Wirtschaftliche Einheit und Kartellverbot: Die Stellung des Konzerns im Rahmen des Kartellverbots nach deutschem, europäischem und US-amerikanischem Recht [1 ed.] 9783428514915, 9783428114917

Die Einordnung des Konzerns gehört seit langem zu den ungelösten Problemen des Kartellrechts. Die Schwierigkeiten result

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Wirtschaftliche Einheit und Kartellverbot: Die Stellung des Konzerns im Rahmen des Kartellverbots nach deutschem, europäischem und US-amerikanischem Recht [1 ed.]
 9783428514915, 9783428114917

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Schriften zum Internationalen Recht Band 145

Wirtschaftliche Einheit und Kartellverbot Die Stellung des Konzerns im Rahmen des Kartellverbots nach deutschem, europäischem und US-amerikanischem Recht

Von

Michael Menz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL MENZ

Wirtschaftliche Einheit und Kartellverbot

Schriften zum Internationalen Recht Band 145

Wirtschaftliche Einheit und Kartellverbot Die Stellung des Konzerns im Rahmen des Kartellverbots nach deutschem, europäischem und US-amerikanischem Recht

Von

Michael Menz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-11491-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung Ich danke meinen Eltern Dr. Hans-Peter Menz und Beate Isert, sowie meiner Stiefmutter Dr. Christiane Schrum-Menz für ihre Hilfe und Unterstützung in menschlicher wie finanzieller Hinsicht bei der Erstellung dieser Arbeit. Mein Dank gilt außerdem Annette, die mich während weiter Teile dieser Arbeit begleitet hat. Meinem Doktorvater Professor Dr. Uwe Blaurock bin ich für die Betreuung dieser Arbeit zu Dank verpflichtet. Herrn Professor Dr. Christoph Ann danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg und der Deutsche Akademische Austausch Dienst haben diese Arbeit mit Stipendien, sowie im Falle der Landesgraduiertenförderung zusätzlich mit einem Druckkostenzuschuss unterstützt. Ihnen gilt mein Dank hierfür. Rechtsprechung und Literatur konnten für die Druckfassung bis Ende Februar 2004 berücksichtigt werden. Düsseldorf, im März 2004

Michael Menz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Konzern – Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Problem der rechtlichen Erfassung des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Der Konzern als Normadressat und Zurechnungsgrund im Kartellrecht . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Gegenstand der Untersuchung: Der Konzern im Kartellrecht . . . . . aa) Bedeutung des Konzernverständnisses für die Untersuchung . . . . . . bb) Konzernerscheinungsformen aus betriebswirtschaftlicher Sicht . . . . (1) Konzernverständnis der Betriebswirtschaftslehre . . . . . . . . . . . . . (2) Zentrale, dezentrale und divisionale Konzerne . . . . . . . . . . . . . . (3) Horizontale, vertikale und konglomerate Konzerne . . . . . . . . . . b) Der Konzern als Adressat kartellrechtlicher Normen und im Rahmen der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konzernverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzernphänomenologie des deutschen Konzernrechts . . . . . . . . . . . (1) Der Konzernbegriff, § 18 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unterordnungskonzern und Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . (a) Der Unterordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Der Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vertragskonzern und faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Der Vertragskonzern im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Der Vertragskonzern im GmbH-Recht . . . . . . . . . . . . . . (b) Der faktische Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Der einfache faktische AG-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Der einfache faktische GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . (cc) Der qualifiziert faktische Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Der qualifiziert faktische GmbH-Konzern . . . . . . . . . . (ee) Der qualifiziert faktische Aktienkonzern . . . . . . . . . . . (4) Konzerne unter Beteiligung von Personengesellschaften . . . . . . (a) Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen . . . . . . (b) Personengesellschaft als abhängiges Unternehmen . . . . . . . bb) Wettbewerbsrechtliches Konzernverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regelungszwecke von Konzern- und Kartellrecht . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (a) Konzernrecht als Schutz- und Organisationsrecht . . . . . . . . (b) Regelungsziel des Kartellrechts: Schutz des Wettbewerbs . . (c) Ergebnis: Verschiedenheit der Ansatzpunkte und der Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zur Eigenständigkeit der kartellrechtlichen Begriffsbildung . . . (3) Kartellrechtlicher Konzernbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Übernahme des aktienrechtlichen Konzernbegriffs . . . . . . . (b) Eigenständiger wettbewerbsrechtlicher Konzernbegriff . . . . (c) Lösung von der Funktion des Konzernbegriffs her . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Normadressat und Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verhältnis von Unternehmenseigenschaft und Zurechnung . . . . . . . . bb) Unternehmenseigenschaft des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eigenständige Begriffsbildung im Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . (2) Zum Unternehmensbegriff im GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausdrückliche Regelungen des Konzerns im GWB . . . . . . . . . . (4) Alternativität der möglichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtliche Selbständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Konzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . (b) Polykorporatives Unternehmen als Rechtsform des Konzerns? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Lösung über das Erfordernis rechtlicher Selbständigkeit . . (d) Kritik am Kriterium der rechtlichen Selbständigkeit . . . . . . (6) Funktionaler Unternehmensbegriff: Möglichkeit zur Marktteilnahme als Anforderung an ein Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Erfordernis der Teilnahme am Markt . . . . . . . . . . . . . . . (b) Konzern als Einheit im Rahmen wirtschaftlicher Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Marktteilnahme aufgrund einheitlicher Leitung . . . . . . . . . . (d) Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Zuordnungsfunktion des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Bestimmung eines Zuordnungssubjekts als Aufgabe des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anforderungen an das Zuordnungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . (c) Unternehmenseigenschaft aufgrund des Verhaltens im Einzelfall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Lösung über das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit . . (b) Annäherung an die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (9) Grundsätzliche Einwände gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Wettbewerb innerhalb eines Unternehmens? . . . . . . . . . . . . . (b) Fehlende Handlungsfähigkeit als Hindernis? . . . . . . . . . . . . . (10) Behandlung der wirtschaftlichen Einheit im Verfahren . . . . . . . (11) Behandlung der wirtschaftlichen Einheit in den §§ 2 ff. GWB cc) Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtslage im Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europarechtliches Konzernverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Europäisches Konzernrecht und Recht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . bb) Verbundtatbestände in Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gesellschafts- und Bilanzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bank- und Versicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Börsen-, Steuer-, Arbeits- und Vergaberecht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fazit und Verwendbarkeit im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . cc) Vorschläge des Forum Europaeum Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Formulierung eines europarechtlichen Konzernbegriffs . . . . . . . . . . . (1) Kartellrechtliche Anforderungen an das Konzernverständnis . . (2) Europäisches Konzernverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vergleich mit dem deutschen Konzernverständnis und Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Insbesondere zum Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europarechtliches Konzernverständnis und konzernrelevante Regelungen im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kontrolle in Art. 3 II FKVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbundklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbreitung und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleich mit dem Konzernverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Konzern als Normadressat und die Frage der Zurechnung . . . . . . . . aa) Rechtsfolgen und Zweck der Verbundklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum Unternehmensbegriff der Artt. 81, 82 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einfluss der Verbundklauseln auf den Unternehmensbegriff . . . . . . . dd) Rechtliche Selbständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendung auf den Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritik am Kriterium der rechtlichen Selbständigkeit . . . . . . . . . (3) Gegenposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Alternativität der möglichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Konzern als Unternehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abgrenzung und Zuordnung als Aufgaben des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (3) Gegenstand der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Wirtschaftliche Einheit als Voraussetzung der Unternehmenseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rechtfertigung für die Behandlung des Konzerns als Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Wettbewerbsminderung durch Zurechnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . gg) Vergleich mit der Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidungen der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Wirtschaftliche Einheit als Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsträger als Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Divergierende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Fazit zur Kommissionspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entscheidungen des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Entscheidungen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Entscheidungen im Rahmen des Art. 82 EGV . . . . . . . . . . . . . . (a) Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Sinn des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konzern, Durchgriffshaftung und Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zum Konzernverständnis im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . bb) Zurechnungsfragen und Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wirtschaftliche Einheit und gesellschaftsrechtlicher Haftungsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zurechnung und wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ablehnende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Berücksichtigung verbundener Unternehmen im Antitrustrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Bedürfnis nach Verhaltenskoordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Instrumente der Verhaltenskoordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informelle Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Personelle Verflechtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bevollmächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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c) Die Weisung als Beispiel eines Lenkungsinstruments . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umfang des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gegenstand des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nachteilige Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schranken des Weisungsrechts bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertragliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . cc) Folgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Konzernrechtlich zulässige Lenkungsmittel in einzelnen Konzerntypen aa) Im Vertrags- und Eingliederungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im faktischen Aktienkonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Im faktischen GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Im qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Im Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verhaltenskoordination im Konzern auf europäischer Ebene . . . . . . . . . . aa) Zur Konzernleitung im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Konzernleitung im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verhaltenskoordination im Konzern im US-amerikanischen Recht . . . . . g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung und Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Uneingeschränkte Anwendung des Kartellverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lösung im Rahmen des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Konzernunternehmen keine Unternehmen im konzerninternen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mängel der Lösung über den Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . . dd) Zum dogmatischen Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansätze außerhalb des Tatbestands des Kartellverbots zur generellen Privilegierung konzerninterner Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Privilegierung aufgrund der Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Privilegierung aufgrund aktienrechtlicher Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . e) Form der Vereinbarung/Verhältnis zwischen den Beteiligten . . . . . . . . . . aa) Vereinbarung/Aufeinander abgestimmte Verhaltensweise . . . . . . . . . bb) Miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . f) Lösung im Rahmen des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . .

157 158 158 159 160 160 161 161 162 163 164 164 164 166 168 170 170 171 171 172 172 173 177 178 178 179 181 181 181 183 186 188 188 188 190 191 191 196 198

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Inhaltsverzeichnis aa) Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schutz des Geheimwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fehlende Handlungsfreiheit als Anknüpfungspunkt für die Erfassung des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Voraussetzungen für die Freistellung des Konzerns . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine weitergehenden Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einheitliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rückgriff auf die Konzerntypologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vertraglicher Unterordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Faktischer Unterordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Die Nähe zum Kartell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Gründung vertraglicher Gleichordnungskonzerne . . . . (cc) Verhaltenskoordination im vertraglichen Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Verhaltenskoordination im faktischen Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Privilegierung „fusionsähnlicher“ Tatbestände . . . . . . . . . . . (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Konzerninterner Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Erfordernis einer wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Das Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens im Europarecht a) Lösung im Rahmen des Unternehmensbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarung oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweise . . . . . . . . . c) Lösung im Rahmen des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . d) Vergleich mit der Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entscheidungen der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidungen des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Entscheidungen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Viho-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Grundlagen und systematische Einordnung des Problems . . aa) Erfordernis einer Mehrzahl von Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Differenzierung zwischen section 1 und section 2 Sherman Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Intracorporate- und Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin . . . . . . . . . .

198 200 200 201 202 205 206 207 207 207 208 211 211 212 214 215 215 216 217 218 220 220 222 222 225 225 228 230 233 233 236 237 239 242 242 242 244 247

Inhaltsverzeichnis (1) Intracorporate-conspiracy-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entwicklung der Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin in der Rechtsprechung des Supreme Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Yellow Cab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kiefer-Stewart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Timken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Perma Life . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sunkist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Citizens & Southern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Wende in der Rechtsprechung und ihre Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Copperweld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sachverhalt der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mehrheitsmeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Minderheitsmeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Gründe für die Ablehnung der Intra-enterprise-conspiracyTheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Form vs. Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Historische Auslegung des Sherman Acts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Auswirkungen der Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin . . . (4) Absprache zwischen Mehreren und Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Verhältnis zwischen rechtlicher Untergliederung und Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Lücke im Wettbewerbsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Ergebnis der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Entwicklung seitdem: Erstreckungen von Copperweld und die offene Frage nach den Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit . . . aa) Schwestergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mehrstufige Konzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gemeinsame Kontrolle und gemeinsames Eigentum . . . . . . . . . . . . . dd) Antitrustgesetze der Bundesstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Bundesrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Unzulässigkeit des ursprünglichen Zusammenschlusses als Grenze der Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Offene Folgefragen: Die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nichthundertprozentige Tochtergesellschaften in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) De-minimis-Standard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Forced-merger-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Auf Kontrolle basierender Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 248 250 251 251 254 255 257 258 259 260 263 263 264 264 266 267 267 268 270 271 273 276 282 283 285 286 287 288 291 294 295 296 296 297 298

14

Inhaltsverzeichnis (d) Weitere Entscheidungen und Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Freistellung einzelner vertraglicher Beziehungen durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ein Beispiel aus der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung des Konzerns . . . . . a) Zur Ausgestaltung der wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die wirtschaftliche Einheit in der kartellrechtlichen Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entscheidungen von EuGH und EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Annahme einer wirtschaftlichen Einheit/Zurechnung . . . . . (b) Keine wirtschaftliche Einheit/Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . (c) Insbesondere hundertprozentige Tochtergesellschaften . . . . (2) Entscheidungen der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Annahme einer wirtschaftlichen Einheit/Zurechnung . . . . . (b) Keine wirtschaftliche Einheit/Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . (3) Interpretation der Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansätze in der Literatur zur Konkretisierung der wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fehlende Entscheidungsautonomie und Beherrschungsmöglichkeit . dd) Strukturelle Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . (1) Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kontrolle aufgrund von Mehrheitsbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Widerlegbare Vermutungen nach Anteilsbesitz . . . . . . . . . . . (c) Abweichendes Kontrollverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit und ihre Widerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Die Vermutung gegen eine wirtschaftliche Einheit und ihre Widerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Mögliche Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Notwendigkeit einer strukturellen Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zum Erfordernis tatsächlicher Ausübung bestehender Einflussmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konzerninterner Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Rechtsprechung und Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Tatsächlich ausgeübte Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Kontrollmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Ergebnis: Relevanz tatsächlicher Einflussnahme als Indiz . . . .

300 302 303 305 306 307 308 308 309 310 310 312 313 316 316 320 322 323 324 326 326 326 331 335 338 344 348 348 350 352 352 353 354 354 356 358 367

Inhaltsverzeichnis b) Begrenzung über das Merkmal der Drittwirkung/Erfordernis einer internen Aufgabenverteilung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfechter einer Begrenzung der Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Standpunkt der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ungeeignetheit des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Der Effet-utile-Gedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begrenzung über das äußere Erscheinungsbild: Auftreten als Wettbewerber? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Reichweite der wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) In zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Hinsichtlich der erfassten Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Im Vergleich zur deutschen Konzerntypologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unterordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichordnungskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Absicherung des Ergebnisses und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Organisationsstruktur des Unternehmens und wettbewerbliche Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einheitliche Behandlung des Konzerns im Wettbewerbsrecht . . . . . . cc) Wettbewerbsrechtliche Kontrolle der wirtschaftlichen Einheit . . . . .

15 368 369 371 373 375 376 378 381 381 383 384 384 385 387 388 391 392

IV. Ergebnis und Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 1. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 2. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448

I. Einleitung Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der Einordnung des Konzerns in das Kartellrecht. Dabei verdeutlicht bereits ein kurzer Blick auf die Verbreitung des Konzerns und die mit der Konzernierung verbundenen Chancen und Risiken seine immense wirtschaftliche wie rechtliche Bedeutung.

1. Der Konzern – Chancen und Risiken Die Organisation einer Unternehmung in Konzernform, das heißt durch die Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbständiger Gesellschaften unter einer wirtschaftlichen Leitung, ist in der Rechtswirklichkeit der modernen Marktwirtschaften die dominante Organisationsform unternehmerischer Tätigkeit geworden.1 Sie hat damit die Einzelgesellschaft als vorherrschendes Modell abgelöst. Bestand und Tätigkeit der Konzerne werden soweit ersichtlich in keinem Land grundsätzlich in Frage gestellt.2 Konzerne beherrschen das Bild der Weltwirtschaft und sind die Träger der Globalisierung, da regelmäßig nur sie über die nötigen Ressourcen verfügen, um die verschiedenen Märkte weltweit zu erschließen. Die Globalisierung ihrerseits fördert Bildung und Wachstum von Konzernen, da die Erschließung ausländischer Märkte oft die Schaffung einer 1 Begründung des Vorschlags der Kommission für ein Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 171; Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 342, 346; Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 674; Lübking S. 17 f.; T. Raiser § 50 Rn. 5; Schneider BB 1986, 1993; Theisen S. 8; Timm JuS 1999, 553, 554 f.; H. Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 7. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland zwei Drittel bis drei Viertel der bestehenden Aktiengesellschaften und ungefähr die Hälfte bis 70% der GmbHs konzernverflochten sind. Siehe Bälz AG 1992, 277, 279; Bloß S. 21 f.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 1 II 1; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 3; Lübking S. 17; Timm JuS 1999, 553, 554. Zur Bedeutung der Konzernierung auf europäischer Ebene siehe Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 674 f. v. Bar BB 1980, 1185, 1190 sieht insbesondere den Gleichordnungskonzern als praktizierbare Zusammenschlussform auf europäische Ebene an, weil es bisher an einer europäischen Aktiengesellschaft fehlte. Dies wird sich zum 08.10.2004 ändern. Siehe die jüngst verabschiedete Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 v. 08.12.2001 über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), ABl. Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 1 ff. (SE-VO). Für die USA findet sich die Aussage, dass bereits dreißig bis vierzig Prozent aller US-amerikanischen Exporte konzerninterne Transaktionen multinationaler Unternehmensgruppen sind. Siehe Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 297 Fn. 1. 2 Gleichmann in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, 581, 583.

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I. Einleitung

Gesellschaft im Zielland erfordert bzw. durch die Übernahme eines bereits auf dem jeweiligen nationalen Markt präsenten Unternehmens deutlich erleichtert wird. Daneben suchen angesichts der Herausforderungen einer zusammenwachsenden Weltwirtschaft viele Unternehmen ihr Heil in der Konzernierung, aus Furcht sonst nicht über die für ein Bestehen auf dem Markt erforderliche kritische Größe zu verfügen. Diese kurzen Ausführungen genügen, um die wirtschaftliche Signifikanz des Konzerns bewusst zu machen. Die weltweite Beliebtheit und Verbreitung des „Models Konzern“ resultiert aus diversen weiteren Vorteilen und Anreizen, die diese Organisationsform aus Sicht des Unternehmens mit sich bringt, teilweise aber auch aus gesetzlichen Zwängen. Der Konzern bietet erhöhte finanzielle Flexibilität. Die durch die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen vermittelte Haftungsbeschränkung erhöht die Kalkulierbarkeit des wirtschaftlichen Risikos.3 Durch sie können Haftungsrisiken kanalisiert und auf bestimmte Untereinheiten des Unternehmens beschränkt werden (Haftungssegmentierung). Dem Konzern ermöglicht dies die Aufnahme riskanter Tätigkeiten, ohne sein gesamtes Kapital einzusetzen und die Erschließung neuer Märkte, die er sonst nicht betreten hätte. Außerdem erleichtert die Konzernform die Kapitalakquisition, da weitergehend als im Einheitsunternehmen Möglichkeiten gemeinsamer Finanzierung zur Verfügung stehen und Investoren und Kreditgeber ihr Engagement auf bestimmte Bereiche einer konglomeraten Unternehmung beschränken können.4 Neben der risikobegrenzenden Funktion können rechtlich selbständige Tochtergesellschaften die Zahl der einschlägigen Gerichtsstände reduzieren und so die Gefahr des forumshopping für den Konzern reduzieren.5 Auch im Bereich der Unternehmensleitung und der Organisation bringt der Konzern erhöhte Flexibilität durch dezentrale Entscheidungsfindung auf verschiedenen funktionalen oder lokalen Ebenen. Die Konzernspitze wird dabei durch die Tochtergesellschaften von bestimmten Leitungsaufgaben entlastet und kann sich verstärkt der Ausrichtung und Leitung des Gesamtkonzerns widmen.6 3 Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 62 f. Fn. 193; Immenga in: FS Böhm, S. 253; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 33 ff.; T. Raiser § 50 Rn. 9; Timm JuS 1999, 553, 555; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 542 Fn. 72. 4 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 238; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 37 u. 38 f.; Lübking S. 56. Siehe auch Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1176 Fn. 160. 5 Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 227 f., 253 ff. Dieser Aspekt ist vor allem in den USA von Bedeutung, wo die Wahl des Gerichtes erheblichen Einfluss auf die Erfolgsaussichten einer Klage hat. 6 Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 231; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 28 f.; Timm JuS 1999, 553, 555. Diesen Effekt sieht Hommelhoff dadurch verstärkt, dass die Tochtergesellschaft in ihren Or-

1. Der Konzern – Chancen und Risiken

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Zielabweichungen in Teilbereichen sind im Konzern schneller und exakter zu lokalisieren, die Entscheidungs- und Kontrollwege sind erheblich verkürzt.7 Zugleich wird die Anpassungsfähigkeit an die Besonderheiten lokaler Märkte und die lokale Identifikation mit dem Unternehmen erhöht.8 Der Konzern kann flexibler auf sich ändernde Umweltdaten reagieren und sich ohne größere Umstrukturierungsprozesse von einzelnen Tochtergesellschaften trennen sowie neue Gesellschaften leichter integrieren als ein Einheitsunternehmen.9 Im Falle einer Übernahme ermöglicht die fortbestehende Rechtspersönlichkeit im Konzern den mit der übernommenen Gesellschaft und ihrer Firma verbundenen good will zu erhalten.10 Ein psychologischer Effekt der Konzernform kann in der Stärkung von Motivation und Identifikation der Mitarbeiter liegen, die beispielsweise Titel in einer Tochtergesellschaft erhalten können und deren Rechte und Pflichten innerhalb rechtlicher Einheiten klarer umrissen sind.11 Im Rahmen von Auslandsinvestitionen können ausländische Gesetze die Errichtung nationaler Tochtergesellschaften erzwingen oder durch ausländerdiskriminierende Regelungen doch zumindest begünstigen.12 Aber auch nationale Regulierungen können eine Organisation in Konzernform erfordern oder bevorzugen.13 Schließlich kann die Gründung eines Konzerns steuerlich motiviert sein.14 ganen über ein eigenständiges System aus checks and balances verfügt, das wiederum den Umfang der erforderlichen Kontrolle ihrer Tätigkeit durch die Konzernspitze reduziert. Siehe a. a. O., S. 232 f. Lübking S. 54 f. weist darauf hin, dass die Trennung von Management und Kontrolle institutionalisiert und die hierarchische Kontrolle der Konzerngesellschaften teilweise durch den Markt ersetzt werden kann. 7 Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 29; Kreher S. 137. 8 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 237 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453; Kreher S. 138. 9 Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 30; Kreher S. 138 f.; Lübking S. 56 f.; siehe auch T. Raiser § 50 Rn. 9. 10 Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 62 f. Fn. 193; Immenga in: FS Böhm, S. 253; Timm JuS 1999, 553, 555 f.; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 788 Fn. 45; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 543 Fn. 72. 11 Immenga in: FS Böhm, S. 253; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 29; Kreher S. 138; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 28; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 964. 12 T. Raiser § 50 Rn. 9; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 28; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 964; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 788 Fn. 45; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 542 Fn. 72. Ein Beispiel findet sich bei McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1266 Fn. 145. 13 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 237; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453; Harms S. 18 f.; Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 36 ff.; Schneider BB 1986, 1993. Als Beispiel sei das Spartenprinzip im Versicherungsrecht und im Recht der Hypothekenbaken genannt, das ausschließt, in diesen Bereichen ein diversifiziertes Unternehmen als Einheitsunternehmen zu betreiben. 14 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 (1984); Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 1 V; Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 675; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 235 u. 241; Timm JuS 1999, 553,

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I. Einleitung

Der Konzern ist also für ein Unternehmen aus vielerlei Gründen eine attraktive Organisationsform. Für Unternehmen mit unterschiedlichen Produkten und Produktionsverfahren, heterogenen Betätigungsfeldern und internationaler Präsenz scheint die Organisation in Konzernform nahezu unvermeidlich.15 Aus wettbewerblicher Sicht kann der Konzern Effizienzsteigerungen durch economies of scale, dezentralisiertes Management, geringere Transaktionskosten und effektiveren Vertrieb bewirken.16 Dadurch kann die Organisation in Konzernform wettbewerbsfördernde Wirkungen haben. Neben diesen Vorzügen birgt die Konzernierung aber auch beachtliche Gefahren.17 So werden Haftungsrisiken externalisiert. Auch hat sich gezeigt, dass wachsende Größe mitnichten ein Optimum an Produktivität und Rentabilität gewährleistet.18 Insofern decken sich einzelwirtschaftliche Vorteile der Konzernierung häufig nicht mit gesamtwirtschaftlichen.19 Neben den vor allem im Konzernrecht diskutierten Gefahren für die Minderheitsgesellschaft und Gläubiger der Konzernunternehmen droht außerdem die Vermachtung von Märkten. Konzernierung wirkt konzentrationsfördernd, da sie externes Unternehmenswachstum ermöglicht und dieses mit geringerem Kapitaleinsatz als internes Wachstum betrieben werden kann.20 Grund ist, dass für die Einbeziehung eines Unternehmens in den Konzern nur die Erlangung einer Mehrheitsbeteiligung erforderlich ist, was es erlaubt, Unternehmen unter ihrem vollen Wert zu erwerben. Langfristig entstehen dadurch oligopolistische oder monopolistische Strukturen auf den Märkten, die die marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung bedrohen. Trotz zahlreicher Vorteile ist der Konzern daher aus kartellrechtlicher Sicht nicht unproblematisch. Multinationale Unternehmensgruppen stellen heute eine globale Herausforderung für den Wettbewerb dar.21 556; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 27; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 964. Dabei ermöglicht die Organisation durch Tochtergesellschaften in den USA insbesondere bestimmte steuerliche Folgen, die sich aus der Tätigkeit in mehreren Bundesstaaten ergeben, zu vermeiden. In der Entscheidung Century Oil Tool, Inc. v. Production Specialties, Inc., 737 F.2d 1316, 1317 (5th Cir. 1984) waren steuerliche Erwägungen der einzige Grund, warum zwei in gemeinsamem Eigentum und unter gemeinsamer Kontrolle stehende Gesellschaften nicht fusionierten. 15 Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 30; Kreher S. 137; Schneider BB 1986, 1993. 16 Siehe T. Raiser § 50 Rn. 10; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 542 Fn. 72. 17 Zum ambivalenten Charakter der Konzernierung bereits BVerfG v. 07.08.1962, BVerfGE 14, 163, 280 f. „Feldmühle“. 18 T. Raiser § 50 Rn. 11. 19 Siehe Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19, 23 ff. Kallfass führt aus, dass daneben Managerinteressen zu einer gesamtwirtschaftlich (und aus Sicht der Unternehmenseigner) nicht erstrebenswerten Konzernierung führen, a. a. O., S. 40 ff. 20 Harms S. 18; Immenga in: FS Böhm, S. 253, 255 u. 259; T. Raiser § 50 Rn. 10 f.; Timm JuS 1999, 553, 555. Siehe auch Bälz AG 1992, 277, 278. 21 Vgl. Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 19.

2. Das Problem der rechtlichen Erfassung des Konzerns

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2. Das Problem der rechtlichen Erfassung des Konzerns Das Charakteristische des Konzerns ist, dass durch die Zusammenarbeit in der Gruppe, durch die Funktionalisierung innerhalb eines größeren Ganzen die Einzeleinheit am Funktionieren des Ganzen interessiert wird.1 Da die Einzeleinheit aber zugleich rechtlich selbständig bleibt, ist der Konzern durch die „Polarität zwischen Einheit des Ganzen und Vielheit der Glieder“2 gekennzeichnet. Die phänomenologischen Eckdaten des Konzerns sind die wirtschaftliche Abhängigkeit seiner einzelnen Unternehmensteile einerseits und ihre fortbestehende Rechtspersönlichkeit andererseits. Er stellt deswegen besondere Anforderungen an das Recht und erfordert vielfach eine gesonderte Behandlung.3 Dabei bereitet die Erfassung der Einheit des Konzerns, die sich in der der Konzernspitze übertragenen Planungs- und Entscheidungsgewalt über das Konzernganze niederschlägt, der Rechtswissenschaft seit jeher Schwierigkeiten.4 Auch dem Kartellrecht fällt es schwer, den Konzern in seine Kategorien einzuordnen. Als besonders umstritten hat sich dabei der Umfang der Anwendung des Kartellverbots auf konzerninterne Verhaltenskoordinationen erwiesen. Bei dieser oft unter dem Stichwort „Konzernprivileg“ geführten Diskussion geht es um einen grundsätzlichen Konflikt zwischen den durch das Konzernrecht teilweise legitimierten Interessen des Konzerns und denen des Kartellrechts.5 Während es dem Konzern um den größtmöglichen Freiraum für konzerninterne Kooperation und die Entfaltung einheitlicher Leitung entsprechend den wirtschaftlichen Notwendigkeiten geht, steht das Kartellrecht der Fühlungnahme und erst recht der Abstimmung zwischen Unternehmen äußerst skeptisch, um nicht zu sagen ablehnend, gegenüber. Aus Sicht des Kartellrechts fragt sich, wie viel Freiraum für den Konzern mit den Zielen des Kartellrechts, wie Schutz des Wettbewerbs und Erhaltung seiner Voraussetzungen, vereinbar ist. Die Antwort ergibt sich nicht bereits aus der partiellen Regelung des Konzernsachverhalts im Gesellschaftsrecht. Aus dem Gesellschaftsrecht kann kein eindeutiger Bereich stets rechtmäßigen Handelns im Wettbewerb entnommen werden.6 Vielmehr kann jede Rechtsform, also auch die des Konzerns, in den Dienst einer 1

Druey, Gutachten, H 39, von ihm als „Interessenkonvergenz“ bezeichnet. L. Raiser in: L. Raiser/Sauermann/Schneider, S. 51, 54; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 288. 3 Fleischer AG 1997, 491, 502 bezeichnet die Einordnung des Konzerns in die Kategorien des Wirtschaftsrechts als eine der anspruchvollsten Aufgaben unserer Zeit. Bei H. Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 9 heißt es, „im Konzern ist alles anders . . . jede Rechtsregel ist auf ihre Anpassungsnotwendigkeit an den Tatbestand der Unternehmensgruppe zu prüfen.“ 4 Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 288 f. 5 Zum Verhältnis von Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht vgl. allgemein H. Wiedemann § 13. 6 Immenga in: Immenga/Mestmäcker3, Einl. Rn. 66. 2

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I. Einleitung

Wettbewerbsbeschränkung gestellt werden.7 Daher kann das Wettbewerbsrecht auf eine eigenständige Bewertung und Einordnung des Konzerns nicht verzichten.

Immenga in: Immenga/Mestmäcker3, Einl. Rn. 66; Möschel Rn. 3. Vgl. auch Bälz AG 1992, 277, 279 f. 7

3. Gegenstand der Untersuchung

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3. Gegenstand der Untersuchung Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage, inwieweit das Kartellrecht dem Konzern außerhalb der Zusammenschlusskontrolle Bedeutung beimisst. Es soll geklärt werden, ob und wann der Konzern Normadressat kartellrechtlicher Regelungen, insbesondere des Kartellverbots, sein kann, ob und wann der Konzernsachverhalt im Rahmen der Zurechnung berücksichtigt werden kann und vor allem inwieweit das Kartellverbot auf die Verhaltenskoordination innerhalb des Konzerns Anwendung findet. Auf die Polarität von Einheit und Vielheit bezogen ist zu klären, wo der Konzern im Rahmen dieser Fragen als Einheit und wo nur die Vielheit seiner Glieder wahrgenommen wird. Die Untersuchung beschränkt sich dabei nicht auf das deutsche Recht, sondern analysiert daneben die Rechtslage im Europarecht und im US-amerikanischen Recht. Diesen Blick über den nationalen Tellerrand legt bereits die internationale Bedeutung des Konzerns nahe.1 Druey meint zu Recht, ein internationalerer Sachverhalt als der des Konzerns sei kaum denkbar.2 Aus konzernrechtlicher Sicht kann die Beschränkung auf das deutsche Recht darüber hinaus schon deshalb nicht befriedigen, weil das deutsche Konzernrecht weltweit nahezu singulär geblieben ist.3 Auch aus Sicht des Wettbewerbsrechts ist eine rechtsvergleichende Perspektive geboten. Das deutsche Kartellrecht entwickelt sich längst nicht mehr isoliert, sondern wird vielfach vom europäischen Wettbewerbsrecht und seiner Entwicklung beeinflusst und überlagert. Für multinationale Konzerne ist im Zweifel das europäische Wettbewerbsrecht ohnehin bedeutsamer als das der Mitgliedstaaten. Das US-amerikanische Antitrustrecht schließlich verfügt über eine langjährige und reichhaltige Spruchpraxis, die bereits vielfach Vorbild für Ansätze auch diesseits des Atlantiks war und mit ihrer Kreativität stets ein lohnendes Objekt rechtsvergleichender Betrachtung ist. Die Untersuchung wird im Weiteren wie folgt vorgehen. Nach einer kurzen Reflektion des Konzernverständnisses vor dem Hintergrund des Wettbewerbsrechts beschäftigt sich der erste Hauptteil der Arbeit mit den Fragen von Unternehmenseigenschaft und Zurechnungsrelevanz des Konzerns, während im zweiten Hauptteil, der den Schwerpunkt der Arbeit bildet, der Umfang der Anwendbarkeit des Kartellverbots auf den konzerninternen Bereich sowie die für beide Teile bedeutsamen Anforderungen an eine kartellrechtlich beachtliche Konzernierung geklärt werden. Die Ergebnisse werden anschließend resümiert und in Thesenform zusammengefasst. Dabei wird sich zeigen, dass ab einem gewissen

1 Vgl. Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, der darauf hinweist, dass Unternehmensverbindungen sich an wirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht an nationalen Grenzen orientieren; Theisen S. 8 f. 2 Druey, Gutachten, H 3. 3 Vgl. nur Bälz AG 1992, 277, 284.

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I. Einleitung

Integrationsgrad, der mit dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit gekennzeichnet und im Folgenden weiter ausgearbeitet wird, der Konzern in Anlehnung an das Einheitsunternehmen behandelt werden kann, also Unternehmen ist, eine Zurechnung zwischen den Konzernunternehmen rechtfertigt und hinsichtlich seiner internen Koordination nicht dem Kartellverbot unterliegt.

II. Der Konzern als Normadressat und Zurechnungsgrund im Kartellrecht 1. Einführung Im ersten Hauptteil der Arbeit geht es um die Erfassung des Konzerns durch das Kartellrecht. Es soll geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Konzern Adressat wettbewerbsrechtlicher Normen ist und inwieweit eine Zurechnung von Merkmalen und Verhaltensweisen innerhalb des Konzerns möglich ist. Dazu ist vorab eine kurze Betrachtung des der untersuchten Rechtsordnung jeweils zugrundeliegenden Konzernverständnisses und seiner Bedeutung für die Beantwortung der kartellrechtlichen Fragen hilfreich. a) Der Gegenstand der Untersuchung: Der Konzern im Kartellrecht aa) Bedeutung des Konzernverständnisses für die Untersuchung Der Konzern ist zwar ein aus dem Wirtschaftsleben stammendes Phänomen der Rechtswirklichkeit, doch ist er dem Recht nicht als naturgegeben vorgelagert, sondern wird durch das Recht gestaltet. Grundsätzlich dürfte über die Idee, was ein Konzern ist, Einigkeit bestehen. Ein Konzern umfasst mehrere Rechtsträger, die miteinander verbunden sind und dadurch mehr oder minder ausgeprägt in der Lage sind, ihre wirtschaftlichen Fähigkeiten auf dem Markt zu bündeln. In entsprechendem Maße verlieren die Rechtsträger ihre wirtschaftliche Selbständigkeit. Disziplinübergreifend sind Unternehmensverbindungen durch eine wirtschaftliche Konzentration („Vergemeinschaftung“) der Unternehmen bei fortbestehender Rechtspersönlichkeit der Unternehmensträger gekennzeichnet. Der Konzern wird demzufolge als rechtlich gegliederte Organisationsform für Unternehmen1 oder als Wirtschaftseinheit mit spezifischer rechtlicher Organisation2, nämlich aus zwei oder mehr rechtlich selbständigen Einheiten unter einer wirtschaftlichen Leitung3 verstanden. Kennzeichnend für den Kon1 U. H. Schneider BB 1981, 249; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 320 ff.; Rehbinder S. 57 ff. 2 Kirchner ZGR 1985, 214; Schruff in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Konzern“, Sp. 2274. 3 Kallfass in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 19.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

zern ist, dass er je nach Fragestellung und Blickwinkel entweder als Zusammenschluss rechtlich selbständiger Einzelunternehmen oder als wirtschaftliche Einheit erscheint.4 Ein universeller Konzernbegriff existiert jedoch nicht. Ebenso wenig gibt es eine Legaldefinition des Konzerns im Wettbewerbsrecht. Das Verständnis dessen, was die relevante Unternehmensverbindung ausmacht, kann daher stark differieren, erst recht bei der Untersuchung mehrerer Rechtsordnungen. Diese Unterschiede können sich in der kartellrechtlichen Betrachtung des Konzerns fortsetzen und zu unschiedlichen Fragestellungen, Blickwinkeln und Ergebnissen führen. Es ist auch versucht worden, die Einordnung des Konzerns in das Wettbewerbsrecht durch einen speziellen wettbewerblichen Konzernbegriff zu lösen. Daher erscheint es für eine Untersuchung, die sich mit der Beurteilung von Konzernen im Kartellrecht befasst, hilfreich, sich des der jeweiligen Rechtsordnung zugrundliegenden Konzernverständnisses, soweit es für das Kartellrecht relevant ist, zu versichern, bestehende Unterschiede offen zu legen und die Relevanz des Konzernverständnisses für die Beurteilung kartellrechtlicher Fragen zu klären. bb) Konzernerscheinungsformen aus betriebswirtschaftlicher Sicht Um einen Eindruck von den wirtschaftlichen Organisationsmöglichkeiten des Konzerns zu gewinnen, soll ein kurzer Überblick über die betriebswirtschaftliche Sichtweise des Konzerns gegeben werden. (1) Konzernverständnis der Betriebswirtschaftslehre Während aus juristischer und dabei insbesondere aus konzernrechtlicher Sicht der Verlust wirtschaftlicher Unabhängigkeit durch die Konzernierung im Mittelpunkt der Betrachtung steht, interessieren aus ökonomischer Sichtweise besonders die organisatorischen Möglichkeiten und Probleme, die sich aus der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen ergeben. Die Gestaltung der Rechtsstruktur (legal structure) des Konzerns zielt dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht hauptsächlich auf die Optimierung der Finanzströme.5 Sie wird überlagert und dominiert von der organisatorischen Struktur (management structure). Die betriebswirtschaftliche Durchdringung des Konzerns stand lange Zeit im Schatten der rechtswissenschaftlichen Diskussion.6 So lässt auch eine Aufzäh4

Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 43. Pausenberger in: HWB der Organisation, Stichwort „Internationale(n) Unternehmung, Organisation der“, Sp. 1053; Macharzina in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Multinationale Unternehmung“, Sp. 2902. 6 Theisen S. 16 u. 22; Heitzer S. 31. 5

1. Einführung

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lung der Hauptmerkmale des Konzerns aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Anlehnung an juristische Begrifflichkeiten erkennen. Danach machen den Konzern die Organisation als eine wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungseinheit, die Beibehaltung der rechtlichen Selbstständigkeit einzelner Konzerngesellschaften, die faktische und/oder vertragliche Zuordnung aller Konzernunternehmen und -betriebe unter eine einheitliche Leitung und die Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit an den Spitzen der einzelnen Konzernunternehmen aus.7 (2) Zentrale, dezentrale und divisionale Konzerne Die Betriebswirtschaftslehre unterscheidet heute im Hinblick auf unterschiedliche Möglichkeiten der Unternehmensorganisation und -führung vor allem zentral, dezentral und divisional, d. h. nach Sparten aufgebaute Konzerne.8 Zentral und dezentral organisierte Konzerne unterscheiden sich danach, welche Unternehmensfunktionen bei der Konzernspitze angesiedelt sind, wobei die Grenze nicht trennscharf verläuft: Je mehr Funktionen die Konzernspitze an sich zieht, um so zentralistischer ist der Aufbau – bis hin zum Einheitsunternehmen aus wirtschaftlicher Sicht, bei dem die tatsächliche Organisation des Konzerns mit der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen kaum mehr zur Deckung zu bringen ist.9 Ökonomisch gewendet lässt sich dieser Organisationsspielraum so formulieren, dass die Konzernspitze je nach den zu erwartenden Vorteilen der unterschiedlichen Lösungen den Markt oder das Unternehmen als Institution der Ressourcenallokation einsetzen kann und zwar alternativ und komplementär.10 Die Entwicklung der Struktur von Großunternehmen geht dabei weg von den Archetypen vollständiger Zentralisation oder Dezentralisation hin zu hybriden Organisationsformen.11 Zu den zentralisierten Organisationsformen gehört beispielsweise der sogenannte Stammhauskonzern, der nach den betriebswirtschaftlichen Grundfunktionen wie Produktion, Absatz, Personal, Finanzen, Forschung und Entwicklung zentral gegliedert ist.12 Hier beschränkt sich die Konzernspitze nicht auf das Halten von Beteiligungen oder das Führen des Konzerns, sondern wird eigenunternehmerisch am Markt tätig, das heißt, sie nimmt Funktionen des operativen 7 Theisen S. 15; vgl. auch Heitzer S. 33 f.; Scheffler AG 1990, 173, 174. Scheffler, a. a. O., bezeichnet den Konzern als „Planungs- und Entscheidungseinheit“. 8 Vgl. ausführlicher zur Konzernorganisation aus betriebswirtschaftlicher Sicht Limmer S. 244 ff.; Theisen S. 153 ff. 9 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 I. 10 Kirchner ZGR 1985, 214, 225 f.; Teubner ZGR 1991, 189, 197 ff. 11 Fleischer AG 1997, 491, 494. 12 Eschenbruch Rn.2052; Limmer S. 247 f. u. 254; Theisen S. 169; zur funktionalen Organisation allgemein: Bühner S. 131 ff.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

Geschäfts wahr. Im Gesamtkonzern dominieren die Ziele der Muttergesellschaft. Der divisional aufgebaute Sparten- oder eben Divisionalkonzern ist ein Unterfall der Geschäftsbereichsorganisation, bei der nicht mehr die Funktionen zentral organisiert sind, sondern als Geschäftsbereiche (Divisionen oder Sparten) gegliederte Organisationseinheiten durch die Zentralisation von Produkten, Kunden oder Märkten entstehen.13 Dem zugrunde liegt die Entstehung von wirtschaftlich selbständigen Geschäftsfeldern im Unternehmen, die in dieser Organisationsform eine rechtliche Entsprechung finden.14 Insbesondere bei einer Gliederung nach Produkten oder Produktgruppen weisen die einzelnen Sparten aber häufig für ihren Bereich wiederum eine funktionale Untergliederung auf. Auch bei dieser Konzernform kann die wirtschaftliche Organisation in Widerspruch zur rechtlichen geraten, da die Gliederung nach Geschäftsbereichen häufig ohne Rücksicht auf die rechtliche Selbständigkeit der Einzelunternehmen erfolgt.15 Grundsätzlich sind hier aber die Entscheidungszuständigkeiten dezentraler organisiert als im Stammhauskonzern. Sinn dieses Aufbaus ist die möglichst selbständige Führung der einzelnen Sparten, wenn auch unter dem gemeinsamen Dach der Konzernspitze, die sich in der Regel verschiedene zentrale Aufgaben bzw. einzelne funktionale Bereiche vorbehält und so die Objektgliederung teilweise überlagert (sogenannte Matrixorganisation).16 Die juristisch verselbständigten Tochtergesellschaften werden dabei mit eigener Ergebnisverantwortung als sogenannte Profit Center geführt.17 Die notwendige Verzahnung der einzelnen Konzernebenen erfolgt vor allem durch Personenidentität in den Führungsgremien.18 Die Konzernführung obliegt oft einer Führungsholding. Wenn alle Geschäftsbereiche gesellschaftsrechtlich verselbständigt und ausgegliedert sind und die Konzernspitze nur noch die strategische Steuerung und die Koordination der einzelnen Konzernunternehmen vornimmt, spricht man von einer Managementholding. Hier sind die Entscheidungskompetenzen im operativen Bereich weitestgehend auf die rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften verlagert, sodass hier Rechts- und Organisationsstruktur zur Deckung kommen.19 Die verbleibende Führung erfolgt durch Unternehmensverträge, eine 13 Bühner S. 132 f., 145 ff.; Frisinger/Lehmann DB 1972, 2337; Limmer S. 248; eingehend zum divisionalen Aufbau und seinen Vorteilen Lübking S. 40 ff. 14 Eschenbruch Rn. 2052. 15 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 I; Limmer S. 252; siehe auch Theisen S. 170. 16 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 I; Schießl ZGR 1992, 64, 65. 17 Siehe dazu Schweitzer in: HWB der Organisation, Stichwort: „Profit-Center“, Sp. 2078–2089. 18 Martens in: FS Heinsius, S. 523, 524 f.; Theisen S. 171. 19 Eschenbruch Rn. 2052; Bühner S. 147 f. u. 435 f.; Limmer S. 254 f.; Schießl ZGR 1992, 64, 65; Theisen S. 181.

1. Einführung

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zentrale Finanzplanung oder Personalunion.20 Diese Organisationsform ist letztlich eine spezielle Form der Geschäftsbereichsorganisation mit einer rechtlichen Verselbständigung auf Ebene der Geschäftsbereiche und hoher Autonomie der Organisationseinheiten. Zieht sich das herrschende Unternehmen noch weiter aus der Konzernleitung zurück, bleibt eine reine Finanzholding übrig, bei der die Konzernleitung auch die Verantwortung für konzernstrategische Aufgaben abgegeben hat.21 Die Holding nimmt keine Führungsaufgaben im engeren Sinn wahr, sondern verwaltet und hält nur Beteiligungen und übt ihre Beteiligungsrechte aus.22 Eine einheitliche Leitung liegt hier regelmäßig nicht mehr vor. Die Realisation von Synergieeffekten beschränkt sich auf finanzielle Aspekte. Hier finden sich die vom Betätigungsfeld her konglomeratesten bzw. diversifiziertesten Zusammensetzungen von Konzernen. Derartige Holdingkonzepte, insbesondere in Form der Managementholding, ermöglichen eine Dezentralisierung von Führungsaufgaben, eine höhere Flexibilität der Konzernleitung und transparentere Strukturen durch eine klarere Zuordnung der Kompetenzen und Verantwortungsbereiche.23 Die dadurch erhoffte erhöhte Marktnähe und Innovationsfähigkeit soll ein gegenüber der Einheitsgesellschaft effizienteres Agieren am Markt bewirken. Zugleich führt die gesellschaftsrechtliche Verselbständigung zur rechtlichen Ausgrenzung von Geschäftsfeldrisiken, d. h. zur Haftungssegmentierung.24 (3) Horizontale, vertikale und konglomerate Konzerne Neben dieser Unterteilung nach dem Grad der Entscheidungsautonomie finden sich in der Betriebswirtschaftslehre noch Unterscheidungen nach der Verbindung der wirtschaftlichen Einzelaktivitäten in horizontale, vertikale und konglomerate Konzerne, nach der Übereinstimmung zwischen realer und rechtlicher Konzernstruktur in rechtskongruente und -inkongruente Konzerne sowie in personenverbundene und institutionenverbundene Konzerne.25 20 Eschenbruch Rn. 2052; Mertens ZGR 1994, 426, 433 f.; Schießl ZGR 1992, 64, 66; Theisen S. 183 f. 21 Bühner S. 435; Eschenbruch Rn. 2052; Theisen S. 178. 22 Theisen S. 177 f.; Bühner DB 1994, 437; Schruff in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Konzern“, Sp. 2277. 23 Bühner S. 152 ff. u. 413 ff.; ders. DB 1994, 437; Eschenbruch Rn. 2053; Kirchner ZGR 1985, 214, 223; Theisen S. 182 ff. Vergleiche zu den Vorteilen der Konzernierung aus Sicht des Unternehmens allgemein bereits oben I. 1. 24 Eschenbruch Rn. 2053 f.; Kirchner ZGR 1985, 214, 219 f. und 226 ff. Die rechtlichen Konsequenzen dieser betriebswirtschaftlich motivierten Dezentralisierungstendenzen zeigen sich in dem Ringen um eine adäquate Haftungsverfassung für den Konzern.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

Dabei lassen sich vertikale und horizontale Konzerne unter dem Oberbegriff der konzentrierten Konzerntypen zusammenfassen, die jeweils die Einheit betonen.26 Vertikale Konzerne, auch konzentrierte Konzerne des Prozesstyps genannt, integrieren aufeinanderfolgende Stufen des Leistungsprozesses (Produktions-/Handelsstufen) und führen so zur Nutzung technisch-synergetischer Effekte. Anreiz ist die Vergrößerung der eigenen Wertschöpfung durch Rationalisierung und Sicherung von Absatz- und Beschaffungswegen. Der horizontale Konzerntyp oder konzentrierte Konzerntyp des Programmtyps umfasst Unternehmen mit unterschiedlichen (verwandten) Leistungsangeboten derselben Leistungsstufe. Ziel ist eine Verbesserung der Wettbewerbsposition durch die Integration von Leistungsprogrammen und Marktsegmenten. Möglich sind Synergien bei Beschaffung, Produktion und Absatz. Demgegenüber stehen konglomerate Konzerne, die Unternehmen mit heterogenen Leistungsangeboten verbinden. In diesen Mischkonzernen ist die Autonomie der Teileinheiten höher. Stärken dieses Konzerntyps liegen im Risikoausgleich und der strategischen Diversifizierung. Er weist in erster Linie finanzielle Synergien auf. b) Der Konzern als Adressat kartellrechtlicher Normen und im Rahmen der Zurechnung Die Frage, ob der Konzern Adressat des Kartellrechts ist, kann überall dort auftreten, wo kartellrechtliche Normen den Begriff des Unternehmens verwenden. Sie beschränkt sich damit nicht auf § 1 GWB bzw. Art. 81 EGV, auch wenn sie dort die größte Bedeutung hat und dementsprechend das Kartellverbot im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht.27 Die Einordnung des Konzerns kann aber ebenso beim Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 GWB bzw. Art. 82 EGV), bei §§ 14 oder 20 GWB und im Rahmen der Fusionskontrolle (§§ 35 ff. GWB bzw. Fusionskontrollverordnung28) aktuell werden. Letztlich stellt sie sich immer dann, wenn es für die wettbewerbliche Beurteilung entscheidend auf die Größe oder Wirtschaftskraft eines Unterneh25 Vgl. den Überblick bei Hommelhoff in: Konzernrechtsgespräch, S. 107, 114; sowie Theisen S. 127 ff., 165 ff. Zur Gestaltung der Organisationsstruktur bei multinationalen Unternehmungen siehe Macharzina in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Multinationale Unternehmung“, Sp. 2901 ff. und Pausenberger in: HWB der Organisation, Stichwort „Internationale(n) Unternehmung, Organisation der“, Sp. 1054 ff. Letzterer sieht eine integrierte mehrdimensionale Matrixstruktur als adäquate Organisationsform für internationale Konzerne an, a. a. O., Sp. 1061. 26 Vgl. dazu und zum Folgenden Bleicher in: HWB der Organisation, Stichwort „Konzernorganisation“, Sp. 1155; Schruff in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Konzern“, Sp. 2277. 27 Vgl. zu den einzelnen Fragestellungen auch Schroeder WuW 1988, 274, 275 f. 28 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 v. 20.01.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO), ABl. 2004 Nr. L 24 v. 29.01.2004, S. 1.

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mens ankommt. In diesen Fällen können sich gravierende Unterschiede ergeben, je nachdem, ob man nur auf das betroffene Konzernunternehmen abstellt oder den gesamten Konzern in die Betrachtung mit einbezieht. Dies gilt beispielsweise für die Aufgreifkriterien der Fusionskontrolle in § 35 GWB, die auf die absolute Größe abstellen, oder für die an relativen Kriterien orientierte Marktbeherrschung in § 19 II GWB, aber auch für viele der Ausnahmen vom Kartellverbot in den §§ 2 ff. GWB. Die Umgehungsmöglichkeiten, die sich einem Konzern hier bieten, wenn nur die einzelnen Unternehmen des Konzerns im Rahmen dieser Normen berücksichtigt werden, sind evident. So könnte durch Aufspaltung einer Produktionsgesellschaft in mehrere, rechtlich selbständige Unternehmen unter einheitlicher Leitung der Markanteil und die wettbewerbliche Bedeutung jeder Tochtergesellschaft gering gehalten werden.29 Es stellt sich daher bei etlichen kartellrechtlichen Normen die Frage, inwieweit sie sich an den Konzern richten oder zumindest eine im Ergebnis vergleichbare Zurechnung von Eigenschaften innerhalb des Konzerns ermöglichen. Da der Konzern selbst nicht handlungsfähig ist, wird die Problematik um die Fragestellung ergänzt, ob und unter welchen Voraussetzungen Verhaltensweisen der einzelnen Konzernunternehmen dem Konzern selbst oder anderen Konzernunternehmen zuzurechnen sind. Ist beispielsweise eine Unterlassungsverfügung gegen den ganzen Konzern, also gegen alle Konzernunternehmen, möglich oder muss sie sich auf das jeweils normwidrig handelnde Konzernunternehmen beschränken? Eine vergleichbare Frage kann sich bei einer Bußgeldverfügung ergeben. Kann diese an den ganzen Konzern oder zumindest die Konzernspitze gerichtet werden? Die Relevanz dieser Frage wird unmittelbar einsichtig, wenn man sich einen internationalen Konzern vorstellt, bei dem einzelne kartellrechtswidrig agierende Konzerntöchter oder die Konzernspitze für die Kartellbehörden nicht greifbar sind, etwa weil sie ihren Sitz außerhalb des jeweiligen Hoheitsgebiets haben. Soweit hier andere Konzernunternehmen im jeweiligen Hoheitsgebiet greifbar sind, stellt sich die Frage, ob die Bußgeldverfügung an diese gerichtet werden kann. Dies wäre nur über den Umweg des Konzerns als Adressaten oder eine entsprechende Zurechnung möglich. Im Überblick zusammengefasst sind die Fragen nach dem Normadressaten und der Zurechnung von Bedeutung für: • den Bereich des Kartellverbots und die daran anknüpfenden Sanktionen.30 Insoweit geht es darum, ob sich das Kartellverbot (auch) an den Konzern selbst richtet und um die Frage der Verantwortlichkeit der Konzernunterneh29 Vgl. BGH v. 08.05.1979, BGHZ 74, 359, 368 f. „WAZ“; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 45. 30 Vgl. auch Huie Am. J. Comp. L., 1988 [36], 307, 309: „An examination of the case law defining the term ,undertaking‘ is necessary to understand the Community’s intra-enterprise conspiracy doctrine.“

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men, insbesondere der Konzernspitze, für das kartellrechtswidrige Verhalten anderer Konzernunternehmen. • Ausnahmen vom Kartellverbot, soweit es dabei auf die Größe und Bedeutung der beteiligten Unternehmen ankommt. Hier können sich Unterschiede ergeben, wenn man neben dem einzelnen Konzernunternehmen den gesamten Konzern mit Schwesterunternehmen, insbesondere soweit sie auf der gleichen Wirtschaftsstufe tätig sind, berücksichtigt. So verlangt § 3 GWB, dass es durch das Spezialisierungskartell nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung kommt. Ob die beteiligten Unternehmen marktbeherrschend sind, kann davon abhängen, ob nur das an dem Kartell beteiligte Konzernunternehmen oder der gesamte hinter ihm stehende Konzern berücksichtigt wird. Ganz ähnlich sieht die Fragestellung bei den Rationalisierungskartellen des § 5 GWB aus. Auch im Rahmen des § 4 GWB ergeben sich Unterschiede bei konzernweiter Betrachtung gegenüber der Berücksichtigung nur der einzelnen Konzerntochter für die Frage des Vorliegens kleinerer oder mittlerer Unternehmen und die Frage nach einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt. Schließlich erfordert auch der Art. 81 III EGV nachgebildete § 7 GWB eine Beurteilung der Wettbewerbsbeschränkung, sodass sich hier die gleiche Frage stellt. Im Europarecht finden sich derartige Fragen bei Art. 81 III EGV, wo die Möglichkeit den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren auszuschalten maßgeblich von der Größe und Marktmacht der beteiligten Unternehmen abhängt, was wiederum die Frage nach konzernweiter oder auf das einzelne Konzernunternehmen beschränkter Betrachtung aufwirft. In diesem Bereich sind auch die zu Art. 81 III EGV ergangenen Gruppenfreistellungsverordnung zu beachten, in denen ebenfalls häufig der Marktanteil oder die Wirtschaftskraft eines Unternehmens von zentraler Bedeutung ist. Die Gruppenfreistellungsverordnungen enthalten dabei vielfach explizite Regelungen für verbundene Unternehmen in Form der sogenannten Verbundklauseln.31 • den Bereich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und der Fusionskontrolle, soweit es um die Bestimmung marktstarker bzw. marktbeherrschender Unternehmen geht. Dabei bestehen in der deutschen Fusionskontrolle in § 36 II GWB und in der europäischen in Art. 5 Absätze 4 und 5 FKVO explizite Sonderregelungen. Eine vergleichbare Norm findet sich seit der 6. GWB-Novelle im Rahmen der deutschen Missbrauchskontrolle nicht 31 Vgl. dazu vorerst nur Artt. 2, 3 sowie 11 der Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen, die das bisherige System sektor- und vertragstypischer Gruppenfreistellungsverordnungen abgelöst hat; Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 v. 22.12.1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (GVO Vertikale Vereinbarungen), ABl. 1999 Nr. L 336 v. 29.12.1999, S. 21.

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mehr (anders noch § 22 VI GWB a. F.). Für die europäische Missbrauchskontrolle bestand eine derartige explizite Regelung nie. Die Ausführungen im Folgenden konzentrieren sich schwerpunktmäßig auf die Einordnung des Konzerns im Rahmen des Kartellverbots. Das Ergebnis kann auf die Ausnahmen vom Kartellverbot und letztlich auch auf die Missbrauchskontrolle übertragen werden, da insofern die gleichen Überlegungen gelten. Auf die Zusammenschlusskontrolle wird dagegen nicht weiter eingegangen, da sie nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

2. Rechtslage in Deutschland a) Konzernverständnis aa) Konzernphänomenologie des deutschen Konzernrechts In diesem Abschnitt soll ein kurzer Überblick über die im deutschen Gesellschaftsrecht unter dem Begriff Konzern diskutierten Strukturen sowie die Phänomenologie der Konzerne gegeben werden. Eine ausführliche Darstellung ist hier weder zu leisten noch für den Zweck der Untersuchung erforderlich, zum einen, da bezüglich der Unterteilung der Konzernarten, wenn auch nicht bezüglich der Abgrenzungskriterien im Einzelnen, grundsätzlich Einigkeit besteht und zum anderen, da das Kartellrecht seine Begrifflichkeiten vom Ansatz her eigenständig bildet.1 Die im Gesellschaftsrecht zentralen Fragen der Haftung sind dagegen hier von untergeordneter Bedeutung. Es geht in erster Linie um die Erfassung der rechtlichen Möglichkeiten der Konzernorganisation. Für detailliertere Darstellungen muss auf die spezielle konzernrechtliche Literatur verwiesen werden.2 (1) Der Konzernbegriff, § 18 AktG Gesellschaftsrechtliche Regelungen für den Konzern finden sich in den §§ 15 ff. AktG für sämtliche Unternehmensformen, sowie in den §§ 291 ff. AktG für den AG-Verbund, d. h. für solche Unternehmensverbindungen, in denen eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien die Rolle des abhängigen Teils innehat. Für den GmbH-Konzern sowie für den Konzern der Personengesellschaften existiert ein kodifiziertes Konzernrecht nicht.3 Anwendbar sind insoweit namentlich die allgemeinen Vorschriften des Aktiengesetzes über verbundene Unternehmen (§§ 15–21 AktG). Eine Lösung wird hier vor allem über die gesellschaftliche Treuepflicht, vereinzelt auch über eine analoge Anwendung aktienkonzernrechtlicher Vorschriften,4 gesucht. Vorgreifend lässt sich sagen, dass sich vor allem durch die Judikatur ein allgemeines Konzernrecht entwickelt hat, das dem im Aktiengesetz angelegten Gesamtkonzept folgt und zugleich einer rechtsformspezifischen Ausdifferenzierung auch für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Personengesell1

Vgl. unten II. 2. a) bb) (2). Zum Beispiel Emmerich/Habersack; Emmerich/Sonnenschein/Habersack; T. Raiser §§ 50–57; K. Schmidt §§ 17, 31, 39, 43 III. 3 Timm JuS 1999, 553, 553; Flume AT I/2 § 4 IV (zur GmbH); K. Schmidt §§ 17 V 2, 39 I 1 a; U. H. Schneider BB 1981, 249. 4 Rowedder in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 20, 29 ff.; gegen jede Analogie zum AktG: Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 11; T. Raiser § 53 Rn. 7. 2

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schaften Raum gibt.5 Insofern bedarf es nach wie vor einer Unterscheidung nach der Rechtsform des abhängigen Unternehmens. Das deutsche Konzernrecht knüpft dabei nicht an den Beteiligungserwerb (sog. Konzerneingangs- oder Konzernbildungskontrolle), sondern an die Regelung bereits vorhandener Unternehmensverbindungen und die Ausübung daraus bestehender Rechte an.6 In § 18 AktG findet sich die Definition des Konzerns. Danach ist ein Konzern jede Zusammenfassung mehrerer Unternehmen unter einheitlicher Leitung. Der Konzern als Verbund rechtlich selbständiger Unternehmen, die wirtschaftlich als Einheit geführt werden, erscheint dabei je nach Blickwinkel mehr als einheitliches Unternehmen oder als ein (mehr oder weniger) lockeres Konglomerat der in ihm zusammengeschlossenen Einzelunternehmen.7 Die rechtliche Selbständigkeit der Gliedunternehmen ist zugleich der entscheidende Unterschied zum Einheitsunternehmen, das ebenfalls in sich gegliedert und in gewissem Ausmaß dezentral geführt werden kann. Unabhängig von der Rechtsform der beteiligten Unternehmen und von der Zulässigkeit einzelner Konzernformen werden im deutschen Gesellschaftsrecht Unternehmensverbünde auf tatsächlicher und solche auf vertraglicher Grundlage unterschieden. Bei Ersteren, den sogenannten faktischen Konzernen, beruht die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens auf Beteiligungen, kann aber durch den Abschluss schuldrechtlicher Unternehmensverträge (§ 292 AktG) und durch personelle Verflechtungen der Leitungsorgane verstärkt werden. Der Vertragskonzern entsteht durch Eingliederung oder durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages. Die wechselseitige Beteiligung allein begründet nach der Systematik des Gesetzes noch keinen Konzern,8 dies kommt erst unter den Voraussetzungen der § 19 II und III AktG in Betracht. Nach § 18 AktG ist weiter zwischen Gleichordnungskonzernen (§ 18 II AktG) und Unterordnungskonzernen (§ 18 I AktG) zu unterscheiden. Während nur der Unterordnungskonzern ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 AktG voraussetzt, ist beiden Konzernarten gemeinsam, dass ein oder mehrere rechtlich selbständige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind. Der für den Konzern konstitutive Begriff der einheitlichen Leitung wird in der Literatur unterschiedlich bestimmt.9

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Bälz AG 1992, 277, 285; Eschenbruch Rn. 2073. Vgl. dazu Bälz AG 1992, 277, 284; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 14; Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 816 f.; Timm NJW 1992, 2185, 2186; die Rechtsprechung hat aber inzwischen im faktischen Konzern sowohl für die Ober- als auch für die Untergesellschaft einen Konzerneingangsschutz entwickelt. 7 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 II 1; vgl. auch T. Raiser § 50 Rn. 3 a. E. 8 T. Raiser § 50 Rn. 6 a. E. 6

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Die Vertreter eines engeren Konzernbegriffs gehen von einem Vorverständnis des Konzerns als wirtschaftliche Einheit10 aus und bejahen dementsprechend das Vorliegen eines Konzerns im Rechtssinne nur, wenn die Konzernspitze für die zentralen unternehmerischen Bereiche eine an den Geschicken des Gesamtkonzerns orientierte Planung aufstellt und den Vollzug der Planung durch die Gliedgesellschaften ohne Rücksicht auf deren Selbständigkeit sicherstellt.11 Unerlässlich ist danach eine zentrale Steuerung des Finanzwesens. Dahinter steht die Überlegung, dass nur bei einem so verstandenen Konzernbegriff Raum für die Entwicklung einer Konzernverfassung ist (Konzernorganisationsrecht). Demgegenüber begnügen sich die Anhänger eines weiteren Konzernbegriffs für die Annahme eines Konzerns auch mit einer einheitlichen Planung in einem der anderen zentralen Unternehmensbereiche neben dem Finanzwesen wie etwa Einkauf, Organisation, Personalwesen und Verkauf, vorausgesetzt, dass die Koordinierung der Unternehmen in diesen Bereichen Ausstrahlung oder Rückwirkung auf das Gesamtunternehmen hat.12 Als Argument wird ein möglichst großer Anwendungsbereich für die Normen, die an den Konzernbegriff anknüpfen, angeführt.13 Im Ergebnis dürften sich beide Ansichten annähern, da jede Planung oder Organisation eines der zuletzt genannten Bereiche der Unternehmenspolitik durch das herrschende Unternehmen immer auch den finanziellen Bereich berührt und damit mittelbar eine Wahrnehmung der Finanzpolitik durch das herrschende Unternehmen enthält.14 In der Praxis ist das Finanzwesen ohnehin regelmäßig stärker zentralisiert als jeder andere Bereich.15 Das liegt zum einen daran, dass sich der Finanzbereich für eine Zentralisation besonders eignet, da bei jeder einzelnen Konzerngesellschaft unabhängig von ihrer konkreten Geschäftstätigkeit ein Bedarf an Geld und Finanzdienstleistungen besteht, der zen9 Vgl. dazu Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 17 ff.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 68 Rn. 68; T. Raiser § 51 Rn. 34 ff.; Unternehmensrechtskommission Tz. 1245 ff. Kritisch zur Relevanz der einheitlichen Leitung im System des Rechts der verbundenen Unternehmen K. Schmidt JZ 1992, 856, 857. 10 Dazu Hüfer § 18 Rn. 10; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 14 f. Der Begriff wird dabei nicht mit demselben Verständnis verwendet wie im Wettbewerbsrecht, orientiert sich aber wie dort an den möglichen Leitungsstrukturen eines Einheitsunternehmens. 11 Hüffer § 18 Rn. 11; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 20; Löffler S. 14 ff.; Lutter in: Holding-Handbuch, A 43, 48; Mestmäcker FS Kronstein, S. 129, 131 ff. 12 v. Bar BB 1980, 1185, 1188; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 III 1 c; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 33; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 18 Rn. 7 ff.; Hommelhoff, Konzerleitungspflicht, S. 220 ff. 13 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 III 1 c. 14 Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 18 Rn. 32; Heymann/Henssler § 290 Rn. 20; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 20; Thiele S. 116. 15 Mulert S. 32.

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tral befriedigt werden kann, zum anderen ermöglicht die Kontrolle der finanziellen Ressourcen mehr als die jedes anderen Bereichs eine effektive Steuerung der abhängigen Gesellschaften. Die Beherrschung der finanzwirtschaft-lichen Ablaufprozesse führt insoweit weitergehend als die anderer Abläufe zur Dominanz über die gesamte Leistungsebene, da die Ebene der Finanzierung über der aus Beschaffung, Leistungserstellung (Produktion) und Absatz bestehenden Ablaufebene anzusiedeln ist.16 Aktienrechtlich setzt die einheitliche Leitung die tatsächliche Ausübung des beherrschenden Einflusses voraus,17 die bloße Möglichkeit der Ausübung reicht nicht aus. Eine positive Feststellung der einheitlichen Leitung ist allerdings häufig nicht erforderlich, da die einheitliche Leitung nach § 18 I 3 AktG bei Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses widerleglich und gemäß § 18 I 2 AktG bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages oder Eingliederung sogar unwiderlegbar vermutet wird. Ein Indiz für die Existenz einheitlicher Leitung kann in der Ausgestaltung des konzerninternen Informationswesens gesehen werden, da erst der organisierte Informationsfluss wesentlicher Daten aus den Bereichen der Konzerngesellschaften die Konzernleitung in die Lage versetzt zu entscheiden, in welchem Umfang sie steuernd tätig werden will.18 Sowohl zwischen Unter- und Gleichordnungskonzernen als auch zwischen Vertrags- und faktischen Konzernen sind in der Praxis vielfältige Mischformen denkbar.19 In größeren Unternehmen sind daneben auch Teilkonzerne, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Charakter aufweisen, anzutreffen. (2) Unterordnungskonzern und Gleichordnungskonzern (a) Der Unterordnungskonzern Bei den in der Praxis häufigeren Unterordnungskonzernen nimmt das herrschende Unternehmen Leitungsmacht gegenüber einem oder mehreren abhängigen Unternehmen wahr.20 Unterordnungskonzerne (§ 18 I AktG) können durch einen Beteiligungserwerb (vgl. §§ 17 II, 18 I 3 AktG, sog. faktischer Konzern), den Abschluss eines Beherrschungsvertrages gemäß § 291 I 1, 1. Alt. AktG oder eine Eingliederung gemäß §§ 319 ff. AktG (vgl. § 18 I 2, sog. Vertragskonzern) begründet werden. Konzerne, die auf einem der anderen Unternehmensverträge des § 292 AktG beruhen, zählen dagegen zu den faktischen Konzernen. 16

v. Bar BB 1980, 1185, 1187 f. Begründung RegE. bei Kropff S. 33; Deringer/Herrmann BB 1966, 1157, 1159; Huber ZHR 131 (1968), 193, 199, 223, 228; Thiele S. 113. 18 Mulert S. 33. 19 Kritisch zu den Unklarheiten der Typologie K. Schmidt ZHR 155 (1991), 417, 420. 20 Timm JuS 1999, 656, 658; T. Raiser § 50 Rn. 4; K. Schmidt § 31 II 3 c aa. 17

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(b) Der Gleichordnungskonzern Beim Gleichordnungskonzern unterstellen sich demgegenüber mehrere Unternehmen einer einheitlichen Leitung, ohne dass eines der beteiligten Unternehmen von einem der anderen abhängig ist.21 Auch hier unterscheidet man faktische Konzerne und solche auf vertraglicher Basis. Bei einem vertraglichen Gleichordnungskonzern beruht die einheitliche Leitung auf einem Vertrag im Sinne des § 291 II AktG, wobei es egal ist, ob die gemeinsame Leitung durch eines der beteiligten Unternehmen oder durch ein zu diesem Zweck geschaffenes gemeinsames Leitungsorgan ausgeübt wird. Bei diesem sog. Gleichordnungsvertrag handelt es sich um einen Gesellschaftsvertrag im Sinne der §§ 705 ff. BGB.22 Der Übergang zum Unterordnungskonzern ist hier fließend, da die Einordnung allein davon abhängt, ob man das Leitungsorgan als Unternehmen im Sinne des Konzernrechts qualifiziert oder nicht.23 Daneben sind faktische Gleichordnungskonzerne möglich, namentlich wenn sich zwei Unternehmen in denselben Händen befinden, den Gesellschaftern aber die Unternehmenseigenschaft fehlt oder sie keine eigene Leitungsmacht entfalten, die Koordination vielmehr mit anderen Mitteln ohne Gleichordnungsvertrag erfolgt.24 Zu denken ist hier in erster Linie an personelle Verflechtungen. Die Schaffung gemeinschaftlicher Leitungsorgane oder besondere Absprachen der Beteiligten über ihre Unterstellung unter einheitliche Leitung sind nicht erforderlich, es genügt das bloße Faktum der einheitlichen Leitung.

21 Bälz AG 1992, 277, 283; K. Schmidt §§ 17 III 3 a, 31 II 3 c bb; Timm JuS 1999, 656, 658; kritisch K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 576 f. 22 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 IV 2 a; Hüffer § 18 Rn. 20; Jacob S. 29; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 7. 23 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 IV 2 a; Emmerich AG 1993, 529, 531 f. (am Beispiel des Falls „WAZ/IKZ“ [BGH v. 19.01.1993, BGHZ 121, 137]); Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 18 Rn. 70. Dagegen weist Huber ZHR 131 (1968), 193, 244 darauf hin, dass ein solches Leitungsorgan in der Regel nicht herrschendes Unternehmen sei, da die übrigen Unternehmen des Gleichordnungskonzerns es ihrerseits beherrschten und nicht von ihm abhängig seien. 24 BGH v. 19.01.1993, BGHZ 121, 137, 146 ff. „WAZ/IKZ“; BKartA v. 23.02. 1996, AG 1996, 477 „Tukan/Deil“; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 IV 2 b; Hüffer § 18 Rn. 21; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 68 Rn. 82; T. Raiser § 56 Rn. 2. Ablehnend zur Annahme eines Gleichordnungskonzerns bei Bestehen eines gemeinsamen Mehrheitsaktionärs aber Jacob S. 23 ff., die stattdessen für die Annahme eines Unterordnungskonzerns plädiert. Jacob hält die Existenz faktischer Gleichordnungskonzerne generell für nahezu ausgeschlossen, a. a. O., S. 34.

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(3) Vertragskonzern und faktischer Konzern (a) Der Vertragskonzern (aa) Der Vertragskonzern im Aktienrecht Grundlage des Vertragskonzerns in Form eines Unterordnungskonzerns ist der Beherrschungsvertrag gemäß § 291 I 1, 1. Alt. AktG.25 Dadurch wird dem herrschenden Unternehmen die Leitung der abhängigen Gesellschaft unterstellt. Das Wesen des Beherrschungsvertrages liegt also in der Übertragung der Leitung der abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen (vgl. §§ 308– 310 AktG). Kern ist dabei das weitgehende Weisungsrecht des § 308 AktG, das auch nachteilige Weisungen zulässt, dessen genauer Umfang aber umstritten ist.26 Dieses Weisungsrecht und die ihm unter Ausschaltung der Kapitalerhaltungsregeln (§ 291 II AktG) entsprechende Folgepflicht des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft (§ 308 AktG) leiten eine Umformung der Zuständigkeitsordnung der beherrschten wie auch der herrschenden Gesellschaft ein.27 Das Weisungsrecht korrespondiert allerdings mit der Pflicht, jeden während der Vertragslaufzeit entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen (§ 302 AktG). Wird der Beherrschungsvertrag mit einem Gewinnabführungsvertrag gemäß § 291 I 1, 2. Alt. AktG verbunden, so liegen die Voraussetzungen der körperschaftssteuerlichen Organschaft (§ 14 KStG) vor. Die anderen Unternehmensverträge des § 292 AktG lassen dagegen die Verantwortungsstrukturen des Aktienrechts und insbesondere die Organkompetenzen zumindest teilweise intakt28 und führen nicht zu einem Vertragskonzern. Sie stellen aber oftmals wesentliche Elemente faktischer Konzernierung dar.29 Die Gläubiger- und Minderheitenschutzregeln der §§ 300 ff. AktG finden auf sie ebenso wie die Regeln über die Leitungsmacht und Verantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens (§§ 308 ff. AktG) keine Anwendung.30 Als intensivste Form der Konzernierung besteht schließlich die Möglichkeit der Eingliederung, die eine mindestens 95%ige Tochtergesellschaft voraussetzt (vgl. §§ 319 ff. AktG). Die Eingliederung ist durch das Fehlen außenstehender Aktionäre und einen umfassenden Gläubigerschutz gekennzeichnet (§§ 320a, 322 AktG). Die eingegliederte Gesellschaft besteht in der Folge quasi nur noch 25

Zum Verfahren beim Abschluss und zum Wirksamwerden vgl. §§ 293 ff. AktG. Siehe nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V sowie unten III. 2. c) aa) u. bb). 27 Vgl. hierzu Bälz AG 1992, 277, 285 f. 28 Vgl. Koppensteiner in: Kölner Kommentar, Vorb. § 291 Rn. 66; Kübler § 29 I 2 b; Lutter/Homelhoff Anh. § 13 Rn. 51. 29 Vgl. Timm JuS 1999, 760, 762; Mestmäcker in: FS Kronstein, S. 129, 148; K. Schmidt § 17 III 1 a. 30 Kübler § 29 I 2 a ; Timm JuS 1999, 760, 762. 26

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als rechtlich selbständige Betriebsabteilung der Hauptgesellschaft weiter, welche ein umfassendes Weisungsrecht hat (§ 323 I AktG). Im Erhalt der rechtlichen Selbständigkeit liegt zugleich der markanteste Unterschied zur Verschmelzung. Die Vermögensbindung bei der eingegliederten Gesellschaft ist weitgehend aufgehoben. Als Ausgleich haftet das herrschende Unternehmen für die Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft als Gesamtschuldner (§ 322 AktG). Eingliederung und Beherrschungsvertrag unterscheiden sich damit im Grunde nur dadurch, dass es bei einem Beherrschungsvertrag nicht notwendig zur Verdrängung der außenstehenden Aktionäre aus der abhängigen Gesellschaft kommt (§§ 304, 305 und § 320a AktG). Im Übrigen führen beide zu einem – wenn auch im Umfang unterschiedlichen – Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens (§§ 308, 323 AktG), zu einem Abfindungsrecht der außenstehenden Aktionäre (siehe §§ 305, 320b AktG) und zu einer zumindest mittelbaren Haftung des herrschenden Unternehmens für die Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft (§§ 302 f., 321 f., 324 AktG).31 Der Aufbau von Konzernen erfolgt daher in der Praxis häufig schrittweise über die Stufen Beteiligungserwerb, faktischer Konzern, Vertragskonzern und Eingliederung.32 (bb) Der Vertragskonzern im GmbH-Recht Aufgrund der weitergehenden Weisungsmöglichkeiten der Gesellschafterversammlung der GmbH im Vergleich zur Hauptversammlung der AG (vgl. §§ 37 I, 46 Nrn. 5, 6 GmbHG einerseits und §§ 76 I, 23 V, 119 II AktG andererseits), kann der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH die Gesellschaft beherrschen, ohne auf den Abschluss eines Beherrschungsvertrages angewiesen zu sein. Daher eignet sich die GmbH in besonderer Weise als Konzerntochter, zugleich sind aber die meisten GmbH-Konzerne keine vertraglichen Konzerne, sondern faktische.33 Gleichwohl kann auch eine GmbH als abhängiges Unternehmen an einem Unternehmensvertrag beteiligt sein.34 Dies ist hinsichtlich eines Beherrschungsvertrages vor allem wegen der damit verbunden Möglichkeit auch nachteilige Weisungen zu erteilen, was dem Mehrheitsgesellschafter ansonsten wegen seiner gesellschafterlichen Treuepflicht verwehrt wäre, von Interesse.35 Aus 31 Amstutz Rn. 341; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 11 I; anders wegen der Unterschiede im Weisungsrecht Semler Rn. 282 f., 329 ff., 338. 32 Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 815 f.; Theisen S. 91 ff., insb. S. 95 ff. 33 Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 9; Rowedder/Koppensteiner Anh. nach § 52 Rn. 7; K. Schmidt § 17 IV 2. 34 Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen vgl. BGH v. 30.01.1992, NJW 1992, 1452 „Siemens“; v. 24.10.1988, BGHZ 105, 324, 330 ff. „Supermarkt“; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 143 ff.; Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 52 ff.; Timm GmbHR 1989, 11; ders. JuS 1999, 760, 763.

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steuerlichen Gründen werden die Beherrschungsverträge häufig mit Gewinnabführungsverträgen zu Organschaftsverträgen verbunden. Der alleinige Abschluss von Gewinnabführungsverträgen ist ebenso wie der sonstiger Unternehmensverträge möglich, beides führt aber wie bei der AG nicht zur Begründung eines Vertragskonzerns, sondern nur zum Eingreifen der Regeln über faktische GmbH-Konzerne. Neben den als GmbH-Konzern bezeichneten Unternehmensverbindungen, an denen eine GmbH in der Rolle als abhängige Gesellschaft beteiligt ist, ist die GmbH insbesondere als Betriebsführungsgesellschaft und als Leitungsorgan im vertraglichen Gleichordnungskonzern von Bedeutung.36 (b) Der faktische Konzern (aa) Der einfache faktische AG-Konzern Von einem einfachen faktischen AG-Konzern spricht man, wenn eine AG oder KGaA in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, ohne dass ein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung vorliegt. Die Konzernverbindung wird also kraft tatsächlicher Beherrschungsmacht geleitet.37 In diesem Fall sehen die §§ 311–318 AktG ein System des Einzelausgleichs nachteiliger Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens vor. Hier besteht keine Folgepflicht des Vorstands der abhängigen AG gegenüber der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens (§ 76 I AktG),38 dem seinerseits kein rechtlich begründetes Weisungsrecht zusteht. Die Selbständigkeit der AG wird durch ein kompliziertes Schadensersatzsystem abgesichert (vgl. §§ 317 f. AktG).39 (bb) Der einfache faktische GmbH-Konzern Ähnlich der aktienrechtlichen Regelung liegt ein einfacher faktischer GmbHKonzern vor, wenn eine GmbH von einem anderen Unternehmen abhängig ist, 35 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 32 II 1; Rowedder/Koppensteiner Anh. § 52 Rn. 108; Zöllner ZGR 1992, 173, 186 ff. 36 Zu den Erscheinungsformen siehe auch Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 1 ff.; Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbH-KonzernR Rn. 1a. 37 Hommelhoff, Gutachten, G 12. 38 Bälz AG 1992, 277, 291; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 25 III 1; Koppensteiner in Kölner Kommentar, Vorb. § 311 Rn. 24; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20, 24. 39 Die Bewertung dieses Systems fällt sehr unterschiedlich aus. Vgl. zum Stand der Diskussion Bälz AG 1992, 277, 283 f. u. 291 f.; T. Raiser § 53 Rn. 3 ff.; Timm NJW 1992, 2185, 2193 f.; sowie einerseits K. Schmidt ZGR 1981, 455, 460 ff.; Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 839 ff. und andererseits Hommelhoff, Gutachten, G 19 ff., insb. 24.

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ohne dass zuvor ein Beherrschungsvertrag geschlossen wurde. Allerdings finden die §§ 311 ff. AktG keine analoge Anwendung,40 vielmehr werden hier schutzund organisationsrechtliche Pflichten auf die allgemeine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft und den Mitgesellschaftern gegründet.41 Daraus folgt die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens, das Eigeninteresse der GmbH zu wahren. Eine Schädigung der GmbH ohne Zustimmung aller Gesellschafter ist ihm untersagt (umfassendes Schädigungsverbot).42 Alternativ können derartige Schädigungen als unzulässige verdeckte Gewinnausschüttungen erfasst werden.43 Daneben existiert beim GmbH-Konzern ein (ebenfalls ungeschriebener) konzernrechtlicher Präventivschutz, der aus der Treuepflicht der Gesellschafter abgeleitet wird und für die Rechtmäßigkeit abhängigkeitsbegründende Beschlüsse sachliche Gründe erfordert.44 (cc) Der qualifiziert faktische Konzern Da das System der §§ 311 ff. AktG vom Ausgleich einzelner nachteiliger Maßnahmen ausgeht, setzt es voraus, dass diese Maßnahmen feststellbar und ihre Auswirkungen vermögensmäßig ablesbar sind.45 Hieraus ergibt sich zugleich die Grenze der Konzernführung im faktischen Konzern. Wird die Konzernleitung darüber hinaus intensiviert, spricht man traditionell von einem qualifiziert faktischen Konzern. Kartellrechtlich war die Figur des qualifiziert faktischen Konzerns nie von Bedeutung. Sie ist vielmehr vor allem als konzernrechtliches Haftungsinstitut relevant.46 Entwickelt überwiegend anhand von Fällen in denen eine GmbH das abhängige Unternehmen war, hat der BGH aber 40 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 252 f.; ders., Gutachten, G 12, 71; Schwark JuS 1987, 443, 447; Ulmer NJW 1986, 1579, 1580; so jüngst auch BGH v. 17.09.2001, BGHZ 149, 10 „Bremer Vulkan“, dazu unten Fn. 54; a. A.: Rowedder in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 20, 29 ff. 41 Herrschende Meinung, vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 30 II 1 und III 1 a; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 68 u. 70; Fleck WM 1986, 1205, 1208; Timm JuS 1999, 867, 868; anders vom Ansatz her Bälz AG 1992, 277, 293 f. u. 306 f., der Treuepflichten nur als Förderpflichten gegenüber der Gesellschaft, aber nicht zwischen den Gesellschaftern anerkennt. 42 Ebenfalls herrschende Meinung; siehe Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 30 III 2; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 70; Hommelhoff, Gutachten, G 13; Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 17; T. Raiser § 53 Rn. 46. 43 Timm JuS 1999, 867, 868. 44 BGH v. 16.02.1981, BGHZ 80, 69, 74 f. „Süssen“; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 8 II 3; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 62 f.; Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 12 ff.; Lutter/Timm NJW 1982, 409; Timm GmbHR 1981, 177, 182 ff.; Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbH-KonzernR Rn. 68 ff. 45 Emmerich GmbHR 1987, 213, 216; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 113; vgl. auch Hommelhoff, Gutachten, G 13 f. 46 So auch Potrafke S. 207.

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zwischenzeitlich gerade für diese Situation einen Rückgriff auf konzernrechtliche Haftungsregeln ausdrücklich aufgegeben und eine nicht spezifisch konzernrechtliche Haftung für so genannte existenzvernichtende Eingriffe begründet.47 Die Kriterien für die Annahme eines qualifiziert faktischen Konzerns sind im einzelnen von jeher lebhaft umstritten. Verbreitet wird eine entsprechende qualifizierte Abhängigkeitslage als gegeben angesehen, wenn die Intensität der Einflussnahme eine solche Dichte erreicht hat, dass einzelne schädigende Maßnahmen nicht mehr isoliert werden können bzw. wenn einzelne schädigende Maßnahmen ihrer Art nach einem Ausgleich nicht zugänglich sind (sog. Verhaltenshaftung).48 Erforderlich ist danach eine nicht mehr quantifizierbare Überlagerung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft durch die Interessen der Konzernspitze, sodass das auf den Ausgleich einzelner Nachteile angelegte System der §§ 311 ff. AktG versagt. Neben der (besonders stark verdichteten) Leitung bedarf es also des weiteren Elements der nicht isolierbaren, breitflächigen Schädigung.49 Haftungsauslösend ist danach ein objektiver Missbrauch der Leitungsmacht.50 Ein anderer Teil insbesondere des älteren Schrifttums lässt es ausreichen, dass die Geschäftsleitung des beherrschten Unternehmens de facto auf das herrschende Unternehmen übergegangen ist, ohne das es auf eine schädigende Wirkung der Interessenüberlagerung ankäme (sog. Zustandshaftung).51 Häufig wird auch davon gesprochen, ein qualifiziert faktischer Konzern läge jedenfalls dann vor, wenn das herrschende Unternehmen das abhängige wie eine unselbständige Betriebsabteilung behandelt. Dies kennzeichnet indes eher einen typischen Beispielsfall, als dass es eine Definition darstellt. 47 BGH v. 24.06.2002, NJW 2002, 3024 „KBV“; v. 25.02.2002, BGHZ 150, 61 „L. Kosmetik“; v. 17.09.2001, BGHZ 149, 10 „Bremer Vulkan“. Zur geänderten Rechtsprechung und den Anforderungen an einen existenzvernichtenden Eingriff siehe beispielsweise Benecke BB 2003, 1190; Döser AG 2003, 406, 412 ff.; Habersack in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 4 u. Anh. § 318 Rn. 33 ff., K. Schmidt NJW 2001, 3577. 48 Kreher S. 93 ff.; Lutter in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 192, 207 f.; Timm NJW 1987, 977, 981 f.; ähnlich: Emmerich GmbHR 1987, 213, 216; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 28 III 1; Fleck WM 1986, 1205, 1212; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 114 f. 49 Teilweise werden nicht isolierbare Einflussnahme und Schädigung/objektiver Missbrauch auch als zwei Merkmale aufgefasst, vgl. beispielsweise Scheffler AG 1990, 173, 174. Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 25 ff. unterscheiden sogar fünf Tatbestandsmerkmale. K. Schmidt § 39 III 3 c unterscheidet hier nochmals zwei Ansichten, deren eine auf die dauernde nachhaltige Schädigung abstellt, während die andere die fehlende Isolierbarkeit einzelner schädigender Maßnahmen aufgrund der Dichte der Beherrschung fordert. 50 Kreher S. 95, 127. 51 Arbeitskreis GmbH-Reform S. 49 f., 59 f.; Assmann JZ 1986, 928, 934 f.; Decher DB 1990, 2005, 2009f; Priester ZIP 1986, 137, 142; Rehbinder AG 1986, 85, 89 ff.; U. H. Schneider ZGR 1980, 511, 544 f.; Ulmer NJW 1986, 1579, 1584 f.

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Der BGH sah in seiner Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen GmbH-Konzern den objektiven Missbrauch der Gesellschafterstellung als haftungsbegründend an, der gegeben sein sollte, wenn das herrschende Unternehmen die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausübt, die keine angemessene Rücksichtnahme auf die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft nimmt (nachteilige Beeinträchtigung des Tochtereigeninteresses52), ohne dass sich der zugefügte Nachteil durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren ließe.53 Damit neigte er der Verhaltenshaftung zu. (dd) Der qualifiziert faktische GmbH-Konzern Aufgrund der genannten Rechtsprechungsänderung, hat sich die Anwendung der Haftungsregeln des Vertragskonzerns, insbesondere der §§ 302 und 303 AktG, auf die bisher als qualifiziert faktischer GmbH-Konzern bezeichnete Konstellation erledigt.54 (ee) Der qualifiziert faktische Aktienkonzern Hinsichtlich des qualifiziert faktischen AG-Konzerns ist bereits seine grundsätzliche Zulässigkeit umstritten. Überwiegend wird heute eine qualifiziert faktische Konzernierung als unvereinbar mit der gesetzlich normierten Weisungsfreiheit des Vorstandes (§ 76 I AktG) und daher unzulässig angesehen.55 Unab52

Hommelhoff, Gutachten, G 34. BGH v. 29.03.1993, BGHZ 122, 123, 130 f. „TBB“. Vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung des BGH vor der Aufgabe des qualifiziert faktischen GmbH-Konzerns Kreher S. 72 ff. 54 Differenzierend indes K. Schmidt § 39 III 4 b, der – wie vor der Rechtsprechungsänderung – ein Dreistufenmodell vorschlägt und zwischen einen Verlustausgleich analog § 302 AktG als Konzernstrukturhaftung, einer Haftung für schlechte, dauerhaft schädigende Konzernleitung (Konzernverhaltenshaftung) und einer Haftung für einzelne schädigende Einflussnahmen trennt. Die Anwendung von § 302 AktG auf der höchsten Haftungsstufe sieht K. Schmidt durch die geänderte Rechtsprechung des BGH nicht in Frage gestellt. Zur früheren Anwendung der aktienkonzernlichen Haftungsregeln siehe BGH v. 23.09.1991, BGHZ 115, 187, 197 f. „Video“; v. 20.02.1989, BGHZ 107, 7, 15 „Tiefbau“; v. 16.09.1985, BGHZ 95, 330, 345 „Autokran“; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 121 ff.; Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 24 ff.; Lutter AG 1990, 179, 181; a. A.: Bälz AG 1992, 277, 292 f. u. 305 (Haftung nach §§ 311, 317 I AktG). 55 Wohl h. M.: Emmerich/Sonnenschein § 28 II 2; Habersack in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 27; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 139, 142; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 128; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 70; K. Schmidt § 31 IV 4 a; aus der Rechtsprechung OLG Hamm v. 03.11.1986, NJW 1987, 1030 „Banning“; a. A.: Koppensteiner in: Kölner Kommentar, Vorb. § 311 Rn. 24 und § 311 Rn. 104, der allerdings auch die Veranlassung der qualifizierten faktischen Konzernierung als verboten bezeichnet, aber eben nicht den Zustand; Decher DB 1990, 2005, 2006 f.; kritisch auch Ebenroth AG 1990, 188, 191. 53

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hängig von der Frage der Zulässigkeit besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass im qualifiziert faktischen AG-Konzern die §§ 302, 303 AktG56 sowie die §§ 304, 305 AktG57 entsprechende Anwendung finden. Hinter dieser Tendenz zur analogen Anwendung der Vorschriften über den Vertragskonzern steht das Bestreben, durch die Zubilligung von Abwehransprüchen die Entstehung qualifiziert faktischer Konzern zu verhindern. Zwar spricht vieles dafür, dass diese Grundsätze auch nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum GmbH-Konzern fortgelten, letztlich wird dies aber abzuwarten bleiben.58 (4) Konzerne unter Beteiligung von Personengesellschaften (a) Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen Diese in der Konzernpraxis vertraute Erscheinung weist keine wesentlichen Unterschiede zum Konzernrecht der Kapitalgesellschaften auf. Allerdings stellen Maßnahmen in den Tochtergesellschaften zugleich Geschäftsführungsmaßnahmen bei der Muttergesellschaft dar, die dort erneut zu qualifizieren sind und gegebenenfalls der Zustimmung der Minderheit bedürfen.59 Sonst könnte die Mehrheit der Muttergesellschaft durch bloße Ausgründung oder den Erwerb von Tochterunternehmen einen von der Einflussnahme der Minderheit weitgehend freien Betätigungsraum schaffen. (b) Personengesellschaft als abhängiges Unternehmen Die faktische Beherrschung einer Personengesellschaft ist im Grundsatz ebenso wie die der GmbH möglich. Erfolgt der Beschluss über die Einbeziehung der abhängigen Gesellschaft in den Konzern mit der Zustimmung der übrigen Gesellschafter, so entsteht ein (eingeschränktes) Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens (entsprechend § 308 AktG). Ohne Zustimmung al56 Decher DB 1990, 2005, 2007 f.; Ebenroth AG 1990, 188, 192 f.; Fleck WM 1986, 1205, 1212 f.; Flume AT I/2 § 4 IV a. E.; Habersack in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 23 u. 25; Hüffer § 302 Rn. 30, § 311 Rn. 11; MünchHdb.GesR IV/ Krieger § 69 Rn. 122 ff.; Lutter ZGR 1982, 244, 262 ff.; ders. AG 1990, 179, 181; T. Raiser § 53 Rn. 63; Timm NJW 1987, 977, 981 Fn. 43; a. A.: Koppensteiner in: Kölner Kommentar, Vorb. § 311 Rn. 24; Schießl AG 1985, 184, 186. 57 Decher DB 1990, 2005, 2007 f.; Ebenroth AG 1990, 188, 193; Habersack in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 29 f.; Lutter AG 1990, 179, 181; Timm NJW 1987, 977, 983 f.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 126 (nur für § 305 AktG); a. A.: Koppensteiner in: Kölner Kommentar, Vorb. § 311 Rn. 25. 58 Siehe etwa Hüffer § 302 Rn. 30. Für eine unveränderte Fortgeltung der bisherigen Grundsätze etwa Habersack in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 1 u. 5; K. Schmidt § 31 IV 4 a. 59 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 35 I 1; U. H. Schneider ZHR 143 (1979), 485, 498 ff., 520; Timm JuS 1999, 966; vgl. auch K. Schmidt § 43 III 1 b.

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ler Gesellschafter ist die Einbeziehung rechtswidrig,60 da es sich um eine Änderung des Gesellschaftszwecks bzw. um ein Grundlagengeschäft handelt. Spätestens mit dem Übergang zum qualifizierten faktischen Konzernverbund, d. h. bei Fallgestaltungen, die durch eine nachhaltige Beeinträchtigung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft ohne die Möglichkeit eines Einzelausgleichs gekennzeichnet sind, finden die §§ 302, 303 AktG analoge Anwendung.61 Nach teilweise vertretener Ansicht soll dies sogar bei sämtlichen faktischen Personengesellschaften der Fall sein.62 Ob ein Beherrschungsvertrag und damit die Bildung eines Vertragskonzerns mit einer Personengesellschaft als abhängiges Unternehmen möglich ist, ist umstritten, da das Prinzip der Selbstorganschaft tangiert wird. Während eine Ansicht63 Beherrschungsverträge für unzulässig hält, jedenfalls, wenn und solange natürliche Personen an der abhängigen Gesellschaft beteiligt sind, denen eine persönliche Haftung droht, wird zunehmend64 angenommen, dass der Abschluss eines Beherrschungsvertrages zumindest dann zulässig ist, wenn ihm alle Mitgesellschafter zugestimmt haben und das herrschende Unternehmen die Mitgesellschafter im Innenverhältnis von der persönlichen Haftung freigestellt hat. Nur wenn Letzteres der Fall ist, soll das Weisungsrecht mit der Haftungsstruktur der Personengesellschaft vereinbar sein. bb) Wettbewerbsrechtliches Konzernverständnis In Anbetracht der detaillierten gesellschaftsrechtlichen Regelungen fragt es sich, welche Relevanz dieses Konzernverständnis für das Kartellrecht hat. Zunächst ist es sicher der gedankliche Ausgangspunkt für jeden, der sich im deutschen Recht mit dem Konzern beschäftigt. Bindend ist es für das Kartellrecht allerdings nicht, wie sich aus den unterschiedlichen Regelungszwecken von Konzern- und Kartellrecht (unten (1))65 sowie der damit zusammenhängenden 60 Baumbach/Hopt § 105 Rn. 102; Burbach S. 407 f.; K. Schmidt § 43 III 3 a; differenzierend Heymann/Emmerich § 105 Anhang Rn. 7 (Zustimmungserfordernis nur für den Fall, dass der Mehrheitsgesellschafter ein Konkurrenzunternehmen betreibt; anders aber a. a. O. Rn. 18: Zustimmung stets erforderlich). 61 BAG v. 01.08.1995, NJW 1996, 1491; i. E. auch BGH v. 05.02.1979, NJW 1980, 231 „Gervais“; Baumbach/Hopt § 105 Rn. 104; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 34 II 1 b; Limmer GmbHR 1992, 265, 270 ff.; a. A.: Bälz AG 1992, 277, 295 u. 305 (Anwendung der §§ 311, 317 AktG). Auch hier wird abzuwarten sein, wie sich die Rechtsprechungsänderung des BGH in der Entscheidung „Bremer Vulkan“ auswirkt, vgl. Baumbach/Hopt § 105 Rn. 104. 62 Heymann/Emmerich § 105 Anh. Rn. 18. 63 Burbach S. 215, 314 ff.; Flume AT I/1 § 14 X; Löffler S. 24 ff.; U. H. Schneider ZGR 1980, 511, 517 ff.; ders. ZGR 1975, 253, 265 ff.; Unternehmensrechtskommission Tz. 1714 ff. 64 Baumbach/Hopt § 105 Rn. 105; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 34 III 3; K. Schmidt § 43 III 4; in diesem Sinne auch Bälz AG 1992, 277, 287 f.

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autonomen Begriffsbildung des Kartellrechts (2) ergibt. Daher ist zu klären, ob ein eigener, möglicherweise abweichender Konzernbegriff des Kartellrechts nötig oder auch nur hilfreich ist (3). (1) Regelungszwecke von Konzern- und Kartellrecht (a) Konzernrecht als Schutz- und Organisationsrecht Aufgrund der Konzernierung wird das abhängige Unternehmen in das Zielsystem des herrschenden Unternehmens integriert, das in aller Regel nicht vorrangig auf den Bestand und die Entwicklung des jetzt konzernunterworfenen abhängigen Unternehmens ausgerichtet ist. Daraus erwächst ein besonderes Schutzbedürfnis für die abhängige Gesellschaft und deren Minderheitsgesellschafter, da die wesentlichen Entscheidungen nicht (mehr) in der eigenen Gesellschaft, sondern in der sie beherrschenden Konzernspitze getroffen werden. Verkürzt gesagt droht hier Gefahr für die „Richtigkeit“ der Willensbildung in dem abhängigen Unternehmen.66 Nicht wesentlich besser stehen die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft dar, denn deren Interessen ist allein durch den über das Kapitalschutzrecht gewährleisteten Erhalt des Stamm- bzw. Grundkapitals nicht gedient, wenn die herrschende Gesellschaft die abhängige langsam aushöhlt, indem sie alle übrigen Mittel abzieht. Schließlich wurde im Laufe der Zeit erkannt, dass auch die Minderheit in der herrschenden Gesellschaft davor geschützt werden muss, dass ihr durch Ausgliederung von Unternehmensteilen der Einfluss auf die lukrativsten Unternehmensteile entzogen wird.67 Den vorgenannten Bedürfnissen versucht das Konzernrecht in seiner Funktion als Schutzrecht zu genügen.68 Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, 65 Vgl. allgemein zum Verhältnis von Wettbewerbs- und Gesellschaftsrecht Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 797 ff. und H. Wiedemann § 13 I 1, 2 a; zum Unterschied zwischen Kartell- und Konzernrecht auch Möschel Rn. 709. 66 K. Schmidt § 17 I 1 a. 67 BGH v. 25.02.1982, BGHZ 83, 122 „Holzmüller“; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 6 f.; Lutter in: FS H. Westermann, S. 347, 351 ff.; U. H. Schneider ZHR (143), 485, 488 f., 498 ff., 516 ff.; ders. BB 1986, 1993, 1994 f.; Timm AG 1980, 172. 68 Vgl. Begründung RegE. bei Kropff, S. 373 ff.; Bälz AG 1992, 277, 281; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 68 Rn. 1; U. H. Schneider ZHR 143 (1979), 485, 488; ders. BB 1981, 249; Timm JuS 1999, 553, 556, sowie 867; Emmerich/Sonnenschein/ Habersack § 20 I 1 (für das Aktienkonzernrecht). In BGH v. 04.03.1974, BGHZ 62, 193, 196 heißt es: „Der Sinn der Abhängigkeitsvorschriften liegt nämlich vor allem darin, die abhängige Gesellschaft, insbesondere im Interesse ihrer Minderheitsaktionäre und Gläubiger, gegen einen fremdbestimmten Unternehmerwillen zu schützen.“ Siehe auch Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 80, der als weiteren Aspekt die Legitimation nachteiliger Gruppenleitung erwähnt. Kritisch zu diesem Erfordernis Bloß S. 161 ff., insbesondere S. 168 f.

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dass das Konzernrecht nicht nur Schutzrecht für die abhängige Gesellschaft, deren Minderheitsgesellschafter und Gläubiger ist, sondern auch Organisationsrecht darstellt.69 In den organisationsrechtlichen Bereich gehören insbesondere die Fragen der Konzernleitung und der Konzernleitungspflicht.70 So werden insgesamt unter Konzernrecht als Sonderrecht der Unternehmensgruppe die schutz- und organisationsrechtlichen Aspekte sämtlicher Formen von Unternehmensverbindungen verstanden.71 (b) Regelungsziel des Kartellrechts: Schutz des Wettbewerbs Das Kartellrecht ist ebenso wie das das Konzernrecht beheimatende Gesellschaftsrecht Teil des Wirtschaftsrechts.72 Es ist Teil der rechtlichen Grundlegung der Marktwirtschaft. Es dient aber im Gegensatz zu dem an Gesellschafter-(und Gläubiger-)Interessen orientierten Gesellschaftsrecht gesamtwirtschaftlichen Interessen. Das GWB als zentrales Gesetz des deutschen Kartellrechts soll laut seiner Begründung „die Freiheit des Wettbewerbs sicherstellen und wirtschaftliche Macht da beseitigen, wo sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs und die ihm innewohnenden Tendenzen zur Leistungssteigerung beeinträchtigt und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher in Frage stellt“73. Es soll also Unternehmen hindern, ihrerseits den Wettbewerb auszuschließen oder zu beschränken.74 Geschützt wird im Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen, wie schon die Bezeichnung nahe legt, der Wettbewerb in seiner entmachtenden oder gesellschaftspolitischen Funktion bzw. als Ordnungsprinzip, und zwar vor Beschränkungen ebenso wie vor strukturellen Gefahren.75 Der geschützte Wettbewerb wird dabei als marktwirtschaftliche Institution, als ein vom Gesetzgeber gewünschter Zustand geschützt.76 Daneben steht, zumindest als Reflex, der Schutz des einzelnen Marktteilnehmers als Individuum.77

69 K. Schmidt § 17 II 1; T. Raiser § 50 Rn. 13; U. H. Schneider BB 1981, 249; Timm JuS 1999, 553, 554; die Interdependenz beider Aspekte betont zu Recht Lübking S. 19 f. 70 Vgl. hierzu K. Schmidt § 17 II 1 a; U. H. Schneider BB 1981, 249, 250 ff.; grundlegend Hommelhoff, Konzernleitungspflicht. 71 Timm JuS 1999, 553, 554; vgl. auch K. Schmidt § 31 I 2. 72 Rittner Einleitung Rn. 10. 73 Begründung RegE. BT-Drs. II/1158, nach Anl. I, S. 1. 74 Mestmäcker in: Immenga/Mestmäcker3, Einl. Rn. 1; Bechtold Einführung Rn. 46. 75 Vgl. Bechtold Einführung Rn. 45 ff.; Bunte in: Langen/Bunte, Einf. zum GWB Rn. 45 f., 49, 53; Möschel Rn. 2, 9; Rittner § 5 Rn. 1 f. u. 41 ff. 76 Rinck Rn. 797; v. Gamm Einf. A Rn. 10, 12; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 4. 77 Es ist davon auszugehen, dass das GWB sowohl den Individualschutz als auch den Institutionsschutz vor Augen hat. Vgl. zum diesbezüglichen Streit z. B. Funck S. 112 f.; Miethke S. 76 ff.

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(c) Ergebnis: Verschiedenheit der Ansatzpunkte und der Regelungsziele Dieser kurze Vergleich mag genügen, um zu zeigen, dass Konzernrecht und Kartellrecht von verschiedenen Regelungsgegenständen ausgehen und verschiedene Regelungszwecke verfolgen. Das Gesellschaftsrecht, und als Teil desselben das Konzernrecht, setzt beim Unternehmen an, während das Kartellrecht sich mit dem Markt als der zweiten zentralen Institution zur Ressourcenallokation in marktwirtschaftlich verfassten Volkswirtschaften befasst.78 Noch deutlicher zeigt sich die Verschiedenheit der Materien bei den dargestellten Regelungszielen: Während sich das Kartellrecht dem Wettbewerbsprinzip verpflichtet zeigt, trifft das Gesellschaftsrecht in erster Linie organisations- und verfahrensrechtliche Regelungen, ist aber wettbewerbsrechtlich neutral.79 Dabei kommt es auf die ebenso schwierige wie umstrittene Frage, was Wettbewerb genau bedeutet hier nicht weiter an, da der aufgezeigte Unterschied unabhängig davon besteht. (2) Zur Eigenständigkeit der kartellrechtlichen Begriffsbildung Kartellrechtliche Fragestellungen lassen sich also – wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke und wegen der Selbständigkeit der beiden Rechtsgebiete – nicht abschließend aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe beantworten.80 Es ist daher naheliegend, dass beide Rechtsgebiete ihre Begrifflichkeiten im Hinblick auf ihre jeweiligen Ziele und Bedürfnisse eigenständig entwickeln.81 Folglich wird heute angenommen, dass die Auslegung wettbewerbsrechtlicher 78 Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 797; siehe auch Würdinger WuW 1967, 83, 84. 79 Heitzer S. 24. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum AktG 1965 (BTDrs. IV/171, S. 94) heißt es: „Es [Das Aktiengesetz] muss den Konzern, dessen Verbot ernstlich nicht in Betracht gezogen werden kann, als eine gegebene Erscheinungsform unseres Wirtschaftslebens hinnehmen. Es kann auch nicht entscheiden, ob eine Unternehmensverflechtung im Einzelfall aus technischen, volkswirtschaftlichen oder sonstigen anzuerkennenden Gründen erwünscht oder etwa wegen der Gefahr einer Beschränkung des Wettbewerbs oder einer übermäßigen Machtzusammenballung unerwünscht ist.“ In die gleiche Richtung geht die Begründung des Vorschlags der Kommission für ein Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 171: „Das Gesellschaftsrecht stellt lediglich die Organisationsmittel zur Verfügung und regelt die Schutzbedürfnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht ergeben. Die Beurteilung der wirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen bei Verwendung dieser Mittel folgt anderen Kriterien und bedarf daher auch der gesonderten Regelung.“ Vgl. zu dieser Diskussion H. Wiedemann § 13 I 2; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 253; Grandpierre S. 22 ff.; für eine ordnungspolitische Sichtweise des Gesellschaftsrechts, allerdings bei gleichzeitiger Betonung seiner Eigenständigkeit Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 798. 80 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 204 a. E., siehe auch Einl. Rn. 28 ff. und § 1 Rn. 63; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 254; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134.

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Begriffe vom Gesellschaftsrecht voll emanzipiert ist und sich allein am genannten Sinn und Zweck des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen orientiert.82 Dies gilt auch für den Konzernbegriff.83 Er ist durch das Gesellschaftsrecht nicht verbindlich vorgegeben, sondern kann bei Bedarf im Kartellrecht selbständig entwickelt werden, um der Tatsache gerecht zu werden, dass es anders als im Konzernrecht nicht um die Erfassung organisatorischer Abhängigkeit, sondern um den Schutz des Wettbewerbes vor ihn beschränkenden Verhaltensweisen geht. Das bedeutet aber nicht, dass die Überlegungen zum konzernrechtlichen Konzernbegriff gegenstandslos für kartellrechtliche Fragestellungen sind.84 Dass die gesellschaftsrechtliche Terminologie für das Kartellrecht nicht bindend ist, heißt nicht, dass das Kartellrecht nicht auf sie zurückgreifen kann, wo es sich inhaltlich anbietet und ein gesellschaftsrechtliches Begriffsverständnis auch für die kartellrechtliche Verwendung geeignet erscheint. Insoweit gilt, dass auch im Kartellrecht das Rad nicht neu erfunden werden muss. Folglich ist zu klären, ob auch der Konzernbegriff übernommen werden kann. (3) Kartellrechtlicher Konzernbegriff? (a) Übernahme des aktienrechtlichen Konzernbegriffs Gegen eine Herleitung von Ansätzen aus dem Aktiengesetz wurde vorgebracht, dass es sich im Verhältnis zum GWB um die lex posterior handeln würde.85 Soweit es dabei um inhaltliche Ansätze geht, ist indes einzuwenden, dass beide Gesetze Unterschiedliches regeln und verschiedene Regelungsziele verfolgen.86 Sie überschneiden sich daher weder inhaltlich, noch determinieren 81 In diesem Sinne schon Würdinger WuW 1967, 83, 84. Vgl. auch BGH v. 08.05.1979, BGHZ 74, 359, 364 „WAZ“ zur unterschiedlichen Bestimmung des Unternehmensbegriffs in der Fusionskontrolle und im AktG. 82 Bälz AG 1992, 277, 308; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 253; v. Gamm Einf. A Rn. 14; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 394; Würdinger WuW 1967, 83, 84; allgemein zur Auslegung im GWB: Bunte in: Langen/Bunte, Einf. zum GWB Rn. 55 ff.; Möschel Rn. 117 ff. 83 Explizit zum Konzernbegriff v. Gamm § 1 Rn. 11; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14; Pohlmann S. 396; sowie Harms S. 166 ff., der von einer „Relativität des Konzernbegriffs“ (a. a. O., S. 169) spricht. 84 Wenn es bei Würdinger WuW 1967, 83, 84 heißt „noch ist die aktienrechtliche Terminologie für den Bereich des GWB von Bedeutung“, so ist dies m. E. im Zusammenhang mit der Betonung der Eigenständigkeit der beiden Materien und nicht im Sinne einer Verneinung jedweder Interdependenz zu verstehen. 85 Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14 unter Berufung auf Möhring GRUR 1966, 645, 649, dem es allerdings nicht um den Konzernbegriff, sondern um das inhaltliche Verhältnis der beiden Gesetze zueinander geht. 86 Siehe oben II. 2. a) bb) (1).

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sie sich gegenseitig.87 Hinsichtlich der Begrifflichkeiten aber hat das Argument spätestens seit der Neubekanntmachung des GWB im Zuge der 6. GWB-Novelle mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf das Aktiengesetz in § 36 II GWB ebenfalls keine Überzeugungskraft mehr. Einer Übernahme des Konzernbegriffs aus dem Aktiengesetz steht daher die zeitliche Reihenfolge der Gesetze nicht entgegen. So wird denn auch teilweise eine Übernahme des aktienrechtlichen Begriffs empfohlen.88 Als Argument wird vorgebracht, dass das GWB überall dort, wo es den Konzernbegriff verwendet, auf den des Aktiengesetzes verweist.89 Daraus folge zwar nicht zwingend dessen kartellrechtsweite Verbindlichkeit, es bestehe aber umkehrt auch keine Veranlassung, ohne zwingende Gründe einen neuen Konzernbegriff zu entwickeln. Dabei wird von einem zumindest GWBweit einheitlichem Konzernbegriff ausgegangen.90 Teilweise wird darüber hinaus angenommen, gerade in der aktienrechtlich normierten einheitlichen Leitung komme die erforderliche Konzentration der unternehmerischen Entscheidungsmacht bei nur einem Unternehmen zum Ausdruck und deshalb sei der aktienrechtliche Konzernbegriff im Wettbewerbsrecht verwendbar.91 (b) Eigenständiger wettbewerbsrechtlicher Konzernbegriff Der bedeutendste Versuch der Entwicklung eines eigenständigen Konzernbegriffs findet sich bei Harms.92 Ausgehend von dem nur partiellen Verweis auf das Aktienrecht im GWB und von der Unverbindlichkeit des AktG für das Europarecht, gelangt er zur Relativität und Wandelbarkeit des Konzernbegriffs. Für das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen geht er davon aus, dass das Konzernverhältnis „eine sozialrechtliche Verbindung zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen, die als ganze einseitig oder wechselseitig einer effektiven Leistungspotenz des anderen Unternehmens unterworfen sind, welche auf Personalhoheit, Satzung oder Unternehmensvertrag beruht und ohne Veränderung ihrer äußeren Grundlagen nicht abgeschüttelt werden kann“, ist.93 Die an 87 Würdinger WuW 1967, 83, 84; v. Bar BB 1980, 1185, 1189; Huber ZHR 131 (1968), 193, 197 f.; Klippert S. 53 f. u. 147; auch K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 568. 88 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 64; Miethke S. 17 ff.; Potrafke S. 132; H. Scholz S. 28; wohl auch Funck S. 120. 89 Vgl. § 36 II GWB; Miethke S. 17; Potrafke S. 132; H. Scholz S. 28. 90 Harms S. 276 f.; H. Scholz S. 28. 91 Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 36 f. 92 S. 165 ff. Andere Autoren stellen, ohne einen eigenen Konzernbegriff zu entwickeln, für die kartellrechtliche Betrachtung nur auf den (vertraglichen) Unterordnungskonzern ab, blenden also den Gleichordnungskonzern – teilweise unausgesprochen – aus, vgl. dazu Klippert S. 89 ff. 93 Harms S. 275.

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diesem Verhältnis Beteiligten bilden als Konzernunternehmen den Konzern. Dabei sieht Harms sie als Gesellschafter einer BGB-Innengesellschaft und den Konzern als GbR an. Die Definition entspricht, wie von Harms selbst erkannt, im Wesentlichen der des Unterordnungskonzerns in § 18 I AktG ohne die Konzernvermutung des Satzes 3 und unter Ausschluss des in Absatz 2 genannten Gleichordnungskonzerns, den Harms als zu kartellähnlich ansieht. Damit bleibt aber selbst diese eigenständige wettbewerbsrechtliche Lösung dem Aktienrecht verhaftet. Das Gleiche gilt, soweit man in der Entscheidung WAZ/IKZ94 Ansätze zur Bildung eines kartellrechtlichen Konzernbegriffs sehen will.95 Dem ist entgegenzuhalten, dass der BGH hier im Rahmen des für die Fusionskontrolle gültigen aktienrechtlichen Konzernbegriffs argumentiert und lediglich mit Blick auf den Einzelfall die Voraussetzungen der einheitlichen Leitung aufgrund der Unterstellung als freiwilliges Werkzeug in den Dienst einer gemeinsamen Wettbewerbsstrategie der Gesellschafter als erfüllt ansieht. Hieraus für die Fusionskontrolle eine Aufgabe des aktienrechtlichen Konzernbegriffs abzuleiten, erscheint gewagt, da es dem BGH offensichtlich um die sachgerechte Erfassung einer eindeutig auf die Umgehung der Schranken der Fusionskontrolle angelegten Konstruktion ging.96 Die Entscheidung ist folglich vereinzelt geblieben, einen neuen Konzernbegriff enthält sie nicht. (c) Lösung von der Funktion des Konzernbegriffs her Es erscheint daher zweifelhaft, ob es eines eigenständigen Konzernbegriffs für das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt bedarf.97 Die partiellen Verweise des GWB auf das Aktiengesetz werden wie gesehen teils als ausdrückliche Regelung eines im ganzen GWB geltenden Prinzips, teils als speziell normierte Sonderregeln aufgefasst. Da sie somit von Vertretern entgegengesetzter Positionen für sich in Anspruch genommen werden, sind sie letztlich nicht hilfreich.98 Vielmehr gilt es, sich klar zu machen, welche Funktion der Konzernbegriff im Kartellrecht erfüllen soll. Es handelt sich hierbei nicht um das 94

BGH v. 19.01.1993, BGHZ 121, 137 „WAZ/IKZ“. So Oehler EWiR 1993, 695. 96 Auf den Umgehungsaspekt weisen auch Landsittel BB 1994, 799, 805; Seifert DZWir 1994, 196, 197; sowie Paschke/Reuter ZHR 158 (1994), 390, 393 u. 397 hin, die daher – wenn auch teilweise bei Kritik im Einzelnen – dem Ergebnis des BGH zustimmen. Zu einem ähnlichen Fall BGH v. 08.12.1998, AG 1999, 181 „Tukan/Deil, Pirmasenser Zeitung“. Dort nahm der BGH aufgrund paralleler Beteiligungsverhältnisse, der Umstände der Finanzierung des Beteiligungserwerbs und der tatsächlichen Koordinierung der Geschäftstätigkeiten der beteiligten Unternehmen einen faktischen Gleichordnungskonzern an. 97 So auch Schroeder WuW 1988, 274, 279. Gegen einen wettbewerblichen Konzernbegriff etwa Potrafke S. 163. 95

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Tatbestandsmerkmal einer kartellrechtlichen Norm,99 sondern um einen Rechtsbegriff, der bestimmte tatsächliche Phänomene beschreibt, deren kartellrechtliche Beurteilung in Frage steht. Die Antworten auf die an diese tatsächlichen Erscheinungen anknüpfenden Fragen, sei es die Frage nach der Zulässigkeit konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen, sei es die Frage nach der Einordnung des Konzerns im Rahmen des Unternehmensbegriffs und der Zurechnung, in einer entsprechenden Definition des Konzerns zu suchen kann aber nicht gelingen. Eine solche Definition löst die problematischen Lebenssachverhalte nicht, sondern führt nur zu ihrer partiellen Ausblendung aus der Definition und in der Folge aus der kartellrechtlichen Beurteilung.100 Die Schaffung eines bestimmten, gegenüber dem Konzernrecht engeren Konzernbegriffs führt mit anderen Worten lediglich dazu, dass bestimmte im Konzernrecht als Konzerne anerkannte Organisationsformen aus der kartellrechtlichen Untersuchung ausgeblendet werden bzw. außerhalb dieses kartellrechtlichen Konzernbegriffs beurteilt werden müssen. Tatsächlich werden in Untersuchungen, die eine kartellrechtliche Konzerndefinition entwickeln, die in einer solchen Definition nicht erfassten Unternehmensverbindungen im weiteren Verlauf regelmäßig nicht mehr beachtet. Der inhaltlichen Lösung ist man damit aber weder für die erfassten noch für die ausgegrenzten Strukturen nähergekommen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn unmittelbar aus der Einstufung als Konzern (im kartellrechtlichen Sinn) ein bestimmtes Ergebnis für die kartellrechtliche Beurteilung folgen würde. Da es sich beim Konzernbegriff nicht um ein Tatbestandsmerkmal im Kartellrecht handelt, ist dies aber nicht der Fall. Dem Konzernbegriff kommt nur die Aufgabe zu, die rechtstatsächlichen Phänomene zu benennen, die anschließend kartellrechtlich zu überprüfen sind. Für diese Aufgabe ist der aktienrechtliche Konzernbegriff aber gut geeignet, da er nach anerkannten Kriterien Organisationsstrukturen der Rechtswirklichkeit als Konzerne einstuft und diese Kriterien ungeachtet aller Streitigkeiten im Einzelnen handhabbar sind, da insoweit auf die umfangreiche aktienrechtliche Literatur zurückgegriffen werden kann.101 Ein Ergebnis aus einer konzernrechtlichen Konzerndefinition abzuleiten würde demgegenüber eine inhaltliche Lösung durch eine begriffliche ersetzen.102 Daneben sollte der Erkenntniswert einer solchen Begriffsbestimmung schon deshalb nicht überschätzt werden, weil 98 Zum vergleichbaren Streit um die Bedeutung der Verweisungen für den Unternehmensbegriff und zu ihrer tatsächlichen Bedeutung siehe sogleich unten II. 2. b) bb) (3). 99 Ebenso für das Europarecht Heitzer S. 25. 100 Die Gefahr, dass durch eine engere kartellrechtliche Konzerndefinition ausgeschiedene Sachverhalte unbehandelt bleiben, sieht auch Klippert S. 89. 101 Ebenfalls für die Verwendung der aktienrechtlichen Begrifflichkeit zur Kennzeichnung der erörterten Sachverhalte Grandpierre S. 27 f. 102 Kritik in diese Richtung auch bei Potrafke S. 132.

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die Skala der Organisationsmöglichkeiten zwischen Einheit und Vielheit einer polykorporativen Organisation unendlich ist. An irgendeinem Punkt den „qualitativen“ Sprung von der Vielheit in die Einheit anzusetzen, tut der Wirklichkeit daher immer in einem gewissen Maß Gewalt an.103 Nicht von der Bestimmung des Konzerns her ist die Beantwortung kartellrechtlicher Fragen anzugehen, sondern von den kartellrechtlichen Erfordernissen her ist umkehrt die Bewertung vorgefundener Unternehmensverbindungen vorzunehmen.104 (4) Ergebnis Es kann also für die Frage, welche Phänomene der Rechtswirklichkeit als Konzerne anzusehen sind, auf die aktienrechtliche Einordnung zurückgegriffen werden. Obwohl der aktienrechtliche Konzernbegriff für das Wettbewerbsrecht nicht bindend ist, kann er hier doch verwendet werden, da er einen brauchbaren Arbeitsbegriff darstellt. Insofern hat der aktienrechtliche Begriff tatsächlich eine über die Zwecke des Aktiengesetzes hinausreichende Bedeutung als allgemeiner konzernrechtlicher Begriff.105 Ein inhaltliches Ergebnis – und sei es auch nur dergestalt, dass feststünde alle Konzerne seien kartellrechtlich gleich zu behandeln – ist damit noch nicht gefunden. b) Normadressat und Zurechnung aa) Verhältnis von Unternehmenseigenschaft und Zurechnung Im Folgenden geht es um die Frage, ob der Konzern Adressat kartellrechtlicher Normen ist, d. h. ob das Kartellrecht ihn selbst erfasst oder nur seine rechtlichen Untergliederungen. Vereinfacht ausgedrückt ist dies die Frage nach der Unternehmenseigenschaft des Konzerns. In engem Zusammenhang damit und teilweise inhaltlich überlappend stellt sich die Frage, inwieweit eine Zurechnung zwischen einzelnen Konzerntöchtern untereinander und zum Konzern selbst möglich ist.106 Dabei kommt eine Zurechnung so unterschiedlicher Aspekte wie Handlungen, Marktanteile oder in formeller Hinsicht die Adressatenstellung im Rahmen der Zustellung in Betracht. 103

Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 311, 345. Ähnlich Grandpierre S. 27. 105 So Bartholomeyczik in: FS Heymanns Verlag, S. 307, 313; Grandpierre S. 28; Miethke S. 17. Auch Klippert S. 89 spricht davon, dass der Begriff des Konzerns in seiner rechtlichen Bedeutung wesentlich von der Definition des § 18 AktG geprägt wird. 106 Vgl. zur Frage der Zurechnung und ihrer Rechtfertigung unten II. 3. c) ff) (2)– (5). 104

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Dabei wird die Zurechnungsfrage in vielfältiger Weise durch die Frage nach der Unternehmenseigenschaft beeinflusst. So stellt sich die Frage der Zurechnung im Verhältnis zwischen Konzern und Konzerngliedern nur, wenn beiden Teilen Unternehmensqualität zukommt. Ist nur entweder der Konzern oder das Konzernunternehmen Unternehmen im kartellrechtlichen Sinn, steht ohnehin nur ein Zuordnungsobjekt zur Verfügung. In diesem Fall wären alle fraglichen Handlungen und Eigenschaften als solche des einzigen denkbaren Zurechnungsobjekts mit Unternehmensqualität – Konzern oder Einzelgesellschaft – anzusehen. Kommt dagegen dem Konzern (zumindest partiell) Unternehmenseigenschaft neben den Konzernunternehmen zu, so stellt sich die Frage, inwieweit Handlungen, Eigenschaften und sonstige relevante Umstände der in ihm verbundenen Glieder als solche des Konzerns angesehen werden können. In diesem Bereich ist also die Zurechnungsfrage direkt mit der Frage der Unternehmenseigenschaft verknüpft.107 Zwischen den einzelnen Gesellschaften des Konzerns kommt eine Zurechnung dagegen auch dann in Betracht, wenn der Konzern nicht Unternehmen ist, vorausgesetzt die Gliedgesellschaften selbst sind Unternehmen. In diesem Fall wären zwei Konstruktionen denkbar. Möglich wäre es, den Konzern im Außenverhältnis als Zuordnungsobjekt der Handlungen der Konzernunternehmen anzusehen, ohne ihn deshalb als Unternehmen zu qualifizieren. Es wäre dann in einem weiteren Schritt eine Zuordnung zu der bzw. den verantwortlichen Gesellschaft(en) innerhalb des Konzerns vorzunehmen. Bei dieser Lösung bliebe indes unklar, wie die Funktion des Konzerns genau einzustufen ist. Die Konstruktion wirkt insgesamt etwas gekünstelt. Ihrer bedarf es nicht, wenn man die Zurechnung zwischen Konzernunternehmen schlicht als Fall der Zurechnung zwischen Unternehmen auffasst. Eine solche Zurechnung ist möglich, bedarf aber eines Zurechnungsgrundes.108 Als Grund kommt hier die Konzernverbundenheit der Unternehmen in Betracht. Indes bleibt zu klären, ob die bloße Konzernverbundenheit eine Zurechnung zu rechtfertigen vermag, oder ob dafür weitergehende Anforderungen an das Verhältnis zwischen den Konzernunternehmen zu stellen sind.109 Die Möglichkeit einer Zurechnung zwischen einzelnen Konzernunternehmen ist allerdings durch die Annahme der Unternehmenseigenschaft des Konzerns nicht verschlossen. Die Frage stellt sich lediglich nicht mehr mit der Schärfe, wenn bereits eine Zurechnung zum Konzern insgesamt, der zwangsläufig durch seine Gliedgesellschaften handelt, möglich ist. Auch dann ist indes eine weitere Zurechnung innerhalb des Unternehmens Konzern möglich, wobei die Voraussetzungen, die für eine Einstufung des Konzerns als 107 Die Bedeutung der Unternehmenseigenschaft des Konzerns für die Zurechnung betont auch Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 45. Die Frage übersieht Klippert S. 104. 108 Bork ZGR 1994, 237, 239 f. 109 Vgl. Bork ZGR 1994, 237, 264 f.

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Unternehmen erforderlich sind, zugleich die Zurechnung innerhalb des Konzerns zu dem verantwortlichen Konzernunternehmen rechtfertigen können. Daher ist auch für die konzerninterne Zurechnung die vorherige Klärung der Unternehmenseigenschaft des Konzerns hilfreich. bb) Unternehmenseigenschaft des Konzerns Das Problem im Rahmen der Frage nach der wettbewerbsrechtlichen Unternehmenseigenschaft des Konzerns ergibt sich unmittelbar aus dem Ziel der Konzernierung, im Gegensatz zum Wachstum durch Expansion oder Fusion, die mehreren Konzernglieder zu einer Einheit zusammenzufassen, ohne dabei ihre Individualität dieser Einheit zu opfern110. Entsprechend der daraus folgenden Polarität zwischen der Einheit des Ganzen und der Vielheit der Glieder111 stellen die verschiedenen Meinungen einmal die Einheit des Gesamtkonzerns, ein andermal die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen in den Vordergrund. Erforderlich ist aber gerade, die der Konzernspitze übertragene Planungs- und Entscheidungsgewalt über den Gesamtkonzern rechtlich einzuordnen und so die Einheit des Konzerns zu erfassen. (1) Eigenständige Begriffsbildung im Kartellrecht Ausgangspunkt für die Lösung ist zunächst die Erkenntnis, dass das Kartellrecht seiner eigenen Begriffsbildung folgt. Dies wurde bereits bei dem Vergleich der Regelungszwecke von Aktiengesetz und GWB beispielhaft festgestellt112 und gilt genauso für die Bestimmung des Unternehmensbegriffs im GWB. Hintergrund ist, dass die Bildung juristischer Begriffe mit Blick auf den mit ihnen verfolgten Zweck erfolgt.113 Die verfolgten Zwecke sind aber in verschiedenen Gesetzen unterschiedlich. Was im Einzelfall unter einem „Unternehmen“ zu verstehen ist, muss daher für jedes Gesetz selbständig festgestellt werden, ein einheitlicher rechtlicher Begriff des Unternehmens existiert nicht.114 Der Unternehmensbegriff des GWB hat nicht notwendigerweise die gleiche Bedeutung wie der Unternehmensbegriff in anderen Rechtsgebieten.115 Hinzu 110 L. Raiser in: L. Raiser/Sauermann/Schneider, S. 51, 54; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 288. 111 L. Raiser in: L. Raiser/Sauermann/Schneider, S. 51, 54; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 288. Siehe bereits oben I. 2. 112 Siehe oben II. 2. a) bb) (1). 113 Potrafke S. 114; Börner in: FS G. Hartmann, S. 77, 80; Langer S. 11; Rinck in: FS Heymanns Verlag, S. 361, 367 f. 114 BGH v. 06.11.1972, WuW/E BGH 1246 „Feuerwehrschutzanzüge“; v. 26.10. 1959, BGHZ 31, 105, 109 „Glasglühkörper“; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Grandpierre S. 68; Haberkorn GRUR 1962, 449; ders. WRP 1967, 39, 41; Harms S. 91 f.; Klippert S. 100; Miethke S. 20; Potrafke S. 114.

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kommt, dass der Konzern in anderen Regelungen weder stets als Unternehmen behandelt wird, noch die Konzerneinheit durchgehend ignoriert wird. Das Begriffsverständnis in anderen Rechtsgebieten ist daher insgesamt für die Begriffsbestimmung im GWB nicht hilfreich. Auch der dem wirtschaftspolitisch orientierten116 GWB nahestehende wirtschaftswissenschaftliche Unternehmensbegriff wird mit einer anderen Zielsetzung gebildet. Ihm geht es um die Beschreibung von Zuständen bzw. um die Erklärung von Verhalten, er hat damit das Typische einer Erscheinung, das „Modell“ vor Augen.117 Die juristische Begriffsbestimmung hat dagegen auf konkrete Sachverhalte anwendbare Begriffe zu schaffen, die jeden Einzelfall positiv oder negativ erfassen. Ihre Eignung erweist sich erst am Grenzfall. Aufgrund der Abhängigkeit vom Zweck der konkreten Norm und aufgrund seiner Elastizität ist der Unternehmensbegriff der Normanwendung nicht vorgegeben, sondern selbst bereits Teil der Norminterpretation.118 Die Übernahme des Unternehmensbegriffs aus anderen Gesetzen oder Wissenschaften würde daher stillschweigend wettbewerbsrechtliche Fragen mitentscheiden.119 Der besonders in älteren Untersuchungen120 verbreitete vergleichende Blick auf den Unternehmensbegriff anderer Gesetze oder denjenigen der Wirtschaftswissenschaften ist für die Klärung des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs wenig ergiebig und soll hier folglich nicht um ein weiteres Kapitel bereichert werden. Der Unternehmensbegriff des GWB ist vielmehr eigenständig zu entwickeln. (2) Zum Unternehmensbegriff im GWB Zwar kann ein und derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedliche Bedeutungen haben, für das GWB ist aber mit der überwiegenden Ansicht121 davon auszugehen, dass es einem einheitlichen Unternehmensbegriff folgt. Dies 115 Begründung RegE., BT-Drs. II/1158, S. 31, Ziff. 3 c zu § 1; BGH v. 26.10. 1959, BGHZ 31, 105, 109 „Glasglühkörper“; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 24. 116 Grandpierre S. 66; Harms S. 92; Potrafke S. 114; H. Scholz S. 74 f. Vgl. zum wirtschaftspolitischen Hintergrund der Entstehung des GWB Kartte/Holtschneider in: Cox/Jens/Markert, S. 193, 199 ff. 117 Potrafke S. 114; Grandpierre S. 67 f.; Klippert S. 95; Langer S. 12 f.; Rinck in: FS Heymanns Verlag, S. 361, 368. 118 K. Schmidt ZGR 1980, 276, 280. 119 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, § 1 Rn. 24. 120 Zum Beispiel Funck S. 84 ff.; Grandpierre S. 68 ff.; Klippert S. 93 ff.; Langer S. 1 ff.; Mulert S. 24 f.; auch Harms S. 89 ff. u. 92 ff. 121 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 13; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Huber/ Baums in: FK, § 1 Rn. 38; Rittner § 6 Rn. 3; ders., Wirtschaftsrecht, § 14 Rn. 2; Rinck/Schwark Rn. 245 a. E.; Ulmer WuW 1960, 163, 172; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 24.

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ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Fehlen ausdrücklich entgegenstehender Regeln122, ebenso wenig kann aber mit der Gegenansicht123 aus der Tatsache, dass das GWB keine Gesetzgebung aus einem Guss ist, gefolgert werden, der Gesetzgeber habe daher bei jeder Änderung oder jeder Neuregelung andere Unternehmensbegriffe zugrundegelegt124. Für unterschiedliche Unternehmensbegriffe innerhalb des GWB ist ein grundsätzliches Bedürfnis nicht ersichtlich.125 Damit ist nicht ausgeschlossen, dass der Unternehmensbegriff im Rahmen der Abgrenzungsfragen der Fusionskontrolle gewissen Modifikationen unterworfen wird oder vereinzelt explizite Regelungen für Teilbereiche bestehen.126 Für die Bestimmung der Unternehmenseigenschaft des Konzerns kann hier aber mit einem einheitlichen Unternehmensbegriff gearbeitet werden, insbesondere da sich die Argumentation im Folgenden ohnehin im Wesentlichen um das Kartellverbot und seine Ausnahmen dreht. Orientiert an Sinn und Zweck des Gesetzes und seiner auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung ist heute ein funktionaler Unternehmensbegriff anerkannt.127 Das bedeutet, dass nicht in einem institutionellen Sinn bestimmte Mindestanforderungen an ein Unternehmen zu stellen sind, sondern dass eine funktionale Betrachtungsweise zugrundegelegt wird. Es kommt nicht darauf an, ob eine Institution als solche Unternehmen ist, sondern auf die Tätigkeit.128 Das Gesetz spricht zwar vom Unternehmen als Normadressaten, meint aber unternehmerisches Verhalten als Gegenstand des Norminhalts.129 So sieht der BGH in ständiger Rechtsprechung „jedwede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr“ als nach dem Sinn und Zweck des GWB für das Vorliegen eines Unternehmens ausreichend an.130 Der Sinn des Unternehmensbegriffs im Rahmen 122

So das Argument bei Ulmer WuW 1960, 163, 172. Funck S. 111; K. Schmidt ZGR 1980, 277, 280; Haberkorn GRUR 1962, 449, 450; Harms S. 92. 124 So aber Funck S. 111. 125 Dies gilt insbesondere, da anders als im Europarecht im Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren des GWB nicht an das Unternehmen, sondern an den jeweiligen Unternehmensträger angeknüpft wird. Vgl. unten II. 2. b) bb) (10) mit II. 3. c) dd) (2) u. ff) (3). 126 Siehe dazu sogleich unter (3). Wie sich am Beispiel der Fusionskontrolle, zeigt müssen diese expliziten Regelungen aber nicht zu einem abweichenden Unternehmensverständnis führen. 127 BGH v. 16.12.1976, WuW/E BGH 1474, 1477 „Architektenkammer“; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 13; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 24; Möschel Rn. 100. 128 BGH v. 16.12.1976, WuW/E BGH 1474, 1477 „Architektenkammer“; BKartA v. 27.08.1987, WuW/E BKartA 2273, 2275 „Sportübertragungen“; Bechtold § 19 Rn. 2. 129 K. Schmidt ZGR 1980, 277, 280. 130 BGH v. 22.03.1976, WuW/E BGH 1469 „Autoanalyzer“; v. 19.09.1974, WuW/E BGH 1325 „Schreibvollautomat“; v. 06.11.1972, WuW/E BGH 1246 „Feuerwehrschutzanzüge“; v. 26.10.1961, BGHZ 36, 91, 103 „Gummistrümpfe“. 123

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des § 1 GWB besteht in erster Linie darin, den privaten Verbrauch, die abhängige Arbeit und das rein hoheitliche Handeln aus dem Anwendungsbereich des GWB auszuschließen. Er hat also eine Abgrenzungsfunktion.131 Vor dem Hintergrund des Ziels des § 1 GWB, Beschränkungen beim geschäftlichen Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen zu unterbinden, ist eine weite Auslegung des Unternehmensbegriffs geboten.132 Ausgehend von diesem Grundverständnis sind die einzelnen Argumente für und wider die Unternehmensqualität des Konzerns zu würdigen. Sie sind dabei nicht so zahlreich, wie man aufgrund der Vielzahl einschlägiger Publikationen annehmen könnte. (3) Ausdrückliche Regelungen des Konzerns im GWB Als Ausgangspunkt bieten sich die Regelungen des GWB an, in denen der Begriff des Konzerns ausdrücklich erwähnt wird. Dies sind § 36 II GWB bzw. sein Vorgänger § 23 I 2 GWB a. F. (mit zahlreichen Bezugnahmen: §§ 22 III 2, 23 II Nr. 2 Satz 2, 23 III 3, 23 V 3, 23a III, 24 VIII, 24a I 3133; siehe auch § 39 III 3 GWB in der neuen Fassung bezüglich des Umfangs der Anzeigepflicht) sowie § 22 VI GWB a. F. Interessanterweise wird in diesen Normen ein Argument sowohl für als auch gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns gesehen. § 36 II GWB, die sog. Verbundklausel, ordnet an, dass die im Konzern verbundenen Unternehmen im Rahmen der Fusionskontrolle als einheitliches Unternehmen anzusehen sind und verweist für den Konzernbegriff ausdrücklich auf § 18 AktG. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Unternehmensgruppen, die aufgrund von Verflechtungen eine wettbewerbliche Einheit bilden, in der Fusionskontrolle auch tatsächlich als Einheit behandelt werden.134 Die Begründung des Regierungsentwurfs spricht insoweit davon, es handle sich um einen ersten Schritt in Richtung auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Unternehmen, die so miteinander verbunden sind, dass sie trotz rechtlicher Selbstän131 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 25; Emmerich § 2 1 a; Grandpierre S. 75 f.; Potrafke S. 115; a. A. Langer S. 108 f. u. 263. 132 BGH v. 26.10.1959, BGHZ 31, 105, 109 „Glasglühkörper“; Begründung RegE. BT-DrS. II/1158, S. 31, Ziff. 3 c zu § 1; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 13; Grandpierre S. 76; Haberkorn GRUR 1962, 449, 450 f.; ders. WRP 1967, 39, 41; Huber/ Baums in: FK, § 1 Rn. 38. 133 Diese verstreuten Bezugnahmen sind durch den gegenüber der alten Fassung erweiterten Wortlaut des § 36 II GWB und die Übernahme in die zentrale Eingriffsnorm des § 36 GWB entbehrlich geworden, vgl. Ruppelt in: Langen/Bunte, § 36 Rn. 58. 134 Begründung RegE., BT-Drs. 6/2520, S. 26; BGH v. 08.05.1979, BGHZ 74, 359, 364 „WAZ“. Vgl. dazu auch im Rahmen der Entscheidung BGH v. 19.01.1993, BGHZ 121, 137 „WAZ/IKZ“ Seifert DZWir 1994, 196, 196 f. und Landsittel BB 1994, 799, 800 f.

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digkeit unter wettbewerblichen Gesichtspunkten als Einheit anzusehen sind.135 Trotz der ausdrücklichen Bezugnahme auf das Aktiengesetz ist die Verbundklausel auch auf abhängige oder herrschende Unternehmen anwendbar, die keine Aktiengesellschaften sind.136 Eine ähnliche Regelung für den Bereich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung enthielt § 22 VI GWB a. F., der den Kartellbehörden im Fall des Missbrauchs durch ein Konzernunternehmen Befugnisse gegenüber jedem Konzernunternehmen einräumte. Mit dem Übergang vom Missbrauchsprinzip zum Verbotsprinzip in der 6. GWB-Novelle im Rahmen der Anpassung des GWB an das EU-Kartellrecht ist diese Regelung entfallen, ohne dass damit inhaltlich eine bewusste Entscheidung über eine zukünftig abweichende Behandlung des Konzerns verbunden gewesen wäre.137 Nach wie vor sind für die Beurteilung, ob ein Unternehmen marktbeherrschend ist und missbräuchlich handelt, alle seine Konzernverflechtungen zu berücksichtigen. In diesen Normen kommt bzw. kam also zum Ausdruck, dass das GWB den Konzern in bestimmten Teilbereichen als einheitliches Unternehmen betrachtet. Die entscheidende Frage in unseren Zusammenhang ist, was daraus folgt. Handelt es sich bei § 36 II GWB und bei dem früheren § 22 VI GWB a. F. um die Regelung einer Ausnahme,138 d. h. dass der Konzern grundsätzlich nicht als Unternehmen anzusehen ist und, soweit er doch als Unternehmen behandelt werden soll, explizite Anordnungen erforderlich sind, oder kommt in diesen Normen nur ein durchgängig vertretenes Grundkonzept, nämlich dass Konzerne als (einheitliche) Unternehmen anzusehen sind, zum Ausdruck139? Eine Festlegung des GWB auf das Erfordernis rechtlicher Selbständigkeit für Unternehmen lässt sich aus dem Verweis auf den aktienrechtlichen Konzernbegriff jedenfalls nicht entnehmen.140 Zwar geht das Aktienrecht in seinem Konzernbegriff in der Tat von 135

Begründung RegE., BT-Drs. 6/2520, S. 26. BGH v. 23.10.1979, WuW/E BGH 1655, 1656 „Zementmahlanlage II“; Begründung RegE., BT-Drs. 6/2520, S. 26; Paschke in: FK, § 23 Rn. 136; G. Wiedemann/ Richter, Hdb. KartellR, § 19 Rn. 26. 137 In den Gesetzgebungsmaterialen findet sich keinerlei Hinweis, warum eine entsprechende Regelung nicht in die neue Fassung des GWB übernommen wurde. Es findet sich nicht einmal ein Hinweis darauf, dass die bisherige Regelung entfällt, vgl. z. B. Begründung RegE., BT-Drs. 13/9720 S. 35 ff. (zum Missbrauch marktbeherrschender Stellungen) und S. 56 f. (zur erweiterten Verbundklausel der Fusionskontrolle). Offenbar hielt der Gesetzgeber sie mit dem Übergang zum Verbotsprinzip für überflüssig. Nach Bechtold § 19 Rn. 2 war bereits § 22 VI GWB a. F. ohne jede praktische Relevanz. Ebenso Klippert S. 102. 138 Grandpierre S. 74; Klippert S. 103; Langer S. 47; Miethke S. 26 f.; Mulert S. 27; Potrafke S. 120; Ulmer WuW 1960, 163, 172, Fn. 65; wohl auch Bork ZGR 1994, 237, 244 und Leo, Kartellrundschau, S. 11, 27. 139 Funck S. 116 ff.; Haberkorn NJW 1960, 86, 87; ders. GRUR 1962, 449, 452; ders. WRP 1967, 39, 41; Neumann WuW 1957, 562, 563 f.; H. Scholz S. 88 f. 140 So aber Ulmer WuW 1960, 163, 172. 136

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einem Zusammenschluss mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen aus, die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen in der Definition des § 18 AktG – wie auch in allen anderen Konzerndefinitionen – macht aber gerade das Wesen des Konzerns aus.141 Dementsprechend stellt der Verweis auch keine bewusste Entscheidung über Mindestanforderungen an die Unternehmensqualität dar. Richtig ist demgegenüber, dass die einheitliche Betrachtung des Konzerns in der Fusionskontrolle weder vom Inhalt der Kontrolle noch von ihrem Umfang her eine Kontrolle auch der einzelnen Konzernunternehmen im Rahmen des § 1 GWB überflüssig oder entbehrlich macht.142 Ein Verständnis in die Richtung, dass durch § 36 II GWB die einzelnen Konzernunternehmen aus dem Unternehmensbegriff ausgeschlossen sind, wäre daher wenig sinnvoll. Daraus lässt sich aber unmittelbar kein Rückschluss auf die Einstufung des Konzerns selbst ziehen. Auf den hinter einer solchen Argumentation stehenden Alternativitätsgedanken wird sogleich vertieft eingegangen. Eher für die Annahme einer Ausnahmeregelung spricht, dass eine explizite Regelung nicht erforderlich gewesen wäre, wenn hier nur das Gleiche gälte wie im ganzen GWB. Zwingend ist diese Überlegung aber nicht. Insbesondere hinsichtlich der Verbundklausel ist zu bedenken, dass sie erst nachträglich 1965 eingefügt wurde und die Fusionskontrolle ihre heutige Form erst durch die zweite GWB-Novelle 1973 erhalten hat. Ob der Gesetzgeber dabei eine generelle Regelung des Unternehmensbegriffs für das gesamte GWB im Auge hatte, erscheint äußerst fraglich. Wie oben zitiert, spricht er insoweit selbst nur von einem ersten Schritt in Richtung auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Näherliegend ist daher, dass es sich hierbei um Sonderregeln handelt, die nur für ihren jeweiligen Anwendungsbereich eine in erster Linie klarstellende Aussage treffen, aber keinen darüber hinausgehenden Regelungsgehalt haben.143 Das heißt § 36 II GWB regelt die Unternehmenseigenschaft des Konzerns nur für die Fusionskontrolle, nicht aber für den Rest des GWB. Allerdings darf daraus eben auch nicht im Wege eines Umkehrschlusses abgeleitet werden, dass Konzerne außerhalb der Zusammenschlusskontrolle keine Unternehmen sind.144 Dies hieße § 36 II GWB überzubewerten. Dadurch würde ihm eine Bedeutung zuteil, die der Gesetzgeber selbst ihm nie zukommen lassen wollte. Ferner ist hier auch nicht von einer bewussten Regelungslücke, die eine Erstreckung von § 36 II GWB rechtfertigen würde, auszugehen.145 Soweit das GWB den Kon141

Funck S. 117. Ebenso für die Missbrauchsaufsicht mit ausführlicher Begründung Harms S. 86 ff. 143 v. Gamm § 1 Rn. 11; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn 87; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 149; wohl auch Bartholomeyczik in: FS Heymanns Verlag, S. 307, 312 f.; Harms S. 85; Rittner § 6 Rn. 26. 144 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 57. 145 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 57; ähnlich Harms S. 167. 142

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zern also explizit erwähnt, ist daraus weder eine Entscheidung für noch gegen seine Einstufung als Unternehmen herzuleiten. Im Übrigen bliebe eine solche Regelung in ihrer Reichweite ohnehin auf das deutsche Recht beschränkt. Für das Europarecht könnte sie keine Wirkung entfalten, da es sich jedenfalls nicht um ein allgemeines, bei der Auslegung des Art. 81 I EGV zu beachtendes, Rechtsprinzip handelt.146 (4) Alternativität der möglichen Unternehmen Häufig wird wirtschaftliche Selbständigkeit als Voraussetzung für ein Unternehmen im Sinne des GWB angesehen. Ob dies tatsächlich erforderlich ist, kann hier zunächst noch dahinstehen, da der Konzern selbst im Gegensatz zu den einzelnen Konzernunternehmen regelmäßig über die erforderliche wirtschaftliche Selbständigkeit verfügt, da er Herr seiner wirtschaftlichen Entschlüsse und selbständiger Planungsträger ist. Dieses Kriterium ist aber aus einem anderen Grund bereits hier von Interesse. Vor allem in der älteren Literatur findet sich das Postulat vom Erfordernis wirtschaftlicher Selbständigkeit nämlich häufig, teils explizit, überwiegend jedoch unausgesprochen mit der Vorstellung verbunden, dass nur entweder das einzelne Konzernunternehmen oder der Konzern Unternehmensqualität haben können.147 Ich möchte diesen Gedanken als Alternativität der möglichen Unternehmen bezeichnen. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass sie es ermöglicht, wenn man die Unternehmenseigenschaft des Konzerns bejaht, die der Konzernunternehmen zugleich zu verneinen und so die Problematik konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen zu unternehmensinternen Vorgängen zu degradieren, die kartellrechtlich grundsätzlich nicht relevant sind. Allenfalls eine Kontrolle im Rahmen der §§ 19, 20 GWB wäre noch möglich. Umgekehrt führt diese These aber, wenn man die rechtlich selbständigen Konzernunternehmen jedenfalls als Unternehmen ansieht, automatisch zu einer Ablehnung der Unternehmenseigenschaft des Konzerns.148 Dass hier tatsächlich eine Querverbindung zwischen der Unternehmenseigenschaft des Konzerns und der des Konzernunternehmens gesehen wird, zeigt sich auch daran, dass die Unternehmenseigenschaft des Konzerns häufig im Rahmen der Unternehmenseigenschaft des Konzernunterneh146

Leo, Kartellrundschau, S. 11, 27. So etwa Baumbach/Hefermehl § 1 GWB Rn. 16; Langer S. 43; Neumann WuW 1957, 562, 565; unausgesprochen wohl auch Funck S. 119 f.; Grandpierre S. 66 ff., insb. S. 81; Harms S. 158; Huber ZHR 131 (1968), 193, 211; Mulert S. 23 u. 27 f.; vgl. auch die Nachweise dazu bei Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14 und bei Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 27. Bei Bälz findet sich dieser Gedanke in jüngerer Zeit wieder, wenn er die Möglichkeit konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen zwischen mehreren Unternehmen durch die Annahme eines einheitlichen Unternehmens ausschließen möchte, vgl. Bälz AG 1992, 277, 280. 148 So z. B. bei Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395. 147

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mens diskutiert wird. Wäre diesem Alternativitätsgedanken zu folgen, so würde der Weg zur Bejahung der Unternehmensqualität des Konzerns nur über den Nachweis führen, dass die einzelnen Konzernunternehmen keine Unternehmen sind. So bestechend die Überlegung, dass nur entweder der Konzern oder seine Teile Unternehmen sein können, auf den ersten Blick aber auch wirken mag, so wenig vermag sie letztlich zu überzeugen. Sie setzt – unausgesprochen – voraus, was erst noch zu begründen wäre, nämlich dass innerhalb eines Unternehmens keine weiteren Unternehmen bestehen können. Genau damit wird sie aber der Komplexität des Konzerns nicht gerecht. Das Phänomenologische des Konzerns im Gegensatz zum Einheitsunternehmen ist gerade, dass er als wirtschaftliche Einheit eine Mehrzahl rechtlich selbständiger Glieder umfasst. Im Gegensatz beispielsweise zur Fusion kommen wirtschaftliche und rechtliche Struktur nicht zur Deckung. Diese bereits früh erkannte Besonderheit ist gemeint, wenn von Einheit und Vielheit im Konzern149 gesprochen wird. Von der geschilderten Alternativität auszugehen hieße die Vielheit zu negieren, anstatt zu versuchen, dem Konzern als mehrschichtiges Gebilde gerecht zu werden. So lange nicht dargelegt wird, warum in einem Unternehmen keine weiteren Unternehmen bestehen können, ist die Alternativität der Unternehmen daher als unzulässige Vereinfachung abzulehnen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass, einem Bundesstaat vergleichbar, den Gliedern des Konzerns auch dann Subjekteigenschaft zukommen kann, wenn gleichzeitig der Konzern als solcher Subjekt wirtschaftlichen Handelns geworden ist150 und umgekehrt. Der Konzern ist dann als ein gegliedertes Gesamtunternehmen151 oder auch als ein rechtlich gegliedertes Unternehmen152 zu denken. Die Unternehmenseigenschaften von Konzern und Konzernunternehmen sind also unabhängig voneinander zu bestimmen und determinieren sich gegenseitig nicht.153

149 Siehe nur L. Raiser in: Raiser/Sauermann/Schneider, S. 51, 54 ff.; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 II. 150 Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 322; L. Raiser in: L. Raiser/Sauermann/Schneider, S. 51, 56; kritisch zu diesem Vergleich Rehbinder S. 55 ff. 151 Rehbinder S. 55 ff., 74 ff. 152 L. Raiser in: L. Raiser/Sauermann/Schneider S. 51, 55; Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 289. Ähnlich Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 47 („mehrschichtiges Gebilde . . . das seinerseits aus Unternehmen besteht“). 153 Rinck/Schwark Rn. 251; Harms S. 158, allerdings vor dem Hintergrund des Konzerns als Innengesellschaft; ähnlich Leo, Kartellrundschau, S. 11, 27; im Ergebnis auch Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 47 u. 149.

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(5) Rechtliche Selbständigkeit Einen zentralen Ansatzpunkt in der Diskussion um die Einordnung des Konzerns bildet seine fehlende Rechtsfähigkeit. Die fraglichen Organisationsstrukturen verfügen regelmäßig über keine eigene Rechtspersönlichkeit.154 (a) Der Konzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Allerdings kann beim vertraglichen Gleichordnungskonzern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Innengesellschaft vorliegen.155 Vor allem Harms156 hat die These entwickelt, dass darüber hinaus auch andere Konzerne diese Voraussetzungen erfüllen. Der Gesellschaftscharakter soll sich aus der Zusammenfassung von Rechtseinheiten zu wirtschaftlichen Zwecken ergeben. Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags soll beim faktischen Unterordnungskonzern in der Befolgung von Weisungen und Anregungen durch die Untergesellschaft, von Harms als Huldigung bezeichnet, liegen. Dies soll in Parallele zur Ehegatteninnengesellschaft für die Begründung einer Innengesellschaft, d. h. einer Gesellschaft ohne Gesamthandvermögen mit einheitlicher Willensbildung und gemeinsamem Erfolgsstreben im Innenverhältnis, ausreichen.157 Beim vertraglichen Unterordnungskonzern soll der Beherrschungsvertrag den Gesellschaftsvertrag darstellen.158 Diese Ansicht hat sich indes zu Recht nicht durchsetzen können, da das konzernspezifische Über- und Unterordnungsverhältnis mit der auf Gleichordnung basierenden Figur der Gesellschaft nicht vereinbar ist.159 Es handelt sich hier nicht um einen freiwilligen Zusammenschluss auf der Grundlage von Gleichberechtigung.160 Im Rahmen des konzernrechtlich Zulässigen bestimmt vielmehr das herrschende Unternehmen über die Ziele des Konzerns, den Beitrag des abhängigen Unternehmens dazu und die Verwendung des Gesamtergebnisses. Es geht also um Subordination und nicht um Koordination.161 Jedenfalls bei einem vertraglichen Unterordnungskonzern fehlt es auch an einem gemeinsamen Zweck, da das abhängige Unternehmen im Verhältnis zum herrschenden keine 154 Funck S. 91; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 83; Loewenheim in: Loewenheim/ Belke, § 1 Rn. 25; Potrafke S. 116; Rinck Rn. 778; Ulmer WuW 1960, 163, 172. 155 Siehe oben II. 2. a) aa) (2) (b); sowie Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 IV 2 a; Erman/H. P. Westermann Rn. 38 vor § 705. 156 S. 147 ff.; ihm folgend Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14; Müller/Gießler/ Scholz § 1 Rn. 40. 157 Harms S. 148 f. 158 Harms S. 149 f. 159 Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 323 u. 333; Potrafke S. 207 ff.; Rehbinder S. 76 ff. 160 Grandpierre S. 95; Rehbinder S. 78. Ähnlich Potrafke S. 207. 161 Grandpierre S. 96; Rehbinder S. 78.

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eigenen Interessen verfolgt.162 Es fehlt das Mindestmaß an Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der Vertragsparteien, das ein Gesellschaftsvertrag voraussetzt. Schließlich widerspricht die Annahme, der Beherrschungsvertrag sei ein Gesellschaftsvertrag, seiner heute anerkannten163 organisationsrechtlichen Natur. Als Organisationsvertrag liegt das Schwergewicht seiner Wirkung nicht in der Begründung wechselseitiger Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, sondern in der unmittelbaren Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern sowie zwischen der abhängigen Gesellschaft und den außenstehenden Gesellschaftern.164 Selbst wenn aber für einzelne Konzernformen wie etwa den vertraglichen Gleichordnungskonzern die Annahme einer GbR möglich ist, führt dies auch unter Zugrundelegung einer (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR165 nicht zu einer (Teil-)Rechtsfähigkeit dieser Konzerne, da der Konzern notwendigerweise Innengesellschaft ist und als solche weder ein Gesamthandvermögen bildet noch am Rechtsverkehr teilnehmen kann.166 Welchen Nutzen die Konstruktion des Konzerns als GbR für das Kartellrecht haben soll, bleibt damit weitgehend unklar.167 Es bleibt bei der fehlenden Rechtspersönlichkeit des Konzerns. (b) Polykorporatives Unternehmen als Rechtsform des Konzerns? Ebenso wenig ist einem anderen Ansatz zu folgen, der das Unternehmen selbst als subjektivierte Rechtsform anerkennen und dem den Konzern bildenden Zusammenschluss verschiedener juristischer Personen in seiner Gesamtheit als polykorporatives Unternehmen Rechtssubjektivität verleihen will.168 Dieses polykorporative Unternehmen soll zumindest im Fall der Eingliederung oder 162 Huber ZHR 131 (1968), 193, 206; Langer S. 44; Rehbinder S. 78 f.; Würdinger WuW 1967, 83, 85; sowie ausführlich Grandpierre S. 96 ff. 163 BGH v. 24.10.1988, BGHZ 105, 324, 331 „Supermarkt“; v. 14.12.1987, BGHZ 103, 1, 4 f. „Familienheim“; BFH v. 16.02.1979, BFHE 127, 56, 58; Bälz AG 1992, 277, 286 f.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 291 Rn. 24, 77; T. Raiser § 54 Rn. 9; Rehbinder S. 77; K. Schmidt § 31 III 1 a. 164 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 11 III 2. 165 Vgl. dazu Sprau in: Palandt, § 705 Rn. 24; Ulmer in: MüKo3, § 705 Rn. 131 ff. 166 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 83; Ulmer in: MüKo3, § 705 Rn. 236, 239. Rechtsfähigkeit kann hingegen nur der Außengesellschaft zukommen. Siehe Sprau in: Palandt, § 705 Rn. 24. 167 So bereits Langer S. 45 Fn. 10; auch Grandpierre S. 79 ohne speziell auf die Innengesellschaft abzustellen. Kritik in diese Richtung auch bei Emmerich ZHR 132 (1969), 370, 371. Ein denkbarer Ansatzpunkt wäre höchstens, eine mögliche Zurechnung zwischen den Konzerngesellschaften nicht an ihre Konzernverbundenheit, sondern an das Bestehen einer GbR zu knüpfen. Zurechnung hängt jedoch nicht vom Vorliegen einer Innengesellschaft ab. 168 Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 322 ff., insb. 329 ff.; ders. AG 1992, 277, 300 ff. und 309 f.

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des Bestehens eines Beherrschungsvertrages die dem Konzern entsprechende Rechtsform bilden und in seinen als Glieder angesehenen Einzelgesellschaften handeln, wobei der Konzern selbst als eher faktisches Verhältnis verstanden wird. Bälz169 bezeichnet dies als Übergang von der konzernrechtlichen zur unternehmensrechtlichen Betrachtung. Soziale Systeme sind aber im Gegensatz zu natürlichen Personen nicht per se rechtsfähig, sondern nur soweit die Rechtsordnung ihre Rechtsfähigkeit anerkennt. Dies ist nur für die juristische Person, nicht hingegen für eine Rechtsform des polykorporativen Unternehmens geschehen. Im Übrigen bedarf es, wie noch zu zeigen sein wird, einer solchen Schöpfung zur sachgerechten Erfassung von Unternehmensverbindungen im Wettbewerbsrecht nicht. (c) Lösung über das Erfordernis rechtlicher Selbständigkeit Stellt man für die Einordnung eines Subjekts als Unternehmen auf die rechtliche Organisation ab und fordert für die Bejahung der Unternehmenseigenschaft das Bestehen rechtlicher Selbständigkeit oder doch zumindest das Vorliegen von Rechtsfähigkeit, so wären Konzerne regelmäßig keine Unternehmen im Sinne des GWB. Diese in der Literatur des Öfteren vertretene Ansicht170 benutzt den Begriff Unternehmen stellvertretend für den das Unternehmen betreibenden Rechtsträger. Für sie spricht zum einen, dass sie leicht handhabbar ist und eindeutige Ergebnisse hervorbringt, zum anderen, dass die Rechtsfähigkeit bei den sonstigen anerkannten Fällen von Unternehmen regelmäßig vorliegt. Schließlich bildet das rechtsfähige Konzernunternehmen ein klares Ziel für kartellbehördliche Maßnahmen. (d) Kritik am Kriterium der rechtlichen Selbständigkeit Allerdings sind diese Argumente von nicht allzu großer Überzeugungskraft, da Handhabbarkeit allein nicht die inhaltliche Rechtfertigung einer These ersetzen kann und die Merkmale typischer Fälle zwar ein Indiz liefern, aber eben 169

In: FS L. Raiser, S. 287, 332. Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 14; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Grandpierre S. 78 f.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 83; Langer S. 43 f.; Miethke S. 26; Rittner § 6 Rn. 26; ders., Wirtschaftsrecht, § 14 Rn. 17; H. Scholz S. 67 (der den Konzern aber dennoch wegen § 22 VI GWB a. F. als einheitliches Unternehmen ansieht); Tetzner S. 9; Ulmer WuW 1960, 163, 172; ders. BB 1961, 1020, 1021 Fn. 16; wohl auch Mulert S. 27; in diese Richtung auch Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 27, der den Konzern nur dann als Unternehmen ansehen will, wenn er eigene Rechtspersönlichkeit hat, da es ansonsten an einer greifbaren Organisationsform fehle; sowie Gassner S. 14, der als Unternehmen nur den Unternehmensträger ansieht, ohne sich allerdings zum Konzern zu äußern. Ebenso Bartholomeyczik in: FS Heymanns Verlag, S. 307, 325 Fn. 43. 170

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keine sicheren Abgrenzungskriterien für Grenzfälle. Den typischen Fall zum normativen Grundsatz zu erheben, wird den Realitäten nicht gerecht.171 Schon beachtlicher ist das Argument, dass ein Konzern mangels Rechtsfähigkeit auch keine Verträge schließen kann,172 was gerade eine der in § 1 GWB aufgezählten relevanten Verhaltensweisen ist und auch für § 14 GWB Bedeutung hat. Hier als Lösung einen vom übrigen Zivilrecht divergierenden Vertragsbegriff zu implementieren, 173 ist wenig hilfreich, da es sich um eine begriffliche Lösung handeln würde und zu dem eigenartigen Konstrukt eines Vertrages nur im kartellrechtlichen Sinne führen würde, der weder zivilrechtlich wirksam ist noch bloß abgestimmtes Verhalten darstellt. Aus der fehlenden Fähigkeit zum Vertragsschluss umgekehrt zu folgern, dass sich die Frage, ob der Konzern als solcher Unternehmen ist, nicht stellt174, hieße allerdings, den Unternehmensbegriff in seiner Relevanz zu Unrecht auf § 1 GWB zu beschränken und darüber hinaus seine Bedeutung im Rahmen der Zurechnung zu übersehen.175 Nicht mal bezüglich § 1 GWB ist mit der fehlenden Fähigkeit zum Vertragsschluss ein endgültiges Urteil gefällt, vielmehr kann der Konzern tatsächlich abgestimmtes Verhalten praktizieren und gentleman’s agreements treffen.176 Dass ein Unternehmen alle in § 1 GWB aufgezählten Verhaltensweisen praktizieren können muss, ist nicht gesagt und erscheint auch nicht geboten. Hinsichtlich der Fähigkeit Verträge abzuschließen lässt sich schließlich anführen, dass es ausreicht, wenn einzelne Teile des Unternehmens, nämlich die rechtsfähigen Konzernunternehmen, die Fähigkeit dazu besitzen177. Das Verhalten dieser Teile lässt sich dem Konzern dann gegebenenfalls zurechnen.

171

Harms S. 95. Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 83; Miethke S. 27; Mulert S. 26; Ulmer WuW 1960, 163, 172; Harms S. 158, der den Konzern aber trotzdem als Unternehmen ansieht; die Fähigkeit zum Vertragsschluss hält auch Tetzner S. 9 Fn. 1 für erforderlich; a. A. bzgl. der Fähigkeit des Konzerns zum Vertragsschluss unter Hinweis auf die Einordnung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts v. Gamm § 1 Rn 11; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14; ähnlich soweit der Konzern eine GbR ist Hootz in: GK5, § 1 Rn. 31. 173 So aber Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14 und ihm folgend Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 40. 174 So Huber/Baums in: FK, § 1 Rn 83 a. E. 175 Dies erkennen letztlich auch Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 87, ohne sich jedoch veranlasst zu sehen, aus der Einordnung bei der Zurechnung Rückschlüsse für § 1 GWB zu ziehen. 176 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 58; ebenso Haberkorn NJW 1960, 86, 87 für Art. 65 Montanunionsvertrag; von der Möglichkeit zum gentleman’s agreement und zur Verhaltensabstimmung geht auch Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 45 aus; a. A. Leo, Kartellrundschau, S. 11, 18 für Art. 85 EWG, der abgestimmte Verhaltensweisen nur zwischen rechtsfähigen Parteien für möglich hält. 177 Funck S. 114. 172

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Die Zweifelhaftigkeit der Lösung über die Rechtsfähigkeit zeigt sich im Übrigen bei ihren Verfechtern selbst, wenn zwar nicht der Konzern als Unternehmen angesehen wird, dafür aber über den Umweg der Einstufung der für den Konzern handelnden Konzernspitze als Unternehmen178 versucht wird, vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Daneben sieht sich die Ansicht, die den Konzern mangels Rechtsfähigkeit aus dem Unternehmensbegriff ausnehmen will, erheblichen Einwänden ausgesetzt. So kann im Rahmen eines solchen rechtlichen Unternehmensbegriffs die Unternehmensleitung des Konzerns nicht adäquat berücksichtigt werden. Weiter ist nicht gesagt, dass die allgemein für den Unternehmensbegriff geforderte „Selbständigkeit“ eine rechtliche sein muss. Man könnte stattdessen eine wirtschaftliche Selbständigkeit fordern,179 sich auf das Erfordernis eigenständigen bzw. autonomen marktbezogenen Handelns beschränken180 oder auf das Merkmal ganz verzichten181. Es ist jedenfalls mehrdeutig und nicht ohne weiteres im Sinne rechtlicher Selbständigkeit zu verstehen. Des Weiteren besteht die Gefahr der Umgehung des GWB, wenn Konzerne es durch eine entsprechende rechtliche Gestaltung in der Hand hätten, über die Anwendbarkeit des GWB zu entscheiden.182 Genau das wäre aber der Fall, wenn nur die einzelnen Konzernunternehmen fassbar wären und die Anwendbarkeit des Gesetzes so von der Ausgestaltung des Konzerns im Einzelfall abhinge. (6) Funktionaler Unternehmensbegriff: Möglichkeit zur Marktteilnahme als Anforderung an ein Unternehmen (a) Das Erfordernis der Teilnahme am Markt Gegen das Erfordernis rechtlicher Selbständigkeit ist schließlich der erwähnte funktionale Unternehmensbegriff in Erinnerung zu rufen. Danach sollen gerade nicht institutionelle Mindestanforderungen, wozu auch die Rechtsfähigkeit zu zählen ist183, entscheidend sein, sondern das Verhalten des Teilnehmers am Markt. Ein Unternehmen im Sinne des GWB muss in der Lage sein, sich am 178

Huber/Baums in: FK, § 1 Rn 84; Langer S. 46. So beispielsweise Gandenberger S. 109 ff.; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 38a, 41; Neumann WuW 1957, 562, 564; Rinck/Schwark Rn. 251; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 12 u. 15, aufgegeben durch Hootz in: GK5, § 1 Rn. 31. 180 Hootz in: GK5, § 1 Rn. 22. 181 So Fikentscher WuW/E BGH 365. Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass damit das Erfordernis des Auftretens autonomer Wettbewerbssubjekte am Markt für den Unternehmensbegriff aufgegeben würde, vgl. Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 49 a. E. 182 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 46; Haberkorn GRUR 1962, 449, 451; ders. WRP 1967, 39, 41. 183 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn 39. 179

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marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu beteiligen, und den Willen haben, dies zu tun oder trotz vorliegender technischer Voraussetzungen zu unterlassen.184 Folglich lässt sich Selbständigkeit auf die Teilnahme am Markt aufgrund eigener Entschließung reduzieren. Durch die Leitung der Tochtergesellschaften, die ihrerseits auf dem Markt auftreten, kann der Konzern auf den Markt einwirken. Er ist über die Steuerung seiner Einzelgesellschaften in der Lage, auf dem Markt zu agieren.185 Nimmt man den funktionalen Unternehmensbegriff ernst, so kann also auch ein Konzern grundsätzlich die Anforderungen an ein Unternehmen erfüllen. Dieses Verständnis entspricht dem Zweck des GWB, den Wettbewerb umfassend zu schützen, der es nahe legt, den Unternehmensbegriff weit zu fassen und auch faktisches Verhalten zu erfassen.186 Demgegenüber sagt die rechtliche Selbständigkeit nichts über die Stellung des Unternehmens am Markt aus. Für diese Sichtweise spricht schließlich ein Vergleich des nichtrechtsfähigen Konzerns mit dem nichtrechtsfähigen Verein, der – zumindest als Unternehmensvereinigung – unter § 1 GWB fällt.187 Unternehmen und Unternehmensvereinigungen behandelt § 1 GWB aber vollkommen gleich. Rechtliche Selbständigkeit ist für den Unternehmensbegriff demnach nicht erforderlich.188 Ein Konzern kann also aufgrund seiner grundsätzlich vorhandenen Fähigkeit, am Markt zu handeln, Unternehmen sein. Fraglich ist indes, ob allein die Einordnung als Konzern entsprechend der obigen Definition für die Qualifikation als Unternehmen genügt, oder ob weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. (b) Konzern als Einheit im Rahmen wirtschaftlicher Vorgänge Teilweise wird der Konzern unter Anlehnung an die so genannte Einheitstheorie189, die den Konzern weitgehend als einheitliches Unternehmen betrachtet, zumindest dann als Unternehmen angesehen, wenn wirtschaftliche Vorgänge im 184

Fikentscher WuW/E BGH 365. Vgl. Rehbinder S. 75 f. 186 Potrafke S. 116; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn 50; vgl. auch Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 39. 187 Hootz in: GK5, § 1 Rn. 31; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14; Müller/ Gießler/Scholz § 1 Rn. 40, die allerdings den Konzern als GbR vor Augen haben; Potrafke S. 117; vgl. auch § 13 GWB über die Behandlung nichtrechtsfähiger Vereinigungen im Verfahren. 188 Funck S. 114; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 50; Langer S. 39; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn 38a; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 12; Neumann WuW 1957, 562, 563; Potrafke S. 117; Rinck/Schwark Rn. 251; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 39; wohl auch Hootz in: GK5, § 1 Rn. 30 („nicht zwangsläufig“). 189 Vgl. dazu Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 II 1; Funck S. 92 ff.; aus Sicht der Konzernrechnungslegung v. Wysocki/Wohlgemuth S. 26. 185

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Vordergrund stehen und es nicht entscheidend auf die Rechtsfähigkeit ankommt.190 Das soll vor allem bei vertraglichen Beziehungen innerhalb eines Konzerns der Fall sein, sofern die Konzernspitze den Konzernunternehmen für den jeweiligen Bereich nicht freie Hand gelassen hat. Argument ist, dass das GWB auf wirtschaftliche Vorgänge abstellt und daher auch der Unternehmensbegriff von dieser wirtschaftlichen Seite her zu beantworten ist.191 Auf die Rechtsform komme es nicht entscheidend an. (c) Marktteilnahme aufgrund einheitlicher Leitung Verbreitet wird die auf Dauer angelegte einheitliche Leitung als maßgeblich und der Konzern daher als Unternehmen im Sinne des GWB angesehen.192 Die einheitliche Leitung ermögliche es sowohl dem Unterordnungs- als auch dem Gleichordnungskonzern faktisch am geschäftlichen Verkehr teilzunehmen.193 Da sie wie im Konzernrecht kein Weisungsrecht erfordert,194 kann die erforderliche Einheit grundsätzlich bei allen Konzernarten, auch beim dezentralisierten Konzern vorliegen. Einheitliche Leitung gehört gesellschaftsrechtlich zu den Voraussetzungen des Konzerns, sodass die nach deutschem Konzernrecht als Konzerne anzusehenden Unternehmensorganisationen regelmäßig auch Unternehmen im Sinne des GWB wären. Die Einordnung erfolgt dabei nur im Rahmen des GWB. Aufgrund der eigenständigen Unternehmensbegriffe der einzelnen Rechtsgebiete lässt die Zurechnung wettbewerblicher Tatsachen hingegen keine Rückschlüsse auf die Frage zu, ob die Nichtbeachtung der juristischen Person gesellschaftsrechtlich, etwa zu Zwecken der Durchgriffshaftung, zulässig wäre.195 Zuzustimmen ist dieser Ansicht insoweit, als sie mit der einheitlichen Leitung auf ein Kriterium abstellt, dass nicht Rechtsfähigkeit voraussetzt, sondern rein tatsächlich wirkt.196 Sie orientiert sich, dem funktionalen Unternehmensbegriff entsprechend, an der Teilnahme am Markt. 190

Funck S. 91 und 118 ff. Funck S. 113 f. 192 Rinck Rn. 778; H. Scholz S. 115; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 46; ähnlich Rinck/Schwark Rn. 251; i. E. ebenso, allerdings wohl bei Annahme der Rechtsfähigkeit des Konzerns, v. Gamm § 1 Rn. 11. Zum Konzern als Wettbewerbseinheit aufgrund einheitlicher Leitung auch Möhring GRUR 1966, 645, 647. 193 Rinck Rn. 778; H. Scholz S. 36 ff.; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 46; ähnlich Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 14 und Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 40, die auf die faktische Einnahme kartellrechtlich relevanter Positionen durch den Konzern abstellen; ähnlich auch Potrafke S. 117 und Hootz in: GK5, § 1 Rn. 31, soweit der Konzern Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. 194 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 59. 195 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 60. Dies übersieht Langer S. 45, wenn er in der kartellrechtlichen Zurechnung von Verhalten einen unzulässigen Haftungsdurchgriff erblickt. 191

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(d) Bedenken Allerdings bestehen verschiedene Bedenken gegen diese Lösung. Wenn jeder Konzern zugleich Unternehmen wäre, käme dem gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff entgegen der oben aufgestellten Prämisse doch inhaltliche Bedeutung im Kartellrecht zu. Die Einstufung als Konzern würde zugleich die Unternehmenseigenschaft determinieren. Darüber hinaus handelt es sich beim Merkmal der einheitlichen Leitung um ein im Europarecht nicht anerkanntes Kriterium.197 Eine Lösung auf dieser Basis bliebe also in ihrer Reichweite auf das deutsche Recht beschränkt. Eine einheitliche Lösung wäre aber nicht nur zu bevorzugen, sondern scheint im Bereich des wettbewerblichen Unternehmensbegriffs auch möglich, da sich das Grundverständnis in beiden Rechtsordnungen hier stark ähnelt. Ein weiterer problematischer Aspekt der Lösung auf Basis der einheitlichen Leitung ist, dass es sich hierbei um ein genuin gesellschaftsrechtliches Kriterium handelt. Es ist daher schon von seiner Herkunft her nicht auf die Lösung wettbewerbsrechtlicher Fragen zugeschnitten.198 Die Beantwortung der Frage, was im Wettbewerbsrecht als Unternehmen anzusehen ist, sollte aber ausschließlich an den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an ein Unternehmen orientiert sein. Ein geeignetes Kriterium sollte daher aus diesen wettbewerbsrechtlichen Erfordernissen entwickelt werden. (e) Zwischenergebnis Festzuhalten ist, dass ein Unternehmen im Sinne des GWB am Markt agieren können muss, was der Konzern grundsätzlich kann. Das Kriterium der einheitlichen Leitung stellt kein präzisierendes Merkmal dar, da es für einen Konzern konstitutiv ist. Aufgrund seines gesellschaftsrechtlichen Ursprungs und seiner Ungeeignetheit für das europäische Kartellrecht ist es zur Umschreibung der als Unternehmen erfassten Verbindungen nur begrenzt geeignet. Dies sollte vielmehr durch wettbewerbsrechtliche Kategorien erfolgen. Ob dabei alle Konzerne gleichermaßen erfasst werden oder weitergehende Anforderungen bestehen, kann erst aufgrund einer genaueren Betrachtung der Funktion des Unternehmensbegriffs geklärt werden.

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Vgl. Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 58. Siehe unten II. 3. a) dd). Ähnliche Bedenken hegt Gromann S. 100.

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(7) Zuordnungsfunktion des Unternehmensbegriffs (a) Die Bestimmung eines Zuordnungssubjekts als Aufgabe des Unternehmensbegriffs Beschränkt man den Unternehmensbegriff darauf, ein taugliches Zuordnungssubjekt für die jeweils fragliche Verhaltensweise zu liefern, so ist es nicht erforderlich, ein rechts- oder auch nur handlungsfähiges Subjekt als Unternehmen zu haben. In diese Richtung lässt sich auch das Merkmal der Selbständigkeit interpretieren, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es die Fälle ausgrenzen soll, in denen zwar ein bestimmtes Rechtssubjekt, beispielsweise ein Angestellter, im Geschäftsverkehr handelt, diese Handlung aber für einen anderen erfolgt, rechtlich also einem anderen Rechtssubjekt zuzuordnen ist, im Beispiel etwa seinem Arbeitgeber.199 Hier ist der Arbeitnehmer mangels Selbständigkeit kein Unternehmen. Selbständigkeit dient insofern der sachgerechten Zuordnung vorgefundenen Handelns.200 Richtet man den Blick nicht so sehr darauf, wer eine Handlung vorgenommen hat, sondern wem sie rechtlich zuzuordnen ist, so erscheint der Konzern als taugliches Subjekt, da das Zuordnungssubjekt Unternehmen auch eine Mehrzahl von Rechtsträgern, d. h. rechtsfähigen Subjekten, umfassen kann. Unternehmen im Sinne des GWB ist demnach, wem die Handlung im wirtschaftlichen Verkehr als eigene zuzurechnen ist.201 Das kann grundsätzlich auch ein Konzern sein. Zugleich geht die Frage nach der Unternehmenseigenschaft hier in die Zurechnungsfrage über, wenn der Unternehmensbegriff zur Zuordnung von Handlungen verwendet wird und so die Zurechnung in den Unternehmensbegriff miteinbezogen wird. (b) Anforderungen an das Zuordnungssubjekt Das Beispiel der Beziehung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zeigt aber auch, dass die Zuordnung nicht zwischen beliebigen Subjekten erfolgt, sondern innerhalb einer Beziehung, die eine solche Zuordnung rechtfertigt. Der Arbeitnehmer ist von seinem Arbeitgeber wirtschaftlich abhängig und unterliegt seinen Weisungen. Wirtschaftlich betrachtet erscheinen die Handlungen des Arbeitnehmers für seinen Arbeitgeber als solche des Arbeitgebers selbst. Ähnliches muss auch im Konzernverhältnis gelten. Auch hier ist Handeln eines Konzernunternehmens dem Konzern nicht ohne weiteres zuzuordnen. Vielmehr muss das Konzernverhältnis derart gestaltet sein, dass eine Zuordnung (auch) zum Konzern geboten erscheint. Möchte man den Konzern in die kartellrecht199 Potrafke S. 121; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn 37. Vgl. z. B. EuG v. 14.05.1998, „Finnboard/Kommission“, Slg. 1998, II-1617, 1651 Rn. 103. 200 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn 47 a. E. 201 Langer S. 35; Potrafke S. 121.

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liche Verantwortung für die Handlungen seiner Konzernunternehmen einbeziehen, so muss dies mit seinen Möglichkeiten, die Konzernunternehmen zu beeinflussen, korrelieren. Ansonsten droht ein Einstehenmüssen für ein Verhalten, das der Konzern weder verursacht hat noch verhindern konnte. Aus dieser Überlegung ergibt sich, dass an den Konzern bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Ausgestaltung seines Innenverhältnisses zu stellen sind, um ihn als Unternehmen zu qualifizieren. Erforderlich ist ein im Folgenden näher zu entwickelndes Verhältnis zu den Konzerntöchtern, das deren Steuerung durch die Konzernspitze erlaubt und so die Zuordnung rechtfertigt. (c) Unternehmenseigenschaft aufgrund des Verhaltens im Einzelfall? Von einem ähnlichen Ansatzpunkt bezüglich der Zuordnung ausgehend will Potrafke202 das Problem lösen, indem er annimmt, der Unternehmensbegriff sei exklusiv in dem Sinne, dass eine Handlung stets nur genau einem Subjekt zugeordnet werden könne. Dasjenige Subjekt, dem nach bestimmten Kriterien die Handlung zuzuordnen sei, sei dann als Unternehmen anzusehen. Die Einordnung als Unternehmen hinge danach von dem im Einzelfall zu beurteilenden Verhalten ab. Dieser weitere Schritt ist aber weder überzeugend noch erforderlich. Potrafke203 sieht sich dazu veranlasst, weil seiner Ansicht nach der Unternehmensbegriff zur Klärung der Frage, ob konzerninterne Verhaltensweisen gegen das Kartellverbot verstießen, sonst ungeeignet wäre. Dass der Unternehmensbegriff dazu geeignet ist, ist aber weder gesagt noch bei seiner dargelegten Weite auch nur naheliegend. Er würde nicht jedwede Kontur verlieren, wenn er nur die möglichen Zuordnungssubjekte benennen könnte, ohne das endgültige Zuordnungssubjekt für den Einzelfall festzulegen. Seine Abgrenzungsfunktion gegenüber bestimmten Tätigkeiten, wie etwa rein hoheitlichen oder privaten, bliebe voll erhalten. Die Lösung ist nicht in einer Einstufung als Unternehmen je nach der Zuordnung des Verhaltens im Einzelfall zu suchen, sondern in der Konkretisierung der an einen Konzern zu stellenden Anforderungen, die ihn dann generell zu einem tauglichen Zuordnungssubjekt machen. Die Frage, ob im konkreten Fall ein (auch) dem Konzern zuzurechnendes Verhalten vorliegt, ist im Einzelfall – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der auf die Mittel (Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen) und den Gegenstand (Wettbewerbsbeschränkung) des kartellrechtlich relevanten Verhaltens abstellenden Tatbestandsmerkmale sowie im Hinblick auf die Verantwortlichkeit – zu klären. Es ist nicht ersichtlich, dass das Gesetz solchen Besonderheiten bereits mit dem Tatbestands202

S. 122 ff. S. 122. Dabei will Potrafke selbst die Frage nach der Bewertung konzerninterner Verhaltensweisen nur für den vertraglichen Gleichordnungskonzern über den Unternehmensbegriff lösen. Siehe a. a. O., S. 204 ff. und unten III. 3. c) bb). 203

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merkmal „Unternehmen“ Rechnung tragen wollte.204 Die von Potrafke vorgeschlagene Lösung überfrachtet dagegen den Unternehmensbegriff. Dies zeigt sich auch an Umfang und Aufwendigkeit der von ihm entwickelten Kriterien205, die teilweise bereits Überlegungen vorwegnehmen, die sachlich zur Frage des zu beurteilenden Verhaltens bzw. zur Wettbewerbsbeschränkung gehören. Außerdem offenbart dieser Ansatz erneut den Alternativitätsgedanken, wenn Potrafke als Folge seiner exklusiven Zuordnung nur entweder den Konzern oder die Konzernunternehmen als Unternehmen ansieht und daraus Rückschlüsse auf die Frage konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen in dem Sinne ableitet, dass soweit der Konzern Unternehmen ist, wettbewerbsbeschränkende Abreden zwischen den Konzernunternehmen schon mangels Unternehmenseigenschaft nicht in Betracht kämen.206 Dieser Ansatz wurde aber bereits abgelehnt. Es ist darüber hinaus auch unbefriedigend, die Einordnung eines konkreten Konzerns als Unternehmen nur im Einzelfall aufgrund des jeweiligen Verhaltens vornehmen zu können. Nicht einmal innerhalb einer einzelnen Bestimmung des Gesetzes wäre ein und derselbe Unternehmensverbund immer als Unternehmen anzusehen. Der Rechtssicherheit wäre damit nicht gedient. Dieser Fall ist auch nicht mit den von Potrafke zur argumentativen Untermauerung angeführten relativen Unternehmen207 vergleichbar, da es dabei gerade um Einheiten geht, die sich im Bereich der anerkannten Abgrenzungsfunktion des Unternehmensbegriffs bewegen, eine wechselnde Einordnung also denkbar ist und vertretbar erscheint. Das trifft aber auf den ausschließlich im Wirtschaftsleben tätigen Konzern gerade nicht zu. Er hat keinen Bereich privater oder hoheitlicher Tätigkeit. Schließlich gelangt Potrafke selbst im Rahmen der Frage, wann denn der Konzern Unternehmen sein kann, indirekt doch wieder zu dem von ihm selbst zu Recht verworfenen Kriterium der Rechtsfähigkeit, wenn er für die Unternehmenseigenschaft die letztlich der Rechtsfähigkeit weitgehend entsprechende Fähigkeit verlangt, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, was er bei der Organisationsform der GbR als Gesamthandsgemeinschaft annimmt.208 Es zeigt sich also, dass das eigentliche Problem bei der Einordnung des Konzerns in der Ausgestaltung des Konzernverhältnisses liegt, nicht aber im Angesprochensein durch das Gesetz im Einzelfall. 204 In die selbe Richtung argumentiert Grandpierre S. 76 f. hinsichtlich der Berücksichtigung der Besonderheiten verbundener Unternehmen. 205 Potrafke S. 126 ff. 206 Potrafke S. 129 f., 180. 207 Potrafke S. 123. Relative Unternehmen sind Einheiten, die einerseits als Unternehmen am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen, andererseits jedoch rein im privaten oder hoheitlichen Bereich tätig sind. Es handelt sich hierbei also um Unternehmen lediglich in Einzelbezügen im Hinblick auf bestimmte Tätigkeiten. Vgl. Möschel Rn. 102 ff.; Rittner, Wirtschaftsrecht, § 14 Rn. 6 ff. 208 Potrafke S. 126 f. gegenüber S. 116 f. Als GbR erkennt er wiederum nur den vertraglichen Gleichordnungskonzern an, a. a. O., S. 204 ff., 260.

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(8) Wirtschaftliche Einheit (a) Lösung über das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit Präzisierende Anforderungen, die an einen Konzern zu stellen sind, damit er als Unternehmen angesehen werden kann, finden sich dagegen in einem anderen Ansatz. Dabei wird ähnlich wie von denjenigen, die auf die einheitliche Leitung abstellen209, argumentiert, dass im Kartellrecht nicht die formale Rechtsträgerschaft, sondern die wirtschaftliche Funktionseinheit „Unternehmen“ den Ausschlag zu geben hat.210 Der Rechtsträger dagegen ist nicht mit dem Unternehmen identisch, er betreibt es nur.211 Ein solches als wirtschaftende Aktionseinheit verstandenes Unternehmen kann sich (ausnahmsweise) auch in der Hand mehrerer Rechtsträger befinden, die im Extremfall nur als parallel geschaltete Betriebsabteilungen funktionieren. Entscheidend ist dann, ob die konzernverbundenen Unternehmen jeweils eine wirtschaftliche Einheit bilden oder ob von fortbestehender wirtschaftlicher Selbständigkeit auszugehen ist.212 (b) Annäherung an die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit Mit dem Kriterium der wirtschaftlichen Einheit wird dabei ein Kriterium aufgezeigt, das über die bloße Konzernverbundenheit hinausweist und, entsprechend wettbewerbsrechtlich ausgefüllt, eine Grundlage für die Einordnung als Unternehmen und die Zurechnung innerhalb der Einheit liefern kann. Teilweise wird angenommen, dass der Konzern stets eine solche wirtschaftliche Einheit bildet.213 Eine so verstandene wirtschaftliche Einheit hätte indes gegenüber der Konzernbestimmung keinen eigenen Erkenntniswert, insbesondere würde weiterhin die Ausrichtung an wettbewerbsrechtlichen Kriterien fehlen. Andere wol209 Die Übergänge sind hier letztlich fließend, wie sich beispielsweise bei Grandpierre S. 78 zeigt, der von einer „organisatorisch-wirtschaftlichen Einheit“ aufgrund einheitlicher Leitung spricht. 210 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 572; ähnlich Bechtold § 19 Rn. 2; Funck S. 114; vgl. auch Rehbinder S. 74 f.; a. A. Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 14, der „Unternehmen“ mit „Unternehmensträger“ gleichstellt und auf die formale Rechtsträgerschaft abstellt, allerdings trotzdem ohne Begründung den Konzern als Unternehmen ansieht. 211 Funck S. 90. Insoweit wird auch von einer Verwechselung von Unternehmen und Unternehmer gesprochen, vgl. Harms S. 95. Harms S. 95 ff. zeigt auch auf, dass sich die Gleichsetzung von Unternehmen und Rechtsträger als Dogma nicht halten lässt und daher der Unternehmenseigenschaft des Konzerns nicht entgegenstehen kann. 212 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 572 f.; vgl. auch Deringer/Herrmann BB 1966, 1157, 1157 f.; Hefermehl GRUR 1966, 651; Neumann WuW 1957, 562, 565; Schütz WuW 1988, 1015. 213 Bechtold § 19 Rn. 2 a. E.; Haberkorn GRUR 1962, 449, 452; ders. WRP 1967, 39, 41; Neumann WuW 1957, 562, 565; im Ergebnis ebenso Harms S. 162 f.

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len den Konzern nur bei ausreichend hohem Integrationsgrad unabhängig von der Mehrzahl der ihn bildenden Rechtsträger als Unternehmen im Sinne des § 1 GWB ansehen.214 Als Scheidelinie wird etwa die endgültige Vergemeinschaftung des unternehmerischen Risikos unter einheitlicher Leitung vorgeschlagen.215 Mit dem Verweis auf den Integrationsgrad und dem Fehlen autonomer Entscheidungsfähigkeit auf der Ebene der Konzernunternehmen in der Folge sind erste Ansätze zur Entwicklung wettbewerblicher Anforderungen an einen kartellrechtlich als Unternehmen anzusehenden Konzern gefunden. Für die Relevanz der wirtschaftlichen Einheit spricht auch, dass bei Vorliegen des entsprechenden Integrationsgrades der Übergang von einer die einzelnen rechtlichen Untergliederungen beachtenden Sichtweise zu einer einheitlichen Betrachtung des Wirtschaftskomplexes Konzern geboten ist. Die einzelnen Konzernunternehmen verhalten sich dann im Verhältnis zu anderen konzernverbundenen Unternehmen nicht mehr wie unabhängige Marktteilnehmer. Vielmehr stehen die Ressourcen und die Wirtschaftskraft der wirtschaftlichen Einheit der Konzernspitze und im Rahmen ihrer Interessen auch allen Konzernunternehmen einheitlich zur Verfügung. Damit ist eine erste Annäherung an die wirtschaftliche Einheit als qualifizierendes Merkmal des Konzerns erfolgt. Da das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit in erster Linie im europäischen Wettbewerbsrecht entwickelt wurde und dort216 noch eingehend analysiert wird, soll eine weitergehende Präzisierung seiner Anforderungen hier vorerst noch dahinstehen. (c) Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt die Bedeutung der wirtschaftlichen Einheit gegenüber der formalisierten Rechtsträgerschaft. Für ein Rechtsgebiet, das Wirtschaftsabläufe ordnen soll und deshalb auf die Erfassung der wirtschaftlichen Fakten nicht verzichten kann, ist die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit als Ergebnis auch nicht überraschend.217 Eine Rechtsordnung, die in der Realität wirken will, muss ihre Auswirkungen auf die tatsächlich existierenden Wirtschaftskörper abstimmen. Dabei stellt die wirtschaftliche Einheit zunächst nur einen Begriff dar, zu dessen Bestimmung erste Überlegungen angestellt wurden. Die ge214

Vor allem K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 572 ff. BKartA TB 1968, 45 für das Verhältnis zur Fusionskontrolle; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 573 für den Gleichordnungskonzern. Etwas anders Huber ZHR 131 (1968), 193, 241 u. 253 f., der eine wirtschaftliche Einheit in erster Linie bei Vorliegen eines fusionsähnlichen Tatbestandes als gegeben ansieht. 216 Siehe unten II. 3. c) ff). 217 Harms S. 162 f. Siehe auch ders. EuR 1966, 230, 272 („Normen, die der Ordnung des Wirtschaftsablaufs dienen sollen, [müssen] die funktionalen Wirtschaftseinheiten erfassen.“). 215

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nauen Anforderungen an eine solche wirtschaftliche Einheit, welche die Einstufung als Unternehmen rechtfertigt, werden noch aus den wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen für eine Behandlung des Konzerns als Einheit zu entwickeln sein. Nicht jeder Konzern ist daher unmittelbar als Unternehmen anzusehen, sondern nur derjenige, der den weiter zu konkretisierenden Integrationsgrad einer wirtschaftlichen Einheit erreicht. (9) Grundsätzliche Einwände gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns An dieser Stelle ist zu zwei Einwänden Stellung zu nehmen, die grundsätzlich, also unabhängig vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns erhoben werden können. (a) Wettbewerb innerhalb eines Unternehmens? Der erste Einwand richtet sich gegen die Herleitung der Unternehmenseigenschaft aus der Fähigkeit, tatsächlich am Markt agieren zu können. Man könnte einwenden, dass sich die Beeinflussung und Steuerung der Konzernunternehmen durch die Konzernspitze im Einzelfall möglicherweise gar nicht auf wettbewerbsbeschränkende Praktiken bezieht und vielleicht sogar Binnenwettbewerb im Konzern besteht. Dieser Einwand übersieht aber ebenso wie der Alternativitätsgedanke, dass es sich beim Konzern um ein mehrschichtiges Gebilde aus rechtlich selbständigen Teilen handelt. Die Existenz von Binnenwettbewerb steht daher der Einbeziehung des Konzerns in den Unternehmensbegriff nicht entgegen.218 Wettbewerb innerhalb eines Unternehmens ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Neben den Konzernunternehmen kann auch der Konzern im geschäftlichen Verkehr auftreten. Außerdem scheint der Ansatz, wenn und weil sich die Ausübung von Kontrolle nicht auf wettbewerbsbeschränkende Praktiken beziehe, sei der Konzern kein Unternehmen, auch darum wenig überzeugend, weil sich der Bereich und der Umfang, in dem Leitungsmacht tatsächlich ausgeübt wird, natürlich ändern kann. Die bloße Tatsache, dass zur Zeit keine wettbewerbsbeschränkende Ausübung von Einflussmöglichkeiten stattfindet, kann aber nicht die Unternehmenseigenschaft aufheben, sondern gehört systematisch zu der Frage, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Selbst wenn man aber bereits für die Unternehmenseigenschaft verlangen wollte, dass sich der Bereich ausgeübter Kontrolle auf wettbewerbsbeschränkende Praktiken bezieht, kann dies nicht zur Verneinung der Unternehmenseigenschaft des Konzerns führen, da der Konzern auf218

Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 47.

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grund der Möglichkeit, die Kontrolle jederzeit auf diesen Bereich zu erstrecken, zumindest als potentielles Unternehmen anzusehen wäre, was für die Bejahung der Unternehmenseigenschaft ausreicht.219 Weder die Tatsache, dass die konkrete wettbewerbsbeschränkende Maßnahme außerhalb des aktuell von der Konzernspitze gelenkten Bereiches liegt, noch die Existenz von Binnenwettbewerb steht also der Möglichkeit einer Einstufung des Konzerns als Unternehmen entgegen. (b) Fehlende Handlungsfähigkeit als Hindernis? Dass der Konzern nur über die einzelnen Konzernunternehmen handlungsfähig ist, steht der möglichen Einordnung als Unternehmen ebenfalls nicht entgegen, da die Situation insoweit derjenigen bei einer juristischen Person vergleichbar ist, die auch nur durch ihre Organe handeln kann. Das Gleiche gilt für die rechtlichen Konsequenzen. Hier steht § 22 VI GWB a. F. exemplarisch für die Möglichkeit, den nicht rechtsfähigen Konzern als Unternehmen anzusehen, die Rechtsfolgen jedoch gegen die einzelnen Konzernunternehmen als Rechtsträger zu richten.220 Zwar erlaubt § 22 VI GWB a. F. keine unmittelbaren Rückschlüsse auf den Unternehmensbegriff des § 1 GWB,221 er zeigt aber, dass das GWB selbst Lösungen für den Umgang mit nicht rechtsfähigen Unternehmen gefunden hat. Nichts anderes gilt für die Sanktionen im Rahmen der Fusionskontrolle, als deren Adressaten trotz § 36 II GWB nur die einzelnen Konzernunternehmen in Betracht kommen. (10) Behandlung der wirtschaftlichen Einheit im Verfahren Abschließend soll noch ein Blick auf die Behandlung der wirtschaftlichen Einheit im Kartellverfahren geworfen werden und überprüft werden, ob und inwieweit sich daraus Rückschlüsse auf deren Unternehmensqualität ziehen lassen. Bedenken, einen Konzern als Unternehmen anzusehen, wenn er eine wirtschaftliche Einheit darstellt, bestünden jedenfalls, wenn er als Folge der fehlenden Rechtspersönlichkeit grundsätzlich keine greifbare Organisationsform darstellen würde. Im Verfahren vor den Kartellbehörden wie auch im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren können gemäß § 77 GWB auch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen beteiligt sein. Dies trifft auf den Konzern zu, soweit er als 219 Zur Unternehmenseigenschaft des potentiellen Unternehmens statt aller: Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 41. 220 Harms S. 97. 221 Siehe dazu oben II. 2. b) bb) (3).

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Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen ist.222 Allerdings sind rechtsfähige Unternehmen soweit vorhanden primär als Verfahrensbeteiligte anzusehen.223 Dies kommt hier für die einzelnen Konzernunternehmen in Betracht, soweit sie betroffen sind (vgl. § 54 II Nr. 2 und 3 GWB). Sofern der Konzern nicht in der Form einer GbR organisiert ist, ist er gar nicht beteiligtenfähig. Ob er wirtschaftlich eine Einheit bildet oder nicht, spielt dafür keine Rolle. Daraus lassen sich allerdings keine Argumente gegen die Einordnung der wirtschaftlichen Einheit Konzern als Unternehmen ableiten, da § 77 GWB einen anderen Ausgangspunkt hat. Im Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren wird nicht an das Unternehmen im Sinne der §§ 1 ff. GWB, sondern an den jeweiligen Unternehmensträger angeknüpft.224 Dies bestätigt § 59 II GWB, der ausdrücklich die Inhaber des Unternehmens zur Erfüllung der dem Unternehmen obliegenden Pflichten verpflichtet.225 Träger der wirtschaftlichen Einheit Konzern sind die einzelnen Konzernunternehmen. Sie sind auch stets beteiligtenfähig.226 Gegen die Unternehmenseigenschaft einer wirtschaftlichen Einheit kann daher nicht angeführt werden, dass es an einer greifbaren Organisationsform fehle, da zum einen die wirtschaftliche Einheit über die Einzelgesellschaften des Konzerns ausreichend greifbar ist und zum anderen im Verfahren gerade nicht an den Unternehmensbegriff, sondern an die Unternehmensträgerschaft angeknüpft wird. Im Bußgeldverfahren können neben den natürlichen Personen nur die einzelnen Konzernunternehmen gemäß § 30 OWiG herangezogen werden und nicht der Konzern, da er nicht rechtsfähig ist. Gegen die Subsumtion der wirtschaftlichen Einheit unter den Unternehmensbegriff spricht jedoch auch dies nicht, da § 81 GWB auf die Handlungen natürlicher Personen abstellt und nicht auf den Unternehmensbegriff.227 Es zeigt sich also, dass der Konzern, unabhängig davon, ob er eine wirtschaftliche Einheit bildet oder nicht, in den Verfahrensvorschriften überwiegend kein tauglicher Adressat ist, gleichwohl aber dadurch, dass die einzelnen Kon222 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 63; wohl auch K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker3, § 77 Rn. 4 i.V. m. 6 a. E.; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 48. 223 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 63 unter Berufung auf KG v. 04.05.1962, WuW/E OLG 469, 472 „Fensterglas III“. 224 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 63; K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker3, § 77 Rn. 6; Kollmorgen in: Langen/Bunte, § 81 Rn. 10; zur Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger Rittner, Wirtschaftsrecht, § 7 Rn. 10 f. 225 Kollmorgen in: Langen/Bunte, § 81 Rn. 10. 226 K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker3, § 77 Rn. 6 a. E. 227 Kollmorgen in: Langen/Bunte, § 81 Rn. 10 f.; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 48.

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zernunternehmen erfasst werden, ausreichend greifbar ist. Letzteres gilt insbesondere wenn die Konzernspitze in Form einer selbständigen juristischen Person organisiert ist. (11) Behandlung der wirtschaftlichen Einheit in den §§ 2 ff. GWB Bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ist im Rahmen der in den §§ 2 ff. GWB normierten Ausnahmen vom Kartellverbot die Einbeziehung von Schwestergesellschaften bzw. des Konzerns insgesamt geboten, um die genannten228 Merkmale in den einzelnen Normen zutreffend zu bestimmen. Würde man hier nur auf das einzelne Konzernunternehmen abstellen, so bestünde die erwähnte Gefahr, dass die wirtschaftliche Einheit durch eine entsprechende rechtliche Diversifikation, wie beispielsweise die Aufspaltung in zahlreiche selbständige Konzernunternehmen, die für sich genommen alle nicht die notwendige Größe erreichen, die gesetzlichen Schranken umgehen und zu Unrecht in den Genuss einer ihr bei konzernweiter Betrachtung nicht zustehenden Privilegierung kommen könnte. Zwingende Normen des GWB stünden so zur Disposition der Betroffenen. Zugleich würde die einheitliche Marktwirkung einer wirtschaftlichen Einheit verkannt. Durch die Einstufung auch des Gesamtkonzerns als beteiligtes Unternehmen wird dieses Ergebnis vermieden.229 cc) Zurechnung Mit den bisherigen Ausführungen ist auch die Zurechnungsfrage bereits teilweise geklärt worden. Die gefundene Erkenntnis, dass der Unternehmensbegriff wesentlich durch Zuordnungsfragen gelenkt wird, macht deutlich, dass beide Fragen sich nicht klar von einander abgrenzen lassen, sondern ineinander übergehen. Soweit der Konzern demnach als einheitliches Unternehmen anzusehen ist, ist konzernintern eine gegenseitige Verhaltenszurechnung möglich. Die Konzernspitze hat innerhalb der wirtschaftlichen Einheit grundsätzlich für das Verhalten ihrer Tochterunternehmen einzustehen. Dass im Rahmen der Ausnahmen vom Kartellverbot (§§ 3, 4, 5 und 7 GWB) auf die wirtschaftliche Einheit im Ganzen abzustellen ist, wurde bereits festgestellt.230 Die Umsätze, Marktanteile und generell die Marktmacht der einzelnen Konzernunternehmen sind also kumulativ zu betrachten, oder, aus der Sicht des einzelnen Konzernunternehmens betrachtet, sind ihm diejenigen der übrigen 228

Siehe oben II. 1. b). Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 87; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 45 („typisierender Unternehmensbegriff“). 230 So auch Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 45 f. 229

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Konzernunternehmen zuzurechnen. Das Gleiche gilt im Rahmen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 GWB). Auch hier werden die Vorteile, die sich aus einem Konzernverbund ergeben bei der Bestimmung der Marktstellung berücksichtigt231 und Verhaltensweisen zwischen den Konzernunternehmen und zum Gesamtkonzern zugerechnet232. Berücksichtigt wird also die wirtschaftliche Einheit als Ganzes. Im Bereich der Fusionskontrolle besteht wie mehrfach erwähnt ohnehin eine explizite Regelung in § 36 II GWB, die zu einer konzernweiten Betrachtung bzw. zu einer gegenseitigen Zurechnung von Marktanteilen, Beschäftigtenzahlen und Umsatzerlösen zwischen den Konzernunternehmen führt. Im Rahmen der Verhängung von Bußgeldern ist eine Inanspruchnahme einzelner Konzernunternehmen für das Verhalten anderer Konzernunternehmen über den Umweg der wirtschaftlichen Einheit möglich, soweit sie verantwortlich sind, beispielsweise indem sie das wettbewerbwidrige Verhalten innerhalb des Konzerns angeleitet und koordiniert haben. Hier bietet insbesondere die Einheitstäterschaft (§ 14 OWiG) einen Ansatzpunkt. Die Muttergesellschaft kann daher wegen der Existenz der wirtschaftlichen Einheit über eigenes Handeln hinaus für Verstöße der Tochtergesellschaften verantwortlich sein.233 Auch die Rechtsprechung hat eine Zurechnung zwischen Konzernunternehmen bejaht,234 wobei allerdings die beiden zum Diskriminierungsverbot des § 26 II GWB a. F. (jetzt § 20 GWB)235 ergangenen Entscheidungen des BGH nur begrenzt aussagekräftig sind, da sie die Zurechnungsfrage aus dem jeweiligen Sachverhalt lösen236 und allgemeine Aussagen vermeiden. So leitete der BGH in der Entscheidung Plaza SB-Warenhaus237 die Verpflichtung auch der produzierenden Tochtergesellschaft zur Beseitigung der Diskriminierung daraus ab, dass sie selbst Partnerin der Vertriebsbindungsverträge geworden sei und sich durch Überwachung mittelbar am Vertrieb beteiligt hätte. In der Entscheidung Meierei-Zentrale238 nahm der BGH aufgrund der Tatsache, dass die Muttergesellschaft ihrer Tochter ein Alleinbezugsrecht mit der Einschränkung eingeräumt hatte, es auf die Abnehmer weiterzuübertragen, Möschel in: Immenga/Mestmäcker3, § 19 Rn. 67 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung. 232 Siehe Hübschle in: Lange, Hdb., Kap. 4 § 2 Rn. 1. 233 Rütsch S. 142 u. 228. Siehe auch unten II. 3. c) gg) (1) (b). 234 BGH v. 30.09.1986, BGHZ 99, 1 „Mischwerke Rationalisierungskartell“; v. 23.03.1982, BGHZ 83, 238 „Meierei-Zentrale“; v. 23.10.1979, WuW/E BGH 1635 „Plaza SB-Warenhaus“; OLG Stuttgart v. 10.10.1980, WuW/E 2386, 2387 „Stuttgarter Wochenblatt“. Wohl auch BKartA TB 1981/1982, 59 „Blutgerinnungsmittel“. 235 Vgl. dazu auch unten III. 3. g). 236 Vgl. Schroeder WuW 1988, 274, 282. 237 BGH v. 23.10.1979, WuW/E BGH 1635. 238 BGH v. 23.03.1982, BGHZ 83, 238. 231

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unmittelbare Geschäfts- und Lieferbeziehungen zwischen der Mutter selbst und den Abnehmern an. Jedenfalls insoweit, als Maßnahmen der Tochtergesellschaft im Rahmen des Gesamtvertrages lagen und von der Mutter selbst festgelegt worden waren, rechnete der BGH sie daher der Mutter zu. In der Entscheidung Stuttgarter Wochenblatt stellte das OLG Stuttgart beiläufig fest, dass die marktbeherrschende Stellung eines Konzerns auch ein Einschreiten gegen einzelne Konzernunternehmen rechtfertigt.239 Die marktbeherrschende Stellung des Konzerns wurde also seinen Gliedgesellschaften zugerechnet. In der Entscheidung Mischwerke Rationalisierungskartell240 bestätigte der BGH die Auffassung des KG, dass bei der Beurteilung eines Rationalisierungskartells gemäß § 5 GWB a. F. konzernverbundene Unternehmen eines Kartellmitglieds mit zu berücksichtigen sind, wenn diese eine wettbewerbliche Einheit bilden. Diese Berücksichtigung der Konzernverbundenheit im Rahmen der Freistellungsmöglichkeiten vom Kartellverbot, soweit der Konzern eine Einheit bildet, liegt in vollem Umfang auf der Linie der hier vertretenen Lösung. dd) Ergebnis Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Konzern die Anforderungen des Unternehmensbegriffs des GWB erfüllen kann. Seine Einordnung als „Unternehmen“ schließt aufgrund der Mehrschichtigkeit der Organisationsform Konzern die Unternehmenseigenschaft der einzelnen Konzernunternehmen nicht aus und umgekehrt steht die mögliche Unternehmenseigenschaft der Konzernunternehmen241 derjenigen des Gesamtkonzerns nicht entgegen. Entscheidend für die Fähigkeit des Konzerns Unternehmen zu sein ist, dass er durch die Steuerung der einzelnen Konzernunternehmen tatsächlich am geschäftlichen Verkehr teilnehmen kann. Noch ungeklärt ist, wie intensiv diese Steuerung oder Steuerungsmöglichkeit ausgeprägt sein muss. Die einheitliche Leitung des deutschen Konzernrechts ist jedenfalls kein geeigneter Maßstab. Aus der Erkenntnis, dass der Unternehmensbegriff des GWB neben der Abgrenzungs- eine Zuordnungsfunktion hat, ergibt sich, dass die Anforderungen an ein Unternehmen so bestimmt werden müssen, dass sie die Zuordnung vorgefundenen Verhaltens rechtfertigen. Als Kriterium, um einen solchen Zustand für den Konzern zu kennzeichnen wurde, die wirtschaftliche Einheit ausgemacht, die einen bestimmten Integrationsgrad des Konzerns beschreibt. Dieses Merkmal gilt es im Verlauf der Untersuchung weiter zu entwickeln. Nicht verwechselt werden darf diese Abgrenzung mit dem früher vieldiskutierten Gegensatzpaar Konzern– 239 240 241

OLG Stuttgart v. 10.10.1980, WuW/E 2386, 2387 „Stuttgarter Wochenblatt“. BGH v. 30.09.1986, BGHZ 99, 1, insb. 5. Siehe dazu unten III. 3. c) ee) u. 4. a).

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Kartell. Eine Verbindung die für eine wirtschaftliche Einheit nicht genügend verfestigt ist, braucht nicht notwendig ein Kartell zu sein.242 Innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit ist eine Zurechnung von Merkmalen und Verhaltensweisen möglich. Sanktionsrechtlich ist eine Zurechnung und ein Rückgriff auf den verantwortlichen Unternehmensträger, in der Regel die Konzernspitze, möglich. Aufgrund der Tatsache, dass der Konzern auch in der Form der wirtschaftlichen Einheit „nur“ wirtschaftlich selbständig ist, die Wirkungen von Rechtsgeschäften der Konzernunternehmen daher – soweit kein Fall der Vertretung vorliegt – grundsätzlich auch nur bei diesen als rechtlich selbständigen juristischen Personen eintreten, mag man bezüglich der wirtschaftlichen Einheit Konzern von einem Unternehmen niedriger Stufe sprechen.243 Wenn man bedenkt, dass es bei der Einbeziehung der wirtschaftlichen Einheit in den Unternehmensbegriff vor allem um die richtige Bestimmung der Marktwirkung einer Wettbewerbsbeschränkung und die Verhinderung von Umgehungsversuchen geht, könnte man sie auch als nachrangiges Unternehmen bezeichnen. Derart abgestufte Unternehmensbegriffe sind dem GWB (wie auch dem Aktiengesetz) aber fremd. Sie bringen keinen Erkenntnisgewinn bei der Behandlung von Sachfragen und sind daher hier nicht weiter zu vertiefen.

242

Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181. So Klippert S. 107 und Rehbinder S. 55 ff., 74 ff., insb. S. 80 umgekehrt bezüglich der Unternehmensqualität der Konzernunternehmen. 243

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3. Rechtslage im Europarecht a) Europarechtliches Konzernverständnis Der folgende Abschnitt dient dazu, Zeugnis über das europarechtliche Konzernverständnis, insbesondere soweit es kartellrechtlich relevant ist, abzulegen. Zu klären ist, ob im Europarecht ein allgemeines oder gar ein spezielles kartellrechtliches Verständnis des Konzerns besteht, das der kartellrechtlichen Bewertung des Konzerns zugrunde liegt oder zugrunde gelegt werden kann. aa) Europäisches Konzernrecht und Recht der Mitgliedstaaten Im Gegensatz zum deutschen Recht gibt es ein allgemeines Konzernrecht auf europäischer Ebene bisher nicht. Die Bemühungen um eine Konzernrechtsrichtlinie sind Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts gescheitert.1 Aber auch der Rückgriff auf die Gemeinsamkeiten im Recht der einzelnen Mitgliedstaaten ist als Ausgangspunkt für ein europäisches Konzernrecht wenig ergiebig, da die Unterschiede in den nationalen Gesellschaftsrechten im Bereich der Unternehmensgruppen erheblich sind.2 Eine teilweise systematische Regelung exis1 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 681 f.; Habersack Rn 58 f.; Schwarz Rn. 887 ff.; zum letzten Vorschlag von 1984 vgl. Hommelhoff in: FS Fleck, S. 125 ff. Auch die jüngst verabschiedete SE-VO gibt sich konzernrechtlich enthaltsam. Obwohl die Europäische Aktiengesellschaft von ihren Gründungsformen her typischerweise als Konzernglied angelegt ist, vgl. Hommelhoff AG 2001, 279, 281 f.; Thoma/ Leuering NJW 2002, 1449, 1452 Fn. 51, finden sich lediglich einige wenige konzernrelevante Reglungen, so die Sonderregelungen zum Verfahren bei Verschmelzung in einer Unternehmensgruppe in Art. 31 SE-VO und der Hinweis auf den konsolidierten Abschluss nach der Siebten Richtlinie in Art. 61 SE-VO. Vgl. auch die Erwägungsgründe 15 bis 17 der Richtlinie. Zur SE-VO allgemein z. B. Hommelhoff AG 2001, 279; Hopt EuZW 2002, 1; Lutter BB 2002, 1; Thoma/Leuering NJW 2002, 1449. Zu den vorangegangenen Vorschlägen siehe Geänderter Vorschlag für eine Verordnung (EWG) über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft v. 16.05.1991, ABl. 1991 Nr. C 176 v. 08.07.1991, S. 1 ff., im Anschluss an den Vorschlag für eine Verordnung (EWG) über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft v. 25.08.1989, ABl. 1989 Nr. C 263 v. 16.10.1989, S. 41 ff. Zur Entwicklung etwa Blaurock in: Europäische Wirtschaft, S. 31, 40 ff. Allerdings enthält der jüngst angenommene Aktionsplan der Kommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und zur Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union (COM (2003) 284(01)) auch konzernrechtlich relevante Vorhaben. So soll u. a. mittelfristig (im Zeitraum zwischen 2006 und 2008) eine Richtlinie vorgelegt werden, die eine koordnierte Konzernpolitik ermöglicht. Siehe dazu Maul/Lanfermann/Eggenhofer BB 2003, 1289, 1294. Der Text des Aktionsplans ist abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/ official/index.htm#companycorp. 2 Vgl. hierzu nur Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 676 ff.; Hommelhoff in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 55, 60. Aufgrund der weit auseinandergehenden Grundvorstellungen zum Konzernrecht, seiner Notwendigkeit und kon-

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tiert nur in Deutschland3 und Portugal4. In den anderen Mitgliedstaaten wird sowohl die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung überhaupt als auch die Möglichkeit der systematischen Ordnung disparater Sachverhalte im Gesellschaftsrecht bezweifelt.5 Sie beschränken sich auf gesetzliche Einzelregelungen sowie auf die Kontrolle der Konzernbildung durch kapitalmarktrechtliche Regeln. Die feinen Verästelungen der deutschen Konzernrechtstypologie finden insoweit keine Entsprechung. Unabhängig davon, ob man diese Komplexität der Regelung überhaupt für wünschenswert hält, haben sich die Rechtsordnungen der meisten Mitgliedstaaten zu der Frage, was genau einen Konzern ausmacht, keine verallgemeinerungsfähigen Gedanken gemacht. Eine gemeinsame europäische Konzernrechtstradition gibt es folglich nicht. Von hier ist ein einheitliches europäisches Verständnis des Konzerns nicht zu erwarten. bb) Verbundtatbestände in Richtlinien Im Zuge der fortschreitenden Harmonisierung des Unternehmensrechts gibt es auf europäischer Ebene in Ermangelung einheitlicher gesellschaftsrechtlicher Begriffsbildungen für das Phänomen des Unternehmensverbunds zunehmend überall dort bereichsspezifische Definitionen, wo man solche Tatbestände im Kontext einer anderen Regelung berücksichtigen will.6 Noch viel stärker als für das zumindest im Ansatz um eine allgemeine Begriffsbildung bemühte deutsche (Aktien-)Konzernrecht gilt für diese teilweise sehr speziellen bereichsspezifischen Regelungen, dass sich ihre Geltung auf den jeweiligen Anwendungsbezeptionellen Ausgestaltung innerhalb der Mitgliedstaaten, hält Hommelhoff AG 2001, 279, 282 den weitgehenden Verzicht auf konzernrechtliche Regelungen in der SE-VO für „rechtspolitisch gut und richtig“. 3 Siehe dazu oben II. 2. a) aa). Laut Druey, Gutachten, H 31 wird Deutschland daher weltweit als das „Konzernland“ angesehen. 4 Siehe dazu Lutter/Overath in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 229 ff.; Pinto Ribeiro in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 203 ff.; Thiele S. 48 ff. 5 Siehe Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 80; Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 310, 341; Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 676; Guyon in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 76, 92; Hommelhoff in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 55, 63 u. 68 ff.; Immenga RabelsZ 1984, 48, 52; Prentice in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 93, 95 f.; Schwarz Rn. 868. Dementsprechend sind Versuche einer systematischen Regelung nach deutschem Vorbild bzw. dem des Vorentwurfs zur Neunten Richtlinie beispielsweise in Frankreich und Italien gescheitert, vgl. Béjot in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 169, 171; Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 310, 313 und 322; ders., Gutachten, H 6 u. 14 f.; Immenga RabelsZ 1984, 48, 52. Zweifelnd allerdings Lübking S. 289, der auf zahlreiche Stimmen in Frankreich und England für die Errichtung eines Konzernrechts hinweist. 6 Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 311, 345 spricht im Zusammenhang mit dieser Erfassung des Konzerns über Anknüpfungsnormen von der „Atomisierung“ des Konzernrechts. Vgl. auch ders., Gutachten, H 38.

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reich der Regelung beschränkt. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass sie durch ihre Anwendung in der Rechtspraxis eine gewisse Präjudizwirkung für eine künftige Konzernrechtsharmonisierung entfalten7 und so das europäische Konzernrechtsverständnis prägen. Daher soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die verschiedenen Begriffsbestimmungen in Richtlinien im Zusammenhang mit verbundenen Unternehmen erfolgen.8 (1) Gesellschafts- und Bilanzrecht Die Richtlinie zur Änderung der Zweiten Richtlinie9 bestimmt in Art. 24a I lit. a und III im Zusammenhang mit der Regelung der Einbeziehung von Tochtergesellschaften beim Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft, wann eine Mutter-Tochter-Beziehung zwischen zwei Gesellschaften vorliegt. Die Regelung entspricht dabei im Wesentlichen der Mehrheitsbeteiligung gemäß § 16 AktG und dem Abhängigkeitsverhältnis gemäß § 17 AktG im deutschen Recht, vermeidet aber die Verwendung der Begriffe Mutter- und Tochterunternehmen. Diese Begriffe finden sich dagegen in der Siebten Richtlinie10, welche die Bilanzrichtlinie 11 ergänzt. Die Begriffsbildung trägt dabei allerdings dem besonderen bilanzrechtlichen Anliegen Rechnung, den Kreis der erfassten konsolidierungspflichtigen Unternehmen möglichst weit zu ziehen und erfasst daher außer den Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG auch Mehrheitsbeteiligungen und einfache Abhängigkeitsverhältnisse. Sie verwendet dafür das aus dem angelsächsischen Recht stammende Kontrollkonzept12. Ein Mutter-Tochter-Verhältnis wird unwiderleglich vermutet, wenn dem herrschenden Unternehmen gewisse Kontrollrechte zustehen, die ihm die rechtliche Möglichkeit einräumen, auf ein anderes Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auszuüben.13 Da7 Dazu Bloß S. 10 ff.; Hommelhoff in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 55, 65 ff. 8 Vgl. zum Folgenden Heitzer S. 35 ff.; Neye ZGR 1995, 191, 193 ff. 9 Richtlinie 92/101/EWG v. 23.11.1992 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl. 1992 Nr. L 347 v. 28.11.1992, S. 64 ff. 10 Richtlinie 83/349/EWG v. 13.06.1983 über den konsolidierten Abschluss, ABl. 1983 Nr. L 193 v. 18.07.1983, S. 1 ff. 11 Richtlinie 78/660/EWG v. 25.07.1978 zur Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. 1978 Nr. L 222 v. 14.08.1978, S. 11 ff. 12 Dieses Konzept wird auch als juristisches Konzept bezeichnet, da es auf die gesellschaftsrechtliche Position der Obergesellschaft in Bezug auf die Untergesellschaft abstellt. Das aus dem deutschen Recht bekannte System der Herrschaft oder der einheitlichen Leitung wird demgegenüber auch als ökonomisches Konzept bezeichnet, da es an die tatsächliche Konzernorganisation anknüpft. Vgl. Kirchner AG 1981, 325, 327 f. 13 Heymann/Henssler § 290 Rn. 3.

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nach konstituiert die Mehrheit der Stimmen oder Anteile, ein Beherrschungsvertrag oder die Befugnis, die Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- oder Überwachungsorgans zu bestellen und abzurufen je für sich die Gruppe (Konzept der rechtlichen Herrschaftsmacht). In Deutschland ist diese Regelung der Richtlinie in § 290 II HGB umgesetzt worden. (2) Bank- und Versicherungsrecht Auf die Begriffsbildung der Siebten Richtlinie wird des Öfteren verwiesen, wenn ein Interesse an der Einbeziehung eines möglichst großen Kreises verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich einer Regelung besteht. Dies gilt etwa im Bereich des Bankwesens, wo zuletzt verschiedene Richtlinien in einer einzigen Richtlinie14 zusammengefasst worden sind. In Art. 1 Nr. 8, 12 und 13 der neuen Richtlinie findet sich nun die Bestimmung der Begriffe „Kontrolle“, der dem Kontrollkonzept entstammt, sowie „Mutter-“ und „Tochterunternehmen“. Dabei wird für die Definition von Kontrolle, verstanden als das Verhältnis zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, und für die Definition von Mutter- und Tochterunternehmen auf die Siebte Richtlinie verwiesen. Für die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis und zur Kontrolle von Großkrediten ist zusätzlich vorgesehen, dass Mutterunternehmen auch das Unternehmen ist, das nach Auffassung der zuständigen Behörde tatsächlich einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausübt und Tochterunternehmen auch das Unternehmen, auf das ein Mutterunternehmen nach Auffassung der zuständigen Behörde tatsächlich einen beherrschenden Einfluss ausübt. Auch die Kfz-Haftpflicht-Richtlinie 15 in Art. 1 lit. d und e, die Dritte Richtlinie Schadensversicherung16 in Art. 1 lit. f, h und i, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung17 in Art. 1 lit. g, i und j, sowie die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie18 in Art. 1 Nr. 11, 12 und 14 verweisen auf die Siebte Richtlinie.

14 Richtlinie 2000/12/EG v. 20.03.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. 2000 Nr. L 126 v. 26.05.2000, S. 1 ff. 15 Richtlinie 90/618/EWG v. 08.11.1990 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG und der Richtlinie 88/357/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), insbesondere bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, ABl. 1990 Nr. L 330 v. 29.11.1990, S. 44 ff. 16 Richtlinie 92/49/EWG v. 18.06.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/276/EWG und 88/357/EWG, ABl. 1982 Nr. L 228 v. 11.08.1992, S. 1 ff. 17 Richtlinie 92/96/EWG v. 10.11.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/276/EWG und 90/619/EWG, ABl. 1992 Nr. L 360 v. 09.12. 1992, S. 1 ff.

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In der Richtlinie über die zusätzliche Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen in einer Gruppe19 findet sich in Art. 1 lit. d und e für die Begriffe Mutter- und Tochterunternehmen ebenfalls ein Verweis auf Art. 1 der Siebten Richtlinie, ergänzt um die bereits bekannte Möglichkeit, als Mutterunternehmen auch diejenigen Unternehmen anzusehen, die nach Auffassung der zuständigen Behörde tatsächlich einen beherrschenden Einfluss ausüben. Daneben findet sich eine Regelung, dass auch Tochterunternehmen von Tochterunternehmen, also von der Warte der Mutter aus betrachtet Enkelunternehmen, Tochterunternehmen der Mutter sind. (3) Börsen-, Steuer-, Arbeits- und Vergaberecht Im Börsenrecht findet sich in Art. 8 der sogenannten Transparenzrichtlinie 20 eine Definition, die zwar nicht expressis verbis auf die Siebte Richtlinie verweist, sich aber in der Begriffsbildung eng an diese anlehnt, indem sie die Fälle der Stimmrechtsmehrheit, des Besetzungsrechts sowie des Stimmbindungsvertrages, wenn mit diesem eine Aktionärs- oder Gesellschafterstellung verbunden ist, erfasst. Eine eigene Begriffsbestimmung enthält im Bereich des Steuerrechts Art. 3 I der sogenannten Konzernbesteuerungsrichtlinie oder Mutter-Tochter-Richtlinie21. Danach gilt als Muttergesellschaft jede Gesellschaft, die bestimmte steuerliche Voraussetzungen erfüllt „und die einen Anteil von wenigstens 25% am Kapital einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates, die die gleichen Bedingungen erfüllt, besitzt“ (Tochtergesellschaft). In der arbeitsrechtlichen Richtlinie über europäische Betriebsräte22 finden sich die konzernrechtlichen Begriffe des herrschenden Unternehmens und des abhängigen Unternehmens, die in Art. 3 definiert werden. Entscheidend ist die Fähigkeit zur Beherrschung, die bei bestehender Kapitalmehrheit, Stimmrechts18 Richtlinie 93/22/EWG v. 10.05.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. 1993 Nr. L 141 v. 11.06.1993, S. 27 ff. 19 Richtlinie 98/78/EG v. 27.10.1998 über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen, ABl. 1998 Nr. L 330 v. 05.12.1998, S. 1 ff. 20 Richtlinie 88/627/EWG v. 12.12.1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen, ABl. 1988 Nr. L 348 v. 17.12.1988, S. 62 ff. 21 Richtlinie 90/435/EWG v. 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. 1990 Nr. L 225 v. 20.08.1990, S. 6 ff. 22 Richtlinie 94/45/EG v. 22.09.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABl. 1994 Nr. L 254 v. 30.09.1994, S. 64 ff.

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mehrheit oder der Möglichkeit, mehr als die Hälfte der Mitglieder des Entscheidungsorgans des anderen Unternehmens zu besetzen, vermutet wird. Während der Ansatz damit dem deutschen Recht ähnelt, ähneln letztgenannte Kriterien denen der Siebten Richtlinie. Die Änderungsrichtlinie zur Massenentlassungsrichtlinie23 spricht in Art. 2 IV ohne nähere Erläuterungen von beherrschenden Unternehmen, um die Muttergesellschaft zu kennzeichnen. Art. 1b IV der Vergaberichtlinie24 enthält den Begriff des verbundenen Unternehmens und bestimmt diesen über das Kriterium des beherrschenden Einflusses, dessen Vorliegen wiederum bei Bestehen bestimmter Voraussetzungen, wie etwa Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit, vermutet wird. (4) Fazit und Verwendbarkeit im Wettbewerbsrecht Dieser kurze Überblick mag genügen, um zu zeigen, dass sich aufgrund der fehlenden europaweiten Harmonisierung des Konzernrechts eine Vielzahl teilweise erheblich voneinander abweichender bereichsspezifischer Begriffbestimmungen entwickelt hat.25 Die verschiedenen Regelungen, in denen es auf die Umschreibung von Unternehmensverbindungen und Beteiligungsverhältnissen ankommt, haben sich ihre Begrifflichkeiten jeweils selbst geschaffen. Diese sind dabei der aus dem deutschen (Aktien-)Konzernrecht vertrauten Begrifflichkeit teilweise recht ähnlich, teilweise aber auch – zumindest vom Ansatzpunkt her – divergierend, wie beispielsweise im Bilanzrecht in der Siebten Richtlinie. Für den vorliegend interessierenden Bereich des Kartellrechts bedeutet dies, dass neben dem bereits für das deutsche Recht formulierten Einwand26, dass das Kartellrecht grundsätzlich seiner eigenen Begriffsbildung folgt und nicht an die Definitionen in anderen Rechtsgebieten gebunden ist, im Europarecht zu23 Richtlinie 92/56/EWG v. 24.06.1992 zur Äderung der Richtlinie 75/129/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, ABl. 1992 Nr. L 245 v. 26.08.1992, S. 3 ff. 24 Richtlinie 89/440/EWG v. 18.07.1989 zur Änderung der Richtlinie 71/305/EWG über die Koordination der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, ABl. 1989 Nr. L 210 v. 21.07.1989, S. 1 ff.; ähnlich bei gleichzeitiger Bezugnahme auf die Siebte Richtlinie Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 93/38/EWG v. 14.06.1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrversorgung, sowie im Telekommunikationssektor, ABl. 1993 Nr. L 199 v. 09.08.1993, S. 84 ff. 25 So auch Heitzer S. 62; Neye ZGR 1995, 191, 206; zur Bedeutung der Einpersonen-GmbH-Richtlinie (Richtlinie 89/667/EWG v. 21.12.1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABl. 1989 Nr. L 395 v. 30.12.1989, S. 40 ff.) und der Verschmelzungsrichtlinie (Richtlinie 78/855/EWG v. 09.10.1978 betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. 1978 Nr. L 295 v. 20.10.1978, S. 36 ff.) für ein europäisches Konzernrecht siehe Bloß S. 12 ff. 26 Siehe oben II. 2. a) bb) (1) und (2), sowie II. 2. b) bb) (1).

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sätzlich das Problem besteht, dass es schon an einem allgemeingültigen Konzernbegriff bzw. an einem spezifisch gesellschaftsrechtlichen und damit zumindest vom Ausgangspunkt her verallgemeinerungsfähigen Regelungsansatz fehlt. Vielmehr gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffsbestimmungen, die jeweils vor dem Hintergrund der zu regelnden Materie erfolgt sind. Welcher dieser Ansätze für das Kartellrecht oder zumindest als allgemeine Konzernbestimmung maßgeblich seien könnte, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Noch am weitesten verbreitet ist die bilanzrechtliche Begriffsbildung der Siebten Richtlinie, die wiederholt rezeptiert worden ist. Teilweise wird in der Literatur davon ausgegangen, diese Terminologie habe sich weitgehend durchgesetzt.27 Allerdings ist zu bedenken, dass sie in ihrer Verwendung in der Siebten Richtlinie den besonderen bereichsspezifischen Regelungszielen des Bilanzrechts Rechnung trägt, was ihrer Übertragbarkeit auf andere Bereiche zunächst Grenzen setzt.28 Um diese Begriffsbestimmung für andere Bereiche fruchtbar zu machen, muss sie daher aus dem Kontext des Bilanzrechts gelöst werden. cc) Vorschläge des Forum Europaeum Konzernrecht Auf gesellschaftsrechtliche Aspekte mit dem Ziel der Festlegung von Mindeststandards für die Führung von Gruppen und den Schutz von Kapitalanlegern, Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern der Tochtergesellschaften konzentriert sich der Abschlußbericht „Konzernrecht in Europa“29 des Forum Europaeum Konzernrecht.30 Er stellt damit vom thematischen Ansatz her eine Parallele zum deutschen Konzernrecht dar. Die nicht an einer speziellen Regelungsmaterie orientierte Begriffsbildung ist daher auch besser zur Gewinnung eines allgemeinen Konzernbegriffs geeignet als die bisher analysierten verschiedenen bereichsspezifischen Richtlinien. Dass das Forum dabei den Begriff der „Gruppe“ statt den des „Konzerns“ verwendet, liegt allein in der erhofften erhöhten internationalen Akzeptanz dieses Begriffs, führt aber zu keinen inhaltlichen Unterschieden.31 27

Heitzer S. 62. In diesem Sinne Bälz AG 1992, 277, 303; Neye ZGR 1995, 191, 197. 29 ZGR 1998, 672 ff. 30 Dabei handelt es sich um eine internationale Arbeitsgruppe aus neun europäischen Ländern, die nach langjährigen Vorarbeiten auf breiter rechtsvergleichender Basis einen Vorschlag zur (Kernbereichs-)Harmonisierung konzernrechtlicher Regelungen in Europa vorgelegt hat; siehe dazu Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672 Fn. *; sowie Hopt EuZW 1999, 577. Diesen Vorschlag versteht das Forum selbst sowohl als gesetzesvorbereitend als auch als Beitrag zur Grundlagenforschung, vgl. Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 684 f. Die Kommission hat bislang nicht erkennen lassen, ob sie bereit ist, diesen Ansatz aufzugreifen, vgl. Wiesner ZIP 2000, 1792, 1795. 31 Vgl. Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 691 f. 28

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Das Forum individualisiert auf der Suche nach den Merkmalen zur Bestimmung der Gruppe die zwei bereits angedeuteten Ansätze in Europa, nämlich neben dem aus dem deutschen (und portugiesischem) Recht bekannten Konzept der „einheitlichen Leitung“ bzw. dem Begriffspaar „Herrschaft“ und „Abhängigkeit“ den Begriff der „Kontrolle“, der im belgischen32, englischen33, französischen34, italienischen35 und spanischen36 Recht Anklang findet37, ohne dabei stets in Reinform verwirklicht zu sein. In den bisher erlassenen Richtlinien finden sich wie gesehen beide Konzepte. So setzt beispielsweise die Siebte Richtlinie auf den Begriff „Kontrolle“, während die Richtlinie über europäische Betriebsräte das Begriffspaar „Herrschaft“ und „Abhängigkeit“ benutzt, wobei beide Richtlinien Zugeständnisse an das jeweils andere Konzept enthalten. Das Forum selbst plädiert aus Gründen der Rechtssicherheit und aufgrund der höheren Verbreitung in den Mitgliedstaaten, aber auch in den bisherigen europäischen Regelungen38 für den Begriff der „Kontrolle“, wie er in der Siebten Richtlinie kodifiziert ist, allerdings erweitert um die ebenfalls bereits aus mehreren Richtlinien39 bekannte Möglichkeit, darüber hinaus die tatsächliche Herrschaft der Mutter über die Tochter bzw. deren einheitliche Leitung ebenfalls als die Gruppe konstituierend anzusehen.40

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Geens in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 1, 29 ff. Bloß S. 61; Druey, Gutachten, H 20; Fleischer AG 1999, 350, 351 f.; Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 320, 332; Prentice in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 93, 94ff; Schwarz Rn. 876; Thiele S. 38 f. 34 Béjot in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 169, 172; Guyon in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 76, 78; Schwarz Rn. 882. 35 Vanetti in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 126, 137; die Bedeutung des Begriffs „Abhängigkeit“ für das italienische Recht betont dagegen Rescigno in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, 339, 343 ff. Dabei wird „Abhängigkeit“ aber in Abgrenzung zur „einheitlichen Leitung“ wohl als „Kontrollverhältnis“ verstanden, vgl. Rescigno, a. a. O., S. 347. 36 Embid Irujo in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 247, 254. 37 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 693ff; Lübking S. 26 f.; Schwarz Rn. 924; ähnlich, wenn auch zwischen Kontrolle im Sinne von „Beherrschung“ einerseits und einheitlicher Leitung andererseits differenzieren Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 310, 351 f.; ders., Gutachten, H 44 ff. 38 Hier zeigt sich insofern die oben angesprochene Möglichkeit einer präjudiziellen Wirkung der bisherigen Regelungen, a. A. allerdings Bloß S. 16. 39 Siehe Art. 24a der Zweiten Richtlinie und Art. 1 II der Siebten Richtlinie. 40 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 695 ff. 33

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dd) Formulierung eines europarechtlichen Konzernbegriffs (1) Kartellrechtliche Anforderungen an das Konzernverständnis Wie für das deutsche Recht dargelegt41, kommt dem Konzernbegriff im Kartellrecht nur die Aufgabe zu, das zugrundeliegende Konzernverständnis offen zu legen und Klarheit über die diskutierten Gebilde der Rechtswirklichkeit zu schaffen. Kartellrechtliche Folgerungen inhaltlicher Art, also in dem Sinne, dass aus der Einordnung als Konzern eine bestimmte rechtliche Behandlung der Unternehmensverbindung folgen würde, knüpfen sich an den Konzernbegriff hingegen gerade nicht. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist daher nur zu fordern, dass die Umschreibung des Konzerns praktisch handhabbar sein muss und nicht zu eng gefasst sein darf, damit nicht durch ein einengendes (wettbewerbsrechtliches) Konzernverständnis bestimmte Unternehmensverbindungen aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. (2) Europäisches Konzernverständnis Für die Verwendung des Kontrollbegriffs spricht dann aber seine Bewährung in der Praxis sowohl zahlreicher Mitgliedstaaten als auch bei der Anwendung der Siebten Richtlinie. Allerdings ist auch die dem deutschen Recht entlehnte Konzeption von Herrschaft und Abhängigkeit in der praktischen Anwendung erprobt. Hinzu kommt, dass sie im Einzelfall eine flexiblere Handhabung ermöglicht und schwerer umgangen werden kann als beispielsweise das Merkmal der formalen Stimmrechtsmehrheit. Der Begriff der Kontrolle ist dagegen eben aufgrund seiner formellen Anknüpfung und der damit verbundenen eindeutiger bestimmbaren Abgrenzungskriterien leichter und sicherer anwendbar.42 Außerdem ist er sowohl in den einzelnen Mitgliedstaaten als auch in den bisherigen Richtlinien weiter verbreitet. Während also beide Konzepte für sich in Anspruch nehmen können, handhabbar und damit anwendbar zu sein, dürfte sich das Kontrollkonzept größerer Akzeptanz erfreuen. Dieses letzte Argument sagt zwar nichts über die inhaltliche Überlegenheit eines der beiden Konzepte aus, sondern verweist nur auf die normative Kraft des Faktischen, ist aber für die gegebene Fragestellung trotzdem ausschlaggebend.43 Wenn es darum geht, den gemeinsamen Nenner eines europäischen Konzernbegriffs zu finden, ist die tatsächliche Verbreitung des fraglichen Kon41

Siehe oben II. 2. a) bb) (3) (c). Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 697; WP-Hdb., Bd. I, Absch. M Rn. 15; vgl. auch die bei Kirchner AG 1981, 325, 329 wiedergegebenen Stimmen aus der Praxis, sowie seine Kritik daran, a. a. O., S. 329 ff. 43 Das Erfordernis einer allgemein akzeptierten Definition der Unternehmensgruppe betont auch Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 82. 42

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zepts von entscheidender Bedeutung. Nimmt man die verbreiteten Ressentiments gegen das deutsche Konzernrecht hinzu, so wird man sagen können, dass eine Orientierung am Kontrollbegriff einem europäischen Verständnis eher gerecht wird. Der Kontrollbegriff in der Form des Art. 1 I lit. a–c der Siebten Richtlinie, erweitert um die Fälle faktischer Kontrolle (vgl. Art. 1 II der Siebten Richtlinie), stellt damit einen Ansatzpunkt für eine allgemeine, das Bilanzrecht überschreitende Begrifflichkeit des Konzerns auf europäischer Ebene dar. (3) Vergleich mit dem deutschen Konzernverständnis und Erweiterung Damit weicht das Begriffsverständnis, von dem gesagt werden kann, dass es ein europarechtliches Konzernverständnis darstellt, von dem in Deutschland maßgeblichen ab. Das Kontrollkonzept stellt auf formale Rechtspositionen ab, unabhängig davon, ob die Rechtsstellung tatsächlich ausgeübt wird oder nur die Möglichkeit dazu besteht und unterscheidet sich damit vom Modell der tatsächlich ausgeübten einheitlichen Leitung bzw. der Herrschaft.44 Indes ist der inhaltliche Unterschied zur deutschen Terminologie der §§ 15 ff. AktG, also zur Abhängigkeit, nicht so groß, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.45 Das ergibt sich schon daraus, dass der Besitz der Anteils- oder Stimmrechtsmehrheit die „klassische“ Herrschaftsgrundlage ist.46 Aber auch hinsichtlich der erfassten Konstellationen besteht weitgehende Deckungsgleichheit. Art. 1 I lit. a der Siebten Richtlinie erfasst zunächst den Fall, dass ein Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte eines anderen Unternehmens hat. Dieser Fall führt aber in der deutschen Konzernrechtsterminologie über § 16 AktG und die Vermutungen der §§ 17 II, 18 I 3 AktG ebenfalls regelmäßig zum Vorliegen eines Konzerns.47 Dasselbe gilt über § 18 I 3 AktG für den in Art. 1 I lit. b der Siebten Richtlinie geregelten Fall eines einfachen Abhängigkeitsverhältnisse aufgrund des Rechts, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungsoder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung.48 Im in Art. 1 I lit. c geregelten Fall des Bestehens eines Be44 Habersack Rn. 294; Heymann/Henssler § 290 Rn. 25; Lübking S. 27; Schwarz Rn. 475; Wohlgemuth DStR 1991, 1529, 1530; WP-Hdb., Bd. I, Absch. M Rn. 33. 45 Baumbach/Hopt § 290 Rn. 8 sprechen davon, dass bei Vorliegen von § 290 II HGB „praktisch zumeist auch I [gemeint ist § 290 I HGB, der auf das deutsche Konzept der einheitlichen Leitung abstellt] vorliegt“. Nach Heymann/Henssler § 290 Rn. 3 deckt sich der Anwendungsbereich der beiden Konzepte „in wesentlichen Teilen“. In diesem Sinne auch Lübking S. 27; Ulmer in: Bilanz- und Konzernrecht, S. 623, 640 f.; Wohlgemuth DStR 1991, 1529, 1530; WP-Hdb., Bd. I, Absch. M Rn. 15 u. 62; v. Wysocki/Wohlgemuth S. 40; letztlich auch Heitzer S. 47. 46 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 12, sowie S. 20 ff. 47 Vgl. Ulmer in: Bilanz- und Konzernrecht, S. 623, 641. 48 Eine denkbare Konstellation bei der dieses Recht nicht wie im Regelfall mit der Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter verbunden ist, sodass bereits die Voraus-

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herrschungsvertrags liegt gemäß § 18 I 2 i.V. m. § 291 I 1 AktG ohnehin unwiderleglich ein Konzern vor. Das Gleiche gilt, wenn Satzungsbestimmungen, wie etwa die Einräumung von Weisungsrechten, die Rechtsstellung des Mutterunternehmens begründen. Umgekehrt wird die Eingliederung, die gemäß § 18 I 2 AktG stets einen Vertragskonzern begründet, zwar nicht ausdrücklich in der Siebten Richtlinie erwähnt, tatsächlich jedoch durch Art. 1 I lit. a abgedeckt, da die Eingliederung voraussetzt, dass sich mindestens 95% der Anteile und damit auch die Mehrheit der Stimmrechte in der Hand der Hauptgesellschaft befinden (§§ 319 f. AktG). Da also regelmäßig vermutet wird, dass die Gesellschaft, der das jeweilige Herrschaftsmittel rechtlich zur Verfügung steht, die andere Gesellschaft auch beherrscht, decken sich die Begriffe von „Kontrolle“ und „Herrschaft“ weitgehend.49 Der Unterschied besteht in erster Linie in der Möglichkeit, die Vermutungen der §§ 17 II, 18 I 3 AktG zu widerlegen. Trotz Vorliegens von Kontrolle fehlt es in diesen Fällen an Herrschaft bzw. einheitlicher Leitung, wenn die Muttergesellschaft von ihrer Möglichkeit zur Herrschaft oder einheitlichen Leitung keinen Gebrauch macht und die gegenläufigen Vermutungen durch Umstände tatsächlicher (Nachweis des Verzichts auf Einflussnahme) oder rechtlicher Art (z. B. Stimmrechtsverzicht, Entherrschungsvertrag) widerlegt.50 Der Unterschied ergibt sich aus dem rein formalen Anknüpfungspunkt des Kontrollbegriffs. Da das Kontrollkonzept in diesen Fällen unwiderleglich vom Bestehen eines Konzerns ausgeht, geht es insofern weiter als die deutsche Konzernrechtsterminologie. Andererseits kann Herrschaft vorliegen, wenn eine Gesellschaft im Falle einer Minderheitsbeteiligung an einer anderen Gesellschaft, auch ohne die Mehrheit der Stimmen oder Anteile zu besitzen und somit formell die Kontrolle auszuüben, zumindest faktisch über die Mehrheit verfügt, zum Beispiel aufgrund von Streubesitz und regelmäßig geringer Hauptversammlungspräsenz (sogenannte nachhaltige Hauptversammlungsmehrheit). Hier geht das Konzept der Herrschaft also über das der Kontrolle hinaus.51 Allerdings wird der Begriff der setzungen des Art. 1 I lit. a vorliegen, ist beispielsweise das Bestehen von Entsendungsrechten, insbesondere bei der GmbH oder der Personenhandelsgesellschaft. Bei der Aktiengesellschaft setzt § 101 II 4 AktG dem Grenzen. Vgl. hierzu Heitzer S. 38 f.; v. Wysocki/Wohlgemuth S. 36. 49 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 694; Lübking S. 28; Schwarz Rn. 924. 50 Lübking S. 27; Ulmer in: Bilanz- und Konzernrecht, S. 623, 641; vgl. auch Heitzer S. 45; v. Wysocki/Wohlgemuth S. 34. 51 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1995, 672, 694 f.; Schwarz Rn. 924; vgl. auch Bloß S. 130; WP-Hdb., Bd. I, Absch. M Rn. 66; v. Wysocki/Wohlgemuth S. 34; skeptisch Heitzer S. 45 f., der die praktische Durchführbarkeit dieser Beherrschungs-

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Kontrolle häufig um diese Konstellation der De-facto-Kontrolle erweitert.52 Auch die Siebte Richtlinie ermöglicht die Erfassung dieser Fälle im Rahmen des Art. 1 II lit. a bzw. des (bezüglich der Umsetzung nicht obligatorischen) I lit. d aa, der in diesen Fällen in der Regel auch vorliegen wird.53 Im Ergebnis sind also die Unterschiede zwischen den beiden Grundmodellen, was die erfassten Sachverhalte betrifft, gering.54 Sie zielen nicht so sehr auf unterschiedliche Inhalte ab, als dass sie unterschiedliche Ansatzpunkte betonen – den eher formalen Ansatzpunkt der in der Regel durch Anteilsbesitz vermittelten Kontrolle einerseits gegenüber der materiellen Beschreibung des Konzerns durch die einheitliche Leitung andererseits. Bei näherer Betrachtung ist diese inhaltliche Ähnlichkeit auch nicht erstaunlich, sind doch die als problematisch empfundenen Organisationsstrukturen letztlich überall die gleichen. Indem man die Möglichkeit einer Erweiterung des Kontrollbegriffs in Richtung auf die Fälle faktischer Kontrolle anerkennt bzw. die diesbezügliche Berücksichtigung des Herrschaftsbegriffs ermöglicht, entzieht man dem denkbaren Einwand, dass wesentliche Konzernsachverhalte nicht berücksichtigt würden, den Boden. Was umgekehrt die fehlende Möglichkeit anbelangt, durch die Nichtwahrnehmung der Herrschaftsmöglichkeit und die Widerlegung der entsprechenden Vermutung das Bestehen eines Konzerns auszuschließen, so ist es aus kartellrechtlicher Sicht irrelevant, dass dadurch einige zusätzliche Fälle als Konzern erfasst werden. Allerdings bedürfen zwei Besonderheiten der Beachtung. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass in einem mehrstufigen Konzern die vorgenannten Einflussmöglichkeiten für das Mutterunternehmen hinsichtlich bestimmter Unternehmen unter Umständen nur mittelbar über die Töchterunternehmen oder über von diesen für die Mutter gehaltene Rechte bestehen. In diesem Fall sind auch die Enkelgesellschaften als konzernzugehörig anzusehen. Zum anderen wird der außerhalb des deutschen Rechts wenig beachtete Gleichordnungskonzern nicht durch Art. 1 der Siebten Richtlinie berücksichtigt, da diese eben auf Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnisse abstellt. Er hat daher in Art. 12 eine möglichkeit bezweifelt, sie aber letztlich nicht widerlegen kann. Kritisch zur Zulässigkeit dieser Form der Beherrschung Hommelhoff, Gutachten, G 34. 52 Laut Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 310, 352 kennen die ausländischen Rechtsordnungen in ihren jeweiligen Definitionen auch die Beherrschung durch Anteilsminderheiten. Zur Berücksichtigung der De-facto-Kontrolle im französischen Recht siehe Lübking S. 27. Nach v. Wysocki/Wohlgemuth S. 33 f. stellt beispielsweise das amerikanische Rechnungslegungsrecht auf die Beherrschungsmöglichkeit unabhängig von ihrer rechtlichen Absicherung ab und berücksichtigt so Fälle der Defacto-Kontrolle. Es ähnelt damit insgesamt mehr dem ebenfalls mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der einheitlichen Leitung operierenden deutschen Konzept. 53 Heitzer S. 39 u. 46. 54 Auch Lübking S. 28 plädiert dafür, den Unterschied zwischen den beiden Konzepten nicht überzubewerten.

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eigene Regelung erfahren, die – eigentlich systemwidrig – auf das Kriterium der einheitlichen Leitung und auf personelle Verflechtungen zurückgreift. Auch der Gleichordnungskonzern ist im Folgenden zu beachten. Ein so verstandenes europarechtliches Verständnis des Konzerns ist dem deutschen hinsichtlich der erfassten Sachverhalte im Wesentlichen vergleichbar: Ausgehend vom Kontrollkonzept werden die in der Siebten Richtlinie Art. 1 I lit. a–c und II lit. a erfassten Konstellationen, ergänzt um die Zurechnungsmöglichkeit des Art. 2 der Richtlinie, als Konzerne berücksichtigt.55 Damit ist auch die Berücksichtigung faktischer Abhängigkeiten möglich, nicht aber eine Widerlegung der Konzernvermutung. Die einheitliche Leitung ist dagegen als zusätzliches Kriterium entbehrlich, da ihr neben den genannten Kriterien kein eigenständiger Anwendungsbereich mehr verbleibt.56 Ihre Berücksichtigung wäre nur sinnvoll, wenn die Einbeziehung faktischer Herrschaftsbeziehungen nicht durch eine Erweiterung des Kontrollbegriffs in Richtung auf De-facto-Kontrolle hin ermöglicht wird. (4) Insbesondere zum Beherrschungsvertrag Gegen die Berücksichtigung des Beherrschungsvertrages im Rahmen eines europäischen Konzernrechts wendet sich Blaurock57. Dem ist insoweit zuzustimmen, als der Beherrschungsvertrag in der Tat ein Kind des deutschen Konzernrechts ist und sich in den anderen Mitgliedstaaten nicht nur geringer Verbreitung, sondern auch geringer Beliebtheit erfreut.58 Die Möglichkeit, einen Konzern auf vertraglicher Basis zu gründen, ist außerhalb Deutschlands (und Portugals) wenig bekannt und stellt in verschiedenen europäischen Rechtsordnungen einen Fremdkörper dar.59 Selbst in seinem Ursprungsland Deutschland hat der Beherrschungsvertrag nicht die ihm vom Gesetzgeber bei seiner Einführung zugedachte Bedeutung erlangt.60 Ob er daher bei einer Harmonisierung des Konzernrechts Berücksichtigung finden sollte, kann mit guten Gründen bezweifelt werden.61 55 Von den Anforderungen her ähnlich Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 47; Heitzer S. 63; sowie Lübking S. 292 f. 56 Heitzer S. 44 ff. 57 In: FS Sandrock, S. 79, 81 f., 90 u. 93; sowie bereits in ZEuP 1998, 460, 480; ähnlich Leo, Kartellrundschau, S. 11, 12. 58 Siehe dazu Blaurock ZEuP 1998, 460, 479; ders. in: FS Sandrock, S. 79, 81 f. u. 90; Bloß S. 162 f.; Druey in: Lutter, Konzerne im Ausland, S. 311, 343; ders., Gutachten, H 33 u. 36; Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, 329, 338; Prentice in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 93, 98; Schwarz Rn. 877 u. 883. Zweifelnd indes K. Schmidt JZ 1992, 856, 857. 59 Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 81 f.; Bloß S. 61; Herbel JZ 1977, 819 zum englischen Recht. 60 Siehe dazu mit Zahlenmaterial Bloß S. 119 ff.

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Vorliegend geht es indes darum, ein der derzeitigen Regelungs- und Entwicklungslage entsprechendes Konzernverständnis zu formulieren, das der kartellrechtlichen Betrachtung zugrundegelegt werden kann. Diese Fragestellung ist eine andere, als die, welchem Grundkonzept ein künftiges europäisches Konzernrecht folgen und welche Arten von Unternehmensverbindungen es ermöglichen bzw. berücksichtigen sollte. Hier geht es nicht um die Schaffung eines Konzernbegriffs de lege ferenda, sondern um eine konsensfähige Erfassung der vorhandenen relevanten Unternehmensverbindungen. Wie soeben dargelegt, bietet das Kontroll-Konzept dafür einen geeigneten Ansatzpunkt. Eine gleichzeitige und als Ergänzung angelegte Berücksichtigung des Beherrschungsvertrages ist dabei dem gegenwärtigen Konzernverständnis angemessen. Die Bedeutung des Beherrschungsvertrages in diesem Zusammenhang sollte dabei nicht überschätzt werden, da er im Rahmen des Kontrollkonzepts nur eine von mehreren Möglichkeiten zur Feststellung der formellen Kontrolle darstellt. Außerdem steht sein Abschluss üblicherweise nicht am Beginn, sondern am Ende einer Konzernierung.62 Das herrschende Unternehmen verfügt also bereits zuvor über die für den Vertragsschluss erforderlichen Mehrheiten in der abhängigen Gesellschaft. D. h. aber, dass diese Fälle meistens bereits über die anderen Modalitäten des Kontrollbegriffs erfasst werden, die selbständige Bedeutung des Beherrschungsvertrages hier also gering ist. Daraus könnte man zwar folgern, dass seine Berücksichtigung nicht erforderlich ist, vorzugswürdig erscheint es aber, ihn als Teil eines gegenwärtigen europäischen Konzernverständnisses anzusehen, um in einzelnen Mitgliedstaaten existierende, im Kontrollbegriff sonst nicht berücksichtigte Unternehmensverbindungen zu erfassen. (5) Ergebnis Trotz des Fehlens eines einheitlichen Konzernrechts lässt sich ein europarechtliches Konzernverständnis formulieren. Dabei werden ausgehend vom Kontrollkonzept auch Elemente des deutschen Konzernverständnisses aufgenommen und so, wenn auch mit klarer Schwerpunktsetzung, die beiden in Europa vertretenen Grundkonzepte berücksichtigt.

61 Für ein alleiniges Abstellen auf das Faktizitätsprinzip (Organische Konzernverfassung) etwa Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 82 u. 93; Bloß S. 171 f. A. A.: Lübking S. 279 u. 323 ff. Kritisch zur organischen Konzernverfassung auch Hommelhoff, Gutachten, G 27 f. 62 Blaurock in: FS Sandrock, S. 79, 90; Lübking S. 31 u. 234; Würdinger WuW 1967, 83, 84; auch Heitzer S. 39 und Immenga in: FS Böhm, S. 253, 257 betonen die für den Beherrschungsvertrag typischerweise erforderliche hohe Kapitalbeteiligung. Huber ZHR 131 (1968), 193, 201 spricht davon, dass dem Beherrschungsvertrag in aller Regel der Erwerb der Anteilsmehrheit vorausgeht.

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b) Europarechtliches Konzernverständnis und konzernrelevante Regelungen im Wettbewerbsrecht Das Europäische Wettbewerbsrecht normiert an verschiedenen Stellen die Berücksichtigung von Unternehmensverbünden und Kontrollbeziehungen. Es ist daher zu untersuchen, inwieweit diese konzernrelevanten Regelungen mit dem gefundenen Konzernverständnis in Einklang stehen, ob Letzteres also tatsächlich im Wettbewerbsrecht Anklang findet. aa) Kontrolle in Art. 3 II FKVO Art. 3 II FKVO definiert den Begriff der Kontrolle für die Zusammenschlusskontrolle. Ein Vergleich zeigt, dass das als maßgeblich angesehene Konzernverständnis nicht vollständig mit dem Kontrollbegriff in Art. 3 II FKVO übereinstimmt, da das für Letzteren zentrale Element des bestimmenden Einflusses auf die Tätigkeit eines Unternehmens ausnahmsweise auch bei bloß wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen, etwa aufgrund langfristiger Lieferverträge oder Lieferantenkredite vorliegen kann und somit keinen gesellschaftsrechtlichen Bezug erfordert.63 Insofern geht der Kontrollbegriff der FKVO aber insgesamt über die hier diskutierten gesellschaftsrechtlich fundierten Unternehmensverbindungen hinaus. Dies erklärt sich aus seinem Regelungskontext, nämlich der Ausgestaltung des Kontrollerwerbs als Generalklausel, die die Lückenlosigkeit der europäischen Fusionskontrolle gewährleisten soll.64 Im Regelfall hingegen führt der Kontrollerwerb im Sinne der FKVO auch zur Bildung einer Unternehmensgruppe.65 Das gefundene Konzernverständnis findet daher hier weitgehend seine Fortsetzung. bb) Verbundklauseln Verschiedentlich finden sich im Europäischen Wettbewerbsrecht Regelungen, die speziell auf verbundene Unternehmen eingehen. In diesen so genannten Verbundklauseln wird den Besonderheiten, die sich aus der Verbundenheit von Unternehmen ergeben, für bestimmte Bereiche des Wettbewerbsrechts Rechnung

63 Kommission, Mitteilung über den Begriff des Zusammenschlusses der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1998 Nr. C 66 v. 02.03.1998, S. 5, 7 Rn. 9; Buntscheck S. 127; Emmerich § 40 3 a; Immenga in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 3 FKVO Rn. 28 f. u. 45 f. Teilweise werden allerdings einschränkend strukturelle Verflechtungen erwähnt, in diese Richtung Kommission, a. a. O., Immenga, a. a. O., Rn. 45. 64 Immenga in Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 3 FKVO Rn. 28. 65 Vgl. Kommission, Mitteilung, a. a. O., S. 7 f. Rn. 13 ff.; Immenga in Immenga/ Mestmäcker, EG-WbR, Art. 3 FKVO Rn. 37 ff.

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getragen, indem der Begriff der verbundenen Unternehmen definiert wird und bestimmte Rechtsfolgen für diese Unternehmen angeordnet werden. (1) Verbreitung und Inhalt Derartige Verbundklauseln finden sich in Art. 5 IV FKVO, der Bagatellbekanntmachung66 und zahlreichen Gruppenfreistellungsverordnungen67. Daneben hat die Kommission in einer Entscheidung den Unternehmensverbund, für den bestimmte Auflagen im Rahmen einer Freistellungserklärung ebenso gelten sollten, wie für die beteiligten Unternehmen, parallel zu den Verbundklauseln definiert.68 Die Bestimmung, welche Unternehmen als verbundene Unternehmen anzusehen sind, erfolgt dabei, von geringfügigen Unterschieden in der Formulierung abgesehen, in allen Verbundklauseln nahezu identisch.69 Zunächst werden die von einem vertragsschließenden oder sich zusammenschließenden (im Folgenden: beteiligten) Unternehmen kontrollierten Unternehmen (Tochterunterneh66 Rn. 12 der Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis); ABl. 2001 Nr. C 368 v. 22.12.2001, S. 13. 67 Es sind dies Art. 10 Nr. 14 der Verordnung (EG) Nr. 240/96 v. 31.01.1996 zur Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (GVO Technologietransfer), ABl. 1996 Nr. L 31 v. 09.02.1996, S. 2; Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 v. 22.12.1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (GVO Vertikale Vereinbarungen), ABl. 1999 Nr. L 336 v. 29.12.1999, S. 21; Art. 2 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2658/2000 v. 29.11.2000 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen (GVO Spezialisierung), ABl. 2000 Nr. L 304 v. 05.12.2000, S. 3; Art. 2 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2659/2000 v. 29.11.2000 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung (GVO F&E), ABl. 2000 Nr. L 304 v. 05.12.2000, S. 7; Art. 1 II der Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 v. 31.07.2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor (GVO Kfz), ABl. 2002 Nr. L 203 v. 01.08.2002, S. 30; Art. 2 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 358/2003 v. 27.02.2003 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Versicherungssektor (GVO Versicherungssektor), ABl. 2003 Nr. L 53 v. 28.02.2003, S. 8. 68 Kommission v. 23.12.1971, ABl. 1972 Nr. L 14 v. 18.01.1972, S. 14, 18 „Henkel/ Colgate“ (in Anlehnung an die damalige Formulierung der Verbundklauseln); vgl. Pohlmann S. 70. In den Entscheidungen v. 28.04.1992, ABl. 1992 Nr. L 204 v. 21.07.1992, S. 1, 12 „ACCOR/Wagons-Lits“ und v. 29.05.1991, ABl. 1991 Nr. L 222 v. 10.08.1991, S. 38, 41 „Magneti Marelli/CEAc“ stellt sie dagegen für denselben Sachverhalt auf die Konzernspitze und die von ihr kontrollierten Gesellschaften ab. 69 Pohlmann S. 70; Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, GFVO A. Rn. 31; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 116.

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men) mittels einer abschließenden Aufzählung in Spiegelstrichen als verbundene Unternehmen erfasst. Dies sind Unternehmen, bei denen ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar über die Stimmrechtsmehrheit oder die Möglichkeit, mehr als die Hälfte der Mitglieder des Leitungs- oder Verwaltungsorgans zu bestellen oder das Recht, die Geschäfte des Unternehmens zu führen, verfügt.70 Darüber hinaus gelten als verbundene Unternehmen diejenigen, die bei einem beteiligten Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die eben beschriebenen Rechte oder Einflussmöglichkeiten haben (Mutterunternehmen). Drittens werden Schwesterunternehmen, d. h. Unternehmen, bei denen eine der Muttergesellschaften unmittelbar oder mittelbar die im Rahmen der ersten Alternative bezeichneten Rechte oder Einflussmöglichkeiten hat, als verbundene Unternehmen angesehen. Des Weiteren enthalten nahezu alle71 Verbundklauseln eine Regelung über konzerninterne Gemeinschaftsunternehmen in dem Sinne, dass auch die Unternehmen, bei denen die bisher erfassten Unternehmen gemeinsam unmittelbar oder mittelbar die aufgezählten Rechte oder Einflussmöglichkeiten haben, verbundene Unternehmen sind. Schließlich findet sich noch eine Bestimmung, die Gemeinschaftsunternehmen mehrerer unabhängiger beteiligter Unternehmen oder beteiligter Unternehmen und Dritter zu verbundenen Unternehmen macht. Da jeweils auch der mittelbare Einfluss auf ein Unternehmen erfasst ist, gehören über mehrere Stufen miteinander verbundene Unternehmen (Enkelgesellschaften) ebenfalls zu dem Verbund. (2) Vergleich mit dem Konzernverständnis Auch wenn in den Verbundklauseln nicht explizit von Kontrolle oder Konzern die Rede ist, zeigt doch schon ein Blick auf die Definition verbundener Unternehmen die Nähe zu dieser Frage und ihre Bedeutung für das Konzernverständnis. Diese Überlegung findet in einer Bekanntmachung zur Berechnung des Umsatzes im Sinne der FKVO ihre Bestätigung, in der die Kommission selbst Art. 5 IV FKVO als Regelung zur Bestimmung des Konzernumsatzes ansieht.72 Schließlich verweist die Siebte Richtlinie, deren Art. 1 als Ausgangs70

Vor allem in älteren Verbundklauseln findet sich noch ein vierter Tatbestand, nämlich der Fall, dass ein Unternehmen mehr als die Hälfte des Kapitals oder des Betriebsvermögens eines anderen besitzt. So Art. 5 IV lit. b i) FKVO; Art. 10 Nr. 14 erster Spiegelstrich VO 240/96 (GVO Technologietransfer); zum begrenzten Anwendungsbereich dieser Alternative siehe G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 132 u. 134. 71 Die Klausel über Gemeinschaftsunternehmen fehlt in der Verbundklausel, die die Kommission in der Entscheidung Henkel/Colgate selbst formuliert hat. 72 Bekanntmachung der Kommission über die Berechnung des Umsatzes im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21.12.1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen; ABl. 1994 Nr. C v. 31.12.1994, S. 21, 25 Rn. 36 ff. Auch in ihrem Ergänzenden Vermerk zum Formblatt A/B definiert die Kommission unter Ziffer IX. 3.1. den Konzern anhand der vier in den Verbundklauseln für die Tochterunternehmen verwendeten Tatbestände. Auf diese Übereinstimmung

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punkt für die Entwicklung des Konzernverständnisses diente, selbst in Art. 41 I für die Definition der verbundenen Unternehmen auf den Art. 1 I. Es stellt sich daher die Frage, inwiefern die Bestimmung verbundener Unternehmen in den Verbundklauseln mit der vorgenommenen Konzernbestimmung vereinbar ist. Identisch ist zunächst der in erster Linie an der formalen Rechtslage und nicht an den materiellen Einflussmöglichkeiten orientierte Ausgangspunkt.73 Auch für die Verbundklauseln wird darüber hinaus eine Orientierung am Begriff der Kontrolle, zumindest im Sinne einer Leitlinie für die Auslegung, vorgeschlagen.74 Die in den Verbundklauseln geregelten Fälle der Stimmrechtsmehrheit und des mehrheitlichen Besetzungsrechts finden eine unmittelbare Entsprechung in der vom Kontrollbegriff her vorgenommenen Bestimmung des Konzerns. Die nicht ausdrücklich erfassten Fälle der faktischen Kontrolle aufgrund einer nachhaltigen Hauptversammlungsmehrheit, deren Berücksichtigung als Teil des Konzernverständnisses als notwendig angesehen wurde, werden auch im Rahmen der Verbundklauseln erfasst.75 Insofern gibt es auch hier eine Tendenz zur Berücksichtigung tatsächlicher Beherrschungsmöglichkeiten. Folgt man dem, so haben die in einigen älteren Verbundklauseln enthaltenen Alternativen des Besitzes der Kapitalmehrheit oder der Mehrheit des Betriebsvermögens demgegenüber keine eigenständige Bedeutung76, sodass durch diese Variante kein Unterschied hinsichtlich der erfassten Sachverhalte entsteht. Der in den Verbundklauseln nicht ausdrücklich erwähnte Beherrschungsvertrag wird dort im Rahmen des Rechts zur Geschäftsführung, sei es direkt77, sei es analog78, erfasst. Ein Unterschied besteht insofern, als der für das Konzernverständnis berücksichtigte Gleichordnungskonzern in den Verbundklauseln keine Entsprechung weisen van Bael/Bellis S. 31 Fn. 33 hin. Vgl. zu den Einzelheiten G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 119. 73 Vgl. (für die FKVO) Pohlmann S. 307 ff., insbesondere 315, u. 344, die zugleich zustimmend auf die Durchbrechung dieser formalen Tatbestände zugunsten des materiellen Einflusses hinweist. Soweit es dabei um die Erweiterung der erfassten Fälle geht, entspricht dies der oben vorgeschlagenen Berücksichtigung der faktischen Kontrolle im Konzernverständnis. 74 Immenga in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 5 FKVO Rn. 38; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 126 f.; in der Sache auch Pohlmann S. 308 ff.; gegen eine Berücksichtigung von Kontrolle indes Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, GFVO A. Rn. 31, der auf den formalisierten Charakter der Gruppenfreistellungsverordnungen verweist. 75 Immenga in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 5 FKVO Rn. 38 f.; Löffler in: Langen/Bunte Art. 5 FKVO Rn. 9 f.; Pohlmann S. 310; Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, GFVO A. Rn. 34. 76 G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 132 und 134. 77 So Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, GFVO A. Rn. 35; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 147. 78 So Pohlmann S. 314.

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hat und von ihnen daher nicht berücksichtigt wird. Auf der anderen Seite gehen die Verbundklauseln weiter, indem sie nicht nur konzerninterne Gemeinschaftsunternehmen berücksichtigen, sondern auch solche, die die verschiedenen Beteiligten gemeinsam oder mit Dritten betreiben. Diese Bestimmung geht insofern über den Konzernbegriff hinaus, als hier Unternehmen als verbunden angesehen werden, die weder unter der – sei es auch nur mittelbaren – Kontrolle eines Unternehmens, noch unter der Kontrolle mehrerer ihrerseits untereinander verbundener Unternehmen stehen. Da die Muttergesellschaften nicht verbunden sind und keine von ihnen das Verhalten des Gemeinschaftsunternehmens alleine bestimmen kann, fehlt es an der in den übrigen Fällen gegebenen einheitlichen Kontrolle. Das Verhalten des Gemeinschaftsunternehmens und das Verhalten der Muttergesellschaft beruhen daher nicht auf der einheitlichen Ausübung von Handlungsfreiheit.79 Das kann nicht ausreichen, um ein Gemeinschaftsunternehmen und seine Muttergesellschaften als dem selben Konzern zugehörig anzusehen. Insgesamt ist dennoch von einer hohen Deckungsgleichheit beider Definitionen auszugehen,80 und zwar sowohl was den Ausgangspunkt anbelangt, als auch bezüglich der erfassten Konstellationen. Die Ähnlichkeit mit der Bestimmung verbundener Unternehmen im Kartellrecht bestätigt die Praktikabilität des gefundenen Konzerverständnisses für das Wettbewerbsrecht. c) Der Konzern als Normadressat und die Frage der Zurechnung Ebenso wie im deutschen stellt sich im Rahmen des europäischen Kartellrechts die Frage, ob der Konzern selbst Unternehmen sein kann und welche Rolle der Konzern im Rahmen der Zurechnung spielt. Die vorgebrachten Argumente ähneln sich dabei. aa) Rechtsfolgen und Zweck der Verbundklauseln Eine explizite Berücksichtigung des Unternehmensverbundes findet sich wie gesehen in den Verbundklauseln. Als Rechtsfolgen sehen die Regelungen, in deren Umfeld sich die Verbundklauseln befinden, zum Teil belastende, zum Teil begünstigende Konsequenzen vor.81 Eine begünstigende Zurechnung liegt 79

Pohlmann S. 349. So bzgl. der Kriterien in Art. 1 der Siebten Richtlinie und in den Verbundklauseln auch G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 125. Er will es daher für die Frage, ob verbundene Unternehmen vorliegen, ausreichen lassen, auf den konsolidierten Abschluss des jeweiligen Mutterunternehmens abzustellen. 81 Martinek/Habermeier ZHR 158 (1994), 107, 116; Pohlmann S. 346; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 168. 80

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beispielsweise bei der Erstreckung der Freistellungswirkung auf verbundene Unternehmen vor.82 In die erste Kategorie fällt dagegen die Zurechnung von Umsatzerlösen83 und Marktanteilen84 der verbundenen Unternehmen beim Vergleich mit den jeweils festgesetzten Schwellenwerten. So trägt etwa die Bagatellbekanntmachung dem Umstand Rechnung, dass im Rahmen des Art. 81 EGV ebenso wie bei § 1 GWB als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung anerkannt ist.85 Daran mag es fehlen, wenn man die Betrachtung auf das an der Wettbewerbsbeschränkung beteiligte einzelne Unternehmen einer Unternehmensgruppe beschränkt. Im Einzelfall kann die Wettbewerbsbeschränkung vielmehr erst spürbar werden, wenn man die mit dem beteiligten Unternehmen verbundenen Unternehmen mit in den Blick nimmt. Die Bagatellbekanntmachung sieht daher die Zurechnung der Wirtschaftskraft86 der in der Verbundsklausel als verbunden definierten Unternehmen vor. Teilweise dient die Berücksichtigung von Unternehmensverbindungen auch der effektiven Verhinderung horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen bei vertikalen Gruppenfreistellungsverordnungen.87 In anderen Fällen wird der Besitz88 verbundener Unternehmen oder deren Tätigkeiten, wenn es um die Eigenschaft als konkurrierendes Unternehmen geht,89 zugerechnet. Eine weitgehende Zurechnung enthalten auch die VO 2790/1999, die VO 1400/2002 und die VO 358/2003, die stets wenn vom „Unternehmen“, vom „Lieferanten“, vom „Käufer“, vom „Händler“ oder von „Werkstatt“ die Rede ist, verbundene Unternehmen miteinbeziehen. 90 Diese Regelung führt dazu, dass beinah in der gesamten Verordnung der Unternehmensverbund als ein Unternehmen behandelt 82 Art. 6 Nr. 3 VO 240/96 (GVO Technologietransfer). Insofern plädiert G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 169 für eine analoge Anwendung derartiger Regelungen auf andere Gruppenfreistellungsverordnungen; kritisch dazu Martinek/Habermeier ZHR 158 (1994), 107, 118 f. Fn. 50. 83 Art. 2 II, IV lit. a und Art. 10 jeweils i.V. m. Art. 11 VO 2790/1999 (GVO Vertikale Vereinbarungen). 84 Art. 7 II VO 358/2003 (GVO Versicherungssektor); Art. 3 i.V. m. Art. 11 VO 2790/1999 (GVO Vertikale Vereinbarungen); Art. 4 i.V. m. Art. 2 Nr. 2 VO 2658/2000 (GVO Spezialisierung); Art. 4 II i.V. m. Art. 2 Nr. 2 VO 26559/2000 (GVO F&E); Rn. 7 f. i.V. m. Rn. 12 Bagatellbekanntmachung. 85 Vgl. nur Rn. 2 der Bagatellbekanntmachung; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 174 u. 188, sowie Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 101. 86 Da Umsatz und Marktanteile, die die Wirtschaftskraft ausmachen, Maßstäbe sind, die den Umfang unternehmerischer Tätigkeit messen, lässt sich auch die Zurechnung von Wirtschaftskraft, als Zurechnung unternehmerischen Verhaltens begreifen, vgl. Pohlmann S. 345 f. 87 Art. 5 I Nr. 3 VO 240/96 (GVO Technologietransfer); Art. 2 IV i.V. m. Art. 11 VO 2790/1999 (GVO Vertikale Vereinbarungen). 88 Art. 4 II lit. b VO 240/96 (GVO Technologietransfer). 89 Art. 4 I und II i.V. m. Art. 2 Nr. 2 und Nr. 12 VO 26559/2000 (GVO F&E). 90 Art. 11 I VO 2790/1999 (GVO Vertikale Vereinbarungen); Art. 1 II VO 1400/ 2002 (GVO Kfz); Art. 3 Nr. 2 VO 358/2003 (GVO Versicherungssektor).

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wird. Der Begriff des Unternehmens meint daher hier schon aufgrund ausdrücklicher Normierung den Unternehmensverbund. Weitergehend als im deutschen Recht, das eine ausdrückliche Regelung nur für die Fusionskontrolle enthält (§ 36 II GWB), ist damit im Europarecht gesetzlich vorgegeben, ob und wie Konzernverbindungen im Wettbewerbsrecht zu berücksichtigen sind. Die Frage, ob man bei der Beurteilung wettbewerbsrechtlich relevanten Verhaltens eines verbunden Unternehmens das einzelne Unternehmen allein betrachtet, oder ob man es mit dem mit ihm verbundenen Unternehmen als Gesamtheit einer Bewertung unterzieht, ist also im Anwendungsbereich der Verbundklauseln weitgehend ebenso in letzterem Sinne entschieden, wie die Frage, ob man bei Umsatz- oder Marktanteilsschwellen auf die Umsätze oder Marktanteile des einzelnen oder aller verbundenen Unternehmen abstellt. So weit dies angeordnet ist, sind Rechtshandlungen und tatsächliches Verhalten, aber auch bestimmte Eigenschaften verbundener Unternehmen mit einzubeziehen. Die Verbundklauseln führen damit dazu, dass das an dem wettbewerblich relevanten Verhalten beteiligte Unternehmen und die mit ihm verbundenen Unternehmen wie ein Unternehmen behandelt werden.91 Sie klären allerdings nicht, wer innerhalb eines Unternehmensverbundes Adressat der Artt. 81, 82 EGV und für einen Verstoß verantwortlich ist. Die Verbundklauseln verfolgen damit einen ähnlichen Zweck wie die Einbeziehung von Konzernbeziehungen in den Unternehmensbegriff, nämlich die Umgehung wettbewerbsrechtlicher Normen durch die Funktionsaufspaltung im Unternehmensverbund zu verhindern. Sie bewirken soweit erforderlich die Gleichbehandlung der Verteilung unternehmerischer Tätigkeit auf mehrere rechtlich selbständige Glieder im Unternehmensverbund mit einem Unternehmen, dessen Tätigkeit nicht auf mehrere Rechtsträger verteilt ist (Einheitsunternehmen).92 Ein Unternehmen soll keinen Vorteil daraus ziehen, dass es selbst bestimmte Umsatzschwellen nicht überschreitet, wohl aber seine Mutter oder der Verbund insgesamt. Andererseits soll es keinen Nachteil dadurch haben, dass man seine Vereinbarungen und die seiner Töchter getrennt betrachtet. Grund dafür ist jeweils der bestehende Unternehmensverbund. Zu klären ist nun, was dort gilt, wo explizite Regelungen nicht bestehen, also im Rahmen der Artt. 81 und 82 EGV. bb) Zum Unternehmensbegriff der Artt. 81, 82 EGV Der persönliche Geltungsbereich der Artt. 81, 82 EGV hängt von der Interpretation des Wortes „Unternehmen“ ab. Einen feststehenden Rechtsbegriff des 91 92

Pohlmann S. 347. Pohlmann S. 67 u. 346.

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Unternehmens gibt es im Europarecht ebenso wie im deutschen Recht nicht.93 Er ist daher auch für das europäische Kartellrecht selbständig und in Abhängigkeit von der Regelungsmaterie zu bestimmen. Ausgangspunkt ist dabei wie im GWB der funktionale Unternehmensbegriff.94 Der Zweck der Wettbewerbsregeln, an dem sich die Auslegung des Begriffs dabei auszurichten hat, lässt sich folgendermaßen charakterisieren: Das in Art. 3 I lit. g EGV verankerte System unverfälschten Wettbewerbs ergänzt und sichert die marktöffnende Wirkung der Grundfreiheiten und des Zollverbots. Zugleich geht es um den Schutz des Wettbewerbs als eines sich selbst steuernden Systems, das auf die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer setzt. Nicht zuletzt, und dieser Aspekt ist vorliegend von besonderem Interesse, muss ein funktionales Verständnis des Unternehmensbegriffs aber auch in der Lage sein, für die Rechtsfolgen kartellrechtswidrigen Verhaltens den zuständigen Adressaten zu ermitteln, dem das jeweilige Verhalten zugerechnet werden kann.95 Auch im Europäischen Wettbewerbsrecht soll durch dieses Grundverständnis der private Verbrauch, das rein hoheitliche Handeln sowie die abhängige Tätigkeit von Arbeitnehmern von der Anwendung der Wettbewerbsregeln ausgeschlossen werden.96 Ansonsten aber ist Unternehmen in einem weiten, umfassenden Sinne zu verstehen, um den Kreis der Normadressaten möglichst groß und den Wirkungsbereich der Wett93 Pohlmann S. 35; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 5 und 7; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 177; Heitzer S. 65. 94 EuGH v. 11.12.1997, Slg. 1997, I-7119, 7147 Rn. 21 „Job Centre“; v. 23.04. 1991 Slg. 1991, I-1979, 2016 Rn. 21 „Höfner und Elser“; Kommission v. 15.09. 1989, ABl. 1989 Nr. L 284 v. 03.10.1989, S. 36, 41 Rn. 38 „Filmeinkauf“; Benicke EWS 1997, 373, 374 ff. Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 5; Geiger Art. 81 Rn. 6; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 9; Lange WuW 2002, 953, 954; Potrafke S. 177; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 11. Das EuG tendiert dagegen im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH zum EGKS-Vertrag in einigen Entscheidungen zu einem eher materiell-institutionellen Unternehmensbegriff, wenn es als Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit ansieht, „die jeweils in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel besteht, die dauerhaft einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck verfolgt“, z. B. EuG v. 11.12.2003, T-66/99 Rn. 122 „Minoan Lines/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2020 Rn. 87 „Mo och Domsjö/Kommission“; v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 „Viho/Kommission“; v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 884 Rn. 311 „Shell/Kommission“; so auch Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/MüllerGraff, Art. 85 Rn. 30; vgl. dazu Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 51. Indes geht es dem EuG dabei weniger um institutionelle Anforderungen an den Unternehmensbegriff als vielmehr um die adäquate Erfassung des einheitlichen Vorgehens mehrerer Gesellschaften auf dem Markt; vgl. EuG, a. a. O., „Minoan Lines/Kommission“, „Viho/Kommission“ und „Mo och Domsjö/Kommission“. Das Gericht verwendet diesen Begriff auch nicht durchgehend, sondern folgt teilweise dem funktionalen Verständnis des EuGH, siehe etwa EuG v. 22.10.1997, Slg. 1997, II-1738, 1784 Rn. 120 „SCK und FNK/Kommission“. 95 Roth/Ackermann in: FK Art. 81 Grundfragen Rn. 11 a. E. 96 Benicke EWS 1997, 373; Emmerich § 37 1 a; Lange WuW 2002, 953, 954; Pohlmann S. 35; Potrafke S. 177; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 21 u. 35 ff. zum hoheitlichen Handeln.

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bewerbsregeln im Interesse des Gemeinsamen Marktes so breit als möglich zu halten.97 Entscheidend ist daher die wirtschaftliche Tätigkeit als Anbieter oder Nachfrager, nicht dagegen die Organisation des Wettbewerbers. Der EuGH sieht als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“ an.98 cc) Einfluss der Verbundklauseln auf den Unternehmensbegriff Die im europäischen Recht in größerem Umfang als im GWB vorhandene explizite Berücksichtigung konzernrechtlicher Beziehungen durch die Verbundklauseln hat hinsichtlich des Unternehmensbegriffs keine anderen Auswirkungen als die ausdrücklichen Regelungen im deutschen Recht99. Aus der Tatsache, dass hier für bestimmte Bereiche eine Berücksichtigung von Unternehmensverbindungen angeordnet ist, folgt weder, dass diese außerhalb der Verbundklauseln unbeachtlich sind, noch dass sie auch ohne entsprechende Anordnung stets zu berücksichtigen sind. Da nicht feststellbar ist, ob es sich bei den Verbundklauseln um Ausnahmen zu einer nicht geschriebenen Grundnorm oder um die Wiedergabe100 dieser Grundnorm handelt, sind sie als das zu interpretieren, was naheliegend ist: Sonderregeln, die für ihren jeweiligen Anwendungsbereich eine Aussage treffen, aber keinen darüber hinausgehenden Regelungsgehalt besitzen. Sie hindern die Einbeziehung von Konzernverflechtungen in den Unternehmensbegriff daher ebenso wenig, wie sie sie erfordern. dd) Rechtliche Selbständigkeit Wie im deutschen Recht ist auch für das europäische Recht umstritten, ob „Unternehmen“ im Sinne des Wettbewerbsrechts nur rechtsfähige Einheiten sein können.101 97 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 6; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 5; Emmerich § 37 1 a; Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1827; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 17. 98 EuGH v. 19.01.1994, Slg. 1994, I-43, 61 Rn. 18 „SAT Fluggesellschaft“; v. 23.04.1991, Slg. 1991, I-1979, 2016 Rn. 21 „Höfner und Elser“; EuG v. 22.10.1997, Slg. 1997, II-1738, 1784 Rn. 120 „SCK und FNK/Kommission“; Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 24. 99 Siehe dazu oben II. 2. b) bb) (3). 100 Die unmittelbare Normierung eines Grundsatzes, der auch im Rahmen des Vertrages gilt, durch sekundärrechtliche Verordnungen, in denen sich die Verbundklauseln regelmäßig finden, kommt dagegen schon aufgrund der Normenhierarchie nicht in Betracht. 101 Bejahend z. B. Buntscheck S. 96; Emmerich EuR 1971, 295, 306; vorsichtiger aber ders. § 37 1 a; ders. in: Dauses, H I Rn. 58 („Für den Regelfall dürfte die Frage zu bejahen sein.“); Goyder S. 60; Huber AWD des BB 1969, 429, 430; Leo, Kartell-

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(1) Anwendung auf den Konzern Geht man davon aus, dass Rechtsfähigkeit erforderlich ist, so spricht gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns auch hier seine regelmäßig fehlende Rechtsfähigkeit und die deswegen mangelnde Fähigkeit, sich vertraglich zu binden.102 Für diesen Standpunkt wird angeführt, der Konzern sei als bloße Wirtschaftseinheit nicht ausreichend fassbar, beispielsweise im Bereich von Zustellung und Vollstreckung. Da Rechtspflichten nur für rechtsfähige Subjekte gelten, könne nur ein rechtsfähiges Subjekt gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen.103 Nur so seien sachgerechte Lösungen zu erzielen. Soweit man als Unternehmen nur den jeweiligen Rechtsträger nationalen Rechts ansieht, kommt der Konzern als Unternehmen nicht in Betracht.104 Lediglich wenn der Konzern selbst nach nationalem Recht rechtsfähig ist, wird konsequenterweise eine Ausnahme zugelassen.105 Begünstigt wird diese Betonung der Rechtssubjektivität im Bereich der deutschsprachigen Literatur unter Umständen durch Art. 1 des Protokolls Nr. 22 zum EWR-Vertrag106, der in der deutschen Fassung als Unternehmen „jedes Rechtssubjekt“ ansieht, das eine rundschau, S. 11, 16 ff.; Mailänder in: GK3, Art. 85 Rn. 4; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 31; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 52 f.; verneinend z. B. Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 17; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 47; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 35; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 177 f.; Lange WuW 2002, 953, 954 f., Ritter/Braun/Rawlinson S. 31; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 27; widersprüchlich Schweitzer/Hummer Rn. 1264 u. 1266, die zwar rechtliche Handlungsfähigkeit fordern, gleichzeitig aber verbundene Unternehmen als Einheit erfasst ansehen; ähnlich Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Rn. 6 u. 9, der Rechtspersönlichkeit verlangt, gleichzeitig aber den Konzern als mögliches Unternehmen ansieht; ähnlich auch Zäch S. 2. 102 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 398; Mailänder in: GK3, Art. 85 Rn. 4; Ulmer BB 1961, 1020, 1020 f. Ähnlich Leo, Kartellrundschau, S. 11, 17, der aber nur für den Betreiber des Unternehmens Rechtsfähigkeit fordert. Dass jedenfalls für die Vollstreckung ein rechtsfähiges Substrat erforderlich ist, ist unstreitig. 103 Pohlmann S. 42; ähnlich Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 52. Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 27 weist aber zu Recht darauf hin, dass dies der Annahme nichtrechtsfähiger Unternehmen nicht entgegensteht, da dann die Träger des Unternehmens die diesem auferlegten Rechte und Pflichten wahrnehmen. 104 Mailänder in: GK3, Art. 85 Rn. 4; Mestmäcker S. 201; Pohlmann S. 49 ff.; Stokkenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 52; Ulmer BB 1961, 1020, 2021 zu Art. 65 MV. Ähnlich Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 32 („grundsätzlich nicht“); Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32 („in der Regel“ kein Unternehmen). Gegen die Unternehmenseigenschaft des Konzerns auch Huber AWD des BB 1969, 429, 430; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 70. 105 Siehe Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 71 a. E. 106 Protokoll 22: Über die Definition der Begriffe „Unternehmen“ und „Umsatz“ (Artikel 56); ABl. 1994 Nr. L 1 v. 03.01.1994, S. 185.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

kommerzielle oder wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Der englische Text spricht dagegen sehr viel unspezifischer von „any entity carrying out activities of a commercial or economic nature“.107 (2) Kritik am Kriterium der rechtlichen Selbständigkeit Gegen die Lösung über die rechtliche Selbständigkeit sind die gleichen Einwände zu erheben wie im deutschen Recht, sodass insofern auf die Ausführungen dort verwiesen werden kann.108 Auch für das Europarecht wird darauf hingewiesen, dass dem Konzern die Möglichkeit von gentleman’s agreements bleibt.109 Außerdem ist der auch im Europarecht maßgebliche funktionale Unternehmensbegriff eben nicht an organisatorischen oder institutionellen Kriterien orientiert, sondern tätigkeitsbezogen, sodass die Rechtssubjektivität nicht entscheidend ist.110 Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit, am Markt zu agieren, die wie gezeigt grundsätzlich auch für den Konzern bestehen kann. Insofern besteht kein Unterschied zur Rechtslage im GWB. Der Einwand, dass man nur, wenn man den Unternehmensträger als Unternehmen ansieht, zu einem einheitlichen Unternehmensbegriff im materiellen Kartellrecht und im Kartellverfahrensrecht kommt111, ist dagegen zutreffend. Er ist aber kein zwingendes Argument, da der Unternehmensbegriff in unterschiedlichen Regelungen selbständig zu bestimmen und wandelbar ist. Daher kann er bereits in zwei verschiedenen Rechtsnormen, erst recht aber in zwei Teilbereichen eines Rechtsgebiets, hier des Wettbewerbsrechts, unterschiedliche Bedeutungen haben. Seine Auslegung hat sich in erster Linie an den inhaltlichen Erfordernissen der jeweiligen Norm und nur untergeordnet an dem Ziel eines möglichst einheitlichen Begriffsverständnisses zu orientieren. Divergierende Unternehmensbegriffe im materiellen Kartellrecht und im Kartellverfahrensrecht der VO 17/62112 sind also möglich, wenn dies sachlich geboten ist.113 107 Hervorhebung durch den Verfasser. Vgl. Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 50. Die deutsche Textfassung als Argument für die Erforderlichkeit der Rechtsfähigkeit findet sich zum Beispiel bei Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 53. 108 Siehe die Argumente oben II. 2. b) bb) (5) u. (6). 109 So Haberkorn NJW 1960, 86, 87 für Art. 65 MV; diese Möglichkeit sieht auch Ulmer BB 1961, 1020 Fn. 2, obwohl er die Unternehmenseigenschaft des Konzerns ablehnt. 110 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 9 u. 47; Haberkorn NJW 1960, 86 für Art. 65 MV; Heitzer S. 67, Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 69; in diesem Sinn auch Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 21; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 27. 111 Pohlmann S. 50; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 52. 112 Verordnung (EWG) Nr. 17/62 v. 06.02.1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962 Nr. 13 v. 21.02.1962, S. 204 ff. (KartellVO). Sie wird am 01.05.2004 abgelöst durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003

3. Rechtslage im Europarecht

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Speziell im Bereich des Europarechts besteht darüber hinaus ein zusätzlicher Einwand gegen das Kriterium der Rechtsfähigkeit. Da es europäische Gesellschaftsformen außer der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), sowie ab 8.10.2004 der Societas Europaea (SE, Europäische Aktiengesellschaft)114 bisher nicht gibt, hätte die Bestimmung der Rechtsfähigkeit unter Rückgriff auf die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen zu erfolgen, was unter den Vertretern dieser Ansicht auch allgemein anerkannt wird. Trotz der bereits erfolgten Annäherungen der nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen besteht dabei aber die Gefahr, dass identische Konzernsachverhalte unterschiedlich behandelt werden, weil die nach nationalem Recht vorzunehmende Prüfung der Rechtsfähigkeit zu divergierenden Ergebnissen führt.115 Es wären also Fälle denkbar, in denen ein Konzern einmal als Unternehmen anzusehen wäre und ein anderes mal nicht, je nachdem, wo er seinen Sitz hat und wie weitgehend daher seine Rechtsfähigkeit ist. Derartige Ergebnisse sind aber nicht erstrebenswert und daher wo möglich zu vermeiden. Des Weiteren drohen Umgehungen der Wettbewerbsregeln, wenn nur das jeweils handelnde Konzernunternehmen, nicht aber der Konzern als Ganzes und insbesondere die Muttergesellschaft als beteiligtes Unternehmen greifbar ist. Untersagungsverfügungen würden andere Konzerntöchter nicht binden und dass Bußgeldentscheidungen gegen finanziell unter Umständen nur unzureichend ausgestattete Tochterunternehmen sich leicht als unwirksam erweisen könnten, leuchtet ebenso ohne weiteres ein.116 Letzteres Argument ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da ansonsten über das Kartellrecht die Einführung einer im Konzernrecht nicht vorgesehenen Durchgriffshaftung droht.117 Eine Beseitigung dieser Umgehungsmöglichkeiten ist, wenn man am Kriterium der rechtlichen Selbständigkeit festhalten will, nur im Rahmen einer umfassenden Verhaltens- und Verantwortungszurechnung möglich. Wie noch gezeigt wird, v. 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003 Nr. L 1 v. 04.01.2003. 113 Zu den unterschiedlichen Unternehmensbegriffen der Kommission für diese beiden Bereiche vgl. Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 11 f. 114 Die Europäische Aktiengesellschaft wird in den einzelnen Mitgliedsstaaten allerdings sehr unterschiedlich aussehen, da sie stark durch das nationale Recht geprägt wird, auf das die SE-VO vielfach verweist. Vgl. Hommelhoff AG 2001, 279, 285; Lutter BB 2002, 1, 3; Thoma/Leuering NJW 2002, 1449, 1450. Insofern bleiben auch für die SE die Unterschiede der nationalen Gesellschaftsrechte relevant. 115 Diese Gefahr sehen auch Karl S. 76; Potrafke S. 178. Aus diesem Grund gegen die Rechtsfähigkeit als Anforderung an den Unternehmensbegriff Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 27. Bzgl. des Vorliegens von Beherrschung zeigt sich die Möglichkeit unterschiedlicher Ergebnisse aufgrund des Rekurrierens auf nationale Rechtsordnungen bei Ulmer BB 1961, 1020, 1023. 116 Vgl. zu einem derartigen Fall Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 47 f. Rn. 153 „Karton“. 117 Pohlmann S. 43; Bedenken in diese Richtung auch schon bei Harms S. 105.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

sind die hierfür erforderlichen Erwägungen aber zweckmäßiger Weise als Fragen der Unternehmenseigenschaft aufzufassen und dort zu berücksichtigen. (3) Gegenposition Diese Einwände aufgreifend wird angenommen, dass Verbotsadressat und damit Unternehmen nicht der rechtsfähige Unternehmensträger, sondern die tatsächlich handelnde wirtschaftliche Einheit ist, auch wenn sie aus mehreren juristischen Personen besteht und selbst nicht rechtsfähig ist.118 Die dem Unternehmen als Normadressaten obliegenden Rechte und Pflichten werden in diesem Fall von den Trägern des Unternehmens wahrgenommen.119 Erst für die Rechtsdurchsetzung ist ein rechtsfähiger Unternehmensträger erforderlich, dem der Verstoß zuzurechnen ist.120 Dies entspricht der im deutschen Recht gefundenen Möglichkeit, den Konzern als Unternehmen anzusehen und die Rechtsfolgen gegen die einzelnen Konzernunternehmen als Rechtsträger zu richten.121 ee) Alternativität der möglichen Unternehmen Ebenso wie im deutschen Recht ist auch hier eine Lösung abzulehnen, die die Unternehmensqualität des Konzerns unter Hinweis auf die Unternehmensqualität der einzelnen rechtsfähigen Konzernunternehmen ablehnt, also von einer Alternativität der möglichen Unternehmen ausgeht.122 Es wurde bereits 118 Bleckmann/Piper in: Lenz, Handbuch, S. 685; Faull/Nikpay Rn. 2.35; Fine Rn. 6006; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art.81–86 Rn. 35; Haberkorn NJW 1960, 86, 87 für Art. 65 MV; Harms EuR 1966, 230, 231; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 24 u. 67 f.; Kindhäuser in: FK, Art. 81 Bußgeldrechtliche Folgen Rn. 78 f.; Potrafke S. 178 f.; Rinck/Schwark Rn. 308 mit Rn. 251; Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1829 u. 1835; Warner Slg. 1974, 260, 264 f.; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 123; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 101; ebenso wohl Geiger Art. 81 Rn. 7 a. E., der verbundene Unternehmen als einheitliches Unternehmen bezeichnet; Korah S. 37 f.; ebenso aus gesellschaftsrechtlicher Sicht Lübking S. 30. 119 Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 27; auch Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 47. 120 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 17; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 47 und 11 f.; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 35; Potrafke S. 178; Ritter/Braun/Rawlinson S. 31; Bos/Stuyck/Wytinck Rn. 3-024 (das Unternehmen als Rechtssubjekt sei vom Unternehmen als Wettbewerbssubjekt zu unterscheiden). 121 Vgl. oben II 2 b bb (8) u. (9). 122 So aber Heitzer S. 69 f., zutreffend dagegen S. 66: Konzern kann als wirtschaftliche Einheit neben den Gliedunternehmen Normadressat sein; Karl S. 76, zutreffend dagegen bezüglich der Unternehmensqualität der Mitglieder einer wirtschaftlichen Einheit a. a. O., S. 78 f. Potrafke S. 178 ff. vertritt auch für das Europarecht die von ihm entwickelte Exklusivität, die nur entweder den Konzern oder die Konzerngesellschaften als Unternehmen anerkennt. Vgl. zu dieser Ansicht bereits oben II. 2. b) bb) (7) (c).

3. Rechtslage im Europarecht

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dargelegt, dass die Unternehmenseigenschaft der Konzernunternehmen diejenige des Konzerns ebenso wenig ausschließt wie umgekehrt.123 Ferner ist durch die Annahme, auch der Konzern könne Unternehmen sein, die Frage nach der Behandlung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen nicht vorentschieden, eben weil dadurch die Unternehmenseigenschaft der einzelnen Konzernglieder in keine Richtung präjudiziert wird. ff) Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit (1) Konzern als Unternehmen? Da die Rechtsfähigkeit wie dargestellt kein zwingendes (wenn auch ein meistens vorliegendes) Merkmal des Unternehmensbegriffs ist, kann also grundsätzlich auch ein Konzern Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts sein. Noch deutlicher als im deutschen Recht zeigt sich allerdings im Europarecht, dass allein die Einordnung als Konzern im Rahmen eines europarechtlichen Konzernverständnisses für die Bejahung der Unternehmenseigenschaft nicht maßgeblich sein kann.124 Ansonsten würde die Einordnung einer Unternehmensverbindung als Konzern bereits die Entscheidung über deren Unternehmensqualität im wettbewerbsrechtlichen Sinn vorwegnehmen. Dem als Versuch, den unterschiedlichen Vorstellungen gerecht zu werden, konzipierten Konzernbegriff fiele dann nicht mehr nur die Aufgabe zu, die relevanten Phänomene der Rechtswirklichkeit zu bestimmen, sondern er erhielte eine bei seiner Festlegung nicht vorgesehene inhaltliche Reichweite beigemessen. Gerade die Betrachtung des Europarechts offenbart aber, dass ein auf einem Kompromiss zwischen den verschiedenen Modellen basierendes Konzernverständnis gar nicht geeignet sein kann, über das Vorliegen eines Unternehmens im Sinne der Artt. 81, 82 EGV zu entscheiden. Ein dafür geeigneter Konzernbegriff ist aus dem europäischen Konzernrecht – jedenfalls in seinem gegenwärtigen Entwicklungsstadium – auch nicht zu gewinnen. Selbst bei einer europaweit einheitlichen gesellschaftsrechtlichen Terminologie, also einer Situation, wie sie im deutschen Gesellschaftsrecht besteht, bliebe das Problem, dass eine solche Definition ohne Rücksicht auf die wettbewerbsrechtlichen Erfordernisse erfolgt. Darüber hinaus ist sie geeignet, das Problem der inhaltlichen Anforderungen und Auswirkungen des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs hinter einer scheinbar einfachen begrifflichen Lösung zu verstecken. Die einfache Formel „Konzern ist gleich Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts“ geht also – auch im Europarecht – nicht auf.

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Siehe oben II. 2. b) bb) (4). Zur Unmaßgeblichkeit des Konzernbegriffs auch Pohlmann S. 396.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

(2) Abgrenzung und Zuordnung als Aufgaben des Unternehmensbegriffs Um von der Möglichkeit, dass ein Konzern Unternehmen sein kann, zum tatsächlichen Vorliegen der Unternehmenseigenschaft zu gelangen, bedarf es also präzisierender Voraussetzungen. Diese werden deutlich, wenn man auf den mit der Einstufung als Unternehmen verfolgten Zweck rekurriert und die damit verbundenen Folgefragen in den Blick nimmt. Das Vorliegen der Unternehmenseigenschaft ist Normanwendungsvoraussetzung. Primär hat die Einordnung als Unternehmen dabei die Einstufung als Wettbewerber vor Augen. Ein Unternehmen muss daher in der Lage sein, als selbständige Einheit am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen. Wie bereits für das deutsche Recht festgestellt, soll der Unternehmensbegriff neben der damit zusammenhängenden Abgrenzungsfunktion aber auch Zuordnungsaufgaben wahrnehmen. Genauer gesagt geht es um die sachgerechte Zuordnung vorgefundenen Handelns. Die Feststellung der Adressatenstellung im Sinne der Artt. 81 f. EGV betrifft die Zurechnung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu einem Subjekt, das für ein bestimmtes Verhalten verantwortlich gemacht wird.125 Um zu erkennen, welche Anforderungen an einen Konzern zu stellen sind, damit er Zuordnungssubjekt sein kann, ist es hilfreich zunächst zu untersuchen, um welche Fragen es bei der Zuordnung geht, was also in welchem Zusammenhang möglicherweise zugerechnet werden kann. (3) Gegenstand der Zuordnung Im Folgenden soll daher einer näheren Betrachtung unterzogen werden, bei welchen Fragen sich die Einstufung des Konzerns oder nur des einzelnen Konzernunternehmens als Unternehmen auswirkt. In diesen Zusammenhang gehören unterschiedliche Teilaspekte126, die unter dem Stichwort der wirtschaftlichen Einheit diskutiert werden. Ein Aspekt sind etwa die Fälle der extraterritorialen Normanwendung und Normdurchsetzung. Sieht man hier den Konzern als Unternehmen an, so kann man wettbewerbswidriges Verhalten eines im Binnenmarkt agierenden Tochterunternehmens als Verhalten eines in einem Drittland ansässigen und nur im Wege konzerninterner Einflussnahme agierenden Mutterunternehmens qualifizieren und zugleich das Tochterunternehmen als Zustellungsadressat für Untersagungsverfügungen127 und Bußgeldentscheidungen128 gegen das Mutterunternehmen ansehen. Eine Anwendung des nicht unumstrittenen Auswirkungsprin125 Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 50; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 46. 126 Vgl. etwa Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 53 ff. 127 Siehe Kommission v. 09.12.1971, ABl. 1972 Nr. L 7 v. 08.01.1972, S. 25, 35 u. 39 „Continental Can“.

3. Rechtslage im Europarecht

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zips ist dann nicht erforderlich.129 Eine ähnliche Situation ergibt sich in den Fällen, in denen die Konzernspitze das wettbewerbswidrige Verhalten der Töchter veranlasst hat, ohne selbst den Tatbestand des Art. 81 I EGV zu erfüllen.130 Hier ermöglicht eine Betrachtung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit die bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Konzernspitze, die die Tochtergesellschaft sozusagen als verlängerten Arm eingesetzt hat, indem der Konzernspitze das Verhalten der Tochter im Rahmen der wirtschaftlichen Einheit zugerechnet wird.131 In der Folge ist auch bei der Bemessung der Bußgeldhöhe nicht nur der Umsatz des wettbewerbswidrig handelnden Konzernunternehmens, sondern der des Gesamtkonzerns relevant.132 Die Folge ist allerdings, wie bereits angedeutet, dass die im Kartellverfahrensrecht der Artt. 3 I und 15 KartellVO zur Abstellung der Zuwiderhandlung bzw. zur Entrichtung des Bußgeldes verpflichteten beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen nach einem gegenüber dem materiellen Recht eigenständigen Unternehmensbegriff bestimmt werden. Das gilt jedenfalls, wenn man davon ausgeht, dass unabhängig von der Frage, wer Adressat der Wettbewerbsregeln ist, zum Zwecke der Durchsetzung stets eine Einheit mit Rechtspersönlichkeit ermittelt werden muss.133 Letzteres gebieten aber schon praktische Erwägungen, etwa um erforderlichenfalls die Betreibung der Geldbuße im Wege der Zwangsvollstreckung zu ermöglichen. Der Normadressat ist damit 128 Siehe Kommission v. 24.07.1969, ABl. 1969 Nr. L 195 v. 07.08.1969, S. 11, 16 „Farbstoffe“. 129 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 839 Rn. 51 „Geigy/Kommission“; Jones/ Sufrin S. 107; Lipowsky S. 219 f.; dazu auch Buntscheck S. 59 ff.; Heitzer S. 72 f.; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5467 Rn. 36; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 206 ff.; sowie Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 323, die nicht zu Unrecht auf die Problematik einer gleichzeitigen extraterritorialen Anwendung des europäischen und des amerikanischen Kartellrechts hinweist. 130 Zum Beispiel Kommission v. 22.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30, Rn. 54 „Eurofix-Bauco/Hilti“. 131 Zum Beispiel EuGH v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 255 f. Rn. 36–41 „Commercial Solvents/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 „Geigy/ Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 „ICI/Kommission“; Kommission v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 20 Rn. 247 „Methionin“; v. 21.12.1998, ABl. 1999 Nr. L 21 v. 30.01.1999, S. 1, 58 Rn. 155 „FernwärmetechnikKartell“; v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 26 Rn. 47 f. „Johnson & Johnson“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 56 f. „Zoja/CSC-ICI“; v. 24.07.1969, ABl. 1969 Nr. L 195 v. 07.08.1969, S. 11, 16 „Farbstoffe“. 132 Jones/Sufrin S. 106. 133 Kommission v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 19 Rn. 238 „Methionin“; v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 45 Rn. 141 „Karton“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 37 Rn. 55 „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 15 Rn. 45 „PVC“; v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 33 Rn. 101 „Polypropylen“; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 35; Potrafke S. 178; Ritter/Braun/ Rawlinson S. 31; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 108 f.; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 11 f.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

vom Adressaten der Kommissionsentscheidung zu unterscheiden.134 In der Regel wird Adressat der Entscheidung dann der Unternehmensträger bzw. bei mehreren Unternehmensträgern der für die Kartellabsprache faktisch verantwortliche Unternehmensträger sein.135 Die damit zusammenhängenden Zustellungsfragen, sei es bei extraterritorialem Bezug, sei es bei undurchschaubaren Unternehmens- und Managementstrukturen136, werden ebenfalls durch die Weite des Unternehmensbegriffs beeinflusst und zwar in der Weise, dass auch Tochterunternehmen oder der entsprechende Konzernbereich als Zustellungsempfänger in Betracht kommen. Zurechnungsfragen können sich außerdem bei Verhaltensweisen stellen, die unabhängig von der Tatbestandserfüllung bei der Bemessung der Geldbuße eine Rolle spielen. So können wiederholte Wettbewerbsverstöße mit einer erhöhten Geldbuße geahndet werden. Dem könnte ein Konzern entgehen, wenn die Wettbewerbsverstöße verschiedener Konzernunternehmen getrennt betrachtet würden. Sieht man den Konzern als Adressaten an, kann umgedreht die konzernweite Betrachtung zur erschwerenden Einbeziehung der früheren Verstöße anderer Konzernunternehmen führen.137 Andererseits wirkt es sich mildernd auf den Umfang einer Geldbuße aus, wenn das den Wettbewerbsverstoß begehende Unternehmen die Ermittlungen der Kommission unterstützt und nicht den Verstoß zu verdecken versucht. Hier ist bei konzernweiter Betrachtung die bußgeldreduzierende Berücksichtigung unterstützender Handlungen konzernverbundener Unternehmen sowie einer entsprechenden Einflussnahme der Muttergesellschaft möglich.138 Im Rahmen des Art. 82 EGV ermöglicht die Betrachtung des Konzerns als Einheit, einem Konzernunternehmen bei der Ermittlung der beherrschenden Stellung die Ressourcen, Umsätze und Marktanteile des Konzerns zuzurechnen.139 134 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 11; Ritter/Braun/Rawlinson S. 31; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 108 f. Siehe auch Roth/Ackermann in: FK Art. 81 Grundfragen Rn. 55. Kritisch zu diesem „Zweischritt“ Buntscheck S. 95. 135 Zur Praxis der Kommission bei der Auswahl des Adressaten ausführlich unten II. 3. c) gg) (1) (b). Siehe zur Zurechnung auch Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 108 ff. 136 Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 45 Rn. 141 „Karton“. 137 Kommission v. 23.07.1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 21 Rn. 53 „Flachglas Benelux“. 138 Siehe Kommission v. 07.12.1982, ABl. 1982 Nr. L 354 v. 16.12.1982, S. 28, 34 Rn. 67–69 „National Panasonic“. Bei der Berechnung der Höhe des Bußgeldes wird im Europarecht dagegen der konzerninterne Umsatz berücksichtigt, d. h. der Konzern insofern nicht als Einheit betrachtet. Siehe EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-9641, 9685, Rn. 61 f. „KNP BT/ Kommission“; EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-869, 910 Rn. 128 „Europa Carton/ Kommission“. Eine Parallele zur Behandlung konzerninterner Vereinbarungen hat das EuG insoweit ausdrücklich zurückgewiesen, siehe a. a. O., S. 911 Rn. 129.

3. Rechtslage im Europarecht

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Schließlich ermöglicht die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit, die Kenntnis des Tochterunternehmens konzernintern für Zwecke des Art. 230 II EGV der Mutter zuzurechnen.140 Daneben spielt der Unternehmensbegriff auch in verschieden Gruppenfreistellungsverordnungen eine Rolle. So beschränkte sich der Anwendungsbereich der VO 1983/83141 und der VO 1984/83142 auf Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen. Um ihre Anwendbarkeit auch dann zu ermöglichen, wenn auf einer Seite mehrere Gesellschaften eines Konzerns beteiligt sind, wurde angenommen, dass ein Unternehmen in diesem Sinne unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Konzern sein kann.143 Dieses Problem dürfte sich inzwischen weitgehend erledigt haben, da die neue VO Nr. 2790/99 (GVO Vertikale Vereinbarungen)144 in Art. 2 ausdrücklich von Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen spricht. Ein schmaler Anwendungsbereich bleibt indes, da nach dieser Verordnung nicht zwei Unternehmen auf derselben Marktstufe beteiligt sein dürfen145.

139 EuGH v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2515 Rn. 28 f. „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“; v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 255 f. Rn. 39 ff. „Commercial Solvents/Kommission“; Kommission v. 08.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 22 v. 27.01.1978, S. 23, 30 f. „Hugin/Liptons“; v. 17.12.1975, ABl. 1976 Nr. L 95 v. 09.04.1976, S. 1, 11 ff. „Chiquita“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/ CSC-ICI“; Buntscheck S. 62 ff.; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn 47; auch EuGH v. 27.04.1994, Slg. 1994, I-1477, 1519 f. Rn. 41 f. „Almelo“. 140 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 827 f. Rn. 16–18 „Geigy/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 655 f. Rn. 34–43 „ICI/Kommission“. 141 Verordnung (EWG) Nr. 1983/83 v. 22.06.1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen, ABl. 1983 Nr. L 173 v. 30.06.1983, S. 1 ff. 142 Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 v. 22.06.1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen, ABl. 1983 Nr. L 173 v. 30.06.1983, S. 5 ff. 143 Bunte in Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 12; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 49; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 61; Jones/ Sufrin S. 106; Whish S. 72. Vgl. dazu den Fall Hydrotherm/Compact des EuGH sogleich unten II. 3. c) gg) (3). 144 Ebenso Art. 1 I VO 2658/2000 (GVO Spezialisierung), Art. 1 I VO 2659/2000 (GVO F&E), Art. 1 I lit. c VO 1400/2002 (GVO Kfz) und Art. 1 VO 358/2003 (GVO Versicherungssektor). Anders hingegen noch Art. 1 I VO 240/96 (GVO Technologietransfer). Auch in Art. 2 des Neuentwurfs einer Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen ist nach wie vor von Vereinbarungen „zwischen zwei Unternehmen“ die Rede. Siehe ABl. 2003 Nr. C 235 v. 01.10.2003, S. 4 ff. 145 Whish S. 571. Auf den dadurch verbleibenden Anwendungsbereich für Hydrotherm/Compact verweist Whish S. 72 Fn. 2. Allerdings ordnet Art. 11 der VO an, dass der Begriff Unternehmen verbundene Unternehmen mit einschließt, sodass bereits deshalb mehrere Konzernunternehmen auf derselben Marktstufe nur als ein Unternehmen zu zählen sein dürften.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

(4) Wirtschaftliche Einheit als Voraussetzung der Unternehmenseigenschaft Die Begründung der eben genannten Rechtsfolgen bzw. die konzernweite Betrachtung ist für den Konzern oder die Unternehmensgruppe aber nur dann vertretbar, wenn ein Integrationsgrad erreicht ist, der ein gewisses Mindestmaß an Einflussnahme innerhalb des Konzerns ermöglicht und so zugleich die Annahme gegenseitiger Verantwortlichkeit rechtfertigt. Erst wenn der Konzernverbund eine hinlängliche innere Verbundenheit seiner Teile und eine Organisationsstruktur, die eine zumindest partielle Koordination ermöglicht, aufweist, ist eine Behandlung gerechtfertigt, die an derjenigen des Einheitsunternehmens als Grundfall des Unternehmens orientiert ist. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist es möglich, dass der gesamte Konzern, und damit beispielsweise andere Tochterunternehmen auf derselben Wirtschaftsstufe, die Wettbewerbsbeschränkung eines einzelnen Konzernunternehmens effektiv mitträgt oder dem Konzernunternehmen zumindest die Ressourcen des Konzerns zur Verfügung stehen, solange die Konzernspitze die Wettbewerbsbeschränkung nicht verhindert. Unter diesen Umständen erscheint die Wettbewerbsbeschränkung letztlich als eine Wettbewerbsbeschränkung des gesamten Konzerns. Diese Anforderungen an den Konzernverbund sind gemeint, wenn von einer wirtschaftlichen Einheit mit den unter (3) genannten Folgen gesprochen wird.146 Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ermöglicht eine konzernweite Betrachtung. Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit wird dabei auch von denjenigen verwendet, die den Konzern mangels Rechtsfähigkeit nicht als Unternehmen ansehen, sodass über seine Maßgeblichkeit im Ergebnis weitgehende Einigkeit besteht.147 Bei den Letztgenannten findet es allerdings nicht im Rahmen des Unternehmensbegriffs, sondern als Teil einer eigenständigen Kategorie der Zurechnung Verwendung.148 Ob man aber annimmt, der Konzern als Ganzes könne Unternehmen sein, sodass unter Umständen auch andere Konzern146 Vgl. zum Begriff auch Pohlmann S. 74 f. Pohlmann beschreibt die Verwendung des Begriffs im Wettbewerbsrecht so, dass mehrere konzernzugehörige Unternehmensträger unter bestimmten Voraussetzungen zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst und dadurch verschiedene Rechtsfolgen ausgelöst werden. 147 Kritisch indes Heitzer S. 70 f.; Potrafke S. 74 f.; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 78: „Begriff wirtschaftliche Einheit wenig hilfreich“. Lipowsky S. 116 ff. geht davon aus, dass der Begriff in der Entscheidungspraxis mit wechselnden Bedeutungen benutzt wird. Für die Zurechnung hält sie zusätzlich die Mitwirkung an dem zuzurechnenden Verstoß für erforderlich. Siehe a. a. O., S. 190. 148 So z. B. Heitzer S. 70; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 58 und 70; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32 u. Art. 81 Rn. 112; wohl auch Bunte in Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139 f. Ohne ausdrücklich von wirtschaftlicher Einheit zu sprechen, stellen Gleiss/ Hirsch Art. 85 Rn. 57 ff. ähnliche Anforderungen an die Zurechnung. Ähnlich auch G. Wiedemann/Dieckmann, Hdb. KartellR, § 46 Rn. 2; Mestmäcker S. 199 ff. Grundsätzlich anders Pohlmann S. 375 und 380 f., die eine Zurechnung nur bei Tatbestands-

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glieder für das Verhalten des handelnden Konzernunternehmens verantwortlich sind, oder ob man das Verhalten eines Konzernunternehmens einem anderen Konzernunternehmen über die Fiktion einer wirtschaftlichen Einheit zurechnet, sodass dieses andere Konzernunternehmen ebenfalls oder sogar allein für einen Wettbewerbsverstoß verantwortlich ist, läuft auf dasselbe hinaus.149 Insofern handelt es sich teilweise um einen Streit um Begrifflichkeiten. Wichtiger als die verwendete Systematik, die in beiden Fällen zur Verwirklichung des Tatbestandes führt, ist daher die unabhängig davon erforderliche zugrundliegende Interessenabwägung, die inhaltlich bei beiden Vorgehensweisen übereinstimmt.150 Den Vertretern einer separaten Zurechnung ist dabei zuzugestehen, dass eine Lösung über den Unternehmensbegriff in der Tat nicht die hinter ihr stehenden Wertungen verschleiern darf,151 sondern offen legen muss, welche Folgen sie an das Vorliegen des Unternehmensbegriffs knüpft. Dies geschieht vorliegend, indem die unterschiedlichen Aspekte der Zurechnung benannt und ausdrücklich als Aufgabe des Unternehmensbegriffs angesehen werden. Insofern wird das Postulat, dass die Auslegung des Unternehmensbegriffs bereits Teil der Normanwendung ist, ernst genommen. Dieses Verständnis hat des Weiteren für sich, dass es auf die Trennung der Kategorien Unternehmenseigenschaft und Zurechnung verzichtet, die sich in den bisherigen Ausführungen als schwer durchführbar erwiesen hat und selbst von ihren Verfechtern nicht stets durchgehalten wird. Überdies wird mit dem Begriff der Zurechnung nur ein Subsumtionsschritt in der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts beschrieben, der stets erforderlich ist, wenn es um die Zuweisung von Verantwortlichkeit geht.152 Zurechnung ermöglicht die Gesamtschau tatbestandsrelevanter Verhältnisse im Hinblick auf eine Norm. Wo dieser Schritt lokalisiert ist, ist damit aber nicht vorgegeben. Wird wie vorliegend die Zuordnungsfunktion als Aufgabe des Unternehmensbegriffs angesehen, so ist die Integration der Zurechung in den Unternehmensbegriff nur konsequent. (5) Rechtfertigung für die Behandlung des Konzerns als Unternehmen Weder die Zurechnung zwischen Konzernunternehmen als solche noch die Betrachtung des Konzerns als Unternehmen negiert die rechtliche Selbstständigkeit der Teile. Beides bedarf aber der Rechtfertigung,153 eben weil es über defiziten zulassen will und dann das Vorliegen einheitlicher Kontrolle im Sinne des Art. 3 II FKVO als Zurechnungsvoraussetzung ansieht. 149 Auf die inhaltliche Gleichwertigkeit der beiden Lösungen weist Grill in: Lenz/ Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 38 a. E. hin. Siehe auch Lipowsky S. 7. 150 Bork ZGR 1994, 237, 242. 151 So die Kritik z. B. bei Buntscheck S. 101 f.; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 70. 152 Lipowsky S. 54; ähnlich Bork ZGR 1994, 237, 238 f.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

eine isolierte Betrachtung der einzelnen Subjekte hinausgeht154 und insoweit das Trennungsprinzip überwindet. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass Zurechnung und die Annahme eines Unternehmens keineswegs Missbrauch voraussetzt, sondern in vielen Fällen notwendiges Korrektiv nützlicher, sinnvoller, mitunter auch unumgänglicher, jedenfalls erlaubter Arbeitsteilung oder Funktionsaufspaltung zwischen mehreren Rechtssubjekten ist.155 Vorliegend liegt die Rechtfertigung darin, dass eine Beachtung der Funktionsaufspaltung auf mehrere Rechtsträger dann nicht mehr geboten ist, wenn diese in der Lage sind einheitlich zu agieren. Bei Vorliegen dieses Integrationsgrades würde eine Ignorierung der wirtschaftlichen Verbindung zwischen den Rechtsträgern eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber dem Einheitsunternehmen darstellen. Ist das Verhalten von Mutter und Tochter in seiner Außenwirkung auf den Wettbewerb so zu bewerten, wie das Verhalten eines Einheitsunternehmens, so ist auch ihre Behandlung als ein Unternehmen angemessen. Das Festhalten an der Funktionsaufteilung auf mehrere Rechtsträger wäre unter diesen Umständen eine nicht mehr gerechtfertigte Privilegierung des Konzerns.156 Grund für die konzernweite Betrachtung ist also, dass die Konzernspitze im Rahmen einer bestimmten Verbindung, die mit dem Kriterium der wirtschaftlichen Einheit beschrieben wird, ähnlich wie ein Einheitsunternehmen agieren kann.157 Würde man diese Fähigkeit zu einheitlichem Handeln bei der wettbewerbsrechtlichen Einordnung nicht entsprechend berücksichtigen, so drohte zugleich der Zweck der Wettbewerberegeln, einen wirksamen Wettbewerbschutz sicherzustellen, empfindlich zu leiden.

153 Gerade weil die Lösungen inhaltlich im Wesentlichen identisch sind, bedarf auch die Zurechnung der Rechtfertigung, nicht nur die Betrachtung des Konzerns als Unternehmen; vgl. dazu Bork ZGR 1994, 237, 239 f. u. 245. Demgegenüber scheint Heitzer S. 67 einen besonderen Rechtfertigungsbedarf für die Funktionalisierung des Unternehmensbegriffs in Richtung auf die wirtschaftliche Einheit zu sehen, da hierdurch eine Bedeutungsinflation drohe. Die Rechtfertigung ist dann in der Zuordnungsfunktion des Unternehmensbegriffs für vorgefundenes Verhalten zu sehen. 154 Ähnlich Lipowsky S. 57 f. Dagegen geht Grandpierre S. 128 f. davon aus, dass konzerninterne Vorgänge nicht ohne sachlichen Grund anders als unternehmensinterne Vorgänge behandelt werden dürfen. Er will folglich umgekehrt ein Rechtfertigungsbedürfnis für die Ungleichbehandlung von konzernintern und (einheits-)unternehmensintern Vorgängen begründen. 155 Bork ZGR 1994, 237, 239 f. 156 Ähnlich Mailänder in: GK3, Art. 86 EWG Rn. 45 a. E.; Pohlmann S. 372. 157 Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, dass der Konzern in seiner Organisationsstruktur regelmäßig komplexer ist als das Einheitsunternehmen und diesem daher nicht entspricht, sondern ihm höchstens ähnelt. Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 234.

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(6) Zwischenergebnis Damit bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Konzern als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts anzusehen ist158, wenn er eine wirtschaftliche Einheit darstellt. Ist dies der Fall, so ermöglicht die Unternehmenseigenschaft zugleich eine weitgehende Zurechnung.159 (7) Wettbewerbsminderung durch Zurechnung? Vereinzelt wird argumentiert, die Zurechnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens von Tochtergesellschaften zur Muttergesellschaft könnte internationale Unternehmen davon abhalten, durch unabhängige Tochtergesellschaften innerhalb der EU zu operieren.160 Sie könnten stattdessen gezwungen sein, eine zentralistischere Strategie zu verfolgen und durch unselbständige Abteilungen zu agieren. Dies würde zu einer Minderung des Wettbewerbes führen, das Wettbewerbsrecht selbst würde hier also wettbewerbsmindernde Folgen hervorrufen.161 Dieses Argument ist allerdings schon von der Prämisse her unzutreffend. Eine alternative Organisation durch unselbständige Abteilungen würde ein Unternehmen ja keinesfalls der Haftung für wettbewerbswidriges Verhalten entziehen. Als Einheitsunternehmen würde es im Gegenteil für Wettbewerbsverstöße in einzelnen Abteilungen stets unmittelbar haften. Es könnte durch eine derartige Organisation keinerlei wettbewerbsrechtlicher Verantwortung entgehen, die es als wirtschaftliche Einheit träfe. Eine zentralistische Organisationsstruktur würde internationalen Unternehmen daher keinerlei diesbezügliche Vorteile bringen und wird folglich durch die Zurechnung im Rahmen wirtschaftlicher Einheiten auch nicht gefördert. Darüber hinaus beruht die Überlegung, ein Markt, auf dem Tochtergesellschaften statt Abteilungen agieren, sei stets wettbewerbsintensiver, auf einer holzschnittartigen Vereinfachung. Einerseits hören Unternehmen nicht auf miteinander im Wettbewerb zu stehen, wenn sie ihren Vertrieb in bestimmten Regionen in unselbständigen Vertriebsabteilungen organisieren. Andererseits wird die Zahl unabhängiger Wettbewerber durch eine Ausgliederung des Vertriebs in rechtlich selbständigen Gesellschaften nicht erhöht. Intensiver kann der Wettbe158 Siehe z. B. Ritter/Braun/Rawlinson S. 31. Auch im „Restrictive Practices Act“ und im „Fair Trading Act“ des englischen Kartellrechts werden „interconnected companies“ als eine Person gezählt, vgl. Druey in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 311, 329 Fn. 109; ders., Gutachten, H 22, Fn. 109; Herbel JZ 1977, 819; Warner Slg. 1974, 260, 266. 159 Siehe z. B. Jones/Sufrin S. 106. Gegen eine einheitliche Zurechnung im Rahmen von Art. 81 und Art. 82 EGV bei Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit dagegen Heitzer S. 70 f. 160 Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 236 f. 161 Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 237, insb. Fn. 154.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

werb daher nur zwischen den bestehenden Wettbewerbern aufgrund der erhöhten Entscheidungsautonomie von Tochtergesellschaften sein. Wichtiger als die Organisationsstruktur des einzelnen Marktteilnehmers ist aber die Anzahl der unabhängigen Wettbewerber auf dem Markt. (8) Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit Bisher wurde der Begriff der wirtschaftlichen Einheit lediglich eingeführt, um den erforderlichen Integrationsgrad zu kennzeichnen, der eine Behandlung des Konzerns als einheitliches Unternehmen erlaubt. Weitgehend ungeklärt ist bislang, mit welchen Inhalten er auszufüllen ist. Der Begriff selbst gibt diese nicht vor, sondern umschreibt nur die Voraussetzungen, die ihrerseits aus der Auslegung der Wettbewerbsregeln zu entwickeln sind.162 Er ist ein Blankettbegriff. Es handelt sich dabei um eine Kombination von wettbewerbsbezogenen und gesellschaftsrechtlichen Kriterien.163 Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht kann als Ausgangspunkt der Hintergrund dienen, vor dem das Kriterium entwickelt wurde. Entscheidend ist danach, dass die Verbindungen im Konzern so ausgestaltet sind, dass eine weitgehende Gleichbehandlung mit dem Einheitsunternehmen gerechtfertigt erscheint. Damit es angemessen ist, das Mutterunternehmen für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften zur Verantwortung zu ziehen, muss der Konzern dergestalt integriert sein, dass die Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften kontrollieren und beeinflussen kann. Die Töchter müssen potentielle Handlungsinstrumente der Mutter sein. Um eine Tochtergesellschaft für das Verhalten einer anderen Tochtergesellschaft desselben Konzerns einstehen zu lassen, muss es aus der Sicht eines Außenstehenden gleichwertig sein, ob der Konzern durch die eine oder die andere Gesellschaft agiert. Der Wettbewerbsverstoß muss im Außenverhältnis in erster Linie als ein solcher des Konzerns erscheinen. Diese wettbewerbsrechtlichen Anforderungen werden in der Formulierung zusammengefasst, dass die wirtschaftliche Einheit so gestaltet sein muss, dass die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht wirklich autonom bestimmen kann,164 sondern der Kontrollmacht der Muttergesellschaft unterliegt. Das ist 162

Pohlmann S. 75. Karl S. 136. 164 Siehe EuGH v. 11.04.1989, Slg. 1989, 803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151, 3199 f. Rn. 49 ff. „AEG/Kommission“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“; v. 31.101974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“; v. 21.02.1973, Slg. 1973, 215, 242 Rn. 15 „Europemballage und Continental Can/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 f. „Geigy/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 „ICI/Kommis163

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jedenfalls der Fall, wenn sie im Wesentlichen die Weisungen der Muttergesellschaft befolgt. Aufgrund der fehlenden Entscheidungsautonomie kann die Tochtergesellschaft mit der Muttergesellschaft nicht selbständig in Wettbewerb treten. Ob ein Konzern eine solche wirtschaftliche Einheit bildet, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.165 Maßgebend ist die gesellschaftsrechtliche Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft, insbesondere die Höhe der Beteiligung der Muttergesellschaft.166 Eine weitergehende Bestimmung der Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit muss hier vorerst noch dahinstehen. Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit spielt nämlich auch im Rahmen der Beurteilung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen eine zentrale Rolle. Es wäre widersprüchlich, eine wettbewerbsbeschränkende Absprache der Tochtergesellschaft mit einem Dritten der Mutter im Rahmen der Unternehmenseigenschaft zuzurechnen mit der Begründung, Mutter und Tochter bildeten eine wirtschaftlichte Einheit, diese wirtschaftliche Einheit bei Absprachen zwischen Mutter und Tochter aber zu ignorieren. Insoweit ist eine einheitliche Behandlung des Konzerns geboten. Dabei entspricht es nahezu einhelliger Ansicht, dass die Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit dort wie hier die gleichen sind beziehungsweise seien sollten.167 Da aber die Gründe für die Relevanz der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen sion“; EuG v. 16.12.1999, Slg. 1999, II-3989, 4004 Rn. 38 „Micro Leader/Kommission“; v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 440 f. Rn. 149 ff. „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“; Brinkner in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Emmerich in: Dauses, H I Rn. 68; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 67; Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1835; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32. 165 Emmerich in: Dauses, H I Rn. 70; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73. 166 Emmerich in: Dauses, H I Rn. 70 f.; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55 ff. Dazu ausführlich unten III. 7. a) cc)–dd). 167 van Bael/Bellis S. 32; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 61; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 195; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32 f.; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 78, widersprüchlich dagegen a. a. O., Rn. 164, wo Stockenhuber die wirtschaftliche Einheit für die Beurteilung konzerninternen Wettbewerbs weiter fassen will als für den Unternehmensbegriff. Dazu ist er aufgrund der von ihm vertretenen Beachtlichkeit der Rechtssubjektivität für den Unternehmensbegriff gezwungen, die ihn von einem umfassenden Verständnis der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen dieser Frage abhält. Im Sinne gleicher Kriterien dagegen auch Harms in: FS Hartmann, S. 165, 169 (einschränkend aber a. a. O., S. 180); Möschel Rn. 191; Mestmäcker S. 201. Ebenso Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1835 f., die in diesem Fall vom Vorliegen nur eines Unternehmens und von der Nichtanwendbarkeit des Art. 81 EGV auf das konzerninterne Verhältnis ausgehen, also ebenfalls für beide Fragen dieselben Kriterien verwenden. Auch in der Rechtsprechung wird die Lösung für beide Fragen gemeinsam hergeleitet; vgl. EuGH v. 06.04.1995, Slg. 1995, I-865, 904 Rn. 11 i.V. m. 873 Rn. 27 „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

auf die inhaltlichen Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit zurückwirken, kann ihre endgültige Klärung erst erfolgen, wenn feststeht, wie genau konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen zu beurteilen sind.168 gg) Vergleich mit der Gemeinschaftspraxis Im Folgenden wird die bisherige Praxis der Gemeinschaftsorgane mit dem gefundenen Ergebnis verglichen. Insgesamt ist die Entscheidungspraxis von Kommission, EuG und EuGH bezüglich der Behandlung des Konzerns im Rahmen des Unternehmensbegriffs uneinheitlich und zum Teil widersprüchlich.169 Als Unternehmen wird einmal der rechtsfähige Unternehmensträger, ein andermal eine nicht rechtsfähige Gesamtheit verbundener Unternehmen und wieder ein andermal ein nicht rechtsfähiger Betriebsteil oder Geschäftszweig angesehen.170 (1) Entscheidungen der Kommission (a) Wirtschaftliche Einheit als Unternehmen Die Kommission versteht in ihrer Entscheidungspraxis den Unternehmensbegriff oftmals im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit und hat wiederholt Konzerne als ein Unternehmen anerkannt.171 Auf die Rechtsträgerschaft stellt sie „Geigy/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 „ICI/Kommission“. 168 Vgl. daher die weitergehenden Ausführungen unten III. 7. a). 169 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 53; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 214 („The unavoidable conclusion . . . is that there is a certain inconsistency in both the Commission and the ECJ case law.“); Pohlmann S. 36 f.; Potrafke S. 176 f.; Roth/ Ackermann in: FK Art. 81 Grundfragen Rn. 67. Übersicht zur Praxis von Kommission und EuGH bei Zäch S. 2 ff. und umfassend bis 1984 Lipowsky S. 15 ff. 170 Vgl. z. B. Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 45 Rn. 140 u. 142 „Karton“. 171 Zum Beispiel Kommission v. 22.06.1993, ABl. 1993 Nr. L 272 v. 04.11.1993, S. 28, 39 Rn. 94 „Zera/Montedison“; v. 24.07.1991, ABl. 1992 Nr. L 72 v. 18.03.1992, S. 1 ff. „Tetra Pak II“ (die Kommission stellt den Tetra-Pak-Konzern zunächst dar und behandelt ihn im Folgenden als ein Unternehmen); v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 35 Rn. 49 „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 14 Rn. 42 „PVC“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 82 „Decca Navigator System“; v. 02.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 35 v. 07.02.1989, S. 31, 31 Rn. 1 u. S. 36 Rn. 25 „Charles Jourdan“ (hier bezeichnet die Kommission eine Gesellschaft und ihre Töchter als „Gruppe“ und behandelt sie wie ein Unternehmen); v. 22.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30 Rn. 54 „Eurofix-Bauco/Hilti“; v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 32 Rn. 99 „Polypropylen“; v. 16.12.1985, ABl. 1985 Nr. L 376 v. 31.12.1985, S. 21, 25 Rn. 51 „Sperry New Holland“; v. 14.12.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 58, 62 Rn. 24 i.V. m. S. 58 f. Rn. 2, sowie S. 63 Rn. 39 f. „John

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hingegen nicht ab, sie geht vielmehr davon aus, dass sich der Begriff des Unternehmens im Sinne des Wettbewerbsrechts nicht mit der Frage der Rechtspersönlichkeit im Gesellschafts- oder Steuerrecht deckt.172 So sieht sie in der KartonEntscheidung als Unternehmen „jede Einheit mit wirtschaftlicher Tätigkeit“ an.173 Weiter heißt es dort, in großen Firmengruppen könne je nach den Umständen jede der folgenden Einheiten als Unternehmen gelten: „die Mutteroder Holdinggesellschaft der Gruppe; die ganze Firmengruppe, bestehend aus Muttergesellschaft und ihren direkten und indirekten Tochtergesellschaften; Zwischenholdings; von den Unterholding-Gesellschaften oder deren Tochtergesellschaften gegründete Teilkonzerne oder Unternehmensbereiche“ sowie „die individuellen Tochtergesellschaften“.174 (b) Rechtsträger als Adressat Zum Zwecke der Durchsetzung sieht die Kommission eine Einheit mit Rechtspersönlichkeit als erforderlich an. Daher ermittelt sie auf einer zweiten Prüfungsstufe als Adressat der Entscheidung sowie für Bußgelder und Abstellverfügungen den verantwortlichen Rechtsträger. In diesem Zusammenhang ist Deere“ (die Kommission bezeichnet den Deere-Konzern als ein Unternehmen); v. 12.12.1978, ABl. 1979 Nr. L 16 v. 23.01.1979, S. 9, 14 Rn. 42 „Kawasaki“; v. 20.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 50 v. 22.02.1978, S. 16, 23 „The Distillers Company“; v. 08.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 22 v. 27.01.1978, S. 23, 30 „Hugin/Liptons“; v. 17.12.1975, ABl. 1976 Nr. L 95 v. 09.04.1976, S. 1, 11 „Chiquita“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/CSC-ICI“; wohl auch v. 28.01.1998, ABl. 1998 Nr. L 124 v. 25.04.1998, S. 60, 76 Rn. 110 „VW“, wenn die Kommission die Volkswagen AG und ihre Töchter als Unternehmen bezeichnet. 172 Kommission v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 18 Rn. 299 u. 19 Rn. 236 „Methionin“; v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 57 Rn. 154 „Fernwärmetechnik-Kartell“; v. 27.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 239 v. 14.09.1994, S. 14, 28 Rn. 41 „PVC“; v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v.19.09.1994, S. 1, 45 Rn. 140 u. S. 48 Rn. 155 „Karton“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 35 Rn. 49 „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 14 Rn. 42 „PVC“; v. 23.02.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 32 Rn. 99 „Polypropylen“. 173 Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 45 Rn. 140; ebenso v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 57 f. Rn. 154 „Fernwärmetechnik-Kartell“; ähnlich bereits v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 35 Rn. 49 „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 14 Rn. 42 „PVC“; v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 32 Rn. 99 „Polypropylen“ (jeweils „Einheit, die gewerblich tätig ist“); siehe auch die Stellungnahme der Kommission im Verfahren „Mo och Domsjö/ Kommission“, wiedergegeben in EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2019 Rn. 84, wo die Kommission ebenfalls vom Unternehmen als wirtschaftlicher Einheit ausgeht. 174 Kommission, a. a. O., Rn. 140 „Karton“; ähnlich v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 18 Rn. 230 „Methionin“; v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 57 f. Rn. 154 a. E. „Fernwärmetechnik-Kartell“; ebenso Bunte in Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 9 u. 12.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

darauf hinzuweisen, dass es insoweit nicht um die Zurechnung von Verschulden als subjektive Komponente geht, sondern um die Zurechnung wettbewerbswidriger Handlungen zu dem verantwortlichen Subjekt innerhalb der wirtschaftlichen Einheit, bei dem eigenes Verschulden vorliegen muss.175 Auch wenn die Entscheidungspraxis dazu insgesamt etwas unübersichtlich ist, scheint für die Kommission für eine Inanspruchnahme (auch) der Muttergesellschaft als Adressatin grundsätzlich ausschlaggebend zu sein, inwiefern die Muttergesellschaft an dem Wettbewerbsverstoß beteiligt war bzw. auf diesen Einfluss genommen hat, sei es, dass sie den Wettbewerbsverstoß selbst initiiert hat,176 sei es, dass sie mit dem Tochterunternehmen, das den Wettbewerbsverstoß koordiniert hat, personell verflochten ist177 oder sei es, dass die Tochtergesellschaft nicht unabhängig von der Mutter über den Wettbewerbsverstoß entscheiden konnte178. Teilweise ließ die Kommission auch ausreichen, dass die Mutter von den Wettbewerbsverstößen der Töchter Kenntnis hatte und sie billigte, weil sie Teil der allgemeinen Geschäftspolitik der Gruppe waren.179 In einer Entscheidung ließ sie sogar offen, ob die Muttergesellschaft aktiv an dem Wettbewerbsverstoß beteiligt war, von diesem nur wusste oder nur generell die Geschäftspolitik der Gruppe festlegte und das Marktverhalten der Töchter kontrollierte.180 Voraussetzung für die Adressatenstellung der Mutter ist jedenfalls, dass sie über das Verhalten der Tochter generell die Kontrolle ausübt oder ausüben kann.181 175

Lipowsky S. 129 ff., 139; Pohlmann S. 363; Rütsch S. 57 f. u. 65 f. Kommission v. 09.12.1971, ABl. 1972 Nr. L 7 v. 08.01.1972, S. 25, 26 f. u. 39 „Continental Can“. 177 Kommission v. 27.11.1981, ABl. 1982 Nr. L 94 v. 08.04.1982, S. 7 Rn. 3 u. S. 10 Rn. 20 „Moët et Chandon“, hier hatte die Muttergesellschaft zusätzlich Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß. 178 Kommission v. 27.10.1992, ABl. 1992 Nr. L 326 v. 12.11.1992, S. 31, 37 Rn. 65 ff. „Pauschalarrangements während der WM 1990“; v. 23.11.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 1, 14 Rn. 49 „Peroxyd-Produkte“ (Beide Entscheidungen betreffen Gemeinschaftsunternehmen, die Überlegungen weisen aber insoweit keine Besonderheiten gegenüber einer Gesellschaft mit nur einer Mutter auf.). 179 Kommission v. 28.01.1998, ABl. 1998 Nr. L 124 v. 25.04.1998, S. 60, 92 Rn. 205 „VW“; v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 25 f. Rn. 41 u. 47 „Johnson & Johnson“. 180 Siehe Kommission v. 22.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30 Rn. 54 „Eurofix-Bauco/Hilti“ (Entscheidung zu Art. 82 EGV). 181 Kommission v. 28.01.1998, ABl. 1998 Nr. L 124 v. 25.04.1998, S. 60, 92 Rn. 205 „VW“; v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 47 f. Rn. 153 „Karton“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 82 „Decca Navigator System“; v. 23.11.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 1, 14 Rn. 49 „Peroxyd-Produkte“; v. 06.08.1984, ABl. 1984 Nr. L 220 v. 17.08.1984, S. 27, 44 Rn. 104 „Zinc Producer Group“; v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 26 Rn. 47 „Johnson & Johnson“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/CSC-ICI“; v. 09.12.1971, ABl. 1972 Nr. L 7 v. 08.01.1972, S. 25, 35 i.V. m. 39 Art. 1 „Continental Can“. Siehe auch Ritter/Braun/ 176

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Insgesamt kommt es der Kommission bei der Wahl des Adressaten der Entscheidung, der Abstell- und der Bußgeldverfügung darauf an, wer faktisch die Gesamtverantwortung für die Kartellabsprache trägt.182 Entscheidend ist insoweit, wer die wettbewerbsbeschränkende Strategie plant und bestimmt bzw. die rechtliche Kompetenz dazu hat. Im Regelfall adressiert die Kommission heute ihre Entscheidungen an die Mutter- oder Holdinggesellschaft eines Konzerns,183

Rawlinson S. 35; Rütsch S. 66. Dagegen interpretiert Pohlmann S. 362 die Kommissionspraxis so, dass die Kommission zumindest Anhaltspunkte dafür verlangt, die Muttergesellschaft habe den konkreten Wettbewerbsverstoß aktiv herbeigeführt. Die Kontrollmöglichkeit reiche der Kommission demnach nicht. 182 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 12 und 58; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 78; Kommission v. 22.06.1993, ABl. 1993 Nr. L 272 v. 04.11.1993, S. 28, 45 Rn. 130 „Zera/Montedison“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 37 Rn. 55 ff. „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 15 Rn. 45 f. „PVC“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 80 u. 82, sowie S. 43 f. Art. 1–3 „Decca Navigator System“; v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 33 Rn. 102 „Polypropylen“; v. 16.12.1985, ABl. 1985 Nr. L 376 v. 31.12.1985, S. 21, 26 Rn. 62 i.V. m. S. 21 f. Rn. 2–4 „Sperry New Holland“; v. 23.07.1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 21 Rn. 54 „Flachglas Benelux“. Vgl. auch Ritter/Braun/Rawlinson S. 35. Mischo Slg. 2000, I-10104, 10109 Rn. 17 fasst die vergleichbare Praxis des EuG – siehe jüngst EuG v. 11.12.2003, T-66/ 99 Rn. 122 „Minoan Lines/Kommission“ – mit der Formel, „wo die Macht ausgeübt wird, muss die Verantwortung liegen“ zusammen. Zur Adressatenwahl auch Kindhäuser in: FK, Art. 81 Bußgeldrechtliche Folgen Rn. 77 ff. Hier lässt sich auch die Entscheidung der Kommission v. 23.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 46 v. 17.02.1978, S. 33 „BMW Belgium“ einordnen. Dort verhängte die Kommission ein Bußgeld nur gegen die belgische Tochtergesellschaft des deutschen Automobilbauers BMW, nicht aber gegen die deutsche Konzernspitze, obwohl Letztere ihre Tochtergesellschaft kontrollierte und auf sie Einfluss nahm. Grund ist, dass die Muttergesellschaft von der Verhängung des später von der Kommission beanstandeten allgemeinen Exportsverbotes ausdrücklich abgeraten hatte, die Tochtergesellschaft aber diesem Hinweis nicht genügend Beachtung schenkte. Siehe hierzu auch Lipowsky S. 70 f. In der Entscheidung v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 69 Art. 3 „Fernwärmetechnik-Kartell“ macht die Kommission eine als De-facto-Konzern (a. a. O., S. 7 f. Rn. 15 u. S. 58 ff. Rn. 157–160) bezeichnete Gruppe zur Adressatin der Bußgeldentscheidung, wobei für die Mitglieder dieser Gruppe eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet wird. Eine Abkehr von der Berücksichtigung des Rechtsträgers im Rahmen der Adressatenstellung ist darin aber wohl nicht zu erblicken, da die Kommission dieses Erfordernis in derselben Entscheidung nochmals bekräftigt (a. a. O., S. 58 Rn. 155). Vielmehr dürfte es sich hier um eine aus den Umständen des Einzelfalls zu erklärende Ausnahme handeln, da besagte Gruppe gegenüber der Kommission versuchte, ihre Binnenstruktur zu verschleiern, um so das drohende Bußgeld zu reduzieren. 183 So Kommission v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 58 Rn. 155 „Fernwärmetechnik-Kartell“; v. 27.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 239 v. 14.09.1994, S. 14, 29 Rn. 44 „PVC“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03. 1989, S. 21, 37 Rn. 55 „LDPE“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 15 Rn. 45 „PVC“; v. 23.07.1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 21 Rn. 54 „Flachglas Benelux“. In Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 49 Rn. 157 a. E. „Karton“ wird dies als „übliche Praxis“ bezeichnet.

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im Einzelfall aber auch an Zwischenholdings oder sonstige Konzerngesellschaften, denen die Koordinierung des Verhaltens der Konzernglieder auf dem fraglichen Gebiet obliegt,184 selbst wenn diese unter Umständen als Schwestergesellschaften keine gesellschaftsrechtliche Kontrolle über die von ihnen koordinierten Gesellschaften haben.185 Neben der Verantwortlichkeit für den Wettbewerbsverstoß werden weitere für die Adressatenwahl relevante Kriterien erörtert, von denen die praktische Durchsetzbarkeit der Entscheidung sowie Fairnesserwägungen vermutlich die wichtigsten sind.186 In einzelnen Entscheidungen zeigt sich allerdings auch eine entgegengesetzte Linie. Hier stellt die Kommission zuvorderst auf die einzelnen selbständigen Tochtergesellschaften ab und greift nur dann auf den Konzern in Form der Muttergesellschaft zurück, wenn mehr als eine Gesellschaft des Konzerns an dem Verstoß beteiligt war, oder wenn feststeht, dass die Muttergesellschaft oder der Konzern an dem Kartellrechtsverstoß der Tochtergesellschaft selbst beteiligt waren.187 Hintergrund ist aber wohl, dass die Kommission Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft des Konzerns für die Handlungen der Tochtergesellschaften vermeiden will. Darin ist der Grund für die Abweichung von den zuvor geschilderten Grundsätzen zu sehen. Im Übrigen sind 184 Kommission v. 27.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 239 v. 14.09.1994, S. 14, 29 Rn. 46 „PVC“ (Royal-Dutch-Shell-Konzern); v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03. 1989, S. 21, 37 Rn. 56 „LDPE“ (Royal-Dutch-Shell-Konzern); v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 1, 15 Rn. 46 „PVC“ (Royal-Dutch-Shell-Konzern); v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 33 Rn. 102 „Polypropylen“; v. 16.12.1985, ABl. 1985 Nr. L 376 v. 31.12.1985, S. 21, 26 Rn. 62 i.V. m. S. 21 Rn. 2 f. „Sperry New Holland“; vgl. auch Kommission v. 12.12.1978, ABl. 1979 Nr. L 16 v. 23.01.1979, S. 9, 16 Rn. 63 „Kawasaki“, wo das für den Wettbewerbsverstoß maßgebende Konzernunternehmen mit einem Bußgeld belastet wird, nicht aber das durch den Wettbewerbsverstoß begünstigte Schwesterunternehmen. Potrafke S. 90 f. führt dies darauf zurück, dass das begünstigte Unternehmen keine Absprachen mit konzernaußenstehenden Dritten getroffen hatte. 185 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 60; Pohlmann S. 358; zu den Sanktionsadressaten auch Lipowsky S. 159 ff. 186 Lipowsky, S. 159 ff., nennt als Kriterien für die Adressatenwahl der Kommission Zweckmäßigkeitserwägungen im Falle von Abstellverfügungen, den Grad der Verantwortlichkeit bei Geldbußen und Vollstreckungssicherung im Falle der Anordnung einer Gesamtschuld. Bei Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 112 ff. finden sich als Kriterien die Erhaltung der Abschreckungswirkung des Bußgeldes, Fairness gegenüber Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern und das Ausmaß der Beteiligung der einzelnen Konzernunternehmen. Dabei geht Wils, a. a. O., S. 114 soweit, dass er im Falle einer nichthundertprozentigen Tochtergesellschaft die Verhängung des Bußgelds gegen die Muttergesellschaft aufgrund ihrer Einflussmöglichkeiten als fairer ansieht als die Verhängung gegen die Tochtergesellschaft. Ferner tritt er für die Einräumung weiter Ermessenspielräume für die Kommission bei der Adressatenwahl ein. 187 Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 45 ff. Rn. 143, 147, 149, 150 u. 153 „Karton“. Ähnliche Erwägungen zur Begründung der Adressatenstellung der Konzernspitze finden sich in Kommission v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 58 Rn. 156 „Fernwärmetechnik-Kartell“.

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diese Differenzierungen aufgrund des Verfolgungsermessens der Kommission möglich.188 (c) Divergierende Entscheidungen Teilweise stellt die Kommission auch allein auf die Unternehmenseigenschaft der Konzernmitglieder ab, ohne auf die wirtschaftliche Einheit des Konzerns einzugehen.189 Die Erklärung dafür liegt darin, dass die Kommission, wenn keine Zurechnungsfragen vorliegen, unmittelbar auf das tatbestandsmäßig handelnde Unternehmen zugreift, ohne den Weg über den Konzern zu gehen.190 Das kann auch die Konzernspitze selbst sein, soweit sie selbst aktiv geworden ist. Dies zeigt die Bedeutung der Zurechnungsfragen für den Unternehmensbegriff der Kommission, zur Einheitlichkeit der Entscheidungspraxis trägt es allerdings nicht bei.191 Teilweise beschränkt sich die Kommission auch darauf, die Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochter verantwortlich zu machen bzw. ihr deren Verhalten zuzurechnen, ohne den Konzern als wirtschaftliche Einheit zu bezeichnen.192 Als Beispiel für diese Praxis sei die Johnson & John188 Siehe dazu Stellungnahme der Kommission im Verfahren „Mo och Domsjö/ Kommission“, wiedergegeben in EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2019 Rn. 85. 189 Kommission v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 23 Rn. 28 „Johnson & Johnson“; wohl auch v. 23.07.1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 18 ff. „Flachglas Benelux“. 190 Roth/Ackermann in: FK Art. 81 Grundfragen Rn. 67; Potrafke S. 176, der zu Recht darauf hinweist, dass damit noch nicht gesagt ist, dass der Konzern nicht ebenfalls Unternehmen ist. 191 Kritik in diese Richtung auch bei Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 78; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 210 u. 226 („application . . . inconsistent . . . similar cases were treated so differently that sometimes only the parent was fined; sometimes only the subsidiary was fined; and sometimes both were fined.“). Lev empfindet die Verhängung von Bußgeldern gegen Mutter und Tochter gemeinschaftlich als mit dem Konzept der wirtschaftlichen Einheit unvereinbar, vgl. a. a. O., S. 228 u. 242. Dazu ist anzumerken, dass die Wahrnehmung eines Konzerns als wirtschaftliche Einheit im Rahmen von Zurechnungsfragen nicht verlangt, den Konzern auch verfahrensrechtlich als monolithischen Block anzusehen. Unterschiedliche Adressaten je nach Verantwortungsgrad sind hier durchaus denkbar. Zutreffend ist indes, dass bei der Verhängung der Bußgelder auch die Interessen eventueller Minderheitsgesellschafter der Tochtergesellschaft berücksichtigt werden müssen; vgl. Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 228. Zur Zurechnung und zur Verantwortlichkeit der einzelnen Konzernunternehmen auch Lipowsky S. 144 ff. 192 Kommission v. 06.01.1982, ABl. 1982 Nr. L 117 v. 30.04.1982, S. 15, 27 Rn. 74 „AEG-Telefunken“; v. 27.11.1981, ABl. 1982 Nr. L 94 v. 08.04.1982, S. 7, 10 Rn. 18 u. 20 „Moët et Chandon“; v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 26 Rn. 47 „Johnson & Johnson“; nicht eindeutig Kommission v. 23.11.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 1, 14 Rn. 49 u. S. 17 Rn. 57 „Peroxyd-Produkte“. In der letztgenannten Entscheidung ging es im Übrigen um ein von zwei Müttern paritätisch beherrschtes Gemeinschaftsunternehmen. Zu erwähnen ist schließlich noch die Entscheidung Kommission v. 06.08.1984, ABl. 1984 Nr. L 220 v. 17.08.1994, S. 27,

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son-Entscheidung erwähnt, in der die Kommission zunächst nur auf die tatbestandsmäßig handelnden Konzerntöchter als Unternehmen abstellt, die Muttergesellschaft aber aufgrund ihrer Kontrolle über die Tochtergesellschaften und ihrer Kenntnis und Billigung des Wettbewerbsverstoßes bußgeldrechtlich ebenfalls zur Verantwortung zieht.193 Diese Entscheidungen zeigen, dass die Praxis der Kommission mehr von Zweckmäßigkeitserwägungen und dem Versuch der sachgerechten Lösung des Einzelfalles als von dogmatischen Überlegungen gekennzeichnet ist.194 (d) Fazit zur Kommissionspraxis Festzuhalten bleibt, dass die Kommission einem wirtschaftlichen Unternehmensbegriff folgt. Dabei gesteht sie auch dem Konzern die Eigenschaft als Unternehmen zu, wenn die in ihm verbundenen Gesellschaften die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit erfüllen. Innerhalb dieser wirtschaftlichen Einheit nimmt sie eine Verhaltenszurechnung vor. Die Praxis der Kommission liegt daher in der überwiegenden Zahl der Fälle auf der Linie der hier favorisierten Lösung. (2) Entscheidungen des EuG Wie die Kommission geht auch das EuG von einem weiten Unternehmensbegriff aus, der auf die wirtschaftliche Einheit rekurriert,195 und nimmt dementsprechend ebenfalls eine zweistufige Prüfung vor196. Zunächst sieht es als Adressat des Art. 81 I EGV die wirtschaftliche Einheit an, in einem zweiten 41 Rn. 83 „Zinc Producer Group“, in der die Kommission die wirtschaftliche Einheit lediglich zur Zurechnung verwendet. 193 Vgl. Kommission v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 23 Rn. 28 u. S. 26 Rn. 47 „Johnson & Johnson“. 194 Auf den Einfluss des praktischen Gesichtspunktes, für Bußgeldentscheidungen einen Adressaten im EU-Inland zu finden, auf die Entscheidungspraxis weisen Gleiss/ Hirsch Art. 85 Rn. 12 a. E. hin. Die Uneinheitlichkeit und das Fehlen klarer Abgrenzungskriterien bemängeln zum Beispiel Bos/Stuyck/Wytinck Rn. 3-027; Lipowsky S. 48 f. und Potrafke S. 176 f. Kritisch zu Johnson & Johnson auch Korah S. 38. 195 EuG v. 11.12.2003, T-66/99 Rn. 121 „Minoan Lines/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2020 Rn. 87 „Mo och Domsjö/Kommission“; v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 u. 63 „Viho/Kommission“; v. 14.07.1994, Slg. 1994, II-549, 569 Rn. 57 „Parker Pen/Kommission“; v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 884 Rn. 311 „Shell/Kommission“; v. 17.12.1991, Slg. 1991, II-1623, 1695 Rn. 235 f. „Enichem Anic/Kommission“. 196 EuG v. 20.04.1999, Slg. 1999, II-931, 1196 Rn. 978 „Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2139 ff. Rn. 78 ff., insb. Rn. 85 „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“; v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 884 f. Rn. 311 f. u. 889 Rn. 315 „Shell/Kommission“; v. 17.12.1991, Slg. 1991, II-1623, 1695 Rn. 235 f. „Enichem Anic/Kommission“.

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Schritt ermittelt es als Frage des Kartellverfahrensrechts den für das Verhalten des Unternehmens verantwortlichen Rechtsträger. Bei der Ermittlung der Adressatenstellung liegt es dabei weitgehend auf der Linie der Kommission. Um im Falle eines Wettbewerbsverstoßes der Tochter die Muttergesellschaft zur Adressatin einer Entscheidung oder eines Bußgeldes zu machen, sieht es ähnlich wie die Kommission zumindest die Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes bei gleichzeitiger Kontrolle über die Tochtergesellschaft als Voraussetzung an.197 Die Praxis der Kommission, den Konzern selbst vertreten durch die Muttergesellschaft zum Adressaten der Entscheidung zu machen, hat es sowohl als Grundsatz198 als auch für den Fall, dass mehrere Gesellschaften des Konzerns oder die Muttergesellschaft oder der Konzern selbst an dem Wettbewerbsverstoß beteiligt sind,199 gebilligt. Auch eine Wahlmöglichkeit der Kommission zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft als Adressat der Entscheidung im Falle eines Verstoßes der Tochtergesellschaft hat das Gericht anerkannt.200 Ebenso die Möglichkeit, ein Tochterunternehmen für das Verhalten mehrerer anderer Tochterunternehmen verantwortlich zu machen, wenn es für die Koordination des Wettbewerbsverhaltens der Töchter zuständig ist.201 Insgesamt sieht das EuG damit den für den Wettbewerbsverstoß verantwortlichen Rechtsträger innerhalb des Unternehmens als Adressaten an. Teilweise beschränkt sich allerdings auch das EuG darauf, die wirtschaftliche Einheit als bloßen Zurechnungsgrund anzusehen, ohne die Mitglieder der wirtschaftlichen Einheit als ein Unternehmen zu bezeichnen.202 In einem Fall ist der Grund dafür in der gemeinschaftlichen Verantwortlichkeit aller beteiligten Gesellschaften für den Wettbewerbsverstoß zu sehen, von der das EuG ausging.203 Eine Konzernspitze gab es in diesem Fall nicht. Überwiegend handelt 197 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1751, 1866 f. Rn. 394, 398 u. 399 „MayrMelnhof/Kommission“. 198 EuG v. 20.04.1999, Slg. 1999, II-931, 1196 Rn. 980 „Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission“. 199 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2141 Rn. 85 a. E. „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2021 Rn. 95 „Mo och Domsjö/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1007, 1023 Rn. 43 „KNP BT/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-925, 971 ff., insb. Rn. 145 u. 154 „Cascades/ Kommission“; v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 441 f. Rn. 151 ff. „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“. 200 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1373, 1397 Rn. 65 „SCA Holding/Kommission“. Ablehnend zu einer derartigen Wahlmöglichkeit Mischo Slg. 2000, I-10104, 10112 f. Rn. 35 ff. 201 EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 885 Rn. 312 i.V. m. 889 Rn. 315 „Shell/ Kommission“; vgl. Pohlmann S. 360. 202 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2139 Rn. 78 f. „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1007, 1023 f. Rn. 45 ff. „KNP BT/Kommission“; v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 440 f. Rn. 149 ff. „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“.

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es sich dabei indes um Entscheidungen, in denen auch die Kommission zuvor lediglich eine Verhaltenszurechnung vorgenommen hat, ohne von einem einheitlichen Unternehmen zu sprechen. Diese Überlegungen der Kommission hat das EuG jeweils lediglich bestätigt, ohne auf die systematische Einordnung einzugehen. Im Ergebnis ist damit auch die Entscheidungspraxis des EuG mit der hier entwickelten Lösung im Wesentlichen vereinbar. (3) Entscheidungen des EuGH Eine Funktionalisierung des Unternehmensbegriffs im Hinblick auf die wirtschaftliche Einheit findet sich in der Entscheidung des EuGH im Fall Hydrotherm/Compact204. Dort hat der EuGH zwei Gesellschaften und den sie kontrollierenden Gesellschafter als ein Unternehmen bezeichnet, da sie eine wirtschaftliche Einheit formten. Das Gericht stellte fest, ein Unternehmen könne selbst dann vorliegen, wenn die wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. Diese Entscheidung entspricht zwar dem hier vertretenen Konzept, ist aber stark von den Umständen des Einzelfalls geprägt und kann daher nur begrenzt verallgemeinert werden.205 Es ging dort um die Anwendung einer GVO, die auf Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen beschränkt war. Um ihre Anwendbarkeit dennoch zu ermög203 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1727, 1748 Rn. 58 f. „Metsä-Serla u. a./Kommission“. Es ging um eine rechtlich selbständige Verkaufsvereinigung zur Vermarktung der Karton- und Papiererzeugnisse ihrer Mitglieder, die von diesen Mitgliedern wirtschaftlich abhängig war und in der die Mitglieder die Entscheidungsprozesse im Wesentlichen steuern konnten. Auf diese Vereinigung hat die Kommission die in Bezug auf Konzerne entwickelten Grundsätze übertragen, vgl. die Wiedergabe der Entscheidung der Kommission, a. a. O., Rn. 39. Der EuGH hat die Entscheidung bestätigt und die Ausführungen zum tatsächlichen Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit für im Rechtsmittelverfahren nicht überprüfbar erklärt. Siehe EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-10065, insb. 10096 Rn. 27 u. 10099 Rn. 37 „Metsä-Serla u. a./Kommission“. 204 EuGH v. 12.07.1984, Slg. 1984, 2999, 3016, Rn. 11 f. Siehe dazu bereits oben Fn. 141–145 und zugehörigen Text. 205 Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 319; Pohlmann S. 38 ff.; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 54; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 33; in diese Richtung auch Lenz Slg. 1996, I-5459, 5473 Rn. 53; missverständlich Bunte in Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 12; a. A. aber jüngst wieder Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 101. A. A. auch Potrafke S. 181 vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Exklusivität des Unternehmensbegriffs. Zu dieser Ansicht bereits oben II. 2. b) bb) (7) (c). Im Europarecht spricht gegen Potrafkes Lösung zusätzlich, dass die erforderlichen Träger von Rechten und Pflichten sich notwendigerweise aus den nationalen Rechtsordnungen ergeben. Dadurch drohen Ungleichbehandlungen von Konzernen innerhalb der EU, wie Potrafke, S. 183, selbst einräumt. Siehe dazu auch oben II. 3. c) dd) (2). Das EuG hat die Unternehmensdefinition aus Hydrotherm/Compact aufgegriffen. Siehe EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 „Viho/Kommission“.

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lichen, sah der EuGH die auf einer Seite beteiligten Gesellschaften als ein einziges Unternehmen an, indem er sie als wirtschaftliche Einheit bezeichnete. Das umgekehrte Ergebnis findet sich in den sogenannten Schrott-Fällen206. Dort stellte der EuGH auf die rechtsfähigen Unternehmensträger ab und sah zwei Gesellschaften eines Konzerns daher als verschiedene Unternehmen an. Hintergrund war hier, dass der EuGH konzerninterne Umsätze nach Sinn und Zweck der Schrottumlage als umlagepflichtig ansah und dieses Ergebnis durch eine entsprechende Auslegung des Unternehmensbegriffs zu erreichen suchte.207 Die Erwägungen zum Unternehmensbegriff in diesen Entscheidungen sind folglich ebenfalls von den Erfordernissen des Einzelfalls geprägt und können ebenso wenig verallgemeinert werden wie diejenigen in Hydrotherm/ Compact. In seiner übrigen Rechtsprechung betont der EuGH zwar, dass es im Wettbewerbsrecht mehr auf die Einheit des Marktverhaltens von Mutter- und Tochtergesellschaft als auf deren formale Trennung, die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergibt, ankommt.208 Insoweit geht er von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus. Dennoch bezeichnet er mehrere Gesellschaften eines Konzerns in der Regel nicht ausdrücklich als ein Unternehmen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, die Figur der wirtschaftlichen Einheit zur Zurechnung von Verhalten im Konzernverbund zu benutzen, ohne sie bereits im Rahmen des Unternehmensbegriffs zu verwenden.209 So nahm der EuGH bei Vorliegen der Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit beispielsweise eine Verantwortung der Mutter für ein Verhalten der Tochtergesellschaft210 oder auch eine gemeinschaftliche Verantwortung beider für das vorgeworfene Verhalten211 an. Die eigene Rechtspersönlichkeit der Tochter steht dem nicht ent206 EuGH v. 13.07.1962, Slg. 1962, 717, 750 f. „Mannesmann/Hohe Behörde“; v. 13.07.1962, Slg. 1962, 653, 687 f. „Klöckner und Hoesch/Hohe Behörde“; v. 22.03. 1961, Slg. 1961, 109, 164 f. „SNUPAT/Hohe Behörde“. 207 Pohlmann S. 45; vgl. auch Funck S. 143; Harms S. 97 ff. 208 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 621 LS 11 u. 665 Rn. 136/141 „ICI/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 45 „Geigy/Kommission“. 209 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-10065, 10096 Rn. 27 „Metsä-Serla u. a./Kommission“; v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151, 3199 Rn. 49 f. „AEG/Kommission“; v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 256 Rn. 41 „Commercial Solvents/Kommission“; v. 21.02.1973, Slg. 1973, 215, 242 Rn. 15 „Europemballage und Continental Can/Kommission“; v. 14.07.1972 Slg. 1972, 619, 665 Rn. 131 f. „ICI/Kommission“; v. 14.07. 1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 f. „Geigy/Kommission“; Lipowsky S. 48 u. S. 59 Fn. 3. 210 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-9925, 9975 Rn. 26 „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“; v. 06.04.1995, Slg. 1995, I-865, 904 Rn. 11 i.V. m. Rn. 31 der Schlussanträge des Generalanwalts „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“; v. 21.02.1973, Slg. 1973, 215, 242 f. Rn. 16 u. 18 „Europemballage und Continental Can/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 u. 136/141 „ICI/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 f. „Geigy/Kommission“.

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gegen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass auch nach der Rechtsprechung des EuGH Mutter- und Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden können, die der EuGH dann in der Regel wie ein Unternehmen behandelt.212 (4) Entscheidungen im Rahmen des Art. 82 EGV (a) Gemeinschaftspraxis Im Rahmen des Art. 82 EGV geht es neben der Zurechnung von Verhalten auch um die Zurechnung von Marktmacht. Auch hier haben Kommission213 und EuG214 Mutter- und Tochterunternehmen wiederholt als ein Unternehmen angesehen, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, in der die Obergesellschaft eine solche Kontrollmacht ausübt, dass die abhängigen Gesellschaften am Markt nicht autonom entscheiden können.215 Der EuGH spricht dagegen häufig nur von einer wirtschaftlichen Einheit, im Rahmen derer zugerechnet werden kann, nicht explizit auch von einem Unternehmen. Er macht aber ebenfalls den Konzern als Ganzes für den Verstoß verantwortlich.216 In anderen Fällen geht er einen anderen Weg, indem er prüft, ob 211 EuGH v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 256 Rn. 41 „Commercial Solvents/Kommission“. 212 Vgl. etwa EuGH v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 „Geigy/Kommission“; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 56; Gleichmann in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 581, 584 („Wettbewerbsrelevante Handlungen der Glieder dieser Einheit werden – auch – der Konzernspitze verantwortlich zugerechnet.“); Pohlmann S. 362 (kein wesentlicher Unterschied zwischen Kommissionspraxis und Entscheidungspraxis von EuG und EuGH). 213 Kommission v. 24.07.1991, ABl. 1992, Nr. L 72 v. 18.03.1992, S. 1, 19 Rn. 99 „Tetra Pak II“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 82 „Decca Navigator System“; v. 22.12.1987, ABl. 1988, Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30 Rn. 54 u. S. 34 „Eurofix-Bauco/Hilti“; v. 08.12.1977, ABl. 1978, Nr. L 22 v. 27.01.1978, S. 23, 30 „Hugin/Liptons“; v. 19.04.1977, ABl. 1977 Nr. L 117 v. 09.05.1977, S. 1, 9 f. „A.B.G.“; v. 17.12.1975, ABl. 1976 Nr. L 95 v. 09.04.1976, S. 1, 11 „Chiquita“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/ CSC-ICI“. 214 EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-1403, 1547 f. Rn. 357 f. „SIV u. a./Kommission“. In EuG v. 06.10.1994, Slg. 1994, II-755, 765 f. Rn. 1–3 „Tetra Pak/Kommission“ behandelt das Gericht die Tetra-Pak-Gruppe ohne Erwähnung des Kriteriums der wirtschaftlichen Einheit oder eine sonstige Begründung als ein Unternehmen. 215 Dirksen in: Langen/Bunte, Art. 82 Rn. 61. 216 EuGH v. 11.04.1989 Slg. 1989, 803, 848 Rn. 35 a. E. „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 21 u. 2515 Rn. 27 f. „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“ (hier scheint der EuGH die Unternehmensgruppe selbst als Adressat anzusehen). EuGH v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 252 Rn. 25 u. 256 Rn. 41 „Commercial Solvents/Kommission“. In Rn. 25 spricht der EuGH trotz zweier Kläger nur von einem

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Art. 82 EGV auf mehrere Unternehmen oder auf eine Gruppe von Unternehmen anwendbar ist.217 Da Art. 82 EGV auch den Missbrauch und als Voraussetzung dafür die Marktbeherrschung durch mehrere Unternehmen erfasst,218 ist grundsätzlich auch im Wege der Annahme einer kollektiven Marktbeherrschung durch die einzelnen Konzernunternehmen die Erfassung des Konzerns möglich.219 In einer neueren Entscheidung hat der Gerichtshof jedoch seine Entscheidungspraxis dahingehend klargestellt, dass ein Unternehmen wirtschaftlich selbständig sein muss.220 Eine kollektive Marktbeherrschung setzt daher eine beherrschende Stellung von zwei oder mehr rechtlich voneinander unabhängigen wirtschaftlichen Einheiten voraus.221 Konzernunternehmen sind indes regelmäßig nicht wirtschaftlich selbständig. Im Falle des Konzerns liegt daher eine Marktbeherrschung durch ein Unternehmen vor.222 (b) Bewertung Es sind also im Rahmen des Art. 82 EGV in der Gemeinschaftspraxis insgesamt drei unterschiedliche Vorgehensweisen gegenüber Unternehmensgruppen zu verzeichnen: Die Einstufung als ein Unternehmen bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, die Zurechnung innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit und die Erfassung als Fälle kollektiver Marktbeherrschung. Wie bereits gesehen, führen die ersten beiden Wege zum selben Ergebnis, da sie auf dieselben Kriterien abstellen. Aber auch der Weg über die Annahme einer kollektiven Marktbeherrschung ergibt im Regelfall nichts anderes, denn die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung mehrerer Unternehmen setzt unter anderem vomarktbeherrschenden Unternehmen, in Rn. 41 hingegen von der gemeinschaftlichen Verantwortlichkeit der beiden klagenden Gesellschaften. Vgl. auch EuGH v. 22.10.1986, Slg. 1986, 3021, 3094 Rn. 84 „Metro/Kommission“, wo der EuGH aufgrund des Fehlens einer abgestimmten Marktstrategie die einzelnen Konzernunternehmen als unabhängig im Rahmen des Art. 82 EGV betrachtet und im Folgenden nur noch auf das einzelne Konzernunternehmen abstellt. 217 EuGH v. 27.04.1994, Slg. 1994, I-1477, 1519 f. Rn. 41 f. „Almelo“ (hier war die Verbindung zwischen den einzelnen Unternehmen aber anscheinend auch nur sehr lose); wohl auch EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 2013 Rn. 455 f. „Suiker Unie und andere/Kommission“ und v. 08.06.1971, Slg. 1971, 487, 501 Rn. 17 „Deutsche Grammophon/Metro“; unklar EuGH v. 05.10.1988, Slg. 1988, 5987, 6010 Rn. 20 „Alsatel/Novasam“. 218 Allgemeine Ansicht; siehe Bellamy/Child Rn. 9-060; Dirksen in: Langen/Bunte Art. 82 Rn. 59; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 63; Pohlmann S. 40; Schollmeier/ Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1923; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 82 Rn. 77. 219 Heitzer S. 69; Lipowsky S. 188; Mailänder in: GK3, Art. 86 Rn. 45. 220 EuGH v. 16.03.2000, Slg. 2000, I-1365, 1367 LS 2 u. 1458 Rn. 35 „Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission“. 221 EuGH v. 16.03.2000, Slg. 2000, I-1365, 1367 LS 2 u. 1458 Rn. 36 „Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission“. 222 Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1381 f. Rn. 24.

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raus, dass zwischen ihnen, also im Innenverhältnis, kein wirksamer Wettbewerb besteht223 bzw. dass eine in sich gefestigte Gruppe vorliegt, die ihre Interessen gegenüber Dritten durchzusetzen vermag224, wenn die Verbindung auch nicht derart eng sein muss, dass die beteiligten Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden225. Dazu kommt, dass kollektive Marktmacht häufig auf kooperativer oder struktureller Verbundenheit beruht. Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Einheit („economic entity“) spricht der EuGH bei der kollektiven Marktbeherrschung von einer kollektiven Einheit („collective entity“), die in wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Markt gemeinsam auftritt oder handelt.226 Diese Anforderungen wird ein Konzern, der sogar eine wirtschaftliche Einheit bildet, regelmäßig erfüllen.227 Allerdings ist anzumerken, dass die Lösung über die Marktbeherrschung durch mehrere Unternehmen nicht alle Fälle befriedigend zu erfassen vermag.228 Ist beispielsweise nur eines der Konzernunternehmen auf dem relevanten Markt tätig, also bei vertikaler oder konglomerater Konzernstruktur, so lässt sich schwerlich von einer gemeinsamen Marktbeherrschung mehrerer sprechen. Trotzdem können sich auch hier Zurechnungsfragen stellen, etwa wenn ein anderes als das marktbeherrschende Konzernunternehmen die Tathandlung vornimmt, wenn sich also die Tatbestandsverwirklichung erst aus der Zurechnung von Marktmacht bzw. Tathandlung zwischen den lediglich konzernverbundenen Unternehmen ergibt.229 Hier wird erst die Behandlung des Konzerns als Unternehmen dem Umstand gerecht, dass die Marktmacht eines Konzernunternehmens im Rahmen der wirtschaftlichen Einheit nicht nur durch dieses selbst, sondern auch durch einen anderen Teil des Konzerns missbraucht werden kann, da die beherrschende Stellung des Konzerns auch für die Marktstrategie anderer Konzernglieder verfügbar ist.230 Marktmacht leitet sich aus der Summe der Hilfsquellen ab, über die der Machtinhaber verfügen kann.231 Zu diesen Quellen gehören innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit aber gerade auch die Hand223 Dirksen in: Langen/Bunte, Art. 82 Rn. 59; Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1382 Rn. 26; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 64; Lipowsky S. 179; Pohlmann S. 40. 224 Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 82 Rn. 78. 225 Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1382 Rn. 26 Fn. 31. 226 EuGH v. 16.03.2000, Slg. 2000, I-1365, 1458 Rn. 36 „Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission“. 227 So auch Heitzer S. 69. Siehe auch Lipowsky S. 179 f. Zu den Kriterien der wirtschaftlichen Einheit detailliert unten III. 7. a). 228 Dies übersieht Heitzer S. 69. 229 Lipowsky S. 183 am Beispiel des Falls „Continental Can“; siehe dazu auch die auf die Aufspaltung der Tatbestandsverwirklichung auf mehrere Unternehmen bauende Verteidigungsstrategie von CSC und Istituto, wiedergegeben in EuGH v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 255 Rn. 36 „Commercial Solvents/Kommission“. 230 Lipowsky S. 185; ähnlich Harms in: FS Hartmann, S. 165, 173. 231 Harms in: FS Hartmann, S. 165, 173.

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lungsmöglichkeiten und Ressourcen ansonsten getrennt operierender Konzerngesellschaften. Im Falle eines vertikalen oder konglomeraten Konzerns kann sich Marktmacht auch aus der Zugehörigkeit zu einem multinationalen Konzern232 oder aus dessen Finanzmacht ergeben, insbesondere wenn es um die Position auf kapitalintensiven Märkten geht233. Erst die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit ermöglicht also die adäquate Erfassung von Markmacht. Schließlich geht es zwar sowohl bei der kollektiven Marktbeherrschung als auch bei der Verbundenheit im Rahmen eines Konzerns um Marktmacht durch die Kumulation unternehmerischer Potentiale. Soweit die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit vorliegen, geht die Wirkung der Zusammenfassung indes darüber hinaus, da dann auch eine gegenseitige Verhaltenszurechnung möglich ist.234 Wenn die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit gegeben sind, ist es daher und im Interesse einer einheitlichen Behandlung des Konzerns geboten, diesen auch im Rahmen des Art. 82 EGV als ein Unternehmen zu betrachten.235 Diese Position scheint inzwischen auch der EuGH eingenommen zu haben. Auf die Möglichkeit einer kollektiven Marktbeherrschung kommt es dann nicht mehr an.236 hh) Ergebnis Die Einstufung einer Einheit als Unternehmen ermöglicht in der Folge die Zurechnung verschiedener Merkmale und Verhaltensweisen innerhalb des Unternehmens. Ein Konzern kann ein Unternehmen im Sinne der Artt. 81, 82 EGV sein, wenn er die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit erfüllt. Mit dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit wird dabei die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht erforderliche Ausgestaltung der Konzernverbindung beschrieben. Annäherungsweise lässt sich die wirtschaftliche Einheit als ein Zustand kennzeichnen, in dem die Tochtergesellschaft nicht autonom am Markt agieren kann, sondern unter der Kontrolle der Muttergesellschaft steht und von deren 232 Vgl. EuGH v. 09.11.1983, Slg. 1983, 3461, 3510 Rn. 55 „Michelin/Kommission“; Heitzer S. 170 f. 233 In der Entscheidung United Brands hob der EuGH hervor, dass sich die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens auch aus der Fähigkeit des Gesamtkonzerns ergeben könnte, die Errichtung der erforderlichen Produktionsanlagen oder des notwendigen Vertriebsnetzes zu realisieren. Siehe EuGH v. 14.02.1978, Slg. 1978, 207, 291 Rn. 121/124 „United Brands/Kommission“; Heitzer S. 171. Das Gleiche gilt für den benötigten Forschungs- und Entwicklungsetat. 234 Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 67 f. 235 Dirksen in Langen/Bunte Art. 82 Rn. 61; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 24 u. 67; Mestmäcker S. 372 f.; wohl auch Emmerich in: Dauses, H I Rn. 319; die einheitliche Behandlung des Konzerns betrachtet Lipowsky S. 181 f. als Motivation der Kommission; a. A. für die Annahme kollektiver Marktbeherrschung: Heitzer S. 69; Pohlmann S. 40; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 82 Rn. 79. 236 Dirksen in Langen/Bunte Art. 82 Rn. 61; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 67.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

Willen abhängig ist. Eine genauere Klärung der Anforderungen kann indes erst bei der Frage nach der Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination erfolgen, da auch dort das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit relevant ist und insofern ein Gleichlauf der Anforderungen besteht.

4. Rechtslage in den USA

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4. Rechtslage in den USA a) Zum Sinn des Rechtsvergleichs Der Einfluss des US-amerikanischen Antitrustrechts auf das deutsche und das europäische Wettbewerbsrecht ist vielfach belegt.1 Immer wieder wird der reichhaltige Erfahrungsschatz jenseits des Atlantiks bei schwierigen Fragestellungen vergleichend zu Rate gezogen. Dies legt schon die in ihrem Umfang beispiellose Entscheidungspraxis nahe, die das amerikanische Kartellrecht in über hundertjähriger Entwicklung ansammeln konnte. Für den Konzern gilt darüber hinaus, dass aufgrund seiner oftmals internationalen Ausrichtung ein Sachverhalt nicht selten mehreren Rechtsordnungen unterliegen wird. Verstärkt wird dies durch die in Deutschland (vgl. § 130 II GWB), den USA (effects doctrine) und der Europäischen Union über das sogenannte Auswirkungsprinzip praktizierte extraterritoriale Anwendung der jeweiligen Kartellrechtsordnung.2 Es überrascht daher nicht, dass die Rolle des Konzerns im Kartellrecht und insbesondere die Frage konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen bereits Gegenstand vergleichender Untersuchungen gewesen ist.3 Der Wert eines solchen Rechtsvergleichs liegt dabei allgemein darin, dass er dazu beitragen kann, Probleme im eigenen Rechtskreis aus der Distanz zu sehen, alternative Lösungen ausfindig zu machen und weltweite Trends zu entdecken.4 Im Kartellrecht ist eine rechtsvergleichende Betrachtung darüber hinaus umso naheliegender, als bestimmte Fragen der Wettbewerbsordnung durch wirtschaftliche Gegebenheiten weithin vorbestimmt sind5 und sich daher in unterschiedlichen Rechtsordnungen ähnlich stellen. Indes ist weder das deutsche noch das europäische Wettbewerbsrecht eine bloße Kopie des amerikanischen Rechts, beide sind vielmehr den jeweiligen ökonomischen, politischen und sozialen Bedürfnissen angepasst.6 Soweit unterschiedliche Lösungen in den verschiedenen Rechtsordnun-

1 Vgl. nur Fleischer/Körber WuW 2001, 6 (zum europäischen Wettbewerbsrecht); Harms S. 49 (dto.); ders. EuR 1966, 230, 236 (dto.); Rütsch S. 67; Ulmer WuW 1960, 163 (zum GWB). Harms misst dem Rückgriff auf die amerikanischen Erfahrungen beinahe den Wert einer historischen Gesetzesinterpretation zu, a. a. O. Siehe auch van Oven S. 105, 118 f., der die Wiege des Wettbewerbsrechts in Washington sieht. 2 Vgl. Assant ECLR 1990, 65. Zur extraterritorialen Anwendung des US-amerikanischen und europäischen Wettbewerbsrechts Jones/Sufrin S. 1040 ff. 3 Zum Beispiel Assant ECLR 1990, 65; Funck S. 32 ff.; Grandpierre S. 50 ff.; Harms S. 48 ff.; ders. EuR 1966, 230; Heitzer S. 180 ff.; Potrafke S. 21 ff.; van Rijn S. 123, 125 f.; Rütsch S. 67 ff.; Ulmer WuW 1960, 163 ff. Zur Bedeutung der Kartellrechtswissenschaft für die Rezeption des US-amerikanischen Kartellrechts siehe Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 16. 4 Harms EuR 1966, 230, 235. 5 Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 13. 6 Harms S. 49; ders. EuR 1966, 230, 236. Siehe auch Ulmer WuW 1960, 163, 173, der die stärkere politische Ausrichtung des amerikanischen Kartellrechts betont.

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

gen bestehen, muss dies als eine mögliche Quelle der divergierenden Lösungen berücksichtigt werden. b) Konzern, Durchgriffshaftung und Zurechnung aa) Zum Konzernverständnis im US-amerikanischen Recht Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren Konzerne in den USA unbekannt.7 Bis dahin bedurfte eine Gesellschaft einer staatlichen Genehmigung, um Anteile an einer anderen Gesellschaft zu halten. Erst als im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts die Bundesstaaten begannen, die Gründung und den Erwerb von Tochtergesellschaften zu gestatten, breiteten sich Unternehmensgruppen binnen eines Jahrzehnts über weite Teile der amerikanischen Wirtschaft aus.8 Heute ist die Konzernierung in den USA weit fortgeschritten, wobei hundertprozentige oder nahezu hundertprozentige Tochtergesellschaften dominieren.9 Konzerne sind im Wirtschaftsleben der USA mindestens ebenso dominant wie in Europa.10 Die Konzernierung erfolgt dabei in den Vereinigten Staaten durch Beteiligungen oder Personalverflechtungen. Unternehmensverträge sind weitgehend unbekannt.11 Wie das europäische Recht verfügt auch das amerikanische bis heute nicht über ein allgemeines Konzernrecht, sondern regelt Konzernsachverhalte an den verschiedensten Stellen im Rahmen des jeweiligen Regelungskontexts.12 Eine einheitliche Konzernterminologie existiert dementsprechend auch hier nicht. Zwar ist der Konzern als rechtstatsächliches Phänomen erkannt, ganz überwiegend wird er jedoch nicht als möglicher Gegenstand einer systemati7 Blumberg J. Corp. L. 11 (1986), 573, 605; ders. in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 267; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 275. 8 Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 298. New Jersey war der erste Staat, der Gesellschaften gestattete, Anteile anderer Gesellschaften zu halten. Siehe dazu auch Blumberg, The Law of Corporate Groups I und Supp., § 1.01.1, S. 3; ders. in: Lutter, Konzernrecht im Ausland S. 264, 267 f.; Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 281 f.; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 275. 9 Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 284 f. Siehe auch Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 305 f. 10 Siehe dazu bereits Harms EuR 1966, 230, 237. Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 515 stellen fest, dass moderne öffentlich gehandelte Unternehmen nahezu immer als Konzern organisiert sind. Siehe auch Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279. 11 Harms EuR 1966, 230, 237. 12 Siehe Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 285 ff. Ebke führt dies auf die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Bundesstaaten, den Wettbewerb zwischen Letzteren im Bereich des Gesellschaftsrechts und die Funktion der Gerichte zurück. Ein kurzer Überblick über konzernrelevante Regelungsbereiche findet sich beispielsweise bei Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 270 ff.

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schen Untersuchung, geschweige denn einer allgemeinen Regelung wahrgenommen.13 So ist lediglich anerkannt, dass Gesellschaften assoziiert (affiliated) sind, wenn sie durch Aktienbesitz oder andere Kontrollmöglichkeiten miteinander verbunden sind.14 Innerhalb einer solchen Gruppe wird die Gesellschaft, die einen kontrollierenden Einfluss ausübt, als Muttergesellschaft (parent corporation), die kontrollierte Gesellschaft als Tochter (subsidiary) bezeichnet.15 Mehrere von der gleichen Mutter kontrollierte Gesellschaften firmieren als Schwestergesellschaften.16 Dabei wird Kontrolle in der Regel durch den Besitz der Aktienmehrheit vermittelt.17 bb) Zurechnungsfragen und Konzern Die Normadressaten- und Zurechnungsfrage stellt sich im US-amerikanischen Kartellrecht mit geringerer Schärfe. Das Kartellverbot in section 1 Sherman Act ist ohne den Unternehmensbegriff zu erwähnen formuliert.18 Es lautet: „Verträge, Verbindungen in der Form des Trusts oder in anderer Form oder Absprachen, die den Handel oder Wirtschaftsverkehr zwischen den einzelnen Bundesstaaten oder mit dem Ausland beschränken, werden für rechtswidrig erklärt. Wer eines solchen Vertragsschlusses oder der Beteiligung an einer solchen Verbindung oder Absprache überführt wird, die hierdurch für rechtswidrig erklärt ist, macht sich eines Verbrechens schuldig . . .“19 Ohne Verwendung des Unter13 Vgl. die Ausführungen bei Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 287 f. u. 327. Ebke selbst lobt allerdings ausdrücklich die Rolle der Gerichte bei der rechtlichen Einbindung der Konzerne, a. a. O., S. 290 f. Die einzige umfassende systematische Untersuchung stellt das umfangreiche Werk von Phillip I. Blumberg (teilweise in Zusammenarbeit mit Kurt A. Strasser) „The Law of Corporate Groups“ dar, das in sieben Bänden von 1983 bis 1998 erschienen ist. Vgl. auch die Nachweise bei Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 283 f. 14 Black’s Law Dictionary S. 59. Zu Konzerndefinitionen in einzelnen gesetzlichen Regelungen siehe Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 287 f. 15 Black’s Law Dictionary S. 344 f. 16 Black’s Law Dictionary S. 344. 17 Allerdings werden die Begriffe parent und subsidiary corporation nicht nur im Falle von Mehrheitsbesitz, sondern oftmals auch darüber hinaus benutzt, um eine signifikante gesellschaftsrechtliche Beziehung zwischen zwei Gesellschaften zu bezeichnen. Siehe z. B. Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 (N.D. Ill. 1997). Siehe auch Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1401 Fn. 3. Zu den verschiedenen Definitionen von Kontrolle in einzelnen gesetzlichen Reglungen Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 288 ff. 18 Darauf weisen auch Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 18 hin. 19 15 U.S.C. § 1 (2000) („Every contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy, in restraint of trade or commerce among the several States, or with foreign nations, is declared to be illegal. Every person who shall make a contract or engage in any combination or conspiracy hereby declared to be illegal shall be deemed guilty of a felony . . .“).

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

nehmensbegriffs stellt sich aber auch die Frage nach der Stellung des Konzerns als Normadressaten nicht. Sie wird in den USA folglich nicht thematisiert. Allerdings gibt es natürlich auch im amerikanischen Antitrustrecht Sachverhalte, bei denen sich Fragen der Zurechnung innerhalb der Unternehmensgruppe stellen. Soweit es auf den Marktanteil der Beteiligten ankommt, was etwa bei section 1 Sherman Act im Rahmen der rule of reason oder bei dem in section 2 Sherman Act geregelten Monopolisierungsverbot20 der Fall ist, stellt sich die bereits bekannte Frage nach der Berücksichtigung verbundener Unternehmen. Auch die Zurechnung von Verhalten zu einem nichthandelnden herrschenden Unternehmen, die Berücksichtigung von Konzernbeziehungen zur Erlangung von Jurisdiktion über ausländische Konzernmütter21 oder andere im deutschen und europäischen Recht bereits angesprochene Konstellationen, bei denen eine Zurechnung in Betracht kommt, sind im amerikanischen Recht bekannt. Insgesamt erfreuen sich diese Sachverhalte und die Frage der Zurechnung im Antitrustrecht der USA jedoch geringer Beachtung. cc) Wirtschaftliche Einheit und gesellschaftsrechtlicher Haftungsdurchgriff Die an späterer Stelle22 noch ausführlich besprochene Entscheidung Copperweld Corporation v. Independence Tube Corporation23 legte fest, dass eine Muttergesellschaft keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen mit ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft treffen kann, da sie mit dieser eine single economic unit, also eine einzige wirtschaftliche Einheit bildet. Anders als im deutschen und insbesondere anders als im Europarecht wird dieser Ansatz allerdings kaum für Zurechnungsfragen fruchtbar gemacht. Die Gerichte in den USA haben es abgelehnt, aufgrund der Copperweld-Entscheidung eine Muttergesellschaft für Handlungen ihrer Tochter haftbar zu machen.24 Begründet wird 20 Section 2 des Sherman Acts, 15 U.S.C. § 2 (2000), lautet: „Wer der Monopolisierung, des Versuchs der Monopolisierung oder der Verbindung oder Absprache mit Dritten zum Zwecke der Monopolisierung irgendeines Teils des Handels oder Wirtschaftsverkehrs zwischen den einzelnen Bundesstaaten oder mit dem Ausland überführt wird, macht sich eines Verbrechens schuldig . . .“ („Every person who shall monopolize, or attempt to monopolize, or combine or conspire with any other person or persons, to monopolize any part of the trade or commerce among the several States, or with foreign nations, shall be deemed guilty of a felony . . .“). 21 Um Jurisdiktion über ausländische Töchter zu bekommen, greift auch das amerikanische Recht immer wieder auf die Unternehmensgruppe als Anknüpfungspunkt zurück. Siehe Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 336. 22 Siehe unten III. 5. c). 23 467 U.S. 752 (1984). 24 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 376 f., 393. Siehe z. B. Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 707 (N.D. Cal. 1994); Kacprzycki v. A.C. & S., Inc., No. 88-34-JRR, 1990 WL 605604, S. *4 (D. Del. Oct. 31, 1990) (Copperweld ist „expressly and unambiguously limited to conspiracies to

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dies mit dem Verweis auf die Regeln gesellschaftsrechtlicher Durchgriffshaftung. Eine Nichtbeachtung der separaten juristischen Personen innerhalb einer Unternehmensgruppe kommt danach nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (Trennungsprinzip). Die Voraussetzungen dafür richten sich nach dem jeweils anwendbaren Gesellschaftsrecht des Einzelstaates. Dabei gibt es für den Durchgriff in den verschiedenen Bundesstaaten unterschiedliche Spielarten verwandter Konzepte, die unter dem Oberbegriff Alter-ego- oder Piercing-the-corporate-veil-Doktrin firmieren.25 Diese Konzepte sind in ihren Details eher vage, sie missachten oftmals ökonomische Aspekte und legen die zugrundeliegenden generellen Überlegungen häufig nicht offen.26 Dementsprechend ist die Entscheidung des Einzelfalls unvorhersehbar. Klar ist jedoch zumindest, dass die in der Copperweld-Entscheidung als ausreichend erachtete hundertprozentige Anteilseignerschaft für einen gesellschaftsrechtlichen Haftungsdurchgriff allein nicht ausreicht.27 restrain trade under section 1 of the Sherman Antitrust Act.“); Masa Inc. v. ICG Keeprite Corp., No. 88 C 2133, 1989 WL 75196, S. *3 Fn. 3 (N.D. Ill. June 29, 1989) (das Gericht lehnt es ab Copperweld in Fällen des Haftungsdurchgriffs anzuwenden); United Nat’l Records, Inc. v. MCA, Inc., 616 F. Supp. 1429, 1433 (N.D. Ill. 1985) („[P]laintiff ’s reliance upon Copperweld . . . is misplaced. . . . The Copperweld decision . . . did not overrule state corporate law which provides for limited liability of a parent corporation.“). 25 Siehe nur Walkovszky v. Carlton, 18 N.Y.2d 414, 223 N.E.2d 6, 276 N.Y.S.2d 585 (N.Y. 1966) (Das Gericht lehnte es ab, die Haftung auf den einzigen Aktionär einer Taxigesellschaft zu erstrecken, ließ aber die Möglichkeit offen, die Haftung auf ebenfalls Taxis betreibende Schwestergesellschaften zu erstrecken, deren einziger Aktionär dasselbe Individuum war. Zu dieser wichtigen Entscheidung etwa Blaurock in: FS Stimpel, S. 553, 564; Blumberg, The Law of Corporate Groups III, § 12.02, S. 246 ff.; ders. Conn. L. Rev. 28 (1996) 295, 334 Fn. 139); Robert’s Haw. Sch. Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transp. Co., 91 Haw. 224, 241 f., 982 P.2d 853, 870 f. (Haw. 1999) (Die Entscheidung diskutiert die Voraussetzungen des Haftungsdurchgriffs und zitiert umfangreiche Listen von Kriterien, die andere Gerichte zuvor berücksichtigt haben.). Siehe allgemein Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 1.02–02.1, S. 6 ff., der verschiedene Versionen der Tests zusammenfasst. Jede der verschiedenen Variationen von piercing the corporate veil benutzt eine mehr oder weniger formalistische Liste von Merkmalen, von denen möglichste viele erfüllt sein müssen, um einen Haftungsdurchgriff zu rechtfertigen. 26 Kritisch z. B. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 272 („hopelessly vague“); Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 1.02, S. 4 ff. (Jurisprudenz „by metaphor or epithet“, die es schafft gleichzeitig formalistisch und inkohärent zu sein.); ders. in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 273 f.; Calkins Antitrust L.J. 63 (1995) 345, 377 („The corporate case law tends to rely less on reason than on buzz words . . .“); Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 321 f.; Rütsch S. 78; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 238 („The actual caselaw criteria for piercing the veil generally disregard the economic criteria.“) u. 240 („[T]he law of veil-piercing is chaotic. It . . . often yields unpredictable results.“). 27 Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 707 (N.D. Cal. 1994) („[A] parent is not liable for the wrongful acts of its subsidiary simply because the parent wholly-owns the subsidiary.“); United Nat’l Records, Inc. v. MCA, Inc., 616 F. Supp. 1429, 1431 (N.D. Ill. 1985) („Under California law, a parent

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Piercing the corporate veil oder alter ego sind allerdings weder konzernspezifische Maßstäbe noch als Standards unumstritten. Zunehmend wird versucht, die Bedeutung wirtschaftlicher Faktoren für den Haftungsdurchgriff zu erhöhen.28 Insbesondere die sogenannte enterprise theory stellt weniger auf die Trennung von Mutter- und Tochtergesellschaft als auf die Unternehmensgruppe als Einheit ab.29 Sie tendiert dazu, die verschiedenen juristischen Personen zu ignorieren, wenn die Muttergesellschaft ihre Tochter substantiell kontrolliert. In diesem Fall ordnet die enterprise theory die rechtlichen Folgen nicht mehr der einzelnen Gesellschaft zu, sondern dem Unternehmen, das sie hervorgerufen hat.30 Dieser Ansatz zeigt eine deutliche Nähe zum Konzept der single economic unit wie es der Supreme Court in Copperweld verwendet hat.31 An dieser Stelle ist es allerdings geboten, nochmals auch die Unterschiede zwischen gesellschaftsrechtlichem Haftungsdurchgriff und wettbewerbsrechtlicher Zurechnung hinzuweisen. In der Tat birgt die kartellrechtliche Zurechung von Verhaltensweisen innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit die Gefahr, unbesehen eine gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung zu etablieren.32 Wenn der Muttergesellschaft kartellrechtlich das Verhalten ihrer Tochter zugerechnet und aufgrund dessen ein Bußgeld verhängt wird, führt dies in einem gewissen Umfang zur Relativierung der Haftungssegmentierung, die durch die Verwendung unterschiedlicher juristischer Personen erreicht wird. Interessen von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern der Muttergesellschaft können so gefährdet werden. Indes erfolgt die Zurechnung grundsätzlich nur im Rahmen des Wettbewerbsrechts und lässt eben keinen Rückschluss darauf zu, ob gesellschaftscorporation is not liable for the wrongful acts of its subsidiary simply because it is a wholly-owned subsidiary.“); Rütsch S. 77. 28 Etwa Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295; ders. in: Lutter, Konzernrecht im Ausland S. 264, 275 ff.; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 891 ff. 29 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 1.03, S. 23 ff.; ders. Conn. L. Rev. 28 (1996), 295 (Analyse von Rechtsgebieten, in denen die Theorie bereits Fuß gefasst hat); ders. in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 276 ff. (Analyse relevanter Kriterien). Siehe auch Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 269 („Intellectually, the enterprise theory is far preferable to the old-fashioned entity theory, with its ritualistic veil-piercing formulations of ,alter ego‘ or ,instrumentality‘ taken so far that a subsidiary has ,no separate mind, will or existence of its own.‘“); Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 892 ff. Dazu auch Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 293 ff. Zu ähnlichen Tendenzen in England Druey, Gutachten, H 24 f. 30 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 1.03, S. 23 f. 31 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, Supp., § 1.03, S. 5. Siehe auch Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 893 („The Copperweld decision indirectly supports the enterprise theory . . . by recognizing the economic singleness of a multicorporate enterprise. In fact, Professor Blumberg’s description of an enterprise is only a more sophisticated version of the Court’s description in Copperweld.“). 32 Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 323, spricht davon, dass die Theorie der wirtschaftlichen Einheit piercing the corporate veil enthält. Ebenso Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 203.

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rechtlich ein Haftungsdurchgriff möglich wäre.33 Der gesellschaftsrechtliche Haftungsdurchgriff erfolgt außerdem aus anderen Erwägungen heraus, als denjenigen, die im Wettbewerbsrecht für die Zurechnung maßgeblich sind.34 Ein wichtiger Faktor, um haftungsrechtlich den Schleier der juristischen Person zu durchstoßen, ist ein Missbrauch der Haftungssegmentierung, also der Aufspaltung des Unternehmens auf mehrere juristische Personen, sodass deren Beachtung in der Folge zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.35 Bereits im Europarecht wurde indes darauf hingewiesen, dass Zurechnung weder ein Fehlverhalten noch Missbrauch voraussetzt, sondern oftmals lediglich ein erforderliches Korrektiv sinnvoller Funktionsaufspaltung zwischen Rechtssubjekten ist.36 Während mit dem Haftungsdurchgriff also ein angenommenes Fehlverhalten sanktioniert werden soll, nimmt die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen der Zurechnung lediglich die wirtschaftliche Realität zur Kenntnis, die es den Teilen der wirtschaftlichen Einheit Konzern ermöglicht, einheitlich zu agieren und Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit ist nicht als Sanktion gegenüber ihren Mitgliedern gedacht, sondern kann ihnen vielmehr auch zum Vorteil gereichen.37 Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit in dem an Wettbewerbsverhältnissen orientierten Kartellrecht und die gesellschaftsrechtlich fundierte Durchgriffshaftung soll33

Siehe bereits oben II. 2. b) bb) (6) (c) Fn. 195 und zugehöriger Text. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 272 (Alter-ego-Test hat keinen Zusammenhang mit Wettbewerbsrecht); Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 377. In Bell Atlantic Business Systems Services v. Hitachi Data Systems Corp., 849 F. Supp. 702, 707 (N.D. Cal. 1994) führte der District Court aus: „Plaintiff ’s attempt to equate section 1 liability with alter ego liability fails because section 1 deals with federal antitrust policies and the alter ego doctrine is governed by California corporation law. The two legal principles have different purposes and policy considerations. It does not follow that because [corporations forming a single economic unit] are legally incapable of conspiring in violation of federal antitrust laws, that [the parent] is the alter ego of its subsidiaries.“ Zur Irrelevanz der Kriterien des gesellschaftsrechtlichen Haftungsdurchgriffs im Kartellrecht auch Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 299. 35 Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 331 („[,Instrumentality‘ and ,alter ego‘ doctrine] rest on the excessive exercise of ,control‘ by the dominant parent or shareholder . . . and the existence of fraud or conduct that is ,morally culpable,‘ ,fundamentally unjust‘ or ,inequitable.‘“); Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 299; Rütsch 77 f. Siehe z. B. die Formulierungen in Robert’s Haw. Sch. Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transp. Co., 91 Haw. 224, 241 f., 982 P.2d 853, 870 f. (Haw. 1999) („[A] corporation will be deemed the alter ego of another ,where recognition of the corporate fiction would bring about injustice and inequity or when there is evidence that the corporate fiction has been used to perpetrate a fraud or defeat a rightful claim.‘ “); Walkovszky v. Carlton, 18 N.Y.2d 414, 417, 223 N.E.2d 6, 7, 276 N.Y.S.2d 585, 587 (N.Y. 1966) („[T]he courts will disregard the corporate form, or . . . ,pierce the corporate veil‘, whenever necessary ,to prevent fraud or to achieve equity‘.“). 36 Siehe oben II. 3. c) ff) (5) Fn. 155 und zugehöriger Text. 37 Dies gilt insbesondere bei der Frage nach der Zulässigkeit konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen. Siehe dazu den zweiten Hauptteil der Arbeit. 34

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ten daher unterschieden werden.38 Die Fragestellung der Durchgriffshaftung betrifft in allen Rechtsordnungen nicht den Konzern als solchen, sondern den Missbrauch der juristischen Person.39 dd) Zurechnung und wirtschaftliche Einheit (1) Ablehnende Entscheidungen Auch im Antitrustrecht selbst haben amerikanische Gerichte es regelmäßig abgelehnt, einer Muttergesellschaft das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft zuzurechnen.40 In der Entscheidung Mitchael v. Intracorp., Inc.41 wurde unlängst die Ausdehnung des Copperweld-Standards über den Bereich konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen hinaus verworfen. Die Klä38 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 272 Fn. 58 und ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 469 Fn. 64, der sich gegen die Anwendung von veil piercing im Antitrustrecht wendet. Ein solcher Test „merely removes the potential obstacle of limited liability . . . from the path to adequate recovery for a clear substantive wrong. In the antitrust field, on the other hand, the test determines whether the defendant’s action is a legal wrong at all“, vgl. Areeda, a. a. O. Siehe auch Waxman Marq. Sports L. Rev. 12 (2001), 487, 493 („Copperweld has nothing to do with piercing the corporate veil . . .“). Lipowsky S. 143 nennt die Bezeichnung als ein Problem der Durchgriffshaftung missverständlich. Siehe auch H. Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 19 u. 21. Zur Unterscheidung von Konzernverbundenheit und Haftungsdurchgriff im französischen Recht Druey, Gutachten, H 8 ff. Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996) 295, 299 tritt grundsätzlich für verschiedene Zurechnungsmaßstäbe, die sich nach den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Rechtsgebiete richten, ein. A. a. O. heißt es: „The great range of jurisprudential concept and outcome in considering the intra-enterprise attribution of rights and obligations among the members of a corporate group in various areas of the law is not only inevitable but appropriate.“ Auch Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 394 stellt fest, dass angesichts der vielen verschiedenen Zwecke in unterschiedlichsten Rechtsgebieten Einheitlichkeit unmöglich sei. Anders Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 323, die im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts die Ansicht vertritt, die Anwendung einer Theorie der wirtschaftlichen Einheit beinhalte piercing the corporate veil. Wenn verbundene Gesellschaften als eins angesehen würden, um die Muttergesellschaft für das Verhalten der Tochter haftbar zu machen oder um Jurisdiktion zu erlangen, ergäbe sich zwingend, dass Gerichte auch in anderen Zusammenhängen die juristische Person nicht zu beachten bräuchten. 39 Druey, Gutachten, H 39. 40 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 379; Fletcher § 5029 („A parent corporation is generally not liable or legally responsible for antitrust misconduct of its subsidiary corporation.“). Vgl. z. B. die Entscheidung H.J., Inc. v. International Tel. & Tel. Corp., 867 F.2d 1531, 1549 (8th Cir. 1989), in welcher der Achte Circuit Court annahm, eine Muttergesellschaft sei nicht für die Verstöße ihrer Tochtergesellschaft gegen den Sherman Act haftbar, wenn nicht bewiesen werden könne, dass die Tochtergesellschaft ein bloßes Instrument oder das alter ego der Mutter oder nur eine „sham corporation“ ist. 41 179 F.3d 847 (10th Cir. 1999).

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ger wollten das Gericht zur Annahme des Rechtssatzes bewegen, dass eine Tochtergesellschaft und ihre Mutter oder zwei Tochtergesellschaften als eine Einheit für alle Fragen innerhalb des Kartellverbots angesehen werden können und dass jede einzelne von ihnen für eine wettbewerbsbeschränkende Verschwörung verantwortlich sein kann, selbst wenn nicht bewiesen ist, dass beide an dem fraglichen Verhalten beteiligt waren.42 Konkret ging es darum, ob ein Abkommen mit der Tochtergesellschaft eines Wettbewerbers eine Absprache auf horizontaler Ebene darstellt. Der Zehnte Circuit Court lehnte es in diesem Fall ab, Copperweld als Schwert statt als Schild, also zur Feststellung eines Wettbewerbsverstoßes durch Zurechnung statt zu seiner Ablehnung, zu benutzen. Das Gericht ging dabei nicht auf die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit ein, sondern stellte auf das Vorliegen abgestimmter Aktivitäten ab. Wo es an derartigen abgestimmten Tätigkeiten fehlte, lehnte es die Annahme eines einheitlichen Unternehmens ab.43 In einem anderen Fall lehnte es ein Untergericht ab, Copperweld heranzuziehen, um einen Verstoß der Tochtergesellschaft gegen section 2 Sherman Act automatisch der Muttergesellschaft zuzurechnen.44 Das Gericht argumentierte, Copperweld sei ein Section-1-Fall und beschränke sich auf Fragen im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Verschwörung.45 Der Widerkläger hatte – m. E. zu Recht – argumentiert, die Kehrseite der Abschaffung der Intra-enterpriseconspiracy-Doktrin in Copperweld46 sei es, eine Unternehmensfamilie als ein Unternehmen (enterprise) im Rahmen von section 2 anzusehen.47

42 Siehe die Wiedergabe des Vortrags der Kläger in Mitchael v. Intracorp., Inc., 179 F.3d 847, 857 (10th Cir. 1999). 43 Mitchael v. Intracorp., Inc., 179 F.3d 847, 857 (10th Cir. 1999) („In the absence of any specific evidence of coordinated activity, we will not consider [the subsidiary] as an insurance company on the same horizontal level as the Insurers merely because it happens to be the wholly owned subsidiary of a company . . . which owns other subsidiaries which are insurance companies.“). Siehe zu diesem Fall auch American Bar Association, 1999 Annual Review, S. 27. 44 BellSouth Adver. & Publ’g Corp. v. Donnelley Info. Publ’g, Inc., 719 F. Supp. 1551 (S.D. Fla. 1988), rev’d on other grounds, 999 F.2d 1436 (11th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 1101 (1994). Siehe auch Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1462’, S. 650 Fn. 2 („[S]uch liability was neither discussed nor implicated by the rationale of Copperweld“). 45 BellSouth Adver. & Publ’g Corp. v. Donnelley Info. Publ’g, Inc., 719 F. Supp. 1551, 1568 (S.D. Fla. 1988), rev’d on other grounds, 999 F.2d 1436 (11th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 1101 (1994) („Copperweld is a section 1 case and that opinion only addressed the issue of separate corporate entities as it related to allegations of conspiracy.“) 46 Dazu ausführlich unten III. 5., insbesondere c). 47 Vgl. BellSouth Adver. & Publ’g Corp. v. Donnelley Info. Publ’g, Inc., 719 F. Supp. 1551, 1567 (S.D. Fla. 1988), rev’d on other grounds, 999 F.2d 1436 (11th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 1101 (1994).

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II. Der Konzern als Normadressat im Kartellrecht

(2) Berücksichtigung verbundener Unternehmen im Antitrustrecht Es wäre in der Tat unbillig, Mutter- und Tochtergesellschaft nur dort als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten, wo dies zu ihren Gunsten wirkt, ihnen ansonsten aber selbst bei an vergleichbaren Überlegungen orientierten Fragen die Vorzüge getrennter juristischer Personen zugute kommen zu lassen.48 Die soeben besprochenen Entscheidungen sind daher auch nicht unbestritten. Andere Entscheidungen und Regelungen lassen vielmehr Raum für die Berücksichtigung der Unternehmensgruppe im Rahmen der Zurechnung. Bereits vor der Copperweld-Entscheidung haben Gerichte das wettbewerbswidrige Verhalten von Tochtergesellschaften der jeweiligen Muttergesellschaft zugerechnet, ohne dass auf die Terminologie von piercing the corporate veil zurückgegriffen wurde oder dessen Voraussetzungen vorlagen.49 Zudem haben Gerichte und Behörden wiederholt anerkannt, dass die gesellschaftsrechtliche Form irrelevant ist, wenn es um Fragen wettbewerbswidriger Auswirkung geht.50 Dementsprechend wurden eine Muttergesellschaft und ihre juristisch selbständige Tochter als eine Einheit für die Bestimmung von Marktmacht im Rahmen von section 2 Sherman Act angesehen.51 Auch im Rahmen der Fusionskontrolle werden Konzernbeziehungen vielfach berücksichtigt. So werden Tochtergesellschaften bei der Beurteilung, ob ein Zusammenschluss gegen section 7 Clayton Act52 verstößt, mit einbezogen. Ein 48 Vgl. Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 894 („Multicorporate enterprises should enjoy the burdens of their associations as well as the benefits.“). Siehe dazu auch unten III. 7. e) bb). 49 Siehe etwa die bei Rütsch S. 75 ff. besprochenen Fälle. Beispielhaft erwähnt seien Continental Ore Co. v. Union Carbide & Carbon Corp., 370 U.S. 690 (1962), wo das Gericht eine Schadensersatzklage gegen die Muttergesellschaft wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens der Tochtergesellschaft zuließ und National Dairy Products Corp. v. United States, 350 F.2d 321, 326 f. (8th Cir. 1965), wo einer Muttergesellschaft aufgrund ihrer dauerhaften und aktiv ausgeübten Kontrolle über die Tochtergesellschaft die konspirative Preisabsprache der Tochter zugerechnet wurde. In letzterem Fall stellte das Gericht zwar fest, dass die Beziehung über bloße Anteilseignerschaft hinausging und die Tochter wie eine Betriebsabteilung geführt wurde, doch behandelte es die Frage nicht als eine solche des Haftungsdurchgriffs und erwähnte dementsprechend auch keinerlei Missbrauch der begrenzten Haftung. 50 McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1265. 51 Zum Beispiel United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. 563, 566 f. (1966). In dieser Entscheidung addiert der Supreme Court die Marktanteile mehrerer nicht hundertprozentiger Tochtergesellschaften, um den Marktanteil der Muttergesellschaft zu erlangen. Siehe auch United States v. American Tel. & Tel. Co., 524 F. Supp. 1336, 1345 f. (D.D.C. 1981). 52 Section 7 des Clayton Acts, 15 U.S.C. § 18 (2000), lautet: „Im Wirtschaftsverkehr tätige Personen dürfen weder direkt noch indirekt das Aktienkapital oder andere Kapitalanteile ganz oder teilweise erwerben und Personen, die der Beschlusspraxis der Federal Trade Commission unterliegen, dürfen nicht Vermögenswerte anderer im Wirtschaftsverkehr tätiger Personen ganz oder teilweise erwerben, sofern die Wirkung eines

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Zusammenschluss, an dem eine Tochtergesellschaft beteiligt ist, unterliegt denselben Mitteilungspflichten nach dem Hart-Scott-Rodino Antitrust Improvements Act wie ein Zusammenschluss unter Beteiligung der Mutter.53 In den Notifizierungsanweisungen der Fusionskontrolle werden die Muttergesellschaft und alle von ihr kontrollierten Einheiten als eine Person behandelt.54 Schließlich werden Zusammenschlüsse gemeinsam beherrschter Gesellschaften nicht als Gefahr für den Wettbewerb angesehen, da die Gesellschaften bereits zuvor gemeinsam kontrolliert werden.55 Die Marktkonzentration ändert sich hier infolge des Zusammenschlusses nicht und dementsprechend bestehen auch keine größeren kartellrechtlichen Bedenken.56 (3) Fazit Die Bedeutung von Konzernbeziehungen und insbesondere der wirtschaftlichen Einheit ist im amerikanischen Kartellrecht also durchaus anerkannt. Es solchen Erwerbs darin bestehen kann, dass auf irgendeinem sachlich und räumlich relevanten Markt der Wettbewerb wesentlich beeinträchtigt oder auf die Schaffung einer Monopolstellung hingewirkt wird.“ („No person engaged in commerce or in any activity affecting commerce shall acquire, directly or indirectly, the whole or any part of the stock or other share capital and no person subject to the jurisdiction of the Federal Trade Commission shall acquire the whole or any part of the assets of another person engaged also in commerce in any section of the country, the effect of such acquisition may be substantially to lessen competition, or to tend to create a monopoly.“). 53 Siehe 15 U.S.C. § 18(a) (2000) (b) (3) (B) („The amount or percentage of voting securities or assets of a person which are acquired or held by another person shall be determined by aggregating the amount or percentage of such voting securities or assets held or acquired by such other person and each affiliate thereof.“ (Hervorhebung durch den Autor)). 54 16 C.F.R. § 801.1(a)(1) (2001) („[T]he term ,person‘ means an ultimate parent entity and all entities which it controls directly or indirectly. Examples: 1. In the case of corporations, ,person‘ encompasses the entire corporate structure, including all parent corporations, subsidiaries and divisions . . ., and all related corporations under common control with any of the foregoing.“) Siehe auch § 801.1(a)(3). 55 Vgl. McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1266 Fn. 143. 56 Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 720, 726 f. u. 740 ff. Vgl. hierzu den Fall Ball Memorial Hosp., Inc. v. Mutual Hosp. Ins., 784 F.2d 1325 (7th Cir. 1985). Dort hatte das Gericht keine Bedenken gegen eine Fusion zweier Gesellschaften, die seit mehr als dreißig Jahren als eine Gesellschaft agiert hatten. Es sah die Gesellschaften als Einheit an, deren Zusammenschluss die Wettbewerbssituation nicht verändern würde. A. a. O., S. 1337. Die Notifizierungsanweisungen zum Hart-Scott-Rodino Act, 16 C.F.R. § 802.30 (2001), nehmen den Zusammenschluss und die Schaffung hundertprozentiger Tochtergesellschaften explizit von den Anforderungen des Hart-Scott-Rodino Acts aus. („An acquisition . . . in which, by reason of holdings of voting securities, the acquiring and acquired persons are . . . the same person, shall be exempt from the requirements of the act. Examples: 1. Corporation A merges its two wholly owned subsidiaries S1 and S2. The transaction is exempt under this section. 2. Corporation B creates a new wholly owned subsidiary. The transaction is exempt under this section.“).

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wäre daher nur konsequent, den Ansatz der Copperweld-Entscheidung für andere Bereiche des Wettbewerbsrechts fruchtbar zu machen. Wenn Gesellschaften derart unter gemeinsamer Kontrolle stehen, dass sie keine selbständigen Beteiligten einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache mehr sein können, da ihre wirtschaftliche Kraft bereits vereinigt ist und gemeinsam gelenkt wird, ist es sinnvoll, dieses Verhältnis zwischen den verbundenen Unternehmen auch für andere kartellrechtliche Fragen, bei denen es auf die Wirtschaftskraft der Beteiligten ankommt, zu berücksichtigen. Dies gilt beispielsweise für Fragen des predatory pricing, wo die hinter einer für sich betrachtet möglicherweise wirtschaftlich schwachen Gesellschaft stehenden finanziellen Ressourcen des Konzerns einen signifikanten Unterschied machen können und daher berücksichtigt werden sollten. Piercing the corporate veil dagegen ist nicht nur ein Standard, der ohne Rücksicht auf moderne Organisationsstrukturen wie beispielsweise Konzerne entwickelt wurde und daher ihren Besonderheiten nicht gerecht wird,57 sondern für wettbewerbsrechtliche Fragen auch darum ungeeignet, weil er das Konzept des Wettbewerbs und seine Anforderungen nicht berücksichtigt. ee) Ergebnis Auch wenn amerikanische Gerichte sich bisher gescheut haben, den Copperweld-Standard für Zurechnungsfragen heranzuziehen, ist dem amerikanischen Antitrustrecht doch die Zurechnung wettbewerbsrechtlicher Merkmale aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verbundenheiten und die Betrachtung des Unternehmensverbunds als Einheit nicht fremd. Es wäre daher nur konsequent, dem Copperweld-Standard, beziehungsweise einer weiterentwickelten Form desselben, einen breiteren Anwendungsbereich für Zurechnungsfragen zu eröffnen.58 Bisher sind indes die Zurechnungsmöglichkeiten aufgrund von Konzernverbundenheit im amerikanischen Kartellrecht weniger ausgeprägt als etwa im europäischen oder deutschen. Allerdings erklärt sich dies eben zum Teil auch aus der abweichenden Struktur des Kartellverbots und einem damit einhergehenden geringern Bedürfnis nach Zurechnung, was dazu geführt hat, dass der Frage in den USA insgesamt weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird.59

57 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 1.01.2., S. 4 ff.; ders. J. Corp. L. 11 (1986), 573. 58 Vgl. die Entscheidung Caribe BMW, Inc. v. Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft, 19 F.3d 745, 751 (1st Cir. 1994), in der es das Gericht als angemessen bezeichnet, die Argumentation von Copperweld außerhalb von section 1 Sherman Act anzuwenden. Zu einigen unstreitigen Erstreckungen der Copperweld-Entscheidung siehe unten III. 5. d) aa)–ee). 59 Vgl. dazu Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 17, die auf die begrenzende Wirkung verschiedener gesetzlicher Strukturen bei der Rezeption US-amerikanischer Lösungsansätze hinweisen.

III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination 1. Einführung Der zweite Hauptteil beschäftigt sich mit der Frage, ob und in welchem Umfang das Kartellverbot auf Verhaltenskoordinationen innerhalb der Unternehmensgruppe anwendbar ist. Die Frage nach einem kartellrechtlichen Ausnahmebereich für den Konzern zielt dabei auf eine Antwort de lege lata ab. Es geht nicht darum, ob sich das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen ein Konzernprivileg leisten kann, sondern darum, ob und unter welchen Voraussetzungen es ein solches Privileg anerkennt. Das Problem ist in allen drei Vergleichsrechtsordnungen seit längerem thematisiert worden. Weder in Deutschland, noch auf europäischer Ebene oder in den USA findet sich eine ausdrückliche Reglung.1 Rechtssprechung und Wissenschaft sind daher bei der Beantwortung der Frage weitgehend auf sich gestellt. Während die Frage im Rahmen des deutschen Rechts gelegentlich als praktisch wenig relevant eingestuft wird,2 verbietet sich für das Europarecht und insbesondere für das US-amerikanische Recht diese Einstufung bereits aufgrund der Vielzahl entschiedener Fälle. Die höhere praktische Relevanz der Problematik im Europarecht mag dabei zum Teil daher rühren, dass der Gemeinsame Markt nach wie vor durch eine Vielzahl nationaler Märkte gekennzeichnet ist, deren Erschließung durch Tochtergesellschaften, also in der Organisationsform des Konzerns, sich in besonderem Maße anbietet,3 während gleichzeitig die be1 Eine ausdrückliche Regelung der Frage findet sich in §§ 10 f. österreichisches Kartellgesetz 1988, die ausdrücklich nur Vereinbarungen (§ 10) bzw. abgestimmte Verhaltensweisen (§ 11) zwischen wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmen erfassen, sowie im kanadischen Competition Act, dazu unten III. 5. a) aa) Fn. 2. 2 In diese Richtung Möschel Rn. 191; a. A. aber Schroeder WuW 1988, 274, 275. Auf die hohe Dunkelziffer weist wohl zu Recht Mulert S. 17 hin. 3 Das Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 674 geht davon aus, dass die Verbindung von Niederlassungsfreiheit einerseits und Nationalität der Gesellschaften andererseits den Aufbau von Unternehmensgruppen geradezu erzwingt. Mit der Europäischen Aktiengesellschaft steht ab 2004 ein Instrument zur Verfügung, das europaweit tätigen Unternehmen ermöglichen soll, mit einer einzigen Gesellschaft an Stelle einer komplizierten Konzernstruktur zu operieren. Siehe Thoma/ Leuering NJW 2002, 1449, 1450, 1452. Allerdings wird die SE aufgrund der vorgesehenen Gründungsformen regelmäßig Teil eines Unternehmensverbunds seien. Siehe Hommelhoff AG 2001, 279, 281 f.; Thoma/Leuering NJW 2002, 1449, 1452 Fn. 51.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

stehenden Unterschiede zwischen den nationalen Märkten Marktaufteilungen besonders lukrativ machen. Da die Aufspaltung des Gemeinsamen Marktes in nationale Märkte aber eine „Todsünde“ des europäischen Wettbewerbsrechts ist, sind Konflikte hier vorprogrammiert. In den USA sorgt schon die ausgeprägte private Klagetätigkeit im Kartellrecht für eine Vielzahl praktischer Fälle. Aber auch über die entschiedenen Fälle hinaus ist die Frage in allen drei Rechtsordnungen von praktischer Bedeutung, stellt sie sich doch dem Konzern und seinen Rechtsberatern, wenn es um die Ausgestaltung des Konzerninnenverhältnisses geht, und Dritten, wenn sie das Verhalten eines Konzerns für kartellrechtswidrig halten.4 Die Analyse der einzelnen Rechtsordnungen wird dabei zeigen, dass die Diskussion heute in allen drei Rechtsordnungen zur zunehmenden Annerkennung des Bedürfnisses nach kartellrechtlicher Privilegierung der Unternehmensgruppe (Konzernprivileg) tendiert, nachdem insbesondere in den USA zeitweise eine deutlich andere Tonart vorherrschte. Hinsichtlich der Begründung des Ausnahmebereichs, seiner dogmatischen Verankerung und insbesondere der Bestimmung seiner Reichweite herrscht aber nach wie vor beachtliche Unsicherheit. Während die tatbestandliche Verankerung für alle drei Rechtsordnungen separat zu klären ist, lassen sich hinsichtlich des Umfangs der Freistellung gemeinsame Überlegungen anstellen. Daher wird dieser Frage im Schlussabschnitt besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Mit dem Versuch der Bestimmung des privilegierten Bereichs wird zugleich versucht, den Bereich zu bestimmen, indem eine Behandlung des Konzerns als Einheit gerechtfertigt ist. Dieser Bereich, der auch im Rahmen des ersten Hauptteiles von Bedeutung ist, konnte dort noch nicht abschließend geklärt werden.

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Vgl. Assant ECLR 1990, 65; Schroeder WuW 1988, 274, 275.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern Falls ein Bedürfnis nach Verhaltenskoordinierung schon tatsächlich nicht bestehen sollte oder eine solche Verhaltenskoordinierung zumindest aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen weitgehend unzulässig wäre, könnte dies nicht ohne Rückwirkung auf die kartellrechtliche Beurteilung von Verhaltensabstimmungen im Konzern bleiben. Wo für ein bestimmtes Verhalten schon aus wirtschaftlicher Sicht für das Unternehmen kein Bedürfnis besteht, ist es auch weniger bedeutsam, es wettbewerbsrechtlich zu ermöglichen. Und wo Verhaltensweisen schon im Rahmen anderer Teilrechtsordnungen verboten sind, besteht kein Bedürfnis, sie wettbewerbsrechtlich zu gestatten. Zugleich dient die Darstellung zulässiger Möglichkeiten der Verhaltenskoordination dazu, einen Überblick darüber zu gewinnen, um welche Verhaltensweisen es im Rahmen der kartellrechtlichen Beurteilung konzerninternen Verhaltens geht. a) Das Bedürfnis nach Verhaltenskoordination Merkmal des Konzerns im deutschen Recht ist die Zusammenfassung mehrerer selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung.1 Unabhängig von den Anforderungen, die man an den Begriff der einheitlichen Leitung stellt, erfordert er stets zumindest ein gewisses Maß an einheitlicher Planung, eine Zentralisation der Entscheidungsfindung zumindest in einigen Bereichen. Dies kann von der zentralen Finanzplanung bis zu einer einheitlichen Planung in einem der anderen zentralen Unternehmensbereiche, wie etwa Einkauf, Verkauf oder Personalwesen reichen und gilt sowohl im Unterordnungs- als auch im Gleichordnungskonzern. Diese Aufgabe kann man als „Konzernleitung“ bezeichnen, die funktionell Unternehmensleitung darstellt. Zur Konzernleitung gehört die Formulierung der Konzernziele, die Festlegung der mittel- und langfristigen Konzerngeschäftspolitik, die Entscheidung über die Strategie zur Erreichung der Konzernziele (insoweit als Konzernplanung oder strategische Ausrichtung des Konzerns zusammenfassbar), die Konzernorganisation inklusive Festlegung der Konzernstruktur, die Besetzung der wichtigsten Führungspositionen sowie die laufende Konzernkontrolle.2 Zur Durchsetzung und Effektuierung der Planung bedarf es dabei der 1 Vgl. § 18 AktG sowie oben II. 2. a) aa) (1), dort auch zum Begriff der einheitlichen Leitung. 2 U. H. Schneider BB 1981, 249, 250; Schurff in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort „Konzern“, Sp. 2281; ähnlich Amstutz Rn. 580 ff.; Semler Rn. 273; vgl. auch die Konzernführungsfunktionen bei Semler in: FS Stiefel, S. 719, 728 f.; zu Inhalt und Mitteln der Konzernleitung aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Scheffler DB 1985, 2005, 2007 ff.; ders. AG 1990, 173, 174 ff. Scheffler AG 1990, 173, 175

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Koordination des Verhaltens und des Vorgehens der einzelnen Konzernunternehmen. Möglich ist hier eine bloße Verpflichtung auf gemeinsame Ziele, aber auch eine detaillierte Steuerung der abhängigen Unternehmen durch die Konzernspitze. Dabei erfordert die Koordination eines größeren Konzerns neben der vertikalen Subordination auch horizontale Kooperation.3 Je nach Organisationsform des Konzerns – zentral, dezentral oder divisional – ist dieses Koordinationsbedürfnis mehr oder minder stark ausgeprägt und je nach Konzerntyp ist auch der Umfang der zulässigen Steuerung unterschiedlich. Das prinzipielle Bedürfnis nach Verhaltenskoordination, sei es von oben durch die Konzernspitze, sei es auf horizontaler Ebene, besteht aber in jedem Konzern und ist in seiner grundsätzlichen Berechtigung auch nicht ernsthaft in Frage zu stellen, da nur so das Gebilde Konzern in der Rechtswirklichkeit funktionieren kann. Ein Mindestmaß an Konzernleitung ist bereits dem Grundverständnis des Konzerns immanent, wenn davon ausgegangen wird, neben der Mehrzahl rechtlich selbständiger Teile sei ein konstitutives Merkmal des Konzerns die Kontrolle durch ein Unternehmen, die einheitliche Leitung oder die Existenz tatsächlich einheitlicher wirtschaftlicher Entscheidungen. Dieses Merkmal setzt per definitionem eine gewisse Vereinheitlichung von Verhaltensweisen voraus. Das Bedürfnis nach Verhaltenskoordination besteht daher auch dann, wenn man für den Konzern, wie im Europarecht, die Kontrolle als kennzeichnend ansieht. Im Folgenden wird zunächst für das deutsche Recht ein Überblick über die verschiedenen Mittel, durch die eine Verhaltenskoordination erreicht werden kann, gegeben, um danach ihre konzernrechtliche Zulässigkeit in einzelnen Konzerntypen zu untersuchen. Anschließend erfolgt ein Blick auf die Situation in Europa und den USA. b) Instrumente der Verhaltenskoordination4 Für die einheitliche Leitung spielt das verwendete Mittel keine Rolle,5 allerdings sind nicht in jeder Konzernform alle Möglichkeiten der Verhaltenskoordination zulässig. benennt aus betriebswirtschaftlicher Sicht vier originäre Aufgaben der Konzernleitung: die strategische Ausrichtung des Konzerns, die Festlegung der Konzernstruktur und -organisation, die finanzielle Führung des Konzerns und die Besetzung wichtiger Führungspositionen im Konzern. Dies entspricht weitgehend den obengenannten Anforderungen. 3 Mulert S. 61. 4 Siehe dazu auch Hommelhoff in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 91, 101 f. 5 Begründung RegE. bei Kropff S. 33; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 III 1 e; zur einheitlichen Leitung aus betriebswirtschaftlicher Sicht: A. Meier Wpg 1966, 570, 571 ff.; vgl. auch LG Oldenburg v. 14.03.1991, ZIP 1992, 1632, 1636 „TBB“; LG Mainz v. 16.10.1990, AG 1991, 30, 31 „Massa AG“.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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aa) Weisung Die Weisung nimmt unter den Instrumenten zur Verhaltenssteuerung eine herausragende Position ein, da sie als Einziges in § 308 AktG eine gesetzliche Normierung erfahren hat. Nach Vorstellung des Gesetzgebers dient sie der Durchsetzung der einheitlichen Leitung der verbundenen Unternehmen unter Führung des herrschenden Unternehmens. Sie hat im Ergebnis zur Folge, dass bei ihrem Ausspruch an die Stelle der Leitung der abhängigen Gesellschaft durch deren Vorstand die Leitung durch das herrschende Unternehmen tritt.6 Der Begriff der Weisung wird in § 308 AktG vorausgesetzt, aber nicht bestimmt. Er umfasst im weitesten Sinne jede Handlung des herrschenden Unternehmens, durch die das herrschende Unternehmen dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft ausdrücklich oder konkludent, unmittelbar oder mittelbar bestimmte Maßnahmen bei der Leitung der Gesellschaft vorschreibt oder empfiehlt.7 Auf die äußere Einkleidung der Weisung kommt es hierbei nicht an; auch bloße „Ratschläge“, „Direktiven“ oder „Empfehlungen“ des herrschenden Unternehmens werden erfasst, wenn sie als verbindlich gedacht und vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft auch so verstanden werden.8 Werden Empfehlungen und Ratschläge dagegen als solche gemeint und verstanden, d. h. als nicht verbindlich, so können sie auch nicht als Weisungen interpretiert werden, eben weil sie keine Folgepflicht des Vorstandes im Sinne des § 308 II 1 AktG auslösen sollen.9 Die Weisung kann generell oder speziell ausgestaltet sein. Weisungen werden als geschäftsähnliche Handlungen qualifiziert, sodass die Vorschriften über Rechtsgeschäfte entsprechend gelten.10 Von Gesetzes wegen sind sie nicht formbedürftig, es kann aber durch den Beherrschungsvertrag ein Formzwang eingeführt werden.11 Aus § 309 I AktG ergibt sich, dass das Weisungsrecht durch die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens bzw. bei einem einzelkaufmännischen Unternehmen durch dessen Inhaber ausgeübt wird. Diese können sich bei der Ausübung beliebiger Dritter, vorzugsweise Angestellter des herrschenden Unternehmens, bedienen (verbreitet als Delegation bezeichnet). Dieser Vorgang ist aber nicht mit der Übertragung des Weisungsrechts zu verwechseln, die überwiegend abgelehnt wird.12 Aus Letzterem folgt, dass beispielsweise in einem 6

Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 22. Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 1 a; Eschenbruch Rn. 3029 f.; Hüffer § 308 Rn. 10; Sina AG 1991, 1; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156. 8 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 24; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 1 a; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 12; T. Raiser § 54 Rn. 35; Sina AG 1991, 1. 9 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 23; Exner S. 85. 10 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 26; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 1 b; Hüffer § 308 Rn. 11. 11 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 27; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 1 b; Exner S. 85 ff., Hüffer § 308 Rn. 13; Kantzas S. 65 f.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 135. 7

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

mehrstufigen Konzern bei einem Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft kein direktes Weisungsrecht der Mutter- gegenüber der Enkelgesellschaft besteht,13 da Inhaber des Weisungsrechts allein die Tochtergesellschaft ist. Die Ausübung des Weisungsrechts liegt im unternehmerischen Ermessen des herrschenden Unternehmens, das dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hat. Nur im Einzelfall kann eine bestimmte Weisung zur Vermeidung der Haftung des herrschenden Unternehmens und seiner gesetzlichen Vertreter unerlässlich sein.14 Adressat der Weisung ist gemäß § 308 I 1 AktG der Vorstand der abhängigen Gesellschaft. Zulässig sind Weisungen nur bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder im Falle der Eingliederung (§§ 308, 323 AktG). Daneben besteht eine Weisungsmöglichkeit für die Gesellschafterversammlung einer GmbH (§ 37 GmbHG). bb) Informelle Einflussnahme Neben der Weisung stehen andere Arten der informellen Einflussnahme wie bloße Wünsche, Ratschläge oder Empfehlungen,15 aber auch Prüfungen und Genehmigungen, sofern sie nicht jeweils bereits als Weisungen erfasst werden. Wie gesehen hängt dies in erster Linie davon ab, ob sie tatsächlich als unverbindlich gemeint und verstanden werden, oder ob sie unter dem äußeren Mantel der Unverbindlichkeit eine Folgepflicht auslösen sollen. Insofern zeigt sich, dass durch eine entsprechend weite Fassung des Begriffs der Weisung andere Lenkungsmöglichkeiten in ihrer selbständigen Bedeutung zurückgedrängt werden können. Ebenso wie bei Versuchen, bestimmte Möglichkeiten informeller Einflussnahme generell einzuschränken, steht dahinter das Bestreben, eine Umgehung der §§ 308, 309 AktG und des Prüfungsrechts des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft zu verhindern.16

12 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 16; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 III 1 b; Hüffer § 308 Rn. 6; Kantzas S. 81 f.; Pentz S. 110 ff.; Sina AG 1991, 1, 4. 13 BGH v. 14.05.1990, AG 1990, 459, 460; Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 16; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 III 1 b; Eschenbruch Rn. 3047; Pentz S. 114 f.; Rehbinder ZGR 1977, 581, 609 ff. 14 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 34; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 4. 15 Begründung RegE. bei Kropff S. 33; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 III 1 e. 16 Siehe Kantzas S. 148 ff.; auch Eschenbruch Rn. 3031 ff.; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156.

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Als weitere Mittel der Verhaltenskoordination kommen bloße Informationen, etwa durch Berichte und Rundschreiben, sowie die Aufstellung und Befolgung einheitlicher Grundsätze für das Handeln in verschiedenen Unternehmensbereichen, wie beispielsweise einheitliche, firmenindividuelle Einkaufs- und Verkaufsbedingungen, Geschäftsbedingungen oder Personalregelungen in Betracht.17 Schließlich sind hier die häufig anzutreffenden Konzernausschüsse, die beispielsweise für die unternehmerischen Hauptfunktionen (Einkauf, Verkauf, Entwicklung, Finanzen, etc.) gebildet werden, zu erwähnen. Auch sie stellen Instrumente der einheitlichen Leitung dar, insbesondere in dezentral organisierten Konzernen. cc) Personelle Verflechtungen Ein weiteres Mittel der Verhaltenskoordination, das man auch als Unterform der informellen Einflussnahme im Gegensatz dann zur formellen Weisung ansehen kann, sind personelle Verflechtungen. Verbreitet ist beispielsweise die Variante, dass die Verwaltungsmitglieder der Obergesellschaft in den Aufsichtsräten oder Beiräten der Konzernglieder vertreten sind. Das Gesetz berücksichtigt diese Konstruktion zum Beispiel in § 100 II 2 AktG. Derartige personelle Verflechtungen sollen die Koordination der Unternehmen erleichtern und die Durchsetzung der Konzernpolitik absichern.18 Auch hinsichtlich dieses Lenkungsmittels wird (teilweise) versucht, es unter den Begriff der Weisung zu subsumieren. So werden Vorstands-Doppelmandate, d. h. der Fall, dass ein Mitglied des Vorstandes der Obergesellschaft zugleich Mitglied des Vorstandes der Tochtergesellschaft ist19, als Weisungen begriffen.20 Hier wird in der Tätigkeit des Verwaltungsmitgliedes des herrschenden Unternehmens im Vorstand der abhängigen Gesellschaft der Sache nach die generelle Weisung des herrschenden

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A. Meier Wpg 1966, 570, 572. Hommelhoff in: Konzernrechtsgespräch, S. 107, 122; T. Raiser § 53 Rn. 12; umfassend Decher S. 64 ff. 19 Diese Konstruktion ist durch das Aktiengesetz weder verboten, noch ist die Übernahme von Vorstandsdoppelmandaten als solche pflichtwidrig. Vgl. OLG Köln v. 24.11.1992 WM 1993, 644, 649; LG Köln v. 03.02.1992, AG 1992, 238, 240; Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986), 570, 574; Huber ZHR 152 (1988), 123, 130; Hüffer § 76 Rn. 21; Semler in: FS Stiefel, S. 719, 761; MünchHdb.GesR IV/Wiesner § 20 Rn. 10. Sie findet sich vor allem bei divisionaler Konzernstruktur, bei der der Vorstandsvorsitzende der Spartengesellschaft im Vorstand der Holding sitzt; vgl. abermals MünchHdb.GesR IV/Wiesner § 20 Rn. 10. 20 Herrschende Meinung: Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 2; Eschenbruch Rn. 3033; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 144; Streyl S. 26 ff.; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156; in diesem Sinne auch Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986), 570, 572; Hommelhoff in: Konzernrechtsgespräch, S. 107, 121 ff.; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156; im Sinne einer Veranlassungsvermutung bei faktischer Konzernierung Semler in: FS Stiefel, S. 719, 760. 18

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Unternehmens an die abhängige Gesellschaft gesehen, die Weisungen des „entsandten“ Verwaltungsmitgliedes zu befolgen. Von besonderer Bedeutung sind personelle Verflechtungen im faktischen Konzern. Da hier ein Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens nicht existiert, ist dieses auf andere Mittel der Einflussnahme angewiesen. Dafür bietet sich in der AG bei Bestehen einer Stimmrechtsmehrheit beispielsweise die Einflussnahme über den nach § 101 I 1 AktG von der Hauptversammlung bestellten und somit von ihr abhängigen Aufsichtsrat an. Der Aufsichtsrat bestimmt gemäß § 84 I 1 AktG die Besetzung des Vorstandes. Da dessen Mitglieder um ihre Wiederbestellung (§ 84 I 2 und 3 AktG) fürchten müssen, werden sie sich regelmäßig dem Willen des Aufsichtsrats und damit letztlich des Mehrheitsgesellschafters beugen. Dadurch ist der Vorstand zwar nicht rechtlich der Weisungserteilung, aber faktisch einer maßgeblichen Beeinflussung durch das herrschende Unternehmen unterworfen.21 Für diese eher mittelbare Einflussnahme über die Hauptversammlung und den Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft, die daher teilweise gar nicht unter die personellen Verflechtungen gezählt wird,22 ist eine Einstufung als Weisung (noch) nicht anerkannt.23 dd) Bevollmächtigung Eine umfassende Bevollmächtigung des herrschenden Unternehmens zum Handeln an Stelle der abhängigen Gesellschaft ist zum Schutze der abhängigen Gesellschaft aufgrund der drohenden Umgehung des § 308 AktG und seiner Schranken, sowie der diesbezüglichen Kontrollfunktion des Tochtervorstands gegenüber Weisungen der Mutter abzulehnen.24 Sie stellt daher kein zulässiges 21 Bloß S. 123; dazu auch Hefermehl in: Geßler/Hefermehl, vor § 76 Rn. 19; zu den Grenzen derartiger faktischer Konzernsteuerung unten III. 2. d) bb). 22 Vgl. beispielsweise Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 28 „von personellen Verflechtungen . . . bis zur Einflussnahme über die Hauptversammlung“. 23 Vgl. einerseits für die Erfassung als – zumindest mittelbare – Weisung: Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 30; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 2; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156; sowie Begründung RegE. bei Kropff S. 406; andererseits: Eschenbruch Rn. 3036 (bloße Ausübung gesellschaftsrechtlicher Mitwirkungsrechte). 24 Berkenbrock AG 1981, 69, 70; Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 32; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 3; Exner S. 117 ff., ders. AG 1981, 175, 176 f.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 11; Hüffer § 308 Rn. 9; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 15; Michalski AG 1980, 261, 262; i. E. abweichend OLG München v. 11.07.1979, AG 1980, 272 „Kolb Wohnungsbau AG“; Huber ZHR 152 (1988), 123, 128 ff. Im Rahmen der Eingliederung wird eine umfassende Bevollmächtigung dagegen häufiger für zulässig gehalten; vgl. Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 323 Rn. 11; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 73 Rn. 49; T. Raiser § 55 Rn. 11; auch hier gegen eine umfassende Bevollmächtigung aber Grunewald in: Geßler/Hefermehl, § 323 Rn. 7; Habersack in: Emmerich/Habersack, § 323 Rn. 5; Hüffer § 323 Rn. 2.

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Lenkungsinstrument dar. Möglich ist dagegen eine Bevollmächtigung durch die abhängige Gesellschaft im Einzelfall oder eine eng umrissene Spezialvollmacht, da hierbei die erforderliche Kontrolle durch den Tochtervorstand jeweils im Voraus erfolgen kann.25 Ein der umfassenden Bevollmächtigung vergleichbarer Zustand ist im Übrigen durch den zusätzlichen Abschluss eines Betriebspachtoder Betriebsführungsvertrag zugunsten des herrschenden Unternehmens erreichbar.26 ee) Vertrag Der Vertrag stellt das im gewöhnlichen Geschäftsverkehr übliche Mittel dar, mit dem Rechtssubjekte im Rahmen ihrer Privatautonomie festlegen können, was zwischen ihnen Recht sein soll. Auch innerhalb eines Konzerns steht der Vertrag als Mittel innerbetrieblicher Führung zur Verhaltenskoordination zur Verfügung. Soweit die Beteiligten dabei nur von ihrer Privatautonomie Gebrauch machen und die Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen, wirft der Vertragsschluss im Konzern keine konzernrechtsspezifischen Zulässigkeitsprobleme auf. Nutzt dagegen das herrschende Unternehmen die bestehende Abhängigkeit dazu aus, vertragliche Regelungen durchzusetzen, die außerhalb einer Konzernbeziehung nicht durchsetzbar wären und bei denen das Äquivalenzverhältnis grob gestört ist, so kann eine vertragliche Regelung auch als Weisung aufgefasst werden und gegebenenfalls gesellschaftsrechtlich unzulässig sein.27 Bildhaft wird hier von „internen Verhaltensanweisungen in die Form von Verträgen gekleidet“ gesprochen.28 Solch ein Vertrag unterliegt den bei den einzelnen Konzerntypen für die Zulässigkeit von Einflussnahmen bestehenden konzernrechtlichen Schranken. c) Die Weisung als Beispiel eines Lenkungsinstruments Als gesetzlich normiertes, wichtigstes Instrument der Verhaltenslenkung im Konzern findet sich bei der Weisung die ausgeprägteste dogmatische Durchdringung. Sie soll daher hier exemplarisch in Umfang und Grenzen kurz dargestellt werden.29 25 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 32; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 IV 3; Hüffer § 308 Rn. 9; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 15 f. 26 T. Raiser § 54 Rn. 38 a. E.; dazu auch Huber ZHR 153 (1986), 123, 128 ff. 27 Vgl. Mestmäcker S. 409; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 5; auch Rinck Rn. 779 spricht davon, dass es sich bei Abstimmungen zwischen Konzerntöchtern regelmäßig um Ausführungsmaßnahmen zu Weisungen der Konzernmutter handele. 28 Bechtold WuW 1977, 460, 466. 29 Dazu monographisch Kantzas, Das Weisungsrecht im Vertragskonzern.

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aa) Umfang des Weisungsrechts Der Umfang des Weisungsrechts ergibt sich im Vertragskonzern in erster Linie aus dem Beherrschungsvertrag sowie, falls dieser keine Regelung enthält, aus § 308 AktG. Eine über § 308 AktG hinausgehende Erweiterung des Weisungsrechts ist allerdings unwirksam, da es sich insofern um zwingendes Recht handelt.30 (1) Gegenstand des Weisungsrechts Inhaltlich erstreckt sich das Weisungsrecht gemäß § 308 I 1 AktG auf die Leitung der Gesellschaft. Aus §§ 76 bis 78 AktG ergibt sich, dass damit der gesamte Bereich der Geschäftsführung und der Vertretung der Gesellschaft durch den Vorstand gemeint ist. Möglich sind also Weisungen zur Beschaffung von Rohstoffen, zur Produktion, zum Absatz, zu Marktstrategien und Preisen, zu Spezialisierung und Modernisierung, zu Vertragsabschlüssen, kurz zur gesamten Geschäfts-, Finanz-, Investitions- und Absatzpolitik.31 Erfasst wird nach überwiegender Auffassung auch der Bereich innerkorporativer Aufgaben, d. h. innergesellschaftlicher Willensbildungs- und Organisationsfragen.32 Dazu gehören beispielsweise die Einberufung der Hauptversammlung, die Ausübung von Bewertungswahlrechten bei der Aufstellung des Jahresabschlusses oder die Bildung anderer Gewinnrücklagen im Sinne des § 272 III 2 HGB.33 Das Weisungsrecht beschränkt sich aber nicht auf wesentliche Leitungsmaßnahmen, sondern erlaubt auch Anweisungen im laufenden Tagesgeschäft.34 Abgesehen von § 308 III AktG besteht allerdings keine Möglichkeit, in die zwingenden Zuständigkeiten von Aufsichtsrat und Hauptversammlung hineinzuregieren,35 sodass 30 Begründung RegE. bei Kropff S. 403; Exner S. 91 f.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 32; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 37; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 135. 31 Sina AG 1991, 1; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 13; Kantzas S. 68; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 18. 32 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 40; Exner S. 101 ff.; Hüffer § 308 Rn. 12; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 21; MünchHdb.GesR IV/ Krieger § 70 Rn. 133; T. Raiser § 54 Rn. 33; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156; enger Kantzas S. 70 ff. (nur soweit der Vorstand ausschließlich zuständig ist); a. A.: Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 41 ff. 33 BGH v. 20.05.1997, BGHZ 135, 374, 377 f. „Guano“; Emmerich in: Emmerich/ Habersack, § 308 Rn. 40; Exner S. 100 ff.; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 21; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 133; Sina AG 1991, 1 u. 7. 34 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 152; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 133; Rütsch S. 127; Wellkamp WM 1993, 2155, 2156. 35 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 41; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 1 b; Hüffer § 308 Rn. 12; Eschenbruch Rn. 3052; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 133; vgl. OLG Karlsruhe v. 07.12.1990, AG 1991, 144, 146 „Asea/BBC“.

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namentlich in Fragen, die der Zustimmung der Aktionäre unterliegen, Weisungen ausgeschlossen sind. Insoweit handelt es sich nicht mehr um die Leitung der Gesellschaft im Sinne der §§ 76, 308 AktG. Als Annex des vertraglichen Weisungsrechts steht dem herrschenden Unternehmen gegenüber dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft ein umfassender Auskunftsanspruch über alle für die Ausübung des Leitungsrechts relevanten Umstände zu.36 (2) Nachteilige Weisungen Weisungen können auch nachteilig sein, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm oder der abhängigen Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen. Diese Belange werden abgekürzt als Konzerninteresse bezeichnet.37 Der Beherrschungsvertrag und die Eingliederung führen so zur Legitimation der nachteiligen Konzernleitung. Die Nachteilhaftigkeit ist dabei wie der Nachteil in §§ 311, 317 AktG zu verstehen, d. h. nachteilig sind solche Weisungen, die Maßnahmen betreffen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, der sich nur an den Interessen seiner Gesellschaft orientiert, nicht vorgenommen hätte (§§ 76, 93 I 1, 311, 317 II AktG).38 Grund für die Zulassung nachteiliger Weisungen ist die Überlegung, dass sich im Konzern letztlich die Vor- und Nachteile derartiger Weisungen ausgleichen. Dafür muss die Weisung aber dem Konzerninteresse dienen. Weisungen, die ausschließlich den Interessen beliebiger Dritter einschließlich des Mehrheitsgesellschafters des herrschenden Unternehmens dienen, sind unzulässig. Außerdem darf der Nachteil für das abhängige Unternehmen im Verhältnis zu den Vorteilen für den Gesamtkonzern nicht unverhältnismäßig groß sein.39 Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Vorstand der herrschenden Gesellschaft bei Weisungserteilung nach pflichtgemäßen Ermessen zu beurteilen. Maßstab ist gemäß § 309 I AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. 36

Exner S. 92 ff.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 136. Vgl. zum Konzerninteresse Kreher S. 51 ff. Er definiert als Konzerninteresse die „Optimierung der wirtschaftlichen Situation des Gesamtkonzerns, die aus dem Blickwinkel der Konzernspitze heraus erfolgt“, a. a. O., S. 53. Ein Konzerninteresse ablehnend dagegen Potrafke S. 150 f. 38 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 45; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 2 a; Eschenbruch Rn. 3025; Hüffer § 308 Rn. 15; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 26; Sina AG 1991, 1, 5. 39 Emmerich in: Hommelhoff, Entwicklungen, S. 64, 69; Emmerich/Sonnenschein/ Habersack § 23 V 2 c; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 149; Hüffer § 308 Rn. 17; Kantzas S. 101 f.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 134; T. Raiser § 54 Rn. 34; Sina AG 1991, 1, 7; a. A.: Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 308 Rn. 53 f., der dies nicht als Problem der Zulässigkeit der Weisung, sondern als bloße Haftungsfrage ansieht; ähnlich Eschenbruch Rn. 3055. 37

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bb) Schranken des Weisungsrechts bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages Soweit man Fälle der informellen Einflussnahme und der personellen Verflechtung als Formen der Weisung begreift, gelten die folgenden Grenzen auch für diese Lenkungsinstrumente. (1) Vertragliche Beschränkungen § 308 I 2 AktG ermöglicht den – in der Praxis weitgehend bedeutungslosen – Ausschluss nachteiliger Weisungen durch den Beherrschungsvertrag. Ob dementsprechend auch sogenannte Teilbeherrschungsverträge, d. h. Verträge, durch die die abhängige Gesellschaft ihre Leitung nur hinsichtlich einzelner Funktionen wie etwa des Finanzwesens, des Einkaufs oder der Personalpolitik, nicht aber insgesamt auf das herrschende Unternehmen überträgt, zulässig sind, ist umstritten, wird aber überwiegend bejaht.40 Jedenfalls muss das Weisungsrecht soweit erhalten bleiben, dass eine einheitliche Leitung der verbundenen Unternehmen möglich bleibt.41 Deshalb wird auch ein völliger vertraglicher Ausschluss des Weisungsrechts abgelehnt,42 da es sich dann nicht mehr um einen Beherrschungsvertrag handele, sondern um einen normalen Gesellschaftsvertrag, der höchstens einen Gleichordnungskonzern begründen könne. Gerade das Weisungsrecht bestimme das Wesen des Beherrschungsvertrages. Andere lassen hingegen den Ausschluss des Weisungsrechts zu,43 da namentlich in internationalen Unternehmensverbindungen ein Bedürfnis bestehe, unabhängige Unternehmen vertraglich einer einheitlichen Leitung zu unterstellen. Als vorteilhafte Folgen eines solchen Vertrages würden die damit verbundene Aufhebung der Vermögensbindung (§ 291 III AktG i.V. m. §§ 57, 58 und 60 AktG) sowie die Nichtanwendbarkeit der §§ 311 ff. AktG bleiben.

40 Für die Zulässigkeit etwa Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 20; Exner S. 110 ff.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 291 Rn. 49 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 152; Hüffer § 291 Rn. 10, 15; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 5; dagegen Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 291 Rn. 30, 32 ff., der eine Unterstellung der Leitung in ihrer Gesamtheit für erforderlich hält. Als Motivation für einen teilweisen Ausschluss des Weisungsrechts etwa im Bereich der Preisbildung werden dabei nicht zuletzt kartellrechtliche Gründe genannt, vgl. Exner S. 111. 41 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 11 II 2 b. 42 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 22; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 11 II 2 a; Hüffer § 291 Rn. 11; Koppensteiner in Kölner Kommentar, § 291 Rn. 13; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 6; T. Raiser § 54 Rn. 37. 43 Exner S. 115 ff.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 291 Rn. 53; ders. in: FS Beitzke, S. 923, 929 ff.

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(2) Satzung Eine weitere Schranke bildet die Satzung der abhängigen Gesellschaft, da sie den Gegenstand der Gesellschaft bestimmt, auf den sich der durch Weisungen beeinflussbare Bereich der Geschäftsführung beschränkt (vgl. §§ 76 und 82 AktG). Die Leitungsmacht der herrschenden Gesellschaft geht nicht weiter als die des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft. Eine Überschreitung des Gegenstandes der Gesellschaft, aber auch eine Unterschreitung in zentralen Punkten stellt eine Satzungsänderung dar, die in die alleinige Zuständigkeit der Hauptversammlung fällt (§ 179 AktG).44 Beispiele solcher ohne Satzungsänderung unzulässigen Weisungen wären etwa die Anweisung zur Betätigung in gänzlich neuen Tätigkeitsfeldern außerhalb des bisherigen Gegenstandes der Gesellschaft oder zur Einstellung wichtiger bisheriger Tätigkeiten.45 Das herrschende Unternehmen kann sich auch mit Hilfe von § 308 AktG nicht über die Satzung der abhängigen Gesellschaft hinwegsetzen. (3) Gesetz Die §§ 134, 138 BGB setzen als allgemeine Grenzen der Rechtsausübung auch dem Weisungsrecht Schranken: Gesetz- und sittenwidrige Weisungen sind unzulässig. Weisungen an die abhängige Gesellschaft, gegen zwingende Normen, beispielsweise des Steuerrechts oder des Konzernrechts wie etwa §§ 300 bis 302 AktG, zu verstoßen, sind daher für die abhängige Gesellschaft unbeachtlich.46 Ebenso stellt § 299 AktG eine gesetzliche Grenze des Weisungsrechts dar. Eine Schranke ergibt sich aber auch aus den zwingenden Normen des Wettbewerbsrechts. Weisungen zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten sind daher unzulässig und für die abhängige Gesellschaft unbeachtlich. Verschiedene Fälle im europäischen Wettbewerbsrecht zeigen jedoch, dass unabhängig von der rechtlichen Befugnis des herrschenden Unternehmens in der Praxis Weisungen erteilt werden, die zu Wettbewerbsverstößen durch das abhängige Unternehmen führen.47 Ursachen hierfür sind in der Unsicherheit über die wettbewerbsrechtliche Beurteilung eines bestimmten Verhaltens und in der beschränkten Prüfungsmöglichkeit des Vorstands des abhängigen Unternehmens zu sehen.48 Daneben sind der Druck auf die abhängige Gesellschaft, auch 44 OLG Düsseldorf v. 07.06.1990, AG 1990, 490, 492 „DAB/Hansa“; Eschenbruch Rn. 3051; Emmerich in: Hommelhoff, Entwicklungen, S. 64, 70 f.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 4 a. 45 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 56 f.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 149, 316 f.; Kantzas S. 104 ff.; T. Raiser § 54 Rn. 36. 46 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 58; Hüffer § 308 Rn. 14; Kantzas S. 98; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 133; T. Raiser § 54 Rn. 35; Sina AG 1991, 1, 4; Streyl S. 60. 47 Siehe oben II. 3. c) ff) (3) u. gg).

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außerhalb des rechtlich zwingenden Rahmens den Vorgaben des herrschenden Unternehmens zu entsprechen, sowie eine eventuelle Bereitschaft der abhängigen Gesellschaft, aus eigenem Interesse an dem Wettbewerbsverstoß mitzuwirken, zu berücksichtigen. Als konzernrechtlich anerkanntes Einflussmittel scheidet diese Art der Weisung zwar aus, rein faktisch kann indes auch eine unzulässige Weisung ein relevantes Einflussmittel sein.49 (4) Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft Nach ganz überwiegender Ansicht folgt außerdem aus dem Zusammenspiel des Sorgfaltsmaßstab des § 309 AktG mit den §§ 300 bis 305 AktG, die vom Fortbestand der abhängigen Gesellschaft ausgehen, dass Weisungen, die die Existenz der abhängigen Gesellschaft entweder aktuell oder ihre Überlebensfähigkeit nach Beendigung des Beherrschungsvertrages bedrohen, unzulässig sind.50 Derartige Weisungen entsprechen nicht mehr der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers. Sie können auch nicht durch ein etwaiges Konzerninteresse gerechtfertigt werden. Hieraus können sich prinzipiell beachtliche Schranken für Weisungen ergeben. Unzulässig, weil existenzbedrohend, sind hiernach je nach Lage des Einzelfalls etwa der übermäßige Abzug von Liquidität,51 die Einstellung lebenswichtiger Produktionszweige oder ihre Übertragung auf andere Konzernglieder,52 die Einstellung erforderlicher Investitionen oder erfolgversprechender Entwicklungen53, sowie die konzerninterne Kreditvergabe ohne ausreichende Sicherheiten bzw. die Aufnahme von Krediten bei Dritten im Interesse anderer Konzerngesellschaften unter Belastung des Gesellschaftsvermögens54. Einen Anhaltspunkt können die in der Literatur entwickelten „Grundsätze ordnungsgemäßer Konzerngeschäftsführung“55 geben. 48

Rütsch S. 127. Siehe Rütsch S. 127, 139. 50 OLG Düsseldorf v. 07.06.1990, AG 1990, 490, 492 „DAB/Hansa“; Autenrieth GmbHR 1984, 198, 199; Emmerich in: Hommelhoff, Entwicklungen, S. 64, 71 f.; ders. in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 60 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 4 c; Eschenbruch Rn. 3056 ff.; Geßler ZHR 140 (1976), 433, 436 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 150 f., 307 f.; Hüffer § 308 Rn. 19; Immenga ZHR 140 (1976), 301, 303 ff.; Kantzas S. 109 ff.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 70 Rn. 134; Priester ZIP 1989, 1301, 1303; Semler in: FS Stiefel, S. 719, 750 f.; Sina AG 1991, 1, 7; vgl. auch Streyl S. 49 ff.; a. A.: Koppensteiner in: FS Ostheim, S. 403, 432; ders. AG 1995, 95, 96; ders. in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 32 mit der Überlegung, dass der Bestand juristischer Personen keinen Eigenwert hat; zweifelnd auch Wellkamp WM 1993, 2155, 2156 f. 51 Hommelhoff WM 1984, 1105, 1112 f.; Priester ZIP 1989, 1301, 1303 f. 52 OLG Düsseldorf v. 07.06.1990, AG 1990, 490, 492 „DAB/Hansa“; Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 62. 53 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 62; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 4 c aa; Sina AG 1991, 1, 7. 49

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Es können allerdings bereits weit weniger rigorose Eingriffe zu einer Existenzgefährdung für die abhängige Gesellschaft führen, so wenn das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft von einer optimalen Anpassung an veränderte Marktverhältnisse abhält oder sogar, wenn es sie zu einer nur im Konzernverbund lukrativen Spezialisierung bewegt. In der Praxis ist man jedoch zur Feststellung der Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft auf unsichere Prognosen angewiesen, sodass sich hieraus wohl nur in evidenten Missbrauchsfällen tatsächlich eine Schranke des Weisungsrechts ergeben kann.56 cc) Folgepflicht Zwar hat der Vorstand der Tochtergesellschaft auch bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten (§ 76 AktG), soweit die Weisungen des herrschenden Unternehmens jedoch zulässig sind, ist der Vorstand der abhängigen Gesellschaft verpflichtet sie zu befolgen (§ 308 II 1 AktG). Dies gilt sogar dann, wenn die Maßnahme nach seiner Auffassung nicht den Belangen der abhängigen Gesellschaft entspricht, sofern sie nur insgesamt dem Konzerninteresse dient (§ 308 I 2, II 2 AktG). Etwas anderes gilt nur, wenn der Verstoß gegen das Konzerninteresse offensichtlich ist (§ 308 II 2 a. E. AktG). Die Folgepflicht stellt dabei keinen Widerspruch zu § 309 AktG dar, da dieser die Frage regelt, ob die Erteilung von Weisungen Schadensersatzpflichten auslösen kann und nicht, ob Weisungen befolgt werden müssen.57 Aus dem Zusammenspiel der §§ 308 und 310 AktG wird überwiegend hergeleitet, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft Weisungen vor ihrer Befolgung eigenständig mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (vgl. § 310 I 2 AktG) auf ihre Zulässigkeit hin überprüfen muss.58 Soweit keine Weisung ergangen ist wird angenommen, dass wichtige Angelegenheiten, die das Konzerninteresse berühren, dem Vorstand des herrschenden Unternehmens vorzulegen sind, damit er Gelegenheit zur Weisungserteilung erhält.59 Diese Pflicht bietet der Konzernspitze einen weiteren Hebel zur Verhaltenskoordination.

54 Clemm ZHR 141 (1977) 197, 202 ff.; Emmerich in: Hommelhoff, Entwicklungen, S. 64, 74 f.; umfassend Eichholz S. 76 ff., insb. S. 86 ff. 55 Vgl. dazu Emmerich in: Hommelhoff, Entwicklungen, S. 64, 71; Lutter ZIP 1985, 1425, 1433 f.; T. Raiser § 54 Rn. 34; U. H. Schneider BB 1981, 249, 256 ff.; Sina AG 1991, 1, 7. 56 Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V c bb. 57 K. Schmidt § 31 III 2 c. 58 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 66; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 23 V 5; Hüffer § 308 Rn. 20–22; Kantzas S. 120 ff.; Krejci S. 336 ff.; T. Raiser § 54 Rn. 41; Sina AG 1991, 1, 9; a. A.: Streyl S. 38 ff. u. 63 ff.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

dd) Fazit Im Ergebnis lassen sich aus Sicht der Schadensersatzpflicht drei Arten von Weisungen unterscheiden: sachlich gerechtfertigte Weisungen, die befolgt werden müssen und auch keine Schadensersatzpflichten auslösen, sachlich ungerechtfertigte Weisungen, die zwar befolgt werden müssen, aber Schadensersatzpflichten auslösen und sachlich ungerechtfertigte/rechtswidrige Weisungen, die nicht befolgt werden müssen und deren Befolgung nicht nur die Organe des herrschenden, sondern auch die Organe des abhängigen Unternehmens zum Schadensersatz verpflichtet.60 Dadurch dass das Weisungsrecht alle Fragen der Geschäftsführung und der Vertretung erfasst, stellt das Gesetz sicher, dass das herrschende Unternehmen über die nötigen Mittel verfügt, um im Konzern die von ihm gewünschte Geschäftspolitik bei denjenigen Tochtergesellschaften durchzusetzen, mit denen es einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen oder die es eingegliedert hat.61 Insgesamt eröffnet das Weisungsrecht sehr umfassende Möglichkeiten der Lenkung der abhängigen Gesellschaft und ermöglicht so der Konzernspitze eine weitgehende Verhaltenskoordination. Aus konzernrechtlicher Sicht kann das Weisungsrecht daher nur zugelassen werden, soweit es Hand in Hand mit einer entsprechenden Haftungsverfassung und Regelungen zum Schutz der abhängigen Gesellschaft und ihrer Gläubiger geht. d) Konzernrechtlich zulässige Lenkungsmittel in einzelnen Konzerntypen aa) Im Vertrags- und Eingliederungskonzern Im Vertragskonzern kommt es durch den Beherrschungsvertrag zur Unterstellung der Leitung der abhängigen Gesellschaft unter das herrschende Unternehmen. Im Konfliktfall verdrängt hier das Konzerninteresse das Eigeninteresse der konzernierten Gesellschaft.62 Dadurch wird die Leitungsmacht des Vorstandes teilweise auf das herrschende Unternehmen verlagert. Kern des Vertrages ist das beschriebene Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens bzw. seiner Organe gegenüber dem abhängigen Unternehmen (§ 308 AktG). Inhaltlich63 sind dadurch Konzernkontrolle und Konzernplanung uneingeschränkt möglich. Bei Letzterer werden in der Regel in verschiedenen Teilplä59 Hüffer § 308 Rn. 20; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 48 f.; Lübking S. 226; T. Raiser § 54 Rn. 41 a. E. 60 K. Schmidt § 31 III 2 c. 61 Emmerich in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39; vgl. auch Geßler in: Geßler/ Hefermehl, § 308 Rn. 39 ff.; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 308 Rn. 17 f. 62 Hommelhoff, Gutachten, G 32.

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nen Ziele für einzelne Bereiche wie Absatz, Erzeugung, Personal, etc. für den Konzern und seine einzelnen Unternehmen gesetzt und Wege, diese zu erreichen, festgelegt. Lediglich im Bereich der Konzernkoordination, d. h. bei der Entscheidung über die Konzernorganisation und die Art der Konzernführung, wozu beispielsweise auch die gemeinsame Finanzpolitik gehört, wirken sich die genannten Schranken des Weisungsrechts, insbesondere das Erfordernis fortdauernder Existenzfähigkeit des abhängigen Unternehmens, aus. Damit ermöglicht der Vertragskonzern in konzernrechtlich zulässiger Weise eine weitgehende Koordination der Konzerninteressen durch Weisungen, einen zentralistischen Konzernaufbau und – zumindest im Bereich unternehmerischer Führung – eine straffe Konzernführung durch die Konzernspitze. Im Falle der Eingliederung, die als intensivste Form der Konzernierung zwischen Beherrschungsvertrag und Verschmelzung steht, geht das Weisungsrecht noch deutlich weiter. Zwar sind gesetzwidrige Weisungen naturgemäß weiterhin unzulässig, ebenso satzungswidrige. Die anderen für das beherrschungsvertragliche Weisungsrecht entwickelten Schranken gelten hier aber nicht.64 Selbst existenzgefährdende Weisungen sind daher zulässig.65 Dem Weisungsrecht der Hauptgesellschaft entspricht auch hier die Verpflichtung des Vorstandes der eingegliederten Gesellschaft, die Weisungen der Hauptgesellschaft zu befolgen (§§ 323 I 2, 308 II 1AktG). Anders als im Vertragskonzern darf der Vorstand der eingegliederten Gesellschaft die Befolgung einer Weisung selbst dann nicht verweigern, wenn sie offensichtlich nicht im Konzerninteresse liegt,66 da § 323 I 2 AktG nur auf § 308 II Satz 1 AktG, aber nicht auf Satz 2 verweist. Zur Befolgung weder berechtigt noch verpflichtet ist der Vorstand der eingegliederten Gesellschaft daher nur bei gesetzes- und satzungswidrigen Weisungen.67 Insoweit verbleibt ihm eine limitierte Prüfungskompetenz. Insgesamt ist im Eingliederungskonzern die Konzernkoordinierung weitestgehend möglich. Es bestehen die ausgeprägtesten Möglichkeiten zentralistischer Konzernorganisation.

63

Siehe dazu Semler Rn. 329 ff. Begründung RegE. bei Kropff S. 427; Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 10 V 1; Grunewald in: Geßler/Hefermehl, § 323 Rn. 2; Habersack in: Emmerich/Habersack, § 323 Rn. 2; Hüffer § 323 Rn. 3; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 323 Rn. 2, 4; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 73 Rn. 49; Semler Rn. 338. 65 Grunewald in: Geßler/Hefermehl, § 323 Rn. 2; Habersack in: Emmerich/Habersack, § 323 Rn. 2; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 73 Rn. 49; T. Raiser § 55 Rn. 11; Timm JuS 1999, 760, 762; zweifelnd aber Hüffer § 323 Rn. 3. 66 Grunewald in: Geßler/Hefermehl, § 323 Rn. 2 u. 8; Habersack in: Emmerich/ Habersack, § 323 Rn. 6; Hüffer § 323 Rn. 4; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 323 Rn. 2, 7; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 73 Rn. 50. 67 Habersack in: Emmerich/Habersack, § 323 Rn. 6 a. E.; Hüffer § 323 Rn. 4; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 73 Rn. 50; T. Raiser § 55 Rn. 11. 64

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

bb) Im faktischen Aktienkonzern Hat ein herrschendes Unternehmen eine oder mehrere abhängige Gesellschaften ohne Beherrschungsvertrag oder Eingliederung rein tatsächlich unter seiner einheitlichen Leitung zusammengefasst, so fragt sich, inwieweit hier eine Verhaltenskoordination möglich ist. In der Literatur ist streitig, ob durch die §§ 311–318 AktG die Konzernleitung im faktischen Konzern legitimiert und anerkannt68 oder lediglich vorausgesetzt und in Kauf genommen69 wird. Erstere Ansicht erweitert den Bereich der Konzernleitung, da sie nachteilige Maßnahmen rechtfertigt, wenn sie ausgeglichen werden und so die abhängige Gesellschaft dem Konzerninteresse öffnet. Unabhängig davon darf ein faktischer Konzern im Aktienrecht nicht derart straff geführt werden wie ein Vertragskonzern, möglich ist nur eine lockere, nicht vollständig bei der Obergesellschaft zentralisierte Leitung.70 Auch die Mittel der Verhaltenssteuerung sind gegenüber dem Vertragskonzern eingeschränkt. So steht dem herrschenden Unternehmen kein Weisungsrecht zu.71 Es verfügt aber über andere Mittel um die abhängige Gesellschaft zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Zulässig ist etwa die Ausübung faktischer Einflussmöglichkeiten vermittels der Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung und der damit verbundenen Personalhoheit.72 Auch der Abschluss anderer Unternehmensverträge im Sinne des § 292 AktG ermöglicht dem herrschenden Unternehmen auf die abhängige Gesellschaft faktisch Einfluss zu nehmen. Eine solche Ausübung tatsächlicher Leitungsmacht erfolgt etwa, wenn das herrschende Unternehmen die Verwaltung der abhängigen Gesellschaft mit seinen Vertrauensleuten besetzt oder Empfehlungen, Hinweise oder auch Weisungen gibt, die im Hinblick auf den beherrschenden Einfluss „freiwillig“ befolgt werden.73 Es kann auch für die abhängige Gesellschaft nachteilige Einflüsse aus68 So die heute wohl überwiegende Ansicht, z. B. Geßler in: FS H. Westermann, S. 145, 155; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 109 ff.; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 27 f.; ders. ZGR 1984, 112, 117; Lübking S. 238 f.; Scheffler DB 1985, 2005; Hüffer § 311 Rn. 7 (allerdings nur für die faktische Konzernierung selbst, ohne Legitimation einer Konzernleitungsmacht). 69 So z. B. Koppensteiner in: Kölner Kommentar Vorb. § 311 Rn. 6 ff.; Semler Rn. 287; Strohn S. 6, 190; wohl auch Emmerich ZHR 132 (1969), 370, 373. 70 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 129 f., 141 ff.; Kropff ZGR 1984, 112, 117 f.; Scheffler DB 1985, 2005, 2007; K. Schmidt § 31 IV 2 b; Sonnenschein ZGR 1981, 429, 433. 71 Ganz h. M., vgl. beispielsweise OLG Karlsruhe v. 21.11.1986, WM 1987, 533, 534; Habersack in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 23 a. E.; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 311 Rn. 90; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 29; T. Raiser § 53 Rn. 8. 72 Zur Einflussnahme über personelle Verflechtungen und insbesondere über den Aufsichtsrat siehe bereits oben III. 2. b) cc). 73 Geßler in: FS H. Westermann, S. 145, 155; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 31.

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üben, die der Vorstand der abhängigen Gesellschaft gegen Nachteilsausgleich hinnehmen kann, ohne dass eine Befolgungspflicht für ihn besteht.74 Noch weniger als im Vertragskonzern ist aber die Durchführung jedweder nachteiliger Maßnahmen möglich.75 Grenzen ergeben sich aus dem Konzerninteresse,76 d. h. dem erforderlichen Interesse des herrschenden Unternehmens oder einer anderen Konzerngesellschaft, und daraus, dass die Maßnahme ausgleichsfähig, also im Rahmen des Nachteilsausgleichs legalisierbar, sein muss.77 Dies trifft nur auf solche Nachteile zu, die durch Zahlung oder Regelung innerhalb des Geschäftsjahres (§ 311 II AktG) kompensiert werden können. Dafür müssen die jeweils zugefügten Nachteile quantifizierbar sein. Außerdem muss das herrschende Unternehmen zum Ausgleich bereit und in der Lage sein.78 Eine weitere Schranke ergibt sich daraus, dass existenzgefährdende Eingriffe in die Organisation und Zweckverfolgung der abhängigen Aktiengesellschaft verboten sind. Leitgedanke des § 311 AktG ist, dass das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft geschützt ist und weiterhin schützbar bleiben soll. Wie das Konzerninteresse existiert diese Schranke auch beim Weisungsrecht. Wenn eine derartige Maßnahme nicht einmal im Vertragskonzern zulässig ist, kann sie erst recht nicht im bloß faktischen Verbund zulässig sein. Schließlich bildet – ebenfalls wie im Vertragskonzern – die Satzung eine Schranke, etwa hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes der abhängigen Gesellschaft.79 Von der Haftungsseite her unterscheidet beispielsweise K. Schmidt80 drei Arten von Maßnamen im faktischen Aktienkonzern: Maßnahmen, die nach § 311 AktG durch Nachteilsausgleich gerechtfertigt sind, Maßnahmen, die mangels Nachteilsausgleich nicht gerechtfertigt sind und deshalb nach §§ 317 f. AktG Schadensersatzfolgen auslösen und Maßnahmen, die schon ihrer Art nach nicht legalisierbar sind und analog §§ 317 f. AktG Schadensersatzfolgen auslösen. Der Vorstand einer abhängigen Aktiengesellschaft bleibt zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet (§ 76 AktG). Er unterliegt keiner 74 Herrschende Meinung: Flume AT I/2 § 4 IV; Gromann S. 59; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 33; K. Schmidt § 31 IV 2 b. 75 Flume AT I/2 § 4 IV; K. Schmidt § 31 IV 2 b. 76 Hüffer § 311 Rn. 43; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 34; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 311 Rn. 61; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20; K. Schmidt § 31 IV 2 b. 77 MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20; T. Raiser § 53 Rn. 9; K. Schmidt § 31 IV 2 b. 78 Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 311 Rn. 93, 99; MünchHdb.GesR IV/ Krieger § 69 Rn. 20; Kropff in: Geßler/Hefermehl, § 311 Rn. 43 f. 79 Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 311 Rn. 59; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 20. 80 § 31 IV 3 b; vgl. auch die etwas andere, da auch nicht ausgleichspflichtige Maßnahmen berücksichtigende, Einteilung bei Semler in: FS Stiefel, S. 719, 753.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Folgepflicht und hat Maßnahmen des herrschenden Unternehmens selbständig zu prüfen,81 wobei er sich allein am Interesse der abhängigen Gesellschaft zu orientieren hat. Damit reduzieren die fortbestehende Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes und seine Verpflichtung auf das Interesse der abhängigen Gesellschaft, die Effektivität der Verhaltenskoordinierung weiter. Die daraus bei Vorstandsdoppelmandaten wegen der gleichzeitigen Tätigkeit im Vorstand der Mutter möglicherweise resultierenden Interessenkonflikte82 verstärken dies zusätzlich. Im Ergebnis ist im faktischen Konzern wohl nur eine sehr beschränkte Einflussnahme und Verhaltenssteuerung möglich. Hommelhoff83 spricht sogar davon, dass ein faktischer Konzern mit einer Tochter-Aktiengesellschaft nur als extrem locker gefügter Konzern mit dezentral organisierter Leitungsstruktur geführt werden könne und der Vorstand des herrschenden Unternehmens auf einzelne unternehmenspolitische Vorgaben beschränkt sei. Inhaltlich84 gilt, dass Maßnahmen im Bereich der Konzernkontrolle weitestgehend zulässig sind, wobei aber eine nachträgliche Kontrolle allein keine nennenswerte Verhaltenskoordinierung bewirken wird. Zulässig ist auch ein umfassendes Informationssystem. Bei der Konzernplanung sind nachteilige Maßnahmen dagegen nicht unwahrscheinlich, sodass Einflussnahmen hier im Einzelfall zu bewerten sind. Gleiches gilt für die Konzernkoordinierung. Auch hier richtet sich die Zulässigkeit im Einzelfall nach der Möglichkeit nachteilige Maßnahmen auszugleichen. Insbesondere strukturändernde Geschäfte, die das unternehmerische Interesse der Gesellschaft beeinträchtigen, sind danach regelmäßig unzulässig.85 Andererseits wird darauf hingewiesen, dass einheitliche Leitung konstitutiv für den Konzern ist und daher die originären Führungsaufgaben der Konzerspitze auch im faktischen Konzern weitgehend zulässig sein müssen.86 cc) Im faktischen GmbH-Konzern Hier bieten sich für das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Mehrheitsmacht in der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Weisungsmöglichkeit (§ 37 GmbHG) umfangreichere Möglichkeiten, Einfluss auf die 81

MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 24; T. Raiser § 53 Rn. 10; Timm JuS 1999, 867, 867 f. 82 Dazu Decher S. 127 ff.; Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986), 570, 574; Hommelhoff Konzerleitungspflicht, S. 247 f.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 25; T. Raiser § 53 Rn. 11; Semler in: FS Stiefel, S. 719, 755 ff. 83 Konzernleitungspflicht, S. 146 f.; siehe auch ders. in: Konzernrechtsgespräch, S. 107, 119; ders., Gutachten, G 37. 84 Vgl. zum Folgenden Semler Rn. 313 ff. 85 Lübking S. 253. 86 Lutter AG 1990, 179, 182; ähnlich Scheffler AG 1990, 177 f., der auch im faktischen Konzern die strategische und die finanzielle Konzernführung weitgehend für zulässig hält, da sie für die Existenzsicherung der Unternehmung unentbehrlich sei.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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Unternehmensleitung zu nehmen als bei der AG. Auch die weitgehende Satzungsfreiheit, die beispielsweise die Einführung von Zustimmungsvorbehalten zugunsten des herrschenden Unternehmens ermöglicht, trägt dazu bei, dass es sich bei der GmbH um eine an den Einsatz im Konzern flexibel anpassbare Gesellschaftsform handelt. Indes ist umstritten, ob das herrschende Unternehmen seine Interessen ohne Beherrschungsvertrag zum Nachteil der abhängigen GmbH durchsetzen kann, wenn es den Nachteil alsbald ausgleicht.87 Überwiegend wird diese Möglichkeit, die eine sinngemäße Anwendbarkeit des § 311 AktG voraussetzen würde, verneint.88 Pflichtwidrig und damit in der Ausführung rechtswidrig ist jedenfalls eine Nachteilszufügung ohne Nachteilsausgleich.89 Damit lassen sich in der abhängigen GmbH trotz weitgehender Leitungsmöglichkeiten Konzerninteressen nur innerhalb der Bahnen verfolgen, die das Eigeninteresse der Tochtergesellschaft zieht. Weitere Schranken ergeben sich bei einer GmbH mit Minderheitsgesellschaftern aus den wechselseitigen Treuepflichten der Gesellschafter. Dementsprechend wird vertreten, eine Konzernkontrolle sei zwar fast uneingeschränkt möglich, Konzernplanung und Konzernkoordinierung aber nur insoweit, als mit den veranlassten Maßnahmen keine Nachteile verbunden seien.90 Strategische Leitungsmaßnahmen werden vom Schädigungsverbot indes nur ausnahmsweise erfasst, wenn sie zu einem voraussehbaren Schaden für die Gesellschaft führen.91 Auch eine konzernweite Personalpolitik ist in der Regel möglich, während Einflussnahmen im operativen Bereich und starke realwirtschaftliche Verflechtungen ein höheres Haftungsrisiko bergen.92 Hinfällig werden diese Schranken im Falle einer Einpersonengesellschaft oder bei Zustimmung der Minderheitsgesellschafter. Hier ist in den Grenzen der Kapitalerhaltung eine vollständige Unterordnung der abhängigen Gesellschaft unter die Interessen des herrschenden Unternehmens möglich.

87 Siehe Emmerich in: GmbH-Konzern, S. 13 ff.; ders. AG 1975, 285, 287 f.; Reuter in: MüKo4, vor § 21 Rn. 43; K. Schmidt § 39 III 2 c. 88 Bloß S. 24 u. 48 f.; Scholz/Emmmerich Anh. Konzernrecht Rn. 75; Emmerich/ Sonnenschein/Habersack § 30 III 1 a; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht S. 248 ff.; ders., Gutachten, G 71; Rowedder/Koppensteiner Anh. nach § 52 Rn. 74; Lübking S. 173; Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 16; Martens GmbHR 1984, 265, 268 f.; Reuter in: MüKo4, vor § 21 Rn. 43; Semler Rn. 342; Hachenburg/Ulmer Anh. § 77 Rn. 56; Ulmer ZHR 148 (1984), 391, 412 u. 416 ff.; a. A. Gäbelein AG 1990, 185, 187. 89 Emmerich in: GmbH-Konzern, S. 13; Hommelhoff, Gutachten, G 71; K. Schmidt § 39 III 2 c; anders wohl Gäbelein AG 1990, 185, 187. 90 Semler Rn. 343. 91 Lübking S. 179. Kreher S. 228 spricht sogar davon, dass die strategische Führung sanktionslos bleibt. 92 Kreher S. 228 f.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

dd) Im qualifiziert faktischen Konzern Der qualifiziert faktische Konzern kennzeichnet generell einen rechtswidrigen Zustand, der nur durch seine Beendigung, durch Legitimation im Wege der Zustimmung aller Gesellschafter im Falle einer GmbH93 oder durch Überführung in eine vertragliche Abhängigkeit beseitigt werden kann.94 Folglich ist auch die in ihm vorgenommene Verhaltenskoordination rechtswidrig. ee) Im Gleichordnungskonzern Im Gleichordnungskonzern erfolgt die Leitung der Gesellschaft im Zusammenwirken mit dem oder den Partnern der Gleichordnungsverbindung,95 d. h. nicht mehr nur eigenverantwortlich, sondern mitverantwortlich. Allerdings befinden sich die tatsächlichen Kräfteverhältnisse nicht immer in Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Leitbild paritätischer Leitung.96 Die Möglichkeiten der Umsetzung der einheitlichen Leitung sind hier weithin ungeklärt, da die einheitliche Leitung nur schwer mit der Verpflichtung der Unternehmensorgane auf das jeweilige Unternehmensinteresse zu vereinbaren ist.97 Die Begründung des Regierungsentwurfs98 sieht ein Weisungsrecht als zur Abstimmung der Geschäftspolitik nicht unbedingt erforderlich an und verweist auf die Möglichkeiten gemeinsamer Beratungen oder personeller Verflechtungen. In Orientierung an §§ 311 ff. AktG werden neutrale Weisungen trotzdem verbreitet für zulässig erachtet, nicht aber nachteilige und zwar überwiegend weder im faktischen noch im vertraglichen Gleichordnungskonzern.99 Koppensteiner100 sieht dem93 Vorausgesetz man billigt dem qualifiziert faktischen GmbH-Konzern überhaupt noch einen Anwendungsbereich zu. Siehe zur geänderten Rechtsprechung des BGH in diesem Bereich oben II. 2. a) aa) (3) (b) (cc). 94 K. Schmidt § 39 III 3 b; Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 135. 95 Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 291 Rn. 77; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 68 Rn. 86; auch Begründung RegE. bei Kropff S. 377. 96 Lutter/Drygala ZGR 1995, 557, 559 f. 97 Vgl. T. Raiser § 56 Rn. 11. 98 Bei Kropff S. 33. 99 Gromann S. 58 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 388 f.; Klippert S. 81 ff.; MünchHdb.GesR IV/Krieger § 68 Rn. 86; Lutter/Drygala ZGR 1995, 557, 565 ff.; teilweise werden dagegen im vertraglichen Gleichordnungskonzern nachteilige Weisungen für zulässig gehalten, vgl. etwa Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 4 IV 4 (bei qualifizierter Zustimmung der Gesellschafter zur Gründung des Gleichordnungskonzerns); K. Schmidt ZHR 155 (1991), 417, 428 ff. (für den Fall eines horizontalen Verlustausgleichs); Milde S. 152 ff. (bei Ergebnisgemeinschaft, ansonsten ablehnend, siehe a. a. O., S. 144 ff.); Wellkamp DB 1993, 2517, 2519 f. Dagegen scheint Grandpierre S. 162 ohne Begründung von einem Weisungsrecht des gemeinsamen Leitungsorgans auszugehen. 100 In: Kölner Kommentar § 291 Rn. 77; bzgl. der Derogation des § 76 AktG zustimmend Milde S. 138 f.; ablehnend K. Schmidt ZHR 155 (1991), 417, 428.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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gegenüber § 291 II AktG als Sonderregel auch gegenüber § 76 AktG an, welche die Unternehmensleitung im fremden Interesse gestattet. Diese Lösung würde eine weitergehende Verhaltenssteuerung und -koordination ermöglichen. e) Verhaltenskoordination im Konzern auf europäischer Ebene Die bisherige Darstellung hat sich am deutschen Recht orientiert. Da ein europäisches Konzernrecht nicht existiert, gibt es auf europarechtlicher Ebene auch keine einheitlichen Vorgaben für die zulässigen Mittel der Verhaltenskoordination im Konzern. Inwieweit eine (zentrale) Verhaltenslenkung möglich ist, richtet sich daher nach dem auf den Konzern jeweils anwendbaren Recht der Mitgliedstaaten. Die denkbaren Mittel der Verhaltenssteuerung entsprechen sich dabei, der Umfang ihrer Zulässigkeit differiert dagegen. Da das deutsche Konzernrecht hier mit der Legitimation der nachteiligen Gruppenleitung durch den Beherrschungsvertrag und die Eingliederung besonders weit geht, kann dieser Fall zugleich exemplarisch für die maximal mögliche Verhaltenskoordination im Konzern und die Ausgestaltung der zugehörigen Mittel stehen. Eine eingehende Untersuchung für die übrigen Mitgliedstaaten kann hier nicht geleistet werden. Ein kurzer vergleichender Blick auf das französische und das englische Recht101 soll daher genügen. aa) Zur Konzernleitung im französischen Recht Im französischen Recht ist eine Stellung der abhängigen Gesellschaft als selbständiges Profit Center ebenso möglich, wie ihre strategische Ausrichtung an Tätigkeit und Interesse des Konzerns. Solange die operative Autonomie der Gesellschaft am Markt besteht, sind auch einzelne strategische Eingriffe der Konzernleitung zulässig. Sie kann im Rahmen einer dezentralen Konzernführung Entscheidungen über die Ressourcenverteilung, Gewinnausschüttungen, die finanzielle Planung und Kontrolle sowie Investitionen und Deinvestitionen der Gesellschaft treffen. Allerdings sind weder Weisungen noch Zustimmungsvorbehalte zu Geschäftsführungsakten zulässig.102 Die Steuerung des Konzerns erfolgt daher in erster Linie über personelle Mittel, wie Doppelmandate und personelle Verflechtungen sowie die Möglichkeit der Abberufung der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft. Daneben stehen die übrigen Möglichkeiten informeller Einflussnahme, wie Budgets, Pläne oder ein konzerneinheitliches Controlling- und Rechnungslegungssystem zur Verfügung. Die im Einzelfall schwer zu lokalisierenden Grenzen der Konzernleitung ergeben sich aus dem 101 Vgl. dazu Lübking S. 142 ff.; zur Praxis der Konzernierung in Großbritannien auch Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 329, 330 f. 102 Lübking S. 158.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Interesse der Gesellschaft, das grundsätzlich zu beachten ist, dabei jedoch in einem Spannungsverhältnis zu einem zwar mittlerweile anerkannten, aber wenig präzisierten Konzerninteresse steht.103 Jedenfalls eine streng zentralistische Konzernführung ist nach französischem Recht nicht möglich. bb) Zur Konzernleitung im englischen Recht Auch das englische Recht betont das Interesse der eigenen Gesellschaft als Leitlinie der Geschäftsführung.104 Dieses Gesellschaftsinteresse wird aber, solange die Gesellschaft solvent ist, wesentlich durch die Interessen der Gesellschafter bestimmt, die dabei keiner Treupflicht unterliegen.105 Auf diesem Weg kann ein beherrschendes Unternehmen als Mehrheitsgesellschafter seine Interessen zur Geltung bringen. Daneben wird die Gesellschaft in der gegebenen Abhängigkeit vom Konzern betrachtet, weshalb auch das Wohlergehen von Muttergesellschaft und Gesamtkonzern in ihrem Interesse liegen kann. Dadurch ist eine weitgehende Berücksichtigung des Konzerninteresses möglich.106 Diese Voraussetzungen eröffnen erhebliche Freiräume für die Konzernleitung. Zwar sind verbindliche Weisungen auch hier unbekannt, doch stehen die verschiedenen Wege der informellen Einflussnahme und der personellen Verflechtung offen. Die Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft ist vom Mehrheitsgesellschafter und damit von der Konzernobergesellschaft abhängig.107 Mehrfachmandate in verschiedenen Konzerngesellschaften und ein einheitliches Controllingsystem sind möglich. Im Rahmen der Satzung der abhängigen Gesellschaft werden die Möglichkeiten der Konzernleitung regelmäßig ausgebaut und effektuiert. Einfacher als im französischen Recht ist die Zentralisierung von Funktionen, beispielsweise ein einheitliches Finanzmanagement, möglich. cc) Zwischenergebnis Alle drei angesprochenen europäischen Rechtsordnungen akzeptieren die Beherrschung der Gesellschaft und ihre strategische Ausrichtung an den Konzernzielen.108 Planungs-, Koordinierungs- und Kontrollaufgaben lassen sich über die 103 Lübking S. 160; vgl. auch Béjot in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 169, 170; Druey, Gutachten, H 11 f.; Guyon in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 76, 82 f. 104 Druey, Gutachten, H 27; Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 329, 333; Prentice in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 93, 98 f. 105 Druey, Gutachten, H 27. Ob auch der Mehrheitsaktionär keiner Treupflicht unterliegt ist unklar. Siehe Druey, a. a. O. 106 Lübking S. 170 f. u. 261 f.; Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 329, 333 f. Auch Druey, Gutachten, H 29. 107 Hadden in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, 329, 331 u. 337; Lübking S. 172.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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Gesellschafterstellung der Obergesellschaft und die Möglichkeiten zur Besetzung der Leitungsorgane wahrnehmen. Besonders die Allokation finanzieller Ressourcen auf die Töchter und die Kontrolle über den Erfolg ist davon abgedeckt. Einschränkungen ergeben sich dagegen für die Konzernleitung bei operativen Vorgaben der Konzernspitze oder bei der Zentralisierung von Funktionen.109 Dabei ist das deutsche Recht aus Sicht seiner europäischen Nachbarn bei der Ordnung der faktischen Konzernverhältnisse tendenziell konzernfeindlich eingestellt.110 Die Kommission geht hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten sogar davon aus, dass konzernabhängige Unternehmen stets als weisungsgebunden anzusehen sind, da die interne Gestaltung der Konzernverhältnisse und damit die Frage, ob der Konzern straff zentral geführt werde oder nicht, der Konzernspitze obliege und von außen kaum kontrollierbar sei.111 Rückhalt findet diese Ansicht in den zahlreichen Fällen des europäischen Wettbewerbsrechts, in denen die Konzernführung tatsächlich Weisungen erteilt hat. f) Verhaltenskoordination im Konzern im US-amerikanischen Recht Hinsichtlich des Bedürfnisses nach Verhaltenskoordination ist in den USA anerkannt, dass jedes Unternehmen in gewissem Maße intern den Markt und den dazugehörigen Wettbewerb zugunsten alternativer Entscheidungsmechanismen unterdrückt.112 Dies gilt auch für den Konzern, mit dessen Anerkennung notwendigerweise die Anerkennung eine partielle interne Koordination und Kooperation einhergeht.113 Dementsprechend wird von einem konzernabhängigen 108

Lübking S. 260. Siehe auch Druey, Gutachten, H 55. Lübking S. 280. 110 Druey, Gutachten, H 60. 111 Kommission, Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 172. 112 Posner/Easterbrook S. 728. 113 Siehe z. B. Murphy Tugboat Co. v. Shipowners & Merchants Towboat Co., Ltd., 467 F. Supp. 841, 860 (N.D. Cal. 1979) („[C]ommon ownership or control of corporations will inevitably bring about communications, understandings, and common actions among them in areas reached by section 1 such as production, distribution, and price“), aff’d on other grounds sub. nom., Murphy Tugboat Co. v. Crowley, 658 F.2d 1256 (9th Cir. 1981), cert. denied, 455 U.S. 1018 (1982). Areeda, Antitrust Law VII, } 1464c, S. 236 und ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453 bezeichnet konzerninterne Kontakte als „natürlich und effizient“ im Gegensatz zu solchen zwischen selbständigen Unternehmen, die den Wettbewerb gefährden. Wenn die Gründung von Tochtergesellschaften normalerweise aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unbedenklich ist, sollten auch der gewöhnliche Kontakt zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft nicht als unzulässig angesehen werden; so Areeda, Antitrust Law VII, } 1468, S. 275. Siehe auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984) („Coordination within a firm is as likely to result from an effort to compete as from an effort to stifle competition. In the marketplace, such coordination may be necessary if a business enterprise is to compete effectively.“). 109

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Unternehmen nicht erwartet, sich wie ein unabhängiges Unternehmen zu verhalten.114 Selbst die Verfechter einer interventionistischen kartellrechtlichen Linie, die sich für eine weitgehende wettbewerbsrechtliche Binnenkontrolle des Konzerns aussprechen, erkennen an, dass funktionale Integration notwendigerweise gemeinsames Handeln erfordert und ein Unternehmen sich selbst keinen Wettbewerb machen wird.115 Über die daraus resultierenden Koordinations- und Kontrollmöglichkeiten der Muttergesellschaft hinaus wird gelegentlich sogar eine entsprechende Kontrollpflicht angenommen,116 ohne dass sich dieser Gedanke bisher großer Beachtung erfreut hat. Ein rechtsverbindliches Weisungsrecht als Lenkungsinstrument des Konzerns ist in den USA nicht anerkannt. Die Einflussnahme erfolgt stattdessen durch personelle Verflechtungen, die Gesellschafterstellung der herrschenden Gesellschaft und den dadurch vermittelten Einfluss auf die Besetzung der Organe der abhängigen Gesellschaft, insbesondere des board of directors. Wie in den anderen bisher besprochenen Rechtsordnungen kann auch in den USA die Intensität der Konzernleitung stark variieren. Während Konzernunternehmen zum Teil wie selbständige Unternehmen agieren, kann in anderen Konzernen die Kontrolle über eine hundertprozentige Tochtergesellschaft so vollständig sein wie über eine Betriebsabteilung.117

114 In United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86, 113 f. (1978) stellt der Supreme Court die Abstimmung unabhängiger Wettbewerber, die keinen zulässigen Grund für enge und dauerhafte Konsultation und Zusammenarbeit haben, der zulässigen Kooperation von Konzernunternehmen gegenüber. Siehe auch Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 219, } 1469d, S. 280 f., der einen abweichenden Standard der Gerichte für das gemeinsame Handeln von Konzerngesellschaften feststellt. 115 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 778 u. 792 (1984) (Stevens, J., dissenting). Dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 241 („If that be true, should we not equally acknowledge that the single firm is not expected to refrain from the internal consultations and coordination that would constitute a conspiracy among unrelated firms?“). Auch der Supreme Court hat anerkannt, dass die Muttergesellschaft normalerweise nicht mit ihrer Tochter in Wettbewerb treten wird. Vgl. im Kontext eines Gemeinschaftsunternehmens United States v. Penn-Olin Chemical Co., 378 U.S. 158, 169 (1964) („If the parent companies [of a joint venture] are in competition, or might compete absent the joint venture, it may be assumed that neither will compete with the progeny in its line of commerce. Inevitably, the operations of the joint venture will be frozen to those lines of commerce which will not bring it into competition with the parents, and the latter, by the same token will be foreclosed from the joint venture’s market.“). In der Entscheidung United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86, 116 (1978) hieß es allerdings: „[E]ven commonly owned firms must compete against each other, if they hold themselves out as distinct entities.“ Areeda, Antitrust Law VII, } 1463g, S. 230 Fn. 27 meint jedoch, der Supreme Court habe hier lediglich sagen wollen „may not conspire unreasonably“. 116 Stengel Miss. L. J. 35 (1963), 5, 21. 117 Stengel Miss. L. J. 35 (1963), 5, 21.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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Grenzen ergeben sich bei nur teilweisem Anteilsbesitz aus den Interessen der Minderheitsgesellschafter. Eine Mehrheitsbeteiligung bringt zwar die Möglichkeit mit sich, die Gesellschaft zu kontrollieren, begrenzt indes durch die Pflicht, die Interessen der Minderheitsgesellschafter zu beachten.118 Herrschende und beherrschte Gesellschaft müssen at arm’s length, also als gleichberechtigte Verhandlungspartner, miteinander umgehen, wenn es das Interesse der Minderheit erfordert.119 Die Beteiligung an einer fremdbeherrschten Gesellschaft kann gerade aus dem Verständnis heraus erfolgen, dass die Muttergesellschaft mit ihrer Tochter stets auf gleicher Höhe verhandelt.120 Es ist allerdings auch der umgekehrte Fall denkbar, in dem eine Investition vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Tochtergesellschaft als integrierter Teil des Gesamtkonzerns geführt wird.121 Dementsprechend kann der Umfang der durch eine Minderheit verursachten Interessendivergenz im Konzern sehr unterschiedlich sein. Verschiedene Situationen können beispielsweise nach der Ebene unterschieden werden, auf der Mutter- und Tochtergesellschaft sich auf dem Markt begegnen. Wenn herrschende und beherrschende Gesellschaft in einer horizontalen Beziehung zueinander stehen, also auf derselben Marktstufe tätig sind, wird ihre Kooperation in der Regel den Interessen beider entsprechen, da beide von einer konzernweiten Abstimmung von Produktpaletten oder Preisen profitieren können.122 Schwieriger ist die Situation, wenn sie auf unterschiedlichen Marktstufen tätig sind. Hier mag der Minderheitsgesellschafter in einer Vertriebstochter zwar bereit sein, im Gegenzug dafür, dass die Muttergesellschaft keine Konkurrenz auf dem Vertriebslevel entfacht, einen nur begrenzten Profit zu akzeptieren,123 nicht aber, dass die Muttergesellschaft zum Nachteil der Tochter marktferne Verrechnungspreise festsetzt. Hier gehen die Interessen von Mutter- und Tochtergesellschaft auseinander. Jedenfalls den Interessen der Minderheitsgesellschafter wird nicht mehr entsprochen, wenn die Muttergesellschaft versucht, Gewinne auf Kosten ihrer Tochtergesellschaft zu erzielen.124 Allerdings wird eine vorherrschende Beteiligung grundsätzlich dahingehend verstanden, dass sie integrierte Aktivitäten erlaubt.125 Das board of directors einer amerikanischen corporation ist verpflichtet, im Interesse der Gesellschaft insgesamt und nicht nur einzelner Aktionäre zu handeln, selbst wenn diese Aktionäre die Mehrheit der Aktien halten.126 Bei perso118 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 252. Ähnlich Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 204 u. 210. 119 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 252 f. 120 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467b, S. 259. 121 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 253. 122 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d3, S. 254. 123 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d3, S. 255. 124 Vgl. Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 802. 125 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467b, S. 259.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

nellen Verflechtungen in den Führungsgremien bestehen fiduziarische Treuepflichten (fiduciary duties, hier vor allem die duty of loyalty) der Direktoren sowie der herrschenden Gesellschaft als Mehrheitsgesellschafter zugunsten der Minderheitsgesellschafter, die die Berücksichtigung des Konzerninteresses einschränken.127 Divergierende Interessen der Minderheitsgesellschafter müssen vom board berücksichtigt werden und soweit sich ergibt, dass die Interessen der Gesellschaft insgesamt von denen der Muttergesellschaft abweichen, muss das Leitungsgremium der Tochter in erster Linie im Interesse der eigenen Gesellschaft handeln.128 Die Missachtung der Interessen der Minderheit kann sonst eine Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht begründen. Indes sind diese Beschränkungen wegen ihrer Unbestimmtheit praktisch nicht sonderlich effektiv.129

126 Siehe Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 832324, 1986 WL 953, S. *5 (D.D.C. April 30, 1986); Henn/Alexander S. 652 („Since directors, with respect to the exercise of their management functions, owe fiduciary duties to the corporation to exercise unbiased judgment in the best interests of the corporation as a whole, any attempt by the directors to favor one intracorporate group to the detriment of another breaches such duties to the corporation . . .“); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 564; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 204 f. u. 211. 127 Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 306; Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 324 f. Zur Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters siehe z. B. Jones v. H.F. Ahmanson & Co., 1 Cal. 3d 93, 108, 460 P.2d 464, 471 (Cal. 1969) („[M]ajority shareholders . . . have a fiduciary responsibility to the minority and to the corporation to use their ability to control the corporation in a fair, just, and equitable manner. . . . Any use to which they put the corporation or their power to control the corporation must benefit all shareholders proportionately . . .“); Singer v. Magnavox Co., 380 A.2d 969, 976 (Del. 1977) („It is a settled rule of law in Delaware that . . . the majority shareholder . . . owes to the minority stockholders . . . a fiduciary obligation in dealing with the latter’s property.“); Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1160 Fn. 26 (La. 1986); Gevurtz S. 346 ff. („[C]ontrolling shareholders pick up the directors’ duty of loyalty when the controlling shareholders tell the directors what actions to take“, a. a. O., S. 348.); Henn/Alexander S. 654; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 802; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1425 f.; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 564 f.; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 204 u. 211. Diese Pflicht des Mehrheitsgesellschafters wird entweder unmittelbar aus dem dann als treuhänderische Beziehung verstandenen Verhältnis zum Minderheitsgesellschafter oder mittelbar von der Pflicht der Direktoren abgeleitet. Siehe Henn/Alexander S. 654. 128 Vgl. Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 564 f. („[T]he subsidiary’s board of directors or even the parent itself may owe allegiances to the minority which precludes the board from managing the subsidiary in accordance with the parent’s demands. . . . [T]here may be some instances in which a less than wholly owned subsidiary may exercise independent judgment and may pursue its own parochial interests to the extent that it constitutes a separate economic entity from the parent.“). 129 Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 306.

2. Möglichkeiten der Verhaltenskoordination im Konzern

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g) Ergebnis Innerhalb des Konzerns ist ein Bedürfnis, das Verhalten der rechtlich selbständigen Gesellschaften zu koordinieren, grundsätzlich anzuerkennen. Die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, stimmen auf deutscher, europäischer und US-amerikanischer Ebene weitgehend überein, wobei die Weisung in ihrer Reichweite am weitesten geht, sich aber der geringsten Verbreitung in den verschiedenen Rechtsordnungen erfreut. Dem Umfang zulässiger Koordinierung setzt allerdings bereits das Gesellschaftsrecht je nach Konzerntyp und anwendbarem Recht unterschiedlich enge Grenzen. Für die folgende wettbewerbsrechtliche Betrachtung bedeutet das, dass die konzerninterne Koordinierung von Verhaltensweisen einem Bedürfnis innerhalb des Konzerns entspricht und gesellschaftsrechtlich grundsätzlich anerkannt ist. Soweit dagegen die Einflussnahme bereits gesellschaftsrechtlich unzulässig ist, kann das auch kartellrechtlich nicht ohne Folgen bleiben, da es dann schon an einer zulässigen Möglichkeit, die Verhaltenskoordination im Konzern herbeizuführen, fehlt und relevante Interessenunterschiede bestehen.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

3. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens nach deutschem Recht Vereinzelt findet sich die Behauptung, im deutschen Recht sei die Beurteilung konzerninterner Absprachen nie wirklich streitig gewesen.1 Unabhängig von der näheren rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Beherrschungsverhältnisses gäbe es wettbewerbsbeschränkende Absprachen zwischen abhängigen und herrschenden Unternehmen nicht, da sie jeweils statt durch Vereinbarungen auch durch Weisungen herbeigeführt werden könnten, sodass es einer förmlichen Absprache nicht bedürfe. Abgesehen davon, dass bereits die langjährige kontroverse Debatte in der Literatur gegen die Annahme spricht, dass es hier keinerlei Meinungsverschiedenheiten gibt, kann dieser Ansicht schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil sie unzutreffend vom Bestehen von Weisungsrechten im faktischen Konzern, bei bloßen Abhängigkeitsverhältnissen und sogar bei schlichter Mehrheitsbeteiligung ausgeht. Außerhalb des Vertragskonzerns bestehen aber keine rechtlich bindenden Weisungsrechte, sodass Absprachen auch nicht durch Weisungen ersetzt werden können. Ein Verweis auf angeblich bestehende Weisungsbefugnisse ist daher als Lösung des Problems doch etwas zu pauschal und kann eine genauere Analyse des Tatbestandes des Kartellverbots und der dazu entwickelten Lösungsansätze nicht ersetzen. a) Rechtsprechung und Kartellbehörden Der suchende Blick richtet sich zunächst auf die Stellungnahmen von Rechtsprechung und Kartellbehörden. Beide haben aber zu den Auswirkungen konzernmäßiger Verbundenheit auf die Anwendung des Kartellverbots bisher nur vereinzelt Stellung genommen.2 Das Bundeskartellamt wendete das Kartellverbot auf die sogenannten „Respektierungsgrundsätze“ verbundener Versicherungsunternehmen der AllianzGruppe an.3 Dabei betonte es deren rechtliche Selbständigkeit und stellte fest, dass die in den Grundsätzen enthaltenen Vereinbarungen über den Organisationsschutz mit Bestimmungen über ein generelles Abwerbungsverbot die Tatbestandsmerkmale des § 1 GWB erfüllen. In einer späteren Stellungnahme ging das Bundeskartellamt dagegen davon aus, dass konzerninterne strategische Allianzen generell nicht vom Kartellverbot erfasst werden.4 1

Schütz WuW 1998, 335, 336. Zur geringen Anzahl von Fällen bisher in Deutschland siehe auch Rütsch S. 93. 3 BKartA TB 1977, 84 „Allianz-Respektierungsgrundsätze“. 4 BKartA TB 1989/1990, 31. Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 247 verstehen diese Stellungnahme so, dass das Bundeskartellamt § 1 GWB im konzerninternen Bereich für unanwendbar hält. 2

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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Das OLG Stuttgart sah in einem Fall, in dem die eine Vertragspartei auf die Geschäftsführung der anderen aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verbindungen einen beherrschenden Einfluss ausüben konnte, eine vertragliche Wettbewerbsbeschränkung zwischen beiden als kartellrechtlich irrelevant und bloße Folge der bereits bestehenden Abhängigkeit an.5 Die bisher eindeutigste Stellungnahme aus der deutschen Rechtsprechung liegt vom OLG Frankfurt vor. In der Entscheidung Guy Laroche ging das Gericht zunächst davon aus, dass aufgrund der bestehenden rechtlichen Selbständigkeit auch Verträge zwischen Konzernunternehmen unter das Kartellverbot fallen können.6 Soweit eine daraus resultierende Wettbewerbsbeschränkung jedoch nur Folge der Konzernbindung, also der einheitlichen Leitung mit entsprechenden Weisungen, sei, fehle ihr die Eignung zur Marktbeeinflussung. Für den zugrundeliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass die beteiligten Unternehmen als Tochtergesellschaften eines kapitalmäßig und personell verflochtenen Unterordnungskonzern mit Weisungsbefugnis keine wirtschaftliche Selbständigkeit hätten und daher nur das Verhalten des Konzerns insgesamt gegenüber Dritten wettbewerblich relevant sei. Im Rahmen des europarechtlichen Kartellverbots nahm das Gericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH konsequenterweise das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit an, in der die streitgegenständliche Alleinvertriebsvereinbarungen nur der internen Aufgabenverteilung dienten.7 Nicht eindeutig lässt die Entscheidung allerdings erkennen, ob grundsätzlich bereits das Bestehen einer Weisungsbefugnis für eine Freistellung ausreicht, oder ob das fragliche Verhalten auf einer Weisung beruhen muss.8 b) Uneingeschränkte Anwendung des Kartellverbots Eine uneingeschränkte Anwendung des Kartellverbots auf konzerninterne Verhaltensabstimmungen wurde früher vereinzelt vertreten.9 Sie wurde vor allem mit dem Anschein wirtschaftlicher Selbständigkeit begründet, den die Konzernunternehmen nach außen, insbesondere für die Marktgegenseite, erzeugen und der zu einer Gleichbehandlung mit tatsächlich unabhängigen Unternehmen führen müsse.10 Heute besteht Einigkeit darüber, dass ein völliges Außerachtlas5

OLG Stuttgart v. 27.06.1980, WuW/E OLG 2353, 2355 „Leitgroßhändler“. OLG Frankfurt v. 22.04.1985, WuW/E OLG 3600, 3601 „Guy Laroche“. 7 OLG Frankfurt v. 22.04.1985, WuW/E OLG 3600, 3601 „Guy Laroche“. 8 Vgl. Potrafke S. 102. 9 E. Ulmer Archiv für Presserecht 1957, 1, 3; Zeitler WuW 1959, 621, 627 f. u. 634 f. Ebenso Fikentscher und Duden in unveröffentlichten Gutachten zu den Konzernrabatten für Zeitungsanzeigen, zitiert nach Harms S. 40. 10 Zeitler WuW 1959, 621, 627 f. u. 634 f. Es bestehen Zweifel, ob dieser an handelsrechtlichen Rechtsscheinsgrundsätzen angelehnte Gedanke im Kartellrecht tragfä6

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

sen der Konzernverbundenheit den wirtschaftlichen Realitäten nicht gerecht wird.11 Ansonsten würde insbesondere für die einheitliche Leitung eines Konzerns kaum noch Raum bleiben und die Existenz eines voll integrierten Konzerns unmöglich werden.12 Dies gilt umso mehr als eine Konzernleitungspflicht, d. h. eine Pflicht des Vorstandes einer herrschenden AG oder GmbH, den herrschenden Einfluss auf ein abhängiges Unternehmen auszunutzen und dieses zu leiten, heute im Grundsatz anerkannt ist, wenn auch ihr genauer Umfang umstritten ist.13 Konzerne zu untersagen lag nicht im Gesetzeszweck des GWB. Wettbewerbspolitisch wären ein derartiges Verständnis auch nicht sinnvoll, da es Konzerne zur Vollfusion drängen würde und somit konzentrationsfördernde Wirkung hätte. Des Weiteren sind die Ausgangsbedingungen zwischen konzernverbundenen und unabhängigen Unternehmen verschieden. Während Letztere sich nur auf dem Markt begegnen, stehen Erstere darüber hinaus aufgrund finanzieller und personeller Verflechtungen, sowie sonstiger Abhängigkeitsverhältnisse im Rahmen des Konzernverbunds in umfangreichen Beziehungen zueinander. Diese Beziehungen modifizieren die Wettbewerbssituation sowohl hinsichtlich des Entstehens und Fortbestehens von Wettbewerb als auch hinsichtlich seiner Durchführung.14 Wettbewerb zwischen Konzernunternehmen kann im Rahmen der einheitlichen Leitung verhindert oder aufgrund finanzieller Interdependenzen gemieden werden. Das Wettbewerbsverhalten einzelner Konzernunternehmen kann von der Konzernspitze kraft gesellschaftsrechtlich vermittelter Positionen beeinflusst werden. Ein Anreiz zum Wettbewerb besteht im Wesentlichen nur dann, wenn sich die konzernverbundenen Unternehmen davon insgesamt einen höheren Gewinn versprechen, nicht hingegen, wenn nur eine interne Gewinnverschiebung winkt. Insgesamt hängt das Ob und Wie von Wettbewerb im Konzern weitgehend vom Willen der Beteiligten, insbesondere von der Konzernspitze und den von ihr definierten Interessen des Konzerns ab. Verbundene Unternehmen können dem Kartellverbot daher nicht in gleicher Weise unterfallen wie unverbundene. Strittig ist jedoch, wo die Grenze im Einzelnen liegt.

hig wäre, vgl. Ulmer WuW 1960, 163, 173 Fn. 66. Zur Relevanz des Auftretens nach außen auch unten III. 7. c). 11 Schroeder WuW 1988, 274, 276. Zum französischen Kartellrecht, das konzerninterne Vereinbarungen ebenfalls freistellt, da eine Kartellvereinbarung unabhängige Entscheidungsträger voraussetzt, vgl. Assant ECLR 1990, 65, 65 f. 12 So bereits Harms S. 121. 13 Siehe grundlegend Hommelhoff, Konzernleitungspflicht; sowie z. B. Kropff ZGR 1984, 112; K. Schmidt § 17 II 1 a; Scheffler AG 1990, 173, 173. 14 Vgl. dazu Grandpierre S. 18 ff. und ausführlich unten III. 7. a) ee).

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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c) Lösung im Rahmen des Unternehmensbegriffs aa) Ausgangspunkt Ein denkbarer Ansatzpunkt für die kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltensweisen ist die Unternehmenseigenschaft der einzelnen Konzernunternehmen. Würde es sich bei diesen nicht um Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts handeln, so käme ein Verstoß gegen das Kartellverbot im konzerninternen Bereich schon deshalb nicht in Betracht, weil es an zwei (oder mehr) Unternehmen als Beteiligten fehlen würde. Der Tatbestand des Kartellverbots wäre nicht erfüllt und das Problem konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen einer einfachen Lösung – und zwar im Sinne einer generellen Privilegierung – zugeführt. Schwierige Fragen im Rahmen der weiteren Tatbestandsmerkmale stellten sich dann nicht mehr. Im Gegensatz zum Konzern sind die einzelnen Konzernunternehmen aber jedenfalls rechtlich selbständig. Dass sie, wenn sie mit Dritten außerhalb des Konzerns Verträge schließen oder abgestimmte Verhaltensweisen praktizieren, als Unternehmen anzusehen sind, wird soweit ersichtlich nicht bestritten.15 Es versteht sich von selbst, dass ein Unternehmen nicht dadurch Exemtion von der Anwendung des Kartellverbots erlangt, dass es im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens steht.16 bb) Konzernunternehmen keine Unternehmen im konzerninternen Bereich Koordinieren Konzernunternehmen dagegen ihr Verhalten in wettbewerbsbeschränkender Weise innerhalb eines Konzerns, sind also an der fraglichen Verhaltensweise nur Gesellschaften eines Konzerns beteiligt, so wird teilweise angenommen, dass sie insoweit nicht als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts anzusehen sind.17 15 Siehe nur OLG Düsseldorf v. 18.03.1969, WuW/E OLG 981, 981 f. „Zeitungsgroßhandel“; bestätigt durch BGH v. 09.12.1969, WuW/E BGH 1061 „Zeitungsgroßhandel II“; v. Gamm § 1 Rn. 11; Grandpierre S. 76; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 82; Harms S. 158; Langer S. 41; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 26; Müller/ Gießler/Scholz § 1 Rn. 38 b; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 49. Auf ein anderes Ergebnis läuft allerdings die Ansicht von Potrafke S. 128 ff. hinaus, da er soweit er den Konzern als Unternehmen ansieht die Unternehmenseigenschaft der Konzerngesellschaften auch im Außenverhältnis ablehnt. 16 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 82. 17 Harms S. 158; ders. in: FS Hartmann, S. 165, 177 f.; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 41 f.; Neumann WuW 1957, 561, 562 f.; wohl auch Schütz WuW 1988, 1015; differenzierend je nach Art der Konzernleitung Rinck/Schwark Rn. 251. Eine im Ergebnis ähnliche Lösung, allerdings auf der Basis der von ihm vertretenen Idee des polykorporativen Unternehmens, vertritt Bälz in: FS L. Raiser, S. 287, 333 f.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Ansatzpunkt ist dabei teilweise die für den Unternehmensbegriff erforderliche Selbständigkeit. An dieser soll es im Innenverhältnis, also bei konzerninternen Vorgängen fehlen. Dabei bestreiten auch die Verfechter dieser Lösung nicht die bestehende rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen, sie fordern aber weitergehend, dass ein Unternehmen auch wirtschaftlich selbständig ist. Dieses Erfordernis geht zurück auf die Definition des Kartellbegriffs unter der Kartellverordnung von 192318, in der es zur Abgrenzung des Konzerns vom Kartell, in dem die Mitglieder ihre wirtschaftliche Selbständigkeit behalten, benutzt wurde.19 An der wirtschaftlichen Selbständigkeit soll es den Konzernunternehmen aufgrund des Weisungsrechts der Konzernleitung fehlen, sie soll vielmehr nur dem Konzern selbst zukommen.20 Alle geschäftlichen Vorgänge bei den Konzernunternehmen werden dabei letzten Endes als Äußerungen der von der Konzernleitung festgelegten Geschäftspolitik angesehen. Teilweise wird für die Einordnung der Konzernunternehmen auch darauf abgestellt, ob die Konzernleitung ihr Weisungsrecht tatsächlich ausübt oder ob die Konzernunternehmen selbständig handeln.21 Nur in letzterem Fall wird ihnen die Unternehmenseigenschaft zugestanden. Für Harms folgt die Möglichkeit der Unterscheidung von Innen- und Außenverhältnis aus seiner Sichtweise des Konzerns als Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, in welcher die Konzerngesellschaften die Gesellschafter sind.22 Vereinbarungen innerhalb eines Konzerns sind seiner Meinung nach daher nicht Vereinbarungen zwischen Unternehmen, sondern Vereinbarungen innerhalb eines Unternehmens, die lediglich Ergänzungen oder Ausführungsbestimmungen des Gesellschaftsvertrages darstellen.23 Zu dieser Lösung ist einschränkend anzumerken, dass Harms von einem gegenüber dem Konzernrecht engeren Konzernbegriff ausgeht und seine Lösung nur auf diese Unternehmensverbindungen bezieht, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet sind, dass die Konzernge18 Verordnung gegen Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen v. 02.11.1923, RGBl. 1923, Teil I, S. 1067 (KVO). 19 Grandpierre S. 37. 20 Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 41; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 12 u. 15. Funck S. 115 f., der den Konzernunternehmen im Innenverhältnis die Unternehmenseigenschaft abspricht und sie dem Konzern selbst zuordnet, begründet dies nicht mit der fehlenden wirtschaftlichen Selbständigkeit, sondern stellt stattdessen auf den fehlenden Entscheidungs- und Handlungsspielraum der Konzernunternehmen im Verhältnis zur Konzernspitze ab. Im Ergebnis läuft das aber auf das Gleiche wie das Kriterium wirtschaftlicher Selbständigkeit hinaus. 21 Gandenberger S. 114 f.; ähnlich Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 36, der die Unternehmenseigenschaft ablehnt, soweit die weisungsmäßige Abhängigkeit des Konzernunternehmens reicht. Ähnlich auch Würdinger WuW 1961, 745, 748 Fn. 9; wohl auch Müller-Uri Rn. 46. 22 Harms S. 103 ff. u. 158; zur Kritik an dieser Lösung bereits oben II. 2. b) bb) (5) (a). 23 Harms S. 158, insbesondere Fn. 88.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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sellschaften nicht gegen den Willen der Konzernspitze aus dem Konzernverbund ausscheiden können.24 Für bestimmte Konzerne vertritt auch Potrafke eine Lösung über den Unternehmensbegriff.25 Aufgrund der von ihm vertretenen Exklusivität des Unternehmensbegriffs entfällt die Unternehmenseigenschaft der Konzerngesellschaften nach seiner Ansicht, soweit er den Konzern als Unternehmen anerkennt und ihm im Einzelfall eine Handlung zuordnet. Konkret soll dies der Fall sein, wenn der Konzern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist und die Konzerngesellschaften im Rahmen des Gesellschaftsvertrages eine Pflicht zur Vornahme der konkreten Handlung trifft.26 Als GbR erkennt Potrafke dabei nur den vertraglichen Gleichordnungskonzern an.27 Als Folge dieser Ansicht(en) wären konzerninterne Vereinbarungen und Beschlüsse ebenso irrelevant wie Absprachen zwischen unselbständigen Betriebsabteilungen oder Filialen eines Einheitsunternehmens. Konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen würden dem Kartellverbot generell nicht unterfallen. Sie kann daher als Vorteil für sich in Anspruch nehmen, dass sie klare Verhältnisse schafft. Die Hauptschwierigkeit und gleichzeitig die entscheidende Weichenstellung liegt für diese Ansicht darin zu klären, wann ein Konzern vorliegt. cc) Mängel der Lösung über den Unternehmensbegriff Hinter der Argumentation im Rahmen der wirtschaftlichen Selbständigkeit steht bei den meisten Vertretern dieser Ansicht letztlich die bereits angesprochene Alternativität der möglichen Unternehmen.28 Es wird der Gedanke zugrunde gelegt, dass nur entweder der Konzern oder die Konzernunternehmen Unternehmensqualität aufweisen können. Wenn vorgetragen wird, dass es den Konzernunternehmen an wirtschaftlicher Selbständigkeit mangele, so zeigt sich hier ein Grundverständnis, das die Möglichkeit eines Unternehmens im Unternehmen ausschließt. Wie gezeigt, wird aber ein Verständnis, das die Unternehmenseigenschaft nur auf einer Ebene des Konzerns für möglich hält, der Komplexität des Konzerns nicht gerecht. Es handelt sich insofern um eine nicht gebotene Vereinfachung, die die Abstufungen von Einheit und Vielheit im Konzern nicht angemessen berücksichtigt und daher abzulehnen ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beurteilung der Unternehmenseigenschaft der 24

Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181; dazu bereits oben II. 2. a) bb) (3) (b). Siehe Potrafke S. 126 ff. Zu dieser Ansicht und zur Kritik an ihr ausführlich oben II. 2. b) bb) (7) (c). 26 Potrafke S. 129 f., 260. Potrafke nennt als Beispiel für derartige Pflichten Beitrags- und Förderpflichten. 27 Potrafke S. 204 f., 209, 260. 28 Siehe dazu oben II. 2. b) bb) (4). 25

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Konzernunternehmen nicht von der des Konzerns abhängt. Ihre Unternehmenseigenschaft wird also nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Konzern selbst die Anforderungen an den Unternehmensbegriff erfüllt, soweit er eine wirtschaftliche Einheit bildet. Sie ist vielmehr eigenständig unter Zugrundelegung der an ein Unternehmen zu stellenden Anforderungen zu beurteilen. Hierbei zeigt sich zunächst, dass mehrere Prämissen der Verfechter einer Lösung über den Unternehmensbegriff unzutreffend sind. So entspricht die Annahme, alle Handlungen der Konzernunternehmen seien nur Ausdruck der Geschäftspolitik der Konzernleitung, so pauschal nicht der Wirklichkeit. Zwar sind die Konzernunternehmen regelmäßig wirtschaftlich nicht selbständig und nicht entscheidungsautonom, da die Planungsfreiheit nicht bei ihnen, sondern bei der Konzernspitze liegt.29 Sie können aber je nach Konzernorganisation und -führung über beachtliche Spielräume zur eigenständigen Gestaltung ihres Marktverhaltens verfügen. Dies ist beispielsweise bei divisionaler Konzernstruktur der Fall, wenn die Konzernunternehmen als Profit Center agieren. Auch steht der Konzernleitung nicht in jeder Konzernform ein rechtsverbindliches Weisungsrecht zu, sodass die darauf gestützte Ablehnung der Unternehmenseigenschaft der Konzernglieder ebenfalls nicht für alle Konzernformen Gültigkeit beanspruchen kann.30 Außerdem wären die Konzernunternehmen jedenfalls als potentielle Unternehmen anzuerkennen, da sie nach Zustimmung der Konzernleitung oder nach Auflösung des Konzernverbundes auch wirtschaftlich selbständig am Markt auftreten können.31 Die Unternehmenseigenschaft kann insofern nicht davon abhängen, ob und in welchem Umfang die Konzernspitze Leitungsmacht tatsächlich ausgeübt hat, da sie dies jederzeit ändern kann.32 Dass die Einstufung des Konzerns als Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein gangbarer Weg ist, wurde bereits bei der Unternehmenseigenschaft des Konzerns festgestellt.33 Auch grundsätzliche Erwägungen sprechen gegen eine Lösung über den Unternehmensbegriff. Als eine zentrale Anforderung an ein Unternehmen im Sinne des GWB wurde die Fähigkeit zur eigenständigen Teilnahme am Markt ausgemacht.34 Konzernunternehmen können aber durch ihren rechtlich selbständigen Unternehmensträger am Geschäftsverkehr teilnehmen.35 Diese Teilnahme des Konzernunternehmens am Markt beruht auf einem in seinen eigenen Organen 29

Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 25. Köhler NJW 1978, 2473, 2479. 31 Potrafke S. 118 f.; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 50. 32 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 50. Zimmer verweist unterstützend auf den Fall BGH v. 26.10.1959, BGHZ 31, 105 „Gasglühkörper“, indem der BGH die betroffene Gesellschaft als potentielles Unternehmen anerkannt hat, obwohl diese in ihrer Marktteilnahme eher noch stärker eingeschränkt war als eine Konzerngesellschaft. 33 Siehe oben II. 2. b) bb) (5) (a). 34 Siehe oben II. 2. b) bb) (6) (a). 30

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gebildeten Willen, auch wenn dieser Wille möglicherweise durch die Konzernspitze beeinflusst und daher fremdbestimmt ist.36 Konzernunternehmen sind eigenständig handelnde Marktteilnehmer und erfüllen damit die wesentliche Anforderung an ein Unternehmen. Dagegen wird wirtschaftliche Selbständigkeit bei einem Unternehmen zwar regelmäßig vorliegen, erforderlich ist sie für die Unternehmenseigenschaft indes nicht.37 Das Selbständigkeitspostulat ist in seiner Reichweite insgesamt nicht gesichert.38 Es sollte daher auf seine Funktion im Rahmen der Zuordnung beschränkt bleiben und nicht im Sinne einer weitreichenden wirtschaftlichen Selbständigkeit interpretiert werden. Im Übrigen lässt diese Lösung die entscheidende Frage, wann ein Unternehmen wirtschaftlich selbständig ist, gerade offen.39 Will man dies nicht schlicht mit dem Verweis auf die Konzernverbundenheit beantworten und so der Konzerndefinition unvorhergesehenes wettbewerbsrechtliches Gewicht verleihen,40 bedarf es eines normativen Maßstabes, der nicht geliefert wird. Da die wirtschaftliche Selbständigkeit mithin nicht als Teil des Unternehmensbegriffs anzuerkennen ist, kann es auch nicht auf den Anschein wirtschaftlicher Selbständigkeit41 ankommen, den die Konzernunternehmen bei ihrem Auftreten auf dem Markt möglicherweise setzten.42 Des Weiteren führt eine Verneinung der Unternehmenseigenschaft von Konzernunternehmen im Innenverhältnis zu einem gespaltenen Unternehmensbegriff.43 Das Konzernunternehmen wäre Unternehmen nur für konzernexterne Beziehungen. Die Unternehmenseigenschaft hinge davon ab, mit wem ein Ver35 Grandpierre S. 76; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 86; Miethke S. 21; H. Scholz S. 67. 36 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 51; ähnlich Hootz in: GK5, § 1 Rn. 26; Klippert S. 107. 37 OLG Düsseldorf v. 06.11.1981, WuW/E OLG 2631 „Heilwasser“; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 15; Fikentscher WuW/E BGH 365; Funck S. 115; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Grandpierre S. 80; Harms S. 103 ff.; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 27 und 124; Klippert S. 106; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 1 Rn. 99; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 26; Miethke S. 24; Mulert S. 26; Rittner § 6 Rn. 26; H. Scholz S. 67. 38 Zur Selbständigkeit oben II. 2. b) bb) (5) (d) u. (7) (a); sowie Hootz in: GK5, § 1 Rn. 22; Miethke S. 22 ff. 39 Fleischer AG 1997, 491, 493 f. 40 Für diesen Weg steht exemplarisch Harms, der die Lösung in einem eigenständigen, gegenüber dem Aktienrecht engeren Konzernverständnis erblickt, vgl. Harms S. 275. Dazu bereits oben II. 2. a) bb) (3) (b). 41 So Zeitler WuW 1959, 621, 627 f. Dazu bereits oben III 3 b. 42 Ebenso Klippert S. 106. 43 Fleischer AG 1997, 491, 494; Klippert S. 105 f.; Langer S. 41; Pohlmann EWiR 1996, 307, 308 (relativer Unternehmensbegriff); Schroeder WuW 1988, 274, 276; sowie Funck S. 116 hinsichtlich seiner eigenen Lösung. Leo, Kartellrundschau S. 11, 25 nennt dies den „Januskopf des Unternehmensbegriffs“; Grandpierre S. 77 und Miethke S. 22 sprechen von „relativer wirtschaftlicher Selbständigkeit“; die Problematik sieht

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trag abgeschlossen wird. Die Fragen nach dem Vertragspartner und nach dem Inhalt des Vertrages können sich zwar im Rahmen des Vorliegens oder der Spürbarkeit einer Wettbewerbsbeschränkung auswirken, sie betreffen aber nicht die Unternehmenseigenschaft.44 Diese kann einer Einheit nicht je nachdem, mit wem sie gerade einen Vertrag abschließt einmal zu- und einmal abgesprochen werden.45 Eine andere Lösung überfrachtet den Unternehmensbegriff. Im Übrigen verwickelt sich ein gespaltener Unternehmensbegriff dann vollends in Widersprüche, wenn an einem Vertrag zwei Konzernunternehmen und ein konzernfremdes Unternehmen beteiligt sind. Die Konzernunternehmen müssten innerhalb ein und desselben Rechtsgeschäfts sowohl als Unternehmen als auch als Nichtunternehmen angesehen werden.46 dd) Zum dogmatischen Anknüpfungspunkt Die Diskussion hat bereits zahlreiche Schwächen einer Lösung des Problems über den Unternehmensbegriff offenbart. Der zentrale Mangel liegt jedoch darin, dass dieser Ansatz einen unzutreffenden dogmatischen Anknüpfungspunkt wählt und sich so auf eine begriffliche Lösung beschränkt, ohne die entscheidenden inhaltlichen Fragen zu klären. Das zeigt auch die folgende Überlegung. Vergleicht man die Konstellation, in der ein konzernexternes Unternehmen an dem relevanten Verhalten beteiligt ist und das Konzernunternehmen daher jedenfalls Unternehmen ist, mit der Konstellation, in der ausschließlich Unternehmen desselben Konzerns beteiligt sind, so ergibt sich, dass auf der einen Seite stets der gleiche Beteiligte vorzufinden ist, nämlich ein Konzernunternehmen. Was sich ändert ist der zweite Beteiligte und damit die Situation zwischen den beteiligten Subjekten. Das heißt aber, dass es in Wirklichkeit gar nicht um die Einstufung eines Subjekts als Unternehmen geht, sondern um die Beurteilung der Beziehung zwischen (mehreren) Subjekten. Diese Modalität differiert zwischen den beiden Konstellationen, da in der zweiten Variante die Beteiligten konzernverbunden sind. Die Beurteilung der Beziehung zwischen Unternehmen obliegt aber nicht dem Unternehmensbegriff, sondern den Tatbestandsmerkmalen, die sich mit Mittel (Vereinbarung, abgestimmte Verhaltensweise) und Gegenstand (Wettbewerbsbeschränkung) des Zusammenwirkens zwischen Unternehmen befassen.47 Dort ist also der Ansatzpunkt für eine inhaltliche Lösung auch Heitzer S. 68. Als ungeeignet bezeichnet diesen Kritikpunkt dagegen Buntscheck S. 94. 44 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 86. 45 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 86; Klippert S. 106; Loewenheim in: Loewenheim/ Belke, § 1 Rn. 26. 46 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Langer S. 43. 47 Grandpierre S. 76 f. u. 81.

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des Problems zu suchen. Das Problem liegt nicht im Angesprochensein durch das Gesetz überhaupt, sondern im Verhältnis zu anderen Unternehmen. Dass der Unternehmensbegriff nicht der richtige Ansatzpunkt sein kann, bestätigt auch ein Blick auf das amerikanische Antitrustrecht. Obwohl die kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltensweisen auch dort ein Problem ist, kommt eine Lösung über den Unternehmensbegriff in den USA gar nicht erst in Betracht, da das US-amerikanische Kartellverbot den Begriff „Unternehmen“ nicht verwendet.48 Der Verweis auf die wirtschaftliche Selbständigkeit und in der Folge auf die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit im Rahmen der Lösung über den Unternehmensbegriff zeigt, dass hier Überlegungen, die sachlich zur Frage nach dem beschränkbaren Wettbewerb und dem Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung gehören, im Rahmen des Unternehmensbegriffs erörtert werden.49 Auch die Rechtfertigung des Erfordernisses der wirtschaftlichen Selbständigkeit durch die Feststellung, der im Wettbewerbsrecht geschützte marktwirtschaftliche Wettbewerb könne nur zwischen Einheiten mit eigener Planungs- und Entscheidungsgewalt bestehen50, bestätigt, dass es eigentlich um Fragen des zu schützenden Wettbewerbs geht, die nicht zum Unternehmensbegriff gehören. Zwar berücksichtigt diese Lösung damit im Ansatz materielle Erwägungen, allerdings ohne sie zu konkretisieren. Der Unternehmensbegriff bleibt der unzutreffende Ansatzpunkt für die adäquate Erfassung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen. Gerade der Rückgriff auf Kriterien, die im Rahmen anderer Tatbestandsmerkmale zu erörtern sind, bestätigt dies. Falls ein Unternehmen über keine wettbewerbsrechtlich relevante Handlungsfreiheit verfügt, mag es an einer Wettbewerbsbeschränkung fehlen, aber nicht an der Unternehmensqualität des Unternehmens. Die Lösung über den Unternehmensbegriff ist überdies begrifflich,51 da sie durch die Ablehnung der Unternehmenseigenschaft die entscheidenden wettbewerbsrechtlichen Fragen ausspart. Wann wirtschaftliche Selbständigkeit vorliegt lässt sich nicht mit philologischen Abgrenzungen klären. Dazu bedarf es eines normativen Maßstabes, der die Wertungen des Kartellverbots berücksichtigt. Schließlich hat eine nicht am Unternehmensbegriff orientierte Lösung für sich, dass sie auch bei den §§ 17 f. GWB, die eine Einschränkung auf Unternehmen nicht enthalten, greift.52

48 Fleischer AG 1997, 491, 494. Der Wortlaut von section 1 Sherman Act findet sich oben II. 4. b) bb). 49 Grandpierre S. 76; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 26. Auch Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 7 kritisieren, dass bei einer Lösung über den Unternehmensbegriff wettbewerbsrechtliche Wertungen stillschweigend vorweggenommen werden. 50 So Gandenberger S. 113. 51 Fleischer AG 1997, 491, 493; Huber ZHR 131 (1968), 193, 211; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 200; Möschel Rn. 191.

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ee) Ergebnis Wie konzerninterne Verhaltensweisen kartellrechtlich zu beurteilen sind, lässt sich dem Unternehmensbegriff nicht entnehmen. Seine Anforderungen sind auch hinsichtlich der Konzerngesellschaften erfüllt. Eine Antwort auf die Frage ist „nicht in der Terminologie, sondern allein in der Teleologie des Gesetzes“ zu finden.53 Konzernunternehmen sind daher im Außenverhältnis wie im Innenverhältnis als Unternehmen anzusehen.54 Damit erfüllen sowohl der Konzern, soweit er eine wirtschaftliche Einheit bildet, als auch die einzelnen Konzernunternehmen die Anforderungen an den Unternehmensbegriff.55 d) Ansätze außerhalb des Tatbestands des Kartellverbots zur generellen Privilegierung konzerninterner Verhaltensweisen Die Ablehnung der Unternehmenseigenschaft der Konzernunternehmen ist der verbreiteteste Weg, um eine generelle Privilegierung konzerninternen Verhaltens zu begründen. Aber auch einige andere Ansätze, die nicht an ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Kartellverbots anknüpfen, führen zu diesem Ergebnis. aa) Privilegierung aufgrund der Gesetzessystematik Teilweise56 werden konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen mit der Begründung als generell vom Kartellverbot ausgenommen angesehen, dass sie ein 52 Schroeder WuW 1988, 274, 277; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 13. Dies erkennt auch Funck S. 121. 53 Fleischer AG 1997, 491, 494; ähnlich Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 7. 54 OLG Düsseldorf v. 06.11.1981, WuW/E OLG 2631 „Heilwasser“; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 15; Fikentscher WuW/E BGH 365; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Grandpierre S. 81; Haberkorn GRUR 1962, 449, 452; ders. WRP 1967, 39, 41; Heitzer S. 68; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 26 u. 124; Huber ZHR 131 (1968), 193, 211; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 86; Klippert S. 106 f.; Köhler NJW 1978, 2473, 2479; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 26; Miethke S. 21 u. 27; Möschel Rn. 191; Mulert S. 26; Rittner § 6 Rn. 26 u. § 7 Rn. 47; H. Scholz S. 67; Schroeder WuW 1988, 274, 276 f.; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 13; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 43; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 51 u. 149; inzident auch OLG Frankfurt v. 22.04.1986, WuW/E OLG 3600, 3601 „Guy Laroche“; wohl auch v. Gamm § 1 Rn. 11. 55 So ohne Einschränkung auf die wirtschaftliche Einheit auch Funck S. 114 f.; Haberkorn NJW 1960, 86, 87 (für Art. 65 MV); ders. GRUR 1962, 449, 452; ders. WRP 1967, 39, 41; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 4; mit Einschränkungen Rinck Rn. 778 f. Rehbinder S. 80 bezeichnet die Konzerngesellschaften als Unternehmen in niederer Stufung. 56 Mulert S. 58 ff.

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untrennbarer Aspekt der einheitlichen Leitung des Konzerns seien. Die einheitliche Leitung wird, wie der Konzern insgesamt, als durch §§ 22 f. GWB a. F. (§ 19 und §§ 36 f. GWB n. F.) gebilligt angesehen. Aus dieser Billigung wiederum wird auf die Freistellung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen geschlossen. Konzerninternes Verhalten wird also dem Kartellverbot unter Hinweis auf die Sonderregeln für Konzerntrationsvorgänge und für marktbeherrschende Unternehmen im GWB entzogen.57 So wird etwa aus § 22 VI GWB a. F. gefolgert, dass das Gesetz die juristisch selbständigen Konzernunternehmen derart zu einem Gesamtunternehmen zusammengefasst habe, dass bei der Wertung des von dieser Unternehmensgesamtheit ausgehenden Markteinflusses ein zwischen den einzelnen Konzerngliedern bestehender Wettbewerb unbeachtet bleiben müsse.58 Aus der Systematik soll sich ergeben, dass Unternehmen nur unabhängige, nicht konzernverbundene Unternehmen sind.59 Hier nähert sich dieser Lösungsweg der Lösung über den Unternehmensbegriff an. Letztlich überzeugt die Ableitung eines Konzernprivilegs aus der Systematik des Gesetzes indes nicht. Der Verweis auf die Sonderregeln für marktbeherrschende Unternehmen kann eine solche Ausnahme nicht rechtfertigen.60 Sie betreffen einen anderen Bereich als das Kartellverbot. Ihre Existenz und die explizite Berücksichtigung des Konzerns in § 22 VI GWB a. F. bedeutet nicht, dass das GWB auf eine konzerninterne Kontrolle verzichtet. Beide Regelungsbereiche haben vielmehr nebeneinander ihren Sinn. Für § 1 GWB ergibt sich die Anwendbarkeit auf Konzernunternehmen schon daraus, dass die Konzernunternehmen Unternehmen sind und als solche grundsätzlich dem Kartellverbot unterfallen. Aus der Berücksichtigung des Konzerns als Einheit in der alten Fassung der Missbrauchsaufsicht kann nichts gegen die Unternehmenseigenschaft der Konzerngesellschaften abgeleitet werden, da es sich um eine nichtverallgemeinerungsfähige Sonderregelung handelt.61 Auch die marktbeherrschenden Oligopolisten des § 19 II 2 und III 2 GWB unterliegen neben der Missbrauchsaufsicht zugleich dem Kartellverbot des § 1 GWB und werden nicht etwa wegen ihrer Berücksichtigung in der Missbrauchsaufsicht privilegiert.62 Im Übrigen existierte eine derartige Konzernklausel auf europäischer Ebene zu keiner Zeit, sodass dieser Lösungsansatz ohnehin außerhalb des deutschen Rechts nicht tragfähig wäre.63 57 Diese Überlegung findet sich auch bei H. Scholz S. 82 ff. und Ulmer WuW 1960, 162, 173. Grandpierre S. 124 ff. sieht durch die Konzernklauseln zumindest bestätigt, dass Wettbewerb zwischen Konzernunternehmen nicht in den Schutzbereich des GWB fällt. 58 H. Scholz S. 84. 59 H. Scholz S. 90. 60 So auch Harms S. 86 ff. 61 Vgl. bereits oben II. 2. b) bb) (3). 62 Harms S. 87.

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Aufgrund der Mehrschichtigkeit des Konzerns führt seine Behandlung als Einheit in bestimmten Bereichen nicht zu einer generellen kartellrechtlichen Immunität seiner Innenbeziehungen. Richtig ist, dass falls die konzerninterne Verhaltenskoordinationen aus anderen Gründen nicht dem Kartellverbot unterfällt, im Bereich dieses Privilegs nur noch eine Kontrolle des Konzerns insgesamt über die Vorschriften für marktbeherrschende Unternehmen in Betracht kommt. Aus der Existenz dieser Kontrollmöglichkeit lässt sich aber nicht umgekehrt die kartellrechtliche Zulässigkeit der einheitlichen Leitung und konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen herleiten.64 Auch der Verweis auf die Existenz der Fusionskontrolle kann nicht zur Begründung einer generellen Privilegierung konzerninterner Verhaltensweisen verwendet werden. Die Hinnahme von Marktstrukturveränderungen bis zur Eingreifgrenze der Fusionskontrolle präjudiziert die Beurteilung konzerninternen Verhaltens nicht.65 Aus der Zulässigkeit einer Konzernierung im Rahmen der Marktstrukturkontrolle kann nicht auf die Zulässigkeit möglicherweise wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens der zusammengeschlossenen Unternehmen gefolgert werden. Dieses unterliegt vielmehr der Marktverhaltenskontrolle, die selbständig neben der Marktstrukturkontrolle steht.66 Die fusionskontrollrechtliche Anerkennung von Konzernen als Zusammenschlüsse spricht zwar dafür, dass auch ein Mindestmaß an Ausübung der einheitlichen Leitung zulässig ist, da es ansonsten wenig Sinn machen würde, den Zusammenschluss überhaupt zuzulassen.67 Daraus lässt sich aber weder ableiten, welche konzerninternen Maßnahmen zulässig sind, noch eine generelle Freistellung der Konzerne vom Kartellverbot begründen. Systematische Erwägungen alleine vermögen also eine kartellrechtliche Privilegierung nicht zu rechtfertigen. bb) Privilegierung aufgrund aktienrechtlicher Zulässigkeit Vereinzelt wurde auch vertreten, dass Konzerne und ihre Innenbeziehungen, soweit sie nach dem Aktienrecht als zwingendes Privatrecht zulässig sind, kartellrechtlich immun seien.68 Aktienrechtlich zulässige Unternehmensverbindun63

Auf diesen Aspekt weist auch Harms S. 88 hin. Zustimmend Potrafke S. 166 f. Ähnlich Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 200. 65 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 200; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 569; ähnlich Potrafke S. 164 ff.; ebenso Köhler NJW 1978, 2473, 2479 f. für das Verhältnis der Fusionskontrolle zum Diskriminierungsverbot. 66 Vgl. zum Gegensatz zwischen Marktstrukturkontrolle und Marktverhaltenskontrolle Berg in: Vahlens, S. 299, 309 ff., 321 ff.; Mestmäcker/Veelken in: Immenga/ Mestmäcker3, § 36 Rn. 119 f.; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 569 f. 67 Vgl. Potrafke S. 165 f. 68 Möhring GRUR 1966, 645, 649 ff. Dieser Gedanke findet sich in abgeschwächter Form auch bei Mulert S. 58, wenn er unter Berufung auf die Einheit der Rechts64

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gen und Verhaltenskoordinationen wären demnach kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Auf die tatbestandliche Prüfung des Kartellverbots käme es nicht mehr an. Gegen diesen Ansatz spricht, dass das GWB im Verhältnis zum Aktiengesetz nicht etwa als früheres Recht derogiert wird.69 Eine Derogation käme nur in Betracht, wenn zwischen beiden Bereichen ein echter Gegensatz bestünde. § 18 AktG geht indes lediglich von der Möglichkeit aus, dass zwei Unternehmen unter einheitlicher Leitung stehen. Welche Erfordernisse erfüllt sein müssen, um eine einheitliche Leitung rechtsbeständig herzustellen, darüber ist in § 18 AktG nichts gesagt.70 Insbesondere ergibt sich aus § 18 AktG nicht, dass ein Vertrag schon deshalb gültig ist, weil er die Herstellung einheitlicher Leitung zum Ziel hat. Allein aus dem Aktienrecht lässt sich das Bild einer vom Recht gewollten Gesellschaftsordnung nicht zeichnen.71 Ein Vorrang des Aktienrechts gegenüber dem Kartellrecht existiert daher nicht. Beide Gesetze verfolgen vielmehr unterschiedliche Zwecke und determinieren sich in ihrer Geltung gegenseitig nicht.72 Die aktienrechtlichen Regelungen haben in erster Linie den Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern vor Augen, verhalten sich aber bezüglich der wettbewerbsrechtlichen Einschätzung der Verbindungen bewusst neutral und können sie folglich nicht ersetzen. Die Frage der Anwendbarkeit des GWB auf konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen ist aus dem GWB heraus zu beantworten.73 e) Form der Vereinbarung/Verhältnis zwischen den Beteiligten aa) Vereinbarung/Aufeinander abgestimmte Verhaltensweise Eine fast ausschließlich an das Merkmal der Vereinbarung anknüpfende Lösung vertritt Potrafke. Danach soll eine kartellrechtlich relevante Vereinbarung dann vorliegen, wenn der Informationsfluss zwischen den (Konzern-)Unternehmen nicht lediglich den normalen Willensbildungsprozess der Organe des Unternehmens darstellt.74 Potrafke möchte zwischen zulässigen unternehmensinterordnung die prinzipielle Rechtmäßigkeit des Konzerns betont. Bei der wettbewerblichen Einordnung, die selbständig zu erfolgen hat, hilft dies indessen nicht weiter. 69 So aber Möhring GRUR 1966, 645, 649; dagegen v. Bar BB 1980, 1185, 1189; Huber ZHR 131 (1968), 193, 197 ff. 70 Huber ZHR 131 (1968), 193, 198. Ähnlich v. Bar BB 1980, 1185, 1189. 71 v. Bar BB 1980, 1185, 1189. 72 Siehe oben II. 2. a) bb) (1) (c) bis (3) (a); Grandpierre S. 23; Klippert S. 53; Mestmäcker DB 1968, 835, 838; Potrafke S. 163 f.; Würdinger WuW 1967, 83, 84. 73 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 394; ähnlich Grandpierre S. 22 („Problem des Wettbewerbsrechts . . . nicht . . . des Konzernrechts“); ebenso hinsichtlich der Gründung von Konzernen Klippert S. 53 f. Gegen die Privilegierung bestimmter Wettbewerbsbeschränkungen aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit allgemein Immenga in: Immenga/Mestmäcker3, Einl. Rn. 66.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

nen und unzulässigen unternehmensexternen Informationsflüssen unterscheiden. Das Kartellverbot soll in der Folge auch innerhalb des Konzerns weitgehend anwendbar sein,75 soweit nicht der konkrete Informationsfluss seinem Inhalt nach einem der beteiligten Unternehmen in seiner Eigenschaft als Willensbildungsorgan des anderen Unternehmens oder als diesem gegenüber Weisungsberechtigten zugeordnet werden kann.76 In der Folge wird eine Freistellung vertraglicher Vereinbarungen im Konzern generell abgelehnt.77 Selbst der Vertrag einer Muttergesellschaft mit ihrer hundertprozentigen Tochter-GmbH soll eine Vereinbarung im Sinne des Kartellverbots darstellen.78 Auch abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Tochtergesellschaften ohne Beteiligung der Muttergesellschaft sollen generell kartellrechtswidrig seien.79 Bei Beteiligung der Muttergesellschaft und mehrerer Tochtergesellschaften soll danach unterschieden werden, ob die Initiative von den Tochtergesellschaften oder von der Mutter ausging.80 Daneben zeigt die Lösung eine deutliche Unterscheidung im Freistellungsumfang zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern. Vereinbarungen innerhalb faktischer Unterordnungskonzerne sollen regelmäßig gegen das Kartellverbot verstoßen.81 Dagegen wird eine Abstimmung in dem durch rechtsverbindliche Weisung regelbaren Bereich nicht als Vereinbarung angesehen.82 Da der Vertragskonzern ein deutsches Phänomen ist, liegt es in der Konsequenz dieser Unterscheidung, im Europarecht zu einer weitgehenden Kontrolle konzerninternen Verhaltens zu kommen, da es sich nur bei einer geringen Zahl der relevanten Unternehmensverbindungen um Vertragskonzerne nach deutschem Recht handeln wird.83 74

Potrafke S. 191, 201. Siehe Potrafke S. 209 ff. 76 Vgl. Potrafke S. 260. Diese Zuordnung wiederum soll erfolgen, wenn „die Beteiligung am Informationsfluss einem Recht bzw. einer Pflicht entspringt“. Vgl. a. a. O., S. 260 f. 77 Dagegen Pohlmann S. 409, die zu Recht darauf hinweist, dass die bestehenden internen Einflussmöglichkeiten auch dann wirksam werden, wenn ein förmlicher Vertrag geschlossen wird, ein abhängiges Unternehmen daher auch ohne Vorliegen einer Weisung unfrei gehandelt haben kann. Aus demselben Grund kann nicht umgekehrt allein aus dem Vorliegen eines Vertrages auf die Anwendbarkeit des Kartellverbotes geschlossen werden. 78 Siehe Potrafke S. 213. 79 Potrafke S. 243 ff. 80 Vgl. Potrafke S. 246 ff. 81 Potrafke S. 262. 82 Potrafke S. 230 ff., 239, 243. 83 Dieses Problem hat auch Potrafke S. 251 selbst erkannt und will ihm entgegensteuern, indem er „in solchen Rechtsordnungen, die dem bloßen Mehrheitsgesellschafter die alleinige Macht zur Willensbildung zugestehen“ eine Privilegierung entsprechend dem deutschen Vertragskonzern vornimmt. Dieser Ansatz bleibt unklar. Die Interessen der Minderheitsgesellschafter sind auch in anderen Rechtsordnungen regelmäßig zu achten, während andererseits auch im deutschen Recht der Mehrheits75

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Die vorgeschlagenen Unterscheidungen scheinen mir praktisch kaum praktikabel zu sein.84 Ihr Verfechter verliert sich bei dem Versuch, verschiedene Informationsflüsse zu analysieren und zu kategorisieren, in einer Vielzahl von Differenzierungen nach Konzerntypen, Beteiligungsverhältnissen, beteiligten Organen und Arten von Koordinationsmaßnahmen. In der Praxis wird sich aber oftmals nicht, wie für diese Lösung erforderlich85, feststellen lassen, welche Personen innerhalb eines Konzerns in welcher konkreten Funktion welche Informationen ausgetauscht haben. Zudem führt diese Lösung entgegen ihrer eigenen Prämisse86 zu formalistischen Unterscheidungen, wenn sie beispielsweise in einem Konzern mit hundertprozentiger Tochter-GmbH die Erteilung einer Weisung und eine Einflussnahme über die Gesellschafterversammlung für unternehmensintern und zulässig hält, nicht aber den Abschluss eines entsprechenden Vertrages.87 Ähnlich formalistisch ist der Standpunkt, wenn die Muttergesellschaft eine Tochtergesellschaft gründe, präjudiziere die Rechtsform die wettbewerbliche Einordnung.88 Die Muttergesellschaft habe sich dann entschlossen, „einen neuen Wettbewerber am Wettbewerb teilnehmen zu lassen“ und müsse sich daran festhalten lassen.89 Diese formalistische Sichtweise verkennt die wettbewerbliche (Ir-)Relevanz der Ausgründung von Tochtergesellschaften und greift limitierend in die Organisationsfreiheit des Unternehmens ein.90 Schließgesellschafter die Willensbildung der Gesellschaft durch gesellschaftsinterne Einflussnahme und personelle Verflechtungen steuern kann. 84 Kritisch zur Praktikabilität der zahlreichen Differenzierungen und Fallgruppen auch Emmerich AG 1992, 368. 85 Vgl. Potrafke S. 235. 86 Potrafke wird nicht müde zu betonen, dass es dem GWB wie dem europäischen Kartellrecht auf die materiellen Auswirkungen und nicht auf die Form ankommt. Vgl. z. B. a. a. O., S. 214 f. 87 Siehe Potrafke S. 212 ff. Die wenig überzeugende Differenzierung resultiert letztlich daraus, dass Potrafke übersieht, dass die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens gegenüber dem beherrschten Unternehmen aus kartellrechtlicher Sicht einer Selbstverpflichtung gleichsteht. Das herrschende Unternehmen könnte in diesem Fall jederzeit durch Weisung die Vertragsaufhebung erreichen. So zu Recht Pohlmann S. 415. Wollte man entgegen dem Gesagten der Verpflichtung auch des herrschenden Unternehmens kartellrechtliche Bedeutung beimessen, so bliebe unklar, warum Potrafke annimmt, im Falle einer Weisung würde die Muttergesellschaft einseitig die Tochtergesellschaft beeinflussen, während sie sich bei einem Vertragsschluss der Tochtergesellschaft gegenüber in gleicher Weise verpflichten müsste, wie sich die Tochtergesellschaft verpflichtet. Konkret nimmt Potrafke an, die Muttergesellschaft könne die Tochtergesellschaft anweisen, einen bestimmten Mindestverkaufspreis für ein Produkt zu verlangen oder beide könnten sich vertraglich zur Einhaltung dieses Mindestpreises verpflichten. Warum sich bei Abschluss eines Vertrages aber auch die Muttergesellschaft zur Einhaltung des Mindestpreises verpflichten muss, ist nicht recht einzusehen. 88 Vgl. Potrafke S. 255. 89 A. a. O. Ähnlich auch das Argument von Viho Europe, wiedergegeben in EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 31 Rn. 37 „Viho/Kommission“. Zur Relevanz konzerninternen Wettbewerbs unten III. 7. a) ee).

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lich scheint es nicht angemessen, wie von Potrafke vorgeschlagen, die Koordination mit einer hundertprozentigen Tochter-AG mangels Weisungsrechts kartellrechtlich nicht zu privilegieren. Der Einfluss durch Weisung und derjenige des Mehrheits- oder Alleingesellschafters werden sich nämlich in ihren Wirkungen auf den Wettbewerb in der Regel nicht unterscheiden.91 Um das Merkmal der Vereinbarung jenseits dieser Lösung doch noch fruchtbar zu machen, könnte man auf die Idee kommen zu bezweifeln, ob Vereinbarungen zwischen Konzerngesellschaften echte Verträge mit Rechtsbindungswillen der Parteien sind. Der kartellrechtlich eigenständige Begriff der Vereinbarung erfordert jedoch keinen Rechtsbindungswillen.92 Auch sonstige von der Willensübereinstimmung der Beteiligten getragene Abreden, für die keine rechtliche Verbindlichkeit vorgesehen oder angestrebt ist, fallen unter den Begriff der Vereinbarung.93 Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum bei Verträgen zwischen Konzerngesellschaften stets der Rechtsbindungswille fehlen soll. Wenn es sich etwa um eine konzerninterne Aufgabenverteilung handelt, kann gerade ein Interesse aller beteiligten Konzerngesellschaften bestehen, die Vereinbarung in rechtsverbindliche Formen zu gießen, um Planungssicherheit zu erlangen. Und wenn die Konzernspitze statt von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen eine vertragliche Regelung für einen Sachverhalt wählt, so tut sie das in dem Bewusstsein, damit auch die rechtliche Bindungswirkung des Vertrags auf sich zu nehmen.94 Die Möglichkeit, eine rechtsverbindliche Regelung ohne Vertrag herbeizuführen, nimmt einer gleichlautenden vertraglichen Verpflichtung nicht ihre Verbindlichkeit.95 In vielen Konzernformen steht der Konzernspitze die Alternative eines verbindlichen Weisungsrechts ohnehin nicht zur Verfügung. Auch das Aktiengesetz geht von rechtswirksamen Geschäften zwischen den rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften aus, wenn es für den Abhängigkeitsbericht gemäß § 312 I 2 AktG anordnet, dass „alle Rechtsgeschäfte, wel90

Siehe dazu unten III. 7. e) aa). Pohlmann S. 410. 92 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 39. Auf den fehlenden Rechtsbindungswillen möchte Mulert S. 43 f. für die meisten Fälle konzerninterner Vereinbarungen rekurrieren. Diese Lösung ist allerdings spätestens durch die Erfassung abgestimmter Verhaltensweisen auch im GWB überholt. 93 EuGH v. 11.01.1990, Slg. 1990, I-45, 45 f. „Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission“; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 39; Potrafke S. 135. Hintergrund ist, dass Kartellverträge wegen Verstoßes gegen § 1 GWB rechtlich keine Wirkung entfalten, was die Beteiligten regelmäßig auch wissen. Der ihnen daher u. U. fehlende Rechtsbindungswille kann aber für § 1 GWB nicht beachtlich sein, da man sonst zu dem grotesken Ergebnis käme, dass die Existenz des Kartellverbots seine Verwirklichung verhinderte. Vgl. Klippert S. 115. 94 So auch Klippert S. 124; Mulert S. 40 f. u. 48. Leo, Kartellrundschau, S. 11, 32 spricht davon, dass trotz „faktischer Eingriffsmöglichkeiten“ ein „echter Vertrag“ vorliegt. 95 Klippert S. 124. 91

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che die Gesellschaft . . . mit dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen . . . vorgenommen hat“ aufzuführen sind. Gleichwertig neben der Vereinbarung steht außerdem die als Auffangtatbestand gedachte Alternative der aufeinander abgestimmten Verhaltensweise. Hierfür reicht eine Verständigung über das Wettbewerbsverhalten zwischen Wettbewerbern aus.96 Dass bei der Weite der erfassten Formen wettbewerbsbeschränkender Zusammenarbeit die verschiedenen Möglichkeiten der Verhaltenskoordination innerhalb des Konzerns alle nicht erfasst sein sollen, ist daher nicht plausibel begründbar. Die Konzernverbundenheit beseitigt nicht grundsätzlich die Zugänglichkeit der im Kartellverbot aufgeführten Koordinierungsformen für die Konzerngesellschaften untereinander.97 Soweit davon Ausnahmen zu machen sind, mangelt es auch nicht an der Rechtsverbindlichkeit oder dem Rechtsbindungswillen. Zweifelhaft kann vielmehr das Moment der Willensübereinstimmung, der freiwilligen Koordinierung sein. Wenn Tochtergesellschaften die konzerninternen Weisungen der Muttergesellschaft befolgen, ohne dass es zu einer weiteren (vertraglichen oder nichtvertraglichen) Koordinierung gekommen ist, fehlt es angesichts der bloß einseitigen Handlung schon an dem erforderlichen Koordinierungstatbestand.98 Hier fehlt es an einem freiwilligen Verhalten der beteiligten Unternehmen im Koordinierungsbereich.99 Auch wenn die Koordinierung zwar durch Vereinbarung aber in unmittelbarer Befolgung einer Weisung erfolgt, ist das Merkmal der Vereinbarung oder Abstimmung zumindest zweifelhaft.100 Die Ablehnung einer entsprechenden Koordinierung kommt allerdings nur in Betracht, soweit es sich um rechtlich bindende Weisungen handelt, da ansonsten immer noch (zumindest) eine abgestimmte Verhaltensweise der Tochtergesellschaften, gegebenenfalls sogar unter Einschluss der Muttergesellschaft, die Folge ist.101 Im deut96

Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 57. Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73. Vgl. Buntscheck S. 81 ff. 98 So bereits Miethke S. 66; H. Scholz S. 69; für Art. 81 EGV Buntscheck S. 88 f.; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 211; Pohlmann EWiR 1996, 307, 308. 99 So für Art. 81 EGV Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73. Kritisch zum Merkmal der Freiwilligkeit dagegen Pohlmann S. 397 f., die darauf hinweist, die beiderseitige Freiwilligkeit könne ebenso gut bei konzerninternen Verträgen fehlen. Sie sieht Freiwilligkeit als Teil der Handlungsfreiheit an, die dem Tatbestandsmerkmal „Wettbewerbsbeschränkung“ zuzuordnen sei. 100 Gegen die Annahme einer Vereinbarung oder Abstimmung im Rahmen des Art. 81 EGV Buntscheck S. 89; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 211. Nach Huber ZHR 131 (1968), 193, 214 fehlt es in diesem Fall an einem subjektiven Hinwegsetzen über das Kartellverbot. 101 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 51. A. A.: Leo, Kartellrundschau, S. 11, 30, der Weisungen, die aus tatsächlichen Gründen befolgt werden müssen, ausreichen lässt. Dem ist nicht zuzustimmen. In diesen Fällen liegt 97

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schen Recht sind derart bindende Weisungen im Vertragskonzern (§ 308 I AktG) und in der GmbH (§ 37 GmbHG) möglich. Unter diesen Umständen kann es an einer Verhaltenskoordination im Sinne des Kartellverbots fehlen. In der Mehrzahl der Fälle ist aber die Form der Wettbewerbsbeschränkung nicht der geeignete Ansatzpunkt für die sachgerechte Erfassung konzerninterner Verhaltensweisen.102 Die innerhalb des Konzerns gewählte Form der Verhaltenskoordination kann variieren und hängt im Einzelfall beispielsweise von steuerrechtlichen Gesichtspunkten, der gewählten Konzernorganisation oder dem verfolgten Führungsstil ab. Sie stellt nicht das Charakteristische bei der Betrachtung verbundener Unternehmen dar. Zweifelhaft ist in der Regel nicht, ob die gewählte Koordinierungsform kartellrechtlich fassbar ist, sondern ob die Verhaltenskoordination ihrem Inhalt und ihrer Zielrichtung nach mit dem Schutzzweck der Wettbewerbsregeln kollidiert. Vereinbarungen und sonstige Koordinationen zwischen Konzernunternehmen sind daher regelmäßig tauglicher Gegenstand des Kartellverbots. bb) Miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen Auch das Tatbestandsmerkmal „miteinander im Wettbewerb stehende“ Unternehmen bietet nicht den geeigneten Ansatzpunkt zur Erfassung konzerninterner Vereinbarungen. Zwar könnte man meinen, Konzernunternehmen stünden nicht miteinander im Wettbewerb. Dieses Merkmal dient im Gesetz aber lediglich dazu, horizontale Wettbewerbsbeschränkungen, die in den Anwendungsbereich des § 1 GWB fallen, von vertikalen, die von den §§ 14 ff. GWB erfasst werden, abzugrenzen103 und ersetzt insoweit das Merkmal „zu einem gemeinsamen Zweck“104. Im Kartellverbot des EGV, das diese Unterscheidung in horizontale und vertikale Beschränkungen so nicht vornimmt, findet sich das Merkmal konsequenterweise nicht.105 Erforderlich ist für die Annahme miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen, dass die Unternehmen aktuelle oder potentielle eine Willensübereinstimmung der Beteiligten vor. Dass das abhängige Unternehmen de facto keine (sinnvolle) Verhaltensalternative hatte, mag das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung ausschließen, nicht aber eine Verhaltenskoordination. 102 Ebenso Buntscheck S. 81 ff.; Grandpierre S. 89. Weitergehend Pohlmann S. 397, die das Tatbestandsmerkmal der Vereinbarung bzw. Verhaltensabstimmung weit auslegen will und auch bindende Weisungen als erfasst ansieht. 103 Bechtold § 1 Rn. 18; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 86; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 13; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 53; kritisch dazu Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 164. Missverständlich daher Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 36, wenn er erst ausführt, innerhalb des Konzerns bestünde kein Wettbewerb und anschließend, es fehle an einer Abstimmung „zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen“. 104 Eine Lösung im Rahmen dieses Merkmals der früheren Fassung des § 1 GWB findet sich bei Grandpierre S. 90 ff. Siehe auch Klippert S. 117. Kritisch zu diesen Lösungen Potrafke S. 149 ff.

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Wettbewerber sind, d. h. auf demselben sachlich, räumlich und auch zeitlich relevanten Markt tätig sind oder ihre Tätigkeit dort kaufmännisch sinnvoll möglich wäre.106 Eine Begegnung auf der gleichen Marktstufe ist aber auch innerhalb eines Konzerns denkbar. Verschiedene Unternehmen eines Konzerns können zur gleichen Zeit auf demselben sachlichen Markt, beispielsweise beim Vertrieb der Konzernerzeugnisse, tätig sein oder zumindest die Option auf eine solche Tätigkeit haben. Besonders deutlich wird dies im Verhältnis einzelner Konzernunternehmen zur Konzernspitze, die – im Rahmen des konzernrechtlich Zulässigen – stets die Möglichkeit hat, einer abhängigen Gesellschaft Konkurrenz zu machen, deren Tätigkeit an sich zu ziehen oder auf eine anderer Konzerngesellschaft zu verlagern. Ob sie beispielsweise den Vertrieb ihrer Produkte durch eine rechtlich unselbständige Abteilung vornimmt, eine oder mehrere Tochtergesellschaften dafür gründet, eine Fremdfirma engagiert oder den Vertrieb je nach Produkt und/oder Vertriebsregion unterschiedlich gestaltet, obliegt ihrer freien Entscheidung. Damit besteht aber stets zumindest die realistische Möglichkeit, dass sie ihrer Tochtergesellschaft auf horizontaler Ebene begegnet. Das eben genannte Beispiel lässt bereits erkennen, dass es fraglich seien kann, ob hier überhaupt wettbewerbliche Handlungsfreiheiten bestehen. Wenn die Wettbewerbssituation einer Tochtergesellschaft dergestalt vom Willen der Muttergesellschaft abhängt, ist zweifelhaft, ob hier kartellrechtlich relevante Verhaltensalternativen der Tochter bestehen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Frage des Merkmals miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen, das nur der Abgrenzung von horizontalen gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen dient.107 Es geht vielmehr um die Frage nach dem Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung. Wenn das innerhalb eines Konzerns bestehende Konkurrenzverhältnis auch möglicherweise nicht die kartellrechtlich geschützte Steuerungsfunktion marktwirtschaftlichen Wettbewerbs haben mag, so zeigt das Beispiel doch, dass innerhalb des Konzerns regelmäßig nicht nur vertikale sondern auch horizontale Beziehungen vorkommen können und damit das Merkmal miteinander in Wettbewerb stehende Unternehmen zur Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordinationen ungeeignet ist. Allenfalls soweit man 105 Bechtold § 1 Rn. 18; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 86. Durch die weitere Anpassung an das Europarecht im Zuge der 7. GWB-Novelle wird das Merkmal voraussichtlich auch im GWB wegfallen. 106 Bechtold § 1 Rn. 23; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 174, der zu Recht darauf hinweist, dass mit Blick auf mögliche Überschneidungen mit § 16 GWB bei der Feststellung des potentiellen Wettbewerbs besonders sorgfältig zu prüfen ist, ob nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, in Konkurrenz zu treten, sondern ob diese Handlungsalternative auch wirtschaftlich sinnvoll und kaufmännisch vernünftig ist. Gegen die nur theoretische Möglichkeit auch Blaurock in: FS v. Caemmerer, S. 477, 484. 107 Gegen eine Lösung im Rahmen des entsprechenden Merkmals „gemeinsamer Zweck“ in der alten Fassung des GWB bereits Potrafke S. 152.

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bereits an dieser Stelle alle Fragen hinsichtlich des Wettbewerbs und des Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses abschließend klären möchte, ist eine Ansiedlung des Problems konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen bei diesem Merkmal möglich.108 Eine sachliche Änderung ergibt sich daraus freilich nicht. Um das Merkmal der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen auf die ihm zugedachte Abgrenzungsfunktion beschränkt zu halten und in Parallele zur Lösung auf europäischer Ebene, sollte die Problematik aber im Rahmen des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung angesiedelt werden. f) Lösung im Rahmen des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung Das einzige verbleibende Tatbestandsmerkmal des Kartellverbots, an dem eine Lösung des Problems konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen festgemacht werden kann, ist das der bezweckten oder bewirkten Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs. Das durch die 6. GWB-Novelle in Angleichung an Art. 81 I EGV neu gefasste Merkmal bringt gegenüber der bisherigen Formulierung „Beschränkung des Wettbewerbs“ keine wesentliche sachliche Änderung.109 aa) Wettbewerb Der Begriff des Wettbewerbs selbst ist trotz zahlreicher Definitionsversuche, darunter auch solcher speziell für das Gebiet des Kartellrechts, bis heute nicht abschließend geklärt.110 Als problematisch bis unmöglich erweist es sich insbesondere, alle Erscheinungsformen und Wirkungen des Wettbewerbs zu erfassen. Verbreitet findet sich im kartellrechtlichen Schrifttum – zumindest als Ausgangspunkt – die Wettbewerbsdefinition von Borchardt und Fikentscher, nach der wirtschaftlicher Wettbewerb gekennzeichnet ist durch das selbständige Streben sich gegenseitig beeinflussender Anbieter oder Nachfrager (Mitbewerber) nach Geschäftsverbindungen mit Dritten (Kunden oder Lieferanten) durch Inaussichtstellen möglichst günstiger (erscheinender) Geschäftsbedingungen.111 Wettbewerb ist allerdings ein hochkomplexes System, dessen Ergebnisse sich 108 So von der Einordnung der Kommentierung her neuerdings Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 147 ff. 109 Begründung RegE. BT-Drs. 13/9720, S. 31; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 121 ff.; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 7 f.; K. Schmidt AG 1998, 551, 560; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 65; vgl. auch Bechtold § 1 Rn. 30. 110 Vgl. dazu Baur ZHR 134 (1970), 97, 99 ff.; Bunte in: Langen/Bunte, Einführung zum GWB Rn. 63 u. § 1 Rn. 125; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 134 ff.; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 96 ff.; Sandrock S. 102 ff. 111 Borchardt/Fikentscher S. 15; sowie Fikentscher WuW 1961, 788, 798; daran orientiert z. B. Bechtold Einführung Rn. 47; Bunte in: Langen/Bunte, Einführung zum GWB Rn. 65; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Grandpierre S. 108; Langer S. 48;

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im Allgemeinen nicht vorhersehen lassen. Hierfür wurde der Begriff vom „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ geprägt.112 Es hat sich heute insgesamt die Erkenntnis durchgesetzt, dass Wettbewerb kein allgemeingültig definierbarer Rechtsbegriff ist,113 sondern sich als reales Phänomen einer begrifflichen Festlegung entzieht. Bedingungen, Wirkungsweisen und Folgen des Wettbewerbs lassen sich nicht in einer für die Rechtsauslegung verbindlichen Weise erfassen.114 Jeder Definitionsversuch birgt zugleich die Gefahr einer Verengung des Wettbewerbsbegriffs, durch die wesentliche Arten, den Wettbewerb zu beschränken, aus dem Blickfeld geraten können. Eine exakte Definition ist für die Anwendung des Kartellverbots auch nicht erforderlich, da Grenzfälle nicht anhand einer Wettbewerbsdefinition entschieden werden.115 § 1 GWB will den Wettbewerb allgemein vor Beschränkungen durch Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmten Verhaltensweisen schützen, die die wirtschaftliche Betätigungs- und Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer einengen. Die richtige Erfassung der Wettbewerbsbeschränkung setzt nicht zusätzlich die Erfassung des Wettbewerbs in einer exakten Definition voraus.116 Für die Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordinationen bedeutet dies, dass eine Klärung des Wettbewerbsbegriffs nicht erforderlich ist, sondern sogleich die Frage nach der Beschränkung des Wettbewerbs zu stellen ist. Nur angemerkt sei hier daher, dass die Unternehmen eines Konzerns durchaus in einem Verhältnis zueinander stehen können, das auf den ersten Blick alle Voraussetzungen eines wie auch immer gearteten Wettbewerbsbegriffs erfüllt. Das ist der Fall, wenn sich die rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften Konkurrenz hinsichtlich bestimmter Waren oder Dienstleistungen machen. Man bezeichnet diese Konkurrenz im Konzern als konzerninternen Wettbewerb.117

Leo, Kartellrundschau, S. 11, 34; Miethke S. 29 f.; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 96c; modifiziert bei Sandrock S. 129 f.; kritisch dagegen Möschel Rn. 92 f. 112 v. Hayek, Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. 113 Baur ZHR 134 (1970), 97, 99 u. 117 f.; Bunte in: Langen/Bunte, Einführung zum GWB Rn. 65 u. § 1 Rn. 125; v. Gamm Einf. A Rn. 20; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 142; Potrafke S. 155; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 137; a. A.: Knöpfle BB 1983, 1421, 1429 f. 114 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 137. 115 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 125; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 142; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 50; Möschel Rn. 85; a. A.: Knöpfle BB 1983, 1421, 1429 Fn. 49; ders. DB 1991, 1433, 1437. Auch Buntscheck S. 108 f. hält jüngst wieder die positive Bestimmung des Begriffs Wettbewerb für das Verständnis der Beschränkung des Wettbewerbs für unentbehrlich. 116 Bunte in: Langen/Bunte, Einführung zum GWB Rn. 65 u. § 1 Rn. 125; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 51; vgl. Baur ZHR 134 (1970), 97, 140; Grandpierre S. 138 f. Fn. 7; Potrafke S. 155. 117 Zur Relevanz dieses Phänomens siehe unten III. 7. a) ee).

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bb) Wettbewerbsbeschränkung (1) Allgemein Als Wettbewerbsbeschränkung erfasst wird die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs, also ein Verhalten der am Vertrag, am Beschluss oder an der abgestimmten Verhaltensweise beteiligten Unternehmen in ihrem Auftreten am Markt. Objekt der Beschränkung des Wettbewerbs ist die wettbewerbliche Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen118 als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit. Zwar spricht gegen die Annahme, dass auf die Beschränkung der wettbewerblichen Handlungsfreiheit abzustellen ist, dass das Kartellverbot nicht die Beteiligten, sondern den Wettbewerb schützen soll und will, die Verhinderung von Beschränkungen der Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen ist aber wegen der Auswirkungen auf den Wettbewerb insgesamt das Mittel zum Schutz des Wettbewerbs.119 Beschränkungen der Handlungs- oder Dispositionsfreiheit der Beteiligten werden verboten, um so den Wettbewerb zu schützen.120 Besondere Bedeutung kommt dabei dem Selbständigkeitspostulat zu. Jedes Unternehmen soll selbständig bestimmen, welche Politik es auf dem Markt betreiben will, wie es also die wettbewerblichen Aktionsparameter Preis, Qualität, Werbung etc. einsetzt.121 Das Selbständigkeitspostulat steht jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungsnahme zwischen Unternehmen strikt entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder 118 Bechtold § 1 Rn. 32; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 127; Grandpierre S. 110 f.; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 54; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 132; Jänich GRUR 1998, 438, 441; Langer S. 55 f.; Potrafke S. 156, 160; Schroeder WuW 1988, 274, 277; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 57 u. 64; so auch die Rechtsprechung, vgl. BGH v. 14.01. 1997, WuW/E BGH 3115, 3118 „Druckgussteile“ („Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit“ eines Unternehmens); v. 29.01.1975, WuW/E BGH 1337, 1342 „Aluminium-Halbzeug“ („Beschränkung in der Wahl der im Wettbewerb . . . eingesetzten Mittel beeinträchtigt die wettbewerbliche Handlungsfreiheit“ und bedeutet „damit eine Beschränkung des Wettbewerbs“); KG v. 26.02.1986, WuW/E OLG 3737, 3743 „Selex-Tania“ („Verzicht auf die wettbewerbliche Handlungsfreiheit, auf die es allein im Rahmen des § 1 GWB ankommt“). 119 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 127; ähnlich Grandpierre S. 111 f. 120 v. Gamm § 1 Rn. 42; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 129; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 58 f.; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 106; G. Wiedemann/ Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 64; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 138 f., 199; vgl. auch BGH v. 11.12.1997, BGHZ 137, 297, 311 „Europapokalheimspiele“ (Es geht in erster Linie um den Schutz des Wettbewerbs als Institution und mittelbar um die Sicherung der Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer). Anders Heitzer S. 177, der meint, es komme nicht auf die Beschränkung der Handlungsfreiheit der Beteiligten, sondern auf eine Beschränkung des Wettbewerbs an. Die Beschränkung des Wettbewerbs liegt indes in der Beschränkung der Handlungsfreiheit der Beteiligten. 121 Bunte in: Langen/Bunte, Einführung zum GWB Rn. 65 u. § 1 Rn. 128; ders. DB 1989, 309, 310.

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potentiellen Wettbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, ins Bild zu setzen.122 Geben die Beteiligten ihre Freiheit zur eigenständigen Festsetzung, welche Politik sie auf dem Markt betreiben und welche Mittel sie zur Durchsetzung dieser Politik verwenden auf, verzichten sie also auf den Einsatz ihnen zur Verfügung stehender Wettbewerbsparameter, so liegt eine Wettbewerbsbeschränkung vor.123 Die verschiedenen Vorstellungen, was Wettbewerb ist, haben als gemeinsame Grundvorstellung eine Mehrzahl unabhängiger Entscheidungsträger, die ihren Zielerreichungsgrad zu Lasten anderer Wirtschaftssubjekte zu optimieren suchen.124 Koordinieren selbständige Marktteilnehmer ihr Verhalten, so vermindert sich die Zahl wettbewerblicher Entscheidungsträger. Dadurch werden die Auswahlmöglichkeiten der Marktgegenseite reduziert und es wird verhindert, dass im Entdeckungsprozess Wettbewerb die besten Ergebnisse zutage treten.125 Die Beteiligten ersetzen die im Ergebnis ungewisse Koordination durch den Markt durch eine kontrollierbar und kalkulierbar werdende Verhaltensabstimmung. Das Kartellverbot, das den Wettbewerbsprozess vor derartigen Verfälschungen schützen will,126 kann daher nur dort eingreifen, wo tatsächlich mehrere unabhängige Entscheidungsträger gegeben sind. (2) Schutz des Geheimwettbewerbs Zur geschützten Freiheit im Wettbewerb gehört auch die Freiheit, mit einem Kunden ein Geschäft abzuschließen, ohne den Geschäftsabschluss und die Konditionen des Geschäftsabschlusses den Mitbewerbern offen zu legen.127 Geschützt ist also auch der Geheimwettbewerb.128 Die Herstellung von Transparenz bei wesentlichen Marktinformationen wie Preisen, Rabatten, Lieferungsund Zahlungsbedingungen usw. durch die Wettbewerber beeinträchtigt den Wettbewerb. Dieser Gesichtspunkt wird zwar in der Regel bei der Bewertung von Marktinformationsverfahren erörtert, der Schutz des Geheimwettbewerbs ist jedoch ein Aspekt, der bei der Bewertung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen nicht unberücksichtigt bleiben kann. In Anbetracht des ausge122

Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 128. Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 128; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 54; ähnlich v. Gamm § 1 Rn. 42; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 106. 124 Fleischer AG 1997, 491, 495; I. Schmidt S. 1 f. 125 Fleischer AG 1997, 491, 495. 126 Fleischer AG 1997, 491, 495; I. Schmidt S. 118 ff. 127 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 130. 128 BGH v. 29.01.1975, WuW/E BGH 1337, 1342 „Aluminium-Halbzeug“; Bechtold § 1 Rn. 37; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 130; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 392. 123

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prägten Informationsaustausches innerhalb des Konzerns läge eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne einer Verletzung des Geheimwettbewerbs im Konzern unabhängig von seiner Organisation und dem Ausmaß der Selbständigkeit der Konzernunternehmen regelmäßig vor. Die in einem Konzern bestehenden gesellschaftsrechtlich zulässigen Möglichkeiten des Informationsaustausches gehen über solche zwischen Wettbewerbern weit hinaus.129 Dass die Konzernspitze die einzelnen Konzernglieder nicht nur nicht steuert oder beeinflusst, sondern sich nicht einmal über ihre Geschäftstätigkeit informieren lässt, dürfte die seltene Ausnahme sein. Daneben trägt sie gewöhnlich für einen Informationsaustausch auf horizontaler Ebene zumindest insofern Sorge, dass die Konzernunternehmen der gleichen Marktstufe von gewonnenen Erfahrungen und erfolgreichen Konzepten konzernweit profitieren können. Auch dabei kommt es vermutlich häufig zum Austausch wettbewerbsrelevanter Daten. Das bedeutet aber, dass wenn das Kartellverbot im konzerninternen Bereich anwendbar ist, auch meistens eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegen wird. Ohne Einschränkung des Geheimwettbewerbs wäre nur ein Informationsaustausch auf dem Niveau eines nichtidentifizierenden Marktinformationsverfahrens zulässig,130 d. h. ein Verfahren, bei dem Daten ermittelt, ausgewertet und weitergegeben werden, ohne dass Rückschlüsse auf Einzelgeschäfte möglich sind. Darüber wird die konzerninterne Informationspolitik regelmäßig hinausgehen. cc) Fehlende Handlungsfreiheit als Anknüpfungspunkt für die Erfassung des Konzerns Ausgehend von den soeben erörterten Voraussetzungen stellt sich die Frage, ob es bei konzerninternen Verhaltenskoordinationen zu einer Beschränkung der Handlungsfreiheit der Beteiligten kommt. Voraussetzung dafür ist, dass überhaupt Handlungsfreiheit existiert. Wo keine Handlungsfreiheit mehr besteht, kann sie auch nicht durch eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise beschränkt werden. Nicht erst die Freiheitsbeschränkung ist im Konzern problematisch, sondern bereits die Existenz beschränkbarer Freiheit.131 Das Kartellverbot kann nur dort einhaken, wo unabhängige Entscheidungsträger vorhanden sind. Ist die Kartellaufsicht Verhaltenskontrolle, so stößt sie ins Leere, wenn konkurrierende Entscheidungsträger nicht mehr existieren.132 Wettbewerbsrecht129 Vgl. MünchHdb.GesR IV/Krieger § 69 Rn. 23 u. § 70 Rn. 136; Semler Rn. 290 ff. Nach Semler Rn. 306 sind alle für die Wahrnehmung der Konzernführungsaufgaben notwendigen Informationsflüsse zulässig. Wohl noch weitergehender Krieger, a. a. O. 130 Vgl. dazu G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 241, Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 390 ff., insb. Rn. 393 f. 131 Vgl. Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 191. 132 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 570.

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liche Kontrolle ist nur dort geboten, wo das antagonistische Verhalten unabhängiger Unternehmen durch eine synagonistische Strategie abgelöst wird.133 Sind die an einer Koordination beteiligten Entscheidungsträger dagegen bereits zuvor nicht selbständige Gegenspieler, sondern Mitwirkende bei der Verwirklichung eines einheitlichen Wirtschaftsplans, so ist das von § 1 GWB geschützte Gut von vornherein nicht tangiert. Es handelt sich insoweit nicht um eine teleologische Reduktion des Begriffs Wettbewerb134, sondern um eine Situation, in der es bereits an den Voraussetzungen gesetzlich geschützten Wettbewerbs fehlt. Hier findet sich nach überwiegender Ansicht135 der Anknüpfungspunkt für die sachgerechte Erfassung des Konzerns. Im Konzern ist eine Organisation möglich, die bei den einzelnen Konzernunternehmen zum Verlust beschränkbarer Handlungsfreiheit und zum Fehlen unabhängiger Entscheidungsträger führt. Wenn und weil die Konzernunternehmen im Verhältnis zueinander nicht selbständig sind, besteht zwischen ihnen keine beschränkbare Handlungsfreiheit.136 133

Fleischer AG 1997, 491, 495. So aber Huber ZHR 131 (1968), 193, 210. Auch Potrafke S. 167 ff. nimmt eine teleologische Reduktion des Begriffs der Wettbewerbsbeschränkung an. Er will ausgehend von der Immanenztheorie nur solche Wettbewerbsbeschränkungen zulassen, die für den Bestand gewisser Rechtsverhältnisse unerlässlich und notwendig sind. Dies soll innerhalb eines Konzerns beispielsweise nicht für die Möglichkeit gelten, mit anderen Konzernunternehmen Verträge abzuschließen, vgl. Potrafke S. 220 f. 135 Bechtold § 1 Rn. 33; ders. WuW 1977, 460, 466 u. 469; Benisch S. 305; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146 u. 254 ff.; ders. DB 1989, 309; Ebel § 1 Rn. 6; Fleischer AG 1997, 491, 494; Funck S. 76 ff.; Gassner S. 41; Grandpierre S. 104 ff.; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 28; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 241; Jänich GRUR 1998, 438, 440; Köhler WuW 1999, 445, 457; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 1 Rn. 99; Langer S. 49; Möschel Rn 192; Rasch WuW 1962, 233, 237; Schroeder WuW 1988, 274, 277; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 57 u. 60; Ulmer WuW 1960, 163, 172; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 150; wohl auch Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 52; ders. WuW 1961, 792; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 36. Zwar hat sich der BGH zur Frage konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen bisher nicht geäußert, er hat aber in seiner Entscheidung vom 06.05.1981, BGHZ 81, 282, 288 ff. „GEMA“ anerkannt, dass konzerninterne Warenbewegungen außerhalb des freien Handels erfolgen und folglich derart bewegte Waren nicht auf den Gemeinsamen Markt gelangt sind. A. A. Potrafke S. 160 f. Das Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung ist auch dann der richtige Ansatzpunkt, wenn man davon ausgeht, das Kartellverbot schütze nicht die Handlungsfreiheit der an einer Absprache beteiligten Unternehmen, sondern die Freiheit Dritter, insbesondere der Marktgegenseite; so für Art. 81 EGV Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 212 u. 157 f.; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 108 i.V. m. 93 ff.; a. A. wohl Funck S. 77 f. Auch dann schützt das Kartellverbot die (Auswahl- und Handlungs-)Freiheit Dritter nur insoweit, wie sich für sie Handlungsalternativen im Marktprozess ergeben. Besteht zwischen zwei Unternehmen ein Abhängigkeitsverhältnis, das eine autonome, voneinander unabhängige Marktteilnahme beider Unternehmen ausschließt, gibt es auch aus der Perspektive des Drittschutzes keinen Anlass zur Anwendung des Kartellverbots. Vgl. Roth/Ackermann, a. a. O., Rn. 212 a. E.; im Ergebnis ebenso Buntscheck S. 120 f.; Schröter in: Groeben/ Schwarze, Art. 81 Rn. 108. 134

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Werden in dieser Situation Verhaltenskoordinationen innerhalb des Konzerns vorgenommen, ist das Schutzgut des Kartellverbots nicht tangiert. Es fehlt an einem beschränkbaren Wettbewerb innerhalb des Konzerns.137 Insofern ist es auch unschädlich, dass die übrigen Voraussetzungen des Kartellverbots erfüllt sind und beispielsweise eine Vereinbarung zwischen Unternehmen vorliegt. Marktregelungen sind hier mangels Wettbewerbsfreiheit keine Wettbewerbsbeschränkungen und ein Verbot dieser Marktregelungen würde die fehlende Wettbewerbsfreiheit der Konzernunternehmen auch nicht herstellen oder wiederherstellen.138 Die an dem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten beteiligten Unternehmen befinden sich bereits vor der Verhaltenskoordination in einem gesellschaftsrechtlich fundierten Abhängigkeitsverhältnis, das ein gegenseitiges Überflügeln im Kampf um Geschäftsabschlüsse ausschließt.139 Die konzernverbundenen Unternehmen sind damit wettbewerblich in einer grundsätzlich anderen Situation als Unternehmen, die sich unabhängig gegenüberstehen. Letztere bleiben selbst im Falle des Zusammenschlusses in einem Kartell grundsätzlich selbständige Entscheidungsträger, die ihr eigenes unternehmerisches Risiko tragen und zumindest potentiell auch (wieder) unabhängig am Markt agieren können. Das einheitsstiftende Moment im Konzern liegt demgegenüber in der gesellschaftsrechtlich fundierten Ausrichtung auf konzernweite Optimierungsziele: Die Konzernobergesellschaft ist das Entscheidungszentrum der innerkonzernlichen Geschäftspolitik und der Träger der unternehmerischen Verantwortung für das Konzernganze.140 Dagegen lässt sich nicht einwenden, konzerninterne Absprachen stellten Wettbewerbsbeschränkungen dar, da die Konzerngesellschaften stets potentielle Wettbewerber seien.141 Erst mit Beendigung der privilegierenden Verbindung 136 Bechtold § 1 Rn. 33; Benisch S. 305; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146; Buntscheck S. 118; Ebel § 1 Rn. 6. H. Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 23 u. 25 spricht anschaulich von „negativer Zurechnung“, wenn an sich gegebene Tatbestandsvoraussetzungen im Hinblick auf die Gruppenzugehörigkeit verneint werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine Norm unanwendbar ist, weil sie voneinander unabhängige Rechtssubjekte voraussetzt. Allerdings ist hier nicht ein an sich gegebenes Tatbestandsmerkmal zu verneinen, sondern das Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung liegt schon gar nicht vor. Vgl. Pohlmann S. 413. 137 Bechtold § 1 Rn. 33; Benisch S. 305; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146 u. 255; Grandpierre S. 121; Heitzer S. 65; Langer S. 49 f.; Rasch WuW 1962, 233, 237; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 57 u. 60. A. A.: Potrafke S. 156 f., der ohne nähere Begründung die Konkurrenz zwischen einzelnen Konzernunternehmen dem Wettbewerb auf dem Markt gleichstellen möchte. Zur Unmaßgeblichkeit konzerninternen Wettbewerbs siehe ausführlich unten III. 7. a) ee). 138 Grandpierre S. 121. 139 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395 f. 140 Fleischer AG 1997, 491, 495; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 191; Macharzina in: HWB Betriebswirtschaft, Stichwort: Multinationale Unternehmungen, Sp. 2898. 141 So aber Harms S. 74; Potrafke S. 156 ff., 193.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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erhalten die Konzernunternehmen wieder ein Maß an Selbständigkeit und Handlungsfreiheit, das es rechtfertig, sie als zumindest potentielle Wettbewerber anzusehen. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen aber auch alle Vereinbarungen zwischen ihnen, zuvor getroffene wie neue, ohne Einschränkungen dem Kartellverbot.142 Während der Einbindung in den Konzern ist die Wahrscheinlichkeit der Auflösung der Verbindung und des anschließenden Markteintritts der Konzernunternehmen als selbständige Wettbewerber dagegen trotz ihrer fortbestehenden rechtlichen Selbständigkeit zu gering, als dass eine kartellrechtliche Verhaltenskontrolle im Hinblick auf diese Möglichkeit gerechtfertigt wäre. Dieses theoretisch mögliche Szenario reicht für die Annahme kartellrechtlich schützenswerten potentiellen Wettbewerbs nicht aus.143 Konzerninterne Vereinbarungen verhindern keinen Wettbewerb, der sonst realistischerweise zwischen den Konzernunternehmen stattfinden würde. Ein effektiver Schutz des Wettbewerbs erfordert nicht, die Teile einer wirtschaftlichen Einheit als potentielle Wettbewerber anzusehen. Ihm ist vielmehr genüge getan, wenn das Kartellverbot nach Beendigung oder Lockerung der Verbindung (wieder) zur Anwendung kommt. dd) Voraussetzungen für die Freistellung des Konzerns Zu klären bleibt, wann es Konzernunternehmen an der nötigen Handlungsfreiheit fehlt, d. h. welche Anforderungen an die Ausgestaltung und Steuerung der Unternehmensverbindung zu stellen sind. Teilweise wird angenommen, im Konzern sei eine Wettbewerbsbeschränkung nie möglich.144 Da der Konzerntatbestand es aber durchaus zulässt, dass die Tochtergesellschaften ein nicht unerhebliches Maß an Selbständigkeit in der Leitung ihrer Unternehmen behalten,145 werden überwiegend bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung des Konzerns gestellt. Dafür werden verschiedene Merkmale teils kumulativ, teils alternativ angeführt. Es wird unter anderem auf die Möglichkeit zur Weisungserteilung,146 die deutsche Konzerntypologie,147 den Maßstab der Drittwirkung148 142

Siehe unten III. 7. d) aa). Dass Unternehmen theoretisch miteinander konkurrieren können reicht für die Annahme potentiellen Wettbewerbs nicht aus, erforderlich ist vielmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Dazu oben III. 3. e) bb) Fn. 106 und Blaurock in: FS v. Caemmerer, S. 477, 484. 144 Missverständlich insofern Hootz in: GK5, § 1 Rn. 123 f., der ausdrücklich nicht auf die Umstände des Einzelfalls abstellen will, eine kartellrechtlich relevante Wettbewerbsbeschränkung allerdings trotzdem nur dann ablehnt, wenn die Konzernunternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, was wiederum im Einzelfall festzustellen ist. 145 Begründung RegE. bei Kropff, S. 33; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 396. 146 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146 u. 255; Emmerich § 3 3; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 60. 147 Bälz AG 1992, 277, 309; Grandpierre S. 137 ff.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 241 ff.; Klippert S. 108 ff.; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 197 u. 143

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

sowie tatsächlich vorhandene konzerninterne Konkurrenzbeziehungen149 abgestellt. (1) Keine weitergehenden Voraussetzungen Gegen eine pauschale Lösung in dem Sinne, bei Bestehen eines Konzerns fehle es stets an beschränkbarem Wettbewerb, bestehen hier ebenso wie bei der Frage der Unternehmenseigenschaft des Konzerns Bedenken, da sie nur vermeintlich ohne weitere Kriterien auskommt, tatsächlich jedoch die Voraussetzungen des Konzernbegriffs zum Maßstab erhebt.150 Hier wie dort erhielte auf diese Weise der aktienrechtliche Konzernbegriff eine bei seiner Übernahme ins Wettbewerbsrecht nicht berücksichtigte Dimension.151 Er ist jedoch für die Beantwortung kartellrechtlicher Fragen nicht geeignet. Dazu käme das Problem, dass im deutschen Recht und im Europarecht ein unterschiedliches Konzernverständnis vorherrscht und daher bei einem Abstellen auf den Konzernbegriff unterschiedliche Maßstäbe gelten würden. Die Alternative eines engeren Konzernbegriffs speziell für das Wettbewerbsrecht152 wurde bereits im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „Unternehmen“ als begrifflich verworfen.153 Insbesondere kommt auch sie nicht um eine Stellungnahme zu den an die Unternehmensverbindung zu stellenden Anforderungen herum. Sie verortet diese lediglich unzutreffend beim Konzern- bzw. Unternehmensbegriff, anstatt die getroffenen Wertungen offen zu legen. Eine solche Lösung würde im Übrigen den mannigfaltigen Abstufungen von Einheit und Vielfalt im Konzern nicht gerecht.154 Allein aus einem wie auch immer gearteten Konzernbegriff lässt sich das Fehlen von beschränkbarem Wettbewerb innerhalb des Konzerns nicht herleiten. Stattdessen werden verschiedene Anforderungen an die Unternehmensverbindung diskutiert, bei deren Vorliegen es in ihrem Inneren an beschränkbarem Wettbewerb fehlen soll.

202 ff.; Rittner § 7 Rn. 47; Mestmäcker DB 1968, 835, 838; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 151 ff. 148 Gansweid S. 241 ff. 149 Fikentscher, Wirtschaftsrecht II, S. 272; Huber ZHR 131 (1968), 193, 216 f. 150 Gegen die Freistellung eines Zusammenschlusses vom Kartellverbot aufgrund der bloßen Bezeichnung als Konzern auch Langer S. 56. 151 Siehe dazu oben II. 2. b) bb) (6) (d), sowie II. 3. c) ff) (1). 152 So Harms S. 165 ff.; dazu bereits II. 2. a) bb) (3) (b). 153 Siehe oben III. 3. c). 154 Ähnlich Huber ZHR 131 (1968), 193, 200; ders. AWD des BB 1969, 429, 429 f. Gegen Einheitsantworten z. B. auch Emmerich § 3 3 u. § 37 3 b; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 44; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 197; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 109; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 150 a. E. („Die Einzelfallbetrachtung ist entscheidend“).

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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(2) Einheitliche Leitung Teilweise wird das Vorliegen einheitlicher Leitung als entscheidend für die Freistellung angesehen, wobei aber weitergehend als im Aktienrecht über die Koordination im finanziellen Bereich hinaus gefordert wird, dass die einheitliche Leitung die Beeinflussung weiterer Bereiche nach sich zieht oder diese weiteren Bereiche der Geschäftspolitik zusätzlich koordiniert werden.155 Jedenfalls nicht ausreichend soll die bloße Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens sein. Vielmehr sei zu fragen, ob auch ohne Berücksichtigung des unmittelbar marktbezogenen Lenkungsverhaltens noch von einer einheitlichen Leitung die Rede sein könne, oder ob die einheitliche Leitung nur zur Wettbewerbsbeschränkung erfolge. (3) Rückgriff auf die Konzerntypologie Andere nehmen eine Einteilung nach den unterschiedlichen im deutschen Konzernrecht diskutierten Konzernarten vor.156 (a) Vertraglicher Unterordnungskonzern Für den vertraglichen Unterordnungskonzern wird weithin eine kartellrechtliche Privilegierung vertreten.157 Dem ist hinsichtlich des Ergebnisses sicherlich zuzustimmen.158 Die gesellschaftsrechtliche Legitimation nachteiliger Gruppenleitung muss auch im Kartellrecht berücksichtigt werden. Das Handeln der Tochtergesellschaft ist hier nicht mehr autonom. Das Verhalten im Wettbewerb ist nur die Konsequenz der gesellschaftsrechtlich vollzogenen Integration.159 Es besteht aufgrund des rechtlich abgesicherten Weisungsrechts der Konzernspitze kein beschränkbarer Wettbewerb und zwar auch dann nicht, wenn die Koordinierung durch Verständigung erfolgt.160 Die jederzeit bestehende Möglichkeit, 155

Grandpierre S. 159 ff., insb. S. 160 f. Grandpierre S. 137 ff.; Huber ZHR 131 (1968), 193, 200 ff.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 241 ff.; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 202 ff.; Klippert S. 108 ff.; Rittner § 7 Rn. 47; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 151 ff.; im Ansatz auch Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255. Eine Unterteilung nach Konzerntypen findet sich auch bei Potrafke S. 203 ff., allerdings im Rahmen der von ihm vertretenen Lösung über die Tatbestandsmerkmale „Unternehmen“ und „Vereinbarung“. 157 Das entspricht insoweit ganz überwiegender Meinung, vgl. etwa v. Bar BB 1980, 1185, 1186; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255; Fleischer AG 1997, 491, 498; Gassner S. 41; Grandpierre S. 138 u. 140 f.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 242; Kleinmann/Bechtold Einl. Rn. 98; Klippert S. 125 f.; Langer S. 50; Möschel Rn. 192; Rittner § 7 Rn. 47; Schroeder WuW 1988, 274, 279; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 151 f. 158 Siehe unten III. 7. d) cc) (1). 159 Mestmäcker DB 1968, 835, 838. 156

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

den Vertragsinhalt durch Erlass einer nicht vom Kartellverbot erfassten Weisung verbindlich zu machen entzieht Vereinbarungen, die zwischen den Beteiligten eines Vertragskonzerns geschlossen werden, dem Tatbestand des § 1 GWB.161 Vor dem Hintergrund, dass über die Reichweite des Begriffs der Weisung im Aktienrecht keine Einigkeit besteht, er aber jedenfalls weit verstanden wird, lässt sich sagen, dass es aus kartellrechtlicher Sicht auf die Form der Weisung nicht ankommt und Vertrag, Empfehlung und abgestimmtes Verhalten gleichermaßen unbeachtlich sind.162 (b) Faktischer Unterordnungskonzern Unterschiedlich wird dagegen die Beurteilung faktischer Konzernverbindungen vorgenommen. Die Probleme resultieren hier aus dem Fehlen eindeutiger gesellschaftsrechtlicher Strukturen. Es ist versucht worden zu begründen, dass die ausgleichsfähige Zufügung von Nachteilen im Sinne des § 311 AktG als kartellrechtlich unbedenklich anzusehen sei und insoweit ein gesellschaftsrechtlicher Ausnahmebereich des Kartellrechts bestehe.163 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass auch unter Beachtung der Verpflichtung zum Nachteilsausgleich keine Befolgungspflicht des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft besteht.164 Im Übrigen bleibt offen, warum die Beurteilung wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen in Beteiligungsverhältnissen davon abhängen soll, ob sie zu Nachteilen für das abhängige Unternehmen führen und ob diese ausgleichsfähig sind.165 Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Einflussnahme kann daher die Frage der Nichtanwendbarkeit des § 1 GWB in faktischen Unternehmensverbindungen nicht präjudizieren.166 Auch soweit auf die einheitliche Leitung zur Grenzziehung abgestellt wird167 gilt, dass der Bezug auf gesellschaftsrechtliche Maßstäbe nicht allein maßgeblich sein kann. Einheitliche Leitung kann bereits bei Vergemeinschaftung der Finanzpolitik gegeben sein.168 In einem derartigen Fall 160 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255; Grandpierre S. 140 f.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 242; Rittner § 7 Rn. 47. Zur Frage des Erfordernisses der Ausübung bestehender Kontrollmöglichkeiten ausführlich unten III. 7. a) ee). 161 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 152. A. A. noch BKartA TB 1961, 61. 162 So Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 151; ähnlich Huber ZHR 131 (1968), 193, 215. 163 Köhler NJW 1978, 2473, 2480 f. Einschränkend fügt Köhler hinzu, dass das herrschende Unternehmen seinen Willen nicht mit diskriminierenden Mitteln gegen den Willen des abhängigen Unternehmens durchsetzen darf. 164 Siehe oben III. 2. d) bb); sowie Möschel Rn. 192. 165 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 207. 166 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 207; Mestmäcker S. 409 f. 167 Grandpierre S. 141 ff.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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muss die einheitliche Leitung das Wettbewerbsverhalten der einzelnen Konzerngesellschaften aber (noch) gar nicht berühren.169 Das Vorliegen einheitlicher Leitung ist außerdem Voraussetzung für die Annahme eines Konzerns. Dass der gesellschaftsrechtliche Konzerntatbestand nicht ausschlaggebend sein kann wurde aber bereits festgestellt. Teilweise wird angenommen, im faktischen Konzern sei die Leitungsmacht so beschränkt, dass der Wettbewerb als allgemeines Steuerungsinstrument erhalten bleibe und das Kartellverbot mithin grundsätzlich anwendbar sei.170 Trotz der mittelbaren Einflussmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens könne dieses gegen ein eigenständiges Verhalten eines abhängigen Unternehmens, das seine Geschäftstätigkeit entgegen den Konzerninteressen zu Lasten der übrigen Konzerngesellschaften ausweitet, mangels Weisungsrechts unmittelbar nichts unternehmen, was für das Bestehen zumindest potentiellen Wettbewerbs ausreiche.171 Andere nehmen beschränkbaren Wettbewerb zumindest insoweit an, wie nur die Möglichkeit der Einflussnahme besteht, da diese mit einem autonomen Marktverhalten der verbundenen Unternehmen vereinbar ist.172 Nach dieser Ansicht ist – sowohl im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft, als auch im Verhältnis der Tochtergesellschaften untereinander – das Kartellverbot nur in den Bereichen der Geschäftspolitik unanwendbar, die weitgehend vergemeinschaftet sind.173 Bei einer vollständigen Vergemeinschaftung der Unternehmenspolitik ist das Kartellverbot folglich, wie im vertraglichen Unterordnungskonzern, gar nicht anwendbar. Gegen diese Ansicht ist einzuwenden, dass sie vom Schutz aufhebbaren Wettbewerbs im Konzern ausgeht.174 Auch die nicht vergemeinschafteten Bereiche der Geschäftspolitik sind nämlich vergemeinschaftbar. Für eine derartige Differenzierung zwischen stärker und schwächer zentralisierten Konzernen bietet aber weder das Gesetz einen Anhaltspunkt noch besteht dafür ein sachlicher Grund.175 Soweit es die beteiligten Unternehmen in der Hand haben, die Konzernbindung mehr oder weniger eng zu gestalten, ist der konzerninterne Wettbewerb im faktischen Unterordnungskonzern kein geeigneter Schutzgegenstand des § 1 GWB.176

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Siehe oben II. 2. a) aa) (1). Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 208. 170 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146, 255; Gassner S. 41; Klippert S. 120 u. 149; Rittner § 7 Rn. 47. 171 Klippert S. 120. 172 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 205. 173 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 209; Möschel Rn. 192. 174 Siehe dazu ausführlich unten III. 7. a) ee). 175 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 154. 176 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 154; sowie III. 7. a) ee). 169

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Sofern es sich bei der abhängigen Gesellschaft um eine GmbH handelt, wird der faktische Unterordnungskonzern verbreitet ebenso wie der vertragliche beurteilt,177 zumindest solange den Minderheitsgesellschaftern keine Sonderrechte zustehen oder im Einzelfall einschlägige Sperrminoritäten der Leitungsmacht des Mehrheitsgesellschafters nicht im Wege stehen.178 Hintergrund ist das auch ohne Beherrschungsvertrag bestehende gesellschaftsinterne Weisungsrecht des Mehrheitsgesellschafters der GmbH. Koordinierende Weisungen fallen auch hier nicht unter das Kartellverbot. Das Gleiche, wird angenommen, müsse für diese ersetzende Vereinbarungen gelten. Ist dagegen eine Aktiengesellschaft als abhängige Gesellschaft an dem faktischen Unterordnungskonzern beteiligt, so besteht kein Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft ihr gegenüber. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist vielmehr zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet (§ 76 AktG). Die Mittel der Konzernleitung sind dementsprechend eingeschränkt,179 vielfältige Formen informeller Verständigung dominieren. Der Annahme einer Vereinbarung, die weit gefasst wird,180 oder einer abgestimmten Verhaltensweise steht dies nicht entgegen. Wie die Verhaltenskoordination im faktischen AG-Konzern zu beurteilen ist, wird aber unterschiedlich gesehen. Einige lehnen eine Freistellung hier weitgehend ab.181 Teilweise wird betont, dass, wenn die konzerninterne Verständigung durch einen förmlichen Vertrag ersetzt wird, die Leitung eine weitergehende Absicherung erreicht als ohne den Vertrag und der Vertrag daher kartellrechtlich relevant sei.182 Andere weisen dagegen auf die Möglichkeit hin, eine Einflussnahme mit dem Ziel der Verhinderung störenden Wettbewerbs durch die Ausübung gesellschaftsrechtlicher Positionen vorzunehmen.183 In diesem Fall handelt es sich um eine kartellrechtlich irrelevante unternehmensinterne Willensbildung.184 Das herrschende Unter177 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 243; Huber ZHR 131 (1968), 193, 235 f.; Immenga in: GmbH-Konzern, S. 134, 136; Potrafke S. 217 ff.; im Ergebnis auch Grandpierre S. 144; ebenso Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 212 für den durch Weisungen regelbaren Raum. Den weisungsfreien bzw. nicht vergemeinschafteten Bereich will Immenga hingegen unter den Schutz des Kartellrechts stellen. Siehe die zuvor im Text geschilderte Ansicht. 178 Schroeder WuW 1988, 274, 280. 179 Siehe dazu oben III. 2. d) bb). 180 Siehe oben III. 3. e) aa). 181 Etwa Potrafke S. 222 ff., der nur bei Grundlagengeschäften eine Abstimmung für zulässig hält. 182 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255. 183 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 245; Huber ZHR 131 (1968), 193, 238 ff.; Ulmer WuW 1960, 163, 173. Zur kartellrechtlichen Zulässigkeit der Ausübung von Gesellschaftsrechten siehe Bechtold § 1 Rn. 33; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 366 f. 184 Huber AWD des BB 1969, 429, 431 sieht hier zwar die Möglichkeit einer abgestimmten Verhaltensweise, lehnt diese aber mangels Freiwilligkeit ab.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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nehmen ist zur Durchsetzung seines Willens nicht auf eine Einflussnahme von außen auf die Willensbildung des abhängigen Unternehmens angewiesen, sondern kann aufgrund seiner Stellung als Mehrheitsaktionär und der damit regelmäßig einhergehenden Repräsentation im Aufsichtsrat unmittelbar bei der gesellschaftsinternen Willensbildung mitwirken. Selbst wenn die Abstimmung über künftiges Wettbewerbsverhalten zwischen den konzernverbundenen Unternehmen durch Vereinbarung zwischen den einzelnen Unternehmen erfolgt, wird daher eine Anwendung des Kartellverbotes abgelehnt.185 Auch hier soll es den beteiligten Unternehmen an der für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses erforderlichen Autonomie fehlen, da die geschäftsführenden Organe des abhängigen Unternehmens keine Möglichkeit haben, sich der Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen zu entziehen. Die Möglichkeit gesellschaftsinterner Einflussnahme ist in der Tat ein zentrales Argument für die kartellrechtliche Privilegierung von Unternehmensverbindungen. (c) Gleichordnungskonzern (aa) Die Nähe zum Kartell Der Gleichordnungskonzern ist wegen des Fehlens eindeutiger gesetzlicher Bestimmungsmerkmale und der daraus resultierenden Gestaltungsvielfalt in einer Grauzone zwischen dem Idealtyp eines Konzerns kraft Beherrschung eines abhängigen Unternehmens und einem Kartell als Koordination voneinander unabhängiger Wettbewerber angesiedelt.186 Er bereitet daher besondere Probleme. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Methoden, die in ihm zur einheitlichen Leitung verwendet werden, – Bildung einer gemeinsamen Leitungsgesellschaft oder eines gemeinsamen Ausschusses, aber auch informelle Verständigung und Abstimmung der Geschäftspolitik – den klassischen Mitteln der Kartellbildung und -führung aufs Engste verwandt sind.187 Aus dem Blickwinkel der Marktgegenseite entspricht die Wirkungsweise eines Gleichordnungskonzerns weitgehend der eines hochentwickelten Kartells.188 185 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Huber ZHR 131 (1968), 193, 241; Langer S. 50. Ähnlich Grandpierre S. 142, der zur Bestätigung der kartellrechtlichen Gleichstellung von Vertragskonzern und faktischen Konzern zusätzlich auf die fehlende diesbezügliche Unterscheidung in den Konzernklauseln des GWB verweist, a. a. O., S. 144 f. 186 Heermann ZHR 161 (1997), 665, 704; Jacob S. 43. Vgl. auch Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 54, der als Indiz für die Abgrenzung das Vorliegen einer Entscheidungseinheit vorschlägt. 187 Vgl. Huber ZHR 131 (1968), 193, 245 f. v. Bar BB 1980, 1185, 1187 spricht davon, dass Kartelle und Gleichordnungskonzerne nahtlos ineinander übergehen. Gromann S. 101 meint sogar ein Kartell könne ein Gleichordnungskonzern sein. Dazu auch Grandpierre S. 164 f. 188 Jacob S. 8, 142.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Darüber hinaus besteht über die Anforderungen, die an das Vorliegen eines Gleichordnungskonzerns zu stellen sind, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der einheitlichen Leitung, keinesfalls Einigkeit.189 Überwiegend wird bereits die durch ein Leitungsgremium oder durch beständige Koordination der Unternehmensstrategien herbeigeführte einheitliche Leitung als ausreichend für die Annahme eines Gleichordnungskonzerns angesehen.190 Sobald nicht mehr einzelne Marktstrategien, sondern Grundfragen der Geschäftspolitik und Unternehmensleitung zum Gegenstand der Abstimmung gemacht werden, kann ein Gleichordnungskonzern vorliegen.191 (bb) Gründung vertraglicher Gleichordnungskonzerne Unter Zugrundelegung dieser relativ geringen Anforderungen ist bereits die Begründung eines vertraglichen Gleichordnungskonzerns unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten problematisch.192 Für die kartellrechtliche Zulässigkeit wird überwiegend verlangt, dass eine weitgehende kapitalmäßige Verflechtung besteht, die einheitliche Leitung tatsächlich ausgeübt wird, eine volle Interessenidentität der beteiligten Unternehmen durch ein System des Ausgleichs wirtschaftlicher und finanzieller Risiken gewährleistet ist und eine gewisse Dauerhaftigkeit und Festigkeit der Verbindung besteht, sodass sie nicht jederzeit gelöst werden kann.193 Gefordert wird eine dauerhafte einheitliche Leitungsmacht 189 Vgl. etwa v. Bar BB 1980, 1185, 1186 ff. Im Rahmen der Fusionskontrolle sah es BGH v. 19.01.1993, BGHZ 121, 137, 151 „WAZ/IKZ“ für die Annahme einheitlicher Leitung als ausreichend an, wenn diese sich auf das wettbewerbsbezogene Abstimmungsverhalten erstreckt. 190 Bechtold WuW 1977, 460, 463 f.; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 18 Rn. 70 f.; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 28. 191 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 563. Ähnlich Gromann S. 101. 192 Vgl. etwa den im Tätigkeitsbericht des BKartA 1969, 57 f. geschilderten Fall „Schienenfahrzeuge“. Dort hatten zwei Produzenten von Eisenbahnwaggons in einer Vereinbarung beschlossen, Planung, Entwicklung und Fertigung zukünftig nur aufgrund gemeinsamer Abstimmung zu betreiben. Zur Durchführung dieser Abstimmung sollte ein paritätisch besetzter Ausschuss geschaffen werden. Das BKartA sah die Vereinbarung als unter § 1 GWB fallend an und hielt sie erst für wettbewerbsrechtlich unproblematisch, nachdem eines der beteiligten Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung an dem anderen erworben hatte. Vgl. auch BKartA TB 1973, 98 f. „Milcherzeugnisse“. 193 Vgl. mit Unterschieden im Einzelnen BKartA TB 1973, 98 f. „Milcherzeugnisse“; Kommission, 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 30; Bechtold RIW 1985, 442, 448; Harms, Diskussionsbeitrag, in: Neue Entwicklungen im EWG-Kartellrecht, S. 67; Heermann ZHR 161 (1997), 665, 707; Huber ZHR 131 (1968), 193, 245 ff.; Kleinmann/Bechtold Einl. Rn. 106; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 565 f. u. 577 ff.; sowie Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 253, der die vertragliche Errichtung eines Gleichordnungskonzerns regelmäßig für kartellrechtswidrig hält, außer wenn die Verbindung zwischen den Unternehmen eine umfassende (einheitliche) Unternehmensleitung und eine dauerhafte Vermögensbindung bewirkt. v. Bar BB 1980, 1185, 1189 ff.

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im Sinne umfassender Unternehmensleitung.194 Daneben wird, teils alternativ, teils kumulativ, das Vorliegen einer Risikogemeinschaft als Resultat einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft gefordert. Je fusionsähnlicher der in einem Gleichordnungskonzern verwirklichte Zusammenschluss ist, desto eher wird man geneigt sein, ihn aus dem Kartellverbot auszunehmen.195 Verbreitet wird ein derartiger Zustand im Gleichordnungskonzern für generell unerreichbar gehalten und daher jeder Gleichordnungsvertrag unter aktuellen oder potentiellen Wettbewerbern in vollem Umfang dem Kartellverbot unterworfen.196 Begründet wird die Ablehnung einer Freistellung des Gleichordnungskonzerns mit § 76 AktG, aus dem folge, dass der Vorstand die Leitung der Gesellschaft weder an Dritte delegieren noch in irgendeiner Weise an deren Mitwirkung binden dürfe. Die konzernrechtlich gebotene Organisation des Gleichordnungskonzerns mache es erforderlich, dass die Konzernunternehmen weiterhin in zentralen Fragen der Wirtschaftsplanung autonom entscheiden könnten. Dagegen ist einzuwenden, dass die §§ 18 II, 291 II AktG die Existenz von Gleichordnungskonzernen voraussetzen, wobei die von dem jeweiligen Leitungsorgan ausgeübte einheitliche Leitung zwangsläufig mit einem Autonomieverlust auf Seiten der Konzernmitglieder einhergeht.197 Dagegen hält etwa K. Schmidt vor dem Hintergrund des von ihm vertretenen Verständnisses des Gleichordnungskonzerns als eines Konzerns zwar ohne herrschendes Unternehmen, aber nicht ohne Abhängigkeiten, konzentrative Gleichordnungskonzerne, die den für eine Nichtanwendung des Kartellverbots erforderlichen Integrationsgrad erreichen können, für möglich.198 Abhängigkeit besteht nach seiner Ansicht im Gleichordnungskonzern vom Ganzen, von der hält vertragliche Gleichordnungskonzerne bei paritätischem Anteilsbesitz für zulässig, da in diesem Fall bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Verbleiben im Konzern die einzige Möglichkeit ist, die naheliegende Gefahr der Entstehung einer Abhängigkeit aus eigener Kraft zu verhindern. Der Zwang zur Koordination soll die Parteien hier ebenso wie im Unterordnungskonzern aneinander binden und eine neue wirtschaftliche Einheit entstehen lassen. 194 BKartA TB 1973, 99; Kleinmann/Bechtold Einl. Rn. 106; Mulert S. 86 f. Das BKartA spricht hier davon, dass die Organe der beteiligten Gesellschaften nur noch in ihrem Bestand übrig bleiben. A. A. v. Bar BB 1980, 1185, 1188; Kleinmann/Bechtold Einl. Rn. 106, die es für ausreichend halten, wenn die Geschäftsführungen der einzelnen Gesellschaften tatsächlich koordiniert sind, aber im Rahmen der Koordinationsrichtlinien noch einen eigenen Bewegungsspielraum haben. 195 v. Bar BB 1980, 1185, 1186. Siehe auch Heermann ZHR 161 (1997), 665, 707. Jacob S. 64 f. hält dagegen einen fusionsähnlichen Zusammenschluss im Gleichordnungskonzern schon grundsätzlich für unerreichbar. Die Problematik ähnelt der bei Gemeinschaftsunternehmen. 196 Klippert S. 75 ff. u. 148, Gromann S. 105 ff., 110 ff.; Jacob S. 64 f., 82 (jeweils zum Europarecht), 111 ff. (zum deutschen Recht). A. A. etwa K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 576 f., 581. 197 Heermann ZHR 161 (1997), 665, 705. 198 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 576 f.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

gemeinsam gebildeten Konzernleitung bzw. Konzernspitze.199 Allerdings wendet sich die überwiegende Ansicht gegen dieses Grundverständnis des Gleichordnungskonzerns. Sie betont die Unabhängigkeit der Konzernunternehmen voneinander und lehnt die Existenz einer Konzernspitze ab.200 Auch die Abhängigkeit von einer Konzernspitze ist nach diesem Verständnis Abhängigkeit von den anderen Konzernunternehmen, denn diese bilden die Konzernspitze.201 Der Ansicht von K. Schmidt wird vorgeworfen, sie verwische die Unterscheidung von Gleich- und Unterordnungskonzern.202 Die konzernrechtlich zulässige Ausformung des Gleichordnungskonzerns kann hier indes ebenso wie die Frage der grundsätzlichen kartellrechtlichen Zulässigkeit seiner Gründung nicht weiter vertieft werden. (cc) Verhaltenskoordination im vertraglichen Gleichordnungskonzern Neben der Gründung ist die im Gleichordnungskonzern angestrebte Verhaltenskoordination kartellrechtlich relevant. Wenn der den Gleichordnungskonzern begründende Vertrag nicht unter § 1 GWB fällt und sei es auch nur, weil die beteiligten Unternehmen zur Zeit der Konzerngründung keine Wettbewerber waren, wird teilweise angenommen, dass auch der Einsatz der einheitlichen Leitung mit dem Ziel der Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Konzernunternehmen kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei.203 Insofern soll das Gleiche gelten, wie für den vertraglichen Unterordnungskonzern, da vergleichbar wie dort die vergemeinschaftete Leitung in einem kartellrechtlich zulässigen Gleichordnungskonzern auf Dauer angelegt sei.204 Andere lehnen genau diese Parallele wegen des im Gleichordnungskonzern fehlenden Weisungsrechts und der den Konzernunternehmen verbleibenden weitgehenden Selbständigkeit ab. Sie wollen das Kartellverbot hier ohne Einschränkung zur Anwendung bringen.205

199 K. Schmidt ZHR 155 (1991), 417, 421 ff.; zustimmend Paschke/Reuter ZHR 158 (1994), 390, 395 ff., die eine organisationsrechtlich geprägte Grundlage der einheitlichen Leitung fordern. 200 Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 18 Rn. 75; Jacob S. 12; Koppernsteiner in: Kölner Kommentar, § 18 Rn. 5 f., § 291 Rn. 73. 201 Jacob S. 13. 202 Jacob S. 13 f. 203 v. Bar BB 1980, 1185, 1191; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 248; im Ergebnis ebenso Grandpierre S. 162 ff.; Mulert S. 86 ff. 204 v. Bar BB 1980, 1185, 1191; ähnlich Grandpierre S. 162. 205 Gromann S. 110ff; Jacob S. 87 ff. (zum europäischen Recht), 115 f. (zum deutschen Recht); Klippert S. 133 ff., 141 ff., 148 f.; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 155. Gegen eine kartellrechtliche Privilegierung des Gleichordnungskonzerns auch Harms S. 275. Nach Klippert, a. a. O., sind die eine Privilegierung begründenden

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(dd) Verhaltenskoordination im faktischen Gleichordnungskonzern Anderes soll dagegen für den faktischen Gleichordnungskonzern gelten, in dem die einheitliche Leitung durch Personenidentität in den Leitungsorganen herbeigeführt wird. Hier soll das Kartellverbot auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen anwendbar sein, nicht allerdings auf die entsprechende Ausübung von Leitungsmacht durch das personenidentische Leitungsgremium.206 Der Grund dafür liegt darin, dass eine weisungsbefugte Konzerspitze hier nicht existiert und die Leitungsorgane der einzelnen Gesellschaften daher zur selbständigen und unabhängigen Leitung ihrer Gesellschaften verpflichtet sind. Während vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen daher unzulässig sein sollen, kann es bei personenidentischen Leitungsgremien zu einer Gleichschaltung des wettbewerblichen Verhaltens auch ohne Abschluss einer Vereinbarung oder besondere Verhaltensabstimmung kommen. Unilaterale Entschlüsse von Unternehmensleitern sind mit dem Instrumentarium des § 1 GWB nicht zu erfassen.207 Eine durch gleichlautende Entscheidungen personenidentischer Leitungsgremien vorgenommene Verhaltenskoordination ist daher möglich. Vereinzelt wird sogar eine vollständige Freistellung faktischer Gleichordnungskonzerne vom Kartellverbot vertreten.208 Es findet sich aber auch die Gegenposition, die eine Privilegierung ablehnt, weil es beim faktischen Gleichordnungskonzern an einer Produktivitätssteigerung fehlen soll, die eine Freistellung rechtfertigen würde.209 (ee) Fazit Letztlich resultieren die Probleme bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Gleichordnungskonzernen wesentlich daraus, dass deren Strukturen schon gesellschaftsrechtlich nicht eindeutig geklärt sind und daher sehr unterschiedliche Anforderungen an die Enge des Verbundes gestellt werden. Diese unterschiedlichen Sichtweisen des Gleichordnungskonzerns setzen sich notwendigerweise in seiner kartellrechtlichen Einordnung fort.210 Je enger der jeweils angenommene bzw. für erreichbar gehaltene Zusammenschluss ist, desto eher wird eine kartellProduktivitätsfortschritte aufgrund des fehlenden Weisungsrechts im vertraglichen Gleichordnungskonzerns nicht erreichbar. 206 Gromann S. 112 f.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 248; Huber ZHR 131 (1968), 193, 251 ff.; Klippert S. 129 f. 207 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 155; i. E. auch v. Bar BB 1980, 1185, 1191; Gromann S. 112 f. Klippert S. 132 meint, aufgrund der Personenidentität der Leitungsorgane bestehe im faktischen Gleichordnungskonzern eine „institutionalisierte Verhaltenskoordination“. A. A. Jacob S. 91 ff., 117, die hierin eine relevante Verhaltensabstimmung sieht. 208 Grandpierre S. 165. 209 Klippert S. 141 u. 149. 210 So auch Wellkamp DB 1993, 2517, 2521.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

rechtliche Privilegierung befürwortet. Hält man andererseits die Partner eines Gleichordnungskonzerns schon für konzernrechtlich nicht in der Lage eine einheitliche Unternehmensleitung mit Folgepflichten zu installieren, so wird man auch das Kartellverbot für anwendbar halten. Grundsätzlich gilt, dass aufgrund der kartellähnlichen Wirkungsweise von Gleichordnungskonzernen eine zu weitreichende Freistellung kartellrechtlich nicht erstrebenswert ist. (d) Privilegierung „fusionsähnlicher“ Tatbestände Einen ebenfalls nach einzelnen Konzernformen differenzierenden Ansatz vertritt Huber211. Die entscheidende Frage ist für ihn, ob der Unternehmenszusammenschluss einen „fusionsähnlichen“ Tatbestand darstellt. Wenn der Zusammenschluss zu einer rechtlichen Einheit im Sinne einer Fusion nicht unter das Kartellverbot fällt, müsse im Wege der Analogie auch der fusionsähnliche Zusammenschluss zu einer gleichwertigen wirtschaftlichen Einheit und die Zusammenarbeit der wirtschaftlich unselbständigen Mitglieder der Unternehmensverbindung dem Kartellverbot entzogen sein (Analogieschluss zur echten Fusion).212 Wann eine wirtschaftliche Verbindung einem rechtlichen Zusammenschluss gleichwertig ist und damit als fusionsähnlich bezeichnet werden kann, soll von der Konzernform abhängen.213 Huber bejaht eine „fusionsähnliche“ Verbindung, innerhalb der das Kartellverbot nicht anwendbar ist, im Falle der Eingliederung, bei der die eingegliederte Gesellschaft praktisch nur mehr ein Sondervermögen der Hauptgesellschaft mit eigenen Organen ist.214 Auch bei der steuerrechtlichen Organschaft soll eine „fusionsähnliche“ Verbindung vorliegen, nicht hingegen bei einem isolierten Beherrschungsvertrag, da hier ein Teil der wirtschaftlichen Selbständigkeit gewahrt bliebe.215 Innerhalb eines vertraglichen Unterordnungskonzerns soll das Kartellverbot letztlich aber dennoch unanwendbar sein. Huber spricht aufgrund des Weisungsrechts der Konzernspitze von einer teilweisen rechtlichen Unselbständigkeit der Konzernunternehmen.216 Im faktischen Konzern sollen die Konzernunternehmen in der Regel ebenfalls nicht derart wirtschaftlich unselbständig werden, dass sie wirtschaftlich dieselbe Stellung einnehmen wie rechtlich unselbständige Teilbetriebe.217 Der dafür erforderliche „fusionsähnliche“ Tatbestand soll vielmehr nur ausnahmsweise vorliegen, wenn die Kon211 212 213 214 215 216 217

ZHR 131 (1968), 193. Huber ZHR 131 (1968), 193, Huber ZHR 131 (1968), 193, ZHR 131 (1968), 193, 203 f. Huber ZHR 131 (1968), 193, ZHR 131 (1968), 193, 218. Huber ZHR 131 (1968), 193,

194; zustimmend Langer S. 55; Gromann S. 109. 200 ff. 205. 230 f.; ebenso Klippert S. 137 ff.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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zernspitze alle Anteile des abhängigen Unternehmens in ihrer Hand hat oder wenigstens mittelbar kontrolliert und das abhängige Unternehmen in vollem Umfang in ihr eigenes Unternehmen integriert. Trotz des fehlenden Weisungsrechts soll die Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften im internen Bereich aber letztlich ausgeschlossen sein, da die Leitung durch die Konzernspitze, wenn diese Mehrheitsaktionärin ist, zum internen Willensbildungsprozess der abhängigen Gesellschaft gehört. Beim vertraglichen Gleichordnungskonzern soll ein „fusionsähnlicher“ Tatbestand namentlich bei zusätzlichen finanziellen Verbindungen, etwa in Form einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft, in Betracht kommen, im faktischen Gleichordnungskonzern bei Identität der Anteilsinhaber und der Leitung, sowie Gemeinsamkeit des wirtschaftlichen Zwecks der beteiligten Unternehmen.218 Kritisch ist zu diesem Ansatz anzumerken, dass die von Huber vielfach zur Begründung der Freistellung herangezogene tatsächliche Ausübung von Leitungsmacht ihrerseits erst auf ihre kartellrechtliche Zulässigkeit geprüft werden müsste.219 Die rein faktische Machtausübung der Konzernspitze, kann für sich genommen nicht zur Nichtanwendung des Kartellverbots führen.220 (e) Zwischenergebnis Das Verdienstvolle an den soeben dargestellten Ansätzen ist, dass sie im Ansatz richtigerweise die Ausgestaltung des gruppeninternen Herrschaftsverhältnisses berücksichtigen, da die konzernrechtliche Unterscheidung einzelner Typen von Konzernen von den gesellschaftsrechtlich bestimmten Herrschaftsmöglichkeiten und der Art ihrer Vermittlung (vertraglich oder faktisch) abhängt. Die wettbewerbsrechtliche Einordnung erfolgt zu Recht aufgrund der in verschiedenen Konzernformen unterschiedlich stark ausgeprägten Einflussmöglichkeiten der Konzernspitze. Das entscheidende Manko letztlich aller an der Typologie des deutschen Konzernrechts orientierten Ansätze liegt darin, dass gesellschaftsrechtliche Unterteilungen nicht ausschlaggebend sein können für die kartellrechtliche Bewertung.221 Bei der Abgrenzung der Konzernarten handelt es sich um eine genuin gesellschaftsrechtliche Unterscheidung allein aufgrund entsprechender gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe. Warum sie für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung maßgeblich seien soll, ist nicht ohne weiteres ersichtlich.222 Kartellrechtliche Fragen lassen sich nicht abschließend anhand gesellschaftsrechtlicher Maß218

Huber ZHR 131 (1968), 193, 247 f. u. 251 f. Potrafke S. 174. 220 Ähnlich Potrafke S. 174. 221 Siehe Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 204 u. 207; Mestmäcker S. 409 f. 219

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

stäbe beantworten.223 Insofern wird die Problematik hier von der falschen Seite her angegangen. Nicht aus der Tatsache, dass es sich nach deutschem Gesellschaftsrechtsverständnis um einen Vertragskonzern, einen faktischen Konzern und so weiter handelt, folgt eine bestimmte kartellrechtliche Beurteilung, sondern erst wenn die für die kartellrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien feststehen, ist umgekehrt auf dieser Basis eine Einordnung der im deutschen Gesellschaftsrecht vorgefundenen Unternehmensverbindungen möglich und sinnvoll.224 Die Frage nach den wettbewerbsrechtlichen Maßstäben muss also am Anfang stehen. Im Gesellschaftsrecht vorgefundene Unterscheidungen können diese zwar ergänzen und ausfüllen, aber nicht ersetzen. (4) Weisungsrecht Die Möglichkeit der Konzernspitze, einen Sachverhalt durch Weisungen zu regeln, wird teilweise als geeignetes Kriterium zur Bestimmung des Bereichs kartellrechtsfreier konzerninterner Koordination angesehen.225 Dabei werden zum Teil nur diese Fälle als außerhalb des § 1 GWB stehend angesehen, während andere diese Konstellation als jedenfalls erfassten Fall betrachten bzw. der Weisungsmöglichkeit nur als einem von mehreren möglichen Kriterien Bedeutung beimessen. Falls die Konzernspitze ein ihr zustehendes Weisungsrecht ausübt, so ist dies unstreitig kartellrechtlich irrelevant.226 Die Situation wird mit dem Zustand verglichen, der sich bei einer staatlichen Preisfestsetzung ergibt.227 Ein Preiswettbewerb ist nicht mehr möglich, allerdings nicht wegen der Gleichheit der Preisforderungen, sondern wegen der fehlenden Freiheit, das Preisangebot zu variieren, um dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Allerdings fehlt es bei 222 Zur Eigenständigkeit der Maßstäbe beider Rechtsbereiche bereits oben II. 2. a) bb) (1) u. (2). Dieses Problem sieht auch Grandpierre S. 137, der daher zu Recht die Bedeutung kartellrechtlicher Gesichtspunkte betont. 223 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 204. 224 Siehe zur Einordnung unten III. 7. d) cc); für diese Vorgehensweise (zunächst Entwicklung der Anforderungen für die Nichtanwendung des Kartellverbots, anschließend Einordnung der Konzerntypen des deutschen Rechts) auch Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 216. 225 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146; Emmerich § 3 3; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 1 Rn. 98 u. 100; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134; Neumann WuW 1957, 562, 563; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 60; vgl. auch Gandenberger S. 110 ff. 226 Bechtold, Kartellrecht, S. 23; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255; Emmerich § 3 3; Haberkorn GRUR 1962, 449, 452; Huber ZHR 131 (1968), 193, 212 ff.; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 242; Immenga in: GmbH-Konzern, S. 134, 136; Möschel Rn. 192; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 151; a. A. nur Fikentscher, Wirtschaftsrecht I, § 15 IX 5 c. 227 So Leo, Kartellrundschau, S. 11, 38.

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einer rechtsverbindlichen Weisung nicht erst an einer Wettbewerbsbeschränkung, sondern bereits an einer relevanten Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung, also an einem Koordinierungstatbestand.228 Im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „Wettbewerbsbeschränkung“ kann es daher nur noch darum gehen festzustellen, was gilt, wenn die Konzernspitze ein ihr zustehendes Weisungsrecht nicht ausübt. Die grundsätzliche Frage, ob eine Privilegierung konzernintern Verhaltens voraussetzt, dass bestehende Einflussmöglichkeiten tatsächlich ausgeübt werden, wird uns später noch ausführlich beschäftigen.229 Daher hier bezogen auf das Weisungsrecht nur soviel: Aus Sicht der Konzernleitung gilt, dass sie, soweit ein Weisungsrecht besteht, ihren Willen durch Weisung durchsetzen kann, sodass es im Verhältnis zu den einzelnen Konzernunternehmen an einem Wettbewerbsverhältnis fehlt. Das Ergebnis der Interaktion von Konzerntochter und Konzernmutter ist hier aus Sicht der Mutter nicht ungewiss, wie es das bei einem Zusammentreffen beider auf dem Markt wäre, sondern im Rahmen des Weisungsrechts nach ihrem Fürrichtighalten von ihr gestaltbar. In der Koordination des Verhaltens von Mutter und Tochter kann dann aber keine Wettbewerbsbeschränkung liegen. Auch die in einem Vertrag getroffene Beschränkung ist hier nur die Folge der wirtschaftlichen Abhängigkeit.230 Wo ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen weisungsabhängig ist, wird es durch eine vertragliche Vereinbarung mit jenem Unternehmen nicht in seiner Handlungsfreiheit beschränkt. Anders dagegen, wenn das abhängige Unternehmen mit einem dritten Unternehmen eine Vereinbarung trifft, die es in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit einengt. Da das dritte Unternehmen gegenüber dem Konzernunternehmen keine Leitungsbefugnis hat, tritt hier bei einer vertraglichen Festlegung eine echte Beschränkung der Handlungsfreiheit des Konzernunternehmens ein.231 Soweit die Ausübung des Weisungsrechts kartellrechtlich unbedenklich ist, sind auch rechtlich unverbindliche schwächere Formen der Einflussnahme, wie etwa Ratschläge, Informationen, Meinungs- und Erfahrungsaustausch, a maiore ad minus zulässig.232 Das Bestehen eines rechtsverbindlichen Weisungsrechts kann indes nicht das entscheidende Abgrenzungskriterium für die Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination sein, schon weil ein solches Weisungsrecht nur in wenigen Konzernformen besteht.

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Siehe oben III. 3. e) aa). Dazu ausführlich unten III. 7. a) ee). 230 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255 unter Verweis auf OLG Stuttgart v. 27.06.1980, WuW/E OLG 2352, 2355 „Leitgroßhändler“; Schroeder WuW 1988, 274, 277. A. A. BKartA TB 1961, 61. 231 Schroeder WuW 1988, 274, 277. 232 Huber ZHR 131 (1968), 193, 215. 229

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

(5) Konzerninterner Wettbewerb Mit der Frage, ob die Ausübung bestehender Einflussmöglichkeiten erforderlich ist, hängt auch die Relevanz konzerninternen Wettbewerbs als Abgrenzungskriterium eng zusammen. Wenn Konzernunternehmen sich gegenseitig Konkurrenz machen, so steht dieser Wettbewerb zwar regelmäßig unter dem Vorbehalt seiner Aufhebbarkeit durch die Konzernspitze, er kann aber in seiner Intensität das Niveau des Marktes theoretisch durchaus erreichen.233 Teilweise wird daher angenommen, dass, wo solcher Wettbewerb innerhalb des Konzerns eröffnet wird, er auch geschützt sein muss, seine Beschränkung mithin gegen das Kartellverbot verstößt.234 Andere sehen in diesem Wettbewerb nur ein Führungsinstrument der Konzernspitze, das dem mit Steuerungsfunktion versehenen marktwirtschaftlichen Wettbewerb nicht entspricht und dementsprechend nicht unter dem Schutz des Kartellverbots steht.235 (6) Erfordernis einer wirtschaftlichen Einheit Die soeben skizzierten Ansatzpunkte weisen alle eine Gemeinsamkeit auf: Sie differenzieren nach der Ausgestaltung des Konzerns und dem Umfang der Einflussmöglichkeiten der Konzernspitze. Dahinter steht die zutreffende Überlegung, dass die Frage, ob innerhalb eines Konzerns die Konzernunternehmen über wettbewerblich relevante Handlungsfreiheit verfügen, vom Integrationsgrad des Konzerns abhängt. Mit steigender Integration nähern sich die rechtlich weiterhin selbständigen Konzerngesellschaften in ihrer Stellung zunehmend den Filialen und Betriebsabteilungen eines Einheitsunternehmens an. Weist ein Konzern ein entsprechend hohes Maß an Integration auf, so kann in ihm kein kartellrechtlich relevanter Wettbewerb mehr bestehen. Die Konzerne, in denen die Konzernspitze über weitgehende rechtliche Kontrollmöglichkeiten verfügt, wie etwa der vertragliche Unterordnungskonzern, sind als derartige Fälle anerkannt. Probleme bereiten dagegen die weniger eindeutigen Fälle und der Maßstab für die Einordnung von Grenzfällen. Erst an Grenzfällen erweist sich aber die Tauglichkeit eines Kriteriums. Insofern sprechen die bisher erwähnten Lösungsansätze jeweils nur einzelne Aspekte der Konzernstruktur an. Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Variationsbreite möglicher Konzernorganisationsformen zwischen straff zentralistischer Leitung und losen dezentralen Verbünden nahezu unendlich ist. Eine abstrakte Erfassung aller Fälle ist daher illusorisch, es kann vielmehr nur darum gehen, dem Rechtsanwender handhabbare Kriterien für die Beurteilung einer Unternehmensverbindung im 233 Mulert S. 38 ist sogar der Ansicht, dass die Rivalität im Konzernverband noch schärfer sein kann als zwischen selbständigen Unternehmen. 234 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 205. 235 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255.

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Einzelfall zur Verfügung zu stellen. Ein solcher auf den Integrationsgrad des Konzerns im Einzelfall rekurrierender Maßstab wurde mit dem Kriterium der wirtschaftlichen Einheit bereits im Rahmen der Frage nach der Unternehmenseigenschaft des Konzerns und der Zurechnung angesprochen. Für eine wirtschaftliche Einheit wurde es gerade als charakteristisch angesehen, dass die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht wirklich autonom bestimmen kann, sondern der Kontrollmacht der Muttergesellschaft unterliegt.236 Ihr fehlt also die Entscheidungsautonomie und die Handlungsfreiheit, um mit der Muttergesellschaft selbständig in Wettbewerb zu treten. Qua definitionem kennzeichnet die wirtschaftliche Einheit damit eine Unternehmensverbindung, bei der es den Tochtergesellschaften an wettbewerblicher Handlungsfreiheit fehlt. Innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit ist daher eine Wettbewerbsbeschränkung nicht mehr möglich. Die wirtschaftliche Einheit stellt damit den geeigneten Ansatzpunkt zur Kennzeichnung einer Unternehmensverbindung dar, innerhalb der Verhaltenskoordinationen den Wettbewerb nicht in kartellrechtlich relevanter Weise beschränken. Bildet mit anderen Worten ein Konzern eine wirtschaftliche Einheit, so verstößt seine interne Koordination nicht gegen § 1 GWB.237 In diesem Fall stellt eine formal wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung materiell keine Einschränkung der Aktionsparameter da. Dieser im Europarecht weit verbreitete Gedanke bricht im deutschen Recht erst langsam Bahn. Hinsichtlich der bei der Erfassung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen relevanten Aspekte 236

Vgl. oben II. 3. c) ff) (8). Bechtold § 1 Rn. 33; ders., Kartellrecht, S. 23; ders. WuW 1977, 460, 469; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146 u. 255; ders. DB 1989, 309; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 62; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 572 f. Ähnlich v. Gamm § 1 Rn. 11 „enge wirtschaftliche und wettbewerbliche Einheit“; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 28 f. u. 124 „enge wirtschaftliche und somit wettbewerbliche Einheit“. Hierbei bleibt allerdings unklar, was die zusätzlichen Anforderungen an die wettbewerbliche Einheit sein sollen. Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit findet sich bereits bei Huber ZHR 131 (1968), 193, 194 ff., allerdings nur bezogen auf fusionsähnliche Tatbestände und damit im Ergebnis zu eng. Dagegen spricht Schroeder WuW 1988, 274, 277 von einem „plastischen Begriff . . . der aber vom eigentlichen Ansatz ablenkt.“ Da Schroeder den Ansatz wie die vorliegende Arbeit bei der fehlenden wirtschaftlichen Handlungsfreiheit sieht, ist nicht recht ersichtlich, inwiefern die Konkretisierung durch die wirtschaftliche Einheit davon ablenken soll. Gegen die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Miethke S. 42 ff. Er stellt darauf ab, dass die Einheitstheorie bei der rechtlichen Erfassung des Konzerns nicht durchgehend berücksichtigt wurde und das AktG keine zentralistische Führung des Konzerns vorschreibt. Die Konzernerscheinungsformen der Rechtswirklichkeit seien dementsprechend vielfältig. Das spricht aber nicht gegen die Berücksichtigung des Konzerns als Einheit, soweit dies in einzelnen Rechtsgebieten geboten ist und der Konzern im Einzelfall entsprechend strukturiert ist. Dies muss Miethke selbst anerkennen, a. a. O., S. 65. Er wendet sich auch eher gegen das pauschale Abstellen auf eine Konzerneinheit außerhalb der Tatbestandsprüfung des Kartellverbots. Insofern ist ihm zuzustimmen. Der hier vorgeschlagenen Lösung steht das aber nicht entgegen. Gegen das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit, soweit dafür auf die aktienrechtliche einheitliche Leitung abgestellt wird, Gromann S. 100. 237

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

gleicht das Kartellverbot des § 1 GWB aber dem des Art. 81 EGV. Die bestehenden Unterschiede, beispielsweise bei der Erfassung vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen, spielen insofern keine Rolle. Ein sich im Europarecht als geeignet erweisendes Kriterium kann daher grundsätzlich auch im deutschen Recht zur Lösung des Problems herangezogen werden. Die durch die 6. GWBNovelle erfolgte Annäherung des § 1 GWB an Art. 81 EGV betont das Erfordernis einer einheitlichen Lösung dabei zusätzlich.238 ee) Ergebnis Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass in § 1 GWB das Erfordernis der Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs, also der Wettbewerbsbeschränkung, in der überwiegenden Zahl der Fälle der richtige Anknüpfungspunkt für die Beurteilung konzerninterner Verhaltensabstimmungen ist. Den Konzernunternehmen kann es an der dafür erforderlichen Handlungsfreiheit fehlen. Dies ist der Fall, wenn sie zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden sind. Die genauen Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit werden nach der Analyse des Problems im europäischen und US-amerikanischen Kartellrecht entwickelt. Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen der hier interessierenden Fragen in diesen beiden Rechtsordnungen häufiger verwendet wurde und wird als im deutschen Recht. Auch einige noch nicht geklärte Folgefragen bedürfen dann der weiteren Betrachtung. So ist etwa die bereits angesprochene Frage zu klären, ob es für eine Freistellung vom Kartellverbot ausreicht, wenn die Konzernspitze die entsprechende Kontrollmacht und Weisungsmöglichkeit besitzt, oder ob sie diese auch tatsächlich ausüben muss. Offen ist weiter, ob die Drittwirkung einer konzerninternen Maßnahme ein sinnvolles Kriterium ist, um die Freistellung konzerninterner Verhaltenskoordination auf solche Regelungen zu begrenzen, die der konzerninternen Aufgabenverteilung dienen. g) Das Diskriminierungsverbot Abschließend soll noch ein kurzer Blick auf das Diskriminierungsverbot in § 20 GWB geworfen werden, im Rahmen dessen die Relevanz konzerninterner Vorgänge ebenfalls umstritten239 ist. Dort gibt es inzwischen eine klare Linie der Rechtsprechung. 238 Auf den Angleichungsbedarf durch die Neufassung verweist Bunte in: Langen/ Bunte, § 1 Rn. 146. Für eine einheitliche Lösung auch Hootz in: GK5, § 1 Rn. 29; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 216; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 15.

3. Kartellrechtliche Beurteilung nach deutschem Recht

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Von den Verfechtern einer Freistellung des Konzerninnenbereichs von den Anforderungen des § 20 GWB wird dabei die Fragestellung als mit der Problematik im Rahmen des Kartellverbots des § 1 GWB identisch angesehen und daher auch hier mit der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns, die es am wettbewerblichen Bezug konzerninterner Vorgänge fehlen lasse, argumentiert.240 Soweit es innerhalb eines Konzerns an beschränkbarem Wettbewerb fehlt, soll daher auch das Diskriminierungsverbot nicht anwendbar sein. Dieser Sichtweise ist die Rechtsprechung inzwischen beigetreten. Zwar wurde zunächst eine bevorzugte Belieferung von Konzernunternehmen vom Bundeskartellamt als eine unzulässige Diskriminierung angesehen.241 Das OLG Stuttgart hat es aber weder als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 26 II GWB a. F. (§ 20 GWB n. F.) noch als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 22 IV GWB a. F. (§ 19 GWB n. F.) angesehen, dass eine Muttergesellschaft ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft unentgeltlich Anzeigenraum zur Verfügung stellt.242 Es führte wörtlich aus, „[b]ei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise können die [Tochtergesellschaft] trotz ihrer rechtlichen Selbständigkeit als bloße Betriebsabteilung der [Muttergesellschaft] und die Gewährung von Anzeigenraum von einer Gesellschaft an die andere als innerbetrieblicher Vorgang angesehen werden.“243 Der BGH bestätigt in der Kostenentscheidung, dass die unentgeltliche Erbringung von Leistungen der Muttergesellschaft zugunsten der Tochtergesellschaft nicht anders zu beurteilen sei, als wenn die Muttergesellschaft einen Verlust der Tochter übernehme, festgestellte Gewinne stehen lasse oder Bar- und Sachleistungen erbringe.244 Die dadurch bewirkte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Tochtergesellschaft sei kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Die Muttergesellschaft könne der Tochtergesellschaft ebenso gut den Marktpreis berechnen und den dadurch entstehenden Verlust übernehmen. 239 Gegen eine Freistellung konzerninterner Vorgänge vom Diskriminierungsverbot Bunte DB 1989, 309; vgl. auch Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 26 Rn. 192. In KG v. 21.02.1977, WuW/E 1828, 1833 „Englisch-Wörterbuch“ wurde eine 50%ige Beteiligung als nicht ausreichend für die Nichtanwendung des Diskriminierungsverbotes angesehen. Gegen eine Anwendung des Diskriminierungsverbotes auf Konzerne aber z. B. Riesenkampff BB 1974, 206, 208; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 1; ders. WuW 1988, 274, 284; Schwintowski BB 1988, 1763; ders. DB 1989, 1453; ders. EWiR 1989, 1213. 240 Schwintowski BB 1988, 1763, 1764 ff.; ders. DB 1989, 1453, 1453 f.; ders. EWiR 1989, 1213, 1213 f. 241 BKartA TB 1974, 79 „Seefrostvertrieb“. 242 OLG Stuttgart v. 10.10.1980, WuW/E OLG 2386, 2388 „Stuttgarter Wochenblatt“. 243 OLG Stuttgart, a. a. O. 244 BGH v. 29.06.1982, NJW 1982, 2775, 2776 „Stuttgarter Wochenblatt“; insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 84, 320.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Das OLG Frankfurt hat die Subventionierung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft als Vorgang innerhalb eines Konzerns angesehen, der vornehmlich die daran beteiligten Unternehmen betrifft.245 Bei Vorliegen eines Weisungsverhältnisses seien Maßnahmen innerhalb eines Konzerns grundsätzlich nicht an § 26 II GWB a. F. zu messen, da die Tochtergesellschaft dann nicht mehr wettbewerblich autonom handele.246 Dafür spräche auch die Zielsetzung des GWB, die es nicht geboten erscheinen lasse, kartellrechtliche Bestimmungen auf Beziehungen innerhalb eines Konzerns anzuwenden, die sich in erster Linie konzernrechtlich ordnen. Etwaige Auswirkungen konzerninterner Maßnahmen auf Wettbewerber seien daher als bloße wettbewerbsimmanente Reflexwirkungen anzusehen. Dabei zog das Gericht als Vergleich ausdrücklich das vom BGH in der vorgenannten Entscheidung gegebene Beispiel der Verlustübernahme durch die Muttergesellschaft heran.247 In einem ähnlichen Fall hat der BGH Mutter- und hundertprozentige Tochtergesellschaft als unternehmerische Einheit bezeichnet und die Förderung des wirtschaftlichen Erfolges der Unternehmenseinheit als sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung im Rahmen des § 26 II GWB a. F. angesehen.248 In dem letztgenannten Fall handelte es sich indes nicht um eine lediglich konzerninterne Maßnahme, da die Muttergesellschaft zur Förderung des Konzernerfolges Dritte bei Vertragsabschlüssen mit der Tochtergesellschaft bezuschusste. Bereits zuvor hatte der BGH in einer Entscheidung die unternehmerische Einheit zwischen Mutter- und hundertprozentiger Tochtergesellschaft anerkannt und die Tochter daher nicht als ein mit konzernexternen Wettbewerbern der Tochtergesellschaft gleichartiges Unternehmen im Sinne des Behinderungstatbestandes des § 26 II GWB a. F. angesehen.249 Damit hat die Rechtsprechung im Bereich des Diskriminierungsverbots und auch in dem des Marktmissbrauchs die Konzerneinheit weitgehend anerkannt.

245 OLG Frankfurt v. 31.08.1989, ZIP 1989, 1425, 1426 „TOYOTA II“; zustimmend Schwintowski EWiR 1989, 1213. 246 OLG Frankfurt v. 31.08.1989, ZIP 1989, 1425, 1427 „TOYOTA II“. 247 OLG Frankfurt v. 31.08.1989, ZIP 1989, 1425, 1427 „TOYOTA II“. 248 BGH v. 12.11.1991, NJW 1992, 1827, 1828 „Aktionsbeträge“. 249 BGH v. 10.02.1987, NJW 1987, 3197, 3198 f. „Freundschaftswerbung“; zustimmend U. Schmidt EWiR 1987, 487, 488. Ebenso Hübschle in: Lange, Hdb., Kap. 4 § 3 Rn. 39.

4. Kartellrechtliche Beurteilung im Europarecht

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4. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens im Europarecht Ähnlich wie im deutschen Recht wird auch im europäischen Wettbewerbsrecht die Lösung für die Frage, ob rechtlich gegliederte Unternehmen kartellrechtsfreie Binnenräume beanspruchen können, bei den verschiedenen Tatbestandsmerkmalen des Kartellverbots gesucht. a) Lösung im Rahmen des Unternehmensbegriffs Teilweise wird auch im europäischen Kartellrecht die Lösung beim Unternehmensbegriff angesiedelt. Einige sehen hier für den Regelfall (ausschließlich) den Konzern als Unternehmen an, solange nicht eine sogenannte „konzernfreie Sphäre“ besteht.1 Deren Bestehen wird nur auf der Ebene zwischen den abhängigen Unternehmen für den nicht von der Konzernspitze kontrollierten und gesteuerten Bereich angenommen. In diesem Fall seien die Konzernunternehmen selbst Unternehmen. Harms2 sieht ebenfalls den Unternehmensbegriff als geeigneten Anknüpfungspunkt an und bezeichnet die Frage, ob mehrere oder nur ein Unternehmen beteiligt sind, als „Gegenstand des Kartellproblems“. Innerhalb einer durch einen wettbewerbsrechtlichen Konzernbegriff zu bestimmenden Wirtschaftseinheit könnten keine kartellrechtlich relevanten Beziehungen bestehen. Diese Lösung berücksichtigt zwar die Relevanz der wirtschaftlichen Einheit, die ein Konzern bilden kann und lehnt zu Recht eine „konzernfreie Sphäre“ innerhalb dieser wirtschaftlichen Einheit ab,3 verortet die Problematik aber dogmatisch unzutreffend beim Unternehmensbegriff.4 Partiell über den Unternehmensbegriff löst schließlich auch Potrafke, der nur entweder den Konzern oder die Konzerngesellschaften als Unternehmen anerkennt und, soweit er den Konzern als Unternehmen anerkennt, die Anwendbarkeit des Art. 81 EGV auf konzerninterne Vereinbarungen schon mangels Unternehmenseigenschaft der Konzerngesellschaften ablehnt.5 Teilweise wird für den Unternehmensbegriff auf europäischer Ebene6 wirtschaftliche Selbständigkeit gefordert.7 Durch das Erfordernis der wirtschaftli1 Funck S. 145 ff., zu dieser Ansicht bereits oben III. 3. c) bb) Fn. 20, sowie unten III. 7. a) ee) (5) Fn. 236. 2 In: FS Hartmann, S. 165, 178; sowie ders. S. 88 ff., 105 und 158. 3 Siehe dazu unten III. 7. a) ee). 4 Siehe dazu bereits oben III. 3. c) cc)–ee). 5 Siehe Potrafke S. 180 f. Dazu bereits oben II. 2. b) bb) (7) (c), II. 3. c) ee) und III. 3. c) bb). 6 Vgl. zur parallelen Ansicht im deutschen Recht oben III. 3. c).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

chen Selbständigkeit sollen Vereinbarungen zwischen Rechtssubjekten, die wirtschaftlich in einem Lager stehen, aus dem Kartellverbot ausgenommen werden.8 Auf dieser Grundlage sind die wirtschaftlich unselbständigen Konzerngesellschaften keine Unternehmen im Sinne des Art. 81 EGV.9 Eine kartellrechtsrelevante Kooperation zwischen ihnen ist damit a priori ausgeschlossen. Vielmehr wird nur die von ihnen gebildete wirtschaftliche Einheit als Unternehmen angesehen. Im Rahmen dieser Ansichten findet sich erneut der als unzutreffend erkannte Gedanke der Alternativität der Unternehmen.10 Ferner kehrt das Problem des gespaltenen Unternehmensbegriffs hier wieder.11 Im Hinblick auf das Gebot der Rechtsklarheit wird man aber auch bei Art. 81 I EGV die Unternehmenseigenschaft von Konzernunternehmen nur einheitlich bejahen oder verneinen können.12 Dazu sprechen gegen eine Lösung über den Unternehmensbegriff auf europarechtlicher Ebene zusätzlich die Regelungen in der FKVO, die als Unternehmen eindeutig auch wirtschaftlich abhängige Unternehmen ansehen.13 7

Siehe z. B. Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1380 Rn. 21. Pohlmann S. 44. 9 Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1381 Rn. 24; Warner Slg. 1974, 260, 266; Zäch S. 2. So wohl auch Faull/Nikpay Rn. 2.35; van Oven S. 105, 116 ff.; Geiger Art. 81 Rn. 7, der das Problem im Rahmen des Unternehmensbegriffs behandelt und eine Anwendung des Kartellverbots mangels wirtschaftlicher Autonomie ablehnt. Auch van Bael/ Bellis S. 30 ff.; Korah S. 37 f. erörtern die Frage im Rahmen des Unternehmensbegriffs. Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1835 f., fordern selbständige Unternehmensplanung und lehnen Art. 81 EGV mangels Vorliegen mehrerer Unternehmen ab. Allerdings sind die Ausführungen etwas unklar, da auch die Wettbewerbssituation im Konzern angesprochen wird. Jones/Sufrin S. 104, 106 sehen die Rechtsprechung beim Merkmal Undertaking verortet und betrachten folglich mehrere Konzernunternehmen als nur eine Partei einer Absprache. Auch Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 320 f. interpretiert die Theorie der wirtschaftlichen Einheit so, dass sie auf die Annahme eines Unternehmens, also eine Lösung im Rahmen des Unternehmensbegriffs, hinausläuft. Für einige Konzernverhältnisse gegen die Unternehmenseigenschaft auch Fikentscher, Wirtschaftsrecht I, § 15 IX 4 a ii u. jj. Nicht eindeutig Lenz Slg. 1996, I-5459, 5476 f. Rn. 66: „Da der Artikel 85 nach der gefestigten Rechtsprechung von einem wirtschaftlichen Unternehmensbegriff ausgeht, liegt es nahe anzunehmen, dass es in einem Fall wie dem hier vorliegenden bereits an einer Vereinbarung oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise fehlt. Im Grunde handelt es sich hier nämlich nicht um eine Abrede zwischen zwei oder mehr Beteiligten. Vielmehr bestimmt ein Unternehmen – die Muttergesellschaft – die vom Konzern anzuwendende Vertriebspolitik.“ (Hervorhebung im Original) In der folgenden Randnummer bezeichnet Lenz allerdings fehlenden Wettbewerb im Konzern als den entscheidenden Grund für die Freistellung. 10 Etwa bei Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1835 f. Dazu oben II. 2. b) bb) (4), sowie III. 3. c) cc). 11 Zum Beispiel bei Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1835 f.; sowie bei Harms in: FS Hartmann, S. 165, 178, der die Janusköpfigkeit sogar ausdrücklich als generelles Attribut des Konzernunternehmens bezeichnet. Siehe auch dazu oben III. 3. c) cc). 12 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 25. 8

4. Kartellrechtliche Beurteilung im Europarecht

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Wie im deutschen Recht14 sind diese Ansichten daher auch für das europäische Wettbewerbsrecht abzulehnen. Wirtschaftliche Selbständigkeit ist kein Erfordernis des Unternehmensbegriffs.15 Der Wortlaut legt dies weder für das GWB noch für den EGV nahe. Dem weiten, insgesamt schillernden Grundbegriff des Unternehmens einen eindeutigen rechtlichen Bedeutungsgehalt in diese Richtung zu entnehmen, kann schwerlich überzeugen.16 Rein praktisch wäre bei einer solchen Relativierung des Unternehmensbegriffs nach dem Grade der autonomen oder fremdbestimmten Willensbildung die Kommission zudem gezwungen, bei der Beanstandung eines ihrer Ansicht nach gegen Art. 81 I EGV verstoßenden Verhaltens nachzuweisen, dass kein drittes Unternehmen einen die Selbständigkeit ausschließenden Einfluss auf die beteiligten Unternehmen ausgeübt hat.17 Erforderlich ist für die Unternehmenseigenschaft nur die Fähigkeit zur eigenständigen Teilnahme am Markt. Das fragliche Subjekt muss zu selbständigem Handeln befähigt sein, d. h. es muss auf die Signale des Marktes eigenverantwortlich reagieren können.18 Auch die im Rahmen eines Konzernverbundes der wirtschaftlichen Lenkungsmacht der Konzernleitung unterstellten rechtlich verselbständigten Konzernbetriebe sind dazu in der Lage und daher Unternehmen.19 Sie treten im Wirtschaftsverkehr als eigenständige Akteure auf und tragen unmittelbar das volle Risiko aus dieser Tätigkeit.20 Bei der Muttergesellschaft wirkt sich das unternehmerische Risiko dagegen erst mittelbar aus. Häufig dienen Tochtergesellschaften gerade dazu, unternehmerische Risken aus13 Siehe Pohlmann S. 61. Dieses Argument ist allerdings nicht zwingend, da der Maßstab der FKVO nicht verbindlich für die Auslegung der Artt. 81, 82 EGV ist. 14 Vgl. – auch zu den einzelnen Argumenten – oben III. 3. c) cc)–ee). 15 Bos/Stuyck/Wytinek Rn. 3-025, die aber wettbewerbliche Autonomie fordern; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Fleischer AG 1997, 491, 493; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 48; Karl S. 78; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 2 Rn. 20; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. EG 135; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 23; Mailänder in: GK3, Art. 85 EWG Rn. 4; Potrafke S. 179; Roth/ Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 64 u. 210; Schröter in: Groeben/ Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 31 f. u. Art. 81 Rn. 107; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 62 u. 73. 16 Fleischer AG 1997, 491, 493. 17 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 22 f. 18 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 49. Ähnlich Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Rn. 9 („selbständige Teilnahme am Wirtschaftsleben“). 19 Bellamy/Child Rn. 2-005; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 10 u. 139; Ebel Art. 85 Rn. 29; Emmerich in: Dauses, H I Rn. 69; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 50; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 53 u. 55; Haberkorn NJW 1960, 86, 87 (zu Art. 65 MV); Heitzer S. 69; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 28 u. 41; Mailänder in: GK3, Art. 85 EWG Rn. 4; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 32 u. 73; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 64 u. 210; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Art. 81 bis 85 Rn. 32 u. Art. 81 Rn. 107; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 62 und 73. Siehe auch oben III. 3. c) cc). 20 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 53.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

zugliedern. Bezogen auf ihre wirtschaftliche Tätigkeit am Markt sind abhängige Gesellschaften daher auch dann Unternehmen, wenn sie in einem Konzernverbund stehen und ihr Verhalten – etwa auf Weisung des Mutterunternehmens – mit dem Mutterunternehmen oder mit anderen Töchtern abstimmen.21 Die wirtschaftliche Einheit, die zwischen konzernverbundenen Unternehmen bestehen kann, hebt die Unternehmenseigenschaft des einzelnen Konzernunternehmens nicht auf, sondern spricht nur die fehlende Autonomie hinsichtlich der Festlegung des Vorgehens am Markt an, deren Bestehen für die Annahme beschränkbaren Wettbewerbs, also im Rahmen der Wettbewerbsbeschränkung, erforderlich ist.22 Auch der Umstand, dass die wirtschaftliche Einheit ihrerseits Unternehmen sein kann, steht der Unternehmenseigenschaft der einzelnen Konzerngesellschaft nicht entgegen. Daneben besteht bei einer Lösung über den Unternehmensbegriff stets die Gefahr, dass wettbewerbsrechtliche Wertungen hinter Begrifflichkeiten versteckt werden.23. Der Unternehmensbegriff ist auch im Europarecht der unzutreffende Anknüpfungspunkt für die Problematik.24 b) Vereinbarung oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweise Da die Formen der Koordinierung in § 1 GWB seit der 6. GWB-Novelle denen in Art. 81 EGV entsprechen, gleicht die Lage hinsichtlich des Koordinierungstatbestands derjenigen im deutschen Recht. Verbreiteter als dort wird allerdings im Rahmen des Art. 81 EGV bereits bei diesem Merkmal ein Hebel zur Lösung der Frage konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen gesehen. Eine überwiegend an diesem Merkmal anknüpfende Lösung vertritt Potrafke, der hier untersuchen möchte, ob der vorliegende Informationsfluss als unternehmensintern einzuordnen ist.25 Ein im Rahmen seiner Ansicht als unternehmensintern zu charakterisierender Informationsfluss soll in der Folge keine im Rahmen des Art. 81 I EGV relevante Koordinierung darstellen. Andere Stimmen in der Literatur lehnen aufgrund der fehlenden Autonomie der Tochtergesellschaft in einer wirtschaftlichen Einheit das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne des Art. 81 EGV ab.26 Bei diesem Ansatz wird bereits 21

Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 64. Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 65 f. u. 210; siehe auch Heitzer S. 69. 23 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 7; Pohlmann S. 396. 24 Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 10 u. 139; Buntscheck S. 103 f.; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 190; Heitzer S. 69; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 2 Rn. 20; Pohlmann S. 44 f. u. 396; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 64; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 3; Schroeder in: Grabitz/ Hilf, Art. 81 Rn. 408. In diesem Sinne auch Kommission v. 29.03.1994, ABl. 1994 Nr. L 104 v. 23.04.1994, S. 34, 38 Rn. 48 ff. „HOV-SVZ/MCN“. 25 Potrafke S. 251. Vgl. zu diesem Ansatz ausführlich oben III. e) aa). 22

4. Kartellrechtliche Beurteilung im Europarecht

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mit der Frage nach der Erfüllung eines Koordinierungstatbestandes zugleich die Frage nach der Handlungsautonomie der Beteiligten aufgeworfen.27 Indes ist auch hier davon auszugehen, dass die Konzernverbundenheit nicht grundsätzlich die Zugänglichkeit der in Art. 81 I EGV genannten Koordinierungsformen innerhalb des Konzerns beseitigt.28 Die Frage nach dem Vorliegen (und der Beschränkung) wettbewerblicher Handlungsfreiheiten sollte erst im Rahmen des Tatbestandsmerkmals Wettbewerbsbeschränkung geklärt werden. Daher ist hier wie im deutschen Recht zu differenzieren und nur für die Fälle der rechtsverbindlichen Weisung das Vorliegen einer Koordinierung abzulehnen. Soweit die Muttergesellschaft lediglich von einem ihr zustehenden Weisungsrecht Gebrauch macht, ohne dass es zu einer Koordinierung zwischen ihr und den Töchtern oder zwischen den Töchtern untereinander kommt, liegt eine bloß einseitige Handlung vor, die den für Art. 81 I EGV erforderlichen Koordinierungstatbestand nicht erfüllt.29 Das Gleiche lässt sich annehmen, wenn eine koordinierende Vereinbarung oder ein gleichförmiges Verhalten nur in Befolgung einer Weisung zustande kommt.30 Diese Ausnahmen gelten aber nur dann, wenn die Weisungen nach dem jeweiligen nationalen Konzernrecht bindend sind, da ansonsten zumindest eine abgestimmte Verhaltensweise der Tochtergesellschaften, gegebenenfalls unter Einschluss der Muttergesellschaft, vorliegt.31 In allen übrigen Fällen konzerninterner Verhaltenskoordinationen ist ohne weiteres vom Vorliegen einer Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung im Sinne des Art. 81 I EGV auszugehen. Dies gilt entgegen teilweise vertretener Ansicht32 26 In diese Richtung etwa Markert EuR 1972, 163, 166; Mestmäcker S. 408; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 39, 73. Für Art. 65 MV vertrat Ulmer BB 1961, 1020, 1024, dass es in aller Regel an einer Absprache fehlen wird. Am Vorliegen einer Koordinierung zweifelnd auch Mailänder in: GK3, Art. 85 EWG Rn. 4: „Konzernbetriebe bleiben Unternehmen . . . bei denen lediglich zweifelhaft sein kann, ob zwischen ihnen bestehende Wettbewerbsbeschränkungen auf Vereinbarungen oder auf der im Verbund übergeordneten Leitungsmacht . . . beruhen.“ Siehe auch Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24, 25 Rn. 11, 13 „Kodak“. 27 Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Pohlmann S. 398. 28 Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Pohlmann S. 397 f.; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 107. 29 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 30 u. 41; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 39; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 211; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 107. Auch Potrafke S. 186 ff. weist darauf hin, dass einseitige Einflussnahmen nicht unter Art. 81 EGV fallen. A. A. Pohlmann S. 397 f., die Freiwilligkeit als Erfordernis ablehnt und auch Weisungen als tatbestandlich erfasste Verhaltenskoordination ansieht. 30 Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 211 i.V. m. Rn. 87; so auch Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. EG 135. 31 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 51; a. A.: Leo, Kartellrundschau, S. 11, 30.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

auch für den Fall, dass Konzernunternehmen rechtlich nicht bindende Empfehlungen der Konzernspitze befolgen. In diesem Fall praktizieren sie abgestimmtes Verhalten.33 Im deutschen Recht wäre hier hinsichtlich des Empfehlungsgebers auch an das Empfehlungsverbot des § 22 GWB zu denken.34 Generell sind die Anforderungen an das Vorliegen einer Absprache im Europarecht nicht hoch, sodass sehr leicht eine Absprache gegeben ist.35 Dazu kommt, dass auch eine einseitige Einflussnahme Teil einer bestehenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten sein kann.36 Die Anwendbarkeit des Kartellverbots scheitert somit auch auf europäischer Ebene in den meisten Fällen nicht am Fehlen der vorausgesetzten Handlungsform.37 c) Lösung im Rahmen des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung Wie im deutschen Recht sieht auch bei Art. 81 EGV die Mehrheit der Autoren die Lösung der Frage der Beurteilung konzerninterner Verhaltensweisen beim Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung verankert.38 Auch im europäischen Wettbewerbsrecht gilt das Selbständigkeitspostulat, d. h. jedes Unternehmen muss selbständig bestimmen, welche Politik es auf dem Markt betreiben möchte und wie es die wettbewerblichen Aktionsparameter dabei einsetzen will.39 Das Merkmal der Wettbewerbsbeschränkung erfordert auch hier eine Beschränkung der Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen. Vorausset32

Leo, Kartellrundschau, S. 11, 30 f. So auch Potrafke S. 188. 34 Vgl. dazu Huber ZHR 131 (1968), 193, 213. 35 Buntscheck S. 81 f.; Potrafke S. 187 f. 36 Potrafke S. 188. 37 Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 107; vgl. auch EuGH v. 11.04.1989, Slg. 1989, 803, 849 Rn. 37 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/ Sterling Drug“; v. 31.10.1974, Slg. 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“. 38 Bellamy/Child Rn. 2-053; Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 10 u. 139; Emmerich § 37 3 b; ders. in: Dauses H I Rn. 69; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 53; Fleischer AG 1997, 491, 494; Gassner S. 45; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 53 a. E., 55 a. E. u. 190; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 398; Heitzer S. 65; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, S. 341; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 32 ff.; Mestmäcker S. 405; Pohlmann S. 44 f. u. 399; dies. EWiR 1996, 307, 308; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 212; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 108; G. Wiedemann/ Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 3; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 408; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 73, kritisch zur Verortung an einem bestimmten Tatbestandsmerkmal insgesamt dagegen ders., a. a. O., Rn. 165. Wohl auch Karl S. 78. A. A. Potrafke S. 200 f., der das Merkmal der Wettbewerbsbeschränkung für ungeeignet hält und konzerninterne Absprachen unter Rückgriff auf die Immanenztheorie nur dann freistellen will, wenn sie unerlässlich sind, um die Wirksamkeit des Rechtsinstituts Konzern zu sichern. 33

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zung dafür ist, dass mehrere unabhängige Entscheidungsträger beteiligt sind. Kein beschränkbarer Wettbewerb liegt daher vor, wo es den Unternehmen von vornherein an beschränkbaren Handlungsfreiheiten fehlt.40 Dies kann gerade bei Konzernverbindungen der Fall sein.41 Die für den Markt konstitutive dezentrale Koordinierung der Wirtschaftspläne der Marktteilnehmer kann nicht stattfinden, wenn ein einseitig bestimmtes Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Kann ein Unternehmen über den Einsatz der wettbewerblichen Aktionsparameter nicht selbständig entscheiden, fehlt es ihm an der erforderlichen Dispositionsfreiheit. Dann ist aber auch keine Beschränkung dieser Handlungsfreiheiten mehr möglich und es fehlt zwischen den konzernverbundenen Unternehmen an einem kartellrechtlich relevanten Wettbewerbsverhältnis.42 Soweit dagegen eingewandt wird, der Maßstab, ob überhaupt Wettbewerb zwischen den Konzernunternehmen möglich sei, sei zu unbestimmt,43 ist dem insofern zu widersprechen, als es hier um die Ermittlung des tatbestandlichen Anknüpfungspunktes geht. Als Anknüpfungspunkt innerhalb des Kartellverbots ist die Frage nach dem Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses und seiner Beschränkung hinreichend bestimmt. Richtig ist, dass der Aspekt, wann Wettbewerb zwischen Konzernunternehmen ausgeschlossen ist, der Konkretisierung bedarf. Dazu werden verschiedene Kriterien angeführt. Anerkannt ist das Fehlen beschränkbaren Wettbewerbs zunächst für den Fall, dass eine Weisungsbefugnis besteht, die das herrschende Unternehmen ausübt.44 Wie gesehen fehlt es in einem solchen Fall allerdings schon an einer relevanten Verhaltenskoordinierung. Darüber hinaus wird wie im deutschen Recht vertreten, dass soweit ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen abhängig ist und dessen Weisungen befolgt, es auch durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem herrschenden Unternehmen oder mit Schwesterunternehmen nicht in seiner Handlungsfreiheit beschränkt wird.45 Dies ist indes nicht unstreitig und wird im Rahmen der Frage, ob die kartellrechtliche Privi39 EuGH v. 14.07.1981, Slg. 1981, 2021, 2031 f. Rn. 13 f. „Züchner/Bayrische Vereinsbank“; v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 1665 „Suiker Unie und andere/Kommission“; Potrafke S. 190. 40 G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14; ähnlich Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 191. 41 Pohlmann S. 399; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14; ähnlich Emmerich § 37 3 b; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 35; a. A. Potrafke S. 195. 42 Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 212; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14. 43 So Emmerich EuR 1971, 295, 311. 44 Siehe z. B. Ebel Art. 85 Rn. 30. Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55 hält ein etwaiges Weisungsrecht der Muttergesellschaft letztlich immer für entscheidend. Dagegen möchte Fikentscher, Wirtschaftsrecht I, § 15 IX 5 c das Kartellverbot unter bestimmten Voraussetzungen auch im Falle von „Anweisungen“ anwenden.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

legierung erfordert, dass bestehende Einflussmöglichkeiten ausgeübt werden, ausführlich erörtert.46 Vereinzelt wird vertreten, dass das Kartellverbot anwendbar sein sollte, wenn durch die fragliche Maßnahme der Wettbewerb Dritter mit einem Konzernunternehmen spürbar beschränkt wird.47 Hierdurch wird zugleich eine mögliche Aufspaltung von Märkten durch Konzerne verhindert. Auch dieses einschränkende Kriterium ist umstritten und wird noch näher beleuchtet.48 Zur Konkretisierung ist vielmehr auch hier auf das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit zurückzugreifen. Voraussetzung für das Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses und die daraus folgende kartellrechtliche Privilegierung des Konzernbinnenraums ist das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit: Art. 81 EGV ist nicht anwendbar auf Absprachen zwischen Unternehmen, die als Mutter- und Tochtergesellschaften demselben Konzern angehören, wenn die Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden.49 Die Muttergesellschaft kann hier das beim Abschluss von Vereinbarungen verfolgte Ziel auch durch Weisungen oder die sonstige Ausübung ihrer Kontrollmacht über das beherrschte Unternehmen erreichen.50 Im Europarecht ist dieses Kriterium zur Kennzeichnung der mangelnden wirtschaftlichen Autonomie des beherrschten Unternehmens anerkannt und entspricht ständiger Rechtsprechung.51 Auch hier bedarf es aber der weiteren Präzisierung. Zuvor jedoch soll zur Kontrolle der gefundenen Lösung ein Blick auf die Äußerungen von Kommission und Rechtsprechung zur Beurteilung konzerninternen Verhaltens geworfen werden.

45 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 3; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 408. 46 Siehe unten III. 7. a) ee). 47 Emmerich EuR 1971, 295, 311; van Rijn S. 123, 130 ff. u. 138. 48 Siehe unten III. 7. b). 49 Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 10 u. 139; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 54 f.; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. EG 135; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 212; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 164; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14. 50 Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 39. 51 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5495 Rn. 16 „Viho/Kommission“; v. 11.04.1989, Slg. 1989, 803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flureisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 19 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“; v. 31.10.1974, Slg. 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“; EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 33 ff. Rn. 47 ff. „Viho/Kommission“.

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d) Vergleich mit der Gemeinschaftspraxis aa) Entscheidungen der Kommission Die Kommission ging bereits frühzeitig von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Art. 81 EGV auf konzerninterne Vereinbarungen aus, sah also Konzernunternehmen trotz der möglicherweise fehlenden wirtschaftlichen Selbständigkeit als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts an.52 Statt dessen stellte sie auf die Frage ab, ob zwischen den beteiligten Konzernunternehmen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall überhaupt ein beschränkbarer Wettbewerb möglich ist. Dabei betraf diese frühe Entscheidung im Fall Christiani & Nielsen eine denkbar extrem gelagerte Konstellation: Eine weisungsabhängige, finanziell, personell und wirtschaftlich vollständig eingegliederte, nur rechtlich selbständige Niederlassung, die noch dazu von der Mutter selbst gegründet worden war.53 Die dänische Muttergesellschaft hatte eine niederländische Tochter mit der alleinigen Aufgabe gegründet, Bauvorhaben in den Niederlanden auszuführen. Es handelte sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft, die weisungsabhängig war, in ständiger Zusammenarbeit und regelmäßigem Datenaustausch mit der Mutter stand und deren Vorstandsmitglieder sämtlich von der Muttergesellschaft bestellt wurden. Nur aus marktstrategischen Gründen war eine rechtlich selbständige Tochtergesellschaft anstelle einer unselbständigen Niederlassung gegründet worden. Das Verhalten einer Niederlassung hätte die Muttergesellschaft aber kartellrechtlich unbedenklich steuern können. Und die Vereinbarung mit der rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft hätte aufgrund der Beherrschungsbefugnis ohne weiteres durch eine kartellrechtlich irrelevante Weisung ersetzt werden können.54 Unter diesen Umständen sah die Kommission die Tochter zwar vermöge ihrer Rechtspersönlichkeit als Unternehmen im Sinne des Art. 81 EGV an, sie hielt sie jedoch für einen „integrierten Bestandteil des Wirtschaftskomplexes der Gruppe Christiani & Nielsen“ und daher die Marktaufteilung zwischen den Konzernunternehmen nur für eine „Aufteilung der Aufgaben innerhalb derselben Wirtschaftseinheit“.55 Man könne „unter diesen Umständen nicht erwarten, dass ein Teil dieser Einheit mit der Muttergesellschaft in Wettbewerb“ trete.56 Die Vereinbarung bezweckte oder bewirkte daher keine Wettbewerbsbeschränkung.57 52 Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 13 f. „Christiani & Nielsen“; vgl. Buntscheck S. 31; Emmerich EuR 1971, 295, 309 f.; Grandpierre S. 47; Huber AWD des BB 1969, 429. 53 Siehe Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 13 f. „Christiani & Nielsen“; Assant ECLR 1990, 65, 67; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 166. 54 Heitzer S. 176. 55 Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 14 „Christiani & Nielsen“.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Im Kodak-Fall58 ging es um einheitliche Geschäftsbedingungen der europäischen Tochtergesellschaften von Kodak-Eastmann, die Preisfestsetzungen zur Folge hatten. Auch hier waren die Töchter voll integriert und ihre übereinstimmenden Geschäftsbedingungen beruhten auf Weisungen der Mutter. In diesem Fall hielt die Kommission Wettbewerb zwischen Mutter und Töchtern zwar für denkbar, sie stellte aber darauf ab, dass in den von der Mutter geregelten Bereichen unabhängiges Verhalten der Töchter ausgeschlossen sei. Daher lag hinsichtlich der Übereinstimmung der Geschäftsbedingungen nach Ansicht der Kommission auch keine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise vor.59 Hier wurde also ein anderes Tatbestandsmerkmal als in der Entscheidung Christiani & Nielsen gewählt. Dennoch wandte die Kommission Art. 81 EGV auf die fraglichen Geschäftsbedingungen an mit der Begründung, sie seien als Gegenstand der Verträge zwischen den Tochtergesellschaften und deren Abnehmern notwendigerweise Gegenstand von Vereinbarungen zwischen Unternehmen.60 Während dies teilweise als Begründung für die Relevanz des Kriteriums der Drittwirkung angeführt wird,61 ist richtigerweise einzuwenden, dass die Einzelverträge mit den Abnehmern gar nicht Gegenstand der Anmeldung waren. Es ging vielmehr um die Zulässigkeit der Vereinheitlichung der Geschäftsbedingungen. Da hinsichtlich der Einzelverträge die Konzernstruktur nicht der entscheidende Punkt ist, läge es ansonsten in der Konsequenz der Entscheidung, sämtliche Geschäftsbedingungen jedes Einzelunternehmens vor ihrer Anwendung nach Art. 81 EGV zu prüfen und gegebenenfalls zu untersagen.62 Ebenso ließe sich auf dieser Grundlage der unbeteiligte Käufer bestrafen, weil er einen Preis bezahlt hat, der im Rahmen einer kartellrechtswidrigen Preisabsprache unter Verkäufern zustande gekommen ist.63 Dieser Aspekt der Kodak-Entscheidung kann daher nicht überzeugen.

56 Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 14 „Christiani & Nielsen“. 57 Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 14 „Christiani & Nielsen“. A. A. Potrafke S. 255, der aus der Tatsache, dass ein Vertrag geschlossen wurde auf eine Wettbewerbsbeschränkung schließt. 58 Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24 „Kodak“. 59 Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24, 25 Rn. 11, 13 „Kodak“. Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 315 hält es dagegen für plausibler anzunehmen, dass die Entscheidung auf dem Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung und nicht dem einer Vereinbarung fußt. Wie hier im Sinne des Fehlens einer Vereinbarung verstehen Buntscheck S. 34 und Potrafke S. 79 f. die Entscheidung. 60 Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24, 25 Rn. 14 „Kodak“. Allerdings enthielten die Geschäftsbedingungen in der angemeldeten Fassung keine Wettbewerbsbeschränkung mehr. Vgl. Kommission, a. a. O., S. 26 Rn. 23. 61 Emmerich EuR 1971, 295, 311. 62 Harms in: FS Hartmann, S. 165, 171; kritisch auch Buntscheck S. 35 ff. 63 Assant ECLR 1990, 65, 68.

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In ihrer Stellungnahme zum Fall Béguelin schien die Kommission dann gleich an drei Tatbestandsmerkmale des Kartellverbots anknüpfen zu wollen. Dort vertrat sie die Ansicht, Vereinbarungen zwischen Konzerntöchter stellten keine „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“ dar und außerdem hätten die Tochtergesellschaften keine Möglichkeit zu einer von der Muttergesellschaft unabhängigen Tätigkeit.64 In der Ford-Entscheidung findet sich die vergleichbare Ansicht der Kommission, dass konzerninterne Absprachen weder eine Vereinbarung zwischen Unternehmen noch eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise darstellten.65 Der Entscheidung HOV-SVZ/MCN lässt sich zumindest eine Absage an eine Lösung über den Unternehmensbegriff entnehmen. Dort bejahte die Kommission zunächst die Unternehmenseigenschaft einer Tochtergesellschaft, um sodann festzustellen, dass diese dergestalt konzerngebunden sei, dass sie keine echte Handlungsfreiheit in der Gestaltung ihres Marktverhaltens habe und daher Art. 81 EGV auf Vereinbarungen mit der sie beherrschenden Gesellschaft nicht zur Anwendung komme.66 Ein Indiz gegen eine Lösung über den Unternehmensbegriff findet sich auch in der Entscheidung VW. Dort bezeichnete die Kommission sowohl die Volkswagen AG als auch ihre Tochtergesellschaften Audi AG und Autogerma SpA ausdrücklich als Unternehmen im Sinne des Art. 81 I EGV, obwohl sie Teile desselben Konzerns sind.67 Dies spricht gegen die Annahme, die Kommission bejahe eine Freistellung konzerninterner Vereinbarungen aufgrund fehlender Unternehmenseigenschaft der Konzerngesellschaften. Daneben gibt es eine Vielzahl von Fällen, in denen die Kommission die Konzernverbundenheit und das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit im Rahmen der Unternehmenseigenschaft und der Zurechnung thematisiert hat.68 Diese Entscheidungen liefern zwar gewisse Rückschlüsse über die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit und insofern mittelbar auch über die Umstände einer Freistellung konzerninterner Verhaltensweisen vom Kartellverbot, zum Anknüpfungspunkt und zur Begründung der Freistellung äußern sie sich dagegen nicht, sodass ihre Darstellung hier nicht erforderlich ist. Allgemein spricht die Kommission in ihren Entscheidungen die möglicherweise bestehenden konzerninter64 Siehe die Wiedergabe der Ansicht der Kommission in EuGH v. 25.11.1971, Slg. 1971, 949, 955 „Béguelin Import/G. L. Import Export“. 65 Wiedergabe der Ansicht der Kommission in EuGH v. 28.02.1984, Slg. 1984, 1129, 1160 Rn. 16 „Ford/Kommission“. 66 Kommission v. 29.03.1994, ABl. 1994 Nr. L 104 v. 23.04.1994, S. 34, 38 Rn. 48 ff. „HOV-SVZ/MCN“. 67 Siehe Kommission v. 28.01.1998, ABl. 1998 Nr. L 124 v. 25.04.1998, S. 60, 76 Rn. 110 „VW“. 68 Siehe dazu oben II. 3. c) ff) (3) u. gg) (1), sowie unten III. 7. a) aa) (2).

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nen Vereinbarungen oftmals gar nicht erst an, insbesondere, wenn dies für die Feststellung eines Kartellverstoßes nicht (mehr) erforderlich ist, da er sich bereits aus dem Zusammenwirken der Konzernunternehmen mit Dritten ergibt.69 Ein klares Bild ergibt sich aus den bisherigen Entscheidungen nicht. Während Christiani & Nielsen wie die hier vertretene Lösung beim Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung ansetzt, wird in der Kodak-Entscheidung das Vorliegen einer Vereinbarung bzw. abgestimmten Verhaltensweise abgelehnt. Da in diesem Fall allerdings eine verbindliche Weisung der Muttergesellschaft vorlag, entspricht auch diese Entscheidung der hier vertretenen Lösung. Die Kommission scheint aber fast bemüht zu sein, eine eindeutige Festlegung auf einen tatbestandlichen Anknüpfungspunkt zu vermeiden. Neuere Entscheidungen sprechen zumindest dafür, dass die Kommission nicht davon ausgeht, Konzernunternehmen seien keine Unternehmen im Sinne des Art. 81 I EGV. Diese Sichtweise könnte nur begrüßt werden. bb) Entscheidungen des EuG Auch vom Gericht erster Instanz liegen nur wenige Stellungnahmen vor, die wie die Entscheidungen der Kommission keine eindeutige Stellungnahme zum tatbestandlichen Anknüpfungspunkt enthalten, jedoch eine Tendenz zeigen. So stellte das Gericht in der Entscheidung SIV fest, der Begriff der „Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise zwischen Unternehmen“ erfasse nicht Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen von Konzernunternehmen, wenn diese eine wirtschaftliche Einheit bilden.70 Er meine vielmehr Beziehungen zwischen zwei oder mehr wirtschaftlichen Einheiten, die zueinander in Wettbewerb treten können. Obwohl hieraus nicht klar hervorgeht, ob das Gericht die Freistellung konzerninternen Verhaltens am Unternehmensbegriff oder am Merkmal der Vereinbarung festmacht, spricht mehr für erstere Interpretation, da das Gericht den Begriff Unternehmen dabei teilweise in Anführungsstriche setzte und die Ausführungen anschließend für den Unternehmensbegriff des Art. 82 EGV fruchtbar machte.71 In mehreren Entscheidungen führte das Gericht zudem aus, das Verbot des Art. 81 EGV richte sich an wirtschaftliche Einheiten, die jeweils in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel bestehen, die dauerhaft einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck verfolgt und an einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Vorschrift beteiligt sein kann.72 Dem-

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Vgl. Potrafke S. 93 f. u. 99. EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-1403, 1547 Rn. 357 „SIV u. a./Kommission“. 71 Vgl. EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-1403, 1547 f. Rn. 357 f. „SIV u. a./Kommission“. So auch Buntscheck S. 69. 70

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nach sei bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln das einheitliche Vorgehen der Konzerngesellschaften auf dem Markt entscheidend gegenüber ihrer formalen Trennung in verschiedene Rechtspersönlichkeiten. Dieser vom EuG wiederholt verwendete materiell-institutionelle Unternehmensbegriff73 scheint nur die wirtschaftliche Einheit Konzern als Verbotsadressaten anzusehen und würde daher eine Freistellung konzerninterner Koordination über den Unternehmensbegriff ermöglichen. Insgesamt scheint das EuG einer Lösung über den Unternehmensbegriff zuzuneigen. cc) Entscheidungen des EuGH Die Entscheidungspraxis des Gerichtshofs verlief bis zur Viho-Entscheidung ebenfalls uneinheitlich.74 Die erste Stellungnahme findet sich in der Béguelin-Entscheidung. Der Gerichtshof hielt die Übertragung eines Alleinvertriebsrechts innerhalb eines Konzerns aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Selbständigkeit der nur rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft für zulässig.75 Der Vertrag zwischen Mutterund Tochtergesellschaft könne daher eine Störung des Wettbewerbs weder bewirken noch bezwecken. Ob der EuGH dabei annahm, konzerninterne Vereinbarungen seien keine Vereinbarungen im Sinne des Art. 81 EGV, oder ob er annahm, es fehle an einer Wettbewerbsbeschränkung, ist nicht ganz klar.76 Die Formulierung spricht eher für Letzteres. Im Fall Geigy ging es zwar um die Zurechnung einer nach Art. 81 EGV verbotenen Absprache der Tochtergesellschaft zur außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Mutter, der Gerichtshof führte aber aus, dass die zurechnungsbegründenden Voraussetzungen zugleich zur Privilegierung des Konzerninnenverhältnisses führen. In diesem Zusammenhang stellte er fest, dass die Tochtergesellschaft mit der Mutter eine wirtschaftliche Einheit bilde, auf deren interne Beziehungen Art. 81 EGV unanwendbar sei, wenn die Tochtergesellschaft ihr 72 Zuerst EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 884 Rn. 311 „Shell/Kommission“, aufgegriffen in EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 „Viho/Kommission“; v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2020 Rn. 87 „Mo och Domsjö/Kommission“; v. 11.12.2003, T-66/99 Rn. 122 „Minoan Lines/Kommission“. Ähnlich bereits EuG v. 17.12.1991, Slg. 1991, II-1623, 1695 Rn. 235 „Enichem Anic/Kommission“. 73 Siehe dazu bereits oben II. 3. c) bb) Fn. 94. 74 Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 7; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5471 Rn. 48. Kritisch zur Rechtsprechung des EuGH Potrafke S. 74, der von „Leerformeln“ spricht. 75 EuGH v. 25.11.1971, Slg. 1971, 949, 959 Rn. 7/9 „Béguelin Import/G. L. Import Export“. Vgl. zu einer ähnlichen Situation bereits Kommission ABl. 1968 Nr. C 110 v. 24.10.1968, S. 2 „Scott Paper Company“. 76 Vgl. Lenz Slg. 1996, I-5459, 5466 Rn. 33. Siehe auch Buntscheck S. 39 ff.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen könne.77 Für die Annahme einer Einheit im wettbewerbsrechtlichen Sinn stützte sich der EuGH darauf, dass die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft ganz unter Kontrolle hatte, also ihre Preispolitik beeinflussen konnte und von dieser Möglichkeit im konkreten Fall auch Gebrauch gemacht hatte.78 In den Centrafarm-Urteilen findet sich die Formulierung, Art. 81 EGV sei nicht einschlägig „bei Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen von Unternehmen, die als Mutter- beziehungsweise Tochtergesellschaft ein und demselben Konzern angehören, vorausgesetzt, dass die Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, in deren Rahmen die Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen kann, und ferner, wenn diese Vereinbarungen oder Verhaltensweisen dem Zweck dienen, die interne Aufgabenverteilung zwischen den Unternehmen zu regeln.“79 Aus dem ersten Teil der Formulierung könnte man schließen, dass der EuGH weder die Unternehmenseigenschaft der Konzernunternehmen ausschloss noch annahm, sie könnten keine Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Artikel 81 praktizieren. Dieselbe Wendung findet sich in der Bodson-Entscheidung80 aus dem Jahr 1988, ohne dass der EuGH hier oder anderswo näher erläutert, was er unter einer innerkonzernlichen Arbeitsteilung versteht. In Bodson heißt es zur Freistellung weiter, relevant sei insbesondere, ob die Unternehmen auf dem Markt eine gemeinsame, von der Muttergesellschaft bestimmte Linie verfolgten. In der Entscheidung Ahmed Saeed Flugreisen rezitierte der EuGH seine Rechtsprechung und führte aus, dass Kartellverbot sei auf konzerninterne Absprachen nicht anwendbar, wenn sie innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit erfolgten.81 Jüngst betonte der Gerichtshof in einer Entscheidung zu Art. 82 EGV, dass der Begriff Unternehmen in den europäischen Wettbewerbsregeln die wirtschaftliche Selbständigkeit der betreffenden Einheiten voraussetzt.82 In der Konse77 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 „Geigy/Kommission“. Auf diese Entscheidungsgründe wird verwiesen in EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 845, 849 „Sandoz/Kommission“. 78 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 45 „Geigy/Kommission“. 79 EuGH v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafram/Sterling Drug“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“. 80 EuGH v.04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 19 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“. 81 EuGH v. 11.04.1989, Slg. 1989, I-803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“. 82 EuGH v. 16.03.2000, Slg. 2000, I-1365, 1367 LS 2 u. 1458 Rn. 35 „Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission“. Lenz Slg. 1996, I-5459, 5477 Rn. 66 bezeichnete dies schon 1996 als gefestigte Rechtsprechung. Das erscheint mir jedoch fraglich, bezeichnet doch der EuGH auch

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quenz dieser Entscheidung läge es, auch die Frage konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen des Unternehmensbegriffs zu lösen. In der Tat wird die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie auch die des Gerichts erster Instanz dahingehend interpretiert, dass beide davon ausgehen, der in Artikel 81 verwendete Begriff des Unternehmens sei so zu verstehen, dass er sich auf wirtschaftliche Einheiten beziehe.83 Insgesamt ist auch die Rechtsprechung des EuGH trotz etlicher Stellungnahmen wenig ergiebig, was den tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die Beurteilung konzerninternen Verhaltens angeht. Die Äußerungen in den Urteilen sind nicht eindeutig und lassen sich im Sinne verschiedener Merkmale deuten. Ähnlich wie beim EuG scheint sich jedoch inzwischen eine Tendenz abzuzeichnen, am Unternehmensbegriff anzuknüpfen und nur die wirtschaftlich selbständige wirtschaftliche Einheit als Unternehmen anzusehen.84 Zu den Bedenken, die gegen eine solche Lösung über den Unternehmensbegriff bestehen, wurde bereits Stellung genommen.85 dd) Die Viho-Entscheidung Ein Fall verdient abschließend eine gesonderte Darstellung, da an ihm exemplarisch die praktische Relevanz der kartellrechtlichen Beurteilung konzerninternen Verhaltens und die Konfliktträchtigkeit konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen deutlich wird. Zudem enthält der Fall Viho die bisher eindeutigsten Stellungnahmen der Organe der Europäischen Gemeinschaften zu diesen Fragen. Die englische Unternehmensgruppe Parker Pen Ltd. vertrieb von ihr produzierte Schreibgeräte in ganz Europa über hundertprozentige Tochtergesellschaften oder unabhängige Vertriebsgesellschaften. Dabei wurde der Verkauf, der Vertrieb und die Personalpolitik der Tochtergesellschaften durch die Gebietsleitung der Muttergesellschaft kontrolliert. Lieferanfragen wurden innerhalb des Parker-Konzerns an die Tochtergesellschaft weitergeleitet, die ihren Sitz in dem Staat hat, in dem der Kunde niedergelassen ist. Nachdem die niederländische die Gliedgesellschaften einer wirtschaftlichen Einheit als Unternehmen, obwohl sie nicht wirtschaftlich selbständig sind. Vgl. nur EuGH v. 11.04.1989, Slg. 1989, I-803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“. Auch aus den übrigen dargestellten Entscheidungen lässt sich diese „gefestigte Rechtsprechung“ nicht unbedingt ersehen. 83 Lenz Slg. 1996, I-5459, 5471 Rn. 48. Siehe aber auch Rn. 59: „Die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaften stellen . . . zweifellos Unternehmen dar. Die Nichtanwendbarkeit des Artikels 85 kann sich nur daraus ergeben, dass der Begriff des Unternehmens im Sinne von ,wirtschaftlichen Einheiten‘ verstanden wird.“ 84 So auch Buntscheck S. 77 ff. 85 Siehe oben III. 3. c) und 4. a).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Viho Europe BV, eine Im- und Exporteurin von Büroartikeln, vergeblich versucht hatte, Parker-Erzeugnisse zu den gleichen Konditionen wie die Tochtergesellschaften und die unabhängigen Vertriebsgesellschaften zu erhalten, erhob sie bei der Kommission Beschwerde gemäß Art. 3 VO 17/62 mit der Begründung, Parker beschränke seine Tochtergesellschaften auf das ihnen zugewiesene Vertriebsgebiet und verbiete ihnen die Ausfuhr seiner Erzeugnisse, teile den Gemeinsamen Markt in nationale Märkte der Mitgliedstaaten auf und halte auf diesen Märkten künstlich überhöhte Preise aufrecht. Während die Kommission hinsichtlich der Vereinbarungen zwischen Parker und ihren unabhängigen Vertriebsgesellschaften einschritt und feststellte, dass Parker und die Herlitz AG, ein in Deutschland ansässiger, unabhängiger Großhändler, durch die Aufnahme eines Exportverbots in ihre Vertriebsvereinbarung gegen Art. 81 I EGV verstoßen hatten,86 was das EuG bestätigte,87 sah sie die konzerninterne Organisation des Vertriebssystems als zulässig an. Grund sei, dass die Tochtergesellschaften völlig von Parker Pen Ltd. abhängig seien und mit der Muttergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildeten und dass die Zuweisung eines bestimmten Vertriebsgebietes nicht den Rahmen dessen überschreite, was für eine sachgerechte konzerninterne Aufgabenverteilung normalerweise erforderlich sei. Folglich verstoße es auch nicht gegen Art. 81 EGV, wenn Parker Viho nicht ähnliche Preise und Bedingungen einräume wie ihren Tochtergesellschaften. Hier zeigt sich noch einmal deutlich die kartellrechtliche Brisanz konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen. Die konzerninterne Verhinderung von Paralleleinfuhren und Abschottung nationaler Märkte durch die Parker-Gruppe fiel nicht unter Art. 81 EGV, wohl aber das mit einer unabhängigen Vertriebsgesellschaft vereinbarte Exportverbot. Das gleiche Verhalten, das zwischen zwei unabhängigen Unternehmen einen bußgeldbewehrten Kartellrechtsverstoß darstellte, erwies sich im Konzern als zulässig. Die gegen die Entscheidung der Kommission gerichtete Klage Vihos wies das EuG ab.88 Es wiederholte, Art. 81 EGV sei nicht anwendbar, wenn die betroffenen Absprachen zwischen Unternehmen getroffen worden sind, die als Mutter- und Tochtergesellschaft demselben Konzern angehören, sofern die Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, in deren Rahmen die Tochtergesellschaften ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen kann.89 Art. 81 EGV betreffe nur die Beziehungen zwischen wirtschaftlichen Einheiten, die zueinander in Wettbewerb treten können, nicht aber Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen von Konzernunternehmen, die eine 86 Kommission v. 15.07.1992, ABl. 1992 Nr. L 233 v. 15.08.1992, S. 27 „VIHO/ Parker Pen“. 87 EuG v. 14.07.1994, Slg. 1994, II-531 „Herlitz/Kommission“; v. 14.07.1994, Slg. 1994, II-549 „Parker Pen/Kommission“. 88 EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17 „Viho/Kommission“. 89 EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 33 f. Rn. 47 „Viho/Kommission“.

4. Kartellrechtliche Beurteilung im Europarecht

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wirtschaftliche Einheit bilden. Eine solche Einheit sah das Gericht vorliegend als gegeben an. Anschließend stellte es fest, dass im europäischen Wettbewerbsrecht unter dem Begriff Unternehmen wirtschaftliche Einheiten zu verstehen seien.90 Das einheitliche Vorgehen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften sei daher gegenüber der formalen Trennung der Gesellschaften entscheidend. Die Schlussfolgerung des Gerichts lautete: „Folglich können mangels Willensübereinstimmung zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Beteiligten die Beziehungen innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages darstellen. Bestimmt die Tochtergesellschaft wie im vorliegenden Fall, obwohl sie eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, ihr Marktverhalten nicht autonom, sondern befolgt sie Anweisungen, die ihr von der Muttergesellschaft, von der sie zu 100% beherrscht wird, unmittelbar oder mittelbar gegeben werden, so sind die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 auf die Beziehungen zwischen Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft, mit der sie eine wirtschaftliche Einheit bildet, unanwendbar.“91 Folglich stellte auch die Ungleichbehandlung externer Dritter gegenüber den Konzerntöchtern keine Diskriminierung im Sinne des Art. 81 I lit. d EGV dar, da es sich nach Ansicht des Gerichts um einseitiges Verhalten handelte.92 Der EuGH bestätigte die Entscheidung. Er stellte darauf ab, dass der ParkerKonzern eine wirtschaftliche Einheit bilde, in deren Rahmen die Tochtergesellschaften ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen können, sondern die Anweisungen der sie kontrollierenden Muttergesellschaft befolgen.93 Daher handele es sich bei der Politik der Aufteilung nationaler Märkte auf verschiedene Tochtergesellschaften um einseitiges Handeln, das, auch wenn es nachteilige Auswirkungen auf Wettbewerbsposition konzernexterne Dritte habe, nicht zur Anwendung des Art. 81 führen könne.94 Die Privilegierung der Verhaltenskoordination innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit kann danach als gesicherter Stand der europäischen Rechtsprechung betrachtet werden. Die genauen Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit ebenso wie die dogmatische Verankerung der Freistellung im Tatbestand des Art. 81 EGV können dies dagegen nicht.

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EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 „Viho/Kommission“. EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 51 „Viho/Kommission“. EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 39 Rn. 63 „Viho/Kommission“. EuGH v. 24.10.1996, Slg. 5457, 5496 Rn. 16 „Viho/Kommission“. EuGH v. 24.10.1996, Slg. 5457, 5497 Rn. 17 „Viho/Kommission“.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

5. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninternen Verhaltens im US-amerikanischen Recht Die kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen in den USA verdient außer aus den bereits genannten Gründen für einen Rechtsvergleich1 vor allem deshalb besonderes Interesse, weil das amerikanische Antitrustrecht in dieser Frage lange einen gänzlich anderen Weg gegangen ist als das europäische Wettbewerbsrecht. Fast ein halbes Jahrhundert lang war in den USA eine Doktrin geltendes Recht, die Konzerne auch hinsichtlich ihres Innenverhältnisses weitgehend dem Kartellverbot unterwarf. Daher lohnt eine detailliertere Analyse der Situation in den USA. a) Gesetzliche Grundlagen und systematische Einordnung des Problems aa) Erfordernis einer Mehrzahl von Beteiligten Anknüpfungspunkt für die Beurteilung konzerninterner Verhaltensweisen ist im US-amerikanischen Recht2 das Merkmal „contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy, in restraint of trade“ in section 1 des Sher1

Siehe dazu oben II. 4. a). Kanada hat das Problem in seinem Wettbewerbsgesetz ausdrücklich geregelt. Darin werden die auf Kontrolle beruhende Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sowie die zwischen zwei Tochtergesellschaften aus dem Anwendungsbereich des Kartellverbots ausgeschlossen. Siehe sections 45 und 2 des Competition Act, R.S.C. ch. 34 (1985), ch. 19 (2nd Supp. 1988) (Can.). Der relevante Teil von section 45 lautet: „(1) Every one who conspires, combines, agrees or arranges with another person (a) to limit unduly the facilities for transporting, producing, manufacturing, supplying, storing or dealing in any product, (b) to prevent, limit or lessen, unduly, the manufacture or production of a product or to enhance unreasonably the price thereof, (c) to prevent or lessen, unduly, competition in the production, manufacture, purchase, barter, sale, storage, rental, transportation or supply of a product, or in the price of insurance on persons or property, or (d) to otherwise restrain or injure competition unduly, is guilty of an indictable offence . . . (8) Subsection (1) does not apply in respect of a conspiracy, combination, agreement or arrangement that is entered into only by companies each of which is, in respect of every one of the others, an affiliate.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Der relevante Teil von section 2 lautet: „(2) For the purposes of this Act, (a) one corporation is affiliated with another corporation if one of them is the subsidiary of the other or both are subsidiaries of the same corporation or each of them is controlled by the same person; (b) if two corporations are affiliated with the same corporation at the same time, they are deemed to be affiliated with each other . . . (3) For the purposes of this Act, a corporation is a subsidiary of another corporation if it is controlled by that other corporation. (4) For the purposes of this Act, (a) a corporation is controlled by a person other than Her Majesty if (i) securities of the corporation to which are attached more than fifty per cent of the votes that may be cast to elect directors of the corporation are held, directly or indirectly, whether through one or more subsidiaries or otherwise, otherwise than by way of security only, by or for the benefit of that person, and (ii) the votes attached to those securities are sufficient, if 2

5. Kartellrechtliche Beurteilung im US-amerikanischen Recht

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man Acts.3 Während es sonst häufig um die Frage geht, ob ein „restraint of trade“ vorliegt, ist bei der Einordnung des Konzerns bereits fraglich, ob überhaupt eine Absprache im geforderten Sinn vorliegen kann. „Conspiracy“, also die konspirative Absprache oder Verschwörung als wichtigster Fall der genannten Aufzählung wird als Vereinbarung von zwei oder mehr Personen, einen rechtswidrigen Akt zu begehen bzw. als Verbindung zu einem rechtswidrigen Zweck verstanden.4 Das Vorliegen einer solchen Absprache kann angenommen werden, wo die Verschwörer „a unity of purpose or a common design and understanding, or a meeting of minds in an unlawful arrangement“ haben.5 Die Gerichte benutzen die Begriffe „contract“, „combination“ und „conspiracy“ grundsätzlich gleichbedeutend und austauschbar.6 Alle drei beinhalten ein einheitliches Konzept, nämlich das Erfordernis kollektiven oder gemeinsamen Handelns (concerted action).7 Strafgrund ist die Verbindung der Ressourcen mehrerer zur Erreichung eines ungesetzlichen Ziels.8 Alle drei Modalitäten wie auch der Begriff „concerted action“ setzen also eine Mehrzahl von Beteiligten (plurality of actors) voraus.9 Dies ist seit der Entscheidung des Supreme exercised, to elect a majority of the directors of the corporation.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). 3 Zum vollständigen Wortlaut der Norm siehe oben II. 4. b) bb). 4 Black’s Law Dictionary S. 305. Prisbe U. Balt. L. Rev. 16 (1987), 538, 539 legt dar, dass eine moderne Definition von conspiracy (1) eine Vereinbarung (2) von zwei oder mehr Personen, (3) einen rechtswidrigen Akt oder einen rechtmäßigen Akt mit rechtswidrigen Mitteln zu begehen, enthält. Anders als in typischen Fällen einer conspiracy ist die einer Sherman Act conspiracy zugrundeliegende Handlung oft für sich genommen nicht rechtswidrig. Zum Beispiel ist die Festsetzung eines profitmaximierenden Preises durch ein einzelnes Unternehmen nicht zu beanstanden. Die Rechtswidrigkeit entsteht erst durch die conspiracy. Siehe Areeda, Antitrust Law VI, } 1402a, S. 9. 5 American Tobacco Co. v. United States, 328 U.S. 781 (1946). In Copperweld griff der Supreme Court diese Worte auf, wenn es dort heißt, „a parent and a wholly owned subsidiary always have a ,unity of purpose or a common design.‘“ Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). 6 Areeda, Antitrust Law VI, } 1403, S. 17. Siehe auch Bogosian v. Gulf Oil Corp., 561 F.2d 434, 445 (3d Cir. 1977) („We perceive no distinction between the terms combination and conspiracy . . . Our reading of section 1 cases indicates that the two terms are used interchangeably.“), cert. denied, 434 U.S. 1086 (1978). 7 Bogosian v. Gulf Oil Corp., 561 F.2d 434 (3d Cir. 1977), cert. denied, 434, 445 f. U.S. 1086 (1978) (3d Cir. 1977); Systemcare, Inc. v. Wang Lab. Corp., 117 F.3d 1137, 1139 (10th Cir. 1997) („A plaintiff who alleges a violation of section 1 must establish: (1) concerted action in the form of a contract, combination, or conspiracy . . .“); Sullivan/Grimes S. 176. Siehe auch Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451; Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 574 Fn. 114; Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369. 8 Rütsch S. 80. 9 Blechman/Bernstein in: FK, Ausland USA Rn. 21; van Oven S. 105; Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 510; Posner/Easterbrook S. 728; Rütsch S. 80; Sullivan/ Grimes S. 176; Ulmer WuW 1960, 163, 164; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001),

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Courts im Fall Colgate anerkannt.10 Nicht erfasst ist dagegen bloß einseitiges Verhalten.11 Das gilt selbst dann, wenn einseitiges Verhalten dieselbe Wirkung wie kollektives Handeln hat.12 bb) Die Differenzierung zwischen section 1 und section 2 Sherman Act Der Sherman Act enthält damit ebenso wie die Wettbewerbsregeln des EGV eine grundlegende Unterscheidung zwischen kollektivem und individuellem Handeln.13 Kollektives Handeln wird an section 1 gemessen, ein einzelnes Un1401, 1404; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 367; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1151 Fn. 2 u. 1152; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 782; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 568; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 193 f. Siehe auch Nelson Radio & Supply Co. v. Motorola, Inc., 200 F.2d 911, 914 (5th Cir. 1952) („It is basic in the law of conspiracy that you must have two persons or entities to have a conspiracy.“), cert. denied, 345 U.S. 925 (1953); E. Smith Okla. L. Rev. 50 (1997), 405, 413 („[T]he Sherman Act’s framers meant to adopt the common law principles . . . The term restraint of trade, as applied by the common law, always involved situations requiring a plurality of actors.“). Anders indes Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 586 dessen Analyse kein Erfordernis einer Mehrzahl von Beteiligten enthält. Das Kartellverbot des Antitrust Acts von Oklahoma ist dagegen interessanterweise so konzipiert, dass es auch einseitiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten erfasst. Vgl. dazu Harold’s Stores, Inc. v. Dillard Department Stores, Inc., 82 F.3d 1533 (10th Cir. 1996), cert. denied, 519 U.S. 928 (1996); E. Smith Okla. L. Rev. 50 (1997), 405, 412 ff. 10 United States v. Colgate & Co., 250 U.S. 300, 306 f. (1919). Siehe auch Fisher v. City of Berkley, 475 U.S. 260, 266 f. (1986); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 f. (1984) („This court has recognized that section 1 is limited to concerted conduct at least since the days of [Colgate].“) u. 789 (Stevens, J., dissenting); Monsanto Co. v. Spray-Rite Serv. Corp., 465 U.S. 752, 761 (1984). 11 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 768 (1984); Monsanto Co. v. Spray-Rite Serv. Corp., 465 U.S. 752, 761 (1984); Albrecht v. Herald Co., 390 U.S. 145, 149 (1968); Systemcare, Inc. v. Wang Lab. Corp., 117 F.3d 1137, 1140 (10th Cir. 1997); Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1131 (3d Cir. 1995) („Proof of concerted action requires evidence that two or more distinct entities agreed to take action against a plaintiff.“). 12 Fisher v. City of Berkley, 475 U.S. 260, 266 (1986) („Even where a single firm’s restraints directly affect prices and have the same economic effect as concerted action might have, there can be no liability under section 1 in the absence of agreement.“); Monsanto Co. v. Spray-Rite Serv. Corp., 465 U.S. 752, 760 f. (1984); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 (1984) („[A] single firm may restrain trade to precisely the same extent if it alone posses the combined market power of [two independent firms agreeing to restrain trade].“) u. 790 (Stevens, J., dissenting) („Unilateral conduct by a firm with market power has no less anticompetitive potential than conduct by a plurality of actors which generates or exploits the same power, and probably more, since the unilateral actor avoids the policing problems faced by cartels.“). Vgl. auch Business Electronics Corp. v. Sharp Electronics Corp., 485 U.S. 717, 727 (1988). 13 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 (1984); Monsanto Co. v. Spray-Rite Serv. Corp., 465 U.S. 752, 761 (1984); Alvord-Polk, Inc. v. F.

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ternehmen unterliegt dagegen nur dem Maßstab der section 2, der milder ist, da er ein Monopol oder den Versuch, ein solches zu erlangen, voraussetzt.14 Weil es dieses Nachweises bei section 1 nicht bedarf, wird kollektives Verhalten kartellrechtlich weitergehend kontrolliert als individuelles.15 Der Grund für die weitergehende Kontrolle kollektiven Verhaltens liegt darin, dass Wettbewerber, die den Wettbewerb durch Zusammenarbeit ersetzen, die Anzahl unabhängiger Entscheidungszentren reduzieren, die der Wettbewerb zur Ressourcenallokation durch den Markt braucht.16 Sie schaffen eine Wettbewerbsbeschränkung, die sonst nicht bestehen würde. Mit der Aufgabe ihrer individuellen Handlungsfreiheit bündeln die Beteiligten zugleich ihre Kräfte und Schumacher & Co., 37 F.3d 996, 999 f. (3d Cir. 1994); Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Cmty. Hosp., 910 F.2d 139, 145 (4th Cir. 1990), on remand, 846 F. Supp. 488 (W.D. Va. 1994); Areeda, Antitrust Law VI, } 1402a, S. 9; ders., Antitrust Law VII, } 1462a, S. 219; van Oven S. 105; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785; Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1248. Vgl. auch D. Smith Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1179 („Separate provisions governing cases where multiple entities engage in detrimental activities are a response to the greater potential for damage to the rights of individuals or society due to concerted action on the part of multiple actors.“). A. A. Gavil Antitrust L. J. 68 (2000), 87, 95 („What distinguishes a section 1 violation from a section 2 violation is the difference between market power and monopoly power, as reflected in a divergence in market share.“). Die Gesetzgebungsgeschichte belegt, dass die im Gesetz angelegte Unterscheidung von einseitigem und kollektivem Verhalten bewusst erfolgte. Siehe Kintner, History, S. 23 ff.; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 524 Fn. 8. Zur vergleichbaren Unterscheidung zwischen Art. 81 und Art. 82 EGV im europäischen Wettbewerbsrecht siehe EuGH v. 16.03.2000, Slg. 2000, I-1365, 1457 Rn. 33 f. „Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission“; Fennelly Slg. 2000, I-1371, 1380 Rn. 21. Siehe auch van Oven S. 105, 109 f., der auf die Parallelen in der Gesetzessystematik hinweist. Interessanterweise überträgt Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 105 die Formulierung und Argumentation der Copperweld-Entscheidung zur Unterscheidung von kollektivem und individuell-autonomem Handeln unmittelbar auf das europäische Wettbewerbsrecht. 14 Zum Wortlaut von section 2 Sherman Act siehe oben II. 4. b) bb) Fn. 20. Section 2 erfasst indes nicht ausschließlich einseitiges Verhalten, da die Conspiracy-Alternative die Beteiligung mehrerer erfordert. Allerdings hat diese Variante kaum praktische Bedeutung, da eine conspiracy to monopolize auch stets eine conspiracy to restrain trade im Sinne von section 1 ist. Siehe auch unten III. 5. d) ee). Zu den Unterschieden zwischen section 1 und 2 American Tobacco Co. v. United States, 328 U.S. 781, 788 (1946); Amarel v. Connell, 102 F.3d 1494, 1521 f. (9th Cir. 1997). Vgl. auch Sullivan/Grimes S. 176 („[I]t is now well established that section 1 reaches a variety of collective conduct, at least some of it in circumstances that, if engaged in unilaterally, would not violate section 2.“). 15 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 f. (1984); Martin Stan. L. Rev. 50 (1998), 399, 426; McChesney Sports Law J. 6 (1999), 125, 135. 16 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984); Systemcare, Inc. v. Wang Lab. Corp., 117 F.3d 1137, 1143 (10th Cir. 1997). Siehe auch Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 760 Fn. 22; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1272.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

schaffen so zuvor nicht existente Marktmacht.17 Diese Marktmacht ermöglicht es ihnen den Wettbewerb partiell auszuhebeln, indem sie zum Beispiel ein überhöhtes Preisniveau festlegen. Diese erhöhten Gefahren für den Wettbewerb rechtfertigen ein Eingreifen von section 1 bereits unterhalb der Schwelle einer versuchten Monopolisierung. Während aber wettbewerbsbeschränkende Absprachen mehrerer relativ selten, vergleichsweise leicht zu bewerten und durch ein simples Verbot sanktionierbar sind, ist einseitiges Verhalten allgegenwärtig, schwierig zu bewerten und ebenso schwierig zu sanktionieren.18 Der Supreme Court betont in diesem Zusammenhang die Schwierigkeit, wettbewerbskonformes Verhalten von Verhalten mit langfristig wettbewerbsschädlicher Wirkung zu unterscheiden.19 Daher bedarf es hier eines anderen Maßstabes. Ein zu strikter Standard für einseitige Handlungen könnte, so befürchtet man, Unternehmen von im Ergebnis wettbewerbsfördernden Aktivitäten abhalten.20 Die Gerichte bemühen sich daher, section 2 so zu interpretieren, dass keinerlei wettbewerbskonformes Verhalten verhindert wird, mit der Folge, dass Verstöße gegen section 2 nur in eindeutigen Fällen angenommen werden.21 Im Ergebnis sollen die unterschiedlichen Standards zwar insgesamt den Wettbewerb fördern,22 der deutliche Unterschied in den Maßstäben macht die Grenzziehung zwischen beiden Normen aber umso bedeutsamer. 17 Areeda, Antitrust Law VI, } 1402a, S. 11. Vgl. auch Albrecht v. Herald Co., 390 U.S. 145, 160 f. (1968) (Harlan, J., dissenting) („The premise of section 1 adjudication has always been that it is quite proper for a firm to set its own prices and determine its own territories, but that it may not do so in conjunction with another firm with which, in combination, it can generate market power that neither would otherwise have.“ (Hervorhebung durch den Verfasser)) und Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984) („This [combination of entities for the common benefit in a conspiracy] not only reduces the diverse directions in which economic power is aimed but suddenly increases the economic power moving in one particular direction.“). 18 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464c, S. 236; ders., Antitrust Law VI, } 1402a, S. 9 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 454. Siehe auch Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 197. 19 Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447, 458 f. (1993); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 f. (1984). Auch Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 792. 20 Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1405; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 524. 21 Siehe Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447, 458 (1993) („The [Sherman Act] directs itself not against conduct which is competitive, even severely so, but against conduct which unfairly tends to destroy competition itself. . . . [T]his court and other courts have been careful to avoid constructions of section 2 which might chill competition, rather than foster it.“); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 (1984) („[I]t is not enough that a single firm appears to restrain trade unreasonably, for even a vigorous competitor may leave that impression.“). 22 McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1248.

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cc) Intracorporate- und Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin Fraglich ist die für section 1 erforderliche „capacity to conspire“ und damit die Abgrenzung zu section 2 nur, wenn an einem Vorgang ausschließlich Personen oder Organisationen derselben Unternehmenseinheit beteiligt sind, also etwa Angestellte, Gesellschafter, Abteilungen oder Gesellschaften desselben Unternehmens.23 Der Sherman Act regelt nicht, was für die Annahme mehrerer Handelnder erforderlich ist. Er legt lediglich fest, dass eine Person im Sinne des Gesetzes sowohl ein Individuum als auch eine Gesellschaft sein kann.24 Auch wenn der Wortlaut des Gesetzes also dahingehend verstanden werden könnte, dass er jede Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Personen oder Gesellschaften erfasst,25 deutet der Zweck des Gesetzes in eine andere Richtung. Er erfordert eine stärkere Beachtung der wirtschaftlichen Gegebenheiten.26 Zwar könnte man dessen ungeachtet die Abstimmung zwischen zwei Angestellten der gleichen Firma oder zwischen zwei Gesellschaften des gleichen Konzerns als kollektives Handeln einstufen und sich darauf verlassen, dass mit dem Merkmal des „restraint of trade“ ein weiterer Filter zur Verfügung steht, der ein adäquates Ergebnis sicherstellt. Indes ist es oft nur noch ein kleiner Schritt, internes Verhalten auch als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, wenn es erst einmal als konspirative Absprache angesehen wurde.27 Die Einordnung 23

Blechman/Bernstein in: FK, Ausland USA Rn. 21. Vgl. die Regelung in 15 U.S.C. § 7 (2000) („The word ,person‘ or ,persons‘ wherever used in sections 1 to 7 of this title shall be deemed to include corporations . . .“). 25 Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 Fn. 15 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1464b, S. 234; van Oven S. 105, 106. Ein Ansatz, der sich nur auf die rechtliche Selbständigkeit abstellt, findet sich z. B. bei Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 379 f. Siehe auch United States v. General Motors, 121 F.2d 376, 410 (7th Cir. 1941) (Das Gericht ließ es ausreichen, dass GM und seine Tochtergesellschaften rechtlich selbständige Einheiten sind, obwohl sie aus wirtschaftlicher Sicht ein einziges Unternehmen bilden.), cert. denied, 314 U.S. 618 (1941); Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 759 Fn. 12. 26 Alvord-Polk, Inc. v. F. Schumacher & Co., 37 F.3d 996, 1000 (3d Cir. 1994) („[W]hen we examine an alleged violation of section 1 of the Sherman Act, we look for an agreement that ,brings together economic power that was previously pursuing divergent goals‘.“); Sprunk ABA Antitrust Section Rep. 9 (1956), 20, 27 („[T]he Sherman Act [has been characterized] as a ,charter of economic freedom.‘ Absent some compelling reason to the contrary, therefore, it might reasonably be expected that economic fact should prevail over legal fiction, and that freedom to adapt the most economical form of business organization would be encouraged.“). Siehe auch van Oven S. 105, 109. 27 Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 220. Siehe auch ders., a. a. O., } 1464a, S. 234 („That [the Sherman Act’s] statutory design is not satisfied by calling every coordination among legal persons a ,conspiracy‘ and then condemning only the ,unreasonable‘ ones.“). Anders aber der Dissent in Copperweld, der für die Anwendung der rule of reason eintritt. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 778 (1984) (Stevens, J., dissenting). 24

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eines Verhaltens als Absprache erfolgt mit dem Ziel, es zu verbieten oder doch zumindest zu kontrollieren.28 Überdies würde es die Einordnung als kollektives Verhalten ermöglichen, jede interne Entscheidung eines Unternehmens kartellrechtlich zu überprüfen und sie der „rule of reason“ zu unterwerfen.29 Der Entscheidung, wann kollektives und wann nur einseitiges Verhalten vorliegt, kommt daher weitreichende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang gibt es im USamerikanischen Kartellrecht zwei Theorien, die eine weitgehende Anwendung von section 1 auf internes Verhalten befürworten. (1) Intracorporate-conspiracy-Doktrin Als „intracorporate conspiracy doctrine“ wird die Ansicht bezeichnet, die wettbewerbsbeschränkende Absprachen zwischen Funktionsträgern derselben juristischen Person für möglich hält.30 Beispiele wären Absprachen zwischen Mitarbeitern oder Abteilungen derselben Gesellschaft. Diese Ansicht wird inzwischen allerdings kaum noch vertreten.31 Man hat erkannt, dass ansonsten letztlich jede unternehmensinterne Entscheidung angegriffen werden könnte, da die wenigsten Unternehmen aus nur einer Person bestehen.32 Eine juristische Person 28 Areeda, Antitrust Law VII, } 1468, S. 275; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 454. Auch Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 574. 29 Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 220. Siehe auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 776 (1984). 30 Vgl. dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 221. Ein Befürworter der Theorie ist beispielsweise Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 592 f. Mitunter erfolgt allerdings keine klare Trennung der Begriffe „intracorporate“ und „intra-enterprise conspiracy“. 31 Gegen die Theorie beispielsweise: Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984); Alvord-Polk, Inc. v. F. Schumacher & Co., 37 F.3d 996, 1000 (3d Cir. 1994); Guzowski v. Hartman, 969 F.2d 211, 213 f. (6th Cir. 1992), cert. denied, 506 U.S. 1053 (1993); Nelson Radio & Supply Co. v. Motorola, Inc., 200 F.2d 911, 914 (5th Cir. 1952), cert. denied, 345 U.S. 925 (1953); Johnson v. ConVey/Keystone, Inc., 814 F. Supp. 931, 934 (D. Or. 1993); American Bar Association, Developments, S. 21 f.; Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 219; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451; Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 516; van Oven S. 105, 106 f.; D. Smith Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1174; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1249. Ablehnend aus Sicht des europäischen Wettbewerbsrechts auch Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, insb. 103 f. Anders aber Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 576 f., 593. 32 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464b, S. 235; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 26. Ähnlich auch Joseph E. Seagram & Sons, Inc. v. Hawaiian Oke & Liquors, Ltd., 416 F.2d 71, 83 (9th Cir. 1969) („Once the theory that ,divisions‘ or other internal administrative units of a single corporation can ,conspire‘ with each other is accepted, we can see no sensible basis upon which it can be decided that, in one case, there has been a conspiracy and that, in another, there has not. No corporation of any size can operate without an internal division of labor between various of its officers and agents. The larger the enterprise, the more necessary such internal

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ist im Übrigen darauf angewiesen, durch ihre Organe zu handeln. Schließlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Voraussetzung, die derart leicht zu erfüllen wäre, jede Selektionswirkung verlieren würde. Die Intracorporateconspiracy-Doktrin würde das Erfordernis einer Mehrzahl von Beteiligten nahezu bedeutungslos machen.33 Letztlich entscheidend ist aber das Argument, dass Absprachen innerhalb einer juristischen Person zwar unter den Wortlaut des Gesetzes subsumiert werden können, aber keine Gefahr für den von ihm geschützten Wettbewerb darstellen.34 Zwei Angestellte derselben Gesellschaft, die beide für ihre Gesellschaft handeln, sind keine selbständigen Akteure mit eigenständigen wirtschaftlichen Interessen. Beide arbeiten für ihr Unternehmen und ihr Zusammenwirken stellt dementsprechend nicht die Vereinigung zuvor selbständiger wirtschaftlicher Akteure dar, wie sie section 1 zu verhindern sucht.35 Ihr Handeln wird vielmehr der Gesellschaft, für die sie tätig werden, zugeordnet. Das Gleiche gilt für Abteilungen oder andere Teile einer Gesellschaft.36 Auch sie sind keine selbständigen Träger wirtschaftlicher Interessen, sondern lediglich organisatorische Unterteilungen eines Marktteilnehmers, die zur Umsetzung seiner Ziele beitragen.37 Ansonsten würden divisionale Unternehmensstrukturen und damit die Vorteile dezentralisierten Managements verhindert.38 Insgesamt ist heute anerkannt, dass es trotz der vielfältigen Koordination und Kooperation von Angestellten und Abteilungen innerhalb einer juristischen Person keine kartellrechtlich relevanten Absprachen geben kann.39 units become. Moreover, sound management demands extensive delegation of authority within the organization.“), cert. denied, 396 U.S. 1062 (1970). Selbst wenn das fragliche Verhalten im Ergebnis für rechtmäßig befunden würde, wäre es doch zunächst Gegenstand eines möglicherweise langwierigen Kartellverfahrens mit ungewissem Ausgang. Für die Anwendung der rule of reason auf „intracorporate“ wie auf „intra-enterprise conspiracies“ dagegen Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 579 Fn. 126. 33 Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 26; Steinberg, Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 529 Fn. 20. Vgl. auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 (1984) („Had Congress intended to outlaw unreasonable restraints of trade as such, section 1’s requirement of a contract, combination, or conspiracy would be superfluous, as would the entirety of section 2.“). 34 Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984). 35 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984). 36 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 770 f. (1984); Alvord-Polk, Inc. v. F. Schumacher & Co., 37 F.3d 996, 1000 (3d Cir. 1994); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 316 (7th Cir. 1982), rev’d on other grounds, 467 U.S. 752 (1984); Joseph E. Seagram & Sons, Inc. v. Hawaiian Oke & Liquors, Ltd., 416 F.2d 71, 83 f. (9th Cir. 1969) („The doctrine hands to plaintiffs, on a silver platter, an automatically self-proving conspiracy“, a. a. O., S. 84.), cert. denied, 396 U.S. 1062 (1970); American Bar Association, Developments 21 f. Vgl. auch Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1249. 37 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 770 (1984). 38 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984).

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(2) Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin Mit der soeben erörterten Theorie verwandt ist die so genannte „intra-enterprise conspiracy doctrine“. Sie ermöglicht, die Abstimmung zwischen verschiedenen Gesellschaften eines Konzerns als wettbewerbswidrige Vereinbarung einzustufen, erkennt also die Möglichkeit einer Verschwörung zwischen gemeinsam kontrollierten und in gemeinsamen Besitz stehenden Gesellschaften an. Ansatzpunkt ist die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen. Ausgehend von einem formalen Verständnis des Merkmals plurality of actors wird das Vorliegen verschiedener juristischer Personen als ausreichend erachtet.40 Die Theorie stammt aus einer interventionistischen Ära des Kartellrechts, in der sie entwickelt wurde, um das Verhalten von Konzernen in zunehmend oligopolistisch geprägten Märkten besser kontrollieren zu können.41 Sie fußt auf der Überlegung, dass auch eine abhängige Tochtergesellschaft zu den schädlichen Wirkungen einer Wettbewerbsbeschränkung beitragen kann. Wettbewerbsbeschränkendes Verhalten eines einzelnen Unternehmens soll daher schon vor der Schwelle versuchter Monopolisierung erfasst werden. Die Anhänger der Theorie befürchten, dass signifikantes wettbewerbswidriges Verhalten sonst nicht kontrolliert werden könnte.42 Ihre Anhänger sind in der Regel Vertreter einer kartellpolitischen Linie, die ein Eingreifen des Kartellrechts bereits dann für erforderlich hält, wenn wettbewerbswidrige Auswirkungen hervorgerufen werden.43 Gegner dieses weitreichenden Ansatzes orientieren sich stärker an Sprache und Dogmatik des Gesetzes und nehmen hin, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht vom Kartellrecht erfasst werden, obwohl sie den Wettbewerb schädigen kön39 Potrafke S. 30; auch Areeda, Antitrust Law VII, } 1462a, S. 220 („The firm is accepted as a single actor for antitrust purposes, and its internal operations and decision-making are not regarded as conspiracies, notwithstanding the coordination of many individuals or unincorporated divisions.“). 40 Kritisch dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1464a, S. 233. Siehe auch Ulmer WuW 1960, 163, 171. 41 Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 863. Vgl. auch Eskridge Geo. L.J. 76 (1988), 1361, 1379, der darauf hinweist, dass die Doktrin Teil eines expansiven Verständnisses kartellrechtlicher Haftung war, das in den 70iger und 80iger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Ungnade gefallen ist. 42 Vgl. dazu Harms EuR 1966, 230, 247, der darauf hinweist, dass die Behörden die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie als Druckmittel benutzten, um gegen unerwünschte Konzernpraktiken vorzugehen, denen anders nicht beizukommen war. Harms spricht sogar von Konzernverfolgung, a. a. O., S. 270. Siehe auch ders. S. 52. 43 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1464, S. 240 f. („[P]roponents would attack whatever conduct the statue could be made to reach.“); ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 454; van Oven S. 105, 109. Ein Beispiel findet sich in Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 779 (1984) (Stevens, J., dissenting) („If . . . the challenged conduct was manifestly anticompetitive, it should not be immunized from scrutiny under § 1 of the Sherman Act.“); dagegen die Mehrheitsmeinung, a. a. O., S. 776 („The appropriate inquiry . . . is not whether the coordinated conduct of a parent and its wholly owned subsidiary may ever have anticompetitive effects . . .“).

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nen.44 Hinter dem Streit um die adäquate kartellrechtliche Behandlung des Konzerns steckt so letztlich die grundsätzliche Diskussion, in welchem Umfang das Antitrustrecht in das Wirtschaftsleben eingreifen soll. Dabei dominierten mehrere Jahrzehnte lang die Verfechter der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie. b) Entwicklung der Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin in der Rechtsprechung des Supreme Courts aa) Yellow Cab Der Fall, in dem sich der Supreme Court erstmals mit der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ beschäftigte war United States v. Yellow Cab Co.45. Ein Individuum namens Markin hatte die Checker Cab Manufacturing Corporation (CCM) und mehrere Gesellschaften, die Taxis in vier amerikanischen Großstädten betrieben, erworben.46 Markin leitete die Gesellschaften als eine Unterneh44 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 (1984) („Because the Sherman Act does not prohibit unreasonable restraints of trade as such – but only restraints effected by a contract, combination or conspiracy – it leaves untouched a single firm’s anticompetitive conduct . . . that may be indistinguishable in economic effect from the conduct of two firms subject to section 1 liability“). Sullivan/Grimes S. 185 weisen darauf hin, dass sich die Mehrheit in Copperweld eng am Gesetzeswortlaut orientierte. 45 332 U.S. 218 (1947). Die Ursprünge der Doktrin reichen zurück zu den Entscheidungen Patterson v. United States, 222 F. 599 (6th Cir.), cert. denied, 238 U.S. 635 (1915), die die Verurteilung der Angestellten einer Firma für eine wettbewerbswidrige Verschwörung bestätigte und United States v. General Motors Corp., 121 F.2d 376 (7th Cir.), cert. denied, 314 U.S. 618 (1941), die eine conspiracy zwischen General Motors und drei hundertprozentigen Tochtergesellschaften annahm. In United States v. Crescent Amusement Co., 323 U.S. 173 (1944) nahm der Supreme Court Verstöße gegen section 1 und 2 durch miteinander verbundene Lichtspieltheater an, die ihr Monopol in einigen Städten dazu benutzten, die Filmvertreiber dazu zu bewegen, ihnen in anderen Städten eine bevorzugte Behandlung zuteil werden zu lassen. Obwohl die Vertreiber an den Absprachen beteiligt waren, stützte das Gericht die Annahme einer conspiracy ausschließlich auf die Teilnahme der Lichtspieltheater. Siehe a. a. O., S. 183. Allerdings war die Eigentümerstellung in diesem Fall nicht umfassend, sodass die Gesellschaften, auch wenn eine gesellschaftsrechtliche Beziehung bestand, als Mehrzahl von Beteiligten angesehen werden können. Siehe McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183, 196 f.; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 865 Fn. 44. Der Supreme Court verstand Crescent in einer späteren Entscheidung allerdings dahin, dass die Entscheidung das Intra-enterprise-conspiracy-Konzept unterstützt. Siehe Schine Chain Theatres, Inc. v. United States, 334 U.S. 110, 116 (1948). 46 Die Beteiligungsverhältnisse der Unternehmensfamilie waren im Einzelnen durchaus unübersichtlich, vgl. United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218, 221 f. (1947). Insgesamt kontrollierte Markin hundert Prozent des Taximarktes in Pittsburgh, sechsundachtzig Prozent des Taxismarktes in Chicago, achtundfünfzig Prozent des Marktes in Minneapolis und fünfzehn Prozent des New Yorker Marktes. A. a. O., S. 224.

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mensfamilie und ließ die Betriebsgesellschaften ihre Taxis ausschließlich bei CCM beziehen. Diese Alleinbezugsvereinbarung wurde Anlass einer Klage, da sie alle anderen Taxihersteller von der Versorgung der von Markin kontrollierten Betriebsgesellschaften ausschloss und die Betriebsgesellschaften ihrerseits davon abhielt, Taxis auf dem freien Markt zu erwerben.47 Als Beteiligte an der Absprache wurden CCM, Markin und fünf von ihm kontrollierte Betriebsgesellschaften angeklagt. Der Supreme Court stellt fest, eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung „may result as readily from a conspiracy among those who are affiliated or integrated under common ownership as from a conspiracy among those who are otherwise independent . . . the corporate interrelationships of the conspirators . . . are not determinative of the applicability of the Sherman Act. The statute is aimed at substance rather than form.“ Die Tatsache, dass sich die Gesellschaften in gemeinsamem Eigentum und unter gemeinsamer Kontrolle befanden, konnte daher eine Verurteilung nicht verhindern.48 Die Feststellungen des Gerichts bildeten den Ausgangspunkt für die weitere Anwendung der „intra-enterprise conspiracy doctrine“. Heute ist indes weitgehend anerkannt, dass es sich um einen Fall eines unzulässigen Zusammenschlusses handelte und die genannten Ausführungen in diesem Zusammenhang erfolgten.49 Der ursprüngliche Erwerb der Betriebsgesellschaften und CCMs 47 United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218, 226 f. (1947). Dieser Vorwurf ist für sich genommen von zweifelhafter Stichhaltigkeit, besagt er doch im Wesentlichen, dass die Konzernunternehmen ihre vertikale Integration zur konzerninternen Versorgung mit Ausstattungsgütern benutzt haben. 48 United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218, 227 (1947). Der District Court dagegen hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, konzernverbundene Unternehmen könnten keine konspirativen Abreden treffen. United States v. Yellow Cab Co., 69 F. Supp. 170, 175 (N.D. Ill. 1946), rev’d, 332 U.S. 218 (1947). Der Supreme Court berücksichtigte die Details der Beziehungen zwischen den Gesellschaften nicht. Obwohl Markins Kontrolle der Betriebsgesellschaften nicht komplett war und er zum Teil sogar nur Minderheitsbeteiligungen hielt, ging das Gericht darauf nicht ein und bereits der District Court hatte das Bestehen von Kontrolle angenommen. Vgl. United States v. Yellow Cab Co., 69 F. Supp. 170, 172 (N.D. Ill. 1946), rev’d, 332 U.S. 218 (1947). 49 Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1463b, S. 225; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 458; Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 29; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 786; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 369; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1155; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 543 Fn. 40; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 200. Vgl. auch die Ausführungen im Urteil selbst: „[A]ny affiliation or integration flowing from an illegal conspiracy cannot insulate the conspirators from the sanctions which Congress has imposed . . . ,dominating power‘ over the cab operating companies ,was not obtained by normal expansion . . . but by deliberate, calculated purchase for control.‘ . . . [T]he fact that the competition restrained is that between affiliated corporations cannot serve to negative the statutory violation where, as here, the affiliation is assertedly one of the means of effectuating the illegal conspiracy not to compete.“ United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218, 227 ff. (1947). Siehe auch United States v. Columbia Steel Co., 334 U.S. 495, 523 (1948).

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war eine conspiracy im Sinne von section 1 Sherman Act.50 Die Entscheidung kann daher so verstanden werden, dass die Schaffung eines Konzerns zu rechtswidrigen Zwecken und das anschließende Verfolgen dieser Zwecke eine konspirative Abrede darstellt, auch wenn die Gesellschaften eine Einheit bilden.51 Anders als die Aussage, konzernverbundene Gesellschaften seien aufgrund ihrer rechtlichen Selbständigkeit stets Gegenstand von section 1, bewegt sich diese Feststellung im Bereich anerkannter Kartellrechtsdoktrin.52 Andere Kommentatoren weisen daraufhin, dass die sukzessiven Akquisitionen und Zusammenschlüsse in Yellow Cab eigentlich eher einen Fall versuchter Monopolisierung als einen Fall von section 1 darstellen. Da section 2 mangels Marktmacht nicht anwendbar war, sei auf section 1 als Lückenfüller zurückgegriffen worden53. Obwohl der Fall also ausschließlich auf der Basis des ursprünglichen unzulässigen Zusammenschlusses hätte entschieden werden können,54 wurde er in der Folge so verstanden, dass er die „intra-enterprise conspiracy doctine“ etablierte.55

50 Zur Anwendung von section 1 auf Zusammenschlüsse siehe Northern Sec. Co. v. United States, 193 U.S. 197 (1904). In Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 (1984) heißt es dazu: „It has long been clear that a pattern of acquisitions may itself create a combination illegal under section 1, especially when an original anti-competitive purpose is evident from the affiliated corporations’ conduct.“ 51 Areeda, Antitrust Law VII, } 1463b, S. 226; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 458. Ähnlich Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 (1984) („[T]he affiliation of the defendants was irrelevant because the original acquisitions were themselves illegal. An affiliation ,flowing from an illegal conspiracy‘ would not avert sanctions.“); Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 784. A. A. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 779 f. (1984) (Stevens, J., dissenting) („[T]he Court mentioned acquisitions only as an additional consideration . . . the Court explicitly held that restraints imposed by the corporate parent on the affiliates that it already owned in themselves violated section 1.“); Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 563. 52 Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 29. 53 Assant ECLR 1990, 65, 70. Siehe auch Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 369. 54 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 Fn. 5 (1984); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 534 Fn. 40. 55 Zum Beispiel Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 779 (1984) (Stevens, J., dissenting); Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1155 Fn. 34. Siehe dazu die grundsätzliche Kritik bei Areeda, Antitrust Law VII, } 1463a, S. 224 f. („[T]he Yellow Cab language induced suits that would not otherwise have occurred, complicated and lengthened independently meritorious suits, confused judges and juries, and sometimes led the lower courts to condemn unilateral behavior without analysis of antitrust policy.“).

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bb) Kiefer-Stewart Im Kiefer-Stewart-Fall56 wurde Seagram Sales und Calvert Sales, zwei hundertprozentigen Töchtern von Seagram of Indiana, eine horizontale Preisabsprache hinsichtlich der von ihnen vertriebenen alkoholischen Getränke und eine Absprache, die Händler zu boykottieren, die sich nicht an die Preisvorgaben hielten, vorgeworfen. Die beiden Gesellschaften bezeichneten sich als bloße Instrumente einer einheitlichen „manufacturing-merchandising“ Einheit, die nicht unter section 1 fiele.57 Der Supreme Court aber entschied, dass dies den bisherigen Entscheidungen, die festlegten, dass das Bestehen gemeinsamer Eigentümerstellung und Kontrolle nicht vom Einfluss der Kartellgesetze befreit, widersprechen würde. Dies gelte insbesondere, wenn die Betroffenen wie hier als Wettbewerber aufträten.58 Was den letzten Satz angeht scheint das Gericht den Eindruck gehabt zu haben, Calvert und Seagram seien trotz ihrer Zugehörigkeit zum selben Konzern tatsächlich unabhängige Einheiten, da sie teilweise eine eigenständige Preispolitik verfolgten und beispielsweise Calvert den klagenden 56

Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 U.S. 211 (1951). Noch vor diesem Urteil entschied der Supreme Court zwei Fälle mit ähnlichem Sachverhalt wie Crescent Amusement (siehe oben III. 5. b) aa) Fn. 45). Im ersten, United States v. Griffith, 334 U.S. 100 (1948), nahm das Gericht ohne weitere Diskussion an, die partiell verbundenen Gesellschaften könnten miteinander konspirative Abreden treffen. Zugleich nahm es einen Verstoß gegen section 2 durch einseitiges Verhalten an. Indes handelt es sich nicht um einen eindeutigen Intra-enterprise-conspiracy-Fall, da nur Minderheitsbeteiligungen bestanden, die durch familiäre Bindungen verstärkt wurden. Siehe McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183, 200, der daher eine single enterprise defense in diesem Fall ablehnt. In Schine Chain Theatres, Inc. v. United States, 334 U.S. 110 (1948) stellte das Gericht ausdrücklich fest, dass die gemeinsamen Tätigkeiten der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften eine wettbewerbsbeschränkende Abrede darstellten, die nicht darum freigestellt sei, weil die Beteiligten nicht unabhängig, sondern konzernverbunden sein. Siehe a. a. O., S. 116 unter Verweis auf Yellow Cab und Crescent Amusement. In beiden Fällen war die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ jedoch nicht entscheidungserheblich, da ein Verstoß gegen section 2 angenommen wurde und da Absprachen mit außenstehenden Dritten vorlagen. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 763 Fn. 8 (1984). Auch Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 784; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 536 Fn. 41. 57 Siehe Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 U.S. 211, 215 (1951). 58 Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 U.S. 211, 215 (1951) („[T]his suggestion runs counter to our past decisions that common ownership and control does not liberate corporations from the impact of the antitrust laws. . . . The rule is especially applicable where, as here, respondents hold themselves out as competitors.“). Diese Passage ist nicht mehr auf ursprünglich rechtswidrige Zusammenschlüsse beschränkt und geht damit über Yellow Cab hinaus, ohne eine Begründung anzubieten. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 764 (1984); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 537 Fn. 46. Interessanterweise hatte Seagram – offensichtlich erfolglos – argumentiert, Yellow Cab sei auf Fälle unrechtmäßiger Zusammenschlüsse begrenzt. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 782 Fn. 4 (1984) (Stevens, J., dissenting).

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Händler Kiefer-Stewart trotz der Weigerung, die von Seagram festgesetzten Höchstpreise zu beachten, zunächst weiter beliefert hatte. Kiefer-Stewart ist der einzige Supreme-Court-Fall, in dem die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin notwenig war, um einen Wettbewerbsverstoß anzunehmen.59 Anders als in Yellow Cab, Griffith oder Schine lag keine Monopolisierungssituation vor. Die heute anerkannte Möglichkeit, auf eine unzulässige vertikale Absprache zwischen Calvert und Seagram auf der einen Seite und anderen Händlern als Kiefer-Stewart auf der anderen Seite abzustellen, bestand 1951 noch nicht.60 Selbst wenn der Fall daher heute auch ohne die Doktrin genauso entschieden werden könnte, stand zum Zeitpunkt der Entscheidung kein alternativer Ansatzpunkt zur Verfügung.61 Nach Kiefer-Stewart erkannte man, dass die Doktrin in ihrer dort etablierten Reichweite nahezu uferlos war. Es gab kaum einen Konzern ohne Absprachen wie sie zwischen Seagram und Calvert bestanden.62 Harms stellte dazu fest, außer Anwälten seien Telefongesellschaften die größten Profiteure gewesen, da Konzerne versuchten, den Schriftverkehr auf ein Minimum zu reduzieren.63 Daneben wurde versucht, den Eindruck von Abreden durch Entscheidungen der Konzernspitze zu vermeiden. cc) Timken Noch im selben Jahr wie die Kiefer-Stewart-Entscheidung wurde der Supreme Court mit einem weiteren Fall einer konzerninternen Absprache konfron59 Areeda, Antitrust Law VII, } 1463c, S. 227; Assant ECLR 1990, 65, 70; Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 26 Fn. 16; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 951. 60 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 764 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1463c, S. 227. Vgl. zu solchen vertikalen Absprachen zwischen Hersteller und Vertriebsunternehmen Albrecht v. Herald Co., 390 U.S. 145, 149 f. u. Fn. 6 (1968); United States v. Parke, Davis & Co., 362 U.S. 29 (1960). Der Kläger Kiefer-Stewart ist hingegen kein möglicher Beteiligter einer Absprache, da er sich zu keinem Zeitpunkt an die Verkaufspreisbindungen gehalten hat. Vgl. Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 182 F.2d 228, 231 (7th Cir. 1950), rev’d, 340 U.S. 211 (1951). 61 Vgl. Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 31; sowie Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 782 (1984) (Stevens, J., dissenting), der betont, dass Copperwelds Ergebnis mit dem Ergebnis in Kiefer-Stewart unvereinbar ist. Anders Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 45, die der Ansicht sind, in Kiefer-Stewart läge auch ohne die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ eine wettbewerbsbeschränkende Abrede gemäß section 1 vor. 62 Harms EuR 1966, 230, 270. Siehe auch Milwaukee Towne Corp. v. Loew’s Inc., 190 F.2d 561, 564 (7th Cir. 1951) („And with all due reference to the Supreme Court, if there was any evidence . . . of conspiracy in that case [Kiefer-Stewart], it is difficult to visualize a case where it would not be sufficient.“). 63 Harms EuR 1966, 230, 271.

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tiert. Timken Roller Bearing Co. war angeklagt, mit seinen überseeischen Tochtergesellschaften British Timken, Ltd. und Société Anonyme Française Timken Preise abgesprochen und Gebiete aufgeteilt zu haben. In keiner von beiden Gesellschaften hielt Timken Roller die Mehrheit.64 Durch verschiedene Aktiengattungen, Stimmbindungsverträge und eine zwischengeschaltete Holdinggesellschaft war vielmehr ein anderer Aktionär zur Geschäftsführung berechtigt unter der Bedingung, dass beide Gesellschaften einen bestimmten Mindestprofit unter seiner Leitung machten. Die Beteiligten befanden sich in diesem Fall also nicht unter einheitlicher Kontrolle. Dennoch entschied das Gericht erneut, dass ein gemeinsamer Eigner und gemeinsame Kontrolle nicht vom Einfluss der Kartellgesetze befreien.65 In der „concurring opinion“ von Justice Reed findet sich der einzige Versuch, die Doktrin zu rechtfertigen, wenn es heißt, dass ohne die Annahme einer unzulässigen Absprache zwischen einer Gesellschaft und einer zweiten Gesellschaft, an der die erste einen bedeutenden Anteil hält, weitreichende Möglichkeiten für Verstöße gegen den Sherman Act bestünden.66 Die Minderheitsmeinung weißt dagegen auf die Probleme dieser Auffassung für international operierende Unternehmen hin, die nun nicht mehr durch rechtlich selbständige Töchter agieren könnten, sondern nur noch durch unselbständige Abteilungen.67 Auch in dieser Entscheidung war der Rückgriff auf die „intra-enterprise-conspiracy doctrine“ indes nicht erforderlich. Die beteiligten Gesellschaften verfügten hier über ein beachtliches Maß an Selbständigkeit. Es bestand keine gemeinsame Kontrolle und die amerikanische Gesellschaft hielt keinen Mehrheitsanteil an den ausländischen Gesellschaften.68 Dazu kommt, dass die Gebietsaufteilung zwischen der britischen und der amerikanischen Gesellschaft 64 Die amerikanische Timken-Gesellschaft hielt nur ein Drittel der Anteile der britischen und die Hälfte der Anteile der französischen Gesellschaft, deren andere Hälfte von British Timken gehalten wurde. Vgl. Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593, 595 (1951). 65 Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593, 598 (1951) („Common ownership or control of the contracting corporations does not liberate them from the impact of the antitrust laws.“). 66 Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593, 601 f. (1951) (Reed, J., concurring). 67 Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593, 607 (1951) (Jackson, J. dissenting) (Die Ansicht, Töchter könnten mit der Muttergesellschaft konspirieren, „places too much weight on labels“). Justice Jackson folgerte, „this decision will restrain more trade than it will make free.“ 68 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 765 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1463d, S. 227 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 459; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 785. Der District Court hatte ausdrücklich festgestellt, dass die Gesellschaften selbständig kontrolliert waren. Siehe United States v. Timken Roller Bearing Co., 83 F. Supp. 284, 306, 311 f. (N.D. Ohio 1949), aff’d as modified, 341 U.S. 593 (1951). Wenn die Gesellschaften auch nicht vollständig unabhängig waren, könnten sie doch ausreichend selbständig gewesen sein, um eine wett-

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bereits 1909 ihren Ursprung nahm, als die Gesellschaften noch vollständig unabhängig voneinander waren. Das Gericht hätte daher den Anteilserwerb der amerikanischen Timken-Gesellschaft an der britischen im Jahre 1927 als Vollendung dieser rechtswidrigen Vereinbarung und damit ihrerseits als rechtswidrig ansehen können.69 Ähnlich wie im Yellow-Cab-Fall war also bereits die ursprüngliche Akquisition unzulässig. Nach Kiefer-Stewart und Timken wurde die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin dahingehend verstanden, dass Gliedgesellschaften eines Konzerns wie selbständige nicht konzernverbundene Unternehmen behandelt werden.70 dd) Perma Life In Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp.71 machten Perma Life und andere Franchisenehmer von Midas, Inc. einen Verstoß der Franchisevereinbarung gegen section 1 Sherman Act geltend. Die Vereinbarung enthielt zahlreiche Beschränkungen für die Franchisenehmer, unter anderem waren die Wiederverkaufspreise und das Verkaufsgebiet festgelegt.72 Die von den Beklagten Midas, Midas Muttergesellschaft International Parts Corp., zwei weiteren Tochtergesellschaften und sechs Managern erhobene single enterprise defense wies das Gericht mit der Begründung zurück, dass sich die Beklagten, da sie sich mehrerer Gesellschaften für ihre Geschäfte bedient hätten, nicht mit der Stellung der Mutter als alleiniger Eigentümerin vor den Verpflichtungen schützen könnten, die das Gesetz selbständigen Einheiten auferlegt.73 Dies erklärt bewerbsbeschränkende Abrede auch ohne Rückgriff auf die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin anzunehmen. 69 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 765 u. Fn. 11 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1463d, S. 228. Siehe auch Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 867; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 950; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 785. 70 Siehe Harms S. 53. 71 Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp., 392 U.S. 134 (1968). 72 Vgl. Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp., 392 U.S. 134, 136 f. (1968). 73 Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp., 392 U.S. 134, 141 f. (1968) (unter Verweis auf Yellow Cab und Timken heißt es, „[since the defendants] availed themselves of the privilege of doing business through separate corporations, the fact of common ownership could not save them from any of the obligations that the law imposes on separate entities.“ Dabei rezitiert das Gericht United States v. General Motors, 121 F.2d 376, 404 (7th Cir. 1941), cert. denied, 314 U.S. 618 (1941), wo es hieß, die Angeklagten könnten nicht „enjoy the benefits of separate corporate identity and escape the consequences“.). Siehe auch Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 34. Harms EuR 1966, 230, 272 bezeichnet die Argumentation, dass die Nachteile der Rechtsform tragen müsse, wer sich ihrer Vorteile bediene, als Vergeltungsgedanken, der die formale Kategorie der Rechtsfähigkeit nicht brauchbarer mache.

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indes nicht, warum Konzernunternehmen sich von Gesetzes wegen so verhalten sollten, als wären sie nicht konzernverbunden.74 Wie in allen Fällen außer Kiefer-Stewart war jedoch auch hier die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ nicht entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.75 Der Supreme Court stellte selbst fest, dass die Franchisenehmer jedenfalls eine vertikale Absprache zwischen sich oder anderen Franchisenehmern auf der einen Seite und den Beklagten auf der anderen Seite geltend machen könnten.76 Perma Life stellt zugleich den letzten Fall dar, in dem der Supreme Court die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie anwandte, um einen Kartellrechtsverstoß zu bejahen. ee) Sunkist Zwei weitere Entscheidungen schwächten die Intra-enterprise-conspiracyTheorie ab. In der ersten davon, die bereits vor Perma Life erging, wurde drei landwirtschaftlichen Genossenschaften, Sunkist Growers Inc. und ihren beiden hundertprozentigen Töchter Exchange Orange und Exchange Lemon, deren Mitglieder alle auch Mitglieder von Sunkist Growers waren, eine wettbewerbsbeschränkende Abrede vorgeworfen. Diesmal allerdings verwarf der Supreme Court die Juryanweisungen der Vorinstanz, die es der Jury erlaubten, eine conspiracy zu finden. Ohne auf die bisherigen Fälle zur Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin einzugehen, stellt das Gericht fest, dass die Genossenschaftsmitglieder, obwohl in drei rechtlich selbständigen Gesellschaften organisiert, letztlich nur eine Organisation darstellen. Anders zu entscheiden hieße, fatale Konsequenzen an für die Genossenschaftsmitglieder unbedeutende organisatorische Unterscheidungen zu knüpfen. Die Verwendung mehrerer Gesellschaften habe hier keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung und Dritte hätten die einzelnen Gesellschaften auch nicht als unabhängig voneinander wahrgenommen.77 Will man der Entscheidung nur begrenzte Reichweite zumessen, kann sie so verstanden werden, dass sie lediglich eine Ausnahme von der Intra-enterpriseAreeda, Antitrust Law VII, } 1463e, S. 228. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 760 (1984); Assant ECLR 1990, 65, 70 f.; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 868; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 951; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 784 f. Siehe auch oben Fn. 59. 76 Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp., 392 U.S. 134, 142 (1968). In Copperweld vertrat die Mehrheit daher die Ansicht, die Doktrin sei in Perma Life höchstens ein alternativer Entscheidungsgrund gewesen. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 766 (1984); Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 201 Fn. 53. 77 Zum Ganzen Sunkist Growers Inc. v. Winckler & Smith Citrus Products Co., 370 U.S. 19, 29 (1962). 74 75

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conspiracy-Doktrin für den Bereich landwirtschaftlicher Genossenschaften schafft, der durch section 6 des Clayton Acts78 und den Capper-Volstead Act79 normiert ist.80 Das Urteil beschäftigt sich in der Tat mit der Gesetzgebungsgeschichte des Capper-Vostead Acts.81 Es nennt aber keinerlei Besonderheiten landwirtschaftlicher Genossenschaften, die eine Beschränkung der Entscheidung auf diesen Bereich rechtfertigen würden.82 Die Organisationsform wird vielmehr im Rahmen allgemeiner kartellrechtlicher Erwägungen erörtert, sodass eine begrenzte Geltung kaum zu begründen ist. Damit stellt die Sunkist-Entscheidung den Beginn eines Paradigmenwechsels dar. Die Analyse konzentriert sich nicht mehr auf die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen, sondern auf die wirtschaftlichen Realitäten des Einzelfalls. ff) Citizens & Southern In diesem Fall behandelte die Citizens & Southern National Bank (C&S) mehrere in Vororten von Atlanta, Georgia gelegene Banken als De-facto-Zweigstellen, obwohl sie jeweils nur fünf Prozent der Aktien hielt. Den Rest hielten Angestellte und „Freunde“ von C&S. Da diese Vorortbanken routinemäßig den 78 Section 6 des Clayton Act stellt landwirtschaftliche Organisationen unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung des Kartellrechts frei. Die Norm lautet auszugsweise: „Nothing contained in the antitrust laws shall be construed to forbid the existence . . . of . . . agricultural, or horticultural organizations, instituted for the purpose of mutual help . . . nor shall such organizations, or the members thereof, be held or construed to be illegal combinations or conspiracies in restraint of trade, under the anti-trust laws.“ 15 U.S.C. § 17 (2000). 79 Der Capper-Volstead Act lautet auszugsweise: „Persons engaged in the production of agricultural products . . . may act together in associations, corporate, or otherwise . . . in collectively processing, preparing for market, handling, and marketing in interstate and foreign commerce, such products of persons so engaged. Such associations may have marketing agencies in common; and such associations and their members may make the necessary contracts and agreements to affect such purposes . . .“ 7 U.S.C. § 291 (2000). 80 Für dieses Verständnis der Entscheidung Columbia Metal Culvert Co. v. Kaiser Aluminum & Chem. Corp., 579 F.2d 20, 33 Fn. 49 (3d Cir. 1978), cert. denied, 439 U.S. 876 (1978). Siehe auch Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 203 u. Fn. 65, der die Entscheidung insoweit als unklar bezeichnet. 81 Siehe Sunkist Growers Inc. v. Winckler & Smith Citrus Products Co., 370 U.S. 19, 28 f. (1962). 82 Areeda, Antitrust Law VII, } 1463f, S. 229; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 461. Vgl. auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 Fn. 21 (1984) („Sunkist Growers provides strong support for the notion that separate incorporation does not necessarily imply a capacity to conspire . . . Although this holding derived from statutory immunities granted to agricultural organizations, the reasoning of Sunkist Growers supports the broader principle that substance, not form, should determine whether a separately incorporated entity is capable of conspiring under section 1.“).

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Preisangaben von C&S, über die sie von C&S informiert wurden, folgten, wurde ihr Verhältnis zu C&S als conspiracy angeklagt. Der Supreme Court wiederholte zunächst die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin, indem er ausführte, „even commonly owned firms must compete against each other, if they hold themselves out as distinct entities. ,The corporate interrelationships of the conspirators . . . are not determinative of the applicability of the Sherman Act.‘“ 83 Diesmal allerdings folgte darauf nicht die Feststellung eines Verstoßes gegen section 1. Vielmehr konzentrierte sich das Gericht auf die wirtschaftliche Situation des Falls und stellte fest, section 1 zwinge die Zweigstellen nicht miteinander in Wettbewerb zu treten, da sie nicht mit dem Ziel gegründet worden waren, Wettbewerber zu sein.84 C&S hätte durch rechtlich statt de facto abhängige Zweigstellen expandiert, wenn nicht ein Gesetz in Georgia städtischen Banken dies zum Schutz von Vorortbanken verboten hätte. Die Entscheidung erkennt zwar die Möglichkeit einer „intra-enterprise conspiracy“ noch an, zeigt aber eine gesteigerte Bereitschaft, die wirtschaftlichen Hintergründe zu berücksichtigen.85 gg) Zwischenergebnis Die besprochenen Fälle wurden dahingehend interpretiert, dass eine Muttergesellschaft selbst mit ihrer hundertprozentigen Tochter wettbewerbswidrige Absprachen treffen kann.86 Darüber hinaus war die Rechtslage allerdings weitgehend unklar.87 Der Supreme Court hatte sich nie die Mühe einer inhaltlichen Rechtfertigung der Doktrin gemacht,88 und die besprochenen Urteile boten dem 83 United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86, 116 (1975) unter Hinweis auf Yellow Cab. Areeda, Antitrust Law VII, } 1463g, S. 230 Fn. 27 interpretiert „must compete“ im Sinne von „may not conspire unreasonably“. 84 Areeda, Antitrust Law VII, } 1463g, S. 230; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 461. Siehe United States v. Citizens & Southern National Bank, 422 U.S. 86, 119 f. (1978). 85 Vgl. Sullivan/Grimes, S. 242; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 203 f. die annehmen, Citizens & Southern deute bereits Copperweld an, wobei C&S und die Defacto-Zweigstellen ein einheitliches Unternehmen bildeten und Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1157 Fn. 48 der Sunkist und Citizens & Southern als Übergang zwischen Yellow Cab und Copperweld ansieht. 86 Siehe die Nachweise in Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 783 f. u. Fn. 8 f. (1984) (Stevens, J., dissenting); Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1131 (3d Cir. 1995) („Until the Supreme Court’s decision in [Copperweld], related corporations were generally perceived as separate entities capable of concerted activity . . .“); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 540 f. („Whatever the Supreme Court’s actual intent, lower courts and commentators acknowledged the doctrine’s existence, although they greeted its arrival with a tepid embrace.“). 87 Vgl. McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1246; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 859; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 199.

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Rechtsanwender keine klaren Richtlinien. Kiefer-Stewart, Timken and Perma Life beschränkten sich im Wesentlichen darauf, Yellow Cab zu zitieren, eine Entscheidung, deren genaue Aussage umstritten ist.89 Die Entscheidungen tendieren ferner dazu, das Erfordernis einer Mehrheit von Beteiligten nicht zu beachten und konzentrieren sich stattdessen auf das vorgefundene wettbewerbsfeindliche Verhalten.90 Dementsprechend wurde die Theorie in der Literatur weitgehend abgelehnt.91 Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung entwickelten die Untergerichte verschiedene Tests, die oftmals das Bestreben erkennen ließen, die Reichweite der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie zu begrenzen. Während einige Gerichte sich auf Perma Life stützten und das Vorliegen verschiedener juristischer Personen als ausreichend erachteten, um die capacity to conspire zu bejahen, fanden andere Gericht konzerninterne Vereinbarungen im Rahmen der rule of reason aufgrund der Konzernverbundenheit nicht unreasonable oder wandten auch dort die rule of reason an, wo ein eigentlich per se verbotenes Verhalten vorlag. Wieder andere Gerichte adaptierten einen faktintensiven Test, den sie auf Citizens & Southern stützten,92 und der durch die Berücksichtigung zahlreicher 88 Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 766 (1984) („[W]hile this Court has previously seemed to acquiesce in the intra-enterprise conspiracy doctrine, it has never explored or analyzed in detail the justifications for such a rule; the doctrine has played a minor role in the Court’s Sherman Act holdings.“); Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 952. Vgl. auch Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 473 („[The intra-enterprise conspiracy doctrine] rests . . . on language drawn out of context from Yellow Cab, perpetuated by simple repetition in subsequent cases, and substantially qualified by Sunkist and Citizens.“). 89 Zur Zweifelhaftigkeit der Aussage von Yellow Cab z. B. McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183, 194; sowie oben III. 5. b) aa). 90 McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183, 188. 91 So z. B. Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451; Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23; McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20. Siehe auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 316 f. (7th Cir. 1982), rev’d on other grounds, 467 U.S. 752 (1984) („Academic discussion . . . almost uniformly critical.“). Gegen die Übernahme der Intra-enterpriseconspiracy-Doktrin in das GWB Ulmer WuW 1960, 163, 173; Harms EuR 1966, 230, 272; ders. S. 64 („mit den Fakten des Wirtschaftslebens einer westlichen Industrienation nicht vereinbar“). Gegen die Übernahme ins europäische Wettbewerbsrecht van Oven S. 105, 118 f. Indes bezeichnet Martin Stan. L. Rev. 50 (1998), 399, 430 die Kritiker als ressourcenreiche Vereinigung von konservativen Gelehrten, Interessengruppen der Wirtschaft und gutbezahlten Anwälten, mit starken persönlichen Interessen an einer geänderten Rechtsprechung. 92 In Citizens & Southern berücksichtigte das Gericht alle Facetten der Beziehung zwischen C&S und den De-facto-Zweigstellen. Dazu gehörten etwa die Bemühungen von C&S sicherzustellen, dass die Aktien der De-facto-Zweigstellen in freundlichen Händen blieben, der Zugang der Zweigstellen zum C&S Logo, C&Ss offene Versicherung finanzieller Unterstützung, C&Ss Kontrolle über die directors, leitenden Angehörigen und die Ortswahl der Filialen der Zweigstellen, C&Ss umfassende Beratung der Zweigstellen und deren Bemühungen, ihre Angestellten vergleichbar mit denen von

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Faktoren klären sollte, ob der rechtlichen Selbständigkeit im konkreten Fall auch wirtschaftliche Bedeutung zukam. Einige wenige Gerichte schließlich verwendeten die Holding-out-Terminologie aus Kiefer-Stewart und fragten, ob sich die Konzernunternehmen als Wettbewerber gerierten.93 Insgesamt haben die Gerichte „intra-enterprise conspiracies“ nie am selben Maßstab gemessen wie sonstige konspirative Abreden.94 Die routinemäßigen Gebietsaufteilungen oder Preisabsprachen zwischen Konzernunternehmen wurden nicht als Wettbewerbsbeschränkung aufgefasst, obwohl es sich dabei um Per-se-Verstöße gegen das Kartellverbot handelt, wenn sie von selbständigen Unternehmen vorgenommen werden.95 Das gilt erst recht für den Informationsaustausch im Konzern. Während der Informationensaustausch, insbesondere von Preisinformationen, zwischen Wettbewerbern generell als wettbewerbsrechtlich problematisch angesehen wird,96 sieht man den Informationsaustausch im KonC&S zu entlohnen. Vgl. United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86, 92 f. (1975). 93 Insbesondere der Siebte, Achte und Neunte Circuit verwendeten einen an Citizens & Southern orientierten Standard („all-the-facts test“ oder „single entity test“), während der Erste, Dritte und Fünfte Circuit strikt der Intra-enterprise conspiracyDoktrin folgten („absolute rule“). Der Zweite Circuit schien der Holding-out-Regel zu folgen, bewegte sich aber später in Richtung auf den Single-entity-Test. Einige Gerichte erkannten zusätzlich eine Regel an, nach der Gesellschaften ein Unternehmen bilden, wenn ein einzelner Entscheidungsträger existiert, der die Gesellschaften kontrolliert und ihre Anteile hält („sole decision maker rule“). Allerdings wurde oft nicht einmal innerhalb eines Gerichtsbezirks ein einheitlicher Ansatz verwendet. Siehe Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 463; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1159 f.; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 200 Fn. 13; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 204 f. Zu den unterschiedlichen Standards der Untergerichte siehe auch American Bar Association, Developments S. 22; Assant ECLR 1990, 65, 73 f.; Potrafke S. 37 ff.; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 788 f.; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 885 ff.; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1250 ff.; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 954 f.; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 371; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 542 ff. 94 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1469, S. 277 („[T]he courts have persistently and wisely refused to treat intra-enterprise conspiracies according to the rules governing real conspiracies.“). 95 Stengel Miss. L. J. 35 (1963), 5, 21. Siehe auch Areeda, Antitrust Law VII, } 1468, S. 277 u. } 1469, S. 277 („[A]ny agreements between [affiliated corporations] on such matters as price and territory have been regarded as ,reasonable‘ and therefore lawful. . . . The enterprise’s assignment of functions or geographic or product areas to different subsidiaries has never been treated as an unlawful market allocation between unrelated firms.“); ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 471. Vgl. auch die Minderheitsmeinung in Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 778 (1984) (Stevens, J., dissenting) („A price-fixing or market-allocation agreement between two or more such [affiliated] corporate entities does not . . . eliminate any competition that would otherwise exist.“). Zu per se verbotenen Verhaltensweisen siehe United States v. Socony-Vacuum Oil Co., 310 U.S. 150 (1940) (Preisabsprachen per se illegal); Palmer v. BRG of Georgia, 498 U.S. 46 (1990) (Aufteilung von Märkten per se illegal).

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zern als wesentlichen Vorteil dieser Organisationsform an. Zwar wird vor allem der vertikale Informationsfluss zwischen unterschiedlichen Produktionsstufen als vorteilhaft beurteilt,97 jedoch ist fraglich, wie weit sich innerhalb eines Konzerns vertikaler und horizontaler Informationsfluss trennen lassen. Dass konzerninternes Verhalten selbst unter einer Intra-enterprise-conspiracy-Theorie an anderen Maßstäben gemessen wurde, als das Verhalten selbständiger Akteure, wurde als Argument gegen die Theorie angesehen.98 Insgesamt zeigen die Ausführungen, dass die Rechtslage relativ unübersichtlich war.99 c) Die Wende in der Rechtsprechung und ihre Gründe aa) Copperweld In dieser Situation entschied der Supreme Court in Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp.100 mit fünf gegen drei Stimmen101, dass eine Muttergesellschaft und ihre hundertprozentige Tochter keine wettbewerbsbeschränkenden Abreden treffen können, da beide eine wirtschaftliche Einheit bilden.102 96 Dazu allgemein American Column & Lumber Co. v. United States, 257 U.S. 377 (1921); Maple Flooring Manufacturers Ass’n v. United States, 268 U.S. 563 (1925); United States v. Container Corp., 393 U.S. 333 (1969). 97 Bork S. 227, der als Beispiele für vertikalen Informationsfluss nennt, „marketing possibilities may be transmitted more effectively from the retail to the manufacturing level, new product possibilities may be transmitted in the other direction, better inventory control may be attained, and better planning of production runs may be achieved.“ 98 Siehe Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 470. 99 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345 beschreibt die Situation so: „The pre-Copperweld intra-enterprise conspiracy doctrine was a blessing to litigators (who billed countless hours applying it) and scholars (who won attention largely by lamenting it), but a curse to students trying to understand it and counselors trying to apply it.“ Kritisch auch Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 462 („The main effects of the intraenterprise conspiracy doctrine have been to confuse litigants and courts and to lengthen and complicate litigation.“). 100 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752 (1984). Zu dem bedeutenden Einfluss, den die amicus curiae Briefe auf diese Entscheidung nahmen, siehe Calkins Antitrust L.J. 68 (2001), 625, 649; ders. Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 347 ff. 101 Justice White nahm an der Entscheidung nicht teil. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 777 (1984). Ein Autor hat vermutet, dass seine Abwesenheit ein zentraler Faktor war. Justice White hätte vermutlich gegen die Mehrheit gestimmt, weshalb Chief Justice Burger im Falle seiner Anwesenheit die Mehrheitsmeinung wohl etwas weniger weitreichend formuliert hätte, aus Angst, die entscheidende fünfte Stimme zu verlieren. Siehe Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 348 Fn. 23. 102 So wie der Aufstieg der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ vor dem Hintergrund ihrer Epoche erklärt werden kann, siehe oben III. 5. a) cc) (2), kann dies auch ihr Niedergang. Die Aufgabe der Doktrin befreite konzerninterne Kontakte von der

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(1) Sachverhalt der Entscheidung Der Stahlröhrenfabrikant Regal Tube Co., der ursprünglich als Tochtergesellschaft gegründet, später aber von Lear Siegler, Inc. erworben und als Abteilung weitergeführt worden war, war von der Copperweld Corp. erworben und wieder zu einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft gemacht worden. Regals früherer Präsident Grohne, der bei Lear Siegler geblieben war, gründete daraufhin sein eigenes Stahlröhrengeschäft, Independence Tube Corp. Obwohl Grohne durch das aus dem Kaufvertrag mit Lear Siegler herrührende Wettbewerbsverbot nicht gebunden war, warnten Copperweld und Regal Independences potentielle Kunden, Lieferanten und Banken, dass sie sehr besorgt seien wegen des geplanten Markteintritts von Independence und daher alle möglichen Schritte unternehmen würden, um ihre Rechte aus dem Kaufvertrag zu schützen, sowie eine mögliche Verletzung von Betriebsgeheimnissen und Know-how durch Independence zu verhindern.103 Aufgrund dieses Schreibens stornierte die Yoder Co. die zugesagte Lieferung einer Produktionsanlage für Stahlröhren an Independence. Independences Markteintritt verzögerte sich dadurch um neun Monate. Nachdem die Vorinstanzen eine conspiracy zwischen Copperweld und Regal gefunden, aber festgestellt hatten, dass Yoder daran nicht beteiligt war, blieben als Beteiligte lediglich zwei Konzernunternehmen. Der Supreme Court sah sich daher gezwungen, zur Frage der „intra-enterprise conspiracy“ Stellung zu nehmen.104 (2) Mehrheitsmeinung Das Gericht ging bei seiner Analyse in fünf Schritten vor. Erstens analysierte es zum ersten Mal seine bisherige Rechtsprechung und fand dabei, dass die Kontrolle durch das Antitrustrecht und begrenzte die Reichweite behördlicher und gerichtlicher Eingriffe – beides Ergebnisse, die von Gerichten der Reagan-Ära als positiv eingestuft wurden. Vgl. Martin Stan. L. Rev. 50 (1998), 399, 429. Siehe auch Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, der die Copperweld-Entscheidung als von der Chicago School beeinflusst und ausschließlich an Effizienzgesichtspunkten orientiert bezeichnet. Entgegen Goodwin, a. a. O., S. 773 sah der Supreme Court das Verhalten von Copperweld und Regal allerdings nicht als effizienzsteigernd, sondern lediglich als nicht gegen section 1 verstoßend an. 103 Zu ihrer Verteidigung gaben Copperweld und Regal an, der Brief sei nur dazu bestimmt gewesen, Dritte an der Bildung geschützten Vertrauens zu hindern. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 757 (1984). Daneben hätten sie sich Sorgen um urheberrechtlich geschützte Informationen und Betriebsgeheimnisse von Regal gemacht, da Independence acht zentrale Angestellte von Regal abgeworben hatte. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 314 (7th Cir. 1982), rev’d on other grounds, 467 U.S. 752 (1984). 104 Zwar lag ein restraint of trade vor, nämlich hinsichtlich Independence, dies macht aber das Vorliegen einer conspiracy nicht entbehrlich. Siehe zu dieser Unterscheidung unten III. 5. c) bb) (4).

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Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin höchstens in einer Entscheidung wirklich relevant war.105 Indes ist den Richtern der Minderheit, die die bisherigen Urteile anders interpretierten,106 zuzugeben, dass die Doktrin bis dahin als feststehende Regel angesehen worden war.107 Zweitens wies die Mehrheit auf den fundamentalen Unterschied zwischen section 1 und section 2 sowie die Richtigkeit einer nur begrenzten Kontrolle einseitigen Verhaltens hin.108 Als drittes stellte die Mehrheitsentscheidung fest, dass eine Intracorporate-conspiracyTheorie grundsätzlich abgelehnt wird, obwohl sich bei wörtlicher Auslegung auch Vereinbarungen zwischen Angestellten oder Abteilungen einer Gesellschaft unter section 1 subsumieren ließen.109 Dies zeige, dass es für eine Mehrheit von Beteiligten mehrerer wirtschaftlich unabhängiger Entscheidungsträger bedürfe. Diese Logik weiterführend stelle das Gericht viertens fest, aus demselben Grund müsse auch die koordinierte Aktivität von Muttergesellschaft und hundertprozentiger Tochtergesellschaft als die eines einzigen Unternehmens angesehen werden. Beide hätten „a complete unity of interest“, also vollständig 105 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 760 ff. (1984). Zu den Präjudizien oben III. 5. b). 106 Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 783 (1984) (Stevens, J., dissenting) („[T]he rule announced today is inconsistent with what this Court held on at least seven previous occasions.“). Siehe auch Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 798 f. 107 Siehe oben III. 5. b) gg). Siehe auch Eskridge Geo. L.J. 76 (1988), 1361, 1378 f. („The Court . . . characterized the original statement of the doctrine as dictum and argued that Supreme Court decisions that had followed the doctrine could have been decided the same way on other grounds. The dissent, however, pointed out that the Court had thoroughly considered the intra-enterprise conspiracy doctrine, after briefing, on several occasions, and had made the doctrine the explicit holding of no less than five precedents.“). Auch Harms S. 55 ist der Ansicht, dass die vorherigen Entscheidungen die Doktrin in ihrer vollen Strenge decken. Der Grund, warum das Gericht so bemüht war, die Bedeutung, der bisherigen Urteile herunterzuspielen, liegt in der Präjudizienbindung (stare decisis). Danach verwirft das Gericht insbesondere im Bereich der Gesetzesinterpretation seine bisherige Rechtsprechung nur bei Bestehen guter Gründe, da der Kongress in diesem Bereich grundsätzlich in der Lage ist, eine als unzutreffend erkannte Auslegung durch eine Gesetzesänderung zu beseitigen. Siehe Illinois Brick Co. v. Illinois, 431 U.S. 720, 736 (1977) („[C]onsiderations of stare decisis weigh heavily in the area of statutory construction, where Congress is free to change this Court’s interpretation of its legislation.“); Monsanto Co. v. Spray-Rite Serv. Corp., 465 U.S. 752, 769 (1984) (Brennan, J., concurring). Eine Abweichung bedarf daher besonderer Begründung. Arizona v. Rumsey, 467 U.S. 203, 212 (1984); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 779 (1984) (Stevens, J., dissenting) („Repudiation of prior cases is not a step that should be taken lightly.“). Dies heißt allerdings nicht, dass eine als falsch erkannte Rechtsprechung nicht korrigiert werden könnte. Dennoch wäre es vorzugswürdig gewesen, wenn die Mehrheit die Frage der stare decisis ausdrücklich thematisiert hätte. 108 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 ff. (1984). Dazu oben III. 5. a) bb.) 109 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 ff. (1984). S. oben III. 5. a) cc) (1).

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übereinstimmende Interessen.110 Da die Organisation eines Unternehmens durch Tochtergesellschaften und die Organisation durch unselbständige Abteilungen gleichwertig seien, sollte diese formale Unterscheidung auch kartellrechtlich keinen Unterschied machen. Schließlich stellte die Mehrheitsentscheidung fünftens fest, dass durch diese Freistellung zwar eine Lücke zwischen section 1 und 2 entstehen könnte, diese Lücke aber moderat sei, aus der Entscheidung des Gesetzgebers resultiere und durch andere kartellrechtliche Bestimmungen adäquat geschlossen werden könne.111 (3) Minderheitsmeinung Die drei Richter der Minderheitsmeinung argumentierten dagegen für die Anwendung der rule of reason auf konzerninterne Vereinbarungen, um wettbewerbsfeindliches Verhalten wie im Copperweld-Fall von integrativem unterscheiden zu können.112 Für die Richter des Minderheitsvotums war nicht die Mehrheit der Beteiligten, sondern das Vorliegen von Marktmacht das entscheidende Kriterium.113 Dies ist freilich insofern unzutreffend, als Marktmacht alleine für die Anwendung von section 1 nicht ausreicht.114 Dazu kommt, dass die Minderheitsmeinung rückwärts argumentiert, wenn sie zunächst die Frage nach der Wettbewerbsbeschränkung stellt, ohne zuvor das Vorliegen einer Mehrzahl von Beteiligten bejaht zu haben.115 Ferner ist die Eignung der rule of reason für den 110

Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 774 ff. (1984). 112 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 778 f. u. 792 f. (1984) (Stevens, J., dissenting). Copperweld und Regal hatten erfolgreich den Markteintritt von Independence verzögert. Regal war in mehreren der von ihm bedienten Marktsegmenten Preisführer. Sowohl die Preise als auch Regals Marktanteil waren dabei relativ stabil. Als Independence schließlich auf dem Markt erschien, konnte es mindestens dreimal die Preise senken. Insgesamt stieg nach Independence Markteintritt der Ausstoß des Marktes, die Preise fielen und Regal verlor Marktanteile an Independence. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 323 (7th Cir. 1982), rev’d on other grounds, 467 U.S. 752 (1984); Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 773 f. Copperwelds und Regals Verdrängungstaktik führte also zu weniger Ausstoß und höheren Preisen für zumindest die neun Monate, um die Independences Markteintritt verzögert wurde. Vgl. Gavil Antitrust L. J. 68 (2000), 87, 90 ff. Während hier die Anwendung der rule of reason also zu einem eindeutigen Ergebnis führen würde, ist dies in anderen Fällen zweifelhaft. Siehe Smart in: Antitrust in Transition 1064, 1067. 113 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 789 (1984) (Stevens, J., dissenting). So auch Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 581. 114 So auch Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 27; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 531 Fn. 31; vgl. Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 864 Fn. 37 zur vergleichbaren Aussage in United States v. General Motors, 121 F.2d 376, 404 (7th Cir. 1941), cert. denied, 314 U.S. 618 (1941). Der Missbrauch von Marktmacht fällt dagegen eher in den Anwendungsbereich von section 2. 111

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Bereich konzerninterner Verhaltenskoordination zweifelhaft, wie sich an weniger eindeutigen Fälle zeigen lässt. So sagt die Minderheitsmeinung selbst, dass sie die Festsetzung von Preisen innerhalb des Konzerns nicht überwachen wolle. Solche Preisfestsetzungen seien nicht unreasonable, da sie keinerlei Wettbewerb verhinderten, der sonst bestehen würde. Das lässt sich aber letztlich auch über alle anderen konzerninternen Verhaltensabstimmungen sagen.116 bb) Die Gründe für die Ablehnung der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie Obwohl bereits einige Jahre alt, lohnt sich eine ausgiebigere Analyse der Copperweld-Entscheidung und der Gründe, warum die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin verworfen wurde, da sich hier interessante Parallelen zur Situation im deutschen Recht und im Europarecht finden und einige nützliche Erkenntnisse für die verbleibende Untersuchung gewonnen werden können. (1) Form vs. Substanz Ein verbreiteter Kritikpunkt an der Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin ist, dass sie mehr auf die Form als auf die Substanz der Beziehung zwischen den beteiligten Gesellschaften abstellt („form over substance“).117 Sie berücksichtigt lediglich die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen, nicht aber, dass sie wirtschaftlich in einem Konzern vereinigt sind. Dadurch behandelt sie das, was eigentlich das individuelle Verhalten eines einzigen Unternehmens ist, als concerted action.118 115 Die Minderheitsmeinung fragt zuerst nach dem Vorliegen eines unreasonable restraint of trade und will bejahendenfalls die kartellrechtliche Verantwortlichkeit nicht an der Konzernverbundenheit scheitern lassen. Tatbestandlich ist indes zuerst die Frage nach der capacity to conspire und dem Vorliegen von concerted action zu klären. Siehe Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 375. Siehe auch Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 961, Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 557. 116 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464c, S. 237. 117 So z. B. Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 553; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1158; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 542 Fn. 72. Anders aber Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 378, der der Mehrheit in Copperweld vorwirft, sie stelle ihrerseits die Form über die Substanz und Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 883, der argumentiert, Copperweld sei nicht weniger formalistisch als die „intraenterprise conspiracy doctrine“. Siehe allgemein hierzu Eastman Kodak Co. v. Image Tech. Services, Inc., 504 U.S. 451, 466 f. (1992) („Legal presumptions that rest on formalistic distinctions rather than actual market realities are generally disfavored in antitrust law.“). Der Streit geht auf eine Formulierung in United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218, 227 (1947) zurück, in der es heißt, der Sherman Act ziele auf die Substanz, nicht auf die Form (unter Verweis auf Appalachian Coals, Inc. v. United States, 288 U.S. 344, 360, 361, 376, 377 (1933), wobei das Gericht allerdings fehlerhafterweise 228 U.S. 344 als Fundstelle zitiert.).

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Die aus dem Gesellschaftsrecht resultierende rechtliche Selbständigkeit bedeutet indessen nicht, dass zugleich auch im Kartellrecht die notwendige capacity to conspire besteht.119 Diese ist vielmehr aus kartellrechtlichen Anforderungen, insbesondere aus dem Zweck von section 1, eigenständig zu entwickeln. Dass rechtliche Selbständigkeit alleine nicht ausreichend ist, zeigt auch das Beispiel von Individuen innerhalb einer Gesellschaft. Obwohl sie grundsätzlich in der Lage sind, wettbewerbswidrige Absprachen zu treffen, wird die Gründung einer Gesellschaft und die anschließende Zusammenarbeit in ihr nicht als derartige Absprache angesehen. Nach der Ablehnung der Intracorporate-conspiracyTheorie benachteiligt die Intra-enterprise-conspiracy-Variante juristische Personen unbillig gegenüber natürlichen.120 Indem sie die rechtliche Selbständigkeit ausreichen lässt, bewertet sie die formale Trennung über121 und ignoriert die zwischen juristischen Personen mögliche Wirtschaftseinheit.122 (2) Historische Auslegung des Sherman Acts In der Copperweld-Entscheidung versuchten sowohl die Mehrheits- als auch die Minderheitsmeinung, ihre Ansicht mit der Gesetzgebungsgeschichte des Sherman Acts zu begründen. Insbesondere der Verweis auf die im Gesetz angesprochenen trusts wird in der Minderheitsmeinung als Argument dafür gesehen, dass auch Konzernunternehmen vom Kartellverbot erfasst sein sollten.123 Allerdings unterscheidet sich die Struktur eines klassischen trusts doch deutlich von einem modernen Konzern. Ein trust vereinigte konkurrierende Unternehmen, 118 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 766 f. (1984). Dabei rezitiert das Gericht eine Formulierung aus Sunkist Growers, wenn es ausführt, „the intra-enterprise conspiracy doctrine ,impose[s] grave legal consequences upon organizational distinctions that are of de minimis meaning and effect‘“. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 (1984). Siehe auch die Kritik von Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451 („[The intra-enterprise conspiracy] doctrine induces unsuccessful suits that would not otherwise occur, complicates and lengthens independently meritorious suits, confuses judges and juries, and sometimes leads to the condemnation – without justification in antitrust policy – of unilateral behavior.“). 119 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 240; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453; a. A. Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 379 f. 120 Harms S. 61. 121 Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593, 607 (1951) (Jackson J. dissenting). Siehe auch Harms S. 62, der von einem „Rückfall in den Formalismus“ spricht. 122 Harms S. 61. 123 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 787 f. (1984) (Stevens, J., dissenting). Siehe auch Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 798. Die Mehrheit hingegen sah dies als weniger eindeutig an. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 774 Fn. 23 (1984) („None of the . . . debates refers to the postacquisition conduct of corporations whose initial affiliation was lawful.“).

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um unter Umgehung der gesellschaftsrechtlichen Begrenzungen den Wettbewerb zwischen ihnen zu beenden und künftigen zu verhindern.124 Die Organisationsform entspricht eher einem strikt geführten Kartell als einem Konzern, der verschiedene Aufgaben durch rechtlich selbständige Gesellschaften wahrnehmen lässt.125 Dazu kommt, dass bereits die Gründung der vom Sherman Act angesprochenen trusts regelmäßig gegen section 1 verstößt, da ihr Zweck die unzulässige Begrenzung von Wettbewerb ist.126 Die Parallele von trust und Konzern ist daher nicht überzeugend. Im Übrigen ist die Gesetzgebungsgeschichte hinsichtlich der Einbeziehung von Konzernunternehmen unklar. Befürworter wie Gegner der Intra-enterpriseconspiracy-Theorie finden in ihr Argumente für ihre Position.127 Section 1 des Sherman Acts wurde bewusst weit formuliert, um den Gerichten ein flexibel anpassbares Instrument zum Schutz des Wettbewerbs zu geben.128 Dazu kommt, dass das Gesellschaftsrecht noch in den Kinderschuhen steckte, als der Sherman Act verabschiedet wurde. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber schlicht nicht bedacht hat, ob Konzerne unter section 1 fallen sollen.129 Damit ist es Aufgabe der Gerichte, moderne Organisationsformen wie den Konzern in die Kategorien des Gesetzes für einseitiges und kollektives Handeln einzuordnen. Um aus der Gesetzgebungsgeschichte ein eindeutiges Argument zugunsten der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie abzuleiten, bräuchte es jedenfalls deutlicherer Formulierungen als der Sherman Act enthält.130 124 Fox/Sullivan 27 f.; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 558. Vgl. auch Cong. Rec. 21 (1890), 2457 (Aussage von Senator Sherman) („[T]rusts, that seek to avoid competition by combining the controlling corporations, partnerships, and individuals . . . The sole object of such a combination is to make competition impossible.“). 125 Vgl. Smart in: Antitrust in Transition, S. 1066. Lohnenswert, hier aber nicht zu leisten, wäre indes ein Vergleich des trusts mit dem Gleichordnungskonzern. 126 Siehe Smart in: Antitrust in Transition, S. 1066; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 880; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 375. 127 Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 879 ff. A. A.: Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 797, der behauptet, die Mehrheitsentscheidung finde in der Gesetzesgeschichte keinen Rückhalt. 128 Vgl. Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 558; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 881. Vgl. auch Cong. Rec. 21 (1890), 2460 (Aussage von Senator Sherman) („I admit that it is difficult to define in legal language the precise line between lawful and unlawful combinations. This must be left for the courts to determine in each particular case.“); Appalachian Coals, Inc. v. United States, 288 U.S. 344, 359 f. (1933) (Sherman Act „has a generality and adaptability comparable to that found to be desirable in constitutional provisions.“). 129 Siehe Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 881; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1158 Fn. 53; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 558. 130 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464c, S. 236 f. („It would take more explicit language than appears in section 1 to suggest that Congress meant to reach ,every‘ internal ,agreement‘ within an enterprise.“). Siehe auch Steinberg Vill. L. Rev. 30

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

(3) Die Auswirkungen der Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin Die Doktrin hat vermutlich mehr zur Verwirrung als zur Belebung des Wettbewerbs beigetragen.131 Sie lässt die Unternehmen im Unklaren darüber, welches Maß an Koordination und Kooperation im Konzern zulässig ist.132 Da aber bei Verstößen gegen die Antitrustgesetze ein „treble damages verdict“, d. h. die Pflicht zu dreifachem Schadensersatz, droht, ist Rechtssicherheit in diesem Bereich von hoher Bedeutung. Bei strikter Anwendung kann die Doktrin Unternehmen sogar dazu zwingen, durch unselbständige Betriebsabteilungen statt durch rechtlich selbständige Gesellschaften zu operieren.133 Die Organisation in Konzernform bietet Unternehmen aber zahlreiche Vorteile, wie etwa Haftungssegmentierung, dezentralisierte Leitung, leichtere Organisation internationaler Tätigkeiten, Steuervorteile und höhere Effizienz.134 Vor allem verbesserte Allokation innerhalb des Konzerns und erhöhte Effizienz stärken dabei die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb.135 Eine Theorie, die diese Vorteile verhindert, widerspricht daher den Zielen des Wettbewerbsrechts. Sie führt zu einer verstärkten Zentralisierung von (1985), 521, 558 u. Fn. 145. Zur Bedeutung der historischen Auslegung allgemein Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law I, } 103d1, S. 59 („What policy implications is one to draw from this inconsistent and generally unilluminating legislative history? . . . We believe that the legislative history itself should be deserving relatively little weight, even on central questions . . .“). 131 Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 882. 132 Gerichten, Anwälten und Kartellbehörden ist es während der gesamten Zeit, in der die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie angewandt wurde, nicht gelungen, ihre Grenzen zu konkretisieren. Siehe Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 21; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 541 Fn. 68. A. A. Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 778 f., der das Ausmaß der Unsicherheit für übertrieben hält. Sein Hinweis, a. a. O., S. 779, Unsicherheit bestehe in allen Bereichen der Unternehmensplanung, ist indes nicht sonderlich hilfreich und rechtfertigt jedenfalls keine unnötige zusätzliche Unsicherheit. 133 Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 (1984); D. Smith Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1177; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 541 f. Fn. 70 f. Das ist genau das, was Seagram tat. Nach der Entscheidung in Kiefer-Stewart wandelte Seagram seine beiden dort betroffenen hundertprozentigen Tochtergesellschaften in unselbständige Betriebsabteilungen um. Vgl. Hawaiian Oke & Liquors Ltd. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 272 F. Supp. 915, 920 f. (D. Haw. 1967), rev’d, 416 F.2d 71 (9th Cir. 1969). 134 Siehe dazu oben I. 1., sowie Assant ECLR 1990, 65, 75. Selbst die Befürworter der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ räumen diese Vorteile ein. Zum Beispiel Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 800. 135 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 789 (1984) (Stevens J. dissenting) („[T]he affiliation of corporate entities often is procompetitive precisely because . . . it enhances efficiency.“). Allerdings fördert dies nicht notwendigerweise den Wettbewerb. Wenn Effizienzgewinne nicht an die nächste Marktstufe weitergegeben werden, ist der Wettbewerb nicht ausgeprägter als zuvor, und diejenigen, die Effizienzgewinne erzielt haben, haben lediglich ihre Profitspanne erhöht. Vgl. Ponsoldt N.Y.U. L. Rev. 62 (1987), 1166, 1168.

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Unternehmensstrukturen, reduziert die zur Verfügung stehenden Organisationsmodelle und verhindert mögliche Effektivitätsgewinne ohne erkennbare Vorteile für den Wettbewerb.136 Zwar ist das Antitrustrecht nicht nur an Effizienzgesichtspunkten orientiert, sondern auch und vor allem am Erhalt des Wettbewerbs,137 die negativen Auswirkungen auf Organisationsstruktur, Effizienz und Ressourcenallokation sind dennoch nicht zu vernachlässigen. (4) Absprache zwischen Mehreren und Wettbewerbsbeschränkung Ein weiterer Schwachpunkt der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie ist die Annahme einer Vereinbarung in einem Über-Unterordnungsverhältnis.138 Eine Vereinbarung setzt eine Wahlmöglichkeit voraus, die gerade nicht besteht, wenn ein Konzernunternehmen den Willen der Konzernspitze befolgt.139 Wie Areeda es ausdrückt: „Is ,conspiracy‘ possible with one who lacks the legal power to 136 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 f. (1984); Assant ECLR 1990, 65, 75. Siehe auch Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 238 u. } 1468, S. 276; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 454; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 882; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 964. Vgl. auch Shelanski Cal. L. Rev. 80 (1992), 247, 258 f., der ein ähnliches Argument im Rahmen des Robinson-Patman Acts macht. Die Minderheitsmeinung in Copperweld argumentiert, eine Muttergesellschaft würde das potentielle Risiko eines Antitrustverstoßes in die Entscheidung über die Gründung einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft einspeisen. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 792 Fn. 26 (1984) (Stevens, J., dissenting). Das gäbe indes einen unnötigen Anreiz gegen die Organisation in Konzernform und mag in bestimmten Fällen sogar den Ausschlag gegen die Gründung einer Tochtergesellschaft geben, obwohl dies ohne das Risiko kartellrechtlicher Haftung wirtschaftlich sinnvoll wäre. Wenn ein Unternehmen der kartellrechtlichen Kontrolle durch die Umwandlung seiner Tochtergesellschaften in Betriebsabteilungen entgehen kann, ohne dadurch seine Marktmacht zu beeinflussen, ist umgekehrt auch kein Grund ersichtlich, warum ein Unternehmen nicht durch Tochtergesellschaften operieren können sollte, wo es dies wünscht. Siehe Shelanski Cal. L. Rev. 80 (1992), 247, 258 Fn. 78. Siehe auch Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 766 Fn. 53, der darauf hinweist, der Surpreme Court hätte den fehlerhaften Anreiz auch durch die Ausdehnung der kartellrechtlichen Kontrolle auf das Verhalten von Betriebsabteilungen statt durch die Aufgabe der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ beseitigen können. Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 380 vertritt die Ansicht, die Abschaffung der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ würde Unternehmen dazu bewegen, ihre Betriebsabteilungen in rechtlich selbständige Tochtergesellschaften umzuwandeln, um dem Kartellrecht zu entgehen. Diese Argumentation ist indes unschlüssig, da die kartellrechtliche Kontrolle eines Konzerns jedenfalls nicht geringer ist als die eines Einheitsunternehmens. 137 Siehe Ponsoldts Warnung in N.Y.U. L. Rev. 62 (1987), 1166, 1167: „Those who rely primarily upon the alleged efficiency goals of antitrust – even if their reliance is justified in particular cases – ignore history and political science to our long-term disadvantage.“ Siehe auch ders. Utah L. Rev. 1995, 503, 508 Fn. 23 („[T]he primary goals of antitrust laws are to inhibit monopoly pricing and to promote innovation and productivity through maintenance of a competitive process“). 138 Areeda, Antitrust Law VII, } 1462c, S. 223 f.

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disobey?“140 Wo eine Tochtergesellschaft den Willen ihrer Muttergesellschaft zu beachten hat, lässt sich also kaum überzeugend die Möglichkeit einer wettbewerbswidrigen Absprache mit der Mutter begründen. Aus diesem Grund wurde bereits im deutschen und europäischen Recht eine Vereinbarung abgelehnt, wenn die Muttergesellschaft eine rechtsverbindliche Weisung erteilt. Darüber hinaus untersagt section 1 wie gesehen Absprachen zwischen unabhängigen Unternehmen, um die für den Wettbewerb erforderlichen selbständigen Entscheidungszentren zu erhalten und die Entstehung von Marktmacht zu verhindern.141 Ausgangspunkt für sein Eingreifen ist daher, dass überhaupt selbständige Entscheidungsträger mit eigenständigen wirtschaftlichen Interessen vorliegen.142 Erforderlich ist eine nicht nur formale, sondern auch materielle Mehrzahl von Marktakteuren.143 Konzernunternehmen stellen aber keine derartigen „independent centers of decision-making“ dar.144 Sie sind keine Gegenspieler im Wettbewerb, sondern verwirklichen einen gemeinsamen wirtschaftlichen Plan. Da ihre Interessen nicht unterschiedlich sind,145 können sie sich auch nicht (mehr) zusammentun, um sie abzustimmen.146 Auch ohne eine Vereinbarung agiert eine Tochtergesellschaft stets zum Wohle ihrer Gesellschafter, also ihrer Muttergesellschaft.147 Letzterer stehen zahlreiche Mittel zur Verfügung, um die Tochtergesellschaft auf Kurs zu halten, wie etwa der Austausch des Führungspersonals oder im Extremfall die Umwandlung der Tochtergesellschaft in eine Betriebsabteilung. Aufgrund dieser gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeit fehlt der Tochtergesellschaft die Fähigkeit, wirtschaftlich eigenständige Entscheidungen zu treffen. Die Mehrheitsmeinung in Copperweld gibt für die Situation im Konzern das 139

470.

Areeda, Antitrust Law VII, } 1468, S. 275; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451,

Antitrust Law VII, } 1462c, S. 223. Siehe oben III. 5. a) bb), sowie Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 (1984); Areeda, Antitrust Law VII, } 1464c, S. 236. 142 Zum identischen Ansatzpunkt im deutschen und im europäischen Recht oben III. 3. f) bb)–cc) u. 4. c). 143 Vgl. Reh WuW 1985, 99. 144 Siehe Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 515. Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 278 nennt die „ultra-formalistische“ Wahrnehmung einer „intra-enterprise conspiracy“ ein Beispiel für den „Mythos der Unabhängigkeit von Konzernunternehmen“. 145 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984) („[Parent and subsidiary’s] general corporate actions are guided or determined not by two separate corporate consciousnesses, but one.“). Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 321 bezeichnet eine Muttergesellschaft und ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft als Zweige desselben Baums. 146 Siehe Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 561. 147 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). Siehe auch McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1259. 140 141

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treffende Bild eines Teams von Pferden, die einen Wagen unter der Kontrolle eines einzelnen Fahrers ziehen.148 Wie in den bisher untersuchten Rechtsordnungen gilt auch hier, dass eine Vereinbarung zwischen einer Gesellschaft und ihrer hundertprozentigen Tochter keine zuvor unabhängigen Ressourcen vereinigt und die Anzahl unabhängiger Entscheidungszentren am Markt nicht vermindert.149 Das Ziel des Sherman Acts, unabhängige wirtschaftliche Entscheidungen zu schützen, setzt Kooperation innerhalb wirtschaftlicher Einheiten voraus.150 In den Worten der Copperweld-Entscheidung: Mutter- und Tochtergesellschaft haben stets „a unity of purpose or a common design“, sodass „the notion of an ,agreement‘ in Sherman Act terms between a parent and a wholly owned subsidiary lacks meaning“.151 Das zum Erfordernis einer Mehrzahl von Beteiligten Ausgeführte darf allerdings nicht damit verwechselt werden, dass für das Merkmal der Wettbewerbsbeschränkung in den USA anerkannt ist, dass die Beschränkung von Drittwettbewerb ausreicht.152 So wird beispielsweise in Copperweld nicht der Wettbewerb zwischen Copperweld und Regal, sondern die Möglichkeit des Dritten Independence, den Wettbewerb aufzunehmen, eingeschränkt. Die fehlende wirtschaftliche Unabhängigkeit der Konzernunternehmen würde daher der Annahme eines restraint of trade nicht entgegenstehen. Die Möglichkeit, eine Wettbewerbsbeschränkung zu bejahen, entbindet aber nicht davon, zunächst einmal eine Mehrzahl von Beteiligten aufzufinden. Indem sie dies missachtet, ignoriert die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin das Merkmal plurality of actors und macht zugleich section 2 überflüssig.153 (5) Verhältnis zwischen rechtlicher Untergliederung und Wettbewerbsbeschränkung Die Gründe, warum ein Unternehmen sich in Konzernform organisiert, haben in der Regel nichts mit einem möglichen wettbewerbsfeindlichen Verhalten zu 148

Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984); Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 214. 150 D. Smith Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1180. 151 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). Siehe auch Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 515 („Antitrust conspiracy law has no application to the internal operations of a single economic unit, whatever the organizational or legal forms in which it is conducted.“). 152 Siehe nur Standard Oil Co. of N.J. v. United States, 221 U.S. 1, 59 (1911). 153 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 (1984). Siehe auch oben III. 5. a) cc) (2); McQuade Va. L. Rev. 41 (1955), 183, 216 („The effect is to read the requirement of conspiracy out of the Act, and to make the presence or absence of restraint the only criterion of violation.“); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 560. 149

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tun.154 In den typischen Intra-enterprise-conspiracy-Fällen hat das fragliche Verhalten keine oder zumindest keine relevante Beziehung zu der vorgeworfenen Wettbewerbsbeschränkung.155 So wurde in keinem der Supreme-Court-Fälle die vorgeworfene Beschränkung des Wettbewerbs durch die rechtliche Untergliederung des handelnden Unternehmens hervorgerufen oder verstärkt.156 Zum Unwertgehalt beispielsweise des Verhaltens einer Produktionsgesellschaft leistet die interne Koordination mit der konzerneigenen Finanzierungsgesellschaft keinen relevanten Beitrag. Dies gilt insbesondere für den Fall der Abstimmung mit einer vollständig abhängigen Gesellschaft.157 Hier kann die herrschende Gesellschaft ihre Vorstellungen auch ohne Absprache durchsetzen. Dieser fehlende Zusammenhang von rechtlicher Untergliederung und Wettbewerbsbeschränkung leuchtet unmittelbar ein, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die rechtliche Untergliederung eines Unternehmens bei gleichbleibenden Kontrollmöglichkeiten seine Marktmacht nicht erhöht.158 Im Copperweld-Fall wurde Regal zunächst als Tochtergesellschaft, dann als Betriebsabteilung und schließlich wieder als Tochtergesellschaft geführt, ohne dass sich dadurch das Gefährdungspotential für den Wettbewerb verändert hätte.159 Auch das der Entscheidung 154 Zu Gründen für die Wahl der Organisationsform Konzern bereits oben I. 1. Ein Beispiel ist die Situation in Copperweld. Copperweld wandelte Regal wieder in eine rechtlich selbständige Gesellschaft um, mit dem Ziel einer Doppelbesteuerung durch Illinois und Pennsylvania zu entgehen. Vgl. McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1256 Fn. 81. Diese Motivation steht in keinem Zusammenhang zu dem späteren wettbewerbsbeschränkenden Verhalten der beiden Gesellschaften gegenüber Independence. 155 Areeda, Antitrust Law VII, } 1462b, S. 223; ders., a. a. O., } 1464a, S. 233 („[C]onceivable connections between separate incorporation and anticompetitive effects are . . . questionable and surely rare.“). Die Minderheitsmeinung in Copperweld hat sicherlich Recht mit der Feststellung, dass Verhalten, das nicht nur der Integration bereits verbundener Gesellschaften dient, sondern Dritter in ihrer Fähigkeit am Wettbewerb teilzunehmen beschränkt, aus wettbewerblicher Sicht eine deutlich andere Relevanz hat. Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 794 (1984) (Stevens, J., dissenting). Die andere, negativere Auswirkung auf den Wettbewerb kommt aber nicht durch die rechtliche Untergliederung des Unternehmens zustande. 156 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1462b, S. 223, } 1464d, S. 239, der auch bezweifelt, dass die rechtliche Untergliederung in irgendeinem relevanten Fall das wettbewerbsbeschränkende Verhalten verursacht oder begünstigt hat. 157 Areeda, Antitrust Law VII, } 1462b, S. 223. In diesem Fall ist bereits die angebliche wettbewerbsbeschränkende Abrede nicht plausibel, da die herrschende Gesellschaft genauso gut und effektiv alleine handeln kann. Vgl. Areeda, a. a. O., } 1468, S. 276. 158 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1462b, S. 222. 159 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 774 (1984). Die Ausführungen des Gerichts in diesem Zusammenhang zeigen, dass die Kritik, es würde die wettbewerbliche Relevanz des Verhaltens von Copperweld und Regal nicht bewerten, nicht berechtigt ist. Vgl. die Kritik in Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 795 f. (1984) (Stevens, J., dissenting); Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 378. Wie in den meisten Intra-enterprise conspiracy-Fällen, fand

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zugrundeliegende Verhalten wurde durch die rechtliche Selbständigkeit von Regal weder verursacht noch begünstigt. Für die Relevanz der rechtlichen Untergliederung wird dagegen vorgetragen, dass ein Unternehmen im Rahmen eines kartellrechtswidrigen Verdrängungswettbewerbs (predatory pricing) bereit sein könne, die Insolvenz einer Gliedgesellschaft hinzunehmen, wo es das gleiche Risiko bei einer Abteilung nicht eingehen würde.160 Dieses Beispiel geht allerdings gleich von einer Reihe ungewöhnlicher Annahmen aus. So geht ein Unternehmen in der Regel nicht von seiner eigenen Insolvenz aus. Außerdem müsste es in der Lage sein, sein Vorgehen durch Fremdkapital zu finanzieren und die Fremdkapitalgeber müssten ihrerseits daran gehindert sein, im Falle der Insolvenz der Tochtergesellschaft haftungsrechtlich auf die Muttergesellschaft durchzugreifen.161 Schließlich ist es aufgrund der Schwierigkeiten, die bei der Einordnung von Verdrängungspraktiken bestehen, vielleicht ohnehin angemessen, diese unterhalb der Schwelle versuchter Monopolisierung kartellrechtlich nicht zu erfassen.162 Die als Beispiele für die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin angesehenen Sachverhalte hängen also regelmäßig nicht von der rechtlichen Untergliederung des Konzerns ab. Daran zeigt sich aber um so deutlicher, dass es der Doktrin an einer ausreichenden Begründung fehlt.163 Schlimmer noch, sie kann die einer Entscheidung tatsächlich zugrundeliegenden Überlegungen verdecken oder Gerichte davon abhalten, sich mit den in einem Fall aufgeworfenen Problemen zu befassen.164 Wenn das einseitige Verhalten eines einzelnen Unternehmens die Schwelle der section 2 Sherman Act nicht überschreitet, ist es wenig hilfreich, das Gericht keinen Zusammenhang zwischen Regals Eigenschaft als rechtlich selbständiger Gesellschaft und dem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten des Konzerns. Weder der Inhalt noch die Wirkung der versandten Briefe wurde durch Regals Status als juristische Person beeinflusst. 160 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 794 (1984) (Stevens, J., dissenting). 161 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 238 f. Da die Muttergesellschaft in diesem Fall die Verluste herbeigeführt hat, um sich einen Vorteil zu verschaffen und dabei das Bestehen verschiedener juristischer Personen ausgenutzt hat, hat sie die gesellschaftsrechtliche Haftungssegmentierung missbraucht, was wiederum Kreditgebern gute Erfolgsaussichten im Rahmen eines haftungsrechtlichen Durchgriffs bietet. Siehe zur gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung im US-amerikanischen Recht oben II. 4. b) cc). 162 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 239. 163 Vgl. Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453. 164 Siehe dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 242 ff.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 463 Fn. 41. Areeda erwähnt als Beispiel die Entscheidung Columbia Metal Culvert Co. v. Kaiser Aluminum & Chem. Corp., 579 F.2d 20 (3d Cir. 1978), cert. denied, 439 U.S. 876 (1978) zu der er ausführt: „Focusing on intra-enterprise conspiracy diverted the court’s attention from inquiring into antitrust policy. The court’s apparent belief that the defendant had committed some tort-like offense deserving the punishment of treble damage led it to rush to judgment without any legal

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dieses Verhalten als „intra-enterprise conspiracy“ umzuetikettieren. Dadurch wird eine ausreichende Begründung für eine kartellrechtliche Intervention weder gegeben noch ersetzt.165 (6) Lücke im Wettbewerbsschutz Die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ ist oft dazu benutzt worden, um eine als unbillig empfundene Lücke zwischen Monopolisierung und kollektivem Verhalten zu schließen (sogenanntes enforcement gap).166 Ihre Verfechter sehen ein Bedürfnis, das Verhalten von Unternehmen zu kontrollieren, die zwar genug Marktmacht haben, um den Wettbewerb auf dem Markt zu beschränken, aber nicht genug, um unter section 2 zu fallen.167 Hier ermöglicht die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie, wettbewerbswidriges Verhalten unterhalb der Monopolisierungsschwelle zu erfassen. Indes besagt die Tatsache, dass durch die Doktrin Fälle erfasst werden können, die sonst keine Kartellrechtsverstöße wären, nichts über ihre Richtigkeit. Es ist nämlich nicht gesagt, dass das Kartellrecht diese Konstellationen überhaupt erfassen kann und will. Zu argumentieren, Konzernunternehmen müssten als ausreichend selbständig angesehen werden, um wettbewerbsbeschränkende Absprachen vornehmen zu können, da ihre Abstimmung sonst nicht unter section 1 fiele, ist nah an einem Zirkelschluss. Dass Konzernunternehmen intern nur gegen section 1 verstoßen können, wenn sie als ausreichend unabhängig angesehen werden, ist zwar richtig, besagt aber eben noch nicht, dass und warum sie ausreichend unabhängig sind. Was die Fallgruppen anbelangt, bei denen ihre Befürworter einen Rückgriff auf die Intra-enterprise conspiracy-Theorie für erforderlich halten, so bestehen vielfach andere Möglichkeiten, das fragliche Verhalten zu erfassen. Oftmals lassen alternative kartellrechtliche Konzepte im Rahmen von section 1 Sherman Act die Theorie entbehrlich sein.168 Wo dies nicht der Fall ist, verwischt der standard, other than the pretense of a conspiracy, for unilateral action“, S. 243 f. bzw. Fn. 41. 165 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 243; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 456. 166 Vgl. dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1462b, S. 223, } 1464e, S. 240; Willis/ Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 22. In Oklahoma besteht eine solche Lücke dagegen nicht, da die section 1 funktional entsprechende Norm des Rechts von Oklahoma so interpretiert wird, dass sie auch einseitiges Verhalten erfasst. Die abweichende Interpretation und die daraus folgende größere Reichweite der Norm resultieren jedoch aus einem abweichenden Wortlaut. Siehe E. Smith Okla. L. Rev. 50 (1997), 405, 421 u. 423 und oben III. 5. a) aa) Fn. 9. 167 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 790 (1984) (Stevens, J., dissenting). Ebenso Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 554; Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 764 f. 168 Vgl. zu diesen Alternativen und den geringen Auswirkungen eines Verzichts auf die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin im Rahmen von Refusal-to-deal-Fällen Areeda

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Rückgriff auf die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie dagegen die regelmäßig wohlbegründeten Grenzen dieser Konzepte. Des Weiteren lassen sich viele vermeintliche Anwendungsfälle dieser Theorie durch andere Normen etwa des Deliktsrechts adäquat erfassen.169 Daneben stehen verschiedene Normen des Antitrustrechts zur Verfügung. So wird der ursprüngliche Kontrollerwerb an section 7 Clayton Act und section 1 Sherman Act gemessen. Bei dieser Prüfung wird berücksichtigt, dass die sich zusammenschließenden Gesellschaften zukünftig keine Konkurrenten mehr sein werden. Hier zeigt sich im Übrigen eine weitere Unstimmigkeit der Theorie: Da eine Gestattung des Zusammenschlusses die Feststellung enthält, dass die Kooperation der Beteiligten insgesamt mehr effektivitätssteigernde Wirkung hat als dass sie Wettbewerb gefährdet, wäre es widersprüchlich, die spätere Zusammenarbeit der Beteiligten als conspiracy zu bezeichnen und so eben diese Effektivitätssteigerungen zu verhindern.170 Auch nach der anfänglichen Kontrolle ist das Verhalten des Konzerns stets an section 2 Sherman Act und section 5 Federal Trade Commission Act zu messen.171 Schließlich bilden die, zugegebenermaßen liberalen, einzelstaatlichen Regelungen des unlauteren Wettbewerbs eine weitere Barriere. Eine ohne die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin entstehende Lücke im System des Wettbewerbsschutzes ist daher zumindest sehr überschaubar.172 Dafür spricht auch, dass keiner der Fälle des Supreme Courts ohne die Doktrin heute anders entschieden werden müsste.173 Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 455; Assant ECLR 1990, 65, 76. Siehe auch die angesprochene alternative Lösung im Kiefer-Stewart-Fall oben III. 5. b) bb) Fn. 60 und zugehöriger Text. 169 Was zum Beispiel Copperwelds unlautere Wettbewerbspraktiken angeht, besteht Einigkeit, dass es sich um einen Verstoß gegen einzelstaatliches Deliktsrecht handelte. Vgl. nur Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 779 (1984) (Stevens J. dissenting). 170 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 253 f. Dazu auch unten III. 7. a) dd) (1) (c). 171 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 777 (1984); Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 561 f. In FTC v. Sperry & Hutchinson Co., 405 U.S. 233, 239 (1972), entschied der Supreme Court, dass die Federal Trade Commission im Rahmen von section 5 des Federal Trade Commission Acts die Definitionsgewalt hat zu bestimmen, was eine unlautere Wettbewerbspraxis ist und diese zu verbieten, selbst wenn sie weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Antitrustgesetze zuwiderläuft. Allerdings ist die Norm in ihrer Wirkung in mehrerer Hinsicht begrenzt. Sie enthält keine Kriminalstrafen, keine Pflicht zu dreifachem Schadensersatz, kein Klagerecht für Private und für ein Eingreifen der FTC muss ein öffentliches Interesse bestehen. Dazu gibt es weitreichende Bereichsausnahmen. Vgl. zu den Schranken Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 963 Fn. 154; Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 764 Fn. 46; Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1157 Fn. 21 (La. 1986). Section 5 des FTC Acts ist bisher auch nicht benutzt worden, um einseitige Wettbewerbsbeschränkungen zu erfassen. Vgl. E. Smith Okla. L. Rev. 50 (1997), 405, 407. 172 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464a, S. 233, } 1464e, S. 241; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 455; Smart in: Antitrust in Transition, S. 1066.

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Die Aufgabe der „intra-enterprise conspiracy doctrine“ stellt also Opfer wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens nicht schutzlos. Zwar ist das bundesstaatliche Antitrustrecht für Kläger in der Regel attraktiver als aus dem Recht der Einzelstaaten resultierende Ansprüche, da es treble damages, die Erstattung von Anwaltskosten, eine großzügigere discovery und ein Forum vor einem Bundesgericht bietet, dies sind aber keine essentiellen oder unentbehrlichen Bestandteile des Rechtsschutzes.174 Der Sherman Act ist nicht dafür gedacht, jeden unfairen, wettbewerbsbeschränkenden oder auch nur kriminellen Akt zu erfassen. Wenn derartiges Verhalten von Vertrags-, Delikts- oder Strafrecht ausreichend erfasst wird, ist es nicht erforderlich, die Reichweite des Kartellrechts unnötig auszudehnen.175 Wenn dennoch das Bedürfnis nach einer strikteren Kontrolle des Verhaltens einzelner Unternehmen besteht, so ist die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ schlechterdings nicht das richtige Instrument.176 Da wie gesehen kein relevanter Zusammenhang zwischen der rechtlichen Untergliederung eines Unternehmens und seinem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten besteht, erfasst die Doktrin notwendigerweise nur einen mehr oder minder willkürlichen Ausschnitt des relevanten Bereichs.177 Sie würde beispielsweise dasselbe Verhalten nicht berücksichtigen, wenn es von einem Einheitsunternehmen vorgenommen würde.178 173 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 777 (1984); Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 791. 174 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 245; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 456. Siehe auch Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 777 (1984) („Elimination of the intra-enterprise conspiracy doctrine . . . will simply eliminate treble damages from private state tort suits masquerading as antitrust actions.“); Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1426 („Plaintiffs often try to formulate and plead non-antitrust claims in antitrust terms so that they will reap the treble damage awards and attorneys’ fees recoverable under antitrust law.“). Während die Pflicht zu dreifachem Schadensersatz eigentlich dem Zweck dient, von Kartellrechtsverstößen abzuschrecken und Private zu ermutigen, die Mühen eines kostenintensiven Kartellverfahrens mit unsicherem Ausgang auf sich zu nehmen, bietet die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin ein Beispiel für den möglichen Missbrauch der weitreichenden Ersatzpflicht. Vgl. E. Smith Okla. L. Rev. 50 (1997), 405, 417; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1426. A. A. Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 800 f. 175 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 244 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 456. So auch Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1427. 176 Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 882 bezeichnet es als rechtspolitische Frage, ob es weise ist, section 1 gegen Wettbewerbsbeschränkungen eines einzelnen Unternehmens einzusetzen. Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 245 meint, es bestünde kein Bedürfnis für die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ um wesentliches wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu erfassen. 177 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 238, } 1464e, S. 242; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 454. Siehe auch Smart in: Antitrust in Transition, S. 1067 („fortuitous basis . . . whether a corporation has organized itself into divisions or subsidiaries“); Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 788 Fn. 44. 178 Eine Betriebsabteilung kann so viel oder so wenig Spielraum zu selbständigem Handeln haben wie eine Tochtergesellschaft. In Hawaiian Oke & Liquors Ltd. v. Jo-

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Aber selbst innerhalb eines Konzerns kann sie nur eingreifen, wenn der Konzern durch eine Vereinbarung oder Absprache agiert, nicht hingegen, wenn die Muttergesellschaft intern ihre Stellung als Gesellschafter ausnutzt, um die Tochter zu einem entsprechenden Verhalten zu veranlassen. Das bedeutet, dass die Intra-enterprise-conspiracy-Doktrin identisches Verhalten unterschiedlich beurteilt, obwohl Gerechtigkeitserwägungen eine einheitliche Behandlung gebieten.179 Austauschbare Organisationsformen sollten kartellrechtlich nicht ungleich behandelt werden.180 Schließlich sollte die für den Sherman Act zentrale Unterscheidung zwischen kollektivem und einseitigem Verhalten in section 1 und 2 nicht verwischt werden, indem einseitiges Verhalten als kollektives bezeichnet wird, um ein vermeintliches Loch im Gesetz zu stopfen.181 Der Gesetzgeber hat diese Unterseph E. Seagram & Sons, Inc., 272 F. Supp. 915, 924 (D. Haw. 1967), rev’d, 416 F.2d 71 (9th Cir. 1969) war das Gericht bei seiner Annahme einer wettbewerbsbeschränkenden Abrede zwischen verschiedenen Abteilungen von Seagram offensichtlich durch die Tatsache verwirrt, dass Seagrams Abteilungen in Konkurrenz zueinander standen und so selbständig waren, wie zu dem Zeitpunkt, als sie noch rechtlich selbständige Tochtergesellschaften waren. Vgl. a. a. O., S. 920 Fn. 17. Siehe auch Areeda, Antitrust Law VII, } 1464a, S. 233 f.; van Oven S. 105, 116. Anders Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 569, der zwar die Unterscheidung zwischen hundertprozentigen Tochtergesellschaften und Betriebsabteilungen ebenfalls für künstlich hält, daraus aber schließt, section 1 sollte auch Letztere erfassen. 179 Siehe dazu Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 241 u. 242 Fn. 24. 180 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 772 (1984); Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1131 f. (3d Cir. 1995). 181 Allerdings ist durchaus umstritten, wie groß der Unterschied zwischen beiden Normen heute tatsächlich noch ist. Dem direkten Nachweis von Marktmacht, beispielsweise durch die Fähigkeit, Preiserhöhungen durchzusetzen, wird in beiden Vorschriften zunehmend größere Bedeutung beigemessen, was auf den Marktanteil abstellende differierende Schwellen erodiert. Siehe z. B. Eastman Kodak Co. v. Image Tech. Services, Inc., 504 U.S. 451, 469 (1992) („[KODAK] must show that despite evidence of increased prices and excluded competition, an inference of market power is unreasonable.“) und dazu Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 516. Außerdem sind die Beweisanforderungen für einen Verstoß gegen section 1 kontinuierlich erhöht worden. Daher geht Gavil Antitrust L. J. 68 (2000), 87 von einem Verschwinden der Lücke zwischen beiden Vorschriften aus. Andere verweisen demgegenüber auf die Schwierigkeit, den für section 2 nötigen monopolistic intent nachzuweisen, auf die hohen Beweisanforderungen im Rahmen von section 2 und den normalerweise immer noch erforderlichen dominanten Marktanteil. In diesem Sinne etwa Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 510 (dominanter Marktanteil); Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 22 (monopolistic intent); Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 199 (Beweisanforderungen). Siehe auch Ponsoldt, a. a. O., S. 511, der darauf hinweist, dass auch ohne direkte Beweise für eine Absprache concerted action in der Regel nicht allzu schwer indirekt nachzuweisen sei. Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 782 nennt die geringeren Beweisanforderungen in section 1 einen der zentralen Punkte, warum Kläger eher das Vorliegen einer Absprache als einseitiges Verhalten vortragen. Dies ist auch einer der Gründe, warum Kläger in Refusal-to-deal-Fällen in der Regel gemeinschaftliches Handeln im Rahmen eines Boykotts darzulegen versuchen. Im Sinne höherer Anforderungen im Rahmen von sec-

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scheidung bewusst vorgenommen. Eine etwaige Lücke zwischen beiden Normen ist daher weniger ein unglückliches Versehen als vielmehr gewollte Folge der Gesetzessystematik.182 Eine solche Lücke müssen die Gerichte hinnehmen. Ein gerichtlicher Versuch sie zu schließen, wäre ein unzulässiger Übergriff in den Regelungsbereich der Legislativen, die über hundert Jahre Zeit hatte, durch eine Gesetzesänderung Abhilfe zu schaffen, wenn sie die Notwendigkeit dazu gesehen hätte.183 Eine alternative Möglichkeit, die vermeintliche Lücke zu schließen, wäre im Übrigen die Auslegung der in section 2 geregelten versuchten Monopolisierung zu überdenken.184 So gibt es beispielsweise Vorschläge, diese Alternative so auszulegen, dass sie alle klar wettbewerbswidrigen einseitigen Verhaltensweisen tion 2 auch Eastman Kodak Co. v. Image Tech. Services, Inc., 504 U.S. 451, 481 (1992) („Monopoly power under section 2 requires, of course, something greater than market power under section 1.“). Selbst wenn man aus diesen Gründen der Ansicht von Gavil nicht zustimmen möchte, würde doch gerade auch sie gegen die Notwendigkeit eines zusätzlichen Lückenfüllers in Form der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie sprechen. Ironischerweise scheint Copperweld den Unterschied zwischen section 1 und section 2 sogar verstärkt zu haben, denn Untergerichte interpretierten die Entscheidung teilweise so, dass sie section 2 auf Ausnahmesituationen beschränke. Siehe dazu Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 367 ff. und die von ihm besprochenen Fälle. Insbesondere die Formulierungen, einseitiges Verhalten eines Unternehmens sei nur verboten, wenn dadurch aktuell eine Monopolisierung drohe und der Sherman Act gestatte die Kontrolle einzelner Unternehmen nur, wenn „they pose a danger of monopolization“, siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 f. (1984), wurde dazu benutzt, section 2 auf Fälle tatsächlicher und wahrscheinlicher Monopolisierung zu beschränken. Vgl. Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 368 ff. Calkins hat jedoch Recht, dass die Ausführungen zu section 2 in einer Entscheidung zu section 1 nur dictum seien können. Ähnlich Carl Hizel & Sons, Inc. v. BrowningFerris Industries, Inc., 590 F. Supp. 1201, 1202 (D. Colo. 1984). 182 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464a, S. 234. Siehe auch ders., a. a. O. („It is sensible to treat an enterprise differently from horizontal or vertical agreements among unrelated firms even when its power exceeds that of many illegal cartels.“); Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 775 (1984) („Congress left this ,gap‘ for eminently sound reasons.“); Smart in: Antitrust in Transition, S. 1066; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 211 („[The drafters of the Sherman Act] intentionally left an ,enforcement gap‘ between sections 1 and 2 of the Act to promote competition by encouraging efficient, coordinated business activity within a single corporate entity.“). 183 Assant ECLR 1990, 65, 76. Ähnlich D. Smith Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1180. 184 In diese Richtung z. B. Assant ECLR 1990, 65, 76; Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 511 f. („[For courts accepting a single entity defense] . . . a renewed look at the unilateral refusal-to-deal theory, and a reawakening of the traditional monopolization doctrine is appropriate.“); Sullivan/Grimes S. 185 f. Vgl. auch Ponsoldt Notre Dame L. Rev. 61 (1986), 1109, 1113, der ausführt, dass eine etwaige Lücke zwischen section 1 und 2 auch durch die Begrenzung der versuchten Monopolisierung in section 2 entstanden ist. Eine veränderte Auslegung von section 2 mag gegenüber neuen gesetzlichen Regelungen auch die effizientere Lösung sein. Siehe allgemein Ponsoldt N.Y.U. L. Rev. 62 (1987), 1166, 1167 („[L]egislatures will . . . impose more intrusive,

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erfasst.185 Möglich wäre dies, da für section 2 ein Kontinuum zwischen Marktstruktur und Marktverhalten anerkannt ist.186 Je größer die Marktmacht eines Unternehmens ist, umso weniger eindeutig wettbewerbswidrig muss das angegriffene Verhalten sein, um einen Verstoß zu bejahen und umgekehrt.187 Eindeutig wettbewerbswidriges Verhalten könnte also theoretisch auch bei geringeren Marktanteilen erfasst werden. Momentan ist dieser Weg indes versperrt, da der Supreme Court für die versuchte Monopolisierung zusätzlich eine „dangerous probability of success“, also eine gefährliche Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich zu einer Monopolisierung des fraglichen Marktes kommt, verlangt.188 Dies ließe sich in einer Situation, wie sie in Copperweld zugrunde lag, aber regelmäßig nicht nachweisen, denn dafür ist Marktmacht in einem Umfang erforderlich, der sich einem Monopol nähert und diese Marktmacht wird normalerweise durch einen entsprechenden Marktanteil indiziert.189 Copperwelds Marktanteil war indes relativ klein und die Verzögerung des Markteintritts von Independence brachte Copperweld auch keineswegs in die Nähe eines Monopols.190 Solange die Gerichte daher nicht bereit sind, Marktmacht auch ohne less efficient forms of regulation if traditional antitrust policing does not occur or is unsuccessful.“). 185 Sullivan/Grimes S. 185. Siehe auch United States v. American Airlines, Inc., 743 F.2d 1114 (5th Cir. 1984), cert. dismissed, 474 U.S. 1001 (1985). 186 Siehe nur Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 512, der dieses Kontinuum bis mindestens zur Entscheidung Standard Oil Co. of N.J. v. United States, 221 U.S. 1 (1911) zurückdatiert. 187 Ponsoldt Utah L. Rev. 1995, 503, 512. 188 Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447 (1993). Siehe auch Horst v. Laidlaw Waste Sys., Inc., 917 F. Supp. 739, 742 (D. Colo. 1996) („Courts insist that such a showing [of a dangerous probability of success] be made because otherwise the Sherman Act could unwittingly be expanded into an unfair competition statute.“). Siehe aber auch Ponsoldt Notre Dame L. Rev. 61 (1986), 1109, 1139 ff., der argumentiert, das Erfordernis einer gefährlichen Wahrscheinlichkeit sei nur in Fällen angemessen, die zweifelhafte, nicht eindeutig wettbewerbsbeschränkende Praktiken beinhalten. Dagegen hält er das Erfordernis für überflüssig, wenn das fragliche Verhalten nur den Zweck haben könne, den Wettbewerb zu beschränken, so z. B. bei der Verhinderung von Markteintritten. Demnach wäre eine solche gefährliche Wahrscheinlichkeit, nicht erforderlich, wenn ein Unternehmen – wie Copperweld – erfolgreich den Markteintritt eines Konkurrenten verhindert oder verzögert. Assant ECLR 1990, 65, 76 meint, der Supreme Court könnte das Erfordernis einer dangerous probability of success abschaffen, um einseitiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu erfassen. 189 Siehe z. B. Sancap Abrasives Corp. v. Swiss Indus. Abrasives Group, 68 F. Supp. 2d 853, 860 (N.D. Ohio 1999) (erforderlich ist Marktmacht, die sich einem Monopol annähert, Marktmacht wird dabei oft durch den Marktanteil indiziert). 190 Die genaue Situation ist allerdings unklar. Der Umstand, dass Regal der Preisführer in einem Markt mit relativ stabilen Preisen war, die erst nach Independences Markteintritt sanken, spricht für einen Markt ohne ausgeprägte Konkurrenz mit vermutlich oligopolistischer Struktur. Vgl. Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 774. In der petition for writ of certiorari (No. 82-1260, Jan. 28 1983) argumentiert Copperweld jedoch, dass es unumstritten sei, dass auf dem relevanten Markt während der relevanten Zeitspanne stets intensiver Wettbewerb bestanden habe. Wie auch immer

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überragenden Marktanteil aus dem Verhalten eines Unternehmens abzuleiten, dürfte es schwierig sein, section 2 gegen einseitiges wettbewerbsschädigendes Verhalten zu mobilisieren. (7) Ergebnis der Analyse Die Analyse zeigt, dass der Aufgabe der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie zuzustimmen ist. Die Untergerichte, die die Doktrin zuvor oft nur zögerlich angewandt hatten,191 haben das Urteil schnell aufgegriffen und wenden es inzwischen routinemäßig an.192 Auch die Literatur hat die Entscheidung ganz überwiegend mit Zustimmung aufgenommen.193 Insgesamt ist es dem Supreme Court in Copperweld gelungen, viele Streitigkeiten im Bereich konzerninterner Verhaltensabstimmung beizulegen. Heute ist grundsätzlich anerkannt, dass unternehmensinterne Kooperation und Koordination nicht unter das Kartellverbot fallen. die Marktstruktur war, Regals Marktanteil war jedenfalls so gering, dass der ursprüngliche Vorwurf eines Verstoßes gegen section 2 noch vor der Verhandlung fallen gelassen wurde. 191 Siehe oben III. 5. b) gg); Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 462 f.; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 786. 192 Neuere Entscheidungen, die Copperweld anwenden, also Mutter- und Tochtergesellschaft als wirtschaftliche Einheit ansehen sind z. B. Eichorn v. AT & T Corp., 248 F.3d 131, 138 f. (3d Cir. 2001); Alvord-Polk, Inc. v. F. Schumacher & Co., 37 F.3d 996, 1000 (3d Cir. 1994); Sancap Abrasives Corp. v. Swiss Indus. Abrasives Group, 68 F. Supp. 2d 853, 859 (N.D. Ohio 1999); S.O. Textiles Co., Inc. v. A & E Products Group, Inc., 18 F. Supp. 2d 232, 242 (E.D.N.Y. 1998); Lambtek Yogurt Machines v. Dreyer’s Grand Ice Cream, Inc., 1997-2 Trade Cas. (CCH) } 71,891 (N.D. Cal. 1997); Mitsubishi Elec. Corp. v. IMS Technology, Inc., No. 96 C 499, 1997 WL 630187, S. *4 f. (N.D. Ill. Sept. 30, 1997); Zachair, Ltd. v. Driggs, 965 F. Supp. 741, 748 (D. Md. 1997), aff’d, 141 F.3d 1162 (4th Cir. 1998); West Bolyston Cinema Corp. v. Paramount Pictures Corp., No. Civ. A. 98-00252, 2000 WL 1468513, S. *12 (Mass. Super. Sept. 21, 2000). Siehe auch Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1544 Fn. 24 (C.D. Cal. 1987) („[Copperweld’s] holding has been uniformly followed in this and other Circuits.“); Kintner/Bauer S. 31 Fn. 107j m. w. N. 193 Siehe z. B. Areeda, Antitrust Law VII, } 1464e, S. 245 („The invention of an intermediate category of unilateral conduct that may be condemned without the discipline of section 2 when separate corporations happen to be involved is largely unnecessary, contrary to the statutory scheme, unjust, and probably ineffective. Copperweld was correctly decided.“); Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 515; Eskridge Geo. L.J. 76 (1988), 1361, 1379; Smart in: Antitrust in Transition, S. 1064, 1066; Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 278; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189. Kritisch dagegen Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 325 ff.; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785; Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943. Der Minderheitsmeinung stimmen etwa Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551 und Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369 zu. Letztere argumentiert dabei rückwärts, dass wo konzerninterne Tätigkeiten den Wettbewerb übermäßig beschränken, die Gerichte die Beteiligten als selbständig ansehen und nach einer Absprache suchen sollen.

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d) Die Entwicklung seitdem: Erstreckungen von Copperweld und die offene Frage nach den Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit Von dem relativ begrenzten Kontext der Copperweld-Entscheidung ausgehend – eine Muttergesellschaft und ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft bilden eine „single entity“ und fallen nicht unter das Kartellverbot in section 1 Sherman Act – sind im US-amerikanischen Antitrustrecht seitdem zahlreiche Folgefragen relativ unstreitig gelöst worden, während andere wichtige Probleme nach wie vor einer befriedigenden Lösung harren. Breite Zustimmung fand dabei in den meisten Fällen die Erstreckung oder Übertragung der Copperweld-Regel auf vergleichbare Situationen und Normen,194 zu den offen Fragen gehört dagegen insbesondere, was genau eine wirtschaftliche Einheit ausmacht. Im Folgenden werden zunächst Unternehmensstrukturen und Normen, auf die die Copperweld-Regel ausgedehnt wurde, dargestellt, gefolgt von einigen Ansätzen zur Ausgestaltung der wirtschaftlichen Einheit.195 194 Die Prognose von Potrafke S. 66, 258, Copperweld bleibe auf Vereinbarungen zwischen Mutter- und hundertprozentiger Tochtergesellschaft beschränkt, hat sich jedenfalls als unzutreffend erwiesen. 195 Weitere Aspekte, deren vertiefte Betrachtung über den Rahmen dieser Untersuchung hinausgeht, sind die Anwendung von Copperweld auf Sportligen, Gemeinschaftsunternehmen und Genossenschaften. Von einigen bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen, haben es Rechtsprechung und Literatur in den USA abgelehnt, Sportligen und Gemeinschaftsunternehmen unter Rückgriff auf Copperweld als wirtschaftliche Einheiten anzusehen. Auch wenn ihre Mitglieder in bestimmten Bereichen kooperieren müssen, wurden Ligen in der Regel als Gemeinschaftsunternehmen unabhängiger Beteiligter angesehen. Für Gemeinschaftsunternehmen mit verschiedenen wirtschaftlichen Interessen wiederum wird die Fähigkeit, wettbewerbsbeschränkende Absprachen zu treffen, bejaht. Mit Genossenschaften sind die Gerichte dagegen etwas großzügiger umgegangen. Zu Genossenschaften siehe z. B. City of Mt. Pleasant, Iowa v. Associated Elec. Coop., 838 F.2d 268, 274 ff. (8th Cir. 1988) (Stromerzeugungs- und Versorgungsgenossenschaft, die aus drei Ebenen weiterer Genossenschaften bestand, wurde als ein einziges Unternehmen, das ein gemeinsames Ziel verfolgt, anerkannt, obwohl teilweise widerstreitende Interessen zwischen den eigenständigen, aber von einander abhängigen Mitgliedern bestanden. Anders als im Verhältnis Mutter-Tochtergesellschaft kann die Annahme eines einheitlichen Akteurs hier widerlegt werden, wenn die Genossenschaftsmitglieder andere Interessen verfolgen als die Genossenschaft selbst. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Mitglieder aktuelle oder potentielle Wettbewerber sind.); Trugman-Nash, Inc. v. New Zealand Dairy Board, 942 F. Supp. 905, 916 ff. (S.D.N.Y. 1996) (Das Gericht übernimmt die Analyse aus City of Mt. Pleasant und nimmt zwischen einem Konzern und fünfzehn landwirtschaftlichen Genossenschaften, die zu dem Zweck gegründet wurden, im Einklang mit der Konzernspitze zu handeln, eine wirtschaftliche Einheit an, solange die Genossenschaften oder ihre Mitglieder keine abweichenden Interessen verfolgen.); Greensboro Lumber Co. v. Georgia Power Co., 643 F. Supp. 1345, 1367 (N.D. Ga. 1986), aff’d on other grounds, 844 F.2d 1538 (11th Cir. 1988) (Stromgenossenschaften, die gemeinsam eine Gesellschaft zur Stromerzeugung und Transformation gegründet hatten, können keine wettbewerbsbeschränkenden Abreden mit dieser Gesellschaft schließen; kritisch dazu Calkins Antitrust L.J.

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63 (1995), 345, 360 Fn. 96); Freeman v. San Diego Ass’n of Realtors, 77 Cal. App. 4th 171, 191, 91 Cal. Rptr. 2d 534, 550 (Cal. Ct. App. 2000). Im Hinblick auf Sportligen siehe z. B. Fraser v. Major League Soccer, L.L.C., 284 F.3d 47, 55 ff. (1st Cir. 2002) (Das Gericht grenzt die amerikanische Profifußballliga MLS von der Situation in Copperweld ab, da die in der Liga zusammengeschlossenen Gesellschaften unterschiedliche unternehmerische Interessen verfolgen und die Betreiber/Investoren nicht von der Liga abhängig sind, sondern diese kontrollieren. „[T]he present case is not Copperweld but presents a more doubtful situation; MLS and its operator/investors comprise a hybrid arrangement, somewhere between a single company . . . and a cooperative arrangement between existing competitors“, a. a. O., S. 58. Auch wenn das Gericht die Frage nach dem Vorliegen einer einzigen Einheit letztlich nicht entscheidet, tendiert es zu einer Bewertung im Rahmen der rule of reason. Andernfalls, warnt das Gericht, „[o]nce one goes beyond the classic single enterprise, including Copperweld situations, it is difficult to find an easy stopping point or even decide on the proper functional criteria for hybrid cases“; a. a. O., S. 59); Eleven Line, Inc. v. North Tex. State Soccer Ass’n, 213 F.3d 198, 205 (5th Cir. 2000) (Landesweite Fußballorganisation und ihre regionalen Mitgliederorganisationen bilden eine wirtschaftliche Einheit. Das Gericht ließ offen, ob die Eltern der jugendlichen Spieler und die regionalen Mitgliedsorganisationen wettbewerbsbeschränkende Absprachen treffen können.); Chicago Professional Sports Ltd. Partnership v. National Basketball Ass’n, 95 F.3d 593 (7th Cir. 1996) (Divergierende Interessen zwischen den Franchisenehmern einer Liga schließen nicht aus, dass die Franchisenehmer für bestimmte Aktivitäten als Einheit angesehen werden. Copperweld gebe keine bestimmte Einordnung von Sportligen vor, sondern könne eher eine Einordnung „one league at a time – and perhaps even one facet of a league at a time“ verlangen; a. a. O. 600); Sullivan v. National Football League, 34 F.3d 1091, 1099 (1st Cir. 1994), cert. denied, 513 U.S. 1190 (1995) (Die Teams der NFL können kartellrechtswidrige Absprachen treffen, da sie alle von der Liga abweichende Interessen verfolgen und außerhalb des Platzes in vielerlei Hinsicht als Wettbewerber auftreten, was wiederum für divergierende Interessen und gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit spricht.); McNeil v. National Football League, 790 F. Supp. 871, 879 f. (D. Minn. 1992) (Copperweld ist auf die NFL und ihre Teams nicht anwendbar. Diese stellen vielmehr selbständige Unternehmen dar, die dem Kartellverbot unterliegen.). Zu Gemeinschaftsunternehmen siehe nur National Collegiate Athletic Ass’n v. Board of Regents, 468 U.S. 85 (1984) (Da Gemeinschaftsunternehmen aus verschiedenen Unternehmen bestehen, sind sie auch in der Lage gegen section 1 Sherman Act zu verstoßen. „[J]oint ventures have no immunity from the antitrust laws“; a. a. O., S. 113). Zu diesen Fragen aus der Literatur American Bar Association, Developments, S. 25 f.; Sullivan/Grimes S. 186 (kritisch zur Ausdehnung des Konzepts der wirtschaftlichen Einheit auf Sportligen, Gemeinschaftsunternehmen und Genossenschaften); Heitzer S. 242 (kritisch zu Chicago Professional Sports. Da in dem Fall keine strukturellen Verbindungen zwischen den Franchisenehmern bestanden, dafür aber zahlreiche Interessenkonflikte, hätte nicht die Copperweld-Regel, sondern die rule of reason den zutreffenden Ansatzpunkt geboten); Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 358 ff.; Goldman Tul. L. Rev. 63 (1989), 751 (Copperweld rechtfertige keine weitgehende single entity defense für Sportligen); McChesney Sports Law J. 6 (1999), 125 (MSL könne als wirtschaftliche Einheit angesehen werden); Waxman Marq. Sports L. Rev. 12 (2001), 487; Deckert Vill. Sports & Ent. L.J. 5 (1998), 73; Jordan Vand. J. Ent. L. 6 Prac. 3 (2001), 235 (im Gegensatz zu den etablierten Ligen könnten und sollten neue Sportligen als ein einziges einheitliches Unternehmen organisiert werden).

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aa) Schwestergesellschaften Eine erste Gruppe von Fällen, die nach der Logik der Copperweld-Entscheidung ebenfalls freigestellt werden muss, sind Schwestergesellschaften. Die Gleichbehandlung von hundertprozentigen Tochtergesellschaften und Betriebsabteilungen in Copperweld, sowie die Betonung der wirtschaftlichen Gegebenheiten eines Unternehmens gegenüber seiner rechtlichen Untergliederung wirken sich auch auf die Beurteilung des Verhältnisses zwischen Schwestergesellschaften aus.196 Wenn die Kooperation zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer hundertprozentigen Tochter keine wettbewerbswidrige Absprache sein kann, dann gilt dies genauso für Absprachen zwischen zwei (oder mehr) Schwestergesellschaften derselben Mutter. Schwestergesellschaften sind von ihrer Muttergesellschaft abhängig, die die gemeinsamen Konzernziele definiert.197 Da die Schwestergesellschaften unter Copperweld jeweils ein „unity of purpose“ und ein „common design“ mit ihrer Muttergesellschaft haben, sind in letzter Konsequenz auch die wirtschaftlichen Interessen der Schwestergesellschaften dekkungsgleich.198 Absprachen zwischen ihnen reduzieren daher ebenso wenig wie solche zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft die Anzahl selbständiger Akteure am Markt. Absprachen zwischen Schwestergesellschaften können daher nicht als conspiracy angesehen werden.199 Ansonsten könnten Kläger die aus Copperweld herrührende Freistellung zu leicht umgehen, da das fragliche Verhalten im Konzern oft sowohl eine Koordination auf vertikaler Ebene, d. h. zwischen Muttergesellschaft und Tochter, als auch eine horizontale Kooperation, also zwischen Schwestergesellschaften, umfasst.200 In Anbetracht dieser Argumente haben die mit der Frage konfrontierten Gerichte Schwestergesellschaften

196 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1464f, S. 245 f.; Gucci v. Gucci Shops, Inc., 651 F. Supp. 194, 197 Fn. * (S.D.N.Y. 1986). 197 Smart in: Antitrust in Transition, S. 1068; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 376. 198 Siehe Hood v. Tenneco Texas Life Ins. Co., 739 F.2d 1012, 1015 (5th Cir. 1984) („Copperweld teaches us that because [sister corporations] share a common purpose with [their parent] they cannot conspire with their parent in violation of the Sherman Act. By the same token, neither can they conspire with one another.“); Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 707 (N.D. Cal. 1994) („[Parent and sister corporations] all act pursuant to the same interests and goals . . .“); Cohen v. Primerica Corp., 709 F. Supp. 63, 65 (E.D.N.Y. 1989) („If a wholly owned subsidiary is not independent of its parent corporation, then wholly owned subsidiaries of one parent corporation are not independent of each other.“). 199 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464f, S. 245 f., } 1465b, S. 248; Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 516; Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 351; Kintner/Bauer S. 33; Smart in: Antitrust in Transition, S. 1068; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 376; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 792. Ebenso zum europäischen Wettbewerbsrecht z. B. Fleischer AG 1997, 491, 499 f. 200 Siehe Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 792.

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die Fähigkeit zu wettbewerbsbeschränkenden Abreden im Rahmen von section 1 nahezu einhellig abgesprochen.201 bb) Mehrstufige Konzerne Wenn die Muttergesellschaft mit der Tochtergesellschaft eine Einheit bildet und diese wiederum mit ihrer Tochtergesellschaft, dann bilden logischerweise auch Mutter und Tochter der Tochter, also die Enkelgesellschaft eine Einheit. Enkelgesellschaften fallen daher ebenfalls unter die Copperweld-Rationale.202 Soweit eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, erstreckt sich die Freistellung kon201 Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1127, 1133 (3d Cir. 1995); Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Cmty. Hosp., 910 F.2d 139, 146 f. (4th Cir. 1990), on remand, 846 F. Supp. 488 (W.D. Va. 1994); Odishelidze v. Aetna Life & Cas. Co., 853 F.2d 21, 23 (1st Cir. 1988); Directory Sales Mgmt. Corp. v. Ohio Bell Tel. Co., 833 F.2d 606, 611 (6th Cir. 1987) („Copperweld precludes a finding that two wholly-owned sibling corporations can combine for the purpose of section 1“); Garshman v. Universal Res. Holding Inc., 824 F.2d 223, 230 (3d Cir. 1987); Greenwood Utilities Comm’n v. Mississippi Power Co., 751 F.2d 1484, 1496 f. (5th Cir. 1985); Hood v. Tenneco Texas Life Ins. Co., 739 F.2d 1012, 1015 (5th Cir. 1984); Lake Communications, Inc. v. ICC Corp., 738 F.2d 1473, 1480 (9th Cir. 1984); Polydyne, Inc. v. Kirk, No. 3:98 CV 7287, 1999 WL 894301, S. *11 f. (N.D. Ohio Feb. 17, 1999), aff’d in part and remanded in part, 238 F.3d 423 (6th Cir. 2000); Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 (N.D. Ill. 1997); Horst v. Laidlaw Waste Sys., Inc., 917 F. Supp. 739, 741 f. (D. Colo. 1996); D’Last Corp. v. Ugent, 863 F. Supp. 763, 768 f. (N.D. Ill. 1994), aff’d, 51 F.3d 275 (7th Cir. 1995); Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 706 f. (N.D. Cal. 1994) (in diesem Fall war eine der Schwestergesellschaften keine hundertprozentige Tochtergesellschaft); Cohen v. Primerica Corp., 709 F. Supp. 63, 64 f. (E.D.N.Y. 1989); Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *3 f. (D. Minn. Oct. 13, 1988); Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477, 1486 (D. Or. 1987); Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1544 (C.D. Cal. 1987); H.R.M., Inc. v. Tele-Communications, Inc., 653 F. Supp. 2d 645, 647 f. (D. Colo. 1987); Novatel Commun., Inc. v. Cellular Tel. Supply, Inc., No. Civ. A. C85-2674A, 1986 WL 15507, S. *6 (N.D. Ga. Dec. 23, 1986) (eine der Schwestergesellschaften war keine hundertprozentige Tochtergesellschaft); Carl Hizel & Sons, Inc. v. Browning-Ferris Industries, Inc., 590 F. Supp. 1201, 1202 Fn. 2 (D. Colo. 1984). Siehe auch American Bar Association, Developments, S. 23 f.; Heitzer S. 239; Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 322 f. („In the case of subsidiaries and sister companies . . . the enterprise principles of Copperweld have been applied uniformly“). Anders nur die Entscheidung Ray Dobbins Lincoln Mercury, Inc. v. Ford Motor Co., 604 F. Supp. 203, 205 (W.D. Va. 1984), aff’d on other grounds, 813 F.2d 402 (4th Cir. 1985) in der das Gericht es ablehnte, Copperweld auf die Absprache zwischen zwei Schwestergesellschaften anzuwenden, wenn der Muttergesellschaft keine Beteiligung an dem Verstoß vorgeworfen wird. Allerdings hat der Vierte Circuit Court als Berufungsinstanz diese Entscheidung durch seine spätere abweichende Entscheidung in Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Cmty. Hosp., 910 F.2d 139 (4th Cir. 1990) bedeutungslos gemacht. Die Entscheidung ablehnend auch Areeda/ Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1464’f, S. 652 und Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.3, S. 520, die die Entscheidung als kuriose Variation formalistischen Denkens bezeichnen.

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zerninterner Absprachen auf die gesamte Unternehmensgruppe, selbst wenn diese über mehrere Ebenen geht. cc) Gemeinsame Kontrolle und gemeinsames Eigentum Jenseits des Konzerns ist Copperweld auf die Situation erstreckt worden, dass zwei oder mehr Gesellschaften dasselbe Individuum oder dieselben Individuen als Gesellschafter haben und von diesem beziehungsweise diesen kontrolliert werden (common ownership and control).203 Dieser Entwicklung setzt die Entscheidung Fishman v. Estate of Wirtz204 allerdings eine Grenze. Dort lehnte es 202 Siehe Vollrath Co. v. Sammi Corp., 9 F.3d 1455, 1463 (9th Cir. 1993), cert. denied, 511 U.S. 1142 (1994); Trugman-Nash, Inc. v. New Zealand Dairy Board, 942 F. Supp. 905, 916 (S.D.N.Y. 1996); Horst v. Laidlaw Waste Sys., Inc., 917 F. Supp. 739, 741 f. (D. Colo. 1996) („[F]ederal courts have consistently applied Copperweld to preclude the finding of antitrust conspiracies within a corporate family . . . Thus, whether Defendants are sister corporations or one is the wholly-owned ,grandchild‘ of the other, they are incapable of conspiring under the Sherman Act.“ A. a. O., S. 742); Coast Cities Truck Sales, Inc. v. Navistar Int’l Transp. Co., 912 F. Supp. 747, 763 (D.N.J. 1995); Cohen v. Primerica Corp., 709 F. Supp. 63, 64 f. (E.D.N.Y. 1989); Satellite Fin. Planning Corp. v. First Nat’l Bank of Wilmington, 633 F. Supp. 386, 395 (D. Del. 1986), modified on other grounds, 643 F. Supp. 449 (D. Del. 1986); West Bolyston Cinema Corp. v. Paramount Pictures Corp., No. Civ. A. 98-00252, 2000 WL 1468513, S. *12 (Mass. Super. Sept. 21, 2000). Siehe auch Orion Tire Corp. v. General Tire, Inc., No. CV 92-2391AAH(EEX), 1992 WL 295224, S. *2 (C.D. Cal. Aug. 17, 1992) (Gesellschaft kann keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen mit „zwei anderen Mitgliedern der Unternehmensfamilie“ treffen); Heitzer S. 239; Kintner/Bauer S. 32. 203 Zum Beispiel Guzowski v. Hartman, 969 F.2d 211, 214 (6th Cir. 1992) (Zwei von unterschiedlichen Gesellschaften betriebene Rennstrecken sind nicht in der Lage, konspirative Absprachen zu treffen, da die Anteilseigner beider Gesellschaften identisch sind), cert. denied, 506 U.S. 1053 (1993); Century Oil Tool, Inc. v. Production Specialties, Inc., 737 F.2d 1316, 1317 (5th Cir. 1984) („Given Copperweld, we see no relevant difference between a corporation wholly owned by another corporation, two corporations wholly owned by a third corporation or two corporations wholly owned by three persons who together manage all affairs of the two corporations. A contract between them does not join formerly distinct economic units.“); Zachair, Ltd. v. Driggs, 965 F. Supp. 741, 748 (D. Md. 1997), aff’d, 141 F.3d 1162 (4th Cir. 1998), zu dieser Entscheidung American Bar Association, 1998 Annual Review S. 15; D’Last Corp. v. Ugent, 863 F. Supp. 763, 769 (N.D. Ill. 1994), aff’d, 51 F.3d 275 (7th Cir. 1995) (eine vollständige Übereinstimmung der Interessen ist gegeben, wenn ein Individuum der einzige oder der kontrollierende Aktionäre der beteiligten Gesellschaften ist); Orson v. Miramax Film Corp., 862 F. Supp. 1378, 1385 (E.D. Pa. 1994) (zwei Gesellschaften mit identischem Präsidenten und identischer Eigentümerstruktur, die als einheitliches Unternehmen betrieben werden, sind nicht in der Lage, konspirative Absprachen zu treffen); Shaw v. Rolex Watch, U.S.A., Inc., 673 F. Supp. 674, 677 f. (S.D.N.Y. 1987); Gucci v. Gucci Shops, Inc., 651 F. Supp. 194, 197 (S.D.N.Y. 1986) (zwei Gesellschaften mit identischen Anteilseignern, die effektiv von demselben Individuum kontrolliert werden, können von Rechts wegen keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen treffen). Dazu auch Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1464’f, S. 652; Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 354; Kintner/Bauer S. 33.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

der Siebte Circuit Court ab, Copperweld in einer Situation anzuwenden, in der mehrere Gesellschaften nur teilweise identische Aktionäre hatten, keine gemeinsamen Interessen verfolgten, ihre Aktionäre unterschiedliche wirtschaftliche Ziele verfolgten und unklar war, ob die Gesellschaften von den gemeinsamen Aktionären kontrolliert werden konnten.205 Wenn der Ablehnung einer wirtschaftlichen Einheit in dieser Situation auch sicherlich zuzustimmen ist, so weist doch die Minderheitsmeinung in der Entscheidung zu Recht darauf hin, dass wichtiger als eine vollkommene Überschneidung der Eigentümer die bestehenden Kontrollmöglichkeiten sind.206 dd) Antitrustgesetze der Bundesstaaten Neben den soeben erörterten Ausdehnungen auf unterschiedliche Beziehungen zwischen Gesellschaften ist Copperweld auch auf andere Normen als section 1 angewendet worden. Eine erste Fallgruppe bilden dabei die Kartellgesetze der Bundesstaaten. Nahezu alle Bundesstaaten der USA verfügen über eigene Antitrustgesetze und die meisten davon sind nach dem Vorbild des Sherman Acts gestaltet.207 Daher ist es auch nicht überraschend, dass für deren Auslegung die Entscheidungen der Bundesgerichte zum Sherman Act von Bedeutung sind.208 Dementsprechend hat auch die Copperweld-Entscheidung die 204

807 F.2d 520 (7th Cir. 1987). Vgl. Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520, 541 Fn. 19 (7th Cir. 1987). 206 Siehe Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520, 576 f. (7th Cir. 1987) (Easterbrook, C.J., dissenting). Zur Bedeutung von Kontrolle ausführlich unten III. 6. b) dd) (1). 207 Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.01, S. 509 f. 208 Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.01, S. 510. Dies erfolgt entweder durch Gerichtsentscheidungen oder ist sogar im jeweiligen einzelstaatlichen Gesetz so vorgesehen. Siehe z. B. Lake Communications, Inc. v. ICC Corp., 738 F.2d 1473, 1480 Fn. 8 (9th Cir. 1984) (kalifornische Gerichte haben bundesgerichtliche Entscheidungen für auf kalifornisches Kartellrecht anwendbar befunden); Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1550 (C.D. Cal. 1987) (dto.); Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 856 F. Supp. 990, 1005 (E.D. Pa. 1994), aff’d, 54 F.3d 1125 (3d Cir. 1995) (gesetzliche Regelung in Maryland, dass bundesgerichtliche Interpretationen leiten sollen, Gerichte haben diese Leitfunktion anerkannt); Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 487-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *5 ff. (D. Minn. Oct. 13, 1988) (Berücksichtigung bundesgerichtlicher Entscheidungen in Oregon und Washington gesetzlich angeordnet, in California, Colorado, Idaho und Minnesota durch Präjudizien); American Credit Card Tel. Co. v. National Pay Tel. Corp., 504 So. 2d 486, 488 Fn. 1 (Fla. Dist. Ct. App. 1987) (gesetliche Regelung verlangt Berücksichtigung von ShermanAct-Entscheidungen in Florida); Kenneth E. Curran, Inc. v. Auclair Transportation, Inc., 128 N.H. 743, 748, 519 A.2d 280, 284 (N.H. 1986) (entsprechende gesetzliche Regelung in New Hampshire); Gray v. Marshall County Bd. of Educ., 179 W. Va. 282, 286, 367 S.E.2d 751, 755 (W. Va. 1988) (Kartellgesetz von West Virginia muss laut gesetzlicher Vorgabe in Harmonie mit bundesrechtlichem Kartellgesetzen ausgelegt werden); Ford Motor Co. v. Lyons, 137 Wis. 2d 397, 429, 430 Fn. 8, 405 205

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Entwicklung des einzelstaatlichen Rechts bei der Frage nach der Einordnung des Konzerns stark beeinflusst, wobei die meisten Staaten der Entscheidung gefolgt sind und sie für ihr Recht adaptiert haben.209 Zur Begründung wurde naN.W.2d 354, 367 u. Fn. 8 (Wis. Ct. App. 1987) (bundesgerichtliche Entscheidungen sind persuasive authority in Wisconsin). 209 Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.1, S. 516. Die Autoren weisen auf eine allgemeine Tendenz in bundesgerichtlichen Entscheidungen hin, in Fällen, die bundes- und einzelstaatliche Ansprüche enthalten, die Analyse beider Anspruchsarten von bundesrechtlichen Standards dominieren zu lassen. Dies gilt besonders im Bereich der Intra-enterprise-conspiracy-Theorie. Vgl. a. a. O., S. 512. Ein Beispiel dafür kann in der Entscheidung Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839 (D. Minn. Oct. 13, 1988) gesehen werden, in der ein District Court seine Ausführungen zum bundesrechtlichen Antitrustrecht auf sechs verschiedene einzelstaatliche Kartellgesetze überträgt, ohne auf mögliche einzelstaatliche Gesichtspunkte einzugehen. Entscheidungen, die Copperweld folgen, sind aus folgenden vierzehn Bundesstaaten überliefert: Colorado: Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *6 f. (D. Minn. Oct. 13, 1988). Hawaii: Robert’s Haw. Sch. Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transp. Co., 91 Haw. 224, 253, 982 P.2d 853, 882 (Haw. 1999). Idaho: Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *6 (D. Minn. Oct. 13, 1988). Kalifornien: Lake Communications, Inc. v. ICC Corp., 738 F.2d 1473, 1480 (9th Cir. 1984) (Copperweld „likely to be persuasive to the Supreme Court of California in interpreting state antitrust statutes.“); Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1550 (C.D. Cal. 1987) (das Gericht wendet Copperweld per Analogieschluss an und findet, „California case law suggests that Copperweld will be persuasive in interpreting the Cartwright Act“, das Kartellgesetz von Kalifornien); Yamaha Int’l Corp. v. ABC Int’l Traders, Inc., No. 86-7892 RSWL, 1989 WL 206429, S. *15 f. (C.D. Cal. Aug. 11, 1989), aff’d in part, 940 F.2d 1537 (9th Cir. 1991), cert. denied, 502 U.S. 1097 (1992); Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *5 f. (D. Minn. Oct. 13, 1988) (Anwendung von Copperweld angemessen, da kalifornische Gerichte routinemäßig auf kartellrechtliche Entscheidungen der Bundesgerichte abstellen). Vgl. auch Macmanus v. A.E. Realty Partners, 241 Cal.Rptr. 315, 318 Fn. 4 (Cal. Ct. App. 1987) (das Gericht lässt die Frage, ob Copperweld in Kalifornien anwendbar wäre, offen). Maryland: Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 856 F. Supp. 990, 1005 (E.D. Pa. 1994), aff’d, 54 F.3d 1125 (3d Cir. 1995). Massachusetts: West Bolyston Cinema Corp. v. Paramount Pictures Corp., No. Civ. A. 98-00252, 2000 WL 1468513, S. *12 (Mass. Super. Sept. 21, 2000). Minnesota: Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *5 (D. Minn. Oct. 13, 1988) („Given the fact that Minn.Stat. § 352D.51 tracks the language of [section 1 of the Sherman Act] and the dearth of decisions interpreting Minnesota’s antitrust statutes, it is reasonable to rely on federal decisions in this area.“). New Hampshire: Kenneth E. Curran, Inc. v. Auclair Transportation, Inc., 128 N.H. 743, 749, 519 A.2d 280, 284 (N.H. 1986) (Schwestergesellschaften und gemeinsam kontrollierte Gesellschaften können keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen treffen). New York: Die Situation in New York ist etwas unklar. Während die Gerichte sich einig sind, dass der Donnelly Act, New Yorks Antitruststatut, in Anlehnung an den Sherman Act geformt wurde und im Einklang mit ihm ausgelegt werden sollte, be-

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heliegenderweise darauf hingewiesen, dass die einzelstaatlichen Gesetze nach dem Vorbild des Sherman Acts geformt wurden, Entscheidungen der Bundesgerichte bereits zuvor übernommen worden waren und keine Gründe im Recht der Einzelstaaten ersichtlich seien, die gegen eine Übernahme auch der Copperweld-Entscheidung sprächen.210 Bemerkenswerterweise wurde jedoch in einer Entscheidung Copperweld ausdrücklich zurückgewiesen. Obwohl auch Louisianas Antitrustgesetz als Gegenstück zum Sherman Act konzipiert ist und daher bundesgerichtliche Entscheidungen in Louisiana regelmäßig übernommen werden, stellte der Supreme steht keine Einigkeit, was die Übertragbarkeit von Copperweld angeht. Eine frühe untergerichtliche Entscheidung hielt den Donnelly Act für weiterreichend als den Sherman Act und folgerte, „even if corporations are wholly owned, they will still fall under the Donnelly Act as individual economic entities.“ Vgl. People v. Schwartz, No. 1557/86, 1986 WL 55321, S. *2 f. (N.Y. Sup. Ct. Oct. 17, 1986), aff’d on other grounds, 554 N.Y.S.2d 686, 160 A.D.2d 964 (N.Y. App. Div. 1990) (Hervorhebung durch den Verfasser). Hierbei scheint es sich indes um ein Fehlverständnis der Copperweld-Entscheidung zu handeln, da Konzernunternehmen zwar nach wie vor rechtlich selbständig sind, aber eben nicht wirtschaftlich. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Zitat um Diktum, da das Gericht den Fall im Folgenden von einer konzerninternen Situation unterschied. Mehr Gewicht verdient daher eine jüngere Entscheidung eines District Courts, die Copperweld auf den Donnelly Act überträgt. Siehe S.O. Textiles Co., Inc. v. A & E Products Group, Inc., 18 F. Supp. 2d 232, 244 (E.D.N.Y. 1998). Siehe auch Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.4, S. 521 f. Oregon: Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *7 (D. Minn. Oct. 13, 1988); Johnson v. Con-Vey/Keystone, Inc., 814 F. Supp. 931, 934 f. (D. Or. 1993). Virginia: Ray Dobbins Lincoln Mercury, Inc. v. Ford Motor Co., 604 F. Supp. 203, 204 f. (W.D. Va. 1984), aff’d, 813 F.2d 402 (4th Cir. 1985). Washington: Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *7 f. (D. Minn. Oct. 13, 1988). West Virginia: Gray v. Marshall County Bd. of Educ., 179 W. Va. 282, 286 f., 367 S.E.2d 751, 755 f. (W. Va. 1988) (es ging zwar um eine „intracorporate conspiracy“, das Gericht zitiert jedoch umfangreich aus Copperweld und fühlte sich durch die Entscheidung gebunden). Wisconsin: Stepp v. Ford Motor Credit Co., 623 F. Supp. 583, 593 (E.D. Wis. 1985); Ford Motor Co. v. Lyons, 137 Wis. 2d 397, 426 ff., 405 N.W.2d 354, 366 f. (Wis. Ct. App. 1987). Siehe auch American Credit Card Tel. Co. v. National Pay Tel. Corp., 504 So. 2d 486, 488 (Fla. Dist. Ct. App. 1987) (unter Floridas Kartellgesetz kann eine Gesellschaft keine konspirativen Absprachen mit ihrem Rechtsanwalt treffen). Zur Anwendbarkeit von Copperweld im einzelstaatlichen Recht auch Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, 14.03.2, S. 516 ff.; Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 323; Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 372 Fn. 156. 210 Siehe z. B. Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, S. *5 ff. (D. Minn. Oct. 13, 1988); Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1550 u. Fn. 29(C.D. Cal. 1987); Stepp v. Ford Motor Credit Co., 623 F. Supp. 583, 593 (E.D. Wis. 1985); Ray Dobbins Lincoln Mercury, Inc. v. Ford Motor Co., 604 F. Supp. 203, 205 (W.D. Va. 1984), aff’d, 813 F.2d 402 (4th Cir. 1985); Ford Motor Co. v. Lyons, 137 Wis. 2d 397, 429 u. 430 Fn. 8, 405 N.W.2d 354, 367 u. Fn. 8 (Wis. Ct. App. 1987).

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Court von Louisiana fest, dass nach dem Recht von Louisiana eine Muttergesellschaft mit ihrer Tochter sehr wohl wettbewerbswidrige Absprachen treffen könne.211 Das Gericht berief sich dabei auf den Wortlaut der einzelstaatlichen Norm, der auch von zwei zwar konzernverbundenen, aber rechtlich selbständigen Gesellschaften erfüllt werden könne.212 Daneben stützt sich das Gericht auf einen Fall aus dem Jahre 1931, der die „intra-enterprise conspiracy doctrine“ in Louisiana etablierte, sowie auf die Surpreme-Court-Fälle vor Copperweld.213 Das Gericht hielt eine Freistellung konzerninterner Beziehungen für zu unflexibel214 und meint, die Intra-enterprise-conspiracy-Theorie entspräche sowohl den politischen Zielen des Antitrustrechts als auch dem wirtschaftlichen Ziel allokativer Effizienz am Besten. Die Entscheidung ist in der Literatur auf scharfe Kritik gestoßen, insbesondere für ihre formalistische Orientierung an der rechtlichen Selbständigkeit der Konzernunternehmen ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation.215 Sie ist aber nach wie vor geltendes Recht in Louisiana.216 ee) Bundesrechtliche Normen Auch auf einige bundesrechtliche Normen ist Copperweld ausgedehnt worden. So untersagt section 2 des Sherman Acts neben der Monopolisierung und der versuchten Monopolisierung auch eine „conspiracy to monopolize“, also die konspirative Absprache ein Monopol anzustreben.217 Während die ersten beiden Varianten der Vorschrift von einem einzelnen Unternehmen begangen werden können, entspricht das Konzept der „conspiracy“ in der dritten Alternative dem in section 1 Sherman Act, es setzt also ebenfalls eine Mehrzahl von Beteiligten voraus.218 Dementsprechend haben die Gerichte die Copperweld-Entscheidung 211 Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149 (La. 1986). 212 Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1155 (La. 1986). Siehe auch a. a. O., S. 1160 („[T]he unqualified statutory language . . . in our view, commands such an application.“). 213 Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1155 f. u. 1158 (La. 1986). 214 Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1159 (La. 1986). 215 Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.2, S. 519; Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 323 Fn. 96. 216 Siehe aber auch Free v. Abbott Laboratories, Inc., 176 F.3d 298 (5th Cir. 1999). Dort wendet ein Bundesgericht eine bundesrechtliche Regel auf das Antitrustrecht von Louisiana an und begrenzt in diesem Zusammenhang die Reichweite von Louisiana Power. 217 Zum genauen Wortlaut der Norm siehe oben II. 4. b) bb) Fn. 20. 218 Potters Med. Ctr. v. City Hosp. Ass’n, 800 F.2d 568, 574 (6th Cir. 1986) („[Section] 2 conspiracy to monopolize claims require proof of concerted activity, just

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auf die conspiracy-Variante von section 2 ausgedehnt und innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit Verschwörungen mit dem Ziel der Monopolisierung abgelehnt.219 Darüber hinaus hat ein Gericht Copperweld auch im Rahmen von section 3 des Clayton Acts220 berücksichtigt. Diese Vorschrift verbietet Ausschließlichas section 1 conspiracy claims do . . .“); D’Last Corp. v. Ugent, 863 F. Supp. 763, 769 (N.D. Ill. 1994) (section 1 und 2 unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Art der Absprache und „require the same threshold showing“) aff’d, 51 F.3d 275 (7th Cir. 1995); H.R.M., Inc. v. Tele-Communications, Inc., 653 F. Supp. 2d 645, 648 (D. Colo. 1987) („Although section 2 does make illegal purely unilateral conduct, . . . a claim under section 2 for conspiracy to monopolize, like a claim under section 1, requires at least two participants.“); Robert’s Haw. Sch. Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transp. Co., 91 Haw. 224, 252 Fn. 29, 982 P.2d 853, 881 Fn. 29 (Haw. 1999); Sullivan/Grimes S. 137. A. A. van Oven S. 105, 107. Da die Conspiracy-Alternative von section 2 weitere Voraussetzungen hat (Nachweise der erforderlichen Absicht, Ausführungshandlung, Monopol als Folge einer erfolgreichen Absprache), ist der Nachweis einer conspiracy im Rahmen von section 2 in der Regel schwieriger als im Rahmen von section 1. Vgl. Sullivan/Grimes S. 137. 219 Siehe Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Cmty. Hosp., 910 F.2d 139, 150 (4th Cir. 1990), on remand, 846 F. Supp. 488 (W.D. Va. 1994); Potters Med. Ctr. v. City Hosp. Ass’n, 800 F.2d 568, 574 (6th Cir. 1986); MCI Telecommunications Corp. v. Graphnet, Inc., 881 F. Supp. 126, 131 (D.N.J. 1995); Valet ApArt. Services, Inc. v. Atlanta Journal & Constitution, 865 F. Supp. 828, 833 (N.D. Ga. 1994); D’Last Corp. v. Ugent, 863 F. Supp. 763, 769 (N.D. Ill. 1994) aff’d, 51 F.3d 275 (7th Cir. 1995); Aerotech, Inc. v. TCW Capital, No. 93 Civ. 1987 (CSH), 1994 WL 775439, S. *4 (S.D.N.Y. Apr. 20, 1994); Appraisers Coalition v. Appraisal Institute, 845 F. Supp. 592, 603 (N.D. Ill. 1994); Total Benefits Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., No. Civ. A. 92-2386, 1993 WL 15671, S. *2 (E.D. La. Jan. 7, 1993); Pudlo v. Adamski, 789 F. Supp. 247, 252 (N.D. Ill. 1992); Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428, 430 (N.D. Cal. 1992); TV Communications Network, Inc. v. ESPN, Inc., 767 F. Supp. 1062, 1074 (D. Colo. 1991), aff’d sub nom., TV Communications Network, Inc. v. Turner Network Television, Inc., 964 F.2d 1022 (10th Cir.), cert. denied, 506 U.S. 999 (1992); Vollrath Co. v. Sammi Corp., No. CV 85-820 MRP, 1989 WL 201632, S. *15 (C.D. Cal. Dec. 20, 1989), aff’d, 9 F.3d 1455 (9th Cir. 1993), cert. denied, 511 U.S. 1142 (1994); H.R.M., Inc. v. Tele-Communications, Inc., 653 F. Supp. 2d 645, 648 (D. Colo. 1987); Stepp v. Ford Motor Credit Co., 623 F. Supp. 583, 593 (E.D. Wis. 1985); Robert’s Haw. Sch. Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transp. Co., 91 Haw. 224, 253, 982 P.2d 853, 882 (Haw. 1999) (vergleichbare hawaiische Norm). Siehe auch Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1462’, S. 650; Heitzer S. 240; Kintner/Bauer S. 37; Sullivan/Grimes S. 137 Fn. 2. Bereits vor Copperweld bemühten sich die Gerichte, conspiracy in section 1 und 2 einheitlich auszulegen. Siehe z. B. Hunt-Wesson Foods, Inc. v. Ragu Foods, Inc., 627 F.2d 919, 927 Fn. 5 (9th Cir. 1980), cert. denied, 450 U.S. 921 (1981) („[W]e note that a finding of incapacity to combine and conspire under section 1 would mandate the same result with regard to the section 2 conspiracy to monopolize claim.“). 220 15 U.S.C. § 14 (2000). Die Norm besagt: „Niemand darf im Wirtschaftsverkehr die Vermietung oder den Verkauf oder den Vertrag über den Verkauf von Waren . . . oder die Preise oder Rabatte hierfür von der Bedingung oder der Vereinbarung abhängig machen, dass der Mieter oder Käufer Waren . . . von Wettbewerbern des Vermieters oder Verkäufers nicht benutzt oder vertreibt, sofern die Wirkung einer solchen Vermietung, eines Verkaufsvertrages oder einer solchen Bedingung oder einer Verein-

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keitsbindungen, wenn sie den Wettbewerb in einem substanziellen Teil des betroffenen Marktes verhindern würden.221 In Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital entschied der Vierte Circuit Court, dass zwei Gesellschaften, die nach der Copperweld-Entscheidung keine wettbewerbswidrigen Absprachen treffen können, auch nicht Partner einer unzulässigen Ausschließlichkeitsvereinbarungen sein können.222 Schließlich wurde Copperweld von einigen Gerichten auf weitere Gesetze erstreckt, die sich eng am Sherman Act orientieren, wie etwa section 73 des Wilson Tariff Acts223 und den Automobile Dealer’s Day in Court Act224.225

barung darin bestehen kann, dass auf irgendeinem Markt der Wettbewerb wesentlich beeinträchtigt oder auf die Schaffung einer Monopolstellung hingewirkt wird.“ („It shall be unlawful for any person engaged in commerce . . . to lease or make a sale or contract for sale of goods . . . on the condition, agreement or understanding that the lessee or purchaser thereof shall not use or deal in the goods . . . of a competitor or competitors of the lessor or seller, where the effect . . . may be to substantially lessen competition or tend to create a monopoly in any line of commerce.“). 221 Tampa Elec. Co. v. Nashville Coal Co., 365 U.S. 320, 327 (1961). 222 Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital, 910 F.2d 139, 152 (4th Cir. 1990). Dazu Heitzer S. 240. 223 15 U.S.C. § 8 (2000). Die Vorschrift lautet auszugsweise: „Every combination, conspiracy, trust, agreement, or contract is declared to be contrary to public policy, illegal, and void when the same is made by or between two or more persons or corporations, either of whom . . . is engaged in importing any article from any foreign country into the United States, and when such combination . . . is intended to operate in restraint of lawful trade or free competition in lawful trade or commerce, or to increase the market price in any part of the United States of any article . . . imported or intended to be imported into the United States . . .“ 224 15 U.S.C. § 1221 (2000). 225 Siehe Nissan Motor Acceptance Corp. v. Schaumburg Nissan, Inc., Nos. 93 C 2701, 92 C 6089, 1993 WL 360426, S. *8 f. (N.D. Ill. Sept. 15, 1993); Yamaha Int’l Corp. v. ABC Int’l Traders, Inc., No. 86-7892 RSWL, 1989 WL 206429, S. *14 (C.D. Cal. Aug. 11, 1989), aff’d in part, 940 F.2d 1537 (9th Cir. 1991), cert. denied, 502 U.S. 1097 (1992) (Wilson Tariff Act); Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525, 1547 (C.D. Cal. 1987) (dto.). Dazu auch Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 372. Ein weiterer Aspekt ist der Einfluss von Copperweld auf die Zulässigkeit abweichender konzerninterner Preise im Hinblick auf das Verbot bestimmter Preisdiskriminierungen im Robinson-Patman Act. Vgl. zu dieser umstrittenen Frage Caribe BMW, Inc. v. Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft, 19 F.3d 745 (1st Cir. 1994); Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1462’, S. 650 Fn. 2; Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 378 ff.; Huddleston Wash. L. Rev. 63 (1988), 957; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 888 Fn. 183; Shelanski Cal. L. Rev. 80 (1992), 247, 248 Fn. 6 u. 257.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

ff) Unzulässigkeit des ursprünglichen Zusammenschlusses als Grenze der Freistellung Eine wichtige Begrenzung hat der Supreme Court in Copperweld selbst aufgezeigt. Der ursprüngliche Zusammenschluss kann eine gemäß section 1 unzulässige Verbindung sein, insbesondere wenn in dem späteren Verhalten der verbundenen Gesellschaften ein bereits anfänglich bestehender wettbewerbswidriger Zweck offenbar wird.226 Copperweld greift mithin dann nicht ein, wenn die Gründung der wirtschaftlichen Einheit unter Verstoß gegen section 1 erfolgte. In Rio Vista Oil, Ltd. v. Southland Corp. entschied ein Bezirksgericht, dass wenn ein Zusammenschluss mit dem Ziel erfolge, den Wettbewerb zu beschränken, die beteiligten Gesellschaften auch nach dem Zusammenschluss als selbständig im Sinne von section 1 Sherman Act anzusehen seien.227 In einem derartigen Fall sei ihre spätere Zusammenarbeit Teil des ursprünglichen Wettbewerbsverstoßes. Wiewohl von einem berechtigten Anliegen getrieben, ist dieser Entscheidung aus dogmatischer Sicht nicht zuzustimmen. Es ist der ursprüngliche Zusammenschluss, der den Wettbewerb unzulässigerweise beeinträchtigt und gegen den gemäß section 1, möglicherweise section 2 des Sherman Act, sowie section 7 des Clayton Act vorgegangen werden kann. Er sollte aber aus systematischen Gründen von dem späteren Verhalten des neu entstandenen Unternehmens getrennt werden. Konzerninternes Verhalten sollte unabhängig von den Motiven der Konzernbildung beurteilt werden.228 226 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 (1984) („It has long been clear that a pattern of acquisitions may itself create a combination illegal under section 1, especially when an original anticompetitive purpose is evident from the affiliated corporations’ subsequent conduct. . . . An affiliation ,flowing from an illegal conspiracy‘ would not avert sanctions.“). 227 Rio Vista Oil, Ltd. v. Southland Corp., 667 F. Supp. 757, 761 (D. Utah 1987). 228 Heitzer S. 241. Siehe auch Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1464’e, S. 651 (Copperweld verstand Yellow Cab dahingehend, dass die illegale Absprache der Zusammenschluss war und nicht das spätere Verhalten innerhalb des neuen Unternehmens); Assant ECLR 1990, 65, 79; Brown J. Corp. L. 10 (1985), 785, 798. Die Interpretation des District Courts in Rio Vista lässt sich durchaus auf einige Passagen der Copperweld-Entscheidung stützen. Vgl. z. B. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 761 (1984) („Common ownership and control were irrelevant because restraint of trade was ,the primary object of the combination‘ “) u. Fn. 5 („[O]ur point is that the illegality of the initial acquisition was a predicate for [the Yellow Cab Court’s] holding that any post-acquisition conduct violated the Act.“) (Hervorhebung durch den Verfasser); Kintner/Bauer S. 38 f. Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1464’e, S. 651 vertreten allerdings die Ansicht, Rio Vista habe Copperweld missverstanden. In der Entscheidung Fiberglass Insulators, Inc. v. Dupuy, No. Civ. A. 84-1244-1, 1986 WL 13356, S. *5 (D.S.C. Sept. 30, 1986) weigerte sich das Gericht, Copperweld in einer Situation anzuwenden, in der den Beteiligten vorgeworfen wurde, bereits vor der Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft eine wettbewerbsbeschränkende Absprache getroffen zu haben und die neue Gesellschaft nur als Mittel zu verwenden, um die Ziele dieser unzulässigen Absprache zu verwirklichen.

5. Kartellrechtliche Beurteilung im US-amerikanischen Recht

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gg) Offene Folgefragen: Die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit Während die bisher diskutierten Ausdehnungen der Copperweld-Entscheidung zur Rechtssicherheit betrugen, ist eine zentrale Frage auch im US-amerikanischen Kartellrecht bisher nicht befriedigend geklärt. Der Supreme Court hat seine Entscheidung in Copperweld ausdrücklich auf den Fall einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft begrenzt.229 Die Frage, was im Falle nicht vollständigen Anteilsbesitzes gilt, ließ er hingegen offen. Auch mit den genaueren Anforderungen an eine „single entity“ hat sich das Gericht nicht auseinandergesetzt. Daher ist auch im US-amerikanischen Recht ungeklärt, wie genau eine wirtschaftliche Einheit beschaffen sein muss.230 Für diese weitergehende Fragestellung kann Copperweld zwar nur der Ausgangspunkt sein, insoweit lassen sich der Entscheidung allerdings einige nützliche Hinweise entnehmen. So stellt sie klar, dass es nicht auf die rechtliche Selbständigkeit der Gliedgesellschaften ankommt, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtung des Konzerns.231 Dabei verwendet sie das Konzept einer wirtschaftlichen Einheit, deren Anerkennung auf der Möglichkeit der Muttergesellschaft, ihre Macht jederzeit auszuüben, beruht.232 Als entscheidend sah das Gericht an, ob die Gesellschaften ein „unity of purpose or common design“ haben,233 beziehungsweise ob es sich nicht um unabhängige wirtschaftliche Entscheidungszentren handelt, die eigene Interessen verfolgen.234 Eine „single entity“ muss also gemeinsame wirtschaftliche Ziele haben, die durch die Organisationsstruktur zur Geltung gebracht werden können.235 Die wirtschaftliche Einheit muss nach außen einheitlich wirken können.

229 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 767 (1984) („We limit our inquiry to the narrow issue . . . whether a parent and its wholly owned subsidiary are capable of conspiring in violation of section 1 of the Sherman Act. We do not consider under what circumstances, if any, a parent may be liable for conspiring with an affiliated corporation it does not completely own.“). 230 Reh WuW 1985, 99; Schütz WuW 1998, 335, 338; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1259. Vgl. auch Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 720, 740 („The Court did not offer a test nor explicit guidance for how the lower courts should determine the existence of a single entity.“). 231 Siehe z. B. Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 884; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1260 Fn. 104. 232 Heitzer S. 238; Potrafke S. 65. 233 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 (1984). Bei dieser Formulierung handelt es sich indes im Wesentlichen um eine umformulierte Wiedergabe der Definition einer conspiracy. Was das Gericht meint, ist, dass die Konzernunternehmen einen Willen oder einen gemeinsamen Zweck haben müssen, bevor sie sich durch die fragliche Absprache abstimmen. 234 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 769 u. 771 (1984). Vgl. auch Potrafke S. 71. 235 Dazu z. B. Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 884 („[Copperweld] amounts to a single enterprise standard requiring that the parent have the ultimate

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Das Model, an dem es sich dabei zu orientieren gilt, ist das Einheitsunternehmen.236 (1) Nichthundertprozentige Tochtergesellschaften in der Rechtsprechung Da Copperweld nur für den Bereich hundertprozentiger Tochtergesellschaften Klarheit brachte, sahen sich die Gerichte in der Folge mit der Frage konfrontiert, wie Anteilsbesitz von geringerem Umfang zu behandeln ist. Die Antwort der Rechtsprechung fiel dabei weder einheitlich noch in sich konsistent aus.237 Ausgangspunkt ist in der Regel die „Unity-of-purpose-or-interest“-Terminologie aus Copperweld,238 die von manchen Gerichten für die Entwicklung allgemeiner Standards genutzt wurde, während andere Gerichte schlicht entschieden, ob im konkreten Einzelfall ein solches „unity of interest“ vorlag oder nicht. (a) De-minimis-Standard Einige Gerichte verwenden einen De-minimis-Test und erachten nur geringfügige Abweichungen von der in Copperweld gegebenen Konstellation einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft als akzeptabel für eine Privilegierung.239 power to guide the economic forces of the subsidiary; and similarly, that the subsidiary have the same economic objectives as the parent.“). 236 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1476d, S. 262 („single corporation“ ist „the model for the single economic unit that the courts are seeking“). 237 Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1407. 238 Vgl. z. B. Kintner/Bauer, S. 34 („The cases involving a parent corporation and its partly-owned affiliate are framed in terms of whether the corporation and affiliate share a unity of purpose and a common corporate consciousness.“). 239 Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1133 (3d Cir. 1995) („[D]ifference between [parent’s] 99.92% ownership and the 100% ownership in Copperweld is de minimus [sic!].“ Das Gericht erwähnte, dass andere Gerichte Copperweld auf Situationen mit 80% bis 91,9% Anteilsbesitz ausgedehnt haben und benutzte auch einen an Kontrolle orientierten Test. Die Entscheidung trägt damit wenig zur Systematisierung bei.); Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605, 608 f. (D. Or. 1990) (Das Gericht wendete allerdings auch den Forced-merger-Test an und beschränkt sich daher wohl nicht auf den De-minimis-Standard); Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477, 1486 (D. Or. 1987) („[O]nly corporations which are owned 100% in common, or a de minimis amount less than 100%, are covered by the Copperweld rule.“ Das Gericht berief sich für diese Feststellung auf Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953 (D.D.C. April 30, 1986), doch findet in Sonitrol der De-minimis-Standard weder Erwähnung noch Verwendung. Sonitrol dürfte im Gegenteil eher den Vertretern eines auf Kontrolle basierenden Standards zuzurechnen sein. Vgl. unten Fn. 246 u. 248, sowie Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1409 Fn. 54); Satellite Fin. Planning Corp. v. First Nat’l Bank of Wilmington, 633 F. Supp. 386, 395 (D. Del. 1986), modified on other grounds, 643 F. Supp. 449 (D. Del. 1986) („[T]he de minimus [sic!] difference between [the parent’s] percentage of ownership and 100 percent ownership

5. Kartellrechtliche Beurteilung im US-amerikanischen Recht

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Als ausreichend wurde danach angesehen, wenn die Muttergesellschaft 99,92%240, mehr als 99%241, 97,5%242 oder 91,9%243 der Anteile der Tochtergesellschaft hält. Anteilsbesitz von 75% und 69% wurde dagegen als nicht mehr ausreichend für die Anwendung von Copperweld angesehen.244 Die Gerichte, die diesen Test verwenden, haben allerdings nie klargestellt, was sie unter einer De-minimis-Abweichung verstehen und eine handhabbare Trennlinie ist nicht ersichtlich.245 (b) Forced-merger-Test Ein nur geringfügig großzügigerer Test orientiert sich an dem Anteilsbesitz, der notwendig ist, damit die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft jederzeit auch gegen deren Willen mit der Mutter verschmelzen kann (sog. Forced-merger-Test).246 Solch ein Zusammenschluss wird als freeze-out merger bezeichnet. Wie hoch der dafür erforderliche Anteilsbesitz sein muss, richtet sich nach dem Gesellschaftsrecht des Bundesstaates, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat.247 does not diminish Copperweld’s applicability.“). Kritisch zu diesem Standard Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1427, der ihn für nicht weitgehend genug halt. 240 Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1133 (3d Cir. 1995). 241 Satellite Fin. Planning Corp. v. First Nat’l Bank of Wilmington, 633 F. Supp. 386, 395 (D. Del. 1986), modified on other grounds, 643 f. Supp. 449 (D. Del. 1986). 242 Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477, 1486 (D. Or. 1987). 243 Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605, 608 f. (D. Or. 1990). 244 Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477, 1486 (D. Or. 1987). 245 Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1409 u. 1411. 246 Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605, 609 (D. Or. 1990) (Die Muttergesellschaft besaß 91,9% der Anteile, nach dem Recht am Sitz der Tochtergesellschaft (Kanada) reichten bereits 67% um die Tochtergesellschaft mit der Mutter zu verschmelzen.). Siehe auch Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953, S. *2 Fn. 2 (D.D.C. April 30, 1986) (Das Gericht zitiert die Empfehlung des Special Master, in der es heißt, „subsidiaries in which [the parent corporation] owned more than the percentage of stock that permitted it, under the law of incorporation of the subsidiary, to force a merger of the subsidiary into [the parent] over the objections of minority shareholders, and only during that time, those corporations shall be treated as if they were wholly owned by Copperweld purposes.“). 247 Vgl. z. B. Model Bus. Corp. Act (1999) § 11.05 („(a) A domestic parent corporation that owns shares of a domestic or foreign subsidiary corporation that carry at least 90 percent of the voting power of each class and series of the outstanding shares of the subsidiary that have voting power may merge the subsidiary, or merge itself into the subsidiary, without the approval of the board of directors or shareholders of the subsidiary, unless the articles of incorporation of any of the corporations otherwise

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

(c) Auf Kontrolle basierender Test Verbreitet wird ein auf Kontrolle basierender Test verwendet.248 Entscheidend ist danach die rechtliche Möglichkeit der Muttergesellschaft, ihre Tochter zu kontrollieren. Als Begründung wird angeführt, dass derjenige, der die Kontrolle innehat, Ausrichtung und Ziele der Tochtergesellschaft festlegen und erforderlichenfalls auch durchsetzten kann. Daher haben eine Tochtergesellschaft und derjenige, der sie kontrolliert, ein „unity of purpose“.249 Die meisten Gerichte, die diesen Standard benutzen, orientieren sich an dem Anteil, den die Muttergesellschaft an ihrer Tochter hält.250 In einer Entscheidung wurden jedoch zusätzlich weitergehende Faktoren berücksichtigt, um gemeinsame Interessen und Kontrolle festzustellen.251 Obwohl auch in diesem Urteil letztlich die Kontrollmöglichkeit der Muttergesellschaft aufgrund des Anteilsbesitzes entscheidend war, wird die Entscheidung in der Literatur teilweise dahingehend interpretiert, dass sie auch Fälle von De-facto-Kontrolle erfassen könnte.252 Die provide, and unless, in the case of a foreign subsidiary, approval by the subsidiary’s board of directors or shareholders is required by the laws under which the subsidiary is organized.“). Dazu auch unten III. 7. a) dd) (1) (d). 248 Coast Cities Truck Sales, Inc. v. Navistar Int’l Transp. Co., 912 F. Supp. 747, 764 ff. (D.N.J. 1995); Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 705 f. (N.D. Cal. 1994); Novatel Commun., Inc. v. Cellular Tel. Supply, Inc., No. Civ. A. C85-2674A, 1986 WL 15507, S. *6 (N.D. Ga. Dec. 23, 1986); Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953, S. *4 f. (D.D.C. April 30, 1986). Siehe auch Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125, 1133 (3d Cir. 1995) (Das Gericht verwendet zwar den De-minimisStandard, weist aber darauf hin, dass die Muttergesellschaft vollständige Kontrolle über die Tochtergesellschaft hatte). Vgl. zur Verbreitung des Standards Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1467’f, S. 653 („The lower courts have given increasing weight to the legal power to control.“); Kintner/Bauer, S. 35 („Where the difference is significant, the corporation’s ability to exert full control over the affiliated company is an important factor in the court’s analysis.“). 249 Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 706 (N.D. Cal. 1994). Siehe auch Novatel Commun., Inc. v. Cellular Tel. Supply, Inc., No. Civ. A. C85-2674A, 1986 WL 15507, S. *6 (N.D. Ga. Dec. 23, 1986) („The 51% ownership retained by [the parent company] assured it of full control over [the subsidiary] and assured it could intervene at any time that [the subsidiary] ceased to act in its best interests.“). 250 Vgl. Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1414 („[T]raditional control approach focuses only upon the percentage ownership of stock or voting stock.“). 251 Coast Cities Truck Sales, Inc. v. Navistar Int’l Transp. Co., 912 F. Supp. 747, 765 (D.N.J. 1995). Dort hieß es, ein Gericht müsse „determine whether the parent and subsidiary are inextricably intertwined in the same corporate mission, are bound by the same interests which are affected by the same occurrences, and exist to accomplish essentially the same objectives. . . . [A] parent that does not wholly own a subsidiary but nevertheless asserts total dominion over its actions, by way of management control, contractual obligations, economic incentives, or otherwise, is probably incapable of conspiring with that subsidiary for purposes of section 1 of the Sherman Act.“ 252 So etwa Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1414. Vgl. auch Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 (N.D. Ill. 1997) („Even in a case where the

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einzige Entscheidung, die bisher wirklich zu De-facto-Kontrolle bei Minderheitsbesitz Stellung genommen hat, hat indes die Anwendung von Copperweld abgelehnt.253 Sie berief sich darauf, dass in dieser Situation die rechtliche Kontrolle bei dem Leitungsgremium der de facto kontrollierten Gesellschaft verbleibe, welches das Recht und die Pflicht habe, diese Kontrolle im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre auszuüben. Im Rahmen des Kontrolltests wurde ein Anteilsbesitz der Muttergesellschaft von 80%254, 70%255 und sogar 51%256 als ausreichend angesehen, während das Bestehen einer Kontrollmöglichkeit bei 23,9% und 32,6% Anteilsbesitz abgelehnt wurde257. Eine Entscheidung, die man auch in diese Kategorie einordnen kann, fand jedoch sogar einen Anteil von 54% nicht ausreichend, um eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen, obwohl die Gesellschaft von ihren Mehrheitsaktionären kontrolliert wurde.258 Das Gericht stützte seine Entscheidung auf abweichende Interessen der Minderheitsaktionäre. Die Umstände der Entscheidung waren in der Tat außergewöhnlich. Die Mehrheitsgesellschafter gründeten, während sie im board der von ihnen kontrollierten Gesellschaft tätig waren, ein konkurrierendes Unternehmen, das in ihrem Alleinbesitz stand und in der Folge von ihnen zum Nachteil der nur mehrheitlich kontrollierten Gesellschaft konsequent bevorzugt wurde.259 Aufgrund dieses Interessenkonflikts lehnt es das Gericht letztlich zu Recht ab, die beiden Gesellschaften als Einheit zu betrachten.260 Die Fälle, die unter dem De-minimis-Standard zu einer Privilegierung führen, werden regelmäßig auch unter dem Kontrollstandard erfasst, da der Anteilsbesitz, der erforderlich ist, um Kontrolle zu bejahen, geringer ist als der unter parent’s ownership interest is not strong, unity of interest may be established if the economic objectives of the corporations are interdependent or if the management of one company exerts almost complete control over the other.“). 253 Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953, S. *4 f. (D.D.C. April 30, 1986). 254 Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 706 (N.D. Cal. 1994). 255 Coast Cities Truck Sales, Inc. v. Navistar Int’l Transp. Co., 912 F. Supp. 747, 765 (D.N.J. 1995). 256 Novatel Commun., Inc. v. Cellular Tel. Supply, Inc., No. Civ. A. C85-2674A, 1986 WL 15507, S. *6 (N.D. Ga. Dec. 23, 1986). 257 Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Tel. & Tel. Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953, S. *4 f. (D.D.C. April 30, 1986). 258 American Vision Centers, Inc. v. Cohen, 711 F. Supp. 721, 723 (E.D.N.Y. 1989). 259 A. a. O., S. 722. 260 A. a. O., S. 722 f. Auch Heitzer, S. 243 weist darauf hin, dass das wirtschaftliche Interesse an einem Wettbewerber ein wichtiges Argument gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ist. Siehe zu der Entscheidung auch noch unten III. 7. a) dd) (1) (d).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

dem De-minimis-Standard erforderliche Anteilsbesitz.261 Umgekehrt ist dies indes nicht der Fall und eine der Entscheidungen, die den De-minimis-Standard verwenden, hat Kontrolle als Abgrenzungskriterium ausdrücklich zurückgewiesen, da kontrollierte Gesellschaft und kontrollierende Gesellschaft unter Umständen keine „unity of purpose and interest“ hätten.262 Je nachdem welchem der beiden Ansätze sie folgen, kommen Gerichte daher in bestimmten Konstellationen zu unterschiedlichen Ergebnissen. (d) Weitere Entscheidungen und Kriterien Eine letzte Gruppe bilden Gerichte, die keinem der eben geschilderten Ansätze folgen, sondern lediglich entscheiden, ob die beteiligten Gesellschaften ein „unity of purpose“ teilen.263 Dabei stellen sie im Wesentlichen auf den von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteil ab, teilweise aber auch auf zusätzliche Faktoren. Anteilsbesitz von 95%264, 85%265, 82,3%266, 82%267, 80%268 und 261

Vgl. die erwähnten Prozentwerte, sowie Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401,

1412. 262 Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477, 1486 (D. Or. 1987). Diese Entscheidung wird jedoch in ihrer Autorität untergraben durch die spätere Entscheidung desselben Gerichts in Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605 (D. Or. 1990). Vgl. Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 Fn. 21 (N.D. Ill. 1997). 263 Computer Identics Corp. v. Southern Pac. Co., 756 F.2d 200, 204 f. (1st Cir. 1985) (eine konspirative Absprache liegt nicht vor, wenn Mutter- und Tochtergesellschaft als „single entity sharing common management which made decisions controlling all“ agiert haben); Direct Media Corp. v. Camden Tel. & Tel. Co., 989 F. Supp. 1211, 1216 f. (S.D. Ga. 1997) (Muttergesellschaft kontrollierte 51% der Tochtergesellschaft und leitete sie); Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 343 ff. (N.D. Ill. 1997) (neben dem Anteilsbesitz stellte das Gericht darauf ab, dass die Interessen beider Gesellschaften nicht divergierten und interdependent waren, da die Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft essentielle Dienstleistungen erbrachte); Total Benefit Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., 875 F. Supp. 1228, 1239 (E.D. La. 1995); Rosen v. Hyundai Group (Korea), 829 F. Supp. 41, 45 Fn. 6 (E.D.N.Y. 1993), aff’d without opinion sub nom., Rosen v. Samick, 22 F. 3d 1091 (2d Cir. 1994) (das Gericht stellte eine komplette Übereinstimmung der Interessen fest, wo die Muttergesellschaft 80% der Anteile hielt und einer ihrer Manager die übrigen 20%); Total Benefits Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., No. Civ. A. 92-2386, 1993 WL 15671, S. *2 (E.D. La. Jan. 7, 1993) (das Gericht zitiert zur Unterstützung seines Ergebnisses Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605 (D. Or. 1990) und Novatel Commun., Inc. v. Cellular Tel. Supply, Inc. (N.D. Ga. 1986), zwei Fälle, die für verschiedene Standards stehen); Viacom Int’l Inc. v. Time Inc., 785 F. Supp. 371, 383 f. (S.D.N.Y. 1992) („Plaintiffs do not appear to dispute Defendants’ assertion that [the defending affiliated corporations including partially owned subsidiaries] represent a single enterprise for purposes of the Sherman Act section 1 analysis.“). Vgl. auch Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1159 f. (La. 1986). 264 Total Benefit Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., 875 F. Supp. 1228, 1239 (E.D. La. 1995).

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sogar 51%269 wurde dabei als ausreichend für eine Privilegierung des Konzerninnenverhältnisses angesehen. Allgemeinere Anforderungen formulierend stellte ein Gericht fest, dass eine Einheit der Interessen dann wahrscheinlich sei, wenn die Muttergesellschaft eine substantielle Mehrheit der Anteile der Tochtergesellschaft besitze.270 Ein anderer District Court ging anscheinend von einer Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft aus, die die Gegenseite im Verfahren zu widerlegen hat.271 Andererseits hielt eine Entscheidung zu einem einzelstaatlichen Antitrustgesetz eine wettbewerbswidrige Absprache auch zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer 78% Tochter für möglich.272 Und eine frühe Entscheidung lehnte die Anwendung von Copperweld in einer Situation ab, in der die Muttergesellschaft 79% des „equity stocks“ und 100% des „voting stocks“ hielt.273 Diese letzte Entscheidung begründete ihr Ergebnis allerdings nicht und ist weithin auf Kritik gestoßen.274 265 Total Benefits Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., No. Civ. A. 92-2386, 1993 WL 15671, S. *2 (E.D. La. Jan. 7, 1993). 266 Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 (N.D. Ill. 1997). 267 Viacom Int’l Inc. v. Time Inc., 785 F. Supp. 371, 384 f. (S.D.N.Y. 1992) (Muttergesellschaft hielt 82% der Anteile und kontrollierte 93% der Stimmen, vgl. a. a. O., S. 374 Fn. 6). 268 Computer Identics Corp. v. Southern Pac. Co., 756 F.2d 200, 204 f. (1st Cir. 1985); Rosen v. Hyundai Group (Korea), 829 F. Supp. 41, 45 Fn. 6 (E.D.N.Y. 1993), aff’d without opinion sub nom., Rosen v. Samick, 22 F. 3d 1091 (2d Cir. 1994). 269 Direct Media Corp. v. Camden Tel. & Tel. Co., 989 F. Supp. 1211, 1217 (S.D. Ga. 1997). 270 Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 (N.D. Ill. 1997). A. A. Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1159 f. (La. 1986). 271 Siehe Direct Media Corp. v. Camden Tel. & Tel. Co., 989 F. Supp. 1211, 1217 (S.D. Ga. 1997) („Plaintiff has not presented any evidence that defendants had any distinct business interests. . . . Plaintiff failed to provide evidence to suggest that Defendants were separate business entities with independent business interests.“). Vgl. dazu American Bar Association, 1997 Annual Review, S. 18, wo das Ergebnis als „überraschend“ bezeichnet wird. 272 Bevilacque v. Ford Motor Co., 125 A.D.2d 516, 518 f., 509 N.Y.S.2d 595, 598 (N.Y. App. Div. 1986). 273 Tunis Bros. Co., Inc. v. Ford Motor Co., 763 F.2d 1482, 1495 Fn. 20 (3d Cir. 1985), vacated and remanded on other grounds, 475 U.S. 1105 (1986), order reinstated and opinion largely readopted, 823 F.2d 49 (3d Cir. 1987), cert. denied, 484 U.S. 1060 (1988), and on remand to 696 F. Supp. 1056 (E.D. Pa. 1988). Siehe auch People v. Schwartz, 554 N.Y.S.2d 686, 686, 160 A.D.2d 964, 964 (N.Y. App. Div. 1990) (Individuum kann mit Gesellschaften an denen es bis zu 75% hielt wettbewerbsbeschränkende Absprachen treffen). In dem letzten Fall ging es allerdings nicht so sehr um eine „intra-enterprise conspiracy“ als vielmehr um den Missbrauch verschiedener Gesellschaften im Vergabeverfahren. 274 Siehe Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330, 344 Fn. 21 (N.D. Ill. 1997); Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1409 Fn. 50 u. 1411 Fn. 66. Der Wert der Entscheidung als Präjudiz wird darüber hinaus durch die spätere Entschei-

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Bei den für die Frage nach der „unity of purpose“ relevanten Faktoren nennt ein Gericht beispielsweise die rechtliche Beziehung zwischen den Gesellschaften, die Zusammensetzung des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft, die Zwecke der Gesellschaften und das Ausmaß der von der Tochter ausgeübten Autonomie.275 Ein anderes Gericht erwähnt als Faktoren die Interessen und Zielsetzungen der Gesellschaften, die relevanten Entscheidungsträger und wer von den Aktivitäten profitiert.276 (e) Zwischenergebnis Zur Unsicherheit über den anzuwendenden Standard kommt hinzu, dass die Gerichte auch darüber geteilter Meinung sind, ob die Frage, wann eine Gesellschaft mit ihrer nichthundertprozentigen Tochtergesellschaft wettbewerbsbeschränkende Abreden treffen kann, eine Rechtsfrage277 oder eine Tatsachenfrage278 ist. Von Bedeutung ist dies vor allem, weil nur Tatsachenfragen von der Jury entschieden werden. Will man ein Fazit ziehen, so muss man feststellen, dass es den Untergerichten bisher nicht gelungen ist, sich auf einen einheitlichen Standard zu verständigen.279 Verlässliche Kriterien für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit fehlen. Konzerne sind daher auch nach Copperweld mit beachtlicher Rechtsunsicherheit konfrontiert. Dies erschwert es ihnen, sich gesetzestreu zu verhalten, ihr Haftungsrisiko vorherzusehen und bietet darüber hinaus ein Potential für forum-shopping.280 dung des Dritten Circuit Courts in Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125 (3d Cir. 1995) begrenzt. Vgl. Rohlfing v. Manor Care, Inc., a. a. O. 275 Leaco Enterprises, Inc. v. General Elec. Co., 737 F. Supp. 605, 608 (D. Or. 1990). Vgl. auch Total Benefits Services, Inc. v. Group Ins. Admin., Inc., No. Civ. A. 92-2386, 1993 WL 15671, S. *2 (E.D. La. Jan. 7, 1993). 276 Direct Media Corp. v. Camden Tel. & Tel. Co., 989 F. Supp. 1211, 1216 (S.D. Ga. 1997). 277 Bell Atl. Bus. Sys. Services v. Hitachi Data Sys. Corp., 849 F. Supp. 702, 706 (N.D. Cal. 1994). Ebenso Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 273; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 564. 278 Computer Identics Corp. v. Southern Pac. Co., 756 F.2d 200, 204 f. (1st Cir. 1985); Bevilacque v. Ford Motor Co., 125 A.D.2d 516, 518 f., 509 N.Y.S.2d 595, 598 (N.Y. App. Div. 1986) (Copperweld ist auf hundertprozentige Tochtergesellschaften begrenzt, bei geringeren Anteilen handelt es sich daher um eine Tatsachenfrage). Vgl. auch Kintner/Bauer S. 34 („Although courts often adopt the ,unity of purpose‘ language of Copperweld, whether such unity exists is treated as a fact issue which Copperweld’s rule of law does not govern.“); McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1269. 279 Vgl. Heitzer S. 245 f., der die unterinstanzliche Rechtsprechung als „uneinheitlich“ und „teilweise ignorant“ gegenüber den Kernpunkten der Copperweld-Entscheidung bezeichnet. 280 Heitzer S. 246; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1403.

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(2) Freistellung einzelner vertraglicher Beziehungen durch die Rechtsprechung Über die erörterten Fälle hinaus haben Untergerichte in drei Situationen die Möglichkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen den Beteiligten abgelehnt, obwohl keinerlei strukturelle, also durch Anteilsbesitz vermittelte Beziehung zwischen den betroffenen Gesellschaften bestand. So haben mehrere Bezirksgerichte die Möglichkeit einer conspiracy innerhalb von Franchisebeziehungen abgelehnt.281 Begründet wird dies mit den im Franchisevertrag vorgesehenen umfangreichen Einflussmöglichkeiten des Franchisegebers. Ein Gericht bezeichnete dabei ausdrücklich das Vorliegen einer MutterTochter-Beziehung zwischen den Gesellschaften als nicht entscheidend.282 Allerdings werden dabei teilweise die in einer Franchisebeziehung bestehenden Interessenkonflikte nicht beachtet.283 Entscheidender noch ist, dass in diesen Entscheidungen angenommen wurde, aufgrund der im Franchisevertrag vorgesehenen vertraglichen Kontrollmöglichkeiten sei selbiger Vertrag keine Wettbewerbsbeschränkung.284 Der Vertrag kann aber höchstens eine kartellrechtlich privilegierte Einheit gründen, er selbst unterliegt aber jedenfalls dem Kartellverbot, da die beteiligten Gesellschaften zumindest zuvor selbständig waren.285 In einer weiteren Entscheidung lehnte ein Untergericht die Möglichkeit wettbewerbsbeschränkender Abreden zwischen einem Patentinhaber und seinem Sublizenznehmer ab.286 Aufgrund der bestehenden Exklusivlizenz könnten beide hinsichtlich des Patents nicht in Wettbewerb miteinander stehen.287 Beide 281 Search International, Inc. v. Snelling & Snelling, Inc. 168 F. Supp. 2d 621 (N.D. Tex. 2001); Hall v. Burger King Corp., 912 F. Supp. 1509, 1548 (S.D. Fla. 1995); Williams v. I.B. Fischer Nevada 794 F. Supp. 1026 (D. Nev. 1992), aff’d, 999 F.2d 445 (9th Cir. 1993). In diese Richtung auch Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 344 („Franchisors and franchisees which today represent a major segment of the American economy most strongly raise the issue of the application of enterprise principles to collective undertakings resting on contract. Other examples include licensors and licensees, and contractors and subcontractors or others in an integrated contractual chain.“). 282 Williams v. I.B. Fischer Nevada 794 F. Supp. 1026, 1032 (D. Nev. 1992), aff’d, 999 F.2d 445 (9th Cir. 1993). 283 So in Search International, Inc. v. Snelling & Snelling, Inc., 168 F. Supp. 2d 621, 626 (N.D. Tex. 2001). 284 Kritisch zu dieser Argumentation Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 357. 285 Auch die Copperweld-Entscheidung hat den ursprünglichen Zusammenschluss von der Freistellung ausdrücklich ausgenommen. Siehe oben III. 5. d) ff). 286 Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428, 431 f. (N.D. Cal. 1992). Kritisch dazu Townshend v. Rockwell Int’l Corp., No. C99-0400SBA, 2000 WL 433505, S. *5 f. (N.D. Cal. Mar. 28, 2000) („The [Copperweld-]Court expressly limited its holding to parent companies and their subsidiaries and has not extended this holding to the licensor/licensee context . . .“ Das Gericht hält daher wettbewerbsbeschränkende Absprachen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer für möglich, wenn sie eigenständige Interessen haben und differenziert und begrenzt Levi Case.)

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seien keine selbständigen wirtschaftlichen Entscheidungsträger, da die Exklusivlizenz selbst den Patentrechtsinhaber von der Ausübung der lizenzierten Rechte ausschließt.288 Indes übersieht das Gericht bei dieser Argumentation, dass das Bestehen einer Exklusivlizenz die beiden Unternehmen keinesfalls davon abhält, generell zueinander in Wettbewerb zu stehen, sondern Wettbewerb lediglich hinsichtlich der patentierten Technologie ausschließt.289 Dazu beschränkt die Entscheidung die Reichweite von section 1 Sherman Act unzutreffenderweise auf horizontale Vereinbarungen, indem sie davon ausgeht, nur Wettbewerber könnten wettbewerbswidrige Abreden treffen.290 Schließlich nahm ein District Court in Aerotech, Inc. v. TCW Capital291 eine kartellrechtlich privilegierte Einheit zwischen einem Schuldner und seinem Kreditgeber aufgrund der Finanzierung eines leveraged buyouts durch Letzteren an. Das Gericht erklärte dazu einfach die Unterschiede zwischen der Position einer Muttergesellschaft und der eines Kreditgebers oder Gläubigers für kartellrechtlich bedeutungslos.292 Die Ausdehnung der kartellrechtlichen Privilegierung jenseits des Bereichs gesellschaftsrechtlich fundierter Beziehungen ist grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten. Wie gesehen lässt es die Begründung der Freistellung durch die Gerichte hier oft an der gebotenen Sorgfalt fehlen. Ohne eine strukturelle Beziehung fehlt es in der Regel an der erforderlichen Dauerhaftigkeit der Verbindung. Außerdem bestehen innerhalb dieser vertraglichen Beziehungen häufig widerstreitende Interessen und Interessenkonflikte, sodass von einem einheitlichen Interesse wie beim Konzern nicht gesprochen werden kann. Im amerikanischen Kartellrecht dürfte vielmehr die rule of reason mit der ihr immanenten Flexibilität das angemessene Instrument für die Beurteilung etwa von Franchisevereinbarungen darstellen.293 287 Vgl. Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428, 432 (N.D. Cal. 1992). 288 Vgl. Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428, 431 f. (N.D. Cal. 1992). 289 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 357. 290 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 357. Vgl. die Ausführungen in Williams v. I.B. Fischer Nevada, 794 F. Supp. 1026, 1031 (D. Nev. 1992), aff’d, 999 F.2d 445 (9th Cir. 1993) und Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428, 432 (N.D. Cal. 1992) („[T]here was no opportunity for them to compete. Thus, they could not ,conspire‘ in violation of the antitrust laws.“). 291 No. 93 Civ. 1987 (CSH), 1994 WL 775439 (S.D.N.Y. April 20, 1994). Für die Möglichkeit des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Schuldnergesellschaft und Gläubiger auch McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1270 f. 292 Vgl. Aerotech, Inc. v. TCW Capital, No. 93 Civ. 1987 (CSH), 1994 WL 775439, S. *2 (S.D.N.Y. Apr. 20, 1994). 293 Fraser v. Major League Soccer, L.L.C., 284 F.3d 47, 58 f. (1st Cir. 2002). Das Gericht weist daraufhin, dass in zweifelhaften Situationen einschließlich Franchisefällen, in denen zwar eine teilweise aber keine vollständige Integration zwischen selb-

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(3) Ein Beispiel aus der Literatur Der wichtigste Versuch in der amerikanischen Literatur, einen allgemeineren Standard zur wirtschaftlichen Einheit zu entwickeln, stammt von Areeda. Er geht davon aus, dass das Bestehen einer Minderheitsbeteiligung das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nicht grundsätzlich ausschließt.294 Der dadurch erforderlich werdende Schutz des Minderheitsinteresses zwingt die Gesellschaften nicht, ihre Entscheidungen unabhängig voneinander zu treffen. Die Effektivitätssteigerung durch konzerninterne Kooperation, die oft die Motivation für den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung ist, ließe sich ansonsten nicht verwirklichen.295 Areeda geht weiter davon aus, dass die Interessen der Minderheitsgesellschafter meistens mit denen der Mehrheit übereinstimmen und jedenfalls nicht die Ursache für wettbewerbswidriges Verhalten bilden.296 Dennoch sieht auch er die Notwendigkeit, das Ausmaß der für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit erforderlichen Beteiligung zu bestimmen.297 Während ihm das Erfordernis einer „substantiellen Beteiligung“ dafür zu vage ist, sieht er das Bestehen einer qualifizierten Mehrheit (vgl. z. B. §§ 179 II, 293 I 2 AktG) aufgrund der Nähe zur Stellung des Alleineigentümers als ein sinnvolleres Abgrenzungskriterium an.298 Trotzdem votiert er im Ergebnis für die rechtliche Kontrolle aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung als „natürlichste“ Trennungslinie.299 Eine wirtschaftliche Einheit soll daher vorliegen, wenn eine Mehrheitsbeteiligung besteht.300 Dabei reicht Areeda die Möglichkeit der Kontrolle aus, ohne dass es auf ihre Ausübung im täglichen Geschäftsverkehr ankommen soll.301 Wann Kontrolle ausreichend ausgeübt werde, sei ohnehin stets eine graduelle Unterscheidung. Die Muttergesellschaft könne ihre Tochter auch ständigen Einheiten unter eigenständiger unternehmerischer Leitung vorliegt, eine Wahlmöglichkeit zwischen der Ausdehnung von Copperweld und der Anpassung der rule of reason an diese Fälle besteht. Dabei warnt das Gericht, dass bei einer Ausdehnung von Copperweld in diesen Bereich keine Grenze ersichtlich sei, während es die Anwendung der rule of reason als naheliegender ansieht. Zur Beurteilung von Franchise-Systemen im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht etwa Blaurock in: FS Werner, S. 23. Auch Blaurock nimmt nicht an, die Mitglieder der Franchisevereinbarung würden schon aufgrund dieser Vereinbarung nicht dem Kartellverbot unterfallen. 294 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d2, S. 253. 295 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d2, S. 253. 296 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d3, S. 254 u. } 1467b, S. 260. Siehe auch Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 206 („[P]erhaps most parent corporations and their subsidiaries are ,one entity‘ . . .“). 297 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 267. 298 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 268. 299 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 268. 300 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467a, S. 259. 301 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467a, S. 259; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 466.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

ohne ihre Kontrollmöglichkeit aktuell auszuüben steuern.302 Unter bestimmten Umständen, wie sie etwa in Citizens & Southern gegeben waren, soll daneben auch De-facto-Kontrolle ausreichend sein.303 Im Ergebnis soll danach die aus einer Mehrheitsbeteiligung folgende Kontrollmöglichkeit eine wirtschaftliche Einheit etablieren. Um den Schwierigkeiten des Einzelfalls gerecht zu werden schlägt Areeda vor, dies eher als eine Vermutung zu behandeln.304 Wo Kontrolle im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung besteht, plädiert er für ein faktspezifischeres Vorgehen.305 e) Ergebnis In den USA ist heute zu Recht anerkannt, dass die horizontale wie vertikale Koordination innerhalb eines Konzerns, der aus hundertprozentigen Tochtergesellschaften besteht, nicht dem Kartellverbot des Sherman Acts unterliegt. Das Gleiche gilt für den ganz überwiegenden Teil der einzelstaatlichen Kartellgesetze sowie weitere bundesgesetzliche Regelungen. Die vom Supreme Court in Copperweld entschiedene Situation einer Muttergesellschaft mit hundertprozentiger Tochtergesellschaft entspricht dabei derjenigen in Viho, weshalb der Generalanwalt die amerikanische Entscheidung in seinen Schlussanträgen auch ausdrücklich heranzog.306 Dass diese Querverbindung im Urteil selbst nicht deutlich wird, liegt daran, dass der EuGH nur sich selbst zitiert, Entscheidungen anderer Gerichte dagegen selbst dann nicht erwähnt, wenn er ihnen in der Sache folgt.307 Wenn es auch sicherlich nur ein Faktor unter mehreren in der Viho-Entscheidung war, hat das US-Recht hier also das europäische Wettbewerbsrecht beeinflusst.

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Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467e, S. 264 f. Areeda, Antitrust Law VII, } 1466a, S. 249 u. } 1467f2, S. 270. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 273. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 273. Siehe Lenz Slg. 1996, I-5459, 5479 Rn. 73. Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 15.

6. Zwischenergebnis

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6. Zwischenergebnis Die Analyse in den vorherigen Abschnitten hat eine recht ähnliche Situation in den drei untersuchten Rechtsordnungen Deutschland, Europa und USA ergeben. Bei der Beurteilung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen hat sich diesseits und jenseits des Atlantiks die Erkenntnis durchgesetzt, dass Konzerne, wenn sie über einen entsprechenden Integrationsgrad verfügen, wettbewerbsrechtlich als Einheit anzusehen sind und nicht dem Kartellverbot unterfallen.1 Die konzerninterne Verhaltenskoordination in einer solchen wirtschaftlichen Einheit ist folglich freigestellt. Hintergrund ist, dass es den Konzernunternehmen innerhalb dieser Verbindung aufgrund der Konzernbindungen an beschränkbarer Handlungsfreiheit und der Fähigkeit, selbständig gegen den Willen der Konzernspitze zu handeln, fehlt. Für das Wettbewerbsrecht bleibt dann kein Raum mehr, selbständige Entscheidungsträger zu erhalten. Wo kein freier Wettbewerb besteht, kann das Gesetz ihn auch nicht schützen. Der unterschiedliche dogmatische Ansatzpunkt bei der Einordnung des Problems – concerted action hier, Wettbewerbsbeschränkung dort – bedeutet dagegen keinen Unterschied in der Sache, sondern ergibt sich aus den unterschiedlichen tatbestandlichen Feinstrukturen.2 In allen drei Rechtsordnungen gibt es allerdings auch vergleichbare Unsicherheiten. Es fehlt an einer klareren Konturierung, was eine dem Kartellverbot nicht unterfallende wirtschaftliche Einheit ausmacht. Die weiterreichende Frage, wie ein über die entschiedenen Fälle hinausragendes, allgemeines Konzept der wirtschaftlichen Einheit auszugestalten ist, ist weithin ungeklärt. Da das Bedürfnis nach einer Konkretisierung der Voraussetzungen für die kartellrechtliche Privilegierung des Konzerns indes unbestreitbar ist, werden die Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit im folgenden Abschnitt vertieft untersucht.

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So auch Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 7 u. 17. Vgl. Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 18, die für die Erfassung des Sachproblems frei von Begrifflichkeiten des jeweiligen Kartellverbots votieren. Es sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass das amerikanische Kartellverbot ohne den Unternehmensbegriff formuliert ist, siehe oben II. 4. b) bb). Eine Lösung des Problems konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen über die (fehlende) Unternehmenseigenschaft von Konzernunternehmen käme daher in den USA gar nicht in Betracht. Siehe auch Fleischer/Körber WuW 2001, 6, 18. Auf die unterschiedlichen tatbestandlichen Anknüpfungspunkte weist auch Potrafke S. 175 hin. 2

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung des Konzerns Wo also ist die Grenze zwischen exkulpierenden und irrelevanten Konzernbeziehungen zu ziehen?1 Bei dieser Grenzziehung ist zu beachten, dass selbständige Entscheidungszentren geschützt werden, wo sie bestehen. Andererseits sollte einseitiges Verhalten dem Kartellverbot entzogen und als das eines einzigen Unternehmens eingeordnet werden. Ein angemessener Standard muss Wettbewerb erhalten, wo er besteht, gleichzeitig aber auch die tatsächlich existierende wirtschaftliche Einheit und die Kartellrechtsimmunität ihres Innenverhältnisses akzeptieren.2 Bei dem Versuch, die Grenzen einer „kollektivistischen Konzersicht“3 auszuleuchten, müssen mehrere Fragen unterschieden werden. Zum einen die Frage, wann es einer Tochtergesellschaft an der erforderlichen Autonomie fehlt. Wie groß müssen die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten der Konzernspitze seien, damit von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen werden kann? Dies betrifft die strukturellen Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit. Zum anderen ist zu klären, ob es über die bloße Möglichkeit der Kontrolle und Einflussnahme (Leitungspotenz) hinaus auch der tatsächlichen Einwirkung der Konzernspitze auf das der Kontrolle und Einflussnahme unterworfene Unternehmen bedarf. Weiter ist zu prüfen, ob neben dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zusätzliche limitierende Voraussetzungen für die Freistellung konzerninterner Verhaltensweisen anzuerkennen sind. Schließlich ist die Reichweite der Freistellung zu klären, sowohl hinsichtlich der verschiedenen Ebenen des Konzerns als auch in zeitlicher Hinsicht. a) Zur Ausgestaltung der wirtschaftlichen Einheit Bei der Konkretisierung der Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit müssen potentiell konfligierende Anforderungen berücksichtigt werden. Um der Vielzahl unterschiedlicher Konzernstrukturen in der modernen Wirtschaftswirklichkeit gerecht zu werden, ist ein an den Besonderheiten des Einzelfalls orientierter Standard geboten. Gleichzeitig ist im Interesse der Rechtssicherheit, insbesondere für die betroffenen Unternehmen, eine möglichst einfach nachvollziehbare Grenzziehung angebracht. Schließlich muss jeder Standard die Ziele 1 Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 318 (7th Cir. 1982), rev’d on other grounds, 467 U.S. 752 (1984) („[P]roper question . . . when the distinction between affiliation and integration is trivial and when it is significant.“). 2 Siehe Goldman Tul. L. Rev. 63 (1989), 751, 794; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1267. 3 Fleischer AG 1997, 491, 492.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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des Wettbewerbsrechts berücksichtigen und darf nicht zu leicht umgangen werden können.4 aa) Die wirtschaftliche Einheit in der kartellrechtlichen Gemeinschaftspraxis Ausgangspunkt für die Konkretisierung soll die Rechtsprechung zum europäischen Wettbewerbsrecht sein, in der das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit wiederholt Verwendung gefunden hat, um die Zurechnung innerhalb eines Unternehmensverbunds zu begründen oder um eine privilegierte Konzernbeziehung zu kennzeichnen. EuGH und EuG sprechen dazu von einer wirtschaftlichen Einheit, in deren Rahmen die Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen kann,5 sondern die Anweisungen der sie kontrollierenden Muttergesellschaft befolgt.6 Dieser Formulierung hat sich die Literatur überwiegend angeschlossen.7 4 Vgl. Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 376 Fn. 74; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 568. 5 EuGH v. 02.12.1999, Slg. 1999, I-8643, 8673 Rn. 18 f. „Allen u. a.“; v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5495 Rn. 16 „Viho/Kommission“; v. 11.04.1989, Slg. 1989, 803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 19 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 „Geigy/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 „ICI/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 84, 849 „Sandoz/Kommission“; EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 51 „Viho/Kommission“; vgl. auch EuG v. 10.03.1992, 1403, 1547 Rn. 357 „SIV u. a./ Kommission“. Ohne den Begriff wirtschaftliche Einheit zu erwähnen zuletzt EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000. I-9925, 9975 Rn. 26 „Stora Kopparsbergs Bergslags/Kommission“. Vgl. auch die Begründung des Vorschlags der Kommission für ein Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 172; sowie BGH v. 06.05.1981, BGHZ 81, 282, 289 „GEMA“. 6 Dieser Zusatz findet sich nur in der Entscheidung Viho/Kommission. In anderen Entscheidungen findet sich die Formulierung „sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt“. Siehe z. B. EuGH v. 14.077.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 „ICI/Kommission“; EuG v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 440 Rn. 49 „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“. 7 Zum Beispiel Bellamy/Child Rn. 2-005; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 11; Ebel Art. 85 Rn. 30; Gassner S. 45; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 39; Heitzer S. 179; Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 311; Jones/Sufrin S. 103; Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 24; van Rijn S. 123, 129; Ritter/Braun/Rawlinson S. 34; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 213; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32; auch Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 54 f., die allerdings von zwei Voraussetzungen ausgehen und die Autonomie der Tochtergesellschaft neben das Erfordernis der wirtschaftlichen Einheit stellen. Inhaltlich identisch auch Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/MüllerGraff, Art. 85 Rn. 73 f., der von einem Autonomiekriterium spricht, im Rahmen des-

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Untersucht man die Entscheidungen von EuGH, EuG und Kommission jedoch näher im Hinblick darauf, unter welchen Voraussetzungen eine wirtschaftliche Einheit angenommen wurde, so bietet sich ein uneinheitliches Bild. Ein gemeinsames Konzept lässt sich nicht ohne weiteres erkennen.8 (1) Entscheidungen von EuGH und EuG (a) Annahme einer wirtschaftlichen Einheit/Zurechnung Zunächst lassen sich Fälle nennen, die man wohl als relativ unkontrovers bezeichnen kann, da es sich um stark zentralisierte Konzerne handelte und in der Regel auch eine aktive Einflussnahme der Muttergesellschaft vorlag. So sah der EuGH Konzerne für Zurechnungszwecke als Einheit an, in denen die Muttergesellschaft das gesamte Kapital oder jedenfalls die Kapitalmehrheit ihrer Tochtergesellschaften hielt bzw. die Tochtergesellschaften ganz unter ihrer Kontrolle standen, sie zusätzlich die Preispolitik der Tochtergesellschaften entscheidend beeinflussen konnte und von ihrer Weisungsbefugnis tatsächlich Gebrauch gemacht hatte, in einem Fall sogar gerade hinsichtlich des wettbewerbswidrigen Verhaltens.9 Ähnlich war die Lage im Fall BPB und British Gypsum, in dem sich der Gerichtshof die Ausführungen des Generalanwalts zu eigen machte. Dieser hatte eine wirtschaftliche Einheit zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft angenommen, da beide eine einheitliche Handelspolitik verfolgten und er davon ausging, die Muttergesellschaft hätte ihrer Tochter Weisungen erteilt.10 Auch im bereits dargestellten Viho-Fall war der Parker-Konzern stark zentralisiert. Die Muttergesellschaft hielt 100% des Kapitals ihrer Tochtergesellschaften und eine von der Muttergesellschaft eingesetzte Gebietsleitung steuerte die Verkaufs- und Marketingaktivitäten der Tochtergesellschaften. Diese Gebietsleitung überwachte unter anderem die Verkaufsziele, die Bruttomargen, die Verkaufskosten, den cash flow und die Lagerbestände, schrieb die zu verkaufende Produktpalette vor und erteilte Richtlinien für Preise und Preisnachlässe.11 Sämtliche Vertriebskosten und das Risiko einer Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurden von der Muttersen auf die Entscheidungsfreiheit der Tochter abzustellen ist. Dagegen spricht Micklitz EWiR 1997, 219, 220 von einer „kartellrechtlich zweifelhaften Konzernpolitik“. 8 Vgl. zu den Schwierigkeiten, aus den Entscheidungen die für eine wirtschaftliche Einheit relevanten Kriterien herauszufiltern, nur Rütsch S. 48 f.; sowie die unten dargestellten Interpretationen der Literatur. Dazu auch Heitzer S. 172: „Die Entscheidungspraxis lässt einen einheitlichen systematischen Ansatz vermissen.“ 9 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 136/141 „ICI/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 45 „Geigy/Kommission“. 10 EuGH v. 06.04.1995, Slg. 1995, I-865, 904 Rn. 11 i.V. m. 873 Rn. 28 f. aus den Schlussanträgen des Generalanwalts Léger „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“.

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gesellschaft getragen. In dieser Situation nahmen sowohl das EuG als auch der EuGH das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit an.12 Ferner nahm das EuG eine Zurechnung aufgrund hundertprozentigen Anteilsbesitzes und vollständiger Abhängigkeit der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft vor.13 Eine Zurechnung in einer weniger eindeutigen Situation findet sich in Suiker Unie. Hier rechnete der EuGH im Rahmen von Art. 82 EGV einer Gesellschaft den Marktanteil zweier anderer Gesellschaften zu, an denen sie jeweils mindestens 50% des Kapitals hielt, Mitglieder in die Leitungsgremien entsandte und die sich der Absatzpolitik der ersten Gesellschaft häufig bis regelmäßig angeschlossen hatten.14 Ebenfalls im Rahmen von Zurechnungsfragen finden sich in der Entscheidung Commercial Solvents weitere Ausführungen zur wirtschaftlichen Einheit. Dort wurde eine zurechnungsbegründende Einheit in einem Fall bejaht, in dem die Muttergesellschaft 51% des Kapitals der Tochtergesellschaft besaß, personelle Verflechtungen bestanden und die Mutter von der daraus resultierenden Beherrschungsmöglichkeit zumindest hinsichtlich des fraglichen Verhaltens Gebrauch gemacht hatte.15 Daneben stellte der Gerichtshof darauf ab, dass Mutter- und Tochtergesellschaft auf bestimmten Märkten offensichtlich einheitlich vorgingen. Das EuG nahm in einem anderen Fall an, dass eine Vermarktungsgesellschaft „de facto mit jedem ihr angehörigen Kartonhersteller eine wirtschaftliche Einheit“ bildete, da die Vermarktungsgesellschaft rechtlich und wirtschaftlich an ihre Mitgliedsgesellschaften gebunden war, Weisungen von ihnen zu befolgen hatte und sich auf dem Markt nicht unabhängig von ihnen verhalten konnte.16 Teilweise greift das EuG zur Begründung einer wirtschaftlichen Einheit auch auf den von ihm wiederholt verwendeten materiell-institutionellen Unternehmensbegriff zurück.17 So etwa in den Entscheidungen Shell und Mo och Domsjö, in denen das Gericht auf diese Weise mehrere Konzernunternehmen für Zurechnungszwecke als wirtschaftliche Einheit einordnete. Dabei benutzte es beide Male eine vergleichbare Formulierung, wonach die Konzernunternehmen „eine einzige einheitliche Organisation persönlicher, ma11 Vgl. EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 32 Rn. 40 f., 34 Rn. 48 „Viho/Kommission“. 12 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5495 Rn. 16 „Viho/Kommission“; EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 34 Rn. 49 „Viho/Kommission“. Generalanwalt Lenz beschränkte seine Ausführungen in den Schlussanträgen ausdrücklich auf den Fall einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, siehe Slg. 1996, I-5459, 5475 Rn. 61. 13 EuG v. 14.07.1994, Slg. 1994, II-549, 569 Rn. 57 „Parker Pen/Kommission“ (hinsichtlich des Herlitz-Konzerns). 14 EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 1996 Rn. 378–380 „Suiker Unie und andere/Kommission“. 15 EuGH v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 247 Rn. 6, 255 f. Rn. 37–41 „Commercial Solvents/Kommission“. 16 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1727, 1748 Rn. 50 „Metsä-Serla u. a./Kommission“. 17 Dazu bereits oben II. 3. c) bb) Fn. 94 und III. 4. d) bb).

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terieller und immaterieller Mittel darstellen, die dauerhaft den wirtschaftlichen Zweck verfolgt“, ein bestimmtes Produkt zu erzeugen und zu verkaufen, „um ihren Gewinn zu maximieren, auch wenn dies gegebenenfalls zu Lasten der Einzelgewinne ihrer verschiedenen Organisationsteile geht“.18 Innerhalb dieser Organisation habe jede Gesellschaft eine bestimmte Aufgabe. Ob eine wirtschaftliche Einheit nur unter diesen Umständen vorliegen kann, bleibt dabei unklar. Insbesondere konglomerate Verbindungen wären so nicht erfasst. (b) Keine wirtschaftliche Einheit/Zurechnung In der Metro-Entscheidung bildeten die Unternehmen der Thomson-BrandtGruppe dagegen keine wirtschaftliche Einheit, da sie nur auf der Kapitalebene miteinander verbunden waren, aber keine abgestimmte Marktstrategie nach den Richtlinien ihrer Muttergesellschaft oder nach einem von ihnen vereinbarten Plan festgestellt werden konnte.19 In der Bodson-Entscheidung findet sich die ähnliche Aussage, die bloße Tatsache, dass die Unternehmen derselben Gruppe angehören, sei nicht ausschlaggebend, es komme vielmehr auf die Art der Beziehung zwischen den Unternehmen der Gruppe an.20 Für den zu entscheidenden Fall stellte der EuGH fest, dass nicht ersichtlich sei, ob die beteiligten Unternehmen eine gemeinsame, von der Mutterfirma bestimmte Linie auf dem Markt verfolgten. Auch in der Entscheidung BMW Belgium wurde das Verhalten der Tochtergesellschaft nicht der Muttergesellschaft zugerechnet. Der EuGH erklärte, dass Unterschiede im Verhalten und in den Interessen vom Mutter- und Tochtergesellschaft auch durch vollständige wirtschaftliche Abhängigkeit nicht ausgeschlossen seien.21 In diesem Fall hatte die Muttergesellschaft ausdrücklich Bedenken hinsichtlich des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Tochtergesellschaft geäußert, die von der Tochtergesellschaft nicht beachtet wurden. Für den Fall einer Beteiligung in Höhe von 25,001% lehnten sowohl die Kommission als auch das EuG das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ab, da keine über diesen Anteil hinausgehende Kontrolle des Gesellschafters bestand und das Gericht die gegebenen Einflussmöglichkeiten als nicht ausreichend ansah.22 Zudem existierten hier zwei weitere Gesellschafter, die höhere Anteile in der Ziel-

18 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1989, 2020 Rn. 88 „Mo och Domsjö/Kommission“; v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 885 Rn. 312 „Shell/Kommission“. 19 EuGH v. 22.10.1988, Slg. 1986, 3021, 3094 Rn. 84 „Metro/Kommission“. 20 EuGH v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 20 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“. 21 EuGH v. 12.07.1979, Slg. 1979, 2435, 2475 f. Rn. 24 „BMW/Kommission“. 22 Kommission v. 02.08.1989, ABl. 1989 Nr. L 260 v. 06.09.1989, S. 1, 37 Rn. 178 „Betonstahlmatten“; EuG v. 06.04.1995, Slg. 1995, II.791, 841 f. Rn. 129 ff. „Tréfileurope/Kommission“; v. 06.04.1995, Slg. 1995, II-987, 1034 f. Rn. 107 ff. „Baustahlgewebe/Kommission“; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 38 f.

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gesellschaft hielten.23 Es handelte sich insgesamt weniger um ein Mutter-Tochter-Verhältnis, als vielmehr um ein Gemeinschaftsunternehmen.24 Zur dogmatischen Einordnung stellte der EuGH unlängst klar, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit auf tatsächlichen Feststellungen im Rahmen des zu beurteilenden Sachverhalts beruht und daher nicht durch Rechtsmittel angegriffen werden kann.25 Es handelt sich nicht um eine reversible Rechtsfrage. (c) Insbesondere hundertprozentige Tochtergesellschaften Besondere Beachtung verdient die Situation einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, bei der eine Einflussnahme der Muttergesellschaft nicht feststeht. In der AEG-Entscheidung hieß es zunächst: „Da AEG nicht bestritten hat, dass sie in der Lage war, die Vertriebs- und Preispolitik ihrer Tochtergesellschaften entscheidend zu beeinflussen, bleibt zu prüfen, ob sie von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Eine solche Prüfung ist jedoch im Fall von TFR nicht erforderlich; als hundertprozentige Tochtergesellschaft von AEG befolgt diese zwangsläufig eine Politik, die von denselben satzungsmäßigen Organen festgelegt wird wie die Politik von AEG.“26 EuG, Kommission und zahlreiche Stimmen in der Literatur nahmen in der Folge an, eine Muttergesellschaft und ihre hundertprozentige Tochtergesellschaften bildeten nach dieser Rechtsprechung stets eine wirtschaftliche Einheit, sodass eine Zurechnung ohne weitere Feststellungen oder Nachweise möglich sei.27 Der Gerichtshof hat indes jüngst in der Stora-Entscheidung versucht, seine Ansicht klarzustellen. In der Vorinstanz hatte das EuG hinsichtlich der Zurechnung des Wettbewerbsverstoßes einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft zunächst ausgeführt, es brauche nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht geprüft zu werden, ob die Muttergesellschaft von der Möglichkeit, die 23 Siehe Kommission v. 02.08.1989, ABl. 1989 Nr. L 260 v. 06.09.1989, S. 1, 7 Rn. 16 u. 37 Rn. 18 „Betonstahlmatten“; EuG v. 06.04.1995, Slg. 1995, II-987, 1032 Rn. 100 „Baustahlgewebe/Kommission“. 24 Kommission v. 02.08.1989, ABl. 1989 Nr. L 260 v. 06.09.1989, S. 1, 7 Rn. 16 u. 37 Rn. 178 „Betonstahlmatten“. 25 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-10065, 10097 Rn. 30 u. 10099 Rn. 37 „MetsäSerla u. a./Kommission“. So auch Mischo Slg. 2000, I-10067, 10077 Rn. 59. 26 EuGH v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151, 3199 Rn. 50 „AEG/Kommission“. 27 So etwa EuG v. 20.04.1999, Slg. 1999, II-931, 1197 Rn. 984 „Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission“; v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 440 Rn. 49 „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“; Kommission v. 10.01.1996, ABl. 1996 Nr. L 201 v. 09.08.1996, S. 1, 56 Rn. 224 „Adalat“; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 57; Mischo Slg. 2000, I-9928, 9933 Rn. 18; Pohlmann S. 361; anders aber Schütz WuW 1998, 335, 337. Zu Ausnahmen in der Entscheidungspraxis der Kommission unten III. 7. a) aa) (2) (b).

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Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft entscheidend zu beeinflussen, tatsächlich Gebrauch gemacht habe, da sie nicht bestritten habe, dazu in der Lage zu sein.28 Dazu rezitierte es die AEG-Entscheidung. Dabei ließ es das Gericht indes nicht bewenden und schob nach, dass die Muttergesellschaft jedenfalls nicht bewiesen habe, dass die Tochtergesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt aufgetreten sei, ihre Geschäftspolitik weitgehend selbst bestimmt und über ihren eigenen Vorstand sowie über Vertreter nach außen verfügt habe. Gegen diese Zurechnung des Verhaltens ihrer Tochtergesellschaft wehrte sich die Muttergesellschaft mit der Begründung, sie habe die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft nicht beeinflusst, diese hätte sie vielmehr stets eigenständig bestimmt. Nach Auffassung des EuGH ist das EuG nicht davon ausgegangen, dass sich die Verantwortung der Muttergesellschaft allein aus ihrer hundertprozentigen Kapitalbeteiligung ergibt. Das EuG habe sich vielmehr auch darauf gestützt, dass die Muttergesellschaft nicht bestritten habe, zu einer entscheidenden Beeinflussung der Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft in der Lage gewesen zu seien, ohne Beweise für ihr Vorbringen in Bezug auf deren Eigenständigkeit vorzulegen.29 Demnach interpretierte der EuGH seine Rechtsprechung in dem Sinne, dass eine hundertprozentige Kapitalbeteiligung alleine nicht reicht, wohl aber die Fähigkeit der Muttergesellschaft, die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaften entscheidend zu beeinflussen, es sei denn die Muttergesellschaft weist nach, dass die Tochtergesellschaften eigenständig handelten. Auf den ersten Blick scheint diese Aussage widersprüchlich zu sein, da wer 100% der Anteile an einer anderen Gesellschaft hält regelmäßig in der Lage sein wird, deren Geschäftspolitik entscheidend zu beeinflussen.30 Sinnvoller wird diese Aussage, wenn man sie als Beweislastverteilung begreift: In Fällen dieser Art obliegt es nicht der Kommission darzulegen, dass die Muttergesellschaft die Geschäftspolitik der Tochter beeinflusst oder Weisungen erteilt hat, sondern umgekehrt der Muttergesellschaft, die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft darzutun. Der EuGH scheint diese Interpretation indes nicht zu teilen, meint er doch, der Muttergesellschaft werde durch seine Ausführungen nicht die Beweislast für die Unabhängigkeit des Verhaltens ihrer Tochtergesellschaft auferlegt.31 Vielmehr sei aufgrund der hundertprozentigen Kapitalbeteiligung die Annahme be28 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2132 Rn. 50 „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“. 29 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-9925, 9976 Rn. 28 „Stora Kopparsbergs Bergslags/Kommission“. Ähnlich EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1007, 1024 Rn. 46 „KNP BT/Kommission“: „Zunächst macht die Klägerin nicht geltend, dass sie nicht in der Lage war, die Geschäftspolitik . . . [der Tochtergesellschaft] entscheidend zu beeinflussen.“ 30 Riesenkampff WuW 2001, 357. 31 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-9925, 9976 Rn. 29 „Stora Kopparsbergs Bergslags/Kommission“.

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rechtigt, dass die Muttergesellschaft tatsächlich entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt habe. Diese Annahme hat nach Ansicht des EuGH nun doch die Muttergesellschaft zu entkräften.32 Auch wenn sich der Gerichtshof dabei zusätzlich darauf stützt, dass sich die Muttergesellschaft im Verwaltungsverfahren als alleinige Ansprechpartnerin der Kommission innerhalb des Konzerns für den Wettbewerbsverstoß präsentiert hat, bleiben diese Ausführungen schwer verständlich.33 Letztlich lässt sich die Entscheidung wohl nur so verstehen, dass nach Ansicht des EuGH eine widerlegliche Vermutung dafür besteht, dass hundertprozentige Tochtergesellschaften ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmen und diese Vermutung insbesondere dann gilt, wenn zusätzliche Beweiszeichen auf eine Beteiligung der Muttergesellschaft hindeuten, so wie hier das Auftreten der Muttergesellschaft im Verwaltungsverfahren.34 Unter diesen Umständen hat die Muttergesellschaft die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaften darzutun. Dies würde in der praktischen Anwendung weitgehend dem Konzept des Generalanwalts entsprechen. Dieser hatte vorgeschlagen, der Kommission zwar die Beweislast für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft auf ihre Tochter aufzuerlegen, daran jedoch im Fall einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft geringe Anforderungen zu stellen und bereits Beweiszeichen ausreichen zu lassen.35 Als entsprechendes Beweiszeichen sah er das Verhalten der Muttergesellschaft im Verwaltungsverfahren an.36 Mit der Feststellung, dass die Kontrolle sämtlicher Anteile für sich genommen nicht ausreicht, weicht der EuGH aber jedenfalls vom Standard des Supreme Courts 32 EuGH v. 16.11.2000, Slg. 2000, I-9925, 9976 Rn. 29 „Stora Kopparsbergs Bergslags/Kommission“. 33 Ebenso Riesenkampff WuW 2001, 357, 357 f. Dass die Muttergesellschaft im Verfahren für den ganzen Konzern auftrat, hatte schon das EuG als zusätzliches Argument für die Zurechnung gewertet. Siehe EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2141 Rn. 85 „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“. 34 Riesenkampff WuW 2001, 357, 358. Ähnlich Bellamy/Child Rn. 12-109. In diese Richtung scheint auch die Kommission die Entscheidung zu verstehen, siehe Kommission v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 18 Rn. 231 „Methionin“. Dafür spricht die englische Fassung der Entscheidung, in der die Rn. 28 f. lauten: „As that subsidiary was wholly owned, the Court of First Instance could legitimately assume . . . that the parent company in fact exercised decisive influence over its subsidiary’s conduct . . . it was for the [parent company] to reverse that presumption.“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Vgl. Mischo Slg. 2000, I-9928, 9937 Rn. 49: „Hält eine Gesellschaft das gesamte Kapital einer anderen Gesellschaft, so ist nämlich eine strenge Kontrolle der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in Bezug auf die strategischen Entscheidungen bei Preisen, Arbeitsentgelten und wichtigen Investitionen viel wahrscheinlicher als ein Desinteresse der Muttergesellschaft und die völlige Autonomie der Tochtergesellschaft.“ 35 Mischo Slg. 2000, I-9928, 9937 Rn. 48. 36 Mischo Slg. 2000, I-9928, 9937 Rn. 49. Daneben erwähnte er eine hier wohl teilweise erfolgte Kontrollausübung durch die Muttergesellschaft und personelle Verflechtungen.

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ab, der in Copperweld das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Muttergesellschaft und ihrer hundertprozentigen Tochter unwiderleglich annahm. Ein weiterer interessanter Aspekt findet sich in der Stora-Entscheidung hinsichtlich der Zurechnung des Verhaltens einer Tochtergesellschaft, an der die Muttergesellschaft zunächst 75%, später 97,84% der Anteilte hielt. Hier berief sich die Muttergesellschaft darauf, dass sie nach deutschem Aktienrecht keine Möglichkeit gehabt habe, die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft entscheidend zu beeinflussen, da sie die Vorstandsmitglieder nicht abberufen konnte. Das Gericht erster Instanz lehnte diesen Einwand mit der knappen Begründung ab, die Muttergesellschaft habe nicht behauptet, dass sie überhaupt versucht habe, die fragliche Zuwiderhandlung etwa dadurch abzustellen, dass sie den Vorstand schlicht dazu aufforderte.37 Damit zeigt das Gericht nicht nur keine Bereitschaft, auf die Details des nationalen Gesellschaftsrechts einzugehen, sondern bejaht auch eine Zurechnung, obwohl hier eine Einflussnahme der Muttergesellschaft gerade nicht feststand. (2) Entscheidungen der Kommission (a) Annahme einer wirtschaftlichen Einheit/Zurechnung Wie die Rechtsprechung nahm auch die Kommission mehrfach eine wirtschaftliche Einheit im Falle hundertprozentigen Anteilsbesitzes an. So bejahte sie in der Entscheidung Christiani & Nielsen unter folgenden Umständen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit: die Anteile der Tochter befanden sich ausschließlich in der Hand der Mutter, die Mutter hatte ein Weisungsrecht und war berechtigt, die Vorstandsmitglieder der Tochtergesellschaft zu ernennen.38 Dabei führte die Kommission aus, in diesem Zusammenhang sei es „von entscheidender Bedeutung, auf Grund des Sachverhaltes festzustellen, ob eine von der Muttergesellschaft unabhängige Maßnahme der Tochtergesellschaft auf wirtschaftlicher Ebene möglich ist“.39 In der Literatur wurde die Kommission so verstanden, dass sie annehme, es fehle an einem potentiellen Wettbewerbs37 EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-2111, 2141 Rn. 84 „Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission“. Die Zurechnung hält auch Generalanwalt Mischo Slg. 2000, I-9928, 9940 Rn. 64 f. für gerechtfertigt. Das gleiche Argument findet sich in EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1007, 1024 Rn. 49 „KNP BT/Kommission“: „Die Klägerin hat im Übrigen nicht bestritten, dass sie nicht einmal versucht hat, die Fortsetzung der Zuwiderhandlung zu verhindern.“ 38 Vgl. Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 13 f. „Christiani & Nielsen“. Heitzer S. 175 spricht zu Recht davon, dass die Tochtergesellschaft hier wie eine unselbständige Betriebsabteilung geführt wurde. 39 Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 14 „Christiani & Nielsen“.

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verhältnis, wenn die Muttergesellschaft die Wahl habe, ob sie auf einem bestimmten Gebiet durch eine unselbständige Tochtergesellschaft tätig werde, wenn sie die Tochtergesellschaft wie eine Betriebsabteilung führe und wenn sie es auch ohne Vereinbarung in der Hand habe, das Verhalten der Tochtergesellschaft zu lenken.40 In anderen Entscheidungen hat die Kommission eine Muttergesellschaft und ihre hundertprozentigen Tochtergesellschaften41 bzw. eine Muttergesellschaft, weisungsgebundene Tochtergesellschaften und beherrschte Unternehmen42 ohne weitere Begründung als wirtschaftliche Einheiten angesehen. Eine wirtschaftliche Einheit nahm sie auch an zwischen einer Muttergesellschaft und den von ihr kontrollierten, nicht wirklich selbständigen Tochtergesellschaften, denen nur die Ausführung der von der Konzernspitze vorgegebenen Geschäftspolitik oblag.43 In Zera/Montedison nahm die Kommission eine wirtschaftliche Einheit zwischen zwei hundertprozentigen Tochtergesellschaften des gleichen Konzerns an, wobei die eine Gesellschaft in hohem Maße weisungsabhängig von der anderen war.44 Daneben erwähnte die Kommission in anderen Entscheidungen im Rahmen von Zurechnung und Adressatenwahl weitere Umstände, unter denen sie den Konzern als Einheit behandelt. So hat sie Mutter- und Tochtergesellschaft als ein Unternehmen angesehen, wenn die Muttergesellschaft Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft ausübt.45 Für Zurechnungszwecke nahm die Kommission eine Einheit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ferner in einem Fall an, in dem die Muttergesellschaft sämtliche Anteile der Tochtergesellschaft hielt, Kenntnis von den fraglichen Tätigkeiten hatte und sie selbst angeregt hatte,46 sowie in einem Fall, in dem der Muttergesellschaft das Verhalten der hundertprozentigen bzw. 98,99%igen Tochtergesellschaften bekannt war, sie es gebilligt hatte und teilweise aktiv daran beteiligt war.47 In Eurofix-Bauco/Hilti er40

Huber AWD des BB 1969, 429, 430. Kommission v. 08.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 22 v. 27.10.1978, S. 23, 30 „Hugin/ Liptons“. 42 Kommission v. 06.08.1984, ABl. 1984 Nr. L 220 v. 17.08.1984, S. 27, 41 Rn. 83 „Zinc Producer Group“. 43 Kommission v. 17.12.1975, ABl. 1976 Nr. L 95 v. 09.04.1976, S. 1, 11 „Chiquita“; zur Situation der Tochtergesellschaften siehe die Sachverhaltsdarstellung S. 2– 6; sowie Lipowsky S. 67, die daher annimmt, dass tatsächlich eine Einflussnahme der Konzernspitze auf die Zuwiderhandlungen der Tochtergesellschaft vorgelegen hat. 44 Kommission v. 22.06.1993, ABl. 1993 Nr. L 272 v. 04.11.1993, S. 28, 39 Rn. 94 „Zera/Montedison“. 45 Kommission v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 82 „Decca Navigator System“. 46 Kommission v. 10.01.1996, ABl. 1996 Nr. L 201 v. 09.08.1996, S. 1, 56 Rn. 224– 226 „Adalat“. Ähnlich Kritieren finden sich unlängst in Kommission v. 02.07.2002, ABl. 2003 Nr. L 255 v. 08.10.2003, S. 1, 19 f. Rn. 244–246 „Methionin“. 47 Kommission v. 28.01.1998, ABl. 1998 Nr. L 124 v. 25.04.1998, S. 60, 92, Rn. 205 „VW“. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wird hier nicht erwähnt. 41

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

wähnte die Kommission im Rahmen der Zurechnung als Kriterien neben der aktiven Beteiligung der Muttergesellschaft, dass die Muttergesellschaft ihre hundertprozentigen Tochtergesellschaften unmittelbar oder mittelbar kontrollierte und die Geschäftspolitik der Gruppe festlegte.48 In der Johnson & Johnson-Entscheidung begründete die Kommission die gemeinsame Verantwortung von Mutter- und Tochtergesellschaften damit, dass die Tochtergesellschaften die fraglichen Maßnahmen unter der Kontrolle und mit Wissen der Muttergesellschaft ergriffen hatten, eine allgemeine Geschäftspolitik der Gruppe bestand, aus der die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen resultierten und die hundertprozentigen Tochtergesellschaften sowohl in der Geschäftsführung als auch in der Produktion von ihrer Muttergesellschaft vollkommen abhängig waren.49 In Moët et Chandon machte die Kommission die Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, in deren Verwaltungsrat die Mutter durch einen Repräsentanten vertreten war, verantwortlich, da sie das wettbewerbswidrige Exportverbot in den Verkaufsbedingungen der Tochtergesellschaft kennen musste oder kannte.50 Mit der Beteiligung der Muttergesellschaft begründete die Kommission deren Verantwortlichkeit in der bereits angesprochenen AEG-Entscheidung. Die Konzernspitze sei letztlich selbst für die Ein- und Durchführung des Vertriebssystems verantwortlich und habe mehrfach durch Weisungen eingegriffen.51 Indes war hier unklar, inwieweit auch die wettbewerbswidrige Handhabe des Vertriebssystems von der Muttergesellschaft initiiert worden war.52 In einer anderen Entscheidung sah die Kommission trotz weitreichender funktionaler Eigenständigkeit der Tochtergesellschaften die USamerikanische Muttergesellschaft eines Konzerns als richtige Adressatin der Entscheidung an. Begründet wurde dies mit der Konzernverbundenheit der Gesellschaften, damit dass die Bilanzen der Tochtergesellschaften mit denen der Gruppe konsolidiert wurden, sowie damit, dass die Tochtergesellschaften letztlich ihrer Muttergesellschaft „gehören“.53 Ebenfalls auf die Konsolidierung der Tätigkeiten der Tochtergesellschaften im Geschäftsbericht der Muttergesell48 Kommission v. 22.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30 Rn. 54 „Eurofix-Bauco/Hilti“. 49 Siehe Kommission v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 26 Rn. 47 „Johnson & Johnson“. 50 Vgl. Kommission v. 27.11.1981, ABl. 1982 Nr. L 94 v. 08.04.1982, S. 7, 7 Rn. 2, 10 f. Rn. 20 f. „Moët et Chandon“. Dazu auch Lipowsky S. 77. Ähnlich lag die Situation in Kommission v. 14.12.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 58 „John Deere“. Auch hier machte die Kommission die Muttergesellschaft verantwortlich. Die Tochtergesellschaften unterstanden der Aufsicht eines stellvertretenden Vorsitzenden der Muttergesellschaft und die Exportverbote waren der Konzerspitze bekannt. 51 Kommission v. 06.01.1982, ABl. 1982 Nr. L 117 v. 30.04.1982, S. 15, 27 Rn. 74 „AEG-Telefunken“. 52 Lipowsky S. 76 hält eine Einflussnahme der Mutter für wahrscheinlich. 53 Kommission v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 74 v. 17.03.1989, S. 21, 37 Rn. 57 „LDPE“.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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schaft sowie auf die integrierte Struktur des Konzerns stellte die Kommission in einer neueren Entscheidung bei der Auswahl des Konzerns insgesamt als Adressat der Entscheidung ab.54 In der Karton-Entscheidung erfolgte die Adressatenwahl hinsichtlich eines Konzerns aufgrund der Tatsache, dass die Muttergesellschaft die letztinstanzliche Management- und Finanzkontrolle ausübte, die Tochtergesellschaft nicht wirklich unabhängig war und außerdem weder Vermögenswerte noch Personal besaß.55 Andere Entscheidungen beinhalten die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit bei deutlich geringerem Anteilsbesitz. In Sea Containers gegen Stena Sealink nahm die Kommission eine wirtschaftliche Einheit zwischen zwei Gesellschaften an, die zur selben Unternehmensgruppe gehörten, personell verflochten waren und von denen die eine Gesellschaft 55% der Anteile an der anderen hielt und über deren Geschäftstätigkeiten sie durch ihre Angestellten beträchtliche Kontrolle ausübte.56 In Flachglas Benelux sah die Kommission eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft beide als Verantwortliche eines gemeinsamen Wettbewerbsverstoßes an, der in erster Linie die Tochtergesellschaft begünstigte. Hier hielt die Muttergesellschaft zunächst nur 50,05% und später 66,5% der Anteile der Tochtergesellschaft und die Tochtergesellschaft genoss weitgehende Autonomie.57 Eine der wenigen Entscheidungen, in denen sich die Kommission mit einer gewissen Detailliertheit zu den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit äußerte, ist Zoja/CSC-ICI, eine Entscheidung, die zu Art. 82 EGV erging.58 Dort nahm sie eine wirtschaftliche Einheit zwischen CSC und ICI an. CSC hielt 51% des Kapitals von ICI. Daraus folgerte die Kommission, dass CSC einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung von ICI hatte, da CSC so über die Hauptversammlung die Geschäftsführer bestellen, über ihre Befugnisse beschließen und die Bilanz genehmigen konnte. Aus der hälftigen Besetzung der Leitungsorgane von ICI durch CSC schloss sie 54 Kommission v. 21.10.1998, ABl. 1999 Nr. L 24 v. 30.01.1999, S. 1, 58 Rn. 155 „Fernwärmetechnik-Kartell“. 55 Kommission v. 13.07.1994, ABl. 1994 Nr. L 243 v. 19.09.1994, S. 1, 48 Rn. 153 „Karton“. Bzgl. eines anderen Unternehmens begründete die Kommission die Zurechnung damit, dass die Eigenständigkeit des fraglichen Werkes nicht über das Maß hinausging, in dem jede Betriebseinheit in der normalen Management-Struktur eines Unternehmens Eigenständigkeit besitzt. A. a. O., Rn. 155. 56 Kommission v. 21.12.1993, ABl. 1994 Nr. L 15 v. 18.01.1994, S. 8, 9 Rn. 5 ff. „Sea Containers/Stena Sealink“; zustimmend Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 38. Die übrigen 45% hielt im Übrigen eine Holdinggesellschaft der Gruppe, deren genaue gesellschaftsrechtliche Verbindung zu den Beteiligten allerdings nicht ersichtlich ist. 57 Siehe Kommission v. 23.07.1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 14 Rn. 4, 20 Rn. 49 u. 21 Rn. 54 „Flachglas Benelux“. 58 Kommission v. 14.12.1974, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/ CSC-ICI“. Zur bestätigenden Entscheidung des Gerichtshofs bereits oben III. 7. a) aa) (1) (a).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

weiter, dass CSC seine Kontrollmöglichkeit tatsächlich ausübte und die Absicht hatte, das Tagesgeschäft von ICI zu überwachen. Schließlich leitete die Kommission aus der Bezeichnung von ICI als Tochtergesellschaft in den Jahresberichten von CSC ab, dass es sich nicht nur um eine Beteiligung zum Zwecke der Kapitalanlage handelte. Es finden sich in dieser Entscheidung damit drei Faktoren, von denen die ersten beiden die bedeutenderen sind: das Bestehen von Kontrolle, die Ausübung von Kontrolle und die Abgrenzung zu Beteiligungen zu Anlagezwecken. (b) Keine wirtschaftliche Einheit/Zurechnung In einigen Entscheidungen lehnte die Kommission eine Einheitsbetrachtung des Konzerns ab. Dies gilt etwa, wenn die Tochtergesellschaft eine getrennte Einheit bildet. Obwohl die Muttergesellschaft über 56% und schließlich 100% des Kapitals verfügte, ging die Kommission in diesem Fall dennoch nicht davon aus, dass die Muttergesellschaft mit ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildete, da die Tochtergesellschaft stets als getrennte Einheit funktioniert hatte.59 Ebenso entschied sie, wenn die hundertprozentige Tochtergesellschaft aus eigenem Antrieb handelte.60 Insofern reichte bereits vor der Klarstellung der AEG-Rechtsprechung durch den EuGH eine hundertprozentige Beteiligung für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht ohne weiteres aus. In der Entscheidung Konica sah die Kommission zwei Gesellschaften als selbständige Unternehmen an, ohne die Möglichkeit des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit anzusprechen, obwohl es sich um eine hundertprozentige und eine 92%ige Tochtergesellschaft derselben Muttergesellschaft handelte.61 Im Sachverhalt findet sich hinsichtlich der hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Hinweis, sie habe erklärt, sie erhalte keine Weisungen von der Muttergesellschaft, die Mutter erteile aber gewisse generelle Richtlinien für die Verkaufspolitik und werde von ihr über Absatz-, Gewinn- und Marktlage unterrichtet.62 Hinsichtlich der 92%igen Tochtergesellschaft heißt es, diese habe erklärt, sie erhalte keine Weisungen, das Weisungsrecht beschränke sich auf die gesellschaftsrechtlichen Rechte der Muttergesellschaft, die Muttergesellschaft 59 Kommission v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 32 Rn. 99 „Polypropylen“. 60 Kommission v. 23.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 46 v. 17.02.1978, S. 33 „BMW Belgium“. Auch in Kommission v. 07.12.1982, ABl. 1982 Nr. L 354 v. 16.12.1982, S. 28, 28 f. Rn. 4, 34 Rn. 61 ff. „National Panasonic“ wurde allein die hundertprozentige Tochtergesellschaft für den Wettbewerbsverstoß verantwortlich gemacht, nicht aber die Muttergesellschaft. 61 Kommission v. 18.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 78 v. 23.03.1988, S. 34, 39 f. Rn. 34 ff. „Konica“. 62 Siehe Kommission v. 18.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 78 v. 23.03.1988, S. 34, 34 f. Rn. 3 „Konica“.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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erhalte keine Informationen über absatz- und preispolitische Maßnahmen und das Verhältnis zur Muttergesellschaft sei ein reines Verkäufer/Käuferverhältnis.63 Die Kommission nahm zwar an, dass die Muttergesellschaft über die Grundzüge der Geschäftspolitik beider Gesellschaften informiert war, konnte ihre Kenntnis jedoch letztlich nicht nachweisen.64 Dies mag ein Grund gewesen sein, warum sie die Entscheidung an die einzelnen Tochtergesellschaften richtete. Dass sie diese letztlich nicht für völlig unabhängig voneinander hielt, ergibt sich allerdings schon daraus, dass die Kommission die Möglichkeit einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Tochtergesellschaften trotz deren gemeinsamer Bemühungen, Parallelimporte zu verhindern nicht ansprach. Eine wirtschaftliche Einheit besteht schließlich nicht zwischen einem Gemeinschaftsunternehmen (GU) und einer seiner Muttergesellschaften, wenn diese das GU nicht alleine, sondern nur im Zusammenwirken mit der oder den anderen Muttergesellschaften kontrollieren kann.65 In einer Entscheidung findet sich daneben eine Begründung, warum es dem GU an wirtschaftlicher Unabhängigkeit fehlte: Das GU war für einen bestimmten, eng limitierten und zeitlich begrenzten Zweck gegründet worden, es war weisungsgebunden, seine Muttergesellschaften kontrollierten durch personelle Verflechtungen gemeinsam unmittelbar und tatsächlich seine gesamte Tätigkeit und eine Muttergesellschaft hatte sich in allen Grundsatzentscheidungen ein letztinstanzliches Entscheidungsrecht vorbehalten.66 In Anbetracht der zuvor dargestellten Entscheidungen, in denen diese Faktoren nicht erwähnt wurden und teilweise auch nicht gegeben waren, sind sie indes nicht als Mindestvoraussetzungen für die Annahme wirtschaftlicher Abhängigkeit zu verstehen. 63 Siehe Kommission v. 18.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 78 v. 23.03.1988, S. 34, 35 Rn. 4 „Konica“. 64 Kommission v. 18.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 78 v. 23.03.1988, S. 34, 39 Rn. 33 „Konica“. 65 Siehe nur Kommission v. 15.05.1991, ABl. 1991 Nr. L 185 v. 11.07.1991, S. 24, 28 Rn. 30 „Gosme/Martell – DMP“; v. 16.01.1991, ABl. 1991 Nr. L 28 v. 02.02.1991, S. 32, 40 Rn. 21–24 „Ijsselcentrale u. a.“; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 194; Pohlmann S. 301 ff.; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 11; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 416. A. A.: Bechtold § 1 Rn. 33; Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 47. Eine wirtschaftliche Einheit liegt auch nicht zwischen den Gesellschaftern des GU untereinander vor, wenn sie nicht anderweitig verbunden sind. Siehe Kommission, a. a. O., Rn. 24 „Ijsselcentrale u. a.“; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 56; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 11; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 416. Dennoch erfolgt mitunter eine Zurechnung der Wettbewerbsverstöße eines GU zu den Muttergesellschaften. Siehe z. B. Kommission v. 23.11.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 1, 14 Rn. 49 „Peroxyd-Produkte“. Hier nutzten die Mütter das GU lediglich, um ihre Tätigkeiten zu koordinieren. 66 Kommission v. 27.10.1992, ABl. 1992 Nr. L 326 v. 12.11.1992, S. 31, 37 Rn. 66– 74 „Pauschalarrangements während der WM 1990“.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

(3) Interpretation der Gemeinschaftspraxis Entsprechend der Vielzahl von Entscheidungen, die eindeutige Kriterien nicht erkennen lassen, fällt auch ihre Analyse in der Literatur recht unterschiedlich aus. So wird angenommen, die Kommission bestimme die fehlende Unabhängigkeit einer Tochtergesellschaft auf der Basis des Anteils, den das herrschende Unternehmen an dem beherrschten Unternehmen hält und aufgrund der Macht des herrschenden Unternehmens, die Mitglieder des Leitungsorgans des beherrschten Unternehmens zu wählen und ihnen Weisungen zu erteilen.67 Andere sind dagegen der Ansicht, aus den Entscheidungen lasse sich nicht entnehmen, inwieweit der Anteilsbesitz ein maßgebliches Kriterium ist, da die Kommission Anteile zwischen knapp über 50% und 100% als ausreichend ansah.68 Wieder andere greifen auf eine Äußerung in Christiani & Nielsen zurück und halten in der Kommissionspraxis die Frage für maßgeblich, ob der Tochtergesellschaft eine von der Muttergesellschaft unabhängige Maßnahme auf wirtschaftlicher Ebene möglich ist.69 Hinsichtlich des EuGH wird vertreten, dass er für Zurechnungszwecke ein einheitliches Vorgehen der Unternehmen verlange, was eine aktive, zumindest mittelbare Beteiligung erfordere, wobei aber als Einflussnahme die Koordination der Konzernunternehmen ausreiche.70 Insgesamt lassen sich in der Entscheidungspraxis folgende Kriterien für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ausmachen: Weisungserteilung allgemein oder im Einzelfall, Ausübung bestimmenden Einflusses auf die Willensbildung der Tochter, Personengleichheit im Management, Mehrheitsbesitz der Anteile, Eingliederung in den Vertriebsablauf/wirtschaftliche Abhängigkeit von der Muttergesellschaft aufgrund der Beschränkung der Tochter auf die Wahrnehmung unternehmerischer Teilfunktionen, Tätigkeit der Tochtergesellschaft im Interesse der Mutter, Tochtergesellschaft operiert nicht aus eigenem Antrieb und nicht stets als getrennte Einheit.71 Dabei betreffen Eingliederung in den Vertriebsablauf, Personengleichheit und Mehrheitsbesitz die strukturellen Beziehungen innerhalb des Konzerns, während Kriterien wie die tatsächliche Weisungserteilung und die Ausübung bestimmenden Einflusses auf die Willensbildung die Verhaltenssteuerung betreffen, in der Regel allerdings ihrerseits auf strukturellen Voraussetzungen beruhen. Bei der Analyse muss man sich stets 67

Assant ECLR 1990, 65, 68. Pohlmann S. 358. Hierzu ist anzumerken, dass es nicht gegen die Maßgeblichkeit des Anteilsbesitzes spricht, wenn die Kommission Mehrheitsbeteiligungen in unterschiedlicher absoluter Höhe für ausreichend hielt. 69 Potrafke S. 94. 70 Lipowsky S. 87 f. 71 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 57; Rütsch S. 47; Whish S. 73. Siehe dazu auch die Übersicht bei Rütsch auf S. 48. Daneben findet sich noch das Kriterium der Interessengleichheit, das aus der Entscheidung Hydrotherm/Compact herrührt. Dazu Gleiss/ Hirsch Art. 85 Rn. 61. 68

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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bewusst sein, dass Kommission, EuG und EuGH nur auf die jeweils entscheidungsrelevanten Gesichtpunkte des Konzernverhältnisses eingehen und auch nicht immer auf alle, wenn ohnedies eindeutige Zeichen für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, wie etwa Weisungen, vorliegen. Daher lassen sich die in den Entscheidungen verwandten Kriterien nicht als Minimalvoraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit verstehen.72 Aus der Gemeinschaftspraxis lässt sich aber immerhin entnehmen, dass weder Alleineigentum noch Weisungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwingend erforderlich sind. bb) Ansätze in der Literatur zur Konkretisierung der wirtschaftlichen Einheit Auch in der Literatur werden – oft allerdings ohne ausreichende Präzisierung – zahlreiche Kriterien diskutiert, die eine wirtschaftliche Einheit ausmachen sollen. Verlangt wird etwa eine tatsächliche Vergemeinschaftung der Geschäftspolitik, sodass von einem autonomen Marktverhalten nicht mehr gesprochen werden kann.73 Sie soll vorliegen, wenn der Vertrieb durch abhängige Vertriebsgesellschaften erfolgt oder personelle Identität in den Verwaltungsgremien besteht.74 Verbreitet wird für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nicht allein die bloße Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe, d. h. die Verbindung auf Kapitalebene für ausschlaggebend gehalten, sondern die Art der Beziehung zwischen den Unternehmen der Gruppe. Gefordert wird einheitliches Vorgehen von Mutter- und Tochtergesellschaften auf dem Markt, also eine abgestimmte Marktstrategie.75 Andere halten letztlich immer das Vorliegen eines Weisungsrechts für entscheidend.76 In der Konsequenz der vom ihm vertretenen Unterscheidung in unternehmensinterne und -externe Informationsflüsse will Potrafke 72

Siehe Mischo Slg. 2000, I-9928, 9933 Rn. 36. Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 209 f.; Möschel Rn. 192. Ähnlich BKartA TB 1968, 45, das im Rahmen des Gleichordnungskonzerns auf eine endgültige Vergemeinschaftung des unternehmerischen Risikos unter einheitlicher Leitung abstellt. A. A.: Potrafke S. 228 f., der eine Vergemeinschaftung der Geschäftspolitik jedenfalls beim AG-Konzern für unzulässig hält. 74 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 209. 75 Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 11; v. Gamm Art. 85 Rn. 96; Karl S. 135; Schröter in: Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 81 bis 85 Rn. 32. Verwiesen wird dafür auf die Ausführungen in EuGH v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 20 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“ und EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 Rn. 50 „Viho/Kommission“. Auch Emmerich in: Dauses, H.I Rn. 71; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 56 hält eine lediglich kapitalmäßige Verbindung nicht für ausreichend, da dadurch noch kein Konzern begründet wird. Ähnlich Schütz WuW 1998, 335, 337, der die „tatsächliche wirtschaftliche Einheit“ für entscheidend hält. Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 60 erwähnen die abgestimmte Marktstrategie als Kriterium der Zurechnung. 76 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55. 73

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

eine kartellrechtliche Privilegierung bejahen, wenn eines der Konzernunternehmen als alleiniges Willensbildungsorgan des anderen tätig werden könnte.77 Zum Teil wird angenommen, wirtschaftliche Selbständigkeit fehle, wenn ein Unternehmen aufgrund einer auf Dauer angelegten Verbindung tatsächlich der Leitung eines anderen Unternehmens untersteht.78 Ein ähnlicher Vorschlag lautet, eine wirtschaftliche Einheit bei einheitlicher Leitung im Sinne tatsächlicher Einflussnahme auf die Geschäftspolitik im allgemeinen und dauernder Kontrolle der Obergesellschaft bei relativer Selbständigkeit der Tochtergesellschaften anzunehmen.79 Sehr hohe Anforderungen werden gestellt, wenn verlangt wird, dass die Tochtergesellschaft vollkommen von ihrer Muttergesellschaft abhängig sein muss und keinerlei Unabhängigkeit irgendwelcher Art genießen darf, sodass sie als bloße Betriebsabteilung erscheint.80 cc) Fehlende Entscheidungsautonomie und Beherrschungsmöglichkeit Nimmt man die Ausgangsdefinition der wirtschaftlichen Einheit, so zeigt sich, dass ihre zweite Komponente, nämlich dass die Tochtergesellschaft im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, nur in einem zentralistischen Verbund gegeben ist.81 Sieht man die Entscheidungen daraufhin durch, so erscheint es zweifelhaft, ob ein derartiger Verbund in allen Fällen, in denen eine wirtschaftliche Einheit bejaht wurde, vorlag. In einigen Fällen hatten die Tochtergesellschaften zum Teil weitreichende Freiheiten.82 Der EuGH geht daher wohl davon aus, dass eine wirtschaftliche Einheit auch bei relativ selbständig agierenden Tochtergesellschaften vorliegen kann.83 Ein zentralistisch geführter Wirtschaftskomplex ist mithin nicht erforderlich. Entscheidend für das Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung muss daher die erste Komponente der Definition sein, die fehlende Entscheidungsautonomie der Tochtergesellschaft. Grund für deren fehlende wirtschaftliche Autonomie ist ihre Abhängigkeit von der Konzernspitze. Sind die beteiligten Unternehmen zu letztlich selbstbestimmtem bzw. selbstverantwortlichem Handeln nicht in der Lage, so fehlt es ihnen an der für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses und damit für die Anwendung des Kartellverbots erforderlichen wirtschaftlichen 77

Potrafke S. 253. Dazu bereits oben III. 3. e) aa) u. 4. b). Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. EG 135. 79 Lipowsky S. 122 ff. 80 Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 240 f. 81 Lipowsky S. 118 f. 82 Lipowsky S. 119 f. 83 Lipowsky S. 121 f. Lipowsky hält daher das Fehlen nennenswerter eigener unternehmerischer Entscheidungsbefugnis bei der abhängigen Gesellschaft nicht für erforderlich. 78

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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Unabhängigkeit.84 Der entscheidende generelle Ansatzpunkt ist also die fehlende Entscheidungsautonomie der Tochtergesellschaft85 oder – aus der Sicht der Muttergesellschaft – die Fähigkeit die Tochtergesellschaft zu beherrschen.86 Diese Beherrschungsmöglichkeit ergibt sich aus der auf Dauer angelegten Fähigkeit, ständig bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung und die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft ausüben zu können.87 In der Praxis kann es schwierig sein festzustellen, ob Konzernunternehmen Entscheidungsautonomie haben.88 Für die Annahme autonomer Bestimmung des Marktverhaltens reicht die eigene Rechtspersönlichkeit einer Tochtergesellschaft nicht aus.89 Die fortbestehende Rechtspersönlichkeit seiner Glieder ist vielmehr Merkmal des Konzerns. Als einschlägige Beispiele fehlender Autonomie werden meistens hundertprozentige Tochtergesellschaften, die Besetzung des Leitungsgremiums der Tochter- durch die Muttergesellschaft und eben auch Weisungen genannt.90 Daneben mag der Ansatz von Deringer und Herrmann hilfreich sein, die meinen, wirtschaftliche Entscheidungsmacht fehle, wenn ein Unternehmen keine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der wesentlichen Unternehmenstätigkeiten wie Einkauf, Produktion oder Finanzen habe, insbesondere wenn nicht mehr der Markt der entscheidende Orientierungspunkt für das Un84 Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 165. Ähnlich Karl S. 78 f. Diese fehlende wirtschaftliche Selbständigkeit ist aber nicht mit der Fähigkeit zur eigenständigen Teilnahme am Markt zu verwechseln, die für die Annahme eines Unternehmens erforderlich ist. Da die Konzernunternehmen in der Lage sind, eigenständig auf Marktsignale zu reagieren und das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit zunächst unmittelbar selbst tragen, fehlt es ihnen nicht bereits an der Unternehmenseigenschaft. Siehe dazu oben III. 3. c) cc) und 4. a). 85 Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Emmerich in: Dauses H.I Rn. 70; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55; Heitzer S. 66; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 226 f.; Rütsch S. 135. So auch Mischo Slg. 2000, I-9928, 9933 Rn. 29, der als Kriterium den Grad der wirklichen Autonomie der Tochtergesellschaft ansieht. Demgegenüber sieht Potrafke S. 75 in der Centrafarm-Entscheidung des EuGH die Möglichkeit eröffnet, eine wirtschaftliche Einheit auch dann anzunehmen, wenn die Tochtergesellschaft ihr Verhalten am Markt autonom bestimmen kann. 86 Heitzer S. 177. 87 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 194 u. 197; Heitzer S. 177; Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 214. Ähnlich Kleinmann/Bechtold Rn. 104, die beherrschenden Einfluss fordern. 88 Faull/Nikpay Rn. 2.37. 89 Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139. Siehe auch EuGH v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151, 3198 f. Rn. 48 ff. „AEG/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 f. „ICI/Kommission“. 90 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 194; Jones/Sufrin S. 104. Jones/Sufrin erwähnen daneben den von der Muttergesellschaft einbehaltenen Gewinn als Kriterium. Siehe auch Benisch S. 304: „Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Tochterunternehmens im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen kann auf verschiedenen Bindungsformen beruhen: auf Kapitalbeherrschung, auf Beherrschungsvertrag, Betriebsführungsvertrag, auf personelle Abhängigkeit, auf Vertikalverträgen.“

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

ternehmen sei, sondern es andere Faktoren zu berücksichtigen habe.91 Entscheidend muss sein, dass der Unternehmensverbund nach seinem wirtschaftlichen Gesamtbild ein Maß an Einheitlichkeit aufweist, das eine weitgehende Gleichbehandlung mit einem rechtlich einheitlichen Unternehmen, dem Einheitsunternehmen, rechtfertigt.92 Dafür ist allerdings nicht erforderlich, dass die Muttergesellschaft stets alle oder auch nur alle wesentlichen Entscheidungen für die Tochtergesellschaft vornimmt oder ihr vorschreibt, da sonst doch nur stark zentralisierte Konzerne freigestellt wären. dd) Strukturelle Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit (1) Kontrolle (a) Kontrolle aufgrund von Mehrheitsbesitz Um die genannten Anforderungen an eine wirtschaftliche Einheit zu konkretisieren, ist in struktureller Hinsicht Kontrolle zu fordern.93 Eine wirtschaftliche 91

Deringer/Herrmann BB 1966, 1157, 1157. Ähnlich Huber AWD des BB 1969, 429, 431. 93 Auf Kontrolle stellen etwa ab Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520, 576 (7th Cir. 1987) (Easterbrook, J., dissenting) („That the overlap of investment is not complete is irrelevant; ,control‘ is what matters for purposes of Copperweld . . .“); West Bolyston Cinema Corp. v. Paramount Pictures Corp., No. Civ. A. 98-00252, 2000 WL 1468513, S. *12 (Mass. Super. Sept. 21, 2000); Kommission v. 14.12.1974, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/CSC-ICI“ sowie die zahlreichen US-amerikanischen Entscheidungen die unter III. 5. d) gg) (1) (c) zitiert sind. Das EuG stellt beispielsweise in seiner Entscheidung v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1751, 1867 Rn. 197 „Mayr-Melnhof/Kommission“ für die Zurechnung von wettbewerbswidrigem Verhalten ausschließlich auf das Vorliegen von Kontrolle ab. Siehe auch Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 325; Sullivan/Grimes S. 185; Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 1125, 1178, die alle den amerikanischen Supreme Court so verstehen, dass Kontrolle nach der Copperweld-Entscheidung der entscheidende Faktor ist. Aus der Literatur für einen Kontrollstandard van Bael/Bellis S. 31; Bechtold WuW 1977, 460, 469 (Beherrschungsmöglichkeit); Buntscheck S. 119 ff.; Faull/Nikpay Rn. 2.37; Heitzer S. 172; Kleinmann RIW 1990, 605, 610; Möschel Rn. 192 (auf Dauer effektive Kontrollmöglichkeit); Ritter/Braun/Rawlinson S. 34; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 109; Warner Slg. 1974, 260, 265; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 106 ff.; Wish/Sufrin S. 213; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1403 u. 1414; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 376 f.; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1179; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 568; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 210. Siehe auch Heitzer S. 246. Ähnlich Harms in: FS Hartmann, S. 165, 180 f., der die Potenz, das Marktverhalten der Konzernunternehmen zu bestimmen als maßgeblich ansieht und diese Potenz selbst mit Kontrolle gleichsetzt, a. a. O., S. 181. Darüber hinaus fordert er eine Effektuierung und Dauerhaftigkeit der Leitungspotenz, um sicherzustellen, dass die Konzerngesellschaften ihr unternehmerisches Eigeninteresse hinter das des Konzerns zurückstellen. Ähnlich auch Emmerich in: Dauses, H.I Rn. 70; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55 der die Höhe der Beteiligung für maßgeblich hält. Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, 92

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Einheit setzt mit anderen Worten eine Kontrollbeziehung voraus. Kontrolle wird dabei typischerweise als die Macht, die Geschäftsleitung oder Firmenpolitik einer Gesellschaft, jedenfalls hinsichtlich der strategischen Entscheidungen, zu leiten oder zu lenken, verstanden.94 Sie beruht normalerweise auf dem Besitz der einfachen Anteilsmehrheit, kann sich aber auch aus einer substantiellen Minderheit ergeben, wenn der Besitz der übrigen Anteile stark zersplittert ist.95 Auch im Rahmen der europäischen Fusionskontrolle ist anerkannt, dass der Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung eine Kontrollposition im Sinne des Art. 3 I FKVO begründet.96 Die durch die Stellung als Mehrheitsaktionär und -eigentümer vermittelte Kontrolle bringt also die Macht mit sich, eine andere Gesellschaft zu lenken.97 Art. 81 Rn. 166 hält die Beteiligungshöhe zumindest für den Ausgangspunkt. Anders dagegen wohl Lipowsky S. 86 ff., die im Rahmen der Zurechnung das Innehaben von Kontroll- und Herrschaftsbefugnissen für nicht ausreichend hält, sondern darüber hinaus „Mitwirkung“ fordert. Zur Verwendung des Kontrollkonzepts in europarechtlichen Richtlinien und als Basis eines europäischen Konzernverständnisses oben II. 3. a) bb)–dd). Zur Verwendung von Kontrolle als Merkmal in amerikanischen Gesetzen siehe Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 304 ff. Dabei stellt Blumberg fest, dass Kontrolle ein in modernen Regelungen zunehmend verwendeter Standard ist, der die Unternehmenswirklichkeit und nicht gesellschaftsrechtliche Formen bewert und dass viele Gesetze bereits Minderheitsbeteiligungen ausreichen lassen, um Kontrolle anzunehmen. Siehe zum ähnlichen Abhängigkeitstatbestand des § 17 AktG im deutschen Gesellschaftsrecht nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II, dort als Zentralbegriff des Konzernrechts bezeichnet. 94 Benisch S. 304; Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 298 Fn. 6. Siehe z. B. die Kontrolldefinition des amerikanischen Bank Holding Company Acts, 12 U.S.C. § 1841 (2000), dort (a)(2). 95 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 22.02.01, S. 425; G. Wiedemann/ Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413; Warner Slg. 1974, 260, 265; Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 720, 772 f.; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1178; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 210. Siehe auch die Kontrolldefinition in den Erklärungen zu Anmeldungen unter dem Hart-Scott-Rodino Antitrust Improvements Act, 16 C.F.R. § 801.1(b) (2001) („The term control . . . means: (1) . . . (i) Holding 50 percent or more of the outstanding voting securities of an issuer or . . . (2) Having the contractual power presently to designate 50 percent or more of the directors of a corporation . . .“) und in section 2 des kanadischen Competition Act (oben III. 5. a) aa) Fn. 2). Vgl. auch § 17 II AktG. Lutter AG 1990, 179 weist darauf hin, dass in allen Rechtsordnungen Kapitalgesellschaften nach dem Mehrheitsprinzip organisiert sind und daher überall Mehrheit – gleich ob relative oder absolute – mit Leitungsmacht korreliert. 96 Kommission, Bekanntmachung über den Begriff des Zusammenschlusses der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1994 Nr. C 385, S. 5, 7 Rn. 14; Fleischer AG 1997, 491, 499; Karl S. 170; Löffler in: Langen/Bunte Art. 3 FKVO Rn. 8. 97 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467c, S. 261; Karl S. 170; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 17 Rn. 30; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 20 f.; Timm JuS 1999, 553, 555; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 377. Zum Einfluss des Mehrheitsgesellschafters auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II 2 a. Dagegen hält Grand-

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Aus dem gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsprinzip folgt, dass bereits bei Bestehen einer Mehrheitsbeteiligung der Gesellschaftswille mit dem Gesellschafterwillen in Einklang gebracht werden kann.98 Durch den Besitz der Mehrheit der stimmberechtigten Anteile (voting stock) verfügt der Kontrollinhaber über die ausschlaggebende Macht in den Organen der kontrollierten Gesellschaft. Er hält die Stimmmehrheit in der Hauptversammlung (§ 133 I AktG; Art. 50 I lit. b, 57 SE-VO) bzw. der Gesellschafterversammlung (§ 47 I GmbHG) und kann darüber die Mehrheit der Mitglieder des Leitungsgremiums – in der deutschen AG indirekt über den Aufsichtsrat, § 84 AktG99 – mit Personen seines Vertrauens besetzen. Daneben verfügt er so über eine Mehrheit bei Angelegenheiten, die zur Abstimmung durch die Anteilseigner stehen, soweit nicht gesetzlich eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben ist.100 In der GmbH können wesentpierre S. 152 eine Mehrheitsbeteiligung nicht für ausreichend. Die Untergesellschaft könne nach seiner Ansicht ihr Wettbewerbsverhalten selbständig festlegen, denn die reine Mehrheitsbeteiligung gestatte es ihrem Inhaber nicht, ohne Mitwirkung anderer Gesellschafter seinen Willen durchzusetzen. Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Ober- und Untergesellschaft sollen daher in vollem Umfang dem Kartellverbot unterworfen sein. Dies soll allerdings dann nicht mehr gelten, wenn Abhängigkeit besteht, was nach Grandpierres Ansicht bei einer Mehrheitsbeteiligung in der Regel der Fall sein wird, a. a. O., S. 155. 98 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 22. 99 Dies sieht grundsätzlich auch Art. 39 SE-VO vor. Daneben besteht die aus deutscher Sicht interessante Möglichkeit, die Mitglieder des Leitungsorgans nicht vom Aufsichtsorgan bestellen und abberufen zu lassen. Insofern gewährt die Verordnung den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht. 100 Siehe Leo, Kartellrundschau, S. 11, 21; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1415. In die Zuständigkeit der Hauptversammlung einer deutschen Aktiengesellschaft fallen etwa die in § 119 AktG genannten Beschlüsse, die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner (§ 103 AktG), die Bestellung von Sonderprüfern (§ 142 AktG), Entscheidungen über die Geltendmachung von und den Verzicht auf Ersatzansprüche (vgl. §§ 50, 93 IV 3, 116, 117 IV, 147 AktG), Abschluss und Änderung von Unternehmensverträgen (§§ 293, 295 AktG), Eingliederungsbeschlüsse (§§ 319 f. AktG), Umwandlungsbeschlüsse (§ 240 UmwG), die Zustimmung zur Verschmelzung (§§ 65, 73 UmwG), sowie die Zustimmung zur Vermögensübertragung (§§ 176, 178 UmwG). Daneben existieren ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten. Dabei lässt das Gesetz nicht stets die einfache Stimmenmehrheit genügen, sondern fordert teilweise qualifizierte Mehrheiten. Für die Grundlagenbeschlüsse etwa ist zusätzlich zur einfachen Stimmenmehrheit eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Abstimmung vertretenen Grundkapitals erforderlich. Siehe zur Zuständigkeit der Hauptversammlung etwa Hüffer § 119 Rn. 5 ff.; T. Raiser § 16 Rn. 2 ff.; zu den unterschiedlichen Mehrheitserfordernissen Hüffer § 133 Rn. 11 ff. Zur Zuständigkeit der Hauptversammlung einer Europäischen Aktiengesellschaft siehe Art. 52 SE-VO; Lutter BB 2002, 1, 4; Thoma/Leuering NJW 2002, 1449, 1451. Sie ist zuständig für Fragen, die ihr in der Verordnung oder in der zugehörigen Richtlinie ausdrücklich zugewiesen sind, sowie für Fragen, für die die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nach dem Recht des Sitzstaates der SE zuständig wäre oder die ihr durch die Satzung im Einklang mit dem Recht des Sitzstaates zugewiesen worden. Damit kann der Umfang der Hauptversammlungszuständigkeit einer SE je nach Sitzstaat beachtlich divergieren. Die Verordnung selbst sieht etwa die Zustimmung der

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liche Befugnisse und Zuständigkeiten ohnehin durch die Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden.101 Auch finanziell kontrolliert der Mehrheitsgesellschafter die Gesellschaft. Er ist der wichtigste Kapitalgeber der Gesellschaft und kann durch seine Stimmrechtsmehrheit entscheiden, ob er der Tochter durch Stehenlassen von Gewinnen oder Kapitalerhöhung die erforderlichen Investitionsmittel zur Verfügung stellt.102 Areeda weist weiter daraufhin, dass mit der rechtlichen Möglichkeit, Kontrolle auszuüben, die Möglichkeit einhergeht, eine Konzerngesellschaft in eine Betriebsabteilung umzuwandeln und Weisungen statt Verträgen oder Markttransaktionen zu benutzen.103 Hierzu ist allerdings einschränkend anzumerken, dass eine Umwandlung in eine Betriebsabteilung in der Regel nur möglich ist, wenn eine qualifizierte Mehrheit besteht, die zu strukturändernden Maßnahmen ermächtigt.104 Soweit es in einer Gesellschaft stimmrechtslose Vorzugsaktien (§§ 12 I 2, 139 ff. AktG), Mehrstimmenrechte oder ähnliches gibt, ist für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit neben der Stimmrechtsmehrheit zusätzlich eine Kapitalmehrheit (common stock, Stammaktien und Vorzugsaktien) zu fordern, um sicherzustellen, dass ein entsprechendes Interesse an dem wirtschaftlichen Erfolg der kontrollierten Gesellschaft und folglich ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse vorliegt.105 Andernfalls bestünde für die Konzernspitze die Möglichkeit strategischen Verhaltens, indem sie die nur hinsichtlich der stimmberechtigten Anteile kontrollierte Gesellschaft zu Gunsten des Restkonzerns beHauptversammlung zu einer Verschmelzung (Art. 23 I SE-VO), zur Gründung einer Holding-SE (Art. 32VI SE-VO), zur Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE und einer SE in eine Aktiengesellschaft (Art. 37 VII, 66 VI SE-VO), die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsorgans bzw. des Verwaltungsorgans (Art. 40 II, 43 III SEVO) und Satzungsänderungen (Art. 59 SE-VO) vor, wobei für eine Satzungsänderung eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. In den meisten amerikanischen Bundesstaaten umfassen die sogenannten fundamental matters, die der Zustimmung der Aktionäre bedürfen, Zusammenschlüsse, Satzungsänderungen, die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens und die Auflösung der Gesellschaft. Siehe Gevurtz S. 195 f.; sowie z. B. Model Bus. Corp. Act (1999) §§ 10.03, 11.01(a), 12.02(a), 14.02 und Del. Code Ann. (2001) tit. 8, §§ 242, 251, 271(a), 275. 101 Vgl. §§ 45, 46 GmbHG; T. Raiser § 33 Rn. 1 ff. 102 Huber AWD des BB 1969, 429, 432. 103 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 268. 104 Siehe Fleischer AG 1997, 491, 498. Huber AWD des BB 1969, 429, 431 f. führt aus, dass die Muttergesellschaft ihre Tochter bei bestehender Minderheitsbeteiligung Dritter nicht einfach in eine Filiale umwandeln könne, da auf die Minderheitsgesellschafter Rücksicht genommen werden müsse. Huber, a. a. O., 430 f. weist auch auf den Kern des ganzen Arguments hin, nämlich dass eine Vereinbarung mit einer Tochtergesellschaft nicht wettbewerbswidrig sein kann, wenn die Muttergesellschaft die frei Wahl hat, ob sie den Geschäftsbetrieb der Tochtergesellschaft als unselbständigen Zweigbetrieb oder als rechtlich selbständiges Unternehmen einrichtet. 105 So auch Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1415 f., 1420. Stimmrechtslose Anteile können auch in einer GmbH bestehen, siehe nur T. Raiser § 33 Rn. 48.

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nachteiligt.106 Dieses Risiko nimmt jedoch mit steigendem Anteil am Kapital der kontrollierten Gesellschaft immer mehr ab.107 In dem Maße, wie die Konzernspitze zunehmend das volle Geschäftsrisiko der Gesellschaft trägt, nimmt auch das Interesse am Erfolg der Gesellschaft zu. Die erörterten Einflussmöglichkeiten stellen für gewöhnlich sicher, dass die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft durch die kontrollierende Gesellschaft (mit)bestimmt und mit Blick auf das Konzerninteresse ausgerichtet wird.108 Daher haben zwei Gesellschaften, von denen die eine die andere kontrolliert, normalerweise eine einheitliche Zielsetzung und von ihrer Kooperation geht mehr wettbewerbsfördernde als wettbewerbsbeschränkende Wirkung aus.109 Zu diesem Zeitpunkt besteht kein originärer Wettbewerb mehr zwischen den Gesellschaften, der kartellrechtlich geschützt werden könnte.110 Die herrschende Gesellschaft hat es in der Hand, Wettbewerb zwischen beiden zu unterbinden.111 Die kontrollierte Gesellschaft ist kein eigenständiger Wettbewerber mehr, da die kontrollierende Gesellschaft als Mehrheitsaktionär ihren Einfluss gesellschaftsintern nutzen kann, um ihren Willen durchzusetzen. Die Wahrnehmung gesellschaftsinterner Mitwirkungsrechte ist dabei, auch wenn sie sich wettbewerbsbeschränkend auszuwirken scheinen, durch das Kartellverbot nicht beschränkt.112 Es liegt daher aus wettbewerblicher Sicht nur ein Entscheidungsträger vor. 106

Siehe Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1416 u. 1418. Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1419. Solange es sich jedoch nicht um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft handelt, kann die Muttergesellschaft stets ihren eigenen Gewinn und Aktienwert auf Kosten der Tochtergesellschaft erhöhen, da sie – vorausgesetzt Gewinne und Verluste bei Tochter- und Muttergesellschaft stehen in Korrelation – stets die Minderheitsgesellschafter der Tochter an den Verlusten teilhaben lassen kann, ohne die Gewinne mit ihnen zu teilen. Allerdings nimmt dieser mögliche Überschuss aus der Differenz zwischen Gewinnen der Muttergesellschaft und Verlusten der Tochtergesellschaft mit zunehmendem Anteilsbesitz der Muttergesellschaft an der Tochter immer mehr ab. Vgl. auch Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1419 Fn. 119, der darauf hinweist, dass eine rational handelnde Muttergesellschaft den größten Teil ihrer stimmrechtslosen Anteile verkaufen würde, bevor sie die Tochtergesellschaft schädigt. 108 Fleischer AG 1997, 491, 499; Huber AWD des BB 1969, 429, 432; Rütsch S. 138. Siehe auch Assant ECLR 1990, 65, 78. Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 214 sprechen insofern von mittelbaren Steuerungsmöglichkeiten. Nach BKartA TB 1969, 57 f. „Schienenfahrzeuge“ ist der Mehrheitsaktionär in der Lage, die Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen und etwaigem Wettbewerb auch ohne Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten Grenzen zu setzen. Eine Wettbewerbsbeschränkung durch Vertrag habe daher nur mehr formale Bedeutung. 109 Siehe Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1422. 110 Vgl. Fleischer AG 1997, 491, 499, der darauf hinweist, dass hier von Anfang an eine wirtschaftliche Aktionseinheit besteht und daher durch Kooperation die Zahl der wettbewerblichen Entscheidungsträger nicht vermindert wird. 111 Huber AWD des BB 1969, 429, 432. Siehe auch Assant ECLR 1990, 65, 78 („[P]otential control is . . . the parent’s power to sanction the subsidiary’s possible competition with other members of the group.“). 107

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Stellt man sich als Gegenprobe die Frage, ob es im Interesse des Wettbewerbs sinnvoll ist, unter diesen Umständen mit Hilfe des Kartellverbots gegen die Maßnahmen der Konzernführung durch die Muttergesellschaft und ihre Befolgung durch die Tochtergesellschaft einzuschreiten, so wird man dies verneinen müssen, da eine Konkurrenz der Tochtergesellschaft gegen den Willen der Mutter hier auf längere Sicht nicht durchführbar ist.113 Auch an der von Harms für entscheidend gehaltenen Souveränität, über den Verbleib in der Verbindung unabhängig von der Konzernleitung zu entscheiden, fehlt es der kontrollierten Gesellschaft.114 Während also bei Bestehen einer Kontrollmehrheit die Kooperation innerhalb der dann gegebenen wirtschaftlichen Einheit nicht mehr wettbewerbsbeschränkend wirkt, kann sie sich durchaus positiv auf den Wettbewerb auswirken. Sie kann effizienzsteigernd wirken, etwa indem sie vertikale Integration und economies of scale ermöglicht. In einem Markt mit intaktem Wettbewerb werden derartige Effizienzsteigerungen an die Marktgegenseite, also letztlich die Verbraucher, weitergegeben.115 (b) Widerlegbare Vermutungen nach Anteilsbesitz Mit der Stellung als Mehrheitseigentümer und Mehrheitsaktionär geht also für die Muttergesellschaft regelmäßig die Möglichkeit einher, die Tochtergesellschaft zu kontrollieren. Allerdings können interne und externe Beschränkungen diese Kontrollmöglichkeit beeinflussen.116 Solche Beschränkungen ergeben sich etwa aus der Satzung (articles of incorporation oder bylaws) der kontrollierten Gesellschaft.117 Diese kann zum Beispiel eine qualifizierte Mehrheit (supermajority) für Abstimmungen der Gesellschafter festlegen.118 In einer nichtbörsenBechtold § 1 Rn. 33; Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 366 f.; Potrafke S. 259. Bereits Neumann WuW 1957, 562, 562 f. weist darauf hin, dass aufgrund der Möglichkeit gesellschaftsinterner Einflussnahme konzerninterner Wettbewerb nicht relevant sei. 113 Huber AWD des BB 1969, 429, 432. 114 Siehe Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181. 115 Siehe Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1422. 116 Siehe Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 720, 773; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 205 f. 117 Habersack in: Emmerich/Habersack, vor § 311 Rn. 2 f.; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 205. 118 Siehe z. B. § 133 I AktG und Hüffer § 133 Rn. 15; § 47 GmbHG und Lutter/ Hommelhoff § 47 Rn. 3; Del. Code Ann. (2001) tit. 8, § 216 („[T]he certificate of incorporation or bylaws of any corporation . . . may specify the number of shares . . . which shall be present . . . in order to constitute a quorum.“); Model Bus. Corp. Act (1999) § 7.27(a) („The articles of incorporation may provide for greater quorum or voting requirement for shareholders . . . than is provided by this Act.“). Verbreitet findet sich heute in amerikanischen corporations eine hybride Struktur, die eine qualifizierte Mehrheit für Grundlagenbeschlüsse und eine einfache Mehrheit für alle übrigen Entscheidungen vorsieht. Siehe Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 112

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notierten deutschen Aktiengesellschaft kann der Einfluss eines Großaktionärs durch die Festsetzung von Höchstbeträgen oder Abstufungen beschränkt werden.119 Im amerikanischen Recht ist die Möglichkeit der kumulativen Abstimmung (cumulative voting) zu beachten.120 Cumulative voting soll der Minderheit eine Repräsentation in dem von den Anteilseignern gewählten Leitungsgremium, dem board of directors, gewährleisten.121 Bei Bestehen dieses Wahlmechanismus braucht es mehr als eine einfache Stimmenmehrheit, um auch die Mehrheit der gewählten Repräsentanten des Leitungsgremiums zu stellen.122 Ferner können Vereinbarungen und Unternehmensverträge den Einfluss des Mehrheitsgesellschafters limitieren.123 Externe Beschränkungen der Kontrollmöglichkeit der Konzernspitze ergeben sich aus gesetzlichen Schranken der

1401, 1415. Das deutsche Gesellschaftsrecht sieht bereits laut Gesetz eine qualifizierte Mehrheit für bestimmte Beschlüsse, insbesondere Grundlagenbeschlüsse vor, siehe etwa §§ 53 II, 60 I Nr. 2 GmbHG, §§ 179 II, 262 I Nr. 2, 293, 295, 319 f. AktG, §§ 65, 73, 125, 176, 178, 240 UmwG. 119 § 134 I 2 AktG. Dazu Hüffer § 12 Rn. 6, § 134 Rn. 4 ff.; T. Raiser § 16 Rn. 77 f. Auch in der GmbH sind Höchststimmrecht oder eine Abstimmung nach Köpfen möglich; siehe T. Raiser § 33 Rn. 48. 120 Siehe z. B. Del. Code Ann. (2001) tit. 8, § 214 („The certificate of incorporation . . . may provide that at all elections of directors . . . each holder of stock . . . shall be entitled to as many votes as shall equal the number of votes which . . . he would be entitled to cast for the election . . . with respect to his shares of stock multiplied by the number of directors to be elected by him, and that he may cast all of such votes for a single director or may distribute them among the number to be voted for . . . as he may see fit.“); Model Bus. Corp. Act (1999) § 7.28(b)–(c) („(b) Shareholders do not have a right to cumulate their votes for directors unless the articles of incorporation so provide. (c) [cumulative voting] means that the shareholders designated are entitled to multiply the number of votes they are entitled to cast by the number of directors for whom they are entitled to vote and cast the product for a single candidate or distribute the product among two or more candidates.“). Siehe auch Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1178. Einige Bundesstaaten schreiben cumulative voting als Grundregel vor, die durch die Satzung abbedungen werden kann. So z. B. 15 Pa. Cons. Stat. (1992) § 1758(c). Vereinzelt handelt es sich sogar um eine unabdingbare Regel. Siehe Az. Const. Art. 14 § 10. 121 Siehe Gevurtz S. 481. 122 Zur genauen Funktionsweise von cumulative voting siehe die in Fn. 120 zitierten Normen Del. Code Ann. (2001) tit. 8, § 214 und Model Bus. Corp. Act (1999) § 7.28(c); sowie Gevurtz S. 481 ff. Die Anzahl der benötigten Aktien („x“), um eine bestimmte Anzahl von Direktoren zu wählen, bestimmt sich dabei nach folgender Formel: x ˆ Ds ‡d1 ‡ 1 Wobei „s“ die Anzahl der in der Hauptversammlung vertretenen Aktien ist, „d“ die Anzahl der Direktoren, die der betreffende Aktionär wählen will und „D“ die Anzahl der in der Versammlung zu besetzenden Direktorenposten. Siehe dazu das Beispiel bei Assant ECLR 1990, 65, 78 Fn. 75. 123 Vgl. dazu Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 205, die einen Fall erwähnt, in dem der Mehrheitsgesellschafter durch eine Vereinbarung gehindert war, mehr als sechs von dreizehn Direktoren zu benennen.

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Einflussnahme wie Stimmverboten und im US-amerikanischen Recht auch aus kartellrechtlichen consent decrees.124 Eine Mehrheitsbeteiligung reicht daher nicht per se für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit aus, selbst wenn eine solche Regel die leichtere Handhabbarkeit für sich hätte.125 Vielmehr kann letztlich immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt.126 Dies folgt schon aus der tatsächlichen Vielfalt von Konzerngestaltungen in der Wirtschaftswirklichkeit. Dabei sollte der Mehrheitsbeteiligung aber die Wirkung einer widerleglichen Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit zukommen.127 Damit würde, wenn geltend gemacht wird, konzernin124 Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 205. Ein consent decree ist eine Verfügung der FTC, die mit Zustimmung der Betroffenen im Vergleichswege ergeht. Stewart, a. a. O., S. 205 f. erwähnt das Beispiel eines consent decrees, durch das einer Muttergesellschaft verboten wurde, ihre Stimmrechte in der Tochtergesellschaft auszuüben oder Doppelmandate in den Leitungsgremien zu unterhalten, sodass die Muttergesellschaft ihre Tochter in der Folge nicht kontrollieren konnte. Zu Stimmverboten siehe § 136 I AktG; § 47 IV GmbHG; T. Raiser § 16 Rn. 79 ff.; § 33 Rn. 53 ff. Daneben ist bei gesetzlichen Beschränkungen der Einflussmöglichkeiten auch an Regelungen zu denken, die dem Staat Einfluss auf bestimmt Unternehmen sichern, wie etwa Besetzungsrechte der Regierung bei Vorstandspositionen oder Obergrenzen für Auslandsbesitz oder den Besitz eines einzelnen Investors. Dazu etwa Ruge EuZW 2002, 421. 125 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 353; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 198, 204, 206 f. A. A. Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 889 f.; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 377. 126 Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.4, S. 520; Emmerich in: Dauses H I Rn. 70; ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 55; Huber AWD des BB 1969, 429, 431; Karl S. 79; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 214; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 109; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 564; Stewart Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 207 f. Siehe auch Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1178, der sich gegen eine per se rule wendet. In Search Int’l, Inc. v. Snelling & Snelling, Inc., 168 F. Supp. 2d 621, 625 (N.D. Tex. 2001) interpretierte das Gericht Copperweld so, dass „the substance of each corporate relationship must be examined to ensure that Congress’s intent to distinguish between unilateral and concerted conduct is furthered in the given case instead of applying a per se rule to certain corporate structures – an approach that might frustrate Congressional intent.“ Anders aber Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1421. 127 So bereits Warner Slg. 1974, 260, 266. Nach Ansicht von Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 324 hat der EuGH diesen Vorschlag einer Vermutung in seiner Entscheidung stillschweigend zurückgewiesen. Für eine widerlegliche Vermutung auch Faull/Nikpay Rn. 2.37; Fleischer AG 1997, 491, 499; Jones/Sufrin S. 104; Whish S. 73. Ähnlich Assant ECLR 1990, 65, 78. Siehe auch Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 352 f., der dies einen attraktiven Vorschlag nennt. Auf eine Mehrheitsbeteiligung bzw. die Mehrheit der Stimmrechte, wenn auch nicht im Sinne einer widerleglichen Vermutung, stellen ab: Brinker in: Schwarze Art. 81 Rn. 47; Ebel Art. 85 Rn. 30; Kindhäuser in: FK, Art. 81 Bußgeldrechtliche Folgen Rn. 80 (im Rahmen der Zurechnung). Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 Rn. 67 hält eine Mehrheitsbeteiligung unter Umständen für ausreichend für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit. Lipowsky S. 137 hält das Vorliegen der nach ihrer Ansicht für die

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terne Maßnahmen behinderten den Wettbewerb, die Beweislast dafür, das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zu widerlegen, im Falle einer Mehrheitsbeteiligung auf den Kläger, etwa eine Kartellbehörde, übergehen. Dagegen obläge es im Rahmen von Zurechnungsfragen dem Konzern zu beweisen, dass die Verbindung trotz Mehrheitsbeteiligung tatsächlich nicht derart eng ist, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit gerechtfertigt ist. Umkehrt sollte eine widerlegliche Vermutung gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit sprechen, wo eine Gesellschaft nur eine Minderheitsbeteiligung an einer anderen hält.128 In diesem Fall obläge es dann den Gesellschaften, die für sich in Anspruch nehmen, eine wirtschaftliche Einheit zu bilden, darzulegen, dass dem tatsächlich so ist, während für Zurechnungsfragen dem Konzern nachgewiesen werden müsste, dass aufgrund der bestehenden Kontrollverhältnisse tatsächlich eine wirtschaftliche Einheit vorliegt. Dass dem beteiligten Konzern damit teilweise die Beweislast aufgegeben wird, ist angemessen, zum einen da die erforderlichen Informationen sich im Herrschaftsbereich der betroffenen Gesellschaften befinden, es ihnen folglich leichter fällt als Dritten, ihre internen Beziehungen darzulegen,129 zum anderen da es zumindest hinsichtlich der Freistellung konzerninternen Verhaltens um die Inanspruchnahme eines Privilegs geht. Die Widerleglichkeit der vorgeschlagenen Vermutungen garantiert die für eine adäquate Erfassung des Einzelfalls erforderliche Flexibilität. Widerlegt werden können die Vermutungen, wenn die Kontrollsituation von der in der Vermutung unterstellten abweicht, d. h. wenn eine im Mehrheitsbesitz eines Konzerns stehende Gesellschaft tatsächlich nicht von diesem kontrolliert werden kann130 oder wenn ein Konzern eine Gesellschaft tatsächlich kontrollieren Annahme einer wirtschaftlichen Einheit konstitutiven einheitlichen Leitung ebenfalls bereits bei Bestehen einer knappen Kapitalmehrheit für möglich. Auch EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 1996 Rn. 378–380 „Suiker Unie und andere/Kommission“ und Kommission v. 14.12.1974, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/CSC-ICI“ nehmen bei Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung eine wirtschaftliche Einheit an. Rütsch S. 53 sieht mehrheitlichen Anteilsbesitz generell als Voraussetzung einer wirtschaftlichen Einheit in der Entscheidungspraxis von Kommission und EuGH an. Ähnlich Lipowsky S. 99 ff. Die Stora-Entscheidung scheint dafür zu sprechen, dass der EuGH zumindest bei hundertprozentigen Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit widerleglich vermutet. Dagegen geht der Supreme Court im Falle hundertprozentiger Tochtergesellschaften sogar von einer unwiderleglichen Vermutung aus. 128 So auch Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 891. Ähnlich Assant ECLR 1990, 65, 78. Siehe auch Ritter/Braun/Rawlinson S. 34 („A minority shareholding which does not result in actual control is too weak a relationship to establish an economic entity.“); McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1267 f., der eine wirtschaftliche Einheit bei Mehrheitsbeteiligungen annehmen will, bei Minderheitsbeteiligungen dagegen zusätzlich ausgeübte Kontrolle verlangt. 129 Siehe Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 891; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1269 Fn. 159. Ähnlich Lipowsky S. 111 f.

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kann, obwohl er nicht über die Anteilsmehrheit verfügt. Ziel muss es sein, die tatsächlichen Kontrollmöglichkeiten, also die Konzernwirklichkeit, offen zu legen. Dazu wird teilweise vertreten, dass in Grenzfällen, in denen die wirtschaftliche Abhängigkeit zweifelhaft ist, die Wahl einer Vereinbarung als Koordinierungsmittel als Indiz für eine tatsächlich bestehende Autonomie der beteiligten Unternehmen gewertet werden kann.131 Dies erscheint vor dem Hintergrund der kartellrechtlichen Gleichwertigkeit verschiedener Mittel der Konzernführung132 äußerst fraglich. Eine Unterscheidung nach der gewählten Form konzerninterner Regelung sollte zumindest deswegen ausscheiden, weil das Kartellverbot die verschiedenen Formen gegenseitiger Koordination – mit Einschränkungen bezüglich der rechtsverbindlichen Weisung – umfassend erfasst.133 Des Weiteren werden Verträge als Koordinierungsmittel häufig nicht eingesetzt, weil es der Muttergesellschaft an der Potenz für eine einseitige Regelung fehlt, sondern um den Leitern des Konzernunternehmens den psychologisch ungünstigen Effekt einseitiger Anordnungen zu ersparen und im deutschen Recht auch, um zugleich den Erfordernissen des Nachteilsausgleichs gemäß § 311 AktG durch Schaffung eines Äquivalenzverhältnisses zu genügen.134 Der indizielle Wert einer Vereinbarung als Mittel der konzernintern Koordination ist daher gering anzusetzen. (c) Abweichendes Kontrollverständnis Bevor auf die Möglichkeiten, die einzelnen Vermutungen zu widerlegen, näher eingegangen wird, ist hier auf einen ähnlichen Ansatz hinzuweisen, der sich ebenfalls am Kontrollbegriff orientiert, aber ein anderes Kontrollverständnis zugrundelegt und ohne widerlegbare Vermutungen arbeitet. Maßgeblich für die Bestimmung der Reichweite des Konzernprivilegs soll danach der funktionale Beherrschungsbegriff der europäischen Fusionskontrolle aus Art. 3 II FKVO, 130 Ähnlich Warner Slg. 1974, 260, 266: Vermutung kann widerlegt werden, wenn die Tochtergesellschaft tatsächlich autonom geführt wird. Ob dieser Beweislast fast nicht zu genügen ist, wie Warner meint, möchte ich in Anbetracht der folgenden Ausführungen bezweifeln. 131 Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 74. Als Indiz für einen beachtlichen Handlungsspielraum der Tochtergesellschaft sieht dies auch Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 111 an. Tetzner S. 9 vermutet in diesem Fall beschränkbaren Wettbewerb zwischen den Konzernunternehmen. Ähnlich auch BKartA TB 1961, 61: Vereinbarungen zwischen Konzernunternehmen begründen die Vermutung, dass diese untereinander im Wettbewerb stehen – wohl aufgegeben in TB 1969, 57 f. A. A.: Götz/Rieger JuS 1968, 393, 396; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 40. 132 Siehe unten III. 7. a) ee) (6). 133 Ähnlich Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134. 134 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 396.

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wie er sich inzwischen auch in § 37 I Nr. 2 GWB findet, sein.135 Soweit bereits der Erwerb von Leitungsmacht unter Art. 81 EGV falle, bestehe kein Anlass, die spätere Ausübung von Leitungsmacht erneut dem Kartellverbot zu unterwerfen.136 Eine sehr ähnliche Ansicht möchte den Bereich der vom Kartellverbot freigestellten Vereinbarungen durch eine Gesamtanalogie zu den Verbundklauseln bestimmen.137 Dabei sollen die Verbundklauseln entgegen ihrem Wortlaut nicht formal, sondern materiell ausgelegt werden, sodass erst der materiell bestehende Mehrheitseinfluss zur Zurechnung führt.138 Auch im US-amerikanischen Recht wird überlegt, ob nicht der Einfluss, der im Rahmen der Fusionskontrolle ausreicht, um einen Zusammenschluss anzunehmen, auch ausreichen sollte, um im Rahmen des Kartellverbots eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen.139 Für diese Sichtweise spricht sicherlich, dass so ein einheitlicher Standard in beiden Bereichen verwendet werden könnte. Auch das Argument, die Fusionskontrolle unterstelle, dass die beteiligten Unternehmen nach Vollzug des Zusammenschlusses als wirtschaftliche Einheit am Markt agieren und daher sei es sinnwidrig, in der Folge Vereinbarungen innerhalb der neuentstanden Einheit dem Kartellverbot zu unterwerfen,140 ist nicht von der Hand zu weisen. Ebenso 135 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 7, 15; Schroeder in: Grabitz/ Hilf, Art. 81 Rn. 412; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 166; Whish S. 73. Ähnlich Buntscheck S. 124 ff. Faull/Nikpay Rn. 2.37 bezeichnen die Entscheidungen der Kommission im Bereich der Fusionskontrolle als die „vielleicht beste Leitlinie“. Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 197 u. Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 214 sehen die Fusionskontrollpraxis zumindest als Anhaltspunkt an. Diese Sicht ist mit der hier vorgeschlagenen Lösung vereinbar, da zur Ermittlung der tatsächlichen Kontrollverhältnisse im Rahmen der vorgeschlagenen Vermutungen auch Erfahrungen aus der Zusammenschlusskontrolle berücksichtigt werden können, nur dass sie eben nicht entscheidend für die Einordnung im Rahmen des Kartellverbots sind. 136 Schroeder WuW 1988, 274, 279. 137 Pohlmann S. 412 ff.; G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 124 u. 126. Wiedemann scheint diese Freistellung daraus zu folgern, dass nach seinem Verständnis in den Verbundklauseln der Konzern geregelt wird. Die Tatsache, dass der gereglte Sachverhalt ein Konzern ist, taugt indes wie dargelegt nicht zur Begründung einer kartellrechtlichen Privilegierung. Die Herleitung der wirtschaftlichen Einheit ist nicht durch eine Gleichsetzung mit dem Konzernbegriff des deutschen Rechts zu leisten, von dem G. Wiedemann, Kommentar, AT Rn. 124 f. auszugehen scheint, da er auf das AktG verweist. 138 Pohlmann S. 412. 139 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 269. 140 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 4; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 409, der von einer geschützten Konzerninnenorganisationssphäre spricht. Ebenso Pohlmann S. 414. Ähnlich Bechtold § 1 Rn. 33, der darauf hinweist, es mache wenig Sinn, eine extensive Anwendung des § 1 GWB zu verfechten, wenn zugleich in der Fusionskontrolle mit der Erfahrungstatsache gearbeitet werde, dass Wettbewerbsmaßnahmen eines Unternehmens zu Lasten eines mit ihm gesellschaftsrechtlich verbundenen zumindest unwahrscheinlich sind. A. A. insoweit Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255, der meint, man könne nicht mit dieser Erfahrungstatsache bei Abhängig-

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wenig kann gegen das Argument eingewendet werden, es sei widersprüchlich, im Rahmen der Marktstrukturkontrolle einem Unternehmen bestimmte Ressourcen zuzurechnen, andererseits aber im Rahmen der Marktverhaltenskontrolle anzunehmen, es handele sich um getrennte Einheiten, deren Abstimmung dem Kartellverbot unterfalle und so den einheitlichen Einsatz der Ressourcen im Wettbewerb zu sanktionieren.141 Wenn in der Folge durch Mehrheitseinfluss begründete Kontrollmöglichkeiten als vom Kartellverbot freigestellt angesehen werden, so kann dem nur zugestimmt werden. Unter diesen Umständen fehlt dem kontrollierten Unternehmen die unternehmerische Autonomie zur selbständigen Festlegung seines wettbewerblichen Verhaltens. Insoweit liegt das gleiche Grundverständnis wie der hier vorgeschlagenen Lösung zugrunde. Insgesamt weist insbesondere der von den Verbundklauseln erfasste Bereich eine hohe Affinität zu den hier als wirtschaftliche Einheit verstanden Unternehmensverbindungen auf.142 Das gilt umso mehr, wenn man die von einigen Verbundklauseln erfassten Gemeinschaftsunternehmen, die nicht unter der alleinigen Kontrolle des Konzerns stehen,143 aus dem Verständnis der wirtschaftlichen Einheit ausschließt.144 Allerdings kann der Kontrollbegriff der Zusammenschlusskontrolle letztlich nicht deckungsgleich mit der Reichweite des Konzernprivilegs sein, denn Kontrolle im Sinne von Art. 3 FKVO erwirbt auch, wer lediglich eine Blockadeposition innehat.145 Hier fehlt es aber an der Fähigkeit, die Zielgesellschaft positiv-gestalterisch zu beeinflussen. Außerdem können im Rahmen der Fusionskontrolle unter Umständen auch rein wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse, etwa aufgrund langfristiger Lieferverträge, ausreichend sein, ohne dass ein gesellschaftsrechtlicher Bezug besteht. Wie bereits bei der Frage, ob aus der Existenz der Zusammenschlusskontrolle eine generelle Privilegierung des Konzerns abgeleitet werden kann, dargelegt wurde, sind Marktstruktur- und Marktverhaltenskontrolle als selbständige Standards zu unterscheiden.146 Es geht um unterschiedliche Sachfragen, daher schließt Kontrolle im Sinne von Art. 3 FKVO nicht stets die Anwendung des Kartellverbots aus.147 Generell gilt, dass die präkeits- und Beherrschungsverhältnissen eine kartellrechtliche Handlungsfreiheit verneinen. 141 Pohlmann S. 413 u. 419. 142 Siehe zur Reichweite der Verbundklauseln oben II. 3. b) bb). 143 Siehe dazu oben II. 3. b) bb) (1) a. E., sowie (2) Fn. 79 und zugehörigen Text. 144 So zu Recht Pohlmann S. 415 f. 145 Pohlmann S. 411 f. Zum Ausreichen einer Blockadeposition siehe Kommission ABl. 1994 Nr. C 385, S. 5, 10 Rn. 39. G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413 will daher konsequenterweise auch Kontrolle auf der Grundlage von Vetorechten für eine wirtschaftliche Einheit ausreichen lassen. Dem ist nicht zuzustimmen, da es hier an der Fähigkeit fehlt, das Marktverhalten der Gesellschaften positiv aufeinander abzustimmen. 146 Siehe oben III. 3. d) aa).

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ventive Ausrichtung der Fusionskontrolle durchaus einen strengeren Maßstab erforderlich machen kann.148 Das für die Eröffnung der Zusammenschlusskontrolle sinnvolle weite Verständnis des Kontrollbegriffs würde hier dagegen zu einer zu weitgehenden Zurücknahme der Marktverhaltenskontrolle führen. (d) Die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit und ihre Widerlegung Die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit kann durch verschiedene Faktoren widerlegt werden. Hier sind zunächst die Fälle zu nennen, in denen es einer höheren Beteiligung als der einfachen Mehrheit bedarf, um die Zielgesellschaft zu kontrollieren. So kann sich für das europäische Wettbewerbsrecht, solange es kein europäisches Konzernrecht gibt, die Höhe der zur Kontrolle einer anderen Gesellschaft erforderlichen Beteiligung nur aus den Gesellschaftsrechten der Mitgliedsstaaten ergeben.149 Dies mag im Einzelfall mehr als eine schlichte Mehrheitsbeteiligung sein. Auch wenn in der mehrheitlich kontrollierten Gesellschaft cumulative voting vorgesehen ist, kann die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit widerlegt werden. Hier muss der Konzern einen höheren Anteil als die einfache Mehrheit halten, um die Mehrheit der Mitglieder des Leitungsorgans zu stellen. Das Gleiche gilt, wenn die Satzung eine qualifizierte Mehrheit vorschreibt. Auch hier braucht es einen höheren Anteil als die einfache Mehrheit, um die Zielgesellschaft zu kontrollieren.150 Schließlich können Mehrstimmenrechte oder so genannte Goldene Aktien die Kontrolle einer Gesellschaft durch ihren Mehrheitsgesellschafter verhindern.151

147 Pohlmann S. 412. Unklar dagegen S. 419. Zum Unterschied zwischen dem Kontrollbegriff der Zusammenschlusskontrolle und dem zugrundegelegten Konzernverständnis bereits oben II. 3. b) aa). 148 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 269 f.; Pohlmann S. 412. 149 Assant ECLR 1990, 65, 78. Ähnlich Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 197; Heitzer S. 177. Allerdings kann und sollte das erarbeitete europäische Konzernverständnis hierbei eine Leitlinie bilden. Mittelfristig könnte es sogar den Rückgriff auf das Recht der Mitgliedstaaten entbehrlich machen. 150 Siehe Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1415. 151 In der deutschen Aktiengesellschaft sind Mehrstimmenrechte inzwischen unzulässig, § 12 II AktG, nicht aber in der GmbH, siehe T. Raiser § 33 Rn. 48. Zur Fortgeltung bestehender Mehrstimmrechte in Aktiengesellschaften siehe § 5 EGAktG. Das Ziel Goldener Aktien besteht in der Regel darin, in Wirtschaftsbereichen, die ein Staat als wirtschaftlich oder politisch besonders wichtig ansieht, den Einfluss ausländischer Unternehmen möglichst gering zu halten. Dazu erhält der Staat bei der Privatisierung von Staatsunternehmen durch Goldene Aktien Sonderrechte wie etwa ein Veto gegen Übernahmen eingeräumt. Zur Vereinbarkeit von Goldenen Aktien mit dem Europarecht siehe Ruge EuZW 2002, 421.

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Eine zweite Gruppe bilden Fälle, in denen vertragliche Bindungen oder Sonderrechte die Kontrollmöglichkeiten des Mehrheitsgesellschafters so beschränken, dass keine wirtschaftliche Einheit besteht. Stimmbindungsverträge (shareholder agreements) zwischen den Gesellschaftern können die Kontrolle der Gesellschaft durch den Konzern verhindern152 und Sonderrechte eines Minderheitsgesellschafters können dem Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit nehmen, das Marktverhalten des Unternehmens alleine zu bestimmen.153 Hier ist auch ein Betriebsführungsvertrag einzuordnen, der einen Minderheitsgesellschafter berechtigt, die Gesellschaft zu führen. Andererseits sind Fälle möglich, in denen die Kontrollmöglichkeiten derart ausgeprägt sind, dass eine Widerlegung der Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit schwerlich möglich bis unmöglich erscheint. Dies gilt beispielsweise, wenn neben der Mehrheitsbeteiligung ein Beherrschungs- oder Betriebsführungsvertrag oder ein rechtsverbindliches Weisungsrecht zugunsten des Konzerns besteht. Auch wenn der vom Konzern kontrollierte Anteil an der Gesellschaft hoch genug ist, um eine Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss vorzunehmen oder die kontrollierte Gesellschaft im Wege eines freeze-out mergers zu einer Betriebsabteilung zu verschmelzen oder durch einen squeeze-out die Minderheitsaktionäre zu verdrängen, sollte die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit kaum zu widerlegen sein.154 In dieser Situation ist die Kon152 Assant ECLR 1990, 65, 78. Als Beispiel kann die Situation in Timken angesehen werden, wo trotz des substantiellen (wenn auch nicht mehrheitlichen) Anteilbesitzes der Muttergesellschaft ein andere Aktionär aufgrund von unterschiedlichen Klassen von Aktien und Stimmbindungsverträgen die Gesellschaften leiten konnte. Siehe dazu oben III. 5. b) cc). Vgl. zu Stimmbindungsverträgen im deutschen Recht Hüffer § 133 Rn. 25 ff.; Lutter/Hommelhoff § 47 Rn. 5 f.; T. Raiser § 16 Rn. 89 ff. Die Regelungen in §§ 136 II, 405 III Nr. 6 u. 7 AktG gehen von der Wirksamkeit von Stimmbindungsverträgen aus. Zur Rechtslage in den USA siehe Del. Code Ann. (2001) tit. 8, § 218; Model Bus. Corp. Act (1999) § 7.31 („Two or more shareholders may provide for the manner in which they will vote their shares by signing an agreement for that purpose.“). 153 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413. 154 Eine Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss ist nach § 320 I 1 AktG zulässig, wenn sich mindestens 95% des Aktienkapitals in der Hand der zukünftigen Hauptgesellschaft befinden. Durch die Eingliederung verlieren die Minderheitsaktionäre ihre Mitgliedschaft in der eingeliederten Gesellschaft, § 320a AktG, und erhalten lediglich eine angemessene Entschädigung, im Regelfall allerdings in Form von Aktien der Hauptgesellschaft, § 320b AktG. Dazu Hüffer § 320 Rn. 1 ff.; T. Raiser § 55 Rn. 5 ff. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit siehe BVerfG v. 07.08.1962, BVerfGE 14, 163, 273 ff. „Feldmühle“. Danach ist die gesetzlich zugelassene Mehrheitsumwandlung selbst bei lediglich 75%iger Beschlussmehrheit noch verfassungsgemäß. Zur Verfassungsmäßigkeit der Verdrängung einer Aktionärsminderheit im Wege der „übertragenden Auflösung“ siehe BVerfG v. 23.08.2000, NJW 2001, 279 „Moto Meter AG“. In den USA gestatten alle einzelstaatlichen Gesellschaftsrechte Zusammenschlüsse ohne die Zustimmung sämtlicher Aktionäre. In der Regel reicht die einfache Mehrheit aus. Zusätzlich erlauben einige Staaten einen sogenannten short-form oder freeze-out

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trollmöglichkeit der Konzernspitze absolut. Durch ihren dominanten Anteil an der kontrollierten Gesellschaft beherrscht sie deren Organe. Zusätzlich kann sie die abhängige Gesellschaft jederzeit auch ihrer rechtlichen Selbständigkeit berauben. Die Möglichkeit der Eingliederung oder der Verschmelzung unter Ausschluss der Minderheit macht die Interessen der Minderheit bedeutungslos.155 Das Gleiche gilt, wenn auch in abgeschwächter Form, wenn die Muttergesellschaft über eine qualifizierte Mehrheit verfügt, mit der sie strukturändernde Maßnahmen gegen innergesellschaftliche Widerstände durchsetzen kann.156 merger, wodurch es der Muttergesellschaft ermöglicht wird, die Minderheitsaktionäre einseitig aus der Tochtergesellschaft zu verdrängen. Der dafür erforderliche Anteilsbesitz variiert, die Regelungen in Delaware und im Model Business Corporation Act sehen beide mindestens 90% vor. Vgl. Del. Code Ann. (2001) tit. 8, § 253; Model Bus. Corp. Act (1999) § 11.05 (der Text der Norm findet sich oben III. 5. d) gg) (1) (b) in Fn. 247). Viele Staaten haben auch noch die alte Fassung des Model Acts von 1984 in Gebrauch, Model Bus. Corp. Act (1984) § 11.04 („A parent owning at least 90 percent of the outstanding shares of each class of a subsidiary corporation may merge the subsidiary into itself without approval of the shareholders of the parent or subsidiary.“). Diese Regelungen ermöglichen es der Muttergesellschaft, die Aktien der Minderheit jederzeit gegen eine angemessene Abfindung zu übernehmen. Das board der Muttergesellschaft kann einen solchen short-form merger ohne die Zustimmung sowohl der eigenen Aktionäre als auch der Aktionäre der Tochtergesellschaft durchführen. Die richterliche Kontrolle beschränkt sich auf die Höhe der Abfindung, verhindert oder kontrolliert aber den Zusammenschluss selbst nicht. Siehe dazu allgemein Ebke in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 279, 312 ff.; Gevurtz S. 724 ff. Siehe auch die Fälle, die diesen Standard in den USA zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit heranziehen, oben III. 5. d) gg) (1) (b). Inzwischen existiert auch in Deutschland eine vergleichbare Regelung für die Aktiengesellschaft, eingeführt durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. §§ 327a ff. AktG ermöglichen es einem Hauptaktionär, der 95% des Grundkapitals hält, die Minderheitsaktionäre gegen eine angemessene Barabfindung aus der Gesellschaft auszuschließen (squeeze-out). Die gerichtliche Nachprüfung beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf die Angemessenheit der Abfindung, sie überprüft jedenfalls nicht die sachliche Rechtfertigung, vgl. § 327f AktG; Hüffer § 327f Rn. 1 ff. Siehe zum squeeze-out etwa Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 1 II 2; Vetter AG 2002, 176 ff. 155 Vgl. Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 567. Siehe auch Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 73. Nach deutscher Rechtslage werden die Minderheitsaktionäre allerdings bei der Eingliederung Anteilseigner der Hauptgesellschaft. Ein Herausdrängen der Minderheitsgesellschafter aus dem Konzern ist daher nur im Wege des in den §§ 327a ff. AktG vorgesehenen Verfahrens möglich. 156 Für diesen Fall vertreten Emmerich in: Dauses, H.I Rn. 70 und Fleischer AG 1997, 491, 498, dass die Anwendung des Konzernprivilegs nicht zweifelhaft sein sollte. In der GmbH ist beispielweise eine Dreiviertelmehrheit für eine Satzungsänderung (§ 53 II GmbHG), die Auflösung (§ 60 I Nr. 2 GmbHG), Verschmelzungs-, Spaltungsund Formwechselbeschlüsse, einen Ausschließungsbeschluss und den Abschluss von Unternehmensverträgen erforderlich. In der Aktiengesellschaft braucht es eine Dreiviertelmehrheit des vertretenen Grundkapitals sowie eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen für Satzungsänderungen und Grundlagenbeschlüsse (§§ 179 II, 262 I Nr. 2, 293, 295, 319 f. AktG, §§ 65, 73, 125, 176, 178, 240 UmwG). Siehe T. Raiser § 16 Rn. 10, 70; § 33 Rn. 34, 39 ff.

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Die Interessen der Minderheit sind das Stichwort für den am schwersten zu bewertenden Faktor, nämlich inwieweit divergierende Minderheitsinteressen die Kontrolle des Konzerns über eine Tochtergesellschaft beschränken. Bei der Einbeziehung von Gesellschaften, die sich nicht vollständig im Besitz anderer Konzernunternehmen befinden, in eine wirtschaftliche Einheit muss man sich die Besonderheiten, die aus der bestehenden Minderheitsbeteiligung resultieren, vergegenwärtigen. Der zentrale Unterschied zu einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft ist, dass das herrschende Unternehmen das abhängige nicht nach Belieben steuern kann,157 soweit nicht im jeweiligen nationalen Gesellschaftsrecht die nachteilige Gruppenleitung legitimiert wird.158 Dabei kann das Bestehen von Minderheitsgesellschaftern die Fähigkeit, die abhängige Gesellschaft zu steuern, sehr unterschiedlich beeinflussen. Eine Minderheitsbeteiligung kann zum Beispiel im Zuge einer Kapitalerhöhung entstanden sein und die Fähigkeit der Muttergesellschaft, ihre Tochter zu steuern, nicht vermindern. Auch bei Bestehen einer Minderheitsbeteiligung kann die Zusammenarbeit beider Gesellschaften noch effizienzsteigernd wirken, indem Transaktionskosten gesenkt werden und Ressourcen nachhaltiger genutzt werden.159 Es wird daher sogar oft im Interesse der Minderheitsgesellschafter liegen, die Aktivitäten „ihrer“ Gesellschaft mit dem Rest des Konzerns zu koordinieren, um gemeinsame Gewinne zu erhöhen.160 Häufig sind Minderheitsgesellschafter auch nur finanziell interessiert und einflusslos.161 Allerdings kann ein Minderheitsgesellschafter auch divergierende Interessen haben, die den potentiellen Einfluss der Muttergesellschaft beschränken.162 Ferner kann eine Muttergesellschaft von sich aus auf die Ausübung bestehender Kontrollmöglichkeiten verzichten, etwa wenn sie auf die Kooperation der Minderheitsgesellschafter angewiesen ist.163 Generell stellt die Existenz eines unternehmerisch interessierten starken Minderheitsgesellschafters eine Begrenzung der Einflussmöglichkeiten des Mehrheitsgesellschafters dar.164

Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 252. Siehe zum Umfang zulässiger Konzernsteuerung oben III. 2. 159 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466c, S. 252. 160 Vgl. Scheffler AG 1990, 173, 177, der darauf hinweist, dass bei dezentraler Unternehmensführung die Interessen des Konzerns und der Konzernobergesellschaft nur in Einzelfällen nicht deckungsgleich mit den Interessen des abhängigen Konzernunternehmens sind. Einen Gleichlauf zwischen Konzern- und Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft sieht vielfach auch Ebenroth AG 1990, 188, 190. 161 Pohlmann S. 410. 162 Vgl. Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149, 1160 (La. 1986) („[A] parent and its partially owned subsidiary may not have a complete unity of interest.“); Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 206. 163 Blumberg, The Law of Corporate Groups I, § 22.03.3, S. 433 Fn. 3; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 205. 164 Pohlmann S. 410. 157 158

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Die Interessen der Minderheitsgesellschafter müssen daher berücksichtigt werden, sofern nicht die Legitimation nachteiliger Gruppenleitung sie zu ignorieren erlaubt. Sie verhindern aber die Koordination der Gesellschaft mit dem Rest des Konzerns nicht grundsätzlich. Während das Bestehen einer Minderheitsbeteiligung durch Außenstehende also der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht prinzipiell entgegensteht, können doch abweichende Interessen der Minderheit diese Annahme im Einzelfall verhindern. Mit zunehmendem Einfluss des Minderheitsgesellschafters lässt sich eine wirtschaftliche Einheit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft immer weniger begründen.165 Eine klare Trennlinie existiert dabei allerdings nicht. Wenn sich ergibt, dass aufgrund strukturell divergierender Interessen einer starken Minderheit die Interessen der kontrollierten Gesellschaft insgesamt von denen der Konzernspitze deutlich abweichen, sollte die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit als widerlegt angesehen werden.166 Dabei sind mit strukturellen Interessen der Minderheitsgesellschafter solche Interessen gemeint, die nicht nur im Einzelfall hinsichtlich bestimmter Maßnahmen bestehen. Als Indiz für die Interessen der Minderheitsgesellschafter kann deren Zusammensetzung angesehen werden.167 Problematisch ist etwa die Situation, wenn der Minderheitsgesellschafter ein Lieferant, Kunde oder Wettbewerber des Konzerns ist. Das Problem ist dabei aus kartellrechtlicher Sicht weniger eine mögliche Verminderung des Wettbewerbs zwischen dem Konzern und dem Minderheitsgesellschafter durch die gemeinsame Beteiligung, da dieser Sorge im Rahmen der Fusionskontrolle Rechnung getragen werden kann.168 Vielmehr ist in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit, dass Minderheitsgesellschafter und beherrschendes Unternehmen abweichende Interessen haben sehr hoch.169 Umgekehrt sollte die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit dort nicht widerlegt werden, wo die Zusammensetzung der Minderheitsgesellschafter einen Konflikt mit den Interessen der Konzernspitze unwahrscheinlich erscheinen lässt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die verbleibenden Anteile von anderen Konzerngesellschaften oder von Mitarbeitern des Konzerns gehalten werden.170 Eingeschränkt gilt dies auch, wenn die Minderheitsgesellschafter ihre 165

Pohlmann S. 410. Vgl. dazu Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1425, der auf die gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüche hinweist; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 565 Fn. 176. A. A. Pohlmann S. 415 im Rahmen der von ihr vertretenen Gesamtanalogie zu den Verbundklauseln. 167 Ähnlich Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 565, der vorschlägt, die Charakteristik der Minderheitsgesellschafter sollte für die Feststellung, ob eine Muttergesellschaft eine in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Tochtergesellschaft kontrolliert, berücksichtigt werden. 168 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466e, S. 257. 169 Vgl. Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 965; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 211. 166

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Anteile lediglich zu Investmentzwecken halten, ohne an der Lenkung der Gesellschaft interessiert zu sein.171 Allerdings haben diese Anleger ein Interesse daran, den Wert der kontrollierten Gesellschaft und nicht den des Gesamtkonzerns zu maximieren. Eine Geschäftspolitik, die ,ihre‘ Gesellschaft langfristig zum Vorteil des Restkonzerns benachteiligt, ist daher in der Regel nicht in ihrem Interesse. In diesem Fall könnte die Konzernspitze der kontrollierten Gesellschaft etwa nur schwerlich Verrechnungspreise unter Marktniveau diktieren,172 ohne diese Nachteile andernorts auszugleichen. Ein Beispiel für divergierende Minderheitsinteressen, wenn auch nicht im Kontext eines Konzerns, findet sich in der bereits erwähnten amerikanischen Entscheidung American Vision Centers, Inc. v. Cohen.173 Drei Personen mit Namen Cohen hielten zusammen 54% an American Vision, einer Gesellschaft, die Optikergeschäfte betrieb. Sie nutzten ihre Anteilsmehrheit, um sich selbst als Direktoren und Geschäftsführer zu inthronisieren, hielten aber die gleichen Positionen auch in einer von ihnen parallel errichteten konkurrierenden Gesellschaft, die sich in ihrem Alleineigentum befand.174 Dabei betrieben sie beide Gesellschaften so, dass sie American Vision systematisch benachteiligten, etwa indem sie Geschäftsmöglichkeiten an ihre eigene Gesellschaft weiterleiteten oder verhinderten, dass American Vision Filialen eröffnete, in Regionen in denen ihre eigene Gesellschaft bereits tätig war. Das Gericht lehnte in dieser Situation das Vorliegen eines einzigen Unternehmens ab, da 46% der Anteilseigner von American Vision keinerlei Interesse an der konkurrierenden Gesellschaft hatten und davon abgehalten wurden, mit ihr in Wettbewerb zu treten.175 Allerdings lassen sich aus diesem Fall nur begrenzt Rückschlüsse für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit ziehen. Zunächst handelt es sich vorliegend nicht um einen Unterordnungskonzern, sondern um Individuen, die mehrere Gesellschaften kontrollierten, sodass höchstens ein faktischer Gleichordnungskonzern vorliegen kann, wenn man ihnen Unternehmensqualität zubilligt. Es gab hier keinen gemeinsamen Wirtschaftsplan und auch kein Konzerninteresse, das eine vorübergehende Benachteiligung einzelner Konzernunternehmen zum langfristigen Vorteil des Gesamtkonzerns beinhalten kann. Außerdem handelte es sich in American Vision um eine konspirative Absprache der Mehrheitsgesellschafter und einer von ihnen vollständig kontrollierten Gesellschaft 170

Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 566. So auch Warner Slg. 1974, 260, 266. 172 Areeda, Antitrust Law VII, } 1466d, S. 252. 173 711 F. Supp. 721 (E.D.N.Y. 1989). Zu dieser Entscheidung bereits oben III. 5. d) gg) (1) (c), Fn. 258–260 und zugehöriger Text. Zu einer ähnlichen Entscheidung siehe Heitzer S. 243. 174 Siehe American Vision Centers, Inc. v. Cohen, 711 F. Supp. 721, 722 (E.D.N.Y. 1989). 175 Siehe a. a. O., S. 723. 171

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zum Nachteil der nur mehrheitlich kontrollierten Gesellschaft und ihrer Minderheitsgesellschafter. Dass dies nicht im Interesse der beiden Letztgenannten sein kann und daher verschiedene Interessen bestehen, ist offensichtlich. Generell spricht das wirtschaftliche Interesse an einem Konkurrenten gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit.176 (e) Die Vermutung gegen eine wirtschaftliche Einheit und ihre Widerlegung Die zweite Vermutung, dass eine Gesellschaft nicht Teil einer wirtschaftlichen Einheit ist, wenn sich die Anteile nicht mehrheitlich im Besitz des Konzerns befinden, kann widerleget werden, wenn der Konzern die Gesellschaft tatsächlich dennoch kontrollieren kann.177 Dies sind etwa die Fälle der De-facto-Kontrolle, die möglich ist, wenn die übrigen Anteile der Gesellschaft sich im Streubesitz befinden. In diesem Fall kann der Besitz einer (substantiellen) Minderheitsbeteiligung ausreichen, um die Mehrheit der Stimmen in der Hauptversammlung zu stellen und die Gesellschaft so zu lenken.178 Dieser Umstand findet auch im Fusionskontrollrecht Berücksichtigung, wo die Möglichkeit, durch einen Anteilserwerb die Kontrolle über eine andere Gesellschaft zu erlangen, ausreicht, um eine Überprüfung zu rechtfertigen.179 Es bestünde kein Anlass, De-facto-Kontrolle als Zusammen176

Heitzer S. 243. Ähnlich Faull/Nikpay Rn. 2.37; Fleischer AG 1997, 491, 499. Auch van Bael/ Bellis S. 31 halten eine wirtschaftliche Einheit bei einer Minderheitsbeteiligung für möglich. Ebenso die Kommission; vgl. die Widergabe der Ansicht der Kommission durch Mischo Slg. 2000, I-10067, 10077 Rn. 60. 178 Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 298; Faull/Nikpay Rn. 2.37; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181; Koppensteiner in: Kölner Kommentar, § 17 Rn. 35 f.; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413. Blumberg hält bereits Anteile von weniger als 25% für ausreichend, um effektive Kontrolle anzunehmen, wenn kein anderer Aktionär vergleichbaren Zuschnitts existiert. In BGH v. 17.03.1997, BGHZ 135, 107, 114 f. sah der BGH bereits 20% der Anteile als ausreichend an, um einen beherrschenden Einfluss i. S. d. § 17 I AktG anzunehmen. Siehe zur De-facto-Kontrolle bereits oben II. 3. a) dd) (3). Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 211 weist daraufhin, dass im umgekehrten Fall, wenn die Minderheitsanteile sehr konzentriert sind, auch ein Mehrheitsgesellschafter Probleme haben könnte, seinen potentiellen Einfluss auszuspielen. 179 Siehe zum US-amerikanischen Fusionskontrollrecht Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 269 u. } 1466d2, S. 254. Im Bereich der europäischen Fusionskontrolle berücksichtigt die Kommission faktische Kontrolle aufgrund nachhaltiger Hauptversammlungsmehrheit bei der Frage, ob ein Kontrollerwerb vorliegt. Siehe Kommission ABl. 1994 Nr. C 385, S. 5, 7 Rn. 14; sowie Löffler in: Langen/Bunte Art. 3 FKVO Rn. 10; G. Wiedemann/Wiedemann, Hdb. KartellR, § 15 Rn. 42 jeweils mit Nachweisen zur Entscheidungspraxis. Die gleiche Ansicht vertritt das Bundeskartellamt für das GWB. Siehe BKartA, Merkblatt zur Deutschen Fusionskontrolle, http://www. bundeskartell-amt.de/Merkblatt_zur_Deutschen_Fusionskontrolle_auf_deutsch.pdf. 177

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schlusstatbestand anzusehen, wenn man nicht Rückwirkungen auf den Wettbewerb erwarten würde. Die Einordnung als Zusammenschluss enthält die Wertung, dass die Beteiligten anschließend nicht mehr als unabhängige Wettbewerber agieren, sondern kooperieren werden.180 Zwar präjudiziert die fusionskontrollrechtliche Einordnung wie gesehen die Einordnung im Rahmen der Marktverhaltenskontrolle nicht. Ein Argument ist die Einordnung im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle aber allemal. Sicherlich verkompliziert die Berücksichtigung von De-facto-Kontrolle die Feststellung, wann eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, zu einem gewissen Grad. Eine zusätzliche Kritik lautet dahingehend, dass eine nur de facto kontrollierte Gesellschaft niemals die gleichen Interessen wie der Restkonzern haben könne, da sich die zersplitterten Aktionäre jederzeit gegen den kontrollierenden Gesellschafter vereinigen und eine Steuerung der Gesellschaft durch ihn verhindern können.181 Allerdings rücken die praktischen Schwierigkeiten bei der Formation einer solchen Koalition diese Möglichkeit doch eher in den Bereich des Theoretischen: Die Hauptversammlungspräsenz ist in der Regel nicht hoch genug, um den Inhaber einer substantiellen Minderheit zu überstimmen, die übrigen Anteilseigner werden meistens ihrerseits unterschiedliche Interessen verfolgen und für die Inhaber kleiner Aktienpakete, die ihre Anteile aus Investmentgründen halten, lohnt sich der für die Anteilnahme an der Steuerung der Gesellschaft erforderliche Aufwand nicht. Für sie ist es näherliegend, ihre Anteile zu verkaufen, als sich aktiv an der Ausrichtung der Gesellschaft zu beteiligen (sogenannte Wall Street Rule). Außerdem ist es wenig überzeugend anzunehmen, die Konzerspitze und die von ihr de facto kontrollierte Gesellschaft könnten niemals die gleichen wirtschaftlichen Interessen haben, nur weil die Konzernspitze ihre Kontrolle zu einem späteren Zeitpunkt verlieren könnte. In Citizens & Southern hat der amerikanische Supreme Court De-facto-Kontrolle als unter bestimmten Umständen ausreichend angesehen, um die Möglichkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen zwei Gesellschaften abzulehnen.182 Daher sollte De-factoKontrolle in Form einer unumkämpften nachhaltigen Hauptversammlungsmehrheit, nicht aber ein einmaliger knapper Sieg bei einer Abstimmung, als ausreichend anerkannt werden, um die Vermutung gegen das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zu widerlegen.183 Ein Beispiel für eine derartige Situation bietet die amerikanische Entscheidung Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Telephone & Telegraph Co.184 Dort hielt eine Gesellschaft 32,6% beziehungsweise 23,9% der Aktien an zwei andeAreeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 269, } 1466d2, S. 254. So Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1417 f. 182 United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86 (1975). Dazu oben III. 5. b) ff); sowie Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f2, S. 270. 183 Assant ECLR 1990, 65, 78 f. Siehe auch Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181. 184 Civ. A. No. 83-2324, 1986 WL 953 (D.D.C. April 30, 1986). 180 181

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ren Gesellschaften. Das Gericht stellte dazu fest, dass diese Anteilspakete im Vergleich zu denen anderer Gesellschafter so dominant waren, dass es äußerst schwierig für andere Anteilseigner gewesen wäre, gemeinsam ein von der dominierenden Gesellschaft unabhängiges board of directors zu wählen.185 Dennoch lehnte das Gericht das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit unter Verweis auf die rechtliche Unabhängigkeit des boards ab.186 Auch wenn diese Begründung theoretisch sicherlich richtig ist, wird sie der Realität der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften nicht gerecht. Wenn De-facto-Kontrolle in der von dem Gericht beschriebenen Weise besteht und die Gesellschaften historisch gesehen stets den Vorgaben der dominierenden Gesellschaft gefolgt sind, sollte auch ohne Bestehen einer Mehrheitsbeteiligung die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit möglich sein. Ein anderes Beispiel stellt ein Fall dar, in dem eine Gesellschaft an einer anderen zwar nur 30% der Anteile hielt, letztere Gesellschaft aber von ersterer vollständig abhängig war und die übrigen Gesellschafter gehalten waren, ihr Stimmrecht ausschließlich nach dem Weisungsrecht der Gesellschaft, die 30% der Anteile hielt, auszuüben. Hier ist neben dem Bestehen einer strukturellen Verbindung die Stimmbindung der übrigen Gesellschafter das entscheidende Element. Sie gibt dem Minderheitsgesellschafter de facto die uneingeschränkte Kontrolle über die Gesellschaft. Auch das Bundeskartellamt sah in dieser Situation keinen Raum mehr für eine kartellrechtlich relevante Abstimmung zwischen den Gesellschaften.187 Dieser Fall zeigt eine weitere Möglichkeit für einen Minderheitsgesellschafter, eine Gesellschaft zu kontrollieren. Sonderrechte können ihm einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft gewähren.188 Sie können sich aus Stimmbindungsverträgen, die die übrigen Gesellschafter verpflichten, in seinem Sinne abzustimmen, einem Betriebsführungsvertrag, der ihn berechtigt, die Gesellschaft zu führen, aus Mehrstimmrechten oder aus Goldenen Aktien ergeben.189 Auch ein Beherrschungsvertrag ohne Mehrheitsbeteiligung fällt in diese Kategorie. Für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit sind vertragliche Einflussmöglichkeiten allerdings mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten. Sie können nur relevant sein, wenn sie dauerhaft die entsprechenden Einflussmöglichkeiten gewähren.190 185

Siehe a. a. O., S. *4. A. a. O., S. *5. 187 BKartA TB 1973, 82 „Ackerschlepper“. Dort auch zu dem geschilderten Sachverhalt. 188 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413. 189 Siehe Assant ECLR 1990, 65, 78 f.; Grandpierre S. 157 f.; G. Wiedemann/ Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413. Vgl. Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 7 Rn. 14. Siehe beispielsweise die Situation im Timken-Fall, oben III. 7. a) dd) (1) (d) Fn. 152 u. III. 5. b) cc). 186

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Ein weiterer Faktor, der im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung kontrollbegründend wirken kann, ist die vollständige Integration der Tochtergesellschaft in die Organisationsstruktur des Konzerns. Wenn eine Produktabhängigkeit der Tochter von der Muttergesellschaft besteht, weil die Tochtergesellschaft – wie häufig im Konzern – nur unternehmerische Teilfunktionen im Rahmen eines Gesamtprozesses erfüllt, wie etwa Verpackung oder Vertrieb bestimmter Waren, so können die dadurch eröffneten Einflussmöglichkeiten der Muttergesellschaft ebenfalls die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigen.191 Diese Form der Abhängigkeit setzt allerdings eine geringe Substituierbarkeit des fraglichen Produktes voraus.192 Organisatorische Integration und Produktabhängigkeit werden indes in der Praxis weniger bei bloßen Minderheitsbeteiligungen, sondern eher bei Mehrheitsbeteiligungen bis hin zu hundertprozentigen Tochtergesellschaften vorliegen, wo sie im Rahmen der Prüfung, ob die Vermutung zugunsten einer wirtschaftlichen Einheit widerlegt werden sollte ebenfalls, und zwar gegen eine Widerlegung, berücksichtigt werden können. Schließlich kann eine Gesellschaft durch einen Minderheitsaktionär kontrolliert werden, wenn ausländische Regulierungen eine investierende Gesellschaft dazu zwingen, sich auf einen Minderheitsanteil an einer im Zielland neu gegründeten Gesellschaft zu beschränken. Hier sollte es der investierenden Gesellschaft erlaubt sein, dennoch das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit darzutun. Insgesamt sind mehr Faktoren in die Analyse einzubeziehen, wenn eine Gesellschaft nicht die Mehrheit an der fraglichen Gesellschaft hält. Hier kann es beispielsweise für die Gesellschaften erforderlich werden darzulegen, dass sie dauerhaft einem gemeinsamen Kurs auf dem Markt folgen, dass sie ihre langfristige Geschäftsplanung und ihre langfristigen Geschäftsziele abgestimmt haben,193 oder dass eine Gesellschaft das Geschäftsrisiko beider Beteiligter trägt. Ein Indiz für das Bestehen tatsächlicher Kontrolle im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung können auch personelle Verflechtungen in den Leitungsgremien sein. Zwar setzt die Annahme von Kontrolle dies nicht voraus, wenn aber umgekehrt Personengleichheit im Leitungsbereich besteht, ist es naheliegend, 190 Ähnlich Heitzer S. 177 f., der ebenfalls die Schwelle der erforderlichen Anteile weiter absenken möchte, wenn die vermittelte Einflussposition dauerhaft vertraglich gewährleistet ist. 191 Rütsch S. 139 sieht dies als Kriterium für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit an. Dieses Merkmal spielte etwa in der Johnson & Johnson-Entscheidung der Kommission eine Rolle. Siehe oben III. 7. a) aa) (2) (a). 192 Rütsch S. 139. 193 Vgl. etwa McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1269 f.; sowie diejenigen in der Literatur, die eine abgestimmte Marktstrategie fordern, oben III. 7. a) bb) Fn. 75. Eine gewisse Eigenständigkeit der Tochtergesellschaften ist dabei unschädlich, wenn es in Wirklichkeit die Muttergesellschaft ist, die das übergeordnete Marktverhalten festlegt.

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wenn auch nicht zwingend, dass die Muttergesellschaft tatsächlich die Geschäftspolitik der Tochter kontrollieren kann.194 Insofern kann die Zusammensetzung der Leitungsgremien nützliche Aufschlüsse über die tatsächlichen Kontrollverhältnisse geben.195 (f) Zwischenergebnis Das Ergebnis sollte bei Anwendung beider Vermutungen sein, dass eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, wenn die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft kontrollieren kann.196 Besteht dagegen keine Kontrollmöglichkeit und sei es auch nur aufgrund stark divergierender Interessen, die den Einfluss der Muttergesellschaft aufheben, so ist eine wirtschaftliche Einheit abzulehnen. Die betroffenen Unternehmen unterliegen dann uneingeschränkt dem Kartellverbot. (g) Mögliche Kritik Drei Einwänden gegen den propagierten Standard ist dabei sogleich zu begegnen. Der erste betrifft die Handhabbarkeit der vorgeschlagenen Lösung. Vorgeschlagen wird hier keine klare Trennlinie, wie es etwa eine bestimmte Beteiligungshöhe als verbindlicher Maßstab wäre, sondern ein deutlich detaillierterer und aufwendigerer Standard, wenn auch die Verwendung widerlegbarer Vermutungen die Anwendung erleichtert. Das Problem detaillierter Tests ist, dass sie sehr ergebnisoffen und unbestimmt sein können.197 Je mehr die Zahl der zu berücksichtigenden Faktoren zunimmt, umso mehr nimmt die Vorhersehbarkeit des Ergebnisses und damit letztlich die Rechtssicherheit ab. Allerdings ist die Einfachheit der Anwendung kein Wert an sich, sondern sie muss mit anderen Zielen, wie etwa dem kartellrechtlich gebotenen Schutz des Wettbewerbs oder dem Versuch, der Rechtswirklichkeit gerecht zu werden, abgewogen werden.198 In Anbetracht der Komplexität moderner Konzernstrukturen ist ihre 194 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467d, S. 262 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 465. Siehe auch Grandpierre S. 157 f.; Rütsch S. 138 f. 195 Vgl. Wish/Sufrin S. 213. 196 Ähnlich Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 209 f. 197 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467g, S. 271. In Copperweld etwa war die Jury aufgerufen, „any other facts that you find that are relevant“ zu berücksichtigen, um zu entscheiden, ob die beklagten Gesellschaften derart selbständig waren, dass sie miteinander wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen treffen konnten. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310, 332 (7th Cir. 1982), rev’d, 467 U.S. 752 (1984). 198 Vgl. United States v. Topco, 405 U.S. 596, 622 (1972) (Burger, C.J., dissenting). Der Chief Justice wendet sich dagegen, per se rules allein aus dem Grund aufzustellen, um die Vorhersehbarkeit des Ergebnisses zu erhöhen und den Aufwand der juristischen Überprüfung zu verringern.

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Bewertung durch einen simplen kartellrechtlichen Standard eine Illusion. Selbst ein differenzierter Test enthält im Kontinuum zwischen straff zentralistisch gelenktem Konzern und lose verbundenen Unternehmen ein gewisses Maß an Willkürlichkeit,199 aber eben ein geringeres.200 Zuletzt wird hier nicht für die Berücksichtigung jeglicher Umstände geworben, relevant sind vielmehr nur solche, die sich auf die Frage des Bestehens von Kontrolle auswirken.201 Ein weiterer Kritikpunkt lässt sich aus der Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Aspekte formulieren. Das Gesellschaftsrecht divergiert nicht nur zwischen den besprochenen Rechtsordnungen beträchtlich, sondern zum Teil auch innerhalb einer Kartellrechtsordnung. Das gilt sowohl soweit es im Europarecht auf das Gesellschaftsrecht der Mitgliedsstaaten ankommt, als auch in den Vereinigten Staaten für die verschiedenen bundesstaatlichen Gesellschaftsrechtsordnungen. Hinsichtlich der Rechtslage in den USA ist dem allerdings entgegenzuhalten, dass der Kongress sich der Regelungshoheit der Einzelstaaten über das Gesellschaftsrecht bei Erlass des Sherman Acts durchaus bewusst war.202 Daraus resultierende Unterschiede hat er folglich in Kauf genommen. Das gleiche Argument lässt sich hinsichtlich der Erschaffer der Europäischen Verträge machen. Auch ihnen war bei der Formulierung der europäischen Wettbewerbsregeln bewusst, dass es ein europäisches Gesellschaftsrecht (noch) nicht gibt. Diesen Zustand und die daraus in vergleichbaren Einzelfällen möglicherweise folgenden unterschiedlichen Ergebnisse mag man als beklagenswert empfinden, Abhilfe ist hier aber erst durch ein europäisches Gesellschafts- und insbesondere Konzernrecht zu erwarten. Die unlängst erfolgte Schaffung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) stellt einen Schritt in diese Richtung dar. Schließlich lässt sich gegen die hier vorgeschlagene Lösung nicht einwenden, Kontrolle könne oftmals auf ohne eine Mehrheitsbeteiligung ausgeübt werden, während in anderen Fällen vertragliche Regelungen die Autonomie der Tochtergesellschaft sicherstellen und die übermäßige Ausübung des Einflusses eines Mehrheitsgesellschafters verhindern können.203 Derartige Fälle zeigen lediglich, 199

Vgl. Fleischer AG 1997, 491, 494 f.; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401,

1420. 200

Ähnlich Denger PLI/Corp 1040 (1998), 7, 96 („Given the different types of corporate formation and the different degrees of control retained by a parent corporation over a non-wholly owned subsidiary, courts may do better to adjudicate the Copperweld issue on the facts of each agreement, rather than by a bright-line rule that 51% or greater subsidiaries cannot conspire with their parents.“). 201 Assant ECLR 1990, 65, 78 nennt seinen eigenen, insoweit vergleichbaren Test „leicht handhabbar“. 202 Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 567 Fn. 182. Siehe dazu Cong. Rec. 21 (1890), 4093 (Aussage des Abgeordneten Wilson) („The States, not Congress, grant the charters for these corporations. It is at once their duty, as it is clearly within the sphere of their lawful power, to supervise the creatures which they bring into being, so as to prevent the franchises granted by the people [from] being used for the oppression and detriment of the people.“).

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dass sich die Möglichkeit zur Kontrolle einer Gesellschaft nicht stets aus einer gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsbeteiligung ergibt. Es bedarf vielmehr der Prüfung im Einzelfall, wann eine ausreichende Kontrollmöglichkeit besteht. Genau dies wird hier propagiert. (2) Notwendigkeit einer strukturellen Verbindung In den USA ist in drei Situationen von Untergerichten die Anwendung des Kartellverbots auf Abreden zwischen zwei Gesellschaften auch ohne Bestehen einer strukturellen, auf Anteilsbesitz begründeten Beziehung abgelehnt worden.204 Es handelte sich dabei um Franchisevereinbarungen, einen Lizenzvertrag und eine Kreditbeziehung. Auch in der Literatur wird vereinzelt vorgeschlagen, langfristige vertragliche Bindungen, die wirtschaftlich zu einer Defacto-Abhängigkeit führen, für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ausreichen zu lassen.205 Dem ist nicht zuzustimmen. Kontrolle ohne eine strukturelle Beziehung ist als nicht ausreichend anzusehen.206 Nicht nur lassen es die genannten US-amerikanischen Entscheidungen hier bei der Begründung der Freistellung an der gebotenen Sorgfalt fehlen,207 ohne das Erfordernis einer strukturellen Beziehung ist auch der Bereich des Konzerns, um den es der hier vorgeschlagenen Lösung geht, endgültig verlassen und eine uferlose Ausweitung des dann nicht mehr auf Unternehmensgruppen beschränkten Konzernprivilegs in den vertraglichen Bereich droht.208 Gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit aufgrund vertraglicher Beziehungen bestehen auch allgemeine Bedenken.209 Die Verträge, die hier in den Blick genommen werden, wie Kredit-, Franchise- oder Lieferverträge, sind Austauschverträge, die als gegenseitige Verträge zwischen Par203

So aber Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 229. Siehe oben III. 5. d) gg) (2). 205 So z. B. Faull/Nikpay Rn. 2.40, die allerdings zusätzlich eine strukturelle Verbindung fordern. 206 Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 230. Gegen ein Abstellen auf bloße wirtschaftliche Abhängigkeit auch Grandpierre S. 158. A. A. aber Buntscheck S. 127. Für den Kontrollbegriff der FKVO vertritt die Kommission die Ansicht, dass er sich nur auf Unternehmenseigner bezieht, siehe Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 7 Rn. 17. Auch Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG erfordert einen gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss, siehe nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II 3 m. w. N. 207 Zur Kritik siehe oben III. 5. d) gg) (2). 208 Ähnlich für die Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II 3. Die Gefahr einer Überspannung der Freistellung sieht auch Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 230. 209 Siehe Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 358. Siehe aber auch Blumberg Conn. L. Rev. 28 (1996), 295, 343 („Whether or not linked by stock or by contract, when parties join in the collective conduct of an integrated economic activity, much the same pressure for application of enterprise principles are [sic] present.“). 204

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teien mit gegenläufigen Interessen geschlossen werden. Dass eine Partei am wirtschaftlichen Wohlergehen der anderen interessiert sein mag, um eine erfolgreiche Durchführung des Vertrages sicherzustellen, oder dass beide auf gemeinsame Gewinne hoffen, sollte nicht dahingehend missverstanden werden, dass ein Vertrag die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien beseitigt, sodass sie von nun an als wirtschaftliche Einheit gemeinsame Interessen und Ziele haben. Darüber hinaus ist der durch eine vertragliche Beziehung vermittelte Einfluss auf die Geschäftspolitik der anderen Partei regelmäßig geringer und umfänglich begrenzter als der durch strukturelle Verbindungen vermittelte Einfluss. Schließlich wird mit dem Anteilsbesitz ohne Not auf ein eindeutig feststellbares Kriterium bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit verzichtet. Diese Überlegungen werden dadurch gestützt, dass Kontrolle regelmäßig als Beeinflussungsmöglichkeit durch Mitgliedschaft unter Ausschluss „externer“ Beeinflussung durch Verträge oder Wirtschaftsbeziehungen ohne mitgliedschaftliche Basis verstanden wird.210 Auch in den Entscheidungen von Kommission und EuGH stellt der Anteilsbesitz das wichtigste Kriterium für eine wirtschaftliche Einheit dar.211 Fehlt es an einer Kapitalverflechtung, so findet sich regelmäßig nicht einmal ein Hinweis auf die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Einheit.212 Es ist daher für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit neben der bestehenden Kontrollmöglichkeit eine strukturelle Verbindung zwischen den Gesellschaften zu verlangen. Dabei muss allerdings nicht jede Gesellschaft an jeder anderen beteiligt sein. So reicht es aus, wenn die Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft und diese wiederum an einer weiteren, dann Enkelgesellschaft, beteiligt ist, um eine wirtschaftliche Einheit zwischen allen dreien annehmen zu können. Eine Ausnahme von der geforderten mitgliedschaftlichen Beziehung ist lediglich für eine Eigentümlichkeit des deutschen Konzernrechts zu machen, den Beherrschungsvertrag. Ein Beherrschungsvertrag vermag aufgrund des durch ihn vermittelten weitreichenden Weisungsrechts auch ohne Anteilsbesitz eine wirt210

Druey, Gutachten, H 44 f. Zu den im amerikanischen Recht teilweise diskutierten Fälle der Kontrolle durch Vertrag oder auf andere Weise Blumberg in: Lutter, Konzernrecht im Ausland, S. 264, 297. 211 Rütsch S. 53. 212 Rütsch S. 53 mit Nachweisen zu den Entscheidungen. Die Kommission ließ allerdings unlängst verlauten, dass sie kapitalmäßige Verflechtungen nicht als unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ansieht. Entscheidend sei vielmehr die „Bildung einer unternehmerischen Einheit, die aus der Weisungsmöglichkeit des einen über das andere Unternehmen resultiert“. Hierbei ging es der Kommission allerdings wohl nur um die Ausweitung der wirtschaftlichen Einheit in Richtung auf Personengesellschaften und Vereine und nicht um die Einbeziehung vertraglicher Beziehungen. Siehe die Widergabe der Ansicht der Kommission durch Generalanwalt Mischo Slg. 2000, I-10067, 10077 Rn. 60.

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schaftliche Einheit zu begründen.213 In der Praxis wird vor Abschluss eines Beherrschungsvertrags indes regelmäßig eine hohe Beteiligung des herrschenden Unternehmens bestehen.214 ee) Zum Erfordernis tatsächlicher Ausübung bestehender Einflussmöglichkeiten (1) Ausgangspunkt Nachdem die strukturellen Voraussetzungen geklärt sind, ist zu analysieren, ob eine tatsächliche Ausübung der Kontrollmöglichkeit durch die Konzernspitze hinzutreten muss. Selbst wenn die Konzernspitze die Möglichkeit zur Verhaltenssteuerung hinsichtlich der abhängigen Unternehmen hat, muss sie davon keinen Gebrauch machen. Sie kann sich einer aktiven Einwirkung auf die konzernzugehörigen Gesellschaften enthalten und ihnen ganz oder für einzelne Teilbereiche Freiräume bei der Gestaltung ihres Marktverhaltens eröffnen. Dies ist insbesondere bei konglomeraten Unternehmensverbindungen häufig. Aber auch in anderen Konzernen kann die Konzernleitung die tatsächliche Koordinierung den abhängigen Unternehmen überlassen und sich weitgehend auf die Vorgabe von Leitlinien beschränken. Dagegen dürfte ein derartiger Freiraum im Verhältnis eines Herstellers zu seinen Vertriebstochtergesellschaften eher die Ausnahme sein. Das deutsche Konzernrecht erfordert zwar die tatsächliche Ausübung der einheitlichen Leitung für den Konzerntatbestand, diese kann sich aber auf einzelne zentrale unternehmerische Bereiche beschränken. Die bestehenden Kontrollmöglichkeiten gehen also vielfach über den Bereich tatsächlich ausgeübter Leitung hinaus. Daneben werden in der Praxis innerhalb eines Konzerns selbständige Firmen, Marken und Zeichen mit unterschiedlichem Auftritt verwendet, um verschiedene Märkte zu erschließen oder aufrecht zu erhalten (Mehrmarkenstrategie).215 Als Beispiel sei hier nur der VW-Konzern genannt, der seine Kraftfahrzeuge unter den Marken Audi, Bugatti, Seat, Skoda und VW vertreibt. In diesem Fall bestanden die einzelnen Marken bereits zuvor im Rahmen unabhängiger Unternehmen und wurden im Konzernverbund von den nunmehr abhängigen Gesellschaften bzw. im Fall Bugatti von der Muttergesellschaft selbst zur Markendiversifizierung aufrechterhalten.

213 Für den Regelfall gegen die Behandlung von Vertragskonzernen ohne hinreichende Kapitalbasis als Einheit dagegen Harms in: FS Hartmann, S. 165, 181 f. 214 Siehe oben II. 3. a) dd) (4). 215 Mestmäcker S. 409; Schütz WuW 1998, 335, 336. Beispiele dazu finden sich bei Mulert S. 34 ff.

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(2) Konzerninterner Wettbewerb In den eben genannten Situationen ist innerhalb des Konzerns ein Wettbewerbsverhältnis zwischen verschiedenen Konzerngesellschaften möglich.216 Im Beispiel VW etwa wird zwar grundsätzlich das Konzept verfolgt, durch unterschiedliches Renommee und Image der Marken die gesamte Bandbreite potentieller Pkw-Käufer abzudecken. Soweit man indes nicht bereits darin ein Konkurrenzverhältnis hinsichtlich der Gesamtheit potentieller Fahrzeugkäufer sehen will, kommt es doch zumindest hinsichtlich einzelner Bereiche zu Überschneidungen zwischen den Produktpaletten der Unternehmen des VW-Konzerns. Der Konzern ist also mit verschiedenen Modellen unterschiedlicher Konzerngesellschaften auf demselben Markt präsent. Wenn aus Effizienzgründen innerhalb des Konzerns zunehmend identische Bauteile für verschiedene Modelle auch anderer Konzernmarken verwendet werden, so verstärkt dies die konzerninterne Konkurrenzsituation noch, da die Produkte weiter angeglichen und damit austauschbar werden. So werden im Beispiel VW Kraftfahrzeuge verschiedener Konzernmarken auf derselben Plattform gebaut. Der aus konzerninternen Konkurrenzverhältnissen resultierende Wettbewerb kann dabei schlicht Folge eines dezentralistischen Führungsstils sein, oder aus Sicht der Konzernspitze erwünscht sein und von ihr bewusst als Mittel der Konzernführung und zur Optimierung des Gesamtergebnisses eingesetzt werden.217 Der Konzernleitung steht hier innerhalb des Unternehmens das Instrument Markt als Institution der Ressourcenallokation zur Verfügung.218 Die Mischung zwischen Markt und hierarchischer Organisation kann flexibel nach den aktuellen Bedürfnissen des Konzerns erfolgen. Dabei gewinnt Binnenwettbewerb zwischen verbundenen Unternehmen als Mittel der Konzernführung zunehmend an Bedeutung.219 Organisationstheoretisch beruht dies auf der Erkenntnis, dass eine ausgewogene Mischung zentraler und dezentraler Strukturelemente die unternehmerische Flexibilität erhöht, Transaktionskosten senkt und die Motivation der Führungskräfte stärkt.220 Ein wesentliches Moment der dadurch ermöglichten Leistungssteigerung ist die Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Konzerngesellschaften. Daneben gewährleistet dezentrale Entscheidungsfindung eine größere Marktnähe. Verbreitetes Beispiel für diese Organisationsform ist das

216

Beispiele für konzerninternen Wettbewerb bei Mulert S. 34 ff. So bereits H. Scholz S. 32; Mulert S. 31 f., zu den Vorteilen auch ders. S. 15 f. Dagegen gehen Götz/Rieger JuS 1968, 393, 395 f. davon aus, dass konzerninterner Wettbewerb den Interessen des Konzerns in der Regel nicht entspricht. 218 Vgl. dazu aus betriebswirtschaftlicher Sicht oben II. 1. a) bb) (2). 219 Fleischer AG 1997, 491, 500. 220 Vgl. dazu Beuermann in: HWB der Organsation, Stichwort: „Zentralisation und Dezentralisation“, Sp. 2611-2625. 217

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Profit-Center-Modell.221 Die Lenkung erfolgt dabei zumeist über marktorientierte Verrechnungspreise.222 (3) Fragestellung Fraglich ist, ob derartige Organisationsstrukturen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit verhindern, ob also mit anderen Worten die aktive Ausübung bestehender Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit erforderlich ist. Sollte das der Fall sein, so wäre auf der anderen Seite der bestehende konzerninterne Wettbewerb geschützt und seine Aufhebung oder Einschränkung wäre eine kartellrechtlich relevante Wettbewerbsbeschränkung. (4) Rechtsprechung und Kartellbehörden Die Praxis der Kartellbehörden auf deutscher wie europäischer Ebene223 scheint der Auffassung zuzuneigen, dass das Konzernprivileg nur bei einer tatsächlichen Ausübung von Einflussnahmemöglichkeiten anwendbar ist.224 Aller221 Siehe oben II. 1. a) bb) (2); sowie Schweitzer in: HWB der Organisation, Stichwort: „Profit-Center“, Sp. 2078–2089. 222 Zu konzerninternen Verrechnungspreisen Wiedemann/Fleischer in: HB Konzernfinanzierung, § 29, S. 951 ff. 223 In diese Richtung tendieren etwa Kommission v. 22.06.1993, ABl. 1993 Nr. L 272 v. 04.11.1993, S. 28, 39 Rn. 94 „Zera/Montedison“; v. 21.12.1988, ABl. 1989 Nr. L 43 v. 15.02.1989, S. 27, 39 Rn. 82 „Decca Navigator System“; v. 22.12.1987 ABl. 1988 Nr. L 65 v. 11.03.1988, S. 19, 30 „Eurofix-Bauco/Hilti“; v. 23.11.1984, ABl. 1985 Nr. L 35 v. 07.02.1985, S. 1, 14 Rn. 49 „Peroxyd-Produkte“; v. 23.07. 1984, ABl. 1984 Nr. L 212 v. 08.08.1984, S. 13, 16 f. Rn. 27 ff. „Flachglas Benelux“; v. 06.01.1982, ABl. 1982 Nr. L 117 v. 30.04.1982, S. 15, 27 Rn. 74 „AEG-Telefunken“; v. 14.12.1972, ABl. 1972 Nr. L 299 v. 31.12.1972, S. 51, 54 „Zoja/CSCICI“. Wohl auch Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24, 25 Rn. 12 „Kodak“ (Wenn die Muttergesellschaft die Möglichkeit der Kontrolle hat und tatsächlich genaue Weisungen erteilt, ist es ausgeschlossen, dass sich die Tochtergesellschaften in den von der Mutter geregelten Bereichen untereinander unabhängig verhalten.). Auch Kommission v. 23.04.1986, ABl. 1986 Nr. L 230 v. 18.08.1986, S. 1, 32 Rn. 99 „Polypropylen“ lässt sich so verstehen, da dort selbst bei vollständiger Beherrschung eine Verhaltensweise der Konzernmuttergesellschaft nicht zugerechnet wurde, weil das Tochterunternehmen als getrennte Einheit operierte. Gegen diese Entscheidung Heitzer S. 172. Anders allerdings Kommission v. 08.12.1977, ABl. 1978 Nr. L 22 v. 27.10.1978, S. 23, 30 „Hugin/Liptons“; v. 19.04.1977, ABl. 1977 Nr. L 117 v. 09.05.1977, S. 1, 9 f. „A.B.G.“. Aus der deutschen Praxis BKartA TB 1961, 61, entsprechendes fehlt allerdings in TB 1969, 57 f. „Schienenfahrzeuge“ und in TB 1973, 82 „Ackerschlepper“. 224 So Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 196; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 38; Lipowsky S. 80 f.; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 167.

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dings hat sich die Kommission auch schon mit weniger zufrieden gegeben. So genügten ihr in Moët et Chandon eine hundertprozentige Beteiligung, personelle Verflechtungen und die Kenntnis der Muttergesellschaft und in Johnson & Johnson die Integration des Unternehmensgegenstandes der hundertprozentigen Tochtergesellschaften in den Geschäftsbetrieb der Mutter, sowie das Bestehen einer allgemeinen Geschäftspolitik der Gruppe hinsichtlich des wettbewerbswidrigen Verhaltens.225 In der europäischen Rechtsprechung lässt sich die Metro-Entscheidung des EuGH226 für das Erfordernis aktiver Einflussnahme in Anspruch nehmen. Eine konzernweite Zurechnung von Marktanteilen im Rahmen des Art. 82 EGV scheiterte dort, weil die Unternehmen der Thompson-Bond-Gruppe nur kapitalmäßig verflochten waren, aber keine abgestimmte Marktstrategie nach den Richtlinien ihrer Muttergesellschaft verfolgten. Der EuGH hat jedoch nirgends die Auffassung vertreten, dass die Entscheidungsautonomie der Tochter nur entfällt, wenn die Mutter tatsächlich Weisungen erteilt oder anders aktiv auf die Tochter einwirkt.227 Lag eine tatsächliche Einflussnahme vor, so wurde dieser Umstand in einzelnen Entscheidungen von EuG228 und EuGH229 zwar ausdrücklich hervorgehoben, dies erfolgte indes zur Untermauerung der Argumentation und lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass der Nachweis von Weisungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit stets erforderlich ist.230 In der Folge der missverständlichen Ausführungen in der AEG-Entscheidung231 nahm vielmehr das EuG zeitweise eine wirtschaftliche Einheit im Rahmen von Verhaltenszurechnung auch ohne den tatsächlichen Gebrauch von Einflussmöglichkeiten durch die Muttergesellschaft an, wenn es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft handelte.232 Wenn die Entscheidungspraxis teilweise auch so ver225 Siehe Kommission v. 27.11.1981, ABl. 1982 Nr. L 94 v. 08.04.1982, S. 7 „Moët et Chandon“; v. 25.11.1980, ABl. 1980 Nr. L 377 v. 31.12.1980, S. 16, 26 Rn. 47 „Johnson & Johnson“. Dazu bereits oben III. 7. a) aa) (2) (a). 226 EuGH v. 22.10.1986, Slg. 1986, 3021, 3094 Rn. 84 „Metro/Kommission“. Ähnlich EuGH v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 20 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“. Zu beiden Entscheidungen bereits oben III. 7. a) aa) (1) (a). 227 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 196; Heitzer S. 66. 228 EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 34 f. Rn. 48 f., 51 „Viho/Kommission“. Im Rahmen der Zurechnung auch EuG v. 14.05.1998, Slg. 1998, II-1007, 1024 Rn. 48 „KNP BT/Kommission“. 229 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5495 Rn. 15 f. „Viho/Kommission“; v. 06.03.1974, Slg. 1974, 223, 255 Rn. 37 f. „Commercial Solvents/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 136/141 „ICI/Kommission“; v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 45 „Geigy/Kommission“. 230 Mischo Slg. 2000, I-9928, 9933 Rn. 39 f. Ähnlich Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 217, die in den Hinweisen auf tatsächlich erteilte Weisungen in den Entscheidungen nur eine Begründung für ein besonders deutliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sehen. 231 EuGH v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151, 3199 Rn. 50 „AEG/Kommission“. Siehe oben III. 7. a) aa) (1) (c).

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standen wird, dass sie in Richtung tatsächlicher Einflussnahme tendiert,233 ist in den bisherigen Entscheidungen daher eine abschließende Stellungnahme zu der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit ohne Kontrollausübung vorliegen kann, nicht zu erblicken.234 (5) Tatsächlich ausgeübte Kontrolle In der Literatur wird zum Teil angenommen, dass (weitere) Voraussetzung einer Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots ist, dass sich aus der Struktur der Zusammenarbeit bzw. einer entsprechenden Institutionalisierung eine tatsächliche Kontrolle der Muttergesellschaft über die Tochtergesellschaft ergibt.235 Die Muttergesellschaft muss die ihr zur Verfügung stehenden Weisungs- und Kontrollmöglichkeiten auch ausüben.236 Wenn sie dagegen Wettbewerb zwischen 232 Siehe EuG v. 20.04.1999, Slg. 1999, II-931, 1197 Rn. 984 „Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission“; v. 01.04.1993, Slg. 1993, II-389, 440 Rn. 49 „BPB Industries und British Gypsum/Kommission“. 233 So etwa Pohlmann S. 403. 234 Buntscheck S. 135; Fleischer AG 1997, 491, 500. In den USA haben vor der Copperweld-Entscheidung einige Gerichte das Fehlen von konzerninternem Wettbewerb berücksichtigt und das Kartellverbot auf konzerninterne Maßnahmen für unanwendbar gehalten, wenn kein Wettbewerb zwischen den Konzernunternehmen bestand. Siehe etwa Aaron E. Levine & Co., Inc. v. Calkraft Paper Co., 429 F. Supp. 1039, 1043 f. (E.D. Mich. 1976) („[A] parent and its incorporated subsidiary cannot conspire in violation of section 1 where they are not in actual competition in the market.“); Call Carl, Inc. v. BP Oil Corp., 403 F. Supp. 568, 572 (D. Md. 1975), aff’d in part and reversed in part on other grounds, 554 F.2d 623 (4th Cir. 1977), cert. denied, 434 U.S. 923 (1977); Beckman v. Walter Kidde & Co., 316 F. Supp. 1321, 1325 f. (E.D.N.Y. 1970), aff’d per curiam, 451 F.2d 593 (2d Cir. 1971), cert. denied, 408 U.S. 922 (1971). 235 In diese Richtung Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 10; anders a. a. O., Rn. 139. 236 BKartA TB 1961, 61; Benisch S. 304 f.; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 38; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 230, 240 f.; Müller-Uri Rn. 46; Riesenkampff WuW 2001, 357, 358; Würdinger WuW 1961, 745, 748; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 11. Dem widersprechend will Bunte, a. a. O., Rn. 139, allerdings Art. 81 EGV nicht anwenden, wenn die wirtschaftliche Abhängigkeit feststeht und die Vereinbarung daher jederzeit durch eine Weisung ersetzt werden könnte. Für eine Ausübung von Kontrollmöglichkeiten wohl auch Karl S. 135; Möschel Rn. 192; Schütz WuW 1998, 335, 337; Tetzner S. 258. Funck S. 77, 120 f., 149 möchte die Ebene zwischen den abhängigen Konzernunternehmen und diejenige unter Beteiligung der Konzernspitze unterscheiden und hält nur in ersterem Fall die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht für eine Nichtanwendung des Kartellverbots für erforderlich. In den USA stellte die aktuelle Ausübung von Kontrolle einen Aspekt in dem vom Siebten, Achten und Neunten Circuit Court vor der Copperweld-Entscheidung verwendeten All-the-facts-and-circumstances-Test dar. Siehe zur Relevanz ausgeübter Kontrolle General Bus. Sys. v. North Am. Philips Corp., 699 F.2d 965, 980 (9th Cir. 1983); Thomsen v. Western Elec. Co., 680 F.2d 1263, 1266 (9th Cir. 1982), cert. denied, 459 U.S. 991 (1982); Hunt-Wesson Foods, Inc. v. Ragu Foods, Inc., 627 F.2d

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den Tochtergesellschaften zulässt, ist dieser zu schützen und das Kartellverbot anwendbar.237 Für die Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots wird etwa eine Vereinheitlichung der Konzernpolitik auf den jeweils betroffenen Geschäftsfeldern gefordert. Wo dagegen die Konzernspitze den Konzerngesellschaften Freiräume gewährt, soll das Kartellverbot eingreifen. Teilweise wird hinsichtlich des von der Konzernspitze nicht aktiv gesteuerten Bereichs von einer „konzernfreien Sphäre“ gesprochen.238 Als Begründung wird angeführt, insoweit sei die wirtschaftliche Planungszuständigkeit bei den einzelnen Tochterunternehmen verblieben, die in eigener unternehmerischer Verantwortung handelten. In den Bereichen, in denen die Konzernleitung Wettbewerb innerhalb des Konzerns zulasse, seien die Konzernunternehmen wirtschaftlich selbständig239 und der real existierende Wettbewerb daher zu schützen. Zumindest innerhalb des faktischen Konzerns soll das bloße Bestehen von Einflussmöglichkeiten für eine Nichtanwendung des Kartellverbots nicht genügen, da auch aufhebbare Wettbewerbsmöglichkeiten prinzipiell frei seien und die ihnen zugedachten Funktionen erfüllen könnten.240 Diese Ansicht interpretiert das Kartellrecht so, dass es bestrebt ist, ein Maximum an 919, 927 Fn. 5 (9th Cir. 1980), cert. denied, 450 U.S. 921 (1981); Island Tobacco Co. v. R. J. Reynolds Indus., Inc., 513 F. Supp. 726, 740 (D. Haw. 1981) („The degree of control the parent exercises over its subsidiary is a determining factor . . . A multi-corporate enterprise with the parent exercising control over the operations and policy of its subsidiaries should logically be viewed as ,one mind‘ whose parts are incapable . . . of conspiring with each other.“); Brager & Co., Inc. v. Leumi Sec. Corp., 429 F. Supp. 1341, 1345 (S.D.N.Y. 1977), aff’d, 646 F.2d 559 (2d Cir. 1980), cert. denied, 451 U.S. 987 (1981). Auch in der Literatur wird diese Ansicht von einigen vertreten. Siehe Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1174, 1179, der für den All-the-facts-Test eintritt; Steinberg Vill. L. Rev. 30 (1985), 521, 565, 568, der diesen Test für angemessen hält, um festzustellen, wann die Muttergesellschaft aktuelle Kontrolle über ihre im Mehrheitsbesitz befindliche Tochter ausübt; Thomson Ga. L. Rev. 19 (1984), 189, 213, 217, der vorschlägt, die Gerichte sollten auf Anteilsbesitz und das Ausmaß der Verquickung des Tagesgeschäfts abstellen. Auch in der Entscheidung United States v. Citizens & Southern Nat’l Bank, 422 U.S. 86 (1975) war die tatsächliche Kontrolle von Citizens & Southern über seine De-facto-Zweigstellen von Bedeutung. Siehe oben III. 5. b) ff). 237 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 57 a. E.; Fikentscher, Wirtschaftsrecht I, § 15 IX 5 c; ders. WuW 1961, 792 Fn. 22; Gandenberger S. 114 ff.; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 397; Huber ZHR 131 (1968), 193, 217; Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 1 Rn. 100; Potrafke S. 159, 172 f., 193; Würdinger WuW 1961, 745, 748; wohl auch Bartholomeyczik in: FS Heymanns Verlag, S. 307, 324; Mestmäcker S. 200 u. 409; Miethke S. 31 ff. Ähnlich Immenga in: GmbH-Konzern, S. 134, 136, der allerdings als Voraussetzung für den Schutz konzerninternen Wettbewerbs verlangt, dass den Konzerngesellschaften autonomes Marktverhalten möglich ist, was im Rahmen des hier entwickelten Verständnisses der wirtschaftlichen Einheit gerade nicht der Fall ist. 238 Dagegen aber beispielsweise Langer S. 51. 239 Bartholomeyczik in: FS Heymanns Verlag, S. 307, 324. 240 Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 205; ähnlich auch Klippert S. 118.

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Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Es wird vertreten, das Kartellrecht wolle „auch das kleinste Stückchen an Freiheit schützen“.241 Folglich müsse das Kartellverbot auch den mit dem Keim einer künftigen Restriktion durch Weisungen behafteten Wettbewerb so lange wie möglich zu bewahren suchen. Daneben wird vorgebracht, dass sich die Konzernleitung von diesem Wettbewerb regelmäßig wirtschaftliche Vorteile verspricht. Speziell zum faktischen Konzern wird angeführt, dass die §§ 311 ff. AktG den Schutz der abhängigen Gesellschaft und damit deren vermögensrechtliche Selbständigkeit bezwecken.242 Ob letzteres Ziel aber mit den Mitteln des Kartellrechts, insbesondere durch die Anwendung des Kartellverbots auf vereinheitlichte Unterehmensverbindungen, erreichbar ist, erscheint doch zumindest sehr fraglich. Darüber hinaus ist einzuwenden, dass das Kartellrecht den Wettbewerb nicht als Selbstzweck schützt, sondern wegen seiner Funktion für eine Wirtschaftsordnung, die auf den Markt als zentrales Koordinationsforum vertraut.243 Auch bleibt unklar, warum allein die ökonomische Vorteilhaftigkeit konzerninternen Wettbewerbs, die ähnlich auch einem Einheitsunternehmen offen steht, die Anwendung des Kartellverbots nach sich ziehen und so die Konzernleitung daran hindern soll, Wettbewerb im Rahmen einer geänderten Konzerngeschäftspolitik wieder abzuschaffen.244 Konsequenterweise liefe dies lediglich auf eine Selbstbenachteiligung hinaus. Eine vermittelnde Meinung verlangt für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit, dass die Konzerngesellschaften für den Fall der Nichtbefolgung der Wünsche der Konzernspitze mit entsprechenden Weisungen zumindest rechnen müssen.245 Überlässt die Konzernspitze ihnen dagegen aus politischen, steuerlichen oder sonstigen Gründen die freie Bestimmung ihres Marktverhaltens, so soll keine wirtschaftliche Einheit bestehen. Das Kartellverbot käme demnach bereits bei faktischer Autonomie im koordinierungsgegenständlichen Bereich zur Anwendung. (6) Kontrollmöglichkeit Die für das Eingreifen des Kartellverbots erforderliche Handlungsfreiheit der abhängigen Gesellschaft fehlt bereits dann, wenn sie unter der Kontrolle einer anderen Gesellschaft steht. Steht die gewährte faktische Handlungsfreiheit zur 241

Potrafke S. 173. Immenga in: Immenga/Mestmäcker2, § 1 Rn. 206. Dazu in anderem Zusammenhang auch Mestmäcker DB 1968, 835, 839. Zum Schutzgegenstand der §§ 311 ff. AktG Koppensteiner in: Kölner Kommentar, Vorb. § 311 Rn. 4 (geschützt sind die Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft). 243 Darauf weist auch Grandpierre S. 16 hin. 244 Siehe Pohlmann S. 409. 245 Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 109. 242

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Disposition der Konzernspitze, so sind die Konzernunternehmen eben nicht autonom. Es kommt nicht darauf an, ob die bestehenden Einflussmöglichkeiten auch wahrgenommen werden, entscheidend ist vielmehr das Bestehen von Kontrolle als generelles Organisationsmerkmal.246 Auch wenn die Tochtergesellschaften einen weiten Spielraum bei der Ausgestaltung ihres Wettbewerbsverhaltens haben, ist der Restwettbewerb zwischen Konzerngesellschaften kartellrechtlich nicht geschützt, da die herrschende Gesellschaft es in der Hand hat, gewährte Handlungsspielräume jederzeit wieder abzuschaffen.247 Die momentan 246 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467e2, S. 264; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 466; Assant ECLR 1990, 65, 77 f.; Bechtold WuW 1977, 460, 469; Benisch S. 305; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Buntscheck S. 136; Ebel Art. 85 Rn. 30; Fleischer AG 1997, 491, 501; v. Gamm § 1 Rn. 11; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 196; Grandpierre S. 134 ff.; Harms S. 73 ff.; Heitzer S. 66 u. 170 ff.; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 29 u. 124; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 242 u. 246; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, S. 341; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134; Langer S. 51; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 38 f.; Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 62; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15; Pohlmannn S. 399, 408 f. u. 418; van Rijn S. 123, 129 u. 130 f.; Rittner § 7 Rn. 47 Fn. 94; Roth/ Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 217; Schroeder WuW 1988, 274, 279; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 5, 9, 14; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 410 u. 414; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 167; Schütz WuW 1998, 335, 336; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 103; Belsley Nw. U. L. Rev. 90 (1996), 720, 728; Goldman Tul. L. Rev. 63 (1989), 751, 795; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1268; Meyers U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1401, 1418; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 376 f.; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 211; wohl auch v. Bar BB 1980, 1185, 1191; Bechtold § 1 Rn. 33; Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.4, S. 521; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 179; Huber AWD des BB 1969, 429, 432; Smart in: Antitrust in Transition, S. 1068. Auch der Supreme Court sah in Copperweld schon die Kontrollmöglichkeit als ausreichend an. Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 771 f. (1984): „[A] parent and a wholly owned subsidiary always have a ,unity of purpose or a common design.‘ They share a common purpose whether or not the parent keeps a tight reign over the subsidiary; the parent may assert full control at any moment if the subsidiary fails to act in the parent’s best interests.“ (Hervorhebung im Orginal) Nach überwiegender Ansicht ist diese Aussage in ihrer Reichweite nicht auf hundertprozentige Tochtergesellschaften beschränkt. So z. B. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467f, S. 267; Smart in: Antitrust in Transition, S. 1068; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 378; Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1178; Robberson Tul. L. Rev. 59 (1985), 781, 791. A. A. Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 206. Auch in Caribe BMW, Inc. v. Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft, 19 F.3d 745, 750 (1st Cir. 1994) („[W]e do not see how a case-specific judicial examination of ,actual‘ parental control would help achieve any significant antitrust objective.“); sowie in den US-amerikanischen Entscheidungen, die einen auf Kontrolle basierenden Standard benutzen (oben III. 5. d) gg) (1) (c)) wird die bestehende Kontrollmöglichkeit für ausreichend gehalten. 247 Langer S. 50. Siehe auch die in der vorherigen Fußnote zitierte Passage der Copperweld-Entscheidung; sowie Caribe BMW, Inc. v. Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft, 19 F.3d 745, 750 (1st Cir. 1994) („Any claimed instance of truly ,independent,‘ owner-hostile, subsidiary decision-making would meet with the skeptical question, ,But, if the subsidiary acts contrary to its parent’s economic interests, why does the parent not replace the subsidiary’s management?‘ “).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

bestehende Entscheidungsautonomie der Tochtergesellschaften ist dagegen eine eher formale Position, die auf den derzeitigen Organisationsvorstellungen der Konzernspitze beruht. Es handelt sich um Entscheidungsautonomie von der Gnade der Konzernspitze.248 Diese Sichtweise wird durch verschiedene Überlegungen bestätigt. So wäre es wettbewerbspolitisch verfehlt, auf die tatsächlich ausgeübte Kontrolle abzustellen, da dies zu einer ungerechtfertigten Privilegierung zentralistischer Konzernstrukturen führen und Eigeninitiative auf der Ebene der Konzerngesellschaften behindern würde.249 Ließe die Muttergesellschaft ihren Tochtergesellschaften weitgehende Freiheiten, so käme das Kartellverbot bei punktuellen Verhaltenskoordinationen zur Anwendung. Bei zentralistischer Konzernführung wäre dies nicht der Fall. Ein kartellrechtliches Junktim dahingehend, dass Effizienzvorteile durch Dezentralisation nur um den Preis einer wettbewerbsrechtlichen Binnenkontrolle zu haben sind, lässt sich aus dem Kartellverbot aber nicht entnehmen.250 Die Gegenansicht hätte konsequenterweise zur Folge, dass eine Rücknahme der Kontrolldichte durch die Muttergesellschaft mit dem Eingreifen des Kartellverbotes geahndet würde.251 Daher könnte sie sich aus wettbewerblicher Sicht sogar als kontraproduktiv erweisen, indem sie zu einer Reduzierung der Freiheiten der Konzernunternehmen führt. Zudem kann Leitungsmacht auch negativ durch die Gewährung von Verhaltensfreiräumen ausgeübt werden.252 Die Konzernleitung dafür zu bestrafen, dass sie die bislang gewährten Handlungsspielräume durch Abschluss eines Vertrages beengt, anstatt sich des kartellfreien Mittels der einseitigen Weisung oder gesellschaftsinterner Einflussnahme zu bedienen, wäre nicht sachgerecht und würde keinerlei wettbewerbspolitischen Zielen dienen.253 Diese Mittel müssen 248 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 38 spricht daher von einer Freiheit „unter Widerrufsvorbehalt“. 249 Assant ECLR 1990, 65, 78; Buntscheck S. 136; Fleischer AG 11997, 491, 501; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Pohlmann S. 409; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1256; Stewart Colum. L. Rev. 86 (1986), 198, 209. Vgl. auch Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 377 Fn. 79, die Dezentralisation und die dadurch bedingte Delegation von Entscheidungsbefugnissen als mit den Zielen des Wettbewerbs in Einklang stehend ansieht. A. A. Potrafke S. 245. Potrafke geht auch davon aus, dass in der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Muttergesellschaft keine Beschränkung der Handlungsfreiheit der Tochtergesellschaft liegt, sondern diese Freiheit dadurch erst ermöglicht wird. Diese Sichtwiese ist m. E. arg formalistisch, da die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft auch und gerade durch die Ausübung gesellschaftsinterner Einflussmöglichkeiten kontrollieren kann. 250 Fleischer AG 11997, 491, 501. Siehe auch Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 467. A. A. wohl Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 256, der eine Anwendung von § 1 GWB auf weniger zentralisierte Konzerne ohne nähere Begründung als naheliegend bezeichnet. 251 Pohlmann S. 409. 252 Heitzer S. 178; ähnlich Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 103.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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vielmehr gleich behandelt werden. Andernfalls würde das Kartellrecht in die Auswahl der Führungsmittel im Konzern und in die Leitungsmacht der Konzernspitze eingreifen. Für die kartellrechtliche Beurteilung kann die Technik der Konzernführung, deren sich die Konzernspitze bei der konzerninternen Wettbewerbsbeschränkung bedient, aber nicht ausschlaggebend sein.254 Die Methoden der Konzernführung sind vielfältig und aus kartellrechtlicher Sicht grundsätzlich gleichwertig.255 Diese Wahlmöglichkeiten sollte das Kartellrecht nicht hemmen. Außerdem ließe sich beim Abschluss eines Konzerninnenvertrages regelmäßig die Erteilung einer konkludenten Weisung an die beherrschte Gesellschaft annehmen, den Vertrag zu unterzeichnen sowie einer weiteren Weisung, sich an den Vertrag zu halten.256 Nach anderer Ansicht lässt sich zumindest für einen deutschem Gesellschaftsrecht unterfallenden Konzern die Anwendung des Kartellrechts auf wettbewerbsbeschränkende Verträge nicht mit der Begründung verneinen, dieselbe Wirkung sei über eine Weisung erreichbar.257 Derartige Weisungen seien wegen ihres dem abhängigen Unternehmen gegenüber nachteiligen Charakters aktienrechtlich oftmals nicht zulässig. Die angebliche Möglichkeit ihrer Erteilung könne dann aber auch nicht den wettbewerbsbeschränkenden Vertrag rechtfertigen. Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass die konzernrechtliche Zulässigkeit von Weisungen nicht davon abhängt, ob etwaige Nachteile entstanden sind und wann sie ausgeglichen werden.258 § 311 AktG ermöglicht einen Ausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres. Außerdem bliebe immer noch die Möglichkeit gesellschaftsinterner Einflussnahme. Wei253 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 242; Schroeder WuW 1988, 274, 278 f.; ders. in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 408; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 3; ähnlich Assant ECLR 1990, 65, 77; Fleischer AG 11997, 491, 501; Grandpierre S. 134; Huber AWD des BB 1969, 429, 430 u. 433; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5477 Rn. 67 a. E.; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 107. A. A. aber Potrafke S. 212 ff. Zur kartellrechtlichen Unbedenklichkeit von Weisungen bereits oben III. 3. e) aa) u. 4. b). 254 Huber ZHR 131 (1968), 193, 240 f. 255 Zu den Methoden der Verhaltenskoordination im Konzern ausführlich oben III. 2. 256 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 5; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 410; auch Rinck Rn. 779 spricht davon, dass es sich bei Abstimmungen zwischen Konzerntöchtern regelmäßig um Ausführungsmaßnahmen zu Weisungen der Konzernmutter handele. Bechtold WuW 1977, 460, 466 spricht von „internen Verhaltensanweisungen, in die Form von Verträgen gekleidet“. Vgl. zu derartigen Weisungen auch Huber ZHR 131 (1968), 193, 213 f. Ähnlich Areeda, Antitrust Law VII, } 1465b, S. 248 f., ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 467 der darauf hinweist, dass die Konzernspitze die Freiheit zu konzerninternem Wettbewerb regelmäßig nicht so absolut meine, dass sie nicht Koordination vorsieht, wo dies den Interessen des Gesamtkonzerns entspricht. Auch ohne ausdrücklichen Widerruf vorheriger Anweisungen könne die Konzernspitze im Übrigen Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Konzernunternehmen billigen. Siehe Areeda, a. a. O. 257 Mestmäcker DB 1968, 835, 839 f. 258 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 394 Fn. 14. Zur Zulässigkeit nachteiliger Weisungen oben III. 2. c) aa) (2) u. cc).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

sung und Vereinbarung sind daneben in der Praxis gleichwertige Instrumente zur Regelung des Verhaltens von Konzerngesellschaften.259 Ob im Verkehr zwischen Konzernunternehmen Weisungen erteilt oder Verträge geschlossen werden, hängt oft von steuer- oder zollrechtlichen Gründen oder Fragen der Organisationseffizienz ab, teilweise ist es auch von der Unternehmenstradition abhängig oder schlicht Zufall.260 Weder eine Weisung noch ein sie ersetzender Vertrag erfüllt daher den Tatbestand des Kartellverbots.261 Wenn dem aber so ist, erschöpft sich das wettbewerbsrechtliche Unwerturteil der Ansicht, die ausgeübte Kontrolle verlangt, in dem Vorwurf einer zu lockeren Konzernführung. Eine Anwendung des Kartellverbots, die von den Zufälligkeiten einer straffen oder lockeren Konzernführung abhing, privilegierte ungerechtfertigt stärker zentralisierte Konzerne und wäre praktisch nicht handhabbar.262 Aktive Einflussnahme der Konzernspitze ist auch nicht erforderlich, damit effektiv eine Einheit vorliegt. Ebenso wäre es verfehlt anzunehmen, die Weisung sei das dominierende Führungsmittel der Konzernsteuerung. Ein gut geführter und in den Verwaltungsgremien gut besetzter Konzern kommt mit einem Minimum an Weisungen und unmittelbarer Einflussnahme aus.263 Stattdessen reichen oft allgemeine Zielvorgaben und periodische, informelle Konsultationen, um der Tochtergesellschaft die Konzerninteressen bewusst zu machen.264 Die Konzerleitung schaltet sich in wesentliche Teilbereiche des Geschäftsablaufs erst dann aktiv ein, wenn Entscheidungen von Tochtergesellschaften getroffen werden, die das Konzernwohl nicht oder nicht ausreichend berücksichtigen. Die Abstufung im Umfang der Einflussnahme durch die Konzernspitze kann dabei wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechend geändert werden und ist von außen kaum zu erfassen.265

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Schroeder WuW 1988, 274, 279. Harms S. 72; Schroeder WuW 1988, 274, 275. 261 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255. Gegen eine Vergleichbarkeit beider Mittel aber Emmerich ZHR 132 (1969), 370, 373. 262 Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Assant ECLR 1990, 65, 77 f.; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 217. 263 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 396, die von einem „Konzernbewusstsein“ als „Erwartung konzerntreuen Verhaltens“ sprechen. Die Begründung des Vorschlags der Kommission für ein Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 172, weist darauf hin, dass der unterschiedliche Umfang des Einflusses eine Frage der Konzerleitung sei. 264 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467e2, S. 265; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 466. 265 Begründung des Vorschlags der Kommission für ein Statut für Europäische Aktiengesellschaften, S. 172; ähnlich Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 853. Die Kommission, a. a. O., geht daher davon aus, dass konzernabhängige Unternehmen stets als weisungsgebunden anzusehen sind, ohne dass es darauf ankäme, wie dieses Weisungsrecht ausgeübt wird. 260

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Aber auch wenn man die Relevanz der wirtschaftlichen Einheit für die Zurechnung im Rahmen der Missbrauchsaufsicht bedenkt, ist es nicht angebracht, die tatsächliche Ausübung bestehender Kontrollmöglichkeiten zu fordern. Wenn die Konzernspitze aus marktstrategischen Erwägungen heraus beschließt, konzerninternen Wettbewerb zu fördern, so ist dies nicht geeignet, die wirtschaftliche Einheit von einer einheitlichen Betrachtung im Rahmen der Zurechnung auszunehmen.266 Sie wird dies regelmäßig nur dann und nur solange tun, wie es dem Konzerninteresse entspricht. Die Marktmacht des Konzerns wird dadurch nicht beeinträchtigt. Anders ist die Situation erst, wenn der Konzernspitze schon die Möglichkeit fehlt, die Konzernunternehmen in ihrem Interesse zu beherrschen.267 Dann fehlt es indes bereits an den strukturellen Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit. Nicht zuletzt spricht gegen das Erfordernis ausgeübter Kontrolle auch das Interesse an einem aus Wertungsgesichtspunkten wünschenswerten weitgehenden Gleichklang mit den Kriterien des Zusammenschlussbegriffes des Art. 3 FKVO, wo die Kontrollmöglichkeit als ausreichend angesehen wird.268 Auch wenn dieser Maßstab weder unmittelbar auf die hier interessierende Fragestellung übertragen werden kann, noch dem vorgeschlagenen Maßstab genau entspricht, ist doch die Entscheidung in der Fusionskontrolle zugunsten der Relevanz bestehender Kontrollmöglichkeiten gegenüber ausgeübter Kontrolle auch hier ein Argument. Die Gegenansicht stellt die Anwendbarkeit des Kartellverbots in gewissem Umfang zur Disposition der Unternehmen und macht sie von der Wechseln unterliegenden Unternehmenspolitik abhängig.269 Es kann aber – schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit – nicht befriedigen, dass die Rechtsfolgen von Konstellationen abhängen, die je nach Gunst der Marktlage wandelbar und den zufällig beteiligten Personen ausgeliefert sind.270 Der von der Konzernleitung zugelassene bzw. gewünschte Wettbewerb zwischen Toch266

Heitzer S. 170. Heitzer S. 170. Heitzer will eine Zurechnung aber vornehmen, wenn die Konzernspitze ihren Beherrschungsmöglichkeiten nur freiwillig, etwa durch einen Vertrag, entsagt hat. Der Vertrag sei zum einen reversibel und zum anderen sei auch der Verzicht eine strategische Entscheidung. 268 Fleischer AG 11997, 491, 501; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 167; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 107. Karl S. 135 f. versteht das Konzept der wirtschaftlichen Einheit dagegen so, dass die bloße Beherrschungsmöglichkeit nicht ausreicht, sodass nach seiner Ansicht auch kein Gleichlauf mit dem Kontrollbegriff der FKVO besteht. So auch Schütz WuW 1998, 335, 337. 269 Loewenheim in: Loewenheim/Belke, § 1 Rn. 62; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14. Areeda, Antitrust Law VII, } 1467e2, S. 265 weist zu Recht darauf hin, dass die Anwendung des Kartellrechts nicht von den Absichten des Managements abhängen sollte. Ähnlich ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 467. 270 Harms S. 227; Müller/Gießler/Scholz § 1 Rn. 42; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15. 267

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

tergesellschaften entspricht der von der Firmenleitung veranstalteten Konkurrenz zwischen rechtlich unselbständigen Abteilungen: Ebenso wie die Firmenleitung kann die Konzernspitze diesen Zustand beenden und solange sie ihn bestehen lässt, handeln die Tochtergesellschaften ebenso wie die Abteilungen gegen die Vorstellungen der Leitungsebene, wenn sie den Wettbewerb durch Verhaltensabstimmungen untereinander einschränken.271 Das ist aber ein internes Problem des Konzerns bzw. des Einheitsunternehmens und es ist Sache der jeweiligen Leitung, nicht der staatlichen Gewalt, dies zu verhindern.272 Es kann nicht Sinn und Zweck des Kartellrechts sein, interne Managementvorstellungen durchzusetzen. Ansonsten würde die Kartellbehörde zum Vollstreckungsorgan der Konzernleitung, wenn sie versuchte deren Anordnungen gegen renitente Konzernglieder durchzusetzen.273 Der konzerninterne Wettbewerb ist insgesamt nicht Schutzgegenstand des Wettbewerbsrechts,274 da er ohne marktwirtschaftliche Steuerungsfunktion ist und nur ein Instrument der Konzernführung darstellt.275 Er beruht nicht auf freier unternehmerischer Entscheidung, sondern auf dem Willen der Konzernleitung, die ihn als Mittel zur Erreichung konzernweiter Optimierungsziele einsetzt und dafür unter Umständen künstlich entfacht, am Leben hält und gegebenenfalls auch wieder beendet.276 Sein Bestehen und seine Beschränkung sind nichts anderes als Modifizierungen im Rahmen eines einheitlichen Leitungsplanes, in dem der Wettbewerb ebenso Lenkungselement ist wie etwa die Finanzierung.277 271 Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15. Harms in: FS Hartmann, S. 165, 176 bezeichnet den Wettbewerb zwischen Konzernunternehmen als „veranstaltete Abteilungsrivalität“; a. A. aber Miethke S. 37 unter Hinweis auf die bei Konzerngesellschaften im Gegensatz zu Abteilungen bestehende Unternehmenseigenschaft. Dadurch lässt sich das Beispiel m. E. jedoch nicht entkräften. 272 Harms in: FS Hartmann, S. 165, 180; Müller-Henneberg in: GK4, § 1 Rn. 15; ähnlich Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Grandpierre S. 136 f.; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. EG 135; Mulert S. 82; ähnlich auch Möhring GRUR 1966, 645, 650: Sache des AktG als Organisationsrecht, nicht des Kartellrechts; a. A.: Würdinger WuW 1961, 745, 748 Fn. 9; Götz/Rieger JuS 1968, 393, 396, die allerdings wenn die Konzernspitze gegen wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen zwischen Konzerntöchtern nicht vorgeht eine Billigung durch die Konzernspitze annehmen; Huber ZHR 131 (1968), 193, 217. 273 Areeda, Antitrust Law VII, } 1465b, S. 248; Harms S. 75; ders. in: FS Hartmann, S. 165, 176; Langer S. 52; Mulert S. 82.; a. A. Potrafke S. 245. 274 LKartB Baden-Württ. v. 09.05.1980, WuW/E LKartB 211, 212 „Stuttgarter Wochenblatt“; Fleischer AG 11997, 491, 501; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 196; Grandpierre S. 135; Hootz in: GK5, § 1 Rn. 124; Huber in: FK, § 1 n. F. Rn. 36; Huber/ Baums in: FK, § 1 Rn. 246; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 37; Mulert S. 82. 275 Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 255; Fleischer AG 11997, 491, 501; Heitzer S. 178; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt § 1 Rn. 134; Leo, Kartellrundschau, S. 11, 40; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 103. 276 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 196. Langer S. 51 spricht von Wettbewerb unter der aufschiebenden Bedingung seiner jederzeit möglichen Beendigung. 277 Siehe Grandpierre S. 136.

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Folglich ist er regelmäßig von „Auswüchsen“ befreit. Konkurrierende Konzernunternehmen werden sich nicht mit letzter Konsequenz und bis zum wirtschaftlichen Untergang eines von beiden bekämpfen.278 Dafür wird im Normalfall schon die Konzernspitze sorgen, die am Profit des Gesamtkonzerns orientiert entscheidet. Sie wird die Konzernunternehmen mit genau soviel Selbständigkeit ausstatten und genau soviel internen Wettbewerb zulassen, wie ihr für die Maximierung des Konzerngesamtgewinns sinnvoll erscheint.279 Es handelt sich daher bei konzerninternen Wettbewerbsbeschränkungen nicht um den für eine kartellrechtlich relevante Wettbewerbsbeschränkung erforderlichen Verzicht auf bestimmte wettbewerbliche Aktionsparameter. Die Konzernunternehmen verfolgen letztlich keine rivalisierenden Interessen auf dem Markt wie bei einem wettbewerbsrechtlich geschützten Konkurrenzverhältnis üblich, sondern – wenn auch unter Berücksichtigung individueller Faktoren – das alle Konzernunternehmen umfassende und verbindende Gruppeninteresse,280 das die Konzernspitze im Zweifelsfall zur Geltung bringt. An diesem Gruppeninteresse ist auch die konzerninterne Wettbewerbssituation ausgerichtet. Sie unterscheidet sich dadurch von der originären Marktsituation, in der sich ausschließlich egoistisch motivierte Beteiligte gegenüberstehen. Man kann daher von einer Rekonstruktion des Marktes innerhalb des Konzerns sprechen. Dementsprechend ist die Entscheidungsbefugnis der Konzernunternehmen Bestandteil der Konzernpolitik281 und ihr Erhalt hat aus wettbewerbsrechtlicher Sicht keinen eigenständigen Wert. Überspitzt formuliert ist sie lenkbar, gestaltbar und wieder abschaffbar.282 Mit der Wettbewerbsfreiheit, die das Kartellrecht zu schützen sucht, hat das nur wenig gemein.283 Eine andere Sichtweise würde in der Praxis nur dazu führen, dass Vereinbarungen durch Weisungen ersetzt würden.284 Von einer Kontrolle 278

Mulert S. 59. McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1265 u. 1268 f. Vgl. auch Monopolkommission, 7. Hauptgutachten, Tz. 853. Kritisch hierzu jedoch Potrafke S. 171, 244, der betont, die Konzernspitze könne sich auch irren und die Marktmacht des Konzerns entgegen ihrer Annahme infolge konzerninternen Wettbewerbs abnehmen. Das mag zwar im Einzelfall in der Tat so sein, es bleibt aber unklar, warum daraus ein Bedürfnis folgt, den konzerninternen Wettbewerb generell zu schützen. 280 Leo, Kartellrundschau, S. 11, 39. 281 Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 52; Deringer/Herrmann BB 1966, 1157, 1159; ähnlich Grandpierre S. 134. Nach Deringer/Herrman hat die Entscheidungsbefugnis der Konzernunternehmen keinen originären, sondern derivativen Charakter. Kritisch dazu aber Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 214 ff. 282 Fikentscher, Interessengemeinschaft, S. 52; Deringer/Herrmann BB 1966, 1157, 1159. Zwar ist Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 229 zuzugeben, dass die gesetzlich angelegte Eigendynamik der Tochtergesellschaft insbesondere im dezentralen Konzern immer wieder Zentrifugalkräfte entfaltet. Dadurch werden die Entscheidungsbefugnisse der Tochtergesellschaft indes nicht dergestalt aufgewertet, dass der Konzern nur dann als wirtschaftliche Einheit angesehen werden kann, wenn die Muttergesellschaft ihre Einflussmöglichkeiten auch tatsächlich geltend macht. 283 Ähnlich Langer S. 51. 279

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konzerninterner Vereinbarungen in Bereichen, die die Konzernspitze zwar lenken kann, aber noch nicht durch Weisungen oder ähnliches ausgefüllt hat, ist daher eine Belebung des Wettbewerbs kaum zu erwarten, sondern nur eine Störung der Marktstrategie des herrschenden Unternehmens.285 Das GWB etwa will Wettbewerb auch nicht schlechthin erzwingen, sondern begnügt sich damit, die Voraussetzungen für das Entstehen von Wettbewerb zu erhalten.286 Diese Voraussetzungen sind innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit jedoch schon strukturell nicht gegeben. So wie einerseits schon potentieller Wettbewerb im Schutzbereich der Norm liegt, ist andererseits der jederzeit realisierbare potentielle Nicht-Wettbewerb beachtlich.287 Die Ansicht, welche die Ausübung bestehender Kontrollmöglichkeiten verlangt, stellt des Weiteren auf einen unzutreffenden Zeitpunkt ab. Bereits mit der Begründung der entsprechenden Einflussmöglichkeiten verliert das Konzernunternehmen die Fähigkeit, auch gegen den Willen der Konzernspitze mit dieser oder anderen Konzernunternehmen in Wettbewerb zu treten.288 Selbst ohne äußere Einflussnahme durch Weisungen oder ähnliches wirkt sich die Konzernverbundenheit ab diesem Moment bei der gesellschaftsinternen Willensbildung aus. Eine geschützte Freiheit des abhängigen Unternehmens besteht nicht mehr. Die abhängige Konzerngesellschaft taugt daher nicht als Garant des freien Wettbewerbs.289 Schließlich hat eine Lösung, die das Bestehen von Kontrollmöglichkeiten als ausreichend ansieht, den nicht zu unterschätzenden Vorteil leichterer Handhabbarkeit für sich.290 Diffizile Abgrenzungsfragen nach der im Einzelfall erforderlichen Kontrollintensität, wie sie aus der konzernrechtlichen Diskussion geläufig sind,291 stellen sich nicht.292 Bisher ist es auch nicht gelungen, das erforderliche Ausmaß ausgeübter Kontrolle und wie diese nachzuweisen ist hinreichend zu konkretisieren.293 Von den eindeutigen Fällen der Weisungserteilung abgesehen 284 Harms in: FS Hartmann, S. 165, 175; Schroeder WuW 1988, 274, 279. Ein entsprechender Ratschlag findet sich folglich bei Pohlmann EWiR 1996, 307, 308 für den Zeitraum bis zur damals noch ausstehenden Entscheidung des EuGH im Fall „Viho/Kommission“. Kritisch zu dieser Möglichkeit Grandpierre S. 85. 285 Huber AWD 1969, 429, 430 f.; Schroeder WuW 1988, 274, 279. 286 Grandpierre S. 135 f. 287 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 152 a. E. 288 Ähnlich Leo, Kartellrundschau, S. 11, 37. 289 Vgl. Heitzer S. 178. 290 Fleischer AG 1997, 491, 501, der in diesem Zusammenhang den Ratschlag von Justice Cardozo aus Woodford Realty Co. v. Rose, 286 U.S. 319, 330 (1932) zitiert: „Expediency may tip the scales when arguments are nicely balanced.“ 291 Erinnert sei nur an den Streit um den erforderlichen Umfang einheitlicher Leitung, vgl. oben II. 2. a) aa) (1). 292 Siehe Areeda, Antitrust Law VII, } 1467e2, S. 264; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 466; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 246.

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wäre es daher äußerst fraglich und kaum vorhersagbar, in welchem Umfang eine Ausübung der bestehenden Kontrollmöglichkeiten erforderlich ist, um den Konzern aus dem Kartellverbot auszunehmen. Es drohte folglich beachtliche Rechtsunsicherheit. In der praktischen Anwendung stünde die Unternehmensgruppe zudem vor dem paradoxen Problem, dass dieselben Umstände, die sie zu ihrer Entlastung vorträgt, um die Ausübung von Kontrolle zu belegen, auch als Beleg kartellrechtswidriger Koordination dienen können, falls es der Gruppe nicht gelingt, die Ausnahme zu etablieren.294 Beruft sich ein Konzern beispielsweise auf regelmäßige Treffen der Konzernspitze mit den Leitungsorganen der Konzerngesellschaften um aktuelle Kontrolle nachzuweisen, so riskiert er, dass genau diese Treffen als wettbewerbswidrige Verhaltensabstimmung eingestuft werden, wenn er nicht als wirtschaftliche Einheit anerkannt wird. (7) Ergebnis: Relevanz tatsächlicher Einflussnahme als Indiz Die Ausübung bestehender Kontrollmöglichkeiten ist für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht erforderlich. Übt die Konzernspitze Einfluss auf die Konzernunternehmen aus, so kann dies allerdings ein Indiz dafür sein, dass entsprechende rechtliche Einflussmöglichkeiten bestehen.295 Insbesondere im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung kann die tatsächliche Einflussnahme einen Hinweis auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit geben. Dies kann indes nur für die rechtlich zulässige Ausübung von Leitungsmacht gelten.296 Eine gesellschaftsrechtlich unzulässige Einflussnahme kann kein Indiz für eine wirtschaftliche Einheit sein, da in diesem Fall gerade keine ausreichende Kontrollmöglichkeit besteht.297 293 Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 469. Ders., Antitrust Law VII, } 1467g, S. 272 f., führt aus: „We cannot pretend that the jury is a magic box for the resolution of questions which the judges themselves find difficult to decide. Telling the jury that it is looking for a ,distinct‘ entity says nothing, for the questions ,how distinct‘ or ,distinct in what sense or for what purpose‘ are left unanswered.“ Siehe auch Fleischer AG 1997, 491, 501; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1256. 294 Areeda, Antitrust Law VII, } 1467a, S. 259, } 1467e3, S. 266 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 464, 467 f.; Assant ECLR 1990, 65, 77 f.; a. A. Prell Cornell L. Rev. 71 (1986), 1151, 1173. Ein Beispiel ist die Entscheidung George R. Whitten, Jr., Inc. v. Paddock Pool Builders, Inc., 508 F.2d 547, 557 (1st Cir. 1974), in der das Gericht vertikaler Integration für die Annahme einer Verschwörung ausreichen ließ. Vgl. auch die umgekehrte Situation in Direct Media Corp. v. Camden Tel. & Tel. Co., 989 F. Supp. 1211, 1217 (S.D. Ga. 1997), wo das Gericht eine wirtschaftliche Einheit annahm und daher die Beweise, die eine wettbewerbsbeschränkende Verschwörung belegen sollten, als lediglich interne Vereinbarungen bezeichnete. 295 Pohlmann S. 409; Wish/Sufrin S. 213. 296 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 154. Fikentscher, Wirtschaftsrecht I, § 15 IX 5 c weist darauf hin, dass ein Missbrauch der Konzernleitungsmöglichkeit aus gesellschaftsrechtlicher Sicht auch kartellrechtserheblich sein müsse. Siehe dazu auch oben III. 2. d)–f).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

b) Begrenzung über das Merkmal der Drittwirkung/Erfordernis einer internen Aufgabenverteilung? Zu erwägen ist, ob neben dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit noch weitere Voraussetzungen für die Nichtanwendung des Kartellverbots erfüllt sein müssen. Als limitierender Faktor ist das Kriterium der Drittwirkung vorgeschlagen worden. Dieses ursprünglich aus dem US-amerikanischen Recht stammende Kriterium, das dort unter dem Begriff external effects diskutiert wird, besagt, dass eine konzerninterne Verhaltenskoordination, die Dritte beschränkt, beispielsweise indem sie deren Wettbewerbsfähigkeit einschränkt oder Zwang auf Außenstehende ausübt, als unzulässige wettbewerbsmindernde Absprache einzuordnen ist.298 Das zulässige Gegenstück bilden Maßnahmen, die in ihrer Wirkung auf den Konzern beschränkt bleiben. In der deutschen und europarecht297

Siehe oben III. 2. g). Zur Verwendung dieses Kriteriums in den USA siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 792 f. (1984) (Stevens, J., dissenting) („[I]f the behavior at issue is unrelated to any functional integration between the affiliated corporations and imposes a restraint on third parties of sufficient magnitude to restraint marketwide competition, as a matter of economic substance, as well as form, it is appropriate to characterize the conduct as a ,combination or conspiracy in restraint of trade.‘“ (Hervorhebung durch den Verfasser)); Thomsen v. Western Elec. Co., 512 F. Supp. 128, 131 ff. (N.D. Cal. 1981), aff’d, 680 F.2d 1263 (9th Cir.), cert. denied, 459 U.S. 991 (1982) („Since actions of affiliated companies which relate strictly to the internal operations of the common enterprise inherently have a legitimate business purpose and lack anticompetitive effects (because they are not directed at outsiders to the corporate family), such actions cannot constitute a section 1 violation.“); Murphy Tugboat Co. v. Shipowners & Merchants Towboat Co., Ltd., 467 F. Supp. 841, 859 f. (N.D. Cal. 1979) aff’d on other grounds sub. nom., Murphy Tugboat Co. v. Crowley, 658 F.2d 1256 (9th Cir. 1981), cert. denied, 455 U.S. 1018 (1982); REA Express, Inc. v. Alabama Great S. R.R. Co., 427 F. Supp. 1157, 1166 (S.D.N.Y. 1976), aff’d sub. nom., Sowerwine v. U.S., 431 U.S. 961 (1977) („The agreement was between the railroads and their wholly-owned subsidiary; the interests of no other person were affected. . . . The . . . proposition that agreements between parents and subsidiaries effecting only their internal relationship violate the Sherman Act has been repudiated by several commentators . . .“); In re REA Express, Inc., Private Treble Damage Antitrust Litig., 412 F. Supp. 1239, 1256 f. (E.D. Pa. 1976); Penn Cent. Sec. Litig. v. Pennsylvania Co., 367 F. Supp. 1158, 1166 (E.D. Pa. 1973) („[N]o conspiracy directed at outsiders to the corporate family is alleged.“); Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 325 Fn. 72 („[T]he focus . . . should have been on the effect upon third parties“), 327 („Treatment and judgment under antitrust statutes ought . . . to hinge . . . upon the beam of anticompetitive harm done to innocent third parties.“); Alessandria Buff. L. Rev. 34 (1985) 551, 567, 571, 587 f. Siehe auch Chastain v. American Tel. & Tel. Co., 401 F. Supp. 151, 159 f. (D.D.C. 1975) (entscheidend ist, ob die Auswirkung der konzerninternen Maßnahme einer Wettbewerbsbeschränkung zwischen unabhängigen Unternehmen entspricht). Kritisch zu dieser Entscheidung Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 51. Sie bemängeln, die Entscheidung enthalte keinerlei Hinweis, wie eine solche Auswirkung zu bestimmen sei, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Sherman Act auch Wettbewerbsbeschränkungen durch ein einzelnes Unternehmen erlaube, die unzulässig wären, würden sie von zwei Wettbewerbern vorgenommen. 298

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lichen Literatur wird derselbe Ansatz unter dem Stichwort der internen Aufgabenverteilung diskutiert. aa) Verfechter einer Begrenzung der Freistellung Bei den Verfechtern dieses Ansatzes ist vielfach schon nicht klar erkennbar, ob es sich überhaupt um eine weitergehende Anforderung an die Freistellung einer wirtschaftlichen Einheit handeln soll. So wird etwa eine so enge wirtschaftliche Einheit verlangt, dass die fraglichen Abreden lediglich den Charakter einer rechtlichen Festschreibung und Absicherung einer internen Aufgabenverteilung erhalten.299 Andere verstehen Absprachen zwischen Ober- und Untergesellschaft als interne Aufgabenverteilung.300 Damit würde letztlich wohl keine weitergehende Anforderung an die Freistellung aufgestellt. Nur selten wird das Erfordernis interner Aufgabenverteilung eindeutig als zusätzliche Anforderung für die Nichtanwendung des Kartellverbots benannt.301 Als Begründung wird angeführt, dass der Konzern nicht zur Verhinderung von Parallelimporten und zur Marktaufspaltung entgegen den Zielen des Art. 3 lit. g EGV eingesetzt werden dürfe.302 Beispiele für die erfassten Fallkonstellationen finden sich allerdings kaum. In der Gemeinschaftspraxis wurde lediglich in der Entscheidung Christiani & Nielsen die regionale Marktaufteilung zwischen Konzerngesellschaften ausdrücklich dem Bereich interner Aufgabenverteilung zugeordnet.303 Insgesamt erfreut sich der Gedanke, konzerninterne Vereinbarungen, die lediglich der internen Aufgabenverteilung dienen, von solchen mit Drittwirkung auf Außenstehende abzugrenzen, zwar beachtlicher Verbreitung aber geringer Präzisierung.304 Dies mag daran liegen, dass man den kartellrechtsfreien Raum v. Gamm § 1 Rn. 11; ähnlich Hootz in: GK5, § 1 Rn. 29. Er bezeichnet Abreden zwischen Konzerngesellschaften bei Vorliegen einer engen wirtschaftlichen Einheit als interne Aufgabenverteilung, ohne dass klar wird, ob es sich hierbei um eine zusätzliche Anforderung handeln soll. 300 Mailänder in: GK3, Art. 85 EWG Rn. 171. 301 So bei van Bael/Bellis S. 31; Bos/Stuyck/Wytinek Rn. 3-025; Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 238 f. u. 242; ReichMicklitz S. 160; Trabucchi Slg. 1974, 1170, 1181; v. Wallenberg Rn. 95. In einigen Fällen will van Rijn S. 123, 130 ff., 138 auf die Drittwirkung und eine interne Aufgebenverteilung abstellen. Für eine Berücksichtigung von Ziel und Zweck einer internen Aufgabenverteilung auch Micklitz EWiR 1997, 219, 220. 302 In diese Richtung Micklitz EWiR 1997, 219, 220; Reich/Micklitz S. 160. Beide übersehen dabei aber die Nähe der wirtschaftlichen Einheit zum Einheitsunternehmen, die bei der Anwendung des Kartellrechts berücksichtigt werden muss. 303 Siehe Kommission v. 18.06.1969, ABl. 1969 Nr. L 165 v. 05.07.1969, S. 12, 14 „Christiani & Nielsen“. 304 Die mangelnde Konturierung kritisiert auch Fleischer AG 1997, 491, 496. Zur Verwendung des Merkmals vgl. noch Lange in: Lange, Hdb., Kap. 2 § 2 Rn. 21, an299

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

für Konzerne so eng wie möglich ausgestalten will. Insbesondere soll verhindert werden, dass auf dem Weg über konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen in die Position Dritter und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher eingriffen, die nationalen Märkte in den verschiedenen Mitgliedstaaten künstlich gegeneinander abgeschottet oder der Gemeinsame Markt gegenüber dem Weltmarkt isoliert werden kann. Die vom Konzern dazu verwendeten Mittel umfassen Exportverbote für Konzerntöchter, konzerninterne Alleinvertriebsverträge mit absolutem Gebietsschutz für den Konzessionär, Vertrieb desselben Erzeugnisses unter verschiedenen Warenzeichen oder Ausnutzung unterschiedlicher nationaler Normen.305 Gemeint sind aber etwa auch Maßnahmen, die den Marktzutritt von Mitbewerbern künstlich erschweren.306 Vor diesem Hintergrund liegt die Überlegung durchaus nahe, das Kartellverbot müsse wieder anwendbar sein, sobald die Konzerngesellschaften über den internen Bereich, also über die Regelung ihrer Verhältnisse untereinander hinausgehen. Hier zeigt sich auch der gedankliche Ursprung des Merkmals der Drittwirkung in der Immanenztheorie, wie sie für andere Fragestellungen im Rahmen des Kartellverbots entwickelt wurde. Danach ist die Beschränkung wirtschaftlicher Handlungsfreiheiten unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, sofern es ihrer bedarf, um einen von der Rechtsordnung gebilligten Haupt(vertrags)zweck zu erreichen und die von der Privatrechtsordnung zur Verfügung gestellten Institutionen zu erhalten.307 Anwendungsfälle sind etwa Wettbewerbsbeschränkungen in Gesellschaftsverträgen308 oder Wettbewerbsverbote bei Unternehmensverkäufen. Auf den Konzern übertragen hieße das, dass bestimmte Abstimmungen seiner Organisation und Leitung immanent und daher nicht zu beanstanden sind, während andere dieses Maß übersteigen. Letzteres müsste beispielsweise für Konditionenvereinbarungen im Rahmen eines Konzerns gelten oder für solche Abreden, ders aber wohl Rn. 23; Mestmäcker S. 409; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 256, der ebenfalls ungenau davon spricht, die Anwendung des § 1 GWB liege vor allem nahe, wenn von der Vereinbarung wettbewerbsbeschränkende Wirkungen auf Dritte ausgehen. Emmerich § 37 3 b möchte konzerninterne Vereinbarungen nur freistellen, wenn „die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung nicht zugleich auf Dritte ausstrahlt.“ Er scheint folglich im Falle von Drittwirkungen das Kartellverbot anwenden zu wollen. So auch bereits ders. in EuR 1971, 295, 311. Für das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung im Falle einer Verhaltenskoordination mit Außenwirkung Funck S. 77 f.; Gansweid 242. Ähnlich Goyder S. 65, der eine Wettbewerbsbeschränkung annimmt, wenn die Konzernunternehmen über eine interne Aufgabenverteilung hinausgehen. Auf den Effekt auf Dritte will schließlich auch Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 325 ff. abstellen. 305 Vgl. Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 110 Fn. 534. 306 Vgl. Trabucchi Slg. 1974, 1170, 1181. Ein drastisches Beispiel bietet der Sachverhalt der Copperweld-Entscheidung, siehe oben III. 5. c) aa) (1). 307 Fleischer AG 1997, 491, 496; vgl. zur Immanenztheorie Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker3, § 1 Rn. 272 ff.; zur europarechtlichen Ebene Fleischer WuW 1996, 473, 479 f.; Fritzsche ZHR 160 (1996), 31 ff. 308 Dazu z. B. K. Schmidt § 20 V 2.

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mit denen der Zweck verfolgt wird, den Gemeinsamen Markt künstlich in nationale Märkte für die einzelnen Tochtergesellschaften aufzuspalten.309 Entsprechend wird vertreten, dass die Aufteilung von Vertriebsgebieten auf unterschiedliche Vertriebsgesellschaften dann wettbewerbswidrig ist, wenn es in den Vertriebsgebieten zu unterschiedlichen Preisen kommt, da dann Dritte in Form der Abnehmer betroffen seien.310 Das führt aber nicht nur zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung des Konzerns gegenüber einer Vertriebsstruktur mit integrierten Abteilungen,311 sondern hat auch zur Folge, dass nur ein Konzern, der seine Gesellschaften straffer kontrolliert, als er Abteilungen kontrollieren müsste, nämlich indem er ihnen die Preisgestaltung strikt vorschreibt, aus dem Anwendungsbereich des Kartellverbots ausgenommen wäre. bb) Standpunkt der Rechtsprechung Der Standpunkt der europäischen Rechtsprechung in dieser Fragestellung ist nicht mit letzter Sicherheit auszumachen. In einem Teil der frühen EuGH-Entscheidungen findet sich der Hinweis, die dem Anwendungsbereich des Art. 81 EGV entzogenen Vereinbarungen oder Verhaltensweisen müssten zusätzlich312 dem Zweck dienen, die interne Aufgabenverteilung zwischen den konzernzugehörigen Unternehmen zu regeln.313 Die Freistellung konzerninterner Verhaltenskoordinationen würde dadurch auf solche Maßnahmen begrenzt, die in ihrer Wirkung auf den konzerninternen Bereich beschränkt bleiben und keine Wirkung auf Dritte entfalten. In den Urteilen jüngeren Datums fehlt dieser Hinweis indes.314 Insbesondere im Viho-Verfahren stützten EuGH und EuG die Nicht309 Vgl. Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 58; van Rijn S. 123, 132 ff. u. 138. Zur Problematik derartiger Konditionenvereinbarungen am Beispiel des Kodak-Falls der Kommission Assant ECLR 1990, 65, 68. 310 Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 238. 311 Diese Ungleichbehandlung sieht Lev selbst. Er meint allerdings sie sei ohne wettbewerbliche Folgen, a. a. O., S. 239. Dem ist freilich insoweit zu widersprechen, als der Ansatz eine zentralistische Organisation besonders in der Form des Einheitsunternehmens fördert. Damit wirkt er sich auf die Organisationsfreiheit des Unternehmens und den Wettbewerb der Organisationsformen aus. 312 van Bael/Bellis S. 31; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 199; Goyder S. 65; Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 317; Karl S. 134; Lenz Slg. 1996, I 5459, 5472 Rn. 50; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 209; dagegen scheint Whish S. 72 davon auszugehen, dieses Erfordernis stimme mit der wirtschaftlichen Einheit überein; ähnlich Faull/Nikpay Rn. 2.35. Der Wortlaut der Entscheidungen spricht indes eher für eine zusätzliche Anforderung. Siehe EuGH v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“ („und ferner“); v. 31.10.1974, Slg. 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“ (dto.). 313 EuGH v. 04.05.1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 19 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“; v. 31.10.1974, Slg. 1974, 1147, 1168 Rn. 41 „Centrafarm/Sterling Drug“; v. 31.10.1974, Slg. 1183, 1198 f. Rn. 32 „Centrafarm/Winthrop“; ebenso Trabucchi Slg. 1974, 1170, 1181.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

anwendung von Art. 81 EGV ausschließlich auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, obwohl die Rechtsmittelführerin explizit gerügt hatte, dass die angegriffene konzerninterne Verhaltenskoordination über eine interne Aufgabenverteilung hinausginge.315 Ob es sich dabei um eine bewusste Aufgabe des Kriteriums durch die Rechtsprechung handelt, ist in der Literatur umstritten, wobei diejenigen, die von einer Aufgabe ausgehen, überwiegen.316 Nachdem die Parteien zur Frage der internern Aufgabenverteilung ausdrücklich vorgetragen hatten317 und sich der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen ausführlich mit dem Sinne einer solchen Beschränkung auseinandergesetzt und sie verworfen hat, ist daraus, dass der Gerichtshof das Kriterium in seinem Urteil nicht erwähnt hat, in der Tat eine bewusste Aufgabe zu folgern. Außerdem führte der EuGH in der Entscheidung aus, dass eine konzerninterne Vertriebspolitik auch dann nicht zur Anwendbarkeit von Art. 81 EGV führt, wenn sie durch die Aufteilung nationaler Märkte Auswirkungen außerhalb des Konzerns haben kann, die die Wettbewerbsposition Dritter zu beeinträchtigen geeignet sind.318 Das EuG stellte fest, die Klägerin berufe sich vergeblich auf das Fehlen einer internen Aufgabenverteilung, da sich Art. 81 EGV nicht auf Verhaltensweisen beziehe, die in Wahrheit solche einer wirtschaftlichen Einheit sind.319 Auch diese Aussagen sprechen für eine Aufgabe des Erfordernisses interner Aufgabenverteilung durch die Gerichte. Das gilt jedenfalls, wenn man Gebietsaufteilungen und die Aufspaltung nationaler Märkte nicht mehr als nur interne Aufgabenver314 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5495 Rn. 16 „Viho/Kommission“; v. 11.04.1989, Slg. 1989, 803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; EuG v. 06.04.1995, Slg. 1995, II-791, 841 f. Rn. 129 „Tréfileurope/Kommission“; v. 06.04.1995, Slg. 1995, II-987, 1034 f. Rn. 107 „Baustahlgewebe/Kommission“; ebenso bereits EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 619, 665 Rn. 132/135 „ICI/Kommission“. Vgl. auch EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 „Geigy/Kommission“; EuG v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-1403, 1547 Rn. 357 „SIV u. a./Kommission“; v. 10.03.1992, Slg. 1992, II-757, 884 Rn. 311 „Shell/Kommission“. 315 Vgl. die Widergabe der Argumentation der Rechtsmittelführerin bei Generalanwalt Lenz Slg. 1996, I-5459, 5463 f. Rn. 24. 316 Zweifelnd beispielsweise G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 6 („Dem Wegfall dieses Kriteriums könnte nur zugestimmt werden . . .“); Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 411 (dto.). Von einer Aufgabe des Merkmals gehen aus Bellamy/Child Rn. 2-053; Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 46; Buntscheck S. 55 ff.; Emmerich in: Dauses, H I Rn. 69; Fleischer WuW 1997, 491, 493 („mit Stillschweigen abgewiesen“); Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 39; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, S. 341; Korah S. 37; Pohlmann S. 402; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 209; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 110; Schütz WuW 1998, 335, 337; Wils E. L. Rev. 25 (2000) 99, 107; in diese Richtung auch Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 168; für nach wie vor gültig halten das Kriterium Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146 u. Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 139; Goyder S. 65; G. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7 Rn. 14. 317 Vgl. EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 30 f. Rn. 35 ff. „Viho/Kommission“. 318 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5496 Rn. 17 „Viho/Kommission“. 319 EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 36 Rn. 54 „Viho/Kommission“.

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teilung ansieht, denn gerade diese Situation lag in Viho vor, ohne dass auf das Merkmal zurückgegriffen wurde.320 Auch in den USA hat seit der CopperweldEntscheidung kein Gericht mehr auf das Kriterium der external effects rekurriert.321 cc) Ungeeignetheit des Merkmals Der Aufgabe des Kriteriums kann nur zugestimmt werden. So einleuchtend der Gedanke der internen Aufgabenteilung auf den ersten Blick auch sein mag, so wenig praktikabel ist er. Eine Abgrenzung in zulässige interne Regelungen und unzulässige Regelungen mit Drittwirkung ist nicht durchführbar.322 Da vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen regeln, wer etwas tut oder tun soll bzw. etwas nicht tun soll, dient jede vertragliche Vereinbarung, die ihrem Inhalt nach sonst unter das Kartellverbot fallen könnte, der internen Aufgabenverteilung.323 Umgekehrt hat jede Verteilung von Aufgaben unter den Konzerngesellschaften auch Auswirkungen auf Dritte, insbesondere auf die Marktgegenseite.324 Jede konzerninterne Marktaufteilung betrifft natürlich auch Wettbewerb und Kunden, handelt es sich doch bei der Gebietsaufteilung um einen klassischen Fall der Wettbewerbsbeschränkung.325 So lassen sich etwa die Gebietsabsprachen im Timken-Fall326 sowohl als interne Organisationsmaßnahmen als auch als Wett320

Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 168. Zu früheren Entscheidungen siehe die Nachweise in Fn. 298. 322 So bereits Harms in: FS Hartmann, S. 165, 167 u. 179; ders. EuR 1966, 230, 251 (dort im Hinblick auf das US-amerikanische Recht). Ebenso Assant ECLR 1990, 65, 77; Fleischer AG 1997, 491, 496; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5478 Rn. 71; Potrafke S. 197. Huie Am. J. Comp. L. 36 (1988), 307, 317 weist – obwohl sie auf Drittwirkung abstellen möchte, vgl. a. a. O., S. 325 f. – daraufhin, dass selbst in der Entscheidung Centrafarm/Sterling Drug, in der der EuGH das Merkmal der internen Aufgabenverteilung ausdrücklich erwähnte, Dritte betroffen waren. Siehe auch das Beispiel bei Lipowsky S. 212. Vgl. auch Ulmer WuW 1960, 163, 171; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1254 („[C]ourts . . . have failed to provide clear guidelines“). 323 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 6; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 411. 324 OLG Frankfurt v. 31.08.1989, ZIP 1989, 1425, 1427 „TOYOTA II“; Areeda, Antitrust Law VII, } 1469b, S. 279 („Of course, the restraint might be ,within the family‘ and also affect outsiders.“); Assant ECLR 1990, 65, 77; Fleischer AG 1997, 491, 497; Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 50; Harms in: FS Hartmann, S. 165, 179; ders. EuR 1966, 230, 251; Lipowsky S. 211 f.; Pohlmann S. 408; Potrafke S. 161, 197; Schroeder WuW 1988, 274, 278; Schwintowski BB 1988, 1763, 1767; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 49 („Any cooperation or coordination between components of a multi-corporate enterprise can adversely affect the trade of outsiders if those outsiders happen to be suppliers, customers, or competitors of the corporate unit.“); Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 886. Das muss auch Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 238 als Verfechter des Kriteriums der Drittwirkung eingestehen. 325 Siehe Harms, Diskussionsbeitrag, in: Neue Entwicklungen im EWG-Kartellrecht, S. 67. Fleischer AG 1997, 491, 496 weist darauf hin, dass man Marktaufteilun321

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

bewerbsbeschränkungen, die Dritte beeinträchtigen, qualifizieren.327 Wenn Mutter- und Tochtergesellschaft sich auf die Verkaufspreise der Tochtergesellschaft einigen, so berührt dies die Position der Kunden der Tochtergesellschaft, ohne dass darin eine unzulässige Drittwirkung gesehen wird.328 Wenn, um ein anders Beispiel zu geben, die Konzernspitze den konzernweiten Vertrieb bei einer Konzerntochter bündelt oder wenn zwei Konzerngesellschaften ihre Produktpaletten aufeinander abstimmten – beides Fälle in denen Aufgaben intern neu verteilt werden – so führt dies nicht nur formal zu einer Beschränkung der (kartellrechtlich nicht relevanten) Handlungsfreiheiten der Beteiligten hinsichtlich ihrer Absatzmöglichkeiten, sondern hat auch Auswirkungen auf konzernexterne Dritte. Die Auswahl- und Bezugsmöglichkeiten der Marktgegenseite werden beschränkt, indem der Bezug bestimmter Produkte nur noch über bestimmte Unternehmen des Konzerns möglich ist. Daneben soll die konzernweite Koordination die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmensgruppe insgesamt stärken und ihre Marktstellung gegenüber Mitbewerbern behaupten oder ausbauen. Auch insofern wirkt sie daher nach außen. Dies ist letztlich bei den meisten internen Regelungen der Fall, da sich der Konzern regelmäßig erhofft, so seine Wettbewerbsposition zu stärken, also eine Wirkung nach außen zu erzielen. Die Unterscheidung zwischen interner Aufgabenverteilung und Drittwirkung könnte daher höchstens eine graduelle sein. Die Folgefrage wäre dann aber, wie viel Außenwirkung erforderlich ist. Ein Test, der dies zu bestimmen sucht, wäre notorisch schwer anzuwenden und seine Ergebnisse kaum vorhersehbar. In den USA wird daraufhingewiesen, dass er dazu hochgradig manipulationsanfällig wäre, da das Ergebnis in erster Linie davon abhinge, was nach Ansicht des Gerichts als unzulässige Außenwirkung qualifiziert werden sollte.329 Im amerikanischen Kartellrecht wird zusätzlich kritisiert, dass ein derartiges Kriterium sich auf die Wirkung des Verhaltens des Konzerns konzentrieren würde und nicht auf die Frage, ob die Konzernunternehmen die notwendige capacity to conspire, also die Fähigkeit, wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zu treffen, haben.330 Dazu verstoße nicht jedes Verhalten, das Dritte nachteilig berührt, gegen section 1 Sherman Act.331 Auch in Art. 81 EGV und gen als räumliche Arbeitsteilung begreifen kann. Siehe auch Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 49. 326 Siehe oben III. 5. b) cc). 327 Assant ECLR 1990, 65, 77. In der Entscheidung Penn Cent. Sec. Litig. v. Pennsylvania Co., 367 F. Supp. 1158, 1166 (E.D. Pa. 1973) bezeichnete das Gericht die Marktaufteilung zwischen Tochtergesellschaften als internes Management eines einzelnen Unternehmens. 328 Areeda, Antitrust Law VII, } 1469b, S. 279. 329 Areeda, Antitrust Law VII, } 1469b, S. 279 f. 330 Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 51; Keyte Loy. L.A. L. Rev. 18 (1985), 857, 886; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1254; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 378 Fn. 81. Ähnlich Ulmer WuW 1960, 163, 171.

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§ 1 GWB ist das Kartellverbot nicht so ausgestaltet, dass es jede wettbewerbswidrige Wirkung erfasst. Vielmehr sanktioniert es nur bestimmte Wege, dieses Ergebnis herbeizuführen.332 Schließlich liefen Gerichte und Kartellbehörden bei der Abgrenzung Gefahr, vorgefundene Muster der Konzernorganisation unvermerkt zur Norm zu erheben und Abweichungen hiervon als verdächtige Ausnahmen anzusehen. Mit der Offenheit wettbewerblicher und organisatorischer Entwicklungsprozesse wäre eine solche Betrachtung nicht vereinbar.333 Im Übrigen widerspricht das Erfordernis, dass eine konzerninterne Absprache der internen Aufgabenverteilung dienen müsse, allgemeinen Grundsätzen. Für Art. 81 I EGV sind Motiv und Zweck der Absprache grundsätzlich unerheblich.334 Das muss auch für konzerninterne Absprachen gelten.335 Letztlich bewegt sich die Berücksichtigung unzulässiger Drittwirkung in gefährlicher Nähe zu einem Zirkelschluss, weil unterstellt wird, was erst zu beweisen wäre: dass die Muttergesellschaft und ihre abhängige Tochtergesellschaft zwei unabhängige Entscheidungsträger sind.336 Da es sich bei den konzernverbundenen Unternehmen gerade nicht um unabhängige Zentren der Entscheidungsfindung handelt, fehlt es an der kartellspezifischen Gefahr der Verhaltenskoordination unabhängiger Unternehmen und damit an der Legitimationsbasis für ein Eingreifen des Kartellverbots. dd) Ergebnis Dass die konzerninterne Marktaufteilung Auswirkungen außerhalb des Konzerns haben kann, die die Wettbewerbsposition Dritter zu beeinträchtigen geeignet sind, kann daher nicht zur Anwendung des Kartellverbots führen.337 Ebenso wenig kommt es auf das Vorliegen einer internen Aufgabenverteilung an.338 Es 331

Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 51. Fleischer AG 1997, 491, 494. 333 Fleischer AG 1997, 491, 496. 334 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 79; Heitzer S. 178; vgl. auch Bunte in: Langen/Bunte, Art. 81 Generelle Prinzipien Rn. 98 ff. Das Gleiche gilt seit der Neufassung durch die 6. GWB-Novelle auch für § 1 GWB, vgl. Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn 160 ff., insbesondere Rn. 161. 335 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 200; Heitzer S. 178 f.; Pohlmann EWiR 1996, 307, 308. 336 Fleischer AG 1997, 491, 497. 337 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5496 Rn. 17 „Viho/Kommission“; EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 36 Rn. 54 „Viho/Kommission“; Assant ECLR 1990, 65, 77; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 Rn. 146; Buntscheck S. 123; Fleischer AG 1997, 491, 496 f.; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5476 f. Rn. 65 ff.; Müller-Graff in: Hailbronner/ Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; Pohlmann S. 408; dies. EWiR 1996, 307, 308; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 209; Schroeder WuW 1988, 274, 278; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 6; Schroeder in: Grabitz/ Hilf, Art. 81 Rn. 411; Zäch S. 10. 332

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handelt sich hierbei nicht um ein geeignetes Abgrenzungskriterium. Entscheidend ist nicht der Markteinfluss, den Absprachen zwischen Konzernmitgliedern haben oder haben können, sondern der Umstand, dass es zwischen ihnen keinen beschränkbaren Wettbewerb gibt.339 Dazu steht das Kriterium der internen Aufgabenverteilung aber in keinerlei Verhältnis. Wenn es innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit an beschränkbarem Wettbewerb fehlt, entsteht dieser nicht dadurch, dass das Verhalten innerhalb der wirtschaftlichen Einheit Auswirkungen auf Dritte hat. Bei den befürchteten Wirkungen auf Dritte geht es in Wirklichkeit um ein anderes Problem, nämlich darum, das Verhalten des Konzerns als wirtschaftlicher Einheit zu kontrollieren.340 Richtigerweise können solche konzernexternen Drittwirkungen aber nur über Art. 82 EGV bzw. §§ 19 f. GWB bzw. section 2 Sherman Act erfasst werden, wenn deren Tatbestandsmerkmale erfüllte sind.341 ee) Der Effet-utile-Gedanke Da eine interne Aufgabenverteilung nicht erforderlich ist, obwohl dadurch die Isolierung nationaler Märkte in der Gemeinschaft ermöglicht wird,342 lassen sich auf europarechtlicher Ebene Bedenken gegen ein Konzernprivileg wegen der möglichen nachteiligen Folgen für die Ziele und die Integration des Gemeinsamen Marktes erheben. Beispielsweise sind innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit Exportverbote möglich, wie sie nicht mit außenstehenden Händlern getroffen werden könnten. Zusätzlich droht dadurch eine strengere wettbewerbliche Kontrolle kleiner und mittlerer Unternehmen, für die eine Organisation mit integrierten Vertriebsgesellschaften nicht in Betracht kommt

338 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 199 („überflüssig und falsch“); Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 39 („überflüssig und falsch“); Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 213; auch Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EGWbR, Art. 85 I Rn. 58 a. E. bezeichnet dieses Merkmal als „entbehrlich“; deutlicher jetzt ders. in: Dauses, H I Rn. 69 „Merkmal machte . . . von vornherein keinen Sinn“. In diese Richtung auch Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73 („Notwendigkeit dieses zusätzlichen Erfordernisses ist zweifelhaft.“) 339 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 201; ähnlich Pohlmann EWiR 1996, 307, 308. Siehe auch Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 51: „The critical question is not what is the effect of the restraint, but whether defendants are in fact separate entities.“ 340 Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 202; zustimmend Heitzer S. 179. 341 EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457, 5496 Rn. 17 „Viho/Kommission“; Assant ECLR 1990, 65, 68; Faull/Nikpay Rn. 2. 35 Fn. 44; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 202; Heitzer S. 179; Müller-Graff in: Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Art. 85 Rn. 73; van Oven S. 105, 116; van Rijn S. 123, 131; Ritter/Braun/Rawlinson S. 34; Schroeder WuW 1988, 274, 278; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 6; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 411. 342 EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 35 f. Rn. 52 „Viho/Kommission“; Goyder S. 65; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5476 f. Rn. 66.

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und die daher auf Vereinbarungen mit unabhängigen Vertriebshändlern angewiesen sind.343 Wenn konzerninterne Gebietsabsprachen eine Abschottung nationaler Märkte ermöglichen, wie der Sachverhalt344 der Viho-Entscheidung belegt, so steht ihre Zulässigkeit in Widerspruch zu den Bestimmungen des EGV, die allesamt auf die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes ausgerichtet sind. In diesem Gesamtkonzept kommt dem Wettbewerbsrecht von jeher eine wichtige Flankenschutzfunktion zu.345 Es soll verhindern, dass private Wettbewerbsbeschränkungen an die Stelle der vom EGV abgeschafften staatlichen Handelsbarrieren treten. Dabei kann seit der Entscheidung Consten u. Grundig/Kommission346 als gesichert gelten, dass die Abriegelung nationaler Märkte durch ein vertragliches Verbot von Paralleleinfuhren gegen Art. 81 I EGV verstößt.347 Vor diesem Hintergrund mag die Nichtberücksichtigung der Auswirkungen konzerninterner Vereinbarungen zunächst als befremdlich und als Rückschritt hinter den bisherigen Standard effektiver Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts erscheinen.348 Indes ist der Effet-utile-Gedanke zwar geeignet, die in Einzelvorschriften angelegten Integrationskräfte zu mobilisieren und vermittels teleologischer Interpretation zur vollen Entfaltung zu bringen, er findet seine Grenzen aber in den Grundeinstellungen der Artt. 81 f. EGV.349 Dazu gehört, dass die wettbewerbsrechtlichen Verbotstatbestände an genau umrissene Verhaltensweisen anknüpfen und nicht an wettbewerbsinkonforme Ergebnisse. Lassen sich Letztere mit wettbewerbskonformen Mitteln erzielen, so sind sie auch auf europarechtlicher Ebene hinzunehmen, selbst wenn sie den Zielen des Vertrags widersprechen. Art. 81 I EGV verbietet nicht jede Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, sondern nur solche, die zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs führen.350 Das Tatbestandsmerkmal des zwischenstaatlichen Handels bestimmt lediglich den räumlichen Anwendungs-

343

Vgl. Lenz Slg. 1996, I-5459, 5476 Rn. 63. Zum Sachverhalt siehe oben III. 4. d) dd). 345 Bellamy/Child Rn. 1-075 ff.; Fleischer AG 1997, 491, 494; Mestmäcker S. 34 f. 346 EuGH v. 13.07.1966, Slg. 1966, 321. 347 Fleischer AG 1997, 491, 494; Korah S. 229 ff.; Schollmeier/Krimphove in: Bleckmann, Rn. 1890. 348 So etwa Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 110, der die Aufgabe des Erfordernisses einer internen Aufgabenverteilung bedauert und meint, hier wäre entgegen bisheriger Interpretationsmethode nicht der Anwendungsbereich einer Vertragsvorschrift anhand der allgemeinen Vertragsziele bestimmt, sondern umgekehrt deren Tragweite durch eine restriktive Auslegung der Vertragsvorschrift eingeschränkt worden. Auch Micklitz EWiR 1997, 219, 220 spricht davon, dass der EuGH ohne Not die Möglichkeit zu Parallelimporten opfern würde. Ähnlich bereits Mestmäcker S. 409, der bei einer Aufteilung der Märkte Art. 81 I EGV anwenden will. 349 Fleischer AG 1997, 491, 494. Ähnlich Buntscheck S. 123. 350 Götz/Rieger JuS 1968, 393, 398 f. Ähnlich Leo, Kartellrundschau, S. 11, 40 f., der darauf hinweist, dass negative Marktfolgen nur relevant sein können, wenn sie mit einer Beschränkung des Wettbewerbs kausal verknüpft sind. 344

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bereich der Vorschrift. Sind Konzernunternehmen als Einheit zu betrachten, so resultieren die Auswirkungen ihre Verhaltenskoordination auf die Stellung Dritter im Wettbewerb aus einseitigem Verhalten, das nicht dem Kartellverbot unterfällt.351 Soweit die Voraussetzungen des Kartellverbots nicht vorliegen, kann auch eine den Vertragszielen widersprechende Konzernpolitik nicht zur Anwendung des Art. 81 I EGV führen. Es besteht insoweit keine Handhabe, um eine etwaige Lücke der im Vertrag vorgesehenen Kontrolle zu schließen.352 Hier zeigen sich die Grenzen des Umgehungsgedankens. Da das Kartellverbot auf das kollektive Verhalten unabhängiger Marktteilnehmer ausgerichtet ist, stellt die konzerninterne Marktaufteilung keine unzulässige Marktaufteilung dar. Kartellrechtlich verboten ist eben nicht jegliche Wettbewerbsbeschränkung, also der Erfolg als solcher, sondern nur ein bestimmter Weg dorthin.353 Dies gilt auch, wenn man Art. 81 I EGV mit Artt. 2 und 3 lit. c und g EGV zusammen liest. c) Begrenzung über das äußere Erscheinungsbild: Auftreten als Wettbewerber? Ein anderer Ansatzpunkt, die Freistellung zu versagen, ist, das Auftreten von Konzernunternehmen als Wettbewerber. Dabei geht es nicht um die Schutzwürdigkeit konzerninternen Wettbewerbs, sondern um das Erscheinungsbild der Konzerngesellschaften nach außen. Der Ansatz stammt aus Kiefer-Stewart, wo der Supreme Court ausführte, Konzernunternehmen fielen insbesondere dann unter die Kontrolle der Kartellgesetze, wenn sie sich wie Wettbewerber verhielten („hold themselves out as competitors“).354 In der Folge wurde wiederholt argumentiert, das Kartellverbot des Sherman Acts sei jedenfalls dann anwendbar, wenn Konzerngesellschaften als Wettbewerber aufträten, also eine Fassade der Unabhängigkeit aufrechterhielten. 355 Auch in Europa wurde vertreten, Konzernunternehmen, die nach außen als selbständige Wettbewerber auftreten, 351

Lenz Slg. 1996, I-5459, 5477 Rn. 68. EuG v. 12.01. 1995, Slg. 1995, II-17, 36 Rn. 54 „Viho/Kommission“. 353 Lenz Slg. 1996, I-5459, 5476 f. Rn. 66; siehe auch BGH v. 15.04.1986, BGHZ 97, 317, 326 „EH-Partner-Vertrag“ zum Agenturvertrieb im Fachhandel. 354 Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 U.S. 211, 215 (1951). Siehe zu dieser Entscheidung bereits oben III. 5. b) bb). In diesem Fall verfolgte die Tochtergesellschaft eine eigenständige Preispolitik und trat als Wettbewerber für die Produkte der Muttergesellschaft auf. Siehe Ulmer WuW 1960, 163, 166. 355 Zum Beispiel General Bus. Sys. v. North Am. Philips Corp., 699 F.2d 965, 980 (9th Cir. 1983) („[J]ointly owned corporations that compete in the marketplace, hold themselves out to the public as competing organizations, and set policy independently are as capable of conspiring . . . as unrelated corporations.“); Havoco of Am., Ltd. v. Shell Oil Co., 626 F.2d 549, 554 (7th Cir. 1980) („It is . . . an acknowledged principle that a corporation may ,conspire‘ within the meaning of the Sherman Act with its subsidiaries, provided that the organizations are held out as distinct legal entities.“). 352

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könnten sich bei vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen nicht auf ihre unternehmerische Einheit berufen.356 Die Idee dahinter scheint zu sein, dass Gesellschaften, die als selbständig auftreten, auch so behandelt werden dürfen. Dafür wird vorgetragen, dass der Anschein, Wettbewerber zu sein, zu dem wettbewerbsbeschränkenden, kartellrechtlich sonst nur schwer zu fassenden Verhalten einer einzelnen Firma beitragen könne.357 Als Beispiel wird angeführt, ein Konzern könne rivalisierende Marken effektiver vertreiben, wenn nicht bekannt sei, dass die beteiligten Gesellschaften alle zu einem Unternehmen gehören.358 Allerdings zeigt dieses Beispiel bereits, dass es hier gar nicht entscheidend auf die rechtliche Untergliederung des Konzerns ankommt. Dasselbe ließe sich auch innerhalb eines Einheitsunternehmens durch die Verwendung verschiedener Vertriebsabteilungen erreichen.359 Es geht in dieser Situation also nicht um die Besonderheiten verbundener Unternehmen, sondern um die Vortäuschung von Wettbewerb, wo keiner besteht. In diesem Zusammenhang wird in den USA darauf hingewiesen, dass der eigentliche Vorwurf hier fraud360 oder estoppel361, also Betrug oder Verwirkung, sei. Derartige Vorwürfe sind aber nicht Gegenstand des Kartellrechts.362 Auch der Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens ist hier nicht angebracht, da diese im Vertragsrecht beheimatete Rechtsfigur sich nur schwer in wettbewerbsrechtliche Denkkategorien übersetzen 356 Mestmäcker S. 409. Den Anschein wirtschaftlicher Selbständigkeit betont bereits H. Scholz S. 32 f., der aber zu Recht auf die Abhängigkeit dieses Wettbewerbs vom Willen der Konzernspitze hinweist. 357 Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 38. Allerdings möchten Willis und Pitofsky die Anwendbarkeit des Kartellverbots auf Situationen beschränken, in denen die Konzernunternehmen ihre Zusammengehörigkeit verschleiern. Das Bestehen konzerninternen Wettbewerbs allein reicht auch ihnen nicht. Siehe Potrafke S. 49 Fn. 163. 358 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 795 (1984) (Stevens, J., dissenting); Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 38. A. A. Areeda Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 459 Fn. 23 („No court would find a conspiracy to be involved in the case of single corporation that markets rival brands of a product, promotes them separately, and conveys every impression that they compete.“); Posner/Easterbrook S. 729 f. („Kellogg may hold out Sugar Frosted Flakes and Special K as competing for the breakfast cereal dollar, but that does not make Kellogg’s internal structure a conspiracy in restraint of trade.“). 359 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1465a, S. 247 („[C]ustomer belief that two divisions of a corporation are competitors cannot impose upon the divisions the legal duty to refrain from price or other coordination. Separate incorporation differs only in the somewhat greater likelihood that such beliefs will occur.“). 360 Areeda, Antitrust Law VII, } 1465a, S. 247. 361 Allerdings setzt estoppel voraus, dass jemand im Vertrauen auf den Anschein seine Position nachteilig verändert hat. Entsprechendes lag in Kiefer-Stewart weder vor noch wurde es erwähnt. Siehe Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 53; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 37. 362 Areeda, Antitrust Law VII, } 1465a, S. 247 f.; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 468 Fn. 62.

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lässt.363 Sie begründet jedenfalls keine Rechtsposition für die Wettbewerber auf selbständiges Agieren der übrigen Marktteilnehmer. Eine Ausnahme ist lediglich im Falle von bid-rigging, also bei Vortäuschung von Wettbewerb im Rahmen einer Ausschreibung durch die Abgabe von betrügerischen oder Scheinangeboten, denkbar. Hierfür bestehen indes eigene Regeln, die nicht auf das Vorliegen eines Konzerns abstellen. Was die Vermarktung konkurrierender Marken im Konzern angeht, ließe sich fragen, inwieweit es sich hierbei um unzulässigen Verdrängungswettbewerb handelt. Auch insoweit kommt es aber nicht auf die rechtliche Untergliederung des Konzerns an. Dass Konzerngesellschaften als Wettbewerber agieren bedeutet schließlich nicht stets, dass sie Wettbewerber oder die Marktgegenseite über ihre Zugehörigkeit zum selben Unternehmen täuschen.364 Oft ist ihre Konzernverbundenheit durchaus allgemein oder doch zumindest innerhalb des betroffenen Marktes bekannt. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, schützt das Kartellrecht nicht den guten Glauben Dritter an das Vorliegen von Wettbewerb. Umgekehrt bleibt ein Kartell auch unzulässig, selbst wenn Wettbewerber und Marktgegenseite seine Mitglieder für konzernverbunden halten.365 Das unabhängige Auftreten einzelner Konzerngesellschaften im Geschäftsverkehr rechtfertigt schließlich keine Vertrauensdisposition der Marktteilnehmer auf den Fortbestand des konzerninternen Wettbewerbs.366 Das Holding-out-Kriterium bzw. das äußere Erscheinungsbild der Konzerngesellschaften ist daher insgesamt ungeeignet, da es die Besonderheiten des Konzerns mit dem Vortäuschen einer Wettbewerbssituation verwechselt.367 Daneben lässt sich kaum konkretisieren, was das Auftreten als Wettbewerber genau ausmacht.368 Reicht es, wenn mehrere Konzerngesellschaften dasselbe Produkt ver363

Fleischer AG 1997, 491, 501. Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 54. Handler und Smart weisen darauf hin, dass in Kiefer-Stewart kein Hinweis darauf vorlag, dass Wettbewerber oder Kunden des Konzerns sich der Konzernzugehörigkeit der Tochtergesellschaften nicht bewusst waren, oder die Muttergesellschaft versucht hat, diesen Umstand zu verbergen. Die Konzernverbundenheit der Beteiligten war vielmehr in der Branche offensichtlich wohl bekannt. 365 Areeda, Antitrust Law VII, } 1465a, S. 246 f. 366 Fleischer AG 1997, 491, 501. 367 Assant ECLR 1990, 65, 77. Siehe auch Blumberg/Strasser, The Law of Corporate Groups VI, § 14.03.4, S. 522, die das Problem der betrügerischen Verwendung von Tochtergesellschaften von der kartellrechtlichen Frage nach dem Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung trennen. 368 Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23 55. Siehe auch Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 37 („[T]he [Kiefer-Stewart] Court does not spell out how the plaintiff in that proceeding was misled into thinking that Calvert and Seagram were actual competitors; indeed, it is hard to conceive how a deceptive competitive posture could have been maintained with respect to an experienced distributor in the business.“). 364

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kaufen? Müssen sie dies auf demselben räumlichen Markt tun? Müssen sie verschiedene Marken vermarkten? Durch eigene Werbung? Was gilt, wenn Konzerngesellschaften zwar nicht beabsichtigen, als Wettbewerber aufzutreten, aber eigene Vertriebskanäle und eigene Werbung benutzen und daher als Wettbewerber wahrgenommen werden?369 Systematisch ist gegen die Lösung einzuwenden, dass sie nicht zu erklären vermag, warum die Fähigkeit, eine Wettbewerbsbeschränkung vorzunehmen, vom Vortäuschen einer Wettbewerbssituation abhängen soll.370 Die amerikanischen Gerichte scheinen diese Schwachpunkte anerkannt zu haben, denn seit Copperweld finden sich keine Entscheidungen mehr, die maßgeblich auf das äußere Erscheinungsbild abstellen. In die deutsche und europäische Rechtsprechung hat das Kriterium ohnehin nie Eingang gefunden. d) Reichweite der wirtschaftlichen Einheit aa) In zeitlicher Hinsicht Eine Nichtanwendung des Kartellverbots auf die Verhaltensweisen innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit kommt nur während die wirtschaftliche Einheit besteht in Betracht. Das Bestehen der wirtschaftlichen Einheit bildet daher nach vorne wie nach hinten eine zeitliche Grenze. Zunächst muss die wirtschaftliche Einheit in dem Moment bestehen, in dem die beteiligten Gesellschaften ihr Verhalten abstimmen.371 Ansonsten könnten die Beteiligten eine wettbewerbsbeschränkende Absprache durch einen späteren Zusammenschluss legitimieren. Die Probleme, die entstehen, wenn man auf einen abweichenden Zeitpunkt abstellt, zeigen sich in dem amerikanischen Fall International Travel Arrangers v. NWA Inc.372. Dort bestätigte der Achte Circuit Court eine Juryentscheidung, die besagte, dass zwei bis dahin unabhängige Gesellschaften bereits von dem Zeitpunkt an keine wettbewerbswidrigen Absprachen mehr vornehmen können, an dem sie sich grundsätzlich geeinigt haben (agreement in principle) zu fusionieren.373 Indes bleiben die Parteien bis die Fusion vollzogen ist unabhängig und sind gehalten, ihre eigenen, mögli369

Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 55. Handler/Smart Cardozo L. Rev. 3 (1981), 23, 53; Willis/Pitofsky N.Y.U. L. Rev. 43 (1968), 20, 37; McNamara San Diego L. Rev. 22 (1985), 1245, 1253. 371 Heitzer S. 240. Siehe auch G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 12; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 417. 372 991 F.2d 1389 (8th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 932 (1993). 373 International Travel Arrangers v. NWA Inc., 991 F.2d 1389, 1397 f. (8th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 932 (1993). Anders jetzt Lantec, Inc. v. Novell, Inc., 146 F. Supp. 2d 1140, 1150 (D. Utah 2001) („Because a jury could find [merging parties] maintained independent economic consciousness after they decided to merge but before the merger was complete it was not impossible for them to conspire within the meaning of the Sherman Act.“). 370

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cherweise gegenläufigen Interessen zu verfolgen. Bis zum Vollzug der Fusion bestehen keine strukturellen, sondern nur vertragliche Beziehungen zwischen beiden, was für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht ausreicht.374 Der in International Travel Arrangers als ausreichend erachtete Zeitpunkt würde zu beachtlicher Rechtsunsicherheit im Hinblick darauf, wann genau Gesellschaften hinreichend verbunden sind, führen.375 Daher ist daran festzuhalten, dass erst ab dem Zeitpunkt, wenn eine Kontrollmöglichkeit aufgrund struktureller Beziehungen besteht, die Nichtanwendung des Kartellverbots gerechtfertigt ist. Aber nicht nur die Gründung einer wirtschaftlichen Einheit bildet eine zeitliche Grenze. Kommt es zur Auflösung des Konzernverbundes oder fällt der Verbund hinter die Anforderungen einer wirtschaftlichen Einheit zurück, so endet auch die kartellrechtliche Privilegierung. Danach erfolgende Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den Beteiligten fallen ebenso wie bestehende Wettbewerbsbeschränkungen, die aufgrund der bestehenden wirtschaftlichen Einheit bisher nicht zu beanstanden waren, von diesem Zeitpunkt an ohne Einschränkungen unter das Kartellverbot.376 Das Kartellverbot ist aber bereits auf im Hinblick auf die bevorstehende Auflösung vereinbarte Wettbewerbsbeschränkungen anwendbar.377 Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn die Konzernleitung im Hinblick auf den bevorstehenden Verkauf einer Konzerntochter mit dieser zuvor eine Marktaufteilung vereinbart.378 Hier wird nicht der nicht geschützte konzerninterne Wettbewerb beschränkt, sondern der künftige Wettbewerb zwischen konzernunabhängigen Unternehmen. Andernfalls könnte man das Kartellverbot leicht umgehen, indem man zu Zeiten einer Konzernbindung Kartellverträge schlösse und dann die 374 Siehe oben III. 7. a) dd) (2); sowie Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 362 („Copperweld’s . . . rule . . . probably should not apply until ownership is final.“). Ebenso für die Abhängigkeit des § 17 AktG Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II 3 b mit weiteren Nachweisen. 375 Calkins Antitrust L.J. 63 (1995), 345, 362. Kritisch zu der Entscheidung auch Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, Supp., } 1464’e, S. 651. 376 Bezüglich der zeitlichen Wirkung einer Privilegierung unstreitig, vgl. Kommission v. 22.12.1987, ABl. 1988 Nr. L 45 v. 18.02.1988, S. 34, 38 Rn. 25 „ARG/Unipart“ (Vereinbarung zwischen zwei ehemals derselben Unternehmensgruppe angehörigen Unternehmen); Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 48; Fleischer AG 1997, 491, 497; Grandpierre S. 169; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 249; Korah S. 38; Lenz Slg. 1996, I-5459, 54718 f. Rn. 69; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 219; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 12, 16; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 417; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 169; Whish S. 74. 377 OLG Düsseldorf v. 06.11.1981, WuW/E 2631 „Heilwasser“; Kommission ABl. 1986 Nr. C 319 v. 12.12.1986, S. 3 „ARG/Unipart“; Huber/Baums in: FK, § 1 Rn. 249; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 219; Schroeder WuW 1988, 274, 280; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker3, § 1 Rn. 156. 378 So erfolgte etwa die Wettbewerbsbeschränkung im Heilwasser-Fall des OLG Düsseldorf im Hinblick auf die bevorstehende Aufteilung des Konzerns.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

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Bindung durch Aufgabe der Mehrheitsbeteiligung auflöste.379 Das Kartellverbot ist indes nur anwendbar, wenn und soweit die Wettbewerbsbeschränkung ausschließlich im Hinblick auf die geplante Auflösung vereinbart wurde. Ansonsten bleiben Vereinbarungen bis zur Auflösung der wirtschaftlichen Einheit grundsätzlich wirksam und fallen erst ab diesem Zeitpunkt unter das Kartellverbot.380 Die Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots endet somit jedenfalls mit der Auflösung der wirtschaftlichen Einheit. bb) Hinsichtlich der erfassten Unternehmen Liegt eine wirtschaftliche Einheit vor, so ist das Kartellverbot auf die Koordinierung zwischen allen der wirtschaftlichen Einheit angehörenden Unternehmen nicht anwendbar, d. h. nicht nur im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, sondern auch im Verhältnis mehrerer Tochterunternehmen zueinander bzw. zwischen diesen und ihren Tochterunternehmen.381 Eine wirtschaftliche Einheit wird regelmäßig aus einer Muttergesellschaft und mehreren abhängigen Gesellschaften bestehen. Ein Grund, Abreden zwischen Letzteren prinzipiell anders zu behandeln, ist nicht ersichtlich.382 Maßgeblich ist wiederum, dass die Zahl der wettbewerblichen Entscheidungsträger nicht reduziert wird, weil die Geschäftspolitik in den Tochtergesellschaften an dem Gesamtinteresse der Unternehmensgruppe ausgerichtet ist.383 Die erläuterten Anforderungen an die Intensität der Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Konzernspitze müssen allerdings hinsichtlich aller kooperierenden Unternehmen gewahrt

379 OLG Düsseldorf v. 06.11.1981, WuW/E 2631 „Heilwasser“. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Feststellung des OLG Düsseldorf, wirtschaftliche Selbständigkeit sei für den Unternehmensbegriff des § 1 GWB nicht erforderlich. Die Entscheidung steht daher auch entgegen Potrafke S. 102 f. nicht im Widerspruch zur Entscheidung des OLG Frankfurt v. 22.04.1985, WuW/E OLG 3600 „Guy Laroche“, sondern behandelt schlicht einen anderen Aspekt, nämlich die bevorstehende Auflösung der wirtschaftlichen Einheit. Zur Entscheidung des OLG Frankfurt oben III. 3. a). 380 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 12; Schroeder in: Grabitz/ Hilf, Art. 81 Rn. 417. 381 Buntscheck S. 137; Fleischer AG 1997, 491, 499; Grill in: Lenz/Borchardt, Vorbem. Art. 81–86 Rn. 39; Pohlmann S. 417; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 218; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 10; ders. WuW 1988, 274, 280; ders. in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 415; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 169. Auch im amerikanischen Recht ist die Copperweld-Entscheidung auf Vereinbarungen zwischen Tochtergesellschaften und auf mehrstufige Konzerne erstreckt worden, siehe oben III. 5. d) aa) u. bb). A. A. aber Huber ZHR 131 (1968), 193, 216 f.; Potrafke S. 243 ff.; teilweise auch van Rijn S. 123, 132 die das Kartellverbot auf Absprachen zwischen Tochtergesellschaften anwenden wollen. 382 Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 111. 383 Fleischer AG 1997, 491, 499 f. Ähnlich Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 218 (Gedanke der fehlenden Autonomie trifft auch hier zu).

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sein. Auch die Errichtung einer Tochtergesellschaft ist innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit kartellrechtlich irrelevant.384 Unzweifelhaft nicht freigestellt sind dagegen Verhaltenskoordinationen mit nicht konzernzugehörigen Unternehmen oder unter deren Beteiligung und zwar auch dann, wenn die Konzernunternehmen aufgrund einer konzerninternen Weisung oder Absprache handeln.385 cc) Im Vergleich zur deutschen Konzerntypologie Für die Konzernarten des deutschen Rechts ergibt sich damit folgendes Bild.386 (1) Unterordnungskonzern Liegt ein Beherrschungs- oder Betriebsführungsvertrag vor, so bestehen ausreichende Kontroll- und Einflussmöglichkeiten, um eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen.387 Das Weisungsrecht lässt hier keinen Raum für die Annahme relevanter Autonomie der Tochtergesellschaften.388 Dies gilt sogar ohne strukturelle Beziehungen. Aber auch der faktische Konzern bildet im Regelfall eine wirtschaftliche Einheit, da die wirtschaftliche Einheit bereits bei der Beherrschungsmöglichkeit und damit an einem ähnlichen Punkt wie die Abhängigkeit gemäß § 17 AktG ansetzt.389 Bei Mehrheitsbesitz besteht eine widerlegliche Vermutung sowohl für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit als auch für das Vorliegen eines faktischen Konzerns (§ 18 I 3 i.V. m. § 17 II AktG). Soweit der faktische Konzern auf Mehrheitsbesitz beruht, besteht in ihm daher eine Vermutung zuguns384 Heitzer S. 178. Dagegen will Potrafke S. 255 die Errichtung einer Tochtergesellschaft als Entschluss der Muttergesellschaft werten, einen neuen Wettbewerber am Markt teilnehmen zu lassen. 385 Kommission v. 30.06.1970, ABl. 1970 Nr. L 147 v. 07.07.1970, S. 24, 25 Rn. 14 „Kodak“; Brinker in: Schwarze, Art. 81 Rn. 48; Bunte in: Langen/Bunte, Art. 85 Generelle Prinzipien Rn. 140; Fleischer AG 1997, 491, 497; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5477 f. Rn. 69; Roth/Ackermann in: FK, Art. 81 Grundfragen Rn. 218; Schröter in: Groeben/Schwarze, Art. 81 Rn. 110 a. E.; Whish S. 74. 386 Siehe dazu bereits die Ausführungen oben III. 3. f) dd) (3). 387 Siehe bereits oben III. 7. a) dd) (1) (d)–(e) u. (2) a. E.; Emmerich in: Dauses, H.I Rn. 70; Huber AWD des BB 1969, 429, 431 f.; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 8; ders. in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 413. Dagegen meint Schütz WuW 1998, 335, 337, dem EuGH würde ein Beherrschungsvertrag nicht genügen, wenn von ihm nicht oder „unzureichend“ Gebrauch gemacht wird. 388 Fleischer AG 1997, 491, 498. 389 Ähnlich Bechtold WuW 1977, 460, 469; Ebenroth AG 1990, 188, 190. Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 57 will zumindest qualifiziert faktische Konzerne unabhängig von ihrer Zulässigkeit freistellen. Kontrolle und Abhängigkeit sind allerdings nicht vollständig identisch. Zur Abhängigkeit i. S. d. § 17 AktG siehe Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 3 II.

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ten einer wirtschaftlichen Einheit. Zwar sollen, wenn das abhängige Unternehmen eine Aktiengesellschaft ist, die konzernrechtlichen Regelungen eine gewisse Unabhängigkeit des Vorstandes des abhängigen Unternehmens sichern, doch sind auch hier die faktischen Einflussmöglichkeiten beträchtlich.390 Letztlich lassen die aus der Mehrheitsbeteiligung resultierenden gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten ein dauerhaftes selbständiges Verhalten des abhängigen Unternehmens gegen den Willen des herrschenden Unternehmens auch im einfachen Beteiligungskonzern ausgeschlossen erscheinen.391 Das Gleiche gilt, soweit eine Kontrollmöglichkeit auch ohne Mehrheitsbesitz besteht. (2) Gleichordnungskonzern Im Gleichordnungskonzern392 gibt es kein herrschendes Unternehmen, das Kontrolle über die anderen Beteiligten ausüben kann. Die bisher entwickelten Überlegungen sind daher nur begrenzt auf den Gleichordnungskonzern übertragbar. Täte man es, so käme seine Freistellung mangels Kontrollmöglichkeit nicht in Betracht. Die Frage ist folglich, ob in Gleichordnungskonzernen dennoch ein Integrationsgrad erreicht werden kann, der es rechtfertigt, von einer neuen wirtschaftlichen Einheit und nicht bloß von einem konsolidierten Kartell zu sprechen.393 Bei der Weite der erfassten Konstellationen und den vielfältigen Varianten in der Ausgestaltung394 reicht jedenfalls der konzernrechtliche Tatbestand des Gleichordnungskonzerns (§ 18 II AktG) alleine für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht aus.395 Bereits aus konzernrechtlicher Sicht ist umstritten, wie eng der Zusammenschluss in einem Gleichordnungskonzern überhaupt ausgestaltet werden kann.396 Unabhängig davon, ob man die entsprechende Organisationsstruktur konzernrechtlich für erreichbar hält, sind m. E. aus kartellrechtlicher Sicht von den diskutierten Kriterien397 die nachfolgenden am besten geeignet um festzustellen, wann nicht mehr Partikularinteressen wahrgenommen werden, sondern eine neue wirtschaftliche Einheit vorliegt. 390

Huber AWD des BB 1969, 429, 432; sowie oben III. 7. a) dd) (1) (a). Huber AWD des BB 1969, 429, 432. Auch nach Emmerich in: Immenga/ Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 57 schließt das fehlende Weisungsrecht eine Freistellung faktischer Konzerne nicht aus. 392 Siehe dazu bereits ausführlich oben III. 3. f) dd) (c). 393 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 573. Skeptisch etwa Emmerich in: Dauses, H.I Rn. 71; einschränkend aber ders. in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 56: Gleichordnungskonzern ist der Reichweite des Art. 81 EGV lediglich nicht ipso iure entrückt. 394 Vgl. nur Jacob S. 17 ff. 395 Harms S. 193; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 537. 396 Siehe oben III. 3. f) dd) (c) (bb) u. (ee). 397 Siehe dazu oben III. 3. f) dd) (c) (bb). 391

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Zunächst ist mangels Kontrollmöglichkeit im Gleichordnungskonzern die tatsächliche Ausübung umfassender einheitlicher Leitung und ein einheitlicher Wirtschaftsplan der Beteiligten erforderlich.398 Diese Leitungsmacht muss dabei in ihrem Umfang jedenfalls über das konzernrechtlich erforderliche Minimum hinausgehen.399 Abgestellt wird etwa auf die Abhängigkeit der einzelnen Gesellschaft von einer kollektiven Entscheidung, z. B. in Gestalt eines mehrheitlich entscheidenden Leitungsgremiums,400 oder das Ausmaß der Durchsetzungsmöglichkeiten einheitlicher Leitungsmacht401. Entscheidend ist, dass die wesentlichen geschäftspolitischen Entscheidungen gemeinsam getroffen werden, während das Tagesgeschäft in der Obhut der beteiligten Unternehmen verbleiben kann.402 Ferner wird eine wirtschaftliche Einheit im Gleichordnungskonzern für erreichbar gehalten, wenn Personenidentität in den Leitungsorganen besteht und statt eines Vertrages unternehmensinterne Weisungen dasselbe Ergebnis erzielen können.403 Gleichlautende Entscheidungen personenidentischer Leitungsgremien ermöglichen eine kartellrechtlich irrelevante Verhaltenskoordination.404 Personelle Verflechtungen alleine machen jedoch die umfassende ausgeübte Leitung nicht obsolet, sondern sind nur ein Indiz für ihr Vorliegen. Alternativ sollte eine Risikogemeinschaft in Form einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft ausreichen.405 Ihr Vorliegen führt zu einer Übereinstimmung 398 Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 6 Rn. 7; dies. Bekanntmachung über Konzerntrations- und Kooperationsbestände nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1990 Nr. C 203 v. 14.08.1990, S. 10, 14 f. Rn. 41; dies., 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 30 und dazu Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 583–587; Bechtold WuW 1977, 460, 463; Benisch S. 303; Heermann ZHR 161 (1997), 665, 707; Kleinmann/Bechtold Einl. Rn. 106; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 578. 399 Die Kommission, 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 30 beispielsweise ist der Ansicht, die Leitung müsse die Finanzplanung, die Investitionen sowie die wesentlichen Bereiche der wirtschaftlichen Tätigkeiten aller beteiligten Unternehmen erfassen. 400 K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 578. 401 Heermann ZHR 161 (1997), 665, 707, der so konzentrative, kartellrechtlich unbedenkliche Zusammenschlüsse einerseits und kooperative Unternehmensverbindungen andererseits unterscheiden möchte. 402 Kommission, 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 31; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 584. 403 G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 10; Schroeder in: Grabitz/ Hilf, Art. 81 Rn. 415. 404 Siehe oben III. 3. f) dd) (c) (dd). 405 Benisch S. 303; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 578; dagegen aber Gromann S. 102 f.; zur Risikogemeinschaft aufgrund Gewinn- und Verlustgemeinschaft etwa Würdinger in: Großkommentar AktG, § 302 Anm. 2; Geßler in: Geßler/Hefermehl, § 302 Rn. 9. Die Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 6 Rn. 7 und ABl. 1990 Nr. C 203 v. 14.08.1990, S. 10, 14 f. Rn. 41 fordert einen Gewinn- und Verlustausgleich im Innenverhältnis und eine gesamtschuldnerische Haftung im Außenverhältnis. Im 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 30 heißt es, erforderlich sei ein System des Ausgleichs wirtschaftlicher und finanzieller Risiken, aus dem sich die Interessengleichheit der beteiligten Unternehmen ergibt.

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der Interessen der beteiligten Unternehmen im Rahmen des Gleichordnungskonzerns. Die Vergemeinschaftung des Risikos kann zugleich die Leitungsabhängigkeit der Einzelgesellschaften indizieren. Entsprechend der für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit grundsätzlich für erforderlich gehaltenen strukturellen Verbindung ist zusätzlich auch hier eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen den beteiligten Gesellschaften zu fordern.406 Ein Dauerelement, das mehr besagt, als dass es sich um einen organisationsrechtlichen Zustand und nicht um eine bloße Maßnahme handeln muss, ist demgegenüber nicht erforderlich.407 Wird Leitungsmacht umfassend und mit entsprechenden Folgepflichten ausgeübt oder ist das Risiko vergemeinschaftet, so fehlt den beteiligten Gesellschaften, ähnlich als wenn sie unter fremder Kontrolle stünden, die Autonomie zu eigenständigem Handeln. Ein hilfreicher Maßstab kann insofern sein, ob eine wirtschaftliche Fusion im Sinne des Art. 3 I lit. a FKVO vorliegt.408 Unter diesen Umständen ist eine Nichtanwendung des Kartellverbots vertretbar. Sie kommt aber auch für den Gleichordnungskonzern natürlich nur solange in Betracht, wie er die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit erfüllt.409 Geht man dagegen davon aus, dass im Gleichordnungskonzern schon gesellschaftsrechtlich kein solcher Integrationsgrad erreicht werden kann, dass die Konzernunternehmen den wesentlichen Teil ihrer Autonomie hinsichtlich ihres Marktverhaltens verlieren, so ist auch keine Privilegierung konzerninterner Koordination geboten.410 e) Absicherung des Ergebnisses und Folgen Das gewonnene Ergebnis wird durch verschiedene Überlegungen bestätigt. Es bietet zum einen dem Wettbewerb der Organisationsformen den notwendigen Raum und stellt die gebotene Neutralität des Kartellrechts gegenüber aus wett406 Vgl. BKartA 1969, 57 f. „Schienenfahrzeuge“; Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 6 Rn. 7; dies. ABl. 1990 Nr. C 203 v. 14.08.1990, S. 10, 14 f. Rn. 41; dies., 7. Wettbewerbsbericht, Rn. 30; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 585. Zu kapitalmäßigen Überkreuzverflechtungen etwa Lutter DB-Beilage 21/1973, S. 5. Dagegen hält Gromann S. 102 f. dieses Erfordernis für ungeeignet. 407 v. Bar BB 1980, 1185, 1188; Heermann ZHR 161 (1997), 665, 709; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 580; Wellkamp DB 1993, 2517, 2521. Kritisch zum Dauerelement auch Harms S. 192. 408 Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 66; G. Wiedemann/Schroeder, Hdb. KartellR, § 8 Rn. 10; Schroeder in: Grabitz/Hilf, Art. 81 Rn. 415. Wohl auch Kommission ABl. 1994 Nr. C 385 v. 31.12.1994, S. 5, 6 Rn. 7 und ABl. 1990 Nr. C 203 v. 14.08.1990, S. 10, 14 f. Rn. 41. 409 Ähnlich Heermann ZHR 161 (1997), 665, 709; K. Schmidt in: FS Rittner, S. 561, 578. 410 Vgl. Jacob S. 86. Siehe bereits oben III. 3. f) dd) (c) (ee).

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

bewerblicher Sicht vergleichbaren Strukturen sicher. Weiter ermöglicht es eine einheitliche Behandlung des Konzerns in weiten Bereichen des Wettbewerbsrechts und zwar sowohl zu seinem Vorteil als auch zu seinem Nachteil. Schließlich nimmt es die Reichweite des Kartellverbots nicht zu weit zurück und stellt Wettbewerber und Marktgegenseite einer wirtschaftlichen Einheit nicht schutzlos. aa) Organisationsstruktur des Unternehmens und wettbewerbliche Effizienz Einem Unternehmen stehen bei der Ausgestaltung seiner Absatzorganisation verschiedene Modelle zur Verfügung.411 Es kann zwischen Fremd- und Eigenvertrieb wählen und innerhalb der zweiten Möglichkeit wiederum zwischen dem Direktvertrieb über rechtlich selbständige Tochtergesellschaften oder über unselbständige Filialen oder Niederlassungen. Im letzten Fall ist die Anwendung des Kartellverbots ausgeschlossen: Innerhalb eines Rechtsträgers bietet sich keinerlei Ansatzpunkt für die tatbestandlich geforderte Mehrzahl von Marktteilnehmern.412 Im Rahmen dieser Organisationsform steht es einem auf verschiedenen Märkten operierenden Unternehmen folglich offen, eine Politik räumlicher Preisdifferenzierung zu betreiben. Die Abschöpfung der Produzentenrente findet ihre Grenze hier erst im kartellrechtlichen Missbrauchsverbot.413 Organisiert dasselbe Unternehmen seinen Absatz beispielsweise im Ausland durch vollständig abhängige Tochterunternehmen, so ist nicht ersichtlich, wieso ihm Gebietsaufteilungen hier versagt sein sollen. Die rechtliche Gliederung als Einzelunternehmen oder Unternehmensgruppe ist von der Handlungs- und Vertragsfreiheit gedeckt.414 Ob die Konzernierung aus gesamtgesellschaftlicher Sicht erstrebenswert ist oder nicht415, ihre Gründe liegen jedenfalls regelmäßig nicht in der Motivation oder Fähigkeit des neu entstandenen Konzerns, anschließend den Wettbewerb zu beschränken.416 Der Konzern befindet sich zwar 411 Vgl. Macharzina in: HWB der Betriebswirtschaft, Stichwort: „Multinationale Unternehmungen“, Sp. 2898, 2901 ff.; Pausenberger in: HWB der Organisation, Stichwort: „Internationale(n) Unternehmung, Organisation der“, Sp. 1052, 1062. 412 Zur Intracorporate-conspiracy-Doktrin in den USA siehe oben III. 5. a) cc). 413 Fleischer AG 1997, 491, 495. 414 Fleischer AG 1997, 491, 495. Pohlmann S. 412 sieht die Sachverhalte als kartellrechtlich gleichwertig an. 415 Zu Risiken bereits oben I. 1. Kritisch etwa Sommer Fordham L. Rev. 59 (1990), 227, 230 ff. u. 280 der die Haftungssegmentierung im Konzern für auf der Grundlage der Preistheorie nicht gerechtfertigt und für gesamtgesellschaftlich nachteilig hält und daher für ihre Abschaffung plädiert. 416 Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 237; ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453. Vgl. auch Ulmer WuW 1960, 163, 169; Penn U. Balt. L. Rev. 15 (1986), 366, 375.

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als Organisationsform im Wettbewerb mit anderen Organisationsformen, die Entscheidung für die Organisationsform Konzern statt für die des Einheitsunternehmens gefährdet aber den Wettbewerb nicht.417 Sie ist abgesehen von steuerlichen Randbedingungen rechtstatsächlich nur eine organisatorische Frage, jedenfalls dann, wenn Minderheitsbeteiligungen Dritter nicht bestehen oder bedeutungslos sind.418 Sie ist daher nicht nur zulässig, sondern für sich genommen auch kein Grund für eine verstärkte kartellrechtliche Kontrolle.419 Die Organisationsstruktur bildet einen wichtigen wettbewerblichen Aktionsparameter. Wettbewerb beinhaltet auch den Wettbewerb um die beste Organisationsform. Im Wirtschaftsgeschehen ist die An-, Um- und Ausgliederung von Betriebsteilen an der Tagesordnung. Sie zählt zu den Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen Unternehmensstrategie, mit der sich die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen schneller bewältigen lässt. Die Entscheidungen über die organisatorischen Strukturen obliegen der Unternehmensleitung,420 die die Anforderungen der Marktsituation am ehesten zu überschauen vermag. In ihrem Ermessen und ihrer Verantwortung sollten sie auch möglichst verbleiben, ohne dass die Unternehmensleitung sich dadurch kartellrechtlich erhöhter Haftung aussetzt.421 Solange eine bestimmte Organisationsstruktur nicht zwangsläufig den Wettbewerb gefährdet, sollte das Kartellrecht sich hier weitestgehend zurückzuhalten und nicht dort versuchen steuernd einzugreifen, wo unterschiedli417 Vgl. Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 (1984) („[T]here is nothing inherently anticompetitive about a corporation’s decision to create a subsidiary“); Goodwin Wash. L. Rev. 60 (1985), 757, 757; Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 379; Neri Seton Hall L. Rev. 15 (1985), 943, 964. A. A. Potrafke S. 232, der zumindest Beherrschungsvertrag und Eingliederung nicht als kartellrechtsneutral ansieht. 418 Schütz WuW 1998, 335, 336. Beispielsweise ging es bei der Ausgliederung der Mercedes-Benz AG aus der Daimler-Benz AG 1989 und der (Wieder-)Verschmelzung 1997 nahezu ausschließlich um die Führungskultur. Dazu Schütz, a. a. O. 419 Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 772 Fn. 19 (1984). 420 Vgl. BGH v. 15.04.1986, BGHZ 97, 317, 329 „EH-Partner-Vertrag“, wonach der Hersteller grundsätzlich nicht gehindert ist, sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen zu gestalten, wie er es für wirtschaftlich richtig und sinnvoll hält; Rittner WuW 1993, 592, 593. Siehe auch bereits BVerfG v. 07.08.1962, BVerfGE 14, 163, 282 „Feldmühle“: „Zu der unternehmerischen Freiheit der Konzernleitung gehört hiernach, dass sie den Aufbau des Konzerns bestimmen, ihm seine Organisation geben und damit das Feld seiner wirtschaftlichen Betätigung nach ihren Plänen ordnen kann.“ 421 Siehe Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752, 773 (1984) („[I]n view of the increasing complexity of corporate operations, a business enterprise should be free to structure itself in ways that serve efficiency of control, economy of operations, and other factors dictated by business judgment without increasing its exposure to antitrust liability.“); Fleischer AG 1997, 491, 495; Posner/Easterbrook S. 728 f.; Potrafke S. 47; Gregg Campbell L. Rev. 7 (1985), 369, 378; Huddleston Wash. L. Rev. 63 (1988), 957, 968; McChesney Sports Law J. 6 (1999), 125, 136.

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III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

che Organisationsformen aus wettbewerblicher Sicht neutral sind.422 Eine unterschiedliche Behandlung wirtschaftlich austauschbarer Gestaltungsalternativen lässt sich weder wettbewerbsrechtlich noch wettbewerbspolitisch begründen: Sie widerstreitet dem Gleichheitssatz und wirkt wettbewerbshemmend, weil sie die Herausbildung effizienter Organisationsstrukturen verhindert.423 Insoweit ist dem Wettbewerb hinsichtlich der Wahl der Form und des Rechtskleides des Unternehmens Raum zu geben. Inmitten einer komplexen Umwelt sollte ein Unternehmen frei darin sein, sich so zu strukturieren, wie es zur Optimierung wirtschaftlicher Funktionsabläufe erforderlich ist. Ein Gericht wird im Übrigen nur selten in der Lage sein, die Entscheidung des Unternehmens für eine bestimmte Organisationsform durch seine eigene Entscheidung angemessen ersetzen zu können und sollte entsprechend vorsichtig sein, dies zu versuchen. Die Freistellung von Verhaltenskoordination innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit vom Kartellverbot schafft den rechtlichen Rahmen für die Herausbildung effizienter Konzernstrukturen. Eine weitgehende Binnenkontrolle von Konzernen würde dagegen lediglich eine Fusionswelle hervorrufen.424 Eine „Flucht in den Konzern“ ist durch diese Lösung nicht zu befürchten, da dem Konzern, auch wenn er eine wirtschaftliche Einheit darstellt, keine über das Einheitsunternehmen hinausgehende Privilegierung zukommt, im Gegenteil. In den Schlussanträgen der Beguelin-Entscheidung heißt es, die Übertragung von Alleinvertriebsrechten von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft sei lediglich eine „interne Reorganisation“ des Mutterunternehmens,425 die kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei. Dem folgend lässt sich sagen, dass der Anwendungsbereich des Kartellverbots dort endet, wo konzerninterne Organisationsautonomie besteht.426

422 Vgl. Areeda, Antitrust Law VII, } 1464d, S. 238 („The differences in corporate form between the divisions of a single corporation and the subsidiaries of a single parent are, from the standpoint of antitrust policy, insignificant.“); ders. Harv. L. Rev. 97 (1983), 451, 453 f. (dto.). 423 Fleischer AG 1997, 491, 495; ähnlich Grandpierre S. 130; Huber AWD des BB 1969, 429, 431; Pohlmann S. 380, 412. Siehe auch van Oven S. 105, 109. Dies verkennt Potrafke S. 255, wenn er die wettbewerbliche Beurteilung durch die Entscheidung der Muttergesellschaft zugunsten einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft präjudiziert sieht. 424 Diese Befürchtung hegte man vor allem in den USA, als die Folgen der Intraenterprise-conspiracy-Doktrin noch nicht absehbar waren. Vgl. zu diesem Argument Huber AWD des BB 1969, 429, 431; Potrafke S. 171 f. 425 Dutheillet de Lamothe, Slg. 1971, 964, 967. 426 Fleischer AG 1997, 491, 495.

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

391

bb) Einheitliche Behandlung des Konzerns im Wettbewerbsrecht Die Anforderungen, die an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit für Zurechnungszwecke zu stellen sind, sind die gleichen, die zur Privilegierung konzerninterner Beziehungen führen.427 Damit ermöglicht das gefundene Ergebnis zum einen die gebotene gleichmäßige Behandlung des Konzerns: Wenn die konzerninternen Einflussmöglichkeiten bestimmte Voraussetzungen erfüllen, so ist er im Wettbewerbsrecht als Einheit anzusehen. Andererseits bildet die daraus resultierende Unternehmenseigenschaft des Konzerns, die die interne Zurechnung von Verhaltensweisen zwischen den Konzernunternehmen und zur Konzernspitze ermöglicht, zugleich auch ein gewisses Gegengewicht zu der weitgehenden Nichtanwendung des Kartellverbots auf konzerninterne Verhaltensweisen.428 Wenn zugunsten des Konzerns sein Innenverhältnis weitgehend wettbewerbsrechtlich immun ist, muss er es sich im Gegenzug gefallen lassen, auch im Außenverhältnis als Einheit behandelt zu werden, also als ein Unternehmen, innerhalb dessen eine Zurechnung möglich ist. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit wirkt also nicht nur in eine Richtung.429 Dabei geht es nicht darum, auf diese Weise im Ergebnis das interne Verhalten verbundener Unternehmen genauso zu erfassen und zu behandeln wie das Verhalten unverbundener Unternehmen.430 Insoweit besteht eine Ungleichbehandlung, deren sachlicher Grund aber gerade in der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns liegt. Es geht vielmehr darum, dem Konzern nicht nur die Vorteile der wirtschaftlichen Einheit zuzugestehen, sondern die wirtschaftliche Einheit auch zu berücksichtigen soweit sie sich für den Konzern nachteilig auswirken kann. Wenn zwischen unverbundenen Unternehmen als wettbewerbswidrig anzusehende Verhaltensabstimmungen innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit nicht erfasst werden, so muss dafür ihre Berücksichtigung im Rahmen der Zurechnung möglich sein, wenn sie sich im Außenverhältnis bei einem sonstigen Wettbewerbsverstoß des Konzerns veranlassend oder unterstützend auswirken, aber nicht durch das im Außenverhältnis handelnde Konzernunternehmen vorgenommen wurden. Die 427 EuGH v. 14.07.1972, Slg. 1972, 787, 838 Rn. 44 „Geigy/Kommission“; van Bael/Bellis S. 32; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Art. 85 I Rn. 61; Faull/Nikpay Rn. 2.35; Gleiss/Hirsch Art. 85 Rn. 195, Heitzer S. 177; Roth/Ackermann Art. 81 Grundfragen Rn. 214; Rütsch S. 65. Siehe bereits oben II. 3. c) ff) (8). 428 Dazu Lipowsky S. 199 ff., insbesondere S. 207, 216, sowie 224. In diese Richtung auch schon Harms in: FS Hartmann, S. 165, 169 u. 172. Siehe auch Lev J. Transnat’l L. & Pol’y 2 (1993), 199, 204. Lev weist darauf hin, dass vom Standpunkt des anwendbaren Rechts aus die (extraterritoriale) Zurechnung den Kreis der vom jeweiligen Wettbewerbsrecht erfassten Rechtsträger erweitern kann, während die Nichtanwendung des Kartellverbots im Konzerninnenbereich den Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts beschränkt, a. a. O., S. 205. 429 Darauf weist Mischo Slg. 2000, I-9928, 9933 Rn. 26 ausdrücklich hin. Whish S. 74 spricht anschaulich von einer „double-edged Weapon“. 430 Insofern ist der Kritik von Pohlmann S. 372 an Lipowsky zuzustimmen.

392

III. Kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordination

Funktionsaufspaltung auf mehrere Rechtsträger darf im Außenverhältnis dort nicht zu einer sachlich unbegründeten Ungleichbehandlung gegenüber dem Einheitsunternehmen führen, wo der Konzern umgekehrt bei der Freistellung konzerninterner Koordination mit dem Einheitsunternehmen gleichbehandelt wird.431 cc) Wettbewerbsrechtliche Kontrolle der wirtschaftlichen Einheit Das Ergebnis hält auch einer folgenorientierten Ergebniskontrolle stand. Die kartellrechtliche Privilegierung der wirtschaftlichen Einheit stellt weder Wettbewerber noch Verbraucher schutzlos. Sie akzeptiert lediglich, dass es unangemessen ist, einen Konzern, soweit er eine Einheit darstellt, einer Verbotsnorm zu unterwerfen, die sich an eine Mehrzahl von Handelnden richtet. Das Kartellverbot ist jedoch nur in den aufgezeigten sachlichen und zeitlichen Grenzen nicht anwendbar. Zusätzlich bieten Art. 82 EGV bzw. §§ 19 f. GWB einen Mindestschutz für Dritte gegen missbräuchliches Verhalten marktmächtiger Konzerne.432 Zu denken ist hier insbesondere an das zugunsten der Wettbewerber mobilisierbare Diskriminierungsverbot, wie es in Art. 82 lit. c EGV bzw. § 20 GWB seine Ausprägung gefunden hat.433 Für den Verbraucher bietet beispielsweise Art. 82 lit. a EGV bzw. § 19 IV Nr. 2 GWB Abhilfemöglichkeiten bei künstlich überhöhten Preisen.434 Auch insoweit wird die wirtschaftliche Einheit parallel zum Einheitsunternehmen behandelt. Ein Eingriff setzt daher Marktmacht voraus. Um diese Gleichbehandlung zu ermöglichen, ist die erörterte Möglichkeit der Zurechnung von Marktanteilen, Umsätzen und Verhaltensweisen innerhalb der wirtschaftlichen Einheit von Bedeutung. Schließlich unterliegt die Konzerngründung durch externes Wachstum der Zusammenschlusskontrolle. Auch im amerikanischen Kartellrecht stehen verschiedene Normen zur Verfügung, die eine angemessene Erfassung der wirtschaftlichen Einheit auch ohne Annahme konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen ermöglichen.435 Eine systemwidrige Lücke in der Anwendung des Wettbewerbsrechts entsteht daher durch die hier vertretene Auffassung nicht.436 Was im Rahmen dieser MöglichPohlmann S. 372, 412; ähnlich Mailänder in: GK3, Art. 86 EWG Rn. 45 a. E. EuGH v. 11.04.1989, Slg. 1989, I-803, 848 Rn. 35 „Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“; v. 04.05. 1988, Slg. 1988, 2479, 2513 Rn. 21 „Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“; Lenz Slg. 1996, I-5459, 5478 Rn. 70. Auf Art. 82 EGV als Grenze der Ausübung von Konzernmacht weist auch Mulert S. 102 hin. Siehe dazu bereits oben III. 7. b) dd). 433 Hierzu fehlte es in der Entscheidung EuGH v. 24.10.1996, Slg. 1996, I-5457 „Viho/Kommission“ an einem ausreichend substantiierten Sachvortrag. 434 Zu einer derartigen Fallkonstellation etwa EuGH v. 14.02.1978, Slg. 1978, 207 „United Brands/Kommission“. 435 Siehe dazu und zur Frage einer Lücke im Wettbewerbsschutz oben III. 5. c) bb) (6). 431 432

7. Voraussetzungen der kartellrechtlichen Privilegierung

393

keiten nicht erfasst werden kann, sollte man auch nicht durch eine Überdehnung des Kartellverbots zu erfassen versuchen.437

436 437

Vgl. Lenz Slg. 1996, I-5459, 5478 Rn. 70. Vgl. EuG v. 12.01.1995, Slg. 1995, II-17, 36 Rn. 54 „Viho/Kommission“.

IV. Ergebnis und Thesen 1. Resümee Konzerne sind in den modernen Wirtschaftsordnungen ein allgegenwärtiges Phänomen. Ihr Bestand als solcher ist dabei kein Anlass für das Eingreifen des Kartellverbots. Wenn ein Konzern aber einmal besteht, werden seine Gesellschaften auch intern kooperieren. Die Erwartung, Konzernunternehmen würden miteinander wie unabhängige Markteilnehmer umgehen, ist unrealistisch.1 Das Kartellrecht sieht sich daher in allen Rechtsordnungen mit der Frage konfrontiert, wie es diese Kooperation im Konzern – oft unzweifelhaft wettbewerbsbeschränkend, wenn sie zwischen selbständigen Unternehmen erfolgte – bewerten soll. Die im US-amerikanischen Recht zeitweise angewendete Intra-enterpriseconspiracy-Doktrin stellt den massivsten Versuch dar, die Konzerneinheit zu ignorieren und ist zugleich das extremste Beispiel für die Überbewertung der rechtlichen Selbständigkeit der Konzerngesellschaften. Dieser Versuch kann als gescheitert angesehen werden. Vielmehr ist die Kontrolle konzerninternen Verhaltens ab einem gewissen Integrationsgrad, der durch eine wirtschaftliche Einheit gekennzeichnet ist, letztlich wenig erfolgversprechend. Dem Konzern bieten sich hier regelmäßig vielfältige Ungehungsmöglichkeiten, die kartellrechtlich nicht angreifbar sind. So kann die Konzernspitze ihre Machtposition durch kartellrechtlich nicht fassbare gesellschaftsinterne Einflussnahme zur Geltung bringen oder etwa im Rahmen des Diskriminierungsverbots statt der Tochtergesellschaft bevorzugte Konditionen zu offerieren ihre Verluste übernehmen. Aber auch teleologisch ist eine Binnenkontrolle ab einem bestimmten Integrationsgrad nicht mehr gerechtfertigt. Das Kartellrecht ist am Schutz und Erhalt unabhängiger Entscheidungsträger interessiert. Solche bestehen nicht mehr, wenn eine wirtschaftliche Einheit vorliegt. Den Konzernunternehmen fehlt es dann an der kartellrechtlich notwendigen Handlungsfreiheit. Die konzerninterne Kooperation stellt hier keine Vereinigung wirtschaftlich selbständiger Entscheidungszentren mehr dar. Sie kann daher keinen bestehenden Wettbewerb mehr beschränken und fällt folglich nicht unter das Kartellverbot. Das Gleiche gilt in den USA, wo es den Gliedern einer wirtschaftlichen Einheit untereinander an 1 Vgl. Mestmäcker DB 1968, 835, 838: „Das Verhalten im Wettbewerb ist nur die Konsequenz aus der gesellschaftsrechtlich vollzogenen Integration.“ Siehe auch van Rijn S. 123.

1. Resümee

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der für section 1 Sherman Act erforderlichen Fähigkeit, wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zu treffen, fehlt. Innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit gibt es daher nach dortiger Dogmatik keine Mehrzahl von Beteiligten, sodass lediglich einseitiges Handeln vorliegt. Für die kartellrechtliche Kontrolle wirtschaftlicher Einheiten ergibt sich damit Folgendes. Da die wettbewerbliche Wirkung eines integrierten Konzerns als Einheit durch eine kartellrechtliche Binnenkontrolle letztlich nicht zu verhindern ist, kann die Konsequenz für das Wettbewerbsrecht nur lauten, den Konzern, soweit er eine wirtschaftliche Einheit bildet, als Ganzes wahrzunehmen. Liegt eine wirtschaftliche Einheit vor, ist das Kartellverbot gegen die konzerninterne Verhaltenskoordination nicht in Anschlag zu bringen. Weil der Anwendungsbereich des Kartellverbots dadurch partiell zurückgenommen wird, hat die Kontrolle der wirtschaftlichen Einheit in der Folge im Rahmen der Missbrauchskontrolle und insbesondere der Fusionskontrolle zu erfolgen.2 Dabei wirkt sich die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit auch im Rahmen der Missbrauchskontrolle aus und ermöglicht dort die interne Zurechnung von Marktmacht und Verhaltensweisen. Neben der Stärkung der Missbrauchskontrolle muss der Fusionskontrolle besonderes Augenmerk gelten. Wenn die Ausübung von Leitungsmacht innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit mit dem Kartellverbot nicht kontrollierbar ist, muss die Entstehung der Leitungsmacht verstärkt kontrolliert werden.

2 Ähnlich Grandpierre S. 131: „Will man die von Konzernen ausgehenden Wettbewerbsminderungen vermeiden, so bietet die kartellrechtliche Erfassung konzerninterner Marktregelungen keine geeignete Handhabe. Der wettbewerbspolitische Ansatzpunkt muss vielmehr bei der Konzernbildung und Fusion liegen.“

396

IV. Ergebnis und Thesen

2. Thesen 1. Ein eigener Konzernbegriff für das Wettbewerbsrecht ist weder erforderlich noch hilfreich. 2. Sowohl der Konzern als auch die Konzerngesellschaften können Unternehmen im Sinne des deutschen und des europäischen Wettbewerbsrechts sein. 3. Der Konzern kann neben den Konzerngesellschaften Unternehmen sein, die Unternehmenseigenschaft des einen Teils schließt die des anderen nicht aus. 4. Um Unternehmen zu sein, muss der Konzern eine wirtschaftliche Einheit darstellen. 5. Innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit ist eine weitgehende Zurechnung von Verhaltensweisen und Marktanteilen möglich. 6. Die kartellrechtliche Beurteilung konzerninterner Wettbewerbsbeschränkungen ist im deutschen und im europäischen Wettbewerbsrecht am Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung zu verankern. Eine Ausnahme ist lediglich für die rechtsverbindliche Weisung und ihre Befolgung zu machen. In diesem Fall fehlt es schon an einer kartellrechtlich relevanten Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung. Im US-amerikanischen Recht fehlt es an einer Mehrzahl von Beteiligten, die eine wettbewerbsbeschränkende Abrede vornehmen können. Es liegt lediglich einseitiges Verhalten vor. 7. Entscheidend ist dabei die fehlende Handlungsfreiheit der Konzernunternehmen. 8. Vom Fehlen der erforderlichen Entscheidungsautonomie ist bereits dann auszugehen, wenn die fragliche Gesellschaft aufgrund struktureller Verbindungen von einer anderen Gesellschaft kontrolliert wird. In diesem Fall liegt eine wirtschaftliche Einheit vor. 9. Für das Vorliegen einer entsprechenden Kontrollmöglichkeit, verstanden als Möglichkeit die Geschäftspolitik der kontrollierten Gesellschaft in strategischer Hinsicht zu leiten oder zu lenken, besteht im Falle einer Stimmrechts- und Kapitalmehrheit eine widerlegliche Vermutung. Im Falle einer Minderheitsbeteiligung spricht eine widerlegliche Vermutung gegen das Vorliegen von Kontrolle und damit einer wirtschaftlichen Einheit. 10. Beide Vermutungen können widerlegt werden, wenn die tatsächliche Kontrollsituation von der in der Vermutung unterstellten abweicht. Für das dafür nötige Gesamtbild sind verschiedene Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, beispielsweise die Anteilshöhe, Unternehmensverträge, die Einzelheiten des anwendbaren Gesellschaftsrechts, Stimmbindungsverträge, die Ausgestaltung der Satzung der kontrollierten Gesellschaft, die Interessen und die Zusammensetzung der Minderheitsgesellschafter, personelle

2. Thesen

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Verflechtungen und eine mögliche Produktabhängigkeit der kontrollierten Gesellschaft von der kontrollierenden. 11. Eine tatsächliche Ausübung der bestehenden Kontrollmöglichkeiten ist für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit dagegen nicht erforderlich. Besteht konzerninterner Wettbewerb, so ist dieser kartellrechtlich nicht geschützt. 12. Neben dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit sind keine weiteren Voraussetzungen an die Privilegierung zu stellen. Weder das Kriterium der Drittwirkung bzw. der internen Aufgabenverteilung noch das äußere Erscheinungsbild der Konzerngesellschaften sind geeignet, den Umfang der Freistellung sinnvoll zu begrenzen. Auf europarechtlicher Ebene widerspricht dies nicht dem Grundsatz der effektiven Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts. 13. Die Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots gilt erst ab dem Zeitpunkt, wenn und nur solange, wie die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit tatsächlich vorliegen. 14. Eine wirtschaftliche Einheit ist nicht auf das Verhältnis zwischen Mutterund Tochtergesellschaft beschränkt, sondern kann sich auch auf andere Gesellschaften der Gruppe erstrecken. Das gilt insbesondere für das Verhältnis mehrerer Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft zueinander. 15. Während dies zu einer weitgehenden Freistellung des Unterordnungskonzerns führt, bleibt der Gleichordnungskonzern problematisch. Erforderlich ist neben einer strukturellen Verbindung jedenfalls die tatsächliche Ausübung umfassender einheitlicher Leitung oder eine Risikogemeinschaft. Ob diese Anforderungen erreichbar sind, hängt von dem zugrundegelegten gesellschaftsrechtlichen Bild des Gleichordnungskonzerns ab. 16. Die vorgeschlagene Lösung versucht einen praktisch anwendbaren Ansatz mit der Vielzahl unterschiedlicher Konzernstrukturen der Rechtswirklichkeit zu versöhnen. Gleichzeitig gewährt sie die nötige Freiheit zur Herausbildung effizienter Konzernstrukturen. 17. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit für die Fragen der Unternehmenseigenschaft, der Zurechung und der Beurteilung konzerninterner Verhaltenskoordinationen ermöglicht eine einheitliche Behandlung des Konzerns, die sich entsprechend der wettbewerblichen Wirkung der wirtschaftlichen Einheit am Einheitsunternehmen orientiert. Dabei wirken die Freistellung des internen Bereichs der wirtschaftlichen Einheit und ihre Berücksichtigung im Rahmen von Unternehmenseigenschaft und Zurechnung in entgegengesetzte Richtungen. 18. Ein ausreichender Schutz des Wettbewerbs gegenüber der Marktwirkung einer wirtschaftlichen Einheit ist durch die Missbrauchsaufsicht und die Fusionskontrolle möglich.

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WuW/E

ZIP

2000, 1670

ZIP

1976, 51

BGHZ 83, 122

BGH vom 25.02.1982 1982, 795

BGHZ 81, 282

BGH vom 06.05.1981

1982, 827

1981, 931

BGHZ 80, 69

BGH vom 16.02.1981

1981, 574

1980, 583

BGH vom 23.10.1979 1980, 253

1979, 1418 1979, 1978 1979, 796

BGH vom 08.05.1979

BGHZ 74, 359

1979, 1735 1979, 1833

1977, 739

BGH vom 05.02.1979

BGH vom 16.12.1976

1979, 2401

1979, 2245+ 1980, 231 BGH 1608

BGH 1474

1982, 554 1982, 1703 1982, 388

1982, 204 1982, 1221

Fortsetzung nächste Seite

1982, 568

1981, 563 1981, 1512 1981, 357 BGH 1841 1981, 399

1980, 283 1980, 1389 1980, 1205 BGH 1655

1980, 31

1980, 35

1977, 818

1976, 117 1976, 1941

BGH 1325

BGH 1469

BGHZ 67, 81

1974, 2236

1974, 319

BGH 1246

BGH vom 22.03.1976

1975, 38

1974, 855

1973, 94

BGH 1337

1974, 1413

1974, 563

1973, 240

BGH vom 29.01.1975

BGH vom 19.09.1974

1974, 572

BGH vom 04.03.1974

BGHZ 62, 193 1974, 220

1973, 11

BGH vom 06.11.1972

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 423

1991, 429 1991, 2173 1991, 2176

BGH vom 23.09.1991

BGHZ 115, 187

1990, 459 1990, 1436 1990, 1810

1989, 816

BGH vom 14.05.1990

1989, 243

1988, 2623

BGHZ 107, 7

1989, 95

BGH vom 20.02.1989

1989, 91

BGHZ 105, 324

BGH vom 24.10.1988

1988, 361

1988, 596

1988, 133

1987, 1628 1987, 307

BGHZ 103, 1

BGHZ 99, 1 1987, 158

BGH vom 30.09.1986

1986, 1387 1986, 2221 1986, 750

1985, 2341

1982, 1625 1982, 2395 1982, 691

BGH vom 14.12.1987

BGHZ 97, 317

BGH vom 15.04.1986

GRUR

1987, 1679 1987, 393

BGHZ 95, 330

BGH vom 16.09.1985

DB

1982, 1133 1982, 1667 1982, 520

BB

BGH vom 10.02.1987

BGHZ 84, 320

BGH vom 29.06.1982

1986, 15

BGHZ 83, 238

AG

BGH vom 23.03.1982

Entscheidung Amtliche Sammlung

NJW

WM

WuW/E

1986, 188 1985, 1263

BGH 1947 1985, 1263

ZIP

1989, 295 1988, 1819

1990, 1461 1991, 1148 1991, 3142 1991, 1837

1990, 989

1989, 612 1989, 1800 1989, 528

1989, 234

1988, 474 1988, 1326 1988, 258

1987, 819 1987, 3197

1987, 382 1987, 1639 BGH 2360

1991, 1354

1990, 859

1989, 440

1989, 29

1988, 229

1987, 399

1986, 823 1986, 2954 1986, 1227 BGH 2338 1986, 868

1986, 124

1982, 989 1982, 2775

1982, 643 1982, 1759 1982, 1103 BGH 1911

MDR

424 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

BGHZ 122, 123

BGH vom 29.03.1993

2002, 43

BGHZ 149, 10

BGHZ 150, 61

BGHZ 151, 181

BGH vom 17.09.2001

BGH vom 25.02.2003

BGH vom 24.06.2002

BGHZ 137, 297

BGH vom 11.12.1997

1993, 814 und 1103

1993, 825

1999, 421

2002, 1012

2001, 2233 2001, 2338

1999, 335

1997, 515 1997, 1705 1997, 1397

1999, 181

BGHZ 135, 374

BGH vom 20.05.1997

1992, 828

1997, 374 1997, 1548 1997, 1121

BGH vom 08.12.1998

BGHZ 135, 107

BGH vom 17.03.1997

BGH vom 14.01.1997

1993, 334

BGHZ 121, 137

BGH vom 19.01.1993

1993, 371

1992, 662

1992, 192

BGH vom 30.01.1992

1992, 571

1992, 199 1992, 354 1992, 1452 1992, 524

1992, 395

1992, 863 1992, 1827 1992, 589 BGH 2755 1992, 428

1999, 524

1998, 756

2002, 3024

2002, 1803

1997, 1193

1997, 887

DE-R 17 1997, 2215

BGH 3115

1993, 589

2002, 1578

2002, 848

2001, 1874

1999, 293 DE-R 243 1999, 331

1998, 147

2001, 1423 2001, 3622 2001, 2062

1998, 552

1997, 2242 1997, 1288

1997, 1855 1997, 967

1993, 427 1993, 1200 1993, 687

1993, 879 1993, 1082 1993, 587 1993, 1074 1993, 2114 1993, 867 BGH 2882 1993, 858

1992, 453

BGH vom 12.11.1991

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 425

BFHE 127, 56

DB

DB

MDR

MDR

GRUR

MDR

NJW

WM

WM

WM

WuW/E

WuW/E

WuW/E

OLG 2631

DB

NJW

1996, 1491

NJW

OLG Düsseldorf vom 06.11.1981

BB

GRUR

4. BFH

GRUR

5. Oberlandesgerichte

1979, 565 1979, 1163

BB

BB

OLG 981

AG

AG

1996, 222

AG

OLG Düsseldorf vom 18.03.1969

Entscheidung Amtliche Sammlung

BFH vom 16.02.1979

Entscheidung Amtliche Sammlung

BAG vom 01.08.1995

Entscheidung Amtliche Sammlung

3. BAG

ZIP

ZIP

1996, 333

ZIP

426 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

1991, 144

1989, 35

OLG Karlsruhe vom 07.12.1990

OLG Karlsruhe vom 21.11.1986

1987, 1151

1991, 86

1987, 533

1991, 101

1989, 1425

1990, 1333

Fortsetzung nächste Seite

OLG 3737

Kammergericht vom 26.02.1986

1987, 35

OLG 1828

1987, 1030

Kammergericht vom 21.02.1977

1986, 2658

OLG 3600

OLG 469

1987, 82

1990, 490 1990, 1394

Kammergericht vom 04.05.1962

OLG Hamm vom 03.11.1986

OLG Frankfurt vom 31.08.1989

OLG Frankfurt vom 22.04.1985

OLG Düsseldorf vom 07.06.1990

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 427

BB

1991, 30

LG Mainz vom 16.10.1990

LG Oldenburg vom 14.03.1991

1992, 238 1992, 1248 1992, 627

DB

LG Köln vom 03.02.1992

Entscheidung

AG

6. Landgerichte

GRUR

MDR

MDR

NJW

NJW

WM

1993, 644

WM

WuW/E

GRUR

WuW/E

OLG 2386

DB

OLG Stuttgart vom 10.10.1980

Amtliche Sammlung

BB

OLG 2352

1980, 272

AG

OLG Stuttgart vom 27.06.1980

OLG München vom 11.07.1979

OLG Köln vom 24.11.1992

Entscheidung Amtliche Sammlung

1992, 1632

ZIP

ZIP

428 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

LkartB BadenWürtt. vom 09.05.1980

Entscheidung

BKartA vom 23.02.1996

BKartA vom 27.08.1987

Entscheidung

Amtliche Sammlung

Amtliche Sammlung

AG

1996, 477

AG

BB

BB

GRUR

MDR

DB

GRUR

MDR

8. Landeskartellbehörden

DB

7. Bundeskartellamt

NJW

NJW

WM

WM

LKartB 211

WuW/E

BKartA 2273

WuW/E

ZIP

ZIP

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 429

Société nouvelle des usines de Pontlieue – Aciéries du Temple (SNUPAT) gegen Hohe Behörde

Klöckner-Werke AG Hoesch AG gegen Hohe Behörde

Mannesmann AG gegen Hohe Behörde

Consten GmbH und Grundig-Verkaufs-GmbH gegen Kommission

Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH gegen Metro-SB-Großmärkte GmbH & Co. KG

Béguelin Import Co. gegen S.A.G.L. Import Export

Imperial Chemical Industries Ltd. gegen Kommission

J. R. Geigy AG gegen Kommission

Sandoz AG gegen Kommission

EuGH vom 13.07.1962

EuGH vom 13.07.1962

EuGH vom 13.07.1966

EuGH vom 08.06.1971

EuGH vom 25.11.1971

EuGH vom 14.07.1972

EuGH vom 14.07.1972

EuGH vom 14.07.1972

Volltitel

EuGH vom 22.03.1961

Entscheidung

Zitiert

Slg. 1971, 487

Slg. 1966, 321

Slg. 1962, 717

Slg. 1962, 653

Slg. 1961, 109

Amtliche Sammlung/ Amtsblatt

„Sandoz/Kommission“

„Geigy/Kommission“

„ICI/Kommission“

Slg. 1972, 845

Slg. 1972, 787

Slg. 1972, 619

„Béguelin Import/G. L. Import Export“ Slg. 1971, 949

„Deutsche Grammophon/Metro“

„Consten u. Grundig/Kommission“

„Mannesmann/Hohe Behörde“

„Klöckner und Hoesch/Hohe Behörde“

„SNUPAT/Hohe Behörde“

1. EuGH

II. Europa

430 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Centrafarm B.V. und Adriaan De Peijper gegen Sterling Drug Inc.

Centrafarm B.V. und Adriaan De Peijper gegen Winthrop B.V.

Coöperatieve vereniging „Suiker Unie“ UA und andere „Suiker Unie und andere/Kommission“ gegen Kommission

United Brands Company und United Brands Continentaal BV gegen Kommission

BMW Belgium SA und andere gegen Kommission

Gerhard Züchner gegen Bayerische Vereinsbank AG

Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft AEG-Telefunken AG gegen Kommission

N.V. Nederlandsche Banden-Industrie Michelin gegen Kommission

Ford of Europe Incorporated und Ford-Werke Aktiengesellschaft gegen Kommission

Hydrotherm Gerätebau GmbH gegen Firma Compact del Dott. Ing. Mario Andreoli & C. sas

EuGH vom 31.10.1974

EuGH vom 31.10.1974

EuGH vom 16.12.1975

EuGH vom 14.02.1978

EuGH vom 12.07.1979

EuGH vom 14.07.1981

EuGH vom 25.10.1983

EuGH vom 09.11.1983

EuGH vom 28.02.1984

EuGH vom 12.07.1984

„Hydrotherm/Compact“

„Ford/Kommission“

„Michelin/Kommission“

„AEG/Kommission“

„Züchner/Bayerische Vereinsbank“

„BMW/Kommission“

„United Brands/Kommission“

„Centrafarm/Winthrop“

„Centrafarm/Sterling Drug“

„Commercial Solvents/Kommission“

Istituto Chemioterapico Italiano S.p.A. und Commercial Solvents gegen Kommission

EuGH vom 06.03.1974

„Europemballage und Continental Can/ Kommission“

Europemballage Corporation und Continental Can Company Inc. gegen Kommission

EuGH vom 21.02.1973

Fortsetzung nächste Seite

Slg. 1984, 2999

Slg. 1984, 1129

Slg. 1983, 3461

Slg. 1983, 3151

Slg. 1981, 2021

Slg. 1979, 2435

Slg. 1978, 207

Slg. 1975, 1663

Slg. 1974, 1183

Slg. 1974, 1147

Slg. 1974, 223

Slg. 1973, 215

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 431

Société alsacienne et lorraine de télécommunications et d’électronique (Alsatel) gegen SA Novasam

Ahmed Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro GmbH gegen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.

Sandoz prodotti farmaceutici SpA gegen Kommission

Klaus Höfner und Fritz Elser gegen Macrotron GmbH

SAT Fluggesellschaft mbH gegen Europäische Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol)

Gemeente Almelo u. a. gegen Energiebedrijf Ijsselmij NV

BPB Industries plc und British Gypsum Limited gegen „BPB Industries und British Gypsum/ Kommission Kommission“

Viho Europe BV gegen Kommission

Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Job Centre coop. arl

EuGH vom 05.10.1988

EuGH vom 11.04.1989

EuGH vom 11.01.1990

EuGH vom 23.04.1991

EuGH vom 19.01.1994

EuGH vom 27.04.1994

EuGH vom 06.04.1995

EuGH vom 24.10.1996

EuGH vom 11.12.1997

„Job Centre“

„Viho/Kommission“

„Almelo“

„SAT Fluggesellschaft“

„Höfner und Elser“

„Sandoz prodotti farmaceutici/ Kommission“

Ahmed Saeed Flugreisen u. a./Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs

„Alsatel/Novasam“

„Bodson/Pompes funèbres des régions libérées“

Corinne Bodson/SA Pompes funèbres des régions libérées

EuGH vom 04.05.1988

„Metro/Kommission“

Zitiert

Metro SB-Großmärkte GmbH & Co. KG gegen Kommission

Volltitel

EuGH vom 22.10.1988

Entscheidung

Slg. 1997, I-7119

Slg. 1996, I-5457

Slg. 1995, I-865

Slg. 1994, I-1477

Slg. 1994, I-43

Slg. 1991, I-1979

Slg. 1990, I-45

Slg. 1989, 803

Slg. 1988, 5987

Slg. 1988, 2479

Slg. 1986, 3021

Amtliche Sammlung/ Amtsblatt

432 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Metsä-Serla Oyj, früher Metsä-Serla Oy, u. a. gegen Kommission

EuGH vom 16.11.2000

Società Italiana Vetro SpA u. a. gegen Kommission

BPB Industries plc und British Gypsum Limited gegen „BPB Industries und British Gypsum/ Kommission Kommission“

EuG vom 10.03.1992

EuG vom 01.04.1993

„SIV u. a./Kommission“

„Shell/Kommission“

Shell International Chemical Company Ltd. gegen Kommission

EuG vom 10.03.1992

„Enichem Anic/Kommission“

Enichem SpA gegen Kommission

Zitiert

„Metsä-Serla u. a./Kommission“

„Stora Kopparsbergs Bergslags/Kommission“

„KNP BT/Kommission“

EuG vom 17.12.1991

Volltitel

Stora Kopparbergs Bergslags AB gegen Kommission

EuGH vom 16.11.2000

Entscheidung

NV Koninklijke KNP BT gegen Kommission

EuGH vom 16.11.2000

2. EuG

Compagnie maritime belge transports SA u. a. gegen Kommission

EuGH vom 16.03.2000

Slg. 1999, I-8643

Fortsetzung nächste Seite

Slg. 1993, II-389

Slg. 1992, II-1403

Slg. 1992, II-757

Slg. 1991, II-1623

Amtliche Sammlung/ Amtsblatt

Slg. 2000, I-10065

Slg. 2000, I-9925

Slg. 2000, I-9641

„Compagnie Maritime Belge Transports Slg. 2000, I-1365 u. a./Kommission“

G. C. Allen u. a. gegen Amalgamated Construction Co. „Allen u. a.“ Ltd

EuGH vom 02.12.1999

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 433

Herlitz AG gegen Kommission

Parker Pen Ltd gegen Kommission

Tetra Pak International SA gegen Kommission

Viho Europe BV gegen Kommission

Tréfileurope Sales SARL gegen Kommission

Baustahlgewebe GmbH gegen Kommission

Stichting Certificatie Kraanverhuurbedrijf (SCK) und Federatie Nederlandse Kraanverhuurbedrijven (FNK) gegen Kommission

Europa Carton AG gegen Kommission

Cascades SA gegen Kommission

NV Koninklijke KNP BT gegen Kommission

SCA Holding Ltd gegen Kommission

EuG vom 14.07.1994

EuG vom 06.10.1994

EuG vom 12.01.1995

EuG vom 06.04.1995

EuG vom 06.04.1995

EuG vom 22.10.1997

EuG vom 14.05.1998

EuG vom 14.05.1998

EuG vom 14.05.1998

EuG vom 14.05.1998

Volltitel

EuG vom 14.07.1994

Entscheidung

„SCA Holding/Kommission“

„KNP BT/Kommission“

„Cascades/Kommission“

„Europa Carton/Kommission“

„SCK und FNK/Kommission“

„Baustahlgewebe/Kommission“

„Tréfileurope/Kommission“

„Viho/Kommission“

„Tetra Pak/Kommission“

„Parker Pen/Kommission“

„Herlitz/Kommission“

Zitiert

Slg. 1998, II-1373

Slg. 1998, II-1007

Slg. 1998, II-925

Slg. 1998, II-869

Slg. 1997, II-1739

Slg. 1995, II-987

Slg. 1995, II-791

Slg. 1995, II-17

Slg. 1994, II-755

Slg. 1994, II-549

Slg. 1994, II-531

Amtliche Sammlung/ Amtsblatt

434 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Stora Kopparbergs Bergslags AB gegen Kommission

Limburgse Vinyl Maatschappij NV u. a. gegen Kommission

Micro Leader Business gegen Kommission

Minoan Lines SA gegen Kommission

EuG vom 14.05.1998

EuG vom 20.04.1999

EuG vom 16.11.1999

EuG vom 11.12.2003

Christiani & Nielsen

Farbstoffe

Kommission vom 18.06.1969

Kommission vom 24.07.1969

Volltitel

Mo och Domsjö AB gegen Kommission

EuG vom 14.05.1998

Entscheidung

Mayr-Melnhof Kartongesellschaft mbH gegen Kommission

EuG vom 14.05.1998

„Farbstoffe“

„Christiani & Nielsen“

Zitiert

„Minoan Lines/Kommission“

„Micro Leader/Kommission“

Slg. 1999, II-3989

Slg. 1999, II-931

Slg. 1998, II-2111

Slg. 1998, II-1989

Slg. 1998, II-1751

Slg. 1998, II-1727

Fortsetzung nächste Seite

ABl. 1969 Nr. L 195 vom 07.08.1969, S. 11

ABl. 1969 Nr. L 165 vom 05.07.1969, S. 12

Amtliche Sammlung/Amtsblatt

„Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./ Kommission“

„Stora Kopparbergs Bergslags/ Kommission“

„Mo och Domsjö/Kommission“

„Mayr-Melnhof/Kommission“

„Metsä-Serla u. a./Kommission“

3. Kommission

Metsä-Serla Oy u. a. gegen Kommission

EuG vom 14.05.1998

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 435

Kodak

Continental Can Company

Henkel/Colgate

Zoja/CSC-ICI

Chiquita

A.B.G. gegen in den Niederlanden tätige Mineralölgesellschaften

Hugin/Liptons

The Distillers Company Limited – Verkaufs- und Preisbindungen

BMW Belgium N.V. und belgische BMW-Vertragshändler

Kawasaki

Johnson & Johnson

Kommission vom 09.12.1971

Kommission vom 23.12.1971

Kommission vom 14.12.1972

Kommission vom 17.12.1975

Kommission vom 19.04.1977

Kommission vom 08.12.1977

Kommission vom 20.12.1977

Kommission vom 23.12.1977

Kommission vom 12.12.1978

Kommission vom 25.11.1980

Volltitel

Kommission vom 30.06.1970

Entscheidung

„Johnson & Johnson“

„Kawasaki“

„BMW Belgium“

„The Distillers Company“

„Hugin/Liptons“

„A.B.G.“

„Chiquita“

„Zoja/CSC-ICI“

„Henkel/Colgate“

„Continental Can“

„Kodak“

Zitiert

ABl. 1980 Nr. L 377 vom 31.12.1980, S. 16

ABl. 1979 Nr. L 16 vom 23.01.1979, S. 9

ABl. 1978 Nr. L 46 vom 17.02.1978, S. 33

ABl. 1978 Nr. L 50 vom 22.02.1978, S. 16

ABl. 1978 Nr. L 22 vom 27.10.1978, S. 23

ABl. 1977 Nr. L 117 vom 09.05.1977, S. 1

ABl. 1976 Nr. L 95 vom 09.04.1976, S. 1

ABl. 1972 Nr. L 299 vom 31.12.1972, S. 51

ABl. 1972 Nr. L 14 vom 18.01.1972, S. 14

ABl. 1972 Nr. L 7 vom 02.01.1972, S. 25

ABl. 1970 Nr. L 147 vom 07.07.1970, S. 24

Amtliche Sammlung/Amtsblatt

436 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Moët et Chandon (London) Ltd.

AEG-Telefunken

National Panasonic

Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Flachglassektor in den BeneluxLändern

Zinc Producer Group

Peroxyd-Produkte

John Deere

Polypropylen

Konica

ARG/Unipart

Eurofix-Bauco/Hilti

Kommission vom 27.11.1981

Kommission vom 06.01.1982

Kommission vom 07.12.1982

Kommission vom 23.07.1984

Kommission vom 06.08.1984

Kommission vom 23.11.1984

Kommission vom 14.12.1984

Kommission vom 23.04.1986

Kommission vom 18.12.1987

Kommission vom 22.12.1987

Kommission vom 22.12.1987

„Eurofix-Bauco/Hilti“

„ARG/Unipart“

„Konica“

„Polypropylen“

„John Deere“

„Peroxyd-Produkte“

Fortsetzung nächste Seite

ABl. 1988 Nr. L 65 vom 11.03.1988, S. 19

ABl. 1988 Nr. L 45 vom 18.02.1988, S. 34

ABl. 1988 Nr. L 78 vom 23.03.1988, S. 34

ABl. 1986 Nr. L 230 vom 18.08.1986, S. 1

ABl. 1985 Nr. L 35 vom 07.02.1985, S. 58

ABl. 1985 Nr. L 35 vom 07.02.1985, S. 1

ABl. 1984 Nr. L 220 vom 17.08.1984, S. 27

ABl. 1984 Nr. L 212 vom 08.08.1984, S. 13

„Flachglas Benelux“

„Zinc Producer Group“

ABl. 1982 Nr. L 354 vom 16.12.1982, S. 28

ABl. 1982 Nr. L 117 vom 30.04.1982, S. 15

ABl. 1982 Nr. L 94 vom 08.04.1982, S. 7

„National Panasonic“

„AEG-Telefunken“

„Moët et Chandon“

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 437

Charles Jourdan

Decca Navigator System

PVC

LDPE

Betonstahlmatten

Filmeinkauf deutscher Fernsehanstalten

Ijsselcentrale u. a.

Gosme/Martell – DMP

Magneti Marelli/CEAc

Tetra Pak II

ACCOR/Wagons-Lits

Kommission vom 21.12.1988

Kommission vom 21.12.1988

Kommission vom 21.12.1988

Kommission vom 02.08.1989

Kommission vom 15.09.1989

Kommission vom 16.01.1991

Kommission vom 15.05.1991

Kommission vom 29.05.1991

Kommission vom 24.07.1991

Kommission vom 28.04.1992

Volltitel

Kommission vom 02.12.1988

Entscheidung

„ACCOR/Wagons-Lits“

„Tetra Pak II“

„ Magneti Marelli/CEAc“

„Gosme/Martell – DMP“

„Ijsselcentrale u. a.“

„Filmeinkauf“

„Betonstahlmatten“

„LDPE“

„PVC“

„Decca Navigator System“

„Charles Jourdan“

Zitiert

ABl. 1992 Nr. L 204 vom 21.07.1992, S. 1

ABl. 1992 Nr. L 72 vom 18.03.1992, S. 1

ABl. 1991 Nr. L 222 vom 10.08.1991, S. 38

ABl. 1991 Nr. L 185 vom 11.07.1991, S. 24

ABl. 1991 Nr. L 28 vom 02.02.1991, S. 32

ABl. 1989 Nr. L 284 vom 03.10.1989, S. 36

ABl. 1989 Nr. L 260 vom 06.09.1989, S. 1

ABl. 1989 Nr. L 74 vom 17.03.1989, S. 21

ABl. 1989 Nr. L 74 vom 17.03.1989, S. 1

ABl. 1989 Nr. L 43 vom 15.02.1989, S. 27

ABl. 1989 Nr. L 35 vom 07.02.1989, S. 31

Amtliche Sammlung/Amtsblatt

438 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

VIHO/Parker Pen

Vertrieb der Pauschalarrangements anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1990

Zera/Montedision und Hinkens/ Stähler

Sea Containers gegen Stena Sealink

HOV-SVZ/MCN

Karton

PVC

Adalat

VW

Fernwärmetechnik-Kartell

Methionin

Kommission vom 15.07.1992

Kommission vom 27.10.1992

Kommission vom 22.06.1993

Kommission vom 21.12.1993

Kommission vom 29.03.1994

Kommission vom 13.07.1994

Kommission vom 27.07.1994

Kommission vom 10.01.1996

Kommission vom 28.01.1998

Kommission vom 21.10.1998

Kommission vom 02.08.2002

„Methionin“

„Fernwärmetechnik-Kartell“

„VW“

„Adalat“

„PVC“

„Karton“

„HOV-SVZ/MCN“

„Sea Containers/Stena Sealink“

„Zera/Montedison“

„Pauschalarrangements während der WM 1990“

„VIHO/Parker Pen“

ABl. 2003 Nr. L 255 vom 08.10.2003, S. 1

ABl. 1999 Nr. L 24 vom 30.01.1999, S. 1

ABl. 1998 Nr. L 124 vom 25.04.1998, S. 60

ABl. 1996 Nr. L 201 vom 09.08.1996, S. 1

ABl. 1994 Nr. L 239 vom 14.09.1994, S. 14

ABl. 1994 Nr. L 243 vom 19.09.1994, S. 1

ABl. 1994 Nr. L 104 vom 23.04.1994, S. 34

ABl. 1994 Nr. L 15 vom 18.01.1994, S. 8

ABl. 1993 Nr. L 272 vom 04.11.1993, S. 28

ABl. 1992 Nr. L 326 vom 12.11.1992, S. 31

ABl. 1992 Nr. L 233 vom 15.08.1992, S. 27

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen 439

440

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

III. USA 1. United States Supreme Court Albrecht v. Herald Co., 390 U.S. 145 (1968) American Column & Lumber Co. v. United States, 257 U.S. 377 (1921) American Tobacco Co. v. United States, 328 U.S. 781 (1946) Appalachian Coals, Inc. v. United States, 288 U.S. 344, 360 (1933) Arizona v. Rumsey, 467 U.S. 203 (1984) Business Electronics Corp. v. Sharp Electronics Corp., 485 U.S. 717 (1988) Continental Ore Co. v. Union Carbide & Carbon Corp., 370 U.S. 690 (1962) Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 467 U.S. 752 (1984) Eastman Kodak Co. v. Image Tech. Services, Inc., 504 U.S. 451 (1992) Fisher v. City of Berkley, 475 U.S. 260 (1986) FTC v. Sperry & Hutchinson Co., 405 U.S. 233 (1972) Illinois Brick Co. v. Illinois, 431 U.S. 720 (1977) Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 340 U.S. 211 (1951) Maple Flooring Manufacturers Ass’n v. United States, 268 U.S. 563 (1925) Monsanto Co. v. Spray-Rite Service Corp., 465 U.S. 752 (1984) National Collegiate Athletic Ass’n v. Board of Regents, 468 U.S. 85 (1984) Northern Securities Co. v. United States, 193 U.S. 197 (1904) Palmer v. BRG of Georgia, 498 U.S. 46 (1990) Perma Life Mufflers, Inc. v. International Parts Corp., 392 U.S. 134 (1968) Schine Chain Theatres, Inc. v. United States, 334 U.S. 110 (1948) Spectrum Sports, Inc. v. McQuillan, 506 U.S. 447 (1993) Standard Oil Co. of N.J. v. United States, 221 U.S. 1 (1911) Sunkist Growers Inc. v. Winckler & Smith Citrus Products Co., 370 U.S. 19 (1962) Tampa Elec. Co. v. Nashville Coal Co., 365 U.S. 320 (1961) Timken Roller Bearing Co. v. United States, 341 U.S. 593 (1951) United States v. Citizens & Southern National Bank, 422 U.S. 86 (1978) United States v. Colgate & Co., 250 U.S. 300 (1919) United States v. Columbia Steel Co., 334 U.S. 495 (1948) United States v. Container Corp., 393 U.S. 333 (1969) United States v. Crescent Amusement Co., 323 U.S. 173 (1944) United States v. Griffith, 334 U.S. 100 (1948)

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

441

United States v. Grinnell Corp., 384 U.S. 563 (1966) United States v. Parke, Davis & Co., 362 U.S. 29 (1960) United States v. Penn-Olin Chemical Co., 378 U.S. 158 (1964) United States v. Socony-Vacuum Oil Co., 310 U.S. 150 (1940) United States v. Topco, 405 U.S. 596 (1972) United States v. Yellow Cab Co., 332 U.S. 218 (1947) Woodford Realty Company v. Rose, 286 U.S. 319 (1932)

2. Federal Courts of Appeals Advanced Health-Care Services, Inc. v. Radford Community Hospital, 910 F.2d 139 (4th Cir. 1990), on remand, 846 F. Supp. 488 (W.D. Va. 1994) Alvord-Polk, Inc. v. F. Schumacher & Co., 37 F.3d 996 (3d Cir. 1994) Amarel v. Connell, 102 F.3d 1494 (9th Cir. 1997) Ball Memorial Hospital, Inc. v. Mutual Hospital Insurance, 784 F.2d 1325 (7th Cir. 1985) Bogosian v. Gulf Oil Corp., 561 F.2d 434 (3d Cir. 1977), cert. denied, 434 U.S. 1086 (1978) Caribe BMW, Inc. v. Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft, 19 F.3d 745 (1st Cir. 1994) Century Oil Tool, Inc. v. Production Specialties, Inc., 737 F.2d 1316 (5th Cir. 1984) Chicago Professional Sports Ltd. Partnership v. National Basketball Ass’n, 95 F.3d 593 (7th Cir. 1996) City of Mt. Pleasant, Iowa v. Associated Electric Co-op., 838 F.2d 268 (8th Cir. 1988) Columbia Metal Culvert Co. v. Kaiser Aluminum & Chemical Corp., 579 F.2d 20 (3d Cir. 1978), cert. denied, 439 U.S. 876 (1978) Computer Identics Corp. v. Southern Pac. Co., 756 F.2d 200 (1st Cir. 1985) Copperweld Corp. v. Independence Tube Corp., 691 F.2d 310 (7th Cir. 1982), rev’d, 467 U.S. 752 (1984) Directory Sales Management Corp. v. Ohio Bell Telephone Co., 833 F.2d 606 (6th Cir. 1987) Eichorn v. AT & T Corp., 248 F.3d 131 (3d Cir. 2001) Eleven Line, Inc. v. North Texas State Soccer Ass’n, 213 F.3d 198 (5th Cir. 2000) Fishman v. Estate of Wirtz, 807 F.2d 520 (7th Cir. 1987) Fraser v. Major League Soccer, L.L.C., 284 F.3d 47 (1st Cir. 2002) Free v. Abbott Laboratories, Inc., 176 F.3d 298 (5th Cir. 1999) Garshman v. Universal Resources Holding Inc., 824 F.2d 223 (3d Cir. 1987)

442

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

General Business Systems v. North American Philips Corp., 699 F.2d 965 (9th Cir. 1983) George R. Whitten, Jr., Inc. v. Paddock Pool Builders, Inc., 508 F.2d 547 (1st Cir. 1974) Greenwood Utilities Commission v. Mississippi Power Co., 751 F.2d 1484 (5th Cir. 1985) Guzowski v. Hartman, 969 F.2d 211 (6th Cir. 1992), cert. denied, 506 U.S. 1053 (1993) H.J., Inc. v. International Telephone & Telegraph Corp., 867 F.2d 1531 (8th Cir. 1989) Harold’s Stores, Inc. v. Dillard Department Stores, Inc., 82 F.3d 1533 (10th Cir. 1996), cert. denied, 519 U.S. 928 (1996) Havoco of America, Ltd. v. Shell Oil Co., 626 F.2d 549 (7th Cir. 1980) Hood v. Tenneco Texas Life Insurance Co., 739 F.2d 1012 (5th Cir. 1984) Hunt-Wesson Foods, Inc. v. Ragu Foods, Inc., 627 F.2d 919 (9th Cir. 1980), cert. denied, 450 U.S. 921 (1981) International Travel Arrangers v. NWA Inc., 991 F.2d 1389 (8th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 932 (1993) Joseph E. Seagram & Sons, Inc. v. Hawaiian Oke & Liquors, Ltd., 416 F.2d 71 (9th Cir. 1969), cert. denied, 396 U.S. 1062 (1970) Kiefer-Stewart Co. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 182 F.2d 228, 231 (7th Cir. 1950), rev’d, 340 U.S. 211 (1951) Lake Communications, Inc. v. ICC Corp., 738 F.2d 1473 (9th Cir. 1984) Milwaukee Towne Corp. v. Loew’s Inc., 190 F.2d 561 (7th Cir. 1951) Mitchael v. Intracorp., Inc., 179 F.3d 847 (10th Cir. 1999) National Dairy Products Corp. v. United States, 350 F.2d 321 (8th Cir. 1965) Nelson Radio & Supply Co. v. Motorola, Inc., 200 F.2d 911 (5th Cir. 1952), cert. denied, 345 U.S. 925 (1953) Odishelidze v. Aetna Life & Casualty Co., 853 F.2d 21 (1st Cir. 1988) Patterson v. United States, 222 F. 599 (6th Cir.), cert. denied, 238 U.S. 635 (1915) Potters Medical Center v. City Hospital Ass’n, 800 F.2d 568 (6th Cir. 1986) Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 54 F.3d 1125 (3d Cir. 1995) Sullivan v. National Football League, 34 F.3d 1091 (1st Cir. 1994), cert. denied, 513 U.S. 1190 (1995) Systemcare, Inc. v. Wang Lab. Corp., 117 F.3d 1137 (10th Cir. 1997) Thomsen v. Western Electric Co., 680 F.2d 1263 (9th Cir. 1982), cert. denied, 459 U.S. 991 (1982)

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

443

Tunis Bros. Co., Inc. v. Ford Motor Co., 763 F.2d 1482 (3d Cir. 1985), vacated and remanded, 475 U.S. 1105 (1986), order reinstated and opinion largely readopted, 823 F.2d 49 (3d Cir. 1987), cert. denied, 484 U.S. 1060 (1988), and on remand to 696 F. Supp. 1056 (E.D. Pa. 1988) United States v. American Airlines, Inc., 743 F.2d 1114 (5th Cir. 1984), cert. dismissed, 474 U.S. 1001 (1985) United States v. General Motors, 121 F.2d 376 (7th Cir. 1941), cert. denied, 314 U.S. 618 (1941) Vollrath Co. v. Sammi Corp., 9 F.3d 1455 (9th Cir. 1993), cert. denied, 511 U.S. 1142 (1994)

3. Federal District Courts Aaron E. Levine & Co., Inc. v. Calkraft Paper Co., 429 F. Supp. 1039 (E.D. Mich. 1976) Aerotech, Inc. v. TCW Capital, No. 93 Civ. 1987 (CSH), 1994 WL 775439, 1994-1 Trade Cas. (CCH) } 70,616 (S.D.N.Y. Apr. 20, 1994) American Vision Centers, Inc. v. Cohen, 711 F. Supp. 721 (E.D.N.Y. 1989) Appraisers Coalition v. Appraisal Institute, 845 F. Supp. 592 (N.D. Ill. 1994) Aspen Title & Escrow, Inc. v. Jeld-Wen, Inc., 677 F. Supp. 1477 (D. Or. 1987) Beckman v. Walter Kidde & Co., 316 F. Supp. 1321 (E.D.N.Y. 1970), aff’d per curiam, 451 F.2d 593 (2d Cir. 1971), cert. denied, 408 U.S. 922 (1971) Bell Atlantic Business Systems Services v. Hitachi Data Systems Corp., 849 F. Supp. 702 (N.D. Cal. 1994) BellSouth Advertising and Publishing Corp. v. Donnelley Info. Publishing, Inc., 719 F. Supp. 1551 (S.D. Fla. 1988), rev’d, 999 F.2d 1436 (11th Cir. 1993), cert. denied, 510 U.S. 1101 (1994) Brager & Co., Inc. v. Leumi Securities Corp., 429 F. Supp. 1341 (S.D.N.Y. 1977), aff’d, 646 F.2d 559 (2d Cir. 1980), cert. denied, 451 U.S. 987 (1981) Call Carl, Inc. v. BP Oil Corp., 403 F. Supp. 568 (D. Md. 1975), aff’d in part and reversed in part, 554 F.2d 623 (4th Cir. 1977), cert. denied, 434 U.S. 923 (1977) Carl Hizel & Sons, Inc. v. Browning-Ferris Industries, Inc., 590 F. Supp. 1201 (D. Colo. 1984) Carlock v. Pillsbury Co., Nos. Civ. 4-87-517, Civ. 4-87-586, 1988 WL 404839, 1993-1 Trade Cas. (CCH) } 70,282 (D. Minn. Oct. 13, 1988) Chastain v. American Telephone & Telegraph Co., 401 F. Supp. 151 (D.D.C. 1975) Coast Cities Truck Sales, Inc. v. Navistar International Transportation Co., 912 F. Supp. 747 (D.N.J. 1995) Cohen v. Primerica Corp., 709 F. Supp. 63 (E.D.N.Y. 1989)

444

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Direct Media Corp. v. Camden Telephone & Telegraph Co., 989 F. Supp. 1211 (S.D. Ga. 1997) D’Last Corp. v. Ugent, 863 F. Supp. 763 (N.D. Ill. 1994), aff’d, 51 F.3d 275 (7th Cir. 1995) Fiberglass Insulators, Inc. v. Dupuy, No. Civ. A. 84-1244-1, 1986 WL 13356, 1986-2 Trade Cas. (CCH) } 67, 316 (D.S.C. Sept. 30, 1986) Greensboro Lumber Co. v. Georgia Power Co., 643 F. Supp. 1345 (N.D. Ga. 1986), aff’d, 844 F.2d 1538 (11th Cir. 1988) Gucci v. Gucci Shops, Inc., 651 F. Supp. 194 (S.D.N.Y. 1986) H.R.M., Inc. v. Tele-Communications, Inc., 653 F. Supp. 2d 645 (D. Colo. 1987) Hall v. Burger King Corp., 912 F. Supp. 1509 (S.D. Fla. 1995) Hawaiian Oke & Liquors Ltd. v. Joseph E. Seagram & Sons, Inc., 272 F. Supp. 915 (D. Haw. 1967), rev’d, 416 F.2d 71 (9th Cir. 1969) Horst v. Laidlaw Waste Systems, Inc., 917 F. Supp. 739 (D. Colo. 1996) Island Tobacco Co. v. R. J. Reynolds Industries, Inc., 513 F. Supp. 726 (D. Haw. 1981) Johnson v. Con-Vey/Keystone, Inc., 814 F. Supp. 931 (D. Or. 1993) Kacprzycki v. A.C. & S., Inc., No. 88-34-JRR, 1990 WL 605604 (D. Del. Oct. 31, 1990) Lambtek Yogurt Machines v. Dreyer’s Grand Ice Cream, Inc., 1997-2 Trade Cas. (CCH) } 71,891 (N.D. Cal. 1997) Lantec, Inc. v. Novell, Inc., 146 F. Supp. 2d 1140 (D. Utah 2001) Leaco Enterprises, Inc. v. General Electric Co., 737 F. Supp. 605 (D. Or. 1990) Levi Case Co. v. ATS Products, Inc., 788 F. Supp. 428 (N.D. Cal. 1992) Masa Inc. v. ICG Keeprite Corp., No. 88 C 2133, 1989 WL 75196 (N.D. Ill. June 29, 1989) MCI Telecommunications Corp. v. Graphnet, Inc., 881 F. Supp. 126 (D.N.J. 1995) McNeil v. National Football League, 790 F. Supp. 871 (D. Minn. 1992) Mitsubishi Electric Corp. v. IMS Technology, Inc., No. 96 C 499, 1997 WL 630187 (N.D. Ill. Sept. 30, 1997) Murphy Tugboat Co. v. Shipowners & Merchants Towboat Co., Ltd., 467 F. Supp. 841 (N.D. Cal. 1979), aff’d sub. nom., Murphy Tugboat Co. v. Crowley, 658 F.2d 1256 (9th Cir. 1981), cert. denied, 455 U.S. 1018 (1982) Newport Components, Inc. v. NEC Home Electronics (U.S.A.), Inc., 671 F. Supp. 1525 (C.D. Cal. 1987) Nissan Motor Acceptance Corp. v. Schaumburg Nissan, Inc., Nos. 93 C 2701, 92 C 6089, 1993 WL 360426 (N.D. Ill. Sept. 15, 1993) Novatel Commun., Inc. v. Cellular Telephone Supply, Inc., No. Civ. A. C85-2674A, 1986 WL 15507, 1986-2 Trade Cas. (CCH) } 67,412 (N.D. Ga. Dec. 23, 1986)

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

445

Orion Tire Corp. v. General Tire, Inc., No. CV 92-2391AAH(EEX), 1992 WL 295224, 1992-2 Trade Cas. (CCH) } 69,957 (C.D. Cal. Aug. 17, 1992) Orson v. Miramax Film Corp., 862 F. Supp. 1378 (E.D. Pa. 1994) Penn Central Securities Litigation v. Pennsylvania Co., 367 F. Supp. 1158 (E.D. Pa. 1973) Polydyne, Inc. v. Kirk, No. 3:98 CV 7287, 1999 WL 894301 (N.D. Ohio Feb. 17, 1999), aff’d in part and remanded in part, 238 F.3d 423 (6th Cir. 2000) Pudlo v. Adamski, 789 F. Supp. 247 (N.D. Ill. 1992) Ray Dobbins Lincoln Mercury, Inc. v. Ford Motor Co., 604 F. Supp. 203 (W.D. Va. 1984), aff’d, 813 F.2d 402 (4th Cir. 1985) REA Express, Inc. v. Alabama Great Southern Railroad Co., 427 F. Supp. 1157 (S.D.N.Y. 1976), aff’d sub. nom., Sowerwine v. U.S., 431 U.S. 961 (1977) In re REA Express, Inc., Private Treble Damage Antitrust Litigation, 412 F. Supp. 1239 (E.D. Pa. 1976) Rio Vista Oil, Ltd. v. Southland Corp., 667 F. Supp. 757 (D. Utah 1987) Rohlfing v. Manor Care, Inc., 172 F.R.D. 330 (N.D. Ill. 1997) Rosen v. Hyundai Group (Korea), 829 F. Supp. 41 (E.D.N.Y. 1993), aff’d without opinion sub nom., Rosen v. Samick, 22 F. 3d 1091 (2d Cir. 1994) S.O. Textiles Co., Inc. v. A & E Products Group, Inc., 18 F. Supp. 2d 232 (E.D.N.Y. 1998) Sancap Abrasives Corp. v. Swiss Indus. Abrasives Group, 68 F. Supp. 2d 853 (N.D. Ohio 1999) Satellite Financial Planning Corp. v. First National Bank of Wilmington, 633 F. Supp. 386, 395 (D. Del. 1986), modified, 643 F. Supp. 449 (D. Del. 1986) Search International, Inc. v. Snelling & Snelling, Inc., 168 F. Supp. 2d 621 (N.D. Tex. 2001) Shaw v. Rolex Watch, U.S.A., Inc., 673 F. Supp. 674 (S.D.N.Y. 1987) Siegel Transfer, Inc. v. Carrier Express, Inc., 856 F. Supp. 990 (E.D. Pa. 1994), aff ’d, 54 F.3d 1125 (3d Cir. 1995) Sonitrol of Fresno, Inc. v. American Telephone & Telegraph Co., No. Civ. A. 83-2324, 1986 WL 953, 1986-1 Trade Cas. (CCH) } 67,080 (D.D.C. April 30, 1986) Stepp v. Ford Motor Credit Co., 623 F. Supp. 583 (E.D. Wis. 1985) Thomsen v. Western Electric Co., Inc., 512 F. Supp. 128 (N.D. Cal. 1981), aff ’d, 680 F.2d 1263 (9th Cir.), cert. denied, 459 U.S. 991(1982) Total Benefit Services, Inc. v. Group Insurance Administration, Inc., 875 F. Supp. 1228 (E.D. La. 1995) Total Benefits Services, Inc. v. Group Insurance Administration, Inc., No. Civ. A. 922386, 1993 WL 15671, 1993-1 Trade Cas. (CCH) } 70,148 (E.D. La. Jan. 7, 1993)

446

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

Townshend v. Rockwell International Corp., No. C99-0400SBA, 2000 WL 433505, 2000-1 Trade Cas. (CCH) } 72,890 (N.D. Cal. Mar. 28, 2000) Trugman-Nash, Inc. v. New Zealand Dairy Board, 942 F. Supp. 905 (S.D.N.Y. 1996) TV Communications Network, Inc. v. ESPN, Inc., 767 F. Supp. 1062 (D. Colo. 1991), aff’d sub nom., TV Communications Network, Inc. v. Turner Network Television, Inc., 964 F.2d 1022 (10th Cir.), cert. denied, 506 U.S. 999 (1992) United National Records, Inc. v. MCA, Inc., 616 F. Supp. 1429 (N.D. Ill. 1985) United States v. American Telephone & Telegraph Co., 524 F. Supp. 1336 (D.D.C. 1981) United States v. Timken Roller Bearing Co., 83 F. Supp. 284, 306 (N.D. Ohio 1949), aff’d as modified, 341 U.S. 593 (1951) United States v. Yellow Cab Co., 69 F. Supp. 170 (N.D. Ill. 1946), rev’d, 332 U.S. 218 (1947) Valet Apart. Services, Inc. v. Atlanta Journal & Constitution, 865 F. Supp. 828 (N.D. Ga. 1994) Viacom International Inc. v. Time Inc., 785 F. Supp. 371 (S.D.N.Y. 1992) Vollrath Co. v. Sammi Corp., No. CV 85-820 MRP, 1989 WL 201632, 1990-1 Trade Cas. (CCH) } 68,955 (C.D. Cal. Dec. 20, 1989), aff’d, 9 F.3d 1455 (9th Cir. 1993), cert. denied, 511 U.S. 1142 (1994) Williams v. I.B. Fischer Nevada, 794 F. Supp. 1026 (D. Nev. 1992), aff’d, 999 F.2d 445 (9th Cir. 1993) Yamaha International Corp. v. ABC International Traders, Inc., No. 86-7892 RSWL, 1989 WL 206429, 1989-2 Trade Cas. (CCH) } 68,874 (C.D. Cal. Aug. 11, 1989), aff’d in part, 940 F.2d 1537 (9th Cir. 1991), cert. denied, 502 U.S. 1097 (1992) Zachair, Ltd. v. Driggs, 965 F. Supp. 741 (D. Md. 1997), aff’d, 141 F.3d 1162 (4th Cir. 1998)

4. State Courts American Credit Card Telephone Co. v. National Pay Telephone Corp., 504 So. 2d 486 (Fla. Dist. Ct. App. 1987) Bevilacque v. Ford Motor Co., 125 A.D.2d 516, 509 N.Y.S.2d 595 (N.Y. App. Div. 1986) Ford Motor Co. v. Lyons, 137 Wis. 2d 397, 405 N.W.2d 354 (Wis. Ct. App. 1987) Freeman v. San Diego Ass’n of Realtors, 77 Cal. App. 4th 171, 91 Cal. Rptr. 2d 534 (Cal. Ct. App. 2000) Gray v. Marshall County Board of Education, 179 W. Va. 282, 367 S.E.2d 751 (W. Va. 1988) Jones v. H.F. Ahmanson & Co., 1 Cal. 3d 93, 460 P.2d 464 (Cal. 1969)

Verzeichnis der zitierten Entscheidungen

447

Kenneth E. Curran, Inc. v. Auclair Transportation, Inc., 128 N.H. 743, 519 A.2d 280 (N.H. 1986) Louisiana Power & Light Co. v. United Gas Pipe Line Co., 493 So. 2d 1149 (La. 1986) Macmanus v. A.E. Realty Partners, 241 Cal.Rptr. 315 (Cal. Ct. App. 1987) People v. Schwartz, 554 N.Y.S.2d 686, 160 A.D.2d 964 (N.Y. App. Div. 1990) People v. Schwartz, No. 1557/86, 1986 WL 55321, 1987-1 Trade Cas. (CCH) } 67,581 (N.Y. Sup. Ct. Oct. 17, 1986), aff’d, 554 N.Y.S.2d, 686, 160 A.D.2d 964 (N.Y. App. Div. 1990) Robert’s Hawaii School Bus, Inc. v. Laupahoehoe Transportaion Co., 91 Haw. 224, 982 P.2d 853 (Haw. 1999) Singer v. Magnavox Co., 380 A.2d 969 (Del. 1977) Walkovszky v. Carlton, 18 N.Y.2d 414, 223 N.E.2d 6, 276 N.Y.S.2d 585 (N.Y. 1966) West Bolyston Cinema Corp. v. Paramount Pictures Corp., No. Civ. A. 98-00252, 2000 WL 1468513 (Mass. Super. Sept. 21, 2000)

Sachregister Diskriminierungsverbot 81, 190, 222– 223, 392 Drittwirkung 205, 368–378 Durchgriffshaftung 70, 109, 138, 140– 142, 144, 146, 275 Einheit, wirtschaftliche 26, 36, 63, 75– 76, 78–80, 82, 105, 110, 113, 116, 118–121, 127–130, 132, 134–135, 140, 144, 146, 184, 188, 205, 213, 221– 222, 226, 228, 232, 235–241, 263, 282–284, 286, 295, 299, 305–313, 316, 319–321, 323–326, 333–334, 336–337, 339, 341–342, 344–345, 348, 351–352, 355, 358, 363, 365, 367, 369, 381, 383–386, 390–392, 394–397 Einheitsunternehmen 18–19, 24, 27, 35, 63, 104, 118–120, 278, 296, 326, 358, 369, 390, 392, 397 Entscheidungsadressat 25, 30, 54, 79, 104, 113, 123, 128–129, 132, 154, 319 Entscheidungsautonomie 29, 120–121, 221, 324–325, 355, 360, 396 Europäische Aktiengesellschaft 17, 49, 84–85, 109, 173, 309, 328, 362 Fusionskontrolle 23, 33, 61, 98, 336– 338, 345, 392 Gemeinschaftsunternehmen 100, 102, 124, 127, 213, 283–284, 313, 321, 337 Gruppenfreistellungsverordnung 32, 99– 100, 103, 115, 130 Kartellbehörden 31, 60, 78, 178, 270, 354, 375 – Bundeskartellamt 38, 58, 76, 81, 178, 208, 212–213, 219, 223, 323, 330, 335, 344, 346, 354, 356, 387

– Europäische Kommission 17, 49, 72, 84, 90, 98–100, 105–106, 109, 112– 115, 120–135, 173, 193–194, 212, 227–229, 231–238, 240–241, 245, 309–323, 325–327, 334, 336–337, 344, 346–347, 350–351, 354–356, 362, 366, 369, 371–372, 375–378, 382, 384, 386–387, 391–393 – Federal Trade Commission 146, 277, 333 Kontrolle 19–20, 30, 37, 61–62, 77, 85, 87, 91–98, 100–102, 117, 124–126, 128–129, 135, 139, 146, 148, 152, 157, 168, 171, 173–174, 189–190, 192, 203, 232, 238, 242, 245, 252, 254, 256, 261, 264–265, 271, 273, 277–278, 280, 287–288, 296, 298–299, 305–306, 308, 310, 312, 315, 317, 319, 324, 326–327, 331, 334, 337– 341, 344, 346–352, 354, 356, 358– 360, 362–363, 365–367, 376, 378, 382, 384–387, 389, 392, 394–396 Kontrollmöglichkeit 95, 125, 190, 298– 299, 306, 311, 320, 324–326, 331, 340, 348, 350–352, 354, 358–359, 363, 367, 382, 384–386, 396 Konzern 17–18, 20–21, 23–25, 27, 29– 32, 34–35, 37, 39–47, 49, 52–55, 57, 59–60, 62–73, 75–80, 82–83, 85, 92, 94–96, 100, 102, 107–112, 114–116, 118–122, 125–129, 132, 134–135, 137–139, 143, 149–152, 154, 156–157, 159, 164–166, 168–173, 175, 177–178, 180–183, 188–189, 191–193, 199, 202–203, 205–206, 209–211, 213, 216, 218, 220–221, 225–226, 230, 232, 237–238, 240–241, 254–255, 262, 267–270, 272, 274, 279, 283, 285, 304, 310, 315, 317, 323, 334, 336, 338–342, 344, 347, 349, 352–353,

Sachregister 357–358, 361–362, 365, 367–370, 374, 379–380, 384, 388, 390–392, 394–396 – einheitliche Leitung 27, 29, 37–38, 70, 75, 82, 91, 95–96, 152, 160, 168, 170, 180, 189, 191, 207–208, 212– 213, 215, 221 – faktischer 35, 37–44, 46, 155–156, 166, 168, 170, 173, 178, 208–211, 216, 218, 357, 384–385 – Gleichordnungskonzern 17, 37–38, 41, 51–52, 64–65, 70, 73–74, 76, 95, 101, 151, 160, 170, 183, 211–215, 217, 269, 343, 385–387, 397 – mehrstufiger 286–287, 383 – Unterordnungskonzern 35, 37–38, 51, 64, 179, 207–210, 213–214, 220, 343, 384 – Vertragskonzern 35, 37, 39–40, 45, 94, 157–158, 164–166, 192, 196, 211, 218 Konzernbegriff 26, 34, 36, 47, 50–54, 59–60, 71, 90, 92, 102, 111, 182, 206, 225, 336, 396 Konzerninteresse 159, 162–167, 172, 330, 343, 363 Konzernleitung 29, 37, 42, 44, 48, 151, 159, 166, 171–174, 181–182, 184, 210, 214, 219, 227, 331, 352–353, 357, 360, 363–364, 382, 389 Konzernspitze 18–19, 21, 27–28, 31–32, 36, 43, 47, 56, 68, 70, 73, 76–78, 80, 83, 99, 113, 116, 118, 125–127, 129, 132, 152, 159, 163–165, 173, 180, 182–185, 194, 197, 202, 207, 214, 216–218, 220, 222, 225, 230, 255, 271, 283, 307–308, 317–318, 324, 330, 332, 340, 342, 345, 352–353, 356–359, 361–367, 374, 379, 383, 391, 394 Missbrauchskontrolle 32–33, 189, 395 Rechtsprechung 35, 43–45, 58, 81, 105, 121, 131, 170, 178–179, 200, 222– 224, 226, 232, 237–239, 241, 251,

449

261, 263–265, 283, 296, 302–303, 309, 313, 316, 320, 354–355, 371, 381 – BGH 31, 38, 40, 42–44, 46–47, 50, 52, 56–60, 65, 68–69, 81–82, 154, 158, 170, 181, 184–185, 188, 200– 201, 203, 212, 223–224, 309, 344, 378, 389 – EuG 72, 127–130, 239–241, 371–372,

105–106, 114, 121–123, 125, 132, 193, 232, 236–237, 309–316, 323, 326, 355–356, 375–376, 378, 393

– EuGH 105–106, 113–115, 120–122, 130–135, 179, 194, 230–232, 235, 237–239, 241, 245, 306, 309–315, 320, 322–325, 333–334, 351, 355, 366, 371–373, 375–377, 384, 391–392 – Supreme Court 142, 244, 246, 251–252, 260, 263–265, 277, 291, 294–295, 306, 345, 359, 378

146, 174, 254–255, 281–282, 315, 326,

243– 258, 289, 334,

Risikogemeinschaft 213, 386, 397 Selbständigkeit 18, 25–28, 35–36, 40– 41, 49, 56, 60–62, 64, 66, 68–69, 72, 75, 106, 108–109, 178–179, 182–183, 185, 187, 202, 205, 214, 216, 223, 226–227, 233, 237–238, 247, 250, 253, 256, 259, 262, 267–268, 275, 291, 295, 324–325, 340, 358, 365, 379, 383, 394 – rechtliche 18, 28, 35, 56, 60, 66, 68– 69, 108, 178, 182, 247, 250, 259, 267– 268, 275, 295 – wirtschaftliche 25, 62, 68, 75, 179, 182–183, 185, 187, 225, 238, 324– 325, 379, 383 Unternehmensbegriff 53, 56–58, 61, 67– 70, 72–73, 77–80, 82–83, 104–106, 108–109, 112–113, 115, 117, 121–122, 127–128, 131, 139, 182–189, 206, 225–226, 228, 235–237, 239, 307, 311, 383 – funktionaler 58, 105

450

Sachregister

Unternehmenseigenschaft 23, 38, 54–56, 58–59, 61–62, 66, 71–75, 77–79, 82, 107–108, 110–112, 116–117, 119, 121, 127, 181–185, 187–189, 206, 221, 225–227, 235, 238, 307, 325, 364, 391, 396–397

Weisung 153–157, 159–160, 162–163, 165, 177, 179, 192–193, 195, 208, 219, 228–229, 233, 236, 272, 335, 356, 360, 362, 384, 396

Unternehmensvertrag 28, 35, 37, 39–40, 51, 138, 166, 332, 396

Weisungsrecht 39–41, 45–46, 70, 153, 156–158, 160–161, 164–166, 170, 174, 182, 184, 194, 210, 218, 229, 231, 316, 320, 339, 346, 362, 384–385

– Beherrschungsvertrag 39–42, 46, 64– 65, 87, 96–97, 101, 153, 158–160, 164–166, 169, 171, 210, 216, 325, 346, 351, 384, 389

Verbundklauseln 59–61, 85–90, 98–102, 106, 336 Verflechtungen, personelle 35, 38, 96, 155–156, 166, 171, 174, 193, 311, 315, 321, 347, 355, 397

Weisungsmöglichkeit 222, 351

154, 168, 218,

Wettbewerb, konzerninterner 111, 121, 137, 143–144, 189–190, 198, 201, 203, 239–240, 242, 307, 331, 396–397

53, 62, 74, 181, 187, 221, 228, 353, 392,

Wettbewerbsschutz, Lücke im 276, 392 Zurechnung 27, 29, 55, 72–73, 82, 112, 185, 192