/(m K) und einer Dicke von d > 5 mm. Der Aufbau wird z. B. mit einer Feder auf die Coolplate gedrückt. Der Anpressdruck sollte in der Größenordnung von 10 N/cm2 liegen. Der Messablauf ist bei den meisten Aufbauten automatisiert. In Abb. 11.27a–d sind beispielhaft die Ergebnisse der Messung eines MOSFETs dargestellt mit IDrive D 2 A und Isense D 1 mA. Aus der gemessenen Spannungsänderung berechnet die Software mit der eingespeisten Heizleistung und dem Kalibrierfaktor die Sprungantwort Z t h (Bild a), das Zeitkonstantenspektrum R t h (Bild b) und daraus die Strukturfunktion (Bild c). Die Interpretation der Strukturfunktion mit der Zuordnung ihrer Abschnitte zu den Materialien im Wärmepfad ist schwierig, da die Übergänge zum Teil flach verlaufen und schwer erkennbar sind. Die Strukturfunktion wird

170

11

Messmethoden der thermischen Analyse

deshalb abgeleitet (Bild d). Änderungen in der Steigung werden in der differentiellen Strukturfunktion zu Extrema. Der Bereich zwischen zwei Maxima repräsentiert ein Material im Wärmepfad. Sein thermischer Widerstand und seine Wärmekapazität ergeben sich aus der Strukturfunktion durch Projektion auf die R t h - bzw. C-Achse. Bei der Dualen Interface-Testmethode nach [19] wird der thermische Widerstand eines Bauelements von der Junction zum Case (R t h;J C ) durch Differenzmessung ermittelt. Das Bauelement wird dazu einmal ohne und einmal mit thermischem Interfacematerial zwischen Bauelementunterseite und Coolplate gemessen, Abb. 11.28. Die Z t h -Kurven verlaufen zunächst deckungsgleich. Sobald die Wärme die Chipunterseite erreicht hat, trennen sich die Kurven, Abb. 11.29. Der Trennungspunkt liefert den R t h;J C -Wert. Eine Auswertemethode zur genaueren Bestimmung des Trennungspunktes der beiden Messkurven ist in [19] beschrieben. Die Differenz der beiden Sättigungswerte an den Kurvenenden R t h beschreibt die Differenz der beiden stationären Gesamtwiderstände ohne und mit thermischem Interfacematerial (TIM).

11.4.5 Messbereich und Messabweichung Die Auflösung des thermischen Transientenverfahrens hängt von der eingekoppelten Heizleistung und der Lage der aufzulösenden Struktur im Wärmepfad ab. Innerhalb eines Chippackages können Werte beim thermischen Widerstand von bis zu 0,01 K/W erreicht werden. Die Messabweichung hängt wesentlich vom Versuchsaufbau und den Wärmeverlusten ab. Allgemeine, theoretische Betrachtungen zur gesamten Messabweichung sind nicht bekannt. Vergleichsmessungen mit Referenzmaterialien zeigen typischerweise Abweichungen zwischen 5 und 25 %.

Abb. 11.26 Realisierung eines näherungsweise eindimensionalen Wärmepfads bei der thermischen Transientenmessung: Anbindung des Chips mit thermischem Interfacematerial an eine Coolplate und thermische Isolierung nach oben

11.4

Thermisches Transientenverfahren

171

a

b

d

c

Abb. 11.27 Ergebnisse der Messung eines MOSFETs: a Sprungantwort (Z th -Kurve), b Zeitkonstantenspektrum, c Strukturfunktion und d differentielle Strukturfunktion

Abb. 11.28 Ermittlung des R th;J C durch Messung ohne und mit thermischem Interfacematerial

11.4.6 Zusammenfassung

Das thermische Transientenverfahren ermöglicht die zerstörungsfreie, thermische Analyse von Wärmepfaden in elektronischen Systemen von der Junction bis zur Wärmesenke. Von jedem Material im Wärmepfad können der thermische Widerstand und die Wärmekapazität bestimmt werden. Der thermische Widerstand lässt sich bei bekannten Abmessungen in die Wärmeleitfähigkeit umrechnen. Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens ist, dass ein aktives Halbleiterbauelement

172

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.29 Sprungantwort (Z th -Kurve) eines Bauelements mit und ohne thermischem Interfacematerial

mit pn-Übergang vorliegt (z. B. Diode, MOSFET), der Wärmestrom eindimensional und die Struktur des Wärmepfads vorab bekannt sind. Zum Beispiel erfordert die thermische Analyse eines Chippackages vorab detaillierte Informationen über dessen inneren Aufbau (Chip, Lot, Leadframe etc.). Angaben zur absoluten Genauigkeit sind in der Praxis oft schwierig, da Verlustwärmeströme und Spreizeffekte nicht quantifizierbar sind. Die Stärke des Verfahrens liegt bei vergleichenden Messungen. Das thermische Transientenverfahren macht bei Lebensdaueruntersuchungen, wie z. B. Lastwechseltests, Veränderungen im Wärmepfad frühzeitig sichtbar. Damit ist es zu einem wichtigen Hilfsmittel bei der Analyse von Ausfallmechanismen bei beschleunigten Alterungstests geworden.

11.5 Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode Das Prinzip der Hot-Wire-, Hot-Bridge und Hot-Disk-Methode geht auf Stålhane, Pyk und Pfriem zurück [22, 23]. Die weniger gebräuchlichen, deutschen Bezeichnungen sind Heißdraht- und Heizbrücken-Methode. Für die Hot-Disk-Methode gibt es keine deutsche Bezeichnung. Die Methoden wurden im Lauf der Jahre wesentlich weiter entwickelt. Die unterschiedlichen Aufbauten sind für ihre jeweiligen Anwendungsbereiche in verschiedenen Normen beschrieben, siehe z. B. [24–26].

11.5

Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode

11.5.1

173

Messprinzip

Die Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode sind Messverfahren zur gleichzeitigen Bestimmung der Wärme- und Temperaturleitfähigkeit von Flüssigkeiten, Schüttungen, Elastomeren und Festkörpern. Sie beruhen auf dem gleichen Messprinzip: Ein Heizelement wird mit einem Strom beaufschlagt. Es entsteht Joulsche Wärme, die in die umgebende Probe eindringt. Bei hoher Wärmeleitfähigkeit der Probe fließt die Wärme leicht in die Probe ab, das Heizelement erwärmt sich nur wenig. Bei geringer Wärmeleitfähigkeit der Probe ist die Erwärmung des Heizelements größer. Die Temperatur des Heizelements ist damit ein Maß für die Wärmetransporteigenschaften der umgebenden Probe. Die Temperatur des Heizelements wird über seinen ohmschen Widerstand bestimmt. Es ist damit gleichzeitig Heizquelle und Widerstandsthermometer. Die Formen des Heizelements sind vielfältig. Beim Hot-Wire-Verfahren besteht es aus einem dünnen Draht. Typischerweise wird Platin verwendet mit einer Länge zwischen 100 und 150 mm und einem Durchmesser im Bereich von 0,01 bis 0,1 mm. Beim Hot-Bridgeund Hot-Disk-Verfahren kommen metallische Streifen und spiralförmige Geometrien, meist aus Nickel oder Molybdän, zum Einsatz. Ihre Dicke liegt im Bereich von 10 m. Sie werden zum mechanischen Schutz und zur elektrischen Isolierung zwischen zwei dünne Folien einlaminiert. Die Foliendicke liegt zwischen 10 bis 100 m. In Abb. 11.30 sind beispielhaft fünf Sensoren des Hot-Bridge-Verfahrens für verschiedene Probengrößen und Beschaffenheiten zu sehen. Durch die mäanderförmige Metallstruktur wird die Gesamtlänge der Heiz- und Messstrecke und damit der Messeffekt vergrößert und der Einfluss von Randeffekten kleiner. Eine Möglichkeit, die Randeffekte zu eliminieren ist folgender Trick: Das Heizelement besteht aus zwei unterschiedlich langen Strukturen l1 und l2 , die galvanisch getrennt sind, jedoch auf Grund ihrer räumlichen Nähe annähernd die gleiche Temperatur haben, Abb. 11.31. Der Spannungsabfall der beiden Strukturen wird subtrahiert. Als wirksame Länge bleibt l1  l2 bei eliminierten Randeffekten. In der Regel wird für die Messung zur Erhöhung der Empfindlichkeit eine Brückenschaltung verwendet. Beispielhaft für die oben beschriebenen Verfahren wird im Folgenden die Schaltung der Hot-Wire-Methode diskutiert, Abb. 11.32. Ein Platindraht, der zugleich Heizelement und Widerstandsthermometer ist, ist von der Probe umgeben. Er bildet den Ast einer Brückenschaltung. RD beschreibt den Drahtwiderstand und Rm einen einstellbaren Widerstand zum Abgleich der Brücke. Übliche Werte der beiden konstanten Widerstände sind R1 D 1 k und R2 D 10 k. Die Heizung erfolgt bei der transienten Hot-WireMethode über eine Sprungfunktion mit einer typischen Messdauer von 10 bis 100 s. Die Spannungsänderung U ist ein Maß für die Wärme- und Temperaturleitfähigkeit der umgebenden Probe. Bei der periodischen Hot-Wire-Methode wird der Draht mit einem sinusförmigen Wechselstrom beheizt [27]. Der Vorteil gegenüber dem transienten Verfahren ist eine höhere Genauigkeit. Außerdem ist das Verfahren auch für kleine Probenmengen und Schichtdicken geeignet. Mit der Heizfrequenz kann, wie bei der 3-Omega-Methode, die

174

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Abb. 11.30 Sensoren des Hotbridge-Verfahrens für verschiedene Probengrößen und Beschaffenheiten Abb. 11.31 Schema eines Hot-Bridge-Sensors mit zwei unterschiedlich langen Mäanderstrukturen l1 und l2 zur Eliminierung der Randeffekte

Abb. 11.32 Brückenschaltung des Hot-Wire-Verfahrens zur Bestimmung der Widerstandsänderung des Platindrahtes

Eindringtiefe der thermischen Welle bestimmt werden. Die Frequenz kann so eingestellt werden, dass die thermische Welle in der Probe abklingt bevor sie die Probenhalterung erreicht hat.

11.5

Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode

11.5.2

175

Mathematischer Hintergrund

Im Folgenden werden die mathematischen Zusammenhänge der transienten Hot-WireMethode vorgestellt. Bei abweichenden Heizstrukturen oder Aufheizfunktionen ergeben sich andere Korrelationen. Ihre Herleitung erfolgt prinzipiell analog. Die Probe, die den Heizdraht umgibt, wird im Folgenden als unendlich ausgedehnt betrachtet. Mit einer unendlich langen, linienförmigen Heizquelle, die zum Zeitpunkt t D 0 s eingeschaltet wird, ergibt sich für den zeitlichen Temperaturanstieg im Abstand r vom Heizdraht in der Probe nach [9]   QP l r2 Ei  T .r; t/ D #.r; t/  #o D  4 4at

(11.40)

mit der Wärmeleitfähigkeit  in W/(m K) und der Temperaturleitfähigkeit a in m2 /s. Die Exponential-Integralfunktion Ei kann nach [28] für kleine Argumente angenähert werden durch Ei.x/  ln.x/ C 

(11.41)

mit der Euler-Mascheroni-Konstanten  D 0;5772  0;57722. Mit dieser Näherung wird der zeitliche Temperaturverlauf am Drahtumfang r D rD zu     QP l 4a T .rD ; t/ D ln.t/ C ln 2   : 4 rD

(11.42)

Im logarithmischen Zeitmaßstab stellt dieser Temperaturverlauf eine Gerade der Form y D mx C c dar mit der Steigung mD

QP l d.T .rD ; t// D d.ln.t// 4

(11.43)

cD

    4a QP l ln 2   : 4 rD

(11.44)

und dem y-Achsenabschnitt

Die Wärmeleitfähigkeit der Probe wird aus der Steigung des Temperaturverlaufes nach Gl. 11.43 berechnet:

QP l d.T .rD ; t// : D 4 d.ln.t//

(11.45)

176

11

Messmethoden der thermischen Analyse

Die Widerstandsänderung des Platindrahtes auf Grund des konstanten Heizstromes wird mit der Brückenschaltung, Abb. 11.32 gemessen. Vor Beginn der Messung wird die Spannung am Messgerät auf Null abgeglichen. Damit gilt für das Verhältnis der Widerstände R1 RD .#o / D : Rm R2

(11.46)

Die Brückenspannung U beträgt mit dem konstanten Heizstrom I U DI

R2 RD  R1 Rm : R1 C R2 C RD C Rm

(11.47)

Ändert sich der Widerstand des Heizdrahtes um RD , so ändert sich die Brückenspannung um U D I

R1 R2 C R2 R2 C R2 Rm C R1 Rm RD : .R1 C R2 C RD C Rm /2

(11.48)

Mit R1 , R2 RD .#o /, Rm und Gl. 11.46 vereinfacht sich Gl. 11.48 zu U D I fR RD

mit fR 

R2 : R1 C R2

(11.49)

Die Widerstandsänderung RD ist näherungsweise eine lineare Funktion der Temperaturänderung: RD D RD .0 ı C/ ˛ t T :

(11.50)

Der Temperaturkoeffizient des ohmschen Widerstandes von Platin ˛ t ist in [29] durch folgende Beziehungen gegeben: ˛ t D c1 C 2c2 #o C c3 .4#o3  300 ı C #o2 / W ˛ t D c1 C 2c2 #o W

200 ı C  #o  0 ı C ı

ı

0 C  #o  850 C

(11.51) (11.52)

mit den Konstanten c1 bis c3 : c1 D 3;9083  103 ı C1 c2 D 5;775  107 ı C2 c3 D 4;183  1012 ı C4 : Zur Herleitung der Auswertegleichung wird Gl. 11.50 in Gl. 11.49 eingesetzt und nach T aufgelöst. Die Wärmeleitfähigkeit folgt durch Einsetzen dieser Gl. in Gl. 11.45:

QP l I fR ˛ t RD .0 ı C/ d.U / : D 4 d.ln.t//

(11.53)

11.5

Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode

177

Abb. 11.33 Typisches Messsignal der transienten Hot-Wire-Methode

Mit der auf die Drahtlänge l bezogenen Heizleistung QP l D I 2 RD .#o /= l ergibt sich die Auswertegleichung

D

I 3 fR ˛ t RDl .0 ı C/ RD .#o / 4



d.U / : d.ln.t//

(11.54)

RDl in =m beschreibt den längenbezogenen Widerstand des Platindrahtes. Die Temperaturleitfähigkeit der Probe ergibt sich aus dem y-Achsenabschnitt c, Gl. 11.44:

aD

rD2 P exp exp4  c=Ql : 4

(11.55)

Abb. 11.33 zeigt ein typisches Messsignal der transienten Hot-Wire-Methode. Für größere Zeiten (t > 2 s) verläuft die Spannungsänderung bei logarithmischer Zeitskala linear. In diesem Bereich wird die Steigung d.U /=d.ln.t// durch eine lineare Regression bestimmt. Der nichtlineare Bereich (t < 2 s) wird bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Das nichtlineare Verhalten in diesem Bereich erklärt sich dadurch, dass ein Teil des Wärmestromes zunächst den Platindraht erwärmt, bevor Wärme an die umgebende Probe abgegeben wird. Außerdem ist die Näherung in Gl. 11.41 für kleine Zeiten nur unzureichend erfüllt.

178

11

Messmethoden der thermischen Analyse

11.5.3 Anwendungsbereich Die transiente Hot-Wire-Methode eignet sich für die Messung der Wärmeleitfähigkeit von Flüssigkeiten, Gasen und Schüttungen. Bei Gasen wird ein dünner Platindraht mit rund 1 m Durchmesser verwendet. Die Messung muss abgeschlossen sein, bevor Konvektion einsetzt (Messdauer t < 1 s). Bei Schüttungen ist der Draht mit mehreren 10 m Durchmesser mechanisch stabiler. Mit einer Druckzelle kann die effektive Wärmeleitfähigkeit von Schüttungen bei verschiedenen Füllgasen und Gasdrücken untersucht werden. Für elektrisch leitfähige Proben werden isolierte Drähte (z. B. mit PTFE-Isolation) verwendet. Prinzipiell lässt sich mit der transienten Hot-Wire-Methode auch die Temperaturleitfähigkeit von Fluiden und Schüttungen bestimmen. Allerdings liegen die typischen Messabweichungen bei ˙20–50 %. Der Grund dafür ist, dass der y-Achsenabschnitt c der Messgeraden im Vergleich zu ihrer Steigung m (Gl. 11.43, 11.44) nur ungenau bestimmt werden kann. Die Mindestprobenmenge liegt beim transienten Hot-Wire-Verfahren bei rund 200 ml. Mit dem periodischen Hot-Wire-Verfahren lassen sich wesentlich kleinere Probenmengen messen. Etwa 10 ml reichen aus, um die Wärme- und Temperaturleitfähigkeit zu bestimmen. Die Hot-Bridge- und die Hot-Disk-Methode sind für die Messung der Wärmeleitfähigkeit von Flüssigkeiten, Schüttungen, Elastomeren und Festkörper geeignet. Mit einer mechanischen Vorrichtung, in der die Probe und der Messsensor eingespannt werden, sind Messungen bei Variation des mechanischen Anpressdrucks möglich. Diese Verfahren liefern prinzipiell neben der Wärmeleitfähigkeit auch die Temperaturleitfähigkeit. Allerdings hängt die Qualität der Messergebnisse stark vom jeweiligen Messaufbau und den Messbedingungen ab. Die Hot-Bridge- und die Hot-Disk-Methode liefern die Wärmeleiteigenschaften in z-Richtung (trough-plane). Anisotrope Wärmeeigenschaften lassen sich nur in wenigen Sonderfällen zuverlässig bestimmen.

11.5.4

Probenvorbereitung und Messablauf

Bei der Hot-Wire-Methode wird das Fluid oder die Schüttung in den Probenbehälter mit dem Platindraht gefüllt. Bei Schüttungen mit groben Partikeln ist besondere Vorsicht geboten, damit der Draht nicht beschädigt wird. Vor der Messung wird die Brücke durch Anpassung des Widerstands Rm abgeglichen. Nach der Messung muss das Messsignal (Abb. 11.33) von Hand oder mit einer Software-Routine bearbeitet werden. Nur der lineare Bereich wird ausgewertet, der nichtlineare Anfang wird abgeschnitten.

11.5

Hot-Wire-, Hot-Bridge- und Hot-Disk-Methode

179

Abb. 11.34 Messaufbau beim Hot-Bridge- und Hot-DiskVerfahren

Beim Hot-Bridge- und Hot-Disk-Verfahren wird der Sensor in symmetrischer Anordnung zwischen zwei Proben geklemmt, Abb. 11.34. Damit werden Wärmeverluste an die Umgebung reduziert. Die Probenoberflächen müssen für einen guten thermischen Kontakt mit dem Sensor möglichst glatt und eben sein. Analog zur Hot-Wire-Methode muss das Messsignal nach der Messung bearbeitet werden. Der Zeitaufwand für eine Messung liegt einschließlich der Probenvorbereitung bei mehrere Stunden je Probe.

11.5.5 Messbereich und Messabweichung Der Temperaturbereich der Hot-Wire-Methode ist durch die Ausführung der Messzelle und die Materialien, die dort verarbeitet sind, beschränkt. Der Gasdruck lässt sich mit einer Druckzelle, in der der Platindraht gespannt ist, in einem weiten Bereich variieren. Messungen bei mechanischer Belastung sind auf Grund der Empfindlichkeit des Platindrahtes nicht möglich. Die Messabweichungen der transienten und periodischen Hot-Wire-Methode liegen typischerweise im Bereich von ˙.515 %/. Eine detaillierte Analyse findet sich in [30, 31]. Das Hot-Bridge- und das Hot-Disk-Verfahren erlauben prinzipiell ebenfalls einen großen Temperaturbereich. Typisch sind 20 bis 120 ı C. Die möglichen mechanischen Anpressdrücke liegen zwischen 0 bis 20 bar. Für die Wärme- und Temperaturleitfähigkeit gibt die Norm ISO 22007-2 [26] folgende Messbereiche an: Temperaturleitfähigkeit: 0;05 mm2 =s  a  100 mm2 =s Wärmeleitfähigkeit: 0;01 W=.m K/ <  < 500 W=.m K/. Für das Hot-Bridge- und Hot-Disk-Verfahren sind allgemeine Angaben der Messabweichung besonders bei Elastomeren und Festkörpern, nicht möglich. Sie hängt stark vom jeweiligen Aufbau und den Probeneigenschaften ab. Eine mögliche Fehlerquelle sind die thermischen Kontakte zwischen Sensor und den beiden Probenoberflächen. Eine besondere Herausforderung bei dünnen Proben (z. B. Wärmeleitpads mit einer Dicke von einigen Millimetern) ist es, den Heizstrom und die Messdauer richtig zu wählen. Die beiden Para-

180

11

Messmethoden der thermischen Analyse

meter sind so einzustellen, dass der Wärmestrom nicht nur innerhalb des Sensors bleibt, sondern ausreichend in die Probe eindringt. Andererseits darf er die Spannvorrichtung nicht erreichen. Diese Messungen erfordern viel Erfahrung.

11.5.6

Zusammenfassung

Die transiente Hot-Wire-Methode ist ein Standardmessverfahren, um die Wärmeleitfähigkeit von Gasen, Flüssigkeiten und Schüttungen zu messen. Die weiterentwickelte, periodische Hot-Wire-Methode liefert zusätzlich die Temperaturleitfähigkeit und ermöglicht die Messung kleiner Probenmengen (ca. 10 ml). Das Hot-Bridgeund Hot-Disk-Verfahren basieren auf dem gleichen Messprinzip. Mit ihrem einlaminierten, geschützten Heizelement sind sie zusätzlich für Festkörper und Elastomere geeignet. Bei der Messung von dünnen Festkörpern und Elastomeren mit einer Dicke im Bereich von wenigen Millimetern ist große Erfahrung erforderlich, um die richtigen Messparameter auszuwählen. Besonders bei harten Proben, wie z. B. Polyimide-Folien, ist die exakte Kontaktierung der Probe mit dem Sensor Voraussetzung für eine brauchbare Messung. Eine präzise Spannvorrichtung ist dafür unerlässlich.

Literatur

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Substrate

12

Die Wärme, die in einem Halbleiter entsteht, passiert verschiedene Materialien, bis sie schließlich zur Wärmesenke, der Umgebung, gelangt. Im eindimensionalen, stationären Fall lässt sich der Wärmestrom durch eine Serienschaltung von thermischen Widerständen R t h;i beschreiben. Abb. 12.1 zeigt beispielhaft den Wärmepfad ausgehend von einem D2PAK Bauelement, das auf eine Leiterplatte gelötet ist. Im Diagramm rechts sind jeweils typische maximale (rot) und minimale (grün) Werte der thermischen Widerstände dargestellt. Der tatsächliche Wert hängt von der genauen Geometrie und den Materialeigenschaften ab. Der thermische Widerstand der Leiterplatte liegt im besten Fall bei ca. R t h D 0;1 K/W. Dabei sorgt ein Kupfer-Inlay für den guten Wärmetransport durch die Leiterplatte. Im Falle einer anderen Leiterplattentechnik, den sogenannten thermischen Vias (Microvias), steigt der thermische Widerstand auf R t h D 5 K/W. Dieser Wert dominiert im Wärmepfad. Das Lot- oder das thermische Interfacematerial (TIM) sind mit ihren thermischen Widerständen im Vergleich dazu zweitrangig. Das Beispiel zeigt die Schlüsselrolle des Substrats bei der thermischen Optimierung.

12.1 Leiterplatte 12.1.1 Aufbau der Leiterplatte Der Standard-Bauelementträger in elektronischen Geräten ist die Leiterplatte. Ihre Funktion und die Anforderungen an sie sind vielfältig. Neben den elektrischen und mechanischen Eigenschaften stehen heute zunehmend ihre Wärmeleiteigenschaften im Fokus. Technologietreiber ist der Wunsch nach Miniaturisierung, höhere Verdrahtungsdichten auf Grund von Bauelementen mit höheren I/O-Zahlen, Forderungen nach kontrollierten Impedanzen und Signalintegritäten, hochstrom Tragfähigkeit und zunehmenden Leistungsdichten der Bauelemente, die ihre Wärme passiv über die Leiterplatte abgeben. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_12

183

184

12

Substrate

Abb. 12.1 Thermische Widerstände im Wärmepfad von der Junction eines D2PAKs bis zum Kühlkörper (KK) oder der Coldplate

Das Grundmaterial der Leiterplatte ist in FR-Klassen eingeteilt. „FR“ steht für „Flame Retardant“ und beschreibt die Flammwidrigkeit, also die Eigenschaft der Materialien, sich der Ausbreitung von Feuer zu widersetzen: FR2: Hartpapier in Phenolharz getränkt, geringe Mengen ausgasendes Formaldehyd und Phenol sind gesundheitsgefährdent FR3: Hartpapier in Epoxidharz getränkt, für günstige Massenware mit geringen Qualitätsansprüchen FR4: Glasfasergewebe in Epoxidharz getränkt, heutiger Standard FR5: Glasfasergewebe in Epoxidharz getränkt, wie FR4, jedoch höher vernetztes Harz, dadurch höhere Temperaturbeständigkeit. Die Temperaturbeständigkeit einer Leiterplatte wird durch die maximale Betriebstemperatur und die Glasübergangstemperatur Tg angegeben. Die maximale Betriebstemperatur liegt rund 10 K unterhalb der Glasübergangstemperatur. Für FR2 und FR3 liegt die maximale Betriebstemperatur bei 70 bzw. 90 ı C, für FR4-Material zwischen 120 und 140 ı C und beim höher vernetzten FR5 zwischen 140 und 180 ı C. Für höhere Temperaturen sind

12.1 Leiterplatte

185

Abb. 12.2 Schematischer Aufbau einer 6-lagigen Leiterplatte

Leiterplatten aus Polyimid- oder PTFE erhältlich, wahlweise mit und ohne Glasfasergewebe. Diese Materialien erlauben Betriebstemperaturen bis 260 bzw. 310 ı C. Abb. 12.2 zeigt beispielhaft den Aufbau einer 6-lagigen Leiterplatte mit Kupferleiterzügen und Durchkontaktierungen. Das Kupfer wird bei der Leiterplattenfertigung als Folie mit einen Walzprozess aufgebracht, chemisch oder galvanisch abgeschieden. Typische Foliendicken sind 17,5 m (D 1=2 oz), 35 m (D 1 oz), 70 m (D 2 oz) und 105 m (D 3 oz). Die Abkürzung „oz“ steht für „Ounce“. Historisch bedingt wird die Kupferschichtdicke in der Gewichtseinheit Unze (1 Unze D 28,3495 g) angegeben. Gemeint ist eigentlich das flächenbezogene Gewicht oz/ft2 . Durchkontaktierungen in der Leiterplatte werden als Through Holes oder Vias bezeichnet. Sie dienen zur elektrischen und thermischen Verbindung der Kupferlagen. Bei innen liegenden Durchkontaktierungen werden „Buried Vias“ („vergrabene Vias“) und „Blind Vias“ (“Sacklöcher“) unterschieden; HDI Microvias (High Density Interconect) sind kleine Blind Vias, die mit einem Laser- oder Fotoprozess entstehen, Abb. 12.3. Die Bohrdurchmesser der Through Holes und Vias variieren je nach Anforderung an die Verdrahtungsdichte. Bei Volumenprodukten liegen die minimalen Bohrdurchmesser der Through Holes bei 200 m mit einer Kupfer Wandstärke von 20 m, die der Buried- und Blind Vias bei 150 m mit 12 m Kupfer Wandstärke und bei HDI Microvias bei 70 m mit ebenfalls 12 m Kupfer Wandstärke. Through Holes und Vias können für eine bessere Wärmeübertragung mit Lot gefüllt werden. Dies erfordert allerdings mehrere zusätzliche Prozessschritte bei der Leiterplattenfertigung. Vorteilhaft ist, die gefüllte Bohrung an der Oberfläche wieder zu verkupfern, damit keine Leiterplattenfläche verbraucht wird. Die Innenlagen sind bei Bedarf an die Kupferhülsen der Through Holes und Vias angebunden. Das ermöglicht ein dichtes, dreidimensionales Leiterplattenlayout. Außerdem kann über die Anbindung Wärme lateral gespreizt werden.

186

12

Substrate

Abb. 12.3 Through Hole, Buried-, Blind- und HDI Microvias zur Verbindung der Kupferlagen der Leiterplatte

12.1.2

Wärmetransport in der Leiterplatte

Beim Wärmetransport in der Leiterplatte und von der Leiterplatte an die Umgebung treten die drei Wärmetransportmechanismen Leitung, Konvektion und Strahlung auf, Abb. 12.4. In der Leiterplatte wird die Wärme von ihrer Quelle weg geleitet. Die Wärmeleitung ist in der Ebene (auch in-plane oder x,y-Richtung genannt) auf Grund der Kupferbelegung deutlich höher als senkrecht dazu (through-plane oder z-Richtung). Die elektrisch isolierenden Epoxidharzlagen (Prepregs) wirken thermisch isolierend. Der von der Leiterplatte netto abgestrahlte Wärmestrom hängt von ihrer Fläche, dem Emissionsgrad ihrer Oberfläche, ihrer Temperatur und ihren Strahlungspartnern, z. B. einem umgebenden Gehäuse, ab, vgl. Gl. 8.17, Abschn. 8.5. Beim konvektiven Wärmeübergang von der Leiterplatte zur Umgebung ist nach Gl. 3.1, Kap. 3 die Leiterplattenfläche, der Wärmeübergangskoeffizient und die treibende Temperaturdifferenz zwischen der Leiterplatte und der Umgebung entscheidend. Damit ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, die Wärme mit einer angepassten Leiterplattentechnologie abzuführen. Dazu gehört eine verbesserte Wärmespreizung in der Ebene durch    

eine höhere Anzahl von Kupferlagen. größere Kupferschichtdicken. die Verbreiterung der Leiterzüge. eine höhere Kupferbelegung in den einzelnen Lagen.

Abb. 12.4 Wärmetransport in der Leiterplatte und Wärmeabgabe durch Konvektion und Strahlung

12.1 Leiterplatte

187

Abb. 12.5 Typischer Schichtaufbau einer 4-lagigen Leiterplatte mit den richtungsabhängigen Wärmeleitfähigkeiten xy und z

Dem stehen höhere Kosten und die Forderung nach Gewichtsersparnis und einem immer dichteren Leiterplattenlayout entgegen. Die Wärmeleitung durch die Ebene wird verbessert durch die Verwendung     

reduzierter Dielektrikumsschichtdicken. von Basismaterial mit höherer Wärmeleitfähigkeit. eines Dielektrikums mit höherem Glasgewebeanteil. von thermischen Vias. von Kupfer-Inlays in der Leiterplatte.

Auch hier sind die thermischen Vorteile gegenüber höhere Kosten der Leiterplattentechnik abzuwägen. Der Strahlungspfad kann optimiert werden, in dem blanke Kupferflächen der Leiterplattenaußenlagen mit Lötstopplack abgedeckt werden. Damit muss die Wärme durch die Leiterplatte zwar einen zusätzlichen Leitungswiderstand durch die Lackschicht von 10 bis 25 m überwinden. Jedoch erhöht sich der Emissionsgrad vom blanken Kupfer mit   0;05 auf den Wert des Lötstopplacks von   0;9. Die verbesserte Abstrahlung überwiegt den Nachteil des zusätzlichen Leitungswiderstands. Gleichzeitig empfiehlt es sich, die Innenseite des Gehäuses, falls es sich um blankes Metall handelt, zu beschichten. Damit kann der Emissionsgrad des Strahlungspartners verbessert und der Strahlungspfad optimiert werden. Abb. 12.5 zeigt beispielhaft den Aufbau einer 4-lagigen Leiterplatte. Zwischen den vier gut wärmeleitenden Kupferschichten sind drei thermisch isolierende Dielektrikumsschichten. Mit den Angaben der Schichtdicken, den Wärmeleitfähigkeiten der Kupferund Zwischenlagen und der prozentualen Kupferbelegung jeder Lage lassen sich die ef-

188

12

Substrate

Abb. 12.6 Schliffbild eines thermischen Vias durch eine 8-lagige Leiterplatte (links) und Feld mit 25 Vias, Blick von oben auf die Leiterplatte (rechts)

fektiven Wärmeleitfähigkeiten in der Ebene und senkrecht dazu berechnen. Die xy;eff und z;eff -Werte sind Mittelwerte, die bei Berechnungen häufig vereinfachend eingesetzt werden. Das reale Layout mit vielen feinen Kupferstrukturen sprengt in vielen Fällen die in der Praxis zur Verfügung stehende Rechenkapazität. Im dargestellten Beispiel ergeben sich Werte von xy;eff D 13;7 W/(m K) und z;eff D 0;6 W/(m K). Die Werte basieren auf der Parallel- bzw. Serienschaltung von thermischen Widerständen der einzelnen Schichten nach Gl. 2.22 und 2.26, Abschn. 2.4.

Thermische Vias Thermische Vias sind verkupferte Bohrungen, die die Wärme vom Hotspot der Leiterplatte zur gegenüberliegenden, kälteren Seite leiten. Bei Anbindung der Kupfer-Innenlagen wird die Wärme gleichzeitig in der Ebene gespreizt. In Abb. 12.6 ist links der Querschnitt eines thermischen Vias durch eine 8-lagige Leiterplatte zu sehen und rechts der Blick von oben auf ein Feld mit 25 gefüllten und mit Kupfer plattierten Vias. Durch die Plattierung entsteht eine geschlossene Kupferfläche, die wieder für das Layout zur Verfügung steht. Außerdem wird verhindert, dass beim Lötprozess Lot in die Bohrung abfließt und dadurch keine sichere Verbindung zustande kommt. Ist keine elektrische Isolation gefordert, sollte die Unterseite der thermischen Vias frei von Lötstopplack sein. Damit wird ein zusätzlicher thermischer Widerstand im Wärmepfad vermieden. In Abb. 12.7 ist der thermische Widerstand eines einzelnen Vias als Funktion des Bohrdurchmessers dargestellt. Die Kurven sind mit einem einfachen Widerstandsmodell berechnet. Der thermische Widerstand der Kupferhülse und der Füllung sind parallel geschaltet. Damit ergibt sich der thermische Widerstand des gefüllten Vias R t h;Via D

1 1 R t h;Cu

C

1 R t h;F

(12.1)

12.1 Leiterplatte

189

Abb. 12.7 Berechneter thermischer Widerstand eines einzelnen thermischen Vias ungefüllt, mit Harz und mit Lot gefüllt, abhängig vom Bohrduchmesser

mit dem thermischen Widerstand der Kupferhülse R t h;Cu und dem thermischen Widerstand der Füllung R t h;F . Die umlaufende Kupferschichtdicke ist konstant 25 m. Dargestellt sind die Kurven für Vias die ungefüllt, mit Harz ( D 0;3 W/(m K)) und mit Lot gefüllt sind ( D 56 W/(m K)). Die Dicke der Leiterplatte beträgt 1,6 mm, für Kupfer ist die Wärmeleitfähigkeit  D 390 W/(m K) eingesetzt. Mit zunehmendem Durchmesser wird der thermische Widerstand kleiner. Die Kurven für ungefüllte und mit Harz gefüllte Vias sind praktisch deckungsgleich. Aus thermischer Sicht bringt das Füllen mit Harz keinen Vorteil. Bei der Füllung mit Lot ergibt sich abhängig vom Bohrdurchmesser eine Verbesserung des thermischen Widerstands zwischen 16 und 56 %. Lunker im Lot sind dabei unbedingt zu vermeiden. Sie können bei thermischer Belastung der Leiterplatte, z. B. beim Lötprozess, zum Aufplatzen der Via-Struktur führen. Mit zunehmender Via-Anzahl, die im Wärmepfad parallel geschaltet sind, wird der thermische Widerstand R t h;ges insgesamt kleiner, Abb. 12.8. Es gilt: R t h;ges D

Rt h n

(12.2)

mit R t h , dem thermischen Widerstand eines einzelnen Vias in K/W und der Via-Anzahl n. Die Cu-Wärmeleitfähigkeit ist in der Betrachtung wieder  D 390 W/(m K) und die Dicke der Leiterplatte 1,6 mm. Bis etwa 10 Vias ergibt sich der größte Abfall des gesamten thermischen Widerstands R t h;ges . Bei zunehmender Anzahl näheren sich die Kurven auf Grund der Hyperbelfunktion (Gl. 12.2) ihrer waagrechten Tangenten. Weitere Vias bringen praktisch keine thermische Verbesserung.

190

12

Substrate

Abb. 12.8 Berechneter thermischer Widerstand eines Via-Arrays in Abhängigkeit der Via-Anzahl Abb. 12.9 Versetzte ViaAnordnung mit minimalem Abstand

Die optimale Anordnung der Vias für einen minimalen R t h;ges -Wert häng von ihrem Bohrdurchmesser ab. Bei gegebener Bohrtoleranz bei der Leiterplattenfertigung muss der Abstand zwischen den Bohrungen minimal sein, ohne die mechanische Stabilität zu gefährden. Typische Werte sind bei versetzter Anordnung (staggered) D D 0;3 mm und A D 0;2 mm (Abb. 12.9). Daraus ergibt sich ein Abstand der Mittelpunkte (Pitch) von B D 0;5 mm. Beispiel

Die aktive Lötfläche eines D2PAK-Bauelements beträgt 40 mm2 . Wird die Wärme ohne thermische Vias direkt durch die Leiterplatte geleitet, beträgt der thermisch Widerstand bei einer 1,6 mm dicken Leiterplatte mit der Wärmeleitfähigkeit in z-Richtung von z D 0;5 W/(m K) R t h;LP D

1;6 mm D 80 K=W :  0;5 W=.m K/

40 mm2

(12.3)

Zur besseren Wärmeabfuhr werden jetzt thermische Vias eingeführt. Die Kupferfläche auf der Lötseite wird von 40 auf 80 mm2 verdoppelt. Auf der Fläche werden insge-

12.1 Leiterplatte

191

Abb. 12.10 Schliffbild einer 8-lagigen Dick-KupferLeiterplatte (Bildquelle: Schweizer Electronic AG, mit freundlicher Genehmigung)

samt 38 Vias mit einem Bohrdurchmesser von 0,3 mm, einer Kupfer Dicke von 25 m und einer Kupfer-Wärmeleitfähigkeit von 390 W/(m K) untergebracht. Nach Abb. 12.7 beträgt der thermische Widerstand eines ungefüllten Vias R t h D 190 K/W. Unter der Annahme einer homogenen Temperaturverteilung an der Via-Oberseite verringert sich der thermische Widerstand von 80 K/W mit 38 Vias gemäß Gl. 12.2 auf R t h;ges D

190 W=.m K/ D 5 K=W ; 38

(12.4)

siehe auch Abb. 12.1.

12.1.3 Dick-Kupfer Leiterplatte Für einen verbesserten, lateralen Wärmetransport und eine höhere Stromtragfähigkeit werden Leiterplatten mit einer höheren Kupfer Schichtdicke in den Innenlagen verwendet. Von Dick-Kupfer spricht man bei Schichtdicken zwischen 70 und 400 m. Auf Außenlagen ist in der Regel aus fertigungstechnischen Gründen kein Dick-Kupfer möglich: Mit zunehmender Schichtdicke wird es schwieriger feine Strukturen zu ätzen. Auf Grund der Unterätzung ist das minimale Aspektverhältnis der Leiterzüge b/h begrenzt, Abb. 12.10. Zu sehen ist das Schliffbild einer 8-lagigen Leiterplatte mit vier Dick-Kupfer-Lagen. Bei hohen Kupfer Schichtdicken werden dünne Dielektrikumsschichten (Prepreglagen) verwendet, um die Gesamtdicke der Leiterplatte zu reduzieren und den Wärmetransport senkrecht zur Plattenebene zu verbessern. Damit steigt jedoch das Risiko von Harzarmut oder Lunker in den Isolierschichten. Durch Vorfüllen der Dickkupfer-Ätzgräben kann dem entgegen gewirkt werden. Hohe Kupfer Schichtdicken führen bei der Bestückung beim Lötprozess zu starker Wärmeableitung. Damit besteht bei ungünstigen Bedingungen die Gefahr, dass an der

192

12

Substrate

Lötstelle die notwendige Temperatur nicht erreicht wird. Der Lötprozess erfordert deshalb bei Dick-Kupfer-Leiterplatten enge Prozessparameter und eine aufwendige Kontrolle.

12.1.4 Wirelaid-Technik Eine Alternative zum Dick-Kupfer ist die Wirelaid-Technik. Massive Kupfer Drähte („wire“) werden in die Leiterplatte gelegt („laid“) und einlaminiert. Sie ersetzen die dicken Kupfer Leiterzüge bei der Stromführung und der Wärmeabfuhr. Der Leiterquerschnitt kann rund oder rechteckig sein. Der Vorteil ist, dass in einer Leiterplattenlage gleichzeitig feine Kupferleiterzüge für die Signalführung und dicke Kupferquerschnitte für die Leistungsübertragung und den Wärmetransport realisiert werden können. Bei der Leiterplattenfertigung entfällt das aufwändige und teure Ätzen durch dicke Kupferschichten. Außerdem ist das Löten bei der Bestückung einfacher als bei der DickKupfer-Leiterplatte, da die Wärmekapazität der Leiterplatte insgesamt kleiner ist und der Wärmeabfluss durch dicke Kupferstrukturen nur lokal auftritt. Durch die eingebetteten, biegbaren Leitungen sind ähnliche Anordnungen wie bei Starr-Flex-Lösungen denkbar. Starr-Flex-Leiterplatten sind Hybridsysteme, die aus zwei oder mehreren Leiterplatten bestehen. Diese sind miteinander über flexible, elektrische Kontaktierungen verbunden. Bei der Wirelaid-Technik entfallen diese, da die Leiterplatte selbst bis zu 180ı gebogen werden kann. Dazu wird in die Leiterplatte senkrecht zu den einlaminierten Leitungen eine Nut gefräst. Die Wirelaid-Technologie ist patentrechtlich geschützt [1].

12.1.5 Kupfer-Inlay-Technik Von der Inlay-Technik existieren viele Prozess- und Designvarianten. Allen gemeinsam ist, dass ein massiver Kupferkörper in die Leiterplatte eingebracht wird. Das Inlay kann einlaminiert oder dessen Geometrie nachträglich aus der Leiterplatte ausgefräst und das Inlay eingepresst werden. Abb. 12.11 zeigt links eine Variante der Inlay-Technik ohne, und rechts mit Microvias. Das vollflächige Kupfer ermöglicht lokale Stromspitzen bis zu 1000 A und eine optimale Wärmeableitung. Der thermische Widerstand des Kupfers selbst ist sehr klein. Beispielsweise ergibt sich für ein Inlay mit einer Fläche von A D 10 mm 10 mm, einer Dicke von d D 1;6 mm und einer Wärmeleitfähigkeit von  D 390 W/(m K)

Abb. 12.11 Schematische Darstellung einer Leiterplatte mit Kupfer-Inlay: Standard-InlayTechnologie (links) und zusätzliche Microvias (rechts)

12.1 Leiterplatte

193

Abb. 12.12 Schematische Darstellung einer Leiterplatte mit integrierter Bus-bar-Technik

ein thermischer Widerstand von Rt h D

d 0;0016 m D 0;041 K=W : D A 390 W=.m K/  104 m2

Dieser Wert ist gegenüber anderen Widerständen im Wärmepfad, wie z. B. den Kontaktwiderständen an der Ober- und Unterseite der Inlays, zu vernachlässigen. Alternativ zum Kupfer wird Aluminiumnitrid (AlN) mit einer Wärmeleitfähigkeit von rund 180 W/(m K) oder Aluminiumoxid (Al2 O3 ) mit einer Wärmeleitfähigkeit von etwa 25 W/(m K) verwendet. Ein weiterer Vorteil der Inlay-Technik ist die hohe Wärmekapazität des massiven Kupfers. Bei transienten Lastfällen dient das Kupfer als Wärmespeicher zur Glättung der Temperaturspitzen. Bei kurzzeitigen Wärmeströmen nimmt das Inlay die Wärme einer Wärmequelle auf und gibt sie nach Abschaltung der Quelle wieder ab.

12.1.6 Integrierte Bus-bar-Technik Eine Kombination aus Wirelaid- und Inlay-Technik ist die integrierte Bus-bar-Technik. Dabei werden massive, dreidimensionale Kupferstrukturen in die Leiterplatte eingebettet, Abb. 12.12. Diese sind sehr gute elektrische und thermische Leiter. Der wesentliche Unterschied zur Wirelaid-Technik besteht darin, dass einzelne Flächen des eingebetteten Kupfers aus der Leiterplattenoberfläche herausragen und als Lötflächen genutzt werden. Die Bauelemente sind damit sehr gut an das innenliegende, massive Kupfer angebunden. Durch die freie Formgebung der Kupferschienen lässt sich die Wärme an definierte Stellen der Leiterplatte leiten, von wo aus sie z. B. über Anschraubpunkte abgeleitet wird. Die Leiterplatte eignet sich für die Bestückung mit SMD-Bauelementen mit Reflow- oder Wellenlöttechnik. Für die elektrische Kontaktierung bei Hochstrom-Anwendungen sind auch Einpressstecker gebräuchlich.

12.1.7 Leiterplatten Anschraubpunkte Die Befestigung der Leiterplatte im Gehäuse oder an einem Kühlkörper spielt bei der Wärmeabfuhr eine wesentliche Rolle, besonders wenn der Strahlungs- und Strömungs-

194

12

Substrate

Abb. 12.13 Verzinnte Befestigungsbohrung einer Leiterplatte mit thermischen Vias (oben) und schematische Darstellung der Befestigung am Gehäuse (unten)

pfad nicht genutzt werden können. Über die Anschraubpunkte wird die Wärme von der Leiterplatte weg nach außen transportiert. Auf der Leiterplattenober- und unterseite sorgen Kupferpads für den thermischen Kontakt, Abb. 12.13. Diese können umlaufend mit thermischen Vias versehen und an der Oberfläche verzinnt sein. Besonders wirkungsvoll ist die Wärmeableitung, wenn die Leiterplatteninnenlagen an die Kupferhülsen der Befestigungsbohrungen angebunden sind.

12.1.8 Leiterplatte auf Kühlbank Die 10–20 mm breite Leiterplatten-Auflagefläche eines Metallgehäuses wird als Kühlbank oder Wärmebank bezeichnet. Die Leiterplatte kann an ihrem Rand umlaufend oder mittig an Gehäusedomen aufliegen. Thermisch kritische Bauelemente werden für eine gute Wärmeabfuhr direkt über der Wärmebank platziert. Abb. 12.14 zeigt beispielhaft den Querschnitt (Schliff) eines Aufbaus mit einem D2PAK-Bauelement. Der Wärmepfad führt durch die Leiterplatte mit thermischen Vias durch eine anschließende Klebeschicht in die Kühlbank des Gehäuses. Mit thermischen Vias konzentriert sich der Wärmestrom in den Abb. 12.14 Querschnitt (Schliff) durch ein D2PAK mit Leiterplatte, Klebeschicht und Kühlbank

12.1 Leiterplatte

195

gut Wärme leitenden Kupferhülsen. Auf Grund der kleinen Flächen können Verunreinigungen an den Hülsen den Wärmepfad empfindlich stören. In der Fertigung ist deshalb besonderes auf eine saubere Prozessführung und Kontrolle zu achten. Beispiel

Betrachtet man in Abb. 12.14 die Klebeschicht mit der mittleren Dicke von d D 137 m, der angenommenen Wärmeleitfähigkeit von  D 0;3 W/(m K) und der aktiven Chipfläche des D2PAKs von A D 40 mm2 , ergibt sich für den thermischen Widerstand der Klebeschicht bei Vernachlässigung von Wärmespreizung Rt h D

1;37  104 m D 11;4 K=W : 40  106 m2  0;3 W=.m K/

(12.5)

Der thermische Widerstand der Vias in der Leiterplatte beträgt R t h D 5 K/W, vgl. Gl. 12.4, Abschn. 12.1.2. Damit ist der Widerstand der Klebeschicht mit R t h D 11;4 K/W mehr als doppelt so groß wie der Widerstand der Leiterplatte. Abhilfe können kleinere Fertigungstoleranzen des Gehäuses und der Leiterplatte schaffen, damit die Klebeschichtdicke reduziert werden kann.

12.1.9 Leiterplatte auf Metallträger Leiterplatten werden vollflächig auf einen Kupfer- oder Aluminiumträger laminiert oder geklebt. Dazu wird in Epoxidharz getränktes Glasgewebe (Prepregs) verwendet oder ein spezieller Klebstoff. Die Wärmeleitfähigkeit der Prepregs liegt bei etwa  D 0;3 W/(m K), die der Klebstoffe geht bis  D 3 W/(m K). Die Dicke der Verbindungsschicht liegt zwischen 0,1 und 1 mm. Bei der Wärmeübertragung über große geschlossene Flächen ist der thermische Widerstand der Zwischenschicht unkritisch. Beispielsweise hat eine Klebefläche von A D 100 mm 100 mm mit einer Schichtdicke von d D 1 mm und einer Wärmeleitfähigkeit von  D 0;3 W/(m K) einen thermischen Widerstand von Rt h D

d 0;001 m D 0;33 K=W : D A 0;3 W=.m K/  0;01 m2

Der Metallträger sorgt für eine gute thermische Spreizwirkung. Nachteilig ist bei der Metallträger-Technologie der höhere Flächenbedarf, da Bauelemente nur einseitig bestückt werden können. Beispiel

In Abb. 12.15 ist der Vergleich der numerisch berechneten Temperaturen einer Leiterplatte ohne und mit Metallträger zu sehen. Die Größe ist jeweils 100 mm × 200 mm. Die Leiterplatten sind mit je acht DPAK-Bauelementen mit einer Verlustleistung von Pv D 2 W bestückt. Die 4-lagige Standardleiterplatte ohne Metallträger (Abb. 12.15 oben)

196

12

Substrate

Abb. 12.15 Vergleich der Temperaturen einer 4-lagigen Leiterplatte ohne Metallträger (oben) und mit Aluminiumträger (unten)

hat eine Dicke von 1,6 mm. Die Leiterplatte mit Aluminiumträger mit der Wärmeleitfähigkeit  D 150 W/(m K) (Abb. 12.15 unten) ist d D 2 mm dick. Die Klebeschicht zwischen Leiterplatte und Aluminium hat eine Dicke von d D 0;4 mm und eine Wärmeleitfähigkeit von  D 0;9 W/(m K). Die Umgebungstemperatur beträgt jeweils # D 35 ı C. Die Aufbauten befinden sich jeweils frei im Raum, ohne Anbindung an ein Gehäuse. Ohne Metallträger stellt sich eine mittlere Leiterplattentemperatur von #m D 47;8 ı C ein, am betrachteten Bauelement ergeben sich # D 77;3 ı C. Mit Metallträger fällt die Bauelementtemperatur um 9,2 K auf # D 68;1 ı C und die mittlere Leiterplattentemperatur steigt um 5,6 K auf #m D 53;4 ı C. Die Hotspots an den Bauelementen werden zu Lasten der mittleren Leiterplattentemperatur gedämpft. Ein zusätzliches Potential bietet die thermische Kontaktierung des Aluminiumträgers mit einem Gehäuse oder Kühlkörper. Damit wird die laterale Wärmeableitung genutzt.

12.1 Leiterplatte

197

Abb. 12.16 Schematischer Aufbau eines IMS-Substrates mit typischen Kennzahlen

12.1.10 IMS Das IMS (D Insulated Metal Substrate) ist eine Sonderform der Leiterplatte mit Metallträger. Es besteht aus einer Aluminium- oder Kupfer-Platte und einer dünnen Dielektrikumsschicht, die mit einer Kupferschicht kaschiert ist. Abb. 12.16 zeigt schematisch den Aufbau mit üblichen Werten. Die IMS-Technik wird typischerweise als Träger von Bauelementen mit hoher Leistungsdichte und geringen Anschlusszahlen eingesetzt. Ihr thermischer Widerstand ist verglichen mit der Standard-Leiterplattentechnik klein und für die elektrische Entflechtung steht nur eine Kupferlage zur Verfügung. Die Fertigungstoleranz für die Dicke der Dielektrikumsschicht liegt zwischen 5 und 15 m. Die minimale Schichtdicke von 30 m lässt sich in der Volumenproduktion deshalb nicht weiter reduzieren. Beispiel

Abb. 12.17 zeigt die Schliffbilder zweier IMS. Bei annähernd gleichen Kupferdicken von 68 und 66 m unterscheiden sie sich hauptsächlich in der Dicke des Dielektrikums mit 79 und 36 m. Auffällig ist eine Haftvermittlerschicht mit 8 m, Abb. 12.17, rechts. Diese wird von manchen Hersteller eingesetzt und ist auf Grund ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit von  D 0;3 bis 0,5 W/(m K) nicht zu vernachlässigen. Im Folgenden wird der Wärmepfad eines LED-Aufbaus durch ein IMS betrachtet. Die LED-Lötfläche sei 6 mm2 , für die Schichtdicken und Wärmeleitfähigkeiten sind typische Werte angenommen. Bei Vernachlässigung von Wärmespreizung ergeben sich die R t h -Werte (vgl. Gl. 2.2, Kap. 2) in Tab. 12.1. Mit R t h D 8;8 K/W ist das Dielektrikum der Flaschenhals im Wärmepfad und dominiert die Kupfer- und Lotschicht.

Abb. 12.17 Schliffbilder zweier IMS-Substrate, links ohne und rechts mit Haftvermittlerschicht

198

12

Tab. 12.1 Beispiel: Thermische Widerstände im Wärmepfad eines LEDAufbaus

Schichtdicke Wärmeleitfähigkeit  in m in W/(m K) Lot unter LED 50 56 Kupfer 68 390 Dielektrikum 79 1,5 Schicht

Substrate R th in K/W 0,15 0,03 8,8

Abb. 12.18 Schema eines IMS-Aufbaus a elektrisch isolierend, b elektrisch leitend mit thermischen Vias und c elektrisch leitend mit Kupferdom

Das Beispiel verdeutlicht den großen Einfluss der Wärmeleitfähigkeit und der Schichtdicke des Dielektrikums. Wesentlich ist deshalb bei der Volumenproduktion von IMS, dass die engen Fertigungstoleranzen des Dielektrikums eingehalten und nachgewiesen werden. Für den Fall, dass keine elektrische Isolation gefordert ist, lässt sich der thermische Pfad entscheidend verbessern, in dem das Bauelement direkt auf das Pad mit Vias oder Kupferdom gelötet wird. Abb. 12.18 vergleicht a den elektrisch isolierenden Aufbau, b den Aufbaus mit thermischen Vias und c den Aufbau mit Kupfer-Dom. Die Wärme nimmt den metallischen Pfad direkt zum Träger ohne Dielektrikum. Für diese Variante c kommt nur Kupfer als Trägermaterial in Frage, da auf Aluminium nicht gelötet werden kann. Im Beispiel, Tab. 12.1 reduziert sich der thermische Widerstand des Dielektrikums mit der Dom-Technik von R t h D 8;8 K/W auf Rt h D

.68 C 79/ m D 0;06 K=W 6 mm2  390 W=.m K/

und ist damit gegenüber dem thermischen Widerstand des Bauelements, der in der Größenordnung von mehreren K/W liegt, vernachlässigbar.

12.2 Keramik Substrate Die Anforderungen an das Substrat steigen ständig. Der Grund sind höhere Packungsdichten in der Elektronik, die eine feinere Kupferstrukturierung erfordern, höhere Einsatztemperaturen, verursacht durch höhere Leistungsdichten, die Forderung nach höherer mechanischer Festigkeit für den Einsatz unter Vibrationsbelastung, eine bessere chemische Beständigkeit und bei der Signalübertragung immer höhere Frequenzen, die ein definiertes Übertragungsverhalten verlangen. Dazu kommt aus manchen Branchen, wie

12.2 Keramik Substrate

199

Tab. 12.2 Vergleich von Aluminiumoxid (Al2 O3 ), Aluminiumnitrid (AlN) und Siliziumnitrid als Substratmaterial Eigenschaft Wärmeleitfähigkeit Therm. Ausdehnungskoeffizient Dichte Spannungsfestigkeit Biegefestigkeit Bruchzähigkeit E-Modul Vickershärte HV1

Einheit W/(m K) ppm/K g/cm3 kV/mm MPa p MPa m GPa –

Al2 O3 20–30 6,8–8,2 3,7–4,0 > 20 340 4,0 340 1620–2000

AlN 170–200 4,0–6,0 3,3 > 20 320 3,2 320 1230

Si3 N4 30–90 2,5–3,2 3,2 3;9 > 20 > 800 6,0 320 –

z. B. der Windkrafttechnik, die Forderung nach einer langen, wartungsfreien Lebensdauer bis zu 30 Jahren. Die Leiterplattentechnologie stößt dabei an Grenzen. Mit minimalen Leiterzugbreiten und Abständen zwischen den Leiterzügen („Line/Space“) von 75 m ist die Technologie bei der Massenfertigung an ihrem Limit. Eine Lösung bietet Keramik als Substratmaterial. Als elektrischer Isolator zeigt Keramik eine gute bis sehr gute Wärmeleitfähigkeit. Das Substrat kann mit allen gängigen Bauelementen bestückt oder es können passive Bauelemente aufgedruckt werden. Beispielsweise lassen sich Flächenwiderstände drucken, die durch Laserbearbeitung auf Toleranzwerte kleiner als 0;1 % bis 1 % des Endwertes getrimmt werden. Das Substrat besteht in der Regel aus Aluminiumoxid (Al2 O3 ), Aluminiumnitrid (AlN) oder Siliziumnitrid (Si3 N4 ). In Tab. 12.2 sind typische Werte der wesentlichen Eigenschaften der drei Werkstoffe bei Umgebungsbedingungen gegenüber gestellt. Die Streuung der Werte ergibt sich durch den Reinheitsgrad der Keramik oder den Fertigungsprozess. Die niedrigere Wärmeleitfähigkeit von Al2 O3 im Vergleich zum AlN kann teilweise durch eine niedrigere Keramik Schichtdicke kompensiert werden, da Al2 O3 bessere mechanische Eigenschaften hat. Außer diesen drei Keramiken wird noch das Mischoxid ZrO2 /Al2 O3 eingesetzt. Die wesentlichen Vorteile von Keramiksubstraten gegenüber der Leiterplattentechnik sind die hohe Temperaturbeständigkeit und die Wärmeausdehnung ähnlich eines Halbleiters. Diese führt zu vergleichsweise geringen mechanischen Spannungen zwischen bestückten Bauelementen und dem Substrat. Besonders bei Bare-dieChips folgt damit eine höhere Lebensdauer. Außerdem zeigen Keramik Substrate bessere Hochfrequenzeigenschaften im Vergleich zu Standard-Leiterplatten.

12.2.1

Single-Layer Substrate

Single-Layer Substrate bestehen aus einer einzigen Keramiklage. Dazu gehört die DBC(Direct bonded copper) oder die DCB- (Direct copper bonded) Technik. DBC bzw. DCB beschreiben im ursprünglichen Sinn ein Fügeverfahren, bei dem eine Kupferfolie auf einen Keramikträger laminiert wird. Heute ist damit ein Keramikträger gemeint, der ein-

200

12

Substrate

Abb. 12.19 Schema eines DBC-Aufbaus mit der Schichtfolge Cu-Keramik-Cu

oder beidseitig mit Kupfer kaschiert ist. Die Dicke der Keramikschicht liegt zwischen 0,25 und 1 mm mit Kupferschichtdicken zwischen 0,127 und 0,4 mm. Der Standardnutzen hat die Abmessungen 138 mm × 190,5 mm. Typische Anwendungen sind Substrate der Leistungselektronik wie IGBT- oder MOSFET-Schaltungen. Abb. 12.19 zeigt schematisch den zweilagigen Aufbau eines DBC-Substrats. Der thermische Widerstand durch das Substrat ist auf Grund der hohen Wärmeleitfähigkeit vom Kupfer und der Keramik gering. Beispielsweise ergeben sich für eine Chip-Fläche von 20 mm × 20 mm Werte zwischen R t h D 0;1 und 0,5 K/W. Der größte thermische Widerstand entsteht beim Übergang vom Substrat an seine Umgebung, wie z. B. das Gehäuse. Bei der AMB-Technik (Active Metal Brazing) wird auf einen Träger aus Aluminiumnitrid (AlN) oder Siliziumnitrid (Si3 N4 ) mit einem Vakuumprozess bei hoher Temperatur reines Kupfer gelötet. Dabei sind dicke Kupferschichten mit einem dünnen Keramikträger möglich. Ein typischer Aufbau ist Cu–Si3 N4 –Cu mit 800 m – 320 m – 800 m. Der Wärmetransport im Aufbau ist ideal: Die dicke Kupferschicht sorgt für eine gute Wärmespreizung. Auch die Keramiklage hat mit rund  D 60 W/(m K) eine vergleichsweise hohe Wärmeleitfähigkeit. Der thermische Ausdehnungskoeffizient von Si3 N4 ist mit 2,9 ppm/K mit dem von Silizium vergleichbar.

12.2.2

Multilayer Substrate

Multilayer Substrate bestehen aus mehreren Keramiklagen, die mit Leiterbahnen und Vias zu Modulen gestapelt werden. Dazu gehört die LTCC- und HTCC-Technologie (Low Temperature Cofired Ceramics und High Temperature Cofired Ceramics, dt.: Nieder- und Hochtemperatur-Einbrand-Keramiken). Bei der LTCC-Technik bestehen die einzelnen Keramikschichten aus einer Mischung aus Aluminiumoxid- und Glaspulver sowie einem kleinen Anteil Binder und Lösungsmittel. Bei der Herstellung entstehen zunächst die ungebrannten Lagen mit einer Dicke zwischen 100 und 500 m. In diese sogenannten Grünfolien werden zur elektrischen Durchkontaktierung Löcher gestanzt und mit Metallpaste gefüllt. Die Leiterzüge werden in Silber (Ag), Gold (Au), Silber Palladium (AgPt), Palladium Gold (PtAu) oder Kupfer (Cu) im Siebdruckverfahren oder mit einem Fotoprozess aufgedruckt. Möglich sind feine Leiterzugbreiten und Abstände zwischen den Leiterzügen (Line/Space) bis minimal

12.3 Stanzgitter

201

Abb. 12.20 Schematische Darstellung eines LTCC-Aufbaus

60 m, angestrebt werden 50 m. Danach werden die Lagen gestapelt, gepresst und gesintert. Üblich sind bis zu 20 Lagen. In den Aufbau lassen sich passive Bauelemente, wie elektrische Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten integrieren. Die Sintertemperatur liegt zwischen 850 und 900 ı C, so dass die Schmelztemperatur der aufgedruckten Leiterzüge nicht erreicht wird. Die Wärmeleitfähigkeit einer unbedruckten Keramiklage liegt zwischen  D 0;6 und 2,2 W/(m K). Abb. 12.20 zeigt beispielhaft die schematische Darstellung eines LTCC-Aufbaus. Bei der HTCC-Technik besteht das Grundmaterial aus Aluminiumoxid (Al2 O3 ). Die mechanische Stabilität des Materials ist hervorragend. Die Wärmeleitfähigkeit liegt in der Größenordnung von  D 20 W/(m K). Die Sintertemperatur bewegt sich im Bereich 1600 bis 1800 ı C und ist damit höher als bei den LTCC-Substraten. Die Leiterzüge müssen demnach aus höher schmelzendem Material sein (z. B. Molybdän oder Wolfram). Das Material ist kostengünstiger, verglichen mit den gold- oder silberhaltigen Pasten der LTCC-Technik. Allerdings ist deren elektrische Leitfähigkeit geringer. Damit sind die Leitungsverluste höher. HTCC-Substrate können nach der Verpressung an der Oberfläche galvanisch z. B. mit Ni oder Ni/Au beschichtet werden. Auf ihrer Oberfläche kann deshalb direkt gelötet oder gebonded werden.

12.3 Stanzgitter Stanzgitter sind Metallstreifen, die im Stanz-Biege-Verfahren zu dreidimensionalen Schaltungsträgern verarbeitet werden. In der Regel werden Kupfer- und Nickellegierungen eingesetzt. Die Materialstärke liegt zwischen 0,1 und 1,5 mm. Zur elektrischen Isolierung kann das Stanzgitter mit Kunststoff umspritzt werden (Molding). Für die definierte elektrische Kontaktierung z. B. durch Löten wird die Oberfläche meist galvanisch verzinnt. Auch mehrlagige Metallpakete mit Isolationsschichten zwischen den Leitern sind gebräuchlich. Das Stanzgitter enthält alle mechanischen und elektrisch Verbindungen für das fertige Bauelement, inklusive der notwendigen Halterungen für das Handling bei nachfolgenden Prozessschritten.

202

12

Substrate

Abb. 12.21 Vor- und Rückseite eines teilweise bestückten Stanzgitters aus PBT GF30

Die großen Leiterquerschnitte haben eine hohe Stromtragfähigkeit mit guten Wärmetransporteigenschaften. Nachteilig ist, dass die grobe Struktur des Aufbaus nur eine geringe Packungsdichte elektronischer Bauelemente erlaubt. In Abb. 12.21 ist als Beispiel ein umspritztes und teilweise bestückte Stanzgitter aus Polybutylenterephthalat mit 30 % Glasfaser (PBT GF30) zu sehen.

12.4 Zusammenfassung Die Leiterplatte ist weit mehr als nur ein Bauelementeträger. Beim Wärmemanagement spielt sie eine Schlüsselrolle. Mit thermischen Vias, verkupferten Durchgangsbohrungen mit Anbindungen an Innenlagen und thermisch optimierter Anbindung an das Gehäuse kann mit passiver Technik das Wärmemanagement verbessert werden. Dick-Kupfer-, Wirelaid-, Kupfer-Inlay- und integrierte Bus-bar-Technik sind durch einen höheren Kupferanteil wirkungsvoller, jedoch auch teurer. Für mobilen Anwendungen ist das höhere Gewicht zu beachten. Für Bauelemente mit hoher Leistungsdichte und wenigen Anschlüssen, wie z. B. LEDs, kann die Leiterplatte vollflächig auf Aluminium oder Kupfer laminiert oder geklebt werden (IMS). Das Metall spreizt die Wärme sehr gut, allerdings geht einseitig die Fläche für die Bestückung der Bauelemente verloren. Das Keramiksubstrat erlaubt im Vergleich zur Standard-Leiterplatte ein feineres Kupfer-Layout, ist temperaturbeständiger und hat bessere Wärmeleiteigenschaften. Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist kleiner und näher am Wert der Halbleiter. Im Vergleich zu Standard-Leiterplatten sind Keramik Substrate teurer.

Literatur 1. Wölfel M (2009) Europäische Patentanmeldung EP 2 076 100 A1, Patentblatt Patentblatt 2009/27, Anmeldenr. 09003831.6, Drahtbeschriebene Leiterplatte oder Platine mit geätzten Leiterbahnen

Thermische Interfacematerialien

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Festkörper zeigen bei mikroskopischer Betrachtung stets eine raue Oberfläche. Werden zwei Oberflächen in Kontakt gebracht, berühren sie sich an ihren mikroskopischen Spitzen. Der tatsächliche Kontakt beträgt bezogen auf die nominale Kontaktfläche typischerweise nur 0,5–5 %. In den Hohlräumen zwischen den Berührpunkten befindet sich Luft. Thermisches Interfacematerial (TIM) verbessert den Wärmetransport zwischen zwei Festkörperoberflächen, in dem es die schlecht wärmeleitende Luft aus den Hohlräumen der Kontaktfläche verdrängt. Dadurch vermindert sich der thermische Widerstand. Abb. 13.1 zeigt schematisch zwei Kontaktflächen mit und ohne thermischem Interfacematerial mit den Temperaturverläufen. Bei konstanter Temperatur To ergibt sich auf der Seite der Heizquelle eine um T höhere Temperatur. Gebräuchlich sind TIMs in Form von Folien, Gap Pads, Phase-Change-Materialien, Pasten, Gelen und Klebstoffen. Sie können nach der Art ihrer Applikation, ob vorgeformt oder flüssig, eingeteilt werden, Abb. 13.2. Der Einsatzbereich der TIMs ist vielfältig. In Abb. 13.3 sind einige Beispiele dargestellt.

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien Bei der Auswahl der TIMs sind elektrische, chemische, mechanische und thermische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, Abb. 13.4. Folgende Fragen sind zu beantworten:  Welcher thermische Widerstand ist höchstens zulässig?  Welche geometrischen Toleranzen muss das Material ausgleichen können? Welches maximale Spaltmaß liefert die statistische Toleranzrechnung?  Ist elektrische Isolation gefordert (Durchschlagfestigkeit, spezifischer Durchgangswiderstand, Kriechstromfestigkeit)?  Ist Reparaturfähigkeit gefordert? © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_13

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Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.1 Kontaktflächen mit und ohne thermischem Interfacematerial (links) mit Temperaturverlauf (rechts)

 Welche maximale Betriebstemperatur ist zu erwarten? Welchem Temperaturprofil ist das Material ausgesetzt?  Welche Lebensdauer muss bei der zu erwartenden Belastung gewährleistet werden?  Welche Montageart ist vorgesehen? In Abb. 13.5 sind TIMs grob nach ihrem thermischen Widerstand und ihrer Dicke eingeteilt. Den kleinsten thermischen Widerstand liefern Phase-Change-Materialien (PCM) ohne Trägerfolie und mit Aluminium-Folie. PCM mit Isolationsfolie (i. d. R. Poyimid) sind elektrisch isolierend, haben aber einen größeren thermischen Widerstand. Pasten werden überwiegend mit einer Dicke zwischen 10 und 150 m eingesetzt. Für höhere

Abb. 13.2 Einteilung von TIMs nach der Art ihrer Applikation

Abb. 13.3 Anwendungsbeispiele von thermischen Interfacematerialien in einem elektronischen System

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

205

Abb. 13.4 Anforderugen an thermisches Interfacematerial

Abb. 13.5 Einteilung von TIM nach thermischem Widerstand und Dicke

Spaltmaße werden Gele, Pads, Graphit-Folien und Gap Filler verwendet. Durch ihre größere Dicke haben sie einen höheren thermischen Widerstand als PCM ohne Trägerfolie oder mit Alu-Träger. Die gestrichelte rote Linie markiert den groben Richtwert des thermischen Widerstands R t h  A D 120 mm2 K=W zweier glatter, ebenen Aluminiumoberflächen, die mit einem Druck von 1 bar zusammengepresst werden.

13.1.1 Phase-Change Material Phase-Change Material (PCM) wird auch als Wärmeleitwachs bezeichnet. Bei einer Übergangstemperatur von 50 bis 60 ı C wird es flüssig, kriecht in die Unebenheiten der Oberfläche und verdrängt die Luft, Abb. 13.6. Bei der ersten Verflüssigung reduziert sich der Spalt zwischen den Oberflächen dadurch etwas. Durch die Verflüssigung nimmt sein spezifisches Volumen um 10–15 % gegenüber dem festen Zustand zu, was den Vorgang unterstützt. Auch bei höheren Temperaturen oder Temperaturzyklen bleibt das Wachs auf Grund seiner Adhäsionskräfte in den Unebenheiten. Das PCM kann mit und ohne Trägerfolie appliziert werden. Bei Varianten mit Trägerfolie sind dünne Wachsschichten

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Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.6 PCM kriecht in die Unebenheiten der beiden Oberflächen und füllt diese aus

ein- oder beidseitig auf die Folie aufgetragen. Als Folienmaterial sind Polyimid, Glasfaser oder Aluminium gebräuchlich. Die Trägerfolie hat eine Dicke von 10 bis 50 m, die Wachsschichten zwischen 10 bis 100 m. Elektrische Isolation kann mit einer PolyimidTrägerfolie erreicht werden. Bei Varianten ohne Trägerfolie wird das PCM direkt auf eine der beiden Kontaktflächen, z. B. durch Dispensen oder Drucken, aufgebracht. PCM zeigen ein thixotropes Verhalten. PCM kann keine geometrische Relaxation des Wärmepfads über die Lebensdauer ausgleichen, es ist nicht elastisch. PCM eignet sich für Klammermontage, die einen konstanten Anpressdruck bis zu 3,5 bar gewährleistet. Bei Schraubmontage kann eventuell durch das Nachlassen des Anpressdrucks im Laufe der Zeit der thermische Widerstand ansteigen. Abb. 13.7 zeigt das typisches Verhalten eines PCMs beim Phasenübergang. Bei konstantem Anpressdruck von 1 bar wird in der stationären Zylinderapparatur (vgl. Abschn. 11.2) konstant Wärme zugeführt. Bei etwa 50 ı C schmilzt das Wachs. Der thermische Widerstand reduziert sich dadurch von etwa 150 auf 38 mm2 K/W.

Abb. 13.7 Aufschmelzen von PCM unter konstantem Druck (1 bar) in einer stationären Zylinderapparatur

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

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Abb. 13.8 Wärmeleitpaste mit monomodaler und multimodaler Partikelgrößenverteilung

13.1.2 Wärmeleitpaste Wärmeleitpasten bestehen aus Silikonöl mit Füllpartikel. Als Füllmaterial wird z. B. Zinkoxid, Keramik, Bornitrid, Kupfer, Graphit oder Silber verwendet. Die Partikelgrößen liegen zwischen 5 und 300 m. Auch silikonfreie Pasten, oder Pasten, die auf thermoplastischen Kunststoffen bestehen, sind erhältlich. Ihre Wärmeleitfähigkeit liegt zwischen 0,5 und 5 W/(m K), übliche Schichtdicken im Bereich von 20 bis 300 m. Elektrische Isolation kann mit Wärmeleitpasten generell nicht gewährleistet werden. Wärmeleitpasten härten nicht aus, deshalb lassen sich die Kontaktflächen nachträglich lösen (Rework). Bei Alterung können der „Pump-Out-“ oder „Separationseffekt“ auftreten. Dabei werden die Füllpartikel durch thermische Bewegung aus der Matrix „gepumpt“, bzw. Komponenten der Paste in flüssiger Form separiert. Auch Migrationseffekte können die Eigenschaften der Pasten über ihre Lebensdauer beeinflussen. Die Kontaktstellen zwischen den Partikeln und der umgebenden Matrik bzw. den Festkörperoberflächen bilden den Flaschenhals im Wärmepfad. Bei größeren Füllpartikeln mit einer monomodalen Größenverteilung entstehen weniger Kontaktstellen zwischen den einzelnen Füllpartikeln bzw. den Füllpartikeln und der umgebenden Matrix im Vergleich zur multimodalen Verteilung, Abb. 13.8. Allerdings sind bei größeren Füllpartikeln der Füllgrad und die Kontaktflächen zu den Festkörperoberflächen kleiner. Für einen minimalen Kontaktwiderstand ist deshalb die Partikelgrößenverteilung auf die Mikrostruktur der Festkörperoberflächen und die Schichtdicke abzustimmen.

Für die Beurteilung des Wärmetransports durch eine Paste zwischen zwei Kontaktflächen ist nicht nur die Wärmeleitfähigkeit  der Paste entscheidend, sondern auch die minimal erreichbare Schichtdicke d . Große Füllpartikel führen zwar in der Regel zu einer hohen Wärmeleitfähigkeit der Paste, allerdings ist auf Grund der großen Partikel die minimal erreichbare Schichtdicke groß. Kleine Schichtdicken lassen sich nur mit kleinen Füllpartikeln realisieren.

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Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.9 Inhomogener Pastenauftrag auf der Montagefläche eines Leistungsmoduls (Bildquelle: Firma Infineon Technologies AG, mit freundlicher Genehmigung)

Das entscheidende Kriterium für eine optimale Wärmeleitung durch die Kontaktfläche ist der thermische Widerstand R t h D d=. A/, vgl. Gl. 2.2, Kap. 2.

Wärmeleitpasten können appliziert werden mit  einem Dispenser mit punkt- oder raupenförmigem Auftrag. Dabei wird die Form des Auftrags oder die Masse der Paste kontrolliert.  dem Rollenwälzverfahren.  dem Sieb- oder dem Schablonendruck. Bei punkt- oder raupenförmigem Auftrag besteht die Gefahr, dass durch Biegespannungen bei der Montage Risse entstehen. Keramische Substratträger können sogar brechen. Bei größeren Flächen empfiehlt sich eine gezielte, angepasste Pastenverteilung auf der Oberfläche. Damit lassen sich ungleichmäßige Spannungen und Spaltmaße nach der Montage korrigieren. In Abb. 13.9 ist ein optimierter, inhomogener Pastenauftrag auf der Montagefläche eines Leistungsmoduls zu sehen. Die höhere Pastendichte in der Mitte der Montagefläche zwischen den Verschraubungen gleicht den niedrigeren Anpressdruck auf Grund der außen liegenden Verschraubungen aus. Abb. 13.10 zeigt den typischen Verlauf des thermischen Widerstands eines AluminiumAluminium-Kontakts in Abhängigkeit des Anpressdrucks mit und ohne Wärmeleitpaste1 . 1

gemessen mit der stationären Zylindermethode (vgl. Abschn. 11.2) am ZFW Stuttgart.

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

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Abb. 13.10 Thermischer Widerstand eines Aluminium-Aluminium-Kontakts in Abhängigkeit des Anpressdrucks

Mit zunehmendem Anpressdruck wird der thermische Widerstand kleiner. Beim Kontakt ohne Wärmeleitpaste vergrößert sich mit zunehmendem Druck auf Grund von plastischer Verformung der Oberflächenstrukturen die tatsächliche metallische Berührfläche und der thermische Widerstand wird kleiner. Mit Wärmeleitpaste ist der thermische Widerstand auch bei niedrigen Anpressdrücken wesentlich kleiner. Mit zunehmendem Druck wird die Paste in die Mikrostrukturen der Oberflächen gepresst und verdrängt die schlecht wärmeleitende Luft. Zu den Wärmeleitpasten zählen auch Flüssigmetalle als thermisches Interfacematerial. Sie bestehen aus Metallen oder Metalllegierungen mit niedrigem Schmelzpunkt. Gebräuchlich ist z. B. reines Gallium oder Indium oder mit Legierungsbestandteilen wie z. B. Zinn. Ihre Wärmeleitfähigkeit liegt mit 30 bis 80 W/(m K) rund eine Größenordnung über der Wärmeleitfähigkeit der silikonhaltigen Pasten. Für die Montage in der Elektronik stehen sie als vorgeformte Pads und dispens- und druckbar zur Verfügung. Auf Grund ihrer guten elektrischen Leitfähigkeit ist bei der Montage in der Elektronik äußerste Sorgfalt geboten.

13.1.3 Wärmeleitkleber Wärmeleitkleber besteht typischerweise aus zwei Komponenten und basiert auf Epoxidharz oder Silikon. Man unterscheidet zwischen selbstaushärtenden Varianten (self cure) und Klebstoffen, die für die Aushärtung einen zusätzlichen Prozess, wie z. B. ein definiertes Temperaturprofil, brauchen. Im Gegensatz zu Pasten oder Phase-Change Material

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Thermische Interfacematerialien

entsteht mit Klebstoff eine feste, unlösbare Verbindung. Unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten der Fügepartner und des Klebstoffs (CTE-Mismatch) können im Laufe der Zeit zu Rissen im Material oder Ablösungen von den Festkörperoberflächen führen. Dementsprechend spricht man vom Kohäsions- oder Adhäsionsbruch. Deshalb ist der thermische Ausdehnungskoeffizient des Klebstoffs über die Wahl der Trägermatrix, die Art der Füllpartikel und den Füllgrad an die Ausdehnungskoeffizienten der Fügepartner anzugleichen. Silikonbasierte Klebstoffe sind generell etwas weicher als Epoxidharz basierte. Typische Wärmeleitfähigkeiten liegen bei Klebstoffen mit keramischen Füllstoffen im Bereich von 0,9 bis 3 W/(m K) und 1 bis 5 W/(m K) mit metallischen Füllstoffen bei Schichtdicken zwischen 70 m bis 5 mm. Die minimale Schichtdicke wird wie bei den Wärmeleitpasten durch die Größe der Füllpartikel bestimmt. Abhängig davon, ob keramische oder metallische Füllpartikel enthalten sind, ist Klebstoff elektrisch isolierend oder leitfähig. Mit zunehmendem Füllstoffanteil verbessert sich die Wärmeleitfähigkeit, allerdings verringert sich die mechanische Festigkeit der Verbindung. Ein Vorteil der Wärmeleitkleber gegenüber Pasten oder Pads besteht darin, dass nach dem Aushärten keine weitere Fixierung, wie z. B. eine Verschraubung oder Verspannung notwendig ist.

13.1.4 Gap Filler Unter einem Gap Filler oder Gel versteht man im Bereich der thermischen Interfacematerialien eine vernetzende, dispensbare Substanz. Oft sind es 2-Komponenten-Systeme. Abb. 13.11 zeigt das Innenleben einer Grafikkarte. Mehrere Bauelemente (bare dies) sind über ein Gel thermisch an die darüber liegende Aluminiumplatte gekoppelt. Die Schicht-

Abb. 13.11 Grafikkarte mit Wärmeleitpaste und Gel zur thermischen Kopplung der Bauelemente an die darüber liegende Kupfer- und Aluminiumplatte

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

211

Abb. 13.12 Benetzung von Festkörperoberflächen, Folie und Pad (links) und flüssiges Gel (rechts)

dicke des Gels liegt im Bereich 0,2 bis 0,8 mm. Zusätzlich ist der Grafikprozessor mit Wärmeleitpaste an eine Kupferfläche gekoppelt. Bei „Form-in-Place“ wird das Gel in einer eng definierten Form, z. B. einer Raupe, dispenst. Die Spaltmaße liegen zwischen 250 m und 5 mm. Standardprodukte haben eine Wärmeleitfähigkeit von 1 bis 4 W/(m K). Elektrische Isolation kann nicht zuverlässig erreicht werden. Ein Vorteil der Gele gegenüber Folien oder Pads ist, dass sie sich bei niedriger Viskosität optimal an die Festkörperoberflächen anpassen (wet-out), auch bei großen Fertigungstoleranzen, Abb. 13.12. Der Kontaktwiderstand zwischen dem Gel und der Festkörperoberfläche verringert sich dadurch wesentlich oder verschwinden ganz. Ein weiterer Vorteil der Gele besteht darin, dass bei der flüssigen Verarbeitung kaum mechanischer Stress auf die elektronischen Bauteile entsteht, wie z. B. beim Verpressen von Pads. Der Dispensprozess ist voll automatisierbar, es entsteht kaum Materialverlust, wie beim Zuschnitt von Folien und Pads. Allerdings ist die Dispenstechnik relativ aufwendig und bezüglich Standzeiten sensibel. Erst bei größeren Stückzahlen wird sie gegenüber der Verarbeitung von Folien und Pads kosteneffektiv.

13.1.5 Graphitfolie Graphitfolien, die in der Elektronikkühlung eingesetzt werden, bestehen aus fast vollständig reinem Graphit. Die Kristallstruktur ist wabenförmig. In der x,y-Ebene werden die Kohlenstoff-Atome von starken kovalenten Bindungen zusammengehalten. Senkrecht dazu, in z-Richtung, wirken dagegen nur schwache Van-der-Waals-Kräfte, Abb. 13.13. Aus dieser Struktur ergeben sich stark anisotrope Wärmeleiteigenschaften. Erhältlich sind Standardfolien mit einer In-Plane-Wärmeleitfähigkeit von x;y D 150 bis 1500 W/(m K) und einer z-Wärmeleitfähigkeit im Bereich von z D 5 bis 25 W/(m K). Auf Grund ihrer hohen In-Plane-Wärmeleitfähigkeit werden Graphitfolien als Wärmespreizer eingesetzt. Gebräuchliche Foliendicken liegen zwischen 25 m und mehr als 1 mm. Die wesentlichen Eigenschaften von Graphitfolien lassen sich wie folgt zusammenfassen:

212

13

Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.13 Kristallstruktur von Graphit

 Je nach Dicke und Ausführung passt sich eine Graphitfolie mehr oder weniger an die Festkörperoberflächen an. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass der vorgeschriebene Anpressdruck über die gesamte Lebensdauer bestehen bleibt.  Graphitfolie ist elektrisch leitfähig. Elektrisch isolierende Varianten haben eine zusätzliche Poyimide- oder Glasgewebe-Schicht.  Die Dichte ist niedrig. Sie beträgt nur rund 50 % von Aluminium und 15 % von Kupfer.  Die Temperaturbeständigkeit ist hoch (> 300 ı C).  Die Alterungsbeständigkeit ist hoch. Es gibt keinen Pump-Out- oder Dry-Out-Effekt, bzw. Bleeding etc.  Das Material ist silikonfrei.  Graphitfolie kann leicht bearbeitet werden (Stanzen, Schneiden). Eventuell entstehende Grate sind zu entfernen.  Graphitfolie kann gegebenenfalls zur EMV-Schirmung eingesetzt werden. Graphitfolien sind als Rollenware, Matten, klebend oder nicht klebend bzw. als vereinzelte Formteile erhältlich. In Abb. 13.14 ist beispielhaft der thermische Widerstand einer Graphitfolie in Abhängigkeit vom Anpressdruck dargestellt. Zusätzlich ist die Schichtdicke der Folie eingetragen2 . Mit zunehmendem Druck wird der R t h x A-Wert kleiner, da bei der Messung die Kontaktwiderstände zwischen den Festkörperoberflächen der Referenzstempel und der Folie kleiner werden. Zusätzlich wird die Folie mit zunehmendem Druck dünner.

2

gemessen mit der stationären Zylindermethode (vgl. Abschn. 11.2) am ZFW Stuttgart.

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

213

Abb. 13.14 Messwerte des thermischen Widerstands und der Schichtdicke einer Graphitfolie in Abhängigkeit vom Anpressdruck

13.1.6 Wärmeleitfolien und Wärmeleitpads Wärmeleitfolien und Wärmeleitpads sind meist Silikonelastomere, die für eine bessere Wärmeleitfähigkeit mit Partikeln gefüllt sind. Je nach geforderter elektrischer Isolation sind die Partikel aus Keramik, Zinkoxid, Aluminiumoxid, Bornitrid oder Aluminium. Abb. 13.15 zeigt beispielhaft das Foto einer Leiterplatte mit Bauelementen und zwei Wärmeleitpads. Die Dicke der Pads im Beispiel ist im unverpressten Zustand 2 mm. Sie koppeln die Oberseite der Bauelemente an das Gerätegehäuse. Bei elektrisch isolierenden Folien oder Pads sind eine oder mehrere Lagen Glasgewebe oder Polyimide-Folien eingearbeitet. Zusätzlich sind Varianten mit einer ein- oder beidseitig Klebeschicht erhältlich, Abb. 13.16. Glasgewebe, Polyimide-Folie und Klebeschicht vergrößern jeweils den thermischen Widerstand des Materials, da diese Schichten selbst eine niedrige Wärmeleitfähigkeit haben und zusätzliche Kontaktflächen mit thermischen Widerständen entstehen. Die Bulk-Wärmeleitfähigkeit der Folien und Pads liegt typischerweise zwischen 1 und 5 W/(m K). Folien sind für Spaltmaße zwischen 100 und 500 m geeignet, Wärmeleitpads füllen Spalte bis etwa 4 mm aus. Als grober Richtwert kann dabei von einer Verpressung um 30 % ausgegangen werden. Bei einer zu hohen Verpressung können Mikrorisse entstehen und das Material kann seine mechanischen Eigenschaften verändern. Folien und Pads werden mit Verschraubungen montiert, oder mithilfe von Federn und Klammern verspannt. Die Verarbeitung funktioniert von Hand oder maschinell mit „Pick&Place“. Durch das Verpressen der Folien und Pads können Wulste entstehen, die verhindern, dass sich das Material optimal an die Festkörperoberflächen anschmiegt. Außerdem können sie im Aufbau der Elektronik stören. Abb. 13.17 zeigt die Verformung von Wärmeleit-

214

13

Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.15 Leiterplatte mit Bauelementen und zwei Wärmeleitpads zur thermischen Kopplung der Oberseite der Bauelemente an das Gerätegehäuse

Abb. 13.16 Schematischer Aufbau einer elektrisch isolierenden Wärmeleitfolie mit einseitiger Klebeschicht

pads, wie sie durch die Verpressung während der Wärmeleitfähigkeitsmessung mit der stationären Zylindermethode entsteht. Es empfiehlt sich, wenn keine elektrische Isolation gefordert ist, die vorgeformten Folien und Pads umlaufend etwas kleiner zu wählen, damit bei der Verpressung wieder die Größe der anliegenden Festkörperoberflächen erreicht wird, Abb. 13.18. Für eine zuverlässige elektrische Isolation muss ein Überstand der Folie oder des Pads in Kauf genommen werden, um einem elektrischen Überschlag am Umfang vorzubeugen. Folien und Pads können in Matten, Rollen oder in Form von losen Stanzteilen bezogen werden. In Abb. 13.19 ist der thermische Widerstand einer glasfaserverstärkten, mit Keramik gefüllten Silikonfolie in Abhängigkeit vom Anpressdruck dargestellt. Zum Vergleich sind im Diagramm zusätzlich die Werte ohne Interfacematerial („trockener Kontakt“) und einer dünnen mit PCM beschichteten Aluminiumfolie eingetragen. Die Werte

13.1 Auswahl thermischer Interfacematerialien

215

Abb. 13.17 Verformung von Wärmeleitpads bei der Verpressung

Abb. 13.18 Umlaufend kleineres TIM als Festkörperoberfläche vor und nach der Verpressung

Abb. 13.19 Thermischer Widerstand eines glasfaserverstärkten, gefüllten Silikonpads, eines trockenen Kontakts und einer mit PCM beschichteten Aluminiumfolie

216

13

Thermische Interfacematerialien

der beschichteten Aluminiumfolie liegen bei einem annähernd konstanten Wert von R t h xA D 14;5 mm2 K=W.3

13.2 Alterung thermischer Interfacematerialien Die Eigenschaften thermischer Interfacematerialien ändern sich im Laufe der Zeit durch Umwelteinflüsse. Dazu gehören:          

die Umgebungstemperatur. die Erwärmung durch die Verlustleistung der Elektronik. Feuchte. chemische Substanzen. Strahlung (z. B. UV). Staub, Schmutz. ein elektrisches Potential, elektrischer Strom. mechanische Stöße. Vibration. mechanische Belastung (Zug-, Druck- und Scherkräfte).

13.2.1 Fehlermechanismen Polymere Netzwerke altern auf Grund von molekularen Diffusionsprozessen, mechanischen Relaxationen oder chemischen Reaktionen. Diese Prozesse sind temperatur- und feuchteabhängig. Die verschiedene Fehlermechanismen können gleichzeitig oder nacheinander auftreten. Die wesentlichen Effekte sind:  Pump-out: Durch Erwärmen und Abkühlen des Aufbaus dehnen sich die Festkörperoberflächen und das thermische Interfacematerial dazwischen aus und ziehen sich wieder zusammen. Bei unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten (CTEMismatch) kann dadurch eine Pumpwirkung entstehen. Durch die Pumpwirkung, zusätzliche Kapillareffekte und Einflüsse der Oberflächenspannung können sich das Interfacematerial oder die Füllstoffpartikel teilweise aus der Kontaktfläche herausarbeiten. Die Rauheit und die Materialdicke haben einen starken Einfluss auf den Pump-outEffekt.  Vertcal Slide: Durch die Gravitation läuft das Material, oder Komponenten davon, aus dem Spalt nach unten ab.  Bleeding, Phase-Separation: Die Polymermatrix oder Komponenten davon trennen sich von den Füllpartikeln. Die Füllpartikel agglomerieren. 3

gemessen mit der stationären Zylindermethode (vgl. Abschn. 11.2) am ZFW Stuttgart.

13.3

Thermischer Kontakt mit thermischem Interfacematerial

217

Abb. 13.20 Foto einer Wärmeleitpaste nach 48 h Temperaturlagerung bei 85 ı C

 Dry-out: Das Lösungsmittel des Polymers verflüchtigt sich.  Chemische und physikalische Degradation: Die Polymerketten der Matrix zersetzen sich oder nehmen Wasser auf. Das Material bekommt Risse oder quillt auf. Nicht jede Materialveränderung hat zwangsläufig einen merklichen Einfluss auf den thermischen Widerstand. Risse im Material senkrecht zur Materialebene sind in vielen Fällen aus thermischer Sicht unkritisch. Risse parallel zur Materialebene oder Delaminationen von der Festkörperoberfläche können den thermischen Widerstand vervielfachen. Abb. 13.20 zeigt exemplarisch das Foto einer Wärmeleitpaste nach 48 h Temperaturlagerung bei 85 ı C. Risse durchziehen das Material.

Die Alterung thermischer Interfacematerialen kann einen gravierenden Einfluss auf deren thermischen Widerstand haben. Deshalb ist es unumgänglich, bei der Entwicklung elektronischer Geräte die Fehlermechanismen und deren Einfluss auf das thermische Verhalten zu verstehen. Dazu stehen verschiedene Prüfungen und beschleunigte Alterungstests zur Verfügung, wie z. B. Temperatur- und Feuchtelagerung, Temperaturwechseltests, PowerCycling oder Vibrationstests. Ein einheitliches, genormtes Vorgehen mit einheitlichen Prüfparametern gibt es derzeit noch nicht.

13.3 Thermischer Kontakt mit thermischem Interfacematerial Der thermische Widerstand an einer Kontaktfläche setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem Bulkwiderstand R t h;bulk und zwei Kontaktwiderständen RK1 und RK2 , Abb. 13.21. Bei dicken, weichen Materialien, wie z. B. Gap Fillern mit ein paar Millimeter Dicke, sind die Kontaktwiderstände im Vergleich zum Bulkwiderstand in der Regel vernachlässigbar.

218

13

Thermische Interfacematerialien

Abb. 13.21 Temperaturverlauf und thermische Widerstände in einem TIM

Bei dünnen, harten Folien, wie z. B. Polyimidfolien, dominieren die beiden Kontaktwiderstände den Gesamt-R t h . Die wesentlichen Parameter, die den Bulkwiderstand bestimmen, sind:  die Schichtdicke.  die Materialeigenschaften, dazu gehören – die Matrix – die Füllstoffe: Füllgrad, Form, Größenverteilung, Wechselwirkung mit der Matrix  der mechanische Anpressdruck (i. d. R. nur bei sehr hohen Drücken, oder wenn durch den Druck ein geschlossener Feststoffpfad (Perkolationspfad) entsteht. Die Kontaktwiderstände hängen hauptsächlich ab:    

vom mechanischen Anpressdruck. von der Benetzung der Festkörperoberflächen. von der Topologie der Oberfläche (Rauheit, Struktur). von den Füllstoffen (Füllgrad, Form, Größenverteilung).

13.3.1 Direkter Festkörper-Festkörperkontakt Für ebene Flächen mit direkten Festkörper-Festkörperkontakten (R t h;bulk D 0, Abb. 13.21) und einem thermischen Interfacematerial, das die Hohlräume dazwischen ausfüllt, kann für die Berechnung des thermischen Kontaktkoeffizienten Gl. 7.4, Abschn. 7.1 verwendet werden. Voraussetzung ist, dass das TIM die beiden Festkörperoberflächen wie eine Flüssigkeit vollständig benetzt. Der Gasparameter ist M D 0 und die Wärmeleitfähigkeit des Gases g ist durch die des TIMs (reiner Bulk-Wert) zu ersetzen.

13.4

Zusammenfassung

219

13.3.2 Festkörper-TIM-Festkörperkontakt Ist der Bulk-Widerstand des thermischen Interfacematerials zwischen den beiden Festkörpern auf Grund seiner Schichtdicke nicht zu vernachlässigen (R t h;bulk ¤ 0, Abb. 13.21), berechnet sich der thermische Kontaktkoeffizient des gesamten Übergangs nach [1] mit

kK;ges D

1 D Rges A

1 d bulk

(13.1)

C RK1 A C RK2 A

mit  RK1 A C RK2 A D

1 C 2 2 bulk



A Are

 (13.2)

und kK;ges : Rges : A: d: bulk : RK1;2 : 1 , 2 : Are :

thermischer Kontaktkoeffizient des gesamten Übergangs in W/(m2 K) gesamter thermischer Widerstand des Übergangs in K/W nominale wärmeübertragende Fläche in m2 Dicke des TIMs in m Bulk-Wärmeleitfähigkeit des TIMs in W/(m K) thermischer Kontaktwiderstand der Schicht 1 und 2 in K/W mittlere quadratische Rauheit der beiden Oberflächen (vgl. Gl. 7.4), Abschn. 7.1 in m reale wärmeübertragende Fläche, inkl. Oberflächenstrukturen in m2 .

13.4 Zusammenfassung

Thermische Interfacematerialien (TIMs) spielen eine Schlüsselrolle beim Wärmemanagement elektronischer Systeme. Die Folien, Pads, Phase-Change Materialien, Pasten, Gele und Klebstoffe verbessern den thermischen Kontakt zwischen Festkörperoberflächen, in dem sie die eingeschlossene Luft verdrängen. Wesentliche Kriterien für die Auswahl sind die mechanischen Toleranzen, die zu überbrücken sind und die geforderten elektrischen Eigenschaften. Die Art der Befestigung beeinflusst ihre Funktion: Federn liefern über die Lebensdauer einen konstanten Anpressdruck. Fließt das Material mit der Zeit, wird das TIM dünner und der thermische Widerstand kleiner. Bei Verschraubung der Festkörper mit dem eingeklemmten

220

13

Thermische Interfacematerialien

TIM bleibt die Probendicke konstant. Über die Lebensdauer kann der Anpressdruck relaxieren. Der Druck konstante Einbau ist deshalb in der Regel dem Spalt konstanten vorzuziehen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Alterung der Materialien zu richten. Es können Risse im Material oder den Grenzschichten entstehen, die zum Anstieg des thermischen Widerstands führen. Derzeit gibt es noch kein einheitliches Vorgehen zur Qualitätssicherung und Lebensdauervorhersage bei unterschiedlichen, realen Einbausituationen.

Literatur 1. Prasher R, Shipley J, Prstic S, Koning P, Wang J-L (2003) Thermal resistance of particle laden polymeric thermal interface materials. J Heat Transf 125(6):1170–1177

Packages

14

Der Aufbau elektronischer Systeme wird in fünf Ebenen (Level) unterteilt. Die Nummerierung geht vom innen nach außen. Level 0 beschriebt die Verbindungen auf dem Halbleiterchip, Level 1 die Kontaktierungen vom Chip zum Chipgehäuse, Level 2 die Anschlüsse und Leiterzüge auf der Leiterplatte, Level 3 die Verbindungen verschiedener Leiterplatten untereinander, Level 4 die Kontaktierung eigenständiger elektronischen Einheiten, die räumlich nicht getrennt sind und Level 5 die Verbindung räumlich getrennter Einheiten, z. B. über eine Funkverbindung. Im Folgenden werden Chips und ihre Gehäuse (Level 1) mit ihren Wärmepfaden betrachtet. Für das Chipgehäuse hat sich der Begriff „Gehäusepackage“ oder kurz „Package“ eingebürgert. Das Package hat die Aufgabe den Chip zu schützen und dessen feine Geometrie auf die gröberen Strukturen der Leiterplatte zu übertragen. Packages werden weltweit in einer enormen Vielfalt produziert. Prinzipiell unterscheidet man die Through Hole- (THT oder auch Pin in Hole) und Surface Mount-Technologie (SMT oder auch SMD für Surface Mount Device). Through Hole-Packages sind Drahtbauelemente. Sie werden in Durchgangslöcher der Leiterplatte gesteckt und auf der Rückseite verlötet. Nachteilig ist, dass damit nur eine einseitige Leiterplattenbestückung möglich ist. Außerdem verhindern die Durchgangslöcher ein dichtes Layout in den Innenlagen der Leiterplatte. Die SMD Technik eignet sich gut für die automatische Bestückung. Das Layout der Leiterplatten-Innenlagen wird nicht durch Durchgangslöcher eingeschränkt und die Fläche auf der gegenüberliegenden Seite des Bauelements steht für andere Bauelemente zur Verfügung. Andererseits haben SMD-Bauelemente durch ihre peripheren Anschlüssen umlaufend einen höheren Flächenbedarf als Pin in Hole-Komponenten. Die Wärmeableitung erfordert in jedem Fall auf Grund der begrenzten Kontaktfläche bei Leistungsbauelementen eine besondere Technologie. Abb. 14.1 zeigt als Beispiel schematisch die Aufbauvariante eines klassischen SMDBauelements und Abb. 14.2 den Querschnitt (Schliffbild) eines typischen Vertreters (D2PAK). Der Halbleiterchip (Die) ist mit einer Lot- oder Klebeverbindung am Case © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_14

221

222

14

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Abb. 14.1 Schematische Darstellung des Aufbaus eines klassischen SMD-Bauelements Abb. 14.2 Schliffbild eines D2PAK-Bauelements

befestigt. Typische Schichtdicken für diese Verbindungen liegen zwischen 20 und 50 m. Lötverbindungen ermöglichen durch ihre Wärmeleitfähigkeit von etwa  D 50 W/(m K) eine bessere Wärmeableitung im Vergleich zu Klebeverbindungen. Deren Wärmeleitfähigkeit liegt zwischen  D 0;3 und 3 W/(m K). Das Case besteht in der Regel aus Kupfer und dient als Chipträger. Die elektrische Kontaktierung des Chips erfolgt über dünne Bonddrähte aus Kupfer, Aluminium oder Gold. Ihr Durchmesser liegt in der Größenordnung von 10 bis 50 m. Die Anschlussbeinchen gehören zum Lead-Frame, der die mechanische und elektrische Verbindung zur Leiterplatte herstellt. Zusätzlich kann das Case als „Heat Slug“ zur besseren Wärmeableitung an die Leiterplatte gelötet sein. Die Moldmasse, meist aus Kunststoff, schützt das Innenleben des Chips. Als Alternative zum Aufbau nach Abb. 14.1 kann der innere Aufbau des Package gedreht werden: Der Chip befindet sich dann auf der Unterseite des Case und die Wärme wird nach oben, z. B. an einen Kühlkörper abgeführt. Beim BGA-Package als SMD-Bauteil (Ball-Grid-Array) ist der Chip auf einen Zwischenträger, meist eine kleine Leiterplatte, montiert, Abb. 14.3. Über verkupferte Durch-

14

Packages

223

Abb. 14.3 Schematischer Aufbau eines BGA-Package auf einer Leiterplatte

gangsbohrungen (Vias) werden die elektrischen Kontakte durch den Zwischenträger geführt. An dessen Unterseite sind kleine Lötkugeln (Solderballs). Mit diesen wird das Package auf die Kupferpads der Leiterplatte gelötet. Der wesentliche Vorteil des BGA-Package gegenüber dem klassischen SMD-Aufbau (vgl. Abb. 14.1) ist die hohe Anschlusszahl pro Flächeneinheit. Die exakte Positionierung der Solderballs auf den Lötpads der Leiterplatte setzt kleine Toleranzen beim Bestückungsprozess voraus. Hilfreich ist, dass sich beim Löten (Reflow-Löten) das Package durch die Oberflächenspannung des flüssigen Lots selbst zentriert. Der Versatz zwischen Lotball und Kupferpad auf der Leiterplatte sollte dabei kleiner als der halbe Paddurchmesser sein. Ein weiterer Vorteil des BGA-Aufbaus sind die kurzen elektrischen Signalwege mit ihren kleinen elektrischen Impedanzen. Nachteile der BGA-Technik treten hauptsächlich im Fertigungsprozess bei der Bestückung auf. Eine optische Kontrolle ist nur bei den äußeren Reihen der Lötkontakte möglich. Die innen liegenden Kontakte müssen mit relativ aufwendiger Ultraschall- oder Röntgeninspektion geprüft werden. Bei der Flip-Chip-Technik wird der nackte, ungehäuste Chip (bare die) direkt auf der Leiterplatte oder einem Zwischenträger befestigt, Abb. 14.4. Dazu wird er gedreht und die aktive Fläche direkt mit kleinen Lotkugeln (Bumps) auf die Leiterplatte gelötet. Moldmasse, Lead-Frame, Bond-Drähte und das Case entfallen. Zur mechanischen Stabilisierung wird der Spalt zwischen Chip und Leiterplatte mit einer Kunststoffmasse unter Vakuum aufgefüllt (Underfill). Damit reduzieren sich mechanischen Spannungen, die durch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten von Chip und Leiterplatte entstehen. Der Vorteil der Flip-Chip-Technik gegenüber Chip-Packages mit Gehäuse ist der geringere Flächenbedarf. Außerdem werden elektrische Signalwege minimiert. Aus thermischer Sicht ist die Flip-Chip-Technologie ideal: Der Chip kann mit seiner freien Seite mit einem thermischen Interfacematerial direkt an eine Kühlfläche gekoppelt werden. Nachteilig ist, dass die fei-

Abb. 14.4 Schematischer Aufbau eines Flip-Chips auf einer Leiterplatte

224

14

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nen Flip-Chip-Strukturen eine feine und damit teurere Substrattechnik voraussetzen. Auch ist die Bestückung teurer, da die Fertigungstoleranzen gegenüber konventionellen Chip Packages kleiner sind. Eine umfassende Darstellung verschiedener Bauelemente Packages findet sich in [1].

14.1 Wärmequellen und Wärmepfade im Halbleiter Package Im Package entsteht die Wärme hauptsächlich an den pn-Übergängen (Junction) entsprechend des Arbeitspunktes des Halbleiters. Ohmsche Verluste entlang der Strompfade z. B. im Halbleiter Body, den Bonddrähten, den Anschlussbeinchen und den Lotschichten produzieren ebenfalls Wärme, ebenso elektrische Kontaktwiderstände im Strompfad. Die elektrischen Widerstände sind entsprechend ihrer Temperaturkoeffizienten temperaturabhängig. Zur Beschreibung der Wärmepfade in den Halbleiter Packages werden in den Datenblättern typischerweise drei thermische Widerstände verwendet. Der R t h;JA -Wert beschreibt den thermischen Widerstand von der Junction zur Umgebung (Ambiente), der R t h;J C -Wert den Widerstand von der Junction zum Case, und der R t h;CA -Wert den Widerstand vom Case zur Umgebung, Abb. 14.5. Die Widerstände ergeben sich aus dem Quotient der Temperaturdifferenz und dem Wärmestrom durch den jeweiligen Pfad. Zum Beispiel wird für R t h;J C ausschließlich der Wärmestrom von der Junction zum Case QP J C betrachtet. Wärmeströme in andere Richtungen, z. B. durch die Moldmasse oder die Anschlussbeinchen sind nicht enthalten. Es gilt: TJ  TA QP JA TJ  TC D QP J C TC  TA D : QP CA

R t h;JA D

(14.1)

R t h;J C

(14.2)

R t h;CA

Abb. 14.5 Thermische Widerstände in einem Standard SMD-Package

(14.3)

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

225

In der industriellen Praxis wird meist vereinfachend von einem eindimensionalen Wärmestrom ausgegangen. Die Wärmeströme QP JA , QP J C und QP CA in Gl. 14.1, 14.2 und 14.3 werden dann durch die gesamte Verlustleistung des Package ersetzt.

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung Für die numerische Berechnung von Temperaturfeldern in elektronischen Komponenten und Systemen steht leistungsfähige Software zur Verfügung (Computational Fluid Dynamics Software, CFD). Der reale Aufbau wird mit seinen geometrischen Abmessungen in einem CAD-System abgebildet. Jedem Material werden Stoffwerte, wie die Wärmeleitfähigkeit, die spezifische Wärmekapazität, die Dichte und Strahlungseigenschaften der freiliegenden Oberflächen zugewiesen. An Kontaktflächen werden die thermischen Kontaktkoeffizienten angegeben und thermische Verlustleistungen oder elektrische Parameter, wie Ströme oder anliegende Spannungen eingetragen. Mit weiteren Anfangs- und Randbedingungen, wie z. B. der Umgebungstemperatur, den Strömungsbedingungen, der Einbaulage oder der auftreffenden Solarstrahlung liefert die Berechnung ein dreidimensionales Temperaturfeld. Bei genauen Eingabewerte weichen die berechneten Temperaturen oft nur wenige Prozent von den realen Werten ab. Alternativ dazu kann der Aufbau mit einem Netzwerk aus thermischen Widerständen und Kapazitäten modelliert werden (R,C-Netzwerk). Dieses liefert im Gegensatz zur CFD-Rechnung nur an den Knotenpunkten Berechnungswerte. Die Genauigkeit ist in der Regel geringer. Dafür ist die Berechnung wesentlich schneller. Auch bei komplexen Systemen lassen sich in Sekundenschnelle Simulationsvarianten, wie z. B. verschiedene Lastfälle, berechnen.

14.2.1

Analogie zwischen elektrischem und thermischem Verhalten

Eine Analogie zwischen zwei physikalischen Erscheinungen ist in der Physik gegeben, wenn die grundlegenden Differentialgleichungen in ihrer Form mit den dazugehörigen Rand- und Anfangsbedingungen übereinstimmen. Bei der Erstellung eines thermischen R,C-Netzwerks kann die Analogie zwischen elektrischem und thermischem Verhalten eines Systems hilfreich sein. Auf der elektrischen Seite beschreibt die Leitungsgleichung (Telegraphengleichung), wie sich Strom und Spannung in einer sehr langen, geraden, zweipoligen Leitung ausbreiten. Wird deren Induktivität und deren Querleitung zwischen den Adern vernachlässigt, erhält man die Differentialgleichung @U @2 U D R0 C 0 : 2 @x @t

(14.4)

226

14

Tab. 14.1 Gegenüberstellung entsprechender elektrischer und thermischer Größen

Elektrisch Potential ' Spannung U Strom I Ladungsmenge Q Ohmscher Widerstand R Kapazität C Induktivität L

Packages

in V V A C 

Thermisch Temperatur T Temperaturdifferenz T Wärmestrom QP Wärmemenge Q Thermischer Widerstand R th F Wärmekapazität C H –

in K K W J K/W J/K

Die Differentialgleichung der Wärmeleitung (Gl. 2.9, Kap. 2) hat im eindimensionalen Fall ohne Wärmequellen die gleiche Form  cp @T @2 T D @x 2  @t

(14.5)

mit U: x: R0 : R: C 0: C:

Spannung zwischen den beiden elektrischen Adern in V Ortskoordinate entlang der Leitung bzw. des wärmeleitenden Mediums in m Widerstandsbelag der Leitung mit Widerstand R in /m Widerstand der Leitung längs der Strecke dx: R D R0  dx in  Kapazitätsbelag der Leitung mit Querkapazität C in A s/(V m) Kapazität der Adern längs der Strecke dx: C D C 0  dx in A s/V.

In Tab. 14.1 sind die entsprechenden elektrischen und thermischen Größen gegenübergestellt. I Bemerkung  Gl. 14.5 ist keine Wellengleichung, sondern eine Diffusionsgleichung. Im Gegensatz zu einer Wellengleichung tritt die zeitliche Ableitung nur einfach auf. Die Ausbreitung von Wärme ist ein Diffusionsprozess. Dabei gibt es naturgemäß keine Rückstellkräfte, wie sie bei Schwingungen und Wellen auftreten. Im strengen Sinn gibt es folglich keine thermischen Wellen. Trotzdem wird der Begriff in der Praxis häufig verwendet. Zur Induktivität gibt es auf der thermischen Seite keine analoge Größe. Deshalb kann es analog zum elektrischen Schwingkreis keinen „thermischen Schwingkreis“ geben.  Die Wärmeleitfähigkeit und die elektrische Leitfähigkeit hängen bei gut leitenden Metallen direkt zusammen. Für Temperaturen über etwa 200 K gilt das Wiedemann-FranzGesetz  D LT 

(14.6)

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

227

mit : Wärmeleitfähigkeit in W/(m K) L D 2;1  108 : : : 2;9  108 V2 /K4 : Lorenz-Zahl T : Temperatur in K : elektrische Leitfähigkeit in 1/( m). Das Wiedemann-Franz-Gesetz gilt nur für den Wärme- bzw. Ladungstransport im BulkMaterial. Für Kontaktflächen, wie sie z. B. bei Steckkontakten auftreten, ist es nicht anwendbar, da Wärme dort nicht nur durch Leitung im Metall übertragen wird, sondern zusätzlich durch das Gas in den Hohlräumen der Oberfläche.

14.2.2

Berechnung mit einer Ersatzschaltung im stationären Fall

Für thermische Berechnungen im stationären Fall genügt eine Ersatzschaltung aus thermischen Widerständen, ohne Wärmekapazitäten. Abb. 14.6 zeigt beispielhaft das Ersatzschaltbild eines SMD-Bauelements, vgl. Abb. 14.1. Wärme, die in der Junction entsteht, wird über zwei parallele Wärmepfade aus dem Package geleitet: durch die Moldmasse und den Chip mit Bonddraht und Case. Die schlecht wärmeleitende Moldmasse aus Kunststoff hat dabei den wesentlich größeren thermischen Widerstand. Die Wärme durch die Moldmasse wird direkt an die Umgebung abgegeben. Der Wärmepfad durch den Chip führt zunächst durch das Lot und die Leiterplatte zur Umgebung. Zu den einzelnen thermischen Widerständen im Wärmepfad gelangt man bei bekannter wärmeübertragender Fläche A, Schichtdicke x und Wärmeleitfähigkeit  der jeweiligen

Abb. 14.6 Ersatzschaltbild eines Standard-SMD-Bauelements (vgl. Abb. 14.1)

228

14

Packages

Schichten mit Rt h D

x A

(14.7)

(vgl. Gl. 2.2, Kap. 2). In der Praxis sind die Parameter der einzelnen Schichten meist nicht vollständig bekannt. Dann kann das Ersatzschaltbild durch einen Vergleich von gemessenen und berechneten Temperaturen an mehreren Positionen erstellt werden. Den Gesamtwiderstand des Systems erhält man analog zum elektrischen Fall: In Serienschaltung addieren sich die Einzelwiderstände, bei Parallelschaltung ergibt sich der Kehrwert des Ersatzwiderstands aus der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstände.

14.2.3 Berechnung mit einer Ersatzschaltung im instationären Fall Für thermische Berechnungen im instationären Fall sind in der Ersatzschaltung zu den thermischen Widerständen zusätzliche Wärmekapazitäten erforderlich. Analog zu den Kondensatoren in der elektrischen Schaltung bestimmen die Wärmekapazitäten im thermischen Netzwerk das zeitliche Verhalten. Mehrdimensionale Netzwerke sind äußerst komplex. Die folgende Betrachtung beschränkt sich deshalb auf eindimensionale Wärmepfade, die mit eindimensionalen Ersatzschaltungen modelliert werden.

Das Cauer-Modell Bei der thermischen Ersatzschaltung steht anstelle der Stromquelle im elektrischen Stromkreis die Wärmequelle mit der Verlustleistung Pv . Ein Volumenelement im Wärmepfad wird mit dem thermischen Widerstand R t h;i D di =.i A/ und seiner Wärmekapazität Ci dargestellt, Abb. 14.7. Die Wärmekapazität liegt auf der Masse. Bei einer Volumenheizquelle ist deren Wärmekapazität als erstes Element parallel zu dieser geschaltet. Das letzte Element endet bei konstanter Temperatur, z. B. bei Umgebungs- oder Kühlplattentemperatur. Diese Anordnung heißt Leitungs-Ersatzschaltbild oder Cauer-Modell. Die Anzahl der Volumenelemente, mit der der Wärmepfad abgebildet wird, bestimmt die Genauigkeit des Modells. Das Cauer-Modell modelliert den realen Wärmepfad von der Wärmequelle bis zur Wärmesenke. Die einzelnen thermischen Widerstände R t h;i und Wärmekapazitäten Ci entsprechen den tatsächlichen, physikalischen Werten. Mit den bekannten Pv , R t h;i und Ci -Werten liefert das Modell an den Knotenpunkten idealerweise die realen Temperaturen der entsprechenden Stellen im physikalischen Aufbau. Beschreibung des Netzwerks mithilfe der Systemtheorie Das Verhalten des Netzwerks lässt sich mithilfe der Systemtheorie beschreiben. Dabei wird vereinfachend von einem linearen, zeitinvarianten System ausgegangen (D linear, time invariant – LTI-System). Ein lineares System liegt vor, wenn die Superposition der Einzelanregungen fn .t/ stets zu einer Superposition der Einzelwirkungen gn .t/ führt. Zeitinvarianz bedeutet, dass die

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

229

Abb. 14.7 LeitungsErsatzschaltbild (CauerModell) zur Beschreibung des eindimensionalen, instationären Wärmetransports

Abb. 14.8 Eigenschaften eines linearen, zeitinvarianten Systems (LTI-System)

Abb. 14.9 Die Impulsantwort als Wirkung auf einen Deltaimpuls im LTI-System

Einzelwirkung gn .t/, die auf eine Einzelanregung fn .t/ folgt, gegen eine Zeitverschiebung invariant ist, Abb. 14.8. Das LTI-System wird vollständig durch die sogenannte Impulsantwort charakterisiert. Unter der Impulsantwort versteht man die Wirkung des LTI-Systems auf einen Einheitsimpuls (= Deltaimpuls). Die Impulsantwort wird auch Greensche Funktion genannt. Mit dem Deltaimpuls ı.t  to / zum Zeitpunkt to am Eingang eines LTI-Systems ergibt sich am Ausgang die Impulsantwort h.t/, Abb. 14.9. Ein einzelner Deltaimpuls ı.t  t 0 / zum Zeitpunkt t 0 führt zur Wirkung h.t  t 0 /, ein einzelner, gewichteter Deltaimpuls f .t 0 /  ı.t  t 0 / zur Wirkung f .t 0 /  h.t  t 0 /, und eine beliebige Anregung f .t/ lässt sich mithilfe einer unendlich dichten Folge gewichteter

230

14

Packages

Deltaimpulse darstellen und führt zur Wirkung ZC1 f .t 0 /  h.t  t 0 / dt 0 D f .t/  h.t/ D h.t/  f .t/ : g.t/ D

(14.8)

1

Gl. 14.8 ist ein Faltungsintegral, das „“-Zeichen das mathematische Symbol für die Faltung. Die Antwort eines LTI-Systems auf eine beliebige Anregung f .t/ ergibt sich demnach durch Faltung mit der Impulsantwort h.t/. Nach dem Faltungssatz lässt sich Gl. 14.8 beim Übergang vom Zeitbereich in den Frequenzbereich als einfaches Produkt schreiben: G.!/ D H .!/  F .!/

(14.9)

mit G.!/ und F .!/ den komplexen Amplitudendichtespektren der Antwort- und Anregungsfunktion und ZC1 h.t/  expj!t dt H .!/ D

(14.10)

1

der Fouriertransformierten der Impulsantwort h.t/. H .!/ heißt auch Übertragungsfunktion. In der Praxis wird das thermisch zeitliche Verhalten von Bauelementen und Systemen meist mit einer Sprunganregung untersucht. Diese bildet das Einschaltverhalten ab. Zunächst ist Pv D 0, ab to wirkt die konstante Verlustleitung Pv;o : f .t/ Pv .t/ D

( 0 Pv;o

für t < to für t  to :

(14.11)

Anwendung der Sprunganregung auf das Cauer-Modell Ein thermisches Netzwerk, das mit der Verlustleistung Pv .t/ in Form einer Sprunganregung (Gl. 14.11) beaufschlagt wird, reagiert gemäß Gl. 14.8 mit der thermischen Antwort h.t/  Pv .t/ bzw. im Frequenzraum Pv;o H .!/  Pv .!/ : Z t h .!/ D Pv;o Z t h .t/ D

(14.12) (14.13)

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

231

Abb. 14.10 PartialbruchNetzwerk (Foster-Modell) zur Beschreibung des eindimensionalen, instationären Wärmetransports

Z t h .t/ heißt thermische Impedanz oder transienter Wärmewiderstand und hat die Einheit K/W. Z t h .t/ ist die normierte Sprungantwort. Leider lässt sich für ein Cauer-Netzwerk, Abb. 14.7, die Z t h -Funktion im Zeitbereich (Gl. 14.12) nicht in geschlossener Form angeben. Im Frequenzbereich ergibt sich ein Kettenbruch: 1

Z t h .!/ D

:

1

j! C1 C R t h1 C

(14.14)

1 1

j! C2 C R t h;2 C

1 j! C t h;3 C : : :

Das Foster-Modell Alternativ zum Cauer-Modell lässt sich der Wärmepfad eines elektronischen Systems mit einer Serienschaltung von RC-Gliedern modellieren. Diese Schaltung heißt PartialbruchNetzwerk oder Foster-Modell, Abb. 14.10. Im Gegensatz zum Cauer-Modell entsprechen beim Foster-Modell die Knoten zwischen den einzelnen RC-Gliedern nicht mehr den Temperaturen im Wärmepfad des realen Aufbaus. Auch entsprechen die einzelnen thermischen Widerstände R t h;i und die Wärmekapazitäten Ci nicht den realen Werten im System. Sie haben für sich betrachtet keine physikalische Bedeutung. Anschaulich ist dies leicht zu erkennen: Im Modell lassen sich die einzelnen RC-Glieder beliebig vertauschen, ohne dass sich die berechnete thermische Antwort ändert. Die Berechnung beruht auf der Summe der Antworten der einzelnen RC-Glieder und diese sind bei der Addition vertauschbar. Nur das Foster-Netzwerk als Ganzes hat eine praktische Anwendung. Es beschreibt das thermische Verhalten des Systems als Ganzes, von der Wärmequelle bis zur Wärmesen-

232

14

Packages

ke. Das bedeutet, dass bei Änderung eines einzelnen Parameters im realen Aufbau, z. B. der Schichtdicke eines Materials im Wärmepfad, alle R t h;i - und Ci -Werte des Modells anzupassen sind. I Bemerkungen Der Vorteil des Foster-Modells gegenüber dem Cauer-Modell ist, dass es mathematisch einfach zu beschreiben ist. Durch eine Netzwerktransformation lassen sich das Cauer- und das Foster-Modell ineinander überführen [2]. Anwendung der Sprunganregung auf das Foster-Modell Die Impulsantwort eines elektrischen RC-Gliedes ist h.t  t 0 /el D

0 R  exp.t  t /=



(14.15)

mit R, dem ohmschen Widerstand in , der Zeitkonstante D RC in s und der Kapazität C in F. Analog gilt für die thermische Impulsantwort eines RC-Gliedes (= einzelnes Element des Foster-Modells): h.t  t 0 / t h D

0 Rt h  exp.t  t /=



(14.16)

mit R t h dem thermischen Widerstand in K/W, der thermischen Zeitkonstante D R t h  C in s und der Wärmekapazität C in J/K. Damit ergibt sich für die Aufheizkurve des i-ten RC-Glieds bei Anregung mit einer Sprungfunktion (= Sprungantwort) nach Gl. 14.11 mit to D 0 das Faltungsintegral (vgl. Gl. 14.8) Zt

0 R t h;i  exp.t  t /= i dt 0

i 0 h i D Pv;o  R t h;i 1  expt= i :

T .t/ D Pv;o

(14.17) (14.18)

Durch Normierung folgt die Z t h -Kurve für ein RC-Glied: Z t h;i .t/ D

h i T .t/ D R t h;i 1  expt= i Pv;o

für t  0

(14.19)

und für eine Serienschaltung von n RC-Gliedern (vgl. Abb. 14.10) Z t h .t/ D

n X i D1

h i R t h;i 1  expt= i

für t  0 :

(14.20)

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

233

Abb. 14.11 Zth-Kurve eines IGBTs mit den Kurven der einzelnen RC-Glieder des Foster-Modells nach Gl. 14.22

Beim Übergang vom Zeitbereich in den Frequenzbereich wird Gl. 14.19 zur Übertragungsfunktion eines einzelnen RC-Glieds (Gl. 14.21) und Gl. 14.20 zur Übertragungsfunktion der Serienschaltung (Foster-Modell), Gl. 14.22: 1

Z t h .!/ D

j! Ci C Z t h .!/ D

n X i D1

(14.21)

1 R t h;i 1

j! Ci C

1 R t h;i

:

(14.22)

In Abb. 14.11 ist beispielhaft die nach Gl. 14.20 berechnete Z t h -Kurve eines IGBTs (Junction-Case) dargestellt. Zusätzlich sind die Kurven der einzelnen RC-Glieder eingetragen. Die R t h;i ; Ci -Werte stammen aus [3] und sind in Tab. 14.2 aufgelistet, zusammen mit den Werten, die sich aus einer Netzwerktransformation für das analoge Cauer-Modell ergeben. Die Junction-Temperatur Tj zum Zeitpunkt t erhält man bei Anregung mit einer sprungförmigen Heizleistung nach Gl. 14.11 aus der Z t h -Kurve mit Tj D Pv;o  Z t h .t/ C Tc .t/

(14.23)

mit der Case-Temperatur Tc .t/. Die Sättigungswerte bei t D 10 s entsprechen jeweils den stationären R t h -Werten.

Die Z t h -Kurve enthält die gesamten thermischen Informationen des Wärmepfads. Mit der Kurve, die der Bauelementhersteller in der Regel zur Verfügung stellt, lässt

234 Tab. 14.2 R th;i ; Ci -Werte der Z th -Kurve aus Abb. 14.11 mit den entsprechenden Werten im Cauer-Modell

14

R th;1 C1 R th;2 C2 R th;3 C3 R th;4 C4

in K/W J/K K/W J/K K/W J/K K/W J/K

Foster-Modell 0,00080 1,00000 0,00400 3,25000 0,01320 3,79000 0,00150 400,00000

Packages

Cauer-Modell 0,001938 0,635200 0,010550 1,256000 0,005815 5,573000 0,001201 491,00000

sich der Temperaturverlauf T .t/ bei beliebiger zeitlicher Anregung Pv .t/ berechnen. Es gilt entsprechend Gl. 14.8 T .t/ D Pv .t/  h.t/ dZ t h : D Pv .t/  dt

(14.24) (14.25)

Abb. 14.12 zeigt typische Z t h -Kurven eines DPAKs oder D2PAKs auf einer StandardFR4-Leiterplatte, einem IMS-Substrat und einem idealen Kühlkörper montiert [4]. Bis etwa 0,1 s verlaufen die drei Kurven deckungsgleich. Bis dahin beschreiben die Kurven das thermische Verhalten im Package Inneren, danach trennen sich die Kurven. Im Fall des FR4-Trägers folgt der steilste Anstieg mit dem größten thermischen Widerstand, beim idealen Kühlkörper ergibt sich der flachste Verlauf.

Abb. 14.12 Typische Z th -Kurven eines DPAK- oder D2PAK-Package auf einer Standard-FR4Leiterplatte, einem IMS-Substrat und einem idealen Kühlkörper montiert

14.2 CFD- und R,C-Netzwerk-Berechnung

235

Abb. 14.13 Typisches Puls-Z th -Diagramm eines DPAKs mit D als Parameter (D: Verhältnis von aktiver Pulsdauer ton zur Periodendauer T )

Der zeitliche Temperaturverlauf lässt sich bei diesem Aufbau grob den folgenden Abschnitten des Wärmepfads zuordnen: < 0;01 s: < 0;1 s: < 10 s: > 10 s:

Halbleiterchip Package Substrat (z. B. Leiterplatte) Wärmeübertragung an die Umgebung, z. B. Wärmeübergang an die Umgebungsluft.

Beschreibung des zeitlichen Verhaltens bei pulsförmiger Belastung Leistungshalbleiter laufen häufig im Pulsbetrieb. Das thermische Verhalten dazu geben die Hersteller mit dem Puls-Z t h -Diagramm an. Abb. 14.13 zeigt ein Beispiel (DPAK) mit Werten aus [5]. Die Kurve des einzelnen Pulses im Puls-Z t h -Diagramm ist als Grenzfall die Sprungantwort, also die thermische Antwort, die sich nach Anregung gemäß Gl. 14.11 einstellt. Sie ergibt sich für das Verhältnis D D ton =T ! 0, mit der aktiven Pulsdauer ton und der Periodendauer T . Nach ton D 1 s erreicht sie ihren Maximalwert (im Beispiel D 2,2, siehe Abb. 14.13). Das entspricht dem stationären thermischen Widerstand R t h;J C . Mit steigendem Verhältnis D streben die Kurven zu höheren Z t h -Werten und laufen für ton ! 1 s gegen den selben Grenzwert. Auf der linken Seite des Diagramms (ton ! 0) liegen die Grenzwerte bei D  R t h;J C (rote Pfeile). Zur Erklärung betrachtet man beispielsweise die Kurve für D D 0;5. Die aktive Pulsdauer ton ist halb so groß wie die Periodendauer T . Für sehr kleine Werte von ton ist die Periodendauer T ebenfalls sehr klein. Von der aktiven und passiven Pulsdauer ist nur das Innere des Packages, nämlich der Halbleiterchip betroffen. Bevor die thermische

236

14

Packages

Störung den Chip verlässt, schaltet die Verlustleistung auf null, gefolgt von der nächsten aktiven Phase usw. Beide Phasen entfalten ihre Wirkung zu gleichen Teilen im Chip. Das entspricht der effektiven Leistungsabgabe von 0;5  Pv;0 . Das Ergebnis entspricht der Halbierung des Z t h -Werts. Mit zunehmendem ton wird die Periodendauer T länger. Die thermische Störung verlässt innerhalb einer Periodendauer den Chip und nähert sich mehr und mehr der Package Außenseite. Für ton D 1 s hat sie das Package Äußere erreicht, bevor die Leistung in der passiven Periodenphase abschaltet. Die Wirkung entspricht der Anregung durch eine Sprungfunktion (Gl. 14.11). Die Kurve mündet deshalb in die Kurve des einzelnen Pulses (D ! 0). Beispiel

Die Verlustleistung eines DPAKs beträgt Pv;o D 3 W. Seine Case-Temperatur liegt bei #C D 100 ı C. Wie hoch ist seine Junction-Temperatur a) im stationären Fall und b) im gepulsten Betrieb mit D D 0;2 und ton D 0;003 s, wenn sein thermisches Verhalten dem Puls-Z t h -Diagramm, Abb. 14.13 entspricht? Die Verlustleistung im Pulsbetrieb beträgt in der aktiven Phase wie im Fall a) ebenfalls Pv;o D 3 W. Lösung: Im stationären Fall a) ergibt sich für die Junction-Temperatur Tj D TC C Pv;o  Z t h .ton D 1/ D .273;15 C 100/ K C 3 W  2;2 K=W „ ƒ‚ … DR t h;J C

D 379;75 K ¶ 106;6 ı C und im gepulsten Betrieb, Fall b) Tj D TC C Pv;o  Z t h .ton D 0;003 s/ D .273;15 C 100/ K C 3 W  1;0 K=W D 376;15 K ¶ 103;0 ı C:

14.3 Zusammenfassung

Halbleiter Packages gibt es in den unterschiedlichsten Geometrien und Aufbauvarianten. Ihr thermisches Verhalten wird im eindimensionalen, stationären Fall durch eine Serienschaltung thermischer Widerstände (z. B. R t h;JA , R t h;J C ) beschrieben. Für das eindimensionale, transiente Verhalten wird das Cauer- oder Foster-Modell verwendet. Mit beiden Modellen kann bei gegebener, zeitabhängiger Verlustleistung Pv .t/ die thermische Antwort in der Junction des Bauelements berechnet werden. Die thermischen Widerstände und Wärmekapazitäten R t h;i , Ci haben nur im

Literatur

237

Cauer-Modell eine physikalische Bedeutung. Sie entsprechen den realen Werten der zugehörigen Volumenelemente im realen Aufbau und die Knoten im Modell liefern die realen Temperaturen. Im Gegensatz dazu haben im Foster-Modell die einzelnen R t h;i , Ci -Werte und Knoten keinen realen Bezug. Lediglich das Gesamtmodell bildet das thermische Verhalten des realen Wärmepfads ab. Der Vorteil des Foster-Modells liegt in seiner mathematischen Einfachheit. Deshalb geben Hersteller für die Beschreibung des transienten thermischen Verhaltens in der Regel die R t h;i ; Ci -Werte des FosterModells an.

Literatur 1. https://de.wikipedia.org/wiki/Chipgehäuse, aufgerufen am 12. Juli 2018 2. JEDEC STANDARD JESD51-14 (2010) Transient Dual Interface Test Method for the Measurement of the Thermal Resistance Junction to Case of Semiconductor Devices with Heat Flow Through a Single Path, 34 3. Infineon Technologies AG, AN 2015-10 (2018) Transient Thermal Measurements and thermal equivalent circuit models, Revision 1.1 4. STMicroelectronics (2015) TN1224 Technical Note, Mounting instructions for SMD (Surface mounting device) package, 9 f 5. STMicroelectronics (2016) Datasheet Trench gate field-stop IGBT, M series 650 V, 4 A low loss, STGD4M65DF2

Heatpipes

15

Eine Heatpipe ist ein einfaches, passives, oft stabförmiges Bauelement mit kleinem Querschnitt, das hohe Wärmestromdichten transportieren kann. Die Heatpipe wurde erstmals 1944 von R. Gaugler durch ein US Patent eingeführt [1]. Ihr technologischer Durchbruch kam in den 60er Jahren. In der Raumfahrt wurde nach einer Möglichkeit gesucht, hohe Wärmestromdichten unabhängig von der Gravitation zu transportieren. Damit setzte die breite Entwicklung ein.

15.1 Funktionsweise Die Heatpipe besteht aus einem abgeschlossenen Rohr mit einer Kapillarstruktur und ein wenig Flüssigkeit als Arbeitsmittel. Sie kann vielfältige Formen und Längen haben. Als Arbeitsmittel wird bei Anwendung in der Elektronikkühlung meist Wasser verwendet, aber auch andere Substanzen wie z. B. Ethanol oder Aceton sind gebräuchlich. Im Betrieb der Heatpipe ist das Arbeitsmittel im Sättigungszustand (Nassdampfgebiet). Die Druckdifferenzen sind im Rohr sehr gering und in der Heatpipe herrschen annähernd isotherme Verhältnisse. Der Schmelzpunkt und der kritische Punkt des Arbeitsmittels bestimmen den Einsatzbereich der Heatpipe. Die Heatpipe lässt sich in drei Bereiche unterteilen: die Verdampfungszone, die Transportzone und die Kondensationszone, Abb. 15.1. Wärme wird in der Verdampfungszone durch die Rohrwand geleitet und verdampft dort das flüssige Wasser. Es entsteht ein kleiner, lokaler Überdruck. Durch die Druckdifferenz strömt der Wasserdampf zur Kondensationszone am anderen Ende der Heatpipe. Die Temperatur ist dort geringfügig niedriger, der Dampf kondensiert. Die an der heißen Stelle aufgenommene Verdampfungsenthalpie wird bei der Kondensation an der kälteren Stelle an der Rohrwand wieder abgegeben, durch das Rohr nach außen geleitet und an die Umgebung abgegeben. Von der Kondensationszone wird das flüssige Wasser in der Ka© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_15

239

240

15

Heatpipes

Abb. 15.1 Funktionsweise einer Heatpipe

pillarstruktur durch die Dochtwirkung zur Verdampfungszone gesaugt und der Kreislauf beginnt von vorne. Die Heatpipe funktioniert damit grundsätzlich unabhängig von ihrer Lage, auch ohne Schwerkraft. Sie transportiert in einem kontinuierlichen Kreislauf die Verdampfungsenthalpie des Arbeitsmittels von der Verdampfungszone zur Kondensationszone. Der Wärmetransport ist auf Grund der hohen Wärmeübergangskoeffizienten beim Phasenwechsel sehr effektiv. Beispielsweise kann eine zylindrische Heatpipe mit 6 mm Durchmesser und 150 mm Länge 300 W übertragen [2]. Prinzipiell funktioniert eine Heatpipe auch mit mehreren Wärmequellen und Senken. In der Heatpipe ist die Summe aller Druckdifferenzen gleich null. Es gilt [3]: pk C pd C pf l D 0

(15.1)

mit pk : Differenz der Kapillardrücke zwischen der dampfförmigen und flüssigen Phase in Pa pd : Druckänderung entlang der Dampfströmung in Pa pf l : Druckänderung entlang der Flüssigkeitsströmung in Pa. Abb. 15.2 zeigt beispielhaft die Druckverläufe der Flüssigkeits- und Dampfströmung entlang einer Heatpipe [4]. Die Druckänderung entlang der Flüssigkeitsströmung pf l setzt sich aus dem Druckabfall der Strömung pf l;s und der hydrostatischen Druckdifferenz pf l;h zusammen: pf l D pf l;s ˙ pf l;h :

(15.2)

Die Schwerkraft kann, je nach Einbaulage der Heatpipe, die Flüssigkeitsströmung unterstützen oder ihr entgegen wirken. Bei waagrechtem Einbau hat sie keine Einfluss.

15.2 Thermischer Widerstand der Heatpipe

241

Abb. 15.2 Druckverläufe in einer Heatpipe

Dementsprechend ist pf l;h größer, kleiner oder gleich 0. Als Größenordnung für den Einfluss der Schwerkraft auf den übertragenen Wärmestrom werden in [5] für den Einsatz der Heatpipe gegen und mit der Schwerkraft die Faktor 0,6 und 1,6 angegeben. Der Druckverlust der Flüssigkeitsströmung kommt von Reibungsverlusten. Bei der Dampfströmung kommen Verdampfungs- und Kondensationseffekte hinzu. In der Verdampfungszone liegt die Phasengrenze stark gekrümmt in der Kapillarstruktur. In Richtung Kondensationszone wird die Phasengrenze glatter und bedeckt die Kapillarstruktur zunehmend, bis sie vollständig geflutet ist. Die Stelle, an der die Kapillarstruktur vollständig mit Flüssigkeit gesättigt ist, heißt „Wetpoint“, die Stelle an der sie bei zu hohen Leistungen zuerst austrocknet, „Drypoint“.

15.2 Thermischer Widerstand der Heatpipe Der thermische Widerstand der Heatpipe Rt h D

T1  T2 QP

(15.3)

in K/W ist bei richtiger Funktion sehr klein (T1 : Temperatur der heißen Seite in K, T2 : P Übertragener Wärmestrom in W). Verglichen mit Temperatur der kalten Seite in K, Q: einem massiven Kupferstab mit gleichen Abmessungen transportiert die Heatpipe Wärme

242

15

Heatpipes

Abb. 15.3 Einfaches Widerstandsmodell zur Beschreibung des Wärmetransports in einer Heatpipe

bis zu 1000 Mal besser. Nach [6] kann der Wärmetransport mit einem Widerstandsmodell, Abb. 15.3, beschrieben werden, mit den thermischen Widerständen, jeweils in K/W: R1 :

Kontaktwiderstand zwischen der Oberfläche der Wärmequelle und der äußeren Heatpipe-Oberfläche in der Verdampfungszone R2 : Widerstand durch radiale Wärmeleitung durch das Rohr der Heatpipe R3 : Widerstand durch radiale Wärmeleitung durch die Kapillarstruktur R4 : Widerstand durch Verdampfung des Arbeitsmittels R5 : Widerstand durch Transport des Dampfes von der Verdampfungs- zur Kondensationszone R6 : Widerstand durch Kondensation des Arbeitsmittels R7 : Widerstand durch radiale Wärmeleitung durch die Kapillarstruktur in der Kondensationszone R8 : Widerstand durch radiale Wärmeleitung durch das Rohr der Heatpipe R9 : Kontaktwiderstand zwischen der äußeren Oberfläche der Heatpipe und der Oberfläche der Wärmesenke in der Kondensationszone R10 : Widerstand durch axiale Wärmeleitung im Rohr der Heatpipe und der Kapillarstruktur. Nach ihrer Größe sortiert, ergibt sich für die thermischen Widerstände im Allgemeinen folgende Reihenfolge: R10 > R1 ; R9 > R3 ; R7 > R2 ; R8 > R4 ; R6 > R5 :

Aufgrund der Parallelschaltung von R5 und R10 ist der hohe Wert von R10 für den Wärmetransport in der Heatpipe nicht limitierend. Die Kontaktwiderstände R1 und R9 haben bei der Anwendung der Heatpipe eine besondere Bedeutung. Der Gesamtwiderstand wird

15.2 Thermischer Widerstand der Heatpipe Tab. 15.1 Größenordnungen der thermische Widerstände in einer Heatpipe nach [7]

243 Thermischer Widerstand R10 R1 , R9 R3 , R7 R2 , R8 R4 , R6 R5

K/W 10C2 10C1 101 101 105 108

nur dann klein, wenn auch diese beiden Widerstände klein sind. Dazu muss die Heatpipe thermisch gut an die Wärmequelle und Wärmesenke gekoppelt sein. Mit glatten Oberflächen in Verbindung mit leistungsfähigen thermischen Interfacematerialien oder am besten durch Lötung lassen sich die Kontaktwiderstände minimieren. In [7] werden Größenordnungen der Widerstandswerte angegeben, Tab. 15.1. Abb. 15.4 zeigt schematisch den Kreisprozess in einer Heatpipe mit dem dazugehörigen T,S-Diagramm [4]. In der Verdampfungszone zwischen 1 und 2 wird das Arbeitsmittel bis zum Siedepunkt erwärmt und vollständig verdampft. Bei weiterer Wärmezufuhr überhitzt der Dampf bis zu Punkt 2’. Der Dampf strömt nahezu adiabat zur Kondensationszone, wo es zwischen den Punkten 3 und 4 kondensiert und seine zuvor aufgenommene Verdampfungsenthalpie als Kondensationswärme wieder abgibt. Nach der Unterkühlung bis zum Punkt 1 beginnt der Kreisprozess von vorne.

Abb. 15.4 Thermodynamische Zustandsänderungen in der Heatpipe, schematische Darstellung des Kreisprozesses (oben) und T,S-Diagramm (unten)

244

15

Heatpipes

15.3 Kapillarstruktur In der Heatpipe befindet sich eine Kapillarstruktur, wie z. B. ein Drahtgeflecht oder eine poröse Sinterschicht. Sie trennt die flüssige und die Dampfphase. Das kondensierte Arbeitsmittel gelangt durch die Dochtwirkung der Kapillarstruktur von der Kondensationszone zur Verdampfungszone. Die Gravitationskraft kann dabei unterstützend oder bei entsprechender Einbaulage der Heatpipe der Kapillarkraft entgegen wirken. Die Kapillarstruktur hat zusätzlich den Vorteil, dass sie bei der Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe die Oberfläche vergrößert und damit den thermischen Widerstand der Heatpipe verkleinert. Kleine Poren in der Struktur sorgen für einen hohen Kapillardruck, größere Poren haben dagegen den Vorteil, dass ihr Strömungswiderstand für das flüssige Arbeitsmittel kleiner ist. Im Lauf der Zeit wurden für verschiedene Applikationen viele verschiedene Kapillarstrukturen entwickelt. Diese lassen sich in die zwei Kategorien homogen und zusammengesetzt einteilen [8, 9].

15.3.1 Homogene Kapillarstrukturen Homogene Kapillarstrukturen bestehen aus einem einheitlichen Material oder einer einheitlichen Geometrie. Sie sind im Vergleich zu zusammengesetzten Strukturen billiger, dafür ist ihre Kapillarwirkung bei vergleichbarem Strömungswiderstand kleiner. In Abb. 15.5 sind schematisch drei Beispiele gegenübergestellt: a eine poröse Struktur, b ein Drahtgeflecht und c eine gerillte, innere Oberfläche. Die poröse Struktur besteht meist aus Sintermetall. Ihre Kapillarwirkung ist hoch, ihre effektive Wärmeleitfähigkeit relativ gering. Das Drahtgeflecht, meist aus Kupfer, ist die einfachste und am häufigsten verwendete Struktur. Auch hier ist die Kapillarwirkung hoch. Ihre effektive Wärmeleitfähigkeit ist höher als die der porösen Schicht. Die gerillte Oberfläche kann z. B. aus rechteckigen, runden oder trapezförmigen Eindrücken bestehen. Nachteilig ist ihre geringe Kapillarwirkung, dafür übertrifft ihre Wärmeleitfähigkeit die der porösen Struktur und des

Abb. 15.5 Beispiele von homogenen Kapillarstrukturen einer Heatpipe

15.3 Kapillarstruktur

245

Abb. 15.6 Innenleben dreier Heatpipes mit a poröser Sinterstruktur, b KupferDrahtgeflecht und c gerillter Oberfläche

Drahtgeflechts. Ein wesentlicher Vorteil der gerillten Oberfläche ist der vergleichsweise geringe Widerstand, den sie der Flüssigkeitsströmung entgegensetzt. Abb. 15.6 zeigt das Innenleben dreier Heatpipes mit poröser Sinterstruktur, Drahtgeflecht und gerillter Oberfläche. Mit der porösen Struktur lassen sich nach [5] Wärmestromdichten in der Größenordnung von bis zu 250 W/cm2 übertragen, mit dem Drahtgeflecht bis zu 40 W/cm2 und mit der gerillten Oberfläche bis 10 W/cm2 .

15.3.2

Zusammengesetzte Kapillarstrukturen

Zusammengesetzte Kapillarstrukturen bestehen aus Materialien unterschiedlicher Struktur- oder Porengrößen. Abb. 15.7 zeigt schematisch drei Beispiele: Umlaufende Rillen sorgen bei a für eine gleichmäßige, radiale Verteilung des Kondensats über den Umfang

Abb. 15.7 Beispiele von zusammengesetzten Kapillarstrukturen einer Heatpipe

246

15

Heatpipes

der Heatpipe, während ein mittiger Stab, der z. B. aus Drahtgeflecht gewickelt ist, für die Kapillarwirkung sorgt. Radiale Rillen in der Innenseite der Heatpipe sind nur für kleine Längen mit akzeptablen Kosten zu produzieren. Diese Variante ist deshalb auf kurze Heatpipes beschränkt [9]. Variante b besteht aus zwei oder mehreren Drahtgeflechten mit unterschiedlicher Maschenweiten und c aus einer gerillten Innenstruktur, die mit einem Drahtgeflecht abgedeckt ist.

15.4 Arbeitsmittel und Werkstoffe Für die Auswahl des Arbeitsmittels in der Heatpipe gibt es mehrere Kriterien: der Schmelz- und Siedepunkt, die Verträglichkeit mit der Kapillarstruktur und der Metallwand, das Benetzungsverhalten mit der Kapillarstruktur, die Oberflächenspannung, die Wärmeleitfähigkeit, die Verdampfungsenthalpie und die Viskosität. Zur Beurteilung eines Arbeitsmittels wurde die Merit-Zahl eingeführt [10]. Sie fasst die Oberflächenspannung, die spezifische Verdampfungsenthalpie und die Viskosität des Arbeitsmittels zusammen und soll möglichst groß sein: Me D

 hv f l

(15.4)

mit Me W : hv : f l :

Merit-Zahl in W/m2 Oberflächenspannung in N/m spezifische Verdampfungsenthalpie in J/kg kinematische Viskosität der Flüssigkeit in m2 /s.

Abb. 15.8 zeigt die Merit-Zahl verschiedener Arbeitsmittel im Temperaturbereich zwischen -250 und 450 ı C [3]. In Abb. 15.9 sind die Temperaturbereiche der Arbeitsmittel in der praktischen Anwendung dargestellt [10]. Für den Einsatz der Heatpipe in der Elektronik ist Wasser das am häufigsten verwendete Arbeitsmittel. Es hat mehrere Vorteile: Es ist ungiftig, hat sehr gute thermodynamische Eigenschaften und in Verbindung mit vielen Werkstoffen ist es gut benetzend. Seine Siedetemperatur liegt bei 0,1 bar bei 45;8 ı C. Die Lebensdauer einer Heatpipe hängt stark von den Materialien des Rohrs, der Kapillarstruktur, des Lots und des Arbeitsmittels ab. Bei ungünstigen Kombinationen der Werkstoffe und des Arbeitsmittels können unerwünschte Zersetzungsprozesse stattfinden. Beispiele sind chemische Reaktionen, Lösungsprozesse des Rohrmaterials in Verbindung mit dem Arbeitsmittel, elektrochemische Zersetzungen oder der Abbau des Arbeitsmittels, wobei das Rohrmaterial als Katalysator wirkt. Bei Wasser als Arbeitsmittel sind Kupfer, Nickel, Titan, oder rostfreier Stahl geeignete Werkstoffe, bei Aluminium oder Nickelbasislegierungen können dagegen Zersetzungsprozesse auftreten. Das Rohr kann aus Metall,

15.4 Arbeitsmittel und Werkstoffe

247

Abb. 15.8 Merit-Zahl verschiedener Arbeitsmittel

Abb. 15.9 Arbeitsmedien in Heatpipes

Keramik oder Glas sein. Metalle bieten sich wegen ihrer Verformbarkeit an, Korrosion lässt sich durch die Veredelung der Oberflächen verhindern. Prinzipiell muss das Material in seiner endgültigen Geometrie die Dichtheit der Heatpipe über die geforderte Lebensdauer garantieren. Der Temperaturbereich, in dem die Heatpipe optimal arbeitet, wird durch den Siededruck ps des Arbeitsmittels bestimmt. Als Daumenregel sollte sich dieser im Bereich 0;1 bar < ps < 20 bar bewegen [9]. Für Drücke kleiner 0,1 bar kann die Viskosität des Dampfes zu groß werden, siehe Abschn. 15.5. Bei Drücken größer 20 bar erfordert die Dichtheit eine Wandstärke, die den thermische Widerstand durch die Wand in radialer Richtung signifikant erhöht. Die Heatpipe ist dann optimal mit Arbeitsmittel gefüllt, wenn zusätzlich zum Dampf die Kapillarstruktur knapp mit Flüssigkeit getränkt ist. Bei zu wenig Arbeitsmittel ist kein

248

15

Heatpipes

geschlossener Stoffstrom möglich, bei zu viel kann sich Flüssigkeit in der Kondensationszone ansammeln. Dadurch erhöht sich dort der thermische Widerstand.

15.5 Grenzen der Wärmeübertragung Die Fähigkeit einer Heatpipe, bei einer Temperaturdifferenz Wärme zu transportieren, hängt von ihrer Länge, ihrem Querschnitt, ihrer Form, ihrer Kapillarstruktur, ihrem Arbeitsmedium und ihrer Einbaulage ab. Der Schmelzpunkt des Arbeitsmittels ist die untere Grenze, die kritische Temperatur die obere Grenze. Im Temperaturbereich dazwischen begrenzen verschiedene Effekte die Funktion der Heatpipe [2, 11], siehe Abb. 15.10.

15.5.1

Viskositätsgrenze

Bei tiefen Temperaturen begrenzt die geringe Viskosität des Arbeitsmittels den Arbeitsbereich der Heatpipe. Der Dampfdruck ist sehr klein. Im Grenzfall reicht die Differenz des Dampfdrucks zwischen Verdampfungs- und Kondensationszone für einen kontinuierlichen Stoffstrom nicht mehr aus.

15.5.2

Schallgeschwindigkeitsgrenze

Wenn bei konstanter Temperatur der Verdampfungszone die Temperatur der Kondensationszone gesenkt wird, nimmt die Geschwindigkeit der Dampfströmung zu. Die Schallgeschwindigkeit ist die Grenze für die Geschwindigkeit der Dampfströmung von der

Abb. 15.10 Grenzen der Wärmeübertragung bei der Heatpipe

15.6 Sonstige Bauarten

249

Verdampfungs- zur Kondensationszone. Diese kann nicht überschritten werden. Damit ist der Wärmestrom, den die Heatpipe übertragen kann, limitiert.

15.5.3

Grenze durch das Mitreißen von Flüssigkeitströpfchen

Dampf und Flüssigkeit haben unterschiedliche Strömungsrichtungen. Dadurch entstehen an der Phasengrenze Scherkräfte. Bei hohen Geschwindigkeiten löst der Dampf aus dem Flüssigkeitsfilm an der Oberfläche der Kapillarschicht Tröpfchen heraus. Diese sammeln sich in der Kondensationszone und die Verdampfungszone trocknet aus. Damit ist der Kreislauf unterbrochen und die Heatpipe hat ihre Leistungsgrenze erreicht.

15.5.4

Grenze der Kapillarwirkung

Die Heatpipe trocknet aus, wenn die Kapillarwirkung nicht genügend Flüssigkeit in die Verdampfungszone befördern kann. Die Kapillarwirkung hängt von der Geometrie und der Art der inneren Struktur der Heatpipe und dem Arbeitsmittel ab. Der eingetragene Wärmestrom wird dann nicht mehr durch den Dampf zur kälteren Kondensationszone transportiert. Dadurch steigt die Temperatur in der Verdampfungszone schlagartig an.

15.5.5 Siedegrenze Wird der radiale Wärmestrom in der Verdampfungszone zu groß, tritt in der Kapillarschicht Blasensieden auf. Die Dampfbläschen verstopfen die feine Struktur und stören den Flüssigkeitsstrom oder unterbrechen ihn vollständig. Die Heatpipe trocknet aus. Im Gegensatz zur Heatpipe mit poröser Struktur oder Drahtgeflecht spielt die Siedegrenze bei der Heatpipe mit gerillter Innenfläche praktisch keine Rolle. Die Dampfbläschen können dort fast ungestört in den Dampfraum wandern [3].

15.6 Sonstige Bauarten Neben den konventionellen Heatpipes mit Kapillarstruktur (conventional heatpipe – CHP) gibt es noch andere Bauarten.

15.6.1

Zwei-Phasen-Thermosiphon

Im Gegensatz zur konventionellen Heatpipe mit Kapillarstruktur sorgt beim Zwei-PhasenThermosiphon allein die Gravitationskraft für den Rücklauf der Flüssigkeit zur Verdamp-

250

15

Heatpipes

Abb. 15.11 Aufbau des ZweiPhasen-Thermosiphons

fungszone. Das Innenrohr ist glatt, es befindet sich keine Kapillarstruktur, wie z. B. ein Drahtgeflecht im Rohr, Abb. 15.11. Bei kleinen Mengen Arbeitsmittel steigt die maximal übertragbare Wärme mit der Menge an. Wie bei der konventionellen Heatpipe begrenzt beim Thermosiphon die zunehmende Viskosität des Arbeitsmittels bei tiefen Temperaturen den Wärmetransport, ebenso die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Dampfes. Eine wesentliche Begrenzung beim Thermosiphon ist das sogenannte „Flooding“ [12]. Dabei werden, wie bei der Heatpipe mit Kapillarstruktur, Flüssigkeitströpfchen durch den gegenläufigen Dampfstrom mitgerissen. Da beim Thermosiphon der Flüssigkeitsfilm in direktem Kontakt zum Dampf steht, ist der Effekt wesentlich größer als bei der Heatpipe. Auch das Sieden des Arbeitsmediums führt ans Limit der Wärmeübertragung. An der glatten Rohrwand des Thermosiphons tritt hauptsächlich Filmsieden auf. Durch eine geschlossene Dampfschicht kann der thermische Widerstand lokal steigen, was zur Überhitzung führt.

15.6.2

Kühlplatte mit Kapillarstruktur

Eine Kühlplatte mit Kapillarstruktur wird auch Heatdiffuser oder Vapor Chamber genannt. Sie arbeitet prinzipiell wie eine Heatpipe. Im Gegensatz zur Heatpipe, die die Wärme nur in eine Richtung transportiert, ermöglicht die Kühlplatte mit Kapillarstruktur einen dreidimensionalen Wärmetransport. Durch die gute Spreizwirkung verteilt sich der Wärmestrom eines Hotspots auf der gesamten Kondensationsfläche (Wärme abgebende Seite). Abb. 15.12 zeigt schematisch den Aufbau. Distanzhalter im Inneren sorgen für die mechanische Stabilität während der Temperaturwechsel im Betrieb. Durch ihre Kapillarstruktur arbeitet die Kühlplatte auch gegen die Schwerkraft, d. h. mit dem Wärmeeintrag an der Oberseite. Nach [8] eignen sich Kühlplatten mit Kapillarstruktur für Wärmestromdichten ab 50 W/cm2 . Als Höchstwert werden 750 W/cm2 angegeben. Der zulässige Temperaturbereich liegt bei Standardprodukten zwischen 0 und 150 ı C. Die Platten sind für Anwendungen in der Elektronik meist rechteckig oder rund mit Kantenlängen bzw. Durchmessern im Bereich von 50 bis einige 100 mm und Dicken von wenigen

15.6 Sonstige Bauarten

251

Abb. 15.12 Aufbau der Kühlplatte mit Kapillarstruktur (Heatdiffusor)

Millimetern. Sie werden in der Regel nach Kundenanforderungen gefertigt. Am Markt sind auch dreidimensionale Ausführungen, teilweise in Kombination mit Kühlkörpern, verfügbar. Abb. 15.13 zeigt die Oberseite (a), die Unterseite (b) und das Innenleben einer Kühlplatte mit Kapillarstruktur und Distanzhaltern bei aufgebogenem Gehäuse (c).

15.6.3 Loop-Heatpipe Eine Loop-Heatpipe (LHP) ist ein passives Bauelement, das Wärme über große Distanzen transportieren kann. Bei beliebiger Ausrichtung im Raum sind Distanzen von mehreren Metern möglich, in horizontaler Lage sogar über 20 m. In Abb. 15.14 ist die prinzipielle Arbeitsweise einer Loop Heatpipe dargestellt [10]. Das Arbeitsmittel wird aus einem Reservoir (1) durch eine Kapillarstruktur (2) angesaugt. Das Arbeitsmittel nimmt Wärme auf und verdampft. Der Dampf (3) strömt zur kalten Stelle, wo er kondensiert und Wärme abgibt (4). Das flüssige Arbeitsmittel strömt zurück zum Reservoir. Die Kapillarstruktur befindet sich nur im Verdampfer. Die Rohrleitungen sind glatt und verursachen damit, im Vergleich zur konventionellen Heatpipe (CHP), nur einen geringen Druckabfall. Außerdem sind der Fluid- und der Dampfstrom voneinander getrennt. Damit erklären sich die

Abb. 15.13 Foto einer Kühlplatte mit Kapillarstruktur (Heatdiffusor): a Oberseite, b Unterseite, c Innenleben (Kapillarstruktur mit Distanzhaltern)

252

15

Heatpipes

Abb. 15.14 Prinzipieller Aufbau einer Loop Heatpipe

großen Distanzen, die mit der Loop-Heatpipe im Gegensatz zur konventionellen Heatpipe (CHP) möglich sind. Wärme kann bei der Loop-Heatpipe nur in eine Richtung strömen, sie wirkt als thermische Diode.

15.6.4

Mikro-Heatpipe

Eine Mikro-Heatpipe hat eine Länge von 10 mm bis 60 mm bei einem Durchmesser von 0,1 mm bis 1 mm [13]. Ihr Querschnitt ist nicht rund, sondern ihre Funktion beruht darauf, dass durch ihre Ecken eine Kapillarwirkung entsteht [14]. Diese sorgt dafür, dass das flüssige Arbeitsmittel zur Verdampfungszone befördert wird. Damit ist die Arbeitsweise der Mikro-Heatpipe prinzipiell gleich wie die der konventionellen Heatpipe (CHP). Abb. 15.15 zeigt beispielhaft eine Mikro-Heatpipe mit trapezförmigem Querschnitt. Die Struktur der Mikro-Heatpipe kann beispielsweise in das Silizium eines Halbleiters geätzt werden. Dort kann sie die Wärme direkt an der Quelle aufnehmen und abführen.

15.6.5 Heatpipe mit Gasreservoir Heatpipes mit Gasreservoir sind den konventionellen Heatpipes mit Kapillarstruktur im Aufbau ähnlich [8, 9]. Durch ein zusätzliches, nicht kondensierbares Gas verändern sich die Wärmetransporteigenschaften in Abhängigkeit vom eingeprägten Wärmestrom, Abb. 15.16. Der Dampf des Arbeitsmediums drückt das nicht kondensierbare Gas in die

15.6 Sonstige Bauarten

253

Abb. 15.15 Prinzipieller Aufbau einer Mikro-Heatpipe

Abb. 15.16 Aufbau einer Heatpipe mit Gasreservoir

Kondensationszone. Dort blockiert es einen Teil der Fläche und behindert die Wärmeübertragung. Mit zunehmendem Wärmeeintrag steigt der Druck des Arbeitsmitteldampfes. Das nicht kondensierbare Gas wird weiter komprimiert und gibt zusätzliche Fläche in der Kondensationszone frei. Durch diese Regelung ist die Temperatur in der Verdampfungszone, unabhängig vom Wärmeeintrag, nahezu konstant.

15.6.6

Anwendungsbeispiel einer konventionellen Heatpipe

Abb. 15.17 zeigt als Anwendungsbeispiel eine Heatpipe auf dem Mainboard eines Notebooks. Ein Kupferblech kontaktiert gleichzeitig zwei elektronische, wärmeabgebende Baugruppen (Wärmequelle 1 und 2). Die Baugruppen sind durch thermisches Interfa-

254

15

Heatpipes

Abb. 15.17 Mainboard eines Notebooks mit Heatpipe

cematerial (TIM) an das Kupferblech gekoppelt. Eine flache, gebogene Heatpipe ist mit dem Kupferblech verlötet. Durch die Lötverbindung entsteht ein idealer thermischer Kontakt. Ein Edelstahlblech fixiert die Heatpipe und das Kupferblech. Drei Verschraubungen garantieren den notwendigen mechanischen Druck zwischen den Oberflächen. Auf der gegenüberliegenden Seite (Verdampfungszone) ist die Heatpipe mit einem Kühlkörper verlötet. Die Wärme, die die Heatpipe abgibt, dringt in den Kühlkörper ein und wird vom Luftstrom eines Axiallüfters mitgenommen.

15.7 Zusammenfassung

Heatpipes sind passive Bauelemente mit der Form eines geraden oder gebogenen Rohrs mit innerer Kapillarstruktur. Der Wärmetransport beruht auf dem Verdampfen und Kondensieren eines Fluids im Inneren. Durch die Kapillarstruktur arbeiten Heatpipes auch entgegen der Gravitation. Ihr Wärmetransportvermögen übersteigt das von Kupfer um ein Vielfaches. Der übertragbare Wärmestrom hängt von der Arbeitstemperatur ab. Er wird durch verschiedene physikalische Effekte begrenzt. Im thermischen Pfad von der Wärmequelle bis zur Umgebung ist die Anbindung der Heatpipe besonders wichtig. Auf der Verdampfungs- und Kondensationszone empfehlen sich Lötverbindungen für einen minimalen thermischen Widerstand.

Literatur

255

Heatpipes „vernichten“ keine Wärme, sie transportieren sie lediglich. Sie sind ideal bei dichter Packung, wie z. B. in Notebooks. Als Standardbauelement transportieren sie dort die Wärme von der Quelle im Inneren zu einem Kühlkörper nach außen zum Gehäuse. Im KFZ-Bereich sind sie derzeit kaum zu finden. Dort sind Fragen der Lebensdauer und Funktion bei Vibrationsbelastung noch nicht vollständig geklärt.

Literatur 1. Gaugler R (1944) Heat Transfer Device (U.S. Patent No. 2350348) 2. Lee HS (2010) Thermal Design: Heat Sinks, Thermoelectrics, Heat Pipes, Compact Heat Exchangers, and Solar Cells. John Wiley and Sons, Inc, Hoboken, New Jersey, S 180 3. VDI-Wärmeatlas (2013), 11. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, N5 4. Khalkhali H, Faghri A, Zuo ZJ (1999) Entropy Generation in a Heat Pipe System. Appl Therm Eng 19(10):1027–1043 5. Kunstwadl H (2010) Wärmeleitung über 2-Phasen (Heatpipe Technologie). 4. Tagung Elektronikkühlung, Haus der Technik, Essen 6. Zuo ZJ, Faghri A, Langston L (1998) Numerical Analysis of Heat Pipe Turbine Vane Cooling. J Eng Gas Turbine Power 120(4):735–743 7. Asselmann GAA, Green DB (1973) Heat pipes. Philips Tech Rev 33:104–113 8. Faghri A (2012) Review and Advances in Heat Pipe Science and Technology. J Heat Transfer 134(12):123001 9. Faghri A (2016) Heat Pipe Science and Technology, 2. Aufl., GLOBAL DIGITAL PR, Kanpur 10. Reay DA, Kew PA (2006) Heat Pipes, 5. Aufl. Butterworth-Heinemann, Amsterdam, S 4 11. Cotter TP (1965) Theory of heat pipes, Los Alamos Scientific Laboratory, New Mexico, LA3246-MS 12. Faghri A (1989) Performance Characteristics of a Concentric Annular Het Pipe: Part II - Vapor Flow Analysis. J Heat Transfer 111(4):851–857 13. Lee HS (2010) Thermal Design: Heat Sinks, Thermoelectrics, Heat Pipes, Compact Heat Exchangers, and Solar Cells. John Wiley and Sons, Inc, Hoboken, New Jersey, S 210 14. Cotter TP (1984) Principles and Prospects for Micro Heat Pipes. 5th International Heat Pipe Conference, Tsukuba, Japan, S 328–335

Lüfter

16

Kleine Ventilatoren heißen umgangssprachlich Lüfter. Ein Ventilator ist eine von außen angetriebene Strömungsmaschine. Das Druckverhältnis zwischen Ansaug- und Druckseite liegt zwischen 1 und 1,1. Ventilatoren mit einem Druckverhältnis zwischen 1,1 und 3 heißen Gebläse, mit einem Druckverhältnis über 3 Verdichter. Ein Lüfter besteht aus einem Laufrad, einem Motor und einem Gehäuse. Man unterscheidet im Wesentlichen drei verschiedene Bauarten. Ihre Bezeichnung richtet sich nach der Hauptströmungsrichtung im Laufrad. Jede Bauart hat ihre spezifische Kennlinie. Zusammen mit der Systemkennlinie, die den Strömungswiderstand im Strömungskanal beschreibt, ergibt sich der Arbeitspunkt des Lüfters.

16.1 Axial-, Radial- und Diagonal-Lüfter 16.1.1 Axiallüfter Beim Axiallüfter ist die Hauptströmungsrichtung parallel zur Rotationsachse des Laufrades, also axial (Abb. 16.1). Das Laufrad besteht bei kleinen Lüftern in der Regel komplett aus Kunststoff. Der Vorteil gegenüber Blechflügeln sind die besseren Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich Form und Profil. Auch in akustischer Hinsicht haben Kunststoffflügel einen Vorteil. Für den Einsatz in der Elektronik werden die Lüfter meist mit einem Außengehäuse montiert. Der Elektromotor sitzt in der Nabe des Lüfters. Damit ergibt sich eine kompakte Bauweise, die für die Elektronik ideal ist [1].

16.1.2 Radiallüfter Der Radiallüfter saugt die Luft in axialer Richtung an. Das Gehäuse (Spiraldiffusor) sammelt die umlaufende Strömung. Dabei wird ein Großteil des Drucks aufgebaut. Die Luft © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_16

257

258

16

Lüfter

Abb. 16.1 Axiallüfter mit Hauptströmungsrichtung (Bildquelle: ebm-papst, mit freundlicher Genehmigung)

Abb. 16.2 Radiallüfter mit Hauptströmungsrichtung (Bildquelle: ebm-papst, mit freundlicher Genehmigung)

wird durch den Strömungskanal geführt, bevor sie in radialer Richtung ausgeblasen wird, Abb. 16.2. Die Schaufeln können eben oder gekrümmt sein. Bei gekrümmten Schaufeln unterscheidet man die Vorwärtskrümmung (˛ > 90 ı ) und die Rückwärtskrümmung (˛ < 90 ı ), Abb. 16.3. Bei vorwärts gekrümmten Schaufeln wird die Strömung stärker umgelenkt als bei rückwärts gekrümmten Schaufeln. Bei diesen kann zum Teil auf ein Gehäuse verzichtet werden, da der Druck hauptsächlich im Laufrad aufgebaut wird. In der Elektronikkühlung verwendet man meist die rückwärts gekrümmte Variante ohne Gehäuse. Im Vergleich zum Axiallüfter kann der Radiallüfter einen höheren Druck aufbauen: Der gesamte Luftstrom verlässt den Radiallüfter an seinem Umfang bei maximaler Bahngeschwindigkeit. Im Gegensatz dazu nutzt der Axiallüfter den gesamten Querschnitt als Luftauslass. Die Bahngeschwindigkeit ist in der Nähe der Nabe geringer als am Umfang.

16.1 Axial-, Radial- und Diagonal-Lüfter

259

Abb. 16.3 a Vorwärts gekrümmte Schaufeln mit ˛ > 90 ı und b rückwärts gekrümmte Schaufeln mit ˛ < 90 ı beim Radiallüfter

Im Mittel nimmt die Luft deshalb beim Axiallüfter weniger Energie auf als beim Radiallüfter.

16.1.3 Diagonallüfter Diagonallüfter sind eine Mischung aus Axial- und Radiallüftern (engl. mixed flow fan). Vom Aufbau her sind sie den Axiallüftern ähnlich. Die Luft wird parallel zur Achse ange-

Abb. 16.4 Diagonallüfter: Die Luft wird axial angesaugt und diagonal ausgeblasen (Bildquelle: ebm-papst, mit freundlicher Genehmigung)

260

16

Lüfter

saugt und in einem Winkel von bis zu 90 ı zur Rotationsachse („diagonal“) ausgeblasen, Abb. 16.4. Der Diagonallüfter liegt mit seiner Charakteristik zwischen dem Axial- und dem Radiallüfter.

16.2 Lüfterkennlinien Ein Lüfter fördert seinen maximalen Volumenstrom, wenn er frei aufgestellt ist. Ist er in einem Gerät eingebaut, muss der Luftstrom die Strömungswiderstände des Systems überwinden. Es baut sich ein Druck auf und der Volumenstrom nimmt ab. Die gesamte Druckerhöhung (Totaldruckerhöhung) p setzt sich beim inkompressiblen Fluid aus zwei Anteilen zusammen: der stationären Druckerhöhung ps und der dynamischen Druckerhöhung pdyn : p D ps C pdyn : Mit dem dynamischen Druck pdyn D

1 2

(16.1)

 v 2 folgt

p D ps C

1  v2 2

(16.2)

mit der Fluiddichte  in kg/m3 und der Strömungsgeschwindigkeit v in m/s. Abhängig von der Einbausituation des Lüfters werden zwei unterschiedliche Drücke angegeben [1]. Beim frei ausblasenden Ventilator strömt die Luft in die Umgebung oder in ein Gerät. Es gibt keine begrenzende Luftführung, der dynamische Druck ist nicht nutzbar. Demzufolge wird nur die stationäre Druckerhöhung angegeben und mit pf bezeichnet. Der Index f steht für frei ausblasend, die Einheit ist Pa. Bläst der Lüfter in eine geschlossene Luftführung, wie z. B. ein Rohr, ist die dynamische Druckerhöhung nutzbar. In diesem Fall wird die gesamte Druckerhöhung p angegeben mit  p D pf C v 2 2

(16.3)

in Pa und der mittleren Strömungsgeschwindigkeit v im Lüfteraustrittsquerschnitt in m/s. Die Lüfterkennlinie beschreibt die Druckerhöhung pf in Abhängigkeit des Volumenstroms. Abb. 16.5 zeigt eine typische Kennlinie eines Axiallüfters. Mit zunehmendem Volumenstrom wird die Druckerhöhung kleiner. Der Sattel in der Kennlinie kommt vom Strömungsabriss um die Flügel in der Nähe der Nabe. Lüfterkennlinien werden in einem speziellen Prüfstand gemessen, der in der Norm DIN EN ISO 5801 beschrieben ist [2]. Die reale Kennlinie im eingebauten Zustand des Lüfters kann von der frei ausblasend aufgenommenen Kennlinie abweichen.

16.2 Lüfterkennlinien

261

Abb. 16.5 Typische Kennlinie eines Axiallüfters

I Bemerkung Lüfterkennlinien lassen sich dimensionslos darstellen. Dazu werden verschiedene Parameter zu der dimensionslosen Druck- und Durchflusszahl zusammengefasst. Die Parameterschar für die Lüfterauslegung wird damit übersichtlicher und verschiedene Bauarten werden vergleichbar [1]. Es gilt: p 1  v2 2 u VP 'D  D 2 vu 4 D

(16.4)

(16.5)

mit : ': p: : D: vu : VP :

Druckzahl Durchflusszahl Druckänderung in Pa Fluiddichte in kg/m3 Außendurchmesser des Laufrads in m Umfangsgeschwindigkeit am Außendurchmesser D in m/s Volumenstrom in m3 /s.

Abb. 16.6 vergleicht typische Kennlinien des Axial-, Radial- und Diagonallüfters in normierter Darstellung. Der optimale Betriebsbereich ist jeweils blau markiert.

Bei optimalem Betrieb ist die Drehzahl des Lüfters minimal und sein Wirkungsgrad maximal.

262

16

Lüfter

Abb. 16.6 Typische Kennlinie eines Axial-, Radial- und Diagonallüfters

Wird die Drehzahl eines Lüfters z. B. durch Ansteuerung verändert, verändert sich seine Kennlinie. Für den Zusammenhang zwischen Drehzahl, Volumenstrom, Druckererhöhung und Leistungsaufnahme gilt VP1 n1 D n2 VP2  2 pf 1 n1 D n2 pf 2  3 n1 P1 D n2 P2

(16.6) (16.7) (16.8)

mit n1 , n2 : VP1 , VP2 : pf 1 , pf 2 : P1 , P2 :

Drehzahl 1 und 2 in 1/s Volumenstrom bei n1 , n2 in m3 /s Druckerhöhung (frei ausblasend) bei n1 , n2 in Pa Leistungsaufnahme der Lüfters bei n1 , n2 in W.

16.3 Systemkennlinie Ein Lüfter fördert einen Luftstrom durch ein elektronisches System, dieses setzt der Strömung einen Widerstand entgegen und es entsteht ein Druckabfall. Der Zusammenhang zwischen dem Volumenstrom im Gerät und dem Druckabfall wird durch die Geräte- oder Systemkennlinie beschrieben. Abb. 16.7 zeigt ein Beispiel. Für den Druckverlust p im

16.3

Systemkennlinie

263

Abb. 16.7 Beispiel einer Systemkennlinie eines elektronischen Geräts

Gerät gilt: 1      v2 2 1  D    2  VP 2 2 A

p D

(16.9) (16.10)

mit : : v: A: VP :

Druckverlustbeiwert Luftdichte in kg/m3 mittlere Strömungsgeschwindigkeit in m/s mittlerer Strömungsquerschnitt in m2 Volumenstrom in m3 /s.

Idealerweise ist die Systemkennlinie bekannt, bevor der Lüfter auszuwählen ist. Die Systemkennlinie kann am Prüfstand gemessen werden. Dazu wird ein Lüfter eingebaut, der nach Augenmaß den erforderlichen Luftstrom liefert und der Volumenstrom und der Druckabfall im System werden gemessen. Alternativ dazu bietet sich die numerische Simulationsrechnung an (CFD – Computational Fluid Dynamics). Prinzipiell genügt es, einen Zustandspunkt zu bestimmen, da die Systemkennlinie als Parabel durch den Ursprung geht. Als Förderleistung P eines Lüfters bezeichnet man das Produkt aus Druckabfall p und Volumenstrom VP : P D p  VP :

(16.11)

Übertragen auf einen elektrischen Schaltkreis entspricht Gl. 16.11 der elektrischen Leistung Pel D U  I mit der Spannung U und dem Strom I . Tab. 16.1 gibt als Erweiterung von Tab. 14.1, Abschn. 14.2 einen Überblick über die Analogie zwischen elektrischen, thermischen und strömungsmechanischen Größen.

264

16

Lüfter

Tab. 16.1 Gegenüberstellung entsprechender elektrischer, thermischer und strömungstechnischer Größen Elektrisch Potential ' Spannung U Strom I Ladungsmenge Q Ohmscher Widerstand R

Thermisch Temperatur T Temperaturdifferenz T Wärmestrom QP

Strömungsmechanisch Druck p Druckdifferenz p Volumenstrom VP

Wärmemenge Q Volumen V Thermischer Widerstand R th Strömungswiderstand =A2

in Pa Pa m3 /s m3 1/m2

I Bemerkung Entsprechend dem Ohmschen Gesetz U D R  I müsste der Druckabfall proportional zum Volumenstrom sein (p / VP ). Gemäß Gl. 16.10 gilt jedoch der quadratische Zusammenhang p / VP 2 . Offensichtlich besteht hier die Analogie zwischen elektrischen und strömungsmechanischen Größen nicht.

16.4 Arbeitspunkt Der Arbeits- oder Betriebspunkt eines eingebauten Lüfters bestimmt den tatsächlichen Volumenstrom durch das Gerät. An diesem Punkt kompensiert der Lüfter genau den Druckverlust im Strömungskanal. Der Arbeitspunkt ergibt sich als Schnittpunkt der Lüfterkennlinie mit der Systemkennlinie, Abb. 16.8. In Abb. 16.9 sind die Kennlinien eines Radial- und Axiallüfters mit zwei Systemkennlinien dargestellt. Die steilere Kennlinie 1 steht für ein Gerät mit größerem Strömungswiderstand, die flachere Kennlinie 2 für ein Gerät mit kleinerem Strömungswiderstand. Drehzahlen und Laufrad-Außendurchmesser der Lüfter sind in beiden Fällen gleich. Der Schnittpunkt der Radial-Lüfterkennlinie mit der Systemkennlinie 1 liegt rechts vom Schnittpunkt der Axial-Lüfterkennlinie mit dieser Systemkennlinie 1. D. h. bei Gerät 1 mit dem größeren Strömungswiderstand liefert der Radiallüfter im Vergleich zum Axiallüfter einen größeren Volumenstrom.

Abb. 16.8 Arbeitspunkt eines Lüfters als Schnittpunkt zwischen Lüfterkennlinie und Systemkennlinie

16.5 Akustik der Lüfter

265

Abb. 16.9 Arbeitspunkte beim Radial- und Axiallüfter bei verschiedenen Systemkennlinien

Bei Gerät 2 ist umgekehrt ein Axiallüfter zu empfehlen. Der Schnittpunkt der Axiallüfter-Kennlinie mit der Systemkennlinie 2 liegt rechts von Schnittpunkt der RadialLüfterkennlinie mit der Kennlinie 2. Im Vergleich zum Radiallüfter liefert der Axiallüfter hier den größeren Volumenstrom.

16.4.1 Bestimmung des erforderlichen Volumenstroms Für die Auswahl eines Lüfters ist es hilfreich vorab den Volumenstrom zu bestimmen, der erforderlich ist, um eine bestimmten Wärmestrom aus dem elektronischen Gerät zu transportieren. Dieser lässt sich mit der kalorischen Zustandsgleichung berechnen mit VP D

QP cp  T

(16.12)

mit VP : P Q:

erforderlicher Volumenstrom in m3 /s Wärmestrom, der auf Grund der Verlustleistung entsteht und mit dem Volumenstrom abgeführt werden soll in W cp : spezifische Wärmekapazität der Luft bei konstantem Druck in J/(kg K) : Dichte der Luft bei gemittelter Temperatur in kg/m3 T : Temperaturdifferenz zwischen System Ein- und austritt in K.

16.5 Akustik der Lüfter Die Lautstärke eines elektronischen Geräts ist für den Anwender oft ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Bei vielen Systemen, wie z. B. Notebooks und PCs ist der Lüfter die einzige Schallquelle. Deshalb ist auf dessen Schallemission ein besonderes Augenmerk zu richten.

266

16

Lüfter

Abb. 16.10 Lüfterkennlinie und akustische Kennlinie eines Axiallüfters

Abb. 16.11 Lüfterkennlinie und akustische Kennlinie eines Radiallüfters

Als Messgröße dient meist der A-bewertete Schalldruckpegel. Dessen Frequenzverhalten liefert Informationen über die Wahrnehmung einzelner Frequenzbänder. Die Messung des Schallpegels erfolgt in der Regel bei Nenndrehzahl des Lüfters am optimalen Arbeitspunkt. Abweichend davon ändert sich der Schallpegel. In Abb. 16.10 und 16.11 sind die Lüfterkennlinien mit den dazugehörenden akustischen Kennlinien (Schalldruckkurven) mit Daten aus [1] dargestellt. Beim Axialüfter liegt im Vergleich zum Radiallüfter das Minimum des Schalldruckpegels bei höheren Volumenströmen.

16.6 Parallel- und Reihenschaltung von Lüftern Reicht ein Lüfter für den erforderlichen Volumenstrom nicht aus, können mehrere Lüfter in Parallel- oder Serienschaltung betrieben werden [1].

16.6 Parallel- und Reihenschaltung von Lüftern

267

Abb. 16.12 Verschiebung des Arbeitspunktes bei der Parallelschaltung zweier Axiallüfter

16.6.1 Parallelschaltung Abb. 16.12 vergleicht die Kennlinien eines einfachen und zwei parallel geschalteten Axiallüfter. Bei der Parallelschaltung zweier gleicher Lüfter wird die Kennlinie in x-Richtung im Idealfall um den Faktor zwei gestreckt. Sind die Lüfter zu dicht nebeneinander, behindern sie sich gegenseitig. Die resultierende Kennlinie der beiden Lüfter liegt in der Praxis unterhalb der theoretischen Ideallinie. Mit der gestreckten Kennlinie verschiebt sich der Arbeitspunkt nach rechts. Im Beispiel, Abb. 16.12, erhöht sich der Volumenstrom von 38 auf 47 l/s.

Mit zwei parallel betrieben Lüftern lässt sich der Volumenstrom im Vergleich zum einzelnen Lüfter vergrößern, jedoch nicht verdoppeln. Auf Grund der quadratischen Gerätekennlinie wäre für die Verdoppelung des Volumenstroms die vierfache Druckerhöhung notwendig.

16.6.2 Reihenschaltung Abb. 16.13 zeigt die Kennlinien eines einzelnen und zwei in Reihe geschalteter Axiallüfter (serielle Schaltung). Die Kennlinie wird bei zwei Lüftern in y-Richtung gestreckt. Bei gleicher Drehrichtung verdoppelt sich idealerweise die Druckerhöhung. Auf Grund von gegenseitiger Beeinflussung liegt die reale Druckerhöhung allerdings einiges unter der Idealkurve, Abb. 16.13. Abhilfe kann ein Leitrad zwischen den beiden Lüftern schaffen. Bei entgegengesetzter Drehrichtung wird die theoretische Kennlinie sogar noch übertroffen. Dabei reduziert sich jedoch die Lebensdauer des Motors und der Geräuschpegel nimmt merklich zu. Eine Alternative ist, einen Lüfter im Gerät saugend und den ande-

268

16

Lüfter

Abb. 16.13 Verschiebung des Arbeitspunktes bei der Reihenschaltung zweier Axiallüfter

ren an der gegenüberliegenden Seite im Gerät blasend zu montieren. Der Geräuschpegel bleibt bei dieser Anordnung relativ gering. Entsprechend der Parallelschaltung verschiebt sich bei der Reihenschaltung der Arbeitspunkt nach rechts und der Volumenstrom wird größer.

16.7 Lüfterbetrieb in großen Höhen Die Luftdichte nimmt mit zunehmender Höhe ab. In etwa 6500 m Höhe halbiert sich die Luftdichte relativ zum Meeresspiegel. Nach Gl. 16.10 wird mit kleinerer Luftdichte die Systemkennlinie des Strömungskanals flacher. Gleichzeitig wird die Lüfterkennlinie flacher. Abb. 16.14 zeigt beispielhaft die Kennlinien eines Axiallüfters und die Systemkennlinien bei Meereshöhe und der Höhe H . Mit zunehmender Höhe H verschiebt dich der Arbeitspunkt zu kleineren Volumenströmen. Unter der Voraussetzung konstanter Drehzahl wird mit dem Volumenstrom auch der Massenstrom kleiner, die Kühlwirkung wird geringer und die Elektronik kann überhitzen. Dem kann durch Erhöhung der Lüfterdrehzahl entgegengewirkt werden.

16.8

Saugender oder blasender Betrieb

Prinzipiell können Lüfter saugend oder blasend betrieben werden. Vom saugenden Betrieb spricht man, wenn der Volumenstrom zuerst durch das Gerät und dann durch den Lüfter strömt. Beim blasenden Lüfter ist es umgekehrt. Bei idealem Einbau ist die Kennlinie bei saugendem und blasendem Betrieb gleich. Tab. 16.2 stellt die Vor- und Nachteile der beiden Betriebsarten gegenüber.

16.9

Tipps für den optimalen Lüfterbetrieb

269

Tab. 16.2 Eigenschaften von Lüftern im saugenden und blasenden Betrieb Saugender Betrieb Laminare oder nieder turbulente Ansaugströmung führt im Vergleich zur hoch turbulenten Strömung zu einem niedereren Wärmeübergang. Relativ gleichmäßige Strömung über den Querschnitt des Strömungskanals. Der Lüfter saugt die von der Elektronik erwärmte Luft an, dadurch entsteht eine zusätzliche thermische Belastung für den Lüfter (=> kürzere Lebensdauer). Außerdem hat die erwärmte Luft eine geringere Dichte als die Umgebungsluft, der Massenstrom ist etwas geringer, dadurch ergibt sich eine etwas geringere Kühlwirkung. Unterdruck im System führt zu Lufteintritten an allen Gehäuseöffnungen. Filterung ist kaum möglich, dadurch kann sich in der Elektronik Staub ablagern. Durch den saugenden Betrieb gelangt die Verlustleistung des Lüfters selbst nicht in das System, damit entsteht keine zusätzliche thermische Belastung für die Elektronik.

Blasender Betrieb Turbulente Strömung am Lüfteraustritt sorgt für einen hohen Wärmeübergang. Gezielte Strömung kann auf Hot-Spot gelenkt werden. Der Lüfter saugt Umgebungsluft an.

Im System herrscht Überdruck, Möglichkeit der Luftfilterung am Lufteintritt des Lüfters. Die Verlustleistung des Lüfters selbst trägt zusätzlich zur Erwärmung der Elektronik bei.

In der Regel ist der blasende Lüfterbetrieb dem saugenden vorzuziehen.

16.9 Tipps für den optimalen Lüfterbetrieb Lüfter kosten Geld, können störende Geräusche erzeugen, verbrauchen elektrische Energie, geben zusätzliche Wärme ab und haben eine begrenzte Lebensdauer. Bei der Entwick-

Abb. 16.14 Verschiebung des Arbeitspunktes eines Axiallüfters zu kleineren Volumenströmen bei zunehmender Höhe H

270

16

Lüfter

lung eines elektronischen Systems sollte im ersten Schritt überprüft werden, ob auf den Lüfter verzichtet werden kann, in dem die passive Entwärmung optimiert wird. Die Strömungsführung im Gerät hat einen wesentlichen Einfluss auf die Kühlwirkung. Als Freiheitsgrad bieten sich dem Entwickler die Größe und Positionen der Luftauslässe. In der Summe sollte die Fläche der Luftauslässe mindestens so groß sein wie die Fläche des Lufteinlasses. Ein minimaler Strömungswiderstand im Strömungskanal ermöglicht einen hohen Volumenstrom. Dem gegenüber steht der Wärmeübergang von den Festkörperoberflächen an die Luft, der mit zunehmendem Turbulenzgrad größer wird. Scharfe Umlenkungen, plötzliche Verengungen oder Erweiterungen des Strömungskanals erzeugen unnötige Strömungswiderstände. Schutzgitter vor Lüftern reduzieren die Lüfterkennlinie abhängig von ihrer Geometrie und ihrem Öffnungsverhältnis. Bereiche mit hoher Strömungsgeschwindigkeit führen auf Grund des quadratischen Zusammenhangs des Druckabfalls mit der Geschwindigkeit (vgl. Gl. 16.9) zu einem erhöhten Strömungswiderstand. In Bereichen mit niedriger Strömungsgeschwindigkeit leidet die Wärmeübertragung. Außerdem können sich Staubablagerungen bilden. Bei vertikaler Strömungsführung sollte die Gravitation nach Möglichkeit unterstützen. Erzwungene Strömung entgegen die Gravitation kostet unnötige Energie und erschwert die Strömungsführung. Strömungskurzschlüsse sind zu vermeiden. Von einem Strömungskurzschluss spricht man, wenn ein Lüfter seine eigene Abluft ansaugt. Damit entsteht ein mehr oder weniger geschlossener Luftkreislauf, bei dem die Wärmeenergie nicht abgegeben wird, sondern im System bleibt. Thermisch kritische Bauelemente sind möglichst nahe am Lufteinlass so zu platzieren, dass sie von der direkten Anströmung durch den Lüfter profitieren. Für eine minimale Geräuschemission sollte der Abstand des Lüfters zum nächsten Hindernis, besonders auf der Saugseite, nicht zu klein sein (ca. 1- bis 2-facher Lüfterdurchmesser). Scharfe Kanten, z. B. an nicht entgrateten Schutzgittern können störende Geräusche verursachen. Die Übertragung von Körperschall vom Lüfter auf das Gehäuse lässt sich mit einer weichen Aufhängung reduzieren. Dazu eignet sich z. B. ein weiches, schaumstroffartiges Material, das zwischen den Lüfter und das Gehäuse montiert wird.

16.10 Zusammenfassung

Bei der Lüfterauswahl sind die wesentlichen Kriterien der zur Verfügung stehende Einbauraum, der für die Kühlung benötigter Volumenstrom, der zulässige Geräuschpegel und die Erwartung an die Lebensdauer. Entscheidend für die Lebensdauer ist die Art der Lagerung und die Belastung im Einbau durch Temperatur, Vibration und Staub. Für große Volumenströme und kleine Druckerhöhungen eignen sich Axiallüfter, für kleine Volumenströme und große Druckerhöhungen Radiallüfter. Diagonallüfter liegen mit ihren Eigenschaften dazwischen. Durch Parallelschaltung von Lüftern

Literatur

271

lässt sich der Volumenstrom erhöhen, durch Reihenschaltung der Druck. Beim Betrieb in großen Höhen werden die Lüfter- und Systemkennlinie flacher. Es stellt sich ein Arbeitspunkt mit niedrigerem Volumenstrom ein. In der Regel ist der blasende Betrieb dem saugenden vorzuziehen. Die Luft ist bei dieser Betriebsart turbulenter und kann besser gefiltert werden.

Literatur 1. Harmsen S (2004) Lüfterhandbuch. ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG, St. Georgen 2. DIN EN ISO 5801:2018-04 (2018) Ventilatoren - Leistungsmessung auf genormten Prüfständen (ISO 5801:2017); Deutsche Fassung EN ISO 5801:2017

Temperaturmessung

17

Temperatur ist die wichtigste Zustandsgröße in Natur und Technik. Ihre Bedeutung lässt sich daran erkennen, dass die meisten Lebewesen dafür ein Sinnesorgan entwickelt haben. Bei vielen industriellen Prozessen muss die Temperatur in einem engen Toleranzband gehalten werden und andere Größen, wie z. B. Druck und Volumen hängen von ihr ab. Für die Temperaturmessung werden verschiedene physikalische Effekte ausgenutzt: die Längen- und Volumenausdehnung von Stoffen (z. B. die Volumenänderung von Flüssigkeiten und Gasen), der Wechsel charakteristischer Zyustände (z. B. das Schmelzen, Erstarren oder Sieden), oder der Wechsel charakteristischer Stoffeigenschaften (z. B. der elektrischer Widerstand, die Farbe, die Strahlungsemission oder das Reflexionsverhalten). Die gebräuchlichsten Messverfahren sind in der Elektronikentwicklung die Temperaturmessung mit    

der Kennlinie eines Halbleiters. dem Thermoelement. dem Widerstandsthermometer. der Wärmebildkamera.

17.1 Temperaturskalen Die heute in Europa gebräuchlichsten Temperaturskalen sind die Kelvin- und die CelsiusSkala. Die Kelvin-Skala wird hauptsächlich im wissenschaftlichen Bereich verwendet, die Celsius-Skala eher im industriellen Alltag.

17.1.1

Kelvin-Skala

Ein Kelvin ist der 273,16-te Teil der Temperaturdifferenz zwischen dem Tripelpunkt (TP) von Wasser und dem absoluten Nullpunkt. Der Tripelpunkt ist der thermodynamische Zu© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2_17

273

274

17

Temperaturmessung

stand, bei dem die drei Phasen fest, flüssig und gasförmig miteinander im Gleichgewicht sind. Für Wasser gilt #TP D 0;01 ı C, pTP D 611;7 Pa. Der absolute Nullpunkt markiert das untere Ende der Temperaturskala: Temperaturen unterhalb des absoluten Nullpunkts können nicht auftreten.

17.1.2

Celsius-Skala

Die Celsius-Skala ist gegenüber der Kelvin-Skala um 273,15 Grad verschoben: # D T  To

(17.1)

mit #: Temperatur in ı C T : absolute Temperatur in K To D 273;15 K: entspricht dem Nullpunkt der Celsius-Skala Beide Skalen haben die gleiche Teilung, d. h. 1 ı C ¶ 1 K.

17.1.3 Fahrenheit-Skala Die Fahrenheit-Skala ist heute hauptsächlich noch in den USA gebräuchlich. Für die Umrechnung zwischen der Celsius-Skala und der Fahrenheit-Skala gilt # TF  32 D 100 180

(17.2)

mit TF : Temperatur in Grad Fahrenheit (ı F).

17.1.4

Die internationale Temperaturskala von 1990

Die Definition der Kelvin-Temperaturskala mit dem absoluten Nullpunkt und dem Tripelpunkt von Wasser ist eindeutig, allerdings für den Laboralltag unpraktisch. Die Internationale Temperaturskala von 1990 (International Temperature Scale of 1990: ITS-90 [1]) definiert deshalb für die praktische Anwendung der Kelvin-Skala Temperatur-Fixpunkte. Mit diesen Fixpunkten lassen sich Temperaturfühler kalibrieren. In Tab. 17.1 sind einige Fixpunkte der ITS-90 zusammengestellt. Temperaturen, die sich auf die ITS-90 beziehen, werden mit T90 bezeichnet.

17.2

Thermoelemente

275 Temperatur in ı C 273,15 195,798 182,954 38,8344 0,01 29,7646 156,5958 231,928

Tab. 17.1 Fixpunkte der internationalen Temperaturskala ITS-90

Fixpunkt absoluter Nullpunkt Tripelpunkt von Stickstoff Siedepunkt von Sauerstoff Tripelpunkt von Quecksilber Tripelpunkt von Wasser Schmelzpunkt von Gallium Erstarrungspunkt Indium Erstarrungspunkt Zinn

17.2 Thermoelemente Thermoelemente sind die in der Technik am häufigsten eingesetzten Temperatursensoren. Sie sind in vielen Ausführungen für einen großen Anwendungs- und Temperaturbereich verfügbar. Thermoelemente sind kostengünstiger als vergleichbare Widerstandsthermometer.

17.2.1

Messprinzip

Die Grundlage für die Temperaturmessung mit Thermoelementen ist der Seebeck-Effekt. Er beschreibt die Wechselwirkung zwischen Temperatur und Elektrizität. In einem elektrischen Leiter entstehen durch eine Temperaturdifferenz Thermodiffusionsströme. Elektronen wandern vom heißen Ende des Leiters zum kalten, Abb. 17.1. Es entsteht eine elektrische Spannung (Seebeck-Spannung). Die Höhe der Spannung hängt vom Material ab. Sie wird mit einem zweiten Leiter aus einem anderen Material gemessen. Die beiden Leiter sind an der Messstelle miteinander verbunden, ihre beiden offenen Enden führen in die Buchsen eines Spannungsmessgeräts und bilden die Vergleichsstelle mit der Temperatur To , Abb. 17.2. Für die Thermospannung U gilt: ZTM U D .SB .T /  SA .T // d T

(17.3)

To

Abb. 17.1 Ladungsverschiebung in einem elektrischen Leiter auf Grund einer Temperaturdifferenz

276

17

Temperaturmessung

Abb. 17.2 Messung der Thermospannung mit zwei verschiedenen Leitern Tab. 17.2 Thermoelektrische Spannungsreihe, bezogen auf die Referenztemperatur # D 0 ı C Material Konstantan Nickel Platin (Def.) Kupfer Eisen k in mV/100 K 5,2 1,55 0 0,75 1,9

Nickel Chrom 2,55

mit den temperaturabhängigen Seebeck-Koeffizienten SA und SB der Materialien A und B in V/K und der Temperatur der Messstelle TM in K. Sie beschreiben die sogenannte Thermokraft eines Materials, also die Höhe der Ladungsverschiebung in einem Leiter bei anliegender Temperaturdifferenz. Die Thermokraft der beiden Kupferleitungen hat keinen Einfluss auf die Messspannung: Auf Grund der gleichen Temperaturverhältnisse in den beiden Leitungen bildet sich dort die gleiche Ladungsverschiebung aus. Am Spannungsmessgerät entsteht deshalb keine zusätzliche Potentialdifferenz. Die Seebeck-Koeffizienten S.T / können für viele Anwendungen in einem weiten Temperaturbereich als konstant angenommen werden. Der Wert von Platin wird per Definition zu null gesetzt. Die Werte relativ zu Platin werden als k-Faktoren bezeichnet. Die thermoelektrische Spannungsreihe listet die k-Werte auf. Tab. 17.2 zeigt einen Auszug, bezogen auf die Referenztemperatur # D 0 ı C [2]. Beispiel

Es soll die Temperaturdifferenz zwischen den Messpunkten 1 und 2 gemessen werden. Dazu stehen zwei NiCr–Ni-Thermoelemente (Typ K) zur Verfügung, die in Differenz geschaltet werden. Für die Spannungsmessung wird ein Messgerät mit Kupferbuchsen und internen Kupferleitungen verwendet, Abb. 17.3. Die Buchsen haben die Temperatur To , im Messgerät herrscht die Temperatur TG . Die Messspannung U ergibt sich durch Addition aller auftretenden Teilspannungen an den verschiedenen Leitern: U D UCu;1 C UNiCr;1 C UNi C UNiCr;2 C UCu;2 D kCu .To  TG / C kNiCr .T1  To / C kNi .T2  T1 / C kNiCr .To  T2 / C kCu .TG  To / D .kNiCr  kNi /.T1  T2 / „ ƒ‚ … DkNiCrNi

D kNiCrNi .T1  T2 / : (17.4)

17.2

Thermoelemente

277

Abb. 17.3 Messung der Temperaturdifferenz (T1  T2 ) mit zwei NiCr–Ni-Thermoelementen

Die Differenz der k-Werte von NiCr und Ni werden zum kNiCrNi -Wert zusammengefasst. Die Temperatur der Vergleichsstelle und im Inneren des Messgeräts haben keinen Einfluss auf die Messspannung, da sich die Teilspannungen in den Kupferdrähten aufheben. Beispielhaft ergibt sich mit den Temperaturen #1 D 0 ı C und #2 D 100 ı C eine Messspannung von U D .2;55  .1;55//

mV  100 K D 4;1 mV : 100 K

(17.5)

I Bemerkungen  Für die Thermospannung eines Thermoelements mit den beiden Schenkeln A und B, der Länge L und den kA - und kB -Werten gilt allgemein ZL UAB D 0

dT kA dx C dx

Z0 kB

dT dx : dx

(17.6)

L

Damit wird klar, dass die Thermospannung nicht an der Kontaktstelle der Leiter A und B entsteht, sondern entlang den beiden Schenkeln der Thermodrähte. Die Thermospannung ist kein Kontaktphänomen, sondern beruht auf einem Diffusionseffekt entlang der gesamten Länge L.  Bei großen Distanzen zwischen Messobjekt und Spannungsmesser werden häufig Ausgleichsleitungen verwendet. Das sind Leitungen mit annähernd gleichen k-Werten wie die Thermodrähte, allerdings wesentlich günstiger.  Eine wichtige Eigenschaft des Thermoelements ist seine Dynamik. Diese wird durch das Ansprechverhalten beschrieben. Nach Definition ist damit die Zeit gemeint, die

278

17

Temperaturmessung

Abb. 17.4 Beispiele der farblichen Kennzeichnung von Drahtthermoelementen

vergeht, bis nach einer Sprunganregung 63;2 % (D 1  1=e) des stationären Spannungsendwertes erreicht ist.

17.2.2

Ausführungen von Thermoelementen

Drahtthermoelemente Die einfachste Ausführung ist das Drahtthermoelement. Es besteht aus zwei Thermodrähten, die einseitig verschweißt oder miteinander verdrillt sind. Ein wesentlicher Vorteil des Drahtthermoelements ist sein schnelles Ansprechverhalten auf Grund seiner geringen thermischen Masse. Außerdem leiten die dünnen Thermodrähte weniger Wärme von der Messstelle ab als dicke Metallfühler. Bei verschweißten Drähten bildet sich eine kleine Kugel, die sich gut an der Messstelle positionieren lässt. Damit sind in guter Näherung punktförmige Messungen möglich. Die blanke Messstelle darf nicht mit chemisch reagierenden Stoffen in Berührung kommen. Dadurch kann es zur Veränderung der thermoelektrischen Eigenschaften kommen. Bei Proben mit elektrischem Potential kann dieses durch die Kontaktierung mit den Thermodrähten abgeleitet oder mit der Messspannung überlagert werden. Gravierende Fehlmessungen sind die Folge. Die unterschiedlichen Materialpaarungen der Drahtthermoelemente sind nach [2] farblich gekennzeichnet und mit einem Buchstaben bezeichnet. In Abb. 17.4 sind einige typische Vertreter aufgeführt, die in der industriellen Praxis häufig zum Einsatz kommen. Mantelthermoelemente Beim Mantelthermoelement werden die beiden Thermodrähte zum mechanischen und chemischen Schutz mit Magnesiumoxid in ein Edelstahl- oder Inconel® -Rohr gepresst. Sie sind gut biegbar. Typische Außendurchmesser liegen im Bereich 0,15 bis 8 mm. Mit zunehmendem Durchmesser wird das Ansprechverhalten träger. Mantelthermoelemente gibt es in drei Ausführungen: a mit elektrisch isolierter Messstelle, b mit elektrisch nicht isolierter Messstelle und c mit freiliegender Messstelle, Abb. 17.5. Thermoelemente mit nicht isolierter Messstelle haben gegenüber denen mit isolierter Messstelle ein kürzeres Ansprechverhalten, da der Wärmeeintrag durch den direkten Kontakt mit dem Stahlmantel erfolgt. Die beste Dynamik bieten Thermoelemente mit frei liegenden Thermodrähten.

17.2

Thermoelemente

279

Abb. 17.5 Aufbau eines Mantelthermoelements a Messstelle elektrisch isoliert, b Messstelle elektrisch nicht isoliert, c Messstelle freiliegend

Oberflächenthermoelemente Die Temperaturmessung an Oberflächen ist eine besondere Herausforderung, wenn zwischen der Oberfläche und dem angrenzenden Fluid ein starker Temperaturgradient auftritt. Bei der Messung muss für einen minimalen thermischen Widerstand zwischen der Probenoberfläche und der Messstelle des Thermoelements gesorgt werden. Dies kann z. B. durch eine kraft- oder stoffschlüssige Verbindung erreicht werden. In der Praxis wird meist eine zerstörungsfreie Messung gefordert, bei der sich der Temperatursensor rückstandsfrei lösen lässt. Generell besteht die Gefahr der Fehlmessung durch Wärmeableitung von der Oberfläche. Besonders bei schlecht wärmeleitenden Proben wird durch die Metalldrähte des Sensors Wärme abgeführt, sodass die Messstelle abkühlt und eine Messabweichung entsteht. Technisch stehen verschiedene Lösungen zur Verfügung. Im einfachsten Fall werden Drahtthermoelemente mit Klebe-Pads an der Oberfläche befestigt. Diese gibt es beispielsweise aus Aluminium, Kapton oder glasfaserverstärktem PTFE. Für die kraftschlüssige Montage von Draht- oder Mantelthermoelementen können Klemmen verwendet werden. Tast-Temperaturfühler werden mit einer Feder auf der Oberfläche aufgesetzt, damit ein definierter Anpressdruck erreicht wird. Eine detaillierte Beschreibung findet sich in [3].

17.2.3

Grenzabweichungen von Thermoelementen

Nach DIN EN 60 584 [2] sind für Thermoelemente drei Toleranzklassen definiert. Diese beziehen sich auf den Neuzustand und berücksichtigen keine Alterung. Tab. 17.3 zeigt Werte für Thermodrähte zwischen 0,25 und 3 mm in definierten Temperaturbereichen. Es gilt jeweils der größte Wert der angegebenen Grenzabweichung. Die Grenzabweichungen in Tab. 17.3 beschreiben die nach Norm maximal zulässigen Abweichungen. Die tatsächlichen Werte sind meist besser. Allerdings ist für die Messabweichungen insgesamt die vollständige Messkette zu betrachten. Dazu zählen zusätzlich die Befestigung des Sensors, äußere Störeinflüsse auf die Thermoleitungen, das Messgerät und die Datenverarbeitung.

280

17

Temperaturmessung

Tab. 17.3 Grenzabweichungen von Thermoelementen nach DIN EN 60 584

1

Temperaturbereich in ı C 40 bis C900

Grenzabweichung # in ı C ˙0;004  # oder ˙1;5 ı C

2

40 bis C900

˙0;0075  # oder ˙2;5 ı C

J

3 1

200 bis C40 40 bis C750

˙0;015  # oder ˙2;5 ı C ˙0;004  # oder ˙1;5 ı C

K

2 1

40 bis C750 40 bis C1000

˙0;0075  # oder ˙2;5 ı C ˙0;004  # oder ˙1;5 ı C

2

40 bis C1200

˙0;0075  # oder ˙2;5 ı C

3 1

200 bis C40 0 bis C350

˙0;015  # oder ˙2;5 ı C ˙0;004  # oder ˙0;5 ı C

2

40 bis C350

˙0;0075  # oder ˙1;0 ı C

3

200 bis C40

˙0;015  # oder ˙1;0 ı C

Thermopaarung

Typ

Klasse

NiCr-Konstantan

E

Fe-Konstantan NiCr–Ni

Cu-Konstantan

T

17.3 Widerstandsthermometer Widerstandsthermometer sind in verschiedenen Bauformen für ein breites Anwendungsspektrum verfügbar. Im Vergleich zu Thermoelementen sind sie in der Regel teurer, aber genauer.

17.3.1 Messprinzip Widerstandsthermometer nutzen die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes. Es werden bevorzugt metallische Widerstände aus Platin und Nickel verwendet. Deren Widerstand steigt gut reproduzierbar mit der Temperatur und ist im Vergleich zu anderen Metallen alterungsbeständiger. Von Platin wird die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes durch Gl. 11.50–11.52, Kap. 11 beschrieben. Nach IEC 60751 [4] ist der Nennwiderstand, also der Widerstand bei der Bezugstemperatur # D 0 ı C mit Ro D 100  festgelegt. Ein entsprechender Platinwiderstand wird mit Pt100 bezeichnet. Analog sind Pt500- und Pt1000-Widerstandsthermometer verfügbar. Je größer der Nennwert ist, desto größer ist die Empfindlichkeit des Widerstands. Beim Pt100 liegt sie bei rund 0,4 /K, beim Pt1000 bei 4,0 /K. Der Widerstand wird mit einer Messbrücke in 2-, 3-, oder 4-Leiterschaltung bestimmt, Abb. 17.6. Die Widerstände R1 , R2 , R3 und Rm bilden die Messbrücke. Die Leitungswiderstände sind mit RL1 –RL4 bezeichnet. Bei der Messung in 2-Leiterschaltung wird die Brücke vor Messbeginn mit dem variablen Widerstand Rm abgeglichen. Damit werden nur Änderungen des Messwiderstandes RP t gegenüber seines Ausgangszustandes erfasst. Allerdings kann sich auch die Umge-

17.3

Widerstandsthermometer

281

Abb. 17.6 a 2-Leiterschaltung, b 3-Leiterschaltung und c 4-Leiterschaltung für die Erfassung des temperaturabhängigen Messwiderstands RP t

bungstemperatur der Leitungswiderstände und damit ihr ohmscher Widerstand verändern. Durch die Serienschaltung mit dem Messwiderstand entsteht ein Fehler in der Messspannung U und damit in der gemessenen Temperatur. Abhilfe leistet die 3-Leiterschaltung. Die Leitungswiderstände RL2 und RL3 befinden sich jeweils in einem Ast der Messbrücke, Abb. 17.6b. Bei gleichen Leitungen, die die gleiche Temperaturänderung erfahren, ergibt sich in beiden Leitungen die gleiche Widerstandsänderung. Ihr Einfluss auf die Messspannung U hebt sich durch die Brückenschaltung auf. Die Änderung des Leitungswiderstands RL1 hat ebenfalls praktisch keinen Einfluss auf das Spannungssignal. Unterschiede in RL2 und RL3 und unterschiedliche Umgebungstemperaturen führen bei der 3-Leiterschaltung zu einer, wenn auch meist kleinen, Messabweichung. Dieser wird durch die 4-Leiterschaltung behoben. Eine Konstantstromquelle speist über zwei Leitungen mit den Widerständen RL1 und RL4 den Messwiderstand RP t . An RP t wird mit zwei Messleitungen mit den Widerständen RL2 und RL3 der Spannungsabfall erfasst. In diesen Messleitungen fließt auf Grund des hochohmigen Eingangs des Spannungsmessers praktisch kein Strom. Mit U D R  I geht demzufolge auch der Spannungsabfall in den Messleitungen gegen null. Unterschiede in den Leitungen und die Änderung der Umgebungstemperatur haben keinen Einfluss auf die Messspannung U .

17.3.2

Ausführungen von Widerstandsthermometern

Widerstandsthermometer haben einen großen Anwendungsbereich und sind in vielen Bauformen erhältlich. Die Sensoren, als Herzstück der Widerstandsthermometer, lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Draht- und Dünnschichtsensoren.

282

17

Temperaturmessung

Abb. 17.7 a PlatinKeramik-Temperatursensor (Drahtwiderstand), b PlatinChip-Temperatursensor (Dünnschichtwiderstand) und c Platin-ChipTemperatursensor in SMD-Bauform (Dünnschichtwiderstand)

Draht-Widerstandssensoren Bei Draht-Widerstandssensoren wird der Platin- oder Nickeldraht, der auf einen Glasoder Keramikträger gewickelt ist, zum mechanischen Schutz in Glas eingegossen oder in Al2 O3 -Pulver eingebettet. Auch kann der Messdraht in einem Klebstoff zwischen zwei Polyimidfolien fixiert sein (Bez.: Draht gewickelter Folien-Widerstandsthermometer). Für hochempfindliche Messungen wird ein freiliegender Messdraht verwendet. Dabei darf auf Grund der Empfindlichkeit des Drahtes keine mechanische oder chemische Belastung einwirken. Bei Mantelwiderstandsthermometern ist analog zum Mantelthermoelement der Aufbau zusätzlich durch ein biegbares Edelstahlrohr geschützt. Dünnschicht-Widerstandssensoren Dünnschicht-Widerstandssensoren bestehen aus einem Keramik-Substrat mit einer dünnen (< 1 m), mäanderförmigen Platinstruktur. Diese ist durch eine rund 10 m dicke Glasschicht geschützt. Typische Nennwiderstandswerte sind 100, 500 und 1000 . Sie sind in vielen Bauformen, u. a. auch für die Leiterplattenmontage als Draht- oder SMDBauelemente erhältlich. Im industriellen Einsatz sind sie häufig als Mantelthermoelemente ausgeführt. Abb. 17.7 zeigt a einen Platin-Keramik-Temperatursensor (Drahtwiderstand), b einen Platin-Chip-Temperatursensor (Dünnschichtwiderstand) und c einen Platin-ChipTemperatursensor (Dünnschichtwiderstand) in SMD-Bauform auf einer Epoxidplatine.

17.3.3 Grenzabweichungen von Widerstandsthermometern Für Widerstandsthermometer sind nach IEC 60751 [4] vier Toleranzklassen definiert. Dabei werden Messbereiche, sowie Draht- und Dünnschichtsensoren unterschieden, Tab. 17.4.

17.3

Widerstandsthermometer

283

Tab. 17.4 Grenzabweichungen von Widerstandsthermometern nach IEC 60751 Klasse gültiger Temperaturbereich in ı C AA A B C

Drahtsensor 50 : : : C 250 100 : : : C 450 196 : : : C 600 196 : : : C 600

Dünnschichtsensor 0 : : : C 150 30 : : : C 300 50 : : : C 500 50 : : : C 600

Grenzabweichung # in ı C 0;1 ı C C 0;0017  j#j 0;15 ı C C 0;002  j#j 0;3 ı C C 0;005  j#j 0;6 ı C C 0;01  j#j

Die Grenzabweichungen beschreiben die ˙-Abweichungen vom Referenzwert. Zum Beispiel beträgt bei einem Messwert von # D 100 ı C in der Klasse B die mögliche Abweichung eines Messwerts vom Referenzwert ˙0;8 K. In der industriellen Praxis werden hauptsächlich Widerstandsthermometer der Klasse B eingesetzt. Analog zu den Grenzabweichungen von Thermoelementen beziehen sich die in Tab. 17.4 angegebenen Werte ausschließlich auf neuwertige Sensoren. Einflüsse durch die Probenkontaktierung oder die restliche Messkette sind gesondert zu betrachten.

17.3.4 Halbleiter-Widerstandsthermometer Neben Metall- werden auch Halbleiter-Widerstandsthermometer verwendet. Es werden Ausführungen mit positivem (PTC) und negativem (NTC) Temperaturkoeffizienten unterschieden. PTCs leiten den elektrischen Strom bei niedrigen Temperaturen besser als bei hohen. Sie heißen deshalb auch Kaltleiter. Dementsprechend werden NTCs, die den Strom bei hohen Temperaturen besser leiten als bei tiefen, Heißleiter genannt. In Abb. 17.8 ist prinzipiell der ohmsche Widerstand der PTC und NTCWiderstandsthermometer als Funktion der Temperatur dargestellt. Die Kurvenverläufe sind nicht linear. Zum Vergleich ist zusätzlich eine lineare Kennlinie von Metallen eingetragen. Halbleiter-Widerstandsthermometer haben im Vergleich zu Platin-, oder NickelWiderstandsthermometern wesentlich höhere Empfindlichkeiten, jedoch auch wesentlich höhere Grenzabweichungen. Sie werden häufig für Überwachungsaufgaben eingesetzt.

Abb. 17.8 Prinzipieller Widerstandsverlauf verschiedener Temperatursensoren

284

17

Temperaturmessung

17.4 Typische Fehler bei der berührenden Temperaturmessung Typische Fehler bei der Messung mit berührenden Temperatursensoren entstehen durch  die Wärmeableitung über den Sensor.  den thermischen Widerstand zwischen dem Messobjekt und dem Sensor durch falsches Anbringen des Sensors.  den Strahlungsaustausch bei Messung in Fluiden.  das Driften der Sensoren auf Grund von Alterung.  die unzureichende Dynamik des Sensors.  die Erwärmung der Probe durch einen zu hohen Messstrom im Widerstandsthermometer. Bei der Größtfehlerbetrachtung addieren sich die Fehler entsprechend dem Fehlerfortpflanzungsgesetz.

17.4.1

Wärmeableitungsfehler

Die häufigste Abweichung bei der Temperaturmessung elektronischer Bauelemente entsteht durch Wärmeableitung. Durch die thermisch gut leitenden Thermodrähte oder den Sensormantel fließt Wärme von der Messstelle ab und die Temperatur sinkt. Bei der Messung von Oberflächentemperaturen tritt das Problem verstärkt auf. Durch Wärmeableitung über einen Sensor entsteht eine „thermische Delle“. In Abb. 17.9 ist links schematisch ein Sensor dargestellt, der im rechten Winkel zur Messoberfläche mit einem Wärmeleitkleber angebracht ist. Die Oberfläche kühlt an der Kontaktstelle ab. Der Sensor liefert eine zu tiefe Temperatur. Der Fehler kann verringert werden, in dem der Sensor von der Messstelle weg, zunächst entlang einer Isothermen an der Oberfläche geführt wird, Abb. 17.9, rechts. Die „thermische Delle“ verschiebt sich von der Messstelle weg zu der Stelle, an

Abb. 17.9 Abweichung bei der Messung von Oberflächentemperaturen durch Wärmeableitung über den Sensor. Im rechten Winkel aufgesetzter Sensor (links) und Sensor, der entlang der Oberfläche geführt ist (rechts)

17.4

Typische Fehler bei der berührenden Temperaturmessung

285

Abb. 17.10 Messabweichung durch Wärmeableitung bei der Messung einer Kupfer-Oberflächentemperatur mit Thermoelementen vom Typ T, Parameter: Durchmesser der Thermodrähte [5]

der der Sensor die Oberfläche verlässt. Der Wärmeableitungsfehler wird dadurch kleiner. Die Strecke, die der Sensor in Kontakt mit der Oberfläche ist, heißt Einbettungslänge L. Die Messabweichung durch Wärmeableitung ergibt sich mit BD

TS  To TU  To

(17.7)

mit B: TS : To : TU :

Messabweichung durch Wärmeableitung Sensortemperatur in K Temperatur der ungestörten Oberfläche in K Umgebungstemperatur in K.

Er hängt von der Probengeometrie, der Wärme- und Temperaturleitfähigkeit des Probenund Sensormaterials, des Sensordurchmessers und der Einbettungslänge L ab. In Abb. 17.10 sind prozentuale Messabweichungen durch Wärmeableitung als Funktion von L mit dem Thermodrahtdurchmesser als Parameter dargestellt [5]. Die Werte beziehen sich auf Messungen mit Thermoelementen vom Typ T, die mit Kunstharz auf eine Kupferoberfläche aufgeklebt sind. Mit zunehmender Einbettungslänge und abnehmendem Thermodrahtdurchmesser wird die Abweichung kleiner. Abhängig vom Thermodrahtdurchmesser laufen die Kurven etwa ab 30 bis 70 mm in die Waagrechte. Auch mit weiter zunehmender Einbettungslänge bleibt eine Abweichung. Temperatursensoren mit dem Durchmesser in der Größenordnung des Messobjekts (z. B. den Anschlussbeinchen eines Chips) sind generell ungeeignet.

286

17

Temperaturmessung

Werden die Temperatursensoren bei der Messung von Oberflächentemperaturen mit Klebe-Pads fixiert (vgl. Abschn. 17.2.2), ist darauf zu achten, dass die Oberfläche der Pads ähnliche Strahlungseigenschaften wie die Probenoberfläche hat. Für metallisch glänzende Probenoberflächen empfehlen sich Aluminium-Pads, für Kunststoffoberflächen Kapton oder glasfaserverstärktes PTFE. Durch das ähnliche Emissionsverhalten des Klebe-Pads und der Probenoberfläche reduziert sich die Messabweichung durch eine zu hohe oder zu geringe Wärmeabstrahlung der Pad-Oberfläche. Eine umfassende Diskussion der Messabweichung durch Wärmeableitung findet sich in [3].

17.4.2

Nicht ausreichende Eintauchtiefe bei Messung in Fluiden

Für die Temperaturmessung in ruhenden und strömenden Fluiden werden Thermoelemente und Widerstandsthermometer mit Stahlmantel verwendet. Wichtig ist dabei ein kleiner thermischer Widerstand zwischen dem Sensor und dem Fluid. Dazu ist für eine gute Umspülung des Mantels zu sorgen. Bei einer Strömung mit ausgebildetem Geschwindigkeitsprofil sollte der Sensor für einen guten Wärmeübergang an der Stelle mit der höchsten Strömungsgeschwindigkeit positioniert werden. Ebenso ist auf eine ausreichende Eintauchtiefe zu achten. In [6] wird dazu für eine einfache Wassermessung folgende Praxisformel angegeben: ET > 10 d C S

(17.8)

mit ET : Eintauchtiefe des Sensors in das Fluid in m d : Durchmesser des Stahlmantels am sensitiven Teil in m S: Länge des Sensors (temperaturempfindlicher Teil) in m. Als Faustregel gilt: Die Eintauchtiefe ET sollte größer als das Fünfzehnfache des Sensordurchmessers sein.

17.4.3 Messabweichung durch Strahlungsaustausch Bei der Messung einer Gastemperatur nimmt der Sensor im stationären Fall die Gastemperatur an. Tritt zusätzlich Strahlungsaustausch auf, verschiebt sich das Gleichgewicht: Bei

Abb. 17.11 Messabweichung durch Anstrahlung eines Temperatursensors in einem Gehäuse

17.5

Wärmebildkamera

287

zusätzlicher Anstrahlung des Sensors z. B. durch ein heißes Bauelement, nimmt er, abhängig vom Reflexionsgrad seiner Oberfläche, einen Teil der Strahlung auf, Abb. 17.11. Die Temperatur des Sensors erhöht sich und er gibt den gesamten Wärmestrom wieder an seine Umgebung ab (QP zu D QP ab ). Die gemessene Temperatur ist zu hoch (TS > TI mit TS : Sensortemperatur und TI : Innenlufttemperatur). Abhilfe kann ein Strahlungsschutz (z. B. eine Aluminiumfolie) um den Sensor leisten. Eine reflektierende Sensoroberfläche reduziert den Strahlungseinfluss.

17.4.4

Zusammenfassung

Thermoelemente sind die in der Praxis am häufigsten eingesetzten Temperatursensoren. Sie sind in vielen Bauformen für die unterschiedlichsten Anwendungen verfügbar. Widerstandsthermometer sind im Vergleich dazu aufwendiger in der Handhabung und teurer, liefern jedoch genauere Messergebnisse. Für die Temperaturmessung an Stellen mit elektrischem Potential eignen sich elektrisch isolierte Mantelthermoelemente. Messabweichungen, die in der Elektronikentwicklung am häufigsten auftreten, haben ihre Ursache in der Wärmeableitung und bei Fluiden in der unzureichende Eindringtiefe sowie der Strahlungserwärmung durch die Umgebung. Generell gilt: Es wird nie die Temperatur der Probe, sondern stets die Temperatur des Sensors gemessen.

17.5 Wärmebildkamera Die Temperaturmessung mit der Wärmebildkamera ist ein berührungsloses, bildgebendes Verfahren. Dabei wird die emittierte Wärmestrahlung eines Messobjekts erfasst und in Temperaturen umgerechnet. Das Ergebnis ist eine zweidimensionale Abbildung mit Falschfarben. Heutige Wärmebildkameras bieten viele zusätzliche Auswertemöglichkeiten, wie die Ausgabe der Temperaturen im Zahlenformat, die Ausgabe eines eindimensionalen Temperaturverlaufs entlang einer Messlinie oder die Angabe der statistischen Temperaturverteilung innerhalb eines vorgegebenen Bereichs.

17.5.1

Messprinzip

Die emittierte Strahlungsleistung eines schwarzen Körpers wird durch das Plancksche Strahlungsgesetz beschrieben, siehe Gl. 8.8, Abschn. 8.3.2. Bei realen Oberflächen ist die Strahlungsleistung um den Faktor des Emissionsgrads  der Probe kleiner. Diese

288

17

Temperaturmessung

Abb. 17.12 Messaufbau mit der Thermokamera

Strahlung wird vom Detektor der Kamera gemessen und in die Probentemperatur T umgerechnet. Bevor die Eigenstrahlung den Detektor erreicht, passiert sie die Luftstrecke von der Probe zur Kamera und wird dort geschwächt. Gleichzeitig gelangt Wärmestrahlung von der Umgebung (z. B. von den Raumwänden), die an der Probenoberfläche reflektiert wird, in den Detektor. Im Allgemeinen emittiert die Luftstrecke selbst Wärme, die in die Kamera gelangt, Abb. 17.12. Hintergrundstrahlung, die durch die Probe transmittiert und einen Beitrag zum Messsignal leistet, spielt bei der Thermografie in der Elektronik praktisch keine Rolle. Die meisten Elektronikkomponenten sind für Infrarotstrahlung opak, d. h. der Transmissionsgrad der Probe ist null. Dieser Anteil wird deshalb im Folgenden vernachlässigt. Aus Gl. 8.1, Abschn. 8.1 folgt für den Absorptionsgrad ˛  und den Reflexionsgrad  der Probe bei Vernachlässigung der Wellenlängenabhängigkeit ˛  C  D 1 :

(17.9)

Mit dem Kirchhoffschen Gesetz (Gl. 8.12, Abschn. 8.4) ergibt sich  D .1   / :

(17.10)

Die gesamte Strahlungsleistung, die auf den Detektor trifft, besteht aus der Eigenstrahlung der Probe, der reflektierten Strahlung aus der Umgebung und der Eigenstrahlung der Luftstrecke. Mit Gl. 17.10 folgt QP ges D  L QP P .T / C .1   / L QP U .TU / C .1  L /QP L .TL / „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … Probe

Umgebung

Luft

(17.11)

17.5

Wärmebildkamera

289

Tab. 17.5 Typische Daten einer Wärmebildkamera zur Temperaturmessung elektronischer Systeme Temperaturmessbereich Grenzabweichung Thermische Auflösunga Bild Frequenz Spektrale Empfindlichkeit Einsatzbereich bei Umgebungstemperatur

40 : : : C 2000 ıC ˙1;5 K @ 0 : : : 120 ıC, sonst ˙2 % < 80 mK @ 30 ıC Probentemperatur 50 Hz 8 . . . 14 m 40 : : : C 50 ı C

a

Die thermische Auflösung beschreibt die minimale Temperaturdifferenz, bei der zwei Bildpunkte gerade noch getrennt voneinander wahrgenommen werden können.

mit QP ges : Strahlungsleistung, die insgesamt auf den Detektor fällt in W  : Emissionsgrad des Messobjekts

L : Transmissionsgrad der Luftstrecke QP P , QP U , QP L : Abgestrahlte Leistung der Probe, der Umgebung und der Luftstrecke als schwarze Strahler in W T , TU , TL : Temperatur der Probe, der Umgebung und der Luftstrecke in K. I Bemerkung Die Umgebungstemperatur ist die Mitteltemperatur des Halbraums, den die Probe umgibt und entspricht im Allgemeinen nicht der Lufttemperatur. Bei kurzen Entfernungen zwischen Probe und Kamera kann unter normalen Laborbedingungen der Einfluss der Luftstrecke vernachlässigt werden. Es gilt dann L D 1. Gl. 17.11 vereinfacht sich damit zu QP ges D  QP P .T / C .1   / QP U .TU / :

(17.12)

Aus Gl. 17.12 wird ersichtlich, dass für die Bestimmung der Probentemperatur T aus dem Messsignal QP ges der Emissionsgrad der Probe  und die Umgebungstemperatur TU bekannt sein müssen. Anschaulich betrachtet beschreibt der Emissionsgrad das Verhältnis der Eigenstrahlung der Probe, die auf den Detektor trifft, zur Strahlungsleistung, die von der Umgebung stammt und von der Probe auf den Detektor reflektiert wird. Bei  0 (z. B. blanke Metalle) gelangt fast nur Umgebungsstrahlung in die Kamera, für  1 (z. B. schwarzer Lack) fast nur die Eigenstrahlung der Probe. Tab. 17.5 zeigt typische Daten einer Wärmebildkamera, die zur Messung elektronischer Systeme in der industriellen Praxis eingesetzt wird.

290

17.5.2

17

Temperaturmessung

Typische Fehler bei der Temperaturmessung mit der Wärmebildkamera

Messungen mit der Wärmebildkamera sind im Vergleich zu Messungen mit dem Thermoelement oder dem Widerstandsthermometer im Allgemeinen ungenauer. Die Messgenauigkeit der Wärmebildkamera hängt von der Oberflächenbeschaffenheit der Probe, dem Messaufbau und der Qualität der Kamera ab. Wie jede Kamera muss auch die Wärmebildkamera auf die Messfläche fokussiert sein. Unscharfe Bilder führen zu erheblichen Messabweichungen. Reflexionen aus der Umgebung sind zu vermeiden. Dazu empfiehlt es sich, die Position des Messaufbaus relativ zur Kamera leicht zu verändern oder die Probe zu Testzwecken z. B. mit einem Karton abzuschatten und dabei Veränderungen im Thermobild zu beobachten. Für die Messung kleiner Strukturen, wie z. B. den Anschlussbeinchen elektronischer Bauelemente, ist eine Wärmebildkamera mit Nahfeldoptik sinnvoll. Als Faustregel für eine ausreichende räumliche Auflösung gilt, dass ein Objekt mit mindestens fünf KameraBildpixeln erfasst werden sollte.

Messabweichung durch falsche Einstellung des Emissionsgrads Eine Messabweichung entsteht, wenn der in die Wärmebildkamera eingegebene Emissionsgrad vom realen Wert der Probe abweicht. Abb. 17.13 zeigt die relativen Fehler bei Abweichung des Emissionsgrads um -0,1 bis C0,1 vom tatsächlichen Wert mit Daten aus [7]. Die Werte beziehen sich auf die Umgebungstemperatur 20 ı C. Parameter sind die Probentemperatur mit # D 10 ı C und # D 50 ı C und der tatsächliche Emissionsgrad der Probe mit  D 0;2, 0,5 und 0,9. Mit zunehmender Probentemperatur # und zu-

Abb. 17.13 Messabweichung durch Abweichung des eingestellten Emissionsgrades vom tatsächlichen Wert

17.5

Wärmebildkamera

291

Abb. 17.14 Blanke Metalloberfläche mit Textilband: Messabweichung durch Abweichung des eingestellten Emissionsgrades vom tatsächlichen Wert

nehmendem Emissionsgrad  wird die Abweichung kleiner. Ein zu niedrig eingestellter Emissionsgrad verursacht eine größere Messabweichung als ein um denselben Absolutwert zu hoch eingestellter Emissionsgrad. Beispielsweise beträgt die Messabweichung bei # D 50 ı C und  D 0;2 bei einem um 0,1 zu niedrig eingestellten Emissionsgrad C48;8 %, bei einem um 0,1 zu hoch eingestellten Emissionsgrad 18;6 %.

17.5.3

Praktisches Vorgehen bei der Messung mit der Wärmebildkamera

Blanke Metalle sind in der Praxis nicht thermografierbar, da der Emissionsgrad nicht mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden kann. Abhilfe kann die Beschichtung mit einem Lack mit bekanntem Emissionsgrad  > 0;9 im Empfindlichkeitsbereich der Kamera sein. In Frage kommt z. B. Grafitspray, das allerdings zerstörend ist. Zusätzlich entsteht eine Messabweichung: Durch die Beschichtung wird die Wärmeableitung durch den Strahlungspfad verbessert. Die gemessenen Temperaturen sind deshalb gegenüber der unbeschichteten Probe, abhängig von der Größe und den Eigenschaften der Fläche, niedriger. Für eine punktuelle Temperaturabschätzung einer blanken Metallfläche kann ein Textilband aufgeklebt werden. Sein Emissionsgrad liegt bei   0;9. Abb. 17.14 zeigt links das Foto und rechts das Thermobild einer blanken, metallischen Oberfläche mit einem schwarzen Textilklebestreifen. Die tatsächliche Oberflächentemperatur beträgt 51,5 ı C. An der Wärmebildkamera ist der Emissionsgrad  D 0;9 eingestellt. Die Temperatur des Textilklebestreifens wird mit ca. 51 ı C richtig angezeigt, da der eingestellte  -Wert dem tatsächlichen Wert des Textilklebebandes entspricht. Bei der Temperatur der Metalloberfläche liefert die Kamera 10–15 ı C anstatt 51 ı C. Der an der Wärmebildkamera eingestellte Wert ist weit vom tatsächlichen Emissionsgrad der Metallfläche mit   0;1 entfernt. Vielfach besteht der Wunsch, Elektronik innerhalb eines geschlossenen Gehäuses zu thermografieren. Jedoch sind Kunststoff- oder Metallgehäuse für Wärmestrahlung nicht

292

17

Temperaturmessung

Abb. 17.15 Einfacher Versuch zur Demonstration der Transparenz von Glas und einer Polyethylenfolie im sichtbaren und Infrarot-Bereich: Foto einer Hand in einem Glasbehälter (links oben) und Thermobild davon (links unten), Foto einer Hand in einer Polyethylenfolie (rechts oben) und Thermobild davon (rechts unten)

transparent und das Öffnen des Gehäuses verändert die thermischen Verhältnisse der Elektronik grundlegend. Eine Möglichkeit, zumindest für eine grobe Messung im Inneren ist, im Gehäuse ein Sichtfenster auszuschneiden und dieses mit einer dünnen Polyethylenfolie abzudecken. Die Folie verhindert konvektive Wärmeverluste aus dem Gehäuse. Im Empfindlichkeitsbereich der Wärmebildkamera hat Polyethylen einen Transmissionsgrad von

  0;8. Für die Kamera ist die Folie also weitestgehend transparent. In Abb. 17.15 sind die Ergebnisse eines einfachen Versuchs zu sehen: Eine Hand taucht in einen Glasbehälter (links oben). Im Thermobild (links unten) verschwindet die Hand, da Glas im Empfindlichkeitsbereich der Wärmebildkamera (8 . . . 14 m) kaum transparent ist. In einer schwarzen Polyethylenfolie ist die Hand für das menschliche Auge unsichtbar (rechts oben). Mit der Wärmebildkamera wird sie sichtbar (rechts unten). Polyethylen ist für die Kamera nahezu durchsichtig. Bei unbekanntem Emissionsgrad einer Oberfläche gibt es für die Thermografie einen weiteren Trick: Für eine lokale, grobe Temperaturmessung wird eine Öffnung oder Bohrung im Prüfling thermografiert. Diese wirkt ähnlich wie ein Hohlraumstrahler, vgl. Abschn. 8.2. Abhängig von der Oberfläche und dem Aspektverhältnis der Öffnung stellt

17.5

Wärmebildkamera

293

Abb. 17.16 Effektiver Emissionsgrad bei diffuser Reflexion in einer kreisrunden Öffnung als Funktion des Aspektverhältnisses [8]

  sich ein effektiver Emissionsgrad eff ein. In Abb. 17.16 ist eff bei diffuser Reflexion in einer kreisrunden Öffnung als Funktion des Aspektverhältnisses h=r dargestellt [8]. Parameter ist der Emissionsgrad  der Oberfläche.

17.5.4

Zusammenfassung

Die Wärmebildkamera erfasst berührungslos ein zweidimensionales Temperaturfeld. Der Emissionsgrad der Probe und die Umgebungstemperatur müssen bei der Messung bekannt und in die Kamera eingegeben werden. Bei Metallen und Flüssigkeiten wird die Oberflächentemperatur gemessen. Bei Kunststoffen tragen, abhängig von ihrem Transmissionsgrad, auch innere, oberflächennahe Materialschichten zum Messsignal bei. Luft ist für die Wärmebildkamera unter Laborbedingungen praktisch transparent. Ein wesentlicher Vorteil der Thermografie gegenüber der Messung mit Thermoelementen und Widerstandsthermometern ist, dass die Probe nicht kontaktiert werden muss. Wärmeableitungsfehler werden damit vermieden. Außerdem lassen sich bewegte und rotierende Teile messen. Dynamische Messungen sind ohne weiteren Messaufwand, wie z. B. ein zusätzliches Datenerfassungssystem, möglich. Die Auswertesoftware der Wärmebildkamera bietet neben der Temperaturmessung viele Zusatzfunktionen. Dazu gehören die Messung von 2D-Temperaturprofilen und die statistische Auswertung von Temperaturfeldern. Die Messabweichung ist im Vergleich zu berührenden Temperatursensoren in der Regel höher. Wesentlichen Einfluss hat der Emissionsgrad, der in der Praxis oft nicht hinreichend genau bekannt ist. Blanke Metalle lassen sich in der Praxis nicht messen. Abhilfe leistet z. B. eine Oberflächenbeschichtung mit Graphit.

294

17

Temperaturmessung

Literatur 1. The International Temperatur Scale of 1990 (1990) Procès-Verbaux du Comité International des Poids et Measures, 78th meeing 1989 2. IEC 60584-1 (2013) Thermocouples - Part 1: EMF specifications and tolerances (IEC 605841:2013); German version EN 60584-1:2013 3. Bernhard F (2014) Handbuch der Technischen Temperaturmessung. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg 4. Industrial platinum resistance thermometers and platinum temperature sensors (IEC 60751:2008); German version EN 60751:2008 5. Teunis G.(1966) Messung von Oberflächentemperaturen mit Berührungsthermometern; Technische Temperaturmessung, Vorträge der VDE/VDI-Tagung Düsseldorf, VDI-Verlag, VDIBerichte Nr. 112, 103-108 6. Irrgang K, Michalowsky L (2004) Temperaturmesspraxis mit Widerstandsthermometern und Thermoelementen. Vulkan-Verlag, Essen, S 92 7. InfraTec GmbH, Dresden (2006) Einführung in die Infrarot-Thermografie, Schulungsunterlagen 8. Sparrow EM, Cess RD (1966) Radiation Heat Transfer. Books/Cole Publishing Co, Belmont, California

Stichwortverzeichnis

A Abkühlkurve, 168 Abkühlung im Luftstrom, 30 Abkühlung in ruhendem Fluid, 32 Absorptionsgrad, 93 Ähnlichkeitstheorie, 39 Analogie thermisch, elektrisch, 225 Arbeitspunkt, 264 ASTM D5470-17, 147 Ausgleichsleitung, 277 Axiallüfter, 257

B Ball-Grid-Array (BGA), 222 Behältersieden, 72 Biot-Zahl, 39 Brückenschaltung, 173 Bus-bar-Technik, integriert, 193

C Cauer-Modell, 228

D Diagonallüfter, 259 Differenzialgleichung der Wärmeleitung, 9 Drahtthermoelement, 278 Drei-Leiterschaltung, 281 Drei-Omega-Methode, 154 Duale Interface-Testmethode, 170

E Emissionsgrad, 99

Emissionsgrad, integral, 100 Emissionsgrad, spektral, 99

F Fermi-Dirac-Funktion, 164 Festkörper-Festkörperkontakt, 218 Festkörper-TIM-Festkörperkontakt, 219 Filmkondensation, 71 Fläche, horizontal, 60 Flip-Chip, 223 Foster-Modell, 161 Fostermodell, 231 Fouriersches Wärmeleitungsgesetz, 3 Fourier-Zahl, 39

G Gap Filler, 210 Gegenstromwärmeübertrager, 81 Gel, 210 Gleichstromwärmeübertrager, 77 Grashof-Zahl, 39 Grauer Strahler, 101

H Heatdiffuser, 250 Heatpipe mit Gasreservoir, 252 Heatpipe, Arbeitsmittel, 246 Heatpipe, Druckverlauf, 240 Heatpipe, Einfluss der Schwerkraft, 241 Heatpipe, Grenzen, 248 Heatpipe, Kapillarstruktur, 244 Heatpipe, Kreisprozess, 243 Heatpipe, Kühlplatte-, 250

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. Griesinger, Wärmemanagement in der Elektronik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58682-2

295

296 Heatpipe, Lebensdauer, 246 Heatpipe, Mikro-, 252 Heatpipe-Loop, 251 Heatspreader, 127 Heißdrahtmethode, 172 Heizbrückenmethode, 172 Hohlraumstrahler, 95 Hot-Bridge-Methode, 173 Hot-Disk-Methoed, 173 Hot-Wire-Method, 173 Hot-Wire-Methode, Messsignal, 177 Hot-Wire-Methode, periodisch, 173 Hydraulischer Durchmesser, 46

I ITS-90, 274

K Kalibrierkurve, 169 Keramik Substrate, 198 Kirchhoffsches Gesetz, 102 Kondensation, 71 Kontaktwiderstand, 148 Konvektion, 1 Kühlkörper, Bonded-Fin, 128 Kühlkörper, Druckguss, 123 Kühlkörper, Folded-Fin, 126 Kühlkörper, geschmiedet, 125 Kühlkörper, Graphitschaum, 129 Kühlkörper, Heatpipe, 127 Kühlkörper, Leistungskühlkörper, 137 Kühlkörper, Material, 129 Kühlkörper, Oberfläche, 133 Kühlkörper, Skived, 126 Kühlkörper, Sonderformen, 128 Kühlkörper, Stanz-Biege-, 123 Kühlkörper, Strangpress, 124 Kupfer-Inlay-Technik, 192

L Lambertsches Entfernungsgesetz, 110 Lambertsches Richtungsgesetz, 110 Laser-Flash-Methode, 141 Leiterplatte, 183 Leiterplatte auf Kühlbank, 194 Leiterplatte auf Metallträger, 195

Stichwortverzeichnis Leiterplatte, Anschraubpunkte, 193 Leiterplatte, Aufbau, 183 Leiterplatte, Betriebstemperatur, 184 Leiterplatte, Dick-Kupfer, 191 Leiterplatte, FR-Klassen, 184 Leiterplatte, Glasübergang, 184 Leiterplatte, Through Holes, 185 Leiterplatte, Vias, 185 Leiterplatte, Wärmespreizung, 186 Leiterplatten, Starr-Flex, 192 Level des Aufbaus elektronischer Systeme, 221 Lichtpuls, 146 LTI-System, 228 Lüfter in großen Höhen, 268 Lüfter, Akustik, 265 Lüfter, Parallel- und Reihenschaltung, 266 Lüfter, saugend, blasend, 268 Lüfterbetrieb, Tipps, 269 Lüfterkennlinien, 260

M Mantelthermoelement, 278 Mehrschichtsysteme, 146 Messabweichung, 146 Messabweichung durch falschen Emissionsgrad, 290 Messabweichung, Eintauchtiefe, 286 Messabweichung, stationäre Zylindermethode, 152 Messabweichung, Strahlungsaustausch, 286 Messabweichung, Wärmeableitung, 284 Messbereich, 146 Messbereich, stat. Zylindermethode, 152 Mischungstemperatur, 34

N Newtonsches Abkühlungsgesetz, 37 Nußelt-Zahl, 39

O Oberflächenthermoelement, 279 Optimaler Rippenabstand, 134

P Phase-Change-Material, 205

Stichwortverzeichnis Pin in Hole-Technik, 221 Platte, beheizt, senkrecht, 57 Prandtl-Zahl, 39 Proben, flüssig, pastös, 145 Pt100, 280 Pt500, 280 Pt1000, 280 Puls-Z th -Diagramm, 235

R R,C-Netzwerk, 225 Radiallüfter, 257 Rauschspektrum, 164 Rayleigh-Zahl, 39 Referenzprobe, 146 Reflexionsgrad, 93 Reynolds-Zahl, 39 Rippe, Leistungsziffer, 119 Rippe, optimale Länge, 121 Rippe, Temperaturverlauf, 113 Rippen, Bewertungsmaße, 117 Rippen, Material, 120 Rippenwirkungsgrad, 117 Rohrströmung, laminar, 43 Rohrströmung, turbulent, 45

S Schwarzer Strahler, 95 Seebeck-Effekt, 275 Seebeck-Koeffizient, 276 Selektiver Strahler, 108 SMD-Bauelement, 221 SMT-Technik, 221 Sprungantwort, 160 Stanzgitter, 201 Stationäre Zylindermethode, 147 Stefan-Boltzmann Gesetz, 101 Stoffwerte, 147 Strahlungsaustausch, 103 Strömungssieden, 73 Strukturfunktion, 160 Strukturfunktion, differentiell, 170 Substrat, IMS, 197 Substrate, Multilayer, 200 Substrate, Singlelayer, 199 Systemkennlinie, 262

297 T t1=2 -Methode, 144 Temperaturberechnung, numerisch, 225 Temperaturkoeffizient, 7 Temperaturleitfähigkeit, 10, 142 Temperaturleitfähigkeit in der Ebene, 144 Thermische Antwort, 141 Thermische Vias, 188 Thermische Welle, 155 Thermischer Kontakt mit TIM, 217 Thermischer Kontaktkoeffizient, Berechnung, 86 Thermischer Kontaktkoeffizient, Messwerte, 90 Thermischer Kontaktwiderstand, 86 Thermischer Widerstand, 4, 147 Thermischer Widerstand durch Wärmestrahlung, 104 Thermischer Widerstand, gemessen, 148 Thermisches Interfacematerial, Alterung, 216 Thermisches Interfacematerial, Auswahl, 203 Thermisches Interfacematerial, Einsatzbereich, 203 Thermisches Interfacematerial, Fehlermechanismen, 216 Thermisches Transientenverfahren, 160 Thermoelektrische Spannungsreihe, 276 Thermoelemente, 275 Thermoelemente, Grenzabweichungen, 279 TimTester, 150 Transmissionsgrad, 93 Tropfenkondensation, 71 TSP, temperaturempf. Parameter, 168

U Umströmte Platte, 47

V Vapor Chamber, 250 Via, thermischer Widerstand, 188 Vias, Anordnung, 190 Vier-Leiterschaltung, 281

W Wärmebildkamera, 287 Wärmebildkamera, Messabweichung, 290 Wärmebildkamera, Messprinzip, 287

298 Wärmedurchgangskoeffizient, 65 wärmeleitfähige Kunststoffe, 132 Wärmeleitfähigkeit, 3, 142 Wärmeleitfähigkeit dünner Schichten, 159 Wärmeleitfähigkeit von Aluminiumlegierungen, 129 Wärmeleitfähigkeit, Bulk-, 150 Wärmeleitfähigkeit, Druckabhängigkeit, 8 Wärmeleitfähigkeit, effektiv, 148 Wärmeleitfähigkeit, Temperaturabhängigkeit, 6 Wärmeleitfähigkeit, Tensor, 5 Wärmeleitfolien und Wärmeleitpads, 213 Wärmeleitkleber, 209 Wärmeleitpaste, 152, 207 Wärmeleitung, 1, 3 Wärmeleitung im Hohlzylinder, 18 Wärmeleitung im Zylinder, 24 Wärmeleitung in der Kugel, 25 Wärmeleitung in der Kugelschale, 20 Wärmeleitung mit Wärmequellen, 22 Wärmeleitung, anisotrop, 145, 158 Wärmeleitung, instationär, 29 Wärmeleitung, Mehrschichtsystem, 13, 16 Wärmeleitung, stationär, eindimensional, 13 Wärmepfad, 141 Wärmequellen in Halbleiter, 224

Stichwortverzeichnis Wärmestrahlung, 2 Wärmeübergangskoeffizien, Größenordnungen, 38 Wärmeübergangskoeffizient, 37 Wärmeübertrager, Wirkungsgrad, 82 Wärmeverluste, 148 Widerstandsthermometer, 280 Widerstandsthermometer, Draht-, 282 Widerstandsthermometer, Dünnschicht-, 282 Widerstandsthermometer, Halbleiter-, 283 Widertstandsthermometer, Grenzabweichungen, 282 Wiedemann-Franz-Gesetz, 226 Wiensches Verschiebungsgesetz, 98 Wirelaid-Technik, 192

Z Z th -Kurve, 160 Zeitkonstanten-Spektrum, 163 Zwei-Leiterschaltung, 280 Zwei-Phasen-Thermosiphon, 249 Zylinder, quer angeströmt, 52 Zylinder, schräg angeströmt, 53 Zylinder, vertikal, 59