Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege: Zum Wiederholen: Kompakt und übersichtlich [1. Aufl.] 9783662594933, 9783662594940

Als Ergänzung zum bekannten Lehrbuch des Autors gibt es nun in kompaktes Buch zum schnellen Wiederholen der wichtigsten

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Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege: Zum Wiederholen: Kompakt und übersichtlich [1. Aufl.]
 9783662594933, 9783662594940

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Front Matter ....Pages 1-1
Autonomes Nervensystem (ANS) (Reinhard Larsen)....Pages 3-7
Herz, Kreislauf und Hämodynamik (Reinhard Larsen)....Pages 9-16
Atmung (Reinhard Larsen)....Pages 17-22
Blutgase: O2 und CO2 (Reinhard Larsen)....Pages 23-27
Säure-Basen-Haushalt (SBH) (Reinhard Larsen)....Pages 29-33
Blutgerinnung (Reinhard Larsen)....Pages 35-43
Front Matter ....Pages 45-45
Inhalationsanästhetika (Reinhard Larsen)....Pages 47-55
Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine (Reinhard Larsen)....Pages 57-63
Opioide (Reinhard Larsen)....Pages 65-72
Muskelrelaxanzien (Reinhard Larsen)....Pages 73-82
Lokalanästhetika (Reinhard Larsen)....Pages 83-92
Kardiovaskuläre Medikamente (Reinhard Larsen)....Pages 93-101
Front Matter ....Pages 103-103
Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation (Reinhard Larsen)....Pages 105-116
Narkosegeräte und Narkosesysteme (Reinhard Larsen)....Pages 117-121
Atemwegsmanagement (Reinhard Larsen)....Pages 123-139
Intraoperative Beatmung (Reinhard Larsen)....Pages 141-143
Überwachung des anästhesierten Patienten (Reinhard Larsen)....Pages 145-156
Intraoperativer Flüssigkeitsersatz (Reinhard Larsen)....Pages 157-162
Blutprodukte und Blutersatz (Reinhard Larsen)....Pages 163-175
Der Anästhesiearbeitsplatz (Reinhard Larsen)....Pages 177-182
Der Patient im Einleitungsraum (Reinhard Larsen)....Pages 183-187
Lagerung zur Operation (Reinhard Larsen)....Pages 189-192
Front Matter ....Pages 193-193
Allgemeinanästhesie (Reinhard Larsen)....Pages 195-204
Spinalanästhesie (Reinhard Larsen)....Pages 205-219
Periduralanästhesie (Reinhard Larsen)....Pages 221-231
Regionale Nervenblockaden (Reinhard Larsen)....Pages 233-245
Front Matter ....Pages 247-247
Kardialer Risikopatient (Reinhard Larsen)....Pages 249-262
Der pulmonale Risikopatient (Reinhard Larsen)....Pages 263-269
Diabetes mellitus (Reinhard Larsen)....Pages 271-275
Leber- und Nierenerkrankungen (Reinhard Larsen)....Pages 277-280
Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts (Reinhard Larsen)....Pages 281-289
Neurologische Erkrankungen und Suchtstörungen (Reinhard Larsen)....Pages 291-297
Obstruktive Schlafapnoe (OSA) (Reinhard Larsen)....Pages 299-302
Front Matter ....Pages 303-303
Kinderanästhesie (Reinhard Larsen)....Pages 305-340
Geriatrische Patienten (Reinhard Larsen)....Pages 341-347
Front Matter ....Pages 349-349
Allgemein- und Viszeralchirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 351-363
Adipositas permagna und Adipositaschirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 365-369
Gynäkologie (Reinhard Larsen)....Pages 371-374
Schwangerschaft und Geburtshilfe (Reinhard Larsen)....Pages 375-396
HNO (Reinhard Larsen)....Pages 397-405
MKG- und Zahnchirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 407-412
Augenoperationen (Reinhard Larsen)....Pages 413-416
Urologie (Reinhard Larsen)....Pages 417-423
Orthopädie und Unfallchirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 425-432
Polytrauma und Schockraumversorgung (Reinhard Larsen)....Pages 433-441
Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis (Reinhard Larsen)....Pages 443-449
Herzchirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 451-470
Thoraxchirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 471-479
Neurochirurgie (Reinhard Larsen)....Pages 481-495
Ambulante Anästhesie (Reinhard Larsen)....Pages 497-501
Front Matter ....Pages 503-503
Narkosezwischenfälle und Komplikationen (Reinhard Larsen)....Pages 505-513
Schock (Reinhard Larsen)....Pages 515-518
Reanimation im OP (Reinhard Larsen)....Pages 519-527
Front Matter ....Pages 529-529
Aufwachzone (Reinhard Larsen)....Pages 531-543
Postoperative Schmerztherapie (Reinhard Larsen)....Pages 545-556
Back Matter ....Pages 557-569

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Reinhard Larsen

Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege Zum Wiederholen: Kompakt und übersichtlich

Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege

Reinhard Larsen

Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege Zum Wiederholen: Kompakt und übersichtlich

Reinhard Larsen Homburg, Saarland, Deutschland

ISBN 978-3-662-59493-3 ISBN 978-3-662-59494-0  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 7 http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt,auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Fotonachweis Umschlag: © AntonioDiaz/stock.adobe Planung/Lektorat: Ulrike Hartmann Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Vorwort Dieses Buch ist eine kompakte und prägnante Darstellung der gesamten praktischen Anästhesie für die Fachpflege. Es enthält zum einen das erforderliche Wissen für die Prüfungsvorbereitung, zum anderen das Handwerkszeug und die Leitlinien für die praktische Tätigkeit der bereits qualifizierten Pflegekräfte im OP und am Patienten. Auf theorielastige Inhalte und Basiswissen wurde dagegen verzichtet. Um die Freude an der Wiederholung nicht zu beeinträchtigen und das Verständnis für Zusammenhänge zu verbessern, wird der weithin übliche Telegrammstil von Repetitorien bzw. Wiederholungsbüchern vermieden. Stattdessen werden die Leser in straffer Form, aber dennoch umfassend und in aller Klarheit, durch die allgemeine und spezielle Anästhesie geleitet. Es ist mir ein besonderes Anliegen, Frau Ulrike Hartmann und Frau Sirka Nitschmann vom Springer Verlag für ihr niemals nachlassendes Engagement, ihre kompetente fachlich-didaktische Beratung und die immer vergnügliche Zusammenarbeit herzlich zu danken. Reinhard Larsen

Homburg im Mai 2020

VII

Inhaltsverzeichnis I Grundlagen 1

Autonomes Nervensystem (ANS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

2

Herz, Kreislauf und Hämodynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

3

Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4

Blutgase: O2 und CO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

5

Säure-Basen-Haushalt (SBH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

6

Blutgerinnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

II

Anästhetika und Adjuvanzien

7

Inhalationsanästhetika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

8

Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

9

Opioide. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

10

Muskelrelaxanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

11

Lokalanästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

12

Kardiovaskuläre Medikamente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

III

Anästhesie: Basics und Tools

13

Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

14

Narkosegeräte und Narkosesysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

15

Atemwegsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

16

Intraoperative Beatmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

17

Überwachung des anästhesierten Patienten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

VIII

Inhaltsverzeichnis

18

Intraoperativer Flüssigkeitsersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

19

Blutprodukte und Blutersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

20

Der Anästhesiearbeitsplatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

21

Der Patient im Einleitungsraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

22

Lagerung zur Operation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

IV Anästhesieverfahren 23

Allgemeinanästhesie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

24

Spinalanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

25

Periduralanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

26

Regionale Nervenblockaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

V

Patienten mit Begleiterkrankungen

27

Kardialer Risikopatient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

28

Der pulmonale Risikopatient. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

29

Diabetes mellitus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

30

Leber- und Nierenerkrankungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

31

Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

32

Neurologische Erkrankungen und Suchtstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

33

Obstruktive Schlafapnoe (OSA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

VI

Besondere Altersgruppen: Jung und Alt

34

Kinderanästhesie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

35

Geriatrische Patienten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

IX Inhaltsverzeichnis

VII Spezielle Anästhesie 36

Allgemein- und Viszeralchirurgie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

37

Adipositas permagna und Adipositaschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

38

Gynäkologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

39

Schwangerschaft und Geburtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

40

HNO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

41

MKG- und Zahnchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

42

Augenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

43

Urologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

44

Orthopädie und Unfallchirurgie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

45

Polytrauma und Schockraumversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433

46

Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

47

Herzchirurgie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

48

Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471

49

Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

50

Ambulante Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497

VIII Notfälle und Zwischenfälle 51

Narkosezwischenfälle und Komplikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

52

Schock. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

53

Reanimation im OP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519



X

Inhaltsverzeichnis

IX

Nach der Narkose

54

Aufwachzone. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

55

Postoperative Schmerztherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545

Serviceteil Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559

1

Grundlagen Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Autonomes Nervensystem (ANS) – 3 Kapitel 2 Herz, Kreislauf und Hämodynamik – 9 Kapitel 3 Atmung – 17 Kapitel 4 Blutgase: O2 und CO2 – 23 Kapitel 5 Säure-Basen-Haushalt (SBH) – 29 Kapitel 6 Blutgerinnung – 35

I

3

Autonomes Nervensystem (ANS) Inhaltsverzeichnis 1.1 In Kürze – Grundlagen – 4 1.2 Autonomes bzw. vegetatives Nervensystem – 4 1.2.1 Sympathisches Nervensystem – 5 1.2.2 Pharmakologie des sympathischen Nervensystems – 6 1.2.3 Parasympathisches Nervensystem – 6 1.2.4 Pharmakologie des parasympathischen Nervensystems – 7

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_1

1

4

1

Kapitel 1 · Autonomes Nervensystem (ANS)

1.1  In Kürze – Grundlagen

Autonomes Nervensystem Nervensystem, dass nicht dem Willen unterliegt, sondern autonom funktioniert.

Andere Bezeichnungen für das autonome Nervensystem sind: vegetatives Nervensystem oder viszerales Nervensystem. z Neuron

Das Neuron ist die Nervenzelle mit ihren Fortsätzen, den Dendriten und den Neuriten. Die Nervenzelle verfügt über 2 grundlegende Eigenschaften: 5 Sie ist erregbar 5 Sie leitet Erregungen weiter Die Dendriten sind Fortsätze der Nervenzellen, die Erregungen empfangen, Neuriten sind dagegen Fortsätze, die (elektrische) Erregungen weiterleiten, entweder an eine andere Nervenzelle oder an ein Erfolgsorgan, z. B. Muskel, Drüse usw. z z Arten von Neuronen

5 Sensible (= afferente) 5 Motorische (= efferente) 5 Sympathische 5 Parasympathische z Synapse

In der Synapse wird die elektrische Erregung mit Hilfe eines Transmitters von einem Neuron auf ein anderes übertragen. In der Synapse werden die Erreger nicht nur übertragen, sondern auch integriert, d. h. verstärkt oder abgeschwächt und auf einen anderen Weg umgeschaltet. z Transmitter – Botenstoffe im Nervensystem

Einzelne Neurone sind durch den synaptischen Spalt voneinander getrennt. Den synaptischen Spalt kann die Erregung nicht di-

rekt überspringen, sondern nur mit Hilfe des Transmitters. Der Transmitter befindet sich in präsynaptischen Bläschen, aus denen er durch den eintreffenden Erregungsimpuls freigesetzt wird. Der Transmitter fließt dann durch den Spalt zur Synapse und überträgt den elektrischen Impuls. Die wichtigsten Neurotransmitter im ZNS und im peripheren Nervensystem 5 Acetylcholin 5 Katecholamine: Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin 5 Serotonin und Histamin 5 GABA (Gamma-Aminobuttersäure), Aspartat, Glutamat, Glycin 5 Adenosintriphosphat (ATP) 5 Neurokinine A und B, Substanz P 5 Endorphine, Enkephaline und Dynorphin

1.2  Autonomes bzw. vegetatives

Nervensystem

Das autonome – oder auch vegetative bzw. viszerale – Nervensystem innerviert Herz, Blutgefäße, Drüsen und die glatte Muskulatur aller Organe, jedoch nicht die quergestreifte Muskulatur. Es steuert die Körperfunktionen autonom, d. h. unabhängig vom Willen und vom Bewusstsein. Für die Anästhesie ist das autonome Nervensystem von besonderer Bedeutung, weil seine Funktionen durch die meisten Anästhesiesubstanzen, aber auch durch den operativen Eingriff erheblich beeinflusst werden können. z Anteile

Das autonome Nervensystem besteht aus drei Anteilen: 5 Sympathikus 5 Parasympathikus 5 Enterisches System

5

1.2 · Autonomes bzw. vegetatives Nervensystem

Die Wirkungen von Sympathikus und Parasympathikus sind häufig entgegengesetzt: der Sympathikus aktiviert in der Regel die Organfunktion, der Parasympathikus setzt sie herab: 5 Sympathikus = Kampf und Flucht 5 Parasympathikus = Ruhe und Verdauung Enterisches Nervensystem  Das enterische Nervensystem ist ein komplexes Geflecht aus Neuronen, das den Magen-Darm-Trakt durchzieht und u. a. die Darmmotilität, die Sekretion und Absorption, die gastrointestinale Durchblutung und die immunologischen Funktionen des Magen-Darm-Trakts steuert.

Autonomes Nervensystem 5 Steuerzentren – Parasympathikus und Sympathikus werden von Zentren im Gehirn gesteuert. Höchstes Zentrum ist das limbische System, niedrigstes das Rü­ ckenmark – Das limbische System steuert den emotionalen Antrieb – Der Hypothalamus ist das wichtigste Steuerzentrum vegetativer Funktionen – Das Rückenmark steuert spinale Reflexe – In den Zielorgangen werden die Befehle per Signal ausgeführt – Die vegetativen Bahnen bestehen aus 2 Neuronen 5 Vegetative Nervenbahnen – Bestehen aus 2 hintereinander geschalteten Neuronen: – Die Zellkörper des 1. sympathischen Neurons liegen im thorakolumbalen Rückenmark, die Zellkörper des 1. parasympathischen Neurons im Hirnstamm und im sakralen Rückenmark – Die Zellkörper des 2.  Neurons liegen in den sympathischen und

1

parasympathischen Ganglien (= vegetative Ganglien) – Die sympathischen Ganglien liegen in der Nähe des Rückenmarks, die parasympathischen in der Nähe oder Wand ihrer Zielorgane

1.2.1  Sympathisches

Nervensystem

Das sympathische Nervensystem enthält nur efferente Fasern, d. h. Fasern, die den Impuls von den Steuerzentren zu den Zielorganen leiten. Noradrenalin ist der Überträgerstoff für den Impuls von den postganglionären Neuronen auf die peripheren Zielorgane (Effektoren). Postganglionäre Ganglien werden deshalb auch als adrenerg bezeichnet. Zu den sympathischen Ganglien gehört auch das Nebennierenmark. Hier werden die Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin gebildet und freigesetzt. Sie vermitteln die „Kampfoder Fluchtreaktion“, d. h. sie aktivieren den Kreislauf und den Stoffwechsel. z Adrenerge Rezeptoren

5 α1- und α2-Rezeptoren 5 β-Rezeptoren: 3 Typen: β1, β2 und β3 z Postganglionäre adrenerge Überträgerstoffe

5 Noradrenalin 5 Adrenalin 5 Dopamin z Präganglionärer adrenerger Überträgerstoff

5 Acetylcholin (!)

Noradrenalin und Adrenalin – Rezeptorwirkungen 5 Herz: β1-Rezeptoren steigern die Herzfrequenz, die Kontraktionskraft und die Leitungsgeschwindigkeit nehmen zu,

6

1

Kapitel 1 · Autonomes Nervensystem (ANS)

ebenso die allgemeine Erregbarkeit, die Erschlaffungszeit wird verkürzt 5 Blutgefäße: – α1-Rezeptoren: Vasokonstriktion, Blutdruckanstieg – β2-Rezeptoren: Vasodilatation (Transmitter nur Adrenalin) 5 Lunge: β2-Rezeptoren bewirken Bronchodilatation (v. a. Adrenalin) 5 Magen-Darm-Trakt: Sphinkterkontraktion, Abnahme der Motilität 5 Pankreas: – α2-Rezeptoren vermindern die Insulinsekretion – β2-Rezeptoren steigern sie 5 Leber: β2-Rezeptoren steigern die Glykogenolyse (der Blutzucker steigt an), vermindern die Glukoneogenese (Glukoseneubildung) 5 Nieren: β1-Rezeptoren steigern die Reninsekretion 5 Nebennierenmark: steigert die Katecholaminsekretion (Adrenalin und Noradrenalin) 5 Harnblase: – α1-Rezeptoren: Kontraktion des Harnblasensphinkter – β2-Rezeptoren: Erschlaffung des M. detrusor 5 Uterus: – α1-Rezeptoren kontrahieren den Uterus – β2-Rezeptoren hemmen die Wehentätigkeit 5 Geschlechtsorgane: Ejakulation 5 Haut: steigert die Schweißsekretion (Transmitter ist hier das Acetylcholin!) 5 Braunes Fettgewebe (nur Neugeborene): Thermogenese 1.2.2  Pharmakologie

des sympathischen Nervensystems

5 Sympathikomimetika stimulieren den Sympathikus 5 Sympathikolytika hemmen den Sympathikus

Sympathikomimetika Sympathikomimetika sind adrenerge Agonisten, d. h. sie wirken wie ein natürlicher Transmitter des sympathischen Nervensystems. 5 Synthetisches Adrenalin = Suprarenin, Epinephrin 5 Synthetisches Noradrenalin = Arterenol 5 Synthetisches Dopamin 5 Dobutamin 5 Mischpräparate, z. B. Akrinor 5 Phenylephrin (Neosynephrin) 5 Ephedrin z z Anwendung

5 Steigerung des Blutdrucks 5 Stützung der Herzfunktion

Sympathikolytika Sie hemmen die sympathischen Transmitter an den Erfolgsorganen. Je nach Rezeptorwirkung werden unterschieden: 5 β-Blocker: werden eingesetzt bei Hypertonie und KHK 5 α-Blocker: werden eingesetzt, um den Blutdruck zu senken 1.2.3  Parasympathisches

Nervensystem

5 Die Zellkörper des Parasympathikus liegen im Hirnstamm und im sakralen Rückenmark 5 Wichtigster parasympathischer Nerv ist der N. vagus 5 Überträgerstoff im parasympathischen Nervensystem ist das Acetylcholin 5 Parasympathische Neurone werden auch als cholinerg bezeichnet 5 Statt parasympathische Innervation wird auch der Begriff vagale Innervation verwendet, wenn Vagusfasern das betreffende Organ innervieren 5 Der Parasympathikus gilt als Nervensystem des Schutzes und des Ausgleichs. Er dominiert in Phasen der Ruhe und Entspannung

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1.2 · Autonomes bzw. vegetatives Nervensystem

z z Wirkungen von Acetylcholin

5 Herz: Bradykardie, verlangsamt die Erregungsleitung, vermindert die Kontraktionskraft der Vorhöfe 5 Blutgefäße: Dilatation 5 Lunge: Bronchokonstriktion 5 Magen-Darm-Trakt: die Motilität und der Tonus nehmen zu (!): gesteigerte Drüsensekretion, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe 5 Pankreas: Insulinsekretion und die exokrine Sekretion gesteigert 5 Harnblase: Kontraktion des M. detrusor, Relaxation des Sphinkters, Entleerung der Blase 5 Auge: Kontraktion des Ziliarmuskels, Miosis; keine Wirkung auf den Sphinkter pupillae 5 Schweißdrüsen: generalisierte Sekretion 5 Geschlechtsorgane: Erektion 1.2.4  Pharmakologie des

parasympathischen Nervensystems

5 Parasympathikolytika oder Vagolytika hem­ men die Aktivität des Parasympathikus 5 Parasympathikomimetika stimulieren den Parasympathikus

Parasympathikomimetika

1

Parasympathikolytika z Atropin

Atropin, ein Belladonna-Alkaloid der Tollkirsche, ist der Prototyp eines Parasympathikolytikums. 5 Atropin verdrängt Acetylcholin vom Rezeptor und setzt den Tonus des Parasympathikus oder Vagotonus herab 5 Antagonist: Cholinesterasehemmer z z Wirkungen

5 Erweitert die Pupillen (Mydriasis) 5 Hemmt die Drüsen im Respirationstrakt, trocknet die Schleimhäute aus 5 Dilatiert die Bronchien (aber nicht so stark wie Adrenalin) 5 Steigert die Herzfrequenz 5 Hemmt die Peristaltik im gesamten ­Magen-Darm-Trakt 5 Hemmt die Schweißdrüsensekretion → trockene, gerötete Haut 5 Steigert in hohen Dosen die Körpertemperatur, besonders bei Kindern (Atropinfieber) 5 ZNS: stimuliert bereits in klinischen Dosen das ZNS. Überdosierung oder Tollkirschenvergiftung führt zu Unruhe, Erregbarkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Delir, zentraler Atemlähmung z z Anwendung in der Anästhesie

Zwei Gruppen werden unterschieden: 5 Direkt wirkende Parasympathikomimetika: Acetylcholin, Pilocarpin, Muskarin, Arecholin 5 Indirekt wirkende: Cholinesterasehemmer wie Physostigmin, Neostigmin, Pyridostigmin

Nicht routinemäßig, sondern nur bei speziellen Indikationen: 5 Vagal bedingte Bradykardie 5 Antagonisierung von ND-Muskelrelax­ anzien 5 Zusammen mit Anticholinesterasen zur  Hemmung der Speichel- und Bronchialsekretion, z. B. bei Bronchoskopien

z Anwendung

z z Kontraindikationen

5 Antagonisierung von ND-Muskelre­lax­ anzien (7 Kap. 10) 5 Darm- oder Blasenatonie (Carbachol, z. B. Doryl) 5 Myasthenia gravis 5 Glaukom

5 Fieber 5 Hyperthyreose

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Herz, Kreislauf und Hämodynamik Inhaltsverzeichnis 2.1 In Kürze – Anatomie des Herzens – 10 2.2 Funktionen des Herzens – 10 2.2.1 Herzaktion, Herzzyklus – 10 2.2.2 Wie wird die Herzfunktion gesteuert? – 11

2.3 Kreisläufe und Hämodynamik – 13 2.3.1 Anatomische Einteilung des Kreislaufs – 13 2.3.2 Funktionelle Einteilung des Kreislaufs – 13 2.3.3 Blutvolumen – 14 2.3.4 Blutdrücke – 14 2.3.5 Regulation des Herzzeitvolumens (HZV) – 15 2.3.6 Venöser Rückstrom – 15 2.3.7 Lungenkreislauf – 16

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_2

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Kapitel 2 · Herz, Kreislauf und Hämodynamik

2.1  In Kürze – Anatomie des

Herzens

2

z Terminologie

Cor, lateinisch: Herz Kardial: Adjektiv, das sich auf das Herz bezieht, z. B. kardial wirksame Medikamente z Aufbau des Herzens

Das Herz besteht aus 2 Vorhöfen und 2 Ventrikeln: 5 Der rechte Ventrikel pumpt venöses Blut über die A. pulmonalis in den Lungenkreislauf 5 Der linke Ventrikel pumpt arterielles Blut über die Aorta in den Körperkreislauf Vorhöfe und Ventrikel werden durch Klappen voneinander getrennt. 5 2 AV-Klappen leiten das Blut aus den Vorhöfen in die Ventrikel: – Trikuspidalklappe: drei-segelige Klappe zwischen rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel – Mitralklappe: zwei-segelige Klappe: zwischen linkem Vorhof und linkem Ventrikel 5 2 Taschenklappen leiten das Blut aus den Ventrikeln in den großen und kleinen Kreislauf: – Pulmonalklappe: Taschenklappe zwischen rechtem Ventrikel und A. pulmonalis – Aortenklappe: Taschenklappe zwischen linkem Ventrikel und Aorta z Herzmuskel

5 Er besteht aus Vorhofmuskulatur, Kam­ mermuskulatur und dem Erregungsbildungs- und dem Erregungsleitungssystem 5 Er ist quergestreift und besitzt Automatie, d. h. er kann spontan ein Aktionspotenzial bilden und sich rhythmisch kontrahieren, und zwar ohne Nervenimpulse oder stoffliche Einflüsse

5 Jeder Kontraktion geht ein Aktionspo­ tenzial voran. Das Aktionspotenzial entsteht im Sinusknoten und läuft über das Herz 5 Die Kontraktion benötigt Kalziumionen und Energie 2.2  Funktionen des Herzens 2.2.1  Herzaktion, Herzzyklus

Herzzyklus Die Phase vom Ende einer Kontraktion bis zum Ende der nächsten Kontraktion wird als Herzzyklus bezeichnet.

Der Zyklus besteht aus 2 Phasen: 5 Systole: Kontraktionsphase, in der das Blut aus dem Herzen gepumpt wird 5 Diastole: Erschlaffungsphase, in der sich das Herz erneut mit Blut füllt z Systole

Funktion: Austreibung von Blut in den Körperkreislauf und in den Lungenkreislauf. Besteht aus 2 Phasen: 5 Anspannungsphase (isometrische Kontraktion): Alle Klappen sind geschlossen, der Druck im Ventrikel steigt durch die Kontraktion von 8 auf ca. 80 mmHg an 5 Auswurfphase (Ejektionsphase): Sobald der Druck im linken Ventrikel den Aor­ tendruck ca. 80 mmHg und der Druck im rechten Ventrikel den Pulmonalarteriendruck, ca. 8 mmHg, überschreiten, öffnen sich die Aorten- und die Pulmonalklappe. Die Drücke steigen weiter an: – auf ca. 120 mmHg in der Aorta – auf ca. 20 mmHg in der A. pulmonalis Ein Teil des Bluts – das Schlagvolumen (ca. 90 ml) – wird ausgeworfen, der Rest bleibt im Ventrikel zurück. Das

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2.2 · Funktionen des Herzens

Herz schlägt also niemals leer, sondern behält eine Restfüllung z Diastole

Funktion: Füllung der Ventrikel. Sie besteht ebenfalls aus 2 Phasen: 5 Erschlaffungs- oder Entspannungsphase: Alle Herzklappen sind geschlossen, die Muskulatur erschlafft, der Ventrikeldruck fällt unter den Druck in den Vorhöfen, die Segelklappen (Mitralis und Trikuspidalis) öffnen sich und die Füllungsphase beginnt 5 Füllungsphase: Die Ventilebene (Klappen­ ebene) stülpt sich über das Blut in den Vorhöfen, dadurch werden die Kammern mit 70 % des Vorhofbluts gefüllt. Danach kontrahieren sich die Vorhöfe kurz und die restlichen 30 % strömen in die Kammern. Insgesamt fließen so etwa 90 ml Blut in die Kammern

2

z Funktion der Herzklappen

Die Klappen lenken als Ventile den Blutstrom in eine Richtung und verhindern den Rückfluss von Blut in der Diastole. Sie öffnen und schließen sich passiv durch die entstehenden Druckunterschiede während der Herzaktion. 5 In der Systole öffnen sich die Aortenund die Pulmonalklappe; die Triku­spi­ dal­klappe und die Mitralklappe bleiben geschlossen 5 In der Diastole öffnen sich die Trikuspidal- und die Mitralklappe; die Aortenklappe und die Pulmonalklappe bleiben geschlossen z Arbeit des Herzens

Das Herz leistet beim Pumpen v. a. DruckVolumen-Arbeit: 5 Arbeit = Druck × Volumen 5 Herzarbeit = systolischer Druck × Schlag‑ volumen

z Herzvolumina

Im Verlauf der Herzaktion befinden sich jeweils unterschiedliche Blutmengen in den Ventrikeln: 5 Enddiastolisches Volumen: Blutvolumen in den Ventrikeln am Ende der Diastole, ca. 120–130 ml 5 Endsystolisches Volumen: In den Ventri­ keln am Ende der Kontraktion zu­ rückbleibendes Blutvolumen, ca. 50–60 ml 5 Auswurffraktion oder Ejektionsfraktion (EF): Anteil des enddiastolischen Volumens, das mit jedem Herzschlag ausgeworfen wird. Es beträgt 50–70 %, d. h. 50–70 % des enddiastolischen Volumens werden mit jedem Herzschlag ausgeworfen (EF = 0,5–07), der Rest bleibt in den Ventrikeln zurück > Bei einer EF von ≤30 % oder ≤0,3 liegt eine schwere Funktionsstörung des linken Ventrikels vor.

2.2.2  Wie wird die Herzfunktion

gesteuert?

Die Blutmenge, die vom Herzen pro Minute gepumpt wird – das Herzminutenvolumen – hängt vom Bedarf der Organe ab. 5 In Ruhe pumpt das Herz etwa 4–6 l Blut/min 5 Bei körperlicher Belastung nimmt das Herzzeitvolumen zu, um den erhöhten Sauerstoff- und Substratbedarf der Muskulatur zu decken Die Anpassung des Herzminutenvolumens an den jeweiligen Bedarf wird durch 2 Mechanismen gesteuert: 5 Frank-Starling-Mechanismus oder Autoregulation 5 Reflexkontrolle durch das vegetative (auto­ nome) Nervensystem

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Kapitel 2 · Herz, Kreislauf und Hämodynamik

Frank-Starling-Mechanismus

2

Je stärker das Herz während der Diastole gefüllt und damit gedehnt wird, desto größer ist die in die Aorta ausgeworfene Blutmenge. Das Herz kann somit höchst unterschiedliche Volumina pumpen, je nachdem, wie groß der jeweilige venöse Rückstrom ist.

z Venöser Rückstrom

Der venöse Rückstrom bestimmt ganz we­ sentlich, wieviel Blut das Herz pro Minute auswirft, also das Herzminutenvolumen. Nimmt der venöse Rückstrom zu, werden die Herzmuskelfasern in der Diastole stärker gedehnt. Aufgrund der größeren Vordehnung kann sich der Muskel stärker kontrahieren und mehr Blut auswerfen. Der Herzmuskel hat sich damit automatisch an die erhöhte Blutmenge angepasst. Ein vermehrter venöser Rückstrom hat zwei weitere Effekte: 5 Die Herzfrequenz nimmt zu, weil die Vorhöfe durch den Rückstrom stärker gedehnt werden (positive Chronotropie) 5 Die Kontraktionskraft des Myokards nimmt ebenfalls zu, bedingt durch Veränderungen im Herzstoffwechsel (positive Inotropie)

Kontrolle des Herzens durch das autonome Nervensystem Das Herz wird parasympathisch und sympathisch innerviert. Innervation des Herzens 5 Parasympathikus: Er versorgt nur die Vorhöfe, und zwar mit Fasern aus dem N. vagus: – Rami cardiaci thoracici – Rami cardiaci cervicales superior und inferior 5 Sympathikus: Er innerviert die Vorhöfe und die Kammern mit Fasern aus dem Grenzstrang:

– N. cardiaci cervicales superior, medius und inferior (N. accelerantes, „Beschleuniger“)

z Sympathikuswirkungen

5 Aktiviert die β1-Rezeptoren, seine natürlichen Überträgerstoffe sind Noradrenalin und Adrenalin 5 Steigert die Herzfrequenz (positive Chronotropie) durch Stimulation des Sinusknotens (maximal 250/min) 5 Erhöht die Überleitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten (positive Dromotropie) 5 Steigert die Kontraktionskraft (positive Inotropie) um bis zu 100 % 5 Beschleunigt die Erschlaffung des Herzmuskels (positive Lusitropie) 5 Steigert die Herzarbeit z Parasympathikus- oder Vaguswirkungen

5 Stimuliert die muscarinartigen Acetylcholinrezeptoren des Herzens 5 Verlangsamt die Herzfrequenz durch Stimulation des Sinusknotens (bis auf 20/min bei maximaler Stimulation) 5 Verzögert die Überleitung, im Extremfall bis zum AV-Block 5 Vermindert die Kontraktionskraft des Herzens

Automatie des Herzens Das Herz besitzt eine Automatie, d. h. es erregt sich selbst und leitet die Erregung an die Herzmuskelzellen weiter, die sich anschließend kontrahieren. Selbsterregend ist der Sinusknoten, aber auch der AV-Knoten. Normalerweise wird die Selbsterregung des AV-Knotens durch den Sinusknoten unterdrückt. Fällt der Sinusknoten aus, wird der AV-Knoten zum Schrittmacher des Herzens. z Der anatomische Weg der Erregung

5 Die Selbsterregung des Herzens beginnt im Sinusknoten, dem eigentlichen Schrittmacher des Herzens. Der Sinusknoten

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2.3 · Kreisläufe und Hämodynamik

liegt in der Hinterwand des rechten ­Vorhofs 5 Vom Sinusknoten läuft die Erregung zum AV-Knoten und wird dort etwas verzögert 5 Vom AV-Knoten läuft die Erregung über das AV-Bündel (His-Bünde) auf die Kammern 5 Von den Kammern läuft die Erregung über den linken und rechten TawaraSchenkel zum Purkinje-Fasernetz 5 Vom Purkinje-Fasernetz wird der Impuls über den gesamten Ventrikel geleitet z Elektrokardiogramm

Die Erregungsvorgänge des Herzens führen zu elektrischen Strömen, die sich über den gesamten Körper ausbreiten und als Spannungsdifferenzen über Elektroden mit einem Elektrokardiographen gemessen und aufgezeichnet werden können. 2.3  Kreisläufe und Hämodynamik

Die Hämodynamik beschreibt den Fluss des Bluts im Kreislauf und die dabei einwirkenden Kräfte und Faktoren: 5 Blutvolumen 5 Blutdruck 5 Strömung 5 Widerstand 2.3.1  Anatomische Einteilung des

Kreislaufs

Der Blutkreislauf besteht aus 2 miteinander verbundenen Systemen: Körperkreislauf und Lungenkreislauf. z Körperkreislauf (großer Kreislauf)

5 Aufbau: linker Ventrikel, Aorta, Arterien, Kapillarnetz, Venen, rechter Vorhof. Enthält ca. 15 % des Gesamtblutvolumens

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5 Richtung des Blutstroms: Das Blut fließt vom linken Ventrikel in die Aorta, von dort zu den Arterien der Organe und Gewebe, dann in das Kapillarbett und zurück über die Organvenen und die obere und untere Hohlvene in den rechten Vorhof 5 Funktion: Versorgt die Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen und transportiert die Abbauprodukte (Metabolite) und Kohlendioxid (CO2) z Lungenkreislauf

5 Aufbau: rechter Ventrikel, A. pulmonalis, Lungenkapillarbett, Lungenvenen, linker Vorhof. Enthält etwa 85 % (!) des Gesamtblutvolumens 5 Richtung des Blutstroms: Der rechte Ventrikel pumpt das Blut in die Pulmonalarterien. Von dort strömt es in das Kapillarnetz der Lunge und fließt dann über die Pulmonalvenen zurück in das Herz, und zwar in den linken Vorhof 5 Funktion: transportiert das venöse Blut zur Lunge. Hier wird das Kohlendioxid aus dem Stoffwechsel ausgeatmet und Sauerstoff aufgenommen, dass Blut also arterialisiert 2.3.2  Funktionelle Einteilung des

Kreislaufs

Aufgrund der unterschiedlichen Drücke werden unterschieden: 5 Hochdrucksystem: Hierzu gehören der linke Ventrikel während der Systole und das arterielle System des Körperkreislaufs Mittlere Blutdrücke: 60–100 mmHg 5 Niederdrucksystem: Es umfasst alle Kör­ pervenen, das rechte Herz, die Lungengefäße und den linken Vorhof während der Diastole Mittlerer Blutdruck: bis etwa 20 mmHg

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Kapitel 2 · Herz, Kreislauf und Hämodynamik

2.3.3  Blutvolumen

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Das Blutvolumen beträgt insgesamt 5–10 % des Körpergewichts. Das zentrale Blutvolumen ist die Blutmenge zwischen der Pulmonalklappe und der Aortenklappe. 5 Hypovolämie: vermindertes Blutvolumen, bedingt durch Verluste 5 Hypervolämie: erhöhtes Blutvolumen, z. B. durch Überinfusion, Salz-WasserRetention beim Nierenversagen Der Hämatokrit bezeichnet den Anteil der Zellen (ganz überwiegend Erythrozyten) im Blut in Prozent. Das Blutplasma hat die gleiche Zusam­ mensetzung wie die interstitielle Flüssigkeit, allerdings ist der Eiweißanteil mit 7 % wesentlich höher. 2.3.4  Blutdrücke

Der Blutdruck ist die Kraft, die das Blut auf einen beliebigen Abschnitt der Gefäßwand ausübt. Arterieller Blutdruck Arterieller Blutdruck Druck im Bereich der Aortenwurzel. Diesen Druck muss der linke Ventrikel in der Austreibungsphase überwinden, damit das Blut in den Körperkreislauf ausgeworfen wird.

Die Höhe des arteriellen Blutdrucks hängt vom peripheren Gesamtwiderstand, vom elastischen Gesamtwiderstand der zentralen Arterien und von der Größe des Herzzeitvolumens ab. 5 Der systolische Blutdruck ist der maximale Blutdruck während der Systole des Herzens Normalwert in der Aorta 120 mmHg

5 Der diastolische Blutdruck ist der Blutdruck am Ende der Diastole Normalwert in der Aorta: 80 mmHg 5 Die Blutdruckamplitude ist die Differenz zwischen systolischem und diastolischem Druck Normalwert 40 mmHg 5 Der mittlere arterielle Blutdruck ist das Produkt aus Herzzeitvolumen (HZV) und totalem peripheren Widerstand: MAP  = HZV × TPR z Venendruck

Das gesamte Blut des Körpers sammelt sich in den Venen und strömt aufgrund eines Druckgefälles in den rechten Vorhof. Der Venendruck hängt in erster Linie von der Blutfüllung des Niederdrucksystems ab. 5 Zentraler Venendruck (ZVD): Druck in den großen herznahen Venen. Kann dem rechten Vorhofdruck (RAP) gleichgesetzt werden Normalwert des RAP: 3–5 mmHg Der zentrale Venendruck muss niedriger sein als der periphere Venendruck, damit das venöse Blut zum Herzen fließen kann 5 Normalerweise liegt der periphere Ve­ nen­druck ca. 4–9 mmHg über dem zentralen Venendruck Orthostase Beim Aufstehen aus der liegenden Position (Orthostase) kommt es zu hydrostatischen Druckänderungen. Hierdurch „versacken“ kurzzeitig 400–600 ml Blut in den Venen der Beine. Folgen: Venöser Rückstrom, zentraler Venendruck, Schlagvolumen und systolischer Blutdruck nehmen vorübergehend ab, bis vasomotorische und kardiale Reaktionen den mittleren arteriellen Druck wieder auf die Ausgangswerte anheben. Bei einigen Menschen reicht die Gegenregulation nicht aus: Es kommt zu Schwindelgefühl und Ohrensausen oder sogar zur Synkope (Ohnmachtsanfall), die durch Anheben der Beine häufig therapiert werden kann. Zu beachten: Anästhetika und Opioide beeinträchtigen die Orthostasereaktion bei der Patientenlagerung!

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2.3 · Kreisläufe und Hämodynamik

Blutströmung Der Blutstrom bezeichnet die Blutmenge (ml oder Liter), die innerhalb einer bestimmten Zeit durch einen bestimmten Abschnitt des Kreislaufs fließt. Er hängt von 2 Faktoren ab: 5 Der Druckdifferenz zwischen den beiden Gefäßenden (treibende Kraft) 5 Dem Gefäßwiderstand; er  ist dem Blutfluss entgegengerichtet

Gefäßwiderstand Die Blutgefäße setzen dem Blutstrom einen Widerstand entgegen. Dieser Widerstand nimmt mit abnehmendem Gefäßdurchmesser zu: Je kleiner die Gefäße, desto größer der Widerstand: 5 Der Widerstand ist am größten in den Arteriolen und kleinen Arterien (Widerstandsgefäße). Erst in diesem Gefäßabschnitt fällt der Blutdruck deutlich ab 5 Der totale periphere Widerstand (TPR) ist die Summe aller Widerstände, die überwunden werden müssen, damit das Blut strömt 2.3.5  Regulation des Herzzeit-

volumens (HZV)

2

Die Höhe des HZV hängt von der Höhe des venösen Rückstroms ab: je größer der Rückstrom, desto größer das HZV und umgekehrt. Venöser Rückstrom und HZV sind normalerweise gleich groß. 5 Die Blutmenge, die vom Herzen automatisch aufgrund eines gesteigerten venösen Rückstroms gepumpt werden kann, beträgt 13–15 l/min 5 Letztlich wird aber das HZV von der Aktivität des Stoffwechsels gesteuert: Je höher der Stoffwechsel, desto größer der Sauerstoff- und Nährstoffbedarf und desto höher auch das Herzzeitvolumen 5 Durch Sympathikusstimulation (körperliche Aktivität) oder durch Zufuhr sympathikomimetischer Medikamente (z. B. Adrenalin, Noradrenalin, Dobutamin) wird die Kontraktionskraft gesteigert und das HZV nimmt zu 2.3.6  Venöser Rückstrom

Venöser Rückstrom Rückfluss des gesamten venösen Bluts zum rechten Herzen. Wird durch Venenklappen in Richtung Herz gelenkt. Die Klappen verhindern, dass der Blutfluss sich umkehrt

Herzzeitvolumen Das Herzzeitvolumen (HZV) ist die Blutmenge, die vom linken Ventrikel pro Minute in die Aorta gepumpt wird. Der Herzindex (HI oder Cardiac Index, CI) bezeichnet das HZV pro m2 Körperoberfläche (KOF)

Das Herzzeitvolumen ist die entscheidende Größe für die Sauerstoff- und Substratversorgung der Organe und Gewebe. 5 Normalwert: 4–6 l/min oder Herzindex: 2,4–4,2 l/min pro m2 KOF

Treibende Kräfte sind: 5 Muskelpumpe: Sie presst die Venen Richtung Herz aus 5 Ventilebenenmechanismus: Die Herzklap­ penebene wird durch die Kontraktion gesenkt. Hierdurch wird auch der Druck in den herznahen Venen erniedrigt und das Blut angesaugt 5 Atmung: Bei der Inspiration nimmt das intrathorakale Volumen zu, der Druck in den intrathorakalen Venen wird subatmosphärisch („negativ“) und das Blut

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Kapitel 2 · Herz, Kreislauf und Hämodynamik

wird in Richtung Herz gesogen. Die Kontraktion des Zwerchfells erhöht den intraabdominellen Druck, hierdurch werden die intraabdominalen Venen ausgepresst 5 Pulswelle: Bei gemeinsam verlaufenden Arterien und Venen wird die arterielle Pulswelle auf die Venen übertragen und die Venen werden ebenfalls ausgepresst 2.3.7  Lungenkreislauf

Der Lungenkreislauf gehört zum Niederdrucksystem. Der Motor bzw. die Pumpe des Lungenkreislaufs ist der rechte Ventrikel. Er  pumpt das venöse Blut durch die Pulmonalklappen in die A. pulmonalis, von

dort über die Pulmonalarterien zu den Alveolen. In den Alveolen findet der Gasaustausch statt. Das HZV des rechtens Ventrikels ist genau so groß wie das des linken Ventrikels. Die Strömungswiderstände im Lungenkreislauf sind erheblich geringer als im Körperkreislauf, entsprechend sind auch die Drücke wesentlich niedriger. z Drücke im Lungenkreislauf

5 A. pulmonalis: systolisch 20–25 mmHg, diastolisch 9–12  mmHg; Mitteldruck ca. 14 mmHg 5 Pulmonalvenen ca. 7 mmHg 5 Linker Vorhof ca. 6 mmHg

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Atmung Inhaltsverzeichnis 3.1 In Kürze – Anatomie und Funktionen der Lunge – 18 3.2 Atemmechanik – 18 3.2.1 Lungenvolumina – 20

3.3 Alveoläre Ventilation – 20 3.4 Pulmonaler Gasaustausch – 21 3.4.1 Zusammensetzung der Atemluft und Partialdrücke – 21

3.5 Steuerung der Atmung – 22 3.6 Pathologische Atemtypen – 22

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_3

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Kapitel 3 · Atmung

3.1  In Kürze – Anatomie und

Funktionen der Lunge

Atmung

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Atmung ist der Gasaustausch in der Lunge, d. h., die Aufnahme von Sauerstoff (O2) in das Blut und die Ausatmung von Kohlendioxid (CO2) in die Umgebungsluft.

5 Atemwege: die Luftleiter – Obere Atemwege – Trachea – Bronchialsystem: rechter und linker Hauptbronchus, Lappenbronchien, Seg­ men­tbronchien 5 Lungenflügel: 2 Flügel, Oberfläche ca. 100 m2, Gewicht ca. 800 g – Rechter Lungenflügel: Volumen 1,5 l; 3 Lappen: Ober-, Mittel- und Unterlappen, 10 Segmente – Linker Lungenflügel: Volumen 1,4 l; nur 2 Lappen: Oberlappen und Unterlappen, 9 Segmente 5 Alveolen: Ort des Gasaustausches. Insgesamt ca. 300 Mio. – Bronchioli respiratorii münden in die Sacculi (Säckchen) alveolares – Die Alveolen sind durch Interalveolarsepten voneinander getrennt – Die Septen enthalten die Kapillaren und elastische Fasern 5 Gefäßversorgung – Lungenarterien: Sie leiten das venöse Blut des rechten Herzens zur Lunge – Truncus pulmonalis – Rechte und linke Lungenarterie – Lappenarterien – Segmentalarterien – Bronchialarterien (Vasa privata): Sie versorgen das Lungengewebe mit arteriellem Blut – Lungenvenen (Vasa publica): Sie leiten das arterielle Blut aus der Lunge zum linken Herzen

– Bronchialvenen (Vasa privata): Sie leiten das venöse Blut aus dem Lungengewebe in die V. azygos und V. hemiazygos 5 Innervation der Lunge – Plexus pulmonalis mit parasympathischen Fasern aus dem N. vagus und mit sympathischen Fasern aus den thorakalen Ganglien 5 Funktionen der Lunge – Ventilation: Belüftung und Entlüftung der Lunge – Pulmonaler Gasaustausch: Aufnahme von Sauerstoff und Ausscheidung von Kohlendioxid durch Diffusion in den Alveolen – Regulation des pH-Werts im arteriellen Blut (als respiratorische Komponente des Säure-Basen-Haushalts) 3.2  Atemmechanik

Die Atemmechanik umfasst die physikalischen Abläufe bei der Inspiration und bei der Exspiration. Bei der Inspiration wird die Atemluft in die Lunge gesaugt. Der Sog entsteht durch Kontraktion der Atemmuskulatur (Zwerchfell, Interkostalmuskulatur). Die Kontraktion der Atemmuskulatur, v. a. des Zwerchfells, erweitert den Thorax. Die Lunge wird passiv mitgezogen. Bei der Exspiration erschlafft die Atemmuskulatur; die elastischen Fasern ziehen die Lungen zusammen und die Luft wird aus den Alveolen herausgepresst. Die Inspiration ist ein aktiver Vorgang, die Exspiration ist passiv und erfolgt durch die Rückstellkräfte der Lunge. An der Atmung beteiligte Muskeln 5 Inspirationsmuskulatur – Zwerchfell: Die Kontraktion erweitert den Thorax nach unten in den Bauchraum („Bauchatmung“)

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3.2 · Atemmechanik

– Externe Interkostalmuskulatur: Ihre Kontraktion erweitert den Thorax nach außen („Brustkorbatmung“) – Inspiratorische Atemhilfsmuskulatur: Sie wird nur bei angestrengter Atmung eingesetzt – M. sternocleidomastoideus (Kopfnicker oder Kopfwender an der Halsseite) – M. serratus (Sägemuskel am Rücken) – M. pectoralis (Brustmuskel) – Mm. scaleni (Treppenmuskeln an der Vorderseite des Halses) 5 Exspirationsmuskulatur – Interne Interkostalmuskulatur – Exspiratorische Hilfsmuskulatur: Bauch­mus­keln

z Intraalveolärer (intrapulmonaler) Druck

Der intraalveoläre Druck schwankt während des Atemzyklus. Bei der Inspiration sinkt der Druck in den Alveolen 1–3 mmHg unter den Umgebungsdruck und es entsteht ein Sog („negativer“ Druck1). Bei der Exspiration steigt der Druck in den Alveolen um 1–3 mmHg über den Umgebungsdruck an. Dadurch strömt die Luft aus der Lunge heraus, wird also herausgepresst. z Druck im Pleuraspalt (intrapleuraler Druck)

Die Lunge ist von der Thoraxwand durch einen mikroskopisch kleinen Spalt getrennt, den Pleuraspalt. Im Spalt herrscht ein geringer negativer Druck (−0,5 kPa in Atemruhelage). Er verhindert, dass sich die

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Negativer Druck = Druck, der niedriger ist als der jeweilige Umgebungsdruck bzw. Atmosphärendruck

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Lunge von der Pleura der Thoraxwand löst und kollabiert. Bei der Inspiration nimmt der intrapleurale Druck (Sog) zu. Pneumothorax  Dringt Luft in den Pleuraspalt, kollabiert die Lunge teilweise oder vollständig durch den entstehenden Überdruck.

z Surfactant

Die Alveolen sind mit einem dünnen Film, dem Surfactant, ausgekleidet. Er setzt die Oberflächenspannung herab und verhindert den Kollaps der Alveolen. z Dehnbarkeit von Lunge und Thorax (Compliance)

Lunge und Thorax sind elastisch: Sie dehnen sich bei Krafteinwirkungen. Die Dehnbarkeit wird als Compliance bezeichnet. Die Compliance beschreibt die Volumenzunahme der Lunge pro Einheit des Druckanstiegs, z. B. pro mmHg Druckanstieg nimmt das Lungenvolumen um ca. 130 ml zu. Lungenemphysem oder Lungenödem  Bei bei-

den Erkrankungen wird die Lunge steifer, die Compliance nimmt ab und es muss ein größerer Druck (Sog) erzeugt werden, um das gleiche Volumen einzuatmen. z Atemwegswiderstand

Bei der Atmung muss der Strömungswiderstand in den Atemwegen überwunden werden, damit die Luft strömen kann. 5 Der Atemwegswiderstand ist am größten im Bereich der oberen Atemwege, Trachea, Hauptbronchien sowie ­ Lappenund Segmentbronchien (70  %), am kleinsten dagegen in den kleinen Atemwegen (20 %) 5 Nimmt das Lungenvolumen zu, sinkt der Atemwegswiderstand und umgekehrt 5 Bronchospasmus  Anfallartige Kontraktion der Bronchialmuskulatur. Sie bewirkt einen starken Anstieg des Atemwegswiderstand und der Atemarbeit (z. B. Asthma bonchiale).

20

Kapitel 3 · Atmung

3.2.1  Lungenvolumina

Die meisten Lungenvolumina werden spirometrisch bestimmt.

3

Lungenvolumina 5 Atemzugvolumen: das mit einem Atemzug ein- und ausgeatmete Volumen Normwert: 0,5 l oder 7 ml/kg (Erwachsene) 5 Inspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach einer normalen Inspiration zusätzlich eingeatmet werden kann Normwert: ca. 3 l 5 Exspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach einer normalen Exspiration zusätzlich ausgeatmet werden kann Normwert: ca. 1,1 l 5 Residualvolumen: Restvolumen in der Lunge, das auch noch einer maximalen Exspiration nicht ausgeatmet werden kann. Hält die Alveolen gebläht und verhindert ihren Kollaps Normwert: ca. 1200 ml 5 Funktionelle Residualkapazität (FRK): Summe aus Residualvolumen und exspiratorischem Reservevolumen, also die Luft, die nach einer normalen Exspiration noch in der Lunge vorhanden ist. Die FRK verhindert stärkere Schwankungen der Blutgase während des Atemzyklus Normwert: ca. 2,3 l 5 Inspirationskapazität: Summe von Atemzugvolumen und inspiratorischem Reservevolumen. Sie umfasst das Volumen, dass nach einer normalen Inspiration noch eingeatmet werden kann 5 Vitalkapazität: Summe aus Atemzugvolumen, inspiratorischem Reservevolumen und exspiratorischem Reservevolumen, d. h. die Luftmenge, die nach einer maximalen Inspiration maximal ausgeatmet werden kann Normwert: ca. 5 l

5 Totalkapazität: Luftvolumen, dass sich nach einer maximalen Inspiration in der Lunge befindet

z Totraumvolumen

5 Totraumvolumen: Luft im Atemsystem, die nicht am Gasaustausch teilnimmt 5 Zum Totraum gehören die luftleitenden Atemwege von der Nase bis zu den Bronchiolen 5 Das Totraumvolumen beträgt etwa 150 ml, d. h. von 500 ml Atemzugvolumen gelangen nur 350 ml in die Alveolen und nehmen am eigentlichen pulmonalen Gasaustausch teil 3.3  Alveoläre Ventilation

Ventilation Ventilation ist die Belüftung der Alveolen mit Frischgas (Sauerstoff) und ihre Entlüftung von verbrauchtem Gas aus dem Stoffwechsel (CO2). Motor der Ventilation ist die Atemmuskulatur. Sie wird vom Atemzentrum gesteuert.

z Teilprozesse der Ventilation

5 Inspiration 5 Wechsel von der Inspiration zur Exspiration 5 Exspiration 5 Exspiratorische Pause 5 Wechsel von der Exspiration zur Inspiration Kenngrößen der alveolären Ventilation 5 Atemfrequenz, f: 16–20/min 5 Atemzugvolumen, Vt: 500 ml 5 Atemminutenvolumen, AMV: pro Minute eingeatmete Luftmenge: ca. 7,5 l/ min

21

3.4 · Pulmonaler Gasaustausch

Berechnung: AMV = Atemfrequenz ×  Atemzugvolumen 5 Alveoläres Minutenvolumen = Atemfrequenz ×  (Atemzugvolumen – Totraumvolumen): ca. 4,2 l/min

Zu beachten: Bei niedrigen Atemzugvolumina und hoher Atemfrequenz nimmt die alveoläre Ventilation ab, weil hierdurch die Totraumventilation zunimmt. z Veränderungen der Ventilationsparameter

5 Bradypnoe: Atemfrequenz 20/min 5 Hypoventilation: erniedrigtes Atemminutenvolumen; führt zum Anstieg des paCO2 und des ausgeatmeten CO2 5 Hyperventilation: gesteigertes Atemminutenvolumen. Hierdurch fällt der arterielle pCO2 (Hypokapnie) ab. Außerdem steigen der alveoläre und der arterielle pO2 an

3

3.4.1  Zusammensetzung der

Atemluft und Partialdrücke

z Inspirationsluft

Die eingeatmete Luft ist ein Gemisch aus mehreren Gasen und Wasserdampf. Die einzelnen Gase liegen im Gemisch in unterschiedlicher Konzentration und mit unterschiedlichen Partialdrücken (Teildrücken, p) vor. Jedes Gas im Gemisch übt seinen Partialdruck unabhängig von der Anwesenheit der anderen Gase aus. Die Höhe des Partialdrucks und der spezifische Löslichkeitskoeffizient des Gases bestimmen die physikalisch im Blut gelöste (nicht gebundene!) Menge im Blut. Zusammensetzung der Inspirationsluft 5 Stickstoff, N2: 79 %, pN2 600 mmHg 5 Sauerstoff, O2: 20,9 %, pO2 159 mmHg 5 Andere Gase: 0,1 % davon Kohlendioxid, CO2: 0,04 %, pCO2 0,3 mmHg

3.4  Pulmonaler Gasaustausch

Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid erfolgt in den Alveolen. In Ruhe muss die Lunge etwa 350 ml O2/min aufnehmen und ca. 260 ml CO2/min ausatmen. Der Austausch der beiden Gase erfolgt in den Alveolen durch Diffusion. Die Diffusion beider Gase hängt von ihrem Partialdruck (p) bzw. dem Partialdruckunterschied zwischen Blut und Atemluft ab, weiterhin von der Diffusionsfläche und der Diffusionsstrecke. Belüftung und Durchblutung der Lunge müssen aufeinander abgestimmt sein, damit die Gase genügend ausgetauscht werden.

z Alveolarluft

Der Partialdruck der Gase ist in den Alveolen niedriger als in der eingeatmeten Luft, weil die Luft mit Totraumluft vermischt wird. Außerdem wird die Atemluft auf dem Weg zu den Alveolen mit Wasserdampf gesättigt. Zusammensetzung der Alveolarluft 5 Stickstoff: 74,9 %, pN2 569 mmHg 5 Sauerstoff: 13,6 %, pO2 104 mmHg 5 Kohlendioxid: 5,3 %, pCO2 40 mmHg 5 Wasserdampf: 6,2 %, pH2O 47 mmHg

22

Kapitel 3 · Atmung

z Exspirationsluft

Die ausgeatmete Luft ist ein Gemisch aus Totraumluft und Alveolarluft.

3

Zusammensetzung der Exspiration­s­ luft 5 Stickstoff 74,5 %, pN2 566 mmHg 5 Sauerstoff 15,7 %, pO2 120 mmHg 5 Kohlendioxid: 3,6 %, pCO2 27 mmHg 5 Wasserdampf: 6,2 %, pH2O 47 mmHg

3.5  Steuerung der Atmung

Die Atmung wird von den sog. Atemzentren in der Medulla oblongata des Gehirns gesteuert. Dabei wird jeder Atemzug durch einen Nervenimpuls vom Gehirn zu den Atemmuskeln ausgelöst. > Die Atmung wird von den Atemzentren so gesteuert, dass die beiden Blutgase – O2 und CO2 – in einem engen Bereich konstant bleiben.

z Faktoren, die den Atemantrieb steigern:

5 Stärkster Atemantrieb ist ein Anstieg des arteriellen pCO2: Atemfrequenz und Atemtiefe nehmen hierdurch zu 5 Auch ein Anstieg der Wasserstoffionen im Blut (Abfall des pH-Werts) steigert

die Atmung, allerdings nicht so stark wie der pCO2-Anstieg 5 Der arterielle pO2 steigert die Atmung erst, wenn er auf unter 50 mmHg abgefallen ist 5 Weitere Faktoren, die den Atemantrieb steigern: – Körperliche Aktivität – Starke Schmerzen – Fieber – Heftige Erregung In Hypothermie atmet der Patient weCO2niger, weil der O2-Bedarf und die ­ Produktion abnehmen. 3.6  Pathologische Atemtypen

5 Kussmaul-Atmung: vertiefte, rhythmische Atmung bei metabolischer Azidose (z. B. diabetische Ketoazidose) 5 Cheyne-Stokes -Atmung: periodisch anund abschwellende Atemtiefe mit hyperund hypoventilatorischen Phasen und Atempausen durch Schädigung des Atemzentrums 5 Biot-Atmung: tiefe Atmung mit plötzlichen Atempausen bei erhöhtem Hirndruck oder Schädel-Hirn-Trauma 5 Schnappatmung: einzelne tiefe Atemzüge mit großen Atempausen: agonal bei Ersticken oder Kreislaufstillstand

23

Blutgase: O2 und CO2 Inhaltsverzeichnis 4.1 In Kürze – Grundlagen – 24 4.2 Sauerstoff – 24 4.2.1 Aufnahme von Sauerstoff in das Blut – 24 4.2.2 Transport des Sauerstoffs im Blut – 24 4.2.3 O2-Gehalt, O2-Status des Bluts und O2-Angebot an die Organe – 25

4.3 Kohlendioxid (CO2) – 26

4.3.1 Transport von Kohlendioxid im Blut – 26

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_4

4

24

Kapitel 4 · Blutgase: O2 und CO2

4.1  In Kürze – Grundlagen

4

Der Transport von Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2) gehört zu den Hauptfunktionen des Bluts. 5 Sauerstoff wird in der Lunge in das Blut aufgenommen; dadurch wird das Blut arteriell 5 Kohlendioxid diffundiert in der Lunge aus dem Blut in die Alveolen und wird ausgeatmet 5 Beide Gase werden im Blut physikalisch gelöst, zum größten Teil aber chemisch gebunden 5 Die Konzentration der physikalisch gelösten Gase hängt von ihrem Partialdruck, p (Teildruck) im Atemgasgemisch und von ihrer spezifischen Löslichkeit ab: Je höher der Partialdruck, desto größer ist die im Blut gelöste Gasmenge 5 Die beiden Gase üben auch im Blut einen Druck aus, der zum Gesamtdruck aller im Blut gelösten Gase (u. a. Stickstoff) beiträgt 5 Gemessen werden die Partialdrücke im Blutgasanalysator mit einer Clark-Elektrode 4.2  Sauerstoff z Definitionen

5 Hypoxie: Mangel an Sauerstoff 5 Hypoxämie: Mangel an Sauerstoff im Blut 5 Anoxie: vollständiges Fehlen von Sauerstoff

z O2-Kaskade

Auf dem Transportweg zu den Geweben und mit dem gemischtvenösen Blut zurück zur Lunge fällt der pO2 kaskadenförmig ab. pO2-Normalwerte

5 In der Raumluft: ca. 147 mmHg 5 In der Alveolarluft ca. 105 mmHg 5 Im arteriellen Blut 71–104 mmHg (abhängig vom Alter) 5 Im venösen Blut: 35–40 mmHg

4.2.2  Transport des Sauerstoffs im

Blut

Sauerstoff wird im Blut in zwei Formen transportiert: 5 Chemisch an das Hämoglobin der Erythrozyten gebunden: 1 g Hämoglobin bindet 1,34  ml Sauerstoff (­Hüfner-Zahl). Die chemisch gebundene O ­ 2-Menge beträgt maximal 21 ml/100 ml Blut 5 Physikalisch im Plasma gelöst: nur 0,3 ml Sauerstoff sind in 100 ml/Blut gelöst (bei einem arteriellen pO2 von 100 mmHg)

Was ist die O2-Sättigung des Hämoglobins und wovon hängt sie ab? Die arterielle O2-Sättigung (sO2) gibt an, wieviel des Hämoglobins (in %) mit Sauerstoff gesättigt oder oxygeniert ist. Der Wert wird auf den Gesamthämoglobingehalt (O2Hb +  DesoxyHb + CO-Hb + Met-Hb) bezogen.

4.2.1  Aufnahme von Sauerstoff

in das Blut

Die in der Lunge ins Blut aufgenommene O2-Menge hängt vom O2-Partialdruck in der Inspirationsluft ab: Je höher der Partialdruck in der Alveolarluft, desto mehr Sauerstoff wird aufgenommen und umgekehrt.

Normalwerte der O2-Sättigung

5 Arteriell: SaO2 96 %1 5 Gemischtvenös (A. pulmonalis): SvO2 65–82 %

1 100 % können wegen Met-Hb, CO-Hb im Blut und einer gewissen Shuntdurchblutung in der Lunge nicht erreicht werden.

25

4.2 · Sauerstoff

Eine gemischtvenöse Sättigung (SvO2) von 60 % und weniger ist Zeichen des O2-Mangels der Gewebe (Gewebehypoxie). Die partielle O2-Sättigung bezeichnet den prozentualen Anteil des O2Hb an der Summe von oxygeniertem Hb (O2-)Hb und desoxygeniertem (Desoxy-Hb). Die pulsoxymetrisch bestimmte O2-Sättigung wird mit SpO2 abgekürzt. z O2-Bindungskurve

Die arterielle O2-Sättigung des Hämoglobins wird vom arteriellen pO2 bestimmt. Jedem pO2-Wert entspricht eine bestimmte O2-Sättigung des Hb (. Tab. 4.1). Diese Beziehung kann in einer Kurve dargestellt werden, der O2-Bindungskurve. z Verschiebungen der O2-Bindungskurve

Die Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobin wird durch verschiedene Faktoren vermindert oder verstärkt. Hierdurch wird die Kurve entweder nach links oder nach rechts verschoben. 5 Rechtsverschiebung: Bei gleichem paO2 wird weniger Sauerstoff vom Hämoglobin gebunden, die sog. Affinität ist also vermindert. Auslöser: – Azidose – Anstieg des paCO2 (Hyperkapnie) – Fieber 5 Linksverschiebung: Bei gleichem paO2 wird mehr Sauerstoff vom Hämoglobin gebunden, die Affinität hat also zugenommen. Auslöser: – Alkalose – Abfall der Körpertemperatur – Mangel der Erythrozyten an DPG (Diphosphoglyzerat) Fetales Hämoglobin: Die Bindungskurve ist nach links verschoben, d. h. fetales Hb bindet bei niedrigen paO2 mehr Sauerstoff als Erwachsenen-Hb.

4

. Tab. 4.1  Beziehung zwischen arterieller O2-Sättigung und arteriellem pO2 (bei pH 7,4; paCO2 40 mmHg, Bluttemperatur 37 °C, Hb 15 g/100 ml) paO2 (mmHg)

O2-Sättigung

10

13

20

36

27

50 (Halbsättigung)a

30

58

40

75

50

84

60

90

80

95

100

97

150

99

aBei

einem paO2 von 27 mmHg ist das Hämoglobin zur Hälfte mit Sauerstoff gesättigt

z Inaktive Hämoglobinformen

Im Blut kommen – in geringer Menge – HbFormen vor, die keinen Sauerstoff binden können: 5 COHb (Carboxyhämoglobin): CO (Kohlenmonoxid) findet sich v. a. im Blut von Rauchern (je nach Konsum bis zu 10 %) und bei Taxifahrern sowie bei Vergiftungen 5 Methämoglobin (MetHb): kann durch Nitrite, Nitrate, Anilinsubstanzen und Lokalanästhetika (v. a. Prilocain und Lidocain) entstehen 4.2.3  O2-Gehalt, O2-Status des

Bluts und O2-Angebot an die Organe

Nicht die O2-Sättigung allein, sondern der O2-Gehalt (caO2 in ml O2/100 ml) des Bluts

26

Kapitel 4 · Blutgase: O2 und CO2

ist der wichtigste Parameter. Der O2-Gehalt ergibt sich aus folgenden Größen: 5 paO2 (in mmHg) 5 SaO2 (in %) 5 Hb-Gehalt (cHb in g/100 ml)

4

4.3  Kohlendioxid (CO2)

Kohlendioxid ist das Endprodukt des aeroben oder oxidativen, also unter Verbrauch von Sauerstoff erfolgenden, Stoffwechsels. Es diffundiert in Gasform aus den Zellen Diese 3 Parameter kennzeichnen den O2-­ in das venöse Blut, wird dann zur Lunge Status des Bluts. transportiert und ausgeatmet. Berechnung: O2-Gehalt (caO2) = SaO2 × ­ Hb-Gehalt × 1,34 + (paO2 × 0,003). 4.3.1  Transport von Kohlendioxid

Normalwerte des arteriellen O ­­ 2-Gehalts

5 Männer 20,4 ml O2/100 ml 5 Frauen 18,6 ml O2/100 ml

Die Formel verdeutlicht, dass trotz normaler arterieller O2-Sättigung ein O2-Mangel vorliegen kann, nämlich dann, wenn nicht genügend O2-Träger vorhanden sind, d. h. der Hb-Wert erniedrigt ist. Hypoxämie: verminderter O2-Gehalt des Bluts. z O2-Angebot an die Organe

Für die Funktion der einzelnen Organe ist nicht nur der O2-Gehalt des arteriellen Bluts von Bedeutung, sondern auch das Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen bestimmt zusammen mit dem O2-Gehal wieviel Sauerstoff den Organen pro Minute zur Verfügung gestellt wird. Ein hohes HZV erhöht das O2-Angebot und umgekehrt. Berechnung: O2-Angebot (ml/min)  =  HZV × caO2 (ml/100 ml). Das lebensnotwenige O2-Angebot entspricht in Ruhe 300–400 ml. z O2-Speicher

Die O2-Vorräte des Organismus betragen bei Atmung von Raumlauft insgesamt nur ca. 1.550 ml. Diese Menge ist so gering, dass innerhalb weniger Minuten der Tod eintritt, wenn die O2-Zufuhr vollständig unterbrochen wird, z. B. beim Atemstillstand.

im Blut

Drei Transportmechanismen werden genutzt: 5 Physikalische Lösung: Ein geringer Teil des Gases – ca. 12 % – löst sich im Plasma; das sind ca. 2,7 ml/100 ml Blut. Der Partialdruck dieser Gasmenge beträgt 45 mmHg. Der Druck wird im Blutgasanalysator gemessen 5 Umwandlung zu Bikarbonat: Ca. 50 % des Kohlendioxids diffundiert in die Erythrozyten und verbindet sich reversibel mit Wasser zu Bikarbonat, ca. 27 % liegen im Plasma als Bikarbonat vor 5 Bindung an Hämoglobin- und Plasmaeiweiß z CO2-Bindungskurve des Bluts

Die CO2-Bindungskurve zeigt die Beziehung zwischen dem CO2-Gehalt der drei oben angegebenen Formen und dem CO2-Partialdruck des Bluts (paCO2). Hierbei gilt: 5 Je höher der CO2-Partialdruck, desto mehr Kohlendioxid wird als Bikarbonat gebunden. Es gibt also keinen Maximalwert wie bei der Bindung von Sauerstoff an Hb 5 Die Kurve verläuft annähernd linear, im Gegensatz zur S-förmigen O2-Bindungskurve 5 Venöses Blut bindet mehr Kohlendioxid als arterielles 5 Der venöse pCO2 ist nur wenige mmHg höher als der arterielle. Die geringe Differenz reicht aber aus, damit Kohlendio-

4.3 · Kohlendioxid (CO2)

xid in der Lunge aus dem Blut in die Alveolen strömt und ausgeatmet wird 5 Die physikalische Lösung von Kohlendioxid ist temperaturabhängig: Unterkühlte Patienten binden mehr Kohlendioxid im Blut als Patienten mit normaler Körpertemperatur (vergleiche Sprudelgetränke)

27

Fakten zum arteriellen pCO2

5 paCO2-Normalwerte: 35–45 mmHg 5 Hyperkapnie: erhöhter paCO2-Wert: >45 mmHg, entsteht durch zu geringe Atmung (Hypoventilation). Typische Störung bei COPD 5 Hypokapnie: erniedrigter paCO2-Wert:  45 mmHg 5 Kompensationsreaktion: metabolisch durch gesteigerte Bikarbonatbildung und gesteigerte H+-Ausscheidung über die Nieren 5 Therapie: Atemstörung beseitigen, wenn erforderlich maschinelle Atemunterstützung

. Tab. 5.1  Respiratorische Störungen des SBH Störung

Blutgase

Ursache

Respiratorische Azidose

paCO2 > 45 mmHg

Hypoventilation

Respiratorische Alkalose

paCO2  7,4, Abfall des paCO2 5 mg/100 ml) 5 Stark erniedrigtes Fibrinogen (43 s)  5 Heparinkonzentration > 1  IE/ml Plasma 5 Schwere Verbrauchskoagulopathie 5 Primäre Hyperfibrinolyse 5 Protaminüberdosierung (z. B. in der Herzchirurgie nach ­Herz-Lungen-Maschine) 6.3.3  Thrombinzeit (TZ)

Die Thrombinzeit hängt von der Fibrinogenkonzentration und den Fibrinogenderivaten ab. Klinische Bedeutung der TZ 5 Normalwerte: 18–22 s 5 Eine verlängerte TZ zeigt eine Gerinnungsstörung an 5 Eine hohe Heparinkonzentration (ab 0,2 IE/ml Plasma) verlängert die TZ 5 Eine verkürzte TZ kann Hinweis auf eine gesteigerte Gerinnung sein 5 Bei verlängerter TZ ist meist auch die aPTT verlängert, bei starker Verlängerung auch die Thromboplastinzeit nach Quick

Ursachen einer verlängerten TZ  5 Fibrinogenspaltprodukte durch Hyperfibrinolyse oder Verbrauchskoagulopathie 5 Heparintherapie 5 Überdosierung von Protamin 5 Hypofibrinogenämie (zu niedriges Fibrinogen) > Wenn die 3 Globaltests – Quick, aPTT und TZ – normal sind, liegt keine schwere Störung der plasmatischen Gerinnung vor. Allerdings wird hiermit ein Faktor-VIII-Mangel nicht erfasst.

40

Kapitel 6 · Blutgerinnung

6.3.4  Fibrinogen

Ein Fibrinmangel entsteht fast immer durch eine erworbene Gerinnungsstörung, meist aufgrund eines gesteigerten Verbrauchs in der Peripherie. Klinische Bedeutung des Fibrino­ genwerts

6

5 Normalwerte: 200–400 mg/dl 5 Fibrinogenkonzentration von  Die Tiefe der Narkose hängt vom Partiwerden, hängt von den gleichen Faktoren aldruck des Inhalationsanästhetikums im ab wie ihre Aufnahme ins Blut: Gehirn ab, die Geschwindigkeit mit der 5 Atemminutenvolumen dieser Zustand erreicht wird von seiner 5 Herzzeitvolumen Löslichkeit im Blut. 5 Löslichkeit des Anästhetikums im Blut und im Gewebe Löslichkeit  Die Löslichkeit eines Inhalationsanästhetikums im Blut, wird als Blut-­ 5 Dauer der Narkose Gas-Verteilungskoeffizient bezeichnet und bestimmt die Geschwindigkeit, mit der es Gut lösliche Anästhetika (Isofluran) weraufgenommen wird. Isofluran, Desfluran den langsam ausgeschieden, schlecht lösliund Sevofluran besitzen unterschiedliche che schnell (Desfluran, Sevofluran).

Praxistipp 5 Die Aufnahme des Gases ins Blut und in das Gehirn kann durch Erhöhung der inspiratorischen Konzentration gesteigert werden: Die Narkose wird dadurch schneller vertieft 5 Die Ausatmung der Gase kann am Ende der Operation durch Steigerung der Ventilation bzw. des Atemminutenvolumens beschleunigt werden: Die Narkose flacht dadurch schneller ab

7

49

7.2 · Wirkstärke – MAC

. Tab. 7.1  MAC-Werte von Inhalationsanästhetika Anästhetikuma

MAC-Werte in 100 % Sauerstoff [%]

Isofluran

1,15

0,50

Sevofluran

2,05

0,8

Desfluran

6,0

2,83

Lachgas

110

MAC-Werte mit 30 % Sauerstoff und 70 % Lachgas [%]

aIsofluran

ist am stärksten anästhetisch wirksam, Lachgas am schwächsten

7.2  Wirkstärke – MAC

Der MAC-Wert kennzeichnet die Wirkstärke (Potenz) eines Inhalationsanästhetikums. MAC50 Minimale alveoläre Konzentration eines Inhalationsanästhetikums in den Alveolen, bei der 50 % aller Patienten nicht mehr auf den Hautschnitt mit Abwehrbewegungen reagieren. Diese Konzentration entspricht 1 MAC.

Die minimale Konzentration wird in Prozent von 1 Atmosphäre angegeben. 1 MAC von Desfluran entspricht einer Konzentration von 6 Vol.-% in Sauerstoff. > Je niedriger der MAC-Wert, desto stärker ist die anästhetische Wirkung und umgekehrt.

Isofluran, Sevofluran und Desfluran unterscheiden sich in ihrer Wirkstärke, besitzen also unterschiedliche MAC-Werte (. Tab. 7.1). Der Zusatz von Lachgas zum Inspirationsgemisch senkt die MAC-Werte von Isofluran, Sevofluran und Desfluran. Für die gleiche anästhetische Wirkung wird daher durch die Kombination eine geringere Konzentration der volatilen Anästhetika benötigt.

MACawake Dieser Wert gibt die Konzentration des Inhalationsanästhetikums in den Alveolen an, bei der ein Patient vorhersehbar erwacht. Er beträgt etwa 1/3–1/4 des MAC-Werts für den Hautschnitt.

z MAC-senkende Faktoren

Zahlreiche Faktoren senken den MACWert, d. h. sie steigern die Wirkung der volatilen Anästhetika und senken deren ­ Dosisbedarf. Die inspiratorische (alveoläre) Konzentration muss erniedrigt werden bei: 5 Kombination mit Lachgas 5 Kombination mit Opioiden, Benzodiazepinen, Ketamin 5 Hohem Lebensalter 5 Unterkühlung: bei 27 °C Kerntemperatur beträgt der MAC-Wert nur noch die Hälfte 5 Hypoxie, Anämie 5 Akute Alkoholintoxikation z Zunahme des MAC-Werts

Einige Faktoren erhöhen den MAC-Wert: Die Wirkung der volatilen Anästhetika wird abgeschwächt und ihr Dosisbedarf steigt an. Die inspiratorische (alveoläre) Konzentration des Inhalationsanästhetikums muss entsprechend erhöht werden bei:

50

Kapitel 7 · Inhalationsanästhetika

5 Chronischem Alkoholmissbrauch 5 Fieber 5 Hyperthyreose (vermutlich)

7.2.2  Weitere nichtanästhetische

z Faktoren ohne Einfluss auf den M ­ AC-Wert

Alle volatilen Anästhetika beeinflussen dosisabhängig die Herz-Kreislauf-Funktion: 5 Vasodilatation mit Blutdruckabfall 5 Negative Inotropie mit Abfall des Herzzeitvolumens (HZV) 5 Leichter Anstieg der Herzfrequenz, manchmal Tachykardie 5 Pulmonale Vasodilatation (relativ gering). Abschwächung der hypoxischen pulmonalen Vasodilatation (HPV)

Keinen Einfluss auf den MAC-Wert haben: 5 Dauer der Narkose 5 Geschlecht 5 Säure-Basen-Status 5 Hyper- oder Hypokaliämie 5 Hypertonie 7.2.1  Narkosestadien bei

7

Inhalationsanästhetika

Für die Inhalationsanästhetika gilt: Je höher die inspiratorische (alveoläre) Konzentration, desto tiefer die Narkose und desto stärker die Nebenwirkungen. Hierbei lassen sich nach Arthur Guedel (amerik. Anästhesist) beim spontan atmenden Patienten in der Äthernarkose folgende Stadien unterscheiden: z Äther-Narkosestadien

5 Stadium I – Amnesie und Analgesie: für Operationen nicht ausreichend 5 Stadium II – Exzitations- oder Erregungsstadium: unerwünscht 5 Stadium  III – chirurgische Toleranz; Planum I–IV: Operationen möglich 5 Stadium  IV – Vergiftung: Atemstillstand, Herz-Kreislauf-Kollaps > Für die Steuerung einer üblichen Kombinationsnarkose sind die Narkosestadien von Guedel nicht geeignet. Sie gelten nur für den heutzutage nicht mehr verwendeten Äther.

Wirkungen

Herz-Kreislauf-Wirkungen

Der kardiovaskulären Effekte sind bei Herzkranken ausgeprägter als bei Herzgesunden. Darum muss bei ihnen die Konzentration der Inhalationsanästhetika reduziert werden.

Respiratorische Wirkungen Alle volatilen Anästhetika bewirken beim spontan atmenden Patienten eine konzentrationsabhängige Atemdepression (ab etwa 1 MAC) und andere respiratorische Effekte. 5 Abnahme des Atemzugvolumens, Anstieg des paCO2. Der Effekt ist geringer, wenn zusätzlich Lachgas zugeführt wird 5 Flache, schnelle Atmung mit Zunahme der Totraumventilation 5 Beeinträchtigung der Interkostalmuskulatur und des Zwerchfells mit typischer Schaukelatmung 5 Abgeschwächte Reaktion des Atemzentrums auf ansteigende pCO2-Werte 5 Reaktion auf Hypoxämie (Abfall des paO2) blockiert 5 Bronchodilatation durch Relaxierung der glatten Muskulatur

51

7.3 · Gebräuchliche Inhalationsanästhetika

5 Beeinträchtigung des Schleimtransports in den Atemwegen 7.3  Gebräuchliche

Inhalationsanästhetika

7

z Respiratorische Wirkungen

5 Wirkt konzentrationsabhängig atemdepressiv 5 Dilatiert die Bronchien 5 Führt zu Atemanhalten und Husten bei Einleitung über Maske (nicht empfohlen)

Klinische Anwendung 7.3.1  Isofluran

Isofluran ist das älteste und stärkste der drei gebräuchlichen volatilen Anästhetika. Die Steuerbarkeit ist schlechter, die Aufwachphase länger als die von Desfluran und Sevofluran. Eigenschaften von Isofluran 5 Präparate: Forene und Generika 5 Klare, farblose, unangenehm riechende Flüssigkeit, nicht brennbar. Erhältlich in braunen ­ 250-ml-Glasflaschen mit Ventilverschluss 5 Siedepunkt: 48,5 °C 5 MAC50-Werte: 1,15 Vol.-% in 100 % Sauerstoff, 0,5 Vol.-% in 70 % Lachgas/30 % Sauerstoff 5 MACawake: 0,44 Vol.-% 5 Wird über die Lunge ausgeatmet, nur 0,2 % werden in der Leber metabolisiert 5 Die Lebertoxizität ist sehr gering; bildet keine toxischen Abbauprodukte (Metabolite) 5 Verstärkt die Wirkung von Muskelrelaxanzien 5 Triggersubstanz der malignen Hyperthermie (7 Kap. 51)

z Herz-Kreislauf-Wirkungen

5 Abnahme der Myokardkontraktilität (negative Inotropie) mit konzentrationsabhängigem Abfall des HZV. Die Wirkung ist stärker ausgeprägt bei Herzkranken 5 Leichter Anstieg der Herzfrequenz, manchmal Tachykardie 5 Blutdruckabfall durch Gefäßdilatation, konzentrationsabhängig

5 In der Regel keine Mononarkosen, sondern Kombination mit Opioiden 5 Einleitung der Narkose intravenös, nicht per Inhalation 5 Anfängliche inspiratorische Konzentration: 3–4 Vol.-%, bei gleichzeitiger Lachgaszufuhr 1,5–3,5 % bzw. nach Verträglichkeit 5 Aufrechterhaltung sehr variabel. In Kombination mit Opioiden ca. 0,68– 1,37 Vol.-%. Steuerung überwiegend anhand der Herz-Kreislauf-Wirkungen 5 Ausleitung der Narkose: kurz vor OP-Ende Isofluranzufuhr unterbrechen; der Patient erwacht meist innerhalb von 10 min 7.3.2  Desfluran

Desfluran ist das volatile Anästhetikum mit dem höchsten MAC-Wert und damit der schwächsten anästhetischen Potenz. Für eine ausreichende Narkosetiefe sind hohe Konzentrationen erforderlich; entsprechend hoch ist der Verbrauch. Eigenschaften von Desfluran 5 Präparat: Suprane 5 Klare, farblose, nicht brennbare Flüssigkeit mit stechendem Geruch. Erhältlich in braunen Glas- oder Aluminiumflaschen mit Ventilverschluss 5 Siedepunkt 22,8 °C. Benötigt wegen des niedrigen Siedepunktes einen speziellen (beheizten) Verdampfer 5 Nur sehr gering im Blut löslich: Blut-Gas-Verteilungskoeffizient 0,42,

52

7

Kapitel 7 · Inhalationsanästhetika

d. h. sehr niedrige Blutlöslichkeit und dadurch sehr gute Steuerbarkeit 5 Ist in frischem Atemkalk stabil 5 MAC50-Werte 6,0  Vol.-% in 100  % Sauerstoff, 2,83 in 50–60 % Lachgas/ Sauerstoff 5 MACawake: 2,04 Vol.-% 5 Wird über die Lungen ausgeatmet und nur zu 0,02 % in der Leber verstoffwechselt – Führt nicht zu Leberschäden. Kann beim Leberkranken eingesetzt werden – Keine nierenschädigende Wirkung 5 Verstärkt die Wirkung von Muskelrelaxanzien 5 Ist Triggersubstanz der malignen Hyperthermie (7 Kap. 51)

z Herz-Kreislauf-Wirkungen

5 Dosisabhängiger Blutdruckabfall durch Vasodilatation 5 Zunahme der Herzfrequenz bei höheren Konzentrationen 5 Negativ inotrope Wirkung, beim Herzgesunden jedoch kein wesentlicher Abfall des HZV 5 Bei manchen Patienten: konzentrationsabhängige Hypertonie und Tachykardie in der Einleitungsphase (zentral stimulierender Effekt des Gases), besonders wenn die inspiratorische Konzentration zu rasch gesteigert wird. Kann durch Vorinjektion eines Opioids, z. B. Fentanyl, meist verhindert werden z Respiratorische Wirkungen

5 Bei Konzentrationen ab ca. 6 Vol.-%: Reizung der Atemwege mit Husten, Atemanhalten, Laryngospasmus und gesteigerter Sekretproduktion möglich 5 Zentrale Atemdepression beim unstimulierten, spontan atmenden Patienten mit Abnahme des Atemzugvolumens, Rechtsverschiebung der C ­ O2-Antwortkurve und Anstieg des paCO2

z Weitere Wirkungen

5 Steigert die Hirndurchblutung und den intrakraniellen Druck (ab etwa 1,1 MAC) 5 Relaxiert den schwangeren Uterus, führt in höheren Konzentrationen zur Uterusatonie 5 Reagiert mit trockenem Atemkalk zu Kohlenmonoxid (CO) z Kontraindikationen

5 Erhöhter Hirndruck 5 Maligne Hyperthermie (bekannt oder Verdacht) 5 Bekannte Überempfindlichkeit z Vor- und Nachteile

5 Vorteile: – Flutet sehr rasch an und ab, ist daher sehr gut steuerbar – Eignet sich gut für die Low- und ­Minimal-flow-Anästhesie – Das Molekül ist stabil, der Stoffwechsel extrem niedrig 5 Nachteile: – Die Wirkstärke ist niedrig (hoher MAC-Wert), hoher Verbrauch, hohe Kosten – Reizt die oberen Atemwege – Ist für die Inhalationseinleitung bei Kindern (und Erwachsenen) nicht geeignet – Kann starke Blutdruck- und Herzfrequenzanstiege auslösen, wenn die Konzentration zu schnell gesteigert wird – Erfordert eine spezielle Verdampfertechnologie

Klinische Anwendung 5 In der Regel Kombinationsnarkose mit Opioiden 5 Einleitung erfolgt i.v.; für die Maskeneinleitung nicht geeignet (Atemanhalten, Husten, Laryngospasmus, gesteigerte Sekretproduktion)

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7.3 · Gebräuchliche Inhalationsanästhetika

5 Wegen des hohen Verbrauchs bevorzugt Low-flow- oder Minimal-flow-Anästhesie 5 Beste Steuerbarkeit der 3 volatilen Anästhetika: Narkosetiefe kann sehr rasch dem wechselnden Bedarf angepasst werden 5 Ausleitung: wegen der schnellen Elimination kann Desfluran bis zur letzten Hautnaht zugeführt werden. Die Patienten erwachen einige Minuten früher als nach Sevofluran und 2-mal schneller als nach Isofluran z Low- und Mimimal-flow-Anästhesie

5 Bei Low-flow-Anästhesie (1  L Frischgas/min) wird die Verdampfereinstellung beibehalten 5 Bei Minimal-flow-Anästhesie (0,5 L Frischgas/min) wird der Verdampfer 1–2 Vol.-% über den im Inspirationsgas angestrebten Wert eingestellt Wenn die Narkose rasch vertieft werden muss: Verdampfer auf 18 Vol.-% einstellen. Hierdurch werden bei einem Frischgasflow von 0,5 l/min in 8 min etwa 8 Vol.-% erreicht 7.3.3  Sevofluran

Sevofluran ist ein fluorierter Äther. Die Substanz flutet rasch an und ab, die Narkosetiefe ist daher gut steuerbar. Blutdruck und Herzfrequenz sind unter Sevofluran stabiler als unter Isofluran und Desfluran.

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5 Siedepunkt: 58,5 °C 5 Niedrige Löslichkeit in Fett und im Blut, niedriger Blut-Gas-Verteilungskoeffizient: 0,69 5 MAC50-Werte: 1,71  Vol.-% in Sauerstoff; 0,66  Vol.-% in 70  % Lachgas/30 % Sauerstoff 5 MACawake: 0,7 Vol.-% 5 Wird ausgeatmet, außerdem zu 3–5 % in der Leber verstoffwechselt 5 Setzt Fluorid frei, reagiert mit Atemkalk und bildet den Vinyläther Compound A 5 Verstärkt die Wirkung von Muskelrelaxanzien 5 Relaxiert den schwangeren Uterus; in hohen Konzentrationen Uterusatonie 5 Ist eine Triggersubstanz der malignen Hyperthermie (7 Kap. 51)

z Herz-Kreislauf-Wirkungen

5 Senkt konzentrationsabhängig den Blutdruck durch Vasodilatation 5 Senkt den Pulmonalarteriendruck 5 Hat keinen oder nur geringen Einfluss auf die Herzfrequenz 5 Hat in klinischen Konzentrationen keine arrhythmogene Wirkung 5 Wirkt in höheren Konzentrationen negativ inotrop. Hierdurch kann das HZV abfallen z Respiratorische Wirkungen

5 Atemdepression, Bronchodilatation 5 Keine Stimulation der oberen Atemwege! z Weitere Wirkungen

Eigenschaften von Sevofluran 5 Präparat: Sevorane 5 Farblose, klare, nicht brennbare Flüssigkeit; milder ätherartiger Geruch. Kein Stabilisatorzusatz; erhältlich in 250-ml-Aluminiumflaschen (innen kunst­stoffbeschichtet) mit Schraubdeckel oder mit integriertem Ventil

5 Geht bei Kindern häufiger mit einem Aufwachdelir (POD) einher als Isofluran oder Desfluran 5 Führt zu erhöhten Fluoridkonzentrationen im Blut, die aber als nicht schädlich gelten 5 Beeinträchtigt die Thermoregulation

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Kapitel 7 · Inhalationsanästhetika

z Vor- und Nachteile

5 Vorteile: – Rasche An- und Abflutung, gute Steuerbarkeit, rasches Erwachen – Stabiles Verhalten von Blutdruck und Herzfrequenz 5 Nachteile: – Relativ hohe Verstoffwechselung – Erhöhte Fluoridkonzentrationen im Blut – Reagiert mit Atemkalk – Bei Kindern häufig Aufwachdelir und Verhaltensauffälligkeiten

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Klinische Anwendung 5 In der Regel Kombinationsnarkose 5 Einleitung mit i.v.-Anästhetikum, bei Kindern auch per Inhalation 5 Wegen der Kosten möglichst nur für Niedrigflownarkosen (s. u.) einsetzen 5 Einleitungsphase: 1–8 Vol.-% 5 Aufrechterhaltung: ohne Lachgaszusatz 1,5–3 Vol.-%, mit Lachgas 0,5–3 Vol.-% 5 Wechselwirkungen mit Muskelrelaxanzien: vermindert den Dosisbedarf für ND-Muskelrelaxanzien 5 Ausleitung: Abstellen des Verdampfers am Narkoseende z Low-flow- und Minimal-flow-Anästhesie

5 Bei Low-flow-Anästhesie: 1 l/min Frischgas (40–50 % Sauerstoff): Verdampfer auf 3 Vol.-% Sevofluran einstellen 5 Bei Minimal-Flow-Anästhesie: 0,5 l/min Frischgas (mindestens 50 % Sauerstoff): Verdampfer auf 3,5 Vol.-% einstellen 7.3.4  Lachgas (Stickoxydul, N2O)

Lachgas ist ein schwaches Analgetikum, das in den klinisch angewandten Konzentrationen keine Bewusstlosigkeit hervorruft. Das Gas wird nur in Kombination mit anderen Anästhetika eingesetzt. Hierdurch können deren Dosis und die Nebenwirkungen reduziert werden.

Eigenschaften von Lachgas 5 Bei Raumtemperatur: Farb-, geruchund geschmackloses Gas 5 Erhältlich als farblose Flüssigkeit in Stahlzylindern unter einem Druck von 51 atm oder aus der zentralen Gasversorgung 5 Beim Öffnen des Zylinders wird Lachgas wieder gasförmig 5 Der MAC-Wert beträgt 104 (für 1 MAC sind hyperbare Bedingungen erforderlich) 5 Sehr niedrige Löslichkeit in Blut, Gehirn und anderen Geweben, daher sehr schnelle An- und Abflutung bzw. Ein- und Ausleitung der Anästhesie 5 Wird vollständig ausgeatmet, nicht verstoffwechselt 5 Reduziert die MAC von Isofluran, Desfluran und Sevofluran und damit deren kardiovaskuläre Nebenwirkungen 5 Besitzt keine muskelrelaxierende Wirkung und verstärkt auch nicht die Wirkung von Muskelrelaxanzien 5 Hat keinen Einfluss auf die Aktivität des Uterus 5 Ist keine Triggersubstanz der malignen Hyperthermie

z Herz-Kreislauf-Wirkungen

5 Wirkt direkt negativ inotrop 5 Stimuliert die Sympathikuszentren im Gehirn 5 Hat beim Herzgesunden insgesamt nur sehr geringe Herz-Kreislauf-Wirkungen. Beim Herzkranken stärkere Dämpfung möglich, je nach Schweregrad der Erkrankung z Respiratorische Wirkungen

5 Die atemdepressive Wirkung ist sehr gering 5 Bei Kombination mit volatilen Anästhetika wird aber deren atemdepressive Wirkung verstärkt

7.3 · Gebräuchliche Inhalationsanästhetika

z Weitere Wirkungen

Lachgas diffundiert aus dem Blut rasch in luftgefüllte Räume des Körpers und dehnt sie aus. Betroffen sind v. a.: 5 Pneumothorax, Pneumoperitoneum, Pneu­mozephalus 5 Mit Luft geblockte Tubusmanschette 5 Luftgefüllte Darmschlingen, z. B. beim Ileus 5 Mittelohr 5 Luftembolie ! Cave Keine Zufuhr von Lachgas bei Pneumothorax oder Luftembolie!

Klinische Anwendung Auf den Einsatz von Lachgas kann grundsätzlich verzichtet werden, da genügend alternative Substanzen mit großer Sicherheitsbreite zur Verfügung stehen.

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7

5 Lachgas wird bei Operationen nur in Kombination mit volatilen Anästhetika eingesetzt. Hierdurch wird die erforderliche Konzentration von Isofluran, Desfluran oder Sevofluran vermindert und damit auch die kardiovaskulären und respiratorischen Nebenwirkungen 5 Wegen der Hypoxiegefahr sollte die inspiratorische Lachgaskonzentration 70 % nicht überschreiten 5 Beim Ileus sollte die Konzentration nicht höher als 50 % sein oder, besser, auf Lachgas verzichtet werden 5 Lachgas begünstigt postoperative Atelektasen und sollte daher bei COPD-­ Patienten nicht eingesetzt werden 5 Lachgas erhöht das PONV-Risiko und ist daher nicht für Patienten mit erhöhtem PONV-Risiko geeignet

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Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine Inhaltsverzeichnis 8.1 In Kürze – gängige Wirkstoffe – 58 8.2 Propofol – 58 8.3 Thiopental – 59 8.4 Etomidat – 60 8.5 Ketamin und Esketamin (S-Ketamin) – 61 8.6 Benzodiazepine – 62 8.6.1 Midazolam – 63 8.6.2 Flunitrazepam – 63 8.6.3 Diazepam – 63 8.6.4 Benzodiazepinantagonist Flumazenil – 63

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_8

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Kapitel 8 · Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine

8.1  In Kürze – gängige Wirkstoffe

Intravenöse Anästhetika und häufig in der Anästhesie eingesetzte Benzodiazepine sind: 5 Propofol (Generika, Disoprivan; 7 Abschn. 8.2) 5 Thiopental (Trapanal; 7 Abschn. 8.3) 5 Etomidat (7 Abschn. 8.4) 5 Ketamin (Ketanest, Esketamin bzw. S-Ketamin; 7 Abschn. 8.5) 5 Benzodiazepine (7 Abschn. 8.6): – Midazolam (Dormicum, Generika) – Diazepam (Diazemuls, Valium) – Flunitrazepam (Rohypnol, Generika) 8.2  Propofol

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Propofol ist ein schnell und kurz wirkendes Hypnotikum ohne analgetische Eigenschaften. Deshalb können mit Propofol allein keine schmerzhaften Eingriffe durchgeführt werden. z Präparate

5 Die Wirksubstanz ist in einer weißen Öl-Wasser-Emulsion gelöst. Die Emulsion enthält Sojaöl und bei Propofol-Lipuro auch Triglyzeride, die den Injektionsschmerz vermindern 5 Präparate: Disoprivan, Propofol-Lipuro und Propofol-Generika 5 1 %ige Lösungen: 10 mg/ml: 10-ml- und 20-ml-Ampullen, 50-ml-Durchstechflaschen 5 2 %ige Lösungen 20 mg/ml: 50-ml-Durchstechflaschen 5 0,5 %ige Lösungen: 5 mg/ml: 20-ml-Ampullen z Wirkungen

5 Hypnotisch 5 Kurz dauernde Euphorie, besonders in der Aufwachphase 5 Dämpft die Reflexaktivität in den oberen Atemwegen 5 Vermindert den Opioidbedarf

5 Reduziert PONV durch Inhalationsanästhetika z Indikationen

5 Standard-i.v.-Anästhetikum für die Nar­ ko­seeinleitung 5 Hypnotische Komponente der TIVA in Kombination mit einem Opioid 5 Sedierung bei Regionalanästhesie 5 Sedierung von Intensivpatienten 5 Sichere Substanz bei Disposition für eine maligne Hyperthermie ! Cave Bei Propofol-Lösungen besteht die Gefahr der bakteriellen Kontamination! Wegen der Infektionsgefahr darf jede Propofolampulle oder -flasche nur für einen Patienten verwendet werden. Reste müssen verworfen werden. Die Infusionsdauer einer Flasche darf 12 h nicht überschreiten.

z Kontraindikationen

5 Allergie gegen Propofol. Bei Sojaallergie nicht kontraindiziert! 5 Hypovolämie, Schock z Unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen

5 Häufig Injektionsschmerz, v. a. bei der Injektion in Venen des Handrückens. Geringer bei Propofol-Lipuro und bei verdünnten Lösungen. Große Venen bevorzugen! 5 Exzitatorische Phänomene, gelegentlich Myoklonien 5 Krampfanfälle (sehr selten) 5 Atemdepression bis hin zum Atemstillstand (Dauer ca. 1 min bei Bolusinjektion) 5 Blutdruckabfall und Bradykardie 5 Negativ inotrope Wirkung mit Abfall des HZV 5 Bronchodilatation bei COPD-Patienten 5 Gelegentlich Träume, auch sexuellen Inhalts, die als wirkliches Geschehen

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8.3 · Thiopental

erlebt werden und zu ungerechtfertigten Beschuldigungen führen können 5 Propofolinfusionssyndrom bei längerer Zufuhr an Intensivpatienten (sehr selten); Zeichen: Laktatazidose, Muskelzerfall, akutes Nierenversagen

Propofol: Anwendung und Dosierung 5 Narkoseeinleitung: – Erwachsene: ca. 1,5–3 mg/kgKG langsam nach Wirkung i.v. – Kinder: altersabhängig zwischen 2,5–4 mg/kgKG (1 Monat bis 3 Jahre) und 2,5 mg/kgKG bei über 8-jährigen langsam nach Wirkung i.v. 5 Bewusstseinsverlust nach ca. 15–45 s 5 Wirkdauer: 5–10 min 5 Exzitatorische Aktivität +  5 Injektionsschmerz +  +  5 Aufwachphase: rasches Erwachen, geringer Überhang, Euphorie möglich 5 TIVA mit Opioid: 2–4–6 mg/kgKG/h bzw. nach Wirkung, da große Variationsbreite Verzögertes Erwachen nach längerer Anwendung möglich 5 Sedierung: beginnen mit 0,5–1  mg/ kgKG für 1–5 min, dann 1,5–4 mg/kgKG/h bzw. nach Wirkung Cave: Atemdepression! Lückenlose Überwachung erforderlich!

8.3  Thiopental

Ultrakurz wirkendes, schwefelhaltiges Barbiturat für die Narkoseeinleitung. z Präparate

5 Gelblich-weißes Pulver, das mit Aqua dest. aufgelöst wird 5 Präparate: Trapanal, Thiopental-Generika. Flasche á 0,5 g oder 1 g Pulver

8

z Wirkungen

5 Wirkt anästhetisch; eine chirurgische Anästhesie wird aber nur mit hohen Dosen erreicht. 5 Wirkt „ultrakurz“, weil es nach der i.v.-Injektion rasch aus dem Gehirn abströmt und in andere Gewebe umverteilt wird 5 Kumuliert, wenn es wiederholt nachinjiziert oder infundiert wird: Die Wirkdauer nimmt erheblich zu (sog. Überhang) 5 Wird in der Leber abgebaut z Indikationen

5 Einleitung einer Allgemeinästhesie bei Erwachsenen: nur unter strenger Indikationsstellung, z. B. wenn Propofol kontraindiziert ist, weiterhin bei Sectio caesarea 5 Narkoseeinleitung bei Neu- und Frühgeborenen, da Propofol hierfür nicht zugelassen ist 5 Senkung des intrakraniellen Drucks beim Intensivpatienten z Kontraindikationen

5 Allergie gegen Barbiturate 5 Status asthmaticus, Bronchospasmus 5 Dekompensierte Herzinsuffizienz 5 Akuter Myokardinfarkt 5 Herztamponade 5 Schwere Hypovolämie oder Schock 5 Akute intermittierende Porphyrie oder Porphyria variegata z Unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen

5 Atemdepression bis hin zum Atemstillstand 5 Husten, Laryngospasmus, Bronchospasmus kurz nach i.v.-Injektion möglich 5 Euphorie 5 Blutdruckabfall, Abnahme des HZV, Reflextachykardie, Gefäßdilatation 5 Enzyminduktion in der Leber 5 Kann bei akuter intermittierender Porphyrie und bei Porphyria variegata einen Anfall auslösen. Zeichen: Bauchschmerzen,

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8

Kapitel 8 · Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine

Tachykardie, Blutdruckanstieg, Parästhesien/Hypästhesien, Nervenlähmungen

5 Patienten mit Sepsis, wegen des hemmenden Effektes auf die Nebennierenrinde 5 Porphyrie

Thiopental: Anwendung und Dosierung

z Unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen

5 Narkoseeinleitung: 2–5 mg/kgKG oder nach Wirkung, maximal 500 mg 5 Wirkungseintritt: in weniger als 30 s 5 Wirkdauer: 5–10 min 5 Injektionsschmerz: möglich, aber selten 5 Intraarterielle Injektion: führt zu Gefäßspasmus und schweren Gewebeschäden 5 Knoblauchgeschmack auf der Zunge 5 Exzitatorische und respiratorische Phänomene: Husten, Niesen, Schluckauf, Tremor, Muskelzittern, Hypertonus: können kurz nach i.v.-Injektion auftreten 5 Aufwachphase: mäßiger bis starker Überhang (Schläfrigkeit)

5 Hemmt die Funktion der Nebennierenrinde, d. h. die Bildung der Steroidhormone Kortisol und Aldosteron 5 Myoklonien (unwillkürliche Muskelbewegungen) 5 Atemdepression, kurze Apnoe 5 Leichter Blutdruckabfall 5 Kann die Wirkung von Alfentanil (Rapifen) verlängern 5 Verstärkt die Wirkung von Opioiden, Benzodiazepinen, Neuroleptika und Alkohol 5 Starker Injektionsschmerz (nicht bei Etomidat-Lipuro) Etomidat: Anwendung und Dosierung

8.4  Etomidat

Schnell und kurz wirkendes ­i.v.-Anästhetikum ohne analgetische Eigenschaften und mit den geringsten kardiovaskulären und respiratorischen Nebenwirkungen aller i.v.-Anästhetika. Etomidat reagiert mit den GABAA-Rezeptoren im Gehirn. z Präparate

5 Hypnomidate und Etomidat-Lipuro (weißliche Emulsion mit 1 g Sojaöl pro 10-ml-Ampulle) 5 10-ml-Ampullen mit 2 mg/ml z Indikationen

5 Narkoseeinleitung beim Risikopatienten 5 Nicht für die TIVA z Kontraindikationen

5 Allergie gegen Etomidat 5 Säuglinge unter 6 Monaten (nicht zugelassen)

5 Wegen des bei anderen Präparaten starken Injektionsschmerzes sollte Etomidat-Lipuro verwendet werden 5 Etomidat hemmt die Nebennierenrinde bereits in Einleitungsdosen für mindestens 1 h, darum sollte die Substanz nicht nachinjiziert werden 5 Narkoseeinleitung: – Dosis: 0,15–0,3 mg/kgKG Bei älteren und bei Patienten mit Leberzirrhose: Dosis reduzieren – Vorinjektion von 0,05–0,1 mg Fentanyl (1–2 min vorher, da der Intubationsreiz meist nicht ausreichend unterdrückt wird) 5 Wirkungseintritt: nach 15–45 s 5 Wirkdauer: 3–12 min 5 Exzitatorische Aktivität: häufig Myoklonien, die durch Vorinjektion von Opioiden abgeschwächt oder unterdrückt werden 5 Injektionsschmerz: stark; fehlt bei Etomidat-Lipuro 5 Aufwachphase: nur geringer Überhang

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8.5 · Ketamin und Esketamin (S-Ketamin)

8.5  Ketamin und Esketamin

(S-Ketamin)

Intravenöse Anästhetika mit starker analgetischer Wirkung, die chemisch und von der Wirkung her mit den Halluzinogenen (z. B. LSD) verwandt sind. S-Ketamin wirkt stärker und kürzer als Ketamin und ist besser steuerbar. Die Präparate können i.v., i.m., rektal und per os zugeführt werden. z Präparate

5 Ketanest: Ampulle mit 5 ml (= 50 mg), Ampulle mit 2 ml (= 100 mg) sowie Injektionsflaschen mit 20 ml (= 200 mg) und 10 ml (= 500 mg) 5 Ketanest S: Ampullen mit 5 mg/ml und mit 25 mg/ml sowie Injektionsflaschen mit 25 mg/ml z Wirkungen

5 Bewirkt eine dissoziative Anästhesie mit ausgeprägter Analgesie und Amnesie. Der Patient scheint von seiner Umgebung abgekoppelt zu sein, die Augen sind oft geöffnet, Nystagmus ist häufig, ein „normaler Schlaf“ tritt nicht ein 5 In der Aufwachphase treten häufig Träume und, oft als bedrohlich erlebte, Halluzinationen auf. Aggressive Erregungszustände sind ebenfalls möglich, weiterhin Doppelbilder und andere Sehstörungen 5 Lokalanästhetische Wirkung 5 Abbau hauptsächlich in der Leber z Unerwünschte Wirkungen, Nebenwirkungen

5 Blutdruckanstieg und Tachykardie mit Anstieg des myokardialen O ­ 2-Verbrauchs 5 Atemdepression möglich, aber selten 5 Bronchodilatation 5 Kein ausreichender Schutz vor Aspiration

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5 Steigerung des Muskeltonus, gelegentlich Muskelstarre des ganzen Körpers 5 Steigerung der Speichelsekretion (Atropin geben) 5 Zunahme des Uterustonus bei Schwangeren 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Halluzinationen und Delir in der Aufwachphase z Indikationen

5 Als Monoanästhetikum wird Ketamin hauptsächlich für kleine chirurgische Eingriffe an der Körperoberfläche eingesetzt. Für Eingriffe in den Körperhöhlen ist Ketamin als Monoanästhetikum dagegen wenig geeignet 5 Wundversorgung und Verbandswechsel bei Verbrennungen 5 Narkoseeinleitung bei Patienten im Schock, weil Ketamin das Herz und den Kreislauf stimuliert 5 Selten: i.m. zur Narkoseeinleitung bei sehr unkooperativen Kindern Zu beachten: Um die psychischen Nebenwirkungen in der Aufwachphase zu dämpfen, wird Ketamin/S-Ketamin mit einem Benzodiazepin, z.  B. 1–2  mg Midazolam kombiniert. Atropin wird ebenfalls empfohlen, um die Sekretionssteigerung durch Ketamin zu verhindern. z Kontraindikationen

5 Koronare Herzkrankheit 5 Hypertonie 5 Tachykarde Herzrhythmusstörungen 5 Manifeste Herzinsuffizienz 5 Aorten- und Mitralstenose 5 Eingriffe in Rachen, Kehlkopf oder Bronchien 5 Phäochromozytom 5 Nicht ausreichend eingestellte Hyperth­ yreose

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Kapitel 8 · Intravenöse Anästhetika und Benzodiazepine

5 Uterusruptur und Nabelschnurvorfall, Präeklampsie 5 Glaukom, perforierende Augenverletzungen 5 Epilepsie, psychiatrische Erkrankungen

5 Flunitrazepam 5 Diazepam 5 Lorazepam 5 Lormetazepam 5 Clonazepam z Hauptwirkungen

Ketamin/Esketamin: Anwendung und Dosierung

8

5 Ketamin: – Einleitungsdosis: 1–2 mg/kgKG i.v., Nachinjektionen mit der Hälfte der Anfangsdosis – Wirkungseintritt: innerhalb einer Minute – Wirkdauer: 10–20 min – Dosierung bei i.m.-Einleitung: 5–12 mg/kgKG – Analgesie beim Notfallpatienten: 0,2–0,5 mg/kgKG i.v. – Analgosedierung: 0,3–1 mg/kgKG/h 5 Esketamin: – Angewandt wird die halbe Dosis von Ketamin – Wirkdauer: 10–15 min

8.6  Benzodiazepine

Benzodiazepin sind keine Anästhetika, sondern Tranquilizer oder Sedativa. Für Narkosen werden sie nur ergänzend eingesetzt. Eine analgetische Wirkung fehlt. 5 Benzodiazepine reagieren mit spezifischen Benzodiazepinrezeptoren im Gehirn 5 Die Rezeptoren sind Bestandteil der GABAA-Rezeptoren 5 Die Wirkung der Benzodiazepine kann mit dem spezifischen Antagonisten Flumacenil (Anexate) aufgehoben werden z In der Anästhesie gebräuchliche Benzodiazepine

Die Wirkungen dieser Substanzen sind gleich; Unterschiede bestehen bei der Wirkstärke und der Wirkdauer: 5 Midazolam

5 Sedierend 5 Angstlösend (anxiolytisch) 5 Schlafauslösend (hypnotisch), in hohen Dosen Bewusstlosigkeit 5 Amnestisch: Verlust der Erinnerung 5 Antikonvulsiv (krampflösend) 5 Muskelerschlaffend (zentrale Wirkung) z Nebenwirkungen

5 Atemdepression bis hin zum Atemstillstand 5 Leichter Blutdruckabfall 5 Paradoxe Reaktion bei Kindern und Älteren 5 Ceiling-Effekt, d. h. es wird ein Maximaleffekt erreicht; weitere Dosen bleiben ohne Effekt 5 Gewöhnungs- und Suchtpotenzial 5 Verstärken die Wirkung von Opioiden und Schlafmitteln 5 Begünstigen ein postoperatives Delir und postoperative Kognitionsstörungen, besonders bei älteren Patienten z Indikationen

5 Prämedikation 5 Supplementierung von Anästhetika oder Opioiden 5 Sedierung, z. B. bei Regionalanästhesien 5 Krampftherapie und –prophylaxe z Kontraindikationen

5 Myasthenie 5 Allergie gegen Benzodiazepine 5 Obstruktives Schlafapnoesyndrom 5 Akute Vergiftung mit Alkohol oder Schlafmitteln 5 Respiratorische Insuffizienz unter Spontanatmung

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8.6 · Benzodiazepine

8.6.1  Midazolam

Kurz wirkendes, wasserlösliches Benzodiazepin, das i.v., i.m., rektal und p.o. zugeführt werden kann.

8

5 Präparate: Valium, Generika, Diazemuls 5 Prämedikation: 10–20 mg p.o. 5 Narkoseeinleitung: 0,2–1 mg/kgKG i.v. 5 Nicht rektal oder i.m. anwenden, da unsichere Resorption und Wirkung

z Anwendung

5 Prämedikation 5 Sedierung, u. a. bei Regionalanästhesien 5 Supplementierung von Opioiden (Cave: die Atemdepression nimmt zu) Midazolam: Anwendung und Dosierung 5 Präparate: Dormicum und Generika 5 Narkoseeinleitung: 0,15–0,3 mg/kgKG i.v. 5 Sedierung bei Regionalanästhesien: 1-mg-Dosen, nach Wirkung titriert 5 Wirkungseintritt: innerhalb einer Minute 5 Wirkdauer: 15–30 min

8.6.2  Flunitrazepam

In der Anästhesie nur noch selten eingesetztes, mittellang wirkendes Benzodiazepin. 5 Präparat: Rohypnol und Generika 5 Gilt als Betäubungsmittel und unterliegt dem BtMG. Hohes Suchtpotenzial 5 Narkoseeinleitung beim Risikopatienten: 0,02 mg/kgKG i.v. 5 Prämedikation: 1–2 mg p.o., wenn eine sehr starke Sedierung erwünscht ist 8.6.3  Diazepam

Lang wirkendes Benzodiazepin, nicht wasserlöslich, starker Injektionsschmerz (nicht bei Diazemuls).

8.6.4  Benzodiazepinantagonist

Flumazenil

Die Substanz verdrängt alle Benzodiazepine vom Rezeptor und hebt ihre hypnotische und atemdepressive Wirkung auf. Der Patient erwacht, die Atmung normalisiert sich. Andere Substanzgruppen können mit Flumazenil nicht antagonisiert werden. 5 Präparat: Anexate, 1 Amp. á 5 ml = 0,5  mg 5 Indikationen: – Überdosierung von Benzodiazepinen – Differenzialdiagnostisch bei verzögerter Aufwachreaktion 5 Nebenwirkungen: – Kopfschmerzen – Sehstörungen – Unruhe, Angst – Akutes Benzodiazepinentzugssyndrom 5 Dosierung: – Therapeutisch: 0,1–0,2  mg i.v., bei Bedarf wiederholt; maximal 3 mg – Differenzialdiagnostisch bei unklarem Koma: 0,5–1 mg i.v. 5 Wirkdauer: etwa 45–90 min

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Opioide Inhaltsverzeichnis 9.1 In Kürze – Grundlagen – 66 9.2 Für Narkosen eingesetzte Opioide – 66 9.2.1 Fentanyl – 68 9.2.2 Sufentanil – 69 9.2.3 Remifentanil – 70 9.2.4 Alfentanil – 71

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_9

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Kapitel 9 · Opioide

9.1  In Kürze – Grundlagen

Hochpotente Opioide sind die analgetische Komponente der Allgemeinanästhesie. Ihre Wirkungen entstehen durch Reaktion mit spezifischen Opioidrezeptoren in Gehirn, Rückenmark und Peripherie. Sämtliche Opioidwirkungen können mit dem Opioidantagonisten Naloxon schlagartig aufgehoben werden. z Definitionen und Begriffe

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5 Opiate: alle Substanzen, die aus dem Milchsaft (Opium) der unreifen Fruchtkapsel des Schlafmohns (Papaver somniferum) gewonnen werden: Morphin, Codein, Narcein, Papaverin 5 Opioide: alle Agonisten und Antagonisten mit morphinartiger Wirkung; entweder natürlich gewonnen oder synthetisch hergestellt 5 Endorphine: körpereigene Opioide: Enkephaline, Dynorphine und β-Endorphine 5 Opioidrezeptoren: es gibt 3 Rezeptortypen: Mü (µ), Kappa (κ) und Delta (δ) – Mü-Rezeptoren: ihre Aktivierung durch Opioide führt zu Analgesie, Atemdepression, Miosis, Euphorie und Schläfrigkeit, Abnahme der gastrointestinalen Motilität, – Kappa-Rezeptoren: ihre Aktivierung durch Pentazocin und Nalbuphin bewirkt Analgesie und Sedierung sowie Missstimmung (Dysphorie), Störungen der Orientierung und Selbstentfremdung – Delta-Rezeptoren: ihre Aktivierung bewirkt Analgesie und Verhaltensänderungen 5 Reine Opioidagonisten: aktivieren selektiv die Mü-Rezeptoren. Bezugssubstanz ist das Morphin

5 Partielle Opioidagonisten: aktivieren partiell und selektiv die Mü-Rezeptoren, z. B. Buprenorphin 5 Gemischte Agonisten/Antagonisten: Nalbuphin und Pentazocin sind partielle Agonisten des Kappa-Rezeptors und Antagonisten oder partielle Agonisten des Mü-Rezeptors 5 Antagonisten: blockieren selektiv die Mü-Rezeptoren und heben die Wirkungen der Opioide auf. Bezugssubstanz ist Naloxon. Die Substanz blockiert in hohen Dosen auch die Kappa- und DeltaRezeptoren 9.2  Für Narkosen eingesetzte

Opioide

Für Narkosen werden nur hochpotente Mü-Rezeptor-Agonisten eingesetzt! Diese Substanzen schalten den Operationsschmerz vollständig aus und sind gut steuerbar. Hochpotente Opioide für Narkosen 5 Fentanyl 5 Sufentanil 5 Alfentanil 5 Remifentanil

Die hochpotenten Opioide unterscheiden sich nur in der analgetischen Potenz sowie in Wirkungseintritt und Wirkdauer (sog. Pharmakokinetik). Die hochpotenten Opioide werden für Narkosen entweder mit einem i.v.-Hypnotikum wie Propofol (TIVA) oder mit einem volatilen Anästhetikum wie Isofluran, Desfluran oder Sevofluran kombiniert (balancierte Anästhesie). Durch die Kombination mit den anderen Substanzen wird das Be-

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9.2 · Für Narkosen eingesetzte Opioide

wusstsein sicher ausgeschaltet und der Dosisbedarf der einzelnen Substanzen reduziert.

9

> Die Anwendung hochpotenter Opioide für Narkosen löst keine Abhängigkeit und Sucht aus!

Analgesie  5 Die analgetische Wirkung der Opioide Bei der Narkose mit hochpotenten Opioientsteht durch die Blockade von Schmerzden muss der Patienten wegen der Atemrezeptoren in Gehirn und Rückenmark depression kontrolliert beatmet werden. 5 Kontinuierliche dumpfe Schmerzen werden besser beseitigt als scharfe, intermitz Wirkungen der Mü-Rezeptor-Opioide auf tierende das ZNS 5 Die Schmerztoleranz nimmt zu; der PaFentanyl, Sufentanil, Remifentanil und Altient nimmt den Schmerz noch wahr, jefentanil sind sog. ­ Mü-Rezeptor-Agonisten, doch mit Gleichgültigkeit d. h. sie aktivieren die Mü-Rezeptoren. Hier5 Hohe bis sehr hohe Dosen schalten die auf beruhen alle ihre Wirkungen. Schmerzen vollständig aus, jedoch nicht immer das Bewusstsein z  Wesentliche ZNS-Wirkungen der Mü-­ ! Cave

Rezeptor-Agonisten

5 Analgesie, Zunahme der Schmerztoleranz 5 Schläfrigkeit bis Schlaf, aber keine Anästhesie 5 Atemdepression, Bradypnoe (verlangsamte Atmung), Atemstillstand (Apnoe) 5 Wohlbefinden, Euphorie 5 Anxiolyse 5 Veränderung kognitiver (geistiger) Funk­ tionen 5 Muskelrigidität durch Aktivierung dopaminerger Neurone des Gehirns 5 Miosis: stecknadelkopfgroße Pupillen 5 Dämpfung des Hustenzentrums (antitussive Wirkung) 5 Emetische Wirkung (Übelkeit/Erbrechen) 5 Bradykardie durch Aktivierung des hinteren Vaguskerns im Gehirn 5 Blutdrucksenkung durch Hemmung des Vasomotorenzentrums in der Medulla oblongata, v. a. bei Lagewechsel (orthostatische Hypotension) 5 Antidiurese und Harnverhalt 5 Abfall der Körpertemperatur durch Hem­ mung des Temperaturzentrums 5 Abhängigkeit, Sucht und Toleranz

Atemdepression  Analgetische Dosen der Mü-Rezeptor-Agonisten bewirken immer eine Atemdepression, da das Atemzentrum schwächer auf steigende pCO2-Werte reagiert. Die Atemfrequenz und das Atemminutenvolumen nehmen ab. 5 Die Atemdepression ist dosisabhängig 5 Hohe Dosen führen zur Atemlähmung, unbehandelt zum hypoxischen Herzstillstand. Ein Erstickungsgefühl tritt nicht auf, der Patient stirbt still („silent death“)

! Cave Die postoperative Atemdepression ist die gefährlichste Nebenwirkung der Opioide! Muskelrigidität  Fentanyl, Sufentanil, Alfen-

tanil und Rapifen können den Muskeltonus massiv steigern, v. a. an Thorax, Abdomen und Kehlkopf. 5 Die Muskelsteife wird durch rasche Injektion hoher Dosen begünstigt; sie tritt bei älteren Patienten häufiger auf als bei jüngeren 5 In schweren Fällen ist keine Beatmung mehr möglich und es muss ein

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Kapitel 9 · Opioide

Muskelrelaxans injiziert werden, um die Rigidität zu durchbrechen Weitere unerwünschte Nebenwirkungen  5 Übelkeit und Erbrechen 5 Juckreiz 5 Toleranz: bei chronischer Zufuhr muss die Dosis gesteigert werden 5 Hyperalgesie: Zunahme der Schmerzen trotz Steigerung der Opioiddosis 5 Opioidinduzierter, kurzer Hustenanfall bei Bolusinjektionen von Fentanyl, Remifentanil und Sufentanil zur Narkoseeinleitung 5 Histaminfreisetzung: v. a. durch Morphin oder Pethidin, nicht durch die hochpotenten Opioide

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z Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

5 Opioide verstärken die Wirkung der Benzodiazepine und der i.v.-Anästhetika; der Dosisbedarf beider Substanzgruppen wird vermindert, die atemdepressive Wirkung verstärkt 5 Opioide senken den MAC-Werte der Inhalationsanästhetika; die Atemdepression wird verstärkt, der Dosisbedarf vermindert 5 Die Kombination der Opioide mit Neuroleptika führt zur Neuroleptanalgesie (mit erhaltener Spontanatmung) oder zur Neuroleptanästhesie (kontrollierte Beatmung erforderlich). Wegen der neuroleptischen Nebenwirkung werden diese Verfahren nicht mehr angewendet 5 Pethidin und Tramadol sind bei Patienten, die MAO-Hemmer einnehmen, kontraindiziert, weil sie ein lebensbedrohliches exzitatorisches Syndrom auslösen können. Die hochpotenten Opioide scheinen dagegen sicher zu sein

9.2.1  Fentanyl

Standardopioid für Narkosen mit 100-mal stärkerer analgetischer Wirkung als Morphin (0,1 mg entsprechen 10 mg Morphin) 5 Selektiver Mü-Rezeptor-Agonist mit raschem Wirkungseintritt und kurzer Wirkdauer 5 Wirkt stark analgetisch, sedierend und atemdepressiv; schaltet aber das Bewusstsein nicht sicher aus und muss daher mit einem Hypnotikum oder einem volatilen Anästhetikum kombiniert werden 5 Wird für Narkosen nur i.v. zugeführt. Ist bei oraler Zufuhr unwirksam (hepatischer Abbau bereits bei der ersten Passage) 5 Antagonist: Naloxon Fentanylhandelspräparate 5 2-ml-Ampulle: Injektionslösung zu 0,1 mg = 50 µg/ml bzw. 0,05 mg/ml 5 10-ml-Ampulle: Injektionslösung zu 0,5 mg = 50 µg/ml bzw. 0,05 mg/ml

z Pharmakologische Eigenschaften

5 Maximaler Wirkungseintritt nach Bolusinjektion: in 3–5 min 5 Wirkdauer: nach Bolusinjektion mindestens 20–30 min, relative Wirkdauer 60–120 min. Bei wiederholten Injektionen kumuliert Fentanyl; die Wirkung wird verlängert, die Gefahr der postoperativen Atemdepression erhöht 5 Wird zu mehr als 90 % in der Leber zu inaktiven Metaboliten abgebaut und im Urin ausgeschieden Fentanyl: Anwendung und Dosierung 5 10-ml-Ampulle: Injektionslösung zu 0,5 mg = 50 µg/ml bzw. 0,05 mg/ml

9.2 · Für Narkosen eingesetzte Opioide

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z Pharmakologische Eigenschaften 5 Kurz vor der Narkoseeinleitung: 1–5 µg/kgKG i.v. zur Unterdrückung der Intubationsreaktion 5 Kombination mit volatilen Anästhetika (balancierte Anästhesie) oder als analgetische Komponente einer TIVA: – Bolusinjektionen: ca. 0,5–2,5 µg/ kgKG – Infusion: zu Beginn Bolus von 1–5  µg/kg, dann kontinuierlich ca. 0,1 µg/kg/min bzw. nach Bedarf. Infusion ca. 40 min vor OP-Ende stoppen 5 Bei älteren und bei geschwächten Patienten: Dosisreduktion!

9.2.2  Sufentanil

Selektiver Mü-Rezeptor-Agonist, stärkstes aller verwendeten Opioide: 500- bis 1­ 000-mal stärker analgetisch wirksam als Morphin, ca. 7- bis 10-mal stärker als Fentanyl. Antagonist ist Naloxon. Sufentanilhandelspräparate: Sufenta und Generika 5 Die Lösung ist klar und farblos und enthält keine Konservierungsmittel 5 Sufentanil Hameln: Ampullen mit 5, 10 und 50 µg/ml Injektionslösung 5 Sufentanil Ratiopharm: Ampullen mit 0,05 mg/1 ml, 0,25 mg/5 ml, 1 mg/20 ml und 5 µg/ml 5 Die Lösungen können mit NaCl-, Elektrolyt- oder Glukoselösung vermischt werden 5 Die Verdünnungen müssen sofort angewendet werden, da sie keine Konservierungsmittel enthalten

5 Tiefe Analgesie, Sedierung bis Schlaf, Atemdepression 5 Schaltet das Bewusstsein nicht sicher aus und wird daher mit einem ­ i.v.Anästhetikum oder einem volatilen Anästhetikum kombiniert 5 Maximaler Wirkungseintritt in 2–4 min 5 Minimale Wirkdauer: 30 min; relative Wirkdauer: 100–150 min 5 Abbau in der Leber und im Dünndarm; Wirkung verlängert bei eingeschränkter Leberfunktion 5 Nur geringe kardiovaskuläre Wirkungen: evtl. leichter Blutdruckabfall und geringe Abnahme der Herzfrequenz 5 Nebenwirkungen: Atemdepression bis hin zur Apnoe. Ausgeprägte Muskelrigidität bei rascher Injektion und hohen Dosen, weitere Nebenwirkungen 7 Abschn. 9.2 5 Interaktionen: verstärkt die Wirkung von Benzodiazepinen, Barbituraten, Neu­ roleptika und Alkohol z Praktische Anwendung

5 Basisanalgetikum bei der balancierten Anästhesie oder der TIVA 5 Analgosedierung von Intensivpatienten 5 Epidural: postoperative Schmerztherapie; zusammen mit Lokalanästhetikum bei Sectio caesarea 5 Intraspinal: zusammen mit Lokalanästhetikum bei Sectio caesarea Sufentanil: Anwendung und Dosierung 5 Grundsätzlich individuell dosieren, bei älteren oder sehr kranken Patienten Dosis reduzieren 5 Direkt vor Narkoseeinleitung zur Abschwächung der Intubationsreaktion: 0,3–5 µg/kgKG langsam i.v. 5 Aufrechterhaltung der Narkose bei bal­ancierter Anästhesie oder TIVA:

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Kapitel 9 · Opioide

– Bolusinjektionen: 0,15–0,7 µg/kgKG – Kontinuierliche Infusion (nach Bolusinjektion): 0,3–1,5 µg/kgKG/min

5 Wirkdauer ca. 5–10 min, unabhängig von der Infusionsdauer; kontextsensitive Halbwertszeit 3–4 min z Vorteile und Besonderheiten

9.2.3  Remifentanil

Selektiver Mü-Rezeptor-Agonist mit raschem Wirkungseintritt und der kürzesten Wirkdauer aller Opioide. Antagonist ist Naloxon. Remifentanilhandelspräparat: Ultiva

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5 Kristallines Pulver in Stechampullen zu 1, 2 und 5 mg; enthält Glycin als Hilfsstoff. Wird bei Raumtemperatur aufbewahrt 5 Wird mit 1, 2 oder 5 ml NaCl 0,9 % oder 0,45 % oder Glukose 5 % aufgelöst. Diese Lösung enthält 1 mg (=1000 µg/ml) 5 Danach Standardverdünnung mit NaCl-, Vollelektrolytlösung oder G5 %-Lösung: 50 µg/ml bei Erwachsenen und 20–25 µg/ml bei Kindern ab dem 1. Lebensjahr 5 Die hergestellte Infusionslösung ist 24 h chemisch und physikalisch stabil, enthält aber keinen Stabilisator und sollte daher so bald wie möglich verwendet werden

z Pharmakologische Eigenschaften

5 Darf wegen des Glycinzusatzes nur i.v. zugeführt werden, nicht peridural oder intrathekal 5 Analgetische Wirkstärke wie Fentanyl 5 Wird rasch durch unspezifische Plasmaund Gewebeesterasen gespalten (inaktiviert), unabhängig von der Leber- und Nierenfunktion 5 Effektive Halbwertszeit 3–20 min; kontextsensitive Halbwertszeit 3–4 min, unabhängig von der Infusionsdauer 5 Wirkungseintritt: nach 60–90 s

5 Sehr gut steuerbar. Kumuliert nicht. Kein Überhang 5 Rasches Erwachen ohne lange anhaltende Atemdepression, auch nach mehrstündiger Infusionsdauer 5 Wird organunabhängig inaktiviert; ­Nieren- oder Lebererkrankungen haben keinen Einfluss auf die Wirkdauer z Kontraindikationen

5 Allergie gegen Remifentanil oder seine Bestandteile oder gegen Opioide einer anderen Klasse 5 Keine peridurale oder intraspinale Injektion z Praktische Anwendung

5 Analgetikum zur Einleitung und Aufrechterhaltung von Narkosen in Kombination mit volatilen Anästhetika (balancierte Anästhesie) oder Propofol (TIVA) 5 Analgosedierung bei schmerzhaften Maßnahmen mit erhaltener Spontanatmung möglich. Dabei ist eine lückenlose Überwachung der Atmung erforderlich. Nur per Infusion anwenden, Bolusinjektionen sind nicht zu empfehlen 5 Analgosedierung bei beatmeten Intensivpatienten z Bei der Anwendung zu beachtende Besonderheiten

5 Stark atemdepressiv, daher nur anwenden, wenn die Atemwege gesichert sind 5 Ausgeprägte Bradykardie und Blutdruckabfall möglich, besonders bei (rascher) Bolusinjektion oder Infusion hoher Dosen – Die zentral bedingte Bradykardie kann durch Atropin beseitigt werden, der Blutdruckabfall durch einen Vasopressor

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9.2 · Für Narkosen eingesetzte Opioide

– Bradykardie und Blutdruckabfall treten verstärkt auf bei Patienten, die β-Blocker oder Kalziumantagonisten einnehmen 5 Muskelrigidität, besonders bei rascher Bolusinjektion oder Zufuhr höherer Dosen. Daher langsam injizieren, hohe Dosen vermeiden 5 Oft schlagartiges Erwachen mit Schmerzen, daher rechtzeitig Analgetika zuführen Remifentanil: Anwendung und Dosie­ rung 5 Perfusoransatz (Beispiele): – 2,5 mg auf 50 ml NaCl: 1 ml enthält 50 µg/ml – 1 mg auf 50 ml NaCl: 1 ml enthält 20 µg/ml 5 Grundsätzlich individuell dosieren; bei älteren Patienten deutliche Dosisreduktion, bei starker Adipositas (>30 %) Dosierung nach dem Idealgewicht 5 Kann mit Propofol über denselben Infusionsschlauch zugeführt werden, aber nicht mit Blut, Serum oder Plasma, da eine Inaktivierung durch unspezifische Esterasen in diesen Produkten möglich ist 5 Narkoseeinleitung: – Bei Bedarf: Vorinjektion von Fentanyl, z. B. 0,1 mg – Beginn der Infusion individuell mit ca. 0,1–0,25–0,5 µg/kgKG/min. Vorsicht bei höheren Dosen: Gefahr von Bradykardie, Blutdruckabfall und Thoraxrigidität – Verspürt der Patient ein Wärmegefühl oder Schwindel, wird das i.v.-Anästhetikum, z.  B. Propofol, für die Einleitung injiziert und dann erfolgt – nach Muskelrelaxierung – die Intubation 5 Aufrechterhaltung der Narkose mit individueller Dosierung von Remifentanil

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– Um eine ausreichende Narkosetiefe zu  erzielen, muss Remifentanil mit einer Propofolinfusion kombiniert werden oder mit einem volatilen Anästhetikum, z. B. Isofluran 0,4– 0,6 Vol.-%, Desfluran 3 Vol.-% oder Sevofluran 1 Vol.-% – Bolusinjektionen vermeiden oder über mindestens 30 s injizieren – Remifentanil kann bis zum OP-Ende zugeführt werden. Die ­ Aufwachphase wird hierdurch nicht verlängert, auch ist in der Regel keine Nachbeatmung erforderlich 5 Zu beachten: kurz nach Ende der Remifentanilifusion können schlagartig heftige Wundschmerzen auftreten. Daher rechtzeitig Analgetika zuführen, z. B. Injektion von Piritramid ca. 20 min vor Abstellen der Remifentanilinfusion oder Infusion mit ca. 0,1 µg/kgKG/min fortsetzen (lückenlose Überwachung der Atmung!)

9.2.4  Alfentanil

Selektiver Mü-Rezeptor-Agonist mit schnel­ lem Wirkungseintritt und kurzer Wirkdauer. Die analgetische Wirkung ist 3- bis 4-mal geringer als die von Fentanyl. Alfentanil wird als analgetische Komponente für die balancierte Anästhesie oder TIVA eingesetzt. Die Zufuhr erfolgt nur i.v.; orale Gabe unwirksam. Antagonist ist Naloxon.

Alfentanilhandelspräparat: Rapifen 5 2-ml-Ampullen: Injektionslösung zu 1 mg/2 ml (=0,5 mg/ml) 5 10-ml-Ampulle: Injektionslösung zu 5 mg/10 ml (=0,5 mg/ml) 5 Ampullen bei Raumtemperatur lagernd

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Kapitel 9 · Opioide

5 Kann für die Infusion mit NaCl- oder Glukoselösungen vermischt werden

z Pharmakologische Eigenschaften

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Stark analgetisch, sedierend und atemdepressiv; schaltet das Bewusstsein nicht sicher aus und muss deswegen mit einem Hypnotikum kombiniert werden. 5 Wirkungseintritt: nach ca. 1 min. Wirkt somit deutlich schneller als Fentanyl nach i.v. Injektion und damit deutlich schneller als Fentanyl, 5 Wirkdauer: ca. 15 min. Höhere Dosen verlängern die Wirkung, ebenso eine längere Anwendungszeit 5 Gut steuerbar 5 Wird in der Leber inaktiviert; die Metaboliten werden über die Nieren ausgeschieden z Nebenwirkungen

5 Ausgeprägte Bradykardie und Blutdruckabfall möglich, besonders bei zu rascher Injektion sowie bei Kombination mit Propofol. Die Bradykardie kann in der Regel mit Atropin beseitigt werden 5 Weitere Nebenwirkungen: wie bei allen Mü-Rezeptor-Agonisten (7 Abschn. 9.2) z Praktische Anwendung

5 Primär als analgetische Komponente einer Allgemeinanästhesie. Wird dafür mit einem i.v.-Anästhetikum (Propofol) oder

mit einem volatilen Anästhetikum kombiniert. Maschinelle Beatmung erforderlich! 5 Kurznarkosen bei stationären und ambulanten Patienten 5 Analgosedierung unter erhaltener Spontanatmung für schmerzhafte Prozeduren (Cave: Atemdepression!) Alfentanil: Anwendung und Dosie­ rung 5 Bei kurzen Eingriffen (60  min): kontinuierliche Infusion: Anfangsbolus ca. 15 µg/kgKG, dann kontinuierliche Infusion von 0,5–3 µg/kgKG/min oder etwa alle 15 min Bolusinjektionen von 5–15 µg/kgKG 5 Bei alten Patienten: Dosisreduktion 5 Letzte Dosis Rapifen ca. 10 min vor dem Ende des Eingriffs zuführen, um postoperative Atemdepression zu vermeiden 5 Bei Anwendung hoher Dosen: Gefahr der Atemdepression in der postoperativen Phase 5 Zu beachten: Wenn Alfentanil mit Naloxon antagonisiert wird, kann die Atemdepression nach Abklingen der Naloxonwirkung zurückkehren! In dieser Phase keine Benzodiazepine geben

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Muskelrelaxanzien Inhaltsverzeichnis 10.1 In Kürze – Grundlagen – 74 10.2 Succinylcholin – 74 10.3 Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien – 75 10.3.1 Allgemeine Grundlagen – 75 10.3.2 Einzelne nichtdepolarisierende Relaxanzien – 76 10.3.3 Einschätzung des Relaxierungsgrads – 79

10.4 Antagonisierung von ND-Muskelrelaxanzien ­­ – 79 10.4.1 Antagonisten – 80 10.4.2 Grundsätze der Antagonisierung – 81 10.4.3 Überprüfung der muskulären Erholung mit dem Nervenstimulator – 81

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_10

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Kapitel 10 · Muskelrelaxanzien

10.1  In Kürze – Grundlagen

Periphere Muskelrelaxanzien blockieren die Erregungsübertrag an der motorischen Endplatte und lähmen die quergestreifte Muskulatur. z Praktische Anwendung

5 Endotracheale Intubation: Relaxanzien erleichtern die Intubation durch Lähmung der Stimmbänder und der Kiefermuskulatur und durch Ausschaltung von Abwehrbewegungen 5 Operative Eingriffe, die eine gute Muskelerschlaffung erfordern: Relaxanzien verbessern die Operationsbedingungen durch Verhinderung von Husten, Pressen und Abwehrbewegungen 5 Maschinelle Beatmung: Relaxanzien verhindern das Gegenatmen des Patienten z Wirkmechanismus

10

Nach dem Wirkmechanismus werden zwei Arten von Muskelrelaxanzien unterschieden: 1. Depolarisierende Relaxanzien: Sie reagieren mit dem Rezeptor und depolarisieren die motorische Endplatte. Hierdurch entsteht eine schlaffe Lähmung der Muskulatur (Depolarisationsblock). Die Blockade kann nicht antagonisiert werden. Nur eine Substanz wird klinisch eingesetzt: Succinylcholin 2. Nichtdepolarisierende Relaxanzien (ND-Relaxanzien): Sie verdrängen den natürlichen Überträgerstoff Acetylcholin vom Rezeptor und besetzen die motorische Endplatte, ohne mit ihr zu reagieren (kompetitiver Block). Die Blockade kann antagonisiert werden. Gängige ND-Relaxanzien sind Mivacurium, Atracurium, Cisatracurium, Vecuronium und Rocuronium. Pancuronium wird kaum noch eingesetzt z Wichtige Kenndaten und Definitionen

5 ED95: Effektive Dosis (ED) eines Muskelrelaxans (in mg/kgKG), die zu einer

95  %igen neuromuskulären Blockade führt, d. h. 95 % der Rezeptoren besetzt 5 Intubationsdosis: Die endotracheale Intubation ist ein maximaler Reiz. Um gute Intubationsbedingungen zu erreichen, muss daher das Relaxans höher dosiert werden als für chirurgische Maßnahmen. In der Regel ist die Intubationsdosis doppelt so hoch wie die ED95 5 Anschlagzeit: Zeit vom Injektionsbeginn bis zum Eintritt der maximalen Muskelerschlaffung 5 Klinische Wirkdauer (DUR125): Zeit bis zur Erholung der neuromuskulären Blockade bis auf 25 %. In dieser Zeit besteht für die meisten Eingriffe eine ausreichende Muskelerschlaffung 5 Gesamtwirkdauer (DUR95): Zeitraum von der Injektion des Muskelrelaxans bis zur 95 %igen Erholung der muskulären Funktion Einteilung der Relaxanzien nach der klinischen Wirkdauer (DUR25) 5 Ultrakurz = 50  min: Pancuronium

10.2  Succinylcholin

Succinylcholin oder Suxamethonium ist der einzige klinisch eingesetzte Depolarisationsblocker. 5 Schnellste Anschlagzeit aller Relaxanzien, aber viele, teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen 5 Nicht antagonisierbar.

1

DUR, von englisch „duration“: Dauer

10.3 · Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien

> Succinylcholin wird nur noch bei zu erwartenden Intubationsschwierigkeiten und für die „Ileuseinleitung“ bei vollem Magen (sog. ­„rapid-sequence-induction“) eingesetzt. Alternative für diese Situationen: Rocuronium in Intubationsdosis.

Succinylcholin bewirkt 2 Arten von Blockaden: 5 Depolarisationsblock: Dies ist die Haupt­ wirkung. Sie kann nicht antagonisiert werden 5 Phase-II-Block: Eine lange anhaltende Muskellähmung, die auftreten kann, wenn Succinylcholin wiederholt nachinjiziert oder in hohen Dosen (mehr als 5 mg/kgKG) zugeführt wird. Der Block ist teilweise antagonisierbar. Succinylcholin: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparate: Lysthenon, Pantolax, Succinolin (Schweiz), Midarine (Schweiz) 5 Gebrauchsfertige Lösung: 1 Amp. mit 5 ml = 100 mg (20 mg/ml) 5 Dosierung: ED95 0,5–0,6 mg/kgKG; Einzeldosis 0,5–1 mg/kgKG i.v. 5 Wirkungseintritt: innerhalb von wenigen Sekunden 5 Maximalwirkung: innerhalb von 60– 90 s nach i.v.-Injektion, 3–4 min nach i.m.-Injektion 5 Wirkdauer einer Einzeldosis (1 mg/ kgKG): 5–10 min 5 Volle Rückkehr der Muskelkraft nach etwa 12–15 min 5 Antagonist: nicht antagonisierbar

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10

5 Hyperkaliämie bis hin zum hyperkaliämischen Herzstilstand durch Ausstrom von Kalium an der motorischen Endplatte in den extrazellulären Raum 5 Anstieg des Augeninnendrucks (IOP). Maximum nach 2–4  min, Dauer ca. 6 min, 7 Kap. 42 5 Kurzzeitiger Anstieg des intraabdominellen Drucks (variabel). Ursache: Faszikulationen der Bauchmuskeln. Hierdurch Gefahr der Regurgitation von Mageninhalt 5 Muskelkater z Absolute Kontraindikationen

5 Hyperkaliämie: Gefahr des hyperkaliämischen Herzstillstands. Vorsicht bei schwerer Niereninsuffizienz 5 Bettlägerigkeit und Immobilität über mehr als 48 h wegen der Kaliumfreisetzung mit der Gefahr eines hyperkaliämischen Herzstillstands 5 Verbrennungskrankheit: Hyperkaliämiegefahr nach der ersten Woche bis zu 60 Tagen nach der Verbrennung 5 Perforierende Augenverletzungen 5 Bekannte oder vermutete maligne Hyperthermie: Triggersubstanz! 5 Muskeldystrophie Typ Duchenne und Myotonia congenita: Gefahr des Herzstillstands 5 Atypische Cholinesterase (angeboren) und erworbener Pseudocholinesterasemangel: Verlängerung der Wirkdauer 10.3  Nichtdepolarisierende

Muskelrelaxanzien

z Nebenwirkungen

10.3.1  Allgemeine Grundlagen

Succinylcholin hat erhebliche, teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen! 5 Bradykardie/Bradyarrhythmien bis Herzstillstand (Asystolie) durch Stimulation muscarinartiger postganglionärer Rezeptoren des Sinusknotens

ND-Relaxanzien bewirken einen Nichtdepolarisationsblock. Chemisch werden unterschieden: 5 Aminosteroide: Rocuronium, Vecuronium und Pancuronium

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Kapitel 10 · Muskelrelaxanzien

5 Benzylisochinoline: Atracurium, Cisatracurium und Mivacurium. z Pharmakologie

Die muskelrelaxierende Wirkung tritt erst ein, wenn mehr als 75 % der Rezeptoren besetzt sind, eine komplette Lähmung erst bei einer Blockade von 80–90 % der Rezeptoren. Reihenfolge der Blockade: zuerst die kleinen, schnellen Muskeln: Finger, Augen, Zehen, Zunge, danach Arme und Beine, Stamm- und Halsmuskulatur, zuletzt die Atemmuskulatur einschließlich Zwerchfell z Einflüsse auf die muskelrelaxierende Wir­ kung

10

5 Niereninsuffizienz: Die Wirkung kann verlängert sein, jedoch nicht bei Atracurium und Cisatracurium, da beide Substanzen organunabhängig abgebaut werden 5 Isofluran, Sevofluran und Desfluran: vermindern den Dosisbedarf 5 Unterkühlung verlängert die Wirkdauer  der ND-Relaxanzien. Dieser Effekt ist besonders am OP-Ende zu beachten 5 Kinder: Die Wirkung setzt schneller ein und ist meist kürzer (Ausnahme: Vecuronium) 5 Alte Patienten: Der Dosisbedarf für Rocuronium, Vecuronium und Pancuronium ist vermindert; die Injektionsintervalle sind verlängert. Der Dosisbedarf und die Wirkdauer von Atracurium und Cisatracurium sind dagegen unverändert 5 Interaktionen: Einige Antibiotika, Lokalanästhetika, Furosemid, Magnesiumsulfat und Lithium verstärken die relaxierende Wirkung der N ­ D-Relaxanzien und verlängern die Wirkung z Dosierung

5 Endotracheale Intubation: etwa das ­2-fache der ED95, um rasch gute Intubationsbedingungen zu erreichen 5 Chirurgische Relaxierung: Anfangsdosis ED95 oder weniger, wenn die ­Trachea

ohne Relaxans intubiert wurde. Bei Anwendung volatiler Inhalationsanäs­ thetika Dosis noch weiter reduzieren. Überdosierung verlängert die Wirkung und sollte vermieden werden 5 Adipositas: Dosierung nicht nach dem aktuellen Gewicht, sondern 20 % über dem Idealgewicht, um lange anhaltende Blockaden zu vermeiden z Klinische Anwendung

5 Relaxans so dosieren, dass eine ausreichende Relaxierung eintritt 5 Wirkung möglichst mit dem Nervenstimulator („train of four“, TOF, 7 Abschn. 10.3.3) kontrollieren 5 Erst nachinjizieren, wenn im TOF Zeichen der beginnenden Erholung nachweisbar sind

10.3.2  Einzelne

nichtdepolarisierende Relaxanzien

Mivacurium Am kürzesten wirkendes ND-Muskelrelaxans, jedoch mit verzögertem Wirkungseintritt. > Mivacurium ist für die Ileuseinleitung nicht geeignet!

z Besonderheiten

5 Gut geeignet für kurze Operationen und ambulante Eingriffe 5 Die Anschlagzeit und der Relaxierungsgrad schwanken erheblich 5 Bei Kindern tritt die Wirkung schneller ein, ist aber verkürzt 5 Wird durch Plasmacholinesterase gespalten und inaktiviert 5 Bei Nieren- oder schwerer Leberinsuffizienz ist die Wirkdauer verlängert

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10.3 · Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien

Mivacurium: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparat: Mivacron: Ampullen mit 2 mg/ml: 5-ml-Ampullen = 10  mg, 10-ml-­Ampullen  = 20  mg 5 Relaxierungsdosis (ED95): 0,07  mg/ kgKG 5 Intubationsdosis: 0,15–0,2 mg/kgKG 5 Anschlagzeit ca. 3–5 min 5 Relaxierungsdauer: dosisabhängig, ca. 13–23 min 5 Antagonist: Neostigmin. Gabe wegen der kurzen Wirkdauer in der Regel nicht sinnvoll 5 Nebenwirkungen: Blutdruckabfall und Tachykardie bei schneller Injektion (Histaminfreisetzung!)

Atracurium Mittellang wirkendes ND-Muskelrelaxans für Eingriffe mit einer Mindestdauer von 30–45 min. z Besonderheiten

5 Wird durch Hofmann-Elimination und durch Esterspaltung inaktiviert, d.  h. nicht verstoffwechselt und kann daher auch bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen angewendet werden 5 Kumuliert nicht Atracurium: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparate: Tracrium und Generika 10 mg/ml (5-ml-Amp. = 50  mg und 2,5-ml-Amp. = 25  mg) 5 Wird bei Raumtemperatur inaktiviert. Daher bis direkt vor Gebrauch im Kühlschrank lagern 5 Relaxierungsdosis (ED95): 0,23  mg/ kgKG 5 Intubationsdosis: 0,3–0,4 mg/kgKG, für rasche Intubation: 0,5–0,6  mg/ kgKG

10

5 Anschlagzeit nach 0,3–0,4 mg/kgKG: 2–3 min 5 Erhaltungsdosis: 5–10 % der Intubationsdosis 5 Wirkdauer: je nach Dosis ca. 30–40– 50 min 5 Kontinuierliche Infusion: 6–8  µg/ kgKG/min, konstant oder variabel nach TOF 5 Antagonist: Neostigmin 0,5 mg/kgKG + 0,5–2 mg Atropin i.v. 5 Nebenwirkung: Blutdruckabfall und Anstieg der Herzfrequenz durch Histaminfreisetzung (selten, v. a. bei langsamer Injektion)

Cisatracurium Mittellang wirkendes ND-Muskelrelaxans für Eingriffe mit einer Dauer von mindestens 30–45 min. z Besonderheiten

5 Wird organunabhängig durch ­HofmannElimination inaktiviert (wie Atracurium; Abschn. 10.3.2.2) 5 Die Wirkung setzt langsamer ein als die von Atracurium 5 Setzt kein oder nur sehr wenig Histamin frei Cisatracurium: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparate: Nimbex und Generika: 2 mg/ml in 5-ml-Amp., 5 mg/ml in 2,5-ml-Ampullen 5 Im Kühlschrank aufbewahren! 5 Relaxierungsdosis (ED95): 0,05  mg/ kgKG 5 Intubationsdosis: 0,15–0,2 mg/kgKG 5 Anschlagzeit nach 0,1  mg/kgKG: 3–5 min 5 Erhaltungsdosis: 5–10 % der Intubationsdosis 5 Infusion: 1–2 µg/kgKG

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Kapitel 10 · Muskelrelaxanzien

5 Wirkdauer: 30–45 min 5 Relaxierungsdauer (dosisabhängig): ca. 45–55 min 5 Antagonist: Neostigmin 0,05/ kgKG + 0,5–2 mg Atropin i.v. 5 Nebenwirkungen: Bradykardie, Blutdruckabfall, sehr selten allergische Reaktionen

Rocuronium Mittellang wirkendes ND-Relaxans mit dem schnellsten Wirkungseintritt alles ND-Relaxanzien. Es wird sowohl für die Routineintubation als auch für die Intubation bei der Einleitung von Patienten mit vollem Magen (Ileuseinleitung) anstelle von Succinylcholin eingesetzt. z Besonderheit

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5 Kann innerhalb kurzer Zeit spezifisch mit Sugammadex antagonisiert werden, z. B. wenn die Intubation misslingt

5 Relaxierungsdauer: dosisabhängig, ca. 60–90 min 5 Antagonisten: Sugammadex, Neostigmin 5 Nebenwirkungen: selten; manchmal leichter Anstieg der Herzfrequenz

Vecuronium Mittellang wirkendes ND-Muskelrelaxans für mittellange und lange Eingriffe sowie die Routineintubation. z Besonderheiten

5 Hat keinen Einfluss auf autonome Ganglien und muskarinartige Rezeptoren 5 Setzt in klinischen Dosen kein Histamin frei 5 Wird in der Leber abgebaut und mit der Galle ausgeschieden, zum Teil auch über die Nieren Vecuronium: Anwendung und Dosie­ rung

Rocuronium: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparate: Esmeron und Generika in gebrauchsfertiger Lösung: 10 mg/ml in 5- und 10-ml-Ampullen 5 Relaxierungsdosis (ED95): 0,3  mg/ kgKG; Anschlagzeit 2,5 min, Wirkdauer ca. 24 min 5 Intubationsdosis 0,6–1,2 mg/kgKG. Anschlagzeit 60–150 s, Wirkdauer ca. 45 min und länger 5 Ileuseinleitung: 1,2  mg/kgKG; hierdurch Verlängerung der Wirkung auf bis zu 70 min 5 Erhaltungsdosis: 5–15 % der Intubationsdosis 5 Kontinuierliche Infusion: 10–12  µg/ kgKG/min, bei Einsatz von Inhalationsanästhetika Dosis reduzieren auf ca. 8 µg/kgKG/min

5 Präparate: Norcuron und Generika. 1 Flasche enthält 10 mg Pulver 5 Relaxierungsdosis (ED95): 0,06– 0,07  mg/kgKG, Anschlagzeit ca. 3–5 min 5 Intubationsdosis: 0,08–0,12 mg/ kgKG; Anschlagzeit 2–3 min 5 Erhaltungsdosen: 5–15 % der Intubationsdosis bzw. nach TOF 5 Relaxierungsdauer: dosisabhängig, ca. 60–90 min 5 Antagonist: Neostigmin: 0,05  mg/ kgKG + 0,5–2 mg Atropin i.v.; alternativ: Sugammadex 2–4 mg/kgKG i.v. 5 Nebenwirkungen: kein wesentlicher Einfluss auf Blutdruck und Herzfrequenz; sehr selten Bradykardien oder allergische Reaktionen

79

10.4 · Antagonisierung von ND-Muskelrelaxanzien

10.3.3  Einschätzung des

Relaxierungsgrads

Die muskellähmende Wirkung der Relaxanzien wird klinisch und (genauer) mit dem Nervenstimulator eingeschätzt. z Beobachtung des Patienten und klinische Einschätzung

5 Intraoperativ: – Bewegt sich der Patient? – Presst er mit der Bauchmuskulatur? – Wie ist der Tonus der Fingermuskulatur? 5 Postoperativ: – Kann der Patient die Augen öffnen und fixieren? – Kann er verständlich sprechen? – Wie stark ist sein Händedruck? – Kann er den Arm und den Kopf anheben und halten? ! Cave Kann der ansprechbare Patient postoperativ nur mühsam die Augen öffnen, besteht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch eine gefährliche Anrelaxierung.

Nervenstimulator Die elektrische Nervenstimulation ist das Standardverfahren. Am häufigsten wird hierbei der Train-of-Four (TOF) angewendet. Der TOF überprüft die Zuckungsreaktion eines Muskels auf einen elektrischen Reiz.

10

5 Erst wenn mindestens 70 % der Rezeptoren durch ein ND-Muskelrelaxans besetzt sind, nimmt die Zuckungsamplitude ab. Dabei ist die 4. Zuckung stärker vermindert als die der anderen 3 Zuckungen 5 Treten nur noch 1–2 Zuckungen auf 4  Einzelreize auf, besteht eine 90– 95 %ige Blockade 5 Sind keine Zuckungen mehr auslösbar, liegt eine tiefe Blockade vor Praxistipps 5 Für die endotracheale Intubation sollten alle 4 Zuckungen aufgehoben sein 5 Für Operationen reicht meist eine 90– 95 %ige Blockade (1–2 Zuckungen des Daumens) aus. Husten und Pressen werden in diesem Stadium jedoch nicht sicher verhindert 5 Bei Wiederauftreten der 4. Zuckung während der Operation sollte nachrelaxiert werden

z Train-of-Four-Ratio (TOFR)

Hierbei wird die erste mit der vierten Zuckung verglichen: Die TOF-Ratio ist das Verhältnis bzw. der Quotient aus erster und vierter Reizantwort (Zuckung). Bei einer TOFR von 0,7 entspricht die 4. Reizantwort 70 % der 1. Reizantwort bzw. Zuckung. Bei einer tiefen neuromuskulären Blockade tritt keine Zuckung mehr auf und die TOFR ist 0.

z Train-of-Four (TOF)

Der TOF ist eine Serie von 4 elektrischen Einzelreizen der Daumenmuskulatur im Abstand von 0,5 s (Frequenz 4 Hz). Die elektrische Stimulation ist nicht schmerzhaft und erfordert keine Bestimmung von Kontrollwerten vor der Injektion des Muskelrelaxans. z z Was der TOF aussagt

5 Keine Blockade: Alle 4 Zuckungsausschläge (Amplituden) des Daumens sind gleich hoch

10.4  Antagonisierung von ­­ND-

Muskelrelaxanzien

Alle ND-Muskelrelaxanzien können mit Cholinesterasehemmern (Anticholinesterasen) antagonisiert werden, Rocuronium und Vecuronium außerdem mit Sugammadex (sog. Reversierung).

80

Kapitel 10 · Muskelrelaxanzien

10.4.1  Antagonisten

Sugammadex

Cholinesterasehemmer

z Besonderheit

Diese Medikamente hemmen das Enzym Acetylcholinesterase. Hierdurch steigt die Acetylcholinkonzentration an der motorischen Endplatte an. Sie wirken aber auch auf autonome Ganglien, glatte Muskelzellen, exokrine Drüsen und an Rezeptoren im Herzen mit entsprechenden parasympathikomimetischen Nebenwirkungen: 5 Bradykardie 5 Bronchospasmus 5 Sekretionssteigerung, Speichelfluss 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Magen-Darm-Spasmen, Durchfälle 5 Muskelzuckungen, Sehstörungen.

5 Wirkt im Plasma, nicht an der motorischen Endplatte 5 Hüllt Rocuronium und Vecuronium ein

Durch Kombination mit dem Parasympathikolytikum Atropin können die Nebenwirkungen reduziert werden.

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> Cholinesterasehemmer sollten immer mit Atropin kombinieren, um die parasympathische Stimulation des Herzens, der Speicheldrüsen und des M ­ agen-Darm-Trakts zu verringern!

z Vorteile

5 Rocuronium oder Vecuronium können zu jedem beliebigen Zeitpunkt und unabhängig von der verabreichten Relaxansdosis antagonisiert werden 5 Die Relaxierung wird innerhalb von 2 min vollständig aufgehoben z Nebenwirkungen

5 Geschmacksstörungen (beim wachen Patienten) 5 Husten 5 Unwillkürliche Bewegungen, Grimassieren, Kauen auf dem Tubus 5 Erneute Relaxierung, wenn Rocuronium und Vecuronium aus der Sugammadexumhüllung verdrängt werden 5 Sugammedex kann Kontrazeptiva umhüllen, daher Empfängnisverhütung nicht sicher! Hinweis an Frauen erforderlich.

z Gebräuchliche Cholinesterasehemmer:

5 Neostigmin: Standardsubstanz! Dosierung 0,04–0,05–0,07 mg/kgKG, je nach TOF,  +  1 mg Atropin. Maximale Wirkung nach 7–11 min, Wirkdauer ca. 20– 30 min 5 Pyridostigmin: Dosierung 10–20 mg pro 70  kgKG + 1  mg Atropin. Maximale Wirkung nach 1–2 min 5 Edrophonium: Dosierung: 35–70  mg pro 70 kgKG + 1 mg Atropin. Maximale Wirkung nach 15–20 min > ND-Muskelrelaxanzien sollten nur unter kontinuierlicher EKG-Kontrolle mit Anticholinesterasen antagonisiert werden!

Sugammadex: Anwendung und Dosie­ rung 5 Präparat: Bridion, 2- und ­ 5-mlAmpullen zu je 100 mg/ml 5 Zügig i.v. injizieren (innerhalb von 10 s) 5 Dosierung: – Leichte Blockade (TOFR 0,4–0,9): 0,25–0,50 mg/kgKG – Mäßige Blockade (mindestens TOF 2): 2 mg/kgKG – Tiefe Blockade: 4 mg/kgKG 5 Antagonisierung wenn die Intubation misslingt und der Patient nicht beatmet werden kann: 16 mg/kgKG

– Nicht antagonisieren, wenn TOFR > 0,9 – Wartezeit vor erneuter Zufuhr von Rocuronium oder Vecuronium nach Antagonisierung mit Sugammadex: 24 h. Wenn früher eine Muskelrelaxierung erforderlich ist: anderes ND-Relaxans einsetzen

10.4.2  Grundsätze der

Antagonisierung

5 Ein ND-Block sollte erst in der abklingenden Phase (Erholungsphase) mit Anticholinesterasen antagonisiert werden, d. h. wenn mindestens 2, besser 3 Zuckungen durch TOF ausgelöst werden können, weil sonst meist keine ausreichende Erholung der Muskelfunktion eintritt 5 Sugammadex ist zu jedem Zeitpunkt einsetzbar, also auch kurz nach der Injektion von Rocuronium oder Vecuronium. Der Block wird innerhalb von 2 min aufgehoben 5 Anticholinesterasen sollten immer mit Atropinzusatz injiziert werden, um die Nebenwirkungen abzuschwächen (s. o.) 5 Die Dosierung von Neostigmin richtet sich nach der Intensität des Blocks und nach der Wirkdauer des Relaxans

10

81

10.4 · Antagonisierung von ND-Muskelrelaxanzien

(. Tab. 10.1): höhere Dosen bei tiefer Blockade  und bei lange wirkenden Relaxanzien (Pancuronium), niedrigere Dosen bei mittelgradiger Blockade und mittellang wirkenden Substanzen z z Woran wird die Wirksamkeit Antagonisten erkannt?

des

5 Kraftvolles Durchatmen, Anhusten gegen den Tubus 5 Öffnen und Offenhalten der Augen 5 Heben und Halten des Kopfes für 5 s z z Welche Zeichen weisen auf eine ungenügende Antagonisierung hin?

5 Vollständiges Augenöffnen nicht möglich 5 Ruckartige Bewegungen von Armen und Beinen 5 Schaukelatmung 5 Vergebliche Hustenversuche 5 Kraftloser Händedruck 5 TOFR 1  % Met-Hb im Plasma) auf. ! Cave Neugeborene und Säuglinge  15 %)

Die Zeichen und Symptome hängen von der Plasmakonzentration des Met-Hb ab: 5 Schokoladenfarbenes Blut, Zyanose 5 Kopfschmerzen, Benommenheit (15– 20 % Met-Hb) 5 Übelkeit, deutliche Zyanose (20–45 % Met-Hb) 5 Schwere Zyanose, Erbrechen, Verwirrtheit, Krämpfe (45–70 % Met-Hb) 5 Tod (70 % Met-Hb) z Diagnose

5 Das Pulsoxymeter kann Met-Hb nicht erkennen und misst falsch hohe ­ O2Sättigungswerte 5 Die Diagnose wird durch Messung der Met-Hb-Konzentration im Blut (Hämoxymetrie) gestellt. Normal- bzw. Referenzwert im Blut: Die Anästhesievisite muss frühzeitig, spätestens aber am Vorabend der Operation erfolgen, damit evtl. erforderliche Zusatzuntersuchungen und Behandlungsmaßnahmen bis zum geplanten OP-Termin erledigt werden können.

13

z Durchsicht der Krankenunterlagen

Vor dem Patientengespräch befasst sich der Anästhesist mit den bereitgestellten Krankenunterlagen, soweit sie für die Anästhesie und Operation von Bedeutung sind: 5 Bisherige Krankengeschichte 5 Untersuchungsbefunde, Konsiliarbefunde 5 Laborwerte 5 Jetzige Diagnose und geplante Operation z Befragung des Patienten

Durch gezielte Befragung des Patienten sollen v. a. Risikofaktoren für die Narkose und Operation erfasst werden. Gefragt wird darum nur nach Faktoren, die bei der Anästhesie zu berücksichtigen sind:

5 Frühere Krankheiten und Operationen, die für die geplante Anästhesie von Bedeutung sind 5 Frühere Narkosen und deren Verträglichkeit; dabei aufgetretene Probleme, wie z. B.: – Schlechte Venenverhältnisse – Intubationsschwierigkeiten – PONV (postoperative Übelkeit und Erbrechen) – Narkosekomplikationen bei Familienangehörigen (maligne Hyperthermie?) 5 Allergien, insbesondere gegen Pflaster, Medikamente und Latex 5 Welche Medikamente werden eingenommen, evtl. auch missbräuchlich 5 Alkohol- und Zigarettenkonsum? 5 Liegt eine Schwangerschaft vor? 5 Wie hoch ist die körperliche Belastbarkeit? Wichtige Risikofaktoren für Narkosen/ Operationen 5 Herzinsuffizienz 5 Koronare Herzkrankheit 5 Hypertonie 5 Periphere arterielle Verschlusskrankheit 5 Zerebrovaskuläre Insuffizienz 5 Diabetes mellitus 5 Niereninsuffizienz

Medikamentenanamnese  Gefragt wird pri-

mär nach Medikamenten, die mit den Anästhesiesubstanzen interferieren oder Einfluss auf die Operation haben können. Es wird festgelegt, ob diese Medikamente vor der Operation abgesetzt oder weitergegeben werden müssen. Umgang mit der Dauermedikation  5 Am OP-Morgen weitergeben: – β-Blocker – Kalziumantagonisten

13.1 · Einzelheiten der Anästhesievisite

– Nitrate – AT1-Rezeptor-Antagonisten (bei Hypertonikern) – α2-Agonisten – Antiarrhythmika – Statine – Digitalis, wenn normofrequente absolute Arrhythmie vorliegt – Antibiotika – Kortikosteroide – Parkinsonmedikamente: postoperativ direkt fortsetzen – Cholinesterasehemmer bei Myasthenie – Antikonvulsiva 5 Vor OP absetzen: – Orale Antidiabetika (Einzelheiten 7 Kap. 29) – Digitalis bis Vortag, wenn Herzinsuffizienz die Indikation ist – ACE-Hemmer: bei großen Eingriffen oder Periduralanästhesie absetzen, bei antihypertensiver Therapie: am OP-Tag pausieren – α-Rezeptoren-Blocker bis Vortag – Theophyllin bis Vortag – Diuretika bis Vortag; bei Überwässerung nicht absetzen – Lithium bis Vortag – Trizyklische Antidepressiva bis Vortag – Neuroleptika bis Vortag – SSRI bis Vortag – NSAR 1–2 Tage vorher – Marcumar 3–5 Tage vorher auf Heparinperfusor umstellen – ASS 7–10 Tage vorher – MAO-Hemmer 2 Wochen vorher auf 3. Generation umsetzen 5 Neueinstellung vor OP: – β-Blocker: nur bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und Hochrisikoeingriffen oder gesicherter Belastungsischämie – Statine: 2 Wochen vor OP bei gefäßchirurgischen Patienten Einzelheiten sind bei den jeweiligen Krankheitsbildern angegeben.

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13

z Körperliche Untersuchung

5 Die Untersuchung beschränkt sich auf anästhesierelevante Faktoren 5 Die Auskultation von Herz und Lungen ist aber immer erforderlich 5 Auch müssen die Atemwege immer gezielt auf mögliche Intubationsschwierigkeiten untersucht werden 5 Untersucht werden weiterhin die Punktionsstellen für geplante Regionalanästhesieverfahren Kernpunkte der anästhesiologischen Patientenuntersuchung 5 Größe, Körpergewicht, Körpertemperatur (i. d. R. durch das Pflegepersonal vor der Visite), wenn erforderlich BMI errechnen 5 Blutdruck, Herzfrequenz und ­-rhythmus, periphere Pulse 5 Venen- und Arterienverhältnisse 5 Hautfarbe, Hämatome, Petechien, periphere Ödeme 5 Punktionsstellen für Regionalanästhesien 5 Auskultation des Herzens: Herzfrequenz, Rhythmus, Herzgeräusche 5 Atemmuster, Anatomie des Thorax 5 Auskultation der Lunge: Atemgeräusch, Bronchospastik, Lungenödem 5 ZNS: Bewusstseinszustand, Hinweise auf sensible, motorische oder kognitive Störungen 5 Obere Atemwege und Zahnstatus (Einzelheiten 7 Kap. 15): – Mundöffnung, Beweglichkeit im Kiefergelenk – Lockere, vorstehende oder defekte Zähne – Sichtbarkeit der Uvula – Beugung der HWS 5 Leber: Ikterus, Aszites, Tremor

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Kapitel 13 · Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation

13.2  Präoperativ zu bestimmende

Laborwerte

Laborwerte werden bestimmt, um bisher nicht bekannte Erkrankungen aufzudecken oder um den aktuellen Status bekannter Vorerkrankungen einzuschätzen. Hierbei geht es immer nur um Erkrankungen, die für die Anästhesie und Operation von Bedeutung sind. Grundsätzlich sind zwei Vorgehensweisen möglich: 5 Ungerichtetes Routinebasislabor bei allen Patienten 5 Zielgerichtete Anforderung von Laborparametern mit einer eindeutigen medizinischen Fragestellung. Die Fachgesellschaften (DGAI/DGIM/ DGCH) empfehlen folgendes Vorgehen zur präoperativen Anforderung von Laborparametern: > Laborwerte sollten präoperativ nicht routinemäßig bestimmt werden, sondern nur, wenn aufgrund der Anamnese, des klinischen Untersuchungsbefunds oder der Art des geplanten Eingriffs eine entsprechende Indikation gegeben ist.

13

5 Leberwerte (ASAT, Bilirubin, aPTT und INR bzw. Quickwert): nicht routinemäßig, sondern nur bei Hinweisen auf Lebererkrankungen, bei Leberoperationen, Alkoholabusus, Hepatitisexposition 5 Blutgruppe, Antikörpersuchtest: nur wenn die Transfusionswahrscheinlichkeit über 10 % beträgt 5 Blutgerinnung, Thrombozyten: nicht routinemäßig für Regionalanästhesien, wenn keine Hinweise auf Blutungsneigung vorliegen, aber bei Blutungsanamnese, Einnahme von Gerinnungshemmern, Hinweisen auf Erkrankungen der Leber oder des Bluts 5 Arterielle Blutgasanalyse: nicht routinemäßig, sondern nur bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz, nicht ausreichend medikamentös eingestelltem Asthma oder COPD 5 Schwangerschaftstest: nur bei Hinweisen auf eine mögliche Schwangerschaft aus der Befragung der Patientin 13.3  Weitergehende

Untersuchungen

z 12-Kanal-EKG 13.2.1  Praktisches Vorgehen

5 Hämoglobin/Hämatokrit: nicht routinemäßig, aber bei Eingriffen mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit von >10 %, weiterhin bei Anämie, Nierenfunktionsstörungen und Hinweisen auf pulmonale oder kardiale Erkrankungen 5 Leukozyten: bei Hinweisen auf Bluterkrankungen oder Infektionen 5 Blutzucker: nicht routinemäßig, aber bei Diabetikern, Hochrisikoeingriffen, Vorliegen weiterer kardialer Risikofaktoren (Übergewicht) sowie bei Adipositas per magna 5 Serumelektrolyte: bei Hinweisen auf Erkrankungen von Herz, Lunge, Niere Leber und Blut

Häufigste Routineursachen vor Operationen. Ein günstiger Einfluss auf den perioperativen Verlauf ist nicht gesichert. Nicht indiziert bei anamnestisch unauffälligen und kardial asymptomatischen Patienten – unabhängig vom Alter! Wozu?  5 Feststellen bisher unbekannter Herzerkrankungen, die für die Narkose und die Operation von Bedeutung sind 5 Von Bedeutung sind v. a. ST-Veränderungen, Vorhofflattern oder Vorhofflimmern, AV-Blöcke und andere klinisch relevante Herzrhythmusstörungen Bei wem?  5 Empfohlen bei Patienten mit einem oder mehreren kardialen Risikofaktoren vor Eingriffen mit hohem oder mittlerem

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13.4 · Einstufung des Narkoserisikos

Risiko sowie bei kardial symptomatischen Patienten 5 Patienten mit Symptomen einer ischämischen Herzerkrankung, Herzklappenerkrankung, Herzvitium oder einer Links- oder. Rechtsherzinsuffizienz oder bei Trägern eines ICD 5 Zu erwägen bei sonst unauffälligen Patienten ab dem 65. Lebensjahr vor Operationen mit mittlerem Risiko und bei Patienten mit kardialen Risikofaktoren vor einer Operation mit niedrigem Risiko 5 Nicht erforderlich bei asymptomatischen Herzschrittmacherpatienten, die regelmäßig kontrolliert werden Wiederholungs-EKG  5 Der Nutzen einer erneuten präoperativen EKG-Diagnostik bei Patienten, die innerhalb der letzten 2 Jahres bereits elektrokardiographische untersucht worden sind, ist nicht gesichert 5 Häufig sind aber neue EKG-Veränderungen nachweisbar, die keine wesentlichen Konsequenzen für das weitere Vorgehen haben. z Thoraxröntgenbild

Ein Thoraxröntgenbild erfolgt nicht routinemäßig und der Nutzen fester Altersgrenzen ist nicht gesichert. Daher wird es nur bei Verdacht auf Erkrankungen, die für die Narkose und Operation von Bedeutung sind, durchgeführt, z. B. bei: 5 Pneumonie 5 Pleuraerguss 5 Atelektasen 5 Pneumothorax 5 Struma mit Verdacht auf Verlagerung der Trachea z Lungenfunktionsprüfung

Eine Lungenfunktionsprüfung erfolgt nicht routinemäßig, sondern ist bei Verdacht auf symptomatische Lungenerkrankung indiziert, um den Schweregrad einzuschätzen oder die Wirksamkeit von Therapiemaßnahmen zu überprüfen.

13

z Echokardiografie

Eine Echokardiografie erfolgt zur Beurteilung der links- und rechtsventrikulärem Pumpfunktion und zum Ausschluss von Herzklappendefekten. Sie ist indiziert bei: 5 Patienten mit neu aufgetretener Atemnot (Dyspnoe) 5 Patienten mit Symptomverschlechterung in den letzten 12 Monaten 5 Nach Rücksprache mit dem Kardiologen: evtl. bei Patienten mit bisher nicht bekannten oder nicht abgeklärten Herzgeräuschen z Sonografie der Halsgefäße

Sie erfolgt zum Ausschluss von Gefäßstenosen und ist indiziert bei: 5 Patienten mit Symptomen innerhalb der letzten 6 Monate, die auf eine Karotisstenose hinweisen 5 Keine präoperative Sonografie bei Patienten, die innerhalb der letzten 6 Monate symptomfrei waren 13.4  Einstufung des

Narkoserisikos

Es gibt keine Narkosen ohne Risiken! Das Risiko, an einer Narkose zu sterben ist aber so gering, dass keine verlässlichen Angaben über die Anzahl der Todesfälle möglich sind. Für das allgemeine Narkoserisiko ist v. a. der körperliche Zustand des Patienten von wesentlicher Bedeutung. Auf diesem Zusammenhang beruht die gebräuchliche Risikoklassifizierung der American Society of Anesthesiologists (ASA). ASA-Risikogruppen für Narkosen 1. Normaler, gesunder Patient 2. Leichte Allgemeinerkrankung ohne Leistungseinschränkung, kein erhöhtes Narkoserisiko 3. Schwere Allgemeinerkrankung mit Leistungseinschränkung, z.  B. Herz-

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Kapitel 13 · Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation

insuffizienz Grad  2, Dialysepflichtigkeit. Narkose- und Operationsrisiko wahrscheinlich erhöht 4. Schwere, anhaltend lebensbedrohliche Allgemeinerkrankung oder Erkrankung, die intensivmedizinisch behandelt werden muss, z. B. akuter Herzinfarkt, beatmungspflichtige Ateminsuffizienz. Erhebliche Einschränkung der täglichen Aktivitäten. Das Risiko von Narkose und Operation sind stark erhöht 5. Moribund; Tod innerhalb von 24 h mit oder ohne Operation zu erwarten 6. Akute (nicht elektive) Patienten der Gruppen 1 und 2 7. Akute (nicht elektive) Patienten der Gruppen 3 bis 5

z Risikofaktoren

13

Narkose- und Operationsrisiko sind in der Regel miteinander verbunden. Bestimmte Faktoren erhöhen dieses Risiko. Hierzu gehören: 5 Herzerkrankungen, v. a. die nicht eingestellte symptomatische KHK und die symptomatische Herzinsuffizienz, funktionell wirksame Herzrhythmusstörungen 5 Schlecht eingestellte Hypertonie 5 Schwerwiegende Lungenerkrankungen 5 Art der Operation: erhöhtes Risiko bei Baucheingriffen, Eingriffen an Lungen und Herz, intrakranielle Operationen und Notfalleingriffe 5 Lange Operationsdauer 5 Hohes Lebensalter, Kinder im 1. Lebensjahr z Wie kann das Risiko gesenkt werden?

Das Sterblichkeitsrisiko von Allgemein- und Regionalanästhesie oder ihrer Kombination kann durch einfache Maßnahmen gesenkt werden.

Maßnahmen zur Senkung des Narko­ serisikos 5 Ausrüstung und Zubehör vor der Anwendung überprüfen (mit Checkliste und Protokoll) 5 Die Überprüfung schriftlich dokumentieren 5 Direkte Anwesenheit des Anästhesisten bei der Narkose 5 Kein Auswechseln des Anästhesisten während der Narkose 5 Ständige Verfügbarkeit einer Anästhesiefachkraft 5 Einleitung der Narkose durch 2 Personen, nicht durch den Anästhesisten allein 5 Antagonisierung von Muskelrelaxanzien am OP-Ende, wenn erforderlich auch von Opioiden 5 Effiziente postoperative Schmerztherapie

z Wann muss eine Operation verschoben werden?

Wenn sich aus den Voruntersuchungen bei elektiven Eingriffen ein erhöhtes Risiko ergibt, das aber durch entsprechende Vorbehandlung gesenkt werden kann, sollte die Operation – in Absprache mit dem Operateur – verschoben werden; z. B. bei: 5 Akuten Infekte der Atemwege 5 Nicht oder schlecht eingestellten Herzerkrankungen 5 Entgleistem/schlecht eingestelltem Diabetes mellitus 5 Manifester Hyper- oder Hypothyreose und anderen endokrine Erkrankungen 5 Unterernährung, Adipositas per magna

13.6 · Aufklärung und Einwilligung des Patienten

13.5  Auswahl des

Anästhesieverfahrens

Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens sind folgende Faktoren zu berücksichtigen: 5 Art der Operation und der operativen Anforderungen 5 Wesentliche Begleiterkrankungen und deren Schweregrad, Anästhesierisikofaktoren 5 Medikamente, die mit den Anästhetika interagieren können 5 Wünsche des Patienten. Grundsätze für die Auswahl des Anästhesieverfahrens 5 Kinder: Allgemeinanästhesie ist meist das Verfahren der Wahl 5 Kurze und periphere Eingriffe bei Erwachsenen: bevorzugt in Lokal- oder Regionalanästhesie 5 Lange dauernde Operationen und Operationen in Seiten- oder Bauchlage: bevorzugt unter Intubationsnarkose 5 Patienten mit Einnahme von Antikoagulanzien oder Gerinnungsstörungen: keine Spinal- oder Periduralanästhesie, keine Plexusblockaden 5 Unkooperative oder verwirrte Patienten: keine Regionalanästhesien 5 Schwere Lungen- oder Herzerkrankungen: kritische Abwägung, ob Regionalanästhesie möglich und risikoärmer ist als die Allgemeinanästhesie 5 Adipositas per magna: keine Maskennarkose; in der Regel Intubationsnarkose (ITN)

13.6  Aufklärung und Einwilligung

des Patienten

5 Kein Eingriff ohne Aufklärung und Einwilligung!

111

13

5 Die Aufklärung des Patienten über die geplante Anästhesie ist Aufgabe des Arztes und kann nicht delegiert werden. Sie geht der schriftlichen Einwilligung voran 5 Die Aufklärung und Einwilligung werden protokolliert und von Arzt und Patient mit Datum und Uhrzeit unterschrieben 5 Kann der Patient vor dringlichen oder Notoperationen nicht einwilligen (Bewusstlosigkeit, Geisteskrankheit, Unmündigkeit), muss die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder des Gerichts eingeholt werden. Im äußersten Notfall wird nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten entschieden 5 Bei Kindern unter 14 Jahren: Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile, im Notfall eines Elternteils 5 Verweigern Zeugen Jehovas Noteingriffe bei ihren Kindern, muss eine richterliche Sofortgenehmigung eingeholt werden 5 Noteingriffe bei verwirrten Patienten bedürfen ebenfalls der richterlichen Sofortgenehmigung. Worüber aufgeklärt wird 5 Auswahl des Narkoseverfahrens mit kurzer Beschreibung 5 Beginn der Nahrungskarenz: Wann darf der Patient die letzte Nahrung zu sich nehmen? – Feste Nahrung: mindestens 6 h vor der Anästhesie (bei nicht dringlichen Eingriffen) – Klare Flüssigkeit: 2 h vor Narkoseeinleitung – Orale Prämedikation: 1–2  h vor Einleitung mit max. 150 ml Wasser – Kinder: 7 Kap. 34 5 Rauchverbot vor der Operation 5 Geplanter Zeitpunkt der Operation 5 Prämedikation: wozu, wann, Art der Zufuhr, zu erwartende Wirkung 5 Maßnahmen im Einleitungsraum: Blutdruckmanschette, EKG-Monitor,

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Kapitel 13 · Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation

Venenkanüle, Venenkatheter, arterielle Kanüle, O2-Maske (wozu?) 5 Bei postoperativer Intensivbehandlung: kurze Beschreibung, besonders Tubus (Nichtsprechen-Können), Beatmung, Monitore, Drainagen usw.

13.7  Prämedikation

Die Prämedikation im engeren Wortsinn umfasst die präoperative Verordnung von Medikamenten, die sich unmittelbar auf die Anästhesie beziehen. Prämedikation – wozu? 5 Anxiolyse: Verminderung von Angst und Aufregung vor der Narkose und Operation 5 Amnesie und Analgesie bei Bedarf 5 Aspirationsprophylaxe 5 Erleichterung der Narkoseeinleitung 5 Prophylaxe von postoperativer Übelkeit und Erbrechen (PONV)

13

Bei vielen Patienten reicht ein einfühlsames und beruhigendes Gespräch, rechtzeitig vor dem geplanten Eingriff, aus, um die Ängste zu vermindern. Sehr ängstliche und sehr aufgeregte Patienten benötigen dagegen meist ein Anxiolytikum p.o. Standardsubstanz ist ein Benzodiazepin. 13.7.1  Benzodiazepine z Wirkungen

5 Angstlösend (anxiolytisch) 5 Sedierend (beruhigend) bis schlafauslösend 5 Amnestisch (die Erinnerung beeinträchtigend)

5 Zentral muskelrelaxierend 5 Antikonvulsiv z Vorteile

5 Geringe Toxizität, hohe therapeutische Breite 5 Geringe kardiovaskuläre Nebenwirkungen 5 Führen nicht zu PONV 5 Sichere Substanzen bei maligner Hyperthermie in der Vorgeschichte z Nachteile

5 Keine analgetische Wirkung 5 Verlängern die Aufwachzeit und die kognitive Erholung 5 Führen gelegentlich zu Unruhe, Agitiertheit oder Delir statt zur Sedierung 5 Verstärken die atemdepressive Wirkung von Opioiden und von Sedativa/Hypnotika 5 Gesicherter Risikofaktor eines postoperativen Delirs (POD) z Kontraindikationen

5 Hohes Lebensalter 5 Akute Alkohol-, Opiat- oder Schlafmitteleinnahme bzw. -intoxikation 5 Eingeschränktes Bewusstsein 5 Schwere Lungenerkrankungen 5 Hypovolämie 5 Myasthenia gravis Benzodiazepine für die Prämedikation 5 Midazolam (z. B. Dormicum) 1 Tabl. á 7,5 mg p.o. bei Erwachsenen 30–60 min vor der Operation oder 0,05–0,12 mg/ kgKG i.m. 5 Diazepam (z. B. Valium): ca. 0,15 mg/ kgKG p.o. 5 Lorazepam 1–2  mg p.o. (nicht bei kurzen Eingriffen, da sehr lange Wirkdauer)

113

13.8 · Aspirationsprophylaxe

13.8  Aspirationsprophylaxe

Aspiration Als Aspiration wird das Eindringen von Mageninhalt, Speichel, Blut, Flüssigkeit, Zähnen und Fremdkörpern in die Atemwege unterhalb der Stimmritze (Glottis) bezeichnet.

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5 Dünndarmileus 5 Aszites 5 Adipositas per magna 5 Schwangerschaft 5 Erhöhter intrakranieller Druck 5 Alkohol- oder Drogenintoxikation

13.8.1  Praktisches Vorgehen

5 Diese gefährliche Komplikation kann auftreten, wenn die Atemwegsreflexe aufgehoben und die Atemwege nicht durch einen Tubus gesichert sind 5 Kritische Zeitpunkte sind v. a. die Narkoseeinleitung und die Extubation z Folgen einer Aspiration

Die Auswirkungen der Aspiration hängen von der Art des Materials und von der Menge ab. 5 Die Aspiration von saurem Magensaft in größerer Menge zerstört das Lungengewebe und führt zur Aspirationspneumonie (Mendelson-Syndrom) 5 Die Aspiration von Nahrungsbestandteilen oder Fremdkörpern verlegt die Atemwege und führt zu Atelektasen (nicht belüfteten Lungenabschnitten), bei kompletter Verlegung der Trachea oder der Bifurkation zum Ersticken z Begünstigende Faktoren

Vor jeder Narkose muss der Anästhesist überprüfen, ob Risikofaktoren für eine Aspiration vorliegen! Faktoren, die eine Aspiration bei Narkosen begünstigen 5 Voller Magen 5 Refluxkrankheit, Hiatushernie 5 Abdominale Notfalleingriffe 5 Akutes Trauma 5 Liegende Magensonde

Nahrungskarenz Risikofaktor Nr. 1 ist der volle Magen. Daher gilt: > Ein leerer Magen ist die beste Aspirationsprophylaxe: Keine geplanten Eingriffe bei vollem Magen!

z Hinweise zur Nahrungskarenz (Nüchternheit)

Diese Empfehlungen gelten auch für Patienten mit Adipositas, Reflux, Diabetes mellitus und für Schwangere, die sich nicht unter der Geburt befinden. 5 Die Nahrungskarenz (feste Speisen): beginnt 6 h vor der Narkoseeinleitung (gilt auch für Spinal- und Periduralanästhesie). Beachte aber: Nicht jeder Magen ist nach 6 h leer 5 Klare Flüssigkeit Wasser, Säfte ohne Fruchtfleisch, Mineralwasser, Limonade, Tee oder Kaffee (jeweils ohne Milch): in kleinen Mengen bis zu 2 h vor der Narkoseeinleitung 5 Orale Medikamente: mit einem Schluck Wasser bis kurz vor dem Eingriff 5 Neugeborene und Säuglinge: Stillen oder Flaschennahrung bis 4 h vor der Narkoseeinleitung Rauchen hat keinen Einfluss auf das Aspirationsrisiko. Daher wird eine Operation nicht abgesetzt, weil der Patient kurz vorher noch geraucht hat.

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Kapitel 13 · Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation

Aspirationsprophylaxe mit Medikamenten Mit Medikamenten kann das Magensaftvolumen vermindert und der pH-Wert angehoben werden. Hierdurch werden die pulmonalen Schäden durch Magensaftaspiration verhindert oder abgeschwächt. Die Substanzen haben aber keinen Einfluss auf die Aspiration fester Nahrungsbestandteile oder von Fremdmaterial. Daher gilt: > Auch wenn Medikamente zur Aspirationsprophylaxe verabreicht werden, müssen die geltenden Regeln und Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor Aspiration strikt eingehalten werden!

Folgende Medikamente werden für die Aspirationsprophylaxe eingesetzt: 5 H2-Blocker, Protonenpumpenhemmer 5 Natriumzitrat 5 Metoclopramid z H2-Blocker

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H2-Blocker hemmen die Magensaftsekretion um ca. 60 % und vermindern die H+-Ionenkonzentration. Der pH-Wert des Magensafts steigt an, der Säuerungsgrad und das Magensaftvolumen nehmen ab. 5 Gebräuchliche Substanzen: – Cimetidin – Ranitidin – Famotidin – Nizaditin 5 Dosierung: – Ranitidin (Sostril, Zantic): 150 mg p.o. 2 h vor der Narkoseeinleitung; Wirkdauer bis zu 9 h – Cimetidin (Tagamet): 200  mg p.o. 1–1,5 h vor der Narkoseeinleitung; bei Adipositas Dosis erhöhen. Wirkdauer 3–4 h z Protonenpumpenhemmer (PPH)

PPH hemmen die Belegzellen des Magens: Die Säureproduktion nimmt um ca. 90 %

ab. Für eine wirksame Prophylaxe sollten PPH am Vorabend der Operation und am Operationsmorgen gegeben werden. 5 Gebräuchliche PPH: – Omeprazol (z. B. Antra) – Esomezprazol (z. B. Nexium) – Lansoprazol (z. B. Lanzor, Agopton) – Pantoprazol (z. B. Rifun) – Rabeprazol (z. B. Pariet) Die Kombination von PPH mit H2-Antagonisten bringt keinen zusätzlichen Nutzen. z Natriumzitrat

Dieses lösliche Antazidum erhöht den ­pH-Wert des Magensafts auf über 2,5; allerdings nimmt hierdurch auch das Magensaftvolumen zu. Die Aspiration von Magensaft wird nicht verhindert, aber das Ausmaß der Lungenschädigung reduziert, weil der Magensaft weniger sauer ist. 5 Dosierung: 20–30 ml 0,3 molar p.o. ca. 10–30 min vor der Narkoseeinleitung 5 Wirkungseintritt: sofort z Metoclopramid

Metoclopramid stimuliert die Motilität des oberen Gastrointestinaltrakts und beschleunigt die Magenentleerung; hierdurch wird das Magensaftvolumen vermindert. Der Tonus des unteren Ösophagussphinkters wird erhöht, dadurch die Refluxgefahr vermindert. Es hat keinen Einfluss auf die Säureproduktion und den pH-Wert des Magensafts. 5 Kann p.o., i.v. oder i.m. zugeführt werden 5 Präparate: Paspertin, ­MCP-Ratiopharm, Cerucal, Gastronerton 5 Dosierung: – p.o.: 10 mg ca. 1 h vor Narkoseeinleitung; Wirkungseintritt nach 30– 60 min – i.v.: 5–20 mg über 3–5 min etwa 15– 30 min vor Narkoseeinleitung

13.9 · PONV-Prophylaxe

Medikamentöse Aspirationsprophylaxe bei allen Patienten? Die beschriebenen Medikamente schützen nicht vor der Aspiration fester Partikel oder von Nahrungsbestandteilen. Sie bieten auch keinen 100 %-igen Schutz vor den Folgen einer Magensaftaspiration. Eine Routineprophylaxe mit diesen Medikamenten ist nicht zwingend erforderlich. Liegen besondere Aspirationsrisiken vor (7 Abschn. 13.8), können die Medikamente eingesetzt werden.

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13

13.9.1  Wie lässt sich das ­PONV-

Risiko senken?

Die patienteneigenen Risikofaktoren wie weibliches Geschlecht, Reisekrankheit/ PONV in der Vorgeschichte und jüngeres Lebensalter sind nicht zu ändern und müssen hingenommen werden. Dagegen können zahlreiche emetogene (­ PONV-auslösende) Faktoren entweder vermieden oder durch spezifisch wirkende Medikamente günstig beeinflusst werden. z Senkung des Basisrisikos

13.9  PONV-Prophylaxe

PONV (engl. postoperative nausea and vomiting), d.  h. postoperative Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen ist eine häufige und sehr unangenehme Komplikation nach Allgemeinanästhesien (30 %), v. a. bei Risikopatienten (bis zu 80 %). Auch nach Regionalanästhesien kann PONV auftreten, jedoch seltener als nach Allgemeinanästhesien. Bei Sectio und bei großen orthopädischen Eingriffen in Regionalanästhesie ist das PONV-Risiko allerdings ebenfalls sehr hoch. Gesicherte PONV-Risikofaktoren 5 Weibliches Geschlecht: Frauen 3-mal häufiger als Männer 5 PONV oder Reisekrankheit in der Vorgeschichte 5 Nichtraucher: 2-mal häufiger als Raucher 5 Inhalationsanästhetika einschl. Lachgas 5 Postoperative Opioide 5 Jüngeres Lebensalter ( Je mehr PONV-Risikofaktoren vorhanden sind, desto mehr Komponenten sind für eine wirksame Prophylaxe erforderlich!

Für die medikamentöse Prophylaxe bei Erwachsenen werden folgende Medikamente eingesetzt: 5 Serotoninantagonisten (5-HT3-Antagonisten), z. B. Ondansetron: 4 mg vor Narkoseausleitung 5 Dexamethason: 4–8 mg zur Narkoseeinleitung 5 Droperidol (Neuroleptikum): 0,625– 1,25 mg vor Narkoseausleitung

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Kapitel 13 · Präoperative Einschätzung, Vorbereitung und Prämedikation

5 Dimenhydrinat (Histaminantagonist) 62 mg intraoperativ. Für diese Substanzen gilt Folgendes: 5 Dexamethason, Droperidol und der Serotoninantagonist Ondansetron haben vergleichbare antiemetische Wirkungen (Reduktion um etwa 26 %) 5 Eine TIVA anstelle einer Inhalationsanästhesie ist ebenso wirksam wie die Prophylaxe mit Dexamethason, Droperidol oder Ondansetron 5 Durch Kombination dieser Maßnahmen wird die antiemetische Wirkung addiert.

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Risikoadaptierte nach Apfel et al

PONV-Prophylaxe

5 1–2  Risikofaktoren (Risiko ca. 20– 40 %): 4 mg Dexamethason bei Narkoseeinleitung 5 3–4  Risikofaktoren (Risiko ca. 60– 80 %): – TIVA + ein (Dexamethason) oder zwei Antiemetika oder – 2–3  Antiemetika: Dexamethason +  Serotoninantagonist + Dimenhydinat; als letzte Wahl Droperidol

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Narkosegeräte und Narkosesysteme Inhaltsverzeichnis 14.1 Narkosegeräte – 118 14.2 Atem- oder Narkosesysteme – 118 14.2.1 Nichtrückatemsystem: Halboffenes Narkosesystem – 118 14.2.2 Rückatemsysteme – 119 14.2.3 Verdampfer (Vapor) – 121

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_14

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Kapitel 14 · Narkosegeräte und Narkosesysteme

14.1  Narkosegeräte

Das Narkosegerät ist der zentrale Bestandteil des Anästhesiearbeitsplatzes.

5 Verdampfer (Vapor): überführt die bei Raumtemperatur flüssigen Inhalationsanästhetika, Sevofluran, Desfluran und Isofluran in den dampf- oder gasförmigen Zustand

z Funktion

5 Beatmung des Patienten 5 Zufuhr der Atem- und Narkosegase z Bestandteile des Narkosegeräts

5 Gasversorgung: zentral oder Gaszylinder 5 Flowmeter zur Dosierung der eingeatmeten Gase 5 Atemsystem mit Zubehör (CO2-Absorber, Vapore) 5 O2-Flush 14.2  Atem- oder Narkosesysteme

Die Atem- oder Narkosesysteme sind in der Regel kreisförmig konstruiert und an das Narkose- oder Beatmungsgerät angeschlossen. z Funktion

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5 Zufuhr der Atemgase (Luft, O2) und der Inhalationsanästhetika 5 Ableitung des ausgeatmeten Gasgemisches 5 Bindung des ausgeatmeten Kohlendioxids und teilweise oder vollständige Rückführung des ausgeatmeten Gasgemisches zum Patienten z Bestandteile von Narkosesystemen

5 Inspirationsschlauch 5 Exspirationsschlauch 5 Y-Stück: verbindet den In- und Exspirationsschlauch 5 Ventile: lenken den Gasstrom in eine Richtung 5 Überdruckventil 5 CO2-Absorber mit Atemkalk: bindet das ausgeatmete Kohlendioxid und verhindert dessen Rückatmung

Funktionelle Einteilung der Narkose­ systeme 5 Offenes System: keine Kontrolle des Narkosegasgemisches bzw. Atemgases. Wird nicht mehr eingesetzt. Beispiel: Schimmelbusch-Maske für Äthernarkosen 5 Halboffenes System: keine Rückatmung: das Ausatemvolumen wird vollständig aus dem System entfernt 5 Halbgeschlossenes System: ein Teil der Exspirationsluft wird – nach Elimination von Kohlendioxid – wieder eingeatmet (rückgeatmet), der Rest entweicht als Überschuss 5 Geschlossenes System: das gesamte Ausatemvolumen wird – nach Elimination von Kohlendioxid – wieder dem Inspirationsgemisch zugeleitet. Sparsamster Gasverbrauch aller Systeme

Einfacher und eindeutiger ist folgende Unterteilung der gebräuchlichen Systeme: 5 Nichtrückatemsystem: halboffen 5 Rückatmungssysteme: halbgeschlossen; geschlossen 14.2.1  Nichtrückatemsystem:

Halboffenes Narkosesystem

Das halboffene System ist ein Nichtrückatemsystem. 5 Das eingeatmete Gas (Frischgas mit oder ohne Inhalationsanästhetikum) und die Exspirationsluft sind strikt getrennt. Die Zusammensetzung des Narkosegases entspricht der Frischgaszusammensetzung

14.2 · Atem- oder Narkosesysteme

5 Das gesamte ausgeatmete Volumen fließt über ein Nichtrückatemventil ins Freie oder in die Narkosegasabsaugung. CO2-Absorber sind nicht erforderlich 5 Vorteile: einfacher Aufbau, die Narkosegaszusammensetzung kann rasch geändert werden 5 Nachteile: geringe Ausnutzung der Narkosegase, hoher Narkosegasverbrauch mit entsprechend höheren Kosten, keine Klimatisierung der Narkosegase 14.2.2  Rückatemsysteme

Hierzu gehören das halbgeschlossene und das geschlossene Narkosesystem. Sie sind kreisförmig aufgebaut: 5 Das Kreissystem besteht aus einem Inund einem Exspirationsschenkel. Der Gasstrom wird durch Ein- und Ausatemventile (Einwegventile) so gerichtet, dass Ein- und Ausatmung strikt getrennt werden 5 Am patientennahen Y-Stück gehen Einund Ausatemschlauch ineinander über 5 Die Systeme besitzen einen Reservoirbeutel, über den der Patient spontan atmen oder manuell beatmet werden kann z Halbgeschlossenes Narkosesystem

Das halbgeschlossene System gehört zu den Rückatemsystemen. 5 In diesem System wird ein Teil der ausgeatmeten Luft wieder der Inspirationsluft zugeleitet und rückgeatmet; der Überschussanteil entweicht und wird abgesaugt. Je größer der Frischgasflow, desto größer das überschüssige Gasvolumen 5 Das Frischgasvolumen ist größer als die vom Patienten aufgenommene Gasmenge, aber kleiner als sein Atemminutenvolumen 5 Vor der Rückatmung muss das ausgeatmete Kohlendioxid mit Absorbern (7 Abschn. 14.2.1.2) aus dem Gemisch entfernt werden

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14

5 Vorteile: bessere Nutzung der Narkosegase, dadurch niedrigerer Narkosegasverbrauch und geringere Kosten, erheblich bessere Anfeuchtung und Erwärmung (Klimatisierung) der Inspirationsluft 5 Nachteile: schlechtere Steuerbarkeit der Narkosegaszusammensetzung z Geschlossenes Narkosesystem

Das geschlossene Narkosesystem ist ein Rückatemsystem 5 Die ausgeatmeten Gase werden – nach Elimination von Kohlendioxid – vollständig zurückgeatmet 5 Das erforderliche Frischgasvolumen ist genau so groß wie das vom Patienten aufgenommene Volumen, sodass kein Überschussgas mehr vorhanden ist 5 Im Gleichgewichtszustand sind nur 250– 300 ml/min Frischgas pro Minute erforderlich, vorausgesetzt, das System ist vollkommen dicht 5 Vorteile: extrem niedriger Frischgasverbrauch, maximale Atemgasklimatisierung, keine Umweltbelastung durch Narkosegase z Low-flow- und Minimal-flow-Anästhesie

Mit den Rückatemsystemen können Inhalationsanästhetika auch mit sehr niedrigem Frischgasflow zugeführt werden. Der Rückatemanteil muss dabei mindestens 50 % betragen. Je nach Flow werden unterschieden: 5 Low-flow-Anästhesie: Frischgasflow 1 l/ min; O2-Anteil mindestens 50 % 5 Minimal-flow-Anästhesie: Frischgasflow 0,5 l/min; O2-Anteil mindestens 60 %

Elimination des ausgeatmeten Kohlendioxids: CO2-Absorber und Atemkalk Bevor der Patient das ausgeatmete Gasgemisch rückatmet, muss das darin enthaltene Kohlendioxid entfernt werden. Hierfür

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Kapitel 14 · Narkosegeräte und Narkosesysteme

wird das Exspirationsgasmisch durch einen CO2-Absorber geleitet. Der CO2-Absorber enthält Atemkalk, der das ausgeatmete Kohlendioxid durch eine chemische Reaktion bindet. z Atemkalk

14

5 Struktur: 2–5 mm große, weiße Körnchen (Granula) mit rauer und ungleichmäßiger Oberfläche. Medizinprodukt Klasse II; lieferbar in Kanistern oder in vorgefüllten Kartuschen 5 Hauptbestandteil: Kalziumhydroxid. Zusätze: Natriumhydroxid und Kalziumchlorid, Wasser, evtl. auch Silikate oder Zeolith zur Stabilisierung und Verhinderung der Austrocknung 5 100 g Atemkalk können etwa 10–15 l Kohlendioxid absorbieren, Doppelabsorber etwa 19–20 l/100 g 5 Zu beachten: Mit zunehmender Gebrauchsdauer erschöpft sich der Atemkalk und kann kein Kohlendioxid mehr binden. Dann kommt es zur Rückatmung von Kohlendioxid mit Hyperkapnie und respiratorischer Azidose 5 Farbindikator: Um die beginnende Erschöpfung zu erkennen, ist dem Atemkalk ein pH-sensitiver Farbindikator (meist Ethylviolett) zugesetzt. Der Indikator verfärbt sich mit zunehmender Erschöpfung von weiß nach blau-violett 5 Erschöpfter Atemkalk: Bei der Absorption von Kohlendioxid wird Wärme freigesetzt: Der Kalk erwärmt sich. Erschöpfter Atemkalk erwärmt sich nicht mehr. Er wird trocken und hart, kann mit den volatilen Anästhetika chemisch reagieren und muss sofort ausgetauscht werden 5 Die Gebrauchsdauer von Atemkalk in 2 hintereinander geschalteten CO2-Absorbern (Doppelabsorber) beträgt etwa 5 h

z Woran erkennt man die Erschöpfung des Atemkalks?

Das einzige zuverlässige Zeichen der Erschöpfung ist der Anstieg des Kohlendioxids in der Inspirationsluft auf 1 % (7 mmHg). Die Messung der CO2-Konzentration im Atemgas ist zwingend vorgeschrieben (DIN EN 60601–2-13/ISO 21647). z Was zu beachten ist

5 Der Farbumschlag des Indikators ist ein unsicheres Zeichen. Nach längerer Gebrauchsdauer und stärkerer Licht- oder UV-Einstrahlung kann die sichtbare Verfärbung ausbleiben oder bei Kanalbildung im Atemkalk nicht erkannt werden 5 Natriumhydroxidhaltiger Atemkalk kann nach der CO2-Exposition wieder weiß werden. > Wann muss der Atemkalk im Absorber sofort ausgetauscht werden? 5 Wenn die inspiratorische CO2-Konzentation auf 1 % (7 mmHg) ansteigt. 5 Wenn der Farbumschlag des Indikators nach blau-violett maximal 23 der Füllhöhe des Absorbers erreicht.

z Praxishinweise zum Umgang mit Atemkalk

Atemkalk wird in geschlossenen Behältern gelagert, in sauberer und trockener Umgebung bei gleichbleibender Temperatur unter 50 °C und über −20 °C. Er muss außerdem vor Austrocknung geschützt werden. 5 In geschlossenen Behältern aufbewahren 5 Nach jeder Narkose die Frischgaszufuhr sofort abstellen 5 Vor dem Trocknen von Narkosegeräten mit konstantem Gasstrom die Absorber aus dem System entfernen 5 Wenn das Narkosegerät nicht in Gebrauch ist: Gasstecker aus der zentralen Gasversorgen entkoppeln und über dem Narkosegerät ablegen

14.2 · Atem- oder Narkosesysteme

5 Wenn das Narkosegerät nur selten verwendet wird: Absorberbehälter ungefüllt lassen und sichtbar als „ungefüllt“ kennzeichnen 5 Absorber nicht der direkten Sonnenstrahlung aussetzen 5 Geöffnete Kanister innerhalb von 4 Wochen verbrauchen > Wann soll der Absorberkalk gewechselt werden? 5 Bei Zeichen der Erschöpfung: sofort! 5 Bei täglich verwendeten Narkosegeräten: mindestens 1-mal pro Woche. Einfülldatum auf dem Absorber notieren! 5 Bei selten benutzten Geräten: Absorber aus dem System entfernen!

14.2.3  Verdampfer (Vapor)

Die volatilen (flüchtigen) Inhalationsanästhetika Desfluran, Sevofluran und Isofluran sind bei Raumtemperatur flüssig. Damit sie eingeatmet (inhaliert) werden können, müssen sie zunächst in den dampfförmigen

121

14

Zustand überführt werden. Die Umwandlung von flüssigem Desfluran, Sevofluran und Isofluran in den dampfförmigen Zustand erfolgt in Verdampfern. Hierfür ist ein Trägergas (Luft/Sauerstoff) erforderlich. Desfluran, Sevofluran und Isofluran haben unterschiedliche Dampfdrücke bzw. Sättigungskonzentrationen. Daher ist für jedes dieser Anästhetika ein eigener Verdampfer erforderlich, der nur mit dem jeweiligen Anästhetikum befüllt werden kann. Gebräuchliche Verdampfer sind u. a. der Dräger Vapor 2000 und der elektronisch betriebene Dräger D-Vapor für Desfluran. Die inspiratorische Konzentration wird mit Handrädern eingestellt. 5 Arbeitseinsatz bei Temperaturen von 10–40 °C 5 Füllvolumen: 300 ml 5 Spezifisches Einfüllsystem, daher sind Verwechslungen ausgeschlossen 5 Farbliche Kennzeichnung der Handräder: Sevofluran: gelb, Isofluran: lila, Desfluran: blau 5 Für alle Stecksysteme geeignet 5 Keine Rekalibrierung während der gesamten Nutzungsdauer erforderlich

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Atemwegsmanagement Inhaltsverzeichnis 15.1 In Kürze – Grundlagen – 124 15.2 Endotracheale Intubation – 124 15.2.1 Ausrüstung und Zubehör – 125 15.2.2 Komplikationen der Intubation – 130

15.3 Fiberoptische Intubation – 130 15.3.1 Intubation des wachen Patienten – 130 15.3.2 Fiberoptische Intubation des anästhesierten Patienten – 131

15.4 Schwieriger Atemweg und schwierige Intubation – 132 15.4.1 Schwierige oder unmögliche Beatmung über eine Maske oder eine EGA – 132 15.4.2 Schwierige Intubation – 133

15.5 Larynxmaske – 136 15.5.1 Praktische Anwendung – 137

15.6 Larynxtubus – 138 15.6.1 Praktische Anwendung – 139

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_15

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Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

15.1  In Kürze – Grundlagen

Die Sicherung der Atemwege und der Ventilation gehören zu den grundlegenden Maßnahmen bei der Narkose. z Wichtige Begriffe

5 Endotracheale Intubation: Der Tubus wird – über den Mund oder die Nase – durch den Kehlkopf in die Luftröhre vorgeschoben 5 Larynxmaske: Die Maske wird vor dem Kehlkopf platziert und umhüllt den Kehlkopfeingang 5 Larynxtubus: Der Tubus wird bis zum Kehlkopfeingang vorgeschoben 5 Extraglottische Atemwegshilfen (EGA): oberhalb der Glottis liegende Ventilati­ onshilfe wie Larynxmaske, Larynxtubus, Combitubus 5 Tracheotomie: Die Trachea wird unterhalb der Schilddrüse operativ eröffnet. Über die Inzision wird eine Kunststoffkanüle in die Trachea vorgeschoben z Anatomische Grundlagen

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5 Obere Atemwege: Nase, Nasopharynx, Oropharynx, Hypopharynx, Larynx 5 Larynx (Kehlkopf): – Besteht aus Schildknorpel, Ringknorpel, Aryknorpel (Stellknorpel) und Kehldeckel – Liegt vor der Wirbelsäule in Höhe von C4–C6 – Funktion: Leitung der Atemgase, Stimmbildung, Schutz vor pulmonaler Aspiration – Innervation: N. vagus: N. laryngeus superior und N. recurrens. Wird der N. recurrens geschädigt, entsteht eine Stimmbandlähmung 5 Epiglottis (Kehldeckel): verschließt den Kehlkopfeingang beim Schlucken 5 Stimmbänder: 1,7–2,3  cm lang beim Mann und 1,3–1,7 cm bei der Frau 5 Glottis(Stimmritze): dreieckiger Raum zwischen den beiden Stimmbändern;

engste Stelle der Tubuspassage. Ihre Weite wird durch die Stellknorpel reguliert 5 Trachea (Luftröhre): – Beginnt unterhalb des Ringknorpels und endet an der Bifurkation – Die Wände bestehen aus C-förmigen Knorpeln, die hinten offen sind. Die hintere Öffnung wird von einer Membran verschlossen – Länge: 12–15 cm bei Erwachsenen, bei Kindern 6–8 cm – Durchmesser: 1,5–2,5 cm bei Erwachsenen, 5–8 mm bei Kindern – Direkt hinter der Trachea liegt der Ösophagus 15.2  Endotracheale Intubation

Die endotracheale Intubation gehört zu den Standardverfahren, mit denen die Atemwege des Patienten bei Allgemeinanästhesien gesichert werden. Der Tubus kann oral oder nasal eingeführt und in die Trachea vorgeschoben werden. 5 Orotracheale Intubation: Standardverfahren 5 Nasotracheale Intubation: wird nur in speziellen Situationen eingesetzt, z. B. um das operative Vorgehen bei Eingriffen im Mund oder Oropharynx zu erleichtern, weiterhin bei Neugeborenen und Säuglingen z Nutzen des endotrachealen Tubus

5 Der Tubus schafft einen freien Atemweg und schützt vor pulmonaler Aspiration 5 Über den Tubus kann endotracheal abgesaugt werden 5 Der Tubus ermöglicht die invasive Beatmung z Indikationen

Die wichtigsten Indikationen bei Narkosen sind: 5 Alle aspirationsgefährdeten Patienten 5 Operationen im Kopf- und Halsbereich 5 Alle Lungen- und Herzoperationen

125

15.2 · Endotracheale Intubation

5 alle großen abdominalen Operationen 5 Allgemeinanästhesie für die Sectio caesarea 5 bei  allen ungünstigen Operationslagerungen 5 Laparoskopische Eingriffe mit Pneumoperitoneum 5 Sehr lange Eingriffe 15.2.1  Ausrüstung und Zubehör

Hierzu gehören: 5 Laryngoskop 5 Endotrachealtuben 5 Führungsstäbe 5 Blockerspritze

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z Jackson-Wisconsin-Spatel

5 Verläuft gerade 5 Die Schienung für die Zunge verbreitert sich zum Ende hin 5 Bei kleiner Mundöffnung ist die Intubation mit dem Spatel schwierig 5 Es gibt zahlreiche Modifikationen des Spatels

Endotrachealtuben Die Tuben bestehen aus Kunststoff, einer Blockmanschette (Cuff) und einer Zuleitung zur Manschette. Ihr Querschnitt ist rund. 5 Die Tubusgröße wird in mm  Innendurchmesser (ID) angegeben. 5 Die Wahl der Tubusgröße richtet sich nach dem Alter.

Laryngoskop Instrument, mit dem der Kehlkopf für die Intubation sichtbar eingestellt wird. Besteht aus einem Spatel (gebogen oder gerade) mit Lichtquelle und einem Griff mit Batterien. z Macintosh-Laryngoskop

5 Am häufigsten verwendetes Laryngoskop; der Spatel ist gebogen und folgt leichter der Rachenform als gerade Spatel 5 Beim Intubieren wird die Spatelspitze zwischen Kehldeckel und Zungengrund platziert 5 Spatelgrößen: – Nr. 1: Neugeborene und Kleinkinder, 9 cm lang – Nr. 2: Kinder, Länge 10,8 cm – Nr. 3: mittlere Größe für Erwachsene, Länge 13 cm – Nr. 4: Überlänge: 15,5 cm z Miller-Spatel

5 Der Spatel ist gerade, die Spitze etwas gebogen 5 Mit dem Spatel wird der Kehldeckel direkt aufgeladen 5 Vorteilhaft bei Neugeborenen und Kleinkinder wegen der relativ langen Epiglottis 5 Größen: 0 bis 4

Blockmanschette  Am unteren Ende des Tubus befindet sich eine aufblasbare Manschette, die den Tubus gegen die Trachealwand abdichtet. Dadurch kann während der Beatmung keine Luft entweichen. Außerdem verhindert die aufgeblasene Manschette, dass aspiriertes Material in die Lunge eindringt. Um die Trachealwand nicht zu schädigen, werden Niederdruckmanschetten eingesetzt. Der Cuffdruck sollte mit Cuffwächtern kontrolliert werden. Angestrebte Druckbereiche: 17–23 mmHg.

z Magill-Tubus

5 Standardtubus, leicht gekrümmt, runder Querschnitt 5 Mit oder ohne Blockmanschette erhältlich 5 Ohne oder mit seitlicher Öffnung an der Spitze (Murphy-Auge) 5 Kann auch ohne Führungsstab in die Trachea vorgeschoben werden z Woodbridge-Tubus

5 Tubus mit in die Wand integrierter Metallspirale 5 Kann nicht abknicken 5 Mit oder ohne Blockmanschette erhältlich

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Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

5 Wird mit Führungsstab vorgeschoben 5 Einsatz: Eingriffe im Kopfbereich wie HNO, Kieferchirurgie, Neurochirurgie, Strumaoperation z Doppellumentubus (7 Kap. 48)

5 Spezialtubus mit zwei getrennten Lumina für die einseitige Intubation eines Hauptbronchus 5 Anwendung: Ein-Lungen-Ventilation in der Thoraxchirurgie 5 Tubusgrößen: – Frauen: 7,0–8,0 mm Innendurchmesser (ID) – Männer: 7,5–8,5 mm ID – Kinder 7 Kap. 34 – Außendurchmesser: Angabe in Charriere (Ch, alternativ French, Gauge genannt): 1  Ch  = 1/3  mm oder 3 Char = 1  mm – Tubuslänge: 10–35 cm; nasale Tuben sind länger als orale 5 Eindringtiefe (Abstand Zahnreihe zur Tubusspitze): – Frauen 20–22 cm oder weniger – Männer 22–24 cm – Kinder 7 Kap. 34

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Führungsstab oder Mandrin  Mandrins mit Kunststoffbeschichtung werden in den Tubus eingeführt, um das Vorschieben des Tubus zu erleichtern. Zu beachten: Reine Metallstäbe dürfen wegen der Verletzungsgefahr nicht eingesetzt werden!

Einschätzung der Intubationsverhältnisse Die endotracheale Intubation des anästhesierten Patienten ist ein gefährliches Manöver. Misslingt sie, droht der relaxierte Patient zu ersticken, wenn er nicht mit dem Atembeutel beatmet werden kann!

! Cave Intubationsschwierigkeiten gehören zu den häufigsten Ursachen eines hypoxischen Herzstillstands. Darum müssen die Atemwege vor jeder Narkose auf zu erwartende Schwierigkeiten bei der Maskenbeatmung und bei der Intubation überprüft werden.

Hinweise auf Schwierigkeiten mit der Maskenbeatmung und mit der Intubation ergeben sich sehr häufig aus der Vorgeschichte des Patienten und aus dem klinischen Untersuchungsbefund. Sie können aber auch bei unauffälligem Vorbefund auftreten! z Fragen zur Vorgeschichte

5 Ist der Patient schon früher an Nase, Mund, Kehlkopf oder Trachea operiert worden 5 Ist die Funktion der Stimmbänder gestört 5 Hat der Patient „Schwierigkeiten mit der Nase“ 5 Sind früher schon einmal Intubationsschwierigkeiten aufgetreten 5 Hat der Patient einen Anästhesieausweis wegen erschwerter Intubation z Untersuchung der oberen Atemwege

5 Bestehen Anomalien des Gesichtsschädels oder angeborene Fehlbildungen im Kopf- und Halsbereich? 5 Sind die Nasenwege frei? 5 Sind die Kiefergelenke frei beweglich? Kann der Patient seinen Mund mindestens 4 cm weit öffnen? Besteht ein Überund Unterbiss? 5 Wie groß ist die Zunge? Kann der Patient die Zunge herausstrecken? 5 Wie ist der Zustand der Zähne: Sind die Zähne locker? Stehen sie vor? Hat der Patient Hasenzähne? Trägt er eine Prothese? 5 Kann der Patient den Hals frei bewegen, d. h. drehen, beugen und strecken? 5 Wie groß ist der Abstand zwischen Kinn und Kehlkopf bei maximal überstrecktem Kopf? (Normal: mindestens 7 cm)

15.2 · Endotracheale Intubation

5 Besteht der Verdacht auf einen abweichenden Verlauf oder eine Kompression der Trachea? 5 Spricht der Patient normal (Prüfung der Stimmbandfunktion)? 5 Wie sieht es in der Mundhöhle aus? 7 Mallampati-Klassifikation z Mallampati-Klassifikation

Untersucht wird hierbei, vor der Narkose, das Größenverhältnis zwischen Zunge und Pharynx am aufrecht sitzenden Patienten. Der Patient öffnet den Mund so weit wie möglich und streckt die Zunge maximal heraus: 5 Mallampati I: Weicher Gaumen, Zäpfchen (Uvula), Rachen und hinteres Tonsillenbett sind sichtbar 5 Mallampati II: Weicher Gaumen und Zäpfchen sind sichtbar 5 Mallampati III: Weicher Gaumen und nur die Basis des Zäpfchens sind sichtbar 5 Mallampati  IV: Weicher Gaumen ist nicht sichtbar Mallampati III und IV weisen auf Intubationsschwierigkeiten hin. Allerdings sind mindestens 50% der Vorhersagen falsch. Risikofaktoren, die vor jeder Intubation zu beachten sind 5 Risikofaktoren der schwierigen oder unmöglichen Maskenbeatmung – Narben, Tumoren, Entzündungen, Verl­etzungen von Lippe und Gesicht – Große Zunge und andere pathologische Veränderungen der Zunge – Bestrahlung oder Tumor im Halsbe­ reich – Pathologische Veränderungen von Rachen, Kehlkopf und Trachea – Schlafapnoesyndrom oder Schnarchanamnese – Vollbart – Mallampati III oder IV – Unterkiefer kann nicht nach vorne geschoben werden

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– Adipositas per magna – Abstand Kinnspitze bis Schildknorpel Das Videolaryngoskop gehört zur Standardausstattung jeder Anästhesieabteilung!

Orotracheale Intubation Intubiert wird unter direkter Sicht mit dem Laryngoskop. z Vorgehen

1. Zubehör für die orale Intubation bereitstellen: – Laryngoskop, gebogen oder gerade – Tuben in Erwachsenengröße, für Kinder 3 Größen bereithalten – Führungsstab oder Bougie – Konnektoren und Adapter für den Tu­ bus – 10-ml-Blockerspritze – Guedel-Tubus – Gleitmittel für den Tubus – Bei Bedarf: Lokalanästhetikumspray – Fixierpflaster für den Tubus – Absauggerät mit Absaugkathetern (angeschlossen!) – Narkose- und Notfallzubehör 2. Tubus und Laryngoskop überprüfen: – Cuff blocken und auf Dichtigkeit überprüfen – Je nach Tubus: Führungsstab einführen – Sterilen Tubus so wenig wie möglich mit den Händen berühren; Handschuhe tragen – Lichtquelle des Laryngoskops überprüfen; keine flackernden Laryngoskope einsetzen 3. Laryngoskopieren, dann intubieren – Hände desinfizieren, Einmalhandschuhe anziehen

15.2 · Endotracheale Intubation

– Mundhöhle des Patienten auf lose Zähne und Zahnprothesen inspizieren; bewegliche Zahnprothesen herausnehmen. Mund maximal öffnen lassen – Kopf des Patienten in Schnüffelposition auf dem Intubationskissen lagern – Den Patienten technisch korrekt und ausreichend lange präoxygenieren, dann Narkose einleiten und relaxieren – Mund des Patienten öffnen, dann mit der linken Hand das Laryngoskop einführen – Wenn die Stimmbänder eingestellt sind: Tubus mit der rechten Hand durch die Stimmritze in die Trachea vorschieben. Danach Sichtkontrolle, ob der Tubus zwischen den Stimmbändern liegt – Laryngoskop und Führungsstab entfernen – Tubus vorsichtig blocken und den Patienten sofort mit dem Atembeutel beatmen – Tubuslage kontrollieren Liegt der Tubus sicher in der Luftröhre? ! Cave Die Fehlintubation des Ösophagus gehört zu den häufigsten Ursachen tödlicher Narkosekomplikationen. Darum muss die Tubuslage sofort nach der Intubation kontrolliert werden!

129

15

Stimmbänder, also in der Trachea. Hiermit lässt sich aber nicht klären, ob der Patient einseitig intubiert ist 5 Gebräuchliche, aber unsichere Verfahren und Zeichen sind: – Beobachtung von Thoraxbewegungen und Bewegungen der Magengegend unter der Beatmung – Auskultation der Lungen und der Magengegend unter Beatmung Kontrolle der Tubuslage Sofort nach der Intubation: 5 den Patienten mit dem Atembeutel beatmen: Der Thorax muss sich seitengleich bewegen, die Magengegen darf sich nicht aufblähen 5 Beide Lungen in der vorderen Axillarlinie auskultieren: Das Atemgeräusch muss seitengleich sein; über der Magengegend darf kein „Atemgeräusch“ zu hören sein 5 Kapnometer anschließen: Mit jedem Beatmungshub muss Kohlendioxid in physiologischer Konzentration ausgeatmet werden 5 Wenn Zweifel bestehen, dass der Tubus korrekt liegt: Tubus herausziehen, den Patienten mit dem Atembeutel beatmen, dann erst neuer Intubationsversuch

z Kontrollverfahren 

5 Das einzige definitiv sichere Routinekontrollverfahren ist die direkte laryngoskopische Sicht auf den zwischen den Stimmbändern liegenden Tubus. Eine freie Sicht auf die Stimmritze ist aber nach der Intubation nicht immer möglich, sodass dann weitere Verfahren eingesetzt werden müssen 5 Ein nahezu sicheres Kontrollverfahren ist die Kapnometrie: Wird mit jedem Beatmungshub Kohlendioxid in physiologischer Konzentration ausgeatmet, so liegt der Tubus sicher unterhalb der

Nasotracheale Intubation Auch die nasale Intubation erfolgt unter direkter Laryngoskopie, nicht blind! 5 Tubusgrößen: Frauen 6 oder 6,5 mm ID, Männer 7 oder 7,5 mm ID 5 Die Nasenschleimhaut kann vor der Intubation mit einem abschwellenden Medikament vorbereitet werden 5 Wichtigste Akutkomplikationen sind: massives Nasenbluten, Verletzungen der Conchae, Rachenhinterwand und Rachenmandeln

130

Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

z Vorgehen

5 Zubehör: wie für orale Intubation + Intubationszange (Magill-Zange) 5 Der Kopf wird für die Intubation ebenfalls erhöht gelagert 5 Der Tubus wird bevorzugt über den rechten unteren Nasengang eingeführt und vorsichtig in den Oropharynx vorgeschoben, dann in den Hypopharynx 5 Sobald der Tubus im Hypopharynx liegt, wird das Laryngoskop mit der linken Hand eingeführt und die Stimmritze eingestellt 5 Anschließend wird der Tubus – unter Sicht – mit der Magill-Zange durch die Stimmritze in die Trachea vorgeschoben 15.2.2  Komplikationen der

Intubation

15

5 Zahnbeschädigungen oder -luxationen (Zahn sofort entfernen!) 5 Nasenbluten bei nasaler Intubation 5 Pulmonale Aspiration insbesondere bei nicht nüchternen Patienten 5 Perforation des Rachens, des Ösophagus oder der Trachea durch metallene Führungsstäbe 5 Verletzungen oder Luxation der Aryknorpel 5 Verletzungen der Stimmbänder 5 Blutungen und Schwellungen durch wiederholte (und meist gewaltsame) Intubationsversuche 5 Fehlintubation des Ösophagus 5 Fehlintubation eines Hauptbronchus: Sie führt zur Atelektase der anderen Lunge 5 Ruptur der Trachea 15.3  Fiberoptische Intubation

Mit diesem Verfahren können fast alle Intubationsschwierigkeiten bewältigt werden. Die Intubation kann am wachen oder am

i­ntubierten Patienten erfolgen. Der Tubus kann oral oder nasal eingeführt werden. z Indikationen

5 Eindeutige Hinweise auf zu erwartende erhebliche Intubationsschwierigkeiten 5 Unerwartet schwierige Intubation, die nicht umgehend bewältigt werden kann 5 Umintubation bei Risikopatienten 5 Korrekte Platzierung eines Doppellumen- oder Endobronchialtubus in der Thoraxchirurgie 5 Platzierung und Lagekontrolle eines normalen Tubus, wenn Unklarheiten bestehen 5 Hohes Risiko von Zahnschäden durch eine konventionelle Intubation 15.3.1  Intubation des wachen

Patienten

Hierfür ist eine Lokalanästhesie der oberen Atemwege und eine leichte Sedierung erforderlich. z Vor- und Nachteile

5 Vorteile: – Sie ist das sicherste Intubationsverfahren bei bekannt schwierigen Atemwegen – Die Spontanatmung bleibt erhalten; es besteht also kein Zeitdruck 5 Nachteile: – Das Verfahren erfordert die Kooperation des Patienten und ist nicht immer angenehmen – Schwieriges Vorgehen bei unkooperativen Erwachsenen und bei Kindern z Lokalanästhesie

Um das Vorgehen zu erleichtern, wird zunächst eine Oberflächenanästhesie der Schleimhäute im oberen Respirationstrakt angelegt, bei nasaler fiberoptischer Intubation auch der Nasenschleimhaut.

131

15.3 · Fiberoptische Intubation

15

z Vorgehen bei wacher oraler fiberoptischer Intubation

5 Anästhesie der Nasenschleimhaut: – Lidocain-Spray 10% und Xylometazolin 0,1%: 1–2 Sprühstöße pro Nasenloch oder – Lidocain 4% und Phenylephrin 1% als 3:1-Mischung: 0,5 ml pro Nasenloch aus einer 2-ml-Spritze oder – Lidocain-Spray  10% und Phenylephrin 1% 5 Anästhesie des Orophaynx: – Lidocain-Spray 10%, 2–3 Sprühstöße oder – Gurgeln des Patienten mit 2–4 ml der viskösen 2-%igen Lidocainlösung für 20–30 s 5 Anästhesie von Larynx und Trachea: – Technik des Sprühens und Vorschiebens mit dem Fiberendoskop oder – Injektion des Lokalanästhetikums durch das Lig. conicum in den Kehlkopf (translaryngeal) oder – Blockade des N. laryngeus superior beiderseits

Nasale fiberoptische Intubation des wachen Patienten

z Sedierung

z Vor- und Nachteile

5 Monitor anschließen, Venenkanüle einführen 5 Den Patienten zunächst nur leicht sedieren 5 Lokalanästhesie der oberen Atemwege 5 Sauerstoff über Nasensonde zuführen 5 Wenn Sedierung und Lokalästhesie ausreichend wirken: Kopf in typischer Intubationsposition oder flach mit überstrecktem Kopf lagern 5 Intubationsatemweg (Schlitz-Guedel-Tubus) o. Ä. in den Mund einführen und hierüber das Fiberendoskop und den aufgefädelten Endotrachealtubus vorschieben 5 Wenn Stimmritze sichtbar: Endoskop bis in die Mitte der Trachea vorschieben, dann den Tubus

Meist ist eine leichte bis mittlere Sedierung erforderlich, um die Intubation zu erleichtern 5 Opioide, z. B. Remifentanil oder Fentanyl dämpfen den Hustenreflex, aber auch die Atmung. Darum müssen höhere Dosen vermieden werden 5 Midazolam, z. B. 0,03 mg/kgKG wirkt meist ausreichend sedierend. Vorsicht ist bei der Kombination mit einem Opioid geboten, weil hierdurch die Atemdepression verstärkt wird

5 Vorteile: technisch einfacher als oral, außerdem ist keine Mundöffnung erforderlich 5 Nachteile: größerer Zeitaufwand, Verletzungsgefahr, Tunnelbildung, Bakteriämie, kontraindiziert bei Schädelbasis-Frakturen

Orale fiberoptische Intubation des wachen Patienten

15.3.2  Fiberoptische Intubation

Die orale Intubation ist schwieriger als die nasale, aber schneller durchzuführen und weniger unangenehm. Außerdem kann ein größerer Tubus verwendet werden.

z Verfahren

5 Erst der Tubus, dann das Endoskop oder 5 Erst das Endoskop, dann der Tubus

des anästhesierten Patienten

Hierfür ist nur eine kurze Vorbereitungszeit erforderlich.

132

Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

5 Der Tubus kann oral oder nasal eingeführt werden 5 Für die orale Intubation kann eine spezielle Endoskopiemaske 5 verwendet werden, durch die das Endoskop und der Tubus vorgeschoben werden 5 Bei geplanter Intubation kann die Spontanatmung kann erhalten bleiben

15.4.1  Schwierige oder

z Nachteile

Die Häufigkeit dieser Komplikation beträgt etwa 2%.

5 Die Zunge und die Pharynxmuskulatur verlieren ihren Tonus. Hierdurch wird das Vorgehen erschwert 5 Beim relaxierten Patienten ist die Apnoezeit begrenzt und die Hypoxiegefahr erhöht 15.4  Schwieriger Atemweg und

schwierige Intubation

Schwieriger Atemweg Ein schwieriger Atemweg liegt vor, wenn bei der Sicherung der Atemwege Problem auftreten.

15

Beim anästhesierten Patienten kann dadurch sehr rasch eine lebensbedrohliche Situation entstehen, v. a. wenn die Beteiligten mit Hektik oder Panik reagieren. Der schwierige Atemweg umfasst folgende Situationen: 5 Schwierige oder unmögliche Beatmung über eine Maske oder über eine supraoder extraglottische Atemwegshilfe (SGA oder EGA: Larynxmaske, Larynxtubus) 5 Schwierige Platzierung einer EGA oder SGA 5 Schwierige Laryngoskopie 5 Schwierige endotracheale Intubation 5 Intubationsversagen

unmögliche Beatmung über eine Maske oder eine EGA

> Eine Masken- oder EGA-Beatmung ist schwierig, wenn der Patient hierüber nicht ausreichend beatmet werden kann.

z Zeichen der ungenügenden Ventilation

5 Kardinalzeichen: Undichtigkeit, massive Leckage, Widerstand bei der Inspiration oder Exspiration 5 Keine ausreichenden Thoraxbewegungen 5 Keine oder nicht ausreichende Atemgeräusche 5 Eindringen der Atemluft in den Magen mit Aufblähung der Magengegend 5 Zunehmender Abfall der O2-Sättigung (unter 90%) und Zyanose 5 Hämodynamische Effekte der zunehmenden Hypoxie: Tachykardie und Blutdruckanstieg, Herzrhythmusstörungen, Bradykardie und Blutdruckabfall, Asystolie > Patienten, die schwierig über eine Maske zu beatmen sind, sind häufiger auch schwierig zu intubieren.

Vorgehen bei schwieriger Masken­ beatmung 5 Sofort zusätzliche Hilfe anfordern 5 Maskengröße überprüfen, wenn nötig korrigieren 5 Maskensitz optimieren: Maske mit beiden Händen im Esmarch-Handgriff griff halten, den Patienten durch einen Helfer beatmen

133

15.4 · Schwieriger Atemweg und schwierige Intubation

5 Maskenbeatmung durch Einführen eines Guedel- oder eines Wendl-Tubus verbessern 5 Gabe eines Muskelrelaxans erwägen; hierdurch kann die Beatmung oft verbessert werden 5 1–2 Intubationsversuche 5 Wenn Intubationsversuche misslingen: Abbruch der Narkose erwägen

Schwierige Platzierung einer EGA EGA sind Atemwegshilfen, mit denen der Atemweg zwischen dem Oropharynx und dem proximalen Ösophagus aufrechterhalten wird. Sie liegen alle oberhalb der Stimmritze, also extraglottisch. z Extraglottische Atemwegshilfen (EGA):

5 Larynxmaske 5 Larynxtubus 5 Combitubus > Das Platzieren einer EGA wird als schwierig bezeichnet, wenn hierfür trotz normaler Anatomie viele Versuche erforderlich sind.

15.4.2  Schwierige Intubation

Eine Intubation ist schwierig, wenn ein Facharzt hierfür mehrere Versuche benötigt. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen: 5 Schwieriger direkter Laryngoskopie: Die Stimmritze kann nur ungenügend oder gar nicht eingestellt werden 5 Schwieriger endotrachealer Intubation: Der Tubus ist schwierig oder gar nicht in den Kehlkopfeingang oder die Trachea vorzuschieben

15

! Cave Etwa 0,1% aller allgemeinchirurgischen Patienten sind konventionell nicht zu intubieren!

z Can´t intubate, can´t ventilate

Dies ist das Schreckensszenario jedes Anästhesisten: Der anästhetisierte Patient ist weder über Maske oder EGA zu beatmen noch endotracheal zu intubieren. Die Situation kann in der Regel nur durch sofortige alternative Techniken (7 Abschn. 15.4.2.1) bewältigt werden. z Intubation möglich, Beatmung nicht möglich

Nach der Intubation lässt sich der Patient in keiner Weise beatmen. Diese extrem seltene Komplikation beruht auf einer kompletten Verlegung unterhalb der Tubusspitze, z. B. durch Fremdkörper oder Blutkoagel, v. a. im Bereich der Bifurkation der Trachea. Häufige Fehldiagnosen  5 Bronchospasmus 5 Vermeintliche Intubation des Ösophagus 5 Funktionsstörungen des Beatmungsgeräts Vorgehen  5 Sofortige Extraktion des Fremdkörpers oder 5 Gezieltes Absaugen der Koagel über ein Notfallrohr

Bewältigung der schwierigen Intubation Das Vorgehen richtet sich danach, ob die schwierige Intubation unerwartet eintritt oder aufgrund von Risikofaktoren und Befunden zu erwarten ist. Für beide Situationen müssen in der Klinik Algorithmen aufgestellt werden, nach denen vorzugehen ist.

134

Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

> Jede Fachpflegekraft muss im Verhalten und Vorgehen bei erwartet und unerwartet schwieriger Intubation ausgebildet und praktisch trainiert werden, um kopfloses Handeln zu vermeiden und eine kompetente Assistenz bei ihrer Bewältigung zu gewährleisten.

z Notfallwagen: „schwierige Intubation“

Der Notfallwagen muss bei jeder Anästhesie innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Zubehör des Notfallwagens 5 Endotrachealtuben verschiedener Größen 5 Biegbare Führungsstäbe, Bougies, Tubuswechsler 5 Intubationszange, Fasszange 5 EGA verschiedener Größen: Larynxmaske, Larynxtubus, Combitubus 5 Videolaryngoskop 5 Flexible Intubationsendoskop 5 Alternative Laryngoskope 5 Koniotomiebesteck

Die erwartet schwierige Intubation

15

Die erwartet schwierige Intubation lässt sich in der Regel erfolgreich bewältigen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 5 Aufklärung des Patienten über die Risiken sowie die Einwilligung 5 Vorausplanung und Vorgehen nach klinikinternem Algorithmus 5 Überprüfung Bereitstellung des Notfallwagens „schwierige Intubation“ 5 Intubation nur durch einen erfahrenen Facharzt oder unter dessen direkter Anleitung 5 Assistenz durch eine entsprechend geschulte Fachpflegekraft. Die Bewältigung der erwartet schwierigen Intubation erfolgt primär durch einen erfahrenen Facharzt und eine entsprechend geschulte

Fachpflegekraft. Der Ablauf sollte vorausgeplant werden und einem krankenhausinternen Algorithmus folgen. z Mögliches Vorgehen

5 Regionalanästhesie statt Allgemeinanästhesie, sofern das möglich ist 5 Fiberoptische Intubation des wachen und spontan atmenden Patienten unter ­O2-Insufflation bei nur geringer Sedierung (7 Abschn. 15.3.1) 5 Fiberoptische Intubation des anästhesierten Patienten: Nach ausreichender Präoxygenierung videolaryngoskopische Intubation des anästhesierten Patienten 5 Nach ausreichender Präoxygenierung chirurgischer Atemweg in Lokalanästhesie; nur sehr selten erforderlich z Fiberoptische Intubation (7 Abschn. 15.3)

5 Verfahren der Wahl bei bekannt schwieriger Intubation 5 Kann bei allen Patienten angewendet werden, die konventionell nicht zu intubieren sind 5 Hierbei sollte die Spontanatmung so lange erhalten bleiben, bis der Endotrachealtubus sicher in der Trachea platziert worden ist

Die unerwartet schwierige Intubation Auch wenn bei dem Patienten keine Hinweise auf zu erwartende Intubationsschwierigkeiten vorliegen, müssen Fachpflegekräfte und Ärzte hierauf immer vorbereitet sein! 5 Scheitert der erste Intubationsversuch, muss als erstes die O2-Versorgung des Patienten sichergestellt werden. Hierzu wird der Patient über eine Atemmaske mit reinem Sauerstoff beatmet. Wenn erforderlich, hierfür Guedel- oder Wendl-Tubus einführen 5 Ist die O2-Versorgung gewährleistet, kann ein zweiter (optimierter) Intubationsversuch mit direkter Laryngoskopie erfolgen.

135 15.4 · Schwieriger Atemweg und schwierige Intubation

Vorher müssen aber die Intubationsbedingen optimiert werden 5 Mehr als zwei Intubationsversuche mit direkter Laryngoskopie sollten nicht unternommen werden (DGAI-Empfehlung) > Der Patient stirbt nicht, weil die Intubation misslingt, sondern weil der Anästhesist nicht aufhört mit den Intubationsversuchen.

z Vorgehen bei unerwartet schwieriger Intubation

1. Vorgehen nach misslungenem erstem Intubationsversuch: – Beatmung über die Atemmaske oder EGA – Lässt sich der Patient ausreichend über die Gesichtsmaske beatmen, kann umgehend, aber in Ruhe, Hilfe (Facharzt, Oberarzt, weitere Anästhesiekräfte) herbeigeholt werden, um die schwierige Situation besser zu bewältigen – Ist die Maskenbeatmung nicht möglich, sollte eine EGA eingeführt werden 2. Zweiter Intubationsversuch unter optimierten Bedingungen: – Vor dem zweiten Intubationsversuch müssen die Intubationsbedingungen optimiert werden: – Kopf in optimale Schnüffelposition bringen – Den Kehlkopf von außen in die optimale Intubationsposition drücken: nach hinten, oben und rechts (sog. BURP, „backward-upward-rightward pressure“) – Bei Bedarf: Spatellänge oder Spateltyp wechseln – Wenn vorhanden: Sekret und Blut absaugen – Lässt sich die Stimmritze nicht ausreichend einstellen: elastische Bougie einführen und den Tubus hierüber vorschieben

15

– Misslingt der zweite Intubationsversuch, sollt kein dritter konventioneller Versuch unternommen 3. Vorgehen nach gescheitertem dritten Intubationsversuch: – Videolaryngoskopie – EGA einführen: Larynxmaske mit Absaugkanal, Intubationslarynxmaske oder Larynxtubus – Erneuter Intubationsversuch mit Videolaryngoskopie oder mit Fiberendoskop – Flexible oder starre endoskopische Intubation; bei Misslingen: Patienten wach werden lassen – Im äußersten Notfall, wenn nicht zu beatmen: Koniotomie (setzt Training voraus!)

Extubation nach schwieriger Intubation oder bei schwierigem Atemweg Auch hierfür ist ein vorab geplantes Vorgehen erforderlich, da mit Atemwegskomplikationen durch die vorangegangenen Manipulationen gerechnet werden muss. Vorgehen bei der Extubation 5 Der Patient sollte bevorzugt im Wachzustand und nur bei ausreichender Atemfunktion extubiert werden 5 Vor der Extubation muss der Notfallwagen „schwierige Intubation“ bereitgestellt werden 5 Die Extubation sollte nur in Anwesenheit eines erfahrenen Facharztes und einer erfahrenen Fachpflegekraft vorgenommen werden, bei ausgewählten Patienten nur in direkter Tracheotomiebereitschaft 5 Wenn erforderlich: supraglottischen Bereich des noch anästhesierten Patienten vor der Extubation laryngoskopisch inspizieren 5 Den Patienten ausreichend lange mit 100% Sauerstoff präoxygenieren

136

Kapitel 15 · Atemwegsmanagement

5 Prüfen, ob ein Larynxödem vorliegt: – Den Cuff entblocken und die ersten 6 Atemzüge messen. Tritt dabei ein deutliches Leck auf, sind die oberen Atemwege sehr wahrscheinlich nicht durch Schwellung verlegt und der Tubus kann herausgezogen werden – Tritt kein Leck auf, besteht wahrscheinlich eine Verlegung der Atemwege 5 Im Zweifelsfall sollte dann ein Führungsstab oder Jet-Stilett durch den Tubus in die Trachea weit genug vorgeschoben und dann der Tubus entfernt werden. Tritt danach eine Ventilationsstörung auf, wird ein neuer Tubus über den Führungsstab vorgeschoben 5 In Einzelfällen kann der Tubus beim noch anästhesierten Patienten entfernt und vorübergehend eine ­(Intubations-)EGA eingeführt werden

z Überwachung nach der Extubation

Nach erfolgreicher Extubation muss der Patient zunächst durch qualifiziertes Fachpflegepersonal überwacht werden. Zu achten ist v. a. auf Atemwegskomplikationen, die sich auch verzögert manifestieren können.

15

z Zeichen für Atemwegskomplikationen nach der Extubation

5 Heiserkeit 5 Schluckbeschwerden 5 Luftnot durch eine zunehmende Schwellung im Bereich der oberen Atemwege 5 Blutungen im Gewebe der oberen Atemwege 5 Thoraxschmerzen 5 Hautemphysem durch Pneumothorax oder Ösophagusperforation

15.5  Larynxmaske

Die Larynxmaske ist ein Atemweg, der oberhalb der Stimmritze (supraglottisch) platziert wird. Sie kann bei vielen Operationen anstelle des Endotrachealtubus verwendet werden, schützt aber nicht komplett vor einer pulmonalen Aspiration. z z Vor- und Nachteile

5 Vorteile: – Einfache Technik, leichter zu erlernen als die Intubation – Vermeidet die Risiken der direkten Laryngoskopie und Intubation – Wird ohne Muskelrelaxanzien platziert – Kann an ein Narkosegerät angeschlossen werden 5 Nachteile: – Lässt sich bei einigen Patienten nicht korrekt platzieren – Kein sicherer Schutz vor Aspiration – Kein Schutz vor Laryngospasmus – Kann zu Druckschäden von Nerven führen (selten) z Aufbau der Larynxmaske (LMA)

5 Besteht aus Maskenkörper, Tubus mit Konnektor und seitlichem Drainagekanal (ProSeal-LMA = PLMA) 5 Der Maskenkörper besitzt einen aufblasbaren Rand und in der Mitte eine Öffnung mit Steg, über die das Atemgas durch die Stimmritze in die Trachea geleitet wird 5 Nach der Blockung „umhüllt“ die Maske den Kehlkopfeingang 5 Das proximale Ende des Zuleitungsschlauchs wird an das Narkosegerät angeschlossen 5 Über den Drainagekanal kann abgesaugt oder eine Magensonde eingeführt werden 5 Erforderlicher Cuffdruck 40–60 mmHg

15

137

15.5 · Larynxmaske

. Tab. 15.1  Larynxmasken – Maskengröße, einführbare Endotrachealtuben und Fiberendoskope Maskengröße

Gewicht des Patienten (kg)

ID/ÄD (mm)

Länge (cm)

Cuffvolumen (ml)

Größtmöglicher Endotrachealtubus (ID mm)

Fiberendoskop (Durchmesser mm)

1

90

11,5/16,5

20

35–40

7,5 ohne Cuff

6,5

z Intubationslarynxmaske (LMA-Fastrach)

5 Speziell konstruierte Larynxmaske, über die bei schwieriger Intubation fiberoptisch oder auch „blind“ ein spezieller Endotrachealtubus in die Trachea vorgeschoben werden kann 5 Die Maske kann auch als eigenständiger Atemweg für Narkosen eingesetzt werden z Maskengrößen

Die Wahl der Maskengröße erfolgt nach dem Körpergewicht (. Tab. 15.1): z Indikationen

5 Operationen, bei denen eine endotracheale Intubation umgangen werden soll 5 Vermutete schwierige Intubation oder schwieriger Atemweg 5 Notfallbeatmung, wenn Maskenbeatmung und Intubation unmöglich sind 5 Bei schwieriger fiberendoskopischer Intubation z Kontraindikationen

5 Erhöhtes Aspirationsrisiko: voller Magen, symptomatischer Ileus, Zwerchfellhernie 5 Extrem eingeschränkte Mundöffnung ( Wenn kein Puls vorhanden ist, werden auch keine Messwerte und keine Pulskurve angezeigt

5 Die Messgenauigkeit ist hoch, nimmt aber ab, wenn die O2-Sättigung auf unter 80% fällt 5 Dunkle Hautfarbe hat keinen Einfluss auf die Messwerte 5 Die Messung setzt voraus, dass der Messorts genügend durchblutet wird ! Cave Eine Diskonnektion vom Beatmungsgerät wird vom Pulsoxymeter nicht rechtzeitig erfasst, da die O2-Sättigung verzögert abfällt!

z Alarmsicherung Partielle O2-Sättigung  Prozentualer Anteil

des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) am Gesamt-Hb (Oxy-Hb + Desoxy-Hb + COHb + Methämoglobin); SpO2-Normalwerte: 96–98%. > Bei einer SpO2 von 90% beträgt der paO2 nur noch 60 mmHg!

5 Die Anzeige der SpO2 und der Pulsfrequenz sind obligatorisch durch sichtund hörbare Alarme gesichert 5 Zu beachten: Wenn das Pulsoxymeter korrekten O2-Sättigungsalarm auslöst, besteht bereits ein O2-Mangel und es muss sofort nach der Ursache gesucht werden, weil sich sehr schnell eine lebensbedrohliche Hypoxämie entwickeln kann

148

Kapitel 17 · Überwachung des anästhesierten Patienten

Wichtigste Ursachen für einen Abfall der arteriellen O2-Sättigung

5 Plötzlicher O2-Sättigungsabfall – Verlegung der Atemwege – Tubusdislokation (falsche Lage) oder Tubusdiskonnektion (nicht mehr verbunden) – Zu niedrige O2-Konzentration im Gasgemisch (Gerätefehler) – Notfallmaßnahme: sofort mit dem Handbeutel mit 100% Sauerstoff beatmen; 5 Verzögerter O2-Sättigungsabfall – Ungenügende Ventilation (Hypoventilation) – Lungen- oder Luftembolie

z Was zeigt das Pulsoxymeter nicht oder nicht rechtzeitig an?

5 Fehllage des Tubus im Ösophagus 5 Einseitige Intubation 5 Diskonnektion der Atemschläuche 5 Wie hoch der arterielle pO2 ist 5 Ob das Blut CO- oder MetHb enthält z Störungen und falsche Messwerte

17

Die SpO2-Messung kann durch viele Faktoren gestört oder verfälscht werden. Im Zweifelsfall hilft die arterielle Blutgasanalyse weiter. 5 Falsch niedrige O2-Sättigung – Ungenügende arterielle Durchblutung am Messort, z. B. durch Vasokonstriktion, niedriges HZV, Kompression der Arterie durch die Manschette, Hypothermie – Blauer, grüner oder schwarzer Nagellack (rot und purpur haben keinen Einfluss) – Anämie (Hb  Die kontinuierliche CO2-Messung ist ein essenzielles Überwachungsverfahren bei allen Allgemeinanästhesien.

Kapnometer Ein Kapnometer zeigt an: 5 Den endexspiratorischen CO2-Partialdruck (etpCO2 in mmHg) oder die fraktionelle CO2-Konzentration (etCO2 in Volumen %) 5 Den Verlauf der ausgeatmeten CO2Kurve 5 Belüftung der Lunge: ob sie überhaupt, normal, zu wenig oder zu stark ventiliert ist CO2-Normalwerte  5 etpCO2: 33–43 mmHg bzw. 5 etCO2: 4,3–5,7 Vol. % 5 Bei Lungengesunden entspricht der etpCO2 annähernd dem arteriellen pCO2

149 17.2 · Basismonitoring

Für die Einstellung des Beatmungsgeräts gilt Folgendes: 5 Zu hoher pCO2-Wert = zu niedrig eingestelltes Atemminutenvolumen 5 Zu niedriger pCO2-Wert = zu hoch eingestelltes Atemminutenvolumen

Kapnogramm Ein Kapnogramm ist die grafische Darstellung der mit Kapnometrie gemessenen Werte: 5 Inspiratorische Grundlinie: pCO2 = 0 mmHg 5 Steiler Anstieg des pCO2 kurz nach Beginn der Exspiration 5 Plateau: entspricht dem pCO2 (oder der CO2-Konzentration) in der Alveolarluft mit einem Höchstwert direkt vor dem Beginn der nächsten Inspiration 5 Steiler Abfall des pCO2 auf die Grundlinie kurz nach Beginn der nächsten Inspiration z Was kann der CO2-Kurve entnommen werden?

5 Ob die Lunge des Patienten überhaupt ventiliert wird 5 Ob der beatmete Patient normoventiliert, hyperventiliert oder hypoventiliert wird 5 Ob der Kurvenverlauf normal oder pathologisch ist 5 Ob Undichtigkeiten im Atemsystem vorliegen 5 Ob im Narkosesystem Kohlendioxid rückgeatmet wird 5 Ob der Endotrachealtubus teilweise oder vollständig verlegt ist 5 Ob das HZV abgefallen ist und dadurch die Totraumventilation zugenommen hat (arterieller pCO2 steigt an, endexspiratorischer pCO2 fällt ab) z Pathologische Kapnogramme

Pathologische CO2-Kurven sind ein Alarmzeichen, dass auf Störungen der Ventilation hinweist und sofort abgeklärt werden muss.

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Ursachen pathologischer Kapnogramme 5 Schlagartiger Abfall des etpCO2 auf 0: – Komplette Diskonnektion vom Beatmungssystem – Komplette Tubusverlegung – Akute Fehllage des Tubus, meist im Ösophagus – Ausfall des Beatmungsgeräts bzw. Gerätefehler – Herzstillstand 5 Schlagartiger Abfall auf niedrige Werte: – Partielle Undichtigkeiten im Atemsystem einschließlich Tubusblockmanschette – Teilverlegung des Tubuslumens (Beatmungsdruck steigt an!) – Undichtigkeit im Ansaugsystem eines Seitenstromkapnometers 5 Abfall innerhalb weniger Atemzüge: – Massiver Blutverlust mit Blutdruckabfall – Kardiogener Schock, Low-output-­ Syndrom, z. B. durch Herzinfarkt oder Lungenembolie – Herzstillstand 5 Kontinuierlicher Anstieg: – Hypoventilation – Teilweise Verlegung der Atemwege – Absorption von Kohlendioxid in das Blut bei Laparoskopien bzw. Kapnoperitoneum – Anstieg der CO2-Produktion bei Fieber

17.2.2  Überwachung der ­­Herz-

Kreislauf-Funktion

Die Herz-Kreislauf-Funktion muss kontinuierlich überwacht werden, weil bedrohliche Störungen sehr schnell oder sogar schlagartig auftreten können. z Ursachen für Herz-Kreislauf-Störungen

5 Nebenwirkungen von Anästhetika und Anästhesieverfahren

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Kapitel 17 · Überwachung des anästhesierten Patienten

5 Reaktion auf starke Schmerzreize oder Anästhesiemaßnahmen 5 Akute Blutverluste 5 Nicht erkannter O2-Mangel durch Störungen der Atmung bzw. Beatmung 5 Akute Elektrolytstörungen 5 Vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen Anästhesiologische Überwachung der Herz-Kreislauf-Funktion A. Klinisch: – Inspektion: Hautfarbe, Kapillardurchblutung (Nagelbett) – Palpation: leicht zugängliche Arterie. Beurteilung von Herzfrequenz, Herzrhythmus und Pulsamplitude – Auskultation: Lautstärke der Herz­ töne, Herzfrequenz und ­-rhythmus B. Basismonitoring: – EKG-Monitor – Nichtinvasive Blutdruckmessung (NIBP) C. Erweitertes Monitoring: – Zentraler Venendruck (ZVD) – Invasive Blutdruckmessung über Arterienkanüle – Echokardiographie (TTE, TEE) – Pulskonturanalyse (PiCCO) – Pulmonaliskatheter (sehr selten eingesetzt)

EKG-Monitor Der EKG-Monitor ist das Standardgerät bei allen Narkosen und rückenmarknahen Regionalanästhesien.

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z Was zeigt der EKG-Monitor an?

5 Herzfrequenz: Normalfrequenz (60– 100/min), Bradykardie (HF  100/min) 5 Herzrhythmus: Sinusrhythmus, Arrhythmien

5 Myokardischämien (ungenügende Durchblutung des Herzmuskels) 5 Art eines Herzstillstands: Kammerflimmern/-flattern, Asystolie, pulslose elektrische Aktivität (PEA) z Welche Ableitungen werden intraoperativ angewendet?

Die intraoperativen Ableitungen sind aus operationstechnischen Gründen begrenzt: eine detaillierte kardiologische Analyse der elektrischen Herzfunktion ist hiermit nicht möglich; auch muss mit Artefakten durch äußere Störungen, v. a. durch Elektrokauter, gerechnet werden. Für die intraoperative Ableitung werden Klebeelektroden auf der Haut (nach Reinigung) angebracht. Gebräuchliche Ableitungen  5 Ableitung II: bipolare Ableitung zwischen rechtem Arm und linkem Bein. Die P-Welle ist groß und leicht aufzufinden 5 Ableitung V1: 4 Elektroden an den Extremitäten, 1 Elektrode im 4. ICR rechts vom Sternum. P-Welle und QRS-Komplex sind gut zu erkennen 5 Modifizierte Brustwandableitung (MCL1): positive Elektrode in V1-Position, linke Elektrode unter der Schulter oder unter der linken Klavikula. Am EKG-Monitor wird Ableitung III eingestellt. Geeignet zur Beurteilung von Herzrhythmusstörungen und Störungen der Erregungsleitung 5 Ableitung V5 (modifiziert). Die V5-Elektrode befindet sich in der linken vorderen Axillarlinie. Die V5-Ableitung erfordert ein spezielles Kabel. Geeignet für die Erkennung von Myokardischämien der Vorderseitenwand des Herzens Woran ist zu erkennen, dass der EKG-Monitor korrekt angeschlossen ist?  5 Die Grundlinie ist stabil und artefaktfrei

151

17.2 · Basismonitoring

5 Die R-Zacken sind ausreichend hoch 5 Die P-Welle ist deutlich erkennbar Störungen der E ­ KG-Ableitung  5 Zu hoher Hautwiderstand: ungenügende Kopplung zwischen Elektrode und Haut 5 Technische Artefakte 5 Umgebungsartefakte, besonders durch hochfrequente Elektrokauter 5 Muskelaktivität

Nichtinvasive Blutdruckmessung Die nichtinvasive (indirekte) Blutdruckmessung (NIBP) ist Standard bei jeder Narkose; die direkte Messung in der Arterie über eine Arterienkanüle gehört dagegen zum erweiterten Monitoring. Der arterielle Blutdruck ist der wesentliche Parameter der Organdurchblutung, ermöglicht aber keine Aussagen über den Blutfluss; d. h. aus der Höhe des Blutdrucks kann nicht ermittelt werden, wieviel ml Blut aktuell durch das Gefäß strömen. Normalwerte sind 120–129/80–84 mmHg; hochnormal 130–139/85–89 mmHg; Mitteldruck >65 mmHg. z Automatische NIBP-Messung

Die NIBP-Messung während der Narkose erfolgt in der Regel oszillometrisch, mit automatischen, mikroprozessorgesteuerten Geräten. Gemessen werden der systolische und der diastolische Blutdruck, während der arterielle Mitteldruck (MAP) vom Gerät berechnet wird. Die Werte werden auf dem Monitor angezeigt. Voraussetzungen für genaue Messwerte  5 Korrekte Manschettenbreite: mindestens 20% größer als der Durchmesser des Messarms. Zu schmale Manschetten: falsch hoher Druck, zu breite Manschetten: geringe Verfälschung der Messwerte

17

5 Straffes Anlegen der luftleeren Manschette am unbekleideten Oberarm > Während der Narkose wird der arterielle Blutdruck mindestens alle 5 min gemessen und der Wert im Protokoll dokumentiert oder automatisch aufgezeichnet. Fehlmessungen  Die Messgenauigkeit wird

durch zahlreiche Faktoren beeinträchtigt: 5 Falsche Größe und falsche Platzierung der Manschette 5 Blutdruckabfall, Gefäßkonstriktion, Schock 5 Hypertonie 5 Hypothermie 5 Übergewicht 5 Arrhythmien des Herzens mit peripheren Druckschwankungen oder Pulsdefizit (bei der oszillometrischen Messung) 17.2.3  Messung der

Körpertemperatur

Durch die Anästhetika und Muskelrelaxanzien wird die Temperaturregulation ausgeschaltet: 5 Ohne wärmeschützende Maßnahmen fällt bei allen anästhesierten Patienten die Körpertemperatur ab, wenn die OP-Temperatur unter 21°C liegt 5 Anstiege der Körpertemperatur sind ebenfalls möglich, z. B. bei Infektionen oder bei maligner Hypothermie 5 Die Körperkerntemperatur sollte bei allen Operationen überwacht werden, außer bei kurzen Eingriffen 5 Die elektronische Messung ist das Verfahren der Wahl Perioperative Messung der Körper­ temperatur ­(AWMF-S3-Leitlinie) 5 Messung 1–2  h vor Narkosebeginn durch die Station (empfohlen)

152

Kapitel 17 · Überwachung des anästhesierten Patienten

5 Intraoperativ kontinuierlich, mindestens aber alle 15 min 5 Messorte: sublingual, n ­ aso-/oropharyngeal. Abhängig vom ­ OP-Gebiet auch ösophageal, in der Harnblase (über Katheter) oder im Gehörgang; bei Kindern bis zu 2 Jahren rektal

17.2.4  Messung der

Urinausscheidung

Ein Harnblasenkatheter oder ein suprapubischer Katheter wird nur bei großen bzw. lange dauernden Eingriffen und bei speziellen Indikationen (z. B. massive Volumenverluste) eingeführt. Eine normale Urinausscheidung (>0,5  mg/kgKG/h) weist auf eine ausreichende Nieren- und H ­ erz-Kreislauf-Funktion hin. z Ursachen einer ungenügenden Urinausscheidung während der Narkose (Oligurie oder Anurie)

5 Zu niedriger Blutdruck oder renaler Perfusionsdruck 5 Volumenmangel, niedriges Herzzeitvolumen (HZV), Schock 5 Wirkungen von Anästhetika 5 Verstopfter, falsch liegender oder abgeknickter Katheter 5 Obstruktion der unteren Hohlvene durch chirurgische Maßnahmen 5 Starke Unterkühlung

17

17.2.5  Apparative Überwachung

der Narkosetiefe: B ­ ISMonitor, Narcotrend

Mit dem EEG können die Anästhesietiefe und die globale O2-Versorgung des Gehirns festgestellt werden. Für den intraoperativen Routineeinsatz sind die Geräte aber nicht geeignet.

Gebräuchlich sind dagegen Monitore, die das Roh-EEG, computergestützt, verarbeiten (prozessiertes EEG) und die Anästhesietiefe als Zahlenwert anzeigen: der BIS-Monitor und der Narcotrend-Monitor.

BIS-Monitor Der BIS-Monitor zeigt den bispektralen Index (BIS) kontinuierlich an. Die Signale werden über Stirnklebelektroden abgeleitet. Der BIS ist eine vom Gerät berechnete dimensionslose Zahl auf einer Skala zwischen 0 und 100, die folgendes aussagt: BIS-Werte und klinischer Zustand des Patienten 5 100–85: wacher Patient, Erinnerung vorhanden 5 85–65: Patient ist sediert 5 60–40: mittlere bis tiefe Bewusstlosigkeit mit Amnesie; empfohlener Werte für die Narkose 5 Nach einer 6- bis 8-stündigen Nüchternheit beträgt das präoperative Flüssigkeitsdefizit etwa 250–500 ml. Ein wesentlicher Volumenmangel im Gefäßsystem (Hypovolämie) liegt nicht vor.

5 Die intraoperative Perspiratio insensibilis ist geringer, wenn Rückatemsystem bei der Narkosebeatmung eingesetzt werden 5 Bei großen Baucheingriffen beträgt der Flüssigkeitsverlust durch Perspiratio insensibilis nur etwa 70 ml/h. z Konzept der bedarfsadaptierten traoperativen Flüssigkeitszufuhr

in-

5 Keine prophylaktische Flüssigkeitszufuhr vor Narkoseeinleitung bei normovolämen Patienten, auch nicht vor ­Spinal- oder Periduralanästhesien 5 Aber: vorbestehende Volumendefizite vor OP-Beginn möglichst ausgleichen 5 Deckung des Erhaltungsbedarfs mit 1– 1,5 ml/kgKG/h isotoner Vollelektrolytlösung (nicht mit Glukoselösungen!) 5 Infusionsgeschwindigkeit bei Eröffnung großer Körperhöhlen nicht routinemäßig erhöhen 5 Volumenmangel bei Risikopatienten ist an den Schwankungen des Schlagvolumens bzw. des Blutdrucks unter der Beatmung zu erkennen 5 Bei positiver Flüssigkeitsbilanz: Diuretika einsetzen 5 Keine übermäßige Volumenzufuhr während der Operation; Gefahren: Lungenödem, Hirnödem, Darmwandödem, Anastomoseninsuffizienz, Gerinnungsstörungen, Wundheilungsstörungen.

18

18.4.1  Intraoperative

Flüssigkeitsverluste

Zwei Arten von Flüssigkeitsverlusten werden unterschieden: 5 Intravasale Volumenverluste durch Blutungen 5 Extravasale Volumenverluste: durch Gewebetrauma, Aszites, Pleuraergüsse, massive Gewebeödeme, Sepsis/septischer Schock.

Intraoperativer Volumenersatz 5 Mäßige Blutverluste werden mit isotonen Vollelektrolytlösungen (nicht mit NaCl 0,9%) im Verhältnis 4:1 ersetzt, d. h. die Infusionsmenge muss 4-mal höher sein als die verlorene Blutmenge 5 Reichen Elektrolytlösungen nicht aus, können kurzfristig Kolloide eingesetzt werden 5 Weiter anhaltende, d. h. große Blutverluste müssen mit Blutpräparaten ausgeglichen werden (7 Kap. 19) 5 Extravasale Volumenverluste werden primär mit Elektrolytlösungen ausgeglichen

Der präoperativ dehydrierte Patient 5 Dehydratation: Mangel an extrazellulärer Flüssigkeit 5 Exsikkose (Austrocknung): Wasserverlust, der höher ist als der Natriumverlust z Auslöser

5 Durchfälle, Erbrechen, intestinale Fisteln, Magenabsaugung 5 Ileus, Peritonitis 5 Hohes Fieber 5 Mangelnde Flüssigkeitsaufnahme bei alten Patienten 5 Polyurie bei Diabetes mellitus oder Diabetes insipidus 5 Behandlung mit Diuretika 5 Nierenerkrankungen 5 Ausgedehnte Verbrennungen

162

Kapitel 18 · Intraoperativer Flüssigkeitsersatz

z Klinische Bedeutung

5 Dehydrierte Patienten reagieren empfindlich auf Flüssigkeits- und Blutverluste. Dieser Effekt wird durch die Anästhetika noch verstärkt 5 Bei der Narkoseeinleitung dehydrierter Patienten droht ein Kreislaufkollaps

18

5 Daher muss der Flüssigkeitsmangel vor der Narkoseeinleitung ausgeglichen werden. Allerdings ist eine Vollkorrektur aus Zeitmangel nicht immer möglich

163

Blutprodukte und Blutersatz Inhaltsverzeichnis 19.1 In Kürze – Blutgruppen und Transfusionsblut – 164 19.1.1 Blutgruppensysteme – 164 19.1.2 Transfusionsblut – 164

19.2 Blutprodukte – 165 19.2.1 Erythrozytenkonzentrate (EK) – 165 19.2.2 Thrombozytenkonzentrate (TK) – 167 19.2.3 Gefrorenes Frischplasma (FFP, GFP) – 168 19.2.4 Gerinnungsfaktorenpräparate – 169

19.3 Transfusionspraxis – 171 19.3.1 Indikationen für Blutprodukte – 172 19.3.2 Erythrozytenkonzentrate – 172 19.3.3 Akute hämolytische Transfusionsreaktion (Soforttyp) – 173

19.4 Ersatz massiver Blutverluste – 174 19.4.1 Massivtransfusion – 174

19.5 Komplikationen durch Blutprodukte – 175 19.6 Einsparen von Fremdblut: Patientenblutmanagement (PBM) – 175

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_19

19

164

Kapitel 19 · Blutprodukte und Blutersatz

19.1  In Kürze – Blutgruppen und

Transfusionsblut

19.1.1  Blutgruppensysteme

Blut muss blutgruppengleich transfundiert werden, um lebensbedrohliche Unverträglichkeitsreaktionen zu verhindern. Zwei Blutgruppen-Systeme sind für die Transfusionsmedizin von herausragender Bedeutung: 5 AB0-System 5 Rhesus-System

AB0-System A, B und 0 sind die Hauptantigene des AB0Systems. 5 Die Blutgruppenantigene befinden sich auf den Erythrozyten und anderen Membranoberflächen 5 Gegen die Blutgruppenantigene gerichtete Antikörper (Anti A und Anti B) zirkulieren dagegen im Plasma 5 Der Träger eines Blutgruppenantigens besitzt niemals Antikörper gegen die eigene Blutgruppe, sondern nur gegen die Antigene einer anderen Blutgruppe

19

Im AB0-System gibt es 4 Blutgruppen: 5 Blutgruppe A =  Träger des Antigens  A auf den Erythrozyten und des Antikörpers B (Anti B) im Serum. Wenn der A-Träger Blut der Gruppe B erhält, tritt eine Unverträglichkeitsreaktion auf 5 Blutgruppe B =  Träger des Antigens  B auf den Erythrozyten und des Antikörpers A (Anti A) im Serum. Die Unverträglichkeitsreaktion tritt auf, wenn der B-Träger Blut der Gruppe A erhält 5 Blutgruppe AB = Träger des A- und des B-Antigens. Sein Serum enthält keine Antikörper 5 Blutgruppe 0 =  Bei diesen Menschen sind keine Antigene des AB0-Systems auf den Erythrozyten vorhanden, ihr Plasma kann aber reguläre Antikörper gegen A- und B-Erythrozyten enthalten. Darum sind sie keine Universalspender.

Die häufigsten Blutgruppen sind 0 und A mit jeweils ca. 40 %, am seltensten sind B und AB.

Rhesus-System Etwa 85 % aller Menschen sind Träger des Rhesusfaktors. Er befindet sich nur auf der Membran von Erythrozyten. 5 Das Rhesussystem umfasst 5 Hauptantigene: D, C, c, E und e 5 D-Träger werden als Rhesus-positiv (Rh- oder D-positiv) bezeichnet 5 Rh-positive Erythrozyten können bei Rh-negativen Empfängern die Bildung von Antikörpern auslösen. Darum dürfen Rh-negative Patienten kein Rh-positives Blut erhalten ! Cave Nur im Notfall darf ein rh-negativer Patient Rh-positives Blut erhalten!

Kell-System Das K-Antigen ist sehr stark wirksam. Daher sollten K-negative Empfänger nur K-negatives Blut erhalten! 19.1.2  Transfusionsblut

Verträglichkeitstests vor der Bereitstellung Bevor das Blut von der Blutbank zur Transfusion freigeben wird, werden dort folgende Untersuchungen durchgeführt: 5 Bestimmung der Blutgruppe 5 Kreuzprobe: Dauer 30–45 min; Gültigkeit 72 h 5 Antikörpersuchtest im Serum des Empfängers: Dauer 30–45 min

Konservierung Das dem Spender entnommene Blut altert und verliert seine biologische Wertigkeit. Um den Alterungsprozess zu verzögern, werden folgende konservierende Maßnahmen eingesetzt: 5 Lagerung im spezifischen, erschütterungsfreien Kühlschrank bei 4 ± 2  °C

19.2 · Blutprodukte

5 Zusatz von Stabilisatoren: – ACD-Stabilisator – CPD-Stabilisator – CPD-1-Stabilisator > Wegen der begrenzten Lebensfähigkeit der Erythrozyten beträgt die zulässige Konservierungsdauer von Blut bei 4–6 °C nur 21 Tage.

Veränderungen des konservierten Bluts 5 Erythrozyten: Die Überlebenszeit (normal 110–120  Tage) ist verkürzt. Die Halbwertszeit nach der Transfusion beträgt ca. 58 Tage 5 Granulozyten: Die Funktionsfähigkeit im Konservenblut ist nach 24 h erloschen, nach 7 Tagen sind alle Zellen zerfallen 5 Thrombozyten: Die Zahl nimmt rasch ab. Nach 1–2 Tagen beträgt die Aktivität nur noch 5–10 % 5 Gerinnungsfaktoren: Die meisten sind stabil. Die Aktivität von FV und FVIII beträgt nach 21 Tagen nur noch 15– 50 % der Ausgangsaktivität 5 Natrium und Kalium: Kalium strömt während der Lagerung aus der Zelle, Natrium dagegen in die Zelle. Folge: Hyperkaliämie (bis > 20  mmol/l) und Hyponatriämie im Konservenblut 5 pH-Wert: Er fällt ab, das Blut wird azidotisch 5 Mikroaggregate: Die leukozytendepletierten Erythrozytenkonzentrate enthalten keine relevanten Mengen an Mikroaggregaten 19.2  Blutprodukte

Vollblutkonserven werden in Deutschland nicht mehr transfundiert, sondern nur daraus gewonnene Bestandteile.

165

19

19.2.1  Erythrozytenkonzentrate (EK)

Folgende EK-Produkte werden eingesetzt: 5 Leukozytendepletiertes EK: Standardpräparat 5 Gewaschenes, leukozytendepletiertes EK 5 Kryokonserviertes EK 5 Bestrahltes EK z Leukozytendepletiertes Erythrozytenkon­ zentrat

In Deutschland sind nur leukozytenarme EK zugelassen. 5 Die Leukozyten sind darin durch Filterung um 98–99,8 % vermindert, die Thrombozyten um ca. 90 % 5 Lagerungstemperatur 2–6  °C, Lagerungszeit nach Angaben des Herstellers 5 Kurzfristige Transporttemperatur 2–10 °C 5 Infektionsrisiken: Hepatitis, HIV (extrem selten) 5 Indikationen: akuter Blutverlust oder chronische Anämie z Gewaschenes leukozytendepletiertes Ery­ throzytenkonzentrat

Das Blut wird mehrmals in physiologischer NaCl-Lösung aufgeschwemmt, dann zentrifugiert. 5 Lagerung: 2–6 °C, Lagerungszeit nach Angaben des Herstellers 5 Indikationen: allergische Reaktionen auf Plasmabestandteile, schwere hämolytische Anämien, Sepsis, ­hämolytisch-urämisches Syndrom, intrauterine Transfusion bei Morbus haemolyticus neonatorum z Bestrahltes leukozytendepletiertes Erythrozytenkonzentrat

Das Präparat wird mit ca. 20 Gy bestrahlt und an immungeschwächte Patienten verabreicht. 5 Es muss speziell für den jeweiligen Patienten angefordert werden

166

Kapitel 19 · Blutprodukte und Blutersatz

5 Es muss umgehend nach der Bestrahlung transfundiert werden z Kryokonserviertes Erythrozytenkonzentrat

Hierfür wird ein EK mit einem Hämatokrit von 90 % hergestellt und dann bei −150 °C oder −80 °C aufbewahrt. 5 Nach dem Auftauen im Wasserbad muss die Gefrierschutzlösung durch mehrere Waschvorgänge entfernt werden. Danach muss das EK sofort transfundiert werden 5 Das Verfahren ist aufwendig und teuer 5 Das EK wird nur sehr selten eingesetzt, z. B. bei extremen Blutgruppenmerkmalen oder in Sonderfällen der autologen Transfusion

Klinische Anwendung z Wann werden Erythrozytenkonzentrate transfundiert?

EK werden bei akuten Blutverlusten und bei chronischen Anämien zugeführt, um die verlorenen O2-Träger (Erythrozyten) zu ersetzen und so eine anämische (durch Mangel an Erythrozyten bedingte) Hypoxie zu vermeiden. 5 Fällt der Hämoglobinwert im Blut unter einen kritischen Schwellenwert, so tritt ein globaler O2-Mangel auf, der zu Störungen der Organfunktionen führt 5 Der kritische Hb-Wert beträgt für den gesunden, normovolämischen Menschen in Ruhe ca. 5 g/dl 5 Der kritische Hb-Wert ist aber keine absolute Größe, sondern hängt von vielen Faktoren ab, die bei der Indikation berücksichtigt werden müssen

19

> Die Transfusion von EK ist bei Hb-Werten von 10 g/dl und höher nur ­ selten gerechtfertigt, bei Werten von unter 6 g/dl aber praktisch immer erforderlich. Bei Hb-Werten zwischen 6 und 10 g/ dl muss individuell entschieden werden.

Anämische Hypoxie  Der Begriff bezeichnet

den O2-Mangel der Organe durch Mangel an O2-Trägern im Blut. 5 Zeichen: Tachykardie, Blutdruckabfall, Luftnot 5 EKG: ST-Senkungen oder -hebungen, Rhythmusstörungen 5 Labor-Zeichen: – Abfall der gemischtvenösen O2-Sättigung auf unter 50 % und des gemischtvenösen pO2 auf unter 32 mmHg – Abfall der zentralvenösen O2-Sättigung auf unter 60 % – Laktatazidose. z Berücksichtigung der Blutgruppe bei der EK-Transfusion

AB0-Kompatibilität Nach den Richtlinien muss blutgruppengleich transfundiert werden. In Ausnahmefällen kann bei den plasmaarmen EK auch davon abgewichen werden: Dann genügt statt der Blutgruppengleichheit die Blutgruppenkompatibilität. Blutgruppenkompatibilität leukozyten­ depletierter EK 5 Patient mit Blutgruppe A: kompatibel sind EK der Gruppe A oder 0 5 Patient mit Blutgruppe B: kompatibel sind EK der Grupp B oder 0 5 Patient mit Blutgruppe AB: kompatibel sind EK der Gruppen AB, A, B oder 0 5 Patient mit Blutgruppe 0: kompatibel sind EK der Gruppe 0

Rhesus-Faktor-Kompatibilität  Rh-positive EK

dürfen nur an Rh-positive Empfänger übertragen werden! 5 Die Gabe Rh-positiver EK an Rh-negative Empfänger ist nur in Notfällen erlaubt. Der Grund ist vom Arzt zu dokumentieren 5 Hat ein Rh-negativer Empfänger Rh-positives Blut erhalten, muss er

167

19.2 · Blutprodukte

2–4 Monate danach auf evtl. gebildete Antikörper untersucht werden z Dosierung von Erythrozytenkonzentraten

5 Grundsätzlich sollten nur so viele EK transfundiert werden, wie unbedingt notwendig 5 Faustregel: 1 EK steigert die Hb-Konzentration beim Empfänger um etwa 1–1,5 g/dl und den Hämatokritwert um etwa 3–4 % Praxis der EK-Transfusion 5 Vor der Transfusion: Aufklärung durch den Arzt und Einwilligung des Patienten 5 Direkt vor der Transfusion durch den transfundierenden Arzt: Sichtkontrolle des EK-Beutels auf Beschädigungen, Verfärbungen, Aggregatbildung, Kontrolle des Haltbarkeitsdatum. Ergebnis im Transfusionsbericht dokumentieren 5 Dann AB0-Identitätstest (Bedside-Test): vom transfundierenden Arzt persönlich durchzuführen oder unmittelbar zu beaufsichtigen 5 Medikamente oder Infusionslösungen dürfen dem EK nicht zugesetzt werden 5 Beginn der Transfusion nur durch den Arzt 5 Die Transfusionsgeschwindigkeit richtet sich nach dem Volumenstatus des Patienten 5 Nach der Transfusion: Restblut, steril verschlossen, für 24 h bei 1–10 °C aufbewahren

19.2.2  Thrombozytenkonzentrate

(TK)

Erythrozytenkonzentrate enthalten keine aktiven Thrombozyten mehr. Sind Thrombozyten erforderlich, müssen sie als Thrombozytenkonzentrat zugeführt werden. Folgende Präparate werden eingesetzt:

19

5 Einzelspenderkonzentrat – Enthält 5–8 × 1010 Thrombozyten in mindestens 50 ml Plasma – Lagerungstemperatur 22 ± 2  °C (unter ständiger Bewegung) – Lagerungszeit: maximal 4  Tage (4 × 24 h) gerechnet ab 24.00 Uhr des Entnahmetags – Sofort nach Abgabe transfundieren 5 Pool-Thrombozytenkonzentrat – Besteht aus 4–8 blutgruppenkompatiblen Konzentraten verschiedener Einzelspender – Lagerungstemperatur und -zeit: wie Einzelspenderkonzentrat – Sofort nach Abgabe transfundieren 5 Weitere Präparate: leukozytendepletiertes TK, kryokonserviertes TK und bestrahltes TK

Klinische Anwendung z Indikationen

5 Abfall der Thrombozyten durch starke Blutverluste und/oder Massivtransfusionen 5 Blutungen durch Störungen der Thrombozytenbildung 5 In ausgewählten Fällen: zur Prophylaxe von Blutungen durch Störungen der Thrombozytenbildung 5 Ausnahmsweise und nur als Notfallmaßnahme bei Thrombozytenumsatzstörungen Grenzwerte für prophylaktische ­ TKTransfusionen bei Prozeduren (BÄK­­ Leitlinie) 5 Invasive diagnostische Eingriffen 50.000/µl 5 Spinalanästhesie: 50.000/µl 5 Periduralanästhesie: 80.000/µl 5 Operative Eingriffe: meist keine Blutungsneigung, wenn Thrombozyten > 50.000/µl und Funktion normal

168

Kapitel 19 · Blutprodukte und Blutersatz

5 Operative Eingriffe mit geringem Blutungsrisiko: auch bei Thrombozytenzahlen von 20.000–50.000/µl durchführbar 5 Größere Operationen: Prophylaxe bei Werten  Alle aufgezogenen Spritzen müssen eindeutig beschriftet oder mit bedrucktem Etikett versehen werden, um Verwechslungen zu vermeiden.

Über Zubehör für Regionalanästhesien: 7 Kap. 24, 25 und 26. z Standardzubehör für die Narkose

5 Unsterile Einmalhandschuhe 5 Hautdesinfektionsmittel 5 Sterile Tupfer/Kompressen 5 Venenkanülen verschiedener Größen, Venenkatheter griffbereit 5 Arterielle Kanülen griffbereit 5 Kanülenpflaster

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20

5 Stauschlauch 5 Spritze mit Lokalanästhetikum für Infiltration 5 Sterile Spritzen verschiedener Größen 5 Infusionssysteme, Transfusionsbestecke, Dreiwegehähne, Zuleitungen/Verlängerungen 5 Plasmaisotone Elektrolytlösung, kolloidale Volumenersatzlösungen (z. B. HES oder Gelatinelösung) 5 NaCl-Lösung 0,9 % 5 Perfusoren, Perfusorspritzen und -zuleitungen 5 Multifunktionsmonitor mit EKG, NIBP, Pulsoxymeter, Kapnometer, Temperatur 5 Blutdruckmanschette für manuelle Messung 5 Stethoskop, Thermometer 5 Narkosegerät einschließlich -system 5 Atembeutel und Atemmasken 5 Absauggerät und großlumiger Absaugkatheter (angeschlossen), bei Ileuseinleitung ggf. OP-Sauger 5 Magensonden verschiedener Größen 5 Intubationsbesteck mit Spateln verschiedener Größen (auch bei Maskennarkosen!); Leuchtkraft überprüfen! 5 Zahnschutz 5 Endotrachealtuben: Männer 7,5– 8,5 mm ID; Frauen 7–7,5 mm ID; Cuff auf Dichtigkeit überprüfen! 5 Führungsstab ausreichender Länge 5 Elastischer oder biegbarer Bougie für schwierige Intubationen 5 Gleitmittel, Blockerspritze und Fixierpflaster für den Tubus 5 Cuffdruckmesser 5 Magill-Zange 5 Guedel-Tuben verschiedener Größen 5 Larynxmasken in verschiedenen Größen: gerichtet oder griffbereit 5 Augensalbe, Augenschutz, hautfreundliches Pflaster zum Zukleben der Augen 5 Medikamente: – i. v.-Anästhetikum, z. B. Propofol, Thiopental, Etomidat, Ketamin – Succinylcholin

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Kapitel 20 · Der Anästhesiearbeitsplatz

– Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien, z. B. Atracurium, Rocuronium, Mivacurium – Antagonisten für Muskelrelaxanzien, z. B. Neostigmin, Sugammadex – Opioide für Narkosen, z. B. Remifentanil, Fentanyl, Sufentanil, Alfentanil – Opioidantagonist: Naloxon – Benzodiazepine, z. B. Midazolam – Atropin

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– Vasopressor (aufgezogen), z. B. Akrinor, Ephedrin – Nitroglyzerin: Spray und i. v. – Clonidin – Urapidil – Notfallmedikamente (griffbereit), z. B. Adrenalin (Suprarenin), Noradrenalin (Arterenol), Dobutamin, β-Blocker, Amiodaron, Kalzium, Kortikoide, Antihistaminika, Salbutamol

183

Der Patient im Einleitungsraum Inhaltsverzeichnis 21.1 Vorbereitung des Patienten im Einleitungsraum – 184 21.1.1 Surgical Safety Checklist – „Sichere Chirurgie rettet Leben“ – 184 21.1.2 Venöser Zugang – 185 21.1.3 Perioperative Antibiotikaprophylaxe – 185 21.1.4 Hypothermieprophylaxe – 186

21.2 Latexallergie – 186

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_21

21

184

Kapitel 21 · Der Patient im Einleitungsraum

21.1  Vorbereitung des Patienten

im Einleitungsraum

> Die betreuenden Mitarbeiter stellen sich dem Patienten mit Namen und Funktion vor und gehen im weiteren Verlauf empathisch auf den Patienten ein und sorgen für eine ruhige Atmosphäre.

Die für die Vorbereitung wichtigsten Patientendaten und die geplanten Anästhesiemaßnahmen sind in der Regel dem Anästhesieprotokoll zu entnehmen. Dabei sind der Patientenname und die geplante OP aktiv zu erfragen, um Verwechslungen zu vermeiden. Nach Übernahme überprüfen

des

Patienten

5 Vollständiger Name des Patienten 5 Vorliegen des Narkoseprotokolls einschließlich des Prämedikationsteils 5 Wachheitsgrad und Orientiertheit des Patienten 5 Geplanter Eingriff und Vorliegen der entsprechenden Einwilligung sowie der Krankenakten (richtiger Patient, richtiger Eingriff, richtige Stelle? Operationsseite markiert?) 5 Zeitpunkt der letzten Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, ggf. letzter Zigarettenkonsum 5 Prämedikation und Einschätzen ihrer Wirkung 5 Vorliegen notwendiger Laborwerte und Untersuchungsergebnisse einschließlich der bei der Prämedikationsvisite zusätzlich angeforderten 5 Vorliegen von Blutanforderungsschein/Blutgruppendokumentation 5 Sind Zahnprothesen vollständig entnommen? 5 Sind Nagellack, Schminke und ggf. Schmuck entfernt? 5 Ist das OP-Gebiet von den Stationsmitarbeitern vorbereitet worden?

21

5 Ist die Lagerungsfähigkeit aus anatomischen Gründen eingeschränkt? 5 Liegen bereits Gefäßzugänge und Drainagen/Ableitungssysteme? 5 Ist der Patient ausreichend vor Stürzen vom Behandlungs-/OP-Tisch geschützt?

z Weiteres Vorgehen

5 Den Patienten möglichst bequem lagern 5 Blutdruckmanschette anlegen 5 EKG-Monitor und Pulsoxymeter anschließen 5 Herzfrequenz, Blutdruck und O2-Sättigung (Pulsoxymeter) messen, Werte interpretieren und im Narkoseprotokoll notieren 5 Peripheren Venenzugang legen, Infusionslösung nach Klinikstandard anschließen 5 Präoxygenieren (mindestens ca. 3–5 min mit 100 % Sauerstoff mit hohem Flow) 21.1.1  Surgical Safety Checklist –

„Sichere Chirurgie rettet Leben“

Um die Patientensicherheit zu erhöhen, sollte das Team routinemäßig einen Sicherheitscheck anhand einer der eigenen Klinik angepassten Liste vornehmen (Empfehlung der WHO und der DGCH). Die dreiteilige Liste umfasst folgende Maßnahmen: 5 Vor Narkoseeinleitung (durch den Anästhesisten und die Anästhesiepflegekraft vorzunehmen) – Patientenidentität – Art des Eingriffs, Ort des Eingriffs, Zustimmung zum Eingriff – Anästhesiesicherheitscheck abgeschlossen – Pulsoxymeter angebracht, funktioniert

185

21.1 · Vorbereitung des Patienten im Einleitungsraum

5 Vor Hautschnitt (Team-Auszeit bzw. Team-time-out): – Patientenidentität – Name und Funktion aller Teammitglieder – Chirurgierelevante Gesichtspunkte wie Eingriffsdauer, zu erwartender Blutverlust, kritische Schritte der Operation – Antibiotikaprophylaxe indiziert bzw. gegeben – Alle nötigen Bilder sichtbar aufgehängt 5 Finaler Check (bevor der Patient den OP verlässt): – Pflegekraft bestätigt mündlich: Art des Eingriffs, vollständige Zahl von Instrumenten, Tupfern, Bauchtüchern, Nadeln usw. – Operateur, Anästhesist und Pflegekraft definieren wichtige Gesichtspunkte für die Aufwachphase und die postoperative Versorgung 21.1.2  Venöser Zugang

Für die Narkoseeinleitung wird eine Kunststoffkanüle in eine periphere Vene eingeführt. Zentrale Venenkatheter und weitere Kunststoffkanülen werden, wenn erforderlich, zumeist erst nach der Narkoseeinleitung gelegt. Für den raschen Volumenersatz bei blutreichen Eingriffen sind möglichst großlumige Kanülen zu verwenden, z. B. 12, 14, 16 oder 18 G. Mögliche Punktionsstellen sind: 5 Handrücken, V. mediana oberhalb des Handgelenks 5 Unterarmmitte 5 Ellenbeuge (Cave: A.  brachialis und N. medianus!), V. jugularis externa 5 Venen im Fußbereich sollten bei Erwachsenen wegen der Thrombosegefahr möglichst nicht kanüliert werden

21

z Zubehör für die Venenpunktion

5 Kunststoffkanüle 12–24 G 5 Für empfindliche Patienten: Lokalanästhetikum, mittellang wirkend, 0,5–1 % ohne Adrenalin, z. B. Mepivacain 5 Quaddelkanüle, wenn erforderlich, und 2-ml-Spritze 5 Desinfektionsmittel 5 Tupfer 5 Kanülenpflaster 5 Stauschlauch 5 10-ml-Kochsalzspritze zum Durchspülen 5 Infusionslösung 5 Untersuchungshandschuhe 5 Kanülen- und Spritzenabwurf in geeigneter Größe 21.1.3  Perioperative

Antibiotikaprophylaxe

Bei vielen Eingriffen erfolgt wegen der Infektionsgefahr eine einmalige Antibiotikaprophylaxe nach Vorgabe durch den Operateur. Gefäßkatheter und Blasenkatheter oder das Ziehen der Drainagen sind dagegen kein Grund für eine perioperative Antibiotikazufuhr. z Praktisches Vorgehen

5 Das Antibiotikum wird vor der Einleitung i. v. zugeführt. Vor der nach Allergien fragen 5 Das prophylaktische Zeitraum reicht vom Hautschnitt bis zum Operationsende 5 Das Antibiotikum wird in der Regel nur 1-mal gegeben und zwar bei der Narkoseeinleitung 5 Standardantibiotikum ist ein Cephalosporin der 2.  Generation. Alternativ: Aminopenicilline (in Kombination mit β-Laktamasehemmern); bei Operationen mit anaerober Mischbesiedelung Kombination mit einem Anaerobierchemotherapeutikum, z. B. Metronidazol

186

Kapitel 21 · Der Patient im Einleitungsraum

5 Keine Reserveantibiotika verwenden; Vancomycin evtl. bei MRSA 5 Bei Penicillinallergie: keine Cephalosporine oder Imipinem einsetzen; neue Cephalosporinpräparate können vermutlich gefahrlos verwendet werden. 21.1.4  Hypothermieprophylaxe

Hypothermie Abfall der Körperkerntemperatur auf< 36 °C.

z Ursachen

Anästhetika und Muskelrelaxanzien beeinträchtigen die Thermoregulation und führen zur Hypothermie, v. a. bei niedriger OP-Temperatur und Eröffnung großer Körperhöhlen. z Mögliche Folgen

5 Verzögertes Erwachen 5 Störungen der Blutgerinnung mit vermehrten Blutungen 5 Kardiale Komplikationen bei Herzkranken 5 Postoperatives Kältezittern (sehr unangenehm) 5 Verlängerung der postoperativen Überwachungsphase 5 Wundheilungsstörungen Empfohlene Temperaturmessorte 5 Sublingual, alternativ ­­naso-/oropharyngeal 5 Je nach OP-Gebiet: ösophageal, in der Harnblase oder im Gehörgang 5 Bei Kindern  Narkosetiefe bei der TCI Bei der Einschätzung der Narkosetiefe dürfen Arzt und Pflegepersonal sich nicht allein auf die eingestellte Zielkonzentration verlassen, sondern müssen die Narkosetiefe auch mit Hilfe klinischer Parameter und bevorzugt mit einem modifizierten EEG-Monitor überwachen.

23.4  Vorgehen bei der Standard-

allgemeinanästhesie

Die Allgemeinanästhesie kann bei allen Operationen eingesetzt werden. Folgende Verfahren werden angewendet: 5 Intubationsnarkose 5 Larynxmaskennarkose 5 Larynxtubusnarkose In der Regel wird der Patient während der Allgemeinanästhesie kontrolliert beatmet. 23.4.1  Grundsätzliches

Ein- und Ausleitung > Für die Ein- und Ausleitung einer Allgemeinanästhesie ist eine qualifizierte Assistenz erforderlich ­­(DGAI/BDA-Empfehlung). 5 Fachliche Anforderung: das Assistenzpersonal muss – wie der Anästhesistmit der Ausrüstung und den örtlichen Gegebenheiten vertraut sein 5 Die Anästhesiekraft darf während der Ein- und Ausleitung keine anderen Aufgaben übernehmen

23

5 In den übrigen Phasen der Anästhesie muss die Anästhesiefachkraft für besondere Situationen jederzeit verfügbar sein

Maßnahmen zur Pneumonieprävention Perioperativ sollten nach Empfehlungen des RKI folgende risikomindernde Maßnahmen durchgeführt werden: 5 Prämedikationssubstanzen so dosieren, dass das Bewusstsein erhalten bleibt und eine Aspiration vermieden wird 5 Pulmonale Aspirationen bei der Narkoseeinleitung verhindern 5 Hygienische Händedesinfektion vor und nach der endotrachealen Intubation 5 Bei der Intubation keimarme Handschuhe tragen 5 Den Trachealtubus unter aseptischen Bedingungen anreichen 5 Vor der Narkoseausleitung: Sekrete im Oropharynx absaugen, um eine Aspiration zu verhindern, dabei keimarme Handschuhe tragen, danach hygienische Händedesinfektion 5 Endotracheales Absaugen: Hände vor und nach dem Absaugen desinfizieren. Beim Absaugen keimarme Handschuhe tragen, sterile Absaugkatheter verwenden; Kontamination des Katheters vermeiden, bei Bedarf Bronchien mit wenig sterilem Wasser spülen 5 Eine Antibiotikaprophylaxe einer post­ operativen Pneumonie wird nicht empfohlen 5 Der Nutzen einer perioperativen Spülung des Oropharynx mit Schleimhautantiseptika ist nicht gesichert

Präoxygenierung Präoxygenierung Voratmung von 100 %igem Sauerstoff für einige Minuten vor der Narkoseeinleitung.

200

Kapitel 23 · Allgemeinanästhesie

Wozu?  5 Um den Stickstoff auszuwaschen und den O2-Vorrat in der Lunge zu erhöhen (von 400 auf ca. 2650 ml) und dadurch die sichere Zeit des Atemstillstands für die endotracheale Intubation zu verlängern 5 Im Idealfall kann hiermit eine sichere Apnoephase von ca. 10 min erreicht werden Wie?  5 Oberkörper des Patienten erhöht lagern 5 Gesichtsmaske dicht aufsetzen und zwischendurch nicht wieder abnehmen 5 Für 3–5  min Sauerstoff mit hohem Flow zuführen, den Patienten tief einatmen lassen 5 Alternative: 8 maximal tiefe Atemzüge über die dicht sitzende Maske mit einem O2-Fuss von 12 l/min. Das Kreissystem vor der Präoxygenierung mit hohem ­O2-Flow spülen > Bei stark Adipösen sowie bei Hochschwangeren, bei kleinen Kindern und Patienten mit schweren Störungen der Lungenfunktion gelingt es meist nicht, die O2-Vorräte der Lunge maximal aufzufüllen. Entsprechend steht bei ihnen weniger Zeit für die Intubation zur Verfügung.

23.4.2  Narkoseeinleitung

Bei Erwachsenen wird die Narkose i. v. eingeleitet; der Patient befindet sich dabei in Rückenlage. Inhalationseinleitung von Kindern: 7 Kap. 34. > Hauptgefahren bei der Narkoseeinleitung sind: 5 Blutdruckabfall und Bradykardie 5 Hypoxie durch Misslingen der Intubation und/oder unmögliche Maskenbeatmung, nicht rechtzeitig bemerkte Intubation des Ösophagus 5 Pulmonale Aspiration von Magensaft (bei nüchternen Patienten sehr selten)

Die intravenöse Narkoseeinleitung ist Standard bei allen Erwachsenen: 5 Am häufigsten wird Propofol verwendet, Thiopental ist besonderen Indikationen vorbehalten 5 Bei Larynxmaskennarkosen sollte Propofol bevorzugt werden, da hierunter seltener Husten oder Schluckauf auftreten 5 Bei hämodynamisch instabilen Patienten können Etomidat oder Ketamin/Esketamin eingesetzt werden z Praxis der i. v.-Narkoseeinleitung (1 Arzt und 1 Fachpflegekraft)

5 Multifunktionsmonitor anschließen, Ausgangswerte messen und im Narkoseprotokoll eintragen 5 Kopf des Patienten erhöht auf einem Intubationskissen lagern 5 Den Patienten ausreichend lange präoxygenieren 5 Opioid vorinjizieren, z.  B. 1–2  μg/ kgKG Fentanyl, um die Intubationsreaktion (Blutdruckanstieg, Tachykardie) abzuschwächen; Wirkmaximum nach ca. 4–5 min; während dieser Zeit kann weiter präoxygeniert werden 5 Ist eine deutliche Opioidwirkung (Müdigkeit oder Schlaf) nachweisbar: Einleitungsanästhetikum i. v. injizieren. Dosis nach Wirkung, bei alten Patienten Dosis reduzieren 5 Wenn Patient nicht mehr ansprechbar und Lidreflex erloschen: Muskelrelaxans für die Intubation injizieren 5 Wenn Muskulatur ausreichend erschlafft: Tubus einführen. Dabei Husten und Pressen des Patienten vermeiden 5 Bei Intubationsschwierigkeiten: Vorgehen nach Algorithmus (7 Kap. 15) 5 Nach der Intubation sofort die Tubuslage mit Kapnometer kontrollieren! Weiterhin prüfen: – Wird Kohlendioxid in entsprechender Menge und mit jedem Atemzug gleichbleibend ausgeatmet? – Sind die auskultatorischen Atemgeräusche vorhanden und seitengleich?

201

23.4 · Vorgehen bei der Standardallgemeinanästhesie

– Bläht sich die Magengegend bei der Beatmung auf ? – Sind „Atemgeräusche“ über der Magengegend zu hören? (Einzelheiten: 7 Kap. 15) 5 Wenn der Tubus korrekt liegt: nach Bedarf Beißschutz (z.  B. Guedel-Tubus o. Ä.) einführen, Endotrachealtubus mit Pflaster im Mundwinkel fixieren 5 Eindringtiefe des Tubus: Männer 22– 24 cm, Frauen 20–22 cm, bei kleinen Frauen noch weniger tief 5 Magensonde: u. a. bei Hiatushernie und Reflux, Ileus, abdominalen Eingriffen, Laparoskopien, nicht nüchternen Patienten 5 Augen durch Augenpflaster und/oder klares Augengel schützen 5 Zu beachten: Wird Pflaster angewendet, müssen die Augenlider sicher geschlossen sein 5 Larynxmaskennarkose: 7 Kap. 15. 23.4.3  Aufrechterhaltung der

Narkose

Die Dosierung der Anästhetika muss der jeweiligen chirurgischen Stimulation angepasst werden: 5 Eine zu flache Narkose führt häufig zu Blutdruckanstieg und Tachykardie, in seltenen Fällen zum Erwachen 5 Eine zu tiefe Narkose führt zum Blutdruckabfall, häufig auch zur Bradykardie 5 In der Zeit zwischen Intubation (starker Stimulus) und OP-Beginn ist der Narkosemittelbedarf gering. Anästhesie flacher halten, um Blutdruckabfälle zu vermeiden 5 Beim Hautschnitt steigt der Blutdruck dagegen abrupt an, sodass die Dosierung der Anästhetika umgehend angepasst werden muss

Muskelrelaxierung Nicht alle Eingriffe erfordern nach der Intubationsdosis Nachinjektionen des Mus-

23

kelrelaxans. Sind Relaxanzien erforderlich, sollten sie so dosiert werden, dass dem Operateur das chirurgische Vorgehen erleichtert wird. Um eine unnötig tiefe und anhaltende Relaxierung zu vermeiden, sollte ein Relaxometer eingesetzt werden (7 Kap. 10).

Intraoperative Beatmung Anästhesierte Patienten werden kontrolliert beatmet; relaxierte Patienten müssen beatmet werden. In der Regel wird normoventiliert, d. h. folgende Werte werden angestrebt: 5 paO2 ca. 60–100 mmHg (je nach Alter) 5 paCO2 35–45 mmHg (unabhängig vom Alter) Grundeinstellung 7 Kap. 16.

des

Beatmungsgeräts:

Intraoperativer Flüssigkeitsersatz Die Flüssigkeitszufuhr während der Operation richtet sich nach dem Bedarf. ! Cave Übermäßige Volumenzufuhr muss vermieden werden (restriktives Flüssigkeitskonzept); sie kann zu Lungenödem, Hirnödem, Darmwandödem, Anastomoseninsuffizienz bei Darm-OP, Gerinnungsstörungen und Wundheilungsstörungen führen.

z Vorgehen

5 Keine prophylaktischen Schnellinfusionen vor der Narkoseeinleitung, auch nicht vor Spinal- oder Periduralanästhesien, wenn kein Volumenmangel vorliegt 5 Durch Anästhetika ausgelöste Blutdruckabfälle mit Vasopressoren i. v. behandeln, nicht mit Volumenzufuhr 5 Erhaltungsbedarf mit isotonen Vollelektrolytlösungen (nicht mit Glukoselösungen) decken: 0,5–1 ml/kg KG/h + ausgeschiedene Urinmenge 5 Bei positiver Flüssigkeitsbilanz: Diuretikum zuführen 5 Ersatz von Blutverlusten: 7 Kap. 19

202

Kapitel 23 · Allgemeinanästhesie

23.4.4  Narkoseausleitung

Gegen Ende der Operation nimmt der Anästhetikabedarf meist ab und die Dosierung kann reduziert werden. 5 Volatile Anästhetika müssen rechtzeitig unterbrochen werden, wenn der Patient direkt nach OP-Ende erwachen soll 5 Fentanyl, Sufentanil und Alfentanil sollten kurz vor Operationsende wegen der anhaltenden atemdepressiven Wirkung nicht mehr zugeführt werden 5 Remifentanil kann bis zum OP-Ende infundiert werden, da die Patienten meist innerhalb weniger Minuten nach Abstellen des Perfusors erwachen. Um abrupt einsetzende Wundschmerzen zu vermeiden, sollte kurz vorher ein Opioid in niedriger Dosierung, z. B. Piritramid gegeben werden (7 Abschn. 23.4.5) 5 Muskelrelaxanzien antagonisieren 5 Eine mögliche Restrelaxierung sollte mit dem Relaxometer kontrolliert werden (7 Abschn. 10.4). Beträgt der TOF  Zu keinem Zeitpunkt der Narkoseeinleitung (außer im äußersten Notfall) darf der Patient über die Maske beatmet werden, weil hierdurch der Magen aufgebläht und Mageninhalt in den Ösophagus gepresst werden kann.

z Maßnahmen bei Regurgitation oder Erbrechen

Erbricht oder regurgitiert der Patient trotz prophylaktischer Maßnahmen, muss der Mageninhalt so rasch wie möglich abgesaugt werden, um eine pulmonale Aspiration zu verhindern. Hierzu leistungsstarkes Absauggerät mit dickem Absaugkatheter einsetzen. Weitere Maßnahmen: 7 Kap. 51.

z Praktische Hinweise

5 Kleine Eingriffe möglichst nur in Regionalanästhesie vornehmen 5 Allgemeinanästhesien immer i. v. einleiten, niemals per Inhalation 5 Absauggerät mit kurzen dicken und langen dünnen Kathetern bereitstellen 5 Oberkörper des Patienten für die Narkoseeinleitung erhöht lagern 5 Ausreichend lange präoxygenieren 5 Bei Hinweisen auf Intubationsschwierigkeiten: den Patienten wach fiberoptisch, unter leichter Sedierung und Lokalanästhesie, intubieren (7 Abschn. 15.3) 5 Exzitationsphase vermeiden: schnell wirkendes i.  v.-Anästhetika injizieren, z. B. Propofol 5 Sobald der Patient schläft: Rocuronium für die Intubation injizieren, nicht zwischenbeatmen

23.6  Kombination von

Allgemeinanästhesie und Periduralanalgesie

Für große intraabdominelle oder intrathorakale Eingriffe kann die Allgemeinanästhesie mit einer Katheterperiduralanalgesie kombiniert werden. Hierdurch wird die Stressreaktion abgeschwächt und der Anästhetikabedarf vermindert. z Praktische Hinweise

5 Periduralkatheter am Vortag oder am Morgen der Operation – vor der Narkoseeinleitung – legen 5 Punktionshöhe: – Oberbauch- und Thoraxeingriffe: thorakal – Unterbaucheingriffe: lumbal

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Kapitel 23 · Allgemeinanästhesie

5 Gefahren der thorakalen PDA: – Massiver Blutdruckabfall durch Sympathikolyse – Bradykardie-/Asystoliegefahr durch Blockade der Nn.  accelerantes des Herzens – Verletzung des Rückenmarks 23.7  Fast-Track-Anästhesie

Die Anästhesie des „schnellen Pfades“ („fast track“) gehört zum Konzept der sog. Fast-track-Chirurgie. Ziel ist die möglichst rasche Erholung und Entlassung des Patienten aus der Klinik, auch um Kosten zu sparen. z Vorgehen

Eingesetzt werden gut steuerbare, kurz wirkender Anästhetika wie Remifentanil,

­ ropofol, Desfluran und Sevofluran oder P die kombinierte Allgemeinanästhesie/Periduralanalgesie oder reine Regionalanästhesien. Weitere Maßnahmen sind: 5 Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur durch aktiven Wärmeschutz 5 Eingeschränkte Flüssigkeitszufuhr, z. B. 2–3,5 l bei Kolonoperationen, jedoch Erhalt des normalen Blutvolumens 5 PONV-Prophylaxe bei gefährdeten Patienten 5 Entfernung der Magensonde bei der Extubation 5 Wenn möglich: Verzicht auf Drainagen

205

Spinalanästhesie Inhaltsverzeichnis 24.1 In Kürze – Grundlagen – 206 24.1.1 Anatomische Grundlagen – 206 24.1.2 Grundlagen der Blockade – 208

24.2 Praxis der Spinalanästhesie – 210 24.2.1 Spinalanästhesie bei welchen Operationen? – 210 24.2.2 Zubehör und Medikamente für die SPA – 211 24.2.3 Praktisches Vorgehen – 214

24.3 Komplikationen der Spinalanästhesie – 216 24.3.1 Frühkomplikationen – 216 24.3.2 Spätkomplikationen – 217

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_24

24

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Kapitel 24 · Spinalanästhesie

24.1  In Kürze – Grundlagen

Spinalanästhesie Sensible und motorische Blockade von Nervenwurzeln durch Injektion eines Lokalanästhetikums in den Spinalkanal.

Das Lokalanästhetikum blockiert die Erregungsleitung in den Nervenwurzeln des Rückenmarks und bewirkt dadurch eine umschriebene Anästhesie und Lähmung der Muskulatur. 1898 wurde die erste Spinalanästhesie mit Kokain durch den berühmten Chirurgen August Bier vorgenommen. 24.1.1  Anatomische Grundlagen

Anatomischer Mittelpunkt der Spinalanästhesie ist die Wirbelsäule. Sie besteht aus 33 Wirbeln: 5 7 Halswirbel (zervikale Wirbel), Kürzel: C 5 12 Brustwirbel (thorakale Wirbel), Kürzel: Th oder T 5 5 Lendenwirbel (lumbale Wirbel), Kürzel: L 5 5  Kreuzbeinwirbel (sakrale Wirbel), Kürzel: S 5 4–5 Steißbeinknochen (coccygeale Knochen) z Krümmungen der Wirbelsäule

Die Wirbelsäule besitzt drei Krümmungen: 5 Halslordose 5 Brustkyphose 5 Lendenlordose Die Hals- und Lendenlordose verschwinden beim Beugen der Wirbelsäule, die Brustkyphose wird verstärkt. > Durch die Beugung des Patienten für die Punktion weichen die eng stehenden

lumbalen Dornfortsätze auseinander. Hierdurch lässt sich die Spinalkanüle leichter in den Spinalkanal vorschieben.

In flacher Rückenlage des Patienten gilt Folgendes: 5 Höchste Punkte der Wirbelsäule sind L3 und C5 5 Tiefste Punkte sind Th5 und S2 In normaler Rückenlage breiten sich Lokalanästhetika, die schwerer sind als Liquor (hyperbar), meist bis Th3–6 aus. z Bänder der Wirbelsäule

Bei der Spinalpunktion müssen folgende Bänder der Wirbelsäule durchstochen werden, um in den Liquorraum zu gelangen: 5 Ligamentum supraspinale: Es zieht über die Dornfortsätze (processus spinosi) 5 Ligamentum interspinale: Es verläuft zwischen den Dornfortsätzen 5 Ligamentum flavum: Das gelbe Band verbindet die Wirbelbögen z Inhalt des Spinalkanals

Der Wirbelkanal erstreckt sich vom Foramen magnum (großes Loch) in der Schädelbasis bis zur Spitze des Kreuzbeins, dem Hiatus sacralis, und enthält: 5 Rückenmark 5 Liquor cerebrospinalis 5 Die Hüllen des Rückenmarks: – Pia mater: Sie umhüllt fest das Rückenmark und ist mit der Dura durch Bänder und Fortsätze verbunden – Arachnoidea (Spinnwebhaut): Sie ist durch einen kapillären Spalt von der Dura getrennt – Dura mater (harte Hirnhaut): Sie verläuft vom Foramen magnum bis zum Unterrand von S2 im Kreuzbein 5 Wurzeln der Spinalnerven 5 Den Periduralraum mit seinem Inhalt z Spinalnerven

Es gibt 31 Paare von Spinalnerven, insgesamt somit 62 Spinalnerven. Sie sind über

207

24.1 · In Kürze – Grundlagen

eine hintere und über eine vordere Nervenwurzel mit dem Rückenmark verbunden und leiten die Sensibilität und die Motorik. Anatomisch werden folgende Spinalnerven unterschieden: 5 8 zervikale 5 12 thorakale 5 5 lumbale 5 5 sakrale 5 1 coccygealer z Hinterwurzeln der Spinalnerven

5 Sie sind dicker als die Vorderwurzeln 5 Sie leiten überwiegend afferente Reize aus der Peripherie zum Rückenmark und Gehirn: Das sind Schmerz, Temperatur, Berührung und Lagesinn (sog. Propriozeption) 5 Zu jeder Hinterwurzel gehört ein Ganglion, durch das die afferenten Fasern ziehen 5 Die Wurzeln enthalten außerdem gefäßdilatierende sympathische Fasern 5 Die Blockade der Hinterwurzeln durch Lokalanästhetika schaltet die Sensibilität aus z Vorderwurzeln

5 Sie leiten überwiegend efferente Impulse vom Gehirn und Rückenmark in die Periphere zu Muskeln, Drüsen und Eingeweiden 5 Ihre Blockade durch Lokalanästhetika bewirkt bei der Spinalanästhesie eine Lähmung der Muskulatur z Hauptstämme der Spinalnerven

5 Vorder- und Hinterwurzeln vereinigen sich im Zwischenwirbelloch, dem Foramen intervertebrale, zu den Hauptstämmen der Spinalnerven 5 Die Spinalnerven sind somit gemischte Nerven 5 Vorder- und Hinterwurzeln sind von Liquor umgeben. Hierhin fließt das in den Spinalkanal injizierte Lokalanästhetikum und blockiert sie

24

> Bei der Spinalanästhesie werden v. a. die Nervenwurzeln des Rückenmarks blockiert und dadurch die Sensibilität und die Motorik ausgeschaltet.

z Liquor

Liquor ist eine klare, farblose Flüssigkeit mit einem spezifischen Gewicht von 1003–1009 und einem Glukosegehalt von 50–80 mg/dl. 5 Im Subarachnoidalraum des Rückenmarks (Subarachnoidalraum) befinden sich etwa 75 ml Liquor cerebrospinalis 5 Bei der Spinalanästhesie muss klarer Liquor abtropfen, bevor das Lokalanästhetikum injiziert werden darf 5 Der Liquorraum steht über das Foramen magnum mit dem Gehirn in Verbindung. Hierüber kann das Lokalanästhetikum in das Gehirn gelangen, wenn eine zu große Menge injiziert wurde. Dann entsteht eine totale Spinalanästhesie. z Spinale Dermatome

Das Rückenmark ist segmentär aufgebaut. Jedem Rückenmarksegment ist ein bestimmtes Hautgebiet, das Dermatom, zugeordnet. 5 Dieses Hautgebiet wird jeweils über einen bestimmten Spinalnerven sensibel innerviert 5 Die Hautsegmente werden nach den zugehörigen Rückenmarksegmente benannt. Sie können sich aber überlappen – Der Bauchnabelbereich wird vom 10.  Rückenmarksegment über den 10.  Spinalnerven versorgt und als Th10 bezeichnet – Mamillarbereich: 4. Rückenmarksegment, 4. Spinalnerv, Gebietsbezeichnung: Th4 5 Anhand der Dermatome wird bei der Spinalanästhesie die Anästhesieausbreitung definiert > Die Dermatome bezeichnen nur das ihnen zugehörige Hautgebiet, nicht die darunter liegenden Organe!

208

Kapitel 24 · Spinalanästhesie

Beispiel  Bei der Sectio wird im Unterbauch operiert. Die Anästhesie muss sich aber bis zum Dermatom Th4 erstrecken, damit die Patientin schmerzfrei ist.

5 Die Hinterwurzelganglien 5 Autonome sympathische Nervenfasern 5 Gemischte Nervenstämme 5 Leitungsbahnen im Rückenmark selbst

z Myotome

Dünne Fasern werden bei der Spinalanästhesie zuerst gebockt. Ihre Blockade dauert am längsten.

Auch die Muskeln werden von segmentären Nerven versorgt. Die zugehörigen Muskelbereiche werden als Myotome bezeichnet. Sie werden von einem Spinalnerven motorisch innerviert. z Sympathische Nervenfasern

Die Ursprungszellen der präganglionären Sympathikusfasern befinden sich im Rückenmark in den Segmenten C8 bis L2. 5 Die efferenten Sympathikusfasern verlassen das Rückenmark mit den Vorderwurzeln der Spinalnerven von Th1– L2. Sie treten aus den Spinalnerven in den sog. Grenzstrang, den Truncus sympathikus, über. Der Strang verläuft, den Wirbelkörpern entlang, von der Schädelbasis bis zum Steißbein und enthält 22 paarige Ganglien 5 Der postganglionäre Sympathikus enthält somatische und viszerale Fasern sowie afferente sensible Fasern aus den Eingeweiden ! Cave Die Blockade präganglionärer Sympathikusfasern durch die Spinalanästhesie dilatiert die Blutgefäße. Hierdurch kann der Blutdruck sehr stark abfallen!

24.1.2  Grundlagen der Blockade

Wo wirkt das injizierte Lokalanästhetikum? Das in den lumbalen Liquorraum injizierte Lokalanästhetikum blockiert folgende Nervenstrukturen: 5 Die Vorder- und Hinterwurzeln der Spinalnerven. Sie sind der Hauptwirkort!

Wie läuft die Blockade ab? Die Blockade beginnt sofort nach der Injektion des Anästhetikums und ist nach wenigen Minuten vollständig. Hierbei wird eine bestimmte Reihenfolge durchlaufen: 5 Die Haut fühlt sich warm an wegen der erweiterten Blutgefäße bzw. Zunahme der Durchblutung (präganglionäre Blockade sympathischer Fasern) 5 Das Kälteempfinden wird aufgehoben wegen der Blockade der Temperaturfasern 5 Dann werden „Nadelstichfasern“ blockiert, danach Fasern, die stärkeren Schmerz leiten als Nadelstiche 5 Das Berührungsempfinden wird ausgeschaltet, dann die Tiefensensibilität 5 Es folgt die Blockade der Motorik mit Lähmung der Muskulatur 5 Zuletzt wird das Vibrations- und Lageempfinden aufgehoben z Ausbreitung der Blockade

Die Blockade breitet sich nicht gleichmäßig aus, sondern abgestuft: 5 Die Sympathikusblockade ist am höchsten 5 Die sensible Blockade (Anästhesie) liegt 2–6 Segmente tiefer 5 Die motorische Blockade liegt 2 Segmente unterhalb der sensiblen Blockade z Abklingen der Blockade

Die Blockade klingt nicht schlagartig ab, sondern stufenweise – und zwar von oben nach unten: Zuerst kehrt die Motorik zurück, danach die Sensibilität und als letztes die Sympathikusfunktion.

209

24.1 · In Kürze – Grundlagen

Die Dauer der Spinalanästhesie hängt in erster Linie vom verwendeten Lokalanästhetikum ab. ! Cave Die Sympathikusblockade hält wesentlich länger an als die motorische und sensible Blockade. Darum muss auch in der postoperativen Phase noch mit Blutdruckabfällen gerechnet werden!

Wovon hängt die Ausdehnung der Blockade ab? Die Ausbreitung der Anästhesie lässt sich nicht präzise steuern, da sie von vielen Faktoren abhängig ist: 5 Wichtigster Faktor ist Menge des injizierten Lokalanästhetikums: je mehr ml, desto höher die Anästhesie 5 Injektionsgeschwindigkeit: je schneller injiziert wird, desto größer die Ausbreitung 5 Höhe des Punktionsorts 5 Position des Patienten bei der Injektion (liegend oder sitzend) und die anschließende Lagerung 5 Spezifisches Gewicht des Lokalanästhetikums (isobar oder hyperbar zum Liquor)

Hat die Spinalanästhesie Auswirkungen auf andere Organfunktionen? Die Blockade der Nervenwurzeln wirkt sich auf die Funktion der Organe aus, die von den zugehörigen Nerven versorgt werden. z Sympathikusblockade

Die Blockade präganglionärer Sympathikusfasern dilatiert die Arterien und Arteriolen. Außerdem nimmt der Venentonus ab. Die möglichen Folgen sind: 5 Blutdruckabfall 5 Abnahme des venösen Rückstroms, venöses Pooling, relativer Volumenmangel 5 Bradykardie durch Blockade der Nervi accelerantes (Th1–4) des Herzens bei hoher Spinalanästhesie

24

> Blutdruckabfall durch Spinalanästhesie – was zu beachten ist: 5 Je größer die Anästhesieausdehnung, desto stärker der Blutdruckabfall 5 Lagerungsmanöver und vorbestehender Volumenmangel verstärken den Blutdruckabfall, da die Gegenregulation des Gefäßtonus aufgehoben ist 5 Bei Hypertonikern ist der Blutdruckabfall häufig stärker als bei Normotonikern 5 Der Blutdruckabfall geht häufig mit einer Bradykardie einher

z Atemfunktion

Bei hoher Spinalanästhesie werden auch die Interkostalmuskeln gelähmt. Solange der N. phrenicus (C4) nicht ausgeschaltet wird (Bauchatmung), tritt meist keine Ateminsuffizienz auf. 5 Wird die Beweglichkeit des Zwerchfells aber durch abstopfende Bauchtücher behindert, muss mit respiratorischer Insuffizienz gerechnet werden 5 Einige Patienten klagen bei hoher Spinalanästhesie über Luftnot. Die genaue Ursache des Phänomens ist nicht bekannt z Darmtrakt und Harnwege

Die Sympathikusblockade führt zu einer ungehemmten Aktivität des Parasympathikus: 5 Der Darm ist kontrahiert, klein und hyperperistaltisch 5 Der Sphinkter ani wird relaxiert, sodass Stuhl abgehen kann 5 Die Peristaltik der Ureteren (Harnleiter) ist ebenfalls verstärkt z Harnblase

Es kommt zum Harnverhalt durch Atonie der Harnblase (Blockade der parasympathischen sakralen Segmente S2–4). Der Harnblasensphinkter erschlafft nicht.

210

Kapitel 24 · Spinalanästhesie

z Nebenniere

Die Katecholaminproduktion im Nebennierenmark wird durch eine hohe Spinalanästhesie blockiert. Die Kortisolproduktion wird dagegen nicht beeinflusst. 24.2  Praxis der Spinalanästhesie

Die Spinalanästhesie (SPA) ist ein einfaches, billiges und zuverlässiges Verfahren für viele Operationen, mit sehr guter Anästhesiequalität und meist ausreichende Muskellähmung. z Einteilung der Spinalanästhesie

Nach der oberen Anästhesieausdehnung werden unterschieden: 5 Hohe Spinalanästhesie: bis Th4/5 5 Mittelhohe Spinalanästhesie: bis Th10 5 Tiefe Spinalanästhesie: bis L1 5 Sattelblock (Reithosenanästhesie) L5 (nach unten bis S5) 24.2.1  Spinalanästhesie bei

welchen Operationen?

Grundsätzlich können alle Eingriffe an den Extremitäten und im Bauchraum unter Spinalanästhesie durchgeführt werden. Die jeweils dafür erforderliche Anästhesieausbreitung ist in . Tab. 24.1 zusammengestellt.

Zu beachten: Je höher die Spinalanästhesie, desto stärker die unerwünschten kardiovaskulären und respiratorischen Nebenwirkungen!

Patienten und Eingriffe 5 Für intrathorakale Eingriffe ist die Spinalanästhesie nicht geeignet 5 Abgesehen von der Sectio caesarea (7 Kap. 39) wird die Spinalanästhesie am häufigsten bei Operationen unterhalb des Nabels (Th10) eingesetzt 5 Von Vorteil ist die SPA bis Th10 besonders für Patienten mit vollem Magen, Risiko für Atemwegskomplikationen (Intubationsschwierigkeiten), PONV oder Diabetes mellitus 5 Patienten mit schwerer COPD sind auf ihre Bauchmuskulatur angewiesen. Daher sollte sich die Anästhesie nur bis Th10 ausbreiten, also nur eine mittelhohe Spinalanästhesie angestrebt werden 5 Bei Patienten mit klinisch manifesten Herzkrankheiten ist Vorsicht geboten. Hochrisikopatienten, die auf einen erhöhten Sympathikotonus angewiesen sind, sollten keine Spinalanästhesie erhalten 5 Bei sehr kurzen Eingriffen ( Je dünner die Spinalnadeln, desto seltener sind postspinale Kopfschmerzen!

z Lokalanästhetika

Unterschieden werden isobare und hyperbare Lokalanästhetika Isobare Lokalanästhetika  Sie haben das gleiche spezifische Gewicht wie der Liquor. 5 Ihre Ausbreitung wird durch Lagerungsmanöver nicht wesentlich beeinflusst 5 Da die Dichte von Liquor variiert, sind isobare Lokalanästhetika nicht selten leicht hypobar 5 Die Anästhesieausdehnung nach thorakal, d. h. nach oben, lässt sich mit isobaren Lokalanästhetika nicht sicher steuern Lokalanästhetika Sie enthalten einen Glukosezusatz und sind dadurch schwerer als Liquor.

Hyperbare

5 Ihre Ausbreitung wird durch Lagerungsmanöver stark beeinflusst: Bei Oberkörperhochlagerung bzw. im Sitzen sinken sie ab, bei Oberkörpertieflagerung steigen sie nach thorakal auf, bei Seitenlage blockieren sie überwiegend die unten liegende Seite 5 Mit hyperbaren Lokalanästhetika ist die Anästhesieausbreitung besser zu steuern als mit isobaren Verwendete Substanzen  5 Bupivacain 0,5 % isobar oder hyperbar 5 Ropivacain 0,5 % isobar oder hyperbar durch Glukosezusatz durch den Arzt 5 Prilocain 1 % isobar, 2 % hyperbar 5 Chlorprocain 1 % isobar ! Cave Lidocain und Mepivacain sollten für die Spinalanästhesie nicht eingesetzt werden, weil sie häufiger als die anderen Lokalanästhetika zu transienten (vorübergehenden) neurologischen Symptomen (TNS; 7 Abschn. 24.3) führen.

Bupivacain 5 1 Amp. Bupivacain hyperbar 0,5% enthält 5 ml; 1 ml enthält 5 mg 5 Anschlagzeit (sog. Fixierungszeit): 15– 30 min 5 Wirkdauer der sensiblen Blockade: 75– 150 min z Dosierung von Bupivacain 0,5 %

5 Hohe Spinalanästhesie bis Th4/5: 2–4 ml 5 Mittelhohe Spinalanästhesie bis Th10: 1,5–3 ml 5 Tiefe Spinalanästhesie bis L2: 1–1,5 ml 5 Sattelblock S1–S5: 0,5–1 ml hyperbar in sitzender Position 5 Empfohlene intraspinale Höchstdosis: 20 mg bzw. 4 ml

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24.2 · Praxis der Spinalanästhesie

Ropivacain (z. B. Naropin) isobar 5 1 Amp. Ropivacain 0,5 % enthält 10 ml, 1 ml enthält 5 mg 5 Unterscheidet sich klinisch nicht wesentlich von Bupivacain. Die Wirkdauer soll etwas kürzer und die motorische Blockade weniger stark sein 5 Anschlagzeit: 15–30 min 5 Wirkdauer der sensiblen Blockade: 75– 150 min z Dosierungen von Ropivacain 0,5 %

5 Wirkdauer ca. 60 min 5 Spontanurin nach ca. 3 h z Dosierungen von Chlorprocain

5 Vom Hersteller empfohlene Höchstdosis: 50 mg 5 Mittelhohe Spinalanästhesie: ca. 50 mg (5 ml) 5 Kniearthroskopie: 40 mg (4 ml) 5 Sattelblock für proktologische Eingriffe 20 mg (2 ml) Zu beachten: Chlorprocain darf in Deutschland nicht bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden!

5 Hohe Spinalanästhesie bis Th4/5: 2–4 ml 5 Mittelhohe Spinalanästhesie bis Th10: 1,5–3 ml 5 Tiefe Spinalanästhesie bis L1: 1–1,5 ml 5 Sattelblock S1–S5: 0,5–1 ml (hyperbar durch Glukosezusatz) in sitzender Position 5 Empfohlene intraspinale Höchstdosis: 20 mg bzw. 4 ml

Opioidzusatz zum Lokalanästhetikum

Prilocain 2 % hyperbar (z. B. Takipril)

z Spinale Opioiddosierungen

5 Standardsubstanz für kürzere Eingriffe 5 1 Amp. Priocain 2 % enthält 5 ml; 1 ml enthält 20 mg 5 Anschlagzeit: 7–9 min 5 Wirkdauer der sensiblen Blockade: 1–2 h

24

Durch Kombination des Lokalanästhetikums mit einem Opioid kann die Analgesiedauer verlängert und die Dosis des Lokalanästhetikums reduziert werden. 5 Sufentanil 5 bis maximal 10 µg 5 Fentanyl 10 bis maximal 25 µg (bei höheren Dosen Gefahr der Atemdepression). Keine Zulassung, nur Off-label-Use 5 Morphin (Vorsicht lange Wirkdauer, späte Atemdepression)

Zusatz von Clonidin oder 5 Extremitäten, abdominelle Eingriffe: Dexmedetomidin z Dosierungen von Prilocain 2 % hyperbar

40–60 mg 5 Sattelblock, 10 mg

proktologische

Eingriffe

Chlorprocain 1 % (z. B. Ampres) 5 Chemisch: Aminoester. Wird im Plasma durch Pseudocholinesterase gespalten 5 Zulassung: Spinalanästhesie bei Erwachsenen für geplante Eingriff unter 40 min Dauer 5 1 Amp. Ampres enthält 50 mg in 5 ml, 1 ml enthält 10 mg 5 Anschlagszeit: 5–10 min

Durch Zusatz dieser adrenergen Agonisten tritt die spinale Blockade rascher ein, die Wirkdauer wird verlängert und der postoperative Analgetikabedarf hinausgeschoben. 5 Juckreiz und Atemdepression treten nicht auf 5 Harnverhalt ist seltener. 5 Nebenwirkungen sind: Blutdruckabfall, Bradykardie, Sedierung z Dosierungen

5 Clonidin 15–45 µg 5 Dexmedetomidin 5–10 µg

214

Kapitel 24 · Spinalanästhesie

24.2.3  Praktisches Vorgehen

Prämedikation für die Spinalanästhesie Es gelten die gleichen Grundsätze wie für die Allgemeinanästhesie (7 Kap. 23) 5 Den Patienten über die spezifischen Risiken der Spinalanästhesie aufklären 5 Einwilligung des Patienten einholen, dass bei ungenügender Spinalanästhesie auf eine Allgemeinanästhesie übergegangen werden darf 5 Sedativa nur bei sehr ängstlichen Patienten verordnen 5 Den Patienten nicht zu stark sedieren, damit seine Kooperation erhalten bleibt 5 Atropin nicht routinemäßig zuführen 5 Bei PONV-Risikopatienten die übliche medikamentöse Prophylaxe geben

Vorbereitungen für die Spinalanästhesie Die wichtigsten Maßnahmen umfassen: 5 Spinalanästhesieset bereitstellen 5 Lokalanästhetika für die Spinal- und für die Infiltrationsanästhesie, z. B. Bupivacain + Mepivacain 5 Sterile Handschuhe, Kittel, Mundschutz, Hautdesinfektionsmittel 5 Aufgezogen: Vasopressor (z.  B. Akrinor) Atropin, Midazolam, Propofol, Muskelrelaxans, Katecholamin in unmittelbarer Bereitschaft 5 Venenkanüle, isotone Vollelektrolytlösung 5 Blutdruckmanschette, EKG-Monitor, Pulsoxymeter 5 O2-Quelle, Intubationsbestecke, Beatmungsgerät z Einleitungsraum

5 Den Patienten freundlich und ermutigend begrüßen 5 Namen vergleichen, geplante Operation und Operationsseite kontrollieren 5 Blutdruck, Herzfrequenz und O2-Sättigung messen und im Narkoseprotokoll eintragen

5 Venenkanüle einführen und isotone Vollelektrolytlösung anschließen 5 Den Patienten für die spinale Punktion lagern

Lagerung für die Punktion Der Liquorraum wird am sitzenden oder am liegenden Patienten punktiert. z Sitzender Patient

Am einfachsten lässt sich der Spinalkanal am sitzenden Patienten punktieren: 5 Der Patient rückt mit dem Gesäß an die Hinterkante des Tisches und formt einen Katzenbuckel. Hierdurch weichen die Dornfortsätze auseinander und die Punktion wird erleichtert 5 Während der Punktion wird der Patient durch die vor ihm stehende Pflegekraft gehalten und im Bereich der Brustwirbelsäule gebeugt 5 Bei Verwendung hyperbarer Lokalanästhetika wird der Patient nach der Punktion zügig auf den Rücken gelagert, um ein Absinken der Lokalanästhetika nach unten zu verhindern Gefahren: Blutdruckabfall, Synkope mit Sturz vom Tisch z Seitenlage

Die Punktion ist schwieriger, aber für den Patienten bequemer; auch fällt der Blutdruck weniger stark ab. 5 Der Patient legt sich auf die Seite und rückt mit dem gesamten Körper an den Hinterrand des Tisches 5 Anschließend formt er – aktiv unterstützt durch die Pflegekraft – einen Katzenbuckel: – Die Beine fest an den Bauch heranziehen – Das Kinn auf die Brust legen, den Kopf mit Kissen unterstützen – Die Wirbelsäule verläuft parallel zur hinteren Tischkante, Schultern und Beckenschaufeln senkrecht dazu (die

215 24.2 · Praxis der Spinalanästhesie

haltende Pflegekraft verhindert das Abkippen)

Wie geht der Arzt bei der Punktion vor? 5 Der Arzt trägt Mundschutz und Kittel 5 Nach der Lagerung wird die Einstichstelle markiert. Sie befindet sich unterhalb von L2 5 Der Arzt desinfiziert sich die Hände und zieht sterile Handschuhe an 5 Dann wird das Punktionsgebiet 2- bis 3-mal mit zentrifugaler Sprüh-WischTechnik (von innen nach außen) desinfiziert. Einwirkzeit ca. 1 min 5 Der Arzt zieht die angereichten Lokalanästhetika auf, setzt eine Hautquaddel, infiltriert 1–2 ml Lokalanästhetikum interspinal und schiebt dann die Spinalkanüle durch eine Führungskanüle in den Liquorraum vor 5 Ist der Spinalkanal vermutlich erreicht, wird der Mandrin entfernt. Jetzt muss Liquor frei und klar abtropfen oder mit der Spritze aspiriert werden können > Wichtig 5 Ohne Liquor keine Anästhesie (Fehllage der Kanüle)! Daher keine Injektion des Lokalanästhetikums, wenn Liquor nicht frei abläuft oder abgezogen werden kann 5 Ist der Liquor blutig tingiert, wird solange aspiriert, bis er klar wird 5 Treten Parästhesien (Missempfindungen durch Berühren einer Nervenwurzel) auf, muss die Kanülenlage sofort korrigiert werden (Gefahr der Nervenschädigung). Erst dann darf das Lokalanästhetikum injiziert werden

Was tun, nachdem das Lokalanästhetikum injiziert worden ist? 5 Wurde im Sitzen punktiert, wird der Patient sofort auf den Rücken gelegt, um ein Absinken des hyperbaren Lokalanästhetikums zu vermeiden

24

5 Wurde in Seitenlage punktiert, wird der Patient ebenfalls auf den Rücken gelegt 5 Wird eine vorwiegend einseitige Spinalanästhesie angestrebt, bleibt der Patient auf der zu operierenden Seite liegen 5 Soll der Patient einen Sattelblock (Reithosenanästhesie) erhalten, bleibt er nach der Injektion des hyperbaren Lokalanästhetikums für 10 min strikt in sitzender Position z Anschlagzeit

5 Die Zeit von der Injektion des Lokalanästhetikums bis zum Eintritt einer vollständigen Anästhesie wird als Anschlagzeit bezeichnet 5 Oft beginnt die Wirkung schon beim Injizieren des Lokalanästhetikums (z. B. Wärmegefühl in den Beinen). Nach ca. 15 min ist die Anästhesie vollständig und es kann mit der Operation begonnen werden 5 Ist 5–10 min nach der Injektion keinerlei Wirkung nachweisbar, liegt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Fehlinjektion vor. Mögliches Vorgehen: – Nicht länger abwarten, sondern erneute Punktion oder – Übergang auf eine Allgemeinanästhesie

Überwachung kurz nach der Injektion des Lokalanästhetikums Die Spinalanästhesie beginnt sehr schnell, sodass ihre Ausbreitung und die Vitalparameter lückenlos überprüft werden müssen. Hierzu den Patienten genau beobachten: 5 Blutdruck und Herzfrequenz mindestens in Minutenabständen messen 5 Pulsoxymetrie kontinuierlich 5 Anästhesieausbreitung fortlaufend überprüfen, zunächst aber nur mit Kältereizen, nicht mit Nadelstichen z Was tun, wenn der Blutdruck abfällt?

Der Blutdruckabfall ist eine typische und relativ häufige Komplikation der Spinalanäs-

216

Kapitel 24 · Spinalanästhesie

thesie, die rechtzeitig erkannt und behandelt werden muss. Häufige Frühzeichen sind: 5 Plötzliches Erblassen 5 Bradykardie 5 „Mir ist so komisch“ 5 „Die Luft ist so schlecht“ 5 „Mir ist übel“ 5 „Ich glaube, ich muss mich übergeben“ > Sofortmaßnahmen bei Blutdruckabfall: Beine hochheben („Autotransfusion“), Infusion schneller einlaufen lassen, wenn der Blutdruck nicht sofort ansteigt, Vasopressor i. v. injizieren.

OP-Freigabe des Patienten 5 Mit der Operation darf erst begonnen werden, wenn eine ausreichende Anästhesie eingetreten ist 5 Die Prüfung erfolgt mit Nadelstichen durch den Anästhesisten, nicht durch das Skalpell des Operateurs!

Intraoperative Betreuung Während der Spinalanästhesie ist die gleiche sorgfältige Überwachung der Vitalparameter erforderlich wie bei einer Allgemeinanästhesie. > Auf keinen Fall darf der Patient in dieser Zeit allein gelassen werden!

Sedierung 5 Bei Bedarf kann der Patient mit einem Benzodiazepin wie Midazolam sediert werden. Vorsicht Atemdepression! Darum nur kleine Dosen, titriert, anwenden. Nicht mit Opioiden kombinieren! 5 Zu tiefe Sedierung muss vermieden werden, ebenso störendes Schnarchen des Patienten 5 Die Anwendung sedierender Dosen von Propofol ist dem Erfahrenen vorbehalten. Auch hier besteht die Gefahr der Atemdepression 5 Zu beachten: Die Sedierung mit Medikamenten ist kein Ersatz für eine mangelhafte Anästhesie

24.3  Komplikationen der

Spinalanästhesie

Jedes Anästhesieverfahren hat Risiken, auch die Spinalanästhesie. Schwerwiegende Komplikationen sind aber insgesamt selten (0,45 auf 10.000 Spinalanästhesien). Dies gilt v. a. für die gefürchteten neurologischen Komplikation. Risiken und Komplikationen Spinalanästhesie

der

5 Totale Spinalanästhesie 5 Starker Blutdruckabfall 5 Bradykardie, Herzstillstand 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Harnverhalt 5 Postspinale Kopfschmerzen 5 Neurologische Komplikationen 5 Bakterielle Infektionen, Sepsis

24.3.1  Frühkomplikationen

Totale SpinalanästhesieDie totale Spinalanästhesie entwickelt sich meist kurz nach der Injektion des Lokalanästhetikums. Siedehnt sich von den Füßen bis in den Kopf aus. 5 Die Muskeln einschließlich Zwerchfell sind gelähmt 5 Der Sympathikus ist vollständig blockiert 5 Gelangt das Lokalanästhetikum ins Gehirn, so verliert der Patient das Bewusstsein Wichtigste Ursachen: 5 Überdosierung des Lokalanästhetikums 5 Zu rasche Injektion 5 Lagerungsfehler bei Verwendung hyperbarer Lokalanästhetika

24.3 · Komplikationen der Spinalanästhesie

! Cave Die totale Spinalanästhesie verläuft dramatisch, ist akut lebensbedrohlich und muss sofort behandelt werden!

z Zeichen und Symptome

5 Der  Patient ist akut aufgeregt, kann Kopf und Arme nicht mehr bewegen, klagt über Luftnot 5 Der Blutdruck ist nicht mehr messbar, Bradykardie 5 Atemstillstand 5 Bewusstlosigkeit, Pupillenerweiterung 5 Asystolie z Was ist zu tun?

5 Keine Hektik, Ruhe bewahren und besonnen vorgehen! 5 Endotracheal intubieren und kontrolliert beatmen 5 Vasopressor i. v. injizieren, z. B. Akrinor, Ephedrin- oder Noradrenalin(Arterenol-)Perfusor 5 Beine hochheben, Volumen zuführen 5 Bei Bradykardie: Adrenalin (Suprarenin) i. v., bei Asystolie sofort CPR Die Atemlähmung bei totaler Spinalanästhesie hält etwa 2–3 h an.

Die Anästhesie reicht nicht aus 5 Reicht die Anästhesie im weiteren Verlauf nicht aus, sollte auf eine Allgemeinnarkose übergegangen werden 5 Die wiederholte Injektion starker Opioide und/oder Sedativa/Hypnotika muss dagegen vermieden werden, da sie rasch zur Atempression, Hypoxie und zum Herzstilstand führen kann

Blutdruckabfall 5 Blutdruckabfälle sind eine anhaltende Gefahr, besonders bei ausgedehnter Spinalanästhesie, da ein entsprechend größeres Gefäßgebiet von der Sympathikusblockade betroffen ist 5 Begünstigende Faktoren: akute Blutverluste und Umlagerungsmanöver!

217

24

5 Sofortbehandlung: Vasopressor, z.  B. Akrinor, titriert in kleinen Dosen, um einen überschießenden Blutdruckanstieg zu vermeiden. Volumenzufuhr allein reicht meist nicht aus

Bradykardie und Herzstillstand Bei 10–15 % der Patienten mit Spinalanästhesie tritt eine klinisch relevante Bradykardie auf. Hierbei gilt: > Je höher die Anästhesieausdehnung, desto größer die Bradykardiegefahr!

Die Blockade der Nn. accelerantes (der Herznerven aus Th1–4) scheint eine wesentliche Rolle zu spielen. Bradykardien können aber auch bei tieferer Spinalanästhesie auftreten. 5 Es gibt Fallberichte, in denen sich aus der zunehmenden Bradykardie ein Herzstillstand entwickelte 5 Schwere Bradykardien durch Spinalanästhesie sollten umgehend mit Adrenalin (Suprarenin) beseitigt werden. Atropin wirkt meist nicht oder nicht ausreichend

Abfall der Körpertemperatur Durch die Sympathikusblockade wird ein intraoperativer Abfall der Körpertemperatur begünstigt. Darum muss für ausreichenden Wärmeschutz gesorgt werden. 24.3.2  Spätkomplikationen

Postoperativer Harnverhalt 5 Miktionsstörungen sind in den ersten 24 h nach Spinalanästhesie häufig 5 Ein unbemerkter Harnverhalt tritt bei bis zu 3 % der Patienten auf 5 Spätestens 4 h nach der Spinalanästhesie wird der Patient aufgefordert, Urin zu lassen 5 Kann der Patient dann noch keinen Harn lassen, sollte die Blase einmalkatheterisiert werden

218

Kapitel 24 · Spinalanästhesie

Postspinale Kopfschmerzen 5 Typische und sehr unangenehme Komplikation, die meist 24–48 h nach der Spinalpunktion auftritt 5 Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Schwangere häufiger als Nichtschwangere 5 Bei Verwendung scharfer Kanülen treten häufiger Kopfschmerzen auf als mit stumpfen Kanülen) 5 Ursache: anhaltender Liquorverlust über das Punktionsloch (Liquorunterdrucksyndrom) 5 Lokalisation: vorwiegend okzipital und beidseits frontal, manchmal verbunden mit Seh- oder Hörstörungen und Schwindel 5 Die Kopfschmerzen sind lageabhängig und nehmen in aufrechter Position sowie beim Pressen mit der Bauchmuskulatur zu > Je jünger der Patient und je dicker die Spinalnadel, desto häufiger der postspinale Kopfschmerz!

Woran bei Kopfschmerzen nach Spinalanästhesie noch gedacht werden muss: 5 Subdurales Hämatom/Hygrom mit verlängerten Beschwerden 5 Entzündliches Liquorsyndrom oder Meningitis (eine Rarität) 5 Spontanes (idiopathisches) Liquorunterdrucksyndrom z Behandlung

Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad: 5 Leichte, lagerungsabhängige Kopfschmerzen: – 3  × 200 mg Koffein p.o. pro Tag oder – Theophyllin 3 × 350 mg p.o. pro Tag 5 Mittelstarke (mäßige) Kopfschmerzen: – Bettruhe fraglich – Koffein wie oben – Bei Bedarf Antiemetika 5 Starke Kopfschmerzen, Aufstehen nicht möglich:

– Koffein 500 mg langsam i. v. – Evtl. epiduraler Blutpatch: 20 ml Eigenblut in Höhe der spinalen Punktionsstelle peridural injizieren; dann 2 h Bauchlage Nicht empfohlene oder unwirksame Maßnahmen 

5 Prophylaktische ­ 24-stündige Bettruhe nach Spinalanästhesie 5 Prophylaktischer epiduraler Blutpatch 5 Vermehrte Flüssigkeitszufuhr 5 Prophylaktische Gabe von Medikamenten wie Theophyllin, Vasopressin, Flunarizin 5 Epidurale Kochsalzinfusion 5 Bauchwickel zu Steigerung des intraabdominellen Drucks

Rückenschmerzen 5 Häufigste Beschwerde nach Spinalanästhesie, allerdings nicht häufiger als bei Allgemeinanästhesien 5 Ursache: nicht bekannt 5 Therapie: Analgetika (NOPA)

Neurologische Komplikationen Neurologische Komplikationen („Querschnittlähmung“) werden von Patienten zwar sehr gefürchtet, sind aber extrem selten. Auf 1,7 Mio. Spinalanästhesie kommen insgesamt 50 schwerwiegende neurologische Komplikationen! z Wodurch werden neurologische Schäden hervorgerufen?

Zu den wesentlichen Ursachen neurologischer Schäden bei Spinalanästhesien gehören: 5 Blutungen in den Rückenmarkkanal, besonders bei Patienten mit Gerinnungsstörungen oder Antikoagulanzientherapie 5 Meningitis, Arachnoiditis, Abszesse durch bakteriell verunreinigte Instrumente oder Lokalanästhetika; mangelhaftes aseptisches Vorgehen bei der Punktion 5 Direkte traumatische Schädigung des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln

219

24.3 · Komplikationen der Spinalanästhesie

24

durch die Kanüle oder durch Injektion des Lokalanästhetikum direkt in das Nervengewebe 5 Direkte Schädigung des Rückenmarks und der Nervenwurzeln durch das Lokalanästhetikum (evtl. hypererge Reaktion) 5 Neurologische Schädigung durch den Eingriff 5 Vorbestehende, bis dahin nicht erkannte neurologische Schäden

5 Lokalisation: intraspinal, peridural, intrakraniell 5 Auslöser: in der Regel durch die Punktionskanüle, begünstigt durch vorbestehende Gerinnungsstörungen oder gerinnungshemmende Medikamente 5 Klinische Manifestation: epidurale Hämatome ca. 16 h nach Spinalanästhesie, subarachnoidale Hämatome ca. 72 h nach der Punktion

z Wie manifestieren sich neurologische Komplikationen?

z Zeichen und Symptome akuter spinaler Hämatome 

Hinweise auf Komplikationen, die sofort neurologisch abgeklärt werden müssen, sind: 5 Scharfe, ausstrahlende Rückenschmerzen 5 Anhaltende oder erneut auftretende sensible und motorische Ausfälle 5 Nackenschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber bei Meningitis

5 Akuter, scharfer Rückenschmerz in Höhe der Blutung mit Ausstrahlung in die Beine 5 Parese oder schlaffe Paralyse mit abgeschwächten Reflexen; nur selten Spastik mit Hyperreflexie 5 Sensibilitätsstörungen 5 Harnverhalt, intestinale Störungen

! Cave Schon bei den geringsten Anzeichen neurologischer Komplikationen nach einer Spinalanästhesie wie scharfe, ausstrahlende Rückenschmerzen oder anhaltende oder wiederkehrende sensible und/oder motorische Ausfälle muss eine neurologische Untersuchung veranlasst werden. Bei Nackensteife, Kopfschmerzen und Fieber muss eine Meningitis ausgeschlossen werden.

z Transiente neurologische Symptome (TNS)

5 Vorübergehende (transiente) dumpfe Schmerzen in der Gesäßregion, die in die Extremitäten ausstrahlen (nicht radikulär) 5 Treten innerhalb von 24 h nach der Spinalanästhesie und halten meist 1–3 Tage an, manchmal auch Monate 5 Ursache unbekannt, aber 4-mal häufiger nach hyperbarem Mepivacain und Lidocain z Spinale Hämatome

5 Sehr seltene, aber zu Recht gefürchtete Komplikation: Häufigkeit: ca. 1 Hämatom auf 220.000 Spinalanästhesien

z Behandlung 

5 Bei Verdacht sofort MRT oder CT 5 Wenn Diagnose gesichert: sofortige operative Dekompression innerhalb von 8–12 h nach Auftreten von Lähmungen. Je länger der Eingriff verzögert wird, desto größer die Gefahr der irreversiblen Schädigung durch die Kompression! z Cauda-equina-Syndrom (Kaudasyndrom) und Konussyndrom

5 Kaudasyndrom: – Kennzeichen: sensible und motorische Ausfälle im Bereich der ­S-Segmente (Reithosenanästhesie) sowie Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion – Ursache: nicht geklärt 5 Konussyndrom: – Isolierte Schädigung des Conus medullaris mit Stuhl- und Harninkontinenz

221

Periduralanästhesie Inhaltsverzeichnis 25.1 In Kürze – Grundlagen – 222 25.1.1 Periduralraum (Epiduralraum) – 222 25.1.2 Systemische Auswirkungen der Periduralanästhesie – 223 25.1.3 Vergleich zwischen Periduralanästhesie und Spinalanästhesie – 223

25.2 Praxis der Periduralanästhesie – 223 25.2.1 PDA und Blutgerinnung – 223 25.2.2 Zubehör für die Periduralanästhesie – 227 25.2.3 Praxis der Periduralanästhesie – 227 25.2.4 Maßnahmen nach der Injektion des Lokalanästhetikums? – 229

25.3 Komplikationen der Periduralanästhesie – 230 25.3.1 Frühkomplikationen – 230

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_25

25

222

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Kapitel 25 · Periduralanästhesie

25.1  In Kürze – Grundlagen

Periduralanästhesie Regionale Anästhesie, die durch Injektion eines Lokalanästhetikums in den Peri- oder Epiduralraum der Wirbelsäule hervorgerufen wird.

Sie beruht v. a. auf der Blockade von Spinalnervenwurzeln im Liquorraum des Rückenmarks. 25.1.1  Periduralraum

(Epiduralraum)

Der Periduralraum liegt zwischen der Dura mater des Rückenmarks und den Knochen und Bändern des Spinalkanals. Er wird hinten durch das Ligamentum flavum (gelbes Band) begrenzt. Dieses Band muss bei der Periduralanästhesie durchstochen werden. 5 Der Periduralraum erstreckt sich vom Foramen magnum der Schädelbasis bis in das Kreuzbein 5 Weite des Periduralraums: – Im Lumbalbereich 5–6 mm – Im Thoraxbereich 3–5 mm – Im Halsbereich 3 mm 5 Inhalt: Bindegewebe, Fett, Arterien und Venenplexus und die Wurzeln der Spinalnerven. Der Periduralraum enthält keinen Liquor! 5 Die vorderen und hinteren Wurzeln der Spinalnerven sind im Periduralraum von den Hüllen des Rückenmarks umgeben 5 Meist herrscht im Periduralraum ein Unterdruck. Er ist am größten im lumbalen Bereich z Wo wird der Periduralraum punktiert?

Der Periduralraum kann lumbal, sakral, thorakal und zervikal punktiert und katheterisiert werden:

5 Am häufigsten wird der lumbale Zugang gewählt, weil hier die Punktion am einfachsten ist, v. a. in sitzender Position des Patienten 5 Die thorakale Punktion ist schwieriger, weil die Dornfortsätze im Thoraxbereich steil und dachziegelförmig verlaufen 5 Punktiert wird meist in der Mittellinie (medianer Zugang), bei schwierigen anatomischen Verhältnissen seitlich davon (lateraler oder paramedianer Zugang) Weg der Periduralnadel  Von außen nach in-

nen werden folgende Strukturen durchstochen: 5 Haut und Unterhaut 5 Ligamentum supraspinale (über die Dornfortsätze ziehendes Band) 5 Ligamentum interspinale (Band zwischen den Dornfortsätzen) 5 Ligamentum flavum Wenn die Kanüle das Ligamentum flavum durchstochen hat, befindet sich ihre Spitze am Zielort, dem Periduralraum. Erst dann wird das Lokalanästhetikum injiziert. z Wo wirkt die Periduralanästhesie?

5 Der Wirkort der Periduralanästhesie ist der gleiche wie bei der Spinalanästhesie, auch die Reihenfolge der Blockade. Hauptwirkorte beider Verfahren sind die Wurzeln der Spinalnerven 5 Für die Blockade der Nervenwurzeln muss das Lokalanästhetikum aus dem Periduralraum in den Liquorraum diffundieren. Dieser Vorgang dauert etwa 10– 20 min 5 Daher tritt die Wirkung der PDA wesentlich langsamer ein als bei der Spinalanästhesie (7 Kap. 24) z Ausdehnung der Blockade

Die Ausbreitung des Lokalanästhetikums wird v. a. vom injizierten Volumen bestimmt: 5 Für die Blockade eines einzelnen Rückenmarksegments sind etwa 1,5  ml

223

25.2 · Praxis der Periduralanästhesie

Lokalanästhetikum erforderlich, für 10 Segmente somit etwa 15 ml 5 Die Lagerung nach der Injektion hat dagegen keinen wesentlichen Einfluss auf die Anästhesieausdehnung > Je mehr Lokalanästhetikum (in ml) injiziert wird, desto größer ist das anästhesierte Gebiet!

Weitere Einflüsse auf die Ausdehnung  5 Höhe des Injektionsorts (lumbal, thorakal, sakral, zervikal) 5 Injektionsgeschwindigkeit 5 Größe und Gewicht des Patienten 5 Schwangerschaft 5 Lebensalter 5 Diabetes und Arteriosklerose Anschlagzeit  Die Zeit bis zum Eintreten

der maximalen Wirkung (Anschlagzeit) ist bei der Periduralanästhesie wesentlich länger als bei der Spinalanästhesie: 5 Mittellang wirkende Lokalanästhetika 15–20 min 5 Lang wirkende Lokalanästhetika (Bupivacain, Ropivacain): 20–30 min Anästhesiequalität  Die Qualität der Anäs-

thesie, d. h. Schnelligkeit des Wirkungseintritts, Blockadetiefe und Dauer der sensiblen und motorischen Blockade hängen wesentlich von der injizierten Menge (Konzentration × Volumen) des Lokalanästhetikums ab. 25.1.2  Systemische Auswirkungen

der Periduralanästhesie

Die indirekten Auswirkungen entsprechen denen der Spinalanästhesie (7 Kap. 24). Allerdings setzt die Sympathikusblockade bei der Periduralanästhesie langsamer ein als bei der Spinalanästhesie, sodass der Blutdruck weniger stark abfällt. Folgendes ist zu beachten:

25

! Cave Bei der Periduralanästhesie können toxische Blutkonzentrationen des Lokalanästhetikums auftreten, weil die verwendeten Dosen hoch sind. Bei der Spinalanästhesie ist hiermit nicht zu rechnen, weil die Dosen sehr gering sind.

25.1.3  Vergleich zwischen

Periduralanästhesie und Spinalanästhesie

In . Tab. 25.1 sind die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen der P ­ eriduralund Spinalanästhesie zusammengestellt: 25.2  Praxis der

Periduralanästhesie

z Indikationen

Das Einsatzgebiet der Periduralanästhesie (PDA) entspricht im Wesentlichen dem der Spinalanästhesie (7 Kap. 24). Allerdings reicht die chirurgische Anästhesiequalität, v. a. die motorische Blockade, für den Eingriff öfter nicht aus. Spezielle Anwendungsbereiche: 5 Schmerzlinderung bei vaginalen Entbindungen mit Katheterperiduralanalgesie 5 Postoperative Analgesie (Periduralkatheter) 5 Posttraumatische Analgesie, z. B. bei Rippenserienfrakturen (Periduralkatheter) 5 Langzeitanalgesie, z. B. bei Tumorpatienten z Kontraindikationen

Es gelten die gleichen Kontraindikationen wie für die Spinalanästhesie. 25.2.1  PDA und Blutgerinnung

Die Periduralanästhesie kann bei Störungen der Blutgerinnung oder unter Antikoagu-

224

25

Kapitel 25 · Periduralanästhesie

. Tab. 25.1  Unterschiede zwischen Spinalanästhesie (SPA) und Periduralanästhesie (PDA)

Punktionsstelle

PDA

SPA

Lumbal

Lumbal

Sakral Thorakal Zervikal Injektionsort

Peridural

Liquorraum

Lokalanästhetikummenge

Hoch

Gering

Anschlagzeit

Lang

Kurz

Wirkungsdauer

Lang

Weniger lang

Ausbreitung

Weniger gut steuerbar

Besser steuerbar

Anästhesiequalität

Weniger gut

Sehr gut

Motorische Blockade

Weniger ausgeprägt

Stark ausgeprägt

Toxische Reaktionen

Möglich

Keine

Kopfschmerzen

Keine, wenn Dura nicht versehentlich perforiert wurde

Möglich (0,2–24 %)

lanzientherapie zu periduralen Hämatomen mit schwerwiegenden irreversiblen neurologischen Ausfällen führen. Das Risiko ist höher, wenn dabei Katheter eingesetzt werden. ! Cave Bei Störungen der Blutgerinnung, laufender Marcumareinnahme und bei therapeutischer Vollheparinisierung ist eine Periduralanästhesie/-analgesie absolut kontraindiziert!

In . Tab. 25.2 sind Empfehlungen der DGAI (2014) zu den Zeitintervallen vor und nach rückenmarknaher Punktion oder Entfernung rückenmarknaher Katheter beim Einsatz gerinnungsaktiver Medikamente zusammengestellt.

Heparin 5 Während einer therapeutischen Heparinisierung sollte ein bereits liegender Periduralkatheter nicht entfernt werden 5 Eine i. v.-Heparinisierung sollte 4–6 h vor der periduralen Punktion oder vor dem Herausziehen eines Periduralkatheters unterbrochen werden

z Thromboseprophylaxe mit niedrig dosiertem Heparin

5 Prophylaxe mit unfraktioniertem Heparin in niedriger Dosierung (z.  B. 3 × 5000 U/Tag s.c.): letzte Dosis 4 h vor der Periduralanästhesie 5 Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin: letzte Dosis 12 h vor der Operation; keine Injektion am Morgen der Operation 5 Fortsetzung der Prophylaxe mit unfraktioniertem Heparin frühestens 1 h nach Punktion 5 Fortsetzung der Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin: frühestens 4 h nach der periduralen Punktion oder Katheterisierung z Intraoperative Heparinisierung

5 Eine intraoperative Vollheparinisierung erhöht nicht das Risiko spinaler Blutungen, wenn die in . Tab. 25.2 aufgeführten Zeitintervalle eingehalten und die Blutgerinnungsparameter kontrolliert werden 5 Ein Periduralkatheter sollte frühestens 4 h nach Unterbrechung der Heparinzu-

225

25.2 · Praxis der Periduralanästhesie

. Tab. 25.2  Empfohlene Zeitintervalle vor und nach rückenmarknaher Punktion bzw. Katheterentfernung beim Einsatz gerinnungsaktiver Pharmaka (Leitlinie DGAI 2014) Vor Punktion/ Katheterentfernunga

Nach Punktion/ Katheterentfernunga

Laborkontrolle

Unfraktionierte Heparine (Prophylaxe)

4 h

1 h

Thrombozyten bei Therapie > 5  Tage

Unfraktionierte Heparine (Therapie)

i. v. 4–6 h s. c. 8–12 h

1 h (kein i. v.-Bolus)

aPPT (ACT), Thrombozyten

Niedermolekulare Heparine (Prophylaxe)

12 h

4 h

Thrombozyten bei Therapie > 5  Tage

Niedermolekulare Heparine (Therapie)

24 h

4 h

Thrombozyten, Anti-Xa-Spiegel

Fondaparinuxb (1 × 2,5  mg/Tag)

36–42 h

6–12 h

Anti-Xa-Spiegel

Danaparoidb (2 × 750  IE/Tag

48 h

3–4 h

Anti-Xa-Spiegel

Natriumpentosanpolysulfat (max. 2 × 50  mg)

48 h

8 h

Thrombozyten

8–10 h

6 h

aPTT, ECT

Hirudine – Desirudin – Bivalidurin

4 h

8 h

ACT

Argatrobanc

4 h

5–7 h

aPTT, ECT, ACT

Dabigatran (max. 1-mal 150–220 mg/ Tag)

28–34 h

6 h

aPTT, ECT, TT

Dabigatran (max. 2 × 150  mg/Tag)

56–85 h

6 h

aPTT, ECT, TT

Rivaroxaban (1 × 10  mg/Tag)

22–26 h

4–4,5 h

PT, kalibrierte Anti-Xa-Spiegel

Apixaban (2 × 2,5  mg/ Tag)

26–30 h

5–7 h

PT, kalibrierte Anti-Xa-Spiegel

Apixaban (2 × 2,5  mg/ Tag)

40–75 h

5–7 h

PT, kalibrierte Anti-Xa-Spiegel

Kumarine bzw. Vitamin-K-Antagonisten

INR  Mit der Operation darf erst begonnen werden, wenn eine ausreichende Anästhesie im OP-Gebiet eingetreten ist!

Die Anästhesie reicht nicht aus Die korrekte Injektion des Lokalanästhetikums in den Periduralraum ist keine Garantie für eine ausreichende OP-Anästhesie. Nicht selten treten störende Mängel auf: 5 Ausgesparte Segmente: bei ansonsten guter Anästhesiequalität bleiben einige Segmente ungeblockt, typischerweise die Wurzen von L5 und S1 5 Blockade nicht hoch genug oder unten nicht ausreichend 5 Motorische Blockade im betäubten Gebiet nicht ausreichend 5 Blockade zu hoch, aber ungenügend im Sakralbereich (S-Segmente) 5 Eingeweideschmerz bei Operationen im Unterbauch, z. B. bei Sectio caesarea Was ist zu tun? 

5 Durch die Nachinjektion des Lokalanästhetikums kann oft noch eine operative Anästhesie erreicht werden 5 Steht hierfür keine Zeit zur Verfügung oder hat der Patient bereits die Geduld verloren, sollte umgehend auf eine Allgemeinanästhesie übergegangen werden

Überwachung und Betreuung während der Anästhesie Überwachung und Betreuung entsprechen dem Vorgehen bei der Spinalanästhesie (7 Abschn. 24.2).

Im Gegensatz zur Spinalanästhesie können bei der Periduralanästhesie lebensbedrohliche toxische Reaktionen auf das Lokalanästhetikum auftreten, die sofort erkannt und behandelt werden müssen (7 Kap. 11). ! Cave Toxische Reaktionen treten sofort auf, wenn das Lokalanästhetikum versehentlich in ein Blutgefäß injiziert wurde oder nach ca. 5–15 min, wenn das Lokalanästhetikum überdosiert wurde!

25.3  Komplikationen der

Periduralanästhesie

Unterschieden werden Früh- und Spätkomplikationen. 25.3.1  Frühkomplikationen

Sie treten beim Anlegen der Periduralanästhesie oder kurze Zeit danach auf. Die wichtigsten sind: 5 Versehentliche Duraperforation (bemerkt); Sie führt bei 70–80 % der Patienten am nächsten Tag zu postspinalen Kopfschmerzen (7 Abschn. 24.3) 5 Punktion des Rückenmarks oder einer Nervenwurzel. Sie geht immer mit Schmerzen einher! 5 Totale Spinalanästhesie (!) durch versehentliche Injektion des Lokalanästhetikums in den Liquorraum bei unbemerkter Duraperforation (Einzelheiten 7 Abschn. 24.3) 5 Massive Periduralanästhesie 5 Punktion einer Periduralvene (bemerkt) 5 Injektion des Lokalanästhetikums in eine Periduralvene bei unbemerkter Perforation. Sie führ zu schweren kardiovaskulären und zerebralen Reaktionen (toxische Reaktion auf das Lokalanästhetikum) 5 Blutdruckabfall durch Sympathikusblockade (wie bei Spinalanästhesie, 7 Abschn. 24.3).

25.3 · Komplikationen der Periduralanästhesie

Spätkomplikationen Sie treten einige Stunden oder auch Tage nach der Periduralanästhesie auf: 5 Harnverhalt 5 Postspinale Kopfschmerzen: nur nach versehentlicher Duraperforation 5 Neurologische Komplikationen (Zeichen 7 Abschn. 24.3):

231

25

– Peridurales Hämatom – Intrakranielles subdurales Hämatom – Periduraler Abszess – Arachnoiditis, Myelitis – Cauda-equina-Syndrom – Arteria-spinalis-anterior-Syndrom

233

Regionale Nervenblockaden Inhaltsverzeichnis 26.1 In Kürze – Grundlagen – 234 26.2 Allgemeines Vorgehen – 234 26.2.1 Aufsuchen von Plexus und Nerven – 235 26.2.2 Lokalanästhetika – 236

26.3 Nervenblockaden der oberen Extremität – 237 26.3.1 Interskalenäre Plexusblockade – 238 26.3.2 Supraklavikuläre Plexusblockade – 239 26.3.3 Vertikale infraklavikuläre Plexusblockade (VIP) – 239 26.3.4 Axilläre ­­Plexus-brachialis-Blockade – 239 26.3.5 Periphere Nervenblockaden des Armes – 240

26.4 Nervenblockaden der unteren Extremität – 240 26.4.1 N.-femoralis-Block – 241 26.4.2 Obturatorius-Block – 241 26.4.3 3-in-1-Block – 241 26.4.4 Blockade des N. ischiadicus – 242 26.4.5 Blockaden im Bereich des Knies (“Knieblock“) – 242 26.4.6 Fußblock – 244

26.5 TAP-Block ­­( Transversus-abdominis-plane-Block) – 244 26.6 Intravenöse Regionalanästhesie – 245

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_26

26

234

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

26.1  In Kürze – Grundlagen

26

Regionale Nervenblockaden Regionale Ausschaltung von Nerven und Nervenplexus durch Injektion eines Lokalanästhetikums in die Nähe der Nerven. Das Bewusstsein bleibt erhalten.

z Vorteile

5 Der Risikopatient wird weniger gefährdet 5 Bei Patienten mit vollem Magen besteht keine Aspirationsgefahr 5 Übelkeit, Erbrechen und andere Komplikationen der Allgemeinnarkose treten wesentlich seltener auf 5 Patienten, die Angst vor dem Bewusstseinsverlust haben, können wach bleiben 5 Eine ambulante Behandlung ist möglich 5 Eine postoperative Überwachung ist meist nicht erforderlich z Nachteil

5 Die Methode versagt manchmal (die Allgemeinnarkose nie!) 5 Sie ist zeitaufwendig 5 Sie kann zu Verletzungen von Nerven, Blutgefäßen und Pleura führen 26.2  Allgemeines Vorgehen z Präoperative Visite und Prämedikation

Es gelten die gleichen Grundsätze wie für die Allgemeinanästhesie (7 Kap. 23), weiterhin folgende Prinzipien: 5 Widerstrebende Patienten nicht zu einer Regionalanästhesie überreden 5 Sehr aufgeregte Patienten für die Blockade mit einem Benzodiazepin sedieren, aber nur so, dass die Mitarbeit beim Anlegen des Blocks erhalten bleibt

5 Sehr ängstlichen Patienten für die Operation ein „Schlafmittel“ (z. B. Propofol) anbieten 5 Traumapatienten bei Bedarf mit einem Opioid prämedizieren z Einleitungsraum

5 Der Block wird in der Regel nicht im OP, sondern in einem getrennten Raum angelegt. Hierfür ist ausreichend Zeit einzuplanen z Maßnahmen vor der Blockade

5 Instrumentarium und Medikamenten für die regionale Nervenblockade und für eine möglicherweise doch erforderliche Allgemeinnarkose sowie die Notfallausrüstung für Zwischenfälle bereitstellen 5 Blutdruck und Herzfrequenz messen, Werte in das Narkoseprotokoll eintragen 5 Bei größeren Blockaden: EKG-Monitor und Pulsoxymeter anschließen 5 Venenzugang legen 5 Patienten für die Blockade lagern z Intraoperative Behandlung

5 Standardüberwachung wie für die Allgemeinanästhesie 5 Intraoperative Sedierung, nach Bedarf, mit Midazolam oder Propofol. Dabei lückenlose Überwachung der Atemfunktion 5 Patienten Musikhören über Kopfhörer anbieten z Postoperative Behandlung

Patienten mit peripheren Nervenblockaden können in der Regel sofort auf die Station verlegt werden, vorausgesetzt, die noch betäubte Extremität ist ausreichend durch Verbände usw. vor Selbstverletzungen geschützt und ihr Bewusstsein nicht mehr durch Sedativa eingeschränkt.

235

26.2 · Allgemeines Vorgehen

26.2.1  Aufsuchen von Plexus und

Nerven

Zwei Verfahren werden angewandt: 5 Elektrische Stimulation des Nervs mit dem Nervenstimulator 5 Ultraschallgesteuerte Platzierung der Kanüle in Nervennähe

Nervenstimulator

26

Lässt sich die Muskelkontraktion mit noch geringeren Stromstärken auslösen, so könnte die Kanülenspitze direkten Kontakt mit dem Nerven haben. Dann muss die Kanüle leicht zurückgezogen werden, um eine mechanische Schädigung des Nervs zu vermeiden. z Praktisches Vorgehen

5 Stumpfe, am Schaft isolierte, an der Spitze leitfähige, monopolare Kanülen 5 Stärke des Schwellenstroms hängt von der Entfernung der Spitze zum Nerv ab

5 Zunächst Hautquaddel und subkutane Infiltration im Bereich der Punktionsstelle 5 Dann Verbinden der Elektrodenkabel mit der Stimulationskanüle und mit der in Nähe des Punktionsorts platzierten Hauptelektrode 5 Einstellen der Impulsamplitude (meist 1–2 mA) und Vorschieben der Stimulationskanüle in Richtung des Nervs, bis eindeutige, aber nicht maximale Muskelzuckungen auftreten 5 Dann Impulsamplitude auf 0,2–0,5 mA (bei 0,1  s Impulsdauer) oder 0,05– 0,2 mA (bei 1 s Impulsdauer) reduzieren. Sind hierdurch noch eindeutige Muskelkontraktionen auslösbar, liegt die Nadelspitze meist in direkter Nähe des Nervs: Jetzt kann das Lokalanästhetikum injiziert werden

z Elektrischer Impuls

Ultraschallgesteuerte Blockaden

Die motorischen Nerven werden elektrisch stimuliert. Kommt die Stimulationskanüle in die unmittelbare Nähe des Nervs, wird eine Zuckung der zugehörigen Muskeln ausgelöst. Eine Berührung des Nervs mit der Nadelspitze ist nicht erforderlich. Vorteile sind: 5 Kein Auslösen unangenehmer Parästhesien, kein direkter Nervenkontakt 5 Keine Kooperation des Patienten erforderlich 5 Auch in Allgemeinanästhesie – am nicht relaxierten Patienten – durchführbar z Stimulationskanülen

5 Monophasisches Rechtecksignal 5 Impulsbreite (Dauer des elektrischen Impulses) beträgt meist 1 ms 5 Die für eine Muskelzuckung erforderliche Impulsamplitude (Stromstärke in mA) hängt von der Entfernung der Nadelspitze zum Nerv ab: je näher, desto geringer der Schwellenstrom > Für die Lokalisation des Nervs sollten Muskelkontraktionen bei einer Impulsamplitude von 0,2–0,5 mA (Impulsbreite 0,1 ms) oder von 0,05–0,3 mA (Impulsbreite 1 ms) ausgelöst werden.

5 Zunächst wird der Nerv oder der Plexus mit seinen Einzelnerven mit Sonografie lokalisiert 5 Dann wird die Kanüle unter sonographischer Sicht bis in die direkte Nähe des Nervs vorgeschoben 5 Die Injektion des Lokalanästhetikums ist ebenfalls sonographisch sichtbar, und zwar als Schwarzfärbung in diesem Bereich 5 Das Verfahren kann auch mit der Nervenstimulation kombiniert werden z Vorteile

5 Die Blockade tritt schneller ein

236

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

. Tab. 26.1  Lokalanästhetika für die Blockade von Nervenstämmen oder Nervenplexus für operative Eingriffe

26

Substanzen

Konzentration [%]

Volumen [ml]

Maximale Dosisa [mg]

Wirkungseintritt [min]

Wirkdauer [min]

Lidocain (Xylocain, Generika)

1–1,5

30–50

500

10–20

120–240

Mepivacain (Meaverin, Generika, Scandicain)

1–1,5

30–50

500

10–20

180–300

Prilocain (Xylonest)

1–2

30–50

600

10–20

180–300

Bupivacain (Bucain, Generika, Carbostesin)

0,25–0,5–0,75

30–50

150

15–30

360–720

Ropivacain (Naropin)

0,5–1

15–30

220

15–30

360–720

aRichtwerte

mit Adrenalinzusatz 1:200.000

5 Die Erfolgsrate ist möglicherweise höher als mit der Nervenstimulation 5 Weniger Gefäßverletzungen, da die Gefäße gut sichtbar sind 5 Für die gleiche Blockade ist etwas weniger Lokalanästhetikum erforderlich als mit der Nervenstimulation z Praktisches Vorgehen

5 Extremität lagern 5 Die Körperregion zunächst – unsteril – sonographisch voruntersuchen und Zielstrukturen aufsuchen 5 Dann nach den sterilen Standards der Regionalanästhesie vorgehen; Ultraschallkopf ebenfalls steril überziehen 5 Zielstrukturen erneut sonographisch aufsuchen 5 Hautquaddel an der Punktionsstelle setzen, dabei Schallkopf fixieren 5 Die Injektionsleitung dann an die Fachpflegekraft abgeben 5 Leitung und Kanüle durchspülen 5 Kanüle vorschieben, dabei wiederholt auf Blut oder Luft aspirieren

5 Wenn Zielstruktur erreicht: Lokalanästhetikum injizieren, dabei wiederholt aspirieren 5 Verteilung des Lokalanästhetikum mit Bild dokumentieren 5 Katheterverfahren: Katheter ca. 3 cm über die ermittelte Tiefe hinaus vorschieben, anschließend annähen oder tunneln, dann steril verbinden 26.2.2  Lokalanästhetika

Für regionale Nervenblockaden können die in . Tab. 26.1 und 26.2 zusammengestellten Lokalanästhetika verwendet werden. Die Konzentration der Substanzen richtet sich v. a. nach der Dicke des Nervenstamms und der Art der gewünschten Blockade (Sensorik, Motorik, Sympathikus).

Vorsichtsmaßnahmen Immer, wenn größere Mengen Lokalanästhetikum injiziert werden, sind bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Hierzu gehören:

237

26.3 · Nervenblockaden der oberen Extremität

26

. Tab. 26.2  Lokalanästhetika für die Blockade einzelner Nerven Substanzen

Konzentration [%]

Wirkdauer der reinen Lösung [min]

Wirkdauer mit Adrenalinzusatz 1:200.000 [min]

Lidocain, Mepivacain, Prilocain

1

60–120

120–180

Bupivacain

0,25–0,5

180–360

240–480

5 Venöser Zugang: für die Zufuhr von Flüssigkeit und Medikamenten, z.  B. wenn der Blutdruck abfällt oder toxische Reaktionen durch Lokalanästhetika auftreten 5 Notfallausrüstung: Intubationszubehör, Beatmungsgerät, O2-Quelle und Notfallmedikamente für Behandlung lebensbedrohlicher Zwischenfälle 26.3  Nervenblockaden der oberen

Extremität

Die obere Extremität kann – je nach geplanter Operation – insgesamt (Plexus-brachialis-Blockade) oder in einem genau umschriebenen Gebiet (Einzelnervenblockade) anästhesiert werden. Nachfolgende Übersicht fasst die wichtigsten Blockaden der oberen Extremität zusammen: Blockaden der oberen Extremität 5 Plexus-brachialis-Block – Interskalenärer Zugang – Supraklavikulärer Zugang – Infraklavikulärer Zugang – Axillärer Zugang 5 Nervus-radialis-Block – In der Ellenbeuge – Am Handgelenk 5 Nervus-medianus-Block – In der Ellenbeuge – Am Handgelenk 5 Nervus-ulnaris-Block

– Am Ellbogen – Am Handgelenk 5 Nervus-musculocutaneus-Block – In der Ellenbeuge

In der Praxis hat die Blockade des Plexus brachialis die größte Bedeutung. z Welche Blockaden bei welchen Eingriffen?

5 Schulter, proximaler Oberarm: interskalenäre Plexusblockade 5 Distaler Oberarm bis zur Hand: infraklavikuläre Plexusblockade 5 Ellenbogen bis zur Hand: axilläre Plexusblockade z In Kürze – Anatomie des Plexus brachialis

Der Plexus brachialis wird gebildet aus den vorderen (ventralen) Zweigen der Spinalnerven C5, C6, C7, C8 und Th1. Die Nerven laufen auf die Oberfläche der ersten Rippe. Dort treten sie zwischen dem vorderen und mittleren Skalenusmuskel aus, zusammen mit der A. subclavia. Von hier aus ziehen sie unter der Schlüsselbeinmitte in die Achselhöhle. In der Achselhöhle bildet der Plexus drei Stränge, von denen die Nerven für die obere Extremität abgehen: 5 N. radialis 5 N. medianus 5 N. ulnaris 5 N. musculocutaneus 5 N. axillaris

238

26

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

Versorgungsgebiet des Plexus brachialis: 5 Die gesamte obere Extremität motorisch und zum allergrößten Teil auch sensorisch 5 Nur die Haut der Schulter wird von Ästen des Plexus cervicalis und der hintere mediale Oberarm von Ästen des 2. Interkostalnerven versorgt 5 Der Unterarm wird sensorisch vom N. radialis, N. medianus und N. musculocutaneus innerviert, die Hand vom N. radialis, N. medianus und N. ulnaris 26.3.1  Interskalenäre

Plexusblockade

Blockade des gesamten Plexus brachialis durch Injektion des Lokalanästhetikums in Höhe des 6. Halswirbels (C6) in den Bindegewebsraum zwischen vorderem und mittlerem Skalenusmuskel (Skalenuslücke). Beim Zugang nach Meier befindet sich die Einstichstelle am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus; die Stichrichtung zielt nach lateral kaudal. z Indikationen

5 Standardverfahren für Schulteroperationen 5 Eingriffe am proximalen Oberarm (außer Innenseite) 5 Eingriffe an der lateralen Klavikula 5 Eingriffe an Unterarm und Hand z Vorteile

5 Meist Blockade des gesamten Plexus 5 Pneumothoraxgefahr geringer als bei der supraklavikulären Blockade 5 Kann auch bei schwieriger Anatomie (Adipositas per magna, Lungenemphysem) vorgenommen werden z Nachteile

5 Bei dieser Blockade müssen mit dem Nervenstimulator Muskelkontraktionen

unterhalb der Schulter ausgelöst werden, um den Plexus zu finden 5 Alternativ wird der Plexus ultraschallgesteuert aufgesucht und blockiert 5 Nicht immer wird der Unterarm zuverlässig anästhesiert, sodass dann der N. ulnaris zusätzlich geblockt werden muss z Kontraindikationen

5 Unkooperative Patienten 5 Phrenikusparese der Gegenseite 5 Schwere COPD 5 Rekurrensparese der Gegenseite z Komplikationen

5 In seltenen Fällen, bei nicht korrekter Technik, wird peridural oder subarachnoidal injiziert: hohe Periduralanästhesie oder totale Spinalanästhesie sind die Folgen. Zeichen und Behandlung: 7 Kap. 24 und 25 5 Toxische Reaktionen durch Injektion des Lokalanästhetikums in die Halsgefäße (v. a. A. vertebralis) 5 Rekurrensparese: Heiserkeit 5 Phrenikusparese: Zwerchfelllähmung 5 Horner-Syndrom: Miose, Enophthalmus, Ptose 5 Pneumothorax (bei tiefer Punktion) 5 Gefäßverletzung mit Blutungen z Zubehör

5 22- oder 23-G-Kanülen, 3,8 cm lang 5 Nervenstimulator mit Stimulationskanüle 5 Ultraschallgerät 5 Evtl. Katheter 5 10-ml-Spritzen 5 Lokalanästhetikum (10–40 ml) 5 Desinfektionsmittel 5 Lochtuch 5 Sterile Handschuhe, Kittel, Haube und Mundschutz 5 Kompressen 5 Aufgezogen: Atropin, Midazolam, i. v.-Anästhetikum, Relaxans, Vasopressor, Katecholamin

239

26.3 · Nervenblockaden der oberen Extremität

5 Venenkanüle, Infusionslösung 5 Blutdruckmanschette, EKG, Pulsoxymeter 5 Intubationsbesteck, Beatmungsgerät mit O2-Quelle z Praktisches Vorgehen

5 Vorbereitungen: wie bei 7 Abschn. 26.2. 5 Wahlweise 23- oder 25-G-Nadel mit Perfusorleitung; Nervenstimulator oder Ultraschallgerät zur Lokalisation des Plexus 5 Lagerung: Der Patient liegt auf dem Rücken, Nacken gerade, Kopf leicht zur Gegenseite gedreht, Arme angelegt 5 Punktion und Injektion: – Mit Nervenstimulator oder ultraschallgesteuert – Die Kanüle wird in der Furche zwischen mittlerem und vorderem Skalenusmuskel eingeführt und in Höhe des Kehlkopfringknorpels (Krikoid) in Richtung des 6. Halswirbelquerfortsatzes vorgeschoben, bis Kontraktionen des M. deltoideus, biceps oder triceps auftreten 5 Aspiration und Testdosis 5 Injektion: 10–30 ml (Ultraschall 5–10 ml) Lokalanästhetikum 5 Anästhesieausdehnung: meist von C4 bis Th1 5 Blockadebeginn: nach 5 min 5 Kontinuierliche Kathetertechnik: z. B. 0,25 % Bupivacain oder 0,2–0,375 % Ropivacain, jeweils 4–6 ml/h über Perfusor 26.3.2  Supraklavikuläre

Plexusblockade

Blockade des Plexus direkt oberhalb der Klavikula in seinem Verlauf über die erste Rippe. Der Plexus wird standardmäßig mit Ultraschall aufgesucht. Wegen der hohen Pneumothoraxgefahr wird das Verfahren kaum noch angewendet.

26

26.3.3  Vertikale infraklavikuläre

Plexusblockade (VIP)

Blockade des Plexus brachialis in seinem Verlauf unter der Klavikula, etwa in der Medioklavikularlinie. Der VIP wird nur noch selten eingesetzt. z Indikationen

5 Für Eingriffe vom distalen Oberarm bis zur Hand 5 Schmerztherapie in diesem Bereich z Nebenwirkungen und Komplikationen

5 Pneumothorax 5 Gefäßpunktionen (A. und V. axillaris, V. cephalica) 5 Selten: Horner-Syndrom und Phrenikusparese z Aufsuchen des infraklavikulären Plexus

Der Plexus sollte nur ultraschallgesteuert aufgesucht werden, um Verletzungen der Pleura mit Pneumothorax zu vermeiden. Um die richtige Punktionsstelle zu finden, müssen zunächst die Knochenleitpunkte genau bestimmt werden (umständliches Verfahren). 26.3.4  Axilläre ­­Plexus-brachialis-

Blockade

Blockade des Plexus brachialis in der Achselhöhle durch Injektion des Lokalanästhetikums in die Gefäßnervenscheide. Zielnerven sind der N. medianus, N. radialis, N. ulnaris und N. musculocutaneus. z Indikationen

5 Methode der Wahl für Eingriffe und Manipulationen unterhalb des Ellbogens einschließlich Hand 5 Es gibt keine speziellen Kontraindikationen z Vorteile

5 Einfache und sichere Methode

240

26

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

5 Keine größeren Komplikationsmöglichkeiten wie bei den anderen Plexus-brachialis-Blockaden 5 Auch gut bei Kindern anwendbar z Nachteile

5 Der Block reicht nicht aus für Operationen an Oberarm oder Schulter 5 Die Radialseite des Unterarms wird manchmal nicht anästhesiert, weil der N. musculocutaneus die Gefäßnervenscheide oberhalb der Injektionsstelle bereits verlassen hat. Dann muss der Einzelnerv gezielt ausgeschaltet werden 5 Der Arm muss für die Punktion um 90° abduziert werden muss z Komplikationen

5 Punktion der A. axillaris 5 Versehentliche intravasale Injektion des Lokalanästhetikums z Praktisches Vorgehen

5 Vorbereitungen: wie beim oberen Plexus 5 Lagerung: Der Arm wird um 90° abduziert und nach außen rotiert, der Unterarm nahe dem Kopf auf einem Kissen gelagert. Bei Patienten mit Frakturen muss der Arm behutsam gelagert werden 5 Punktion und Injektion: – Kanülenlänge: 4–5 cm – Nervenstimulation: – N. musculocutaneus vor der Arterie: Kontraktion des M. biceps – N. radialis hinter der A. axillaris: Streckung der 5 Finger – N. medianus und/oder N. ulnaris auf der A. axillaris: Beugung der Finger I–III bzw. der Finger IV–V 5 Alternative: ultraschallgesteuert 5 Injektion des Lokalanästhetikums: 30– 50 ml (Ultraschall 15–30 ml) 5 Kontinuierliche Kathetertechnik: z. B. Bupivacain 0,25 % oder Ropivacain 0,2– 0,375 %, jeweils 4–6 ml/h über Perfusor 5 Wenn Blutsperre am Oberarm erforderlich: zusätzlich einen subkuta-

nen Ringwall mit 10 ml Lokalanästhetikum 0,5–1 % an der Innenseite des Oberarmes anlegen 5 Anschlagzeit: bis zu 30 min bei Nervenstimulation, 10–15 min bei ultraschallgesteuerter Blockade 26.3.5  Periphere

Nervenblockaden des Armes

Die einzelnen Nerven des Plexus brachialis können jeweils im Bereich des Ellbogens und des Handgelenks blockiert. Diese Blockaden werden in erster Linie vorgenommen, um einen ungenügenden Plexusblock mit Aussparung von Einzelnerven zu vervollständigen. 26.4  Nervenblockaden der

unteren Extremität

Um das Bein zu blockieren, sind aus anatomischen Gründen Injektionen an verschiedenen Stellen erforderlich. Eine Einzelinjektion – wie am Arm – reicht hierfür nicht aus. Die wichtigsten Blockaden der unteren Extremität sind: 5 N.-femoralis-Block 5 3-in-1-Block 5 N.-ischiadicus-Block 5 Knieblock z Anatomie

Die untere Extremität wird von zwei Nervengeflechten versorgt: 5 Plexus lumbalis: (Th12) L1–L4 5 Plexus sacralis: L4–S2 (S3) 5 Hauptnerven dieses Plexus lumbosacralis ziehen zur unteren Extremität: 5 N. genitofemoralis: L1–L2 5 N. cutaneus femoris lateralis: L2–L3 5 N. femoralis: L2–L4 5 N. obturatorius: L2–L4 5 N. ischiadicus: L4–S3

241

26.4 · Nervenblockaden der unteren Extremität

26.4.1  N.-femoralis-Block

Der N. femoralis wird unterhalb des Leistenbandes blockiert. Dort verläuft er zusammen mit der A. und V. femoralis in einer Gefäß-Nerven-Scheide. z Indikationen

5 Operationen an der Vorderseite des Oberschenkels 5 Schmerztherapie bei Schenkelhalsfrakturen z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Rückenlage, dann das Leistenband mit einem Stift markieren (Verlauf: Spina iliaca anterior superior zur Symphyse) 5 Punktion: Der Nerv wird unterhalb des Leistenbandes mit Nervenstimulation oder Ultraschall lokalisiert. Die Punktionsstelle befindet sich 3–5 cm unterhalb des Leistenbandes, 1–1,5 cm seitlich von der A. femoralis 5 Kanüle: 5 cm lang 5 Die Kanüle liegt korrekt, wenn bei der Stimulation das „Tanzen“ der Patella ausgelöst wird 5 Blockade: mit 30 ml Ropivacain 0,375 % 5 Katheteranalgesie: Ropivacain 0,2– 0,375 % 4–6 ml/h 5 Anästhesieausbreitung: ventraler und medialer Oberschenkel, medialer Unterschenkel 26.4.2  Obturatorius-Block

Der N. obturatorius versorgt die Adduktorenmuskeln des Oberschenkels. z Indikationen

5 Ergänzt die Blockade anderer Nerven des Beines 5 Verhindert störende Kontraktionen der Adduktoren bei Elektroresektion an der Harnblasenwand (TUR-Blase)

26

z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Rückenlage, das betroffene Bein leicht abduziert 5 Punktionsstelle: 2 cm seitlich und 2 cm kaudal des Tuberculum pubicum 5 Bei der Nervenstimulation müssen sichtbare Kontraktionen der Adduktorenmuskeln ausgelöst werden 5 Alternativ: Den Nerven ultraschallgesteuert aufsuchen 5 Kanüle: 7–10 cm, senkrecht zur Haut eingestochen 26.4.3  3-in-1-Block

Durch die perivaskuläre Injektion des Lokalanästhetikums unterhalb des Leistenbandes, direkt seitlich der pulsierenden A. femoralis, werden im Idealfall 3 Nerven des Plexus blockiert: 5 N. femoralis 5 N. cutaneus femoris lateralis 5 N. obturatorius Wird der 3-in-1-Block mit einem Ischiadikusblock kombiniert, können alle Eingriffe am Bein (auch Knie-TEP) durchgeführt werden. Es sind die gleichen Vorbereitungen und Vorsichtsmaßnahmen wie bei der ­Plexus-brachialis-Blockade erforderlich. z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Für die Punktion wird der Patient auf den Rücken gelagert 5 Kanüle und Punktion: wie bei N.-femoralis-Block 5 Injektion: 20–30 ml Ropivacain 0,375 % (Ultraschall 10–15 ml), wenn alle 3 Nerven blockiert werden sollen. Sofort nach der Injektion muss der Bereich unmittelbar unterhalb der Injektionsstelle fest abgedrückt werden, um die Ausbreitung des Lokalanästhetikums nach kranial (kopfwärts) in Richtung des Plexus lumbalis zu fördern

242

26

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

5 Kontinuierliche Kathetertechnik: Ropivacain 0,2–0,375 %, jeweils 4–6 ml/h über Perfusor 5 Anästhesieausbreitung: L2–L4

5 Alternative: Den Nerven ultraschallgesteuert aufsuchen 5 Injektion: 20–30 ml Lokalanästhetikum 5 Anästhesieausbreitung: L4–S3

26.4.4  Blockade des N. ischiadicus

Vordere Ischiadikusblockade (nach Meier)

Der N. ischiadicus (L4–S3) ist der größte periphere Nerv des Körpers. Er kann im Bereich der Hüfte von 3 Zugangswegen aus blockiert werden: von hinten, von vorne und von der Seite. z Indikationen

5 Alleinige Blockade: nur OP am Fußrücken und am seitlichen Unterschenkel möglich 5 In Kombination mit einem ­3-in-1-Block (N. femoralis, N. obturatorius und N. cutaneus femoris lateralis) sind alle Operationen am Bein unterhalb der Hüfte möglich

Hintere Ischiadikusblockade (nach Labat) Die Vorbereitungen und Vorsichtsmaßnahmen entsprechen denen für die Plexus-brachialis-Blockade). z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Für die Punktion wird der Patient auf die Gegenseite des Blocks gelagert. Das untere Bein ist gestreckt, das obere wird gebeugt: im Hüftgelenk um 20–30° und im Kniegelenk um 90°. Bauchlage ist ebenfalls möglich 5 Punktion: Für die Punktion wird eine 10–15 cm lange Kanüle verwendet 5 Die Einstichstelle ergibt sich aus mehreren Verbindungslinien, die eingezeichnet werden. Die 12 cm lange Stimulationskanüle wird transgluteal soweit (ca. 5–10 cm) vorgeschoben, bis Kontraktionen des M. gastrocnemius ausgelöst werden. Anschließend wird, nach Aspiration, das Lokalanästhetikum injiziert

z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Rückenlagerung, daher kann er auch bei Frakturen von Bein, Becken oder Wirbelsäule vorgenommen werden 5 Punktionsstelle: Es werden verschiedene Verbindungslinien aufgezeichnet. Der Punktionsort befindet sich etwa eine Handbreite unterhalb der Leistenfalte, in der Muskellücke zwischen dem M. sartorius und dem M. rectus femoris 5 Nervenstimulation: Der N.  ischiadicus wird meist mit dem Nervenstimulator aufgesucht (evtl. zusätzlich ultraschallgestützt) 5 Die Kanüle liegt korrekt, wenn bei 0,2– 0,5 mA eine Fuß-/Zehenstreckung oder Fuß-/Zehenbeugung ausgelöst wird 5 Injektion: 30 ml Lokalanästhetikum 26.4.5  Blockaden im Bereich des

Knies (“Knieblock“)

Drei Nerven können im Bereich des Knies blockiert werden: 5 N. tibialis 5 N. peroneus communis 5 N. saphenus Die gleichzeitige Blockade dieser 3 Nerven führt zu einer Anästhesie des gesamten Unterschenkels und des Fußes. Zu beachten: Der N. tibialis und der N. peroneus sind gemischte Nerven, die beide aus dem N. ischiadicus hervorgehen, während der N. saphenus als Endast des N. femoralis ein rein sensibler Nerv ist.

243

26.4 · Nervenblockaden der unteren Extremität

Blockade des N. peroneus communis und N. tibialis („kleine Ischiadikusblockade“) Beim Knieblock werden beide Nerven im Bereich oberhalb der Kniekehle gemeinsam blockiert. In Kombination mit der N. ­saphenus-Blockade lässt sich eine Anästhesie des Unterschenkels und des Fußes erreichen. Hierdurch können eine rückenmarknahe Anästhesie und die Blockade einzelner Nerven vermieden werden. Eine Blutsperre des Oberschenkels lässt sich bei der gemeinsamen oder dreifachen Nervenblockade nicht durchführen.

26

5 Alternative: Die Nerven ultraschallgesteuert aufsuchen 5 Injektion: 20–30 ml Lokalanästhetikum Bei korrekter Technik wird eine Erfolgsrate von 98 % angegeben.

Blockade des N. peroneus communis Der Block führt zu einer Anästhesie der Unterschenkelaußenseite und des Fußrückens. Der seitliche Fußrand wird nicht ausgeschaltet, da er vom N. suralis versorgt wird und der daher zusätzlich geblockt werden muss.

z Indikationen

z Praktisches Vorgehen

5 Eingriffe am seitlichen Oberschenkel, Außenknöchel und Fuß 5 In Kombination mit einer N.-saphenus-Blockade: Operationen am gesamten Unterschenkel und Fuß

5 Lagerung: Für die Blockadetechnik nach Hoerster liegt der Patient mit ausgestrecktem oder leicht angewinkeltem Bein auf dem Rücken 5 Punktion: Die Stimulationsnadel wird ca. 2 cm unterhalb des Fibulaköpfchens senkrecht zur Haut eingestochen und dann ca. 1 cm vorgeschoben, bis bei der Nervenstimulation eine Pronation und Dorsalflexion des Fußes ausgelöst wird 5 Injektion: 5–10 ml 1 %iges Lokalanästhetikum

z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Der Patient wird auf den Bauch oder auf die Seite (zu blockierendes Bein oben) gelagert und aufgefordert, das Knie zu beugen, damit die Begrenzungslinie der Fossa politea besser identifiziert werden kann 5 Kanüle: 3–6 cm 5 Punktionsstelle: Die Kniekehle mit dem Stift in zwei gleiche Dreiecke, ein mediales und ein laterales, unterteilen. Die Punktionsstelle befindet sich 5 cm proximal der Hautfläche und 1 cm lateral der Mittellinie des großen Dreiecks 5 Nervenstimulation: Hierbei wird eine 3–6 cm lange ­ 22-G-Stimulationskanüle in einem Winkel von 45–60° nach vorn-kranial vorgeschoben, bis in etwa 1,5–2  cm Tiefe Muskelkontraktionen ausgelöst werden 5 Stimulationsreaktion: entweder Plantarflexion und Supination des Fußes/ der Zehen bei Stimulation des N. tibialis oder Dorsalflexion und Pronation bei Reizung des N. peroneus communis

Blockade des N. tibialis Hierbei entsteht eine sensible Blockade von der lateralen bis zur medialen Fußsohle und eine motorische Blockade der Zehenund Fußbeuger. z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Der Patient liegt mit gestrecktem Bein auf dem Bauch 5 Punktion: Die Punktionsstelle befindet sich in der Mitte der Verbindungslinie zwischen Epicondylus femoris medialis und lateralis. Hier wird die Stimulationskanüle senkrecht ca. 3 cm oder bis zum Auslösen einer Plantarflexion und Supination des Fußes vorgeschoben

244

Kapitel 26 · Regionale Nervenblockaden

5 Injektion: 10 ml 1 %iges Lokalanästhetikum

26

Blockade des N. saphenus Der Block bewirkt eine Anästhesie der Unterschenkelinnenseite bis zum Fußrücken. z Indikationen

5 Eingriffe am medialen Unterschenkel 5 Ergänzung einer unvollständigen Femoralisblockade 5 Kombination mit der „kleinen Ischiadikusblockade“ für eine vollständige Anästhesie des Unterschenkels und/oder Fußes > Die kombinierte Blockade der Nn. saphenus, tibialis und peroneus communis ermöglicht Eingriffe am gesamten Unterschenkel und am Fuß, sofern keine Blutsperre des Oberschenkels angelegt wird.

z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Für die technisch einfache Infiltrationsanästhesie des N. saphenus liegt der Patient auf dem Rücken, das Bein ist leicht abduziert und angewinkelt 5 Punktion: Anschließend wird der Epicondylus medialis getastet und von dort ein subkutaner Ringwall bis zum Lig. patellae angelegt 5 Injektion: 5–10 ml 1 %iges Lokalanästhetikum 26.4.6  Fußblock

Eine Blockade aller Nerven des Fußes wird als Fußblock bezeichnet. Der Fußblock ermöglicht grundsätzlich alle Fußoperationen, sofern dafür keine Blutsperre erforderlich ist. z Anatomie

Der Fuß wird von folgenden 5 Nerven versorgt:

5 N. tibialis posterior 5 N. suralis 5 N. peroneus profundus 5 N. peroneus superficialis 5 N. saphenus Diese Nerven können alle im Bereich des Fußgelenks blockiert werden; allerdings sind für den Fußblock 5 Punktionen und Injektion erforderlich. Im Wesentlichen entstehen die Blockaden durch eine subkutane Infiltration des Lokalanästhetikums. Daher ist die Verwendung eines Nervenstimulators nicht erforderlich. Durch den oben beschriebenen Knieblock kann aber eine bessere und technisch weniger aufwendige Blockade des Fußes erreicht werden. z Dosierung des Lokalanästhetikums

Für die Blockade von N. tibialis posterior, N. suralis, N. peroneus profundus und N. saphenus sind je 3–5 ml Lokalanästhetikum (z. B. 0,25–0,5 %iges Bupivacain) erforderlich, für die Blockade des N. peroneus superficialis 5–8 ml. 26.5  TAP-Block ­­(Transversus-

abdominis-plane-Block)

Blockade der Interkostalnerven Th7-12, des N. iliohypogastricus und des N. ilioinguinalis. Es entsteht eine Anästhesie der vorderen und seitlichen Bauchwand. z Indikationen

5 Abdominalchirurgie 5 Sectio caesarea 5 Offene Prostatektomie 5 Entnahme von Knochenspan aus dem Beckenkamm z Praktisches Vorgehen

5 Lagerung: Rücken 5 Punktion: Nur ultraschallgesteuert! Injektion im Bereich der seitlichen Bauch-

245

26.6 · Intravenöse Regionalanästhesie

wand zwischen M.  obliquus internus und M. transversus abdominis 5 Lokalanästhetikum: 5–10  ml Ropivacain 0,2 % 26.6  Intravenöse

Regionalanästhesie

Injektion des Lokalanästhetikums in die Vene einer ausgewickelten und mit Blutsperre versehenen Extremität, in der Regel nur der oberen. Es entsteht eine Anästhesie des Armes. Erfinder: August Bier, daher auch als Bier-Block bezeichnet. z Indikationen

5 Eingriffe an Unterarm und Hand 5 Repositionen von Unterarmfrakturen 5 Für Eingriffe oberhalb des Ellenbogens: Plexusanästhesie  bevorzugen z Nachteile

5 Für die gesamte Anästhesiezeit ist eine Staumanschette erforderlich 5 Bei Operationen an der Hand lässt sich mit einer Unterarmstaumanschette kein blutleeres OP-Gebiet herstellen 5 Nach Ablassen der Staumanschette wird die Anästhesie sehr schnell aufgehoben, sodass entsprechend schnell auch Schmerzen auftreten 5 Bei Epileptikern und bei Herzkranken kann das plötzliche Einströmen des Lokalanästhetikums in den Kreislauf zu Krämpfen oder schweren Herzrhythmusstörungen führen z Ausrüstung

5 Venenkanüle 5 20- oder 50 ml-Spritze 5 Lokalanästhetikum, z. B. Prilocain, Lidocain oder Mepivacain 0,5 %

26

5 Esmarch-Binde 5 Doppeltstaumanschette für die Blutleere 5 Gesamtes Zubehör für eine Allgemeinanästhesie z Praktisches Vorgehen

5 Vene auf dem Handrücken der betroffenen Extremität kanülieren 5 Eine weitere Venenkanüle an der anderen Extremität anlegen 5 Doppelmanschette oberhalb des Operationsgebiets anlegen 5 Den OP-Arm mit einer Esmarch-Binde auswickeln 5 Dann die Staumanschette auf 200– 250 mmHg oder um 50 mmHg über den systolischen Blutdruck aufblasen 5 Dann das Lokalanästhetikum injizieren: ca. 50 ml oder 3,5 mg/kgKG ohne Adrenalinzusatz 5 Während der Operation: Stauung aufrechterhalten und regelmäßig kontrollieren 5 Mindeststauzeit: 15  min; erst danach darf die Manschette entblockt werden 5 Maximale Stauzeit: 2 h 5 Staumanschette immer erst nach ­OP-Ende entblocken, um Schmerzen zu vermeiden z Komplikationen

5 Systemisch-toxische Reaktionen nach dem Öffnen der Staumanschette 5 Druckschäden von Nerven durch die Staumanschette

247

Patienten mit Begleiterkrankungen Inhaltsverzeichnis Kapitel 27 Kardialer Risikopatient – 249 Kapitel 28 Der pulmonale Risikopatient – 263 Kapitel 29 Diabetes mellitus – 271 Kapitel 30 Leber- und Nierenerkrankungen – 277 Kapitel 31 Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts – 281 Kapitel 32 Neurologische Erkrankungen und Suchtstörungen – 291 Kapitel 33 Obstruktive Schlafapnoe (OSA) – 299

V

249

Kardialer Risikopatient Inhaltsverzeichnis 27.1 Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ­­ – 250 27.1.1 Präoperative kardiale Einschätzung – 250

27.2 Arterielle Hypertonie – 251 27.2.1 Präoperative Einschätzung – 252 27.2.2 Anästhesiebesonderheiten – 252

27.3 Koronare Herzkrankheit (KHK) – 253 27.3.1 Präoperative Einschätzung – 254 27.3.2 Anästhesiebesonderheiten – 255

27.4 Herzinsuffizienz (HI) – 256 27.4.1 Präoperative Einschätzung – 256 27.4.2 Anästhesiebesonderheiten – 256

27.5 Cor pulmonale und pulmonale Hypertonie – 257 27.5.1 Anästhesiebesonderheiten – 257

27.6 Herzklappenerkrankungen – 258 27.6.1 Präoperative Einschätzung – 258 27.6.2 Aortenstenose – 259 27.6.3 Aortenklappeninsuffizienz (AI) – 259 27.6.4 Mitraklappenstenose – 260 27.6.5 Mitralklappeninsuffizienz (MI) – 261 27.6.6 Trikuspidalinsuffzienz – 261

27.7 Herzrhythmusstörungen – 261 27.7.1 Bradyarrhythmien – 262 27.7.2 Supraventrikuläre und ventrikuläre Rhythmusstörungen – 262

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_27

27

250

Kapitel 27 · Kardialer Risikopatient

27.1  Risiko von ­­Herz-Kreislauf-

Erkrankungen

27

Erkrankungen des Herzens und der Gefäße sind die häufigsten Begleiterkrankungen chirurgischer Patienten. Leichte Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben keinen wesentlichen Einfluss auf das Narkose- und OP-Risiko. Schwere symptomatische Erkrankungen mit eingeschränkter Herzfunktion erhöhen dagegen des Anästhesie-/OP-Risiko erheblich. Darum müssen diese Patienten vor elektiven Eingriffen kardiologisch eingeschätzt und therapeutisch optimiert werden. 27.1.1  Präoperative kardiale

Einschätzung

z Risikofaktoren

Das kardiale Risiko kann mit dem ­RCR-Index eingeschätzt werden. Zu den Risikofaktoren gehören: 5 Koronare Herzerkrankung (KHK): Angina pectoris und/oder Zustand nach Myokardinfarkt 5 Herzinsuffizienz 5 Schlaganfall, transitorische ischämische Attacken (TIA) 5 Insulinpflichtiger Diabetes mellitus 5 Niereninsuffizienz (Kreatinin > 2  mg/dl) z Perioperative Komplikationen

Die wichtigsten perioperativen Komplikationen beim kardiovaskulären Risikopatienten sind: 5 Myokardischämien, Myokardinfarkt, akuter Herzstillstand 5 Herzinsuffizienz, kardiales Lungenödem, kardiogener Schock 5 Herzrhythmusstörungen, v. a. ventrikuläre Tachykardie 5 Lungenembolie 5 Apoplex

z Präoperative chung

kardiologische

Untersu-

Patienten mit manifesten Herzerkrankungen sollten vor elektiven Eingriffen kardiologisch untersucht und behandelt werden. Das gilt v. a. für folgende Erkrankungen: 5 Instabile oder schwere Angina pectoris 5 Kürzlich erlittener Infarkt (vor 7–30 Tagen) 5 Dekompensierte Herzinsuffizienz 5 Bedeutsame Herzrhythmusstörungen (7 Abschn. 27.7) 5 Schwergradige Herzklappenerkrankungen z Präoperatives 12-Kanal-EKG

Indikationen für ein präoperatives ­12-Kanal-EKG sind: 5 Patienten mit Risikofaktoren für Operationen mit mittlerem bis hohem ­OP-Risiko 5 Bekannte KHK oder andere strukturelle Herzkrankheit 5 Signifikante Arrhythmien 5 Erkrankungen der Hirngefäße 5 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) z Präoperative Echokardiographie

Standardverfahren zur Einschätzung der globalen und regionalen Ventrikelfunktion sowie der Wanddicke des Myokards und der Funktion der Herzklappen. Indikationen sind: 5 Bestimmung der linksventrikulären Funktion bei Patienten mit hohem OP-Risiko 5 Stresstest bei Patienten mit hohem Risiko OP-Risiko und ±3 klinischen Risikofaktoren z Präoperative Herzkatheteruntersuchung

Indikationen (gestellt durch den Kardiologen): 5 Nachgewiesene Myokardischämie

251

27.2 · Arterielle Hypertonie

5 Thoraxschmerzen, die nicht auf Medikamente ansprechen Wahl des Anästhesieverfahrens: einzelne Krankheitsbilder

siehe

27.2  Arterielle Hypertonie

Arterielle Hypertonie (ESC-Leitlinie) 5 Anstieg des Blutdrucks auf  ≥  130/80 mmHg – Grad I: 140/90–159/99 mmHg – Grad II: 160/100–179/109 mmHg – Grad III: ≥ 180/110  mmHg 5 Systolische Hypertonie: systolischer Druck ≥ 140  mmHg, diastolischer Druck 90 mmHg 5 Hypertensive Krise: Anstieg des Blutdrucks auf > 189/120  mmHg 5 Hypertensiver Notfall: > 230/120  mm Hg oder jeder Anstieg mit lebensbedrohlichen Organschäden 5 Maligne Hypertonie: diastolischer Blutdruck > 120  mmHg

27

Hinweise zur Messung des Blutdrucks  5 3–5 min Ruhe und Entspannung, bevor gemessen wird 5 Keine volle Harnblase 5 Oberarm nicht von Kleidung bedeckt 5 Größe der Blutdruckmanschette dem Armumfang anpassen 5 Arm während der Messung entspannen und auf feste Unterlage legen 5 Messort sollte auf Herzhöhe liegen 5 Mindestens 2 Messungen im Abstand von 1–2 min z Pathophysiologie

5 Überaktivität des Sympathikus 5 Erhöhtes Herzzeitvolumen 5 Erhöhter Gefäßwiderstand (Vasokonstriktion) 5 Kombination beider Faktoren 5 Im Alter: meist erhöhter peripherer Gefäßwiderstand und erhöhte Steifigkeit der Gefäße 5 Ursächliche Faktoren: genetisch, zu viel Kochsalz, zu viele Kalorien, Bewegungsmangel u. a. z Ursachen sekundärer Hypertonien

Die Hypertonie ist die häufigste kardiovaskuläre Erkrankung der Erwachsenen. Zu unterscheiden sind: 5 Primäre oder essenzielle Hypertonie: Ihre Ursache ist unbekannt. Sie umfasst ca. 90 % aller Hypertonien 5 Sekundäre Hypertonien: Folge einer anderen Erkrankung (unten)

5 Obstruktive Schlafapnoe (OSA) 5 Nierenkrankheiten 5 Cushing-Syndrom 5 Fibromuskuläre Dysplasie 5 Hyper- oder Hypothyreose 5 Phäochromozytom 5 Conn-Syndrom 5 Primärer Hyperaldosteronismus 5 Nierenarterienstenose 5 Aortenisthmusstenose

Seitenunterschiede bei der Blutdruckmessung  Beträgt der Seitenunterschied der

z Komplikationen und Folgekrankheiten der Hypertonie

Blutdruckwerte mehr als 20 mmHg systolisch oder mehr als 10 mmHg diastolisch, sollten folgende Ursachen ausgeschlossen werden: 5 Aortendissektion 5 Einseitige Stenose der A. subclavia 5 Aortenbogensyndrom

Die unbehandelte Hypertonie ist der Hauptrisikofaktor für kardiale und zerebrovaskuläre Komplikationen und deren Folgekrankheiten: 5 Hypertensive Kardiomyopathie mit zunehmender Herzinsuffizienz

252

27

Kapitel 27 · Kardialer Risikopatient

5 Koronare Herzkrankheit 5 Aortenaneurysma, Aortendissektion, Karotisstenose 5 Schlaganfall 5 Hypertensive Nierenerkrankung mit chronischer Niereninsuffizienz 5 Retinopathie z Medikamente für die Hypertoniebehandlung

5 ACE-Hemmer 5 AT1-Antagonisten 5 Thiaziddiuretika 5 Kalziumkanalblocker 5 β-Blocker: bei Patienten mit Angina pectoris 5 Für spezielle Indikationen: α1-Blocker, α-Methyldopa, Dihydralazin

5 Gefäßerkrankungen: Aorta, periphere Gefäße, Hirngefäße 5 Nierenerkrankungen z Anästhesierisiko

5 Bei Patienten mit leichter bis mittelgradiger Hypertonie (Grad 1 und 2) ohne Organschäden besteht kein erhöhtes Anästhesierisiko 5 Liegen Organschäden oder Begleiterkrankungen, muss perioperativ mit kardiovaskulären Komplikationen gerechnet werden z Verschiebung des Eingriffs

Bei ca. 10 % der Hypertoniker kann der Blutdruck trotz medikamentöser Dreierkombination nicht ausreichend gesenkt werden. Dann müssen sekundäre Ursachen ausgeschlossen werden.

5 Bei leichter bis mäßiger Hypertonie (Grad 1 und 2) ohne Organbeteiligung sollte der Eingriff nicht verschoben werden, da hiervon kein Nutzen zu erwarten ist 5 Wird bei Aufnahme ins Krankenhaus oder bei der Narkosevisite erstmals eine leichte Hypertonie aufgedeckt, sollte mit der antihypertensiven Behandlung erst nach dem Eingriff begonnen werden 5 Bei schwerer, erst kürzlich oder während der präoperativen Untersuchung festgestellter Hypertonie sollte vor dem Eingriff eine sekundäre Ursache der Hypertonie ausgeschlossen werden 5 Bei Verdacht auf ein Phäochromozytom als Ursache der Hypertonie muss der Eingriff bis zum Ausschluss der Erkrankung verschoben werden

27.2.1  Präoperative Einschätzung

27.2.2  Anästhesiebesonderheiten

Eingeschätzt werden der Schweregrad der Hypertonie, die Wirksamkeit der Behandlung und die für die Anästhesie/Operation wichtigsten Folgekrankheiten: 5 Herzinsuffizienz 5 Koronare Herzkrankheit

z Unbehandelter Hypertonus

> Blutdruckzielwerte der antihypertensiven Behandlung (Leitlinie 2018) 5 Systolisch  65−79 Jahre): 140–120 mmHg – Patienten  ≥ 80 Jahre: 140–130 mmHg 5 Diastolisch 80–70  mmHg bei allen Patienten

z Therapieresistente Hypertonie

5 Unbehandelte Hypertoniker reagieren oft mit ausgeprägtem Blutdruckanstieg und Tachykardie auf Stimuli, wie z. B. endotracheale Intubation, starke Operationsreize, Narkoseausleitung, postoperative Schmerzen 5 Deutliche Blutdruckabfälle können ebenfalls auftreten

253

27.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)

z Behandelter Hypertonus

Fortsetzung der Dauermedikation: Bei behandelten Hypertonikern wird die antihypertensive Behandlung in der Regel perioperativ fortgesetzt, d. h. die Patienten erhalten ihre Antihypertensiva (β-Blocker, Kalziumantagonisten, Nitrate, Clonidin) am Operationsmorgen p.o., um eine Rebound-Blutdruckanstieg zu verhindern. ­ Allerdings sind folgende Besonderheiten zu beachten: 5 Diuretika sollten wegen der möglichen Hypovolämie und Hypokaliämie am OP-Morgen nicht gegeben werden 5 ACE-Hemmer oder ­A ngiotensin-II-Rezeptorantagonisten (ARB) können während der Anästhesie starke Blutdruckabfälle auslösen, die schwer zu behandeln sind. Daher sollten diese Medikamente bei Eingriffen mit starken Volumenverschiebungen oder bei Spinal- und Periduralanästhesie (Sympathikusblockade!) oder Gabe von β-Blockern am OP-Tag nicht zugeführt werden. Allerdings muss dann im Aufwachraum mit teilweise erheblichen Blutdruckanstiegen gerechnet werden z Intraoperative Blutdruckkontrolle

Bei Hypertonikern muss intraoperativ mit starken Blutdruckschwankungen gerechnet werden, vor allem bei unbehandeltem Hypertonus: 5 Eine Diuretikavorbehandlung führt häufig zu Hypovolämie und Hypokaliämie und erhöht dadurch die Gefahr von Blutdruckabfällen und Herzrhythmusstörungen 5 Volatile Anästhetika verstärken die blutdrucksenkende Wirkung der Antihypertensiva und der β-Blocker, können aber andererseits für die Behandlung starker, stimulationsbedingter Blutdruckanstiege eingesetzt werden 5 Die Reaktion des Blutdrucks auf den Intubationsreiz kann durch Vorinjektion

27

eines Opioids in der Regel verhindert oder abgeschwächt werden 5 Antihypertensiva  für die perioperative Blutdruckkontrolle sind: Urapidil, Clonidin, Nifedipin, Esmolol und Nitroglyzerin i.v. Gefahren des Blutdruckanstiegs Hypertonie

intraoperativen bei chronischer

5 Akute Herzinsuffizienz 5 Myokardischämie und Myokardinfarkt bei KHK-Patienten 5 Apoplex, Hirnblutung 5 Hypertensive Krise mit Organfunktionsstörungen

z Postoperative Besonderheiten

5 Muskelzittern, Schmerzen, Angst/Aufregung können postoperativ den Blutdruck steigern und müssen daher vermieden bzw. umgehend behandelt werden 5 Blutdruckanstiege von > 20  % werden mit Antihypertensiva behandelt 27.3  Koronare Herzkrankheit

(KHK)

Koronare Herzkrankheit Die KHK ist die klinische Manifestation der Koronararteriensklerose bzw. -­ stenose.

z Manifestationen der KHK

5 Sie führt häufig zur ungenügenden Durchblutung des Myokards (Myokardischämie) 5 Typische Manifestation ist die Angina pectoris, ein retrosternales Druck- oder Schweregefühl, ausstrahlend in den linken Arm, Hals oder Kiefer

254

27

Kapitel 27 · Kardialer Risikopatient

5 Weitere mögliche Symptome und Zeichen sind: Belastungsdyspnoe, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen 5 Akutes Koronarsyndrom (unmittelbar lebensbedrohlich): – Instabile Angina pektoris – Akuter Myokardinfarkt: STEMI (mit ST-Hebung), NSTEMI (ohne ­ST-Hebung) – Plötzlicher Herztod 5 Akuter Myokardinfarkt: Tod von Herzmuskelzellen aufgrund einer akuten Myokardischämie mit Anstieg kardialer Biomarker, vorrangig des kardialen Troponins und EKG-Veränderungen z Schweregrade (nach CCS)

5 CCS 1: Keine Angina pectoris bei Alltagsbelastung 5 CCS 2: Angina pectoris bei stärkerer Anstrengung 5 CCS 3: Angina pectoris bei leichter körperlicher Belastung 5 CCS 3: Angina pectoris in Ruhe oder bei geringster körperlicher Belastung z Medikamentöse Behandlung

5 ASS 5 β-Blocker 5 Langzeitnitrate 5 Kalziumantagonisten 5 Lipidsenker: Statine z Invasive Behandlungsverfahren

5 Ballondilatation der stenotischen Koronararterie 5 Stenteinlage 5 Koronarbypass-Operation 27.3.1  Präoperative Einschätzung

5 Hinweise auf KHK? 5 Wenn bekannt: Schweregrad, Wirksamkeit der medikamentösen Behandlung? 5 Weitergehende diagnostische Maßnahmen sind besonderen Fragestellungen

vorbehalten. Im Zweifelsfall: kardiologisches Konsil 5 Belastungstests: empfohlen bei Hochrisikopatienten mit mehr als 2 klinischen Risikofaktoren und schlechter Leistungskapazität z Anästhesie- und Operationsrisiko

Die wichtigsten perioperativen Gefahren sind Myokardischämien und der akute Myokardinfarkt. 5 Die stabile Angina pectoris ist kein wesentlicher Risikofaktor für einen perioperativen Myokardinfarkt 5 Die Art des Anästhesieverfahrens – Allgemeinanästhesie oder Regionalanästhesie – hat keinen gesicherten Einfluss auf die perioperative Infarkthäufigkeit 5 Bei Patienten mit vorangegangener Koronarbypass-Operation besteht kein ­ erhöhtes Infarktrisiko 5 Ein Herzinfarkt in der Vorgeschichte und abnorme Q-Zacken im EKG sind ein mittlerer Risikofaktor für einen Infarkt 5 Beim akuten Koronarsyndrom ist eine elektive Anästhesie kontraindiziert ! Cave Ein akuter Infarkt (die ersten 7 Tage) und ein kürzlich erlittener Infarkt (8 Tage bis 1 Monat) sind ein Hauptrisikofaktor für einen perioperativen Re-Infarkt und eine Kontraindikation ­ für alle elektiven Eingriffe!

z Frühester Zeitpunkt für elektive Eingriffe nach Myokardinfarkt

5 Frühestens 6 Wochen nach dem Infarkt 5 Nach Ballonangioplastie ohne Stent: nach 2–4 Wochen 5 Nach Implantation eines BMS (bare metal stent): nach 4 Wochen 5 Nach Implantation eines DES (drug eluting stent). Nach mehr als 3–12 Wochen, abhängig von der Art des Stents

255

27.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)

z Antianginöse Medikamente

5 Die medikamentöse Behandlung der KHK wird bis zum Operationstag fortgesetzt, um den Patienten vor perioperativen hämodynamischen Reaktionen zu schützen 5 β-Blocker dürfen nicht abgesetzt werden, da hierdurch ein lebensbedrohliches „Entzugssyndrom“ ausgelöst werden kann 5 ASS und Clopidogrel können bei Eingriffen mit geringem Blutungsrisiko weiter zugeführt werden. Bei hohem Blutungsrisiko müssen sie 5 Tage vor dem Eingriff abgesetzt werden 27.3.2  Anästhesiebesonderheiten z Prämedikation

Angst und Aufregung können einen Angina-pectoris-Anfall auslösen, sodass ­ eine stärkere Sedierung mit Anxiolytika erforderlich sein kann. z Narkoseeinleitung

Blutdruckanstiege und Tachykardie erhöhen den O2-Verbrauch des Herzens und dadurch die Ischämiegefahr. Daher ausreichende Narkosetiefe bei der Intubation! Blutdruckabfälle vermindern die Koronardurchblutung und erhöhen ebenfalls die Ischämiegefahr. Daher vorsichtige Dosierung der Anästhesiesubstanzen. z Narkoseführung

TIVA, balancierte Anästhesie oder Regionalanästhesie: Bei allen Verfahren muss strikt auf hämodynamische Stabilität geachtet werden! > Hämodynamische Ziele beim Koronarkranken 5 Herzfrequenz 50–60/min 5 Systolischer Blutdruck nicht höher als 15 % vom Normalwert

27

5 Diastolischer Blutdruck > 60  mmHg, damit die Koronargefäße ausreichend durchblutet werden 5 Keine extreme Anämie oder Hämodilution, da Gefahr der Myokardhypoxie durch zu wenig O2-Träger 5 Bei Tachykardien: Narkose vertiefen, Esmolol, Verapamil bei supraventrikulärer Tachykardie 5 Bei Blutdruckanstiegen: Narkose vertiefen, Urapidil, Nitroglyzerin, Nifedipin 5 Bei Blutdruckabfall: Volumenzufuhr (bei Hypovolämie), Vasopressor bei peripherer Vasodilatation 5 Bei Linksherzinsuffizienz: positiv inotrope Substanzen, z. B. Dobutamin 5 Bei Verdacht auf Koronarspasmen: Nitroglyzerin oder Kalziumantagonisten

z Narkoseüberwachung

5 In der Regel Standardmonitoring 5 Bei Hochrisikopatienten: arterielle Kanüle; evtl. ZVK z Narkoseausleitung

5 Kardiovaskuläre Aufwachreaktionen vermeiden 5 Wenn Opioide antagonisiert werden: Naloxon nicht zu schnell injizieren, da hierdurch starke kardiovaskuläre Reaktionen ausgelöst werden können 5 Muskelzittern: steigert den ­O2-Verbrauch und muss verhindert werden z Postoperativ

5 Abhängig von der Schwere der KHK bzw. der Risikokonstellation und der Größe des Eingriffs: Überwachung auf IMC oder Intensivstation

256

27

Kapitel 27 · Kardialer Risikopatient

27.4  Herzinsuffizienz (HI)

z Präoperative Behandlung

Häufige Herzerkrankung, besonders bei Hypertonie und bei KHK sowie im höheren Lebensalter. Die Pumpleistung des Myokards ist vermindert und deckt nicht den Bedarf der Organe. 5 Zeichen (abhängig vom Schweregrad): Müdigkeit, Leistungsminderung, Dyspnoe, Husten, Tachykardie, basale Rasselgeräusche, Flüssigkeitseinlagerung, prärenale Niereninsuffizienz 5 Dekompensation: Lungenödem, HZVAbfall, kardiogener Schock

> Jede klinisch manifeste Herzinsuffizienz

z Schweregrade

5 HI mit erhaltener Ejektionsfraktion: EF ≥ 50 %, natriuretisches Peptid (BNP) erhöht und mindestens 1 weiteres Kriterium: – Linkherzhypertrophie (LVH) oder vergrößerter linker Vorhof (LAE) – Diastolische Dysfunktion 5 HI mit mittelgradiger Ejektionsfraktion: EF 40–49 %, BNP erhöht und mindestens 1 weiteres Kriterium: LVH oder LAE 5 HI mit reduzierter Ejektionsfraktion: EF  92  % 27.5  Cor pulmonale und

pulmonale Hypertonie

Definitionen und Formen Cor pulmonale Hypertrophie und/oder Dilatation des rechten Ventrikels als Folge einer Lungenerkrankung mit pulmonaler Hypertonie.

5 Chronisches Cor pulmonale: Pathologische Vergrößerung des rechten Ventrikels, die zur Rechtsherzinsuffizienz führt. Entsteht durch einen erhöhten Druck im Lungenkreislauf. Wird durch transtho-

27

rakale Echokardiographie diagnostiziert und durch Rechtsherzkatheter bestätigt 5 Das chronische Cor pulmonale verkürzt die Lebenserwartung und erhöht das Risiko perioperativer kardialer und pulmonaler Komplikationen 5 Akutes Cor pulmonale: tritt auf bei Lungenembolie, Spannungspneumothorax oder Status asthmaticus 5 Pulmonale Hypertonie: Erhöhung des pulmonalarteriellen Mitteldrucks in Ruhe auf über 25 mmHg, hervorgerufen durch verschiedene Erkrankungen z Behandlung

5 Antikoagulation: bei rezidivierenden Lungenembolien 5 O2-Langzeittherapie: bei chronischer Hypoxämie: paO2  Bei schwerer symptomatischer Aortenoder Mitralstenose muss geklärt werden, ob vor dem elektiven nichtherzchirurgischen Eingriff ein Klappenersatz oder eine perkutane Klappenimplantation erforderlich ist.

z Antikoagulation bei Patienten mit künstlicher Herzklappe

5 Aortenklappenersatz: Die Antikoagulation kann mehrere Tage vor der OP unterbrochen werden, um einen normalen Quickwert zu erreichen 5 Mitralklappenersatz: Die Kumarinzufuhr sollte erst 1–2 Tage vor der OP unterbrochen und mit Vitamin K p.o. antagonisiert werden. Ca. 12 h nach der Operation kann eine i. v.-Heparintherapie eingeleitet werden, um Thrombenbildung an der künstlichen Klappe zu verhindern 5 Spinal- und Periduralanästhesien sind bei antikoagulierten Patienten mit künstlichen Herzklappen kontraindiziert z Antiarrhythmika

27.6  Herzklappenerkrankungen

Wesentliche Herzklappenerkrankungen erhöhen die Komplikationsrate und die Letalität nichtherzchirurgischer Eingriffe. Elektive Eingriffe sind nicht kontraindiziert, der Patient sollte sich aber im Stadium der Kompensation befinden. Wichtigste Komplikation ist die akute Herzinsuffizienz. 27.6.1  Präoperative Einschätzung

5 Echokardiographie bei jedem Patienten mit Herzklappenerkrankung 5 Bestimmung der Funktionskapazität

Diese Substanzen werden bei Patienten mit Herzklappenerkrankung präoperativ nicht abgesetzt. z Prophylaktische Antibiotikazufuhr

Die Endokarditisprophylaxe wird bei folgenden Patienten empfohlen: 5 Träger einer künstlichen Herzklappe (mechanische oder biologische Prothese) 5 Mit Fremdmaterial rekonstruierte Herzklappe 5 Angeborene Herzfehler: nicht korrigierter zyanotischer Herzfehler oder mit Fremdmaterial korrigierter Herzfehler in den ersten 6 Monaten nach dem Eingriff sowie nur teilweise korrigierte Herzfehler

259

27.6 · Herzklappenerkrankungen

5 Nach Herztransplantation, wenn zusätzlich ein Klappenfehler vorliegt 27.6.2  Aortenstenose

Zunehmende Verengung der Aortenklappe, die den Ausstrom des Bluts in die Aorta behindert. Wird durch unterschiedliche Krankheitsprozesse hervorgerufen. Sobald Symptome auftreten, steigt die Letalität steil an. z In Kürze – Aortenstenose

5 Häufigster Herzklappenfehler. Lässt sich bei 2–7 % der über 65-Jährigen nachweisen 5 Steigert die Druckbelastung des linken Ventrikels: Je enger die Ausflussbahn, desto höher der Ventrikeldruck 5 Pathophysiologie: Die Druckbelastung bewirkt eine Hypertrophie des linken Ventrikels. Hierdurch wird die Koronardurchblutung eingeschränkt. Schließlich entwickelt sich wegen der chronischen Druckbelastung eine Herzinsuffizienz 5 Symptome: zunächst keine, dann Angina pectoris bei Belastung, Luftnot bei Belastung, Synkopen oder Schwindel 5 Diagnose und Einschätzung des Schweregrades: Echokardiographie 5 Schwere Aortenstenose: systolischer Druckgradient zwischen Ventrikel und Aorta > 40  mmHg, Klappenöffnungsfläche  70  mmHg, Klappenöffnungsfläche  Perioperative Ziele bei Aortenstenose sind Normovolämie, Sinusrhythmus und Herzfrequenz 50–70/min.

Anästhesiebesonderheiten

27.6.3  Aortenklappeninsuffizienz

Bei schwerer Aortenstenose ist die ­OP-Letalität stark erhöht! 5 Keine elektiven Eingriffe bei schwerer symptomatischer Aortenstenose! 5 Dringliche Operationen nur mit invasivem hämodynamischem Monitoring

Schlussunfähigkeit der Klappe. Hierdurch fließt während der Diastole ein Teil des Bluts aus der Aorta zurück in den linken Ventrikel und wird dem Körperkreislauf

(AI)

260

Kapitel 27 · Kardialer Risikopatient

entzogen. Es gibt akute und chronische Verlaufsformen. z In Kürze – Aortenklappeninsuffizienz

27

5 Akute AI: meist infektiös bedingt. Weitere Ursachen: Aortendissektion, traumatisch 5 Chronische AI: degenerativ, angeboren, durch Infektion 5 Pathophysiologie: Der Rückfluss von Blut (Regurgitation) bewirkt durch die Volumenbelastung des linken Ventrikels eine exzentrische Hypertrophie, schließlich eine zunehmende Herzinsuffizienz 5 Symptome: – Akute AI: Dekompensation des Herzens – Chronische AI: lange symptomlos, schließlich Zeichen der Herzinsuffizienz 5 Klinische Zeichen: große Blutdruckamplitude, schneller, hoher Puls (Wasserhammerpuls) 5 Diagnose: Echokardiographie z Risikoeinschätzung und Kontraindikationen

5 Bei präoperativem Verdacht oder Hinweisen: zunächst kardiologische Abklärung 5 Bei schwergradiger Insuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion und ohne Symptome ist das OP-Risiko nicht erhöht 5 Bei symptomatischen Patienten und/ oder einer Ejektionsfraktion (EF) von  8–9  % (erhöht das 5 Laborwerte OP-Risiko) – Nüchternblutglukose 5 Wenn Nüchternblutzucker > 180  mg/ – Nierenfunktionsparameter dl (>  10  mmol/l) oder wenn Blutzu– Stoffwechselkontrolle: HbA1c, Blutcker akut entgleist (> 220 mg/dl bzw. >  zuckertagesprofil, Ketonkörper im 11,1 mmol/l) Urin, Urinstatus, Serumelektrolyte – Blutgerinnung, Blutbild z Grundsätzliches – Bei Bedarf: Röntgenbild des Thorax, 5 Nahrungskarenz so kurz wie möglich, Kontrolluntersuchung des Augenhinum Hypo- und Hyperglykämien zu vertergrundes meiden

274

Kapitel 29 · Diabetes mellitus

29.2.2  Wahl des

Anästhesieverfahrens

29

5 Die Wahl des Anästhesieverfahrens richtet sich v. a. nach dem Schweregrad von Folgekrankheiten und der aktuellen Stoffwechselsituation 5 Grundsätzlich sind alle üblichen Verfahren möglich 5 Die Vorteile von Regionalanästhesien sind: gute Stressabschirmung, frühzeitigere Nahrungsaufnahme postoperativ als nach Allgemeinanästhesien 29.2.3  Anästhesiebesonderheiten

5 Erhöhtes Aspirationsrisiko bei autonomer Neuropathie 5 Erschwerte Intubation bei Versteifung der Gelenke 5 Starke Schwankungen von Blutdruck und Herzfrequenz bei autonomer Neuropathie 5 Verzögerte Wiederaufnahme der oralen Nahrung durch PONV 5 Elektrolytstörungen: Hypokaliämien, aber auch plötzliche Hyperkaliämien 5 Thromboembolien bei Exsikkose 5 Gerinnungsstörungen durch Hyperglykämien 5 Harnverhalt durch herabgesetzten Blasentonus 29.2.4  Perioperative

Blutzuckertherapie

Die Angaben entsprechen denen der Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft. 5 Angestrebte Blutglukosezielwerte: nüchtern 140–180 mg/dl (= 7,8–10  mmol/l). Wenn Stoffwechsel stabil und die Hypoglykämiegefahr gering, können niedrigere Werte (bis 110 mg/dl bzw. 6,1 mmol/l) toleriert werden 5 Zu hohe Werte: > 180 mg/dl (> 10  mmol/l): intraoperativ Insulin zuführen

5 Zu niedrige Werte:   180 mg/dl: Insulin i.v. zuführen; Dosierung nach Blutzuckerwerten; Kontrolle alle 1–2 h 5 Bei geplanter Umstellung auf Insulin: Dosierung nach Blutzuckerwerten; Werte alle 1–2 h kontrollieren 5 Am OP-Abend: häusliche Therapie wieder aufnehmen 5 Bei Patienten, die Metformin einnehmen: Kontrolle der Serumlaktatkonzentration 3-mal pro Tag für etwa 48 h. Erst nach 48 h Metformin wieder zuführen (Nierenfunktion: GFR ≥ 45  ml/min)

29

z Intraoperative Hypoglykämie

5 Kennzeichen: Abfall der Blutglukosekonzentration auf unter 50  mg/dl ( Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose haben eine Gastropathie und sind daher als nicht nüchtern anzusehen!

30.2  Nierenerkrankungen -

terminale Niereninsuffizienz

Nierenerkrankungen sind für die Anästhesie nur von Bedeutung, wenn wesentliche Funktionseinschränkungen und Folgeerkrankungen oder Komplikationen vorliegen. z Folgen der chronischen Niereninsuffzienz

5 Renale Anämie durch verminderte Erythropoetinproduktion der Niere

30

5 Gerinnungsstörungen durch urämische Thrombozytenschädigung 5 Erhöhte Infektanfälligkeit 5 Urämische Gastropathie mit erhöhter Aspirationsgefahr 5 Periphere Neuropathie 5 Renale Osteopathie 5 Generalisierte Arteriosklerose mit KHK, zerebrovaskulärer Insuffizienz, peripheren Durchblutungsstörungen 30.2.1  Anästhesiebesonderheiten z Präoperative Dialysebehandlung

Sie ist erforderlich, damit der Wasser- und Elektrolythaushalt vor der Narkose ausgeglichen ist und dadurch die Risiken gemindert werden. Die Dialyse sollte am Vortag oder am Morgen der Operation erfolgen. Serumkaliumwerte von 5,5–6 mmol/l sollten als oberste Grenzwerte für eine Narkose angesehen werden. z Blutdruckabfälle

Sie sind für urämische Patienten in der perioperativen Phase typisch und treten oft bereits bei geringen Volumenverlusten auf. z Chronische Anämie

Eine Anämie mit Hämatokritwerten von 25–30 % ist ebenfalls typisch für Dialysepatienten. Die präoperative Gabe von EK ist in der Regel nicht erforderlich. z Infektionsgefahr

Auf Asepsis muss strikt geachtet werden, da die Infektionsgefahr wesentlich erhöht ist. z Blutgerinnung

5 Störungen der Blutgerinnung sind bei chronischer Urämie nicht selten 5 Primäre Ursache sind Thrombozytenfunktionsstörungen 5 Die Blutungszeit ist verlängert

280

Kapitel 30 · Leber- und Nierenerkrankungen

5 Häufig treten hierunter stärkere chirurgische Blutungen auf, die mit EK-Transfusionen behandelt werden müssen z Arteriovenöse Shunts

30

Shunts sind für Dialysepatienten lebenswichtig und müssen daher besonders überwacht und gepflegt werden: 5 Keine Kanülierung von Venen und Arterien am Shuntarm 5 Keine Messung des Blutdrucks am Shuntarm, sondern am Arm der Gegenseite 5 ZVK: wenn indiziert über die V. jugularis interna oder die V. subclavia einführen

Anästhesie-Praxis 5 Prämedikation: Dosis reduzieren 5 Anästhesieverfahren: Alle Standardverfahren. Regionalanästhesie ist möglich, wenn keine Gerinnungsstörungen vorliegen

5 Muskelrelaxanzien: Atracurium oder Cisatracurium bevorzugen, da die renale Ausscheidung keine wesentliche Rolle spielt. Rocuronium ist leicht mit Sugammadex zu antagonisieren und daher ebenfalls geeignet 5 Intraoperative Flüssigkeitszufuhr: 0,9  %ige Kochsalzlösung oder plasmaisotone Vollelektrolytlösung 5 Eine übermäßige perioperative Volumenzufuhr muss unbedingt vermieden werden 5 Bei größeren Eingriffen sollten  der zentrale Venendruck und die Serumelektrolyte kontrolliert werden 5 Bei akuter, bedrohlicher Hyperkaliämie: 30 ml Calciumgluconat i. v., Glukose-Insulin-Perfusor, 2 Hübe β2-Sympathikomimetika

281

Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts Inhaltsverzeichnis 31.1 In Kürze – Verteilung und Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten – 282 31.2 Wasserhaushalt – 282 31.2.1 Physiologischer Flüssigkeitsverlust und Flüssigkeitsbedarf – 282 31.2.2 Störungen des Wasserhaushalts – 282

31.3 Elektrolythaushalt – 284 31.3.1 Kalium – 284 31.3.2 Natrium – 286 31.3.3 Kalzium – 288

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_31

31

282

Kapitel 31 · Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts

31.1  In Kürze – Verteilung und

Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten

31

Der Körper besteht zu 50 % seines Gewichts aus Wasser und zu 50 % aus fester Substanz. Das Gesamtkörperwasser verteilt sich in Kompartimenten, die durch Zellmembranen voneinander getrennt sind: 1. Extrazellulärflüssigkeit (ECF) = 20  % des Körpergewichts; besteht aus interstitieller Flüssigkeit + Plasmavolumen – Interstitielle Flüssigkeit: Flüssigkeit im Interstitium, d. h. außerhalb der Zellen und außerhalb der Blutgefäße (ca. 15 % des Körpergewichts) – Plasmavolumen: Flüssigkeit in den Gefäßen ohne Blutzellen. Umfasst ca. 15 % des Körpergewichts 2. Intrazellulärflüssigkeit (ICF) = 30–40  % des Körpergewichts; befindet sich in den Zellen ECF, ICF und Plasmavolumen unterscheiden sich in der Zusammensetzung und Konzentration ihrer Bestandteile. ECF und ICF sind durch semipermeable (halbdurchlässige) Membranen voneinander getrennt. Wasser kann sich ungehindert zwischen den Kompartimenten ausbreiten, die gelösten Bestandteile nur begrenzt, Proteine und andere hochmolekulare Substanzen werden zurückgehalten. Weitere wichtige Begriffe: 5 Osmose: Diffusion von Wasser durch eine semipermeable Membran in das Kompartiment mit der höheren Konzentration an Partikeln 5 Osmotischer Druck: Druck, der erforderlich ist, um die Diffusion des Wassers durch die semipermeable Membran zu unterbrechen. Er wird von der Anzahl der gelösten Teilchen bestimmt 5 Osmolarität: beschreibt das Verhältnis von Wasser zu den darin gelösten Teilchen, ist also ein Maß für die Anzahl osmotisch aktiver Teilchen pro kg Wasser

5 Normalwert der Serumosmolarität: 280– 300 mosmol/l 5 Osmolalität: die molare Konzentration gelöster Teilchen pro Liter Lösung 5 Tonizität: wird im klinischen Gebrauch mit der Osmolalität gleichgesetzt 5 Regulation: Die Niere reguliert das Volumen und die Osmolarität der ECF unter Kontrolle durch das antidiuretische Hormon (ADH) und durch Aldosteron 31.2  Wasserhaushalt 31.2.1  Physiologischer

Flüssigkeitsverlust und Flüssigkeitsbedarf

z Physiologische Flüssigkeitsverluste pro Tag

5 Perspiratio insensibilis: unsichtbare Verluste von ca. 900 ml/Tag – Unsichtbar über die Haut: 200– 400 ml (im Gegensatz zum sichtbaren Schwitzen) – Mit der Exspirationsluft der Lunge: 400–600 ml 5 Urin: ca. 1000 ml/Tag, darin befinden sich die täglich auszuscheidenden Teilchen und Substanzen z Täglicher Flüssigkeitsbedarf

5 Ca. 25–40 ml/kgKG bei Erwachsenen, Kinder 7 Kap. 34 31.2.2  Störungen des

Wasserhaushalts

Isotone Dehydratation Isotone Dehydratation Mangel an Wasser und gelösten Stoffen.

283

31.2 · Wasserhaushalt

Eine isotone Dehydratation tritt auf, wenn Natrium und Wasser zu gleichen Teilen oder isoton verloren werden. Ursachen sind z. B. gastrointestinale Verluste bei Peritonitis, Ileus, Pankreatitis, durch Drainagen oder Sonden sowie Flüssigkeitskarenz. z Kennzeichen

5 Plasmaosmolarität: normal 5 Serumnatrium: normal 5 Gesamtnatriumbestand: vermindert 5 Verlust von Magensaft: metabolische Alkalose 5 Verlust von Galle und Pankreassaft (reich an Bikarbonat): metabolische Azidose z Behandlung

5 Ausgleich der Verluste mit plasmaisotoner Elektrolytlösung 5 Bei schweren Formen: Schockbehandlung

Hypertone Dehydratation Hypertone Dehydratation Wird mehr Wasser verloren als Natrium, kommt es zu Wassermangel, Hypernatriämie und Hyperosmolarität.

31

z Behandlung

5 Vorsichtiger Volumenersatz mit Glukose 5 % und halbisotoner Elektrolytlösung 5 Serumnatrium nicht zu schnell senken

Hypotone Dehydratation Hypotone Dehydratation Flüssigkeitsmangel, bei dem mehr Natrium als Wasser verloren wird.

Mögliche Ursachen sind Fieber, Durchfall, Flüssigkeitskarenz, Salzverlustniere. z Kennzeichen

5 Niedriger Blutdruck, Tachykardie 5 Kollabierte Venen, kalte, zyanotische Haut 5 Verminderter Hautturgor, weiche Bulbi 5 Oligurie 5 Labor: – Osmolarität erniedrigt:  300  mosmol/ – Hypernatriämie z Behandlung

5 Diuretika 5 Elektrolytfreie Glukoselösung 5 Keine Infusion salzhaltiger Lösungen

Hypotone Hyperhydratation („Wasserintoxikation“) Hypotone Hyperhydratation Störung, bei der mehr Wasser als Natrium retiniert wird, sodass ein Wasserüberschuss entsteht.

Betroffen sind v. a. Patienten mit Herz-, ­Leber- oder Nierenkrankheiten.

z Kennzeichen

5 Symptome  s.o. 5 Labor: – Hypoosmolalität: Plasmaosmolarität erniedrigt ( Wichtig

5 Motorische Lähmung, spastisch oder schlaff 5 Ausfall der Sensibilität oder Hypästhesie 5 Vegetative Störungen – Neurogene Blasenlähmung – Neurogene Mastdarmlähmung – Störungen der ­Herz-Kreislauf-Regulation z Autonome Dysreflexie

5 Überschießende spinale Sympathikusreaktion auf Manipulationen unterhalb der Rückenmarkschädigung, z. B. Dehnung der Blase oder des Darms, Operationen 5 Tritt in erster Linie bei Querschnittlähmung oberhalb von Th 6 auf 5 Zeichen: Akuter Blutdruckanstieg, Kopfschmerzen, Schwitzen, Hautblässe, Bradykardie

Anästhesiepraxis 5 Bei größeren Eingriffen ist wegen der Dysreflexie trotz Lähmung eine Anästhesie erforderlich 5 Die Magenentleerung ist verzögert, die Aspirationsgefahr erhöht 5 Bei hoher Querschnittlähmung  muss mit Störungen der Ventilation gerechnet werden 5 Succinylcholin ist absolut kontraindiziert wegen der Kaliumfreisetzung (7 Kap. 10) 32.1.6  Muskeldystrophien

Kennzeichen ist der fortschreitende Verlust der Skelettmuskelfunktion.

5 Succinylcholin kann einen hyperkaliämischen Herzstillstand auslösen und ist daher absolut kontraindiziert

5 Postoperativ: In der postoperativen Phase muss v. a. die Atemfunktion überwacht und bei Bedarf maschinell unterstützt werden 32.1.7  Myotonien

Kennzeichen ist die verzögerte Erschlaffung des Skelettmuskels nach einer willkürlichen Kontraktion. Das Myokard und die Muskulatur des Magen-Darm-Trakts können ebenfalls betroffen sein.

Anästhesiepraxis 5 Succinylcholin kann eine lang anhaltende Kontraktion der Muskulatur auslösen und ist daher absolut kontraindiziert 5 Für die Narkose ist v. a. eine Beteiligung der Herzmuskulatur und der Atemmuskulatur von Bedeutung, weiterhin die Reaktion auf Anästhetika und Hilfsmedikamente 5 Das Aspirationsrisiko kann wegen verzögerter Magenentleerung erhöht sein 5 Regionalanästhesieverfahren können angewandt werden, haben aber keinen Einfluss auf die kontrahierte Muskulatur 5 Postoperativ: Es muss gezielt auf muskulär bedingte Störungen der Atemfunktion geachtet werden.

296

Kapitel 32 · Neurologische Erkrankungen und Suchtstörungen

32.2  Suchterkrankungen 32.2.1  Akute Alkoholvergiftung

Hauptgefahr: dosisabhängige Atemdepression. Alkoholspiegel von 5–7 ‰ gelten in der Regel als tödlich; Ausnahmen sind aber möglich.

Anästhesiepraxis

Anästhesiepraxis 5 Wahleingriffe: möglichst nur bei trockenen Alkoholikern (Entzugssyndrom vermeiden) 5 Anästhetika und Sedativa: Dosisbedarf meist erhöht 5 Anästhesieverfahren: TIVA oder balancierte Anästhesie 5 Postoperativ: Bei nichttrockenen Alkoholikern: Gefahr eines Entzugsdelirs, daher postoperative Intensivüberwachung

! Cave Keine elektiven Eingriffe bei akuter Trunkenheit!

z Besonderheiten bei Notfalleingriffen

32

5 Erhöhte Aspirationsgefahr 5 Verminderter Anästhetikabedarf 5 Gesteigerte Empfindlichkeit auf Blutverluste 5 Häufig Auskühlung des Patienten 5 Verminderte Hypoxietoleranz des Gehirns 5 Evtl. alkoholbedingte Störungen der Thrombozytenfunktion mit Blutungsneigung 5 Postoperativ Gefahr der Atemdepression 32.2.2  Chronischer Alkoholismus z Folgen

5 Beschleunigter Abbau des Alkohols, Toleranzentwicklung und Abhängigkeit 5 Ernährungsstörungen 5 Leberzirrhose 5 Neurologische Erkrankungen 5 Kardiomyopathien 5 Entzugserscheinungen treten meist 12– 72 h nach vollständiger Unterbrechung der Alkoholzufuhr auf, nicht selten jedoch bereits nach einem relativen Abfall der Blutalkoholkonzentrationen auf 1–3 ‰.

32.2.3  Opiatsucht

Die wichtigste perioperative Gefahr bei Süchtigen ist das oft zunächst verkannte Entzugssyndrom. Kennzeichen sind: 5 Ängstlichkeit, Erregbarkeit, Unruhe 5 Hypertonus, Hypotonie, Tachykardie 5 Veränderungen der Körpertemperatur und der Atmung 5 Bittendes oder forderndes Verhalten 5 Gähnen 5 Exzessives Schwitzen, Erbrechen, Durchfall 5 Tränenfluss 5 Mydriasis 5 Gänsehaut 5 Tremor 5 Hitzewallungen und Frieren 5 Knochenschmerzen 5 Schwindel > Das Entzugssyndrom beginnt – je nach verwendeter Substanz – ca. 3–12  h nach der letzten Einnahme und dauert 4–10 Tage an, mit einem Höhepunkt am 3.–6. Tag bzw. für Pethidin (Dolantin) nach ca. 12 h.

Anästhesiepraxis 5 Wenn ein Entzug nicht möglich ist: Opioidzufuhr perioperativ fortsetzen, Entzugstherapie erst nach der Operation in einer hierauf spezialisierten Institution einleiten

32.2 · Suchterkrankungen

5 Prämedikation: meist hoher Dosisbedarf, die täglich zugeführte  Opioiddosis einbeziehen 5 Regionalanästhesien sind grundsätzlich möglich, erfordern aber meist eine intensive intraoperative Führung des Patienten 5 Anästhesie: volatile Anästhetika sollten bevorzugt werden, evtl. in Kombination mit Opioiden wie Remifentanil 5 Auf Ketamin sollte verzichtet werden, da die Substanz bei Süchtigen einen „bad trip“ hervorrufen kann.

297

32

5 Vorsicht bei der Gabe von Naloxon: Gefahr eines abrupten, bedrohlichen Entzugssyndroms z Ehemals Opioidabhängige

5 Keine Opioide einsetzen 5 Volatile Anästhesie bevorzugen 5 Postoperative Schmerzbehandlung: NOPA sowie regionale Anästhesieverfahren bevorzugen

299

Obstruktive Schlafapnoe (OSA) Inhaltsverzeichnis 33.1 In Kürze – Obstruktive Schlafapnoe – 300 33.2 Anästhesiebesonderheiten – 300 33.2.1 Anästhesiepraxis – 301

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_33

33

300

Kapitel 33 · Obstruktive Schlafapnoe (OSA)

33.1  In Kürze – Obstruktive

Schlafapnoe

Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) wird auch als obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS) bezeichnet. Schlafapnoe Intermittierender Stillstand des Atemstroms in Mund und Nase während des Schlafs 5 Für mindestens 10 s 5 Mindestens 10-mal pro Stunde 5 Mit Abfall der SaO2 um mehr als 3–4 %

33

Drei Formen werden unterschieden: 5 Zentrale Schlafapnoe: Der neurale Antrieb der Atemmuskulatur ist vorübergehend unterbrochen 5 Obstruktive Schlafapnoe: Der Atemantrieb ist erhalten, der Atemstrom in Mund und Nase aber unterbrochen 5 Gemischte Schlafapnoe: Der zentralen Apnoe folgt eine obstruktive Komponente Die Apnoen werden durch eine Obstruktion (Verlegung) der oberen Atemwege während des Schlafs hervorgerufen. Mögliche Ursachen der Obstruktion sind anatomische Veränderung der oberen Atemwege, Adipositas und Störungen der muskulären Kontrolle der oberen Atemwege.

5 Tagesmüdigkeit oder exzessive Schläfrigkeit 5 Konzentrationsstörungen z Diagnostik

5 Der Verdacht ergibt sich aus der Anamnese: Schnarchen, Atempausen, Tagesmüdigkeit, depressive Verstimmung, Adipositas, kardiovaskuläre und/oder metabolische Begleitkrankheiten 5 Die Diagnose wird durch Polysomnographie (PSG) im Schlaflabor gesichert z Häufige Begleiterkrankungen

Bei vielen OSA-Patienten liegen Begleiterkrankungen vor, die zum erhöhten ­Narkoseund Operationsrisiko beitragen. Sind solche Begleiterkrankungen vorhanden, muss geprüft werden, ob ihre Therapie präoperativ optimiert werden kann. Häufige Begleitkrankheiten bei OSA 5 Arterielle Hypertonie 5 Pulmonale Hypertonie 5 KHK, Herzrhythmusstörungen, Kontraktionsstörungen des Herzens bzw. Herzinsuffizienz 5 Refluxkrankheit 5 Schlaganfall 5 Pathologische Glukosetoleranz, metabolisches Syndrom 5 Starke Adipositas

> OSA erhöht das perioperative Risiko!

33.2  Anästhesiebesonderheiten

z Klinisches Bild

z Präoperative Risikoeinschätzung

5 Nächtliche Apnoen, teils mit Bradykardie (30–50/min) gefolgt von einer Tachykardie (90–120/min), bei einigen Patienten auch Asystolien (8–12 s) 5 Schnarchen, Mundtrockenheit und Husten

Das Risiko der Narkose/Operation ergibt sich aus dem Schweregrad des OSA, den Begleiterkrankungen und der Invasivität des Eingriffs.

301

33.2 · Anästhesiebesonderheiten

! Cave Bei OSA-Patientin ist das Risiko perioperativer Komplikationen erhöht. Außerdem muss mit einem schwierigen Atemwegsmanagement gerechnet werden. Komplikationen treten in erster Linie postoperativ auf.

33

rative Beeinträchtigung der oberen Atemwege und Atemdepression zu vermeiden. Bewährte Kombinationen sind: 5 Propofol mit Remifentanil (TIVA) 5 Remifentanil mit Sevofluran oder Desfluran z Regionalanästhesie

z Perioperative Risiken und Komplikationen

5 Erschwertes Atemwegsmanagement 5 Respiratorische Insuffizienz: Hypoxämie, Hyperkapnie, postoperative Verlegung der Atemwege, pulmonale Aspiration 5 Kardiovaskuläre Störungen: Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen, Myokardischämie, Kreislaufstillstand 5 postoperatives Delir 5 Ungeplante Verlegung auf die Intensivstation 5 Notwendigkeit von NIV, ­­ Intubation/ Re-Intubation 5 Verlängerte Behandlungsdauer z Präoperative CPAP-Therapie

5 Benötigt der Patient zu Hause ein CPAP-Gerät, sollte die CPAP-Therapie perioperativ fortgesetzt werden 5 Hat der Patient ein schweres OSA und noch keine CPAP-Therapie, sollte hiermit schon präoperativ begonnen werden soll 33.2.1  Anästhesiepraxis

Prämedikation Wenn möglich sollte auf eine Sedierung verzichtet werden. Benzodiazepine beeinträchtigen die oberen Atemwege und sollten daher nicht eingesetzt werden.

Wahl des Anästhesieverfahren z Allgemeinanästhesie

Kurz wirkende, gut steuerbare Substanzen sollten bevorzugt werden, um eine postope-

Regionalanästhesien sollten immer bevorzugt werden, wenn der Eingriff hierunter möglich ist! 5 Eine zu starke Sedierung während der Regionalanästhesie muss aber wegen der Gefahr der Atemwegsobstruktion und Atemdepression strikt vermieden werden 5 Ist eine tiefe Sedierung für den Eingriff erforderlich, sollte eine Allgemeinanästhesie bevorzugt werden

Sicherung der Atemwege Bei Patienten mit OSA müssen Ärzte und Pflegekräfte grundsätzlich mit einem schwierigen Atemwegsmanagement, d. h. mit schwieriger Maskenbeatmung und schwieriger Intubation rechnen, besonders bei Patienten mit kurzem, dickem Hals und eingeschränkter Reklination des Kopfes. 5 Vor der Narkoseeinleitung müssen alle Vorbereitungen getroffen werden, um diese Situation ohne Gefährdung des Patienten zu bewältigen 5 Bei der Extubation müssen OSA-Patienten wach sein und über funktionierende Schutzreflexe der Atemwege verfügen. Neuromuskuläre Restblockaden dürfen nicht bestehen! Relaxometerkontrolle!

Postoperative Versorgung z Überwachung

Verbindliche Leitlinien für die postoperative Überwachung von OSA-Patienten fehlen bisher. Normalstation: Die postoperative Überwachung muss für jeden OSA-Patienten individuell festgelegt werden. Eine alarmgesi-

302

Kapitel 33 · Obstruktive Schlafapnoe (OSA)

cherte kontinuierliche Pulsoxymetrie oder telemetrisches Monitoring kann auf der Normalstation die Häufigkeit respiratorischer Notfälle senken. IMC oder Intensivstation: Die meisten Todesfälle oder hypoxischen Hirnschäden von OSA-Patienten treten auf der Normalstation auf. Daher muss sorgfältig überprüft werden, bei welchen Patienten eine postoperative Intensivüberwachung notwendig ist. z Postoperative Analgesie

33

5 Opioide begünstigen bei OSA-Patienten respiratorische Komplikationen durch ihre zentrale atemdepressive Wirkung. Daher ist eine sorgfältige Anpassung der Dosis erforderlich, wenn diese Substanzen zwingend erforderlich sind 5 Nichtopioide werden bevorzugt, sind aber nicht immer ausreichend wirksam und müssen dann durch Opioide ergänzt werden (Vorsicht Atemdepression!) 5 Regionale Anästhesieverfahren sind von Vorteil, weil hierdurch die Atmung und die Atemwege nicht beeinträchtigt werden 5 Sedativa beeinträchtigen die oberen Atemwege und sollten daher nicht eingesetzt werden

z Postoperativer CPAP

5 Patienten mit Heim-CPAP sollten postoperativ frühzeitig CPAP erhalten 5 Bei Patienten mit schwerem OSA ohne Heim-CPAP, sollte bei postoperativen Atemproblemen eine CPAP-Therapie erwogen werden z Postoperative Lagerung

5 Flache Rückenlage verstärkt bei OSA-Patienten den pharyngealen Kollaps. Hierdurch wird die Obstruktion verstärkt und die Hypoxiegefahr nimmt zu 5 OSA-Patienten, besonders solche mit erheblicher Adipositas, sollten mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden, um die Atmung zu verbessern z Postoperative Rhabdomyolyse

Bei Patienten mit einem BMI von  >  40 kg/ m2 kann nach sehr langen Eingriffen eine Rhabdomyolyse auftreten. Daher Vorsicht mit NSAID für die postoperative Schmerztherapie bei diesen Patienten.

303

Besondere Altersgruppen: Jung und Alt Inhaltsverzeichnis Kapitel 34 Kinderanästhesie – 305 Kapitel 35 Geriatrische Patienten – 341

VI

305

Kinderanästhesie Inhaltsverzeichnis 34.1 In Kürze – Besonderheiten – 307 34.1.1 Physiologische Grundlagen – 307

34.2 Anästhesievorbereitung – 309 34.2.1 Prämedikationsvisite – 309 34.2.2 Präoperatives Vorgehen – 310 34.2.3 Wahl des Anästhesieverfahrens – 312

34.3 Anästhetika – 312 34.3.1 Volatile Anästhetika – 312 34.3.2 Intravenöse Anästhetika – 313 34.3.3 Muskelrelaxanzien – 315

34.4 Narkosezubehör – 315 34.4.1 Masken und Tuben – 316 34.4.2 Weiteres Zubehör – 318

34.5 Monitoring – 318 34.5.1 Überwachung während der Narkose – 318 34.5.2 Venöse Katheter – 319 34.5.3 Arterielle Kanülierung – 320

34.6 Anästhesiepraxis – 320 34.6.1 Narkoseeinleitung – 321 34.6.2 Sicherung der Atemwege – 322 34.6.3 Aufrechterhaltung der Narkose – 325

34.7 Spezielle Anästhesie bei Neugeborenen – 327 34.7.1 Frühgeborene – 329 34.7.2 Nekrotisierende Enterokolitis – 329 34.7.3 Omphalozele und Gastroschisis – 329 34.7.4 Kongenitale Zwerchfellhernie – 330 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_34

34

34.7.5 Ösophagusatresie und tracheoösophageale Fistel – 330 34.7.6 Pylorusstenose – 330

34.8 Regionalanästhesie bei Kindern – 331 34.8.1 Allgemeines Vorgehen – 331 34.8.2 Obere Plexusblockaden – 331 34.8.3 Spinalanästhesie – 333

34.9 Das Kind im Aufwachraum – 333 34.9.1 Pädiatrisches Aufwachdelir (pädED) – 333 34.9.2 PONV – 333

34.10 Postoperative Schmerztherapie – 334 34.10.1 Schmerzreaktionen und Einschätzung des Schmerzes – 334 34.10.2 Medikamentöse Schmerztherapie – 334

34.11 Sedierung und Analgesie außerhalb des Operationssaals – 337 34.12 Ambulante Anästhesie – 338 34.12.1 Grundsätzliches – 338 34.12.2 Anästhesiepraxis – 338

34.1  In Kürze – Besonderheiten

Kinder unterscheiden sich anatomisch, physiologisch, biochemisch, psychologisch und pharmakologisch von Erwachsenen. 5 Je kleiner das Kind, desto größer sind die Unterschiede und desto höher die perioperativen Risiken 5 Gute theoretische Kenntnisse, gründliche Weiterbildung und ein spezielles Praxistraining sind der Schlüssel für eine sichere Versorgung der Kinder 34.1.1  Physiologische Grundlagen

Atmungssystem 5 Nasenwege, Stimmritze, Ringknorpel und Trachea sind eng 5 Die Zunge ist groß. Hierdurch kann die Intubation erschwert werden 5 Der Kehlkopf steht höher, die Epiglottis ist relativ lang und u-förmig 5 Die Trachea ist kurz: ca. 4 cm beim Neugeborenen und ca. 5,7  cm beim 8-jährigen Kind; der Durchmesser ist klein: ca. 6 mm beim Neugeborenen und ca. 11 mm beim 4-jährigen Kind 5 Rechter und linker Hauptbronchus entspringen beide in einem Winkel von 55° von der Trachea. Eine einseitige Intubation ist daher nicht nur rechts, sondern auch links leicht möglich 5 Der Hustenreflex ist unvollkommen ausgebildet. Hierdurch wird die Aspirationsgefahr vergrößert, die wache Intubation hingegen erleichtert 5 Die alveoläre Ventilation ist 2-mal so hoch wie die des Erwachsenen. Die Atmung wird bei Bedarf durch Zunahme der Atemfrequenz gesteigert, nicht so sehr durch vertiefte Atmung 5 Die Größe des Totraums pro kg Körpergewicht sowie das Verhältnis von Totraum zu Atemzugvolumen entsprechen dem des Erwachsenen. Der Totraum

34

307

34.1 · In Kürze – Besonderheiten

von Anästhesiegeräten und -zubehör spielt jedoch beim Kind eine herausragende Rolle. Hierbei gilt: In der Kinderanästhesie muss spezielles Zubehör mit kleinstmöglichem Totraum verwendet werden In . Tab. 34.1 sind für die Anästhesie wichtige Atemwerte von Neugeborenen und Erwachsenen vergleichend zusammengefasst.

Herz-Kreislauf-System des Neugeborenen 5 Zentralisierter Kreislauf, hoher peripher Widerstand 5 Niedriger Blutdruck: 60–80 mmHg systolisch und 40–50 mmHg diastolisch 5 Hohe Herzfrequenz: 120/min 5 Kleines Schlagvolumen: 4–5 ml. Kann nicht gesteigert werden, daher eingesch­ ränkte Kompensation bei Blutverlusten 5 Herzzeitvolumen 500–600 ml In . Tab. 34.2 sind Herzfrequenz- und Blutdruckwerte für verschiedene Altersgruppen zusammengefasst.

. Tab. 34.1  Atemwerte von Neugeborenen und Erwachsenen Atemwert

Neugeborene

Erwachsene

Atemfrequenz [pro min]

40–60a

20

Atemzugvolumen VT [ml/ kgKG]

6

7

Totraum VD [ml/kgKG]

2,2

2,2

VD/VT

0,3

0,3

paCO2 [mmHg]

32–35

35–44

paO2 [mmHg]

40–80

65–105

aBei

Frühgeborenen liegt die Atemfrequenz zwischen 50 und 70/min

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

308

. Tab. 34.2  Herzfrequenz und Blutdruck bei Kindern Alter

Herzfrequenz [pro min]

Systolischer Blutdruck [mmHg]

1 Tag

120–160

60

5 Tage

120–160

80

6 Monate

110–130

90

6 Jahre

100

100

10 Jahre

90

110

15 Jahre

80

120

. Tab. 34.3  Blutvolumen bei Kindern

34

Alter

Blutvolumen

Neugeborene

80–85 ml/kgKG

6 Wochen bis 2 Jahre

75 ml/kgKG

2–15 Jahre

72 ml/kgKG

. Tab. 34.4  Hb-Werte von Kindern Alter

Hämoglobingehalt in g/dl

1.–3. Tag

14,5–18,5

1. Woche

13,5–17,5

2. Woche

12,5–16,5

1. Monat

10–14

bis 2. Monat

9–11,5

bis 3.–6. Monat

9,5–11,5

1 Jahr

10–12

5 Jahre

11–13

12 Jahre

12–14

16 Jahre, Mädchen

14

16 Jahre, Jungen

15

Blut Wichtig für Anästhesie und Operation sind das Blutvolumen und die Hb-Werte in den verschiedenen Altersgruppen (. Tab. 34.3 und 34.4). Weiterhin ist zu beachten:

5 Bei Neugeborenen und Kleinkindern führen bereits geringe Blutverluste zu lebensbedrohlichem Volumenmangel 5 Der Blutdruck fällt proportional zum Blutverlust ab 5 Während der Narkose besteht eine enge Beziehung zwischen systolischem Blutdruck und zirkulierendem Blutvolumen 5 Bei Neugeborenen kann die Höhe des Blutdrucks als guter Anhalt für den Blutersatz gelten

O2-Verbrauch des Neugeborenen und Reaktion auf Hypoxie > Der O2-Verbrauch ist doppelt so hoch wie der des Erwachsenen. Schon ein kurzer Atemstillstand führt zur Hypoxie.

Unabhängig von der Ursache reagieren Neugeborene auf Hypoxie mit: 5 Bradykardie (!) 5 Anstieg des peripheren und pulmonalarteriellen Gefäßwiderstands 5 Abfall des Herzzeitvolumens > Bei unklarer Bradykardie muss immer an eine respiratorisch bedingte Hypoxie gedacht und sofort die Atmung überprüft werden!

Regulation der Körpertemperatur 5 Neugeborene und Kleinkinder kühlen in kalter Umgebung sehr rasch aus (kein Muskelzittern!) 5 Ältere Kinder reagieren dagegen mit Muskelzittern auf Kältereize (ab 6. Lebensjahr) 5 In allen Altersgruppen soll während der Anästhesie und Operation eine normale Körpertemperatur erhalten bleiben 5 Andererseits kann jedoch die Körpertemperatur während einer Narkose auch bedrohlich ansteigen z Ursachen des intraoperativen Anstiegs der Körpertemperatur

5 zu hohe Atropindosis

34.2 · Anästhesievorbereitung

5 Dehydrierung (Flüssigkeitsmangel) 5 Zu starkes Abdecken mit OP-Tüchern 5 Funktionsstörung der Wärmedecke 5 Maligne Hyperthermie

Flüssigkeitsgleichgewicht und Stoffwechsel 5 Neugeborene und Kinder besitzen relativ mehr Körperwasser als Erwachsene 5 Sie benötigen größere Flüssigkeitsmengen 5 Flüssigkeitsverluste werden schlecht toleriert und führen schnell zu Dehydrierung/ Volumenmangel. Kinder benötigen daher größere Flüssigkeitsmengen pro kgKG. Die Nieren des Neugeborenen sind unreif 34.2  Anästhesievorbereitung 34.2.1  Prämedikationsvisite

Die Ziele der Anästhesievorbereitung sind die gleichen wie bei Erwachsenen (7 Kap. 13).

Einschätzung 5 Anamnese (Befragung der Eltern), sorgfältige Gerinnungsanamnese bei jedem Kind 5 Begrenzte körperliche Untersuchung: – Inspektion der oberen Atemwege und der Zähne – Auskultation von Herz und Lunge – Wenn Herzgeräusche festgestellt werden: Echokardiografie

Präoperative Laborwerte Grundsatz: Unnötige Blutentnahmen strikt vermeiden! Der Arbeitskreis „Kinderanästhesie“ der DGAI empfiehlt folgendes Vorgehen: > Wichtig 5 Keine routinemäßige Bestimmung von Blutbild, Elektrolyten und Gerinnungsparametern vor kleinen operativen Eingriffen.

309

34

5 Kein kleines Blutbild bei Hinweisen auf Trimenon-Anämie. 5 Kein Gerinnungsstatus für Regionalanästhesien, Adenotomien und Tonsillektomien, wenn die Anamnese unauffällig ist.

Bei bestimmten Erkrankungen und großen Operationen empfiehlt die DGAI die in . Tab. 34.5 zusammengestellten Laborparameter zu bestimmen.

Thoraxröntgenbild, EKG Nicht routinemäßig indiziert, sondern nur bei Kindern mit Hinweisen auf Erkrankungen des Herzens oder der Lunge.

Kinderkrankheiten und Impfungen Besteht der Verdacht auf Exposition oder Ansteckung mit bestimmten Infektionserregern, sollte die Inkubationszeit bei der OP-Terminplanung berücksichtigt werden (DGAI). Inkubationszeiten wichtiger Kinder­ krankheiten 5 Masern: 10–18 Tage 5 Windpocken 10–20 Tage 5 Röteln: 14–21 Tage 5 Mumps: 14–24 Tage 5 Keuchhusten (Pertussis): 7–24 Tage 5 Scharlach: 2–7 Tage 5 Tetanus 1–24  Tage, manchmal bis Monate 5 Meningokokken: 1–7 Tage 5 Diphtherie: 1–7 Tage

z Hinweise und Empfehlungen der DGAI zu Impfungen

5 Es gibt keine Hinweise auf Komplikationen durch die Anästhesie/Operation bei frisch geimpften Kindern 5 Elektive Eingriffe müssen wegen einer kürzlich erfolgten Impfung nicht verschoben werden

310

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

. Tab. 34.5  Sinnvolle Laborwerte in der Kinderanästhesie (DGAI)

34

Vorerkrankung/Operation

Laborwerte

Große Operationen mit möglichen Blutverlusten

Blutgruppe, Blutzucker, Gerinnungsstatus

Ileus, akutes Abdomen, Pylorushypertrophie

Na+, K+, Säure-Basen-Status

Leberinsuffizienz

Na+, K+, Blutbild, Transaminasen, Quick, NH4, Bilirubin

Niereninsuffizienz

Na+, K+, Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Säure-Basen-Status

Herzinsuffizienz

Na+, K+, Blutbild, Transaminasen, Laktat, Kreatinin, Harnstoff

Gerinnungsstörungen

Gerinnungsstatus, Thrombozyten; Abklärung eines v.-Willebrand-Jürgens-Syndroms

Hämatopoetische/onkologische Krankheiten

Na+, K+, Blutbild, evtl. Differenzialblutbild, Blutgerinnung

5 Ein Sicherheitsabstand zwischen Impfung und elektivem Eingriff kann sinnvoll sein, damit impfbedingte Nebenwirkungen nicht als postoperative Komplikation fehlgedeutet werden Empfehlungen für Zeitabstände zwischen Impfungen und elektiven Eingriffen (ohne wissenschaftliche Belege) 5 14 Tage bei Impfung mit Lebendimpfstoffen wie bei Masern, Mumps, Röteln, Polio (oral), Varizellen, BCG, Typhus 5 3 Tage bei Impfungen mit Totimpfstoff wie bei Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio (parenteral), Influenza, Hepatitis, Tollwut, FSME, Cholera

Psychologische Vorbereitung Die Aufnahme ins Krankenhaus, die damit verbundenen medizinischen Maßnahmen und die Trennung von den Eltern führen bei sehr vielen Kindern zu Ängsten und Rückzugs­ verhalten, bei einigen auch zu psychischem Trauma mit langanhaltenden Wirkungen. Schlussfolgerungen: 5 Untersuchung des Kindes möglichst im Beisein eines Elternteils

5 Vertrauen des Kindes gewinnen 5 Die wichtigsten Anästhesiemaßnahmen mit einfachen Worten aber genau erklären, nicht lügen 5 Dabei auch beruhigend und versichernd auf die Eltern einwirken 34.2.2  Präoperatives Vorgehen

Akute Atemwegsinfekte z Perioperative Gefahren akuter Atemwegsinfekte

5 Laryngospasmus 5 Bronchospasmus 5 Schwellung der Atemwege mit Verlegung 5 Postoperative Atelektasen und Pneumonien z Empfohlenes Vorgehen (DGAI)

5 Bei Fieber (>38,5°C), eitrigem Sekret oder eitrigem Auswurf, beeinträchtigtem Allgemeinbefinden: elektive Eingriffe mindestens bis zum Abklingen des Akutstadiums verschieben 5 Eine laufende Nase oder ein Infekt der oberen Atemwege ohne die angeführten Zeichen ist meist kein Grund, den elektiven Eingriff zu verschieben

34

311

34.2 · Anästhesievorbereitung

. Tab. 34.6  Fütterungsschema (DGAI) Alter

Feste Nahrung, Muttermilch

Milchnahrung

Klare Flüssigkeita

1 Jahr

6 h

Keine

2 h

a„klare“

Flüssigkeiten sind z. B. Tee oder Apfelsaft mit Zucker, Wasser, Mineralwasser, Cola, Fanta. Sie dürfen weder Fett noch Partikel noch Alkohol enthalten. Einige Autoren empfehlen klare Flüssigkeiten sogar bis zu 1 h präoperativ

5 Bei Kindern mit rezidivierenden Atemwegsinfektionen, bei denen der Fokus saniert werden soll, muss individuell entschieden werden, weil ohne OP meist keine Infektfreiheit zu erwarten ist 5 Durch Einsatz der Larynxmaske anstelle des Endotrachealtubus lässt sich die Häufigkeit respiratorischer Komplikationen senken

Präoperative Nahrungskarenz Bei Kindern ist ein dem Alter angepasstes Fütterungsschema erforderlich (. Tab. 34.6). Eine zu lange prä- und postoperative Nahrungskarenz führt bei kleinen Kindern rasch zu Hypoglykämie, Dehydratation und Ketoazidose und muss daher strikt vermieden werden. 5 Bei speziellen Erkrankungen, z. B. Diabetes mellitus, kann das Schema modifiziert werden 5 Postoperativ können Kinder 3–4 h nach unkomplizierten Eingriffen und Narkosen wieder Nahrung erhalten

Prämedikation Midazolam ist das Standardmedikament, wobei ein starres Prämedikationsschema vermieden werden muss. z Prämedikationsgrundsätze

5 Kinder unter 6 Monaten erhalten keine Prämedikation 5 Die Prämedikation sollte schmerzlos sein: darum möglichst keine i­ .m.-Spritzen! Kinder unter 3 Jahren werden bevorzugt

oral oder rektal prämediziert, z. B. mit Midazolam (unten) 5 Atropin sollte frühestens (wenn überhaupt) während oder kurz nach der Einleitung i.v. gegeben werden. Dosierung: 0,01 mg/kgKG, Minimaldosis 0,1 mg, Höchstdosis 0,5 mg z Midazolam

Kann oral, i.m., transnasal oder rektal zugeführt werden 5 Oral – Dosierung 0,4–0,5 mg/kgKG p.o. – Wirkungseintritt: nach ca. 30 min – Wirkdauer: ca. 45 min – Aufwachzeit: nicht verlängert 5 Nasal – Brennt, daher bei Kindern unbeliebt – Dosierung 0,2–0,5 mg/kgKG – Wirkungseintritt: schnell: 5–10 min – Gefahr der Atemdepression mit Abfall der arteriellen O2-Sättigung > Intravenöse und nasale Zufuhr von Midazolam bei Kindern nur unter Notfallbereitschaft und in Gegenwart des Arztes!

z Clonidin

5 Kann oral oder rektal zugeführt werden 5 Dosierung: 4 µg/kgKG 5 Wirkungseintritt: oral nach ca. 45 min, rektal nach ca. 30 min 5 Vorteile: gute Sedierung, geringe psychische Nebenwirkungen 5 Nachteile: lange Wirkdauer; schnelles Erwachen bei Geräuschen

312

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

34.2.3  Wahl des

Sevofluran

5 Für Kinder ist die Allgemeinnarkose das Verfahren der Wahl 5 Alleinige Regionalanästhesien sind die Ausnahme 5 Bei Kindern werden die gleichen Narkosemittel und Hilfsmedikamente angewendet wie bei Erwachsenen

5 Sevofluran ist das Standardinhalationsanästhetikum in der Kinderanästhesie 5 Bewirkt eine schnelle Narkoseausleitung und ein rasches Erwachen 5 Irritiert nicht die Atemwege und ist daher für die Inhalationseinleitung besonders gut geeignet 5 Die kardiovaskulären Wirkungen sind gering 5 Sevofluran ist – wie alle volatilen Anästhetika – eine Triggersubstanz der malignen Hyperthermie

Anästhesieverfahrens

34.3  Anästhetika 34.3.1  Volatile Anästhetika

34

5 Aufnahme und Elimination: Inhalationsanästhetika werden von kleinen Kindern schneller aufgenommen und ausgeatmet 5 Dosisbedarf: ist bei kleinen Kindern höher, nimmt dann mit dem Alter ab 5 Inhalationseinleitung: geeignet ist Sevofluran 5 PONV: hoher Risikofaktor z Kardiovaskuläre Wirkungen

5 Bei Säuglingen und kleineren Kindern sind die kardiovaskulären Nebenwirkungen stärker ausgeprägt 5 Gefahren zu hoher Konzentration: Bradykardie, Blutdruckabfall, Herzstillstand 5 Bei Überdosierung kann, v. a. in der Einleitungsphase, leichter eine Bradykardie mit Blutdruckabfall oder gar ein Herzstillstand auftreten als bei älteren Kindern und Erwachsenen z Respiratorische Wirkungen

5 Volatile Inhalationsanästhetika vermindern den zentralen Atemantrieb bereits in sehr niedrigen Konzentrationen 5 Daher sollten gerade kleine Kinder während der Inhalationsanästhesie kontrolliert beatmet werden

MAC-Werte von Sevofluran bei Kindern 5 Neugeborene: 3,3 Vol.-% 5 Säuglinge: 3,2 Vol.-% 5 1–12 Jahre: 2,5 Vol.-% 5 Zusatz von 60% Lachgas reduziert den MAC-Wert um ca. 25% (Erwachsene: ca. 60%)

z Einleitung per Inhalation

5 Risiko der Maskeneinleitung: noch kein Venenzugang für Notfallsituationen vorhanden 5 Mit hohen inspiratorischen Konzentrationen beginnen: ca. 8 Vol.-%, vorher das System mit dem Gas füllen 5 Wenn das Kind sicher eingeschlafen ist (meist innerhalb von 1 min): Konzentration verringern (ca. 4 Vol.-%) 5 Venenkanüle erst legen, wenn die Narkose tief genug ist z Aufwachzeiten und -verhalten

5 Die Kinder wachen sehr rasch auf 5 In der Ausleitungsphase tritt  relativ häufig eine erhebliche Unruhe und Agitiertheit („Aufwachdelir“) auf 5 Soforttherapie: 0,5-1 mg Propofol i.v., bei Bedarf wiederholt, bis das Delir vorüber ist

313

34.3 · Anästhetika

Isofluran 5 Isofluran riecht stechend 5 Kann bei der Narkoseeinleitung Husten, Laryngospasmus oder Atemanhalten bis hin zur Hypoxämie auslösen 5 Ist darum für die Inhalationseinleitung nicht gut geeignet, kann aber nach i.v.-Einleitung eingesetzt werden MAC-Werte von Isofluran bei Kindern 5 Neugeborene: 1,6 Vol.-% 5 F r ü h g e b o r e n e   < 3 2 .   W o c h e : 1,3 ­Vol.-%, 32.–37. Woche: 1,4 Vol.-% 5 Säuglinge 6–12 Monate: 1,8 Vol.-% 5 1.–5. Lebensjahr: 1,6 Vol.-% 5 Zusatz von 60% Lachgas reduziert den MAC-Wert um ca. 40%

34

34.3.2  Intravenöse Anästhetika z Narkoseeinleitung

5 Propofol ist das Standard mittel 5 Thiopental wird nach wie vor verwendet, aber wesentlich seltener 5 Etomidat wird nur ganz selten eingesetzt 5 Ketamin ist speziellen Situationen vorbehalten z TIVA

5 Propofol, kombiniert mit einem Opioid, ist das Standardmedikament 5 Bei Früh- und Neugeborenen sollte eine TIVA wegen der abweichenden Pharmakokinetik und -dynamik nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden 5 Dosierung von i.v.-Anästhetika: . Tab. 34.7

z Nebenwirkungen

Propofol

5 Blutdruckabfall 5 Atemdepression 5 Laryngospasmus bei Narkoseausleitung und Extubation

Die hypnotischen und anästhetischen Wirkungen bei Kindern entsprechenden denen von Erwachsenen (7 Kap. 8). 5 Bewirkt starken Injektionsschmerz: 0,5%ige Lösung verwenden, in große Vene injizieren, Propofol-Lipuro bevorzugen, Opioide vorgeben 5 In der Regel ruhiges Erwachen, geringere Herz-Kreislauf-Wirkungen als beim Erwachsenen 5 Zu beachten: Kontaminationsrisiko: immer frisch zubereiten, nur kurze Zeit anwenden

Desfluran 5 Stimuliert die oberen Atemwege 5 Bewirkt bei vielen Kindern und Erwachsenen Atemanhalten, Husten und Laryngospasmus 5 Zu beachten: Desfluran ist wegen seiner respiratorischen Effekte für die Inhalationseinleitung von Kindern nicht geeignet MAC-Werte von Desfluran bei Kindern

Propofoldosierungen

5 Neugeborene: 9,2 Vol.-% 5 1–6 Monate: 9,4 Vol.-% 5 6–12 Monate: 9,2 Vol.-% 5 1–12 Jahre: 8 Vol.-% 5 Zusatz von 60% Lachgas reduziert den MAC-Wert um ca. 20% (Erwachsene: ca. 60%)

5 Narkoseeinleitung: 5 Neugeborene: 1–2 mg/kgKG i.v. 5 1–12 Monate: 4–6 mg/kgKG i.v. 5 >1 Jahr: 5 mg/kgKG i.v. 5 TIVA: 5 4–6–8 mg/kgKG/h per Infusion

314

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

. Tab. 34.7  Dosierung und Wirkungseintritt gebräuchlicher Anästhetika bei Kindern (nur Anhaltswerte!), nach Wirkung dosieren Substanz

Dosis [mg/kgKG]

Wirkungseintritt [min]

Nebenwirkungen, Komplikationen

Intravenöse Injektion Thiopental

Neugeborene: 3–5 1–2 Monate: 7–10 >1 Jahr: 5–7

1–2

Injektionsschmerz

Propofol

Je nach Alter: 1–6 TIVA: 4–6–8 mg/kg/h

1

Starker Injektionsschmerz

Etomidat

0,3–0,4

1

Myoklonien, Hemmung der Kortisolsynthese

Ketamin S-Ketamin

2–3 1–1,5

1

Gesteigerte Speichelsekretion (Atropin vorgeben!), verzögertes Erwachen bei kurzen Eingriffen, Dysphorie oder Erregungszustände (Benzodiazepine vorgeben!)

Intramuskuläre Injektion Ketamin

Sedierung: 2–3

oben

Anästhesie: 8–12 Rektale Zufuhr

34

Thiopental

40

5–15

Schluckauf

Ketamin

6–10

7–15

oben

Thiopental

Ketamin und Esketamin

Thiopental wird nur für die Narkoseeinleitung verwendet. 5 Schneller Wirkungseintritt, kurze Wirkdauer (wenn nicht nachinjiziert wird) 5 Nebenwirkungen: Atemdepression, Bronchospasmus, Dämpfung der Herz-Kreislauf-Funktion 5 Kontraindikationen: Hypovolämie, Porphyrie, Asthma

5 Bei Kindern sind meist höhere Dosen erforderlich als bei Erwachsenen 5 In der Regel keine Atemdepression, wenn Ketamin langsam i.v. injiziert wird 5 Weitere Vorteile: stabile Hämodynamik, daher bei Hypovolämie, Schock und Herzkrankheiten einsetzbar 5 Unerwünschte Wirkungen: Hypersalivation, psychomimetische Nebenwirkungen

Thiopental zur Narkoseeinleitung

Opioide

5 Neugeborene: 3–5 mg/kgKG 5 1–12 Monate: 7–10 mg/kgKG 5 Ab 1 Jahr: 5–7 mg/kgKG

Es werden die gleichen Opioide verwendet wie beim Erwachsenen: Fentanyl, Sufentanil, Remifentanil

315

34.4 · Narkosezubehör

34

. Tab 34.8  Anschlagzeit und Wirkdauer von ND-Relaxanzien bei Vollrelaxierung Relaxans

Intubationsdosis [mg/kgKG]

Anschlagzeit [min]

Wirkdauer bei Neugeborenen und Säuglingen [min]

Wirkdauer bei älteren Kindern [min]

Mivacurium

0,2–0,25 (ab 12 Monate)

ca. 2

ca. 6

ca. 10

Cisatracurium

0,1

3–5

ca. 32

Atracurium

0,3 (Neugeborene) bis 0,5 (ältere Kinder)

ca. 3,8

ca. 32

ca. 25

Rocuronium

0,6–0,8

45–90 s

40

25

Vecuronium

0,1

1,5

55–73

20–35

Pancuronium

0,07

1,5

70

35

Opioide bei Kindern 5 Fentanyl – Direkt vor der Narkoseeinleitung 1–3 µg/kgKG i.v. – Wiederholungsdosen: 0,5 µg/kgKG i.v. – Wirkdauer: ca. 30–45 min i.v. 5 Sufentanil – Direkt vor der Narkoseeinleitung: 0,1–0,3 µg/kgKG langsam i.v. – Wiederholungsdosen: 0,05–0,1 µg/ kgKG i.v. – Wirkdauer: ca. 30–40 min 5 Remifentanil – 0,2–0,5 µg/kgKG/min mit Perfusor – Wirkdauer ca. 5–10 min

34.3.3  Muskelrelaxanzien

Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien sind die Substanzen der Wahl in der Kinderanästhesie. In . Tab. 34.8 sind die Eigenschaften gebräuchlicher ND-Relaxanzien zusammengestellt.

Succinylcholin Zu beachten: Succinylcholin ist in der Kinderanästhesie nur ein Notfall- bzw.

­ eservemedikament und sollte möglichst R nicht eingesetzt werden. 5 Dosierungen:  Wichtig Die gefährlichsten Nebenwirkungen von Succinylcholin sind: 5 Bradykardie 5 Rhabdomyolyse und plötzlicher Herzstillstand bei Kindern mit Duchenne-Muskeldystrophie 5 Masseterspasmus und maligne Hyperthermie

34.4  Narkosezubehör

Zu beachten: In der Kinderanästhesie muss das Zubehör dem Kind angepasst werden, nicht das Kind dem Zubehör.

316

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

. Tab. 34.9  Rendell-Baker-Masken, Teller-Masken Alter

 Rendell-Baker-Maske Nr.

Totraum [ml]

Tellermaske Nr.

Frühgeborene

0

2

1

Neugeborene

1

4

1

1–3 Jahre

2

8

2, 3

4–8 Jahre

3a

15

3

aDie

34

Maske Nr. 3 dichtet schlecht ab und sollte daher nicht verwendet werden

34.4.1  Masken und Tuben

. Tab. 34.10  Atembeutelgröße bei Kindern

Atemmasken

Körpergewicht [kg]

Atembeutelgröße [l]

Für kleine Kinder müssen Masken mit minimalem Totraum verwendet werden. Runde Masken und Masken mit aufblasbarem Rand sollten bevorzugt werden. In . Tab. 34.9 sind gebräuchliche Größen mit dem zugehörigen Totraum zusammengefasst.

50 kg

3-l-Beutel

Atembeutel

Spatelgrößen bei Kindern 5 0 gerade: Frühgeborene 5 1 gerade: Neugeborene 5 1 gebogen: Säuglinge 5 2 gebogen: Kinder

Erwachsenenatembeutel dürfen bei Kindern nicht verwendet werden, da hiermit die Beatmung schlecht steuerbar ist. Die Wahl der Atembeutelgröße richtet sich nach dem Körpergewicht (. Tab. 34.10).

Endotrachealtuben

Guedel-Tuben

z Tubusgröße

Die Wahl der Größe richtet sich nach dem Alter: 000, 00, 0, 1, 2 und 3. Es sollten nicht zu kleine Tuben nehmen, weil sonst die Zunge nicht ausreichend heruntergedrückt wird.

Die Größe des Tubus richtet sich primär nach dem Alter des Kindes (. Tab. 34.11), bei Kindern unter 2 Jahren am ehesten nach dem Durchmesser des Kleinfingers. Als grober Anhalt für die Tubusgröße in der Altersgruppe von 2–14 Jahren können folgende Formeln dienen: 5 Ungeblockter Tubus: innerer Durchmesser (in mm) Alter (in Jahren) = + 4, 5 4 5 Geblockter Tubus: innerer Durchmesser (in mm) 

Laryngoskope Gerade Spatel erleichtern die Einstellung und Immobilisierung des Kehlkopfs von Neugeborenen und Kleinkindern, bei Kindern mit Zähnen sind dagegen gebogene Spatel vorteilhafter. Folgende Größen sollten auf dem Intubationsset für die Kinderanästhesie bereitgestellt werden:

=

4 + Alter (in Jahren) 4 → a¨ ußerer Durchmesser in Charr = 18 + Alter

317

34.4 · Narkosezubehör

. Tab. 34.11  Richtgrößen von Endotrachealtuben für Kinder Alter

Innerer Durchmesser [mm]

Frühgeborenes

2,5–3

Neugeborenes

3,5

1 Jahr

4

2 Jahre

4,5

4 Jahre

5

6 Jahre

5,5

8 Jahre

6

10 Jahre

6,5

12 Jahre

7

14 Jahre

7,5

16 Jahre

8

34

. Tab. 34.12  Richtwerte für den Abstand von der Lippe bis zur Tracheamitte zur Abschätzung der korrekten Tubuslage Alter

Entfernung Lippe – Tracheamitte [cm]

Frühgeborene

10

Reife Neugeborene

11

1–6 Monate

11

6–12 Monate

12

2 Jahre

13

4 Jahre

14

6 Jahre

15–16

8 Jahre

16–17

10 Jahre

17–18

12 Jahre

18–20

14 Jahre und mehr

20–24

z Tuben mit oder ohne Cuff?

5 Bei Früh- und Neugeborenen bzw. Kindern bis zum 4. Lebensmonat werden Tuben ohne Blockmanschette eingesetzt 5 Ab ca. 3 kgKG Tuben mit Cuff 5 Cuffdruck auf maximal 20 cmH2O begrenzen 5 Den größten Tubus verwenden, der leicht durch die Stimmritze und die subglottische Region gleitet. Ein Leck sollte erst ab einem Beatmungsdruck von 20 cmH2O auftreten 5 Für einen festen Sitz muss der Tubusadapter mindestens den gleichen inneren Durchmesser haben, wie der Tubus z Nasal oder oral intubieren?

5 Bei Operationen wird meist oral intubiert; nasal ist bei Neugeborenen jedoch einfacher 5 Bei Nachbeatmung oder Langzeitintubation: nasal

z Wie tief soll der Tubus platziert werden?

Wie weit ein Tubus vorgeschoben wird, richtet sich ebenfalls nach dem Alter. . Tab. 34.12 gibt die Richtwerte an.   Folgende  Formel kann verwendet werden: Tiefe (cm) = 3 × ID in mm. Der Tubus liegt korrekt, wenn sich die Spitze beim Neugeborenen 2 cm, bei älteren Kindern 2–4 cm über Karina befindet. > Die korrekte Tubuslage muss sofort nach der Intubation durch sorgfältige Auskultation überprüft werden. Die Eindringtiefe des Tubus wird an der Zahnleiste mit permanentem Farbstift markiert und zusätzlich im Narkoseprotokoll vermerkt.

5 Beim Überstrecken des Kopfs kann der Tubus aus der Luftröhre herausgleiten und in den Ösophagus gelangen. Sofortige Lagerkontrolle!

318

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

5 Bei Kopfbeugung (Kinn auf die Brust) kann die Tubusspitze in einen Hauptbronchus gelangen: einseitige Intubation! Daher auch bei solchen Manövern sofort Lagekontrolle! 34.4.2  Weiteres Zubehör

Narkosesysteme Halbgeschlossene Narkosesysteme sind der Standard in der Kinderanästhesie. Diese Systeme haben folgende Vorteile: 5 Gute Anfeuchtung und Erwärmung der Atemgase 5 Geringerer Narkosegasverbrauch 5 Low-flow- und Minimal-flow-Narkosen möglich 5 Weniger Umweltbelastung 5 Bessere Überwachungsmöglichkeiten

34

Blutdruckmanschetten 2 3

Indikationen sind: 5 Lange OP-Zeiten 5 Wenn die Urinausscheidung kontinuierlich überwacht werden muss Bei Neugeborenen werden ungeblockte Katheter verwendet, bei Säuglingen und größeren Kindern Ballonkatheter. Richtgrößen für Blasenkatheter bei Kindern 5 Neugeborene: 4–6 Charr 5 5–10 kgKG: 6 Charr 5 10–20 kgKG: 8 Charr 5 20–40 kgKG: 10 Charr 5 >40 kgKG: 12 Charr

34.5  Monitoring

3 4

Die Manschette muss − des Arterienverlaufs am Oberarm umschließen.

Magensonden Sie werden in der Regel nach der Narkoseeinleitung eingeführt. Indikationen sind: 5 Abdominelle Eingriffe 5 Entlastung des Magens, wenn bei der Maskenbeatmung Luft in größerer Menge in den Magen eingedrungen ist 5 Wenn postoperativ eine Sondenernährung geplant ist Richtgrößen für Magensonden bei Kindern 5 Frühgeborene: 5 Char 5 bis 1 Jahr: 8 Charr 5 1–2 Jahre: 10 Charr 5 2–6 Jahre: 12 Charr 5 6–12 Jahre: 14 Charr 5 >12 Jahre: 16 Charr

Blasenkatheter

34.5.1  Überwachung während der

Narkose

z Basisüberwachung bei Routineeingriffen

5 EKG 5 Blutdruck (automatische NIBP-Messung) 5 Pulsoxymeter 5 Kapnometer 5 Relaxometer bei Einsatz von ND-Relax­ anzien 5 Thermosonde: ösophageal oder rektal 5 Präkardiales Stethoskop z Erweiterte Überwachung

Je nach Operation können die Überwachungsmaßnahmen erweitert werden: 5 Relaxometrie (N. ulnaris am Handgelenk, alternativ: N. peronaeus am Fibulaköpfchen, N. tibialis am Fußknöchel) 5 Invasive arterielle Druckmessung (A. radialis, A. femoralis, A. axillaris) 5 ZVD bei großen Eingriffen

319

34.5 · Monitoring

5 Urinausscheidung: bei allen größeren Operationen 5 Blutgase, Säure-Basen-Parameter und andere Laborwerte 34.5.2  Venöse Katheter

Zentraler Venenkatheter Indikationen sind: 5 Große operative Eingriffe 5 Zufuhr von kardiovaskulären Medikamenten und anderen Pharmaka 5 Parenterale Ernährung Punktionsstellen sind: 5 V. jugularis interna 5 V. jugularis externa 5 V. subclavia 5 V. femoralis z Anlage des Katheters

5 Die V. jugularis interna oder die V. subclavia werden in Allgemeinnarkose katheterisiert 5 Die V. femoralis kann häufig auch unter leichter Sedierung katheterisiert werden 5 Empfohlen wird die ultraschallgesteuerte Katheteranlage 5 Die Katheterspitze sollte am Eingang in den rechten Vorhof liegen: Kontrolle mit Alphacard, sonst Röntgenbild des Thorax

34

5 Kopf leicht zur Gegenseite drehen, außerdem etwas überstrecken, um die Haut zu straffen, dann Kopf mit Kissen oder zusammengerolltem Tuch abstützen 5 Bei ultraschallgestützter Punktion: Schallkopf in sterile Schutzhülle verpacken. Je nach persönlichem Geschick: Punktion in Inline- oder Out-of-planeTechnik 5 Punktion der Vene in Höhe des Schildknorpels unmittelbar lateral von der A. carotis in nur wenigen mm Tiefe 5 Liegt der Draht sicher in der Vene, wird der Stichkanal dilatiert, dann der Katheter vorgeschoben, auf korrekte Lage kontrolliert (Durchleuchtung) und sicher fixiert (am besten mit Naht). Für den Abstand vom Hautniveau bis zur Katheterspitze gelten in der Regel folgende Maße: – Neugeborene und Säuglinge: ca. 4–6 cm – Kleinkinder: ca. 6–8 cm z Komplikationen

5 Versehentliche Punktion (oder Katheterisierung!) der A. carotis 5 Pneumothorax 5 Punktion des Ösophagus oder der Trachea 5 Verletzung von Nerven

V. subclavia-Katheter Anlage des Katheters: wie beim Erwachsenen, jedoch in Narkose.

V. jugularis interna-Katheter

z Praktisches Vorgehen

Die Vene wird mit Seldinger-Technik katheterisiert; die rechte Vene sollte bevorzugt werden.

5 Zunächst wie bei V. jugularis interna vorgehen 5 Kind auf dem Rücken lagern, Schultern durch kleines Kissen oder Laken unterpolstern, Kopf zur Gegenseite drehen, den Arm der Punktionsseite leicht nach unten ziehen, rechte Vene bevorzugen! 5 Kanüle vorschieben bis sicher Blut aspiriert werden kann (bei Säuglingen in ca. 1–1,5 cm Tiefe)

z Praktisches Vorgehen

5 Narkose einleiten 5 Kind auf den Rücken lagern, Kissen unter die Schultern legen 5 Punktionsgebiet desinfizieren, dann mit sterilen Tüchern abdecken

320

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

5 Seldinger-Draht mit J-Spitze (gelegentlich auch mit geradem Draht) vorsichtig in das Gefäß einführen, nun den Katheter vorschieben (am besten unter Durchleuchtung mit abschließendem Röntgenbild), für den Abstand von der Haut bis zur Katheterspitze gelten zumeist folgende Maße: – Neugeborene und Säuglinge: 4–6 cm – Kleinkinder: 6–8 cm z Komplikationen

Wie beim Erwachsenen: 5 Pneumothorax 5 Punktion der A. subclavia 5 Punktion der Trachea 5 Punktion der Aorta (bei linkem Zugang)

34

z Anhaltswerte für arterielle Kathetergrößen

5 30 kgKG: 1,1 mm (20 G) z Praxishinweise

5 Bei Blutentnahme vorsichtig aspirieren, da starkes Ansaugen die Gefäßinnenhaut schädigt 5 Kochsalz zur Spülung des Systems nur langsam injizieren! Rasche Injektion kann die Flüssigkeit rückwärts in die A.  subclavia oder A.  carotis pressen; dabei Gefahr der zerebralen Luft- oder Gerinnselembolie

V. femoralis-Katheter

34.6  Anästhesiepraxis

5 Mögliche Indikationen – Große Eingriffe im Kopfbereich – Kardiopulmonale Reanimation 5 Kontraindikationen – Große Unterbaucheingriffe – (Erhöhte) Thrombosegefahr

Komplikationen treten in der Kinderanästhesie häufiger auf als beim Erwachsenen und zudem häufiger, wenn unerfahrene Ärzte die Anästhesie durchführen.

34.5.3  Arterielle Kanülierung

> Die Letalität ist bei Kindern bis zum 10. Lebensjahr etwa 10-mal höher. Betroffen sind v. a. Kindern  Qualitätskriterien der Kinderanästhesie

5 Mögliche Punktionsorte 5 A. radialis 5 A. ulnaris 5 A. femoralis 5 A. axillaris 5 A. dorsalis pedis > Wichtig 5 Punktionsort der ersten Wahl ist die A. radialis, gefolgt von der A. femoralis!

5 Verwendet werden Kunststoffkanülen oder kurze, mit Seldinger-Technik eingeführte Katheter 5 Kanüliert wird meist erst nach der Narkoseeinleitung

5 Anästhesie bei Früh- und Neugeborenen, Säuglingen und schwer kranken Kindern nur durchgeschultes und erfahrenes Kinderanästhesieteam 5 Präoperative Ängste vermindern: Kind und Eltern angemessen aufklären, wenn nötig das Kind mit Anxiolytikum prämedizieren 5 Hypoxie verhindern, kontrolliert Sauerstoff zuführen 5 Normokapnie: das Kind normoventilieren, mit Kapnometrie kontrollieren, nicht hyper- oder hypoventilieren 5 Normovoläme und normalen Blutdruck aufrechterhalten: Flüssigkeitsmangel durch kurze Nüchternzeit

321

34.6 · Anästhesiepraxis

verhindern, intraoperativ adäquat Volumen zuführen (Vollelektrolytlösung), wenn nötig Vasopressor i.v. 5 Normale Herzfrequenz: Bradykardien sofort behandeln, Hypoxie als Ursache ausschließen 5 Normale Natriumkonzentration im Serum: keine hypotonen Infusionslösungen geben, Na+ bei großen Eingriffen regelmäßig kontrollieren 5 Normale Blutzuckerkonzentration: kurze Nüchternzeit, BZ bei großen Eingriffen regelmäßig kontrollieren, bei Risikokindern Glukose zuführen 5 Normothermie: Auskühlung verhindern, aktives Wärmemanagement 5 Postoperative Schmerzen verhindern

34.6.1  Narkoseeinleitung

Die Narkoseeinleitung ist für Kinder ein besonders kritischer Zeitpunkt und oft mit Angst verbunden. Sie muss behutsam und geduldig, in ruhiger Umgebung erfolgen. Mögliche Einleitungsmethoden sind: 5 intravenös 5 per Inhalation 5 intramuskulär 5 rektal

Intravenöse Einleitung Die i.v.-Einleitung ist sicherer als die Inhalationseinleitung, besonders bei Neugeborenen und Säuglingen. Sie ist obligat bei: 5 Nicht nüchternen Kindern 5 Verdacht auf Intubationsschwierigkeiten 5 Sehr kranken Kindern (ASA 3 und höher) > Liegt bereits ein Venenzugang, sollte immer i.v. eingeleitet werden.

5 Vorteile der i.v. Einleitung: – Schnell, geruchlos, keine Ängste wegen der Maske – Weniger respiratorische Komplikationen wie Husten, Laryngospasmus, Obstruktion der Atemwege, Abfall der O2-Sättigung, postoperativer Stridor

34

5 Nachteile der i.v. Einleitung: – Schmerzhafter Stich, wenn kein ­EMLA-Pflaster verwendet wird – Schwierige Venenpunktion möglich, besonders bei Säuglingen z Propofol

Am häufigsten wird mit Propofol eingeleitet! 5 Bei Kindern sollte die 0,5 %ige Lösung (Propofol-Lipuro 5  mg/ml) verwendet werden, weil die Injektionsschmerzen geringer sind 5 Dosierung: . Tab. 34.7 in Abschn. 1.3.2

Einleitung per Inhalation Sevofluran ist das Inhalationsanästhetikum der Wahl für die Narkoseeinleitung von Kindern unter 7–8 Jahren. Desfluran und Isofluran sind hierfür nicht geeignet. 5 Die Inhalationseinleitung erfordert einen in der Kinderanästhesie erfahrenen Facharzt 5 Um die Einleitungsphase abzukürzen, wird Sevofluran anfangs in hoher Konzentration zugeführt, dann nach dem Bewusstseinsverlust reduziert 5 Dann Blutdruckmanschette anlegen, EKG-Monitor anschließen und Venenzugang legen Erregte Kinder sollten nicht mit Gewalt per Inhalation eingeleitet werden. Hier empfiehlt sich die (erneute) Zufuhr von Midazolam, z. B. nasal oder rektal. Alternativ kann auch Ketamin oder Esketamin oral oder nasal (am besten versprüht) verabreicht werden.

Intramuskuläre Einleitung Nur in Ausnahmefällen sollt die Narkose i.m. eingeleitet werden, z. B. bei heftiger Abwehr des Kindes oder sehr schlechten Venenverhältnisse. 5 Einleitungsanästhetikum der Wahl ist Ketamin (Ketanest) in einer Dosis von 6–10  mg/kgKG i.m. oder S-Ketamin (Esketamin) 3–5 mg/kgKG

322

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

5 Die i.m.-Einleitung verläuft zuverlässiger als bei der rektalen Zufuhr von Ketamin

Einleitung eines nicht nüchternen Kindes > Maskeneinleitungen und Maskennarkosen sind kontraindiziert!

z Voraussetzungen

5 Venöser Zugang, wenn erforderlich unter Sedierung 5 Gesamtes Instrumentarium zur Sicherung der Atemwege am Platz 5 Erfahrener Anästhesist unmittelbar anwesend z Magensonde

34

5 Bei intestinaler Obstruktion, z. B. Pylorospasmus oder Dünndarmileus, möglichst bereits auf der Station einführen und den Magen absaugen 5 Kommt das Kind ohne Magensonde in den OP, muss individuell entschieden werden 5 Liegende Magensonde vor der Narkoseeinleitung immer herausziehen; nach der Einleitung neu einführen z Lagerung

5 Keine spezielle Lagerung empfohlen 5 Das Kind so lagern, dass es optimal beatmet und intubiert werden kann z Präoxygenierung

5 3–5 min mit 100% O2unter hohem Flow z Einleitung

5 Immer i.v. und unter Muskelrelaxierung 5 Standard sind Propofol und Rocuronium. Succinylcholin ist zugelassen, sollte aber vermieden werden 5 Narkose und Relaxierung müssen ausreichend tief sein, um Husten und Würgen zu verhindern

5 Krikoiddruck bei der Intubation wird nicht empfohlen z Nach der Einleitung

5 Nach der Narkoseeinleitung kann das Kind mit „sanftem“ Überdruck (maximal 10–12 cmH2O über die Maske beatmet werden, um das Blut maximal zu oxygenieren und ausreichend Zeit für die endotracheale Intubation zu schaffen. 5 Dicke Magensonde einführen, Magen absaugen

Venöser Zugang Spätestens nach der Narkoseeinleitung – bei schwerkranken Kindern bereits vorher – sollte ein venöser Zugang gelegt werden. Hierzu gehören bei kleinen Kindern Geschicklichkeit und Geduld. 5 EMLA-Pflaster: 1–2 h vor Punktion anbringen, 10 min vor Punktion wieder entfernen 5 Kanülengröße: Frühgeborene 22–24 G; Kinder bis zu etwa 5 Jahren 20 G; ab etwa 5 Jahren 18 G 5 Punktionsstellen: V. saphena im Knöchelbereich; V. radialis am Handgelenk; V. jugularis externa am Hals 34.6.2  Sicherung der Atemwege

Das Atemwegsmanagement bei Kindern gehört zu den schwierigsten Maßnahmen, zum einen wegen der kleinen Atemwege, zum andern wegen der dabei möglichen respiratorischen Komplikationen. Zwei Verfahren werden eingesetzt: 5 Endotracheale Intubation 5 Larynxmaske

Endotracheale Intubation Neugeborene und Säuglinge (30  min 5 Alter >3  Jahre 5 Strabismus-OP, HNO-OP 5 Postoperativer Einsatz von Opioiden 5 Anamnese für PONV oder Reisekrankheit Ab 3 Punkten liegt ein erhöhtes PONV-­ Risiko vor

z Prophylaxe bei erhöhtem Risiko

34

5 TIVA mit Propofol statt Inhalationsanästhesie 5 Zusätzlich Gabe von Ondansetron 0,1 mg/kgKG (maximal 4 mg) und/oder Dexamethason 0,15 mg/kgKG (maximal 4 mg) z Behandlung von PONV

5 Mittel der Wahl: Ondansetron, sofern es nicht bereits zur Prophylaxe gegeben worden ist, dann Dimenhydrinat, 0,5 mg/kgKG (maximal 62 mg) 5 Mittel der letzten Wahl: Droperidol 0,01 mg/kgKG 34.10  Postoperative

Schmerztherapie

Je jünger das Kind, desto schwieriger die Beurteilung der Schmerzreaktion, v.  a., wenn verbale Schmerzäußerungen nicht möglich sind. 5 Angst und Furcht, übertriebene Aufmerksamkeit und Besorgtheit durch die Eltern können die Schmerzreaktion verstärken 5 Einige Kinder setzen Schmerzäußerungen ein, um besondere Aufmerksamkeit zu erlangen

34.10.1  Schmerzreaktionen

und Einschätzung des Schmerzes

Kleine Kinder können ihre Schmerzen nicht beschreiben. Ärzte und Pflegekräfte müssen aus dem Verhalten des Kinders und Veränderungen physiologischer Parameter den postoperativen Schmerz einschätzen. Hierfür eignet sich die KUSS-Skala (. Tab. 34.16). Die Einschätzung nach der Skala sollte in festen Abständen wiederholt werden. Zu beachten ist hierbei der Wachheitsgrad des Kindes: Schläft das Kind, ist keine Schmerztherapie erforderlich. Ab dem 4.  Lebensjahr werden auch Skalen für die Selbsteinschätzung eingesetzt, z. B. die Smiley-Skala, ab dem 6.– 7. Lebensjahr auch Analogskalen mit einem Bereich von 0–10. 34.10.2  Medikamentöse

Schmerztherapie

Für die postoperative Schmerztherapie werden häufig Analgetika mit Regionalanästhesieverfahren kombiniert (. Tab. 34.17). Bereits vor Anästhesiebeginn sollte dieses Vorgehen eingeplant werden. Für die Behandlung postoperativer Schmerzen werden – wie beim Erwachsenen – zwei Gruppen von Medikamenten eingesetzt: 5 NOPA (Nicht-Opioid-Analgetika wie nichtsteroidale antiinflammatorische Analgetika, NSAID und antipyretische Analgetika) 5 Opioide z Zufuhr

5 Im Aufwachraum werden Analgetika i.v. oder rektal zugeführt 5 Intramuskuläre und subkutane Injektionen sollten grundsätzlich vermieden werden

34

335 34.10 · Postoperative Schmerztherapie

. Tab. 34.16  Einschätzung postoperativer Schmerzen bei nichtbeatmeten Kindern mit KUSS (kindliches Unbehagen- und Schmerzskala) Beobachtung

Bewertung

Punkte

Weinen

Gar nicht

0

Stöhnen, Jammern, Wimmern

1

Schreien

2

Entspannt, lächelnd

0

Mund verzerrt

1

Mund und Augen grimassieren

2

Neutral

0

Unstet

1

Aufbäumen, Krümmen

2

Neutral

0

Strampeln, Treten

1

An den Körper gezogen

2

Nicht vorhanden

0

Mäßig

1

Ruhelos

2

Gesichtsausdruck

Rumpfhaltung

Beinhaltung

Motorische Unruhe

Auf dieser Skala bedeuten: 0 Punkte: keine Schmerzen, 10 Punkte: heftige Schmerzen Ab 4 Punkten: Schmerztherapie erforderlich, hohe Punktzahl: Schmerztherapie ist dringlich

. Tab. 34.17  Schmerztherapie nach einzelnen Eingriffen bei Kindern Eingriff

Maßnahme

Leistenhernien-OP, Orchidopexie

Kaudalblock oder Paracetamol (evtl. +Opioid)

Zirkumzision

Peniswurzelblock oder Paracetamol

Hypospadie

Kaudalblock, Paracetamol

Tonsillektomie

Paracetamol (evtl. + Opioid)

Abdominelle Eingriffe

Paracetamol + Opioid oder Transversus-abdominis-plane-Block (TAP)

Thorakale Eingriffe

Interkostalkatheter oder Paracetamol + Opioid

Klumpfußkorrektur

Ischiadikusblock, Kaudalkatheter oder Paracetamol (+ Opioid)

Kniegelenk-OP, Oberschenkelosteotomie

3-in-1-Block oder Paracetamol + Opioid

Beckenosteotomien

Kaudalkatheter oder Paracetamol + Opioid

Nicht-Opioid-Analgetika (NOPA) NOPA sind die Basis der Schmerztherapie. Sie werden in fester, gewichtsbezogener Dosierung verabreicht. Gebräuchlich sind folgende Substanzen:

5 Paracetamol (i.v.-Präparat Perfalgan) 5 Metamizol (z. B. Novalgin) 5 Diclofenac 5 Ibuprofen

336

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

Wichtigste Vorteile sind ihre lange Wirkdauer und die fehlende Atemdepression. z Paracetamol

34

5 Schwaches, auch fiebersenkendes Analgetikum 5 Wird bei leichten bis mäßigen Schmerzen eingesetzt 5 Für die postoperative Schmerztherapie gibt es wirksamere NSAR-Substanzen als Paracetamol 5 Paracetamol kann rektal, p. o. oder i.v. zugeführt werden. Nach rektaler Zufuhr werden Spitzenkonzentrationen im Blut erst nach 2–3 h erreicht 5 Die maximale Therapiedauer für Paracetamol beträgt 3 Tage ( Paracetamol ist lebertoxisch und die häufigste Ursache für ein Leberversagen bei Kindern. Darum muss die Tageshöchstdosis obligatorisch überprüft werden!

Dosierung von Paracetamol (z. B. ben-­ u-ron und andere Generika) bei Kindern 5 Rektal: zu Beginn 40 mg/kgKG (Neugeborene 20  mg/kgKG), danach 20 mg/kgKG alle 6–8 h 5 Oral: zu Beginn 20 mg/kgKG, danach 15 mg alle 4–8 h 5 Intravenös: 15 mg/kgKG als Kurzinfusion über 15 min (ab 1 Jahr) 5 Maximaldosen: 90  mg/kgKG/Tag; 12 J: 2–2,5 mg i.v. als Einzeldosis 5 Per os: 0,4–0,5 mg/kgKG 5 Rektal 0,5–1 mg/kgKG; maximal 15 mg 5 Intranasal: 0,2–0,3 mg/kgKG 5 Propofol: für tiefere Sedierungsstadien 5 Ca. 3 mg/kgKG i.v. 5 Bei längeren Prozeduren 6–10 mg/kgKG/h über Perfusor

. Tab. 34.18  Sedierungsstufen (Mod. nach DGAI 2010, ASA, AAP) Sedierungsgrad

Benennung

Kennzeichen

I

Minimale Sedierung (Anxiolyse)

Erweckbar durch Ansprechen, volle Kontrolle über die Atemwege, Spontanatmung nicht eingeschränkt

II

Moderate Sedierung

Erweckbar durch Berührung und Ansprechen, Schutzreflexe erhalten, Atemwegskontrolle ohne Hilfsmittel

III

Tiefe Sedierung

Nicht unmittelbar erweckbar, Schutzreflexe teilweise aufgehoben, Atemwegskontrolle teilweise fehlend

IV

Allgemeinanästhesie

Tief bewusstlos und schmerzfrei, vollständiger Verlust der Schutzreflexe und der Atemwegskontrolle

338

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

5 Esketamin: tiefe Sedierung 5 Ca. 0,5–1 mg/kgKG i.v. 5 Danach alle 10–15 min 0,25–0,5 mg/kgKG oder kontinuierlich 1–2 mg/kgKG/h 5 Remifentanil: nach Wirkung titriert 5 Ca. 0,05–0,3 μg/kgKG/min mit erhaltener Spontanatmung z Überwachung der Sedierung

Neben der klinischen Überwachung von Atmung, Herzfrequenz, Bewusstsein und Reaktion auf Stimuli, sollten für die Sedierung ab Grad III folgende Überwachungsgeräte eingesetzt werden: 5 EKG-Monitor 5 Nichtinvasive Blutdruckmessung 5 Pulsoxymeter 5 Bei tiefer Sedierung: Kapnometrie über Nasensonde. Hiermit kann sofort ein Atemstillstand festgestellt werden

z Schnupfen

Eine nichtinfektiöse Rhinitis oder eine Infektion der Adenoide sind kein Grund, den Eingriff nicht ambulant durchzuführen. z Infektionen der Atemwege

Bei klinisch manifesten Infektionen des Respirationstrakts sind elektive Eingriffe kontraindiziert. z Herzfehler

5 Nichtkorrigierte komplexe Herzfehler sind immer eine Kontraindikation für ambulante Operationen 5 Bei unkomplizierten, klinisch nicht auffälligen Fehlern (z. B. kleiner Vorhofseptumdefekt) oder asymptomatischen korrigierten Fehlern sollte individuell entschieden werden z Untere Altersgrenze

34

Tiefe Sedierung: Voraussetzungen 5 Kontinuierliche Überwachung durch eine nur dafür zuständige Person mit spezieller Erfahrung 5 Gebrauchsfertig bereitgestelltes Instrumentarium für die sofortigen Beatmung und Reanimation: Respirator, Intubationszubehör, Larynxmaske oder andere supraglottische Atemwege, Absauggerät, Defibrillator

34.12  Ambulante Anästhesie 34.12.1  Grundsätzliches z Auswahlkriterien für ambulante Eingriffe

Hierfür am besten geeignet sind ansonsten gesunde Kinder, aber auch Kinder mit medikamentös gut eingestellten Erkrankungen wie Asthma oder Epilepsie.

Die untere Altersgrenze bei sonst gesunden Kindern richtet sich v. a. nach der Erfahrung des Anästhesisten und des Pflegepersonals sowie den vorhandenen Ressourcen. > Frühgeborene und ehemalige Frühgeborene bis zu einem postkonzeptionellen Alter von mindestens 50 Wochen sollten nicht ambulant anästhesiert werden.

Für die Versorgung in nichtspezialisierten Praxen wird häufig eine untere Altersgrenze von 6 Monaten bis zu 1 Jahr festgelegt. z Welche Eingriffe?

5 Im Wesentlichen gelten ähnliche Kriterien wie bei Erwachsenen (7 Kap. 50) 5 Eingriffe an der Körperoberfläche ohne Eröffnung einer Körperhöhle stellen den wichtigsten Anteil dar 34.12.2  Anästhesiepraxis

5 Präoperative Untersuchungen: Es gelten die in 7 Kap. 13 aufgeführten Grundsätze

339 34.12 · Ambulante Anästhesie

5 Prämedikation – In der Praxis werden ambulante Kinder oft nicht prämediziert – Sehr ängstliche oder agitierte Kinder können Midazolam erhalten. Der Entlassungszeitpunkt nach der Operation wird hierdurch nicht verzögert und auch die Rate der stationären Aufnahmen nicht erhöht 5 EMLA-Pflaster – Ist die i.v.-Einleitung geplant, sollte 60–90 min vorher EMLA-Pflaster angewandt werden 5 Larynxmaske: Bei den meisten ambulanten Eingriffe können Larynxmasken angewendet werden – Vorteile: keine Relaxierung; kein postoperativer Stridor 5 i.v.-Einleitung: Mittel der Wahl ist Propofol 5 Flüssigkeitszufuhr: In der Regel ist kein Volumenersatz erforderlich z Postoperative Analgesie

5 Mit Wundinfiltration, periphere Nervenblockaden und Sakralblock lässt der postoperative Schmerz hinauszögern 5 NOPA – Basisanalgetika für ambulante Eingriffe – Die erste Dosis des NOPA wird direkt nach der Narkoseeinleitung rektal zugeführt, um eine optimale postoperative Analgesie zu erreichen 5 Opioide – Länger wirkende Opioide werden bei ambulanten Kindern nicht eingesetzt – Nur in Ausnahmefällen, v.  a. bei Nichtansprechen auf NSAID und/ oder lokale Analgesie, können sehr starke akute Schmerzen mit Fentanyl i.v. beseitigt werden > Grundsätzlich sollte das Kind erst nach Hause entlassen werden, wenn die Schmerzen unter Kontrolle sind.

34

z PONV

PONV ist eine häufige Komplikation bei ambulanten Kindern. Begünstigende Faktoren sind: Opioide, frühe postoperative Mobilisierung, zu frühe orale Flüssigkeitszufuhr. 5 Eine routinemäßige antiemetische Prophylaxe wird nur für Hochrisikogruppen empfohlen (Abschn. 1.4.2 und 7 Kap. 13) 5 Bei Adenotomien/Tonsillektomien: routinemäßig Prophylaxe mit 0,15 mg/kgKG Dexamethason 5 Behandlung von PONV: Abschn. 1.4.2 und 7 Kap. 54 z Entlassungskriterien

Die Entlassungszeit nach einer Intubationsnarkose beträgt etwa 2 h, jedoch sollte immer individuell entschieden werden. Anhaltende motorische Blockade der unteren Extremität nach Sakralblock ist kein Hinderungsgrund für die Entlassung von Säuglingen oder Krabbelkindern. Bei älteren Kindern sollte jedoch die Rückkehr der Motorik abgewartet werden. Eltern müssen vor der Entlassung eindeutige und ausreichende Instruktionen für die Nachsorge des Kindes erhalten. Entlassungskriterien für ambulante Eingriffe 5 Normale Vitalfunktionen 5 Pulsoxymetrisch bestimmte SO2 >95 % unter Raumluftatmung 5 Ausreichende Schutzreflexe der Atemwege 5 Bewusstseinslage wie vor der Operation 5 Kein Stridor, keine respiratorische Insuffizienz 5 Keine Narkosezwischenfälle 5 Keine Blutungen oder andere chirurgische Komplikationen 5 Geringer oder kein Schmerz 5 Geringe oder keine Übelkeit/Erbrechen

340

Kapitel 34 · Kinderanästhesie

z Stationäre Aufnahme 5 Entlassung durch den Chirurgen oder Anästhesisten 5 Mündliche und schriftliche Instruktionen für die Begleitpersonen 5 Transportbegleitung durch Erwachsenen

34

Eine stationäre Aufnahme nach ambulanten Eingriffen ist nur sehr selten erforderlich. Wichtige Gründe hierfür sind chirurgische oder Anästhesiekomplikationen, anhaltendes Erbrechen und sehr starke anhaltende Schmerzen.

341

Geriatrische Patienten Inhaltsverzeichnis 35.1 Wer ist ein alter oder geriatrischer Patient? – 342 35.1.1 Altersbedingte Funktionsänderungen – 342 35.1.2 Chronische Vorerkrankungen und Risikofaktoren – 344

35.2 Anästhesiologisches Vorgehen – 344 35.2.1 Präoperative Einschätzung – 344 35.2.2 Prämedikation – 345 35.2.3 Allgemeinanästhesie – 345 35.2.4 Spinalanästhesie – 346 35.2.5 Periduralanästhesie – 346 35.2.6 Periphere Nervenblockaden und Plexusanästhesien – 346

35.3 Überwachung im Aufwachraum – 346

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_35

35

342

Kapitel 35 · Geriatrische Patienten

35.1  Wer ist ein alter oder

geriatrischer Patient?

Das Alter ist der Lebensabschnitt zwischen dem mittleren Erwachsenenalter und dem Tod. 5 Chronologisches Alter: Alter eines Menschen als reine Zeitangabe 5 Biologisches Alter: Alter eines Menschen beurteilt am körperlichen und geistigen Zustand. Aber: jeder altert individuell. Es gibt also „junge“ Alte und „alte“ Junge 5 Geriatrie oder Altersmedizin: Lehre von den Krankheiten alternder Menschen Alter – medizinisch definiert1 5 Alterstypische Multimorbidität: ist wichtiger als das chronologische Alter 5 Höheres Lebensalter: 70 Jahre und älter 5 Alter  ≥80 Jahre 5 Hochbetagt oder sehr alt: >90 Jahre

35

z Kennzeichen des Alters

5 Die funktionellen Organreserven sind eingeschränkt 5 Die körperliche Belastbarkeit ist vermindert 5 Der alte Patient ist häufig multimorbide und nimmt zahlreiche Medikamente ein (= Polypharmazie) Man hüte sich aber vor dem Klischee, die alten Menschen als homogene Gruppe gebrechlicher Patienten anzusehen. 35.1.1  Altersbedingte

Funktionsänderungen

Altern ist ein Prozess, der – auch ohne Krankheiten – unweigerlich zum Tode führt. 1

Definition verschiedener Fachgesellschaften

Der Alterungsprozess schränkt die funktionelle Reserve der Organe, also das Verhältnis zwischen basaler Funktion und maximal möglicher Funktion, zunehmend ein und erhöht dadurch das Risiko von Narkosen und Operationen. z Arterieller Blutdruck

5 Er steigt im Alter an, v. a. bedingt durch eine Verdickung der Gefäßwände 5 Die Blutdruckregulation ist eingeschränkt, dadurch fällt der Blutdruck bei Lageänderungen stärker ab (orthostatische Hypotension) 5 Pathologisch ist ein Anstieg des Blutdrucks auf 140/90 mmHg 5 Die Ruhefrequenz nimmt im Alter meist etwas ab, die maximale Herzfrequenzsteigerung bei Belastung ist vermindert. β-Blocker verstärken die Bradykardietendenz 5 Die Reflexaktivität der Barorezeptoren ist herabgesetzt, damit auch die Reaktion der Herzfrequenz auf Blutdruckanstieg oder -abfall 5 Die Reaktion der Herzfrequenz auf sympathoadrenerge Substanzen ist eingeschränkt, ebenso die Reaktion auf Hypoxie oder Hyperkapnie 5 Intraoperativ treten häufiger Bradykardien auf, die oft nur schlecht auf Atropin ansprechend z Myokardfunktion

5 Sie ist in Ruhe meist unauffällig, unter Belastung aber eingeschränkt 5 Die Kontraktilität des Herzens steigt unter Katecholaminzufuhr weniger stark an als beim jungen Patienten 5 Das Herz reagiert empfindlich auf Hypo- und Hypervolämie > Wichtig Wegen der erhöhten Gefahr einer Myokardischämie (ungenügende Durchblutung des Myokards) sollten bei Patien-

343

35.1 · Wer ist ein alter oder geriatrischer Patient?

ten >70 Jahre folgende Werte eingehalten werden: 5 Diastolischer Druck >70 mmHg 5 Pulsamplitude  Das Alter allein bestimmt nicht die Narkosefähigkeit. Auch Hundertjährige können sicher anästhesiert werden.

z Prophylaxe eines postoperativen Delirs

Nach neuen Erkenntnissen sollten Hilfsmittel wie Brille, Hörgerät und Zahnprothesen solange wie möglich beim Patienten verbleiben und in die OP-Einleitung mitgegeben und im Aufwachraum wieder genutzt werden. Hierdurch lässt sich das Risiko eines postoperativen Delirs reduzieren. 35.2.2  Prämedikation

Nur ängstliche und aufgeregte Patienten erhalten eine Prämedikation und die Prämedikationssubstanzen müssen niedriger dosiert werden als bei Jüngeren. Benzodiazepine verlängern die Aufwachzeit, verzögern die kognitive Erholung von der Narkose/Operation und sind ein Risikofaktor für ein postoperatives Delir (POD). Sie sollten daher bei älteren Patienten nicht eingesetzt werden (DGAI 2017). Wahl des Anästhesieverfahrens: Alle gängigen Anästhesieverfahren können auch bei geriatrischen Patienten angewendet werden. 35.2.3  Allgemeinanästhesie z Balancierte Anästhesie

Die Kombination von Opioiden mit volatilen Anästhetika ist auch beim alten Patienten Standard. Hierbei ist Folgendes zu beachten: 5 Der Dosisbedarf für Sevofluran, Desfluran und Isofluran ist vermindert 5 Remifentanil in Kombination mit einem volatilen Anästhetikum in hypnotischer (niedriger) Konzentration ist besonders geeignet, wenn der Patient rasch erwachen soll

35

z TIVA

Die Kombination eines Opioids mit Propofol ist ebenfalls Standard in der geriatrischen Anästhesie. 5 Meist müssen die Dosen dieser Substanzen wegen stärkerer kardiovaskulärer Nebenwirkung (v. a. Blutdruckabfall und Bradykardie) reduziert werden

Narkoseeinleitung Bei der Narkoseeinleitung sind folgende Besonderheiten zu beachten: 5 Oft eingeschränkte Kommunikation, besonders wenn Hörgerät und Brille auf der Station zurückgelassen werden mussten, was nicht empfehlenswert ist 5 Oft schlechter Zahnstatus, dadurch erhöhte Gefahr von Intubationsschäden 5 Erschwerte Maskenbeatmung bei Patienten ohne Gebiss 5 Erschwerte Intubation, wenn die Beweglichkeit von Kopf und Hals eingeschränkt ist 5 Erschwerte Lagerung durch arthritische Gelenkveränderungen, erhöhte Gefahr von Lagerungsschäden 5 Ein präoperativ festgestellter Wassermangel und Elektrolytstörungen müssen vor elektiven Eingriffen ausgeglichen werden 5 Die Reaktion auf Anästhetika ist meist verstärkt. Darum grundsätzlich langsam injizieren und die Dosis reduzieren 5 Muskelrelaxanzien: Der Dosisbedarf ist vermindert, die Wirkung setzt etwas langsamer ein und hält länger an. Neuromonitoring ist geboten z Komplikationen während der Narkoseeinleitung

5 Schlagartiger Blutdruckabfall/Kreislaufkollaps durch die Anästhesiesubstanzen, besonders bei Patienten mit Volumenmangel. Daher langsame Injektion und niedrige Dosierung

346

Kapitel 35 · Geriatrische Patienten

5 Starker Blutdruckanstieg und Herzrhythmusstörungen durch die Laryngoskopie und endotracheale Intubation bei zu flacher Narkose 5 Erneuter Blutdruckabfall nach Wegfall der Intubationsreize

Narkoseführung

35

5 Die Narkose ist häufig schwieriger zu führen, bedingt durch kardiovaskuläre Reaktionen, v. a. bei Hypertonikern 5 Die Nachinjektionsdosen von Muskelrelaxanzien sollten auf die Hälfte reduziert und in größeren Zeitabständen injiziert werden (Nervenstimulator einsetzen!) 5 Bei der intraoperativen Flüssigkeitszufuhr müssen die eingeschränkten Regulationsmechanismen des \Wasser-Elektrolyt-Haushalts und der Niere berücksichtigt werden 5 Übermäßige Flüssigkeitszufuhr muss vermieden werden, v. a. bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder eingeschränkter Nierenfunktion

Intraoperatives Monitoring Die intraoperative Überwachung entspricht der bei jüngeren Patienten. Besonders zu achten ist auf die kontinuierliche Überwachung des Herzrhythmus. 35.2.4  Spinalanästhesie

5 Indikationen: Gut geeignet für transurethrale und andere urologische Eingriffe sowie für Operationen an Hüfte, Knie und Füßen 5 Punktion des Spinalkanals: Sie ist wegen anatomischer Veränderungen der Wirbelsäule und eingeschränkter Lagerung häufiger erschwert. Der paramediane Zugang ist meist günstiger 5 Anästhesieausbreitung: höher als beim Jüngeren; daher Dosis reduzieren. Hohe SPA sollten vermieden werden 5 Wirkdauer: länger als bei Jüngeren

5 Blutdruckabfälle durch die Sympathikusblockade vermehrt; können auch im Aufwachraum noch auftreten 5 Sedierung: nur, wenn unbedingt notwendig; nur niedrige Dosen anwenden. Vorsicht mit Benzodiazepinen und Opioiden 5 Postspinale Kopfschmerzen sind sehr selten 35.2.5  Periduralanästhesie

5 Punktion des Periduralraums: häufig schwieriger als beim Erwachsenen 5 Anästhesieausbreitung: höher als bei Jüngeren, daher Dosis reduzieren. Hohe SPA sollten vermieden werden 5 Wirkdauer: länger als bei Jüngeren 5 Toxizität: Lokalanästhetika werden stärker ins Blut aufgenommen, die Intoxikationsgefahr ist dadurch erhöht 5 Sedierung: nur, wenn unbedingt erforderlich und so wenig wie möglich 5 Postspinale Kopfschmerzen: treten nach versehentlicher Duraperforation wesentlich seltener auf als bei Jüngeren 35.2.6  Periphere

Nervenblockaden und Plexusanästhesien

5 Vorteile: sie sind wenig invasiv, bewirken keine Sympathikusblockade, schalten das Bewusstsein nicht aus 5 Wirkdauer: verlängert 5 Sedierung: nur wenn unbedingt erforderlich. Vorsicht mit Benzodiazepinen und Opioiden 35.3  Überwachung im

Aufwachraum

Der Patient sollte bei Ankunft im Aufwachraum wach und schmerzfrei und schmerzfrei sein.

347

35.3 · Überwachung im Aufwachraum

z Besonderheiten

5 Erhöhtes Risiko einer postoperativen respiratorischen Insuffizienz 5 Häufig verzögertes Erwachen und opioidbedingte Atemdepression 5 Höheres Aspirationsrisiko durch Erkrankungen (z. B. Parkinson), abgeschwächte Hustenreflexe und Störungen der Schluckmuskulatur 5 Häufiger kardiovaskuläre Komplikationen, besonders Blutdruckanstiege und Bradykardien 5 Die Indikation zur postoperativen Überwachung auf einer IMC oder Intensivstation sollte großzügiger gestellt werden als beim Jüngeren z Postoperative Schmerztherapie

5 Opioide sollten, wenn überhaupt, nur sparsam eingesetzt werden 5 Metamizol und Ibuprofen sind derzeit die Standardanalgetika z Postoperatives Delir (POD)

5 Ein POD tritt bei älteren Patienten häufiger auf als bei Jüngeren, typischer-

35

weise in den ersten 3 postoperativen Tagen 5 Es kann aber auch länger als eine Woche andauern Die 4 wichtigsten Auslöser für Ver­ wirrtheit/Delir beim alten Patienten 5 Operationen und Unfälle 5 Dehydratation und Elektrolytstörungen (Hyponatriämie) 5 Infektionen (v. a. bei Fieber) 5 Medikamente

z Akutbehandlung

5 Haloperidol: anfangs 0,5–1 mg i. v., wenn nach 15–60 min kein Effekt: Dosis verdoppeln 5 Weitere Maßnahmen: häufige Reorientierung durch das betreuende Personal, ruhige Umgebung, Zwang vermeiden, Angehörige einbeziehen, individuelle Hilfsmittel (Brille, Hörgerät, Zahnprothese) zur Verfügung stellen

349

Spezielle Anästhesie Inhaltsverzeichnis Kapitel 36 Allgemein- und Viszeralchirurgie – 351 Kapitel 37 Adipositas permagna und Adipositaschirurgie – 365 Kapitel 38 Gynäkologie – 371 Kapitel 39 Schwangerschaft und Geburtshilfe – 375 Kapitel 40 HNO – 397 Kapitel 41 MKG- und Zahnchirurgie – 407 Kapitel 42 Augenoperationen – 413 Kapitel 43 Urologie – 417 Kapitel 44 Orthopädie und Unfallchirurgie – 425 Kapitel 45 Polytrauma und Schockraumversorgung – 433 Kapitel 46 Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis – 443 Kapitel 47 Herzchirurgie – 451 Kapitel 48 Thoraxchirurgie – 471 Kapitel 49 Neurochirurgie – 481 Kapitel 50 Ambulante Anästhesie – 497

VII

351

Allgemein- und Viszeralchirurgie Inhaltsverzeichnis 36.1 In Kürze – Besonderheiten der Viszeralchirurgie – 352 36.1.1 Besondere Anästhesieanforderungen – 353

36.2 Spezielle viszeralchirurgische Anästhesie – 354 36.2.1 Ileus – 354 36.2.2 Peritonitis – 354 36.2.3 Akute gastrointestinale Blutung – 355 36.2.4 Ösophaguskarzinom – 356 36.2.5 Magenkarzinom – 356 36.2.6 Pankreaskarzinom – 356 36.2.7 Kolon-, Sigma- und Rektumtumoren – 357 36.2.8 Appendektomie – 357 36.2.9 Leistenhernien-OP – 357 36.2.10 Splenektomie – 357 36.2.11 Cholezystektomie – 358 36.2.12 Leberteilresektionen – 358 36.2.13 Lebertransplantation – 358 36.2.14 Minimal invasive Chirurgie – 359

36.3 In Kürze – Schilddrüse – 360 36.3.1 Hyperthyreose – 360 36.3.2 Hypothyreose – 360 36.3.3 Anästhesiebesonderheiten – 361

36.4 In Kürze – Nebenniere – 361 36.4.1 Cushing-Syndrom – 361 36.4.2 Conn-Syndrom – 362 36.4.3 Phäochromozytom – 362

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_36

36

352

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

36.1  In Kürze – Besonderheiten

arrhöen, Darmspülungen, Gallenflüssigkeit und Pankreassaft.

z Operative Besonderheiten

> Häufigste Elektrolytstörungen des viszeralchirurgischen Patienten sind die Hypokaliämie und die Hypochlorämie.

der Viszeralchirurgie

Zu den Besonderheiten vieler viszeralchirurgischer Eingriffe gehören: 5 Erhöhtes Aspirationsrisiko 5 Präoperative Darmspülungen 5 Präoperative Hypovolämie und Elektrolytstörungen 5 Reflexdämpfung 5 Tiefe Muskelrelaxierung 5 Eventrationssyndrom 5 Intraoperative Auskühlung z Erhöhte Aspirationsgefahr

Das pulmonale Aspirationsrisiko ist v. a. bei folgenden Patienten erhöht: 5 Obstruktion im oberen Intestinaltrakt, z. B. bei Dünndarmileus oder Tumoren 5 Refluxkrankheit 5 Hiatusgleithernie 5 Notfallpatienten Einzelheiten des Vorgehens bei nicht nüchternen Patienten 7 Kap. 15.

36

z Präoperative Hypovolämie

Bei viszeralchirurgischen Patienten besteht präoperativ häufig eine Hypovolämie, bedingt durch Flüssigkeitsverluste oder ungenügende Flüssigkeitsaufnahme. Auslösende Faktoren dafür sind häufig präoperativ folgende Störungen: 5 Ileus 5 Aszites 5 Flüssigkeits- und Elektrolytverluste durch Reinigungseinläufe des Darms 5 Massives Erbrechen 5 Anhaltende Durchfälle 5 Schwere gastrointestinale Blutungen

5 Welche Eingriffe? Eingriffe am Kolon oder Rektum 5 Wofür? Reinigen des Darmes, um das Risiko von Wundheilungsstörungen, Anastomoseninsuffizienz und Infektionen im Bauchraum zu senken 5 Womit? Orale Zufuhr hyperonkotischer Polyethylenglykollösungen z Präoperativer Flüssigkeits- und Elektrolytersatz

5 Vorbestehende Flüssigkeitsverluste, v. a. beim Ileus, sollten präoperativ mit plasmaisotonen Vollelektrolytlösungen ausgeglichen werden, um schwerwiegende Blutdruckabfälle zu vermeiden 5 Der Ausgleich sollte ausreichend lange vor der Operation erfolgen, nicht erst im Einleitungsraum 5 Elektrolytstörungen, v. a. eine Hypokaliämie und eine Hyponatriämie müssen vor elektiven Eingriffen ausgeglichen werden z Präoperative Bereitstellung von Blutprodukten (EK und FFP)

5 Bei großen viszeralchirurgischen Eingriffen wie Leberresektion, Ösophagusoperationen, abdominoperitonealer Rektumexstirpation 5 Die bereitzustellende Anzahl der EKs richtet sich nach klinikinternen Standards z Präoperative Antibiotikumprophylaxe

z Präoperative Elektrolytstörungen

Präoperative Elektrolytstörungen ruhen v.  a. auf Elektrolytverlusten den Sekreten und Flüssigkeiten Magen-Darm-Trakts wie Magensaft, ­

z Präoperative Darmspülung

bemit des Di-

5 Bei allen viszeralen Operationen 5 Standardsubstanzen: Cephalosporin oder Mezlocillin, bei Eröffnung des Dickdarms zusätzlich Metronidazol

353

36.1 · In Kürze – Besonderheiten der Viszeralchirurgie

5 Beginn: 30–60 min vor dem Hautschnitt z Wahl des Anästhesieverfahrens

Intraabdominelle Eingriffe werden meist in Intubationsnarkose durchgeführt. 5 Verfahren: TIVA oder balancierte Anästhesie mit Muskelrelaxierung 5 Bei großen Eingriffen wird die Allgemeinanästhesie häufig mit einem periduralen Katheterverfahren kombiniert 36.1.1  Besondere

Anästhesieanforderungen

z Intraoperative Muskelrelaxierung

5 Für intraabdominale Eingriffe ist eine tiefe Muskelrelaxierung erforderlich, um das operative Vorgehen zu erleichtern. Empfohlen werden mittellang wirkende ND-Relaxanzien 5 Eine gute Relaxierung ist auch für den Verschluss der Bauchdecken erforderlich z Reflexdämpfung

5 Die viszerale Stimulation durch den Operateur kann bei zu flacher Narkose starke kardiovaskuläre Reaktionen (Blutdruckanstiege, vagale Bradykardien) auslösen 5 Ein Schluckauf stört besonders bei subdiaphragmatischen Eingriffen. Die Behandlung ist schwierig z Schutz vor Auskühlung

Wärmeschutz ist essenziell, v. a. um die Wärmeverluste über das eröffnete Abdomen auszugleichen. Einzelheiten 7 Kap. 17 z Eventrationssyndrom

5 Definition: Reaktion des Kreislaufs, wenn große Darmabschnitte vom Operateur vor die Bauchwand gelagert werden

36

5 Kennzeichen: Flush (Hautrötung), Blutdruckabfall, oft mit Tachykardie, manchmal auch Abfall der O2-Sättigung 5 Behandlung: Vasopressor z Einsatz von Lachgas

Enthält der Darm größere Mengen Luft, diffundiert das Lachgas in den Darm und bläht ihn auf. Daher wird folgendes empfohlen: 5 Enthält der Darm bereits größere Mengen Luft, sollte auf die Zufuhr von Lachgas verzichtet werden. z Intraoperative Flüssigkeitszufuhr

Empfohlen wird ein restriktives (einschränkendes) Flüssigkeitskonzept von ca. 4–5 ml/ kgKG/h, v. a. um Nahtinsuffizienzen durch Darmwandödem zu verhindern. Verluste werden wie üblich ersetzt (7 Kap. 18 und 19). z Antagonisierung von Muskelrelaxanzien

5 Zu beachten: Anticholinesterasen stimulieren den Parasympathikus und steigern dadurch die Peristaltik. Darum: Atropin vorgeben, Anticholinesterasen zurückhaltend einsetzen 5 Alternative: Rocuronium verwenden und – wenn erforderlich – mit Sugammedex antagonisieren z Extubation

Husten und Pressen müssen strikt vermieden werden, um die Operationsnähte nicht zu gefährden! z z Die häufigsten schweren Komplikationen viszeraler Operationen

5 Gesamtletalität viszeralchirurgischer Patienten: 1,9 %, komplexe Magen-OP ca. 12 % 5 Sepsis 5 Peritonitis

354

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

5 Respiratorische Insuffizienz, die eine maschinelle Beatmung erfordert 36.2  Spezielle

viszeralchirurgische Anästhesie

36.2.1  Ileus

– Säure-Basen-Parameter und Blutgase bei länger bestehendem Ileus 5 Weitere Maßnahmen – ZVK – Blasenkatheter – Hypokaliämie ausgleichen – Bei schwerem Eiweißmangel: Humanalbumin – Metabolische Azidose: nur schwere Formen werden korrigieren

Anästhesiebesonderheiten Ileus Der mechanische Darmverschluss (Ileus) ist eine lebensbedrohliche Unterbrechung der Darmpassage, die chirurgisch beseitigt werden muss.

z Auswirkungen

36

5 Wasserverluste (Dehydratation) 5 Hypochlorämie und Hypokaliämie 5 Metabolische Azidose 5 Hypoproteinämie 5 Blutdruckabfall und Tachykardie bis hin zum Schockzustand durch Hypovolämie 5 Peritonitis und Sepsis Beim Dickdarmileus sind die ­ lüssigkeits- und Elektrolytverluste meist F geringer ausgeprägt. z Präoperative Maßnahmen

5 Die Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Eiweißverluste sollten möglichst präoperativ ausgeglichen werden, um die Herz-Kreislauf-Funktion zu stabilisieren 5 Präoperativ Magensonde legen; den Darm und Magen durch Ableiten der Sekrete dekomprimieren 5 Einlauf und Darmrohr 5 Präoperative Laborparameter – Blutbild – Serumelektrolyte – Gesamteiweiß – Harnstoff und Kreatinin im Serum

Die Narkose wird erst eingeleitet, wenn der Volumenmangel ausgeglichen und das Serumkalium normalisiert worden sind. Folgendes muss beachtet werden: > Beim Dünndarmileus ist die Aspirationsgefahr besonders groß. Darum wird eine „Ileuseinleitung“ (7 Kap. 21) durchgeführt. Die Narkose sollte nur von einem Facharzt eingeleitet werden!

5 Intraoperativ isotone Vollelektrolytlösung infundieren, wenn nötig: zusätzlich Kalium substituieren 5 Patienten erst extubieren, wenn er wach ist und die Schutzreflexe wieder funktionieren. Eine Nachbeatmung kann erforderlich sein 36.2.2  Peritonitis

Bei der diffusen eitrigen Peritonitis besteht ein septisches Krankheitsbild in Kombination mit einem hypovolämischen Schock. z Klinisches Bild

5 Respiratorische Insuffizienz 5 Nierenversagen 5 Leberinsuffizienz 5 Nebenniereninsuffizienz 5 Gerinnungsstörungen z Operative Maßnahmen

5 Wichtigste Maßnahme ist die Ausschaltung der Infektionsquelle

355

36.2 · Spezielle viszeralchirurgische Anästhesie

5 Absaugen des Eiters 5 Umfangreiche Spülung des Abdomens bei diffuser Peritonitis sowie ­4-Quadranten-Drainage des Abdomens

Anästhesiebesonderheiten Im Vordergrund steht die Schockbehandlung: 5 Volumen zuführen: isotone Vollelektrolytlösung 5 Eiweiß- und Elektrolytverluste ausgleichen 5 Schwere Störungen des Säure-BasenHaushalts beseitigen 5 Die Herz-Kreislauf-Funktion mit kardiovaskulären Substanzen stabilisieren, z. B. mit Noradrenalin (Arterenol), Dobutamin z intraoperative Überwachung

5 Zentraler Venenkatheter, zentraler Venendruck 5 Arterielle Kanüle mit direkter Blutdruckmessung 5 Wenn nötig auch das HZV messen, z. B. mit PiCCO-Monitoring 5 Kontrolle der Urinausscheidung 5 Regelmäßige Kontrolle der Laborparameter einschließlich Blutgasanalyse 36.2.3  Akute gastrointestinale

Blutung

Die akute gastrointestinale Blutung ist ein Notfall! Im Vordergrund der massiven Blutung steht der hämorrhagische Schock (7 Kap. 52). Ursachen gastrointestinaler Blutun­ gen 5 Im oberen Gastrointestinaltrakt – Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi – Magenkarzinom

36

– Ösophagusvarizen – Stressblutungen aus der Magenund Darmschleimhaut 5 Im unteren Gastrointestinaltrakt – Tumoren – Divertikulitis – Colitis ulcerosa 5 Bei Blutungen in die freie Bauchhöhle – Milz- und/oder Leberruptur – Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas 5 Aufgehen von Gefäßligaturen nach Operationen im Abdomen

Anästhesiebesonderheiten Folgende präoperative Laborwerte sollten erhoben werden: 5 Blutgruppe und Kreuzprobe 5 Blutbild 5 Serumelektrolyte 5 Gerinnungsstatus 5 Kreatinin und Harnstoff im Serum 5 Blutgasanalyse z Notfallversorgung

5 Mehrere großlumige Venenkanülen für den akuten Volumenersatz 5 Arterielle Kanüle 5 Zentraler Venenkatheter 5 Blasenkatheter 5 Ausreichend Blutprodukte und Frischplasma anfordern 5 Magensonde einführen, Magen absaugen und klarspülen 5 Blut- bzw. Volumenersatz nach Schweregrad des Schocks (7 Kap. 52) 5 Bei schwerem Schockzustand: endotracheale Intubation und kontrollierte Beatmung 5 Nach Stabilisierung der Herz-KreislaufFunktion: Blutungsquelle sichern, danach, wenn erforderlich, sofortige Laparotomie 5 Bei konservativ nicht beherrschbarer Blutung: Operation auch dann,

356

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

wenn der Kreislauf noch nicht stabilisiert worden ist, z. B. bei geplatztem Bauchaortenaneurysma oder bei Leberruptur 36.2.4  Ösophaguskarzinom z In Kürze – Ösophaguskarzinom

5 Karzinome unterhalb der Aorta: Resektion des Ösophagus und Magenhochzug nach Laparotomie und rechtsseitiger Thorakotomie 5 Karzinome im mittleren Drittel: subtotale Entfernung des Ösophagus nach Laparotomie und rechtsseitiger Thorakotomie, Ausleitung des proximalen Ösophagus als zervikales Ösophagostoma 5 Danach, bei 2.  Operation: Überbrückungsplastik durch Koloninterponat 5 Alternative: einzeitige intrathorakale Ösophagogastrostomie z Komplikationen

36

5 Postoperativ häufig akute respiratorische Insuffizienz 5 Nachblutung mit Kreislaufinsuffizienz 5 Anastomoseninsuffizienz, Insuffizienz der Pyloroplastik 5 Chylothorax 5 Interponatnekrose 5 Anastomosenstenose

Anästhesiebesonderheiten 5 Patienten oft in reduziertem Allgemeinzustand mit Alkoholabusus und Begleiterkrankungen 5 OP-Lagerung: zunächst Rückenlage für die Laparotomie; dann Linksseitenlage für die Thorakotomie 5 OP-Dauer: 3–6 h 5 Anästhesie: Grundsätzlich Ileuseinleitung. ITN, balanciert oder TIVA

5 Kombination mit thorakalem PD-Katheter für die postoperative Analgesie empfohlen (vor Einleitung legen!) 5 Bei Thorakotomie: Ein-Lungen-Ventilation über Doppellumentubus. Postoperativ umintubieren 36.2.5  Magenkarzinom z Operationen bei Magenkarzinom

5 Distale subtotale Magenresektion 5 Proximale Resektion 5 Totale Resektion des Magens (Gastrektomie) 5 Palliativeingriffe bei nicht operablen Formen

Anästhesiebesonderheiten Es gelten die Anästhesiegrundsätze für große Eingriffe mit entsprechender invasiver Überwachung. 5 OP-Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Magensonde bei stenosierenden Prozessen 5 Anästhesie: Ileuseinleitung 5 ITN als TIVA oder balanciert 5 Thorakaler PDK für die postoperative Analgesie empfohlen 5 Extubation: bei unkompliziertem Verlauf im OP 36.2.6  Pankreaskarzinom

z Operationen bei Pankreaskarzinom

Radikaloperationen, wie: 5 Partielle oder totale Duodenopankreatektomie bei Papillen- oder Pankreaskopfkarzinom 5 Whipple-Operation

Anästhesiebesonderheiten 5 Standardvorgehen für große Eingriffe

36.2 · Spezielle viszeralchirurgische Anästhesie

5 OP-Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA 5 Thorakaler PDK empfohlen. 5 Intraoperativ: Ernährungssonde 5 Blutdruckabfälle durch intraoperative Freisetzung von Mediatoren sind möglich z Folgen und Komplikationen

5 Exokrine Pankreasinsuffizienz: bei Verlust von mehr als 90 % des Pankreasparenchyms 5 Diabetes mellitus 5 Diarrhö 5 Respiratorische Insuffizienz 5 Pneumonie 5 Nierenfunktionsstörungen 5 Kreislaufinsuffizienz 36.2.7  Kolon-, Sigma- und

Rektumtumoren

z Operationen

5 Kolontumor: rechts- oder linksseitige Hemikolektomie 5 Sigmatumor: Sigmaresektion 5 Rektumtumor: Rektumresektion: – Anteriore Resektion – Abdominoperineale Rektumexstirpation – Diskontinuitätsresektion (HartmannOP) – Totale mesorektale Exzision (TME)

Anästhesiebesonderheiten 5 Nach Reingungseinläufen ausreichend isotone Vollelektrolytlösung zuführen. Serumkalium normalisieren 5 Anästhesie: ITN als TIVA oder balanciert, Fast-track-Anästhesie 5 Standardmonitoring; bei Bedarf erweitert 5 Magensonde vor OP entfernen 5 Patienten im OP extubieren (wenn normotherm!) 5 Aufwachraum, dann Normalstation

357

36

36.2.8  Appendektomie

Meist besteht ein akutes Abdomen und damit eine Notfallsituation. 5 In der Regel wird der Blinddarm laparoskopisch entfernt, bei offener OP über einen Schnitt im rechten Unterbauch 5 OP-Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA 5 Standardmonitoring 5 Postoperative Schmerztherapie: ­TAP-Block; Analgetika 36.2.9  Leistenhernien-OP

5 Operation: Verschluss der Bruchlücke: laparoskopisch oder offen. Mit Netzeinlage oder direkt 5 Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Anästhesie: ITN, als TIVA oder balanciert. Bei nüchternen Patienten auch Larynxmaske möglich 5 Standardmonitoring 5 Postoperative Schmerztherapie: sehr schmerzhafter Eingriff. TAP-Block, Analgetika systemisch und oral 36.2.10  Splenektomie

5 Operation: laparoskopisch oder über einen linksseitigen Rippenbogenrandschnitt 5 Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert. Bei laparoskopischer OP: Rechtsseitenlage 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA 5 Standardmonitoring; 2 großlumige Venenkanülen, bei Bedarf arterielle Kanüle einführen 5 Zu beachten: intraoperativ sind massive Blutungen möglich. Ausreichend EK kreuzen, bei Bedarf auch MAT einsetzen 5 Bei Thrombozytopenie: TK bereithalten

358

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

36.2.11  Cholezystektomie

5 Operation: laparoskopisch. Nur noch selten offen über einen rechten Rippenbogenrandschnitt 5 Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA 5 Standardmonitoring; 1 Venenkanüle, Magensonde 5 Anforderungen – Gute Muskelrelaxierung – Tiefe Narkose 5 Komplikationen – Blutungen – Perforation der Gallenblase – Verletzungen der Gallenwege

36

rum intraoperativ Kontrolle der Blutzuckerwerte 5 Störungen der Blutgerinnung durch Abfall der in der Leber synthetisierten Gerinnungsfaktoren (Prothrombinkomplex) sind möglich, ebenso Blutungen durch Thrombopenien und -pathien z Postoperative Komplikationen

5 Blutungen 5 Sepsis (Leberabszess) 5 Leberversagen 5 Lungenversagen 5 Gerinnungsstörungen 5 Albuminmangel 5 Hypoglykämie

36.2.12  Leberteilresektionen

36.2.13  Lebertransplantation

Präoperative Störungen der Leberfunktion sind v. a. bei ausgedehnten Leberzellkarzinomen oder gleichzeitig bestehender Leberzirrhose zu erwarten, nicht bei Lebermetastasen.

Indikationen: Endstadium einer Lebererkrankung (z. B. Leberzirrhose durch Hepatitis C) oder bestimmte Formen des akuten Leberversagens.

z OP-Verfahren

5 Alle Fremdlebertransplantationen sind Notfalleingriffe 5 Die Patienten sind in der Regel präoperativ umfassend voruntersucht 5 Während der Operation muss mit Blutverlusten und erheblicher Instabilität des Patienten gerechnet werden

5 Atypische Keil- oder Wedge-Resektion 5 Segmentresektion 5 Hemihepatektomie links 5 Hemihepatektomie rechts z Anästhesie-Praxis

5 OP-Lagerung: Rücken, Arme ausgelagert 5 Standardvorgehen und Monitoring für große Baucheingriffe 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA, thorakaler PDK empfohlen 5 Intraoperativ können exzessive Blutungen auftreten. Darum ausreichend EK und FFP bereithalten sowie eine entsprechende Anzahl großlumiger Venenkanülen einführen, evtl. auch eine Schleuse oder ein Shaldon-Katheter 5 Bei ausgedehnten Leberresektionen können Hypoglykämien auftreten, da-

Anästhesiebesonderheiten

Der Operation verläuft in folgenden Phasen: 5 Dissektionsphase (präanhepatische Phase): – Die Leber wird isoliert – Flüssigkeitszufuhr in dieser Phase einschränken, Füllungsdruck des Herzens niedrig halten 5 Anhepatische Phase: – Phase ohne Leberfunktion. Es wird ein venovenöser Bypass angelegt, um einen venösen Stau im Splanchnikusgebiet zu vermeiden – Risiken des Bypasses:

359

36.2 · Spezielle viszeralchirurgische Anästhesie

– Luftembolie, – Thromboembolie, – versehentliche Dekanülierung. – Alternative zum Bypass: PiggybackTechnik ohne Shunt oder mit Drainage der Pfortader in die V. femoralis 5 Neohepatische Phase – Sehr kritische Phase, die mit Öffnen der Gefäßklemmen und Einsetzen der Reperfusion der transplantierten Leber beginnt – Mögliche Auswirkungen: – Schlagartiger Blutdruckabfall – Bedrohlicher Anstieg des Serumkaliums mit Bradyarrhythmien – Hypokalzämie, Laktatazidose, Hyperglykämie – Hypothermie – Zunahme der Vorlast des Herzens – Abfall des peripheren Gefäßwiderstands, pulmonale Hypertonie – Hyperfibrinolyse, diffuse Blutungen

36

5 Abstoßungsreaktion 5 Intraabdominelle Abszesse, Peritonitis, Sepsis 5 Pneumonie 36.2.14  Minimal invasive Chirurgie z Besonderheiten

Für die Operation muss ein Pneumo- oder Kapnoperitoneum angelegt werden. z Auswirkungen

> Vor dem Öffnen der Klemmen: 5 Blutvolumen normalisieren, 5 ZVD so niedrig wie möglich halten ( Die Operation endet abrupt. Daher sollten kurz wirkende Anästhetika und Relaxanzien bevorzugt werden.

360

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

5 Magensonde: direkt nach Narkoseeinleitung einführen, um den Magen intraoperativ zu entlasten 5 Muskelrelaxierung: erforderlich, um das operative Vorgehen zu erleichtern 5 Intraoperative Überwachung: Standardmonitoring einschließlich Kapnometrie z Intraoperative Komplikationen

5 Schwankungen des Blutdrucks 5 Herzrhythmusstörungen 5 Bradykardien. Wenn bedrohlich: Druckentlastung des Abdomens 5 Hyperkapnie 5 Hypoxie 5 Hautemphysem durch falsch platzierte Gasinsufflationskanüle 5 Pneumothorax, Pneumomediastinum, Pneumoperikard durch falsch platzierte Insufflationskanüle oder Verletzungen des Zwerchfells oder Zwerchfelllücken 5 Gasembolie: führt zur akuten Rechtsherzinsuffizienz, ist aber zum Glück eine extrem seltene Komplikation

Postoperative Besonderheiten

36

5 Postoperative Schmerztherapie: NOPA in Kombination mit einem Opioid, z. B. Piritramid. Der Schmerzmittelbedarf ist aber erheblich geringer als nach einer Laparotomie 5 PONV ist möglich 5 12–18 h nach der Operation treten typischerweise Schmerzen in der Schulter oder unter dem Zwerchfell auf, die durch das Pneumoperitoneum bedingt sind 36.3  In Kürze – Schilddrüse 36.3.1  Hyperthyreose

Die Hyperthyreose entsteht durch eine Überproduktion von Thyroxin (T4) und/ oder Trijodthyronin (T3).

5 Jede Hyperthyreose sollte vor elektiven Eingriffen so lange medikamentös behandelt werden, bis eine normale Funktion (euthyreoter Zustand) erreicht worden ist. Hierfür sind meist mehrere Tage erforderlich 5 Bei Verdacht auf eine Einengung der Trachea durch die Struma sollten präoperative Tracheazielaufnahmen angefertigt werden z Anästhesie

5 Die Wahl des Narkoseverfahrens ist von untergeordneter Bedeutung. Jedoch sollte auf Medikamente mit sympathikomimetischer Wirkung, z. B. Ketamin, verzichtet werden 5 Bei intraoperativer thyreotoxischer Krise (Kennzeichen: Temperaturanstieg, ausgeprägte Sinustachykardie oder Vorhofflimmern): Uracil und Natriumjodid injizieren, außerdem β-Blocker (z. B. Esmolol) 36.3.2  Hypothyreose

Die Hypothyreose entsteht durch eine ungenügende Sekretion von Schilddrüsenhormonen. 5 Bei schwerwiegender Hypothyreose muss vor Wahleingriffen zunächst der euthyreote Zustand wiederhergestellt werden 5 Bei Notoperationen muss evtl. mit Thyroxin oder Trijodthyronin substituiert werden z Prämedikation

5 Vorsicht bei der Sedierung, da eine gesteigerte Empfindlichkeit auf Sedativa, Opioide und Anästhetika besteht: Gefahr der Atemdepression und Bewusstlosigkeit 5 Bei wesentlicher Hypothyreose keine Prämedikationssubstanzen geben

36.4 · In Kürze – Nebenniere

z Anästhesie

5 Alle Anästhetika vorsichtig dosieren, da zumeist eine gesteigerte Empfindlichkeit besteht 5 Intraoperativ kontrolliert beatmen wegen der Gefahr der Hypoventilation 5 Ausreichender Wärmeschutz 5 Flüssigkeitszufuhr einschränken 36.3.3  Anästhesiebesonderheiten

5 Vor der Operation sollte ein euthyreoter Funktionszustand hergestellt werden 5 Bei erheblicher Struma mit Verlagerung der Trachea muss mit Intubationsschwierigkeiten gerechnet werden 5 Wegen der OP-Lagerung wird mit einem Spiraltubus intubiert 5 Während der Operation muss eine übermäßige Streckung des Kopfs vermieden werden, besonders bei alten Patienten. Auf keinen Fall darf der Kopf frei schweben (Schädigung der Halsnerven, Durchblutungsstörungen) 5 Zu beachten: Die versehentliche Durchtrennung eines N.  recurrens führt direkt nach der Extubation zu Stridor, die Durchtrennung beider Nerven evtl. zu nahezu komplettem Stimmbandverschluss (häufig Tracheotomie erforderlich) z Komplikationen

5 PONV in der Frühphase 5 Nachblutungen mit Kompression der Trachea; dadurch Atemnot und Erstickungsgefahr (Wunde sofort entlasten, d. h. öffnen!) 5 Rekurrensparese durch Verletzung des Nervs während der Operation 5 Larynxödem mit Atemnot 5 Pneumothorax durch Drainage 5 Hypokalzämie bei Entfernung der Epithelkörperchen (Nebenschilddrüsen)

361

36

36.4  In Kürze – Nebenniere 36.4.1  Cushing-Syndrom

5 Kennzeichen: exzessive Sekretion von Glukokortikoiden in der Nebenniere 5 Hauptursachen: beidseitige Nebennierenhyperplasie oder primäre Nebennierentumoren, chronische Kortikoidtherapie 5 Hauptstörungen: – Hypertonie – Hypokaliämie, Hypernatriämie – Flüssigkeitsretention – Eiweißmangel – Oft Hyperglykämie bzw. Diabetes mellitus – Polyurie – Hämorrhagische Diathese – Schlafapnoe – Proximale Myopathie – Osteoporose z Präoperative Maßnahmen

5 Hypertonus behandeln 5 Blutzucker einstellen 5 Blutvolumen und die Elektrolyte normalisieren 5 Thromboseprophylaxe wegen des erhöhten Thromboserisikos > Bei einem durch Kortisontherapie ausgelösten Cushing-Syndrom ist die Nebennierenrinde sekundär atrophiert und kann nicht ausreichend auf den Operationsstress reagieren. Daher müssen die Patienten perioperativ Glukokortikoide erhalten, z. B. 100 mg Hydrokortison kurz vor der Operation, gefolgt von 100–200 mg/Tag.

Anästhesiebesonderheiten 5 Operation: Adrenalektomie; laparoskopisch oder offen 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA

362

Kapitel 36 · Allgemein- und Viszeralchirurgie

5 Standardmonitoring, arterielle Kanüle empfohlen 5 Intraoperativ Blutzucker und Elektrolyte kontrollieren 36.4.2  Conn-Syndrom

5 Kennzeichen: exzessive Sekretion von Mineralokortikoiden in der Nebenniere (primärer Hyperaldosteronismus) 5 Hauptursachen: Conn-Adenom und beidseitige Nebennierenhyperplasie 5 Hauptstörungen: – Schwer einstellbarer Hypertonus – Kaliummangel mit Hypokaliämie und hypokaliämischer Alkalose – Diabetes insipidus renalis – Hypovolämie – Muskelschwäche (durch Hypokaliämie) z Präoperative Maßnahmen

36

5 Vorbehandeln mit dem Aldosteronantagonisten Spironolacton (Aldactone). Die Wirkungen dieser Substanz sind jedoch erst nach 1–2 Wochen voll ausgeprägt 5 Blutvolumen und Elektrolythaushalt normalisieren. Der Ausgleich des Kaliummangels erfordert in der Regel mindestens 24 h

Anästhesiebesonderheiten 5 OP: Adrenalektomie 5 Anästhesie: ITN, balanciert oder TIVA 5 Standardmonitoring + arterielle Kanüle 36.4.3  Phäochromozytom

5 Kennzeichen: anfallsweise Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin 5 Ursache: Katecholamine produzierende Tumoren, meist im Nebennierenmark, aber auch in anderen Körpergeweben 5 Klinische Zeichen (durch Katecholaminausschüttung)

– Hypertonus, oft anfallsweise mit exzessiven Blutdruckspitzen – Tachykardie – Kopfschmerzen – Ausgeprägtes Schwitzen 5 Behandlung: chirurgische Entfernung des Phäochromozytoms, d. h. Adrenalektomie > Chirurgische Eingriffe bei Patienten mit unbehandeltem Phäochromozytom können zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Darum muss vor einem Wahleingriff immer eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden!

Anästhesiebesonderheiten z OP-Vorbereitung

5 1–2 Wochen medikamentös vorbehandeln, meist mit α1-Rezeptorenblockern wie Dibenzyran (Phenoxybenzamin) oder Prazosin, um perioperative hypertensive Entgleisungen/Notfälle zu verhindern 5 Bei anhaltender Tachykardie oder Herzrhythmusstörungen durch die Katecholamine: β-Blocker z Anästhesiepraxis

5 Prämedikation – Meist ist eine stärkere Sedierung erforderlich, um sympathoadrenerge Reaktionen durch Angst und Aufregung zu verhindern 5 Narkoseeinleitung – Vorher arterielle Kanüle legen und Druckmessung anschließen – Tiefe Narkose für die endotracheale Intubation, um exzessive Blutdruckanstiege zu vermeiden 5 Anästhesieverfahren – TIVA oder balancierte Anästhesie – Ketamin sollte wegen der möglichen blutdrucksteigernden Wirkung nicht gegeben werden 5 Kontrolle des Blutdrucks

363 36.4 · In Kürze – Nebenniere

– Mit Vasodilatatoren, z. B. Phenoxybenzamin, Urapidil oder Nitroglyzerin – Nach Entfernen des Tumors auf schlagartigen Blutdruckabfall vorbereitet sein 5 Intraoperativer Volumenersatz – Bei ungenügend vorbehandeltem Phäochromozytom besteht meist eine Hypovolämie – Diese Patienten sollten vor der Einleitung Infusionslösungen erhalten, um Blutdruckabfälle zu verhindern z Postoperative Komplikationen

5 Hypertonie durch: – Hypervolämie – Resttumor

36

– Anhaltende Katecholaminausschüttung aus sympathischen Nervenendigungen – Wundschmerzen – Versehentliche Unterbindung der Nierenarterie – Gleichzeitig bestehende essenzielle Hypertonie 5 Anhaltend niedriger Blutdruck durch: – Ungenügenden Volumenersatz – Nachblutung – Herzinsuffizienz

365

Adipositas permagna und Adipositaschirurgie Inhaltsverzeichnis 37.1 Adipositas permagna – 366 37.1.1 Anästhesiebesonderheiten – 366

37.2 Adipositaschirurgie (bariatrische Chirurgie) – 368

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_37

37

366

Kapitel 37 · Adipositas permagna und Adipositaschirurgie

37.1  Adipositas permagna

Body Mass Index Übernormale Zunahme des Körperfetts, hervorgerufen durch zu hohe Kalorienaufnahme Die Adipositas wird anhand des Body Mass Index definiert und in Schweregrade eingeteilt (. Tab. 37.1)

BMI =

K o¨ rpergewichtin(kg)   K o¨ rpergr o¨ βein m2

z Fettverteilungsmuster

Nicht nur der BMI ist bei Adipositas von Bedeutung, sondern auch die Verteilung des Fettgewebes. Eine erhöhte viszerale Fettmasse erhöht das metabolische und kardiovaskuläre Risiko. Abdominale Adipositas 5 Taillenumfang  ≥ 88 cm bei Frauen 5 Taillenumfang  ≥ 102 cm bei Männern

z Begleiterkrankungen

Adipositas führt häufig zu Folgeerkrankungen. Hierdurch wird die Lebenserwartung

37 . Tab. 37.1  Klassifikation der Adipositas bei Erwachsenen (Leitlinie Deutsche Adipositas Gesellschaft und WHO) Klasse

BMI (kg/m2)

Krankheitsrisiko

Untergewicht

systolisch) 5 Zunahme des Herzzeitvolumens 5 V.-cava-Kompressionssyndrom in Rückenlage bei ca. 10 % der Schwangeren z Lunge und Atmung

5 Zunahme des Atemzugvolumens und der Atemfrequenz 5 Zunahme des Atemminutenvolumens wegen erhöhten O2-Verbrauchs und

39

vermehrter CO2-Produktion (physiologische Schwangerschaftshyperventilation) 5 Zwerchfellhochstand mit Abnahme der funktionellen Residualkapazität um ca. 300 ml. Dadurch schnellerer Abfall der O2-Sättigung bei der Intubation und erhöhte Hypoxiegefahr 5 Schnelleres An- und Abfluten von Inhalationsanästhetika 5 Schleimhäute in den Atemwegen geschwollen und gerötet Blutgaswerte bei Schwangeren 5 paCO2: 32–33 mmHg (Hyperventilation!) 5 paO2: 106–108 mmHg 5 pH-Wert: unverändert, keine respiratorische Alkalose trotz Hyperventilation 5 Basen-Defizit: −4 mmol/l

z Magen-Darm-Trakt

5 Erhöhte Regurgitationsgefahr (Sodbrennen!) durch Verlagerung der Magenachse von vertikal nach horizontal und durch Abnahme des Ösophagussphinktertonus 5 Verzögerte Magenentleerung unter der Geburt durch Schmerz, Angst, Sedativa und Opioide ! Cave Gebärende sind hochgradig aspirationsgefährdet!

z Psyche und Nervensystem

5 Angst vor dem Unbekannten, Todesangst um das Kind 5 Furcht vor Komplikationen unter der Geburt und Missbildungen des Kindes 5 Angst vor der Narkose 5 Stärkere Reaktion auf Anästhetika: Abnahme des MAC-Werts der volatilen Anästhetika, geringerer Bedarf an Lokalanästhetika

378

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

39.2  Periduralanalgesie für die

vaginale Entbindung

Die meisten Geburten sind schmerzhaft. Die Schmerzen entstehen durch die starken Kontraktionen der Gebärmutter und durch die Dehnung des Muttermundes und der Gewebe des kleinen Beckens. Angst und Anspannung können die Schmerzen verstärken. Die lumbale Katheterperiduralanalgesie ist die Methode der ersten Wahl für die vaginale Entbindung. z In Kürze – Phasen des Geburtsvorgangs

39

1. Eröffnungsphase – Die erste Phase der Geburt umfasst die Zeit zwischen muttermundswirksamen Eröffnungswehen und der vollständigen Eröffnung des Muttermundes (ca.  10  cm Durchmesser). Am Ende dieser Phase platzt die Fruchtblase (Blasensprung) und das Fruchtwasser tritt vaginal aus – Dauer: Erstgebärende („Erstpara“) 10–12 h, Mehrgebärende 6–8 h – Beteiligte Schmerzfasern: Th10–L1 2. Austreibungsphase – In der zweiten Phase der Geburt wird das Kind durch die Presswehen „ausgetrieben“ und geboren – Dauer: Erstgebärende ca. 30–40 min, Mehrgebärende 20–30 min – Beteiligte Schmerzfasern: Th10–L1 und S2–S4 (N. pudendus) 3. Nachgeburtsphase – Zeit von der Geburt des Kindes bis zur vollständigen Geburt der Plazenta – Mechanismus: durch Nachgeburtswehen. Die Wehen können durch Injektion von Oxytocin verstärkt werden – Blutverlust ca. 300 ml. Stärkere Blutungen sprechen für eine Uterusatonie oder Verbleiben von Plazentaresten im Uterus. Vorgehen: manuelles Nachtasten und Kürettage

z Geburtsphasen und PDA

Durch die geburtshilfliche Periduralanalgesie soll möglichst nur der Schmerz „am Ort des Geschehens“ ausgeschaltet werden. Darum muss sich das Vorgehen bei der PDA nach der jeweiligen Geburtsphase richten: 5 Eröffnungsphase: Blockade der Segmente Th10–L1. Hierdurch werden der Wehenschmerz und der Zervixdilatationsschmerz ausgeschaltet, während der Tonus der Beckenbodenmuskulatur erhalten bleibt 5 Austreibungsphase: Blockade der Segmente Th10–L1, zusätzlich S2–S5 (Schmerzen aus Portio, Vagina und Perineum über N. pudendus). Allerdings werden die übrigen Segmente (L2–S1) zwangsläufig mitgeblockt, sodass eine Gesamtblockade von Th10–S5 entsteht ! Cave Eine motorische Blockade muss strikt vermieden werden, weil hierdurch der Geburtsvorgang beeinträchtigt wird.

z Indikationen für die geburtshilfliche PDA

5 Wunsch der Schwangeren 5 Risikogeburt 5 Wehenunterstützung mit Oxytocin 5 Unkoordinierte Uterusaktivität (Dystokie) 5 Beckenendlage 5 Mehrlingsschwangerschaft 5 Präeklampsie 5 Kardiale oder respiratorische Erkrankungen, Diabetes mellitus 5 Operative vaginale Entbindung z Kontraindikationen

5 Ablehnung durch die Schwangere 5 Gerinnungsstörungen, Antikoagulation 5 Schwere stenosierende Herzklappenerkrankungen 5 Lokale Infektion, Sepsis

379

39.2 · Periduralanalgesie für die vaginale Entbindung

z Nebenwirkungen und Komplikationen

5 Mangelhafte Analgesie, ungeblockte Segmente, gehäuft im sakralen bzw. perinealen Bereich 5 Motorische Blockade mit starker Beeinträchtigung der Presskraft 5 Verlängerung des Geburtsvorgangs 5 Versehentliche Duraperforation (Häufigkeit ca. 1,5 %) mit postspinalen Kopfschmerzen (Häufigkeit ca.  52  %); Behandlung Abschn. 24.3 5 Neurologische Komplikationen: Abschn. 24.3 und 25.3 5 Rückenschmerzen 39.2.1  Anästhesiebesonderheiten z Anatomie

5 Der Periduralraum ist wegen der stark gefüllten Venen kleiner, der Dosisbedarf für Lokalanästhetika entsprechend geringer 5 Die Bänder der Wirbelsäule sind aufgelockert, der Widerstandsverlust bei der Punktion ist geringer, die Gefahr der versehentlichen Duraperforation höher 5 Der negative Druck (Sog) im Periduralraum ist aufgehoben z Wahl des Lokalanästhetikums

Lokalanästhetika der Wahl sind Bupivacain und Ropivacain in niedriger Konzentration und ohne Adrenalinzusatz. Vorteile sind: 5 Gute Analgesie bei nur geringer motorischer Blockade 5 Lange Wirkdauer 5 Geringe und verzögerte Plazentapassage, keine toxischen Wirkungen beim Fetus z Opioide peridural

5 Die alleinige peridurale oder spinale Zufuhr von Opioiden bewirkt keine ausreichende geburtshilfliche Analgesie 5 Die Kombination von Bupivacain oder Ropivacain mit einem Opioid

39

v­ermindert die erforderliche Dosis des Lokalanästhetikums. Dadurch wird die Motorik insgesamt weniger beeinträchtigt und die instrumentelle Entbindungsrate gesenkt. Folglich sollte die Kombination bevorzugt werden 5 Verwendete Opioide: Sufentanil und Fentanyl. Die Wirkung setzt rasch ein, bei Morphin dagegen verzögert z Einfluss der PDA auf den Geburtsverlauf

5 Nach der ersten Injektion des Lokalanästhetikums nimmt die Uterusaktivität bzw. Wehentätigkeit meist für 10–30 min ab. Die Eröffnung des Muttermundes kann verzögert werden 5 In der Austreibungsphase wird der unwillkürliche Pressdrang (Ferguson-Reflex) durch die PDA in der Regel aufgehoben 5 Unter PDA ist häufiger eine instrumentelle Entbindung erforderlich als ohne PDA. Die Sectiorate wird aber nicht erhöht z Einfluss auf den Fetus

Der Fetus wird nicht beeinträchtigt, wenn das Lokalanästhetikum in niedriger Konzentration und niedriger Gesamtmenge zugeführt wird und wenn anhaltende Blutdruckabfälle vermieden werden. 39.2.2  Praxis der geburtshilflichen

PDA

Die geburtshilfliche PDA ist in der Regel eine Katheter-PDA; die Einzelinjektionstechnik ist Ausnahmen vorbehalten, da sie nicht steuerbar ist. z Organisation

5 Anlage des Katheters nur in Räumen mit entsprechender Ausstattung für die Überwachung der Schwangeren und des Fetus einschließlich der Möglichkeit zur Beatmung und Reanimation

380

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

5 Anlage nur durch einen entsprechend qualifizierten Arzt, der auch die CPR beherrscht 5 Unterstützung des Arztes durch eine qualifizierte Assistenzperson 5 Venöser Zugang vor Beginn der Katheteranlage

5 Messen von Blutdruck und Herzfrequenz; Körpergröße und -gewicht 5 CTG-Kontrolle vor, während und mindestens für 30 min nach Katheteranlage/ Beginn der Analgesie

z Aufgabenteilung

5 Anlage erst nach Untersuchung der Gebärenden durch den Geburtshelfer mit Einschätzung des Zustands von Gebärender und Fetus 5 Die Analgesie wird unabhängig von einer bestimmten Muttermundweite begonnen

5 Steht im Kreissaal kein Anästhesist durchgängig zur Verfügung, kann der Geburtshelfer die PD-Analgesie fortführen, nachdem der Anästhesist den Katheter gelegt und die Erstinjektion der Lokalanästhetikums vorgenommen hat 5 Nach der ersten Vollinjektion des Lokalanästhetikums muss der Anästhesist aber mindestens 30 min bei der Gebärenden bleiben und die Kreislaufstabilität überwachen 5 Danach kann er in gegenseitigem Einvernehmen die Zuständigkeit und Verantwortung für die PDA an den dafür qualifizierten Geburtshelfer übergehen, muss aber für anästhesiebedingte Zwischenfälle umgehend erreichbar bleiben 5 Der PDA-Verlauf muss in üblicher Weise dokumentiert werden z Vorbereitung der Patientin

39

Bei laufender Geburt ist keine Zeit für eine umfassende Anästhesievisite und -untersuchung. Daher Beschränkung auf ­ das Wichtige: 5 Kurze Orientierung über die geburtshilflichen Fakten 5 Kurze Erhebung der Vorgeschichte; kurze Untersuchung von Herz, Lunge und Rücken 5 Kurze Information der Gebärenden über den Ablauf, Einwilligung 5 Keine routinemäßige Kontrolle der Blutgerinnung und der Thrombozyten, aber bei Hinweisen auf Gerinnungsstörungen sowie bei Präeklampsie und HELLP-Syndrom

z Zeitpunkt der Katheteranlage und Beginn der Analgesie

z Konzentration des Lokalanästhetikums und des Opioids

Es werden nur sehr niedrige Konzentrationen angewandt, um den Geburtsvorgang so wenig wie nur möglich zu beeinflussen und die instrumentelle Entbindungsrate nicht wesentlich zu erhöhen: 5 Bupivacain: bis 0,125 % 5 Ropivacain: bis 0,175 % 5 Sufentanil 0,5–1,0 μg/ml 5 Bei instrumentellen Entbindungen oder Episiotomien können 10–15  ml Lidocain 1,5 % verwendet werden, weil die Substanz schneller anschlägt als Bupivacain oder Ropivacain z Zufuhr des Lokalanästhetikums

Zwei Techniken werden angewandt: 5 Intermittierende Injektion des Lokalanästhetikums „von Hand“ und PIEB (programmierter intermittierender Bolus ohne basale Infusionsrate) 5 Patientenkontrollierte epidurale Analgesie (PCEA) Die kontinuierliche Infusion des Lokalanästhetikums sollte vermieden werden, weil hierdurch die motorische Blockade zunimmt und dadurch die instrumentelle Entbindungsrate ansteigt!

381

39.2 · Periduralanalgesie für die vaginale Entbindung

z Testdosis

Eine negative Aspiration über den Katheter schließt eine Fehllage der Spitze in einem Blutgefäß oder im Liquorraum nicht aus. Mit Testdosen sollen diese Fehllagen des Katheters ausgeschlossen werden. Auch dieses Verfahren ist nicht sicher und zudem mit Gefahren für die Schwangere und den Fetus verbunden. Daher werden Testdosen nicht mehr empfohlen, besonders, wenn standardmäßig Lokalanästhetika in niedriger Konzentration in Kombination mit einem Opioid eingesetzt werden.

39

z Mobile Periduralanalgesie (walking epidural)

5 Hierbei wird das Lokalanästhetikum so niedrig dosiert, dass die Gebärende in Begleitung umhergehen kann 5 Vor der Mobilisierung müssen die Sensibilität, der Lagesinn (Propriozeption) und die Motorik sorgfältig überprüft werden, um Stürze und einen Kreislaufkollaps zu verhindern 5 Der erste Mobilisierungsversuch kann ca. 30 min nach Erstinjektion des Lokalanästhetikums unternommen werden z CSE

Verfahren der geburtshilflichen Peri­ duralanalgesie 5 Intermittierende Periduralanalgesie und PIEB – Erstbolus in der Eröffnungsphase: 10 ml einer Mischung aus 8 ml Bupivacain 0,125 % +2 ml Sufenta epidural (10  μg) fraktioniert, bis eine Analgesiehöhe von Th10 erreicht ist oder 10 ml einer Mischung aus 8 bis maximal 14 ml Ropivacain 0,2 % +2 ml Sufenta (10 μg), fraktioniert bis Th10 – Wiederholungsdosen: wie Erstbolus, alle 60–90 min, ebenfalls fraktioniert – PIEB: Ohne basale Infusion gibt die Pumpe stündlich einen Bolus ab, z. B. 10 ml; die Patientin kann – nach Ablauf einer programmierten Sperrzeit – zusätzliche Boli anfordern 5 Patientenkontrollierte Epiduralanalgesie (PCEA) – 50-ml-Perfusorspritze mit 30  ml Ropivacain 0,2 % +6 ml Sufenta epidural (30 μg) +14 ml NaCl 0,9 % – Erstbolus: wie oben – Basale Infusionsrate: 5 ml/h – Abrufbarer Bolus: 5 ml – Sperrzeit: 15–30 min

Die Kombination von PDA und Spinalanästhesie ist ein eher selten angewandtes Verfahren. 5 Die Anschlagzeit ist kürzer, die Analgesie soll etwas stärker ausgeprägt sein 5 Juckreiz und fetale Bradykardien treten häufiger auf als bei der reinen PDA z Single-shot-Spinalanalgesie

Das Verfahren kann eingesetzt werden, wenn die Geburt bereits sehr weit fortgeschritten ist oder wenn sich kein PDK platzieren lässt. 5 Mögliches Vorgehen: 5 1 ml Bupivacain 0,25 % isobar intrathekal oder 5 1–2 ml Sufenta epidural intrathekal 5 Nachteile: 5 Relativ kurze Wirkdauer ohne Möglichkeit von Nachinjektionen 5 Analgesie nicht steuerbar 5 Häufig Juckreiz z Volumenzufuhr

Anschluss eine Vollelektrolytlösung vor Beginn der PDA, aber: keine routinemäßige Zufuhr einer fixierten Volumenmenge isotoner Elektrolytlösung zur Prophylaxe von Blutdruckabfällen. Große Volumina hemmen die Wehentätigkeit und verlängern die Geburt, Blutdrückabfälle werden nicht sicher verhindert.

382

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

z Vasopressoren

Theodrenalin (Akrinor), Ephedrin und Phenylephrin werden eingesetzt, sobald der Blutdruck abzufallen beginnt. Vorsichtig dosieren, damit die Uterusdurchblutung nicht vermindert wird. z Nahrungszufuhr

Gebärende erhalten keine feste oder halbfeste Nahrung, weil hierdurch das Aspirationsrisiko bei einer evtl. notwendigen Sectio erhöht wird. Wasser oder kalorienhaltige Sportlergetränkt sind erlaubt, solange keine Sectio zu erwarten ist. 39.3  Anästhesie bei

Sectio caesarea (Schnittentbindung)

Mit der Sectio kann die Geburt zu jedem Zeitpunkt beendet werden. Die Gefährdung des Fetus ist hiermit meist geringer als bei der vaginalen Entbindung, wenn geburtshilfliche Komplikationen vorliegen. In Deutschland beträgt die Sectiorate derzeit etwa 30 % aller Entbindungen. z In Kürze – Sectio caesarea (kaiserlicher Schnitt)

39

5 Unterbauchquerschnitt (PfannenstielSchnitt) direkt oberhalb des Schamhügels, selten auch als Längsschnitt vom Bauchnabel bis zur Schambeinfuge 5 OP-Lagerung: zunächst 30°-Linksseitenlage bis zur Entwicklung des Kindes, dann Rückenlagerung 5 Schnitt-Entwicklungs-Zeit: in der Regel wenige Minuten 5 Gesamtdauer: ca. 30–45 min 5 Blutverlust ca. 900 ml 5 Postoperativer Schmerz: stark

z Klassifikation der Sectio nach Dringlichkeit

5 Sofort (Notsectio!): Das Leben von Mutter und/oder Fetus sind unmittelbar bedroht. Die Sectio muss innerhalb von 20 min nach Indikationsstellung begonnen werden (E-E-Zeit: Zeit zwischen Entschluss und Entbindung), in der Regel in Allgemeinanästhesie. Zeit zwischen Schnitt und Kindesentwicklung ca. 3–10 min 5 Dringlich: zeitnahe Entbindung notwendig, um Mutter und/oder Kind nicht zu gefährden. OP-Beginn grundsätzlich so schnell wie möglich: E-E-Zeit von 30– 60 min akzeptabel. Zeit für die Entwicklung des Kindes: bis zu etwa 20 min 5 Ungeplant, nicht dringlich: Mutter und Fetus sind aktuell nicht beeinträchtigt, OP jedoch innerhalb der nächsten 2 h erforderlich 5 Geplant: OP zu einem vorgewählten Termin in der 38.–39. SSW. Kein Zeitdruck 39.3.1  Wahl des

Anästhesieverfahrens

Mögliche Anästhesieverfahren bei Sectio sind: Spinalanästhesie, Periduralanästhesie, CSE und die Intubationsnarkose. 5 Regionalanästhesien gelten traditionell als sicherer für Mutter und Kind, weil hiermit die spezifischen Risiken der Allgemeinanästhesie, wie pulmonale Aspiration und eine Hypoxie durch Intubationsschwierigkeiten, vermieden werden 5 Allerdings ist die Zahl der Todesfälle bei Intubationsnarkose gesunken, die Zahl der Todesfälle bei rückenmarknahen Anästhesien dagegen angestiegen 5 Insgesamt ist aber die anästhesiebedingte Sterblichkeitsrate bei Sectio sehr niedrig

383

39.3 · Anästhesie bei Sectio caesarea (Schnittentbindung)

> Wichtig 5 Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens sind die OP-Dringlichkeit, geburtshilfliche und fetale Risiken sowie der Wunsch der Patientin und die Erfahrung des Anästhesisten zu berücksichtigen. 5 Bei Notsectio ist die Allgemeinanästhesie das Verfahren der ersten Wahl.

Außerdem ist die Intubationsnarkose in folgenden Situationen das Verfahren der Wahl: 5 Fetale Bradykardie 5 Uterusruptur 5 Massive Blutungen 5 Ausgeprägte frühzeitige Plazentalösung 5 Nabelschnurvorfall, Beckenendlage Bei Patientinnen mit Adipositas per magna gilt: 5 Wenn möglich Regionalanästhesie, besonders, wenn gleichzeitig ein OSA vorliegt 5 Ein Facharzt für Anästhesie muss anwesend sein 5 Postoperativ ist eine besonders sorgfältige Überwachung erforderlich z Aufklärung und Einwilligung

5 So früh wie möglich und so ausführlich wie notwendig, besonders bei elektiven Sectiones 5 Dabei beruhigend und vergewissernd einwirken, keine Ängste auslösen z Voruntersuchungen

5 Laboruntersuchungen sind bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf und gesunden Schwangeren nicht erforderlich 5 Blutgruppenbestimmung und Kreuzblut: bei Risikofaktoren für eine peripartale Blutungen (PPH = peripartale Hämorrhagie): vorangegangene Sectio, Uterusatonie bei  vorheriger Schwangerschaft, Placenta praevia, accreta, increta und percreta, Gerinnungsstörungen,

39

­ räeklampsie, HELLP-Syndrom, MehrP gebärende, akuter Infektion 5 Gerinnungswerte müssen bei leerer Blutungsanamnese nicht bestimmt werden, auch nicht, wenn eine rückenmarknahe Regionalanästhesie geplant ist 5 Thrombozytenzahl: Bei Präeklampsie-Patientinnen empfohlen. Sind sie pathologisch verändert, muss die Gerinnungsfunktion weiter abgeklärt werden 5 Bei positiver Blutungsanamnese oder bei HELLP-Syndrom sind weitergehende Gerinnungswerte erforderlich

Prämedikation In der Regel erhalten die Schwangeren keine Prämedikation wegen der Plazentapassage der Benzodiazepine. Ausnahme: Sehr aufgeregte und ängstliche Patientinnen können kurz vor der Einleitung 1–2 mg Midazolam i.v. erhalten.

Nahrungskarenz und Prophylaxen 5 Nahrungskarenz: elektive Sectio: 6 h für feste Nahrung, 2 h für klare Flüssigkeit 5 Aspirationsprophylaxe: insbesondere bei Allgemeinanästhesien empfohlen – 20–30 ml Natriumcitrat 0,3 molar p.o direkt vor der OP. Die Pufferwirkung setzt sofort ein. Die Versagerquote beträgt allerdings ca. 20 % – H2-Blocker, z. B. Ranitidin 150 mg p.o. am Vorabend und 150 mg p.o. 2 h vor der Operation. Bei Notsectio kein Nutzen, da die Wirkung erst nach mehr als 60 min eintritt – Metoclopramid, z. B. 20 mg Paspertin 5 Antibiotikaprophylaxe: Gabe ca. 30 min vor OP-Beginn

V.-cava-Kompressionssyndrom In flacher Rückenlage kann der Uterus bei Hochschwangeren die untere Hohlvene komprimieren. Hierdurch wird der venöse Rückstrom aus den Beinen und dem

384

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

­ ecken vermindert und das HerzzeitvoluB men fällt ab und dadurch auch die Blutversorgung der Plazenta und des Fetus. z Zeichen und Symptome

5 Blässe, Übelkeit, Schwächegefühl, Schwitzen, Luftnot 5 Blutdruckabfall 5 Tachykardie, dann sehr rasch Bradykardie ! Cave Spinal- und Periduralanästhesie verstärken die kardiovaskulären Auswirkungen des V.-cava-Kompressionssyndroms!

z Prophylaxe und Behandlung

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Wache Patientinnen nehmen beim ersten Auftreten von Symptomen von sich aus die Seitenlage ein. Hierdurch wird die Kompression beseitigt. 5 Bei anästhesierten Patientinnen (SPA, PDA oder Allgemeinanästhesie) muss das Syndrom durch Linksseitenlagerung (30°) der Schwangeren oder Seitwärtsverschiebung des Uterus mit der Hand einer Assistenzperson verhindert werden 5 Tritt unter der Anästhesie das Syndrom auf, weil die Patientin fälschlich auf dem Rücken gelagert wurde, ist die sofortige linke Halbseitenlagerung erforderlich; Volumengabe und Anheben der Beine sind sekundäre Maßnahmen

Anwesenheit von Vätern bei der Sectio Die Anwesenheit von Vätern ist üblich, ein grundsätzlicher Anspruch besteht aber nicht. 5 Wünscht die Mutter die Anwesenheit, kann sie erlaubt werden, aber nur, wenn die beteiligten Facharztgruppen nicht widersprechen 5 Wird die Anwesenheit erlaubt, so müssen Vater oder Bezugsperson über das Verhalten im OP und die Risiken ihrer Anwesenheit aufgeklärt werden

(­ Unterschrift verlangen einschließlich Verzicht auf Schadenersatz bei Ohnmachtsanfall mit Sturz). Sehr ängstlichen Vätern sollte die Anwesenheit nicht gestattet werden 5 Bei Intubationsnarkosen sollten der Vater oder eine andere Bezugsperson nur ausnahmsweise anwesend sein dürfen 5 Bei Notfallsectio sollte keine Bezugsperson anwesend sein 39.3.2  Spinalanästhesie

Die Spinalanästhesie ist das Standardverfahren für die elektive Sectio. Sie kann aber vom Erfahrenen auch bei dringlicher Sectio angewandt werden, in ausgewählten Fällen auch bei der Notsectio. z In Kürze – Spinalanästhesie für die Sectio

5 Am häufigsten eingesetztes Anästhesieverfahren bei Sectio caesarea 5 Technisch einfach, Wirkungseintritt innerhalb von Minuten, gute Analgesie 5 Erforderliche Anästhesiehöhe: Mamillarlinie. Gesamtausbreitung: Th4–S5 5 Punktion in Seitenlage oder in sitzender Position 5 Punktionsort L3/L4 oder L4/L5 5 Spinalkanüle: 25 G Pencil-point 5 Standardlokalanästhetikum: Bupivacain 0,5 % hyperbar 1,5–2 ml + 5–10 μg Sufentanil 5 Hauptkomplikation: schlagartiger Blutdruckabfall mit Gefährdung des Fetus und der Schwangeren z Vorteile gegenüber der PDA

5 Einfachere Technik, schnellerer Wirkungseintritt 5 Bessere Analgesie der S-Segmente z Vorteile gegenüber der Intubationsnarkose

5 Keine Aspirationsgefahr 5 Keine Hypoxiegefahr durch Intubationsschwierigkeiten

385

39.3 · Anästhesie bei Sectio caesarea (Schnittentbindung)

5 Ermöglicht der Mutter, die Geburt mitzuerleben und das Neugeborene sofort zu sehen z Nachteile gegenüber der PDA und der Intubationsnarkose

5 Schlagartiger Blutdruckabfall möglich wegen rasch eintretender Sympathikusblockade 5 Vagal bedingte Bradykardien möglich durch Blockade der sympathischen Herznerven 5 Postspinale Kopfschmerzen möglich. Häufigkeit zu 2 % z Lokalanästhetikum

5 Standardlokalanästhetikum für die Sectio ist Bupivacain 0,5 % hyperbar mit Opioidzusatz. Durch den Opioidzusatz wird die Häufigkeit von Blutdruckabfällen vermindert und die postoperative Analgesie verlängert 5 Verwendete Opioide sind: – Sufentanil 5–10 μg – Fentanyl 25 μg – Morphin 100 μg (= 0,1  mg) 5 Für Sufentanil und Fentanyl intraspinal liegt in Deutschland keine Zulassung vor. Die Patientin muss daher über den Off-label-Use aufgeklärt werden und einwilligen z Nebenwirkungen des Opiatzusatzes

5 Übelkeit und Erbrechen → Behandlung: Dexamethason, Serotoninantagonisten, Antihistaminika, Anticholinergika 5 Juckreiz →  Behandlung: Naloxon, Dimenhydrinat, Serotoninantagonisten 5 Atemdepression → Antagonist: Naloxon Dosierung von Bupivacain für die Sectio 5 Bupivacain 0,5 % hyperbar: 1,5–2 ml +  5–10  μg Sufentanil oder 25 μg Fentanyl oder 0,1 mg (= 0,2 ml) Morphin

39

Anästhesiepraxis > Wichtig Von herausragender Bedeutung ist die Prophylaxe des Blutdruckabfalls: 5 30°-Linksseitenlagerung, um das V.-cava-Kompressionssynrom zu vermeiden 5 Rechtzeitige Gabe eines Vasopressor bereits bei beginnendem Blutdruckabfall 5 Volumenzufuhr mit Beginn der SPA

5 Aspirationsprophylaxe geben (Citrat und H2-Blocker) 5 2 sicher laufende Venenkanülen einführen und isotone Vollelektrolytlösung anschließen. Keine prophylaktische Volumenbeladung (Prähydrierung) vor Anlage der SPA 5 Antibiotikum i.v., Zeitpunkt nach Hausstandard 5 Keine prophylaktische Zufuhr von Sauerstoff 5 Lagerung zur spinalen Punktion: sitzende Position (am einfachsten) oder in Seitenlage (für die Schwangere möglicherweise weniger angenehm wegen der beugenden Haltung, 7 Kap. 24) 5 Anschluss der Monitore und CTG-Kontrolle 5 Infusionsgeschwindigkeit der Vollelektrolytlösung während der spinalen Punktion erhöhen 5 Sofort nach Injektion des Lokalanästhetikums: Patientin 15–30° auf die linke Seite lagern. CTG erneut kontrollieren 5 Blutdruck und Herzfrequenz zunächst jede Minute messen 5 Ausbreitung der Blockade mit Kältereiz überprüfen, später mit Nadelstichen, v. a. in den L- und S-Segmenten. OP-Freigabe erst nach sicherem und ausreichend hohem Sitz der Spinalanästhesie 5 Bei Blutdruckabfall um 20 % oder unter 100 mmHg systolisch: Sofort Vasopressor injizieren, z. B. Theodrenalin (Akrinor) oder Ephedrin. Cave: gefährliche

386

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

Blutdruckanstiege möglich, v. a. bei zu rascher Injektion 5 Bei Bradykardie bzw. Herzfrequenz  Liegt bereits ein Periduralkatheter für eine ursprünglich vaginal geplante Entbindung, so kann er für die Sectio aufgespritzt werden, häufig auch bei dringlicher Sectio.

z Nachteile der PDA

5 Für den weniger Geübten technisch schwieriger als die SPA 5 Langsamer Wirkungseintritt, daher für die Notsectio nicht geeignet 5 Ausgesparte Segmente mit entsprechenden OP-Schmerzen möglich 5 Versehentliche Duraperforation führt bei den meisten Patientinnen zum postspinalen Kopfschmerz 5 Bei versehentlicher Fehllage des Katheters im Liquorraum: Gefahr der lebensbedrohlichen totalen Spinalanästhesie z Gefahren und Komplikationen der PDA

5 Versehentliche Duraperforation mit der Kanüle oder mit dem Katheter 5 Blutdruckabfall 5 Muskelzittern 5 Toxische Reaktion auf das Lokalanästhetikum 5 Totale Spinal- oder Periduralanästhesie 5 Ungenügende OP-Anästhesie, ausgesparte Segmente 5 Thoraxschmerzen 5 Übelkeit und Erbrechen: Meist durch Blutdruckabfall 5 Juckreiz: durch Opioidzusatz

39.3.3  Periduralanästhesie

z Lokalanästhetikum

Das Verfahren ist gut geeignet für Risikopatientinnen, da Blutdruckabfälle weniger rasch auftreten und meist auch weniger stark sind als bei der Spinalanästhesie. Die PDA wird in der Regel als Katheterperiduralanästhesie durchgeführt.

Eingesetzt werden Ropivacain oder Bupivacain, jeweils mit Opioidzusatz. Beide Substanzen unterscheiden sich nicht wesentlich in Anschlagzeit, Wirkstärke und Wirkdauer. Ropivacain wird aber wegen seiner etwas geringeren Kardiotoxizität meist bevorzugt.

39.3 · Anästhesie bei Sectio caesarea (Schnittentbindung)

Dosierung von Ropivacain Bupivacain für die Sectio

und

5 Ropivacain 0,75 % ca. 15–20 ml +  10 μg Sufentanil 5 Bupivacain 0,5 % ca. 15–20 ml +  10 μg Sufentanil 5 Wirkungseintritt: meist innerhalb von 20–30 min bei Neuanlage des Katheters, bei bereits begonnener Periduralanalgesie für die vaginale Geburt rascher 5 Wirkdauer: 120–180 min

5 Das Lokalanästhetikum wird fraktioniert injiziert, um schlagartige Blutdruckabfälle zu vermeiden z Plazentapassage der Lokalanästhetika

5 Alle amidartigen Lokalanästhetika passieren leicht die Plazenta, unterscheiden sich aber in der übertretenden Menge: Am geringsten ist die Passage für Bupivacain und Ropivacain, am stärksten für Mepivacain 5 Hohe Konzentrationen im fetalen Blut können zur Neugeborenendepression führen 5 Esterartige Lokalanästhetika passieren wegen ihrer raschen Spaltung im Blut der Schwangeren nur in unwesentlicher Menge die Plazenta. Der Fetus wird daher nicht beeinträchtigt 5 Prilocain kann Methämoglobin bilden und wird daher in der geburtshilflichen Anästhesie nicht eingesetzt

Anästhesiepraxis 5 Vorbereitung des Arbeitsplatzes:Zubehör für Regionalanästhesie und Allgemeinanästhesie sowie das Notfallzubehör richten; Notfallwagen „schwierige Intubation“ in der Nähe 5 Punktionsort: Anlage des Katheters bei L3/L4 oder L4/L5 in sitzender Position der Patientin auf dem OP-Tisch, alternativ auch in liegender Position 5 Venenkanülen: 1–2 periphere

387

39

5 Ein bereits liegender Katheter sollte nicht schon im Kreissaal vollständig aufgespritzt werden, weil wegen der Sympathikusblockade durch den Transport ein massiver Blutdruckabfall ausgelöst werden kann 5 Injektion des Lokalanästhetikums: fraktioniert etwa 15–20  ml Ropivacain 0,75  % + 10  μg Sufentanil (Mischspritze): zunächst 2 ml des Gemischs, um eine intrathekale Fehllage des Katheters auszuschließen, dann den Rest in 3- bis 4-ml-Dosen in kurzen Abständen injizieren. Bei dringlicher Sectio und sicherer Katheterlage kann auch das Lokalanästhetikum auch schneller injiziert werden 5 Erforderliche Anästhesieausdehnung: Th4/Th5 bis S5 5 Platzierung des Vaters: am Kopf der Patientin, vor dem OP-Tuch und ohne Einblick auf das Operationsfeld 5 Intraoperative O2-Zufuhr: nicht routinemäßig 5 Sedierung: nur wenn unbedingt nötig, z. B. mit 1 mg Midazolam 5 Operationsschmerzen: Eine ungenügende Analgesie lässt sich nicht mit Sedativa ausgleichen. Vorgehen: nächster Abschnitt und Abschn. 25.2. 5 Übelkeit und Erbrechen: meist durch einen beginnenden Blutdruckabfall ausgelöst: Blutdruck messen und – wenn abgefallen – sofort Vasopressor injizieren 5 Atemnot: Häufigste Ursachen sind: zu hohe motorische Blockade, Blutdruckabfall, Angst und Aufregung, Lungenödem, Lungenembolie 5 Totale Spinal- oder Periduralanästhesie: Sehr seltene Komplikation, auf die man vorbereitet sein muss. Sofort Sicherung der Atemwege durch Intubation, kontrollierte Beatmung, Vasopressor, Volumenzufuhr 5 OP-Ende: vorsichtige Umlagerung der Patientin in das Bett

388

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

z Was tun bei ungenügender Analgesie?

5 Schmerzen, Druckgefühl, Zerren und Reißen treten bei bis zu 20 % der Patientinnen während der Operation auf und können oft durch Zuspruch und Ermunterung der Schwangeren kontrolliert werden 5 Bei Schmerzen: Behandlungsversuch mit Esketamin 10–20 mg i.v. oder Remifentanil-Boli von 10–20 μg oder ­ kontinuierliche Infusion von 0,1  μg/ kgKG/min 5 Sind die Schmerzen zu stark, muss in der Regel umgehend eine Allgemeinanästhesie durchgeführt werden

Postoperative Überwachung Sie erfolgt auf der operativen IMC oder im Kreissaal mit EKG- und Blutdruckmonitor, Pulsoxymetrie, O2-Zufuhr, Absauggerät – unter ständiger Präsenz von qualifiziertem Fachpersonal z Postoperative Schmerztherapie

5 Opioide peridural und Ibuprofen p.o., Opioide i.v., Einzelheiten 7 Kap. 55 5 Die Frühmobilisation darf nicht durch Schmerzmedikamente beeinträchtigt werden 39.3.4  Allgemeinanästhesie für

die Sectio

39

z In Kürze – Allgemeinanästhesie für die Sectio

5 Die Patientin wird immer endotracheal intubiert: Maskennarkose sind absolut kontraindiziert 5 Die Narkose erfordert immer eine Blitzeinleitung (RSI) 5 Die Narkose wird mit Thiopental oder Propofol eingeleitet, wahlweise in Kombination mit Ketamin, um Wachheit zu vermeiden

5 Als Relaxans für die Intubation wird Succinylcholin verwendet, alternativ Rocuronium 5 Um Wachheit und ungenügende Analgesie zu verhindern, kann ein volatiles Anästhetikum in niedriger Konzentration (0,7–1 MAC) zugeführt werden. Die zusätzliche Gabe von Ketamin soll keine Vorteile aufweisen 5 Opioide dürfen erst nach Abnabelung des Kindes zugeführt werden (Ausnahme: bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen bzw. Präeklampsie zur Abschwächung der Intubationsreaktion 5 ND-Muskelrelaxanzien können nach der Abnabelung in üblicher Weise eingesetzt werden z Indikationen

Die Allgemeinanästhesie ist indiziert bei Notsectio oder wenn die Patientin eine Regionalanästhesie strikt ablehnt, weiterhin, wenn regionale Techniken kontraindiziert oder nicht möglich sind. z Vorteile

5 Sehr rasche Einleitung 5 In der Regel gute kardiovaskuläre Stabilität 5 Selten Blutdruckabfälle z Nachteile

5 Erhöhte Aspirationsgefahr, da nicht nüchtern 5 Häufiger Intubationsschwierigkeiten: große Brüste, sehr kurzer Abstand Kinnspitze-Thorax 5 Hektik des unerfahrenen Anästhesisten 5 Größere Hypoxiegefahr bei Intubationsschwierigkeiten wegen der erniedrigten FRC 5 Kein Geburtserlebnis für die Mutter 5 Gefahr der intraoperativen Wachheit (awareness) bis zur Abnabelung des Kindes

389

39.3 · Anästhesie bei Sectio caesarea (Schnittentbindung)

5 Depression des Neugeborenen durch Plazentapassage der Anästhesiesubstanzen z Plazentapassage von Anästhesiemedikamenten

Alle Medikamente und Anästhetika, die der Schwangeren verabreicht werden, passieren mehr oder weniger rasch die Plazenta. Ihre Wirkung auf den Fetus hängt v. a. von der übergetretenen Menge ab. ! Cave Längere Narkosedauer führt immer zur Neugeborenendepression!

Thiopental, Propofol, Etomidat und Ketamin sind in Standardeinleitungsdosen sicher. Höhere Dosen oder wiederholte Injektionen vor Abnabelung des Kindes bewirken aber eine Neugeborenendepression. Isofluran, Desfluran und Sevofluran relaxieren – konzentrationsabhängig – den Uterus und passieren die Plazenta. Die Wirkung ist reversibel und verschwindet rasch, wenn die Zufuhr unterbrochen wird. Konzentrationen von 0,5–1 MAC gelten als sicher und können für die Sectio caesarea angewandt werden, um intraoperative Wachheit zu verhindern. Höhere Konzentrationen (>1 MAC) führen bei längerer Zufuhr aber zur Neugeborenendepression. Lachgas geht sehr schnell auf den Fetus über und erreicht innerhalb weniger Minuten ein Gleichgewicht mit dem Blut der Schwangeren. Verlängerte Zufuhr (>15– 17 min) bewirkt häufig eine Neugeborenendepression. Inspiratorische Konzentrationen von 50 % sollten nicht überschritten werden. Opioide: alle Opioide, also auch Fentanyl, Sufentanil, Remifentanil und Alfentanil passieren rasch die Plazenta und führen, dosisabhängig, zur Atemdepression beim Neugeborenen. Darum gilt: > Bei Sectio caesarea werden bis zur Entwicklung des Fetus in der Regel keine Opioide eingesetzt!

39

Benzodiazepine: Midazolam, Diazepam und allen anderen Benzodiazepine passieren schnell die Plazenta. Niedrige Dosen haben keine nachteiligen Wirkungen auf den Fetus, hohe Dosen führen zum Floppy-Infant-Syndrom mit schlaffem Muskeltonus und verminderter Reflexerregbarkeit. Muskelrelaxanzien: Succinylcholin und die ND-Muskelrelaxanzien passieren nur langsam und nur in sehr geringer Menge die Plazenta. Daher ist keine wesentliche Muskelrelaxierung des Neugeborenen zu erwarten. Hohe Dosen von ­ND-Relaxanzien sollten aber vorsichtshalber vermieden werden.

Anästhesiepraxis 5 Anästhesiezubehör bereitstellen und die Funktionstüchtigkeit überprüfen. Absauggerät funktionsbereit, dicker Absaugkatheter 5 Blitzeinleitung oder Ileuseinleitung (RSI) mindestens zu zweit 5 Patientin auf dem OP-Tisch leicht auf die linke Seite lagern (25–30°), Oberkörper erhöht 5 Multifunktionsmonitor und Blutdruckmanschette anschließen 5 Präoxygenierung: Wegen der größeren Hypoxiegefahr (erniedrigte FRC!) ist eine Präoxygenierungszeit von 3–5 min erforderlich. In dringlichen Fällen reichen 8  maximal tiefe Atemzüge mit 100 % Sauerstoff innerhalb von 30 s aus. Während der Präoxygenierung kann das OP-Feld vorbereitet und steril abgedeckt werden 5 Die Narkose erst einleiten, wenn die Patientin steril abgedeckt ist und die Geburtshelfer schnittbereit sind 5 Einleitungsmittel: Thiopental etwa 4–5  mg/kgKG i.v. oder Propofol 2–3 mg/kgKG. In der Regel keine Vorinjektion eines Opioids. Kombination mit Ketamin, 0,5 mg/kgKG i.v. gegen Wachheit ist möglich

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39

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

5 Abschwächung der Intubationsreaktion: Bei Patientinnen mit Präeklampsie oder anderen Erkrankungen, bei denen Blutdruckanstiege strikt vermieden werden müssen, kann ein Remifentanil-Bolus (ca. 0,1 μg/kgKG) vor der Intubation i.v. injiziert werden 5 Relaxierung für die Intubation: Direkt nach Injektion des Einleitungsanästhetikums, d. h. ohne Zwischenbeatmung: Succinylcholin 1–1,5 mg/kgKG injizieren. Zu rasche Injektion wegen der Nebenwirkungen vermeiden. Alternative: Rocuronium ca. 1 mg/kgKG 5 Erst korrekte Tubuslage mit Kapnometrie überprüfen, dann Schnitt freigeben 5 Bei Misslingen der Intubation: keine wiederholten Intubationsversuche, sondern Larynxmaske einführen 5 Nach der Intubation Magensonde legen und den Magen absaugen 5 Anästhesie bis zur Abnabelung des Kindes: Zusatz von 0,8–1 MAC eines volatilen Anästhetikums zu ca. 50 % Sauerstoff, um Wachheit sicher zu verhindern 5 Nach Abnabelung des Kindes: 3  IE Oxytocin langsam i.v. oder 10 IE als Kurzinfusion 5 Beatmung: leichte Hyperventilation: paCO2 30–33 mmHg 5 Anästhesie nach Abnabelung des Kindes: Jetzt können Opioide und – niedrig dosiert – ND-Muskelrelaxanzien eingesetzt werden 5 OP-Ende: Extubation der wachen Patientin (vorher Magensonde entfernen) ! Cave Hohe Konzentrationen volatiler Inhalationsanästhetika müssen wegen der Gefahr der Uterusatonie vermieden werden.

z Postoperative Schmerztherapie

5 Ibuprofen (2bis 4-mal 600 mg/24 h + Opioid, z. B. Oxycodon/ Naloxon 20 mg, notfalls 3,75–7,5 mg Piritramid als Kurzinfusion

5 Höhere Opioiddosen erfordern die respiratorische Überwachung gestillter Neugeborener, da die Opioide in die Muttermilch übertreten 5 Paracetamol ist meist nicht ausreichend wirksam z Postoperative Überwachung

5 Auf operativer IMC oder im Kreissaal durch qualifiziertes Personal 5 Die Sicherheitsanforderungen sind die gleichen wie bei anderen Operationen und müssen vollständig umgesetzt werden 5 Frühe Mobilisierung anstreben 39.4  Spezielle geburtshilfliche

Anästhesie

39.4.1  Beckenendlage

Bei der Beckenendlage geht unter der Geburt nicht der Kopf voran, sondern der Steiß oder die Beine in variabler Form. 5 Maternale Gefahren: Zervixriss, Verletzungen des Perineums, hypovolämischer Schock durch intra- und postpartale Blutungen 5 Fetale Gefahren bei vaginaler Entbindung: Trauma, Kompression der Nabelschnur mit Hypoxie, intrakranielle Blutung durch Kopftrauma, Hirnschädigung z Anästhesieverfahren

5 Primäre Sectio: Regional- oder Allgemeinanästhesie. Bei hypertonem Uterus sollte die Allgemeinanästhesie, supplementiert mit einem volatilen Anästhetikum (erwünschte Uterusrelaxierung), bevorzugt werden 5 Vaginale Entbindung: Nur mit einem erfahrenen Geburtshelfer und nach rechtzeitiger Information des Anästhesieteams und des Pädiaters. Frühzeitige Anlage einer PDA empfohlen

391

39.4 · Spezielle geburtshilfliche Anästhesie

39.4.2  Mehrlingsgeburten

5 Die Risiken für die Schwangere und den Fetus sind erhöht 5 Geburtshilfliche Verfahren: Vakuumextraktion, Zangenextraktion. Wendung und primäre Sectio z Anästhesieverfahren

5 Primäre Sectio: je nach Dringlichkeit: Allgemeinanästhesie oder SPA/PDA 5 Vaginale Entbindung: möglichst in PDA, weil hierdurch das geburtshilfliche Vorgehen erleichtert wird 39.4.3  Frühgeburt

5 Definition: Geburt vor der 37. SSW 5 Häufigkeit ca. 9 % aller Geburten 5 Frühgeborene reagieren sehr empfindlich auf Anästhetika, Sedativa und Analgetika

39

dämpfenden Wirkungen der Allgemeinanästhetika vermieden werden 5 Reanimationsmaßnahmen: sind häufig erforderlich, unabhängig vom Anästhesieverfahren (Versorgung durch Pädiater) 39.4.4  Peripartale Blutungen

Schwere Blutungen (>1500 ml) können vor, während und nach der Geburt auftreten. Sie sind die zweithäufigste Todesursache in der Spätschwangerschaft. ! Cave 5 Peripartale Blutungen treten oft unerwartet auf und können innerhalb weniger Minuten zum Tod führen 5 Die wahren Blutverluste werden häufig unterschätzt 5 Bei tödlichen Verläufen wurde häufig „zu wenig und zu spät getan“

z Auslöser peripartaler Blutungen

5 Uterusatonie (mit ca. 75 % die häufigste Ursache) 5 Sehr kleine Frühgeborene (VLBW = very 5 Placenta praevia (tief sitzende Plazenta) low birth weight): Geburtsgeund Plazentalösungsstörungen wicht 160/110 mmHg und/oder Organfunktionsstörungen: Kopfschmerzen, Sehstörungen, gesteigerte Reflexe, Lungenödem, Oberbauchschmerz, eingeschränkte Nierenfunktion, Thrombozytopenie 5 HELLP-Syndrom: Variante der Präeklampsie mit Hämolyse, erhöhten Transaminasen, erniedrigten Thrombozyten und Oberbauchschmerzen. Kann schlagartig auftreten 5 Eklampsie: Präeklampsie mit tonisch-klonischen Krämpfen 5 Chronische Hypertonie: Hypertonie bereits vor der Schwangerschaft z Gefahren

5 Herzinsuffizienz, Lungenödem 5 Intrakranielle Blutungen 5 Gerinnungsstörungen 5 Multiorganversagen z Behandlung

5 Medikamentöse Blutrucksenkung: α-Methyldopa, Urapidil, selektive β-Blocker, Dihydralazin, Kalziumantagonisten

39.4 · Spezielle geburtshilfliche Anästhesie

5 Prophylaxe und Behandlung generalisierter Krämpfe mit Magnesiumsulfat i.v. bzw. per Infusion

Anästhesiebesonderheiten z Praktisches Vorgehen

5 Anästhesieverfahren bei Sectio: Allgemeinanästhesie oder Regionalanästhesie (vorher Gerinnungskontrolle!) 5 Blutdruckanstiege müssen wegen der Gefahr des Herzversagens und von Hirnblutungen strikt vermieden werden 5 Bei schwerer Präeklampsie sollten eine arterielle Kanüle und ein ZVK erwogen werden, auch bei rückenmarknaher Regionalanästhesie 5 Volumenzufuhr: wegen der Gefahr des Lungenödems vorsichtig und bedarfsangepasst 5 Ketamin ist bei Präeklampsie/Eklampsie und HELLP-Syndrom kontraindiziert 5 Prophylaxe von Blutdruckanstiegen bei der Einleitung: Magnesium als Kurzinfusion oder kleine Remifentanil- oder Nitroglyzerinboli 5 Magnesiumtherapie verstärkt die Wirkung der Muskelrelaxanzien. Darum Dosis reduzieren! 5 Postoperative Überwachung, je nach Schweregrad: IMC oder Intensivstation z Magnesiumtherapie

Magnesium (Mg) ist das Mittel der Wahl für die Prophylaxe und Therapie generalisierter eklamptischer Anfälle. 5 Gefahren: – Somnolenz – Atemdepression – Störungen der Erregungsleitung des Herzens bis hin zum Herzstillstand 5 Überwachung der Magnesiumtherapie: – Patellarsehnenreflex: soll abgeschwächt, aber noch auslösbar sein

393

39

– Kontrolle der Atemfrequenz: soll über 10/min betragen – Messung der Serumkonzentration bei längerer Zufuhr. Zielbereich: 2–4 mmol/l 5 Behandlung der Überdosierung: – Kalzium i.v. als Antidot bei weniger bedrohlichen Formen der Überdosierung – Intubation und Beatmung bei schwerer Atemdepression 39.4.6  Adipositas per magna

Es handelt sich um Hochrisikopatientinnen (7 Kap. 37): Begleiterkrankungen sind die Regel, z. B. Diabetes (7 Kap. 29), Hypertonie (7 Kap. 27). Das technische Vorgehen ist erheblich erschwert. z Schwangerschaftskomplikationen:

5 Frühgeburt 5 Fetale Fehlbildungen 5 Zu große Kinder für das Gestationsalter 5 Schulterdystokien 5 Totgeburt 5 Schwangerschaftsdiabetes 5 Schwangerschaftshypertonie 5 Präeklampsie 5 Peripartale Blutungen

Anästhesiebesonderheiten 5 Häufig OSA (7 Kap. 33): postoperative Überwachung wichtig 5 Erhöhtes Aspirationsrisiko, daher Regionalanästhesie bevorzugen 5 Überlange Punktionskanülen für rückenmarknahe Regionalanästhesien erforderlich 5 Schwierige Punktionsverhältnisse bei Spinal- und Periduralanästhesie mit erhöhter Gefahr der Duraperforation 5 Bei Allgemeinanästhesie: erhöhte Hypoxiegefahr wegen der erniedrigten FRC,

394

Kapitel 39 · Schwangerschaft und Geburtshilfe

daher sorgfältige Präoxygenierung und kurze Apnoephase bei der endotrachealen Intubation z Postoperative Gefahren

5 Respiratorische Insuffizienz 5 Postoperative Nachblutungen 5 Vermehrt PONV 5 Thromboembolien 5 Wundheilungsstörungen 39.5  Erstversorgung des

Neugeborenen

Ärztlich und organisatorisch verantwortlich ist der Geburtshelfer. Steht kein Pädiater zur Verfügung, sollten Geburtshelfer und Anästhesist in der Lage sein, in unvorhersehbaren Notfällen die Erstversorgung des Neugeborenen bis zum Eintreffen des Neonatologen vorzunehmen. z Erstmaßnahmen nach Geburt des Kindes

39

5 Absaugen: nicht bei vitalen, spontan atmenden Kindern ohne Verlegung der Atemwege 5 Abnabeln: – Nach Sectio meist sofort – Bei vaginaler Geburt nach 1–1,5 min – Vor dem Abnabeln das Kind nicht über das Niveau der Plazenta halten 5 Lagern: auf Bauch und Brust der Mutter, zugedeckt mit vorgewärmtem ­Frottier- oder Moltontuch 5 Erhebung des Apgar-Scores: nach 1, 5 und 10 min – Anhand von Herzfrequenz und Spontanatmung wird entschieden, ob Reanimationsmaßnahmen durchgeführt werden müssen 5 Bestimmung des Säure-Basen-Status: innerhalb von 5–10 min im Blut aus der Nabelarterie

5 Weitere Betreuung im Kreissaal, dann auf der Wochenstation 39.5.1  Reanimation des

Neugeborenen

Bei jeder Geburt sollte in der Neugeborenenreanimation ausgebildetes und trainiertes Personal umgehend verfügbar sein, bei Risikogeburten neonatologisch ausgebildetes und trainiertes Personal, darunter eine Person, die erfahren ist in der Intubation von Neugeborenen. 5 Neugeborenenreanimation sollte nach einem klinikinterner Notfallalgorithmus erfolgen 5 Die Notfallausrüstung ist vor der Entbindung bereitzustellen 5 Für die Reanimation sollte das Neugeborene unter einem Heizstrahler gelagert werden 5 Mit der Herzkompression wird begonnen, wenn die Herzfrequenz trotz effektiver Beatmung  Narkoseeinleitung nur in Anwesenheit des Operateurs und Tracheotomiebereitschaft!

z Anästhesie

5 In der Regel Intubationsnarkose (TIVA oder balanciert) mit kontrollierter Beatmung 5 Der Operateur injiziert häufig zusätzlich ein Lokalanästhetikum mit Adrenalinoder Vasopressorzusatz in das OP-Gebiet, um Blutungen zu reduzieren. Daher auf hämodynamische Effekte wie Tachykardie und Blutdruckanstieg achten 5 Der Kopf ist während der Operation meist nicht mehr direkt zugänglich. Darum muss der Tubus absolut sicher fixiert werden, um ein Herausgleiten oder Abknicken zu verhindern. Spiraltubus bevorzugen! 5 Durch Lagerungsmaßnahmen des Operateurs, das Einsetzen der Mundsperrers und von OP-Instrumenten kann der Tubus abgeknickt werden oder aus der Trachea gleiten 5 Die Atemwege sind häufig durch Blut, Sekret und Instrumente während und nach der Operation gefährdet. Darum Extubation erst nach Rückkehr der Schutzreflexe! z Jet-Ventilation

5 Die Beatmung mit dem Jet-Ventilator erfolgt bei Operationen am Kehlkopf und den Stimmbändern über eine dünne Sonde, um die Sicht im Operationsgebiet zu verbessern 5 Die Beatmungsfrequenz beträgt 60–600/ min, die inspiratorische O2-Konzentration 100 % 5 Die Kapnometrie ist nicht möglich, darum müssen bei längeren Eingriffen die arteriellen Blutgase gemessen werden z Gefahren

5 Sehr hohe Atemwegsdrücke durch Behinderung der Exspiration 5 Hyperkapnie durch ungenügende Ventilation

399

40.2 · Tonsillektomie, Tonsillotomie und Adenotomie

5 Abfall der O2-Sättigung durch Ansaugen von Raumluft (Venturi-Effekt durch den Jet-Strahl) 40.2  Tonsillektomie, Tonsillotomie

und Adenotomie

Operationen an den Mandeln sind die häufigsten Eingriffe im Kindesalter. Sie erfolgen grundsätzlich in Allgemeinanästhesie, bei Erwachsenen auch in Lokalanästhesie (durch den Operateur). z Indikationen

5 Wiederkehrende Atemwegsinfekte 5 Mittelohrentzündungen bei hyperplastischen Adenoiden z OP-Verfahren

5 Tonsillektomie: operative Entfernung der Gaumenmandel. Sehr schmerzhafter Eingriff 5 Tonsillotomie: teilweise operative Resektion der Gaumenmandeln. Weniger schmerzhaft als die Tonsillektomie, seltener Nachblutungen 5 Adenotomie: Entfernung hyperplastischer Rachenmandeln. Wenig schmerzhaft. Häufig kombiniert mit Parazentese des Trommelfells und Einlage eines Paukenröhrchens z Gefahren

5 Blutungen 5 Verlegung der Atemwege 5 Abknicken oder Dislokation des Tubus oder der Larynxmaske durch den Ope­ rateur z Anästhesiepraxis

5 ITN mit Spiraltubus als TIVA oder als balancierte Anästhesie, Relaxierung mit kurz wirkendem ND-Relaxans, z. B. Mivacurium. Tubus mittig fixieren

40

5 Spirallarynxmaskennarkose ohne Relaxierung möglich (ab >15 kgKG). Cave: Dislokationsgefahr durch Operateur 5 1 Venenkanüle, Standardmonitoring 5 Ausreichend tiefe Narkose, v. a. bei der sehr schmerzhaften Tonsillektomie. Zu flache Narkose begünstigt hämodynamische Reaktionen auf Operationsstimuli z Mundsperrer

Bei allen 3 Eingriffen wird der Mund des intubierten Patienten mit einem Sperrer maximal geöffnet: 5 Rückenlage des intubierten Patienten. Der Operateur führt den Mundsperrer ein. Dabei wird die Zungen nach unten gedrückt. Der Tubus liegt in einer Furche des Zungenspatels und wird in der Mundmitte fixiert 5 Danach wird der Mundsperrer weit geöffnet und in einer speziellen Vorrichtung über dem Kopf des Patienten eingehängt („hängender Kopf“) Cave: Hierbei kann der Tubus oder die Larynxmaske dislozieren. Darum sofort die Tubuslage und die Beatmung kontrollieren! z Narkoseausleitung

5 Vor der Ausleitung und Extubation: Mund und Rachen auf Blut, Koagel, noch aktive Blutung und Sekret inspizieren, wenn vorhanden: vorsichtig naso- und oropharyngeal absaugen 5 Extubation in Seitenlage und erst nach Rückkehr der Schutzreflexe z Postoperative Schmerztherapie

5 Piritramid (z.  B. Dipidolor); Cave: Atemdepression 5 Metamizol, Diclofenac oder Ibuprofen z Postoperative Nachblutung

Blutungen aus dem Wundgebiet sind die am meisten gefürchtete Komplikation der Tonsillektomie 4–6 h nach der Operation,

400

Kapitel 40 · HNO

meist als langsames Sickern oder „Schweißen“ 5 Die Blutung kann zum hämorrhagischen Schock und zur Verlegung der Atemwege (Ersticken) führen. Darum Puls, Blutdruck und Wundgebiet regelmäßig überprüfen! 5 Weitere kritische Zeitpunkte für Blutungen: 2., 5. und 6. Tag nach der Operation, also auch zu Hause z Reoperation wegen Nachblutung

> Die Nachblutung ist ein Notfall! 5 Die Tonsillektomienachblutung gehört zu den Haupttodesursachen dieses Eingriffs! Sie tritt meist nicht schlagartig auf, sondern verläuft schleichend 5 Die Blutverluste werden meist unterschätzt. Oft besteht eine Hypovolämie oder ein hämorrhagischer Schock, die präoperativ beseitigt werden sollten, sofern noch genügend Zeit zur Verfügung steht 5 Meist hat der Patient größere Menge Blut verschluckt, die plötzlich erbrochen werden können 5 Bei der Narkoseeinleitung („Blitzeinleitung“) besteht Aspirationsgefahr mit partieller oder kompletter(!) Verlegung der Atemwege durch Blutkoagel. Daher starke Sauger bereithalten!

40.3  Tonsillen- und

40

Pharynxabszesse

Die operative Inzision der Abszesse erfolgt in Intubationsnarkose. z Gefahren

5 Kieferklemme bei ausgedehnten, schmerz­ haften Abszessen 5 Verlegung der oberen Atemwege durch große Abszesse mit erschwerter Intubation

5 Aufbrechen großer, reifer Abszesse bei der Narkoseeinleitung und Eindringen von Eiter in die Atemwege z Anästhesiepraxis

5 Alle Vorbereitungen für die Bewältigung des schwierigen Atemwegs treffen 5 Narkose nur bei anwesendem Operateur und in Tracheotomiebereitschaft einleiten 5 Im Zweifelsfall fiberoptisch intubieren unter erhaltener Spontanatmung (7 Kap. 15) 5 Vor Narkoseausleitung: Mund und Pharynx. Absaugen. Tubus erst nach Rückkehr der Schutzreflexe entfernen 40.4  Ohroperationen 40.4.1  Parazentese des

Trommelfells, Paukenöhrchen

z Parazentese

Einschneiden des Trommelfells und Absaugen von Flüssigkeitsansammlungen aus dem Mittelohr. z Paukenröhrchen

Einsetzen eines Kunststoffröhrchens in den Schnitt zur Drainage des Mittelohrs. 5 Sehr kurze, ambulante Eingriffe, in der Regel bei Kindern, häufig mit wiederholten Infekten; infektfreies Intervall oft nicht erreichbar 5 Anästhesie: ITN oder Larynxmaske. TIVA mit Remifentanil oder balancierte Anästhesie. Wenn Relaxierung erforderlich: kurz wirkendes ND-Relaxans wie Mivacurium einsetzen

401

40.4 · Ohroperationen

40.4.2  Tympanoplastik,

Cholesteatom-OP

Diese Eingriffe erfolgen im Mittelohr. z Tympanoplastik (Typ I–III)

Operatives Verfahren zur Verbesserung des Hörvermögens bei Schallleitungsstörungen. Je nach Erkrankung: 5 Operativer Wiederaufbau des Trommelfells 5 Ausräumung defekter Gehörknöchelchen (Steigbügel, Amboss oder Hammer) und Ersatz durch Prothesen, die den Schall übertragen z Cholesteatom

Perlgeschwulst im Mittelohr mit chronisch-eitriger Entzündung. Kann zu Zerstörung der Gehörknöchelchen, Fazialisparese, Meningitis, Hirnabszess und Sepsis führen 5 Behandlung: operativ, evtl. radikale Mastoidektomie z Anästhesiepraxis

5 Operiert wird unter dem Mikroskop im abgedunkelten Raum. Bewegungen des Patienten müssen dabei strikt vermieden werden 5 Bei Kindern ist die ITN mit Muskelrelaxierung das Verfahren der Wahl 5 Lachgas sollte nicht verwendet werden, um die Entstehung eines Unterdrucks im Mittelohr zu vermeiden. Der Druckanstieg kann die operative Rekonstruktion gefährden 5 Der Kopf ist abgedeckt, daher hat der Anästhesist keinen Zugang zum Kopf 5 Husten und Pressen bei der Narkoseausleitung müssen vermieden werden, weil hierdurch die operative Rekonstruktion gefährdet wird 5 Der Eingriff ist wenig schmerzhaft; Schwindel ist möglich 5 PONV-Prophylaxe

40

z Anästhesie bei Cholesteatom

5 Meist in Allgemeinanästhesie (ITN oder Larynxmaske), bei Kindern immer Allgemeinanästhesie 5 Manchmal sehr lange Operationsdauer (3–4 h) 40.4.3  Cochleaimplantat z Cochlea

Hörschnecke im Innenohr; Rezeptorfeld für die Hörwahrnehmung. Schneckenförmig aufgebaut z Cochleaimplantat

Hörsystem, das bei hochgradiger Hörminderung implantiert wird. Besteht aus Mikrofon, digitalem Wandler und Sende- und Empfangsspulen. Wandelt den Hörschall in elektrische Signale um und leitet sie über ein implantiertes Elektrodenbündel direkt an den N. acusticus. 5 Das Implantat wird in ein Knochenbett hinter dem Ohr eingelassen 5 Der Eingriff erfolgt unter Mikroskop und erfordert eine Allgemeinanästhesie (ITN). Zusätzlich wird eine Lokalanästhesie im OP-Gebiet angelegt. ­OP-Dauer ca. 2 h 5 Postoperativ sind – vorübergehend – Schmerzen im Wundgebiet möglich, die beim Kauen zunehmen können 40.4.4  Abstehende Ohren:

Otopexie und Anthelixplastik

Der Eingriff wird v. a. bei Kindern im frühen Schulalter durchgeführt. 5 Anästhesie: ITN 5 Für die Operation muss der Kopf intraoperativ zu Seite gedreht werden; dabei besteht die Gefahr der Tubusdislokation

402

Kapitel 40 · HNO

5 Am OP-Ende wird ein Kopfverband angelegt

5 PONV-Risiko erhöht, daher Prophylaxe empfohlen

40.5  Nasen- und

40.5.1  Nasenbluten (Epistaxis)

z Häufigste Operationen

OP-Verfahren ist die Ligatur der A. maxillaris interna und der A. ethmoidalis anterior, manchmal auch der A. carotis interna.

Nasennebenhöhlenoperationen

5 Korrektur von Nasenseptumdeviationen 5 Plastische Korrekturen 5 Reposition von Nasenbeinfrakturen 5 Polypektomien 5 Eingriffe in den Nebenhöhlen 5 Tumoroperationen im Nasen- und Nebenhöhlenbereich z Anästhesiepraxis

40

5 Bei einfachen und kurz dauernden Eingriffen: Lokalanästhesie durch den Operateur 5 In der Regel aber Intubationsnarkose, v. a., um die Atemwege ausreichend zu schützen. Oft zusätzlich Lokalanästhesie mit Vasopressor 5 Allgemeinanästhesie bei Nasen- und Nasennebenhöhlen-OP 5 Orale Intubation, eine zusätzliche Muskelrelaxierung für die Operation ist meist nicht erforderlich 5 Nach der Intubation: Rachen tamponieren, um das Abfließen von Blut, Sekret und Eiter zu verhindern. Das Ende der Rachentamponade muss ein Stück weit aus dem Mund heraushängen 5 Bei intraoperativer Injektion von Adrenalin durch den Operateur: auf hämodynamische Reaktionen achten 5 Am OP-Ende: Einlage von Nasentamponaden durch den Operateur, um Blutungen zu stillen und die Nasenatmung auszuschalten 5 Vor Extubation: Rachentamponade entfernen, Rachen absaugen 5 Extubation nach Rückkehr der Schutzreflexe

Besonderheiten 5 Bei längerem oder sehr starkem Nasenbluten: Gefahr der Hypovolämie 5 Die Patienten verschlucken häufig das Blut und sind daher nicht nüchtern 5 Störungen der Blutgerinnung müssen präoperativ ausgeschlossen werden 5 Erythrozytenkonzentrate bereithalten 5 Sicher laufende Venenkanüle anlegen 5 Narkoseeinleitung wie bei vollem Magen; dabei sicher funktionierende, starke Absaugung bereithalten 40.5.2  Nasennebenhöhlen-

operation

5 Erhebliche Blutverluste und erschwerte Blutstillung sind möglich, darum Erythrozytenkonzentrate bereithalten 5 1–2 sicher laufende Venenkanülen 5 Anästhesie: ITN 40.6  Laryngektomie

5 Totalexstirpation des Kehlkopfs und (bei Metastasen) Neck-Dissection en bloc 5 Operationsdauer 3–4 h und mehr 5 Schmerzintensität sehr stark 5 OP-Lagerung: Rücken; Kissen unter der Schulter, Kopfring, Kopf erhöht z Anästhesiepraxis

5 Präoperativ sorgfältig die Atemwege einschätzen

403

40.8 · Laserchirurgie

5 Intubationsnarkose, Spiraltubus 5 Häufiger schwierige Intubation zu erwarten: – Bei mäßig starker Obstruktion: fiberoptische Intubation – Bei schwerer Obstruktion: zunächst elektive Tracheotomie des wachen Patienten unter Lokalanästhesie – Erweitertes Monitoring bei großen Eingriffen: Arterie, ZVK, Blasenkatheter, Magensonde – Blutverluste: mäßig bis stark, EK nach hausinternem Standard kreuzen – Nach Tracheotomie: auf Umintubation vorbereiten 40.7  Mikrolaryngoskopie,

Stimmband-OP

Diagnostische und operative Maßnahmen am Kehlkopf; bei Mikrolarynx unter Verwendung von Laryngoskop und Operationsmikroskop. 5 Bei schwerer Obstruktion: elektive präoperative Tracheotomie unter Lokalanästhesie 5 Anästhesist und Operateur teilen sich den Atemweg 5 Unbewegtes OP-Gebiet erforderlich, daher den Patienten relaxieren 5 TIVA mit Jet-Ventilation über sehr dünnen Tubus im Laryngoskop 40.8  Laserchirurgie

Laserstrahlen werden bei mikrochirurgischen Eingriffen an den oberen Atemwegen und der Trachea eingesetzt. 5 Vorteile: gewebeschonenderes Operieren, geringere Blutungen 5 Gefahr: Entstehung von Feuer durch den Laserstrahl. Daher Löschwasser (Kochsalzlösung) bereithalten

40

5 Spezielle Lasertuben verwenden; Handhabung nach Anweisungen des Herstellers 5 Selbstschutz beachten: spezielle Laserbrillen aufsetzen 5 Entstehendes Rauchgas kontinuierlich absaugen 5 Anästhesie: ITN als TIVA, Lasertubus, wenn erforderlich Jet-Ventilation 5 Inspiratorische O2-Konzentration  120 mmol): Furosemid 20–40 mg i.v., um die Spüllösung auszuschwemmen. Außerdem: Flüssigkeitszufuhr einschränken 5 Nur bei schwerer Hyponatriämie (Serumnatrium  120  mmol/l, dann Zufuhr stoppen – Cave: Das Serumnatrium darf nicht zu rasch angehoben werden, da hierdurch Hirnschäden hervorgerufen werden können 5 Bei Lungenödem: endotracheale Intubation und Beatmung, kardiovaskuläre Medikamente 5 Bei generalisierten Krämpfen: Antikonvulsivum, z. B. Clonazepam (Rivotril) oder Diazepam 43.2.2  Harnblasenperforation

oder Perforation der Prostatakapsel

Die Perforation ist eine schwerwiegende Komplikation, die sofort erkannt und behandelt werden muss. z Zeichen

5 Wacher Patient

420

Kapitel 43 · Urologie

– Plötzlicher heftiger Schmerz im Unterbauch – Brustschmerz, Schulterschmerz – Übelkeit und Erbrechen bei Perforation in die freie Bauchhöhle 5 Anästhesierter Patient – Schwierig zu erkennen – Blutdruckanstieg und Tachykardie, Blutdruckabfall

Kontraktionen der Oberschenkeladduktoren zu verhindern – Larynxmasken- oder Intubationsnarkose als TIVA oder balanciert 5 Intraoperative Komplikation: TUR-Syn­ drom, v. a. bei langen Resektionszeiten 5 Postoperativer Analgetikabedarf: meist gering 5 Postoperative Komplikationen: Nachblutung und Harnblasentamponade

z Behandlung

5 Sofortige Laparotomie 5 Bei Perforation in das Peritoneum ist meist keine Laparotomie erforderlich 43.2.3  Transurethrale

Prostataresektion (TUR-P)

43

Bei der TUR-P wird das Prostataadenom schichtweise elektrisch reseziert und über das Urethroskop herausgespült. Sehr große Adenome (>80–100  ml) werden dagegen meist offen oder mit DaVinci operiert, d. h. suprapubisch enukleiert. Hierbei kann es sehr stark bluten; daher Transfusionsbereitschaft! 5 Diathermische zystoskopische Resektion benigner Prostatahyperplasien 5 Lagerung: Steinschnitt 5 Resektionszeit: je nach Größe der Prostata, maximal 60 min 5 Schmerzintensität: mäßig 5 Blutverlust: gering (jedoch abhängig vom Operateur) 5 Venenzugang: 1 periphere Kanüle 5 Standardmonitoring und intraoperative Kontrolle des Serumnatriums (präoperativ Kontrollwert bestimmen) 5 Arterielle Kanüle nur bei Risikopatienten 5 Anästhesieverfahren: – SPA bis Th10, bei operativer Stimulation des N.  obturatorius ergänzt durch Obturatoriusblockade, um

43.2.4  TUR-Blase (TUR-B)

Die TUR-P ist das Standardverfahren bei der Diagnostik und Therapie solider Blasentumoren. Operativer Ablauf: Erst erfolgt eine Zystoskopie, dann Abtragen des Tumors mit der Schlinge, dann Koagulation der Resektionsfläche. z Anästhesiepraxis

5 Diathermische Resektion von Blasentumoren 5 Lagerung: Steinschnitt 5 Operationsschmerzintensität: mittel bis stark 5 Standardmonitoring 5 Venenzugang: 1 periphere Kanüle 5 Anästhesie: – Spinalanästhesie bis Th10 sowie gleichseitige Obturatoriusblockade bei Resektionen an der Blasenwand, um elektrisch ausgelöste Kontraktionen der Beinadduktoren zu verhindern – Larynxmasken- oder Intubationsnarkose als TIVA oder balancierte Anästhesie 5 Blutverluste: keine oder mehrere hundert ml 5 Postoperative Analgetikabedarf: meist gering 5 Postoperative Komplikationen: Nachblutung, Blasentamponade

43.4 · Laparoskopische roboterassistierte DaVinci-Prostatektomie

43.2.5  Zystoskopie

Häufiges diagnostisches Verfahren zu Abklärung von Hämaturie, Harnwegsinfekten oder Obstruktion. Verwendet werden starre oder flexible Endoskope. Bei Erwachsenen reicht eine Oberflächenanästhesie meist aus, bei Kindern ist eine Allgemeinanästhesie erforderlich. 43.3  Radikale retropubische

Prostatektomie

Prostatakrebs ist mit etwa 26 % die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Betroffen sind v. a. Ältere. Operatives Vorgehen: Entfernung der Prostata einschließlich Kapsel, der Samenblase und eines Teils des Samenleiters, bei vielen Patienten zusätzlich von Lymphknoten im Becken. z Anästhesiepraxis

5 Operativer Zugang über Medianschnitt im Unterbauch 5 OP-Lagerung: überstreckter Rücken, meist mit mittlerer Trendelenburgposition 5 OP-Dauer: 1–2 h 5 Schmerzintensität: stark 5 Blutverlust: 0,5–2 l 5 Standardmonitoring, evtl. arterielle Kanüle 5 1–2 Venenkanülen, evtl. zentraler Venenkatheter 5 Anästhesieverfahren: – ITN, evtl. kombiniert mit thorakaler PDA unter guter Muskelrelaxierung – Spinalanästhesie (Ausdehnung bis Th6–Th8) ist möglich, bei starken Blutverlusten aber von Nachteil 5 Postoperative Schmertherapie: PCA oder peridural

421

43

43.4  Laparoskopische

roboterassistierte ­­DaVinciProstatektomie

Das Verfahren ermöglicht ein präziseres und schonenderes Operieren mit geringeren postoperativen Schmerzen. Die Umwandlung in eine offene Prostatektomie ist nur selten erforderlich und die Verweildauer im Krankenhaus ist deutlich kürzer als bei der offenen Prostatektomie. z Vorgehen bei DaVinci-Prostatektomie

5 Einführen von Trokaren durch die Bauchdecke; hierüber Einführen von Kamera und Instrumenten. Der Operateur sitzt abseits an der Steuerkonsole und bedient die Instrumente 5 OP-Lagerung: extreme Kopf-tief- bzw. Trendelenburg-Lagerung mit abgespreizten Beinen. Nach Abschluss der Lagerung: Tubuslage kontrollieren; auf Schwellung im Gesichtsbereich achten 5 2 Venenkanülen, Magensonde 5 Anästhesieverfahren: ITN mit guter Muskelrelaxierung als TIVA oder balancierte Anästhesie. PDK in der Regel nicht erforderlich 5 Standardmonitoring; bei Risikopatienten arterielle Kanüle 5 Anlage des Pneumoperitoneums: bei niedrigem Druck (ca. 10 mmHg) geringe Auswirkungen auf die Lungenfunktion und die Hämodynamik, bei höherem Druck im Abdomen (ca. 20 mmHg): meist Anpassung der Ventilation erforderlich; wenn nötig: BGA-Kontrolle 5 Blutverluste: in der Regel gering 5 Volumenzufuhr: bedarfsangepasst, Hypervolämie vermeiden 5 Aufwachraum: – Schmerzintensität: gering – PONV-Häufigkeit: erhöht

422

Kapitel 43 · Urologie

– Auf lagerungsbedingtes Kompartmentsyndrom der unteren Extremität achten! – Verlegung auf IMC 43.5  Radikale Zystektomie und

Neoblase

Verfahren der Wahl bei infiltrierend wachsendem Harnblasenkrebs. Operatives Vorgehen: Entfernung der Harnblase mit urinableitenden Eingriffen (Ileumkonduit) oder Neukonstruktion der Blase (Neoblase). Die OP erfolgt offen oder robotergestützt. z Anästhesiepraxis

5 Großer operativer Eingriff 5 OP-Lagerung: Lithotomie und ­Trendelenburg-Lagerung 5 Dauer 2–3 h, bei Neoblase bis zu 7 h und mehr 5 Schmerzintensität: sehr hoch 5 Magensonde 5 2 großlumige Venenkanülen, ZVK und Magensonde 5 Anästhesieverfahren: ITN, evtl. kombiniert mit PDA 5 Monitoring: Standard sowie arterielle Kanüle 5 Blutverluste: 700 ml bis  >  3 l (mindestens 4 Erythrozytenkonzentrate bereithalten!) 5 Volumenzufuhr: strikt bedarfsangepasst, Hypervolämie vermeiden 5 Postoperativ: Intensivüberwachung (Bett reservieren), Flüssigkeitsersatz, PCA oder Periduralanalgesie

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43.6  Nephrektomie

Entfernung oder Teilentfernung der Niere wegen eines Tumors oder anderer Erkrankungen. Die Größe des Eingriffs hängt v. a. von der lokalen Ausdehnung des Tumors ab. Bei Tumorzapfen in der V. cava kann der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine erforderlich sein. z Vorgehen bei Nephrektomie

5 OP: offen oder laparoskopisch, auch roboterassistiert 5 Lagerung: Rückenlagerung beim transperitonealen Zugang; Halbseiten- oder Seitenlagerung beim extraperitonealen Zugang 5 Dauer: 1–3 h 5 1–2 große Venenkanülen, evtl. ZVK 5 Standardmonitoring, bei Risikopatienten arterielle Kanüle 5 Anästhesieverfahren: ITN als TIVA oder balancierte Anästhesie, evtl. kombiniert mit PDA 5 Schmerzintensität: hoch bis sehr hoch 5 Blutverluste: gering bis massiv; mindestens 2 Erythrozytenkonzentrate bereitstellen! 5 Bei Heminephrektomie: Ausklemmen der A.  renalis. Nach Wiedereröffnen Hyperkaliämie möglich 5 Komplikationen: – Massive Blutungen – Pneumothorax durch Eröffnung der Pleura – Thrombose durch Behinderung des venösen Rückstroms

43.8 · Operationen an Penis Hoden und Harnröhre

43.7  Extrakorporale

Stoßwellenlithotripsie (ESWL)

Zerstörung röntgendichter Steine durch Ultraschallwellen. Schmerzhafter Eingriff, der meist in Analgosedierung vorgenommen wird. 43.8  Operationen an Penis, Hoden

und Harnröhre

5 Lagerung: – Rückenlage bei Operationen an Penis und Hoden

423

43

– Steinschnittlagerung bei Operationen an der hinteren Harnröhre 5 Anästhesieverfahren: – Larynxmaske oder ITN bei TIVA oder balancierter Anästhesie, v.  a. bei langdauernden plastischen Eingriffen wie Harnröhrenplastik, ­Hypospadie-Korrektur sowie bei kleinen Kindern – Spinalanästhesie bis Th9 – Monitoring: Standard – 1 Venenkanüle – Äußere Genitalien sind wegen der dichten Innervation sehr schmerzhaft und erfordern eine starke Analgesie

425

Orthopädie und Unfallchirurgie Inhaltsverzeichnis 44.1 In Kürze – Besonderheiten – 426 44.1.1 Wahl des Anästhesieverfahrens – 427

44.2 Kniearthroskopie – 428 44.3 Totaler Kniegelenkersatz – 428 44.4 Totaler Hüftgelenkersatz (Hüft-TEP) – 428 44.5 Beckenfrakturen – 429 44.6 Oberschenkelfrakturen, Schenkelhalsfrakturen – 429 44.7 Große Eingriffe an der Wirbelsäule – 430 44.7.1 Anästhesiebesonderheiten – 430

44.8 Schulteroperationen – 431 44.9 Amputationen – 431 44.10 Gelenkmobilisationen und Untersuchungen – 431 44.11 Schwere Verbrennungen – 431

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_44

44

426

Kapitel 44 · Orthopädie und Unfallchirurgie

44.1  In Kürze – Besonderheiten z Anästhesiebesonderheiten

5 Intubationsschwierigkeiten bei Deformierung, Unbeweglichkeit oder Instabilität der Halswirbelsäule. Dann bevorzugt fiberoptisch intubieren 5 Die axilläre Plexusblockade ist oft leichter durchzuführen als die interskalenäre Blockade 5 Lumbale Spinal- und Periduralanästhesie sind oft erschwert, manchmal nicht möglich

schlagartigen Blutdruckabfall und einen Abfall der SO2 bis hin zur Hypoxämie bewirken. Die genaue Ursache der Reaktion ist unbekannt. Um die Reaktion abzuschwächen, sollte der Knochenzement erst nach der Polymerisierung eingebracht werden; außerdem sollte die Knochenhöhle durch Drainage oder Bohrung entlastet werden. Anästhesiemaßnahmen sind ­Vasopressorund  Volumenzufuhr, 100 % Sauerstoff sowie Beatmung mit PEEP. z Fettembolie-Syndrom

z Thromboseprophylaxe

Tiefe Venenthrombose und Lungenembolie sind eine typische Komplikation orthopädischer Eingriffe. Daher erhalten die Patienten in der Regel eine medikamentöse Thromboseprophylaxe. z Lagerung zur Operation

5 OP-Lagerungen: Rücken, Seite, sitzende Position und Bauch 5 Bei starken Schmerzen muss der Patient vor der Lagerung meist anästhesiert werden 5 Starke Beugung des Halses und exzessive Bewegung von Gelenken müssen beim anästhesierten Patienten unbedingt vermieden werden 5 Falsche Lagerung führt leicht zu Lagerungsschäden und entsprechenden Schadenersatzansprüchen des Patienten z Blutverluste

Orthopädische Operationen können zu erheblichen Blutverlusten führen, z. B. bei Tumoroperationen, Eingriffe an großen Muskeln oder Knochen, ­Hüft-TEP-Wechsel. Für Eingriffe, die mit größeren Blutverlusten einhergehen, sollte sich der präoperative HbWert im Normbereich befinden. z Reaktion auf Knochenzement (Palacos)

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Das Einbringen von Knochenzement bei arthroplastischen Eingriffen kann einen

Das lebensbedrohliche Syndrom tritt v. a. bei Frakturen und Operationen an den langen Röhrenknochen und am Becken auf. Die genaue Ursache ist unbekannt, vermutlich gelangen Mikrofetttröpfchen in den Kreislauf und bewirken Störungen der Organfunktionen. 5 Zeichen: – Abfall der SaO2 und des paO2, ARDS – Tachykardie, Hyperthermie – Dämpfung des ZNS – Bei schwersten Formen: akutes Cor pulmonale 5 Behandlung: – Symptomatisch z Tourniquets

Bei vielen Operationen an den Extremitäten werden Tourniquets (Staubinden) angelegt, um durch die Blutleere das operative Vorgehen zu erleichtern. 5 Das Auswickeln und Anlegen der Staubinde erfolgt durch das OP-Personal 5 Der Staudruck sollte 50–100  mmHg über dem systolischen Blutdruck liegen ! Cave Falscher Sitz der Manschette kann zu Kompressionsschäden von Nerven führen!

5 Die sichere Zeit für das Stauen der Extremität beträgt etwa 1–2 h

427

44.1 · In Kürze – Besonderheiten

5 Beim Aufheben des Staudrucks können vorübergehend eine metabolische Azidose und ein Kaliumanstieg auftreten z Arthritis

Je nach Lokalisation und Schweregrad der Erkrankung können folgende Besonderheiten bestehen: 5 Erschwerte Intubation bei Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule 5 Schwierigkeiten bei der Lagerung zur Operation 5 Störungen der Blutgerinnung bei Dauereinnahme von Schmerzmitteln (NOPA) 5 Gefahr der akuten Nebenniereninsuffizienz bei Dauereinnahme von Kortikosteroiden z Spondylitis ankylosans (M. Bechterew)

Chronisch-rheumatische Entzündung der Kreuz-Darmbein-Fugen und der Wirbelgelenke, die zur Verknöcherung der Gelenke und zur Versteifung der Wirbelsäule führt. 44.1.1  Wahl des

Anästhesieverfahrens

Das Anästhesieverfahren muss individuell gewählt werden, unter Berücksichtigung von Patientenwunsch, Gesundheitszustand, operativen Erfordernissen einschließlich der Lagerung und der Dauer des Eingriffs usw.

Regionalanästhesien Viele orthopädische Eingriffe können unter regionalen Anästhesieverfahren durchgeführt werden. Der Einsatz von Kathetertechniken ermöglicht eine effektive postoperative Schmerztherapie.

44

Axilläre Plexusblockaden reichen für Schulteroperationen nicht aus. z Arm

Die Art der oberen Plexusblockade oder der i.v.-Regionalanästhesie richtet sich v. a. nach dem Operationsgebiet und der Verwendung eines Tourniquets. z Ellenbogen

Geeignet ist der Skalenusblock. Bei Inzisionen an der Innenseite des Oberarms muss evtl. zusätzlich der N. intercostobrachialis (T1–T2) in der Achselhöhle zusätzlich blockiert werden. z Hand und Unterarm

5 Axillärer Plexusblock 5 Bei länger dauernden Eingriffen und für die postoperative Schmerztherapie können Katheter eingeführt werden 5 Für kurze Eingriffe reicht häufig die i.v. Regionalanästhesie z Vorfuß

Geeignet sind Nervenblockaden am Fußgelenk oder eine proximale Blockade der Äste des N. ischiadicus und N. femoralis. z Medialer Fuß

5 Blockade des N. saphenus am Fußgelenk oder höher 5 Eine Blutsperre ist hierunter nicht möglich 5 Ein Fußblock erlaubt jedoch eine Staumanschette unmittelbar oberhalb des Sprunggelenks z Sprunggelenk

Spinalanästhesie ist möglich und sehr gut wirksam.

z Schulter

Eine ausreichende Blockade auch der Dermatome von C5 und C6 ist nur mit der interskalenären Plexusblockade möglich. Das Verfahren ist daher die Methode der Wahl bei Eingriffen im Schultergelenk.

z Unter- oder Oberschenkel

Je nach Operationsgebiet kommen in Frage: Femoralis- und/oder Ischiadikusblockade, 3-in-1-Block bei Kniearthroskopie, „Knieblock“ bei Unterschenkel-OP.

428

Kapitel 44 · Orthopädie und Unfallchirurgie

z Kniegelenk

5 Spinalanästhesie ist möglich 5 Für die postoperative Analgesie eignet sich ein N.-femoralis-Katheter

5 Spinalanästhesie ist möglich 5 Wird Zement verwendet, können schwerwiegende hämodynamische Reaktionen auftreten

z Hüfte

z Postoperative Schmerztherapie

Spinalanästhesie oder ein Psoaskompartmentblock sind möglich.

5 Postoperativ ist mit stärkeren Schmerzen zu rechnen als nach dem Hüftgelenkersatz 5 Schmerztherapie: besonders geeignet sind die peripheren Nervenkatheterverfahren (N.  femoralis + N.  ischiadicus); mögliche Alternative ist die Periduralanalgesie 5 Wenn eine regionale Analgesie nicht möglich ist: i.v.-PCA, zusätzlich NSAR

44.2  Kniearthroskopie

Meist handelt es sich um jüngere, sonst gesunde Patienten ohne wesentliche Begleiterkrankungen. 5 Die Wahl des Anästhesieverfahrens hängt v. a. vom Wunsch des Patienten ab: Möglich sind Allgemeinanästhesie, Spinalanästhesie, Periduralanästhesie (nicht immer ausreichend!), Blockade der 3 Hauptnerven des Plexus lumbalis 5 OP-Lagerung: Rücken 44.3  Totaler Kniegelenkersatz

Meist handelt es sich um Patienten mit schwerer rheumatischer Arthritis oder degenerativer Osteoarthritis. Wesentliche Begleiterkrankungen sind keine Seltenheit. z Angaben zur Operation

5 Medikamentöse Thromboseprophylaxe: NMH, Fondaparinux oder NOAK 5 Antibiotikaprophylaxe 5 Rückenlagerung 5 Blutsperre 5 Dauer der Operation: ca. 2–4 h 5 Intraoperative Bluttransfusion nicht erforderlich, wenn Tourniquet eingesetzt wird 5 Postoperative Blutverluste ca. 500– 1000 ml z Anästhesiepraxis

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5 Allgemeinnarkose, v.  a. bei längeren Eingriffen

44.4  Totaler Hüftgelenkersatz

(Hüft-TEP)

Die Wahl des Anästhesieverfahrens spielt in der Regel keine wesentliche Rolle. Beim Prothesenwechsel muss mit teilweise erheblichen Blutverlusten gerechnet werden. Daher sollte hierfür die Intubationsnarkose bevorzugt werden. z Anästhesiepraxis

5 Thromboseprophylaxe mit NMH, Fondaparinux oder NOAK 5 Antibiotikaprophylaxe mit Cefuroxim 5 Operationslagerung meist seitlich 5 Durchschnittliche Dauer der Operation: 1½–2 h 5 Durchschnittliche Blutverluste: 300– 500 ml, manchmal mehrere Liter. MAT vorsehen 5 Bei großen Eingriffen und Begleiterkrankungen invasives Monitoring 5 2 gut laufende Venenkanülen 5 TIVA oder balancierte Anästhesie 5 Zusätzlich periphere Nervenblockaden möglich, auch zur postoperativen Schmerztherapie, z.  B. ­ N.-femoralisBlockade 5 Beim Einbringen von Palacos (Konchenzement) auf schlagartigen Blut-

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44.6 · Oberschenkelfrakturen, Schenkelhalsfrakturen

druckabfall vorbereitet sein. Wenn nötig: Vasopressor i.v. geben 5 Postoperative Überwachung: IMC ist Standard z Postoperative Behandlung

Ältere polymorbide Patienten müssen in den ersten 24–72 h nach der Operation auf einer Intensivstation überwacht werden, v. a., wenn die Operation mit großen Blutverlusten verbunden war. Grundsätzlich vor der OP einschätzen, ob nach der Operation eine Intensivüberwachung erforderlich ist, damit rechtzeitig ein Bett auf der Intensivstation reserviert werden kann. z Schmerztherapie

Mögliche Verfahrens sind: lumbaler Plexusblock, Femoralisblock, Periduralanalgesie, intraspinale Opioide, systemische Opioide, zusätzlich NSAR. 44.5  Beckenfrakturen

Hierzu gehören Azetabulumfrakturen, Beckenringfrakturen und komplexes Beckentrauma. Häufiger bei Polytraumatisierten vorkommend. Insbesondere Beckenringfrakturen oder komplexe Beckenfrakturen können mit erheblichen Blutverlusten einhergehen und zum hämorrhagischen Schock führen. z Anästhesiepraxis

5 OP-Lagerung: Wegen der Verletzung ein komplexer Vorgang, der eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert: – Rückenlage: bei vorderem Beckenring; bei Bedarf auch bei Acetabulumfrakturen und ISG-Fugen – Seitenlage: Acetabulumfrakturen bei dorsalem Zugang – Bauchlage: ermöglicht den Zugang zum Kreuzbein, den ISG-Fugen und dem dorsalen Becken

44

5 Anästhesie: – ITN als TIVA oder balanciert, meist invasives Monitoring mit Arterie und ZVK – Venenkanülen: mehrere großlumige Venenkanülen für den schnellen Volumenersatz – Während der Operation auf massive Blutverluste vorbereitet sein; MAT bereithalten – Intraoperatives Wärmemanagement nicht vergessen 5 Blasenkatheter: Vorsicht bei Begleitverletzungen der Harnröhre 44.6  Oberschenkelfrakturen,

Schenkelhalsfrakturen

5 Lokalisation der Fraktur: Femurkopf, Schenkelhals, per- und subtrochantäre Frakturen 5 Patienten: Die Schenkelhalsfraktur ist die typische Verletzung älterer Patienten, oft mit wesentlichen Begleiterkrankungen. Ursache ist in der Regel ein Sturz, bei Jüngeren auch Arbeitsunfälle und Sportunfälle 5 OP-Dringlichkeit: die Operation der Schenkelhalsfraktur ist dringlich: innerhalb von 6–24 h nach dem Trauma 5 Operationsverfahren: Schraubenosteosynthese, Marknagel bei subtrochantären Frakturen, dynamische Hüftschraube (DHS), Endoprothese z Anästhesiepraxis

Ältere Patienten sind häufig dehydriert. Darum präoperativ den Volumenstatus einschätzen und Defizite ausgleichen. Ein normaler Hämoglobinwert kann Zeichen der Dehydrierung sein! Die Wahl des Anästhesieverfahrens (Allgemeinanästhesie oder Spinalanästhesie) hat keinen wesentlichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf, auch nicht auf die Häufigkeit eines postoperativen Delirs.

430

Kapitel 44 · Orthopädie und Unfallchirurgie

44.7  Große Eingriffe an der

Wirbelsäule

Hierbei handelt es sich in erster Linie um Skoliose-Operationen oder um Eingriffe bei Instabilität der Wirbelsäule. 5 Bei schwerer Deformierung sind erhebliche Störungen der Atemfunktion möglich 5 Bei kongenitaler Skoliose können zusätzlich kongenitale Herzfehler, Anomalien der Atemwege und neurologische Störungen vorhanden sein Skoliose-Operation 5 Lagerung: Bauch, selten in Seitenlage 5 Blutverluste: 1.000 ml bis mehrere Liter 5 Dauer des Eingriffs: ca. 3–8 h 5 Intraoperative Überprüfung der Rückenmarkfunktion

44.7.1  Anästhesiebesonderheiten

5 Die meisten Operationen werden in Intubationsnarkose durchgeführt 5 Wegen der intraoperativen Überprüfung der Rückenmarkfunktion sollte die TIVA gegenüber der balancierten Anästhesie bevorzugt werden 5 Die Bauchlagerung kann bei langen Eingriffen zu erheblichen Schwellungen im Kopfbereich führen. Eine Kompression der oberen Atemwege ist möglich Anästhesiepraxis

44

5 Präoperativ Antibiotikaprophylaxe 5 Anästhesie: ITN als TIVA, wenn intraoperativ die Rückenmarkfunktion überprüft werden soll. Ansonsten ist auch eine balancierte Anästhesie möglich

5 2  sicher laufende Venenkanüle + arterielle Kanüle 5 Bei kardialen Risikopatienten: ZVK 5 Blasenkatheter, Magensonde 5 Wärmemanagement 5 Auf massive Blutverluste vorbereitet sein; MAT bereitstellen. Mäßige Hypotension (MAP 60–70 mmHg) ist akzeptabel

Aufwachtest zur Überprüfung der Rückenmarkfunktion 5 Die Aufrichtung der Wirbelsäule kann das Rückenmark schädigen, bedingt durch eine Minderdurchblutung der A. spinalis anterior 5 Die Minderdurchblutung des vorderen Rückenmarks wird mit somatosensorisch evozierten Potenzialen erfasst 5 Die Minderdurchblutung des hinteren Rückenmarks führt zu motorischen Störungen der unteren Extremität. Sie werden mit dem intraoperativen Aufwachversuch festgestellt z Intraoperativer Aufwachtest

5 Anästhesie: TIVA mit Propofol und Remifentanil 5 Wird die TIVA unterbrochen, erwacht der Patient innerhalb weniger Minuten und befolgt die Anweisungen, mit denen die Motorik überprüft wird; vorausgesetzt, er ist nicht mehr relaxiert 5 Kann der Patient die Füße bewegen, ist keine wesentliche Minderdurchblutung des Rückenmarks vorhanden

Postoperative Überwachung 5 IMC oder Intensivstation 5 Bei einigen Patienten ist eine postoperative Nachbeatmung für ca. 24 h erforderlich. Darum sollte bereits präoperativ ein Bett auf der Intensivstation reserviert werden

431 44.11 · Schwere Verbrennungen

44.8  Schulteroperationen

Typische Eingriffe sind Arthroskopien, Rekonstruktion der Rotatorenmanschette, Akromioplastik, Frakturen-OP, Endoprothesenimplantation. Die Operationen werden häufig in sitzender Position (Beach-Chair-Lagerung) durchgeführt. Beach-Chair-Lagerung 5 Gefahren: Blutdruckabfall mit ­Myokard- und Hirnischämie, Luftembolie 5 Den anästhesierten Patienten langsam und schrittweise aufrichten 5 Dabei den Blutdruck in ­1-min-Abständen messen 5 Vasopressor bereithalten und sofort injizieren, wenn der Blutdruck abzufallen beginnt 5 Intraoperativ an Luftembolie denken

44

z Postoperative Schmerztherapie

Für die postoperative Schmerztherapie sollte präoperativ ein Periduralkatheter gelegt und, wenn möglich, bereits mit Narkosebeginn verwendet werden. Ob hierdurch das spätere Auftreten von Phantomschmerzen verhindert werden kann, ist nicht bewiesen. 44.10  Gelenkmobilisationen und

Untersuchungen

5 Kurze, aber meist sehr schmerzhafte Eingriffe 5 Meist in Allgemeinanästhesie 5 Regionale Anästhesieverfahren wie Plexusblockaden, Nervenblockaden oder Periduralanästhesien sind oft möglich, erfordern aber einen wesentlich größeren Zeitaufwand 5 Für wiederholte Mobilisierungen kann auch ein Plexus-, Nerven- oder Periduralkatheter gelegt werden

z Anästhesieverfahren

5 Allgemeinästhesie: in der Regel ITN als TIVA oder balanciert 5 Skalenusblock, bei Bedarf mit Block des N. intercostobrachialis 5 Allgemeinanästhesie + Skalenusblock z Postoperative Schmerztherapie

5 Nach Eingriffen mit lange anhaltenden Schmerzen: kontinuierliche interskalenäre Katheteranalgesie (Katheter möglichst vor der OP anlegen) 5 Alternative: starke Opioide i. v. 44.9  Amputationen

5 In der Regel Allgemeinanästhesie wegen der psychischen Belastung 5 Präoperativ Schmerzkatheter legen für die postoperative Schmerztherapie.

44.11  Schwere Verbrennungen

5 Patienten mit gleichzeitigem Inhalationstrauma sollten frühzeitig endotracheal intubiert werden, weil die Atemwege sehr schnell zuschwellen können. 5 Patienten ohne Inhalationstrauma sind in der Regel problemlos zu intubieren, wenn keine erheblichen Verbrennungen in Gesicht und Hals vorliegen 5 Präoperativ Volumenstatus einschätzen und Defizite ausgleichen, auch die anhaltenden Flüssigkeitsverluste in der Akutphase der Verbrennungskrankheit 5 Anästhesieverfahren: Standard ! Cave Succinylcholin ist absolut kontraindiziert!

432

Kapitel 44 · Orthopädie und Unfallchirurgie

5 Intraoperativ strikt vor Wärmeverlusten schützen; OP vorheizen 5 Bei ausgedehntem Wunddebridement können massive Blutverlust auftreten

44

(ca. 200 ml pro 1 % exzidierter Fläche), die ausgeglichen werden müssen 5 Störungen der Blutgerinnung nach dem Eingriff sind möglich

433

Polytrauma und Schockraumversorgung Inhaltsverzeichnis 45.1 In Kürze – Schockraum – 434 45.1.1 Räume und Ausstattung – 434 45.1.2 Schockraumteam – 434 45.1.3 Welche Patienten kommen primär in den Schockraum? – 435

45.2 Versorgung des Notfallpatienten – 435 45.2.1 Ersteinschätzung nach dem ABCDE-Schema – 435 45.2.2 Erstmaßnahmen – 436 45.2.3 Behandlung von Atemstörungen – 436 45.2.4 Notfalldiagnostik – 437 45.2.5 Transport vom Schockraum in den OP – 437 45.2.6 Anästhesie im OP – 438

45.3 Die weitere Versorgung – 438 45.3.1 Hämorrhagischer Schock – 438 45.3.2 Versorgung von Verletzungen – 438

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_45

45

434

Kapitel 45 · Polytrauma und Schockraumversorgung

45.1  In Kürze – Schockraum

5 Schockraumpatient: vital durch eine schwere Verletzung oder Erkrankung bedrohter Patient 5 Polytrauma: gleichzeitige Verletzungen in mindestens 2 relevant betroffenen Körperregionen, von denen mindestens eine oder ihre Kombination lebensbedrohlich ist 5 Schwerverletzter: ISS (Injury Severity Score1): ≥ 16 45.1.1  Räume und Ausstattung

Der Schockraum soll sich im gleichen Gebäude befinden wie die OP-Abteilung und die Röntgenabteilung und möglichst in direkter Nähe zur Liegendkrankeneinfahrt. 5 Der Schockraum sollte mindestens 25– 50 m2 groß sein 5 In überregionalen Traumazentren müssen mindestens 2 Schwerverletzte in einem 50 m2 großen Raum versorgt werden können oder in mindestens 2 Räumen mit je 25 m2 5 Für die Anästhesie muss ein vollständiger Anästhesiearbeitsplatz bereitstehen (7 Kap. 20) Ausstattung des Schockraums (gilt für alle Notfallpatienten) 5 Multifunktionsmonitor 5 Pulsoxymeter 5 Kapnometer 5 Invasive und nichtinvasive Blutdruckmessung 5 Notfallwagen „schwierige Intubation“ 5 Fiberoptisches Bronchoskop

45

1 Klinische Einteilung anatomischer Verletzungsgrade, Punktwerte zwischen 0 und 75, wobei höhere Zahlen mit einer schwereren Verletzung einhergehen.

5 Transvenöser und transkutaner temporärer Schrittmacher 5 Defibrillator 5 Temperaturmessung 5 Wärmegeräte 5 Blutgasanalysator, in Traumazentren auch ROTEM 5 Beatmungsgerät für invasive und nichtinvasive Beatmung 5 Perfusoren, Schnellinfusionssysteme 5 Notfallmedikamente 5 Ausstattung für die Behandlung von Intoxikationen 5 Lokales Notfalldepot mit Gerinnungsfaktorenpräparaten 5 Lokales Notfallblutdepot in direkter Nähe 5 Ultraschallgerät/Endoskopieturm 5 Stationäre Röntgeneinheit, mobile Röntgenlafette 5 OP-Siebe für Notfalloperationen: Laparotomien, Thorakotomien, Beckenzwinge, Fixateur externe) 5 Beckenschlinge, Beckenzwinge 5 Pneumatische Blutsperre

45.1.2  Schockraumteam

Empfohlen wird der Einsatz eines festen Schockraumteams mit einem Leiter. Das Team sollte aus folgenden Mitgliedern bestehen: z Basisschockraumteam zung)

(Mindestbeset-

5 2 Chirurgen: 1 Unfallchirurg und 1 Allgemein-/Viszeralchirurg (davon 1 Facharzt, Oberarzt kurzfristig verfügbar) 5 1 Anästhesist (Facharztstandard) 5 1 Radiologe 5 2 Pflegekräfte Chirurgie 5 1 Pflegekraft Anästhesie 5 1 Röntgenassistentin

45.2 · Versorgung des Notfallpatienten

z Erweitertes Schockraumteam

5 In überregionalen Traumazentren sollen Facharztvertreter aller Disziplinen, die an der Versorgung teilnehmen, innerhalb von 20–30 min beim Patienten anwesend sein 5 Bei direkt lebensbedrohlich Verletzten sollte das erweiterte Team innerhalb kürzester Zeit im Schockraum eintreffen > Das Schockraumteam wird alarmiert, wenn schwere Verletzungen anzunehmen oder erkennbar sind oder wenn die Vitalfunktionen beeinträchtigt sind.

45.1.3  Welche Patienten kommen

primär in den Schockraum?

Kriterien für die Aufnahme in den Schockraum (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, DGU) 5 Störungen der Vitalparameter – Störungen der Atmung, Beeinträchtigung der Atemwege nach Trauma – Hypotonie oder Schock nach Trauma – Glasgow-Koma-Skala  1500 ml aus der Thoraxdrainage oder bei anhaltenden Blutungen von mehr als 250 ml/h kann innerhalb von 4 h thorakotomiert werden 5 Verdacht auf Trachea- und Bronchusverletzungen: Tracheobronchoskopie, operative Versorgung 5 Thorakale Aortenrupturen: bevorzugt Endostent-Prothese implantieren, bis zur Rekonstruktion den systolischen Blutdruck bei 90–120 mmHg halten 5 Penetrierende Herzverletzungen: links­ seitige Thorakotomie oder mediane Sternotomie 5 Traumatische Zwerchfellruptur: zügiger Verschluss z Spannungspneumothorax

5 Verdachtsdiagnose: Hinweise sind: fehlendes Atemgeräusch bei Auskultation der Lunge (vorher korrekte Tubuslage kontrollieren) und schwere respiratorische und kardiovaskuläre Störungen 5 Behandlung: sofort durch Nadel-Dekompression entlasten, dann ­ Thoraxdrainage 5 Bei traumabedingtem Herzstillstand sofort beidseitige Minithorakotomie, bei Herzstillstand durch penetrierende Thoraxverletzungen: Notfallthorakotomie

45

Laparostoma, dann intensivmedizinische Stabilisierung 5 Bei isolierter stumpfer Leber- oder Milzverletzung: nichtoperative Versorgung anstreben, wenn der Patient hämodynamisch stabil ist

Schädel-Hirn-Trauma 5 Systolischer Blutdruck nicht unter 90 mmHg (bei Kindern altersangepasst) 5 Arterielle O2-Sättigung mindestens 90 % 5 Bei bewusstlosen Schädel-Hirn-Verletzten sollte der intrakranielle Druck (ICP) gemessen werden 5 Bei stark erhöhtem ICP: kontrollierte Hyperventilation, hypertone Kochsalzlösung, Mannitol 5 Herausgeschlagene Zähne sicher und feucht lagern für die Retransplantation 5 Raumfordernde intrakranielle Verletzungen werden notfallmäßig operiert 5 Bei offenen oder geschlossenen Impressionsfrakturen ohne Verlagerung der Mittellinie oder penetrierende Verletzungen und Basisfrakturen mit Liquorrhö besteht eine aufgeschobene operative Dringlichkeit 5 Bei erhöhtem ICP kann eine operative Dekompression erwogen werden

Wirbelsäule

5 Bei Bewusstlosen sollte bis zum Beweis des Gegenteils immer auch von einer Wirbelsäulenverletzung ausgegangen werden 5 Instabile Wirbelsäulenverletzungen mit neurologischen Ausfällen und Fehlstellungen sollten möglichst am Unfalltag operiert werden Abdominale Verletzungen 5 Instabile thorakolumbale Wirbelsäulen5 Bei kreislaufinstabilen Patienten mit verletzungen ohne neurologische Auskomplexen Schäden: bevorzugt Dafälle sollten ebenfalls am Unfalltag oder mage Control: Blutstillung, Packing, später operiert werden temporärer Bauchdeckenverschluss/­

440

Kapitel 45 · Polytrauma und Schockraumversorgung

Becken Bei Eintreffen des Patienten immer akut lebensbedrohliche Beckenverletzung ausschließen: 5 Das Becken auf klinische Stabilität untersuchen 5 Bildgebende Diagnostik: Beckenübersicht und/oder CT des Beckens 5 Bei instabilem Beckenring und hämodynamischer Instabilität: mechanische Notfallstabilisierung 5 Bei anhaltender Blutung: chirurgische Blutstillung und/oder selektive Angiografie mit Embolisation

Obere Extremität 5 Frakturen der langen Röhrenknochen des Armes sollten frühzeitig operiert werden 5 Gefäßverletzungen sollten direkt nach Stabilisierung des Patienten operiert werden

Hand 5 Geschlossene Frakturen und Luxationen: zunächst bevorzugt konservativ behandeln 5 Offene Frakturen und Luxationen: primäres Debridement und Stabilisierung durch Drähte oder Fixateur externe 5 Replantation von Amputationsverletzung: erst das Leben, dann die Hand

Untere Extremität 5 Isolierte und multiple Schaftfrakturen langer Röhrenknochen: primär definitive, primär-temporäre und ­ sekundärdefinitive Osteosynthese 5 Instabile Femurfrakturen beim Polytrauma können primär operativ stabilisiert werden 5 Knieluxationen sollten frühestmöglich reponiert werden 5 Instabile proximale Tibiafrakturen, Tibiakopffrakturen und Sprunggelenksfrakturen sollten primär stabilisiert werden

45

5 Tibiaschaftfrakturen und distale Unterschenkelfrakturen sollten operativ stabilisiert werden 5 Gefäßverletzungen der unteren Extremität sollten direkt nach Stabilisierung des Patienten operiert werden

Fuß 5 Kompartmentsyndrom des Fußes: umgehende Fasziotomie 5 Die Replantation des Fußes wird beim Polytrauma nicht generell empfohlen 5 Luxationen und Luxationsfrakturen der Fußwurzel und des Mittelfußes: so früh wie möglich reponieren und stabilisieren

Gesicht 5 Weichteilverletzungen: in der ersten ­OP-Phase versorgen 5 Zahntraumen: möglichst schnell versorgen 5 Mittelgesichts- und Unterkieferfrakturen: erste OP-Phase oder sekundär

Hals 5 Endotracheale Intubation oder Tracheotomie. Den Algorithmus „schwieriger Atemweg“ beachten (7 Kap. 15) 5 Eine vom Notarzt vorgenommene Koniotomie sollte operativ verschlossen werden 5 Penetrierende Ösophagusverletzungen: möglichst innerhalb von 24 h primär rekonstruktiv operieren

Verbrennungen 5 Nicht kühlen 5 Bei Verbrennung im Stammbereich, die die Atemmechanik beeinträchtigen: notfallmäßige Escharotomie (Entlastungsschnitte der Haut) durch einen Verbrennungschirurgen 5 Bei gleichzeitigem Inhalationstrauma: umgehende endotracheale Intubation, bevor die Atemwege zuschwellen

441 45.3 · Die weitere Versorgung

Urogenitaltrakt 5 Schwerste Nierenverletzungen werden operativ exploriert 5 Weniger schwere Nierenverletzungen werden primär konservativ behandelt 5 Intraperitoneale Harnblasenrupturen werden chirurgisch exploriert

45

5 Extraperitoneale Harnblasenrupturen ohne Beteiligung des Blasenhalses und komplette Rupturen der Harnröhre können durch suprapubische Harnableitung behandelt werden

443

Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis Inhaltsverzeichnis 46.1 Aorta – 444 46.1.1 In Kürze – Grundlagen – 444 46.1.2 Aneurysma der Aorta ascendens – 445 46.1.3 Aortenbogenaneurysma – 445 46.1.4 Dissezierendes Aneurysma – 445 46.1.5 Bauchaortenaneurysma (BAA) – 446

46.2 Periphere Gefäßoperationen – 447 46.3 Karotisstenose-Operation – 447 46.3.1 Thrombendarteriektomie – 448

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_46

46

444

Kapitel 46 · Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis

46.1  Aorta 46.1.1  In Kürze – Grundlagen

Patienten

Aortendissektion Aortendissektion Riss in der Intima der Aorta, über den das Blut zwischen die Wände der Aorta dringt und ein falsches Lumen bildet.

z Vorerkrankungen

Gefäßpatienten haben sehr häufig multiple Begleiterkrankungen und gehören dadurch zur Hochrisikogruppe. Typische Begleiterkrankungen sind: 5 KHK 5 Myokardinfarkt in der Vorgeschichte 5 Hypertonie 5 Herzinsuffizienz 5 pAVK 5 Diabetes mellitus 5 COPD, Nikotinabusus 5 Niereninsuffizienz z Präoperative Diagnostik

5 12-Kanal-EKG 5 Echokardiographie 5 Sonografie der Karotiden 5 Labor: Standardwerte sowie Gerinnungsstatus und Thrombozyten z Dauermedikation

Die meisten Patienten stehen unter medikamentöser Dauertherapie. Sie wird perioperativ weitgehend fortgesetzt.

Aortenaneurysma Aortenaneurysma Pathologische Aufweitung (Dilatation) aller drei Gefäßwandschichten der Aorta: Intima, Media, Adventitia.

Häufigste Ursache eines Aneurysmas ist die Arteriosklerose. Aneurysmen verursachen häufig keine Symptome und werden oft nur zufällig entdeckt.

46

z Klassifikation nach der Lokalisation

Nach ihrer Lokalisation werden zwei Formen von dissezierenden Aortenaneurysmen unterschieden: 5 Typ A: Dissektion der Aorta ascendens, unabhängig vom Ort des Einrisses. Das Aneurysma kann bis zum Aortenbogen reichen, aber auch den Aortenbogen umfassen oder in die gesamte Aorta descendens vordringen – bis in die ­Becken-Bein-Arterien 5 Typ B: Die Dissektion beschränkt sich auf die Aorta descendens unterhalb der linken A. subclavia. Hier befindet sich auch der Einriss bzw. die Eintrittsstelle des Bluts in das falsche Lumen z Begünstigende Faktoren

5 Hypertonie 5 Diabetes mellitus 5 Zigarettenrauchen 5 Übergewicht 5 Marfan-Syndrom z Klinisches Bild

Typisches Symptom der akuten Dissektion ist der schlagartig einsetzende Schmerz. > Die akute Aortendissektion ist ein Notfall, der wegen der tödlichen Rupturgefahr (30–40 % in den ersten 24 h) umgehend operiert werden muss.

z Weitere Komplikationen

5 Aortenklappeninsuffizienz 5 Herzbeuteltamponade 5 Verschluss größerer Arterien mit Ischämie der betroffenen Organe

445

46.1 · Aorta

Postoperative Komplikationen 5 Postoperative Nachblutung aus den Anastomosen 5 Paralytischer Ileus 5 Thrombotische Verschlüsse der Prothesen mit Durchblutungsstörungen der unteren Extremität (daher postoperativ prophylaktisch Heparin zuführen) 5 Respiratorische Insuffizienz 5 Akutes Nierenversagen 5 Zerebrale Störungen bzw. Schädigungen (Verwirrtheit, Apoplex) 5 Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion: Arrhythmien, Myokardischämie 46.1.2  Aneurysma der Aorta

ascendens

Meist wird ein Ascendens-Aneurysma elektiv operiert. z Operatives Vorgehen

5 Mediane Sternotomie (Rupturgefahr!), bei Bedarf vorher femorofemoraler Bypass 5 Kanülierung des Aortenbogens und des rechten Vorhofs, Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine (HLM), evtl. mäßige Hypothermie und Kardioplegie 5 Exzision des Aneurysmas, Rekonstruktion der Aorta (Rohrprothese) 5 Wenn erforderlich: Rekonstruktion oder Ersatz der Aortenklappe 5 OP-Dauer: 2–4 h 5 Blutverluste: 500–2000  ml, Cell-saver und ausreichend EK bereitstellen z Anästhesiepraxis

5 ITN, arterielle Kanüle, ausreichend Zahl von Venenkanülen, 3-Lumen-ZVK 5 Fakultativ Periduralkatheter (Blutgerinnung beachten!) 5 TEE-Sonde, Blasenkatheter

46

46.1.3  Aortenbogenaneurysma

5 Anschluss der HLM 5 Selektive Perfusion der Hirngefäße oder Absenken der Körperkerntemperatur auf 16–20 °C, totaler Kreislaufstillstand (max. 45 min!) 5 Ersatz des Bogens durch Gefäßprothese 5 Anschließend Wiedererwärmung und Ersatz der Aorta ascendens 46.1.4  Dissezierendes Aneurysma z Präoperative Maßnahmen

Ziel: Ruptur und weitere Ausbreitung der Dissektion verhindern! 5 Zunächst den Patienten stabilisieren, Schmerztherapie und Anxiolyse 5 Danach CT-Angiographie zur genauen Lokalisierung und Diagnose 5 Gleichzeitig Operationsaal und Narkosearbeitsplatz vorbereiten 5 Herzfrequenz mit β-Blockern auf 60/ min senken. Dadurch nimmt die Auswurfleistung des Herzens ab 5 Bei Hypertonie: systolischen Blutdruck mit Vasodilatatoren auf 100–120 mmHg senken

Typ- A-Aneurysma z Operatives Vorgehen

Ersatz der ascendierenden Aorta: 5 Mediane Sternotomie und Anschluss an die HLM 5 Tiefe Hypothermie (18–22 °C) und Kardioplegie bei totalem Kreislaufstillstand 5 Rekonstruktion der Wandschichten des Aortenbogens 5 Dann Wiedererwärmung des Patienten und Ersatz der Aorta ascendens 5 Wenn nötig Rekonstruktion oder Ersatz der Aortenklappe 5 Implantation der Koronarostien in die Gefäßprothese

446

Kapitel 46 · Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis

z Anästhesiepraxis

7 Abschn. 46.1.2

Typ-B-Aneuryma z Operatives Vorgehen

(BAA)

Häufigste Ursache eines Bauchaortenaneurysmas ist die Arteriosklerose.

Ersatz der proximalen Aorta descendens: 5 Linksseitige Thorakotomie 5 Resektion des Aneurysmas und Überbrückung der betroffenen Region durch eine Prothese 5 Für die Resektion muss die Aorta oberund unterhalb des Aneurysmas abgeklemmt werden. In dieser Phase muss das Körpergebiet unterhalb der Klemme über einen künstlichen Bypass durchblutet werden

z Klinisches Bild

z Anästhesiepraxis

Die Diagnose wird durch Sonographie und CT-Angiographie gesichert. Schwerwiegende Begleiterkrankungen sind häufig 7 Abschn. 46.1.1.

5 Operiert wird in rechter Seitenlage über eine linksseitige laterale Thorakotomie, evtl. mit Ein-Lungen-Ventilation 5 Zwei arterielle Kanülen einführen: eine Kanüle in die rechte A. radialis und eine Kanüle in eine Femoralarterie 5 Arterieller Mitteldruck 80–100 mmHg oberhalb der Aortenklemme und mindestens 60 mmHg unterhalb der Aortenklemme 5 Wegen der großen Blutungsgefahr mehrere großlumige Venenkanülen einführen 5 Bei Aneurysmen, die den Aortenbogen einschließen, ist ein hypothermer (totaler) Kreislaufstillstand erforderlich 5 Vor dem Öffnen der Aortenklemmen (nach Prothesenersatz) Blutvolumen normalisieren und die Zufuhr von Vasodilatatoren unterbrechen, um einen schweren Blutdruckabfall zu vermeiden Bei etwa 3–5 % aller Patienten ist nach der Operation mit einer Querschnittlähmung durch Ischämie des Rückenmarks beim längeren Abklemmen der Aorta (>30–60 min) zu rechnen.

46

46.1.5  Bauchaortenaneurysma

5 Klinisches Bild zumeist unauffällig 5 Manche Patienten klagen über Rückenschmerzen 5 Bei drohender Ruptur ist das Aneurysma druckempfindlich 5 Zeichen der Ruptur: – Rückenschmerzen – Kreislaufkollaps – Abdominalschmerz z Diagnose

z Operatives Vorgehen

Aneurysmen mit einem Durchmesser von ≥ 5,5  cm werden elektiv operiert, akute Rupturen notfallmäßig.

Elektivoperation z Operatives Vorgehen

5 Rohrprothese oder Y-Bypass (Bypass zwischen Aorta abdominalis und den beiden Femoralarterien), alternativ Implantation einer Stentprothese 5 OP-Dauer: 3–5 h 5 OP-Lagerung: Rücken 5 Blutverlust: ca. 0,5–1 l 5 Starke operative Stimulation 5 Gefahren: Ruptur des Aneurysmas, Mangeldurchblutung unterhalb der Aortenklemme 5 Starke postoperative Schmerzen z Anästhesiepraxis

5 TIVA oder balancierte Anästhesie, Kombination mit PDK möglich

447

46.3 · Karotisstenose-Operation

5 Arterielle Kanüle und mehrere großlumige Venenkanülen, 1 zentraler (Mehrlumen)venenkatheter 5 Ausreichend tiefe Narkose für die endotracheale Intubation: Husten, Pressen und Blutdruckanstieg erhöhen die Rupturgefahr 5 Beim Abklemmen der Aorta: starker Blutdruckanstieg möglich. Dann Narkose vertiefen und/oder Vasodilatatoren einsetzen 5 Abklemmen der Aorta unterhalb der Nierenarterien bewirkt eine vorübergehende Oligurie, die häufig durch Volumenzufuhr und Mannitolinfusion vor dem Abklemmen verhindert werden kann 5 Beim Öffnen der Aortenklemme droht ein starker Blutdruckabfall. Darum darf zu diesem Zeitpunkt kein wesentlicher Volumenmangel bestehen 5 Nach dem Öffnen der Klemme: Säure-Basen-Status auf metabolische ­ Azidose (durch die Ischämie bedingt) kontrollieren

OP bei akuter Ruptur > Die akute Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas muss wegen der großen Verblutungsgefahr sofort chirurgisch behandelt werden.

z Anästhesiepraxis

5 Sofort mehrere Venenkanülen, 1 zentralen (Mehrlumen)Venenkatheter und 1 arterielle Kanüle einführen 5 Systolischen Blutdruck im Bereich von etwa 80 mmHg halten, um die Blutung zu vermindern und die weitere Ruptur zu unterbrechen 5 Bei der Narkoseeinleitung Husten, Pressen und Blutdruckanstieg vermeiden. Anästhetika extrem vorsichtig (d.  h. niedrig!) dosieren; auf Aspirationsgefahr vorbereitet sein. Wenn nötig, den Patienten im Wachzustand intubieren, hierbei unbedingt Angst, Aufregung und Ab-

46

wehrbewegungen des Patienten vermeiden 5 Nach der Narkoseeinleitung wird das Abdomen eröffnet und die Aorta zunächst mit der Hand des Operateurs komprimiert 5 Bei intraoperativem Herzstillstand ist eine interne Herzmassage durch den Operateur erforderlich 46.2  Periphere Gefäßoperationen z Operatives Vorgehen

5 Femoropoplitealer Venenbypass 5 Femorofemoraler und axilloaxillärer Bypass 5 Femorale Profundaplastik z Anästhesiepraxis

5 Spinal- oder Periduralanästhesie, bei normalem Gerinnungsstatus und nicht zu langer Dauer des Eingriffs 5 Allgemeinanästhesie: balanciert oder TIVA 5 Eine wesentliche Muskelrelaxierung ist für die meisten Eingriffe nicht erforderlich 46.3  Karotisstenose-Operation

5 Die arteriosklerotisch bedingte Karotisstenose ist die häufigste operierbare Ursache der zerebrovaskulären Insuffizienz 5 Bevorzugte Lokalisation der Stenose ist die Bifurkation der A. carotis 5 Zerebrale Durchblutungsstörungen treten erst auf, wenn die Karotis um ca. 90 % stenosiert ist z Klinische Manifestationen

Bei hochgradiger Stenose kommt es zu einer meist anfallartigen Minderdurchblutung des nachgeschalteten Gefäßgebiets im Gehirn mit neurologischen Ausfällen:

448

Kapitel 46 · Gefäßchirurgie – Aorta, periphere Gefäße und Karotis

5 Transitorische ischämische Attacke (TIA), z.  B. mit vorübergehenden Sprachstörungen (24 h), einseitiger Blindheit, Taubheit oder Schwächegefühl in Armen, Beinen oder Fingern 5 Reversibles ischämisches neurologisches Defizit (RIND): kann bis zu 1 Woche anhalten 5 Leichter Insult (minor stroke) 5 Vollendeter Schlaganfall (major stroke) z Behandlung

Höhergradige Stenosen (>70–90 %) werden in der Regel operativ beseitigt. Zwei Verfahren sind möglich: 5 Thrombendarteriektomie (TEA), evtl. mit Erweiterungsplastik 5 Stentgestützte Angioplastie („carotid artery stenting“, CAS) Das vorübergehende Abklemmen der Karotis während der TEA kann das Hirn schädigen, wenn kein ausreichender Kollateralkreislauf zum betroffenen Gefäßgebiet vorhanden ist. z Anästhesiebesonderheiten

Intraoperative Überwachung  Die wichtigsten Routineüberwachungsmaßnahmen bei Karotisstenose-Operation sind: 5 EKG-Monitor 5 Pulsoxymetrie 5 Kapnometrie 5 Direkte arterielle Blutdruckmessung 5 Ergänzend: transkranielle Sonografie, NIRS Hirnprotektion  Ein Schutz des Gehirns vor Minderdurchblutung ­(Clamping-Ischämie) gelingt v. a. durch einen temporär in die Karotis eingeführten Shunt, der aber nicht routinemäßig indiziert ist ­(S3-Leitlinie), sondern bei Verdacht auf eine ­ Clamping-Ischämie eingesetzt wird. Medikamente (Barbiturate, Etomidat, Kalziumantagonisten usw.) haben keine gesicherte hirnprotektive Wirkung. Intraoperativer Schlaganfall  Eine weitere ge-

fürchtete Komplikation ist der intraoperative Schlaganfall durch frische Thromben, Plaqueteile oder Luftpartikel bei der Freilegung der Karotisbifurkation oder Wiederfreigabe des Blutstroms.

Die Operation kann in Allgemeinanästhesie oder in Regionalanästhesie (Plexus-cervicalis-Blockade) erfolgen. Die ­ Wahl des Anästhesieverfahrens spielt aber für den Operationserfolg keine wesentliche Rolle. Entscheidend ist eine ausreichend Durchblutung des Gehirns.

46.3.1  Thrombendarteriektomie

Zerebraler Perfusionsdruck  Bei

z Anästhesieziele

Patienten mit zerebrovaskulärer Insuffizienz hängt die Durchblutung des Gehirns ganz wesentlich von einem ausreichend hohen zerebralen Perfusionsdruck ab.

> Bei Karotisstenose-Operationen sollte der arterielle Mitteldruck im Bereich der Ausgangswerte liegen, in der Abklemmphase der A. carotis evtl. 15–20 % darüber.

46

Blutdruckabfälle führen zur Mangeldurchblutung des Gehirns und müssen strikt vermieden werden.

5 Ausreichend hoher zerebraler Perfusionsdruck 5 Normale Blutgaswerte 5 Sorgfältige intraoperative Überwachung 5 Hirnprotektion z Operatives Vorgehen

5 Lagerung: Rücken, Kopf um 30–45° zur Gegenseite gedreht 5 Operation: Darstellung der Karotisbifurkation, Abklemmen der A. carotis

449

46.3 · Karotisstenose-Operation

ober- und unterhalb der Stenose, dann Eröffnung und Arteriektomie, evtl. Erweiterungsplastik 5 Operationsdauer: 1 h 5 Blutverlust: minimal 5 Perioperativ ASS-Zufuhr fortsetzen; intraoperativ Vollheparinisierung z Allgemeinanästhesie

5 Großlumige Venenkanüle, arterielle Kanüle; SpO2, etCO2, EKG: V5-Ableitung; zerebrales Monitoring: z. B. transkranieller Doppler (durch den Neurologen) 5 Die Narkose behutsam einleiten, unter direkter Blutdruckmessung 5 Erst intubieren, wenn die Narkose ausreichend tief ist. Husten und Pressen vermeiden 5 Anästhesie: TIVA oder balanciert, Vollheparinisierung, um arterielle Thrombenbildung zu vermeiden 5 Beatmung: Normoventilation bzw. Normokapnie, nicht hyperventilieren > Wichtig 5 In der Abklemmphase der Karotis: Blutdruck 15–20 % über den Ausgangswerten halten

5 Bei der Extubation Husten und Pressen vermeiden 5 Postoperativ: Lückenlose neurologische Überwachung

46

z Regionalanästhesie

5 Blockade des Plexus cervicalis (C2–C4) 5 Sedierung mit erhaltener Kommunikationsfähigkeit. Sie ermöglicht die Kontrolle der kontralateralen Motorik

Der Patient im Aufwachraum 5 Kontrolle des arteriellen Blutdrucks und der Herzfrequenz 5 Überwachung der Herzfunktion 5 Neurologische Einschätzung und Überwachung 5 Kontrolle auf Nachblutungen z Postoperative Komplikationen

5 Hypertensive Phasen bzw. Entgleisungen, oft schon im Aufwachraum 5 Neurologisches Defizit bzw. Schlaganfall, intraoperativ entstanden 5 Postoperatives Hyperperfusionssyndrom im Gefäßgebiet distal (hinter) der operierten Stenose 5 Nachblutungen, Hämatome mit Kompression der Atemwege (Erstickungsgefahr) und/oder Schluckstörungen (sofortige Notfallrevision erforderlich!) 5 Myokardischämie (bei vorbestehender KHK) 5 Infektionen der Halsweichteile

451

Herzchirurgie Inhaltsverzeichnis 47.1 In Kürze – Kardioanästhesie – 453 47.1.1 Zusätzliche Ausstattung – 453

47.2 Herz-Lungen-Maschine (HLM) und extrakorporale Zirkulation (EKZ) – 453 47.2.1 Funktion der Herz-Lungen-Maschine – 453 47.2.2 Erforderliche Maßnahmen – 454 47.2.3 Auswirkungen und Komplikationen der EKZ – 454

47.3 Anästhesiepraxis bei Herzoperationen – 455 47.3.1 Vorgehen bei Operationen mit der Herz-Lungen-Maschine – 456

47.4 Koronarbypassoperationen – 460 47.4.1 Anästhesie – 461

47.5 Herzklappenerkrankungen – 461 47.5.1 Mitralstenose – 461 47.5.2 Mitralinsuffizienz – 462 47.5.3 Aortenstenose – 463 47.5.4 Aorteninsuffizienz – 464 47.5.5 Kombinierte Herzklappenfehler – 465

47.6 Herztransplantation – 465 47.6.1 Postoperative Besonderheiten – 466

47.7 Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) – 466 47.8 Herzschrittmacher und automatischer ­Cardioverter-Defibrillator – 467

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_47

47

47.8.1 Herzschrittmacher­implantation – 467 47.8.2 AICD-Implantation – 467

47.9 Angeborene Herz- und Gefäßmissbildungen – 467 47.9.1 Ventrikelseptumdefekt – 468 47.9.2 Vorhofseptumdefekt – 468 47.9.3 Zyanotische Herzfehler – 468 47.9.4 Obstruktion der Ausflussbahnen – 469 47.9.5 Tiefe Hypothermie mit Kreislaufstillstand – 469

47.2 · Herz-Lungen-Maschine (HLM) und extrakorporale Zirkulation (EKZ)

47.1  In Kürze – Kardioanästhesie

Anästhesien in der Herzchirurgie erfordern grundsätzlich für jeden OP-Saal eine in der Kardioanästhesie erfahrene Fachpflegekraft. Zudem sollte der Bereich der Kardioanästhesie fachverantwortlich von einer entsprechend qualifizierten Fachpflegekraft und einer qualifizierten Stellvertretung geleitet werden. 47.1.1  Zusätzliche Ausstattung

5 Defibrillator mit Zubehör für die interne und externe Defibrillation 5 TEE mit transösophagealer Sonde 5 Point-of-Care (POC)-Gerät für die Gerinnungsdiagnostik 5 Gerät für erweitertes hämodynamisches Monitoring, z.B. PiCCO 5 Prozessiertes EEG für die Überwachung der Narkosetiefe: BIS-Monitor oder Narcotrend 5 Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) zur Überwachung der (venösen) zerebralen O2-Sättigung, Normalwerte 60–70 % 5 Apparative Ausstattung für den Transport zur Intensivstation 47.2  Herz-Lungen-Maschine

(HLM) und extrakorporale Zirkulation (EKZ)

47.2.1  Funktion der Herz-Lungen-

Maschine

Die HLM übernimmt bei Operationen die Funktion des still gelegten Herzens und der nicht beatmeten Lunge. 5 Das venöse Blut des Patienten wird über eine Kanüle aus dem rechten Vorhof in den Oxygenator geleitet 5 Der Oxygenator reichert das Blut mit Sauerstoff an; das Kohlendioxid des ve-

453

47

nösen Bluts entweicht (passiv) in die Umgebungsluft 5 Danach wird das Blut in die Aorta des Patienten zurückgepumpt 5 Zwei Bypassarten sind zu unterscheiden: – Totaler Herz-Lungen-Bypass – Partieller Herz-Lungen-Bypass z Totaler Bypass

Herz und Lunge sind hierbei vollständig aus dem Kreislauf ausgeschaltet. 5 Das gesamte venöse Blut fließt über eine rechte Vorhofkanüle aufgrund der Schwerkraft (Patient liegt höher als die HLM) in den Oxygenator und wird von dort, nach dem Gasaustausch, in eine große Arterie des Körpers – Aorta oder A. femoralis – zurückgepumpt 5 Eine Beatmung während des totalen Bypasses ist nicht erforderlich 5 Geringe, auch während des Bypasses noch in das linke Herz zurückströmende Blutmengen aus den Lungenvenen werden über eine Kanüle im linken Ventrikel („Vent“) kontinuierlich abgesaugt, damit das Herz während des Stillstands nicht überdehnt wird z Partieller Bypass

Beim partiellen Bypass schlägt das Herz weiter. 5 Ein Teil des Venenbluts fließt aus dem rechten Vorhof in den rechten Ventrikel, von dort in über den Lungenkreislauf in den linken Ventrikel 5 Der linke Ventrikel pumpt das Blut in die Aorta (oder A. femoralis) 5 Das restliche Blut fließt über die noch nicht fest angeschlungene Vorhofkanüle zur HLM 5 Während des partiellen Bypasses wird der Patient weiter beatmet, um einen Abfall der arteriellen O2-Sättigung zu verhindern

454

Kapitel 47 · Herzchirurgie

47.2.2  Erforderliche Maßnahmen z Aufhebung der Blutgerinnung für die EKZ

Kurz vor der Kanülierung für die extrakorporale Zirkulation wird die Blutgerinnung vollständig mit unfraktioniertem Heparin aufgehoben, bei HIT II mit Bivalidurin, Danaparoid oder Argatroban. Aufhebung der Blutgerinnung mit Heparin 5 Dosierung von Heparin: 300–400 IE/ kgKG 5 Kontrolle der Heparinwirkung: mit dem ACT-Test nach ca. 3 min – ACT-Normalwerte: 100–130 s – ACT-Werte für die EKZ: 400–600 s

5 Hämodilution, Hypothermie, Thrombopenie und Thrombozytenaggregationshemmer verlängern die ACT 5 Beim Wiedererwärmen mit der HLM wird die ACT um ca. 10–30 % verkürzt z Wiederherstellung der Blutgerinnung

Am Ende der extrakorporalen Zirkulation wird das noch zirkulierende Heparin mit Protamin antagonisiert und so die Blutgerinnung wiederhergestellt. Die Wirkung von Protamin setzt nach 1–2 min ein. Heparinantagonisierung mit Protamin 5 Protamindosierung: 1000 IE (1 ml) Protamin neutralisieren 1000 IE Heparin 5 ACT-Zielwert: 110–130 s

z Schutz vor Hypoxie während der EKZ

Die O2-Aufnahme eines Oxygenators ist begrenzt, ebenso der Blutfluss. Hierdurch besteht die Gefahr einer Hypoxie des gesamten Körpers unter der EKZ.

z Hypothermie

Zum Schutz vor einer globalen Hypoxie wird der Patient während der EKZ mit dem Wärmeaustauscher der HLM auf etwa 30 °C Bluttemperatur abgekühlt, beim totalen Kreislaufstillstand für bis zu 60 min auf 16–20 °C. z Myokardprotektion

Das Herz muss zusätzlich vor Hypoxie geschützt werden, um strukturelle Schäden zu verhindern. Hierfür werden 2 Maßnahmen angewendet: 5 Kardioplegie: Infusion einer kalten kardioplegischen Lösung in den Koronarkreislauf. Hierdurch entsteht ein schlaffer Herzstillstand und eine kardioprotektive Wirkung 5 Kühlung des Herzens: durch Übergießen mit eiskalter Elektrolytlösung 47.2.3  Auswirkungen und

Komplikationen der EKZ

Die EKZ ist unphysiologisch und kann den normalen Kreislauf nicht vollständig imitieren. 5 Das Blut kommt mit Fremdoberflächen in Kontakt und die Blutbestandteile (u. a. die Erythrozyten und Thrombozyten) werden durch die Pumpen geschädigt 5 Außerdem werden verschiedene Mediatorsysteme aktiviert und es entwickelt sich eine systemische Entzündungsreaktion (SIRS) Nebenwirkungen und Komplikationen der EKZ 5 Störungen der Blutgerinnung, Hämolyse 5 Wasser- und Elektrolytstörungen 5 Blutzuckeranstieg

455

47.3 · Anästhesiepraxis bei Herzoperationen

5 Embolien 5 Lungenfunktionsstörungen 5 Systemische Entzündungsreaktion mit Kapillarleckage 5 Neurologische und neuropsychiatrische Störungen

Störungen der Blutgerinnung Gerinnungsstörungen sind die Hauptursache von Blutungen in der Herzchirurgie. z Auslöser

5 Abfall und Funktionsverlust der Thrombozyten 5 Überdosierung von Protamin 5 Ungenügende Antagonisierung von Heparin mit Protamin 5 Mangel an plasmatischen Gerinnungsfaktoren durch Verbrauch 5 Verbrauchskoagulopathie 5 Daneben können weitere Faktoren zu Störungen der Blutgerinnung beitragen: – Zyanotischer Herzfehler – Sehr lange Bypasszeit – Patchverschlüsse von Defekten am Herzen – Anhaltende Unterkühlung – Extreme Hämodilution z Blutungsprophylaxe

5 Desmopressin (Minirin): Steigert die Konzentration bestimmter Gerinnungsfaktoren (Faktor VIII). Dosierung: 0,3– 0,4 µg/kgKG als Kurzinfusion (mind. 20 min). Bei zu rascher Zufuhr: Gefahr des Blutdruckabfalls 5 Antifibrinolytika (Aminokapronsäure, Tranexamsäure): Verhindern die Bindung zwischen Plasmin und Fibrinogen und wirken so einer Fibrinolyse entgegen. Dosierung: 100–150  mg/kgKG Aminokapronsäure oder 10–30  mg/ kgKG Tranexamsäure als Bolus; danach ggf. kontinuierliche Infusion von 1–2 mg/kgKG/h

47

Neurologische Störungen Neurologische Störungen nach Operationen mit der Herz-Lungen-Maschine sind häufig. Zu den wichtigsten Ursachen gehören Embolien durch Luft, Fett, Mikroaggregate, Kalk und Plaques aus den großen Gefäßen sowie eine ungenügende Hirndurchblutung (Hirnischämie). Klinische Manifestationen sind: 5 Irreversibles Koma 5 Schlaganfall 5 Fokale neurologische Ausfälle 5 Verwirrtheit, Desorientiertheit, verzögertes Erwachen, vorübergehende Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen 5 Anhaltende kognitive Störungen 47.3  Anästhesiepraxis bei

Herzoperationen

z Spezielle Einschätzung

Patienten für Herzoperationen sind in der Regel umfassend voruntersucht, mit Ausnahme der kardiochirurgischen Notfallpatienten. 5 Art und Schweregrad der Herzerkrankung sowie wesentliche Begleiterkrankungen sind in der Krankenakte idealerweise umfassend dokumentiert 5 Zusätzliche präoperative Untersuchungen sind meist nicht mehr erforderlich 5 Dauermedikation: β-Blocker und Statine sollten präoperativ nicht abgesetzt werden (7 Kap. 13 und 27) z Prämedikation

Herzoperationen sind meist stark angstbesetzt. Hierauf sollte beim Aufklärungsgespräch vom Arzt empathisch Rücksicht genommen werden. Die Prämedikationssubstanzen werden jeweils individuell dem Schweregrad der Herzerkrankung und der präoperativen Angst des Patienten angepasst.

456

Kapitel 47 · Herzchirurgie

z Anästhesieverfahren

Standard sind die TIVA oder eine balancierte Anästhesie. Die Dosierung der Anästhesiemedikamente und Adjuvanzien muss dem individuellen Herz-Kreislauf-Status des Patienten angepasst werden. Einzelheiten sind bei den Krankheitsbildern angegeben. z Überwachung während der Narkose

Bei herzchirurgischen Eingriffen sind eine umfassende apparative Überwachung und klinische Beobachtung des Patienten erforderlich: 5 Vor der Narkoseeinleitung: – EKG-Monitor – Pulsoxymeter – Intraarterielle Blutdruckmessung 5 Nach der Narkoseeinleitung: – Kapnometer – Zentrale Venendruckmessung – Prozessiertes EEG: BIS-Monitor oder Narcotrend – NIRS des Gehirns, bei Kindern obligat (Leitlinie) – TEE – Linker Vorhofkatheter, Pulmonaliskatheter: nur bei spezifischer Indikation – Temperatursonde – Blasenkatheter, Urinausscheidung – Arterielle und venöse Blutgase, Hämatokrit, Elektrolyte (Kalium!), Osmolarität, Blutzucker z Kardiovaskuläre Medikamente

Kardiovaskuläre Medikamente sind bei Herzoperationen häufig erforderlich, meist kurz nach Abgehen vom kardiopulmonalen Bypass. Die Zufuhr erfolgt über einer Perfusor, nicht aus der Hand. 5 Noradrenalin (Arterenol), Dosierung: 0,2–1 µg/kgKG/min 5 Dobutamin (Dobutrex), Dosierung: 2–20 µg/kgKG/min 5 Adrenalin (Suprarenin), Dosierung: 0,005–0,5 µg/kgKG/min

5 Nitroglyzerin, min

Dosierung:

25–300  µg/

47.3.1  Vorgehen bei Operationen

mit der Herz-LungenMaschine

5 OP-Lagerung: Rücken 5 Zugang zum Herzen: mediane Sternotomie

Vor der Narkoseeinleitung 5 Direkt nach der Ankunft des Patienten im Einleitungsraum: – Sich selber mit Namen und Funktion freundlich vorstellen – EKG-Monitor und Pulsoxymeter anschließen – Blutdruck und Herzfrequenz messen – Werte ins Narkoseprotokoll eintragen 5 Parallel dazu großlumige Venenkanüle legen, Elektrolytinfusionslösung anschließen und Antibiotikum nach Klinikstandard zuführen 5 Bei hohem Blutdruck und/oder Tachykardie durch Angst und Aufregung (Koronarkranke!): Sedativum injizieren; Dosierung immer nach Wirkung, niemals schematisch, z. B. Midazolam 5 Bei pektanginösen Beschwerden: Nitroglyzerin als Spray verabreichen 5 Arterielle Kanüle in die A. radialis der nicht dominanten Hand unter Lokalanästhesie vor Narkoseeinleitung legen

Narkoseeinleitung Die Narkose wird durch einen oder – besser – zwei Anästhesisten, zusammen mit einer in der herzchirurgischen Anästhesie qualifizierten Fachpflegekraft eingeleitet. > Für die Einleitung gilt der Grundsatz: ruhig – besonnen – ohne Hast! Alle Medikamente müssen langsam injiziert und nach Wirkung dosiert werden; das Körpergewicht dient nur als Anhaltspunkt.

457

47.3 · Anästhesiepraxis bei Herzoperationen

Während der Einleitung sollte beruhigend auf den Patienten eingewirkt werden.

z Praktisches Vorgehen

5 Präoxygenierung: 3–5 min über dicht sitzende Maske 5 Opioidvorinjektion: Sufentanil, 30–50 µg als Bolus langsam i.v. oder 0,1–0,3 mg Fentanyl. Falls erforderlich: zusätzlich kleine Dosen Midazolam oder Flunitrazepam 5 Kommandoatmung, dann assistierte/ kontrollierte Beatmung über Maske. Hierbei nicht zu hohen Überdruck anwenden, da sonst der intrathorakale Druck ansteigt und hierdurch der Blutdruck abfällt! 5 Relaxierung: Rocuronium 0,6–0,12 mg/ kgKG i.v.; möglichst frühzeitig, da vollständiger Wirkungseintritt frühestens nach 90 s 5 Einleitungsanästhetikum: Propofol, zunächst 0,5–1 mg/kgKG, weitere Dosen nach Wirkung 5 Danach Laryngoskopie (erster größerer Stimulus!), reagiert der Kreislauf des Patienten nicht mehr auf die Laryngoskopie, erfolgt die Intubation 5 Endotracheale Intubation: bevorzugt oral, da bei nasaler Intubation Gefahr von Blutungen unter der Heparinisierung 5 ZVK: Mehrlumenkatheter über rechte V. jugularis interna 5 Wenn erforderlich: zusätzlich Schleuse in die rechte V. jugularis interna einlegen (für Pulmonaliskatheter oder raschen Volumenersatz) 5 Blasenkatheter 5 Magensonde: oral einführen wegen Blutungsgefahr 5 Thermosonde (rektal und/oder ösophageal) 5 Augenschutz

47

5 Tranexamsäure 10–30  mg/kgKG i.v. oder Aminokapronsäure i.v. 100–150 mg/ kgKG, danach 10 % der Anfangsdosis 5 Blutdruckabfall: Vasopressor

Narkoseführung bis zum HerzLungen-Bypass 5 Sufentanil oder Remifentanil etwa 0,5–1 μg/kgKG/h  + Propofol, ca. 3–4 mg/kgKG/h über Perfusor. Bei Patienten mit guter Ventrikelfunktion kann auch ein Inhalationsanästhetikum zugeführt werden 5 Muskelrelaxierung: Rocuronium 5 Volumenzufuhr: plasmaisotone Vollelektrolytlösung für den Erhaltungsbedarf 5 Beatmung: Normoventilation > Die stärksten chirurgischen Reize sind die Hautinzision, Sternotomie und die Präparation der großen Gefäße. Sie erfordern eine entsprechend tiefe Narkose.

Kardiopulmonaler Bypass z Kurz vor dem Bypass

5 Ausgangs-ACT bestimmen 5 Danach 300–600 IE/kgKG Heparin in den zentralen Venenkatheter injizieren 5 Operateur informieren: „Heparin ist gegeben“! 5 Nach 2 min erneute ACT-Kontrolle: Beträgt der ACT-Wert > 400 s, kann mit dem Bypass begonnen werden 5 Der Operateur kanüliert den rechten Vorhof und die Aorta, in besonderen Fällen die A. femoralis 5 Nach Abschluss der Kanülierungen beginnt der partielle Bypass z Partieller Bypass

5 Den Patienten mit 100 % Sauerstoff beatmen

458

Kapitel 47 · Herzchirurgie

5 Narkose, z. B. mit Remifentanil oder Sufentanil per Infusion in Kombination mit Propofol, fortführen 5 Den Patienten ausreichend nachrelaxieren, um spontane Atemzüge während der extrakorporalen Zirkulation zu verhindern 5 Der partielle Bypass dauert nur wenige Minuten. In dieser Phase kann der Ventrikelsauger (Vent) eingelegt und mit der Abkühlung des Patienten begonnen werden

5 Pupillengröße: eng und seitengleich in Opioidanästhesie; weite Pupillen erst in tiefer Hypothermie 5 Narkosetiefe: wenn verfügbar EEG-Monitoring mit BIS oder Narcotrend 5 Insbesondere bei Kindern: NIRS zur Überwachung der zerebralen ­O2-Versorgung 5 Zwerchfellbewegungen: Relaxierungsgrad unzureichend, pCO2 zu hoch! 5 Körpertemperatur: Messung im Blut (HLM), rektal, in der Harnblase oder ösophageal

z Totaler Bypass

Er beginnt, wenn der Operateur die Schlinge der Vorhofkanüle vollständig anzieht. 5 Beatmung sofort unterbrechen. Am Rotameter des Beatmungsgeräts Gasfluss von 1 l/min einstellen, sodass ein ständiger Druck von etwa 5 mmHg auf die Lungen einwirkt (nicht obligat) 5 Alle Infusionen, mit Ausnahme der Anästhetikaperfusoren, abstellen 5 Alle erforderlichen Medikamente können über die HLM zugeführt werden 5 Pupillengröße kontrollieren und auf dem Narkoseprotokoll vermerken 5 Nach Platzierung des Ventrikelsaugers („Vent“) und Abkühlung beginnt das Herz meist spontan zu flimmern oder das Flimmern wird induziert, indem der Operateur kalte Ringerlösung über das Herz gießt 5 Die Aorta wird abgeklemmt („Aorta zu!“) und anschließend eiskalte Kardioplegielösung in die Aortenwurzel infundiert

z EKG

Überwachung während des Bypasses

> In tiefer Hypothermie werden niedrigere Perfusionsdrücke toleriert (30– 50  mmHg). Mit niedrigen Perfusionsdrücken ist v. a. kurz nach Beginn des Bypasses und in der Wiedererwärmungsphase zu rechnen.

z Klinische Überwachung und Beobachtung

5 Die Kapillarfüllung soll prompt erfolgen

5 Asystolie bei Kardioplegie 5 Kammerflimmern bei Hypothermie und erhaltener Koronardurchblutung 5 R-S-R bei Operationen in Normothermie am schlagenden Herzen. Auf Ischämiezeichen und Leitungsstörungen achten z Perfusionsdruck

Der Perfusionsdruck (mittlerer arterieller Blutdruck, MAP), gemessen in der A. radialis oder A. femoralis, soll zwischen 50 und 100 mmHg liegen. 5 Der Perfusionsdruck ist zu hoch (>100 mmHg): – Narkose vertiefen – Nitroglyzerin oder Urapidil (Ebrantil) infundieren (in die HLM) 5 Der Perfusionsdruck ist zu niedrig ( 4,0  mmol/l 5 Serumkalzium normalisiert, Körpertemperatur über 35 °C rektal

460

Kapitel 47 · Herzchirurgie

5 Errechnete Protamindosis zur Infusion vorbereitet 5 Ausreichend EK vorhanden 5 Kardiovaskuläre Medikamente einsatzfertig

5 Beginnt das Herz nach dem Aufwärmen nicht spontan zu entflimmern, wird es mit ca. 10–20 J intern defibrilliert 5 Nach Ausgleich der oben angegebenen Faktoren sowie Entlüftung von Herzkammern, Koronartransplantaten und Aortenwurzel wird mit der Entwöhnung von der Herz-Lungen-Maschine begonnen 5 Die Entwöhnung dauert in der Regel wenige Minuten, bei sehr schlechter Ventrikelfunktion erheblich länger z Partieller Bypass

5 Den Patienten mit 100 % Sauerstoff beatmen; kontrollieren, ob beide Lungen gut belüftet sind 5 Höhe des Beatmungsdrucks überprüfen 5 Nach Entfernen der Gefäßkanülen: – Blutgerinnung – nach Absprache mit dem Operateur – mit Protamin wiederherstellen. Im Allgemeinen sind dafür 100–130 % Protamin erforderlich – Faustregel: 1000  IE (1  ml) Protamin neutralisieren 1000 IE Heparin. Protamin nicht als Bolus injizieren (Gefahr des Blutdruckabfalls), sondern über mindestens 15 min infundieren!

Nach dem kardiopulmonalen Bypass 5 Volumenverluste ersetzen. Möglichst frische Erythrozytenkonzentrate verwenden, keine Routinezufuhr von Gerinnungsfaktoren, Frischplasma oder Humanalbumin 5 Steuerung der Volumenzufuhr v. a. nach dem zentralen Venendruck, der Ventrikelfüllung (TEE) und dem Blutdruck oder dem linken Vorhofdruck 5 Bei niedrigen Thrombozytenwerten: TK infundieren

5 Chirurgische Blutungen müssen chirurgisch gestillt werden 5 Andere Blutungsursachen: – Thrombozytopenie und/oder Thrombozytenfunktionsstörungen, z. B. durch die EKZ und durch Medikamente – Ungenügende Neutralisierung von Heparin – Überdosierung von Protamin – Mangel an plasmatischen Gerinnungsfaktoren durch Hämodilution – Verbrauchskoagulopathie 5 Vor dem Transport auf die Intensivstation den Patienten an einen transportablen Herzkreislaufmonitor (arterieller Druck und EKG, Pulsoxymeter, Kapnometer) anschließen. Notfallmedikamente bereitstellen 5 Mit dem Transport erst beginnen, wenn die Herz-Kreislauf-Funktion ausreichend stabil ist 5 Für den Transport auf die Intensivstation sind 2 Personen erforderlich; davon 1 Anästhesist, der den Patienten an den diensthabenden Arzt der Intensivstation übergibt 47.4  Koronarbypassoperationen

Bei der aortokoronaren Bypassoperation (ACB-Operation) wird der stenotische Bereich der Koronararterie mit einem neu implantierten Gefäß (körpereigene Arterien und Venen) umgangen. Ziel ist die Verbesserung der Koronardurchblutung und Senkung der kardialen Morbidität und Mortalität. Aortokoronare Bypassoperation 5 OP: Überbrückung der Koronarstenose mit Bypass-Grafts (A. radialis, A. mammaria, V. saphena) – Mit HLM = On-Bypass: Standardverfahren

47.5 · Herzklappenerkrankungen

– Ohne HLM am schlagenden Herzen = Off-pump-Bypass (OPCAB) oder minimal invasiv (MIDCAP) 5 OP-Lagerung: Rücken, mediane Sternotomie 5 OP-Dauer: ca. 3–4 h 5 Chirurgische Stimulation: sehr stark 5 Blutverluste: mäßig, 2–4 EK 5 Anästhesie: TIVA oder balanciert, Intubation 1  arterielle Kanüle, 2  Venenkanülen, 1 ZVK (3-Lumen) Blasenkatheter, Magensonde (oral), 2 Thermosonden, evtl. TEE

z Vorbereitungen

5 Wie unter 7 Abschn. 47.3.1 beschrieben 5 Bei Verwendung der linken A. radialis: linken Arm freilassen, d. h. Venenkanüle und arterielle Kanüle am rechten Unterarm einführen 47.4.1  Anästhesie

Myokardischämie und Herzinfarkt sind die beiden Hauptrisiken für den Koronarpatienten in der perioperativen Phase. z Auslöser

5 Tachykardie (steigert den O2-Verbrauch des Herzens) 5 Blutdruckanstieg (steigert den O2-Verbrauch des Herzens) 5 Starker Hb-Abfall (zu geringer O2-Gehalt des Bluts) 5 Abfall des koronaren Perfusionsdrucks (mittlerer diastolischer Aortendruck) z Hämodynamische Ziele während der Operation

Die hämodynamischen Parameter müssen in einem Bereich gehalten werden, der nicht zur Myokardischämie führt: 5 Herzfrequenz zwischen 50 und 60/min

461

47

5 Systolischer Druck nicht höher als 15– 20 % über oder unter Ausgangswert 5 Diastolischer Druck > 60  mmHg 5 Wedge-Druck  In diesen Fällen muss umgehend die Tubuslage kontrolliert und korrigiert werden.

48.3  Spezielle Anästhesie 48.3.1  Diagnostische

Mediastinoskopie

Hierbei wird ein Endoskop über das Jugulum in das vordere Mediastinum eingeführt. 5 Für den Eingriff ist eine tiefe Anästhesie erforderlich, um Blutdruckanstiege und Tachykardien zu verhindern 5 Anästhesie: TIVA oder balancierte Anästhesie 5 Der Patient darf sich auf keinen Fall bewegen oder husten, darum Muskelrelaxierung z Komplikationen

5 Blutungen 5 Pneumothorax 5 Luftembolie 5 Verletzungen des Ösophagus z Anästhesiepraxis

5 Rückenlagerung des Patienten, Schultern unterpolstert 5 Standardüberwachung 5 1 Venenkanüle 5 Transfusionsblut bereithalten, da Blutungsgefahr durch Gefäßverletzungen 5 Intubation mit Spiraltubus 5 Augen mit Uhrglasverband schützen

5 Während der Narkose kontrolliert beatmen 5 Um eine Kompression der A. anonyma zu erkennen: Blutdruck am linken Arm messen, Fingerpuls an der rechten Hand abnehmen. Puls- und Drucklosigkeit am rechten Arm weisen auf diese Komplikation hin 5 Dauer der Mediastinoskopie: 20–30 min 48.3.2  Bronchoskopie

Bei der Allgemeinnarkose müssen Beatmungsbronchoskope eingesetzt werden, über die der Patient während der gesamten Bronchoskopie kontinuierlich beatmet werden kann. Die Atemgase werden über einen Seitenarm des Bronchoskops zugeführt, beatmet wird manuell mit dem Atembeutel. Hochfrequenzbeatmung ist ebenfalls möglich. z Anästhesiepraxis

5 Lagerung: Rücken 5 1 Venenkanüle, Standardüberwachung 5 Injektion von Atropin i.v. 5 Wenn Narkose ausreichend tief: laryngoskopieren und starres Bronchoskop einführen; Narkose mit 100  % Sauerstoff + volatilem Inhalationsanästheti­ kum oder als TIVA, z. B. mit ­PropofolRemifentanil-Perfusor weiterführen 5 Bei Verwendung eines Glasfiberbronchoskops: zunächst endotracheale Intubation, danach Vorschieben des Bronchoskops durch den Tubus 5 Atropin bereithalten, um starke Sekretproduktion sowie vagale Reflexreaktionen mit Bradykardie zu beseitigen 5 Am Ende des Eingriffs: Bronchoskop entfernen, Anästhetikazufuhr unterbrechen und bis zur Rückkehr einer ausreichenden Spontanatmung über Maske beatmen

477

48.3 · Spezielle Anästhesie

48.3.3  Lobektomie und

Pneumektomie

Diese Operationen erfolgen in Seitenlage. Hierbei sind die entsprechenden Veränderungen der Lungenfunktion zu beachten. z Anästhesiepraxis

5 Lobektomie: Entfernung eines Lungenlappens; Pneumektomie: Entfernung eines Lungenflügels 5 OP-Lagerung: Seitenlagerung 5 Arterielle Kanüle und kontinuierliche Druckmessung; bei Pneumektomie mehrere großlumige Venenkanülen für den Blutersatz und ZVK 5 Intraoperativ Wärmeschutz: Auskühlung beeinträchtigt die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion und die Blutgerinnung 5 Endotracheale Intubation mit Doppellumentubus 5 Ein-Lungen-Ventilation (7 Abschn. 48.2) 5 Nach Dissektion des Lungenlappens und Nahtverschluss des Bronchusstumpfs: Dichtigkeitsprüfung mit 30 mbar Beatmungsdruck 5 Vor Verschluss des Thorax: beide Lungen vorsichtig mit dem Atembeutel blähen, um Atelektasen zu beseitigen und das Mediastinum wieder in die Mittelposition zu verlagern 5 Thoraxdrainagen mit dem Sog verbinden, aber nicht zu starken Sog ausüben, damit das Mediastinum nicht zur betroffenen Seite herübergezogen wird 5 Lobektomie: Extubation so früh wie möglich nach der Operation, um eine Druckbelastung der frischen Bronchusnähte zu vermeiden. Wache, normotherme Patienten mit ausreichender Lungenfunktion können bei unkompliziertem Operationsverlauf meist im OP extubiert werden 5 Pneumektomie: zurückhaltende intraoperative Flüssigkeitszufuhr. Nicht

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zu hohe Atemzugvolumina anwenden; als günstig gelten 5–6  ml/kg  Idealgewicht. Unmittelbar nach Pneumektomie können Funktionsstörungen des rechten Ventrikels auftreten, bedingt durch einen Anstieg des pulmonalen Gefäßwiderstands und des Pulmonalarteriendrucks 48.3.4  Massive Lungenblutung

Massive Blutungen der Lunge führen rasch zum Schock und/oder Ersticken. Ursachen können sein: 5 Bronchiektasen 5 Abszesse 5 Tumoren 5 Tuberkulose z Anästhesiepraxis

5 Intubation des wachen Patienten in halbsitzender Position 5 Doppellumentubus in den Hauptbronchus der blutenden Lunge vorschieben und blocken, sodass kein Blut mehr in die gesunde Lunge gelangen kann 5 Sofort danach das Blut aus der Lunge absaugen, anschließend 100 % Sauerstoff zuführen 48.3.5  Interventionelle

Pneumologie

Minimal invasive pulmonale Eingriffe werden bevorzugt in Intubationsnarkose vorgenommen. 5 Hierbei wird der Patient über ein starres Bronchoskop beatmet 5 Jet-Ventilation ist ebenfalls möglich. Hierfür wird eine Jet-Kanüle in das Bronchoskop vorgeschoben. Da es sich um ein offenes Atemsystem handelt, muss der Eingriff unter TIVA erfolgen.

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478

Kapitel 48 · Thoraxchirurgie

Eine zuverlässige Kapnographie ist hierunter nicht möglich 5 Die Eingriffe erfordern bis zum Ende eine gute Muskelrelaxierung 5 Vagale Reflexreaktionen und Hypersalivation können mit Atropin behandelt werden 5 Postoperative Risiken: Schwellungen in den Atemwegen, pulmonale Komplikationen

piratorischer Insuffizienz ist jedoch eine vorübergehende maschinelle Atemunterstützung erforderlich. z Postoperative Schmerztherapie

Indikationen sind Erkrankungen der Lunge oder der Lungengefäße im Endstadium, bei zusätzlicher Herzerkrankung auch kombiniert als Herz-Lungen-Transplantation.

Schmerzbedingte Schonatmung und mangelndes Abhusten von Sekreten führen bei Thoraxpatienten häufig zu respiratorischen Komplikationen. Daher ist die effektive Schmerztherapie besonders wichtig. Verfahren sind: 5 Opioide: systemisch oder peridural 5 Interkostalnervenblockade 5 Thorakale Periduralanalgesie 5 Nicht-Opioid-Analgetika (meist NSAR): reichen allein für die postoperative Schmerztherapie nicht aus, können aber mit Opioiden kombiniert werden, um die Opioiddosis zu reduzieren

z Anästhesiepraxis

z Postoperative Flüssigkeitszufuhr

5 Narkoseeinleitung bei schwerer Luftnot meist in sitzender Position des Patienten. Vorher optimale Präoxygenierung! Bei nichtnüchternen Patienten: „Ileuseinleitung“ 5 Narkosebeatmung mit möglichst niedrigen inspiratorischen Spitzendrücken. Vorsicht: Gefahr des Blutdruckabfalls 5 Ein-Lungen-Ventilation; inspiratorische O2-Konzentration 100 %; leicht erhöhter arterieller pCO2 ist erlaubt (Reduktion des Atemzugvolumens) 5 Beim Abklemmen der Pulmonalarterie: Gefahr der akuten Dilatation des rechten Ventrikels. Wenn notwendig: pulmonale Vasodilatatoren wie NO oder Prostazyklin

Übermäßige Flüssigkeitszufuhr vermeiden, da die Lungen mehr Wasser aufnehmen. Eher negativ bilanzieren, wenn die Herz-Kreislauf-Funktion das zulässt.

48.3.6  Lungentransplantation –

ein- oder beidseitig

48.4  Postoperative Behandlung z Beatmung

Die meisten Patienten können kurz nach der Operation extubiert werden. Bei einigen Patienten mit schweren obstruktiven Lungenerkrankungen oder mit wesentlicher res-

z Atemtherapie

Störungen des pulmonalen Gasaustausches sind häufig. Zur Behandlung und Prophylaxe der postoperativen Hypoxämie müssen gezielt respiratorische Maßnahmen durchgeführt werden, z. B. 5 Zufuhr von Sauerstoff 5 Atemunterstützung: NIV, wenn nötig invasive Beatmung 5 Thoraxphysiotherapie 5 Atemübungen 5 Lagerungsdrainagen 5 Broncho- und Sekretolyse 48.4.1  Frühkomplikationen

Schon im Aufwachraum können nach größeren Thoraxeingriffen schwerwiegende Komplikationen auftreten:

48.4 · Postoperative Behandlung

5 Massive Blutung: sofortige Re-Thorakotomie 5 Bronchusstumpfinsuffizienz: sofortige Re-Thorakotomie 5 Herzverlagerung (Herniation) nach Pneumektomie 5 Bronchopleurale Fistel z Herniation des Herzens

Sie kann eintreten, wenn bei der Operation das Perikard eröffnet wurde und nicht wieder verschlossen werden konnte. 5 Auslöser: – Zu starker Sog der Pleuradrainage – Zu hoher Beatmungsdruck

479

48

– Lagerung des Patienten auf die pneumektomierte Seite 5 Zeichen: – Schlagartiger Blutdruckabfall – Herzrhythmusstörungen – V.-cava-superior-Syndrom 5 Behandlung: – Sofortige Re-Thorakotomie – Bis dahin den Patienten auf der nicht operierten Seite lagern und mit niedrigem Druck beatmen – Wenn erforderlich: Vasopressor i.v. geben

481

Neurochirurgie Inhaltsverzeichnis 49.1 Physiologische Grundlagen der Neuroanästhesie – 482 49.1.1 Hirndurchblutung und zerebraler Perfusionsdruck – 482 49.1.2 Intrakranieller Druck (ICP) – 483

49.2 Besonderheiten der Neuroanästhesie – 484 49.2.1 Präoperativ – 484 49.2.2 Intraaoperativ – 485 49.2.3 Anästhesiepraxis – 486

49.3 Eingriffe in der hinteren Schädelgrube – 489 49.3.1 Anästhesiebesonderheiten – 489

49.4 Intrakranielle Aneurysmen und arteriovenöse Malformationen – 489 49.4.1 Klinisches Bild und Diagnostik – 490 49.4.2 Behandlung der SAB – 491 49.4.3 Anästhesiepraxis – 492

49.5 Schädel-Hirn-Trauma (SHT) – 492 49.5.1 Anästhesiepraxis – 493

49.6 Hypophysen-OP – 493 49.6.1 Anästhesiebesonderheiten – 493

49.7 Stereotaxie – 494 49.8 Neuroradiologische Untersuchungen – 494 49.8.1 Anästhesiebesonderheiten – 494

49.9 Operationen an der Wirbelsäule – 494 49.9.1 Bandscheibenvorfall – 494 49.9.2 Verletzungen der Wirbelsäule – 495 49.9.3 Querschnittlähmung – 495 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_49

49

482

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

49.1  Physiologische Grundlagen

der Neuroanästhesie

z Hirndurchblutung

5 50 ml/min/100 g Gehirn 5 700–900 ml/min 5 15 % des Herzminutenvolumens 5 Intrakranielles Blutvolumen: 150 ml

100–

Zerebrale Ischämie Kritische Abnahme der Hirndurchblutung, die zum zerebralen O2-Mangel führt.

z Hirnstoffwechsel

Das Gehirn deckt seinen Energiebedarf ausschließlich durch den aeroben Abbau von Glukose. 5 Täglicher Glukosebedarf des Gehirns: 100–150 g Glukose pro Tag oder 5 mg/ min/100 g 5 Zerebraler O2-Verbrauch: 3–3,5 ml/ min/100 g Hirngewebe 5 Hypothermie senkt den Hirnstoffwechsel und die Hirndurchblutung 49.1.1  Hirndurchblutung und

zerebraler Perfusionsdruck

Zerebraler Perfusionsdruck Differenz aus mittlerem Aortendruck (MAP) und intrakraniellem Druck (ICP): CPP = MAP – ICP (mmHg)

5 Die Autoregulation funktioniert aber nur im Druckbereich von 60–100 mmHg 5 Ist die Autoregulation gestört, folgt die Hirndurchblutung passiv dem zerebralen Perfusionsdruck: Druckabfall führ zur Abnahme, Druckanstieg zur Zunahme Der arteriellen pCO2 und den arterielle pO2 beeinflussen jedoch die Hirndurchblutung auch innerhalb der Autoregulationsgrenzen. z Arterieller pCO2

Zwischen Hirndurchblutung und arteriellem pCO2 besteht eine enge Beziehung: 5 Sinkt der pCO2 unter 40 mmHg ab (Hyperventilation), kontrahieren sich die Hirngefäße und die Hirndurchblutung nimmt ab 5 Steigt der pCO2 über 40 mmHg an (Hypoventilation), erweitern sich die Hirngefäße und die Hirndurchblutung nimmt zu – auch wenn der Blutdruck sich nicht verändert hat 5 Die Hirndurchblutung ändert sich bei Veränderungen des pCO2 innerhalb von 1–1½ min und zwar um etwa 2 ml/ min/100 g/mmHg pCO2-Veränderung 5 Die Technik der „kontrollierten Hyperventilation“ beruht auf der engen Beziehung zwischen Hirndurchblutung und arteriellem pCO2 z Arterieller pO2

5 Erst wenn der pO2 unter 50 mmHg abfällt (Hypoxämie), nimmt die Hirndurchblutung stark zu z Körpertemperatur

Die Hirndurchblutung ist autoreguliert: 5 Fällt der arterielle Mitteldruck ab, erweitern sich die Hirngefäße und die Durchblutung bleibt erhalten 5 Steigt der arterielle Mitteldruck an, kontrahieren sich die Hirngefäße und die Durchblutung nimmt nicht zu

5 Fällt die Körpertemperatur ab, so nehmen auch der Hirnstoffwechsel und die Hirndurchblutung ab. Hierdurch wird die Überlebenszeit des Gehirns verlängert 5 Fieber steigert die Hirndurchblutung und den Hirnstoffwechsel

49.1 · Physiologische Grundlagen der Neuroanästhesie

z Blutviskosität

5 Ein Anstieg des Hämatokrits vermindert die Hirndurchblutung, während eine Hämodilution bzw. Anämie die Hirndurchblutung steigert 5 Plasmaexpander verbessern die Fließeigenschaften des Bluts und steigern ebenfalls die Hirndurchblutung z Schmerz und Angst

5 Schmerzreize und Angst können die Hirndurchblutung erheblich steigern 5 Ähnliche Reaktionen werden auch bei scheinbar schmerzfreien, bewusstlosen Patienten mit schwerem ­Schädel-Hirn-Trauma beobachtet 49.1.2  Intrakranieller Druck (ICP)

Der intrakranielle Druck entsteht v. a. durch den intrakraniellen Liquor. Darum wird der intrakranielle Druck meist dem Liquordruck im Subarachnoidalraum und in den Ventrikeln des Gehirns gleichgesetzt. 5 ICP-Normalwerte im Liegen: 5–15 mmHg 5 Der ICP schwankt mit der arteriellen Druckwelle und der Atmung: Abfall bei Inspiration und Anstieg bei Exspiration. Bei maschineller Beatmung kehren sich diese Beziehungen um. PEEP steigert zusätzlich den intrakraniellen Druck 5 Der intrakranielle Druck ist lageabhängig: Beim Heben des Kopfes fällt er ab, in Kopftieflage steigt er an. Husten (z. B. beim Absaugen) und Pressen (z. B. beim Stuhlgang) steigern den intrakraniellen Druck vorübergehend 5 Nimmt die Hirndurchblutung zu, steigt der intrakranielle Druck an, nimmt sie ab, fällt der Druck ab 5 Hyperventilation senkt vorübergehend den intrakraniellen Druck 5 Hypoventilation steigert vorübergehend den ICP 5 Hypoxie steigert den intrakraniellen Druck, weil hierunter die Hirndurchblutung zunimmt

483

49

5 Ein Anstieg des ZVD oder intrathorakalen Drucks kann den ICP steigern. Wichtige Faktoren: Husten und Pressen,  Kopftieflagerung, Beatmung mit hohem PEEP und/oder hohen Atemzugvolumina 5 Hypothermie senkt den Hirnstoffwechsel, die Hirndurchblutung und den Hirndruck

Erhöhter intrakranieller Druck 5 Ein anhaltender Anstieg des intrakraniellen Drucks auf über 50 mmHg ist pathologisch 5 Kurzfristige Anstiege auf über 30 mmHg beim Husten und Pressen sind normal 5 Als obere Grenze für Tagesmittelwerte werden 30 mmHg angesehen Ursachen für Hirndruckanstiege 5 Hirntumor 5 Hirnabszess 5 Hirnödem 5 Intrakranielle Blutungen 5 Störungen der Liquorbildung, -absorption oder –zirkulation 5 Falsche Anästhesietechnik

z Falsche Anästhesietechniken, die den Hirndruck steigern

5 Husten und Pressen des Patienten bei der Intubation 5 Hyperkapnie durch schlechte Einstellung des Beatmungsgeräts 5 Hirndurchblutung steigernde Anästhetika 5 Falsche Lagerung mit Abflussbehinderung des Hirnvenenbluts 5 Zu flache Narkose (Schmerzreize, Blutdruckspitzen) 5 Falsche Infusionstherapie (hypotone Lösungen, Überwässerung) z Auswirkungen des Hirndruckanstiegs

Steigt der intrakranielle Druck an, drohen v. a. 3 Gefahren:

484

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

. Tab. 49.1  Wirkungen der Anästhetika und Hilfsmedikamente auf Hirndurchblutung und Hirndruck Substanz

Hirndurchblutung

Hirndruck

Barbiturate

↓↓

↓↓

Etomidat

↓↓

↓↓

Propofol

↓↓

↓↓

Opioide

↓↓ oder ↔

↓↓ oder ↔

Diazepam





Ketamin

↑↑

↑↑

Lachgas

↔ oder ↑↑

↔ oder ↑↑

5 Kritischer Abfall des CBF mit ischämischer Hirnschädigung 5 Abnahme der regionalen Hirndurchblutung mit umschriebenen Hirnschädigungen entstehen 5 Einklemmung von Hirnteilen (Herniation). Diese Komplikation kann akut auftreten und rasch zum Tod führen

Wirkung der Anästhetika und Adjuvanzien auf den Hirnkreislauf und den intrakraniellen Druck z Inhalationsanästhetika

Alle Inhalationsanästhetika dilatieren, dosisabhängig, die Hirngefäße: das intrakranielle Blutvolumen nimmt zu, der ICP steigt an. ! Cave Inhalationsanästhetika wie Isofluran, Sevofluran, Desfluran und Lachgas sollten bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck nicht eingesetzt werden.

z Intravenöse Anästhetika

5 Thiopental (Trapanal) und Propofol senken den Hirnstoffwechsel: CBF, intrakranielles Blutvolumen und ICP nehmen ab 5 Opioide: ihre Wirkung auf CBF und ICP ist eher gering

5 Ketamin steigert in hohen Dosen die Hirndurchblutung; hierdurch kann der intrakranielle Druck sehr stark zunehmen. Darum darf die Substanz bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck nicht eingesetzt werden In . Tab. 49.1 sind die Wirkungen von Anästhetika und Hilfsmedikamente auf die Hirndurchblutung und den intrakraniellen Druck zusammengefasst. z Muskelrelaxanzien

5 Succinylcholin kann den intrakraniellen Druck vorübergehend steigern 5 ND-Relaxanzien haben keinen Einfluss auf CBF und ICP 49.2  Besonderheiten der

Neuroanästhesie

49.2.1  Präoperativ z Spezielle Einschätzung

Im Mittelpunkt der präoperativen Visite steht der neurologische Status, soweit er für die Narkose von Bedeutung ist: 5 Bewusstseinslage 5 Zeichen des erhöhten Hirndrucks 5 Umschriebene neurologische Ausfälle

485

49.2 · Besonderheiten der Neuroanästhesie

Besonders beachtet werden müssen zerebral bedingte Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts, z. B. Diabetes insipidus. z Prämedikation

Bewusstseinsgetrübte oder komatöse Patienten erhalten präoperativ keine Sedativa und/oder Opioide. Patienten mit schmerzhaften Erkrankungen der Wirbelsäule oder intrakraniellen Erkrankungen, die ohne gesteigerten Hirndruck einhergehen, können in üblicher Weise prämediziert werden. 49.2.2  Intraaoperativ z Auswahl der Narkosemittel und des Narkoseverfahrens

5 Narkoseeinleitung – Geeignet sind v. a. Thiopental und Propofol 5 Narkoseverfahren – Bei Patienten mit erhöhtem ICP: bevorzugt TIVA mit Propofol und einem Opioid und ND-Relaxanz – Bei Patienten ohne Hirndruck können volatile Inhalationsanästhetika bis 1 MAC eingesetzt werden > Inhalationsanästhetika sind kontraindiziert bei: 5 Dekompensiertem Hirndruckanstieg 5 Verlust der Autoregulation der Hirndurchblutung 5 Verdacht auf Schädigung der ­Blut-Hirn-Schranke 5 Schädel-Hirn-Trauma

z Sicherung der Atemwege

5 Intubation mit einem flexiblen, nicht abknickbaren Spiraltubus 5 An den Tubus ausreichend lange Verbindungsstücke anschließen 5 Vor dem Abdecken des Patienten Tubus und Zuleitungen sicher verkleben und in ihrer Position fixieren

49

z Beatmung

5 Ist der ICP normal, sollte der Patient normoventiliert werden (paCO2 im unteren Normbereich: ca. 36 mmHg) 5 Ist der ICP erhöht, kann eine leichte bis mäßige Hyperventilation mit relativ langen Exspirationszeiten angewendet werden, Ziel-paCO2 ca. 30 mmHg 5 Cave: Eine stärkere Hyperventilation muss vermieden werden, weil hierdurch die Hirndurchblutung kritisch abnehmen kann 5 PEEP-Werte von ca. 5–8 mmHg gelten als sicher z Überwachung während der Narkose

Bei intrakraniellen Operationen ist ein invasives Monitoring erforderlich, insbesondere weil dabei typische Komplikationen auftreten können: 5 Luftembolie 5 Herzrhythmusstörungen 5 Blutdruckschwankungen 5 Exzessive Urinausscheidung 5 Starke Blutverluste Überwachungsverfahren bei Kranio­ tomien 5 EKG-Monitor 5 Intraarterielle Druckmessung 5 Zentrale Venendruckmessung 5 Intrakranielle Druckmessung bei erhöhtem Hirndruck 5 Präkordialer Ultraschalldoppler oder TEE bei sitzender Lagerung 5 Ösophagusstethoskop 5 Pulsoxymeter 5 Kapnometer 5 Inspiratorischer O2-Analysator 5 Temperatursonde 5 Urinausscheidung über Blasenkatheter 5 Labor: arterielle Blutgase, Hämatokrit, Serumelektrolyte (Kalium, Natrium), Osmolarität

486

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

z Intraoperative Körpertemperatur

5 Normothermie sollte erhalten werden. Hypothermie wirkt zwar neuroprotektiv, hat dafür aber auch unerwünschte Nebenwirkungen 5 Hyperthermie steigert den Hirnstoffwechsel und die Hirndurchblutung und muss daher vermieden werden z Lagerung des Patienten

Vier Lagerungsarten werden bei neurochirurgischen Patienten angewandt: 5 Rückenlage 5 Sitzende Position 5 Bauchlage 5 Seitenlage Bei allen intrakraniellen Eingriffen wird der Kopf immer etwas erhöht gelagert, um den venösen Abfluss zu erleichtern und die Blutung im Operationsgebiet sowie den intrakraniellen Druck zu vermindern.

Besonderheiten der sitzenden Position Bei der sitzenden Position wird der Oberkörper um 30–60° aufgerichtet; gleichzeitig werden die Hüft- und Kniegelenke gebeugt. 5 Vor Beginn der Lagerung: intravasales Volumen auffüllen 5 Vasopressor bereithalten 5 Beine von den Zehen bis zur Hüfte bandagieren 5 Unterschenkel so hoch wie möglich lagern, um den venösen Rückstrom zu fördern und den Venendruck anzuheben. Hierdurch wird die Luftemboliegefahr vermindert ! Cave Luftembolie und Blutdruckabfall sind die am meisten gefürchteten Komplikationen der sitzenden Position!

5 Nach der Narkoseeinleitung den Patienten schrittweise und langsam, unter

ständiger Kontrolle von Blutdruck und Herzfrequenz, in die sitzende Position bringen 5 Den Oberkörper um 30–60° von der Horizontalen anheben, die Knie in Herzhöhe beugen und den Kopf in einer Mayfield-Klemme fixieren 5 Eine extreme Beugung des Halses vermeiden, weil hierdurch der hirnvenöse Abstrom behindert wird und dadurch der intrakranielle Druck ansteigt 5 Der Abstand zwischen Kinn und Sternum muss daher mindestens 2–3 Querfinger betragen 5 Tubus und Verbindungsschläuche zum Respirator müssen sicher fixiert werden. Überwachungsmaßnahmen bei Ein­ griffen in sitzender Position 5 Anästhesiestandardmonitoring mit arterieller Kanüle 5 ZVK 5 TEE, präkordialer Doppler 5 Somatosensorisch evozierte Potenziale, um eine Druckschädigung oder Minderdurchblutung des Halsmarks zu erkennen

49.2.3  Anästhesiepraxis

Narkoseeinleitung Die Narkoseeinleitung ist eine besonders kritische Phase. Nicht selten treten hierbei durch fehlerhafte Technik intrakranielle Druckanstiege auf. Die wichtigsten Faktoren sind: 5 Angst des Patienten beim Aufsetzen der Gesichtsmaske 5 Zu flache Narkose für die Intubation 5 CO2-Anstieg während der Intubation durch zu lange Apnoephase 5 Hypoxie durch zu kurze O2-Voratmung 5 Falsche Lagerung des Kopfs

487

49.2 · Besonderheiten der Neuroanästhesie

Standardeinleitungssubstanzen sind Propofol und Thiopental. Sie senken den Hirndruck. Für die Intubation werden ND-Muskelrelaxanzien eingesetzt, Succinylcholin nur in Sonderfällen. > Der Patient darf erst dann intubiert werden, wenn die Narkose ausreichend tief und die Muskelrelaxierung vollständig ist.

Aufrechterhaltung der Narkose Als balancierte Anästhesie (Opioid und volatiles Inhalationsanästhetikum bis 1 MAC) oder als TIVA mit Propofol und einem Opioid, z. B. Remifentanil. 5 Bei erhöhtem Hirndruck werden keine Inhalationsanästhetika eingesetzt 5 Bewegungen, Husten und Pressen während der Operation müssen strikt vermieden werden 5 Spezifische Reize, die eine tiefere Narkose erfordern, sind: – Lagerung zur Operation – Einspannen des Kopfs in die Klemme – Inzision – Eröffnen des Periostes bzw. der Dura 5 Vor diesen Reizen sollte die Narkose durch die Bolusinjektion eines Opioids vertieft werden

49

Intraoperative Komplikationen Luftembolie und Blutdruckabfall sind die wichtigsten lagerungsbedingten Komplikationen bei neurochirurgischen Operationen.

Luftembolie Luft kann über eröffnete Venen des ­OP-Gebiets in den Kreislauf gelangen und die Lungenstrombahn verlegen („akutes Cor pulmonale“). 5 Begünstigende Faktoren sind: – Niedriger ZVD – Mangelhafte OP-Technik 5 Voraussetzung ist ein Druckgradient > 5 mmHg zwischen rechtem Herzen und oberem Wundpol 5 Größere Mengen können tödlich sein 5 Besteht ein noch offenes Foramen ovale des Herzens, kann die Luft auch direkt in die Koronararterien oder den Hirnkreislauf gelangen Wichtigste Zeichen der Luftembolie 5 Plötzlicher Abfall des etCO2 5 Blutdruckabfall 5 Tachykardie 5 Herzrhythmusstörungen 5 Gestaute Halsvenen 5 Zyanose

z Intraoperative Flüssigkeitszufuhr

5 Plasmaisotone Vollelektrolytlösungen sind Standard bei intrakraniellen Eingriffen. Eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr muss aber strikt vermieden werden 5 Reine Glukoselösung (ohne Elektrolytzusatz) sind kontraindiziert, weil sie zur Hypoosmolarität führen und dadurch eine Hirnschwellung begünstigen 5 Blutverluste zunächst mit plasmaisotonen Vollelektrolytlösungen ersetzen, starke Blutverluste mit EK und anderen Blutkomponenten. HES ist nicht indiziert

z Diagnose

5 Transösophageale Echokardiographie, wenn nicht verfügbar präkordialer Ultraschalldoppler 5 Kapnometer 5 Zentraler Venenkatheter Präkardialer Ultraschalldoppler  Der Doppler-

transducer wird auf der Brust über dem Herzen befestigt und zwar rechts vom Sternum zwischen dem 3. und 6. Interkostalraum. Für die Lagekontrolle werden einige ml NaCl-Lösung in den rechten Vorhofkatheter injiziert.

488

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

Hierbei tritt ein ähnliches röhrendes Geräusch aus wie bei der Luftembolie. > Je lauter das Geräusch, desto größer die eingedrungene Luftmenge! CO2-Analysator (Kapnometer)  Der abrupte Abfall der endexspiratorischen ­CO2-Konzentration ist ein Frühzeichen der Luftembolie, aber nur, wenn nicht gleichzeitig der Blutdruck abfällt. Andere Gründe für einen CO2-Abfall müssen ausgeschlossen werden: Herzrhythmusstörungen, Hypovolämie, Schock. Zentraler Venenkatheter  Die Spitze des Katheters sollte an der Einmündung der oberen V. cava in den rechten Vorhof liegen (TEE-Kontrolle oder EKG-Ableitung). Im günstigen Fall kann die in den Kreislauf gelangte Luft teilweise über den Katheter abgesaugt werden.

z Therapie der Luftembolie

Sobald die Dopplersignale auf eine Luftembolie hinweisen: 5 Operateur informieren. Er muss die Lufteintrittsstelle sofort verschließen 5 Lachgas, wenn eingesetzt, sofort abstellen 5 Mit 100 % Sauerstoff und PEEP beatmen, um den intrathorakalen Druck zu erhöhen 5 Kardiovaskuläre Medikamente, wenn erforderlich, verabreichen

Blutdruckabfall Der Blutdruckabfall ist eine typische und gefährliche Komplikation der sitzenden Lagerung des anästhesierten Patienten, v. a. in den ersten 30 min. Ursachen sind die durch die Narkose und die Muskelrelaxierung beeinträchtigten kardiovaskulären Reflexreaktionen und Vasomotoren.

z Behandlung

5 Volumenzufuhr 5 Vasopressoren z Prophylaxe

5 Beine wickeln 5 Blutvolumen vor der Narkoseeinleitung normalisieren 5 Sitzende Position schrittweise herstellen

Hirndrucksenkende Maßnahmen Ist der Hirndruck bereits präoperativ erhöht, müssen bei einigen Patienten bereits kurz vor der Narkoseeinleitung oder auch intraoperativ spezielle hirndrucksenkende Maßnahmen durchgeführt werden, um das operative Vorgehen zu erleichtern. Hierzu gehören v. a. 5 Osmotherapeutika, wie Mannitol 5 Diuretika, z. B. Furosemid 5 Liquordrainage aus den Seitenventrikeln

Narkoseausleitung > Der Patient darf nicht abrupt und unkontrolliert erwachen. 5 Husten, Pressen und Würgen müssen strikt vermieden werden, besonders beim Anlegen des Kopfverbands 5 Extubiert wird erst, wenn der Anästhesist freien Zugang zum Kopf des Patienten hat und die Wirkung der Relaxanzien und Anästhetika abgeklungen ist 5 Voraussetzungen für die Extubation im OP sind: – Wacher Patient – Sichere Atemwege und ausreichende Spontanatmung – Klinisch stabiler Zustand 5 Keine Extubation im OP bei:

– Schwerem Schädel-Hirn-Traum – Patienten mit Bewusstseinsstörungen

49.4 · Intrakranielle Aneurysmen und arteriovenöse Malformationen

– Schädigungen von Hirnnerven mit Gefährdung der Atemwege – Störungen der Autoregulation der Hirndurchblutung – Gefahr der postoperativen Hirnschwellung

Transport auf die Intensivstation erfolgt unter kontinuierlicher EKG-Kontrolle und intraarterieller Druckmessung. 49.3  Eingriffe in der hinteren

Schädelgrube

Typische Operationen sind: 5 Hirntumor-Exstirpation 5 Aneurysm-Ausschaltung 5 Mikrochirurgie von Hirnnerven 5 Implantation von Elektroden für die Stimulation des Kleinhirns Die Lagerung erfolgt in: 5 Sitzender Position 5 Seitenlage oder Bauchlage sind ebenfalls möglich 49.3.1  Anästhesiebesonderheiten

5 Auswirkungen der OP-Lagerung 5 Operative Manipulationen in Nähe der Herz-Kreislauf-Zentren des Gehirns z Sitzende Position

Luftembolie und Blutdruckabfall sind die Hauptkomplikationen der sitzenden Position (7 Abschn. 49.2.3.3). z Stimulation des Hirnstamms und der Hirnnerven

5 Herzrhythmusstörungen und Blutdruckschwankungen. Sie müssen sofort dem Operateur mittgeteilt werden

489

49

5 Störungen der Atmung sind möglich, beim beatmeten Patienten jedoch nicht erkennbar und ohne Bedeutung 5 Schädigung des Hirnstamms 5 Kompressionsischämie des Hirnstamms: kein Erwachen nach der Ausleitung 5 Schädigung der Hirnnerven oder ihrer Kerne: Störungen des Schluckreflexes mit Extubationsschwierigkeiten und Aspirationsgefahr z Postoperative Frühkomplikationen

5 Hirnödem 5 Hämatom 5 Infarkt von Hirnstamm und Kleinhirn Zeichen sind: 5 Vorher ansprechbare Patienten werden plötzlich bewusstlos 5 Arterielle Hypertonie 5 Bradykardie 5 Unregelmäßige oder fehlende Atmung Notwendige Behandlung: 5 Sofortige Reintubation, Beatmung und operative Reexploration 49.4  Intrakranielle Aneurysmen

und arteriovenöse Malformationen

Aneurysmen Umschriebene Erweiterungen der Hirnarterien, in der Regel an Gefäßabzweigungen. Aneurysmen mit einem Durchmesser  >  2,5  cm werden als Riesenaneurysmen bezeichnet, ihre Häufigkeit beträgt ca. 5 %.

490

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

Arteriovenöse Malformationen Angeborene oder erworbene zerebrale Gefäßmissbildungen mit einer Kurzschlussverbindung zwischen einer Arterie und ihrer Begleitvene, z. B. arteriovenöse Fisteln nach Trauma, Kraniotomie oder Sinusvenenthrombose. Der arterielle Druck wird direkt auf den venösen Anteil übertragen und entsprechend hoch kann das kurzgeschlossene (funktionell unwirksame) Blutvolumen sein.

49.4.1  Klinisches Bild und

Diagnostik

Aneurysmaruptur Häufigste Manifestation eines zerebralen Aneurysmas ist die spontane (d. h. nichttraumatisch bedingte) Subarachnoidalblutung, ausgelöst durch eine Ruptur. Intrazerebrale und intraventrikulären Blutungen sind ebenfalls möglich. > Typisch für eine Subarachnoidalblutung ist der plötzlich einsetzende, meist heftige („vernichtende“) Kopfschmerz, wie er bislang vom Patienten noch nicht erlebt worden ist.

Weitere Symptome sind: 5 Schwindel 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Nackensteifigkeit 5 Evtl. Bewusstseinsverlust 5 Fokale neurologische Ausfälle

Stadieneinteilung der Subarachnoidalblutung z Stadieneinteilung nach Hunt 1 – = asymptomatisch oder leichter Kopf-

schmerz und/oder leichter Meningismus 2 – = mäßige bis starke Kopfschmerzen, Meningismus, Hirnnervenausfälle sind möglich 3 – =  Somnolenz und/oder Verwirrtheit und/oder leichte fokale neurologische Ausfälle 4 – = Sopor, mäßige bis starke fokale neurologische Ausfälle, vegetative Störungen 5 – = Koma, Zeichen der Einklemmung des Gehirns z Neurologische Fachgesellschaften

Klinische Bewertungsskala der World Federation of Neurosurgical Societies unter Berücksichtigung der ­Glasgow-Koma-Skala (. Tab. 49.2). Der klinische Schweregrad der Blutung wird vom Ausmaß und der Dauer des ICP-Anstiegs durch die Blutung bestimmt. Ein subarachnoidales Blutvolumen von mehr als 150 ml wird nicht überlebt.

. Tab. 49.2  Stadieneinteilung der Subarachnoidalblutung. (Nach: World Federation of Neurological Surgeons) Stadium

Glasgow-KomaSkala

Motorisches Defizit

1

15

Keines

Arteriovenöse Malformation

2

14–13

Keines

Klinisch manifestiert sich die arteriovenöse Malformation am häufigsten als intrakranielle Blutung, bei 95 % der Patienten kombiniert mit einer Subarachnoidalblutung. Ursache der Blutungen ist die Ruptur der Malformation. Weitere mögliche Symptome sind: 5 Krampfanfälle 5 Halbseitige Kopfschmerzen 5 Neurologische Ausfälle

3

14–13

Vorhanden

4

12–7

Vorhanden oder nicht vorhanden

5

6–3

Vorhanden oder nicht vorhanden

49.4 · Intrakranielle Aneurysmen und arteriovenöse Malformationen

Zerebraler Vasospasmus Die aneurysmatische Subarachnoidalblutung bewirkt eine Kontraktion der Hirnarterien. Der Vasospasmus ist zwischen dem 6. und 10. Tag nach dem Blutungsereignis maximal ausgeprägt und kann zu einer sekundären Mangeldurchblutung des Gehirns führen.

Diagnostik der SAB 5 Bei Verdacht: Notfall-CCT ohne Kontrastmittel oder cMRT 5 Eine diagnostische Lumbalpunktion erfolgt nur bei negativem CT/MRT und hinreichendem klinischen Verdacht 5 Ist eine SAB im CT nachgewiesen worden: umgehend selektive 4-Gefäß-Angiographie (Aa. carotis in­ ternae und Aa. vertebrales), um die Blutungsquelle zu lokalisieren, eine Malformation auszuschließen und das operative Vorgehen zu planen 49.4.2  Behandlung der SAB

Das Aneurysma kann mikrochirurgisch oder interventionell neuroradiologisch durch Coiling ausgeschaltet werden. Aneurysmen nach SAB sollten bevorzugt endovaskulär, also durch Coiling, behandelt werden, wenn hierfür die technischen Kriterien erfüllt sind (Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie). z Erstversorgung

Zu den wichtigsten Erstmaßnahmen nach der Aufnahme in die Klinik gehören: 5 Vitalfunktionen stabilisieren, wenn erforderlich endotracheal intubieren 5 Bei systolischen Blutdruckwerten > 150  mmHg: antihypertensive Therapie, angestrebte systolische Blutdruckwerte 120–140 mmHg 5 Angestrebter CPP 60–90  mmHg, bei durchblutungsminderndem Vasospasmus 80–120 mmHg (DGNN-Leitlinie)

491

49

5 Bei starker Bewusstseinstrübung oder Koma: endotracheale Intubation und mäßige kontrollierte Hyperventilation 5 Bei Anisokorie: sofort antiödematöse Therapie mit Mannitol z Prophylaxe des zerebralen Vasospasmus

5 Meist wird der Kalziumantagonist Nimodipin eingesetzt. Die Zufuhr muss wegen der blutdrucksenkenden Wirkung lückenlos überwacht und die Dosis den Blutdruckwerten angepasst werden 5 Eine prophylaktische Triple-H-Therapie ist nicht indiziert

Aneurysma-Coiling Beim Coiling (von engl. coil = Spirale, Wicklung) wird der Aneurysmasack über ein Mikrokathetersystem mit spezialbeschichteten Platinmikrospiralen ausgefüllt und so vom Blutfluss ausgeschlossen. 5 Das Kathetersystem wird über die A. femoralis mit Roadmap-Technik und gleichzeitigem nativem Durchleuchtungsbild zum Aneurysma vorgeschoben 5 Der Eingriff erfolgt in der Regel in Allgemeinanästhesie, um den Patienten vollständig ruhigzustellen. Durchschnittliche Dauer: 1–2 h 5 Risiken des Coiling: – Aneurysmaperforation mit massiver intrakranieller Blutung – Thromboembolien – Verschluss des Aneurysmagefäßes – Ruptur und Dislokation von Spiralen mit Gefäßverschluss – Rezidivblutung unvollständig verschlossener Aneurysmen Insgesamt ist die 30-Tage-Sterblichkeit beim Coiling etwa um die Hälfte niedriger als bei der Operation mit Clip.

Aneurysma-Clipping Standardoperation von Hirnaneurysmen ist die Kraniotomie mit mikrochirurgischem

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49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

Clipping, d. h. das Abklemmen des Aneurysmahalses mit einem Clip. Hierdurch wird das Aneurysma von der weiteren Blutzufuhr abgeschnitten. Spezifische Gefahren sind: 5 Blutdruckabfall und ICP-Abfall nach Eröffnung des Schädels 5 Ruptur des Aneurysmas im Verlauf der Gefäßpräparation mit Blutung 49.4.3  Anästhesiepraxis

Aneurysma 5 Narkose: TIVA oder balancierte Anästhesie 5 Nach Eröffnung des Schädels müssen stärkere Blutdruckanstiege, Blutdruckabfälle sowie ein Abfall des ICP vermieden werden 5 Vor Eröffnung der Dura mater: keine lumbale Drainage von Liquor, keine stärkere Hyperventilation und keine Zufuhr von Osmotherapeutika 5 Nach Eröffnung der Dura mater kann über einen lumbalen Katheter Liquor abgelassen werden, um das operative Vorgehen zu erleichtern. Bei Bedarf kann außerdem Mannitol zugeführt werden 5 Hyperventilation kann einen bestehenden Vasospasmus verstärken und sollte vermieden werden 5 In der Phase der Gefäßpräparation ist die Gefahr der Aneurysmaruptur besonders groß. Einige Anästhesisten wenden hierbei eine kontrollierte Hypotension an 5 Bei Aneurysmaruptur sollte der arterielle Mitteldruck auf ca. 50 mmHg gesenkt werden, bei Ruptur supratentorieller Aneurysmen außerdem die A. carotis communis am Hals komprimiert werden 5 Bei Riesenaneurysmen kann eine mäßige kontrollierte Hypothermie angewandt werden, um die für die Präparation der Gefäße zur Verfügung stehende Zeit zu verlängern

Arteriovenöse Malformation Hauptgefahren der Operation   arteriovenöser Malformationen arteriovenösen Malformationen sind massive Blutungen und maligne Hirnschwellung. 5 Wegen der Blutungsgefahr wird häufig eine kontrollierte Hyperventilation empfohlen 5 Nach der operativen Entfernung der arteriovenösen Missbildung sollte der arterielle Mitteldruck für ca. 20–30 min in den Bereich des oberen Normwerts des Patienten angehoben werden 5 Hypertone Blutdruckwerte müssen wegen der Gefahr des Hyperperfusionssyndroms strikt vermieden werden 49.5  Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Schädel-Hirn-Trauma Traumatische Schädigung des Gehirns und des Schädels, geschlossen oder offen.

z Einteilung des SHT nach der Glasgow-Koma-Skala1 (GCS)

5 GCS 13–15: leichtes SHT 5 GCS 9–12: mittelschweres SHT 5 GCS ≤ 8: schweres SHT z Sekundäre Komplikationen des SHT

5 Subdurales Hämatom: Zerreißung von Brückenvenen oder kortikalen Venen mit Verletzungen und Schwellungen des Hirngewebes 5 Epidurales Hämatom: arterielle Blutung, meist durch Zerreißung der A. menigea media

1 ­Glasgow-Koma-Skala: Für „Öffnen der Augen“, „Verbale Antwort“, „Motorische Antwort“ werden zwischen 1 und 4 bzw. 5 bzw. 6 Punkte vergeben, sodass zwischen 3 und 15 Punkten erreicht werden können.

49.6 · Hypophysen-OP

5 Intrazerebrales Hämatom: meist nur in Verbindung mit schweren Verletzungen z Diagnostik

Sie erfolgt mit zerebraler Computertomographie (cCT) oder zerebraler Magnetresonanztomographie (cMRT). 49.5.1  Anästhesiepraxis

Intrakranielle Blutungen werden in der Regel notfallmäßig durch Kraniotomie entlastet. z Vorgehen beim SHT

5 Atemwege und Atmung sichern 5 Bewusstlose Patienten ­(Glasgow-KomaSkala ≤ 8) frühzeitig intubieren 5 Bei bereits vom Notarzt intubierten Patienten immer die Tubuslage kontrollieren 5 Keine Inhalationsanästhetika einsetzen 5 Herz-Kreislauf-Funktion stabilisieren. Blutdruckabfall verhindern – Zerebraler Perfusionsdruck 50– 70 mmHg – Systolischer Blutdruck > 90  mmHg, Normovolämie 5 Beatmung: anfänglich Normoventilation (pCO2 35–38 mmHg), paO2 > 60  mmHg, saO2 > 90  %; druckkontrollierte Beatmung möglich, jedoch Atemzugvolumen kontrollieren 5 Blutzucker nicht höher als 100–150 mg/dl 5 Frühzeitig cCT oder cMRT durchführen und dann das weitere Vorgehen festlegen Bei intrakraniellen Blutungen ist die Operation meist dringend, darum darf nicht unnötig Zeit vertan werden 5 Liegen allerdings mehrere lebensbedrohliche Verletzungen vor, die operativ versorgt werden müssen, haben kreislaufstabilisierende Eingriffe Vorrang. Bei Kombinationsverletzungen wie Leberruptur und epidurales Hämatom ist

493

49

gleichzeitiges Operieren zweier Teams zweckmäßig 5 Schädel-Hirn-Traumen sind häufig mit Begleitverletzungen verbunden, die akut lebensbedrohlich sein können. Sie müssen möglichst vor dem intrakraniellen Eingriff festgestellt und, wenn nötig, zuerst behandelt werden 5 Blutdruckabfall, Tachykardie und Blässe sind Hinweise auf eine Blutung in den Thorax oder das Abdomen, wenn keine äußeren Verletzungen erkennbar sind Blutverluste bei isoliertem 5 ­Schädel-Hirn-Trauma sind meist unbedeutend. Bei der Kraniotomie können dagegen erhebliche Blutverluste auftreten. Darum immer ausreichend Blutkonserven bereitstellen 49.6  Hypophysen-OP

Operative Entfernung von Tumoren in der Sella turcica der Hypophyse wie Hypophysenadenome, Kraniopharanygeome, supraund paraselläre Meningeome. Operative Zugänge sind: 5 Frontaler Zugang: der Schädel wird rechts frontal osteoplastisch eröffnet 5 Transsphenoidal: der Zugang erfolgt über die Nase durch ethmoidale und sphenoidale Sinus 5     Vorteile: minimales Hirntrauma, geringer Blutverlust, weniger Komplikationen 49.6.1  Anästhesiebesonderheiten

5 Mögliche vorbestehende Erkrankungen durch den Tumor sind: – Diabetes mellitus – Diabetes insipidus – Hypertonus – Hypophysenunter- oder ­-überfunktion – Nebenniereninsuffizienz – Cushing-Syndrom

494

49

Kapitel 49 · Neurochirurgie

5 Prämedikation: Standard, bei Hypophysenunterfunktion: 50–100  mg Hydrokortison i.m am Vorabend und 100 mg als Bolus kurz vor der Narkoseeinleitung 5 Anästhesie: TIVA oder balancierte Anästhesie, kontrollierte Beatmung 5 Nach Narkoseeinleitung: Rachentamponade bei transnasalem Zugang 5 Lagerung: Rücken, Oberkörper 10–15° erhöht 5 Postoperative Behandlung: ausreichende Substitutionstherapie mit Kortikosteroiden 5 Komplikationen: PONV durch herablaufendes Blut und Sekrete, Hypertonie, Diabetes insipidus, Nachblutung 49.7  Stereotaxie

Stereotaktische Operationen werden v. a. bei Bewegungsstörungen wie ­ ParkinsonSyndrom, Tumorerkrankungen (Probenentnahme) und chronischen Schmerzen angewandt. Hierfür wird der Kopf in einen Stereotaxierahmen eingespannt; der Zugang zum Gehirn erfolgt über Bohrlöcher 5 Anästhesie: Die Bohrlöcher und die Befestigung des Stereotaxierahmens können in TIVA erfolgen 5 Intraoperativ: Für die Stimulation und Zerstörung des Hirnareals wird der Patient anschließend erweckt 49.8  Neuroradiologische

Untersuchungen

Die für den Anästhesisten wichtigsten Untersuchungsverfahren sind: 5 CT, MRT 5 Zerebrale Angiographie 5 Ventrikulographie

49.8.1  Anästhesiebesonderheiten

5 Oft reichen Lokalanästhesie und Sedierung aus 5 Bei Kindern und unkooperativen Patienten ist in der Regel eine Allgemeinnarkose (TIVA oder balancierte Anästhesie) erforderlich 49.9  Operationen an der

Wirbelsäule

Eingriffe erfolgen v. a. bei degenerativen Erkrankungen der Bandscheiben und bei Tumoren, selten bei akuten Traumen. Die Operationen werden in Bauch- oder Seitenlage oder aber in sitzender Position des Patienten vorgenommen (7 Abschn. 49.2.2). 49.9.1  Bandscheibenvorfall

Beim Bandscheibenvorfall „fällt“ eine Bandscheibe in den seitlichen Anteil des Spinalkanals vor und komprimiert die Nervenwurzel. 5 Folgen: Schmerzen und neurologische Funktionsstörungen in dem von der betroffenen Nervenwurzel versorgten Gebiet 5 Operation: Laminektomie, um die Kompression der Nervenwurzel zu beseitigen

Anästhesiebesonderheiten 5 Lumbale Bandscheibenoperationen erfolgen in modifizierter Bauchlage oder in Seitenlage 5 Operationen im Bereich der Halswirbelsäule werden oft in sitzender Position oder in Rückenlagerung vorgenommen, z. B. die Cloward-Operation 5 Anästhesie: Standardverfahren, kontrollierte Beatmung, ausreichende Relaxierung mit ND-Relaxanzien

49.9 · Operationen an der Wirbelsäule

49.9.2  Verletzungen der

Wirbelsäule

Verletzungen der Wirbelsäule können zu neurologischen Funktionsstörungen bis hin zum Querschnittsyndrom führen. Häufig werden die Verletzungen konservativ behandelt, jedoch ist bei einigen dislozierten Frakturen eine Fixierung durch Verdrahtung und evtl. Spongiosa- bzw. Palacosplastik erforderlich.

Anästhesiebesonderheiten Bei allen instabilen Frakturen mit geringen oder fehlenden neurologischen Ausfällen besteht die Gefahr einer irreversiblen Rückenmarkschädigung, darum gilt: ! Cave Bei allen instabilen Frakturen der Wirbelsäule ohne oder mit nur geringen neurologischen Funktionsstörungen müssen alle unsachgemäßen Bewegungen des Kopfes und des Halses strikt vermieden werden. 5 Bei der endotrachealen Intubation von Patienten mit instabilen Frakturen im Bereich der Halswirbelsäule darf der Kopf nur wenig gebeugt oder gestreckt werden 5 Intubiert wird in Mittelposition des Kopfs, meist ohne Intubationskissen, wenn erforderlich im Wachzustand des Patienten unter Sedierung, am besten fiberoptisch (oral oder nasal) – in jedem Fall eine Aufgabe für das erfahrene  Anästhesieteam. Bewusstlose oder unkooperative Patienten sollten in Allgemeinnarkose intubiert werden 5 In Absprache mit dem Chirurgen muss geklärt werden, ob für die Narkoseeinleitung eine evtl. vorhandene Extension entfernt werden darf oder Zug durch eine Hilfsperson per Hand ausgeübt werden soll. Hilfreich ist bei vielen Patienten auch die Lagerung auf einer Vakuummatratze

495

49

5 Die Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch ist ebenfalls eine besonders kritische Phase, bei der mit großer Umsicht, unter minimaler Bewegung von Kopf, Wirbelsäule und Extremitäten, vorgegangen werden muss. Für das Umlagern sind immer mehrere Helfer erforderlich

49.9.3  Querschnittlähmung

Bei akuter traumatischer Querschnittlähmung muss, abhängig von der Höhe der Verletzung, mit Störungen der Atem- und Herz-Kreislauf-Funktion gerechnet werden. 5 Eine akute Querschnittlähmung geht mit motorischer Lähmung, Reflexlosigkeit, Empfindungslosigkeit sowie Urinund Stuhlretention einher 5 Die hohe Querschnittlähmung führt zu respiratorischen Störungen, und, wenn der Bereich des thorakalen Sympathikus betroffen ist, zu Blutdruckabfall und Bradykardie > Die Minderfunktion des sympathischen Nervensystems bei akuter hoher Querschnittlähmung prädisponiert zu schwerem Blutdruckabfall und Bradykardie während der Narkoseeinleitung. Außerdem besteht eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber akuten Blutverlusten.

5 In späteren Stadien ist die Funktion des autonomen Nervensystems bei hoher Querschnittlähmung (ab Th6) meist gesteigert (vegetative Dysregulation) 5 Dann ist nach der Narkoseeinleitung eher mit erheblichen Blutdruckanstiegen und Bradykardie zu rechnen, gelegentlich auch mit ventrikulären Herzrhythmusstörungen 5 Diese Reaktionen können auch durch eine starke Dehnung von Hohlorganen (z. B. eine volle Harnblase) ausgelöst werden

497

Ambulante Anästhesie Inhaltsverzeichnis 50.1 In Kürze – Vorbemerkungen – 498 50.2 Auswahl der Patienten – 498 50.2.1 Instruktionen – 498 50.2.2 Ausschlusskriterien – 498

50.3 Voruntersuchungen – 499 50.4 Anästhesiepraxis – 499 50.4.1 Allgemeinanästhesie – 499 50.4.2 Regionalanästhesie – 500 50.4.3 Postoperative Überwachung und Schmerztherapie – 500 50.4.4 Entlassung des Patienten nach Hause – 501 50.4.5 Komplikationen – 501

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50

498

Kapitel 50 · Ambulante Anästhesie

50.1  In Kürze – Vorbemerkungen

50

z Voraussetzungen

5 Allgemeinanästhesien und Spinalanästhesien werden von einem Anästhesisten durchgeführt, nicht vom Operateur (DGAI) 5 Dem Anästhesisten sollte hierfür eine speziell unterwiesene Hilfskraft zur Verfügung stehen, deren Tätigkeiten denen einer Fachkraft für Anästhesiepflege entspricht 5 Erforderlich sind weiterhin Narkosegeräte und ein entsprechendes Anästhesiezubehör, außerdem ein Aufwachraum, in dem der Patient durch eine speziell unterwiesene Pflegekraft überwacht wird z Vorteile

5 Kostengünstiger als stationäres Operieren 5 Keine unnötige Trennung des Patienten von der Familie (v. a. Kinder) 5 Keine Infektion mit Krankenhauskeimen z Art der Operation

Viele diagnostische und chirurgische Eingriffe können ambulant durchgeführt werden. Hierzu wurde von den Krankenkassen ein entsprechender Operationskatalog aufgestellt. 5 Intraabdominelle und intrathorakale Eingriffe sollten, mit Ausnahme von Laparoskopien und Bronchoskopien, nicht ambulant erfolgen 5 Eingriffe, die mit größeren Blutverlusten einhergehen und Notfalleingriffe sollten ebenfalls nicht in der Praxis vorgenommen werden

Voraussetzung ist ein verständiger Patient, von dem erwartet werden kann, dass er die Anweisungen für das prä- und postoperative Verhalten beachtet oder von zuständigen Personen ausreichend lange betreut werden kann. 50.2.1  Instruktionen

Bei der Vereinbarung des ambulanten Operationstermins wird der Patient über das Anästhesieverfahren aufgeklärt und erhält schriftliche Instruktionen für das prä- und postoperative Verhalten. Wichtige Instruktionen für den Patienten sind: 5 Keine Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und kein Nikotin nach Mitternacht, wenn OP am Vormittag; nicht nach 6.30 Uhr, wenn OP am Nachmittag. Klare Flüssigkeit bis zu 2 h vor OP. Dem Patienten den Grund für diese Anweisung erklären: er wird sich dann eher danach richten 5 Bei Kleinkindern letzte Milch- oder Flaschennahrung 6 h vor der Operation, klare Flüssigkeit bis zu 2 h vor der Operation 5 Kein Make-up, Augenschminke oder Nagellack am Operationstag auftragen. Schmuck zuhause lassen 5 Kinder durch Eltern oder eine andere erwachsene Person begleiten lassen 5 Erwachsene sollten ebenfalls in Begleitung kommen 5 Kein Fahrzeug innerhalb von 24 h nach der Narkose führen 5 Alle zwischenzeitlichen Veränderungen des Gesundheitszustands rechtzeitig vor der geplanten Operation den behandelnden Ärzten mitteilen

50.2  Auswahl der Patienten

Patienten der  ASA-Risikogruppe  I und II können am OP-Tag aufgeklärt werden; bei chronischer Erkrankung  und bei ­ ASA-Gruppe III muss spätestens am Vortag der OP aufgeklärt werden.

50.2.2  Ausschlusskriterien

Bei folgenden Patienten bzw. Besonderheiten sollte auf eine ambulante Narkose ­verzichtet werden:

499

50.4 · Anästhesiepraxis

5 Operationen mit erheblichen Risiken 5 Keine Betreuungsperson zuhause vorhanden 5 Unkooperativer oder unzuverlässiger Patient 5 Erhebliches Übergewicht, z. B. BMI ≥  40 kg/m2 5 Akute Infektionskrankheit 5 Medikamentös nicht ausreichend eingestellte Erkrankung 5 Akuter Drogen-, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch 5 Nicht ausreichend eingestellte Epilepsie 5 Maligne Hyperthermie in der Vorgeschichte oder entsprechende Risikofaktoren 5 Risikokinder, z. B. Frühgeborene, bronchopulmonale Dysplasie 50.3  Voruntersuchungen

Sie sollten möglichst durch den Anästhesisten, alternativ durch den Hausarzt oder den Operateur, erfolgen. z Befragung und körperliche Untersuchung

Die gezielte Befragung und körperliche Untersuchung des Patienten kann in der Anästhesieambulanz erfolgen, alternativ auch durch den Hausarzt oder Operateur. Die Ergebnisse müssen schriftlich niedergelegt und dem Anästhesisten rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. Im Zweifelsfall: Kurzuntersuchung durch den Anästhesisten vor der Narkose. z Präoperative Laborwerte

Art und Umfang der präoperativen Laborwerte hängen im Wesentlichen von Alter, Gesundheitszustand und Medikamentenanamnese des Patienten ab. Die Laborwerte werden ca. 1–10  Tage vor der Operation bestimmt (Einzelheiten: 7 Kap. 13).

50

50.4  Anästhesiepraxis z Prämedikation

Auf eine Prämedikation wird meist verzichtet, um eine unnötig lange postoperative Sedierung zu vermeiden. Wenn nötig kann Midazolam eingesetzt werden, z. B. bei sehr unkooperativen Kindern. Antazida und Antiemetika sollten nicht routinemäßig zugeführt werden. z Wahl des Anästhesieverfahrens

5 Allgemeinanästhesie: bevorzugt volatile Anästhetika, da gut steuerbar und kurze Wirkdauer. Larynxmaske ist günstiger als die endotracheale Intubation 5 Regionalanästhesie: Nervenblockaden, Spinalanästhesie mit kurz wirkenden Lokalanästhetika. Keine Periduralanästhesie, keine supraklavikulären Plexusblockaden (Pneumothoraxgefahr) 50.4.1  Allgemeinanästhesie z Narkoseeinleitung

5 In der Regel i. v. mit Propofol, bei Kindern auch per Inhalation 5 Ketamin sollte nicht eingesetzt werden z Endotracheale Intubation

> Ambulante Narkosen sind keine Kontraindikation für die endotracheale Intubation.

5 Auch bei ambulanten Anästhesien müssen Anästhesist und Pflegepersonal auf (unerwartete) Intubationsschwierigkeiten vorbereitet sein und das hierfür erforderliche Instrumentarium einsatzbereit halten 5 Nach der Extubation sollte der Patient etwa 2–3 h im Aufwachraum auf Schwellungen in den oberen Atemwegen überwacht werden

500

Kapitel 50 · Ambulante Anästhesie

z Aufrechterhaltung der Narkose

50

5 Bevorzugt balancierte Anästhesie mit volatilen Anästhetika, bei Kindern mit Sevofluran 5 Alternative: TIVA mit Remifentanil und Propofol 5 Allerdings tritt bei Verwendung von Opioiden und von Inhalationsanästhetika häufiger PONV auf z Intraoperativer Flüssigkeitsersatz

Mit isotoner Vollelektrolytlösung nach Bedarf z Muskelrelaxierung

Wenn erforderlich: kurz oder mittellang wirkende NR-Relaxanzien wie Mivacurium, Atracurium, Cisatracurium oder Rocuronium 50.4.2  Regionalanästhesie

Regionale Anästhesien sind bei ambulanten Patienten von großem Vorteil 5 PONV ist seltener als bei Allgemeinanästhesien 5 Sensibilität und Motorik sollten aber vor der Entlassung des Patienten zurückgekehrt sein, um sicherzustellen, dass er sich nicht verletzen kann z Spinalanästhesie

Sie eignet sich für ambulante Eingriffe an den unteren Extremitäten, für urologische und perineale Operationen (z. B. Hämorrhoiden), aber auch für Herniotomien. Wegen des möglichen Harnverhalts durch die Spinalanästhesie sollten kurz wirkende Lokalanästhetika wie Prilocain oder Chlorprocain bevorzugt werden. Der Patient sollte erst entlassen werden, wenn die sensible und die motorische Funktion vollständig zurückgekehrt, zumindest aber rückläufig sind, der Patient in Gegenwart

einer geeigneten Assistenzperson selbst gehen und außerdem spontan Urin entleeren kann. z Periduralanästhesie

Ist auch ambulant möglich, in der Regel aber zu aufwendig. z Intravenöse Regionalanästhesie

Kann bevorzugt bei kurzen Eingriffen an der oberen Extremität eingesetzt werden. Bei länger dauernden Eingriffen sollte die axilläre Plexusblockade der ­i.v.-Regionalanästhesie vorgezogen werden. 50.4.3  Postoperative

Überwachung und Schmerztherapie

Die Überwachung erfolgt im Aufwachraum, und zwar nach den in 7 Kap. 54 aufgestellten Kriterien, in ambulanten Praxen in dafür geeigneten Räumen, immer unter der Aufsicht von speziell geschultem Assistenzpersonal und unmittelbarer Verfügbarkeit eines Arztes. Die Dauer der Überwachung richtet sich v. a. nach der Narkosedauer und dem gewählten Anästhesieverfahren. z Postoperative Schmerztherapie

Durch die intraoperative Gabe von Alfentanil oder Fentanyl wird der postoperative Analgetikabedarf hinausgezögert, ebenso durch regionale Anästhesieverfahren und die Infiltrationsanästhesie des Wundgebietes. 5 Postoperative Schmerzen müssen umgehend behandelt werden, weil sonst die Entlassung des Patienten verzögert wird 5 Sehr starke Schmerzen im Aufwachraum lassen sich am besten mit rasch wirkenden Opioiden i. v. beseitigen 5 Einsatz von NOPA: 7 Kap. 55

50.4 · Anästhesiepraxis

50.4.4  Entlassung des Patienten

nach Hause

z Voraussetzungen

5 Stabile Vitalfunktionen für mindestens 30 min 5 Keine neuen Zeichen oder Symptome nach der Operation 5 Keine Blutungen 5 Nur geringe Übelkeit bzw. Erbrechen in den letzten 30 min 5 Keine Schwellung oder Beeinträchtigung der Durchblutung einer operierten Extremität 5 Venenkanüle entfernt 5 Klarer Urin nach Zystoskopie 5 orientiert zu Zeit, Ort und Person 5 Nur geringe Benommenheit beim Anziehen der Kleidung und Sitzen für mindestens 10 min 5 Rückläufige motorische Blockade 5 Postoperative Schmerzen durch Analgetika beherrschbar 5 Verantwortliche Begleitperson vorhanden z Hinweise an den Patienten

Feinmotorik, Urteilsvermögen und die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen, sind für mindestens 24 h nach der Narkose beeinträchtigt. In dieser Zeit darf der Patient kein Auto lenken, keinen Alkohol trinken und keine wichtigen Entscheidungen treffen. z Schmerzen zu Hause

Schmerzen sind der häufigste Grund, aus dem der Patient erneut den Arzt aufsucht.

501

50

Daher muss postoperativ eine ausreichende Schmerztherapie gewährleistet sein: 5 Geeignete Schmerzmittel für zu Hause sind Analgetika mit ­ antiphlogistischantipyretischer Wirkung (7 Kap. 55) 5 Diese Substanzen wirken besonders gut bei Gewebeödem und Entzündungen, die meist 24–48 h nach der Operation auftreten 50.4.5  Komplikationen

5 Vor der Entlassung muss der Patient über mögliche Komplikationen aufgeklärt werden, z. B. Sodbrennen, Muskelkater, Schmerzen 5 Außerdem erhält er eine Telefonnummer, über die er notfalls und jederzeit einen Arzt erreichen kann 5 In seltenen Fällen ist eine stationäre Einweisung des Patienten erforderlich Wichtige Anästhesie bezogene Komplikationen sind: 5 Patient nicht ausreichend wach 5 Regionale Blockaden nicht ausreichend zurückgebildet 5 Postoperative Schmerzen 5 Übelkeit und Erbrechen: bis zu 25 %, Kinder sind häufiger betroffen als Erwachsene 5 Kopfschmerzen: 10–20 % 5 Muskelschmerzen: bis zu 46 % nach Succinylcholin 5 Verhaltensstörungen oder Alpträume, bei Kindern 15–20 %.

503

Notfälle und Zwischenfälle Inhaltsverzeichnis Kapitel 51 Narkosezwischenfälle und Komplikationen – 505 Kapitel 52 Schock – 515 Kapitel 53 Reanimation im OP – 519

VIII

505

Narkosezwischenfälle und Komplikationen Inhaltsverzeichnis 51.1 In Kürze – Begriffe – 506 51.2 Narkosezwischenfälle – 506 51.3 Komplikationen – 507 51.3.1 Intraoperative Wachheit (awareness) – 507 51.3.2 Pulmonale Aspiration – 507 51.3.3 Laryngospasmus – 508 51.3.4 Anaphylaxie und perioperative Histaminfreisetzung – 509 51.3.5 Maligne Hyperthermie (MH) – 511

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51

506

Kapitel 51 · Narkosezwischenfälle und Komplikationen

51.1  In Kürze – Begriffe

Narkosen sind nicht ungefährlich, in den Händen des Erfahrenen aber sehr sicher.

51

Anästhesieletalität  Tod unter Einwirkung

von Anästhesiesubstanzen oder durch ein Ereignis, das während der Anästhesie aufgetreten ist. Anästhesiemorbidität  Nicht geplante oder

unerwünschte Wirkungen einer Narkose: 5 Hochgradige Schädigung: bleibende Behinderung 5 Mittelgradige Schädigung: schwerwiegend, jedoch ohne bleibende Folgen 5 Geringfügige Schädigung: ohne Verlängerung des Krankenhausaufenthalts oder bleibende Folgen Anästhesiezwischenfall  Komplikation,

die während oder im Anschluss an eine Narkose auftritt, in direktem Zusammenhang mit der Narkose oder den Anästhesiemaßnahmen steht und zum Tod oder zu bleibenden zerebralen Schäden geführt hat.

Ereignisse Menschliche Fehler oder Versagen der Anästhesieausrüstung, die – wenn nicht rechtzeitig erkannt – zu verlängertem Krankenhausaufenthalt, schwerer Behinderung oder zum Tod geführt hätten.

Kritische

51.2  Narkosezwischenfälle

Narkosezwischenfälle beruhen auf einem Irrtum/Fehler des Anästhesisten oder des Fachpflegepersonals oder auf Funktionsstörungen des Narkosegeräts/-zubehörs, die nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wurden.

Die häufigsten Ursachen tödlicher Narkosezwischenfälle 5 Misslingen der endotrachealen Intubation 5 Unbemerkte Fehlintubation des Ösophagus 5 Dosierungsfehler, Verwechslungen bei Medikamenten 5 Ungenügende präoperative Vorbereitung 5 Ungenügende postoperative Überwachung 5 Falsche oder fehlerhafte Anästhesietechnik 5 Überhang von Opioiden oder Muskelrelaxanzien

z Begünstigende Faktoren

5 Keine Überprüfung der Geräte und des Zubehörs vor der Narkose 5 Keine Erfahrung mit der kritischen Situation, ungenügende Gesamterfahrung 5 Nachlässigkeit und Unaufmerksamkeit 5 Kopflosigkeit und Hektik 5 Mangelnde Vertrautheit mit der Umgebung oder dem Arbeitsplatz 5 Eingeschränkter Sehbereich 5 Übermüdung z Narkosezwischenfälle verhindern

Die Schlüsselmaßnahmen hierfür sind: 5 Sicherheitstraining von Ärzten und Fachpflegekräften 5 Ausreichende präoperative Vorbereitung des Patienten 5 Vorbereitung und Überprüfung von Anästhesiegeräten und -zubehör 5 Narkoseeinleitung durch Arzt und Fachpflegekraft, nicht durch Arzt allein 5 Möglichst kein Personalwechsel während der laufenden Narkose

507

51.3 · Komplikationen

5 Keine Narkose durch übermüdetes Personal 5 Dem Eingriff angepasste intraoperative Überwachungsmaßnahmen 5 Ausreichend lange postoperative Überwachung 5 Beteiligung am anonymen Fehlermeldesystem CIRS

51

5 Ausreichend tiefe Narkose, Supplementierung mit volatilen Anästhetika 5 Einsatz eines BIS-Monitors 5 Akustische Abschirmung z Postoperative Maßnahmen bei Awareness-Patienten

51.3  Komplikationen

5 Die Angaben des Patienten ernstnehmen 5 Ein vertrauensvolles Gespräch führen 5 Professionelle psychologische Hilfe anbieten

51.3.1  Intraoperative Wachheit

51.3.2  Pulmonale Aspiration

(awareness)

Pulmonale Aspiration Awareness Unerwünschte Wachheit unter Allgemeinanästhesie mit Erinnerung an intraoperative Ereignisse.

Wachheit unter Allgemeinanästhesie ist selten (ca. 0,2 %) und nicht vollständig vermeidbar. Der Patient sollte auf diese mögliche Komplikation hingewiesen werden. z Ursachen

5 Zu flache Narkose, begünstigt durch Einsatz von Muskelrelaxanzien 5 Erhöhter Anästhetikabedarf: Missbrauch von Alkohol, Drogen, Nikotin 5 Störungen von Anästhesiegeräten: Vapor, Perfusor usw. 5 Paravasale Fehllage der Venenkanüle bei TIVA z Mögliche Folgen

5 Anhaltende psychische Störungen: Albträume, posttraumatisches Stresssyndrom, Angstzustände, Schlafstörungen z Prophylaxe

5 Prämedikation mit einem Benzodiazepin

Eindringen von Mageninhalt über einen ungesicherten Atemweg in die Lunge, hervorgerufen durch Erbrechen oder Reflux.

Kritische Zeitpunkte: 5 Narkoseeinleitung 5 Narkoseausleitung > Aspirationsgefahr besteht bei allen Patienten mit vollem Magen. Darum muss vor Narkosen eine mindestens ­6-stündige Nahrungskarenz eingehalten werden (7 Abschn. 13.8).

Aspiration von saurem Magensaft Die pulmonale Aspiration von saurem Magensaft (pH 1,7–2,4) führt – abhängig vom aspirierten Volumen – zum ­Mendelson-Syndrom mit einer ausgedehnten chemischen Pneumonitis. z Sofortreaktionen und Zeichen

5 Bronchospasmus, Rasselgeräusche, Anstieg des Beatmungsdrucks 5 Zyanose 5 Hypoxämie mit Abfall der O2-Sättigung

508

Kapitel 51 · Narkosezwischenfälle und Komplikationen

Aspiration von festem Mageninhalt oder Fremdkörpern

51

51.3.3  Laryngospasmus

z Folgen

Laryngospasmus

5 Führt zu kompletter oder teilweiser Verlegung der Atemwege 5 Die Verlegung von Bronchien führt zur Atelektase des Lungenbezirks unterhalb des verlegten Lumens

Akuter Verschluss des Kehlkopfs, der durch einen anhaltenden Spasmus der falschen (!) Stimmbänder und der aryepiglottischen Falten hervorgerufen wird. Beteiligter Nerv: N. laryngeus superior.

z Symptome und Zeichen

5 Atemnot bei wachem Patienten, Tachypnoe bei Spontanatmung 5 Vermindertes oder fehlendes Atemgeräusch über der betroffenen Lunge 5 Paradoxe Atmung: bei kompletter Verlegung der Bifurkation oder der Trachea 5 Ersticken und Herzstillstand 5 Prophylaxe 7 Kap. 13 z Sofortbehandlung

Festes Material muss umgehend bronchoskopisch entfernt werden, wenn Absaugen nicht möglich ist. z Vorgehen bei Magensaftaspiration

5 Den Patienten sofort endotracheal intubieren und kontrolliert mit 100 % Sauerstoff und PEEP beatmen 5 Keine endobronchialen Spülungen mit NaCl vornehmen, da sich sonst der Magensaft in die Peripherie ausbreitet 5 Keine prophylaktische Zufuhr von Antibiotika, da zunächst keine bakterielle, sondern eine chemische Lungenzerstörung eintritt 5 Bronchospasmus mit Bronchodilatatoren behandeln 5 Kortikoide: nur so lange Giemen besteht 5 Arterielle BGA, um die pulmonalen Auswirkungen der Aspiration zu kontrollieren 5 In schweren Fällen: Operation abbrechen 5 Weiterbehandlung und -überwachung auf der Intensivstation

Der Glottisverschlussreflex ist ein kurz anhaltender Verschluss der Stimmbänder durch einen Stimulus. Bei laryngealem Stridor legen sich die echten Stimmbänder inspiratorisch aneinander und behindern die Einatmung der Luft. z Auslöser

5 Sekrete, Blut oder Erbrochenes in den oberen Atemwegen 5 Intubationsversuche oder Einführen oberer Atemwegshilfen bei zu flacher Narkose 5 Viszerale oder periphere Schmerzreize bei zu flacher Narkose 5 Extubation während des Exzitationsstadiums einer Anästhesie mit volatilen Anästhetika z Begünstigende Faktoren

5 Alter jünger als 2 Jahre 5 Pulmonale Begleiterkrankungen z Klinisches Bild

5 Teilweiser Verschluss des Kehlkopfs: manifestiert sich als Stridor oder krächzende/juchzende Atmung 5 Totaler Verschluss: ruckartige Atembewegungen wie beim Ersticken, fehlende Atemgeräusche ! Cave Beim kompletten Laryngospasmus ist keine Maskenbeatmung mehr möglich!

509

51.3 · Komplikationen

5 Gefahren: Hypoxämie, Hyperkapnie, Bradykardie und Herzstillstand innerhalb weniger Minuten

51

Anaphylaktischer Schock Schwerste Form der anaphylaktischen Reaktion mit Schocksymptomatik bis hin zum Herzstillstand.

z Behandlung

5 Sofort und wohlüberlegt, nicht hektisch und chaotisch 5 Auslösenden Stimulus beseitigen 5 Kopf in Schnüffelposition bringen, Sauerstoff über dicht sitzende Maske zuführen, CPAP anwenden 5 Narkose vertiefen, z. B. mit Propofol 1 mg/kgKG 5 Wenn nicht ausreichend: Succinylcholin 0,5 mg/kgKG i.v. und vorübergehend beatmen z Prophylaxe

5 Keine Stimulation der oberen Atemwege bei zu flacher Narkose 5 Extubation am wachen Patienten oder in tiefer Narkose 51.3.4  Anaphylaxie und

perioperative Histaminfreisetzung

Anaphylaxie Potenziell lebensbedrohliche allergische Sofortreaktion (hypersensitive Sofortreaktion), die den ganzen Körper erfassen kann.

5 Vermittelt wird die Reaktion durch Immunglobulin E (IgE) 5 Sensibilisierung durch Allergenkontakt muss der Reaktion vorausgegangen sein 5 Symptome entstehen durch Freisetzung verschiedener Mediatoren, von denen Histamin die zentrale Rolle spielt

Auch bei der anaphylaktoiden Reaktion und dem anaphylaktoiden Schock werden Mediatoren freigesetzt, allerdings nicht über das Immunsystem, sondern durch physikalische oder biochemische Faktoren, d. h. ohne vorangegangene Sensibilisierung. Das klinische Bild entspricht dem der Anaphylaxie. z Pathophysiologie

Die freigesetzten Mediatoren haben folgende Wirkungen: 5 Zunahme der Gefäßpermeabilität mit Austritt von Flüssigkeit 5 Vasodilatation 5 Bronchospasmus z Auslöser der perioperativen Anaphylaxie und anaphylaktoider Reaktionen

Die häufigsten Auslöser sind: 5 Muskelrelaxanzien, besonders Mivacurium und Atracurium 5 Latex 5 i.v.-Anästhetika 5 Antibiotika 5 Blutprodukte 5 Benzodiazepine 5 Opioide 5 NSAID, Metamizol 5 Chirurgische Exploration bei Operationen an Lunge, Gallenblase und Dickdarm 5 Kolloidale Volumenersatzmittel (Gelatine, HES) 5 Röntgenkontrastmittel 5 Desinfektionsmittel

510

Kapitel 51 · Narkosezwischenfälle und Komplikationen

z Risikofaktoren der schweren Anaphylaxie

51

Bestimmte Faktoren begünstigen das Auftreten allergischer Reaktionen. Hierzu gehören: 5 Hohes Lebensalter 5 Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen 5 Asthma bronchiale 5 Bestimmte Medikamente, z.  B. NOPA wie die NSAR, β-Blocker, ­ACE-Hemmer 5 Psychischer Stress z Klinisches Bild

Das Syndrom der Anaphylaxie setzt akut ein, ist lebensbedrohlich und muss notfallmäßig behandelt werden. Es werden 4 Schweregrade der Symptomatik unterschieden. Manifestationsorte sind v.  a. Haut, Atemwege, Herz-Kreislauf-System und Gastrointestinaltrakt: 5 Haut: Juckreiz, Erythem, Flush, Urtikaria, Angioödem 5 Atemwege: Atemnot, Giemen, Asthmaanfall, Schleimhautödem der oberen Atemwege, Ersticken 5 Herz und Kreislauf: massiver Blutdruckabfall mit Tachykardie; Bradykardien und  Arrhythmien sind ebenfalls möglich. Kreislaufschock, ­Herz-Kreislauf-Stillstand 5 Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, Koliken, Durchfälle z Behandlung

5 Die Allergenzufuhr muss sofort unterbrochen werden 5 Die Behandlung ist symptomatisch. Schlüsselmedikament ist Adrenalin. Die antianaphylaktische Wirkung von Adrenalin beruht auf folgenden Effekten: – Vasokonstriktion mit Anstieg des erniedrigten peripheren Widerstands durch Stimulation der α-Rezeptoren – Verminderung der Gefäßpermeabilität und damit der Ödeme

– Bronchodilatation durch Stimulation der β2-Adrenorezeptoren – Steigerung des HZV durch Antagonisierung der negativ inotrop wirkenden Mediatorsubstanzen Medikamentöse Sofortbehandlung der schweren Anaphylaxie 5 Rasche Infusion isotoner Vollelektrolytlösung, ca. 2–3 l, je nach klinischem Bild 5 Injektion von Adrenalin, 0,05–0,2 mg i. v. oder 0,3–0,5 mg i. m. in die Außenseite des Oberschenkels. Wenn erforderlich: Dauerinfusion von 0,05–1 µg/kgKG/min 5 Wenn Blutdruck nicht ansteigt: Vasopressor i.v., z. B. Noradrenalin 0,02– 0,15 µg/kgKG/min 5 Zufuhr von 100 % Sauerstoff 5 Weitere Medikamente: – H1 und H2-Rezeptorantagonisten i. v., z. B. Dimetiden (z. B. Fenistil) 1–2 Ampullen (4–8 mg) i.v. und Cimetidin (z. B. Tagemet) 1–2 Ampullen (200–400 mg) i. v. – Salbutamol: bei anhaltendem Bronchospasmus – Kortikosteroide: z. B. 8–40 mg Dexamethason (Fortecortin) i.  v., Wirkungseitritt erst nach 5–10 min

Nicht immer können die therapeutischen Maßnahmen einen tödlichen Ausgang verhindern! Ursachen für einen tödlichen Ausgang: 5 Schwerster Bronchospasmus mit der Unmöglichkeit, den Patienten zu beatmen 5 Ersticken durch Larynxödem 5 Kreislaufschock 5 Kardiogener Schock durch Herzversagen

511

51.3 · Komplikationen

51.3.5  Maligne Hyperthermie

(MH)

Maligne Hyperthermie Genetisch bedingte, lebensbedrohliche Störung der Skelettmuskulatur mit exzessivem Anstieg des Stoffwechsels und der Körpertemperatur.

5 Auslöser sind alle volatilen Anästhetika und das Muskelrelaxans Succinylcholin. Alle anderen Anästhesiesubstanzen sind als sicher anzusehen 5 Die genetische Disposition für eine MH besteht bei 1 von 2000–3000 Menschen. Sie kann derzeit nur durch eine Muskelbiopsie gesichert werden 5 Die fulminante MH tritt bei 1 von 10.000–250.000  Anästhesien auf. Sie verläuft bei bis zu 10 % der Patienten tödlich z Pathophysiologie

Bei MH ist die Kalziumaufnahme in den Muskel gestört. Hierdurch bliebt der Muskel kontrahiert. Der Muskelzellstoffwechsel wird massiv gesteigert, ebenso die Produktion von CO2, Laktat und Wärme. z Disposition für MH

Hinweise auf eine möglicherweise bestehende Disposition für MH sind: 5 Anästhesiekomplikationen und Muskelerkrankung in der Familie 5 Spontane Muskelkrämpfe; hohes Fieber bei Anstrengung, Infektionen oder Aufregung. Myoglobinurie nach Anstrengung 5 Neuromuskuläre Erkrankungen: – Central Core Disease – King-Denborough-Syndrom (zu 100 %) – Myotonia congenita

51

– Duchenne-Muskeldystrophie – Osteogenesis imperfecta, Arthrogryposis 5 Erhöhte CK im Serum

Klinisches Bild Die MH kann zu jedem Zeitpunkt der Narkose auftreten, aber auch postoperativ. z Frühzeichen und Frühsymptome

5 Tachykarde Herzrhythmusstörungen, ventrikuläre Arrhythmien 5 Starke Blutdruckschwankungen 5 Rascher Anstieg der endexspiratorischen CO2-Konzentration bei unveränderter Einstellung des Beatmungsgeräts. Tachypnoe bei spontan atmenden Patienten 5 Masseterspasmus (Kieferklemme bzw. Trismus) direkt nach der Injektion von Succinylcholin 5 Generalisierte Muskelsteife ! Cave Beim Auftreten der Frühsymptome  muss – nach Ausschluss anderer Ursachen – sofort die Behandlung eingeleitet werden.

z Spätsymptome und Organkomplikationen

5 Anstieg der Körpertemperatur: entwickelt sich meist langsam, bei fulminanten Verläufen jedoch rasch (Anstieg bis zu 1 °C pro 5 min) 5 Abfall der arteriellen O2-Sättigung durch den extrem hohen O2-Verbrauch aufgrund des exzessiv gesteigerten Muskelstoffwechsels 5 Hochgradige Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand 5 Sekundäre Organkomplikationen: akutes Nierenversagen, Störungen der Herzfunktion, pulmonale Funktionsstörungen, neurologische Komplikationen

512

Kapitel 51 · Narkosezwischenfälle und Komplikationen

Diagnose > Der Verdacht ergibt sich aus dem klinischen Bild und dem frühen Anstieg der endexspiratorischen CO2-Konzentration.

51

Die Diagnose wird durch folgende Laborbefunde gesichert: 5 Kombinierte respiratorische und metabolische Azidose mit Basendefizit und Laktatanstieg im Serum 5 Hoher arterieller pCO2 (Hyperkapnie) und erniedrigter paO2 (Hypoxämie) 5 Im weiteren Verlauf (nach mehr als 4 h) teilweise exzessiv erhöhte CK- und Myoglobinwerte, evtl. auch eine Myoglobinurie (bei schweren Muskelschäden) 5 Disseminierte intravasale Gerinnung im Verlauf möglich z Differenzialdiagnose

5 Atropinüberdosierung bei Kindern 5 Thyreotoxische Krise bei Patienten mit Hyperthyreose 5 Malignes neuroleptisches Syndrom 5 Akute fieberhafte Katatonie (Verkrampfung des ganzen Körpers) 5 Hitzeexposition bei kleinen Kindern 5 Phäochromozytom 5 Kokainvergiftung 5 Sepsis

Behandlung Grundsatz: Rasch, entschlossen und zielgerichtet handeln! Dantrolen ist das Mittel der Wahl. Dantrolentherapie der MH 5 Dantrolen ist das einzige kausal wirkende Medikament für die Behandlung der MH 5 Die Substanz muss so früh und so schnell wie möglich zugeführt werden 5 Die Injektionsflasche enthält 20 mg Dantrolen als Trockensubstanz, die mit 60 ml Aqua dest. verdünnt wird.

Dabei muss die Flasche so lange geschüttelt werden, bis die Flüssigkeit klar ist 5 Bei einem Erwachsenen von ca. 80  kgKG müssen 10  Injektionsflaschen á 20 mg gelöst und i.v. verabreicht werden, wenn möglich über einen ZVK. Die paravasale Infusion führt zu schweren Gewebeschäden und muss daher strikt vermieden werden 5 Dantrolen muss im OP-Trakt bevorratet werden

z Notfallbehandlung

5 Zufuhr der Triggersubstanzen (Desfluran, Sevofluran, Isofluran) sofort beenden, kein Succinylcholin nachinjizieren 5 Sofort Hilfspersonen anfordern: Die Notfallbehandlung erfordert reichlich Personal 5 Narkoseverdampfer aus dem Narkosegerät entfernen. Das Narkosegerät kann weiter verwendet werden 5 Kontrolliert mit 100 % Sauerstoff beatmen; Frischgasfluss 10 l/min, Atemminutenvolumen auf das 3- bis 4-fache steigern, bis sich die endexspiratorische CO2-Konzentration wieder normalisiert 5 Anästhesie als TIVA fortsetzen, mit ND-Muskelrelaxans relaxieren 5 Laborparameter frühzeitig bestimmen: Blutgasanalyse, Laktat, Elektrolyte, CK, Transaminasen und Myoglobin 5 Bei frühem Beginn der MH: elektive Operation verschieben. Bei bereits laufender Operation: Eingriff möglichst zügig beenden 5 Dantrolen: so schnell wie möglich infundieren: Erstbolus 2,5 mg/kgKG, bei Bedarf in kurzen Abständen wiederholen, bis sich der Stoffwechsel normalisiert hat. In Einzelfällen sind Dosen von mehr als 10 mg/kgKG erforderlich 5 Spricht der Patient nicht auf Dantrolen an, ist vermutlich die Diagnose falsch

51.3 · Komplikationen

5 Bei massiver metabolischer Azidose: mit Natriumbikarbonat oder TRIS puffern 5 Bei Hyperkaliämie: Diuretika, G ­ lukoseInsulin-Infusion, in schwersten Fällen Dialyse 5 Bei therapieresistenten Herzrhythmusstörungen: Amiodaron, bei tachykarden Rhythmusstörungen β-Blocker. Kalziumantagonisten sind kontraindiziert 5 Bei anhaltend niedrigem Blutdruck: Noradrenalin; positiv inotrope Substanzen z Sekundäre Maßnahmen

5 Kühlung, bis die Körpertemperatur auf 38,5 °C abgefallen ist 5 Blasenkatheter zur Überwachung der Urinausscheidung 5 Bei Rhabdomyolyse: forcierte Diurese mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, um ein akutes Nierenversagen zu verhindern 5 Nach der Stabilisierung: Patient auf die Intensivstation verlegen und für mindestens 24 h überwachen 5 Bei schweren Verläufen: Heparinprophylaxe einer disseminierten intravasalen Gerinnung

513

51

Anästhesie bei MH-Verdacht oder bei bekannter MH > Verboten sind: Desfluran, Sevofluran, Isofluran und Succinylcholin

5 Triggerfreie Anästhesie: TIVA mit NDMuskelrelaxanzien oder Regionalanästhesie 5 Lachgas ist dagegen kein Trigger 5 Ambulante triggerfreie Narkosen sind ebenfalls möglich z Anästhesievorbereitung für MH-empfängliche Patienten

5 Narkosemittelverdampfer ausschalten, Narkosegerät 20 min mit 100 % Sauerstoff durchspülen 5 CO2-Absorber entfernen und durch frischen Absorber ersetzen 5 Triggerfreie Anästhesiesubstanzen bereitlegen 5 Körpertemperatur überwachen; wenn notwendig auch die Urinausscheidung (Blasenkatheter) 5 Dantrolen bereitstellen, aber nicht prophylaktisch zuführen

515

Schock Inhaltsverzeichnis 52.1 In Kürze – Einteilung – 516 52.2 Schockformen – 516 52.2.1 Hypovolämischer Schock – 516 52.2.2 Anaphylaktischer Schock – 517 52.2.3 Kardiogener Schock – 517 52.2.4 Obstruktiver Schock – 517 52.2.5 Neurogener Schock – 517 52.2.6 Septischer Schock – 518

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0_52

52

516

Kapitel 52 · Schock

52.1  In Kürze – Einteilung

Schock

52

Der Schock ist eine akute oder subakute kritische Abnahme der Durchblutung der Vitalorgane. Alle Schockformen führen zum O2-Mangel der Gewebe (Gewebshypoxie) und Laktatazidose mit Störungen der Organfunktionen.

Die Schockformen haben unterschiedliche Ursachen, führen aber alle zur Gewebehypoxie und schweren Störungen der Zellund Organfunktionen. Nach der Ursache lässt sich der Schock in folgende Formen einteilen: Schockformen 1. Hypovolämischer Schock – Hämorrhagischer Schock durch akute Blutung ohne Gewebeschädigung – Hämorrhagisch-traumatischer Schock durch Trauma und Freisetzung von Aktivatoren des Immunsystems – Hypovolämischer Schock durch Abnahme des zirkulierenden Plasmavolumens ohne akute Blutung 2. Kardiogener Schock 3. Distributiver Schock – Septischer Schock – Anaphylaktischer Schock – Neurogener Schock 4. Obstruktiver Schock

Die häufigsten Schockformen in der Anästhesie sind der hypovolämische und der anaphylaktische Schock.

52.2  Schockformen 52.2.1  Hypovolämischer Schock

Das zirkulierende Blutvolumen ist erniedrigt, die Durchblutung der Makro- und Mikrozirkulation vermindert. z Auslöser

Größere Verluste von Blut, Plasma oder Körperwasser nach innen oder außen führen zum Schock: 5 Akute Blutverluste durch Traumen 5 Flüssigkeitsverluste und ungenügende Flüssigkeitszufuhr: anhaltendes Erbrechen, Durchfälle, renale Verluste, großflächige Verbrennungen und Verätzungen 5 Sequestrierung großer Flüssigkeitsmengen im Abdomen: Ileus, Leberzirrhose z Kennzeichen

5 Niedriger Blutdruck, Kreislaufzentralisation 5 Tachykardie 5 Vermindertes HZV 5 Niedriger zentraler Venendruck 5 Störungen der Mikrozirkulation mit Gewebehypoxie und Laktatazidose 5 Kapillarleckage-Syndrom 5 Gerinnungsstörungen z Therapie

5 Erythrozytenkonzentrate, Blutstillung, Gerinnungstherapie. Einzelheiten 7 Kap. 19 5 Flüssigkeitsersatz beim hypovolämischen Schock 5 Bei anhaltender Hypotension: Vasopressor, Zielblutdruck ≥ 90 mmHg systolisch

517

52.2 · Schockformen

52.2.2  Anaphylaktischer Schock

Der Schock beruht auf einer massiven Gefäßdilatation durch Histamin mit Austritt von Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem in das umgebende Gewebe (Verteilungsstörung). Einzelheiten 7 Abschn. 51.3. 52.2.3  Kardiogener Schock

Ursache ist eine primäre Funktionsstörung des Myokards mit Abnahme der Pumpleistung und des Herzauswurfs. z Auslöser

5 Akutes Koronarsyndrom, akuter Myokardinfarkt 5 Kardiomyopathie 5 Brady- und Tachyarrhythmien 5 Herzklappenerkrankungen 5 Herzinsuffizienz z Kennzeichen

5 Systolischer Blutdruck  50 % des Werts vor Narkose

Atmung

Blutdruck

Bewusstsein

O2-Sättigung (saO2)

2

Vollkommen wach

1

Durch Anruf erweckbar

0

Reagiert nicht

2

≥92 % bei Atmung von Raumluft

1

O2-Zufuhr erforderlich, um saO2 ≥ 90 % zu halten

0

saO2  3 in Ruhe 5 NRS oder VAS > 5 bei körperlicher Belastung wie Mobilisierung, Husten, Lagern z Basisanalgesie und Bedarfsanalgesie

1. Die Basisanalgesie besteht aus einem NOPA, das in festen Zeitabständen – bevorzugt p.o. – verabreicht wird, um Schmerzspitzen zu vermeiden 2. Reicht die Basismedikation nicht aus, können zusätzlich Opioide eingesetzt werden, z. B. nicht retardiertes Oxy-

555

55.3 · Praxis der Akutschmerztherapie

codon (Oxycodon akut) oder Hydromorphon (Palladon) 3. Reicht auch diese Kombination nicht aus, kann kurzzeitig zusätzlich ein retardiertes Präparat der gleichen Substanz – in niedriger Dosis – zugeführt werden z Spezielle Verfahren

Sie werden bei sehr starken Schmerzen bzw. hohem Analgetikabedarf eingesetzt, besonders nach großen Operationen wie Oberbaucheingriffen, intrathorakalen Operationen, Knieprothese usw. 5 PCA mit Opioiden: i. v. oder epidural 5 Periduralkatheter: Lokalanästhetikum mit oder ohne Opioidzusatz 5 Plexuskatheter, periphere Nervenkatheter 5 Multimodale Schmerztherapie: hierbei werden zwei oder mehrere analgetisch wirkende Substanzgruppen miteinander kombiniert, um die Nebenwirkung und den Dosisbedarf der Einzelsubstanzen zu vermindern z. B. Lokalanästhetikum und Opioid epidural zusammen mit Opioid und Metamizol i.v. 55.3.2  Besondere

Patientengruppen

Schwangerschaft und Geburtshilfe Medikamente, die den Embryo oder Feten schädigen, müssen in der Schwangerschaft strikt vermieden werden. Schmerztherapie nach Sectio 7 Kap. 39. z NOPA

5 Paracetamol gilt als sicher Substanz während der gesamten Schwangerschaft 5 Metamizol ist im ersten und dritten Trimenon kontraindiziert, im zweiten Trimenon bei strenger Indikation anwendbar

55

5 Ibuprofen und Diclofenac können im ersten und zweiten Trimenon gegeben werden, im dritten Trimenon möglichst nicht 5 COX-2-Hemmer sind während der Schwangerschaft und der Stillzeit kontraindiziert 5 ASS ist im dritten Trimenon kontraindiziert, außerdem in hohen Dosen z Opioide

5 Buprenorphin ist das Analgetikum der Wahl für die Dauerschmerztherapie 5 Fentanyl kann für die Akutschmerztherapie verwendet werden 5 Piritramid kann bei zwingender Indikation bei Schwangeren und Stillenden eingesetzt werden. Wiederaufnahme des Stillens frühestens 24 h nach der letzten Einnahme 5 Morphin und Oxycodon sind kontraindiziert 5 Hydromorphon wird nicht empfohlen

Opioidabhängigkeit Bei Opioidabhängigkeit stehen zwei Ziele stehen im Vordergrund: 5 Entzugssyndrom vermeiden 5 Schmerzen ausreichend behandeln Zu beachten ist: 5 Bei kurzer Opioidabstinenz besteht eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Opioiden 5 Gefahren: generalisierte Krämpfe, Atemdepression 5 Bei langer Abstinenz können postoperative Opioide zu einem Rückfall in die Sucht führen. Sie sollten daher unbedingt vermieden werden 5 Alternative: NOPA und regionale Analgesieverfahren

556

55

Kapitel 55 · Postoperative Schmerztherapie

z Basistherapie

z Schmerztherapie

5 Initial 5–10 mg L-Methadon (L-Pola­ midon) i.m. oder 20 mg p.o. 5 Wiederholung der Dosis oder Erhöhung, abhängig von Entzugssymptomen nach 1–2 h 5 Weitere Zufuhr alle 12–24 h 5 Ggf. Clonidin zusätzlich

5 NOPA 5 Kurz wirkende Opioide (erhöhter Dosisbedarf!), auch in Kombination mit niedrigen Dosen von Ketamin 5 Regionale Analgesieverfahren, auch peridural

557

557

Serviceteil Stichwortverzeichnis – 559

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Larsen, Wissens-Check: Anästhesie für die Fachpflege, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59494-0

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A

Stichwortverzeichnis A AB0-System  164 ABCDE-Schema  435 Abdominalchirurgie  352 Abrasio  372 Absorberkalk  121 Abszess, MKG  410 ACE-Hemmer  253 Acetylcholin  5 Acetylcholinrezeptor des Herzens  12 Acetylsalizylsäure (ASS)  225, 226, 552 Adenotomie  399 ADH  96 Adipositas – Begleiterkrankungen  366 – Chirurgie  368 – Klassifikation  366 – Sectio  383 Adrenalin  5, 98 – Reanimation  525 Advanced Life Support (ALS)  523 AECOPD  264 A-Faser  85 AICD-Implantation  467 Akrinor  94 Akutschmerztherapie  554 Aldrete-Score  534 Alfentanil  71 Alkalose – metabolische  33 – respiratorische  32 Alkoholhepatitis  278 Alkoholismus, chronischer  296 Alkoholvergiftung, akute  296 Allgemeinanästhesie  199 – mit Periduralanalgesie  203 – Standardzubehör  181 Alter – Funktionsänderungen  342 – Kennzeichen  342 Alveolarluft  21 – Zusammensetzung  21 Alveolen  18 Aminokapronsäure  455 Amiodaron, 101 – Reanimation  525 Amputation  431 Analgesie – intravenöse patientenkontrollierte (PCIA)  550

– Kinder  337, 339 – Opioide  67 – patientenkontrollierte (PCA)  550 – postoperative  339 Analgetika, postoperative  535 Anaphylaxie  509 Anästhesie – ambulante  338, 499 – Auswahl des Verfahrens  111 – balancierte  196 – Neugeborene  327 – Patienteneinwilligung  111 – Zahnbehandlungen  409 Anästhesiearbeitsplatz  178 – Ausstattung  178 Anästhesieletalität  506 Anästhesiemedikamente, Plazentapassage  389 Anästhesiemorbidität  506 Anästhesiezwischenfall  506 Anästhetikum  313 – intravenöses  58, 313 Aneurysma – Aorta  444 – Clipping  491 – Coiling  491 – dissezierendes  445 – intrakranielles  489 – Operationskomplikationen  445 Aneurysma, abdominelles  446 Aneurysmaruptur  492 Angiotensin-II-Rezeptorantagonist (ARB)  253 Anoxie  24 Anthelixplastik  401 Antiarrhythmikum  100 Antibiotikaprophylaxe, perioperative  185 Antidiabetikum  272 Antikoagulanzienblutung  42 Antikoagulation bei Aortenstenose  464 Antithrombin-III-Konzentrat  171 Aorta – Aneurysma  444 – Ascendens-Aneurysma  445 Aortenbogenaneurysma  445 Aortendissektion  444 Aorteninsuffizienz  464 – Anästhesie  465 – postoperative Besonderheiten  465

Aortenisthmusstenose  469 Aortenklappeninsuffizienz  259 Aortenruptur  439 Aortenstenose  259, 463, 469 – Anästhesie  464 – Antikoagulation  464 – Endokarditisprophylaxe  464 Apnoe bei Frühgeborenen  329 Appendektomie  357 Armplexuslähmung  191 Arndt-Blocker  475 Arterenol s. Noradrenalin Arteria pulmonalis  16 Arthritis  427 ASA-Risikogruppe  109 Aspiration  113 – pulmonale  507 Aspirationsgefahr  203, 352 – MKG-Patienten  408 Aspirationsprophylaxe  113 – medikamentöse  114 Asthma  267 – Dauermedikation  268 Asthmaanfall, intraoperativer  268 Asystolie  524, 525 Atembeutel bei Kindern  316 Atemdepression – Inhalationsanästhetika  50 – Opioide  67, 548 Atemfunktion – Kontrolle  325 – Narkose  142 Atemhilfsmuskalatur  19 Atemkalk  120 Atemluftzusammensetzung  21 Atemmechanik  18 Atemtherapie in der Thoraxchirurgie  478 Atemtyp, pathologischer  22 Atemwege – Neuroanästhesie  485 – obere  124 – Untersuchung  126 – Verlegung  537 Atemwegshilfe, extraglottische (EGA)  124 – schwierige Platzierung  133 Atemwegsinfekt bei Kindern  310 Atemzugvolumen  20 Atmung – Steuerung  22 – Störungen im Aufwachraum  537 – Überwachung  146

560

Stichwortverzeichnis

Atmungsorgane, Anatomie  18 Atracurium  77 – Kinder  315 Atropinwirkungen  7 Attacke, transitorische ischämische (TIA)  448 Aufklärung in der Anästhesie  111 Aufwachdelir  333 Aufwachraum – Ausstattung  532 – Herzrhythmusstörungen  539 – Hypertonie  539 – Kinder  333 – Komplikationen  537 – Patientenübergabe  534 – PONV  536 Aufwachtest, intraoperativer  430 Aufwachzone – Lokalisation und Ausstattung  532 – personelle Besetzung  533 – Schmerztherapie  534 – Transport  533 Augapfelenukleation  416 Augeninnendruck  414 Augenoperationen, Besonderheiten  414 Augenverletzung, perforierende  416 Austreibungsphase bei der Geburt  378 AV-Block  262 Awareness  507 Azidose – metabolische  32 – respiratorische  31

B Bakterienfilter  181 Bandscheibenvorfall  494 Barbiturate, Hirndurchblutung  484 Basen  30 Basenabweichung  32 Basic Life Support (BLS)  521 Bauchaortenaneurysma  446 Bauchlagerung  191 – Druckschäden  191 Beach-Chair-Lagerung  431 Beatmung  142 – Formen  142 – Grundeinstellung  143 – intraoperative  201 – Thoraxchirurgie  478 – Überwachung  143

Beatmungsbronchoskope  476 Beckenendlage  390 Beckenfraktur  429 Beckenverletzung  440 Benzodiazepin  62 – alte Patienten  345 – Plazentapassage  389 – Prämedikation  112 Betablocker  99 B-Faser  85 Bier-Block  245 Biot-Atmung  22 BIS-Monitor  152 Blalock-Taussig-Anastomose  469 Blasenkatheter bei Kindern  318 Blockmanschette am Tubus  125 Blutdruck – arterieller  14 – niedriger  538 – zu hoher  539 Blutdruckabfall  488 – Akrinor  94 – Aufwachraum  538 – Ephedrin  95 – Noradrenalin  96 – Phenylephrin  95 – Prophylaxe  385 – Spinalanästhesie  385 – Vasopressin  96 Blutdruckkontrolle, intraoperative  253 Blutdruckmanschette bei Kindern  318 Blutdruckmessung – invasive  153 – nichtinvasive  151 Blutersatz bei Kindern  327 Blutgaswerte bei Schwangeren  377 Blutgerinnung, Herz-LungenMaschine  454 Blutgruppensystem  164 Blutkonservierung  164 Blutprodukt  165 – Dokumentation  171 – Komplikationen  175 Blutstillung  36 Blutströmung  15 Blutung – akute gastrointestinale  355 – peripartale  391, 392 Blutungstyp  41 Blutungszeit  40 Blutverlust  426 – massiver  174 Blutvolumen  14 Blutzuckermanagement, perioperatives  274

Body Mass Index  366 Bradyarrhythmus  262 Bradykardie  386 Bradypnoe  21 Bronchitis, chronische  264 Bronchoskopie  476 Bronchospasmus  19 Bronchusblocker  474 Bupivacain  90, 91, 212 – Anwendung  91 – Geburtshilfe  380 – Nervenblockade  236 – Sectio  385, 387 Buprenorphin  549 BURP  135 Bypass – aortobifemoraler  446 – kardiopulmonaler  457 – Narkose  459 – partieller  453, 457, 460 – totaler  453 – Überwachung  458

C Carboxyhämoglobin  25 Carlens-Tubus  473 Cauda-equina-Syndrom, Spinalanästhesie  219 C-Faser  85 Cheyne-Stokes-Atmung  22 Chirurgie – bariatrische  368 – minimal invasive  359 – Anästhesie  359 – Besonderheiten  359 Chlorprocain  90, 213 Cholesteatom-Operation  401 Cholezystektomie  358 Cholinesterasehemmer  80 – gebräuchlicher  80 Chronotropie, Herz  12 Cisatracurium  77 – Kinder  315 Clamping-Ischämie  448 Clonidin  97 – Shivering  542 Clopidogrel  225 Cloward-Operation  494 CO2 s. Kohlendioxid Cochleaimplantat  401 COMT-Inhibitor  292 Conn-Syndrom  362 – präoperatives Vorgehen  362 Cooley-Anastomose  469 COPD  264

561 Stichwortverzeichnis

– Blutgasanalyse  265 Cor pulmonale, AnästhesieBesonderheiten  257 Cordarex s. Amiodaron Cormack-Klassifikation in der Laryngoskopie  128 COX-2-Hemmer  552 Coxibe  552 CPAP – postoperativer  302 – präoperative Therapie  301 CSE in der Geburtshilfe  381 Cushing-Syndrom  361 – präoperatives Vorgehen  361

D Damage Control Surgery  438 DaVinci-Prostatektomie  421 Dehydratation  161, 282 Delir, postoperatives (POD)  347, 542 Depolarisationsblock  75 Dermatom, spinales  207 Desfluran  49, 51 – Kinder  313 – MAC-Werte  49, 313 – Plazentapassage  389 Desmopressin  455 Dexamethason  116 – Kinder  339 Diabetes – Folgekrankheiten  272 – OP-Risiken  273 Diabetes-mellitus-Typen  272 Diastole  11 Diathese, hämorrhagische  40 Diazepam  63, 112 – Hirndurchblutung  484 Dickdarmileus  354 Diclofenac  552 – Dosierung  336 – Kinder  336 Differenzialblock  86 Dihydralazin  98 Dimenhydinat  116 Dipidolor  549 Diuretikum  253 Dobutamin  99 Dolantin  549 Dopamin  5, 99 Doppellumentubus  473 – Komplikationen  475 Droperidol  116 Druck, intrakranieller  483 Druckluft  179 – Farbkennzeichnung  179

Dynastat  552 Dysreflexie, autonome  295

E Echokardiografie, präoperative  109 EGA s. Atemwegshilfe, extraglottische Ein-Lungen-Ventilation  472 – Praxis  475 – Techniken  473 Eklampsie  392 Elektrokardiogramm (EKG)  13 – Monitor  150 – präoperatives  108, 250 Elektrolytstörung  352 EMLA-Pflaster  90 Endokarditisprophylaxe  258 – Aortenstenose  464 Endorphin  66 Endoskopiemaske  132 Endotrachealtubus  125 – Kinder  316 Enterokolitis, nekrotisierende  329 Entlassungskriterium – ambulante Eingriffe  339 – Kinder  339 Ephedrin  95 Epiduralanalgesie, patientenkontrollierte  381, 551 Epiduralraum  222 Epiglottis  124 Epilepsie  292 – Vorgehen bei der Narkose  292 Epistaxis  402 Erbrechen  536 – Maßnahmen  203 Erhaltungsbedarf von Flüssigkeit  161 Erkrankung, neurologische  292 Eröffnungsphase bei der Geburt  378 Erwachen, verzögertes  539 Erythrozytenkonzentrat  165 – Dosierung  167 – Indikationen  172 Esketamin  61 – Kinder  314 Esmolol  99 Etomidat  60 – Hirndurchblutung  484 – Kinder  314 – Plazentapassage  389 Eventrationssyndrom  353 Exsikkose  161 Exspirationsmuskulatur  19

A–G

Extrazellulärflüssigkeit  282 Extubationsüberwachung  136 EZ-Endobronchial-Blocker  474

F Faktor-IX-Konzentrat  170 Faktor-XIII-Konzentrat  171 Fallot-Tetralogie  468 Fast-track-Anästhesie  204 – Herzchirurgie  461 Fehlbildungen, kraniofaziale  411 Fehlintubation des Ösophagus  129 Femurfraktur  440 Fentanyl  68 – Kinder  315 Ferguson-Reflex  379 Fettembolie-Syndrom  426 Fibrinbildung  36 Fibrinogen  40 – Präparate  170 – Spaltprodukt  39 Fibrinolyse  36 Fistel, tracheoösophageale  330 Fixierung, intermaxilläre  408 Floppy-Infant-Syndrom  389 Flumazenil  63 Flunitrazepam  63 Flüssigkeitsbedarf   160, 282 Flüssigkeitsersatz, intraoperativer  201 Flüssigkeitsverlust, intraoperativer  161 Flüssigkeitszufuhr, intraoperative  160 Fondaparinux  225 Franceschetti-ZwahlenSyndrom  412 Fremdkörperentfernung aus dem Ösophagus und den Atemwegen  403 Frischplasma  168 Frühgeborenes, Anästhesie  329 Frühgeburt  391 Frühgeburtlichkeit, Begriffe  391 Führungsstab  126 Fußblock  244 Fußreplantation  440

G Gas – Entsorgung  179 – Farbkennzeichnung  179 – Versorgung  179 – Zylinder  179

562

Stichwortverzeichnis

Gasabsaugung  179 Gasaustausch, pulmonaler  21 Gastroschisis  329 Geburtshilfe, postoperative Schmerztherapie  555 Geburtsphasen  378 Gefäßchirurgie – Karotis  447 – periphere  447 Gefäßmissbildungen  467 Gefäßpatienten  444 Gefäßverletzungen  440 Gelatine  160 Gelenkmobilisation  431 Geräte-KURZcheck  180 Geriatrie  344 Gerinnungsfaktor  37 – Präparate  170 Gerinnungsstörung – bei Operationen  41 – Ursachen  41 Gesichtsschädelverletzung  410 Glaukom-Operation  415 Glottis  124 Glottisverschlussreflex  508 Guedel-Tubus bei Kindern  316

H H2-Blocker  114 Haloperidol in der Delirbehandlung  347 Hämatom, spinales  219 Hämodilution  159 Hämodynamik  13 Hämoglobin, fetales  25 Hämoglobinform, inaktive  25 Hämoglobinwert, kritischer  166, 327 Handverletzung  440 Harnblasenperforation  419 Harnröhre  423 – Operationen  423 HELLP-Syndrom  392 Heparin  225, 454 Hepatitis – Alkohol  278 – chronisch-aggressive  278 – chronisch-persistierende  278 Herz – Automatie  12 – Herniation  479 – Innervation  12 Herzaktion  10 Herzchirurgie  453 – neurologische Störungen  455

– Prämedikation  455 – Überwachung  456 Herzdruckmassage (HDM)  522 Herzfehler  468 – azyanotischer  468 – zyanotischer  468 Herzfunktion, Steuerung  11 Herzinfarkt  461 Herzinsuffizienz  256 – Anästhesie-Besonderheiten  256 Herzklappe – Antikoagulation  258 – Funktion  11 Herzklappenerkrankung  258 Herzkompression, offene  525 Herzkrankheit  253 Herz-Kreislauf-Funktion, Überwachung  149 Herz-Lungen-Maschine  453 – Blutgerinnung  454 – Entwöhnung  459 – Herzzeitvolumen  459 – Narkoseführung  457 – Pulmonalarteriendruck  459 – Urinausscheidung  459 – Wedge-Druck  459 Herzrhythmusstörungen  261 – Aufwachraum  539 Herzschrittmacherimplantation  467 Herzstillstand – EKG-Monitor  524 – perioperativer  520 – tiefe Hypothermie  469 – Ursachen  520 Herztransplantation  465 – Anästhesie  466 Herzvolumina  11 Herzzeitvolumen – Herz-Lungen-Maschine  459 – Regulation  15 Hirndruck  483 – Auswirkungen  483 – erhöhter  483 Hirndurchblutung – Anästhetika  484 – Autoregulation  482 Hirnprotektion  448 Hirnstamm  489 Hirnstoffwechsel  482 Hirudin  225 HIT-Syndrom  42 – HIT II  171 Hodenoperation  423 Hornhauttransplantation  415 HSK s. Hysteroskopie Hüftgelenkersatz, totaler  428

Hydromorphon  549 Hydroxyethylstärke (HES)  159 Hyperaldosteronismus  362 Hyperglykämie  273 Hyperhydratation  283 Hyperkaliämie  285 Hyperkalzämie  288 Hyperkapnie  27, 266 Hypernatriämie  287 Hyperthermie, maligne  511 Hyperthyreose  360 – Anästhesie  360 Hypertonie  251 – Aufwachraum  539 – Behandlung  252 – Definition  251 – Komplikationen und Folgekrankheiten  251 – pulmonale  257 – therapieresistente  252 Hyperventilation  21 Hypnomidat  60 Hypochlorämie  352 Hypoglykämie  273 – intraoperative  275 Hypokaliämie  284, 352 – perioperative Behandlung  285 Hypokalzämie  288 Hypokapnie  27 Hyponatriämie  286 – TUR-Syndrom  419 Hypotension  538 Hypothermie  186, 541 – Herzstillstand  469 – Hirndruck  483 Hypothyreose  360 – Narkose  361 – Prämedikation  360 Hypoventilation  21 Hypoxämie  24, 266, 538 Hypoxie  24 – anämische  166 – Reaktionen  308 Hysterektomie  373 Hysteroskopie  372 HZV-Messung  155

I Ibuprofen  552 – Dosierung  336 – Kinder  336 Ileus  354 Ileuseinleitung  203 – Sectio  389 Infiltrationsanästhesie  90

563 Stichwortverzeichnis

Infusionslösung  158 Inhalationsanästhesie  196 – Kinder  312 Inhalationsanästhetikum – Ausscheidung  48 – Hirndurchblutung  484 – MAC  49 Inspirationskapazität  20 Inspirationsluft, Zusammensetzung  21 Inspirationsmuskulatur  18 Insulintherapie, intraoperative  274 Intrazellulärflüssigkeit  282 Intubation – endotracheale  124 – erwartet schwierige  134 – fiberendoskopische  323 – fiberoptische  130, 131 – Komplikationen  130 – nasotracheale  129 – orotracheale  128 – schwierige  133, 398 – unerwartet schwierige  134 Intubationslarynxmaske  137 Intubationsnarkose, Vorgehen  199 Ischiadikusblockade – hintere  242 – vordere  242 Isofluran  49, 51 – Kinder  313 – MAC-Werte  49, 313 – Plazentapassage  389 Isoptin s. Verapamil

J Jackson-Wisconsin-Spatel  125 Jet-Ventilation  398

K Kalium, Normalwerte  284 Kalzium  288 Kammerflimmern  524 – Defibrillation  524 Kanülierung, arterielle  320 Kapnogramm  149 Kapnometrie  148 Kapnoperitoneum  359 Kardiomyopathie, dilatative  465 Karotischirurgie  447 Kataraktoperation  415 Kaudalanästhesie bei Kindern  332 Kaudasyndrom, Spinalanästhesie  219

Kava-Kompressionssyndrom  383 Kell-System  164 Ketamin  61 – Hirndurchblutung  484 – Kinder  314 – Plazentapassage  389 Ketoazidose  273 – diabetische  275 KHK s. Herzkrankheit Kieferklemme bei MKGPatienten  408 Kind – ambulante Eingriffe  338 – Analgesie  337 – Atmung  307 – Aufwachraum  333 – Blutdruck  308 – Blutvolumen  308 – Flüssigkeitszufuhr  326 – Hb-Werte  308 – Herzfrequenz  308 – Herz-Kreislauf-System  307 – Hypothermie  469 – Inhalationsanästhesie  312 – Muskelrelaxanzien  315 – Narkoseeinleitung  321 – Narkosevorbereitung  309 – Physiologie  307 – postoperative Schmerztherapie  334 – Prämedikation  311 – präoperative Nahrungskarenz  311 – Regionalanästhesie  331 – Schmerzreaktionen  334 – Sedierung  337 – venöser Zugang  322 – Wärmeschutz  325 – zentraler Venenkatheter  319 Kinderanästhesie – Aufrechterhaltung der Narkose  325 – Beatmung  325 – Narkosesysteme  318 – Narkosezubehör  315 – Respiratoreinstellung  325 – Überwachung  318 Klappenchirurgie, kombinierte  465 Kniearthroskopie  428 Knieblock  242 Kniegelenkersatz, totaler  428 Knochenzementreaktion  426 Kochsalzlösung, isotone  158 Kohlendioxid – Absorber  119

G–L

– Bindungskurve  26 – Konzentration, Anstieg bei MH  511 – Kurve  149 – Normalwert  148 – Partialdruck  148 Kohlenhydratlösung  158 Kohlensäure-BikarbonatSystem  30 Kolloid  158, 159 Kolontumor  357 Koma, hyperosmolares  275 Kompartmentsyndrom, Prostatektomie  422 Konisation  373 Konussyndrom, Spinalanästhesie  219 Koronarbypass-Operation  460 Koronarsyndrom, akutes  254 Körperflüssigkeit, Zusammensetzung  282 Körperkreislauf   13 Körpertemperatur – Kinder  308 – Messung  151 – Neuroanästhesie  486 Kraniotomieüberwachung  485 Kreislauf, funktionelle Einteilung  13 Kristalloid  158 Kumarin  225 Kürettage  372 Kussmaul-Atmung  22

L Laborwert, präoperativer  108 Lachgas  49, 54, 179, 353 – Farbkennzeichnung  179 – Hirndurchblutung  484 – MAC-Werte  49 – Plazentapassage  389 Lagerung – Neurochirurgie  486 – Orthopädie  426 Laryngektomie  402 Laryngoskop  125 – Kinder  316 Laryngoskopie, schwierige/unmögliche  127 Laryngospasmus  508 Larynx  124 Larynxmaske  136 – Aspiration  324 – Dislokation  324 – Einführen  137

564

Stichwortverzeichnis

– Größen  137 – Kinder  323, 324, 339 – Laryngospasmus  324 – LMA-Fastrach  137 – Sectio  390 Larynxtubus  138 Laserchirurgie, HNO  403 Latexallergie  186 L-Dopa  292 Lebererkrankung  278 Leberresektion  358 Leberteilresektion  358 Lebertransplantation  358 – Anästhesie  358 Leberzirrhose  279 Leistenhernien-Operation  357 Levobupivacain  90 – Nervenblockade  236 Levomathodon  550 Lidocain  90, 91, 100 – Nervenblockade  236 – Reanimation  526 Lippen-Kiefer-Gaumenspalte  409 Liquor  207 Liquorrhö  439 Liquorunterdrucksyndrom  218 LMA s. Larynxmaske Lobektomie  477 Lokalanästhetikum – kardiotoxische Wirkung  88 – Klassifizierung  84 – klinische Anwendung  89 – Methämoglobinbildung  88 – Opoidzusatz  213 – Periduralanästhesie  228 – Plazentapassage  386 – Tachyphylaxie  86 – Toxizität  87 – Vasopressorenzusatz  90 – ZNS-Toxizität  87 Lorazepam  112 Low-flow-Anästhesie  119 Luftembolie  487 Lunge – Hauptfunktionen  18 – Innervation  18 Lungenblutung, massive  477 Lungenembolie, Lysetherapie  526 Lungenemphysem  264 Lungenerkrankung – chronische s. COPD – interstitielle  269 Lungenfunktionsprüfung, präoperative  109 Lungenkreislauf   13, 16 Lungentransplantation  478 Lungenvolumina  20

M MACawake  49 Macintosh-Laryngoskop  125 MAC-Wert  49 Magen, voller im Narkoseverfahren  203 Magenbanding  368 Magenkarzinom  356 Magensaftaspiration  508 Magensonde  360 – Kinder  318 Magill-Tubus  125 Magnesiumsulfat, Shivering  542 Magnesium-Therapie bei Präeklampsie  393 Malformation, arteriovenöse  489, 490, 492 Mallampati-Klassifikation  127 Mammachirurgie  374 Manchester-Triage-System (MTS)  435 Mandrin, Tubus  126 MAO-B-Hemmer  292 Marcumarwirkungsaufhebung  169 Maskenbeatmung, schwierige/ unmögliche  127, 132 Massivtransfusion  174 – Vorgehen  175 Mayfield-Klemme  486 Mediastinoskopie  476 Medizingeräte, Umgang  178 Mehrlingsgeburten  391 Melagatran  225 Mendelson-Syndrom  113 Mepivacain  90 – Nervenblockade  236 Metamizol  536, 553 – Kinder  336 Methadon  550 Methämoglobin  25 Methämoglobinämie unter Lokalanästhetika  89 Methämoglobinbildung unter Lokalanästhetika  88 Metoclopramid  114 Midazolam  63, 112 – Kinder  311 Mikrolaryngoskopie  403 Miller-Spatel  125 Minimal-flow-Anästhesie  119 Minirin  455 Mitraklappenstenose  260 Mitralinsuffizienz  462 – Anästhesie  463 – postoperative Besonderheiten  463

Mitralklappeninsuffizienz  261 Mitralstenose  461 Mivacron  77 Mivacurium  76 – Kinder  315 Monitoring – erweitertes  153 – Kinder  318 – Neuroanästhesie  485 Morbus Bechterew  427 Morphin  549 Motorik, Definition  84 Multimedikation bei alten Patienten  344 Multiple Sklerose  293 – Anästhesie  293 Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Tumorchirurgie  411 Mundsperrer  399 Muskeldystrophie  295 – Succinylcholin  295 Muskelrelaxans  484 – Antagonisierung  79, 202, 353 – Kinder  315 – nichtdepolarisierendes  75 – Plazentapassage  389 Muskelrelaxanzienüberhang  540 Muskelrigidität durch Opioide  67 Muskelzittern, postoperatives  541 Myasthenia gravis  294 – Anästhesie  294 Myokardinfarkt – akuter  254 – elektive Eingriffe  254 Myokardischämie  461 Myokardschutz  454 Myotom  208 Myotonie  295

N N2O s. Lachgas Nachblutungen  541 Nachgeburtsphase  378 Nahrungskarenz – Kinder  311 – vor Narkosen  113 Naloxon  66 Narcotrend-Monitor  152 Narkose – ambulante, Prämedikation  499 – Aufrechterhaltung  201 – Ausleitung  202 – Erholungsphase  532 – Kinder  320, 321 – Risikoeinstufung  109

565 Stichwortverzeichnis

– Standardzubehör  181 Narkoseeinleitung  200 – bei vollem Magen  203 – Hauptgefahren  200 Narkosegerät, Überprüfung  179 Narkosemaske bei Kindern  316 Narkosesystem – Einteilung  118 – geschlossenes  119 – halbgeschlossenes  119 – halboffenes  118 – Kinder  318 Narkosetiefe, BIS-Monitor  152 Narkosevisite bei Kindern  309 Nasen- und Nasennebenhöhlenoperation  402 Nasenbluten  402 Natrium  286 Natriumbikarbonat in der Reanimation  526 Natriumzitrat  114 Nebenniere  361 Neoblase  422 Nephrektomie  422 Nepresol s. Dihydralazin Nervenbahnen, vegetative  5 Nervenblockade – 3-in-1-Block  241 – Arm  240 – Lokalanästhetika  236 – N.-ischiadicus-Blockade  242 – N.-medianus-Blockade  237 – N.-musculocutaneusBlockade  237 – N.-peroneus-communisBlockade  243 – N.-radialis-Blockade  237 – N.-saphenus-Blockade  244 – N.-tibialis-Blockade  243 – N.-ulnaris-Blockade  237 – Nervi-accelerantesBlockade  217 – obere Extremität  237 – Ultraschall  235 – untere Extremität  240 – Vorgehen  234 Nervenfaser  85 Nervenstimulator  235 Nervensystem  6 – autonomes  4 – enterisches  5 – parasympathisches  6 – sympathisches  5 Netzhautablösung  416 Neugeborenes, Anästhesie  327 Neuroanästhesie  484 – Beatmung  485 – Hirndrucksenkung  488

– intraoperative Komplikationen  487 – Narkose  487 – Narkoseausleitung  488 – Narkoseeinleitung  486 – Narkosemittel  485 – Prämedikation  485 – Überwachung  485 Neurochirurgie – Lagerung  486 – sitzende Position  486 Neuronarten  4 Neuropathie, autonome  273 Neurotransmitter  4 NIBP s. Blutdruckmessung, nichtinvasive Nicht-Opioid-Analgetika (NOPA)  536, 551 – Kinder  335 – Thoraxchirurgie  478 Nifedipin  97 Nitroglyzerin  97 NOPA s. Nicht-Opioid-Analgetika Noradrenalin  5, 95 Notfalldiagnostik, Schockraum  437 Notfalllabor, Schockraum  437 Notfalllyse  526 Notfallpatient, nichttraumatologischer  436 Novalgin  553 NSAR  551

O O2 s. Sauerstoff Oberflächenanästhesie  89, 130 Oberschenkelfraktur  429 Off-pump-Bypass (OPCAB)  461 Ohroperationen  400 Omphalozele  329 Ondansetron  115 Operation, ambulante – Anästhesie  499 – Entlassung  501 – Patientenauswahl  498 – postoperative Überwachung  500 – Schmerztherapie  500 – Voruntersuchungen  499 Operationslagerung – Urologie  418 – Zuständigkeit  190 Ophthalmikawirkungen  415 Opiatsucht  296 Opioidabhängigkeit, Schmerztherapie  555 Opioidagonist  66

L–P

Opioide – Atemdepression  548 – für Narkosen  66 – Hirndurchblutung  484 – Ketamin-Infusion  550 – Kinder  314, 339 – peridural  379 – Plazentapassage  389 – postoperative Schmerztherapie  548 – ZNS-Wirkungen  67 Opioidrezeptor  66 Opioidüberhang  540 – Aufwachraum  540 Orthostase  14 Osmolarität  282 Osmose  282 Ösophagusatresie  330 Ösophagusfehlintubation  129 Ösophaguskarzinom  356 Otopexie  401 Oxycodon  549 Oxygesic  549 Oxytocin  390

P PaF-Test  180 Palacosreaktion  426 Palladon s. Hydromorphon Pancuronium, Kinder  315 Pankreaskarzinom  356 Papaver somniferum  66 Paracetamol  536, 553 – Dosierung  336 – Kinder  336 Parasympathikolytikum  7 Parasympathikomimetikum  7 Parecoxib  536, 552 Parkinson-Syndrom  292 – Anästhesie  293 – Dauermedikation  293 – postoperative Besonderheiten  293 Partialdruckzusammensetzung  21 Patientenblutmanagement  175 Patienteneinwilligung in der Anästhesie  111 Paukenröhrchen  400 PCA s. Analgesie, patientenkontrollierte PCIA s. Analgesie, intravenöse patientenkontrollierte pCO2, arterieller  27 PDA s. Periduralanalgesie PEA  524, 525 Pelviskopie  373

566

Stichwortverzeichnis

Penisoperation  423 Peniswurzelblock, Kinder  332 Perfusionsdruck, zerebraler  448 Periduralanalgesie – geburtshilfliche  378, 379 – Gefahren und Komplikationen  386 – intermittierende  381 – mit Allgemeinanästhesie  203 – mobile  381 Periduralanästhesie – ambulante  500 – Anschlagzeit  223 – Blutgerinnung  223 – Katheter  228 – Kinder  332 – Komplikationen  230 – Lokalanästhetika  228 – Praxis  223 – Sectio  386 – systemische Auswirkungen  223 – Thromboseprophylaxe  224 – Wirkort  222 – Zubehör  227 Periduralnadel  227 Periduralraum  222 Perikardiozentese  522 Peritonitis  354 Perspiratio insensibilis  161, 282 Petechien  41 Pethidin  549 – Shivering  542 Phantomschmerzen  431 Phäochromozytom  362 – Blutdruck  362 – Narkose  362 – Prämedikation  362 – präoperatives Vorgehen  362 Phase – anhepatische  358 – neohepatische  359 – präanhepatische  358 Phase-II-Block  75 Phenylephrin  95 pH-Wert  30 PiCCO-Monitoring  154 Pierre-Robin-Sequenz  411 Piggyback-Technik  359 Piritramid  549 Placenta praevia  391 Plazentapassage, Anästhesiemedikamente  389 Pleuraspalt, Druck  19 Plexus brachialis  191 – Lagerungsschaden  191 Plexusblockade – axilläre  331

– axilläre Brachialisblockade  239 – Durchführung  238 – inguinale (perivaskuläre) Lumbalisblockade  241 – interskalenäre  238 – obere  331 – Plexus-brachialis-Blockade  237 – Plexus-cervicalis-Blockade  449 – Plexus lumbalis  241 – supraklavikuläre  239 – vertikale infraklavikuläre (VIP)  239 Pneumektomie  477 Pneumonieprävention  199 Pneumoperitoneum  359 Pneumothorax  19 POD s. Delir, postoperatives Polytrauma – Definition  434 – Diagnostik  437 – Erstversorgung  436 PONV – Aufwachraum  536 – Behandlung  536 – gynäkologische Patientinnen  372 – Kinder  333, 339 – Prophylaxe  115 – Risiko  115 Porphyrie  59 Post-Herzstillstand-Syndrom  527 Postreanimationsbehandlung  527 Potts-Anastomose  469 POVOC-Score  334 PPSB-Dosierung  170 Präeklampsie  392 Prämedikation  112 – ambulante Kinder  339 – ambulante Operation  499 – Kinder  311 Präoxygenierung, Sectio  389 Prewarming  186 Prilocain  90, 91 – Anwendung  91 – Nervenblockade  236 – Periduralanästhesie  228 Prognathie  127 ProneView-System  191 Propafenon  100 Propofol  58 – Hirndurchblutung  484 – Kinder  313, 314, 321 – Plazentapassage  389 – TIVA  198 Propofolinfusionssyndrom  59 Prostatakapselperforation  419 Prostataresektion  420 Prostatektomie  421

Protamin  454, 460 Prothesenwechsel, Hüfte  428 Protonenpumpenhemmer  114 PTT  39 Puffer  30 Pufferbasen  30 Pulmonalarteriendruck  155 – Herz-Lungen-Maschine  459 Pulmonaliskatheter  155 – Messwerte  155 Pulmonalstenose  469 Pulskonturanalyse  154 Pulslosigkeit  521 Pulsoxymeter  147 Purkinje-Fasernetz  13 Purpura  41 Pylorusstenose  330 – anästhesiologische Besonderheiten  330

Q Querschnittlähmung  295 Quick SOFA-Score  518 Quick-Wert  36

R Rachentamponade, MKG  408 Rapid Sequence Induction (RSI)  203 Rapifen  71 RCR-Index  250 Reanimation – Adrenalin  525 – Amiodaron  525 – Lidocain  526 – Natriumbikarbonat  526 – Schwangere  395 Reanimationsmaßnahmen – Beendigung  526 – Komplikationen  527 Reanimationszyklus  523 Rechts-links-Shunt  468 Recruitment-Manöver  475 Reflex, okulokardialer  414 Regionalanästhesie  427 – ambulante  500 – intravenöse  245, 500 – Kinder  331 – Techniken  89 Regurgitationsmaßnahmen  203 Rektumtumor  357 Relaxierungsgrad, Einschätzung  79 Remifentanil  70

567 Stichwortverzeichnis

– Kinder  315 Rendell-Baker-Maske bei Kindern  316 Resektion, transurethrale  418 – TUR-Blase  420 – TUR-Syndrom  419 Reservevolumen – exspiratorisches  20 – inspiratorisches  20 Residualkapazität  20 – funktionelle  20 Residualvolumen  20 Retrobulbärblock  414 Rhesus-Faktor-Kompatibilität  166 Rhesus-System  164 Ringer-Laktat  159 Risikomedikamente bei alten Menschen  344 Robertshaw-Tubus  473 Rocuronium  78 – Kinder  315 Ropivacain  91, 213 – Anwendung  91 – Geburtshilfe  380 – Nervenblockade  236 – Sectio  387 ROSC-Reanimation  520 ROTEM  40 Roux-en-Y-Magenbypass  368 Rückenlage  190 Rückenmarkfunktionsüberprüfung  430 Rückstrom, venöser  12, 15 Rytmonorm s. Propafenon

S Sakralblock bei Kindern  332 Sauerstoff   179 – Angebot an die Organe  26 – Farbkennzeichnung  179 – Gehalt  25 – Partialdruck  24 – Sättigungsabfall  148, 538 – Speicher  26 – Transport  24 Sauerstoffbindungskurve  25 Sauerstoffsättigung  25 – arterielle  24 – Normalwerte  25 – partielle  25 Säure  30 SBAR-Konzept, Patientenübergabe  534 Schädel-Hirn-Trauma  439, 492 Schenkelhalsfraktur  429

Schieloperationen  416 Schilddrüse  360 Schilddrüsenoperation, Anästhesie  360, 361 Schlafapnoe, obstruktive (OSA)  300 – Begleiterkrankungen  300 Schlafmohn  66 Schlaganfall, intraoperativer  448 Schmerz – Begriffe  546 – Messung  547 – NSR  547 – neuropathischer  546 – nozizeptiver  546 – ungünstige Auswirkungen  547 Schmerzleitungssystem  84 Schmerztherapie – ambulante  500 – Kinder  334, 335 – medikamentöse  334 – postoperative  202, 546 – Thoraxchirurgie  478 Schnappatmung  22 Schnittentbindung s. Sectio Schnüffelposition  127 Schock – anaphylaktischer  509, 517 – hämorrhagischer  438 – hypovolämischer  516 – kardiogener  517 – neurogener  517 – obstruktiver  517 – septischer  518 Schockbehandlung bei Peritonitis  355 Schockformen  516 Schockraum  434 – Notfalllabor  437 – Team  434 Schulteroperationen  431 Schwangerschaft – Anästhesie  395 – Blutgaswerte  377 – physiologische Veränderungen  377 – Schmerztherapie  555 Schwangerschaftserkrankung, hypertensive  392 Schwangerschaftskomplikationen  393 Sectio – Adipositas  393 – Allgemeinanästhesie  388 – Anästhesie  382 – Dringlichkeit  382 – Periduralanästhesie  386, 387

P–S

– Spinalanästhesie  384 – Väter-Anwesenheit  384 – Wahl des Anästhesieverfahrens  382 Sedierung – Kinder  337 – Stadien  337 – Substanzen  337 – Überwachung  338 Seitenlage  191 Sensibilität, Definition  84 Serotoninantagonist  116 Serumosmolarität  282 Sevofluran  49, 53 – Kinder  312 – MAC-Werte  49, 312 – Plazentapassage  389 Shivering  541 – Clonidin  541 – Magnesiumsulfat  542 – Pethidin  541 – Tramadol  542 Sigmatumor  357 Skolioseoperation  430 Sleevegastrektomie  368 Spannungspneumothorax  439 Spinalanalgesie, Single Shot  381 Spinalanästhesie – ambulante  500 – Anschlagzeit  215 – Auswirkungen  209 – bei Gerinnungsstörungen  211 – intraoperative Betreuung  216 – Kinder  333 – Kopfschmerzen  218 – neurologische Komplikationen  218 – Prämedikation  214 – Praxis  210 – Risiken und Komplikationen  216 – Rückenschmerzen  218 – Sectio  384 – totale  216 – Zubehör  211 Spinalnadel  212 Spinalnerv  206 Splenektomie  357 Spondylitis ankylosans (M. Bechterew)  427 Sputumuntersuchung  264 Standardbikarbonat  32 Steinschnittlagerung, Gynäkologie  372 Stickoxydul  54 Stillzeit, Anästhesie und Schmerztherapie  395

568

Stichwortverzeichnis

Stimmbandoperation  403 Stimmritze  124 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale  423 Strabismus-Operation  416 Stridor, larnygealer  508 Subarachnoidalblutung  490 – Stadieneinteilung  490 Subarachnoidalraum  207 Succinylcholin  74, 295 – Kinder  315 – Myotonien  295 Suchtstörung  292 Sufentanil  69 – Geburtshilfe  380 – Kinder  315 Sugammadex  80 Surfactant  19 Surgical Safety Checklist  184 Switch-Operation  469 Sympathikolytikum  6 Sympathikomimetikum  6 Sympathikus – Blockade  209 – Faser  208 – Herz  12 Symptom, transientes neurologisches (TNS), Spinalanästhesie  219 Synapse  4 Systole  10

T Tachyarrhythmus, supraventrikulärer  262 Tachykardie, ventrikuläre  262 Tachypnoe  21 TAP-Block  244 Target Controlled Infusion (TCI)  198 TCRE-Syndrom, Gynäkologie  372 TEG  40 Testdosis bei geburtshilflicher PDA  381 Thiopental  59 – Kinder  314 – Plazentapassage  389 Thorakotomie, postoperative Behandlung  478 Thoraxchirurgie – Atemtherapie  478 – präoperative  472 – Schmerztherapie  478

Thoraxröntgenbild, präoperatives  109 Thoraxverletzung  438 Thrombinzeit  39 Thromboplastinzeit  36, 39 Thromboseprophylaxe  426 – Periduralanästhesie  224 Thrombozyten  40 Thrombozytenkonzentrat  167 – Dosierung  168 Ticlopidin  225 TIVA  197 Tollkirsche  7 Tonsillektomie  399 – Nachblutung  399, 400 Tonsillen- und Pharynxabszesse  400 Tonsillotomie  399 Totalkapazität  20 Totraumvolumen  20 Tourniquets  426 Tracheotomie  404 Tracrium  77 Train-of-Four (TOF)  79 Tramadol, Shivering  542 Tranexamsäure  455 Transfusionspraxis  171 Transfusionsreaktion – akute hämolytische  173 – Notfallbehandlung  174 Transfusionstrigger  172 Transmitter  4 Transport – in den Aufwachraum  202 – Intensivpatient  202 – Patient  202 Transposition der großen Gefäße (TGA)  469 Trapanal  59 Treacher-Collins-Syndrom  412 Trikuspidalinsuffzienz  261 Trommelfell, Parazentese  400 Tubusgröße  126, 129 Tubuslage, Kontrolle  129 Tuohy-Nadel  227 TUR s. Resektion, transurethrale Tympanoplastik  401

U Übelkeit  536 Umlagerung  192 Unbehagen- und Schmerzskala, kindliche  335

Univent-Blocker  474 Untersuchung, neuroradiologische  494 Urapidil  96 Urinausscheidung  161 – Herz-Lungen-Maschine  459 – Messung  152 – zu geringe  539 Urogenitaltraktverletzung  441 Uterusatonie, Inhalationsanästhetika  390

V Vagus, Herz  12 Vakuum  179 – Farbkennzeichnung  179 Vapor  121 Vasodilatator  96 Vasopressin  96 Vasopressor  94 – Geburtshilfe  382 Vasospasmus, zerebraler  491 Vecuronium  78 – Kinder  315 Venendruck  14 – zentraler  14, 459 – Messung  154 Venenkatheter – V.-femoralis-Katheter bei Kindern  320 – V.-jugularis-interna-Katheter bei Kindern  319 – V.-subclavia-Katheter bei Kindern  319 Venenpunktion  185 Ventilation, alveoläre  20 Ventilebenenmechanismus  15 Ventrikelseptumdefekt  468 Verapamil  100 Verbrennung  431, 440 Verdampfer, Narkosemittel  121 Verletzung, abdominale  439 Videolaryngoskopie  128 Virushepatitis, akute  278 Vitalkapazität  20 Vitrektomie  415 Vollelektrolytlösung, isotone  158 Volumenersatz, intraoperativer  161 von-Willebrand-FaktorKonzentrat  170 Von-Willebrand-JürgensSyndrom  42

569 Stichwortverzeichnis

Vorhofflimmern  262 Vorhofseptumdefekt  468 Vulvektomie  374

W Wachheit, intraoperative  507 Wärmeschutz  186 Wasserintoxikation  284 Wedensky  86

Wedge-Druck  155 – Herz-Lungen-Maschine  459 White-Tubus  473 Widerstand, peripherer  15 Wirbelkanal  206 Wirbelsäule  206 – große Eingriffe  430 – instabile  430 – Operationen  494 – Verletzungen  439, 495 Woodbridge-Tubus  125

S–Z

Z Zahnbehandlung, Anästhesie  409 Zeugen Jehovas, Bluttranfusion  172 Zugang, venöser  185 ZVD s. Venendruck, zentraler Zwerchfellhernie  330 Zystektomie  422 Zystoskopie  421